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German Pages [377] Year 2018
Steffie Schmidt
Professoren im Norden Lutherische Gelehrsamkeit in der Frühen Neuzeit am Beispiel der theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala
Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte Herausgegeben von Volker Henning Drecoll und Volker Leppin
Band 116
Vandenhoeck & Ruprecht
Steffie Schmidt
Professoren im Norden Lutherische Gelehrsamkeit in der Frühen Neuzeit am Beispiel der theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala
Vandenhoeck & Ruprecht
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 2197-3237 ISBN 978-3-666-57058-2 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com Gedruckt mit finanzieller Unterstützung der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen. © 2018, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: textformart, Göttingen
Inhalt
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1 Vorbemerkungen zur Periodisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 1.2 Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.3 Die Quellen: Auswahl und Tendenzen der Überlieferung . . . . . . . 20 1.4 Zeitliche Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.5 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 2. Die rechtliche Verfassung der Universitäten Kopenhagen und Uppsala . . 27 2.1 Die skandinavischen Universitäten in der Bildungslandschaft Europas 27 2.1.1 Gründung und erste Wirkungsphase der Universität Uppsala 29 2.1.2 Gründung und erste Wirkungsphase der Universität Kopenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2.2 Die Ordnung der Universität Kopenhagen seit ihrer Wiedereröffnung (1537) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Ein provisorisches Universitätsprogramm . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Die Universitätsstatuten von 1539 . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Die Universität Kopenhagen im Kontext des lutherischen Universitätswesens . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Verbesserungen unter Frederik II. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4.1 Veränderte Studienbedingungen – der Königsbrief vom 25.07.1569 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4.2 Gehaltserhöhungen – der Königsbrief vom 11.09.1571 2.2.5 Die Novellæ constitutiones Christians IV. . . . . . . . . . . . . . 2.2.6 Die Einführung des theologischen Examens . . . . . . . . . . . 2.2.7 Die Kopenhagener Universität im Zeitalter des Absolutismus . 2.3 Das Schicksal der Universität Uppsala von Gustav Vasa bis Karl X. Gustav . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1 Rekatholisierungsversuche und protestantischer Widerspruch 2.3.1.1 Statuten und Privilegien aus der Regierungszeit Johans III. – ein Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.1.2 Das Stockholmer Kolleg als Ausgangspunkt der neuen Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36 39 42 51 54 54 57 59 62 64 66 68 71 75
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Inhalt
2.3.2 Verhandlungen auf der Versammlung von Uppsala . . . . . . . 2.3.3 Ein Neuanfang für die Universität . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.1 Das Gutachten der Professoren . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3.2 Ein neues Konzept für die Universität . . . . . . . . . . 2.3.3.3 Verhandlungen mit dem Thronfolger . . . . . . . . . . 2.3.3.4 Verhandlungen mit Herzog und Rat . . . . . . . . . . . 2.3.4 Die Privilegien der Universität von 1595 . . . . . . . . . . . . . 2.3.5 Die Selbstbehauptung der Universität gegenüber Karl IX. . . . 2.3.5.1 Karls Verbesserungsvorschlag von 1604 . . . . . . . . . 2.3.5.2 Ein Vorschlag für Universitätsstatuten von 1606 . . . . 2.3.6 Der Aufschwung der Universität unter Gustav II. Adolf . . . . . 2.3.6.1 Neue Privilegien für die Universität . . . . . . . . . . . 2.3.6.2 Neue Statuten für die Universität . . . . . . . . . . . . . 2.3.7 Die Revision der Universitätsstatuten unter Karl X. Gustav . . .
77 78 78 80 81 83 84 87 88 89 92 94 96 103
2.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Der Unterricht an den theologischen Fakultäten . . . . . . . . . . . . . . 115 3.1 Vorlesungsverzeichnisse als Zeugnisse des Unterrichtsprogramms . . 121 3.2 Der Unterricht an der theologischen Fakultät in Kopenhagen . . . . 3.2.1 Exegetischer Unterricht mit dogmatischen Perspektiven . . . . 3.2.2 Dogmatik als eigenständige theologische Disziplin . . . . . . . 3.2.3 Das öffentliche Lehrangebot abseits von Schriftauslegung und Glaubenslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Private Unterweisung und der Unterricht durch die Adjunkten 3.2.5 Testimonium und attestatio: Zeugnisse für angehende Pfarrer . . 3.2.5.1 Praktische Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5.2 Aufbau und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.6 Die philosophische Vorprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3.3 Der Unterricht an der theologischen Fakultät in Uppsala . . . . . . . 3.3.1 Biblischer Unterricht als Schriftauslegung . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die Glaubenslehre nach Hafenreffer . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Der Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren und Adjunkten 3.3.4 Kirchengeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.1 Themen und Aufteilung des kirchengeschichtlichen Unterrichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.4.2 Erik Benzelius: Breviarium historiæ ecclesiasticæ . . . . 3.3.5 Privatkollegs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.6 Theologische Unterweisung als Vorbereitung auf den Pfarrberuf? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.7 Exkurs: Pfarrausbildung nach dänischer Tradition in Lund . . . 3.3.7.1 Dänisch-schwedische Verständnisschwierigkeiten . . .
148 149 151 156 160
133 134 136 137 140 147
160 162 169 178 181 183
Inhalt
3.3.7.2 Deutsche Professoren als Unruhestifter? . . . . . . . . . 3.3.7.3 Der Unterricht an der theologischen Fakultät . . . . . . 3.3.7.4 Das Ende des dänischen examen attestationis . . . . . . 3.3.8 Das Prüfungswesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.1 Die theologische Vorprüfung angehender Magister . . 3.3.8.2 Die Vergabe theologischer Grade . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.3 Das examen anniversarium der theologischen Stipendiaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.8.4 Andere Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.9 Die Besucherfrequenz der theologischen Vorlesungen . . . . .
7 189 190 193 195 196 203 204 209 214
3.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 4. Skandinavische Theologieprofessoren und das gelehrte Luthertum im Alten Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 4.1 Die peregrinatio academica skandinavischer Studenten . . . . . . . . 4.1.1 Bildungsreisen und ihre Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Auslandserfahrungen der Theologieprofessoren . . . . . . . . . 4.1.3 Peregrinationen als Informationsquellen für die Professoren im Norden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3.1 Dänemark: Albert Bartholins Erfahrungen in Wittenberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3.2 Schweden: Begegnungen mit theologischen Konflikten im Alten Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226 228 233
4.2 Persönliche Kontakte zu Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich 4.2.1 Kontakte am Beispiel größerer Briefsammlungen . . . . . . . . 4.2.2 Gezeichnet vom Krieg: Briefe Wittenberger Theologen an Brochmand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.3 Um der alten Freundschaft willen: Calovs Briefe an Lithman . .
264 265
4.3 Skandinavische Antworten auf Kontroversen im Heiligen Römischen Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Exkurs: Das protestantische Gutachtenwesen . . . . . . . . . . 4.3.2 Verbindungen zwischen Hamburg und Kopenhagen . . . . . . 4.3.2.1 Das Augsburger Interim und sein Echo in Kopenhagen 4.3.2.2 Der Streit um Christi Höllenfahrt . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Anfragen an die theologische Fakultät in Uppsala . . . . . . . . 4.3.3.1 Das Kasseler Religionsgespräch . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.2 Die Kontroverse zwischen Wasmuth und Conring . . . 4.3.3.3 Musaeus unter Synkretismusverdacht . . . . . . . . . . 4.3.3.4 Weitere Anfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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269 277 289 290 293 294 297 299 299 316 322 324
4.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326
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Inhalt
5. Schluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 6. Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 Gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 347 Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 367 Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375
Vorwort
Das Luthertum der Frühen Neuzeit war international. Die Theologieprofessoren, denen man in dieser Monographie begegnet, bewegten sich üblicherweise durch die akademische Landschaft des Heiligen Römischen Reiches und darüber hinaus. Wissbegierig, aufgeschlossen und kontaktfreudig – für den Gelehrten aus dem Norden war es eine Selbstverständlichkeit, die Grenzen des eigenen Bildungsraums zumindest vorübergehend hinter sich zu lassen. In den zurückliegenden Jahren habe ich den umgekehrten Reiseweg angetreten, um mir ein Bild davon zu machen, wer diese Theologieprofessoren waren, unter welchen Bedingungen sie arbeiteten, wie ihre Vorstellung von „lutherisch“ aussah, was sie auf ihren Reisen durch Europa erlebten. Zahlreiche Menschen haben mich auf diesem Weg begleitet und unterstützt, denen Dank gebührt. An erster Stelle ist mein Doktorvater Prof. Dr. Thomas Kaufmann zu nennen. Er hat mich nicht nur für die Reformationsgeschichte begeistert, sondern betreute meine Dissertation mit aufrichtigem Interesse. Ausreichend Freiraum zur Erprobung der eigenen Ideen zu gewähren und gleichzeitig den erfolgreichen Abschluss des Promotionsprojekts nicht aus den Augen zu verlieren, ist eine hohe Kunst, die bei Doktormüttern und -vätern nicht grundsätzlich vorausgesetzt werden kann. Prof. Dr. Otfried Czaika erklärte sich sofort bereit, die Zweitbetreuung meiner Arbeit zu übernehmen, und hat sich dieser Aufgabe mit großem Engagement gestellt. Er stand mir zuverlässig als kompetenter Gesprächspartner zur Seite und bot mir unentbehrliche Orientierung in der skandinavischen Forschungslandschaft. Die Dissertation entstand im durch das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur geförderten Promotionskolleg „Transformationsprozesse im neuzeitlichen Protestantismus“ an der Georg-August-Universität Göttingen. Die weiterführenden Hinweise und die Unterstützung, die ich hier von Seiten der teilnehmenden ProfessorInnen und DoktorandInnen erfahren habe, weiß ich sehr zu schätzen. Während meiner Promotionsphase führten mich längere Forschungsaufenthalte an die Universitäten Uppsala und Aarhus. Ermöglicht wurden diese Reisen durch die finanzielle Unterstützung des U4-Netzwerks und der Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen. Am Historischen Seminar der Universität Uppsala begleitete mein Gastdoktorvater Prof. Dr. Jan Lindegren mit großem Interesse den Fortgang meiner Arbeit. Er bahnte mir einen ersten Weg durch den schwedischen Archivdschungel und trug entscheidend dazu bei, dass ich mich in Uppsala immer willkommen gefühlt habe. In Aarhus hatte ich die Möglichkeit, die Forschergruppe „Reformatorische Theologie und Konfessionskultur“ unter der Leitung von Associate Professor Bo Kristian Holm zu besuchen. In dieser Zeit beantwortete Prof. Dr. Per Ingesman geduldig alle meine Fragen zur dänischen Reformations-
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Vorwort
geschichte. Beiden möchte ich für die freundliche Aufnahme und ihre Hilfe herzlich danken. Ohne meine Familie, meine guten FreundInnen und lieben KollegInnen, die alle Höhe- und Tiefpunkte der letzten Jahre unerschrocken mitgegangen sind, wäre das Gelingen dieses Projektes kaum vorstellbar gewesen. Noch auf der Zielgeraden lasen Dr. des. Henning Bühmann, Dr. Yassir El Jamouhi und nicht zuletzt auch meine Familie Teile meiner Arbeit gründlich Korrektur. Kathie Schmidt und Silke Hartmann standen mir immer mit Rat und Tat zur Seite und entwarfen fachkundig den schönsten Doktorhut, den die Fakultät je gesehen hat. Die vorliegende Arbeit wurde von der Theologischen Fakultät der Georg-AugustUniversität Göttingen als Dissertation angenommen und im Februar 2017 verteidigt. Die Gutachten erstellten Prof. Dr. Thomas Kaufmann, Prof. Dr. Peter Gemeinhardt und Prof. Dr. Otfried Czaika, wofür ich herzlich danke. Die Dissertation habe ich für die Drucklegung geringfügig überarbeitet. Die Publikation wurde durch die Graduiertenschule für Geisteswissenschaften Göttingen großzügig finanziell unterstützt. Ich freue mich sehr, dass Prof. Dr. Volker Henning Drecoll und Prof. Dr. Volker Leppin der Aufnahme in die Reihe Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte schnell und unkompliziert zugestimmt haben. Keine Worte reichen, um die Unterstützung durch meine Eltern und meine Schwester Kathie angemessen zu würdigen. Ihnen ist dieses Buch gewidmet. Rostock, im August 2017
Steffie Schmidt
1. Einleitung
Die von Wittenberg ausstrahlende Reformation wurde entscheidend von den Professoren der dortigen Universität getragen und gestaltet, allen voran von Martin Luther selbst und seinem Kollegen Philipp Melanchthon. Der Ruf der kursächsischen Hochschule und ihrer Repräsentanten lockte Studenten von nah und fern an, welche die hier vermittelten theologischen Einsichten weiter verbreiteten. Dies gilt besonders für die nordischen Länder, deren akademischen Nachwuchs es schon in vorreformatorischer Zeit nicht zuletzt aus Mangel an vergleichbaren Bildungsinstitutionen an die kontinentaleuropäischen Zentren der Gelehrsamkeit gezogen hatte. So finden sich in den entscheidenden Jahrzehnten der Reformation, als die Leucorea eine besondere Anziehungskraft auszuüben vermochte,1 auch einige der tatkräftigsten und wirkmächtigsten skandinavischen Reformatoren unter ihren Studenten, man denke nur an Hans Tausen, Peder Palladius, Olaus und Laurentius Petri oder Mikael Agricola. In nachreformatorischer Zeit stellte das höhere Bildungswesen noch immer einen, wenn nicht den entscheidenden Raum dar, in dem ein binnenkonfessioneller Transfer theologischer Erkenntnisse stattfand. So entwickelten sich insbesondere die Universitäten zu Plattformen, auf denen es während des 16. und 17. Jahrhunderts zur Begegnung und zum Austausch zwischen der skandinavischen und deutschen Gelehrtenwelt kam. Dies ist insofern relevant, als die nordischen Königreiche Dänemark-Norwegen und Schweden2 erheblich dazu beitrugen, dass die durch Martin Luther initiierte Reformation die Grenzen des Heiligen Römischen Reiches verließ und zu einem europäischen Ereignis wurde. Steht der überragende Einfluss der Leucorea in der Anfangsphase der Reformation außer Frage, so hat die Forschung die Bedeutung der Universitäten und vergleichbarer Institutionen höherer Bildung auch für die folgenden Jahrzehnte betont, als sich die Obrigkeiten darum bemühten, die Ergebnisse des reformatorischen
1 Die Wittenberger Universität erhielt schon bei ihrer Gründung 1502 eine ausgezeichnete Ausstattung sowohl in finanzieller wie personeller Hinsicht und wurde als besonders fortschrittlich angesehen, vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 62 f. Zur Gründung der Universität Wittenberg vgl. etwa Walther, Wittenberg, speziell zur theologischen Fakultät Kohnle / Kusche, Fakultät. 2 Zur Terminologie: Als die Reformation in den 1520er-Jahren den Norden erreichte, bestanden dort nach dem Ende der Kalmarer Union die Königreiche Dänemark-Norwegen (mit Island, Grönland, den Färöer und den Herzogtümern Schleswig und Holstein, wobei Holstein in das Heilige Römische Reich eingegliedert war) und Schweden (mit Finnland). Die folgende Untersuchung konzentriert sich – allein schon bedingt durch die Lage der Universitäten – auf das dänische und schwedische Kernland und muss daher die Situation in den anderen Landesteilen unberücksichtigt lassen.
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Einleitung
Aufbruchs zu sichern und in die Praxis umzusetzen.3 Im Zusammenhang der so genannten Konfessionalisierungsthese4 wurde die Funktion der frühneuzeitlichen Universitäten als „Instrumente der landesherrlichen Politik im Prozeß der Konfessionalisierung“5 im Hinblick auf alle drei im Alten Reich vertretenen Konfessionen herausgearbeitet. Die Errichtung von Universitäten und ähnlichen Lehranstalten wird daher oft als einer der grundlegenden Vorgänge im Kontext der frühmodernen Staatenbildung verstanden, der allen drei Konfessionen gemeinsam ist.6 Die Universitäten erlebten in der Frühen Neuzeit einen neuartigen Funktionszuwachs, der nicht nur dem wachsenden Bedarf des frühmodernen Staates an gut ausgebildeten Beamten geschuldet war. Auch im Bereich der Theologie kündigte sich – nicht zuletzt bedingt durch das reformatorische Ideal des gelehrten Pfarrers, dessen Kerngeschäft in der Auslegung der Heiligen Schrift bestand – ein Paradigmenwechsel an, indem die Unterweisung der Geistlichkeit allmählich als eine universitäre Aufgabe begriffen wurde. Die Verlegung der lutherischen Pfarrausbildung an die Universitäten oder vergleichbare Bildungsinstitutionen ging mit einer 3 Appold, Academic Life, 79, bietet einen Überblick über Neugründungen (Marburg 1527, Jena 1548) bzw. Reformen (Wittenberg 1536, Tübingen 1535 bis 1538, Greifswald 1539, Leipzig 1539 bis zur Mitte der 1540er-Jahre, Heidelberg 1558, Rostock 1563) lutherischer Universitäten in Verbindung mit reformatorischen Anliegen. 4 Die wesentlich durch Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling geprägte Konfessionalisierungsthese erfreut sich seit den 1980er-Jahren einer lebhaften Diskussion in der deutschsprachigen Forschung. ‚Konfessionalisierung‘ definiert Schilling, Konfessionalisierung 1988, 6 (oder Schilling, Konfessionalisierung 2002, 508), dabei als einen „gesellschaftlichen Fundamentalvorgang, der das öffentliche und private Leben in Europa tiefgreifend umpflügte, und zwar in meist gleichlaufender, bisweilen aber auch gegenläufiger Verzahnung mit der Herausbildung des frühmodernen Staates und mit der Formierung einer neuzeitlich disziplinierten Untertanengesellschaft, die anders als die mittelalterliche Gesellschaft nicht personal und fragmentiert, sondern institutionell und flächenmäßig organisiert war.“ Einen Überblick über das Konfessionalisierungskonzept und seine Kritik findet man z. B. bei Kaufmann, Konfessionalisierung Teil 1; Kaufmann, Konfessionalisierung Teil 2; Schorn-Schütte, Konfessionalisierung; Kaufmann, Art. Konfessionalisierung; Lotz-Heumann, Confessionalization. 5 Asche, Distanz, 273. 6 Schilling, Europa, 18 f, geht sogar so weit, die frühneuzeitliche Universität als den „Kardinalagenten frühmoderner Modernisierung“ zu bezeichnen, und betrachtet sie als exzeptionelles Beispiel für „die für das konfessionelle Europa typische Zusammenarbeit von Staat und Kirche sowie die historisch bedingte Verschränkung sakral legitimierter Fundierung und Modernisierung“. Allerdings können auch konfessionsübergreifende Strömungen identifiziert werden, die gleichsam quer liegen zu der im Rahmen der Konfessionalisierungsthese festgehaltenen funktionalen Gleichwertigkeit und die sich in diese daher nicht ohne Weiteres einfügen lassen. Hier kann in erster Linie an die Wirkungen des Humanismus auf das höhere Bildungswesen aller Konfessionen gedacht werden. Die einem „verbindenden, überkonfessionellen humanistischen Bildungs- und Gelehrtenideal“ geschuldeten Gemeinsamkeiten umfassen laut Asche gelungene humanistische Bildungsreformen des 16. Jahrhunderts, die Beibehaltung der korporativen Universitätsverfassung (z. B. in Gestalt der Aufteilung in Fakultäten, der Vergabe akademischer Grade und der universitären Gerichtsbarkeit), die generelle Indienstnahme der philosophischen durch die theologische Fakultät sowie die grundsätzliche Aufwertung der Gymnasien, vgl. Asche, Distanz, 274. Zum Verhältnis von Humanismus und Universitäten vgl. grundlegend Baumgart, Bildungsreform (bzw. Baumgart, Gesammelte Beiträge).
Einleitung
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„Professionalisierung geistlicher Funktionseliten“7 einher, was in gewisser Weise vor dem Hintergrund einer generellen Neuausrichtung des höheren Bildungswesens auch für die reformierte und katholische Konfessionalisierung geltend gemacht werden kann.8 Dabei weicht die konkrete Gestaltung entsprechender Einrichtungen jedoch derart voneinander ab, dass es berechtigt erscheint, mit Asche von „eigenen katholischen, lutherischen und später auch reformierten Bildungslandschaften im Reich mit landesherrlich kontrollierten, konfessionell homogenen Hochschulen“9 seit der Mitte des 16. Jahrhunderts auszugehen. Ohne leugnen zu wollen, dass alle drei Konfessionen ein besonderes Interesse am Universitätswesen hegten, weist Kaufmann den Universitäten im lutherischen Bereich dennoch eine gesteigerte Bedeutung im interkonfessionellen Vergleich zu, sodass er hier eine für das Luthertum typische Eigentümlichkeit entdeckt.10 In diesem Zusammenhang hat Kaufmann eingehend die Rolle der Theologieprofessoren für den Prozess der lutherischen Konfessionalisierung am Beispiel der Rostocker Universität untersucht und ihre verschiedenen Wirkungsfelder sowohl 7 Kaufmann, Art. Konfessionalisierung, 1060, hält diese Tendenz als konfessionelle Gemeinsamkeit fest. Den Aspekt der Professionalisierung des Klerus als in allen Konfessionen zu beobachtenden Vorgang betont auch Schilling, Europa, 38 f, trotz des jeweils konfessionsspezifischen Idealbildes eines Geistlichen. 8 Reinhard weist in diesem Zusammenhang auf die vielen Neugründungen von Universitäten im Alten Reich hin, die Einführung von Priesterseminaren bzw. den Einfluss der Jesuiten auf die höhere Bildung sowie auf das Gewicht der Genfer Akademie für die Ausbildung von reformierten Predigern. Vgl. Reinhard, Konfession, 181–184. Vgl. auch Reinhard, Reformation, 396. Zum jesuitisch geprägten Bildungswesen des Katholizismus vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 83–87. 9 Asche, Distanz, 273 f [Hervorhebung im Original getilgt]. Zum Begriff der Bildungslandschaft und des Bildungsraums vgl. Wriedt, Bildungslandschaften, besonders 249–251; 266 f; Asche, Bildungslandschaften. 10 Vgl. Kaufmann, Universität, 605 f. Kaufmann stellt als Kennzeichen der lutherischen Reformation die enge Verbindung initial zur Wittenberger Universität, im weiteren Verlauf zu den neuerrichteten oder reformierten Universitäten in den Territorien heraus. Erklärend fügt er hinzu, dass katholische Priesterseminare und Kollegien neben den Universitäten entstanden seien und man dieser Entwicklung insgesamt „reaktive“ Merkmale nicht absprechen könne. Bezogen speziell auf den deutsch-reformierten Konfessionstyp hält er fest, dass es für ihn aufgrund der fehlenden reichsrechtlichen Akzeptanz vor 1648 kaum in Betracht gekommen sei, Universitäten innerhalb der Grenzen des Alten Reiches zu errichten, abgesehen von der Hohen Schule in Herborn, von dem vorübergehenden reformierten Übergewicht an den Universitäten Heidelberg und Marburg sowie der seit 1615 calvinisierten Universität Frankfurt an der Oder (vgl. auch Asche, Frequenzeinbrüche, 89). Daher schlussfolgert Kaufmann, Universität, 606: „Die Konsequenz freilich und die Ausschließlichkeit, mit der die Universität im Bereich des lutherischen Konfessionalisierungsprozesses in den Vordergrund trat und als Brückenkopf bei der jeweiligen Einführung der Reformation fungierte, dürfte ein Spezifikum des Luthertums darstellen.“ Die besondere Bedeutung der Universitäten für das Luthertum lässt sich anhand der Anzahl an Universitäten und deren Frequentierung um 1600 veranschaulichen. Kaufmann, Konfession, 305, zählt im Heiligen Römischen Reich um die Jahrhundertwende elf lutherische Universitäten mit ca. 2500 Immatrikulationen im Vergleich zu zwei reformierten Universitäten (Heidelberg und das „quasi universitäre“ Herborn) mit ca. 280 und sechs katholischen Universitäten mit ca. 400 Einschreibungen.
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Einleitung
im Bereich der Hochschule als auch der Kirche herausgearbeitet.11 Den Theologieprofessoren war nicht nur die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses anvertraut. Sie waren auch dafür verantwortlich, über die korrekte Auslegung der gebotenen Glaubensüberzeugung zu wachen. Durch Gutachten zu strittigen Fragen des religiösen Lebens definierten sie die Eckpfeiler der geltenden Lehre. Gestaltend griffen sie sowohl in das mecklenburgische Kirchenwesen als auch in die universitären Abläufe ein. Aufgrund dieser vielfältigen Betätigungen identifiziert Kaufmann die Mitglieder der theologischen Fakultät als die maßgeblichen Träger des Konfessionalisierungsprozesses außerhalb der politischen Sphäre, was ihn pointiert zu der Einsicht führt: „Ohne Theologieprofessoren keine Konfessionalisierung!“12 Lässt sich Kaufmanns Auffassung nach diese am Beispiel der Rostocker Universität gewonnene Aussage mit einer gewissen Berechtigung zumindest auf andere lutherische Gebiete außerhalb Mecklenburgs übertragen,13 stellt sich die Frage, wie dieses Merkmal des Luthertums, was die außerordentliche Bedeutung der Uni versitäten und ihrer Repräsentanten für den Konfessionalisierungsprozess betrifft, methodisch bewältigt werden kann. Als Alternative zu der der Konfessionalisierungsthese inhärenten „Vorstellung einer systemischen Einheitlichkeit, dogmatischen Geschlossenheit, funktionalen Äquivalenz und statischen Opposition der drei frühneuzeitlichen Konfessionen und ihrer Verhältnisse zueinander“14, die leicht den Blick für solche Eigenheiten versperrt, die jeder Konfession augenscheinlich innewohnten, schlägt Kaufmann die Kategorie der ‚Konfessionskultur‘ vor. Dieser Begriff erlaubt, dass die jeweiligen Eigentümlichkeiten auf römisch-katholischer, reformierter und lutherischer Seite zu Wort kommen können.15 Er bietet außerdem die Möglichkeit zur Wahrnehmung einer ‚binnenkonfessionellen Pluralität‘, auf die Kaufmann selbst gerade in Bezug auf das Luthertum nachdrücklich aufmerksam gemacht hat.16 Am Universitätswesen kann sich diese Annahme einer ‚binnen konfessionellen Pluralität‘ in besonderer Weise bewähren. Denn Asche weist dar 11 Vgl. Kaufmann, Universität. Dabei fasst er die herausgehobene Bedeutung der Theologieprofessoren generell in ihrer Beschreibung als einer „eindeutig multifunktionalen kirchlichen Führungs- und akademischen Reflexionselite“ zusammen, „deren Bedeutung für die Uniformierung des Bekenntnisses, den Aufbau und die Stabilisierung territorialer Kirchentümer, die Ausbildung ihrer Geistlichkeit, aber auch die Prägung ihres Schulwesens und ihrer Katechetik im konfessionellen Zeitalter kaum überschätzt werden kann“, s. Kaufmann, Universität, 14. 12 Kaufmann, Universität, 605. 13 Vgl. Kaufmann, Universität, 605. 14 Kaufmann, Einleitung, 14. 15 Das Konzept der ‚Konfessionskultur‘ entfaltet Kaufmann insbesondere im Hinblick auf das Luthertum in den Prolegomena von Kaufmann, Konfession, 3–26. Vgl. auch bereits Kaufmann, Krieg, 7–9. 16 Vgl. zur Terminologie Kaufmann, Einleitung, 15: „Mit dem Begriff der binnenkonfessio nellen Pluralität soll der Blick auf dynamische Differenzierungsprozesse konfessionstheologischer Art, territoriale, regionale und nationale Ausformungen konfessionskultureller Identitäten und soziale Varianten christlicher Vergemeinschaftung innerhalb der konfessionellen ‚Großgruppen‘ bezeichnet werden, die gegenüber der Vorstellung einer ‚systemischen‘ Geschlossenheit konfes-
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auf hin, dass man unter den protestantischen Lehranstalten höherer Bildung auf ziemlich große Varianzen trifft, was er darauf zurückführt, dass die Landesherren direkt Einfluss auf die konkrete Gestaltung dieser Institutionen ausüben konnten.17 Der Blick in den europäischen Norden erlaubt die Erprobung der Einsichten, die im Rahmen der Konfessionalisierungsthese zu den Universitäten entwickelt worden sind, außerhalb der Grenzen und spezifischen Bedingungen des Alten Reiches, an dessen Beispiel dieses Forschungsparadigma ursprünglich entstanden ist. Dies ist umso bedeutsamer, als die skandinavischen Königreiche Dänemark-Norwegen und Schweden sowohl aufgrund ihrer flächenmäßigen Ausdehnung als auch wegen ihrer politischen Bedeutung im Ostseeraum und darüber hinaus im 16. und 17. Jahrhundert die vielleicht wichtigsten Rezipienten lutherischen Gedankenguts darstellen. Dabei bietet die Auseinandersetzung mit der Frage, welche Gestalt das Universitätswesen in den nordischen Ländern konkret annahm, die Möglichkeit, Varianten des lutherischen Konfessionstyps in einem gemeinsamen Kulturraum, aber unter verschiedenen politischen wie gesellschaftlichen Vorzeichen wahrzu nehmen. Die herausragende Bedeutung der Universitäten und ihrer Theologen, die in der deutschen Forschung nicht nur für den Prozess der Konfessionalisierung im Allgemeinen, sondern für die lutherische Konfessionskultur im Besonderen festgehalten worden ist, lässt eine vergleichende Untersuchung des skandinavischen Universitätswesens als eine vordringliche Aufgabe erscheinen. Die folgende Untersuchung wendet sich daher den beiden ältesten skandinavischen Hochschulen zu, nämlich der Universität Uppsala (gegründet 1477) und der Universität Kopenhagen (gegründet 1479).18 Ein Blick auf ihre Entwicklung nach ihrer Wiedereröffnung unter protestantischen Vorzeichen gibt nicht nur Auskunft über die Vielgestaltigkeit bildungsgeschichtlicher Organisationsformen des Luthertums, sondern erlaubt auch genauere Differenzierungen zwischen den Königreichen des skandinavischen Kulturraums, dem aus deutscher Sicht gerne voreilig eine allzu pauschalisierende Einheitlichkeit unterstellt wird. Der oben erläuterten besonderen Bedeutung der Theologieprofessoren für die Reformation und Konfessionalisierung ist es geschuldet, dass die theologischen Fakultäten, insbesondere ihre Organisation und akademische Wirksamkeit, in den Fokus der Untersuchung rücken, und zwar vor dem Hintergrund ihrer Einbindung in das internationale Luthertum.
sionalisierter Gesellschaften zur Zurückhaltung Anlaß geben.“ [Hervorhebung im Original] Zur innerlutherischen Pluralität vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges vgl. Kaufmann, Krieg, besonders 140–146; 150–154. 17 Vgl. Asche, Distanz, 266 f. 18 Während die Universität Kopenhagen lange Zeit das akademische Monopol im Königreich behielt, vervielfältigte sich im 17. Jahrhundert das universitäre Angebot im schwedischen Nachbarland. Nichtsdestotrotz genossen die beiden ältesten nordischen Hochschulen im gesamten Untersuchungszeitraum den Status von Universitätszentren für ihr jeweiliges Königreich.
