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German Pages [420] Year 2004
I WILHELM DILTHEY · GESAMMELTE SCHRIFTEN XXIV. BAND
II
WILHELM DILTHEY GESAMMELTE SCHRIFTEN Von Band XVIII an besorgt von Karlfried Gründer und Frithjof Rodi
XXIV. Band
VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN
III
LO G I K U ND WE RT
SPÄTE VORLESUNGEN, ENTWÜRFE UND FRAGMENTE ZUR STRUKTURPSYCHOLOGIE, LOGIK UND WERTLEHRE (ca. 1904–1911)
Herausgegeben von Gudrun Kühne-Bertram
VANDENHOECK & RUPRECHT IN GÖTTINGEN
IV
Bibliographische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 3-525-30326-3
© 2004, Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen / www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52a UrhG. Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorherige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Lehr- und Unterrichtszwecke. Printed in Germany. Satz: Dörlemann Satz, Lemförde Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.
V
Inhalt
INHALT
Vorbericht der Herausgeberin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII
A. DIE THEORIE DER WERTSCHÄTZUNG IN DER LOGISCHEN GRUNDLEGUNG DER THEORIE DES WISSENS (ca. 1906–1908) . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Kolleg vom Sommersemester 1906
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*Einleitung1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Erster Hauptteil: Grundlegung der Philosophie . . . . . . . . . .
5
Erster allgemeiner Teil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
Erster besonderer Teil der Grundlegung: Logik . . . . . . . § 11. Der Zirkel der Erkenntnis und das Problem der Logik § 12. Deskription des Denkzusammenhangs . . . . . . . . § 13. Die elementaren Denkleistungen . . . . . . . . . . § 14. Das diskursive Denken . . . . . . . . . . . . . . . § 15. Sätze, die nicht den Charakter allgemeingültiger Sätze haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und Wollens . . . . . . . . . . . . . . . . § 16. Sätze, bei denen ein Urteil nicht vorliegt . . . . . . § 17. Diskursives Denken im Gebiet des Gefühls . . . . . § 18. Diskursives Denken im Gebiet des Willens . . . . . § 19. Die Natur des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . § 10. Die Eigenschaften des Urteils . . . . . . . . . . . . § 11. Die Gesetzmäßigkeit des Denkens in Urteilen. Die Denkgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . § 12. Die Bestandteile des Denkens . . . . . . . . . . . .
Mit * versehene Überschriften sind von der Herausgeberin ergänzt.
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9 10 11 11 11 12
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12 14
VI
Inhalt
Ausarbeitung der Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen vom Sommersemester 1906: „Sommerredaktion“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
I.
*Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
16
II.
Die Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
III.
Analysis der Formen des Denkens auf allen Gebieten des geistigen Lebens und so entstehender Teil der Grundlegung eines gültigen Erkennens . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
1. Die Aufgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ihr Verhältnis zur bisherigen Logik . . . . . . . . . . . .
20 21
Die elementaren Operationen des Denkens . . . . . . . . .
24
IV.
1. *Die primären logischen Operationen im Gebiet des Denkens über Wirklichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die elementaren logischen Operationen auf dem Gebiet des Gefühls- und Trieblebens . . . . . . . . . . . . . . . 11. *Der Aufbau der logischen Operationen, in welchem unser Gefühls- und Triebleben zu den höchsten und abstraktesten Einsichten über Werte und Güter erhoben wird . . . . . . . . . . 12. *Die Natur der Denkakte, in welchen die Wertbestimmung sich vollzieht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. *Die Tatsache von Wertschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. *Das System der Wertschätzung, das auf der Relation verschiedener Arten von Werten beruht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15. Primäre logische Operationen, die nicht an die Sprache gebunden sind . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Der Aufbau der Systematik der Wertbestimmungen . . . . . . . . 17. Die Lebenswerte und der Wertmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . 18. Der Vorgang der Wertbestimmung und der Fortgang zur Wertsystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19. Methode relativer Wertbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . 10. Wertbestimmungen und Geisteswissenschaften . . . . . . . . . . . 11. Wert, Gut und Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12. Die logischen Operationen, die dieser Disposition zugrunde liegen .
24 29
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3. Regelgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Analysis der so entstehenden logischen Beziehungen, welche den Zusammenhang des Seelenlebens regeln . . . 5. Umsetzung der Wertbestimmungen und Regelgebungen in Wirklichkeitsurteile oder in Theorien . . . . . . . . . .
51 55 56
VII
Inhalt
Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen. Weitere Ausarbeitung des ersten analytischen Teils (ca. 1906–1908) . . . . . . . .
60
Allgemeiner Teil der Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . .
60
1. 2. 3. 4.
Der Anfang der Philosophie und der Satz der Phänomenalität Die Voraussetzungslosigkeit der Philosophie . . . . . . . . Das Verfahren der Philosophie und ihre Ziele . . . . . . . . Einteilung der Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . .
Besonderer Teil der Grundlegung
60 67 72 79
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81
I. Die Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
1. 2.
Der Zirkel des Erkennens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Aufgabe der Logik. Deskription und Theorie . .
81 84
1. Der Denkzusammenhang als Gegenstand der Logik . . . . . . . . . . 2. *Der Denkzusammenhang in seinem Verhältnis zu seinem Hintergrund im Seelenleben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
84
Die seelische Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. 2. 3. 4.
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86 87 89
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89
3a. Die Aufgabe der Logik im Zusammenhang mit der Erkenntnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . .
92
4.
Die elementaren Denkleistungen . . . . . . . . . . . . . .
93
I. Vergleichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Trennen und seine Modifikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Abschluß der elementaren Leistungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
94 100 104
Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Aussagen haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und Wollens . . . . . . . . . . . . . . . . . .
105
1. Das diskursive Denken . . 1. *Fragen . . . . . . . . 2. *Ausdrücke des Gefühls 3. Ausdrücke des Wollens 4. Befugnis . . . . . . . .
105 107 108 109 111
3.
5.
Die Struktur des psychischen Zusammenhangs . . . . . . . . . . . Gegenständliches Auffassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Grundzüge der Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . Anwendung der Strukturlehre auf das Gebiet des Denkens und seine Darstellung in der Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VIII
Inhalt
6. Das diskursive Denken auf den verschiedenen Gebieten des Denkzusammenhangs 1. Das diskursive Denken, welches sich auf die im Auffassen entstandenen Gegenstände bezieht 2. Das diskursive Denken, welches in der Vergegenständlichung der Verhaltungsweise des Gefühls begründet ist 3. Das diskursive Denken, welches in der Vergegenständlichung der Verhaltungsweise des Willens begründet ist . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 2. 3. 4. 5.
*Der Ausdruck von Verhaltungsweisen zu Gegenständen in Urteilen Das Unsystematische in den logischen Formen . . . . . . . . . . . Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das diskursive Denken im Gebiet des gegenständlichen Auffassens . Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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111 111 114 114 115 118
7. Selbstbesinnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
120
II. Theorie des Wissens, gegründet auf die Vergleichung der Denkleistungen auf den verschiedenen Gebieten . . . . . . . .
122
I. Das diskursive Denken . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Eigenschaften der gültigen diskursiven Denkakte . III. Die Denkgesetze und die Gesetzmäßigkeit des Denkens IV. Die Bestandteile des Denkens . . . . . . . . . . . . .
122 126 129 137
1. 2. 3. 4.
Der diskursive Denkakt von allgemeingültigem Charakter Lehre vom Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Schließen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Regelsammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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137 139 143 151
V. Der Zusammenhang des Denkens . . . . . . . . . . . . . VI. Das erkenntnistheoretische Ergebnis der Logik . . . . . . .
156 157
B. TEXTE ZUM ZUSAMMENHANG VON STRUKTURLEHRE UND THEORIE DES WISSENS (nach 1904) . . . . . . . . . .
159
Lebenszusammenhang und Strukturzusammenhang des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
159
1. 2. 3. 4. 5.
*Struktur als Wirkungszusammenhang . . . . . . . . . . . . . Wissen vom Strukturzusammenhang . . . . . . . . . . . . . . *Das Erlebnis und die denkende Auffassung desselben . . . . . Lehre von den Weltanschauungen . . . . . . . . . . . . . . . Die Auffassung der Natur des Menschen geht vom Gemeinsamen zu den verschiedenen Repräsentationen durch Allgemeinbegriffe
159 161 164 168 169
IX
Inhalt
6. Die verschiedenen Arten von Denken. Die Verbindung zwischen ihnen und dem Lebenszusammenhang als Aufgabe . . . . . . . 7. Der Gegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
171 181
Logik als Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis, Wertbestimmung, Zwecksetzung und Regelgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192
1. Die drei Arten von Aussagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. *Aussagen und Urteile in den Gebieten des Auffassens, Fühlens und Wollens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Logik als Theorie der Wirklichkeitserkenntnis . . . . . . . . . 4. *Primäre Denkoperationen im Gebiet des Gefühls . . . . . . . 5. Das diskursive Denken und die realen Kategorien . . . . . . . . 6. Das im Selbst und Äußeren Gegebene: Grundkategorien . . . . 7. Psychologische Grundlegung der Logik (angeknüpft an Erdmann)
192 194 198 202 203 209 210
C. ENTWÜRFE UND FRAGMENTE ZUR THEORIE DER WERTSCHÄTZUNG UND WERTSYSTEMATIK (ca. 1905–1911) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
Die Zusammenhänge, in denen die Wertschätzung sich ausbildet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
213
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
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213 213 214 216 217 218 220 222 225
Lebenswerte und Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . .
226
A. Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Problem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die in der Sprache ausgedrückte logische Beurteilung der Werturteile ist als Mittel der Auflösung des Problems vom Werturteil unzureichend . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226 226
Das Leben . . . . . . . . . . . . Wertlehre . . . . . . . . . . . . *Gefühl und Wertbestimmung . Anfang der Weltanschauungslehre Poetik . . . . . . . . . . . . . . Gefühl und Kunst . . . . . . . . Kunst und Dichtung . . . . . . Bedeutung . . . . . . . . . . . . Bedeutungslehre . . . . . . . . .
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226
X
Inhalt
3. Angabe des Verfahrens, das zur Auflösung des Problems allein versucht werden kann . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die den Wahrnehmungsurteilen entsprechenden Werturteile, welche den objektiven Werturteilen zugrunde liegen . . . . 5. Die objektiven Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Lebenswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff derselben, der in den Erlebnissen zur Erfüllung kommt . . . . b) Logischer Charakter der Prädizierung von Lebenswerten . . . . . . . c) Das, was mit dem Worte „objektives oder allgemeingültiges Werturteil“ innerhalb dieser Klasse von Werturteilen gemeint ist . . . d) Fundierung dieser Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Entstehung und Fundierung des objektiven Werturteils . . . . . . . f ) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Zweite Klasse von Lebenswerten. Die objektiven Werturteile über Eigenschaften, Fähigkeiten des urteilenden Subjektes, schließlich über seine Persönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Lebenswerte, deren wertende Subjekte Gemeinschaften sind, welche von ihnen auf Grund ihres Lebenszusammenhangs mit dem Gegenstande ausgesagt werden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Werturteile über die Mittel der Realisierung von Lebenswerten . . . . . . V. Zu den Lebenswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
227 228 228 229 229 229 230 231 232 234 234 236 237 237
B. Die ästhetischen Werturteile . . . . . . . . . . . . . . . . . .
238
I. II. III.
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238 239
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241 242 242 242
IV. V. VI.
*Eindruckserlebnisse und ästhetische Werturteile . . . . *Das ästhetische Erlebnis und sein sprachlicher Ausdruck Der logische Charakter der Objektivität von ästhetischen Werturteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fundierung der objektiven Werturteile . . . . . . . . . Abschätzung der ästhetischen Werte . . . . . . . . . . . Erweiterte Fassung der ästhetischen Werte . . . . . . .
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Bausteine zur Systematik der Werte und Werturteile
243
1. Persönlichkeitswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Objektive Urteile über den Lebenswert anderer Personen nach ihrem Lebenszusammenhang mit dem urteilenden Subjekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Übergang aus den Lebenswerten zu den religiösen Werten 4. Religiosität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erkenntniswerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Zur Systematik der Werte . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Systematik aller Werturteile . . . . . . . . . . . . . . .
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243
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245 246 247 248 249 251
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XI
Inhalt
8. Moralische Urteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Schlüsse auf den logischen Charakter der Werturteile . . . . . .
253 254
Fragmente und Notizen zur Wertlehre
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256
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256 258 258 260 261
1. 2. 3. 4. 5.
*Zum Begriff des Wertes . . . . . Erkenntnistheoretisches . . . . . . Allgemeiner Begriff des Werturteils Werturteile . . . . . . . . . . . . Die Werturteile . . . . . . . . . .
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D. KRITIK DES ERKENNTNIS- UND WERTPROBLEMS BEI H. RICKERT UND IN DER PHÄNOMENOLOGIE (nach 1904) 267 Kommentare zu H. Rickert und A. Meinong . . . . . . . .
267
1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
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267 269 271 275 284 299 302
Kritik der phänomenologischen Methode . . . . . . . . .
304
1. Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Problem der phänomenologischen Betrachtungsweise der Erkenntnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. *Zur Theorie des Wissens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
304 304 305
Anmerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
311
Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
369
Der transzendentalphilosophische Standpunkt Rickert und mein Standpunkt . . . . . . . . . Auflösung der phänomenalistischen Theorie . Erkenntnistheorie mit Kritik Rickerts . . . . . Übersicht über Rickerts Standpunkt . . . . . . Rickert und Meinong . . . . . . . . . . . . . Lehre vom Urteil. Die „Annahmen“ Meinongs
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XII
Vorbericht der Herausgeberin
XIII
Vorbericht der Herausgeberin
I. In seinen letzten Lebensjahren versuchte der über siebzigjährige Dilthey offenbar, verschiedene liegengebliebene oder zwischenzeitlich fallengelassene Denkmotive, Ansätze und Projekte wieder aufzugreifen und zu einer umfassenden Konzeption weiterzuentwickeln. Seit etwa 1904/05 ist er damit befaßt, die Zusammenhänge und Beziehungen, die er zwischen den Funktionen des Denkens, Wahrnehmens, Fühlens und Wollens und verschiedenen Ausdrucksformen und Aussageklassen annimmt, zu analysieren und so seine Lehre von der psychischen Struktur mit seiner erkenntnistheoretisch-logischen Grundlegung der Geisteswissenschaften zu vermitteln. Damit verfolgt er eine Intention weiter, die schon in den achtziger und neunziger Jahren erkennbar ist und die er auch an verschiedenen Stellen klar ausspricht. So schreibt er im Sommer 1896 im Zuge der Vorbereitung seines Beitrags für Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie der Neuzeit an seinen Freund Graf Paul Yorck von Wartenburg, daß sein Gedanke Gestalt gewonnen habe, „das Gemeinsame am Wirklichkeitserkennen, Werthbestimmen und Zweck = und Mittel = Setzen“ aufzusuchen, um eine „generelle Logik“ schaffen zu können, „von welcher das Wirklichkeitserkennen nur ein Fall ist.“1 In einem Entwurf Diltheys zu dem erwähnten Artikel heißt es dann entsprechend: „Es gibt auch eine Erkenntnistheorie, Logik und Methodenlehre der Wertbestimmungen. […] Ebenso Erkenntnistheorie, Logik und Methodenlehre der Normen und Zweckhandlungen.“2 Und in der 1897 gedruckten Fassung ist es so zu lesen: „[…] systematische Selbstbesinnung findet […] die letzten Bedingungen allgemeingültiger Wirklichkeitserkenntniss, Werthbestimmung und Zwecksetzung im Structurzusammenhang des Seelenlebens.“3 1 Briefwechsel zwischen Wilhelm Dilthey und dem Grafen Paul Yorck von Wartenburg 1877–1897, hrsg. von Sigrid von der Schulenburg, Halle a. d. Saale 1923, S. 222. 2 Ges. Schr. VIII, S. 184. 3 Friedrich Ueberwegs Grundriss der Geschichte der Philosophie der Neuzeit von dem Aufblühen der Alterthumsstudien bis auf die Gegenwart. Zweiter Band: Nachkantische Systeme und Philosophie der Gegenwart, 8. Aufl. hrsg. von Max Heinze, Berlin 1897, § 31, S. 277–279, hier: S. 278.
XIV
Vorbericht der Herausgeberin
Ansatzweise realisiert wurde dieses Programm einer Logik des Lebens bereits in dem Fragment Leben und Erkennen von 1892/93 und später dann in den Studien, in denen der Versuch einer Ausweitung der Logik um die Gefühlsund Willensphänomene schon deutlich erkennbar ist. Die Studien sollten ebenso wie der Aufbau nach Angabe des Herausgebers von Band VII, B. Groethuysen, in den zweiten systematischen Band der Einleitung eingearbeitet werden, den Dilthey eigentlich 1895 und dann in einem letzten Anlauf 1907 fertigstellen wollte.4 Anläßlich einer vom Verlag geplanten Neuauflage des ersten Bandes der Einleitung befaßte Dilthey sich erneut und verstärkt mit systematischen Fragen der Grundlegung, und zwar mit dem Ziel, nun endlich auch den zweiten Band erscheinen zu lassen. So schreibt er am 9. Dezember 1906 an seinen Kollegen Friedrich Jodl: „[…] ich bin an der 2. Auflage des seit einem Duzend Jahren vergriffenen ersten Bandes der Geisteswissenschaften und der Niederschrift am zweiten, zunächst in einzelnen Stücken !“5 Eineinhalb Jahre später, am 19. Juli 1908, teilt er Graf Heinrich Yorck, dem ältesten Sohn seines 1897 verstorbenen Freundes und langjährigen Briefpartners Paul Yorck von Wartenburg, mit, daß er „an die neue Ausgabe der Geisteswissenschaften und den systematischen Theil gehen muss.“6 Doch das Vorhaben wurde auch jetzt nicht realisiert. Noch am 17. Juni 1911, nur wenige Monate vor seinem nicht vorauszuahnenden Tod, schreibt Dilthey voller Zuversicht an den Verleger W. de Gruyter, der nach der Möglichkeit einer zweiten Auflage des Ende 1910 erstmals erschienenen und nun bereits vergriffenen Aufbaus fragt: „Da die Abhandlung zum größten Teil in die Fortsetzung der Geisteswissenschaften hineinkommt, scheint mir richtiger, von weiteren Abdrücken abzusehen.“7 Angesichts der unvollendet gebliebenen Grundlegung lassen die in dieser Edition vorgelegten Nachlaßtexte deutlich die eingeschlagene Richtung auf eine Logik der Wertbestimmungen und Willensäußerungen und eine Theorie der Werte als Teil der logischen Theorie erkennen. Dieser Aspekt ist in den bislang zugänglichen Texten in der hier zutage tretenden Konkretion und Vgl. den Vorbericht Bernhard Groethuysens zu Ges. Schr. VII, S. V. Transkript der Dilthey-Forschungsstelle im Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum. 6 Der Brief ist hinterlegt im Nachlaß Paul Ritter, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. 7 Transkript der Dilthey-Forschungsstelle im Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum. – Albert Dietrich faßt diese Haltung Diltheys in folgende Worte: „[…] so frisch und geheimnisvoll zugleich lebte der 78jährige Greis inmitten seiner unermeßlichen Studien, die zur Vollendung zu bringen schon ganz jenseits von Zeit und Raum sein einziges Anliegen geworden war.“ In: Wilhelm Dilthey. Anmerkungen und Anregungen zum 20. Todestage, in: Deutsche Rundschau, Band 229 (1931), S. 53–58, hier: S. 53. 4 5
Vorbericht der Herausgeberin
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Dichte nicht zu finden. Besonders die intensive Rezeption und Kritik der Position Rickerts ist ein Indiz dafür, wie zentral die Wertproblematik für Dilthey in diesen Jahren war. Zwar hatte er schon 1892 in Erfahren und Denken den Logikern seiner Zeit gegenüber, die seiner Meinung nach an einem „unanalysierten Logismus“ festhielten, die Forderung nach einer „analytischen Logik“, welche den Aufweis verschiedener Wissensformen ermöglichen sollte,8 erhoben, und etwa ein Jahr später stellte er im Berliner Entwurf die „Wertdenkakte“ und die „Denkakte des Strebens“ neben die Aussagen über Wirklichkeit,9 wenn er auch fast gleichzeitig davon überzeugt war, daß „das Gebiet des Gemütslebens […] für eine vollständige analytische Behandlung noch nicht reif“ sei.10 Doch nun, etwa zehn Jahre später, versucht er, sein bereits seit den frühen achtziger Jahren bestehendes Programm einer Analyse der „volle[n] Wirklichkeit des Erkenntnisvorgangs“11 auszuarbeiten. Angeregt und herausgefordert wurde er hierzu z. B. durch die Lektüre von Husserls „Logischen Untersuchungen“ (1900/1901) und Rickerts Buch Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, das 1902 erstmalig vollständig erschienen war, sowie dessen Schrift Der Gegenstand der Erkenntnis. Eine Einführung in die Transzendentalphilosophie, die Dilthey in der zweiten, verbesserten und erweiterten Auflage von 1904 rezipierte. Etwa zwischen Dezember 1904 und 1908, also in der Zeitspanne zwischen der ersten Studie zur Grundlegung der Geisteswissenschaften, die er am 22. Dezember 1904 in der Berliner Akademie der Wissenschaften vortrug, und dem Erscheinen des Aufbaus im Winter 1910, rekurriert Dilthey wieder verstärkt auf seine Strukturpsychologie. Er versucht sie im Rahmen seines Systems der Philosophie, das er als die Bewußtwerdung des philosophierenden Geistes über sich und sein Tun versteht, zu verankern. So dokumentieren die Texte des vorliegenden Bandes Diltheys Versuch, seine Auffassung von der psychischen Struktur mit der Logik als erstem besonderem Teil der Grundlegung zu verknüpfen. In dem hier entspringenden Bemühen um eine Analyse der logischen Formen und Gesetze mit dem Ziel der Auflösung und Ausdifferenzierung des „Logismus“ kommt er zu einer Unterscheidung von verschiedenen Ausdrucks- und Aussageformen, die aufgrund ihres Ursprungs in jeweils spezifischen Konstellationen der psychischen Funktionen zueinander
Ges. Schr. V, S. 74 – 89, hier: S. 81, 86. Ges. Schr. XIX, S. 318 f. 10 Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie (1894), in: Ges. Schr. V, S. 139–240, hier: S. 186. 11 Ausarbeitungen zum zweiten Band der Einleitung in die Geisteswissenschaften. Viertes bis sechstes Buch (ca. 1880–1890), in: Ges. Schr. XIX, S. 58–295, hier: S. 235. 8 9
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und aufgrund ihrer Eingebundenheit in immer konkrete Lebenssituationen durch unterschiedliche Grade von Bewußtheit des Erlebens bestimmt sind. Den so unterschiedenen Sprachformen kommen nach Dilthey jeweils verschiedene Arten von Gegenstandsbezug und von Gegenstandserfassung und damit auch von Erkenntnis zu. Nicht mehr nur Urteile, sondern auch „Regeln“, die Dilthey ebenso wie jene zu den allgemeingültigen Aussagen rechnet, stehen somit im Zentrum der logischen Betrachtung und darüber hinaus auch Ausdrucksformen, denen nicht einmal das Merkmal zukommt, von einem „Bewußtsein objektiver Gültigkeit“ begleitet zu sein, wie z. B. Fragen und Hypothesen. Psychische Funktionen, Artikulationsformen und Wissensarten werden so verbunden, Strukturpsychologie, Logik und Erkenntnistheorie in einer universalen Theorie des Wissens verzahnt. Damit haben die Texte dieses Bandes auch wirkungsgeschichtliche Bedeutung. Zu denken ist hierbei beispielsweise an sprachphilosophische Richtungen des 20. Jahrhunderts, insbesondere an sprechakt-theoretische Ansätze; vor allem aber haben diese Manuskripte wohl weichenstellende Anregungen für die spätere Ausarbeitung einer hermeneutischen Logik durch Diltheys Schüler und Schwiegersohn G. Misch enthalten.12 Er war es interessanter- und bezeichnenderweise auch, der einen großen Teil der hier vorgelegten Texte geschrieben hat.13 Diese Edition macht damit deutlich, was in den bislang von Dilthey vorliegenden Schriften zwar an vielen Stellen implizit enthalten oder angesprochen,
12 Georg Misch, Der Aufbau der Logik auf dem Boden der Philosophie des Lebens. Göttinger Vorlesungen über Logik und Einleitung in die Theorie des Wissens, hrsg. von Gudrun KühneBertram und Frithjof Rodi, München 1994; Ders., Logik und Einführung in die Grundlagen des Wissens. Die Macht der antiken Tradition in der Logik und die gegenwärtige Lage, hrsg. von G. Kühne-Bertram, Sofia 1999 (Sonderheft der Studia Culturologica). 13 Unverständlich ist, daß Misch an keiner Stelle ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hingewiesen hat, daß er noch in den Jahren nach seiner Habilitation (1904) und zumindest bis zu seiner Eheschließung mit Diltheys ältester Tochter Clara (1908), vermutlich sogar bis 1910/11, für Dilthey schrieb. Die im vorliegenden Band präsentierten späten Manuskripte Diltheys sind von Misch niemals erwähnt worden, weder in den zu seinen Lebzeiten gedruckten Büchern und Aufsätzen, noch in den genannten Göttinger Vorlesungen über Logik und Theorie des Wissens aus den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts, die aus seinem Nachlaß ediert wurden, – mit einer unauffälligen Ausnahme: In seinem umfangreichen und stark rezipierten Vorbericht zu dem von ihm 1924 herausgegebenen Band V der Gesammelten Schriften Diltheys zitiert Misch auf Seite CXV einen Satz aus der Vorlage zur Sommerredaktion. Er belegt ihn zwar durch Nennung der Faszikel- und Blattnummer in den Anmerkungen zu seinem Vorbericht (V, 439), ohne aber über den Text, dem er das Zitat entnommen hat, ein Wort zu verlieren. Der Satz lautet: „Jede Art von Begeisterung für menschliches Tun und menschliche Werke ist nur gesund, wenn das Bewußtsein der Endlichkeit sie begleitet.“ Vgl. unten S. 17.
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aber gedanklich nicht so weit entwickelt und ausgearbeitet ist, nämlich seine Auffassung von dem Ursprung aller vordiskursiven Ausdrucks- und diskursiven Aussageformen in den komplexen Leistungen der physisch-psychischen „Lebenseinheit“. Sie bildet den Ausgangspunkt sowohl für sein Interesse an der Wertphilosophie, z. B. derjenigen Hugo Münsterbergs, an der Wert- und Gegenstandstheorie Alexius Meinongs und der transzendentalen Wertphilosophie Heinrich Rickerts, als auch an wertpsychologischen Ansätzen, wie denen von Theodor Lipps, Hans Cornelius oder Karl Groos – Autoren, die mit ihren Werken in den Arbeiten Diltheys sonst nur selten oder gar nicht genannt sind. Der von Dilthey vorausgesetzte Zusammenhang von Strukturpsychologie, Logik und Theorie des Wissens, der die Frage nach dem logischen Gehalt und der Gültigkeit von Äußerungsweisen des Gefühls und des Willens, also von Wunschsätzen, Wertschätzungen, Werturteilen, Imperativen, Regeln, Normen usw., ermöglicht, läßt darüber hinaus auch seine seit ca. 1904 erneut aufgegriffenen Bezugnahmen auf Aussagen über die Regeln des dichterischen Schaffens, wie sie z. B. in Gotthold Ephraim Lessings „Laokoon“, Gustav Freytags „Technik des Dramas“, Carl Beyers „Deutscher Poetik“ oder Rudolph v. Gottschalls „Poetik“ anzutreffen sind, sowie auf seinen eigenen Entwurf aus dem Jahre 1887: Die Einbildungskraft des Dichters. Bausteine für eine Poetik 14 plausibel erscheinen. Ebenso leuchtet von diesem Ansatz aus Diltheys Heranziehung der Ästhetiken Eduard v. Hartmanns, Max Dessoirs und Johannes Volkelts ein, da auch sie Ausführungen über Wert, Normen und Bedeutung der Kunst enthalten. Etwa in den Jahren 1906 bis 1908, in denen Dilthey, wie sich durch Briefe aus dieser Zeit belegen läßt und wie auch Misch in seinen Anmerkungen zum Band VI der Gesammelten Schriften angibt,15 mit der Umarbeitung seiner Poetik befaßt war, skizziert er mit wenigen Worten eine Grundlegung der Poetik, in der die Lehre von dem Verhältnis zwischen dem Urteil auf der einen und dem Gefühls- und Willensausdruck auf der anderen Seite als die logische Basis der Lyrik bestimmt wird; als die Grundlage der Erzählkunst, die er in Beschreibung und Erzählung gliedert, nennt Dilthey Urteilsverknüpfungen.16 Weiterhin berührt er in diesem Zusammenhang die Gebundenheit bestimmter Sprachformen an bestimmte Arten des Ausdrucks und des in ihnen Ausgedrückten und macht so die Unterscheidung von Lyrik, Epik und Dramatik aus seiner Perspektive verständlich. Der Lyrik wird hierbei der Gefühls- und Willensausdruck zugeordnet, der Epik das gegenständliche Auffassen mit seiner 14 15 16
Ges. Schr. VI, S. 103–241. Ebd., S. 307, 310. Unten S. 351; vgl. S. 145.
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Wirkung von Beschaulichkeit und Distanz und dem Drama die „ganze Lebendigkeit der Subjekte“.17 Daß die Logik und die Poetik in diesen Jahren von Dilthey eng verknüpft wurden, ist schon äußerlich daran erkennbar, daß er seine diesen beiden Bereichen zugehörigen Manuskripte zusammengelegt aufbewahrt. Sein Privatsekretär Schramm, der ihm im Januar 1908 Unterlagen zur Poetik nach Meran nachsenden soll, findet seiner Meinung nach „wichtige Manuskripte“, die „notwendig abzuschreiben“ und Dilthey zuzuschicken waren, an „unvermuteter Stelle“, nämlich „im großen Schrank am Ofen, unten bei den Werturteilen, aber nicht zu diesen gehörig“.18 Vor allem aber offenbart sich diese für Dilthey bestehende Zusammengehörigkeit von Logik und Poetik zum einen darin, daß er explizit Bezüge zwischen seinen logischen Ausführungen in der Sommerredaktion und seinen Ausarbeitungen zur Poetik herstellt,19 und zum anderen in der Einbindung eines Manuskripts mit dem Titel Regelsammlung, welches ursprünglich seinen Platz in der Poetik haben sollte, in die Theorie des Wissens.20 So fragt Dilthey nach dem logischen Charakter und der Reichweite der Geltung von Regeln und Normen in den unterschiedlichsten Bereichen, wie z. B. in der Rechtsprechung oder in einer kirchlichen Vereinigung; die Beschäftigung mit den Regeln der Poetik ist hierfür exemplarisch.
II. Es scheint, als habe Dilthey in dieser Zeit zwischen 1904 und 1911 eine Gesamtkonzeption vorgeschwebt, in der er das, was er in den Jahren und Jahrzehnten zuvor zur erkenntnistheoretisch-logischen Grundlegung der Geisteswissenschaften bereits ausgearbeitet und in Vorlesungen mehrfach schon vorgetragen hatte, neu zu bündeln versuchte, und in die er die Reflexion über Werte, Regeln und Normen einzubinden trachtete. So werden demzufolge jetzt die elementaren logischen Operationen nicht mehr nur primär als Basis des gegenständlichen Auffassens und dessen Artikulation in Aussagen angesehen, sondern Dilthey fragt nun auch nachhaltiger nach ihren Wirkungen im Gefühl und im Wollen und damit nach ihren Funktionen beim Werturteilen, Unten S. 351. Brief von Erich Schramm an Dilthey, 11. Januar 1908: Fundort: Dilthey-Nachlaß Berlin, Fasz. C 55 (202): 353–356. 19 Unten S. 351. 20 Unten S. 151–156. 17
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Zwecksetzen und der Regelbildung. Hiermit hängt zusammen, daß er nun auch die Sprache hinsichtlich verschiedener möglicher emotiver und volitiver Artikulationsformen stärker in den Blick nimmt. Bestätigt wird diese Vermutung einer von Dilthey intendierten Gesamtkonzeption dadurch, daß der im bisher Edierten nirgends erwähnte Titel Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen 21 nicht nur als Überschrift der Sommerredaktion erscheint, und zwar mit dem Zusatz Erster Teil: Zergliederung, sondern des weiteren auch auf einem von Misch geschriebenen Umschlagblatt im Faszikel C 78 (225): 349, hier mit der Ergänzung Zweiter Teil: Der Aufbau der Logik. I. Abschnitt. Kritik der bisherigen Logik; eingelegt ist hier sein Manuskript der Akademie-Abhandlung Erfahren und Denken von 1892 (C 78: 350–371 R), die später von Misch im Band V der Gesammelten Schriften erstmals veröffentlicht wurde. Diese von Dilthey so genannte Amicus-Abhandlung ist systematisch in das fünfte Buch des unvollendet gebliebenen zweiten Bandes der Einleitung in die Geisteswissenschaften einzuordnen, das nach einem Plan Diltheys aus den neunziger Jahren die „Grundlegung der Erkenntnis“ behandeln sollte.22 Im Anschluß an das Manuskript Erfahren und Denken folgt im Faszikel C 78 (225) ein Umschlagblatt (C 78: 372) von der Hand Mischs mit der Aufschrift: „II. Manuskript. Leben und Erkennen. Ist eine Parallelbearbeitung von Buch V, Abschnitt I und endigt mit einer Darstellung, wie der Lebenszusammenhang in einer Mehrheit realer Kategorien zum Ausdruck gelangt.“ Abgelegt ist hier unter dem von Dilthey geschriebenen Titel Zweiter Abschnitt. Leben und Erkennen. Auflösung der ersten Grundfrage der Erkenntnistheorie von Natur, Ursprung und Erkenntniswert des Gegebenen. I. Leben und Erkennen“ (C 78: 373) das später im Band XIX der Gesammelten Schriften abgedruckte Fragment Leben und Erkennen. Ein Entwurf zur erkenntnistheoretischen Logik und Kategorienlehre. Ein weiteres Mal begegnet der Titel Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen im Faszikel C 78: 560 sowie im Faszikel C 48/II (195): 41, hier jeweils in eindeutigem Bezug zur Sommerredaktion von 1906 stehend. Daran wird deutlich, daß Dilthey die beiden zeitlich dicht nebeneinander liegenden Texte, Erfahren und Denken und Leben und Erkennen, die ursprüng21 Ein philosophiehistorisches Pendant hierzu stellt Diltheys Geschichte des menschlichen Geistes und seiner Selbsterkenntnis in der Logik dar. Unter diesem Titel finden sich Ausarbeitungen zur Geschichte der Logik bereits in der Basler Logik von 1867/68 (siehe Ges. Schr. XX, S. 36–50). Er taucht darüber hinaus verschiedentlich in Nachlaßmaterialien auf, z. B. in Fasz. C 97 (245): 137 und in leichter Variation als Geschichte des menschlichen Geistes und seiner Reflexion in der Logik in Fasz. C 97: 381. Paul Ritter, der den Nachlaß Diltheys 1912 ordnete, notierte hierzu: „Pläne eines Buches“ (C 36: 137). 22 Siehe hierzu die Angaben des Herausgebers von Ges. Schr. V, 420.
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lich als Teile für das fünfte Buch des zweiten Bandes der Einleitung bestimmt waren, später dann, etwa 1906, offensichtlich in die neue Konzeption Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen einzuarbeiten gedachte. Nachdem er bereits in den frühen neunziger Jahren mit diesen beiden genannten Arbeiten zwei wichtige Bausteine seines logischerkenntnistheoretischen Systems gewonnen hatte, zielte er also darauf ab, diese etwa vierzehn Jahre später als zweiten Teil mit dem ersten, der die allgemeine und besondere Grundlegung der Philosophie enthält, wie sie in der Sommerredaktion vorliegt, zusammenzuschließen. Der von Dilthey gewählte Titel Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen hängt vermutlich mit seinen Hegel-Studien dieser Zeit zusammen,23 denn in ihm klingt Hegels Gedanke der Vollendung der menschlichen Selbsterkenntnis im „philosophischen Bewußtsein“24 und die Auffassung der Geschichte der Philosophie als „Darstellung der Geschichte des philosophierenden Geistes“25 an. Wie Hegel in seiner Phänomenologie des Geistes, dem ersten Teil seines Systems der Wissenschaft, den Prozeß des „werdenden Wissens“ darzustellen unternimmt,26 so ist in vergleichbarer Weise Dilthey in seiner System-Vorlesung von 1906 und deren anschließenden Ausarbeitungen darauf aus, das Denken in allen Regionen des Lebens aufzuweisen und zu beschreiben, um von hieraus den „Aufbau der Erkenntnis“ darzulegen, was wenig später auch in der Akademie-Abhandlung Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften geschieht, die am 5. Dezember 1910 gedruckt erscheint,27 sowie bereits in den im Band VII herausgegebenen Aka-
23 Nach längerer Zeit nahm Dilthey seine Untersuchungen zu Hegel 1905 wieder auf. Am 23. 11. 1905 trug er seine Jugendgeschichte Hegels in der Akademie vor. Die Drucklegung erfolgte im April 1906. Vgl. den Vorbericht des Herausgebers von Band IV der Gesammelten Schriften, S.VI. – Eine Anknüpfung Diltheys an Intentionen der Philosophie Hegels konstatiert z. B. auch 1912 der Dilthey-Schüler Max Frischeisen-Köhler in: Wilhelm Dilthey als Philosoph, in: Logos, Band III (1912), S. 29–58, hier: S. 45. 24 Ges. Schr. IV, S. 217. 25 Herman Nohl (Hrsg.), Fragmente aus Wilhelm Diltheys Hegelwerk, in: Hegel-Studien, Band 1 (Bonn 1961), S. 103–134, hier: S. 129. 26 Vgl. Hegels Selbstanzeige der Phänomenologie des Geistes. In: Intelligenzblatt der Jenaer Allgemeinen Literatur-Zeitung, 28. Oktober 1807; wiederabgedruckt in: Werke, hrsg. von Eva Moldenhauer und Karl Markus Michel, Band 3, Frankfurt a. M. 1970, S. 593; siehe auch: Phänomenologie des Geistes, Werke, Band 3, S. 31. 27 Der Aufbau ist wiederabgedruckt in Band VII der Gesammelten Schriften, S. 77–188, dem er den Titel gab. Gemäß Diltheys Planung sollte der Aufbau, ebenso wie die Studien in den zweiten Band der Einleitung in die Geisteswissenschaften integriert werden. Vgl. hierzu den Vorbericht des Herausgebers von Band VII, S. IX.
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demie-Abhandlungen aus der Zeit zwischen 1904 bis 1910,28 von denen nur die erste über den psychischen Strukturzusammenhang am 23. März 1905 in den Sitzungsberichten abgedruckt worden war.29 Diese Abhandlungen zur Theorie der Geisteswissenschaften dienten Dilthey nach seiner eigenen Aussage als „Grundstock“ für den Aufbau, welcher außerdem an seine „Vorlesungen über Logik und über System der Philosophie“ angeschlossen habe.30 So zeigt sich, wie verzahnt in diesen Jahren Diltheys Konzeption einer Theorie der Erfahrung und des Wissens ist mit dem vor diesem Hintergrund entstandenen Aufbau und den in ihn eingegangenen Studien. Hinsichtlich des formalen Aufbaus läßt sich wiederum eine Parallele zu Hegel ziehen, der dem ersten Teil seines Systems, der Wissenschaft der Erfahrung des Bewußtseins,31 als zweiten die Wissenschaft der Logik und – neben der „Philosophie der Natur“ – die „Philosophie des Geistes“ folgen ließ.32 Für sein Verhältnis zu Hegel gilt, was Dilthey einmal über Ranke äußerte: „Er arbeitete nicht ohne Einwirkung Hegels, aber vor allem doch im Gegensatz zu ihm.“33 Die „Einwirkung“ läßt sich vor allem an dem Verständnis der Philosophie als Selbstbesinnung, als universale Besinnung des Wissens über sich selbst34 festmachen und der „Gegensatz“ in dem prinzipiell verschiedenen Ausgangspunkt beider: Dilthey setzt an die Stelle der „allgemeinen Vernunft Hegels“ das „Leben in seiner Totalität“.35 Von hier aus kritisiert er zum einen Hegels „Grundriß des Aufbaues der Geisteswissenschaften“ als „verkehrt von vornherein“,36 und zum anderen dessen „eintönig durch die ganze Systematik“ hindurchgehende dialektische Methode.37
Ges. Schr. VII, S. 3–75 und S. 295–323. Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin. Gesamtsitzung vom 16. März 1905, ausgegeben am 23. März 1905, S. 1–22 [322–343]: Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Von W. Dilthey. Erste Studie. 30 Ges. Schr. VII, S. 79. 31 So der ältere Titel der Phänomenologie. Vgl. G. W. F. Hegel, Werke, a.a.O., Band 3, Anm. der Redaktion, S. 596. 32 Ebd.; Ders., Wissenschaft der Logik. Erster Teil: Die objektive Logik, Werke, a.a.O., Band 5, Frankfurt a. M. 1969, Vorrede zur ersten Ausgabe, S. 18. 33 Ges. Schr. VII, S. 103. 34 Vgl. ebd., S. 169, vgl. auch S. 83. 35 Ebd., S. 151. 36 Ges. Schr. IV, S. 249; vgl. Ges. Schr. VII, S. 258, 271, 331. 37 Ges. Schr. IV, S. 237; Fragmente aus Wilhelm Diltheys Hegelwerk, hrsg. von H. Nohl, a.a.O., S. 127; Ges. Schr. VII, S. 157. – Zu Diltheys ambivalentem Verhältnis zu Hegel vgl. auch die Äußerungen seiner Schüler M. Frischeisen-Köhler, Wilhelm Dilthey als Philosoph, in: Logos, Band III (1912), S. 29–58, hier: S. 45; E. Schramm, Wilhelm Dilthey †, in: Archiv für Kulturgeschichte, Band 9 (1911), S. 273–278, hier: S. 275; Ders., Wilhelm Dilthey, in: Philosophie und 28
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III. Diltheys systematische Ausarbeitungen seit dem Sommer 1906 schlagen nicht nur eine Brücke zwischen seinem Versuch einer Fundierung der Kategorien im Leben, wie er in Leben und Erkennen (1892/93) unternommen wurde, und seiner Kritik an der traditionellen Logik seiner Zeitgenossen, die Dilthey in Erfahren und Denken (1892) begonnen hatte, auf der einen und den Studien (1904–1910) und dem Aufbau (1910) auf der anderen Seite, sondern sie stehen darüber hinaus in engster Verbindung zu Diltheys Vorlesungen über das System der Philosophie in Grundzügen, die er regelmäßig im Sommersemester zwischen 1899 und 1906 hielt. In Ergänzung zu den aus dem Nachlaß bereits in Band XX der Gesammelten Schriften herausgegebenen System-Vorlesungen von 1899 und 1903 kommt hier nun auch Diltheys letzte Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen vom Sommersemester 1906 nebst ihren weiteren Ausarbeitungen zur Publikation. In jeder seiner System-Vorlesungen hat Dilthey die einzelnen Teile derselben verschieden ausgearbeitet und gewichtet. Während die Einleitung zur Vorlesung weder in den Vorlesungen von 1899 und 1903, noch in derjenigen von 1906 als abgeschlossener Teil vorliegt, sondern nur unvollständig und ohne eigene Überschrift präsent ist, hat Dilthey den ersten Teil, die philosophische Grundlegung, in allen seinen System-Vorlesungen mehr oder minder stark ausformuliert. In der Vorlesung von 1899 stellt er den realen, „nur in der Struktur des Lebens“ gegebenen Zusammenhang 38 als allein wahres Fundament der Philosophie heraus, dessen Aufhellung die Aufgabe der Philosophie und der Wissenschaften sei. Die Selbstbesinnung, die die Zusammenhänge von innerer und äußerer Wirklichkeit zu erfassen sucht, steht hier im Zentrum der Untersuchung. Der zweite Teil über den „Lebenszusammenhang und die Erkenntnis“, der lediglich aus einem Paragraphen mit der Überschrift „Die Struktur des Seelenlebens (der Lebendigkeit)“ besteht, enthält neben der Erörterung des Begriffs der Struktur und neben Abgrenzungen gegenüber der erklärenden Psychologie nur wenige Andeutungen auf eine Logik des Gefühls und des Willens, eine Theorie der Wertschätzung oder eine universale Theorie des Wissens. Leben, 4. Jahrgang (1928), S. 353–355, hier: S. 354 f.; Eduard Spranger, Wilhelm Dilthey. Eine Gedächtnisrede, gehalten in Berlin am 15. März 1912, in: Ders., Vom pädagogischen Genius, Heidelberg 1965, S. 203–215, hier: S. 204. 38 Ges. Schr. XX, S. 236.
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In der System-Vorlesung von 1903 dagegen wird die philosophische Grundlegung in zwei Teilen, einem ersten allgemeinen und einem zweiten besonderen thematisiert, wobei das Schwergewicht auf dem zweiten Teil, der Logik, liegt, wie dies auch in der Vorlesung von 190539 sowie der hier präsentierten von 1906 der Fall ist. Trotz der Gleichartigkeit des formalen Aufbaus weist aber die System-Vorlesung von 1906 wie auch die an sie anschließenden Ausarbeitungen zwischen 1906 und 1908 deutliche Akzentverschiebungen gegenüber den früheren auf. Das, was in der Vorlesung von 1903 innerhalb des zweiten besonderen Teils im § 1 über das „Denken in den verschiedenen Gebieten des Seelenlebens“40 und auch in der Vorlesung von 1905 nur knapp skizziert wurde, nämlich die Präsenz des Denkens in seinen einfachsten Formen des Vergleichens, Verbindens, Unterscheidens, Trennens usw. in allem Verhalten sowie der logische Gehalt von Gefühls- und Willensäußerungen, erfährt im Kolleg von 1906 und den ihm nachfolgenden Texten eine ausführlichere und differenziertere Untersuchung. So wird in der Sommerredaktion eine Theorie der Wertschätzung von Dilthey entwickelt,41 auf die er in späteren Versuchen einer weiteren Ausarbeitung seiner Grundlegung der Philosophie verschiedentlich wieder zurückgreift 42 und die er durch kleine Skizzen und Entwürfe zur Wertlehre zu unterfüttern und zu erweitern sucht.43 Im Unterschied zu den System-Vorlesungen der Vorjahre ist im Kolleg von 1906 und den hieran anschließenden Entwürfen das Schwergewicht innerhalb des zweiten besonderen Teils der philosophischen Grundlegung auf die Untersuchung von Ausdrücken des Fühlens und Wollens hinsichtlich ihres logischen Gehalts gelegt. E. Schramm, der mit Diltheys Philosophie der Zeit zwischen 1906 und 1911 vertraut ist, resümiert: „Diltheys Bedeutung als Philosoph liegt ja darin, daß er in seiner Strukturpsychologie den Zusammenhang des Denkens mit dem Fühlen und Wollen in der Sprache der Seele erfaßte […].“44 Während der erste Abschnitt des besonderen Teils der Grundlegung, die Logik, seit 1906 damit eine starke Explikation erfährt und neue Impulse empfängt, läßt der zweite Abschnitt, die „Theorie des Wissens, gegründet auf die Vergleichung der Denkleistungen auf den verschiedenen Gebieten“ immerhin auch punktuelle Veränderungen gegenüber früher Ausgeführtem er39 Eine Mitschrift dieser System-Vorlesung aus dem Sommersemester 1905 von G. Misch ist im Dilthey-Nachlaß im Archiv der BBAW in Fasz. C 7 (141): 265–295 Rücks. hinterlegt. 40 Ges. Schr. XX, S. 353–357. 41 Unten S. 29–55. 42 Vgl. unten S. 341, Anm. 192 und S. 342, Anm. 198. 43 Vgl. hierzu den C-Teil dieser Edition. 44 E. Schramm, Erinnerungen an Wilhelm Dilthey, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, VII. Jahrgang, Heft 1 (1955), S. 355–358, hier: S. 356.
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kennen, indem jetzt beispielsweise auch das „Schließen auf dem Gebiet der Wertgebung“ und das Problem der Regel in der Poetik behandelt werden und nicht mehr nur Urteile, sondern auch Regeln als „diskursive Denkakte von allgemeingültigem Charakter“ bestimmt werden, womit die „Gleichsetzung des diskursiven Denkakts mit dem Urteil“ aufgehoben wird.45 Der zweite Teil des Systems der Philosophie, der den Zusammenhang der Geisteswissenschaften und ihrer Methoden behandeln sollte, sowie der dritte Teil über die Lehre von den Weltanschauungen und die Metaphysik sind als Ganzes in diesem Rahmen unausgearbeitet geblieben.46
IV. Dilthey nimmt als den Ausgangspunkt der Philosophie das Leben, das sich aus Erlebnissen zusammensetzt. Er bestimmt es als „das Verhalten des Subjekts zu Gegenständen“. In den Verhaltungsweisen, die Dilthey als „Lebensfaktoren“ bezeichnet, ist immer ein Verhalten zu Personen und Gegenständen da, d. h. sie sind objektiv gerichtet und bestimmt, nicht notwendig aber von einem Selbstbewußtsein begleitet. Der Mensch ist zunächst in vielfältige personale und gegenständliche Bezüge verwoben und ist sich dabei seiner selbst immer gegenwärtig. Selbstbewußtsein entsteht erst im „Denken über“ etwas, auf einer Stufe, auf welcher Lebensbezüge reflektiert werden. Erst wenn sich das Ich das in seinen Erlebnissen Enthaltene, dem immer auch schon ein Wert beigelegt ist,47 und damit zugleich sich selbst zu Bewußtsein bringt, entstehen Lebenserfahrungen und entwickeln sich Erfahrungszusammenhänge. Weil das Leben der Ausgangspunkt der Philosophie ist und die Selbstaufklärung desselben das Ziel, ergibt sich in der System-Vorlesung von 1906 eine Gliederung der Philosophie in drei Bereiche: die Lehre vom Wissen (die philosophische GrundVgl. hierzu auch G. Misch, Vorbericht des Herausgebers zu Ges. Schr. V, S. LXII. Einzelne, zum Teil unvollständige und kaum zusammenzuordnende Manuskripte hierzu sind z. B. in den Faszikeln C 10 (144) und C 64 (211) des Berliner Dilthey-Nachlasses zu finden. – Diltheys Beiträge zum Studium der Individualität von 1895/96, die am 12. März 1896 in den Sitzungsberichten der Preußischen Akademie der Wissenschaften, Sitzung der phil.-hist. Klasse vom 5. März. Mitteilung vom 25. April 1895, S. 1[295] – 41[335] in Auszügen erschienen sind (Ges. Schr. V, S. 241–316), sowie der von ihm 1910 publizierte Aufbau und die 1911 erschienene Abhandlung Die Typen der Weltanschauung und ihre Ausbildung in den metaphysischen Systemen, wiederabgedruckt in Ges. Schr. VIII, S. 73–118, sind hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu diesen Kontexten zu lesen. 47 Vgl. unten S. 32. 45
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legung), das System der Geisteswissenschaften und die Lehre von den Weltanschauungen, welche die Welterkenntnis auf letzte Gründe zurückzuführen versuchen48 – eine Aufgabe, die zuvor der obsolet gewordenen Metaphysik zugekommen war. Das Denken, das dem Leben dient, durchzieht alles menschliche Verhalten, in welchem die Verhaltungsweisen des Wahrnehmens, Fühlens und Wollens mit ihren Funktionen des Auffassens, Wertgebens und Zwecksetzens, welche auf die „Erkenntnis der Welt“, die „Wertsystematik“ und die „Welt der Güter“ gerichtet sind, immer in bestimmten Konstellationen miteinander verbunden sind. In seinen elementaren Leistungen des Vergleichens, Verbindens, Trennens und Zerlegens ist es auch schon vorsprachlich am Werk. Und gerade dieses vordiskursive Denken interessiert Dilthey. Sein erklärtes Ziel ist es, das „dem diskursiven Denken vorausgehende (intuitive, anschauliche)“ Denken in den Blick zu nehmen, „dann das Denken, das in der Gefühlswelt besteht, endlich dasjenige, das das Wollen enthält“.49 Von den elementaren „formalen“ logischen Operationen unterscheidet Dilthey Leistungen, welche die „Verhältnisse des Gegebenen“, wie Raum- und Zeit- oder Inhärenzverhältnisse sowie die Verhältnisse von Ursachen und Wirkungen, ins Bewußtsein heben. Hierbei handelt es sich nicht um apriorische Raster, die Gegebenes in Beziehungen setzen, sondern um ein „Interpretieren“ von Gegebenheiten, die wirklich in diesen Verhältnissen zueinander stehen, in denen sie aufgefaßt werden. Raum und Zeit sind keine reinen Anschauungsformen, wie für Kant, sondern vielmehr „Realkategorien“,50 die dem Auffassenden und dem Aufzufassenden zugleich zukommen und so die Erkenntnis von Wirklichem ermöglichen. Damit ist z. B. der Begriff der Kausalität für Dilthey nichts anderes als der geronnene Ausdruck für das uns aus unserer in-
48 Vgl. unten S. 4. – Die hier vorgenommene Dreiteilung der Philosophie entspricht der von B. Groethuysen in Band VIII der Gesammelten Schriften herausgegebenen, die einem Entwurf Diltheys zu einer seiner System-Vorlesungen entstammt (siehe Ges. Schr. VIII, S. 267): I. Teil der Philosophie: „philosophische Grundlagen“ = „allgemeine Wissenschaftslehre“, welche „Logik und Erkenntnistheorie“ umfaßt; II. Teil der Philosophie: „der hierauf gegründete Zusammenhang der Wissenschaften und ihrer Methoden“; III. Teil der Philosophie: „Lehre von den Formen der philosophischen Weltanschauung und Metaphysik“. Voraus geht in dieser undatierten Disposition Diltheys 1. eine Einleitung, die die Stellung der Philosophie in der Kultur der Gegenwart behandelt (vgl. Ges. Schr. VIII, S. 190–205) und 2. eine Darstellung des Wesens der Philosophie (vgl. Ges. Schr. V, S. 339–416; erstmals erschienen in: Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hrsg. von Paul Hinneberg. Teil 1, Abteilung VI: Systematische Philosophie, Berlin und Leipzig 1907, 21908, S. 1–72. 49 Unten S. 7; vgl. S. 36. 50 Unten S. 8; vgl. hierzu z. B. auch Ges. Schr. XIX, S. 216.
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neren Erfahrung bekannte Verhältnis von Wirken und Leiden, das wir auf äußere Verhältnisse übertragen.51 Erkenntnis bestimmt Dilthey dementsprechend als „deutliches Bewußtsein des Gegebenen“. Nur weil sie in den primären Denkleistungen gründet, in denen eine kategorial bestimmte Auffassung von Wirklichem stattfindet, ist die Erkenntnis gesichert. Der „Logismus“, die Gesamtheit unserer logischen Formen und Gesetze, der die objektive Erkenntnis von Sachverhalten ermöglicht, ist somit nicht ein „Apparat, der der Wirklichkeit übergeworfen würde“, sondern er ist der „Ausdruck dessen, was als Sachverhalt in der Wirklichkeit ist“.52 Der Aufbau der Erkenntnis vollzieht sich, indem wir die logischen Beziehungen, die zwischen Gegebenem in der Wirklichkeit bestehen, mit Hilfe der elementaren Denkoperationen auffassen, sie artikulieren und uns so bewußt machen. Schließlich bringen wir sie in gesetzmäßiger Weise „auf Zeichen“, und zwar in Urteilen.53 Diesen entspricht der Ausdruck des Sachverhalts im Satz. So korrelieren einerseits Urteil und Satz, sie werden aber auch klar von Dilthey unterschieden: „Jede Wortverbindung, die einen Sinn ausdrückt, nennen wir Satz. Jede Wortverbindung, die einen Sachverhalt ausdrückt, ist ein Urteil.“54 Als das dem „eigentlichen Urteil“ Vorausliegende nennt Dilthey zum einen Fragen, des weiteren Sätze, die Ausdrücke von Gefühlen sind oder einen Gefühlsausdruck zu „gegenständlichem Erkennen erheben“, und als drittes „Ausdrücke des Wollens“, in denen der „Wille zu etwas“ selbst realisiert ist, wie in der gebieterischen Gebärde, in Wunsch, Befehl, Forderung, Bitte.55 Bei alledem handelt es sich nach Dilthey aber nicht um „subjektive Urteile“, wie er Erdmann und Sigwart entgegenhält,56 sondern um Äußerungsweisen, die vor der Sphäre der Urteile im engeren Sinne liegen, von denen sie sich durch einen höheren Grad an Unmittelbarkeit und individueller Gebundenheit unterscheiden. Wahrnehmungen, auch denjenigen zweiter Ordnung, die elementaren logischen Operationen, enthalten noch kein Bewußtsein von Gültigkeit. Dieses tritt erst in der Entschiedenheit des Urteils auf, welches immer beja51 Vgl. unten S. 9. – Die Begründung der formalen Kategorien auf den Kategorien des Lebens hat Dilthey bereits in Leben und Erkennen ansatzweise vorgenommen (Ges. Schr. XIX, S. 333–388, bes.: S. 359–388). 52 Unten S. 9. 53 Vgl. unten S. 9. – Deshalb ist für Dilthey auch das Urteil das Primäre, nicht der Begriff, der immer nur entweder Bestandteil oder aber Produkt eines Urteils sei. Dilthey teilt diese Auffassung vom Urteil mit vielen Logikern des 19. Jahrhunderts, z. B. mit Trendelenburg und mit Sigwart. 54 Unten S. 10. 55 Einen Sonderfall bildet für Dilthey hier die Norm oder die allgemeine Regel, die zumindest in ein Urteil umgewandelt werden kann, weil in ihr ein höherer Grad von Objektivität vorliegt. 56 Vgl. unten S. 110.
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hend oder verneinend ist. Umgekehrt heißt dies für Dilthey, daß nur Aussagen, die von dem Bewußtsein der Gültigkeit begleitet sind, Urteile heißen dürfen. Erst bei ihnen liegt ein Wissen im engeren Sinne vor. Den elementaren Denkleistungen kommt deshalb ein Status von Wissen noch nicht zu, wenn sie auch die Gegenstände ausbilden, auf welche die Urteile dann bezogen sind. Die Erkenntnis vollzieht sich in „drei Kreisen von Tatsächlichkeiten“: im Sinnesauffassen, im Innewerden und im Verstehen.57 Daß Dilthey so und nicht von den drei entsprechenden Objekt-Feldern: Welt, Selbst und Mitwelt aus an das Erkenntnisproblem herangeht, macht deutlich, daß er einen Aufbau der Erkenntnis vom Lebensverhalten her versucht. Das Sinnesauffassen, das Innewerden und das Verstehen bewirken ein Wissen von der äußeren Welt, von den eigenen Zuständen und von denen anderer Personen. Deshalb gibt es auf diesen verschiedenen Gebieten, in denen das Denken sich äußert, auch Unterschiede in der Form der Denkakte. Wirklichkeitsurteile, Wertbestimmungen und Regeln, die jeweils spezifische Arten von Wissen enthalten, sind „verschiedene Grundformen des Urteils“.58 Dilthey ist bemüht, zum einen die Unterschiede zwischen ihnen kenntlich zu machen und zum anderen das Gemeinsame in diesen drei Klassen von Denkakten aufzuzeigen. Das Zentrum der logischen Grundlegung der Philosophie und der Geisteswissenschaften ist somit die Beschreibung und Zergliederung des Denkzusammenhangs. Die Logik wird von Dilthey, ebenso wie die Psychologie, als eine beschreibende und analysierende Disziplin angesehen. Ihre traditionelle präskriptive Funktion (Logik als Lehre vom richtigen Denken) bleibt dabei unangetastet. Zum Gegenstand der logischen Betrachtung wird alles Denken, das die Bereiche des Auffassens, Fühlens und Wollens als diskursives oder als „schweigendes“ durchzieht. So soll der gesamte Denkzusammenhang „in seinem Verhältnis zu seinem Hintergrund im Seelenleben“ aufgefaßt59 und damit die „zu schmale Basis“60 der Logik erweitert werden. Die elementaren logischen Operationen werden ebenso wie diejenigen primären Denkleistungen, welche die zeitlichen, räumlichen und kategorialen Verhältnisse von Gegebenem zu Bewußtsein bringen, in ihrer Bedeutung für die Gegenstandskonstitution aufgewiesen. Urteile, die zusammen mit Sätzen den Bereich des diskursiven Denkens ausmachen, werden bestimmt als Sachverhalte zum Ausdruck bringend, während (vollständigen und unvollständigen) Sätzen die Artikula-
57 58 59 60
Vgl. unten S. 11 f., 123. Unten S. 21. Unten S. 85. Unten S. 22.
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tion von Sinn zugesprochen wird. Fragen, Ausrufe, Möglichkeitsurteile, Gefühlausdrücke und Willensäußerungen charakterisiert Dilthey als unmittelbaren Lebensausdruck und nicht als „Aussagen über“. Sie haben nicht die Qualität von Urteilen, nicht einmal die von „subjektiven“. Alle Aussagen, die mit dem Bewußtsein der Gültigkeit auftreten und denen die Eigenschaft zukommt, wahr oder falsch zu sein, sind Urteile. Diese sind in den drei Auffassungsweisen von Wirklichem fundiert: Auf der Sinneswahrnehmung beruhen die Urteile im engeren Sinne, auf dem Innenwerden und dem Verstehen, in welchem innere und äußere Wahrnehmung zusammenkommen, beruhen die Regeln. So zerfallen alle Akte des Wissens in Urteile und Regeln.61 Urteile über Wirklichkeit oder das Verhalten eines Tatbestandes sind „objektive Urteile“, Urteile im Gebiet der immer gefühlsbegleiteten Wertgebung heißen „Werturteile“. Die „Dialektik“ der Werturteile liegt für Dilthey darin, daß sie einerseits subjektiver Gefühlsausdruck sind, andererseits aber einen Anspruch auf objektive Gültigkeit erheben. So stellt sich für Dilthey die Frage: Gibt es objektive Werturteile?
V. Mit seiner Analyse des Denkens verfolgt er erklärtermaßen das Ziel, den „logischen Apparat“ an elementare Denkleistungen zurückzubinden, um so dessen Fundierung im lebendigen Strukturzusammenhang deutlich zu machen. Das Denken, das Dilthey dem Erfahren gleichsetzt, unterliegt, wie alles Menschliche, dem Gesetz der Entwicklung, die hier auf diesem Gebiet in der „Steigerung des Bewußtseins“ besteht, welche zu einer Ausdifferenzierung von Wissensformen mit zunehmendem Gewißheitswert führt. Weil das Denken nicht auf den Bereich der Wahrnehmung und Erkenntnis der äußeren Wirklichkeit beschränkt, sondern in seiner ganzen Weite betrachtet werden soll, will Dilthey die Unterschiede in den Denkakten auf den verschiedenen Gebieten herausarbeiten. An die Stelle einer allein geltenden Urteilsform sollen verschiedene Urteilsformen gesetzt und so die Lehre vom Urteil erweitert werden. Die Logik, die für ihn nicht nur eine praktische Disziplin, sondern vor allem eine Theorie des Denkens ist, soll so eine „analytische“ Wissenschaft werden. Sie erfährt auf diese Weise eine „bemerkenswerte Erweiterung“ und dient damit einer Analysis der gesamten, unverkürzten menschlichen Wirklichkeit.
61
Unten S. 12, 126.
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Diejenigen logischen Verrichtungen, die für die Analyse letzte aufweisbare Handlungseinheiten sind, hinter die phänomenologisch nicht zurückgegangen werden kann, sind die „primären“ oder „elementaren“ Denkleistungen. Sie sind in ihrer Richtung und Intensität durch Interesse und Aufmerksamkeit geleitet, und sie bilden die Voraussetzung für die Abstraktion, also das „Aussondern desselbigen am Verschiedenen“, und somit für die Entstehung von Allgemeinvorstellungen, die ihrerseits wiederum die Grundlage für die Ausbildung von Allgemeinbegriffen darstellen. Sie fassen Gegebenes in seinen realen Beziehungen auf, und mit ihnen werden schon „primäre Urteile“ vollzogen. Urteile wurzeln damit in „Denkakten, die vor der sprachlichen Formulierung liegen“ und auch Schlußverfahren liegen nach Dilthey schon in Formen vor, „welche Urteile in sprachlicher Form nicht bedürfen.“62 Aufgrund dieser Auffassung von zugleich „wahrnehmend-urteilenden“ sowie elementar- schließenden logischen Grundoperationen, die die Basis alles Erkennens und Wissens bilden, ist für Dilthey eine erkenntnistheoretische Trennung von Stoff und Form ebenso wie eine Scheidung von Wahrnehmung und logischem Apparat, von Perzeption und Apperzeption nicht akzeptabel. Weil sich auf dem Boden der primären Denkleistungen in allen Teilen der Lebensstruktur der Aufbau der logischen Formen und Gesetze gestaltet, wendet sich Dilthey diesen zu, insbesondere im Bereich des Trieb- und Gefühlslebens als dem Zentrum der „Lebenseinheit“. Von hier aus soll die Entstehung von Wertschätzungen und Wertgebungen, die ihren Ausdruck in Werturteilen finden können, aufgezeigt werden. Bezug nehmend auf frühere Ausführungen in seiner Akademie-Abhandlung Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie von 1894 versucht er deutlich zu machen, daß wir von einer Zweckmäßigkeit regiert werden, welche ursprünglich, wie es im gesamten Tierreich der Fall ist, der Selbst- und Arterhaltung dient. Schon die drei „Triebkreise“, die ihren Ursprung im Nahrungs-, Geschlechts- sowie Sorgeund Schutztrieb haben, wie auch körperliche Gefühle, die von Lust oder Unlust begleitet sind, und Leidenschaften weisen nach Dilthey immer einen teleologischen Charakter auf. Aus der Wurzel dieser ursprünglichen Lebenszwecke entwickeln sich im Laufe der individuellen Lebensgeschichte sowie der Geschichte von Gruppen, Völkern usw. die „Lebenswerte“, zu deren Realisierung zweckorientierte Verhaltensweisen ausgebildet werden. Im Dienste ihrer Entfaltung steht auch die Wirklichkeitserkenntnis.63 Die so entstehende und allmählich wachsende Lebenserfahrung ist zunächst noch unmethodisch, wird aber allmählich zu einer methodischen ausgebildet. Das Ziel ist ein „System 62 63
Unten S. 26–29. Unten S. 55.
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der immanenten Lebenswerte von allgemeingültigem Charakter und ein System der objektiven, außer uns gelegenen Werte“.64 Wert wird von Dilthey zunächst definiert als ein „durch Lust oder Befriedigung charakterisierter Zustand oder ein Gegenstand, der diesen Zustand hervorbringt“. Alles, wozu unsere Gefühlslebendigkeit sich positiv verhält, gilt als Wert. Auch das Bewußtsein eines Wertes, z. B. das namentliche Aussprechen eines wertgeschätzten Gegenstandes oder die Erinnerung eines solchen, geht mit einem positiven Gefühl, wie Freude oder Verlangen, einher, und das Werturteil ist demgemäß bestimmt als der Ausdruck des „Bewußtseins eines gefühlten Wertes“. Da Dilthey es auf eine Reflexionsstufe mit dem Wirklichkeitsurteil stellt und auch bereits der subjektlose Satz, der noch keine Differenzierung des Wahrnehmungsinhalts enthält, als ein Urteil über Wirklichkeit angesehen wird, so muß auch das Werturteil nicht notwendig eine „logische Differenzierung in der Wertbestimmung“ enthalten. Dilthey versucht, die Entwicklung der logischen Operationen, von der Erfahrung einzelner Werte über die Wertvergleichung und die Aufstellung einer „Wertsystematik“ bis hin zur Setzung absoluter Werte sowie der Aufsuchung objektiver Wertmaßstäbe, darzustellen. Denn wie in der Wirklichkeitsauffassung gibt es auch hier eine Entwicklung, einen „Übergang aus dem Erleben zum Urteil“.65 Die Wahl individueller Lebenswerte, deren letzter Ursprung in dem Streben nach Triebbefriedigung liegt, orientiert sich an damit in Einklang stehenden Lebenszielen. Von hier aus werden die einzelnen „Lebensmomente“, also Personen und Sachen, Situationen und Ereignisse, als wertvoll oder wertlos erkannt. Wert ist somit in gewisser Hinsicht für Dilthey pragmatisch bestimmt: Was den anvisierten Lebenszielen dient, ist ein Wert. Da im Werthalten, wie in allem Erleben, Wahrnehmungen, Vorstellungen, Gefühle und Volitionen in ganz unterschiedlichen Weisen zusammenspielen, ist das Verhältnis von Werthaltung, Wert und Wertobjekt nicht ein für allemal feststellbar. Es besteht vielmehr immer eine „Verschiebbarkeit der Relationen in der Wertschätzung von Gegenständen“ in Bezug auf „das Verhältnis der Tatbestandsauffassung zum Gefühl“ und „das Verhältnis des Gefühls zum Bewußtsein des Subjektes und seines Eigeninteresses“ sowie bezüglich der Relation des Gefühls zum Gegenstand.66 Deshalb ist auch der Vollzug des Werturteils zwar ein einfacher Akt, doch die Wertschätzung selbst stellt ein komplexes variables Beziehungsgeflecht aus Vorstellungen, Sinnesreizen, Anmutungen, Gefühlen usw. dar. Dieser jeweils konkrete strukturelle Zusammenhang der 64 65 66
Vgl. hierzu und zum Folgenden unten S. 32 f. Unten S. 36. Unten S. 41.
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einzelnen Momente kann durch Bewußtmachung, besonders dann in der Fassung eines „Wertschätzungsurteils“, umgedeutet werden. Wie für Dilthey alle Formung durch den Ausdruck immer schon Interpretation des in ihm Ausgedrückten bedeutet, ist das Werturteil eine Auslegung der in ihm enthaltenen Werthaltung. So können auch hier – wie im Wirklichkeitsurteil – Täuschungen und Illusionen auftreten. Einen logischen Unterschied zwischen Wirklichkeitsurteilen und Werturteilen erkennt Dilthey darin, daß Werturteile in ganz anderem Maße als Wirklichkeitsurteile dem Wandel unterliegen. Sie werden im Laufe jedes Lebens durch verschiedene Faktoren immer wieder relativiert und modifiziert. Eine Rolle hierbei spielt z. B. die Rücksicht auf mögliche, insbesondere negative, Folgen oder das im Laufe des Lebens zunehmende In-Beziehung-setzen von gegenwärtigen Wertbestimmungen und erinnerten oder zukünftig zu erwartenden Ereignissen und Zuständen, die von Ängsten und Hoffnungen etc. begleitet sind, aber auch Veränderungen in der Lebenssituation und das Streben des Einzelnen nach gemeinschaftlich geltenden Werten. Da Wertbestimmungen also immer von der jeweiligen „Beschaffenheit des wertsetzenden Subjektes“, z. B. von seiner Werthaltungsstärke, seiner Lebenserfahrung und Motivationslage, abhängig sind, ist es nicht möglich, ein zeitlos geltendes objektives Wertsystem mit einem verbindlichen höchsten Zweck an der Spitze aufzustellen. Dilthey folgert hieraus, daß die Metaphysik damit „in ihrem Kern“ aufgehoben sei. Aus unseren immer kontingenten Wertbestimmungen läßt sich niemals ein absoluter Wert gewinnen. Die Wertbestimmungen haben zum einen die Wahrnehmung und Erfahrung der Wirklichkeit zur Voraussetzung, zum anderen sind sie auf den „Zusammenhang der Zwecke“ ausgerichtet. So liegen die Denkakte des Wertschätzens zwischen den Wirklichkeitsurteilen und den Zwecksetzungen. Der Form nach sind die Werturteile nicht von den Urteilen über Wirklichkeit zu unterscheiden; beide werden in Aussagesätzen gefaßt. Aber die Prädizierung, so betont Dilthey, ist hier ganz anderer Art: Beim Werturteil handelt es sich nicht um eine Aussage über Seiendes, sondern um den Ausdruck eines Gefühlsverhaltens zu etwas oder jemandem, das in dem konkreten Augenblick so und nicht anders artikuliert werden kann und daher keine andere Prädizierung zuläßt. Wenn auch kein absoluter Wert gefunden werden kann und die Aufstellung einer alle Lebensbereiche umfassenden und für alle gültigen Wertsystematik unmöglich ist, so hält Dilthey dennoch an dem Ziel fest, wenigstens „in gewissen Grenzen zu dem Begriff objektiver Werte“ zu kommen.67 Als einen Weg
67
Unten S. 47.
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dorthin erachtet er die Wertvergleichung auf den verschiedenen Praxisfeldern, wie der Ästhetik, Ethik, Politik und Wirtschaftslehre. Jede dieser von ihm als „Wertklassen“ bezeichneten geisteswissenschaftlichen Disziplinen sollte, so schlägt er vor, spezifische Wertmaßstäbe und -relationen entwickeln, um so zu umgrenzten ästhetischen, ethischen, politischen und wirtschaftlichen „Wertinbegriffen“ zu gelangen. Eine Abschätzung der Wertklassen gegeneinander allerdings hält Dilthey für unmöglich. Jede bildet ihre eigene spezifische Wertsystematik aus, unvergleichbar mit den anderen – wenn auch der gemeinsame Ursprung ihrer aller letztlich im Zusammenhang der Lebenseinheit und deren Beziehungen zu dem jeweiligen Milieu liegt. Hierin gründet die Bestimmung jeder Geisteswissenschaft als der „Relation von Wirklichkeit, Wert, Gut und Regel innerhalb eines Gebietes“.68 Güter und Zwecke werden durch Werte bestimmt und die Mittel zur Erreichung derselben durch das Verhältnis der Werte zu den Möglichkeiten ihrer Realisierung. Die Motive der Zwecksetzungen und die Wahl geeigneter Mittel zur Verwirklichung der Zwecke liegen so im Zusammenhang der Werte begründet. Zudem sind sie aber auch immer abhängig von dem Verhältnis der Werte zur konkreten Wirklichkeit, in der das handelnde Subjekt sich befindet. So kann ein Wert „nur dann zum Zweck erhoben werden, wenn die Bedingungen vorhanden sind, welche die Realisierung desselben ermöglichen“.69 Der Zusammenhang der Werte bildet das Zentrum, welches Wirklichkeitsauffassung und Zwecksetzung vermittelt. Werthaltungen und die durch sie hervorgebrachten Werte sind der Motor unseres Handelns. Zwecksetzungen und Regelgebungen wiederum verklammern die Wirklichkeitsauffassung und die Wertsetzung. Logisch angesehen liegen deshalb nach Diltheys Auffassung bei ihnen Verbindungen von Wirklichkeitsurteilen und Werturteilen vor. So wird im Bereich der Zwecksetzung und Regelgebung durch „erfahrendes Denken“ Wissen gewonnen, welches allerdings einen spezifischen Charakter hat. Regeln, z. B. Rechtsregeln oder moralische Verhaltensregeln, drücken nicht, wie auch nicht die Werturteile, eine Zugehörigkeit des Prädikats zum Subjekt aus, sondern vielmehr ein Verhältnis von Personen und deren „Bestimmung zu Handlungsweisen oder zu Unterlassung derselben“.70 Das Subjekt des Aussagemodus Regel ist nicht im Prädikat enthalten, sondern Subjekt und Prädikat stehen hier im „Verhältnis der Bindung“. In religiösen Geboten
68 69 70
Unten S. 48. Unten S. 49. Unten S. 53.
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etwa ist die Vorschrift an eine Verheißung gebunden, die Anwendung ästhetischer Regeln an die ästhetischen Wirkungen, und die Rechtsnorm verknüpft bestimmte unerwünschte Handlungen mit Strafandrohungen.
VI. Den Mittelpunkt des Lebenszusammenhangs bildet das Trieb- und Gefühlsleben mit den aus ihm hervorgehenden Wertbestimmungen. Diesem Ziel einer möglichst optimalen Verwirklichung der angestrebten Lebenswerte dienen die primären logischen Operationen, indem sich im Laufe des Lebens aus ihnen immer differenziertere Formen entwickeln. Gefühl, Trieb und Wille bilden so „Entwicklungsreihen“, die durch eine wachsende Differenzierung auch der Denkprozesse ausgezeichnet sind. Aufgrund dieses teleologischen Charakters ist die „Hauptarbeit des Lebens […] zu der Erkenntnis dessen zu kommen, was uns wahrhaft wertvoll ist“71 und demgemäß zu handeln. Das Denken dient der Selbsterhaltung und Lebenssteigerung, der Erfüllung von Wünschen, der Realisierung von Werten und der Erreichung gesetzter Ziele. Immer ist es auf ständig wachsende Bewußtmachung, auf die „Erhebung unseres Tuns zu gültigem, voll begründetem Wissen“72 ausgerichtet. Doch all dies, so kritisiert Dilthey, wird gemeinhin aus der Logik ausgeklammert und vielmehr der Psychologie zugeordnet, da die Logik lediglich das gegenständliche Auffassen im Blick hat. Diese einseitige Ausrichtung der Logik auf die Erkenntnis der äußeren Wirklichkeit versucht er aufzuheben. Denn der „Struktur des Lebens, wie sie die deskriptive Psychologie beschreibt, entspricht die des Wissens. Es erstreckt sich von der Erkenntnis der Wirklichkeit durch die Schätzung der Werte zu den Regeln, die das Handeln bestimmen. Faßt man die Lehre vom Wissen in diesem ihren ganzen Umfang, dann entsteht die Aufgabe, seinen Zusammenhang, den Charakter der Akte, in denen es sich vollzieht, seine Architektonik so zu bestimmen, daß sie für diese drei Klassen [des Wahrnehmens, Fühlens und Wollens] desselben Geltung haben.“73 Das Denken soll in seiner ganzen tatsächlichen Weite in der Theorie des Wissens Berücksichtigung finden. Da es nicht notwendig an die Sprache gebunden ist, darf es auch nicht mit Aussagen und Urteilen gleichgesetzt wer71 Unten S. 88; vgl. auch: Das Wesen der Philosophie (1907), in: Ges. Schr. V, S. 339–416, hier: S. 374. 72 Unten S. 89. 73 Unten S. 67.
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den. Das Denken ist vielmehr in „irgendeiner Form“ die Bedingung der Sprache, und nicht erst entsteht es durch die Sprache. „Hieraus ergibt sich, daß diesseits und jenseits der Sprache, die Zeitlinie angesehen, Denken ist, welches sich sonach durch die Sprache hindurch entwickelt.“74 Die Bedingungen des diskursiven Denkens sind die elementaren logischen Operationen, als die einfachsten Denkleistungen, „welche die Analyse vorfindet“,75 denn sie sind die Verbindungsglieder zwischen diesem und der Wahrnehmung. Die „bisherige Logik“, so fordert Dilthey deshalb, muß um eine „Logik der elementaren Denkleistungen“ ergänzt werden.76 Alles Erleben kann zum Gegenstand des Denkens werden, und die Untersuchung der Formen der hierbei stattfindenden Denkvollzüge ist Teil der logischen Analyse. Das Erleben ist vom Denken durch eine „bloße Form der Bewußtheit“ gesondert, die durch Interesse und Aufmerksamkeit erzeugt und geleitet wird. So liegen die Unterschiede zwischen dem Wahrnehmen und dem gegenständlichen Auffassen, zwischen dem Wertfühlen und ausgesprochenen Wertschätzungen und zwischen dem Wollen und Willensbekundungen lediglich darin, daß das Empfinden seine Inhalte und Bezüge nicht einfach nur mehr hat, sondern sich ihrer bewußt wird und sie zu objektivieren und zu artikulieren vermag. Wie diese Vorgänge im einzelnen ablaufen, versucht Dilthey jedoch nicht psychologisch aufzuklären, denn „nur von Leistungen weiß die Logik, nicht von Akten der Art, wie sie psychologisch erklärt werden mögen.“77 Denken ist deshalb für Dilthey nicht mit Urteilen gleichzusetzen. Es ist vielmehr als Erfahren und Beziehen 78 zu bestimmen, da im Denkakt Denkender und Gedachtes immer schon vermittelt sind. Durch wachsende Reflexion und Ausdifferenzierung der Denkprozesse entwickeln sich immer höhere Formen, die zu einer Ausbildung verschiedener Wissensformen führen. Aufgrund des menschlichen Strebens nach Allgemeingültigkeit und der Suche nach letzten Gründen geht von den primären Denkleistungen der Weg weiter zur Theorie, die den inneren Zusammenhang von Wirklichkeitserkenntnis, Wertbestimmung und Zwecksetzung zu erkennen sucht.79 Von diesem Ansatz aus wird Diltheys Kritik an einer Logik verständlich, die das Denken nur „für sich“ betrachtet. „Eine solche formale Logik ist eine unfruchtbare Abstraktion“, weil das Denken auf allen Gebieten „nur in der Re-
74 75 76 77 78 79
Unten S. 23, 90. Unten S. 94. Unten S. 95. Unten S. 99; vgl. S. 93 f. Unten S. 99 und S. 329, Anm. 130. Vgl. hierzu unten S. 196.
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lation zu Wirklichem, welches durch es gedacht wird“, besteht.80 Ein solches gegenstandsbezogenes oder „gegenständliches Denken“ bezeichnet er als Erkennen. Die Antwort auf die Frage, wie der „Zusammenhang der gesamten Erkenntnis in dem menschlichen Geiste zustande kommt“, bildet für Dilthey die Hauptfrage der Erkenntnistheorie. Logik und Erkenntnistheorie haben daher auszugehen von dem im Bewußtsein gegebenen Zusammenhang eines gegenständlichen Denkens. Denn auch hier gilt für Dilthey, daß der Philosoph aus dem Leben nur herausholen kann, „was in ihm enthalten ist“. Über das Verhältnis von Logik und Erkenntnistheorie, die bei der Analyse des empirischen Bewußtseins ineinander greifen, gibt es daher auch „keine absoluten Regeln“, denn alles „Systematische ist nur ein Hilfsmittel, Wirklichkeit zu sehen, zu beschreiben und begrifflich zu bestimmen“.81 Da Dilthey an der Erlangung gültigen Wissens interessiert ist, kommt den Verfahren und Methoden der Wissensgewinnung und damit der angewandten Logik eine große Bedeutung zu. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben ist es, die Verhältnisse zwischen dem Erleben und den Formen, in denen es artikuliert wird, zu klären.82 Hierbei geht es nicht um die schlichte Zuordnung einer vorgegebenen logischen Terminologie zu verschiedenen Arten von Denkerlebnissen. Der logische Apparat, der „Logismus“, kann damit nicht der Ausgangspunkt seiner intendierten Phänomenologie der Gefühls- und Willensphänomene sein, sondern vielmehr das Leben mit allen seinen „menschlichen Erzeugnissen“, zu denen letztlich auch die formale Logik zählt. Seine eigene Logik versteht Dilthey als eine Erweiterung der traditionellen Logik, zum einen hinsichtlich der Reichweite des Logischen, zum anderen bezüglich einer Ausdifferenzierung der vorhandenen logischen Formen. Deshalb kann er sie sowohl als eine beschreibende und vergleichende Disziplin charakterisieren, die das Denken in allen Bereichen untersucht, als auch als eine analytische, die den Formenbestand der Logik einer „wirklichen Analysis“ unterzieht. Insofern Dilthey die erfahrungsmäßig aufweisbaren logischen Erscheinungen zu seinem Ausgangspunkt nimmt, läßt sich seine Logik auch als eine phänomenologische 83 bezeichnen. Unten S. 70. Unten S. 70, 67, 18; vgl. auch S. 80. 82 Indem Dilthey insbesondere die Ausdrücke des Gefühl und Wollens zu untersuchen unternimmt, läßt sich bei ihm in Ansätzen bereits ein „sprachanalytischer Gesichtspunkt“ erkennen. Vgl. hierzu auch Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse (1968), Frankfurt a. M. 1973, S. 192, Anm. 133. 83 So betrachtet rückschauend auch Husserl Diltheys Arbeiten immerhin als eine „geniale Vorschau und Vorstufe der Phänomenologie“, in: Ders., Phänomenologische Psychologie. Vorlesungen Sommersemester 1925 (Husserliana, Band IX), hrsg. von Walter Biemel, Den Haag 1962, S. 35. 80 81
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VII. Da er den „Logismus“ an seinen Ursprung im Leben zurückbinden will und die logische Potenz der psychischen Funktionen zu analysieren versucht, liegt die Vermutung nahe, es handele sich hier um eine psychologistische Logik. Dem Vorwurf des Psychologismus sieht sich Dilthey auch tatsächlich ausgesetzt. So äußert er an einer Stelle: „Troeltsch nimmt mich mit Wundt zusammen als ‚Psychologismus.‘“84 Und demgemäß will er auch beim Studium von Rickerts „Gegenstand der Erkenntnis“ aufpassen, „ob die Grenze in der Benutzung der Psychologie von ihm richtig gezogen ist“.85 Dieses drohenden Psychologismus-Verdachts ist sich Dilthey stets bewußt und versucht ihn immer wieder auszuräumen. Das Dilemma liegt für ihn darin, daß auf der einen Seite die Grundlage der Logik und Erkenntnistheorie die Beschreibung des seelischen Zusammenhangs ist, weil dieser die Unterlage auch für die Prozesse des Erkennens bildet, so daß psychologische Betrachtungen hier unverzichtbar sind.86 Auf der anderen Seite betont er, daß der Erkenntnistheorie keine bestimmte, klar umrissene psychologische Wissenschaft vorausgeschickt werden dürfe.87 Was er anstrebt, ist eine offene Psychologie als Erkenntnistheorie, die durch die Bewußtmachung und Beschreibung psychischer Phänomene und deren behutsame Analyse die Zusammenhänge des Seelenlebens und seiner Leistungen darzustellen sucht.88 Zur Abwehr eines möglichen Psychologismus-Vorwurfs betont er z. B. auch, daß es ihm in der Lehre vom Urteil nicht um dessen genetische Erklärung gehe, sondern vielmehr um den Aufweis der Bedingungen, unter denen sich Urteile aus dem unbestimmten Wahrnehmungsfluß herausheben.89 Auch die Funktion der Verneinung ist „nicht nach ihrer grammatischen oder psychologischen Natur zu betrachten, sondern in ihrer Leistung innerhalb der Ökonomie des Denkens“, wobei Dilthey hierunter nicht das Prinzip des kleinsten Kraftmaßes nach Avenarius und Mach versteht – auch dieses hält er für psychologisch –, sondern „die Funktion, welche die Verneinung hat für die Leistung der Aufgabe, einen Zusammenhang von gültigem Wissen herbeizuUnten S. 269. Unten S. 282. 86 Eine in diesem Sinne „voraussetzungslose Erkenntnistheorie“ ist für Dilthey eine „Illusion“: Ges. Schr. V, S. 150. 87 Ebd. S. 146. 88 Dilthey charakterisiert die intendierte Erkenntnistheorie als eine „Psychologie in Bewegung“: Ges. Schr. V, S. 151. 89 Unten S. 200. 84
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führen“.90 Deutlicher als in seiner ersten Studie zur Grundlegung der Geisteswissenschaften Der psychische Strukturzusammenhang von 1905, in der er auch seine logische Untersuchungsart von einer psychologischen abzuheben sucht, äußert er in einem der hier veröffentlichten Manuskripte aus dieser Zeit, daß die Analyse, welche die Theorie des Wissens vollzieht, unterschieden sei von einer psychologischen, da sie die Bedingungen feststellen wolle, an welche die Gültigkeit des Wissens gebunden ist, während eine psychologische Untersuchung den Unterschied von wahr und falsch ignoriere.91 Dilthey ordnet sein Unternehmen nicht der Psychologie, sondern vielmehr der Logik zu, wenn er auch einräumt, daß logische und psychologische Untersuchungen dieselben Sachverhalte zu ihrem Gegenstand haben.92 Er würde sich gegen eine Charakterisierung seiner logischen Analysen als psychologistisch, wie sie verschiedentlich auch noch in neuerer Zeit vorgenommen wurde,93 mit folgenden Argumenten zur Wehr setzen: 1. Es gibt keine seelischen Vermögen als Bestandteile des seelischen Zusammenhangs. Nur bestimmte Leistungen im Erleben und Erfahren sind aufweisbar, welche in ihrem komplexen Zusammenwirken zu beschreiben und zu analysieren sind. 2. Nicht um die ablaufenden psychischen Prozesse geht es bei seiner Untersuchung von Denkleistungen, nicht darum, „einen psychologischen Grundvorgang aufzufinden“,94 sondern um das Aufsuchen von Ähnlichkeiten und Regelmäßigkeiten in den Vollzugsweisen des Denkens in allen Regionen des Seelenlebens, und zwar hinsichtlich ihres Beitrags zum Aufbau einer Theorie des Wissens. 3. Die logische Betrachtung „hat es nur zu tun mit der Form der Gebilde, welche der denkenden Auffassung angehören, mit der Begründung derselben und schließlich […] mit den Unten S. 315, Anm. 59. Unten S. 173; vgl. Ges. Schr. VII, S. 8. 92 Unten S. 328, Anm. 130. 93 So z. B. von Paul Janssen, der Diltheys Grundlegung der Geisteswissenschaften „zumindest zeitweilig“ als psychologistisch „im weiten Sinne“ bezeichnet, in: Historisches Wörterbuch der Philosophie, hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, Band 7 (Basel 1989), Artikel: Psychologismus, Sp. 1675–1678, hier: Sp. 1676; ähnlich Renate Knüppel, in: Diltheys erkenntnistheoretische Logik, München 1991, S. 96; wesentlich differenzierter demgegenüber Nicole D. Schmidt, in: Philosophie und Psychologie. Trennungsgeschichte, Dogmen und Perspektiven, Reinbek bei Hamburg 1995, S. 52, 59 f., 190 sowie Karl-Otto Apel, der in seinem Aufsatz Diltheys Unterscheidung von ‚Erklären‘ und ‚Verstehen‘ im Lichte der Problematik der modernen Wissenschaftstheorie herausstellt, daß interessante erkenntnistheoretische Einsichten Diltheys aufgrund des Psychologismus-Verdikts um 1900 verschüttet wurden. Apel spricht daher von einem in der Wirkungsgeschichte „unbewältigten Psychologismus-Problem bei Dilthey“, in: Dilthey und die Philosophie der Gegenwart, hrsg. von Ernst Wolfgang Orth, Freiburg/München 1985, S. 285–347, hier: S. 287, 303 f. 94 Unten S. 100. 90 91
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Methoden der Herstellung dieser Erkenntnis.“95 4. Das aufweisende, beschreibende und zergliedernde Verfahren geht mit einer bewußten Vermeidung psychologischer Hypothesen und dem Ausschluß genetisch-erklärender Methoden einher: „Wieviel Anteil auch an der Ausbildung der Anschauung und des Erlebnisses […] psychologische Vorgänge, welche nicht an sich den Charakter der Beziehung des Denkens an sich tragen […] haben mögen, welches auch der Wert von Theorien, die aus jenen psychologischen Prozessen das Denken erklären, sein mag: die philosophische Grundlegung läßt sich daran genügen, daß das beziehende Denken in diesen seinen elementaren Leistungen besteht […]“.96 Die drei Grundfunktionen sind nicht weiter zurückführbar, sondern können nur als Basis für die Erkenntnistheorie phänomenologisch aufgezeigt werden, und die hieraus erwachsende Erkenntnis des menschlichen Lebens in seiner Komplexität ist nur in immer neuen Anläufen, sich in quasi konzentrischen Kreisen von innen heraus erweiternd, hermeneutisch aufhellbar. „Philosophie ist nur die Interpretation dieses Tatbestandes.“ 97 Auch seine Untersuchungen zum Werthalten und zum Wertbegriff will Dilthey als logische und nicht als psychologische verstanden wissen.98 Er distanziert sich damit von einer rein am Subjekt orientierten wertpsychologischen Auffassung, welche die Werte selbst mit den Akten des Wertens gleichsetzt, und befaßt sich deshalb mit Autoren wie A. Meinong, der neben dem subjektiven Aspekt der Wertgefühle auch die Beschaffenheit und Eignung von Gegenständen als Wertobjekten untersucht, oder mit F. Brentano und E. Husserl, die den intentionalen Charakter des menschlichen Redens und Handelns, und damit auch des Wertsetzens betonen. Ebenso setzt sich Dilthey deshalb auch mit H. Rickerts transzendentalphilosophischer Position auseinander, wenn er auch dessen angenommene apriorische Geltung von Werten aufgrund seines eigenen Verständnisses von Werten als unmittelbaren oder abgeleiteten Lebenswerten kritisiert. Die Bedeutung der Wertlehre für die Geisteswissenschaften liegt für Dilthey darin, daß sie die Fundierung aller Werte, auch scheinbar absoluter, in dem Strukturzusammenhang des Gefühls bewußt macht und aufklärt und damit „die Wertbestimmungen des praktischen Lebens, der Geschichtsschreibung etc. verbessert“.99 Mit dem Ziel, vor allem auch handlungsleitendes Wissen
Unten S. 328, Anm. 130. Unten S. 332 f., Anm. 130; zu Diltheys Ablehnung genetisch-erklärender Verfahren vgl. auch S. 18, 24, 206. 97 Unten S. 63. 98 Unten S. 262. 99 Unten S. 234. 95
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hervorzubringen, fordert er eine möglichst umfassende Erkenntnis und entsprechend eine möglichst universale Theorie derselben. Die Verbundenheit von Denken und Handeln, von Logos und Ethos, die faktisch immer schon besteht, soll in seiner Theorie des Wissens durch die von ihm angestrebte Einbindung der Wertlehre in die Logik100 zur Geltung gebracht werden. Das Denken, das immer ein Erfahren und Beziehen und zugleich ein immer schon Bezogensein auf Wirklichkeit ist, soll in allen Lebensbereichen, in denen es sich vollzieht, auf seine gemeinsamen Züge und seine unterschiedlichen Ausdrucksformen hin untersucht werden. Als Denkakte, welche sowohl diskursiv als auch vordiskursiv sein können, wobei die ersteren sich wiederum in die wissensvorbereitenden Akte (Fragen) und die „Wissensakte“ gliedern, sieht Dilthey deshalb nicht nur die Urteile an. Sie sind „nur ein Fall von Denkakten, wenn auch der wichtigste“; Regeln sprechen „ebensogut gültiges Wissen“ aus wie Urteile.101 Auch die Denkgesetze, von denen die objektive Gültigkeit der Denkprozesse abhängig ist, gelten sowohl für Aussagen über Wirklichkeit, als auch für Wertaussagen und Regeln, d. h. für „alle Bestimmungen, die in irgendwelchen Sachverhalten fundiert sind“, nicht jedoch für Äußerungen, die ein rein subjektiver Ausdruck eines „inneren momentanen Verhaltens“ sind.102 „Das Gebiet der gültigen Aussagen reicht also so weit, als Sätzen eine objektive Gültigkeit zukommt.“103 So umfaßt derjenige Bereich der Diskursivität, der objektive Gültigkeit besitzt, das theoretische Wissen, das in wahren Urteilen seinen Ausdruck findet, und das praktische, das in Aussagen über die richtige Einschätzung objektiver Gegebenheiten und Regeln zu richtigem Verhalten gefaßt ist. Für das theoretische Wissen gilt das Kriterium von wahr und falsch, für das praktische dasjenige von richtig und unrichtig.104
VIII. Der vorliegende Band XXIV der Gesammelten Schriften präsentiert ausschließlich Materialien aus dem handschriftlichen Nachlaß Wilhelm Diltheys, der im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften hinterlegt ist. Es handelt sich hierbei um Texte verschiedenster Art: Manu100 101 102 103 104
Vgl. hierzu Ges. Schr. XX, S. 356. Unten S. 127. Unten S. 129. Unten S. 127. Unten S. 226 f.
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skripte und Notizen, die Dilthey zur Vorbereitung auf seine Vorlesungen über das System der Philosophie in Grundzügen angefertigt hat, Aufzeichnungen aus seinen Tagebüchern, Teile von Vorlesungsmitschriften oder -nachschriften und überwiegend um Diktate Diltheys zur weiteren Ausarbeitung der logischen Grundlegung im Rahmen seines Systems der Philosophie und der Grundlegung der Geisteswissenschaften. Geschrieben wurden die Texte, die zumeist aus der Zeit nach Diltheys Emeritierung am 3. Juli 1905 stammen, zum einen von Dilthey selbst oder von Familienmitgliedern, wie seiner Frau Katharina, seiner ältesten Tochter Clara und seinem Schüler und späteren Schwiegersohn Georg Misch, und zum anderen von Schülern und Mitarbeitern, wie z. B. von Hans Zeeck, Friedrich Zucker oder Max Frischeisen-Köhler. Ein großer Teil der für den Band herangezogenen Manuskripte läßt die unverwechselbare Handschrift von Diltheys Schüler Erich Schramm erkennen, der nach eigenen Angaben seit dem Sommer 1906 für Dilthey auch als Privatsekretär tätig war,105 so daß ein großer Teil von Diktaten und Abschriften eindeutig auf die Jahre zwischen 1906 und 1911 datiert werden kann. Die Diktate und Vorlesungsmitschriften wurden, erkennbar an zum Teil umfangreichen Ergänzungen und Korrekturen, von Dilthey meist durchgesehen und überarbeitet; häufig ließ er die Texte dann noch einmal ins Reine schreiben, so daß sie bisweilen in zwei, meist nur leicht voneinander abweichenden Fassungen vorliegen. Transkripte von Handschriften Diltheys dagegen, wie z. B. von Tagebuchaufzeichnungen, oder Vorlesungskonzepte, wurden in der Regel nicht von ihm überarbeitet; sie weisen deshalb in einigen wenigen Fällen unschließbare Lücken auf. Die Texte dieser Edition – dies gilt besonders für den A-Teil – liegen im Nachlaß in ihrem Aufbau und ihrer Anordnung meist nicht so vor, wie sie hier präsentiert sind. Da sie teilweise auseinandergerissen waren und einzelne Stücke auch von Dilthey später in andere Kontexte eingeordnet worden sind, mußten die verschiedenen Manuskriptteile aus unterschiedlichen Faszikeln des Nachlasses eruiert und gemäß ihrer inneren Paginierungen oder den gelegentlich anzutreffenden Zuordnungshinweisen Diltheys folgend wieder zusammengefügt werden. Zur Erstellung der Konzeption des vorliegenden Bandes war es deshalb unumgänglich, den gesamten C-Teil des Berliner Dilthey-Nachlasses und einige Faszikel des A-Teils durchzusehen; darüber hinaus die Faszikel 271/1–3, die Manuskripte enthalten, welche Bernhard Groethuysen aus anderen Faszikeln für seine Edition der Bände VII und VIII der Gesammelten Schriften entnommen hatte, sowie die in späterer Zeit eingerichteten Faszikel 258–261.
105
E. Schramm, Erinnerungen an Wilhelm Dilthey, a.a.O., S. 355.
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Die leitende Idee war hierbei zum einen die philologische, immer wieder offensichtlich fehlende Stücke in relevanten Texten oder aber von Dilthey erwähnte und an bestimmten Stellen zu integrierende Manuskripte aufzufinden, zum anderen war es die philosophische, weitere Ausarbeitungen Diltheys zur logischen Grundlegung der Geisteswissenschaften in Richtung auf eine Logik des Gefühls und des Wollens ausfindig zu machen. Die unter diesen Kriterien ausgewählten und dann zu konsistenten Texten zusammengesetzten Nachlaßmanuskripte wurden, wo es möglich war, nach den Intentionen Diltheys, ansonsten nach sachlichen Gesichtspunkten geordnet. Sie sind hier in vier Teilen präsentiert. Der A-Teil enthält eine unvollständige, größtenteils von G. Misch geschriebene Mitschrift von Diltheys letzter Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen aus dem Sommersemester 1906 sowie deren weitere Ausarbeitungen aus den Jahren 1906 bis 1908. Zum einen handelt es sich hierbei um ein von Dilthey als Sommerredaktion bezeichnetes Skript aus dem Sommer 1906, in welchem er seine Theorie der Wertschätzung im Rahmen des ersten besonderen Teils der Grundlegung, der Logik, auszuführen versuchte, und zum anderen um ein Konvolut von fünfzehn Abschriften, die durchgehend von 1 bis 110 paginiert sind und somit einen geschlossenen Text bilden. Auch sie sind mit größter Wahrscheinlichkeit zwischen 1906 und 1908 entstanden. Da sie als Ganzes keine eigene Überschrift tragen, ebenso aber wie die Sommerredaktion eine weitere Stufe der Ausarbeitung der logischen Grundlegung im System der Philosophie darstellen, wurde ihnen der Titel Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen gegeben, welchen Dilthey auch über die Sommerredaktion gesetzt hat. Dieser erste und umfangreichste Teil der Edition dokumentiert drei Stadien von Diltheys Versuch, eine universale Theorie des Wissens zu entwickeln. Dies spiegelt sich auch im gleichartigen Aufbau der drei Texte wider, in denen er innerhalb des besonderen Teils der Grundlegung, der Logik, im Anschluß an die Deskription der psychischen Struktur jeweils zwischen dem „diskursiven Denken, welches sich auf die im Auffassen entstandenen Gegenstände bezieht“, und dem, „welches in der Verhaltungsweise des Gefühls“ bzw. „des Willens“ begründet ist, differenziert und dann nach den Kriterien der Gültigkeit unterschiedlicher diskursiver Denkakte fragt. Sein Versuch der Rückbindung der Logik an die Strukturpsychologie soll auf eine Erweiterung der Logik hinauslaufen, die ihn zu einer „Logik der Wertbestimmungen“ und zu der Aufstellung eines „Systems der Werte“ führt. Die beiden nachfolgenden Teile der Edition fußen hierauf, indem sie Texte vorlegen, in welchen dieser Ansatz Diltheys zu einer anthropologischen oder lebensphilosophischen Logik in zwei Richtungen hervortritt. So präsentiert
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der B-Teil Aufzeichnungen, Fragmente sowie Teile von Vorlesungsmitschriften oder -nachschriften aus den Jahren ca. 1904 bis 1911, in denen der Zusammenhang von Leben und Wissen und entsprechend der von Strukturpsychologie und Theorie des Wissens in unterschiedlichen Hinsichten thematisiert ist. Zumeist handelt es sich hierbei um teilweise umfänglich von Dilthey korrigierte und ergänzte Diktate, geschrieben von seinen Schülern H. Zeeck, F. Zucker u. a., um Tagebuchnotizen Diltheys, die er von F. Zucker abschreiben ließ, sowie um Teile eines Vorlesungsmanuskriptes zu einer seiner System-Vorlesungen, die zusätzlich in einer unvollständigen Transkription von M. Frischeisen-Köhler vorliegen. Leitend ist in den Texten des B-Teils immer die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Erleben und der Bewußtmachung und Artikulation desselben. Dilthey zeigt hier verschiedene Arten von Erleben auf und gibt an, auf welchen unterschiedlichen Wegen sich Repräsentationen von Erlebnissen vollziehen. Im C-Teil sind dann Manuskripte zusammengestellt, die Diltheys intensive Beschäftigung seit ca. 1905 mit den Problemen des Werthaltens und Wertsetzens dokumentieren, wobei er immer auch nach der Korrespondenz von Werten und Wertaussagen sowie dem logischen Charakter von Werturteilen, Regeln und Normen und deren Grad von Objektivität fragt. Bei diesen Manuskripten handelt es sich meist um von Dilthey selbst geschriebene Aufzeichnungen, zu einem geringeren Teil um Diktate und Abschriften aus seinen Tagebüchern. Der D-Teil präsentiert Texte, die bekunden, wie stark sich Dilthey seit etwa 1904/05 mit den wertphilosophischen und wertpsychologischen Positionen seiner Zeitgenossen Heinrich Rickert, Alexius Meinong und Edmund Husserl auseinandergesetzt hat. An seinen Schwager Hermann Usener schreibt er am 4. Februar 1905 diesbezüglich: „Ich arbeite mühsam. Doch liegt es allerdings auch an der schwierigen Aufgabe, die das Systematische an der neuen Auflage der Geisteswissenschaften mir stellt. Bücher wie Rickert und Husserl, die durchzulesen sind, erscheinen mir […] recht mühsam zu lesen. Husserl ist höchst bedeutend.“106 Dilthey bringt seine eigene Standortortbestimmung gegenüber Rickert so auf den Punkt: „Mein Streit mit Rickert betrifft eigentlich die einfache Frage, ob die Wertbetrachtung als ein Fatum wie die Normen Windelbands in der Luft schwebt oder ob in der Wirklichkeit der mensch106 Transkript der Dilthey-Forschungsstelle im Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum. – Vgl. zur Auseinandersetzung Diltheys mit Rickert und Windelband auch die Zusätze aus den Handschriften zu der von Dilthey geplanten neuen Auflage des ersten Bandes der Einleitung in die Geisteswissenschaften aus den Jahren 1904–1906, die B. Groethuysen in Ges. Schr. I, S. 411 f. herausgegeben hat.
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lichen Natur vermittelst der Strukturlehre die Funktion von Wert, Zweck, Norm aufgezeigt werden kann.“107 Die Manuskripte, die von H. Zeeck, E. Schramm und anderen Mitarbeitern Diltheys augenscheinlich nach Diktat geschrieben wurden, haben meist den Charakter von Exzerpten, an die dann jeweils einzelne Kritikpunkte oder auch pauschale Kritiken angeschlossen sind. Viele Texte dieses Bandes haben einen fragmentarischen oder vorläufigen Charakter. Sie enthalten nur selten wohlausformulierte Sätze und weisen häufig keinen klaren, abgeschlossenen Aufbau auf. Der Stil ist überwiegend stichwortartig, knapp, und er zeichnet sich durch häufige Aneinanderreihungen und Aufzählungen aus. Die Sätze sind oft unvollständig, viele Wörter sind abgekürzt, und Hilfsverben, auch Verben, bestimmte und unbestimmte Artikel fehlen oftmals. Die Vorläufigkeit und Unfertigkeit der Texte zeigt sich zudem in einem häufig am Ende von Absätzen und Abschnitten auftretenden „etc.“ oder „usw.“. So vermittelt der vorliegende Band Einblicke in die philosophische Werkstatt Diltheys in seinen letzten Lebensjahren, in denen er bemüht war, die Grundlegung der Geisteswissenschaften zu vollenden und damit auch den immer noch ausstehenden zweiten Band der Einleitung in die Geisteswissenschaften, zusammen mit einer Neuauflage des ersten Bandes, der 1883 erschienen und inzwischen längst vergriffen war, herauszugeben. Dieser Band der Gesammelten Schriften ist somit „Band“ im wahrsten Sinne. Denn er bildet das Bindeglied zwischen den im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts erschienenen Bänden I (Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte), V (Die geistige Welt. Einleitung in die Philosophie des Lebens. Erste Hälfte: Abhandlungen zur Grundlegung der Geisteswissenschaften), VI (Die geistige Welt. Einleitung in die Philosophie des Lebens. Zweite Hälfte: Abhandlungen zur Poetik, Ethik und Pädagogik), VII (Der Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften) und VIII (Weltanschauungslehre. Abhandlungen zur Philosophie der Philosophie) der ersten Editionsphase von Diltheys Gesammelten Schriften und den Bänden XIX (Grundlegung der Wissenschaften vom Menschen, der Gesellschaft und der Geschichte. Ausarbeitungen und Entwürfe zum zweiten Band der Einleitung in die Geisteswissenschaften), XX (Logik und System der philosophischen Wissenschaften. Vorlesungen zur erkenntnistheoretischen Logik und Methodologie) und XXI (Psychologie als Erfahrungswissenschaft. Erster Teil: Vorlesungen zur Psychologie und Anthropologie), die 1982, 1990 und 1997 veröffentlicht wurden.
107
Unten S. 302.
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Die Manuskripte dieses Bandes verknüpfen insbesondere die von Dilthey zwischen 1904 und 1910 in der Berliner Akademie der Wissenschaften vorgetragenen Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften und den Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften von 1910 (Band VII) mit seinen Arbeiten aus dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, wie Erfahren und Denken. Eine Studie zur erkenntnistheoretischen Logik des 19. Jahrhunderts von 1892 (Band V), Leben und Erkennen. Ein Entwurf zur erkenntnistheoretischen Logik und Kategorienlehre, datiert auf ca. 1892/93 (Band XIX), den Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie von 1894 (Band V) und den Beiträgen zum Studium der Individualität aus den Jahren 1895/96 (Band V). Zudem enthalten sie wiederholt Bezugnahmen auf Diltheys Einleitung in die Geisteswissenschaften von 1883 (Band I), zu seiner Poetik von 1887 (Die Einbildungskraft des Dichters. Bausteine für eine Poetik, Band VI) sowie zu seinen Berliner Logik-Vorlesungen der achtziger Jahre und den Vorlesungen über das System der Philosophie in Grundzügen um die Wende des 19./20. Jahrhunderts (beides in Band XX). Für den vorliegenden Band wurden die Editionsprinzipien der letzten Bände der Gesammelten Schriften weitgehend übernommen. Rechtschreibung und Interpunktion wurden den heute üblichen Regeln angeglichen. Lediglich Zitate wurden in ihrem Schriftbild belassen. Eindeutige Abkürzungen sind kommentarlos aufgelöst und orthographische und syntaktische Fehler stillschweigend korrigiert worden, ebenso fehlerhafte Zitate und bibliographische Angaben. Häufig vorgefundene Unterstreichungen wurden größtenteils weggelassen, anderenfalls sind sie kursiv gesetzt. Zusätze der Herausgeberin stehen in [ ], unleserliche Wörter in […] und fragliche Entzifferungen sind durch [?] gekennzeichnet. Gestrichene Passagen fanden nur Aufnahme, wenn sie der Verdeutlichung dienen oder bedeutsame Abweichungen zu den in den Handschriften korrigierten Fassungen darstellen; sie stehen in < >. Unterschiedliche Schreibweisen einzelner Wörter, die auf die akustische Wahrnehmung oder Gewohnheit der verschiedenen Schreiber der Manuskripte zurückzuführen sind, wie ‚andererseits / anderseits / andrerseits‘ oder ‚gerade / grade‘ usw., blieben erhalten. Oft fehlende bestimmte und unbestimmte Artikel wurden ebenso wie bisweilen vergessene Präpositionen und Hilfsverben stillschweigend ergänzt. Altgriechische Begriffe, die in Abhängigkeit von der Person des Schreibers teilweise in Umschrift, teilweise in griechischer Schreibweise anzutreffen sind, wurden einheitlich in Umschrift gesetzt. Um ein leichteres Auffinden der im Berliner Dilthey-Nachlaß oftmals verstreut hinterlegten Teile von Manuskripten zu gewährleisten, wurden den einzelnen hier herangezogenen Faszikeln bei ihrer ersten Erwähnung die neuen Nummern der jetzt vom A-Teil bis zum D-Teil fortlaufenden Faszikelbezeichnungen in runden Klammern beigegeben, z. B.: C 78 (225).
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Mein Dank gilt zunächst Prof. Dr. Frithjof Rodi, dem Leiter der DiltheyForschungsstelle im Institut für Philosophie der Ruhr-Universität Bochum, der die Idee zu diesem Band hatte und meine Arbeit von Beginn an mit Interesse und Engagement begleitet hat. Zu danken habe ich darüber hinaus den Mitarbeitern der Dilthey-Forschungsstelle, die in unterschiedlicher Weise zum Gelingen des Bandes beigetragen haben: Britta Dormeier danke ich für die Abschrift vieler Transkripte, Christiane Friebe, Stefanie Stein-Orlowski und besonders Susanne Enz für die Hilfe bei der Textverarbeitung, beim Kollationieren der Manuskripte und der Literaturbeschaffung sowie Stud. Dir. Gabriele Malsch, Prof. Dr. Guy van Kerckhoven und Prof. Dr. Hans-Ulrich Lessing für die Hilfe bei einigen schwierigen Entzifferungen. Danken möchte ich ferner Prof. Dr. Gunter Scholtz und seinem Mitarbeiter Andreas Spahn M.A., der mir beim Nachweis von Zitaten geholfen und das Personenregister erstellt hat, sowie Prof. Dr. Helmut Pulte für seine Hilfe bei der Aufklärung einiger von Dilthey nur angedeuteter Sachverhalte. Des weiteren danke ich dem Leiter des Archivs der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Dr. Wolfgang Knobloch, für die Genehmigung zur Veröffentlichung der Manuskripte und ihm und seinen Mitarbeitern für die gleichbleibend freundliche Kooperation. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft, die durch ihre jahrelange finanzielle Förderung diese Edition ermöglicht hat, gilt mein besonderer Dank. Bochum, im September 2004
Gudrun Kühne-Bertram
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Das Kolleg vom Sommersemester 1906
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A. DIE THEORIE DER WERTSCHÄTZUNG IN DER LOGISCHEN GRUNDLEGUNG DER THEORIE DES WISSENS (ca. 1906–1908)
Das Kolleg vom Sommersemester 19061
*Einleitung Allgemeiner Teil behandelt das Problem des Anfangs der Philosophie und den allgemeinen Satz, der diesem zugrunde liegt. Worauf ist die Philosophie fundiert? Spinoza ist kein spekulativer Philosoph, insofern er eine Welt aus sich schafft, sondern er ist ein Interpret der gegebenen Welt von im Bewußtsein auftretenden evidenten Sätzen. Wie können wir sicher Fundiertes so allgemein als möglich hinstellen. Philosophie ist Fundieren auf Leben, Erfahrungen. Was vorausgesetzt wird im Leben, in Erfahrungen, in den Erfahrungswissenschaften, soll in der Philosophie begründet werden. All dies der Stoff, das Material, besser: Philosophie ist darauf fundiert: alle die Bewußtseinstatsachen sind die Voraussetzungen, aus denen Philosophie schließt. Ich gehe aus von dem Begriff des Lebens. Leben ist ein Verlauf, in welchem ein mit sich identisches Subjekt wechselnde Verhaltungsweisen zu der veränderlichen gegenständlichen Welt durchläuft. Das Subjekt verhält sich in jedem Moment zu Gegenständen, die Gegenstände wechseln. Dieser Verlauf ist Leben. Erlebnis ist ein Ausschnitt aus dem Leben. Ein Verhalten des Subjektes zu einem Gegenstande, welcher ein in sich Geschlossenes in sich enthält. In dem Erlebnis realisiert sich ein bestimmtes Verhalten zu den Gegenständen. Das Elementare, das ist, ist das Erlebnis. Das Erlebnis als ein Verhalten zu den Gegenständen. Aus diesen Erlebnissen setzt sich das Leben zusammen. Im Leben ist ein Subjekt, das sich verhält zu Gegenständen. Die erste im Erlebnis erlebte Realität ist also das Subjekt. Das Subjekt verhält
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
sich immer zur gegenständlichen Welt. In dieser sind Gegenstände und Personen. Wir sind ihrer vollen Realität im Leben gewiß. Zwischen diesen drei Lebensfaktoren der Verhaltungsweisen: unzählige. Ich bin freudig, gelangweilt. Gewisse Typen sind aber zu unterscheiden. Das Erstverhalten: Ich nehme wahr, fasse auf, mache etwas mir zum Gegenstand. Indem ich einem Gegenstand mich hingebe, tritt eine zweite Verhaltungsweise, die ganz davon getrennt ist, auf. Ich sehe den Frühling, schöne Bäume etc.: Ich verhalte mich fühlend. Dritte Verhaltungsweise: Wollen. Ich betrachte jetzt die einzelnen Faktoren genauer. Wenn ich so auf mannigfältige Weise mich verhalte, so ist ein Verhalten zu Gegenständen da. Immer wenn ich denke, sind es Gegenstände, die ich denke. Wenn ich fühle, ist eine Objektvorstellung, die meine Intention realisieren will. Ebenso beim Wollen. Die Gegenstände nehmen eine Stelle im Raum ein, sind schön oder häßlich etc. Immer Bestimmtheiten. Schwieriger die Frage nach dem Subjekt des Verhaltens. Lipps: In jedem Verhalten ist ein Bezug auf das sich verhaltende Subjekt.2 Mach: Subjekt = Produkt der Reflexion.3 Nicht in jedem Verhalten ist eine Beziehung auf das Subjekt. Wie oft im Verlauf des Denkens bin ich in den Gegenstand so versunken, daß ich mich vergesse. Solches ist das Bewußtsein meiner Anstrengung, mir wird deutlich, daß ich es bin, der denkt, Anstrengung, Akt der Tätigkeit kommt mir zum Bewußtsein. Gefühl ist immer eine Bestimmtheit meiner selbst. Es ist eine Zustandsbestimmtheit, ein Zustandscharakter. In der Bestimmtheit des Gefühls ist eine Sonderung des Subjekts von Gegenständen. Noch deutlicher bei Willenszuständen. Das Bewußtsein des Ich ist enthalten in der Art, wie die Verhaltungsweisen einander folgen und diese Intentionen, diese Denkanstrengungen alle wechseln etc. Aber soviel kann man jetzt schon sagen. Das Leben ist das Verhalten des Subjektes zu Gegenständen. Das einzelne Erlebnis hat nicht notwendig eine Beziehung auf das Subjekt in sich. Erst im Denken über etc. wird man sich des Ich bewußt. Das Ich ist immer sich gegenwärtig und es kann bei jedem Verhalten zum Bewußtsein gebracht werden. Aus dem Selbst geht hervor das Erfahren. Die Bedingung jeder Erfahrung liegt in der Realität der Gegenstände, der Personen, des Selbst. Die Erfahrung entsteht, indem das im Erlebnis Enthaltene zum Bewußtsein gebracht wird. Erfahrungszusammenhang: Denken über Erleben, mit der Intention, sie zu gegenständlichem Bewußtsein zu bringen. Erfahrungswissenschaften: Zusammenordnung von Erfahrungen, die sich auf denselben Gegenstand oder dieselbe Gruppe von Gegenständen beziehen. Alle Erfahrungen, die sich auf den Schall beziehen, fasse ich in der Akustik zusammen etc.
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Philosophie hat diesen inneren Zusammenhang aber nur so vor sich, daß sie ihn als ein dem Bewußtsein Gegebenes hat. Also nur Tatsachen des Bewußtseins. Der Satz des Bewußtseins oder der Korrelation4 Für das Auffassen ist da sein = im Bewußtsein sein. Alles, was für mich da ist, ist Inhalt meines Bewußtseins. So entsteht ein Verhältnis von Korrelation. Inhalt und Bewußt-sein stehen im Verhältnis. Kein Inhalt kann anders gedacht werden als im Zustand des Bewußt-seins. Und kein Bewußt-sein ohne Inhalt. Realität nichts weiter als eine bestimmte Art von Gegebensein im Bewußtsein. Dieser Satz erstreckt sich auf alle Inhalte, auf die gegenständliche Welt, auf jedes Subjekt, das ich zu ihr hinzudenke. Als Komplex von Inhalten ist es mir da im Zustand des Bewußt-seins. Von dem individuellen Subjekt, das von uns erlebt wird, ist hier nicht die Rede. Das Bewußtsein ist ein Korrelat von Inhalten, ohne daß ein Subjekt da wäre, das der Träger dieser Zustände von Bewußt-sein wäre. Es fällt damit die Fiktion: in meinem Bewußtsein ist die Welt enthalten etc. Satz der Phänomenalität der Außenwelt Der Sinnenglaube enthält die Welt als ein unmittelbar Gegebenes. Der Satz der Phänomenalität: Die gesamte gegenständliche Welt ist nur in der Korrelation des Bewußt-seins gegeben. Das ganze Weltgebäude ist für den Zustand des Bewußt-seins da. – Antizipationen schon in der Vedanta-Philosophie. – Shakespeare – Calderon – Descartes. Intellektualität des Subjektes Ich zweifle: Das zweifelnde Subjekt ist doch da. Der, für den der Schein da ist, existiert doch. So haben denn seit Descartes viele Philosophen auf das Ich gebaut. Viele Zustände des Denkens etc. sind da, in denen keine Beziehung auf das Ich ist. In den Zuständen ist das Subjekt nicht, es wird hinzugedacht dasjenige, das persistiert in den verschiedenen Zuständlichkeiten. In den äußeren Gegebenheiten persistiert der Gegenstand, in den Erlebtheiten das Subjekt, das wir auch das Ich nennen. Jedenfalls: nur was in den Erlebnissen enthalten ist, darf in dem Ausdruck Subjekt oder Ich hingenommen werden. ,Subjekt‘ repräsentiert nur die Gegenstände. Was heißt – so können wir jetzt fragen – Voraussetzungslosigkeit der Philosophie. Die Philosophie ist fundiert auf etc., aber sofern Leben, Erfahrungen
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
Phänomene des Bewußtseins sind. Die Philosophie muß fortschreiten vom empirisch Gegebenen zu dem, was ausgesagt werden kann in solchem Wissen über Welt- und Lebensverhalten. Einteilung der Philosophie5 Der erste Grundzug der Philosophie ist das Streben nach Allgemeinem in der Auflösung des Lebensrätsels. Bei dem Suchen nach allgemeiner Begründung desselben entsteht die Schwierigkeit, die in der allgemeinen Begründung selbst liegt. Lehre vom Wissen, von den Wissenschaften, Theorie der Theorien: philosophische Grundlegung. Ehe der Philosoph sich mit den Fragen nach dem, was Realität, Denken etc. heißt, beschäftigt, kann er sich nicht mit den Weltproblemen beschäftigen. Nur so erkennt er, was erkennbar ist an der Welt. Die Welterkenntnis aus sich selbst heraus lösen zu wollen, wäre töricht: Die Philosophie stellt sich auf die Grundlage der Geisteswissenschaften und unternimmt, den in den Einzelwissenschaften realisierten Zusammenhang zu untersuchen. So entsteht als zweiter Teil der Philosophie das System der Wissenschaften. Ein Zusammenhang geht durch alle Wissenschaften. Alle Wissenschaften hängen miteinander zusammen, indem sie die Entwicklung des Universums uns zum Bewußtsein bringen. Es wäre schön, wenn wir einen Schluß machen könnten auf den letzten Grund etc. Wäre es möglich, so hätten wir als dritten Teil der Philosophie: Metaphysik. Wir aber: Lehre von den Weltanschauungen. Ob Metaphysik möglich ist, ist seit dem 17. Jahrhundert immer wieder versucht worden. Die bedeutendste Antwort wurde von Kant gegeben. Skeptizismus wächst in dem Maß, in dem wir die verschiedenen Weltansichten kennen. Jedes dieser Systeme schließt die anderen aus. Nicht wie Raphaels Dispute friedlich.6 Der skeptische Geist wird genährt durch die Erfahrungswissenschaften. Unser Planet etc. Noch zweifelhafter, wenn wir die Geschichte betrachten. Ich weise gänzlich ab die flachen Einwände der Skeptiker und Positivisten. Die metaphysischen Systeme müssen wir vielmehr zum höchsten Problem machen. Lehre von den Weltanschauungen und den metaphysischen Systemen Jede Philosophie hat eine Seite der Wirklichkeit zur Erkenntnis gebracht. Die Vielseitigkeit der Wirklichkeit hat die mannigfachen Systeme hervorgebracht. Kein Chaos, sondern gewisse Typen, in denen die Stellung des Menschen zur Welt zum Ausdruck kommt.
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Er s ter Hauptte il: Gr undle gun g d er Ph i l os oph i e
Erster allgemeiner Teil Der Anfang der Philosophie und der Satz der Phänomenalität7 Der Anfang muß ganz universal sein, er muß jede Art von Wissen enthalten. Es gibt nur einen Anfang: empirisches Bewußtsein. In jedem Lebensmomente ist die Beziehung unseres Verhaltens zu den Gegenständen enthalten. Der Mensch ist es, der ein Verhalten zu den Gegenständen hat. Leben. Erlebnis … [Text bricht ab] Einteilung der Grundlegung Empirisches Bewußtsein, Erfahrung, Erfahrungswissenschaft ist das Gegebene, aus dem das Bewußtsein schließt. Dies alles ist aber nur als Tatsachen des Bewußtseins gegeben. Es gibt aber einen Weg von dem Eingeschlossensein in das Bewußtsein zu den Realitäten. Erfahren, Erfahrungswissenschaft etc. sind gegeben in einem Denkzusammenhang. Dieser Denkzusammenhang ist die Aufgabe: Logik. Das andere Problem betrifft den Inhalt, die Beschaffenheiten etc.: Erkenntnistheorie.
Erster besonderer Teil der Grundlegung: Logik § 1. Der Zirkel der Erkenntnis und das Problem der Logik Ich muß voraussetzen, daß der Logismus8 objektive Erkenntnis von Sachverhalten ermögliche: dies der Zirkel, daß man voraussetzen muß, was man beweisen will. Richtigkeit des Denkens verbürgt unter der Voraussetzung der richtigen Auffassung des Erlebten die Wahrheit von Sachverhalten.9 Vermeidlich ist der Zirkel nicht. Auflösen müssen wir ihn. Wir müssen in die Logik und Erkenntnistheorie eintreten, mit dem Bewußtsein des Zirkels.
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
Drei Teile der Logik 1. Deskription des Denkzusammenhangs. 2. Auf die Deskription gebaute Zergliederung des Denkzusammenhangs nach seinen Gesetzen. 3. Kunstlehre. § 2. Deskription des Denkzusammenhangs10 Der Denkzusammenhang hat zu seinem Ziel objektiv gültiges Wissen von Sachverhalten: Wahrheit. Ein Glied in dem Zusammenhang des Menschengeschlechts ist jeder einzelne. Was hat die Deskription weiter zu tun. Welches sind die Begriffe, durch welche die Vorgänge des Denkzusammenhangs ausgebildet werden. Jeder logische Begriff muß dadurch seinen Rechtsgrund erweisen, daß er an logischen Erlebnissen erlebt wird. Dilthey: psychologische Deskription. Husserl: Phänomenologie des Erkennens. Logik. Aristoteles etc. Leibniz. Überall Zusammenhang des Denkens. Die Beziehung des Denkens [geht] durch alle Verhaltungsweisen. Nur allmählich ist die Entwicklung. Aristoteles. Kant: die Vorgänge, die vor dem diskursiven Denken liegen. Worauf ist es gegründet, daß das Denken Sachverhalte auffaßt, wie sie sind: Diese Frage kann nur gelöst werden durch das vergleichende Verfahren. Seelenleben. Aufsuchen von Gleichförmigkeiten. Zwei Arten. Ablauf der Veränderungen zeigt11 gewisse Regelmäßigkeiten. Die Erlebnisse sind zusammengesetzt. Jeder Prozeß ist zusammengesetzt,12 und nun werden die Regelmäßigkeiten aufgesucht, die in diesem Prozeß stattfinden. Es gibt aber noch eine andere Betrachtungsweise. Wir verhalten uns nicht nur so, daß wir Gleichförmigkeiten etc. als Fälle ansehen, sondern das Seelenleben bildet von der anderen Seite angesehen einen Zusammenhang. In jedem Seelenleben sind verschiedene Verhaltungsweisen miteinander verbunden: Wahrnehmen, Fühlen, Wollen. Sie stehen in einem Verhältnis. Das Verhalten des Individuums zur Welt ist das Grundfaktum. 1. Vorgang: Auffassen von Wirklichkeit. Wir nehmen wahr, repräsentieren Wahrnehmungen in Urteilen, verknüpfen diese zu Schlüssen, Methoden, wir verstehen das Innere; so erschließen sich uns die Natur, der eigene psychische Zusammenhang und der psychische Zusammenhang anderer. So entsteht im Lauf der Jahrtausende die Erkenntnis der Welt. 2. Verhalten: Das Gefühl ist eine Zuständlichkeit, deren Charakteristik in den Gegensätzen von Lust und Unlust besteht. Damit in engster Verbindung:
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die Triebe. Und dieses Verhalten ist das eigentliche Leben. Durch Illusionen hindurch schreiten wir zu dem, was wirklichen Wert für uns hat, von Erfahrung zu Erfahrung, wir erkennen den wahren Wert. Hier das Verhältnis von Gefühl und Wert. Wertsystem letztes Ziel der Lebenserfahrungen. 3. Wir verhalten uns wollend. Innerhalb der Welt unserer Gefühle schätzen wir Menschen und Dinge. An die Stelle des Schätzens tritt das Wählen und das Vorziehen. Der Wille ist gebunden; der Wille ist willkürlich. Die Welt der Güter. § 3. Die elementaren Denkleistungen Diskursives Denken ist jede Denkoperation, die sich auf Gegenstände bezieht und welche durch Zeichen vermittelt ist. Das diskursive Denken hat sich selbst, Personen, Sachen zu seinen Gegenständen, drückt sie aus in Worten, Begriffen, Urteilen. Jetzt aber ist zurückzugehen hinter das diskursive Denken. Der Vorgang des Vergleichens. Ich finde gleich, finde ungleich, bestimme Grade der Ungleichheit. Zwei Stücke graues Tuch. Vergleichung und sein Resultat ist nicht etwas dem Wahrnehmen Fremdes. Der Vorgang liegt in ganz gleichen Linien wie das Wahrnehmen. Das Gegebene bildet einen Erkenntniszusammenhang. Das erste Problem: Welches ist das Verhältnis des Denkens zur Wirklichkeit? Zweitens: Welches sind die im empirischen Bewußtsein enthaltenen Voraussetzungen, und wie ist über diese zu urteilen? Logik ist eine vergleichende Disziplin. Das dem diskursiven Denken vorausgehende (intuitive, anschauliche) ist zunächst zu betrachten, dann das Denken, das in der Gefühlswelt besteht, endlich dasjenige, das das Wollen enthält. Wirklichkeit – Gefühl (und das in ihm enthaltene Wertabschätzen) – Wille (und das in ihm enthaltene Vorziehen): Jedes der drei Gebiete bildet ein System von Eigentümlichkeiten. Wird die Beschreibung der einzelnen Gebiete durchgeführt sein, so handelt es sich um eine Theorie des Erkennens.13 Wir unterscheiden: 1. Formale logische Operationen: Vergleichen (Gleichfinden, Ungleichfinden, Grade abschätzen), Trennen (Zerlegen, Abstrahieren); 2. Die Leistungen, die die Verhältnisse des Gegebenen zum Bewußtsein erheben. Ich sage: mehrere Sachverhalte liegen vor. Ich unterscheide sie. Das Unterscheiden ist die Grundbedingung. Wenn ich aber sage, es liegen mehrere Tatbestände vor, so tritt zum Unterscheiden etwas hinzu: Ich vernehme zwei für mich gleiche Töne. Nun folgen sie, getrennt durch Zwischenräume, aufeinan-
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der. Die Bedingungen, daß ich sie auseinandernehme, sind Aufeinanderfolge in der Zeit und Getrenntheit durch die Pause. Dies ist der einfachste Fall von Trennung (oder Sonderung). Zerlegung: An einem konkreten Sachverhalt hebe ich mehrere Seiten heraus; Zerlegen ist also unterschieden vom Trennen. Ich zerlege den Ton in Rücksicht auf Höhe, Intensität, Klangfarbe. Diese Seiten eines konkreten Gegenstandes werden Teilinhalte von der Psychologie genannt, weil sie selbständig gegeneinander variabel sind. Abstrahieren enthält ein Trennen in sich. An einem Menschen hebe ich heraus seinen Kopf: und sehe vom andern ab; ich trenne also nicht bloß. – Abstrahieren ist diejenige Klasse von Herausheben, bei welcher ich Seiten heraushebe. Abstrahieren in diesem Verstande hat nichts zu tun mit der Begriffsbildung. Die Deskription hat es zunächst zu tun mit denjenigen Leistungen, die unabhängig vom Denken sich entfalten. Von den formalen Verbindungen sind Verhältnisse zu unterscheiden. Eine Beziehung zwischen dem Mehreren findet statt. Die räumlichen Verhältnisse z. B. sind nicht gebunden an den Sprachgebrauch, es sind nur Beziehungen an dem im Raum Gegebenen. Ebenso ist die Zeit nur eine Seite an dem Gegebenen. Zeitverhältnisse finden statt zwischen allem uns Gegebenen. Das, was in der Sprache verdeutlicht wird, ist auch unabhängig von der Sprache da. Inhärenzverhältnis finden wir auch im empirischen Bewußtsein vor. Ebenso das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung: Kausalität. Alle diese Verhältnisse sind realer Natur, die Kategorien, in denen wir sie ausdrücken, sind Realkategorien. Nach Kant sind Formen der Synthesis in der Anschauung Raum und Zeit, Formen der Synthesis im Verstand Inhärenz, Subsistenz, Kausalverhältnis. Sind hier Leistungen vorhanden, die einen Logismus darstellen, der hinzutritt zu dem Gegebenen? Dann würde das Denken – als Apparat – hinzutreten zu dem Gegebenen, als ein Fremdes, ein Mechanismus. Unterscheiden etc. ist nicht eine dem Sachverhalt fremde zu ihm hinzutretende Operation. Beim Trennen und Abstrahieren findet allerdings eine Loslösung vom Sachverhalt statt. Aber auch hier ist nichts anderes als ein Interpretieren des Mehreren, als ein Auffassen des Gegebenen. Und beim Abstrahieren hebe ich eine Seite in dem Bewußtsein, [so] daß die herausgehobene Seite, die nur in Verbindung mit dem anderen [ist, dieses] substituiert. Erkenntnis ist deutliches Bewußtsein des Gegebenen. Das ganze diskursive Denken ist gesichert, weil es sich zurückführen läßt auf die elementaren Leistungen.
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§ 4. Das diskursive Denken Das diskursive Denken verläuft in einer geordneten Folge von Wortzeichen oder Schriftzeichen. Die Worte bilden eine Reihe. Die Zeichen sind erfunden, um als Repräsentation zur Mitteilung des Denkinhalts zu dienen. Zwei Reihen: 1.) Laute, Worte, Sätze. 2.) Sachverhalte. Zum Ausdruck kommt der Sachverhalt erst im Wort. In jedem Urteil wird ein Sachverhalt zur objektiven Erkenntnis gebracht. Die einheitliche Beziehung der Worte aufeinander drückt den Sachverhalt aus. Gegenständliche Auffassung im Urteil und Korrelat derselben Verbindung von Subjekt und Prädikat im Satz. Das Korrelat kann nur die Beziehungen ausdrücken. Angestrebt ein realistisches System, bekämpft die kantische Richtung. Der Logismus ist nicht ein Apparat, der der Wirklichkeit übergeworfen würde. Daß wir gleichfinden etc., ist nur der Ausdruck dessen, was als Sachverhalt in der Wirklichkeit ist. Kausalbegriff nichts anderes als das Verhältnis von Wirken und Leiden, das in der inneren Welt abläuft etc. Unser Realismus macht Front auch gegen den Positivismus. Durch innere Erfahrung wissen wir von den Sachverhalten. Eine objektive Erkenntnis des außer uns Bestehenden, wie es unabhängig von uns ist, ist nicht möglich. Man verbindet Zeichen auf gesetzmäßige Weise, die einen Sachverhalt ausdrücken. Die Aussage im Urteil ist ein auf Zeichen bringen des in ihm enthaltenenen Sachverhaltes. Denkzusammenhang. Begriff: Bestandteil des Urteils oder Produkt von Urteilen. Ein Begriff kann nicht isoliert werden. § 5. Sätze, die nicht den Charakter allgemeingültiger Sätze haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und Wollens 1. Was im Gebiete des gegenständlichen Auffassens vor dem eigentlichen Urteil liegt14 Frage. Ich frage mich selbst über einen Sachverhalt oder einen anderen. Liegt also vor der Entscheidung, also auch vor dem allgemeingültigen Urteil. Frage ist die subjektive Energie des Wissen-wollens. Zwei Arten von Stil in didaktischer, philosophischer etc. Prosa: 1. Objektiver, gegenständlicher Stil (Schopenhauer etc.), 2. Stil, der ausgeht von der Energie des Denkens und sich häufig der Fragen, Ausrufe etc. bedient (Lessing). Möglichkeitsurteile sind auch meist Vorbereitungen definitiver Urteile.
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2. Gefühlsverlauf15 Die Lyrik wirkt am stärksten durch die Sätze, die ein Ausdruck eines Gefühls sind. Davon sind unterschieden Aussagen, die diesen Gefühlszustand zu gegenständlichem Erkennen erheben. Beide Arten von Darstellungsweise machen das lyrische Gedicht. Die höchsten Gedichte, besonders Goethes, gehen aus vom Gefühlsausdruck und erheben sich zur Betrachtung: Urteil, Aussage über das Gefühl. Der Aufbau, in dem die Erkenntnis sich vollzieht: Das Gegebene wird durch elementare logische Operationen zu einem Zusammenhang von Gegenständen umgebildet, und dieser ist die Grundlage des Urteilens, Schließens. Die Grundform alles Erkennens ist die Aussage. Jede Wortverbindung, die einen Sinn ausdrückt, nennen wir Satz. Jede Wortverbindung, die einen Sachverhalt ausdrückt, ist ein Urteil. [§ 6.] Sätze, bei denen ein Urteil nicht vorliegt 1. Frage. 2. Gefühlszustand. Überall, wo Beziehungen von Lust und Unlust auf ein Gegenständliches da sind. Am vollkommensten in der Lyrik. 3. Ausdrücke des Wollens. Nicht Aussage über, sondern die Realisierung des Willens selbst in den dafür vorhandenen Ausdrücken. Wille ist eine Verhaltungsweise des Menschen. Intention: auf Herstellung eines Zustandes gerichtet. Korrekt: Wille zu etwas. Gebieterische Gebärde. Unvollständige Sätze (Goethes: Dem Schnee, dem Regen etc.).16 Der Wille kann sich ferner aussprechen in vollkommenen Sätzen. Die Lyrik bedient sich auch solcher. Ich könnte, dürfte, müßte. Wunsch, Forderung, Bitte, Befehl gelangen so zum Ausdruck, Zustände, die eine Willensentscheidung hervorrufen, oder schon in sich haben. Nicht subjektive Urteile, wie Erdmann will, liegen hier vor. Ausdruck eines Willensvorgangs liegt vor, keine Aussage über einen solchen. Ebenso nicht einverstanden mit Sigwart. Norm. Auch sie ein Befehl, aber dadurch unterschieden von Einzelbefehlen, daß sie an alle in einem Zweckzusammenhang Befindlichen gerichtet ist. Sind nun Normen Urteile oder nicht? Jede Norm hat in dem Zweck, zu dem diejenigen, die durch ihn verbunden sind, zusammenwirken, einen gegenständlichen Hintergrund. Sie kann daher in eine Aussage über diesen umgewandelt werden. Kunst. Ziel: das ästhetisch Schöne. Nun sagt die Norm: Wenn Du in der Kunst wirkst, die das ästhetisch Schöne will, mußt Du zur Erreichung dieses Zieles dieser und jener Regel Dich unterwerfen. Kants Sit-
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tengesetz so zu interpretieren: Wenn Menschen einheitlich zusammenwirken wollen, so muß die Maxime allgemeingültigen Charakter haben, ebenso mit Strafgesetzbuch. § 7. Diskursives Denken im Gebiet des Gefühls § 8. Diskursives Denken im Gebiet des Willens § 9. Die Natur des Urteils Aus Deskription gehen wir über in die allgemeine Theorie des Wissens. Da alles Wissen sich expliziert im Urteil, haben wir im II. Teil, Theorie des Wissens, mit dem Urteil zu beginnen. Bewußtsein der Gültigkeit besteht nicht in Bezug auf Wahrnehmungen. Das Bewußtsein der Gültigkeit, das die Urteile begleitet, tritt erst da auf, wo das Denken bejahend etc. ist. Wissen ist jede Aussage, die mit dem Bewußtsein der Gültigkeit auftritt, kann dann auch als Urteil bezeichnet werden. Das Denken im Urteil bezieht sich auf die Gegenstände, welche sich in den primären Denkleistungen ausgebildet haben. Alles, was ich mir gegenüberstellen kann, ist das, worauf das Urteil fundiert ist. Drei Kreise von Tatsächlichkeiten machen die gegenständliche Welt aus. Sinnesauffassen, Innewerden und Verstehen. Das sind die drei Verhaltungsweisen. 1. Sinneswahrnehmung. Die Methode von Sigwart (auf Kant und Schleiermacher zurückgehend), die auf Denkakte zurückgeht, erkennen wir nicht an. 2. Wissen von unseren eigenen Zuständen. Deskriptiv ganz verschieden von der äußeren Erfahrung, deren Grundlage die Sinneswahrnehmungen sind, ist die innere Wahrnehmung. Grundlage ist Innewerden. Innewerden ist diejenige Auffassungsleistung, in welcher wir unseren psychischen Zustand zum Bewußtsein bringen. Ein Zustand, der für mich da ist durch bloßes Bewußtsein desselben = ich werde seiner inne. Das Innewerden eines Zustandes: sofern er bewußt ist, ist er da, sofern er da ist, ist er bewußt. Das Wissen von Gefühl ist unmittelbar gegeben. Einssein von Bewußtsein und Realität. Die Frage, ob, wenn jemand fühlt, damit auch bewiesen ist, daß wirklich Gefühl da ist, hat überhaupt keinen Sinn. Von Sinnestäuschungen kann man reden, aber von Täuschungen der Gefühle selbst kann nicht geredet werden. Wir wissen nichts von seelischer Substanz. Daß aber ein seelischer Zusammenhang da ist, wissen wir, und das allein wissen wir vom sogenannten Ich. Auf diesen seelischen Zusammenhang bezieht sich die innere Wahrnehmung.
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Die Psychologie hat die Aufgabe, den seelischen Zusammenhang zum Bewußtsein zu erheben. Auf der Grundlage der beiden Verhaltungsweisen vollzieht sich eine dritte: das Verstehen der inneren Zustände anderer. Der Vorgang des Verstehens geht aus vom äußeren Vorgang und geht zurück in die inneren Zustände. Der Reichtum eines Dichters vom Wissen anderer Personen ist bedingt durch das Wissen von sich. Je feiner das eigene Seelenleben ist, desto stärker ist ein Dichter in der Fähigkeit der Auffassung anderer Personen. Und, je mehr einer andere Personen beobachtet, desto stärker ist er in der Kunst des Verstehens. Shakespeare. Goethe.17 Urteile und Regeln sprechen einen Sachverhalt aus: es wird etwas über das Gegenständliche bestimmt. Feste Grenzlinien trennen den individuellen Imperativ von der allgemeinen Regel. Auch die Regel ist nie Aussage über eine Willensbestimmung, sondern eine Willensbestimmung selbst. Die Regel wendet sich an diejenigen Personen, die in einem Zweckzusammenhang verbunden sind, und enthält ein in diesem Zweckzusammenhang Gelegenes. Die betreffenden Anforderungen fließen aus der Natur des Zweckzusammenhanges. Alle Wissensakte zerfallen in Urteile und Regeln. Wir haben also zunächst die Urteile zu behandeln, dann das Verhältnis von Urteil zu Regel. § 10. Die Eigenschaften des Urteils Sie bilden einen Zusammenhang etc.18 Ein Zusammenhang von Lauten, diese zu Worten und diese zu Sätzen zusammengesetzt. § 11. Die Gesetzmäßigkeit des Denkens in Urteilen. Die Denkgesetze Wir unterscheiden zwei Klassen. 1. Klasse: Satz der Identität, daraus abgeleitet Satz des Widerspruchs und Satz des ausgeschlossenen Dritten. 2. Klasse: Satz vom Grund. Die Denkgesetze (und ebenso die Axiome der Geometrie) sind an jedem Teil des Denkzusammenhangs feststellbar: daher notwendig und allgemein. Nicht induktiv erschlossen, keine apriorischen Verstandesbedingungen.
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Satz der Identität Jede Aussage ist unabhängig davon, wann, wo, von wem, an welcher Stelle des Denkzusammenhangs sie vollzogen wird. Dies ist der Satz der Identität: Eine formale Aussage, kein apriorisches Gesetz. Nichts davon besagt er, daß die Dinge konstant sind, daß die Welt konstant ist. Das Urteil spricht einen gegenständlichen Sachverhalt aus. Dieser gilt unabhängig von dem Akt, in dem ich jetzt das Urteil vollziehe. Der Satz der Identität besagt, daß ein Gesetztes immer gültig ist, unabhängig davon, daß es jetzt etc. gesetzt ist. Jedes Urteil hat konstante Gültigkeit, unabhängig von dem Akt, in dem es vollzogen ist.19 Satz des Widerspruchs Einige Logiker sehen in ihm das ursprüngliche Denkgesetz und leiten den Satz der Identität als in ihm enthalten ab. Logisch ist dies natürlich möglich: Er schließt den Satz der Identität natürlich ein. Denken: durch beziehendes Auffassen Sachverhalte ausdrücken. Das verneinende Urteil bezieht sich immer auf die Tatsächlichkeit einer bejahenden Setzung, welche durch das verneinende Urteil ausgeschlossen wird.20 Die Denkgesetze sind nicht apriorische Formen, sondern nur der Ausdruck davon, das Gegenständliche aufzufassen. Satz des ausgeschlossenen Dritten Ist dieser etwa eine im Bewußtsein vorliegende Bedingung des Denkens? Auch er folgt aus dem Satz der Identität und dem des Widerspruchs. Wenn ich den gesetzten Satz nicht aufzuheben Grund habe, so bleibt es bei der Setzung. Wenn das Nicht-A nicht standhält, dann bleibt es bei der Setzung A. A ist entweder B oder es ist nicht B.21 Da diesem Satz in der Wirklichkeit nichts entspricht, so beginnt mit ihm der Übergang in das rein logische Gebiet. Der Satz vom Grund Wird eine Verbindung zwischen zwei Sätzen gestiftet, so ist diese Verbindung die der Abhängigkeit. Ich bin genötigt, den von einem Satz abhängigen anderen Satz zu setzen. Kausalität besagt: Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetz der Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Der Satz vom Grund: Jedes Ding muß einen Grund haben.