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1.1 Vorbemerkungen zur Periodisierung Will man die Entwicklung des höheren Bildungswesens in den nordischen Monarchien in der Frühen Neuzeit, genauer gesagt während der Etappen von Reformation und Konfessionalisierung, untersuchen, steht man zunächst vor der Herausforderung, diese anhand der Gegebenheiten im Heiligen Römischen Reich gewonnene Periodisierung auf die skandinavischen Verhältnisse zu übertragen. Mit der zunächst verhaltenen Rezeption der Konfessionalisierungsthese durch die skandinavische Frühneuzeitforschung19 auf der einen Seite, in der deutschsprachigen Forschung im Hinblick auf die nordischen Länder auf der anderen Seite hängt zusammen, dass noch kein einhelliger Konsens darüber besteht, ob und wie sich diese beiden zeitlich eng verflochtenen, aber abgrenzbaren Phasen auch in der dänischnorwegischen bzw. schwedischen Geschichte abzeichnen. Eine Applikation dieses Periodisierungsmodells auf Dänemark-Norwegen scheint dabei auf den ersten Blick einleuchtend zu sein. Gerade die dänischen reformatorischen Ereignisse, die unter Frederik I. Züge einer städtischen, unter Christian III. einer fürstlichen Reformation aufweisen, bieten sich unmittelbar zu einem Vergleich mit den Vorgängen im Heiligen Römischen Reich an. Die Frage, inwieweit sich hier auch ähnliche Entwicklungen vollziehen, wie sie für die Konfessionalisierung im Alten Reich als kennzeichnend erarbeitet wurden, harrt noch einer ausführlichen Bearbeitung. Allerdings hat sich auf dänischer Seite in jüngerer Zeit besonders Per Ingesman kritisch damit auseinandergesetzt, welche Bedeutung dem Konfessionalisierungskonzept für die dänische Geschichte der Frühen Neuzeit als Alternative zu dem traditionellen Verständnis dieser Periode als Zeit der „Adelsherrschaft“ (adelsvælde) beigemessen werden kann.20 Basierend auf einer Analyse der königlichen Gesetzgebung in dieser Zeit kann er auch in Dänemark die für die Konfessionalisierung typischen Vorgänge erkennen.21 Demgegenüber erweist sich der schwedische Weg, der erst 1593 zu einem klaren und irreversiblen konfessionellen Bekenntnis zugunsten des Protestantismus führte, als sperrig, weil er sich nicht ohne Weiteres in die Abfolge von Reformation und Konfessionalisierung integrieren lässt. Symptomatisch erstreckt sich in der neuesten schwedischen Darstellung zur Kirchengeschichte der Band über die
19 Die Entwicklung der skandinavischen Frühneuzeitforschung mit besonderer Berücksichtigung Schwedens beschreibt Czaika, Entwicklungslinien. 20 Vgl. Ingesman, Staat, 170. 21 Vgl. Ingesman, Staat, 169, im Hinblick auf die von Heinz Schilling herausgearbeiteten inhaltlichen Kennzeichen der Konfessionalisierung. Vgl. auch Ingesman, Reformation, 31, wobei er die dänische Konfessionalisierung auf den Zeitraum von ca. 1545 bis 1645 eingrenzt. Inwieweit sich auch in anderen Landesteilen, z. B. in Norwegen, mit der Konfessionalisierung vergleichbare Prozesse vollzogen, ist noch einmal eine ganz andere Frage, die im Zusammenhang dieser Studie ausgeklammert werden muss.
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Reformationszeit22 von 1521 (Beginn des Aufstands unter Gustav Eriksson [Vasa]) bis 1599 (die Versammlung von Uppsala [Uppsala möte] und ihre Folgen, Sigismunds Niederlage), woran sich ein Band unter dem Motto „Zeit der Einheitskirche“23 anschließt, der die Jahre 1595 (die Universität Uppsala erhält Privilegien) bis 1705 (Herausgabe der Bibel Karls XII.) umfasst und damit im Großen und Ganzen mit der traditionell in der schwedischen Geschichtsschreibung als stormaktstid („Großmachtszeit“) bezeichneten Epoche zusammenfällt. Otfried Czaika hingegen, der sich um eine Anwendung des Konfessionalisierungsbegriffs auf die Zustände im schwedischen Königreich bemüht, spricht sich dafür aus, die Konfessionalisierung in Schweden nicht erst mit dem Uppsala möte 1593 beginnen zu lassen. Stattdessen führt er einleuchtende Argumente an, die schwedische Reformation mit der Person Gustav Erikssons zu verbinden (ca. 1520 bis 1560) und daran bereits das konfessionelle Zeitalter anzuschließen.24 Bei der Frage, wann dieses in Schweden endete, gerät man leicht an die Grenzen einer Vergleichbarkeit mit den Verhältnissen im Alten Reich. Zwar lassen sich mit einer gewissen Berechtigung der Westfälische Friede (wie im Heiligen Römischen Reich) oder Kristinas Abdankung in der Mitte des 17. Jahrhunderts als Endpunkte der Konfessionalisierung in Schweden benennen.25 Nimmt man aber die Besonderheiten der schwedischen religionspolitischen Gegebenheiten ernst, sieht sich Czaika zu der These veranlasst, den Abschluss des konfessionellen Zeitalters im 19. oder sogar erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts zu finden.26
1.2 Forschungsstand Die vorliegende Untersuchung baut auf grundlegende Arbeiten zur Geschichte der beiden Hochschulen in Kopenhagen und Uppsala auf. Die Rekonstruktion der jeweiligen Universitätshistorie stellt sich besonders als ein Ergebnis der unermüdlichen Quellenstudien von Holger Frederik Rørdam (1830–1913) und Claes Annerstedt (1839–1927) in der zweiten Hälfte des 19. und am Beginn des 20. Jahr-
22 Andrén (Hg.), Reformationstid. 23 Montgomery (Hg.), Enhetskyrkans tid. 24 Vgl. Czaika, Konfessionalisierung, besonders 76. Dass die Konfessionalisierung in Schweden um ca. 1560 eingesetzt habe, begründet er hier mit der „zunehmenden Theologisierung der schwedischen Kirche und dem Ringen um einheitliche konfessionelle Standpunkte in der Auseinandersetzung mit kalvinistischem und reformkatholischem Gedankengut unter Erik XIV. und Johan III. sowie einem gesteigerten Bemühen um Sozialdisziplinierung nach 1560“. Schweden als Beispiel einer „verspäteten Konfessionalisierung“ zu bezeichnen, wie Asche, Zentrum, 17, vorschlägt, scheint vor dem Hintergrund von Czaikas Argumentation unberechtigt zu sein. 25 Vgl. Czaika, Konfessionalisierung, 87. 26 Vgl. Czaika, Konfessionalisierung, 90. Daher schlägt Czaika vor, in Bezug auf Schweden von einer ‚verlängerten Konfessionalisierung‘ oder einem ‚verspäteten‘ Ende der Konfessionalisierung zu reden.
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hunderts dar.27 Rørdam verfasste nicht nur eine bis heute einschlägige, vierbändige Universitätsgeschichte28, die den Zeitraum 1537 bis 1621 behandelt, sondern leistete auch durch die Herausgabe unzähliger Quellenzeugnisse Pionierarbeit zur Erhellung der universitären Verhältnisse in Kopenhagen im 16. und 17. Jahrhundert sowie der frühneuzeitlichen dänischen Kirchengeschichte überhaupt. Im Zusammenhang dieser Untersuchung erwies sich vor allem seine Edition von Auszügen aus dem Protokoll des Kopenhagener Konsistoriums29 und anderer Dokumente30 mit Anknüpfungspunkten zur Universitätsgeschichte als äußerst hilfreich. In Dänemark boten Universitätsjubiläen in der Folgezeit Anlass, sich erneut auf die Geschichte der ältesten heimischen Hochschule zu besinnen. So entstand nicht nur das universitätsgeschichtliche Werk von William Norvin31, sondern auch die seit 1979 erscheinende, inzwischen stattliche 14 Bände umfassende Universitätshistorie32, von der in diesem Zusammenhang der fünfte Band mit seinem Überblick über die Geschichte der theologischen Fakultät von 1479 bis 197933 von besonderem Interesse ist. Ein wichtiges Hilfsmittel im Rahmen der Kopenhagener Universitätsgeschichtsforschung bilden Slottveds Übersichten34, mit denen sich die Besetzung der einzelnen Lehrstühle rekonstruieren lässt. Für die schwedische Hochschule in Uppsala steht ein ähnlich umfangreiches Projekt zur Erschließung der Universitätsgeschichte nach heutigen wissenschaftlichen Standards, wie es im dänischen Nachbarland unternommen wurde, weiterhin aus; hier ist man noch immer auf das ausführliche, auch die Edition von Quellenmaterial umfassende Werk Annerstedts35 verwiesen, das in der Darstellungsweise jedoch zweifellos als überholt gelten muss. Mit Sallanders Ausgabe des Protokolls des 27 Die bis heute in vielerlei Hinsicht maßgeblichen Arbeiten zur Geschichte der Universitäten Kopenhagen und Uppsala wurden damit in einer Phase geleistet, in der auch die deutsche Universitätsgeschichtsschreibung eine Blütezeit erlebte, welche Asche und Gerber auf „Erfolg und Krise der deutschen Universität zugleich“ zurückführen, s. Asche / Gerber, Universitätsgeschichte, 163, und vor diesem Hintergrund dem Ziel einer „Rekonstruktion und Stabilisierung des Ideals“, s. Asche / Gerber, Universitätsgeschichte, 166, zuordnen. Die in den Jahrzehnten zwischen ca. 1870 und 1914 entstandenen universitätsgeschichtlichen Darstellungen zeichnen sich laut Asche / Gerber, Universitätsgeschichte, 166 f, durch ihre systematische Vorgehensweise und ihre breite Quellengrundlage aus; daneben wurden auch Editionsprojekte gezielt umgesetzt. Diese Kennzeichen treffen auf die Arbeiten von Rørdam und Annerstedt ebenso zu. 28 Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie. 29 Rørdam, Udtog 1543–1599; Rørdam, Uddrag 1590–99; Rørdam, Forhandlinger 1599–1604; Rørdam, Forhandlinger 1604–1608. 30 Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/1); Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2); Rørdam, Akt stykker 1661–1732. 31 Norvin, Københavns Universitet 1 und 2. Er beschäftigte sich auch mit der Universität Kopenhagen im Mittelalter: Norvin, Middelalderen. 32 Ellehøj / Grane (Hg.), Universitet. 33 Grane (Hg.), Det teologiske Fakultet. 34 Slottved, Lærestole. 35 Annerstedt, Upsala Universitets historia. Lindroth, History, auch als schwedische Ausgabe vorhanden, kann hier nicht als Ersatz für ein umfassendes Überarbeitungsvorhaben nach gegenwärtigen wissenschaftlichen Standards gelten.
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Konsistoriums36 anlässlich des 500-jährigen Jubiläums der Lehranstalt liegt eine wertvolle Quellengrundlage zur Bearbeitung universitätsgeschichtlicher Fragestellungen vor. Zwar widmen sich einige Biographien dem Leben und Wirken einzelner theologischer Persönlichkeiten, wobei auch ihre universitäre Tätigkeit zur Sprache kommt, aber das Zusammenwirken der Professoren in ihrer Funktion als Kollegium der theologischen Fakultät ist bisher noch nicht Gegenstand einer ausführlicheren Untersuchung gewesen. Die wissenschaftliche Erforschung der Theologen, die im Verlauf des 16. und 17. Jahrhunderts die skandinavischen Universitäten prägten, ist alles andere als vollständig. Während die vermeintlich großen theologischen Gestalten, die in der Regel in ihrer weiteren Karriere noch als Bischöfe die Geschicke der Kirchen beeinflussten, häufiger in der Forschung Beachtung fanden, fallen zu anderen, anscheinend weniger bedeutsamen Theologen selbst die Artikel in den einschlägigen nationalbiographischen Nachschlagewerken erstaunlich kurz aus – wenn sie nicht sogar ganz missachtet werden.37 Hinzu kommt, dass eine ganze Reihe biographischer Arbeiten hauptsächlich auf schwedischer Seite aus dem späten 19. oder frühen 20. Jahrhundert stammt und daher eigentlich einer Aktualisierung nach heutigen wissenschaftlichen Standards bedarf.38 Martin Schwarz Lausten ist es zu verdanken, dass man zumindest bei den wirkmächtigen dänischen Theologieprofessoren Peder Palladius und Niels Hemmingsen auf aktuelle biographische Darstellungen zurückgreifen kann.39 Morten Fink-Jensen hat darüber hinaus eine grundlegende Studie zu Caspar Bartholin d. Ä.40 vorgelegt, in der er auch dessen Tätigkeit als Professor der Theologie behandelt. Der Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit steht nicht nur in einem engen Zusammenhang mit der universitätsgeschichtlichen Forschung über beide Universitäten und mit biographischen Einzelstudien zu den dort wirkenden Persönlichkeiten, sondern weist auch Schnittmengen mit Forschungsgebieten auf, die bildungsgeschichtlichen Fragen nachgehen oder skandinavische Beziehungen ins Ausland beschreiben. So weist die vorliegende Untersuchung, die sich auf die theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala konzentriert, natürlicherweise Anknüpfungspunkte zu wissenschaftlichen Beiträgen auf, die sich mit Entwicklungslinien der Pfarrausbildung beschäftigen. Askmark etwa befasst sich im Rahmen seiner 36 Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll. 37 Petrus Rudbeckius (d. J., 1625–1701) wird z. B. im „Svenskt biografiskt lexikon“ nur kurz innerhalb des Artikels über das Geschlecht Rudbeckius genannt, vgl. Kuschner, Art. Rudbeck, 622 f. Carl Lithman (1612–1686) wurde mit gar keinem Artikel bedacht. Beide waren viele Jahre an der theologischen Fakultät in Uppsala tätig. 38 Als Beispiele können genannt werden: Norlin, Johannes Rudbeckius; Lundström, Laurentius Paulinus Gothus; Afzelius, Benzelius I; Afzelius, Benzelius II; Holm, Terserus; Hall, Rudbeckius. 39 Schwarz Lausten, Biskop; Schwarz Lausten, Hemmingsen. Unter den älteren Darstellungen ist etwa Garsteins Biographie des Theologieprofessors Cort Aslaksen zu nennen, vgl. Garstein, Aslakssøn. 40 Fink-Jensen, Fornuften.
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Studie über die Ausbildung schwedischer Geistlicher41 u. a. mit der Universität Uppsala. Als wichtigste Referenz auf dänischer Seite kann Rørdams detaillierter Aufsatz über die Entwicklung des theologischen Examens42 gelten, der wichtige Zäsuren im Prüfungswesen rekonstruiert. Da das Handeln der Theologieprofessoren vor dem Hintergrund ihrer internationalen Beziehungen betrachtet wird, profitiert diese Arbeit von früherer Forschung, die Interaktionszusammenhängen zwischen den nordischen Königreichen und ihren Theologen mit dem Ausland nachgegangen ist, auch wenn das Agieren der skandinavischen Theologieprofessoren in diesem Zusammenhang bisher nicht explizit thematisiert worden ist. In Schweden hat Sven Göransson grundlegende und wegweisende Arbeit auf diesem Gebiet geleistet. Seine Darstellungen zeichnen sich durch ihre exzeptionell breite Quellenbasis aus.43 In jüngerer Zeit wurde besonders den Verbindungen zwischen Rostock und Schweden durch Otfried Czaikas Studie über den Rostocker Theologieprofessor David Chytraeus besondere Aufmerksamkeit zuteil.44 Was Dänemark betrifft, zeigte sich die Forschung traditionell vorrangig an den Beziehungen zwischen Kopenhagen und Wittenberg im 16. Jahrhundert interessiert. Diese wurden sowohl von Leif Grane45 als auch von Martin Schwarz Lausten46 – in seinem Fall besonders im Hinblick auf die Kontakte zwischen Christian III. und den Wittenberger Reformatoren – thematisiert.
1.3 Die Quellen: Auswahl und Tendenzen der Überlieferung Wie die einzelnen Kapitel dieser Arbeit verschiedene Aspekte des Universitätslebens abbilden, spiegeln sich in der jeweiligen Quellengrundlage unterschiedliche Typen von Quellen47 wider, die sich drei Kategorien zuordnen lassen. Normative Dokumente wie Universitätssatzungen und Königsbriefe beschreiben die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Einrichtung der Institutionen. Gedruckte Vorlesungsverzeichnisse, das Fakultätsprotokoll der schwedischen Theologen, Vorlesungskonzepte bzw. -mitschriften oder Verzeichnisse zu den Teilnehmern an Prü 41 Askmark, Prästutbildning. 42 Rørdam, Bidrag. 43 Zu nennen sind hier: Göransson, Sverige; Göransson, Ortodoxi; Göransson, Studieresorna; Göransson, Striden; Göransson, Upplösning. 44 Vgl. Czaika, David Chytræus. Überhaupt wurde der Universität Rostock in den zurückliegenden Jahren in der Forschung ein gesteigertes Interesse entgegengebracht, wovon die ausführlichen Studien Kaufmann, Universität; Asche, Bürgeruniversität, zeugen. 45 Vgl. Grane, Studia humanitatis. 46 Vgl. Schwarz Lausten, König Christian III.; Schwarz Lausten, Religion; Schwarz Lausten, König und Kirche; Schwarz Lausten, Beziehungen; Schwarz Lausten, Heilige Stadt. Vgl. auch seine neueren Publikationen zu den Wittenberger Reformatoren Melanchthon und Bugenhagen: Schwarz Lausten, Melanchthon; Schwarz Lausten, Bugenhagen. 47 Einen Überblick über mögliche Quellentypen zur universitätsgeschichtlichen Forschung bietet Rasche (Hg.), Quellen.
Die Quellen: Auswahl und Tendenzen der Überlieferung
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fungen und Vorlesungen berichten über „konkrete[r] funktionale[r] Praktiken“48. Persönlich gefärbtes Quellenmaterial wie Briefe, ein Reisetagebuch oder Stammbücher können über die „Außen- und Selbstwahrnehmung“49 Auskunft geben. Auch wenn sich die Quellensituation im Hinblick auf die jeweils geltende Fragestellung in den einzelnen Kapiteln unterschiedlich gestaltet,50 zeichnen sich vier grundsätzliche Tendenzen ab, die auf die gesamte Untersuchung zutreffen. Erstens ist die Edition relevanter Quellen in Dänemark weiter fortgeschritten als in Schweden, was u. a. dem unermüdlichen Wirken von Rørdam zu verdanken ist. Normative Dokumente wie Universitätsordnungen liegen für beide Hochschulen ediert vor. Auf ältere skandinavische Drucke abseits der rechtlichen Hauptquellen wurde im Zusammenhang dieser Untersuchung verhältnismäßig selten zurückgegriffen. Es ist jedoch allgemein zu erwarten, dass sich in Schweden die handschriftliche Überlieferung im Untersuchungszeitraum aufgrund der verzögerten Ausbreitung des Buchdrucks im Vergleich zum dänischen Nachbarland und zum Heiligen Römischen Reich länger als maßgeblich erweist. Hinzu kommt, dass heutzutage der Bestand an älteren Drucken der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen weitgehend digital erschlossen ist, was den Zugriff auf diese Zeugnisse zumindest von Dänemark aus deutlich vereinfacht. Dieser Umstand mildert zweitens die Schwierigkeit ab, dass die Handschriften betreffende Quellenlage zu meiner Fragestellung in Dänemark insgesamt als problematisch einzuschätzen ist. Das ist darauf zurückzuführen, dass der große Kopenhagener Stadtbrand von 1728 u. a. ältere schriftliche Hinterlassenschaften der theologischen Fakultät vernichtete.51 Besonders der Verlust des Protokollbuchs der theologischen Fakultät ist im Rahmen dieser Untersuchung schmerzlich; die überlieferten Aufzeichnungen beginnen erst 1684. Daraus folgt, dass es sich nicht vermeiden lässt, dass sich die Darstellung insgesamt stärker den Zuständen in Uppsala als in Kopenhagen zuwendet. Drittens stößt man in Schweden zwar auf eine größere Fülle von Quellenmaterial, dieses weist aber einen deutlichen Schwerpunkt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts auf. So setzt etwa das Fakultätsprotokoll in Uppsala, eine der wichtigsten Grundlagen dieser Arbeit, erst 1655 ein. Daher findet die Zeit nach 1650 tendenziell eingehendere Beachtung als die vorherigen Jahrzehnte. Viertens liegt in Schweden eine breitere lokale Streuung der Quellen vor als im Nachbarland, was den Umfang der Recherchen wesentlich beeinflusst hat. Was Dänemark angeht, kann man davon ausgehen, die bedeutsamen Quellen in Kopenhagen vorzufinden, sei es im Reichsarchiv, das u. a. das Universitätsarchiv beheimatet, oder in der Königlichen Bibliothek, also der dänischen National- und 48 Zur Begrifflichkeit s. Rasche (Hg.), Quellen, 7. 49 Die Bezeichnung stammt aus Rasche (Hg.), Quellen, 8. 50 Eine ausführliche Diskussion der jeweiligen Quellenlage wird am Anfang der einzelnen Kapitel geboten. 51 Vgl. dazu unten Kap. 3, Anm. 17 und 54. Vgl. zur problematischen frühneuzeitlichen Quellensituation in Skandinavien auch Czaika, Melanchthon, 240 f.
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Kopenhagener Universitätsbibliothek. In Schweden ist selbstredend Uppsala der erste Anlaufpunkt bei der Quellensuche. Die Universitätsbibliothek Carolina Rediviva verfügt nicht nur über eine umfangreiche Sammlung alter Handschriften und Drucke, die die Geschichte der theologischen Fakultät aus verschiedenen Blickwinkeln erhellen, sondern hier ist auch das ältere Universitätsarchiv, inklusive des Archivs der theologischen Fakultät, verwahrt. Das Landesarchiv in Uppsala beherbergt auch die schriftlichen Hinterlassenschaften des dortigen Domkapitels, die in Einzelfällen ergänzend zu den Angaben des Protokolls der theologischen Fakultät aufgrund der personalen Übereinstimmung in beiden Gremien von Interesse sein können. Darüber hinaus bieten aber auch die Königliche Bibliothek in Stockholm, die mittelschwedischen Stiftsbibliotheken (etwa in Linköping oder Västerås) sowie das Reichsarchiv mögliche Anlaufstellen, um über das Wirken der Theologieprofessoren mehr zu erfahren. In diesem Fall haben sich in erster Linie die Bestände in der Stiftsbibliothek von Linköping als weiterführend erwiesen. Dieser Unterschied in der geographischen Verteilung von relevantem Quellenmaterial mag dem Umstand geschuldet sein, dass die schwedischen Theologieprofessoren während ihrer beruflichen Karriere im Allgemeinen weiter herumkamen als ihre dänischen Kollegen.52 Darin spiegelt sich aber sicher auch die unterschiedliche kirchliche Verfassung beider Königtümer in der Frühen Neuzeit wider, die in Dänemark-Norwegen eine starke Konzentration auf Kopenhagen vorweist, während sich in Schweden traditionell ein größerer Partikularismus der einzelnen Bistümer behaupten konnte.
1.4 Zeitliche Abgrenzung Als Ausgangspunkt der Untersuchung wird naheliegenderweise die Wiedereröffnung der Kopenhagener Universität unter protestantischen Vorzeichen durch Christian III. im Jahr 1537 gewählt. Dieser Vorgang fällt in die entscheidenden Jahre der dänischen Reformation, als Christian III. nach seinem Sieg in der so genannten Grafenfehde (1534–1536) sein Königreich im reformatorischen Geist umgestaltete. Schwieriger fällt die Entscheidung, wo der Endpunkt der Untersuchung gesetzt werden kann. Dies liegt zum einen an dem wechselvollen Schicksal der schwedischen Universität im 16. Jahrhundert. Will man den akademischen Alltag an der dortigen theologischen Fakultät näher beschreiben, muss man abwarten, bis sich ein solcher etabliert hatte, sodass man nicht umhin kommt, den Untersuchungszeitraum bis weit in das 17. Jahrhundert hinein auszudehnen. Ohne Zweifel ergibt sich folglich ein gewisses chronologisches Ungleichgewicht, das aber schlicht auf historischen Gegebenheiten beruht und daher in Kauf genommen werden muss. Zum an 52 In Schweden war es im Untersuchungszeitraum durchaus üblich, dass die Theologieprofessur lediglich eine Durchgangsstation auf dem Weg zu einem höheren kirchlichen Amt, z. B. als Bischof, bildete. In Dänemark zeichnet sich dagegen deutlich die Tendenz ab, dass die Theologen bis zu ihrem Tod an der Universität blieben. Vgl. auch Niléhn, Brain-Gain, 160.
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deren und eng damit zusammenhängend ist diese problematische zeitliche Abgrenzung der Quellenlage geschuldet, die im 16. Jahrhundert abgesehen von normativen Dokumenten allgemein dürftig ausfällt. Besonders bei der Universität Uppsala stößt man erst seit dem zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts auf einen reichhaltigen und aufschlussreichen Quellenbestand. Wo lässt sich also sinnvollerweise das Ende der Untersuchung ansetzen? Meines Erachtens bietet sich hierfür der Erlass neuer Kirchenordnungen in beiden Königreichen in den 1680er-Jahren an (Danske Lov 1683, Kyrkolag 1686). Diese stellen eine deutliche Zäsur dar, da sie im Hinblick auf die Ordnung der kirchlichen Verhältnisse unmissverständlich den Anbruch absolutistischer Staatsraison markieren. Diese Terminierung hat unzweifelhaft den Vorteil, dass trotz aller Unterschiede, die die dänische und schwedische Kirchen- und Universitätsgeschichte im 16. und 17. Jahrhundert vorweist, ein gemeinsamer Schlusspunkt definiert werden kann. Die Untersuchung endet daher für die Universität Kopenhagen im Jahr 1683, für die Universität Uppsala im Jahr 1686.