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Jedes behauptende Urteil ist zureichend zu begründen. Jede Aussage ist abhängig von dem Zweckzusammenhang, innerhalb dessen sie auftritt. Ist dieser Satz eine Bedingung des menschlichen Denkens? Das Gegenständliche selbst ist es, in welchem gegeben ist, daß ein Satz den anderen bedingt. Der Teil des Teils ist ein Teil des Ganzen. In der Anschauung selbst als tatsächlich gewährleistet. Wenn abstrakt: Hier ist mit dem Grund die Folge gegeben, so nur darum wahr, weil in dem Fall, aus dem dieser Satz abstrahiert ist, das tatsächliche Verhältnis sich als evident erwies. – Ebenso bei dem Satz: Jedem Ding kommen die Merkmale seiner Merkmale zu, und keinem Ding kommt das Gegenteil eines seiner Merkmale zu. Oder: Was vom Allgemeinen gilt, das gilt auch vom untergeordneten Besonderen. Alle Organismen sind tierische Körper und pflanzliche. Was von den Organismen gilt, gilt auch von Pflanzen und Tieren. Die Wirkung der Wirkung ist die der Ursache. Der Satz vom Grund ist nur eine abstrakte Formel für die Sachverhalte, die anschaulich gegeben sind. Urteil. Satz vom Grund sagt hier nichts anderes aus als die Natur des Urteils. Kausalgesetz (Jede Veränderung fordert eine Ursache) hat sich erst ausgebildet im Fortschreiten der Wissenschaften. § 12. Die Bestandteile des Denkens Denkakt ist nur in der Prädizierung. Wahr und falsch ist nur in der Prädizierung. Aus Subjekt und Prädikat läßt sich nicht eine Verbindung ableiten, der der Charakter des Wissens zukomme. Wissen ist nur im Urteil, und Subjekt und Prädikat sind nur Bestandteile, die, vom Urteil losgelöst, kein Wissen mehr sind. Vom Urteil also ist auszugehen. Wie verhalten sich Begriff, Urteil, Schluß zueinander? Urteil ist eine gültige Aussage über ein Gegenständliches. Innerhalb des isolierten Urteils bezieht sich eine solche Aussage nur mittelbar auf eine Wirklichkeit (Chimäre bei den Griechen; Gestalt der Miranda bei Shakespeare). Ein Urteil sagt entweder eine Wirklichkeit aus oder das Verhalten eines Tatbestandes. Soviel kategoriale Beziehungen an Wirklichem es gibt, soviel Urteile über Wirkliches gibt es. Urteile auf dem Gebiet der Wertgebung. Wert ist immer Korrelat eines positiven Gefühlsverhaltens, Unwert immer ein Korrelat eines negativen Gefühlsverhaltens. Jedes Werturteil ist subjektiv. Nie ist ein Werturteil, welches nur mein Gefühlsverhältnis ausdrückt, zugleich eine objektive Aussage über den Wert eines Tatbestandes. Nun fordert das Werturteil aber zugleich ein Objektives. Dies der innere Widerspruch, der zwischen dem Werturteil als einem subjektiven
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Gefühlsausdruck und dem Anspruch auf Objektivität besteht. Man muß eingehen in eine Dialektik der Urteile. Gibt es überhaupt, das ist die Frage, objektive Werturteile? Jenseits der Werturteile – die Region der Regeln. Regeln gehören unter Imperative. Einzelbefehl nur ein Ausdruck des Willens, kein Wissen. Kann ein Staat seine Untertanen determinieren in ihren Willenshandlungen? Nun aber eine dritte Klasse, die auch an eine Mehrheit sich richtet, z.B. Kunst. Dann ist der Imperativ bedingt durch die Natur des Zweckzusammenhangs. Das Drama muß Einheit haben etc.: Diese Forderungen haben ihren Grund in dem Sachverhalt, welcher in dem Zweckzusammenhang enthalten ist. So enthält die Regel ein Wissen. So gut als Urteil über Wirkliches oder Wert. Hierbei ist gleichgültig, ob diese Regeln an eine Person sich richten. Horaz ad Pisones. Nur ein Schluß davon: Alle, die dem Zusammenhang angehören, müssen so arbeiten; da die Pisonen diesem Zusammenhang angehören, müssen sie so arbeiten. Lehre vom Begriff Einseitig: Begriffe Elemente des Urteils, ebenso einseitig: Begriffe Produkte der Urteile. Begriff entsteht aus Urteilen, er besteht aus Urteilen, trotzdem ein Selbständiges. Wir gehen aus von den Allgemeinvorstellungen. Die Linie ist: einfache Vorstellung, einzelne Vorstellung, allgemeine Vorstellung. Sie entstehen durch die Gegebenheiten, vollziehen sich in den elementaren Denkleistungen. Wo liegt das Moment, das aus den Vorstellungen den Begriff schafft? Begriff = die Vorstellung, geformt nach den Anforderungen allgemeingültigen Denkens. Begriff nicht Summe oder Produkt von Merkmalen, sondern eine Verbindung der Merkmale. Definition und Einteilung sind die beiden Seiten der Explikation eines Begriffs.
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Ausarbeitung der Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen vom Sommersemester 1906: „Sommerredaktion“22
I. *Einleitung Wir beginnen mit einigen Kunstausdrücken. Wenn ich frage, befehle, so sind dies Denkakte oder solche sind darin enthalten. Unter diesen Denkakten sondern wir nun diejenigen aus, deren Merkmal ist, daß sie ein gültiges Wissen aussprechen wollen. Wir bezeichnen diese als Aussage. Jedes Urteil über Wirklichkeit, jede Bestimmung eines Wertes, jede Feststellung einer Norm ist eine Aussage. Es ist üblich, die Bezeichnung Urteil auf die beiden ersten Klassen anzuwenden. Es wäre aber ungewöhnlich, den kategorischen Imperativ Kants oder das Denkgesetz der Identität als Urteil aufzufassen, obwohl ja die Denknormen als solche Sätze darstellbar sind. Religion, Kunst und Philosophie sind die einzigen Führer des Menschen auf der Bahn des Lebens, denn da dieser, wenn er den Kampf mit der Notdurft überschreitet, seinem Dasein einen Wert geben möchte, sieht er sich sofort dem Rätsel des Lebens gegenüber; er muß Werte der Dinge, ja seiner eigenen Zustände abschätzen; er muß Güter und Zwecke feststellen. Und überall handelt es sich um einen unbedingt gültigen Maßstab. Das Erkennen sucht ein schlechthin gültiges Kriterium. Gefühl und Triebe werden in den Entscheidungen des Lebens vorwärts getrieben zu der Forderung eines unbedingt gültigen Maßstabes. Alle Regeln haben eine innere Beziehung zu einem unbedingt Erstrebenswerten, welches das Handeln durch die Unterordnung unter Regeln herbeizuführen hätte. Es ist überall dasselbe Verhältnis: von dem Zufälligen, Partikularen, das in den Erfahrungen und Erlebnissen enthalten ist, wird der Mensch fortgerissen23 zur Feststellung eines Allgemeingültigen. Wie wäre es möglich, daß hierbei der Mensch sich an dem genügen ließe, was in der Abgrenzung der einzelnen Wissenschaften sich ergibt? Es bedarf der Zusammenfassung und Begründung24 über diese Einzelwissenschaften hinaus. So ist in der Stellung des Menschen zum Leben notwendig gegründet,25 daß Philosophie als universal und auf die Rechtsgründe zurückgehende Wissenschaft sich bildet und erhält. Wie sie auch die Frage nach diesem Unbedingten und letztlich Entscheidenden beantworten möge: Das Verhältnis des Menschen zum Leben wird immer in sich schließen, daß eine solche Antwort gesucht wird.
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Hierin unterscheidet sie sich von Religion und Kunst. Diese wirken durch die unmittelbare Kraft dessen, was in dem Erlebnis enthalten ist. Es ist die Kraft, Glauben an dieses hervorzubringen und diesen allgemein zu machen.
II. Die Grundlegung 1. Jede menschliche Zwecktätigkeit, welche in der Geschichte auf weitem Raum und in langen Zeiten sich ausgebreitet und erhalten hat, muß in den Bedürfnissen der menschlichen Natur eine feste Grundlage haben. Es gilt diese für die Philosophie aufzusuchen. Anthropologische Interpretationen des gegebenen geschichtlichen Zusammenhanges derselben sind26 das einzige hier zur Verfügung stehende Verfahren. Daß sie hierbei auf Grenzen stößt, ist Menschenschicksal. Religion, Dichtung, Kunst als ihre ebenbürtigen Geschwister haben sich im Verlauf der Geschichte ebenfalls als durch die Menschennatur und ihre Bedingungen gar sehr eingeschränkt erwiesen. Jede Art von Begeisterung für menschliches Tun und menschliche Werke ist nur gesund, wenn dies Bewußtsein27 sie begleitet. Die Struktur des Menschen, ihre Unregelmäßigkeit; innerer Zusammenhang von Gefühl, Trieb und Wille; Denkvorgänge darin; das Streben nach dem Allgemeingültigen; Entwicklung vom Zufälligen, Partikularen zum allgemein Notwendigen im Denken über Wirklichkeit, in Wertgebung, in Bestimmung der Güter und Regeln. Erst wenn dies Ziel erreicht wäre, könnte das Leben durch das Denken geregelt werden. Dieses ganze Streben ist im Denken notwendig angelegt, ist aber eben ein Teil des Titanischen und Faustischen in der Menschennatur, als welche überall vom Bedingten zum Unbedingten, vom Relativen zum Absoluten zu schreiten gezwungen ist, um einen festen Maßstab für ihr Gefühl, ihre Gedanken und Handlungen zu gewinnen. Niemand hat dies innere Drama, welches das philosophische Erlebnis ist, so durchgemacht und dargestellt28 als Kant. Innerer Nexus der drei Kritiken als ein solcher dramatischer Verlauf, welcher in der Natur der Philosophie selbst angelegt ist.29
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2. Zusammenhang von Allgemeingültigkeit mit Rückgang auf die letzten Rechtsgründe und möglichst allgemeiner Fassung der Probleme. Negativ, beständige Eliminierung von Voraussetzungen. Vergleich mit einem von allen Seiten durch Wände30 Eingeschlossenen, der sie durchbrechen muß, um von bloßen Bildern dazu fortzudringen, das wirkliche Selbst zu gewahren. Verwirklichung dieser Tendenz in der Geschichte der Philosophie. 3. Die Bedingungen, unter denen wir denken, ermöglichen letzte Rechtsgründe der Erkenntnis zu finden nur, indem wir von jeder Art von Wissen zurückgehen auf die Bedingungen, unter denen sie möglich ist. Jede genetische Erklärung eines geistigen Tatbestandes trägt wegen der Vieldeutigkeit einen hypothetischen Charakter. Die eigentliche Leistung Kants bestand in der Auffindung31 und Verwertung dieser Methode. Seine genialsten Blicke waren daher diejenigen Begriffsbestimmungen, welche gleichsam Erkenntnisform und methodischen Wert der einzelnen wissenschaftlichen Gebiete und der in ihnen herrschenden Begriffe sowie Denkmittel zum Gegenstand hatten. So wie seine Grenze darin bestand, daß er dieses analytische Verfahren nicht weit genug getrieben hat. Er hat sich selbst Grenzen gesetzt für dasselbe, oder sie lagen in seinem Standpunkt, da er eine Weltanschauung32 beweisen wollte, und diese müssen wir heute überschreiten. 4. Über das Verhältnis von Logik und Erkenntnistheorie gibt es keine absoluten Regeln. Alles Systematische ist nur ein Hilfsmittel,33 Wirklichkeit zu sehen, zu beschreiben und begrifflich zu bestimmen.34 Man mag auf verschiedenen Wegen, in verschiedener Systematik solche festen Sätze suchen, mit je weniger davon, desto besser. Der Grundfehler der deutschen Philosophie seit Wolff und Kant [liegt] in der Überschätzung des Systematischen. Jedenfalls liegen zwei verschiedene Aufgaben vor:35 Zergliederung des Denkens und Regelgebung desselben, andererseits Zergliederung des empirischen Bewußtseins von Gegebenheiten und Aufsuchung des unmittelbar Gegebenen in uns und außer uns, Untersuchung der Entstehung unserer Erfahrungen über uns selbst, Außenobjekte und andere Personen. Es ist immer wieder das alte, auch von Kant aufgestellte Verhältnis von Form und Stoff der Erfahrung, von Rezeptivität und Spontaneität etc. Im Zusammenwirken dieser beiden Momente entsteht alles menschliche Wissen, mag man sie trennen, mit einem anfangen
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oder dem anderen, oder sie verbinden in erkenntnistheoretischer Logik, die Sache bleibt immer dieselbe. Empirisches Bewußtsein wie Erfahrungswissenschaft, weiter alle Arten von hierauf gegründetem Wissen über Werte und Zwecke36 und Regeln setzen die Geltung unseres Denkens voraus, und sie enthalten überall in sich die Annahme von Realität von Gegenständen. Hierin liegen die beiden schwierigsten Probleme jeder Grundlegung. Dort der Zirkel des Erkennens, hier die beständige Voraussetzung desselben. 5. Skeptizismus an der Pforte der Philosophie. Die metaphysische Grundhypothese, das empiristische Grunddogma, Möglichkeit einer Grundlegung der Philosophie erst, seitdem die mathematische Naturwissenschaft eine gegenständliche Ordnung nach Gesetzen erkannt hat. Gültigkeit des Denkens im Subjekt und Bestand eines von uns Unabhängigen. In der objektiven Sphäre sind [dies] die beiden Bedingungen, unter welchen Voraussage von Veränderungen etc. erst möglich ist. 6. Ebenso wichtig ist nun aber die Analyse fortzusetzen. So gelangt man zur Zurückführung des logischen Apparates auf elementare logische Operationen, welche unter den Bedingungen der verschiedenen Gebiete, in denen sie wirksam sind, stufenweise den ganzen logischen Apparat möglich machen. Und in diesen logischen Operationen selbst erkennt man gleichsam Wahrnehmungen zweiten Grades, welche objektive Gültigkeit besitzen. Damit ist dann die Bedingung der Gültigkeit unseres Denkens, unter welcher allein die Erkenntnis der gegenständlichen Welt nach Gesetzen möglich ist, inhaltlich aufgezeigt, und damit ist dann diese Gültigkeit des Denkens in seinem Gebrauch von Erkenntnis von Gegenständen definitiv begründet.
III. Analysis der Formen des Denkens auf allen Gebieten des geistigen Lebens und so entstehender Teil der Grundlegung eines gültigen Erkennens37 Das Denken ist in den verschiedenen Seiten der seelischen Struktur enthalten: im Erkennen, in Trieb und Gefühl wie in den inneren oder äußeren Willensakten. In jeder dieser Seiten findet eine aufsteigende Entwicklung statt. Das Erkennen leitet aus den einzelnen und zufälligen Eindrücken, die in den
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Sinnen auftreten, aus den Erlebnissen, die in der inneren Wahrnehmung einander folgen, eine gegenständliche Ordnung der äußeren Wirklichkeit nach Gesetzen ab, welche die sinnlichen Eindrücke macht, und es findet für die inneren Zustände, die in innerer Erfahrung im Verstehen anderer, in der Interpretation geistiger Erzeugnisse auftreten, einen Zusammenhang, Gleichförmigkeiten des Verlaufes. Die momentanen Gefühle und Triebe rufen die heftigen Leidenschaften hervor; es ist gleichsam eine innere Organisation unseres Wesens, welche von all diesem die Grundlage ausmacht. Sie besteht in den Beziehungen, in welchen an unsere Zustände Lust geknüpft ist, Triebe sich geltend machen. In dieser Organisation ist nur eine sehr grobe, unvollkommene Teleologie enthalten. Lebenserfahrung ist nun eine beständige Berichtigung der Wertbestimmungen, die so unmittelbar in Gefühl und Trieb enthalten sind. So ist das Denken beständig am Werk mitten in dem Leben, das heißt mitten in der Entstehung von Wertbestimmungen und in dem Streben nach Gütern. Es ist ein Abschätzen der im Gefühl enthaltenen Wertintensitäten, es ist ein Vorziehen in der Auswahl von Gütern durch den Willen, es ist ein Ableiten von Maximen und Regeln auf den verschiedenen Gebieten des Lebens. Denn der Mensch ist unfähig, von Fall zu Fall immer neu sich zu entschließen.38
1. Die Aufgabe39 Denken ist in den verschiedenen Seiten der seelischen Struktur enthalten, im Gefühl, Trieb und den Willensakten. Jede Seite bildet eine Entwicklungsreihe. In jeder Entwicklungsreihe ist für den Einzelmenschen wie für die Gesellschaft eine Zunahme und wachsende Differenzierung der Denkprozesse festzustellen. Auf jedem dieser Gebiete ist das Denken Erfahren. Und zwar Erfahren von Werten ebensogut und von Zwecken und Regeln als von Gegebenheit. Es gibt auch Erfahrung auf diesen Gebieten. Vom Gegebenen, Einzelnen, Zufälligen erhebt sich dieses Denken40 zu Zusammenhang, Generalisation und Notwendigkeit. Und in diesem Vorgang ist schließlich die Tendenz, die Relativität, die in den Erfahrungen enthalten ist, irgendwie zu überwinden. Erfahren hat immer ein Verhältnis zur Realität. Ich kann Imaginationen abschätzen so gut als Realitäten, aber die breite Masse der Wertgebung in den Lebenswerten bezieht sich auf Realität. Erfahren41 erkennt Realität, es wertet dieselbe und es schafft sie. Und immer handelt es sich andererseits um die Steigerung des Bewußtseins, sonach um Wissen in irgendeiner Form. Dieses enthält immer in sich die Form oder Gesetzlichkeit des Denkens und die Ge-
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gebenheit, an welcher diese Form sich auswirkt. Der Stoff der Wertbestimmung ist die Gefühlslebendigkeit der Seele selbst, der Stoff der Regelgebung liegt auch in der äußersten Abstraktion derselben, in der gegenseitigen Bedingtheit selbständiger seelischer Einheit. Die Form aber ist in der Selbsttätigkeit gegründet. Ganz allgemein ausgedrückt ist sie Bewußtmachen durch Aufmerksamkeit, welche sich in elementaren Operationen realisiert. Und das Problem der Form ist ihre Gesetzmäßigkeit. Das Denken besteht in Denkakten. Denkakte sind Urteile im allgemeinsten Sinne. Nach der Verschiedenheit der Gebiete, in denen das Denken sich äußert, wird zu erwarten sein, daß Unterschiede in der Form dieser Denkakte oder Urteile sind. Wirklichkeitsurteil, Wertbestimmung, Regel sind verschiedene Grundformen des Urteils. Es gilt zunächst, diese Unterschiede zu beschreiben. Als Denkakte haben sie aber einen gemeinsamen Charakter. Dieser muß ebenfalls festgestellt werden.42
2. Ihr Verhältnis zur bisherigen Logik [1.] So erfährt die Aufgabe der Logik eine bemerkenswerte Erweiterung in dieser analytischen Logik. Hierin berührt sie sich mit der seit Leibniz hervorgetretenen Richtung einer universaleren Fassung in einer scientia universalis und in logischem Kalkül. Die Grenzen der aristotelischen Logik müssen durchbrochen werden. Diese hatte das diskursive Denken zum Gegenstand, das in der Sprache verläuft, und sein Ideal war die begriffliche Ableitung. Bacon, Mill etc.: Logik der Induktion und des Experiments. Kant: Verhältnis des anschaulichen zum diskursiven Denken. Leibniz. Dies vergleichende Verfahren erhebt sich zu einer wirklichen Analysis des Logismus. Unter Logismus verstehe ich die Form des Denkens, wie sie in der Erkenntnissphäre ihre durchgebildete Gestalt gewonnen hat und als eine regelhafte Mannigfaltigkeit von Urteilen und Schlüssen nach Denkgesetzen gleichsam einen Apparat oder ein Instrument bildet, das angesetzt wird an das Wirkliche, um dessen Erkenntnis herbeizuführen.43 Die Grundlegung wird ermöglichen, das Denken in den Erfahrungswissenschaften, die Wertsetzung, Zweckbestimmung und Regelgebung analytisch aufzufassen als auf dieselben elementaren Operationen reduzierbar unter Hinzutritt besonderer Bedingungen, welche in den einzelnen Provinzen des Seelenlebens und dann wieder in deren Bezirken bedingt sind. Wissenschaft ist
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der Fortgang zur Analysis der Wirklichkeit, schließlich aber des Denkens selbst, das als Bestandteil derselben wirksam ist. Diese Analysis aber ist nur möglich, wenn eine universale Betrachtung vergleichendes Verfahren ermöglicht. Der Grundfehler lag bisher in der zu schmalen Basis der Grundlegung.44 2. Auf allen45 Gebieten wirkt das Denken. Und wo es wirkt, geschieht es nach einer in ihm liegenden Gesetzmäßigkeit. Soll nun die Natur des Denkens erkannt werden, so wird es sich gerade darum handeln, festzustellen, was ihm überall gemeinsam ist. Eben hierin wird die allgemeine Gesetzlichkeit des Denkens zu suchen sein. Soll also Logik eine Theorie des Denkens sein, nicht nur eine praktische Disziplin, dann wird sie eine vergleichende Wissenschaft, welche die Form des Denkens auf allen Gebieten, in denen dasselbe auftritt, auffaßt. So wird dann eine Analysis dieser Formen möglich. Müssen sie doch aus den überall auftretenden Leistungen des Denkens unter den Bedingungen entstehen, welche den einzelnen Gebieten eigentümlich sind. 3. Wie hat sich die Logik gebildet? Sie entsprang aus dem Bedürfnis, auf dem Gebiet des diskursiven Denkens in Diskussion, Philosophie, Wissenschaft, Beredsamkeit den falschen Vollzug des Denkens abzuwehren und Regeln des richtigen zu geben. Aus den Sophismen, den Widersprüchen, der Disziplinlosigkeit sollte sie erlösen. Die aristotelische Logik war das Gesetzbuch, in welchem die Revolution im Denken während der sophistischen Epoche überwunden wurde. Sie war eingeschränkt auf das Gebiet des diskursiven Denkens, und zwar auf die kategorischen Urteile und die von ihnen bedingten Schlüsse. Von dieser Zeit ab enthielt jede Erweiterung des Horizontes dieser eingeschränkten Logik zugleich die Möglichkeit einer tieferen Analysis derselben. Die Urteile und Schlüsse wurden sofort umfassender bestimmt. Leibniz hat dann das innere Verhältnis der aristotelisch-scholastischen Syllogistik zu den mathematischen Verfahrungsweisen zu seinem Ausgangspunkt gemacht. Sein allgemeinster Begriff des Gegenstandes der Logik ist jedes Denkverfahren, das in eine eindeutige und kontrollierbare Form gebracht ist. Sei es Syllogismus oder Rechnung mit Zahlzeichen oder mit durch Buchstaben ausgedrückten Größen. So gelangte er zu jenem Begriff von der allgemeinen Gesetzlichkeit des Denkens, den er von seiner ars combinatoria ab entwickelt hat. Kant kam; er war rückständig in seiner Einschränkung auf die überlieferte Logik. Frage, wie weit er die logischen Arbeiten von Leibniz, die eben gedruckt waren,
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kannte? Aber Kant46 brachte eine wichtige Erweiterung in anderer Richtung. Zeigte er doch, daß dasselbe Denken, das diskursiv voranschreitend am Faden der Worte die Theorie der Gegenstände konstruiert, schon wirksam ist in der Konstruktion dieser Gegenstände selbst. Und Fichte, Schopenhauer, Helmholtz gingen dem nach. Es gilt dies Problem so allgemein als möglich nunmehr zu fassen und in allen Gebieten, auf denen der Wertgebung, Zweckbestimmung und Regelsetzung, die Natur des Denkens zu studieren.47 So umfaßt die logische Zergliederung von Denkleistungen, was sich vom wortlosen Reden erstreckt bis zu dem Inbegriff derjenigen Theorien, welche auf der Entwicklung der Wirklichkeitserkenntnis, auf dem zunehmenden reflektierenden Bewußtsein in den Wertgebungen, Zweckbestimmungen und Regelsetzungen beruhen.48 In letzter Instanz ist alles49 wissenschaftliche Denken Erkenntnis von Wirklichkeit. Denn es schreitet auch auf dem Gebiete der Werte, Zwecke, Regeln von der inneren Betätigung in demselben zu der Vergegenständlichung der Wert-, Zweck- und Regelsetzungen, zu einer Theorie über diese, welche sie als Wirklichkeiten zu ihrem Gegenstande macht, vorwärts. Überblickt man dies weite Reich des Denkens von der Konstruktion der Gegenstände, der elementaren Abschätzung von Werten, den einfachsten Formen des Wählens und Vorziehens, der ihres Bestimmungsgrundes unbewußten Regelgebung bis zu der Theorie, welche dieses alles sich gegenständlich macht, dann ist Entwicklung die große Tatsache, die überall sich bemerkbar macht. Auf diesem ganzen grundlegenden Gebiete des menschlichen Geisteslebens kann Entwicklung überall als wirksam nachgewiesen werden. Nehmen wir einen einfachen Fall! Sprache ist überall an die Form des Satzes gebunden. Nur in übertragenem Sinn reden wir, wie bei den Tieren, von einer Sprache da, wo Aussage nicht stattfindet. So ist die Bedingung der Sprache irgendeine Form des Denkens, welche Aussage möglich macht. Das Denken selbst entsteht nicht durch die Sprache, sondern die Sprache setzt dasselbe voraus als die Bedingung, unter welcher Aussage stattfinden kann. Hieraus ergiebt sich, daß diesseits und jenseits der Sprache, die Zeitlinie angesehen, Denken ist, welches sich sonach durch die Sprache hindurch entwickelt. Und nehmen wir nun die Urteilsformen. Kant versuchte eine Klassifikation derselben aufzustellen; er fand dann in diesen Formen enthalten Funktionen des Denkens; die Kategorien waren ihm die abstrakten Begriffe, welche die Leistungen dieser Funktionen ausdrücken. Aber es bedarf doch nicht einer Funktion des Verstandes a priori, damit Einzelurteile oder besondere Urteile entstehen. Ist die Funktion des Urteils gegeben, so äußert sie sich im Einzelurteil. Besondere Urteile sind nur eine Zusammenfassung mehrerer Urteile, setzen also nur die logische Funktion des Verbindens und Abstrahierens voraus. Das problematische Urteil entsteht, wo eine Gedankenverbindung weder bejaht noch verneint wer-
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den kann. Und welcher Grund wäre abzusehen, Unterschied, Gleichheit, Grad, Ganzes und Teil nicht ebenfalls als Kategorien, sonach als Ausdruck von Funktionen aufzufassen? Die Formen der Klassifikation wird man aufgeben müssen und anstatt dessen der Entwicklung nachgehen, in welcher die Formen sich differenzieren und immer verwickeltere Gestalt annehmen. Ebenso zeigt sich Entwicklung auf dem Gebiet der Definition. Die verschiedenen Formen derselben bilden eine Entwicklungsreihe und ihr Abschluß ist diejenige Definition, welche das Bildungsgesetz der Dinge, die in dem definiendum vorgestellt werden, ausdrückt. Auf dem Gebiet der Einteilung besteht dasselbe Verhältnis. Zunächst sind in den beschreibenden Naturwissenschaften Einteilungen angewandt als Mittel der Übersicht: dieselben gehen dann von den Merkmalen aus, die diesem Zweck am besten entsprechen. Wir nennen sie künstliche Klassifikation. Sie bereiten die natürliche Klassifikation vor, in welcher das Bildungsgesetz eines Gebietes in der Bestimmung und Anordnung der Glieder seines Umfangs zum Ausdruck kommt. Und welchen Weg hat die Induktion durchlaufen von der bloßen Summierung der Fälle ab bis zu dem auf das Experiment gegründeten künstlerischen Verfahren!
IV. Die elementaren Operationen des Denkens50 Die unterste Schicht der logischen Vorgänge wird gebildet durch die elementaren Operationen des Denkens, welche auf allen Gebieten des Seelenlebens eine bemerkenswerte Verwandtschaft zeigen. Diese Operationen sind überall noch von der Sprache unabhängig; sie verlaufen nicht diskursiv in Sätzen. Sie gehören der schweigenden Tiefe der Vorgänge an, welche den erzeugenden Grund unseres Seelenlebens bilden. Ich versuche sie aufzuweisen, wie sie analytisch als letzte erreichbare Bedingungen der Denkvorgänge sich darbieten.51 Hierbei ist für den Zweck der Grundlegung der Philosophie gänzlich gleichgültig, wie die erklärende Psychologie versuchen mag, hinter sie zurückzugehen. Für die logische Analysis sind sie das Letzte.52
1. *Die primären logischen Operationen im Gebiet des Denkens über Wirklichkeit Ich beginne mit denjenigen primären Operationen des Denkens, welche in dem Gebiet des Denkens über Wirklichkeit stattfinden. Wir unterscheiden, finden gleich und fassen Grade des Unterschieds auf. Zusammenfassend kön-
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nen wir dies als Vergleichen bezeichnen. An einem Gegebenen sondern wir; die Schnitte sind von dessen Struktur bedingt. An einem Aggregat lassen sich so die Teile sondern. An einem konkreten Ding sondern wir das, was durch verschiedene Sinne gegeben war, sonach ursprünglich getrennt. Wie an einem Apfel seine Farbe, sein Geruch. Und das Gesonderte verbinden wir dann wieder, wobei wir wieder dem Wahrnehmungsbestand folgen im Zurückgang zu der Verbindung, die gegeben war. Überall ist hierbei die Veränderung der Aufmerksamkeit nach Richtung und Intensität mitwirkend. Und auf ihr beruht nun der Übergang zu dem Vorgang der Abstraktion vermittelst der angegebenen Elementarvorgänge. Die Aufmerksamkeit ist bei dem Durchlaufen einer Reihe von Sachen oder Vorgängen auf das gerichtet, worin sie eins sind und sieht von dem ab, worin sie voneinander verschieden sind. So entsteht aus den Wahrnehmungen von Grün, Blau, Rot die Auffassung eines Gemeinsamen, das wir als Farbe bezeichnen. Ebenso erkennen wir leicht in verwandten Tiergestalten ein Gemeinsames. Dies Aussondern desselbigen am Verschiedenen setzt die Operationen des Gleichfindens und Unterscheidens voraus, des Trennens und Verbindens voraus. Wir nennen es Abstraktion und in ihr entstehen Allgemeinvorstellungen, welche alsdann die Grundlage bilden für die Ausbildung der Sprache und des diskursiven Denkens. Das Gemeinsame in diesen Vorgängen mag man als Beziehen bezeichnen, als Verbindung, als Synthesis. Alle diese Worte drücken eine Leistung aus, welche ein Verhältnis zwischen Gegebenem durch eine dem Bewußtsein eigene Grundeigenschaft herbeiführt.53 Vermöge dieser Leistung werden dann weiter örtliche und zeitliche Verhältnisse aufgefaßt; eine Zeitspanne wird erlebt; eine Entfernung wird wahrgenommen. Überall wirken hier Assoziations- und Reproduktionsprozesse mit, aber nur als Mittel, welche zusammenführen, heraufrufen, und so die logischen Vorgänge ermöglichen. Auch die Aufmerksamkeit als Steigerung der Bewußtheit und Veränderung in ihrer Verteilung hat keine Änderung am Tatbestand selbst zur Folge. Die elementaren logischen Operationen selbst aber, das Gleichfinden, Unterscheiden, Gradbestimmen,54 Verbinden, Trennen können als ein Wahrnehmen zweiten Grades bestimmt werden. Hierunter verstehe ich Wahrnehmungen, die sich nicht auf Eindrücke, sondern Verhältnisse von Eindrücken beziehen. An dem gegebenen Zusammen oder Abfolgen äußerer Eindrücke oder innerer Erlebnisse wird etwas aufgefaßt, das in dem Urteil von Gleichheit, Unterschied, Grad, Einheit, Vielheit sich ausspricht. Die Bedingung für die Entstehung solcher Wahrnehmungen zweiten Grades liegt darin, daß gewisse Objekte oder Vorgänge aneinander gehalten werden und die Leistung des Bewußtseins zu beziehen durch die Richtung der Aufmerksamkeit angeregt wird. Ich halte verschiedene Schattierungen von Grau nebeneinander: dann
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ist der Unterschied ebenso als Eindruck gegeben wie das einzelne Grau. Bei genauerer Aufmerksamkeit tritt auch das Bewußtsein vom Grad des Unterschiedes auf. Ein Aggregat von Eindrücken entsteht und löst sich so für mich von seiner Umgebung los. Es wird unterschieden von seiner Umgebung. Es wird von ihr getrennt. Diese Vorgänge sind Wahrnehmung, sofern sie ein tatsächlich Gegebenes auffassen, sie sind Urteil, sofern die Leistung des Beziehens, Verbindens, der Synthesis in ihnen wirksam ist.55 Es wäre falsch zu sagen, aus der Wahrnehmung gehe hier das Urteil hervor. Wohl aber dürfen wir sagen, daß hier primäre Urteile vorliegen, welche den Erkenntniswert von Wahrnehmungen haben. Sie fassen nur auf, was ist. Und bei dieser Auffassung sind sie weder an Worte noch an andere Zeichen gebunden. Wir können das, was diese primären Operationen wahrnehmend-urteilend auffassen, abstrakt aussprechen; es ist56 Gleichheit, Unterschied, Grad, Einheit, Vielheit, und wenn man den Ausdruck zunächst in dem Sinne benutzen will, daß er das Verhältnis von Eindrücken zu einem abgegrenzten Gegebenen, in dem sie verbunden sind, bezeichnet: Ganzes und Teil. Der abstrakte Unterschied von Stoff und Form der Erfahrung, von Wahrnehmen und logischem Apparat, den ich Logismus nennen will, beginnt uns zweifelhaft zu werden. Und es schwindet das abstrakte Verhältnis eines Logismus zu einer in der Wahrnehmung gegebenen Wirklichkeit, auf welchem alle erkenntnistheoretische Begründung der Metaphysik beruht. Es ist in diesem Zusammenhang unmöglich, die weitere Untersuchung darüber vorzulegen, welche anderen Bedingungen noch erforderlich sind, um den Logismus, wie er sich in Denkgesetzen und Denknormen ausdrückt, nach seiner formalen Seite hin zu erklären. Andeuten muß ich sie doch. Denn der Grundgedanke ist ja, [daß] aus elementaren Operationen und Denkeigenschaften,57 welche als Auffassung des Gegebenen mittelst formaler Denkmittel sich erweisen können unter den Bedingungen, welche in der Wirklichkeit auf den einzelnen Gebieten enthalten sind, der ganze Logismus abgeleitet werde. An die elementaren Operationen, die ich durchlief, schließt sich die in der Natur des Erkennens enthaltene Tendenz, die Denkbeziehungen auszudehnen und zu vervollständigen. Ist doch der Wahrnehmung immer zunächst ein Ganzes gegeben, in der Folge der Bilder ergänzt und erweitert es sich. Und wie es sich um das Verhältnis des Ganzen zu Teilen handelt, das als räumliche Auffassung gegeben ist, wohnt ihm von Anfang an die Tendenz bei, über jede Grenze hinauszugehen. Das Bewußtsein aber als Beziehen, Synthesis, Verbindung geht in der Wahrnehmung, Vorstellung, Verknüpfung der Glieder in diesem sich beständig erweiternden Ganzen vorwärts. Dies geschieht kraft der angegebenen elementaren logischen Operationen. Diese nehmen auf Grund der Wahrnehmung nun eine zusammengesetzte Form an. Ich vergleiche zwei Färbungen
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Grau und die zweite dieser Färbungen dann mit einer dritten und finde sie untereinander gleich. Die Einsicht, daß die erste mit der dritten gleich sei, obwohl sie in der Wahrnehmung selbst nicht aneinander gehalten sind, ist durch Vermittlung indirekt erhalten. Sie überschreitet das in der Wahrnehmung Gegebene. Sie findet in der Vorstellung statt. Wenn ich die drei Färbungen aneinanderhalten könnte, von einer zur andern vorwärtsgehend, so würde durch Festhalten der ersten Färbung im Gedächtnis eine tatsächliche Vergleichung ausführbar sein. Der Vorgang, von dem ich hier spreche, ist dadurch von diesem unterschieden, daß ich eins und drei nicht direkt miteinander vergleichen kann, sondern nur zwei mit eins und mit drei. Dies indirekte Verfahren ist die Grundform jedes Syllogismus. Nur dadurch ist derselbe ein Vorgang, der meine Erkenntnis erweitert, daß ich durch zwei eine Beziehung von eins und drei herstelle, die ich in der Wahrnehmung selbst nicht feststellen kann. So liegt das Wesen des Schlußverfahrens schon in Formen vor, welche Urteile in sprachlicher Form nicht bedürfen. Dieselbe Natur elementaren Schließens findet sich, wenn durch einen Maßstab das Verhältnis von zwei Raumgrößen festgestellt wird, ja selbst, wo nur am Vorstellungslauf zwei Zeitlängen gemessen und verglichen werden. So entstehen Beziehungen, die mehrere Glieder durch Denkvorgänge verknüpfen. Sie tendieren nach dem Angegebenen, sich vorwärts und rückwärts zu verlängern. Ein Nexus im Denken entsteht. Wir besitzen denselben schon in der Anschauung, die der Sprache nicht bedarf. So in unserer Raumund Zeitorientierung, in unserem Bewußtsein von den Nuancen der Intensität im Seelenleben. Diese Beziehungen, die im Denken stattfinden, tragen nun einen anderen Charakter an sich als die in Wahrnehmungen auffaßbaren. Die letzteren sind von einem Bewußtsein von Realität begleitet, die im Denken aber von dem, durch Gegebenes gezwungen zu sein, etwas zu setzen, und zwar durch ein im Denken enthaltenes Einleuchten, Durchsichtigsein. Dies ist, was die Logik als Bewußtsein der Evidenz, als im Denken gesetztes Überzeugungsgefühl [bezeichnet]. Diesen Zwang können wir dann durch den Begriff der Notwendigkeit bezeichnen. Und da derselbe von zwei Gegebenheiten zu dem notwendig zu Denkenden fortgeht, entsteht ein Bewußtsein der Abhängigkeit von dem notwendig zu Denkenden zu den beiden Gegebenheiten. So tritt nun in den logischen Zusammenhang und seine Theorie ein Bewußtsein von Notwendigkeit, unterschieden von dem der Wirklichkeit. Es ist dem Denkzusammenhange eigen. Eben dasselbe Bewußtsein tritt da auf, wo in der Entwicklung des Denkens das analytische Urteil das im Subjekt Enthaltene im Prädikat heraushebt; denn hier liegt ein Zwang vor, das im Prädikat Enthaltene vom Subjekt auszusagen. Dieselbe Notwendigkeit begleitet die allgemein notwendigen Ur-
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teile; im Unterschied von den empirisch allgemeinen sind sie nicht der Ausdruck einer Summierung von Erfahrungen, sondern unabhängig von der Induktion sind sie gegeben. Es ist nicht notwendig, sie wegen dieses abweichenden Charakters als unabhängig von der Erfahrung überhaupt aufzufassen. Sie drücken Grundverhältnisse der Wirklichkeit aus, die an jeder Stelle derselben festgehalten werden können; sie bezeichnen Eigenschaften, die an den homogenen Ordnungen von Raum, Zeit, Denkzusammenhang durch deren Zergliederung gefunden werden. Ihr Charakter ist sonach unabhängig von der Natur des Ursprungs dieser homogenen Ordnungen. Er ist von denjenigen Sätzen, die aus Summierung von Erfahrung und weiterhin induktiven Prozessen gewonnenen empirisch allgemeinen Sätzen hierdurch unterschieden. Und er ist dem der bisher erörterten Sätze, die von Notwendigkeitsbewußtsein begleitet sind, darin gleichartig, daß er an von der Wahrnehmung unabhängigen geistigen Gebilden aus einem inneren Zwang, der in ihnen liegt, sie so und nicht anders aufzufassen, entspringt. Sätze solcher Art werden dann wie die analytischen in Urteile der Abhängigkeit umgesetzt werden können, ohne daß hierdurch der in ihnen enthaltenen Beziehung ein Zwang angetan würde. Und so entsteht nun ein Inbegriff von Urteilen, welche allesamt nach ihrer natürlichen Auffassung in Beziehungen der Abhängigkeit formuliert werden können. Entgegengesetzt dem Inbegriff derjenigen, welche Wahrnehmungsverhältnisse ausdrücken, vom Bewußtsein ihrer Tatsächlichkeit begleitet sind und in kategorischen Urteilen ihren natürlichen Ausdruck haben. Die im Zweck des Urteils enthaltene Aufgabe, in dieser Ordnung der Abhängigkeiten zu einem Unabhängigen, das in sich gewiß ist, fortzuschreiten, spricht sich in dem Satz vom Grunde aus, der sonach ein Postulat des Erkennens, nicht aber ein Denkgesetz des Identitätssatzes ist. Überblicken wir nun diesen ganzen Zusammenhang, so ist in demselben nur ein Moment, welches als eine besondere Bedingung des Bewußtseins zu den elementaren Operationen [hinzutritt], es ist jene Nötigung, wie sie58 in dem Axiom59 auftritt: wenn zwei Größen einer dritten gleich sind, so sind sie untereinander gleich. In ihr liegt der Nerv alles Denkzusammenhangs. Niemand wird aber annehmen wollen, daß diese Beziehungsformen ein subjektives Moment in die menschliche Erkenntnis hineinbringen. Dies würde voraussetzen, daß eine Erkenntnisart bestehen könne, in welcher diese Beziehungsformen keine Geltung besäßen. Weiter tritt nun zu den elementaren Operationen als eine Bedingung unseres Logismus hinzu die Funktion der Verneinung. Sie ist eine elementare Operation. Sie dient aber nicht, um im Denken einen Erkenntniswert herbeizuführen. Denn die Verneinung ist die Aufhebung des in einem bejahenden Urteil Gesetzten.60 Indem wir die Natur des Urteils wiedererkannten in Denk-
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akten, die vor der sprachlichen Formulierung liegen, erklärt sich nun, wie die Verneinung sich auch beziehen kann auf Setzungen, welche noch gar keine sprachliche Form gewonnen haben. Auf solche aber bezieht sich jederzeit eine Verneinung; solche Setzung mag von einem einer anderen Person entgegengebracht, in einer äußeren Fassung gegeben oder durch meinen eigenen Gedankenlauf gegeben werden. Immer hat sie das61 Ziel, solche Annahmen, die meinem Denken im Weg stehen, wegzuräumen. Das denkende Subjekt wehrt sich in ihr gegen eine Annahme. Es ist ein willentliches Moment darin. Sie soll aus dem Weg geräumt werden. Sonach liegt in der Verneinung eine Hilfsoperation des Denkens vor, welche unmöglich ein subjektives Moment in unser Denken bringen kann. Und nun ein letzter Punkt. Die drei ersten Denkgesetze haben zu ihrer Grundlage den Satz der Identität; tritt die Natur der Verneinung hinzu, so ergeben sich aus dem ersten Denkgesetze die beiden anderen. Liegt nun nicht in dem Identitätsgesetz ein Moment, welches dem Logismus den Charakter einer der Wirklichkeit gegenüberstehenden und ihr als Gesetz des Denkens sich aufdrängenden Macht gäbe? Unterscheiden wir im Denkakt das, was ausgesagt wird, von dem Akt der Aussage selbst! Der Zusammenhang der Erkenntnisse besteht selbstverständlich nicht in den Denkakten als solchen, sondern in dem, was in ihnen gesetzt wird – dem, was in ihnen besteht. Der Satz der Identität drückt nun aus diese eigenste Natur des Denkens, nach welcher das im Denkakt Gesetzte von ihm unabhängig seine Geltung hat. Es ist ein Bestandteil der Erkenntnis, welcher von der Stelle, in der er auftritt, vom Subjekt, in dem er gesetzt ist, unabhängige Geltung hat.
2. Die elementaren logischen Operationen auf dem Gebiet des Gefühls- und Trieblebens 1. *Der Aufbau der logischen Operationen, in welchem unser Gefühls- und Triebleben zu den höchsten und abstraktesten Einsichten über Werte und Güter erhoben wird Das Verhältnis der elementaren Operationen zu dem Logismus als unser Problem kann nun aber von einer anderen Seite erleuchtet werden. Wir fassen jetzt den Aufbau der logischen Operationen ins Auge, in welchem unser Gefühls- und Triebleben zu den höchsten und abstraktesten Einsichten über Werte und Güter erhoben wird. Es ist eine eigene Provinz unseres geistigen Lebens. Denn obwohl die Urteile über Wirklichkeit überall die Grundlage unserer Urteile über Werte und Güter bilden, da Werte, die nicht gefühlt werden
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und Gefühle, die nicht unter Lebensbedingungen stehen, eitle Träume sind und als solche doch nur möglich als Schatten von Wirklichkeiten:62 so ist doch die unter den Bedingungen von Wirklichkeit entstehende Wertbestimmung der inneren Struktur nach von jeder Wirklichkeitsbestimmung verschieden. Wir treten hiermit in den Mittelpunkt unseres Seelenlebens, in welchem dessen Zusammenhang gegründet ist. Es ist der wichtigste, aber auch der schwierigste Teil nicht nur der erklärenden, sondern auch der beschreibenden und zergliedernden Psychologie. Denn die Auffassung der Außenwelt und die auf sie gerichteten Zweckhandlungen sind durch die Beziehung auf unsere Sinneserkenntnis der Deutlichkeit derselben teilhaftig. Der Weg nach innen ist schwer zu gehen. Eben was für unser Glück am meisten entscheidend ist, die Richtung unserer Triebe, die Entscheidungen über die Werte und Güter, welche durch die Berufung des Lebens mit unserer Innerlichkeit hervortreten, die Bildung des Charakters, die in den Tiefen dieser Entscheidungen sich vollzieht, eben dem gehen die meisten gern aus dem Wege. Nicht nur der gewöhnliche Mensch, sondern auch die heroischen Naturen, welche von den großen Objektivitäten realer Art mit Leidenschaft ergriffen und bestimmt sind, lassen mit einer Art von innerer Scheu diese Region in ihrem Dunkel. Nur jene seltenen, die Religiösen, Dichter und Philosophen verlieren sich in diese Abgründe. Sie leiden für die anderen, die im Licht des Tages sich bewegen. Sie graben im Dunkeln an den Wurzeln der menschlichen Existenz, ja ihres eigenen Daseins. Die Möglichkeit, daß wir zweckmäßig handeln und unserem Dasein einen höheren Wert geben, beruht darauf, daß in gewissen rohen Umrissen unsere Gefühle, Triebe und Leidenschaften zweckmäßig für die Erhaltung des Individuums und der Art wirken. Denn unser Organismus tritt nicht an das Licht der Welt, ausgestattet mit Vorstellungen oder Begriffen über das diesen Zwekken Dienliche. Er vermöchte sich daher nicht zu erhalten, wenn nicht in seinen Gefühlen und Trieben selber in rohen Umrissen Zweckmäßigkeit wirksam wäre. Die physischen Schmerzen und Freuden sind innere Zeichen für die Zustände der Gewebe, welche durch sensible Nerven mit dem Gehirn in Verbindung stehen. Ungenügende Ernährung derselben, übermäßige Tätigkeit, von außen eindringende Schädlichkeit rufen chronische oder akute Schmerzen hervor. Dieser teleologische Charakter der körperlichen Gefühle erwirkt nun auch in dem Bereich der von innen durch bloße Vorstellungen hervorgerufenen Gefühle dieselbe Zweckmäßigkeit. An die Voraussetzung oder unbestimmte Erwartung von physischem Schmerz ist ein Wehegefühl geknüpft. An die Voraussicht eines körperlichen Angenehmen eine geistige Lust. Und dieselbe Zweckmäßigkeit ist in dem Wirken der drei großen physischen Triebe geltend, die auf Reflexmechanismen beruhen und die tierische und mensch-
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liche Welt gemeinsam durchherrschen. Nahrungstrieb, Geschlechtsliebe und Sorge für die Nachkommenschaft und Schutztriebe regulieren in grobem Umriß die Erhaltung des eigenen Daseins und den Fortbestand der Art (Aufsatz, p. 71. Nähere Einzelheiten).63 Und selbst den Leidenschaften, welche zerstörend die sittliche Welt durchrasen, wohnt, wo sie in natürlichen Grenzen auftreten, ein teleologischer Charakter bei. Der Zorn stattet das Individuum mit einer plötzlichen Energie aus, durch welche auch das schwächere zur Abwehr befähigt wird. Das Rachegefühl des Gekränkten,64 das über die Kränkung hinaus fortdauert, mindert die Masse des Unrechts im Leben. Überhaupt aber sind die Leidenschaften Kräfte, die vorwärtstreiben und die Lebensgewohnheit unterhalten. Nichts Großes geschieht ohne sie, und Hegel sieht mit Recht die List der Vernunft darin, daß, von ihnen vorwärtsgetrieben, die großen Menschen das verrichten, was die geschichtliche Vernunft fordert. Aber alle diese Kräfte wirken nur im rohesten Umriß und in bestimmten Schranken teleologisch. Die physische Unlust ist nur das Zeichen einer momentanen Verminderung in unserem körperlichen Lebensbestande und die Lust ein Zeichen des Gegenteils. Aber nie belehren diese Leiden uns über spätere Folgen. Die Wirkung einer Speise auf unsere Geschmacksnerven ist darum nicht weniger angenehm, weil sie später in andren Teilen des Organismus nachteilige Wirkungen hervorruft. Die Entstehung dieser Zweckmäßigkeit, die so roh und problematisch ist, ist uns unbekannt. Auf ihr aber beruht nun das zweckmäßige Verhalten des Menschen, und zwar ist es auch hier die Erfahrung, welche in dieser Provinz unseres Seelenlebens mit Hilfe jener gegebenen elementaren Formen von Zweckmäßigkeit Entwicklung zu höherer Form erwirkt. Aus ihr wird hier wie im Erkennen und in der Regelgebung des Handelns aus dem Zufälligen, Einzelnen, Subjektiven, Relativen ein begrifflicher Zusammenhang gewonnen. Ich nenne diesen Teil der Erfahrung die Lebenserfahrung. Ihr Gegenstand sind Lebenswerte. Was bedeuten im Gesamthaushalte unseres Lebens die Leidenschaften! Welchen Wert hat in einem natürlich verstandenen Leben die Aufopferung? Oder der Ruhm und die äußere Anerkennung? Die Lebenserfahrung aber ist untrennbar verbunden mit dem Leben selbst, als ihrem Stoff, mit seinen Veränderungen im Lauf der Zivilisation. Das erste große gesetzliche Verhältnis ist, daß die menschliche Gesellschaft das Gefühls- und Triebleben reguliert. Sie setzt den regellosen Leidenschaften die Grenzen, die aus dem Bedürfnis des Zusammenlebens entspringen, in Recht und Sitte. Dies setzt bereits Bestimmungen der Werte von Eigentum, Kinderverhältnis, Ehe voraus. Die zweite große Leistung der Gesellschaft ist, daß sie im Zusammenwirken den Trieben regelmäßige Arbeit und ordnungsmäßige Befriedigung [ermöglicht].65 Sie befreien von der furchtbaren Herrschaft dieser Triebe: das Leben
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gewinnt Raum für die höheren geistigen Gefühle und Strebungen, und diese wachsen nun in der Gesellschaft zu einer Stärke heran, die ihnen das Übergewicht über jene im Zustande der Kultur gewährt. So bedingt die Gesellschaft die Bestimmung über die Lebenswerte. Sie gibt den einzelnen Lebenswerten eine feste geregelte Stellung, ja sie erzeugt aus sich selbst nach ihrem inneren Bedürfnis einen Wertzusammenhang und Wertabstufung, welche den Einzelnen bedingt. Aber auch diese wichtigen Vorgänge vollziehen sich auf dem Grunde der Erfahrungen. Sie wirken zusammen mit den individuellen Erfahrungen, in denen der Einzelne für sich von den Illusionen der Leidenschaft sich befreit, Resignation zu üben lernt und bei beruhigtem Gemüte neue Quellen von Glück in sich entdeckt. Und so ist doch schließlich das allgemeinste Problem auf diesem Gebiete das erfahrende Denken, welches vorwärtsgetrieben von den Enttäuschungen momentaner Lust, grenzenloser Leidenschaft, der Willkür des Herzens feinere und höhere Einsichten über die Werte des Lebens bildet. Dies erfahrende Denken tritt zunächst als unmethodische Lebenserfahrung auf, indem nun aber diese auf ihre Grenzen stößt, steigert es sich zur methodischen Lebenserfahrung. Sein Ziel ist ein System der immanenten Lebenswerte von allgemeingültigem Charakter und ein System der objektiven, außer uns gelegenen Werte. Ein immanenter Lebenswert ist ein solcher, der einem Zustand der Seele zukommt, ein äußerer dagegen derjenige, der einem Äußeren zukommt, das die Fähigkeit hat, innere Lebenswerte zu erzeugen. Diese Lebenserfahrungen entstehen auf mannigfache Art. Jedes Erlebnis, sofern ein Lebenswert in ihm aufgeht, ist eine solche Lebenserfahrung. Die wichtigsten und tiefsten machen wir in uns selber. Wir werden aber auch gelehrt als Zuschauer, welche die Passionen der Menschen gewahren, ihre Leidenschaften, die bis zur Zerrüttung ihrer selbst und folgerichtig zur Auflösung ihres Verhältnisses zu anderen Personen hinführen, ihre Leiden, die hieraus folgen. Und wir ergänzen diese Lebenserfahrungen durch die Historie, die in großen Zügen Menschenschicksal zeigt, und durch die Dichtung: sie vor allem zeigt die schmerzlich-süße Spannung der Leidenschaft, die Illusion derselben, ihre Auflösung. So nähern wir uns erlebend und verstehend in Einzelerlebnis, Vergleichung, Generalisation der eigentlichen Grundfrage unserer Existenz, der Einsicht in die wahren Lebensgüter und Lebenswerte. Religiöse Genies, Dichter und Philosophen haben es immer mit diesem zu tun. Immer mit dem Leben selbst und seiner Deutung. Das religiöse Erlebnis wäre leer und fade, wenn nicht auf dem Grunde der erlebten Misere, Niedertracht und Kleinheit menschlicher Dinge die Erhebung zum Heiligen sich vollzöge, gleichsam als eine Entwicklung über diesen verderblichen Kreis. Die Philosophen üben
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durch ihre Metaphysik nur darum eine solche Macht, weil sie eine Seite des Lebens erfassen, die erfahren ist, nicht gedacht, und die Wirklichkeit aufzuschließen scheint. In Platon, Bruno, Spinoza, Leibniz, ja in Kant selbst sind Hintergründe, Gemütstiefen, Innerlichkeiten, welche ihre Konzeption über die Gründe des Wirklichen bestimmen. Und aller Zauber der Dichtung ist schließlich eine Kunst, durch die der Dichter eine Stimmung dem Leben gegenüber, eine Interpretation seiner Werte uns mitzuteilen vermag, wodurch wir dann über die Vulgarität und Unbefriedigung der Sprünge und Widersprüche in den gewöhnlichen Bildern des Lebens erhoben werden. 2. *Die Natur der Denkakte, in welchen die Wertbestimmung sich vollzieht Die nächste Aufgabe ist, die besondere Natur der Denkakte zu bestimmen, in welchen die Wertbestimmung sich vollzieht, die sonach die intellektuelle Seite des Gefühls- und Trieblebens ausmachen. Sie umfassen einen weiten Bereich. Überall, wo Lust, Gefallen, Bedürfnis, Befriedigung auftreten, ist in diesen Akten66 die Bedingung für Werturteile erfüllt. Die Vorstellung eines Wertes entsteht in der Aussage, in welcher ein Gefühl oder eine Trieberfahrung objektiviert werden.67 So gibt es ethische, ästhetische, ja selbst Denkwerte. Und da jede Setzung eines Zweckes die Vorstellung eines Gutes einschließt, dieses aber immer ein Wert ist, den der Wille erreichen möchte, so bilden Wertbestimmungen auch die Grundlage im ganzen Gebiet des praktischen Handelns. Was ist Wert? Zunächst ein durch Lust oder Befriedigung charakterisierter Zustand oder ein Gegenstand, der diesen Zustand hervorbringt, oder ein solcher, dessen Abwesenheit Unlust erwirkt. Nun ist aber Lust oder Befriedigung ein zu enger Begriff für die verschiedenen Arten von positivem Verhalten unserer Gefühlslebendigkeit. So kann Wert bezeichnet werden als das, wozu diese sich positiv verhält, was sie bejaht, oder das, was ein solches Verhalten erwirkt, oder das, dessen Abwesenheit ein negatives Verhalten des Gefühls in irgendeiner Art herbeiführt. Die Ausdrücke negativ und positiv bezeichnen dann die Gegensätzlichkeit in allen Modifikationen des Gefühls. Das Gemeinsame in allen Fällen, in denen Wert auftritt, ist sonach das Verhältnis irgend eines Inhaltes zum Gefühl. Dieses drücken wir als Werthalten aus. Bewußtsein eines Wertes ist auch ein einfaches Gefühl von Freude, und Werturteil ist dann das Bewußtsein eines gefühlten Wertes, d. h. die Setzung eines solchen. Dem Wirklichkeitsurteil entspricht die Wertsetzung. Und wie einfache Wirklichkeitsaussage im subjektlosen Satze noch keine Differenzierung des Wahrnehmungsinhaltes enthält, so enthält Wertsetzung noch keine logische Differenzierung in der Wertbestimmung. Wie nun Wahrnehmungen verglichen werden, so werden Werte gegeneinander abgeschätzt. So entsteht
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der Begriff des Schätzens oder Abschätzens. Dieser setzt, auch wenn es sich um die Abschätzung des Grades eines Wertes nach der Gefühlsstärke handelt, Vergleichung voraus. Die erlebten Werte sind in der Erinnerung vorhanden, und jeder neu auftretende Wert kann an ihnen gemessen werden. 3. *Die Tatsache von Wertschätzung Denken wir die Tatsache von Wertschätzung so allgemein als möglich! Hier ist der Sprachgebrauch ein sicherer Führer. 1. Wir streiten über den Wert der Leidenschaften, den Wert des Selbstgefühls, vergleichen mit der Ängstlichkeit, die immer nach anderen blickt. Oder über den Wert der Reflexion im Verhältnis zum bloßen Walten der Lebendigkeit und ihrer Antriebe. Hier betrachten wir gewisse Eigenschaften unserer selbst als Kräfte, welche bejahende Gefühlszustände erwirken. 2. Wir schreiben, wie schon dargelegt, äußeren Tatbeständen einen Wert zu, sofern sie eine Gefühlsbejahung hervorrufen oder ihre Abwesenheit ein verneinendes Verhalten des Gefühls zur Folge hat. 3. Hiermit aber dringen wir immer noch nicht in den Kern der Wertsetzung vor. Denn in beiden Fällen setzen wir nicht einen Eigenwert, sondern einen Nutzungswert. Meine Disposition oder der äußere Tatbestand enthalten die Möglichkeiten für bejahende Zustände meiner selbst, seien es solche von Lust oder Billigung oder Gefallen. Denn es ist etwas anderes, ob ich den Gegenstand eines ästhetischen Gefühls schätze oder dies ästhetische Gefühl selbst genieße. Etwas anderes, ob ich meinen eigenen sittlichen Wert mir mit innerer Befriedigung, sonach bejahend, zum Bewußtsein bringe, oder ob ich denselben als Träger einzelner Glückszustände bewußt mache.68 Diese dritte Klasse von Wertschätzungen ist oftmals ausgeschlossen worden aus dem Begriff von Wert und Wertbestimmung. Oder es ist auch die zweite Klasse allein als Wert gefaßt worden. Aber der letzte Maßstab von Wert liegt doch in dem Innewerden, in welchem das Gefühl einen Zustand bejaht. Hiermit setzt es diesen Zustand als Wert. Jeder andere Wert ist von dieser Setzung abhängig. Dies wird noch deutlicher dadurch, daß die primären Wertvergleichungen sich auf Abschätzungen solcher Zustände beziehen. Der Religiöse findet in dem Opfer seiner selbst einen Wert des Lebens, der hinausreicht über sinnlichen Genuß. Oder er findet in der Gottesliebe einen Wert, der die Liebe zum Menschen übertrifft. Oder der heroische Mensch fühlt die Erweiterung seiner selbst im Wirken für das Ganze so stark, daß er verglichen damit die persönlichen Genüsse, die er haben könnte, fahren läßt. In jedem dieser Fälle liegt eine persönliche Art zu fühlen vor: sie äußert sich in Abschätzungen, wie sie jedes religiöse Buch, oder wie sie die großen Äußerungen heroischer Men-
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schen, oder wie sie dann wieder die Reflexionen des genußsüchtigen Weltmannes enthalten. Ja, hier sind wir im Mittelpunkt der ganzen Wertlehre. Denn wir erfassen die ursprünglichen Maßstäbe aller Wertbestimmung. Und das ist eben das logische Grundgesetz, das in den verschiedenen Provinzen des Seelenlebens wirksam ist: der Maßstab, an dem Wirklichkeit bestimmt wird, muß der Erkenntnissphäre angehören, der Maßstab der Wertbestimmung muß selbst eine Wertsetzung sein. Sowie denn auch alle Regeln schließlich zurücklaufen müssen auf einen Willen, der sich gebunden fühlt, oder auf das Bewußtsein einer allgemeinen Bindung. Nur so ist die Entstehung der zentralen Begriffe von Lebenswerten, Bedeutung des Lebens, Sinn des Lebens faßlich. Daß dieselben eine hohe Stufe logischer Operationen voraussetzen, ist hierbei gleichgültig. Denn die Möglichkeit, den Zustand der Aufopferung abzuschätzen gegen den des Eigenwillens, die Hingabe an die Objektivität als die höchste Erweiterung unseres Daseins abzuschätzen gegen das sich auslebende Selbst, den Begriff des Selbstwertes der Person zu erfassen ist hier allein gegründet. Und sie geht zurück auf Abschätzungen von elementarer Art, welche recht eigentlich den Kern aller Lebenserfahrungen ausmachen. Denn dieser ist schließlich, daß die Anlässe des Lebens verschiedene Gemütszustände hervorrufen, und unter diesen solche auftreten, die, vorher uns unerhört, mit einem Male uns überwältigen, und an denen wir hinfort alle anderen abschätzen, bis etwa ein neues großes Lebensmoment uns eintritt. So erfährt das Individuum erst, was es eigentlich sei. Ihm geht die Bedeutung des Lebens für es selber, aus ihm selber auf. Alle Begriffe von Egoismus, Altruismus, Eudämonismus, Lust, Glück69 sind doch nur Abstraktionen, welche die Lebendigkeit der Person unter Allgemeinvorstellungen stellen, die an diese nicht heranreichen, und was noch schlimmer ist: Sie drängen ihr erklärende Hypothesen auf, die keiner Bestätigung fähig sind. 4. *Das System der Wertschätzung, das auf der Relation verschiedener Arten von Werten beruht Wir versuchen jetzt, in das System einzudringen, das in dieser Provinz des Seelenlebens sich ausbildet. Es wird auf der Relation dieser verschiedenen Arten von Werten beruhen, es wird eine Entwicklung bilden, in welcher von Einzelwerten, Abschätzungen von Einzelwerten, persönlicher Bedingtheit des Einzelwertes durch die Kraft des logischen Denkens vermittelst der Vergleichung, der Abstraktion, der Auffindung von Relationen der Lebensmomente
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untereinander fortgegangen wird in der Richtung der Objektivität der Wertbestimmung, der Aufsuchung eines objektiven Wertmaßstabes, der Systematik der Werte, vor allem aber, und das ist das Entscheidende, zu der Aufsuchung derjenigen Beziehungen, durch welche die Lebenswerte und die Wertquellen in Verhältnis zueinander gesetzt werden. 5. Primäre logische Operationen, die nicht an die Sprache gebunden sind Wie die primären Operationen des Wirklichkeitsdenkens nicht an das Wort gebunden sind, so sind auch die des Wertschätzens unabhängig von demselben. Und auch hier wie dort macht sich der Übergang aus dem Erleben zum Urteil geltend. Bewußtsein des Gefühlsvorganges erhebt sich zum Werturteil im engeren Sinne, in welchem die Setzung des Wertes sich vollzieht. Ich erlebe die Größe eines Gefühls, den Wert eines Gegenstandes für mich. Im letzteren Fall lege ich das Erlebnis und die Wertbestimmung des Gegenstandes, der es hervorruft, auseinander: Wirklichkeit des Gegenstandes, Erlebnis des Zustandes, Wertgebung, die dem Gegenstand zuerteilt wird, und erfasse zugleich ihre Zusammengehörigkeit. Aus dem Gefallen, das der Wahrnehmung eines Gemäldes einwohnt gleichsam, entspringt die Aussage: Dies Gemälde gefällt mir. Die logische Operation macht sich daran geltend in der Wertvergleichung: Zwei Werte werden gegeneinander abgeschätzt: Ich ziehe vor. Und selbst wenn an einem Werte, der vergleichbar ist dem Mittelbegriff, ein erster gemessen wird und dann an demselben ein dritter und so die Abschätzung indirekt vollzogen wird, durch welche eins und drei gegeneinander abgeschätzt werden, kann auch dieses wortlos geschehen. Es ist ein Schluß, der jenseits des diskursiven Denkens gelegen ist. Diese primären Operationen können sich zunächst vollziehen auf dem Gebiet der Abschätzung des Lebenswertes meiner Zustände. Das positive Verhalten des Gefühls setzt einen Wert: ich bringe denselben zum denkenden Bewußtsein und so entsteht das Wertsetzen in seiner einfachsten Form. Das Gefühl hat eine bestimmte Stärke, aber eine Abschätzung dieser Stärke wird erst möglich durch die Vergleichung. So gelangt erst durch sie die Wertsetzung zur Bestimmtheit. Der eine Zustand wird erlebt, er erfüllt das Bewußtsein ganz, kann also mit keinem anderen Erlebnis als solchem verglichen werden; aber die Erinnerung ermöglicht die Wertvergleichung und Gradbestimmung. Diese Vorgänge sind analog denen in der Provinz der Wirklichkeitsurteile, die als Existentialurteil, Vergleichungsurteil, Gradbestimmung hervorgehoben worden sind. Zusammengesetzte logische Operationen treten hervor, indem ich die Faktoren feststelle, welche in der Wertbestimmung eines äußeren Gegenstandes enthalten sind, der ein positives Verhalten des Gefühls erwirkt. Ich
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sah ein Gemälde in einer Beleuchtung, in der die Farben zu voller Geltung gelangten. Ich sehe es in einer anderen, in der die Zeichnung vorwiegend hervortritt. So entsteht die Sonderung dieser beiden ästhetischen Werte.70 6. Der Aufbau der Systematik der Wertbestimmungen Analog der Wirklichkeitserkenntnis geht die Wertsystematik von dem momentanen Werterlebnis zu dauernden Wertsetzungen, vom Partikularen zum Allgemeinen, vom Subjektiven zum Objektiven und vom Relativen zum Absoluten. Das Ziel, welchem die Wertsystematik nach der Natur aller logischen Systematik überhaupt zustrebt, ist der absolute Wert als höchster Maßstab, der sich dann für den Willen als höchstes Gut darstellt. Ich unterscheide die Lebenswerte selbst von demjenigen, das Wert hat, insofern es solche erwirkt. Und diese letzteren Werte zerfallen in die äußeren Tatsächlichkeiten, welche Lebenswerte erwirken, und in die inneren Fähigkeiten, welche als beständig wirkende Kräfte der Entstehung von Lebenswerten dienen und daher ebenfalls einen Wert besitzen, sofern sie Lebenswerte erwirken. Die logischen Operationen, welche auf den drei Wertgebieten die angegebene Entwicklung vollziehen, sind Vergleichung, Verallgemeinerung, Abstraktion und innere Beziehung des Einzelnen zum Ganzen des Wertsystems. Das Grundverhältnis dieses Systems ist, daß nur in den Lebenswerten der Maßstab für den Wert dessen, was sie erwirken, gegeben ist. Erst dies Verhältnis ermöglicht ein System der Werte. 7. Die Lebenswerte und der Wertmaßstab Man könnte die Lebenswerte aus dem System ausschalten, wenn sie ersetzbar wären für die Abschätzung des wertwirkenden Tatsächlichen durch irgend eine allgemeine Formel. Hier treten sich aber schon gegenüber der im Gefühl enthaltene Maßstab von Intensität der Lust und Unlust und der im Trieb oder Begehren enthaltene Maßstab des Verlangens, der Befriedigung und der Hemmung der Befriedigung. Beide Arten von Maßen können nicht in der wirklichen Erfahrung zur Vergleichung gebracht werden. In dem Drang des Begehrens ist nicht nur die Dauer etc. Ein zweites Moment wird dann gebildet durch die Dauer von Lust oder Unlust. Ferner sind wir nicht imstande, die Befriedigung, die in der Erweiterung unseres Selbst etc. gelegen ist, zu vermehren. Dann die Befriedigungen zweiter Potenz, in denen das Subjekt als Träger von Lebenswerten zum Gefühl seiner selbst gelangt. Dann die entsprechenden Schätzungen anderer. So liegt in der Summe, die nach Intensitäten, Dauer und Zahl berechnet wird, kein Maßstab für die Abschätzung der werterwirkenden
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Tatsachen. Die Rechnung ist nicht ausführbar. Nimmt man nun an, daß das wertsetzende Subjekt in der Folge seiner Erfahrungen solche Wertabschätzungen vollziehe nach den angegebenen Momenten, so liegt hierin folgender Irrtum: wir bestimmen nicht durch eine bloße abstrakte Summierung, sondern das Leben bildet einen inneren Zusammenhang, in welchem Lebenswerte und sie erwirkende Tatsachen organisch miteinander verbunden sind. Und hierbei regieren die angeführten großen Erfahrungen, welche der Persönlichkeit eine Richtung der Wertbestimmung geben.
[8.] Der Vorgang der Wertbestimmung und der Fortgang zur Wertsystematik 1. Die Lebenswerte Wir denken zunächst durch eine Abstraktion das Subjekt als Träger der Bestimmung seiner Lebenswerte. Der Mensch beginnt mit starken Trieben, deren Befriedigung ihn in Anspruch nimmt. Ernährung und Wachstum, Geschlechtsliebe, Liebe71 und Ehrgeiz, Sicherung des Daseins durch eine Stellung – um diese Momente dreht sich seine Abschätzung der Lebenswerte. Er setzt sich ein Ziel, in dessen Verwirklichung er den Wert seines Lebens findet und er bemißt die Lebensmomente nicht nur nach dem, was sie bieten, sondern nach ihrer Stellung zu diesem Lebensziel. So entstehen die Illusionen des Lebens. Denn schon darin liegt eine Illusion, die Lebenswerte zu bemessen danach, was die Momente des Lebens für dies Ziel austragen, da dieses selbst in der Regel nie erreicht wird. Eine zweite Art von Illusion liegt in der Täuschung über dieses Ziel. Goethe hat im Wilhelm Meister diese Form der Illusion dargestellt. Die Aufhebung dieser Illusion vollzieht sich durch die fortschreitende Erfahrung. Das, was der Jugend als höchstes Glück erschien, ist so mit Unruhe, Ermüdung, Schmerz, Sehnsucht, Niebefriedigung vermischt, daß Zweifel im Gemüte eintritt. Nun aber kommt eine neue große Erfahrung. Ein Wert wird erlebt, der über alles dies hinausreicht. Shakespeare zeigt in Heinrich IV., wie die Freude am Spiel mit dem Leben, an niederen Leidenschaften, Possen und Lustbarkeiten durch die Erfahrung eines großen königlichen Zieles, das aus der Ferne in die Nähe rückt und Erlebnis wird, aufgehoben werden. Die Seele erweitert sich, sie erfährt die so entstehende Befriedigung als eine weit höhere, mächtigere, dieser Natur mehr entsprechende. Derselbe Vorgang vollzieht sich in dem religiösen Prozeß. Und auch das philosophische Denken, welches einen Befriedigungsmaßstab sich festgelegt hatte, kann durch Erweiterung des Horizontes eine Revolution erleben, indem diese Erweiterung zu neuen Befriedigungen
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führt. Dies ist in dem Fortgang Kants vorliegend: Er mißt zunächst nach dem Wert der Lebensmomente für den intellektuellen Prozeß: dann erfaßt ihn Rousseaus Ideenwelt und seine Wertung des Lebens ändert sich. Es kann sonach einen objektiven Maßstab der Wertung der Lebensmomente, der Bestimmung der Bedeutung des Lebens niemals geben. Jedes Subjekt konstruiert den Normalmenschen anders und die Maße des Normalmenschen passen durchaus nicht für alle. Wir heben aber jetzt die angegebene Abstraktion auf. Jede Bestimmung72 der Lebenswerte und der Bedeutung des Daseins erwächst nicht auf dem Boden des isolierten Individuums, sondern ist abhängig von der Zeit und dem Ort, d. h. von der geschichtlichen Stelle und von der klimatischen, nationalen, sozialen, religiös-moralischen Position des Subjektes. In diesen Momenten ist die Summe der Lebenserfahrungen der Menschheit enthalten. Aus diesen sind Sitte, Recht, Glaube hervorgegangen. Generalisationen haben sich gebildet. Autoritäten machen sich geltend. Vor allem aber sind nur die stärksten Individuen imstande, gegenüber dem Druck der öffentlichen Meinung, dem Ehrbegriff ihrer Klasse und ihrer Nation, den sittlichen Forderungen ihrer religiösen Gemeinschaft ihre eigene Erfahrung zur Geltung zu bringen. Hiervon ist die Folge, daß die Individuen gegen ihre eigenste Natur handeln. Dies schützt sie vor großen Krisen des Lebens, schließt sie aber ab auch von der größten ihnen zugänglichen Lebensbefriedigung. Diese beiden Seiten der Bestimmung des Lebenswertes stehen in einem allgemeinen gesetzlichen Verhältnis. Je stärker die Bindung durch die Gesellschaft ist, desto weniger individuell können die Personen aus ihrer Persönlichkeit die Lebenswerte bestimmen und sich schließlich zu einem Bewußtsein von der Bedeutung des Lebens erheben. Die Lockerung dieser Verbindung, die Verstärkung der Persönlichkeit durch das Bewußtsein derselben über sich, durch die Reflexion, durch Souveränität ihres Denkens, der Fortgang zum Selbstdenken durch Wissenschaft, die Kritik der Tradition – alle diese Momente steigern die Fähigkeit einer Einzelbestimmung der Lebenswerte für die Persönlichkeit. Dies ist der Fortschritt, der in jeder Nation, die zur Kultur gelangt, sich schrittweise vollzieht. Eben hiermit ist dann aber gegeben: die überlieferten Maßstäbe sind geschwunden, der in der Persönlichkeit enthaltene Maßstab ist subjektiv: Es entstehen Lebensideale, welche die Tendenz haben, diese auseinanderfallenden Individualitäten in gewissen Grenzen zu verbinden.
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[a] Die Wertung äußerer Tatsächlichkeiten Hieraus folgt nun, daß auch die Wertung von Personen, Institutionen, Sachen, sofern sie Lebenswerte erwirken, immer relativ bleibt. Die berühmte Umwertung aller Werte ist beständig in der Gesellschaft im Gange. Zugleich aber findet auch hier gewiß eine Loslösung der Wertgebung von den Maßstäben der sozialen Gebundenheit statt: Subjektivität und Relativität machen sich geltend: Aber die Tendenz besteht, das Momentane, Partikulare und Zufällige zu überwinden. [b] Gegenständliche Werte Personen oder Sachen unterliegen der Wertbestimmung, sofern sie einen positiven Gefühlszustand erwirken, oder sofern ihre Abwesenheit einen negativen Gefühlszustand zur Folge hat. Dies sind also mittelbare Werte, welche durch die Wirkung des Gegenstandes auf die Erzeugung von Lebenswerten bedingt sind. Die Wertsystematik entsteht auf diesem Gebiet von verschiedenen Punkten aus. Zunächst bestimmt die Stärke des Gefühls als Maßstab den Wert des Gegenstandes, welcher das Gefühl hervorruft.73 So entsteht die Bestimmung von Wert in bezug auf einen einzelnen Lebensmoment. Doch auch so ist diese Bestimmung der Ergänzung bedürftig. Gesundheit bedingt nur ein Wohlgefühl von geringer Stärke. Und in dem Genesenden steigert dieses sich. Den Maßstab ihres Wertes erhalten wir erst aus der Unlust bei Abwesenheit der Gesundheit. Dasselbe ist der Fall in bezug auf unseren Frieden mit der Gesellschaft, auf unsere Freundschaftsgefühle etc. Kleine Lustgegenstände werden viel stärker als diese positiv empfunden. Erst die Entbehrung läßt konstant wirkende Lebensbedingungen, an die wir uns gewöhnt haben, welche aber einem Bedürfnis entsprechen, in ihrer Bedeutung erkennen. [2.] Logische Natur des einfachen auf einen gegebenen Gefühlszustand bezüglichen Urteils von einem äußeren Wert Die Voraussetzung für das Verständnis der logischen Natur eines einfachen Werturteils liegt darin, daß Denkakte von der Logik immer nur in ihrem Zusammenhang gewürdigt werden können. Die Isolierung der Denkakte ist notwendig. Vergißt man aber die Beziehung, so entsteht eine falsche abstrakte Betrachtungsweise. Das Urteil der Wertschätzung eines äußeren Tatbestandes hat zu seiner Voraussetzung das Bewußtsein eines inneren Lebenswertes, das Bewußtsein eines äußeren Gegenstandes und das der Verursachung. Dasselbe
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Verhältnis besteht in bezug auf die Beziehung eines negativen Gefühlszustandes zur Abwesenheit eines Gegenstandes. Aufgrund dieser Urteile von Ursächlichkeit und Existenz entsteht aus dem bejahenden Verhalten des Gefühls, das zur Aussage über einen Lebenswert erhoben werden kann, die Wertschätzung des äußeren Tatbestandes. Sie ist zunächst in ihrer Stärke von der Stärke der Gefühlsbejahung abhängig. Der Fortgang zu dieser Wertschätzung ist nicht notwendig, sondern möglich. Die Wertschätzung selbst ist ein Gefühl, das mit der Vorstellung eines Tatbestandes verknüpft ist. Das Verhältnis beider kann verschieden sein. Hier greift der Tatbestand von der außerordentlichen Beweglichkeit in diesen Relationen ein, welche dem Gefühl, dem Trieb und der Leidenschaft zugrunde liegt. Vorstellung, Gefühl und Trieb sind in allen diesen Zuständen immer verbunden. Der Inhalt des Gefühls ist stets Vorstellung. In jeder Freude ist der Trieb sie festzuhalten, in jedem Schmerz ein Trieb zur Befriedigung angelegt. Hobbes bemerkt tiefsinnig, daß in jeder im Vorgang der Befriedigung entstehenden Freude, da die Befriedigung gleichsam stückweise eintritt, das Begehren fortdauert. Und wie das Gefühl Ausgangspunkt eines Begehrens sein kann, so kann es auch aus ihm in seinem Verlauf entstehen. Und nun ist das Verhältnis dieser Faktoren des Gemütszustandes oder Gemütsvorganges beständig verschiebbar und zeigt unmerkliche Übergänge. Schon im Sprachgebrauch unterscheide ich, daß eine tugendhafte Handlung meine Billigung hervorruft oder erregt, oder daß ich mich an ihr freue. Im ersten Fall wird der aufgefaßte Tatbestand als Ursache des von ihm getrennten Gefallens aufgefaßt, im anderen ist dies Gefallen die Gefühlsbetonung des wahrgenommenen Gegenstandes. Hier besteht eine Verschiebbarkeit der Relationen in der Wertschätzung von Gegenständen in bezug auf das Verhältnis der Tatbestandsauffassung zum Gefühl. Wichtiger und komplizierter ist dann die Variabilität und Verschiebbarkeit in bezug auf das Verhältnis des Gefühls zum Bewußtsein des Subjektes und seines Eigeninteresses, anderseits dann zum Gegenstand. Die Wertschätzung äußerer Gegenstände ist unter allen Umständen von einem Gefühlszustand abhängig. Dieser kann die Schätzung des Gegenstandes als der Ursache des in meinem Eigenleben gegründeten Gefühls enthalten. Am entgegengesetzten äußersten Ende dieser Klasse von Variabilität steht dann ein Gefühl vom Eigenwert des Gegenstandes, das gar keine Beziehung auf mein Interesse als bewußt einschließt. So zeigen sich in Achtung, Verachtung, Mitfreude und Mitleid Formen der Mitregung, in denen eine Rückbeziehung auf uns selbst nicht enthalten ist. Zwischen beiden aber treten Relationen auf, in denen Eigenschätzung des Gegenstandes und Bestimmung seines Wertes von den Hemmungen und Förderungen meines Eigenlebens aus miteinander verbun-
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den sind. So kann in Liebe und Haß das Gefühl vom Eigenwert des Gegenstandes derselben überwiegen das Gefühl der Erweiterung oder Hemmung meines Lebens. Und im Gefallen und Mißfallen, an der Freude mit uns selbst, in der Verehrung anderer tritt die Rückbeziehung auf Nutzen oder Schaden zurück hinter den Gefühlseindruck von Eigenwerten, welche gefühlt werden. Aus all diesen Umwandlungen geht dann die Veränderung eines Gemütszustandes in den anderen hervor. Hieraus habe ich abgeleitet, daß die typischen Formen der Gemütszustände nur ein unvollkommener Ausdruck von Tatbeständen sind. Diese werden gleichsam zum Stehen gebracht und werden dann so abgrenzbar. Sie werden in starre Entitäten verwandelt. Eine Erkenntnis der Gemütsvorgänge ist nur möglich, indem man auf die in ihnen enthaltenen Faktoren, die Möglichkeiten ihrer Relationen und die Regelhaftigkeit in denselben zurückgeht. Dies muß der Ausgangspunkt der Analysis der Gemütsvorgänge sein. Wir ziehen die Folge für den logischen Charakter dieser Urteile. Der Denkakt des Wertschätzens ist auch hier einer. Urteil über Wirklichkeit des Gegenstandes, über Ursachenverhältnis desselben sind seine Voraussetzung. Sonach ist zweitens die Entstehung dieses Urteils ein zusammengesetzter Akt. Er setzt jederzeit andere Urteile voraus. Endlich aber enthält sein Resultat, die Wertschätzung, während der Akt selbst, der sie aussagt, einfach ist, seinem Inhalt nach angesehen, Beziehungen in sich, welche eine außerordentlich leichte Verschiebbarkeit enthalten. Das Verhältnis, welches in meiner Liebe zu einer Person zwischen meinem Eigeninteresse und dem gefühlten Selbstwert der Person besteht, das zwischen dem ästhetischen Gefallen und der Einwirkung sinnlicher Erregung besteht, das zwischen der Bedeutung der rechtlichen Handlung an sich nach ihrem Selbstwert und für die Ordnung, an der ich Interesse habe, besteht, ist in permanenter Verschiebung begriffen. Dies ist nun, logisch angesehen, der Grund für die Illusionen innerhalb dieser Klasse der Wertschätzung. [3.] Illusionen in dieser einfachen und momentanen Wertschätzung äußerer Tatbestände Das Gefühl als solches irrt niemals. Hier aber wirken nun logische Vorgänge, in denen das Schätzungsurteil sich bildet. In diesem kann schon insofern ein Irrtum enthalten sein, als die Urteile über Wirklichkeit oder Verursachung täuschen können. Ebenso wichtig aber, jedoch schwerer zu sehen, ist der eigentümliche Schein, der aus der Verschiebbarkeit in den Beziehungen der psychischen Faktoren der Wertschätzung entspringt. Indem wir uns diese Beziehungen zum Bewußtsein zu bringen suchen, ändern sie sich schon: der
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Reflexion schiebt sich in dem Wertschätzungsvorgang Fremdes unter. Ich empfand eine starke Liebe aus Eigeninteresse oder Sinnenreiz, und mein Hang zur Selbststeigerung schiebt mir das Gefühlsinteresse an dem Gegenstand dieser Liebe unter. Oder umgekehrt sieht meine Skepsis ein Eigeninteresse in einer Handlung, in der ich wirklich vom Wohl anderer bestimmt war. Hier ist die Wurzel des Zweifels, ob ich überhaupt eines Mitgefühls, einer uninteressierten Schätzung fähig bin. An sich kann dies nicht durch die Natur des Gefühls ausgeschlossen werden. In ihm habe ich es natürlich immer nur mit meinem Zustand zu tun. Die Lust ist mein. Aber darum eben handelt es sich, ob sie uninteressiert durch einen fremden Eigenwert hervorgerufen werden kann oder nicht. Wie der Naturforscher sich einer gegenständlichen Ordnung nach Gesetzen bemächtigt, die unabhängig von ihm besteht, so kann die moralische Persönlichkeit den Selbstwert anderer in ihrer moralischen Qualität fühlen und so mit ihrem74 Gefühl gleichsam hinübergehen in ein Fremdes, als welchem der Gefühlsanteil zukommt. Es besteht kein Grund, das a priori zu leugnen. Ob es aber tatsächlich vorkommt, ist eine Frage der Erfahrung, und diese ist, wie wir sahen, so zweideutig, daß leicht hier Illusionen auftreten können. [4.] Schätzung meiner eigenen Fähigkeiten als der Ursache gefühlter Lebenswerte Diese ist ganz analog, in ihrem logischen Charakter, ihrer Entstehung und den durch sie bedingten Illusionen, den Schätzungen äußerer Tatbestände. Die Illusionen sind hier von besonderer Stärke und Bedeutung, weil das Verhältnis des Erwirkens sich in die seelische Tiefe verliert. Und dann wieder: welche Selbsttäuschungen sind in Stolz, Hochmut, Eitelkeit enthalten! Hier tritt noch die Beziehung der eigenen Fähigkeiten als fremdes Glück erwirkend hinzu. Welche Selbsttäuschung enthalten Leibniz und die deutsche Aufklärung in bezug auf die Wertung der Reflexion und der Verstandesoperation für das Glück des Menschen! [5.] Verlauf der logischen Operationen, in welchen die Wertschätzungen von Lebenswerten, äußeren Werten und Werten der eigenen Fähigkeiten zu einer Wertsystematik sich entwickeln Der Fortgang findet statt, indem permanent die Relativität der Wertschätzungsakte erfahren wird, welche nur einem erfahrenen Gemütszustand entsprechen. Diese messen einfach an der Intensität des einmaligen Gefühls die Höhe des Wertes. So ist die Befriedigung des Racheaffektes unter allen Befriedigungen eine der stärksten. Indem aber nachteilige Folgen entstehen und sich
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gegen den Täter wenden, entspringt die Einsicht, daß der Lebenswert der Leidenschaftsbefriedigung nur gemessen werden darf unter Einbeziehung der Folgen derselben. Die Einbeziehung der Folgen erweist sich so als das erste Moment einer rationalen Gestaltung der Wertbestimmungen über das Gefühlsmaß des einzelnen Vorgangs hinaus. Ein zweites Moment liegt darin, daß die einmalige Wertbestimmung eines äußeren Tatbestandes oder einer eigenen Fähigkeit aus der Gefühlshöhe korrigiert wird durch weitere Erfahrungen. Wie kindisch erscheint der Schätzungswert des Spielzeugs dem herangewachsenen Knaben oder die Eitelkeiten der Welt dem Bekehrten oder wie verringert sich der Wert dessen, was der Befriedigung der Leidenschaft diente, nach dem Genuß! Ferner hängt solche Wertschätzung an Umständen, die da waren und vielleicht nie wiederkehren usw. So entsteht die Tendenz, über den einmaligen Wert zu einer Wertbestimmung fortzugehen, welche im Wechsel der eigenen Zustände und der Lebensbedingungen standhält. Auch hier spricht man vom wahren Wert der Dinge. Ich gehe ferner in meiner Wertbestimmung über die Erfüllung des Gemütes durch ein wirkliches Erlebnis hinaus, die wir als Gegenwart bezeichnen. Hier stößt man auf neue Rätsel des Gemütslebens, die hingenommen werden müssen in ihrer ganzen Paradoxie. Man sagt wohl, daß auf Gegebenes niemand etwas gebe. Und doch erfüllt es, auch wo es nicht in der Wirkung meinen gegenwärtigen Zustand mitbestimmt, bloß dadurch, daß es als meine Erinnerung wiederkehren kann, mit Schmerz oder Freude. Und ebenso erfüllt Künftiges mich in den Gemütszuständen von Hoffnung oder von Furcht mit sehr starken Gefühlen, sofern nach meiner Voraussicht dasselbe an der Zeitstelle, an der ich es erwarte, einen Gefühlswert als dann eintretende Gegenwart haben wird. Und die Macht gerade dieser Affekte kann doch nicht mit Spinoza aus dem Tumult erklärt werden, den sie im Gemüt erregen. Nun sind wir aber von Wertschätzungen umgeben und beständig bedrängt, die im Urteil anderer, in Glaube, Sitte, Recht, in Religion und Poesie, in der öffentlichen Meinung enthalten sind. Und da wir vom Urteil anderer abhängen, entweder weil wir dem eigenen mißtrauen oder an der Übereinstimmung uns erfreuen – auch das ein rätselhaftes Gemütsverhalten –: so streben wir wie auf dem Gebiet der Wirklichkeitserkenntnis so auch auf dem der Wertgebung nach einem objektiven Urteil, das von den Grenzen unserer Subjektivität frei wäre. Wir schämen uns gleichsam unserer Individualität, die in der Wertgebung ihre eigenste Macht zeigt, weil sie zugleich unsere Grenze zeigt. Und so beginnt die Irrfahrt nach Durchschnittswerten, objektiven Werten, schließlich einem absoluten Maßstab der Werte. Wir konstruieren einen Normalmenschen: eine Fiktion, welche dem klaren Satz, daß jeder einen Eigenwert besitzt und daß es für jeden nur solche Wertmaßstäbe gibt, die in seinem eigenen Ge-
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fühlsleben enthalten sind, widerspricht. Und wir versuchen dann, die Werte zu bestimmen, die für einen solchen Normalmenschen statthaben würden. [6.] Die logischen Operationen in dieser Systematik Es sind Vergleichung, Verbindung, Trennung, Verallgemeinerung, Abstraktion inhaltlich bestimmter Beziehungen. Wie sie ineinandergreifen, enthalten sie die Möglichkeit zahlreicher Irrtümer. Es vervielfältigt sich die Zweideutigkeit und Verschiebbarkeit, die in den Gemütszuständen enthalten ist.
[7.] Die Grenzen der Wertsystematik Jede Wertbestimmung ist nun aber, abgesehen von den Irrtümern, abhängig von der Beschaffenheit des wertsetzenden Subjektes und den Bedingungen, unter denen das Erwirkende auftritt. Dies macht ihre Relativität aus. Diese wäre nur überwindbar, wenn es einen normalen Menschen und in demselben einen absoluten Wertmaßstab gäbe. Denn die verschiedenen Arten von bejahendem Verhalten des Gefühls sind nicht gegeneinander abschätzbar. Es kann nicht behauptet werden, daß Wertschätzung vom bloßen Stärkeverhältnis abhängig ist. Und dies angenommen, kann eine solche Abschätzung bei qualitativ verschiedenen Zuständen nicht ausgeführt werden. So ist ein absoluter Wertmaßstab nicht da. Noch viel fragwürdiger aber ist der Normalmensch. Wertschätzung ist nur so weit für verschiedene Personen gleich als ihre Gefühlsübereinstimmung reicht. Jenseits dieser Grenze hat jeder recht mit der ihm eigenen Wertschätzung. Kann nun das Individuum sich zu einem Bewußtsein von der Abstufung der Lebenswerte und Wirkungswerte erheben, welche für dasselbe bestehen? Nicht nur die Verschiedenheit der Lebensalter schließt dies aus, sondern vornehmlich auch die großen Erfahrungen des Lebens, welche die Wertbestimmung ändern. So sind alle Begriffe von einem höchsten Gut oder einem absoluten Zweck75 gänzlich hinfällig. Und selbst Urteile über objektive Wirkungswerte für eine gegebene Person sind nicht ausführbar. [8.] Der unbedingte Maßstab der Werte und das höchste Gut als Grenzen der Wertsystematik. Das praktische Prinzip der Metaphysik Hieraus folgen Sätze von unermeßlicher Wichtigkeit. Alle Metaphysik bezieht sich, wie Kant richtig sah, auf ein Fortschreiten vom Bedingten zum Unbedingten, vom Relativen zum Absoluten. Der Kernpunkt aber liegt in der absoluten Wert-, Güter-, Zweckbestimmung. Wenn wir
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nun nicht mehr daran denken, a priori aus Wesensbestimmungen der Wirklichkeit eine Erkenntnis des Weltzusammenhangs abzuleiten, einfach schon darum, weil die Welt ein Singular ist und leider gar nicht ein Vernunftwesen, und wenn sich jetzt gezeigt hat, daß auf dem Weg der Erfahrung ein absoluter Wert, ein höchstes Gut, ein höchster Zweck nicht erreicht werden können, so ist die Metaphysik in ihrem Kern aufgehoben. Kant freilich gab der Sache eine ganz andere Wendung. Er verlegte das Unbedingte aus der Systematik der Werte und Güter in den Begriff der Pflicht, d. h. in das logische Gebiet der Regel. Es wird sich herausstellen, daß das Unbedingte auch hier nicht wirklich aufgezeigt werden kann. [9.] Endresultat über die Logik der Wertsystematik Die Logik der Wertsystematik hat zu ihrem Gegenstand die besondere Natur der Denkakte in dieser Provinz des Seelenlebens. Wie nun aber der Gemütszustand eine Reaktion des Selbst auf äußere Reize ist, so hat die Wertsystematik zu ihrer Voraussetzung Wahrnehmung, Erfahrung und Erkenntnis der Wirklichkeit. Und wie etc. …, so strebt sie, in den Zusammenhang der Zwecke überzugehen. Bilde ich den Begriff eines dauernden Wertes, so bezeichnet dieser die Fähigkeit meiner selbst oder eines Gegenstandes, wenn er in der Zukunft auf meine Gefühlsbestimmungen einwirkt, solche von bestimmter Art regelmäßig hervorzubringen. Der Begriff bezeichnet sonach die im Gegenstand enthaltene Möglichkeit einer bestimmten Klasse von Wirkungen, so oft das Subjekt für sie da ist. Die Denkakte selber, welche in dieser Provinz auftreten, zerfallen sonach in die vermittelnden Denkakte, die Wirklichkeit aussagen, und die spezifischen Denkakte, die Wertschätzung enthalten. Die letzteren sind Setzungen, in denen einem Subjekt ein Wert zuerkannt wird. Äußerlich angesehen sind sie Aussagesätze wie die Wirklichkeitsurteile: Dies Gemälde gefällt mir. Ich billige diese Handlung. Deine Freundschaft ist mir wertvoll. Aber diese Werturteile sind nicht Aussagen über Zugehörigkeit einer Eigenschaft etc., sondern die Wertbestimmung selber als Ausdruck eines Gefühlsverhaltens ist eine Setzung, die von jeder Aussage über Sein gänzlich verschieden ist. Und die Beziehung dieser Wertbestimmung auf das, dem sie zukommt, ist nicht Zuteilung einer Eigenschaft an ein Subjekt, das deren mehrere hat, sondern es ist eine Prädizierung ganz eigner Art, der keine andere hinzugefügt werden kann, ohne aus dieser Art76 herauszutreten. Faust sagt, daß er im Vorgefühl etc. jetzt den höchsten Augenblick genieße. Dies ist Wertbestimmung eines Lebensmomentes. Sie besagt nicht, daß er sich eine Eigenschaft zuschriebe. Sie spricht den Wert eines Lebensmomentes für ihn aus. Das
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ist das Ganze: die Form, dem Ich dies Prädikat zuzuschreiben, ist eine Umwandlung des Werturteils in ein Wirklichkeitsurteil. Ebenso verhält es sich nun mit den Beziehungen, welche zwischen Werturteilen stattfinden. [9.] Methode relativer Wertbestimmungen So ergibt sich folgendes berechtigte Verfahren, Wertbestimmungen zu vollziehen, Verallgemeinerungen derselben zu gewinnen, und in gewissen Grenzen zu dem Begriff objektiver Werte fortzuschreiten. Die methodische Aufgabe liegt in der Herstellung von Vergleichbarkeit innerhalb eines gültigen Schätzungsmaßstabes. Da nun ästhetisches Gefallen, moralische Billigung, wirtschaftliches Befriedigungsgefühl voneinander verschieden sind und gleichsam differenzierte Maßstäbe darstellen, so ist das methodische Verfahren die Aufsuchung der Wertverhältnisse innerhalb eines homogenen Gebietes. Und unter diesen wird man wieder diejenigen aufsuchen, die unter allen Menschen gleich sind. So entsteht der Begriff ästhetischer Wertrelationen, ethischer, wirtschaftlicher. Je mehr die Vergleichbarkeit gesteigert und Maßstäbe derselben gefunden werden können, desto leichter durchführbar wird die Wertrelation. Hier erklärt sich, daß unter allen Geisteswissenschaften die Wirtschaftslehre zuerst eine strengere Form annahm. Sie war in gewissen Grenzen quantitativer Bestimmungen fähig. Man kann die wirtschaftliche Tätigkeit so aussondern und abgrenzen, daß ihre Regeln aus den Verhältnissen der Erzeugung wirtschaftlicher Güter abgeleitet werden ohne Einbeziehung moralischer Gesichtspunkte. Und da Güter Werte sind, kann man die Wertvergleichung auf diesem Gebiet zum Prinzip machen. Die Hauptsache aber: diese Vergleichung ist quantitativen Bestimmungen zugänglich. Hier, wie überall, sind die beiden Faktoren für die Erzeugung von Lebenswerten äußere Güter und innere Fähigkeiten, in diesem Fall die Arbeitskraft. Das Verhältnis gestaltet sich schwieriger auf dem Gebiet politischer Werte. Ist der politische Wert in bestimmten Lebenswerten des Individuums zu suchen oder in Lebenswerten des Staatsganzen? Wie verhält sich der Lebenswert des politischen Machtgefühls, des angenehmen Gefühls von Sicherheit, des Gefühls von Freiheit, der Annehmlichkeit einer festen Rechtsordnung, des Wirkens auf das Ganze zueinander? Sofern die Politik nicht bloße Mittellehre ist, hängt sie von der Entscheidung solcher Fragen ab. Wieder anders gestaltet sich dieser Begriff auf dem Gebiet der ästhetischen Werte. Unter einem ästhetischen Wert ist jedes im Kunstwerk enthaltene Wirkungsmoment zu verstehen. Ich habe gezeigt, daß die Wirkung des Kunstwerks selbst nicht aus77 der Addierung derselben besteht, sondern auf der inneren Beziehung zueinander beruht.
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Die Frage, wie diese Werte in einem Wertzusammenhang des Lebens eingeordnet und in diesem ihre Abschätzung vollzogen werden könne, muß eben aus diesem Prinzip beantwortet werden. Das Leben ist eine Beziehung dieser Wertinbegriffe aufeinander, die aus dem Prinzip der seelischen Struktur abzuleiten ist. Eine Abschätzung der Wertklassen gegeneinander ist nicht möglich. Aber das Verhältnis, in dem diese Wertinbegriffe einander tragen, bedingen, kann aus der Beziehung der seelischen Struktur zu dem Milieu abgeleitet werden. [10.] Wertbestimmungen und Geisteswissenschaften Jede Geisteswissenschaft besteht in der Relation von Wirklichkeit, Wert, Gut und Regel innerhalb eines Gebietes. [11.] Wert, Gut und Zweck Gut ist jeder Wert, dessen Realisation Gegenstand und Inhalt einer Willensbestimmung ist. Zweck ist ein Gut oder ein Mittel zu einem solchen, das nicht realisiert ist und in bewußten Akten vom Willen als Gegenstand der Realisierung durch seine innere Bestimmung gesetzt ist. Sonach ein Vorstellungsinhalt, dem Wert zugeschrieben wird, und zu dessen Verwirklichung der Wille sich entschlossen hat. Mittel ist dasjenige, was als Bedingung zur Realisierung eines Zweckes erkannt und daher durch Willensentscheidung als Ziel gesetzt wird. Sonach besteht nach der Struktur des Seelenlebens zwischen Gut, Wert, Zweck und Mittel ein innerer Zusammenhang, und in diesem sind alle Güter und Zwecke inhaltlich von Werten bestimmt, die Mittel durch das Verhältnis der Werte zu den Bedingungen ihrer Verwirklichung. Die Wertsystematik enthält sonach die bewegenden Gründe aller Zwecksetzung. Aber in dem Verhältnis des Zusammenhangs der Werte zu den Bedingungen der Wirklichkeit, in welchen das handelnde Subjekt sich befindet, folgt erst die Entscheidung für Zwecksetzung, gleichsam für die raum-zeitliche Disposition von Zwecken und Mitteln im handelnden Leben. [12.] Die logischen Operationen, die dieser Disposition zugrunde liegen So ergeben sich neue logische Operationen. Sie gehören der Provinz der Bestimmung entweder der eignen inneren Zustände oder der äußeren Tatbestände an ihnen. Hier ist eine wichtige Quelle der sittlich-religiösen Vorgänge. Wo das Gemüt als Sitz der Wertsystematik unüberwindliche Widerstände der Außenwelt findet, paßt es sich durch Bestimmung seiner selbst derselben an.
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Die logischen Operationen bestehen also auf diesem Gebiet aus Verbindungen von Wirlichkeitsurteilen mit Werturteilen. Das Reich des Willens mit seiner Zwecksetzung und Regelgebung ist als eine Funktion oder Leistung in der Ökonomie des Seelenlebens unterscheidbar von dem der Gefühle und Triebe und der in ihnen enthaltenen Wertgebung. Das Wissen in ihm ist untergeordnet dem Wollen. Dies ist in seiner Struktur das unterscheidende Merkmal. Ein Wert kann nur dann zum Zweck erhoben werden, wenn die Bedingungen vorhanden sind, welche die Realisierung desselben ermöglichen. Ja, es gibt Werte, die niemals zu Zwecken erhoben werden können. Ich kann meine Aufmerksamkeit auf den Genuß einstellen oder meinen Willen auf die Hervorbringung ästhetischer Werte richten. Aber der Zustand künstlerischen Schaffens oder Genießens enthält in sich ein Moment der inneren Freiheit, welches eine Hervorbringung dieser Werte durch rationale Zwecktätigkeit und Regelbeobachtung, Anwendung von Regeln ausschließt. Die Absicht, sich ästhetisch zu verhalten, ist ein Widerspruch in sich selbst. Wenn der ästhetische Genuß eines Kunstwerks eingetreten ist, die in ihm enthaltenen ästhetischen Werte zum Bewußtsein gelangt sind, dann kann ich mir die Frage vorlegen, wiefern dieser Genuß durch allgemeine Normen bedingt ist. Schiller erfuhr an sich selbst, wie wichtig ihm die innere Aufklärung über Zweck und Normen der Poesie als Vorbereitungen waren, wie unfruchtbar aber in dem Moment der Produktion dies alles sich erwies. Im Gegensatz hierzu strebt alle Zwecksetzung, von den empirischen Zwecken und Normen zu einer rationalen, eindeutigen und festen Bestimmung derselben fortzugehen. Dieser Fortgang ist darin dem auf dem Gebiet des Wissens ähnlich, daß von einem Gegebenen, Singularen, Empirischen, Tatsächlichen, einem Disparaten und in sich Widerspruchsvollen fortgegangen werden soll zu konstanten, in sich einigen Bestimmungen des Willens vermittelst erfahrenden Denkens. Dies Gebiet des Willens enthält Eigentümlichkeiten, welche den Charakter des Wissens in ihm bestimmen und von dem in den andern Sphären des Wissens abgrenzen. Gültiges Wissen besteht nur auf diesem Gebiet. Wir mögen auch hier für dasselbe die Ausdrücke Aussage oder Urteil anwenden. Dies Wissen entwickelt sich auch hier auf dem Weg der Erfahrung. Mag man nun annehmen, daß es frei78 in dem Bewußtsein gegründete Normen gebe oder diese Normen aus der Zwecksetzung ableiten: dies ändert nichts daran, daß sie in der Erfahrung zum Bewußtsein gelangen. 1. In dem Willen liegt ein doppeltes Verhältnis. Er bestimmt und er kann andere bestimmen. Sofern er das Ziel seiner eigenen Tätigkeit bestimmt, entsteht der Begriff des Zwecks. Dieser Zweck wird, sofern der Wille sich als Trä-
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ger eines allgemeinen Zweckzusammenhangs weiß, hierdurch ein allgemeiner. Der Wille wird so zu einem idealen zwecksetzenden Subjekte. Sofern der Wille andere bestimmt, entstehen Befehl, Imperativ. Ist der Zweckzusammenhang allgemein, aus welchem heraus der Wille befiehlt, so entsteht ein ideales Subjekt der Imperative, welches innerhalb des ganzen Zweckzusammenhanges allen Gliedern desselben, sonach auch sich selber Regeln des Handelns vorschreibt. Denn der Einzelbefehl wird zur Regel, sofern der Einzelbefehl, der keiner ratio unterworfen ist und demgemäß auch dem rationalen Anspruch der Gültigkeit nicht untersteht, sich erhebt in die Form des Allgemeinen, welche in dem Umfang des Zweckzusammenhangs eine Regel setzt. So entstehen Regeln, konkrete Gesetze, Vorschriften. Aber auch sie gelten zwar in dem Sinne, daß sie allgemein gedachte Imperative sind, welche mit einem Zweckzusammenhang in Verbindung stehen, aber Gültigkeit im rationalen Sinne entsteht erst, wenn diese Beziehung durchsichtig ist, wenn sie logisch bestimmt und begründet ist. Hier entsteht der Begriff der Norm. 2. Normen sind Regeln, welche das Subjekt des Zweckzusammenhangs als das Ideale für alle Glieder dieses Zweckzusammenhangs setzt. Dies Merkmal haben sie gemein79 mit Verordnungen, Gesetzen, Sitten, religiösen Vorschriften aller kirchlichen Gemeinschaft. Sie unterscheiden sich aber von all diesen Imperativen dadurch, daß sie von dem Bewußtsein ihrer Notwendigkeit oder Gültigkeit begleitet sind, d. h. daß sie von jedem, der diesen Zweckzusammenhang will, anerkannt und befolgt werden müssen. Wer erkennen will, ist an die Denkgesetze gebunden. Wer in einer menschlichen Gemeinschaft wirken will, ist an diejenigen Normen gebunden, die ein Wirken in der Gemeinschaft möglich machen. So sind in dem Wollen zwei Formen des höchst angestrebten Wissens angelegt: der Begriff des höchsten Gutes und der Begriff einheitlicher Normen des Handelns. 3. Der Weg des erfahrenden Denkens durch Zwecksetzungen und Imperative hindurch diesem idealen Ziele entgegen, verläuft durch ein erfahrendes Denken von besonderer Art. Denn die empirische Wirklichkeit unserer Willenssphäre zeigt uns zunächst konkrete Zweckbestimmungen, Lebensregeln, Rechtssätze, Sittenvorschriften.
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3. Regelgebung [1.] Imperativ ist die Äußerung eines Willens, welche auf die Bestimmung eines anderen Willens gerichtet ist. Im engeren Sinne bezeichnet der Imperativ die Bestimmung zu einer einzelnen Handlung. Jeder solcher Imperativ ist abhängig von einer Zwecksetzung in dem Gebietenden. Selbst dann, wenn dieser Zweck nur in der Geltendmachung der Willkür bestehen sollte. Regel oder Norm ist eine Setzung wie Wertbestimmung oder Wirklichkeitsaussage. Und zwar enthält diese Setzung eine Bindung des Willens. Diese setzt ein Subjekt voraus, das bindet, und Personen, welche gebunden werden. Das Subjekt kann ein souveräner Einzelwille sein oder der Staat oder es kann noch allgemeiner in der menschlichen Natur gelegen sein, sofern in dieser ein Grund der Bindung enthalten ist. Dies ist der Fall, sofern sie Zweckzusammenhänge in sich enthält, aus denen ein Gebundensein an Mittel sich ergibt. Die letzte und höchste Frage aber ist, ob und in welchem Sinne sie ohne Beziehung auf Wertgebung und Zwecksetzung einen moralischen Imperativ in sich enthält.80 Regeln der ersten Art gibt der Leiter einer Unternehmung oder ein absoluter Selbstherrscher. Regeln der zweiten Art sind in den Rechtsregeln enthalten. Es ist der Wille des Staates, d. h. der Gesetzgeber, welcher die Rechtsregeln vorschreibt. Regeln der dritten Art sind im Zweckzusammenhang des dichterischen Schaffens die Einheit der Handlung, überhaupt jede technische Regel, dergleichen Lessing oder Hildebrand aufgestellt haben. Die Regel der letzten Art ist eine Bestimmtheit der menschlichen Natur, kraft deren diese ein Sollen, eine Norm, einen Imperativ, unabhängig von allen Bestimmungen über Werte oder Zwecke oder Güter aus sich erzeugt. Gibt’s eine solche, dann muß dieselbe allgemein auch das ästhetische und logische Verhalten normieren? Ich habe dargelegt,81 wie jede Bindung oder Pflicht auf einer Gegenseitigkeit beruht, zu welcher sich zwei Willen gebunden haben, und zwar entweder ausdrücklich, religiös oder sittlich oder rechtlich, oder durch ihr Zusammensein in Verhältnissen gegenseitiger Bindung, wobei sie ihrerseits auf andere Personen rechnet, wie auf sie gerechnet wird. Daß nun aber für den Willen aus dieser Bindung ein unbedingt gültiges Sollen entspringt, worauf alle Rechtschaffenheit beruht: dies ist doch in einer Bestimmtheit der Menschennatur wieder rückwärts gegründet,82 mag man sie auf Anerkennung des Selbstwertes jeder Person zurückführen oder auf das formale Verhältnis der Möglichkeit all-
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gemeiner Bindung, Ordnung etc., nur daß nie ein einzelner Zweck dahinterstecken kann, da dieser ja seinerseits wieder Anerkennung fordert. Die Personen, auf welche Imperative oder Regeln sich beziehen, sind begrenzt durch den Herrschaftskreis des gebietenden Willens und durch die Zwecksetzung, welche von ihm ausgeht. Es sind Arbeiter eines Unternehmens, Untertanen eines Staates, sofern sie unter die Rechtsregel durch ein gegebenes Verhältnis fallen, oder Träger eines Zweckzusammenhangs, die durch die Regeln, welche aus ihm folgen, betroffen werden, oder der Mensch überhaupt als sittlich gebunden. Das Verhältnis, das in dieser Bindung gegründet ist, ist nach der Natur derselben verschieden. Der Imperativ leitet einseitig den Unterworfenen. Der Rechtssatz bindet im Rechtsstaat den Staat so gut als die Untertanen. Er ist ebensogut eine Regel für das richterliche und ausführende Staatsorgan als für die Untertanen. 2. Sehen wir vom letzten Falle ab, so sind alle Regeln oder Normen gegründet in einer Zwecksetzung, aus welcher nähere Bestimmungen oder Mittel folgen. Diese aber geht zurück auf die Bestimmung von Gütern, welche Wertgebungen hinter sich hat. So sind die Regeln, ausgenommen die allerhöchsten, bestimmt durch den Zusammenhang von Wert, Gut, Zweck und in ihm enthaltenen einzelnen Momenten oder Mitteln. Die großen Kategorien, welche logisch das weite Reich der Regelgebung beherrschen, sind das Verhältnis des Ganzen zum Teil, des Allgemeinen zum Besonderen und des Zweckes zu den Mitteln. Und es ist ein aus Denkakten zusammengesetzter Zusammenhang, in welchem nach diesen Kategorien die Regeln begründet sind. Und hier wird nun ein fundamentales Verhältnis der Rechts- und Sittenwelt klar. Nehmen wir das Kriminalrecht. Dasselbe gründet sich in seinen Strafmaßen auf die Wertbestimmung der Güter, der Ehe, des Eigentums, der Familienverhältnisse. Es setzt sonach eine Abschätzung derselben voraus. Diese hat sich in der Volkssitte und dem Volksglauben vollzogen und in Institutionen ausgedrückt. Es ist in dem Vorgang der Regelgebung enthalten. 1. Sonderung von Klassen der Dinge, 2. Werthalten, Vorziehen, 3. Verhältnis der Vorschrift zur Wertbestimmung. Es ist nun eine falsche und verwirrte Vorstellung, wenn die historische Schule vom unbewußt wirksamen Volksgeist spricht. Alle diese logischen Operationen haben sich in bewußten Akten vollzogen: wie sollten sie anders? Aber eine Reflexion über dieselben braucht nicht stattgefunden zu haben.
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Vor allem aber braucht, wenn die Rechtsregel da ist, das Bewußtsein über diese Operationen nicht fortzudauern. Hierdurch entscheidet sich der Streit zwischen den juristischen Schulen. Individuen, und zwar zu ihrer Funktion begabte und in ihr geübte, vollziehen mit Bewußtsein die erforderlichen logischen Operationen. Da aber dieselben ihren letzten Grund in der nationalen, wertsetzenden Sitte haben, werden diese Regeln ein Bestandteil des unreflektierten Lebens der Rechtsgemeinschaft. Das Ergebnis also ist auch hier ein komplizierter Zusammenhang logischer Operationen nach bestimmten Kategorien, nach welchen die Regelgebung bestimmt wird. 3. Und nun ergibt sich eine weitere wichtige Einzelheit. Die Praxis des Lebens muß sich begnügen, das Leben zu regulieren nach den vorhandenen Wertgütern und Zweckbestimmungen. Diese sieht sie auf ihren früheren Stufen als absolut an, weil sie ohne Bewußtsein ihrer historischen Relativität ist. Ein Netz von Regeln breitet sich über das ganze Leben aus. Die Jurisprudenz setzt nicht einen allgemeingültigen Begriff von Gerechtigkeit voraus, die Normen der Kunst nicht den erkannten Zweck und die Pflichtenlehre nicht das höchste Gut. Vielmehr werden Rechtsregeln, Pflichten, Normen des Staatsrechts, Regeln des Zivilrechts ins Bewußtsein erhoben aufgrund ihres Verhältnisses nicht zum allgemein Gültigen, sondern zum allgemein Geltenden. Sobald nun aber positives Recht gegen positives Recht stößt, entsteht, wie wir in der griechischen und römischen Kultur sehen, die Kritik, der praktische Zweifel und sonach das Streben, zur Allgemeingültigkeit des natürlichen Rechts sich zu erheben. Dieses stellt nun mit methodischem Bewußtsein den logischen Zusammenhang zwischen einer obersten allgemeinen Regel oder mehreren derselben oder Wertbestimmungen und den Rechtssätzen her. Hierbei aber gelangt diese universale Jurisprudenz nicht zu einer durchsichtigen Ableitung aus unbedingten Maßstäben. 4. Wir fassen jetzt die logische Form des Denkens ins Auge, welches Regeln hervorbringt und darstellt. Die Regel selbst ist die Bindung durch einen zwecksetzenden Verstand in der Form der Allgemeinheit. Sie tritt in der Form des Satzes mit Subjekt und Prädikat auf, aber sie drückt nicht ein Enthaltensein des Subjektes im Prädikat oder eine Zugehörigkeit des Prädikates an das Subjekt aus, sondern ein Verhältnis von Bestimmung zu Handlungsweisen oder zu Unterlassung derselben. Hierbei ist gleichgültig, ob, wie in den ältesten Gesetzgebungen, die zu bestimmende Person du sollst Subjekt des Satzes
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ist, oder ob etwa das Subjekt den Gegenstand der Handlung ausmacht. Immer hat die Regel ihre natürliche Form in der Feststellung der Personen, welche sie trifft, im Subjekt und der Bestimmung dieser Personen zu präzisierten Handlungen oder dem Verbot solcher im Prädikat. Das Prädikat ist nicht dem Subjekt zugehörig. Es soll auch nicht durch die Regel mit ihm verbunden werden, es steht vielmehr in dem ganz neuen Verhältnis der Bindung des Subjektes an dasselbe durch die Vorschrift. An sich kann der Bürger, welchen § 242 des Strafgesetzbuches trifft, fremde bewegliche Sachen wegnehmen, oder er kann sie respektieren. Und wenn er sie wegnimmt, kann er das in der Absicht rechtswidriger Aneignung tun oder in einer anderen: Alle diese Prädikate können ihm zukommen. Die Rechtsregel aber bindet ihn, indem sie die rechtswidrige Aneignung ausschließt. Setzen wir uns in Aussage über Wirklichkeit, so tritt nur ein Möglichkeitsurteil als im Wirklichen enthalten auf und bildet die Voraussetzung des Imperativs. Hierin ist schon beschlossen, daß jede Rechtsregel zu ihrer unausgesprochenen Voraussetzung Verhältnisse der Wirklichkeit hat, innerhalb deren ihre Vollziehung möglich ist. Und dies gilt von jeder Regel überhaupt. Regeln treten dann in weitere Verbindung mit Wirklichkeitsaussagen in verschiedener Art. Das Strafgesetzbuch definiert eine bestimmte Klasse von Handlungen durch ihre Merkmale und knüpft an ihr Eintreten eine Strafe. Das wird bestraft kann entweder gefaßt werden als Verkündigung einer durch den Staatswillen gesetzten und den ausführenden Organen vorgeschriebenen Strafhandlung, oder es kann als ein Imperativ an die richterlichen und ausführenden Organe gefaßt werden. Im ersteren Fall wird der Paragraph als Umsetzung einer Vorschrift in eine Aussage über dieselbe aufzufassen sein. Dieselbe Zweiteiligkeit tritt in anderer Wendung in den religiösen Vorschriften auf. Befolge meine Gebote oder Liebe deinen Nächsten und du wirst seelig werden. Hier wird an die Vorschrift Gottes oder des Gottgesandten eine Verheißung gebunden. Die ästhetischen Regeln besagen, daß an ihren Vollzug die ästhetische Wirkung gebunden ist. Regeln können auch im Disjunktionsverhältnis auftreten: Du sollst entweder – oder. Dagegen gibt es kein direktes Abhängigkeitsverhältnis, durch welches Imperative oder Regeln als solche miteinander verbunden wären. 5. Sonach ergeben sich die folgenden logischen Verhältnisse im System der Regelgebung. Dieses System erstreckt sich so weit als menschliche Zweckhandlungen stattfinden. Es untersteht dem Prinzip der Ökonomie, diese allgemein zu regeln. Real sind in diesem Gebiet Wirklichkeit, Wert, Gut, Regelgebung,
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daraus folgende Werterzeugung und so Verhältnisse in der Wirklichkeit verknüpft. So wird das System der seelischen Struktur durchlaufen in der Richtung auf Erzeugung oder Bewahrung bestimmter Wirklichkeitserzeugnisse. Die Kategorien, durch welche diese Umsetzung einer Denkform in die andere möglich wird, sind Wert, Zweck, Mittel, Ganzes, Teil, Allgemeines, Besonderes. Zu ihnen tritt aber als eine neue reale Kategorie, die nur diesem Gebiet eigen ist, die besondere Art von Kausalität, die im Bestimmen und Bestimmtwerden des Willens vorliegt. Die logischen Formen auf diesem Gebiet sind sonach bestimmt durch die besonderen Bedingungen, unter welche die Denkakte auf diesem Gebiet treten. So sind sie eine Spezifikation der allgemeinen Form von Setzung, welche allen Denkakten zukommt durch die Bedingungen des Willensgebietes, in welchem sie zur Anwendung gelangen. Und zwar zeigt sich auch hier, daß die primären logischen Operationen von Verbinden, Trennen, Gleichfinden, Abstrahieren, Verallgemeinern in bestimmten Provinzen neue Leistungen verrichten. Die Sonderung von Bindung, bindendem Subjekt, gebundenem Subjekt ist logische Bedingung. Ebenso die abstrahierende Verallgemeinerung, welche eine Klasse gebundener Subjekte schafft. Sie setzt ein Gleichfinden derselben nach dem Verhältnis zum zwecksetzenden Willen voraus. Ferner die verschiedenen Arten von Beziehung.
[4.] Analysis der so entstehenden logischen Beziehungen, welche den Zusammenhang des Seelenlebens regeln Das Prinzip der Erklärbarkeit aus dem Eintreten der elementaren logischen Operationen unter die Bedingungen der Struktur des Seelenlebens. 1. Das natürliche Verhältnis, in welchem im empirischen Bewußtsein die logischen Operationen durch die Funktionen des Seelenlebens zusammengeordnet sind, muß unterschieden werden von der Ordnung der wissenschaftlichen Theorie. Die Ausbildung des Trieb- und Gefühlslebens und der ihm zugeordneten Wertbestimmungen bildet den entscheidenden Mittelpunkt des Seelenlebens. Die Wirklichkeitserkenntnis steht im Dienste der Entfaltung der Lebenswerte. Sie ermöglicht die Bestimmung der äußeren und inneren Wirklichkeitswerte. Denn das Subjekt findet sich inmitten der Wirklichkeit und
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sucht in ihr Platz, Möglichkeiten, Bedingungen für die Entfaltung seiner Lebenswerte. Dann aber reagiert83 es aufgrund seiner Erkenntnis der Wirklichkeit, getrieben von dem Streben der Verwirklichung der Lebenswerte, auf die äußere oder innere Wirklichkeit, um sie diesem Streben anzupassen. 2. Das Denken, das dem Leben dient, besteht so in den logischen Relationen von Gebieten, deren jedes seine eigene Grundform elementarer Operationen hat. Und in diesen einzelnen Gebieten findet es sich weiter angewiesen auf letzte Tatsächlichkeiten, die nicht aufeinander reduzierbar sind. So im Gebiet des Denkens die84 Tatsache, die ist, und das Gesetz, das gilt. In diesem Zusammenhang ist Wirklichkeit immer die Bedingung, Werterhöhung die Aufgabe, Zweckhandeln das Mittel der Verwirklichung. 3. Da nun in allen drei Gebieten das Streben besteht, zu allgemeingültiger Erfassung in der Richtung auf ein unbedingt Gültiges fortzuschreiten, so führt das Denken in ihnen zur Theorie, welche den inneren Zusammenhang der Vorgänge selber in Wirklichkeitsdenken, Wertbestimmung und Regelgebung gegenständlich macht, um ihn zu erkennen.
[5.] Umsetzung der Wertbestimmungen und Regelgebungen in Wirklichkeitsurteile oder in Theorien 1. *Wertgebung, Zwecksetzung und Regelbildung als Gegenstand des Erkennens So werden Wertgebung, Zwecksetzung, Regelbildung durch das fortschreitende Denken zum Gegenstande des Erkennens gemacht. Sie sind Tatsachen, gegeben in uns und in anderen Personen, und nehmen so ihren Platz ein in der gegenständlichen Welt. Sie werden wie die der äußeren Natur durch die Mittel des diskursiven Denkens erforscht. Sie werden beschrieben, ihr Zusammenhang wird festgestellt, allgemeine Sätze werden von ihnen ausgesagt, ihre Typen werden unterschieden. Sie treten so in den großen Zusammenhang der Wirklichkeit, welcher der Gegenstand unseres theoretischen Denkens ist. Die Theorie dieses theoretischen Denkens ist die Logik. Ihr Gegenstand und ihr Stoff ist der Inbegriff alles Denkens, das im Menschengeschlecht entwickelt worden ist, aufwärts von den elementaren Operationen bis zum ab-
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strakten Bewußtsein über Theorie. Und nur in diesem universalen Zusammenhang kann die Logik der Forderung ihrer höchsten Ausgabe genug tun, den inneren Zusammenhang zum Bewußtsein zu erheben, der alles Denken verknüpft, der nach der formalen Seite hin jede Wahrheit begründet und die Anleitung gibt, Wahrheiten aus allen Gebieten auszusprechen, zu finden, systematisch darzustellen. Die Aufgabe des vollkommenen Denkens schließt ein, daß alle Akte, durch welche einfache Inhalte in Verbindung treten, zu bewußten Denkakten erhoben werden: nur sofern dies geschieht, entsteht ein kritisches Bewußtsein über den Erkenntniswert jedes Satzes. 2. *Wider eine intellektualistische Erkenntnistheorie Meine erkenntnistheoretische Untersuchungsweise stand von Anfang an zu dieser Betrachtung des Erkennens im Gegensatz, die ich hier als die intellektualistische charakterisiere. So habe ich folgende Methode angegeben: „In den Adern des erkennenden Subjekts, das Locke, Hume und Kant konstruierten, rinnt nicht wirkliches Blut, sondern der verdünnte Saft von Vernunft als bloßer Denktätigkeit. Mich führte aber historische wie psychologische Beschäftigung mit dem ganzen Menschen dahin, diesen in der Mannigfaltigkeit seiner Kräfte, dies wollende, fühlende, vorstellende Wesen auch der Erklärung der Erkenntnis und ihrer Begriffe (wie Außenwelt, Zeit, Substanz, Ursache) zugrunde zu legen, ob die Erkenntnis gleich diese ihre Begriffe nur aus dem Stoff von Wahrnehmen, Vorstellen und Denken zu weben scheint. Die Methode des folgenden Versuchs ist daher diese: Jeden Bestandteil des gegenwärtigen abstrakten wissenschaftlichen Denkens halte ich an die ganze Menschennatur, wie Erfahrung, Studium der Sprache und Geschichte sie erweisen, und suche ihren Zusammenhang. Und so ergibt sich: die wichtigsten Bestandteile unseres Bildes und unserer Erkenntnis der Wirklichkeit, wie eben persönliche Lebenseinheit, Außenwelt, Individuen außer uns, ihr Leben in der Zeit und in der Wechselwirkung, sie alle können aus dieser ganzen Menschennatur erklärt werden, deren realer Lebensprozeß am Wollen, Fühlen und Vorstellen nur seine verschiedenen Seiten hat. Nicht die Annahme eines starren a priori unseres Erkenntnisvermögens, sondern allein Entwicklungsgeschichte, welche von der Totalität unseres Wesens ausgeht, kann die Fragen beantworten, die wir alle an die Philosophie zu richten haben. Hier scheint sich das hartnäckigste aller Rätsel dieser Grundlegung, die Frage nach Ursprung und Recht unserer Überzeugung von der Realität der Außenwelt zu lösen. Dem bloßen Vorstellen bleibt die Außenwelt immer nur Phänomen, dagegen in unserem ganzen wollend-fühlend-vorstellenden Wesen ist uns mit unserem Selbst zugleich und so sicher als dieses äußere Wirk-
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lichkeit (d. h. ein von uns unabhängiges Anderes, ganz abgesehen von seinen räumlichen Bestimmungen) gegeben; sonach als Leben, nicht als bloßes Vorstellen! Wir wissen von dieser Außenwelt nicht kraft eines Schlusses von Wirkungen auf Ursachen oder eines diesem Schluß entsprechenden Vorgangs, vielmehr sind diese Vorstellungen von Wirkung und Ursache selber nur Abstraktionen aus dem Leben unseres Willens.“85 Dieselbe Grundansicht über die Entstehung der Außenwelt ist dann von Riehl vertreten worden. 3. Der Intellektualismus als die natürliche Folge dieser Umsetzung86 Mit dieser Umsetzung ist nun das Streben gegeben, in die Formen der Wirklichkeitserkenntnis das ganze Wissen aufzulösen. Das Ideal, das so entsteht, ist die Durchsichtigkeit alles Gegebenen für das Denken. Hieraus entstehen die Übergriffe des Erkennens in das ihm Gegebene, das logisch nicht auflösbar ist. Wir heben folgende Beispiele hervor. 1. Es entsteht als Ausdruck dieses Ideals der Verknüpfung alles Wirklichen zu einem Denkzusammenhang der Satz vom Grund. Dieser empfing in Leibniz die extremste Fassung, nach welcher selbst die Anordnung letzter Tatsächlichkeiten im Universum eine Erklärung für ihr Dasein fordert. Das Weitere: Einleitung in die Geisteswissenschaften.87 2. Die realen Kategorien und Kant. Einleitung in die Geisteswissenschaften.88 3. Intellektualistische Umdeutung der Auffassung der Außenwelt.89 Doch ist auch bei den abstraktesten Forschern diese intellektualistische Auffassung der Außenwelt immer mit der Hervorhebung von Tatsachen verbunden gewesen, welche auf den Ursprung der Außenwelt im Willen zurückweisen. Sind doch bei der Erklärung von Tatsachen, die der inneren Erfahrung angehören, die wesentlichen Bestandteile der Kausalerklärung niemals zu widerlegen; in der Erklärung zu beseitigen;90 so macht sich die Konsequenz zum Satze geltend. […] Locke hat richtig in der Undurchdringbarkeit der Eindrücke das Merkmal ihrer Realität gesehen. Dies ist richtig, und hätte er die Spur fort verfolgt, so würde er auch andere Folgen der Volition und des Gefühls für das Bewußtsein der Realität aufgefunden haben. Sowohl Kant, Bain und Helmholtz haben die Bedeutung dieses Merkmals der Undurchdringbarkeit eingesehen.91 4. Die Tendenz des Intellektualismus, zur Konstruktion aus den gefundenen Abstraktionen überzugehen, und die oberste Regel der wahren Forschung Wenn das Gegebene ohne Rest zur Durchsichtigkeit erhoben werden soll, um in einen einheitlichen Zusammenhang überführt zu werden, so müssen die Reste, welche das abstrakte Denken zurückläßt, vernachlässigt werden etc.
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So entsteht die intellektualistische Metaphysik mit ihrem obersten Prinzip der Vernünftigkeit des Universums. Auflösung derselben durch das Prinzip, daß aller Zusammenhang seine Grenze am Erleben hat. Vgl. Schluß der Beschreibenden Psychologie.92 5. Die Wurzel der Metaphysik in der Umsetzung in Wirklichkeitserkenntnis, der so erfolgenden Verschiebung, dem Intellektualismus, das Prinzip der Weltvernunft Ausblick auf die Wurzel derselben im Logismus, der nicht analysiert ist.93
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Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen. Weitere Ausarbeitung des ersten analytischen Teils (ca. 1906–1908)94
A l lg emein er Teil d er Gr u ndlegu ng
1. Der Anfang der Philosophie und der Satz der Phänomenalität95 [1.] Das methodische Verfahren, welches aus den in der Geschichte vorliegenden Tatbeständen das Wesen der Philosophie erschließt, ergibt, daß jedes philosophische System in einem inneren Verhältnis zu der Aufgabe steht, das Welt- und Lebensrätsel auf allgemeingültige Weise aufzulösen. Hierin sind die formalen Merkmale der Universalität und des Rückgangs zu einer letzten Begründung bedingt, welche jedes philosophische System charakterisieren. Hiermit ist eine Grundlegung in einer allgemeinen Theorie des Wissens gefordert: sie muß ganz universal sein, d. h. Reflexion auf jede Art des Wissens, die Selbstbesinnung auf alle Beziehungen, in denen der Mensch sich zu der gegenständlichen Welt verhält, und ihr Ausgangspunkt muß so gefaßt werden, daß sie alles, was ein sicheres Wissen zu gewinnen dienlich sein kann, einschließt. Wenn die Grundlegung etwas ausschließt, worauf sicheres Wissen gegründet werden kann, so schränkt sie damit das Ergebnis willkürlich ein. Die Universalität ihres Ergebnisses ist abhängig von der ihres Ausgangspunktes.96 Dieser Forderung entspricht die Theorie des Wissens nur dann, wenn sie auf alles fundiert ist, was voraufgegangen ist. So bezieht sie sich auf den vorphilosophischen Standpunkt und den ganzen Inbegriff von Leben, Erfahren und Wissen, der auf ihm entstanden ist. Das, was dem Philosophen, wenn er seine Arbeit universaler Betrachtung beginnt, vorliegt, ist immer das Leben. Im Leben selbst ist das Subjekt in seinen verschiedenen Verhaltungsweisen zu der gegenständlichen Welt. Hierin liegt die Grundlage alles menschlichen Wissens. Sie bezieht sich immer wieder zurück auf diese ursprüngliche Position. Das Leben selbst ist der kontinuierliche Verlauf der wechselnden Beziehungen desselben Subjektes zu der mannigfach geteilten veränderlichen ge-
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genständlichen Welt, in welcher Objekte und Personen als zwei eigene Klassen hervortreten. Als Erlebnis bezeichnen wir dann weiter einen Ausschnitt des Lebensverlaufes, in welchem eine bestimmte Beziehung des Subjektes zu bestimmten Gegenständen sich realisiert. Eine solche Beziehung nennen wir eine Verhaltungsweise. Ich verhalte mich zu Gegenständen oder Personen. Diese Verhaltungsweisen können in bestimmte Klassen gebracht werden. Ich verhalte mich gegenständlich auffassend, indem ich die Bäume in ihrem neuen Grün des Frühlings betrachte. Ich verhalte mich fühlend, indem ich mich an ihnen erfreue, indem sie mich poetischer stimmen. Ich verhalte mich wollend, indem die Intention sich daran knüpft, diese Freude spazierengehend recht zu genießen. Das sind verschiedene Verhaltungsweisen, und wir bedienen uns fortan der Ausdrücke Auffassen, Fühlen, Wollen, nur um diese Verhaltungsweisen zu bezeichnen. Einstweilen sei hier auf die erste Studie (Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften 1905. 16. März) verwiesen.97 Ich kann nicht finden, daß in jedem Erlebnis die Beziehung auf ein Ich oder Subjekt enthalten sei, das sich zu den Gegenständen verhält. Es gibt viele Momente des Auffassens, die als Erlebnisse eine solche Beziehung nicht enthalten, Momente, in denen die Hingabe an einen Gegenstand so vollständig ist, daß in diesem Verhalten weder ein Bewußtsein desselben noch eine Beziehung auf ein Subjekt dieses Verhaltens aufzufinden ist. Momente mühelosen, ruhigen Sinnens über einen Gegenstand, in welchem kein Bewußtsein des Denkens und ebensowenig ein solches des Subjektes, das denkt, aufgefunden werden kann. Aber in anderen Erlebnissen des Wahrnehmens oder des Denkens kann die Beziehung auf das Subjekt, das sich wahrnehmend oder denkend verhält, hervortreten. Gefühle sind als solche Erlebnisse, in denen etwas sich bestimmt findet. Es findet sich gedrückt, belastet von Leid, heiter, ausgelassen. So ist in ihnen ein Verhalten von etwas eingeschlossen. Ebenso ist im Wollen eine Spannung, eine Intention enthalten, die sich von der gegenständlichen Welt, die da ist, sondert und auf eine Veränderung in ihr gerichtet ist. Aus der näheren Beschaffenheit der Erlebnisse ergibt sich dann, daß sie zu einem Lebensverlauf zusammengefaßt werden, in welchem ein mit sich identisches Ich oder Subjekt sich zur gegenständlichen Welt verhält. Und so findet dann im Leben ein Ich oder Subjekt sich in wechselnden Verhältnissen zu den sich verändernden, auftretenden und verschwindenden Objekten und Personen der gegenständlichen Welt. In der Natur des Lebens ist nun weiter enthalten, daß das Subjekt in ihm
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sich zu Gegenständen oder Personen verhält, die von ihm unabhängig existieren. Sie sind dem Subjekt gegeben in der Wahrnehmung, bestehen aber – das ist mein Glaube – unabhängig von ihm, auch wenn sie nicht wahrgenommen werden. Sie sind auf mannigfache Weise bestimmt. Sie nehmen eine Stelle im Raum ein, dauern oder verändern sich in der Zeit, zeigen qualitative Eigenschaften. Alle diese Beschaffenheiten kommen ihnen zu aufgrund meines Wahrnehmens, und sie sind angenehm oder unangenehm, schön oder häßlich, je nachdem mein Gefühl sich zu ihnen verhält. Sie sind gut oder schlecht, begehrenswert oder verabscheuungswürdig nach den Beziehungen meines Willens. Dies im Leben enthaltene System von Beziehungen zwischen einem in den Veränderungen des Lebens mit sich identischen Ich und der gegenständlichen Welt kann als das empirische Bewußtsein bezeichnet werden. Das empirische Bewußtsein durchläuft unbefangen die Beziehungen zwischen dem Subjekt und den Gegenständen. In ihm ist es seiner Realität gewiß. Es ist ebenso sicher, daß die Gegenstände und Personen da sind: Eben im Verhalten zu ihnen verläuft sein Leben. Das Selbst, die Außenwelt, andere Personen und die Beziehungen, in denen sie für das Selbst gegeben sind, bilden die Voraussetzung meines Lebensgefühls auch da, wo sie nicht zum Bewußtsein erhoben sind. So können das Selbst, die anderen Personen und die Gegenstände als die Faktoren des Lebens bezeichnet werden. Und in den Verhaltungsweisen liegen die Beziehungen, die zwischen diesen Faktoren stattfinden. Das Selbst findet sich affiziert von außen, und es übt eine Rückwirkung auf die innere Welt. Und in dieser findet es sich in besonderen Relationen zu den anderen Personen, welche das Lebensgefühl in besonderer Weise bedingen. Das empirische Bewußtsein enthält also in sich die Annahme von der realen Existenz des Selbst, der Außenwelt und der anderer Personen. Die Realität des Lebens ist uns nur in diesen Relationen gegeben. Und wenn ich zum Zweck der Analyse etwa die Realität der Außenwelt und der in ihr mitgegebenen Personen aufhebe, so gibt es kein mögliches Bewußtsein von Leben auf diesem Standpunkt der Abstraktionen mehr. Was auch das philosophische Denken an Prozeduren vornehmen mag, die diesen Standpunkt einschränken: das Leben selber verbleibt, die in ihm enthaltenen Voraussetzungen dauern in ihm selber fort, unzerstörbar, durch kein Denken veränderlich. Die erkenntnistheoretische Analysis vollzieht nur Abstraktionen, welche nur im Denken selber als Annahmen gebildet werden und bestehen, die aber in das Leben selber nicht hinabreichen. Jede dieser Abstraktionen enthält nur Aussagen über Gültigkeit von Voraussetzungen, die im Leben enthalten sind, auf Grund von Annahmen, die abstrakt sind.
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2. Auf der Grundlage des empirischen Bewußtseins entwickelt sich die Erfahrung. Sie setzt die Realität der Faktoren desselben, des Subjektes, der Personen, der Objekte und der Beziehungen zwischen ihnen voraus. Ihr Material sind die Erlebnisse. Sie entsteht, indem das in den Erlebnissen Enthaltene vom Denken aufgefaßt, Gemeinsames darin aufgefunden wird, verbunden wird, um über diese im Leben enthaltenen Realitäten ein Wissen zu gewinnen. Das an diesem Zusammenhang der Realitäten vermittelst der Erlebnisse durch Analysis und Zusammenfassung im Denken Festgestellte ist Erfahrung. Erfahrung gewinnt also aus den Erlebnissen Bestimmungen über Gegenstände. Sie ist nur möglich, indem dieser Zusammenhang der Realitäten als Hintergrund vorausgesetzt wird. Das Subjekt, an irgendeiner Stelle der Welt befindlich, von der Intention bestimmt, über irgendeinen Teil dieses Wirklichkeitszusammenhangs etwas auszusagen, verbindet das im Erleben hierüber Enthaltene zum Wissen von einem Gegenstand. Hieraus ergibt sich der wichtige Satz, daß die Erfahrung sich entwickelt auf dem Boden des empirischen Bewußtseins.98 Und die Erfahrungswissenschaften entstehen dann aus dem Versuch, das über einen Kreis von Gegenständen Erfahrbare zusammenzufassen. So verbleiben auch sie auf diesem Boden. Wenn die Optik für die Verbindung der Tatsachen des Gesichtssinns genötigt wird, ihnen Bewegung des Äthers zugrunde zu legen, so wird ihr die Farbenqualität zum Schein, aber den anderen Bestand des empirischen Bewußtseins behält sie bei. So besteht ein Zusammenhang, der von den Erlebnissen denkend, erfahrend, wissenschaftlich in Schlüssen die im Leben enthaltene Bedeutung der Realitäten zu begrifflicher Repräsentation bringt, und dieses System in der Abhängigkeit seiner Glieder voneinander so durchsichtig als möglich aufgefaßt, so vollständig als tunlich durchgeführt, ist nun das Fundament der Philosophie. Die Philosophie ist fundiert auf demselben, das sagt mehr, als daß sie an ihm ihr Material habe. Philosophie ist nur die Interpretation dieses Tatbestandes. Sie ist daran gebunden, die in ihm enthaltene Struktur des Lebens und Wissens in ihrer Totalität zu verwerten. Auf der Kraft, diesen im empirischen Bewußtsein gegebenen Lebenszusammenhang immer ganz universal vor Augen zu haben, beruht die Richtigkeit ihrer Ergebnisse. Dieser Zusammenhang hat sich in der Geschichte der Menschheit gebildet; historisches Bewußtsein desselben klärt ihn auf, Geschichte der Erfahrung, Erfahrungswissenschaften ist im Fundierenden enthalten, hat aber etc.
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3. Die Philosophie besinnt sich darauf, daß dieses alles nur Inhalt des Bewußtseins ist. Sie beginnt mit der Einsicht, daß das, was im Erlebnis enthalten ist, was die Erfahrung zu gegenständlichem Bewußtsein und Zusammenhang bringt, dies ganze System der Realitäten uns doch nur als ein im Bewußtsein Auftretendes gegeben ist. So werden in ihr die Voraussetzungen des empirischen Bewußtseins zum Problem. Die philosophische Besinnung besagt, daß jede Realität nur dadurch für mich da ist, daß sie in einer bestimmten Art im Bewußtsein auftritt. Diese Einsicht erstreckt sich auf das Subjekt, auf die gesamte gegenständliche Welt, auf die Beziehung, die zwischen ihnen besteht. Eine Verschiedenheit im Dasein dieser Realitäten für mein Bewußtsein ist augenscheinlich. Das Subjekt wird erlebt, die Objekte werden wahrgenommen, die Personen werden verstanden.99 Aber inmitten dieser Verschiedenheiten ist das überall gleich, daß diese Realitäten nur in der Beziehung auf das Bewußt-sein als dessen Inhalte erlebt werden. Sein ist also korrelativ zu dem Bewußt-sein. Das Verhältnis von Inhalt des Bewußtseins [und Bewußt-sein] ist eine Korrelation beider. Bewußt-sein und Bewußtseinsinhalt sind eines ohne das andere nicht möglich. Und zwar ist Bewußt-sein nicht eine Beschaffenheit des Seins, sonach nicht dessen prädikativische Bestimmung, sowenig als Realität eine Eigenschaft, ein Prädikat der Dinge ist, so wenig ist es die Art, wie Realität für mich da ist, das Bewußt-sein. So kann dieser erste Satz der Philosophie als Satz des Bewußtseins oder der Korrelation von Sein und Bewußt-sein bezeichnet werden. Die Gültigkeit dieses Satzes hat keine Schranken. Fassen wir den Ausdruck: Inhalt des Bewußtseins, Im-Bewußtsein-Auftreten in der Genauigkeit, in der er Ausdruck des Erlebnisses ist. Phänomenalität bezeichnet die Art, wie Inhalte im Erlebnis da sind. Bewußtsein ist nicht der Träger, das Subjekt, an dem die Inhalte auftreten, Bewußtsein ist nur ein zusammenfassender Ausdruck für die allen Inhalten gemeinsame Art, wie sie erlebt werden. Alle Inhalte sind so da. Alles, was Inhalt des Erlebnisses sein kann, was als Sein in ihm auftritt, was als real aufgefaßt wird, unterliegt selbstverständlich diesem Satze. Das Bewußt-sein kommt allem Sein, jedem Inhalt zu. Nicht in der Art einer Eigenschaft desselben, sondern in einer ihm eigenen, entweder hier nicht oder überhaupt nicht näher angebbaren Art. Es ist aber schlechthin unerlaubt, dies Verhältnis umzusetzen in das eines Bewußtseins, welches der Träger der Inhalte wäre, die wechselnd in ihm auftreten. Es ist schlimm, daß nach der Natur der Aussage, des sprachlichen Satzes dies Wort immer wieder sich aufdrängt. An dies Wort schließt sich das Phantom eines allgemeinen Be-
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wußtseins. In Wirklichkeit tritt diese Bestimmtheit an verschiedenen Inhalten auf. In der Art, wie sie auftritt, ist kein Grund gegeben, sie auf ein gemeinsames Subjekt zu beziehen. Und zwar liegt in diesem (von uns erworbenen) Tatbestand weder ein Einzelbewußtsein als Träger noch ein allgemeines Bewußtsein. Es muß so dem weiteren Verlauf unserer Untersuchung überlassen bleiben, ob andere im Wissen gelegene Momente zur Annahme eines allgemeinen Bewußtseins, eines überindividuellen Ichs uns hinführen. Dieser Satz der Phänomenalität gilt ebenso gut wie von der gegenständlichen Welt auch von dem Subjekt, das sich in dem Zusammenhang des Lebens auf sie bezieht. Dieses Subjekt ist ein Inhaltsvermögen, das im Erlebnis in der Art des Bewußtseins gegeben ist. Es tritt im empirischen Bewußtsein auf unter anderen Subjekten. Es gehört mit der Außenwelt derselben räumlichen Ordnung an, indem es in ihr eine Stelle einnimmt. Schon hierdurch hat es eine inhaltliche Bestimmtheit. Es ist ferner zugehörig zu einem Körper. Es besitzt eine Eigentümlichkeit, die es von anderen Subjekten unterscheidet.100 4. Ich bezeichnete diesen Satz, der aller Philosophie zugrunde liegt, als den des Bewußtseins oder der Korrelation von Sein und Bewußt-sein. Ohne Sein kein Bewußtsein, ohne Bewußtsein kein Sein. Inhalt nur für Bewußtsein. Wie dieser Satz nun aber ebensowohl sich auf das Subjekt als auf die gegenständliche Welt erstreckt, umfaßt er zwei unterschiedliche Arten, in welchen Sein für uns da ist. Zwischen Außenwelt und Ich bewegt sich alles Leben. Die gegenständliche Welt ist gegeben in der sinnlichen Wahrnehmung und wird aufgefaßt im gegenständlichen Denken. Die Realität dieser Welt ist Voraussetzung für die Realität des Lebens im empirischen Bewußtsein.101 So weit rückwärts Erinnerung: um mich Gegenstände gleich denen, die mich heute umgeben. Diese Außenwelt erstreckt sich von meinem Leibe nach drei Dimensionen in unermeßliche Form. Dort schweben im grenzenlosen Raume ungeheure leuchtende Kugeln; unter ihnen solche, deren Licht Jahrtausende bedarf, zu mir zu gelangen, obwohl es in einer Sekunde 42 000 Meilen durchläuft. Wir haben Grund anzunehmen, daß mehr als eine halbe Million Gestirne im Ozean des unermeßlichen Raumes rollen und schweben, und es ist ganz unbekannt, wie diese Zahl sich zu der verhält, die tatsächlich stattfindet. Ich selbst erscheine mir wie ein Infusorium in einem Wassertropfen, den der Wind fortbewegt. Ich besinne mich nun aber darauf, daß diese ganze Welt nur Inhalt ist, der für ein Bewußtsein da ist, daß diese Außenwelt, alle Objekte in ihr, selbst die Personen ihre Existenz für mich nur als Tatsachen des Bewußt-
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seins haben. Das Bewußt-sein ist die Art und Weise, wie sie bestehen, als bewußt nur existiert für mich der unermeßliche Raum – selbst die Felsen, die mich umstarren und mir den Weg versperren – Farbe nichts ohne das Auge, das sie sieht – Dichtheit ohne Tastsinn – Ausdehnen ohne Zusammenhang von Getast und Gesicht – selbst Materie und Kraft – um mich nichts, ohne daß ein unablässiges Spiel von Lust und Unlust im menschlichen Herzen. Alle äußere Wirklichkeit ist nur in Beziehung auf mein Bewußtsein und als dessen Inhalt für mich da – als Objekt für ein Subjekt. Erläuterung dieses Satzes. Jedes Ding ist ein Zusammenhang von geistigen Tatsachen. Apfel – äußere Eigenschaften – zerschneiden. Ich kann auch nicht sagen, daß diese Wahrnehmung sich auf einen Gegenstand beziehe. Der Gegenstand ist nur die Zusammenfassung meiner Wahrnehmung mit Denken. Diese Zusammenfassung übernimmt nur aus der Wahrnehmung die Realität des Wahrgenommenen. Spekulative – dichterische Antizipation. Vedanta, Traum des Brahmanen. Täuschung der Maja. „Wer forschend alle Wesen im eignen Selbste findet / Für den entweicht der Irrtum, / Und alles Leiden schwindet.“102 Shakespeare: Wir sind ein solches Ding, aus Träumen etc.103 Calderon: In „den Räumen / Dieser Wunderwelt ist eben / Nur ein Traum das ganze Leben; / Und der Mensch (das seh’ ich nun) / Träumt sein ganzes Sein und Thun“ / „Kurz, auf diesem Erdenballe / Träumen, was sie leben alle.“104 Vedanta – Eleaten – Augustin[us]. Descartes: Wenn ich mir die Sache sorgfältig überlege, so finde ich kein Merkmal, worin Wachen von Träumen zu unterscheiden ist. So sehr gleichen sich beide, daß ich ganz stutzen muß und nicht weiß, ob ich nicht in diesem Augenblick träume.105 Das Bewußtsein vom Subjekt oder vom Ich ist fundiert in den Erlebnissen, in denen Zuständlichkeiten erfahren werden. Es ist aber in ihnen nicht einfach enthalten. Ich finde mich als einen, der will, der sich von Gegenständen unterscheidet, durch sie schmerzhaft affiziert wird, sie vermeiden will. Doch auch dies Ich ist für mich erst im gegenständlichen Auffassen da. Wenn ich Ich sage, so ist dies nur ein Ausdruck für eine Zusammenfassung von Erlebnissen – ein in ihnen enthaltener Komplex von Inhalten, der in der Art des Bewußtseins gegeben ist. Sofern er mehr als ein Ausdruck sein will, ist der Begriff unberechtigt. Der Ausdruck bedeutet diese Erlebnisse. Er enthält mehr als in jedem einzelnen Erlebnis liegt. Ich suche das zu verdeutlichen. Ich spreche von einer Tätigkeit des Denkens. Schon dieser Ausdruck Tätigkeit ist nur der Ausdruck für einen Teilinhalt in einem Erlebnis. Ich erlebe am Merkmal der angestrengten Arbeit die Tätigkeit des Denkens. Ich erlebe den Impuls, der mich
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antreibt, die Lage, in der ich mich befinde, zu verändern. Der Ausdruck Wollen ist nur Ausdruck für dies Erlebnis. In ihm nichts etc. Und nun gar das Ich, das denkt und will, der Einheitspunkt dieser Tätigkeit ist ein Erlebnis! Es entsteht erst als Gegenstand des auffassenden Denkens. Diese Einsicht ist die tiefste, zu der Kant gekommen ist. Wie unvollkommen er es aussprach, das Affiziertwerden vom Subjekt, wie zweifelhaft die Konsequenzen waren, die er aus dieser Einsicht zog: er erkannte, daß das im Zeitverlauf mit sich identische Ich als das Subjekt der Wahrnehmung, des Denkens, der Gefühle und des Wollens nicht Erlebnis, sondern nur Gegenstand des auffassenden Denkens ist. Das Verfahren, das in den nachfolgenden logischen Erörterungen angewandt ist, hat in den bis hierher gegebenen Beschreibungen und Zergliederungen seine Grundlage, welche die Fundierung des Wissens betreffen. Es geht aus von einer Deskription der Denkerlebnisse und versucht aus ihnen einen Zusammenhang von Begriffen abzuleiten, welcher die Natur dieser Denkerlebnisse angemessen ausdrückt. Der Struktur des Lebens, wie sie die deskriptive Psychologie beschreibt, entspricht die des Wissens. Es erstreckt sich von der Erkenntnis der Wirklichkeit durch die Schätzung der Werte zu den Regeln, die das Handeln bestimmen. Faßt man die Lehre vom Wissen in diesem ihren ganzen Umfang, dann entsteht die Aufgabe, seinen Zusammenhang, den Charakter der Akte, in denen es sich vollzieht, seine Architektonik so zu bestimmen, daß sie für diese drei Klassen desselben Geltung haben.