1.5 Aufbau der Arbeit Vor dem Hintergrund der oben erwähnten außerordentlichen Bedeutung, die den Theologieprofessoren im Alten Reich in diesem entscheidenden Zeitabschnitt für die Konzeption und Konsolidierung des Luthertums zukam, befasst sich diese Untersuchung speziell mit den theologischen Fakultäten der Universitäten in Kopenhagen und Uppsala und ihrem akademischen Alltag. Aufgrund der skizzierten Verbindungen, die zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa im Bildungssektor in der Frühen Neuzeit zweifellos bestanden, soll der Umstand ernst genommen werden, dass die Theologieprofessoren keineswegs im ‚luftleeren Raum‘ agierten, sondern in den größeren Kontext des internationalen Luthertums eingebunden waren. So ergibt sich eine dreischrittige Analyse, durch die geklärt werden soll, (1.) wie die Universitäten unter protestantischen Vorzeichen strukturiert wurden, (2.) wie der akademische Alltag an den theologischen Fakultäten demgegenüber tatsächlich aussah und (3.) wie die Theologieprofessoren an den Kommunikationsstrukturen des gelehrten Luthertums des Alten Reiches partizipierten. Beginnend bei der dänischen Reformation und der damit verbundenen Neukonstituierung der Kopenhagener Universität im Jahr 1537 zeichnet das erste Kapitel die Umstände nach, die zur Wiedereröffnung der skandinavischen Universitäten als protestantische Institutionen führten, wobei einleitend die Gründung und die erste Wirkungsphase der Hochschulen in katholischer Zeit skizziert wird. Die wechselvolle und schwer durchschaubare Geschichte der schwedischen Universität im 16. Jahrhundert erfordert dabei besondere Aufmerksamkeit, um die Protagonisten und ihre Intentionen beim Ringen um die Existenz, Gestalt und Funktion der Hochschule zu identifizieren, für deren Verstetigung die Versammlung von Uppsala (Uppsala möte, 1593) und die politische Situation eines drohenden katholischen
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Monarchen von entscheidender Bedeutung waren. Die weitere Entwicklung der Universitäten wird rekonstruiert, indem in erster Linie die rechtlichen Rahmenbedingungen herausgearbeitet werden, die für die Theologieprofessoren verbindlich waren. Als wesentliche Zäsuren werden die erlassenen Universitätssatzungen bzw. ihre Ergänzungen benannt, die insbesondere daraufhin befragt werden, welche Aussagen sie zur religiösen und organisatorischen Verfasstheit der Universität und zur Position, den Aufgaben und Pflichten der Theologieprofessoren trafen. Überlegt wird auch, wie sich die Befugnisse der Theologen und ihrer Kollegen an der artesFakultät zueinander verhielten, was zugleich das geltende Machtgefüge innerhalb der Universitäten veranschaulicht. Wo konfessionelle Beschränkungen zu erkennen sind, werden diese berücksichtigt. Dies kann etwa die Auslandsreisen skandinavischer Studenten betreffen. Vereinzelt kommen in diesem Kapitel Regelungen zur Sprache, die für die Pfarrausbildung von Belang sind, bei der beide skandinavische Königreiche unterschiedliche Modelle favorisierten. Das zweite Kapitel baut auf die Ergebnisse des vorhergehenden Kapitels auf, indem es sich vor dem Hintergrund der normativen Vorgaben, an die sich die Theologieprofessoren offiziell halten mussten, der Unterrichtswirklichkeit zuwendet. Worüber lehrten die Theologen – und an wen richtete sich ihre Unterweisung? Hier schwingt erneut der Aspekt der Pfarrausbildung mit, indem überlegt wird, inwieweit der an den Fakultäten angebotene Unterricht auf die Bedürfnisse angehender Kirchendiener, die sich potentiell unter den Zuhörern der Theologen befanden, Rücksicht nahm. Die Untersuchung des theologischen Lehrprogramms zeigt nicht nur die inhaltlichen Schwerpunkte an den Fakultäten auf, sondern ermöglicht auch nachzuvollziehen, wie sich allmählich einzelne Disziplinen innerhalb des theologischen Fächerkanons herausbildeten. An beiden Fakultäten wird besonders der Frage nachgegangen, ob und in welchem Ausmaß welche theologischen Kontroversen Eingang in die (dogmatische) Unterweisung gefunden haben. Bestand in den nordischen Königreichen, die sich nicht in gleicher Weise mit einer konfessionellen Konkurrenzsituation konfrontiert sahen, wie sie die Lage im Heiligen Römischen Reich prägte, überhaupt das Bedürfnis, die Studenten in der Auseinandersetzung mit Andersgläubigen innerhalb und vielleicht sogar außerhalb des Christentums zu schulen? Exkursartig wird in diesem Kapitel außerdem ein Blick auf die Universität Lund geworfen, die als schwedische Universitätsgründung mit dänischer Vergangenheit Eigentümlichkeiten der jeweiligen Bildungskultur anschaulich macht. Möglicherweise kommt auch ein Merkmal deutscher Bildungskultur zum Ausdruck, wenn beschrieben wird, wie es um den universitären Frieden bestellt war, sobald sich Professoren aus dem Alten Reich unter ein skandinavisches Kollegium mischten. Das dritte Kapitel befasst sich mit den Theologieprofessoren aus Kopenhagen und Uppsala als Experten in religiösen Fragen und Repräsentanten nicht nur der Universitäten, sondern auch der in den Königreichen präferierten geistlichen Haltung überhaupt. Dieses Kapitel trägt dem Umstand Rechnung, dass die Theologieprofessoren in den skandinavischen Königreichen rein aus politischer Sicht zwar
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eine gewisse Unabhängigkeit von den konkreten Entwicklungen im föderalen Verbund des Alten Reiches genossen, sich aber schon allein aufgrund ihrer Konfession von vornherein in verschiedenen Interaktionszusammenhängen mit dem dortigen Luthertum bewegten. Dieser Thematik nähert sich das Kapitel zunächst an, indem die Ziele der Peregrinationen (künftiger) Theologieprofessoren und damit die Reichweite und die geographischen Schwerpunkte der dabei geknüpften Kontakte untersucht werden. Das Reisetagebuch des schwedischen Theologen Erik Benzelius d. Ä. führt beispielhaft vor, wie man sich eine solche Unternehmung vorstellen muss. Danach verlagert sich der Fokus der Untersuchung von den Zielen der Peregrinationen auf die Art und Weise, wie skandinavische Studenten die Zustände in der akademischen theologischen Szene im Heiligen Römischen Reich im Allgemeinen und an der jeweils besuchten Universität im Besonderen erlebten – und darüber den Theologen zu Hause Bericht erstatteten. Exemplarisch werden anschließend unmittelbare persönliche Kontakte zwischen Theologieprofessoren aus dem Alten Reich und ihren Kollegen an den nordischen Universitäten nachverfolgt. Diese können einen Eindruck von der Einbindung der skandinavischen Theologen in die gelehrten Netzwerke des internationalen Luthertums vermitteln. Daran knüpft der letzte Abschnitt dieses Kapitels unmittelbar an, indem er statt persönlicher Kommunikationswege offizielle Anfragen von Gelehrten aus dem Heiligen Römischen Reich behandelt, in denen von den theologischen Fakultäten in Kopenhagen bzw. Uppsala Stellungnahmen zu aktuellen religiösen Streitfragen erbeten wurden. Dabei ist zum einen von Interesse, wie die Theologieprofessoren vorgingen und auf die Anfragen antworteten, was nicht nur über ihre theologische Gesinnung Auskunft gibt, sondern auch darüber, wie sie im Spannungsfeld zwischen Deutungshoheit in geistlichen Angelegenheiten und obrigkeitlicher Weisungsgebundenheit agierten. Zum anderen ist die Überlegung aufschlussreich, wann bzw. zu welchen Gelegenheiten die skandinavischen Universitäten als potentielle Verbündete in den Fokus ausländischer Theologen rückten. Die vorliegende Arbeit zielt also nicht darauf ab, die Geschichte der Universitäten umfassend, gleichsam verlaufsgeschichtlich nachzuzeichnen oder eine allgemeine Bildungsgeschichte der lutherischen Geistlichkeit in den nordischen Königreichen zu entwerfen. Durch eine genauere Untersuchung dort, wo es die überlieferten Quellen erlauben, und unter den Fragestellungen, die benannt worden sind, soll stattdessen ein spezifisches Profil der skandinavischen Universitäten und der an ihnen angebotenen theologischen Ausbildung unter Berücksichtigung ihrer Kontakte zum internationalen gelehrten Luthertum herausgearbeitet werden, zu dessen Schärfung gelegentliche Seitenblicke auf die jeweilige Situation im Heiligen Römischen Reich beitragen.
2. Die rechtliche Verfassung der Universitäten Kopenhagen und Uppsala
Die ersten Universitätsgründungen in den nordischen Ländern ließen zunächst auf sich warten, folgten dann aber schnell aufeinander: 1477 wurde die Universität Uppsala eröffnet, 1479 fand die feierliche Einweihung der Universität Kopenhagen statt. Ihre Wirksamkeit war zunächst von kurzer Dauer, da beide Universitäten infolge der politischen und religiösen Unruhen Anfang des 16. Jahrhunderts geschlossen wurden. Bei ihrer Wiedereröffnung knüpften die Universitäten an die mittelalterliche Bildungstradition an, setzten aber auch neue Akzente. Der folgende Abschnitt blickt einleitend auf die Gründungen der Universitäten Uppsala und Kopenhagen im größeren Zusammenhang mittelalterlicher und frühneuzeitlicher europäischer Universitätsgeschichte zurück. Anschließend soll der rechtliche Rahmen der beiden Universitäten nachgezeichnet werden, in dem sich das akademische Leben seit der Neuorganisation nach der Reformation bewegte. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Bestimmungen zur theologischen Fakultät.
2.1 Die skandinavischen Universitäten in der Bildungslandschaft Europas Folgt man einem in der europäischen Universitätsforschung verbreiteten Modell, so lassen sich die Eröffnungen von Universitäten im Zeitraum von den ersten Stiftungen des Mittelalters bis hin zu den frühneuzeitlichen Gründungen verschiedenen Phasen zuordnen. Die skandinavischen Universitäten gehören demnach zu den Hochschulen, die in der zweiten Gründungsphase (ca. 1378–1540)1 eingerichtet wurden. Zwar gab es schon in der Zeit der Kalmarer Union erste Pläne zur Eröffnung einer Universität im Norden, infolgedessen Erik von Pommern, König von Dänemark, Norwegen und Schweden, im Jahr 1419 von Papst Martin V. die 1 Der folgenden Darstellung liegt das bei de Ridder-Symoens, Bildungslandschaften, 14–26, präsentierte Modell zugrunde. Demnach gehen der Aufklärung diese Phasen voran: erste Gründungsphase (1200–1378); zweite Gründungsphase (1378–ca. 1540); dritte Phase: Konfessionalisierung Europas (ca. 1550–1680). Vgl. auch Asche, Nutzen, 134 f mit Anm. 11, der im Hinblick auf die Einrichtung von Universitäten im Heiligen Römischen Reich ähnlich wie de Ridder-Symoens aufgrund vergleichbarer Gründungsmotivationen (Prestige, politischer Wille, Frömmigkeit, kulturelles Mäzenatentum) von nur einer vorreformatorischen Gründungswelle im 14. und 15. Jahrhundert ausgeht. Im Zeitalter von Reformation und Konfessionalisierung waren aber laut Asche andere, nämlich konfessionelle Beweggründe entscheidend für die Gründung neuer Universitäten, wobei die im 14. und 15. Jahrhundert einsetzende Territorialisierung der Bildungslandschaften weiter fortschritt.
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Erlaubnis erhielt, in seinem Reich eine Universität zu gründen. Die Zeit für eine skandinavische Universität war aber offensichtlich noch nicht reif; es gelang Erik nicht, sein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Erst in den 1470ern wurden tatsächlich die ersten beiden Universitäten im Norden errichtet, wozu die innerskandinavischen Spannungen jener Zeit wesentlich beitrugen.2 Die frühesten skandinavischen Universitätsgründungen sind aber auch vor dem Hintergrund eines Phänomens zu verstehen, das sich im Alten Reich seit etwa der Mitte des 15. Jahrhunderts verstärkt beobachten lässt, nämlich das zunehmende Interesse der einzelnen Territorialherren an einer eigenen Landesuniversität. Besonders im Zeitraum von 1450 bis 1550 kam es daher zu einer deutlichen Zunahme von Universitätsstiftungen, realpolitisch bedingt durch den wachsenden Bedarf des frühneuzeitlichen Staates an qualifizierten Arbeitskräften, geistesgeschichtlich bedingt durch die Hochschätzung der Wissenschaften im Zeitalter von Renaissance und Humanismus.3 Vergleichbar muss auch im Norden Europas, welcher den Entwicklungen im europäischen Kernland mehr oder minder zeitverzögert folgte, das 2 Die Konkurrenz zwischen Dänemark-Norwegen und Schweden prägte auch noch im 16. und 17. Jahrhundert entscheidend die politische Situation im Ostseeraum. Einige Zäsuren in der wechselvollen Geschichte beider Monarchien in der Frühen Neuzeit sollen zum besseren Verständnis des politischen Hintergrunds skizziert werden. Mit Christian II. wurde die Kalmarer Union endgültig und gewaltsam niedergelegt; seither gingen Dänemark-Norwegen und Schweden getrennte Wege. Frederik I. (König 1523–1533) und Gustav Eriksson (Vasa, König 1523–1560) begründeten neue Herrscherlinien am Anfang des reformatorischen Zeitalters. Das Ringen um die Vorherrschaft im Ostseeraum, in das auch Polen und Russland involviert waren, bestimmte das Verhältnis zwischen beiden Königreichen und gipfelte in verschiedenen militärischen Auseinandersetzungen wie dem Nordischen Siebenjährigen Krieg (1563–1570) oder dem Kalmarkrieg (1611–1613). Nacheinander griffen beide skandinavischen Mächte in den Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) ein, aber mit unterschiedlichem Erfolg: König Christian IV. (König 1588–1648), der als Herzog von Holstein zugleich Mitglied des niedersächsischen Reichskreises war und diesen 1625–1629 in den Krieg führte, erlebte eine herbe Niederlage, die nicht nur die kaiserlichen Truppen weit auf dänisches Gebiet einrücken ließ, sondern auch die Verabschiedung Dänemark-Norwegens aus den Reihen der bestimmenden Ostseemächte einleitete. Die Schweden griffen seit 1630 in die Kriegshandlungen ein und mussten mit dem Tod von Gustav II. Adolf in der Schlacht bei Lützen 1632 einen großen Verlust hinnehmen. In den Friedensverhandlungen konnte sich Schweden wichtige Gebietsgewinne in Norddeutschland sichern. Die skandinavischen Monarchien trafen 1643–1645 wieder militärisch aufeinander; im Frieden von Brömsebro wurden Schweden u. a. die Insel Gotland sowie die Landschaften Halland und Jämtland zugesprochen. Die Teilnahme am (Zweiten / Kleinen) Nordischen Krieg (1657–1660) war schließlich für Dänemark-Norwegen ein weiteres Mal mit enormen Gebietsverlusten verbunden: Im Frieden von Roskilde 1658 wurden u. a. die Landschaften Bohuslän, Schonen (Skåne) und Blekinge sowie vorübergehend die Insel Bornholm an Schweden abgetreten. Die desolaten politischen wie finanziellen Verhältnisse läuteten in Dänemark-Norwegen mit der Einführung des Erbkönigtums 1660 das Zeitalter des Absolutismus ein, wohingegen Schweden seine politische Rolle im Ostseeraum festigen konnte. Hier kam es unter Karl XI. (König [1660]/1672–1697) aber seit ca. 1680 angesichts leerer Staatskassen ebenfalls zu Zugeständnissen an die königliche Macht im absolutistischen Geist. 3 Vgl. de Ridder-Symoens, Bildungslandschaften, 19 f. Die Gründungen der Universitäten Uppsala und Kopenhagen erfolgten somit in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Gründung der Universitäten Greifswald (1456), Freiburg (1457), Basel (1460), Ingolstadt (1472), Trier (1473), Mainz (1477) und Tübingen (1477), vgl. Baumgart, Bildungsreform, 175.
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Fehlen einer eigenen Landesuniversität allmählich als Desiderat empfunden worden sein. Aber auch vor der Existenz heimischer Universitäten waren die skandinavischen Länder keineswegs von jeglicher höheren Bildung ausgeschlossen, nutzte ihre geistige Elite doch schon im Mittelalter die Bildungsmöglichkeiten an den ein internationales Publikum anziehenden Hochschulen des europäischen Auslandes wie Bologna, Paris oder später Prag, abgelöst ab ca. 1400 von Leipzig und Rostock. Selbst nach der Gründung der Universitäten in Uppsala und Kopenhagen änderte sich an der peregrinatio academica4 der akademischen Eliten zunächst wenig; beide Universitäten mussten um Akzeptanz von Seiten der eigenen Landeskinder ringen. Besonders das Studium an den höheren Fakultäten wurde an beiden Bildungseinrichtungen offenbar anfangs als unzureichend empfunden, sodass es die skandinavische Jugend weiterhin zum Studieren an fremde Universitäten, besonders im Heiligen Römischen Reich, zog.5
2.1.1 Gründung und erste Wirkungsphase der Universität Uppsala Den Anfang der nordischen Universitätsstiftungen machte Schweden mit der Eröffnung der Universität Uppsala im Jahr 1477.6 Wenige Jahre lag der Sieg über die Dänen in der Schlacht am Brunkeberg zurück (1471), der Sten Sture als Reichsverweser („riksföreståndare“) bestätigt und Schwedens Selbstständigkeit vorerst ge 4 Die Studienreisen skandinavischer Studenten an ausländische Bildungsstätten waren bereits Gegenstand einiger Untersuchungen, die zu diesem Zweck v. a. die Matrikeln der einzelnen Universitäten auf der Suche nach aus Skandinavien stammenden Personen auswerteten. Für das dänische Reich grundlegend ist im Hinblick auf den hier behandelten Zeitraum die Studie von Helk: Helk, Studierejser; vergleichbar umfassend ist für das schwedische Reich die Arbeit Niléhns: Niléhn, Peregrinatio academica. Beide Autoren sind auch vertreten im Sammelband Jokipii / Nummela (Hg.), Kulturhistoria; vgl. auch die überblicksartige Darstellung von Bagge, Nordic Students. Mit einzelnen Universitäten und ihrer Frequentierung durch nordische Studenten beschäftigen sich z. B. in Bezug auf Gießen: Callmer, Giessen; Greifswald: Olesen, Studenten; Giese, Universität Greifswald; Jena: Giese, Bedeutung; Rostock: Czaika, David Chytræus, 70–102; Asche, Bürgeruniversität, 317–330; Tübingen: Callmer, Tübingen; Wittenberg: Rørdam, De Danskes Studeringer; Rørdam, Danske Studenter; Friis, Studenter; Heininen, Studenten; Schwarz Lausten, Beziehungen; Schwarz Lausten, Heilige Stadt, 107–127. Speziell um die Reisen des Adels geht es in Glarbo, Studier; Giese, Studenten. 5 Vgl. de Ridder-Symoens, Bildungslandschaften, 21. Vgl. dazu ausführlicher Kap. 4.1. 6 Erste Ansätze zur Einrichtung einer Lehranstalt für höhere Bildung kamen auf schwedischer Seite laut Annerstedt bereits im Jahr 1417 auf, scheinen aber wirkungslos geblieben zu sein, vgl. Annerstedt, Historia 1, 21 f. Annerstedt stützt seine Aussage auf einen Hinweis bei Messenius, Scondia Illustrata, 46 f. Inwieweit Messenius’ Angaben zuverlässig sind, bleibt zu fragen. Auch in den folgenden Jahrzehnten wurden offenbar erfolglos verschiedene Versuche besonders durch den Erzbischof von Uppsala Nils Ragvaldsson (Nicolaus Ragvaldi) unternommen, um eine solche Lehranstalt zu etablieren. Zur Geschichte der katholischen Universität Uppsala vgl. besonders Lindroth, History, 1–14; Lindroth, Lärdomshistoria, 126–137; Annerstedt, Historia 1, 21–50.
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sichert hatte.7 Ohne Zweifel bestärkte die nationale Unabhängigkeit die Schweden in ihrem Wunsch nach einer eigenen Universität. Erstaunlicherweise war es der schwedische Erzbischof, Jakob Ulfsson, der das Universitätsprojekt entscheidend voranbrachte und dauerhaft unterstützte, während die weltliche Obrigkeit offenbar nicht nennenswert beteiligt war – was auch erklärt, warum die Wahl des Ortes auf Uppsala, den Sitz des Erzbischofs, fiel. Um der Gründung der Universität Kopenhagen zuvorzukommen, verschwendete man in Schweden nach der Zusage von Papst Sixtus IV. vom 27.02.1477 keine Zeit damit, eigens Satzungen für die neue Universität auszuarbeiten, sondern verlieh ihr kurzerhand am 02.07.1477 dieselben Privilegien, wie sie die Universität Paris genoss. Nach der feierlichen Eröffnung der Universität, wovon keine Erzählungen überliefert sind, wurde der Vorlesungsbetrieb vermutlich am 07.10.1477 planmäßig aufgenommen. Bei der Suche nach Lehrern für die neue Bildungsinstitution setzte man in Uppsala auf die heimischen Kräfte, indem Mitglieder des Domkapitels, die im Ausland akademische Grade erworben hatten, berufen wurden. Über die Organisation der Universität in ihrer Anfangszeit ist heute wenig bekannt, dagegen ist man über die Unterweisung durch die erhaltenen Mitschriften des Studenten Olaus Johannis aus den Jahren 1477 bis 1486 recht gut unterrichtet. Dieser hörte an der Universität v. a. Vorlesungen über aristotelische Philosophie, aber auch über Albertus Magnus oder Thomas von Aquin, sodass die universitäre Lehre offenbar dem in Europa vorherrschenden scholastischen Bildungsideal entsprach.8 Wann die Universität geschlossen wurde, lässt sich nur mutmaßen. Anfang des 16. Jahrhunderts brechen die Nachrichten über die Universität ab; womöglich wurde der Unterrichtsbetrieb bereits durch den Rücktritt Jakob Ulfssons 1515 von seinem Amt als Erzbischof und die folgenden Auseinandersetzungen zwischen Sten Sture und dem neuen Erzbischof Gustav Trolle 1515–1520 stark beeinträchtigt, wenn nicht sogar beendet, wie Annerstedt vermutet.9 Die Wirksamkeit der 7 Unter den aktuellen deutschsprachigen Gesamtdarstellungen zur skandinavischen Kirchengeschichte in bzw. seit der Frühen Neuzeit sind zu nennen: Asche / Schindling (Hg.), Dänemark; Holze, Kirchen. Aus der dänischsprachigen Forschung ist noch immer Koch / Kornerup (Hg.), Historie, als maßgeblich zu betrachten, wohingegen neuere Arbeiten auf Schwedisch vorliegen (Andrén [Hg.], Reformationstid; Montgomery [Hg.], Enhetskyrkans tid). Beide skandinavischen Königreiche werden in Grell (Hg.), Reformation, berücksichtigt. 8 Die Vorlesungen, die Olaus Johannis bei dem Theologieprofessor Ericus Olai in Uppsala hörte, behandelt Lindroth, Lärdomshistoria, 139–141. 9 Annerstedt, Historia 1, 43 f, findet den jüngsten Nachweis für einen baccalaureus aus Uppsala in deutschen Matrikeln im Jahr 1515 und folgert daraus: „Det är säkerligen ingen tillfällighet, att den sista underrättelsen om högskolan, som vittnar om dess förfall, sammanfaller met det år, då Jakob Ulfsson nedstiger från ärkebiskopsstolen, för att lemna rum åt Gustaf Trolle. Den tystnad rörande universitetets verksamhet, som nu inträder, återspeglar utan tvifvel det verkliga förhållandet, ty liksom Jakob Ulfssons personliga intresse mer än något bidragit till universitetets stiftelse, och hans inflytande såsom kyrkans öfverherde bidragit att hålla det uppe, så har nog den oförsonliga strid med den verldsliga makten, hvari Gustaf Trolle genast störtade sig, fört till universitetets undergång.“ Lindroth rechnet dagegen mit einem definitiven Ende der Universität um 1531, da er in diesem Jahr noch einen baccalaureus aus Uppsala in den Matrikeln der Universität
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schwedischen Universität erstreckte sich damit nur über wenige Jahrzehnte, ihre Schließung erfolgte unabhängig von konfessionellen Auseinandersetzungen, die andernorts für Unterbrechungen der universitären Bildungstradition sorgten. Die politischen Umstände, unter denen die Universität in Uppsala eingerichtet wurde, sowie das offenbar nachlassende Interesse an ihrem dauerhaften Bestand sprechen für die von Asche vorgetragene Deutung, wonach die Universitätsgründung „in mancherlei Hinsicht auch als eine nationalschwedische Maßnahme […] gegen das Unionskönigtum des dänischen Monarchen“10 zu verstehen ist.
2.1.2 Gründung und erste Wirkungsphase der Universität Kopenhagen In unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Gründung der schwedischen Universität wurde am 01.06.1479 schließlich auch die Universität Kopenhagen feierlich eingeweiht, nachdem Papst Sixtus IV. bereits im Juni 1475 in einer an den Erzbischof von Lund gerichteten Bulle die Eröffnung einer Universität auf Anfrage des Königs Christian I. bewilligt hatte.11 Die Statuten der Universität folgten dem Beispiel der Uni-
Frankfurt an der Oder entdeckte, vgl. Lindroth, Lärdomshistoria, 137. Dass Lindroth noch 16 Jahre nach Annerstedt einen Beleg in den Matrikeln findet, kann daran liegen, dass hinsichtlich der alten Matrikel der Quellenbestand in Annerstedts Zeit längst nicht so gut erschlossen war wie für Lindroth. Für beide Fälle gilt, dass ein Matrikeleintrag allein nicht als Beweis für die anhaltende bzw. endende Wirksamkeit der Universität Uppsala taugt. Der Umstand, dass sich 1531 noch ein baccalaureus aus Uppsala an einer deutschen Universität einschrieb, muss zunächst keineswegs heißen, dass die Universität Uppsala zu diesem Zeitpunkt noch existierte. Es kann nämlich nicht vorausgesetzt werden, dass die betreffende Person ihr Studium unmittelbar nach dem Abschluss in Uppsala an der Universität Frankfurt an der Oder fortgesetzt hat. Genauso ist denkbar, dass die Person vor der Immatrikulation im Jahr 1531 schon an weiteren Universitäten studiert hat, ohne dass dies rekonstruiert werden könnte, sei es, weil die Person dort nicht immatrikuliert war oder weil aufgrund eines anderen Namens keine unmittelbare Identifikation möglich ist. Lindroth führt als Beweis außerdem an, dass noch 1526, also zur Zeit Gustav Vasas, von der „theologischen Fakultät“ in Uppsala die Rede sei, vgl. Lindroth, Lärdomshistoria, 137: „Man har länge ansett, att undervisningen därefter [nachdem Jakob Ulfsson 1515 sein Bischofsamt niedergelegt hatte, S. S.] upphört; den nye ärkebiskopen Gustaf Trolle skulle under sin rasande kamp mot Stureregimen inte ha bekymrat sig om universitetet. Men nyare forskningar har visat, att Jakob Ulvssons skapelse överlevde, om än med svagt liv. Ännu 1526, då Gustav Vasa behärskade scenen, omtalas ‚teologiska fakulteten‘ i Uppsala, och så sent som 1531 inskrevs en upsaliensisk baccalar vid universitetet i Frankfurt an der Oder; först därefter är allting tystnad.“ Leider bleibt Lindroth den Hinweis schuldig, wo er diesen Beleg von 1526 gefunden hat und in welchem Zusammenhang dieser steht, sodass nicht nachvollzogen werden kann, wie aussagekräftig er ist. Die fehlenden Nachrichten und die schwierige politische Lage zu jener Zeit sprechen eher für Annerstedts Vermutung, mit einem Ende der Universität bereits für den Zeitraum 1515–1520 zu rechnen. 10 Asche, Funktionen, 47. 11 Zur Geschichte der katholischen Universität Kopenhagen vgl. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1479–ca. 1530; Andersen, Det teologiske Fakultet, 3–14; Norvin, Middelalderen.
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versität Köln, von wo auch einige der ersten Professoren berufen wurden.12 Die Statuten der theologischen Fakultät sind nicht erhalten. Nur äußerst begrenzt lässt sich die Ausrichtung der theologischen Unterweisung rekonstruieren. Von den wenigen namentlich bekannten Lehrern sind genauere Informationen nur zum Unterricht von Peder Davidsen (Petrus David de Scotia) überliefert, der zu den aus Köln rekrutierten Lehrern gehörte und auch in seiner Lehre offenbar dem dort vorherrschenden Thomismus folgte.13 Von der Gründung der Universität 1479 bis zu seinem Tod 1520 an der Universität in der dänischen Hauptstadt tätig, beschreibt ihn Schwarz Lausten als den „unbestrittene[n] Leiter der theologischen Fakultät, ja der Universität“14 während dieser Zeit. Die katholische Universität Kopenhagen erlebte vor ihrer Schließung noch eine Zeit humanistisch inspirierter Reformen, wie sich das humanistische Bildungsprogramm auch an den Universitäten im Reich in den Jahren um 1520 allgemein durchsetzen konnte.15 Anfang des 16. Jahrhunderts war der Humanismus in Dänemark 12 Zur spätmittelalterlichen Frequentierung der Universität Köln durch Skandinavier, vorrangig Dänen, vgl. Schwinges, Universitätsbesucher, 234–244, besonders 235; 238–240. Demnach zog es dänische Studenten nach 1460 verstärkt nach Köln, wobei dies dennoch in bescheidenem Umfang geschah. Die Kölner Hochschule stellte in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts jedoch die am dritthäufigsten von Dänen aufgesuchte Universität im Heiligen Römischen Reich nach Rostock und Greifswald dar, vgl. Schwinges, Universitätsbesucher, 239 f, unter Hinweis auf Pinborg, Students, 76–90. Schweden verirrten sich im Gegensatz dazu nur selten nach Köln, vgl. Schwinges, Universitätsbesucher, 240. Schwinges weist nachdrücklich auf die Interdependenz zwischen wirtschaftlichen Beziehungen und Universitätsbesuch hin, sodass er einen Zusammenhang zwischen der zunehmenden Beteiligung Dänemarks am europäischen Handel seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und der ansteigenden Anzahl dänischer Studenten in Köln sieht, vgl. Schwinges, Universitätsbesucher, 242 f. Dass sich die neu gegründete Universität Kopenhagen an Köln orientierte, ist vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. 13 Die Schilderung seiner Theologie stammt von Poul Helgesen, vgl. Andersen, Det teologiske Fakultet, 6; Schwarz Lausten, Universität, 100. Zum theologischen Profil der Universität Köln im 15. Jahrhundert vgl. Walter, Kölner Theologen. 14 Schwarz Lausten, Universität, 100. 15 Zu den humanistischen Erneuerungen an deutschen Universitäten um 1520, die sich in Statutenreformen oder neuen Lektionsordnungen für die artistischen Fakultäten niederschlugen und sich in einem Schwerpunkt auf den sprachlichen (Latein, Griechisch, Rhetorik, Poesie) gegenüber den naturwissenschaftlichen Fächern (Logik / Dialektik, Physik / Metaphysik, Ethik) widerspiegelten, vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 64–67. Auffälligerweise oblag es dem Dänen Poul Helgesen, den bibelhumanistischen Standpunkt in der Auseinandersetzung mit der lutherischen Bewegung nicht nur im dänischen Reich, sondern auch gegenüber dem schwedischen Reformator Olaus Petri im Nachbarland zu vertreten. Zur Debatte zwischen Olaus Petri und Poul Helgesen in den Jahren 1527–1528 vgl. Andrén (Hg.), Reformationstid, 39–41. Inwieweit humanistisches Gedankengut Anfang des 16. Jahrhunderts in Schweden verbreitet war, ist zu fragen. Möglicherweise ist das Urteil von Brandell, Historia, 247, zutreffend, welches er im Hinblick auf die schwedischen Gelehrten Konrad Rogge, Peder Månsson, Gustav Trolle, Hemming Gadh, Johannes und Olaus Magnus fällt und in dem er dem Humanismus erst in Verbindung mit reformatorischen Einflüssen eine nennenswerte Relevanz in Schweden zubilligt: „En del svenskar voro således påverkade av humanismen, men denna påverkan var alltför svag och de påverkade alltför få, för att någon humanistisk rörelse i Sverige skulle ha kunnat uppkomma. Humanismen avlöstes i Tyskland av reformationen
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angekommen.16 Schon damals waren es vor allem Studienreisen an ausländische Universitäten, die neue geistesgeschichtliche Ideen aus den großen kulturellen Zentren Kontinentaleuropas in die nordeuropäische Peripherie vermittelten. Junge Dänen kamen während ihrer Studienaufenthalte an Universitäten wie Löwen, Paris, Rostock oder auch Wittenberg mit humanistischem Gedankengut in Kontakt und verbreiteten es nach ihrer Rückkehr in der dänischen Heimat. König Christian II. (König von Dänemark-Norwegen 1513–1523, König von Schweden 1520–1521), der sich aufgeschlossen gegenüber humanistischen Impulsen zeigte, bemühte sich ab 1519/1520 um eine Verbesserung des Bildungsniveaus an der Kopenhagener Universität im humanistischen Geist. Laut Schwarz Lausten soll der König bereits zu diesem Zeitpunkt ein verpflichtendes Grundstudium an der Universität Kopenhagen vor der Aufnahme jeglicher Studien an ausländischen Hochschulen sowie eine Universitätsausbildung für die Rektoren der Kathedralschulen und die Geistlichen gefordert haben.17 Für seine geplanten Reformen bat Christian II., ähnlich wie später Christian III., seinen Onkel Kurfürst Friedrich von Sachsen um personelle Hilfe aus Wittenberg. So war Martin Reinhardt wenige Monate lang Hofprediger in Dänemark, Mathias Gabler lehrte einige Zeit Griechisch an der Universität. Andreas Bodenstein von Karlstadt blieb nur drei Wochen in Kopenhagen, bevor er aus ungeklärten Gründen das Land wieder verließ. Möglicherweise war Christian II. und den dänischen Humanisten erst allmählich bewusst geworden, dass Karlstadt und sein Schüler Reinhardt mit ihren radikalen Vorstellungen den Boden des Reformkatholizismus längst verlassen hatten.18 Zur Hebung des Lehrstandards an der Universität bezog Christian II. den für seine Bildung bekannten Karmeliterorden stärker in den Unterricht ein. Der König ermöglichte dem Karmeliterorden die Errichtung eines Studienkollegs in Kopenhagen, dessen Leiter – Poul Helgesen – auch Vorlesungen über die Heilige Schrift an der Universität halten sollte. Poul Helgesen (Paulus Helie, ca. 1485–1535) wurde på ett så tidigt stadium, att den icke hann sprida sig till vårt land som självständig kulturrörelse. Den kom hit först i förbindelse med reformationen, således som bibelhumanism eller kyrklig humanism.“ 16 Zum dänischen Humanismus vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 14–19; Schwarz Lausten, Universität, 99–103; Grane, Studia humanitatis, 74–82. 17 Vgl. Schwarz Lausten, Universität, 102. Damit war Christian II. seiner Zeit eindeutig voraus, werden seine Forderungen doch in ähnlicher Form erst 1569 aufgenommen (s. u. Kap. 2.2.4.1). 18 Vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 18 f; Grane, Studia humanitatis, 76. Trotz der Kürze seines Aufenthaltes hält Schwarz Lausten eine Beeinflussung des Schulreformgesetzes Christians II. durch Karlstadt für „sehr wahrscheinlich“, s. Schwarz Lausten, Universität, 102: „Direkt kann man den Einfluss Karlstadts hier nicht nachweisen, wahrscheinlich hat er doch mindestens eine Inspiration geliefert, da er gerade kurz bevor er nach Kopenhagen kam, einen Vorschlag zu einer Unterrichtsreform zusammen mit Spalatin und Luther in Wittenberg verfasst hatte.“ Während seiner Zeit im Exil (1523–1531/32) lernte Christian II. durch Vermittlung Georg Spalatins Luther persönlich kennen, was sein Interesse an der reformatorischen Bewegung verstärkte. Mehrmals hielt er sich in Wittenberg auf und hörte Luther predigen. Der König ließ sich vom Wittenberger Reformator überzeugen, woraufhin ersterer sogar eine Übersetzung des Neuen Testaments ins Dänische in Auftrag gab (fertiggestellt 1524). Vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 24.
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der im Hinblick auf die Kopenhagener Universität einflussreichste dänische Humanist. Er prägte die dänische Bildungsanstalt in ihrer humanistischen Phase während der letzten Regierungsjahre Christians II., wobei seiner akademischen Karriere bereits 1522 infolge seines Zerwürfnisses mit dem König schon vor dessen Vertreibung vom dänischen Thron ein vorläufiges Ende gesetzt wurde. Als Reformkatholik wollte Helgesen die römisch-katholische Kirche in vielerlei Hinsicht umgestalten, hielt aber zugleich unerschütterlich an ihr fest. Viele seiner Schüler, die von seiner kritischen Einstellung und seinem Bibelhumanismus geprägt waren, gingen jedoch einen Schritt weiter, indem sie mit der Papstkirche brachen. So wurde Helgesen ungewollt zum geistigen Vater für eine ganze Generation dänischer reformatorischer Prediger. In Bezug auf die Universität waren die humanistischen Bemühungen Christians II. und Helgesens Wirksamkeit nicht folgenlos, auch wenn die Vertreibung des dänischen Königs 1523 die weitere Umsetzung seiner Reformpläne vereitelte. Neben Poul Helgesen, der vermutlich seit 1526 erneut an der Universität beschäftigt war, vertraten auch Christian Thorkelsen Morsing, noch von Christian II. 1520 an die Lehranstalt berufen, sowie Oluf Chrysostomus humanistische Ideen.19 In den letzten Jahren der Regierungszeit Frederiks I. (König 1523–1533) wurde die Existenz der Universität immer stärker infrage gestellt. Die von der königlichen Regierung geduldete, z. T. sogar geförderte reformatorische Bewegung führte in mehreren dänischen Städten zur Gründung privater Schulen, die sich die Ausbildung lutherischer Pfarrer zum Ziel setzten.20 Die evangelische Pfarrschule in Malmö entwickelte sich zur bedeutendsten dieser Ausbildungsstätten; die Theologen, die von hier aus agierten, machten die Stadt bald zum Zentrum der reformatorischen Bewegung in Dänemark – selbst ein Buchdrucker nahm hier seine Arbeit auf.21 1529 hatte König Frederik I. den Bürgern von Malmö die Einrichtung der Schule zugestanden, sodass sie eindeutig in Konkurrenz zur katholischen Universität auf der gegenüberliegenden Seite des Öresunds trat.22 Mit Oluf Chrysostomus 19 Vgl. Grane, Studia humanitatis, 77. Bei Grane findet sich der Hinweis, dass sich Christian Thorkelsen Morsings Name in einem Gedicht von Mathias Gabler aus seiner Zeit in Dänemark findet (Mathias Gabler, In laudem illustrissimi et inuictissimiqz Christierni Danorum regis Mathiae Gableri Stutgardiani extemporanea Epla, eiusdem paraeneticon in comaediam quam M. Christophorus Jacobi eques Danus Iusit / Epistola in laudem Christiani II, Kopenhagen: Balthasar Blumme 1521), in dem er eine Reihe von Kopenhagener Professoren lobt. 20 Vgl. Pedersen, Tradition, 382. Neben Malmö konnten auch Viborg und Hadersleben solche Pfarrschulen vorweisen, vgl. Grane, Studia humanitatis, 78, Anm. 47. Frederik I. hatte 1527 den Magister Jørgen Jensen Sadolin unter seinen Schutz gestellt und ihm gestattet, in Viborg zu lehren, vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 48. Zu Frederiks „Politik der kleinen Schritte im reformatorischen Sinne“, die sich „von dem behutsamen Schutz einzelner Prediger hin zur rechtlichen Legitimierung evangelischer Aktivitäten in ganzen Städten“ entwickelte, vgl. Grell, Kirchenpolitik, 161. 21 Vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 48 f. 22 Vgl. Frederiks Brief vom 05.06.1529 in Erslev / Mollerup (Hg.), Registranter, 207 f. Darin erlaubt der König den „burgimestter, raadmend och menighe borgere“ Malmös, die „nu haffue anammet thet hellige euangelium ther vdi byen och lade ther predicke Gutzs ordt“, ein Hospital
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konnte die Pfarrschule einen ehemaligen Kopenhagener Professor bereits im Gründungsjahr zu ihren Lehrern zählen, daneben gehörten zwei ehemalige Karmeliter aus der Schule Helgesens dem Kollegium an, Peder Laurentsen und Frands Vormordsen.23 Letzterer hatte auch zeitweise an der Kopenhagener Universität gearbeitet, wo er aber wegen seiner offensichtlichen lutherischen Gesinnung in Schwierigkeiten geraten war. Die prekäre Situation der Kopenhagener Bildungsanstalt wurde außerdem dadurch verschärft, dass der König das einzige Kolleg der Universität, nämlich das Studentenheim der Karmeliter, 1529 beschlagnahmte, die katholischen Professoren 1530 die Universität verlassen mussten und die Universitätskirche von Bilderstürmern heimgesucht wurde.24 Wenn deshalb nicht bereits der Unterrichtsbetrieb niedergelegt oder wenigstens stark eingeschränkt wurde, so war spätestens 1531 das Schicksal der katholischen Lehranstalt besiegelt, als die Wahl eines neuen Rektors scheiterte. Dass die Kopenhagener Universität unter dem Eindruck einer erstarkenden reformatorischen Bewegung zumindest seit den späten 1520er-Jahren mit massiven Problemen zu kämpfen hatte, die schließlich zu ihrer Arbeitsunfähigkeit führten, fügt sich nahtlos in das Bild ein, das generell von den Universitäten im Reich in dieser Zeit gezeichnet werden kann.25 In den 1520er- und 1530er-Jahren lassen sich und eine Predigerschule zu errichten – und zwar mit Hilfe der „hwsze, iorde och gaarde i byenn, som ere giffwenne till allterer, vicarier och giillder for messer och ander sliig thiennistte att vphollde“. Die Stadt befürchtete nämlich, dass die einst der Kirche gestifteten Güter nun infolge der reformatorischen Bewegung von ihren einstigen Gönnern zurückgefordert werden könnten. Stattdessen sollen sie nun entgegen ihrem ursprünglichen Zweck diesen beiden sozialen Projekten zugutekommen, denn Frederik ist der festen Überzeugung, dass „hues, szom er giffuit vdi en godt mening till Gutzs tiennistte, icke schall forkommes till vnøtte“. Bezüglich der Schule hält der König fest: „[…] och mue the och vprette en schole vdi theris bye, szom the mue hollde tre eller fyre leerde mendt vdi, szom lessze och lerer andere simpelle och enfolldiige cleercke thendt hellig scriifft […].“ 23 Über den Unterricht an der Schule in Malmö berichtet Peder Laurentsen im so genannten Malmøbog (1530), vgl. Laurentsen, Malmø-Bogen. Den Unterricht an den Universitäten kritisiert er, weil er eine Vernachlässigung des Bibelstudiums zugunsten einer Konzentration auf Aristoteles, heidnische Philosophen und scholastische Theologie diagnostiziert. Im Gegensatz dazu stehe an der Pfarrschule die Beschäftigung mit der Heiligen Schrift im Zentrum, wobei die artes auf dieses Ziel hingeordnet seien (vgl. die Zusammenfassungen bei Grane, Studia humanitatis, 78 f, und Andersen, Det teologiske Fakultet, 12 f). Vgl. auch Gierow, Studier. Oluf Chrysostomus hatte von 1539 bis 1548 eine Theologieprofessur an der wiedereröffneten Universität inne. Frands Vormordsen wurde 1537 zum ersten lutherischen Superintendenten von Lund ernannt. 24 Vgl. Pedersen, Tradition, 382. 25 Vgl. dazu Asche, Frequenzeinbrüche. Asche weist die Auffassung zurück, nach der ein direkter Zusammenhang zwischen der Person Martin Luthers und dem Niedergang der Hochschulen bestehe, sondern führt die Verachtung wissenschaftlicher Bildung überhaupt durch einige frühe Anhänger auf ein Missverständnis Luthers zurück, vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 54 f. Er sieht die Ursache für die Schwierigkeiten, in die die Universitäten im Rahmen der reformatorischen Ereignisse gerieten, besonders in der Säkularisierung von Kirchengütern, die den in der Regel durch Pfründe finanzierten Professuren die Existenzgrundlage entzogen. Der Rückgang der Studentenzahlen belastete vor allem die nicht bepfründeten Magister, da sie von den durch die Studenten entrichteten Gebühren für Prüfungen und Vorlesungen lebten, vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 56 f. Vgl. auch Immenhauser, Universitätsbesuch.
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hier regelrechte Einbrüche in den Immatrikulationszahlen erkennen.26 Ein normaler akademischer Lehrbetrieb konnte an den Hochschulen kaum noch aufrechterhalten werden, auch wenn abgesehen von Basel und Greifswald keine Universität tatsächlich ihre Tore vollkommen schließen musste.27
2.2 Die Ordnung der Universität Kopenhagen seit ihrer Wiedereröffnung (1537) Im Gegensatz zur Universität Uppsala nahm die Universität Kopenhagen bereits 1537 wieder ihren Unterrichtsbetrieb auf.28 Dänemarks neuer König Christian III. (König 1536–1559) führte zügig die Reformation in seinem Reich durch, nachdem er durch die Einnahme Kopenhagens im Sommer 1536 den nach dem Tod seines Vaters ausgebrochenen Bürgerkrieg (1534–1536) siegreich beendet hatte.29 Dass Dänemark unter dem neuen König ein lutherisches Reich sein würde, daran bestand kein Zweifel, hatte er doch als Herzog von Hadersleben in Schleswig bereits 1526 dem lutherischen Glauben offizielle Geltung verschafft. Die Wiedereröffnung der Kopenhagener Universität im lutherischen Geist war ein drängendes Anliegen für Christian, denn es galt, die Ergebnisse der Reformation durch die Ausbildung einer neuen Generation lutherischer Pfarrer sicherzustellen.30 Bei der kirchlichen 26 Vgl. die Darstellungen bei Asche, Frequenzeinbrüche, 96; Immenhauser, Universitätsbesuch, 73. 27 Vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 57 f. 28 Grundlegend für die Geschichte der Universität Kopenhagen nach der Reformation ist immer noch Rørdams vierbändiges Werk: Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie. Daneben ist Norvin, Københavns Universitet, zu nennen, wobei der erste Band die Geschichte der Universität im genannten Zeitraum darstellt und der zweite Band verschiedene Dokumente ediert. Aus der anlässlich des 500-jährigen Bestehens der Universität Kopenhagen herausgegebenen Reihe ist hinsichtlich der theologischen Fakultät besonders der fünfte Band von Interesse: Grane (Hg.), Det teologiske Fakultet. Zur allgemeinen Universitätsgeschichte ist aber auch der erste Band instruktiv: Ellehøj / Grane / Hørby (Hg.), Historie. Vgl. zudem Stybe, University. 29 Zur Situation nach dem Tod Frederiks I. vgl. Schwarz Lausten, Reformation, 82–91. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 85, weist darauf hin, dass die Durchsetzung der Reformation in Dänemark in Bezug auf das drastische und konsequente Vorgehen Christians wohl ihresgleichen sucht. So ließ der neue Herrscher unverzüglich alle katholischen dänischen Bischöfe gefangen nehmen, unterstellte die größeren bischöflichen Güter der Krone und wandelte den bischöflichen Zehnten in eine an den König zu entrichtende Abgabe um. Politische Macht war zukünftig mit dem Amt des Bischofs bzw. Superintendenten nicht mehr verbunden. 30 Dieses Vorhaben wurde auch von verschiedenen Seiten an Christian III. herangetragen, vgl. Schwarz Lausten, Beziehungen, 242 f. In einer vermutlich kurz nach dem Ende des Bürgerkriegs 1536 entstandenen Schrift z. B. forderten evangelische Prediger Christian III. u. a. zur Wiedereröffnung einer Universität auf, „dar die götlike vnde hellige bibelsche gschrifft myt ander mer vrien könsten vnde frömden spröken nemlich grechesch vnde hebraisch mochten der jügent vörgelesen werden“, s. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 2. Wenig später wandte sich Hans Tausen mit diesem Anliegen erneut an den König. Daneben hatte ihm auch Landgraf Philipp von Hessen, mit dem Christian III. befreundet war, bereits nahegelegt, eine Universität entsprechend der Universität Marburg zu errichten.
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Neuordnung Dänemarks bemühte sich der überzeugte Lutheraner um Hilfe aus Wittenberg.31 Zwar konnte er weder Luther noch Melanchthon zur Reise nach Kopenhagen überreden, aber stattdessen trat ihm Johannes Bugenhagen zur Seite. Im Juli 1537 kam Bugenhagen mit seiner Familie in der dänischen Hauptstadt an, begleitet u. a. von dem Dänen Peder Palladius, der gerade sein Studium in Wittenberg als Doktor der Theologie beendet hatte und nun Professor an der Universität und zugleich der erste lutherische Bischof von Seeland (Sjælland) werden sollte. Möglicherweise befand sich auch Tileman van Hussen, zusammen mit Palladius in Wittenberg zum Doktor der Theologie promoviert und ebenfalls für eine theologische Professur vorgesehen, unter der Reisegesellschaft.32 Der in Fragen der kirchlichen Neuorganisation erfahrene Bugenhagen war nicht nur an den letzten Bearbeitungsschritten der neuen Kirchenordnung für Dänemark beteiligt, die der König am 2. September 1537 unterzeichnete, sondern nahm sich auch der Wiedererrichtung der Universität an. Daneben wurden unter Bugenhagens tatkräftiger Mitwirkung mit der Krönung des Königspaares am 12. August33 sowie am 2. September mit der Amtseinführung der neuen Superintendenten, die an die Stelle der abgesetzten
31 Schon im April 1536 hatte sich Christian an Philipp von Hessen gewandt mit der Bitte, Luther, Melanchthon oder Bugenhagen zur Reise nach Dänemark zu bewegen. Warum Christian zunächst diesen Umweg über den hessischen Landgrafen wählte, erklärt Schwarz Lausten (Hg.), Kirkeordinansen 1537/39, 13, mit der Stellungnahme des sächsischen Kurfürsten für Lübeck, den Widersacher Christians, im Bürgerkrieg. Ende August 1536 richtete er dann persönlich eine Anfrage an den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, ob er einen der Reformatoren nach Kopenhagen schicken könnte. Dies verlief zunächst erfolglos, erst rund ein Jahr später wurde seinem Anliegen entsprochen, vgl. die Briefe Christians III. in Müller, Staats-Cabinet, 318–320 (August 1536) und 333–337 (1537). Vgl. auch Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 86–88. 32 Mit Bugenhagen, Palladius und van Hussen bestand die erste Besetzung der theologischen Professuren ausnahmslos aus Wittenberger Doktoren der Theologie, was die Bedeutung Wittenbergs als „reformatorische Universitätszentrale“ (Kaufmann, Universität, 73) über die Gebiete des Alten Reiches hinaus auch für Dänemark bestätigt. Zugleich illustriert diese Zusammensetzung des theologischen Professorenkollegiums, dass Christian III. an der Fakultät Personen bevorzugte, die nicht in der einheimischen reformatorischen Bewegung in Erscheinung getreten waren. 33 Zur Krönung vgl. Leder, Studie XI, 374–386. Zwei Aspekte, die Leder im Zusammenhang der Königskrönung herausarbeitet, verdienen besondere Beachtung und sollen daher an dieser Stelle ins Bewusstsein gerufen werden. Erstens ist zu bedenken, dass sich Bugenhagen schon zu Beginn seines Aufenthaltes in Dänemark entscheidenden Fragen stellen musste, ohne dass er dabei auf einschlägige Erfahrungswerte zurückgreifen oder sein Handeln mit den Wittenberger Kollegen abstimmen konnte. Dabei ist die neue Situation, in der sich Bugenhagen in Dänemark befand, wegen der großen Tragweite seiner Beschlüsse kaum mit seinem früheren kirchenordnenden Wirken vergleichbar, mit anderen Worten „waren die in Dänemark zu treffenden Entscheidungen hinsichtlich möglicher Rückwirkungen auf die Politik und Religionspolitik des Reiches in Dimensionen zu bedenken, die beträchtlich über die bisher angetroffenen Größenordnungen (Städte, ein Herzogtum) hinausreichten“, s. Leder, Studie XI, 375. Zweitens darf nicht vergessen werden, dass die Krönung nicht nur das Königtum Christians festigte, sondern zugleich einen „nicht unbeträchtliche[n] Autoritätszuwachs auch für den die Krönung vollziehenden Bugenhagen und dessen Wirksamkeit im kirchlichen Bereich“ implizierte, vgl. Leder, Studie XI, 376.
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Bischöfe traten,34 bereits 1537 weitere entscheidende Schritte vorgenommen, die sowohl das Königtum Christians III. als auch die lutherische Reformation in Dänemark konsolidierten und den Macht- wie Konfessionswechsel des Landes nach außen hin demonstrierten. Die Wiedereröffnung der Universität bildete ein weiteres wichtiges Ereignis in dieser Abfolge von symbolträchtigen Handlungen: Nur eine Woche später, am 09.09.1537, eröffnete König Christian III. die Universität mit einer feierlichen Zeremonie in der Kopenhagener Frauenkirche (Vor Frue Kirke). Dabei sagte er der Universität und ihren Angehörigen verschiedene Privilegien zu, die in die ausführliche Universitätsordnung von 1539 aufgenommen wurden. Die erneuerte Universität erhielt also erst zwei Jahre nach ihrer offiziellen Eröffnung auch ein formelles rechtliches Fundament, was zeigt, wie wichtig es Christian III. war, den Unterrichtsbetrieb so schnell wie möglich wieder beginnen zu lassen – auch wenn die räumlichen und personellen Probleme der Universität längst noch nicht gelöst waren. Zu Beginn des Herbstsemesters 1537 ließ daraufhin der erste Rektor der Universität nach der Reformation, der Medizinprofessor Christian Thorkelsen Morsing35, eine Art Vorlesungsverzeichnis36 drucken, das die Wiedereröff 34 Da Bugenhagen selbst niemals zum Bischof geweiht worden war, fand mit der Amtseinführung der neuen Superintendenten zugleich die so genannte apostolische Sukzession in der dänischen Kirche ihr Ende, vgl. Kornerup, Tidsrum, 16. Die Bezeichnung als „Superintendenten“ bzw. „Superattendenten“ wurde zunächst in Anlehnung an deutsche Kirchenordnungen eingeführt, konnte sich aber dauerhaft nicht durchsetzen, sodass die dänischen Superintendenten bald wieder Bischöfe genannt wurden. In seinem ersten Kopenhagener Rezess vom 30.10.1536 macht Christian die katholischen Bischöfe für die zurückliegenden Auseinandersetzungen wesentlich verantwortlich, weil sie nach dem Tod seines Vaters die Ernennung eines neuen Königs in der gebotenen Zeit verhindert hätten, vgl. Rørdam (Hg.), Kirkelove, 2. Außerdem wirft er ihnen vor, sich Gottes Wort verweigert und dessen Predigt nicht zugelassen zu haben, vgl. Rørdam (Hg.), Kirkelove, 3. Die Folge war nicht nur ihre Absetzung, sondern Christian nutzte auch die Gelegenheit, um der Krone die bischöflichen Patronatsrechte und Güter zu sichern, vgl. Rørdam (Hg.), Kirkelove, 4 f. Dass die Superintendenten, mit denen Christian die Bischöfe ersetzte, keine politische Macht mehr innehaben sollten, wird an der Definition ihrer Aufgabe offenbar, nämlich Lehre und Predigt des heiligen Evangeliums, vgl. Rørdam (Hg.), Kirkelove, 3. 35 Morsing hatte auch schon an der katholischen Universität vor ihrer Schließung gewirkt, sodass durch seine Ernennung zum ersten Rektor nach der Reformation wohl auch die Kontinuität zur alten Universität betont werden sollte, vgl. Norvin, Københavns Universitet 1, 21: „Christiern Torkelsen Morsing blev Universitetets første Rector, og i detta Valg ligger et Symbol paa Tilk nytning til det gamle Universitet og paa, at Ordningen af 1537 var en Genoprettelse, ikke Indretning af noget nyt.“ 36 Über den Charakter dieses Schriftstücks besteht Uneinigkeit. Üblicherweise in der dänischen Forschung als „lektionskatalog“, also als „Vorlesungsverzeichnis“ bezeichnet, wendet Knud Christoffersen ein, dass es sich vielmehr um die Proklamation der Universitätsreform und einen Leseplan handele, während das früheste Vorlesungsverzeichnis erst aus dem Jahr 1603 überliefert sei, s. Christoffersen, Bestemmelserne, 40, Anm. 26. Auch Fink-Jensen, Fornuften, 90, Anm. 104, macht geltend, dass hier eher ein Studienplan als ein Katalog über die tatsächlich angebotene Unterweisung vorliege. Ohne Zweifel nehmen die Bekanntgabe der Wiedereröffnung der Universität sowie die Schilderung der damit zusammenhängenden Ereignisse einen breiten Raum in der Ordinatio lectionum ein. Ebenso werden keine Angaben gemacht, wann und wo die Lehrveranstaltungen stattfinden, was in einem Vorlesungsverzeichnis doch nicht fehlen sollte. Der
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nung der Universität sowie die inhaltliche Ausrichtung des Unterrichts programmatisch bekannt gab: die Ordinatio lectionum.