2. Die Voraussetzungslosigkeit der Philosophie106 Es kann nun erläutert werden, welchen Sinn der Ausdruck Voraussetzungslosigkeit der Philosophie haben kann. Er bezeichnet nicht, daß sie ohne Gegenstand beginnt und ihren Gegenstand selbst erzeugt. Dies ist die lächerliche Vorstellung, die aus den Mißverständnissen der spekulativen Schule entstanden ist. Diese hat freilich Anlaß genug zu diesen Mißverständnissen gegeben. Die Methode Fichtes. Man glaubt hervorzubringen und findet doch nur, was man schon hat. Da das Leben immer da ist mit dem, was in ihm enthalten ist, so holt der Philosoph aus ihm nur heraus. Philosophie ist nur insofern voraussetzungslos, als das Leben, Erfahrung und Erfahrungswissenschaften von ihr nur als Tatsachen des Bewußtseins anerkannt werden. Jede in ihnen gesetzte Realität, die des Ich etc., fundiert die Philosophie nur, daß sie im empirischen Bewußtsein gesetzt ist. Keine Realität wird hinzugenommen als die unmittelbar gegebene, nicht weiter reduzierbare, daß im Bewußtsein diese Verhaltungsweisen etc. gegeben sind. Dies ist das, woran zu zweifeln keinen Sinn
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mehr hat. Man müßte denn an dem Zweifel selbst zweifeln. Der Skeptizismus würde sich selbst aufheben, wenn das Zweifeln keine Existenz mehr hätte. Der Schluß auf das Subjekt des Zweifelns in Descartes falsch etc. Die beiden Methoden ihn aufzulösen:107 1. Die Garantie, daß im gesetzmäßigen Denken die Grundlage der einzelnen positiven Wissenschaften liegt. 2. Analysis der Gesetzmäßigkeit = Aufgabe der Logik. Es gibt keine voraussetzungslose Philosophie. Als das Individuum den cartesianischen Entschluß faßte, alle Voraussetzungen abzuschütteln: hätte es gerade dessen innewerden müssen, daß es inmitten des vorhandenen Denkzusammenhangs nicht einen absoluten isolierten Anfang machen könne. Dies ist ein fundamentaler erkenntnistheoretischer Irrtum. Wir können nur in einem umfassenden Vorgang historischer Selbstbesinnung uns des fortschreitenden Ganzen der menschlichen Intelligenz bemächtigen: an ihm Funktion, Richtung, Gesetz der Erkenntnis studieren. Wir können das, was in dem Erkenntniszusammenhang der Menschheit, in welchen wir eintreten, überall gleichmäßig enthalten ist, uns zum Bewußtsein bringen. Dies besteht aber nicht nur in den logischen Prinzipien und Formen, sondern ebenso in der Sicherheit, daß Objekte und Personen da sind, welche für einen gültigen Erkenntnisprozeß die Beziehungen enthalten. Ferner schließt, daß wir uns den psychischen Prozessen, wie dem Gedächtnis, anvertrauen, solche Voraussetzungen ein. Die anhebende Philosophie fragt nun, welche von diesen Voraussetzungen ihr für ihre Analysis der Gegebenheit unentbehrlich seien. In ihrer Vorausnahme liegt der unvermeidliche Zirkel der menschlichen Erkenntnis.108 So ist also dieser Zirkel des Erkennens unüberwindlich, wenn das Denken als absoluter Anfang aufgefaßt wird. Wird er aber von Tatsachen der Erfahrungswissenschaften als Ausgangspunkt anerkannt, dann ist darin ihre Erwartung begründet, daß das Denken in seinen Operationen die Mittel zu einer mit den Erfahrungen übereinstimmenden Theorie habe. Wir beginnen also mit einem Denken, welches sich richtet auf das Bewußtsein und die Erscheinungen, welche in dem Bewußtsein enthalten sind. Wenn wir diese Erscheinungen in ihrem ganzen Umfang durchlaufen, so ist für die Wissenschaftslehre die wichtigste derselben das Auftreten einer allgemeingültigen Erfahrungswissenschaft in dem menschlichen Bewußtsein. Dies ist die Tatsache, welche das eigentliche Zentrum und das feste Fundament der Wissenschaftslehre ausmacht. Können wir nun – so fragen wir jetzt weiter – den Zusammenhang der Erfahrungswissenschaften, wie er in dem wissenschaftlich geschulten Bewußtsein auftritt, ohne weiteres als das Mittel gebrauchen, um uns der Realität und Gültigkeit unserer Erkenntnis zu versichern? Die Erfah-
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rungswissenschaft ist nach Ort und Zeit und Sprache und Nation doch nicht schlechthin in ihrer ganzen Ausbildung gleich; sie entsteht erst allmählich, sukzessive, wir sind mitten in der Entwicklung derselben. Welches Recht haben wir, diese gleichsam wie ein in sich vollkommenes Gebilde zu gebrauchen? Antwort: Die Philosophie hat es nicht zu tun mit demjenigen an den Erfahrungswissenschaften, was noch im Fluß, in der Entwicklung, in der Veränderlichkeit begriffen ist. Sie hat es nur zu tun mit dem durchgehenden und allgemeinen Typus von Zusammenhang des Erfahrungswissens, welcher sich als überall gleich und seit der Konstruktion der Erfahrungswissenschaften als konstant erwiesen hat. Dies war die Weisheit von Kant, daß er in seiner Vernunftkritik sich nur an die großen Züge der Erfahrungswissenschaften gehalten hat. Diese aber enthalten einen vollständig gültigen Typus der wissenschaftlichen Erkenntnis, und zwar zeigt sich derselbe in drei verschiedenen Formen; das Wesentliche liegt in der mathematischen Naturwissenschaft. Daneben tritt dann der andere Typus der Betrachtung der Struktur des organischen Lebens, und endlich der dritte Typus: Studium geistiger Tatsachen. Das sind die Grundlagen von wissenschaftlichem Erkennen, welche nur in ihren allgemeinen und überall gleichen Zügen die Wissenschaftslehre vor Augen hat, indem sie ihre Sätze ableitet. Die Grundlegung der Philosophie hat es, wie wir gesehen haben, nicht mit einer bloßen Zergliederung des Bewußtseins zu tun, wie dasselbe als individuelles Bewußtsein vorliegt; nicht mein Bewußtsein und die individuellen Phänomene desselben bilden den Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie. Nehme ich diesen Ausgangspunkt, zergliedere ich dies Bewußtsein, bestimme ich die Art, wie in ihm Wahrnehmung als wahr, Begriff, Axiom als gewiß, notwendig, einleuchtend gegeben ist, dann kann ich aus diesen Bestimmungen der Art, wie Wissen in meinem Bewußtsein auftritt, keine Schlüsse machen, welche mich auf die Realität einer von mir unabhängigen Wirklichkeit führen. Dies war der irrige Weg, welchen die Engländer, insbesondere Hume, eingeschlagen haben. Dieser große Denker glaubte, aus den Bewußtseinseigenschaften, von welchen menschliches Wissen begleitet ist, Schlüsse machen zu können. Grade von einleuchtender Kraft, mit der Wahrnehmungen auftreten, Evidenz, welche den Vergleichungen unserer Vorstellungen zukommt, Evidenz, welche den Schlüssen als solchen beiwohnt: aus solchen Bewußtseinseigenschaften wollte er folgern; und diese Folgerung sollte ihn dahin führen, über Wirklichkeit äußerer Objekte etwas auszusagen. Dies ist ein Weg, der zu keinem Resultat führt. Der Ausgangspunkt liegt also vielmehr in meinem Bewußtsein, sofern dasselbe in sich einen Zusammenhang der Erkenntnis enthält, welcher die Übereinstimmung mit andern von mir vorgestellten Bewußtseinen in sich schließt, ein Zusammenhang, der also über mein Be-
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wußtsein hinausreicht. Ich sage nur: Der Zusammenhang aller Erkenntnis, von welchem die Grundlegung ausgeht, erstreckt sich über das Denken aller Personen, sofern dasselbe ein einmütiges ist, das eine innere Folgerichtigkeit eines wissenschaftlichen Konnexes enthält. Gewiß ist das alles in meinem Bewußtsein gegeben – dabei bleibt es, ich überschreite nicht mein Bewußtsein – aber ich finde in meinem Bewußtsein diesen Zusammenhang eines gegenständlichen Denkens, welcher dasselbe in jedem möglichen Bewußtsein ist und alle von mir vorgestellten Glieder der Menschheit als Glieder desselben Denkprozesses umfaßt: jeder denkt mit mir, jeder Schriftsteller, den ich lese, denkt mit mir. Wie der Zusammenhang von diesem allen, der Zusammenhang der gesamten Erkenntnis in dem menschlichen Geiste zustande kommt, das ist es, was ich in meinem Bewußtsein aufsuche, und das ist es, was für mich die Grundlage einer Erkenntnistheorie bildet; allein es ist in meinem Bewußtsein, aber es ist ein Zusammenhang, der in meinem Bewußtsein auftretend sich gibt als Konnex des wissenschaftlichen Denkens schlechtweg. Und dieser Zusammenhang stellt sich dar als ein Erkennen der Gegenstände, als ein Erkennen der gegenständlichen Welt. Dieser ist es, welchen wir jetzt etwas näher betrachten müssen. Wir müssen ganz absehen von jener formalen Logik, welche das Denken für sich betrachtet, getrennt von seiner Leistung, ein gegenständliches Vorstellen herbeizuführen. Eine solche formale Logik ist eine unfruchtbare Abstraktion, und alles Denken besteht nur in der Relation zu Wirklichem, welches durch es gedacht wird; auch da, wo wir Werte vergleichen, Ziele feststellen, Verhältnisse von Zweck und Mitteln aufsuchen, ist Beziehung auf eine Wirklichkeit mitgedacht, innerhalb deren unser Handeln verläuft. Bei dieser Gelegenheit bemerke ich, daß die heute beliebte Betonung der Normen des menschlichen Geistes als solchen, unabhängig von der Wirklichkeit, die ein höheres Dasein über derselben gleichsam führen sollen, daß diese Betonung der Normen des Denkens, des Wollens, des ästhetischen Fühlens etc. nie losgelöst werden darf von der Wirksamkeit des Subjekts, in welchem diese Normen auftreten, von Gegenständen, auf welche sie sich beziehen. Es ist unfruchtbar, eine solche Theorie der Normen zum Ausgangspunkt der Erkenntnis machen zu wollen. Gegenständliches Denken nennen wir Erkennen; das Erkennen führt seinen Selbstbeweis in den Erfahrungswissenschaften und der rationalen Regelung der Zweckzusammenhänge des Lebens. Dieser Selbstbeweis liegt darin: durch logische Gesetzmäßigkeit des Denkens wird Übereinstimmung unserer Schlüsse und unseres Handelns mit der Wirklichkeit erreicht. Ich versuche diesen Selbstbeweis zu verdeutlichen: die Erfahrungswissenschaften haben zu ihrem Stoff den Wechsel der Eindrücke, Bilder, Vorstellungen. Aus ihnen konstruiert schon die tägliche Erfahrung des empirischen Be-
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wußtseins eine gegenständliche Welt. Die Erfahrungswissenschaft entdeckt die dieser Welt einwohnende Gesetzmäßigkeit. Als mathematische Naturwissenschaft konstruiert sie einen in sich geschlossenen Zusammenhang der Welt der Erscheinungen nach Gesetzen, eine Ordnung, welche im Bewußtsein auftretend hinausreicht in ihrem Zusammenhang über das Leben des Individuums. Das Individuum erzeugt in sich selbst diese zeitlose Ordnung in seinem flüchtigen Dasein, diese in sich zeitlose Ordnung nach Gesetzen, diesen gegenständlichen Zusammenhang, der vor ihm war und nach ihm sein wird; und zwar gestattet die Erkenntnis der Ordnung dieses gegenständlichen Zusammenhangs nach Gesetzen Zukünftiges vorauszusagen, den Wahrnehmungen, die erst eintreten sollen, ihr Gesetz vorzuschreiben; sie ermöglicht, nach Gesetzen Kommendes vorauszusagen und der Wahrnehmung jetzt Unerreichbares festzustellen. So erweist sich die Gültigkeit dieser gegenständlichen Ordnung nach Gesetzen fortschreitend dem menschlichen Geiste in der Erweiterung der Erfahrungserkenntnisse. Das Gravitationsgesetz von Newton erwies sich fähig, angewandt zu werden auf Phänomene, aus denen es nicht abgeleitet war; sobald diese mit ihm in Beziehung gebracht wurden, konnten auch sie aus diesem Gesetz begreiflich gemacht werden. Und Gesetze der Optik und Akustik gestatten Erscheinungen zu erklären, welche immer neu auftreten, noch nicht in Rechnung gezogen waren und abgeleitet werden konnten. Also hierin liegt schon ein beständiger Selbstbeweis für diese gegenständliche Ordnung der Erscheinungen, welche die mathematische Naturwissenschaft erzeugt. Vor allem aber ermöglicht sie, den Inbegriff aller Erscheinungen von Gegenständen, ebenso die fremden Bewußtseine, die in unserem Bewußtsein auftreten, kurz, den gesamten Inbegriff dessen, was in unserem Bewußtsein auftritt, als Folge derselben gesetzmäßigen gegenständlichen Ordnung abzuleiten. Jeder besitzt in seinem Bewußtsein erstlich Gegenstände, Erinnerungen an diese Gegenstände und ihre Abweichungen, dann aber hat er auch Bilder von anderen Personen, er hat Bilder von den Reden, Auseinandersetzungen dieser Personen; diese Personen stehen in Relation mit ihm in Bezug auf Gegenstände: Er erblickt dieselben Gegenstände wie sie, er spricht sich mit ihnen über diese Gegenstände aus. Und nun stellt sich heraus, daß alle die Bilder, die er von fremden Personen hat, von den Bildern, die diese fremden Personen haben, begriffen werden können gleichsam als perspektivisch so bestimmt, daß sie abgeleitet werden können aus ein und derselben gegenständlichen Ordnung nach Gesetzen. Diese Tatsache ist es, die schließlich immer die Garantie für die gegenständliche und reale Gültigkeit unserer Erkenntnis verbürgt. Hierbei ist selbstverständlich, diese gesamte Ordnung nach Gesetzen ist nur eine Ordnung der Erscheinungen, sie gibt uns keine Objekte an sich; wenn sie
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mit Atomen rechnet oder mit chemischen Elementen, so sind das keine Objekte an sich selbst. Das Gültige und Reale ist die gesetzlich-gegenständliche Ordnung selbst in ihren Relationen. Sie ist das, was wir unbedingt wissen. Zu demselben Schluß führt uns die Zergliederung der Zweckzusammenhänge in unserem Bewußtsein. Diese bildet das unerläßliche Korrelat zu den Erfahrungswissenschaften der Natur. Ich vollziehe einen Zweckzusammenhang, und wäre es auch nur, daß ich zweckmäßige Bewegungen mache, durch die ich einer elektrischen Bahn ausweiche. Dieser Zusammenhang bezieht sich auf eine von mir vorausgesetzte, von mir unabhängige Wirklichkeit. Ferner: In allen Zweckzusammenhängen schreibe ich mir als einem zwecksetzenden Wesen einen Wert zu; ich finde mich daran gebunden, auch den Selbstwert anderer Personen anzuerkennen. All das sind Tatsachen, die in meinem Bewußtsein auftreten. Sie stehen allesamt unter der Bedingung der Realität einer Ordnung, auf welche mein Denken sich bezieht. Diese Ordnung nach Gesetzen, diese selbständigen Personen außer mir, diese Richtung meines Handelns auf eine Außenwelt setze ich beständig voraus; und das Gelingen meiner Handlungen, das Zutreffen der Bewegungen, welche ich entwerfe, ausgehend von der Annahme der gesetzlichen Ordnung der gegenständlichen Welt, erweist mir immer neu die Realität einer gegenständlichen Ordnung nach Gesetzen; mein Handeln setzt diese immer voraus, und indem sein Gelingen, ja indem der Bestand der ganzen sittlichen Welt permanent an diese Voraussetzungen gebunden ist, finde ich mich innerlich genötigt, diese gegenständliche Welt anzuerkennen.
3. Das Verfahren der Philosophie und ihre Ziele109 Wir haben in völliger Voraussetzungslosigkeit und mit dem Willen strenger Aufrichtigkeit den Tatbestand hingestellt, welcher der Philosophie gegeben ist. Leben, Erfahren, Erfahrungswissenschaften bilden einen in dem Bewußtsein auftretenden Zusammenhang. Dieser ist zusammengehalten durch das Denken, welches in den Erlebnissen fortgeht zu dem Zusammenhang, in dem sie stehen, zu den Beziehungen, in denen sie zu Gegenständen verbunden werden. Diese Gegenstände sind im empirischen Bewußtsein angelegt und werden im Erfahren und in den Erfahrungswissenschaften zur Erkenntnis gebracht. Erkenntnis ist ein Urteilen, Schließen, Begriffe bilden, welches mit dem Erlebten und gegebenen Tatsachen zur Deckung gebracht werden kann. Nur dieses immanente Verhältnis ist es, was im Begriff des Erkennens (zunächst) enthalten ist. Erkenntnis umfaßt das Subjekt und die gegenständliche
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Welt, die besteht aus Personen und Sachen. Aber dieses empirische Bewußtsein enthält keine ausreichende Auskunft über sich selbst. Der Ursprung der in ihm überall wiederkehrenden Grundbestandteile ist ihm selber unbekannt. Das Bewußtsein der Realität seiner Faktoren ist da, ohne daß wir von seinem Ursprung etwas wissen. Raum, Zeit, Kategorien, Formen des Denkens, Denkgesetze funktionieren in diesem empirischen Bewußtsein, und auch über ihren Ursprung wissen wir nichts. Wir wissen nichts von den Vorgängen, die unseren Erinnerungen voraufgehen, viele Vorgänge verlaufen unmerklich, unbeachtet von uns, und verschwinden spurlos. Wir finden die Gegenstände im empirischen Bewußtsein vor, wissen aber nicht, wie sie sich in ihm gebildet haben. Wie ist aus den Erlebnissen das Ich entstanden? Woher stammt die Überzeugung von der Realität der gegenständlichen Welt? Wie ist die Unterscheidung von Sachen und Personen innerhalb dieser gegenständlichen Welt entstanden? Ein unermeßlicher Nebel breitet sich über dieses alles für denjenigen aus, der innerhalb des empirischen Bewußtseins verbleibt. Und auch wer innerhalb einer Erfahrungswissenschaft sich bewegt, findet alles um sie her und ebenso die Voraussetzungen für die Realität dessen, was seine Erfahrungswissenschaft ausmacht, für die Möglichkeit des Wissens in ihr, von Dunkel umgeben. Das Wissen, daß alle diese Realitäten nur im Bewußtsein da sind, steigert nur die Unerträglichkeit eines solchen Zustandes des Geistes. Zwecke treten in diesem auf, woher? Werte gelten, warum? Realitäten werden angenommen ohne Bewußt-sein von dem Grund davon. So ist mit dem Satz des Bewußtseins ein Streben gegeben, die Einschränkung unseres Wissens auf bloße Bewußtseinstatsachen aufzuheben. Die allgemeinste Antwort ist: Analysis des empirischen Bewußtseins, der Erfahrungen und Erfahrungswissenschaften muß das Verfahren sein. Sofern in Kant und Fichte der Satz des Bewußtseins oder der Korrelativität ganz durchgeführt ist, haben die verschiedenen Schulen diese Analysis verschieden etc. Seitdem es Philosophie gibt, suchte sie vom Erlebten und Gegebenen aus Erkenntnis vom Zusammenhang der Wirklichkeit. Wie nun aber die Einsicht wuchs, daß die Welt nicht so ist, wie sie in dem Bewußtsein auftritt, ja das Ich selbst ein Gebilde des Denkens ist, wurde die Aufgabe der Philosophie immer nötigender und schwerer. Es ist unmöglich, bei dem Satz des Bewußtseins, der Phänomenalität der Außenwelt, der Intellektualität des Subjektes stehen zu bleiben.110 Ich versuche den Weg anzudeuten, den wir gehen müssen, die Resultate in der Ferne schon zu zeigen, zu denen wir gelangen. Dies gibt die Möglichkeit, die Schritte nachzuprüfen, die wir zu tun haben, um zu diesen Ergebnissen zu gelangen.111 Die erste Einsicht besteht darin, daß alles, was in Leben, Erfahren, Erfahrungswissenschaft auftritt, fundiert ist in den Erlebnissen. Jedes Erlebnis aber,
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so werden wir weiter erkennen, ist eine Beziehung von Verhaltungsweisen zu Inhalten. Mein wahrnehmendes Verhalten samt seiner Beziehung auf den Gegenstand ist so gut ein Erlebnis als mein Gefühl über etwas oder mein Wollen von etwas. Das Erleben ist immer seiner selbst gewiß. Da nun das Erleben den Rechtsgrund für den ganzen Zusammenhang meines Wissens über physische Gegenstände bildet, so muß ich das Erleben in bezug auf die in ihm enthaltene Gewißheit zergliedern. Inhalte, wie ein Rot oder Blau, und Verhalten, wie das Auffassen des Rot und das Gefallen an ihm, sind für mich da. Dieses Fürmich-da-sein kann als Bewußt-sein oder als Erleben – wenn dies Wort weniger auf den Lebensvorgang selbst als auf die Art, wie er da ist, genommen wird – bezeichnet werden. Für mich da ist sowohl eine im Vorstellen auftretende Sinnesqualität als ein Schmerzgefühl oder ein Streben, und ebensowohl ein mathematisches Verhältnis als mein Bewußtsein von Bindung durch einen Vertrag. Der Ausdruck Für-mich-da-sein ist schon eine Reflexion über den vorliegenden Tatbestand, da hier derselbe als einem Ich angehörig bestimmt wird. Die Realität, die so im Erlebnis selbst gegeben ist, bezieht sich selbstverständlich nur auf das Erlebnis selbst, nicht aber auf die Wirklichkeit dessen, was etwa im Wahrnehmungserlebnis angenommen wird. Ich vernehme hinter meinem Bett ein Geräusch und nehme eine Person etc. Daß das Auffassen diese Annahme macht, ist real. So kann hier nicht einmal die Frage entstehen, ob der Bewußtseinstatbestand ist. Ein Gefühl ist, sofern es gefühlt wird, und ist so, wie es gefühlt wird: Das Bewußt-sein von ihm und seine Beschaffenheit, sein Gegeben-sein und seine Realität sind nicht voneinander verschieden. Für-uns-da-sein, Uns-gegeben-sein oder Tatsache des Bewußtseins-sein, das sind nur verschiedene Ausdrücke für denselben Tatbestand, nach welchem nicht dem Auffassen ein Objekt gegenübersteht, sondern dieses und die in ihm gegebene Tatsache eins sind. Will ich dies als Innewerden bezeichnen, so muß dies doch so verstanden werden, daß die Beziehungen von Sinnesinhalten auf einen Gegenstand gerade so gut als ein Gefühl oder Streben für mich da sind; inadäquat bleibt der Ausdruck, da es sich vielmehr um ein Inne-sein handelt, und jede irgendwie gefaßte Annahme über einen Akt, durch welchen dies Innewerden möglich ist, hiermit nicht gemeint ist. Hieran schließen sich die Aussagen über Erlebtes. Sie entstehen, indem ich auf das Erlebnis achte. Was geschieht nun, wenn ich mich frage, was darin ist. Hier liegt ein wichtiges Problem für die Begründung der Geisteswissenschaften. Ich liege des nachts wachend, ich sorge um die Möglichkeit in meinem Alter, die begonnenen Arbeiten zu vollenden, und ich leide tief in dieser Sorge. Da ist ein struktureller Bewußtseinszusammenhang, in welchem gegenständliches Auffassen die Grundlage bildet und eine innere Beziehung von Ge-
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fühlen sich als Sorge um und als Leiden über den gegenständlich aufgefaßten Tatbestand auf ihn bezieht: Dasselbe ist als Tatsachenkomplex meines Bewußtseins für mich da. Und dies Innewerden und das, dessen ich innewerde, sind eins. Ich kann nun auf diesen Tatbestand achten. Eine innere Beobachtung, sei es des Erlebnisses oder seines erinnerten Bestandes tritt ein. So wird er mir zum Gegenstande. Was ich aber bemerke und wodurch ich mir so inhaltlich den Gegenstand aufkläre, das ist in dem Erlebnis selbst enthalten oder es repräsentiert als Erinnerung mir den Gegenstand. Insofern ist der Gegenstand dem Erlebnis immanent. Andererseits vollzieht sich eine Sonderung des Erlebnisses vom Gegenstand: dieser wird ihm partiell transzendent. Und hier ist nun das Entscheidende, daß diese partielle Transzendenz in dem Erlebnis selber sowie in dem Verhältnis des Auffassens zu ihm gegründet ist. Indem ich auf den Zustand achte, bringe ich die strukturellen Beziehungen, die in dem Gefühlszustand liegen, zu distinguierendem Bewußtsein. Ich hebe sie durch die elementaren logischen Operationen heraus, isoliere sie, identifiziere die strukturelle Beziehung im gegenwärtigen Erlebnis mit der in früheren Erlebnissen. In einzelnen auseinanderliegenden Momenten kann ich, während ich so daliege, einzelne Züge des Erlebnisses herausheben, von denen dann wieder andere abhängen. Und indem ich diese dem Erlebnis immanenten Beziehungen so distinguiere, wird mein Auffassen vom Erlebnis selbst fortgezogen aufgrund der in demselben enthaltenen Struktur zu den strukturell mit ihm verbundenen, es begründenden Erlebnissen. Die Vorstellung meiner Manuskripte ist die Auffassungsgrundlage meines Erlebnisses und ich sondere dieselbe aufmerkend aus. In dem Gefühl über dies Gegenständliche sondere ich das der Müdigkeit als Grundlage und das der so begründeten Sorge um die Vollendung dieser Manuskripte. Ich bringe mir die strukturellen Beziehungen dieser Bestandteile zum Bewußtsein. Und eben infolge der strukturellen Natur dieser Erlebniseinheit fordert das Auffassen den Fortgang zu rückwärts gelegenen strukturell zusammenhängenden Erlebnissen. Ich bin müde vom Arbeiten, ich weiß von dem Inhalt meines Schrankes durch Musterung, ich sorge mich um fertig Daliegendes, dessen Vollendung noch unberechenbare Arbeit von mir verlangt. All dies Über, Von und Auf, all diese Beziehungen des Erinnerten auf das Erlebte, kurz, diese strukturellen inneren Beziehungen müssen von mir, der ich jetzt die Fülle des Erlebnisses auffassend erschöpfen will, aufgefaßt werden. Und eben um es zu erschöpfen, muß ich rückwärts im strukturellen Gefüge zu den Erinnerungen anderer Erlebnisse zurückgehen. Die Beziehung der Erinnerungen auf frühere Erlebnisse berechtigt mich, die Erinnerungen einzubeziehen in die Beziehung zu dem gegenwärtigen Erlebnis. Nur ein solches ist als Gegenwart, als wirkliches Erlebnis gegeben, die anderen etc.
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So entsteht die Auffassung des psychischen Zusammenhangs. Diese wird Gegenstand des Auffassens. Das Erlebnis ist jetzt auf den psychischen Zusammenhang bezogen, dessen Teil es ist. Es ist nun für das zusammenfassende Bewußtsein ein Teil unter anderen Teilen, die einen Zusammenhang ausmachen. Aber die besondere Natur des psychischen Gegenstandes wird nicht erschöpft durch das Verhältnis des Einzelerlebnisses als eines Teils zum Ganzen als einem psychischen Zusammenhang. Der Sachverhalt der Struktur, der in einem bestimmten Verhalten gegründeten Struktureinheit des Erlebnisses, der strukturellen Beziehungen der Erlebnisse untereinander, endlich der Strukturbeziehungen der Verhaltungsweisen zueinander ist das Begründende in der Bildung der Anschauung des psychischen Zusammenhangs. Wenn wir uns fragen, was gemeint sei, wenn wir von ihm sprechen, so ist es, im Unterschied von einer großen Summe oder von einem Inbegriff von Teilen, die ein Ganzes ausmachen, eine durch übergreifende und alle Glieder verbindende Beziehungen konstituierte Einheit des Seelenlebens. Gerade so wie im Begriff des Subjektes oder des Ich es das Verhalten zum Gegenstand ist, sonach die strukturelle Beziehung in dem Erlebnisakt und dieser aufeinander, was diesen Begriff erst konstituiert. So ist der psychische Gegenstand nichts anderes als struktureller Zusammenhang. Nicht ein Subjekt oder Ich, das aus sich Verhaltungsweisen hervorbrächte etc., sondern rundweg nichts als der Zusammenhang der Verhaltungsweisen. Und an diesem Zusammenhang können nun Gesetzlichkeiten studiert werden. Psychologie als die Wissenschaft von den psychischen Gegenständen etc. Fassen wir das Verhältnis von Erleben und Auffassen psychischer Gegenstände zusammen. Aufmerksamkeit auf einen psychischen Tatbestand, Beobachtung desselben, Auffassen dieses Tatbestandes im psychischen Zusammenhang, Urteile über das Aufgefaßte und schließlich systematische Einheit des Wissens vom psychischen Zusammenhang: Diese verschiedenen Arten von Auffassen drücken alle Realität aus, sofern sie mit den Erlebnissen zur Deckung gebracht werden können. Denn überall haben wir es hier nur mit Repräsentationen des Erlebten zu tun. Ebenso bezeichnet der Begriff des psychischen Zusammenhangs eine Realität, sofern die Repräsentationen, durch die er hergestellt wird, im Erleben auf zweifellose Weise enthalten sind. Zwar stimmt das Auffassen, das im Erleben gegründet ist, mit dem, das im sinnlichen Anschauen fundiert ist, darin überein, daß es die Beziehung auf einen Gegenstand enthält: Es unterscheidet sich aber von ihm durch ein für die Theorie und Methode des Wissens auf diesem Gebiet bestimmendes Moment. Bestandteile, Regelmäßigkeiten, Verhaltungsweisen, innere strukturelle Beziehungen sind im Erleben selbst enthalten. Das Auffassen des psychischen Zusammenhangs ist ebenso eine unendliche Aufgabe als das der äußeren Objekte. Aber sie besteht nur
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darin, das in den Erlebnissen Enthaltene ihnen abzugewinnen. So wird die Realität des psychischen Gegenstandes zugleich immer besessen und immer begrifflich zu explizieren versucht. Und nun tun wir einen letzten Schritt. Der psychische Zusammenhang ist Gegenstand. Er ist gegeben als ein Inbegriff inhaltlicher Bestimmungen wie eine fremde Person oder wie eine Sache. Und auch darin gleicht er fremden Personen, daß er ein Bewußtseinszusammenhang ist, der in Zugehörigkeit zu einem Körper da ist. So hat er einen Ort im Raum, er steht in Relationen zu Objekten und Personen, er ist ein Individuum. Und nun ist der Satz unvermeidlich: das, was wir als Korrelat jedes Inhalts erkannten, ist diesen Individuen zugehörig. Zunächst ist der ganze Zusammenhang vom Erlebnis bis zum Erfahrungswissen der ganzen gegenständlichen Welt in dem Bewußtseinszusammenhang enthalten, der aus den Erlebnissen besteht. Das Ich – dies bezeichnet nichts anderes als den Zusammenhang der Erlebnisse, verknüpft durch Erinnerung und Denken, und zwar verknüpft in der besonderen Art, die besonders in den Verhaltungsweisen des Denkens und Wollens sich äußert und abstrakt als Einheit des Bewußtseins, Identität etc. bezeichnet wird. Denn das Wahrnehmen vollzieht sich immer an einer örtlich definierbaren Stelle, verhält sich von da zu den Gegenständen, faßt sie auf unter diesem Gesichtswinkel, gehört sonach schlechthin dem Individuum an. Wir werden aber sehen, wie die Wahrnehmung mit dem Denken so verbunden ist, daß das Denken unmöglich von den Leistungen dieses Zusammenhangs getrennt werden kann, und so fällt nur in das Individuum das Bewußtsein, in dem das Individuum sich selbst gegeben ist und eine Außenwelt ihm erscheint. Hiervon unterschieden ist der Idealzusammenhang, in welchem die gegenständliche Welt erkannt wird durch das Zusammenwirken der Individuen und die Gesetze des Erkennens in allen Individuen gleichmäßig wiederkehren. Diese Tatsache führt in eine uns unzugängliche metaphysische Tiefe. Man geht aber ganz unbewußt über sie hinaus, wenn man den Begriff eines allgemeinen Bewußtseins, eines überempirischen Ich entwirft. Die gegenständliche Welt Von dem Auffassen des psychischen Zusammenhangs unterscheidet sich nun das Auffassen der äußeren Gegenstände. Wie jenes charakterisiert ist durch seine Grundlage im Erleben und durch die Eigenschaften des Erlebbaren, so ist dieses charakterisiert durch seine Grundlage im sinnlichen Anschauen und dessen Grundeigenschaften. Vorgestellt werden in dem Sinne, daß der Inhalt dasteht, ist die vom sinnlich Anschaulichen unabtrennbare Art desselben, für mich da zu sein. Gefühle oder Strebungen sind Verhaltungswei-
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sen, die als Inhalte repräsentiert werden können, dagegen ist das sinnlich Anschauliche immer nur als Inhalt da. Das sinnlich Anschauliche enthält nun abgesehen von der grenzenlosen Mannigfaltigkeit der Inhalte auch Unterschiede in der Art, wie die Inhalte für mich da sind. Das freie Vorstellen einer Farbe oder eines Tons, das Auftreten unbestimmter Gesichtsbilder vor dem Einschlafen, das Phantasiebild eines Pflanzengewächses von Dimensionen und von einem Farbenglanz, welche die Wirklichkeit überschreiten, die Wahrnehmung eines Gegenstandes, die erinnerte Vorstellung desselben – dies sind die Bestandteile einer solchen Mannigfaltigkeit. Zwei Unterschiede treten hier besonders hervor. Das sinnlich Anschauliche ist entweder freie Vorstellung von etwas wie eine Farbe, oder es ist ein phantasiemäßig Angenommenes, wie jene Wildnis von Gewächsen, oder es ist ein Gegebenes, das durch den Wahrnehmungsakt bestimmt ist. Andererseits ist das sinnlich Anschauliche entweder in Beziehung auf einen Gegenstand, wie etwa eine Einzelwahrnehmung von der Stephans-Kirche, oder es steht ohne eine solche Beziehung vor mir da, wie eine vorgestellte Farbe oder ein Ton. Es bestehen nun zwischen diesen Formen in der Mannigfaltigkeit des sinnlich Anschaubaren folgende Verhältnisse, die sowohl für die Sonderung der Verhaltungsweisen als für die Theorie vom Wissen von Wichtigkeit sind. Denn sie betreffen die in dem Verhalten des sinnlichen Auffassens gegründeten strukturell bedingten und teleologischen Beziehungen. Die ganze Erkenntnis der gegenständlichen Welt ist fundiert auf die Klassen von Erlebnissen, die wir als Bilder bezeichnen. In der Verbindung der Bilder entstehen Allgemeinvorstellungen, welche den Gegenstand durch die Bilder repräsentieren. Wenn ihr Inhalt analytisch in Urteilen auseinandergelegt wird, entstehen Begriffe, teils der einzelnen Gegenstände, teils des in ihnen enthaltenen Allgemeinen. Und so bildet sich die gegenständliche Welt. Die Erkenntnis derselben beruht nun darauf, daß in dieser Stufenfolge Totalvorstellungen, Urteile, Begriffe, systematischer Zusammenhang legitime Repräsentationen des in der Folge und Koexistenz der Bilder Gegebenen sind. So ist auf dem Charakter der Gegebenheit unser ganzes Wissen von der Außenwelt und ihrer Realität gegründet. Gegebenheit ist das Dastehen der Bilder und der durch sie repräsentierten Gegenstände. Die Unmöglichkeit, sie zu verdrängen. Der Widerstand, den sie üben. Ihre Wiederkehr in verschiedenen Verhaltungsweisen – kurz eine Bewußtseinsart, in der sie da sind, und die dem empirischen Bewußtsein die Realität des in ihnen repräsentierten Gegenstandes verbürgt. Hier müssen wir aber den ganzen Tatbestand ins Auge fassen, durch den so im empirischen Bewußtsein Subjekt und Objekt, das auffassende Individuum und die gegenständliche Welt aufeinander bezogen sind. Der Impuls, der das
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Individuum, das eine willkürliche Bewegung ausführt, leitet, und der Widerstand, den die Ausübung der Bewegung erfaßt: da trennen sich Subjekt und Objekt als zwei voneinander ganz verschieden fundierte Realitäten. Und so ist unter dem äußeren Gegenstande nicht ein Bewußtseinsjenseitiges zu verstehen, sondern etwas, das jenseits der Beeinflussung des Willens ist. Das Bewußtsein selbst können wir nicht überschreiten. Aber es sind uns Gegebenheiten bewußt, die sich von dem Erlebten dadurch unterscheiden, daß sie in den Sinnen als etwas von dem Willen Unabhängiges auftreten. So ist der Ausdruck Realität der Gegenstände zunächst nur die Bezeichnung für diese Tatsache, daß unser Leben in der Beziehung unseres Individuums, seiner Intentionen, Willensvorgänge, als welche alle erlebt sind, zu dem Gegebenen, das als Außenwelt unabhängig von unserem Willen dasteht und unter dessen Druck wir uns befinden, verläuft. Beständige Bestätigung der Realität der Außenwelt. Wir gehen in diesen Erfahrungen von ihr aus. Sie ist die Voraussetzung, unter welcher etc. Jeder besitzt etc.112
4. Einteilung der Grundlegung113 Jede philosophische Wissenschaft entsteht in dem Streben, von dem, was im Erleben, Erfahren und in Erfahrungswissenschaften gegeben ist, vorzudringen in allgemeingültigem Denken zu dem, was vom Welt- und Lebensrätsel einem solchen Denken zugänglich ist. Philosophie ist die Auseinandersetzung des allgemeingültigen Denkens mit den Tiefen dessen, was uns unwiderstehlich anzieht, Antwort von uns heischend, damit wir zur Besonnenheit über das Leben uns erheben, die Persönlichkeit in sich und zur Welt feste Stellung gewinne. Sie ist personbildend, reformatorisch. Das Denken richtet sich zunächst direkt der Auflösung des Welt- und Lebensrätsels zu. Es befindet sich dabei noch im Horizont der Erfahrungswissenschaften, von welchen die Philosophie noch ungeschieden ist. Allmählich werden deren Voraussetzungen ihm zu Problemen. So entsteht die Frage nach Mitteln und Auflösung seiner Aufgabe innerhalb der Erfahrungswissenschaften und der Philosophie. Die Auflösung dieser Probleme nimmt ihre Stelle vor diesen ein. Das ist in der Natur der Sache gegründet, und nichts kann daran geändert werden. Als die Identitätsphilosophie leichten Herzens dies Gebiet übersprang, führte ihre eigene Entwicklung zu der Logik Hegels und der Dialektik Schleiermachers. Die Logik Hegels geht aus von der Annahme, daß im Denken eine Struktur etc.114
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So zeigt sich deutlich, daß mit den Problemen der Grundlegung jede Richtung der Philosophie am Beginn des Systems sich hat auseinandersetzen müssen. Es entsteht die Frage nach der Anordnung der Grundlegung. Wir gehen von einem allgemeinen Satze aus. Alle systematische Anordnung ist nur ein Mittel, den natürlichen Fortgang des Denkens zu gliedern. Sie ist niemals wahr oder falsch. Sie ist immer nur zweckmäßig oder unzweckmäßig. Zweckmäßig ist sie in der Philosophie dann, wenn sie einen natürlichen Fortgang von dem in Leben, Erfahrung und Erfahrungswissenschaft Vorliegenden zur Auflösung des philosophischen Problems ermöglicht.115 Die Aufgabe der Philosophie ist, aus dem Gegebenen soviel als möglich gültiges Wissen zu gewinnen in bezug auf das Welt- und Lebensrätsel. Die Lösung dieser Aufgabe fordert als Grundlage zwei Disziplinen, die in engem Verhältnis zueinander stehen. Empirisches Bewußtsein, Erfahrung, Erfahrungswissenschaften und ebenso deren Analysis in der Philosophie enthalten ein System von Begriffen, Urteilen etc. In ihm liegt die formale Seite des philosophischen Verfahrens. Diese muß beschrieben werden, ihr Anspruch darauf, objektive Erkenntnis zu ermöglichen, muß untersucht werden, und die Methoden, in denen diese Erkenntnis sich verwirklicht, müssen festgestellt werden. Dies sind die drei Aufgaben der Logik. Sie ist Deskription, Theorie des auf Erkennen gerichteten Denkens und Kunstlehre. Die andere Seite der Grundlegung ist die materiale. Von dem Gegebenen, in welchem als Bewußtseinstatsache die Beziehung der realen Faktoren des Lebens enthalten ist, muß aufgrund der Einsicht, daß dies alles nur als Bewußtseinstatsache gegeben sei, zu allgemeinen Bestimmungen über Wirklichkeit und ihre Grundbeschaffenheiten fortgegangen werden. Gegeben etc. Satz des Bewußtseins etc. Allgemeine Bestimmungen von allgemeingültigem Charakter etc. Auch dieser zweite Teil wird von einer Deskription auszugehen und von da zu allgemeingültigem Wissen fortzuschreiten haben.
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Be s o n d erer Teil d er Gr u ndle gu ng 116 I. Die Logik 1. Der Zirkel des Erkennens Wir treten ein in die Aufgabe, aus dem im Bewußtsein Gegebenen ein objektiv notwendiges Wissen zu erschließen. Hier aber verfallen wir sofort einem Zirkel. Dieser Zirkel ist unvermeidlich, und er scheint den ganzen Plan einer Grundlegung menschlicher Erkenntnis, welchen ich gefaßt habe, gleich am Beginn meines Unternehmens zu stören. 1. Ich kann nicht den einfachsten logischen oder erkenntnistheoretischen Satz aussprechen, ohne dabei vorauszusetzen, was ich eben in der Grundlegung beweisen will: daß es ein objektives Wissen von Sachverhalten gebe. Der am meisten einleuchtende Fall von Wissen ist das Aussprechen der Existenz und Beschaffenheit eines Zustandes, dessen ich innewerde. Ich sehe davon ab, daß ein Auffassen dieses Zustandes gar nicht möglich ist, ohne daß dabei Vorgänge des Verbindens, Trennens, Vergleichens stattfinden. Aber indem ich in Urteilen den erlebten Sachverhalt ausspreche, entsteht sogleich die Frage nach dem Verhältnis des Erlebnisses zum Urteil. Es fragt sich, ob im Urteil der erlebte Sachverhalt sich unverändert ausdrückt. Indem ich dann aus diesem Sachverhalt schließe, fragt sich weiter, ob das Schlußverfahren zu objektivem Wissen hinführt, ob die Formen der Einteilung etc. Das also ist der Zirkel, und er ist unvermeidlich. Ich scheine von demselben unablässig wie ein verirrter Wanderer von bösen Geistern umhergetrieben werden zu müssen. Den Rechtsgrund für mein Erkennen will ich erkennen: wie ich mich stelle, setze ich dabei voraus, daß ich durch mein Denken erkennen, nämlich mich der Sache bemächtigen kann: Ich setze voraus, was ich beweisen will. Dieser Zirkel bildet eins der Hauptargumente des Skeptizismus gegen die Erkenntnis. Karneades: Die Möglichkeit des Beweises müsse erst selbst bewiesen werden.117 Aenesidem[us]: Soll das Kriterium der Erkenntnis festgestellt werden, so bedarf es für diese Feststellung eines neuen Kriteriums.118 Hegel war unerschöpflich in Witzen gegen die Erkenntnistheorie: Wer das Erkennen theoretisch behandeln will, ehe er das Erkenntnisgeschäft beginnt, gleicht dem Scholastikus, der nicht ins Wasser gehen wollte, bis er schwimmen könne.119 2. Ich analysiere den Zirkel, also ich analysiere das in dieser Voraussetzung Enthaltene, ohne welche ich nicht beginnen kann.
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a. Ich finde, daß an einem bestimmten Vollzug der Operationen des Denkens, abgesehen von dem Inhalt, nur formal angesehen, ein Überzeugungsgefühl eigener Art haftet, das ich als Evidenz bezeichne. Ich bilde einen Syllogismus, mag es sich mit der Wahrheit der beiden Prämissen verhalten wie es will: Vollziehe ich richtig aus diesen Prämissen den Schluß, so ist damit das Bewußtsein logischer Evidenz verbunden. b. Ich kann diesen Vollzug des Denkens, an den Evidenz geknüpft ist, abstrakt ausdrücken. Ich spreche dann das in allen Fällen enthaltene Verfahren allgemein aus, dann entstehen Formen und Regeln des Denkens, der Inhalt der formalen Logik. Diese sind also die Formeln, welche das Denken beschreiben, an welches Evidenz gebunden ist und welches sonach das Mittel alles Erkennens ist. c. Die Voraussetzung, unter welcher alles Erkennen steht, ist also: Die Evidenz, welche die Denkvorgänge bei ihrem richtigen Vollzug begleitet, ist das Merkmal der Richtigkeit, an diese Richtigkeit aber ist die Verwertbarkeit für den Erkenntnisvorgang, die objektive Wahrheit, das objektiv gültige Wissen gebunden. Wenn Inhalte Realität haben, so sind die Formen, in die das Denken sie bringt, angemessen dem Geschäft der Erkenntnis, das heißt der Darstellung des Wirklichen. 3. Dieser Zirkel bezieht sich auf den ganzen Umfang unseres Erkennens; wo wir auch mit diesem beginnen: Indem wir über etwas denken, setzen wir gleichsam die Tauglichkeit dieses Instruments für die Zwecke unseres Erkennens voraus. Diese Voraussetzung ist jedem deutlich, sobald wir äußere Objekte oder Personen zu erkennen streben. Die Kluft, die zwischen dem erkennenden Bewußtsein und Außenobjekten besteht, ist von den ersten Skeptikern gesehen worden. Aber dieselbe Voraussetzung besteht auch, wenn das Denken sich auf die eigenen Zustände des Subjektes richtet und deren Wirklichkeit zu untersuchen strebt. 4. Der Zirkel ist unvermeidlich. Ich kann in jede Art von Erkennen an keinem Punkte anders eintreten als mit dem Glauben, daß das Denken eine Auflösung des in ihr gegebenen Problems ermögliche. So kann ich ganz allgemein diesen Zirkel auch so ausdrücken: das Denken kann sein Recht nur erreichen durch seine Leistung, es kann auch die Prüfung seiner selbst nur vollziehen durch Denken, also unter der Voraussetzung, daß es Erkenntnis ermögliche, und wir sind in dieser Rücksicht in bezug auf Selbstbesinnung nicht anders gestellt als wir es innerhalb des realen Welterkennens sind. So tragen wir in uns den dunklen Glauben von der Gedankenmäßigkeit des Universums, wo und wann wir zu denken beginnen. In diesem Glauben wird alles Denken geboren: es mehrt sich und wächst in der Geschichte der Menschheit auf seinem Grund. Ich kann also diesen Zirkel nur reinlich vollziehen. Lotze.120 Dann aber wird
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das Erkennen selbst dazu führen, daß diese Grundverhältnisse desselben verifiziert werden.121 Und zwar empfängt dieser Glaube im Verlauf des Denkens eine doppelte Art von Begründung. Die eine vollzieht sich in der erkenntnistheoretischen Analysis, die andere in den Erfahrungswissenschaften. Ich prüfe beide. 1. Durch die erkenntnistheoretische Analysis. Denktätigkeit. Dadurch wird erwiesen, daß das Überzeugungsgefühl, das diese Vorgänge begleitet, nur der Ausdruck davon ist, daß eine unmittelbare, ganz sichere, den Wahrnehmungen analoge Operation diesen Vorgängen und ihren Regeln überall zugrunde liegt. Diese Operationen sind so aus Bestandteilen zusammengesetzt, welche in sich die Gewähr tragen, die gegebenen inneren Tatsachen unverändert in allen Operationen aufrecht zu erhalten. Und zweitens bilden elementare logische Operationen ihre Grundlage, welche den Charakter haben: Identität. Unter einer formalen Operation verstehe ich eine solche, welche nur die Art des Bewußtseins über das Tatsächliche ändert, aber diesen Inhalt selber nicht. Wie diese sich transformieren in den konkreten Urteilen, das ist das weitere Problem: höchstenfalls treten aber immer Wahrnehmungen hinzu, welche Wirklichkeitsgültigkeit haben. 2. Die zweite Methode unterscheidet die Tatsachen des Selbstbewußtseins. Sie schließt: die in ihm gegebenen, auf äußere Objekte bezogenen Erscheinungen werden durch das Denken in ihren Gleichförmigkeiten beschrieben, und diese gestatten also dann, künftige Erscheinungen vorauszusagen. Dies beweist, daß die Denkvorgänge in irgendeiner zunächst nicht näher angebbaren Weise inhaltliche Beziehungen an den Erscheinungen abzubilden imstande sind. Diese zweite Methode reicht viel weiter als die erste und sie ist für die Mehrzahl der Forscher zwingender. 3. Die dritte Methode. Unter den angegebenen Voraussetzungen, daß die Denkvorgänge die Beziehungen zu den Erscheinungen abzubilden imstande sind, steht das menschliche Handeln, indem es Mittel auf Zwecke bezieht. Das Gelingen des Handelns ist der beständige Selbstbeweis der Gültigkeit der Denkvorgänge. Wenn die Anwendung dieser drei Methoden den Erkenntniswert unseres Denkens anzuerkennen zwingt, so hat das Denken in diesem unvermeidlichen Zirkel eine nachträgliche Rechtfertigung seiner selbst gewonnen. Denn nähme man an, die Anwendung des Denkens sei der Grund für die so entstehende Einstimmigkeit ihrer Erfahrungen untereinander in den Erfahrungswissenschaften und der Erkenntnistheorie, so müßte das Denken die Relationen im abhängigen Inhalte nach seinem Bedürfnis zur Übereinstimmung gestalten können. Die Ausschließung dieser sonderbaren Annahme
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setzt natürlich wieder die Gültigkeit logischer Operationen und Gesetze voraus – und so in infinitum.
2. Allgemeine Aufgabe der Logik. Deskription und Theorie122 1. Der Denkzusammenhang als Gegenstand der Logik123 Der Gegenstand dieser Deskription ist der Denkzusammenhang, der vom Leben zum Erfahren, von diesem zu den Erfahrungswissenschaften, von ihnen zur philosophischen Analysis fortgeht. Dieser Denkzusammenhang, so in Bruchstücken, Leben etc., dann in deren innerem Gefüge. Das Ziel dieses Denkzusammenhangs und seine Struktur ist Fortgang vom Gegebenen zu einem begrifflichen Wissen, das das Gegebene repräsentiert. Das Verfahren ist Analysis des Gegebenen. Dasselbe ist komplex, und ich zerlege es in charakteristische Leistungen. 1. Zunächst Struktur 2. Die elementaren Denkleistungen in ihnen. Für deren Verständnis ist auszugehen von Zuwenden, Aufmerken, Gegenstand. 3. Ausdruck der Verhaltungsweise 4. Das diskursive Denken 5. Die Struktur, die im Bereich jeder Verhaltungsweise entsteht, wenn sie gegenständlich wird.124
2. *Der Denkzusammenhang in seinem Verhältnis zu seinem Hintergrund im Seelenleben Die Logik hat nur allmählich den ganzen Umfang dieser Aufgabe ergriffen. Ich tue einen weiteren Schritt. Das vergleichende Verfahren. Für die Lösung dieser Aufgabe ist aber die erste Bedingung, daß der ganze Umfang des Denkens, wie er in dem Erkenntniszusammenhang enthalten ist, verwertet werde für die Bildung der Begriffe, er muß so benutzt werden, daß sie alle Erlebnisse repräsentieren können. Wie hat sich die Logik gebildet? Sie entsprang aus dem Bedürfnis, auf dem Gebiet des diskursiven Denkens in Diskussion, Philosophie, Wissenschaft, Beredsamkeit den falschen Vollzug des Denkens abzuwehren und Regeln des richtigen zu geben. Aus den Sophismen, den Widersprüchen, der Disziplinlo-
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sigkeit sollte sie erlösen. Die aristotelische Logik war das Gesetzbuch, in welchem die Revolution im Denken während der sophistischen Epoche überwunden wurde. Sie war eingeschränkt auf das Gebiet des diskursiven Denkens, und zwar auf die kategorischen Urteile und die von ihnen bedingten Schlüsse. Von dieser Zeit ab enthielt jede Erweiterung des Horizontes dieser eingeschränkten Logik zugleich die Möglichkeit einer tieferen Analysis derselben. Die Urteile und Schlüsse wurden sofort umfassender bestimmt. Leibniz hat dann das innere Verhältnis der aristotelisch-scholastischen Syllogistik zu den mathematischen Verfahrungsweisen zu seinem Ausgangspunkt gemacht. Sein allgemeinster Begriff des Gegenstandes der Logik ist jedes Denkverfahren, daß in eine eindeutige und kontrollierbare Form gebracht ist. Sei es Syllogismus oder Rechnung mit Zahlzeichen oder mit durch Buchstaben ausgedrückten Größen. So gelangte er zu jenem Begriff von der allgemeinen Gesetzlichkeit des Denkens, den er von seiner ars combinatoria ab entwickelt hat. Kant kam; er war rückständig in seiner Einschränkung auf die überlieferte Logik. Frage, wie weit er die logischen Arbeiten von Leibniz, die eben gedruckt waren, kannte. Aber Kant brachte eine wichtige Erweiterung in anderer Richtung. Zeigte er doch, daß dasselbe Denken, das diskursiv voranschreitend am Faden der Worte die Theorie der Gegenstände konstruiert, schon wirksam ist in der Konstruktion dieser Gegenstände selbst. Und Fichte, Schopenhauer, Helmholtz gingen dem nach. Es gilt dies Problem so allgemein als möglich nunmehr zu fassen und in allen Gebieten, auch denen der Wertgebung, Zweckbestimmung und Regelsetzung, die Natur des Denkens zu studieren. Die Methode des vergleichenden Verfahrens fordert, daß das ganze Gebiet des Denkens umfaßt und in demselben abgrenzbare Einzelgebiete unterschieden werden. Die Unterscheidung dieser Einzelgebiete wird umso fruchtbarer sein, je richtiger getrennte Sachverhalte festgestellt sind. Weiter fragt sich dann, ob innerhalb dieser Einzelgebiete Stufen des Denkens so klar auseinandertreten, daß jede derselben einen abgrenzbaren logischen Tatbestand bildet. Beides ist der Fall in bezug auf den Denkzusammenhang. Diese Aufgaben können nie gelöst werden durch eine feste Terminologie, welche an den Denkerlebnissen die Begriffe fixiert. Aber da es sich um das Denken in allen Gebieten des Seelenlebens handelt, so fordert dieses, von einem Überblick über dasselbe auszugehen, um den Denkerlebnissen ihren Platz zuzuweisen. Es gilt nun, den ganzen Denkzusammenhang in seinem Verhältnis zu seinem Hintergrund im Seelenleben aufzufassen.125
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3. Die seelische Struktur126 [1.] Die Struktur des psychischen Zusammenhangs Ich versuche nun also, die Gebiete des Denkens abzugrenzen. Das Denken durchzieht alle Verhaltungsweisen, alles in ihnen auftretende Erfahren. Hier muß ich in die Zergliederung dieser Verhaltungsweisen. Ein psychologisches Problem.127 Alle menschlichen Erzeugnisse entspringen aus dem Seelenleben und dessen Beziehungen zur äußeren Welt. Da nun die Wissenschaft überall Regelmäßigkeiten aufsucht, so muß auch das Studium der geistigen Erzeugnisse von den Regeln im Seelenleben ausgehen. Diese sind von zweierlei Art. Das Seelenleben zeigt Gleichförmigkeiten, die an den Veränderungen in ihm festgestellt werden können. In bezug auf diese verhalten wir uns ähnlich wie gegenüber der äußeren Natur. Die Wissenschaft stellt sie fest, indem sie aus den zusammengesetzten Erlebnissen einzelne Prozesse aussondert und Regelmäßigkeiten an denselben induktiv erschließt. So erkennen wir die Prozesse von Assoziation, Reproduktion oder Apperzeption. Jede Veränderung ist hier ein Fall, der in dem Verhältnis der Unterordnung unter die Gleichförmigkeiten steht. Sie bilden eine Seite des psychologischen Erklärungsgrundes für die geistigen Erzeugnisse: so enthalten die eigentümlichen Bildungsprozesse, in welchen Wahrnehmungen zu Phantasiebildern sich umbilden, den einen Teil der Erklärungsgründe für Mythos, Sage, Legende und künstlerisches Schaffen. Die Vorgänge des Seelenlebens sind aber noch durch eine andere Art der Beziehung miteinander verbunden. Sie sind als Teile zum Zusammenhang des Seelenlebens vereinigt. Diesen Zusammenhang nenne ich die psychische Struktur. Sie ist die Anordnung, nach welcher psychische Tatsachen von verschiedener Beschaffenheit im entwickelten Seelenleben durch eine innere erlebbare Beziehung miteinander verbunden sind. Die Grundform dieses seelischen Zusammenhangs ist dadurch bestimmt, daß sich alles psychische Leben von seinem Milieu bedingt findet und rückwärts auf dies Milieu zweckmäßig einwirkt. Empfindungen werden hervorgerufen und repräsentieren die Mannigfaltigkeit der äußeren Ursachen, angeregt durch das Verhältnis dieser Ursachen zu unserem Eigenleben, wie es in dem Gefühl sich äußert, wenden wir diesen Eindrücken unser Interesse zu, wir apperzipieren, unterscheiden, verbinden, urteilen und schließen: unter der Einwirkung des gegenständlichen Auffassens entsteht auf der Grundlage der Gefühlsmannigfaltigkeit immer richtigere Abschätzung des Wertes der Lebensmomente und der äußeren Ursachen für dies Eigenleben und das System seiner Triebe: von diesen Wertschätzungen geleitet, ändern wir durch zweck-
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mäßige Willenshandlungen die Beschaffenheit des Milieus oder wir passen die eigenen Lebensvorgänge durch die innere Tätigkeit des Willens unseren Bedürfnissen an. Dies ist menschliches Leben. Und in seinem Zusammenhang sind Wahrnehmung, Erinnerung, Denkprozeß, Trieb, Gefühl, Begehren, Willenshandlung auf die mannigfaltigste Weise miteinander verknüpft. Jedes Erlebnis als einen Moment unseres Daseins erfüllend ist zusammengesetzt. Durch alle diese Beziehungen geht ein Grundverhältnis hindurch. Die Verhaltungsweisen lagern so übereinander, daß das gegenständliche Auffassen die Voraussetzung des Gefühls über das Gegenständliche ist, das Gefühl dann, das die Werte schafft, die Voraussetzung für die Willenshandlungen, welche zu Gütern und Zwecken bestimmen. [2.] Gegenständliches Auffassen Aber es gibt hier, obwohl dies die Gesetzmäßigkeit ist, in der die Verhaltungsweisen sich überall bedingen, eine weitere Komplikation dadurch, daß auf jeder Stufe des Auffassens der Strukturzusammenhang ins Spiel kommt. Eine Mannigfaltigkeit von Wahrnehmungsinhalten, die vor mir steht, kann sowohl als solche, als bloßes Zusammen von Farben aufeinander bezogen nach Unterschieden und Abstand oder auch das noch nicht einmal, ein Gefühl in mir auslösen. Und wenn ich dann mir zum Bewußtsein bringe, daß ich ein solches Aggregat von Empfindungsinhalten habe, wenn so die Empfindungsinhalte und das Haben derselben auseinandertreten und gleichsam Distanz voneinander gewinnen, und nun weiter dies Aggregat sich ablöst durch elementare Denkleistungen, vom Sinnenkomplex ringsum in sich bezogen wird und als Gegenstand auf andere bezogen, dann vollzieht sich auf einer höheren Stufe die Beziehung des Gefühls zu einem Gegenstand. Hierin ist nun die Möglichkeit gegeben, daß der so distanzierte Gegenstand vermittelst der primären Denkleistungen im Zusammenhang der primären Erfahrungen schon Gefühls- und Willensleistungen ausgelöst hat oder auslöst, welche ihm den erlebten Charakter eines dem Wollen Entgegenwirkenden, von ihm Unterschiedenen, Druckübenden geben. Das ist der Sinn, in welchem ich vom Bewußtsein der Realität der Gegenstände spreche. Nichts anderes als dies verstehe ich darunter, nichts von einer Bewußtseinstranszendenz. So entsteht noch unabhängig vom diskursiven Denken und als dessen Grundlage das Bewußtsein der realen Gegenstände. Es wird zur Bedingung für die Natur des Urteils als ein im Gegenstand schon Mitgesetztes. Der psychische Strukturzusammenhang hat einen teleologischen Charakter. Wo in Lust und Leid die seelische Einheit das ihr Wertvolle erfährt, reagiert sie
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in Aufmerksamkeit, Auswahl der Eindrücke und Verarbeitung derselben, in Streben, Willenshandlung, Wahl unter ihren Zielen, Aufsuchen der Mittel für ihre Zwecke. 1. So macht schon innerhalb des gegenständlichen Auffassens eine Zielstrebigkeit sich geltend: Die Formen der Repräsentation irgendeiner Wirklichkeit bilden Stufen in einem Zweckzusammenhang, in welchem das Gegenständliche zu einer vollständigeren und bewußteren Repräsentation gelangt. Diese Verhaltungsweise, in der wir das Erlebte und Gegebene auffassen, erzeugt unser Weltbild, unsere Begriffe von Wirklichkeit, die Einzelwissenschaften, an welche die Erkenntnis dieser Wirklichkeit sich verteilt – sonach den Zweckzusammenhang der Wirklichkeitserkenntnis. An jeder Stelle dieses Vorgangs wirken Trieb und Gefühl. Hier ist der Mittelpunkt unserer seelischen Struktur; alle Tiefen unseres Wesens werden von da aus bewegt. Wir suchen eine Lage unseres Lebensgefühls, welche auf irgendeine Art unsere Wünsche schweigen macht. Das Leben befindet sich in der beständigen Annäherung an dieses Ziel: bald scheint es dasselbe ergriffen zu haben, bald entfernt es sich wieder von ihm. Nur die fortschreitenden Erfahrungen lehren jeden Einzelnen, worin für ihn das dauernd Wertvolle besteht. Die Hauptarbeit des Lebens ist nach dieser Seite, durch Illusionen hindurch zu der Erkenntnis dessen zu kommen, was uns wahrhaft wertvoll ist. Den Zusammenhang von Vorgängen, in dem wir die Lebenswerte und die Werte der Dinge erproben, nenne ich Lebenserfahrung. Sie setzt die Kenntnis dessen voraus, was ist – sonach unser gegenständliches Auffassen, und für sie können unsere Willenshandlungen, deren nächster Zweck auf Veränderungen draußen oder in uns selbst gerichtet ist, zugleich Mittel der Feststellung der Werte unserer Lebensmomente wie der äußeren Dinge sein – falls unser Interesse hierauf sich wendet. Durch Menschenkenntnis, Historie, Dichtung erweitern sich die Mittel der Lebenserfahrung und ihr Horizont. Auch auf diesem Gebiet kann unser Leben seine Sicherheit erst durch die Erhebung zu allgemeingültigem Wissen erlangen. Ob dieses je die Frage nach dem unbedingt Wertvollen beantworten kann? 2. Auf das Bewußtsein von den Werten des Lebens ist ein dritter und letzter Zusammenhang gegründet, in welchem wir durch unsere Willenshandlungen Sachen, Menschen, Gesellschaft, uns selbst zu regulieren streben. Ihm gehören Zwecke, Güter, Pflichten, Regeln des Lebens, die ganze ungeheure Arbeit unseres praktischen Handelns in Recht, Wirtschaft, Regulierung der Gesellschaft, Herrschaft über die Natur. Auch innerhalb dieser Verhaltungsweise geht das Bewußtsein zu immer höheren Formen fort, und wir suchen als die letzte und höchste ein Handeln aufgrund eines allgemeingültigen Wissens. Und wieder entsteht die Frage, wie weit dies Ziel erreichbar ist.
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[3.] Allgemeine Grundzüge der Struktur Aus diesem inneren Gefüge, in welchem die Tendenz zur Realisierung positiver Lebenswerte regiert, zugleich aber Zwecke Werte voraussetzen, Werte aber ein gegenständlich Aufgefaßtes, ergeben sich drei Grundcharaktere des Seelenlebens. Unter ihnen ist der erste, daß jeder Akt des Denkens oder Zustand des Gefühls oder Vorgang des Willens irgendwie verbunden ist mit Akten oder Zuständen anderer Verhaltungsweisen. Dies nenne ich die Gegenwart der Totalität des Seelenlebens in den einzelnen Akten oder Zuständen. Dieser Zusammenhang ist teleologisch. Das ist der zweite Grundcharakter des Seelenlebens. Und nun der dritte. Ein Wesen, in welchem eine Zielstrebigkeit gesetzt ist, die irgendwie auf die in Trieb und Gefühl geforderten Lebenswerte gerichtet ist, das in der Differenzierung der Leistungen und ihrer wechselseitigen inneren Beziehung auf dies Ziel hin sich auswirkt, wird sich entwickeln. So entspringt aus der Struktur des Seelenlebens seine Entwicklung. Jedes Moment, jede Epoche unseres Lebens hat einen selbständigen Wert in sich, sofern ihre besonderen Bedingungen eine bestimmte Art von Befriedigung und Erfüllung möglich machen; zugleich aber sind alle Lebensstufen miteinander verbunden zu einer Entwicklungsgeschichte, indem wir streben, in dem Fortrücken der Zeit eine immer reichere Entfaltung der Lebenswerte, eine immer fester und höher geformte Gestalt des Seelenlebens zu erreichen. Und auch hier zeigt sich wieder dasselbe Grundverhältnis zwischen Leben und Wissen: In der Steigerung der Bewußtheit, in der Erhebung unseres Tuns zu gültigem, voll begründetem Wissen liegt eine wesentliche Bedingung für die feste Gestalt unseres Innern. [4.] Anwendung der Strukturlehre auf das Gebiet des Denkens und seine Darstellung in der Logik I. Satz Die Denkerlebnisse sind von Gefühlen durchzogen, durch Zwecke, die das Leben bringt, vielfach bestimmt. Die Logik, das Wissen vom Wissen, hat damit nichts zu tun, sie abstrahiert von dem allen, ihr Gegenstand ist der Zusammenhang des durch diese Erlebnisse hindurchgehenden gegenständlichen Auffassens, das vom Gegebenen aus vermittelst der Denkleistungen zu allgemeingültigem Wissen fortschreitet.
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II. Satz Dieser Zusammenhang ist teleologisch durch die Intention, allgemeingültiges Wissen zu erreichen. Diese Intention selbst kann an der Geschichte der Wissenschaften wie am Leben der Individuen abgelesen werden. Wie man nun das, was uns hierzu treibt, mannigfach wie es ist, abschätzen mag, ist für den Logiker. Wir suchen Festigkeit der Lebenshaltung, Sicherheit unserer Zweckbestimmung, Benutzung des Wissens für das Leben, Glück des Denkens – all das gehört der Psychologie an und liegt außerhalb der Theorie des Wissens. III. Satz Der Zusammenhang, der die Teile unseres Wissens verknüpft, ist gegeben in dem dargelegten Verhältnis, nach welchem Wirklichkeitserkenntnis die Grundlage der Wertbestimmung ist und diese die der Zwecksetzung. Dies ist das Grundverhältnis, in welchem jede Zusammenfassung unseres Wissens fundiert ist. Und so ist Wirklichkeitserkenntnis stets die Voraussetzung der Regelgebung. IV. Satz Überblickt man dies weite Gebiet des Denkens von der Konstruktion der Gegenstände, der elementaren Abschätzung von Werten, den einfachsten Formen des Wählens und Vorziehens, der ihres Bestimmungsgrundes unbewußten Regelgebung bis zu der Theorie, welche dieses alles sich gegenständlich macht: dann ist Entwicklung die große Tatsache, die überall sich bemerkbar macht. Auf diesem ganzen grundlegenden Gebiet des menschlichen Geisteslebens kann Entwicklung überall als wirksam nachgewiesen werden. Nehmen wir einen einfachen Fall! Sprache ist überall an die Form des Denkens gebunden. Nur im übertragenen Sinne reden wir, wie bei den Tieren, von einer Sprache da, wo Aussage nicht stattfindet. So ist die Bedingung der Sprache irgend eine Form des Denkens, welche Aussage möglich macht. Das Denken selbst entsteht nicht durch die Sprache, sondern die Sprache setzt dasselbe voraus als die Bedingung, unter welcher Aussage stattfinden kann. Hieraus ergibt sich, daß diesseits und jenseits der Sprache, die Zeitlinie angesehen, Denken ist, welches sich sonach durch die Sprache hindurch entwickelt. Und nehmen wir nun die Urteilsformen. Kant versuchte eine Klassifikation derselben aufzustellen; er fand dann in diesen Formen enthalten Funktionen des Denkens; die Kategorien waren ihm die abstrakten Begriffe, welche die Leistungen dieser Funktionen ausdrücken. Aber es bedarf doch nicht einer Funktion des Ver-
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standes a priori, damit Einzelurteile oder besondere Urteile entstehen. Ist die Funktion des Urteils gegeben, so äußert sie sich im Einzelurteil. Besondere Urteile sind nur eine Zusammenfassung mehrerer Urteile, setzen also nur die logische Funktion des Verbindens und Abstrahierens voraus. Das problematische Urteil entsteht, wo eine Gedankenverbindung weder bejaht noch verneint werden kann. Und welcher Grund wäre abzusehen, Unterschied, Gleichheit, Grad, Ganzes und Teil nicht ebenfalls als Kategorie, sonach als Ausdruck von Funktionen aufzufassen? Die Formen der Klassifikation wird man aufgeben müssen und anstatt dessen der Entwicklung nachgehen, in welcher die Formen sich differenzieren und immer verwickeltere Gestalt annehmen. Ebenso zeigt sich Entwicklung auf dem Gebiet der Definition. Die verschiedenen Formen derselben bilden eine Entwicklungsreihe, und ihr Abschluß ist diejenige Definition, welche das Bildungsgesetz der Dinge, die in dem definiendum vorgestellt werden, ausdrückt. Auf dem Gebiet der Einteilung besteht dasselbe Verhältnis. Zunächst sind in den beschreibenden Naturwissenschaften Einteilungen angewandt als Mittel der Übersicht: Dieselben gehen dann von den Merkmalen aus, die diesem Zweck am besten entsprechen. Wir nennen sie künstliche Klassifikation. Sie bereiten die natürliche Klassifikation vor, in welcher das Bildungsgesetz eines Gebiets in der Bestimmung und Anordnung der Glieder seines Umfangs zum Ausdruck kommt. Und welchen Weg hat die Induktion durchlaufen von der bloßen Summierung der Fälle ab bis zu dem auf das Experiment gegründeten künstlerischen Verfahren! V. Satz Das Denken bildet das feste Gerüst jeder Lebensführung. Hierin ist gegründet die hervorragende Stelle, welche stets der Vernunft unter den geistigen Leistungen und Werten zugeteilt worden ist. Sie ist die Königin des Lebens. So entsteht für die Logik eine allumfassende Aufgabe. Denken muß überall aufgesucht werden, wo Zusammenhang, Festigkeit, Gestaltung des Seelenlebens entsteht. Die Aufgabe ist nun also, innerhalb der Struktur den Denkzusammenhang einzuordnen. Er durchzieht alle Verhaltungsweisen, er ist jeder Entwicklungsstufe des seelischen Zusammenhangs immanent, die Denkerlebnisse im Individuum beziehen sich aufeinander, und unsere Hauptaufgabe muß sein, das Gemeinsame in der Art dieser Beziehungen zu erfassen, und das empirische Bewußtsein, wie es als Bewußt-sein gegeben ist, schließt in sich die Beziehungen der Erlebnisse, die von Person zu Person reichen, nebeneinander, nacheinander sich durch die Geschichte der Menschheit erstrecken. Es schließt aber
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weiter in sich, daß diese Erlebnisse eine Übereinstimmung zeigen im Lebensverlauf des Individuums und ganz ebenso in der Mannigfaltigkeit der Personen, und daraus entsteht nun der Begriff der Gesetzmäßigkeit des Denkens. In ihr liegt unser Problem, seine Auflösung vollzieht sich, indem wir überall von der Deskription zur Theorie fortzuschreiten suchen.
3a. Die Aufgabe der Logik im Zusammenhang mit der Erkenntnistheorie128 Die drei Aufgaben, die Erhebung der Formen und Funktionen in das Bewußtsein hat zunächst ihren Zweck in sich selbst. Denn der Geist bedarf, sein Zutun sich in sein Bewußtsein zu bringen. Hierin besteht das Wesen der Aufklärung. Diese Besinnung ist weiter die Bedingung für die Feststellung des objektiven Erkenntniswertes der Formen, Funktionen, Kategorien, Gesetze des Denkens. Objektiv gültig sind diese, sofern in ihnen das in den Sachverhalten selbst Enthaltene zum Ausdruck kommt. Da jede Auffassung einer Beziehung am Gegebenen, sei sie anschaulich oder diskursiv, vor dem Bewußtsein desselben Stehen (Objektsein) voraussetzt, mag es sich um ein im Innewerden oder in der Sinnesauffassung Gegebenes handeln, so bezeichnet Objektivität der Formen etc., daß dieselbe in dem Sachverhalt, der in den Objekten enthalten ist, fundiert ist, d. h. seinen Rechtsgrund hat. Es soll also dieser Ausdruck nicht bezeichnen, daß in diesen Leistungen der Vernunft ein an sich Seiendes erfaßt werde. Damit würde das Auffassen über sich selbst hinausgehen wollen. Es bezeichnet nur, daß der Sachverhalt selbst, wie er in den Objekten enthalten ist, in diesen Formen etc. zum Ausdruck gelangt. Sofern aber diese Formen etc. den Sachverhalt ausdrücken, der in den innewerdend gegebenen Tatsachen des Bewußtseins enthalten ist, hängen dann die weiteren Bestimmungen über den Erkenntniswert derselben ab von der Erfassung der Realität dieser Tatsachen? Zwei Verfahrungsweisen sind nun möglich, die zur Begründung dieses Erkenntniswertes führen. Beide Verfahrungsweisen haben zu ihrer Aufgabe im Gegensatz gegen die verschiedenen Formen von Bestreitung der Möglichkeit einer objektiven Erkenntnis, diese zu begründen. Das eine Verfahren hat seine Grundlage in der Transzendentalphilosophie. Es beruht auf dem versuchten Erweis der Apriorität der Formen etc. des Denkens – zusammengefaßt des Logismus. Es unternimmt, ein Prinzip der Identität oder Übereinstimmung dieses Logismus als des Zusammenhangs im Denken mit dem Zusammenhang in der Wirklichkeit aufzuzeigen. – Kritik dieses Standpunktes: Aus der ungedruckten Abhandlung zu entnehmen.129
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Will man nun durch ein anderes Verfahren das Ziel erreichen, das Hegel, Schleiermacher etc. verfolgt haben, dann muß dieses im Gegensatz zum Apriori in der Erfahrung den Rechtsgrund für die objektive Geltung des Logismus aufsuchen. Diese Aufgabe ist aber nur lösbar, wenn die Analysis dieses Logismus über Kant und über die in den empirischen Schulen aufgetretene Erkenntnistheorie hinausgeführt wird. Die Reduktion des Logismus auf einen psychologischen Mechanismus, wie Hume und Condillac sie begonnen haben, führt notwendig in den Subjektivismus. Einen klaren und gesicherten Ausgangspunkt hat die Zergliederung am Urteil, als an welchem das Wahre und das Falsche haftet. Urteil ist etc. Die primären Denkleistungen im Gebiete des Gefühlslebens Die Art, wie hier ein Zusammenhang zwischen Gefühlen, die an Elemente oder Gebilde geknüpft sind, durch Denktätigkeit, aber aufgrund der Struktur des Gefühls hervorgebracht wird, kann am musikalischen Eindruck verdeutlicht werden. Jede Art musikalischer Gliederung hat ihren ästhetischen Wert kraft der Struktur, nach welcher sie ästhetisches Gefallen hervorruft. Sie muß aus Verhältnissen bestehen, die gefühlsbetont sind.
4. Die elementaren Denkleistungen130 Im hellen Lichte des Bewußtseins steht das diskursive Denken, das in Urteil, Einteilung, Schluß sich bewegt. Die Erlebnisse, in denen es verläuft, sind auf die Auffassung von Gegenständen gerichtet, und die Auffassung selbst vollzieht sich durch die Beziehung von Zeichen aufeinander, deren Bedeutung in dem Sachverhalt liegt, den sie ausdrücken. Wir nennen dies Denken diskursiv, es vollzieht sich in Akten, die wir als Urteile bezeichnen. Die Analysis dieses Denkens bildet den Gegenstand der Logik im engeren Sinne.131 Es gibt aber auch ein Denken, welches jenseits des diskursiven Denkens verläuft. Das diskursive Denken hat das empirische Bewußtsein mit seinen Gegenständen etc. zur Voraussetzung. Aber die Gegenstände sind schon aus Leistungen des Bewußtseins an Elementen132 entstanden. Die hier stattfindenden Denkleistungen gilt es zunächst zu betrachten. Das diskursive Denken ist gebunden an Sprache. Der Handwerker. Der Landarbeiter. Der Künstler. Auch hier befinden wir uns in dem Gebiet der Analyse von Struktur. Wir zerlegen nur und stellen den Befund dar. Es handelt sich uns gar nicht um erklärende Psychologie. Wir behaupten nicht, daß es seelische
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Funktionen des Vergleichens, Verbindens, Trennens gäbe, welche als solche dem seelischen Zusammenhang eigen wären. Wir sprechen nur von Leistungen. Wir stellen nur einen Befund dar, der in Erlebnissen enthalten ist, nichts anderes. Und primär nenne ich diese Leistungen des Denkens, sofern es die einfachsten Denkleistungen sind, welche die Analyse vorfindet. Sie sind primär, sofern die Analysis, die vom diskursiven Denken133 zurückgeht, keine einfacheren auffindet. Das Empfindungschaos des Kindes. Es wäre nichts mit ihm anzufangen, wenn nicht erste Leistungen da wären, die allgemeine Inhalte in Beziehungen darböten, als Größe, Sachen, Gegenstände, dazu die elementaren Denkleistungen. Es sind die Bedingungen, unter denen diskursives Denken möglich wird. So wird auf sie als auf Bedingungen geschlossen. Das Denken ist hiernach nicht als ein zweiter und ohne Eindrucksfolge verlaufender Vorgang vorhanden, sondern mit dem Auffassen selbst verbunden.
I. Vergleichen134 1. Aufmerksamkeit, Auffassen und Gegenstand135 Ich gehe von dem Tatbestand aus, in dem zunächst in einfachsten Formen Denkleistungen auftreten. Der Sinneseindruck sondert sich von dem, worauf er etc.; kann stets neu beobachtet werden = Wahrnehmungsleistung.136 Nächste Aufgabe ist die Deskription in der Wahrnehmungsleistung, wie sie in den entsprechenden Erlebnissen gegeben ist (Erlebnis: Husserl: „reelles, konstitutives Stück oder Moment in der Einheit des psychischen Individuums“),137 eine bedeutsame Beziehung. (Husserl nennt die Beziehung des Meinens etc. auf einen Gegenstand Intention,138 ich bezeichne lieber die Vorgänge, in denen diese Beziehung stattfindet, als Auffassen: dies der eigentliche Sinn dieses Wortes). Die Wahrnehmungsinhalte sind im Auffassen unterschieden von dem an ihnen aufgefaßten Tatbestand.139 Der Inhalt macht den Gegenstand nur auffaßbar, ohne ihn zu erschöpfen. Wenn ich einen Schrank wahrnehme, so kommt er über das Bild hinaus zur vollständigen Auffassung nur in einer Reihe von Wahrnehmungen, deren jede eine andere Verbindung von Inhalten hat: ich sehe seine Vorderseite, schließe auf, drehe – in jeder dieser (Wahrnehmungen oder) Auffassungen ist eine gegebene Inhaltsverbindung bezogen auf einen Gegenstand, der über das Einzelbild hinausreicht. Die eigenartige Beziehung, die hier stattfindet, bezeichne ich als Auffassen des Schranks vermittelst der Folge von Wahrnehmungen.140 Diese Beziehung ist dadurch charakterisiert, daß die anschaulichen Bilder, deren jedes in sich voll und ganz
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gegeben ist, auf etwas bezogen werden, das vermittelst ihrer besessen werden soll: es ist anschaulich gegeben und kann doch nie ganz zugleich vollständig anschaulich gegeben sein: es ist eine Richtung der Leistung da, den Gegenstand aufzufassen. 2. Das Gebiet des an die gegenständliche Auffassung gebundenen (intuitiven) Denkens a) Ich stelle zunächst den allgemeinsten Satz auf, der von den elementaren Leistungen des Denkens ausgesagt werden kann. Durch ihn wird also das Gebiet abgegrenzt. Sie fassen Sachverhalte auf, ohne an Sprache und diskursives Denken gebunden zu sein. In ihnen haben wir es also nicht mit zwei Reihen zu tun, der der Tatbestände, die gemeint sind, und der diskursiven Urteile, welche in ihnen ausgedrückt sind, sondern [sie sind] Ausdruck des Sachverhalts selbst. 3. Das Problem des Doppelverhältnisses der so an den Gegenständen auffaßbaren Verhältnisse zu den gegebenen Sachverhalten und dem Auffassen selbst a) Demgemäß können aus ihnen die einfachsten Verhältnisse, die am Sachverhalt bestehen, aufgefaßt werden. Die Logik der elementaren Denkleistungen kann den Aufbau derselben aufgrund der Mannigfaltigkeit der Sachverhalte an dem Wahrnehmungsgegebenen darstellen. Die bisherige Logik muß durch diese Darstellung ergänzt werden. Nach der anderen Seite gehören natürlich psychische Bedingungen dazu, damit diese Verhältnisse am Sachverhalt zum Ausdruck kommen. Wären diese auffindbar, so würden sie ein erstes Apriori der Erkenntnis bilden. Hier begegnen wir zunächst dem Problem Kants. Er hat dasselbe einseitig gestellt. So kam er etc. Wir können hier nur Hypothesen bilden. Die Sachverhalte am Gegebenen sind ein Produkt aus zwei Unbekannten. Wir suchen die psychischen Leistungen, und wir suchen die Bedingungen, welche in einer uns unbekannten Art das Gegebene vermittelst der Leistungen in seinen individuell charakterisierten Bestimmtheiten hervorbringen. Hier sind Erklärung und Erforschung aus Hypothesen möglich; sicher aber ist, daß solche Hypothesen nicht in eine strenge logische Wissenschaft gehören. Mag eine bloße Einheitsfunktion sich nach dem Sachverhalt differenzieren: es geht uns nichts an. Das aber kann Schritt für Schritt gezeigt werden, wie der Sachverhalt den Aufbau dieser Verhältnisse bedingt.
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4. Methode Eine methodische Vorbemerkung ist noch notwendig. Es handelt sich um Leistungen, welche an Sprache und diskursives Urteil nicht gebunden sind. Aber ein anderes ist ihr Vollzug und die Reflexion des Logikers über sie. Dieser muß sie durch Ausdrücke bezeichnen, welche das Ergebnis der Leistung sprachlich ausdrücken. Und solche Ausdrücke liegen teilweise darum freilich vor, weil dieselben Leistungen auch in der Sphäre des diskursiven Denkens auftreten und dort durch Worte wie gleich, unterschieden, verschieden etc. sich vollziehen. Der Sinn dieser Worte ist aber bestimmt durch die Hinweise auf die in den elementaren Denkleistungen vorliegenden Verhältnisse, indem auf sie hingewiesen wird, gelangt das Wort erst zu seiner Adäquation an den Sachverhalten. Daher eben diese Bestimmung der elementaren Denkleistungen die unumgängliche Grundlage ist. Satz 1. Äquivalenzlehre Ich beginne mit einigen deskriptiven Unterschieden und den (Termini) Wortbezeichnungen für dieselben. Die von uns beschriebenen seelischen Leistungen, die in der Struktur zusammenwirken, sind alle von Leistungen durchzogen, die den aus dem diskursiven Denken geläufigen Vorgängen äquivalent sind. Diese Äquivalenz ist es, welche Helmholtz in seiner Theorie der unbewußten Schlüsse bezeichnen wollte. Im Verlauf eines Willensvollzugs, der lange Zeiten umfassen kann, sind viele Willensbestimmungen, die ohne bewußte Auswahl stattfinden und doch zweifellos durch die Intention zweckmäßig bestimmt sind. Ein schmerzliches Gefühl, das in plötzlicher Stärke mich erfaßt, empfängt durch den Abstand von vorheriger glücklicher Ruhe seine feste Bestimmtheit. Satz 2. Deckung von Wahrnehmung und erinnerter Vorstellung als Aufgabe Ist nicht Tatsache, sondern141 methodische Aufgabe. Im empirischen unmethodischen Denken wird auf diese Deckung gerechnet. Diese Denkleistungen, wie wir sie kurz nennen wollen, verlaufen zwischen erlebten und erinnerten Zuständen, und sie stehen in bezug auf ihre Objektivität unter der Voraussetzung, daß Erinnerungen, wenn sie richtig gebildet werden, für das Denken das im Erlebnis Gegebene repräsentieren können. Unter dieser Voraussetzung kann nun die Frage ihrer objektiven Gültigkeit erörtert werden.
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Satz 3. Verhaltungsweise und Denken142 Unterscheide nun 1. gegenständliches Auffassen a) unabhängig von Sprache b) im diskursiven Denken 2. Ausdruck des Verhaltens a) außer Sprache: Gebärden, Interjektionen b) in Sprache. Alle diese Denkleistungen, welche vergleichen, trennen, Identität feststellen, abstrahieren, Verhältnisse feststellen, ermöglichen in den außerhalb des Auffassens stattfindenden Gebieten den sprachlichen Ausdruck des hier stattfindenden Verhältnisses,143 welcher dem der Aussage parallel läuft. Das ich will, du sollst, o über den Thoren ist nicht eine Aussage über einen Tatbestand, sondern Ausdruck eines Verhaltens. Wenn Sigwart sagt, daß der Imperativ die Behauptung einschließe, „dass der Redende die von ihm geforderte Handlung jetzt [eben] will“,144 so ist jedenfalls das, was die Wortverbindung meint und bedeutet, dieses gar nicht, sondern ganz einfach wird durch Worte das Verhalten, nämlich der bestimmt gerichtete, des hervorrufenden Zustands bewußte Wille ausgedrückt; auch daß er dadurch erwirkt wird, ist nur eine unter Umständen eintretende Folge, wenn nämlich der Ausdruck genügt, die Realisation in Anderen hervorzurufen.145 Ein solcher Ausdruck ist keine Aussage, auch nicht in irgendeinem Nebensinn. Tritt das du sollst an die Stelle von ich will, so ist dies dann eintretend, wenn der Imperativ nicht wie im Fall des Entschlusses den Aussprechenden selber bestimmen will, sondern einen zweiten, von dem vorausgesetzt wird, daß durch Willensausdruck ein Zwang auf ihn ausgeübt werden kann. Das du sollst bezeichnet dann die dem ich will, daß du entsprechende Intention, auf den Anderen einen Zwang zu üben.146 Ebenso in der Gefühlssphäre: „Oh, über dieses Unglück – ach dieser Unstern“ – ist nicht Aussage, auch nicht verkürzte Aussage, sondern nur Ausdruck eines Gefühls, das sich auf den Tatbestand des bestimmten Unsterns bezieht.
Satz 4. Alles, was erlebt wird, kann aufgefaßt werden: dann wird es Gegenstand; und das Auffassen gehört dem Gebiet des Denkens an Alles, was in den Verhaltungsweisen auftritt, Gefühl, Willensvorgang kann Gegenstand des Denkens werden; indem sich das Aufmerken dem Erlebnis zu-
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wendet, hebt es an demselben die in ihm gegebenen Inhalte heraus oder objektiviert das Verhalten selbst, und zwar bezieht sich dieses Verfahren ebensowohl auf Gegebenes als auf Gedachtes, auf Einzelnes wie auf Allgemeines. Alles, was so herausgehoben wird, ist, psychologisch angesehen, Inhalt der Denkleistung, in welcher es auftritt, im Unterschiede aber von dem Inhalt eines Gefühls oder Wollens ist es als zugehörig zu einem Denkakt Gegenstand und das so Aufgefaßte wird für mich gegenständlich. In dem Denkerlebnis selbst ist entweder das Ich nicht mitenthalten oder das Gegenständliche ist ihm gegenübergestellt. Vom bloßen Wahrnehmen, dessen Inhalte ohne Aufmerken auftreten können, unterscheidet das gegenständliche Auffassen sich dadurch, daß es vermöge der Aufmerksamkeit über das Verhältnis des Wahrnehmungsvorgangs zu dem Inhalte hinausgeht, welches als bloßes Darinenthaltensein des Inhaltes sich erweist: Es treten die Leistungen, welche bei dem Aufmerken aus dem Sachverhalt sich ergeben, hinzu und je nach diesem Sachverhalt wird vermittelst dieser hinzutretenden Denkakte, welche mit Erinnerung an das Nichtwahrgenommene sich verbinden etc.:147 So entsteht denkendes Auffassen. Das Wahrnehmen wird gegenständliches Auffassen, und diese Natur des Denkens, wie sie mit dem sich frei Zuwenden zusammenhängt, zeigt sich auch darin, daß die speziell charakterisierte Verhaltungsweise gleichsam aus dem Aggregatszustand des bloßen Verhaltens übertritt in den des Bewußtseins vom Verhalten: So wird dieses objektiviert. Dies ist die Grenze, welche Wahrnehmen und Denken von einander trennt. Es ist eine bloße Form der Bewußtheit, was sie sondert, nämlich irgendeine Art von Beziehung, in der ein gegebenes mannigfaltiges Gesetz wirkt; die in dieser Mannigfaltigkeit herausgehobene Beziehung ist in ihr aufgrund des hinter der Eindrucksmannigfaltigkeit gelegenen Sachverhalts enthalten, wird nun aber durch das Aufmerken in Denkleistungen hervorgebracht. So sind Gegenstand, Zuwendung zu ihm und Denkvorgang regelmäßig miteinander verbunden. In dieser Verbindung entsteht durch die Hinzufügung von Wahrnehmung an Wahrnehmung die gegenständliche Welt. Ich beginne mit den Leistungen, die unter dem Allgemeinbegriff des Vergleichens zusammengefaßt werden können. Ich finde gleich, ungleich, ich fasse Stufen des Unterschieds auf. Vor mir liegen zwei Stücke von grauem Tuch etc. Es gibt Erlebnisse, in denen diese beiden Stücke nebeneinander liegen, ohne daß ich meine Aufmerksamkeit auf die Farbe richte. Es bedarf einer Hinwendung dahin, eines Aufmerkens darauf. Ist dieses aber da, dann entsteht daraus eine Leistung der Vergleichung. Ich finde gleich, ich bemerke Stufen des Unterschieds. Es ist eine Leistung, die spezifisch verschieden ist von der einer bloßen Auffassung des Grau.148 Insofern ist es nicht eine Wahrnehmung.
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Wenn ich alles Auffassen von Beziehungen als ein Denken bezeichne, so liegt ein solches hier vor. Aber an dem gegebenen Zusammen oder Abfolgen wird etwas aufgefaßt, ohne daß in bemerkbaren Denkakten diese Auffassung sich vollzöge. Ich kann sagen: Es ist nicht ein Reflektieren über ein Gegebenes, sondern ebenso ein Gegebensein, wie mir die Farbe gegeben ist. So bezeichne ich das, was hier vorliegt, seit vielen Jahren als eine Wahrnehmung zweiten Grades (schon vor der Beschreibenden Psychologie, p. 39)149 nach dem Verhältnis der Erkenntnis zum Gegebenen.150 Der Unterschied ist mit der Wahrnehmung der beiden Farben mitgegeben; abgesehen davon, daß er die beiden Wahrnehmungen zu seiner Bedingung hat, ist er wie sie unmittelbar gegeben. Nicht ein Denken über Wahrnehmungen findet hier statt, sondern ein Gegebensein, das unlösbar von etc. Sofern die Leistung des Beziehens in ihnen wirksam ist, welche die Wahrnehmungen des Grau in den beiden Fällen voraussetzt, sind es Denkleistungen; nur von Leistungen weiß die Logik, nicht von Akten der Art, wie sie psychologisch erklärt werden mögen, um Beziehungen des Gegebenen festzustellen. – Dies möchte die allgemeinste Formel für Leistungen sein, aber es sind keine diskursiven Urteile. Sie sind auch nicht notwendig vom Wahrnehmen der beiden Grau getrennt: mit diesen Wahrnehmungen ist, wenn Auge und Aufmerksamkeit beides umfaßt, das Verhältnis mitgegeben. Die Art des Mitgegebenseins ist eine andere als wie mit der Farbe die Ausdehnung gegeben ist. Denn hier ist das Verhältnis das der Korrelation. Dies Verfahren findet ebenso statt, wo gefühlte Eindrücke einander folgen, in bezug auf die Intensität des Gefühls. Der Übergang von dem Lustgefühl, das die Konsonanz des Grundtons und der Oktave hervorruft, zu dem der vollen Harmonie ist unter der Bedingung der entsprechenden Richtung der Aufmerksamkeit mitgegeben. Diese Leistung ist überall, wo derselbe Tatbestand verbleibt und als sich identisch so zum Bewußtsein kommt, wo Änderung aufgefaßt wird, wo ein Qualitätsmannigfaltiges oder eine Gestalt und Gestaltenordnung. Es wird und muß sich auch ins diskursive Denken erheben lassen. Dieses beruht dann darauf, daß das Verhältnis zu Begriffen wie gleich, verschieden erhoben wird. Auf der Grundlage des Unterscheidens entsteht eine zweite primäre Leistung, primär, sofern auch sie nicht analytisch auf mehrere einfachere zurückgeführt werden kann.
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II. Trennen und seine Modifikationen 1. *Trennen, Verbinden, Zerlegen und die Feststellung der Identität [1.] Es ist das Trennen, Verbinden, Zerlegen und die Feststellung der Identität. Auch hier handelt es sich nicht darum, einen psychologischen Grundvorgang aufzufinden und aus diesem Modifikationen einer Operation abzuleiten. Wir suchen die Leistung des Denkens zu bestimmen, die sich unter verschiedenen Umständen als dieselbe zeigt und nicht in eine Mehrheit von Leistungen auflösen läßt. Die Umstände, unter denen dieselbe mit sich identische Leistung auftritt, sind stets verschieden. Immer aber setzt sie die erste, die des Ungleichfindens voraus. Hierbei ist gleichgültig, welche Vorgänge stattgefunden haben, bevor die Leistung des Trennens stattfindet. Sie kann stattfinden, wenn aus dem Empfindungschaos das Kind lernt, dasjenige zu trennen, was in demselben zusammengeraten ist, aber nicht zusammengehört, wie Gesichtsbilder und Geräusche. Sie kann stattfinden, wenn innerhalb eines einzelnen Sinnes Eindrücke, die mit dem Bewußtsein verschiedener Herkunft verbunden sind, voneinander getrennt werden. In einem Walde werden die Stimmen der Menschen so gesondert von dem Gesang der Vögel und dem Rauschen des Windes. Verwickelter noch sind die Antezedenzien in folgenden Fällen: ein Fahrrad, das sich vom Boden trennt. Ein grünes Blatt, an dessen Wahrnehmung als Teilinhalte Farbe und Gestalt gesondert werden. Zwei Töne von verschiedener Höhe, die sich folgen. Eine Veränderung in der Stimmung. In allen diesen Fällen besteht die Leistung des Trennens darin, daß aus einem ungeschiedenen Tatbestand zwei Tatbestände entstehen und nun als zwei auseinandergehalten werden. Die Bezeichnungen dafür sind nach den Umständen Trennung oder Sonderung und Zerlegung. Der Tatbestand, der festgestellt wird, ist die Verschiedenheit, das Ein-anderes-sein, Auseinandersein. Zwei Töne, die sonst gleich sind, aber nacheinander, durch eine Pause getrennt, auftreten, werden als gesondert aufgefaßt, es wird uns nicht bewußt, daß zwei Auffassungsakte vollzogen werden, sondern daß dieselbe Qualität und Intensität, gesondert durch die Zeitdistanz noch einmal da ist. Dies meinen wir, wenn wir es zum sprachlichen Ausdruck erheben und verschieden sagen. Es brauchen also nicht zwei verschiedene Gegenstände151 zu sein, aber ich finde verschiedene Tatbestände. Das Zeitliche ist dabei nur Mittel, das Getrenntsein aufzufassen. Es ist nicht derselbe Ton, in verschiedenen Zeiten – das wäre Ergebnis der Vergleichung, sondern das spezifische logische Bewußtsein tritt auf, daß der zweite Ton ein anderes ist als der erste, der Tatbestand ein anderer; ich halte
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das in der Kontinuität des Zeitverlaufs Gegebene auseinander, weil es auseinander ist.152 2. Ebenso entsteht, wo durch die Verteilung der Färbung die Bedingung erfüllt ist, das Auseinanderlegen einer räumlichen Erstreckung; so trenne ich einen Rasenfleck von den umgebenden Wegen. Auch hier sind es nicht zwei Gegenstände, sondern im räumlichen Zusammenhang werden zwei Tatbestände als zwei, als verschieden (nicht bloß unterschieden) aufgefaßt. 3. Am deutlichsten wird sich, was unter diesem verschieden zu verstehen ist, an der Zerlegung zeigen, die am selben Gegenstand, etwa einem Blatt, die Gestalt und die Färbung auseinanderhält.153 In all diesen Fällen ist Gegebenes, irgendwie Gegebenes voneinander getrennt, mehrere Tatbestände sind nur da. Mehrheit kann ausgesagt werden, ohne daß eine Zahl dabei aufgefaßt würde. Dieses Mehrere sind in diesen Fällen nicht verschiedene Gegenstände. Es sind andere Bedingungen, unter denen das Verhältnis des Trennens zur Auffassung verschiedener Gegenstände auftritt. Das konkret Gegebene154 muß durch Verschiebung im Raum, Bewegung oder durch die Erinnerung an solche in zwei konkrete Gegebenheiten auseinandergehen. So ist nun das Bewußtsein von der Mehrheit der Gegenstände da. An diesen kann dann Trennung als Zerlegung auftreten. Das in der Einheit des Gegenstandes Zusammengehörige, das real nicht gesondert werden kann, wird doch als ideell trennbar befunden. Wir sprechen dann von Seiten desselben. Wir bilden den Begriff von Teilinhalten. Wir entwickeln ihn durch die Bemerkung, daß jeder derselben unabhängig variabel ist. Ich untersuche, wie im Sachverhalt selbst gegründet ist, welche Formen die Leistung annimmt, welche trennt, d. h. das, was im Bewußtsein eines (nicht als Zahl, sondern als Art und Weise des Bewußtseins das eines genommen) war, und nun auseinandernimmt. Diese Lehre ist wichtig für die Zergliederung des Gegebenen und dessen logisch gültige Rekonstruktion. Aufmerken, sich Zuwenden ist die Bedingung, unter welcher in dem, was den Horizont der Sinneswahrnehmung ausmacht, Sinnesphänomene getrennt werden. Diese Trennung tut nur Inhalte des Wahrnehmungserlebens aufgrund der Zeit- und Raumverhältnisse auseinander, nimmt sie als155 Mehreres. So folgen sich nun mehrere Töne, es sind räumlich sinnliche Gegenstände zusammen; denn156 ein Sinnesgegenstand ist in erster Bedeutung das, was im Tastund Gesichtssinn aufgefaßt wird; sofern etwas im Aufmerken aufgefaßt wird,
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vollziehen sich an ihm die Leistungen des Unterscheidens etc., der Bewußtmachung seiner Verhältnisse zu anderem Wahrgenommenen oder zu Erinnertem. So konstituiert dasselbe Aufmerken, welches das Sinnesphänomen aussondert, auch das Bewußtsein der Beziehungen, die an ihm und in seinem Verhältnis zu anderem im Sachverhalt enthalten sind. Dies geschieht durch die elementaren Denkleistungen, deren Auftreten und Zusammenwirken durch die Richtung des Aufmerkens und die Natur der Sachverhalte, denen es sich zuwendet, geregelt ist. Indem nun aber diese von der Sprache unabhängige Leistung des Aufmerkens und der in ihm enthaltenen elementaren Denkoperationen jeder Bewußtseinstatsache sich zuwenden kann, indem die charakterisierten Verhaltungsweisen selber so objektiviert werden können, entsteht ein weiterer Begriff von Gegenstand. Wie Aufmerksamkeit sich ebensogut einem Verhalten als einem Sinnesgegenstand zuwenden kann, ja was uns hier noch nichts angeht, auch einem Begriff, so kann dies alles Gegenstand werden. Der Ausdruck Gegenstand ist also korrelat dem von Denkleistungen. An Sinnesphänomenen157 kann nun in einer zweifachen Richtung Sonderung vollzogen werden. Sie können in konkrete Teile getrennt werden, wie Töne einer Melodie oder Glieder eines Körpers. Solche Stücke werden im gewöhnlichen Sprachgebrauch als Teile eines physischen Gegenstandes bezeichnet. Sie sind konkret wie der Gegenstand, an dem sie ausgesondert sind.158 Die andere Sonderung wendet sich dem, was der Sprachgebrauch Seiten, Momente eines Sinnesphänomens nennt, zu. An einem Ton sind Intensität und Qualität solche Momente, an einem physischen Gegenstande Ausdehnung und Farbe. Diese Leistung ist Zerlegung in einem engeren Sinn der Analysis; sofern die Leistung mit gleicher Intention auf die so entstehenden Teile gerichtet ist, ist sie auf die Aussonderung eines Teils, entweder eines Stückes oder einer Seite gerichtet, so ist sie159 Aussonderung; und für den zweiten, für den Aufbau der Begriffswelt besonders wichtigen Fall nennen wir die Leistung Abstraktion. In allen Fällen von Absonderung ist160 die positive Leistung das „bevorzugende Beachten eines Inhalts“, die negative „das Absehen von gleichzeitig mitgegebenen Inhalten“.161 Sofern die Aufmerksamkeit von dem ideell Auseinandergenommenen die eine Seite für sich heraushebt, ist es Abstraktion. Der Ausdruck Abstraktion, als diese Leistung des Denkens, die am konkret Gegenständlichen stattfindet, muß auseinandergehalten werden von demjenigen Vorgang, welcher der Sphäre der Begriffsbildung angehört und in dem „uns eine Spezies zu evidentem Bewußtsein kommt“.162 In letzterem Falle sind die abstrakten Teilinhalte die konkreten Anschauungen, welche die Bedeutung der Spezies intuitiv erfüllen, aber sie sind nicht diese Spezies selbst.163 Die „abstrakten oder unselbständigen Momente im Gegenstande“ sind nicht die Spe-
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zies, die abstrahierten Momente sind nicht abstrakte Begriffe. Aber die Abstraktion, von der wir reden, ist die Vorbedingung für die Begriffsbildung.164 Es können nun die abstrakten Teile, wie z. B. die Raumerstreckung, wieder in Stücke gesondert werden, in einzelne Teile der gegebenen Raumerstrekkung. So greifen diese Leistungen ineinander. Immer aber sind sie vom Sachverhalt bestimmt, den sie zur Auffassung bringen. Dieser Sachverhalt kann sehr verwickelt sein. Seine Feststellung kann Denkoperationen, die an Zeichen gebunden sind, fordern, aber die Leistung selbst wird dadurch nicht verwickelt. Sie ist dieselbe, die auch an einfachen Anschauungen stattfinden kann. So165 entstehen folgende Unterschiede, für die ich technische logische Ausdrücke bilde, indem ich von dem breiteren oder unbestimmten Sprachgebrauch absehe: Trennen (Zerlegen), Analysieren, Aussondern, Abstrahieren, konkrete Gegenstände, Trennen in Stücke, Zerlegen oder Analysieren, Aussondern, Abstrahieren, abstrakte Gegenstände. Sie treten auf nach den im Sachverhalte166 enthaltenen Bedingungen nach Maßgabe der Richtung der Aufmerksamkeit, auf Grund der allgemeinsten Leistung, Eines auseinanderzunehmen in ein Mehreres. Wird dann das Mehrere wieder verbunden, so geschieht das durch ein Beziehen, welches das Verhältnis zwischen dem Mehreren erfaßt, und dies bildet den Übergang zu einer zweiten Klasse von elementaren Denkleistungen. Wie im Unterscheiden etc., so haben wir auch im Trennen etc. einen weiten elementaren Kreis, in welchem dasselbe nicht von der Gegebenheit selbst als der anschaulichen Grundlage getrennt ist, aber darüber hinaus werden diese elementaren Funktionen Grundlage des diskursiven Denkens, die formalen Kategorien können aus ihnen durch die Leistung der Begriffsbildung gewonnen werden. Und erst auf dieser Stufe werden die formalen Verhältnisse, die an Gegenständen stattfinden, zu der durchsichtigen Klarheit erhoben, welche sie befähigt, Grundlage für den methodischen Aufbau der Erkenntnis zu werden. Dies geschieht in der Lehre von selbständigen und unselbständigen Gegenständen, von Ganzem und Teil, wie Brentano, Stumpf, Meinong,167 Husserl und andere sie ausgebildet haben. In unserer Darstellung durfte diese Lehre einen Platz nicht haben. 2. *Verbindung des Mehreren Das in ein Mehreres Gesonderte wird niemals schlichtweg miteinander verbunden. 1. Die Verbindung vollzieht sich auf der Grundlage einer Beziehung, die zwischen den Mehreren besteht. Verhältnisse zwischen ihnen werden aufge-
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faßt. Auch hier stellen wir an dem Gesprochenen und in anderen Zeichen sich darstellend Denkleistungen fest, welche selber nicht an die Sprache gebunden sind; sie können unabhängig von der Sprache auftreten, und im diskursiven Denken gelangen diese Denkleistungen zum Ausdruck in Begriffen. 2. Hier ist ein anderer Teil dessen zu verzeichnen, was Kant als Formen der Synthesis in der Anschauung und im Denken zu gesonderter Darstellung gebracht hat. Denn auch die im Urteil auftretenden Formen desselben deuten zunächst auf ein dem Urteil voraufliegendes anschauendes Auffassen zurück. Entsprechend sind auch hier wie im vorigen Kapitel Kategorien abstrakte begriffliche Ausdrücke für Verhältnisse am Gegebenen, welche das Denken an ihnen bemerkt. 3. Jede Verbindung des Mehreren wird durch eine Beziehung geleistet: an und für sich ist sie ein leeres Wort. Diese Beziehungen sind in den Sachverhalten begründet und werden in primären Denkleistungen zunächst an ihnen aufgefaßt. Wir bestimmen die Lage der Gegenstände im Raum, die Abstände, in denen Vorgänge einander zeitlich folgen, das Verhältnis von Tun und Leiden, das von Eigenschaften zu dem konkreten Gegenstande, der sie hat: Alle sprachlichen Ausdrücke setzen ein von der Sprache unabhängiges Denken voraus, für das sie Bezeichnungen sind. [3.] Zusammenfassung168 1. Alle diese Operationen sind nur ein zu denkendem Bewußtsein Erheben des Gegebenen, 2. also intuitiv, 3. sie ändern nichts. [III.] Abschluß der elementaren Leistungen Die elementaren Denkleistungen können nun abgeschätzt und bestimmt werden.169 1. Es handelt sich nach unserer Methode nicht um das, was zeitlich dem diskursiven Denken voraufgeht, sondern um das, was unabhängig vom Denken geleistet wird. 2. Auf der Grundlage der Zuwendung des inneren Blickes entstehen Gegenstände, werden zergliedert und in der räumlich-zeitlichen Ordnung in mannigfache formale und inhaltliche Beziehungen zueinander gebracht. In die Kontinuität des räumlichen Zusammen der Gegenstände sind auch die seelischen Zusammenhänge als Gegenstände eingeordnet vermittelst der ihnen zugehörigen Körper.
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5. Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Aussagen haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und Wollens170 [1.] Das diskursive Denken171 Wir treten in das Gebiet des diskursiven Denkens. Und zwar beginnen wir nicht mit einer Theorie desselben, sondern diese soll aus der Vergleichung seiner verschiedenen Operationen und aus den elementaren Denkleistungen erst gewonnen werden. Hier am Beginn genügt uns: 1. Es ist gebunden an Zeichen, unter denen die Sprache die wichtigste Klasse ausmacht. 2. Vermittelst der Sprache werden Tatbestände an Gegenständen ausgedrückt. Die Wortverbindung meint oder bedeutet einen Tatbestand an Gegenständen. 3. So entsteht eine doppelte Reihe: Zeichen, die bedeuten, und ein im Denken Aufgefaßtes, das bezeichnet ist. 4. Wie die Gegenstände in einem zeit-räumlichen Zusammenhang untereinander stehen, welchem auch alle Wahrnehmungen seelischer Zusammenhänge eingeordnet sind, so bildet nun auch das in Zeichen Ausgedrückte einen zweiten Zusammenhang, der gleichsam über dem ersten sich erstreckt. Indem man in dies Gebiet des diskursiven Denkens eindringt, tritt zunächst eine Schwierigkeit entgegen. Es gibt Sätze, d. h. Zusammenordnungen von Worten und Sätzen zum Zweck der Aussprache eines mit ihnen Gemeinten, von denen es fraglich ist, ob sie als Urteile anzusehen sind. Das Merkmal des Urteils ist, daß in ihm etwas mit dem Charakter der Allgemeingültigkeit, der im Überzeugungsgefühl sich ausdrückt, ausgesprochen ist. Urteilsverbindungen sind dann die weiteren Bestandteile jedes Zusammenhangs, der den Charakter des Wissens trägt. Diese Sätze zeigen nun das angegebene Merkmal nicht. Sie gehören also dem Zusammenhang des Wissens nicht an und doch stehen sie zu demselben in innerem Verhältnis. Sie bedürfen also einer Untersuchung. Und diese Untersuchung bereitet zugleich den Einblick in die Hauptgebiete des diskursiven Denkens vor. Da es sich um Sätze handelt, welche nicht Aussagen mit dem Anspruch der Allgemeingültigkeit enthalten, so kommt diese negative Bestimmung allen Sätzen zu, die diesen Charakter nicht haben. Alle also, welche nicht den Charakter des Behauptens und das Bewußtsein der Geltung des Gesagten an
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sich tragen, stehen außerhalb einer bestimmt abgegrenzten Sphäre. In dieselbe gehören Sätze von sehr verschiedenem Charakter. Frage, Wunsch, Ausdruck des Gefühls, Befehls etc. Es ist klar, daß diese Abgrenzung für die Logik entscheidend ist, denn alle Erkenntnis vollzieht sich in Aussagen, welche behaupten etc., und so bildet die Lehre von den gemeinsamen Eigenschaften dieser Aussagen einen wichtigen und nicht geschlossenen Teil der Logik. Es ist nun eine rein terminologische Frage, welchen Namen man den Sätzen dieser Art beilegen und wie man die umfassendere Klasse, in die sie gehören, bezeichnen will. Jene umfassende Klasse ist vielartig und hat nur darin einen Einheitspunkt, daß durch einen Wortzusammenhang etwas Gemeintes ausgedrückt wird. Eben dies aber ist, was wir als Satz bezeichnen. Die engere Klasse der Aussagen etc. ist, was in der Regel unter Aussage verstanden wird. Bolzano hat die Fragen, die hier auftreten, zusammenhängend behandelt. Die meisten Logiker, sagt er, schließen aus dem Gebiet der Urteile und Sätze alles aus, was eine bloße Frage, einen Wunsch, einen Befehl, einen Ausruf und dergleichen ausdrückt: „Meiner Ansicht nach sind auch bloße Fragen, Wünsche, Bitten u. dgl., selbst bloße Ausrufungen, nach dem Sinne, den sie durch den Zusammenhang erhalten, für wirkliche, wenn gleich zuweilen sehr unbestimmt ausgedrückte Sätze, zu erklären. Eine Frage, z. B. die: ‚In welchem Verhältnisse steht der Durchmesser eines Kreises zu seinem Umfange?‘ sagt freilich über das, worüber sie fragt, nichts aus; darum sagt sie aber gleichwohl noch etwas aus: unser Verlangen nämlich, über den Gegenstand, wornach wir fragen, eine Belehrung zu erhalten. Sie kann eben deßhalb auch Beides, wahr und falsch seyn.“172 Hier sieht man, wie notwendig es ist, deskriptiv davon auszugehen, was in einer Denkleistung intendiert, was in den Worten gemeint ist. Die angegebene Frage will nicht einen Zustand des Subjekts, das fragt, aussprechen, sondern sie ist ein Teil der Gedankenbewegung, der auf Feststellung eines mathematischen Tatbestandes gerichtet ist. Und zwar derjenige Teil, in welchem die Intention auf Feststellung des gegenständlichen Tatbestands, d. h. ein dem gegenständlichen Auffassen angehöriges Verhalten, die Bestimmung des Gegenstandes vorbereitet. Frage ist dies Verhalten selbst, aber nicht eine Aussage darüber, daß ich in diesem Zustand des Verhaltens begriffen sei. Dies letztere wäre Bolzanos „ich behaupte bloß, ‚daß ich zu wissen verlange, ob es sey, oder nicht‘“.173 Zwischen den dargestellten elementaren Denkleistungen und der in der Vergegenständlichung angelegten Umsetzung der Verhaltungsweisen in gegenständliches Auffassen derselben stehen nun diejenigen Sätze, in denen das Erlebnis selbst, das Verhalten in ihm zum
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Ausdruck gelangt, nicht Gegenstände zu objektivem, allgemeinem und notwendigem Wissen erhoben werden: Die Sätze, die so entstehen, gehören einerseits dem Gebiet an, in welchem Zeichen sich auf ein unter ihnen Gemeintes beziehen, andererseits sind sie nicht Aussagen über Gegenstände, also Urteile im üblichen Verstande. 1. *Fragen Im Gebiete des Denkens treten Ausdrücke auf, die einer Denkbewegung angehören, welche ihr Ziel in einem Urteil nicht erreicht hat. Zu diesen gehören jedenfalls die Fragen, und sofern das Möglichkeitsurteil nicht positive Aussage ist, daß in dem objektiven Sachverhalt eine Entscheidung nicht enthalten sei, [es] vielmehr nur eine Disposition des Geistes, eine Annahme nach der zeitlich vorhandenen Information zu machen ausdrückt, auch diese Möglichkeitsurteile. Diese Bewegung ist Intention, welche auf gegenständliches Auffassen gerichtet ist. Also jeder Zustand enthält eine Intention auf Auffassen von Gegenständen etc. Wir fassen zunächst die subjektive Bewegung des Auffassens ins Auge und die sprachlichen Ausdrucksweisen für dieselbe. Die Frage drückt die im Denken zugrunde liegende Richtung auf Erkenntnis der Gegenstände aus. Daher ist Frage im Stil das Mittel, die subjektive Energie des Denkvorgangs auszudrücken. Lessing. Rhetorik. Die Frage hat sprachlich die Satzform als Beziehung vom Subjekt zum Prädikat. Denn das ist der nächste logische Wert der Frage, daß in ihr das denkende Subjekt eine Entscheidung über die Bestimmung eines Gegenstandes durch ein Prädikat herbeiführen will. Problemstellung ist die Verfassung der Frage. Äußerlich kann diese an einen anderen oder an das denkende Subjekt selbst sich richten, innerlich kann sie durch den Gedankenlauf so bedingt sein, daß die Aufforderung nur eine Verkleidung des Zweifels an der Auflösbarkeit eines Problems ist. Sie ist dann der Ausdruck dafür, daß eine Auflösung nicht vorliege; würde die Unmöglichkeit der Auflösung behauptet, so wäre die Form der Frage unangemessen.174 Die Frage ist der Ausdruck eines in der Gedankenbewegung gegründeten Verhaltens zu einem Gegenstande, nach welchem eine bestimmte Prädizierung desselben zwar gesucht wird, aber nicht vollzogen werden kann. Und in ihr handelt es sich, wie im Möglichkeitsurteil, niemals um die Aussage über einen Zustand des Subjekts, sondern über ein Verhalten zum Gegenstande.175 So ist sie der Möglichkeitsaussage verwandt, sofern diese ebenfalls nur ein solches Verhalten aussprechen will, nicht aber den logischen Zusammenhang, nach welchem Bejahung oder Verneinung allgemeingültig ausgeschlossen sind.
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[Bei] Husserl176 allgemeinere Fassung; es gibt eine Reihe von Zuständen, in denen das Auffassen sich verwirklicht unter den empirischen Umständen einer Mehrheit von Personen, in deren Übereinstimmung die Allgemeingültigkeit des angestrebten Urteils sich bekundet. Diese Zustände können im Begriff der Erwägung oder Überlegung zusammengefaßt werden. Die Richtung auf die Bestimmung eines Gegenstandes in einem Subjekte hat ihren Ausdruck in der Frage. Wird nun die Bestimmung des Gegenstandes durch andere intendiert, so tritt dieselbe Aufgabe der Bestimmung in andere empirische Umstände. Tritt man dann mit der Zergliederung in die Lage dessen, der gefragt wird, so entsteht zunächst der Vorgang des Verständnisses des Sinnes seiner Worte. Die Intention der Bestimmung des Gegenstandes wird genau so wie sie im Fragenden war auf das zweite Subjekt übertragen, und in diesem vollzieht sich nun die Entscheidung. Die Entscheidung selbst aber kann dann in einer Reihe von aufeinander bezüglichen Fragen und Antworten sich vollziehen. (Husserl bleibt mir unverständlich.) [2.] *Ausdrücke des Gefühls Das Verhalten des Gefühls hat seinen Ausdruck sprachlich im Schmerz über etwas. Es ist sonach eine eigens nicht näher beschreibbare Beziehung zwischen einem Sachverhalt und einem Gefühlszustand. Da nun diese Beziehung das ganze Leben beherrscht, so entstehen die mannigfachsten, feinsten, zartesten Ausdrücke der Verschiedenheit in ihr. Diese fassen wir ins Auge. Das Verhalten des Gefühls als solches findet ebenfalls einen mannigfaltigen Ausdruck. Der Gefühlsverlauf wird dann nicht Gegenstand, über den geurteilt wird, sondern er findet seinen Ausdruck, seine Äußerung. Zunächst in Mienen und Gebärden, dann in Interjektionen, endlich in sprachlichen Sätzen. Diese haben dann nicht den Wert eines Urteils. Die Lyrik wirkt am stärksten durch solchen direkten Ausdruck eines Gefühlszustandes. Die gegenständliche Aussage von demselben wirkt viel schwächer. Die Sätze sprechen dann das Gefühl über einen Gegenstand, eine Person, oder über einen ganzen Zustand, einen Inbegriff von Verhältnissen aus. Goethe: „O liebliche Therese! / Wie wandelt gleich ins Böse / Dein offnes Auge sich!“177 Die drei ersten Worte für sich genommen enthalten nur das Gefühl und den Ausdruck über dasselbe etc. Der folgende Satz drückt in seiner Energie des Gefühls ein Sachverhältnis aus. „Wenn ich doch so schön wär / Wie die Mädchen auf dem Land.“178 – ist Ausdruck der Sehnsucht; eine Bedingung von Freude wird hingestellt als etc. „Laß mein Aug den Abschied sagen, / Den mein Mund nicht nehmen kann.“179
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„Ach, wer bringt die schönen Tage, / Jene Tage der ersten Liebe, / Ach, wer bringt nur eine Stunde / Jener holden Zeit zurück!“180 Ausdruck, der unendlich zart die Sehnsucht nach dem Vergangenen etc. „So hab ich wirklich dich verloren?“181 – sehr feiner Ausdruck des schmerzlichen Staunens in dem nicht Glauben-wollen. „Zu lieblich ists, ein Wort zu brechen.“182 Charakteristisch für Goethes neuen Stil, der in Straßburg auftritt, ist der direkte Ausdruck wechselnder Stimmungen, die rasch in ihm und vorwärtsdrängend etc.: „Herz, mein Herz, was soll das geben? / Was bedränget dich so sehr? / Welch ein fremdes, neues Leben! / Ich erkenne dich nicht mehr. / Weg ist alles, was du liebtest, / Weg, warum du dich betrübtest, / Weg dein Fleiß und deine Ruh – / Ach, wie kamst du nur dazu! / Fesselt dich die Jugendblüte, / Diese liebliche Gestalt, / Dieser Blick voll Treu und Güte / Mit unendlicher Gewalt?“183 Hier zeigt sich besonders deutlich die Überlegenheit der Gefühlsenergie in direktem Ausdruck gegenüber der gegenständlichen Darstellung des Gefühls in der Lyrik. Erdmann faßt den Ausdruck der Sehnsucht: „O, dass Du wärst mein eigen“ als Aussage, deren Prädikate als wünschenswerte Bestimmungen anzusehen sind.184 Fragt man aber, welcher der Sinn, den der Ausrufende mit dem Satz verbindet, ist, so würde eine Aussage, die wünschenswerte Bestimmungen prädizierte, lauten: Ich wünsche, daß ich die folgenden Bestimmungen hätte, tausend Zungen etc.; p. 283 verwirft er ausdrücklich die Trennung der Frage, des Wunsches, der Bitte vom Urteil.185 [3.] Ausdrücke des Wollens Das Verhalten des Wollens besteht in der Intention, die auf Herstellung eines Zustands gerichtet ist. Diese Intention hätte zum korrekten Ausdruck Wille zu etwas. Das Verhalten ist also eine Beziehung, in welcher in dem Fiat eine imperativische willentliche Richtung zu einem die Intention enthaltenden Gegenstande steht. Die Sprache hat auch hier eine Mannigfaltigkeit etc. Auch hier treten uns Ausdrücke für die verschiedenen Willenszustände entgegen, vom ersten unbestimmten Wunsch bis zum Willensentschluß. Ausdruck in Gebärden. Dann in Worten und Wortfügungen, die keinen Satz bilden. „Dem Schnee, dem Regen / Dem Wind entgegen, / Im Dampf der Klüfte, / Durch Nebeldüfte, / Immer zu! Immer zu! / Ohne Rast und Ruh!“186 – drückt nur die Unruhe aus. „Verfließet, vielgeliebte Lieder, / Zum Meere der Vergessenheit! / Kein Knabe sing entzückt euch wieder, / Kein Mädchen in der Blütenzeit. / Ihr san-
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get nur von meiner Lieben; / Nun spricht sie meiner Treue Hohn. / Ihr wart ins Wasser eingeschrieben; / So fließt denn auch mit ihm davon.“187 Der Wille hat hier ein Objekt, das aber im Unbestimmten liegt. Die im Willen auftretenden Beziehungen werden ausgedrückt in ich möchte, ich könnte, dürfen, müssen. Unruhe des Strebens, Wunsch, Bitte, Forderung, Befehl bilden die Reihe der Willensintention, die sich nach außen richtet. Dann Zustände, die zur inneren Willensentscheidung führen. Schwanken, Wählen, Vorziehen, Entscheiden, Beschließen. Drittens solche, welche die Bindung ausdrücken. Ich bin genötigt, ich muß, ich darf, Befugnis, Erlaubnis, Pflicht etc. Jeder dieser Zustände hat seinen eigenen Ausdruck. Alle diese Ausdrücke sind darum nicht Urteile, weil kein gegenständliches Auffassen in ihnen auftritt, demnach keine objektive Gültigkeit festgestellt wird. Hierin weiche ich von Erdmann ab.188 Subjektive Urteile liegen darum hier nicht vor, weil die Intention dieser Sätze nur Ausdruck eines Verhaltens ist, aber nicht Aussage über ein Gegenständliches. Darum kann ich auch Sigwart nicht ganz zustimmen, nach welchem jeder Imperativ zugleich die Behauptung einschließt, daß der Redende die bestimmte Handlung jetzt will.189 Aber der Ausdruck ich will, daß du eine Handlung vollziehst, oder der korrelate du sollst sie vollziehen hat nur die Intention, einen Befehl zu erteilen, und daß aus ihm die gegenständliche Aussage abgeleitet werden kann, der Redende wolle etc., ist nicht das in ihm Gemeinte, sondern eine aus dieser Meinung abgeleitete Folgerung über die Verhaltungsweise, die in diesem Imperativ liegt. Fassen wir nun die hier enthaltenen Momente ins Auge. Der Ausdruck eines Imperativs ist an mich selbst gerichtet, eine Bindung meines eigenen künftigen Willens durch einen Entschluß. An andere gerichtet hat er die Intention, deren Willen zu bestimmen, unter der Voraussetzung eines Machtverhältnisses zu diesen. Das du sollst anstatt des ich will, daß du bezeichnet dieselbe Intention. Normen unterscheiden sich von den Einzelimperativen dadurch, daß sie an alle in einem Zweckzusammenhang Befindlichen gerichtet sind. Sobald nun diese Normen aus der Natur des Zweckzusammenhangs folgen und dies der Rechtsgrund der Normen bewußterweise ist, so bildet ihren Hintergrund ein gegenständlicher Zusammenhang. Sie können also in eine Aussage über diesen gegenständlichen Zusammenhang umgewandelt werden. Wieder ein anderer Fall ist, wenn eine Gemeinschaft aus der Einheit ihres Willens positive Vorschriften gibt. Da entsteht der Begriff der gesetzlichen Bestimmung von positivem Charakter. Man hat sich gefragt, welchen Charakter das wenn jemand fahrlässig … so wird er gestraft habe: sehr einfach, wenn man nur vom ganzen Zusammenhang des ganzen Strafgesetzes ausgeht. Dieses tritt
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auf als ein Imperativ, welcher dem Kriminalprozeß seine Regeln gibt. Diese können dann in der gegenständlichen Form ausgesprochen werden. [4.] Befugnis Zu Bindung, Beschluß, Zwecksetzung ist der wichtige Begriff der Befugnis hinzuzufügen. Lasson190 [bezeichnet] mit Recht die Befugnis oder Sphäre des Wollens als das, was das Recht konstituiert, Rechtsgesetz hervorbringt; muß aber besser gefaßt werden, weil Befugnis korrelat zum Rechtsgesetz ist und dieses voraussetzt. Hierüber dann auch Bierling.191
6. Das diskursive Denken auf den verschiedenen Gebieten des Denkzusammenhangs 1. Das diskursive Denken, welches sich auf die im Auffassen entstandenen Gegenstände bezieht 2. Das diskursive Denken, welches in der Vergegenständlichung der Verhaltungsweise des Gefühls begründet ist 3. Das diskursive Denken, welches in der Vergegenständ192lichung der Verhaltungsweise des Willens begründet ist192 1. *Der Ausdruck von Verhaltungsweisen zu Gegenständen in Urteilen Vom Ausdruck einer Verhaltungsweise im Satz unterscheidet sich das Urteil dadurch, daß die Wortverbindung einen objektiven, allgemeingültigen und notwendigen Tatbestand meint oder bedeutet. Urteile setzen sich zusammen etc. Wir zeigen dies zunächst auf den verschiedenen Gebieten, in denen Tatbestände zur Auffassung gelangen. Der Unterschied des Gebietes ist gegründet in den Verhaltungsweisen, er erweist sich aber an entsprechenden Grundverschiedenheiten des Tatbestandes, dessen Zeichen das Urteil ist. Es gibt zunächst ein Verhalten, das durch Auffassen charakterisiert ist. Ich vermeide alle Streitfragen. Jeder mag an sich erproben, ob er einen Zustand einer nicht bezogenen Empfindungsmannigfaltigkeit bei sich feststellen kann. Auch ist mir gleichgültig, ob man ihn dann als Auffassen oder als Bedingung des Auffassens bezeichnet. Der gewöhnliche Verlauf der Sinneswahrnehmung zeigt uns Zuwendung, Beziehung ihrer Mannigfaltigkeit im Denken, und dann dabei ein anderes Verhalten zu der gleichsam seitlich von der Aufmerksamkeitsrichtung aufgefaßten Empfindungsinhaltsmannigfaltigkeit. Das Charakteristische des ersten Erlebnisses ist das Für-mich-da-sein.193 Das, was so in den Blickpunkt
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meiner Aufmerksamkeit fällt und damit elementare Denkleistungen hervorruft, bezeichnet der Sprachgebrauch als Gegenstand. In ihm ist treffend der charakteristische Zug des Gegenstandes ausgedrückt. Und nun schließe ich mich an den Sprachgebrauch von Husserl und Lipps und Erdmann an194 und bezeichne alles so im Blickpunkt der Aufmerksamkeit Aufgefaßte, auch innere Zustände, als Gegenstand. Durch diesen Sprachgebrauch erhalten wir einen Terminus für den Erkenntnissachverhalt, der im Erleben bestätigt werden kann, in welchem ein Gegebenes aufmerksam aufgefaßt wird. Das Auffassen von Gegenständen ist ein Erkenntniserlebnis eigener Art. Es tritt auf allen Stufen des Erkenntnisvorgangs auf. Es kann die zusammengesetztesten Prozesse des diskursiven Denkens hinter sich haben, es selbst ist niemals ein Urteil. Wenn ich die mathematische Funktion oder die Begriffe Gleichheit, Beziehung zu Gegenständen mache, so ist in ihnen ein sich Gleiches gesetzt, das in seinen inneren Beziehungen auffaßbar ist. Diese Beziehungen werden in Urteilen entwickelt, aber die Urteile beziehen sich auf den Gegenstand nur, sofern sie das abgesonderte, feste Beziehungssystem, das den Gegenstand ausmacht, zur Darstellung bringen. Es wird sich zeigen, daß der Begriff der logische Ausdruck des gegenständlichen Verhaltens ist. 1. *Gegenstände als Bedingung des Urteilens Die Welt der Gegenstände bildet die Bedingung des Urteilens, sonach des diskursiven Denkens. Denn da Urteil eine Denkfunktion ist, welche immer nur die an Gegenständen auffindbaren Beziehungen auseinanderlegen kann, so hat es Gegenstände zur Voraussetzung. Anmerkung über die Terminologie der Vorstellungen bei Bolzano, Brentano etc. Alle diese Operationen, Gegenstand, Aussage etc. sind überall da, wo diskursives Denken da ist. Es gibt keine Art von diskursivem Denken, die ohne diese Denkerlebnisse wäre. Eben in der Richtung des Denkens auf das Auffassen des Gegebenen, das Erkennen der Gegenstände, die wahren Urteile und Begriffe liegt die Natur des diskursiven Denkens. 2. *Drei Klassen von Urteilen Nun aber tut sich ein Unterschied auf. Urteile unterscheiden sich zunächst durch die Materie, die in Subjekts- und Prädikatsbegriff enthalten ist. Sie unterscheiden sich dann durch die im Denken begründete oder logische Urteilsform. Die schlichte Aussage ist etwas anderes als die Vergleichung. Kategorische, hypothetische, disjunktive Urteile werden ebenfalls von Logikern als ihrer Form nach verschieden angesehen. Noch ein anderer gleichsam dazwischen
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liegender Gesichtspunkt macht sich geltend. Wenn ich Sein, Eigenschaften eines Gegenstandes, Wirken und Leiden aussage, so sind Urteile dieser Art durch die sie konstituierende Beziehung verschieden von Urteilen, die einen Wert ausdrücken etc. Die Natur der Beziehung, welche diese verschiedenen Klassen der Urteile konstituiert, ist in dem Verhalten begründet, in welchem die Gegenstände dieser Klasse von Urteilen entstanden sind. Es ist also ein Unterschied der Gegenstände, welche im Urteil auseinandergelegt werden. Tatbestände will ich die eine Klasse derselben nennen, da wir keinen Terminus für sie haben. Werte und Zwecke oder Güter bilden die zweite und dritte Klasse. Man kann sagen – eine rein terminologische Frage –, daß dieser Unterschied der Gegenstände der Materie des Urteils angehört, gleichviel: es ist ein Unterschied zwischen dieser Materie im gewöhnlichen Sinne, nämlich dem bestimmten Inhalt von Subjekt und Prädikat, und dem Konstituiert-sein des Gegenstandes durch ein Verhalten, welches alle Sätze einer solchen Klasse unter bestimmte Beziehungen bringt. Diese Beziehungen, die sich in Partikeln und syntaktischen Formen ausdrücken, bilden etc. 3. *Die drei Klassen sind Aussagen von Gegenständen Die drei Klassen sind also Aussagen von Gegenständen; sie unterscheiden sich durch die Art der Beziehungen, die sie herausheben. Diese Art der Beziehungen ist im Verhalten gegründet. Die erste Klasse sagt ein wahrnehmungsmäßig Gegegebenes oder aus ihm durch logische Prozesse Abgeleitetes aus. Die Aussage verläuft also in den Beziehungen, welche am Wahrnehmungstatbestand auffaßbar werden. Immer handelt es sich also um etwas, das mit dem Vorzeichen des ist gegeben ist. Alle diese Urteile sagen Wirklichkeit aus, Sachverhalt an Wahrnehmungen oder abgeleitet aus logischen Beziehungen derselben. Eine andere Aussage über Beziehungen, die in einem anderen Verhalten fundiert sind, entsteht in der Sphäre des Gefühls. Dasjenige, was das Gefühl affiziert zu einer der ihm eigenen Erregungen, nennen wir gut, angenehm, schön. Allgemein ausgedrückt: erkennen wir einen Wert zu. Alle diese Prädikate sind Aussagen über Sachverhalte, die deren Beziehungen auf Formen der Gefühlserregung ausdrücken. Der Sachverhalt selbst, über den so prädiziert wird, weil er das Gefühl erregt, kann ebensogut ein in der Wahrnehmung gegebener Zustand des Subjekts als ein äußerer Gegenstand, ebensogut ein Gegenwärtiges wie ein Vergangenes oder Zukünftiges sein. Der Umfang dessen, was in diese drei Klassen fällt, ist der logischen Form nach sehr mannigfach, und zwar gehen dieselben Unterschiede der logischen Form durch jede dieser Klassen hindurch. So entstehen in der Sphäre der Wertbestimmung folgende Formen: ich schätze einen Charakter, ich schätze ihn hö-
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her als meinen eigenen, dein Charakter ist gut, er ist besser als der meine, der Wert der Tugend ist größer als der etc. Es gibt einen absoluten Wert. In allen diesen Formen regiert das, daß dieselbe Beziehung zwischen einem Gefühl und einem Gegenstand [besteht], nach welcher Beziehung der Gegenstand geschätzt wird. In diese Klasse gehören dann ferner Gefühle über vergangene und zukünftige Zustände. Das auf die Zukunft bezügliche Gefühl geht in kontinuierlicher Stufenfolge in Wunsch über: ich wünsche; das auf Vergangenheit bezügliche: ich bedaure. Erinnert man sich an die Gefühlsausdrücke zurück, so zeigt sich hier eine neue Reihe von Beziehungen, nämlich die, welche in der gegenständlichen Auffassung des Gefühls entstehen. Sie bilden sich in der Lebenserfahrung aus, und es besteht in ihnen die Beziehungsmöglichkeit für den gegenständlichen Teil der Dichtung. Die Fähigkeit einer Sprache, die Gefühlsmacht der Poesie zu entwickeln, ist auch von diesen Terminis abhängig. [2.] Das Unsystematische in den logischen Formen Sie gehören dem Denkzusammenhang an, der auf Erkenntnis gerichtet ist. Sie sind das, was in demselben als gleichförmig ausgesondert werden kann. Aber dieses Gleichförmige kann unter ganz verschiedenen Umständen etc., kann nur dann eindeutig bestimmt werden, wenn es aus der Aufgabe abgeleitet ist. Im Zusammenhang der Aufgabe ist es dann durch deren Bedürfnisse bestimmt. Es wird hingestellt, als wäre es durch ein inneres Kristallisations- oder mathematisches Gesetz zu einer Systematik bestimmt. 3. Allgemeines Die erste Eigenschaft aller Urteile ist, daß jedes Urteil über einen Gegenstand etwas aussagt. S und P bezeichnen eine Aussage über einen Gegenstand. Dieses ist allen Urteilen gemeinsam, auch in der Gleichung ist das erste durch das zweite bestimmt.195 Ausgenommen wäre das hypothetische Urteil, wenn es nicht ein zusammengesetztes Urteil wäre. Es gehört nämlich einem Zusammenhang an, in welchem entweder von einem (gegebenen oder angenommenen) Vordersatz aus der Nachsatz gesetzt wird oder zu dem gedachten Nachsatz der Vordersatz: jedesmal liegt hier etc. Gegenstand, nicht Substanz oder Ding. Ein reines Verhältnis des Denkzusammenhangs – irrige Lehre Kants, der mit Substanz etc. in Beziehung setzt.
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4. Das diskursive Denken im Gebiet des gegenständlichen Auffassens Große Mannigfaltigkeit von Urteilen auf diesem Gebiet. Über äußere Tatbestände, über innere. Aussage eines Tatbestandes. Vergleichung mehrerer. Allgemeine Urteile der Logik und Mathematik, besondere. Die Aufgabe ist, das Gemeinsame in denselben festzustellen. Und hierbei handelt es sich wieder darum, rein deskriptiv oder phänomenologisch zu sagen, was in allen diesen Klassen von Urteilen gemeint sei. (Da sie auftreten in einem Zusammenhang der Urteilsbildung, da es kein isoliertes Urteil gibt, so ist in jedem Urteil, wenn seine Voraussetzungen mit einbegriffen werden, mehreres enthalten als die Aussage etc.) Satz I Die Urteile beziehen sich auf den Zusammenhang der Gegenstände, wie er in den primären Denkleistungen hergestellt worden ist. Satz II Was wir von Urteilen vollziehen, wenn logische Besonnenheit auftritt, das steht innerhalb eines Urteilszusammenhangs. Dieser ist auf die Aufgabe gerichtet, das Gegebene zu beschreiben, zu zergliedern und nach Erkenntnis, daß es nicht mit dem Wirklichen zusammenfällt, sich diesem zu nähern. Formel: nach Denkgesetzen im Gegebenen enthalten sein. Satz III: Aussage über Tatbestand, darin implizite enthalten Realität Ich gehe aus von dem Urteil über äußere Gegenstände, an denen sich das Urteil auf dem Gebiet des gegenständlichen Auffassens zunächst ausbildet. Das sinnlich Anschauliche ist zunächst unterschieden durch grenzenlose Mannigfaltigkeit der Inhalte. Dazu treten dann Unterschiede in der Art, wie die Inhalte für mich da sind.196 Das freie Vorstellen einer Farbe oder eines Tones, das Auftreten unbestimmter Gesichtsbilder vor dem Einschlafen, das Phantasiebild eines Pflanzengewächses von Dimensionen und von einem Farbenglanz, welche die Wirklichkeit überschreiten, die Wahrnehmung eines Gegenstandes, die erinnerte Vorstellung desselben – dies sind Bestandteile einer solchen Mannigfaltigkeit. Zwei Unterschiede treten hier besonders hervor. Das sinnlich Anschauliche ist entweder freie Vorstellung, wie etwa eine Farbe, oder es ist ein phantasiemäßig Angenommenes, wie jene Wildnis von Gewächsen, oder es ist ein Gegebenes,
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das durch den Wahrnehmungsvorgang bestimmt ist. Anderseits ist das sinnlich Anschauliche entweder in Beziehung auf einen Gegenstand, wie etwa eine Einzelwahrnehmung vom Stephansdom, oder es steht ohne eine solche Beziehung vor mir da, wie eine vorgestellte Farbe oder ein Ton. Es bestehen nun zwischen diesen Formen in der Mannigfaltigkeit des sinnlich Anschaubaren folgende Verhältnisse, die sowohl für die Sonderung der Verhaltungsweisen als für die Theorie vom Wissen von Wichtigkeit sind. Denn sie betreffen die in dem Verhalten des sinnlichen Auffassens gegründeten strukturell bedingten und teleologischen Beziehungen. Innerhalb der angegebenen Mannigfaltigkeit des sinnlich Anschaulichen konstituiert die Beziehung zwischen dem Vorgang, dem sinnlich Anschaulichen und dem Gegenstande eine strukturelle Einheit. Diese Beziehung erweist sich am deutlichsten, wenn man vom Sinnesurteil ausgeht. In ihm wird ein Gegenständliches bestimmt vermittelst des sinnlich-anschaulich Gegebenen. So muß in der Wahrnehmung, als in welcher es gegeben ist, irgendwie das Gegenständliche angelegt sein. Und das ist in der Tat so. Ich gehe aus von der Wahrnehmung irgendeines Gegenstandes, etwa eines Baumes. Was von ihm tatsächlich gegeben ist, sind Stamm, Teile von Ästen, Blätter, jedes von einem bestimmten Standpunkt gesehen. Ich ergänze dies Einzelbild durch Repräsentationen. Dies Auffassungserlebnis erhält seine Einheit durch die Beziehung auf denselben Gegenstand. Die disparatesten Auffassungsweisen, sprachliche Bezeichnung, Vorstellungen in den verschiedenen Graden von Lebendigkeit und Fülle sind in einem System innerer Beziehungen verbunden. Die Gesamtheit des Systems dieser Beziehungen nennen wir eine Totalvorstellung – natürlich das Wort Vorstellung im weitesten Sinn verstanden. In diesem System ist, wie wir sahen, nur ein kleiner Teil rein anschaulich gegeben. Und dieser Charakter von Gegebenheit, welcher der sinnlichen Wahrnehmung zukommt, ist nicht ein Inhalt, der hinzukommt zu den andern Inhalten, welche das Wahrgenommene als sinnlich Anschauliches ausmachen: vielmehr bezeichnet es die Art, wie anschauliche Inhalte in der Sinneswahrnehmung für mich da sind. 1. Alle Erlebnisse, welche durch gegenständliches Auffassen charakterisiert sind, enthalten nun innere Beziehungen aufeinander. Diese strukturellen Beziehungen gehen durch alle Verwebungen hindurch, in denen Gefühle oder Willensintentionen mit dem gegenständlichen Auffassen verbunden sind. Und gleichviel, wieweit die Auffassungserlebnisse auseinanderliegen und wie sie von wechselnden Umständen, inneren oder äußeren, modifiziert sind: sie können durch die Beziehungen miteinander verknüpft sein, welche den Vor-
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gängen des gegenständlichen Auffassens gemeinsam sind. Diese verbinden sie miteinander zu einem Zusammenhang von eigner Art. In einem Erkenntnisverlauf begriffen, werde ich unterbrochen durch eine Nachricht, durch eine eintretende Person oder durch ein physisches Unbehagen: Es kann lange dauern, bis der Erkenntnisverlauf, in dem ich begriffen war, von mir weitergeführt wird. Dennoch sind diese weit voneinander abstehenden Erkenntniserlebnisse als Teile zu dem Ganzen meines Erkenntniszusammenhangs verbunden. Dies ist durch die Art der Beziehungen in dem System des gegenständlichen Auffassens bedingt. Denn in ihnen ist die Tendenz angelegt, sich über das ganze Seelenleben auszubreiten. 2. Die Beziehungen der Erlebnisse innerhalb des gegenständlichen Auffassens bestehen zwischen den Inhalten, die in diesen Erlebnissen auftreten. Sie sind in dem Sachverhalt enthalten, der gegenständlich gegeben ist. In dem Sachverhalt von zwei Intensitäten ist der Intensitätsgrad mitgegeben. In den tatsächlichen Verbindungen von Farbenqualität mit Extension ist enthalten, daß Farbe ohne Extension nicht vorgestellt werden kann. Wohl setzt die Auffassung dieses Sachverhalts die Akte des Verbindens, Trennens voraus, aber die Beziehungen finden nicht zwischen diesen Akten, sondern zwischen den im Tatbestand enthaltenen Inhalten statt. Die Geltung der angegebenen Beziehungen ist unabhängig von den Bewußtseinsakten, in denen sie aufgefaßt werden. Ebenso spricht der Syllogismus nur logische Beziehungen aus, die im Gegenständlichen gegründet sind, nicht solche zwischen den Denkakten. Prämissen und Konklusion sind in einem Schluß zu einem Zusammenhang verbunden, dessen Natur die Begründung der Konklusion durch die Prämissen ist. Aber in dem Syllogismus werden nicht Akte als begründend aufgefaßt, sondern es wird in ihm ein Sachverhalt aufgefaßt. Kein Bewußtsein von Denkoperationen, die wir vollziehen, begleitet das gegenständliche Auffassen. Nur die Inhalte und deren Beziehungen sind ihm gegenwärtig. Das Verfahren, welches die Vielheit unterscheidbarer Elemente, die am Inhalt des gegenständlichen Auffassens auffaßbar sind, darstellt durch eine Vielheit von Akten, die sich kombinieren, um die Vorstellung eines zusammengesetzten Ganzen zu erzeugen, geht über den diskursiv feststellbaren Tatbestand hinaus: es legt demselben als Bewußtseinsbedingungen Akte unter, welche den sachlichen Relationen entsprechen. Akt bezeichnet dann die Bewußtseinsbedingung für das Wissen von einer sachlichen Relation. Eine aufzeigbare strukturelle Beziehung besteht innerhalb des Auffassens nur zwischen dem Verhalten und der Inhaltlichkeit, welche die Materie für die Bestimmung des Gegenstandes ausmacht.