2.2.1 Ein provisorisches Universitätsprogramm In der Ordinatio lectionum37 blickt Morsing einleitend auf die Ereignisse zurück, die zur Wiedererrichtung der Universität geführt haben. Nachdem er die desaströsen Verhältnisse in Dänemark zur Zeit des Bürgerkriegs geschildert hat, stellt er Christian III. als sehr vornehmen, äußerst frommen und gottgesandten König vor, der den Untergang des Bildungswesens in Dänemark verhindern konnte. Dessen Verdienste auf dem Gebiet der Religion, des Schulwesens und der Politik werden lobend hervorgehoben, bevor sein Engagement für die Reorganisation der Universität gewürdigt wird. Dabei findet die Berufungspolitik Christians III. besondere Beachtung: Damit der König die Universität wieder aufrichten, erneuern und vortrefflicher wiederherstellen konnte, als diese jemals gewesen sei, und damit die Universität nicht mehr so leicht einem beschämenden Untergang ausgesetzt sein werde, habe er von überall her sehr gelehrte Männer berufen.38 Bevor Morsing auf sich selbst als dem „unbedeutendsten Apostel“ („tanquam minimum […] apostolum“39) zu sprechen kommt, verweist er auf Johannes Bugenhagen, den „Vortrefflichsten der Theologen“, dem Christian III. die Leitung in Angelegenheiten der Religion und der Wissenschaft übertragen habe.40 Da ansonsten an dieser Stelle keine weiteren Personen genannt werden, tritt die überragende Rolle, die Bugenhagen bei der kirchlichen Neuordnung Dänemarks und der Wiedereröffnung der Universität Kopenhagen gespielt hat, umso deutlicher hervor. Dabei zeugt Morsings Selbstbezeichnung als „unbedeutendster Apostel“ keineswegs von Bescheidenheit, lässt doch die Anspielung auf Paulus keinen Zweifel daran, dass Morsings eigener Beitrag in Bezug auf die neu errichtete Universität aus seiner Sicht nicht hoch genug eingeprogrammatische Charakter des Dokuments ist daher nicht von der Hand zu weisen. Auch die im Hauptteil enthaltenen Aussagen zum Inhalt der Unterweisung an den einzelnen Fakultäten sind grundsätzlicher Art, sodass Christoffersens Einwand durchaus berechtigt ist. Da das Dokument aber die Überschrift „Ordinatio lectionum“ trägt und passend zum Beginn des neuen Semesters erschienen ist, scheint die Bezeichnung als Vorlesungsverzeichnis im weiteren Sinn aber dennoch vertretbar zu sein. Zu den Kopenhagener Vorlesungsverzeichnissen im engeren Sinn vgl. unten Kap. 3.1 mit Anm. 19. 37 Ordinatio lectionum in Academia Haffniensi nunc per Regiam Maiestatem instaurata Anno domini MDXXXVII. Ediert bei Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 4–8. Teilweise ins Dänische übersetzt von Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 57–62. 38 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 4: „Vt autem eius Regia Maiestas collapsam Academiam […] rursum erigeret instauraret melioremque redderet quam vnquam fuit, […] ne facile iterum vt ante turpi obnoxia fieret runiæ, doctissimos viros […] vndecunque accersiuit […].“ 39 Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 5. 40 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 5: „[…] doctor Joannes Bugenhagius Pomeranus Theologorum præstantissimus, cui religionis et literarii negotii primas dedit.“
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schätzt werden kann. So beschreibt Morsing nicht ohne Stolz die feierliche Zeremonie in Vor Frue Kirke, bei der ihm der König das Zepter des Rektors zusammen mit anderen Kennzeichen seines besonderen Amtes überreichte. Anschließend folgt das eigentliche Vorlesungsverzeichnis, in dem die einzelnen Fächer mit ihren Unterrichtsinhalten aufgezählt werden. Der mittelalterlichen Tradition entsprechend setzt sich die Universität aus der theologischen, juristischen, medizinischen und artistischen Fakultät zusammen, wobei die zusätzlichen Fächer Griechisch und Hebräisch gesondert angeführt werden. Dabei entspricht die Reihenfolge der Nennung einer abnehmenden Wertigkeit der Fakultäten: Der Theologie wird nun der erste Platz unter den höheren Fakultäten eingeräumt,41 was ihrer faktischen und lange Zeit unangefochtenen Vorrangstellung an der Universität entspricht, während die Fächer der Artistenfakultät und die Sprachen als grundständiges und auf die höheren Fakultäten vorbereitendes Studium zuletzt vorgestellt werden. Der Unterricht an der theologischen Fakultät gestaltete sich im Wesentlichen als Exegese. Denn täglich sind in der Ordinatio lectionum drei Vorlesungen aus der Heiligen Schrift vorgesehen, davon jeweils eine aus beiden Testamenten. Auch über kirchliche Schriftsteller darf gelesen werden, besonders wenn sie die Grundlagen der Theologie behandeln. Drei Doktoren der Theologie sind für die Vorlesungen zuständig. Mit dem Doktortitel müssen Anwärter auf eine theologische Professur den höchsten akademischen Abschluss vorweisen. Erneut wird auf Johannes Bugenhagen verwiesen, der eine der Professuren innehat, während seine beiden Kollegen – Tileman van Hussen und Peder Palladius – nicht namentlich genannt werden.42 Zusätzlich wird einem der Theologen die Aufgabe zugeteilt, zwei Mal pro Woche hebräische Grammatik unter Zuhilfenahme der alttestamentlichen Schriften zu lehren.43 Die juristische Fakultät soll mit einem Professor besetzt sein, die medizinische Fakultät wird mit zwei Professuren versehen. Der Artistenfakultät gehört jeweils ein Lektor für Mathematik, Physik, Rhetorik, Dialektik, Grammatik und Musik an. 41 Dies war an der katholischen Universität Kopenhagen noch anders, indem der juristischen Fakultät traditionell aufgrund der Bedeutung des kanonischen Rechts der erste Platz unter den Fakultäten eingeräumt wurde. Die theologische Fakultät bot damals hauptsächlich weitergehende Studien an, wobei die Priesterausbildung grundsätzlich in der Verantwortung der Domschulen lag, vgl. Andersen, Det teologiske Fakultet, 5. Nach der Reformation rückte jedoch die theologische Fakultät vor, was u. a. daran deutlich wird, dass sie mit drei Professuren unter den höheren Fakultäten am besten ausgestattet war. Die wiedererrichtete Universität diente damit zunächst vorrangig der Ausbildung von Pfarrern und Lehrern – und stellte auch nur für diese ein komplettes Studium in Kopenhagen sicher. Die einzige juristische Professur war nämlich oft nicht einmal besetzt. Obwohl die medizinische Fakultät immerhin zwei Professoren vorweisen konnte, war es lange Zeit nicht möglich, das Medizinstudium vollständig an der Universität Kopenhagen zu absolvieren, denn da ihre Unterrichtsverpflichtung zur Hälfte die nicht-medizinischen Grundlagenfächer Mathematik und Physik umfasste (vgl. Norvin [Hg.], Københavns Universitet 2, 26 f), konnten die Studenten hier kaum mehr als Basiswissen erwerben, vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 110 f. 42 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 5. 43 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 7.
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Auffällig ist, dass bei den empfohlenen Lehrbüchern häufig Werke Melanchthons angeführt werden, so für die Fächer Physik, Rhetorik, Dialektik und Grammatik. Auch der Lektor für Griechisch soll sich an Melanchthons Grammatik des Griechischen halten. Offenbar wurde überall dort auf Melanchthon zurückgegriffen, wo entsprechende Lehrwerke von ihm vorhanden waren.44 Bei der Auswahl der Lehrbücher wird der Wittenberger Einfluss auf die neu gegründete Universität daher unmittelbar sichtbar. Aus dem mittelalterlichen Lehrbetrieb werden die Disputationen und Deklamationen übernommen.45 Während sich in der Artistenfakultät jeden Samstag Disputation und Deklamation abwechseln, sind die Mitglieder der höheren Fakultäten nur zu vier Disputationen im Jahr verpflichtet.46 Nach diesen Bestimmungen zum Lehrbetrieb an der wiedereröffneten Universität schließt Morsing den Vorlesungskatalog ab mit einigen dankenden Worten und einem Aufruf zum Gebet sowie einer eindringlichen Ermahnung an die Wohlhabenden, arme Studenten finanziell zu unterstützen. Zuletzt wird der Beginn der regulären Veranstaltungen an der Universität auf den Tag der Apostel Simon und Judas, also den 28.10.1537, festgesetzt. Obwohl das Vorlesungsverzeichnis von 1537 hinsichtlich der Ausführlichkeit und Verbindlichkeit seiner Bestimmungen keineswegs mit den offiziellen Universitätsstatuten von 1539 vergleichbar ist, spiegelt es doch die Prinzipien wider, denen die Verantwortlichen bei der Neuorganisation der Universität folgten. Einerseits bedeutet die Eröffnung der nachreformatorischen Universität keinen völligen Umbruch, denn die mittelalterliche Einteilung in die grundlegende Artistenfakultät und die drei höheren Fakultäten wird übernommen und auch der Lehrbetrieb folgt mit seinen Disputationen und Deklamationen dem mittelalterlichen Muster. Auch die einzelnen Fächer der Artistenfakultät sind aus dem Mittelalter bekannt. Andererseits lässt die Einrichtung von Lehrveranstaltungen in den Sprachen Griechisch und Hebräisch das neue, humanistisch-reformatorische Interesse an den alten Philosophen und am biblischen Urtext erkennen. Außerdem kennzeichnet die deutliche Vorrangstellung der Theologie und die Orientierung an Melanchthons Lehrbüchern die neue Ausrichtung der Universität. Unterschiedlich wird in der dänischen Forschung der Beitrag Bugenhagens zur Wiedererrichtung der Universität bewertet. Folgt man den Angaben, die die Ordi 44 Das gilt nicht nur für den Unterricht an der Universität, sondern auch an den Lateinschulen, die nach Melanchthons Vorbild eingerichtet wurden und deren Unterweisung auf den von ihm verfassten bzw. empfohlenen Lehrbüchern basierte, vgl. Grane, Indflydelse, 8. Die skandinavische Forschung hat sich immer wieder mit der besonderen Bedeutung Melanchthons für die Vermittlung des Luthertums nach Skandinavien beschäftigt. Vgl. etwa Stolt (Hg.), Melanchthon; Grane, Indflydelse; Czaika, Rezeption; Schwarz Lausten, Melanchthon, 241–362; Czaika, Anmerkungen; Czaika, Ausbreitung, 86–92; Czaika, Melanchthon. 45 Beide Formen der akademischen Kommunikation wurden von Melanchthon hoch geschätzt, vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 61. 46 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 7.
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natio lectionum selbst macht, scheint kein Zweifel daran zu bestehen, dass der erste Rektor Christian Thorkelsen Morsing für die Abfassung und Drucklegung des Schriftstücks verantwortlich gewesen ist.47 Dennoch will etwa Rørdam explizit Bugenhagens Handschrift darin erkennen, ohne genauer zu erläutern, woran seine Urheberschaft erkennbar sein soll.48 Ähnlich weist Schwarz Lausten Bugenhagen eine „wichtige Rolle“ bei der Entstehung der Ordinatio lectionum zu, da er durch einen Vergleich mit der dänischen Kirchenordnung zu dem Ergebnis kommt, dass beide Dokumente demselben Verfasserkreis zuzuordnen seien.49 Dieses Bemühen, Bugenhagens Anteil an den universitären Grundsatzdokumenten exakt herauszuarbeiten, findet sich in der Forschungsdiskussion um die Universitätsstatuten von 1539 wieder (s. u. Kap. 2.2.3).
2.2.2 Die Universitätsstatuten von 1539 Vermutlich im März 1539 verließ Johannes Bugenhagen auf Wunsch des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen die Universität Kopenhagen. Bevor er jedoch die Heimreise antrat, unterstützte er König Christian III. bei den Verhandlungen um eine Überarbeitung der Kirchenordnung und um die Stiftungsurkunde der Universität auf dem Herrentag von Odense Anfang Juni 1539.50 Die Fundatio et ordinatio51 vom 10.06.1539 besteht aus zwei Teilen, einem kurzen, einleitenden Königsbrief sowie den eigentlichen Universitätsstatuten, die ausführlichere Bestimmungen zur Einrichtung und Wirksamkeit der Universität ent 47 Vgl. den einleitenden Gruß „Christianus Morsianus studii vniuersalis haffniensis Rector hæc legentibus Salutem“, s. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 4. Die Einleitung ist zudem deutlich aus der Sicht Morsings verfasst. Auch wenn im Zusammenhang mit der Schilderung der Zeremonie in Vor Frue Kirke erwähnt wird, der König habe das gesamte Professorenkollegium mit der Abfassung eines Vorlesungskatalogs betraut (vgl. Norvin [Hg.], Københavns Universitet 2, 5: „[…] postremo nobis [d. h. Morsing als Rektor und die den einzelnen Fakultäten vorstehenden Dekane, S. S.] cum reliquis professoribus lectionum ordinationem demandauit, quam ad subscriptum modum instituimus.“), ist es naheliegend, dass Morsing als Rektor der Universität die Verantwortung trug. 48 So folgert Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 62: „Med den Efterretning, at de regelmæssige Forelæsninger vilde tage deres Begyndelse Simons og Judæ Dag (28de Oktober), slutter denne ‚Ordinatio lectionum‘, hvori vi tildels gjenkjende Bugenhagens livlige Stil og fortrøstningsfulde Tillid til Sagens lykkelige Fremgang.“ 49 Vgl. Schwarz Lausten, Biskop, 239, über die Ordinatio lectionum: „Skriftet udgik i rektors, Christian Morsings navn, men det er tydeligt, at det er udarbejdet af samme kreds af forfattare, som stod bag Kirkeordinansen og senere Fundatsens tekst, dvs. at Bugenhagen også her givetvis har spillet en vigtig rolle.“ [Hervorhebungen im Original] 50 Vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 73–75. 51 Fundatio et ordinatio Vniuersalis Schole Haffniensis. Ediert bei Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 9–70. Bei der von Norvin in der Überschrift vermerkten Datierung (10.01.1539) liegt offenbar ein Schreibfehler vor, da dem Text selbst zu entnehmen ist, dass es sich um den 10.06.1539 handelt, s. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 70: „Decimo die mensis Iunii.“
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halten.52 Der einleitende Königsbrief stellt die Stiftungsurkunde im engeren Sinn, die „fundatio“ dar. Darin werden aus der Sicht Christians III. zunächst die Ereignisse rekapituliert, die zur Neuordnung der Universität geführt haben. Ausgehend von ihrer Gründung durch Christian I. wird der Niedergang der Universität während des Bürgerkriegs beschrieben. Christian III. schildert dann, wie sein Beschluss zur Wiedererrichtung der Universität von einer Anfrage an Wittenberg begleitet war, woraufhin Johannes Bugenhagen nach Kopenhagen kam. In Erinnerung an das Versprechen, das der König in der Kirchenordnung von 1537 hinsichtlich der Universität abgegeben hatte, bekundet er seinen Willen nicht nur zur Wiedererrichtung derselben, sondern auch zur Sicherung ihrer weiteren Existenz durch verschiedene Zuwendungen, die in einem ausführlichen Finanzplan angeführt werden. Auch ein Konzept zur Unterstützung armer Studenten wird vorgestellt. Mit einem Ausblick auf die in den nachfolgenden Statuten geregelten Angelegenheiten endet der erste Abschnitt des Königsbriefs.53 Im nächsten Abschnitt ermahnt Christian III. die zukünftigen Könige Dänemarks, die Universität mit ihrer Ordnung aufrechtzuerhalten und ihre finanzielle Absicherung nicht anzutasten, was mit einer längeren Reflexion zur Bedeutung der Wissenschaften als Geschenk Gottes begründet wird.54 Die namentliche Aufzählung der Ratsherren, die diese Verordnung und Grundlegung der Universität genehmigt haben, und die Unterschrift König Christians III. vervollständigen den Königsbrief. Der Charakter der Universität als eine königliche Bildungseinrichtung tritt unmissverständlich hervor. Dies entspricht der sich seit dem Spätmittelalter im Alten Reich abzeichnenden Tendenz zu landesherrlichen Universitäten, die dem unmittelbaren Einfluss der jeweiligen politischen Obrigkeit unterstellt waren.55 Es folgen die eigentlichen Statuten der Universität. Diese lassen sich in acht Abschnitte unterteilen. Zunächst behandeln die Statuten die Gebäude der Universität.56 Im Anschluss kommt ausführlich der eigentliche Unterrichtsbetrieb zur Sprache, 52 Inhaltsangabe und teilweise Übersetzung ins Dänische bei Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 76–103. 53 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 9–11. Die Schlussformel „In nomine Patris et Filii et Spiritus Sancti, Amen.“ markiert an dieser Stelle deutlich eine Zäsur. 54 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 11–13. Rørdam äußert die Vermutung, dass sich die Ermahnung genauso an gegenwärtige Machthaber wie an zukünftige wende, da in Wirklichkeit nicht der König hier das Wort ergreife, sondern Bugenhagen, vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 78: „Paa denne Maade udtaler Universitetsfundatsen en Formaning, som neppe mindre var rettet til Samtidens Magthavere end til Eftertidens. Det er Bugenhagens Røst, der lyder gjennem disse advarende Ord, og Advarselen var neppe ufornøden.“ 55 Vgl. Appold, Academic Life, 68–70, zu dem seit der Mitte des 14. Jahrhunderts besonders im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches auftretenden Typ der landesherrlichen Universität. Vgl. auch Kaufmann, Konfession, 305: „Die lutherischen Universitäten waren – sieht man von rechtshistorischen Detailproblemen in Gestalt städtischer Kompatronate einmal ab – Einrichtungen der jeweiligen Territorialstaaten.“ Laut Kaufmann lässt sich ein solcher Territorialisierungsprozess der Universitäten im Alten Reich schon im Spätmittelalter beobachten, aber er verdichtete sich vor dem Hintergrund der Reformation und fand so gewissermaßen sein Ende. 56 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 13–21.
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d. h. die Lehrkräfte und ihre Gehälter, die Vorlesungen, Disputationen und Deklamationen.57 Dabei werden die Bestimmungen zu den einzelnen Fakultäten, angefangen bei der Theologie über die Rechtswissenschaften und die Medizin bis hin zur artistischen Fakultät, gerahmt durch allgemeine Angaben zum akademischen Alltag sowie zu den vorgesehenen Disputationen und Deklamationen. Nach einem kurzen Abschnitt zu verschiedenen Universitätsbediensteten58 werden die einzelnen Einnahmequellen der Universität aufgezählt.59 Der fünfte Abschnitt fasst die Privilegien der Universität zusammen, wobei hauptsächlich die der Universität bereits 1537 verliehenen Privilegien bekräftigt werden sollen.60 Der sechste Abschnitt ist mit „Statuta“ überschrieben, beschäftigt sich also mit einzelnen Gesetzen der Universität.61 Dabei geht es z. B. um die Wahl des Rektors und der Dekane, die Einschreibungsmodalitäten oder die akademischen Grade. Weitere organisatorische Fragen folgen, die in einem siebten Abschnitt zusammengefasst werden können.62 Eine Gebührenordnung regelt, welche Zahlungen ein Student zu entrichten hat. Die Sitzordnung wird ebenso festgelegt wie der Ablauf einer Promotion. Ein letzter Abschnitt widmet sich dem Universitätskanzler, der zugleich der Kanzler des dänischen Königs ist, und den Konservatoren.63 Von besonderem Interesse sind die Bestimmungen, die sich auf den akademischen Alltag an der theologischen Fakultät bzw. an der eng mit dieser verknüpften artistischen Fakultät beziehen. Das trifft in erster Linie auf die Ausführungen zum Unterrichtsbetrieb zu.64 Daneben ist zu fragen, welche akademischen Grade an der Universität verliehen wurden.65 „Herz und Seele“ der Universität sollen gute Professoren sein, die mit Eifer ihren Lehrauftrag wahrnehmen und dafür auch anständig entlohnt werden, damit sie gern an der Universität arbeiten und ihre Schüler zu weitergehenden Studien ermuntern und nicht Nichtigkeit und Hohn an der Universität Einzug halten.66 Mit dieser 57 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 21–42. 58 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 42 f. 59 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 43–50. 60 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 51–55. 61 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 55–59. 62 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 59–68. 63 Der (Universitäts-)Kanzler vermittelte aufgrund dieser doppelten Funktion auf direktem Weg zwischen der Universität und dem König, wobei ihm besonders im Verlauf des 17. Jahrhunderts in dieser Hinsicht eine immer größere Bedeutung zukam, vgl. zur Rolle des Kanzlers Tamm, Københavns Universitet 1621–1732, 199–203; 218–221; Tamm, University, 152; 154. Nicht immer wurde an lutherischen Universitäten das Amt des Kanzlers derartig definiert. Der Wittenberger Universitätskanzler, der von Kurfürst August von Sachsen 1580 nach Tübinger Vorbild mit weitreichenden Kontrollbefugnissen ausgestattet wurde, sollte z. B. aus dem Kreis der Theologieprofessoren ernannt werden, vgl. Appold, Academic Life, 83 f; Ludwig, Philippismus, 317–327. 64 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 21–42. 65 Zu den akademischen Graden vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 56 f. 66 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 21: „Hoc erit cor et anima Schole, nempe ut boni professores strenue suam nauent operam erga discipulos et honestis stipendiis foueantur, quo libenter sint apud nos atque alii ad studia excitentur, ut postea frui eis liceat eisdem pro labore
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Einleitung beginnt programmatisch der Abschnitt über den Unterrichtsbetrieb an der Kopenhagener Universität. Zunächst wird allgemein der akademische Alltag dargestellt. Dieser sah Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag als reguläre Vorlesungstage vor. Der Mittwoch war für Repetitionen sowie Disputationen der höheren Fakultäten vorgesehen, der Samstag für Disputationen der a rtes-Fakultät. Sonntags sollten der Katechismus durchgegangen und Deklamationen gehalten werden. Angefangen bei der theologischen Fakultät67 werden diese Vorgaben für die einzelnen Fakultäten anschließend konkretisiert. Die theologische Fakultät setzt sich wie schon in der Ordinatio lectionum aus drei Doktoren der Theologie zusammen, wobei der erste und damit angesehenste der drei Professoren der Superintendent von Seeland (Sjælland) sein soll. Diese doppelte Funktion des wichtigsten dänischen Superintendenten lässt keinen Zweifel an der engen Verbindung von Kirche und Universität, die trotz der seit der Wiedereröffnung weggefallenen Aufsicht der Kirche über die Universität weiterhin bestand.68 Nicht zuletzt aus finanziellen Gesichtspunkten war es auch an einigen Universitäten des Heiligen Römischen Reiches durchaus üblich, dass einem der Geistlichen vor Ort eine Professur an der theologischen Fakultät zugewiesen wurde.69 Zwei der Kopenhagener Theologieprofessoren sollen an den vorgesehenen Vorlesungstagen jeweils eine Vorlesung aus der Heiligen Schrift halten. Für den dritten Professor ergibt sich ein etwas anderer Veranstaltungsplan, weil zusätzlich der Hebräischunterricht in seinen Aufgabenbereich fällt: An den ersten beiden Tagen der Woche soll er wie seine beiden Kollegen ebenfalls aus der Heiligen Schrift lesen, aber an den beiden übrigen Vorlesungstagen soll er Hebräisch lehren. Diese Aufgabe teilt er sich – anders als in der Ordinatio lectionum – mit einem der „Lekto ren“70 der philosophischen Fakultät (vgl. unten Anm. 83). Aufschlussreich sind die Angaben zur inhaltlichen Ausrichtung der Unterweisung an der theologischen Fakultät. Gegenstand des Unterrichts ist die Heilige Schrift, wie es der protestantischen Denkweise entspricht und für die nachreformatorische Reorganisation der stipendiis, alioqui sine hac cura uanitas et ludibrium esset Academie nomen, nec magis posset permanere quam Schola, que hic ante fuit.“ 67 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 23–25. 68 Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 97, stellt weitere Hinweise auf die Verschränkung von universitärem und kirchlichem Bereich zusammen, z. B. die Erlaubnis, trotz des Feiertagsgebots auch sonntags Deklamationen abzuhalten, oder die Teilnahme der Professoren an Bischofsversammlungen. Den deutlichen Zusammenhang der Universität mit der Kirche auch nach der Reformation führt Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 111, auf die vorrangige Zielgruppe der Universität zurück: Wegen des großen personellen Bedarfs in Schule und Kirche sei die Universität zunächst vor allem auf die Ausbildung von Lehrern und Geistlichen ausgerichtet und daher stark kirchlich geprägt gewesen. Dennoch kannten die Universitätssatzungen laut Rørdam lange keine Verpflichtung der Professoren auf bestimmte kirchliche Symbole oder Lehrsätze. 69 Vgl. den ausführlichen Überblick bei Kaufmann, Universität, 62, Anm. 100. 70 Anders als ein Professor der höheren Fakultäten, der häufig „Doctor“ genannt wird, wird ein Professor der artes-Fakultät oft als „Lector“, d. h. als „Lesemeister“ / „Lektor“, oder als „Magister“ bezeichnet. Vgl. Fink-Jensen, Fornuften, 65, Anm. 46.
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theologischen Fakultäten auch im Reich typisch ist.71 Zuweilen wird allerdings zugestanden, über Augustins „De spiritu et litera“ zu lehren.72 Die Satzungen verzichten auf eine Verteilung des Lehrstoffs auf die einzelnen Theologieprofessuren und überlassen damit die Entscheidung, welche Schriften des Alten und Neuen Testaments behandelt werden sollen, den Professoren selbst.73 Darüber hinaus heben die Satzungen aber hervor, dass die reine Auslegung der Schrift nicht ausreicht, sondern dass daran auch theologische Allgemeinbegriffe zu verdeutlichen sind.74 Exe 71 Vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 78. Die Konzentration auf die Auslegung der Bibel löste die Behandlung scholastischer Kommentare ab und markiert damit deutlich die Neuausrichtung der theologischen Fakultäten unter reformatorisch-humanistischem Einfluss. Zum Vergleich: Laut Nieden, Erfindung, 49, verfügte die theologische Fakultät in Wittenberg 1516 über eine biblische und zwei scholastische Professuren, wohingegen sie sich bei der Reorganisation der Universität 1536 aus vier biblischen Professuren zusammensetzte. Während in Wittenberg (wie z. B. auch in Kopenhagen oder Königsberg) allen Theologieprofessoren die Schriftauslegung zur Aufgabe gemacht wurde, konnte die Glaubenslehre an der Universität Rostock schon in den Satzungen der theologischen Fakultät von 1564 einen festen Platz im regulären Lehrangebot beanspruchen, vgl. Kaufmann, Universität, 94 f mit Anm. 252. 72 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 24. Die Vorgabe, über das Alte wie Neue Testament zu lesen, verbunden mit der Empfehlung der genannten Augustinschrift findet sich auch in Melanchthons Statuten der theologischen Fakultät in Wittenberg von 1533 wieder, vgl. Nieden, Erfindung, 48, und unten Anm. 73. Nieden interpretiert den Bezug auf Augustin als Relikt des im Spätmittelalter so bedeutenden Dogmatikunterrichts, wobei diese Vorlesung über Augustins Schrift nun „vor allem der eigenen Traditionsvergewisserung dienen sollte“, s. Nieden, Erfindung, 50, vgl. auch Kaufmann, Konfession, 308. Im tatsächlichen Vorlesungsbetrieb an der Wittenberger Fakultät scheint die Augustin-Vorlesung wie allgemein Lehrveranstaltungen zu den Kirchenvätern aber kaum eine Rolle gespielt zu haben, vgl. Nieden, Erfindung, 51. Die Anweisung, diese Augustinschrift im Unterricht zu behandeln, ist laut Kaufmann, Universität, 94 mit Anm. 251, auch in den Vorgaben der Universitäten Rostock und Heidelberg enthalten. 73 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 24: „Partiantur inter sese, quos libros uoluerint tractare ueteris et noui, ut uocantur, testamenti, ut commodum ipsis uisum fuerit.“ Anders verfuhren die Satzungen für die Wittenberger Universität von 1536 (vgl. auch die theologischen Fakultäten in Marburg, Helmstedt oder Basel, s. Kaufmann, Universität, 391, Anm. 613), die das zu behandelnde Unterrichtspensum genau auf die drei Theologieprofessoren und den zusätzlich an der Universität lesenden Wittenberger Stadtpfarrer aufteilten, vgl. Christoffersen, Bestemmelserne, 45; Nieden, Erfindung, 50, und die Wittenberger Universitätsordnung von 1536 bei Friedensburg (Hg.), Urkundenbuch 1, 174 f. Demnach sollte der erste Theologieprofessor nacheinander den Römerbrief, den Galaterbrief und das Johannesevangelium bearbeiten. Für den zweiten Theologieprofessor waren das Buch Genesis, der Psalter, Jesaja und Augustins „De spiritu et littera“ vorgesehen. Der dritte Theologieprofessor, der zusätzlich an der Wittenberger Schlosskirche predigte, sollte über alle weiteren Paulusbriefe sowie die Briefe des Petrus und des Johannes lesen. Einem der Stadtpfarrer – Doktor oder zumindest Lizentiat der Heiligen Schrift – wurde zuletzt die Behandlung des Matthäusevangeliums, des Deuteronomiums und der kleinen Propheten zugesprochen. In Rostock wurde dagegen ein ähnliches Modell wie in Kopenhagen favorisiert, sodass alle Professoren grundsätzlich über alles unterrichten sollten, was aber nicht unbedingt der Unterrichtswirklichkeit entsprechen musste, vgl. Kaufmann, Universität, 391; 402. 74 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 24: „Neque uero hoc solum est tractare sacram scripturam perpetuo uerba scripture interpretari, Sed etiam simul suscipere locos communes sacre doctrine tractandos.“ Auch Melanchthon verbindet die biblischen Vorlesungen mit dem Zweck, dogmatische Grundbegriffe daran zu erläutern: In den Statuten der theologischen Fakultät
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getische und dogmatische Unterweisung werden also nicht klar getrennt, vielmehr wird letztere in erstere integriert. Die Professoren werden ermahnt, zum richtigen Verständnis der Rechtfertigung aus dem Glauben und der Vergebung der Sünden den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium sorgfältig zu lehren. Dass es sich hier nicht um eine akademische Spitzfindigkeit handelt, sondern diese Differenzierung von existentieller Bedeutung ist, wird durch den Hinweis auf den Antichristen und seine blasphemischen Traditionen deutlich, wodurch nämlich an die Stelle der klaren Trennung zwischen Gesetz und Evangelium eine furchtbare „Vermischung“ gesetzt worden sei.75 Die folgende Aufzählung von Büchern, die zu diesem Zweck empfohlen werden, führt die Anlehnung an die theologische Fakultät in Wittenberg deutlich vor Augen: Neben Martin Luthers Kommentaren zum Galaterbrief und zur matthäischen Bergpredigt stehen Philipp Melanchthons Loci communes, sein Kommentar zum Römerbrief und seine Apologie zur Confessio Augustana.76 Damit beschränkt sich die Auswahl auf aktuelle Werke der beiden kursächsischen Leitfiguren, sodass an der inhaltlichen Ausrichtung an der Wittenberger Theologie kein Zweifel bestehen kann. Das annähernd ausgewogene numerische Verhältnis deutet darauf hin, dass beiden Theologen aus dänischer Sicht ein gleiches Maß an Autorität zuerkannt wurde. Da die Kopenhagener Universitätstheologie auch noch in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an Melanchthon festhielt, was besonders mit dem Namen des einflussreichen Theologen Niels Hemmingsen verbunden ist (s. u. Kap. 4.3.1), ist man geneigt, in dieser doppelten Berufung auf Luther und Melanchthon eine Gemeinsamkeit mit dem Profil der Rostocker theologischen Fakultät in diesem Zeitraum zu erkennen.77
(s. o. Anm. 71) stellt er einige biblische Schriften als besonders geeignet heraus, um den Studenten die wichtigsten loci der christlichen Lehre nahezubringen (vgl. Nieden, Erfindung, 48). Ein entsprechendes Vorgehen schrieb z. B. auch die Tübinger Ordnung von 1561 vor, vgl. Köpf, Lehre, 72. 75 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 24: „Maxime uero discrimen legis et Euan gelii diligenter et syncere in omni sua doctrina tradant, ut […] syncere et uere intelligamus iustificationem fidei coram Deo et ueram per Christum remissionem peccatorum, contra omnes blasphemas Antichristi traditiones, ne horrende confusioni fiamus rursum obnoxii […].“ 76 Einen interessanten Hinweis zur Auswahl der angeführten Literatur gibt Christoffersen: Die Aufnahme von M elanchthons Loci communes und seinem Römerbriefkommentar in die Universitätssatzungen habe später die Anhänger des Philippismus in Dänemark begünstigt, weil beide Werke rückblickend gesehen philippistisches Gedankengut enthielten, vgl. Christoffersen, Bestemmelserne, 56. Dabei führt Leder, Studie XI, 393, die Auswahl auf sprachliche Notwendigkeiten zurück, wobei sein Verweis auf das „bemerkenswerte Übergewicht M elanchthons“ allerdings nicht unmittelbar erkennbar ist: „Das bemerkenswerte Übergewicht Melanchthons erklärt sich wohl allein aus der Tatsache, daß Bugenhagen die in der Mehrzahl des Deutschen unkundigen Dänen nur auf lateinisch publizierte Schriften seiner Wittenberger Kollegen verweisen konnte.“ Dieses sprachliche Hindernis veranlasste Bugenhagen auch zur Anfertigung einer lateinischen Übersetzung der Psalmen sowie verschiedener biblischer und kirchlicher Texte für den Unterricht an der Universität, da Luthers Bibelübersetzung aufgrund mangelnder Deutschkenntnisse der Studenten für die Unterweisung ungeeignet war, vgl. Leder, Studie XI, 394. 77 Vgl. zu Rostock Kaufmann, Konfession, 342.
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In Bezug auf die vier Mal jährlich von jedem Theologieprofessor abzuhaltenden Disputationen zeigen sich die Satzungen der Universität konfliktscheu.78 Verhandelt werden sollen aus der Schrift abgeleitete und für die Universität belangvolle Themen. Neuheiten dagegen sollen gemieden werden, es sei denn, es besteht die Notwendigkeit ihrer Widerlegung. Das Disputationswesen erscheint demgemäß nicht als Platz einer akademischen Streitkultur, sondern der kirchliche Frieden wird als höchster Zweck der Disputationen definiert. Einmal jährlich ist jeder Theologieprofessor zudem zu einer lateinischen Deklamation verpflichtet. Keineswegs sollen diese der Selbstdarstellung dienen, sondern auch hier wird der Nutzen für die Universität als Sinn und Zweck der Deklamationen herausgestellt. Neben den Aufgaben, die den Theologieprofessoren im Rahmen des Lehrbetriebs an der Universität obliegen, wird ihnen auch eine beratende Funktion gegenüber dem König, Adligen und Amtsträgern zuteil.79 Der Abschnitt zur theologischen Fakultät schließt mit einer Festsetzung des Lohnes für die einzelnen Professoren. Der Inhaber der ersten Professur, der zugleich das Amt des Superintendenten von Seeland bekleidet, erhält mit jährlich 100 rheinischen Gulden aus Gold einen geringeren Lohn als die beiden anderen Professoren mit jeweils 150 rheinischen Gulden aus Gold im Jahr, was aber ausdrücklich nicht als Zeichen von Nachrangigkeit verstanden werden soll.80 Stattdessen wird dieser Unterschied in der Bezahlung darauf zurückgeführt, dass der Superintendent von Seeland aufgrund seiner Visitationstätigkeit längere Zeit im Jahr seinen universitären Verpflichtungen nicht nachkommen kann.81 78 Zu den Disputationen und Deklamationen an der theologischen Fakultät vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 24 f. 79 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 25: „[…] et in dubiis rebus ab eis quesierimus consilium dei ex uerbo ipsius.“ Diese Gutachtertätigkeit der Theologieprofessoren gegenüber den führenden Politikern war keineswegs eine Erfindung Kopenhagens, sondern damals üblich, vgl. den Hinweis auf Wittenberg bei Christoffersen, Bestemmelserne, 54, und in der Universitätsordnung von 1536 bei Friedensburg (Hg.), Urkundenbuch 1, 175: „auch sollen sie [die Theologen der Universität, S. S.] uber die berurten burden des lesens und predigens in ehe- und gaistlichen sachen, so wir ader unsere erben und nachkommen an sie gelangen, zu raten und ire urtail und bedenken dorinnen mitzutailen vorpflicht sein.“ Zu Kopenhagen vgl. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 135–140. 80 Für den Superintendenten von Seeland gilt, dass er mindestens das Lizentiat der Theologie erworben haben muss. Aufgrund seines geringeren Lohnes im Vergleich zu den anderen Professoren der höheren Fakultäten drohen ihm keine Lohnabzüge, wenn er kein Doktor der Theologie ist. Die anderen Professoren der höheren Fakultäten erhalten jedoch nur 100 Rheinische Gulden aus Gold oder Taler als Gehalt, solange sie keinen Doktortitel vorweisen können. Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 61 f. 81 Daneben erklärt sich der geringere Lohn wohl auch daraus, dass der Superintendent schon durch die mit seinem kirchlichen Amt verbundenen Einkünfte versorgt war. Die dänische Kirchenordnung von 1539 weist daher den mit der theologischen Professur verbundenen Lohn ausdrücklich als zusätzliches Einkommen des in Kopenhagen residierenden Superintendenten aus, was mit den hohen Kosten in der dänischen Hauptstadt begründet wird, vgl. Schwarz Lausten (Hg.), Kirkeordinansen 1537/39, 222: „Men Effterdi alting er y Kiøbenhaffn dyrere end andersteds y Riget, Oc mand for den høige Scholes skyld wil der haffue meere behow til tæring, Da ligge wy
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Nachdem die juristische und medizinische Fakultät behandelt worden sind, kommt als letzte der Fakultäten die artes-Fakultät zur Sprache. Das Lehrangebot umfasst acht Fächer, nämlich Pädagogik82, Dialektik, Rhetorik, Griechisch, Physik, Mathematik, Hebräisch83 und Musik84. Dass der Dialektik ein eigener Lehrstuhl zugewiesen wurde, kann vor dem Hintergrund der nachreformatorischen, humanistisch beeinflussten Universitätsreformen im Reich nicht als Selbstverständlichkeit angesehen werden.85 Bei den Bestimmungen zum jeweiligen Unterricht fällt wie bereits in der Ordinatio lectionum auf, dass häufig Lehrbücher von Melanchthon empfohlen werden.86 Mit dem Rückgriff auf Melanchthon weiß sich die Fakultät einem humanistischen Ideal verpflichtet.87 Im Zusammenhang der artistischen Fakultät reflektieren die Statuten ausführlich über den Sinn und Nutzen, den Disputationen haben, wenn ihr Gegenstand von den Disputierenden im Interesse der Zuhörer gewählt wird, und den Schaden, den über nutzlose Themen gehaltene Disputationen anrichten.88 Als Beispiel für angemessene Themen verweisen die Statuten auf eine kürzlich erschienene Übersicht über in Wittenberg gehaltene Disputationen.89 Um den Superattendent, som der skal boe, saa møget meere til, til sin beløning, At hand skal haffue den tredie lectie y den hellige schrifft, der mindre til ligger end til de andre, At hand flitelig skal lesse den hellige schrifft obenbare wdy Scholen, naar hand er hiemme oc nødes icke til at fare nogen sted wd at besøge Kirckerne.“ Entgegen der in den Statuten geäußerten Intention wurde die mit dem Amt des Superintendenten von Seeland verbundene erste Professur wegen der schlechteren Bezahlung und der häufigen Abwesenheit schon bald zur dritten Professur umgewandelt, vgl. Frederiks II. nye fundats von 1571 (s. u. Kap. 2.2.4.2). 82 Die hier noch zuerst genannte Pädagogik-Professur wurde bereits 1545 geteilt und fiel aufgrund des ebenfalls geteilten Lohns von ihrer Vorrangstellung unter den artistischen Fächern auf die letzte Position zurück. Darum wurde die Beschäftigung als Paedagogicus schon bald lediglich als Ausgangspunkt für die weitere akademische Karriere genutzt mit der Folge, dass die Inhaber dieser Stellen häufig wechselten. Vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 83. 83 Für Hebräisch ist keine eigene Professur vorgesehen, sondern der Unterricht in dieser Sprache soll von einem der Theologieprofessoren (s. o.) in Zusammenarbeit mit einem Pfarrer der Stadt oder einem der jüngeren Magister gehalten werden, vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 33. Aber noch unter Christian III. wurde diese Regelung durch die Einrichtung einer eigenen Hebräischprofessur 1557 geändert, vgl. die Königsbriefe vom 29.06.1557 in Rørdam, Aktstykker, Nr. 57, 87 f, und vom 13.07.1557 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 219 f. Im Zuge der nachreformatorischen Reorganisation des protestantischen Universitätswesens erhielten im Reich nur wenige Hochschulen einen eigenständigen Lehrstuhl für Hebräisch, vgl. Asche, Frequenz einbrüche, 75. 84 Auch für den Musikunterricht wird kein eigener Professor eingestellt, sondern er wird zunächst personell der Lateinschule der Frauenkirche zugeordnet, bereits Anfang des 17. Jahrhunderts aber ganz abgeschafft. 85 Vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 77, wonach nur die Universitäten Leipzig, Frankfurt, Königsberg, Greifswald, Heidelberg und Rostock über Dialektik als selbständiges Fach verfügten. 86 So in der Pädagogik, Dialektik, Physik und Mathematik. 87 Vgl. zu Melanchthons „Leistung für den Universitätshumanismus“ Baumgart, Bildungsreform, 186 f. 88 Zu den Disputationen vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 36–40. 89 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 38: „Exemplum talium disputationum utilium uidere licet in propositionibus Witemberge disputatis et nunc editis.“
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unnötigen Streit im Vorfeld zu vermeiden, müssen die angedachten Disputationsgegenstände zunächst dem Dekan der artistischen Fakultät vorgelegt werden; wenn theologische Themen besprochen werden sollen, muss dieser das Urteil des Dekans der theologischen Fakultät einholen. In der Auswahl der Themen waren die Professoren der artistischen Fakultät also nicht an ihr eigentliches Fach gebunden, sondern konnten durchaus auch spezifisch theologische Themen behandeln.90 Das zeigt, dass die Grenzen zwischen dem Unterricht an der theologischen Fakultät und der artes-Fakultät fließend waren. Darüber hinaus legen die Satzungen fest, dass der Dekan der artistischen Fakultät nicht nur die Disputationsvorschläge auf ihre Eignung hin prüft, sondern auch den Vorsitz bei den Disputationen selbst übernimmt. Er trägt Sorge dafür, dass die Veranstaltung kein Schauplatz feindseliger Auseinandersetzungen oder eitler Selbstdarstellung wird.91 Der Forderung, die vorgeschriebenen Disputations- und Deklamationszahlen auch wirklich einzuhalten, wird durch die Androhung von Lohnabzügen Nachdruck verliehen.92 Nach den Disputationen ist auch den Deklamationen ein längerer Abschnitt gewidmet.93 Bei der Themenwahl sind die Deklamierenden recht frei, wobei jedoch auf die entsprechenden Aussagen zu den Disputationen verwiesen wird. Vier Deklamationen pro Jahr sind für jeden Professor vorgesehen, wobei er eine Rede davon selbst halten muss. Bei den übrigen Gelegenheiten ist es ausreichend, einen Studenten mit einer guten Rede auszurüsten und diesem den Vortrag zu überlassen. Betrachtet man die akademischen Grade, die ein Student an der Universität Kopenhagen erlangen konnte,94 so fällt auf, dass das aus dem Mittelalter überkommene System weitgehend beibehalten wurde. Den untersten Grad bildet demgemäß der baccalaureus artium, der Kenntnisse in den Fächern Grammatik, Dialektik und Rhetorik, dem traditionellen Trivium, voraussetzt. Die an der artistischen Fakultät Lehrenden werden explizit dazu aufgefordert, mit der Vergabe dieses Grades großzügig zu verfahren, um die jungen Menschen zu weitergehenden Studien zu ermuntern.95 Für den Grad des magister artium werden des Weiteren Studien in den Fächern Physik, Mathematik und Ethik gefordert. Die Studenten werden ermahnt, die grundlegenden Studien an der artistischen Fakultät nicht zu vernachlässigen, 90 Ausnahmeregelungen gelten lediglich für den Mathematicus und Physicus, vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 38. 91 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 39: „Ipse etiam Decanus artium gubernans disputationes moneat disputationem non esse hostile certamen, sed amicorum et Doctorum collationem, institutam ad eruendam ueritatem, et ut auditoribus prosit, non ut ibi per ambitionem ostententur ingenia, aut priuatis odiis mos geratur exagitandis aliis.“ 92 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 40. Allein der Paedagogicus wird von der Verpflichtung zu disputieren befreit, vermutlich aufgrund seiner enormen Arbeitsbelastung, die wohl auch zur späteren Teilung der Stelle führte, vgl. Anm. 82. 93 Zu den Deklamationen vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 40–42. 94 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 56 f. 95 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 63: „Magistri artium curent, ut in sua facultate sepe et plures fiant Baccalaurei. Hic enim infimus gradus prouocabit Adolescentes ad maiora studia et dabit multos, qui commode possint preesse Scholis puerorum.“
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weil der Zutritt zu den höheren Fakultäten an ausreichende Kenntnisse in diesen Fächern gebunden sein soll.96 Diese Forderung soll praktisch durch die Regelung umgesetzt werden, dass normalerweise selbst die Erlangung des niedrigsten Grades an einer höheren Fakultät an eine vorausgehende Promotion zum magister artium geknüpft ist. Zudem obliegt es den höheren Fakultäten sicherzustellen, dass ihre höheren Grade – das Lizentiat und der Doktortitel – nur an würdige Personen vergeben werden. Solange es aber um den niedrigsten Grad geht – das Baccalaureat – sollen passende Anwärter nicht durch allzu hohe Anforderungen abgeschreckt werden, um sie zu motivieren, ihre Studien zu vertiefen. Die Verleihung des Doktorgrades geschieht nach einer öffentlichen Disputation, bei der der jeweilige Kandidat als Respondent auftritt. Eine weitere explizite Prüfung ist nicht vorgesehen, da der Kandidat bereits im Rahmen der Examinierung für das Lizentiat seine Eignung bewiesen haben soll. Zudem soll es für alle Grade an allen Fakultäten ausreichen, wenn der betreffende Student einmal an einer öffentlichen Disputation in der Rolle des Respondenten teilgenommen hat.
2.2.3 Die Universität Kopenhagen im Kontext des lutherischen Universitätswesens Die Frage, wie Bugenhagens Beitrag zur Ausarbeitung der Fundatio et ordinatio einzuschätzen ist, hat die Forschung zur Universität Kopenhagen immer wieder beschäftigt. Die unterschiedlichen Vorgehensweisen, wie man sich dieser Frage annäherte, offenbaren ebenso wie die erzielten Ergebnisse verschiedene Intentionen. Denn je größer der Anteil war, den man auf Bugenhagen zurückführen wollte, desto stärker wurde in der Regel die Abhängigkeit der Kopenhagener Universitätssatzungen von denen der Wittenberger Universität aus dem Jahr 1536 betont – und damit der Einfluss Wittenbergs auf die dänische Reformation überhaupt, möchte man denken.97 Die ältere dänische Forschung ist von dem Bemühen gekennzeichnet, im Wortlaut der Satzungen Bugenhagens Handschrift zu erkennen, wie es sich etwa Rørdam optimistisch zutraut.98 Nyerup identifiziert Bugenhagen als Hauptver 96 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 57. 97 Einen Überblick über die (ältere) Diskussion bietet Christoffersen, Bestemmelserne, 34–36, Anm. 11, wobei er zu dem Ergebnis kommt, dass die Erkenntnisse Nyerups aus dem Jahr 1805 weitgehend unkritisch von späteren Forschern übernommen worden seien. Der Forschungsüberblick fasst die Positionen von R. Nyerup (1805), B. Münter (1836), H. F. Rørdam (1868), H. Matzen (1879), W. Norvin (1937) und B. Kornerup (1959) zusammen. 98 Vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 103 f: „Undersøge vi nærmere de Bestanddele, hvoraf denne Ordinans er sammensat, for derfra at gjøre Slutninger med Hensyn til dens Tilblivelse, da er det, for den, der er nærmere bekjendt med Bugenhagens Stil, ikke vanskeligt at paapege de Afsnit, som væsentlig maa antages at have ham til Forfatter, og dem, hvori han ingen saadan umiddelbar Del har haft.“ Dieser zuversichtlichen Ankündigung folgend geht Rørdam daraufhin tatsächlich die einzelnen Abschnitte der Universitätsstatuten durch und bestimmt, welche davon Bugenhagen als Verfasser zugeschrieben werden können und welche nicht. Dabei kommt er
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fasser der Stiftungsurkunde, sodass es kein Wunder sei, dass viele Einrichtungen der Kopenhagener Universität Kopien der Wittenberger seien.99 In seiner Begründung beruft er sich jedoch nicht auf Bugenhagens Stil, sondern auf sachliche Übereinstimmungen mit den Wittenberger Statuten. Als Beispiele für Gemeinsamkeiten führt Nyerup u. a. die entscheidende Bedeutung der aristotelischen Philosophie in Verbindung mit Melanchthons Lehrbüchern an, die Verknüpfung des Hebräischunterrichts mit einer theologischen Professur, den Verweis auf Augustins „De spiritu et littera“ als möglichen Gegenstand einer theologischen Vorlesung, den jeweils fehlenden Lehrstuhl für Geschichte oder den geringeren Lohn der Professoren an der artistischen Fakultät gegenüber denen an den höheren Fakultäten.100 Bei Christoffersen, der einen neuerlichen Vergleich zwischen der Kopenhagener Ordnung und den von Melanchthon ausgearbeiteten Wittenberger Universitätsstatuten im Hinblick auf die Bestimmungen zur Lehre an den theologischen Fakultäten durchführt, lässt sich die Absicht erkennen, die Kopenhagener Statuten so weit wie möglich als ein genuin dänisches Produkt zu erweisen. Anders lässt sich nicht erklären, warum Christoffersen auf der scheinbar spitzfindigen und nebensächlichen Unterscheidung zwischen „Vorlage“ und „Vorbild“ beharrt.101 Er zu dem Ergebnis, dass insbesondere der Abschnitt über den Unterricht an den Fakultäten von Bugenhagen stammen müsse, vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 104: „Andet Afsnit bærer det umiskjendeligste Præg af helt igjennem at være forfattet af Bugenhagen; kun enkelte Tilsagn af Kongen, som findes deri, ere formodentlig tilføjede under Mødet.“ Rørdams Vorgehen, Anzeichen für Bugenhagens unverwechselbaren „Stil“ (S. 104) zu finden, lässt Zweifel an der Aussagekraft seiner Methode aufkommen, zumal er kaum deutlich macht, wodurch sich Bugenhagens „Stil“ auszeichnen soll – außer dass dieser sich weniger „trocken“ und „geschäftsmäßig“ aus drücke, als es die anderen Professoren tun, vgl. Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 1, 105: „I femte Afsnit (Statuterne), der jo siges at være overrakt Kongen af Professorerne, vil man for gjæves søge Mærker af Bugenhagens Stil; det hele er mere tørt og forretningsmæssigt, end han plejede udtrykke sig.“ Wie subjektiv unterschiedlich der „Stil“ einer Person tatsächlich wahrgenommen wird, zeigt schon Matzens Urteil über Bugenhagens Ausdrucksweise. Indem er gerade den „Schulmeisterton“ als charakteristisch für den Theologen ansieht, widerspricht er Rørdam vollkommen, s. Matzen, Retshistorie, 80: „Læreordningen lider dernæst under Indtrykket af en vis aandelig Ufrihed, fremkaldt ved de alt for meget i det enkelte gaaende Anvisninger og den hele Skolemestertone, hvori den er skreven, hvilken imidlertid var en naturlig Følge af, at den hovedsagelig er udarbejdet af en fremmed [Bugenhagen, S. S.], indkaldt til Lærer for de indfødte af en Konge, der, selv fremmed, havde ringe Tanker om de danskes aandelige Evner.“ [Hervorhebung: S. S.] Kritisch äußert sich auch Christoffersen, Bestemmelserne, 36, Anm. 11, zu Rørdams Vorgehen. 99 Vgl. Nyerup, Annaler, 13 f: „Den fornemste Concipient af denne Fundats hvoraf disse Momenter ere extraherte, var Bugenhagen, som Kongen for det samme havde forstrevet fra Wittenberg, at han skulde hjelpe til at reformere saavel Skoler som Kirken. Det er altsaa intet Under, at mange Indretninger ere Copier af de Wittenbergske.“ 100 Vgl. Nyerup, Annaler, 14. 101 So auch Schwarz Lausten, Beziehungen, 247: „Ob man nun die Universität Kopenhagen eine Kopie Wittenbergs nennt oder diese als Vorbild betrachtet, ist kaum erheblich.“ In Bezug auf die Differenzierung zwischen „Kopie“ und „Vorbild“, die Christoffersen unter Bevorzugung der Bezeichnung als „Vorbild“ vornimmt, fügt Schwarz Lausten, Beziehungen, 247, Anm. 20, sodann hinzu: „Freilich ist die Wortwahl hier unwichtig, denn viele sachliche und manchmal wörtliche Übereinstimmungen zeigen ganz deutlich den Willen des Gesetzgebers.“ Ähnlich äußert sich
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verneint die Existenz wörtlicher bzw. kompositorischer Übereinstimmungen, sodass die Wittenberger Statuten keineswegs die „Vorlage“ für die Kopenhagener Ordnung gewesen seien.102 Von letzterer als „Kopie“ der Wittenberger Satzungen zu sprechen, lehnt Christoffersen daher ab. Allerdings sei die Bezeichnung des Wittenberger Dokuments als „Vorbild“ für die Kopenhagener Statuten zutreffend. Zwar setzten diese ein detailliertes Wissen über die Verhältnisse in Wittenberg bei dem Verfasser voraus, Bugenhagens Urheberschaft sieht Christoffersen aber als bisher nicht erwiesen an. Das in der älteren Forschung erprobte Vorgehen, im Text der Kopenhagener Ordnung stilistisch nach Spuren von Bugenhagens direktem Einfluss zu suchen oder mögliche Gemeinsamkeiten mit den Wittenberger Statuten an kompositorischen oder wörtlichen Entsprechungen aufzeigen zu wollen, erscheint aus heutiger Sicht nicht zielführend. Nyerups Suche nach sachlichen Übereinstimmungen ist dagegen der Fragestellung angemessen. Dass die Kopenhagener Universitätsordnung einzelne Einrichtungen aus Wittenberg übernahm, ist dabei wenig erstaunlich, was nicht nur der Anwesenheit Bugenhagens in der dänischen Hauptstadt geschuldet ist. Vielmehr zeigen die von Nyerup aufgewiesenen Gemeinsamkeiten, dass auch die Kopenhagener Universität dem „Modell der protestantisch-humanistischen Landesuniversität“ zuzuordnen ist, das sich im Anschluss an Melanchthons universitätsorganisatorisches Wirken an vielen lutherischen Universitäten im Zuge ihrer nachreformatorischen Neuordnung oder sogar Neugründung bis in die 1570er-Jahre hinein etablierte.103 Da Christian III. ganz offensichtlich einen engen Anschluss an die Wittenberger Theologen suchte, wie nicht nur die Einladung von Bugenhagen nach Dänemark, seine Korrespondenz mit den Wittenbergern oder seine Personalpolitik an der Kopenhagener Universität nahelegen, wäre es vielmehr höchst überraschend, wenn sich die institutionellen Reformen, die an der Leucorea vollzogen wurden, in keiner Weise in der Verfassung der dänischen Hochschule widerspiegeln würden.104 auch Fink-Jensen, Fornuften, 57 f, Anm. 28, aus dessen Sicht nämlich Gemeinsamkeiten im Hinblick auf die Funktion und Struktur der Universität wichtiger sind als wörtliche Übereinstimmungen zwischen der Kopenhagener und Wittenberger Textfassung. 102 Zu seinem Fazit vgl. Christoffersen, Bestemmelserne, 56 f. 103 Vgl. Asche, Frequenzeinbrüche, 72; 88 f. Die Wittenberger Statutenreformen Melanchthons, die 1545 zu einem Abschluss kamen, schätzt Asche als „wegweisend“ für die Ausgestaltung der protestantischen Universitäten ein. Dass die in Wittenberg herausgearbeiteten „pädagogisch-didak tischen Unterrichtsprinzipien“ an beinahe allen protestantischen Universitäten rezipiert wurden, führt Asche darauf zurück, dass M elanchthon selbst auf Wunsch der Landesherren oft bei der Erstellung neuer Universitätsordnungen beratend tätig wurde (Marburg, Tübingen, Leipzig, Frankfurt an der Oder, Greifswald, Heidelberg, Jena) oder zumindest Schüler von ihm involviert waren, die sich an den Wittenberger Reformen orientierten (Tübingen, Leipzig, Frankfurt an der Oder, Königsberg, Jena, Rostock, Helmstedt). Vgl. auch Grane, Studia humanitatis, 82. 104 So kommt Grane, Studia humanitatis, 88, zu dem eindeutigen Urteil: „Es ist deutlich genug: man hat mit den kleinen Mitteln, die zur Verfügung standen, Wittenberg so genau wie möglich nachzuahmen versucht.“
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2.2.4 Verbesserungen unter Frederik II. Frederik II. (König 1559–1588), der Nachfolger Christians III., verbesserte die finanzielle Situation der Universität erheblich.105 Zu nennen sind zwei Königsbriefe aus den Jahren 1569 und 1571, beide verfasst in dänischer Sprache, in denen er sich zuerst der finanziellen Not der Studenten, dann der Professoren zuwandte. Zudem nahm der König Neuerungen in diesen beiden Dokumenten vor, die die universitäre Ausbildung betrafen.