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Diese strukturelle Beziehung bestimmt nun in zwiefacher Richtung einen Fortgang zur Erfassung des Gegenständlichen, in welchem am Erlebten und Angeschauten immer mehrere Relationen festgestellt werden. In der einen Richtung liegt der Fortgang der Auffassung eines Gegenständlichen in der Reihe der Repräsentationen, die das im Erleben und Anschauen Enthaltene197 zu erschöpfen streben. In der andern Richtung sind die Erlebnisse verbunden, welche zwischen den verschiedenen Gegenständen Relationen erfassen. Die Beziehungen zwischen den Erlebnissen des Auffassens bestehen also zunächst zwischen Erlebnissen, in denen derselbe Gegenstand auf verschiedene Weise für uns da ist. Anschauung, Erinnerung, Totalvorstellung, Namengebung, Unterordnung des Besonderen unter das Allgemeine, Verbindung von Teilen zu einem Ganzen, Urteil – das alles sind Weisen des Auffassens. Ohne daß der Gegenstand zu wechseln braucht, ändert sich die Art und Weise des Bewußtseins, in der er für uns da ist, wenn man von Anschauung zu Erinnerung oder zu Urteil übergeht. Die ihnen gemeinsame Richtung auf denselben Gegenstand verbindet sie zu einem teleologischen Zusammenhang. In demselben haben nur diejenigen Erlebnisse eine Stelle, welche in der Richtung auf Erfassung dieses bestimmten Gegenständlichen eine Leistung vollziehen. Dieser teleologische Charakter, der in der Richtung auf Erfassung des Gegenstandes bedingt ist, spricht sich dann weiter darin aus, daß alle Beziehungen zwischen den Auffassungsweisen etc.198 Wir knüpfen an an das über den Ausdruck des Gefühls Gesagte. Im Gefühlszustand Beziehung zwischen dem Gefühl und einem Sachverhalt. Das über als eigene Natur desselben. Ausdruck. Ausdrucksformen Wird nun aber der Gefühlszustand in die Gegenständlichkeit erhoben, dann wird der Sachverhalt, auf den das Gefühl sich bezieht, als ein Wert aufgefaßt. [5.] Normen199 Die Einsicht in die Natur der Normen ist davon abhängig, daß man den Inbegriff dessen, was logisch angesehen die Normen konstituiert, richtig faßt. Als Normen bezeichne ich diejenigen Imperative, welche für alle diejenigen gelten, die in einem Zweckzusammenhang stehen, weil aus dem im Zweckzusammenhang enthaltenen Sachverhalt die Norm sich ergibt. Ich frage also gar nicht, ob alles das, was als Norm bezeichnet wird, diesen Charakter hat. Mag es allgemeine Regeln geben, denen dieser Charakter abgeht, ich behaupte nur, daß es ein Gebiet von Regeln der oben charakterisierten Art gibt. Eine ist das Sittengesetz Kants. Gleichviel, ob es aus dem Sachverhalt richtig folgt, aus wel-
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chem es sich für Kant ergibt. Ausgesprochen ist in ihm, daß es in der sittlichen Welt ein Sollen gibt, das in Beziehungen einer Mehrheit von Willen aufeinander gegründet ist und als pflichtmäßige Gebundenheit sich geltend macht. Gleichviel wie nun die Fundierung des Bindenden aufgrund dieser Beziehung gefaßt wird, eine Norm ist dieses Sittengesetz nur, sofern es aufgrund dieser Fundierung den Charakter einer gültigen Bindung empfängt. Ebenso ist die Regel, daß jedes Kunstwerk die Zusammenfassung des in ihm enthaltenen Mannigfaltigen dem Aufnehmenden möglich machen muß, eine allgemeine Norm, die in der Natur unseres Auffassens begründet unter den Bedingungen jeder Art von Kunstwerken hervortritt. Jede Norm enthält also in sich den Charakter einer Bindung, welche in den Sachverhalten des Gebietes, für die sie gilt, gegründet ist. Die Norm ist also dem Urteil darin verwandt, daß sie allgemeingültig ist aufgrund einer Nötigung, die im Sachverhalt fundiert ist. Denn auch, wenn jemand sich auf das Apriori des Nötigenden beruft, liegt auch in diesem ein Sachverhalt vor, und zwar ein solcher, der im Subjekt oder der allgemeinen Vernunft enthalten ist, und auch dieser Sachverhalt ist fundiert für die Regelgebung eines Gebietes, da logische Gesetze nicht Willensnormen und diese nicht jene sind. Sonach kann der Charakter der Normen ebenfalls als Allgemeingültigkeit bezeichnet werden, und [er] macht sich geltend in einer inneren Nötigung anzuerkennen. Der Unterschied liegt darin, daß die Allgemeingültigkeit von der Fundierung aus sich auf die Regelgebung erstreckt. Es vollzieht sich hier der Übergang vom theoretischen Verhalten in die auf dasselbe gegründete rationale Willensbestimmung, Normen sind die Prinzipien des rationalen Willens. Daher erweisen sie sich als eins der wichtigsten Gebiete des menschlichen Denkens und finden eine breite Stelle in der Logik. Diese ist ihnen bis jetzt nicht zuteil geworden, weil die Logik zugeschnitten war auf den Bezirk der Wirklichkeitserkenntnis. Aus dieser Natur der Normen folgt, daß die allgemeine Regel, da sie die Nötigung von allgemeingültigem Charakter einschließt – sonst wäre sie nicht Norm – stets nur durch die Beziehung auf den diese begründenden Sachverhalt Norm ist, die Nötigung kann ohne das deutliche Bewußtsein dieses Sachverhalts da sein, sie wird aber der Einrede, dem Zweifel gegenüber erst fest durch das zum Bewußtsein-bringen desselben. Ferner ergibt sich hieraus, daß jede Norm umgewandelt werden kann in einen Satz, der das Stattfinden einer allgemeingültigen Verpflichtung aussagt. Dieses Stattfinden ist phänomenologisch angesehen weder ein Tatbestand im Subjekt noch in Gegenständen, sondern ein Gelten, eine Tatsächlichkeit sui generis. Gelten im strikten Sinne genommen. Auch ist daher die Aussage über dies Stattfinden nicht wahr oder falsch, sondern richtig oder unrichtig.
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[7.] Selbstbesinnung200 1.201 Der Übergang von der Logik zu wissenschaftlicher Selbstbesinnung vollzieht sich, indem die Arbeit des Denkens in den verschiedenen Sphären der Wirklichkeitserkenntnis, der Wertgebung, der Zwecksetzung und Regelgebung, wie sie sich in den großen Realitäten des Lebens ausgewirkt hat, auf ihre Bedingungen untersucht, in ihren Methoden erforscht, in Rücksicht ihres Rechtsgrundes und ihres Ertrages geprüft wird. In jeder dieser Sphären und der in ihr gegebenen geistigen Realität sind Wirklichkeit, Wert und Regel verbunden. In ihrer Verbindung liegt die Struktur der geistigen Realität, um welche es sich handelt. In dem Gefüge der Wirklichkeitserkenntnis sind die Regeln dem Zweck untergeordnet, in dem Gegebenen Wirklichkeit zu erfassen. Und diese Arbeit erstrebt wie jede einen Wert zu erzeugen, nämlich diese Wirklichkeitserkenntnis. Dies Streben nannte Schleiermacher das Wissen-wollen. Der Gegebenheit entspricht das Aufgehen von Werten in der Sphäre von Gefühl und Trieb. In der Lebenserfahrung gehen, wie wir sahen, immer neue neue Werte auf und findet eine beständige Berichtigung ihrer Abschätzung statt. Das Gebiet umfaßt direkte Lebenswerte, logische, ästhetische, wirtschaftliche, moralische, politische etc. Da jeder Kreis menschlicher Betätigung zum Gefühl- und Triebleben Verhältnis hat, entstehen in ihm Werte und berichtigen sich in seinem Verlauf, werden abgeschätzt etc. Die Beziehung dieser Werte auf Wirklichkeit ist sekundär. Denn auch bloße Bilder der Imagination können im Gefühl genossen werden. Die Regeln, die deren Vorgang beherrschen, entstehen nur in der Reflexion etc. Sie sind der Ausdruck einer in der Organisation der Gefühle und Triebe gegründeten Tendenz des Geistes nach innerer Übereinstimmung mit sich selbst in der Fülle seines Daseins. So sind sie verschieden von Gesetzen in diesen Bildungsprozessen, sofern Ziel und Maßstab in uns ist, an dem wir den vielfach bedingten Lauf des individuellen Bildungsprozesses messen. In der Sphäre des Willens handelt es sich um Erzeugung von Realitäten, die der Wertbestimmung entsprechen. Die Voraussetzung des Willens ist sonach Anerkennung von Realität. Seine Grundlage ist Wertbestimmung. Und die Erfahrungen des Willens enthalten das Gebundensein desselben an Normen. 2. Die Besinnung über die so strukturierten Realitäten nimmt auf den verschiedenen Gebieten eine von deren Bedingungen und Natur abhängige Form an. Die Wirklichkeitserkenntnis enthält in sich eine Verbindung verschiedener
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Momente. In dem Bewußtsein treten Inhalte auf, deren eine als Objekte gegeben sind, die anderen im Innewerden für uns da sind. In beiden Fällen haben sie das Merkmal der Gegebenheit in der Wahrnehmung. Dies ist also das erste Merkmal jedes Gegenstandes der Erkenntnis. Indem nun in der Erkenntnis über das in den Wahrnehmungen Gegebene durch Denkprozesse Urteile ausgesagt werden, tritt an diesen der Charakter der Evidenz auf. Das Überzeugungsgefühl und die logische Reflexion findet, daß dieses an Regeln gebunden ist. Das Ziel des Wissen-wollens ist die Feststellung von Wirklichkeit als Gegebenem oder im Denken aus ihm Erzeugtem. Sonach hat die Theorie der Wirklichkeitserkenntnis, kürzer: der Erkenntnistheorie verschiedene Ausgangspunkte für die Prüfung der auf diesem Gebiet geleisteten Arbeit. Die Realität dieser Arbeit ist dasjenige, was den Stoff dieser Untersuchung ausmacht. Und die Bestimmung der Wirklichkeitswerte aus Gegebenem ist das Ziel. So kann man von dem Begriff der Inhaltlichkeit ausgehen, weiter von den besonderen Merkmalen dieser Sphäre der Gegebenheit oder der Normen. Die Selbstbesinnung über die Realität der Wertgebung als ein eigenes weites Reich des Geistes hat ebenfalls in den Momenten, die die Wertgebung enthält, ihre Ausgangspunkte.
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II. Theorie des Wissens, gegründet auf die Vergleichung der Denkleistungen auf den verschiedenen Gebieten202 I. Das diskursive Denken Das diskursive Denken, dessen Leistung das allgemeingültige Wissen ist, ist fundiert in den primären Denkleistungen und bezieht sich auf die in ihnen gegebene gegenständliche Welt. 1. *Wissen ist begleitet vom Bewußtsein der Gültigkeit Das Wissen hebt sich aus dem Denkverlauf heraus durch das Bewußtsein der Gültigkeit. Dieses tritt hervor an seinem Gegenteil. Darin besteht die Wahrheit des aristotelischen Satzes, daß wahr und falsch nur am Urteil auftreten. Der sinnliche Gegenstand oder der Zustand meiner Selbst ist, der Aussage über ihn kommt erst zu, wahr oder falsch zu sein. Und die mit dem Bewußtsein der Geltung auftretende Aussage über den Gegenstand ist ein Wissen, jede Aussage aber ist nur ein Urteil, wobei auch allgemeingültige notwendige Normen als Urteile von meinem Sprachgebrauch bezeichnet werden. [2.] Unser Wissen vom diskursiven Denken Von dem Denken wissen wir einerseits durch die innere Wahrnehmung, die den Denkakt nicht beobachten, aber absichtlich unterbrechen kann. Alsdann sind in der Erinnerung die letzten Glieder seines Verlaufs deutlich, die früheren weniger deutlich. Mit dieser inneren Wahrnehmung verknüpfen wir das Studium der dauernden Erzeugnisse des Denkens, so der Sätze, Satzverbindungen, Zusammenhänge in Wissenschaft und Praxis. Wir nennen das Denken, wie wir es so vorfinden, an Worte gebunden, von Bestandteil zu Bestandteil in der Zeit fortschreitend, das diskursive Denken. [3.] Der Begriff des diskursiven Denkens203 Wir unterscheiden von dem Wahrnehmen das Vorstellen im weiteren Sinn. Das Vorstellen ist nicht vom Bewußtsein bloß rezeptiven Verhaltens begleitet. Wir finden uns in ihm nicht an einen bestimmten Inhalt gebunden, sondern
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können ihn ändern. Den Gebilden des Vorstellens eignet eine freiere Beweglichkeit, aber auch geringere Bestimmtheit und Sinnfälligkeit als denen des Wahrnehmens. Innerhalb des Vorstellens sondern wir weiter das freie Vorstellen von dem Denken, in welchem die Anspannung des Willens nach innen gerichtet ein bestimmtes Verhältnis der Vorstellungen zu den Wahrnehmungen herzustellen strebt, das wir Wissen nennen und das im Überzeugungsgefühl sein subjektives Merkmal hat. [4.] Das diskursive Denken oder das Urteil als der Akt, in welchem es sich in Sätzen vollzieht, hat zu seiner Grundlage die gegenständliche Welt Das diskursive Denken hat zu seiner Grundlage die gegenständliche Welt wie sie aus dem in den Sinnen und in dem Innewerden des Erlebten als solchem Gegebenen durch Zuwendung der Aufmerksamkeit in primären Denkleistungen durch Unterscheiden, Sondern, Beziehen immer neu und immer anders entsteht. Grundlage nenne ich nicht das zeitlich Frühere, sondern das vom diskursiven Denken Unabhängige, weil es aufgrund des Gegebenen in primären Denkleistungen entstehen kann; unter Welt sind hier nur die räumlich-zeitlich bezogenen Gegenstände verstanden, deren Verhältnisse durch die primären Denkleistungen zum Bewußtsein erhoben sind – ein Inbegriff, der aber immer wieder neue Glieder voraussetzt und an dem Nichtbeachteten auch eine solche Fortsetzung findet. Das ist die im anschaulichen Denken enthaltene Grundlage für die Ausbildung des Weltbegriffes, und gegenständlich ist diese Welt, weil die Mannigfaltigkeit zu gegenständlicher Auffassung erhoben ist. Die Zuwendung der Aufmerksamkeit, die mit ihr verbundenen Denkleistungen, die durch sie geleisteten Beziehungen zwischen Erinnerung und Wahrnehmung ermöglichen, aus der wechselnden Mannigfaltigkeit des Gegebenen ein dem Denken Dastehendes als ein in sich bezogenes Abgesondertes auszusondern, den Gegenstand und die Gegenstände in Beziehung zueinander zu setzen. In dieser gegenständlichen Welt sind drei Kreise von Tatsächlichkeit voneinander unterschieden, weil sie von verschiedener Provenienz sind und aufeinander bezogen: Sie sind unterschieden, sobald die Auffassung da ist. Ihr Unterschied geht sonach dem diskursiven Denken voraus. Die drei verschiedenen Arten des Auffassens sind Sinnesauffassen, Innewerden und Verstehen. Sie können als verschiedene Denkerlebnisse beschrieben werden. Wenn das in diesen Denkerlebnissen Enthaltene zu vollem Bewußtsein gebracht wird, ist ihre Verschiedenheit offensichtlich. Das Sinnesauffassen erhebt eine gegebene Sinnesmannigfaltigkeit durch Zuwendung in Denkleistungen zu aufeinander bezogenen Sinnesgegenstän-
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den. Ein Sinnesgegenstand ist ebensogut eine Melodie als ein Stein oder eine Pflanze. Denn das ihn Charakterisierende liegt in dem Dastehen des Sinnestatsächlichen als eines in sich bezogenen vor dem Bewußtsein, ohne daß dabei irgendein Bewußtsein von einem Tun oder einem Akt in dem Erlebnis enthalten zu sein braucht. Nicht die Empfindungsmannigfaltigkeit, sondern diese als in der Zuwendung der Aufmerksamkeit aufgefaßt ist Sinnesgegenstand, und der Sinnesgegenstand ist, wenn der Eindruck vorübergegangen ist, als Erinnerungsbild vorhanden – als Vorstellung im engeren Sinn. Diese Vorstellung kann in einzelne Teile zerlegt werden, ein Blatt in seine Farbe etc., und diese herausgenommenen Sinnesgegenstände verbleiben. Denn jeder Teil des Sinnesgegenstandes bleibt immer nach seinem Charakter Sinnesgegenstand. Die letzten Bestandteile, die nicht mehr zerlegbar sind, sind einfache Vorstellungen. Der Weg der Analysis ist hier zurückgegangen bis zu dem, was als Sinnesinhalte in der Sinnesmannigfaltigkeit und Sinneswahrnehmung enthalten war. Die Leistung der Auffassung, welche ein Wissen von unseren eigenen Zuständen möglich macht, ist, deskriptiv angesehen, vom Auffassen der Sinnesgegenstände verschieden. Hier steht nicht vor dem Bewußtsein ein sinnlich bestimmter Gegenstand, sondern das seelische Verhalten ist als solches bewußt und als bewußt für mich da. Ein Gefühl ist, sofern es gefühlt wird, seine Realität selbst, und daß es bewußt für jemand da ist, ist dasselbe. Als erlebt ist es gegeben. Von außen angesehen unterscheidet diese Art der Gegebenheit von der der Sinnesgegenstände sich dadurch, daß eine Vermittlung der Sinne nicht stattfindet, das Wissen von Gefühl oder Streben ist unmittelbar. Psychologisch deskriptiv aber ist der Unterschied: Eins-sein von Realität und Bewußtsein von ihr, und dem Bewußtsein gegenüberstehen. Es ist ein Innewerden oder, besser ausgedrückt, ein Innesein als Art des Gegebenseins meiner Zustände. Wenn ich diesem Erlebnis mich zuwende, dann ist es tatsächlich nur die Erinnerung desselben, was vor der Aufmerksamkeit standhält und die Zergliederung ermöglicht. Nun bringe ich die im Gefühlszustand enthaltenen strukturellen Beziehungen zu unterscheidendem und beziehendem Bewußtsein. Das Gefühl oder Streben wird mir jetzt erst zum Gegenstande, und wie mir dies Erlebnis mit früheren zusammenhängt, wird das gegenständliche Auffassen fortgezogen rückwärts von Erinnerung zu Erinnerung, bis der psychische Zusammenhang von Glied zu Glied verdeutlicht wird und so das Einzelerlebnis zum psychischen Zusammenhang ergänzt. Dieser Fortgang ist im Sachverhalt der strukturellen Verbindung der Glieder dieses Zusammenhangs angelegt. Jeder Zug in diesem Fortgang gewährt eine Befriedigung, immer wieder aber wird sie von Ungenügen abgelöst, bis der psychische Gegenstand zur Auffassung gelangt ist.
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Dies sind die beiden Arten des Auffassens, die in der Weise des Gegebenseins verschieden sind und in allen Stufen gegenständlichen Auffassens weiter ihre Verschiedenheit bewahren. Auf ihrer Grundlage bildet sich eine dritte Art des Auffassens, die nicht gegründet ist in einer besonderen Weise des Gegebenseins – denn nur die zwei existieren für uns –, sondern durch die besondere Beschaffenheit einer Klasse von Gegenständen bedingt, sich dann doch als besondere Art gegenständlichen Auffassens darstellt. Wie man nun dies Verhältnis dieser Auffassungsweise zu den angegebenen Grundarten auffassen mag, bleibe dahingestellt. In bezug auf die Art des Gegebenseins gehört sie zur Auffassung der Sinnesgegenstände. Es gibt nun aber unter ihnen solche, welche als verwandt dem erlebten psychischen Zusammenhang eine eigene Art der Auffassung fordern. Wir bezeichnen diese als Verstehen. Der Vorgang, in welchem ein innerer Zustand, den ich erlebe, übergeht zu psychischen Äußerungen, welche ich in Sinneswahrnehmung auffasse, bildet die Grundlage des Verstehens. Diese[s] ist aber eine dem Vorgang selber inverse Operation. Zwischen dem, was in diesen drei verschiedenen Arten zur Auffassung kommt, besteht nach seiner dreifachen Provenienz eine in dem Sachverhalt gegründete doppelte Beziehung. Das Innegewordene wird nach einem eigenen, nicht näher definierbaren Sachverhalt als einem räumlich abgegrenzten Körper zugehörig aufgefaßt. Und da jeder Körper in räumlichen Verhältnissen zu andern steht, so erhält auch dieser, dem innere Zustände angehörig sind, wie jeder andere eine Stelle in der räumlichen Ordnung. So ist der psychische Zusammenhang, der doch kein Merkmal räumlicher Erstreckungen aufweist, lokalisiert. Er nimmt so seine Stelle ein, neben dem psychischen Zusammenhang, der im Verstehen aufgefaßt wird, innerhalb der räumlichen Anordnung. Denn dieses Letztere ist schon durch seine Provenienz, da es in den Sinneswahrnehmungen gegeben ist, räumlich bestimmt. So entsteht eine im Raum sich erstreckende Welt räumlich bestimmter Gegenstände und ihr zugehörig und eingeordnet eine Mannigfaltigkeit von psychischen Zusammenhängen. Diese gegenständliche Welt ist nur die Verdeutlichung des Gegebenen durch die elementaren Denkleistungen. Die im Gegebenen enthaltenen Sachverhalte werden im Denken zum Bewußtsein erhoben. Denn die Denkleistungen heben nur das im Sachverhalt des Gegebenen Enthaltene heraus. Und es ist möglich, jede an den Gegenständen auftretende Bestimmung derselben in diesen Sachverhalten nachzuweisen. Zugehörigkeit des psychischen Zusammenhangs zum Physischen ist ein solcher nicht näher definierbarer Sachverhalt, der in Erlebnissen fundiert ist. Ebenso verhält es sich mit dem Unterschied von psychischem Zusammenhang und sinnlichem Objekt etc.
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II. Die Eigenschaften der gültigen diskursiven Denkakte204 Satz 1 Das diskursive Denken, in welchem das Wissen herbeigeführt wird, bildet einen Zusammenhang. Dieser ist im Menschengeschlecht in der Ausbildung begriffen. Das Ideal ist ein einheitlicher Denkzusammenhang, der alle wissenschaftliche Erkenntnis umfaßt und die Entscheidungsgründe für das gesamte praktische Handeln enthält. Nur aus diesem Denkzusammenhang kann jeder Bestandteil desselben verstanden werden. Dieser Denkzusammenhang bezieht sich auf den Zusammenhang aller Wahrnehmungen, welche in den aufeinanderfolgenden Generationen gemacht wurden, und ist in ihnen nach Regeln enthalten. Da dieser Denkzusammenhang von der wissenschaftlichen Erkenntnis zu dem auf Wissen gegründeten praktischen Handeln führt, so enthält er einerseits Urteile, anderseits Regeln. Diese beiden Gebiete stehen gleichwertig nebeneinander. Satz 2 Dieser Denkzusammenhang steht in Beziehung zu der gegenständlichen Welt. Die oberste Regel ist, daß alles in ihm Prädizierte in den Sachverhalten der gegenständlichen Welt enthalten sein muß. Satz 3 So sind zwei Reihen im diskursiven Denken. Eine besteht aus Wahrnehmungen etc., die andere aus Denkakten. Satz 4 Die Denkakte, aus denen das diskursive Denken besteht, bestehen einerseits aus solchen, welche das Wissen vorbereiten – solche sind die Fragen –, dann aus solchen, welche den Charakter des Wissens haben. Denn das Wissen ist ebensowohl praktisch als theoretisch. Sein Merkmal ist eben das, in der gegenständlichen Welt fundiert zu sein. Jedes Wissen, das in ihr fundiert ist, ist notwendig und objektiv. Ihm kommt sonach das Bewußtsein der Gültigkeit zu, durch welches der Bewußtseinscharakter der Aussagen sich unterscheidet. Das theoretische Wissen ist wahr und das praktische ist richtig. Die gültigen diskursiven Denkakte haben einen weiteren Umfang als die Urteile. Sie sagen einen Sachverhalt aus, der am Gegenständlichen sich vorfindet, oder sie sagen eine allgemeine Forderung aus, die in einem Sachverhalt
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fundiert ist. Aussagen aller Art sind bestimmt durch den Sachverhalt an Gegenständen, gleichviel ob sie Bestimmungen an diesem Sachverhalt oder aus ihm sich ergebende Regeln aussprechen. Das Gebiet der gültigen Aussagen reicht also so weit, als Sätzen eine objektive Gültigkeit zukommt. Über sie gelten folgende Bestimmungen. Satz 5 Der logische Zusammenhang dessen, was die grammatische Wortfolge bedeutet, deckt sich nicht mit dem grammatischen. Das logische Subjekt ist der Bestandteil des Urteils, von dem prädiziert wird. Das grammatische Subjekt ist dagegen das Substantivum, welchem Adjektiv, Tätigkeitswort etc. zugeschrieben werden.205 Das logische Subjekt kann in verschiedenen Teilen des Satzes auftreten. Das logische Prädikat ist derjenige Bestandteil des Urteils, der dem Subjekt zukommt. Das grammatische Prädikat ist der Redeteil, der ausgesagt wird. Satz 6 Es gilt nun, vergleichend die andern Eigenschaften der diskursiven Denkakte, die Wissen enthalten, festzustellen. Alle diese Denkakte prädizieren von einem Gegenständlichen. Unter Prädizierung ist jede Bestimmung zu verstehen, welche einem Gegenständlichen zugehört. Sie kann ebensogut der Ausdruck einer Anforderung sein, die eine Regel an einen Zweckzusammenhang, die ihm zugehörigen Personen, die von ihm zu bildenden Erzeugnisse macht, als eine Schätzung etc. Denn niemand kann zweifeln, daß Regeln ebensogut gültiges Wissen aussprechen als Urteile. In diesem allgemeinsten Verhältnis des Prädizierens von einem Gegenständlichen ist die in den diskursiven Denkakten enthaltene Sonderung von Subjekt und Prädikat enthalten. Subjekt bezeichnet immer dasjenige, von welchem prädiziert wird, und Prädikat das, was von ihm prädiziert wird. Ferner ist hierin gegeben, daß der Denkakt als Prädizierung eine Einheit ausmacht; diese ist im Gegenständlichen gegründet und wird im Denkakt nicht aufgehoben, sondern nur aufgeklärt. Erläuterung Die Wissensakte charakterisieren heißt, die Natur dieser Prädizierung klar einsehen, indem man sie in ihrem ganzen Umfang begreift und die übliche Lehre von den Urteilen als den Denkakten dadurch korrigiert. Urteile sind nur ein Fall von Denkakten, wenn auch der wichtigste.
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Auch in den Regeln findet eine Prädizierung von einem Gegenständlichen statt. Sie sagen nicht aus, daß eine Regel bestehe, dann wären sie ja von Urteilen nicht unterschieden. Vielmehr ist die Prädizierung eine Willensbestimmung, welche für die Personen eines Zweckzusammenhangs, übertragen dann für diesen selbst oder für das in ihm zu Erzeugende in der Regel vollzogen wird. Hierin gehören sie zusammen mit jedem anderen Ausdruck eines Imperativs. Sie unterscheiden sich aber dadurch, daß ein Zusammenhang zwischen dem im Zweckzusammenhang enthaltenen Sachverhalt und den prädizierten Anforderungen besteht, nach welchem diese in jenem fundiert sind. Will man Subjekt und Prädikat hier bestimmen, so muß man hinter den Satz auch hier zurückgehen auf die logische Beziehung selbst. Diese aber ist gegeben durch Verhaltungsweisen. Gegenständliches Auffassen etc. Im Fühlen sind die Gegenstände, über welche gefühlt wird, die Subjekte der Wertbestimmungen. Denn objektive und allgemeine Aussagen können nur in einer Richtung des Denkens erreicht werden, welches die Art, wie Gegenstände Gefühle bestimmen, abbildet. Gehe ich dann zum Willensverhalten über, so liegt in ihm ein Bestimmen des Gegenständlichen durch Subjekte vor. Hier sonach sind die Subjekte die Träger eines Tuns, daß sich prädikativisch als Anforderung an herzustellende Zustände darstellt. Die mannigfachsten syntaktischen Beziehungen, die in Regeln vorkommen, enthalten doch immer dasselbe Schema. Diese Anforderung eines Herzustellenden an den Willen von Subjekten etc. wird ausgedrückt als müssen, sollen, dürfen, können. Die positiven Sätze werden adäquat durch sollen ausgedrückt. In müssen spricht sich die im Zweckzusammenhang enthaltene innere Notwendigkeit aus. Dürfen bezeichnet die Befugnis, das heißt, daß die für den Zweckzusammenhang gültigen Bindungen des Willens eine bestimmte Sphäre nicht betreffen. Und wie dem Sollen das Müssen, so entspricht dem Dürfen das Können. Feste Grenzlinien trennen die Regel vom individuellen Imperativ, anderseits aber auch vom Urteil, von der Aussage darüber, daß eine Regel bestehe. So fest diese Linien sind in der Intention dessen, der den Akt vollzieht, so undeutlich kann oft in bezug auf die Unterscheidung von zwei und drei der Ausdruck sein. Die Regel ist immer Willensbestimmung und als solche stets unterschieden von der Aussage, daß eine Willensbestimmung stattfinde. Daß Regeln gültige Denkakte sind, nämlich richtig oder falsch, erweist sich auch darin, daß die ganze Gesetzmäßigkeit des diskursiven Denkens auch im Gebiet der Regelgebung sich vollzieht, nämlich Unterscheidung der direkten Prädikation von einem Gegenstande und der Prädizierung über das Verhältnis mehrerer, Folgerung und ihre Regeln, Geltung der Denkgesetze.
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In dem Zusammenhang, in welchem Zweckzusammenhang, Sachverhalt desselben und Regel steht, tritt als ein weiteres Glied das Postulat auf. Unter Postulat verstehe ich die Bedingung, an welche unser zweckmäßiges Tun geknüpft ist, ohne daß diese Voraussetzung beweisbar wäre. Kant: „Ein Postulat ist ein praktischer, unmittelbar gewisser Satz oder ein Grundsatz, der eine mögliche Handlung bestimmt, bei welcher vorausgesetzt wird, daß die Art sie auszuführen, unmittelbar gewiß sei.“206 Fries: „Ein pragmatischer Grundsatz heißt Postulat.“207
[III.] Die Denkgesetze und die Gesetzmäßigkeit des Denkens208 1. *Der Umfang von Sätzen, auf welche die Denkgesetze sich beziehen Fassen wir zunächst den Umfang von Sätzen, auf welche die Denkgesetze sich beziehen, ins Auge. Sie gelten nicht nur von den Aussagen über Wirklichkeit und deren Werten, sondern auch Regeln, wenn sie richtig sind, gelten immer und überall, wo dem Zweckzusammenhang Willen untergeordnet sind, denn sie sprechen die aus dem Zweckzusammenhang und den in ihm enthaltenen Sachverhalten fließenden Bestimmungen für diese Willen aus. Allgemein ausgedrückt: die Denkgesetze gelten von allen Bestimmungen, die in irgendwelchen Sachverhalten fundiert sind, mögen diese Wirklichkeit und deren Eigenschaften, oder Werte oder Forderungen an den Willen ausdrücken. Sie gelten daher nicht von den Ausdrücken individuellen Willens oder des lebendigen Gefühls, die nebeneinanderstehen können, widersprechend, jeder eben der Ausdruck eines inneren momentanen Verhaltens. 1. Der Zusammenhang des Denkens bezieht sich auf den der Wahrnehmungen, die in aufeinanderfolgenden Generationen gemacht worden sind. Diese Beziehung drückt sich in dem obersten Satz aus, welcher die materiale Wahrheit des Denkens bedingt: Jede Aussage muß in dem Inbegriff unserer Erfahrungen (äußeren Wahrnehmungen oder inneren Erlebnissen) nach den Regeln oder Gesetzen des Denkens und innerhalb der Form desselben enthalten sein. Die Theorie des Wissens hat es nur mit diesen Formen und Regeln zu tun, nach welchen die Ableitung sich vollzieht – mit der formalen Richtigkeit, nicht mit der materialen Wahrheit.209
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2.210 Die formale Richtigkeit unseres Denkens ist zunächst abhängig von denjenigen Eigenschaften desselben, die in den sogenannten Denkgesetzen formuliert sind. Und zwar bezeichnen die Sätze der Identität, des Widerspruchs und des ausgeschlossenen Dritten die Anforderungen, welche an die gesonderten Bestandteile des Denkzusammenhangs zu machen sind. Der Satz des Grundes bezeichnet die Anforderung, welche an die Art der Verbindung im Denkzusammenhang zu machen ist. 3. Diese Denkgesetze finden wir als Eigenschaften des gültigen Denkprozesses in uns vor. Wir finden an jeder Stelle des Denkzusammenhangs in gleicher Weise die Gültigkeit von ihnen abhängig. Eine Erinnerung des Ursprungs und der Ausbildung dieser Eigenschaften haben wir nicht. So kommt ihnen der Charakter der Notwendigkeit und Allgemeinheit in demselben Sinne zu als den obersten Gesetzen unserer Raumanschauung. Wie dort, so wird auch hier daraus die Apriorität von Kant gefolgert. Aber auch hier ergeben sich die Züge von Allgemeinheit und Notwendigkeit auch dann, wenn diese Eigenschaften des Denkens durch die Grundverhältnisse der Wirklichkeit bedingt sind und sonach der Ursprung dieser Denkgesetze in der Erfahrung zu suchen ist. 4. Das Ideal eines Systems dieser Formeln ist durch die gegenwärtige Logik noch nicht verwirklicht. Ein solches System muß alle allgemeinen Bedingungen enthalten, nach welchen aus Erfahrungen durch Denkakte Urteile abgeleitet werden. Die meisten Streitigkeiten über die Formulierung der Denkgesetze entstanden aus der Zerstückelung des Denkzusammenhangs in der formalen Logik.211 [2.] Satz der Identität Ein erstes Denkgesetz ergibt sich aus der Natur der Akte, in denen Wissen sich vollzieht. Sie bestimmen ein Gegenständliches aufgrund des in ihm enthaltenen Verhaltens. Ihre objektive Gültigkeit besteht in dem richtigen Vollzug dieser Beziehung. Hieraus ergibt sich, daß das im Akt des Wissens zur Darstellung in Worten Gelangte, da es der Ausdruck eines Tatsächlichen ist (eines Sachverhaltes im weiteren Sinne), unabhängig von der Setzung gilt. Daß
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ein Urteil unabhängig von der Person gilt etc., heißt nichts anderes, als daß der Gegenstand und der in ihm enthaltene Sachverhalt dasselbe bestimmt. Hierin ist dann weiter enthalten, daß die Urteile, wenn sie den Sachverhalt aussprechen sollen, Konstanz haben müssen. Um das Identitätsgesetz einzusehen, muß man jede metaphysische, d. h. ontologische Fassung des im Denkgesetz Enthaltenen ausschließen. Dasselbe besagt nichts über die Konstanz der Wirklichkeit. Es sagt nur, daß das Denken in den Formen von Begriff, Urteil, Schluß an diese Konstanz gebunden ist. Es wäre möglich, daß kein Element konstant wäre, und dennoch würde das Denkgesetz gültig bleiben. Denn dasselbe bezieht sich auf die Gleichförmigkeiten, die in den Relationen der Wirklichkeit stattfinden, diese aber fallen in unsere Erfahrung. Ja, alle Erfahrung über die physische Welt besteht ja in der Auffassung dieser Gleichförmigkeiten in den Relationen. Die Konstanz der Elemente dagegen fällt in keine Erfahrung, sie ist die Hilfskonstruktion, welche das Denken macht, um den logischen Zusammenhang der Erfahrungen durchzuführen. So ist sie nur die logische Vertretung für die Bedingungen im Wirklichen, welche die Erfahrungen denkbar machen.
[3.] Satz des Widerspruchs212 1. Der Satz des Widerspruchs ist das erste Denkgesetz, welches als solches mit dem Bewußtsein seiner grundlegenden Bedeutung formuliert worden ist. Schon vor Aristoteles bediente man sich desselben als eines Kriteriums, ungültiges Denken auszuscheiden. Aristoteles entwickelte die Formel als oberstes Axiom: Es ist unmöglich, daß dasselbe zugleich zukommt und nicht zukommt demselben in derselben Beziehung (an andern Stellen ist hier zugefügt zu derselben Zeit, háma). „Dies ist der allgemeinste Grundsatz, denn es ist unmöglich, daß irgend jemand annehme, dasselbe sei und sei nicht. Jedermann, der einen Beweis führt, führt ihn deshalb auf diesen Satz als letzten zurück. Denn er ist von Natur das Prinzip auch für alle anderen Axiome.“213 Aristoteles lehnt die Begründung dieses Satzes ab, weil derselbe unter den Prinzipien das höchste und sicherste sei. Sowohl der aristotelische Satz, daß wahr oder falsch nur im Urteil sei, als die Zurückführung des Satzes auf Denkverhältnisse zeigen, daß dieses Axiom dem Aristoteles ein logisches Grundgesetz ist. Aber der ontologischen Geltung der Denkbestimmungen gemäß, welche im System des Aristoteles besteht, enthält dieser Satz für Aristoteles zugleich die höchste Bestimmung über das Sein. Durch ihn wird in dem Seienden der reale Widerspruch ausgeschlossen. (Das System Hegels ließ einen sol-
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chen zu.) Die Formel des Aristoteles kann dahin vereinfacht werden: Bejahung und Verneinung schließen sich aus; von zwei kontradiktorisch entgegengesetzten Urteilen kann nur das eine wahr sein. 2. Die Formeln, durch welche Kant und die späteren formalen Logiker die Formel des Aristoteles verbessern wollten, sind nur Folgerungen aus den aristotelischen Axiomen. Kant findet in dem Satz des Widerspruchs den obersten Grundsatz aller analytischen Urteile und formuliert ihn: „Keinem Dinge kommt ein Prädicat zu, welches ihm widerspricht“;214 a nicht gleich non a. Dieser Satz hat zunächst eine ganz andere Bedeutung als der des Aristoteles. Die aristotelische Formel betraf das Verhältnis von zwei Sätzen zueinander, die Kants das des Subjekts zum Prädikat in demselben Satz. Aber die Formel, welche das Verhältnis im Satz ausspricht, enthält und benutzt den Begriff des Widerspruchs. Ein Widerspruch aber kann nur durch dasjenige Verhältnis definiert werden, in welchem das eine Urteil etwas sagt, das andere dasselbe aufhebt. Das Prädikat widerspricht daher einem Subjekte, wenn in dem Subjekt ein Urteil schon eingeschlossen ist, welches das Urteil S ist P aufhebt. Noch unbefriedigender ist die Formel: a ist nicht = non a. Denn bedeutet non a nur das von a Unterschiedene, so wäre die Formel falsch; bedeutet non a einen kontradiktorischen Gegensatz, so kann dieser nur durch Rekurs auf zwei einander ausschließende Urteile definiert werden. Zwei Begriffe sind nur dann kontradiktorisch, wenn sie zwei Urteile einschließen, die sich gegenseitig aufheben. 3. Der Satz des Widerspruchs hat den der Identität zur Unterlage. Es tritt in ihm zu dem Satz der Identität die logische Funktion der Verneinung. Die Verneinung ist die Aufhebung des im bejahenden Urteil Gesetzten. Sie bezieht sich immer auf eine schon vorausgesetzte Verknüpfung, mag diese nun in einem bewußten Denkakt oder in einer anderen Form vorliegen. Nun schreibt der Satz der Identität der Setzung Konstanz zu. Daher ist mittelbar die Aufhebung dieser Setzung ausgeschlossen. Wir sind nicht imstande, hintereinander dasselbe zu behaupten und zu verneinen, sofern uns das Verhältnis des Widerspruchs zum Bewußtsein kommt. Sonach kann der Satz der Identität aus dem des Widerspruchs abgeleitet werden, aber er ist nicht ein einfacher Folgesatz desselben, sondern seine Grundlage, und erst der Hinzutritt der Funktion der Verneinung läßt auf dieser Grundlage den Satz des Widerspruchs entstehen.
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4. Die Verneinung ist eine Funktion des Denkens, welche als solche keine Beziehung zur Wirklichkeit hat. Denn Beziehung eines Denkens zur Wirklichkeit oder Gegebensein eines Satzes in der Wirklichkeit nach Regeln des Denkens stellt sich in der Setzung oder bejahenden Aussage dar. Die Verneinung aber ist nur die Ablehnung der in oder außer uns sich darbietenden Annahme, daß eine solche Beziehung auf die Wirklichkeit einem Denkgebilde zukomme.
[4.] Satz des ausgeschlossenen Dritten 1. Der erste allgemeine Ausdruck der Eigenschaft des Denkens, die der Satz des ausgeschlossenen Dritten bezeichnet, tritt bei Aristoteles auf. Dieser Ausdruck entstand in der Polemik gegen Platon. Platon hatte den sinnlichen Dingen eine mittlere Existenz zwischen Sein und Nichtsein zugeschrieben, und Aristoteles bestreitet das von der logischen Einsicht aus, daß es zwischen Setzung und Aufhebung nichts Mittleres gibt. Zwischen den Gliedern der Antiphrasis (kontradiktorisch entgegengesetzter Urteile) gibt es nichts Mittleres, sondern man muß jedes von jedem entweder bejahen oder verneinen. 2. Die Formel der kant’schen Schule ist: ‚a ist entweder b oder nicht b; jedem logischen Gegenstand muß von zwei einander widersprechenden Prädikaten notwendig eins zukommen‘. Auch sie muß auf die aristotelische zurückgeführt werden (vgl. zum Satz des Widerspruchs). Der Begriff des Widerspruchs ist auch hier nur verständlich von der Voraussetzung zweier Urteile aus.215 3. Die übrigen Formeln des aristotelischen Denkgesetzes sind: ) Zwischen Bejahung und Verneinung gibt es nichts Mittleres. ) Von zwei Urteilen, die sich als Bejahung und Verneinung verhalten (kontradiktorisch entgegengesetzt sind), ist das eine notwendig wahr. ) Eine Teilformel: Die Verneinung der Verneinung bejaht, duplex negatio affirmat. Formel ist der ursprüngliche Ausdruck, Formel folgt aus der ersten; denn erkläre ich eine bejahende Aussage für falsch, so entsteht das kontradiktorisch entgegengesetzte Urteil. Erkläre ich das verneinende Urteil für falsch,
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so weigere ich mich, die Setzung aufzuheben, bestätige also die bejahende Aussage. 4. Dem Satze des ausgeschlossenen Dritten entspricht kein Verhältnis in Wirklichkeit. Es bezeichnet nur eine Grundeigenschaft unseres in Setzung und Aufhebung funktionierenden Denkens auf der Grundlage des Satzes der Identität.216 [5.] Der Satz vom Grunde217 Die drei dargestellten Gesetze enthalten das im Satz der Identität Enthaltene durch die Verneinung hindurch. Dieser Satz drückt eine Anforderung an die einzelne Setzung aus oder die Konformität der getrennten Setzungen. Der Satz vom zureichenden Grunde enthält die oberste Regel für die Verbindung des Einzelgesetzten. Diese Verbindung als logische ist Abhängigkeit. So entsteht die Beziehung des Grundes zur Folge als dessen, wovon etwas abhängig ist zu dem von ihm aus im Denkzusammenhang Bedingten. Dieser Verbindung schreiben wir Notwendigkeit zu.218 Fassen wir zunächst den Zusammenhang des wissenschaftlichen Denkens ins Auge, in welchem das logische Bewußtsein des Satzes vom Grunde sich gebildet hat.219 Das Bewußtsein der Anforderung an jede Behauptung, daß sie durch einen Rechtsgrund gesichert sei, wurde im Gegensatz gegen die „Märchenerzähler“ (Plato)220 der ältesten Spekulation von Sokrates und Plato entwickelt. Der logische Zusammenhang wurde dann in der Syllogistik des Aristoteles zergliedert. Diese löst das Gewebe unseres Denkens auf in unmittelbare Wahrheiten (Wahrheiten oder Axiome) und abgeleitete Wahrheiten, die aus den unmittelbaren entsprechend den Axiomen des Schließens abgeleitet werden. Unter dem Einfluß dieser logischen Theorie empfing die griechische Mathematik ihre logische Durchbildung, und die Elemente des Euklid wurden das Ideal eines folgerichtigen Denkzusammenhangs für die spätere Zeit. Die Formel des Aristoteles war bereits: Mit dem Grund ist die Folge gegeben, mit der Folge ist der Grund aufgehoben.221 Die Anforderung, daß jeder Tatbestand in diesen logischen Zusammenhang müsse eingeordnet werden können, entstand erst, als die Begründung der Mechanik durch Galilei zunächst in Descartes die Vorstellung eines lückenlosen Kausalzusammenhangs in der äußeren Natur auftreten ließ und dann diese mechanische Betrachtungsweise durch Spinoza auf das Verhältnis der geistigen Zustände (affectus) zueinander übertragen wurde. Spinoza: „Ordo, et conne-
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xio idearum idem est, ac ordo, et connexio rerum.“ „In rerum natura nullum datur contingens, sed omnia ex necessitate divinae naturae determinata sunt.“222 Diese Voraussetzung der mechanischen Philosophie formuliert Leibniz in dem Axiom des bestimmenden oder (wie später) zureichenden Grundes: Dieses Prinzip ist das der Notwendigkeit eines zureichenden Grundes dafür, daß eine Sache bestehe, ein Ereignis eintrete, eine Wahrheit statthabe.223 Kant sonderte mit Recht den Satz der Kausalität: „Alle Veränderungen geschehen nach dem Gesetze der Verknüpfung der Ursache und Wirkung“224 von dem Satz vom Grunde: Jeder Satz muß einen Grund haben.225 Das Kausalgesetz behauptet einen metaphysischen Zusammenhang in der Wirklichkeit; der Satz vom Grunde verlangt einen logischen Zusammenhang im Denken. Es war ein Rückschritt, wenn Schopenhauer das principium rationis sufficientis 1. essendi 2. fiendi 3. agendi 4. cognoscendi trennte.226 Zu diesem Satz tritt der oben aus Spinoza angeführte und später von Ueberweg allseitig als Satz vom Grunde herausgehobene: Die logische Verkettung der Vorstellungen entspricht der realen Verknüpfung in den Objekten.227 Zwei Formeln des Satzes vom Grunde müssen unterschieden werden. 1. Mit dem Grund ist die Folge notwendig gesetzt und mit der Folge ist der Grund aufgehoben.228 Dieser Satz bezeichnet die Art und Weise der Verbindung im Denkzusammenhang. An ihn schließt sich zunächst Formel 2: Jedes Urteil muß einen Grund haben oder:229 „Jedes behauptende Urteil ist zureichend zu begründen.“ Dieser Satz scheint einen unendlichen Regreß zu enthalten, da er Urteile, die in sich selbst gegründet sind, ausschließt. Die Auflösung dieser Schwierigkeit liegt in dem dargestellten Verhältnis des Gegenständlichen zum Urteil. Durch dies Verhältnis ist die Beziehung der Axiome wie der Wahrnehmungsurteile auf etwas außer ihnen, nämlich das Gegenständliche, gerichtet, jenseits dessen es dann keine Begründung mehr gibt. Zugleich ist auch für diese Urteile dadurch der Satz gerechtfertigt, daß jede Aussage, die auf einen Sachverhalt sich bezieht, schon durch ihre Subjekts- und Prädikatsvorstellung von andern Aussagen bedingt ist. Diese zweite Formel kann daher auch dahin gedeutet werden, daß jede Aussage von dem Denkzusammenhang abhängig ist, innerhalb dessen sie entweder durch Subjekts- und Prädikatsvorstellungen oder durch die Aussage der Beziehung zwischen ihnen bedingt ist. Der Satz vom Grunde ist in der abstrakten ersten Formulierung, nach welcher die Setzung eines Urteils die eines anderen in sich schließt, sonach das eine vom anderen abhängig ist, ein Verhältnis der Notwendigkeit besteht, nach welchem ein Urteil das andere fordert – diese abstrakten Beziehungen sind nicht ein Apriori des Bewußtseins, sondern sie entstehen in dem bezie-
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henden Denken aufgrund der Sachverhalte selbst und drücken diese aus. Im Gegenständlichen selbst nämlich ist ein solcher Zwang gegründet. Der Teil des Teils ist ein Teil des Ganzen. Fries: „Jedem Dinge kommen die Merkmahle seiner Merkmahle zu und keinem Dinge kommt das Gegentheil eines seiner Merkmahle zu“.230 „Was vom Allgemeinen gilt, das gilt auch vom untergeordneten besondern.“231 Die Wirkung der Wirkung ist die der Ursache. Mit dem Zweck ist das Mittel gesetzt. Das Mittel des Mittels ist Mittel des Zwecks.232 Wo solche notwendige Beziehung von Setzungen in Sachverhalten auftritt, wird sie abstrakt als Setzung von Folge mit dem Grunde ausgesprochen. Nur wo sie ist, besteht dies Verhältnis, wo sie nicht ist, ist es eben nicht da. So ist auch hier das logische Gesetz nur der Ausdruck von Sachverhalten in einem zusammenfassenden Bewußtsein. Der andere Satz bezeichnet die Bedingung, auf welcher das Bewußtsein der Gültigkeit eines Urteils beruht. Und diese Bedingung besagt nur das Wesen des Urteils, daß dasselbe einen Sachverhalt am Gegenständlichen ausdrückt, sonach in ihm fundiert ist. Wir233 haben schon unter den logischen Gründen das Kausalverhältnis als einen einzelnen Fall angeführt. Es besagt dies Kausalverhältnis aber nur, daß wir nach der Natur gewisser Sachverhalte eine regelmäßige Verbindung etc. Viel weiter geht das Kausalgesetz selbst. Es besagt rückwärts, daß jede Veränderung eine Veränderung zur Ursache hat. Es besagt also einen lückenlosen Kausalzusammenhang etc. Zu diesem Satz gelangen wir nur vermittelst einer Voraussetzung oder eines Postulats. Da der Zusammenhang von Grund und Folge sich geeignet erweist, die Folge der Veränderungen in der Zeit faßlich zu machen,234 so führt dies235 zur Voraussetzung eines Zusammenhangs in der Wirklichkeit, welcher dem Denkzusammenhang entspräche. So entsteht die in Spinoza angelegte, von Delboeuf entworfene Formel: „Die logische Verkettung der Vorstellungen entspricht der realen Verknüpfung in den Objekten“.236 Aber diese Formel ist nicht ein Denkgesetz, sondern spricht nur das Ideal des Erkennens aus, welches die Wirklichkeit seinem Zusammenhang ausnahmslos unterordnen möchte. An diese Formel schließt sich das Kausalgesetz. Wir nehmen in den Denkzusammenhang eine Veränderung auf, indem wir ihr eine Ursache unterlegen. Die Veränderung wird mit dem Denkgesetz der Identität in Einklang gebracht, indem sie auf eine Ursache bezogen wird. So entsteht der Satz: Jede Veränderung hat eine Ursache. Da nun das Kausalverhältnis so dem Denkzusammenhang eingeordnet wird, so muß von ihm gelten: causa aequat effectum. Dies war der Satz, aus dem Mayer das Prinzip der Erhaltung der Kraft ableitete.237
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[IV.] Die Bestandteile des Denkens238 Das Denken vollzieht sich als diskursives in als allgemeingültig charakterisierten Denkakten, deren Ausdruck der Satz ist. Es wird etwas von etwas prädiziert. Das Denken, welches gültige Sätze erstrebt, bewegt sich in einem Zirkel. Es setzt die Festigkeit, Bestimmtheit, Klarheit und Deutlichkeit der Elemente des Urteils in Subjekt und Prädikat voraus. Diese aber kann selbst nur in Urteilen erreicht werden. Dieser Zirkel erweist, daß der Denkzusammenhang das Wissen herzustellen intendiert, Prozeß des werdenden Wissens ist. In diesem Prozeß erhalten die Elemente des Urteils die Form konstanter eindeutiger Begriffe, und die Urteile selbst erreichen diejenige Form, in welcher sie begründet sind in dem Zusammenhang des Denkens. Denn auch ein direkt im Gegebenen fundiertes Urteil hat eine Bedingung im Denkzusammenhang an der Feststellung der Begriffe, die sein Subjekt und Prädikat ausmachen. So ergibt sich die Einsicht, daß ausnahmslos jedes Urteil nur in seinem Denkzusammenhang begründet ist und damit vollkommenes Bewußtsein seiner Gültigkeit erhält. So ist im Denkzusammenhang Urteil, Begriff und Schluß in einem Verhältnis zueinander, das durch die Intention des Wissens, auf Grund des Sachverhaltes allgemeingültig zu prädizieren, bestimmt ist. Die formale Logik der älteren Zeit setzte aus Begriffen Urteile zusammen und aus diesen Schlüsse. In Wirklichkeit ist der Denkzusammenhang, welcher auf die gegenständliche Welt sich bezieht, der einzige Gegenstand der Logik. Begriff, Urteil, Schluß bestehen nur im Verhältnis zu ihm, sie sind Teile, die nur künstlich isoliert werden. Denn die Gültigkeit des diskursiven Denkaktes kommt diesem nie allein für sich zu; auch wo er ein Gegebenes direkt darstellt, ist er in Subjekt- und Prädikatbegriffen durch den Denkzusammenhang bestimmt, dem er angehört. So setzt im werdenden Wissen das gültige Urteil den Zusammenhang, der sich in Schlüssen vollzieht, voraus, und es ermöglicht anderseits erst den Schluß. Ebenso setzt der Begriff in seiner logischen Vollkommenheit die Urteile voraus, die ihrerseits aus Begriffen sich zusammensetzen. So sind diese drei Bestandteile durch die Funktion bestimmt, die sie im Denkzusammenhang erfüllen. Diese aber besteht immer darin, wiefern sie im System der gültigen Prädizierungen aufgrund des Gegebenen eine Stelle einnehmen. 1. Der diskursive Denkakt von allgemeingültigem Charakter Dieser tritt in zwei Formen auf, dem Urteil und der Regel. Die Theorie muß das beiden Gemeinsame in dieser Lehre zusammenfassen. Es ist die Prädizierung aufgrund eines Sachverhaltes.
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1. Die Urteile Das Urteil ist die gültige Aussage über ein Gegenständliches. Alle Urteile haben eine Beziehung zur gegenständlichen Welt. Nicht das einzelne Urteil hat diese Beziehung jederzeit: das hypothetische Urteil, Teile der Mathematik, Urteile über Phantasiegebilde; aber im Zusammenhang, der diese Urteile bestimmt, haben sie die Beziehung auf Wirkliches. [2.] Verhältnis des Urteils zum Begriff Der logisch vollkommene Begriff besteht aus Urteilen. „Es ist auch eine nur halbe Erkenntniss, dass der Begriff doch aus Urteilen entsteht, als wäre er ein Produkt oder Ergebniss, das, wie auf dem Gebiete der anschaulichen Dinge, sobald es einmal fertig ist, auch seine von der hervorbringenden Bewegung gesonderte Existenz hätte. Er entsteht nicht nur aus Urteilen, sondern er besteht auch, wenn er entstanden und verstanden ist, nur in Urteilen.“239 Der Begriff ist wie der Schluß eine Zusammensetzung von Urteilen. Diese Zusammensetzungen sind von zweierlei Art. Dies ergibt sich aus dem Wesen des Urteils. Das Urteil sagt über ein Gegenständliches etwas aus. Urteile können so zusammengesetzt werden, uns ein Gegenständliches in Begriffen zum Ausdruck zu bringen. So entsteht der Begriff. Dieser steht mit dem Urteil in dem Verhältnis beständiger gegenseitiger Abhängigkeit im logischen Zusammenhang. Die ihm entsprechende gegenständliche Vorstellung tritt in Subjekt oder Prädikat des Urteils auf. Gültigkeit kommt schon diesen Urteilen zu. Dies erklärt sich daraus, daß schon die gegenständliche Vorstellung nach der Norm gebildet ist, die den elementaren Denkleistungen zukommt, und deren richtiger Vollzug ihm Brauchbarkeit für das Urteil, nämlich die Durchsichtigkeit ihrer Beziehung zu dem Gegebenen sichert. (Mein Gegensatz gegen Sigwarts Lehre vom Begriff, der kein Verhältnis zum Gegebenen fordert. Dies aber widerspricht der phänomenologischen Einsicht in das in unserem Urteil Enthaltene.)240 Nun können auch Prädikatsvorstellungen Subjekte neuer Urteile werden, indem deren Inhalt sich expliziert. So entsteht die Einsicht, daß jeder Begriff Subjekt der in der Definition enthaltenen Bestimmungen ist. [3.] Denkakte auf dem Gebiete der Wertgebung Auch diese stellen sich als Urteile dar, aber das Urteil hat hier einen eigenen Charakter, der von dem der Urteile über Wirklichkeit unterschieden ist. Dieser Charakter stellt sich in folgendem Problem dar. Jedes unmittelbare Urteil, das der Ausdruck eines Gefühls ist, ist individuell fundiert und fordert doch zugleich eine objektive Geltung.
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[4.] Die Regel (Die andere Klasse diskursiver gültiger Denkakte wird durch die Regel gebildet.)241 Die Regel ist der sprachliche Ausdruck für ein Fiat, für eine Intention, die im Sachverhalt eines Zweckzusammenhangs begründet ist und für die Personen sowie deren Erzeugnisse gilt, sofern diese Personen im Zweckzusammenhang wirken oder die Erzeugnisse in ihm erwirkt werden sollen. Beispiel: Horaz, ars poetica, ad Pisones. Abhandlung von Vahlen.242 Das du sollst ist auch hier überall an jeden gerichtet, der dichten will, weil es im Sachverhalt der dichterischen Aufgabe gegründet ist. Richtet sich Horaz an die Pisonen, so liegt ein Schluß vor: Da diese Regel gilt für alle, die diesem Zweckzusammenhang angehören, so müssen auch diese einzelnen Personen, wenn sie dichten oder wenn sie urteilen, nach diesen Regeln verfahren. [5.] Die allgemeingültige Regel Im imperativen Gebiet müssen drei Arten, in denen das Fiat auftritt, unterschieden werden. 1. Der Einzelbefehl. 2. Die positive Regel, welche wie der Einzelbefehl im Willen fundiert ist und durch ihn festgestellt ist, aber durch einen Willen, der sich auf das ganze Gebiet seiner Macht erstreckt. Das Strafgesetzbuch, die Verfassung, die göttlichen Gebote etc. 3. Die allgemeingültige Regel. Sie ist dies, weil sie nicht aus einem Willen, sondern aus einem Sachverhalt hervorgeht. Anmerkung: Diese Unterschiede treten auch auf an der Bestimmung des göttlichen Willens. Leibniz etc. [6.] Ausdehnung der allgemeinen Regel Geometrische Konstruktionen vollziehen sich nach einer im Sachverhalt gegründeten Regel. [2.] Lehre vom Begriff 243 Der Begriff ist zunächst die vermöge der Kunst des Denkens dem Zweck des Denkzusammenhangs entsprechende vollzogene Umformung der Vorstellung, insbesondere der Allgemeinvorstellung. Der Ort des Begriffs ist die Wissenschaft. Innerhalb derselben entstehen alsdann auch solche Begriffe, welche sich an im gewöhnlichen Leben entwickelte Allgemeinvorstellungen erst an-
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lehnen. Wir unterscheiden den Begriff, der eine einfache Vorstellung ausdrückt, den anderen, der die Beziehung von Inhalten ausdrückt, die innerhalb einer Einzelvorstellung besteht, endlich den, der die Regel bezeichnet, nach welcher innerhalb einer ganzen Gruppe von Einzelvorstellungen Inhalte miteinander verbunden sind. Die drei ersten Denkgesetze verlangen von dem Begriff Bestimmtheit, Klarheit und Deutlichkeit, feste Verbindung mit einem Wortzeichen. Der Satz vom Grunde verlangt, daß der Begriff in fester Beziehung zu andern Begriffen stehe; endlich muß der Begriff in der Wirklichkeit enthalten sein oder sie vertreten. Der Begriff ist ein Inbegriff von Urteilen, durch die eine in einem Wort ausgedrückte Vorstellung klar und deutlich gedacht wird. Sie ist klar, sofern sie sich abgrenzt von andern Vorstellungen, deutlich, sofern ihre Bestandteile klar sind. Die Prädikate dieser Urteile sind die Merkmale der Begriffe; diese Merkmale können einfache Inhalte oder Verbindungen von Inhalten sein. Die Merkmale sind in dem Begriff gemäß den Verbindungsweisen, deren das Bewußtsein fähig ist, miteinander verknüpft. Der Ausdruck dieser Verbindungsweisen sind die Kategorien. Der Begriff ist also nicht eine Summe oder ein Produkt der Merkmale, sondern eine Verbindungsweise derselben oder eine Zusammenordnung, ein Gefüge solcher Verbindungsweisen. Diese Verbindung der Merkmale bildet den Inhalt des Begriffs. Die Darstellung dieses Inhalts ist die Definition. Die einzelnen Tatsachen, welche dem Begriff untergeordnet sind, bilden den Umfang des Begriffs. Es sind diejenigen, deren gemeinsame Darstellung in dem Begriff durch das Denken hergestellt wird. Dem Begriff kann eine einzige Tatsache untergeordnet sein; in der Regel beherrscht er eine unbestimmte Vielheit von Tatsachen. Die Darstellung dieser unbestimmten Vielheit, die den Umfang eines solchen Begriffs ausmacht, ist die Einteilung. Inhalt und Umfang des Begriffes stehen zueinander in umgekehrtem Verhältnis: Je mehr der Begriff unter sich enthält, desto weniger enthält er in sich und umgekehrt. Streit über die Geltung der Begriffe; Formeln des Mittelalters: universalia ante rem, post rem, in re. [1.] Der Inhalt des Begriffs und die Definition Die Darstellung des Inhaltes eines Begriffes ist die Definition. Die Prädikate, durch die ein Begriff bestimmt wird, unterscheiden denselben von anderen Begriffen und heißen deshalb Merkmale. Die Merkmale, durch welche ein Begriff zureichend abgegrenzt werden kann, und die darum die andern Prädikate vertreten, nennen wir die wesent-
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lichen (essentialia) Attribute im Unterschied von Modi oder Akzidenzien; und zwar sind essentialia constitutiva die, welche den bleibenden Grund enthalten, aus dem der Begriff des Dinges abgeleitet werden kann. Als essentialia consecutiva wurden die bezeichnet, welche die ersteren auf zureichende Weise vertreten. Die wesentlichen Merkmale sind entweder mit dem übergeordneten Begriff gemeinsam, sonach auch mit den untergeordneten (essentialia communia) oder sie unterscheiden den Begriff von den nebengeordneten (essentialia propria). Da die communia durch den höheren Begriff repräsentiert werden können, so kann der Inhalt eines Begriffs zerlegt werden in seine übergeordneten (sein genus) und in die ihn von den nebengeordneten Begriffen trennenden Merkmale der spezifischen Differenz. Formen der Definition: 1. Nominal- und Realdefinition 2. Genetische und beschreibende Definition 3. Definitio analytica und synthetica. Fehler der Definition liegen entweder als materiale244 in den Urteilen, aus denen die Definition gebildet wird, oder als formale in den logischen Beziehungen, die so entstehen. Logische Fehler sind: 1. Eine Definition ist zu weit, wenn sie Merkmale ausläßt, durch welche die spezifische Differenz festgestellt wird; 2. zu eng, wenn sie Merkmale zufügt, durch die eine tieferliegende Art konstituiert wird; 3. tautologisch, wenn der zu definierende Begriff in den Merkmalen, durch welche definiert wird, wiederkehrt. 4. Zirkel- oder Kreiserklärung, wenn der Begriff durch einen anderen definiert wird, der ihn selber voraussetzt. 5. Abundanz findet statt, wenn Merkmale, die einander vertreten können, in ihm sich zusammenfinden. 6. Definition durch Bilder oder durch negative Bestimmungen ist unstatthaft. [2.] Der Umfang eines Begriffs und seine Stellung in der Einteilung Unterscheide Einteilung (divisio) von der bloßen Gliederung (partitio). Letztere zerlegt ein zusammengesetztes Ganze in mehrere Teile; erstere zerlegt eine Reihe (begrenzte oder unbegrenzte) diskreter Tatsachen, die unter einen allgemeinen Begriff fallen, in Einzelgruppen oder Glieder.
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Jede Einteilung vollzieht sich von einem Merkmal aus (fundamentum divisionis). Dieses Merkmal faßt eine geschlossene Reihe von Möglichkeiten in sich. Die Einteilung wäre nun eine einfache Operation. Würde der Begriff durch ein Merkmal definiert, alsdann würde derselbe durch die in diesem Merkmal enthaltene begrenzte Zahl von Möglichkeiten eingeteilt. Ist aber die Wahl zwischen mehreren Merkmalen als Einteilungsgründen, so wird die Entscheidung über das fundamentum divisionis bei Einteilungen, die nur einem bestimmten Zweck dienen, nach dem Zusammenhang dieses Zwecks mit einem Merkmal getroffen. Wo dagegen die natürliche Gliederung eines Tatsachengebietes (im Gegensatz zu der künstlichen Klassifikation die natürliche) gesucht wird, da wird in der Regel eine Kombination der Merkmale eintreten müssen. Einteilung dient endlich häufig als Mittel der Übersicht und Bezeichnung. So in den beschreibenden Naturwissenschaften. Diese geht dann von Merkmalen, welche diesem Zweck am besten entsprechen (künstliche Klassifikation) aus. Die Klassifikationen bereiten dann die natürlichen vor. In der Philosophie ist die Annahme aufgetreten, die Wirklichkeit sei durchgängig in einer bestimmten Art gegliedert, z. B. in Zweiteilungen oder nach Satz, Gegensatz und höherer Einheit (Neuplatoniker und Hegel) oder in Kreuzung von Gegensätzen (Schleiermacher) – Fehler der divisio. Sie ist zu weit, wenn der Umfang der Glieder den einzuteilenden Begriff überschreitet. Gegenteil zu eng. Zusammenwerfen mehrerer Nebenabteilungen oder einer Neben- und Unterabteilung.245 Hiernach bestimmen wir nun das Verhältnis von Urteilen und Begriff. Der logisch richtige Begriff ist ein Zusammengreifen der in Urteilen vollzogenen Bestimmungen eines Gegenständlichen zur Einheit des bestimmten Gegenstandes. Er ist ein Erzeugnis der gültigen Denkakte und als solches das Wissen von dem in der Einheit der Urteile erfaßten Gegenstand. Er ist andererseits der Akt selbst, in welchem diese Einheit sich vollzieht: der Akt des Definierens. Immer aber ist ihm eigen die Stellung des Bewußtseins, welche aus den Akten gleichsam zurückgeht und andererseits zur Erfüllung vorwärtsgeht in der Richtung des Gegenständlichen, um dessen Bestimmung es sich handelt. Hieraus ergibt sich die wichtige Folgerung, daß Begriff und Urteil nicht als Formen des Denkens Bedingungen des Bewußtseins bilden, sondern innerhalb der Beziehung der gegenständlichen Welt zum Denkzusammenhang nur verschiedene Stellungen innerhalb dieser Beziehung bezeichnen, die durch die Aufgabe, das Gegenständliche zu erfassen, bedingt sind.
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[3.] Wirklichkeitsbegriffe und Idealbegriffe Wirklichkeitsbegriffe sind diejenigen, die aus Urteilen über das Gegebene sich zusammensetzen. Sie zerfallen in soviel Klassen als Grundunterschiede im Auffassen des Gegenständlichen vorliegen. Methoden, diese Unterschiede festzustellen, sind die Kategorienlehre des Aristoteles, die Urteilsfunktionen Kants. Immer handelt es sich vor allem um die Unterschiede von Eigenschaften, Vorgängen und Beziehungen. Von den Wirklichkeitsbegriffen unterscheiden sich die Wertbegriffe etc. Der Idealbegriff spricht die Regel aus, nach welcher aufgrund des Sachverhalts innerhalb eines Zweckzusammenhangs ein Gebilde erzeugt werden kann. Problem, wiefern die geometrischen Begriffe Idealbegriffe sind. Verhältnis der Idealbegriffe zu den Wirklichkeitsbegriffen innerhalb der geschichtlich-gesellschaftlichen Welt. Überall, wo Konstruktion nach Regeln möglich ist, spricht das Gesetz der Konstruktion sich im Idealbegriff aus. Der naturrechtliche Begriff des Staates: ein Idealbegriff. Mißverständnis, ihn als einen Wirklichkeitsbegriff aufzufassen. Unvermögen der historischen Schule, von Wirklichkeitsbegriffen zu Idealbegriffen fortzugehen: die Begriffe des Zivilrechts. Ihering. – Anwendung auf die Ästhetik. – Kategorien von Wert, Bindung, Zweck (Gut). – Verhältnis der Begriffe zueinander in der Einteilung. – Konstituierung der Begriffe durch Verbindung der Merkmale als in den Sachverhalten gelegen.
[3.] Das Schließen [1.] Das Schließen ist derjenige allgemeingültige Denkakt, durch welchen aus gegebenem Wissen ein neues Wissen abgeleitet wird. Wie mannigfaltig auch die Formen des Schlusses sein mögen, so stehen sie doch alle unter der obersten Regel des Satzes vom Grunde; immer handelt es sich darum, von gegebenen Setzungen aus eine neue möglich zu machen. Und die oberste Regel des Schließens faßt dann die besonderen Regeln in sich, welche in der Folgerung aus einer Prämisse, im Analogieschluß, in der Induktion und im Syllogismus gültig sind. Die Eigenheit einer jeden Form des Schließens äußert sich in den besonderen Regeln, denen es unterworfen ist. Vgl. über die unmittelbaren Schlüsse Höfler,246 z. B.: „Quidquid de omnibus valet, valet etiam de quibusdam et singulis. Quidquid de nullo valet, nec de quibusdam nec de singulis valet.“ Für die kategorischen Vernunftschlüsse siehe Fries: „In jedem kategorischen Ver-
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nunftschluß muß eine Prämisse allgemein und eine bejahend seyn“ und die folgenden Regeln.247 Für die hypothetischen Schlüsse: „Wenn der Grund gesetzt ist, so ist auch die Folge gesetzt.“ „Wenn die Folge nicht gesetzt ist, so ist auch der Grund nicht gesetzt“ – und die folgenden Regeln [siehe] Fries.248 Für die disjunktiven Schlüsse: Fries.249 2. Unsere Aufgabe ist zuerst, das System dieser Regeln vollständig zu entwickeln. Dann stellt es die Gesetzmäßigkeit des Denkens im Schließen dar, wie sie aus der Systematik der Schlußformen sich ergibt, da jede einzelne derselben nach ihrem Verfahren auf einen abstrakten Ausdruck gebracht werden kann, der alle Fälle beherrscht. Dann aber ist die Aufgabe zu lösen, diese Gesetzmäßigkeit als schließlich in der Natur des Gegenständlichen gegründet zu erkennen, auf welches die Urteile und deren Verbindungen sich beziehen. Hier entsteht der wichtige Satz: Wie sich der Denkakt auf ein Gegenständliches bezieht, in welchem er seine Allgemeingültigkeit hat, so sind auch die Denkakte, welche die Ableitung der Urteile vollziehen, in ihrer Gültigkeit an Verhältnisse des Gegenständlichen gebunden, welche die Ableitung möglich machen. Und wenn das Gegenständliche, auf das die einzelnen Urteile sich beziehen, ein sehr Mannigfaltiges ist, so muß die Ableitung in allen ihren Formen nach ihrem formalen Charakter an allgemeine Verhältnisse des Gegenständlichen gebunden sein, welche die Regeln möglich machen. So sind die Regeln auch hier der Ausdruck des Sachverhaltes am Gegenständlichen. Das allgemeinste Gesetz des so entstehenden Zusammenhangs zwischen den Grundverhältnissen des Gegenständlichen und den Regeln der Bildung von Urteilen ist: Die Art, wie innerhalb eines Grundverhältnisses mit einem Sachverhalt ein anderer gegeben ist, wird im Schließen repräsentiert durch die Art, wie von einer oder mehreren Setzungen eine neue Setzung abhängt. Das Verhältnis der Abhängigkeit der Sätze voneinander in den Denkakten ist der Ausdruck für das Verhältnis, in welchem am Gegenständlichen anschaulich in einer Beziehung zugleich eine andere gegeben ist. Diese Verhältnisse sind in der Anschauung, also einmalig, gegeben, repräsentieren aber zugleich dasselbe Verhältnis in allen möglichen Fällen etc. Sollen nun diese Grundverhältnisse durchlaufen werden, so kann dies nur an den verschiedenen Gebieten geschehen, in welchen sie auftreten. Und hier gelangt nun unser Verfahren der Vergleichung zu seinem wichtigsten Resultat. Indem wir die Grundverhältnisse durchlaufen, entsteht die Einsicht, daß die logischen Grundbegriffe, welche die Verbindung von Denkakten zu neuen Prädizierungen ausdrücken, wie Grund und Folge, Abhängigkeit, Notwendigkeit, nur der allgemeinste Ausdruck für das in all diesen Grundverhältnissen und ihren Repräsentationen Wiederkehrende sind. Die Allgemeingültigkeit
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dieser Begriffe, ihre Notwendigkeit ist nur der Ausdruck für die im Sachverhalt am Gegenständlichen sich darstellenden einzelnen Notwendigkeiten. Wo eine solche nicht vorliegt, da sind auch die Begriffe der Denknotwendigkeit im Schließen nicht applikabel. Wir bringen nur dasjenige in das Verhältnis von Grund und Folge, in die Beziehung der Abhängigkeit, was im Gegenständlichen anschaulich voneinander bestimmt ist. Ich versuche nun an den einzelnen Gebieten dies aufzuzeigen. Das Schließen aufgrund von Urteilen über Wirkliches Hier stellt sich entsprechend der Einschränkung auf diese Schlußarten innerhalb der Logik uns die ganze Schlußlehre derselben dar als unserer Unterabteilung zugehörig. [1.] Das Schließen Urteile treten nebeneinander, sie treten in Beziehung aufeinander. Von demselben Gegenstand sage ich nacheinander verschiedene Bestimmungen aus, ich ordne diese nach den Verhältnissen, in denen sie zueinander stehen, an dem Faden des Zeitverlaufs lasse ich Begebenheiten ablaufen, die sich auf dasselbe Subjekt, dieselbe Person, dasselbe Volk beziehen, ich bilde Begriffe von Zweckzusammenhängen, die Träger einer Ordnung von Vorgängen sind, ich beschreibe also oder ich erzähle, ich zergliedere. Alle diese Operationen sind bestimmt von den Kategorien, die in den Sachverhalten gegründet sind, und so vollziehe ich die Aufgabe, die gegebene Welt der singulären Tatsachen anschaulich zu vergegenwärtigen. Daß dieser Aufgabe auch Schlüsse eingeordnet werden, ist augenscheinlich. Aber sie sind einer andern Form der Zusammenordnung nur untergeordnet. Von dieser Aufgabe der Urteilsverknüpfung sondert sich diejenige, die wir als Schließen bezeichnen. Wir verstehen unter ihr diejenige Verbindung von Urteilen, durch welche ein neues Urteil gewonnen wird. Diesen Vorgang bezeichnen wir als Ableitung. [2.] Der Schluß Ich gehe aus von der gewöhnlichen Definition des Schlusses. Unter Schluß versteht man die Ableitung eines Urteils aus einem oder mehreren als wahr angenommenen Urteilen. Ableitung aber vollzieht sich nur durch das Urteil. Sie ist der Denkakt, in welchem aus Voraussetzungen oder Prämissen ein Urteil gewonnen wird. Der Schluß ist also eine Verbindung von Urteilen durch ein Urteil, oder ein Induktionsschluß auch durch eine Zusammensetzung von Urteilen. Schluß ist also
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in jedem Fall eine Zusammensetzung von Urteilen: Von dem Begriff unterscheidet sie sich dadurch, daß sie nicht auf die Darstellung eines Gegenstandes durch Urteile, sondern auf die Bestimmung eines Gegenständlichen durch den Fortgang von diesem Gegenständlichen zu dem in ihm Enthaltenen, aber nicht ausdrücklich Bestimmten gedacht ist. [3.] Die Folgerung250 Folgerung ist die Ableitung eines Urteils aus einem gegebenen. Sie kann naturgemäß nur eine Transformation dieses Urteils sein. Als äquivalente Urteile werden in der älteren formalen Logik die bezeichnet, welche das Gleiche in verschiedener Form aussagen und so beide zugleich als wahr oder als falsch bezeichnet werden müssen. Subalternation der Urteile entsteht durch Umgestaltung der Quantität gemäß dem Diktum de omni et nullo. Dieses lautet: Quidquid de omnibus valet, valet etiam de quibusdam et singulis; quidquid de nullo valet, nec de quibusdam vel singulis valet. Aus der Wahrheit des allgemeinen kategorischen Urteils ergibt sich die Wahrheit des entsprechenden partikulären, und aus der Unwahrheit des partikulären die des allgemeinen. Opposition des Urteils entsteht von der Veränderung der Qualität aus. Konversion entsteht von dem Wechsel der Stellung des Subjekts und Prädikats im Satze aus (ausschließlich die Stellung von accedens und consequens im hypothetischen Urteil). Kontraposition entsteht durch diesen Wechsel mit Hinzunahme einer Negation einzelner Glieder, woraus dann Veränderung der Qualität folgt. [4.] Syllogismus Die Logik unterscheidet von unmittelbaren Schlüssen (Folgerungen) die mittelbaren. Der Syllogismus stellt ein Urteil aus ihm vorausgehenden Urteilen (Prämissen) her, indem er einen Mittelbegriff benutzt, der beiden Prämissen gemeinsam ist und sie verbindet. Wo eine Verbindung nicht unmittelbar hergestellt werden kann, kann eine mittelbare Herstellung im Denken versucht werden. Kann ich a und b nicht direkt vergleichen, so kann aus der Vergleichung mit m ein Urteil über ihr Verhältnis abgeleitet werden. Was von der Vergleichung gilt, gilt von jeder Beziehung überhaupt. Und kann ich die Setzung eines b nicht direkt herstellen, so kann ich vielleicht von der Setzung des a aus vermittelst einer Beziehung von a zu b diese Setzung indirekt erwirken.
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[5.] Die aristotelische Syllogistik Die Regeln, welche die Syllogistik beherrschen, wurden zunächst durch Aristoteles in den Grenzen der von ihm angestrebten Begriffswissenschaft entwikkelt. So schuf Aristoteles die Syllogistik. Seine Theorie beherrschte die Logik bis in unser Jahrhundert. Sie hebt jedoch einseitig aus den Beziehungen, die Schlüssen zugrunde liegen, das Verhältnis einander subordinierter Begriffe heraus. Sie ist also unvollständig, zugleich ist sie, wie die ganze antike Logik, nur äußerlich beschreibend. Ihre Hauptsätze: Im Syllogismus und in der Induktion wird ein neues Urteil gebildet aus vorhandenen Urteilen. Die Theorie geht nun von der einfachsten Annahme aus: Zwei Urteile seien gegeben (Propositionen, Prämissen). Sie unterscheidet von diesen zwei Prämissen den Schlußsatz. Die Prämissen ermöglichen die im Schlußsatz eintretende Verbindung von S und P durch einen vermittelnden Begriff M (to méson, terminus medius, Mittelbegriff ). Aristoteles entdeckte, daß sonach die Konsequenz des Schlusses auf der Beziehung von drei Begriffen beruht. Diese treten durch die beiden Urteile miteinander in Verbindung. Der Mittelbegriff stellt zwischen den beiden äußeren, d. h. dem S und P des Schlußsatzes die Verbindung her. Hieraus ergibt sich das theoretische Problem der Syllogistik: Sie soll bestimmen, welche Stellung die Begriffe zueinander einnehmen können. Sie soll feststellen, unter welcher Bedingung in jeder dieser Stellungen ein richtiger Schluß erreichbar ist. Aristoteles unterscheidet nun drei mögliche Stellungen der Begriffe (ho´roi, termini) zueinander. Diese Stellungen sind seine Schlußfiguren. Sie entstehen, wenn man die Stellung des Mittelbegriffs zu den beiden andern ins Auge faßt. [6.] Die Syllogistik der formalen Logik Unterscheide den unmittelbaren Schluß = consequentia immediata (Folgerung) und den mittelbaren. Der erstere ist Ableitung eines Urteils aus einem Begriff (analytisches Urteil) oder einem Urteil. Prinzipien sind die drei ersten Denkakte. Der andere ist Ableitung eines Urteils aus mindestens zwei Urteilen. Zu den drei ersten Denkgesetzen tritt hier als weiteres Prinzip der Satz vom Grunde. Unterscheide innerhalb der mittelbaren Schlüsse a) Syllogismen im engeren Sinn = der vom Allgemeinen ausgehende Schluß, ratiocinatio, b) Induktion (der Schluß vom Einzelnen oder Besonderen auf das Allgemeine), c) den Analogieschluß als Schluß von einem Einzelnen auf ein nebengeordnet Einzelnes oder Besonderes.
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[7.] Bestandteile des Syllogismus Der Syllogismus ist einfach (simplex), wenn er aus zwei Urteilen ein drittes ableitet. Er ist zusammengesetzt, wenn er mehrere Urteile miteinander vereinigt. Zunächst gelten von ihm die entwickelten aristotelischen Sätze. Aber die Syllogistik der formalen Logik ging über Aristoteles hinaus, indem sie die Formeln für hypothetische und disjunktive Schlüsse entwickelte. Diese waren von Aristoteles noch nicht beachtet worden. Wir nennen diejenige Prämisse, welche den Oberbegriff enthält (terminus major = Prädikat des Schlußsatzes) den Obersatz. Untersatz ist die Prämisse, welche den Unterbegriff (terminus minor = Subjekt des Schlußsatzes) enthält. [8.] Die Figuren des Syllogismus Innerhalb des einfachen kategorischen Syllogismus entsteht die erste Figur, wenn der Mittelbegriff in der einen Prämisse Subjekt, in der andern Prädikat ist. In der zweiten Figur ist der Mittelbegriff Prädikat beider Prämissen; in der dritten ist er Subjekt beider Prämissen. [9.] Ergebnisse Aus zwei affirmativen Prämissen folgt ein affirmativer Schlußsatz; aus zwei allgemeinen ein allgemeiner; ist eine Prämisse negativ, muß der Schlußsatz negativ sein, ist sie partikular, dann partikular. In der ersten Figur entstehen Schlüsse aller Formen. In ihr allein die wichtigsten Schlüsse, die allgemeinen bejahenden. In der zweiten Figur entstehen nur verneinende, und zwar e und o. Dem allgemein verneinenden Urteil kommt die zweitgrößte Tragweite zu. Die zweite Figur dient besonders durch das Verhältnis von Setzung und Ausschließung desselben Prädikats, zwei Subjekte voneinander zu trennen. In der dritten Figur entstehen nur partikularische Schlußsätze; insbesondere kann in ihr die Vereinbarkeit von Prädikaten daraus nachgewiesen werden, daß sie an demselben Subjekt auftreten. Führt man die Ausschließung der Aussage durch den Zustand der Möglichkeit in eine der Prämissen ein, dann folgt der Schlußsatz dieser Einschränkung, sowie ja auch der Eintritt der Negation in eine der Prämissen den Schlußsatz negativ macht. [10.] Der hypothetische Schluß Man hat weiter versucht, die zunächst an den kategorischen Schlüssen entdeckten Grundverhältnisse auch auf den hypothetischen Schluß anzuwenden. Der hypothetische Schluß geht von dem Bedingenden zu dem Be-
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dingten und rückwärts. Er schließt vermittelst des Verhältnisses der Dependenz. Aristoteles erkannte diese Form des hypothetischen Schlusses noch nicht; seine syllogismo´ı ex hypotéseos schließen aus unsicheren Voraussetzungen. Alexander von Aphrodisias und die Stoiker versuchten die Unterordnung; wahrscheinlich im Gegensatz gegen Theophrast und Eudem[os] betrachten sie die Bedingung als Subjekt, das Bedingte als Prädikat. Wir unterscheiden denjenigen hypothetischen Schluß, der eine Zusammensetzung zweier hypothetischer Urteile ist, von demjenigen, der ein hypothetisches mit einem kategorischen Urteil verknüpft. Die Bezeichnungen dieser zwei Formen des hypothetischen Schlusses sind schwankend. Von den einen wird die letztere Form als hypothetisch-kategorischer Schluß oder als Vermischungsschluß bezeichnet; die anderen sehen in ihm mit größerem Recht den eigentlichen hypothetischen Schluß. Die Form dieser zweiten Schlußweise ist die Verbindung eines hypothetischen [Urteils] als Obersatz mit einem kategorischen als Untersatz. Setzt letzterer die Bedingung, so ist damit das Bedingte bewiesen (modus ponens); hebt er die Tatsächlichkeit des Bedingten auf, so ist damit die der Bedingung aufgehoben (modus tollens). [11.] Der disjunktive Schluß Auch innerhalb des disjunktiven Schlußverfahrens sind zwei Schlußweisen zu unterscheiden. Die erste ist dem hypothetischen Schlußverfahren vergleichbar, in welchem gefolgert wird: Wenn a ist, so ist b, wenn b ist, so ist c, also wenn a ist, ist c. Dieser gehören die disjunktiven Schlüsse an, welche ein disjunktives Urteil als [Schluß]satz haben. Hiervon sind die eigentlichen disjunktiven Schlüsse unterschieden, von welchen vermittelst des disjunktiven Obersatzes ein kategorisches Urteil abgeleitet wird. Entweder wird hier im Untersatz von der Setzung des einen membri disjuncti auf die Aufhebung des anderen geschlossen, oder von der Aufhebung auf die Setzung. [12.] Verbindungen von Schlüssen Eine Verbindung von einfachen Schlüssen vermittelst gemeinsamer Glieder bezeichnen wir als Schlußkette. In ihr bildet der Schlußsatz des einen Schlusses die Prämisse des andern. Der verkürzte einfache Schluß heißt Enthymem; die zusammengezogene Verbindung, in welcher der Schlußsatz des höheren Syllogismus jedesmal als Prämisse des folgenden auftritt, heißt Kettenschluß, Sorites.
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[13.] Die Analogie Wir sondern von dem Syllogismus den Schluß der Analogie und der Induktion. Der Syllogismus geht vom Allgemeinen zum Besonderen, der Schluß der Induktion vom Besonderen zum Allgemeinen, der Schluß der Analogie von dem Besonderen zu dem Besonderen. Der Schluß der Analogie überträgt ein Prädikat von einem Subjekt auf ein anderes aufgrund ihrer Ähnlichkeit. Seine Grundlage ist, daß Gleiches unter gleichen Bedingungen gleiche Prädikate annehmen muß. Ob die Ähnlichkeiten zwischen b und a gerade die Elemente einschließen, welche für a das Prädikat p zur Folge haben, ist in ihm nicht festgestellt. Würde es das, dann würde der Analogieschluß in festere Schlußformen übergehen. Er hat sonach eine vorbereitende Bedeutung. Seine Formel ist: Obersatz: m ist p – Untersatz: s ist gleichartig mit m – Schlußsatz: s ist p. Für den Untersatz kann als nähere Bestimmung des unbestimmten Tatbestandes gleichartig die Angabe eingesetzt werden, worin die Gleichartigkeit besteht. Dann entsteht das Schlußverfahren: m ist p – nun ist m = a, nun ist auch s = a, also s ist p. [14.] Der Induktionsschluß Die Induktion geht aus von: m1 ist p, m2 ist p, m3 ist p usw. Sie schließt, daß nicht zufällig jedes einzelne m1, m2 usw. das p habe, sondern eine innere Verbindung vorliege zwischen einem Grunde s und dem p. Diese innere Verbindung tritt in der Regelmäßigkeit der Beziehung hervor. Die Formel: Obersatz: m1, m2, m3 … ist p – Untersatz: m1, m2, m3 … ist s. Also ist s = p. Erschöpfen m1, m2 … das s, dann kann der Untersatz konvertiert werden. Es entsteht als Obersatz: m1, m2, m3 ist p. Untersatz: s ist m1, m2, m3. Schlußsatz: s ist p. Dieser Schluß wird als vollständige Induktion bezeichnet und ist alsdann der ersten Figur des Syllogismus unterzuordnen. Aber die unvollständige Induktion allein ergibt einen Schluß, der mehr als eine bloße Summierung, sonach eine Erweiterung der Kenntnisse enthält. Das Recht, das der Form des unvollkommenen Induktionsschlusses, von einer Zahl von Fällen auf einen inneren notwendigen Zusammenhang, demnach auf alle Fälle zu schließen, ist in der Logik vielfach erörtert worden. Schon Stuart Mill findet dies Recht in der Voraussetzung der Gleichförmigkeit des Naturlaufs. Diese Annahme muß jedoch ergänzt werden durch die des Kausalzusammenhangs, welcher sich in der logischen Abhängigkeit jedes Besonderen von einem Allgemeinen darstellt. In diesem Sinne hat man die Induktion als eine inverse Operation, verglichen mit dem Syllogismus, bezeichnet; m1, m2 … nennen wir Fälle. Einen Fall, der einen Einwand gegen den Schlußsatz begründet, nennen wir Instanz. Der Hauptfehler der Induktion liegt in der falschen Verallgemeinerung (post hoc, ergo propter hoc).251
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[15.] Schließen auf dem Gebiet der Wertgebung Der Form nach stellen sich die Schlüsse auf dem Gebiet der Wertgebung ebenfalls als zusammengesetzt aus Urteilen dar. Aber die Grundverhältnisse, auf denen hier Verknüpfung von Urteilen zu Schlüssen auftritt, zeigen einen besonderen Charakter. Da den Werturteilen Vorstellungen über Wirklichkeit oder Urteile über dieselbe zugrunde liegen, so entstehen etc.
[16.] Der Schluß im Gebiet der Regelgebung Die Relation, in welcher, wenn A gesetzt ist, auch B gesetzt ist, liegt allen Schlüssen zugrunde. Sie bestimmt auch den Zusammenhang, wenn das B einen Imperativ enthält. Die Verbindung zwischen diesen beiden kann zunächst in einem Willensakt gegründet sein.252 An eine bestimmte Eventualität wird so ein Vorsatz, ein Versprechen geknüpft. Der Willensakt, welcher an eine solche Bedingung die Forderung einer Handlung knüpft, kann ein Vertrag sein. Die Verbindung zwischen A und dem Imperativ B wird erst notwendig im Gebiet der Regelgebung.253 [4.] Regelsammlung Die unübersehbare Masse dichterischer Werke aller Völker muß für die Zwecke des lebendigen Genusses, der historischen Kausalerkenntnis und der pädagogischen Praxis geordnet, dem Werte nach taxiert und für das Studium des Menschen sowie der Gesellschaft ausgenützt werden.254 Der Dichter muß sich mit der Vergangenheit auseinandersetzen und nur die geschichtliche Ansicht, durchgeführt in einer Poetik, kann ihn freimachen. Die zentrale Frage aller Poetik: Allgemeingültigkeit oder geschichtlicher Wechsel der Geschmacksurteile, des Schönheitsbegriffs, der Technik und ihrer Regeln muß beantwortet werden, soll die Poetik dem schaffenden Dichter nützen, das Urteil des Publikums leiten, der ästhetischen Kritik und Philologie einen festen Halt gewähren.255 Seitdem die Voraussetzung vom mustergültigen Wert der antiken Dichtung gefallen ist, können nur aus der menschlichen Natur das Gesetz des Schönen und die Regeln der Poesie abgeleitet werden. Goethe: „Man muß etwas sein, um etwas zu machen.“256 Das Wesen und die Funktion der Kunst können nicht mit der idealistischen Ästhetik an dem höchsten Ideal derselben, das wir heute zu fassen imstande sind, erkannt werden.
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Was sich unter den günstigsten Bedingungen entwickelt hat, darf nicht als Antrieb in die ganze Reihe von Erscheinungen verlegt werden, in denen dieser Lebenskreis sich entfaltet.257 Wahrnehmungen und Vorstellungen oder deren Bestandteile, welche einander gleich oder ähnlich sind, treten, unabhängig von der Stelle, welche sie im seelischen Zusammenhang einnehmen, ineinander und bilden einen Inhalt, der in der Regel mit dem Bewußtsein der verschiedenen Akte verbunden ist und Verschiedenheiten zwischen den Inhalten, sofern diese nicht vernachlässigt werden, einschließt.258 Wahrnehmungen und Vorstellungen oder deren Bestandteile, welche in der Einheit eines Bewußtseinsvorgangs vereinigt waren, können sich unter gegebenen Bedingungen von Interesse und Aufmerksamkeit gegenseitig reproduzieren. „Der Charakter selber muß lebendig vor euch in der begeisterten Stunde fest thronen, ihr müsset ihn hören, nicht bloß sehen; er muß euch – wie ja im Traume geschieht – eingeben, nicht ihr ihm, und das so sehr, daß ihr in der kalten Stunde vorher zwar ungefähr das Was, aber nicht das Wie voraussagen könntet. Ein Dichter, der überlegen muß, ob er einen Charakter in einem gegebenen Falle Ja oder Nein sagen zu lassen habe, werf ’ ihn weg, es ist eine dumme Leiche.“259 Die Deutschen machen sich mit ihren Ideen, die sie in alles hineinlegen, das Leben schwerer als billig. Habt doch „endlich einmal die Courage, Euch den Eindrücken hinzugeben, Euch ergötzen zu lassen, Euch rühren zu lassen“, erheben, belehren, zu etwas Großem entflammen, aber denkt nicht immer, es wäre alles eitel, wenn es nicht irgendein abstrakter Gedanke oder Idee wäre.260 Jede zusammengesetzte Untersuchung verknüpft induktive und deduktive Verfahrungsweise: So muß auch jedes größere dichterische Werk beide Richtungen des Phantasievorgangs verknüpfen. „Jeder Teilnehmer an der dramatischen Handlung hat eine bestimmte Stellung zum Ganzen, für jeden ist eine genau umschriebene Persönlichkeit notwendig, welche so beschaffen sein muß, daß das Zweckvolle derselben vom Zuhörer mit Behagen empfunden, das Menschliche und Eigentümliche von dem Schauspieler durch die Mittel seiner Kunst wirksam dargestellt werden kann.“261 Die Handlung des ernsten Dramas muß eine fest geschlossene Einheit bilden. Das Ende der Handlung muß als allgemein verständliches Resultat des Gesamtverlaufs erscheinen, die innere Notwendigkeit muß lebhaft empfunden werden; der Ausgang muß die vollständige Beendigung des Kampfes und der aufgeregten Konflikte darstellen.262 „Die Handlung des ernsten Dramas soll wahrscheinlich sein.“263 „Die Handlung des ernsten Dramas muß Wichtigkeit und Größe haben.“264
Das Bewußtsein des philosophischen Geistes
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„Die dramatische Handlung muß alles für das Verständnis Wichtige in starker Bewegung der Charaktere, in fortlaufender Steigerung der Wirkungen darstellen.“265 „Die Charaktere des Dramas dürfen nur diejenigen Seiten der menschlichen Natur zeigen, durch welche die Handlung fortgeführt und motiviert wird.“266 „Das Drama soll nur einen Haupthelden haben, um welchen sich alle Personen, wie groß ihre Zahl sei, in Abstufungen“ gruppieren.267 Hochmut kommt vor dem Fall. Lügen haben kurze Beine. Friede ernährt, Unfriede verzehrt. Fiat justitia, pereat mundus. „Der Staat enthalte sich aller Sorgfalt für den positiven Wohlstand der Bürger, und gehe keinen Schritt weiter, als zu ihrer Sicherstellung gegen sich selbst, und gegen auswärtige Feinde nothwendig ist.“268 Der „einzige Zweck, der Menschen berechtigen kann, vereinzelt oder vereinigt die Freiheit anderer zu beschränken, ist Selbstschutz, die einzige Absicht, in der man gegen ein Mitglied der gesitteten Gemeinschaft Gewalt gebrauchen darf, ist die, Unheil für Andere zu verhüten; sein eigenes Wohl ist kein ausreichender Grund hierfür.“269 „Eine Staatsverfassung muß auf Tugend und Religion förmlich – ich sage förmlich – weder gegründet sein, noch sich dieselbe zum Ziele setzen. Tugend und Religion sind eine Sache des Menschen und nicht des Bürgers.“270 Alles erforderliche Spiel muß aus der dramatischen Dichtung selber sich ergeben, und höchstens die äußerliche Aktion, die schon außerhalb des Begriffs der dramatischen Handlung fällt (z. B. das Kommen und Gehen, Essen und Trinken, Fechten, Prügeln etc.), wird szenischer Anweisungen schwer entbehren können.271 Man kann einen Dramenzyklus dichten (z. B. eine Trilogie), aber jedes Drama muß dann den Anspruch erfüllen, unbeschadet seiner Zusammengehörigkeit mit den übrigen eine selbständige, in sich abgeschlossene Dichtung zu sein. Der epische Dichter kann ebensogut über ein Gefecht zwischen Tausenden als über ein solches zwischen wenigen Einzelnen berichten, wenn er auch die Massenaktionen durch detaillierte Schilderung typischer Einzelaktionen anschaulicher machen muß; der dramatische Dichter muß von vornherein auf Massenaktionen verzichten und dieselben durch mikroskopische Einzelaktionen symbolisch andeuten und vertreten lassen. Kant: Das Recht ist mit der Befugnis zu zwingen verbunden.272 „Sei ein rechtlicher Mensch.“ „Thue niemanden Unrecht.“ Tritt „in eine Gesellschaft mit Andern, in welcher Jedem das Seine erhalten werden kann.“273
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
Die Sache, welche Geld heißen soll, muß selbst so viel Fleiß gekostet haben, um sie hervorzubringen oder auch andern Menschen in die Hände zu schaffen, daß dieser demjenigen Fleiß, durch welchen die Ware hat erworben werden müssen und gegen welchen jener ausgetauscht wird, gleich komme.274 „Das Recht der Ersitzung (Usucapio)“ soll „durchs Naturrecht begründet werden.“275 „In Bezug auf Reinheit fordert und erlaubt die Poesie, was die Prosa verbietet.“276 „Die Malerei kann niemals eine Entwickelung geben: sie kann immer nur den Moment darstellen.“ „Die Poesie aber ist wesentlich Entwickelung.“277 R. Wagner: „Was nicht wert ist gesungen zu werden, das ist auch nicht der Dichtung wert.“278 Der Geschichtschreiber muß wie der Dichter „die Masse des Stoffes, welche ihm das Studium der Quellen an die Hand gegeben hat, künstlerisch sichten.“279 Der lyrische Dichter „muß erhöht empfinden.“280 „Er muß der Gegenstand seiner Lyrik sein.“ Der lyrische Dichter „soll sich selbst seine ganze Welt sein, ohne danach zu fragen, wer ihn höre.“ Will der Lyriker Lyriker bleiben, „so muß er da, wo er sich in die Stimmung einer andern Person versetzt, oder wo er sich als Organ der ganzen Menschheit betrachtet, mindestens aus dem Geist und Gemüt der von ihm Vertretenen heraus sprechen. Ebenso muß er bei Stoffen aus der Natur die Natur mit seinem Gefühl durchziehen, sie mit seiner Idealität vermählen und aus diesem Gefühl heraus sie reden lassen.“281 „Der Epiker muß malend vorgehen, er muß das Leben erzählen, er muß vergangene Begebenheiten in ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge wiedergeben. Der Epiker darf sich nie in den Vordergrund drängen.“282 „Episoden können im Drama nur mit gewisser Beschränkung gestattet werden. Kein deus ex machina, kein Schicksal, keine Gottheit darf den Fluß der Handlung stören.“283 Aristoteles’ Forderung von Einheit der Handlung, des Ortes und der Zeit.284 „Ein wirklich dramatischer Stoff darf in seiner Ausführung weder gegen die ästhetischen noch gegen die Rechts- oder Sittlichkeitsverhältnisse des Zuschauers und seiner Zeit verstoßen.“285 „Der Szenenwechsel auf der Bühne muß möglichst rasch erfolgen.“286 „[1.] Der dramatische Dichter muß die Technik des Dramas kennen und sich in den Geist seiner Figuren zu versetzen wissen. [2.] Er muß den Monolog wie den Dialog seinen Charakteren entsprechend zu bilden vermögen. [3.] Er muß daher vor allem Phantasie und hohe Bildung besitzen. [4.] Er muß das
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Charakterisieren lernen und seine Kraft auf Gestaltung guter Figuren wenden. [5.] Er darf es nicht verschmähen, sich an guten Mustern zu bilden.“287 „Jedes Drama muß bühnengerecht sein, d.h. seine Bedeutung und Berechtigung muß bei der Aufführung vom Publikum mit Anerkennung gefühlt werden und die Schauspieler müssen im Stande sein, durch die Mittel ihrer Kunst das Eigenwertige, Menschliche auch in wirksamer Weise zur Darstellung zu bringen.“288 Die Dichter „müssen die Bedürfnisse der Malerei nicht zu ihrem Reichthume machen. Sie müssen die Mittel, welche die Kunst erfunden hat, um der Poesie nachzukommen, nicht als Vollkommenheiten betrachten, auf die sie neidisch zu sein Ursache hätten.“289 „Wenn es wahr ist, daß die Malerei zu ihren Nachahmungen ganz andere Mittel, oder Zeichen gebrauchet, als die Poesie; jene nämlich Figuren und Farben in dem Raume, diese aber artikulierte Töne in der Zeit; wenn unstreitig die Zeichen ein bequemes Verhältnis zu dem Bezeichneten haben müssen: So können neben einander geordnete Zeichen, auch nur Gegenstände, die neben einander, oder deren Teile neben einander existieren, auf einander folgende Zeichen aber, auch nur Gegenstände ausdrücken, die auf einander, oder deren Teile auf einander folgen.“290 Handlungen können nicht für sich bestehen, „sondern müssen gewissen Wesen anhängen … Die Malerei kann in ihren koexistierenden Kompositionen nur einen einzigen Augenblick der Handlung nutzen, und muß daher den prägnantesten wählen, aus welchem das Vorhergehende und Folgende am begreiflichsten wird. Eben so kann auch die Poesie in ihren fortschreitenden Nachahmungen nur eine einzige Eigenschaft der Körper nutzen, und muß daher diejenige wählen, welche das sinnlichste Bild des Körpers von der Seite erwecket, von welcher sie ihn braucht. Hieraus fließt die Regel von der Einheit der malerischen Beiwörter, und der Sparsamkeit in den Schilderungen körperlicher Gegenstände.“291 Das ernste Studium der Poetik muß die spezielle Aufgabe des modernen Schauspielers sein. Der moderne Schauspieler muß sich die höchste Bildung erwerben, um seine Rolle durchgeistigen zu können.292 Die Haupterfordernisse des zum Gesang bestimmten Liedes sind „1. Einfachheit und Schönheit, 2. Gesetzmäßige rhythmische Anordnung, 3. Sangbarkeit.“293 Kant: „Zur Tugend wird zuerst erfordert die Herrschaft über sich selbst.“294 „Zur Tugend wird Apathie (als Stärke betrachtet) nothwendig vorausgesetzt.“295 „Dankbarkeit ist Pflicht,“ sie muß aber „noch besonders als heilige Pflicht“ angesehen werden.296 „Die Volljährigkeitserklärung ist nur zulässig, wenn der Minderjährige seine Einwilligung ertheilt.“297 „Die Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen,
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
wenn sie das Beste des Minderjährigen befördert.“298 „Wer geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.“299 „Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt.“300 Lessing: „Kann der Künstler von der immer veränderlichen Natur nie mehr als einen einzigen Augenblick, und der Maler insbesondere diesen einzigen Augenblick auch nur aus einem einzigen Gesichtspunkte, brauchen; sind aber ihre Werke gemacht, nicht bloss erblickt, sondern betrachtet zu werden, lange und wiederholtermassen betrachtet zu werden: so ist es gewiss, dass jener einzige Augenblick und einzige Gesichtspunkt dieses einzigen Augenblickes, nicht fruchtbar genug gewählt werden kann.“301 „Erhält dieser einzige Augenblick durch die Kunst eine unveränderliche Dauer; so muss er nichts ausdrücken, was sich nicht anders als transitorisch denken lässt.“302 Soviel ist unstreitig, daß, da „das ganze unermessliche Reich der Vollkommenheit“ der Nachahmung des Dichters offensteht, „diese sichtbare Hülle, unter welcher Vollkommenheit zu Schönheit wird, nur eines von den geringsten Mitteln sein kann, durch die er uns für seine Personen zu interessiren weiss.“303 Wenn man „den Maler und Dichter mit einander vergleichen will, so muss man vor allen Dingen wohl zusehen, ob sie beide ihre völlige Freiheit gehabt haben, ob sie ohne allen äusserlichen Zwang auf die höchste Wirkung ihrer Kunst haben arbeiten können.“304 „Wenn der Dichter Abstracta personifiret, so sind sie durch den Namen, und durch das, was er sie tun lässt, genugsam charakterisiret. Dem Künstler fehlen diese Mittel. Er muss also seinen personifirten Abstractis Sinnbilder zugeben, durch welche sie kenntlich werden.“305 – Die … [Text bricht ab]
[V.] Der Zusammenhang des Denkens306 In jedem Individuum ist ein Zusammenhang. Umfassendere Zusammenhänge. Was wir suchen, ist in diesem Empirischen die Theorie des logischen Zusammenhangs. Er ist teleologisch. Das Wissen-wollen. Intention auf Bestimmung der Gegenstände auf bestimmte Weise. Also denkendes Auffassen des Gegebenen etc. führt zur Auffassung von Wirklichkeit. Jedes Denkgebilde ist in ihm logisch determiniert. Der Zusammenhang reicht von Elementarleistungen etc.
Das Bewußtsein des philosophischen Geistes
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1. Der anschauliche Zusammenhang der gegebenen Welt. Da in ihm Beziehungen, grenzenlose Tendenz sie durchzuführen und zu begründen. Astronomie, Geographie, Geschichte. 2. Klassifikation des von überall zusammengebrachten Gleichen. Schon vorhanden in [Punkt] eins. Ausgangspunkt ist die gegebene Welt als Einheit, ihre Systematik. 3. Fortgang im Urteilszusammenhang zur Ordnung des Wirklichen nach Gesetzen. [1.] Der Zusammenhang der gültigen diskursiven Denkakte (der Akte des Wissens) Die Akte des Wissens sind miteinander verbunden durch die materialen Beziehungen, welche im Gegenständlichen enthalten sind. Ich beschreibe die Struktur einer Klasse von Pflanzen. Dann treten nebeneinander Sätze etc., oder ich erzähle den Verlauf einer Begebenheit. Dann etc. Von diesen materialen Beziehungen sind die logischen unterschieden, in welchen die Denkakte untereinander stehen. Diese sind immer solche der Abhängigkeit. [2.] Die Bestandteile des Denkens Was heißen Formen des Denkens? Das Verhältnis von Urteil und Begriff folgt aus den Urteilen über das Gegebene. Relativität davon. Schlüsse kein besonderer Bestandteil. Auch Einteilung nicht. Bedeutung dieser Worte.
[VI.] Das erkenntnistheoretische Ergebnis der Logik307 1. Kant zuerst hat ganz allgemein die Bedingung des Bewußtseins zu formulieren unternommen, unter welcher Objekte auftreten und Urteile ausgesprochen werden. Deduktion der reinen Verstandesbegriffe.308 Mein Hauptsatz: Unterscheide Synthesis als Leistung der Vereinigung des Mannigfaltigen in Objekt und Urteil von der Beziehung, welche ebenso in der Vergleichung oder der Trennung enthalten ist. Die Bedingung also liegt darin, daß das Mannigfaltige nicht wie in der physischen Natur auseinanderbleibt, sondern aneinander gehalten werden kann. Die Natur dieser Tatsache ist unanalysierbar. Sie ist schlechthin die Bedingung des Denkens.
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A. Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung
Aber sie braucht weder metaphysisch interpretiert zu werden, noch enthält sie irgendeine Voraussetzung über Gegenstände. 2. Es gilt jetzt Kant gegenüber eine richtige Fragestellung. A priori ist natürlich das Beziehen, aber die Frage ist, ob in der apriorischen Bedingung der Objekte und des Denkens Voraussetzungen über Gegenstände enthalten sind. a) Solche sind nicht in den primären Denkleistungen, durch welche Gegenstände entstehen, b) nicht in den Denkleistungen des diskursiven etc.
Lebenszusammenhang und Strukturzusammenhang
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B. TEXTE ZUM ZUSAMMENHANG VON STRUKTURLEHRE UND THEORIE DES WISSENS (nach 1904)
Lebenszusammenhang und Strukturzusammenhang des Wissens
1. *Struktur als Wirkungszusammenhang309 Strukturlehre ist nicht eine besondere Betrachtungsweise des Seelenlebens, sondern das Wissen von einem in ihm bestehenden Wirkungszusammenhang. Struktur ist die reale Verbindung, in der selbständige Teile des psychischen Verlaufs zum Ganzen desselben in einer ihm immanenten Regelmäßigkeit verbunden sind. Was im Organismus die Beziehung der Glieder zur Leistung des Ganzen ist, das wird in der geistigen Welt zur Struktur. Die Prozesse von Reproduktion, Verschmelzung, Apperzeption sind Bedingungen für einen solchen Zusammenhang, aber er besteht nicht aus ihnen. Dieser Begriff ist abstrahiert aus all den Verhältnissen, in denen Struktur stattfindet, überall ist sie ein Wirkungszusammenhang. Diese Strukturzusammenhänge sind von der besonderen Natur der in den typischen Bewußtseinslagen enthaltenen Beziehungsweisen abhängig. Diese bestimmen das Hervorgehen einer ihnen untergeordneten Folge von Verhaltungsweisen. So führt Anschauen und Erleben die Aufklärung in elementaren Denkleistungen, die Abbildung in Vorstellungen, die Repräsentationen in diskursives Denken. Der andere Typus, der im Begriff des Wertes seinen klarsten Ausdruck hat … [Text bricht ab] Unter Struktur verstehe ich einen bestimmten in der psychischen Lebenseinheit und ihrem Verlauf bestehenden Wirkungszusammenhang, in welchem Teile sich zu einem Ganzen aufbauen. Ich gebe die beiden Merkmale an, durch die die bestimmte Art dieses Wirkungszusammenhangs charakterisiert ist. Durch den ganzen psychischen Verlauf gehen reale Beziehungsarten hindurch,
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B. Strukturlehre und Theorie des Wissens
durch welche das, was die Bedingung ausmacht, und das von ihr aus Erwirkte so miteinander verbunden sind, daß in dem Erwirkten die bedingende Grundlage fortbesteht und … [Text bricht ab] Ich verstehe unter psychischer Struktur die Anordnung, nach welcher im entwickelten Seelenleben psychische Tatsachen von verschiedener Beschaffung regelmäßig durch eine innere erlebbare Beziehung miteinander verbunden sind. 1. Trennbare Teile von Erlebnissen sind in ihr aufeinander bezogen zum Zusammenhang des Erlebnisses. Erlebnisse zum Lebenszusammenhang und innerhalb einzelner Arten derselben diese zu einer Stufenfolge. 2. So besteht die psychische Struktur hier überall in einer Beziehung psychischer Tatsachen auf das Ganze des Seelenlebens und des Lebensverlaufs, welche vom Ganzen zu dessen Gliedern geht. Die Art dieser Beziehung ist nur dem Seelenleben eigen, in der organischen Welt bereitet sie sich vor. Jeder Teil ist ein Glied, das im Ganzen eine Leistung vollzieht.310 3. Indem aber in einer gewissen Beziehung Erlebnisse sich bedingen, besteht zwischen ihnen ein Verhältnis, nach welchem das Bedingende als Schicht unter dem Bedingten verbleibt.311 Es ist erst ein Verhältnis des Erwirkens, in welchem der Wirkungsvorgang verschwindet und das Erwirkte zurückbleibt. Das Erwirkende tritt in einen Bezug zu dem Erwirkten kraft dessen beide ein Ganzes ausmachen. Aber die Glieder sind durch diesen in doppelter Richtung zu Stufenfolgen verbunden, welche als erlebbar eine eigene Art von Selbstverständlichkeit haben. Aber mehr noch, sie bilden Zusammenhänge, welche unser ganzes psychisches Leben und von ihm aus Geschichte und Gesellschaft regieren. So kann man schließlich diese Struktur als den letzten Zusammenhang bezeichnen, der dem Machen, dem Schaffen seine Regelhaftigkeit gibt. Darin liegt eine Verwandtschaft mit dem Apriori Kants. So ordnet sich der Begriff der Struktur einer Reihe unter, die von dem Begriff der Beziehung zu dem einer Ordnung, von diesem zu dem der Struktur und von da dann zum Strukturbegriff führt. Alles Explizieren dieses Zusammenhangs vollzieht immer nur Trennungen in einem Beziehungssystem, welche der Erlebende oder Verstehende nicht macht, und die die Reflexion erst nachträglich zum Bewußtsein bringt. Was aber heißt nun, daß diese Beziehungen eine Ordnung, ein System bilden; sie sind nur im psychischen Leben vorhanden und durch dessen Singularität bedingt. Aber das eben macht ihren Charakter aus, daß jedesmal die wirkende Grundlage verbleibt, die Beziehung des Geschaffenen zu ihm erlebt wird, die Arten und Weisen dieser Beziehungen allen im Bewußtsein erfaßbaren Zusammenhang regieren, wenn eine Assoziation eine Reproduktion erwirkt hat, so sind diese Vorgänge nur im Produkt vorhanden, ihr innerer Bezug wird nicht zu einer Beziehung in diesem Produkt.
Lebenszusammenhang und Strukturzusammenhang
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2. Wissen vom Strukturzusammenhang312 [1.] *Der Strukturzusammenhang als Apriori Mit dem Wissen von Strukturzusammenhängen hat es eine eigene Bewandtnis. Sie sind gleichsam das Apriori, auf welches eine objektive Philosophie zurückzugehen hat. Und zwar in dem echt kantischen Sinne von Apriori als der im psychischen Zusammenhang enthaltenen Bedingung des Denkens. Wir müssen erst uns deutlich machen, was wir denn in den verschiedenen Akten vollziehen, in denen wir bald ein Wissen von Wirklichkeit, bald von Werten oder von Zwekken feststellen. In dem empirischen Begriff von Bewußtsein ist die Grundlage des wissenschaftlichen [?]. In ihm sind die strukturellen inneren Beziehungen gegeben, an welche unser Wissen in den verschiedenen Gebieten gebunden ist. In ihm sind dann die in dem Verhältnis der strukturellen Beziehungen zu dem Gegebenen gegründeten Stellungen des gegenständlichen Auffassens zu dem Gegebenen gegründet, und in diesen entsteht der Grundbegriff der Theorie des Wissens, der des Gegenstandes sowie dessen zweiseitiger Relation einerseits zum gegenständlichen Auffassen und andererseits zu dem gegebenen Stoff desselben. Dieses Verhältnis ist nicht in irgendeinem Sinne eine Einrichtung des Bewußtseins, sondern es ist in der inneren Beziehung des gegenständlichen Auffassens zur Art der Gegebenheit und Beschaffenheit des Gegebenen gegründet. So ist in dem empirischen Bewußtsein und den in ihm regelmäßig enthaltenen strukturellen Beziehungen die Antwort auf die Frage zu suchen, was wir unter dem Wissen auf den verschiedenen Gebieten, unter Wahrnehmung, Gegenstand, Stoff des Auffassens etc. meinen. Dann erst kann die Frage beantwortet werden, wie Wissen in diesen Relationen möglich sei. Worin hat nun unser Wissen von den strukturellen Beziehungen seinen Rechtsgrund? Die einfache Berufung auf die Selbstbeobachtung reicht hier nicht aus, denn auch hierin ist diese Frage der Grundfrage Kants verwandt, daß wir genötigt werden, von gegebenem Wissen zu dessen Bedingungen zurückzugehen. In der Sprache, dem Verständnis anderer Personen, der Literatur mit den Äußerungen der Dichter oder der Historiker tritt uns überall ein Wissen von den regelmäßigen inneren Beziehungen entgegen, um die es sich handelt. Ich habe Kummer über etwas, ich habe Lust etwas zu tun, ich wünsche das Eintreten eines Ereignisses. Diese und hundert ähnliche Wendungen der Sprache enthalten solche inneren Beziehungen. Ich drücke in diesen Worten einen inneren Zustand aus, ohne mich über ihn zu besinnen. Immer ist es die … [Text bricht ab]
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B. Strukturlehre und Theorie des Wissens
2. Die Auffassung des psychischen Strukturzusammenhanges Jeder Versuch dieser Art hat mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zunächst gehen solche aus dem Verhältnis des Erlebnisses zum sprachlichen Ausdruck auf diesem Gebiet hervor. Die Reflexion über das Erlebnis ist auf abstrakte Ausdrücke wie Beziehung, Bestandteile, Verhalten, Struktur angewiesen, welche nicht unmittelbar an diesen Erlebnissen sich gebildet haben. Die Reflexion trennt und fügt in Abstraktionen zusammen und so besteht zwischen ihrem Verfahren und der Natur der inneren psychischen Bezüge ein gewisses Mißverhältnis.313 Immer muß der gute Wille des Lesers hinzukommen, um auf Grund der unzureichenden Ausdrücke den inneren Vorgang in sich zu erzeugen und zu distinktem Bewußtsein zu erheben. Und es zeigt sich oft, daß verschiedene Beschreibungen nur in verschiedenen Ausdrucksweisen dieselbe Auffassung des Erlebten aussprechen wollen. So können nur allmählich im Verlauf der Entwickelung einer streng deskriptiven Psychologie die Begriffe und Namen gebildet werden und im allgemeinen Gebrauch zur Geltung gelangen, deren dieselbe bedarf. Und wir sind noch weit von dem Ziel einer festen Terminologie in dieser so jungen Wissenschaft entfernt. Größere Schwierigkeiten liegen in den Grenzen unseres Auffassens psychischer Vorgänge. Die Aufgabe der Deskription hat ihre feste Grundlage im Erlebnis.314 Unter Erlebnis wird hier zunächst der Lebensbefund verstanden, wie er in dem Zeitverlauf des Auffassens als gegenwärtig bemerkt wird. Da der Lebensverlauf aus Vorgängen besteht, und auch die Auffassung Zeit braucht, so umfaßt das Erlebnis mit der fortrückenden Gegenwart auch Vergangenes. Die nächste Aufgabe ist nun, daß die Erlebnisse ohne jeden Zusatz beschrieben werden. Dann bietet diese Beschreibung ein sich auf unmittelbare Gegebenheiten beziehendes adäquates Wissen. Aber die Beschreibung, welche sich auf diesen Lebensbefund einschränkte, würde einen spärlichen Ertrag ergeben. Ich kann als Wollender so in das Gegenständliche vertieft sein, das ich zu erwirken strebe, daß das Bewußtsein dieses Strebens zurücktritt. Und doch habe ich ein Wissen von meinem Wollen. Es kann also in dem Lebensstande (status conscientiae) mehr enthalten sein als ich erlebend auffasse. Jeder weiß, welches Verhalten in dem sprachlichen Ausdruck enthalten ist: ich freue mich über etwas oder etwas macht mir Schmerz. Und doch brauche ich erlebend dieses Verhalten nicht zu bemerken. Hier entsteht nun ein zweiter und tieferer Begriff von Erlebnis. Es bezeichnet nun auch dasjenige in dem Lebensstande, das mein Wissen von demselben begründet. Zunächst kann dieses Mehr daran aufgezeigt werden, daß die Reflexion über mein Erlebnis, die Vergleichung verschiedener Erlebnisse Momente als in ihm
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enthalten mir deutlich macht, die in dem Erlebnisvorgang selbst nicht als in ihm enthalten von mir bemerkt wurden. Insbesondere können so strukturelle Beziehungen durch Reflexion aufgefunden werden. Aber hiermit sind wir nun schon an der Grenze der Deskription angelangt. Sie konstatiert ein solches über den Lebensbefund momentanen Auffassens hinausgehendes Wissen, das im Erleben gründet; sie weiß weder, wie das zugeht, noch in welchem Umfang es stattfindet. Sie muß sich auch immer die Selbsttäuschungen, denen gerade der durch Psychologie Hindurchgegangene unterliegen kann, gegenwärtig halten. Ich will das Problem nur an zwei Beispielen erläutern. Ich gehe von einem noch verhältnismäßig einfachen Falle aus. Ich nehme einen Gegenstand wahr. In diesem Vorgang ist durch den Prozeß der Apperzeption das im Empfindungskomplex, sozusagen in der reinen Perzeption oder der bloßen Rezeptivität der Sinne Geleistete auf den Gegenstand bezogen.315 Hier wirken Reproduktionen und elementare logische Operationen, ohne daß ein Bewußtsein derselben entstanden wäre. Zugleich ist in dem Prozeß eine Beziehung auf den Gegenstand enthalten, und erst diese macht die Wahrnehmung zu einer strukturellen Einheit. Die Annahme eines Prozesses, in welchem der räumlich geformte Empfindungskomplex durch die angegebenen psychischen Vorgänge zur gegenständlichen Auffassung erhoben wird, beruht auf der Vergleichung physiologischer Leistungen mit dem psychischen Produkt, auf dem Studium der Prozesse. Eine Tatsache, welche diesem hypothetischen Begriff von Empfindungskomplexen verwandt ist, finde ich nach meinen Erfahrungen in denjenigen Sinnesphantasmen, in denen eine Farbe ohne Beziehung auf einen Gegenstand auftritt. Von allem, was hiernach bei der Apperzeption vorgeht, wissen wir weder erlebend noch durch nachträgliche Reflexion auf das Erlebte, sondern nur durch wissenschaftliche Schlüsse aus den Tatsachen. Mit einer Ausnahme, die sehr belehrend ist: Die Beziehung auf den Gegenstand, welche die reguläre Wahrnehmung konstituiert, braucht in ihr nicht ausdrücklich zum Bewußtsein zu kommen, und dennoch unterscheidet sich diese Beziehung von den andern in der Apperzeption hinzutretenden Prozessen, sofern wir in der Reflexion von ihr ein Wissen haben. Wenn wir diese Beziehung uns in der Reflexion über das, was unsre Wahrnehmung eigentlich enthält, zum Bewußtsein bringen, so scheinen wir nur etwas in unsrem Aktverhalten Enthaltenes uns durch Zergliederung deutlich zu machen. Oder ein anderer Fall. Wortbilder sind der Ausdruck eines Inhaltlichen; sie sind nicht nur Zeichen, welche auf dessen Anwesenheit hindeuten, sondern sie bedeuten diese Inhaltlichkeit. Diese Beziehung des Bedeutens ist ein strukturelles Verhältnis zwischen Wortbild und dem, was es ausdrücken soll. Aber
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B. Strukturlehre und Theorie des Wissens
diese Beziehung ist nicht in jedem Wortbild während des Lesens merklich vorhanden. Und erst wenn wir das vorübereilende Wortbild festhalten und die in ihm sachgemäß enthaltene Beziehung uns zum Bewußtsein bringen, tritt nun an jedem Wortbild in der Reflexion hervor, daß es ein Inhaltliches bedeutet. Ich führe diese Beispiele nur an, um das Problem zu verdeutlichen, das in ihnen enthalten ist. Unser Wissen von diesen strukturellen Beziehungen, sonach von strukturellem Zusammenhang, ist Tatsache. Aber an sich kann ein solches Wissen ebenso als aus einem Bewußtmachen des im Erlebnis Enthaltenen in der Zergliederung der Sachverhalte selbst gegründet sein. Und nur die Analyse der einzelnen Fälle kann hierüber eine weniger oder mehr sichere Entscheidung herbeiführen. Darin liegt dann schließlich das letzte und freilich auch das am meisten äußerliche Hilfsmittel der Feststellung struktureller Beziehungen. Sie können an dem Sachverhalt selbst festgestellt werden. Denn in Bezug auf die Feststellungen der inneren Beziehungen zwischen verschiedenen Erlebnissen innerhalb derselben Verhaltungsweise sind wir doch ganz überwiegend auf die Reflexion über den Sachverhalt und die Zergliederung desselben angewiesen.
3. *Das Erlebnis und die denkende Auffassung desselben316 In diesem Vorgang entsteht sonach die Anschauung des psychischen Zusammenhangs. Diese wird Gegenstand des Auffassens. Das Erlebnis ist jetzt auf den psychischen Zusammenhang bezogen, dessen Teil es ist. Es ist nun für das zusammenfassende Bewußtsein ein Teil unter anderen Teilen, die einen Zusammenhang ausmachen. Aber die besondere Natur des psychischen Gegenstandes wird nicht erschöpft durch das Verhältnis des Einzelerlebnisses als eines Teils zum Ganzen als einem psychischen Zusammenhang. Der Sachverhalt der Struktur, der in einem bestimmten Verhalten gegründeten Struktureinheit des Erlebnisses, der strukturellen Beziehungen der Erlebnisse aufeinander, endlich der Strukturbeziehungen der Verhaltungsweisen zueinander ist das Begründende in der Bildung der Anschauung des psychischen Zusammenhangs. Denn wenn wir uns fragen, was gemeint sei, wenn wir von ihm sprechen, so ist es im Unterschied von einer Summe oder auch einem Inbegriff von Teilen, die ein Ganzes ausmachen, eine durch übergreifende und alle Glieder verbindende Beziehungen konstituierte Einheit des Seelenlebens. Der psychische Zusammenhang ist partiell transzendent, sofern ja immer das Erlebnis in demselben mitenthalten ist, und transzendent ist er auch als partiell nur für das erlebende Bewußtsein.
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Nur vermittelst einer Abstraktion trennten wir bisher das Auffassen des Erlebnisses mittelst der elementaren logischen Operationen vom diskursiven Denken. Denn in den Vorgängen, welche das Ausschöpfen des Erlebnisses zu realisieren haben und zur Konstituierung des psychischen Zusammenhangs als eines Gegenstands führen, sind Bezeichnung, Begriffsbildung und Urteil enthalten. Die definitive Festigkeit des Gegenstandes wird erst in der Setzung durch Urteile erreicht. Sonach ist die andere Seite des Vorgangs, in welchem psychischer Zusammenhang als Gegenstand erfaßt wird, der Fortgang zu Auffassungen des Erlebnisses, welche das in ihm Enthaltene zu angemessenerem, festerem, gründlicherem Ausdruck bringen. Und auch hier entsteht nun das Doppelverhältnis der adäquaten Repräsentation der Erlebnisse und zugleich der Transzendenz, die im Auffassen entsteht. Das Urteil meint das Erlebnis. Es ist ein durch die Natur der Zeichen bedingter repräsentativer Zusammenhang, der sich auf das Erlebnis bezieht. In demselben sind immer Momente enthalten, welche Wesensbestimmungen über Psychisches ausdrücken. Schon die einfache Aussage über ein Erlebnis, daß dies Leiden unerträglich sei, enthält zwei solche Wesensbestimmungen, welche das Einzelerlebnis überschreiten und als solche von diesem Erlebnis unabhängig vor mir dastehen. Das, was im Urteil gemeint ist, ist sonach ein Sachverhalt, der dem Erlebnis transzendent ist und in der Weise der Wesensbestimmung oder der Beziehung von Wesensbestimmungen auf einen psychischen Zusammenhang hinweist. Und diese Wesensbestimmungen sind auf Erlebnisse durch Äquation rückführbar. Sie tendieren nur, dieselben zu erschöpfen, zu deutlichem Bewußtsein zu bringen, zusammenzufassen. Der Gegenstand des Auffassens, das in Erlebnissen gegründet ist, das Seelenleben oder das Subjekt, wird nun durch verschiedene Richtungen der Begriffsbildung zur Repräsentation gebracht. Jede dieser Richtungen ist in der Natur dieses Gegenstandes und der Art, wie er gegeben ist, fundiert. Die im Bewußtsein enthaltene Forderung eines objektiv gültigen Wissens und unbedingt wertvoller Zwecke führte die sokratische Schule auf die Bedingung eines dem Seelenleben einwohnenden Vernunftsubjektes zurück, als welches diese Forderung allein erfüllbar mache. Damit begann die Entwicklung der transzendentalen Psychologie. Anderseits setzen Menschenbeobachter, Dichter und Geschichtsschreiber ein menschliches Wesen zusammen aus Leistungsmöglichkeiten, die sie als Witz, Scharfsinn, Herrschsucht, Vaterlandsliebe, Egoismus, aus Tugenden und Lastern in gewissen Größenverhältnissen zusammenwirkend vorstellen. In dieser Richtung auf die Zusammensetzung des psychischen Gegenstandes aus Kräften entsteht weiter die Theorie von seelischen Funktionen da-
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B. Strukturlehre und Theorie des Wissens
durch, daß das teleologische Zusammenwirken der Kräfte zur Gesamtleistung des Seelenlebens als ein weiterer Sachverhalt am psychischen Zusammenhang zur Auffassung kommt. Diese psychologische Auffassungsweise hat sich in der deutschen psychologischen Schule entwickelt, und in Tetens und Kant hat sie ihre klassischen Repräsentanten gefunden. Bildet sich nun andererseits der Gedanke eines strengen ursächlichen Zusammenhangs der psychischen Vorgänge aus, werden die psychischen Veränderungen aus den Gleichförmigkeiten des psychischen Geschehens verständlich gemacht, so entsteht wieder eine andere Ordnung von psychologischen Begriffen. Oder man kann, wie hier versucht wird, den strukturellen Beziehungen nachgehen, in denen die Erlebnisse des entwickelten Seelenlebens zu einem inneren teleologischen Zusammenhang verbunden sind. Und neben all diesen Versuchen einer begrifflichen Auffassung des psychischen Zusammenhanges ist immer die religiöse Selbstbesinnung wirksam, welche begriffliche Repräsentationen wohl benutzt, aber immer einem Geheimnisvollen im Seelenleben nachgeht, in welchem dasselbe zum Göttlichen in realen Bezügen steht. Die innere Erfahrung, der Umgang mit Gott, die Umkehr aus der Egoität sind die konstituierenden Erlebnisse für diese Auffassung des Lebensverlaufs und diese Vergegenständlichung der inneren Welt. Jede dieser Vergegenständlichungen des Erlebnisses erfaßt eine Seite der psychischen Wirklichkeit. Hat doch jede derselben immer wieder ganzen Epochen ermöglicht, die erlebte psychische Realität auszusprechen in Begriffen und vermittels dieser Begriffe eine angemessene Einwirkung auf diese Realität zu gewinnen. Fassen wir nun das Verhältnis von Erleben und Auffassen psychischer Gegenstände zusammen. Aufmerksamkeit auf einen psychischen Tatbestand, Beobachtung desselben, Auffassen dieses Tatbestandes im psychischen Zusammenhang, Urteile über das Aufgefaßte und schließlich systematische Einheit des Wissens vom psychischen Zusammenhang – diese verschiedenen Arten von Auffassen drücken alle Realität aus, sofern sie mit den Erlebnissen zur Deckung gebracht werden können.317 Denn überall haben wir es hier nur mit Repräsentationen des Erlebten zu tun. Ebenso bezeichnet der Begriff des psychischen Zusammenhangs eine Realität, sofern die Repräsentationen, durch die er hergestellt wird, im Erleben auf zweifellose Weise enthalten sind. Zwar stimmt das Auffassen, das im Erleben gegründet ist, mit dem, das im sinnlichen Anschauen fundiert ist, darin überein, daß es die Beziehung auf einen Gegenstand enthält: Es unterscheidet sich aber von ihm durch ein für die Theorie und Methode des Wissens auf diesem Gebiet bestimmendes Moment. Bestandteile, Regelmäßigkeiten, Verhaltungsweisen, innere strukturelle Beziehungen sind im Erleben selbst enthalten. Das Auffassen des psychischen Zusammenhangs ist ebenso eine unendliche Auf-
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gabe als das der äußeren Objekte. Aber sie besteht nur darin, das in den Erlebnissen Enthaltene ihnen abzugewinnen. So wird die Realität des psychischen Gegenstandes zugleich immer besessen und immer begrifflich zu explizieren versucht. Der Vorgang des Auffassens enthält immer die beiden Momente in sich, die in der Identifizierung des Begrifflichen und Urteilsmäßigen mit den Erlebnissen gegründete Befriedigung und das Ungenügen, die Erlebnisse nicht ausschöpfen zu können.318 Entsprechend liegen die Fehler der psychischen Auffassung vor allem in der Illusion, in einer bestimmten Richtung der Begriffsbildung dem ganzen Gehalt der Erlebnisse genugtun zu können. Diese Lehre von der Struktur wirft ihr Licht auf alle Hauptpunkte dieses Kapitels und über sie hinaus. Das für die Logik der Geisteswissenschaften entscheidende Problem wird nun sichtbar:319 Wie verhält sich das Leben und Nacherleben hier zu dem begrifflichen Denken? Leben und Nacherleben bilden Grundlage und beständigen Untergrund der logischen Operationen; aber dem Verstand sind die Leidenschaften, das Opfer, die Hingabe des Selbst an die Objektivität undurchdringlich: Nie kann Erleben in Begriffe aufgelöst werden, dagegen begleiten seine dunklen tiefen Töne, wenn auch nur leise, alles begriffliche Denken in den Geisteswissenschaften. Dagegen sind die Stufen des Bewußtseins gleichsam die Technik der Struktur, durch verschiedene Gebilde hindurch zur Herrschaft des Geistes über sich und die Welt zu gelangen. Die Stufen sind dieselben im psychischen Zusammenhang und in der Sphäre des gegenständlichen Auffassens, das jenem sich zuwendet. Hier durchschaut das Denken seinen Gegenstand. Der Intellektualismus hat darin die Wurzeln seiner Kraft. Er läßt in der Aufklärung jenes Undurchdringliche als einen niederen Bodensatz des Lebens zurück, und er hat dann in Hegel unternommen, das Lebendige aufzulösen in das Begriffliche und durch neue Mittel eines begrifflichen Zusammenhangs nachzubilden. Immer ruft aber dieser Intellektualismus die Reaktion des starken Lebens, das in unfaßlicher Unmittelbarkeit seine Kraft fühlt, hervor – gegenüber der Aufklärung von Rousseau ab, Hegel gegenüber in Schelling wie in Feuerbach. Dies Problem vom Verhältnis des Lebens zum logischen Denken wird uns von nun ab immer sichtbar bleiben. Es wird deutlicher, wenn wir nun zum Strukturzusammenhang innerhalb des gegenständlichen Auffassens und von da zur Spezifikation dieses Verhaltens in Natur- und Geisteswissenschaften übergehen.
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4. Lehre von den Weltanschauungen320 [1.] In den Eigenschaften des strukturellen Zusammenhanges sind Selbigkeit, Wirken, Leiden, Ganzes, Wesen und Zweck gegeben. Aus ihnen werden an der Außenwelt Substanz und Kausalität abgeleitet. Sie sind die konstitutiven Prinzipien der Metaphysik. Diese beruht auf ihrer ungerechtfertigten Ausbreitung. Allgemeines Prinzip aller Metaphysik: Die allgemeine Theorie oder Erkenntnis der Wirklichkeit entsteht durch die Umsetzung des empirischen Bewußtseins in ein System von Wirklichkeitsaussagen, in welchem das Bewußtsein selbst dem Wirklichkeitszusammenhang untergeordnet wurde. Die Metaphysik entsteht nun, indem die realen Kategorien, welche im empirischen Bewußtsein lokalisiert sind, zu Weltkategorien werden. Anders ausgedrückt: Lebensverhältnisse werden in Weltverhältnisse umgewandelt. Dies setzt aber voraus, daß dasjenige, was im Lebenszusammenhang nur in der Relation zu Erkennen, Gefühl und Handlung Geltung hat, unbedingt gesetzt wird. In diesem Fortgang von der relativen Gültigkeit der realen Kategorien zu ihrer unbedingten universalen Anwendung liegt die Wurzel der Metaphysik. Wert, Zweck, Kausalgesetz werden als Weltverhältnisse von unbedingter Geltung aufgefaßt. 2. Wie entsteht diese Umkehrung des Bewußtseins, die Lebensbegriffe in Weltbegriffe umsetzt? Kant hat richtig die Wurzel der Metaphysik in der Tendenz zum Unbedingten gesehen. Er leitet es nur aus dem Fortgang des Verstandes in der Linie von Raum, Zeit und Kausalität ab. Dies ist nur eine Seite der Sache. Wenn die Umkehrung in Wirklichkeitsurteile vollzogen ist, sonach jede Wertgebung und Zwecksetzung eingeschachtelt gleichsam ist und untergeordnet im Zusammenhang der Wirklichkeit, so entsteht das System der positiven Wissenschaften, die von der Naturerkenntnis aus Gesetzmäßigkeiten nachgehen.321 Im Überwiegen der Naturmasse und Naturkraft ist gegründet, daß aus der Ausbreitung des positiven Systems der Naturalismus und seine Einschränkung im Positivismus entspringt. Die Reaktion gegen dieses System ist jede Art von Idealismus. Würde der Mensch diese Umkehrung aufheben und sich in seine natürliche Lage auf seine beiden Füßen zurückbegeben, sodann322 entstünde keine idealistische Metaphysik, sondern die gesunde Lebendigkeit des Menschen würde
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sich geltend machen. Nach dieser fühlte er in seinen eigenen Lebenswerten, wenn er durch das Tor der inneren Wahrnehmung in die Tiefen der Realität eindringt, die Geltung der Wertbestimmung. Indem er vermittelst des Verstehens zum Selbstwert in andern vordringt, erhebt er sich zu der gesunden unzweifelhaften, aber freilich ganz unmetaphysischen Einsicht, wie überall Selbstwerte auftreten, welche Anerkennung fordern, gegenseitige Bindung zur Folge haben, wodurch dann ein moralischer Zusammenhang der Personen entsteht. Und wie diese handeln, finden sie sich genötigt, auf einen Zusammenhang der Dinge zu rechnen, in welchem Arbeit ein Ziel im Ganzen hat. Dies wird aber auf das Tiefste bestätigt durch die Erfahrung, daß Glück nur in der Hingabe an den Zusammenhang der Werte, an die kleinen und großen Objektivitäten von der Familie bis zum menschlichen Geschlecht besteht, in denen Werte sich realisieren.323
5. Die Auffassung der Natur des Menschen geht vom Gemeinsamen zu den verschiedenen Repräsentationen durch Allgemeinbegriffe324 [1.] Anfang: Die Lebenseinheit Die Lebenseinheit ist der analytische Bestandteil, der in allen geisteswissenschaftlichen Zusammenhängen enthalten ist oder die Voraussetzung desselben bildet. An ihr tritt überall das Leben, dies Wort im geisteswissenschaftlichen Sinn genommen, auf. Und dieses ist die Grundtatsache, von der die Geisteswissenschaften ausgehen und von der aus dann auch die allgemeine Erkenntnistheorie entworfen werden kann. Wir sahen, wie im logischen Fortgang aus dem Erlebnis der Lebensverlauf gewonnen wird, in dem sich die Lebenseinheit manifestiert. Wir sahen ferner, wie Lebenseinheit und Lebensverlauf als Zusammenhang gegeben sind. Und da nun vom Verstehen die Gemeinsamkeit des Zusammenhangs in den verschiedenen verstandenen Lebenseinheiten im Fortschreiten von einer zu anderen erfahren wird und zugleich das Gemeinsame sich absondert, so entstehen zunächst allgemein gedachte Zusammenhänge. Dies führt dann zu der systematischen Begriffsbildung, die wir als Psychologie bezeichnen. Diese ist unter verschiedenen Gesichtspunkten entworfen worden. Auf der Lebenserfahrung selber beruht das Entwerfen von Zusammenhängen, welche konkrete Reihen aus dem Lebensverlauf herausheben. Die Verbindung ihrer Glieder liegt in den Beziehungen des Erwirkens. Jede Lebenserfahrung ist eine solche Reihe, und die ganze urmächtige Literatur,
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welche die Erfahrungen des Lebens ausnutzen will, beruht auf den beiden Verfahrungsweisen: Aufsuchung solcher Wirkungszusammenhänge, oder Darstellung der verschiedenen Typen, in denen sie eine besondere Form annehmen. Endlich Zurückführung von Wirkungszusammenhängen auf ein letztes Erklärungsprinzip.
2. So werden Leidenschaften, Charaktere, Ableitung aus dem Egoismus etc. oder andere zu solchen Gegenständen. Der Gesichtspunkt der Darstellung geht vom Streben, Resultate des Lebens niederzulegen, bis zu dem Bewußtsein, daß, wie doch der Mensch das Wunderbarste in der Welt sei, sich selber ein Geheimnis ist, das nie sich ihm ganz auflöst.325 Da jede Aufstellung solcher Zusammenhänge zum Ganzen fortzieht, ist ein wissenschaftliches Ganzes, das den Inhalt unserer Seele selbst ordnete und nach seinen Zusammenhängen auffaßte, beständig im Werden begriffen. Eine solche Wissenschaft könnte als konkrete Psychologie bezeichnet werden. Ich habe sie als Anthropologie zu charakterisieren versucht.326 Zusammenhänge, denen sie nachgeht, sind die konkreten Tatsachen der Ausbildung der Leidenschaften der Seele und ihrer Auflösung in der Illusion, Gewohnheit und ihre Macht, die Unbefriedigung über das Leben und die religiöse Hinwendung zum Übersinnlichen, Liebe, Freundschaft, Schicksal, Resignation. Die Zergliederung dieser Zusammenhänge in der erklärenden Psychologie327 kann dem, der das Leben verstehen will, wenig helfen, zudem würde die Erklärung hier ebenfalls eine inhaltliche sein müssen, und eben die Ableitung aus Selbsterhaltung, aus einem transzendentalen Zug etc. ist eigentlich das, was wir von dem fordern, bei dem suchen, der uns das Leben verständlich machen soll. Zugleich aber ist deutlich, daß dieser geheimnisvolle Weg nach innen ins Unerforschliche führt. Auch die Geschichte bedient sich dieser anthropologischen Zusammenhänge, wo sie in das Innere des Menschen hineinblickt. Analysen der Zusammensetzung, der Liebe, der Freundschaft, des Gehorsams, des Herrschaftswillens treffen sofort auf die dunklen Fragen von Trieb, Gefühl. Und sie werden auch wenig dem Historiker nützen, da er einen Zusammenhang des Seelenlebens nach seinem Inhalte zu seiner Voraussetzung hat.
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3. Erfaßt man nun die Einzelbestimmtheiten des Lebens durch Klassen wie Fühlen, Wollen, Wert, Zweck, Gegebenheit, Nachbildung desselben in der Erinnerung, Repräsentation, so kann nun diese Betrachtungsweise wirklich durchgeführt werden (Strukturpsychologie).
6. Die verschiedenen Arten von Denken. Die Verbindung zwischen ihnen und dem Lebenszusammenhang als Aufgabe328 I. Die philosophische Grundlegung und ihr Verhältnis zu einer Grundlegung der Geisteswissenschaften [1.] In jeder Sphäre unseres geistigen Lebens entsteht die Forderung eines gültigen Wissens. Denn das Leben geht zwar allem methodischen Denken als das Erste und Wichtigste vorauf, aber es wird in jeder seiner Leistungen erst seiner selbst sicher, indem es sie durch ein gültiges Wissen regelt. So überschreitet der Mensch das naive Bewußtsein über eine gegenständliche Wirklichkeit und deren Beschaffenheiten. Er bringt eine wissenschaftliche Erkenntnis hervor, die aus dem in den Sinnen Gegebenen eine gegenständliche Ordnung nach Gesetzen ableitet. Und schließlich untersucht die Erkenntniskritik auch deren Recht auf Gültigkeit. Die Lebenswerte, die im Gefühl auftreten, werden der wissenschaftlichen Reflexion unterworfen, und diese strebt zunächst ein gültiges Wissen über diese Werte hervorzubringen. Auch die Zwecke, die der Wille sich setzt, und die Regeln, an die er sich gebunden findet, werden Gegenstand der wissenschaftlichen Reflexion, und diese sucht schließlich, eine Formel des höchsten Gutes und allgemeingültige Normen aufzustellen. Überall führt das Leben zur Reflexion über das, was in ihm gesetzt ist, und die Reflexion führt zum Zweifel. Und soll das Leben sich behaupten dem Zweifel gegenüber, so kann die Reflexion erst endigen in gültigem Wissen. Hierauf beruht der Einfluß des Denkens in allen Sphären des Lebens. Immer wieder bekämpft, setzt sich dieser Einfluß des Denkens sonach siegreich durch; entspringt er doch aus der inneren Notwendigkeit, in dem unsteten Wechsel der Sinneswahrnehmungen, Gefühle und Begierden, ein Festes zu statuieren, das stetige und einheitliche Lebensführung ermöglicht.