2.2.4.1 Veränderte Studienbedingungen – der Königsbrief vom 25.07.1569 Durch einen Königsbrief vom 25. Juli 1569106 legte er den Grundstein für die Errichtung der Kommunität. Auf diese Weise sollten tüchtige Studenten aus ärmlichen Verhältnissen unterstützt werden, damit es in Zukunft zu keinem Mangel an gelehrten Männern komme, die der Religion und dem Reich zu Diensten stehen.107 Daneben werden die Anforderungen bestimmt, die ein angehender Student erfüllen musste, wenn er sich an der Universität einschreiben wollte. Dazu gehörte, dass er ein „testimonium præceptoris“, also ein von seiner Schule ausgestelltes Zeugnis vorzeigen und ausreichende Lateinkenntnisse nachweisen musste.108 Diese Regelung lässt darauf schließen, dass das schulische Vorwissen bei vielen Studenten zu jener Zeit nicht ausreichte, um den regulären universitären Veranstaltungen folgen zu können. Offenbar sollte auf diese Weise das wissenschaftliche Niveau an der Universität angehoben werden. Zugleich wurde durch eine weitere Bestimmung dieses Königsbriefes ein Schritt dahingehend unternommen, die Ausbildung der Geistlichen erstmals verbindlich an die Universität zu knüpfen.109 Niemand sollte von nun an ein Pfarramt übernehmen 105 Zur finanziellen Entwicklung der Universität unter Christian III. vgl. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 105–120. Zu Frederiks II. Finanzpolitik vgl. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 120–122. 106 Ediert bei Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 261–272. Vgl. Matzen, Retshistorie, 82 f. 107 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 261: „Och paa thett vdj framtiiden icke schulle bliffue brøst for lerde mend, som kunde were Religionen och riigitt tienlige, haffue wij Gud Aldmechtigste till loff och ære, och wore riiger till nytte, gaffnn och biistand, thett saa endeligen besluttet och berammitt, att wij och wore efftherkommere Konninger altiid hereffther wille och skulle wnderholde itt hundrede studenter her hoes Vniuersitetitt […].“ 108 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 269: „Wij wille thet och endeligen besluttet haffue, att ingen person effther thenne dag skall anammis och indschriffuis in matriculam Vniuer sitatis, mett mindre end hand haffuer hans præceptoris testimonium att wiise, fran huilchen schole hand kommindis worder, och haffuer sin Gramaticam saa studeritt, att hand er congruus och skickelig till att høre the lectier, som her vdj Vniuersitetitt pleye att lesis.“ 109 Die Kirchenordnung von 1537/39 (Kirkeordinans) hatte noch die Domkapitel beauftragt, theologische Lektoren einzustellen, denen die Weiterbildung der Kleriker und die Ausbildung
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dürfen, der nicht einige Jahre an der Universität studiert hatte und ein Zeugnis des Rektors („testimonium rectoris“) vorweisen konnte.110 Auf diese Weise wird zwar festgelegt, dass alle angehenden Pfarrer eine universitäre Ausbildungsphase in Anspruch nehmen. Der wissenschaftliche Standard darf aber nicht zu hoch eingeschätzt werden, weil ein Aufenthalt an der Universität weiterhin nicht gleichbedeutend damit ist, dass ein Student ein bestimmtes Ausbildungsprogramm absolviert oder seine Studien gar mit einem akademischen Abschluss beendet. Erst 1629 wird auf Geheiß Christians IV. ein theologisches Examen als Zugangsvoraussetzung für das Pfarramt oder eine höhere Position im Schulwesen eingeführt (s. u. Kap. 2.2.6). Die schrittweise Verlegung der Pfarrausbildung an die Universität dient darüber hinaus der Kontrolle der sittlichen Lebensführung der Bewerber und ihrer Rechtgläubigkeit. Insbesondere der erste Aspekt ist zu betonen, da er im Alten Reich das seit der Mitte des 17. Jahrhunderts zunehmende Aufkommen derartiger Testimodes geistlichen Nachwuchses anvertraut war. Vgl. Schwarz Lausten (Hg.), Kirkeordinansen 1537/39, 234: „Om Canicker. Vi ville oc biude, at de (det som dennom altiid haffde burdt) skulle med een erlig ophold wdi Kiøbsteden, der som de boe, holde een lerd mand wdi den hellige schrifft, som kand paa latine offuerliust lesse den hellige schrifft bode for Canicker, Scholedegne, oc forstandige borgere, Oc andre som did wille søge. Denne samme Lessemester skal stundom paa nogen forskicket tiid predicke, Men dog saa at ingen wanlig Predicken der med forhindres.“ Diese Forderung an die Kanoniker wird in der Universitätsordnung von 1539 wiederholt, vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 52: „Theologum eruditum qui sacras legat lectiones et predicet alant honesto salario in sua ciuitate.“ In den Artikeln von Ribe (1542) wird die Anstellung eines theologischen Lektors durch die Domkapitel erneut eingeschärft, vgl. Rørdam (Hg.), Kirkelove, 205: „Item, wdj huert Capittel, huor Domkiercker er, skal Capittel holde en lerdt mandt for en Theologum och Lesemester […].“ Wo dies versäumt wird oder der Theologe nicht angemessen versorgt ist, soll der zuständige Superintendent den König informieren. Das Beispiel von Ribe selbst zeigt, dass die Beschäftigung eines theologischen Lesemeisters am Dom nach dem Inkrafttreten der Kirkeordinans einige Zeit auf sich warten lassen konnte: Erst 1543 nahm ein Theologe dort seine Arbeit auf, vgl. Kornerup, Ribe, 274 f. Bis dahin erfüllte laut Kornerup der Superintendent die Aufgaben des theologischen Lesemeisters, weshalb Kornerup eine Ähnlichkeit mit dem Superintendenten von Seeland konstatiert, für dessen Amt die gleichzeitige Bekleidung einer theologischen Professur an der Universität kennzeichnend ist, vgl. Kornerup, Ribe, 275. 110 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 270: „Herhoes schulle alle Superintendenterne her vdj riigitt were fortenchte, att the effther thenne dag ingen anamme, induie eller ordinere till presteembede, mett mindre end the nogen aar tilfornn flitteligen och well her vdj Vniuersitetett haffue studeritt, och siiden skillies herfrann mett Rectoris testimonio […].“ Dass somit ein Universitätsstudium zur Zugangsvoraussetzung für ein Pfarramt erklärt wurde, ist als eine frühzeitige Entwicklung im Vergleich zum Heiligen Römischen Reich einzuschätzen, wobei hier teilweise mit großen regionalen Unterschieden zu rechnen ist. Kaufmann, Konfession, 313, berichtet, dass z. B. in Württemberg schon im 16. Jahrhundert ein dreijähriges Theologiestudium unter Einschluss eines Fakultätsexamens an den Erhalt eines Pfarramts geknüpft war, während sich in Mecklenburg eine derartige universitäre Abschlussprüfung erst nach dem Dreißigjährigen Krieg als Bedingung für die Übernahme eines Pfarramts durchsetzen konnte. Abgesehen davon, dass die Ordinandenprüfungen seit 1535 in den Verantwortungsbereich der theologischen Fakultät fielen (vgl. dazu Drews, Ordination; Krarup, Ordination, 273–275), verweist Nieden in Bezug auf die Universität Wittenberg auf die Kirchenordnung von 1580, die einen so hohen Maßstab an die theologische Bildung eines Pfarrers angelegt habe, dass für angehende Geistliche kein Weg an der Universität vorbeiführte, vgl. Nieden, Erfindung, 110.
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nia für Universitätsabgänger vor der Aufnahme eines schulischen oder pastoralen Amtes wesentlich motivierte.111 Vor diesem Hintergrund ist die obligatorische Forderung nach einem Testimonium in Dänemark als eine vergleichsweise frühzeitige Entwicklung innerhalb des Luthertums anzusehen. Die Absicht, die religiöse Auffassung des Bewerbers zu überprüfen, wird besonders an einem Zusatz deutlich, der dänische Studenten betrifft, die an ausländischen Universitäten studiert hatten: Bevor sie eine Pfarrstelle erhalten, sollen sie von den Professoren der theologischen Fakultät in Kopenhagen geprüft werden, um sich ihre Übereinstimmung mit den im dänischen Reich vertretenen Glaubensartikeln bescheinigen zu lassen.112 Ein wachsendes Misstrauen gegenüber der theologischen Lehre an fremden Hochschulen wird an dieser Regelung sichtbar. Nicht zuletzt räumt aber auch die Bündelung des geistigen Nachwuchses an der Universität dem König gesteigerte Einflussmöglichkeiten auf die Ausbildung derselben ein, was mit einem Machtverlust der Superintendenten einhergeht. Zudem stiftet Frederik II. in diesem Königsbrief auch vier Stipendien im Gesamtwert von 400 Talern für Studenten, die ihr Studium nach erfolgreicher Erlangung des Magistergrades an der Kopenhagener Universität im Ausland fortsetzen wollen.113 Ein Stipendium ist für einen angehenden Mediziner bestimmt, die anderen drei für Studenten der Theologie, die begabt genug scheinen, um später Universitätsprofessoren oder Superintendenten zu werden. Ohne Zweifel ist es also die künftige kirchliche Elite, die von der königlichen Sonderförderung profitiert. Die Stipendien für die Theologen sind allerdings an die Bedingung geknüpft, sich nur an der Kopenhagener Universität zum Doktor promovieren zu lassen. Damit ist eine Veränderung gegenüber der Regierungszeit Christians III. eingetreten, als ein ausländischer, v. a. Wittenberger akademischer Abschluss noch als beste Garantie für die spätere Karriere galt und der König persönlich stets darum bemüht war, gelehrte Männer aus dem Ausland nach Dänemark zu locken.114 Frederik II. hingegen setzt 111 Vgl. Kaufmann, Konfession, 334, der die geradezu explosionsartige Zunahme solcher Testimonia am Beispiel der Universität Rostock als ein Phänomen des 17. Jahrhunderts identi fiziert und diese als „Studien- und Sittlichkeitszeugnisse“ beschreibt, die „infolge wachsender Disziplinierungsprobleme und eines gesteigerten obrigkeitlichen Disziplinierungsbedarfes mehr und mehr zur Anstellungsvoraussetzung bei der Besetzung von Pfarr- oder Schulstellen gefordert, aber auch bei Universitätswechseln immer häufiger obligatorisch wurden“. Vgl. auch Kaufmann, Universität, 110 f. 112 Vgl. die Fortsetzung des Zitats aus Anm. 110 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 270: „[…] eller och thersom the haffue studeritt wdenlandtz, att the dog tilfornn examineris aff Professoribus Facultatis theologicæ her vdj Vniuersitetitt, och aff thennom fange windisbyrdt, saa the vdj alle artickler vdj Religionen kommer offuerens mett Guds ordz thiennere vdj thette Riige.“ 113 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 271 f. 114 Frederiks Aussage zum Zweck der Stipendien scheint der Praxis des Vaters ausdrücklich ein Ende setzen zu wollen, indem zukünftig kein Bedarf mehr für die Dienste ausländischer Gelehrter bestehen soll, vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 271: „For thet siiste, paa thet att riigitt io hereffter maa haffue gode, lerde och forfarne mend bode in Theologia och in medicinis, och mand icke skall haffue behoff thennom fran andre steder att lade hente eller forschriffue […].“ [Hervorhebung: S. S.] Es ist bekannt, dass sich Christian III. bemüht hatte, z. B. die Theologen
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auf den einheimischen Nachwuchs und fördert mit dieser Regelung zugleich den wissenschaftlichen Ruf der eigenen Universität, indem diese qualifizierte dänische Studenten selbst mit dem höchsten akademischen Titel auszeichnete – auch wenn diese ihre Ausbildung möglicherweise an einer fremden theologischen Fakultät erworben hatten.
2.2.4.2 Gehaltserhöhungen – der Königsbrief vom 11.09.1571 Über den Königsbrief vom 25. Juli 1569 hinaus wurden die Statuten der Universität von 1539 durch Frederiks II. so genannten nye fundats115 vom 11. September 1571 ergänzt. Von den vorausgehenden Verhandlungen berichtet Professor Johannes Sascerides in seinem „Eugnomonum liber“.116 Demnach war Niels Kolding, der dänische Hofprediger des Königs und zugleich einer der Konservatoren der Universität, wesentlich daran beteiligt, indem er den König auf die unzureichende Entlohnung insbesondere der artistischen Professoren aufmerksam machte. Darum betreffen die Bestimmungen des Königsbriefes hauptsächlich die Professoren der Universität, deren finanzielle Lage nachhaltig verbessert wird. Nach einer ausführlichen Einleitung, die mit Dankbarkeit auf die Bewahrung des Reichs durch Gott während der zurückliegenden Kriegsjahre und auf den Einsatz des Vorgängers Christian III. für die Reform der Religion und für die Universität zurückblickt, tut Frederik II. seinen Willen kund, die Neuerungen seines Vaters nicht nur beizubehalten, sondern sogar zu verbessern.117 Nachdem er sich in dem oben genannten Erlass bereits um die Versorgung von einhundert armen Studenten gekümmert hat, wendet er sich nun der finanziellen Not der Professoren zu. Indem die Professuren dauerhaft mit Kanonikaten oder Vikariaten an den Domkapiteln von Roskilde bzw. Lund verbunden werden, soll der Unterhalt der Professoren gesichert werden. In Bezug auf die drei Doktoren der Theologie legt der König fest, dass die Kanonikate, welche die derzeitigen Professoren innehaben, zukünftig auf ihre Nachfolger übergehen sollen.118 Daher soll der Inhaber der ersGeorg Major (1548), Johann Brenz (1550), Victorin Strigel (1558) und David Chytraeus (1558) von einer Anstellung in dänischen Diensten zu überzeugen, vgl. Grane, Studia humanitatis, 93, Anm. 101. 115 Ediert bei Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 71–77. 116 Johannes Sascerides, Carmen gratulatorium ad seren. Daniæ etc. regem Fridericum secundum … Eiusdem Eugnomonum liber unus in laudem seren. Reg. Mai. de liberali stipendiorum augmento, Kopenhagen: Laurentius Benedictus 1577. Vgl. den Hinweis auf Sascerides und die Zusammenfassung des Textes bei Rørdam, Kjøbenhavns Universitets Historie 2, 95 f. 117 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 71 f, insbesondere 72: „Och efter som wij effter hans Maitt. død er louligenn och retteligenn kaldit och wdkaaritt att forestaa thette Riige, saa ere wij och icke tilsinndtz nogit att forwanndle, formindske eller forringe, som aff hanns Maitt. christeligenn och wel stifftet och funderit er, men thet fast mere wed och magt att holde, och med alt, huis til Gudtz Ere att forfremme, wore vndersottis welfart och bistand Biistannd [!] att formere, kannd were thienligt, att forbedre.“ 118 Zur Verteilung der einzelnen Präbenden vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 73 f.
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ten Professur, momentan Niels Hemmingsen, immer die Präbende Hadstrup erhalten und der Inhaber der zweiten Professur, zur Zeit Erasmus Laetus, die Präbende Werløse. Die Präbende Gadstrup wird dem Inhaber der dritten theologischen Professur zugesagt, die zugleich mit dem Amt des Superintendenten von Seeland verknüpft ist, damals Poul Madsen. Entgegen der Stiftungsurkunde von 1539 ist die mit dem Amt des Superintendenten verbundene Professur in Frederiks II. nye fundats also schon offiziell auf den Rang der dritten Theologieprofessur zurückgefallen.119 Durch diese Präbenden sind die Theologieprofessoren nun ständige Mitglieder des Domkapitels von Roskilde. Inzwischen hat sich zudem offensichtlich die Praxis eingebürgert, dass der Professor für Dialektik die Vertretung für den Bischof übernimmt. Denn unter den Professoren der artistischen Fakultät wird dem Dialecticus ein größerer Anteil an der gemeinsamen Präbende als seinen Kollegen zugewiesen, wobei vorausgesetzt wird, dass er die theologischen Vorlesungen des Bischofs während dessen Abwesenheit hält. Zusätzlich werden die Löhne der Theologieprofessoren angehoben, sodass die ersten beiden Professuren mit 300 Talern jährlich entlohnt werden, während der Superintendent von Seeland 200 Taler erhält. Damit stellen die ersten beiden Professuren für Theologie im Vergleich mit den anderen Lehrstühlen deutlich die höchst dotierten universitären Positionen dar. An der juristischen und medizinischen Fakultät wird nämlich das reguläre Gehalt auf 200 Taler festgesetzt, während sich die Professoren der artistischen Fakultät mit jährlich 150 Talern zwar über eine Lohnerhöhung freuen können, aber finanziell gesehen immer noch das Schlusslicht in der Gruppe der Professoren bilden.120 Durch die Übernahme der Kanonikate bzw. Vikariate wurden die Professoren Mitglieder der Domkapitel von Roskilde oder Lund. Daher waren sie zum Gehorsam gegenüber deren Satzungen verpflichtet, kamen aber auch in den Genuss der dem jeweiligen Domkapitel zugesprochenen Privilegien. Zu den mit dem Domkapitel von Roskilde verbundenen Pflichten gehörte auch die Rechtsprechung in Ehefragen, die von zwei Doktoren und drei Magistern in Zusammenarbeit mit den Kanonikern vor Ort erledigt werden sollte.121
119 Vgl. oben Anm. 81. 120 Bereits Christian III. hatte 1555 die Löhne der Professoren gegenüber dem 1539 festgelegten Betrag heraufgesetzt: Die Professoren der höheren Fakultäten erhielten daraufhin 200 Taler jährlich (vorher 100 bzw. 150 Taler), den artistischen Professoren wurden jeweils 100 Taler zugesprochen (vorher 70 Taler). Da bei der Professur für Pädagogik auch der Lohn gleichmäßig auf beide Lehrkräfte verteilt wurde (s. Anm. 82), standen ihnen jeweils 50 Taler im Jahr zu. Vgl. Schwarz Lausten, Københavns Universitet 1537–1588, 118. In dem Königsbrief von 1571 wird jedem der beiden Pädagogikprofessoren ein Lohn von 100 Talern jährlich versprochen, was somit einer Verdoppelung ihres bisherigen Gehalts entspricht. Zu den Einkünften der Rostocker Theologieprofessoren in diesem Zeitraum vgl. Kaufmann, Universität, 134–137 mit Anm. 18. 121 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 76.
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2.2.5 Die Novellæ constitutiones Christians IV. Rund fünfzig Jahre vergingen, bevor die Universitätssatzungen erneut eine wesentliche Veränderung erfuhren. Die Novellæ constitutiones122 vom 18.05.1621 gingen aus der Arbeit einer Kommission hervor, die Christian IV. eingesetzt hatte, um zu prüfen, ob die alten Satzungen der Universität den gegenwärtigen Verhältnissen noch angemessen sind oder einer Aktualisierung bedürfen.123 Der König bekräftigt darin nicht nur die bisherigen Regelungen, sondern erweitert sie in zwölf Punkten, die zum einen die Studenten, zum anderen die Professoren betreffen. Im Hinblick auf die Studenten komme es immer noch vor, dass diese aus ihrer Schulzeit unzureichende Lateinkenntnisse mitbringen, wenn sie in die Universität eintreten. Wegen der geringen Anzahl an Studenten will Christian IV. die Betroffenen zwar nicht zurückschicken, aber er mahnt zu einer strengeren Kontrolle der Lehrer, die wiederholt durch Schüler mit mangelhaften sprachlichen Fähigkeiten auffallen, durch die Universität, den jeweiligen Superintendenten oder in einem letzten Schritt durch den König selbst.124 An die Regelungen Frederiks II. anknüpfend, aber zugleich über sie hinausgehend, legen die Novellæ constitutiones die Zugangsvoraussetzungen für ein kirchliches oder schulisches Amt fest. Ein Universitätsstudium wird für angehende Lehrer und Pfarrer zur Bedingung gemacht, da generell niemand ein solches Amt erhalten soll, der weniger als zwei oder drei Jahre in Kopenhagen studiert hat. Allerdings wird den anhaltenden Studienreisen dänischer Studenten Rechnung getragen, indem die vorgeschriebene Studienzeit an der dänischen Universität auf ein Jahr verkürzt wird, wenn der Betreffende im Ausland studiert hat.125 Das komplette Studium im Ausland zu absolvieren, wird damit aber zugleich ausgeschlossen. 122 Ediert bei Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 78–81. 123 Zum Kontext der Novellæ constitutiones vgl. Matzen, Retshistorie, 84 f. Vgl. zu den No vellæ constitutiones auch Tamm, Københavns Universitet 1621–1732, 210–215. Glebe-Møller, Det teologiske Fakultet, 152, nennt verschiedene Vorarbeiten zu den Novellæ constitutiones, die heute noch erhalten sind und diverse Regelungen das Theologiestudium betreffend anführen. Demnach stamme von Holger Rosenkrantz der – angesichts der in der Regel nur ein bis drei Jahre dauernden Universitätsaufenthalte der Studenten unrealistische – Vorschlag, das Theologiestudium ganz auf das Schriftstudium zu konzentrieren: Innerhalb von sechs Jahren sollten die Professoren die gesamte Bibel behandeln (drei Jahre lang das Alte Testament, drei Jahre lang das Neue Testament). Ein anderer Entwurf verteilte den Lehrstoff genau auf die drei Professoren: Der Bischof sollte das Alte Testament behandeln, der erste Theologieprofessor das Neue Testament und der zweite Theologieprofessor sollte über Dogmatik lesen. In die Novellæ constitutiones hingegen wurden keine speziellen Anweisungen zum Gegenstandsbereich des Theologiestudiums aufgenommen. 124 Vgl. Punkt 2 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 78 f. 125 Vgl. Punkt 4 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 79: „[…] da schal ingen admitteris til Schoele eller Kirche kald, med mindre dij haffuer studeret continue thoe eller threi Aar her paa Vniuersitetet, eller oc it Aar i det ringgeste, om de haffuer werridt paa fremmede Vniuersiteter wden Rigitt […].“
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Auch die Kontrolle der Auslandsreisen rückt nun verstärkt in den Fokus. Dies betrifft in erster Linie die Theologie. Diejenigen, die ein Stipendium für theologische Studien bekommen, sollen sich nämlich in ihrer Studienortwahl an die Empfehlungen halten, die das theologische Kollegium an der Kopenhagener Universität ausspricht. Wer hingegen an einer anderen ausländischen Universität studiert, die hinsichtlich der Religion „suspekt“ ist und nicht mit dem dänischen Bekenntnisstand und der Confessio Augustana von 1530 übereinstimmt, dem wird der Zugang zu einem kirchlichen oder schulischen Amt in Dänemark verwehrt.126 Groß ist offenbar die Angst, dass abweichende theologische Meinungen in der Kirche oder in der Schule verbreitet werden und zu Auseinandersetzungen führen können, von denen das Land bisher verschont worden ist. Zwei Gruppen werden von diesen Vorschriften aber ausgenommen: Einerseits diejenigen, die den adligen Nachwuchs auf seiner Reise durch Europa begleiten und dabei auch an den jeweiligen Universitäten eigene Studien betreiben, andererseits diejenigen, die an ausländischen Lehranstalten Medizin studieren.127 Eine Erklärung für diese Sonderregelungen kann sein, dass es politisch nicht durchsetzbar war, dem Adel eine Reiseroute vorzuschreiben. Eine konfessionelle Begrenzung der Studienorte für die meistens staatswissenschaftlich ausgerichteten Studien des Adels kann sich auch als unzweckmäßig erwiesen haben. Darüber hinaus waren die medizinischen Ausbildungsmöglichkeiten in Kopenhagen wohl noch so unzureichend, dass Studenten sich notwendigerweise im Ausland weiterbilden mussten. Für ein qualitativ hochwertiges und fortschrittliches Medizinstudium waren aber insbesondere die reformierten Universitäten in den Niederlanden bekannt. Wollte man gut ausgebildete Ärzte in Dänemark haben, war es also nicht möglich, ihnen das Studium an solchen Universitäten zu verbieten, die aus lutherischer Sicht religiös „suspekt“ waren.128 Die Professoren sollen so oft Vorlesungen halten und disputieren, wie es vorgesehen ist, und zwar über Themen, die der Universität zur Ehre gereichen.129 Dass die Lehrverpflichtung der Professoren eigens Erwähnung findet, deutet darauf hin, dass ihr nicht alle Lehrpersonen in gebotenem Maße nachgekommen sind. Auf Missstände im Lehrbetrieb lassen auch die Punkte neun und zwölf schließen. So kritisiert ersterer, dass die Vorlesungen eines Großteils der Professoren nur aus dem
126 Vgl. Punkt 5 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 79: „[…] och schal ingen, huo det och er, admiteris thil nogit Schoele eller Kirche kald, som sig haffuer paa de Vniuersiteter wden Rigitt ophollet och studerit, som for Religionen suspect erre och iche stemmer offuer eens medt woris christelige throes bekiendelse her wdj Rigitt, och den som til Ausburg Anno 1530 punchtwis forfatted bleff offuergiffuidt, paa det dj andre med sig iche schulle forførre, och Vro och Venighed her wdj Rigitt anstiffte, fra huilchet Gud den allermechtigste os hid indtil beuarit haffuer, och fremdelis naadelig for sin hellige naffn schiuldt wil fri och beware […].“ 127 Vgl. Punkt 5 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 79 f. 128 Vgl. Glebe-Møller, Det teologiske Fakultet, 153: „Åbenbart har man trods alt haft en fornemmelse af, at statskundskab – der var adelssønnernes studieobjekt – og medicinen vanskeligt kunne begrænses konfessionelt.“ 129 Vgl. Punkt 8 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 80.
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Diktat eines selbst zusammengestellten Konglomerats verschiedener Autoren bestehen, was so lange dauert, dass sich der Durchgang durch ein einzelnes Lehrfach über Jahre erstreckt.130 In den Novellæ constitutiones wird erkannt, dass dieses Vorgehen für die Studenten keinen Nutzen erbringt, weil kein Student so lange an der Universität bleibt. Da die Universität aber nicht für die Professoren gegründet worden sei, sondern zur Ehre Gottes und zur Förderung der Jugend, befiehlt der König, unnützes Diktieren einzustellen, das eigene Lehrfach innerhalb eines Jahres durchzugehen und die Studenten gut verständlich zu unterweisen. Im zwölften und letzten Punkt wird den Professoren mit Ausnahme des Bischofs eine Anwesenheitspflicht in der Stadt auferlegt.131 Diese Bestimmung verrät, dass die Zuverlässigkeit der Professoren im Hinblick auf die Durchführung ihrer Lehrveranstaltungen nicht zufriedenstellend war. Von nun an brauchen die Professoren eine Genehmigung, wenn sie die Stadt verlassen, und müssen zudem für eine autorisierte Vertretung sorgen.132 Unter Christian IV. verbesserte sich die finanzielle und personelle Ausstattung der Universität erneut.133 So stiftete er einige neue Professuren, wobei die Einrichtung einer vierten Professur für Theologie mit dem Schwerpunkt Dogmatik am 10.09.1630 besonders zu erwähnen ist.134 Auch die Infrastruktur der Universität optimierte der König, indem er am 11.08.1622 bestimmte, das nächste frei werdende 130 Vgl. Punkt 9 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 80. In Wittenberg geriet das übermäßige Diktieren der Theologieprofessoren, das die Vorlesungen zeitlich ausufern ließ, bereits in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts massiv in die Kritik. Die Verordnung von 1580 begrenzte daher die Vorlesungszeit für ein Kapitel der Bibel auf drei, höchstens vier Stunden, untersagte die ausführliche Darstellung der exegetischen Diskussionslage und verbot das Diktat, vgl. Nieden, Erfindung, 119 f. Die Visitationsdekrete von 1614 und 1624 belegen jedoch, dass die Weitschweifigkeit der theologischen Vorlesungen noch immer ein akutes Problem darstellte, was nicht nur die exegetischen Lehrveranstaltungen betraf, sondern auch die dogmatischen Vorlesungen, was Nieden auf eine „sich immer weiter ausdifferenzierende systematische Theologie“ in Verbindung mit den „verstärkten kontroverstheologischen Herausforderungen“ zurückführt, die die Erläuterungen zu den einzelnen loci in die Länge zogen, vgl. Nieden, Erfindung, 120. 131 Vgl. Punkt 12 in Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 81. 132 Die Klage, dass die Professoren ihren Unterrichtsverpflichtungen nicht in gebotener Weise nachkamen, war nicht neu. Den von Rørdam herausgegebenen Akten des Konsistoriums lässt sich entnehmen, dass im Jahr 1547 Geldstrafen eingeführt wurden, wenn die Professoren Disputationen, Deklamationen oder Vorlesungen versäumten, vgl. Rørdam, Udtog 1543–1599, 6. Ähnlich wurden sie 1572 vom König ernsthaft ermahnt, der Universitätsordnung gemäß zu lehren und zu disputieren, vgl. den Brief des Königs vom 12.10.1572 in Rørdam, Aktstykker, Nr. 163, 238–240, und den Vermerk, dass der Brief am 13.10.1572 verlesen wurde, in Rørdam, Udtog 1543–1599, 52. Bei einer Zusammenkunft des Konsistoriums am 30.01.1600 forderte der Rektor die Professoren erneut auf, die öffentlichen Disputationen nicht zu vernachlässigen, vgl. Rørdam, Forhandlinger 1599–1604, 85. 133 Vgl. Matzen, Retshistorie, 88. 134 Vgl. Norvin (Hg.), Københavns Universitet 2, 239–243, hier 239: „Den ene [der beiden neuen Professoren, S. S.] skal were professor theologiæ och læse och til ende forklare locos communes sacros enngang huert Aar wden nogen forsømmelse […].“ Der erste Inhaber dieser Professur war Hans Rasmussen Brochmand, vorher Professor für Physik.