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Dieser große Prozeß kann in jeder Geschichte einer höheren Zivilisation aufgewiesen werden. Zumal die neuere Zeit, welche mit Bewußtsein alles bloß Autoritative abgeschüttelt hat, muß versuchen, durch den Standpunkt der Reflexion und des Zweifels hindurch zu einem gültigen Wissen über die Tatsächlichkeiten, Werte und Regeln des Lebens zu gelangen. Diese Arbeit wird in allen Formen von wissenschaftlichem Nachdenken vollbracht. Schließlich aber ist es die Funktion der Philosophie, diese wissenschaftliche Besinnung über das Leben zusammenfassend, verallgemeinernd und begründend zu vollenden. So entsteht ein zusammengesetztes Verhältnis zwischen dem Leben und dem Denken. Das Leben in seinem unablässigen und unstetigen Fluß bringt Realitäten aller Art beständig hervor. Mannigfaltig Gegebenes wird von dem Meere um uns her an die Küste unseres kleinen Ich gespült. Werte aller Art werden in diesem genossen, erprobt und geschätzt. Der Wille setzt Zwecke. Zweckzusammenhänge entstehen, welche durch die ganze Gesellschaft hindurchgehen und jedes Glied derselben umfassen und bestimmen. Gesetze, Verordnungen, Religionsvorschriften wirken als zwingende Mächte und bestimmen den einzelnen. Das eintönige Geschäft des Denkens ist, die Beziehungen, welche in uns, unserem Bewußtsein zwischen diesen Realitäten bestehen, aufzufassen. Es verknüpft die Eindrücke, die es als Zeichen identischer Gegenstände und gegenständlicher Ordnung auffaßt, es schätzt Werte, es hält Zwecke aneinander und ermöglicht die Wahl zwischen ihnen. Überall ist es nur das Licht, das Realitäten erleuchtet. Eine Kraft, in ihre Fugen gleichsam einzudringen, zu zersetzen und zusammenzufügen. Ein Inbegriff von Mitteln, das singulare Vorfindliche in Zusammenhang zu bringen, zu dem notwendig Allgemeinen zu erheben. Und wenn es so die Macht hat, Leben zu verstehen und zu regulieren, so sind es doch in Wirklichkeit die Realitäten desselben, in welche es nur sein Licht hineinwirft. Hieraus folgt dann die Funktion der Philosophie in dem Leben unseres Geschlechtes. Als höchste Energie bewußt zu machen, als Bewußtsein über jedes Bewußtsein und Wissen von allem Wissen, alles zusammenfassend und letzten Gründen zustrebend ist die Philosophie die systematische und architektonische Macht, die verschiedenen Arten des Wissens zu verknüpfen, die Energie, welche die Rechtsgründe jeder Setzung weiterverfolgt, den Schein überall auflöst, die Grenzen des Wissens bestimmt, zu den letzten Bedingungen des Bewußtseins vorwärtsdringt, die über alle Setzungen entscheiden; als philosophischer Geist ist sie überall gegenwärtig, wo sie bis dahin getrennte Arten von Wissen verknüpft und an den Konfinien der verschiedenen Wissenschaften neue Wahrheiten hervorbringt. Von diesem Grundproblem der Philosophie, der Frage nach der Gültigkeit jeder Art von Wissen, ist dann jeder Teil dersel-
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ben abhängig; von dieser Grundlegung ist das System der philosophischen Wissenschaften bestimmt, das die Erfahrungswissenschaften ergänzt durch die Untersuchung der Wahrheiten, Werte, Zweckbestimmungen und Regeln, zu denen sie gelangen, die Weltanschauungslehre, welche die Formen der Weltanschauung und den Weg des in diesem menschheitlichen [?] Ausdruck derselben enthaltenen Wissens untersucht, endlich die Anwendung von dem allen in der großen Frage von der Leitung des menschlichen Geschlechtes anstatt durch Traditionen durch die Macht gültiger Gedanken. 2. Aus dieser Funktion der Philosophie ergibt sich das Verhältnis zwischen diesem allgemeinen Wirken des philosophischen Geistes, der besonderen Aufgabe der Grundlegung des Wissens oder der Wissenschaftslehre und der noch spezielleren einer Grundlegung der Geisteswissenschaften. Wie die philosophische Grundlegung sich auf die Gültigkeit aller Klassen von Wissen bezieht, so bedürfen auch die Geisteswissenschaften einer soliden Ausdehnung der Untersuchung des Wissens. Sind sie es doch, in denen der Fortgang von der Festsetzung über Wirklichkeit zu Wertschätzung, Zweckbestimmung und Regelbildung angelegt ist. Ohne die Bestimmung von Werten im historischen Verlauf ist Historie nicht denkbar. Ohne die Feststellung von Zwecken und Normen, welche das Leben bestimmen sollen, verlieren Politik, Rechtswissenschaft und Ethik die ihnen eigene Kraft. Es sind nicht bloße Theorien über Güter, Zwecke und Regeln als Tatsachen der gesellschaftlichen Wirklichkeit, sondern die Theorie ist der Durchgangspunkt zu bewußter Regelung des Lebens durch Zwecke und Normen. Jede Art von Aussage und Wissen kann umgewandelt werden in Urteile über Wirklichkeit; aber die Geisteswissenschaften schreiten in ihrem tatsächlichen Bestande über dies rein theoretische Verhalten hinaus. So bedarf die Grundlegung der Geisteswissenschaften derselben Ausdehnung der Untersuchung auf alle Klassen von Wissen, die in der philosophischen Selbstbesinnung gelegen ist. 3. Die Methode, nach welcher die Grundlegung den höchst erreichbaren Grad von Sicherheit hat, ist nach der Übereinstimmung der meisten Forscher auf diesem Gebiete der Rückgang vom gegebenen Wissen zu den Bedingungen, an welche seine Gültigkeit geknüpft ist. Diese Analyse, welche die Theorie des Wissens vollzieht, ist von derjenigen unterschieden, welche die Psychologie übt. Der Psychologe untersucht die Gesetzlichkeit, nach welcher ein Urteil auftritt, mag es nun wahr oder falsch sein. Ja, dieser Gegensatz existiert unter
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seinem Gesichtspunkt so wenig, wenn er das Denken zergliedert, als der von Gut und Böse, wenn er das Wollen untersucht. Die Theorie des Wissens dagegen zergliedert das gegebene Wissen, um die Bedingungen festzustellen, an welche seine Gültigkeit gebunden ist. Ein solches Verfahren nötigt zunächst nicht zu hypothetischen Voraussetzungen, und ihre Anwendung selbst kann erst ergeben, ob sie einer Ergänzung bedarf.
II. Phänomenologie der Formen des Denkens und der Stufen seiner Ausbildung 1. Diese Zergliederung kann indes nur vollzogen werden auf Grund der Feststellung gewisser psychologischer Begriffe. Denn die Merkmale, die im Bezirk des Erkennens aufeinander bezogen sind, das Verhältnis des Denkens zu einem Gegebenen und anderseits zu Normen, unter denen seine Gültigkeit steht, können nicht ohne psychologische Vorbegriffe erörtert werden. Und versteht man die Theorie des Wissens in dem umfassenden Sinn, der auch das Wissen von Werten, Zwecken und Normen in sich begreift und sonach auch diese Arten des Wissens sich zum Problem macht, so mehrt sich die Zahl der psychologischen Vorbegriffe. So ist irgendein beschreibendes und zergliederndes Verfahren nicht zu entbehren, welches diese psychologischen Vorbegriffe erzeugt. Und wenn nun die folgende Theorie Erkennen der Wirklichkeit, Wertschätzungen, Zweckbestimmungen und Regeln umfaßt, so bedarf sie der psychologischen Vorbegriffe noch in anderer Hinsicht. Denn Wirklichkeit, Wert, Zweck, Norm haben ihren Zusammenhang nur in der seelischen Struktur. Aussagen über diese Struktur können in diesen Vorbegriffen nur die Phänomene beschreiben und zergliedern, wie sie im empirischen Bewußtsein sich darstellen. Hier findet sich das empirische Subjekt von dem Milieu bedingt, in welchem es lebt und wiederum rückwirkend auf dasselbe. Jeder psychische Vorgang ist in mir zu einer gegebenen Zeit aufgetreten und wird zu einer gegebenen Zeit wieder verschwinden, er hat einen Verlauf: Anfang, Mitte und Ende. Aber im Wechsel dieser Vorgänge besteht ein Zusammenhang. Dieser besteht in der Beziehung seelischer Leistungen aufeinander, durch welche die Lebenseinheit sich in ihrem Milieu in irgendeinem Sinne behauptet. Auch wer annimmt, daß kein Teil dieses Zusammenhanges, in welchem Wahrnehmungen Vorgänge in der Sphäre der Gefühle und Triebe auslösen und diese Vorgänge dann Zwecksetzungen zur Folge haben, erlebbar sei, sondern daß nur Einzelvorgänge in das Bewußtsein fallen, muß die Erfahrung
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der Regelmäßigkeit annehmen, mit welcher wir wie in einem inneren Experiment von Phantasievorstellungen aus Gefühle erzeugen und diese dann Willenshandlungen bestimmen, oder die bei der Abfolge sich zeigt, an welche unser Nacherleben fremder Zustände gebunden ist. Aber was so erfahren wird, ist nur die Beziehung von Leistungen zueinander, deren jede in sich zusammengesetzt ist. Nenne ich, was den Umfang meines Bewußtseins in einem gegebenen Zeitpunkt ausmacht einen Bewußtseinszustand (status conscientiae): so finden sich in einem solchen Querschnitt vielfach Vorstellung, Gefühl, Wollen miteinander verbunden. In dem seelischen Zustand, den wir nach dem vorherrschenden Faktor als Gefühlszustand bezeichnen, finden wir vielfach Vorstellungsinhalte, wie gering merklich sie auch seien; in dem Brennen einer Wunde ist als Bestandteil des Gefühlszustandes ein Empfindungsaggregat. Dann als ein anderer die Lokalisation des Schmerzes enthalten; in dem Kummer, den ein Verlust hervorgerufen hat, wird in der Regel noch eine Beziehung auf die Vorstellungsinhalte, die ihn angehen, enthalten sein. Trieb- und Willenshandlungen enthalten noch deutlicher Vorstellungen als ihnen untergeordnete Bestandteile. Ebenso sind Gefühlserregungen in den seelischen Zuständen des Erkennens wie des Wollens oftmals bemerkbar; so oft eine einfache starke Empfindung in den Mittelpunkt unsrer Aufmerksamkeit eintritt, entsteht eine leise Gefühlsfärbung des seelischen Zustandes; dann entstehen aus dem Verhältnis der Vorstellungen zueinander Gefühle wie die der Konsonanz oder Dissonanz, und auch unsre Denkvorgänge sind von Gefühlen des Gelingens oder der Stockung begleitet. Und wie wir nun auch das seelische Phänomen bezeichnen mögen, das als Streben oder Intention innerlich wahrgenommen wird und eine Veränderung in uns oder außer uns herbeiführt, welche auch seine Komponenten oder Bedingungen sein mögen, wir finden es auch in dem Gebiet der Erkenntnisvorgänge wieder als Aufmerksamkeit oder als Wissen-wollen. So darf die Grundstruktur des Seelenlebens nur als eine Beziehung von Leistungen gedacht werden, welche in sich wieder zusammengesetzt sind. Eine solche Beziehung trägt wie der Begriff des Zusammenwirkens von Funktionen in einem Organismus einen immanent-teleologischen Charakter. Der Begriff des Strukturzusammenhanges enthält also weder eine Aussage über die Bedingungen, an welche etwa regelmäßig das Auftreten eines Gefühls geknüpft wäre, noch darf er als eine Klassifikation der seelischen Erscheinungen aufgefaßt werden. Es ist für ihn und die Einordnung der einzelnen Bewußtseinszustände in denselben ganz gleichgültig, welche Anordnung psychischer Phänomene vorgezogen werden mag; man mag die seelischen Zustände von Gefühl, Trieb und Wille als eine einzige Klasse den Vorgängen von Wahrnehmen-Erkennen nebenordnen, oder die Aufgabe einer
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Anordnung der seelischen Zustände auf irgendeine andre Art auflösen: die Struktur als eine immanent-teleologische Beziehung von Leistungen hat mit diesen Klassifikationen nichts zu tun. Der Begriff umfaßt die Bestandteile der einzelnen Leistungen und deren Beziehungen zueinander in ihrer besonderen Struktur und dann die Beziehungen der Leistungen untereinander und zum Leben des Ganzen, wie es durch dessen Verhältnisse zum Milieu bedingt ist, in dem es sich zu erhalten, zu entwickeln, sich auszuleben, Fülle des Daseins und Vollkommenheiten aller Art zu gewinnen strebt. Ausdrücke, die nur ein in den Erlebnissen in den Bezirken der Gefühls- und Triebsphäre Enthaltenes annäherungsweise vorläufig bezeichnen. Die objektive Bezeichnung dafür ist der Inbegriff der immanenten Lebenswerte. Die Erkenntnis der äußeren und inneren Welt steht auf jeder ihrer Stufen von den verworrenen Eindrücken ab in dem Dienst dieser Erlebnisse von Lebenswerten, die dann ihrerseits ebenfalls verschiedene Stufen durchlaufen. Und dieselben rufen dann innere und äußere Handlungen hervor, welche auf ihre Realisierung in dem Milieu sich richten. Wenn Gefühl und Trieb in dieser Sphäre der Wertbildung verbunden werden, so besagt dies nichts über die genetischen Verhältnisse auf diesem Gebiete: Es geschieht, weil in ihnen die Momente enthalten sind, von denen die innere Ordnung der Wertbestimmungen abhängig ist. Sonach bezeichnet Struktur nicht eine Sonderung und Anordnung seelischer Kräfte oder Vermögen, sondern eine Beziehung seelischer Leistungen.329 Etwas sehr Einfaches, wenn man will Selbstverständliches, das nur dadurch von Nutzen ist, daß seine Verwertung für Beschreibung und Zergliederung des Seelenlebens einen Zusammenhang psychologischer Vorbegriffe für die Wissenschaftslehre ermöglicht, der keinem Bedenken ausgesetzt ist. Indem in diesen Zusammenhang Regelmäßigkeiten der Abfolge von geringerer Allgemeinheit eingetragen werden, entsteht eine Beschreibung des Zusammenhangs unsrer seelischen Struktur, in welcher alle psychologischen Vorbegriffe der Theorie des Wissens ihren Ort finden. In dieser Struktur unsres Seelenlebens ist uns nun die Verbindung gegeben, die für uns zwischen Wirklichkeit, Wert, Zweck und Regel besteht. Keine Beziehung zwischen diesen Begriffen ist auffindbar als [die,] die in dem Rückgang auf diese Struktur entsteht. So oft der Metaphysiker im Weltzusammenhang Wirklichkeit, Wert und Zweck in Beziehung zu setzen unternimmt, ist das nur eine Projektion des so gegebenen Zusammenhangs des Seelenlebens inmitten seines Milieus. So liegen hier notwendige Vorbegriffe, welche die verschiedenen Arten des Wissens, welche den Gegenstand der Theorie des Wissens ausmachen, zueinander in Beziehung setzen.
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2. Die Zweckmäßigkeit, die im Seelenleben waltet, ist eine demselben einwohnende Eigenschaft des Zusammenhangs seiner Leistungen in dem Verhältnis zum Milieu. Sie ist der Struktur des Seelenlebens immanent. Und dieser immanent-teleologische Charakter der Struktur zu ihrem Milieu ist nun die Bedingung der Entwickelung. Denn jede zweckmäßige Ausbildung von Vorstellungen oder Begriffen, jede bessere Anpassung der Bewegungen an die Willensbestimmungen, jede Eingliederung passender Verbindungen von Mitteln und Zwecken steigert die Ausbildung von Lebenswerten; so werden von der Sphäre des Gefühls- und Trieblebens aus Differenzierung und Zusammensetzung zu höheren Leistungen herbeigeführt, und eben dies ist, was wir als Entwickelung bezeichnen. Die Struktur des Seelenlebens erstreckt sich gleichsam durch die Breite der in ihm stattfindenden Beziehungen der Leistungen zum Leben des Ganzen; die Entwickelung des Seelenlebens dehnt sich in seine Länge aus. 3. Die Theorie des Wissens, wie es in der Sphäre der Erkenntnis von Wirklichkeit, in der andren der Wertbestimmungen und endlich in der von Zwecksetzungen und Regelgebungen auftritt, setzt nun weiter psychologische Vorbegriffe voraus, welche in jeder dieser Leistungen Bestandteile, Beziehungen feststellen und in fester Terminologie bezeichnen sowie die Momente erfassen, an welche die Entwickelung zu einem gültigen Wissen an ihnen gebunden ist. Die Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis, der Wertgebung und endlich der Zwecksetzung und Regelgebung umfaßt das für die Theorie dieser Formen des Wissens Notwendige und einwandfrei durch Beschreibung und Zergliederung Feststellbare. 4. Die Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis ist am weitesten fortgeschritten. Denn hier sind die Bestandteile und Beziehungen leichter zu unterscheiden. Ich verweise hier besonders auf die logischen Untersuchungen von Edmund Husserl und hebe nur einige für das folgende ganz unentbehrliche Momente hervor. Und zwar beschränke ich mich zunächst auf die in den Sinneswahrnehmungen gegebene Wirklichkeit. Die Aufgabe der Deskription hat ihren Ausgangspunkt im Erlebnis.330 Nur das, was gleichsam in einem Querschnitt des Bewußtseins – gleichsam auf der Messerscheide der Gegenwart sich vorfindet, bildet das Erlebnis. Nur, daß
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man sich gegenwärtig halten muß, daß wir Vorgänge erleben, sonach im Erlebnis immer ein Stück von solchen enthalten ist. Das gewöhnliche Bewußtsein nimmt es mit dem Ausdruck Erlebnis nicht so genau. Ich sage, daß ich die Herstellung der deutschen Einheit noch erlebt habe, dann verstehe ich hierunter, daß die Vorgänge der Wahrnehmung, des Mitfühlens, Begreifens, möglicherweise des Mithandelns in mir stattfanden, in denen die gegenständliche Lebenswirklichkeit, diese Vereinheitlichung Deutschlands, zu mir in Beziehung stand. Hier ist also zu diesen Vorgängen durch Ergänzung des in ihnen Enthaltenen ein in der Zeit bestehendes Ich und ein gegenständlicher großer Zusammenhang hinzugedacht: diese beiden waren so in den Vorgängen selbst nicht enthalten. Das Erlebnis, welches die psychologische Deskription zugrunde legt, ist dagegen die unbezweifelbare Tatsache, welche allem Wissen von Psychischem in irgendeinem Teil der Geisteswissenschaften zugrunde liegt. In ihm ist nichts von der Beziehung auf ein psychisches Individuum enthalten.331 Die Deskription weiß von einem Ich nur, sofern sie ein inneres Gefüge und einen Zusammenhang dieser Erlebnisse feststellt und versteht dann eben nichts als diesen strukturierten Zusammenhang unter dem Worte Ich.332 In jedem Erlebnis ist ein Inhalt gegenwärtig. Inhalt bezeichnet alles, was in irgendeinem übergreifenden Ganzen enthalten ist und aus ihm ausgesondert werden kann. Die Inhalte sind dem Erlebnis immanent. Sie haben ihr Sein in ihm. Das Erlebnis besteht nun weiter in einem Verhalten zu diesen Inhalten. Ich stelle vor, urteile, fürchte, hasse, begehre: immer ist es ein Was, auf welches dieses Verhalten sich bezieht. Und jedes Was, jede inhaltliche Bestimmtheit ist nur in einem solchen Verhalten da. Als ein Bestandteil jedes Erlebnisses kann dies Verhalten nicht durch Begriffe klar gemacht werden. Wenn ich aussage, ich gewahre die Sonne, ich urteile über sie, sie erfreut mich, ich begehre ihre Gegenwart, so sind hiermit verschiedene Verhaltungsweisen bezeichnet, welche im Erlebnis auf dieselbe Inhaltlichkeit sich beziehen. Doch schon der Ausdruck Beziehung darf nicht in dem Sinne genommen werden, als ob in dem Verhalten ein Bewußtsein der entsprechenden Beziehung stattfinde. Selbstverständlich darf auch die Inhaltlichkeit nicht als etwas gefaßt werden, auf welches das Bewußtsein sich als auf ein ihm Transzendentes beziehe. Wenn ich dies Erlebnis vergegenständliche, so tritt es natürlich in den Nexus meines Wissens von einem psychischen Zusammenhang, welchem eben dies Erlebnis angehört. Dann kann ich das Verhalten in gegenständlicher Erkenntnis darstellen als eine Beziehung des psychischen Zusammenhangs zu der Inhaltlichkeit. Denn das Erlebnis ist in dem psychischen Zusammenhang enthalten. Nenne ich diesen mein Ich, dann kommt diesem mein Verhalten zu der Inhaltlichkeit zu. In dem Erlebnis selbst braucht diese Beziehung auf den psychischen Zusammenhang oder das Ich nicht enthalten zu sein.
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[5.] Der Grenzbegriff des Vorstellens Dieses Verhältnis führt zurück auf etwas, das nicht selbst eine Repräsentation eines andren ist, sondern nur repräsentiert wird, auf ein Erlebnis, das nicht selber in andren begründet ist, sondern sie begründet. Es ist gegeben in der zwiefachen Form des Innewerdens eines Erlebnisses und des Gegenständlichen. Die Verhaltungsweisen stellen sich uns zunächst als mannigfaltig dar; sie können auf keine Zahl gebracht werden. Fragen, Meinen, Vermuten, Behaupten, Fühlen, Wünschen, Begehren, Wollen sind solche Modifikationen des psychischen Verhaltens. Zwischen diesen Modifikationen bestehen Verwandtschaften verschiedenen Grades. Und zwar kann bei der Änderung äußerer Bedingungen eine solche Modifikation in eine andre übergehen. Wenn für ein Begehren die Umstände wegfallen, die seine Verwirklichung möglich machen, so kann das Begehren in einen Wunsch übergehen. Wenn die Beziehung des Wahrnehmungsvorgangs auf einen Gegenstand, welche in Halluzinationen oder Sinnestäuschungen stattgefunden hatte, sich durch eine neue Wahrnehmung als irrig erweist, kann sich die Annahme über den Gegenstand in Zweifel oder in Frage umwandeln. So entsteht die Aufgabe, mindestens gewisse Typen der Verhaltungsweisen aufzustellen. [6.] Die Inhaltlichkeit, die im Erlebnis auftritt, ist ein Bestandteil des Erlebnisses, und zwar steht sie zu dem Verhalten in innerer Beziehung, welches im Erlebnis auftritt. Der gegenständliche Charakter dieser Inhaltlichkeit stammt entweder aus der äußeren Wahrnehmung, er erweist sich dann in der Anschaulichkeit, die der Inhalt an sich trägt, oder er stammt aus der Vergegenständlichung eines Erlebnisses oder einer Beziehung von Erlebnissen. Sie kann abstrakt oder konkret sein. Sie kann den Charakter der Gegebenheit an sich tragen, oder, wie [es] bei dem Gegenstande eines Wunsches der Fall ist, den Charakter der Unwirklichkeit haben. In jedem Falle muß es Vorgänge geben, in denen diese Inhaltlichkeit entsteht. So entsteht die Frage nach den Vorgängen, in denen diese Inhalte erzeugt werden. Hier finden wir uns vor einer Alternative. Entweder gelangen wir schließlich zu einfachen Vorgängen, in denen diese Inhalte hervorgebracht werden, und dann gibt es psychische Vorgänge, die nicht in der Beziehung von Verhaltungsweisen zu Inhalten bestehen, oder es muß auch in diesen Vorgängen ein Verhalten stattfinden, welches aber im Erlebnis von seinem Gegenstand nicht getrennt ist.333 Hier findet sich die Deskription an ihrer Grenze. Fragen treten auf, die gegenwärtig und vielleicht immer nur hypothetisch aufgelöst werden können.
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Für unsren Zweck reicht folgendes aus. Jedes Urteil, jedes Gefühl und jedes willentliche Verhalten hat zu seiner notwendigen Unterlage Vorgänge, in denen die Inhalte entstanden sind, auf welche das Verhalten des Urteilens, Fühlens oder Wollens sich bezieht. Und nichts schließt die Annahme aus, daß die Vorgänge, in welchen das Gegenständliche zuerst auftritt, niemals ohne irgendeine Beziehung sind, die als ein Verhalten aufgefaßt werden kann. [7.] Das Gesetz der Beziehung der Verhaltungsweisen und ihre gemeinsame Grundlage Ein Willensvorgang, gleichviel, wie er definiert werde, hat in der Regel an einem Gefühl seine Grundlage. Bedürfnis, Unbefriedigung, Unlustzustand können den Antrieb zu einer Veränderung enthalten, und der Gegenstand, auf den der Willensvorgang sich richtet, wird als ein Wertvolles gewollt und setzt sonach die Gefühle voraus, in denen Werte erlebt werden. Zugleich aber setzt das willentliche Verhalten in seinen ausgebildeten Formen nicht nur die Vorstellung eines Gegenstandes voraus, sondern auch alle die intellektuellen Vorgänge, welche die Wahl des Gegenstandes, die Möglichkeit durch gegebene Mittel das im Willen Gesetzte zu erreichen, nötigen. So hat das willentliche Verhalten in seinen entwickelteren Formen sowohl das Gefühlsverhalten als das erkennende zu seiner Grundlage. Das Gefühlsverhalten seinerseits hat jedesmal ein Gegenständliches zur Grundlage, an welchem der Fühlende Lust hat, oder das ihm Schmerz erregt. Und dies ist selbst bei dem physischen Schmerze der Fall. Dies wird in der Regel so ausgedrückt, das Vorstellen löse ein Gefühl aus, das Gefühl aber einen Willensvorgang. Elementare Operationen (Beschreibende Psychologie, 44),334 daß dieselben eine anschauliche Seite haben … [Satz bricht ab] Das Verhalten steht zu der Inhaltlichkeit nicht in einem nur zeitlichen oder logischen Verhältnis, es laufen nicht gleichsam verschiedene Geschichten geistiger Tatsachen als Inhalte und Verhaltungsweisen nebeneinander her, sondern eine bestimmte innere Beziehung besteht zwischen beiden. Sie kann als Struktur bezeichnet werden, und hiermit wird sie unterschieden von zeitlicher Koexistenz oder Abfolge oder von dem Aufeinanderwirken psychischer Bestandteile. Sie ist ein Verhältnis von Trennbarem in einem Ganzen, das sui generis ist. Nur im psychischen Leben tritt diese Art von innerer Beziehung auf. So ist dieselbe ein erster einfachster Fall von psychischer Struktur.335 Die Beziehung von Unterschiedenem in einem Ganzen, die hier sogleich als charakteristisch für den psychischen Zusammenhang auftritt, ist demselben gemein-
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sam mit der biologischen Struktur. Aber hier wie überall wäre es doch nur eine vage Analogie, wollte man die psychische Struktur mit der biologischen vergleichen. Eben dieser Charakter von Struktur äußert sich weiter, wie Verhaltungsweisen in neuen Beziehungen zueinander treten und so ein zusammengesetztes Ganzes ausmachen. Der Zusammenhang der Verhaltungsweisen entsteht so im Zusammenwirken zu einer Leistung. Daher stehen Verhaltungsweisen in dem Verhältnis der Bedingung für eine psychische Leistung untereinander und in derjenigen Verhaltungsweise, in welcher die Leistung vollbracht wird.336 Ich habe mit diesen letzten Worten vorgegriffen, um hier schon einen wichtigen Satz ableiten zu können. Inhalte, welche für mich da wären, wenn hier der hypothetische Ausdruck, der über die Beschreibung hinausreicht, gestattet ist: Empfindungskomplexe wären für sich weder etwas Physisches, noch etwas Psychisches. Das Psychische liegt in der eigentümlichen Klasse von Beziehungen, welche primär in dem Verhältnis zwischen Verhaltungsweisen und Inhalten auftreten. Sein Charakter setzt sich dann fort in den eben angedeuteten Beziehungen, nach welchen einzelne Leistungen zusammenwirken. Ganz allgemein ausgedrückt: Das Psychische ist erkennbar an der Eigentümlichkeit der Struktur. Dies ist die Wahrheit des von Platon ab aufgestellten metaphysischen Satzes, der in der unteilbaren Einheit, in welcher ein Mannigfaltiges besessen wird, den Unterschied des Physischen vom Psychischen erblickt. [8.] Unterschiede der Verhaltungsweisen Die ganze äußere gegenständliche Welt setzt sich aus Inhalten zusammen, die in den Verhaltungsweisen auftreten. So ist die Mannigfaltigkeit dieser Inhalte grenzenlos.
7. Der Gegenstand337 §1 Das Philosophieren kann nur beginnen mit den Erlebnissen des Subjektes selber. Hierbei ist der Zirkel unvermeidlich etc. Dagegen die Mehrheit von Subjekten als Realität ist ja erst eine der wichtigsten Aufgaben der Grundlegung. Sonach: die psychologische Deskription, welche der Wissenschaftslehre vorausgesendet wird, muß verifizierbar sein, gleichviel wie sie zuerst gewonnen wurde, an dem eigenen Erlebnis des Philosophierenden.
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§2 Ich vermeide, indem ich auf meine Erlebnisse reflektiere, den problematischen Begriff eines Ich oder eines Subjektes, indem ich von dem Verhältnis ausgehe, in welchem ein Zusammenhang von Verhaltungsweisen zu den Inhalten, die in ihnen auftreten, sich aus dem Zusammenhalten meiner Erlebnisse ergibt. Hierbei tritt zu der Voraussetzung der objektiven Gültigkeit des Denkens die zweite von der Übereinstimmung zwischen Wahrnehmungen und Vorstellung[en] und der Urteile mit den tatsächlichen Beziehungen der Vorstellungen. Wahrnehmungen sind in Vorstellungen angemessen repräsentiert und ebenso die in Vorstellungen auftretenden Verhältnisse in Urteile[n].338 Dieses Repräsentationsverhältnis besteht nicht zwischen allen Gliedern des Erkenntnisprozesses in jedem Fall, es339 besteht zwischen richtig gebildeten Wahrnehmungen, richtig gebildeten Vorstellungen und richtig gebildeten Urteilen. Unter diesen Voraussetzungen können nun Erlebnisse miteinander so verbunden werden, daß ein Zusammenhang der in ihnen enthaltenen Verfahrungsweisen zu einem Strukturzusammenhang als einem Inbegriff der Beziehungen meiner Erlebnisse zueinander entsteht. Erstens eine Verhaltungsweise liegt vor, wenn in dem Erkennen eine Beziehung der Wahrnehmung auf den Gegenstand und dieses Gegenstandes auf ein Urteil, durch welches er gedacht wird, vollzogen wird. Daß hier eine Beziehung von Inhalten zum Bewußtsein vorliegt, die unterschieden ist von anderen Arten der Beziehung, kann bewiesen werden. Es besteht zwischen dem Inhalt, der gedacht wird, der Wahrnehmung, in der er enthalten war, dem Zustande des Bewußtseins, in welchem dieses Verhältnis stattfindet, nicht eine bloß äußere, unerlebte Beziehungsweise. Eine solche wäre entweder ein zeitliches oder ein logisches Verhältnis, wie Gleichheit, Ähnlichkeit, Abhängigkeit. Nicht verschiedene Schichten von Tatsachen laufen hier nebeneinander her, vielmehr besteht der Erkenntnisakt eben in der besonderen Art des Verhaltens, kraft deren das Urteil sich gebunden findet an die Verhältnisse der Wahrnehmung, und diese nicht Sonderung und Ineinssetzung meint oder repräsentiert. Das Verhältnis des Repräsentierens als Intention im Erkenntnisvorgang ist nicht das des Abbildens, es ist nur dieser Sphäre eigen. Dieses Verhältnis des Repräsentierens kann in folgende Beziehungen aufgelöst werden: Die logischen Operationen primärer Art analysieren das in einer oder in mehreren durch das Denken aufeinander bezogener Wahrnehmungen Enthaltene, und die Teilinhalte, die so in den Wahrnehmungen vorgefunden werden, enthalten eine ebenfalls in den Wahrnehmungen vorge-
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fundene Beziehung. So können wir schon hier folgern: Sind die primären Operationen Mittel objektiver Erkenntnis, dann ist das Urteil der objektive Ausdruck des Wahrnehmungsbefundes. Dieser Tatbestand kann durch die Regel ausgedrückt werden: Alle Urteile sind wahr, welche aus richtig gebildeten Wahrnehmungen nach der Gesetzmäßigkeit des Denkens abgeleitet sind. Ich nenne ein Urteil wahr, in welchem richtig gebildete Wahrnehmungen durch gültiges Denken im Urteil zur Repräsentation gelangen. Hieraus folgt, daß auch, was unter Wahrheit einer Erkenntnis zu verstehen sei, nur so definiert werden kann, daß sie diese Voraussetzungen erfüllt. Der entscheidende Begriff der Repräsentation, welchen das Urteil meint oder intendiert, bezeichnet das Enthaltensein der in den Wahrnehmungen auffindbaren Beziehungen nach den logischen Gesetzen. Dieses Verhältnis von Repräsentation und Wahrheit bezeichnet die innere Beziehung, welche im Erkenntnisprozeß stattfindet. Dieselbe ist durch das Mittelglied des Gegenstandes vermittelt, dieser aber ist ein X, das nur die Aufgabe für das Denken enthält, und diese Verhaltungsweise kann nun unterschieden werden von der des Wollens, in welcher das in der Wahrnehmung Gegebene, in der Vorstellung Repräsentierte und im Denken Abgeleitete die Grundlage bildet, aber in die Beziehung des zu realisierenden Willensobjektes eintritt, die eine ganz andere ist. Und auch hier ist ganz klar, daß weder eine bloße zeitliche, noch eine bloße logische Beziehung zwischen den Gliedern dieses Prozesses, dessen Gegenständen, den Werten derselben, der Intention eine Objektvorstellung zu realisieren stattfindet, sondern eine erlebbare Beziehung, in der sie verbunden sind. §3 So entsteht die Beschreibung des Erlebnisses, nach welcher dieses eine Verhaltungsweise enthält, in welcher der Strukturzusammenhang sich zu Inhalten verhält. Inhalte bezeichnen das im Bewußtsein Auftretende, welchem das In esse oder die Immanenz im Bewußtsein zukommt. Die Verfahrungsweisen sind Arten der Beziehung dieser Inhalte im Bewußtsein. Die Inhalte haben also zu dem Bewußtsein, das als solches die bloße leere Möglichkeit, Inhalte zu haben, bezeichnet, sonach im Erlebnis gar nicht deskriptiv enthalten ist, nur ein Verhältnis vermittelst der verbundenen Verhaltungsweisen. Schaltet man die Verhaltungsweisen aus, so besteht zwischen dem Bewußtsein als der leeren unerlebbaren Möglichkeit, Inhalte zu haben, und diesen Inhalten eben nur das leere abstrakte Verhältnis, daß Inhalte da sind, kraft einer leeren Möglichkeit, Inhalte zu haben.
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§4 Das bloße Dasein von Inhalten bezeichnet eigentlich gar nicht das, was wir in der Regel unter einer psychischen Tatsache verstehen. Man könnte sagen, es sei weder physisch noch psychisch. Wenn wir von einem Ich oder einem Subjekte reden, so ist die im Erlebnis aufzeigbare Realität für diesen Begriff der Strukturzusammenhang, in welchem die Verhaltungsweisen in der Ruhe der Erlebnisse verbunden sind. Das Selbstbewußtsein, das in diesem Zusammenhang entsteht, gestattet keine Art von Schluß auf eine Realität, sondern ist nur ein Phänomen, welches sich in diesem Zusammenhang bildet. In diesem Strukturzusammenhang stehen die in den Verhaltungsweisen bezogenen Inhalte nicht in dem Verhältnisse, daß die Verhaltungsweisen über die Anwesenheit von Inhalten entscheiden, also Inhalte abhängig wären von den Verhaltungsweisen oder auch umgekehrt Verhaltungsweisen von den Inhalten. Vielmehr variieren die Inhalte unabhängig von der bestimmten Verhaltungsweise, und umgekehrt können die Inhalte bleiben, während unabhängig von ihnen die Verhaltungsweisen sich ändern. Das Ich oder Subjekt bezeichnet immer nur den Strukturzusammenhang dieser Verhaltungsweisen. Sie bleiben in jedem Erlebnis dieselben, würden sie sich ändern, dann würde sich damit nicht die gegenständliche Welt ändern, sondern das Ich. Wogegen, wie wir sehen werden, die gegenständliche Welt sich ändern wird, wofern in dem erkennenden Verhalten ganz andere Beziehungen von Inhalten auftreten würden als diejenigen, welche bis dahin da waren, so daß die dagewesenen verschwänden und durch andere ersetzt würden. Innerhalb der Verhaltungsweisen finden Verhältnisse der Unterordnung oder Variation statt. §5 Von hier aus ist nun ein Urteil möglich über die Versuche der Theorie des Erkennens, anstatt des Strukturzusammenhangs, der erlebt wird, ein allgemeines Bewußtsein, ein reines Ich, ein transzendentales Subjekt, d. h. einen Träger allgemeingültiger Denknormen und Willensnormen zu substituieren. Der Strukturzusammenhang, welcher das Subjekt ist, auf den Inhalte sich beziehen, ist ein Einzelgegenstand. Der Einzelgegenstand hat zu seiner logischen Marke die Einmaligkeit, in welcher er in der Wahrnehmung gegeben ist. Er ist das wahrhaft Wirkliche im Aristoteles. Denn die Beziehung von Bildern oder Erlebnissen auf diesen Gegenstand ist die Grundtatsache aller Erkenntnis. Nun ist für den Philosophierenden nur ein Strukturzusammenhang gegeben. Aber [es] ist am Beginn des Philosophierens Allgemeinbewußtsein unmöglich dasjenige Bewußtsein, zu welchem sich die Einzel-Ichs als subordinierte
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Fälle verhalten. Das allgemeine Bewußtsein kann also nur ein aus dem philosophierenden Subjekt durch Abstraktion herausgehobener Teilinhalt sein. Sonach ist das allgemeine Bewußtsein ein Begriff, aber nicht ein solcher, welcher die Struktureinheiten als Exemplare unter sich faßt, sondern ein solcher, der aus dem erlebten und in Erlebnissen gegründeten Strukturzusammenhang einen Teilinhalt heraushebt. Dieser ist ein gedachtes oder allgemeines Merkmal der Struktureinheit, welchem die Realität des Teilinhalts oder Merkmals, das in einem Erlebbaren enthalten ist, zukommt. [§ 6] Das Interesse, das dazu treibt, einen solchen Teilinhalt herauszuheben, liegt für die Erkenntnistheorie in dem normativen Charakter des Urteilens und Wollens. Normen nämlich treten auf mit dem Anspruch einer Gültigkeit, die unabhängig sei von dem urteilenden oder wollenden Subjekte. Dieser Anspruch enthält natürlich keine Garantie seiner Berechtigung. Nicht eine transsubjektive Gültigkeit wird erlebt, sondern es wird nur der Anspruch auf eine solche erlebt. Die Transzendentalphilosophie erblickt nun in der Tatsache eines solchen Anspruchs etwas, das jeden Akt, in welchem er auftritt, hinaushebt über alle Vorgänge im Subjekt, welche ablaufen ohne begleitendes Bewußtsein des Anspruchs auf allgemeine Gültigkeit. Sie kann das aber nur, sofern der Nachweis dahinter liegt, daß alle solche Akte in einem gewissen Sinne a priori seien. Auf diesem Nachweis in Kant beruht die ganze Rechtmäßigkeit der Absonderung des überindividuellen Subjektes aus der Struktureinheit. Die Allgemeingültigkeit für sich oder die Denknotwendigkeit spricht im Erkennen nichts anderes aus, als daß alle möglichen Urteile unter diesem Anspruch stehen, und höchstens erhält dadurch das erkenntnistheoretische Bewußtsein eine problematische Beziehung auf mögliche andere Subjekte. Dagegen eine Ausdehnung des allgemeinen Bewußtseins in Rücksicht auf seinen Umfang auf andere erkenntnistheoretische Subjekte ist darin nicht enthalten. Wenn nun aber der Schluß auf dieses Apriori nicht erwiesen werden kann, so fällt damit die Annahme eines gleichsam in dem empirischen Subjekt enthaltenen reinen Ich und die Wertbestimmung desselben als ausgestattet mit einer höheren Dignität. Diese Wertbestimmung war es, welche dem abstrakten Geiste Kants als Grundgefühl einwohnte, da er Vernunft als das Vermögen allgemeingültigen Denkens und Wollens wegen dieser ihrer Beziehung zum Allgemeingültigen höher taxierte als alles individuell Gegebene oder auf individuelles Auffassen sich Beziehende. Diesen seinen Grundfehler erfaßte erst Schleiermacher, welcher in dieser Rücksicht das moderne Bewußtsein einleitete, welchem die
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individuellen Nuancen des Bewußtseins ebenso wichtig sind wie das Allgemeine. Ich werde nun nachweisen, daß dieses Apriori nicht demonstrabel ist, ja, daß auf den Gebieten des Denkens wie des Wollens eine realistische Auffassung die natürliche ist. Denn die logischen Normen, welche für den Standpunkt der Transzendentalphilosophie ein unzugängliches Apriori ausmachen, können angesehen werden als der Ausdruck der realen Verhältnisse im Gegebenen. Und das Sittengesetz Kants bezeichnet nur die logische Bedingung, unter welcher allein eine Regel für alle Willen möglich ist. Diese Bedingung muß in der Regel erfüllt sein, wenn die Aufgabe einer solchen Regel lösbar sein soll. Aber nicht eine Sanktion eines unbedingt gültigen Sollens, die vom Bewußtsein aus nicht konstruiert werden kann, ist allein möglich für das Verhältnis der Bindung des Willens im Verzicht oder durch die Annahme der Wohltaten, welche in einem eingegangenen Verhältnis zufließen. Rechtlichkeit, Rechtschaffenheit, (die unter sie fallende) Dankbarkeit, Wahrhaftigkeit. Sie sind absolut gültiges Sollen. Auch hier ist es also das im Erleben gelegene reale Verhältnis, dem ein Sollen entspricht etc. § 7 Das Urteil. Der Urteilszusammenhang […] Das Urteil meint ein Zuständliches, sei es bloße Aussage eines Stattfindens oder einer Beziehung. Unsere Urteile haben keineswegs immer den Charakter einer schlechthinnigen Objektivität. Psychologisch angesehen überspannt man, was das Urteil meint, wenn man ihm eine Gewißheit definitiver Art zuschreibt. Es kommt ja auch nur auf den Grad von Besonnenheit über die Rechtsgründe an, was psychologisch etc. Und erkenntnistheoretisch-kritisch ist in den meisten Fällen das Urteil seinem Werte nach symbolisch [?]. §8 So zeigt jeder Ausschnitt des Seelenlebens eine Verhaltungsweise, in welcher der Strukturzusammenhang sich auf ein irgendwie Gegebenes bezieht. Fragt man nach der Zahl dieser möglichen Verhaltungsweisen, so treten aus der Fülle ihrer Modifikationen drei typische Formen heraus. Sie sind dadurch voneinander unterschieden, daß jede von ihnen eine eigene nur erlebbare Beziehung des seelischen Zusammenhanges auf das Gegebene enthält. Die Begriffe, durch welche eine solche Beziehung ausgedrückt wird, erklären dieselbe nicht, sondern sie bezeichnen nur durch Kategorien das funktionell Wirksame, welches in dieser Beziehung erlebt wird. Das Gegebene, das in diesen Beziehungen steht, wird in der Sphäre des Erkennens als Inhalt bezeichnet. Die Natur des Gegebenen ist, als ein Einmaliges
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mit dem Charakter der Realität zunächst aufzutreten. Unter Empfindung oder Vorstellung verstehen wir nur dieses Für-uns-da-stehen eines Einmaligen. Das Gegebene kann gleichsam in verschiedenen seelischen Aggregatzuständen auftreten als erlebt, als erinnert, als im Apperzeptionsprozeß angeeignet, als durch die elementaren Denkoperationen in seinen Verhältnissen aufgefaßt. Die oberste Regel, unter der der richtige Vollzug unsrer Verhaltungsweisen steht, ist, daß in jedem Aggregatzustand doch der Inhalt derselbe bleibe, der er in seiner Gegebenheit war. Nur dann funktioniert der Strukturzusammenhang dem Maßstab des Wissens entsprechend, nur dann lebt der Mensch in ruhiger Gewißheit seines Daseins, wenn ihm nicht Phantasiebilder als Wirklichkeiten sich unterschieben, wenn seine Gefühle nicht durch Einbildungen irregeleitet, wenn seinem Wollen nicht Unnützliches oder Unzweckmäßiges sich unterschiebt. §9 Die verschiedenen Verhaltungsweisen bilden nicht nur teleologisch einen Strukturzusammenhang, sondern sie stehen auch in einem Verhältnis, das man als das der Auslösung bezeichnet hat, sofern die Resultate der einen die Bedingung ausmachen für das Auftreten der folgenden. Und zwar in dem Sinn, daß die möglichst vollsinnige Durchbildung der einen die Vollkommenheit der andren bedingt. Von der Durchbildung der Urteile über Wirklichkeit ist die richtige Abschätzung der Werte abhängig. Und deren Vollkommenheit bedingt dann wieder die unsres Wollens. § 10 In der Verbindung der Vorgänge können jederzeit Bedingungen auftreten, durch welche ein passiver Zustand oder Vorgang umgesetzt wird in einen aktiven. Diese Umsetzung hat nichts zu tun mit einem willentlichen Verhalten. Das Fiat des Willens ist immer ein besonderes Erlebnis, das über den bloßen Umsatz aus einem passiven Eindruck in eine Beobachtung hinausgeht. Der Unterschied von Passivität und Aktivität oder von Rezeptivität und Spontaneität ist im Erleben gegeben und kann nicht näher definiert werden. § 11 Die erkennende Verhaltungsweise ist die strukturelle Beziehung des seelischen Zusammenhangs auf ein Gegebenes, durch welche das in der Vorstellung inhaltlich Gegebene zur Aussage in Urteilen erhoben wird.340 Urteil ist eben die primäre Operation einer Vergleichung. Denken ist Urteilen und Denken ist Erkennen, weil in dem Verhältnis von Bild und Gegenstand, von
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Erlebnis und psychischer Wirklichkeit ein Tätigkeitszustand gesetzt ist, der aus dem Gegebenen auf Grund der in diesem Verhältnis gesetzten Nötigung zur Aussage, was es über den Gegenstand enthält, fortgeht. Die oberste Regel, die in diesem Verhalten gegründet ist, lautet: Die ausgesagten Inhalte oder Beziehungen von Inhalten sollen im Gegebenen enthalten sein. Wir nennen ein Urteil wahr, wenn es dieser Anforderung des Erkenntnisverhaltens entspricht. Angesehen von dem Relationspunkt des Gegebenen aus ist das Urteil denknotwendig, weil im Gegebenen die Nötigung zu ihm liegt. Angesehen von dem Relationspunkt des Denkaktes aus ist ein wahres Urteil gültig, indem es in den Formen verläuft, in denen die gemeinen inhaltlichen Beziehungen adäquat ausgedrückt werden. § 12 Die Verhaltungsweise des Gefühls ist eine strukturelle Beziehung des Gegebenen auf den seelischen Zusammenhang, in welchem jene Gegebenheit rückwärts auf das Eigendasein bezogen wird in der nicht weiter erklärbaren Art, die als Gefühl erlebt wird. Das Gegebene ist eine Empfindung oder eine Vorstellung oder ein begrifflicher Zusammenhang. Die Schmerzempfindungen werden auf das Eigenleben in der Unlust bezogen. Daß Schmerzempfindung und Unlust trennbar seien, geht aus gewissen pathologischen Erscheinungen hervor, unter die vielleicht auch gewisse religiöse gehören. Beide zusammen bilden das konkrete Gefühl des lokalisierten unlustvollen physischen Schmerzes. Die Schmerzempfindung ist ein Aggregat von Empfindungen mit der Lokalisation derselben. Die Rückbeziehung auf das Eigenleben gibt dem Gefühl das Merkmal, daß es die Form ist, in welcher unter den Verhaltungsweisen ganz unmittelbar das Eigenleben sich ausdrückt. Wenn das Gefühl zum Wissen erhoben wird, wenn der Inbegriff unsrer Gefühle als ein gegenständlicher Zusammenhang aufgefaßt wird, dann ist dieser Zusammenhang die einzige in der Unmittelbarkeit gegründete Repräsentation der Individualität. Was eine[m] Menschen Freude macht etc. Ferner folgt aus dieser Rückbeziehung das innere Verhältnis, in welchem diese Verhaltungsweise zur Kenntnis der Relationen unsres Eigendaseins zu den Umständen steht. Das Gefühl ist gleichsam das Organ für die Auffassung dieses Verhältnisses. Die Relation des Gefühls bringt die Kategorie des Wertes hervor. Das Wertvolle ist unter dem Relationspunkt des Gegebenen, welches als wertvoll prädiziert wird.
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§ 13 Das willentliche Verhalten ist die Beziehung, in welcher der Zusammenhang der Gegebenheiten ein Verhalten auslöst, in dem ein Fiat, die Verwirklichung einer Objektvorstellung den Zusammenhang des Gegebenen in Verhältnis setzt zu dem Objektbilde. Das Objekt wird nicht gedacht, es wird nicht gefühlt, sondern es wird gewollt, sofern dies neue Verhalten auftritt. Hier wird recht deutlich, wie die Art der Beziehung, welche zwischen dem Gegebenen und dem psychischen Zusammenhang in jedem strukturellen Verhalten besteht, nur durch Worte beschrieben werden kann, welche dieses Verhalten umschreiben. Denn es ist unanalysierbar, weil es nicht aus Teilen besteht, sondern selbst eine Art und Weise, Beziehung herbeizuführen, ist. Bezeichne ich das Fiat als Merkmal dieses Verhaltens, dann ist damit eben nur spontane Tätigkeit, welche auf Verwirklichung eines Vorgestellten gerichtet ist, ausgedrückt. Spontaneität ist eine Zuständlichkeit des psychischen Lebens in allen Verhaltungsweisen. Das unterscheidende Merkmal ist die Richtung auf Verwirklichung eines Vorgestellten. Die nächste Frage ist, ob das Wollen etwa in einem Vorgang mit dem Gefühl als ein bloßer Bestandteil eines Gesamtverhaltens verbunden sei. Das Fiat wäre dann die Verwirklichung eines Wertes, die Erlebnisse, in denen Werte erfahren sind, wären direkt oder durch Vermittlung von Wertbegriffen, welche auch ohne das Gefühl wiederaufgerufen als Repräsentationen Zwecksetzungen auszulösen imstande wären, mit dem Wollen als zwei Bestandteile desselben Vorganges verbunden. Ohne Zweifel bestehen solche Vorgänge, und sie bilden einen erheblichen Teil des seelischen Lebens. Bildete man Klassen für Vorgänge, so wäre die Verbindung von Gefühl und Wille als Bestandteile in einem Vorgang Grund für die Bildung einer Klasse von Vorgängen solcher Art. Aber immer wären dann zwei Verhaltungsweisen in dem Vorgang verbunden. Wertsetzung und Verwirklichung der Objektvorstellung können nie als dasselbe Verhalten aufgefaßt werden. Und diese Klasse von Vorgängen würde auch niemals das ganze Gebiet dieser beiden Verhaltungsweisen umfassen. Nicht nur einzelne Gefühle, sondern ganze Gefühlsmannigfaltigkeiten können auftreten, ohne daß ein Wollen von ihnen ausgelöst würde. Und es gibt ebenso ein Wollen, das nicht durch einen gefühlten Wert ausgelöst ist als Richtung auf seine Verwirklichung. Gefühl und Wollen sind sonach trennbar voneinander. Ihre Verbindung kann stattfinden, aber sie ist nicht nötig. Wirklichkeitserkenntnis und Wertgebung wirken fort im Gebiete des Willens. Die Vorgänge, die diese Verbindung enthalten, rufen den Schein des Zusammengehörens beider unter allen Umständen hervor.
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Ob es Willenshandlungen gibt, welche nicht von einem Gefühl begleitet sind, einer Unlust über den jetzigen Zustand, einer Lust an der Objektvorstellung und ihrer Realisierung, muß als eine offene Frage angesehen werden. Ich muß dies beweisen. Zunächst ist jedenfalls ein Erlebnis, das sich aus mannigfachen Gefühlen zusammensetzt, möglich, bei welchem Volitionen ausgeschlossen sind. Das weite Reich der ästhetischen Gefühle ist von dieser Art. Nun die andre Seite. Ob das Lustgefühl, anders ausgedrückt, jedesmal als wirkende Kraft in der Objektvorstellung der Willenshandlung zugrunde liegt, ist nicht aufweisbar. Es scheint manchmal, als ob die Betätigung der Energie als solche als selbstwirkender Bestimmungsgrund auftrete. Die Anstrengung einer schwierigen Arbeit dauert fort, während lange hinaus kein Gedanke an die Befriedigung des erreichten Zieles derselben dabei gegenwärtig ist. Und eine Befriedigung, eine Freude an der Arbeit als solcher braucht gar nicht zum Bewußtsein zu kommen. Aber wie es sich hiermit verhalte, jedenfalls gibt es einen Nexus, in welchem Handlungen auftreten, welche schlechterdings gar nicht weder in Gleichzeitigkeit noch in Zeitfolge, weder direkt noch indirekt, weder nahe noch in weitem Abstande von Gefühlen abhängig sind. Dies sind alle diejenigen, in denen aus einer inneren Bindung des Willens durch einen Vertrag oder durch ein in Bezug auf das Verhältnis des Verpflichtet-seins äquivalentes Verhalten eine Handlung sich ergibt. Sie mag mit Widerwillen und Abneigung ausgeführt werden: in der Natur des Willens ist eingeschlossen das Bewußtsein der gegenseitigen Bindung durch vorhergehende Akte, und aus ihm ganz allein geht die Handlung hervor. Sie wird nicht vollbracht, weil die Ausführung dessen, wozu ich verpflichtet bin, von mir als ein Wert empfunden würde, vielmehr ist diesem selbstverständlichen Nexus gegenüber der Begriff eines Wertes [und] seines Vollzuges ganz unangemessen: gleichsam ein superfluum, eine Gefühlszutat, welche das pflichtmäßige Handeln in eine ganz andre Sphäre rückt. So glaube ich nunmehr erwiesen zu haben, daß Fühlen und Wollen keineswegs die füreinander erforderlichen nur in Beziehung aufeinander bestehenden Glieder eines Vorganges sind: Es sind zwei Verhaltungsweisen, deren jede unabhängig von der anderen besteht. Gefühl bringt nicht notwendig Wollen hervor, und Wollen setzt nicht notwendig Gefühl voraus. So sind nun die Schwierigkeiten weggeräumt, welche der Einsicht entgegenstehen, daß das Wollen eine Verhaltungsweise sei, die unterschieden und getrennt vom Gefühl nur im Strukturzusammenhang mit demselben, sonach auf dessen Grundlage auftritt. Versuchen wir jetzt diese Verhaltungsweise aufzuklären und zu unterscheiden. Der Wille existiert in den Beziehungen zu Objektvorstellungen und zu andren Willenssubjekten. Er ist immer von dem Bewußtsein dieser Relationen
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begleitet. Die Setzung der zu realisierenden Handlungen geschieht in ihm auf der Grundlage des in dem psychischen Zusammenhang enthaltenen Zusammenhangs von Wirklichkeiten und Werten. Das willentliche Verhalten, das auf ein Handeln gerichtet ist (auf ein Erwirken, ein Fiat), existiert immer in den so gesetzten Relationen von Können, Wollen, Müssen, Sollen. Dies sind, subjektiv angesehen, die Kategorien dieser Sphäre. Objektiv angesehen, sind es die von Zweck, Mittel. Von der Zweckvorstellung aus angesehen, findet der Wille sich durch den Zweck gebunden. Von der Intention aus angesehen, findet er sich frei, bestimmend, selbstbestimmend. Seine Relationen sind Gebunden-sein von innen, Gehemmt- oder Gefördert-sein, Müssen oder Können von außen. Und zwar so, daß die Zweckvorstellung immer sein Wesen ausmacht. Das auf ihre Realisierung gerichtete willentliche Verhalten findet sich dann entweder von dem Werte des Zweckes bestimmt oder durch frühere Akte an die Verwirklichung des Zweckes gebunden. Indem Hemmungen eintreten, macht sich die Willenserfahrung des Müssens gegenüber der äußeren Hemmung geltend (negativ) oder des Könnens (positiv), oder eine innere Hemmung aus innerer Bindung tritt ein. Hauptsatz: Nur vom Willen aus angesehen, gibt es die Zustände des Sichgehemmt-findens, Gebunden-findens. Sie sind daher Zustände, die im willentlichen Verhalten gegründet sind. Ist nun der Charakter der Gegebenheit in der Erkenntnissphäre als eine Willensbestimmtheit aufzufassen? Ist Denknotwendigkeit auf Nötigung zurückzuführen? Sind Denknormen Willensakte?
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Logik als Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis, Wertbestimmung, Zwecksetzung und Regelgebung
1. Die drei Arten von Aussagen341 Ich grenze dieses Gebiet des gegenständlichen Auffassens von anderen Arten des Wissens ab, wie sie aus dem Leben und dessen Struktur hervorgehen. Dies Gebiet des gegenständlichen Auffassens enthält jedes Wissen von dem, was ist. Sonach begreift es auch jede Aussage darüber in sich, daß in unserem Erleben und Verstehen Werte gegeben sind, Normen auftreten, Imperative ausgesprochen und Zwecke verfolgt werden. Aber etwas anderes als diese Aussagen über Werte oder Zwecke als psychische Sachverhalte sind die Werturteile, Normen, Imperative, Zweckbestimmungen selbst. Sie entspringen aus den Bezügen des Lebens zur tatsächlichen Welt, wie sie in dessen Struktur gegründet sind. In ihnen sind neben dem gegenständlichen Auffassen zwei andere typische Stellungen des Lebens zur Wirklichkeit enthalten. Aus der ersten unter ihnen geht das Wertbestimmen an irgendetwas, sei es ein Gegenständliches, eine Phantasievorstellung, ein eigener Zustand oder eine eigene Tätigkeit, hervor; die Abschätzung verschiedener Werte gegeneinander macht sich geltend, und ein Maßstab für diese Abschätzung wird gesucht. Das andere psychische Lebensverhalten bringt ein Streben, eine Tendenz, eine Intention hervor, eine Wahl zwischen verschiedenen möglichen Richtungen des Strebens wird vollzogen; indem solche Zweckvorstellungen in die Wirklichkeit eingeordnet werden, in der sie an bestimmten Punkten realisiert werden können, vollendet sich der Entschluß, und die Mittel zu seiner Ausführung werden bestimmt; und wie nun schließlich Strebungen, Entschlüsse, Mittel in einen Lebensplan, in ein höchstes Gut oder in oberste Grundsätze zusammengefaßt werden, entsteht der Zusammenhang dieser Sphäre. Denken, das vom Gegebenen bedingt ist, liegt hier überall vor; aber es ist doch die Beziehungsart, die es konstituiert, in diesen typischen Stellungen unterschieden von den Urteilen über ein Gegebenes. Das Urteilen über Sachverhalte, das Werten und Abschätzen der so aufgefaßten Sachverhalte und das auf der Wertung und Abschätzung dieser Sachverhalte gegründete Zwecksetzen und Wählen – das sind ganz verschiedene Stellungen zum Gegebenen, das Denken vollzieht sich in diesen verschiedenen Stellungen, und so entstehen seine spezifischen Verschiedenheiten. Die Über-
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zeugung, die gegenständlichem Auffassen, Werten und Zwecksetzungen zukommt, ist jedesmal eine andere. Schön, gut, zweckmäßig sind nicht Eigenschaften von Gegenständen, sondern in den verschiedenen Verhaltungsweisen geschaffene Beziehungen zu ihnen. Diese Unterschiede sind auch in denen der Beziehungen sichtbar, der Aussage, dem Ausdruck der Gemütszustände, der Zwecksetzung, dem Imperativ, der Norm. Und die Lücken des sprachlichen Ausdrucks zeigen sich überall davon bedingt, daß diese zum Zweck der Mitteilung sich bilden. Die nähere Begründung dieser Sätze wird sich an späteren Stellen ergeben; hier kommt es uns nur darauf an, daß das gegenständliche Auffassen ein eigenes in sich geschlossenes Reich ausmacht, daß diesem Reich die Tatsachen des Wertens und der Zwecksetzungen gerade so gut als ferne Gegenstände angehören wie die Raumordnung oder die physische Bewegung, daß aber in den Bezügen des Lebens zur Wirklichkeit Denken von anderer Art entsteht, das jenseits dieses Reiches liegt. Es gilt nunmehr den Zusammenhang im gegenständlichen Auffassen zu analysieren. Die Zeit in dem Fortrücken der Gegenwart, die kontinuierlich Erlebtes in Vergangenheit versinken läßt und Erinnertes ins Erlebnis erhebt, bestimmt die Möglichkeiten des gegenständlichen Auffassens. In der Zeit wachsen die Eindrücke und Erlebnisse, die dem Auffassen gegeben sind. Das, was alle Leistungen342 zusammenhält und trägt, sind Zeit, Gedächtnis und erworbener seelischer Zusammenhang. Das Gedächtnis wird produktiv, indem es vom erworbenen seelischen Zusammenhang aus die fortschreitende Gegenwart, in der wir begreifen, Lebenswerte bilden und Zwecke verwirklichen, beständig reguliert. Dieser Zusammenhang „wird besessen, wirkt und ist doch nicht bewußt. Seine Bestandteile sind nicht klar vorgestellt, nicht deutlich getrennt; ihre Verbindungen sind nicht unterscheidbar herausgehoben; und doch sind die im Bewußtsein befindlichen Vorstellungen und Zustände zu diesem Zusammenhang orientiert, an ihm begrenzt, bestimmt und begründet. Dunkel, wie wir ihn besitzen, reguliert und beherrscht er Affekte und Eindrücke. Genie ist der Blick für das Wesenhafte, der aus der Vollkommenheit und der Energie dieses Zusammenhangs entspringt. Verglichen mit dieser höchsten und schwierigsten Leistung des Seelenlebens erfordert das logische Schließen eine viel geringere Energie des Bewußtseins. Denn es ist nur die Herstellung einer äußerlichen Vergleichung oder Beziehung zwischen wenigen Begriffen, die sich dazu im Blickpunkte des Bewußtseins befinden.“343 Die Artikulation des Psychischen in der Struktur wird durch das Gedächtnis, das die Verbindungen ebensogut in festem psychischen Besitz erhält als die Vorstellungen, zur Artikulation dieses erworbenen Zusammenhangs.344
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2. *Aussagen und Urteile in den Gebieten des Auffassens, Fühlens und Wollens345 [1.] Die Struktur der Wirklichkeitserkenntnis ist ein Zusammenhang, in welchem von Tatsachen, die sich einzeln, partikular und zufällig darbieten, zu deren Zusammenhang fortgegangen wird. Diese Tatsachen sind entweder in der äußeren oder in der inneren Wahrnehmung gegeben. Der Zusammenhang besteht entweder von Teilen zum Ganzen oder vom Besonderen zu dem Allgemeinen. Und dieses ist entweder die Klasse oder das Gesetz. In allen Leistungen des Denkens, welche diesen Strukturzusammenhang ausmachen, ist dieses auf Feststellung von Wirklichkeit und Eigenschaften derselben gerichtet. Die Einsicht in diesen Satz ist davon abhängig, daß vom Zusammenhang des Erkenntnisgebietes ausgegangen wird. Auch die abstraktesten mathematischen Relationen beziehen sich schließlich auf das Zählbare und auf die räumliche Erstreckung der äußeren Erscheinungen nach den Dimensionen des Raumes und der in ihm enthaltenen Gesetzmäßigkeit. Alle Urteile über Wirklichkeit sind darin verbunden, daß sie Wahrnehmungen im Bewußtsein fixieren und zergliedern oder allgemeine Sätze aufweisen, welche in dem Inbegriff der Wahrnehmungen gegründet sind. So entstehen die Urteile: Es donnert, dieser Baum ist grün, dies ist eine Eiche, diese Eiche ist größer als die daneben stehende linke, und endlich die Sätze, die eine gegenständliche Ordnung nach Gesetzen ausdrücken. Von diesen Aussagen sind diejenigen unterschieden, welche sich auf die Gefühlswerte des in der Wirklichkeit Enthaltenen beziehen. Sie sind jenen ersten darin gleich, daß sie ein Gegebenes aussprechen oder die in der Mannigfaltigkeit des Gegebenen gegründeten Verhältnisse allgemein erfassen. Sie sind von ihnen darin unterschieden, daß das Verhältnis dieser Wirklichkeit zum Gefühls- und Triebleben in ihnen zum Ausdruck gelangt. Hieraus folgt der eigentümliche Charakter der Urteile, in denen das so Gegebene zum Ausdruck kommt. Sie sind unablösbar von dem individuellen Subjekt, dessen Gefühlszustand sie bezeichnen: Mir ist schrecklich zumute, ich bin traurig. An der Grenze beider Klassen von Urteilen stehen solche, in denen das Bewußtsein des rein individuellen Charakters einer Wahrnehmung zum Ausdruck kommt: Mir ist warm, ich bin müde. In diesen Sätzen ist durch die Beziehung auf das Subjekt als den Träger des Gefühlszustandes derselbe objektiviert. Indem dann die Ursache des Zustandes hinzugenommen wird, entsteht das Urteil: Diese Nachricht beglückt mich. Indem ihr Wert etc: Wie schrecklich, das furchtbar-
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ste Ereignis, von dem ich vernommen. Überall qualitative Bestimmungen. Im Gefühlscharakter: furchtbar, erschreckend, schön, beglückend, beseeligend etc. Vergleichung ist dann aber nur innerhalb der Intensitätsbeziehungen möglich. Sie löst die theoretische Betrachtung durch eine Abstraktion von den qualitativen Bestimmtheiten los. So bezeichnet sie nicht die Verhältnisse der erlebten Werte, sondern nur abstrakt die an ihnen befindlichen Intensitäten. Im Gebiet des Wollens sind nun die neu auftretenden Eigentümlichkeiten gültiger Denkakte durch das Moment bestimmt, daß zu den Wirklichkeitsaussagen eine Wertbestimmung hinzutritt. Auch hier wird der Vorgang dadurch vergegenständlicht, daß seine Beziehung zu dem Subjekt, welches Träger desselben ist, herausgehoben wird. So entsteht die Aussage: Ich soll diese Biographie zu meiner Lebensaufgabe machen. Eine Loslösung dieser Art von Aussagen von dem Subjekt, in welchem das Wollen stattfindet, hebt den Charakter einer Willensbeziehung auf. Sage ich: Diese Aufgabe muß gelöst werden, so bezeichnet das die theoretisch begründbare Notwendigkeit derselben, ist sonach nicht ein unmittelbarer Willensausdruck. Eine andre Form tritt ein, wenn die Gemeinsamkeit, die auf einem Zweckzusammenhang gegründet ist, als Subjekt des Wollens erscheint. Da hier das Verhältnis der Zwecksetzung und der Unterordnung des Einzelnen unter den Zweck hinzutritt, so entsteht hier kraft der hierdurch bedingten Allgemeinheit, da der Zweck alle der Gemeinsamkeit Zugehörigen bindet, die Form der Vorschrift, der Verordnung, des positiven Gesetzes. Und wenn die Zwecksetzung rational, also nicht durch positive Vorschrift bindet, so entstehen Regeln und Normen. Alle diese Formen haben in irgendeinem Sinne den Charakter gültigen Wissens. Der erste Satz erhebt eine Willensbestimmung zum Bewußtsein. Das Wissen bezieht sich also auf das Stattfinden dieser Willensbestimmung im Bewußtsein. Seine Eigentümlichkeit liegt aber darin, daß nicht die Gegenständlichkeit des Stattfindens des Willensvorgangs den Sinn des Satzes ausmacht. Insofern also ist es nicht ein Wissen. Ebenso ist kein rationales Verhältnis des willensetzenden Subjektes zum Willensinhalt in der Aussage enthalten. Das Denken vermag nicht die individuelle Bestimmtheit des Subjektes in allen Fällen so aufzuklären, daß die Willensbestimmung daraus folgte. Und wenn es das vermag, so würde ein theoretischer Zusammenhang zum Gegenstand der Aussage. Sonach können individuelle Volitionen als Befehle oder Willenssetzungen nicht als solche als gültiges Wissen angesehen werden. Sie werden erst dazu durch eine Vergegenständlichung, welche das Verhalten des Subjektes in Befehl oder Zwecksetzung zum Ausdruck hat. Hierdurch unterscheidet sich die ganze Struktur dieses Gebietes von Wissen durchaus von der in den beiden früheren Klassen. Auch auf Vorschriften etc. ist der Begriff gültiges Wissen nicht anwendbar. Dieses entsteht erst, indem ein rationaler Zusammenhang zwischen
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Regel, Vorschrift etc. und einer allgemeingültigen Norm oder einem solchen Zweck herbeigeführt wird.
2. So entsteht die nächste Frage: In Wirklichkeitserkenntnis, Wertung, Zwecksetzung und Regelgebung ist Denken enthalten, es tritt hier im Dienst verschiedener Verhaltungsweisen des Bewußtseins auf; es steht unter verschiedenen Bedingungen: Worin besteht nun das Gemeinsame, das in den verschiedenen Leistungen des Denkens auf seinen verschiedenen Gebieten, unter seinen verschiedenen Bedingungen enthalten ist, unabhängig von diesen Bedingungen? So erhält die Aufgabe der Zergliederung des Denkens ihre weiteste Fassung. Die Vergleichung muß zeigen, welche die gemeinsamen Eigenschaften des Denkens sind; dann müssen die besonderen Eigenschaften, die dem Denken auf den einzelnen Gebieten eigentümlich sind, aus diesen überall auftretenden Leistungen unter den Bedingungen dieser Gebiete abgeleitet werden können. Soll nun aber die Analysis das ganze Reich des Denkens umfassen, so muß weiter auch die Frage einbezogen werden, wie es sich mit den Denkleistungen verhalte, welche dem diskursiven Denken voraufliegen. Indem auch [sie] einbezogen werden, empfängt die Aufgabe, das allem Denken Gemeinsame festzustellen, ihre allgemeinste Fassung. Die logische Zergliederung umfaßt nun alle Denkleistungen, wie sie sich vom wortlosen Denken erstrecken bis zur Entwickelung der Theorie, welche schließlich die ganze Arbeit des Denkens sich gegenständlich macht.
3. Unterschiede der Verhaltungsweisen Die Mannigfaltigkeit des Inhaltlichen ist grenzenlos. Die ganze gegenständliche Welt setzt sich aus dem Inhaltlichen zusammen, das in den Verhaltungsweisen auftritt. Sie bilden vor allem die Materie für unser auffassendes Verhalten, in welchem der in ihnen enthaltene Sachverhalt auseinandergelegt wird. Und auch die Mannigfaltigkeit dessen, was wir als Verhalten zu diesen Inhalten bezeichnen, stellt sich zunächst als der Zahl nach unbestimmt dar. Fragen, Meinen, Vermuten, Behaupten, Lust, Billigung, Gefallen und ihr Gegenteil, Wünschen, Begehren, Wollen sind solche Modifikationen des psychischen Verhaltens. Wo sie zusammengesetzt sind, aus verschiedenen Verhaltungsweisen, können sie auf einfache zurückgeführt werden. Die Unterschiede der nicht weiter zerlegbaren Verhaltungsweisen können nun nicht aus der Ver-
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schiedenheit des Inhaltlichen abgeleitet werden, auf welches ein Verhalten sich bezieht, denn bei dem Wechsel der Inhalte kann dasselbe Verhalten fortbestehen. Weiter zeigen sich nun zwischen den Modifikationen des Verhaltens Verwandtschaften. Dann aber endigt die Vergleichbarkeit. Ich ordne das Verwandte unter Klassen, so bilde ich etwa die Klasse des gegenständlichen Auffassens, und gehe ich nun von dieser zu Lust, Billigung, Gefallen über, so kann ich zwar diese letzten der Klasse des Gefühls unterordnen, aber das gegenständliche Auffassen und das Gefühl sind nur darin einander verwandt, daß sie eben Verhaltungsweisen sind, die sich auf Inhaltliches beziehen. So entsteht das Bedürfnis, gewisse Grundtypen des psychischen Verhaltens aufzustellen und ihnen Modifikationen unterzuordnen. Auf solche Typen führt eine andere Bemerkung. Bei der Änderung äußerer Bedingungen geht eine solche Modifikation in eine andere über. Wenn die Umstände, von denen die Verwirklichung eines Begehrens abhängt, in Wegfall kommen, so kann das Begehren in einen Wunsch übergehen. Und wenn die Beziehung eines Empfindungskomplexes auf einen Gegenstand, die in einer Halluzination oder Sinnestäuschung aufgetreten war, sich durch andre Wahrnehmungen oder Schlüsse als irrig erwiesen hat, so kann die Annahme des Gegenstandes das Urteil über ihn in Zweifel oder in Frage sich umwandeln. Schon diese Übertragung führt darauf, gewisse Typen von Verhaltungsweisen festzustellen, denen sich die durch die Umstände bedingten Variationen unterordnen. Es zeigt sich dann weiter: Wenn wir gewisse Typen aufstellen, so zeigen sich innerhalb derselben regelmäßige Beziehungen der Erlebnisse aufeinander, und diese Typen können in eine regelmäßige strukturelle Beziehung gebracht werden. Die Psychologie hat sich öfters die Aufgabe gestellt, die Grundfunktionen des Seelenlebens zu bestimmen. Diese Grundfunktionen haben dann eine genetische Bedeutung, und sie werden daher besonders durch das Merkmal der Unableitbarkeit der einen aus der andern festgestellt. Wir suchen nur nach den Grundformen des Verhaltens, welche den strukturellen Zusammenhang des Seelenlebens bedingen. Die Kategorien, ohne die gegenständliches Auffassen des Gegebenen nicht durchgeführt werden kann, sind Sein oder Realität und Kausalität. Kausalität ist die Anwendung der Verhältnisse von Grund und Folge auf die tatsächlich stattfindenden Veränderungen. Die eine Richtung zu unterscheiden ist die Einheitsfunktion Kants und die gegenständliche Einheit. Die letztere entsteht vermittelst der elementaren Operationen am Gegenstande und tritt daher als Sachverhalt an diesem auf. Und die Einheitsfunktion ist nur die Zusammenfassung des Systematischen etc. In diesem System innerer Beziehungen muß schließlich etwas, das begründet und nicht selbst begründet ist, das repräsentiert ist, doch nicht selber repräsentiert, bestehen. So ist durch die Natur dieser
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Beziehungen bloß etwas gesetzt, das selber eine Beziehung nicht enthält. Aber dieses ist nicht ein einheitliches Erlebnis, sondern nur Grundlage eines solchen, Grenze des Erlebens. Die Kontinuität, welche Wahrnehmungs- und Urteilsakte verknüpft, zeigt sich nun darin, daß es Denkvorgänge gibt, die vor dem goßen Einschnitt des diskursiv und signifikativ auftretenden Urteils liegen. Sind sie Urteile? Ein Wortstreit. Sie zeigt sich ferner darin, daß immer die Beziehung auf das Gegebene stattfindet rückwärts und vorwärts auf den Gegenstand. Sie zeigt sich ferner darin, daß das Allgemeine etc … [Text bricht ab]
3. Logik als Theorie der Wirklichkeitserkenntnis346 1. Innerhalb der Grundlegung entspringt für die Logik die Aufgabe, zu zeigen, wie unter den Bedingungen der Wirklichkeit der Logismus in seinen Regeln und Formen aus den primären Elementen des Denkens abgeleitet werden kann. Es besteht ein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, daß er so entstanden ist, beständig entsteht und sich erhält. Es ist die natürlichste Annahme zur Erklärung der Tatsache, daß die Ordnung der Wirklichkeit nach Gesetzen durch ihn erkannt werden kann. Diese Annahme wird unterstützt dadurch, daß sich zeigen wird, wie die Formen des Denkens eine innere Beziehung zu den Grundverhältnissen der Wirklichkeit haben. Urteil und Zusammensetzung der Wirklichkeit, Einteilung der Begriffe etc. (vgl. meine Kritik der Logik Hegels).347 Gleichförmigkeiten, Gliederung in Wesenheiten als objektive Verhältnisse aufgefaßt müssen die Denkformen erzeugen. Und diese Ansicht wird schließlich bestätigt durch die Lebendigkeit und Entwicklung innerhalb dieser Denkformen: Die Formen der Definition, des Schließens, der Einteilung bilden jede einen inneren Zusammenhang, in welchem mit den Mitteln der primären Elemente des Denkens bestimmte Aufgaben der Wirklichkeitserkenntnis aufgelöst werden. Aber welche auch die Brauchbarkeit dieser Ansicht für das Verständnis des Logismus sein mag: an dieser Stelle handelt es sich nur um die wissenschaftstheoretische Beweisführung, daß der Logismus aufgelöst werden kann als in das Wirken der primären Denkelemente unter den Bedingungen der Wirklichkeit. Damit ist die Rechtsständigkeit der Wirklichkeitserkenntnis abgeleitet. Die logische Möglichkeit der als Tatsache gegebenen Erkenntnis der gegenständlichen Ordnung nach Gesetzen ist aufgezeigt.
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Der Logismus ist der Ausdruck der Grundverhältnisse der Wirklichkeit, in der durch die primären Elemente festgelegten Sphäre des Denkens. Denn vermittelst dieser Grundverhältnisse können die primären Operationen übergeführt werden in die logischen Formen. Wenn der menschliche Intellekt, wie wir sahen, durch die elementaren Operationen an dem Partikularen, Zufälligen und Momentanen die in seiner Struktur enthaltene Entwicklungsrichtung nicht verwirklichen kann, ohne auf seinem Wege höhere Formen zu bilden, und wenn die Verhältnisse der Wirklichkeit die Natur dieser Formen bestimmen: so liegen in diesen Momenten für die Analysis des Logismus die zureichenden Rechtsgründe.
2. Die Logik in diesem Verstande ist Theorie des diskursiven Denkens, das an Worte oder Zeichen gebunden ist. Dieses besteht aus Urteilen als Denkakten. Die nächste und schwierigste Frage ist die Ableitung dieses Urteils, das in Worten oder Zeichen sich vollzieht, aus den primären Elementen des Denkens. Die Analysis kann zeigen, daß in dem Urteil nicht mehr enthalten ist als Umformung der primären Operationen unter den Bedingungen der Wirklichkeit. Daß die primären Operationen die Grundlage bilden, kann daraus erwiesen werden: Das diskursive Denken ist an die Sprache gebunden, diese aber setzt die primären Operationen voraus, da Abstrahieren, Allgemeinvorstellung, Verbinden, Trennen für ihre Entstehung erforderlich sind. Und zwar entsteht das Urteil in Worten durch das Eintreten der realen Kategorien in die Sinnesdata und primären Operationen. In diesen letzteren sind nur Koexistenz, Abfolge, Dauer, Veränderung, Gleichheit, Unterschied, Abhängigkeit usw. gegeben. Die innere Verbindung stammt aus den realen Kategorien. Diese aber sind keine Funktionen des Intellektes, denn sie bilden keine bestimmte Zahl, sie zeigen keine bestimmte Anordnung, sie sind undurchsichtig. Kant sah richtig, daß sie nicht aus der äußeren Erfahrung stammen, nur irrte er in ihrer Ableitung aus dem Denken. Sie entspringen in der Anpassung der im Strukturzusammenhang des psychischen Lebens enthaltenen inneren Beziehungen auf die äußeren Tatsachen. Hier treffen wir auf eine Grenze unserer Erkenntnis, die in einen tieferen Zusammenhang weist; zwischen der Realität unseres Strukturzusammenhangs und der phänomenalen Welt besteht eine Beziehung, welche diese Anpassung möglich macht. So entsteht das primäre kategorische Urteil in der Sphäre des diskursiven Denkens: Der Baum hat einen Stamm. Dieser Baum ist grün. Brutus hat am Morde Caesars teilgenommen. Hier wird von einem in der Wirklichkeit gege-
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benen Subjekt eine Eigenschaft, Tätigkeit oder Leiden oder Verhältnis ausgesagt. Das Ausgesagte ist Prädikat. Der logische Charakter dieses Urteils: Eine in der Wahrnehmung enthaltene Beziehung logischer Immanenz des P in S wird durch Sonderung und Verknüpfung ausgesagt. Der neutrale Ausdruck Zusammengehörigkeit bezeichnet den Realzusammenhang, der durch die logische Sonderung und Trennung ausgedrückt ist. Der Erkenntniswert dieses primären Urteils liegt darin: Im Unterschied von der Unbestimmtheit und dem Fluß des Wahrnehmungsverlaufs wird die Fixierung einer in der Wahrnehmung enthaltenen Beziehung erreicht. Es handelt sich nun um die Bedingungen, unter denen dies Urteil entsteht, nicht aber um die genetische Erklärung. Diese gehört der Logik nicht an. Die erste Bedingung, durch welche aus dem Vorstellungsverlauf das primäre diskursive Urteil [sich sondert], ist der Vorgang der Aufmerksamkeit, welcher den Bewußtseinshorizont auf ein Aufzufassendes einengt. Seine Leistungen, psychologisch angesehen, sind die primären Operationen. Eine andere Leistung ist inhaltlich die Apperzeption unter den erworbenen Zusammenhang des Seelenlebens. Die Einordnung des Wahrnehmungsverlaufs in Kategorien ist die zweite Bedingung dieses primären diskursiven Urteils. Sie gehört, wie die primären vorsprachlichen Operationen, schon der Apperzeption der Eindrücke an. Der Subjektivierungsvorgang ist die selbstverständliche Auffassungsform, welche den Wahrnehmungsablauf einem Ich verständlich macht. Jedem solchen Verlauf wird nach der Form des analogischen Denkens ein Subjekt, welches der Träger der Veränderungen ist, zugrunde gelegt. Damit ist auch die Anwendung der kausalen Relation in dem festen Verhältnis, nach welchem dies Subjekt Ursache ist und Wirkungen von ihm prädiziert werden, gegeben. Mythische Stufe. Das Kind. Das primäre diskursive Urteil wird möglich – denn nur um Bedingung, Möglichkeit etc. handelt es sich, nicht um Erklärung –, wenn nun das erschaute Subjekt auf Grund der primären Operationen des vorsprachlichen Denkens durch einen Eigennamen oder auch nur impersonal benannt oder auch einer Allgemeinvorstellung und dem Wort für sie unterworfen wird. Das Prädikat fordert immer diese Allgemeinvorstellung. Sonach ist die Bedingung des primären diskursiven Urteils nach dieser Seite der Abstraktionsvorgang, wie er der vorsprachlichen Operation angehört. Ein Subjekt kann dann weiter mit einem andern verglichen werden, und für diese Vergleichung wird, sofern sie Qualitäten betrifft, das Wort der angemessene Ausdruck sein. Betrifft sie Größenverhältnisse räumlicher Art, so ist bereits das Wort nur Mitteilungsform für die geometrische Anschauung, die in sich reinlich abgeschlossen ist. Allgemeine Größenverhältnisse zwischen gege-
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benen Gegenständen müssen ebenfalls in Worten ausgedrückt werden. Die Gleichung entsteht erst, wenn von der Bestimmtheit der Gegenstände abgesehen wird. Dann treten Zahlen oder Buchstaben an die Stelle der Worte. Andere Formen des diskursiven Urteils entstehen, indem Verhältnisse, die Inhalt oder Umfang des Begriffes betreffen, ausgesprochen werden. Ein Subjekt wird definiert durch die Beziehung seiner Merkmale. Es wird einer Klasse, d. h. einem Inbegriff von Bestimmungen, die einer Anzahl von Subjekten zukommen, untergeordnet. Es wird disjunktiv die Reihe der Glieder einer Einteilung ausgedrückt. In allen diesen Fällen ist das kategorische Urteil die angemessene und natürliche Form der Aussage. Die Intention ist, das dem Subjekt Zugehörige in irgendeiner Richtung des Denkens auszusprechen. Die Einordnung von P in S vollzieht sich, indem der einfache oder zusammengesetzte Prädikatsbegriff in S gefunden wird. Daher fällt der Subjektsbegriff in den Umfang des Prädikats. So entsteht ein doppelter Gesichtspunkt für die Auffassung aller dieser Urteile: inhaltlich die Einordnung des S in P, dem Umfang nach das Fallen des S in den Umfang von P. Diese doppelte Betrachtungsweise kann dann durchgeführt werden durch alle Denkformen, in denen kategorische Urteile durch kategorische Urteile verbunden werden.
3. Von diesen kategorischen Urteilen sind die zu unterscheiden, in welchen Verhältnisse von Setzungen ausgesprochen werden. Solche sind das hypothetische und disjunktive Urteil. Die Form der Disjunktion nimmt verschiedene Verhältnisse in sich auf. Wir sahen eben, daß auf Grund der in der Einteilung enthaltenen Verhältnisse eine Disjunktion auftreten kann. Die Disjunktionsform selber aber ist von diesem möglichen Inhalte, der in sie eingehen kann, verschieden. Sie bezeichnet ein Verhältnis der Abhängigkeit, nach welchem Bestimmungen irgendwelcher Art von einem Subjekte durch Ausschluß gesetzt oder durch Setzung ausgeschlossen werden können. Abhängigkeit zwischen Setzungen, ganz allgemein genommen, ist eine Art von Beziehung, welche von der Prädizierung unterschieden ist. Man kann wohl künstlich Prädizierungen in Abhängigkeit umsetzen, indem man das Prädikat als vom Subjekt abhängig auffaßt. Dann ersetzt man durch eine abstrakte logische Beziehung die Auffassung realer Verhältnisse. Es ist ganz so, wie man durch Quantifizierung kategorische Urteile auch in Gleichungen umsetzen kann. In beiden Fällen wird die natürliche Beziehung mit ihrem konkreten Gehalt in eine abstrakte umgesetzt. Und in beiden Fällen erreicht man die Möglichkeit, eine allgemeine künstliche Form durch alle Urteile durchzuführen.
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Abhängigkeit beruht inhaltlich auf der Erfahrungsgrundlage der Regelmäßigkeit in der Aufeinanderfolge, der Koexistenz oder, bei der Disjunktion, der Regelmäßigkeit noch zusammengesetzterer empirischer Verhältnisse. Empirische Abhängigkeit, Funktionsverhältnis, etc. Notwendigkeitsverhältnis (wenn zwei Größen einer dritten gleich, dann untereinander). Für die Verhältnisse der Abhängigkeit ist weder Einordnung noch Umfangsbeziehung der angemessene Ausdruck. Eine Umfangsbeziehung ist in dem Verhältnis überhaupt nicht enthalten.
4. Die Gleichung Vertauschbarkeit der beiden Glieder. Sonach Unterscheidung von Subjekt und Prädikat ist gar nicht anwendbar.
4. *Primäre Denkoperationen im Gebiet des Gefühls348 Diese Operationen werden strukturell, d. h. nach ihrer Leistung angesehen. Diese kann vollbracht werden auf allen Gebieten auch ohne die Sprache. Die Vorstellungen als solche reichen auch aus, um die Schätzung und Vorziehen feststellen zu lassen.
1. Primäre Operationen. Auf eine Dissonanz folgt eine Konsonanz. Ich bemerke den Unterschied im Gefühl. Grad ist zu eng für die Unterschiede. Es ist ebenso räumliches Erstrecken etc. Abstrahieren ist eine vom Trennen verschiedene Operation. Hier zeigt sich wieder, wie sie innerlich zusammenhängen. Beim Getrennt-werden finden sich auch die Teilinhalte, welche an derselben Sache. Ich kann nicht abstrahieren, wenn ich zwei Blumen finde, von der Einheit. Grad ist der spezifische Unterschied von Intensität. Dieser in allem Trieb, Fühlen, Wollen.
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2. Feststellen der Beziehungen am Wirklichen Wir machen uns einen mittelbaren Inhalt dadurch klar, daß wir ihn zum höchsten Bewußtsein erheben, ein aus mehreren Inhalten Zusammengesetztes machen wir uns dadurch deutlich, daß wir, nachdem wir die Inhalte (Unterschiede) getrennt haben, nun die Beziehungen, Verhältnisse zwischen ihnen bemerken, ins Bewußtsein erheben. Wert ist immer nur in Relation zu anderem da.
5. Das diskursive Denken und die realen Kategorien349 1. Die Aufgabe350 Aufgabe: Beschreibung und Zergliederung des Denkens. Diese Aufgabe ist bestimmt durch die deskriptive und zergliedernde Psychologie. In allen Prozessen des Seelenlebens ist Denken enthalten. So entsteht ein Zusammenhang des Denkens, welcher durch alle Stufen des Seelenlebens hindurchgeht. 1. Vom Bild zum Gegenstand in der Wahrnehmung und von da zum Urteilen über Wirklichkeit und zur Feststellung der gegenständlichen Ordnung derselben nach Gesetzen. 2. Schon die Engländer erkannten den zusammengesetzten Vorgang des Gefühlslebens, welcher Wertbestimmungen von ganz verschiedener Art hervorbringt. Die Gefühle ersten Grades werden in ihren Zusammensetzungen und Verhältnissen (nach Stärke, Übereinstimmung, Verbindungsart usw.) zum Ausgangspunkt des Gefallens und Mißfallens, der Billigung und Mißbilligung. So entstehen die Gefühle zweiten Grades. Schon diese Vorgänge vollziehen sich auf Grund der primären logischen Operationen von Vergleichung, Beziehung, Verbindung und Trennung. Indem nun das diskursive Denken sie zu seinem Gegenstand macht, entstehen die moralischen und ästhetischen Urteile. Wertbestimmungen, sofern der Lebenswert der einzelnen Gefühle und ihrer regelmäßigen Ursachen im Ganzen des Seelenlebens bestimmt wird. So entsteht die Wendung von dem im Gefühl enthaltenen Erlebnis zu der Aussage über Wirklichkeit, die in der Zergliederung des Erlebnisses und seiner objektiven Beziehungen besteht. Allgemeine Wertlehre. Hauptsatz: Das Erlebnis, das als solches Wirklichkeitserfahrung ist, wird erhoben zur Aussage über Wirklichkeit. Und so tritt es in den Zusammenhang der unter 1. entwickelten Wirklichkeitserkenntnis als ein Teil derselben.
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3. Unter Zwecksetzung verstehen wir die Intention = die Willensrichtung, welche auf Grund der Wertschätzungen eine Veränderung in einem bestehenden Zustand herbeizuführen strebt; dies kann ein innerer oder ein äußerer sein. In beiden Fällen wird eine Anpassung an die Bedürfnisse des Subjektes herbeigeführt. Hierbei ist ganz gleichgültig, welche Theorie die erklärende Psychologie über Intention oder Willensbestimmung aufstellt; es handelt sich nur um Deskription und Zergliederung. Die höchstentwickelte Zwecksetzung enthält in sich das Wählen oder Vorziehen; dies ist ein Akt, der eine Bestimmung des Verhältnisses der Werte herbeiführt, im Begriff der Willensbestimmung feststellt und die Mittel für die Zweckbestimmung auswählt. Auch hier wieder bleibt die Frage nach der Freiheit in diesem Satz aus dem Spiel. Die Willensintention ist zunächst Erlebnis. Ihr Ausdruck ist der Imperativ. Der Vorgang des Willensaktes enthält in sich die primären logischen Operationen; sie sind die Bedingungen der Wahl, des Vorziehens, das Erlebnis wird dann für das Denken gegenständlich. So entsteht auch hier das Urteil, welches die Wirklichkeit des Erlebnisses zum Gegenstand hat, dann dasjenige, welches aus der Vergleichung dieser Erlebnisse eine Gesetzlichkeit oder Regelgebung in ihnen ableitet. Und so werden auch die Zweckbestimmungen in den allgemeinen Zusammenhang der Erkenntnis der Wirklichkeit eingeordnet. An dem Beginn der Grundlegung steht die Gesetzmäßigkeit des Denkens, diese enthält die Normen, an welche das Denken gebunden ist; aber eine Norm ist nur der allgemeine Ausdruck für das tatsächliche Verhältnis, daß das Bewußtsein von Evidenz in jedem Fall an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Und so wird die zunächst vorausgesetzte Gültigkeit der Normen zu einer Eigenschaft der Gesetzlichkeit des Denkens, welche schließlich zu dem realen Prozeß der Erkenntnis ins Verhältnis gesetzt werden muß. Wir vertrauen uns dem Denken an; indem wir von der formalen Logik vorwärtsgehen zu dem Problem vom Rechtsgrund dieses Verfahrens, treten wir aus ihr in die Erkenntnistheorie. Das Denken bildet sonach einen Zusammenhang höchst lebendiger Art, welcher die drei Gebiete der seelischen Struktur umfaßt und von den elementaren Operationen zu den Formen des diskursiven Denkens hin entsteht. An der Grenze der Sprache steht das schweigende Denken. Pestalozzi = Anschauung. Carlyle. Begriff des diskursiven Denkens. Rezeptivität. Spontaneität. Ein kontinuierlicher Zusammenhang geht von der Wahrnehmung zur Anschauung, von da zum diskursiven Denken des empirischen Bewußtseins und von da zur Wissenschaft. Ebenso aufwärts vom Gefühl und der Zwecksetzung. So entspringt die Aufgabe: Beschreibung und Zergliedern des Denkens in dem ganzen Umfang seiner Gegenwart in den seelischen Prozessen. Nun kann aber die Gesetzmäßigkeit desselben nur an den entwickelten For-
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men des diskursiven Denkens entwickelt werden. Sonach bestimmt sich die Aufgabe näher dahin: diese zu beschreiben und zergliedern. Alsdann erst kann sie zu den elementaren Operationen in Beziehung gesetzt werden.
2. Gegenstand und Methode der Logik; Stoff und Form des Denkens351 Sonach bildet den Gegenstand der Logik der Zusammenhang des menschlichen Denkens. Dieser reicht von der Wahrnehmung, welche ich jetzt eben mache, oder von dem Erlebnis bis zu dem Zusammenhang der Wissenschaften. Sonach ist es der Zusammenhang des Denkens in der fortschreitenden Menschheitsgeschichte der Wissenschaft. Darin keine Überschreitung des kritischen Standpunktes. Dieser Zusammenhang kommt zustande durch lauter einzelne Denkakte. Denkakte sind Urteile, Urteil ist die Zusammenfassung eines Mehrfachen zu einer Einheit. Zusammengehörigkeit wird ausgesagt. Dieser Ausdruck bezeichnet ein Gegenständliches, welches ich meine, wenn ich S und P in Verhältnis setze. Jede Sonderung oder Angabe von Unterschied ist darin enthalten. Durch die Verbindung der Urteile im Zusammenhang der Erkenntnis entsteht die gegenständliche Ordnung nach Gesetzen als enthalten in dem Inbegriff von Wahrnehmungen und Erlebnissen mit den Denkgesetzen. So hat das Urteil auf allen Stufen zwei Seiten: die gegenständliche des Aktes und die inhaltliche dessen, was in den Akten als Gegenständliches ausgesagt wird. Die Logik hat sonach den Denkzusammenhang zu zergliedern, die Gesetze desselben aufzusuchen, die Formen zu sondern und die Bewußtseinsbeschaffenheit festzustellen, in welcher eine Repräsentation, ein Begriff, eine Zusammengehörigkeit im Urteil, eine Gültigkeit in einem allgemeinen Satz usw. ausgesagt wird. Der Zusammenhang des Denkens ist das Korrelat des Denkens des Gegenständlichen nach Gesetzen. In allen allgemeingültigen Urteilen ist die Aussage von Realität enthalten; das Denken ist nur Erkennen durch diese Beziehung auf Realität. Reine Logik als Auffassung der Gesetzmäßigkeit hat mit dem Problem der Realität nichts zu tun, sondern beschreibt die Beziehung, welche zwischen Wahrnehmung, Urteil, Gültigkeit der Urteile, an sie geknüpfte Voraussetzung von Realität gegeben wird. Diese Beziehungen sind allgemein, unabhängig von den kommenden und gehenden Inhalten; sie muß also den Stoff … [Text bricht ab]
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3. Die inhaltlichen Kategorien und die Denkformen352 I. [1.] Das diskursive Denken scheint ganz andere Formen zu enthalten, deren Verhältnis zur Wirklichkeit nicht gefunden werden kann. Nennen wir diese Formen und die mit ihnen verbundenen Denkgesetze den Logismus = den Inbegriff der in dem Denken enthaltenen Bedingungen, welche wir an die Wahrnehmungen heranbringen. Einfache Fälle: Der Baum hat einen Stamm. Dieser Baum ist grün. Der Mörder hat den König erschossen, etc. Die Art, wie hier das Subjekt in das Prädikat hineinfällt etc. – die formalen Eigenschaften, die in diesem Urteil [liegen], bedingen dann den Syllogismus. So nimmt Kant sie als ein der Wirklichkeit fremdes Gesetz. Aristoteles und [die] Identitätsphilosophie als Gesetz des denkenden Subjektes, das gänzlich der Vernunft der Dinge entspricht. 2. Die Aufgabe ist Analysis des Logismus Derselbe kann dargestellt werden als die Synthese, welche die realen Kategorien mit den formalen Operationen eingehen. In den Denkformen ist nichts enthalten, was über eine solche Synthese hinausginge. Sie lassen sich als Verbindung beider auffassen. Der Logiker und Erkenntnistheoretiker ist mit diesem Satz zufrieden. Die genetische Erkenntnis dieser Formen ist ein psychologisches und sprachwissenschaftliches Problem, zu dessen Lösung nur entgegenstehende Hypothesen zur Verfügung stehen, die in verschieden unvollkommenen Stadien sich befinden. Dieses Problem gehört der erklärenden Psychologie an. Die Logik und Erkenntnistheorie kann auf solche Hypothesen nicht begründet werden. Aber die Analysis der Erkenntnistheorie erweist, daß nicht mehr in ihnen enthalten ist, und kann den Erkenntniswert dieser Bestandteile bestimmen. Beweis, daß der Logismus von ihnen abhängt, und Nachweis der Mangelhaftigkeit der reinen Logik. Urteil: Treu-sein ist schön, gut etc. Urteil: Ich will heute schließen, damit ich nicht ausgeschlossen [?] werde etc. Du sollst nicht töten etc. Hier liegen Formen vor, die ebenso Urteile über Wirklichkeit, Wirklichkeitsurteile sind […].
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II. Die realen Kategorien sind in dem Strukturzusammenhang des psychischen Lebens gegründet; die äußeren Tatsachen sind so geartet, daß sie durch die in diesem Strukturzusammenhang enthaltenen Kategorien interpretiert und in Zusammenhang gebracht werden können. In diesen Sätzen liegt keine Hypothese, sondern zweifellos ein in diesen Erfahrungen enthaltener Befund. Ich beweise dieses: 1. Die Sinnesdata und die primären Operationen enthalten keinen realen Zusammenhang. Sie liefern Koexistenz und Abfolge, Dauer und Veränderung, Gleichförmigkeit, Unterschied, Abhängigkeit usw. In diesem allem sind keine inneren Verbindungen enthalten. Die inneren Verbindungen sind somit nicht in den Wahrnehmungen irgendwie enthalten. Die realen Bänder ihrer Verknüpfung müssen aber anderweitig gegeben sein. 2. Nun könnte der reale Zusammenhang, insbesondere Kausalität und Substanz, Bedingungen sein, die im Logismus gegründet wären: Funktionen des Intellekts. Kant, Schopenhauer, die Identitätsphilosophie. Dann müßten sie aber durchsichtig für den Verstand sein. Denn: a) was im Verstand als dessen Funktion enthalten ist, muß diesem durchsichtig sein. Hiervon ist das Gegenteil der Fall. Substanz (Ding) ist für den Verstand etc. = Einheit in der Vielheit, Selbigkeit in der Veränderung. Kausalität ein Wirken der Ursache in einem anderen in der Veränderung, ein Überspringen. b) Dazu kommt der Erdgeschmack dieser Kategorien, nach welchem sie in ihren primitiven Formen im empirischen Bewußtsein gleichsam der inneren Erfahrung aufgewachsen sind. Wirken, Kraft, Wille. Selbigkeit in der Veränderung etc. Vielheit als ein zusammenhaltendes einwohnendes Lebendiges. c) Ferner beruht diese Ansicht auf der Annahme einer bestimmten Anzahl und Absonderung. Schon Fichte sah die Schwierigkeit in Kants Lehre. So kam er zu dem Übergang derselben ineinander. Hegel: Dialektik. d) Endlich sind sie den Kategorien gleichartig, deren Ursprung aus der inneren Erfahrung gar nicht bezweifelt werden kann: Wert, Zweck. So ist Kants Kategorienlehre wahr und unerschütterlich in der Abweisung der Ableitung aus der äußeren Erfahrung. Enthalten in der Auffassung als Logismus. Sonach schließen wir: Die realen Kategorien entwickeln sich nicht apriori oder aus äußerer Erfahrung oder aus der Verbindung der inneren und der äußeren Erfahrung. Diese Ableitung ist nicht haltbar. Hobbes zuerst. Hume. Widerlegung bei Sigwart. Diese Ableitung ist wahr und unerschütterlich in der Einsicht, daß ohne die Erfahrungen von Sukzession, Koexistenz, Gleichförmigkeiten, Ab-
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trennung von Aggregaten aus ihrer Umgebung in der Ortsveränderung etc. die Außenwelt nicht in diese realen Zusammenhänge gebracht werden könnte. Es müssen in dem Wirkenden Zusammenhänge bestehen, welche sich in den physischen Erscheinungen äußern und diese Interpretation ermöglichen. Aber hierüber können wir nicht hinausgehen. Wir können nicht mit Schopenhauer oder Spinoza oder Schelling ihre Identität im Inneren und Äußeren postulieren, wir können aber auch nicht aus den Sinnendata diese Zusammenhänge ableiten. Sonach entstehen die Kategorien und die Urteilsformen, in denen sie enthalten sind, aus der Anwendung des im Strukturzusammenhang Gegebenen auf die äußere Welt vermittelst der formalen Operationen. III. Die realen Kategorien In den Eigenschaften des strukturellen Zusammenhangs sind gegeben: Selbigkeit, Wirken, Leiden, Ganzes, Wert und Zweck. Aus ihnen werden an der Außenwelt die weiteren realen Kategorien Substanz und Kausalität (im Sinn des Kausalgesetzes) entwickelt [?] […]. Ihre ungerechtfertigte Ausbreitung macht die Metaphysik möglich. Kant versuchte sie einzuschränken. Dies ist ein Hauptteil seines kritischen Geschäftes. Zugleich dasselbe wahr und unerschütterlich: sie haben verschiedenen Ursprung, und daher kann nicht etwa Zweck auf Naturzweck übertragen werden oder das Kausalitätsgesetz auf das Ich. Aber sonst bestehen reale Gründe ihrer Ausbildung. a) Jede allgemeinste Wahrheit über das gültige Denken kann als Regel angesehen werden, welche die Kunst des Denkens leitet. Ja, jeder allgemeine Satz ist Regel des besonderen. So gehen Wahrheiten in Regeln über. b) Wir erkennen nach Kausalität und aus Gesetzen. Aber angeeignet von einem Zustand wird die Anordnung des Erlebens und Erfahrens nur durch Werte und Zwecke. Hier ist die Wurzel der verschiedenen metaphysischen Weltanschauungen bloßzulegen. 1. Selbigkeit ist nicht Identität. Mittelpunkt des Strukturzusammenhangs und Bewußtseins jedes Objektverständnisses. 2. Verbindung [?] von beiden. Wir sahen diese Kategorien entstehen in den Erfahrungen von Impuls und Widerstand. Das Kausalgesetz entsteht erst durch eine Anwendung auf Wirklichkeit. Denn nur unter der Bedingung von causa aequat effectum kann das Denken zur Erkenntnis gebracht werden. 3. Substanz und Akzidenz. Das Ding ist das Korrelat der Empfindung, und zwar ist die Widerstandsempfindung seine Bedingung. Aber wir verlegen in dasselbe ein Selbst, das die Eigenschaften zusammenhält und selbig in der Veränderung ist. Substanz ist Beziehung des […].
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4. Wesen bezeichnet gleichsam die Lebensstruktur, in welche der Wert eingebunden ist […]. 5. Zweck. In der lebendigen Struktur ist enthalten ein Verhalten, nach welchem innere und äußere Handlungen auf eine Steigerung des Gefühlslebens, Harmonie desselben in sich und nach außen Befriedigung gerichtet sind. In dem, was im Gefühl etc. Zweckmäßigkeit, ist zunächst Eigenschaft einer Handlung im Verhältnis zu irgendeinem gesetzten Zwecke. Dies nenne ich die äußere Zweckmäßigkeit. Sie ist relativ, bedingt. Der Begriff kann aber dann auf den Strukturzusammenhang angewandt werden, sofern er Triebbefriedigung, Lebensfülle und Glück hervorzubringen die Tendenz hat. So entsteht die innere, immanente und absolute Zweckmäßigkeit. Das, was sich verwirklicht, ist der Wert des Lebens. Unter den verschiedenen Bedingungen, unter denen ein Organismus lebt, bringt sie Lebensreichtum, Triebbefriedigung und Glück hervor.353 IV. Diese Kategorien sind in den Urteilen enthalten. Formen des Urteils werden nach der Entdeckung Kants in ihren Verschiedenheiten durch die Kategorien bestimmt, welche in ihnen zum Ausdruck gelangen. V. Die realen Kategorien drücken also die realen Beziehungen, welche innerhalb der geistigen Tatsachen stattfinden, in objektiver Weise aus.354
6. Das im Selbst und Äußeren Gegebene: Grundkategorien355 Satz 1: Die logischen Kategorien und das ihnen entsprechende wissenschaftliche Denken erweisen sich als das Spätere. Umkehrung des Verhältnisses etc. Satz 2: In Sprache, Religion und Mythos und Poesie sind die Verbindungsweisen in ihren annähernd ersten Formen aufzufassen. Wir verstehen diese Äußerungen durch das psychologische Verständnis und umgekehrt. Niemand hat bisher diese Verbindungsweisen in diesen Lebensäußerungen der Gesellschaft aufgesucht. Satz 3: Die grammatischen Kategorien sind lebendiger als die logischen. Sie können nicht aus den logischen bestimmt werden. Man wollte aus den logi-
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schen Kategorien die grammatischen ableiten, nie umgekehrt aus den grammatischen die logischen. Steinthal. Aus erklärender Psychologie als psychologische Formen. Diese erklärende Psychologie macht hier ihren Bankrott. Es zeigt sich, daß sie nicht die großen anthropologischen Tatsachen einschließt, sondern bloßer Verallgemeinerungsmechanismus ist. Wichtigkeit des possessivum, instrumentalis, finalis.
7. Psychologische Grundlegung der Logik (angeknüpft an Erdmann)356 Erkenntnistheorie und Logik haben es nicht direkt mit Beantwortung der Frage nach dem Ursprung der Erkenntnis, d. h. den seelischen Prozessen, in denen sie sich verwirklicht, zu tun; ihr Gegenstand ist die Sicherung des Erkenntniszieles. Sie betrachten aber die Denkverbindungen in Rücksicht auf die Verteilung der Rechtsgründe, auf denen Wahrheit beruhen kann. Dies ist die Wahrheit in der Stellungnahme Kants, wie sie Riehl, Cohen und Windelband ans Licht stellen. Aus ihr folgt, daß die Aufgabe der Erkenntnistheorie in der Erhaltung des Zusammenhangs des Wissens und der Erfahrung, des Erkenntniswertes seiner Bestandteile und ihrer Verbindungen – d. h. der Rechtsgründe für den Anspruch des Wissens auf Objektivität – gelegen ist, aber nicht in Bestimmungen über den Ursprung des Wissens. Bestimmungen dieser Art würden für die Erkenntnistheorie immer nur Mittel sein, und solange es nicht gelingt, solche Bestimmungen über den Charakter bloßer Hypothesen zu erheben, sind sie unbrauchbar. So ergibt sich eine innere Verbindung von Erkenntnistheorie und Logik, nach welcher deren Sätze von demselben Ziel bestimmt, sonach einem Zusammenhang angehörig sind. Auch die Frage, die Problemstellung muß in diesem Zusammenhang als eine logische Tatsache anerkannt werden (Erdmann, Frage kein Urteil; ebenso Brentano).357 Daraus würde folgen: Denken ist nicht urteilen, auch befehlen ist ja denken. Hieraus folgt, daß die psychologische Betrachtung der Denkprozesse, deren Kennzeichen ist, diese einzelnen Prozesse nach ihrer seelischen Allseitigkeit und allseitigen Bedingtheit aufzufassen, nicht ein Teil der Erkenntnislehre oder Logik, sondern ein Hilfsmittel derselben ist. Die Erklärung ist nur soweit in die Logik aufzunehmen, als sie für die Festlegung des Verhältnisses der Rechtsgründe in der Feststellung der Wahrheit als Mittel erforderlich ist. Daher ist es falsch, wenn Erdmann eine psychologische Urteilstheorie neben die logische und grammatische stellt, als einen selbständigen Bestandteil
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der Logik. Psychologische Deskription ist selbstverständlich einbezogen [?] in die Logik: Denn die Zweckhandlungen, welche das Wissen in sich faßt, vollziehen sich ja in dem Seelenleben. Seine psychologische Theorie will nicht nur das Sichere, Deskriptive als Mittel benutzen, sondern möchte eben den ganzen Prozeß erklären; dies kann nur durch Hypothesen geschehen. So wird die logische Theorie durch ihn verwickelt, verworren und unsicher gemacht anstatt begründet zu werden. Dazu will nun aber das Mißgeschick, daß die psychologische Grundlegung nichts als die antiquierte Apperzeption von Steinthal ist. Für die schweigenden Vorstellungen wird in dem Aufsatz über Apperzeption nach einer höchst überflüssigen Polemik gegen nicht voll bewußte Vorstellungen der Ausdruck Dispositionen gesetzt.358 Nun ist aber 1. die Steinthalsche Reduktion aller Vorstellungs- und Denkprozesse auf Apperzeptionen zweifellos einem Beweis nicht zugänglich. 2. Der mechanistische Charakter dieser Lehre wird von den echten lebenden Psychologen, James, Wundt, Stumpf mit guten Gründen verworfen. Es ist daher sonderbar, ohne Widerlegung dieser Forscher mit diesem veralteten Apparat zu arbeiten. Vieles bei Erdmann ist nur Beschreibung, insofern also richtig. Die darüber hinausgehenden Hypothesen sind aber für die Logik ganz unbrauchbar, weil sie von den hervorragendsten Psychologen gar nicht angenommen werden und ebensowenig von den hervorragenden Logikern, wie Schuppe und Sigwart. Von dieser mechanistischen Anschauung aus ist dann natürlich das Urteil, die in ihm bewußte fortschreitende Tätigkeit nur der Vorgang sprachlicher Registrierung dessen, was sich mechanistisch vollzogen hat. Insofern liegt es außerhalb des Apperzeptionsvorgangs. Anderseits aber ist die tatsächliche Leistung, die im Urteil vorliegt,359 eine Leistung des Apperzeptionsmechanismus, sonach wird das Bewußtsein der Spontaneität der Denkakte ohne Beweis eliminiert anstatt das im Bewußtsein Gegebene eines Aktes als Bewußtseinstatsache hinzunehmen. Dem Verschmelzen im Apperzeptionsprozeß entspricht sachlich360 die Wiederholung des Gleichen, diese wird daher zum Prinzip der Gewißheit. Das logische Prinzip der Einordnung, welches hieraus abgeleitet wird, ist nun wiederum keineswegs ein folgerichtiges Ergebnis dieser mechanistischen Voraussetzung. Die Logik, welche von diesem Standpunkt aus sich ergibt, würde vielmehr in der Gleichung, in der Feststellung einer geometrischen Beziehung in dem Unterscheidungs- und Gradurteil, in dem Urteil der Anwesenheit eines Tatbestandes als dem Ergebnis experimentellen Denkens Urteilsweisen anzuerkennen haben, neben welchen das Einordnungsurteil nur eine Form ist.
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So würde die Logik auf die hohe See moderner Wissenschaft hinausgeführt, sie hätte eine Theorie zu entwerfen, welche allen diesen Urteilsweisen eine gemeinsame Formel unterlegte. Diese läge dann in dem Vollzug einer Vorstellungsverbindung, welche auf Grund des Zusammenhangs, in dem sie auftritt, vom Bewußtsein der Gültigkeit begleitet wäre.
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C. ENTWÜRFE UND FRAGMENTE ZUR THEORIE DER WERTSCHÄTZUNG UND WERTSYSTEMATIK (ca. 1905–1911)
Die Zusammenhänge, in denen die Wertschätzung sich ausbildet 1. Das Leben361 1. Das erste ist, daß der Mensch im starken Gefühl seiner selbst im Genuß der Dinge lebt = Wert. Dieser ist losgelöst. Wenn das Individuum aber zurückblickt auf die Momente, die Werte enthielten, das Gewebe, in dem Schicksal und Charakter – Kausalzusammenhang. Bewußtsein von Bedeutung des Daseins. Indem es das Leben zu gestalten sucht, entsteht das Ideal. 2. All dieses ist bestimmt von einem Unanalysiertsein von Trieb, Gefühl etc. 3. Jeder Mensch, jede Zeit besitzt die Verehrung von Schicksal … [Text bricht ab]
2. Wertlehre362 1. Auch die Gefühle sind verwebt in den seelischen Zusammenhang. Sie treten auf als Unbehagen an der Unsicherheit des Denkens, als Spannung der geistigen Arbeit, als Befriedigung der ernsten Erkenntnis, als Lust an Gegenständen oder an sich selbst als das Unbehagen ungestillten Begehrens, Freude des Wirkens oder unlustige Spannung in ihm, als Befriedigung des erfüllten Willens. So sind sie beinahe in jedem Erlebnis als ein Moment gegenwärtig. Aber darin unterscheiden sie sich von den Erlebnissen des gegenständlichen Auffassens, daß sie nicht untereinander einen Zusammenhang bilden, in keinen Beziehungen zueinander stehen. Wie das Licht, das auf den Wellen aufblitzt und erlischt, wie sie sich bewegen, kommen sie und verschwinden sie.
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2. Quantitative und qualitative Mannigfaltigkeit. Beziehung einer Klasse derselben auf Gegenstände der anderen, auf die subjektive Zuständlichkeit. Beide also stehen im Verhältnis zu dem Wahrnehmen. Der physische Schmerz und Lust gehört zu den auf das Subjekt bezogenen Gefühlen. 3. Dieser weite Umkreis ein Verhalten: Lust an, Schmerz über = Verhalten zum Gegenstande. Mir ist wohl, mir tut wohl = Verhalten zum Subjekt. Gefühl Verhältnis von Gefühl und Ausdruck. Alles, was als Ausdruck eines Gefühles sich kristallisiert hat, ruft das Gefühl zurück. Die Tonwelt ist am meisten geeignet, die innere Welt im Gegensatz zur gegenständlichen abzubilden. Freiheit von der Wirklichkeit … [Text bricht ab] In die Wertlehre einzufügen, daß sie eine bloße Abstraktion ist, die von der spezifischen Natur der Werte absieht und nur die Intensitätsgrade mißt. Unsicherheit der Schätzung. Unanwendbarkeit der Mathematik.
3. *Gefühl und Wertbestimmung363 Ich ergänze früher Ausgeführtes, indem ich den Zusammenhang näher bestimme, in welchem die Wertabschätzung sich ausbildet. Die Zergliederung unsres Gefühls- und Trieblebens ist das schwierigste Geschäft der Psychologie. Denn die Auffassung der Außenwelt und der auf sie gerichteten Zweckhandlungen ist durch die Beziehung auf die Sinnenerkenntnis der Deutlichkeit derselben teilhaftig. Aber was für unser Glück am meisten entscheidend ist, die Abschätzung der Werte und Güter, die in der Berührung des Lebens mit unsrer Innerlichkeit sich vollzieht, die Bildung des Charakters vermittelst der Erfahrungen, welche die auf sie gegründeten Willensentscheidungen uns machen lassen, ist schwer zu enträtseln, zumal wir dem bewußten Aufmerken auf diese Vorgänge gern aus dem Wege gehen. Die Möglichkeit, daß wir zweckmäßig handeln und uns im Kampf mit den Umständen erhalten, ist zunächst daran gebunden, daß unsre Gefühle, Triebe und Leidenschaften in gewissen rohen Umrissen zweckmäßig wirken. Unsere physischen Schmerzen und Freuden sind innere Zeichen für die Zustände derjenigen Gewebe, die durch sensible Nerven mit dem Gehirn in Verbindung stehen. Aber in den physischen Gefühlen drückt sich nur die unmittelbare und augenblickliche Wirkung, etwa eines äußeren Reizes, aus. Nahrungstrieb, Geschlechtsliebe und Pflege der Nachkommenschaft sowie Schutztriebe, diese drei stärksten
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unter unsren physischen Trieben, welche auf Reflexmechanismen beruhen und die menschliche Welt gemeinsam durchherrschen, regulieren nur in sehr grobem Umriß die Erhaltung des Individuums und den Fortbestand der Art. Und selbst die Leidenschaften wirken als Kräfte, die vorwärts treiben; der Zorn stattet das Individuum mit einer plötzlichen Energie aus, die auch den Schwächeren zur Abwehr befähigt; und das Rachegefühl mindert die Masse des Unrechts. Auf der Grundlage dieser elementaren Formen von Zweckmäßigkeit bewirkt dann die Lebenserfahrung eine richtigere Abschätzung der Güter und eine größere Zweckmäßigkeit der Handlungen. Wie im Erkennen und in der Regelgebung des Handelns geht auch hier das Denken von dem Zufälligen, Einzelnen, Subjektiven und Relativen in den Erlebnissen fort zu unvollkommenen Verallgemeinerungen, die dann allmählich verbessert werden. Ich nenne diesen Teil der Erfahrung die Lebenserfahrung. Ihr Gegenstand sind die Lebenswerte. Welcher ist der Wert der Leidenschaften für unser Glück? Oder der Aufopferung oder des Ruhmes? Gemeinsame Erfahrungen der Gesellschaft machen sich geltend. Das Recht und die Sitte, welche diese hervorbringt, haben zu ihrem Hintergrunde Vorstellungen von der Abstufung der Werte, die an der Erfahrung gewonnen sind. Der einzelne befreit sich durch seine Erfahrungen von den Illusionen der Leidenschaft, lernt Resignation üben und entdeckt neue Quellen von Glück in ruhigen Zuständen. Dies erfahrende Denken tritt zunächst als unmethodische Lebenserfahrung auf. Hervorgetrieben von den Enttäuschungen der momentanen Lust, grenzenloser Leidenschaft und der Willkür des Herzens bringt es feinere und höhere Einsichten über die Werte des Lebens hervor. Indem es nun aber seine Grenzen erfährt, ja einer inneren Dialektik anheimfällt, die aus dem Mangel fester Grundlagen stammt, steigert es sich zur methodischen Lebenserfahrung. Ihr Ziel ist ein System der Lebenswerte von allgemeingültigem Charakter. Diese sind immanent, sofern sie einem Zustand der Seele zukommen. Sie sind äußere, sofern sie demjenigen außer uns zukommen, das eine Fähigkeit hat, innere Lebenswerte zu erzeugen. Die wichtigsten und tiefsten Lebenserfahrungen machen wir in uns selber. Jedes Erlebnis, sofern in ihm ein Lebenswert aufgeht, ist eine solche. Wir werden aber auch belehrt als Zuschauer, welche die Passionen der Menschen gewahren – ihre Leidenschaften, die bis zur Zerrüttung ihrer selbst und folgerichtig ihres Verhältnisses zu andern hinführen – ihre Leiden, die hieraus folgen. Und in großen Zügen zeigt die Historie uns menschliches Schicksal.
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4. Anfang der Weltanschauungslehre364 [I.] Jede menschliche Weltanschauung erwächst aus dem Ineinanderwirken von drei Momenten. Das zentrale und mächtigste erwächst aus dem Leben selbst. In ihm entsteht das Bewußtsein von dem Wert, der Bedeutung und den Zwekken des Einzellebens selbst. Hierher die Hauptsätze der Abhandlung.365 1) Entstehung dieser Kategorien aus den Beziehungen des Zeitverlaufs. 2) Ausbildung eines Systems von Begriffen aus der Reflexion auf das Leben, Ganzes und Teil, Lebenszusammenhang, erworbener Zusammenhang des Seelenlebens, Bildung einer zentralen Kraft, die beharrlich, aber in der Kontinuität nach dem im erworbenen Zusammenhang enthaltenen Gesetz sich fortbildet etc. 3) Wert, Bedeutung und Zweck werden bestimmt duch die Zeitverhältnisse des Lebens. Es ist eine Entwicklung (in dem Sinn einer Bestimmung von Innen, nicht des Fortschritts, welche von Geburt und Tod umgrenzt ist). Das Mysterium des Lebens liegt nun darin, daß wir weder wissen, woher wir in das Leben getreten sind, noch wohin wir gehen. So wird auch die Bedeutung des Lebens nur in der individuellen Subjektivität erfahren, kann also an keinem Zusammenhang gemessen werden. Und da nun der Tod so über den ganzen Sinn unseres Lebens entscheidet, so ist seine Deutung für die des Lebens selbst bestimmend. Der ganze Kampf um eine Weltanschauung dreht sich um die Vorsehung, in welcher die Bedeutung des Lebensverlaufs selbst und sein Zusammenhang mit dem Unsichtbaren sich ausdrückt, und um das Schicksal nach dem Tode. Von hier aus entstehen nun verschiedene Weltanschauungen. Sie sind bedingt durch die Tapation [?] der Lebenswerte: a) nach der Empfindlichkeit in Bezug auf die Leiden, b) danach, ob in einer Seele die Natur der Zeit mit ihrem rastlosen Fluß die Korruptibilität des Lebens als die Lebenswerte aufhebend erlebt wird. Dann haben sie nur einen Wert in ihrem Bezug zu dem Ewigen, zu der Erhaltung jedes Geliebten, das stirbt, jeder Lebensverbindung in dieser Ewigkeit. Die so entstehende Weltanschauung ist religiös und in ihren Umwandlungen asketisch, übersinnlich bestimmter Theismus. Oder die Lebenswerte werden in einer Seele als ein Glück, ja oft einen grenzenlosen Wert in ihrer Vergänglichkeit in sich tragend gefühlt. Das ist die Wurzel jedes Erlebnisses der Immanenz des Göttlichen in der Welt. Oder aber der Geist verhält sich abweisend gegen die ganze Frage der Lebenswerte. Die roheste, sinnlichste Lebensauffassung genießt nur die Augenblickswerte, strebt rechnend sie her-
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vorzubringen und hat so keinen Antrieb, dem Leben im Ganzen einen Wert zuzuschreiben. II. Hier zeigt sich schon der Zusammenhang mit dem Weltbild und wissenschaftlichen Denken. Nur wenn das Individuum mit Naturverhältnissen sich in Zusammenhang setzt etc. III. Erweiterung der persönlichen Lebenszwecke vermittels der Tatsache allgemeiner Güter etc. Oberster Satz: Die Beziehung dieser drei Momente schafft die Weltanschauung. Diese ist nur dann folgerichtig, wenn diese Momente ihre Beziehung erhalten durch die einheitliche Stärke der Person. Ist dies nicht der Fall, dann entstehen die zusammengewürfelten, widerspruchsvollen, unvollkommenen Weltanschauungen.
5. Poetik366 Unter den Wissenschaften, welche im Verlauf der Literaturarbeit sich herausgebildet haben, befinden sich solche, in denen der Gegenstand Funktionen (Triebe, Gefühl, Wille) sind, die eine Art von Strukturzusammenhang bilden.
Poesie, ihr Zusammenhang und ihre Stellung im geistigen Leben oder: die Poetik im Zusammenhang der Geisteswissenschaften §1 Die Tatsachen im Zusammenhange des geistigen Lebens können auf eine doppelte Weise aufgefaßt werden. Dies ist darin gegründet, daß jedes Erlebnis zum Ausdruck gelangen kann. Als Erlebnis fällt es in die innere Wahrnehmung. Als Ausdruck eines solchen fällt es in die äußere und kann in dieser wahrgenommen werden. Erlebnis ist der allgemeine Ausdruck für die Art, wie jede Art von Tatsachen da ist für mich im Zusammenhang meines Lebens. Ausdruck ist die Art und Weise, in welcher auf Grund davon in der Struktur des Seelenlebens Erlebnis verbunden ist mit einem Zeichen. Zeichen ist für ein Erlebnis dasjenige, was nach der Struktur Streben nach Ausdruck ist. So der Rhythmus der Musik – so Sitte, Institution, Rechtsverhält-
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nis. Nun kann jedes Zeichen einen Ausdruck im Begriff finden. Dieses Zeichen gelangt zur Deckung mit dem Bezeichneten in dem Gebiet der sprachlich ausgedrückten Begriffe. §2 So entsteht eine große Mannigfaltigkeit von innerer Auffassung geisteswissenschaftlicher Tatsachen und von Begriffen, welche sie repräsentieren. Bedeutung ist nicht = Wert. Es ist Beziehung auf Werte durch ursächliche Verhältnisse. Vor allem aber ist im Leben einer Seele eine Abmessung der Werte möglich. Und dann ist Bedeutung mehr als das: Es ist ein Verhältnis, in dem die spezifischen vom Inhalt bedingten Werte zueinander stehen. Werte für das Subjekt können nicht für sich abgeschätzt werden, sondern nur im Verhältnis zu diesem bestimmten Leben und seiner Bedeutung. 1. Wesensbegriff der Poesie. 2. Umfang ihres Gebiets Lyrik Dramen etc. Leben. Reflexion. Bedeutung. Wert des Menschen in Lyrik geht in Bedeutung über.
6. Gefühl und Kunst367 Es gibt eine strukturelle Gesetzmäßigkeit des Gefühls. Diese wird beständig zerstört durch das, was in der Außenwelt den naturgemäßen Gefühlsablauf hemmt, wie durch das, was in uns selbst durch Erinnerung an eine Kränkung etc. hemmt. Es ist sonach zwischen dem tatsächlichen Ablauf in gegenständlicher Welt und dem Strukturzusammenhang eine Heterogenität. Diese wird aufgehoben durch das Schaffen objektiver Gebilde in der Phantasie, in denen die Divergenz zwischen der inneren Gefühlsgesetzmäßigkeit und der äußeren Gesetzmäßigkeit aufgehoben ist. Neue Gesetzmäßigkeiten eines Gegenständlichen werden geschaffen, um die innere Verbindung des Gegenständlichen mit einem einheitlichen Gefühlskomplex oder einem einheitlichen Gefühlsverlauf möglich zu machen. Der ästhetische Genuß dieser Gebilde ist eben das Erleben der inneren gesetzmäßigen strukturellen Beziehungen der Gefühle, durch welche diese ein Ganzes bilden. Und wir können dann dieses Ganze in einer Gefühlslage genießen, in welcher seine Gefühls-
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momente und deren Beziehungen zu einem Totalerlebnis oder einer Totalstimmung verknüpft sind. So entsteht die typische Form, in welcher eine Gefühlslage gleichsam undifferenziert da ist. Dieselbe kann aber erst in einem Nacheinander vollständig erlebt werden, sie wird durch verschiedene Stadien hindurch geführt, so gelangt diese am Schluß zu einem gesteigerten Bewußtsein. Es ist analog dem Erkenntnisvorgang. Das Totalgefühl findet in den einzelnen Stadien seine Erfüllung. So entsteht ein Ganzes, in dem alles seine Erfüllung gefunden hat. Was implizite in einem Gesamtgefühl schon war, wird explizite in einer gesetzmäßigen Folge zu höherem Bewußtsein gebracht, um dann wieder zu einer höheren Einheit zu werden. Die Kunst bringt die in jedem Menschen vorhandenen oder angelegten strukturellen Gefühlseinheiten zu distinktem Durcherleben. Wichtigstes Mittel der Kontrast. Gegen eine gegebene Gefühlslage scheinen besondere Gefühle andringen zu wollen. Ein Kampf entsteht, und aus diesem geht die Gefühlslage reiner, bewußter hervor. Es scheint ein Gesetz des Gefühlslebens zu sein, daß nur so ein Totalgefühl zu Bewußtsein gelangen und seine Erfüllung finden kann. In der Kunst sind also Mittel und Zweck nicht fremd gegeneinander. Es gibt hier keine in sich indifferenten Mittel für einen Zweck. Der Zweck ist das strukturierte Ganze selbst. Das Ganze, welches das künstlerische Erlebnis bildet, wird in einem Strukturzusammenhang gleichzeitig vorhandener emotioneller Elemente konstruiert. Es ist kein Abstraktum, keine Formung an sich disparater Elemente. Sonach beruht die Möglichkeit der Kunst auf gewissen Gleichförmigkeiten in den inneren Beziehungen zwischen Gefühl und Anschauung. Gleiche Gefühlslagen stehen unter gleichen Umständen in struktureller Beziehung mit Gleichheiten in der Anschauung. Dies ist das psychologische Postulat der Möglichkeit der Kunst. Solche Gleichförmigkeiten in der Anschauung sind Rhythmus, Variation des Themas, Symmetrie. Diese explizieren und bringen zum Bewußtsein Gleichheiten der Gefühlslage. Begründung Dasselbe Verhalten, das durch Lust oder Unlust charakterisiert ist, findet in einer Mannigfaltigkeit der Gefühle statt. Dieses besteht unterscheidend darin, daß die Lage im Gefühl erlebt, die Gegenstände in ihm durchgekostet und durchgenossen werden. Die Dichter lehren uns diese Mannigfaltigkeit und die in ihr bestehenden Beziehungen zum Bewußtsein zu bringen. Die Struktur des Gefühls liegt im Rückgang von den Gegenständen auf das Verhalten. Stim-
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mung ist diese Rückbeziehung, wenn sie leise Erzitterungen genießt und leidet. Gemeint ist das erinnernde Bewußtsein über die Gefühlsrelationen zu Sachen, Individuen, Gemeinschaften. Begriff der Disposition. Jede Gefühlszuständlichkeit drückt nur das unfaßliche Verhalten der Tiefe des Subjektes zu der Lage in den Gegenständen aus. Die Grundlage des Fühlens ist also das gegenständliche Auffassen. Das Gefühlsleben ist das Verhalten zu objektiv gegebenen oder als möglich oder als eingebildet vorgestellten Lagen oder Gegenständen. Beispiel der Musik. Wechsel der Tonbilder ist unterschieden vom Wechsel der Gefühle. Die innere Anschauung beider zueinander ist ein Verhalten zu den Tonbildern = Struktur. An demselben Gegenstand Variationen des Gefühls und umgekehrt. Verhalten und Gegenstand sind unabhängig voneinander variabel im Gefühl, können aber realiter ohne einander nicht bestehen. Interpretation der in Tönen bestehenden Gegenständlichkeit ist verwandt mit der Interpretation der Natur. Die Interpretation geht von der Einfühlung des Beschauenden aus und fühlt das Verwandte nach. Herausfühlen ist die auf die Interpretation einer Naturerscheinung folgende Rückwirkung auf unsere Stimmung. Abstufung von Verhältnissen zwischen Subjektivität und Objektivität. Von diesen gegenständlichen Gefühlen sind die Lagegefühle unterschieden. Ganzes Seelenleben von Gefühlen durchzogen. Strukturelle Beziehungen unter ihnen: I. Gefühle über Gefühle II. Übertragen des Gefühls eines Teils des Gegenstandes auf den ganzen Gegenstand.
7. Kunst und Dichtung368 Die Kunst folgt den großen Veränderungen der Bewußtseinsstellung, welche durch die Rassendifferenzierungen und die Stufen bedingt ist. Zusammenhang: Die Gesellschaft bedingt die Bewußtseinsstellung, diese die Lebenswerte, diese die Werte der Objekte, diese die Werte der Mittel, diese den Stil.
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[1.] Prinzip der Kunst Sie ist um so vollkommener, je mehr sie alle artistischen Werte, welche in ihrem Material enthalten sind, zum Sprechen bringt. Die Raumkunst hat die Verteilung im Raum, die Deutlichkeit der Perspektive, die Reize des Lichtes, die Verhältnisse von Schwere, Anwendung derselben, Kraft, Gleichgewicht, die Zusammenfassung des Mannigfaltigen an der Singularität der gegebenen Gestalt zu entwickeln – das Notwendige und Gesetzliche am Tatsächlichen; wodurch sie dann zur Darstellung, zur Erhebung des singularen Lebenswertes zum Notwendig-Gesetzmäßigen wird. So hat auch die griechische Architektur im Tempel den Reiz von Licht und Schatten etc. Auch das Porträt als Brustbild muß Mittel suchen, das Ruhen der Finger zur Bezeichnung zu bringen durch eine Hand, die auf einem Buche ruht, oder indem sie nach oben die Aufmerksamkeit lenkt etc.369 Die Künste der Zeit haben das Singulare in dem Material des Zeitablaufs, des in ihm stattfindenden Kausalzusammenhangs, der Handlungen, die in ihm verlaufen, zu erheben. Die Zeit muß also repräsentiert, die Ergänzung ihrer Lücken in der Phantasie hervorgerufen werden, der Rhythmus als Ordnung der Zeit, Anfang und Ende der Handlung, Konsistenz der Handlungen.370
2. Das Artistische Die Mittel, Lebenswerte in artistische Wirkungswerte umzuwandeln: diese[s] sind die Probleme des Künstlers. Er wird die Kunstgeschichte als Geschichte dieser Probleme und ihrer Lösungen auffassen. Velazquez ist erster Moderner in Malerei. Justi sieht einen Naturalisten, aber er ist Artist, und der Künstler wird dieses in ihm besonders gewahren.
3. Aber die Kunstgeschichte muß die Veränderungen zur Grundlage haben, welche … [Text bricht ab]371
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8. Bedeutung372 Auch die Naturwissenschaft spricht von höchsten, von nützlichen Naturgesetzen etc. Aber was sie damit bezeichnet, ist nicht die Natur selbst, sondern Bezüge derselben zum Menschen. Diese können dann ebensowohl als Anwendungen des Naturwissens auftreten, was immer Bezug auf den Mensch bedeutet, wie als Bezug der Menschheit auf die umgebenden Objekte. So erhalten Objekte durch diese Beziehung Bedeutsamkeit als unterschieden von ihrer eigenen Realität.
1. Ausgang Leben.373 Bedeutung ist ein innerer Zusammenhang, der frei zwischen Gliedern aufgesucht wird, unabhängig vom realen Zusammenhang in Raum, Zeit und Kausalität. Dieser verbindet Glieder, die zeitlich, räumlich, kausal gar nicht miteinander verbunden zu sein brauchen. In diesem Sinne ist ein Andenken, ein Eigentum einem Lebenszusammenhang angehörig, der nichts zu tun hat mit dem Stoff, aus dem ein Gegenstand gemacht ist, oder der Maschine, welche ihn hergestellt hat. Ebenso stehen Momente im Leben Luthers, die weit auseinanderliegen, dadurch in der Beziehung, daß sie bedeutungsvoll sind für dies Leben. Bedeutung ist also eine Kategorie, welche am Leben auftritt. Nach dieser sind Momente des Lebens aufeinander zu einem Ganzen bezogen. Unter ablaufenden Tönen hat ein Thema für ein musikalisches Ganzes und in demselben eine bestimmte Bedeutung. Es gehört einem ideellen Zusammenhang an, der nur zwischen Teilen des Lebens, Erzeugnissen des Geistes etc. auftritt. Die Natur dieses Zusammenhangs ist dem teleologischen verwandt, aber er ist nicht wirklich teleologisch. Der einfachste Fall dieses Zusammenhangs besteht zwischen den Gliedern einer Erzählung. Diese sind aus den unzähligen Tatsachen und Vorgängen, die in einem Geschehnis enthalten sind, ausgewählt, weil sie für dies Geschehnis bedeutsam sind. Einen anderen Fall bilden die in der Phantasie geformten oder geschaffenen Glieder eines dichterischen Ganzen, die bedeutsam sind für das Ganze. In dem Verlauf unseres Lebens hebt die Erinnerung das hervor, was dem Rückwärtsblickenden als bedeutsam erscheint; daher gleicht jedes erdichtete
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Geschehnis in der Art der Verbindung seiner Teile dem erinnerten Erlebnis, weil es die in seinem Lebenszusammenhang bedeutsamen Momente heraushebt. Vielleicht fange ich an mit der Erinnerung und vergleiche dann damit die Natur des Bedeutsamen im erdichteten Geschehnis. Dies führt dann auf die besondere Natur des hier obwaltenden Vorgangs.
[2.] Der Wert Ein Moment des Lebens oder ein auf dies Leben bezogener Gegenstand wird als Wert geschätzt, wenn ich ihn aus dem Zusammenhang auslöse und den positiven Charakter desselben in Bezug auf mein Gefühl feststelle. Bedeutung ist für mich da, wie Leben selbst da ist, ohne daß ich beurteile. Wert ist die Feststellung des Lebensbejahenden in einem Lebensmoment durch die Beurteilung. Der Wertcharakter wird erfahren in dem bejahenden Gefühl. Hier bezeichnet Gefühl nur eine zusammengesetzte Erlebnisart, die abstrakt durch eine Beziehung zwischen Lebenseinheit und äußerem Gegenstand charakterisiert wird und im Nacherleben ihre374 Erfüllung findet.
[3.] Zweck und teleologische Betrachtung Die so isoliert in der Beurteilung festgestellten oder miteinander verglichenen Werte treten auf der Grundlage des Gefühls in eine darüber liegende Schichtung des Kategorialen, indem sie der Gegenstand von Zwecksetzung werden. Sie können das nur, sofern sie realisierbar sind. Und sie können es auch nur, sofern sie in den Lebenszusammenhang und die in ihm stattfindende Konkurrenz der Werte aufgenommen werden. Sonach geht durch die isolierende Beurteilung die Folge der Lebenskategorien hier wieder in den Lebenszusammenhang auf einer höheren Stufe zurück.
[4.] Psychologie Erlebbares oder Nacherlebtes unterliegt einer doppelten Auffassung. Die Auffassung im Zusammenhang der Zeit geht von der Bedeutung der einzelnen Vorgänge aus, wählt sie danach aus, bezieht sie danach aufeinander. Sie ist immer relativ, sofern die erinnerte Geschichte einen kurzen Zeitraum umfaßt und so die Bedeutung des Einzelnen etc. Sie ist aber auch relativ, so-
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fern der Standpunkt der Betrachtung historisch bedingt ist. Aber diese Relativität ist ganz verschieden von der naturwissenschaftlichen Erkenntnis. Sie kann nicht als Schranke empfunden werden. Denn die Natur des Lebens ist eben, historisch zu sein. Korruptibilität in der Zeit, Endlichkeit, Kraft, den Moment zu erfüllen, ist eben Wesen des Lebens selber. Wie könnte es über sich hinausgehen wollen! Es wäre nur ein trostloser Rest von Anwendung von Begriffen der Transzendenz auf dasselbe. Auch gibt es hier nicht die ausschließenden Begriffe von wahr und falsch. Echte Geschichte drückt immer eine Seite des Geschehenen aus. Und sie kann andrerseits überhaupt nie die Wahrheit erschöpfen wollen. Es besteht ja das Verhältnis des Erschöpfens der Geschehnisse in ihrer Bedeutung. Eine andere Betrachtungsweise ist auf die Verhältnisse gerichtet, welche immer bestehen. Das natürliche System. Die Begründung desselben in der Erfassung der menschlichen Natur. Diese Erfassung bildet nicht eine Wissenschaft, sondern von verschiedenen Seiten her wird das Problem aufgelöst. Anthropologie etc. Wissenschaftlich ist der Kern aller Psychologie die Strukturpsychologie. Denn nur Zusammenhang des Lebens ist uns im Ausdruck, Lyrik, Musik etc. gegeben. Antinomie in der Psychologie. James: daß man niemals ein Gefühl als solches in der Selbstbeobachtung erforschen kann, es ist immer ein Zusammengesetztes, das als Magenverstimmung etc. aufgefaßt werden kann. Überwindung des Standpunktes von James durch die Beziehung von Ausdruck und Nacherleben, Verstehen. 1. Drei Formen der Struktur als Beziehung von Einzelleben, Struktur, Gegenständen und Außenwelt. Die Erfüllung dieser abstrakten Beziehungen liegt nun nicht in der Beobachtung des Selbst, sondern in dem Verständnis des Ausdrucks, der geistigen Schöpfung. Hier zeigt das Erlebnis einen bestimmten Charakter. Was ihm an Genauigkeit fehlt, ersetzt beständige Wiederholung. Vergleichung des Typus. Im Grunde bezeichnen wir alle Gemütszustände durch das Verhältnis zu bestimmten Gegenständen. Keine Beobachtung erreicht eine Zunahme unseres Wissens von den Zuständen selber. Alle Verfeinerung in Roman, Lyrik etc. fügt dem, was wir Schwermut, Melancholie etc. nennen, nichts hinzu, ebenso keine Psychologie. Die Verfeinerung des psychologischen Blickes beruht in der Differenzierung.
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9. Bedeutungslehre375 Indem man das Tragische oder das Komische zu Problemen macht, sieht man, wie ohnmächtig jede bloße Wertlehre für das Verständnis der Dichter ist. Es handelt sich nicht um Abschätzung von Werten |,sondern| oder um die inneren (Struktur-)Beziehungen derselben untereinander und zu dem Individuum als einer Totalität und dem Leben |als einer solchen| (nicht Abschätzungen, nicht Unterordnungen), sondern |lauter| Verhältnisse, die in den innern realen qualitativen Relationen von Teilen zum Ganzen liegen. Der Hauptbegriff ist hier die qualitative Relation, wie sie in der qualitativen Bestimmtheit des Erlebnisses fundiert ist. Besonders wichtig ist nun, daß in der Erinnerung das Erlebnis zu einer Einheit zusammengefaßt wird |und zu anderen| Erlebnissen im Ganzen des Lebens Beziehung || = Bedeutung. Die Bedeutung des Lebens |setzt| Poesie, |Religion, Philosophie| in innere Beziehung. Das l’art pour l’art wird hier widerlegt. Standpunkte in der Geschichte der Bedeutung des Lebens: 1. Der feste Punkt, der die Bedeutung konstituiert, wird religiös gefunden in dem transzendenten Gesichtspunkt. Unter diesen tritt der Tod, das Schicksal, der Wert des Lebenszusammenhangs selbst als ein vergänglich Nichtiges. Gefahr: das Leben in seinem positiven Zweckzusammenhang als ein Nichtiges gegenüber dem Sternenhimmel, dem Tod, dem Unendlichen. 2. Der feste Punkt im Leben ist die Moralität des Gewissens, die Eudämonie als ein Festes, das Glück und der Altruismus etc. Mehrere entscheidende Jahrhunderte sind davon erfüllt. Sie dringen unter diesem Gesichtspunkt in das Leben, sie vertiefen sich in der Seele etc. 3. Relativismus – es gibt keinen absoluten Punkt. […] Religiosität? Das (…) ein bloßer Name, aber in den Tiefen der Seele liegt eine Beziehung zwischen dem Irrationalen in ihr, ihren Sehnsüchten, der (…) derselben, die in ihren unbewußten Tiefen liegen, und der bildenden Gewalt in ihr, die Zweckzusammenhänge setzt und sich in ihnen auslebt. Das ist nun nicht ein fester Punkt, sondern ein Strukturzusammenhang, der Bedeutung setzt und dessen Variationen in den Weltanschauungen liegen.
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Lebenswerte und Werturteile376
A. Werturteile 1. Das Problem Das logische Problem, das im Werturteil zuerst aufgegeben ist, ist: Welches ist das Verhältnis vom Subjekt zum Prädikat, d. h. der Charakter der Prädizierung im Werturteil? Ist er derselbe wie im Wirklichkeitsurteil oder davon unterschieden und wodurch? Die Antwort auf diese Frage hat zu ihrer Vorbedingung eine eindeutige und feste Abgrenzung des Werturteils nicht nur vom Wirklichkeitsurteil, sondern auch von der das Werturteil vorbereitenden Aussage.
2. Die in der Sprache ausgedrückte logische Beurteilung der Werturteile ist als Mittel der Auflösung des Problems vom Werturteil unzureichend Die Besinnung hierüber in der Sprache muß den Ausgangspunkt bilden, enthält aber keine ausreichende Entscheidung.377 Wirklichkeitsurteile sind nach dem Sprachgebrauch wahr oder falsch. Sie enthalten eine Entscheidung über das, was wahr ist. Mit Wahrheit bezeichnen wir nun das in der Wirklichkeit Fundiert- oder Enthaltensein einer Aussage (wahr ist jede Aussage, die etc.). In jedem Wirklichkeitsurteil ist, wie wir sahen, gemäß dem Denkzusammenhang, dem alle Wirklichkeitsurteile angehören, ein ist mit enthalten. Annahme im Umkreis des Kunstwerkes, des Mythos, der Sage bezeichnet Realität, Vorkommen in der historischen Sphäre oder in der zweiten künstlerischen Welt etc.378 Wo nun eine Aussage Gültigkeit hat, ohne sie durch dies Enthaltensein in der Wirklichkeit zu haben, entsteht für dieselbe der Ausdruck: Die Aussage ist richtig. Dieser Ausdruck bezeichnet den normalen Charakter einer Aussage überhaupt. Auch Wirklichkeitsurteile fallen unter den Charakter, richtig oder unrichtig zu sein. Jede Aussage, jeder Schluß, jede Einteilung fällt unter diese logische Beurteilung richtig oder unrichtig. Und wahr oder falsch ist ein besonderer Artcharakter der logischen Beurteilung innerhalb der Wirklichkeitsaussage. Richtig oder unrichtig sagen wir aus
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von einer Wertbestimmung, einer Abschätzung von Werten, von einer Regel, von der Richtung einer Handlung auf einen Zweck. Aber der Allgemeincharakter der logischen Beurteilung richtig und unrichtig erscheint darin, daß wir auch Zeugenaussagen oder Angaben als richtig oder unrichtig bezeichnen. Hieraus ergibt sich, daß für die besondere Natur des Werturteils in der Bezeichnung richtig oder unrichtig keine Entscheidung liegt. Ebenso verhält es sich mit einem andern Niederschlag der logischen Besinnung über Wertaussagen in der Sprache. Ein Ding, die Eigenschaften eines Dinges, die Beziehungen an den Dingen sind, und die Werturteile gelten. Wir benutzen denselben Ausdruck gelten aber auch auf anderen Gebieten. Wir sprechen von der Geltung der Naturgesetze, von der Geltung einer Formel, von der Gültigkeit einer Regel und bezeichnen damit eine andere Art logischen Gesetztseins als die des Seins; nach derselben ist innerhalb eines Umkreises von Tatsachen eine allgemeine Beziehung realisiert. So enthält auch dieser Ausdruck keine Entscheidung über eine besondere Art der prädikativischen Bestimmung in dem Gebiete der Wertaussage. Nur die negative Bestimmung ergibt sich, daß Werturteile nicht Aussage über die in dem Wirklichen enthaltenen Bestimmungen derselben sind.
3. Angabe des Verfahrens, das zur Auflösung des Problems allein versucht werden kann So müssen wir ein anderes Verfahren aufsuchen. Dieses kann nun nicht darin bestehen, daß wir direkt die Natur der Erlebnisse zu bestimmen suchen, auf welche die Werturteile fundiert sind. Denn hier geraten wir in all die Schwierigkeiten der Psychologie, welche das Fühlen, Begehren, Wollen, die innere Verwebung dieses untereinander und mit den Denkprozessen betreffen. Das Deutlichere sind die Werturteile selbst, in denen die Erlebnisse zum Ausdruck kommen oder mit denen sie in strukturellem Zusammenhang stehen. Soll nun an ihnen die Art der prädikativischen Aussage bestimmt werden, und kann diese Bestimmung, wie wir sahen, nicht durch einfache Besinnung auf ihren logischen Charakter festgestellt werden: dann bleibt nur eines übrig: Es gilt, die Hauptfälle des ganzen Gebietes durchzugehen, das Gemeinsame der Prädizierungsart an demselben festzustellen. Hierzu ist irgendeine Anordnung nach gewissen Klassen natürlich nötig, da nicht alle Einzelfälle durchlaufen werden können.
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Aber diese Anordnung soll nur die Orientierung ermöglichen: mehr fordern wir von ihr nicht.
4. Die den Wahrnehmungsurteilen entsprechenden Werturteile, welche den objektiven Werturteilen zugrunde liegen Die nächste Frage ist, wie die Urteile, in welchen Beziehungen zwischen einem Wertprädikat, einem Gegenstand und einem wertenden Subjekt enthalten sind, logisch zu beurteilen sind. Die Aussage selbst enthält keine Entscheidung hierüber. Die Sätze: Dies Bild gefällt mir. Die Wärme ist mir angenehm können doppelt verstanden werden. Sie können als Aussage über den Zustand dieses Subjektes aufgefaßt werden. Mir ist die Wärme angenehm, mir hat dies oder jenes Drama gefallen. Aber jedenfalls in sehr vielen Fällen – und das reicht hier aus – liegt die logische Intention dieser Sätze nicht in der Prädizierung eines Zustandes, sondern in einer Wertprädizierung von Gegenständen: nur daß diese Prädizierung nach dem Sinn des Satzes das Subjekt des Satzes der Regel nach auf den momentanen Zustand einschränken wird, und zwar zunächst, sofern sie der Ausdruck für das einzelne Erlebnis der werthaltenden Person ist.379 Diese Urteile sind dann denen auf dem Gebiete der Wirklichkeit analog, welche das Gegebensein eines Gegenstandes oder Sachverhaltes in der prüfenden Wahrnehmung aussprechen.380
5. Die objektiven Werturteile Die Interpretation der Sätze ist hier vom Zusammenhang abhängig, in welchem sie auftreten, und auch das Mittel, die äquivalenten Ausdrücke für die Interpretation hinzuzuziehen oder dieselbe Satzform in anderen Zusammenhängen aufzusuchen, gibt kein Ergebnis: denn eben der Zusammenhang des Satzes entscheidet, welche andern Fassungen ihm äquivalent sind. Es gibt andere Werturteile, in denen von einem Gegenstand Wertprädikate mit dem Anspruch objektiver Gültigkeit auftreten. Hier tritt zuerst das Problem auf, in welchem Sinn der Anspruch objektiver Gültigkeit gemeint sei, und dazu das zweite, wie können je Prädikate, welche im Gefühl doch mindestens in vielen Fällen fundiert sind, objektive Geltung haben? Ja, wie kann überhaupt eine Wertprädizierung das logische Vorzeichen der Allgemeingültigkeit, der Objektivität erwerben?
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I. Die Lebenswerte a) Begriff derselben, der in den Erlebnissen zur Erfüllung kommt Am klarsten tritt uns die objektive Wertprädizierung da entgegen, wo einem äußeren Gegenstand, etwa einer Person, ein Lebenswert zugeschrieben wird. Ich verstehe unter einem Lebenswert die Wertprädizierung eines Gegenstandes, die in dem Lebenszusammenhang desselben mit den Subjekten, für welche der Gegenstand Wert hat, gegründet ist. Unter Lebenszusammenhang verstehe ich einen solchen, der alle Verhaltungsweisen von Subjekt und Gegenständen umfaßt, also nicht nur intellektuelle, sondern auch solche des Gefühls, des Begehrens und Wollens. Ein in diesem Lebenszusammenhang enthaltenes Werturteil setzt also das Urteil über die Existenz des Gegenstands und über sein Stehen in Lebensbeziehungen (Besitzen, Haben etc.) voraus. Solche Gegenstände, die nach ihrem Lebenszusammenhang für Subjekte als Güter desselben Werte sind, sonach Lebenswerte, sind Geld, Ehre, Familienverhältnisse etc. Sonach ist für solche Prädizierung die Voraussetzung das Urteil über die Existenz des Gegenstandes und solches über die Lebensbeziehung desselben zu Subjekten, für die er nach diesen Wertcharakter erhält. b) Logischer Charakter der Prädizierung von Lebenswerten Urteile, welche aus dem Lebenszusammenhang heraus Gegenständen Wert zuschreiben, liegen schon da vor, wo ich aussage: Die Wärme tut mir wohl. Ich vertrage diesen Menschen nicht. Für sie kann dann gesetzt werden: Die Wärme ist wohltätig. Person x ist unerträglich. Sofern dieses Urteil zu einem einzelnen Erlebnis in strukturellem Zusammenhang steht und dessen Ausdruck ist, hat das Urteil seine Erfüllung im Erlebnis. Es kann sonach das Prädikat seine uneingeschränkte Fassung entweder nur als unbestimmter sprachlicher Ausdruck haben oder so, daß es so interpretiert wird, eine Möglichkeit solcher Erfüllung [?] zu enthalten. Von solchen Aussagen verschieden ist das Urteil: Die Eigenschaft der Energie ist für das Leben nützlich. Hier ist das Urteil nicht Ausdruck eines einzelnen Erlebnisses, sondern es spricht ein überall und immer geltendes Verhältnis aus, in welchem durch den Lebenszusammenhang Energie und Nutzen der Individuen zueinander stehen. Der Inbegriff der Fälle, in denen Energie im Lebenszusammenhang mit Nutzen oder Schaden der Individuen steht, führt auf das Urteil einer überwiegend positiven Wertbestimmung nach Nützlichkeit. Diese Urteile sagen von der Energie Nützlichkeitswert aus, als ein objektives
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etc., das der Natur des Gegenstandes, unangesehen des einzelnen werthaltenden Subjektes, zukommt. Sie schreiben sonach dem Gegenstande Möglichkeiten, wertgehalten zu werden, zu, die unabhängig vom Wechsel der Einzelsubjekte existieren. Der Gegenstandswert beharrt unabhängig von der Variabilität der werthaltenden Subjekte. Zwischen dem Werthalten und dem Gegenstande können noch so viele Beziehungen bestehen, welche eine Eingrenzung der Werthaltungsfähigkeit in den Subjekten erwirken: nur muß diese Beziehung allgemein ausdrückbar sein. Dies ist nun, was gemeint ist unter der Objektivität des einen Wirkungswert von Gegenständen aussagenden Urteils. [c)] Das, was mit dem Worte „objektives oder allgemeingültiges Werturteil“ innerhalb dieser Klasse von Werturteilen gemeint ist So gewinnen wir über diese Klasse von Werturteilen ein Ergebnis, das bezüglich des Werturteils, ja der Natur des Urteils überhaupt bedeutend ist. Der logische Charakter der angegebenen allgemeingültigen Werturteile ist nicht irgendwie in einem Apriori gegründet, sondern es ist in ihm gemeint die erfahrene381 Unabhängigkeit des Werthaltens eines Gegenstandes von dem Wechsel der werthaltenden Subjekte. Diese Erfahrung erteilt dem Gegenstande den Charakter eines Trägers von Wertmöglichkeiten, die vom werturteilenden Subjekt unabhängig sind. Nicht also ein allgemeines Bewußtsein als werturteilendes Subjekt braucht angenommen zu werden. Vielmehr leistet die Erfahrung die Zuerteilung des Charakters der Objektivität an das Urteil. Denn mit dem Ausdruck Objektivität ist nur gemeint die Unabhängigkeit des Gegenstandswertes und des in ihm gegründeten Werthaltens vom Wechsel der werthaltenden Subjekte. So kann das Urteil ausgesprochen werden ohne Einschränkung seiner Geltung auf bestimmte werthaltende Subjekte, dennoch [aber] eine Einschränkung des Wertes enthalten. Es ist objektiv gültig, aber sofern mehr als dieser Charakter des Werthaltens als Unabhängigkeit etc. mit dem Ausdruck Objektivität oder Allgemeingültigkeit des Werturteils bezeichnet werden soll,382 ist dieses in der Prädizierung des Wertes von einem Gegenstand nicht enthalten. Es liegt nicht darin eine Eigenschaft des Gegenstandes, die von der Beziehung auf werthaltende Subjekte unabhängig wäre, da ohne diese Beziehung der Begriff Wert, wertvoll oder verwandte Begriffe, nicht wirklich gedacht würden; anders ausgedrückt: da mit dieser Beziehung zugleich die Begriffe wertvoll etc. aufgehoben werden. Diese Prädikate haben also niemals einen absoluten Charakter. Der Wert des Gegenstandes ist nur unabhängig vom urteilenden Subjekte.
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[d] Fundierung dieser Werturteile [1.] Das Problem Wie kann nun diese Unabhängigkeit des Werthaltens vom wertsetzenden Subjekt, wie kann weiter das Charakteristische im Urteil, daß ein Gegenstand einen Wert habe, im Unterschied davon, daß er angenehm, schön sei, fundiert sein? [2.] Werthaltung, die sich auf das Bewußtsein von der Existenz des Gegenstands und eine Verfügung über denselben bezieht Ich führe hier zunächst einen Unterschied ein, der die Abgrenzung dieser Klasse von Urteilen genauer fundiert. Es gibt eine Werthaltung von Gegenständen oder Personen, die, vollständiger ausgedrückt, den Wert nicht an die Vorstellung des Gegenstandes oder der Person knüpft, sondern an seine Existenz, und nicht an diese allein, sondern an ein festes Verhältnis zu jener, das wir allgemein als Herrschaft über die Gegenstände, als Macht über sie, als Verfügbarkeit derselben für uns bezeichnen können, das aber schließlich nur durch einen Lebenszusammenhang charakterisierbar ist, welcher Gegenstand und Subjekt des Werthaltens in eine Wertbeziehung bringt. Ein Freund ist für uns wertvoll unter der Bedingung, daß seine Existenz und irgendeine Art von Einbeziehung in unser Leben ausgesagt werden kann. Vermögen ist wertvoll, sofern ich es in Besitz habe. Der Wert von Luft und Wasser ist dadurch bestimmt, daß es existiert und gebraucht werden kann, empfängt aber nun einen besonderen Charakter dadurch, daß jeder Teil desselben durch einen andern ersetzt werden kann, und zwar in dem Grade, in dem dies der Fall ist. [3.] Fundierung dieser Werthaltung auf Erfahrung Das Urteil über diese Werte ist fundiert auf die Erfahrung.383 Die Erfahrung vollzieht sich in Denkleistungen anschaulicher oder diskursiver Art. Beide Klassen von Denkleistungen können repräsentiert werden durch die diskursiven, also die Urteile. Diese Urteile384 haben zu ihrer Voraussetzung solche, die die Existenz oder Nichtexistenz, das In-der-Macht-haben oder Unmächtigsein aussagen, überhaupt aber der Lebensbeziehung den Wert des Gegenstandes ermöglichen. Die wertbestimmenden Erfahrungsurteile aber fundieren den objektiven Wert des so als existent und im Machtbereich oder Lebenszusammenhang befindlich bestimmten Gegenstandes.
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Die fundierenden Urteile müssen zureichen, die im Gegenstand enthaltenen Wertmöglichkeiten zu umschreiben und damit seinen Wert zu schätzen. Sie setzen sich zusammen aus denen, welche die Wirkungen positiver Art auf die Gefühlssphäre, die aus der Anwesenheit des Gegenstandes stammen, aussagen, und denjenigen negativer Art, die von dessen Nichtexistenz oder dem Lebenszusammenhang Entzogensein bedingt sind. Und diese Erlebnisse im Gefühl385 können zugleich repräsentiert werden durch die an sie geknüpften Willenserlebnisse, welche die Motivationskraft, die dem Gegenstand für das Begehren zukommt, zum Ausdruck bringen. An diesen letzteren kann in vielen Fällen eine leichtere Abschätzung vorgenommen werden, da hier Werte verschiedenen Grades konkurrieren. Da aber Willensentscheidung schließlich an Wertbestimmung gebunden ist, so ist die Relation zur Gefühlssphäre immer die letzte Instanz der Wertbestimmung. Ich begehre, was ich nicht besitze; Wertbestimmung aber setzt immer eine an die Präsenz gebundene Werterfahrung voraus, die sonach in der Gefühlssphäre aufzusuchen ist. Wie aber entsteht nun hiernach in der Erfahrung das Merkmal des objektiven Werturteils? [e)] Entstehung und Fundierung des objektiven Werturteils Satz 1:386 Das Urteil prädiziert vom Gegenstande einen Wert. Das in diesem Satz Gemeinte ist unterschieden von jedem werthaltenden Gefühl.387 Der Wert des Gegenstandes, wie er in der Prädizierung gesetzt ist, ist nicht identisch mit dem psychischen Akte des Werthaltens. Das Werturteil ist nicht der einfache Ausdruck des psychischen Aktes des Werthaltens. Im Werthalten ist nur ein unmittelbares Erlebnis des Subjektes enthalten, und sein Ausdruck wäre immer nur das subjektive Werturteil. Dies Verhältnis wird daraus deutlich, daß ein Werthalten dessen, dem nicht nach dem objektiven Urteil, sonach tatsächlich Wert zukommt, möglich ist. Das Werthalten besteht dann als Realität; dagegen wäre ein objektives allgemeines Werturteil auf Grund desselben falsch. Ebenso kann ein Wert stattfinden, ein Werturteil richtig sein, während ihm nicht ein präsentes Werthalten oder die Vollziehbarkeit eines solchen entspricht. Das gegenwärtige Nichtwerthalten von Gesundheit, Besitz, Ehre des Leichtsinnigen oder Trägen steht in Widerspruch mit dem objektiven Wert dieser Güter. Hieraus folgt, daß das objektive Werturteil nicht fundiert ist in dem momentan-subjektiven Werthalten als solchem, sondern zu seiner Fundierung diejenigen in dem Gegenstand als Möglichkeiten enthaltenen Werthaltenserlebnisse fordert,388 welche zureichend sind, um die Erfüllung des im Urteil enthaltenen Prädikatsbegriffs durch Erlebnisse zu realisieren.
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Diese Realisierung ist die Erfahrung, welche das Erfahrungswerturteil fundiert, oder mit welchem dasselbe strukturell verbunden ist. Da im objektiven Werturteil die Unabhängigkeit vom Werthalten des urteilenden Einzelsubjektes gesetzt ist, so fordert dies Erlebnisse, welche, als Verständnis des Werthaltens fremder Personen, in zureichender Zahl die im Gegenstand enthaltene Fähigkeit, unter Wechsel des Subjektes dieselbe Werthaltung zu erwirken, hinreichend fundieren. Diese Fundierung ist das Produkt folgender Faktoren: 1. Die Anwesenheit des Gegenstandes und die Macht über seine Wirkung, Werthalten hervorzubringen (Art konstanter Lebensbeziehung zu ihnen), hat in angegebenem Umfang jedesmal, jetzt und künftig ein positives Werthalten zur Folge. 2. Die Abwesenheit desselben hat ein negatives Werthalten zur Folge. 3. Das Wollen erhält für die Intention der Herbeiführung des Verhältnisses zum realen Gegenstande aus dem Wertbewußtsein von ihm eine Motivationskraft bestimmter Größe. Das Erlebnis hierüber im urteilenden Subjekt empfängt seine Ergänzung durch die Erlebnisse, in denen das Verständnis des Motivationsvorganges in anderen enthalten ist. 4. Wertabschätzungen, die das Wertverhältnis des Gegenstandes zu anderen bestimmen, finden teils im Aneinanderhalten des Werthaltens, teils in dem der Motivkraft für das Begehren statt, und zwar liegt in der Abmessung der Motivkraft ein besonders für die Fundierung sicheres Mittel des Wertabschätzens. Dies ist der Inbegriff der Faktoren des Werturteils der angegebenen Art, welche dessen objektive Geltung fundieren können. 5. Zeigt unter Anwendung dieser Verfahrungsweisen der Gegenstand Möglichkeiten umgekehrten Werthaltens (zunächst also des negativen), dann sind diese gegen die positiven Werthaltungen nach Intensität und Grad abzuschätzen. Es ist ein Zeichen zunehmender analytischer Verfeinerung des Werthaltens, wenn die negativen Möglichkeiten mit ihrer Geltung eintreten. Hierauf beruht das Bewußtsein von der Gemischtheit des Lebens, von der Fremdheit des Subjektes gegenüber den gegenständlichen Wirkungswerten. Das Gemüt, das die Dinge sich nah hält, macht einer anderen Gemütsform Platz, welche die Unerbittlichkeit in allem gegenständlich Wirkenden, das Schicksal in ihm, fühlt.389 Dies objektive Werturteil enthält nach meinem Erweis im Wertprädikat jederzeit die Beziehung auf das sich gefühlsverhaltende mögliche Subjekt, ohne welches Wert nicht ist. Cornelius erklärt diese Objektivität des Werturteils einfacher durch den Vergleich mit den Wirklichkeitsurteilen. Diese schreiben einem Baum zu, daß er einen Stamm habe auch dann, wenn er von niemandem gesehen wird. Sie
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tun das auf Grund der in der Erfahrung gegründeten Erwartung. So werde auch ein Wert zugeschrieben, der auch dann gelte, wenn er nicht mehr gefühlt werde und zwar auf Grund der in der Erfahrung enthaltenen regelmäßigen Verbindung des Gegenstandes mit Werthalten. Es bleibt unbestimmt, ob Cornelius390 durch diese Erwartung auch durch bloße Erfahrungen des Subjektes fundierte objektive Werturteile konstituieren will. Meinong bestimmt: „Ein Gegenstand hat Werth, sofern er die Fähigkeit hat, für den ausreichend Orientirten, falls dieser normal veranlagt ist, die thatsächliche Grundlage für ein Werthgefühl abzugeben.“391 Hier wird die Objektivität des Werturteils zurückgeführt auf normale Veranlagung und hinreichende Orientierung. Mit dem ersten Momente wäre, wenn auch das zweite besteht, gegeben, daß das urteilende Subjekt unter diesen Voraussetzungen mit seinen Erlebnissen das objektive Urteil begründen könnte. Aber wie begründet sich denn nun das Wissen von der normalen Veranlagung? [f ] Ergebnis Objektive Werturteile der angegebenen Klasse entstehen beständig auf Grund unzureichender Erfahrung, da die Selbstgewißheit des Werthaltungsgefühls, die Sicherheit des Subjektes, in seinen Gefühlen das Richtige zu treffen, die Tendenz zu objektiven Werturteilen, die nur in persönlichen Erfahrungen fundiert sind, mit sich bringt. Diese Urteile beanspruchen Objektivität, obwohl sie irrig sind. In anderen Fällen liegt der Fehler in der Unvollständigkeit des Ausdrucks. Es ist eine subjektive Prädizierung gemeint oder auch eine Vorwegnahme der objektiven in der Macht des Gefühls; der Ausdruck hierfür ist nur unangemessen. Die Wertlehre hat grade darin eine besondere Bedeutung für die Fortentwicklung der Geisteswissenschaften, daß sie das Bewußtsein über Fundierung auf diesem Gebiete aufklärt und so auch die Wertbestimmungen des praktischen Lebens, der Geschichtsschreibung etc. verbessert.
[II.] Zweite Klasse von Lebenswerten. Die objektiven Werturteile über Eigenschaften, Fähigkeiten des urteilenden Subjektes, schließlich über seine Persönlichkeit Zunächst korrespondieren den Lebenswerten von Gegenständen diejenigen von Fähigkeiten des eigenen Subjektes. Diese Wirkungswerte, die von Fähigkeiten ausgehen, sind zunächst mittelbar, sofern die Realisierung der Existenz
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der Wertgegenstände unter Herbeiführung eines konstanten Verhältnisses zu ihnen von unserer Tätigkeit abhängt. Fähigkeit ist nun die konstante Möglichkeit, Zwecke der bezeichneten Art durch Tätigkeit zu realisieren. So angesehen sind unsere Fähigkeiten Mittel für die Erwirkung des Wertgenusses der Gegenstände. Die Bestimmung ihres Wertes in dieser Rücksicht vollzieht sich in der auf das Subjekt eingeschränkten Erfahrung. Denn in Bezug auf meine Zwecksetzung fallen die Erfahrungen anderer aus. Gemacht werden diese Erfahrungen an dem Zielstreben des Begehrens und Wollens. Besonders wichtig ist auch hier die Ergänzung, die aus der Möglichkeit negativer Wirkungen der Fähigkeiten entsteht. Hiervon unterschieden sind die Wirkungswerte der Fähigkeiten, schließlich der Persönlichkeit selbst, die daraus stammen, daß sie das Gefühl unserer selbst, das Bewußtsein seiner selbst im Subjekt erwirken. In der Anwendung unserer eigentümlichen Fähigkeiten leben wir zugleich in einem gesteigerten Bewußtsein unserer selbst. Das gesteigerte Bewußtsein unserer selbst, das so die Tätigkeit begleitet,392 ist einer der wichtigsten Faktoren in der Welt der Werte. Es ist zunächst fundiert in Erlebnissen, welche, indem das Bewußtsein der Kraft und des Erfolges der Tätigkeit ein Wertgefühl erwirkt, dann in den Urteilen, die aus der Wiederholung des Gelingens auf die Fähigkeit als konstante Möglichkeit desselben gefolgert sind, endlich in Urteilen das eigene Gelingen abschätzen zu dem anderer. Die Objektivität dieses Urteils ist an die Benutzung der negativen Momente gebunden. Das Gefühl der Persönlichkeit entsteht, wenn die Urteile über Fähigkeiten in innere Verbindung treten. Es ist unabtrennbar vom Gefühl des Verhältnisses der Persönlichkeit zur Welt. Sofern nun unabhängig von der Variabilität der Umgebung der Gegenstände dieser Zusammenhang der Fähigkeiten verbleibt, sofern die Sphäre des Schaffens immer offen ist, hat die Persönlichkeit einen absoluten Wert. Diesen auf das Moralische einzuschränken, widerspricht der Erfahrung; aber richtig ist daran, daß nur das moralische Wertbewußtsein nie gemindert sein kann oder gar aufgehoben durch das Bewußtsein des Mißlingens. Genialitätsbewußtsein. Moralisches Bewußtsein. Über die Unzugänglichkeit der Sphäre des inneren Schaffens. Fichtes und Schleiermachers neue Fassung des kantischen moralischen Bewußtseins.
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Ergebnis Die logische Fundierung der objektiven Werturteile über die eigene Person wird erst in der Abschätzung fundiert. Tassos Satz: „Inwendig lernt kein Mensch“ etc. Diese Fundierung setzt Wertmaßstäbe, letztes Verstehen voraus, ermöglicht ein wirklich objektiv fundiertes Werturteil.393
[III.] Lebenswerte, deren wertende Subjekte Gemeinschaften sind, welche von ihnen auf Grund ihres Lebenszusammenhangs mit dem Gegenstande ausgesagt werden Wir betrachteten bis dahin diejenigen Werthaltungen, welche das Individuum vollzieht und die seinen Lebenszusammenhang betreffen. Es gibt aber auch Werte, welche Gegenständen, Fähigkeiten, Personen etc., Institutionen, Taten für ein Ganzes zukommen. Dies sind also Werte, welche aus dem Lebenszusammenhang dieser Gegenstände mit einem Kollektivum entstehen. Ihre Schätzung kann ebensogut von einem einzelnen vollzogen werden, der als ihm angehörig oder als indifferent aus dem Lebenszusammenhang des Ganzen mit Fähigkeiten, Institutionen etc. heraus ihnen ihren Wert zumißt. So bestimmt Friedrich der Große oder Josef II. den Wert von Einsichten und aufgeklärten Überzeugungen für ihr Volk. Es ist klar, daß hier zwischen der Natur des Wertes und der Wertfundierung eine Diskrepanz besteht. Denn der Wert, den etwas nach seinem Lebenszusammenhang mit einer Personenmenge für diese hat, kann adäquat unter der Voraussetzung eines einsichtigen aus dem Kollektivum heraus stattfindenden Urteils, am besten durch diese Personen selbst abgeschätzt werden. Die dem entsprechenden Zwecke und Güter werden am besten durch diese Menge selbst unter den angegebenen Bedingungen der Urteilsbildung durch sie festgestellt. Hieraus ergibt sich dann als Aufgabe, eine Form für die Urteilsbildung des Kollektivums zu finden, die tunlichst das Einzelinteresse ausscheidet und die Umsicht der Urteilsbildung durch Berücksichtigung des ganzen Fundierungsverhältnisses sichert. Solche Formen bestehen in der Verhandlung, Beratschlagung, mehrmaligen Lesung, Ordnung der Debatte; dann in der Repräsentation, ferner in dem Wahlsystem etc. Unter diesen Bedingungen wird die Diskrepanz, welche die Wert- und Zweckbestimmung für ein Kollektivum durch den Fürsten, dann modifiziert durch eine zur Sachlichkeit erzogene Beamtenschaft in sich enthält, aufgehoben.
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Das Fundierungsverhältnis Die Fundierung der Wert- und Zweckbestimmungen nach dem Lebenszusammenhang einer Menge oder irgendeiner äußeren Organisation löst das Urteil noch weiter los von den Akten des Werthaltens im Gefühl, des Zwecksetzens im Begehren oder Wollen. Denn es handelt sich nicht um volonté de tous, sondern um volonté générale, und hier treten die Gesichtspunkte von Nützlichkeit und Schädlichkeit für die Erhaltung und Stärkung der Organisation neben die für eine Leistung derselben, die dem Bedürfnis der in ihr präsenten Menge entspricht. Eine Universität überlegt, ob es richtig sei, gegen eine Regierungsmaßregel zu protestieren. Verwirklichung in den die Zweckbestimmung fundierenden Momenten. Die Problemstellung ist: Was ist das wahre Interesse dieser Korporation? Dies Interesse ist in dem Lebenszusammenhang der Korporation mit der Maßregel der Regierung enthalten, etc. Das gegenwärtige Interesse, das dauernde Interesse, das Interesse für Erhaltung der Korporation, das für das wohltätige Funktionieren derselben im gegenwärtigen Augenblick, etc. Die Abschätzung dieser Wertmomente gegeneinander fordert Maßstäbe allgemeiner Art. So ergibt sich, daß eine objektive, allgemeingültige Bestimmung über die kollektiven Lebenswerte überhaupt nicht möglich ist. So ergibt sich der Kampf der Parteien in jeder äußeren Organisation.
[IV.] Werturteile über die Mittel der Realisierung von Lebenswerten394
[V.] Zu den Lebenswerten395 Lebenswerte enthalten keine Norm. Urteile über sie sind nicht normativ. Das Urteil über die Zweckmäßigkeit eines Gebrauchsgegenstandes sagt nur einen für den Verstand feststellbaren Sachverhalt der Beziehung von Mittel und Zweck aus. Ein Imperativ von objektiver Geltung ist nicht mit ihm gegeben.
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B. Die ästhetischen Werturteile I. *Eindruckserlebnisse und ästhetische Werturteile Zwischen den ästhetischen Eindruckserlebnissen und den ästhetischen Werturteilen besteht das doppelte Verhältnis: die Eindruckserlebnisse begründen strukturell das Werturteil, und das Werturteil ist der Ausdruck (Repräsentation) der Eindruckserlebnisse. Die Eindruckserlebnisse haben ebenso wie die Erlebnisse der Lebenswerte Urteile zu ihrer Voraussetzung. Dort sind es Urteile über Existenz und Lebenszusammenhang; hier sind es die Urteile, die den Prozeß des Verstehens realisieren. Der Genuß der Farbe oder des Tones, selbst der Harmonie setzt kein solches Verständnisurteil voraus, wohl aber ist derselbe für die höheren ästhetischen Eindrucksvorgänge erforderlich. Ist dann auf der Grundlage solcher Urteile der Genuß des Kunstwerks vollzogen, ist der Gegenstand, den ein Kunstwerk darstellt, erkannt, ist die Art seiner Zusammensetzung nachgefühlt, ist der Inbegriff der Eindrücke zur Einheit zusammengenommen (vgl. Rundschau-Abhandlung),396 dann bilden alle diese Erlebnisse die Fundierung des ästhetischen Werturteils. Das Werturteil ist das Ergebnis der Denkakte, welche ermöglichen, einen positiven oder negativen Wert eines ästhetischen Gegenstandes zu konstatieren und abzuschätzen. Als solches ist das Werturteil sonach ein intellektueller Vorgang, der sich auf die Eindruckserlebnisse als fundierend zurückbezieht. Als intellektuell ist er nicht selbst Vorgang des Gefallens, des ästhetischen Genusses. Doch ist selbstverständlich in dem komplizierten Vorgang der ästhetischen Auffassung beides so verbunden, daß der Genuß noch fortdauert und nachklingt, während das Werturteil vollzogen wird, daß unvollständige Werturteile schon auftreten, ehe die genießende Auffassung vollendet ist, und daß der Genuß fixiert und eben hierin seine Wiederholung durch das ruhige Bewußtsein des Wertes erhöht wird, die Urteilsakte, die nur einen Teil des Werthaltens ausschöpfen, begleiten so als über ihm gleichsam auftretend und sich summierend, zusammennehmend den Vorgang des genießenden Auffassens und ermöglichen die ruhigere, innigere, tiefere Wiederkehr desselben.
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II. *Das ästhetische Erlebnis und sein sprachlicher Ausdruck Der nächste Strukturzusammenhang besteht zwischen dem einzelnen ästhetischen Erlebnis und dem Ausdruck desselben in der Sprache. Die so entstehende Aussage intendiert eine völlige Deckung der Aussage mit dem Erlebnis. Die Natur jedes ästhetischen Erlebnisses ist nun, daß unabhängig vom Lebenszusammenhang zwischen Gegenstand und Subjekt die bloße Präsenz des Gegenstandes Wohlgefallen hervorruft, welches nach seiner elementaren Grundlage in der Gefühlsbetonung des Gegenstandes, in der Art einer Eigenschaft in Ähnlichkeit mit ihr dem Gegenstand zugeschrieben wird. Die so entstehende Aussage muß nun darauf angesehen werden, in welchen Formen sie ausdrückbar ist. Aussageformen über einfache Erlebnisse, die einen in der Schönheit enthaltenen Bestandteil betreffen Diese Farbe ist angenehm; sie entzückt mich; sie wirkt beruhigend, sie wirkt stark; sie ist schön; der Gegenstand ist in seiner Farbe schön oder wohlgefällig etc. Hier ergibt sich zweierlei: 1. Bei gleicher Fundierung erhält die Aussage eine subjektive Fassung, oder es wird schlechthin das Wertprädikat in der Art einer Eigenschaft dem Gegenstande zugeschrieben. Dies ist entweder in einer Unangemessenheit des sprachlichen Ausdrucks gegründet, oder der ästhetische Wert bezeichnet eben nur eine im Gegenstand gelegene Möglichkeit, eine solche Wirkung hervorzubringen.397 Schön bezeichnet hier nicht die Notwendigkeit, auf jeden ästhetisch positiv zu wirken, sondern nur, daß in dem Gegenstand die Möglichkeit einer solchen Wirkung enthalten ist. 2. Wenn ich sage, eine Farbe sei schön, so kann ich dafür auch sagen, der Gegenstand sei in der Farbe schön. Ebenso: Die Gruppierung ist schön. Dies macht deutlich, daß ein in einem Gemälde enthaltener Bestandteil des ästhetischen Totaleindrucks von Schönheit auch für sich als schön bezeichnet werden kann. Werden alle Bestandteile, deren Verbindung die volle Befriedigung und Beruhigung hervorbringt, die wir als Schönheit bezeichnen, durchlaufen, dann ist die Aussage von Schönheit fundiert auf einen Zusammenhang von Erlebnissen, einen Erlebniszusammenhang.
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Aber auch hier kann zunächst über einen einmaligen Zusammenhang meiner Erlebnisse eine Aussage stattfinden. Dann ist dasselbe gemeint unter folgenden Ausdrücken: Das Gemälde gefällt mir; das Gemälde ist schön; es ist wohlgefällig; es befriedigt mich. Alle diese Aussagen sind Ausdruck desselben Erlebniszusammenhangs, nur daß aus ihnen in der Aussage mehr oder weniger herausgeholt wird. Auch hier zeigt sich also, daß das Prädikat schön nur die Fähigkeit des Gegenstandes bezeichnet, überhaupt einen solchen Eindruck zu machen.398 Da die Aussage hier direkt auf das noch präsente Erlebnis bezogen ist, ist ausgeschlossen, daß mit ihr mehr gemeint ist als im Erlebnis enthalten ist, nämlich eine Art von dem Gegenstand einwohnender Beschaffenheit, die Wirkung zu üben. Die Beziehung auf mich ist entweder als Teilinhalt des Erlebnisses mit aufgenommen, oder sie ist eine durch ein entgegengesetztes Urteil hervorgerufene Einschränkung. 3. Diese Aussage drückt in keinem Falle eine faktische Allgemeinheit aus; denn sie wird durch das entgegengesetzte Urteil eines andern nicht aufgehoben. Vielmehr kann sie nun erst so zu dem objektiven Urteil erhoben werden: Das Gemälde ist doch schön. Dieses objektive Urteil besagt nun ein Mehreres. Es wird jetzt über die wertenden Subjekte selbst ein Werturteil vollzogen. Dem Gegenstand wohnt die Fähigkeit inne, auf jeden, der durch Anlage und Übung zu richtigen und vollständigen Eindruckserlebnissen ausgebildet ist, eine positiv wertende Wirkung hervorzurufen. Dieses objektive Urteil fordert eine erweiterte Fundierung. Wenn ich nicht antworte: Mir aber gefällt es! und so den subjektiven Charakter der einfachen Erlebnisaussage anerkenne und näher bestimme, sondern antworte: es sei schön, dann muß der Anspruch auf Allgemeingültigkeit meines Eindrucks irgendeine weitere Fundierung haben als die, [die] in der zugrunde gelegten einfachen Erlebnisaussage als solcher vorliegt. Goethe urteilt über Gedichte und ist sich dabei bewußt, daß entgegengesetzte Urteile aus dem Unvermögen, vom stofflichen Interesse sich freizumachen etc. hervorgehen, sein eigenes Urteil aber durch Anlage und Übung geführt ist. Hier tritt nun sofort die Präsumption hervor, daß eine objektive Prädizierung auf ästhetischem Gebiete möglich sei. Diese Präsumption ist nun aber nicht a priori in jedem urteilenden Subjekt enthalten. Ein moderner Maler oder Musiker kann überzeugt sein, daß das ästhetische Urteil historisch und persönlich relativ sei. Er kann dann nicht auf Grund seines Erlebnisses dem Gegner gegenüber mit einem objektiven Anspruch seines Werturteils antworten. Bleibt jemand aber dabei, seinem Eindruck objektiven Wert zuzuschreiben auf Grund des Bewußtseins seiner Urteilsfähigkeit, dann steckt dahinter
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nicht eine apriorische Forderung der Allgemeingültigkeit ästhetischer Werte: denn eine solche müßte jeder Urteilende zur Geltung bringen, sondern die Erfahrung, daß die hier wirksamen Momente des Gegenstandes stets auf jeden Urteilsfähigen einen positiven Eindruck gemacht haben. Oder es steckt, wie etwa bei Goethe und Schiller, ein in Erfahrungen erworbenes Bewußtsein dahinter, daß an eine bestimmte Beschaffenheit der Farbe, der Anordnung im Raum, der Gruppierung etc. nach der Natur der Sache, weil so die Aufgaben am besten gelöst werden, der Eindruck der Schönheit gebunden sei. Und eine solche Fundierung ist innerhalb gewisser Grenzen voll berechtigt.
III. Der logische Charakter der Objektivität von ästhetischen Werturteilen Wir haben gesehen, daß kein Apriori erforderlich ist, um die logische Form des ästhetischen Werturteils verständlich zu machen. Das erste Moment ist hier, daß nur in diesem Gebiete durch den Gefühlston an die Elemente der Erscheinung ein sinnliches Gefallen geknüpft ist: So erscheint von unten auf der Wert als eine Art von Beschaffenheit des Gegenstandes. Er ist in diesem Sinne objektiv. Das andere Moment liegt darin, daß durch keine Summierung von Aussagen die Objektivität eines ästhetischen Schlußurteils fundiert werden kann, und zwar einfach darum nicht, weil die Aussagen stets auseinandergehen. Ferner sehen wir, daß der Anspruch auf Allgemeingültigkeit des ästhetischen Urteils keineswegs von allen Urteilenden gemacht wird. Die meisten Künstler und Dichter werden heute tatsächlich die historische Relativität der ästhetischen Urteile anerkennen, nicht weniger die meisten Historiker. Wir stehen heute noch unter dem Einfluß des Rationalismus, der Normenlehre des 17. und 18. Jahrhunderts, und sind eben erst im Begriff, uns demselben zu entziehen. So oft nun aber jemand den Anspruch auf Allgemeingültigkeit seines Urteils macht, erklärt sich dieser Anspruch daraus, daß in der Tat ein allgemeines ästhetisches Prinzip der Einheit in der Mannigfaltigkeit besteht und daß im Sachverhalt der einzelnen Gebiete Normen gegründet sind. Es wäre falsch zu sagen, daß diese nur Korrektheit garantieren. Ihre Verwirklichung enthält in sich unter bestimmten Umständen die Möglichkeit höchster Empfindungen, durch die sie realisiert werden. Aber immer wird doch noch etwas da sein, das, unfaßlich, ein Enthusiastisches, der freien Phantasie Angehöriges, dem Kunstwerk erst seine höchste Macht verleiht.
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IV. Fundierung der objektiven Werturteile Hieraus ergibt sich, daß die Fundierung der Objektivität auf diesem Gebiete zwar vorbereitet wird durch Feststellung faktischer Ausdehnung einer bestimmten Prädizierung, aber keineswegs durch sie hergestellt. Vielmehr ist sie überhaupt nur innerhalb der Grenzen möglich, in welchen innerhalb einer ästhetischen Aufgabe aus dem Sachverhalt Bedingungen ihrer Erfüllung abgeleitet werden können, deren Realisierung im vorliegenden Fall dann festgestellt wird.
V. Abschätzung der ästhetischen Werte Das Verfahren der Vergleichung wird innerhalb des Verhaltens zu dem der Wertabschätzung. Es ist bezeichnend für das ästhetische Gebiet, daß die Anschauung im ruhigen Genusse des Gegenstandes verbleibt, da in der ästhetischen Wertung selbst kein direktes Verhältnis zur Begehrung enthalten ist. Denn dieses Verhältnis ist es doch, das innerhalb der Lebenswerte zur Wertabschätzung sofort nötigt. Wertabschätzung[en] sind auf diesem Gebiet erst das freie Ergebnis nachträglicher reflektierender Orientierung.
[VI.] Erweiterte Fassung der ästhetischen Werte Das unterscheidende Moment des ästhetischen Wertes lag in der Loslösung eines Erlebnissachverhaltes aus dem Lebenszusammenhang bei der Wertung und der Erfassung desselben in seiner Totalität, wie sie von der sinnlichen Erscheinung in die ihr entsprechende Innerlichkeit reicht.
Bausteine zur Systematik der Werte und Werturteile
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Bausteine zur Systematik der Werte und Werturteile399
1. Persönlichkeitswerte400 [1.] Werturteile, die nicht ein Haben, Benutzen, Gebrauchen des unabhängig von uns Existenten voraussetzen Der Wert, der in der Lebensbeziehung zu einem Subjekte begründet ist, ist bisher erörtert worden. Jetzt wenden wir uns zu demjenigen, der unabhängig von den Lebensbedingungen zuerteilt wird. Ein solcher Wert eignet Gegenständen oder Personen, sonach unangesehen ein Lebensverhältnis derselben zu dem wertenden Subjekte. [2.] Loslösung der Personen aus dem Lebenszusammenhang und Wertung derselben unabhängig von diesem 1. Das Phänomen Den Lebenswerten zunächst stehen nun diejenigen Werte [zur Seite], welche den Personen zukommen, unabhängig vom Lebenszusammenhang zum wertenden Subjekte, obwohl sie in einem solchen Lebenszusammenhang stehen. Diese Personen sind Realitäten. Als solche können sie im Lebenszusammenhang meiner eigenen Realität eine Stelle einnehmen. So kommt ihnen in dieser Rücksicht eine Schätzung zu. Gibt es nun aber eine von ihr unabhängige Schätzung der Person? 2. Theorie Man beantwortet diese Frage in der Doktrin vom moralischen Werte der Person. Aber wir suchen keine Doktrinen, sondern das, was im Leben selbst nachweisbar enthalten ist. Daß es einen solchen unabhängigen Wert gäbe, Persönlichkeit als höchstes Glück nicht nur suchen als höchsten Wert der Erdenkinder, das ist das höchste Erlebnis, dessen das werthaltende Subjekt fähig ist. Verehrend, bewundernd, hochachtend, billigend: dies sind Bezeichnungen der Sprache, welche eben dieses als ein Erlebnis ausdrücken. Diese Bezeichnungen entsprechen Werturteilen, und diese Werturteile fassen zusammen Werthalten einer bestimmten Art, in realen Erlebnissen vollzogen und in entsprechenden
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Werturteilen, die sich auf die Einzelmomente der gewerteten Person beziehen, zum Ausdruck gebracht. – Kant, Fichte, Carlyle und Schleiermacher haben diesen Erlebnissen den stärksten Ausdruck gegeben. Es genügt in unserem Zusammenhang, daß es solche Werturteile gibt, daß der Sinn, in welchem Bewunderung, Achtung, Hochschätzung ausgesagt werden, eben dieser ist, daß wir unter der Würde der Person eben dieses meinen. Die Fundierung des Urteils über Persönlichkeitswert liegt darin, daß der Weg aus Handlungen, Worten, Werken zu einem Innigen, Inneren zugänglich ist, der unabhängig von allen äußeren Wirkungen desselben im Gefühl dieser Wertung aufgefaßt werden kann. Bis zu diesem letzten Punkte, in welchem der Persönlichkeitswert immer individuell ist und Individualität immer als Wert erlebt wird, dringt nicht die Geschichte als solche; sie ist nur eine Abstraktion von der Totalität des Lebens. Realität, im Lebenszusammenhang befindlich, wird in diesem Sinne nur in der Biographie zur Auffassung gebracht. Was wir in dem Gefüge einer solchen Realität bewundern, Verehrung, Hochachtung möglich macht, was in ihr dieser Art des Werthaltens korrespondiert, kann durch Zergliederung der Erlebnisse in einem gewissen Umfang aufgefaßt werden. Unzugänglich aber für gültiges Wissen bleibt ebensowohl, welche psychischen Momente diese Art wertschätzenden Verhaltens bedingen, welche die Persönlichkeit selbst ausmachen. Entsteht diese Werthaltung doch im letzten Grunde aus einem Bewußtsein der Wirkungen gewisser Eigenschaften auf uns im Lebenszusammenhang. Ist es in der Person das altruistische Moment, das unsere Verehrung bedingt? Alle diese Fragen sind, soweit wir heute sehen, einer wissenschaftlichen Erledigung nicht fähig. Unsere Methode will nur feststellen, was unter den Werten für diese Art des Werthaltens gemeint sei und wie im Erlebnis diese Begriffe zur Erfüllung gebracht werden können. Das Spezifische dieser Persönlichkeitswertbestimmung liegt zunächst in der Unabhängigkeit vom Lebenszusammenhang, auch wo dieser vorhanden ist. Es liegt dann – in Konsequenz hiervon – im Rückgang von der Berücksichtigung der Wirkung des Erfolgs der Handlung zu ihrer Wertbestimmung aus ihrem Zusammenhang mit der Einheit der Persönlichkeit. Diese Art von Urteilen setzt die Persönlichkeit als Selbstwert oder, nach dem paradoxen Ausdruck des transzendentalen Idealismus, als Selbstzweck. Hierzu tritt ein letztes, spezifisches Moment in dieser Wertgebung, mindestens in einer Zahl dieser Werturteile, nämlich denen, die Rechtschaffenheit, Pflichtmäßigkeit aussagen, ist enthalten, daß diese Werte von seiten des Urteilenden gefordert sind. Die Wertschätzung hat den Charakter, daß in dem Wertgehaltenen ein Besonderes realisiert sei.
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Auch hier haben wir es nur mit dem Charakter dieser Wertgebung zu tun. Derselbe besteht also näher darin, daß hier allgemeingültige Urteile auftreten, welche an den, der handeln soll, eine Aufforderung stellen, deren Erfüllung für ihn verbindlich ist, und dem, der gehandelt hat, allgemeingültig einen Wert zuschreiben, zu dessen Realisierung er verpflichtet war. Allgemeingültigkeit des Urteils, Allgemeingültigkeit der Forderung der Verbindlichkeit, Charakter des Sollens, der eine Notwendigkeit in sich schließt, hängen hier also miteinander zusammen. Dieser Zusammenhang erstreckt sich unaufhaltbar über die Sphäre von Pflicht, Rechtschaffenheit, in welcher irgendeine Art von gegenseitiger Bindung den Anspruch fundiert, ausdrücklich oder stillschweigend, in das Gebiet der Wahrhaftigkeit, Treue etc.; zweifelhafter wird das Sollen im Gebiet der Hilfeleistung, der Arbeit etc., wo doch ebenfalls ein sozialer Zusammenhang, Gegenseitigkeit angelegt ist: über Verpflichtung hinaus geht Ausformung [?], Gestaltung der Persönlichkeit, wo nie im […] psychischen Zusammenhang ein Sollen aufgefunden werden könnte, dafür aber das Werthalten erhöhte Dignität aussagt. So bestehen hier Unterschiede der Wertung von tiefgreifender Art: Wissenschaftliche Analysis trennt Anspruch und moralischen Wert, ethischen Wert, Persönlichkeitswert.
2. Objektive Urteile über den Lebenswert anderer Personen nach ihrem Lebenszusammenhang mit dem urteilenden Subjekt401 In dem Lebenszusammenhang mit dem wertenden Subjekte befinden sich andere Personen, sofern sie als mitlebend in Wechselwirkung zu ihm stehen oder als vergangen im geschichtlichen Lebenszusammenhang zur Gegenwart eine Stelle einnehmen. Ich nenne die Wertung, die hier auftritt, historisch im Gegensatz zu der, welche losgelöst von diesem Lebenszusammenhang den Eigenwert der Person aussagt. Geschichte ist ein Wirkungs- und Lebenszusammenhang des menschlichen Geschlechts. Nur was diesem angehört, fällt in sie. Historisch ist ein Vorgang, eine Person etc., sofern sie in ihr ihren Ort hat. Historische Größe ist die Wertbestimmung einer Person unter diesem Maßstab ihrer Wirkung. Historisch bedeutend ist eine Person oder ein Ereignis in demselben Verhältnis. Hierin liegt der objektive Maßstab der Auswahl der anfänglichen Behandlung, der Betonung der Personen und Ereignisse. Zweitens: Geschichte stellt andererseits denselben Lebenszusammenhang von der anderen Seite aus angesehen so dar, daß sie die Verkörperung des Le-
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benszusammenhangs, in welchem eine Person sich entwickelt, die Entwicklungsgeschichte, in der es zu dieser Verkörperung kommt, zur Vorstellung bringt. So entsteht eine andere Art von Bedeutung der historischen Person. Individuelle, vollaktivistische Schätzung. Biographie als Vorstellung der Persönlichkeit ohne Abzug … [Text bricht ab]
3. Übergang aus den Lebenswerten zu den religiösen Werten402 Religiöse Werte sind solche Werte, deren Werthaltung in religiösem Ursprung entsteht. Ein Vorgang ist religiös, empirisch angesehen, sofern er ein Teil des Verkehrs mit dem unsichtbaren Göttlichen ist oder in diesem Verkehr gegründet ist. In diesem empirischen Begriff der Religion ist enthalten, daß die religiösen Werte die Realität des religiösen Gegenstandes und den Lebenszusammenhang mit ihm voraussetzen. Sonach sind es Lebenswerte nach diesem ihrem Grundcharakter, und sie erhalten das unterscheidende Merkmal, religiös zu sein dadurch, daß der Lebenszusammenhang, der sie konstituiert, das Bewußtsein seines Verhältnisses zur unsichtbaren Welt einschließt. Auch die Metaphysik kann transzendente Werte konstituieren, aber diese sind ihr nicht im Lebenszusammenhang fundiert, sondern in einem Schlußverfahren. So gehören die transzendenten metaphysischen Werte einer ganz anderen Stelle des Wertzusammenhangs an. Ich beginne damit, Beispiele von religiösen Werten vorzulegen. In der älteren griechischen Zeit war der Staat ein religiöser Wert, weil er von seiner Stiftung her mit dem Unsichtbaren in Zusammenhang stand, Träger der Heiligtümer und Kulte war etc. Religiöse Werte sind Tempel, Kulte, sichtbar als ein Lebenszusammenhang mit dem Unsichtbaren. Es können aber auch Lebenswerte der verschiedensten Art, wie der Staat, dadurch etc. einen religiösen Charakter erhalten, daß sie gleichviel, welches ihre soziale Funktion überhaupt ist, Lebensfunktion sei, in den religiösen Gefühlszusammenhang aufgenommen sind. So der Vertrag der Ehe, das Kind als eben Gott geschenkt, der Ursprung der Aufopferung, der sittliche Prozeß als Heiligung. So unterscheidet sich also der religiöse Wert innerhalb der Lebenswerte durch die Beziehung zu einem Transzendenten, welches selber nur dadurch Wert ist, daß es in dem Lebenszusammenhang eine Stelle einnimmt. Es ist eine Realität, die [durch die] Insuffizienz der im gewöhnlichen Lebenszusammenhang auftretenden Werte gefordert wird: gleichsam die Schöpfung der religiösen Gefühlslebendigkeit. Ein theoretischer Gottesbeweis ist selbst kein Teil des
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religiösen Vorgangs, sondern drückt in der Erkenntnissphäre einen Zusammenhang aus, welcher vom Gegebenen aus postulierend auf die Realität eines göttlichen Wesens zurückgeht. In dem Prozeß des werdenden religiösen Gefühls ist die Forderung der unsichtbaren Welt bedingt durch die Insuffizienz der gewöhnlichen Lebenswerte, zugleich aber etwas Positives im Gegebenen etc. Hieraus folgt, daß die religiösen Lebenswerte entstehen, weil die gewöhnlichen das Gefühl nicht völlig auszufüllen vermögen.
4. Religiosität403 Zu erkennen, was sie sei, ist darum so schwer, weil alle ihre Ausdrucksweisen und die dauernden Produkte, in denen sie sich als Dogma, Glaube, Aberglaube, religiöse Kunst, religiöse Weltanschauung dem Studium darbietet, erst der Interpretation bedürfen, welche die Seelenbewegungen erfaßt, die dahinter sind. 1. Alles, was das Leben und sein Korrelat, die Welt, gegenständlich enthält, kann Objekt religiöser Wertsetzung sein. 2. Die religiöse Wertgebung ist aber nie etwas Ursprüngliches. Religiöser Wert ist nicht, wie Lebenswert etc., ein ganz independenter Wertinbegriff. Vielmehr setzt er Erfahrungen innerhalb der Lebenswertgebung voraus, welche auf Grund einer bestimmten Tonart oder Färbung des Gemütslebens den Druck der umgebenden Welt (Pascal), die Unmöglichkeit, durch Eingriff ihn zu überwinden, die Unrealität desselben, Fragilität, Korruptibilität, Unfaßlichkeit betonen, andererseits positiv ein Bedürfnis von Festigkeit der Welt, Vertrauensmöglichkeit, Frieden haben. Dieses alles ist noch nicht religiöse Gemütsstimmung. Denn religiös ist Gemütsstimmung erst dann, wenn in dem Unsichtbaren das Mittel, die Gemütswelt auf Grund dieser Gefühle angemessen zu konstituieren, gefunden ist. So entsteht zunächst der Begriff des religiösen Bedürfnisses, eigentlich des Bedürfnisses, das in der Religion Befriedigung findet. Wo es der Religion nicht vorhergeht oder im religiösen Gemütsleben als konstitutives Moment bedingt wird, ist die Religion nur Überlieferung, Gewöhnung. Und jede religiöse Natur hat irgendwie in der Beschaffenheit des Gemütes, das die Lebenswertung bedingt, die Kraft zu ihren originalen Konzeptionen.
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5. Erkenntniswerte404 Die Frage, ob es Erkenntniswerte gibt als eine von den Lebenswerten unterschiedene, den ästhetischen und moralischen parallele Klasse, ist davon abhängig, ob man Evidenzbewußtsein, das sogenannte Überzeugungsgefühl, als ein wertfundierendes Gefühl auffaßt. Hiergegen spricht zunächst schon die Beschaffenheit des Wirklichkeitsurteils, in dem eine ganz andere Strukturbeziehung zum Ausdruck kommt als in den Werturteilen. Die Gefühle, welche die Vorgänge der Wirklichkeitserkenntnis begleiten, sind gegründet in der Stellung der Erkenntnis vermittelst des Lebenszusammenhangs zu der Gesamtlebendigkeit des erkennenden Subjektes. Dieser Zusammenhang tritt zunächst als ein solcher zwischen einzelnen Erkenntnissen oder Erkenntnisklassen und dem Nutzen oder Schaden des Subjektes oder auch seinem Zug zu intellektueller Tätigkeit auf. Dann aber kann induktiv die ganze Beziehung des Lebenszusammenhangs zu den Vorgängen der Erkenntnis auf gewisse oberste Sätze gebracht werden, die den Wert der Erkenntnisvorgänge formulieren, und diese Sätze können dann wieder den Wertmaßstab für die Abschätzung der einzelnen Erkenntnisvorgänge abgeben. Wenn der Begriff des Wissen-wollens, des Willens zur Erkenntnis einer in uns liegenden idealen Forderung des Wissens gebildet wird, so gewinnt man darin einen Maßstab, an welchem Methoden, Wissenschaften, Erkenntnisse gemessen werden können. Damit scheint dann ein unbedingter Wertmaßstab gegeben. So wird dann, wie bei Schleiermacher, die Wissenschaft zu einem Gebilde der sittlichen Welt, das von diesem unbedingten Maßstab aus beurteilt werden kann. Aber das Wissen-wollen, obwohl es im Forscher als ein Erlebnis auftritt, ist doch vermittelt durch den induktiven Prozeß, in dem wir die Werte des Wissens zusammenbringen und summieren. Und die verschiedenen Werte, die in diese Induktionen eintreten, Herrschaft über die Natur, ideelle Momente der Auffassung und Leitung des gesellschaftlichen Lebens, Verbindung des Wissensinteresses mit dem Beruf etc. sind doch heterogen, teilweise unvergleichbar miteinander und daher untauglich, Einzelwertbestimmungen zu fundieren.
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6. Zur Systematik der Werte405 Wenn so die Ausdrücke für Erlebnisse durch ihr direktes Strukturverhältnis zum Erlebnis die Gewähr ihrer Deckung mit demselben in sich tragen, so haben weiter die Abschätzungen vergleichbarer Werte dieselbe Evidenz bei richtigem Vollzug, welche der Vergleichung nach ihrer erkenntnistheoretischen Dignität als einer Wahrnehmung zweiten Grades überhaupt zukommt. Auf der Wertgrundlage kann dann auch das Vorziehen in der Willenssphäre Abstufung der Werte feststellen. So entstehen die Verhältnisse der Abstufung innerhalb der vergleichbaren Werte, die in den einzelnen Erlebnissen fundiert sind. Nun treten aber weiter all die Formen der Beziehung in der Erfahrung auf, welche die mit dem Anspruch der Objektivität auftretenden Werturteile begründen. Wie verhalten sich nun die Wertinbegriffe zueinander, welche durch die Art der Beziehung in Gefühl und Begehren zwischen Subjekt und Gegenstand durch die Voraussetzungen, unter denen sie auftreten, religiöse Werte, Persönlichkeitswerte, ästhetische Werte, unterschieden sind? 1. Jeder dieser Inbegriffe erfüllt einen bestimmten Umfang von Möglichkeiten in der Unendlichkeit des Gefühls – Unendlichkeit im subjektiven Sinn der in ihm liegenden grenzenlosen Sehnsucht. Jede[r] derselben tut so dem Gemüte nur in bestimmten persönlichen und historischen Lagen genug. Hierin ist immer ein Antrieb zur Dialektik des Gemütslebens, das nach neuen Möglichkeiten dürstet. Wir sehen, wie die Fülle der dem Leben immanenten Lebenswerte doch behaftet ist mit Korruptibilität, Fragilität, Beginn in Leiden und Endigen in Leiden, und wie sie so eine Ergänzung sucht im transzendenten Gegenstande. Die veränderten historischen Bedingungen, die im Untergang der republikanischen römischen Ordnung lagen, erzeugen den Zug zu einer Festigkeit in der Transzendenz des Einzelsubjektes und der absoluten Realität. Und wie nun diese Transzendenz im Mittelalter durchlebt wird, erweist sie sich unter neuen Bedingungen der Kultur [als] unbefriedigend, und der ästhetische Genuß des Lebens, die Fülle der positiven Lebenswerte sind mit einem neuen Glanze umkleidet.
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2. Jeder solcher Wertinbegriff kann zwar dieselben Gegenstände werthalten; die Ehe tritt als Lebenswert, ebenso aber auch als moralischer Wert auf. Aber das gibt nun der Wertprädizierung den Charakter der Unerschöpflichkeit, gibt ihr Möglichkeiten unendlicher Entwicklung, daß es an denselben Gegenständen immer neue Inhalte sind, die im Urteil als Wertmomente in einem anderen Wertinbegriff herausgehoben werden. Es ist dieselbe Weltwirklichkeit als Inbegriff von Gegenständen, dasselbe Leben, für das sie da ist, die in den verschiedenen Wertinbegriffen zur Wertung gelangen. Auf verschiedene Weise. Unter immer neuer Wertbetonung der Inhalte. So daß jeder Wertinbegriff hinüberweist für die Unendlichkeit des Gemütes auf die anderen. 3. Hierin liegt nun, daß das Wertvolle am Leben, wie es immer neu gelebt, genossen und gelitten wird, nur von jemandem erschöpft werden könnte, der die verschiedenen Wertinbegriffe durchliefe. Daher ist jedes Leben, das in einen Wertinbegriff sich verfängt, einseitig, in Widerspruch mit den Möglichkeiten, Inhalte an Gegenständen im Gefühl zu betonen. Diese Einseitigkeit macht sich geltend im Leben selbst als Insuffizienz des Subjekts ihm gegenüber, als Unfähigkeit des Verständnisses dem Inbegriff der gesellschaftlich und historisch gegebenen Erlebnisse gegenüber. Der Moralismus Schlossers, das Ästhetentum Jacob Burckhardts erweisen ihre Begrenzung am historischen Stoff deutlicher als sie etwa im Leben selbst oder seinem Ausdruck in der lyrischen Dichtung sich zeigt. 4. Gibt es nun einen Standpunkt, der die Wertinbegriffe in dasselbe Leben oder Verstehen einheitlich aufzunehmen ermöglicht? Jede reelle Situation eines Subjektes enthält eine Disposition zu einer bestimmten Art der Wertreaktion.
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7. Systematik aller Werturteile406 Worin liegt nun die Sicherheit, daß wir uns aller Werturteile bemächtigt haben? Sie wäre vollständig nur, wenn die ihnen immanente Gliederung aufgefunden wäre.
[1.] Lebenswerte Das Merkmal der Lebenswerte ist der Zusammenhang in dem Leben selber als der Verknüpfung der Verhaltungsweisen, durch welche ein Gegenstand vermittels des Zusammenhangs mit den im Zusammenhang auf ihn bezogen werthaltenden Subjekten verbunden ist. Das Werturteil sagt auf Grund dieses Zusammenhangs das Werthalten aus. Für die Theorie der ästhetischen Werte muß hier schon herausgehoben werden, daß jedes Werturteil, welches von sinnlichen Eigenschaften, Farben, Tönen, Geruch, die Wertprädikate angenehm oder unangenehm, gefallen, beruhigen, erregen, wirkungsstark etc. aussagt, die Lebenswerte sinnlicher Gegenstände für sinnerfühlende Subjekte enthält. Indem in gewissen Gegenständen oder Gegenstandsklassen die spezifisch erregenden sinnlichen Eigenschaften aufgefunden werden, entstehen die Prädikate des Meeres, der Pflanzen, Tiere, wie sie bei Homer sich vorfinden. Eine ästhetische Naturanschauung entsteht erst auf Grund derselben. Sonach ist in ihm die Unabhängigkeit seiner Geltung von den wechselnden wertenden Subjekten enthalten. Es gilt, soweit Subjekte in diesem Zusammenhang stehen. Urteile ich dann, indem ich den Wert auf die Subjekte einschränke, so kann der so entstehende Satz auch als Aussagesatz bezeichnet werden. Die logische Qualität des Satzes hängt von dem in ihm Gemeinten ab. Ob er ein Werturteil oder ein Aussagesatz ist, kann mindestens in vielen Fällen und mindestens aus ihm selbst nicht festgestellt werden.
2. Der Selbstwert des im Lebenszusammenhang Existierenden Jenseits der Lebenswerte erstreckt sich das Gebiet der Werte, welche innerhalb des Lebenszusammenhangs liegen, aber aus der Auffassung der Gegenstände, unabhängig von diesen, hervorgehen. Jeder im Lebenszusammenhang enthaltene Wert kann darauf angesehen werden, ob er unabhängig von diesem
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Zusammenhang einen Eigenwert besitze. Ein solcher wird in der Persönlichkeit erlebt, in anderen Persönlichkeiten verstanden, ja in die Naturgegenstände durch Einfühlung verlegt. Der spezifische logische Charakter dieser Werturteile liegt darin, daß sie die Existenz einer Realität zur Unterlage haben, von welcher ein Wert ausgesagt wird. Da der Selbstwert primär Erlebnis ist, so liegt in ihm, daß er die unbedingte Gültigkeit, die in diesem Erlebnis liegt, im Werturteil ausdrückt. Ebenso kommt diese unbedingte Allgemeingültigkeit auch der Zuerkennung des Selbstwertes anderer Personen zu. Sie ist nur vermittelt durch den Vorgang des Verstehens und der Feststellung der Gleichartigkeit derselben in diesem Vorgang, und sonach ist sie fundiert auf den richtigen Vollzug dieses Erkenntnisprozesses. Die Einfühlung in Naturobjekte, welche ihnen einen Selbstwert zuschreibt, darf nicht identifiziert werden mit dem ästhetischen Auffassen der Natur. Sie ist auch nicht in einem jeden solchen mitenthalten. Auf der primitiven Stufe ist vielmehr dieser Vorgang religiös Ausgangspunkt des mythenbildenden Prozesses; andererseits gibt es ästhetische Naturauffassung, die doch solche Selbstwerte in der Natur nicht setzt. Es macht den eigensten rhetorischen Zug in der römischen ästhetischen Naturauffassung aus, daß diese Beziehung mangelt. Daher stammt auch der rein rhetorische Charakter jeder Personifikation der Natur bei den Dichtern der augustinischen Zeit. Das ethische Ideal ist ein zwar nicht realer, aber zu realisierender Selbstwert. Die Kunst kann zwar solche Ideale zur Darstellung bringen; aber sie selber hat keine Intention oder Möglichkeit, solche Ideale zu schaffen in sich. Hiervon unterschieden ist die Wertbestimmung, welche von der Realität des Gegenstandes unabhängig ist oder erst in der Phantasie an einer ihr angehörigen zweiten Welt auftritt. Wenn ich eine Landschaft in der Natur ästhetisch auffasse, so liegt ihre Realität, ihr Lebenszusammenhang nach geographischer Lage, Produkten und deren Wert, in ihr enthaltenen Möglichkeiten der Verkehrsbedingung etc. außerhalb des ästhetischen Auffassungshorizontes. Ich sehe sie an als wäre sie ein Bild. Die Neigung, ihren ästhetischen Charakter dadurch zu verdeutlichen, daß ich an Künstler erinnere, die das spezifisch Ästhetische an ihr zum Ausdruck brachten, entspringt aus dieser Art sie zu sehen. Ganz frei wird der Genuß ästhetischer Werte erst da, wo in der Kunst eine zweite Welt geschaffen wird, die außerhalb des Lebenszusammenhangs, in den wir verkettet sind, sich befindet. Sie steht aber außerhalb, indem sie nicht in dem Zusammenhang der realen Lebenswerte und der von ihnen aus bedingten Begierde und Zwecksetzung steht. Und dies hat wieder zur Voraussetzung, daß wir in der so gebildeten zweiten Welt eine nur angenommene, eingebildete Wirklichkeit vor uns haben.
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Der Zustand, der der Wertgebung auf diesem Gebiete entspricht, ist die ästhetische Illusion, der ästhetische Schein. Dieser Schein setzt voraus, daß das Eingebildete, Angenommene eine solche innere Folgerichtigkeit hat, daß es ein zweiter Lebenszusammenhang wird, und zwar entweder ist das Kunstwerk Darstellung der Realität und muß dann den Bildungsgesetzen der Wirklichkeit entsprechen, wenn es sie auch überschreitet. Die äußerste Überschreitung in der Freiheit des Lebens ist das Märchen. Oder es muß, sofern es nicht Nachahmung ist, in seiner Gesetzlichkeit der seelischen Gesetzlichkeit homogen sein. Die so geschaffene zweite Welt vermag eine reinere Befriedigung zu gewähren. Die so entstehenden Werturteile unterscheiden sich von allen anderen dadurch, daß sie Realität nicht zu ihrer Voraussetzung haben. Sie können also nicht auf den Lebenswert oder Selbstwert der in der Kunst geschaffenen Objekte gehen, sondern nur auf die in ihnen enthaltene Möglichkeit, herausgenommen aus Lebenszusammenhang und Wirklichkeit, an und für sich Gefühlswirkungen hervorzubringen. Diese Gefühlswirkungen hängen also nicht an der Materie der Realität und des Lebenszusammenhangs, sondern nur an dem neu geschaffenen, immanenten Zusammenhang des Kunstwerks. So wird im Urteil der Wert als diesen Gegenständen einwohnend angesehen, alles an ihnen durchdringend, in ihrer Erscheinung wie in ihrem Innersten gegenwärtig. Als solcher steht er dann unter der Präsumption, dem Gegenstand selbst anzuhaften, sonach allgemeingültig und objektiv zu sein. Tritt diese Präsumption in Konflikt mit ihr widersprechenden Werturteilen, dann kann sie nur gerechtfertigt werden durch die Feststellung von Werten, welche ganz allgemein gewissen Grundverhältnissen an den ästhetischen Gegenständen zukommen. Diese Festsetzung kann sich nur in Erfahrungen vollziehen.
8. Moralische Urteile407 Jede Wertbestimmung beruht auf einer Reaktion des Gemütes auf Gegenstände. Als eine besondere Reaktionsweise tritt das moralische Urteil auf. Und zwar treten diese moralischen Urteile auf mit dem Anspruch an Allgemeingültigkeit. Versuchen wir, diese logische Seite am moralischen Urteil aufzuklären. Die moralischen Ideen sind nach Lotze408 „von unbedingter, verpflichtender Heiligkeit.“ Eben daselbst: „Unser wahres und wesentliches Bedürfniss bei der Grundlegung der praktischen Philosophie kann eigentlich nur darin liegen,
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nachzuweisen, dass die höchsten Grundsätze, welche unser ganzes sittliches Verhalten verpflichten sollen, völlig unabhängig von dem Belieben des Einzelnen sind, und nicht veränderlich mit der Veränderlichkeit der äusseren Umstände, unter denen wir zu handeln veranlasst werden.“ Dieser Satz bezeichnet richtig, daß zweierlei hier gemeint ist, ein Nicht-anders-sein-können der Regel und des Werturteils, und ein Von-allen-gefordertwerden und Für-alle-gelten. Fragt man nun, was als so reagierend in uns die Werturteile und Anforderungen an Handlungen ermögliche, so sind zunächst die Normen, Ideale, Werte selber doch nur unsere Abstraktion aus den Reaktionen auf Handlungen, Verhältnisse etc. Was nun aber als Realität dahinter liege, dem kann man sich nur auf Grund folgender Erwägung nähern. Die Besinnung über uns selbst, sei sie logisch, psychologisch, ethisch, ästhetisch, macht über die Region, die nicht als einzelnes Erlebnis da ist, immer neue Entdeckungen. Was der einzelne herausliest aus der Lebendigkeit, an der wir nur Struktur und Regelmäßigkeit des Geschehens objektiv erfassen, ist nur darum einigermaßen gleichmäßig, weil historische Gewöhnungen ihn gebildet haben.
9. Schlüsse auf den logischen Charakter der Werturteile409 Die Werturteile stehen in einem Strukturverhältnis zu den Erlebnissen, in welchen ein Fühlen, weiter dann auch ein Begehren oder Wollen als Verhaltungsweise stattfindet. Die ganze Systematik der Werturteile, in der eine Welt der Werte zur Auffassung kommt, hat im Strukturzusammenhang ihre Grundlage an den Erlebnissen der angegebenen Art. Und alle diese Erlebnisse müssen in dieser Systematik zum Ausdruck gelangen. Das Strukturverhältnis, das zwischen diesen Erlebnissen und den Werturteilen besteht, hat seinen logischen Ausdruck darin, daß die Urteile der Ausdruck der Erlebnisse sind und die Erlebnisse die Urteile fundieren. Es zeigte sich weiter, daß Werturteile, ebenso wie diese Erlebnisse, auch Wirklichkeitsurteile zu ihrer Grundlage mindestens haben können. Das ästhetische Urteil kann vielleicht ohne Beziehung auf das Bewußtsein von der Realität seines Gegenstandes stattfinden. Es gilt nun, das Verhältnis, das zwischen Erlebnis und Werturteil so besteht, vermittelst der nun vollzogenen Zergliederung des Gebietes der Werturteile näher zu bestimmen. Jedes Werturteil enthält eine prädikativische Bestimmung über einen Gegenstand. Die Prädikation besagt hier aber nicht ein in
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der Wirklichkeit Enthaltensein des Gegenstandes oder ein am Gegenstand stattfindendes tatsächliches Bestehen, etwa einer Gleichung, einer geometrischen Beziehung, eines gesetzlichen Verhältnisses, sondern die in ihm enthaltene Möglichkeit, Inhalt von Gefühls- und dann auch von Begehrens- und Willenserlebnissen zu sein. Hierunter ist zu verstehen, daß in den Erlebnissen ein solches Gefühls- oder Willensverhalten das ihm eigene Verhältnis zum Gegenstand enthält. Das Erlebnis ist die Totalität, in der Gegenstand und Verhalten aufeinander bezogen sind. Sein nächster Ausdruck im Urteil ist, daß diese Beziehung stattfindet. Dieses Urteil bringt ein im Erlebnis Enthaltenes zur Deckung mit der Aussage, die Aussage hat ihre Erfüllung an dem Erlebnis, auf das sie sich bezieht. Der logische Charakter der Aussage ist verschieden nach dem seelischen Zusammenhang, in dem sie gebildet wird. Sie kann eine Aussage über Stattfinden und Inhalt des Erlebnisses sein; sie kann aber auch das Werthalten des Gegenstandes aussprechen, das im Erlebnis vollzogen ist.
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Fragmente und Notizen zur Wertlehre
[1.] *Zum Begriff des Wertes 1. Werte410 Bestimmung von Wert ist vergleichbar der Ausbildung von Allgemeinvorstellungen und Begriff. In beiden überschreiten wir den unmittelbaren Eindruck und konstruieren ein Dauerndes, welches Eindrücke ermöglicht. Gefühle in einem Fall, Eindrücke im anderen. Bestimmung des Verhältnisses der Werte ist vergleichbar der Feststellung aller Wahrheiten in den Verhältnissen im Wirklichen. Wissenschaftliche Schematisierung der Werte und ihre Abstufungen ist vergleichbar der Wirklichkeitserkenntnis.
2. Wert411 Münsterberg [sieht] das Problem richtig: „Gewiß, wenn das Schöne zum schlechthin Angenehmen, das Gute zum schlechthin Glückbringenden, das Wahre zum schlechthin Nützlichen, das Religiöse zum schlechthin Trostbringenden umgewandelt wird, dann läßt sich unschwer das subjektive Begehren dartun, daß jene objektiven Werte trägt. Aber der tiefste Sinn ist dann verflüchtigt. Die sittliche Tat ist in sich wertvoll ohne jede Rücksicht auf die Glückserhöhung, die sie im Gefolge bringen mag; das Wahre bleibt ewig wertvoll ohne Beziehung zu persönlichem Verlangen. Es liegt also nicht so, daß jene Werte nur über das zufällige mißratene Wollen von diesem und jenem erhaben sind, das persönliche Begehren anderer aber erfüllen, sondern in keinem Falle ist die Lust, die sie dem individuellen Willen bringen, ein Ausdruck ihres wahren Wesens. Das Schöne wird ja häufig zugleich angenehm sein, das Wahre fördernd, das Gute hilfreich, aber das Eigenste des Guten, Wahren und Schönen ist dadurch sicherlich nicht ausgesprochen.“412 Gewiß, das ist das eigentliche Problem, daß wir der Schönheit etc. einen Wert zuschreiben, der in ihr selber liegt, nicht in dem Verhältnis zu den auffassenden Subjekten. Er gilt unabhängig von diesen. Dies heißt zunächst: Er ist ein Eigenwert. In seinem Dasein ist ein Wert enthalten: Zugleich aber ist doch etwas nur Wert, sofern es wertgehalten wird. Der Eigenwert des Individuums liegt also darin, daß es seiner selbst froh ist, daß es in Momenten ge-
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wußten Verhaltens in seiner Struktur selbst, in deren Bestande, in dem Dasein dieser individuellen Konfiguration deren Wert empfindet. Das ist das Bewußtsein seiner Würde. Ebenso verhält es sich mit dem Schönen, Guten oder Wahren. Es gibt Sphären, deren homogener Struktur, wo sie auch realisiert ist, eine Vollkommenheit oder Würde zukommt, die innerhalb der Sphäre im Schaffenden und Genießenden zu freudigem Bewußsein gelangt. Der Wert ist hier nicht darum wertvoll, weil er Genußmöglichkeit enthält, sondern in seiner Struktur liegt die Beschaffenheit, die in der Wertung nur anerkannt wird.
3. Werte413 Aber wenn die Werte isoliert [werden] etc., dann entsteht eine neue höhere Verbindung, in welcher der Bedeutungszusammenhang der Werte aufgefaßt wird. Isoliert ist eine Abschätzung: nun aber die Verhältnisse, in denen sie nach der Natur des Lebens in einem Bedeutungszusammenhang verbunden sind: Gesetz 1: Die Bedeutsamkeit ist die Bedingung für die Feststellung eines Wertes. Der moralische Wert einer Persönlichkeit setzt voraus, daß die Bedeutung des Lebens in der Richtung der Handlungen aufgesucht werde. Dies ist aesthetische Wertgebung etc. Gesetz 2: Welche Wertbeziehungen?
4. Wert414 Unter die Bedeutung fällt die Wertschätzung als ein eigenes Verhalten. Unterscheide ich positiv und negativ, so heißt negativ nicht Aufheben der Position, sondern das Entgegengesetzte.
5. Wert415 Struktur des logischen Systems a) Begriffe, Schlüsse finden b) Der Zusammenhang 1. Jeder Wertbegriff findet seine Erfüllung im Gefühl. 2. Die Wertschätzungen bilden sich in der Lebenserfahrung. Dann aber sollen sie methodisch zur Erkenntnis gebracht werden. Wo ist nun der Ausgangspunkt? Theorie der Werte und ihres richtigen Vollzuges.
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2. Erkenntnistheoretisches416 Worin [besteht] Allgemeingültigkeit? Sie besteht darin, daß dem Gegenstand der ästhetische Wert auf Grund der Präsenz seines Sachverhaltes ohne Einschränkung zuerkannt wird. (Die Gründe dafür sind unzugänglich. Apriori? Dieses ist nicht notwendig, da auch angenommen werden kann etc.) Davon abhängig, daß die Gleichartigkeit in dem Verhältnis der Verbindung von Wert mit Sachverhalt vermittelst der Präsenz des Gegenstandes (immer ein Fall der in der ganzen Gefühlssphäre erlebten Mittelbarkeit und Übertragbarkeit des Gefühls) nicht Anregung der Erfahrungen über die Gleichartigkeit auf Grund weniger Erfahrungen oder als natürlichste Annahme oder aus irgendeinem anderen Grunde ist. So wenig als die Allgemeingültigkeit des Sollens kann diese erklärt werden. Es ist dabei zu bedenken, daß ja nur der Anspruch zu erklären ist. Es liegt in der Natur des Gefallens an sinnlicher Präsenz, daß der ästhetische Wert als Eigenschaft der Gegenstände erscheint. Nur dieses Gegenständliche ist im Urteil enthalten und implizite Allgemeingültigkeit. Es ist schon durch den Gefühlston der äußeren sinnlichen Elemente die Zugehörigkeit und Verschmolzenheit des Ästhetischen mit seinem Gegenstande realisiert. Man kann sie auf ein Vergleichen der Gegenstände aufbauen.
3. Allgemeiner Begriff des Werturteils417 [1.] Werturteil wird fundiert in einem Strukturverhältnis zwischen einem Gefühl und einem repräsentierten Inhalt. Dies Strukturverhältnis wird nicht charakterisiert durch den Ausdruck: ‚Wirkung eines Inhaltes auf ein Gefühl‘. Das Verhältnis ist ein innigeres organisches. Reflexiver Ausdruck: Freude über etwas.
2. Das objektive Werturteil Objektive Werturteile sind Urteile, die in Gefühlen fundiert sind, deren Inhalt nur die in einem Urteil [enthaltene] Tatsache des Gegenstandes als solche ist.
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3. Beispiel a) Jemand stößt mich; ich fühle einen Schmerz und habe die Vorstellung des Stoßes. Zwischen beiden keine strukturelle Beziehung.418 Ich fühle keinen Schmerz über einen Stoß. b) Ich drehe mich um und sehe, daß mich jemand gestoßen hat. Ich ärgere mich darüber, daß mich die betreffende Person gestoßen hat. Der Urteilsinhalt, daß mich die Person gestoßen hat, bewirkt ein strukturelles Verhältnis zu dem Gefühl.419 Weiterhin kommt mir zum Bewußtsein, daß der Mensch unhöflich ist. Ich mißbillige es, daß er unhöflich ist. Mein Erlebnis drücke ich in der Reflexion aus als: Mißbilligung einer Handlung eines Menschen. Dies Erlebnis fundiert ein objektives Werturteil: Ich sage von dem Menschen einen sozialen Wert aus.420 Ich gehe weiter und denke über die Unhöflichkeit im Allgemeinen nach. Der Begriffsinhalt Unhöflichkeit wird zum Inhalt meines Erlebnisses. Ich vergesse den Stoß, den unhöflichen Menschen und stelle nur noch Betrachtungen an über die Unhöflichkeit im Allgemeinen. Dies Urteil ist allgemeingültig in dem Sinne, daß nach den logischen Gesetzen das Wertprädikat der Unhöflichkeit von jeder unhöflichen Handlung gilt, mag sie nun vor hundert Jahren geschehen sein oder nach tausend Jahren geschehen sein oder nach tausend Jahren geschehen, mag sie bei uns oder in entfernten Ländern geschehen. Daß ich immer dieses Urteil fällen werde oder daß alle anderen dieses Urteil fällen werden: dies denke ich dabei nicht. Ich kann mir es aus dem Vorgang, daß der Mensch mich gestoßen hat, zum Bewußtsein bringen. Aber es existiert ein Unterschied, ob ich mich über den Vorgang ärgere oder ihn mißbillige. Beim Ärger reflektiere ich nicht weiter über das Objekt der Tatsache, daß der Mensch mich gestoßen hat. Ich will gar nichts über den objektiven Sachverhalt als solchen aussagen. Meinen Ärger drücke ich aus, mehr nicht. Unzählige Abstufungen können sein. Eine Trauer steht in einem Strukturverhältnis, aber mit nur unbestimmten Inhalten. Das Urteil, das dieses Erleben [ausdrückt], ist etwa nur: Ich bin traurig. Ich fühle ein Unlustgefühl bei einem bestimmteren Inhalt. Ausdruck: Ich bin traurig über etwas. Der Inhalt wird objektiver. Ich bringe mir das Gefühl, den Inhalt und die Beziehung zwischen beiden in gleicher Weise zum Bewußtsein. Ausdruck: Es mißfällt mir.
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Dann weiter das limitative Werturteil. Bis zur völligen Hingabe des Individuums an das Objekt, in der das Individuum nicht mehr reflektiert über einen Gefühlszustand, auch nicht mehr über die Beziehung des Objekts auf ein Gefühl spricht, sondern nur noch das Objekt beurteilt. Allgemeingültigkeit der Werturteile ist abhängig davon, ob abstrakte Inhalte beurteilt werden, ferner Inhalte innerhalb eines Zweckorganismus und innerhalb eines typischen Zusammenhangs. Durch Hingabe an die Objektivität: Verstehen des Gegenstandes; dadurch ein durch die Elemente des Gegenstandes immer reiner fundiertes Gefühl, durch Verstehen des Gegenstandes immer besser fundierte Urteile. Andererseits Fundierung der Urteile in Maximen. Das Bild des Gegenstandes selbst in seiner Gegenständlichkeit und in seinen Wesenseigenschaften wird zum Objekt des Gefühls. Nicht das Dasein des Objektes für mich ist Gefühlsinhalt, sondern das Bild als solches, erfaßt in seiner Gegenständlichkeit. Je größere Hingabe, desto mehr schwindet die Zufälligkeit einer bestimmten momentanen Disposition des Bewußtseins. Das Momentane der Wirkung des Bildes ist Hingabe des Gefühls an das Objekt bei Unabhängigkeit des Geistes: ist charakteristisch für den Kritiker.
4. Werturteile421 Der Ausdruck Wirkungswerte im Gegensatz zu Eigenwerten ist so nicht durchführbar. a. ‚Werturteil‘ besagt nicht ein kausales Verhältnis, das Spezifische des Verhaltens kommt im Wirken nicht zum Ausdruck. b. Geht man auf die Kategorie des Wirkens ein, so sind alle Werte Wirkungswerte. c. Die Auffassung des Erlebnisses selbst, in welchem das Gefühl sich zu seinem Inhalt verhält, aus welchem dann im Urteil das Werthalten hervorgeht als das eines Wertes, ist nur ein Urteil, das aus einem Gefühl über das Gefühl hervorgeht, entspringt.
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5. Die Werturteile422 Gegenstand dieses Teils der Logik: die Denkakte, welche in den Vorgängen vorhanden sind, durch welche Werte gesetzt oder in zusammengesetzten Verfahren bestimmt werden. Sie umfassen einen weiten Bereich. Überall wo Lust, Gefallen, Billigung, Bedürfnisbefriedigung auftreten, ist in diesen Akten ein Bewußtsein von einem Wert enthalten. Es gibt sonach wirtschaftliche, ethische, ästhetische Werte. Da jede Setzung eines Zwecks ein Gut einschließt, das erreicht werden soll, jedes Gut aber nur ein Wert ist, das der Wille erlangen will, ist in dem ganzen Gebiet des praktischen Handelns Wertbestimmung die Grundlage.
I. Was ist Wert?423 1) Das im Gefühl Bejahte, das, wozu das Gefühl sich positiv verhält, oder 2) was mittelbar im Denken als ein solches positives Verhalten erwirkend festgestellt werden kann, oder 3) dessen Abwesenheit ein negatives Verhalten des Gefühls in irgendeiner Art herbeiführt. Ich sage: negativ und positiv, weil wir keinen generellen Ausdruck für alle Modifikationen des Gefühls in Lust, Billigung, Gefallen besitzen. Positiv bzw. bejaht bezeichnet hier mithin ein Gefühlsverhalten, nicht ein Urteil über Wirklichkeit – ein Gefühlsurteil, wo das Verhalten im Denken aufgeklärt wird.
II. *Das Werthalten 1) Das Gemeinsame in diesen verschiedenen Fällen, in denen Wert auftritt, ist sonach das Verhältnis irgendeines Inhaltes zum Gefühl. Dies Verhältnis drücken wir als Werthalten aus. Wert – das Urteil bestimmt beides, einen Zustand oder Gegenstand vom Gefühlswert aus in einer logischen Operation. Sofern Werthalten in logischen Operationen zum Bewußtsein gebracht oder ausgebildet wird, nennen wir es Schätzen, Abschätzen. Dieses ist schon, wo ein Zustand, in welchem ich mich befinde, abgeschätzt wird nach dem Grad der in ihm enthaltenen Lust. 2) Das primäre Wertschätzen, welches einen Wert bestimmt, ist wie die schon angegebenen primären Operationen nicht an das Wort gebunden.
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3) Hier macht sich ein Übergang aus dem Bewußtsein des psychischen Vorgangs, der Wert zuerteilt, zu dem Wert im engeren Sinn geltend. Ich drücke darin aus, daß ein Zustand oder Gegenstand mir gefällt etc. – Frage, ob bloßes Gefallen Bewerten ist? […] III. *Gebrauchswert und Nutzenwert Die Untersuchung des Vorgangs von Wertfühlen, Werthalten, Werturteilen fand zunächst in der politischen Ökonomie statt. Sie geht von einem konkreten Tatbestand des Werthaltens aus, welcher schon sehr zusammengesetzt ist. Diese versteht unter Wert die Bedeutung, welche ein Gegenständliches im Zweckbewußtsein des wirtschaftenden Menschen hat. Sie unterscheidet den Gebrauchswert und den Nutzenwert. Der Gebrauchswert wird bestimmt durch das Verhältnis zum Bedürfnis. Er wächst mit der Stärke und der Zahl der durch das wirtschaftliche Gut befriedigten Bedürfnisse und die Sicherheit und Annehmlichkeiten der Befriedigung. Nutzenwert wird bestimmt durch das, was verschiedene Güter kosten, und das Maß hierfür ist schließlich der Arbeitsaufwand. Aus der Verbindung des Gebrauchswerts mit dem Nutzenwert entsteht der Tauschwert vergleichbarer Güter. Es ist uns klar, daß der wirtschaftliche Wert ein besonderer Fall von Wert überhaupt ist. Denn es handelt sich auch hier in letzter Instanz um ein Verhältnis von Inhalten zum Gefühl, in welchem sie wertgehalten werden. Das Verhältnis ist ein zusammengesetztes. 1) Es sind äußere Güter; 2) Nicht ihr momentanes, sondern ihr dauerndes Verhältnis soll gemessen werden. 3) Und sowohl der Nutzen, der aus ihrer Anwesenheit, als der Schaden, der aus ihrer Abwesenheit entspringt. Und endlich wird das so entstehende Ergebnis, der Bedürfniswert, in Verhältnis gesetzt zu dem Arbeitsaufwand, welchen die Erreichung beansprucht. Mit dem letzteren wird ein tatsächliches Moment eingeführt, welches die Wertgebung bestimmt. Und hier beginnt erst die eigentliche wissenschaftliche Analyse des wirtschaftlichen Wertes, welche in der politischen Ökonomie immer weiter fortgebildet worden ist. Die Aufgabe entsteht, den Wertbegriff, das Werthalten ganz allgemein zum Gegenstand der Untersuchung zu machen. Dies ist neuerdings bei Lotze, Meinong, Ehrenfels und anderen geschehen. Diese Untersuchung ist psychologisch oder logisch: wir haben hier nur mit der logischen zu tun!
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IV. Primäre logische Operationen der Wertbestimmung Die psychische Grundlage des Wertbestimmens ist unser Trieb- und Gefühlsleben. Das Verhältnis von Gefühl und Trieb kann hier nicht untersucht werden. Auch in den Trieben ist es die Gefühlsseite derselben, der Unlust in der Nichtbefriedigung, der Lust in der Befriedigung folgt, was Wert entstehen läßt. Im Gefühl entsteht zunächst der momentane Wert eines Zustandes, in welchem ich mich finde. Das positive Verhalten des Gefühls setzt einen solchen Wert. Bringe ich diesen zu denkendem Bewußtsein, so entsteht das Wertsetzen in seiner einfachsten Form. Dasselbe hat eine bestimmte Stärke. Ein Maßstab derselben entsteht aber erst durch die Vergleichung. So gelangt also das einfache Wertbestimmen erst durch Vergleichung zur wirklichen Bestimmtheit. Denn es handelt sich um eine Stärkebestimmung. Dieses erste Urteil ist in der Psychologie vergleichbar dem Existenzialurteil in der Erkenntnislehre. In beiden Fällen sind die Urteile enthalten in der Setzung von Zuständen oder in der Bejahung im Gefühl, werden aber erst heraustreten, wo der Zusammenhang des geistigen Lebens dazu auffordert. Das nächste Urteil entsteht aus dem Zusammenhalten zweier Zustände, deren einer in der Erinnerung liegt, der andere in der Gegenwart:424 mithin entsteht die primäre Operation der Wertvergleichung. Sie entspricht genau wie eben etc. – durch ihre Gradbestimmung. Ein weiteres primäres Urteil sondert in einem zusammengesetzten Sachprodukt die Faktoren. Ich sah ein Gemälde in einer Beleuchtung, welche die Farbe hervortreten ließ: in einer anderen, wo dieser ästhetische Wert nicht mehr zur Geltung kommt, und es bleibt der Eindruck der Zeichnung. Sofort entsteht durch die Vergleichung beider die Sonderung der beiden ästhetischen Werte. […]
V. Der Verlauf der logischen Operationen [in] Werthalten, Wertsetzen, Wertbestimmen […] Ich mache zunächst eine Unterscheidung: Zustandswerte und gegenständliche Werte. Einfachster Fall, daß der Wert eines Zustands im Gefühl erfahren wird. Weiter erhalten Gegenstände außer uns, Personen und Sachen, einen Wert, sofern sie einen positiven Gefühlszustand erwirken oder sofern ihre Abwesenheit ein negatives Gefühlsverhalten zur Folge hat. Dies ist mithin ein Wert, der durch die Wirkung des Gegenstands bedingt ist. Werte dieser Art sind die wirtschaftlichen Werte oder die ästhetischen Werte.
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C. Theorie der Wertschätzung und Wertsystematik
Abgeleitete Werte und zusammengesetzte Operationen der Wertbestimmung Die Wertbestimmung verläuft nun aufwärts von dem momentanen Wert zu dem dauernden, vom subjektiven zum objektiven, vom relativen zum absoluten. Dies ist der Gang des Denkens, in welchem dasselbe zu absoluten, unbedingt gültigen Wertbestimmungen zu kommen sucht. In diesen wäre dann ein Maßstab für alle Werteinteilung erreicht. Ein solcher absoluter Wert würde dann von allein als höchstes Gut sich darstellen. Dies ist das erste und grundlegende erkenntnistheoretische Problem auf dem Gebiet. Ich beginne mit der Wertgebung einer einzelnen Person in einem gegebenen Moment. Wir haben etwa als Mittel hierfür die Erfahrungen. Wir suchen nun ein normales oder allgemein menschliches Subjekt zu beschreiben. Und wir wollen die Wertverhältnisse feststellen, welche für dasselbe bestehen. Diese Aufgabe kann nur durch zusammengesetzte logische Operationen erreicht werden. Diese bilden dann ein Reich diskursiven, an die Sprache gebundenen Denkens über Werte. Die berühmte „Umwertung aller Werte“ ist in der Gesellschaft immer im Gang. Hauptaufgabe des Lebens – Diese logischen Operationen, welche allgemeingültig die Aufstellung von Werten anstreben, vollziehen sich in Urteilen, welche eine Objektivierung der Wertbestimmung möglich machen. Es sind Aussagen über Wert, welche in der äußeren Form denen analog sind, die über Wirklichkeit handeln. Werthalten als solches kann ebenso als subjektives Bewußtsein über dasselbe erfahren werden, wie jeder Zustand; allgemeine Werte aber müssen in dieses Bewußtsein übergehen. Bestimmung von Wertgrößen der Illusionen Wir haben zunächst mit der Subjektivität eines einzelnen Subjekts zu tun, welches in seinem Gefühl den Wert eines Zustands oder eines Gegenstands abschätzt. Der geeignete Maßstab der Abschätzung liegt in der Stärke des Gefühls. Stärke des Lustgefühls.425 Dies aber ist … [Text bricht ab] Zustandswertabschätzung Gesundheit – ein Gefühl nur in der Regel von geringer Stärke des Werthaltens. – Der Genesende – erst die Beziehung auf die Zustände, in denen sie abwesend ist, gibt den Maßstab. Zustandswertabschätzung. – Freundschaft […].
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Der dauernde und objektive Wert Der dauernde Wert eines Zustands oder einer Eigenschaft oder eines Umstands bezeichnet einen Lebenswert, welcher jedesmal erfahren wird, wenn Zustände etc. eintreten = verschieden nach momentaner Lage. Der objektive Wert ist der Wert, welcher auch bei Erwägung der Folgen aus der Rechnung hervorgeht. Diese Rechnung erstreckt sich über viele Erfahrungen, welche in der Zeit gemacht werden. Sie schließt Urteile über Wirklichkeit in sich ein. Diese bilden die Vordersätze, aus denen die Korrektion des Gefühlsurteils hervorgeht. Schwierigkeit der Behandlung Da nun dies lauter qualitativ verschiedene Zustände sind, sind sie quasi nur in Bezug auf ihre Stärke abmeßbar. Dies Moment loszulösen ist nicht leicht. Ferner ist Erinnertes mit Gegenwärtigem schwer zu vergleichen. Erinnerungen sind […] nicht bestimmt genug. Aufgabe: ein normales Subjekt der Werthaltung zu finden. Was ist normal? Welche Methode etc.? […]. Unauflösbarkeit des Problems Das große Problem der Lebenswerte ist unauflösbar. […]. Die Poesie und der Dichter als der wahre Mensch […] Hier erkennen wir die Aufgabe, in welcher die klassische deutsche Poesie sich unterscheidet. Problem der Ausbildung von […] Menschlichkeit […]. Kunst als das Organ zur Menschlichkeit in der Lebensauffassung zu erziehen. Geht über bloße Moral hinaus. […] Bedeutung. Der Ursprung [?] von den Lebenswerten. Philosophie des Lebens.
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D. KRITIK DES ERKENNTNIS- UND WERTPROBLEMS BEI H. RICKERT UND IN DER PHÄNOMENOLOGIE (nach 1904)
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1. Der transzendentalphilosophische Standpunkt426 1. Vorbereitung desselben im ganzen Altertum. Sie liegt im Herausheben der Vernunft als eines überempirischen Subjektes, der Rationalität im Denken und Wollen, im Aufsuchen der Vernunftmomente im Bewußtsein. Gleichgültigkeit gegen das Individuelle. Der Ort dieses Standpunktes innerhalb der philosophischen Selbstbesinnung ist durch die innere Beziehung der Möglichkeiten bestimmt, das erkenntnistheoretische Problem aufzulösen. Das im Relativismus enthaltene Ungenügen und die in ihm auftretenden Schwierigkeiten führen dahin, die Denknotwendigkeit nicht in der Bestimmung des Denkens durch die Gegebenheit, sondern in der durch die Gesetzmäßigkeit des Denkens zu sehen. Nach dem Relativismus des Protagoras ergriff Plato diese Möglichkeit und nachdem Hume, Kant. Dieser Standpunkt führt dann weiter durch seine Schwierigkeiten entweder zur Annahme eines Prinzips, welches Denken und Sein in eine innere Beziehung setzt, oder zur Zergliederung des Logismus.
2. Das erste Merkmal der Transzendentalphilosophie ist die Methode, welche die Bedingungen der Denknotwendigkeit aufsucht und so die Möglichkeit eines gültigen Erfahrungswissens in Leistungen des Bewußtseins findet, wel-
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che unabhängig von der Erfahrung gültig sind, weil sie ja erst eine gültige Erfahrung möglich machen. Dieser Standpunkt hebt in dem empirischen Subjekte einen Zusammenhang von Leistungen heraus, deren gemeinsames Merkmal ist, gültiges Wissen zu erwirken. Und zwar sowohl auf dem Gebiete der Erkenntnis als des Wollens. Der gegebene Stoff, der in Verhältnissen der Affektionen oder innerer Zustände besteht, wird durch diese Leistungen in eine gegenständliche Ordnung nach Gesetzen erhoben, und diese enthält den Erklärungsgrund für jene. Und die gegebenen Verhältnisse der Begehrungen werden durch die Gesetzgebung des Willens zu einem Reich der Zwecke erhoben, welche etc. So wird durch diese im empirischen Subjekt enthaltenen Leistungen, welche die Bedingung der Gewißheit enthalten, die gegenständliche Welt hervorgebracht und erkannt. Das Apriori dieser Leistungen bildet einen Zusammenhang in dem Subjekte, welchem eine höhere Dignität insofern zukommt, als die Gewißheit im Wissen und Handeln von ihm abhängt. Die historische Bedeutung dieses Unternehmens liegt in der Richtung auf eine definitive, kritische Begründung eines allgemeinen Wissens, welches den Willen zu bestimmen imstande wäre. Hierin hat das Streben der Wissenschaft seit dem 17. Jahrhundert und die Tendenz der Aufklärung eine letzte bewußte Formel (Kant: Was ist Aufklärung) gefunden.
3. Wenn nun auf diesem Standpunkte selbst die Aussage von Sein oder Realität in den Kategorien, die im Urteil auftreten, erst enthalten ist, wenn so also alle Aussage von Sein im Apriori des Denkens gegründet ist und ausschließlich in diesem, ebenso in ihm die Kategorie der Kausalität, und zwar als Dependenz, dann ist schlechterdings nicht abzusehen, weder wie dieses System von Leistungen die Bedingung des Stoffes los werden soll, auf welche es sich bezieht, noch wie diese Tatsächlichkeit des Stoffes, seine Unableitbarkeit aus den Funktionen, der im Urteil enthaltene Anspruch in den sachlichen Beziehungen, die das Urteil ausspricht, gegenständliche Gültigkeit zu haben, zu rechtfertigen sei. Es mangeln die Grundlagen in diesem System, an Realität zu gelangen, aus den Gründen 1) ist die Bedeutung des Erlebnisses nicht erkannt 2) Sein eine Kategorie 3) innerhalb der Erkenntnis ist keine Schlußmöglichkeit, zu Realität zu gelangen als durch die Kategorie der Kausalität, die nur eine Bewußtseinsbedingung ist.
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4. Hieraus entstanden sind nun die Versuche, das System, zu dem Kant nur Grundlagen gegeben hatte, zu konstituieren.
5. Fichte (Bergmann)427: Philosophie ist die Wissenschaft, welche die Frage löst, „welches ist der Grund des Systems der vom Gefühle der Nothwendigkeit begleiteten Vorstellungen, und dieses Gefühls der Nothwendigkeit selbst?“ Philosophie ist „eine Abbildung des Wirklichen“, aber nicht der äußeren gegenständlichen Wirklichkeit, sondern desjenigen in den Grundbestimmungen des Bewußtseins, was für jede Vernunft gültig ist. Nicht nur für das Individuum, nicht nur die Gattung Mensch, sondern für die Vernunft als solche. Weiter sagt Fichte, das Ich als Gegenstand der Wissenschaftslehre ist das philosophierende Subjekt, aber unter Abstraktion von allen Eigentümlichkeiten der eigenen Person. Von der Individualität, von dem, was sie mehr als die Ichheit enthält, muß abstrahiert werden. Windelband: „Der letzte Grund aller Wirklichkeit liegt im Sollen.“428
6. Fichte verwickelte sich in einen unerträglichen Dualismus zwischen theoretischer und praktischer Weltauffassung.
2. Rickert und mein Standpunkt429 Ausgangspunkt der Erkenntnistheorie ist nicht das erfahrbare, psychologische, menschlich-persönliche Subjekt, sondern das mit ihm verbundene, aber begrifflich trennbare Bewußtsein überhaupt. Rickert, Schule von Kant, besonders aber Fichte. Anwendung auf Geschichte. Troeltsch nimmt mich mit Wundt zusammen als „Psychologismus“.430 Einwände gegen mich:
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1. Unterschied zwischen Geist- und Körperwelt nicht zu erreichen, oder doch für die Logik der Geschichte nicht genügend. Der Geist bleibt Inhaber der Naturwahrnehmungen. Die Körperwelt bleibt Fülle psychischer Erscheinung. Also: Verhältnis der Naturinhalte zu den psychologischen Inhalten unaufgelöst. 2. Psychologismus geht auf allgemeine psychologische Gesetze aus. 3. Die historischen Kulturwerte können nicht als das, was sie sein wollen, als normengebende Werte begriffen werden. Dies fordert einen höchsten normativen Wert. Dieser muß unabhängig vom psychologischen Ablauf begründet werden. Also ist Grundlage der Geschichte das im erkenntnistheoretischen Subjekt eingeschlossene logische Apriori. (Hieran schließt sich, daß die Logik der Geschichtswissenschaften, ihre Erkenntnistheorie, die Naturtatsachen so nimmt, wie sie in der Urzelle der Geschichte, dem Erleben mit seinem Milieu, gegeben sind. Sie hat kein Interesse, irgendeine erkenntnistheoretische Hypothese zugrunde zu legen. Vielmehr ist gerade Erkenntnistheorie erst von hier zu erwarten. Außenwelt ist in der Relation zum Selbst hier in Betracht gezogen. Das weitere muß sich dann ergeben.) Der Historiker vertieft sich in die Wertungen vergangener Geschlechter und ordnet von da aus das Geschehen. Dies hat nur Sinn durch Beziehung zu unserer eigenen Wertung. Wir lernen von ihm die eigene persönliche Wertung als relativ, aber wir messen Beziehungen zu absolutem Wert (Schlußabschnitt von Rickert). Nun Troeltsch: Die Geschichtswissenschaft bildet individuelle Wertganze, reiht sie in die Totalität der Gesamtkultur. In diesen Wertganzen ist aber immer eine Beziehung zu einem absoluten Wert mitgedacht.431 So entsteht das Problem des Verhältnisses zwischen dem gelten sollenden Ideal und den historischen Wertbildungen.432 Troeltsch erkennt nun an, daß man damit von der Geschichte übergehe in die Normwissenschaften von den Werten und Normen des Geistes.433 Richtig Troeltsch: Die Geschichte organisiert und versteht die historischen Bildungen nur von empirisch auftauchenden Werten aus.434 Er verlangt aber ein überempirisches Apriori des Wissens und der Normen oder des absoluten Wertes. Die metaphysische Geschichtsphilosophie macht das apriorische Agens zu Kraft und Zweck der Geschichte und ordnet nun die empirischen Werte derselben zum System.435 Troeltsch ergänzen. Die individuellen Wertbildungen haben einen unwiederholbaren Wert und bilden eine Stufenordnung.436 Das Problem ist die logische Struktur der Geschichte. Von hier ab kann diese nur soweit bestimmt werden, als sie aus der Aufgabe folgt. Das andere ist vom Aufbau bestimmt. Auch sie sucht wahre Sätze. In welche Tiefe sie auch gehe, so ist ihr Gegenstand das Verhältnis von Teilen zum Ganzen, sonach der einmalige Verlauf der Geschichte.
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Auch die systematischen Wissenschaften haben zur Grundlage den einmaligen Verlauf oder vielmehr eine Mehrheit von solchen Abläufen. Ein solches Einmaliges ist das Landrecht, das römische Recht, die christliche Religion etc. Allgemein hat verschiedene Bedeutung. Immer gehen sie darauf zurück, daß das allgemein Ausgesagte ein Gemeinsames zum Inhalt hat, das am Einzelnen gewonnen ist. Das Ganze eines geschichtlichen Verlaufs ist natürlich per se nicht allgemein. Nur sofern seine Aussonderung auf dem Wissen von gemeinsamen Zügen dieses Ganzen beruht, enthält es ein allgemeines Wissen in sich. 1.437 Allgemeine Begriffe, die nicht nur als Mittel, sondern als Zweck der Darstellung in der historischen Untersuchung ihre Stelle finden. 2. Allgemeine Begriffe als Hilfsmittel. 3. Der Unterschied des Allgemeinen und Besonderen ist relativ, im Verhältnis zum allgemeineren ist der untergeordnete Begriff individuell. Das Allgemeine, das die Individualität einer Gruppe zum Ausdruck bringt; das, was wichtig ist für alle Glieder der Gruppe, findet sich auch in allen Teilen der Gruppe wieder.
3. Auflösung der phänomenalistischen Theorie438 1. Der Unterschied [„zwischen deskriptivem Inhalt und intendiertem Gegenstand der Wahrnehmungen“] findet sich, wie Husserl439 richtig bemerkt, schon bei Hobbes, Descartes und Locke, ja alle großen Denker der neueren Zeit haben ihn berührt. Hier gehe ich von meiner Darstellung des Hobbes aus,440 der zuerst in positivistischem Sinn das Verhältnis dieser beiden Wissenschaften dargestellt hat. Aber wieviel zutreffender als Mach!
2. Husserl441 findet den Grundfehler darin, daß zwischen Erscheinung als intentionalem Erlebnis und dem Gegenstand, über den prädiziert wird, nicht unterschieden wird. So werden durcheinandergemischt Empfindungskomplexion und die Komplexion gegenständlicher Merkmale. Mindestens wird hier eine letzte Entscheidung vorweggenommen. Anstatt mit dem Unterschied zu beginnen und eventuell ihn später aufzuheben, wird mit der Auf-
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hebung desselben angefangen. Sehr gut: Soll diese Aufhebung erwiesen werden, so muß zunächst doch eben hierfür die Unterscheidung der Erlebnisse von dem Nicht-Erlebten vielmehr als Aufgabe des gesetzten Gegenständlichen festgehalten werden. Derselbe Fehler läßt sich deutlicher so darstellen: Der Ausgangspunkt der Naturwissenschaft liegt nicht in den Empfindungen, deren Komplexe und Relationen ausschließend sind. Empfindungen sind bloße Teilinhalte, die hypostasiert werden. In dem konkreten Gegenstand tritt die Gegebenheit hinzu, das Gegebene wird zur Aufgabe etc. Der Prozeß der Naturwissenschaft beruht in der Aufgabe des Feststellens des Gegenstandes nach seinen objektiven Prädikaten.442 Das erkenntnistheoretische Subjekt als Begriff Indem Rickert es so bestimmt, verfällt er in folgenden Widerspruch: Jeder Begriff entsteht durch ein Urteil. Sonach ist das erkennende Subjekt nur denkbar durch ein anderes urteilendes Bewußtsein, sonach ist es nicht der letzte Grund des Urteils, nicht die letzte Bedingung, unter der Urteilen steht, wie doch die Voraussetzung war. I. Problem Der Begriff des erkenntnistheoretischen Subjektes wird so definiert: als Subjekt, für das alles empirisch auffaßbare Seelenleben ebenfalls zum Objekt geworden ist. Also alles gegebene Sein ist ihm Bewußtseinsinhalt. Es ist nur percipiens.443 Diese Sonderung ist nur begrifflich möglich, denn ein Teil des psychologischen Subjektes bleibt mit dem erkenntnistheoretischen verbunden, wenn z. B. das Subjekt sich selbst beobachtet.444 Das Physische und Psychische sind als seine Inhalte gleich unmittelbar gegeben.445 II. Von diesem Bewußtsein oder erkenntnistheoretischen Subjekte wird im Gegenstand446 gesagt, daß es nur den unerreichbaren Standpunkt der vollständigen Objektivierung unserer selbst bezeichne = „was von keinem Standpunkte aus Objekt werden kann“ = unpersönlich, und dennoch, daß all das vorher über das Urteil Gesagte auch auf diesem Standpunkte nicht wegfalle, wenn wir „aus dem Subjekt das individuelle Ich gänzlich entfernen und zum Objekte machen, so bleibt als Bewußtsein“ ein „urteilendes Subjekt übrig.“
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Wie das vorstellende, kann auch das urteilende Subjekt nie Objekt werden, da es dann ein urteilendes Subjekt voraussetzen würde, für das es Objekt ist. III. Rickert verfällt so in folgende Schwierigkeit: Wir können die Inhalte des Bewußtseins unterscheiden von dem Bewußtsein, das sie hat. Aber schon der Ausdruck erkenntnistheoretisches Subjekt und sein Gegenstand führt darauf, daß im Vorstellen und Urteilen eine Beziehung des Bewußtseins zu Inhalten vorliegt, welche nur innerhalb der Wirklichkeitserkenntnis besteht. Was heißt, daß ich im Gefühl eine Beziehung zu Gegenständen habe, in welcher ich ihnen einen Wert zuteile? Hier ist die objektivierte Wirklichkeit die Voraussetzung, und eine ganz andere Beziehung tritt hinzu, die nun zwischen dem Bewußtsein und dem wertgeschätzten Gegenstand besteht. Das Sein des Gegenstandes ist die Voraussetzung, welche durch die erste Beziehung erworben wird. Die Wertschätzung ist eine zweite, hinzutretende. Das System der Werte ist das System der Relationen, in welchen Gegenstände zum Subjekte stehen in der Beziehung des Fühlens oder in dem Verhalten des Fühlens. Die Wertbestimmung eines Gegenstandes im Verhältnis zu anderen entsteht ebenfalls nicht in einem theoretischen Vorgang. Das Vergleichen ist nur die neutrale Denktätigkeit, die erst realisierbar wird, indem Gefühlsschätzungen in einem neuen Vergleichsakte auftreten. Hier liegt also ein anderes Verhalten vor. Nun ist klar, daß ich, wenn ich auf das Bewußtsein reflektiere, diese Verhaltungsweisen als voneinander verschieden mir zum Bewußtsein bringen kann. Was heißt nun erkenntnistheoretisches Subjekt? Es ist das vorstellende und urteilende. Damit ist schon ein Zweierlei gegeben. Aber selbst wenn es nur urteilend wäre, so ist doch dies sein Verhalten unterschieden von dem Verhalten des Fühlens, und indem ich diesen Unterschied zum Gegenstand meines Denkens mache, ist nunmehr das urteilende Subjekt eine Bestimmtheit oder Spezifikation, oder wie man es ausdrücken will, des Subjektes geworden. Damit ist es ein Gegenstand, oder, was dasselbe ist, ein Objekt für das Subjekt geworden. Also das urteilende Bewußtsein ist selbst Objekt. Der neutrale Ausdruck Inhalt kann natürlich darüber täuschen, da die Verschiedenheit sich nicht auf Inhalte bezieht, sondern auf Verhaltungsweisen. Dies führt auf die Einsicht, daß es falsch ist, Objekt, d. h. alles, was objektiv ist, mit dem Ausdruck Inhalt zu identifizieren, wenn man nicht Inhalt in anderem als dem gewöhnlichen Verstande nehmen will.
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IV. 1. Zu diesen Bestimmungen über das unpersönliche Bewußtsein, die in der vorstellenden Sphäre gewonnen sind, treten nun die über das „urteilende Bewußtsein überhaupt“. „Das Bewusstsein überhaupt ist das Subjekt, das bleibt, wenn wir das individuelle theoretische Ich ganz als Objekt denken.“447 Problem bleibt: Kann nun das Urteilen diesem Subjekt zugeschrieben werden? 2. „Das unpersönliche Bewusstsein“ ist Begriff = „Grenzbegriff“ = „der niemals wirklich erreichbare Standpunkt, den wir einnehmen würden, wenn es uns gelänge, uns vollständig zu ‚objektivieren‘.“448 Kritik Sonach ist das Bewußtsein nur der Begriff einer unvollziehbaren Aufgabe. 3. Das rein vorstellende Bewußtsein als Begriff setzt ein urteilendes Subjekt voraus, von dem der Begriff gebildet wird. Dieses ist das Endglied in der Erkenntnis der Objekte = erkenntnistheoretisches Subjekt.449 Es kann nie Objekt werden, ohne ein urteilendes Subjekt vorauszusetzen.450 Kritik Dies sind die Widersprüche, die entstehen, wenn man eine unvollziehbare Aufgabe, etwas, das nicht Objekt werden kann, als Begriff zu entwickeln, stellt. 4. Wir können nie den Begriff eines Bewußtseins ohne Inhalt bilden.451 Dem erkenntnistheoretischen Subjekt entspricht also die Abstraktion eines unbestimmten Bewußtseinsinhaltes als ihm immanent. Diesen Inhalt hat es im Urteil, das Urteil aber ist nur wahr, wenn die Regel, nach der es gebildet wird, transzendente Geltung hat. Daß Urteil etwas ist, setzt ein Sollen voraus, welches vom Bewußtsein unabhängig gilt = transzendentes Sollen. Das „transzendente Sollen und seine Anerkennung“ ist „begrifflich früher als das immanente Sein.“452 Kritik Ist das erkenntnistheoretische Subjekt ein Begriff, so hört es damit doch nicht auf, mittelbar Realität auszudrücken. Es ist die Realität, die in den individuellen Ichs enthalten ist, aus denen das Allgemeine abstrahiert ist, und zwar bleibt dies Bewußtsein als ein Einzelgegenstand zurück, wenn ich vom Indivi-
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duellen abstrahiere, wie die Farbe eine Realität ist, auch wenn ich von Rot oder Weiß absehe. Das erkenntnistheoretische Subjekt ist der Teilinhalt der tatsächlichen erkennenden Subjekte in dem Erlebnis eines Inhalt vorstellenden Bewußtseins. Dies Bewußtsein ist das allgemeine Verhältnis von Bewußtsein und Inhalt als einen Teilinhalt enthaltend, welchem Realität zukommt. Ebenso verhält es sich nun mit dem Urteil. Urteilen ist eine Funktion, welche in jedem individuellen Ich enthalten ist. Es ist sonach, wenn ich von den individuellen Verschiedenheiten abstrahiere, nicht verschwunden. Denn es bezeichnet eine Verhaltungsweise, welche dem Bewußtsein abgesehen von seiner individuellen Gestalt zukommt, und zwar diejenige, von welcher die gültige Setzung eines Seins abhängt. Verhaltungsweisen wie Vorstellen, Urteilen sind zu sondern von inhaltlichen Verschiedenheiten, denn dieselben Inhalte können durch alle Verhaltungsweisen hindurchgehen. 5. So folgert er nunmehr, das Sollen ist vor dem Sein. Sein bezeichnet ja nur ein im Urteil Gesetzt-sein, und zwar ist es transzendent. Kritik Sollen, das nur gilt, fällt nicht in den Gegensatz von Immanenz und Transzendenz. Weder ist das Individuum, das soll, transzendent noch kann bewiesen [werden], daß der Bereich, in dem das Sollen453 gilt, transzendent sei. Ob das Sollen als unbedingt gültig erwiesen werden kann, ist die Frage. Transzendenz aber ist ein Begriff, der auf Sollen nicht applikabel ist. Er ist von den Beziehungen des Seins hergenommen.
4. Erkenntnistheorie mit Kritik Rickerts454 Das Problem Wer an der Realität transzendenter Dinge zweifelt, für den verschwindet die Möglichkeit, etwas zu erkennen. Das Denken hat für ihn nur einen praktischen Wert. So wird nun für Rickert Ausgangspunkt: Das Erkennen hat nur einen Sinn, wenn wir eine vom erkennenden Subjekt unabhängige Ordnung = etwas vom theoretischen Subjekt Unabhängiges erfassen. Ist nun das Erfaßbare nicht eine transzendente Wirklichkeit, so muß das Unabhängige, nach dem das Erkennen sich richtet, anderswo liegen.
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I. Hauptsatz455 Das Urteil besteht nicht in bloßer Verknüpfung oder Zerlegung der Vorstellungen, sondern die psychologische Deskription desselben zeigt einen hinzutretenden Akt. Erkenntnistheoretisch angesehen aber ist das Problem: Welche Bestandteile muß es haben, um seinen Zweck zu erreichen? Antwort: Wie es sich auch psychologisch verhalte, so hat das Urteil Erkenntnisbedeutung nur, sofern es Bejahungen oder Verneinungen vollzieht mit dem Anspruch auf ihre Objektivität. Kritik Urteil ist der Akt einer Aussage über die Realität eines Einzeldaseins oder von Beziehungen. Darin erschöpft sich sein ganzer logischer Sinn und sein Erkenntniswert. Bejahung entsteht erst, wenn Dasein oder Beziehung in Frage gestellt worden sind. Sie ist ebenso sekundär als die Verneinung.
II. Hauptsatz a) Psychologische Deskription Der Gegensatz von Begehren und Verabscheuen ist Stellungnahme zu einem Werte. Eben diese ist auch im Bejahen und Verneinen als einem Billigen oder Mißbilligen enthalten. Auch bei dem „rein theoretischen Erkennen“ handelt es sich um Stellungnahme zu einem Werte, denn nur einem solchen gegenüber hat Billigen und Mißbilligen einen Sinn. Was ich bejahe, muß mir gefallen. Das Gefallen setzt Lust- und Unlustgefühle voraus.456 Kritik Diese Theorie beruht auf der falschen Behauptung, daß das positive Urteil irgendetwas von Billigen enthalte, daß das Bewußtsein der Evidenz ein Gefühl sei im Sinne von Lust- oder Unlustgefühl. Dieser Satz wird nun unabhängig von allen psychologischen Theorien erklärt. Denn Bejahen oder Verneinen setzt immer ein gefühlsmäßiges Kriterium voraus.457
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Kritik Ganz unerfindlich ist, was es heißt: „Der Erkenntnisakt selbst kann nur in der Anerkennung des Wertes der Gefühle bestehen“. Das Gefühl hat nicht einen Wert, sondern der Wert entsteht aus dem Gefühl. Daher auch besser: In jeder Erkenntnis „wird ein Wert anerkannt“.458 III. Hauptsatz459 Der Bewußtseinsinhalt, der das Lustgefühl der Gewißheit mit sich führt, wird in dem Urteil so ausgesagt, daß das Anerkannte zeitlos gilt. Also die Evidenz ist ein Gefühl, das zeitlose Geltung verbürgt. Das Evidenzgefühl teilt also dem Urteil einen Wert zu, wie er durch kein Lustgefühl sonst hervorgebracht werden kann. Nun ungeheure Konfusion der Begriffe: „Wir legen dem Gefühle, dem wir im Urteil zustimmen,“ eine „von uns unabhängige Bedeutung bei.“ Dann wieder gleich darauf der richtige Satz: Ich fühle mich durch die Evidenz gebunden. Nun wird sie eine überindividuelle Macht genannt, der ich mich unterordne. Noch schrecklicher der Satz: Ich bejahe im Urteil das Gefühl (der Evidenz). Schluß: Jedes Urteil, das gewiß ist, hat diese Notwendigkeit.460 Sie ist nicht ein Müssen, sondern ein Sollen.461 „Wir wissen beim Urteilen nichts von einem Sein.“ „Dagegen tritt ein Sollen sofort richtunggebend auf.“462 Das Sollen gibt die Wahrheit, Wirklichkeit ist ein Wertbegriff.463 Kritik In allen diesen Sätzen ist nur folgendes richtig. Unseren Urteilen kommt Notwendigkeit zu in dem Sinn, daß als eine Nötigung zum Urteil die Bedingung seiner Gültigkeit selbstverständlich ist. Die Nötigung stellt sich dann im Rechtsgrund des Urteils dar. Aber diese Nötigung beruht nur nach einer Seite hin in dem Innewerden der Evidenz, sofern das Urteil den Normen entsprechend gebildet ist oder auf ein evidentes Urteil zurückführbar. Der andere Rechtsgrund des Urteils aber, das Gegebensein der Beziehungen oder des Daseins, hat mit einem Sollen gar nichts zu tun. Sofern er der Grund der Notwendigkeit des Urteils ist, ist diese Notwendigkeit nicht die des Sollens. Das Urteil selbst sagt immer nur eine Beziehung aus, die ist oder gilt. Ein Wertbewußtsein ist hierin gar nicht vorhanden. Das Gefühl hat nichts damit zu tun. Die Regeln oder Normen sind nur Abstraktionen, welche ausdrücken,
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an welches Verhalten Evidenz gebunden ist, und Evidenz ist kein Gefühl, das in Lust oder Unlust sich äußert, sondern ein Innewerden, und zwar eine nicht weiter definierbare Bewußtseinsweise, welche das richtige Verhalten des Denkens formal angesehen begleitet. Auch hier sind die widerspruchsvollen und teilweise ganz unverständlichen Äußerungen Rickerts nun die Folge davon, daß die von ihm angewandten Begriffe von Gefühl der Evidenz, von Wert etc. sich eben nicht folgerichtig applizieren lassen. IV. Hauptsatz Nun bezeichnet Rickert das, wonach das Erkennen sich richtet, als Gegenstand, und es wird nun das Sollen als Gegenstand der Erkenntnis bezeichnet, weil er in ihm den Maßstab des Erkennens sieht.464 Kritik Dies ist nun schon insofern falsch, als Gegebenheit der andere Maßstab ist, und es wirkt darum sehr mißverständlich, weil Gegenstand eine Nebenbedeutung mit sich führt. Transzendentes Sollen Dies kann doch nur heißen, daß der Geltungsbereich des Denknötigenden über das Bewußtsein, eventuell über das menschliche Bewußtsein hinausreiche. Dies setzt aber schon voraus, daß der Standpunkt der Immanenz verlassen sei zugunsten einer vom Bewußtsein unabhängigen Wirklichkeit. Denn wenn es keine Wirklichkeit gibt für uns jenseits des Bewußtseins, dann ist es sinnlos, eine solche als Geltungsbereich des transzendenten Sollens in Anspruch zu nehmen. Und dies ändert sich auch nicht, wenn ein allgemeines urteilendes Subjekt und sein Inhalt angenommen wird.465 Wollte man aber das Sollen im weiteren Sinne nehmen als die Nötigung, ein Urteil zu fällen, die aus dessen Rechtsgrund fließt, eingeschlossen den Rechtsgrund aus den Gegebenheiten = das, was die richtige Ordnung des Bewußtseinsinhaltes erwirkt,466 so ist dies Sollen ja nichts anderes als die einsehbare Beziehung zwischen der Aussage und den gegebenen in Vorstellungen sich darbietenden Verhältnissen, die ausgesagt werden. Daß die Aussage einer Beziehung im Denken gebunden ist an das Stattfinden einer Beziehung in dem gegebenen Vorgestellten, das kann nur unangemessen als ein Sollen bezeichnet
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werden, und vor allem muß man sich deutlich machen, daß die Transzendenz dieses Sollens, wie sie nun abgeleitet werden soll, reiner Nonsens ist.
V. Hauptsatz Die Transzendenz des Sollens467 Problem: Wie können Gefühle die Kunde von Werten geben, die eine transzendente Bedeutung haben? Antwort: Leugnen wir diese transzendente Bedeutung des Sollens, so vollzieht sich diese Leugnung in einem Urteil, welches diese implizite anerkennt. Ferner erkennen die schlechthin gültigen Urteile, die Erlebnisse darstellen, das Sollen an. Es ist vom Begriff der Wahrheit unabtrennbar. Der Relativismus als Satz setzt die Anerkennung eines transzendenten Sollens voraus. Kritik Warum soll nicht das für Wahrheit erklärt werden, was im Sinne der immanenten Gesetzlichkeit, die für alle Menschen dieselbe ist, sich vollzieht? Relativismus läßt doch nur eine in diesem Sinn gültige Wahrheit aussprechen: Es ist nicht möglich, Rechtsgründe zu finden, welche über diese Gesetzmäßigkeit für alle Menschen hinausreichen. Die Schranke der Geltung dieser Sätze kennt der Relativist. Das Denken kümmert ihn eben wenig. Und wenn es ihn kümmerte, kann er es auch nicht ändern. So ruht Rickerts Argumentation schließlich darauf: Wahrheit muß sein im Sinne einer schlechthinnigen vom Bewußtsein unabhängigen Geltung. Da nun aber alle die hier verwandten Begriffe immer von dem handeln, was jenseits jedes Bewußtseins Geltung hat, so ist der Zirkel offenbar: Denn der Bereich, in welchem diese Wahrheiten gelten jenseits des Bewußtseins, muß doch in irgendeinem Sinne Realität haben.
VI. Hauptsatz Aufhebung des Relativismus468 Die Voraussetzung, daß es bedingungslos gültige Urteile gibt, daß denknotwendige Urteile wahr sind, ist bisher gemacht worden. Sie wäre unberechtigt, wenn das im Urteilen anerkannte Sollen vom urteilenden Subjekt abhängig wäre. Dies ist der Standpunkt des Relativismus. Nach ihm hat das Evidenzgefühl keine andere Bedeutung als die übrigen menschlichen Gefühle. Der Un-
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terschied der einen Wahrheit zu den vielen individuellen Meinungen verschwindet. Inkonsequent ist der Relativismus von Simmel, welcher in dem, was allen nützlich ist, die Wahrheit sieht. Rickert folgert konsequent: das Urteil von meiner Existenz hat seinen Rechtsgrund darin, daß es mir nützlich ist, wobei das nur vorausgesetzt wird, ehe noch Existenz ausgesagt ist. Anders ausgedrückt: Das urteilende Ich, welchem Formen des Urteils nützlich sind, wäre die Bedingung dafür, daß das Urteil von meiner Existenz möglich wird. Dies ist nun in der Tat gar nicht so töricht als Rickert meint. Natürlich urteile ich lange vorher, ehe ich das Problem der Gültigkeit meiner Urteile aufwerfe. Das urteilende Ich ist längst da, urteilt permanent. Und wenn es nun durch Schlüsse findet, daß die Formen des Urteils selektiv im Menschengeschlecht entstanden sind an der Nützlichkeit derselben für die Anordnung der Vorstellungen, so schränkt eben diese Ansicht die Geltung aller Urteile auf die Menschheit ein, welche diese Formen herausgebildet hat, wo soll da nun der Widerspruch liegen?469 Ebenso irrtümlich ist der Einwand Rickerts gegen Simmel, daß hiernach Wahrheit Ansicht der Majorität sei und durch Abstimmungen Wahrheit festgestellt werden könne. Hier verwechselt Rickert die Entstehung und Tragweite der Formen des Denkens und den inhaltlichen Vollzug eines Ordnungssystems der Inhalte nach diesen Formen. Woher auch die Formen kommen mögen, dies Ordnungssystem muß aus den Beziehungen der Urteile abgeleitet werden. Dagegen ist die Folgerung richtig, aber selbstverständlich, daß der Relativismus nur Mittel zur Vermehrung der Lustgefühle in der Welt ist. Aber einen konsequenten Utilitarier kann dieser Standpunkt doch überhaupt nicht schrecken. Denkt der Relativismus folgerichtig, so kann er den von ihm aufgestellten Satz: „Es gibt keine Wahrheit“ selbst nicht für wahr halten, denn damit setzt er Wahrheit voraus. Allgemeiner: Die Negation des Satzes: „Es gibt Wahrheit“ ist eine contradictio in adjecto, da Wahrheit zugleich gesetzt und aufgehoben wird.
Kritik 1. Dies ist der alte Kunstgriff für die Widerlegung der Relativisten. Geurteilt kann selbstverständlich nur werden, wenn es für den Urteilenden eine eindeutige Nötigung, so und nicht anders zu urteilen, gibt. Und das und nichts anderes wird vorausgesetzt, wenn der Relativist urteilt: „Es gibt keine Wahrheit.“
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Er findet sich genötigt auszusagen, aber dem, was ihn nötigt, vermag er keine Geltung zuzuerkennen, die über jedes unter dieser Nötigung stehende Subjekt hinauswirkt. Ob es andere Personen gibt, weiß er nicht. Aber die Wahrnehmungen solcher Personen, welche derselben Nötigung augenscheinlich unterliegen, hätte, wenn ihr Realität entspräche, nur die Tragweite für alle Menschen, die Nötigung anzuerkennen. Wie töricht ist es nun, diesen Standpunkt zu imputieren, von diesem Subjekt könne dasselbe zugleich bejaht und verneint werden! Oder es widerspräche sich! 2. Jetzt beruft sich Rickert darauf, ein Urteil, das eine Tatsache konstatiert, müsse von jedem anerkannt werden. Damit sei Notwendigkeit anerkannt, sonach die transzendente Geltung des Sollens eingeräumt. Kritik Damit ist vielmehr nur festgestellt, daß es Nötigungen gibt und daß das naive Bewußtsein diese Nötigungen, die den Menschen zwingen, auch für transsubjektiv geltend ansieht. VII. [Haupt]Satz Das urteilende Bewußtsein überhaupt II. Problem. Möglichkeit des Nachweises einer transzendenten Wirklichkeit470 Die erste Serie entwickelte den Begriff des erkenntnistheoretischen Subjektes. Die zweite unternahm zu erweisen, daß die transzendente, d. h. vom theoretischen Subjekt unabhängige Ordnung, welche das Erkennen bestimmt und die von ihm erfaßt wird,471 nicht in einer transzendenten Wirklichkeit gelegen sei. Die dritte Reihe sucht nun eine andere transzendente Ordnung zu bestimmen, welche das Erkennen bestimmt. Begründender Satz:472 Erkenntnis ist im Urteil. Das Grundproblem der Erkenntnistheorie besteht daher in der Frage nach dem Gegenstand des Urteils. Das Urteilen ist nun nicht eine bloße Verknüpfung oder Zerlegung der Vorstellungen. Dann wäre das Verhältnis der Vorstellungen zu einer jenseits ihrer befindlichen Wirklichkeit der Maßstab der Erkenntnis. Ist dagegen das Urteil „ein Vorgang von einer selbständigen Bedeutung“473 (unklar!), dann kann der objektive Maßstab in
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einem vom urteilenden Subjekt Unabhängigen gegeben sein, welches dasselbe im Urteil bestimmt. Das urteilende Subjekt wird zunächst als das Einzelsubjekt angesehen, sofern es als urteilendes in allen Einzelsubjekten gemeinsame Merkmale einschließt. Urteil ist nun jedes Denkgebilde, auf welches die Prädikate wahr oder falsch angewendet werden können.474 Die Erkenntnistheorie fragt nun, „worin die Wahrheit der Erkenntnis besteht“. Sonach hat sie an das Urteil die Frage zu richten, was es meint, welchen Sinn es haben muß, „insofern es den Anspruch erhebt, wahr zu sein“ = „was es leistet, und woraus es bestehen muss, um diese Leistung vollbringen zu können.“475 Nun bemerkt Rickert richtig, daß dies „psychologische Feststellungen“ voraussetze. (Es wird nur aufzupassen sein, ob die Grenze in der Benutzung der Psychologie von ihm richtig gezogen ist.) Psychologisch angesehen ist im Urteil ein Element enthalten, das über Beziehen, Einsetzen, Verknüpfen hinausgeht und „nicht als ein vorstellungsmässiges angesehen werden kann“.476 Kritik Rickert wirft mir vor, daß ich es unzureichend finde, an bloßen intellektuellen Prozessen den Zusammenhang des Erkennens, die in ihm auftretenden Voraussetzungen, unter denen wir die Einzelerkenntnis vollziehen, abzuleiten.477 Und nun zeigt sich, daß er ebenfalls ein nicht vorstellungsmäßiges Element innerhalb der Erkenntnistheorie heraushebt, psychologisch festzustellen und dann für die Lösung der Probleme der Erkenntnistheorie zu verwerten unternimmt. Eben eine solche Notwendigkeit, über das Intellektuelle hinauszugehen, würde sich ihm auch erwiesen haben, wenn er die Tatsache des Verstehens der Zergliederung unterworfen hätte. Der Einwand Rickerts ist so formuliert: In der Erkenntnistheorie handelt es sich um die Objektivität der Leistungen des Erkennens, aber nicht um psychologische Genesis. Nur die Fähigkeit des Denkens zu objektiver Erkenntnis soll hier untersucht werden. Es ist nun ein völliges Mißverständnis anzunehmen, daß ich (Vorrede 17/18)478 hiervon abgewichen wäre. Mein Gedankengang ist:
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1. Erkenntnistheorie konstruiert nicht, was ich durch logische Schlüsse aus dem einem Erkenntnisverhalten Gegebenen [gewinne], sondern sie nimmt die im empirischen Bewußtsein vorliegenden Verhältnisse von persönlicher Lebenseinheit, Außenwelt, Individuen außer uns als das Gegebene hin und analysiert sie, um ihre Rechtsgründe aufzusuchen.479 2. Um festzustellen, was diese Ausdrücke bedeuten, ist eine psychologische Deskription erforderlich. Diese aber muß sich von der Voraussetzung frei machen, daß in diesen Beziehungen des empirischen Bewußtseins nur intellektuelle Relationen enthalten seien. 3. Ich trete nun den Beweis an, daß das Gegebensein eines vom Willen Unabhängigen der Kern oder doch der Ausgangspunkt des empirischen Glaubens an eine Außenwelt sei. 4. So entsteht die deskriptive Bestimmung, daß in diesem empirischen Bewußtsein die permanente Erfahrung eines vom Willen Unabhängigen, das einen Druck auf ihn übt, enthalten sei. Hierbei ist ganz gleichgültig jede Theorie über den Ursprung der als Wille gegebenen Intention, eine Veränderung hervorzubringen. 5. Hieraus können nun die Rechtsgründe für die Beurteilung des empirischen Bewußtseins abgeleitet werden. a) Die Kritik, durch die bisherige Immanenzlehre begründet, trifft falsche Voraussetzungen. b) Die Unterscheidung des Willens von einem von ihm unabhängig Gegebenen ist der Ausdruck von Erfahrungen. Nicht, wie Rickert zu meinen scheint, soll der Wille etwas erkennen hierbei, sondern die Erkenntnistheorie zergliedert den Inbegriff der diese Unterscheidung herbeiführenden Erfahrungen und findet in diesen Erfahrungen den angegebenen Satz begründet. 6. Hierdurch sind die Schwierigkeiten eliminiert. Von diesem Satze aus findet nun die bekannte Interpretation des im Bewußtsein gegebenen Widerstehenden statt. Rickert will durch Schlüsse aus den bloßen Verhältnissen eines erkenntnistheoretischen Subjektes zum transzendenten Gegenstande als Wirklichkeit gelangen und findet, daß es nicht geht. Dies ist nur der Fehler seiner Methode. Die reelle Methode geht vom empirischen Bewußtsein aus. Sie nimmt an, daß diejenigen Erfahrungen, welche dieses zum Bewußtseinstranszendenten geführt haben, auch dieselben sein werden, auf welche Erkenntnistheorie angewiesen ist. Sie weiß, daß es nichts hilft, an abstrakten Begriffen Konstruktionen zu vollziehen. Sie weiß auch, daß Wirklichkeit nicht konstruiert oder demonstriert, sondern nur plausibel gemacht werden kann.
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Derselbe Einwand: Vom rein theoretischen Standpunkt liegt „der Vorgang von Impuls und Hemmung“ innerhalb der Bewußtseinswelt. Bewußtes ist nur Abhängigkeit des Ich-Objektes von den anderen immanenten Objekten.480
5. Übersicht über Rickerts Standpunkt481 I. 1. Naturwissenschaft und Geschichte unterscheiden sich voneinander nicht durch den Gegenstand, sondern durch die logischen Operationen, die an der Wirklichkeit vorgenommen werden.482 Sonach durch die Richtung der Begriffsbildung. Psychologie ist eine Naturwissenschaft und Paläontologie eine historische Wissenschaft. 2. Die Naturwissenschaft bildet nicht die Wissenschaft ab, sie handelt nicht vom Sein, sondern das Allgemeine, dem Geltung zukommt, bildet ihren Gegenstand. Da das Wirkliche das Besondere ist, so stellen die Naturwissenschaften nicht Wirklichkeit dar. 3. Sonach beginnt Rickerts Methode an der wissenschaftlichen Aufgabe, diese Lücke auszufüllen, die Wissenschaft zu konstruieren, welche die Erfahrung der Wirklichkeit zum Gegenstande hat. Was an einer bestimmten Stelle von Raum und Zeit geschieht, nennen wir Geschichte, sonach heißt diese Wissenschaft Geschichtswissenschaft. 4. Damit ist nur das Problem gegeben. Und Rickerts Verfahren ist nun, dasjenige, was zur Lösung dieses Problems erforderlich ist, als historische Begriffsbildung abzuleiten. Welches Verfahren erfaßt nicht die dauernden Begriffe, sondern die stets sich verändernde und werdende Wirklichkeit?483
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5. Ausgangspunkt: die Grenze der naturwissenschaflichen Begriffsbildung, d.h. das Individuum = eine beliebige, einmalige und besondere Wirklichkeit. Nun Auswahl der Individuen, die den Charakter des Historischen tragen. Dann Auswahl der Bestimmungen an ihnen, die ihre wesentlichen Bestandteile bilden. Das Wesentliche beruht auf der Beziehung der Objekte auf Werte. Sonach ist die Begriffsbestimmung teleologisch. Die Individuen sind aber Teile eines größeren Ganzen oder des historischen Zusammenhangs. Dieser ist einmalig und individuell und enthält durch die Beziehung auf einen Wert ein teleologisches Moment. Er ist eine Entwicklung.484 Nun Einschränkung der Geltung dieser Sätze durch Anerkennung naturwissenschaftlicher Teile in der Geschichtswissenschaft. Hier steckt das den individuellen Wirklichkeiten Gemeinsame.485 Die weitere Ableitung entsteht nun durch die Einführung des Begriffes von Inhalt und Form der historischen Darstellung. So entsteht der sachliche Begriff der Geschichte. Sie hat es mit geistigen Dingen zu tun. So entsteht der Begriff von zwei inhaltlich verschiedenen Gruppen. Naturwissenschaften und historische Kulturwissenschaften. Der Fortgang vom IV. zum V. Kapitel ist dann, daß die Objektivität der Geschichte, da sie überall Wirklichkeit auf Werte bezieht, ein historischer Zusammenhang, Wertbeziehung ist, die Forderung eines absoluten Wertes. Und darin liegt nun die unendliche Paradoxie dieses Standpunktes, daß [sich] derselbe mit einzelnen Kulturwerten begnügt und nur der Forderung der Existenz eines unbedingten Wertes, die an Beispielen nachweisbar ist, genügt. So Wahrhaftigkeit und Pflichterfüllung. 6. So entsteht also das Kunststück, zuerst in der Erfahrung des Individuellen die Aufgabe zu sehen. Dann zur Beziehung auf Zusammenhang und allgemeinen Wert fortzugehen und dann schließlich die Objektivität der Wirklichkeitsauffassung des Individuellen möglich zu machen.486 Sobald man allgemeinen Wert und Zusammenhang ernst nimmt, müßte Rickert den Begriff eines Systems von lauter individuellen Zusammenhängen, die das Individuum Menschheit bilden, konstruieren. In diesem wären dann alle Werte nur Momente eines unaussprechlichen Ganzen. Denn ist das Ganze individuell und unaussprechlich, dann kann auch sein Wert doch unmöglich auf eine allgemeine Formel gebracht werden. Hier tritt nun der Widerspruch zwischen der kantischen Grundlage des überempirischen Ich, das nicht indi-
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viduell ist und dem ein absoluter Wert korrespondiert, mit dem Begriff der individuellen Unaussprechbarkeit und Bestimmtheit alles Historischen auf. Hier trennt sich Rickert von dem vielfach verwandten Simmel, der sich in die Relativität zurückzieht. Es ist schließlich das allgemeinste philosophische Problem in Metaphysik und Erkenntnistheorie: Wie kann menschliche Singularität in Erkennen, Wertschätzen, Zwecksetzen sich zu objektivem Wissen, das jenseits der Sphäre der Menschen gilt, erheben? 7. Die historische Begriffsbildung stellt Rickert ganz richtig unter das Verhältnis des Ganzen zu Teilen, des Zusammenhangs zu den Gliedern in Gegensatz zu der Unterordnung vom Besonderen unter das Allgemeine. Dies ist genau das, was ich in der beschreibenden Psychologie gesagt, zugleich auf die Struktur zurückgeführt habe. 8. Das Verfahren Rickerts: Fichtes Weise, zu einer Aufgabe Bedingungen aufzuweisen. Die Aufgabe, der Wirklichkeit des Individuums gerecht zu werden. Nun die einzelnen Glieder seines Verfahrens.
II. 1.487 „Die Geschichte soll die Wirklichkeitswissenschaft sein im Gegensatz zur Naturwissenschaft, deren Inhalt aus allgemeinen Begriffen besteht.“488 2. Phantastische Behauptung, daß sonach der Schwerpunkt der Geschichtswissenschaft in der Frage nach der Existenz der Objekte liege.489 3. Interessanter Satz, daß durch Aussonderung des Unwesentlichen der historische Begriff des Individuums entstehe. Das Allgemeine ist für die Naturwissenschaft Zweck, für die Geschichte Mittel.490
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4. Das Individuelle = das Unteilbare, das also als Einheit aufzufassen ist,491 fordert Sonderung des Wesentlichen und Unwesentlichen.492 Es muß ihm unersetzliche Bedeutung zukommen.493 Sonach beziehen wir die Einheit der Persönlichkeit auf einen Wert, und die für ihn wesentlichen Bestandteile bilden ein Ganzes, das nicht geteilt werden soll. Dieses sind die wesentlichen Bestandteile.494 5. Dieser Wert muß ein allgemeiner sein.495 Dies ist das zweite allgemeine Begriffselement. Das Beziehen der Objekte auf Werte ist von jeder begrifflichen Darstellung unabtrennbar.496 6. „Insofern die Einheit des historischen Individuums stets auf der Beziehung zu einem Werthe beruht, können wir sie als eine teleologische Einheit und die In-dividuen als teleologische Individuen bezeichnen.“497 Rickert hat das Verhältnis von Umfang und Inhalt aus Inhaltsbestimmung, das Allgemeine und Besondere, aus Umfangsbestimmung das Ganze und der Teil.498 Rickert über die Bedeutung des Typischen für das historische Denken.499
[III.] Ableitung der Erkenntnis einseitig aus dem Merkmal ihrer Gebundenheit an die Norm. Ausführlicher und systematischer als Windelband äußert sich von diesem Standpunkt aus Rickert. 1. Erkennen setzt ein Erkenntnissubjekt und einen ihm entgegenstehenden Gegenstand, nach dem das Erkennen sich richten muß, wenn es seinen Zweck erreichen will, wahr oder objektiv zu sein, voraus.500 So entsteht das Grundproblem der Erkenntnistheorie: „Wodurch erhält das Erkennen seine Objektivität?“501
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Das naive Bewußtsein nimmt an, daß die Erkenntnis in der Übereinstimmung der Vorstellungen mit den Dingen der Außenwelt besteht. Kant wird interpretiert in demselben Sinne. Das erkennende Subjekt nimmt Erscheinungen in sich auf und strebt, durch sie eine Welt an sich existierender Dinge zu erfassen. Das Bewußtsein und ein an sich vorhandenes Sein sind so die Beziehungspunkte des Erkenntnisvorgangs. Dieser Standpunkt nimmt eine außerhalb des Bewußtseins existierende Welt als den Gegenstand der Erkenntnis an. Und so ist das Grundproblem die Existenz einer solchen. 2. Der Zweifel, welcher die Realität eines Bewußtseinstranszendenten betrifft, ist erkenntnistheoretisch. Er bezieht sich nur auf die der spezialwissenschaftlichen Forschung als selbstverständlich geltenden Voraussetzungen. Diese werden der Erkenntnistheorie Problem. Der Erkenntniszusammenhang der Erfahrungswissenschaften als solcher wird von ihm nicht berührt. Ihr Gebiet ist ganz getrennt von demjenigen der Erkenntnistheorie, welche die in ihr gemachten Voraussetzungen anzweifelt, um so zu unbezweifelbaren Grundlagen der Erkenntnis zu gelangen.502 Kritik Was ist denn dieses naive Bewußtsein? Das Erlebnis, wie es der heutige Mensch in sich findet, ist immer die Intention, dasjenige, was in den Dichtern gegeben ist als der Gegenstand, auf den sie sich beziehen, in Urteilen auszusprechen, die von diesem Gegenstand gelten, ihn meinen. Daß ein transzendentes Sein in ihnen abgebildet werde, liegt nicht in dem Erlebnis. Man kann sagen, daß die Erfahrungswissenschaften als menschheitliche Tatsache nichts zu tun hätten mit dem Problem, ob ihre Voraussetzung eines transzendenten Gegenstandes wahr sei. Aber doch nur in dem Sinne, daß sie eben durch die Probe die Bestätigungen in der Sicherheit hierüber erhalten werden. Man braucht nur die größten Naturforscher zu vergleichen, um zu sehen, daß die Ablösung der Erfahrungswissenschaften von erkenntnistheoretischen Untersuchungen eine unhistorische Abstraktion ist. Sie beruht auf der Eleminierung des Nerves und Grundmotivs des Erkennen-wollens als in ihnen wirksam.
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3. Um das Problem der Erkenntnis aufzulösen, geht nun Rickert aus von dem „Gegensatz des Subjekts zum Objekt“. Er unterscheidet hier eine dreifache Form desselben:503 1. die im Sinne einer räumlichen Beziehung gemachte Unterscheidung des beseelten Körpers von der Außenwelt. Hier entsteht der Begriff des psychophysischen Subjektes. 2. Ich mache nun eine erste Zerlegung des so bestimmten psychophysischen Subjektes. Ich schränke es ein auf mein Bewußtsein mit seinem gesamten Inhalt. Ich unterscheide die immanente Welt des Bewußtseins, zu welcher auch meine Vorstellungen von meinem Körper gehören, von dem transzendenten Objekte, d. h. dem, was nicht mein Bewußtseinsinhalt selbst ist, was sonach unabhängig von diesem besteht. So entsteht der Begriff meines Bewußtseins mit seinem gesamten Inhalt. 3. Ich mache nun eine zweite Zerlegung. Ich sondere den Bewußtseinsinhalt von dem Subjekt, das sich dieses Inhalts bewußt ist. So entsteht die Unterscheidung des Bewußtseins von seinen immanenten Objekten. Es ist nun wichtig einzusehen, daß er über die nähere Bestimmung weggeht, was auf dem dritten Standpunkt unter Vorstellungssubjekten zu verstehen sei, die im Bewußtsein gegeben sind. Ferner ist der Begriff „Gegensatz von Subjekt und Objekt“ nicht erläutert. Ist hier eine logische Gegensetzung gemeint oder ein reales gegensätzliches Verhältnis? Im letzteren Falle wäre in diesem Begriff willentliches Verhalten schon enthalten.504 Da nun die Unterscheidungen 1 und 3 keinem Bedenken unterliegen, fragt sich nur, ob diejenigen des erfüllten Bewußtseins und eines transzendenten Objektes, das durch die Vorstellungen erkannt werden soll, richtig seien = Problem der Transzendenz. Untersuchung des Transzendenten nach seiner Bedeutung für das Wissen = Transzendentalphilosophie. Die Einleitung in diese seine Absicht.505 Kritik Versetze ich mich auf den Standpunkt der zweiten Unterscheidung, so liegt doch in ihm nicht eine Klasse von Untersuchungen, sondern zwei, denen die Rücksicht auf die Erkenntnis des erfüllten Bewußtseins gerade so gut ein Problem ist als die auf den transzendentalen Gegenstand gerichtete. Anders ausgedrückt, die Fragestellung Rickerts ist einseitig. Das Erlebnis ist für das Erkennen in Bezug auf seine objektive Gültigkeit gerade so ein Problem als der transzendente Gegenstand.
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Im transzendenten Gegenstande aber ist die von Rickert übergangene Beschreibung des als Objekt Verstandenen506 unumgänglich notwendig. In diesem ist das Moment des Gegebenen enthalten. 4. Rickert geht nun von dem Satz aus, den ich als den der Phänomenalität bezeichnet habe, und den er ebenso wie ich definiert, er will ihn aber Satz der Immanenz nennen.507 Von diesem Satz aus entsteht nun das Problem: Die Phänomenalität aller Bestandteile unseres Bewußtseins ist gegeben, diese immanente Wahrnehmungswelt kann vom Bewußtsein als solchem unterschieden werden. Kann nun eine transzendente Welt von dieser Grundlage aus erwiesen werden? Anders ausgedrückt, kann die Einsicht in die Immanenz jedes Gegebenen im Bewußtsein ergänzt werden durch Anerkennung transzendenter Objekte? 5.508 Die Untersuchung muß nun von dem letzterreichbaren gültigen Gegensatz ausgehen. Dies ist der des Bewußtseins und seines Inhaltes oder des Subjektes und des Objektes. Von diesem Subjekt kann nichts ausgesagt werden, als daß es sich seines Inhaltes bewußt ist. Sein Inhalt aber ist eben das Objekt. Sonach, was Objekt werden kann, ist aus diesem Subjekt auszusondern. Ergänze jetzt den Satz, der vorausgesetzt ist: Jede Bestimmtheit irgendeiner Art ist zum Inhalt des Bewußtseins zu rechnen. Sonach ist von diesem Bewußtsein oder erkenntnistheoretischen Subjekt nicht nur das Gefühlte, sondern auch das Fühlen, nicht nur das Gewollte, sondern auch das Wollen auszuschließen. Und so bleibt nichts übrig als „ein namenloses, allgemeines, unpersönliches Bewusstsein.“ Denn dieses ist „das einzige, das niemals Objekt, Bewusstseinsinhalt werden kann“. Dieses bezeichnet er als einen Grenzbegriff. Es ist in ihm nichts mehr enthalten, was Objekt werden kann. Kritik Besteht nach Rickert alles Erkennen im Verhältnis von Subjekt und Objekt und kann das Erkenntnissubjekt nie Objekt werden, so kann es nicht erkannt werden. Dies ist auch der Sinn von „Grenzbegriff“. Nun aber soll ich doch von ihm wissen. Hier wird ein Wissen vorausgesetzt, das unterschieden ist von dem Gegensatz von Subjekt und Objekt. Gewiß besteht ein solches Wissen, ich nenne es Innewerden. Aber dann müßte Rickert zu seiner Rechtfertigung
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dieses Wissen zunächst festlegen, ohne welches sein Erkenntnissubjekt für ihn gar nicht da ist. Und täte er das, dann besteht neben dem Wissen, von dem er spricht, ein anderes, von dem er sprechen sollte und das ebenso in die Grundlegung gehört. 6.509 Mein individuelles Bewußtsein ist, von diesem letzten, höchsten Standpunkt aus angesehen, ein Teil der dem erkenntnistheoretischen Subjekt immanenten Welt. Sonach, wenn ich diesen Standpunkt erreicht habe, sehe ich ein, daß das „psychologische Subjekt“ oder das „individuelle geistige Ich“ sich als Objekt, Körper und fremde geistige Individuen als das ihm immanente Sein oder die ihm immanenten Objekte gegenüber hat. Das individuelle Ich wird auf diesem dritten Standpunkt selber Objekt, da es inhaltliche Bestimmungen enthält. Kritik Der Nachweis, daß auf dem Standpunkt des psychologischen Subjektes das Problem der Transzendenz nicht existiere, ist ein unverständliches Gewebe von Sophismen. Das erkenntnistheoretische Subjekt ist nicht eine Realität, „weder eine transzendente noch eine immanente“, sondern „nur ein Begriff“. Es bedeutet zunächst nur „das allen immanenten Objekten Gemeinsame, das sich nicht weiter beschreiben lässt“. Es ist die Form oder die Art des Seins der immanenten Objekte. So ist es „das einzige uns unmittelbar bekannte Sein“.510 Hierunter versteht er eine Seinsart des Bewußtseinsinhaltes oder der immanenten Objekte im Gegensatz zu der imaginären Seinsart transzendenter Dinge. Es ist ein nicht weiter analysierbares Erlebnis. Kritik Ist das Bewußtsein so im Erlebnis gegeben, so kann doch der Gegensatz nicht aufgestellt werden, es sei nur ein Begriff, aber keine Realität. Denn, da die immanenten Objekte eben in diesem Bewußtsein immanent sind, so muß doch diesem Bewußtsein Realität zukommen, oder es gibt überhaupt keine Realität. Ist es ein Teilinhalt des Erlebnisses, und sicher ist es das, so ist es ein Begriff, aber ein solcher, in welchem ein Teil eines Erlebnisses ausgesprochen wird.
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7. Der Begriff des Transzendenten Auf diesem dritten Standpunkt kann nun der Begriff eines dem Bewußtsein Transzendenten gebildet werden. Vorgestellt kann ein solches nicht werden. Es ist nicht Bestandteil der uns bekannten räumlich-zeitlichen Welt. Und wenn man die immanenten Bestandteile aus der Vorstellung aussondert, bleibt nichts übrig. Dagegen im Denken bleibt eben der Gedanke der Verneinung jedes Bewußtseinsinhaltes übrig. Das Transzendente ist nicht Bewußtseinsinhalt.511 Kritik Wäre das Transzendente nur definiert durch die Verneinung davon, Bewußtseinsinhalt zu sein, dann wäre damit nichts darüber ausgesagt, daß es sei; denn daß es sei, kann ja nur durch Akte des Bewußtseins festgestellt werden. 8. Der Standpunkt der Immanenz und die Schlüsse auf ein Transzendentes512 Gehen wir nun vom Verhältnis des Bewußtseins oder des erkenntnistheoretischen Subjektes und seiner immanenten Objekte aus, so ist in ihm nichts von Transzendenz derselben enthalten. Und Rickert unternimmt zu beweisen, daß das Transzendente weder als Ursache noch als Ergänzung noch als im willentlichen Verhalten gegeben bewiesen werden kann. Solange wir „vom vorstellenden Bewusstsein ausgehen“, ist „der Standpunkt der Immanenz“ der einzig mögliche.513 9. Weitere Bestimmungen dieses Bewußtseins514 Dies Bewußtsein ist ein erkenntnistheoretischer Begriff. Da Psychisches wie Physisches inhaltliche Bestimmungen sind, so fällt es nicht unter diesen Gegensatz. So bezeichnet er seinen Standpunkt: 1. Bestandteile der räumlichzeitlichen Sinnenwelt sind die einzigen Wirklichkeiten, 2. „das Sein jeder Wirklichkeit muss als ein Sein im Bewusstsein angesehen werden.“515 Kritik Hier hört jedes Verständnis auf. Sein im Bewußtsein kann doch niemals das Sein physischer Realität sein etc.
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[IV.] 1. Das Urteil und sein Gegenstand516 Die Bedeutung des Erkennens liegt darin, daß ein vom theoretischen Subjekt Unabhängiges den Maßstab bildet, nach dem Vorstellungen sich richten. Eine an sich vorhandene Ordnung der Dinge soll entdeckt werden können. Hat der erkenntnistheoretische Idealismus Recht, dann hat die Welt nur als Schauplatz des Willens ihren Wert. Aber muß denn nun die Ordnung dieser transzendenten Dinge überhaupt eine transzendente Wirklichkeit sein? Besteht das Erkennen in Vorstellungen, welche die Wirklichkeit abbilden?517 Jetzt konstruiert Rickert seinen Ausgangspunkt so:518 Erkenntnistheorie kann nur begreifen, was Erkenntnis ist, indem sie vom Subjekt ausgeht. Die Einzelwissenschaften berücksichtigen dagegen nur die Objekte. (Dieser Unterschied ist in der Tat richtig, aber nur insoweit, als man in der Einzelwissenschaft bei der Bildung der Theorie vom Ursprung der Sinnesqualitäten etc. absehen kann.) Nun folgert er, das erkennende Subjekt kommt im Vorstellen gar nicht vor. Vorstellen für sich enthielte nur ein Verhältnis zweier Objekte. Kritik Das Vorstellen als eine Verhaltungsweise ist ein Teil des Erlebnisses, in welchem ein Gegenstand vorgestellt wird. Wir besitzen Erkenntnis in Urteilen. Das Grundproblem der Erkenntnistheorie besteht also im Gegenstand des Urteils. Wenn nun die Urteile sich auf Vorstellungen beziehen und hierin ihre Natur sich erschöpft, dann steckt wieder in ihnen, wenigstens indirekt, die Möglichkeit, Erkenntnis zu liefern, wenn sie nach einem transzendenten Sein sich richten.519 Wäre das Urteil den Vorstellungen gegenüber ein Vorgang von einer selbständigen Bedeutung, dann könnte in ihm ein Maßstab für das Erkennen hierdurch bedingt sein. Urteil = Denkgebilde, auf welches „die Prädikate wahr oder falsch angewendet werden können.“520 Nun der Sprung, das Urteil wird nun als ein individueller Vorgang angesehen und vom überindividuellen erkenntnistheoretischen Subjekt wird abgesehen. Dies heißt also doch, daß der eingenommene Standpunkt nicht streng durchgeführt werden kann, vielmehr wird gerade das Entscheidende, nämlich die Funktion des Urteils, am individuellen Ich aufgewiesen. Nun Unterscheidung dessen, was das Urteil ist, d. h. des psychischen Vorgangs = das Sein der Urteile und dessen, was das Urteil meint = seinen Sinn, sofern es den Anspruch erhebt, wahr zu sein.521
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Unter letzterem Gesichtspunkt fragen wir: Welche Bestandteile muß das Urteil haben, um seinen Zweck, stets wahr zu sein, zu erreichen? Antwort: Zu den vorstellungsmäßigen Bestandteilen tritt Bejahung oder Verneinung hinzu. Denn, psychologisch angesehen, mögen viele Urteile bestehen, die nicht Antworten auf Fragen sind, aber logisch betrachtet, geht immer das Problem (die Frage) der Lösung derselben voraus. Und auf die Frage antwortet immer nur Bejahung oder Verneinung. Das Urteil hat für die Erkenntnis nur Bedeutung, wenn sein Sinn in einer Bejahung oder Verneinung besteht. Begründung dieser Ansicht: Erkennen ist also Bejahen oder Verneinen, und das theoretische Subjekt ist ein bejahendes oder verneinendes.522 Bei Wollen und Fühlen besteht Stellungnahme zu einem Werte in einem Entweder-Oder. Dasselbe Entweder-Oder ist im Bejahen und Verneinen, und auch hier kommt ein Billigen oder Mißbilligen durch Stellungnahme zu einem Werte zum Ausdruck. Wollte man einteilen, so würde Urteil mit Fühlen und Wollen in eine Klasse gehören. Auch bei rein theoretischem Erkennen handelt es sich um Stellungnahme zu einem Wert. Begründung abenteuerlich. „Nur Werten gegenüber hat das alternative Verhalten des Billigens oder Mißbilligens einen Sinn.“523 (Nimmt man die Zweideutigkeit von Billigen etc. weg, so bleibt eine pure Behauptung. Ich habe zwei Klassen alternativen Verhaltens, und da die eine Wertverhalten ist, so muß es auch die andere sein.) Nun eine weitere Konsequenz. Gefühl von Lust oder Unlust veranlaßt zur Zustimmung oder Abweisung. (Richtig, wenn dieses = Billigung-Mißbilligung.) Beweis. Das gefühlsmäßige Kriterium der Evidenz liegt dem Bejahen und Verneinen zugrunde (völlig willkürlich). Weitere Folgerung: „Der Erkenntnisakt selbst kann nur in der Anerkennung des Wertes der Gefühle bestehen.“ (Dieser Satz ist völlig unverständlich.) Also: „Erkennen ist Anerkennen oder Verwerfen“.524 Hierüber meine Theorie.525 2. Unterschied der Wahrheitsgefühle von anderen Gefühlen, Urteilsnotwendigkeit. In jeder Erkenntnis wird ein Wert anerkannt. Der Wert im sinnlichen Lustgefühl braucht nicht immer wertvoll zu sein. Er gilt nur für den Moment des individuellen Ich. Dagegen [hat] das Gefühl, das zu Bejahung oder Verneinung bestimmt ist, den Ausdruck für eine zeitlose Gültigkeit des im Urteil Gesetzten. Dies Gefühl ist Evidenz. Sie ist ein Lustgefühl, das „einem Urteil zeitlose Geltung verbürgt und ihm damit für uns einen Wert gibt, wie er durch kein Lustgefühl sonst hervorgebracht wird.“526 Also wird in jedem Urteil ein Wert anerkannt, der als zeitlos von jedem in-
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dividuellen Bewußtseinsinhalt unabhängig ist, sonach auch von unserer vorübergehenden individuellen Existenz. Das Gefühl der Evidenz im Urteil enthält eine Bindung, ein Bewußtsein von Abhängigkeit, eine Nötigung, sich einer Macht unterzuordnen, die überindividuell mich verpflichtet. Hieraus entspringt der Charakter der Notwendigkeit des Urteils oder der Denknotwendigkeit. Diese ist nicht kausale Notwendigkeit, sondern die einer Richtschnur, die bindet, ein Sollen, ein Imperativ. Kritik (Dies muß nun so verstanden werden, daß das Sollen nicht nur auf die Normen geht. Denn er sagt weiter:) Wenn ich Töne höre, bin ich gewiß zu urteilen, daß ich sie höre. (Dieses wäre mein Erkenntnisgesetz von dem Enthaltensein im Wahrnehmen.)527 1. Ich verstehe dies so: Im Urteil erscheint ein im Gefühl der Evidenz sich manifestierender Wert, und dieser kann doch nur darin liegen, daß das Unbedingte im Denksubjekt als ein Sollen nach Gesetzen das ihm Entsprechende wertvoll findet. 2. Das Urteil ist wahr, weil der eigentümliche Wert, der vom Urteil anerkannt werden soll, in ihm anerkannt ist. Wahrheit ist ein Wert, und Wirklichkeit ist eine besondere Art des Wahren, also Wirklichkeit ist ein Wertbegriff. Wahrheit ist die Anerkennung eines Sollens.528 So wird der Gegensatz von Bewußtsein und Sein und die Aufgabe, daß der Erkennende sich mit seinen Vorstellungen nach dem Sein richte, zerstört. Dies Sich-richten setzt schon das Wissen vom Sein voraus. Erst die Urteilsnotwendigkeit besagt, was als seiend beurteilt werden soll. Die gewöhnliche Lehre wird so aufgelöst: Ich urteile, ein Baum sei grün. Dies ist nicht eine Beziehung von Vorstellungen, denn ich stelle nie einen Baum als grün seiend vor. Dies Sein entsteht erst durch die Anerkennung im Urteil.529 Kritik Hier ist der Fehler klar. Er beruht auf der Vernachlässigung des Moments der Gegebenheit in Wahrnehmen und Vorstellen. In diesem ist das Sein enthalten. Es wird nicht erst im Urteil hinzugedacht. Freilich, enthalten nicht als starres Sein, sondern als Beziehung des Eindrucks auf einen zu bestimmenden Gegenstand.
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Hier sieht man deutlich die Provenienz der ganzen Theorie aus Kants Lehre, daß Sein eine in der Urteilsfunktion auftretende Kategorie ist. 3. Das Sollen als Gegenstand530 1. Definition von Gegenstand: Er ist das, wonach das Erkennen sich richtet. 2. Definition: Gegenstand = etwas, das dem erkennenden Subjekte insofern entgegensteht, als es sich danach zu richten hat. („entgegensteht“ ist irrig, und „zu richten hat“ sich das Subjekt zunächst nach dem Gegebenen als dem Mittel, den Gegenstand zu konstruieren.) Kritik Hier fehlt wieder das Moment, daß der Gegenstand nicht ein Fertiges ist, sondern dasjenige, was durch die Intention des Erkennens sukzessive erzeugt werden soll. 2. Ex definitione folgert er nun: Der Gegenstand der Erkenntnis ist das Sollen, das im Urteil anerkannt wird. Sein Beweis: a) Anderer Gegenstand nicht aufzufinden (widerlegt sich durch Widerlegung seiner Gegengründe, gegen Realität). b) Das Sollen genügt als Maßstab für das Erkennen, und da Erkennen Anerkennen ist, hätte ein anderer Maßstab keine Bedeutung. 3. Erkenntnissubjekt und Gegenstand verhalten sich also wie urteilendes Subjekt und ein Sollen, das in den Urteilen anerkannt wird. 4. Ergebnis: „Wir können nichts anderes entdecken als die richtige Ordnung des Bewusstseinsinhaltes, d. h. die Beziehungen der Vorstellungen aufeinander, welche sein sollen und daher zu bejahen sind.“531 Kritik532 Dieser Satz drückt also aus, daß alles Erkennen die irrationalen Tatsächlichkeiten voraussetzt und in der denknotwendigen Anordnung besteht. Als unbedingt gültig ist sie das Transzendente. Sie ist ein vom erkennenden Subjekt unabhängiger Gegenstand. Das Sollen gilt, gleichviel ob ein erkennendes Subjekt es anerkennt. Beweis des transzendenten Sollens: Es kann durch den Zweifel nicht aufgehoben werden. Alle Urteile, die sich auf ein transzendentes Sein zu beziehen schienen, lassen sich verwandeln, so daß sie nur Tatsachen des Bewußtseins aussagen. („Ich
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sehe die Sonne.“) Insofern sind sie unbezweifelbar. Dagegen die Urteilsnotwendigkeit, die als Sollen auftritt, kann nie nach ihrem Wahrheitswert in eine bloße Relation zum Subjekt umgewandelt werden. Sie sagt einen von jedem erkennenden Subjekt unabhängigen transzendenten Wert aus. Denn die Leugnung dieses Sollens ist ein Urteil, erkennt also implizite das transzendente Sollen an.533 4. Zweifeln ist nicht Leugnen Kann auch so bewiesen werden: wenn ich Töne höre, bin ich genötigt zu urteilen, daß ich Töne höre. Die Gültigkeit des Urteils, das so eine Tatsache konstatiert, beruht auf der Zweifellosigkeit der Tatsachen des Bewußtseins, zugleich aber auch auf der unbedingten Geltung der darauf gegründeten Urteilsnotwendigkeit. Die ganze Polemik gegen die Möglichkeit, den Logismus als nur von immanenter Geltung aufzufassen, ist unhaltbar. Wenn ich an der transzendenten Geltung des Urteils zweifele, so bleibt die immanente übrig, und auch in ihrem Sinne gibt es ein Wahr und Falsch. Wahr und Falsch gibt es für jeden Relativisten, und daher hat er ein Recht zu urteilen, und seine Urteile sind als Ordnung immanenter Inhalte gerade so denknotwendig, mag man ihre Geltung transzendent oder immanent auffassen. Hauptsatz: Der Erkenntnisstoff ist den inhaltlichen Bestimmungen des Gegebenen entnommen.534 Die Gegenständlichkeit verleihende Form der Erkenntnis ist in dem Sollen gegründet, das in den Urteilen anerkannt wird. Dies Sollen und seine transzendente Geltung ist schon für tatsächliche Urteile oder die Erkenntnis der Gegebenheit nachgewiesen. So entsteht Harmonie und prinzipieller Gegensatz der transzendental-idealistischen und empiristisch-realistischen Betrachtungsweisen.535 Erkenntnistheorie und Philosophie: Ergebnis der ganzen Untersuchung: Jedes theoretische Urteil enthält die Anerkennung des Wahrheitswertes. Das theoretische Erkennen ist in jedem Schritt ein Anerkennen von Werten. Also wer Wahrheit will, ordnet sich einem Sollen unter, so gut als der Mensch, der seiner Pflicht gehorcht. Logisches Sollen und Normen des Wollens sind parallel. Folglich ist die letzte Basis des Wissens ein Gewissen. Dieses drückt sich im Gefühl der Urteilsnotwendigkeit aus. 2. Die Geltung des Pflichtbewußtseins für den wollenden Menschen beruht auf einem Willensentschluß. Ebenso ist ein Wille zur Wahrheit für die Anerkennung des intellektuellen Gewissens erforderlich. Das Erkennen wie das
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sittliche Handeln beruhen auf einer Tathandlung. So entsteht der Begriff einer logischen und einer moralischen Autonomie. So wird der Gegensatz des Theoretischen und Praktischen überwunden. Der Grundbegriff aller Philosophie ist der des absoluten Wollens und Sollens und des wertanerkennenden Willens. So entseht die Begriffsbestimmung der Philosophie als der Lehre von Werten und Normen und den Formen ihrer Anerkennung. Sie ist eine Wertwissenschaft. Ihr Gegenstand ist die Geltung der Werte und das Sollen. Die Einzelwissenschaften sind Seinswissenschaften. Sie prüft die Geltung der Werte in der Wissenschaftslehre, der Ethik, Politik, Ästhetik, Religionsphilosophie. Antinomie zwischen dem hinzunehmenden irrationalen Inhalt und dem Sollen. Die Verwirklichung der Wahrheit ist mit Rücksicht auf ihren Inhalt nicht von uns abhängig. So müssen wir auf den Glauben zurückgehen, daß das, was absolut ist, auch die Macht hat, sich in der irrationalen Wirklichkeit durchzusetzen. Und so entsteht der Begriff einer transzendenten Wirklichkeit. Dieser gehört der Religionsphilosophie an. Kritik Diese ganze Argumentation setzt voraus, daß ein vom Gefühl bestimmtes Wollen, sonach vom Wert abhängiges Sollen in den Formen und Gesetzen des Denkens (auch in den Kategorien?) bestehe. Diese Voraussetzung ist falsch. Sie entsteht aus der Äquivokation im Ausdruck Gefühl. Evidenz ist etwas, dessen ich innewerde, aber sie kann ohne Lustgefühl auftreten. Oft überzeuge ich mich ungern von einer Wahrheit. Die Befriedigung, welche die Gewißheit begleitet, stammt nicht aus den Relationen des Erkennens, sondern aus dem Verhältnis des suchenden Menschen zu einem Sicheren, welches in der Totalität des Subjektes gegründet ist. Der Wert, den Wahrheit hat, ist nichts Transzendentes. Er ist darin gegründet, daß eine dem Subjekt notwendige Aufgabe durch den Zweckzusammenhang der Erkenntnis sukzessive gelöst wird, sonach auf jedem Stadium Lösungen einen Wert haben. Dieser Wert liegt aber nur darin, daß die Sache erfaßt wird. Die ganze Schwierigkeit ist diese: 1. daß Wahrheit ein Feststellen dessen ist, was ist, Denkgesetze Mittel sind, dies festzustellen, sonach die Regel in ihnen nicht ein primäres, jenseitiges Sollen, sondern eine Sachnotwendigkeit ist, unter welcher die Aufgabe des Erkennens gelöst wird. 2. Die Erreichung des Wissens ist aber anderseits immer nur Aufgabe. Erkennen ist ein Zweckzusammenhang. Da die Aufgabe in unsrer Literatur liegt, ist ihre Lösung ein Wert.
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Hieraus folgt: Das Verhalten der Zwecksetzung ist wie auch sonst mit einem anderen Verhalten verknüpft. Die Relationen des Erkennens als solche bestehen nur aus Beziehungen von Bedeuten, Repräsentieren, Enthalten-sein, Gelten, Evidenzbewußtsein, welches den richtigen Vollzug dieser Beziehungen ausdrückt. Richtig sagt nur entsprechend, daß das Urteil das meint, was den Inhalten entsprechend ist. Es sagt also auch, daß seine Formen dem genügen.536
6. Rickert und Meinong537 Phänomenologie Die Deskription zeigt den Erlebniszusammenhang, welcher dem Seelenleben in seinen drei Verhaltungsweisen Festigkeit und Einheit gibt. Der positive Wertcharakter, den in diesem Zusammenhang die Fällung gültiger Urteile hat, ist zweifellos. Ob er aber bedingt sei durch einen der Urteilsgewißheit nach ihrer rein logischen Beschaffenheit einwohnenden Wert, dies kann durch keine Methode festgestellt werden. Daher kann auch die Einbeziehung von Bejahen und Verneinen in den Willen zu einer Klasse538 nicht erwiesen werden. Begründung des Standpunktes von Rickert539 1. Voraussetzung Die Voraussetzung des ganzen Verfahrens: wahr nur im Urteil. Urteile bejahen oder verneinen, und dieses enthält die Anerkennung eines Wollens in sich.540 Gegen diese Voraussetzung wäre nichts einzuwenden, wenn sie in den Grenzen der Beweisbarkeit näher bestimmt würde. Dann würde sie lauten: Jedes Urteilen ist an die Evidenz geknüpft, welche die Denkoperationen begleitet. (Und zwar muß dann der Satz der materialen Wahrheit hinzugenommen werden.) Die Evidenz kann dargestellt werden in Regeln, an welche der Zweckvollzug des Denkens sich gebunden findet. So entsteht ein Sollen als Ausdruck der Regelhaftigkeit des Zweckvollzugs des Denkens. Evidenz hat kein Verhältnis, deskriptiv angesehen, zu einem Sein, sondern nur zum richtigen Vollzug des Denkens. Die Beziehung auf das Sein kann nur durch eine Interpretation aus Zergliederung des Denkens gewonnen werden. Daher denn auch die ganze formale Logik darstellbar war ohne die Beziehung auf ein Sein.
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Und zwar ist keine Einschränkung der Gültigkeit in diesem Bewußtsein der Evidenz enthalten. Sie tritt unbeschränkt auf. Unbeschränkt aber ist nur im negativen Sinne zu verstehen, daß kein Bewußtsein von Beschränkung darin enthalten ist. Dagegen darf ich den positiven Satz einer unbedingten, transzendenten Geltung dieses Sollens nicht darin finden. Nun sagt Rickert mit Recht: Die Grundfrage ist, haben wir ein Recht zur Annahme der transzendenten Geltung, der Evidenz oder des transzendenten Sollens?541 Die Bejahung dieser Frage fließt bei ihm aus einem Moment, welches nicht deskriptiv gegeben ist. Das Urteil, das bejaht oder verneint, hat in diesem Verwerfen oder Annehmen ein Willensmoment, und dieses setzt einen Wert voraus. Daher denn die Befriedigung sich in der Gewißheit eines erreichten Wertes ankündigt. Dieser Satz ist deskriptiv unbeweisbar. [2.] Logische Streitfrage über das Urteil Rickert542 erkennt richtig die Frage einer deskriptiven Feststellung dessen, was in Urteilen stattfindet, an. Er benutzt eine solche deskriptive Feststellung zu dem Schlusse: Ein Urteil ist nicht wertvoll, weil es wahr ist, sondern die Anerkennung seines Wertes ist das erste und die Wahrheit wird daraus abgeleitet. Wir nennen das wirklich, „was von Urteilen als wirklich anerkannt werden soll.“ Das Wirkliche ist eine Art des Wahren und Wahrheit nichts als ein Wert. Also ist Wirklichkeit ein Wertbegriff.543 Einteilung der seelischen Funktionen. Zu den üblichen nennt Rickert zwei Klassen: vorstellendes Verhalten und als zweite Klasse Urteilen, Fühlen und Wollen (als Wertbeziehung?).544 [3.] Rickert und Avenarius545 Wir kennen nichts als die richtige Ordnung des Bewußtseinsinhalts, d. h. die Beziehung der Vorstellungen aufeinander, die sein sollen. Seinen Unterschied von Avenarius bestimmt er dahin, daß dieses „Sollen“ im Urteil ein wirkliches Erkennen verbürgt. Das Sollen ist der Gegenstand der Erkenntnis. Und da es gilt, gleichviel ob ein erkennendes Subjekt es fühlt oder anerkennt, so ist der Gegenstand vom erkennenden Subjekt unabhängig. Der Beweis dieses letzten Satzes wird mit Recht als die für diese Theorie entscheidende Frage angesehen. I. Satz: Das Sollen kündigt sich nur im Gefühl der Urteilsnotwendigkeit an. Das Gefühl ist durch das Subjekt bedingt, also Urteilsnotwendigkeit ist subjektiv.
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Methode: Können wir daran zweifeln, daß das Sollen eine vom erkennenden Subjekt unabhängige Bedeutung hat? Wenn dieses Urteil in Widersprüche führt, so hebt die Leugnung sich selbst auf. II. Satz: Man muß einen zeitlos gültigen, vom erkennenden Subjekt unabhängigen transzendenten Wert anerkennen, der im Urteil als Wahrheitswert auftritt. Beweis: Die Leugnung eines transzendenten Sollens, das sich urteilend entscheidet, ist selbst ein Urteil. Macht es nun den Anspruch auf Wahrheit als Urteil, so erkennt es implizite das transzendente Sollen an, sonach hebt dieser Zweifel sich selbst auf. [4.] Fortgang von diesem allgemeinen Prinzip Unzweifelhaft sind auch in Bezug auf ihren Inhalt, nicht nur auf ihre Form, die Urteile, welche Tatsachen des Bewußtseins konstatieren. Wenn ich Töne urteile, bin ich genötigt, zu urteilen, daß ich Töne höre. Diese im Urteil konstatierte Tatsache enthält ein Sollen. In der Billigung des Urteils wird sein Wert anerkannt. Dieser Wert ist transzendent, weil auch die schlechthin unbezweifelbaren [Urteile] das Sollen implizite anerkennen. Im Begriff der Wahrheit ist die Anerkennung des transzendenten Sollens enthalten.546 5. Meinongs Lehre von den Annahmen Die von ihnen ausgehenden Gefühle sind nicht bloße Vorstellungen, sondern Erlebnisse, die aber einen spezifischen Zug haben, der aus der stets möglichen Aufhebung der Voraussetzung folgt. Sie sind ohne den Zwang der Wirklichkeit. Merkwürdig ist bei diesen Phantasiegefühlen, daß die freudigen, wenn ich mir etwas ganz Unwirkliches und nie Eintretendes vorstelle, eine viel größere Realität haben als die traurigen, weil das Gemüt in den ersteren zu verharren strebt. Hiermit hängt die Heiterkeit der Kunst zusammen. [6.] Bedeutung meiner Theorie für die Widerlegung von Windelband und Rickert Rickert erkennt an, daß ich mich in dem Gefühl der Evidenz gebunden fühle. Hieraus leitet er mit Recht den Charakter der Notwendigkeit ab. Ferner erstreckt er mit Recht diesen Charakter des Gezwungen-seins auch auf jeden Erfahrungssatz. Diese Notwendigkeit ist ein Merkmal jedes Urteils, das gewiß ist.547
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Mein Streit mit Rickert betrifft eigentlich die einfache Frage, ob die Wertbetrachtung als ein Fatum wie die Normen Windelbands in der Luft schwebt oder ob in der Wirklichkeit der menschlichen Natur vermittelst der Strukturlehre die Funktion von Wert, Zweck, Norm aufgezeigt werden kann. Dabei bleibt ja unberührt die kantische Einsicht, daß man durch keine Erklärung psychologischer Art hinter diese Begriffe kommen kann. Sie sind das letzte etc. Vgl. Riehl, Philosophie der Gegenwart, 180 ff.548 Denn von Riehl geht Rickert überhaupt aus. In der Psychologie: reine Kausalbetrachtung und nachträglich Wertbetrachtung. Dies ist eigentlich der Kernpunkt in Rickert, sowie der Kernpunkt meiner Philosophie der Begriff einer Psychologie ist, die den teleologischen etc.
7. Lehre vom Urteil. Die „Annahmen“ Meinongs549 Auszugehen ist davon: der Denkzusammenhang setzt sich zusammen aus Urteilen und Vorstellungen. Für dies letztere ist aber ein besserer Ausdruck zu suchen. Das von Meinong aufgestellte interessante Problem löst sich, indem man von dem Zusammenhang der Urteile ausgeht. Die Annahme tritt in der Verknüpfung der Urteile auf; diese Verknüpfung aber entsteht nicht nur, indem Urteile in Beziehungen zueinander treten, sondern auch, indem der Urteilszusammenhang fordert, Vorstellungen von Urteilen einzuführen. Schon Antezedenz und Konsequenz im hypothetischen Urteil oder Glieder im disjunktiven sind nicht Urteile, sondern Vorstellungen von solchen (Sachverhalte als vorgestellt), zwischen denen Beziehungen aufgefaßt werden. Der Denkverlauf geht hier von der Wirklichkeit aus, um wieder zur Wirklichkeit (Vorstellungen von Urteilen) zurückzugelangen. Dasselbe ist der Fall bei den Sätzen, die Meinong als Annahmen bezeichnet. Sie haben die Form des Urteils mit Bejahung und Verneinung. Stünden sie für sich, so käme ihnen also die mit ihrer Form verbundene Überzeugung zu. Für sich genommen setzen sie. Sie stehen aber in einem Zusammenhang, in dem diese Setzung nur vorgestellt wird. Eben derselbe Fall tritt ein, wenn ich ein Buch verstehe. Ich fasse dann die Urteile des Schriftstellers auf. Ich stelle sie vor. Ich stelle Setzungen in der Form von Bejahungen und Verneinungen vor, und ebenso ist es und nicht anders, wenn ich die Reden einer anderen Person auffasse. Zwei Eigenschaften des Urteils, die es vom Vorstellen unterscheiden. 1. „Wer urtheilt, glaubt etwas, ist von etwas überzeugt; nur eine ganz willkürliche Nominaldefinition kann es ermöglichen, von Urtheilen zu reden, wo das Subject seine Ueberzeugung in suspenso läßt.“
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2. Bestimmte Stellung des Urteils innerhalb des Gegensatzes von Ja und Nein: A ist oder ist nicht. Auch „wenn ich blos vermuthe, hat diese Vermuthung unvermeidlich affirmativen oder negativen Charakter.“550 Der Satz Meinongs ist nun: Es gibt Affirmation oder Negation, während das Urteilsmoment der Überzeugung fehlt. Beispiel: Buren. Solche Sätze sind nicht Vorstellen, weil Affirmation, und nicht Urteil, weil Überzeugung fehlt. Sonach bilden sie ein Zwischengebiet zwischen Vorstellen und Urteilen. Ich löse diese wie die verwandten Probleme (Aussage über den Zeus oder den Olymp) durch den Satz, daß jedes logische Gebilde durch den Zusammenhang bedingt ist, in dem es auftritt. Eine solche Annahme ist immer die Prämisse für eine auf Grund ihrer stattfindende Aussage. Sie ist gleichsam der Vordersatz eines hypothetischen Urteils. Die Hypothese selbst aber wird gemacht, um in einem Beweisverfahren, etwa einer Disjunktion, zu dienen. Wenn ich den Sieg der Buren annehme, so dient dies, um Möglichkeiten der Politik zu Schlüssen zu benutzen. Ist dies nicht der Fall, dann ist es ein Phantasiespiel, das einer ganz anderen als der logischen Sphäre angehört. In diesem ist dann das logische Verfahren ein Hilfsmittel, sekundär. (Der Gegensatz von Ja und Nein gestattet am „Vorstellungsacte gar keine, im Vorstellungsgegenstande und daher auch Vorstellungsinhalte höchstens eine auf einen ganz künstlichen und nur ganz ausnahmsweise beschrittenen Umweg beschränkte Anwendung.“)551 Sie sind nämlich aus Urteilen entstanden. Meinong552 unterscheidet mit Recht Wahrnehmungsvorstellungen, reproduzierte Vorstellungen, dann aber weiter produzierte Vorstellungen. Die produzierten Vorstellungen setzen Fundamente und produzierende Tätigkeit voraus.553
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Kritik der phänomenologischen Methode
1. Phänomenologie554 Unterscheiden wir zwei Verhaltungsweisen der Zeichen zu dem, was in ihnen gegeben ist. Im Urteil fassen wir in Wortverbindungen das objektiv Gegebene auf. a) Wir beschreiben in Urteilen Erlebnisse. b) Wir sagen einen in ihnen auftretenden gegenständlichen Sachverhalt aus. Oder die Zeichen funktionieren als Ausdruck, die Auffassung des so Gegebenen ist das Verstehen. Verstehen ist korrelativ zu dem im Ausdruck Gegebensein, und das im Ausdruck Gegebene kann nur verstanden werden.
2. Das Problem der phänomenologischen Betrachtungsweise der Erkenntnis555 I. Dasjenige, was gemeint ist mit dem, was in Worten sich ausdrückt, festzustellen, ist ein Verfahren des Verstehens, der Interpretation. Mittel desselben: 1. Was gemeint sei, sich zum Bewußtsein erheben. 2. Es durch Vergleich äquivalenter Ausdrücke feststellen. 3. Es in den verschiedenen Verbindungen des Wortes oder Satzes aufsuchen. 4. Es an den Erlebnissen feststellen, deren Ausdruck es ist. Dies letzte Verfahren geht über in die Fundierungsmethode.
II. Die phänomenologische Methode hat ihren zweifellosen Wert darin, daß sie den Sinn aufklärt, den die Begriffe und Wortbezeichnungen im gewöhnlichen Denken und der es vollendenden Wissenschaft haben. Aber der reine Vollzug derselben enthält über die Rechtsgründe der Begriffe und Urteile keine definitive Entscheidung. Beispiel: Die Art, wie Zurechnung, Pflichtforderung als allgemeingültig im Bewußtsein auftritt, entscheidet nichts dar-
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über, ob diese Allgemeingültigkeit der Ausdruck davon ist, daß durch historische Momente Bindungsverhältnisse entstanden sind, die nunmehr als schlechtweg im Bewußtsein auftretend wirken. Etwa wie der Raum sich empirisch gebildet hat, und nun die Geometrie die analytischen Verhältnisse desselben als allgemein und notwendig auffaßt. Ebenso kann es sich mit dem ästhetischen Werte verhalten. So wird man doch zur Fundierungsmethode fortgeführt.
III. Das bloße Ziel der Feststellung des Gemeinten wird ebenfalls zur Zeit erst durch die Fundierungsmethode definitiv erreicht.
IV. Der Satz von der Äquation, der Erfüllung des Begriffs durch die Erlebnisse, ist im Grunde nur ein anderer Ausdruck für: Begründung von Begriffen, Sätzen, Kategorien durch die Erfahrung.
3. *Zur Theorie des Wissens556 Die aus der Deskription sich ergebende Teleologie des Erkennens erkennt in Verhältnissen der Repräsentation und der Begründung das Gegenständliche oder die Welt auf Grund des gegebenen Anschaulichen (oder Erlebten). Die Formen dieser Erkenntnis sind durch Zeichen vermittelte Urteile. Die Repräsentation des Anschaulichen im Urteil ist immer nur gewährleistet durch die Beziehung der Zeichensprache des Denkens auf das Anschauliche, welches das Urteil begründet. Jede Theorie des Wissens ist Ausrichtung auf eine Auswahl des Gültigen, das am Merkmal des Überzeugungsgefühls auf Grund der Rückbeziehung auf das Anschauliche seiner Gültigkeit sicher wird. Husserl: Das Wissen ist gegeben als Zusammenhang der Sachen, auf welche sich die Denkerlebnisse intentional beziehen, und zugleich als Zusammenhang der Wahrheiten, in welchem jener erste Zusammenhang zu objektiver Geltung kommt.557 Die Sachen sind, was ist, ist so oder so bestimmt – sonach ist das notwendige Korrelat dieses Seins die Wahrheit, welche diesen Sachverhalt ausdrückt.558
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1. Schwierigkeiten der gegenständlichen Theorie. Sie kann nicht auf die Anschauung durch die Anwendung des Grundbegriffs des Ganzen der Anschauung und der in die Repräsentation eingehenden Beziehungen von Teilen dargestellt werden. Der Begriff würde abgeleitet werden durch Subordination. Scheint unmöglich. Diese Theorie vermag nicht, das natürliche Verhältnis, in welchem Anschauungen korrigiert werden, auf Gegenstände sich beziehen, darzustellen. Sie ist eine inverse Operation, die von dem Gegenstande ausgeht. Jedenfalls kann nach der heutigen Lage die Grundlegung der Geisteswissenschaften nicht hiervon ausgehen. Aufzunehmen aber ist das Verhältnis von Anschaulichem, Zeichen, Bedeuten etc., das in der Deskription enthalten ist.
2. Die Rechtfertigung der Anwendung des Denkens etc. hängt davon ab, daß die elementaren Funktionen Trennen und Vergleichen nur einen Sachverhalt ausdrücken, zugleich aber in der Form des Denkens. Die Aufgabe ist nun, eine Theorie durchzuführen, welche aus der Gültigkeit dieser Funktionen die des idealen diskursiven Denkens ableitet. Ideales diskursives Denken nenne ich dasjenige, welches sich zwar in den Formen des zeitlich oder psychologisch bedingten Urteilens bewegt, aber aus ihm die nichtfundierten Kategorien eliminiert. Die Aufgabe ist also, die Bedeutung der Urteile so zu bestimmen, daß sie in den Sachverhalten vermittelst der elementaren Operationen gründen.
3. Die Bedingung hierfür: Auseinandersetzung mit der Kategorienlehre.559 Husserl: doppelte Auffassung als in der Anschauung enthalten und als Formen des Denkens. Jede Kategorie ist für sich zu behandeln. Sein, Realität, Wirklichkeit – eine kategoriale Form. Sein ist gefordert durch das Gegebene und ist zugleich besessen. Das Allgemeine ist nicht in demselben Sinn wie das Einzelne. Auch der Ausdruck gelten ist unzureichend. Als Existenz kann bezeichnet werden, was Widerstand übt. Hauptpunkt bleibt, daß Sein schon dem Gegenstande zukommt, auf den verwandte und doch verschieden orientierte Wahrnehmungen sich beziehen. Das Sein, das ihm zukommt, ist eine Forderung, die im Urteil realisiert ist.
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Substanz kann aus der Urteilslehre eliminiert werden. Ist ersetzbar durch das Verhältnis, in welchem ein Anschauliches als Ganzes zu seinen prädikativen Teilen steht. Substanz und Inhärenz sind ein Schein im Denken, vergleichbar dem Schein der sinnlichen Qualitäten im Anschauen. Trennen, Vergleichen reichen aus, um die Verhältnisse, die als Inhärenz im Urteil sich darstellen, abzuleiten.
4. Kausalität kann nur insoweit in das Urteil eingehen, als sie einen Sachverhalt repräsentiert. Dieser ist aber für die äußere Natur nur Abhängigkeit der Veränderungen voneinander nach dem Satz vom Grunde. So ist das gewöhnliche kausale Urteil ein roher, aber unentbehrlicher Ausdruck dafür, daß ein Sachverhalt den anderen bedingt. Nur soviel als möglich und nötig ist, wird der Sachverhalt, an dem das Bedingen oder Bedingt-sein aufgefaßt wird, auf die Teilinhalte reduziert, die in Wirklichkeit in Bedingungsverhältnissen stehen. Würde das Verhältnis zu Ende gedacht, so würde die Beziehung der äußeren Kausalität umgesetzt werden in die der Abhängigkeit einer Variation von einer anderen oder in die der Wechselwirkung der gegenseitigen Abhängigkeit von zwei Variationen. Dies kann auch so ausgedrückt werden, daß nur die formalen Operationen auf Sachverhalte angewandt (Veränderung etc.) den gültigen Kausalbegriff ergeben.
Anfang der Theorie Diejenigen theoretischen Bestimmungen und Tatsachenfeststellungen, welche durch ihre Beziehung auf die Wahrnehmung begründet sind, bilden so einen in sich geschlossenen Kreis von idealen Wissenseinheiten, innerhalb dessen das menschliche Erkennen als ein gegenständliches beschlossen ist. Denn alle diese Erkenntnisse beziehen sich auf die eine Gegenständlichkeit der Welt, und diese ist durch sie zu idealer Bestimmtheit gelangt, wofern diesen Anforderungen der Bewährung an der Wahrnehmung Genüge geschehen ist. Aber in jeder einzelnen Feststellung, die so begründet ist, enthält die Begründung selber zwei Voraussetzungen, an welche die objektive Gültigkeit des so Erkannten geknüpft ist. Die Akte, in denen sie sie vollzieht etc.
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Die Theorie 1. Die Richtung auf objektive Erfassung des Gegenstandes in dem Erkenntnisverhalten. Das Ergebnis der Deskription ist zunächst die Einsicht, daß in diesem Verhalten die Richtung auf die gedankenmäßige Bestimmung der gegenständlichen Welt regiert. Dieses Verhalten enthält in sich die in dem Charakter der Gegebenheit gegründete Voraussetzung, daß die allgemeinen gedankenmäßigen Bestimmungen das Gegebene erfassen und daß die Erfassung des Gegebenen den von dem bloßen Bilde gesonderten Gegenstand, auf den Gegebenheit und Bild sich beziehen, erreicht. Die Deskription zeigt 2. den in dieser Aufgabe vorgeschriebenen Gang des Erkennens vom Anschaulichen etc.; 3. Ferner zeigt die Deskription dasjenige Verhältnis der Erkenntniserlebnisse auf, in welchem die Möglichkeit, die Aufgabe zu lösen, gegründet ist. Dies ist das Verhältnis der Repräsentation und des Gründens. Sie zeigt endlich, daß in dem Verhalten allerdings niemals ein Gefühl oder ein Willensvorgang direkt begründend eintreten kann in den Zusammenhang des gegenständlichen Auffassens: denn nur Wahrnehmungen und deren Repräsentationen bilden diesen Zusammenhang; noch weniger können natürlich Gefühle oder Willensvorgänge als solche begründende Glieder einer Beweisführung sein: wohl aber kann zu dem letztlich Begründenden der Erkenntnis des Gegenständlichen ebensowohl Gefühl und Wahrnehmung als Willensakt dienen. Die Theorie des Wissens kann entsprechend dem Unterschiede des Gegenständlichen und der Verhaltungsweisen im Erlebnis nach zwei Methoden entwickelt werden: Das Ideal des gegenständlichen Auffassens ist eine universale Theorie alles dessen, was gegeben sein kann. Diese Theorie umfaßt ebensogut die Gegebenheit in der Selbstwahrnehmung als die der gegebenen Sinnesinhalte. Sie umfaßt ebensogut die tatsächlich gegebenen Wertabschätzungen als die Zweckbestimmungen. Alles dieses, sofern es Teil eines zum System vollendeten Wissens ist. Sie entwickelt den Zusammenhang der Begründung, in welchem nach dem
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gegebenen Stand des Wissens Tatsachen und Wahrheiten miteinander verbunden sind, sofern sie in einem Verhältnis der Begründung stehen. Ihr Material sind die in der Wissenschaft festgestellten realen Zusammenhänge. Ihren Gegenstand aber bildet ein Idealzusammenhang, in welchem alle Glieder nach ihrem logischen Charakter aus obersten Prinzipien auf Grund des Gegebenen ableitbar sind. Die im Gegebenen enthaltenen Beziehungen werden als am Gegenständlichen selbst sich darstellend aufgefaßt und entwickelt. Das andere Verfahren geht zurück auf die Akte, in denen das Wissen hervorgebracht wird. Es hat also in dem Strukturzusammenhang, dem Verhalten, ganz allgemein ausgedrückt, in den Bedingungen des Bewußtseins, welche das Wissen hervorbringen,560 seinen Ausgangspunkt. Es vertieft sich sonach in das Subjekt des gegenständlichen Auffassens. Dies war die Methode der Transzendentalphilosophie. So bewegt sich jede Theorie des Wissens zwischen der Theorie des Gegenständlichen und der des Subjektes. Beide sind in der Deskription gegründet, aber sie halten sich an verschiedene Seiten des in ihr Gegebenen. Das Gegenständliche und der Strukturzusammenhang, Inhaltliches und Verhalten, sind die beiden Seiten, die hier getrennt behandelt werden. Die eine Richtung steht unter dem Einfluß von Leibniz und d’Alembert. Sie stellt ein Ideal des Wissens dar, in welchem nur aus gegenständlichen Beziehungen das Wissen sich konstituiert. Die andere steht unter dem Einfluß von Kant.
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ANMERKUNGEN
A. Die Theorie der Wertschätzung in der logischen Grundlegung der Theorie des Wissens (ca. 1906–1908) Die hier im ersten Teil der Edition abgedruckten Mss. sind Arbeiten D.s aus den Jahren ca. 1906–1908. Sie dokumentieren drei Stadien seines Versuchs, auf der Basis seiner Lehre vom psychischen Strukturzusammenhang verschiedene Ausdrucksformen auf ihren logischen Gehalt hin zu untersuchen, die keine Aussagen oder Urteile über objektive äußere Wirklichkeit sind, wie z. B. Gefühlsäußerungen, Wertschätzungen, Imperative und Normen. D. strebt hiermit im Zuge seiner Grundlegung der Geisteswissenschaften eine Erweiterung der Logik und Theorie des Wissens an. Die drei Texte des A-Teils bauen inhaltlich und chronologisch aufeinander auf. Die von D. so genannte Sommerredaktion schließt sich an sein Kolleg vom Sommersemester 1906 an und stellt, wenn er sie auch bescheiden als eine Zusammenfassung aus der Vorlesung charakterisiert, tatsächlich eine Ausarbeitung desselben dar. Unter dem Titel Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen, den D. auch der Sommerredaktion gegeben hat (C 76:198), folgt dann als drittes eine Textsammlung, die wiederum auf der Ausarbeitung des Kollegs von 1906, d. h. auf der Sommerredaktion fußt und auch ausdrücklich auf diese rekurriert. Das Kolleg vom Sommersemester 1906 ist im Vorlesungsverzeichnis der Berliner Universität mit dem Titel „System der Philosophie in Grundzügen“ angezeigt. Es ist nachweislich nicht nur D.s letzte System-Vorlesung (vgl. hierzu auch den Vorbericht der Herausgeber zu Ges. Schr. XX, S. XX, Anm. 4), sondern seine letzte Vorlesung überhaupt. Danach hat er nur noch dreimal, im Wintersemester 1906/07, im Sommersemester 1907 und letztmalig im Wintersemester 1907/08, zweistündig „Philosophische Übungen“ abgehalten. Die Sommerredaktion zeigt, wie schon der Titel nahe legt, daß D. den Ertrag aus seiner letzten Vorlesung sogleich zu sichern und zugleich das dort teilweise nur durch Überschriften Markierte, Angedeutete oder knapp Skizzierte weiter auszuführen suchte. In den beiden nachfolgenden Jahren hat D. dann diesen Ansatz zum einen weiterzuentwickeln versucht, zum anderen hat er ihn um bereits in Vorlesungen Vorgetragenes und Geschriebenes ergänzt. Der hier im A-Teil als dritter präsentierte Text ist aus Mss. rekonstruiert worden, die verstreut in den Faszikeln C 48/1 (194), C 62 (209) und C 63 (210) im Berliner Dilthey-Nachlaß hinterlegt sind. Es handelt sich hierbei um einzelne, jeweils mit einer Überschrift versehene Abschriften, die von 1 bis 15 nummeriert sind. Sie weisen eine durchgängige innere Paginierung von 1 bis 110 auf. Diese Abschriften tragen keine gemeinsame Überschrift. Da sie in engster Beziehung zu der Sommerredaktion stehen, wurde diesen zum dritten Text zusammengeordneten Abschriften deshalb auch der Titel der Sommerredaktion gegeben: Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen.
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Anmerkungen zu Seite 1–13
Das Kolleg vom Sommersemester 1906 Fasz. C 76 (223): 162–194. Es handelt sich bei diesem Text um eine unvollständige Mitschrift von D.s letzter Vorlesung über das „System der Philosophie in Grundzügen“, die er mittwochs und sonnabends von 11–12 „privatim“ im Sommersemester 1906 vorgetragen hat. Einige Randbemerkungen und einzelne Notizen auf eingelegten Blättern stammen von der Hand D.s. Der Text ist zum Teil von D.s Schüler und späterem Schwiegersohn G. Misch, zum Teil von unbekannter Hand geschrieben. – Am oberen rechten Rand (C 76: 163) der Vermerk des Schreibers: 16. 5. 06. 2 D. bezieht sich hier (C 76: 164) auf Th. Lipps, Vom Fühlen, Wollen und Denken. Eine psychologische Skizze, Leipzig 1902, S. 2 und 6 sowie Ders., Leitfaden der Psychologie, zweite, völlig umgearbeitete Auflage, Leipzig 1906, S. 2 ff. 3 Vgl. E. Mach, Beiträge zur Analyse der Empfindungen, Jena 1886, bes.: S. 17–20 und die 6. vermehrte Aufl. dieses Werkes unter dem Titel: Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen, Jena 1911, S. 19 f., 23, 290–293, wo Mach das „Ich“ nicht als eine „reale“, sondern nur als eine „ideelle denkökonomische“ oder „praktische Einheit“ betrachtet. Vgl. außerdem Ders., Erkenntnis und Irrtum. Skizzen zur Psychologie der Forschung, Leipzig 1905; hier bezeichnet Mach „Ding“ und „Ich“ als „provisorische Fiktionen gleicher Art“ (S. 13; vgl. S. 63, 451 ff.). 4 Am oberen rechten Rand (C 76: 165): 19.5. 5 Am oberen rechten Rand (C 76: 167): Mai 1906. 6 D. meint Raphaels Freske „Disputa Del Sacramento“ in der Stanza della Segnatura, dem ersten der päpstlichen Gemächer im Vatikan, entstanden zwischen 1509 und 1511. 7 Davor im Ms. (C 76: 167 Rücks.): § 1. 8 Am rechten Rand (C 76: 170): Vorgelesen: Der Zirkel. 9 Am rechten Rand (C 76: 169): Vorgelesen. 10 Am rechten Rand (C 76: 169): Vorgelesen. 11 Im Ms. (C 76: 170): zeigen. 12 Am rechten Rand (C 76: 170): Vorgelesen. 13 Auf Bl. C 76: 172 Rücks. wird anschließend der Titel des Paragraphen wiederholt: Elementare Denkleistungen. 14 Am rechten Rand (C 76: 176 Rücks.): Vorgelesen. 15 Am rechten Rand (C 76: 177): Vorgelesen. Es folgt darunter am rechten Rand die Notiz von der Hand des Schreibers: Wenn Gefühlsausdrücke – unmittelbar packend. Wenn Urteile über Gefühle – betrachtend. 16 Siehe den Anfang von J. W. Goethes Gedicht: Rastlose Liebe, in: Sämtliche Werke. Unveränderter Nachdruck der Bände 1 bis 17 der Artemis-Gedenkausgabe zu Goethes 200. Geburtstag am 28. August 1949, hrsg. von E. Beutler, 2. Aufl., Zürich 1961–1966; Nachdruck Zürich 1977, Band 1, S. 60. 17 Darunter (C 76: 182) eine nicht entzifferbare Notiz von D.s Hand. 18 Am rechten Rand (C 76: 183 Rücks.): Vorgelesen! 19 Am rechten Rand (C 76: 185) eine Notiz D.s: besagt mithin nur den Charakter des Urteils, daß es objektive Geltung beansprucht. 20 Nachfolgend (C 76: 186–189 Rücks.) eingelegte Notizblätter D.s, die Stichwörter zur Gliederung des Kollegs enthalten. Sie sind hier nicht wiedergegeben; die Fortsetzung des durchlaufenden Textes erfolgt auf Bl. C 76: 190. 21 Am rechten Rand (C 76: 190) eine unleserliche Notiz von D.s Hand. 1
Anmerkungen zu Seite 16–18
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Ausarbeitung der Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen vom Sommersemester 1906: „Sommerredaktion“ 22 Das Deckblatt Sommerredaktion. Zusammenfassung aus der Vorlesung (C 76: 197) ist geschrieben von D. Es folgt (C 76: 198) das Titelblatt Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen. Erster Teil: Zergliederung, geschrieben von G. Misch. – Es handelt sich bei diesem Text sowohl um eine Überarbeitung, als auch um eine Ausarbeitung von D.s Kolleg aus dem Sommersemester 1906 (vgl. C 76: 162–194; hier: S. 1–15). Der Text wurde von D. wohl in der Absicht verfaßt, seine systematischen Überlegungen zu einer Erweiterung der Logik in Richtung auf eine Logik des Gefühls und eine Logik der Werte, die im Kolleg vom Sommersemester 1906 in Gang gesetzt wurde, zu fixieren. Möglicherweise sollte ein Buch daraus werden. Der Text liegt in zwei nur unwesentlich voneinander abweichenden Fassungen vor: 1. Zum einen als Diktat (pag. 1–53), geschrieben größtenteils von G. Misch, einige Überschriften, einzelne Passagen und Ergänzungen sind von D.; wenige Seiten sind geschrieben von D.s Tochter Clara: Fasz. C 76: 196–233 Rücks. und C 76: 255–259 Rücks. (pag. 1–21), 265–333 Rücks. (pag. 22–52), 340–342 Rücks. (pag. 53), 343–349 („zu Bl. 53“ sowie weitere wohl ältere Textstücke von der Hand G. Mischs und eines unbekannten Schreibers mit Zusätzen D.s, die neben dem Diktat als Vorlagen für die Abschrift des Textes dienten). 2. Zum anderen als Abschrift (pag. 1–40), ebenfalls mit der Überschrift Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen (C 76: 234; darüber eine Notiz D.s: 1. Ich und Gegenstände. 2. Die Methode der Phänomenologie. Bei Lipps sehr oft etwas, das […]) und ebenfalls größtenteils geschrieben von G. Misch mit einigen Ergänzungen D.s. Diese Abschrift ist verstreut hinterlegt in folgenden Faszikeln: Fasz. C 76 (223): 235–254 (pag. 1–10), 255–260 (pag. 11–14), 260 Rücks. und 261 Rücks.–264 Rücks. (pag. 15–16); Fasz. C 78 (225): 560–568 Rücks. (pag. „vor 17“ und 17–19); Fasz. C 48/I (194): 11–48 Rücks. (pag. 20–37), Fasz. C 76 (223): 335– 338 Rücks. (pag. 38–40). Dem Diktat ist eine Gliederung vorangestellt (C 76:196–196 Rücks.), deren einzelne Titel und Paginierungen jedoch nicht mit den Überschriften und Seitenangaben im Text übereinstimmen. Sie wurde daher hier weggelassen. Der vorliegenden Edition ist die Abschrift der Sommerredaktion zugrundegelegt worden. Abweichungen zur ersten Fassung sind in den Anmerkungen vermerkt. 23 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 200 Rücks.) statt fortgerissen: fortgeführt. 24 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 200 Rücks.): der Begründung. 25 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 200 Rücks.–201) statt notwendig gegründet: mit Notwendigkeit gegründet. 26 Im Ms. (C 76: 202): ist. 27 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 202 Rücks.): dies Bewußtsein der Endlichkeit. 28 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 203): so dargestellt. 29 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 203 Rücks.) folgt der Satz: Außerordentliche Wirkung, die hieraus hervorgeht. Analogie mit Descartes. 30 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 203 Rücks.) statt durch Wände: in Wänden. 31 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 204): bestimmter Artikel der fehlt. 32 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 204 Rücks.) vor Weltanschauung: bestimmte. 33 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 204 Rücks.) folgt am rechten Rand ein eingeschobener Relativsatz von D.s Hand, der vom Schreiber nicht in die Abschrift aufgnommen wurde: …, das die strenge Durchführung einer Methode ermöglicht, und die Methode dient auch nur, …. 34 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 204 Rücks.) am rechten Rand ein Einschub von D.s Hand: In der Methode ein Problem zu lösen. 35 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 205) folgt am rechten Rand ein nicht entzifferbarer Einschub von D.s Hand, der auch nicht in die Abschrift aufgenommen wurde.
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Anmerkungen zu Seite 19–26
In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 205 Rücks.): Werte, Zwecke. In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 207) ist diese Überschrift von D. geschrieben. 38 Es folgt (C 76: 246 Rücks.) ein nachträglich eingeschobener Satz von D.s Hand: Und wenn er das auch wollte, würde der Zweifel zu allgemeinen Begründungen der einzelnen Entscheidung nötigen. 39 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 208): Die Aufgaben. 1. 40 Denken fehlt in der Vorlage zur Abschrift (C 76: 208). 41 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 208 Rücks.) statt Erfahren: Es. 42 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 209 Rücks.) folgt hier am rechten Rand ein Einschub von D.s Hand, der nicht in die Abschrift aufgenommen wurde: Es gilt von psychologischen Hypothesen auch hier sich frei zu halten. Im Leben selbst sind Denkakte, die Wertabschätzungen enthalten, welche aber nicht auf innerer und äußerer Vergegenständlichung des Wertes beruhen, sondern in Gefühlsvergleichungen bestehen. Diese Urteile sind erste Wirklichkeitsurteile […]. Untersuche ihren Charakter! 43 Am linken Rand eine Notiz von D.s Hand (C 76: 245 Rücks.): Erstes Merkmal: Gebundensein an die Sprache und in ihren Formen ausgedrückt sein. 2. Zu unmittelbarem Auffassen und dem in ihm enthaltenen Denken in Gegensatz [steht] das vermittelte Auffassen, in welchem außerhalb des Gegenstandes gelegene Beziehungen ausgedrückt werden. 44 Am linken Rand eine vermutlich später hinzugefügte Notiz von fremder Hand (C 76: 246): Schließt sich an Bogen 5, 1. Spalte an; nach ‚sich geltend machen‘. Von ‚die Aufgabe‘, V, 1 bis ‚Basis der Grundlegung‘ ist später einnumeriert. Dieser Anweisung entsprechend wird der im Ms. nachfolgende Text (C 76: 246–246 Rücks.) an der angegebenen früheren Stelle eingefügt; vgl. hier S. 20. 45 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 212 Rücks.): allen diesen Gebieten. 46 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 214) statt Kant: er. 47 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 214 Rücks.) folgt am rechten Rand ein Einschub von D.s Hand, der nicht in die Abschrift aufgenommen wurde: Das alles ist im phänomenologischen Teil so vorsichtig zu fassen, daß es unangreifbar ist. Grundlage der Selbstbeobachtung: Stumpf fragen! Hauptpunkt: es gibt Denkakte, die über Werturteile eine Aussage machen, nicht über Wirklichkeitserkenntnis […]. 48 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 214 Rücks.) statt beruhen: enthalten sind. 49 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 214 Rücks.) folgt am rechten Rand eine Ergänzung D.s, die in der Abschrift fehlt: Wissen auch von Werten und Zwecken ist verflochten mit Denken über Wirklichkeit und hat dieses Verhältnis zum Inhalt. 50 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 217) folgen nach dieser Überschrift, die von D. geschrieben ist, zwei nicht entzifferbare Sätze von D.s Hand. 51 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 217 Rücks.) am rechten Rand von D.s Hand: Sie sind nur an dem Erzeugnis, dem erfahrbaren Gegebenen aufweisbar. 52 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 217 Rücks.) am rechten Rand eine Ergänzung von D.s Hand: Besser: nach Kants Methode suchen wir nur als Bedingungen des erfahrungsmäßig Gegebenen Leistungen (Funktionen), welche in Denkakten enthalten sind. […]. – Vom Schreiber in die Abschrift übernommen wurde lediglich die in der Randnotiz D.s nachfolgende Überschrift: Die elementaren Operationen im Gebiet des Denkens über Wirklichkeit. 53 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 219) folgt am rechten Rand ein nicht entzifferbarer Einschub von D.s Hand, der auch nicht in die Abschrift aufgenommen wurde. 54 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 219 Rücks.) statt Gradbestimmen: Gradfinden. 55 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 220 Rücks.) am rechten Rand eine nicht entzifferbare Notiz von D.s Hand, die auch in der Abschrift fehlt. 56 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 220 Rücks.) findet sich in diesem von D. geschriebenen Passus eine unleserliche Ergänzung am rechten Rand, die auch nicht in die Abschrift einging. 36 37
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Am linken Rand von fremder Hand (C 76: 254): Hier folgten die Blätter 12–14, die durchstrichen sind. – Diese gestrichenen Blätter mit der inneren Paginierung 2–14 (C 76: 255–259 Rücks.), die der Vorlage zur Abschrift zugehören, aber in der Abschrift hinterlegt wurden, sind nachfolgend in den obigen Text aufgenommen worden. – Am unteren rechten Rand (C 76: 255) eine ebenfalls gestrichene, hier nicht aufgenommene unleserliche Ergänzung D.s. 58 Hier (C 76:259 Rücks.) endet die im Diktat gestrichene Textpassage. Das Nachfolgende ist wieder in die Abschrift eingegangen. 59 Am rechten Rand (C 76: 222): 17 / Hälfte 2. in anderem Manuskript. – In der Vorlage zur Abschrift folgen nun die Blätter 222–228, deren Text stark von dem der Abschrift abweicht: 57
… in den Axiomen auftritt: wenn zwei Größen einer dritten gleich sind, so sind sie untereinander gleich. In ihr liegt der Nerv alles Denkzusammenhangs. Niemand wird aber annehmen wollen, daß diese Beziehungsformen ein subjektives Moment in die menschliche Erkenntnis hineinbringen. Dies würde voraussetzen, daß eine Erkenntnisart bestehen könne, in welcher diese Beziehungsformen keine Geltung besäßen. Ebenso macht sich auf dem Gebiet der Wertbestimmung und abhängig davon auf dem der Zwecksetzung dieselbe Erweiterung der elementaren logischen Operationen geltend. Wir können auch hier feststellen, daß dieselbe an das Wort nicht gebunden ist, sonach auch im anschaulichen Denken vollzogen werden kann. Wenn an einem Werte, der vergleichbar ist dem Mittelbegriff, ein erster gemessen wird, und dann an demselben ein dritter und so die Abschätzung indirekt vollzogen wird, durch welche eins und drei gegeneinander abgeschätzt werden, kann auch dieses wortlos geschehen. Es ist ein Schluß, der jenseits des diskursiven Denkens gelegen ist. Zunächst vollziehen sich diese primären Operationen auf dem Gebiet der Abschätzung meiner eigenen Zustände. Das positive Verhalten des Gefühls setzt einen Wert: ich bringe denselben zum denkenden Bewußtsein, und so entsteht das Wertsetzen in seiner einfachsten Form. Das Gefühl hat eine bestimmte Stärke, aber eine Abschätzung dieser Stärke wird erst möglich durch die Vergleichung. So gelangt erst durch sie die Wertsetzung zu Bestimmtheit. Der eine Zustand wird erlebt, er erfüllt das Bewußtsein ganz, kann also mit keinem anderen Erlebnis als solchem verglichen werden; aber die Erinnerung ermöglicht die Wertvergleichung und Gradbestimmung. Diese Vorgänge sind analog dem Existentialurteil, Vergleichungsurteil, Gradbestimmung im Gebiet der Wirklichkeitsurteile. Zusammengesetzte logische Operationen entstehen, wenn die Faktoren festgestellt werden, die ein positives Verhalten des Gefühls zu einem äußeren Gegenstande erwirken. Ich sah ein Gemälde in einer Beleuchtung, in der die Farben zu voller Geltung gelangten. Ich sehe es in einer anderen, in der die Zeichnung vorwiegend hervortritt. So entsteht die Sonderung dieser beiden ästhetischen Werte. Innerhalb des diskursiven Denkens tritt als eine weitere Bedingung unseres Logismus hinzu die Funktion der Verneinung. Auch sie ist nicht nach ihrer grammatischen oder psychologischen Natur zu betrachten, sondern in ihrer Leistung innerhalb der Ökonomie des Denkens. Unter Ökonomie des Denkens verstehe ich aber nicht das Prinzip von Mach oder Avenarius [vgl. E. Mach, Die ökonomische Natur der physikalischen Forschung (1882), in: Ders., Populär-wissenschaftliche Vorlesungen, Leipzig 1896, S. 203–230; R. Avenarius, Philosophie als Denken der Welt gemäss dem Princip des kleinsten Kraftmasses. Prolegomena zu einer Kritik der reinen Erfahrung, Leipzig 1876], welches psychologisch ist. Denn die Ableitung aus dem Prinzip der Erhaltung der Kraft muß als eine psychologische, und zwar als eine einseitig psychologische angesehen werden. Sondern ich verstehe darunter die Funktion, welche die Verneinung hat für die Leistung der Aufgabe, einen Zusammenhang von gültigem Wissen herbeizuführen. Schon Kant bemerkt ([vgl. Kritik der reinen Vernunft, II. Transzendentale] Methodenlehre, [2. Aufl., Gesammelte Schriften, Band III, hrsg. von der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 1911, S. 466]), daß verneinende Urteile in Ansehung des Inhalts unserer Erkenntnis nur die Aufgabe ha-
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ben, falsche Erkenntnisse abzuhalten. Die Verneinung ist Aufhebung des in einem bejahenden Urteil Gesetzten. Und da [wir] nun auch außerhalb der Formulierung in Urteilen, Setzungen in Wahrnehmungen und Vorstellungen wahrnehmen können, oder [sie] auch versuchsweise auftreten, so kann die Verneinung sich auch auf solches beziehen. Jederzeit aber hat sie das Ziel, in der logischen Ökonomie Annahmen, die meinem Denken im Wege stehen, wegzuräumen. Sie mögen von einer anderen Person mir entgegengebracht werden oder in meinem eigenen Gedankenlauf auftreten: das denkende Subjekt wehrt sich in der Verneinung gegen ihre Annahme. Das willentliche Moment, das in der Verneinung so deutlich hervortritt, ist in dem Zweckzusammenhang des Denkens begründet. Gerade daß eine Verneinung in diesem auftritt, läßt es stärker merklich werden. Ist nun so ihre Funktion, daß es bei einer Setzung sein Bewenden haben soll, so folgt daraus augenscheinlich, daß ein subjektives Moment mit ihr in dem inhaltlichen Zusammenhang des Denkens nicht eintritt. 4. Aus diesen Operationen entsteht nun eine Reihe von Kategorien, wenn der in ihnen enthaltene Begriff herausgehoben wird. Gleichheit, Ähnlichkeit, Verschiedenheit, das Verhältnis eines Ganzen zu seinem Teil, Negation, Grad, Gegensatz, Einheit, Vielheit, Allheit, Mannigfaltigkeit sind solche Kategorien. Ihnen allen gemeinsam ist ihre vollständige Durchsichtigkeit. Diese Kategorien können als formal bezeichnet werden, weil sie nur der abstrakte Ausdruck der primären Denkoperationen sind. Ihr Merkmal im Unterschied von allen anderen Kategorien stammt aus ihrer Herkunft aus den primären Operationen. Da das Denken sich selbst in ihnen wiederfindet, sind sie vollständig für das Denken durchsichtig. Zu ihnen tritt die Zahl. Sie bezieht sich auf die zählbare Mannigfaltigkeit der im Denken geforderten Dinge, aber etc. ([B.] Erdmann [, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, Halle a. S. 1892, S.] 105; [Chr.] Sigwart, [Logik, Band II, Methodenlehre, 3. Aufl., hrsg. von H. Maier, Tübingen 1904, S.] 243 ff.). 5. Wir gelangen zu einem letzten Bestandteil des Logismus, den Denkgesetzen. 60 Am rechten Rand (C 76: 260 Rücks.) ein unlesbarer Einschub von D.s Hand zum Problem der Verneinung. 61 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 261) folgt ein durchgestrichenes und nicht in die Abschrift übernommenes Blatt (pag. 15). 62 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 231 Rücks.) am rechten Rand eine Ergänzung D.s: oder ästhetische Phantasievorstellungen oder des Wahnsinns [?]. 63 W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, in: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin. Sitzung der phil.-histor. Klasse vom 20. Dezember – Mitteilung vom 22. Februar und 07. Juni. Ausgegeben am 31. Januar 1895, 1–99 [1309–1407], hier: S. 71 [1379]; Wiederabdruck in Ges. Schr. V, S. 139–240, hier: S. 209. 64 Hier bricht die Abschrift der Sommerredaktion mit pag. 16 ab (C 76: 264 Rücks.); die Fortsetzung (pag. 17–19), aufgefunden in C 78 (225): 563–568 Rücks., beginnt mit pag. „vor 17“ (C 78: 561):
Wir knüpfen an an das über den Ausdruck des Gefühls Gesagte. Im Gefühlszustand Beziehung zwischen dem Gefühl und einem Sachverhalt. Das über als eigene Natur desselben. Ausdruck. Ausdrucksformen. Wird nun aber der Gefühlszustand in die Gegenständlichkeit erhoben, dann wird der Sachverhalt, auf den das Gefühl sich bezieht, als ein Wert aufgefaßt. – Voraus geht Blatt C 78: 560 mit folgendem Text: Herausgenommen aus der Abschrift von „Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen“ (Blatt 17–37): Wertbestimmungen; cf. Vor Abschnitt über Ausdruck. 1. Beziehung von Gefühl und Gegenstand, in welchem es stattfindet; 2. Ausdruck davon, daß Gegenstand – Zustand einen Wert hat. 3. Der Ausdruck davon ist verschieden nach
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den Wertarten = Prädikate. Die Wertprädizierung bedeutet etwas ganz anderes als die Auffassungsprädizierung, aber Prädizierung ist beides. Verschiedenheit in Beziehung zwischen Gegenstand und Prädikat – nicht Eigenschaft, sondern etc. 65 In der Vorlage zur Abschrift (C 76:267 Rücks.) folgt ein Satz, der nicht in die Abschrift aufgenommen wurde: Regelmäßige Arbeit, Ehe, Eigentum schaffen Bedingungen ordnungsmäßiger Befriedigung. 66 Die Formulierung: in diesen Akten ist hier der Vorlage zur Abschrift der Sommerredaktion entnommen worden (C 76: 271); in der Abschrift (C 78: 566 Rücks.) lediglich: in diesen allen. 67 Der Satz wird in der Vorlage zur Abschrift wie folgt fortgesetzt (C 76: 271): … oder aus ihrer Beziehung auf eine objektive […]. 68 Hier endet derjenige Teil der Abschrift der Sommerredaktion (pag. 17–19), welcher in Fasz. C 78 (225) hinterlegt ist. Die Fortsetzung des Textes (pag. 20–37) fand sich in C 48/I (194): 10–48 Rücks. 69 Innerhalb dieser Aufzählung wurde Glück der ersten Fassung der Sommerredaktion entnommen (C 76: 277), in der Sommerredaktion an dieser Stelle (C 48/I: 12 Rücks.): Glaube. 70 Es folgen zwei – vermutlich später in die Abschrift eingelegte – Blätter von D.s Hand (C 48/I: 15–15 Rücks.). Das erste trägt die Überschrift Wertlehre: Jeder Lebenswert ist nur da in einem Gefühl über ein Gefühl. Das Verhalten des Gefühls, wie das des Wollens hat zu seiner Grundlage Vorstellen: es ist gebunden [?] an etwas. Dieses Etwas wird dadurch nicht Gegenstand. Ist ein sinnliches Gefühl etc. Aber was es auch sei: es wird Wirkungswert, wenn die im Gefühl enthaltene Beziehung zu Bewußtsein erhoben wird. (Im Zustand ungetrennt) […]. Das zweite Blatt ist überschrieben: Die methodische Analysis beruht auf dem Gegebenen. Sie analysiert dasselbe; logisch = sind diese Wertgebungen allgemeingültig vollzogen? […]. 71 In der ersten Fassung der Sommerredaktion (C 76: 284): Ehre. 72 Bestimmung fehlt in der Abschrift der Sommerredaktion (C 48/I: 19) und wurde daher aus der Vorlage zur Abschrift (C 76: 286) ergänzt. 73 D. verweist hier nachfolgend auf A. Meinong: Ueber Werthaltung und Wert, in: Archiv für systematische Philosophie, Band 1, (1895), S. 327–346; Wiederabdruck in: Alexius Meinong, Gesamtausgabe, hrsg. von R. Haller und R. Kindinger, Band III: Abhandlungen zur Werttheorie, Graz 1968, S. 245–266. 74 Im Ms. (C 48/I: 45 Rücks.): seinem. 75 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 303 Rücks.) statt Zweck: Wert. 76 Art fehlt in der Abschrift der Sommerredaktion (C 48/I: 32) und wurde aus der Vorlage zur Abschrift (C 76: 307) ergänzt. 77 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 310 Rücks.) statt aus: in. 78 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 316 Rücks.) statt frei: hier. 79 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 318 Rücks.) statt gemein: gemeinsam. 80 Am rechten Rand (C 48/I: 41): Rickert etc. Verhältnis zum Wert. 81 Am rechten Rand (C 48/I: 41 Rücks.): Vgl. Habilitationsschrift. Siehe hierzu W. Dilthey, Versuch einer Analyse des moralischen Bewußtseins (1864), in: Ges. Schr. VI, S. 1–55, bes.: S. 47 f. 82 In der Vorlage zur Abschrift (C 76: 323) statt gegründet: begründet. 83 In der Abschrift der Sommerredaktion fälschlicherweise: regiert. 84 Hier endet der in Fasz. C 48/I hinterlegte Teil der Abschrift der Sommerredaktion (pag. 20–37). Die Fortsetzung (pag. 38–40) wurde gefunden in Fasz. C 76: 334–338 Rücks. 85 Es folgt in runden Klammern (C 76: 344 Rücks.) die Angabe von: W. Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und der Geschichte. Erster Band, Ges. Schr. I, S. XVIII f. der Vorrede. – In der Vorlage zur Abschrift folgt nun auf den Blättern C 76: 344 Rücks. und 345:
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1. Aus meinen Vorlesungen, in denen ich seit vielen Jahren die nachfolgende Theorie entwickelt habe, ging einiges Nähere von dieser Auffassung in [J.] Raffel: Die Voraussetzungen, welche den Empirismus Locke’s, Berkeley’s und Hume’s zum Idealismus führten. [Diss. Berlin], 1887, wo auf S. 13, 16, 28 Lockes Erklärungsweise mit meiner Ansicht verglichen wird. […] Doch enthält freilich die von mir seit vielen Jahren versuchte Methode soviele, zur Zeit noch nicht völlig auflösbare Schwierigkeiten, daß ich im Folgenden nur Beiträge zur Auflösung des Problems zu bieten versprechen vermag.
86 Dieser dritte Abschnitt schließt inhaltlich an den ersten an. Der zweite Abschnitt, der von D. aus einem anderen Ms. entnommen und in die Abschrift der Sommerredaktion integriert wurde, fügt sich zwar nicht bruchlos in den Zusammenhang zwischen dem ersten und dem dritten Abschnitt ein, wurde aber dennoch hier an der von D. bestimmten Stelle eingesetzt. 87 Vgl. W. Dilthey, Einleitung in die Geisteswissenschaften, a.a.O., S. 388 ff. 88 Vgl. ebd., S. 400 ff. 89 Der weitere Text unter Punkt 3 liegt nur in der Vorlage zur Abschrift (C 76: 346 Rücks.–347 Rücks.) vor und wurde aus dieser eingefügt. 90 In der Vorlage zur Abschrift am rechten Rand (C 76: 347) von D.s Hand: [Da]gegen hatte die philosophische Skepsis ein Merkmal, das Wachen vom Traume trennt, gefordert (Plato: Theait[etos], p. [158a-b]). So beruft sich die gegnerische Äußerung hierauf: „Niemand, der des Nachts in Athen zu sein sich einbildet, während er in Lybien ist, macht sich auf den Weg in’s Odeon.“ ([A.] Riehl [, Der philosophische Kriticismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft, 2. Band, 2. Theil: Zur Wissenschaftstheorie und Metaphysik, Leipzig 1887, S.] 135, [Anm.]). 91 Darunter (C 76: 347 Rücks.) von D.s Hand: Dann schottische Schule etc. 92 W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, in: Ges. Schr. V, a.a.O., S. 224. 93 Es folgen auf Blatt C 76: 339 einige bibliographische Angaben von D.s Hand: Avenarius 12, 356; 13, 1 ff., 323 ff.; 14, 271, 322. Mach 13, 74 f., 96, 102, 104, 382 ff., 390, 404, 467; 14, 83 f., 86 f.; Schuppe XII, von 318 ab, bes. 365 ff. u. XIII, 305 ff. Da ihre Zugehörigkeit zur Sommerredaktion fraglich ist, wurde ihnen nicht weiter nachgegangen.
Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen: Weitere Ausarbeitung des ersten analytischen Teils (ca. 1906–1908) 94 Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich größtenteils um einzelne voneinander gesonderte Abschriften, die als solche auf den Deckblättern gekennzeichnet sind und Überschriften haben. Insofern sie eine durchgängige Paginierung von 1 bis 110 aufweisen, bilden sie zusammengenommen einen geschlossenen und vollständigen Text. Diese fünfzehn zusammengehörigen Abschriften wurden in folgenden Faszikeln des C-Teils des Dilthey-Nachlasses im Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften verstreut aufgefunden: Abschrift 1 (pag. 1 – 9): C 62: 298–315 Rücks.; Abschrift 2 (pag. 10 – 15): C 62: 334–346; Abschrift 3 (pag. 16 – 23): C 62: 317–332 Rücks.; Abschrift 4 (pag. 24): C 62: 291–293 Rücks.; Abschrift 5 (pag. 24a – 26): C 62: 287–290 Rücks., 294–296 Rücks.; Abschrift 6
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(pag. 26a – 27): C 62: 31–35 Rücks.; Abschrift 7 (pag. 27a – 37): C 62: 37–53 Rücks.; C 63: 412–417; Abschrift 8 (pag. 38 – 49): C 62: 6–29 Rücks.; Abschrift 9 (pag. 50 – 56): C 62: 271–285; Abschrift 10 (pag. 57 – 66): C 62: 254–269 Rücks.; C 48/I: 11–14 Rücks.; 319–321 Rücks., 328 Rücks.–331 Rücks.; C 48/II: 40–40 Rücks.; C 78: 561–568 Rücks.; Abschrift 11 (pag. „vor 67“ – 74): C 62: 243–252 Rücks.; C 63: 362–363 Rücks., 519–252; Abschrift 12 (pag. 75 – 84): C 63: 527–543 Rücks.; Abschrift 13 (pag. 85 – 108): C 63: 480–515; C 55: 108–124; Abschrift 14 (pag. 109): C 48/I: 263–265; Abschrift 15 (pag. 110): C 62: 240–241 Rücks. Ein Teil dieser Abschriften, nämlich die Abschriften 6 bis 8 und 11 bis 13, wurde gesammelt in einem Umschlagbogen (C 62: 54) gefunden, der überschrieben ist: Das Manuskript (Original), das im Sommer 1906 nach der Vorlesung ausgearbeitet ist. Eingelegt ist als erstes ein Deckblatt (C 62: 55) mit der Aufschrift: Systematisches. Abschriften. Nach dem Plan D.s sollten, erkennbar an entsprechenden Hinweisen, Teile aus anderen Mss. in den Zusammenhang der Abschriften eingefügt werden. Zu integrieren waren, neben den Abschnitten über die Theorie der Wertschätzungen aus der Sommerredaktion von 1906, z. B. Teile aus einer Abschrift von D.s Akademie-Abhandlung von 1905 über das gegenständliche Auffassen sowie Partien aus dem „Kollegheft Gaertringen“, einer Nachschrift von D.s Berliner Vorlesung über Logik und Erkenntnistheorie aus dem Wintersemester 1884/85. Diese und alle anderen in den Text eingearbeiteten Stücke sind jeweils in entsprechenden Anmerkungen kenntlich gemacht. Datiert werden kann der Text mit Sicherheit auf die Zeit nach dem Sommersemester 1906, da Teile der Sommerredaktion hier bereits eingearbeitet wurden. Daß er sogar wahrscheinlich erst im Jahre 1907 oder noch später angefertigt wurde, zeigt ein Hinweis, demgemäß ein kleines Konvolut von Aufzeichnungen mit dem Titel Regelsammlung hier aufgenommen werden sollte, das vermutlich im Zuge von D.s Umarbeitung seiner Poetik in den Jahren 1907/08 entstanden ist. Zudem weist hierauf eine Bezugnahme D.s auf seine damals gerade im Druck befindliche Abhandlung über das „Wesen der Philosophie“ hin, die 1907 erschien. Daß die Abschriften auf jeden Fall jüngeren Datums sind als das Kolleg von 1906 und die Sommerredaktion, verraten auch durchgestrichene innere Paginierungen in Abschrift 13, in die Teile aus der Sommerredaktion eingegangen sind. Das heißt, D. hat, in bekannter Manier, Stücke aus älteren Mss. in dieser Abschrift verarbeitet – mit Ausnahme zweier neu hinzugefügter Abschnitte über das Schließen auf dem Gebiet der Wertgebung und über den Schluß im Gebiet der Regelgebung. Beide tragen nur Seitenzahlen der durchgängigen inneren Paginierung der Abschriften. Als Vorlage für diese Folge von Reinschriften diente eine Reihe im Nachlaß aufgefundener Handschriften, die einen ähnlichen Aufbau und Inhalt wie die Abschriften haben. Sie sind abschnittsweise, zum Teil bis in die Diktion hinein, identisch mit diesen, tragen dieselben Kapitelzahlen und Überschriften und stehen in derselben Anordnung und Folge. Parallel zu der Numerierung der Abschriften von 1 bis 15 sind sie am oberen rechten Rand durch die Zahlen von 4 bis 17 gekennzeichnet. Es handelt sich hierbei um folgende Mss. aus dem Dilthey-Nachlaß der BBAW: zu Abschrift 1: C 63: 169–198; C 78: 553–557; zu Abschrift 2: C 63: 211–220 Rücks.; zu Abschrift 3: C 63: 223–240 Rücks.; zu Abschrift 4: C 63: 242–246 Rücks.; zu Abschrift 5: C 63: 249–256; zu Abschrift 6: C 63: 258, 262–266 Rücks.; zu Abschrift 7: C 63: 268–279 Rücks.; zu Abschrift 8: C 63: 281–311 Rücks.; zu Abschrift 9: C 48/II: 97–116; zu Abschrift 10: C 48/II: 23–46 Rücks.; zu Abschrift 11: C 63: 341–363 Rücks.; zu Abschrift 12: C 63: 313–339 Rücks.; zu Abschrift 13: C 48/II: 48–82; zu Abschrift 14 und 15: C 63: 366–374 Rücks. – Weitere eindeutig in den Kreis der Abschriften gehörige Mss. wurden in folgenden Faszikeln des Dilthey-Nachlasses der BBAW gefunden: zu Abschrift 1: C 48/I: 471–488, 490–500, 501–518; C 78: 553–557; zu Abschrift 7: C 78: 612–620 Rücks.; zu Abschrift 8: C 78: 569–610, 622–639 Rücks.; zu Abschrift 14 und 15: C 7: 163–163 Rücks., 168. Die Abschriften sind angefertigt worden zum größten Teil von G. Misch sowie von E. Schramm und einem unbekannten Schreiber, versehen mit Ergänzungen von D.s Hand. Die für diese Abschriften als Vorlagen dienenden Mss. wurden zum einen von D. selbst
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geschrieben, zum anderen von G. Misch und E. Schramm sowie von Katharina Dilthey und drei unbekannten Schreibern. Ein Teil eines Ms. stammt von der Hand E. Sprangers. Die von D. nicht selbst geschriebenen Mss. enthalten zahlreiche und zum Teil umfängliche Zusätze von dessen Hand. 95 Fasz. C 62 (209): 298–315 Rücks. (pag. 1–9). Zwei Parallelfassungen zu diesem ersten Abschnitt des ersten allgemeinen Teils der Grundlegung mit der Überschrift Das empirische Bewußtsein fanden sich in einem Umschlag (C 48/I: 471) mit der Aufschrift Empirisches Bewußtsein. Erleben und Erfahrung im Fasz. C 48/I (194): 472–488, 501–518 und C 48/I: 490–499. Da die Texte bis auf einige Seiten, die von der Hand D.s, seiner Frau Katharina und seiner ältesten Tochter Clara stammen, zum überwiegenden Teil von D.s Privatsekretär E. Schramm geschrieben wurden, der nach eigenen Angaben seit 1906 für D. bis zu dessen Tode arbeitete (vgl. E. Schramm: Erinnerungen an Wilhelm Dilthey, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, VII. Jahrgang (1955), Heft 1, S. 355–358, hier: S. 355), sind diese beiden Parallelfassungen eindeutig auf 1906 oder später zu datieren. 1. C 48/I: 472–488, 501–518 (pag. 14–17 und 19–33): Hat der Ausdruck „Wissen“ diesen umfassenden Sinn, faßt das Wissen ebensogut als die Wirklichkeitserkenntnis die Wertbestimmungen, Zwecksetzungen und Regeln in sich, so ist das Wissen fundiert in allen Arten von Erlebnis ([am rechten Rand von D.s Hand:] vgl. zu Begriff und Bedeutung des Erlebnisses meine Abhandlung [vgl. W. Dilthey, Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Zweite Studie: Der Strukturzusammenhang des Wissens, vorgetragen am 23. März 1905 in der Akademie der Wissenschaften in Berlin, in: Ges. Schr. VII, S. 24–69] und Husserl). Erlebnis ist jedes zeitlich abgegrenzte Stück des Lebensverlaufs in seiner unmittelbaren Realität, ohne jede Abstraktion von irgend etwas, das in dieser Realität enthalten ist, genommen. Solche Erlebnisse sind gleichsam in Querschnitten durch den Lebensverlauf ausgesonderte Teile desselben, jeder in sich zusammengesetzt. Wahrnehmungen, Denkakte, Gemütszustände, Willensvorgänge sind solche Erlebnisse. Sie haben ihren Namen nach der Verhaltungsweise, die sie konstituiert. Sie enthalten, jedes in sich, Beziehungen verschiedener Bewußtseinsbestandteile innerhalb der Verhaltungsweisen. Erlebt ist jeder Bestandteil der vollen Erlebnisrealität nur im Zusammenhang der Verhaltungsweisen und in Beziehung zu den anderen Bestandteilen. Erlebt ist nicht der stumpfe oder spitze, der helle oder dunkle Gegenstand, sondern erlebt ist seine Wahrnehmung, welche Tast- oder Gefühlsempfindungen oder eine Verbindung derselben in sich schließt. Der Gegenstand selbst ist eben nur gesehen oder im Tastsinn gefühlt, aber nicht erlebt. Die Verhaltungsweise, in der er als mit diesen Eigenschaften ausgestattet auftritt, und als ihr Bestandteil dann er selber sind erlebt. In dem Erlebnis ist dann ein Wissen fundiert, sofern seine unmittelbar gegebene Realität zu den Gründen gehört, aus denen ein Wissen folgt. Die Art, wie im Erlebnis Wissen fundiert ist, ist verschieden nach der Zahl der Erlebnisse, auf die es sich gründet, sowie danach, ob die ganzen Erlebnisse in ihm zusammengefaßt oder Teile von solchen ausgesondert und zum Wissen zusammengenommen sind [Der Satz ist durch zwei von D. beschriebene Blätter, die hier nicht aufgenommen sind, unterbrochen: C 48/I: 477–477 Rücks.]. Die Akte, in denen aus den Erlebnissen Wissen entsteht, sind ebenfalls Denkerlebnisse; aber das Wissen ist auf sie nicht insofern fundiert, als dasselbe in ihnen aus dem Stoff der Erlebnisse abgeleitet wird; sondern zunächst nur insofern, als ihre erlebte Realität als Stoff für weitere Denkakte Wissen möglich macht, ist dies Wissen in ihnen fundiert. Weiterhin gehört dann die Feststellung der Gültigkeit der Denkakte, durch welche aus dem Erlebten Wissen abgeleitet wird, zur Fundierung des Wissens. In jedem Erlebnis kann das Erleben selbst unterschieden werden von dem Inhalt des Erlebnisses. Dieser Inhalt enthält ebenso die Verhaltungsweisen in sich als die in ihnen aufeinander bezogenen Bestandteile des Erlebnisses. Solche Inhalte sind: Schmerz über den Tod eines Freundes, Intention, ein Buch in einer Büchersammlung herauszunehmen, Wahrnehmung des Buches; in jedem dieser Inhalte ist ein Verhalten zu Gegenständen. Durch ein berechtigtes logisches Verfah-
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ren können die Erlebnisse so aufeinander bezogen werden, daß der Begriff des psychischen Zusammenhangs entsteht. Das Begründende in diesem Zusammenhang ist der Sachverhalt der Struktur, welche Erinnerungen, Wahrnehmungen, Wirklichkeitsurteile, Gefühle und Werturteile, Willensakte und Zweckbegriffe wie Regeln etc. in diesem psychischen Zusammenhang verbindet, wie dies später ausführlich wird gezeigt werden. Dieser Zusammenhang kann als das mit sich identische Ich im Ablauf der wechselnden Erlebnisse bezeichnet werden. Es entsteht zugleich der Begriff des Lebensverlaufes, in welchem ein mit sich identisches Ich oder Subjekt sich zur gegenständlichen Welt verhält. Und so findet dann ein Leben, ein Ich oder Subjekt sich in wechselnden Verhältnissen zu den sich verändernden, auftretenden und verschwindenden Objekten dieser gegenständlichen Welt. Sofern nun die Erlebnisse in der Einheit des Lebensverlaufs verbunden sind, hat das Wissen seine Grundlage im Leben. Leben ist der kontinuierliche Verlauf der wechselnden Beziehungen eines mit sich identischen Subjektes zu der mannigfach geteilten, veränderlichen, gegenständlichen Welt, in der als zwei verschiedene Klassen Dinge und Personen hervortreten. Eine solche Beziehung nennen wir Verhaltungsweise. Das mit sich identische Ich verhält sich zu Gegenständen oder Personen. Für diese Verhaltungsweisen führen wir vorläufig Bezeichnungen ein. Indem ich einen Baum wahrnehme, über ihn urteile, ihn zur Bestimmung des Begriffs „Baum“ benutze, verhalte ich mich gegenständlich auffassend. Wenn ich mich an ihm im neuen Grün des Frühlings erfreue, verhalte ich mich fühlend. Wenn der verdorrte Baum die Intention, ihn abzuhauen, auf die … [Satz bricht ab] Auch die Auffassung der äußeren Gegenstände und Personen ist in dem Ablauf der Erlebnisse fundiert und wird dann in Denkvorgängen realisiert. Sie hat ihre Grundlage zunächst in den Erlebnissen der äußeren Wahrnehmung. Das sinnliche Anschauen ist entweder eine Vorstellung, wie etwa eine Farbe, oder ein phantasiemäßig Angeschautes oder ein Gegebenes, das durch den Wahrnehmungsakt bestimmt ist. Auch dem Wahrgenommenen eignet der Charakter von Gegebenheit. Dieser ist nicht ein Inhalt, der hinzukommt zu den anderen Inhalten, die das Wahrgenommene als sinnlich Anschauliches ausmachen: vielmehr bezeichnet es die Art, wie anschauliche Inhalte im Erlebnis der Sinneswahrnehmung auftreten. Das Stehen des Wahrgenommenen, gleichsam Vordem-Bewußtsein-stehen ist der erste Grundzug des Sinnlich-Anschaulichen. Wenn dann aber ferner demselben Realität zugeschrieben wird, so muß hier die Frage offenbleiben, ob dieser Realitätscharakter in der Wahrnehmung als solcher gegründet ist oder aber in der beständigen lebendigen Verbindung mit anderen Verhaltungsweisen entsteht. Es ist sehr wichtig für die weitere Untersuchung, daß die Beziehung des Verhaltens zu Gegenständen durch sie alle hindurchgeht. Aus den Einzelerlebnissen der Wahrnehmung entsteht Erinnerung. Totalvorstellung, Auffassen der Gegenstände, der Fortgang von der Einzelwahrnehmung zu ihrer Beziehung auf den Gegenstand, der durch sie aufgefaßt wird, fällt nicht in die Erfahrung. Aber das logische Verhältnis durch den Sachverhalt ist klar. Das Verhältnis der Einzelwahrnehmung fordert ein in keiner derselben Gegebenes hinzuzudenken. Dieses ist der Gegenstand. Der Gegenstand ist jeder Wahrnehmung transzendent. Jede Einzelwahrnehmung ist dem Gegenstand gegenüber inadäquat. Die Verbindung der Einzelwahrnehmung zur Totalvorstellung nötigt fortzuschreiten zu einem den Akten selber Transzendenten: dem Gegenstande. Dieser ist das Was, auf welches die Wahrnehmungen sich beziehen in der Art, daß sie, unvollkommen wie jeder einzelne Wahrnehmungsakt ist, das ihnen allen Transzendente bestimmen. So begründen die Erlebnisse weiter das Bewußtsein von einer gegenständlichen Welt – von Dingen und Personen. Einstweilen sei hier auf die erste meiner Studien auf Grund der Geisteswissenschaften, Sitzungsberichte der Berliner Akademie der Wissenschaften 1905, 16. März, hingewiesen. [Vgl. W. Dilthey, Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Erste Studie, in:
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Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin. Gesamtsitzung vom 16. März 1905 – Mitteilung vom 2. März. Ausgegeben am 23. März 1905, S. 1 [322]-22 [343], hier: S. 18 [339]ff.; Wiederabdruck unter dem Titel: Der psychische Strukturzusammenhang, in: Ges. Schr. VII, S. 3–23, hier: S. 19 ff.] Sie stehen in den Wahrnehmungserlebnissen dem mit sich identischen Subjekt des Lebensverlaufs gegenüber, unabhängig vor ihm. Sie haben in jeder Verhaltungsweise die Marke der Realität. Auch wenn sie nicht wahrgenommen werden, wird ihr Fortbestand angenommen. Sie nehmen eine Stelle im Raum ein, dauern oder verändern sich in der Zeit, zeigen qualitative Eigenschaften, und alle diese Beschaffenheiten kommen ihnen zu auf Grund meines Wahrnehmens. Sie sind angenehm oder unangenehm, schön oder häßlich, je nach Art meines Verhaltens im Gefühl zu ihnen. Und auf Grund meines Willensverhaltens zu ihnen erhalten sie die Prädikate gut oder schlecht, begehrenswert oder verabscheuungswürdig. Und in demselben Verlauf des Lebens, der in den Erlebnissen besteht, ist das Ich identisches Subjekt der wechselnden Reihe der Erlebnisse. Es gehört derselben räumlichen Ordnung mit den anderen Personen und eben Dingen zu. Es hat in ihr eine Stelle als zugehörig zu einem Körper. Das Erlebnis schließt die Gewißheit der Realität dieses Ich ein. Und indem die Reihenfolge der Erlebnisse, welche den Lebensverlauf ausmachen, unterschieden ist von derjenigen, die wir in jedem uns zugänglichen anderen Subjekte verstehend erfassen können, ist es individuell von ihnen verschieden. Das System von Beziehungen zwischen einem in den Veränderungen des Lebens, in der Verkettung der Erlebnisse mit sich identischen Ich und der gegenständlichen Welt, wie es in der Folge der Erlebnisse enthalten ist, kann als das empirische Bewußtsein bezeichnet werden. So können das Selbst, die Dinge und die anderen Personen als die Faktoren des Lebens bezeichnet werden, und die Verhaltungsweisen enthalten die Grundformen der Beziehung, die zwischen diesen Faktoren stattfinden. Und wenn ich zum Zweck der Analyse etwa die Realität der Außenwelt und der in ihr mitgegebenen Personen aufhebe … [Satz bricht ab; am rechten Rand (C 48/I: 487 Rücks.) der Hinweis: „Bogen 3“]. Auf dem Boden des empirischen Bewußtseins entwickelt sich die Erfahrung [am rechten Rand von fremder Hand die Notiz: benutzt]. Erfahrung ist jedes Wissen, das aus Erlebnissen, das in den Erlebnissen fundiert ist. Psychischer Zusammenhang, äußere Dinge wie außen gegebene Personen bilden die Gegenstände derselben. Die Erfahrung setzt die Realität dieser Gegenstände, welche die Faktoren des empirischen Bewußtseins sind, und der Beziehungen, die zwischen ihnen stattfinden, voraus. Sie gewinnt Bestimmungen über diese Gegenstände und ihre Beziehungen aus den Erlebnissen, und zwar können alle Erlebnisse auf Gegenstände bezogen werden, die durch sie gedacht werden, und sonach Grundlage von Erfahrung sein. Hierin besteht der wichtige Begriff der Lebenserfahrung. Sie entsteht, indem auf der Grundlage der Gefühlserlebnisse, die die Abschätzung von Werten ermöglichen, und auf der Grundlage der Willenserlebnisse, in denen diese Werte an ihrer Realisierung erprobt, die Illusionen über sie aufgelöst, die Ziele, die wir uns stellen, erprobt werden. Ziehen wir die Summe, so entwickelt sich die Erfahrung auf dem Boden des empirischen Bewußtseins, sie setzt die Realität ihrer Gegenstände, des psychischen Subjekts, ihrer Dinge und Personen voraus, und ihr Wissen ist fundiert auf Erlebnisse, welche allen Klassen von Verhaltungsweisen angehören. Die das Erfahrungswissen fundierenden Erlebnisse sind entweder präsent oder sie sind erinnert, sofern sie dem Erfahrungshorizont des psychischen Subjektes angehören; die Erlebnisse anderer Personen werden in den Vorgängen des Verstehens in das eigene Erlebnis aufgenommen, und so entsteht das Erlebnis des psychischen Subjektes, das in der Aneignung der Erlebnisse der fremden Personen besteht: auf ihm beruht dann das historische Wissen. Dies ist der Umfang dessen, was Wissen begründen kann; denn nur das unmittelbar oder mittelbar Erlebte ist bewußt, also für das Erkenntnisobjekt vorhanden.
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Auf der Erfahrung beruhen die Erfahrungswissenschaften. Sie grenzen einen zusammengehörigen Kreis des Wissens ab und durchlaufen das in ihn fallende Erfahrbare. So verbleiben sie auf demselben Boden als die Erfahrung. Sie machen dieselben Voraussetzungen. Nur sofern aus dem Kreis ihrer Erfahrungen die Aufhebung einer Annahme des empirischen Bewußtseins sich ergibt, vollziehen sie diese. Wenn die Optik für die Verbindung der Tatsachen des Gesichtssinnes genötigt wird, ihnen Bewegung des Äthers zugrunde zu legen, so wird ihr die Farbenqualität zum Schein, aber den anderen Bestand des empirischen Bewußtseins behält sie bei. Der Satz des Bewußtseins Die Philosophie beginnt mit der Einsicht, daß das, was im Erlebnis enthalten ist, das heißt, was dessen Inhalt ausmacht, was die Erfahrung zu gegenständlichem Bewußtsein und Zusammenhang bringt – dies ganze System der Realitäten nur in der Beziehung von Bewußt-sein zu Inhalt, der bewußt ist, gegeben ist. Realität ist die bestimmte Art und Weise, in der in diesem Bewußt-sein seine Inhalte in der äußeren Wahrnehmung, im Willensakt, in Gemütsvorgängen und Leidenschaften enthalten sind, und in der sie dann in den Aussagen auftreten, die auf diese Vorgänge fundiert sind. Diese Einsicht erstreckt sich auf das Subjekt, auf die gesamte gegenständliche Welt, auf die Beziehung, die zwischen ihnen besteht. Eine Verschiedenheit im Dasein dieser Realitäten für das Bewußtsein ist augenscheinlich. Das Subjekt wird erlebt, die Objekte werden wahrgenommen, die Personen werden verstanden. Diese Unterschiede werden sich im Verlauf unserer Untersuchung als sehr wichtig erweisen. Aber inmitten dieser Verschiedenheiten ist das überall gleich, daß diese Realitäten nur in der Beziehung auf das Bewußt-sein als dessen Inhalte erlebt werden. Sein ist also korrelativ zu dem Bewußt-sein. Das Verhältnis von Bewußt-sein und Inhalt des Bewußt-seins ist eine Korrelation beider. Bewußt-sein und Bewußtseinsinhalt sind eins ohne das andere nicht möglich. Und zwar ist Bewußt-sein nicht eine Beschaffenheit des Seins, sonach nicht dessen prädikativische Bestimmung. Sowenig als Realität eine Eigenschaft, ein Prädikat der Dinge ist, so wenig ist es die Art, wie Realität für mich da ist – das Bewußt-sein. So kann dieser erste Satz der Philosophie zunächst als Satz des Bewußtseins oder der Korrelation von Sein und Bewußtsein bezeichnet werden. Die Gültigkeit dieses Satzes ist unbeschränkbar. Es gilt nun den Ausdruck: Im-Bewußtsein-auftreten, Inhalt des Bewußtseins-sein, Bewußt-sein eines Inhaltes, weiterhin dann die Zuerteilung des Charakters von Realität an Inhalte des Bewußtseins in der Genauigkeit aufzufassen, in der sie Ausdruck der Erlebnisse sind. Das Bewußt-sein kommt jedem Inhalt und allem Sein zu, und zwar in einer ihm eigenen, entweder hier nicht oder überhaupt nicht näher angebbaren Art. Es ist die Art samt ihren verschiedenen Modifikationen, wie Inhalte in den Erlebnissen da sind. Realität der im Erlebnis enthaltenen Inhalte ist eine bestimmte Modifikation der Art, wie solche im Bewußtsein auftreten können. So treten sie auf im äußeren Wahrnehmungsvorgang, im Erleben psychischer Zustände, im Gefühl, in den Zuständen des Willens, in jeder in diesen Erlebnisarten gegründeten Aussage über Wirklichkeit. Dies ist der Sachverhalt, aus welchem der berühmte Satz Kants stammt, daß Realität nicht eine Eigenschaft der Gegenstände sei, sondern das, was einer Empfindung überhaupt korrespondiert ([R.] Eisler, [Wörterbuch der philosophischen Begriffe und Ausdrücke, Berlin 1899, S.] 631). Jeder Inhalt, Inhaltskomplex, der im Bewußtsein mit diesem Charakter der Realität auftritt, kann als Sein bezeichnet werden. So ist in dem Satz des Bewußtseins der von der Korrelativität von Sein und Bewußt-sein enthalten, und sofern nun diese Beziehung, in der die beiden Begriffe füreinander sind, aufgehoben wird, entsteht Metaphysik das Problem ihrer Beziehung, und dies Problem wird mit Überschreitung der Grenzen des Erfahrbaren
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durch das metaphysische Prinzip der Identität oder der Korrespondenz von Denken und Sein aufgelöst. Und gehen wir nun im Gegensatz zu diesem Verfahren von der Beziehung des Bewußtseins zu seinen Inhalten, den Inhaltskomplexen, dem Seienden aus, so darf diese Beziehung nicht umgesetzt werden in das Verhältnis eines Bewußtseins, das Träger der Inhalte wäre, zu diesen Inhalten, die in ihm wechselnd auftreten. Da das Substantivum „Bewußtsein“ im sprachlichen Ausdruck als Subjekt von Aussagen unentbehrlich ist, so schließt sich die Neigung zur Substanzialisierung des in ihm Gemeinten daran an – ähnlich wie wir das mit den Worten „Religion“, „Philosophie“, „Kunst“ Gemeinte substanzialisieren, obwohl diese Worte doch nur Prädizierungen über Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge von an Personen ausgesonderten Leistungen bezeichnen. In Wirklichkeit ist Bewußtsein ebenfalls nicht der Träger der Inhaltskomplexe, sondern die nicht weiter angebbare Art, wie die wechselnden Inhalte im Erlebnis da sind: auch darin, wie diese Art des Daseins von Inhalten im Erlebnis auftritt, ist kein Zwang enthalten, zu dem Zusammenhang, der diese Inhalte strukturell verbindet, der durch die Erlebnisse hindurchgeht und den Lebensverlauf konstituiert, einen Träger desselben hinzuzudenken. Ob die Allgemeingültigkeit des Wissens, die Momente in ihm, welche seinen Zusammenhang unabhängig von seinem Auftreten im Wechsel der Individuen machen und den Verkehr des Wissens ermöglichen, uns nötigen werden, ein allgemeines Bewußtsein, ein überindividuelles Bewußtsein anzunehmen, muß der weitere Verlauf dieser Untersuchung herausstellen. Der Satz des Bewußtseins kann auch als der der Phänomenalität bezeichnet werden. Der Ausdruck „Phänomenalität“ drückt dann ganz allgemein die Art aus, wie Inhalte im Erlebnis da sind. Nach dem Satz der Phänomenalität ist jeder in Sinneswahrnehmungen angebbare Gegenstand, als in Wahrnehmungserlebnissen, sonach im Bewußtsein fundiert, Phänomen. Zwar ist hiervon die Art, wie gegenständliche Auffassung des psychischen Subjektes überhaupt in den Erlebnissen fundiert ist, als welche hier eben die Realitäten sind, aus deren Zusammenhang das psychische Ich als Gegenstand abgeleitet wird, gänzlich verschieden: dennoch gilt vom psychischen Subjekt der Satz der Phänomenalität ebenso wie von der gegenständlichen Welt. Dieses Subjekt ist ein Inhaltskomplex, der im Erlebnis, in der Art des Bewußt-seins gegeben ist. Denn es tritt im empirischen Bewußtsein auf inmitten anderer Subjekte. Es gehört der räumlichen Ordnung der Außenwelt an, indem es in ihr eine Stelle einnimmt. Schon hierdurch hat es eine inhaltliche Bestimmtheit. Es ist ferner zugehörig zu einem Körper. Es besitzt eine Eigentümlichkeit, die es von anderen Subjekten unterscheidet. Die zweite Parallelfassung (C 48/I: 490–499) trägt ebenfalls die Überschrift: Empirisches Bewußtsein (C 48/I: 489). Der Ausgangspunkt aller Besinnung über Denken, Wissen und Wissenschaften ist das empirische Bewußtsein. Ich finde mich in ihm bedrückt von etwas oder erfreut über etwas. Im Zweckhandeln ist dann eine Intention enthalten, die zur Entfernung des Druckes oder zur Aneignung der Freude auf eine Veränderung in ihr gerichtet ist. So ist in solchem Erlebnis die Unterscheidung eines Selbst von der gegenständlichen Welt enthalten. Es ist dann in der näheren Beschaffenheit der Erlebnisse gegründet, daß sie zu einem Lebensverlauf zusammengefaßt werden. Das empirische Bewußtsein ist sich nun der Selbigkeit dessen bewußt, was im ganzen Lebensverlauf bei seinen verschiedenen Verhältnissen zu den sich verändernden, auftretenden und verschwindenden Objekten und Personen sich verhält. Und für dies empirische Bewußtsein ist ferner gewiß, daß die Gegenstände oder Personen, die in seiner Wahrnehmung auftreten, unabhängig von ihm bestehen und fortdauern, auch wenn die Wahrnehmungen vorübergegangen sind. Sie zeigen qualitative Eigenschaften. Sie nehmen eine Stelle im Raum ein, dauern oder verändern sich in der Zeit. Nach einer anderen Stellung des Selbst zu ihnen sind sie angenehm oder unangenehm, schön oder häßlich, und wieder nach einer anderen begehrenswert oder verabscheuungswürdig, gut oder schlecht.
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Das Selbst, die Außenwelt, andere Personen, wechselnde Beziehungen zwischen ihnen bilden die Voraussetzungen unseres Lebensgefühls auch da, wo sie nicht zum Bewußtsein erhoben sind. So können das Selbst, die anderen Personen und die Gegenstände als Faktoren des Lebens bezeichnet werden. Das Leben ist uns nur in diesen Relationen gegenwärtig. Wenn ich zum Zweck der Analyse etwa die Realität der Außenwelt oder der in ihr mitgegebenen Personen aufhebe, so gibt es dann auf diesem Standpunkt kein Verständnis des Lebens mehr. Und welche Prozeduren das philosophische Denken auch vornehmen mag, die von Faktoren oder Beziehungen abstrahieren: das Leben bleibt, die in ihm enthaltenen Voraussetzungen bleiben, unzerstörbar und durch kein Denken verändert. Die Annahmen, welche die erkenntnistheoretische Analysis bildet, beziehen sich nur auf die Beweisbarkeit dieser im Leben selbst enthaltenen Voraussetzungen. Auf der Grundlage des empirischen Bewußtseins entwickelt sich die Erfahrung. Sie setzt die Realität seiner Faktoren und der Beziehungen zwischen ihnen voraus. Sie entsteht, indem das in den Erlebnissen Enthaltene aufgefaßt und über es geurteilt wird. Die Erfahrung ist in Erlebnissen fundiert. Sie entwickelt sich auf dem Boden des empirischen Bewußtseins. Aus dem Versuch, das über einen Kreis von Gegenständen Erfahrbare zusammenzufassen, entstehen die Erfahrungswissenschaften. Sie verbleiben auf demselben Boden. Und wenn die Naturwissenschaften von der Akustik, welcher der Schall zugleich als eine Erschütterung der Luft gegeben ist, fortschritten zu den Hypothesen der Optik, und wenn sie den Qualitäten Bewegungen unterlegten, wenn dann die Physiologie der Sinne seit Johannes Müller den Grund der den einzelnen Sinnen zugehörigen Mannigfaltigkeit der Qualität … [Satz bricht ab] Was in den Erfahrungswissenschaften Voraussetzung ist, wird in der Erkenntnistheorie zum Problem. Und dies Problem bezieht sich nicht nur auf die Rechtfertigung der Erfahrungswissenschaften, sondern rückwärts auf das empirische Bewußtsein selbst, das im Bewußtsein der Realität seiner Faktoren und der von ihm vollzogenen Beziehungen zwischen ihnen verläuft. Hiernach bestimmt sich nun das Verhältnis der Erkenntnistheorie zu unserer Untersuchung genauer. Ihr Ausgangspunkt ist das Erkenntnisproblem. Ihre Grundlage sind empirisches Bewußtsein, Erfahrung und Erfahrungswissenschaften. Und sie versucht, aus dem Studium des Aufbaus der Geisteswissenschaften Resultate für deren Erkenntnistheorie, weiter für die allgemeine Besinnung über das Wissen zu gewinnen. Der Denkzusammenhang Die Erfahrungswissenschaften vereinigen sich zum Denkzusammenhang. Die Faktoren und Beziehungen des Lebens, wie sie im empirischen Bewußtsein enthalten sind, bilden seine Voraussetzung, nicht nur insofern sie in seinen Gegenständen enthalten sind, sondern auch, sofern er selber hier unter dieser Voraussetzung vorgestellt und gedacht wird. Denn er erstreckt sich über das Denken der verschiedensten Personen, umfaßt Menschen aller Zeiten: im Menschengeschlecht und seinem Lebensverlauf ist er in der Ausbildung begriffen. Er ist teleologisch, seine Intention ist auf die Verwirklichung eines Wissens von der Welt gerichtet. Jeder Schriftsteller, den ich lese, denkt an ihm mit mir. Die Arbeit der Vergangenheit ist in ihm verdichtet enthalten. Er umfaßt so gut alle wissenschaftliche Erkenntnis als die Entscheidungsgründe für das gesamte praktische Handeln. Er enthält in sich ebenso Wirklichkeitsurteile als Wertbestimmungen, Zwecksetzungen und Normen. Wohl sind ihm die Ausdrücke individuellen Willens oder des lebendigen Gefühls nicht eingeordnet: jeder von diesen kann der Ausdruck eines inneren momentanen Verhaltens sein. Aber er umfaßt Bestimmungen, die in irgendwelchen Sachverhalten fundiert sind, mögen diese in Wirklichkeit in deren Eigenschaften oder in Werten oder in Forderungen an den Willen bestehen. Er bezieht sich auf den Inbegriff und Zusammenhang der Erfahrungen, die in den aufeinander-
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folgenden Generationen gemacht worden sind. Und der Begriff, der Schluß sind nur analytisch aus ihm herausgehobene Bestandteile, und sie können daher nur als Bestandteile von ihm richtig verstanden werden. Dieser Zusammenhang ist es nun, den die Lehre vom Wissen analysiert. 96 Es folgt ein gestrichener Passus (C 62: 299 Rücks.): Es gibt nur einen Anfang der Philosophie, welcher diesen Anforderungen entspricht. Die Philosophie geht aus von dem empirischen Bewußtsein und dem Inbegriff der auf dessen Grundlage gewonnenen Erfahrungen und im Laufe der Zeit ausgebildeten Erfahrungswissenschaften. Hier haben wir die breiteste mögliche Basis der Philosophie. Und es wird sich im Verlauf zeigen, daß der Sinn, in welchem die Philosophie sich auf allgemeingültiges Erfahren und Erfahrungswissenschaften gründet, auch die Allgemeingültigkeit ihres Verfahrens sichert. Was ist empirisches Bewußtsein? Ich verstehe unter diesem den Zusammenhang, der in jedem Lebensmoment enthalten ist und zum Bewußsein erhoben werden kann. Dieser Zusammenhang besteht in den Beziehungen, in welchen das Subjekt sich zu Gegenständen mannigfach verhält. Und zwar kann in jedem einzelnen Lebensmoment eine solche Beziehung zwischen dem Subjekt und den Gegenständen zum Bewußtsein erhoben werden. Und in der Aufeinanderfolge der Lebensmomente wird der Kreis der möglichen Beziehungen durchlaufen. Leben ist der rastlose … [Text bricht ab]. – Nachfolgend ist hier ein Textstück aus der Vorlage zur Abschrift ergänzt worden (C 63: 170 Rücks.–171 Rücks.), das in der Abschrift fehlt. 97 Vgl. W. Dilthey, Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Erste Studie, in: Sitzungsberichte der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften. Gesamtsitzung vom 16. März 1905 – Mitteilung vom 02. März. Ausgegeben am 23. März, S. 1 [322] bis 22 [343]; Wiederabdruck in: Ges. Schr. VII, S. 3–23. 98 In der Vorlage zur Abschrift folgen an dieser Stelle (C 63: 183–183 Rücks.) zwei von D. ergänzte Blätter, die nicht in die Abschrift eingegangen sind: Die Erfahrung: sie setzt die Realität dieser Gegenstände voraus. Die Erfahrung gewinnt also aus den Erlebnissen Bestimmungen über Gegenstände. Die Erfahrung kann in jeder Klasse von Erlebnissen gegründet sein. Das Wissen von Werten, das in den Gefühlserlebnissen gegründet ist, gehört, als ein Teil der Lebenserfahrung, ebensogut in den Umkreis der Erfahrungen als das von … [Text bricht ab]. 99 Am rechten Rand (C 62: 307 Rücks.) von D.s Hand: Diese Unterschiede werden sich […] als sehr wichtig erweisen. 100 Es folgt ein gestrichener Passus (C 62: 309 Rücks.): Sonach ist dieses Subjekt selbst Bewußtseinsinhalt. Es ist ein Sein, das dadurch für mich da ist, daß es bewußt ist. Daß dieses Subjekt selber mit Bewußsein ausgestattet ist, ändert an diesem Sachverhalt nichts. Sind doch auch die anderen Personen, die ich außer diesem Subjekt annehme, mit Bewußtsein ausgestattet. Fassen wir nun sogleich die Schranken, welche diesem Satze der Korrelativität von Sein und Bewußt-sein anhaften, ins Auge. 101 Der Rest des Einschubs am rechten Rand (C 62: 311) von der Hand D.s ist nicht entzifferbar. 102 P. Deussen, Das System des Vedânta nach den Brahma-Su ˆ tra’s des Bâdaraˆyana und dem Com˙ mentare des Ça¯nkara über dieselben als ein Compendium der Dogmatik des Brahmanismus vom Standpunkte des Ça¯nkara aus, Leipzig 1883, S. 54 (Îc¸aˆ-Upanishad 1.6); vgl. A. Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Viertes Buch: Der Welt als Wille zweite Betrachtung: Bei erreichter Selbsterkenntniß Bejahung und Verneinung des Willens zum Leben, §68, in: Ders., Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Zürich 1977, Band II, S. 469. 103 W. Shakespeare, The Tempest (1611/12): „We are such stuff / As dreams are made on; and our little life / Is rounded with a sleep.“ Deutsche Übersetzung: Der Sturm, in: Shakspeare’s dramatische Werke, übersetzt von A. W. v. Schlegel und L. Tieck. Neue Ausgabe in neun Bänden, Berlin 1867, 4. Band, S. 303 (4. Aufzug, 1. Szene): „Wir sind solcher Zeug / Wie der zu Träumen, und dieß kleine Leben / Umfaßt ein Schlaf.“
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P. Calderon, Das Leben ein Traum, in: Ausgewählte Werke in drei Bänden. Uebersetzt von A. W. Schlegel und J. D. Gries, Stuttgart o. J., Band 2, S. 157 und 158. 105 Vgl. R. Descartes, Meditationen über die Grundlagen der Philosophie (meditationes de prima philosophia). Auf Grund der Ausgaben von A. Buchenau neu herausgegeben von L. Gäbe, durchgesehen von H.G. Zekl, Hamburg 1977, S. 35 [1. Meditation]. 106 Fasz. C 62 (209): 334–346 (pag. 10–15). 107 Der nachfolgende Text mit den Punkten 1. und 2. fehlte in der Abschrift und wurde daher der Vorlage zur Abschrift entnommen (C 63: 213). 108 Die beiden nachfolgenden Sätze wurden hier aus der Vorlage zur Abschrift (C 63: 215) ergänzt. 109 Fasz. C 62: 317–332 Rücks. (pag. 16–23). 110 Am rechten Rand (C 62: 320 Rücks.) von der Hand des Schreibers: Möglichkeit methodus exclusionis? 111 Am rechten Rand (C 62: 320 Rücks.) von der Hand Groethuysens: Zwei Erkenntnisprobleme? 112 Es folgt auf Bl. 332 Rücks. der Hinweis: Blatt 143 der Abschrift und daneben am rechten Rand: Hier folgt noch einmal das auf Blatt 13-Blatt 15 der Abschrift bereits Gesagte. Vgl. hier: S. 71–72. 113 Fasz. C 62: 291–293 Rücks. (pag. 24). 114 Am rechten Rand (C 62: 293): Andere Fassung! – Eingefügt wird hier nachfolgend ein Abschnitt aus der Vorlesungsmitschrift, die der Abschrift zugrunde liegt (C 63: 245). 115 Hier endet der Einschub aus dem der Abschrift zugrunde liegenden Ms. 116 Fasz. C 62: 287–290 Rücks., 294–296 Rücks. (pag. 24a-26). 117 Zu Karneades vgl. E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung (1844–1852), 3. Teil, 1. Abteilung: Die nacharistotelische Philosophie, 1. Hälfte; Nachdruck der 5. Aufl. (Leipzig 1923), Darmstadt 1963, S. 521 f. 118 Zu Aenesidemus vgl. Sextus Empiricus. With an English Translation by R. G. Bury. In Four Volumes, Volume I: Outlines of Pyrrhonism, London 1967, S. 66–69 (I. 114–117) sowie E. Zeller, Die Philosophie der Griechen in ihrer geschichtlichen Entwicklung (1844–1852), 3. Teil, 2. Abteilung: Die nacharistotelische Philosophie, 2. Hälfte, a.a.O., S. 54. 119 G. W. F. Hegel, Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse (1833), 1. Teil: Die Wissenschaft der Logik. Mit mündlichen Zusätzen, § 10. Auf der Grundlage der Werke von 1832–1845 neu edierte Ausgabe, Redaktion E. Moldenhauer und K. M. Michel, Werke in zwanzig Bänden, Band VIII, Frankfurt a.M. 1970, S. 54. – Zur Behandlung der Zirkelproblematik bei Aenesidemus, Karneades und Hegel vgl. auch W. Diltheys „System der Philosophie in Grundzügen“ vom Sommersemester 1899, in: Ges. Schr. XX, S. 235–331, hier: S. 262. 120 H. Lotze, Logik. Drei Bücher vom Denken, vom Untersuchen und vom Erkennen, 2. Aufl., Leipzig 1880, herausgegeben und eingeleitet von G. Misch, Leipzig 1912, S. 525. 121 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 253) lautet dieser nachträglich von D. ergänzte Satz: Dann aber wird uns das Erkennen selbst dazu führen, daß dieses Grundverhältnis desselben verifiziert wird. 122 Fasz. C 62: 31–35 Rücks. (pag. 26a-27). Dem Blatt mit der Überschrift folgt ein Umschlag (C 62: 32) mit der Aufschrift: Zur Logik; nachfolgend (C 62: 33) wird die Überschrift verkürzt wiederholt: Deskription des Denkens. 123 Diese Überschrift des ersten Abschnitts wurde ergänzt aus der Vorlage zur Abschrift, in der D. sie der Vorlesungsmitschrift nachträglich hinzugesetzt hatte (C 63: 262). 124 In der Vorlage zur Abschrift folgt nun ein Blatt (C 63: 264), das nicht in den vorliegenden Kontext gehört und deshalb vom Schreiber auch nicht in die Abschrift aufgenommen wurde: … Denkzusammenhang kommt der Charakter der Allgemeingültigkeit zu, sofern er in den Formen und nach den Gesetzen des Denkens verläuft. So fordert schon die Beherrschung dessen, was die Philosophie fundiert, die Einsicht in Zusammenhang, Formen und Regeln des Denkens. Und soll nun das 104
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Anmerkungen zu Seite 84–93
Denken in der dünnen Luft des Philosophischen mit Allgemeingültigkeit weiterschreiten, so ist ihm hierfür ebenfalls die Besinnung über sein Verfahren notwendig. So entspringt die erste Aufgabe, welche zur Bildung der Logik geführt hat. Im Sinn dieser Aufgabe ist sie Kunstlehre, sie ist das Instrument der Philosophie wie der Erfahrungswissenschaften. Eine Philosophie, welche realistisch denkt, wird stets diese Aufgabe anerkennen müssen. Dann entsteht das Problem, ob Logik mehr sein kann als dies. – Am rechten Rand dieser Seite sowie auf dem folgenden Blatt C 63: 264 Rücks. sind Ausführungen D.s gemacht, die – zum Teil durchgestrichen – ebenfalls nicht in die Abschrift eingegangen und auch hier nicht wiedergegeben sind. 125 In der Vorlage zur Abschrift folgt nun am Schluß des von D. geschriebenen Zusatzes: Es ist Struktur. 3. Struktur (C 63: 266 Rücks.), womit er den Übergang zum nächsten Abschnitt markiert. 126 Fasz. C 62: 37–53 Rücks. (pag. 27a-37). – Vor der Überschrift (C 62: 37) von der Hand des Schreibers: Deskriptiver Teil. 127 Am rechten Rand (C 62: 38): Aus der Abhandlung „Wesen der Philosophie“, Fahne 144; ein dem entsprechender Verweis ist auch in der Vorlage zur Abschrift gemacht (C 63: 269). Vgl. W. Dilthey, Das Wesen der Philosophie, in: Die Kultur der Gegenwart, Teil I, Abteilung VI: Systematische Philosophie, hrsg. von P. Hinneberg, Berlin/Leipzig 1907, S. 1–72; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, S. 339–416. – D. hat hier also Teile aus seiner 1907 erschienenen Abhandlung „Das Wesen der Philosophie“ in die Vorlesung integriert, so daß die als Vorlagen für die Abschriften dienenden Vorlesungsmitschriften sowie die Abschriften selbst auf 1907 oder später datiert werden können. 128 Darunter folgt: § 3a, einzuschieben vor den elementaren Denkleistungen. Gemäß dieser Anweisung D.s kommt dieses Textstück, aufgefunden in Fasz. C 78 (225): 612–620 Rücks. und geschrieben von E. Schramm, hier nachfolgend zum Abdruck. 129 Siehe W. Dilthey, Erfahren und Denken. Eine Studie zur erkenntnistheoretischen Logik des 19. Jahrhunderts. Vortrag in der Berliner Akademie der Wissenschaften am 28. April 1892, erstmals veröffentlicht in: Ges. Schr. V, S. 74–89, hier bes.: S. 81 ff. 130 Fasz. C 62: 6–29 Rücks. (pag. 38–49). – Im Anschluß an den Abschnitt 3a folgt in Fasz. C 78 (225) ein Umschlag mit der Aufschrift D.s: Die elementaren Denkleistungen (C 78: 569). Die hierin zusammengelegten Mss. (C 78: 553–556 Rücks., 570–598, 600–610), die zu einem Teil von D. selbst, zum anderen von D.s Privatsekretär E. Schramm und zu einem geringen Teil von Katharina Dilthey geschrieben wurden, sind auf 1906 oder später zu datieren. – Der erste in diesem Umschlag befindliche Text (C 78: 553–556 Rücks.)ist ein unvollständiges Ms., das überschrieben ist: Der Anfang der Philosophie. Satz der Phänomenalität. Er wird hier nicht wiedergegeben. Die nachfolgenden zwei Mss. behandeln das Thema der elementaren logischen Operationen in unterschiedlichen Hinsichten und stellen somit eine Erweiterung des im Abschnitt 4 Ausgeführten dar. Sie werden deshalb nachfolgend hier abgedruckt. 1. Fasz. C 78: 570–598: I. [darüber (C 78: 570) von D.s Hand: Die Aufgabe daraus bedarf des Rückgangs in Erleben (Husserl)] In diesem Kapitel zeigt sich besonders deutlich, daß unsere logischen Betrachtungen dieselben Sachverhalte zu ihrem Gegenstand haben als die Psychologie. Aber unsere logische Betrachtung hat es nur zu tun mit der Form der Gebilde, welche der denkenden Auffassung angehören, mit der Begründung derselben und schließlich, nach Feststellung der objektiven Erkenntniswerte innerhalb der denkenden Auffassung, mit den Methoden der Herstellung dieser Erkenntnis. Wie diese drei Seiten am Sachverhalt der denkenden Auffassung miteinander verbunden sind, d. h. welche Verhältnisse der Begründung zwischen ihnen bestehen, hierin liegt an jeder Stelle unserer logischen Betrachtung das Moment, das über das Verfahren entscheidet. [Es folgt ein Blatt (C 78: 572) mit einer Notiz D.s: Die elementaren Denkleistungen. 1. Die Erlebnisse, in welchen die logischen Verhältnisse auftreten, … [Satz bricht ab]].
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[II. Darunter von D.s Hand: Das eigene Notizbuch] Das Erlebnis, in welchem die Leistung einer Auffassung sich vollzieht, die von der Sprache unabhängig ist, enthält jederzeit zwei Seiten, die unabhängig voneinander variabel sind. Die eine Seite liegt in einem Sachverhalte, welcher in allen psychischen Erlebnissen vorkommt. Sie ist die allgemeinste Bedingung, die dem Subjekte angehört. Die Erlebnisse als Bewußtseinssachverhalte sind unterschieden in der Energie des Bewußtseins, dem Umfang. Der allgemeinste Ausdruck für diesen Tatbestand ist Aufmerksamkeit. Löst man Gefühle, wie Anspannen, Arbeit, Ermüdung, von dem zusammengesetzten psychischen Phänomen der Aufmerksamkeit los, so bleiben, ganz allgemein ausgedrückt, die Verhältnisse der Verteilung der Bewußtseinsstärke zurück. Diese Verhältnisse sind zerlegbar in Unterschiede der Intensität, des Umfangs und der Richtung. Es ist nun klar, daß hierin nicht Leistungen der denkenden Auffassung enthalten sind, sondern Bedingungen für solche Leistung – Bewußtseinsunterschiede, welche keine Auffassung von Sachverhalten enthalten, sondern nur solche möglich machen. Die logische Betrachtung hat nur zu fragen, wie die subjektive Bestimmtheit dieser Unterschiede ein objektives Auffassen der Sachverhalte möglich macht. Es ist gleichsam der Anfang der Fragen, welche Möglichkeit objektiver Erkenntnis durch Verfahrungsweisen des Subjektes betreffen – sonach der Fragen der Methodenlehre. Die Richtung der Aufmerksamkeit ist zunächst bestimmt durch das von den Trieben, Gefühlen geleitete Interesse. Eben dieses bestimmt den Aufwand von Energie sowie die Konzentration der Aufmerksamkeit. Insofern ist die Aufmerksamkeit in der Willkür, im Eigenleben begründet, und die Auffassungen, die sie ermöglicht, sind, vom Sachverhalt aus angesehen, zufällig, partikular, willkürliche Ausschnitte aus der Mannigfaltigkeit der Dinge. Unter diesem Gesichtspunkt fällt die eindrucksvolle Lehre von den Idolen und die des Spinoza von der imaginatio, von dem persönlichen und subjektiven Horizont des Auffassens. III. Jeder Konzentration der Aufmerksamkeit entspricht eine beziehende Leistung. Unter Beziehung verstehe ich dann ebensogut Unterscheidung und Trennung als Vereinigen, Zusammenfassen. Der Ausdruck bezeichnet nur die allgemeinste Leistung, an welche denkendes Verhalten zu Sinneseindrücken geknüpft ist. „Beziehen“ in diesem Verstande ist sonach nichts anderes als Denken überhaupt. Führen wir nun den Begriff von Erkenntniswerten ein, dann liegt der Erkenntniswert des Beziehens in der Feststellung des Zusammengehörigen. IV. Eine andere Bedingung der denkenden Auffassung, die als solche noch keine Denkleistung selbst enthält, sondern nur solche möglich macht, ist dadurch gefordert, daß die Denkleistungen sich in der Zeit vollziehen, in dieser aber die sinnliche Gegenwart der Eindrücke beständig wechselt. Der Inbegriff der psychischen Vorgänge, welche als Lebensverhalt in der Erinnerung auftreten und in Verbindung mit der Verteilung des Bewußtseins stehen, ist uns nur in den Ergebnissen vorliegend. Wir bezeichnen solche Ergebnisse als Reproduktion, als Apperzeption, als Verschmelzung. Die Grundeigenschaft aller dieser Ergebnisse ist, daß sie nicht in Aussagen über objektive Verhältnisse des inhaltlich Erlebten und Gegebenen umgesetzt (von ihnen repräsentiert) werden können, sondern nur subjektive Anordnungen und Ausgestaltungen des Erlebten oder Gegebenen sind. Dies schließt die Bedingtheit derselben durch die Objektivität und … [Text bricht ab].
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Anmerkungen zu Seite 93 V. Das Gegebene
Nicht nur Qualität und Intensität sind unableitbare Gegebenheiten, welche die logische Theorie hinzunehmen hat, sondern die Anschauung von Raum, Zeit, Bewegung und Veränderung kann zwar in ihrer Ausbildung verfolgt werden, aber diese Feststellungen setzen Gegebenheiten voraus, die nicht mit Sicherheit weiter rückgeführt werden können (cf. Empfindung). Etwas, das nicht mit Sicherheit aus Qualität, Intensität, Koexistenz und Sukzession der Empfindungen zusammen mit den Gesetzen des Seelenlebens abgeleitet werden kann, muß als anschauliche Grundlage von Raum, Zeit, Bewegungsauffassung, Auffassung der Veränderung angenommen werden. Für die Logik und Erkenntnistheorie [muß] dieses also ebenso wie Modalität, Qualität und Intensität der Empfindungen, Stellung der Qualitäten in der Modalität – kurz Inbegriff der hier statthabenden Verhältnisse – hingenommen werden. Und zwar ist nur das Zeitbewußtsein im Erlebnis als solchem fundiert, alles andere sind Gegebenheiten, welche als solche natürlich in Erlebnissen auftreten oder in ihnen als gegenständliche Sachverhalte erlebt werden. Da solche nur durch Vermittlung von Sinnen auftreten, sind sie nicht loszulösen von deren Einrichtung. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei anderen Sinneseinrichtungen, bei anderen Verhältnissen von objektivem Geschehen (wenn solches existiert) diese Gegebenheiten nicht aufträten. VI. Psychologische Hypothesen und Vermeidung derselben [H.] Cornelius, [Psychologie als Erfahrungswissenschaft. Leipzig 1897, S.] 174, 180: Aufbau aus „Zusammenfügung elementarer Inhalte“: 180. Demgegenüber 174: Jeder „Inhalt, den wir vorfinden, [erhält] im Verlauf der Analyse des Successiven oder des Gleichzeitigen d. h. als Teil einer successiven oder gleichzeitigen Mehrheit […], eo ipso seine Stelle als Glied der einen oder der anderen derartigen Mehrheit.“ Zweifellos ist Empfindungschaos, entwicklungsgeschichtlich angesehen, der erste Zustand, unterscheidet die erste Leistung der Aufmerksamkeit. Im entwickelten Bewußtsein aber verlaufen die Akte in der Apperzeption unter der Einwirkung der Erinnerung, und das Verhältnis der Vorstellungen zu den Empfindungen in der Perzeptivität ist für uns ein x. Daher jede dieser beiden Theorien wahr sein kann, ebensogut aber auch andere Verhältnisse uns ganz unbekannter Art bestimmend sein können, daher es sich um Ausschaltung dieser Hypothesen handelt. Dies ist aber nur möglich, indem wir alles Genetische ausschalten. Wir stellen also nur Denkleistungen nebeneinander, d. h. Grundverhältnisse von Inhalten, welche Beziehungen des der Empfindung Gegebenen zur Grundlage haben, da sie selbst nicht Gegebenheiten in der Sinnesempfindung sind. Die Anordnung, in der wir sie einander folgen lassen, sagt nichts aus über eine Sukzession, in der sie auftreten. Ihre Sonderung enthält keine Behauptung darüber, daß sie gesondert auftreten. Wie die Akte, welche diese Verhältnisse konstituieren, nicht im Bewußtsein verlaufen, so drücken die unterschiedenen Leistungen nicht einfach isolierte Akte aus, von denen wir keine Kenntnis haben, sondern nur logische Verhältnisse. Wären diese auffindbar, so würden sie ein erstes Apriori der Erkenntnis bilden. Die folgenden Blätter (C 78: 588 Rücks.–598) enthalten zum einen verschiedene kleinere Textstücke und Notizen D.s, die in die Abschrift des vierten Abschnitts über die elementaren Denkleistungen aufgenommen wurden, und zwar unter den Punkten: I.3. Das Problem des Doppelverhältnisses der so an den Gegenständen auffaßbaren Verhältnisse zu den gegebenen Sachverhalten und dem Auffassen selbst und I.4. Methode (hier: S. 95–99.), und zum anderen handelt es sich um Tagebuchaufzeichnungen und Notizen D.s zu den Themen Vergleichung, Ähnlichkeit, Einheit, Mehrheit, Zahl und Zahlenreihe. Sie sind hier nicht aufgenommen worden.
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Das zweite in dem genannten Umschlag befindliche Ms. (C 78: 600–610), das zum größten Teil von E. Schramm, zum kleineren Teil von Katharina Dilthey und von D. selbst geschrieben wurde, trägt die Überschrift: § 4: Die elementaren Denkleistungen Urteil und Schluß sind Akte des Denkens, gebunden an Zeichen und durch sie in ihrer Form klar und deutlich in der Zeit sich vollziehend. Es gibt aber auch ein Denken, das in der schweigenden Tiefe anschaulichen Auffassens verläuft. Dieses Denken ist der Analysis schwer zugänglich; denn da es der Darstellung in Zeichen ermangelt, kann seine Leistung nicht am Zusammenhang von Zeichen abgelesen werden: Unterscheiden, Trennen, Beziehen – das sind Leistungen, die nur in ihrem Ergebnis, den Verhältnissen, die so gut als völlig nur an unserem anschaulichen Weltbilde bestehen, von uns aufgefaßt werden. Und doch ist die Bedeutung dieser Leistungen unermeßlich. Der Handwerker, der Fabrikarbeiter, der Landmann vollziehen ihr Geschäft in dieser schweigsamen, unablässigen, oft angestrengten Denkarbeit. Fern vom Geräusch der Worte, dem Glanz der Rede geht diese Arbeit unablässig vorwärts und bildet den stillen Untergrund aller Arbeit des menschlichen Geschlechts. 2. Beschreibung dieser Denkerlebnisse Innerhalb des Gebietes des anschaulichen Auffassens ist das Denken charakterisiert durch die Leistung, Verhältnisse an dem objektiv Gegebenen festzustellen. Und dies Denken unterscheidet sich vom diskursiven durch das Merkmal, an keine Ordnung von Zeichen gebunden zu sein. In ihm haben wir es sonach nicht mit zwei Reihen zu tun, einer Reihenordnung der Zeichen, in denen ausgedrückt wird, und einer solchen der Tatbestände, die gemeint sind. Die Verhältnisse sind hier nur bewußt als Bestimmungen am Gegenständlichen, es besteht kein Bewußtsein über sie getrennt von ihrem bewußten Bestande. Kann die Leistung, durch die diese Verhältnisse da sind, in Erlebnissen aufgelesen werden? Ich gehe vorwärts zu herbstlich-bunt gefärbten Baumgruppen, vor denen ein künstlich gearbeitetes Gitter sich befindet. Hingenommen vom Reiz der Landschaft, wie ich bin, sind die Entfernungen der Eisenstäbe für mich da; aber meine Aufmerksamkeit ist nicht auf sie gerichtet, und so fasse ich die Verhältnisse, in die sie durch gleiche und dann wieder ungleiche Distanzen symmetrisch geordnet sind, nicht auf. Auch macht sich die Erinnerung an die früheren Auffassungen dieser symmetrischen Verhältnisse nicht geltend. Da wird durch irgendeinen Umstand meine Aufmerksamkeit auf das Gitter gerichtet, und sofort fasse ich nun unter Mitwirkung meiner Erinnerung die zusammengesetzte symmetrische Ordnung des Gitterwerks als eine mir bekannte in ihren Verhältnissen auf, und unter Fortdauer meiner Aufmerksamkeit erstreckt sich dieses Auffassen auf immer mehrere Distanzen und wird in der Abmessung immer genauer. Zunächst kann ich hier feststellen, daß eine Beziehung zwischen meiner zunehmenden Aufmerksamkeit und den genaueren und vermehrten Abmessungen der Distanzen stattfindet. Dann zeigt sich, daß in den Vorgang der Auffassung Erinnerungen eingehen. Das Erlebnis, in dem die Abmessungen sich vollziehen, ist sonach zusammengesetzt. Dieselbe Zusammensetzung kann ich in allen Arten von Erlebnissen aufzeigen, in denen Feststellungen von Verhältnissen in gegenständlichem Auffassen stattfinden. So werde ich zunächst im ganzen Gebiet der Auffassung von Verhältnissen im anschaulichen Denken auf die Art der Zusammensetzung der Leistung der Abmessung mit der Aufmerksamkeit oder Erinnerung achten müssen.
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Anmerkungen zu Seite 93 Die Aufmerksamkeit
Jedes Denkerlebnis enthält in sich Aufmerksamkeit irgendeines Grades. Denkerlebnisse sind unterschieden durch den Aufwand an Energie für die in ihnen stattfindende Leistung, durch die Richtung des inneren Blicks und durch den Umfang des Blickfeldes. Der allgemeinste Ausdruck für den inneren Zusammenhang hiervon ist Aufmerksamkeit. Löst man aus dem zusammengesetzten psychischen Tatbestand der Aufmerksamkeit Gefühle von Anspannung oder Ermüdung, psychologische Begleiterscheinungen, wie die wechselnde Richtung des Auges, los, so bleiben, ganz allgemein ausgedrückt, Verhältnisse der Verteilung zurück, die sich in Unterschiede der Intensität, des Umfangs und der Richtung zerlegen lassen. Es ist nun klar, daß in diesen Eigenschaften der Aufmerksamkeit nicht Leistungen enthalten sind, in denen Gegenstände nach ihren Verhältnissen bestimmt oder Urteile über diese Verhältnisse festgestellt werden. Vielmehr bezeichnet der Ausdruck nur Bedingungen der Bewußtseinsverteilung, welche solche Leistungen möglich machen. Die Verschiebung der Aufmerksamkeit steht in Beziehung zu der Stelle, an welcher innerhalb des geistigen Horizontes eine Denkleistung stattfindet, und zu der Art dieser Leistung. Aber das Aufmerken ist nicht selbst diese Leistung. Aufmerken und Leistung sind als verschiedene Seiten im Auffassen von Verhältnissen wie dann weiter in jeder Denkleistung enthalten, und sie sind im Erlebnis aufeinander bezogen. Die Abmessungen der Distanzen am wahrgenommenen Gegenstande setzen schon die Verbindung der Erinnerung mit der Wahrnehmung voraus, durch welche das Gegenwärtige in einer zeitlichen Folge zusammengefaßt wird. Bei der Entstehung der vollständigen Anschauung des eisernen Gitters vor mir kann die Erinnerung mitwirken. Zeigt sich nun gegenwärtig das Gitter nicht von vorn, so kann das Erinnerungsbild der Vorderansicht die gegenwärtige seitliche Wahrnehmung ergänzen. In Fasz. C 78 schließen sich hieran (C 78: 622–639 Rücks.) weitere Mss. zu dem Thema der elementaren Denkleistungen an, die in zwei Umschlägen mit den Aufschriften Elementare Operationen (C 78: 622) und § 6. Die elementaren Operationen des Denkens (C 78: 629) hinterlegt sind. Der erstgenannte Umschlag enthält folgenden von G. Misch geschriebenen Text (C 78: 623–627): [Aus elementaren Operationen,] welche als Auffassung des Gegebenen mittelst formaler Denkmittel sich erweisen, kann unter den Bedingungen, welche in der Wirklichkeit auf den einzelnen Gebieten enthalten sind, der ganze Logismus abgeleitet werden. 2. Vorkommen dieser elementaren Operationen in dem von der Sprache unabhängigen Denken über Wirklichkeit. Diese elementaren Operationen durchziehen das ganze Gebiet der äußeren wie der inneren Wahrnehmung. Sie sind der Form nach unterschieden von den in Worten gefaßten Urteilen. In ihnen vollzieht sich jenes schweigende Denken, welches die anschauliche Auffassung der Welt erwirkt. Zuerst von Kant ist die Identität dieser Vorgänge mit denen des diskursiven Denkens erkannt worden. So konnte Fichte den Begriff unbewußter Schlüsse einführen, den Schopenhauer benutzte. Helmholtz aber hat erst den Erweis geliefert, daß die in der anschaulichen Auffassung mitwirkenden Prozesse denen des Urteils und des Schlusses in ihrer Leistung entsprechen. Wieviel Anteil auch an der Ausbildung der Anschauung und des Erlebnisses Assoziation, Gedächtnis – kurz psychologische Vorgänge, welche nicht an sich den Charakter der Beziehung des Denkens an sich tragen – haben mögen, welches auch der Wert von Theorien, die aus jenen
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psychologischen Prozessen das Denken erklären, sein mag: die philosophische Grundlegung läßt sich daran genügen, daß das beziehende Denken in diesen seinen elementaren Leistungen besteht, und daß in demselben die Verbindung von Eindrücken oder inneren Vorstellungen zu Wahrnehmungen und Erlebnissen sich vollzieht. Und wenn jemand sich darauf beruft, daß diese Vorgänge nicht in die innere Wahrnehmung fallen, sondern eben nur die Leistung selbst, das Ergebnis von Vorgängen, so genügt der Grundlegung, daß diese elementaren Operationen in ihrer Leistung durch diskursive Urteile und Schlüsse repräsentiert werden können, und anderseits, daß diese Leistung als eine Wahrnehmung zweiten Grades in ihrem Ergebnis aufzufassen ist. Auch in der inneren Wahrnehmung wirken diese elementaren Operationen mit anderen psychischen Prozessen zusammen. Erlebnisse, die im Bewußtsein als einfach auftreten, können als das Ergebnis zusammengesetzter Prozesse aufgezeigt werden. Ein solches einfaches Erlebnis ist das Widerstandsgefühl. Und doch ist in ihm das Innewerden des Bewegungsantriebs, die Bewegungswahrnehmung, die Druckempfindung enthalten. Und diese verschiedenen Momente werden zusammengefaßt durch das beziehende Denken. Die Messung der Intensität des Denkens setzt die Vergleichung mit anderen erinnerten Druckempfindungen voraus. 3. Die Werturteile Der Mittelpunkt unseres Seelenlebens, in welchem dessen Zusammenhang gegründet ist, ist der uns dunkle Grund von Möglichkeiten für Gefühle, Triebe und Leidenschaften. Nur in seinen Wirkungen ist er für uns da: auf Grund der äußeren Eindrücke wie der von ihnen erwirkten Vorstellungen sind wir immer bereit, in innere Tumulte auszubrechen, zu Reaktionen nach außen fortzugehen. Auch für das beschreibende Verfahren ist hier der schwierigste Teil der Psychologie. Die Auffassung der Außenwelt, die Zweckhandlung, die diese zu verändern strebt, sind durch die Beziehung zur Sinnenwelt der Klarheit anschaulichen Sehens teilhaftig. Der Weg nach innen ist schwer zu gehen: der Durchschnittsmensch läßt gerade diese Region gern im Dunkeln. Er geht dem am liebsten aus dem Wege, was die Entscheidung für unser Glück enthält – der Richtung unserer Triebe, der Bildung des Charakters. Und nur jene seltenen, die Religiösen, die Dichter und Philosophen, verlieren sich in diesen Abgrund. Die Möglichkeit zu zweckmäßigen Handlungen ist darin gegründet, daß unsere primären Gefühle und Ziele in gewissen Grenzen teleologisch wirken. Doch ist ihre Beziehung auf die Erhaltung des Individuums und der Art nur sehr eingeschränkt; nur in groben Umrissen und höchst unvollkommen entsprechen sie dieser Aufgabe. Hunger belehrt uns über das Bedürfnis der Nahrungsaufnahme. Eine eigene Mattigkeit entsteht aus ungenügender Ernährung. Das Übermaß der Tätigkeit ruft Müdigkeitsgefühle hervor. Äußere Reize von einer unserem Körper schädlichen Stärke erwirken Schmerzempfindungen, und wenn dann ein normaler Zustand zurückkehrt, wird er als angenehm empfunden. So sind Lust und Unlust psychischer Art für uns ein Zeichensystem über die Angemessenheit unseres körperlichen Zustandes an die Selbsterhaltung. Ebenso wirken die von innen angeregten Gefühle zweckmäßig, welche aus der Vorstellung künftiger körperlicher Leiden und Freuden entspringen. Und eine Zweckmäßigkeit von noch durchgreifenderer Art äußert sich in den gewaltigen durchgreifenden psychischen Trieben der Nahrungsaufnahme, des Liebesaffekts und der Abwehr, welche in den Reflexmechanismen ihre körperliche Grundlage haben. Zorn und Rache haben einen teleologischen Wert. Die Leidenschaften treiben uns stachelnd voran, und ohne sie geschieht nichts Großes. Hegel bezeichnet es als die List der Vernunft, wie die großen geschichtlichen Menschen durch ihre Leidenschaften angetrieben werden, ihr Werk zu tun, das die geschichtliche Vernunft fordert. Die Entwicklung unseres Geschlechtes beruht darauf, daß die niederen sinnlichen Ziele und Gefühle durch die Ordnung der Gesellschaft zu regelmäßiger Befriedigung [kommen] und so Raum wird für die höheren und geistigen. Zugleich aber be-
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ruht sie darauf, daß das Bewußtsein des Wertes unserer Lebensmomente und der äußeren Güter, das zunächst in dem Gefühl sich unmittelbar und einzeln ausspricht, … [Text bricht ab]. Der zweite Umschlag mit der Aufschrift § 6. Die elementaren Operationen des Denkens enthält als erstes einen von D. geschriebenen Text (C 78: 630–637 Rücks.), bei dem es sich vermutlich um den Teil eines Ms. zu D.s Vorlesung über das „System der Philosophie in Grundzügen“ handelt, da er eine Paragraphenbezeichnung trägt: § 5. Die Form oder Gesetzmäßigkeit des Denkens in dessen verschiedenen Gebieten. Unterschiede und Einheiten der Form. 1. Aufgabe [am rechten Rand eine nicht entzifferbare Notiz D.s] Wir treten in den Mittelpunkt der Logik. Wir sehen: Denken ist in den verschiedenen Seiten der seelischen Struktur enthalten: im Erkennen, Fühlen und Wollen. Und zwar bildet jede dieser drei Seiten eine Entwicklungsreihe, und in jeder derselben ist sowohl im Einzelmenschen als in der Gesellschaft Zunahme und wachsende Differenzierung der Denkprozesse festzustellen. Es vollzieht sich auf jeder Seite Erfahrung. In jedem dieser Gebiete unterscheiden wir die Form der Gesetzlichkeit des Denkens und den Stoff des Gegebenen, an dem diese Form sich auswirkt. Die Form ist in der Selbsttätigkeit gegründet. Diese ergibt in jedem unserer Gebiete ein Wissen, d. h. das Erfassen irgendeiner Art von Realität. Und zwar vollzieht sich das Wissen oder Erfahren in Denkakten. Unser Problem sind nun die Denkakte, welche die Form des Denkens bilden und uns auf den verschiedenen Gebieten des Seelenlebens gegeben sind. Sie zeigen Unterschiede. Und selbst auf dem Gebiet des Erkennens für sich sind solche Unterschiede bemerkbar. Wir müssen diese Unterschiede beschreiben und in ihnen die Einheit der Form des Denkens, welche alle Spezifikationen dieser Form umfaßt, herausstellen. 2. Verhältnis zur bisherigen Logik Die Aufgabe der Logik erfährt so eine bemerkenswerte Erweiterung. Meine Auffassung der Logik berührt sich hier mit der seit Leibniz hervorgetretenen Richtung auf eine universalere Fassung der logischen Termini in einer scientia universalis und in logischem Kalkül. Es handelt sich darum, die Grenzen, in welche Aristoteles die Logik einschränkte, zu durchbrechen. Die Logik des Aristoteles hat zu ihrem Gegenstande das diskursive Denken, welches in der Sprache verläuft und in der Erkenntnis durch begriffliche Ableitung ihr Ideal hat. – Bacon und seine Schule bis Mill hat dann die Logik der Induktion und des Experiments hinzugefügt. Ganz allgemein vorgestellt ist aber die Aufgabe: eine Theorie des Denkens zu geben, welche alle Gebiete umfaßt, in denen es wirksam ist. Und da die Formen der Denkakte auf diesen verschiedenen Gebieten verschieden sind, so wird die Methode der Logik vergleichend sein müssen. 3. Durch dieses Verfahren gelangen wir zu einer wirklichen Analysis des Logismus. Logismus: Form des Denkens, wie sie in der Erkenntnissphäre ihre durchgebildete Gestalt gewonnen hat und als ein Apparat von Urteilen und Schlüssen der Logik zugrunde gelegt wird. Durch die Analyse dringen wir zur Auflösung des Problems vor, wie der Logismus sich zu dem Gegebenen verhalte, das im Bewußtsein als unabhängig vom Subjekt auftritt. Wir erkennen sonach, auf welche Art logische Evidenz mit gegenständlicher Erkenntnis verbunden ist. Gerade indem wir über das Denken im Seelengebiet des Erkennens hinausschreiten, erkennen wir das Problem der Erkenntnis. Der Zirkel, der in der Grundlegung … [Satz bricht ab].
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1. Wir unterscheiden, finden gleich und fassen Grade des Unterschieds auf. Wir können dies zusammenfassend als Vergleichen bezeichnen. 2. Wir verbinden und trennen. An dem Gegebenen sondern wir. Die Schnitte, die wir machen, sind von dessen Struktur bedingt. An einem Aggregat sondern wir dessen Teile. An jedem Konkreten sondern wir die Seiten desselben: so am Apfel seine Farbe und seinen Geruch. Weil diese durch verschiedene Sinne gegeben, sonach ursprünglich getrennte Eindrücke sind, vollziehen wir beides an dem Gegebenen, auch diese Sonderung. Und das Gesonderte verbinden wir dann wieder. Wir stellen zunächst die Verbindung wieder her, die im Gegebenen vorliegt. 3. Hieran schließt sich eine Operation, die auf diese beiden gegründet ist. Die Aufmerksamkeit ist beim Durchlaufen einer Reihe von realen Einheiten oder von Vorgängen auf das gerichtet, worin sie eins sind, und sie sieht von dem ab, worin sie voneinander unterschieden sind. In Grün, Blau, Rot ist gemeinsam das Farbigsein, die Farbe. In Hund und Wolf erkennen wir ein Gemeinsames ihrer Gestalt. Dies Aussondern desselbigen in Verschiedenem nennen wir Abstraktion. In derselben verbindet sich die Operation des Gleichfindens und die des Absonderns als gleich bestimmten von den uns [?] mannigfach unterschiedenen realen Einheiten oder Vorgängen. [Es folgt ein Zeichen, demgemäß hier das am linken Rand von D. Ergänzte einzufügen wäre. Es ist hier, um unnötige Redundanzen zu vermeiden, weggelassen worden.] Diese elementaren logischen Operationen sind nun aber nur ein Wahrnehmen zweiten Grades. Unter solchem verstehe ich Wahrnehmungen, welche sich nicht auf Eindrücke, sondern auf Verhältnisse von Eindrücken beziehen. Dies heißt natürlich nichts anderes, als daß die Richtung des Auffassens eine andere ist als bei Betrachtung eines Bildes; an dem Zusammen und der Sukzession von äußeren Eindrücken oder inneren Erlebnissen wird etwas aufgefaßt, woraus ein Urteil über solche Verhältnisse von Gleichheit, Unterschied, Grad, Teil, Ganzem etc. hervorgeht. Diese Wahrnehmungen zweiten Grades treten sofort auf, sobald gewisse Objekte oder Vorgänge aneinander gehalten werden und mit Aufmerksamkeit ihr Verhältnis aufgefaßt wird. So verschiedene Schattierungen von Grau nebeneinander: dann ist der Unterschied ebenso als Eindruck gegeben als der einzelne graue Gegenstand. Und bei geänderter Aufmerksamkeit auf das Verhältnis ist auch der Grad des Unterschiedes mitgegeben: oder ein Aggregat von Eindrücken bewegt sich, und so löst es sich für mich von seiner Umgebung los. Der Vorgang von Unterscheiden tritt ein: das Aggregat wird unterschieden von seiner Umgebung. Die Bewegung war die äußere Bedingung, unter welcher diese Wahrnehmung zweiten Grades zustande kam. Diese Wahrnehmung kann nun auch als ein Urteil bezeichnet werden. Es ist demselben charakteristisch, daß es nicht an Worte oder andere Zeichen gebunden ist. Aus diesen Operationen entstehen abstrakte Begriffe, welche die Beziehungen allgemein aussprechen, die in ihnen aufgehen. Dies sind die formalen Kategorien. Ich unterscheide dieselben von den realen, deren Ursprung wir später untersuchen werden. Solche sind Gleichheit, Ähnlichkeit, Unterschied, Grad, Einheit, Vielheit, Ganzes, Teil, Beziehung. Und nun können wir sagen: das Auffassen in den primären Operationen ist von objektiver Gültigkeit. In ihnen ist Denken und Wahrnehmen, Wahrnehmung und Urteil eins. Damit ist im Grunde die Sonderung des Logismus von dem Gegebenen aufgehoben. 4. Diese elementaren Operationen durchziehen die ganze äußere und innere Wahrnehmung. Sie treten nicht in distinkten in Worten gefaßten Urteilen hier auf, auf ihnen beruht jenes schweigende Denken, das in einem anschaulichen Auffassen der Welt enthalten ist. Diese Erkenntnis ist durch Kant und Schopenhauer verbreitet worden. Kant erkannte die Gegenwart logischer Operationen an in der Sinneswahrnehmung. Schopenhauer bezeichnete diese als Intellektualität der Sinneswahrnehmung. Dies ist auch der Sinn, in welchem zuerst Fichte,
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dann Schopenhauer und Helmholtz von unbewußten Schlüssen sprachen. Helmholtz bezeichnete mit ihnen Vorgänge in der Wahrnehmung, deren Leistung repräsentiert werden kann durch Schlüsse – sie sind Schlüssen äquivalent. Wieviel Anteil auch an diesen Vorgängen Assoziation, Gedächtnis – kurz psychologische Vorgänge nicht logischer Art haben mögen: das Denkkräftige in diesen Vorgängen, welche aus dem Aggregat der Empfindungen die Wahrnehmung und das Bild aufbauen, sind diese elementaren logischen Operationen. Nicht anders verhält es sich mit den inneren Wahrnehmungen. Auch hier können wir den Begriff der Intellektualität der Wahrnehmung anwenden. Die der inneren Wahrnehmung ist ebenfalls in den elementaren logischen Operationen gegründet. Ich nehme das Bewußtsein des Widerstands eines Objektes. Es wird nur als ein Einfaches erlebt. In Wirklichkeit ist es zusammengesetzt aus verschieden gegebenen Momenten. Wir erleben eine Intention zu einer Bewegung, wir haben eine von ihr verschiedene Bewegungswahrnehmung, ein unerwartetes Gesichtsbild tritt auf. Eine Druckempfindung macht sich zugleich bemerklich. Alles dieses verbinden wir durch logische Operationen. So tritt die Wahrnehmung eines Widerstands auf. Und ihre objektive Gültigkeit sowie die Geltung der in ihr gegebenen Außenwirklichkeit beruht auf der Interpretation […] dieser verschiedenen Gegebenheiten durch die formalen logischen Operationen. 5. Ich leugne also Brentanos Theorie von dem totalen Unterschied von Wahrnehmen und Denken. Sein allgemeiner Satz beruht auf dem scholastischen Begriff der intentionalen Inexistenz [vgl. F. Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkte. In zwei Bänden. Zweites Buch: Von den psychischen Phänomenen im Allgemeinen, Leipzig 1874, S. 115–118, 122, 127, 133, 238, 255] und auf Bolzano. = Husserl [vgl. Ders., Logische Untersuchungen (1900/01), Band II, 1. Teil: Untersuchungen zur Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis, Husserliana, Band XIX/1, hrsg. von U. Panzer, Den Haag/Boston/Lancaster 1984, S. 385 (= A 351)]. 6. Wir legen uns jetzt die Frage vor: Unter welchen Bedingungen entsteht auf dieser Grundlage des Wahrnehmens das diskursive Denken und der in ihm enthaltene Logismus? Wir gehen auch hier vom Niederen zum Höheren voran. Am linken Rand (C 78: 636 Rücks.) folgen Notizen D.s zum Thema der intentionalen Inexistenz, die hier nicht aufgenommen sind. – Die beiden nachfolgenden Abschnitte, die in dem genannten Umschlag mit der Aufschrift § 6. Die elementaren Operationen des Denkens in Fasz. C 78: 638–639 Rücks. hinterlegt sind, tragen ebenfalls Paragraphenbezeichnungen, sind also vermutlich auch Teile einer Vorlesung D.s; möglicherweise gehören die hier unter den Paragraphen 3 und 4 behandelten Texte mit dem zuvor in dieser Anmerkung präsentierten Ms. D.s, das den Paragraphen 5 enthält, zusammen. Diese drei Texte könnten Teile einer der von D. regelmäßig im Sommersemester zwischen 1899 und 1906 gehaltenen Vorlesung über das „System der Philosophie in Grundzügen“ sein. Da sie nicht aus den Systemvorlesungen von 1899 und 1903 (vgl. Ges. Schr. XX, S. 235–380) sowie 1906 (hier: S. 1–15) und mit größter Wahrscheinlichkeit nicht aus der Systemvorlesung vom Sommersemester 1905 (Mitschrift von G. Misch vom 17. Mai 1905 bis zum 26. Juli 1905, hinterlegt in Fasz. C 7: 265–295 Rücks.) stammen, sind sie vermutlich der System-Vorlesung aus dem Sommersemester 1904 zuzuordnen, eventuell aber auch einer der System-Vorlesungen aus den Sommersemestern 1900–1902. Sie lassen auch eine gewisse Nähe zur Sommerredaktion erkennen (vgl. hier: S. 21 f., 24 f.). Die beiden nachfolgend abgedruckten Texte sind lückenhafte Abschriften von Vorlesungsmanuskripten D.s, die M. Frischeisen-Köhler angefertigt hat.
Anmerkungen zu Seite 93–94
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§ 3. Die Verhältnisse in der Zeit Die Verhältnisse in der Zeit werden in der Wahrnehmung zum Bewußtsein gebracht. Sie unterscheiden sich von dem einfachen Eindruck, ja auch von der Wahrnehmung eines Objektes dadurch, daß ihren Gegenstand ein Verhältnis bildet. Verhältnisse sind nie in der Wahrnehmung als solcher gegeben. Sie gehören dem auffassenden Bewußtsein an. In diesem Falle wird die Aufeinanderfolge oder die Koexistenz, die Dauer und die Veränderung aufgefaßt. Dieses setzt die Beziehung von Erinnerung zum Eindruck und den Zusammenhang im Bewußtsein voraus. Wieder setzen wir voraus, daß diese Zusammenfassung nichts ändert am objektiven Bestand. Unter dieser Voraussetzung haben wir die objektive Gültigkeit unserer Wahrnehmungen von Koexistenz und Sukzession schon dargetan. § 4. Die primären Operationen und die formalen Kategorien 1. Durch unser ganzes geistiges Leben gehen elementare logische Leistungen hindurch. Wir unterscheiden, finden gleich und fassen Grade des Unterschieds auf. Wir können dieses zusammenfassend [im Ms. fälschlicherweise: Zusammenfassen nicht] als Vergleichen bezeichnen. Wir verbinden und trennen. An einem Gegebenen sondern [wir] voneinander Bestandteile und verbinden sie wieder. Hieran schließt sich, daß wir ein Gemeinsames, das in Einzelheiten enthalten ist, herausheben und unter Absehen von dem Differenten in den Einzelheiten für sich vorstellen. So ein Blau, Grün als Farbe, in verwandten Tierformen die Klasse, in verschiedenen Geschehen eine Gleichförmigkeit. Wir abstrahieren, wir heben das Allgemeine am Besonderen heraus. 2. Wir sahen, wie diese Vorgänge als elementare Operationen die äußere und die innere Wahrnehmung durchziehen. Intellektualität der Sinneswahrnehmung = wie aus Empfindungen ein Bild wird, so geschieht mit der Verbindung eines Aggregats [von Empfindungen] ihre Abgrenzung nach außen. So werden die Bilder auf einen Gegenstand bezogen. Indem die Erinnerungen hinzutreten, wird die Figur des Gegenstandes bestimmt. Ebenso Intellektualität der inneren Wahrnehmung. Widerstand ist kein unmittelbares Gegebenes, sondern wir erfahren ihn, indem wir die … [Satz bricht ab]. Ebenso ist in den Vorgängen von Vorziehen, Wählen und Entschluß auch ohne Bewußtsein der Vermittlungen, ohne diskursives Denken oftmals eine Leistung dieser Art enthalten. Und dies zeigt uns, daß die Operationen unser ganzes geistiges Leben durchdringen, in jedem Teil seiner Struktur gegenwärtig sind. Wir können von einer Logik der Wertbestimmungen … [Text bricht ab]. 131 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 283) statt Sinne: Verstande. – Es folgen dort dann die Sätze: Diese Analysis ist aber so lange unvollkommen, als sie nicht zurückgeht auf diejenigen Denkvorgänge, welche in der schweigenden Tiefe des Bewußtseins sich vollziehen. Diese letzteren sind schwer zugänglich, denn sie müssen analytisch ausgelöst werden aus Erlebnissen. Für sich haben sie keinen Ausdruck gefunden. 132 Es folgt in runden Klammern in der Abschrift (C 62: 7 Rücks.) sowie auch in der Vorlage (C 63: 283): Empfindungen. 133 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 283 Rücks.): und seinen Gegenständen. 134 Vorangestellt ist: Erste Gruppe der elementaren Denkleistungen. – Am Rand (C 62: 8 Rücks.) ein Verweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 400 f. (= A 365); Th. Lipps, Inhalt und Gegenstand. Psychologie und Logik, in: Sitzungsberichte der philos.-philol. und der histor. Klasse der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften zu München, Jahrgang 1905, München 1906, S. 511–669, hier: S. 514 und auf: Meine Abhandlung über gegenständliches Auffassen, Vgl.
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Anmerkungen zu Seite 94–103
hierzu D.s Vortrag vom 23. März 1905 in der Preußischen Akademie der Wissenschaften in Berlin über: „Das gegenständliche Auffassen“ (C 95: 3–64, hinterlegt in Fasz.: 271/1), der von B. Groethuysen in Band VII der Ges. Schr. als erster Teil der zweiten Studie: Der Strukturzusammenhang des Wissens, S. 24–44, erstmalig veröffentlicht wurde. 135 Diese Überschrift des ersten Abschnitts wurde aus der von D. geschriebenen Vorlage zur Abschrift (C 63: 284) ergänzt; in der Abschrift selbst (C 62: 8 Rücks.) ist nur vermerkt: 1. 136 Dahinter in Klammern (C 62: 8 Rücks.) wiederum der Verweis: meine Abhandlung. Vgl. hierzu Anm. 134. 137 E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 391 f. (= A 357). 138 Ebd., S. 392 (= A 357). 139 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 284 Rücks.) von D.s Hand: Gegenstand. 140 Am Rand (C 62: 11 Rücks.): cf. meine Abhandlung. Vgl. hierzu Anm. 134. 141 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 290 Rücks.) folgt: ist. 142 Am rechten Rand in runden Klammern (C 62: 13): gehört späterer Ausführung! 143 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 291–291 Rücks.) statt Verhältnisses: Verhaltens. 144 Chr. Sigwart, Logik, Band I: Die Lehre vom Urteil, vom Begriff und vom Schluss, 3. Aufl., hrsg. von H. Maier, Tübingen 1904, S. 18 (Anm.). 145 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 292): anzuregen. 146 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 292 Rücks.) am linken Rand eine Notiz D.s zu Chr. Sigwart, Logik, Band I, a.a.O., S. 19. (Anm.) sowie den dort genannten Autoren Zitelmann und Bierling. Vgl. E. Zitelmann, Irrtum und Rechtsgeschäft, Leipzig 1879, S. 222 ff.; E. R. Bierling, Zur Kritik der juristischen Grundbegriffe (Gotha 1877–1883), Neudruck Aalen 1965, 2 Teile in einem Band, S. 259 ff. 147 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 294) folgt noch einmal: hinzu. 148 Am Rand (C 62: 17) von B. Groethuysen ergänzt: und von der Wahrnehmung zweier grauer Teile. 149 Vgl. W. Dilthey: Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, in: Ges. Schr. V, a.a.O., hier: S. 177. 150 Am rechten Rand (C 62: 17 Rücks.) von der Hand Groethuysens: An den Anfang zu setzen. 151 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 299 Rücks.) folgt: auch. 152 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 300): … ich halte auseinander das in der Kontinuität des Zeitverlaufs Gegebene, weil es auseinander ist. 153 Am rechten Rand (C 62: 21 Rücks.) zwei unleserliche Wörter von der Hand Groethuysens. 154 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 301) folgt: in dessen Zusammen das Einzelne ist. 155 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 302 Rücks.) folgt: ein. 156 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 302 Rücks.) fehlt der folgende unbestimmte Artikel. 157 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 304): einem Sinnesphänomen. 158 Nachfolgend (C 62: 24) in runden Klammern der Hinweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 272 ff. (= A 260 f.). 159 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 304 Rücks.) fehlt: sie. 160 Es folgt in Klammern (C 62: 24 Rücks.): gegen Husserl, 218; vgl. E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 223 (= A 218). 161 Ebd., S. 223 (= A 218). – In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 304 Rücks.) folgt: und sofern. 162 Es folgt in Klammern (C 62: 25) ein Verweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 219 (= A 214). 163 Nachfolgend in Klammern (C 62: 25) die Seitenangabe von E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, ebd. (= A 215). 164 Vgl. E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 218 f. (= A 214 f.).
Anmerkungen zu Seite 103–105
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Davor (C 62: 26) der Hinweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 219–223., bes.: S. 222 f. (= A 215–218, bes.: A 218). 166 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 306 Rücks.): Sachverhalt. 167 Innerhalb dieser Aufzählung war der Name Meinong offenbar fraglich, da ihm ein in runde Klammern gesetztes Fragezeichen folgt (C 62: 27). 168 In der Vorlage zur Abschrift (C 63: 310) folgt als Ergänzung zu dieser Überschrift: und Ergebnisse. 169 Am rechten Rand der Abschrift (C 62: 29) sowie in der Vorlage derselben (C 63: 311): generelle Sätze. 170 Fasz.: C 62: 271–285 (pag. 50–56). – Von D. unter der Überschrift hinzugesetzt: Allgemeine Lehre vom Ausdruck – allgemeingültiger Begriff [?] der Interpretation – Hermeneutik: der Ausdruck und das mit ihm Gemeinte: Husserl. Lehre von den Zeichen. 171 Diese nachträglich von D. ergänzte Überschrift ist der Vorlage zur Abschrift (C 48/II: 97–116, hier: 98) entnommen worden. – In Fasz. C 76 (223): 92–103 Rücks. fand sich ein thematisch zum 5. Abschnitt: Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Aussagen haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und des Wollens gehöriges Ms. mit der Überschrift: Die Bestandteile des diskursiven Denkens, pag. 1–6 (C 76: 92–103 Rücks.), welches auf die Zeit nach 1906 datiert werden kann. Dieser von E. Schramm geschriebene und von D. um den ersten Abschnitt ergänzte Text kommt hier nachfolgend zum Abdruck: 165
Im Gebiet der Urteile, welche auf dem Gefühlsverhalten (einschließlich des von ihm bedingten Begehrens und Wollens) beruhen, muß streng zwischen Ausdruck, Aussage ohne Allgemeingültigkeit (ich finde diese Nachricht sehr erfreulich) und Urteil unterschieden werden. Urteil schließt Objektivitätsanspruch in sich. Die einheitlichen Bestandteile des diskursiven Denkens: Aussagen I. Deskription Von den elementaren Denkleistungen unterscheiden sich die diskursiven Denkvorgänge zunächst dadurch, daß hier nicht in dem Gegebenen Beziehungen zwischen dessen Inhalten angeschaut werden, sondern über diese Beziehungen in Denkakten, welche auf diesen Sachverhalt sich beziehen, Aussage stattfindet. Hierin ist sofort gegeben, daß diese Denkakte als Akte im Bewußtsein auftreten; das andere Moment liegt darin, daß sie als losgelöst von angeschautem Sachverhalt als eine zweite Reihe Bildungen in der Sprache die Festigkeit finden, die zu ihnen zurückzukehren gestattet. Unterscheiden wir zunächst die Aussagen von denjenigen Sätzen, welche den Charakter der Aussage nicht tragen. Diese Unterscheidung fordert eine vorläufige Feststellung des Aktcharakters, der den als Aussage bezeichneten Erlebnissen gemeinsam ist. Auch hier handelt es sich darum, festzustellen, was durch Name und Begriff von Aussage gemeint ist, was sie bedeuten. Versuchend müssen die Erlebnisse durchlaufen werden, welche von uns als Aussage bezeichnet werden: dann hat dieser Begriff seine Erfüllung an diesen Erlebnissen. Zirkel in jeder Namenbestimmung 1. In Sätzen tritt zunächst der Ausdruck der Gemütszustände auf. Gefühl und Wille finden ihren Ausdruck im sprachlichen Satz. 2. Unterschieden hiervon sind alle diejenigen Sätze, welche dem Verlauf der diskursiven Denkbewegung angehören. Wir unterscheiden Annahmen, Fragen, Hypothesen oder Vermutungen und Aussagen. Ihnen allen ist gemeinsam, daß sie in Satzform ausgesprochene Bestandteile (Arten) unserer Gedankenbewegung sind. Sie beziehen sich alle auf einen Sachverhalt. Unter diesem verstehen wir eine Beziehung von Inhalten, sonach ein Gegenständliches, welches dem Bewußt-
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Anmerkungen zu Seite 105–106
sein als objektiv gegenüber steht und, als in Erlebnissen, die Erfahrung sind, gegründet, zu der in der Erfahrung fundierten Realität eine Beziehung hat. Und zwar … [Satz bricht ab]. Dieser Sachverhalt ist das Was, welches gefragt, angenommen, ausgesagt, geurteilt, befohlen wird. a) Erdichtete Annahmen Ich erzähle ein Märchen. Die Bewußtseinsakte, in denen die Erzählung sich vollzieht, enthalten eine Verknüpfung von Inhalten durch Beziehungen der verschiedensten Art, die als solche Denkakte in sich schließen. Obwohl nun aber die Materie wie die Beziehungen aus der Erfahrung stammen, so ist doch das Erzählte selbst als Erdichtung nicht mit dem Charakter der Realität, der objektiven Gültigkeit ausgestattet. Die erdichtete Erzählung liegt noch jenseits [im Ms.: diesseits] der Grenze, in der das Urteil über objektive Gültigkeit, sonach Bejahung oder Verneinung, statt hat. b) Die Frage Zunächst ist klarzumachen, daß die Frage nie ein in sich abgeschlossener Denkakt ist, sondern das integrierende Glied eines Denkvorgangs, der erst in der Aussage Abschluß findet. Diese Aussage beantwortet entweder die Frage oder stellt die Unmöglichkeit einer Antwort fest. Daher der erste Wesenszug der Frage darin liegt, daß sie die Aussage vorbereitet. Andererseits hat jede Frage zu ihrer Voraussetzung die Auffassung eines Sachverhaltes. Diese muß aber unvollständig (unbestimmt) in irgendeiner Richtung sein. Und die Bestimmung des Unbestimmten in dieser Richtung muß von dem Denkverlauf gefordert sein. Hieraus entspringt die Intention, dies Unbestimmte zu bestimmen. Jedes Unbestimmte innerhalb eines sonst bestimmten Sachverhaltes schließt einen Kreis von Möglichkeiten der Bestimmung in sich. „Wer ist vor der Tür?“ Das bestimmte „vor der Tür“ ist eine Person. Zwischen den Möglichkeiten ist nun eine Auswahl zu treffen. Fälle, die hierin enthalten sind: Es wird gefordert, daß eine Möglichkeit zur Evidenz gebracht werde. Es kommt nun darauf an, den Umfang des Unbestimmten durch präzisierte Möglichkeiten zu durchlaufen und die Auswahl unter ihnen zu treffen. Es findet ein EntwederOder statt. In all diesen Fällen ist Frage derjenige Denkakt, der die Intention der Bestimmung des Unbestimmten an einem festliegenden Sachverhalt realisiert und ausdrückt. Abweis der Annahme, daß Frage Ausdruck eines seelischen Zustandes sei. Sie ist mehr, Bestandteil der Denkbewegung selbst. c) Hypothese oder Vermutung Sie ist eine Annahme wie a), denn sie ist eine Aussage, die nicht vom Bewußtsein objektiver Gültigkeit begleitet ist. Aber sie unterscheidet sich von a) dadurch, daß sie diesseits der Grenze von Bejahung und Verneinung steht, innerhalb der Sphäre der Richtung auf objektive Geltung. Hierin ist sie der Frage verwandt. Sie ist also eine Annahme auf Grund der Auffassung eines Sachverhaltes, der aber noch nicht zureicht, ihre objektive Gültigkeit festzustellen. Vermutung ist eine solche Aussage, sofern nicht in ihr die Intention auf Entscheidung mitgegeben ist. Der Denkfaule, der Zerfahrene ist voll von Vermutungen. Hypothese wird eine Vermutung, sofern die Intention vorliegt, über ihre objektive Gültigkeit bejahend oder verneinend zu urteilen. d) Aussage Aussage ist jeder Satz, der auf Grund eines Sachverhaltes ein objektiv Gültiges feststellt. Die Aussagen zerfallen in Urteile und in Regeln. 172 B. Bolzano, Wissenschaftslehre. Versuch einer ausführlichen und größtentheils neuen Darstellung der Logik mit steter Rücksicht auf deren bisherige Bearbeiter. Herausgegeben von mehreren seiner Freunde. Mit einer Vorrede des J. Ch. A. Heinroth, Band I, Sulzbach 1837, S. 88.
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Ebd. – Nachfolgend (C 62: 276) wird die Überschrift von Abschnitt 5 noch einmal fast wörtlich wiederholt: Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Aussagen haben. – Formen des Ausdrucks für das Verhalten des Gefühls und Wollens. 174 Am rechten Rand (C 62: 277 Rücks.) ein Verweis auf B. Erdmann, Logik. Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 271 f. 175 Es folgt (C 62: 278) ein in runde Klammern gesetztes Fragezeichen. 176 D. bezieht sich hier nachfolgend auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 462–465 (= A 418–420). 177 J. W. Goethe, Blinde Kuh, in: Sämtliche Werke, a.a.O., Band 1, S. 18. 178 J. W. Goethe, Kriegserklärung, ebd., S. 26. 179 J. W. Goethe, Der Abschied, ebd., S. 33. 180 J. W. Goethe, Erster Verlust, ebd., S. 42. 181 J. W. Goethe, An die Entfernte, ebd., S. 44. 182 J. W. Goethe, Abschied, ebd., S. 46. 183 J. W. Goethe, Neue Liebe neues Leben, ebd., S. 50. 184 B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 276 f. 185 Ebd., S. 283. 186 J. W. Goethe, Rastlose Liebe, a.a.O., S. 60. 187 J. W. Goethe, Am Flusse, a.a.O., S. 45. 188 D. bezieht sich hier explizit auf B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 276 und 283. 189 Am rechten Rand (C 62: 283) folgt ein Verweis in der Abschrift auf: Blatt 41 derselben; siehe hier S. 97. 190 A. Lasson, System der Rechtsphilosophie, Berlin und Leipzig 1882; Nachdruck Berlin 1967, S. 207. 191 E. R. Bierling, Zur Kritik der juristischen Grundbegriffe, a.a.O., S. 313 ff. (zur Kritik Lassons). 192 Fasz. C 62: 254–263 (pag. 57–61). Unter den Titel ist von D. gesetzt: Enthält aus anderem Manuskript eingeschlossen 20–37. – Von D. gemeint ist hiermit ein Textstück, das in Fasz. C 48/I (194): 11–47 Rücks. hinterlegt ist und die innere Paginierung 20–37 trägt. Diese von D. hier angegebenen Seiten beinhalten das Kernstück seiner Theorie der Wertschätzung, die er im Anschluß an die Vorlesung vom Sommersemester 1906, in der „Sommerredaktion“, ausgearbeitet hatte; vgl. hier: S. 34–55. Auf einem Umschlagblatt (Fasz. C 48/II: 21), das Angaben über Teile der Vorlage für die Abschrift des sechsten Abschnitts unter der oben genannten Überschrift enthält (C 48/II: 23–46 Rücks.), notiert D.: Dieses Manuskript ist aus anderen ergänzt in der Abschrift. So enthält also nur diese den ganzen Zusammenhang der Paragraphen. Gleichlautend nur bis Bl. 20. Dann neu geschrieben bis Bl. 37. Hierauf Bl. 65, 66 abzuschreiben. Dementsprechend schließt sich in der Abschrift auf dem vorausgehenden Blatt 64 der Hinweis an: Hier folgt: die Theorie der Wertschätzungen und Lebenswerte des Willens, seiner Zwecksetzung und Regelgebung, die ich zurückbehalte und bei mir nachzulesen bitte, da ich kein anderes zusammenhängendes Manuskript davon habe. Gemäß D.s Disposition müßte sich daher hier seine Theorie der Wertschätzungen, die allerdings in diesem neuen Kontext einen modifizierten Abschluß erhält, anschließen. Vgl. hier: S. 118–119 den Abschnitt über „Normen“. 193 Am rechten Rand (C 62: 255 Rücks.) ein Hinweis auf Th. Lipps, Inhalt und Gegenstand. Psychologie und Logik, a.a.O., S. 514 ff. und Ders., Leitfaden der Psychologie, zweite, völlig umgearbeitete Auflage, Leipzig, 1906, S. 5f. 194 Auf Blatt C 62: 256 folgt nach: Husserl in runden Klammern ein Fragezeichen; nach: Lipps der Hinweis auf Th. Lipps, Leitfaden der Psychologie, a.a.O., S. 6. 195 Der Schluß des Satzes wurde umformuliert: im Ms. (C 62: 261): …, auch in Gleichung bestimmt das erste durch das zweite. 173
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Am Rand von pag. 61 (Bl. C 62: 263) der Verweis auf Blatt 62 der Abschrift. Auf den nachfolgenden Blättern 62 und 63 (C 62: 264 und C 62: 265) folgt dann: Jetzt aus „Gegenständliches Auffassen“(Blatt 12–13 der Abschrift) sowie: Jetzt aus „Gegenständliches Auffassen“ (Blatt 16–19 der Abschrift). Gemeint ist hiermit eine Abschrift des Ms. von D.s zweiter Studie zur Grundlegung der Geisteswissenschaften: Der Strukturzusammenhang des Wissens. I. Das Gegenständliche Auffassen, die er am 23. März 1905 in der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften Berlin vorgetragen hat (vgl. hierzu den in Band VII der Ges. Schr. von B. Groethuysen edierten Text, S. 24–44, bes.: S. 33 ff., sowie die Angaben des Herausgebers, Ges. Schr. VII, S. 351 ff.) – Das von Groethuysen herangezogene Ms. war vor seinen Arbeiten an Band VII hinterlegt in Fasz. C 95 (243) des Berliner Dilthey-Nachlasses (Bl. 3–64). Es ist überschrieben: Studien zur Grundlegung der Geisteswissenschaften. Von Wilhelm Dilthey. Groethuysen hat es später mit den übrigen für Band VII verwendeten Materialien zusammengelegt (jetzt in Fasz. 271). – Den Hinweisen D.s folgend werden jedoch in der vorliegenden Edition nicht die hier relevanten Partien aus Fasz. 271 (C 95: 28–45 Rücks.) des später in Band VII abgedruckten Ms. eingefügt, sondern die entsprechenden Seiten einer Parallelfassung, die überschrieben ist: Letztes Manuskript. Gegenständliches Auffassen. Abschrift. Sie ist hinterlegt in Fasz. C 48/I (194): 314–337. Zum Abdruck kommen hier die Seiten 319–321 Rücks. und 328 Rücks.–331 Rücks. Die in dieser Abschrift fehlenden Teile (pag. 18 und 19) wurden ergänzt aus Fasz. C 48/II (195), das die Vorlage zu dieser Abschrift enthält (C 48/II: 40–40 Rücks.). Diese Vorlage zur Abschrift (C 48/II: 20–46 Rücks.) befindet sich in einem Umschlag mit der Aufschrift: Logischer Zusammenhang in den Geisteswissenschaften (zusammengestellt aus Manuskripten, zu benutzen) und ist eindeutig auf die Jahre nach 1906 zu datieren. 197 Hier endet die Abschrift aus Fasz. C 48/I: 319–321 Rücks., 328 Rücks.–331 Rücks.; die Fortsetzung des Ms. ist hinterlegt in Fasz. C 48/II: 40–40 Rücks. 198 In der Vorlage zur Abschrift folgt ein eingelegtes Blatt (C 48/II: 41): In die Logik-Abschrift gelegt! Herausgenommen aus: „Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen“ (Bl. 17-Bl. 37). Darunter von D.s Hand: 196
Wertbestimmungen, c.f. vor Abschnitt über Ausdruck. 1. Beziehung von Gefühl und Gegenstand, in welchem es stattfindet, 2. Ausdruck davon, daß Gegenstand – Zustand einen Wert hat. 3. Der Ausdruck davon ist verschieden nach den Wertakten = Prädikate. Die Wertprädizierung bedeutet etwas ganz anderes als die Auffassungsprädizierung, aber Prädizierung ist beides. Verschiedenheit in Beziehung zwischen Gegenstand und Prädikat – nicht Eigenschaft, sondern etc. Eine Abschrift dieser Seite, angefertigt von G. Misch, wurde in Fasz. C 78 (225): 560 gefunden. Sie trägt die innere Paginierung Blatt 64, ebenso wie das im Fortgang der hier wiedergegebenen Abschrift folgende Blatt C 62: 266. Dieses enthält wiederum den Hinweis: Hier folgt die Theorie der Wertschätzungen und Lebenswerte des Willens, seiner Zwecksetzung und Regelgebung, die ich zurückbehalte und bei mir nachzulesen bitte, da ich kein anderes zusammenhängendes Manuskript davon habe. (vgl. hier: Anm. 192). Dementsprechend wären hier nachfolgend die von D. bezeichneten Texte einzufügen, die der Abschrift der Sommerredaktion von 1906 zugehören: Fasz. C 48/I (194): 11–47 Rücks. (pag. 20–37) und Fasz. C 78 (225): 561–568 Rücks. Zu beginnen wäre mit dem Textstück C 78: 561–568 Rücks., dem der oben erwähnte Zuordnungshinweis auf den Blättern C 48/II: 41 und C 78: 560 vorausgeht. Vgl. hier: S. 31–55. 199 Dieser Abschnitt mit der Überschrift Normen, der nun mit der inneren Paginierung 65–66 folgt, ist hinterlegt in Fasz. C 62: 267–269 Rücks. Angefertigt wurde diese Abschrift von G. Misch. Die Vorlage für diese Reinschrift des Textes liegt in Fasz. C 48/II: 43–46 Rücks. Sie ist geschrieben von D.s Frau Katharina und E. Schramm. – Ein weiteres kleines Ms. mit der Überschrift Normen, das nach-
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folgend in dieser Anmerkung abgedruckt ist, ist hinterlegt in Fasz. C 76: 112–112 Rücks. Es handelt sich um eine Abschrift aus D.s Notizbüchern, angefertigt vermutlich von F. Zucker: Normen sind Regeln, welche das Subjekt des Zweckzusammenhanges als solches für Glieder des Zusammenhanges setzt. Dieses erste Merkmal haben sie gemeinsam mit Gesetzen, Verordnungen, Sitten, religiösen Vorschriften einer kirchlichen Gemeinschaft. Hinzu tritt, daß die Normen eine allgemeine Geltung haben. Die Bindung, durch welche sie festgestellt sind, enthält keine bewußte Beziehung auf den Zweck. Damit ist aber nicht entschieden, weder welches ihre Entstehung, noch welches ihre gedankliche Begründung ist. Die Frage ist also: Gibt es ein gedankliches Mittelglied, durch welches sie mit Wert und Zweckzusammenhängen etc. Die Lösung dieser Frage hängt auch hier davon ab, sie so allgemein als möglich zu stellen. Man muß das ganze Gebiet der Willensbestimmungen überblicken und innerhalb derselben alle Arten von Normen/Abgrenzungen von jenem Gebiet. 1. Der Wille verhält sich doppelt. Er bestimmt. Er wird bestimmt. Imperativ enthält dieses Doppelverhältnis. 200 Der nachfolgende Text liegt in Fasz. C 63: 414–417 in einem Umschlag mit der Überschrift Selbstbesinnung: nach Deskription (C 63: 412). Er kommt deshalb der Anweisung D.s gemäß hier nach dem Abschnitt über die Deskription des seelischen Zusammenhangs zum Abdruck. – Auf dem nachfolgenden Blatt (C 63: 413) die Notiz: Letztes Manuskript. 201 Darüber (C 63: 414) von D.s Hand: Dritter Abschnitt: Die Selbstbesinnung. 202 Fasz. C 62: 245–252 Rücks. (pag. 67–70). – Nach dem Titelblatt (C 62: 243) folgt auf Blatt C 62: 244 mit der inneren Paginierung „vor 67“:
Zusammenhang im Urteil über Wirklichkeit 1. […] 2. Im Verhältnis von Begriff und Urteil liegt: a) jedes Gesetz spricht immer eine Regel aus: wenn – dann, aber Wirklichkeit als eine Mannigfaltigkeit wird dabei vorausgesetzt. 203 Dieser Abschnitt entspricht fast wörtlich dem § 19 von D.s Berliner Logik-Vorlesung der achtziger Jahre; vgl. Ges. Schr. XX, S. 190. 204 Der nachfolgende Text ist hinterlegt in Fasz. C 63: 518–525 (pag. 71–74). 205 Anschließend (C 63: 521) ein Verweis auf: B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 236. 206 I. Kant, Logik. Ein Handbuch für Vorlesungen (§ 38), Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band IX, Berlin 1923, S. 112. 207 J. F. Fries, System der Logik. Ein Handbuch für Lehrer und zum Selbstgebrauch, Heidelberg 1811, S. 293. – Im Anschluß an die von D. ergänzte Vorlesungsmitschrift (C 63: 356–361), die als Vorlage für die Abschrift des Abschnitts Die Eigenschaften des gültigen diskursiven Denkens diente, folgt auf den Blättern C 63: 362–363 Rücks. ein Text mit der Überschrift: § 9. Theorie des Urteils:
[Notiz am rechten Rand:] Für die Vorlesung! 1. Alle Urteile [bilden] einen Zweckzusammenhang. 2. Satz und Urteil entsprechen sich nur teilweise, und zwar läßt sich nun in diesem engeren Umfang des Urteils das Verhältnis näher aus der Natur des Urteils bestimmen. 3. Das Urteil ist ein Akt, in welchem von einem Gegenstande etwas ausgesagt wird. Aussage bezeichnet das Auffassen und Aussprechen eines in dem Gegenständlichen gegebenen Sachverhalts. Das Urteil ist eine Aussage, welche ein Gegenständliches dem in ihm enthaltenen Sachverhalt ent-
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sprechend und daher mit dem Bewußtsein objektiver Gültigkeit bestimmt. Logisch angesehen bildet das Subjekt jedes Urteils ein Gegenstand oder ein Inbegriff von Gegenständen, von welchen Aussage stattfindet. Dieses allgemeine Verhältnis ist davon ganz unabhängig, welcher der Ursprung desjenigen ist, was als Sachverhalt ausgesprochen wird, und welche infolge davon die Beziehung ist, die zur Aussprache kommt. Es kann gleicherweise eine Eigenschaft zugeteilt, dasjenige, über welches ich mich freue, als ein Wert bestimmt, und dasjenige, was in einem Zweckzusammenhang nach diesem von allen ihm Zugehörigen gewollt werden muß, als Regel für sie aufgestellt werden. Kritische Folgerung: Diese Einsicht, die weiter wird näher begründet werden, ist grundlegend für die erkenntnistheoretische Einsicht, daß die Form des Urteils nicht in die Aussage des Tatbestandes etwas in ihr nicht Enthaltenes hineinbringe. Dies war die Lehre Kants von den Kategorien. Nach dieser Lehre ist das kategorische Urteil durch die Kategorien von Substanz und Akzidenz bedingt. In Wirklichkeit enthält das kategorische Urteil in seiner Form nur das ganz formale Verhältnis, daß Gegebenes durch formale Denkleistungen verbunden und aufgeklärt vor dem Denken als sein Gegenstand steht und nun im Urteil sein Sachverhalt zum Ausdruck kommt. Es wird sich dann weiter zeigen, wie das hypothetische Urteil mit Kausalität schlechterdings nichts zu tun [hat], sondern nur das formale logische Abhängigkeitsverhältnis zwischen zwei Annahmen ausspricht, und ebensowenig das disjunktive mit Wechselwirkung oder Gemeinschaft. 4. Die Frage nach den Formen des Urteils muß nach folgender Methode aufgelöst werden. Es gibt so viele voneinander unabhängige Formen des Urteils als Einteilungen sich kreuzen, d. h. eine Einteilung, die nicht einer Form der Urteile eingeordnet werden kann, sondern an allen stattfindet, ist der andern gleichwertig. Einteilungen, die sich kreuzen und sonach gleichwertig sind, sind zunächst unabhängig voneinander. Sind nun diese voneinander unabhängigen Einteilungen bestimmt, dann handelt es sich um die Frage ihres inneren Verhältnisses zueinander. Dieser Text ist hinterlegt in Fasz. C 63: 527–543 Rücks. (pag. 75–84). Das unter den nachfolgenden Punkten 1.2–4 Dargelegte weist größte Ähnlichkeit auf zum § 22 von D.s Berliner Logik-Vorlesung der achtziger Jahre; siehe Ges. Schr. XX, S. 192. 210 Die nun folgenden Sätze unter den Punkten 2–4 entstammen fast wörtlich einer Abschrift von D.s Berliner Vorlesung „Logik und Erkenntnistheorie“ vom Wintersemester 1884/85, die Friedrich Freiherr Hiller von Gaertringen angefertigt hat. Diese Vorlesungsnachschrift ist hinterlegt in Fasz. C 93 (241): 3 ff. (pag. 1–125) in D.s Nachlaß in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (vgl. hierzu Ges. Schr. XX, S. 191 f. sowie die Anm. der Herausgeber in Ges. Schr. XX, S. 385). – D. ließ die hier für seine neue Konzeption von ihm als wieder relevant erachteten Seiten 53 und 54 aus dem Kollegheft Gaertringen nach 1906 von seinem Schüler E. Schramm nochmals abschreiben (Fasz. C 63: 315–316 Rücks.), um sie in die Abschrift seines Entwurfes Das Bewußtsein des philosophischen Geistes über seine denkenden Operationen zu integrieren. 208 209
Hier endet die Einfügung aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 53–54. Vgl. zum Folgenden („Satz des Widerspruchs“, „Satz des ausgschlossenen Dritten“ und „Der Satz vom Grunde“) wiederum das Kollegheft Gaertringen, pag. 57–62 und entsprechend Ges. Schr. XX, S. 195–200. In der Vorlage zur Abschrift des Abschnitts: Die Denkgesetze und die Gesetzmäßigkeit des Denkens sind auf C 63: 322–322 Rücks. die einzufügenden Partien aus dem Kollegheft Gaertringen genau bezeichnet. Nachfolgend sind dann in Fasz. C 63 (210) die Abschriften dieser angegebenen Texte aus dem Kollegheft Gaertringen beigelegt (C 63: 323–339 Rücks.). Angefertigt wurden diese von E. Schramm und G. Misch. 211 212
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Aristoteles, Metaphysik, IV, 3, 1005 b, 19–34. I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band III, Berlin 1911, S. 141. 215 Am rechten Rand (C 63: 536 Rücks.) von D. ergänzt: Der Satz folgt aus Bejahung und Verneinung. Wenn die Negation nicht gilt, verbleibt es bei der Bejahung. Die Bejahung gilt entweder oder die Verneinung: ein drittes ist nicht möglich. 216 Darunter von D.s Hand auf Blatt C 63: 537: Ich habe eine Aussage für falsch erklärt: dann ist, wenn ich diese Erklärung aufhebe, richtig, daß es bei der Setzung sein Bewenden hat. Also folgt aus Ausschluß der Setzung die Verneinung und der Verneinung die Setzung. 217 Vgl. zu diesem Abschnitt D.s Berliner Logik-Vorlesungen der achtziger Jahre, in: Ges. Schr. XX, S. 198–200 sowie seine Vorlesung über das System der Philosophie in Grundzügen aus dem Jahre 1903, ebd., S. 365 f. 218 Hier endet der Einschub aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 57–62. 219 Das Nachfolgende wurde von D. wiederum dem Kollegheft Gaertringen, pag. 62–64, entnommen. Eine dementsprechende Anweisung ist in der Vorlage zur Abschrift in C 63: 322 Rücks. gegeben. 220 Vgl. hierzu Platon, Der Staat, Buch II, 376d-377c, neu übersetzt und erläutert von O. Apelt, sechste der Neuübersetzung dritte Auflage, Leipzig 1923; Nachdruck Hamburg 1988, in: Platon, Sämtliche Dialoge, VII Bände, in Verbindung mit K. Hildebrandt, C. Ritter und G. G. Schneider hrsg. von O. Apelt, Band V, S. 76 f. 221 Aristoteles, Lehre vom Schluß oder Erste Analytik (Organon III), Zweites Buch, 4. Kapitel, 57b. – D. zitiert Aristoteles hier fast wörtlich nach Chr. Sigwart, Logik, Band I, a.a.O., S. 259: „Mit dem Grunde ist die Folge gesetzt, mit der Folge der Grund aufgehoben.“ 222 Spinoza, Ethica, ordine geometrico demonstrata, pars secunda, propositio VII und pars prima, propositio XXIX, in: Opera. Werke. Lateinisch und deutsch, 4 Bände, hrsg. von K. Blumenstock, Darmstadt 1967, Band II, S. 168 und S. 130. 223 G. W. Leibniz, Fünfter Brief an S. Clarke, § 125, in: S. Clarke, Der Briefwechsel mit G. W. Leibniz von 1715/1716. A Collection of Papers Which Passed Between the Late Learned Mr. Leibniz and Dr. Clarke in the Years 1715/1716 Relating to the Principles of Natural Philosophy and Religion. Übersetzt und mit einer Einführung, Erläuterungen und einem Anhang herausgegeben von E. Dellian, Hamburg 1990, S. 103. 224 I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlichen Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band III, Berlin 1911, S. 166. 225 Siehe I. Kant, Über eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll, in: Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band VIII, Berlin und Leipzig 1923, S. 185–251, hier: S. 193 f.: „Ein jeder Satz muß einen Grund haben, ist das logische (formale) Princip der Erkenntniß, welches dem Satze des Widerspruchs nicht beigesellt, sondern untergeordnet ist. Ein jedes Ding muß seinen Grund haben, ist das transscendentale (materielle) Princip, welches kein Mensch aus dem Satze des Widerspruchs (und überhaupt aus bloßen Begriffen ohne Beziehung auf sinnliche Anschauung) jemals bewiesen hat, noch beweisen wird.“ Vgl. hierzu auch J. F. Fries, System der Logik, a.a.O., S. 177: „Jede Behauptung in einem Satz, muß einen anderweiten zureichenden Grund haben, warum sie ausgesagt wird. Diesen Satz des Grundes dürfen wir erstens nicht mit dem allgemeinen metaphysischen Gesetz der Kausalität: daß jede Begebenheit eine Ursach hat, verwechseln. Die Logik spricht nicht von den Ursachen der Dinge überhaupt, sondern nur von den Gründen der Wahrheit unsrer Urtheile.“ 226 Vgl. A. Schopenhauer, Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde, in: Ders., Werke in zehn Bänden, Zürcher Ausgabe, a.a.O., Bd. V, passim, bes.: § 36 ff. 213 214
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F. Ueberweg, System der Logik und Geschichte der logischen Lehren, 2. Aufl., Bonn 1865, S. 36: „Die Ordnung und Verbindung der Gedanken entspricht der Ordnung und Verbindung der Dinge.“ – Hier endet das aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 62–64, eingefügte Textstück. 228 Vgl. Chr. Sigwart, Logik, Band I, a.a.O., S. 259 und S. 252. 229 Anschließend (C 63: 540 Rücks.) in runden Klammern ein Verweis auf B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 291. 230 Am rechten Rand (C 63: 541 Rücks.) ein Verweis auf J. F. Fries, System der Logik, a.a.O., S. 175. 231 Ebd., S. 174. 232 Es folgt (C 63: 542) in runden Klammern: Vgl. Fries, 187 ff. Siehe hierzu J. F. Fries, System der Logik, a.a.O., S. 565 f.: „So wie das Mittel die Ursach ist und der Zweck die Wirkung, das Mittel aber um des Zweckes willen gesucht wird, so nennen wir auch in der Natur die letzten zusammengesetzten Wirkungen in den Erscheinungen gleichsam Zwecke der Natur, für welche wir die Mittel aufsuchen wollen, durch die sie hervorgebracht sind.“ 233 Voraus geht auf Blatt C 63: 542 Rücks. ein Hinweis auf Chr. Sigwart, Logik, Band I, a.a.O., S. 260. 234 Es folgt in runden Klammern (C 63: 542 Rücks.) die Angabe: Riehl 241; vgl. A. Riehl, Der philosophische Kriticismus und seine Bedeutung für die positive Wissenschaft, 2. Band, 1. Theil: Die sinnlichen und logischen Grundlagen der Erkenntniss, Leipzig 1879, S. 240 f. sowie 2. Band, 2. Theil, a.a.O., S. 240 f. 235 Das Nachfolgende ist wörtlich dem Kollegheft Gaertringen, pag. 65–66, entnommen. 236 J. Delboeuf, Essai de logique scientifique. Prolégomènes. Liége 1865, S. 108: „L’enchaînement logique des idées correspond à l’enchaînment réel des choses.“ 237 Hier endet das aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 65–66, eingefügte Textstück. 238 Der nachfolgende Text ist hinterlegt in Fasz. C 63: 480–515 (pag. 85–108). 239 Am rechten Rand (C 63: 483) ein Verweis auf W. Schuppe, Erkenntnistheoretische Logik, Bonn 1878, S. 120. 240 Am rechten Rand (C 63: 484 Rücks.): Ist hier über Werturteile eine Darstellung wünschenswert? 241 Die Überschrift und dieser erste Satz wurden aus der Vorlage zur Abschrift (C 48/II: 48–82, hier: C 48/II: 57) übernommen. 242 J. Vahlen, Über Horatius’ Brief an die Pisonen. Aus den Sitzungsberichten der Berliner Akademie der Wissenschaften 1906; Abdruck in: J. Vahlen, Gesammelte philologische Schriften, Zweiter Teil: Schriften der Berliner Zeit 1874–1911, Leipzig / Berlin 1923; Nachdruck Hildesheim / New York 1970, S. 746–774. 243 Das Nachfolgende ist von D. wiederum entnommen worden aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 91–96. Vgl. hierzu die in die Vorlage zur Abschrift dieses Abschnitts eingefügten Hinweise auf die entsprechenden hier heranzuziehenden Seitenzahlen im Kollegheft Gaertringen (C 48/II: 58) sowie die sich hieran anschließende, nicht ganz vollständige Abschrift dieser Seiten durch E. Schramm (C 48/II: 59–60 Rücks., 62 Rücks.–70). Siehe hierzu auch D.s Berliner Logik-Vorlesungen der achtziger Jahre, in: Ges. Schr. XX, S. 216–219. 244 Im Ms. (C 63: 491): materielle. 245 Hier endet die Einfügung aus dem Kollegheft Gaertringen, pag. 91–96. 246 A. Höfler, Logik. Unter Mitwirkung von Dr. Alexius Meinong (= Erster Teil der philosophischen Propädeutik), Prag / Wien / Leipzig 1890, S. 154. Unveränderter Abdruck aus der Gesamtausgabe von Höflers Grundlehren der Logik und Psychologie (1903), 4. Aufl., Leipzig und Wien 1907. 247 J. F. Fries, System der Logik, a.a.O., S. 210. 248 Ebd., S. 230. 227
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Ebd. S. 233 ff. In den nachfolgenden Kapiteln hat D. wiederum größere Textstücke aus dem Kollegheft Gaertringen, und zwar pag. 96–101 und 104–110, verarbeitet. – Vgl. hierzu die Anweisungen zur Einfügung der entsprechenden Passagen aus dieser Vorlesungsnachschrift in der Vorlage zur Abschrift dieses Abschnitts über die Bestandteile des Denkens in C 48/II: 58 und 80; vgl. auch Ges. Schr. XX, S. 219–222, 224–228. 251 Hier endet der Einschub aus dem Kollegheft Gaertringen. – Die nachfolgenden zwei Kapitel: Das Schließen auf dem Gebiet der Wertgebung und Der Schluß im Gebiet der Regelgebung sind neu von D. hinzugesetzt. Ihre Abfassung ist eindeutig auf die Jahre nach 1906 zu datieren. 252 Es folgt (C 63: 515) in runden Klammern der Hinweis auf Chr. Sigwart, Logik, Band I, a.a.O., S. 438. 253 Anschließend in runden Klammern ein Verweis auf ebd., S. 446 f. – Auf dem folgenden Blatt (C 63: 516) von der Hand E. Schramms die Notiz: Hier folgte unter dem Titel „Regelsammlung“ eine Sammlung, in der das Problem der Regel in der Poetik behandelt ist. Liegt jetzt bei Poetik. Gemeint ist hiermit wahrscheinlich ein Text mit der Überschrift: Regelsammlung, der in Fasz. C 55 (202): 108–124 gefunden wurde. Einige Randnotizen mit Seitenzahlen lassen erkennen, daß dieses Ms. zu Anfang auf den Beitrag D.s zur Festschrift für E. Zeller zu dessen fünfzigjährigem Doktor-Jubiläum starken Bezug nimmt: Die Einbildungskraft des Dichters. Bausteine für eine Poetik, in: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigem Doctor-Jubiläum gewidmet, Leipzig 1887; Nachdruck Leipzig 1962, S. 303–482; Wiederabdruck in Ges. Schr. VI, S. 103–241. – Vermutlich stammt dieser nachfolgend abgedruckte Text aus den Jahren 1907/08, in denen D. in einem zweiten Anlauf an der Umarbeitung seiner Poetik arbeitete (vgl. hierzu die Anmerkungen des Herausgebers G. Misch in: Ges. Schr. VI, S. 307–313). Nachfolgend kommt der Text: Regelsammlung, der von G. Misch geschrieben wurde, hier zum Abdruck. 254 Am rechten Rand (C 55: 109): Poetik 311; vgl. Ges. Schr. VI, S. 107. 255 Vgl. Ges. Schr. VI, S. 126. 256 Am rechten Rand (C 55: 109 Rücks.) der Hinweis auf D.s Poetik, S. 337; vgl. hierzu Ges. Schr. VI, S. 128 sowie J. P. Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, hrsg. von Ch. Michel unter Mitwirkung von H. Grüters, in: J. W. Goethe, Sämtliche Werke, Briefe, Tagebücher und Gespräche, 40 Bände, II. Abteilung: Briefe, Tagebücher und Gespräche, hrsg. von K. Eibl u. a., Band 12 (39), Frankfurt a.M. 1999, S. 291 (20. Oktober 1828). 257 Am rechten Rand: 339; vgl. Ges. Schr. VI, S. 129. 258 Am rechten Rand (C 55: 110): Poetik 353; vgl. Ges. Schr. VI, S. 140 f. 259 Am rechten Rand: Jean Paul in der „Vorschule der Ästhetik“; vgl. hierzu Jean Paul, Vorschule der Ästhetik, § 57, in: Werke, hrsg. von N. Miller, Fünfter Band, München 1963, S. 211 f.; von D. zitiert in: Die Einbildungskraft des Dichters, a.a.O., S. 404 sowie in Ges. Schr. VI, S. 180. 260 Am rechten Rand (C 55: 110 Rücks.): Goethe. Poetik 437; vgl. J. P. Eckermann,Gespräche mit Goethe, a.a.O., S. 615 (6. Mai 1827); von D. nicht wortgetreu zitiert in: Die Einbildungskraft des Dichters, a.a.O., S. 437 sowie in: Ges. Schr. VI, S. 206 f. 261 Am rechten Rand (C 55: 111) ein Verweis auf G. Freytag, Die Technik des Dramas, in: Ders., Gesammelte Werke, Erste Serie, Band 2, Leipzig und Berlin o. J., S. 292 f. – Auf diese Schrift nimmt D. im Folgenden weiterhin Bezug. 262 Vgl. ebd., S. 300. 263 Ebd., S. 318. 264 Ebd., S. 328. 265 Ebd., S. 332. 266 Ebd., S. 534. 267 Ebd., S. 535. 249 250
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W. von Humboldt, Ideen zu einem Versuch, die Gränzen der Wirksamkeit des Staats zu bestimmen, in: Werke in fünf Bänden, hrsg. von A. Flitner und K. Giel, 3. Aufl., Darmstadt 1980, Band 1: Schriften zur Anthropologie und Geschichte, S. 56–233, hier: S. 90. – D. zitiert W. von Humboldt nach F. Paulsen, System der Ethik mit einem Umriß der Staats- und Gesellschaftslehre, 2. Aufl., Berlin 1891, S. 883. 269 D. zitiert auch J. St. Mill nach F. Paulsen, System der Ethik, a.a.O., S. 883. Vgl. J. St. Mill: Die Freiheit. Übersetzt von Th. Gomperz, in: J. St. Mill, Gesammelte Werke. Autorisierte Übersetzung unter Redaktion von Th. Gomperz, Band 1, Leipzig 1869; Neudruck Aalen 1968, S. 9. 270 F. H. Jacobi, zitiert bei F. Paulsen, System der Ethik, a.a.O., S. 896 (Anm.). 271 Fast wörtliches Zitat aus: E. von Hartmann, Philosophie des Schönen. Zweiter systematischer Theil der Aesthetik, in: Ausgewählte Werke, Band 4, Berlin 1887, S. 747; vgl. auch zum Nachfolgenden ebd., S. 747 f. 272 I. Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Gesammelte Schriften, hrsg. von der Königlich Preußischen Akademie der Wissenschaften, Band VI, Berlin 1914, S. 233. 273 Ebd., S. 236f. 274 Ebd., S. 287. 275 Ebd., S. 363. 276 C. Beyer, Deutsche Poetik. Theoretisch-praktisches Handbuch der deutschen Dichtkunst, 2 Bände, 3. Aufl., Berlin 1900, Band 1, S. 111. 277 R. von Gottschall, Poetik. Die Dichtkunst und ihre Technik. Vom Standpunkte der Neuzeit, Band 1, 6. Aufl., Breslau 1893, S. 50. 278 R. Wagner, Oper und Drama. Dritter Teil: Dichtkunst und Tonkunst im Drama der Zukunft, in: Gesammelte Schriften und Dichtungen in zehn Bänden, hrsg. von W. Golther, Berlin / Leipzig / Wien / Stuttgart o. J., Band 4, S. 103–229, hier: S. 208; D. zitiert Wagner nach R. von Gottschall, Poetik, a.a.O., S. 75. 279 R. von Gottschall, Poetik, a.a.O., S. 87. 280 Vgl. hierzu und zu den zwei folgenden Zitaten C. Beyer, Deutsche Poetik, Band 2, a.a.O., S. 13. 281 Ebd., S. 14 f. 282 Ebd., S. 24. 283 Ebd., S. 32. 284 Vgl. ebd., S. 35. 285 Ebd., S. 37. 286 Ebd., S. 51. 287 Ebd., S. 56. 288 Ebd., S. 58. 289 G. E. Lessing, Laokoon: oder über die Grenzen der Malerei und Poesie, in: Werke, in Zusammenarbeit mit K. Eibl, H. Göbel u. a. hrsg. von H. G. Göpfert, Band 6: Kunsttheoretische und kunsthistorische Schriften, München 1974, S. 81. 290 Ebd., S. 102 f. 291 Ebd., S. 103. 292 Vgl. C. Beyer, Deutsche Poetik, Band 2, a.a.O., S. 59. 293 Vgl. ebd., S. 72. 294 I. Kant, Die Metaphysik der Sitten, a.a.O., S. 407. 295 Ebd., S. 408. 296 Ebd., S. 455. 297 Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. August 1896 nebst dem Einführungsgesetze vom 18. August 1896, hrsg. von O. Fischer und W. v. Henle, 7. Aufl., München 1906, S. 4 (§ 4). 298 Ebd., S. 4 (§ 5). 268
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Ebd., S. 6 (§ 8). Ebd., S. 75 (§ 134). 301 Am rechten Rand (C 55: 123) die Quellenangabe: Blümner, Laokoon p. 39. – D. zitiert Lessings „Laokoon“ hier und in den vier folgenden Randbemerkungen nach der Ausgabe: Lessings Laokoon, herausgegeben und erläutert von H. Blümner, Berlin 1876, S. 39 f. 302 Ebd., S. 40. 303 Ebd., S. 51. 304 Ebd, S. 110. 305 Ebd., S. 126. – Neben dem hier abgedruckten Ms. ist in Fasz. C 55: 188–197 Rücks. ein weiterer Text hinterlegt, welcher das Problem der Normen in der Poetik behandelt. Dieses Ms., das keine Überschrift trägt, befindet sich in einem Umschlag (C 55: 184) mit der Aufschrift: „Poetik. (Labers.) Abschrift“. Geschrieben sind dieser Titel sowie der Text selbst von E. Schramm. Es handelt sich hierbei um die Abschrift eines Ms. von D., angefertigt frühestens 1906. Vermutlich wurde der Text von D. entweder im April 1907 oder aber zwischen November 1907 und Mai 1908 verfaßt, denn in diesen Monaten wohnte er nachweislich, wie mehrere Briefe aus dieser Zeit belegen, in der Schloß-Pension Labers in Meran. 299 300
Zunächst handelt es sich um die Begriffsbestimmung der Kunst. Denn nur auf Grund derselben können deren Normen festgestellt werden. Die große Verschiedenheit der einzelnen Künste macht es sehr schwierig, das Gemeinsame derselben so abzugrenzen, daß entsprechend der Natur erfüllter geisteswissenschaftlicher Begriffe das Wesen der Kunst ausgedrückt wird. Entsprechend der Philosophie etc. handelt es sich, wie bei aller Systematisierung der Kultur, darum, daß das Wesen der Kunst so labil, veränderlich in bezug auf die Bestimmung von Eigenschaften der Werke, die unter sie fallen, ist, daß nur ein Begriff, der das Gesetz dieser Veränderlichkeit in sich trägt, genügen kann. Ist Karikatur Kunst? Lehrgedicht? Leseroman? Ein Fest? Man kann dialektisch jede Bestimmung nach Gegenständen oder nach Verhaltungsweise ([vgl. M.] Dessoir [, Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft in den Grundzügen dargestellt, Stuttgart 1906, passim, bes.: S. 5, 112, 308])) als unzureichend dartun: sie treffen nicht das, was den ganzen Begriff bestimmt, und nur die Funktion, die in der Struktur der Kunst gelegen ist, trifft daher dasjenige, was etc. Die Funktion steht dann in festen Beziehungen sowohl in dem in ihr gegründeten künstlerischen Verhalten als zu den daraus hervorgehenden Eigenschaften der Werke. In dem System der Struktur ist angelegt, daß zwischen der Erkenntnis des Wirklichen und der Überführung der Zwecke in die Wirklichkeit der Genuß, den die wenn auch nur vorübergehenden Befriedigungen enthalten in Geselligkeit, Festspiel und Kunst, sich realisiert. Diesem Gebiet gehört die Kunst an, und ihr Merkmal ist, daß sie Werke hervorbringt, die ihren Zweck in sich selber tragen und das Interesse des Anschauenden befriedigen. [Nachfolgend (C 55: 190 Rücks.) der Verweis auf: W. Dilthey, Die Einbildungskraft des Dichters, a.a.O., S. 339; vgl. Ges. Schr. VI, S. 130.] So ist das allgemeinste Merkmal der Kunst, daß die Darstellung und Betrachtung ihrer Werke Befriedigung gewährt. Aber mit diesem Merkmal werden zwar in rohem Umriß diese Werke abgegrenzt vom Wissen und Wirken, aber das Wesen der Kunst wird hierdurch nicht ausreichend bestimmt. Wir finden nun weitere Merkmale, die allen Kunstwerken gemeinsam sind. Vergleichendes Verfahren mit den Kunstwerken hat sie seit der Begründung der modernen Ästhetik festgestellt. Und da diese Merkmale das Kunstwerk als solches charakterisieren, können sie zugleich als die Regeln aufgefaßt werden, an welche das Kunstwerk gebunden ist. Indem wir sie nun auszusprechen suchen, macht sich sogleich bemerkbar, daß sie erst an den einzelnen Künsten aufgezeigt werden müssen, um dann als Generalisation, die auf Vergleichung dieser Künste beruht, ganz allgemein ausdrückbar zu werden. Da nun aber die einzelnen Künste in ihrer wissenschaftlichen Darstellung noch nicht zu unbestrittenen Grundlagen gelangt sind, muß der metho-
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dische Weg durch die Charakteristik und Normenbestimmung der einzelnen Künste zur allgemeinen Kunsttheorie vorwärtsgehen. Daher setzt diese Kunsttheorie unter anderen Einzeldisziplinen auch die Poetik voraus. Nur eine allgemeine Charakteristik und eine unbestimmte Regelgebung kann vorausgesandt werden. Generelle Norm Der allgemeine Charakter von Schaffen, Darstellen, Anschauen ist immer Einheit in der Mannigfaltigkeit. Dieses allgemeinste Gesetz menschlichen Auffassens regiert auch die Kunst. Erstes Merkmal: [nachfolgend (C 55: 193 Rücks.) ein Verweis auf J. Volkelt, System der Ästhetik, Erster Band, München 1905, S. 83 ff.] Jeder ästhetische Gegenstand ist uns in der Wahrnehmung gegeben. Raum, Farben, Ton, Sprache sind die sinnliche Grundlage jeder Kunst. In diesen Medien tritt sie auf. Zweites Merkmal Sonach ist jedes Kunstwerk eine Einheit des Mannigfaltigen, die in der Anschauung gegeben ist (also kein Begriff, da im Begriff das Subordinationsverhältnis liegt), jedes Anschauliche besteht aus Teilen, die in irgendeinem, sei es räumlichen oder ideellen, Nebeneinander bestehen. Drittes Merkmal Die Anschauung, welche die Kunst charakterisiert, ist erfüllt von einer Stimmung, die in einer Mannigfaltigkeit des Gefühls sich ausbreitet. Auch dies ist nur ein empirisch an jedem Kunstwerk aufzeigbares Merkmal. Zunächst ist in der Struktur des Seelenlebens gegeben ein über den Gegenstand Sich-freuen, das Erfülltsein der Anschauung vom Gefühl bezeichnet also zunächst dies Strukturverhältnis, nach welchem das Anschauliche Gegenstand ist, über den Freude, Stimmung etc. stattfindet. Wenn in den Gegenstand selbst eine ihm einwohnende Lust oder Spannung verlegt wird, so ist dies etc. Viertes Merkmal Es ist nun die Natur des Kunstwerkes weiter, daß das Anschauen selbst Befriedigung gewährt, es fordert weder Besitz, noch ruft es zur Tätigkeit auf. Diese Befriedigung wird in dem Grade dauernd und fesselt an das Kunstwerk, als der ganze Mensch an ihr teilnimmt, so daß er völlig ausgefüllt wird von der so entstehenden Befriedigung. Diese sind die einigermaßen eindeutigen Merkmale des Kunstwerks. Das Merkmal der Bedeutsamkeit, das des ideellen Scheines, der Illusion etc. haben in den verschiedenen Künsten einen unterschiedlichen Wert. Kunst als eine Funktion Indem man nun versucht, diese Merkmale in einen inneren Zusammenhang zu bringen, erweist es sich als unmöglich, Kunst zu definieren durch die Eigenschaften der künstlerischen Gegenstände (vgl. [M.] Dessoir [, Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft, a.a.O., S. 116, 282]), ebenso aber auch kann sie nicht definiert werden durch eine bestimmte Verhaltungsweise etc. Sie ist eine Funktion im Haushalt des gesellschaftlichen Lebens. Norm Was das Kunstwerk als solches bezeichnet, muß dasjenige sein, worin die künstlerische Funktion sich erfüllt. Das gibt aber ihm seinen Wert oder seine Vollkommenheit. Sonach kann die Verwirklichung dieses Merkmals auch als eine einzelne Norm formuliert werden, an welche die Realisierung der Funktion der Kunst gebunden ist.
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Wie eng für D. seit 1906 Logik und Poetik zusammengehören, belegen auch seine folgenden Aufzeichnungen, die in Fasz. C 55: 43–43 Rücks. (geschrieben von G.Misch) und Fasz. C 5: 307–308 (gleichlautende Abschrift, angefertigt von E.Schramm) hinterlegt sind. Sie lassen eine von D. hergestellte Beziehung zwischen der Poetik und zwei Abschnitten zur Logik aus der System-Vorlesung vom Sommersemester 1906 eindeutig erkennen: Grundlegung der Poetik I. Lyrik Lehre vom Verhältnis von Urteil und Ausdruck als Grundlage der Lyrik. Letztes Logikheft (§ 5: Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Sätzen haben etc. [vgl. in diesem Band S. 105–111: „Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Aussagen haben. Formen des Ausdrucks für Verhalten des Gefühls und Wollens“]). Erkenntnistheoretisch: Lehre vom Innewerden und innerer Erfahrung. Psychologisch: Grenzen der Deskription. II. Erzählkunst Logische Grundlage in letztem Logikheft (§ 12: Bestandteile des Denkens, Blatt 7 über das Schließen [vgl. hierzu die Vorlage zur Abschrift von „Die Bestandteile des Denkens“ in Fasz. C 48/II: 48–82, hier: 78–78 Rücks. „Das Schließen“, pag. 7; vgl. in diesem Band S. 145]). Hier Unterscheidung von Beschreibung und Erzählung und den schließenden Denkverbindungen. III. Drama Unterschiede in der Struktur von Drama, Akt und Szene zwischen dem dramatischen Wert der einzelnen Szenen: Die exponierenden Szenen Die Szenen, welche in loser Verknüpfung mit der Handlung: a) die Stimmung für eine große Szene vorbereiten, b) diese ausklingen lassen. Die Szenen, die dramatische Handlung etc. Diese von D. vorgenommene Verknüpfung von Logik und Poetik wird weiterhin an seiner folgenden kleinen Skizze (Fasz. C 55: 45; identische Abschrift durch E. Schramm in Fasz. C 55: 305) deutlich: Poetik. Sprache Form abhängig von Sprache Lyrik Ausdruck
Epik Gegenständliches Auffassen dieses: Ruhe
Drama Die ganze Lebendigkeit der Subjekte
Eine Datierung dieser hier abgedruckten Mss. aus dem Fasz. C 55 (202) auf die Jahre 1906/1907 (wahrscheinlich Frühjahr 1907) wird zum einen bestätigt durch D.s Bezugnahme auf den erstmalig in der System-Vorlesung von 1906 erscheinenden § 5: Sätze, die nicht den Charakter von allgemeingültigen Sätzen haben, zum anderen durch einen Brief von E. Schramm an D., der sich zu dieser Zeit in Meran aufhielt, vom 11. Januar 1908 (Fasz. C 55: 353–356). Schramm teilt D. hierin mit, daß er die von D. erwünschten Abschriften von Texten, die im Zusammenhang mit der Poetik stehen, angefertigt
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habe und D. nachsende. Da er die Auswahl dieser abzuschreibenden Mss. selbst vorzunehmen hatte, listet er in dem genannten Brief sehr genau und für D. in der Ferne nachvollziehbar die Aufbewahrungsorte der abzuschreibenden Mss. auf. Nach diesen Angaben befanden sich die hier zum Abdruck kommenden Handschriften zur Poetik bezeichnenderweise, für Schramm jedoch unverständlicherweise, in einem Konvolut zusammen mit solchen zu den Werturteilen. Schramm schreibt an D.: 2. Großer Schrank am Ofen, unten bei den Werturteilen, aber nicht zu diesen gehörig: einige Blätter Poetik etc. geschrieben, wie ich glaube, vor der Abreise Ostern 1907 und dann mit Werturteilen u. a. dort zusammengelegt. Hab ich recht verstanden, so wäre dies das zuletzt Geschriebene gegenüber dem früher Abgeschriebenen und Mitgenommenen. 306 Fasz. C 48/I: 263–265 (pag. 109). 307 Fasz. C 62: 240–241 Rücks. (pag. 110). – In Fasz C 7 (141): 163–163 Rücks., 168 fand sich in einem von D. beschrifteten Umschlag mit der Aufschrift Teil I. Grundlegung. Abschnitt II. Erkenntnistheorie. Erstes Stück: Der Erkenntniswert des Denkens (C 7: 156) thematisch hierzu gehörig folgendes Textstück: Die Erkenntnistheorie hat zu ihrem Gegenstande das Erkennen. Unter diesem verstehen wir im Unterschied vom gültigen Denken irgendeine Art von Erfassen realer Objekte. Logik untersucht die Gültigkeit des Denkens, Erkenntnistheorie fragt, wiefern aus dem Erlebten und Gegebenen, d. h. den Erfahrungen, durch gültiges Denken Erkennen, d. h. Erfassen eines realen Objektiven, möglich sei. Diese Erkenntnis bezieht sich auf Wirklichkeit. Ist diese Grundfrage erledigt, dann entsteht die nach Werten, nach Zwecken, Regeln = Rechtfertigung des Wissens in allen Formen. Skeptizismus, Relativismus. Beantwortung dieser Frage = der Kernpunkt der Philosophie überhaupt. Zwei Methoden, ein objektives Wissen zu rechtfertigen. Die erste schränkt sich auf Wirklichkeitserkenntnis ein, die andere ist allgemein. 1. Wir gehen von den Wissenschaften aus. Sie gestatten Voraussage. Wiefern ist darin Gültigkeit der Erkenntnis der äußeren Objekte enthalten? Kant: Naturwissenschaft, vgl. das Ausgeschaltete. 2. Wir gehen von der Zergliederung des Denkens selber aus. Analysis. 1. Elementare Operationen objektiv. 2. Der Logismus. Resultate der Logik. Ist eine Repräsentation. 308 Nachfolgend (C 62: 241) der Hinweis auf I. Kant, Kritik der reinen Vernunft, 2. Aufl., II. Abschnitt, § 15, 16, a.a.O., S. 107–110.
B. Texte zum Zusammenhang von Strukturlehre und Theorie des Wissens (nach 1904) Die in diesem Teil der Edition zusammengestellten Mss. sind den Fasz. C 4 (138), C 10 (144), C 49 (196), C 52 (199), C 63 (210), C 78 (225) und C 96 (244) des Dilthey-Nachlasses der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften entnommen. Eines der Mss. stammt aus Fasz. A 45 (46) und ist später in Fasz. 258 hinterlegt worden. Gemeinsam ist diesen Texten, daß sie den Zusammenhang von Erleben und Wissen und dementsprechend den Konnex von Strukturpsychologie und Wissenstheorie in verschiedenen Hinsichten thematisieren. Sie zeigen, wie D. in den Jahren 1904 bis 1911 nach der Entstehung und nach den Bedingun-
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gen objektiven gültigen Wissens, nicht nur von äußerer gegenständlicher Wirklichkeit, sondern besonders auch von Verhaltensregeln, Werten und Zwecken fragt, wobei er voraussetzt, daß Menschen immer nach einer möglichst festen Orientierung suchen, um richtig handeln und ihr Leben sinnvoll gestalten zu können. Diesem Ziel dienen das Denken und die Reflexion. D. beschreibt, wie das Denken in allem Verhalten wirksam ist: von dem intuitiven Wissen in der Auffassung von Sinneseindrücken über das in den strukturell mannigfach unterschiedenen Erlebnisarten enthaltene Wissen und über das in verschiedenen Artikulationsmodi repräsentierte Wissen bis hin zum reflektierten und aufgeklärten Wissen von den Erlebnissen in der Analyse der Strukturzusammenhänge menschlicher Verhaltensweisen und der in ihnen wirksamen logischen Operationen. Von Wissen spricht D., weil in allem Erleben und Verhalten immer etwas gegeben ist, das dem Erlebnis transzendent ist und in unterschiedlichen Graden bewußt gemacht und herausgestellt werden kann. Dies gilt für den verständigen Umgang mit Personen und Dingen ebenso wie für die Erkenntnis eines Gegenstandes im Benennungsurteil oder für eine wissenschaftliche Aussage; das Äußerste sind hier für D. metaphysische Aussagen, die unbedingt erscheinen, weil ihr Ursprung gänzlich verdeckt ist. Letztes anvisiertes Ziel dieser Phänomenologie der Erkenntnis ist das Wissen von Strukturzusammenhängen als erkenntnistheoretisches Apriori. Hierbei kommt der Entwicklung einer adäquaten Begrifflichkeit für diese deskriptive oder konkrete Psychologie bzw. Anthropologie eine wesentliche Rolle zu. Geschrieben wurden die Mss. zum Teil von D. selbst, zum Teil von seiner Tochter Clara sowie von H. Zeeck, G. Misch, F. Zucker, M. Frischeisen-Köhler und zwei unbekannten Schreibern.
Lebenszusammenhang und Strukturzusammenhang des Wissens 309 Der nachfolgende Text ist hinterlegt in Fasz. C 49 (196): 155–157; 166–166 Rücks.; 168–169 Rücks.; 146–146 Rücks. Bei diesem Ms. handelt es sich vermutlich um ein Diktat D.s, das zum größten Teil von H. Zeeck, zum kleineren von unbekannter Hand geschrieben wurde. Ein Blatt sowie einige wenige Zusätze sind von D. geschrieben. Der Schluß dieses Ms. ist identisch mit dem Schluß des von B. Groethuysen in Band VII der Ges. Schr. als „Zusatz zum Aufbau der geschichtlichen Welt“ herausgegebenen Textes „Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften“ (VII, S. 323–331, hier: S. 330 f.). Laut Groethuysen handelt es sich bei diesem in Fasz. C 50 (197) hinterlegten Text um einen nicht in den „Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften“ von 1910 aufgenommenen Druckbogen. 310 Am linken Rand (C 49: 168 Rücks.) eine Annotation von D.s Hand: Das Ganze alles Getrennten entsteht. 311 Am linken Rand (C 49: 168 Rücks.–169) von D.s Hand: Ihr Zusammenfallen im Bewußtsein. Der Aufbau, in welchem nicht eine Schicht die andere trägt, sondern durch eine Beziehung bestimmt. Dann aber … [Text bricht ab]. 312 Fasz. C 78 (225): 86–94 Rücks. Diktat D.s, von D. ergänzt und korrigiert und teilweise neu geschrieben. – Dieses Ms. steht in großer Nähe zu D.s erster Studie über die Grundlegung der Geisteswissenschaften „Der psychische Strukturzusammenhang“, welche er im Dezember 1904 und im März 1905 in der Akademie der Wissenschaften in Berlin vorgetragen hat und die im März 1905 in den Sitzungsberichten der Akademie der Wissenschaften abgedruckt wurde; Wiederabdruck in: Ges. Schr. VII, S. 3–23. 313 Am rechten Rand (C 78: 89 Rücks.) der Hinweis auf: E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 385 (= A 351).
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Es folgt in runden Klammern (C 78: 90): Beschr[eibende] Ps[ychologie, S.] 14, 30. Siehe W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O.; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, hier: S. 152, 168. 315 Am rechten Rand (C 78: 92) der Verweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 393–397 (= A 359 ff.). 316 Fasz. C 52: 19–24 Rücks., 26–27, 31–32 Rücks. Das Ms., bei dem es sich um ein Diktat mit Korrekturen und Ergänzungen D.s handelt, liegt in einem Umschlag (C 52: 18) mit der Aufschrift D.s: Die verstehende Psychologie – irgendwohin. – Der Schluß dieses Ms. ist nahezu wortgleich mit einem Textstück, das Groethuysen unter der Überschrift „Zusätze zum Aufbau der geschichtlichen Welt. 1. Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften“ in Ges. Schr. VII ediert hat (VII, S. 323–331, hier: S. 330–331). Zu datieren ist dieses Ms., das zum Teil von H. Zeeck, größtenteils aber von unbekannter Hand geschrieben wurde, auf das Jahr 1910. 317 Am rechten Rand (C 52: 26) von D.s Hand: Enthalten sein. 318 Am rechten Rand (C 52: 27) von der Hand D.s: Begriffsbildung cf. Die beschreibende Psychologie. 319 Zum Nachfolgenden (C 52: 31–32 Rücks.) vgl. den hier auf Ges. Schr. VII, S. 330–331 gegebenen Hinweis in Anm. 316. 320 Der nachfolgende kleine Text liegt in einem Umschlag (C 4: 142), der von D. beschriftet ist: Weltanschauungslehre nach der Krise Frühjahr 1911 in Bez[ug] auf Logos; darunter drei unleserliche Zeilen. Vergleiche hierzu den Brief D.s an seinen Verleger de Gruyter vom 05. 03. 1911: …, daß ich in Folge von Überarbeitung in einen Zustand von Erschöpfung geraten bin, der nur langsam schwindet … – D. wollte zu dieser Zeit nach eigenen Angaben sogar am liebsten die Kant-Ausgabe abgeben. – Der Text (C 4: 206–209) wurde von G. Misch geschrieben. 321 Im Ms. (C 4: 207 Rücks.) fälschlicherweise: nachgeht. 322 Im Ms. (C 4: 208) irrtümlich: sondern. 323 Es folgt eine von D. geschriebene Überschrift (C 4: 209): 3. Die drei Formen. Danach bricht der Text ab. 324 Fasz. C 52: 41–41 Rücks., 45–47. Vermutlich handelt es sich bei diesem Text um ein Diktat D.s, geschrieben von seinem Mitarbeiter H. Zeeck. Zu datieren ist das Ms. frühestens auf 1906, wahrscheinlich ist es später entstanden. 325 D. nennt nachfolgend seinen Aufsatz: Novalis, in: Preußische Jahrbücher, Band XV (1865), S. 596–650, hier: S. 622; Wiederabdruck in: W. Dilthey, Das Erlebnis und die Dichtung. Lessing. Goethe. Novalis. Hölderlin. Vier Aufsätze, Leipzig 1906, S. 240. 326 Ebd. 327 Am rechten Rand (C 52: 46): primär Geschehen. 328 Fasz. C 78: 52–61 Rücks., 63–64 Rücks., 67–75 Rücks., 65–66 Rücks., 62–62 Rücks., 47–51 Rücks.,77–85. Diktat D.s mit zum Teil umfänglichen Zusätzen und Ergänzungen von D.s Hand. Das Ms. ist hinterlegt in einem Umschlag (C 78: 47) mit der Aufschrift „Zusatz Einleitung, psychologische Vorbegriffe. Vorletzte Redaktion“; darunter ist von D. gesetzt: N.B. Noch zur Benutzung zu vergleichen. Es folgt ein Blatt (C 78: 48) mit D.s Aufschrift: I. Einleitung über die psychologischen Vorbegriffe. N.B. Die verschiedenen Arten von Denken. Darin: Die Verbindung zwischen ihnen und dem Lebenszusammenhang als Aufgabe. – Darunter einige unleserliche Zeilen und ein Hinweis auf B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 36 f., 38 ff. – Vermutlich steht dieses Ms. im Zusammenhang mit D.s Vorhaben, den längst vergriffenen ersten Band der Einleitung in die Geisteswissenschaften neu herauszugeben. Dieses Ziel verfolgt er zwischen 1904 und 1906 (vgl. hierzu die entsprechende Angabe von B. Groethuysen in seinem Vorwort des Herausgebers zu Ges. Schr. I, S. V sowie einen bislang unveröffentlichten Brief D.s an F. Jodl vom 9. Dezember 1906, in dem D. mitteilt: … ich bin an der 2. Auflage des seit einem Dutzend Jahren vergriffenen ersten Bandes der Gei314
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steswissenschaften und der Niederschrift am zweiten, zunächst in einzelnen Stücken!). D. wird dieses Vorhaben bis zu seinem Tode im Jahre 1911 nicht aufgeben, aber auch nicht abschließend realisieren. Zu datieren ist das Ms., das eine große Nähe zu D.s erster Studie über den psychischen Strukturzusammenhang von 1904/05 aufweist (vgl. Ges. Schr. VII, S. 3–23) sowie zu seinen späteren und ebenfalls im Zusammenhang mit dem Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften von 1910 entstandenen Ausführungen über den logischen Zusammenhang in den Geisteswissenschaften, die B. Groethuysen unter der Überschrift „Zusätze zum Aufbau der geschichtlichen Welt. 1. Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften“ in Band VII der Ges. Schr. ediert hat (S. 323–331), auf frühestens 1904/05. 329 Am rechten Rand (C 78: 71 Rücks.) eine Ergänzung von D.s Hand: Aus dem Nexus der Vorgänge werden diejenigen herausgehoben, welche die Beziehungen von Leistungen aufeinander in dem lebendigen von außen bedingten und nach außen wirkenden Ganzen ausdrücken. 330 Nachfolgend (C 78: 65) in runden Klammern der Verweis: Beschreib[ende] Psychologie 14,30. Vgl. W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O.; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, hier: S. 152, 168. 331 Am rechten Rand (C 78: 66) ein Hinweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 363 f. (= A 331). 332 Am rechten Rand (C 78: 66) Verweise auf W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O., S. 36; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, hier: S. 174 sowie auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O, S. 367 f. (= A 335). 333 Am rechten Rand (C 78: 82 Rücks.) ein Verweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O, S. 515 (= A 459). 334 W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O., S. 44; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, hier: S. 180. 335 Es folgt in runden Klammern (C 78: 51) der Hinweis auf W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O., S. 66; vgl. Ges. Schr. V, S. 204. 336 Am rechten Rand (C 78: 51 Rücks.) ein Hinweis auf E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 515 (= A 459). 337 Fasz. C 78: 33–45, 242–253. Das Ms. trägt die Paginierung 1–13 und gliedert sich in die Paragraphen 1–13. Es ist von verschiedenen Schreibern angefertigt worden, teilweise ist es von D. selbst geschrieben. – Trotz der Paragrapheneinteilung handelt es sich vermutlich bei diesem Ms. nicht um eine Vorlesungsmitschrift; Anordnung und Stil des Textes sprechen dagegen. 338 Am rechten Rand (C 78: 34) Ergänzungen D.s, die hier nicht aufgenommen wurden. 339 Im Ms. (C 78: 35) fälschlicherweise: sie. – Am rechten Rand ein nicht entzifferbarer Zusatz D.s. 340 Am rechten Rand (C 78: 244 Rücks.) von der Hand des Schreibers: Hiernach das Obige zu berichtigen!
Logik als Phänomenologie der Wirklichkeitserkenntnis, Wertbestimmung, Zwecksetzung und Regelgebung 341 Fasz. C 10: 605–616 Rücks. Der Text liegt in einem Umschlag mit der Aufschrift: Ausgeschaltet aus: Das gegenständliche Auffassen nach 76; darunter ist von D. geschrieben: Die drei Arten von Aussagen. An den Schluß des logischen Zusammenhangs. – Es handelt sich bei diesem Text eindeutig um einen Teil des Ms. zum „Aufbau der geschichtlichen Welt in den Geisteswissenschaften“ von 1910, der aber nicht in die Druckfassung desselben aufgenommen wurde. Ursprünglich hatte dieses Textstück, wie das ihm vorausgehende Geschriebene erkennen läßt, seinen Ort im ersten Abschnitt des
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dritten Teils des „Aufbaus“ mit dem Titel: „III. Allgemeine Sätze über den Zusammenhang der Geisteswissenschaften. 1. Abschnitt: Das gegenständliche Auffassen“ (vgl. Ges. Schr. VII, S. 120–129, hier: S. 122). Dem späteren Hinweis D.s, dieses Textstück an den „Schluß des logischen Zusammenhangs“ zu setzen, ist B. Groethuysen, der Herausgeber von Band VII, nicht nachgekommen, obwohl er unter der Überschrift „Zusätze zum Aufbau der geschichtlichen Welt“ den seinerzeit nicht in den Druck aufgenommenen Text „Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften“ herausgegeben hat (vgl. Ges. Schr. VII, S. 323–331). Da Groethuysen in seiner Edition nach eigenen Angaben (vgl. VII, S. 377 f.) die entsprechenden damals nicht veröffentlichten Druckbogen, die in Fasz. C 50: 1–8 hinterlegt sind, zugrundegelegt hat, nicht aber die entsprechenden handschriftlichen Texte für die Edition heranzog, fehlt in Band VII der Schluß des Textes „Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften“. Er wird mit dem hier zum Abdruck kommenden Ms. nachgereicht. – Die komplette handschriftliche Vorlage des Textes mit der Überschrift: III. Der logische Zusammenhang in den Geisteswissenschaften ist in folgenden Faszikeln verstreut hinterlegt: C 48/II: 126–134; C 94: 341–341 Rücks., 340–340 Rücks., 325–339 Rücks.; C 10: 605–616 Rücks. Es handelt sich hierbei um ein Diktat D.s, das von E. Schramm, H. Zeeck, H. Nohl u. a. geschrieben wurde, mit Korrekturen und Ergänzungen D.s; einiges ist von D. selbst geschrieben. 342 Am rechten Rand (C 10: 614 Rücks.) eine nicht in den Satz integrierbare Einfügung von D.s Hand: … des gegenständlichen Auffassens sind von psychologischen bedingt, von der Abfolge in der Zeit, vom Wechsel der Bilder, von den psychischen Tatsachen, welche die Bilder zurückrufen, und weitere Züge […] hebe ich als besonders hervor. 343 Vgl. W. Dilthey, Dichterische Einbildungskraft und Wahnsinn, Leipzig 1886; Wiederabdruck in: Ges. Schr. VI, S. 90–102, hier: S. 95. 344 Am rechten Rand (C 10: 616 Rücks.) ein Verweis auf W. Dilthey, Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie, a.a.O., S. 80; Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, hier: S. 217. 345 Der nachfolgende Text (C 78: 18–32) befindet sich in einem Umschlag (C 78: 17) mit der Aufschrift: Zur Theorie des Wissens. Logische Grundlegung, von Blatt 3 ab früheres Manuskript, das aber zuzuziehen ist. – Vermutlich handelt es sich um ein Diktat D.s, mit wenigen Einschüben von dessen Hand. 346 Der Text (C 63: 457–466 Rücks.) wurde aufgefunden in einem Umschlag (C 63: 456) mit der Aufschrift: Aufbau der Logik. Schematischer Teil. Logik als Theorie der Wirklichkeitserkenntnis. Es handelt sich um ein Diktat D.s oder um eine Abschrift, zum Teil angefertigt von D.s Tochter Clara, zum größten Teil von G. Misch. 347 Siehe W. Dilthey, Absolute und formale Logik. Der Anfang des ersten Logik-Kollegs, in: Ges. Schr. XX, S. 1–18, hier: S. 4–14: „§ 1. Die Logik Hegels“. 348 Dieser Text aus Fasz. A 45: 251–252 ist hinterlegt in Fasz. 258. Es handelt sich um eine Abschrift aus D.s Notizbüchern, angefertigt vermutlich von F. Zucker. 349 Die nachfolgend im Abschnitt 5 präsentierten Texten sind zusammen im Fasz. C 96 (244) in einem Umschlag (C 96: 322) mit der Aufschrift D.s: Das diskursive Denken und die realen Kategorien hinterlegt. Es handelt sich hierbei um ein Ms. von D.s Hand und dessen unvollständige Abschrift durch M. Frischeisen-Köhler sowie um Abschnitte von Vorlesungsmit- oder nachschriften zugehörigen Inhalts. Die in den handschriftlichen Transkripten bestehenden Lücken konnten teilweise durch Heranziehung der Diltheyschen Handschriften, sofern diese vorlagen, geschlossen werden. – Vermutlich sind diese Texte Teile von einer der Vorlesungen D.s über das System der Philosophie in Grundzügen. Zum einen läßt die Paragraphenbezeichnung der einzelnen Stücke hierauf schließen, zum anderen zeigt eine gewisse inhaltliche Nähe zwischen den hier unter den Punkten 1 und 2 abgedruckten Texten: Die Aufgabe und Gegenstand und Methode der Logik. Stoff und Form des Denkens und den ähnlich lautenden Paragraphen 1 und 2 der in Band XX der Ges. Schr. abgedruckten System-Vorlesung von 1903 (XX, S. 353–359) dies an.
Anmerkungen zu Seite 203–213
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Fasz. C 96: 331–334 Rücks. Teil einer Vorlesungsmitschrift, von M. Frischeisen-Köhler, überschrieben mit: § 1. 351 Fasz. C 96: 337–338 Rücks. Teil einer Vorlesungsmitschrift von der Hand M. Frischeisen-Köhlers. Die Überschrift ist versehen mit: § 2. 352 Der Text liegt in zwei Fassungen vor: 1. als Ms. von D.s Hand (C 96: 324–327 Rücks.); 2. als sehr lückenhafte Abschrift von M. Frischeisen-Köhler (C 96: 328–330 Rücks., 335–336 Rücks.). Er ist überschrieben mit: § 5. 353 Am linken Rand (C 96: 327 Rücks.) ein Verweis D.s auf die „Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie“, S. 77, 78; vgl. Ges. Schr. V, S. 215 f. 354 Der Schluß des Transkriptes (C 96: 336 Rücks.) von Frischeisen-Köhler ist hier weggelassen, da der Text zu große und nicht schließbare Lücken aufweist und die entsprechende Vorlage des Diltheyschen Ms. fehlt. 355 Der Text ist einem kleinen Konvolut entnommen, das – ursprünglich dem Fasz. A 45 zugehörig – von Groethuysen später in Fasz. 258 hinterlegt wurde. Es befindet sich in einem Umschlag (A 45: 162) mit der Notiz: Handschrift Zucker! Aus Notizbüchern? – Es handelt sich bei den hier zusammengelegten Texten also vermutlich um Abschriften von Aufzeichungen und Notizen D.s, angefertigt von F. Zucker. 356 Fasz. C 63: 203–206. Der Text ist geschrieben von G. Misch mit größeren Einschüben von D.s Hand. 357 Vgl. B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 271, 288 sowie F. Brentano, Psychologie vom empirischen Standpunkte, a.a.O., S. 299 f. 358 Vgl. B. Erdmann, Zur Theorie der Apperception, in: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Philosophie, Band X (1886), S. 307–345, 391– 418, sowie Ders., Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 43; H. Steinthal, Abriss der Sprachwissenschaft, Erster Teil: Die Sprache im Allgemeinen. Einleitung in die Psychologie und Sprachwissenschaft, 2. Aufl., Berlin 1881, Erster Teil: Psychische Mechanik, IV. Kapitel: Apperception, S. 166–263. 359 Am rechten Rand (C 63: 205) von D.s Hand: registriert wird? 360 Es folgt (C 63: 205 Rücks.) der Verweis auf B. Erdmann, Logik, Band I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S. 273 f. 350
C. Entwürfe und Fragmente zur Theorie der Wertschätzung und Wertsystematik (ca. 1905–1911) Im vorliegenden Teil der Edition wurden Mss. zusammengestellt, die das Problem der Werte und der Werturteile behandeln. Sie sind dem Fasz. A 45 (46), das später in Fasz. 258 hinterlegt wurde, C 5 (139), C 10 (144), hinterlegt in Fasz. 259, C 48/II (195), C 52 (199), C 55(202) und C 62 (209) des Berliner Dilthey-Nachlasses entnommen. Die Texte zeigen in bislang unbekannter Weise, wie intensiv sich D. in seinen letzten Lebensjahren mit dieser Thematik beschäftigt hat. Im Zusammenhang mit seinem Vorhaben, die Erkenntnis von Regeln, Werten und Zwecken zu begründen und deren Gültigkeit zu untersuchen und seiner damit einhergehenden Verknüpfung von Strukturpsychologie und Logik (vgl. hierzu den B-Teil dieser Edition), fragt D. nach der Entstehung von Wertschätzung und Werten. Er versucht die Werte zu definieren, Klassen von Werten zu bestimmen und sie zu systematisieren sowie den Zusammenhang von Wert und Bedeutung aufzuzeigen, um von hier aus dann den logischen Charakter und die Objektivität und Allgemeingültigkeit von Urteilen über Werte, seien es solche über Lebenswerte oder Erkenntniswerte oder moralische Urteile, aufzuklären.
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Anmerkungen zu Seite 213–222
D.s Ziel ist es, der Systematik der dem Lebenszusammenhang einwohnenden Werte eine Systematik der hieraus entsprungenen Werturteile zur Seite zu stellen.
Die Zusammenhänge, in denen die Wertschätzung sich ausbildet 361 Der kleine Text (A 45: 266) wurde aufgefunden in dem bereits genannten Umschlag mit der Aufschrift: Handschrift Zucker! Aus Notizbüchern? Vgl. hier Anm. 355. 362 Der Text ist hinterlegt in Fasz. C 48/II: 89–92 in einem Umschlag (C 48/II: 88) mit der Aufschrift E. Schramms: Wertlehre. 363 Fasz. C 44: 26–35 Rücks. Der Text wurde aufgefunden in einem Umschlag (C 44: 24) mit der Aufschrift: Gefühl; darin einliegend ein Blatt (C 44: 25) mit der Überschrift: III. Wertbestimmung mit der Notiz D.s: [B.] Erdmann [, Logik. Bd. I: Logische Elementarlehre, a.a.O., S.] 36ff. – D. rekurriert hier zum Teil – wie auch schon in der „Sommerredaktion“ (vgl. hier: S. 30 f.) – auf Einsichten, die er bereits in den „Ideen über eine beschreibende und zergliedernde Psychologie“ (1894) geäußert hat (vgl. Ges. Schr. V, S. 139–240, hier: S. 209) und die auch noch 1911 in seiner Abhandlung „Die Typen der Weltanschauung und ihre Ausbildung in den metaphysischen Systemen“ (Ges. Schr. VIII, S. 100) anzutreffen sind. 364 Fasz. C 5: 319–324 Rücks. Der Text ist geschrieben von E. Schramm. 365 Vermutlich meint D. hier seine Abhandlung: „Die Typen der Weltanschauung und ihre Ausbildung in den metaphysischen Systemen“, in: Weltanschauung. Philosophie und Religion, hrsg. von M. Frischeisen-Köhler, Berlin 1911, S. 1–51; Wiederabdruck in: Ges. Schr. VIII, S. 73–118. 366 Fasz. A 45: 265–265 Rücks., hinterlegt in Fasz. 258. Es handelt sich um eine Abschrift aus D.s Notizbüchern, angefertigt von H. Zucker. 367 Fasz. C 5: 185–189 Rücks. Dieser Text, bei dem es sich wohl um ein Diktat D.s handelt und der von G. Misch geschrieben wurde, weist große Nähe zur zweiten Studie zur Grundlegung der Geisteswissenschaften, „Der Strukturzusammenhang des Wissens“, auf, die B. Groethuysen in Band VII der Ges. Schr. ediert hat; siehe Band VII, S. 24–69, insbes.: S. 57–60: „Zusatz: Vollendung der inneren Teleologie des Strukturzusammenhangs der Gefühle in objektiven Gebilden“, wo einige Formulierungen sogar gleichlautend mit dem hier edierten Ms. sind. Da Groethuysen die zweite Studie auf 1905 datiert (VII, S. 353), kann angenommen werden, daß der vorliegende Text ebenfalls im Jahre 1905 verfaßt wurde. 368 Fasz. C 55: 145–149 Rücks. Der Text liegt in einem Umschlag (C 55: 144) mit der Aufschrift E. Schramms: Entnommen einem Konvolut „Aus Notizbüchern“ (aus dem kleinen Schrank mit Dürerapostel), von Ihnen selbst geschriebene Blätter. Es handelt sich also um Abschriften aus D.s Notizbüchern. E. Schramm hat diese im Januar 1908 angefertigt und D. geschickt, der sich zu dieser Zeit in Meran aufhielt und mit der Umarbeitung seiner Poetik befaßt war. 369 Am linken Rand (C 55: 146 Rücks.): Das Gesamtkunstwerk des Raumes. 370 Am linken Rand (C 55: 147): Lied, Oper, Oratorium als Gesamtkunstwerk der Zeit. 371 Es folgt im Ms. (C 55: 149–149 Rücks.): Jetzt Schmoller. Ergebnisse. Rassen-Stufen. Aber dieses Elementare, dieses Grundhafte, dieses empirische Bewußtsein der einfachen Existenz müssen wir, anstatt es als ein überall Gleiches, Natürliches zu sehen, in seiner Differenzierung in den Rassen und Stufen der menschlichen Existenz aufsuchen. Dies ist die letzte und tiefste Art von Grenzenlosigkeit, von endloser Möglichkeit menschlichen Daseins, welche der philosophische Geist aufzusuchen hat. 372 Fasz. C 62: 147–147 Rücks., 149–159 Rücks. Diktat D.s, größtenteils geschrieben von E. Schramm; ein Abschnitt von der Hand D.s.
Anmerkungen zu Seite 222–232
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Am rechten Rand (C 62: 149) von D.s Hand: Zeit und Korruptibilität von Erinnerung. Verhältnis von Ganzem und Teilen. b) solches im Zusammenhang des Lebens ist die Bedeutung eines Teiles für ein Ganzes, als eine im Leben enthaltene [?] Beziehung. 374 Im Ms. (C 62: 153) fälschlich: seine. 375 Fasz. C 62: 171–174. Bei dem Text handelt es sich um die Abschrift eines Diltheyschen Ms., die von E. Schramm angefertigt wurde. Nach der Überschrift folgt: Bedeutungserlebnis. – Der Text gleicht zu Anfang (C 62: 171–173) fast wörtlich einem Fragment, das G. Misch in den Anmerkungen zu Band VI der Ges. Schr. unter der Überschrift „Zusammenhang der Poetik von der Bedeutungslehre aus“ ediert hat (vgl. Ges. Schr. VI, S. 319 f.). Dieses steht nach Angaben Mischs (Ges. Schr. VI, S. 312 f.) im Kontext von D.s Umarbeitung der Poetik von 1907/08. Lücken in der Abschrift, die aus der Unlesbarkeit der Handschrift D.s für den Abschreiber resultieren, wurden, soweit dies möglich war, durch Heranziehung des genannten in Band VI abgedruckten Textes geschlossen. Sie sind in | | gestellt. In der zweiten Hälfte des Ms., die in Band VI fehlt, sind die Auslassungen des Abschreibers durch (…) markiert. 373
Lebenswerte und Werturteile Fasz. C 52: 149–164 Rücks., 167–173 Rücks., 182–204 Rücks., 207–215, 243, 310–332 Rücks., 350–350 Rücks. Der Text ist zum einen Teil von D. selbst geschrieben, zum anderen handelt es sich um ein Diktat D.s, geschrieben von E. Schramm und von Katharina Dilthey mit umfangreichen Ergänzungen und Korrekturen D.s. Das Ms. weist eine durchgehende innere Paginierung von 1–37 auf. Hinzugefügt wurde eine thematisch hierher gehörige Seite, die überschrieben ist: Zu den Lebenswerten (C 52: 243). Eine unvollständige Abschrift des Ms., angefertigt von H. Zeeck und von unbekannter Hand, ist hinterlegt in Fasz. C 52: 141–147 Rücks. (= pag. 1–3), 165–166 (= pag. 6), 174–181 (= pag. 7–10), 294–309 Rücks. (= pag. 26–37), 242 (= „Zu den Lebenswerten“). – Zu datieren ist das Ms. auf 1906 oder später. 377 Am linken Rand (C 52: 149 Rücks.) von D.s Hand: Denn wenn es. 378 Am rechten Rand (C 52: 150 Rücks.) ein Einschub von D.s Hand: Grundlage ist das strukturelle Verhältnis zwischen dem Gegebenen und dem Gegenstand. Das Gegebene ist nicht die Empfindung, sondern der Sinnesinhalt oder der Komplex von solchen […]. 379 Im Ms. (C 52: 157 Rücks.) fälschlicherweise: sind. 380 Auf dem nachfolgenden Blatt (C 52: 158) eine Notiz von D.s Hand: Sätze über das Werturteil. Es hat seine Grundlage im Strukturverhältnis zwischen einer Empfindung und einem Inhalt etc. 381 Am rechten Rand (C 52: 168 Rücks.) eine kleine nicht entzifferbare Ergänzung D.s. 382 Am rechten Rand (C 52: 159 Rücks.) eine nicht in den Satz integrierbare Ergänzung D.s. 383 Am rechten Rand (C 52: 182 Rücks.) von D. hinzugesetzt: ) vollzieht sich in Erfahrung. 384 Am rechten Rand (C 52: 183) von D. ergänzt: ) Sie setzen Urteil über Existenz und Lebenszusammenhang mit dem Subjekt voraus. 385 Am rechten Rand (C 52: 184 Rücks.) von D. hinzugesetzt: Repräsentation durch Urteile des Begehrens und Wollens. 386 Am rechten Rand (C 52: 186) bibliographische Hinweise auf: A. Meinong, Ueber Werthalten und Wert, in: Archiv für systematische Philosophie. Neue Folge, Band I (1895), Heft 3, S. 327–346, hier: S. 328 und Ders., Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werth-Theorie. Festschrift der K. K. Karl-Franzens-Universität zur Jahresfeier am 15. November 1894, Graz 1894. 387 Es folgt in runden Klammern (C 52: 186) die Angabe von A. Meinong, Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werth-Theorie, a.a.O., S. 24. 388 Im Ms. (C 52: 190) irrtümlich: fordern. 376
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Anmerkungen zu Seite 233–251
Nachfolgend (C 52: 193) ein Verweis auf H. Cornelius, Psychologie als Erfahrungswissenschaft, Leipzig 1897, S. 375 ff. 390 Vgl. ebd., S. 376. 391 A. Meinong, Psychologisch-ethische Untersuchungen zur Werth-Theorie, a.a.O., S 25. 392 Im Ms. (C 52: 201): bekleidet. 393 Es folgt ein gestrichener Abschnitt (C 52: 207–207 Rücks.): Objektives Werturteil über den Wert anderer Personen: Soweit das Verstehen reicht, ist es von Werthalten im Gefühl begleitet. Das gehalten-objektive Pathos in Rankes historischer Darstellung: beruhend auf der großen Position, Macht, Individualität der nacherlebten Momente des Lebens und der Persönlichkeit. Problem der darin enthaltenen Objektivität. 394 Dieser Abschnitt wurde von D. nicht ausgeführt. 395 Darunter in Klammern (C 52: 243): Gross, 159. – Vgl. hierzu K. Gross, Der aesthetische Genuss, Gießen 1902, Viertes Kapitel: Das ästhetische Urteil, S. 129–177, bes.: S. 135 f., 158 f., 171 ff. – Eine identische Fassung dieses Textes: Zu den Lebenswerten, ebenfalls geschrieben von E. Schramm, ist hinterlegt in Fasz. C 55: 312. 396 Siehe W. Dilthey, Die drei Epochen der modernen Ästhetik und ihre heutige Aufgabe, in: Die Deutsche Rundschau, XVIII. Jahrgang (1892), S. 267–303; Wiederabdruck in: Ges. Schr. VI, S. 242–287, hier bes.: S. 282 f. 397 Am rechten Rand (C 52: 317) von D.s Hand: Die im Erlebnis enthaltene Beziehung zwischen Gefühl und Inhalt desselben. 398 Am rechten Rand (C 52: 319 Rücks.) von D.s Hand: Das strukturelle Verhältnis zwischen Gefühl und seinem Inhalt, wie es in Empfinden und innerem Erleben enthalten ist, ist ausdrückbar. 389
Bausteine zur Systematik der Werte und Werturteile Ebenso wie das Ms. über die Lebenswerte und Werturteile, das hier im C-Teil abgedruckt ist, sind die nun folgenden Mss. allesamt im Fasz. C 52 hinterlegt. Auch sie sind auf 1906 oder später zu datieren. Aufgrund der Vielzahl an kleineren Texten zum Thema kann vermutet werden, daß D. in dieser Zeit beabsichtigte, ein größeres Werk über die Probleme der Werte und der Werturteile zu schreiben, das er so zunächst in einzelnen Stücken vorbereitete. 400 Fasz. C 52: 222–230 Rücks. Der Text ist geschrieben von Katharina Dilthey, E. Schramm und von D. selbst. 401 Fasz. C 52: 205–206. Vermutlich handelt es sich um ein Diktat D.s. Die Überschrift wurde von D., der Text von Katharina Dilthey geschrieben. 402 Fasz. C 52: 217–220. Diktat D.s, geschrieben von Katharina Dilthey. – Der Umschlag, in dem der Text hinterlegt ist, ist von D. mit der Überschrift versehen worden: religiöse Werte (C 52: 216). 403 Fasz. C 52: 267–268 Rücks. Es handelt sich bei diesem Text um eine Abschrift, vermutlich eines Diktats D.s, von unbekannter Hand. 404 Fasz. C 52: 237–240 Rücks., 272–272 Rücks. Diktat D.s, geschrieben von E. Schramm. Vorgeordnet ist dem Text ein Blatt (C 52: 233): Erkenntniswerte. Fortsetzung fehlt. Eine Abschrift dieses Ms. von unbekannter Hand liegt in Fasz. C 52: 234–236, 273 in einem Umschlag (C 52: 232), der die Aufschrift trägt: Wertlehre. 405 Fasz. C 52: 246–253 Rücks. Diktat D.s, geschrieben von E. Schramm. Eine Abschrift des Ms. von D.s Schüler H. Zeeck und von unbekannter Hand liegt in Fasz. C 52: 256–260. 406 Fasz. C 52: 277–280 Rücks., 284–291 Rücks. Diktat D.s; geschrieben von E. Schramm. Die Überschriften zu Punkt 1 und 2 wurden nachträglich von D. in den Text eingefügt. Dem Text gehen 399
Anmerkungen zu Seite 251–259
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zwei Blätter jeweils mit der Überschrift: Systematik aller Werturteile voraus (C 52: 275, 276), wobei das eine von E. Schramm, das andere von H. Zeeck beschriftet wurde. Eine unvollständige Abschrift des Textes liegt in Fasz. C 52: 281–283 Rücks., geschrieben von H. Zeeck und vermutlich E. Spranger. 407 Fasz. C 52: 339–342. Diktat D.s, geschrieben von E. Schramm. Voraus gehen zwei Blätter (C 52: 334, 335) mit dem Titel: Moralische Urteile. Eins ist beschrieben von H. Zeeck, das andere von unbekannter Hand. Eine Abschrift des Ms., angefertigt von unbekannter Hand und von H. Zeeck, liegt in Fasz. C 52: 336–338. 408 In runden Klammern nachfolgend (C 52: 339 Rücks.) die Angabe von H. Lotze, Nachgelassener Aufsatz über die Principien der Ethik, in: Ders., Kleine Schriften, Band 3, Leipzig 1891, hrsg. von D. Peipers, S. 521–542, hier: S. 530 und S. 529. 409 Fasz. C 52: 344–349 Rücks. Diktat D.s, geschrieben von E. Schramm.
Fragmente und Notizen zur Wertlehre 410 Fasz. A 45: unpaginiert. Der Text, der von Groethuysen später in Fasz. 258 hinterlegt wurde, befindet sich in einem Umschlag mit der Aufschrift Handschrift Zucker! Aus Notizbüchern? – Vermutlich handelt es sich bei den hier zusammengelegten kleinen Texten um Abschriften aus D.s Notizbüchern, angefertigt von F. Zucker. Zu datieren sind diese Notizen auf 1907 oder 1911, da D. in einem Text dieses kleinen Konvoluts (A 45: 260), der die Überschrift Weltanschauungen trägt, auf seine Abhandlung über die Weltanschauungen verweist. Gemeint sind hiermit wahrscheinlich „Die Typen der Weltanschauung und ihre Ausbildung in den metaphysischen Systemen“, die 1911 in dem von M. Frischeisen-Köhler herausgegebenen Band: Weltanschauung, Berlin 1911, S 1–51, erschienen sind (vgl. den Wiederabdruck in: Ges. Schr. VIII, S. 73–118). Eventuell bezieht sich D.s Angabe aber auch auf seine Abhandlung über „Das Wesen der Philosophie“, in: Die Kultur der Gegenwart. Ihre Entwicklung und ihre Ziele, hrsg. von P. Hinneberg, Teil I, Abteilung VI: Systematische Philosophie, Berlin und Leipzig 1907; 2. Aufl., Berlin und Leipzig 1908, S. 1–71 (vgl. den Wiederabdruck in: Ges. Schr. V, S. 339–416). 411 Der nachfolgende Text entstammt Fasz. C 10: 260–261 Rücks. und wurde später von Groethuysen mit anderen Materialien im Zuge der Vorbereitung der Bände VII und VIII der Ges. Schr. zusammengelegt in Fasz. 259. Er befindet sich in einem Umschlag, der von D. überschrieben ist: Wert. Bedeutung. Die Bedeutung erstreckt sich auch auf die Zukunft wie auf die Gegenwart im Wert = ist ein Gut, als Gegenstand der Zwecksetzung. Somit umfaßt sie Vergangenheit, Gegenwart (Wert) und Zukunft als das Ganze […]. – Es handelt sich um ein Diktat D.s, geschrieben von H. Zeeck. Zu datieren ist das Ms. auf 1908/09 oder später. 412 H. Münsterberg, Philosophie der Werte. Grundzüge einer Weltanschauung (1908), zweite, unveränderte Aufl., Leipzig 1921, S. 47. 413 Fasz. C 62: 115. Von D. selbst geschriebenes Ms. 414 Fasz. C 10: 56. Kleines Diktat D.s, geschrieben von H. Zeeck. 415 Fasz. A 45: 250, hinterlegt in Fasz. 258. Es handelt sich um die Abschrift einer Tagebuchnotiz D.s durch F. Zucker. 416 Fasz. A 45: 253–254, jetzt in Fasz. 258. Abschrift einer Tagebuchnotiz D.s durch F. Zucker. 417 Fasz. C 52: 128–132, 122–123, 133–140. Bei diesem Text handelt es sich um ein von D. geschriebenes Ms., das die Paginierung 1–14 trägt. 418 Am rechten Rand (C 52: 129) eine Notiz D.s: Sinnliche Sphäre enthält Mitteilung, aber kein Strukturverhältnis. Aber Aussage ein Wirkungsverhältnis [?].
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Anmerkungen zu Seite 259–267
Am rechten Rand (C 52: 130) von D.s Hand: Jetzt ist erst ein gegenständlicher Inhalt eines Gefühls da: Ein Mensch hat mich gestoßen. Von ihm kann ein negatives Verhalten zu mir spezifisch oder allgemein ausgesagt werden: Mensch, der gestoßen hat, ärgert mich. Es ist mir unangenehm. Das Problem jedenfalls: Das Erlebnis und das Urteil, das es repräsentiert, fundiert das folgende objektive Urteil: Der Mensch ist unhöflich, weil er mich ohne Grund verletzt. 420 Am rechten Rand (C 52: 131) von der Hand D.s die Ergänzung: von der Handlung des Stoßes, daß sie unhöflich war […]. 421 Fasz. C 52: 282. Diktat D.s, geschrieben von Katharina Dilthey. – Über der Überschrift: Das über den durch Verständnis vermittelten Eigenwert von Personen, die jenseits der Lebensbeziehung zu ihm stattfindet (Ranke), gehört mit unter die Lebenswerte. 422 Fasz. C 52: 403–412. Von D. selbst geschriebenes Ms. – Über der Überschrift auf dem Deckblatt (C 52: 402) ist von D. notiert: § 8. Vermutlich handelt es sich bei diesem schwer entzifferbaren und in Stichwörter und Notizen auslaufenden Text um den Teil eines Vorlesungsmanuskripts. 423 Am linken Rand (C 52: 403 Rücks.) von D.s Hand: Ich sage zunächst: das ist der durch Lust und Befriedigung charakterisierte Zustand, jeder Gegenstand, der diesen hervorbringt, oder bei Abwesenheit Unlust erwirkt […]. 424 Am linken Rand (C 52: 406 Rücks.) eine unleserliche Notiz D.s. 425 Am linken Rand (C 52: 408 Rücks.) der Hinweis auf A. Meinongs Aufsatz: Ueber Werthaltung und Wert, a.a.O., hier: S. 328. 419
D. Kritik des Erkenntnis- und Wertproblems bei H. Rickert und in der Phänomenologie (nach 1904) Die im D-Teil der vorliegenden Edition präsentierten Mss. aus den Fasz. C 52 (199), C 61 (208), C 76 (223), C 78 (225), C 94 (242), C 95 (243) und C 96 (244) des Dilthey-Nachlasses der BBAW dokumentieren D.s Beschäftigung mit H. Rickerts Büchern „Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung“ von 1902 und „Der Gegenstand der Erkenntnis. Eine Einführung in die Transzendentalphilosophie“, das 1904 in einer zweiten erweiterten Auflage erschienen war, sowie mit der Gegenstandstheorie und Wertpsychologie des Grazer Phänomenologen A. Meinong und mit E. Husserls „Logischen Untersuchungen“ (1900/01). Indem D. die Logik und Theorie des Wissens um eine Logik der Wertbestimmungen und Willensäußerungen zu erweitern suchte (zur Verknüpfung von Strukturpsychologie und Logik vgl. den B-Teil dieser Edition) und sich deshalb intensiv mit der Wert- und Werturteilsproblematik befaßte (vgl. hierzu den C-Teil dieser Ausgabe), war er herausgefordert, sich mit thematisch und intentional nahen Konzeptionen auseinanderzusetzen. Vermutlich seit 1905 vollzog sich diese intensive Beschäftigung. Sie steht im Zusammenhang mit einer geplanten Neuauflage des ersten Bandes der „Einleitung in die Geisteswissenschaften“ im Zeitraum 1905/06, die D. nun auch um den noch ausstehenden zweiten Band komplettieren wollte. So schreibt er am 4. November 1905 an seinen Schwager H. Usener: „Bücher wie Rickert und Husserl, die durchzulesen sind, erscheinen mir […] recht mühsam zu lesen.“
Anmerkungen zu Seite 267–271
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Kommentare zu H. Rickert und A. Meinong Fasz. C 96: 483–486. Der Text ist hinterlegt in einem Umschlag (C 96: 458) mit der Aufschrift D.s: Transzendentalphilosophie. Rickert. etc. 427 J. Bergmann, Geschichte der Philosophie, 2. Band: Die deutsche Philosophie von Kant bis Beneke, Berlin 1893, S. 194. 428 W. Windelband, Die Geschichte der neueren Philosophie in ihrem Zusammenhange mit der allgemeinen Cultur und den besonderen Wissenschaften, 2. Band: Von Kant bis Hegel und Herbart. Die Blüthezeit der deutschen Philosophie, 2. Aufl., Leipzig 1899, S. 220. 429 Fasz. C 94: 446–448, 457–459. Diktat D.s, geschrieben neben anderen von H. Zeeck. Der Überschrift folgt die Angabe: Rickert, Auszug bei Troeltsch; vgl. E. Troeltsch, Moderne Geschichtsphilosophie, in: Theologische Rundschau, 6. Jahrgang (1903), Heft 1, S. 3–28; Heft 2, S. 57–72; Heft 3, S. 103–117. Es handelt sich bei dieser Arbeit von Troeltsch im wesentlichen um eine Besprechung von H. Rickert: Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung. Eine logische Einleitung in die historischen Wissenschaften, Tübingen und Leipzig 1902. 430 Vgl. hierzu und zum Folgenden E. Troeltsch, Moderne Geschichtsphilosophie, a.a.O., S. 15 ff. 431 Ebd., S. 61. 432 Ebd., S. 59. 433 Ebd., S. 63. 434 Vgl. ebd., S. 64. 435 Vgl. ebd., S. 65. 436 Ebd., S. 70 f. – Es folgen einige wenige Notizzettel (C 94: 455–456) von D.s Hand, teilweise ergänzt von H. Zeeck und E. Schramm, die hier nicht aufgenommen sind. Den Notizen auf Blatt C 94: 455 ist nachträglich von E. Schramm der Hinweis beigegeben auf M. Weber, Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik, Band 19 (1904), S. 22–87, hier: S. 70; auf Blatt C 94: 456 verweist E. Schramm auf A. Grotenfelt. Hiermit könnte gemeint sein der Aufsatz: Ueber Wertschätzung in der Geschichtsbehandlung, in: Archiv für systematische Philosophie, Neue Folge, VIII. Band, 1. Heft (1902), S. 39–70 oder Ders., Die Wertschätzung in der Geschichte. Eine historische Untersuchung, Leipzig 1903. Auf Blatt C 94: 457 steht die Angabe: Über Denkformen und Methoden. Vgl. H. Rickert: Ueber die Aufgaben einer Logik der Geschichte, in: Archiv für systematische Philosophie, VIII. Band, 2. Heft (1902), S. 137–163, außerdem der bibliographische Hinweis von E. Schramm auf G. von Below, Die neue historische Methode, in: Historische Zeitschrift, Band 81 (1898), S. 193–273. 437 Darüber (C 94: 459): Tönnies 16 aus Rickert; vgl. F. Tönnies, Zur Theorie der Geschichte (Exkurs), in: Archiv für systematische Philosophie, Neue Folge, VIII. Band, 1. Heft (1902), S. 1–38, hier: S. 16 f. 438 Fasz. C 96: 459–473. Dieser Text, in dem D. explizit Bezug nimmt auf das III. Kapitel von H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis. Einführung in die Transzendentalphilosophie, zweite, verbesserte und erweiterte Auflage, Tübingen und Leipzig 1904, S. 74–125, ist zusammen mit den hier abgedruckten Mss.: Der transzendentalphilosophische Standpunkt und Übersicht über Rickerts System in einem Umschlag (C 96: 458) hinterlegt, den D. beschriftet hat: Transzendentalphilosophie. Rickert etc. 439 E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 371 (= A 339). 440 Vgl. W. Dilthey, Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus nach seinem geschichtlichen Zusammenhang mit den älteren pantheistischen Systemen, in: Archiv für Geschichte der Philosophie, Band XIII (1900), Heft 3, S. 307–360 und Heft 4, S. 445–482, hier: Heft 4, S. 445–482; Wiederabdruck in: Ges. Schr. II, S. 312–390, hier: S. 358–390. 441 E. Husserl, Logische Untersuchungen, Band II, a.a.O., S. 371 (= A 338). 426
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Anmerkungen zu Seite 272–283
Auf Blatt C 96: 464 folgen unleserliche Notizen D.s zum Problem des Begriffs des erkenntnistheoretischen Subjekts. 443 H. Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, a.a.O., S. 172. 444 Vgl. ebd., S. 173. 445 Ebd., S. 175. 446 H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 145 f. 447 Ebd., S. 144. 448 Ebd., S. 145. 449 Ebd., S. 147. 450 Ebd., S. 146. 451 Ebd., S. 149. 452 Ebd., S. 151. 453 Es folgt ein Blatt (C 96: unpag.) mit Notizen D.s, die hier nicht wiedergegeben sind. Die Fortsetzung des laufenden Textes erfolgt auf Blatt C 96: 473. 454 Fasz. C 96: 269–288. – Auf den beiden Blättern, die dem Umschlag (C 96: 266) mit der von D. geschriebenen Aufschrift: Erkenntnistheorie mit Kritik Rickerts sowie einigen unleserlichen Notizen D.s folgen, ist vermerkt: Rickert (C 96: 267) und: III. Problem. Das Urteil und die Ableitung des transzendenten Sollens (C 96: 268). 455 Am rechten Rand (C 96: 269 Rücks.): vgl. Rickert, 3. Serie von Sätzen, III, Kapitel, Bl. I, 2; vgl. zum Folgenden H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 85, 89, 96. 456 Es folgt (C 96: 270) die Angabe: 104–106, cf. 106. 457 Ebd. S. 107. 458 Ebd., S. 108, 110. 459 Es folgt in runden Klammern (C 96: 271) der Hinweis auf H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 110 ff. 460 Ebd., S. 112 f. 461 Ebd., S. 114 f. 462 Ebd., S. 115. 463 Vgl. ebd., S. 117. 464 Ebd., S. 122. 465 Vgl. ebd., S. 142. 466 Ebd., S. 124. 467 Vgl. ebd., S. 126, 128–130, 139. 468 Vgl. zum Folgenden ebd., S. 132–139. 469 Am rechten Rand (C 96: 277 Rücks.) ein Verweis auf ebd., S. 135, Anmerkung. 470 Auf dem folgenden Blatt (C 96: 282) die Angabe: III. Serie. Kapitel III. Rickert. 471 Vgl. ebd., S. 77 f. 472 Es folgt (C 96: 283) ein Hinweis auf ebd., S. 84 ff. 473 Ebd., S. 85. 474 Vgl. ebd., S. 86 f. 475 Ebd., S. 88. 476 Ebd., S. 89. 477 Siehe hierzu und zum Folgenden ebd., S. 108 f. 478 Gemeint ist D.s Vorrede zur Einleitung in die Geisteswissenschaften. Versuch einer Grundlegung für das Studium der Gesellschaft und Geschichte. Erster Band. (1883); Wiederabdruck in: Ges. Schr. I, S. XVII-XVIII. 479 Am rechten Rand (C 96: 286): Dies ist genau so auf diesem Gebiet wie Husserls Phänomenologie auf dem der Wissenschaftslehre. 442
Anmerkungen zu Seite 284–292
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H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 142. Das Ms., das sich in einem Umschlag (C 96: 489) mit der Aufschrift: Rickert befindet, ist hinterlegt in Fasz. C 96: 490–497, 502–523 Rücks., 525. 482 Es folgt (C 96: 490) in runden Klammern ein Verweis auf H. Rickert, Die Grenzen der naturwissenschaftlichen Begriffsbildung, a.a.O., S. 226 f. 483 Vgl. ebd., S. 263. 484 Es folgt (C 96: 491 Rücks.): So die Übersicht [, ebd., S.] 306–308. 485 Ebd., S. 308. 486 Am rechten Rand (C 96: 492 Rücks.) folgende Bezugnahme auf H. Rickert, ebd., S. 339 f.: Die Geschichte benutzt das Allgemeine, „um überhaupt unabhängig von unübertragbaren individuellen Anschauungen wissenschaftlich denken und urtheilen zu können,“ aber dies Denken ist für sie lediglich Mittel. „Es ist der Umweg, auf dem sie wieder zum Individuellen als ihrem eigentlichen Gegenstand zurückzukommen sucht, und den sie nur in Folge der Eigenthümlichkeit unseres Sprechens und Denkens machen muss.“ 487 Am rechten Rand (C 96: 494 Rücks.) der Verweis auf H. Rickert, ebd., S. 368: Drei Stufen der Begriffsbestimmung des historischen Individuums. 488 Ebd., S. 327. 489 Vgl. ebd., S. 328. 490 Vgl. ebd., S. 328 f. 491 Ebd., S. 342 f. 492 Vgl. ebd., S. 347. 493 Vgl. ebd., S. 350. 494 Vgl. ebd., S. 352. 495 Ebd., S. 357. 496 Nachfolgend (C 96: 495 Rücks.) in runden Klammern der Verweis auf ebd., S. 366. 497 Ebd., S. 372. 498 Vgl. ebd., S. 408 sowie S. 399. 499 Vgl. ebd., S. 360. – Es folgen (C 96: 498–501 Rücks.) Blätter mit unleserlichen Notizen D.s, die hier nicht aufgenommen sind. Die Fortsetzung des Textes beginnt auf Blatt C 96: 502. 500 H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 1. – Am rechten Rand (C 96: 502) die Notiz: Zusammengezogen aus pag. 1. 501 Ebd. 502 Ebd., S. 10. 503 Ebd., S. 11–13. 504 D. bezieht sich hier auf die Ausführungen Rickerts ebd., S. 14 f., 20. 505 Vgl. ebd., S. 16 f. 506 Ebd., S. 15. 507 Ebd., S. 19 f. 508 D. nimmt in diesem Abschnitt Bezug auf H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 22–25. 509 Vgl. hierzu und zur anschließenden Kritik Rickerts an D. ebd., S. 26–29; Zitat: S. 26. 510 Ebd., S. 29. 511 Vgl. ebd., S. 35. 512 D. bezieht sich nachfolgend auf ebd., S. 35–66. 513 Ebd., S. 36. 514 Anschließend (C 96: 510) sind die Seitenzahlen 66 ff. von H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., genannt. 515 Ebd., S. 73 f. 480 481
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Anmerkungen zu Seite 293–303
Darüber geschrieben (C 96: 510 Rücks.): II. Abschnitt. H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 78. 518 Vgl. ebd., S. 82 f. 519 Vgl. ebd., S. 84 f. 520 Ebd., S. 86 f. 521 Ebd., S. 87 f. 522 Vgl. ebd., S. 95 ff. und zum Folgenden ebd., S. 105 f. 523 Ebd., S. 106. 524 Ebd., S. 108. 525 D. verweist nachfolgend (C 96: 514 Rücks.) auf H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 108 f., wo dieser sich explizit mit D. auseinandersetzt. 526 Ebd., S. 112. 527 Darunter (C 96: 516) nochmals die Überschrift: Kritik. – Vgl. H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 114 ff. 528 Ebd., S. 117 f. 529 Vgl. ebd., S. 120 ff. 530 Vgl. ebd., S. 122 f. 531 Ebd., S. 124. 532 Vgl. ebd., S. 125–128. 533 Es folgt (C 96: 519 Rücks.): Kritik. 534 D. bezieht sich hier und im Folgenden auf ebd., S. 227–244. 535 Rickert spricht hier von „empirisch-realistischer Betrachtungsweise“, ebd., S. 228. 536 Auf dem anschließenden Blatt (C 96: 525) folgt: Das reine Bewußtsein (vgl. [ebd., S.] 86). Es wird zuerst als vorstellendes Subjekt bestimmt, dann als urteilendes. 537 Fasz. C 76: 150–160. Der nachfolgende Text ist hinterlegt in einem Umschlag (C 76: 149) mit der Aufschrift Rickert. Meinong. Diese ist, wie auch die Überschrift dieses Ms.: Rickert und Meinong, irreführend, da D. sich hier nur mit Rickert auseinandersetzt. Zu einer offensichtlich geplanten Kritik Meinongs ist es an dieser Stelle nicht mehr gekommen. – Nach der Überschrift auf Blatt C 76: 150 folgt: Rickert, Gegenstand, III. 538 Danach (C 76: 150) in Klammern der Verweis auf H. Rickert, Der Gegenstand der Erkenntnis, a.a.O., S. 106. 539 Anschließend (C 76: 152) ein Hinweis auf ebd., S. 125ff. 540 Ebd., S. 132. 541 Ebd., S. 125 f. 542 Nachfolgend (C 76: 154) ein Verweis auf ebd., S. 110 ff. 543 Ebd., S. 116 f. 544 Ebd., S. 106. 545 D. bezieht sich in diesem Abschnitt auf ebd., S. 124–129. 546 Es folgt in Klammern (C 76: 157 Rücks.) ein Verweis auf ebd., S. 130–132. 547 Vgl. ebd., S. 112 f. 548 Vgl. A. Riehl: Philosophie der Gegenwart. Acht Vorträge, Leipzig 1903, S. 180 ff. 549 Das nachfolgende Ms. ist hinterlegt in Fasz. C 78: 2–12. Der Text ist geschrieben von E. Schramm, die ersten Seiten des Ms. von unbekannter Hand. – D. nimmt in diesem Abschnitt Bezug auf das erste Kapitel von A. Meinong, Ueber Annahmen, in: Zeitschrift für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane, Ergänzungsband 2, Leipzig 1902, S. 1–15. 550 Ebd., S. 2. – Am rechten Rand (C 78: 6) eine Notiz D.s: Phänomenologie des Erkennens […]. 551 Ebd., S. 14 f. 552 Es folgt (C 76: 8) ein Hinweis auf ebd., S. 9. 516 517
Anmerkungen zu Seite 303–309
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Auf dem nachfolgenden Blatt (C 78: 9) eine Notiz D.s: Frage nach den charakteristischen Leistungen des Satzes. Es folgt die bibliographische Angabe von A. Meinong, Ueber Annahmen, 2. Kapitel, S. 16 ff. sowie eine Notiz zu E. Martinak, Psychologische Untersuchungen zur Bedeutungslehre, Leipzig 1901, auf den Meinong hier eingeht. 553
Kritik der phänomenologischen Methode Das kleine Ms. fand sich in Fasz. C 52: 515–515 Rücks. Der nachfolgende Text aus Fasz. C 61: 39–43 wurde geschrieben von E. Schramm. – Zu datieren ist er vermutlich auf Dezember 1908 oder später, denn es folgt wenig später ein Blatt (C 61: 58) mit dem Datum: 28. Dezember 1908. 556 Dieses Ms., ursprünglich in Fasz. C 95: 221–231 gehörig, ist hinterlegt in Fasz. 259. Der Text fand sich in einem Umschlag (C 95: 220) mit der Aufschrift: Theorie (Anfang). Er ist von verschiedenen Schreibern angefertigt worden und mit wenigen Ergänzungen D.s versehen. 557 D. verweist hier (C 95: 221 Rücks.) auf E. Husserl, Logische Untersuchungen (1900/1901), Band I: Prolegomena zur reinen Logik, Husserliana, Band XVIII, hrsg. von E. Holenstein, Den Haag 1975, S. 230 f. (= A 228 f.) und – wohl irrtümlich – auf S. 234 (= A 232). – Husserl spricht im Unterschied zu D. an der angegebenen Stelle nicht von ‚Wissen‘ , sondern von ‚Wissenschaft‘. 558 Vgl. ebd., S. 231 (= A 229). 559 Am rechten Rand (C 95: 223) von D.s Hand: Oberste Regel, daß nur das, was einen Sachverhalt repräsentiert, aufgenommen werden kann in den Sinn des Urteils. Denn sonst keine Erfahrung. Sonach nur, was von Kategorien aus im Sachverhalt aufzeigbar ist, kann in den logischen Zusammenhang eingehen. 560 Im Ms. (C 95: 230): hervorbringt. 554 555
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Personenregister
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PERSONENREGISTER
Aenesidemus 81, 327 d’Alembert, J. 309 Alexander v. Aphrodisias 149 Apel, K.-O. XXXVII Apelt, O. 345 Aristoteles 6, 131–134, 143, 147 ff., 154, 184, 206, 334, 345 Augustinus 66 Avenarius, R. XXXVI, 300, 315, 318 Bacon, F. 21, 334 Bain, A. 58 Below, G. v. 363 Beneke, F. E. 363 Bergmann, J. 269, 363 Berkeley, G. 318 Beutler, E. 312 Beyer, C. XVII, 348 Biemel, W. XXXV Bierling, E. R. 111, 338, 341 Blumenstock, K. 345 Blümner, H. 349 Bolzano, B. 106, 112, 336, 340 Brentano, F. XXXVIII, 103, 112, 210, 336, 357 Bruno, G. 33 Buchenau, A. 327 Burckhardt, J. 250 Bury, R. G. 327 Calderon, P. 3, 66, 327 Carlyle, Th. 204, 244 Clarke, S. 345 Cohen, H. 210 Condillac, E. B. 93 Cornelius, H. XVII, 233 f., 330, 360 Delboeuf, J. 136, 346 Dellian, E. 345
Descartes, R. 3, 66, 68, 134, 271, 313, 327 Dessoir, M. XVII, 349 f. Deussen, P. 326 Dietrich, A. XIV Dilthey, Clara XVI, XL, 313, 320, 353, 356 Dilthey, Katharina XL, 320, 328, 331, 342, 359 f., 362 Dormeier, B. XLV Eckermann, J. P. 347 Ehrenfels, Ch. v. 262 Eibel, K. 347 f. Eisler, R. 323 Enz, S. XLV Erdmann, B. XXVI, 10, 109 f., 112, 210 f., 316, 341, 343, 346, 354, 357 f. Eudemos 149 Euklid 134 Feuerbach, L. 167 Fichte, J. G. 23, 67, 73, 85, 207, 235, 244, 269, 286, 332, 335 Fischer, O. 348 Flitner, A. 348 Freytag, G. XVII, 347 Friebe, Ch. XLV Friedrich der Große 236 Fries, J. F. 129, 136, 143 f., 343, 345 ff. Frischeisen-Köhler, M. XXf., XL, XLII, 336, 353, 356 ff., 361 Gäbe, L. 327 Gaertringen, F. Frh. Hiller v. 319, 344–347 Galilei, G. 134 Giel, K. 348 Göbel, H. 348 Goethe, J. W. v. 10, 12, 38, 108 f., 240 f., 312, 341, 347, 354
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Personenregister
Golther, W. 348 Gomperz, Th. 348 Göpfert, H. G. 348 Gottschall, R. v. XVII, 348 Gries, J. D. 327 Groethuysen, B. XIV, XXV, XL, XLII, 327, 338, 342, 353–358, 361 Groos, K. XVII, 360 Grotenfelt, A. 363 Gründer, K. XXXVII Grüters, H. 347 Gruyter, W. de XIV, 354 Habermas, J. XXXV Haller, R. 317 Hartmann, E. v. XVII, 348 Hegel, G. W. F. XXf., 31, 79, 81, 93, 131, 142, 167, 198, 207, 327, 333, 356, 363 Heinroth, J. Ch. A. 340 Heinze, M. XIII Helmholtz, H. v. 23, 58, 85, 96, 332, 336 Henle, W. v. 348 Herbart, J. F. 363 Hildebrand, K. 51 Hildebrandt, K. 345 Hinneberg, P. XXV, 328, 361 Hobbes, Th. 41, 207, 271 Höfler, A. 143, 346 Hölderlin, F. 354 Holenstein, E. 367 Homer 251 Horaz 15, 139, 346 Humboldt, W. v. 348 Hume, D. 57, 69, 93, 207, 267, 318 Husserl, E. XV, XXXV, XXXVIII, XLII, 6, 94, 103, 108, 112, 177, 271, 305 f., 320, 328, 336–339, 341, 353 ff., 361, 362 ff., 367 Ihering, R. v. 143 Jacobi, F. H. 348 James, W. 211, 224 Janssen, P. XXXVII Jean Paul 347 Jodl, F. XIV, 354 Josef II. 236 Justi, C. 221
Kant, I. XXV, 4, 6, 8, 10 f., 16 ff., 21 ff., 33, 39, 45 f., 57 f., 67, 69, 73, 85, 90, 93, 95, 104, 114, 118 f., 129 f., 132, 135, 143, 153, 155, 157 f., 160 f., 166, 168, 185, 197, 199, 206–210, 244, 267 ff., 288, 296, 309, 314 f., 323, 332, 335, 343 ff., 348, 352, 354, 363 Karneades 81, 327 Kerckhoven, G. v. XLV Kindinger, R. 317 Knobloch, W. XLV Knüppel, R. XXXVII Kühne-Bertram, G. XVI Lasson, A. 111, 341 Leibniz, G. W. 6, 21 f., 33, 43, 58, 85, 135, 139, 309, 334, 345 Lessing, G. E. XVII, 9, 51, 107, 348 f., 354 Lessing, H.-U. XLV Lipps, Th. XVII, 2, 112, 312 f., 337, 341 Locke, J. 57 f., 271, 318 Lotze, H. 82, 253, 262, 327, 361 Luther, M. 222 Mach, E. XXXVI, 2, 271, 312, 315, 318 Maier, H. 316, 338 Malsch, G. XLV Mayer, J. R. v. 136 Martinak, E. 367 Meinong, A. XVII, XXXVIII, XLII, 103, 234, 262, 267, 299, 301 ff., 317, 339, 346, 359 f., 362 f., 366 f. Michel, Ch. 347 Michel, K. M. XX, 327 Mill, J. St. 21, 150, 334, 348 Miller, N. 347 Misch, G. XVIf., XIX, XXIIIf., XLf., 312 f., 319 f., 327, 332, 336, 342, 344, 347, 351, 353 f., 356–359 Moldenhauer, E. XX, 327 Müller, J. 325 Münsterberg, H. XVII, 256, 361 Newton, I. 71 Nohl, H. XXf., 356 Novalis 354 Orth, E. W. XXXVII
Personenregister Panzer, U. 336 Pascal, B. 247 Paulsen, F. 348 Peipers, D. 361 Pestalozzi, J. H. 204 Platon 33, 133 f., 181, 267, 318, 345 Protagoras 267 Pulte, H. XLV Raffel, J. 318 Ranke, L. v. XXI, 360, 362 Raphael 4, 312 Rickert, H. XV, XVII, XXXVI, XXXVIII, XLII, 267, 269 f., 272–302, 317, 362–366 Riehl, A. 58, 210, 302, 318, 346, 366 Ritter, C. 345 Ritter, J. XXXVII Ritter, P. XIV, XIX Rodi, F. XVI, XLV Rousseau, J. J. 39, 167 Schelling, F. W. J. 167, 208 Schiller, F. 49, 241 Schlegel, A. W. v. 326 f. Schleiermacher, F. D. E. 11, 79, 93, 120, 142, 185, 235, 244, 248 Schlosser, F. Ch. 250 Schmidt, N. D. XXXVII Schmoller, G. 358 Schneider, G. G. 345 Scholtz, G. XLV Schopenhauer, A. 9, 23, 85, 135, 207 f., 326, 332, 335 f., 345 Schramm, E. XVIII, XXI, XXIII, XL, XLIII, 319 f., 328, 331, 339, 342, 344, 346 f., 349, 351 f., 356, 358–361, 363, 366 f. Schulenburg, Sigrid v. d. XIII Schuppe, W. 211, 318, 346 Sextus Empiricus 327 Shakespeare, W. 3, 12, 14, 38, 66, 326
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Sigwart, Ch. XXVI, 10 f., 97, 110, 138, 207, 211, 316, 338, 345 ff. Simmel, G. 280, 286 Sokrates 134 Spahn, A. XLV Spinoza, B. 1, 33, 44, 134 ff., 208, 329, 345 Spranger, E. XXII, 320, 361 Stein-Orlowski, St. XLV Steinthal, H. 210 f., 357 Stumpf, C. 103, 211, 314 Tetens, J. N. 166 Theophrast 149 Tieck, L. 326 Tönnies, F. 363 Trendelenburg, A. XXVI Troeltsch, E. XXXVI, 269 f., 363 Ueberweg, F. XIII, 135, 346 Usener, H. XLII, 362 Vahlen, J. 139, 346 Velazquez, D. 221 Volkelt, J. XVII, 350 Wagner, R. 348 Weber, M. 363 Windelband, W. XLII, 210, 269, 287, 301 f., 363 Wolff, Ch. 18 Wundt, W. XXXVI, 211, 269 Yorck, Paul Graf v. Wartenburg XIII, XIV Yorck, Heinrich Graf v. Wartenburg XIV Zeeck, H. XL, XLIIf., 353 f., 356, 359 ff., 363 Zekl, H. G. 327 Zeller, E. 327, 347 Zitelmann, E. 338 Zucker, F. XL, XLII, 343, 353, 356 ff., 361
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