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Kanonikat am Dom von Roskilde zum Unterhalt eines Buchdruckers zu verwenden. Am 10.04.1631 gestand er der Universität einen weiteren Buchdrucker zu und im September 1634 einen Buchhändler.135
2.2.6 Die Einführung des theologischen Examens Die Novellæ Constitutiones Christians IV. bildeten für lange Zeit den letzten größeren Eingriff in die rechtliche Verfassung der Universität. In Bezug auf die Pfarrausbildung wurden jedoch im weiteren Verlauf des 17. Jahrhunderts durch verschiedene Königsbriefe entscheidende Schritte auf dem Weg zu einem theologischen Examen unternommen.136 Den Anfang machte der Königsbrief an die Professoren vom 07.11.1629.137 Demnach dürfe niemand mehr eine Pfarrstelle (oder eine vornehme Beschäftigung im Schulwesen) erhalten, wenn er nicht ein von zumindest drei Universitätsprofessoren ausgestelltes Zeugnis („Attestation“) vorweisen könne, wobei ein oder zwei Theologieprofessoren darunter sein müssen. Dieses solle die Eignung des Kandidaten für den Pfarrberuf aufgrund seiner Kenntnisse über die Heilige Schrift und in der Dogmatik bestätigen, was durch eine Prüfung, das so genannte examen at testationis, festzustellen war.138 Die Einführung derartiger verpflichtender Universitätsprüfungen lässt sich auch im Alten Reich beobachten. Im Herzogtum Mecklenburg etwa wurde eine entsprechende Regelung vermutlich auf Vorschläge von Johannes Quistorp d. J. hin 1659 in Kraft gesetzt.139 Kaufmann sieht „die sittliche Verwahrlosung der Universitäten, die von Pennalismus und Schoristerei befallen waren“, als ursächlich für diese Neuerung an.140 Möglicherweise spielte eine Verwahrlosung des studentischen Lebenswandels auch in Dänemark eine Rolle bei der Einführung des examen attestationis, zumindest nahm die Schilderung der Lebensführung des jeweiligen Kandidaten einen beträchtlichen Raum in den ausgestellten Bescheinigungen ein (vgl. die Analyse unten Kap. 3.2.5). 135 Vgl. Matzen, Retshistorie, 88 und Tillæg Nr. 4, 25; Nr. 10, 35 sowie Nr. 12, 36. 136 Die folgenden Ausführungen zum theologischen Examen beruhen auf dem instruktiven Aufsatz von Rørdam, Bidrag. 137 Ediert in Rørdam, Bidrag, 622 f. 138 Vgl. Rørdam, Bidrag, 622: Die Professoren sollten die Studenten ermahnen, „at saa mange af dennem, som er tilsinds at lade sig bruge paa Prædikestolen eller og til nogen fornem Skolebestilling, skulle tage en Attestation af trende Professoribus i det ringeste, blandt hvilke skulle være en eller to af Theologis: hvilke Professores skulle give samme Personer en underdanigst Attestation, formeldende, hvorvidt de sig i Lærdom og særdeles Guds Ords Kundskab forfremmet have: nemlig at de saa in lectione Biblica øvede ere, og in locis communibus sanæ doctrinæ et confessionis saa grundede, at man formoder, de med Guds Aands og Naades Hjælp og Bistand sig med god Forhaabning hos Superintendentes til videre Examen, og hos Provster og Menigheder til at lade sig høre, hvor noget Kald ledigt vorder, og ellers, kunne angive.“ 139 Vgl. Kaufmann, Universität, 307; 326 f. 140 Kaufmann, Universität, 308 f.
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Zusätzlich zu dieser Überprüfung durch die Universität blieb aber die übliche Kontrolle des Kandidaten durch den jeweiligen Bischof erhalten. Ohne ein solches Attestat war angehenden Pfarrern nicht erlaubt zu predigen. Die Professoren interpretierten die Vorschrift so, dass der Erwerb des baccalaureus-Grades nicht von diesem neuen Examen befreite, die Magisterprüfung ein zusätzliches Abfragen des Bibel- und Dogmatikwissens aber überflüssig machte.141 Ein Königsbrief Christians IV. vom 09.01.1635 fügte den bisherigen Vorgaben zum examen attestationis verpflichtende Predigtübungen hinzu, die vornehmlich von den Theologieprofessoren zu leiten waren, und hob die Studienzeit auf drei Jahre an.142 Durch einen Königsbrief Frederiks III. vom 08.10.1653 wurde die Min deststudienzeit mit Rücksicht auf die Tatsache, dass sich die Studenten im Allgemeinen nicht so lange an der Universität aufhielten wie gefordert, jedoch wieder auf zwei Jahre gesenkt.143 Die Zulassungsbedingungen zur theologischen Prüfung wurden unter Christian V. verschärft, indem durch einen Königsbrief vom 17.03.1675 eine philo sophische Vorprüfung eingeführt wurde.144 Als Grund für diese Neuerung wird der Missstand genannt, dass sich die Studenten gleich nach ihrer Aufnahme an der Universität ganz auf das theologische Attestat konzentrierten, ohne sich vorher die notwendigen philosophischen Grundlagen anzueignen. Eine angemessene Beschäftigung mit theologischen Themen setzt nach der hier zum Ausdruck gebrachten Auffassung also philosophische Kenntnisse voraus. Die Forderung nach dem Ablegen einer philosophischen Vorprüfung, gleichbedeutend mit der Erlangung des Grades eines philosophischen baccalaureus, betrifft sowohl angehende Lehrer als 141 Allerdings sollten nur Magister der Kopenhagener Universität vom examen attestationis befreit werden, für Absolventen anderer Hochschulen galt dies nicht. Zukünftige Anwärter auf den Magistertitel sollten zudem von den Theologieprofessoren besonders über die Bibel und Loci geprüft werden. Vgl. in den Acta Consistorii vom 03.06.1630, wiedergegeben in Rørdam, Bidrag, 661: „De, som ere promoti Magistri oc haffue her tagett gradum, skulle icke videre examineres, saa fremt mand icke tviffler paa deres profectu in re sacra; men de, som andensteds fra promoti indkomme, skulle sistere sig examini, at mand om deres Religion oc profect kand vere vis. Og naar her efter Candidati Magisterij examineres, daa skulle Doctores Theologiæ synderligen examinere dennem in lectione Biblica et locis communibus, og giffue act paa, at ingen admitteres uden de, som ere idonei.“ Dagegen verlangte ein Königsbrief vom 18.10.1636 ein solches Examen ausdrücklich auch von Magistern mit der Begründung, dass Philosophie und Theologie zwei unterschiedliche Wissenschaften seien, vgl. Rørdam, Bidrag, 631. 142 Vgl. die ausführlichen Anweisungen zum Abhalten der Predigtübungen in Rørdam, Bidrag, 627–630. Vgl. auch Glebe-Møller, Det teologiske Fakultet, 153–156. Laut Kaufmann, Konfession, 309, kann man an lutherischen theologischen Fakultäten im Alten Reich schon im 16. Jahrhundert vereinzelt Predigtübungen oder vergleichbare Lehrveranstaltungen zur Vorbereitung auf die spätere Predigtarbeit antreffen. 143 Vgl. die Wiedergabe des Briefes in Rørdam, Bidrag, 632 f, Anm. 2: „Vid, at eftersom vi kommer udi Forfaring, at Studenterne ikke skal befindes hverken efter Akademiets Fundats eller andre kongelige Befalinger saalænge her paa Akademiet at forblive, som de burde og anordnet er, da ville vi naadigst, at ingen Studiosus herefter maa bekomme sin Attestats, men mindre han to ganske Aar her i Akademiet sine Studier har continueret og fuldbragt.“ 144 Vgl. die Wiedergabe des Briefes in Rørdam, Bidrag, 638.
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auch zukünftige Pfarrer.145 Um die Studenten nicht zu lange von den theologischen Studien abzuhalten und zudem die Kosten so gering wie möglich zu belassen, werden die Philosophieprofessoren aufgefordert, diese „Examina philosophica“ den „Examina theologica“ entsprechend mindestens vier Mal im Jahr anzubieten. Im Zusammenhang mit der Einführung der philosophischen Vorprüfung findet eine genauere Trennung zwischen den Aufgabenbereichen der Theologie- und Philosophieprofessoren statt, indem letztere davon befreit werden, den „Examina theologica“ beizuwohnen. Was auf der einen Seite als eine Maßnahme zur Arbeitsentlastung bewertet werden kann, stellt auf der anderen Seite einen weiteren Schritt zur Spezialisierung der philosophischen Fächer in Abgrenzung zur Theologie dar.
2.2.7 Die Kopenhagener Universität im Zeitalter des Absolutismus Der Einzug des Absolutismus in Dänemark unter Frederik III. (König 1648–1670) und Christian V. (König 1670–1699) seit der Einführung des erblichen Königtums 1660 ging auch an der Universität nicht spurlos vorbei.146 Stärker noch als in früheren Zeiten wurde sie in die königlichen Verwaltungsstrukturen eingegliedert, bis sich der König am Anfang des 18. Jahrhunderts schließlich fast alle Entscheidungen in universitären Angelegenheiten vorbehielt.147 Gleichzeitig wurden die Professoren immer häufiger vom Monarchen mit Sonderaufgaben betraut. Das akademische Niveau an der Universität sank seit dem Ende des 17. Jahrhunderts unaufhaltsam, bis sie um 1700 im Wesentlichen nur noch als Ausbildungsstätte für angehende Pfarrer fungierte.148 Nachdem den Professoren im Danske Lov (1683) ein eigenes Kapitel gewidmet worden war,149 rückte die beklagenswerte Lage der Universität 1691 in den Fokus 145 Christian V. befiehlt, „at ingen efter denne Dag maa anbetroes enten Hørers eller Rectors Plads udi store eller smaa Skoler, eller tillades at komme til Attestationem eller Examen Theologicum, førend de in examine philosophico ere kjendt dygtige at nyde primam in philosophia lauream og ere blevne prompti Baccalaurei“, s. Rørdam, Bidrag, 638. 146 Zum weiteren Schicksal der Universität bis zum Ende des 17. Jahrhunderts vgl. Norvin, Københavns Universitet 1, 41–48; Tamm, Københavns Universitet 1621–1732, besonders 260–314; Tamm, University. 147 Vgl. Tamm, University, 156. 148 Vgl. Tamm, University, 157. Norvin geht sogar so weit, die Kopenhagener Universität zu dieser Zeit in einem Zustand der „Auflösung“ zu sehen, was er besonders auf ihre fehlende Anpassung an die Erfordernisse der neuen politischen Lage und ihren dadurch bedingten Niedergang zu einer Pfarrschule für Bedürftige zurückführt, vgl. Norvin, Københavns Universitet 1, 44: „I disse Tider [in den ersten Regierungsjahren Christians V., S. S.] var Universitetets Tilstand nærmest at betegne som Opløsning; dets Karakter af Præsteskole, som kun blev søgt af Fattigfolks Børn, blev stedse mere udpræget, og der blev intet gjort for at skabe en passende Uddannelse for den Embedsstand, som Enevældens nye Regeringsmaskineri havde saa haardt Brug for.“ 149 Hierin wird das Einstellungsverfahren der Professoren ebenso geschildert wie die Aufnahme von Studenten an die Universität. So werden die Professoren ermahnt, bei den angehenden Studenten sowohl auf eine ausreichende schulische Vorbildung als auch auf eine untadelige Lebens
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der königlichen Aufmerksamkeit, ohne dass damit aber eine Verbesserung ihrer Situation verbunden gewesen wäre. So trat zwar eine Kommission zur Revision der Universitätssatzungen zusammen. Ihre Arbeit zog sich über einen längeren Zeitraum hin, war sie doch beauftragt worden, nicht nur die aktuell geltende rechtliche Grundlage der Universität anhand aller relevanten Dokumente seit ihrer Gründung zu erschließen, sondern auch davon ausgehend völlig neue Statuten für die Lehranstalt zu konzipieren, um die höhere Bildung in Kopenhagen zu reanimieren. Der daraus resultierende Vorschlag150 der Kommission, der vermutlich auf das Jahr 1693 zu datieren ist, wurde jedoch nie realisiert; stattdessen dauerte es noch bis zum Jahr 1731, als erneut eine Kommission zur Erarbeitung neuer Universitätsgrundsätze eingesetzt und deren Ergebnis am 31.03.1732 durch Christian VI. (König 1730–1746) ratifiziert wurde. Wie lange die Universitätsstatuten von 1539 in Geltung standen, ohne grundlegend revidiert zu werden, verdient Beachtung.151 Zu nennenswerten Veränderungen des theologischen Examens kam es dagegen bereits 1707, nachdem Frederik IV. zwei Jahre zuvor die Revision der geltenden Bestimmungen in Auftrag gegeben hatte.152 Nach längeren Verhandlungen führte er durch eine Verordnung vom 01.08.1707 das theologische Amtsexamen (embedsprøve) ein.153
führung, die mit einem Zeugnis der Schule zu belegen ist, zu achten, vgl. Iuul (Hg.), Danske Lov, 119. Genauer wird zudem der Ablauf der theologischen Prüfung beschrieben. In Anlehnung an den Rezess von 1643 wird bestimmt, dass die Theologieprofessoren mittwochs und samstags die Pfarrkandidaten prüfen und ihnen ihre Fortschritte „in Lectione Biblica og in Locis Communibus sanæ Doctrinæ & Confessionis“ (Iuul [Hg.], Danske Lov, 119) bescheinigen sollen. Außerdem werden die Theologen dazu verpflichtet, die angehenden Pfarrer mindestens ein bis zwei Mal predigen zu hören und ihnen wiederum ein Zeugnis über ihre Fertigkeiten auszustellen. Das „Examen Theologicum“ (Iuul [Hg.], Danske Lov, 119) darf aber niemand ablegen, bevor er nicht zwei Jahre lang an der Universität war und das philosophische Examen bestanden hat, welches mindestens vier Mal jährlich für künftige Rektoren, Hilfslehrer oder Pfarrer abzuhalten ist. 150 Den Inhalt des undatierten Vorschlags für neue Universitätssatzungen fasst Norvin, Københavns Universitet 1, 46 f, zusammen. 151 Führt man sich das Beispiel der Vorgaben zur theologischen Fakultät vor Augen, kann dies zum einen durch den allgemein gehaltenen Charakter ihrer Vorgaben bedingt sein, die bei der konkreten Umsetzung etwa des Vorlesungsprogramms ausreichend Spielraum ließen. Zum anderen zeugt die lange Gültigkeitsdauer davon, dass sich am dänischen Bekenntnisstand seit reformatorischer Zeit nichts grundlegend änderte, was den Erlass einer aktualisierten Universitätsordnung erfordert hätte. Damit begründet Nieden, Erfindung, 112 mit Anm. 53, warum die Wittenberger Universitätsordnung von 1588 rund einhundert Jahre lang Geltung beanspruchen konnte. Er fügt als weitere denkbare Gründe hinzu, dass der „Konfessionalisierungsdruck seitens des Staates auf die Hochschulen“ geringer wurde und sich die Mehrheit der Vorgaben vielleicht schlicht als praktikabel erwiesen hatte. 152 Vgl. die ausführliche Wiedergabe der einzelnen Dokumente bei Rørdam, Bidrag, 639–657. 153 So Rørdam, Bidrag, 656 f.
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2.3 Das Schicksal der Universität Uppsala von Gustav Vasa bis Karl X. Gustav Die rechtliche Entwicklung der Universität Uppsala nachzuzeichnen, ist ein komplizierteres Vorhaben als im Fall der Universität Kopenhagen.154 Wenn schon die Wiedereröffnung der dänischen Lehranstalt durch politische Unruhen erschwert wurde, gilt dies umso mehr für Schweden, war hier die Hinwendung zum evange lischen Glauben doch nicht nur von einem Regierungswechsel begleitet, sondern mit der Neukonstituierung des gesamten Reichs verbunden. Denn Gustav Vasas Wahl zum schwedischen König 1523 bedeutete nicht nur die allmähliche Abkehr von der römisch-katholischen Kirche, sondern auch die Loslösung Schwedens von der dänischen Krone.155 Daher wurde Gustav Vasa (König 1523–1560) mit organisatorischen und politischen Herausforderungen einer ganz anderen Dimension kon 154 Zur Geschichte der Universität Uppsala und als Quellenedition immer noch grundlegend: Annerstedt, Upsala Universitets historia. Zu nennen sind daneben die eher populärwissenschaftlichen, anlässlich des 500. Jubiläums der Universität verfassten Monographien von L indroth und Johannisson: Lindroth, History; Johannisson, Bildung. 155 Da die Universität Uppsala zur Zeit Gustav Vasas nicht existierte, soll hier Schwedens Übergang zum Protestantismus nicht im Einzelnen dargestellt werden. Wichtig ist aber festzuhalten, dass anders als in Dänemark, wo die Reformation zügig und auch nach außen hin unmissverständlich durch Christian III. durchgeführt wurde, der Anschluss an den lutherischen Glauben in Schweden ein jahrzehntelanger, alles andere als geradliniger Prozess war, der erst durch die Versammlung von Uppsala (Uppsala möte, 1593) endgültig entschieden wurde. Die maßgeblichen Weichenstellungen wurden unter Gustav Vasa und den schwedischen Reformatoren Laurentius Andreae, Olaus Petri und dessen Bruder Laurentius Petri (Nericius, nicht zu verwechseln mit dem Professor in Uppsala und späteren Erzbischof Laurentius Petri Gothus) vorgenommen. Den Anfang machte der so genannte Reformationsreichstag von Västerås 1527 mit seiner Forderung an die Pfarrer, Gottes Wort „rein“ zu predigen, und seiner Übergabe „überflüssiger“ kirchlicher Einkünfte an die Krone. Dass finanzielle und machtpolitische Interessen demnach Gustav Vasas Hinwendung zum Protestantismus beeinflusst haben, lässt sich wohl kaum leugnen, vgl. Asche, Zentrum, 17: „Die Einführung der neuen Lehre geschah hier [in Schweden, S. S.] von oben durch einen Rechtsakt Gustav Erikssons [das ist Gustav Vasa, S. S.] auf dem Reichstag von Västerås im Jahre 1527, wobei – mangels breiter Trägerschichten im Klerus und im Volk – zumindest fraglich bleibt, inwieweit auch wirtschaftliche Gründe für die Entscheidung zur Förderung der Reformation durch den König beigetragen haben […].“ Vgl. auch Brandell, Historia, 247–249. Bis zum Jahr 1540 war Gustav Vasas Handeln in Kirchenfragen zögerlich und zum Teil widersprüchlich, was besonders den zahlreichen außen- und innenpolitischen Bedrohungen, derer sich sein Königtum immer wieder erwehren musste, geschuldet war. Erst auf dem Herrentag von Örebro in diesem Jahr bezog Gustav Vasa klar Stellung zugunsten der Reformation und begann damit, die Kirche in Schweden entschieden in eine evangelische Kirche umzuwandeln. Unter seinen Söhnen agierte bereits eine vom lutherischen Glauben geprägte und zu einem großen Teil in Wittenberg und / oder Rostock ausgebildete Generation schwedischer Theologen, die Schlüsselpositionen in der schwedischen Kirche innehatte und sich der schwankenden Religionspolitik des betreffenden Monarchen widersetzte. Zur Reformation in Schweden sei verwiesen auf die Überblicksdarstellungen bei Andrén (Hg.), Reformationstid; Czaika, David Chytræus, 32–69; Asche / Schindling (Hg.), Dänemark; Holze, Kirchen, 17–21.
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frontiert, als sie Christian III. bei seinem Regierungsantritt bewältigen musste. Die Universität Uppsala hatte wohl zwischen 1515 und 1520 ihren Lehrbetrieb eingestellt; unter Gustav Vasa gab es offenbar dringlichere Probleme als ihre Wiedereröffnung. An guten Ratschlägen mangelte es nicht: Überlieferte Briefe der Wittenberger Reformatoren zeigen, dass auch dort die Ereignisse in der schwedischen Peripherie mit Interesse verfolgt wurden.156 Gustav Vasa selbst scheint einer Aufrichtung der Universität auch nicht abgeneigt gewesen zu sein, war der Bedarf an qualifizierten Verwaltungsbeamten für den schwedischen Staatsapparat doch enorm. So ist ein Brief Gustav Vasas an den sich in Wittenberg aufhaltenden, schwedischen Magister Nicolaus Magni vom 01.08.1538 erhalten, in dem er der Wiederaufrichtung der Universität seine Unterstützung zusichert, falls Magni gelehrte Männer finden sollte, die bereit wären, in Uppsala zu arbeiten. Offenbar hatte Magni ihm in einem früheren Brief mitgeteilt, dass man sich in gelehrten deutschen Kreisen darüber wundere, dass Gustav Vasa in Schweden keine Universität einrichte, wie es andere Fürsten taten.157 Die Suche nach fähigen Lehrern, die sich im von Unruhen geplagten, entlegenen nordischen Reich niederlassen wollten, verlief anscheinend erfolglos. Das „cholerische Temperament“158 des Herrschers kam wohl erschwerend hinzu. Während der Regierungszeit Gustav Vasas blieb dem akademischen Nachwuchs Schwedens also nichts anderes übrig, als zum Studium an die Hochschulen im europäischen Ausland zu ziehen, teilweise zumindest ausgestattet mit königlichen Stipendien.159
156 So empfahl Luther in einem Brief vom 18.04.1539 (ediert in WA.Br 8, Nr. 3323, 411–413) Gustav Vasa den pommerschen Adligen Georg Norman als Lehrer für Prinz Erik, welcher auch tatsächlich 1539 nach Schweden übersiedelte und dort schon bald in seiner Funktion als Superintendent die Reform der Kirche stark beeinflusste. Kurze Zeit später schloss sich M elanchthon in einem Brief an den schwedischen König vom 12.05.1539 der Empfehlung Georg Normans an und sprach sich zudem für die Wiederaufrichtung der Universität in Uppsala aus: „Ich hab auch nicht zweifel, so die universitet zu Upsal statlich erhalden und angericht wurde, solchs wurde zu gottes ehre und zu der leut heil und e.k.m. zu lob und preiß gereichen“, s. MBW.T 8, Nr. 2199, 428. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 57. 157 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 55 f; Lindroth, Lärdomshistoria, 222. Gustav Vasas Brief ist auszugsweise wiedergegeben in Celsius / Enstedt, Monumenta, 29–32. 158 Buchholz, Schweden, 203. Entschuldigend fügt Buchholz im Hinblick auf die schwierige politische Lage des Königs hinzu, „daß diese offensichtliche Neigung Gustav Erikssons zu schnellem Mißtrauen zu einem guten Anteil auch Ausdruck eines gesunden Selbsterhaltungstriebes gewesen sein könnte“, s. Buchholz, Schweden, 204. 159 Nähere Auskunft zum Stipendienwesen unter Gustav Vasa gibt Annerstedt, Historia 1, 53 f. Demnach schickte Gustav Vasa bereits 1527 drei schwedische Studenten mit Empfehlungsschreiben versehen nach Wittenberg. Anlässlich des Reichstags von Strängnäs zwei Jahre später stößt Annerstedt in der Registratur Gustav Vasas auf den Hinweis, dass dieser die Plünderung der Klöster u. a. mit der Finanzierung von Studien junger Schweden rechtfertigte. Laut Annerstedt unterstützte der König die Studenten zunächst aber hauptsächlich durch die Zuteilung von Präbenden. Die Anzahl der geförderten Studenten blieb aber offenbar überschaubar; im Jahr 1550 oder 1551 waren es Annerstedt zufolge 18 Studenten, die während ihres Aufenthalts in Wittenberg unterstützt wurden.
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Unter seinem Sohn Erik XIV. (König 1560–1568) änderte sich die akademische Situation in Schweden nicht wesentlich, obwohl er erste Versuche unternahm, die Hochschule in Uppsala wiederzubeleben. Allein der spätere Erzbischof Laurentius Petri Gothus, ein Wittenberger Magister, begann unter der Herrschaft Eriks XIV. 1566 seine akademische Laufbahn als Griechischlehrer in Uppsala;160 von einer Wiederaufrichtung der Universität kann aber noch keine Rede sein. König Erik wurde kurz darauf abgesetzt, sodass er dieses Projekt nicht weiterverfolgen konnte. Ihm folgte sein Bruder Johan III. (König 1568–1592) nach, der in Fragen der Politik und Religion eine schwankende und schwer durchschaubare Haltung einnahm. Mit ihm begann ein – wenn auch verhaltener – Aufschwung der höheren Bildung in Schweden, sodass es lohnenswert erscheint, einen Durchgang durch die Geschichte der protestantischen Universität in seiner Regierungszeit und mit dem ältesten erhaltenen Dokument zur rechtlichen Verfassung der neuen Universität beginnen zu lassen.
2.3.1 Rekatholisierungsversuche und protestantischer Widerspruch „Kaum ein anderer Zeitabschnitt in der Geschichte der schwedischen Kirche ist so voller Streitigkeiten und außerdem so schwer greifbar und widerspruchsvoll gewesen wie die Regierungszeit Johann III. von 1568–92.“161 Mit diesen Worten fasst Persson die Herrschaft des umstrittenen Königs treffend zusammen. Der religiöse Standpunkt dieses auch theologisch hoch gebildeten Herrschers versperrt sich jeder einfachen Zuordnung, schwankte vielmehr zwischen „vermittlungstheologisch, irenisch, rekatholisierend, reformkatholisch oder hochkirchlich-katholisierend“162. Diese Unsicherheit spiegelt sich auch in seiner Bildungspolitik wider. Bis etwa 1574 baute Johan die Lehranstalt in Uppsala durch die Einstellung weiterer vier Professoren neben Laurentius Petri Gothus aus, die alle an lutherischen Universitäten im Alten Reich studiert hatten. Der Aufschwung der Universität währte jedoch nur 160 Brief Eriks vom 08.06.1566. Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, Nr. 5, 9. Darin bekundet Erik XIV. seinen Willen, ein „collegium eller universitet“ in Uppsala einrichten zu wollen. Laurentius Petri Gothus wird damit beauftragt, über „elementa Græcæ linguæ och andre lectiones, som till ungdomens förmering och uptuchtning tiänligest ware kunne“ zu lesen. Auf die Absicht, das Kollegium durch weitere gelehrte Männer zu ergänzen, wird ausdrücklich hingewiesen. 161 Persson, Johan III, 163. Zu Johan III., seiner Bildungs-, Religions- und Außenpolitik vgl. etwa Buchholz, Schweden, 195–201; 204–206; Lindroth, Lärdomshistoria, 222–229; Annerstedt, Historia 1, 61–77. 162 Buchholz, Schweden, 196. [Hervorhebung im Original getilgt] Prägend für Johans theologische Überzeugung scheint die Zeit seiner von seinem Bruder Erik veranlassten Festungshaft (1563–1567) gewesen zu sein. Seiner eigenen Aussage nach beschäftigte er sich in diesen Jahren intensiv mit den Kirchenvätern. Es wird angenommen, dass er sich in dieser Phase seines Lebens auch mit den Werken Georg Cassanders und Georg Witzels auseinandergesetzt hat, wobei er sich besonders an der von Cassander vertretenen Vermittlungstheologie orientierte, vgl. Buchholz, Schweden, 195 f.
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kurz, denn bereits in der zweiten Hälfte der 1570er-Jahre fiel sie aufgrund des zähen Widerstands der Professoren Olaus Jonae Luth, Petrus Jonae Helsingus und Henricus Nicolai Gadolenus gegen die liturgischen Reformen des Königs bei diesem in Ungnade.163 Die Gegenwehr, auf die Johan besonders wegen der als Ausdruck des Katholizismus empfundenen neuen Gottesdienstordnung (Liturgia svecanae ecclesiae catholicae et orthodoxae conformis, genannt „röda boken“ [Rotes Buch], 1576) von Seiten der überzeugten Lutheraner unter der Stockholmer Pfarrerschaft und den Professoren aus Uppsala stieß, veranlasste den König, im Januar 1577 die aufrührerischen Professoren zum Verhör nach Stockholm zu bestellen und zwischenzeitlich zu inhaftieren. Konnte der Unterrichtsbetrieb Ende März noch einmal aufgenommen werden, so schien das Schicksal der Universität im November 1577 besiegelt zu sein, als Johan auf die Opposition der Professoren mit vorübergehendem Arrest, finanziellen Sanktionen und einem Verbot der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit reagierte. Dies hat den Unterrichtsbetrieb an der unliebsamen Bildungsstätte in Uppsala enorm belastet;164 als die Pest 1580 in der Stadt wütete, bedeutete dies das Ende der Universität. Dass sich protestantische Theologieprofessoren der Religionspolitik ihres Landesherrn widersetzten und dabei sogar den Verlust ihrer Ämter riskierten, stellt keinen Einzelfall dar. Wirft man einen Blick auf die Situation im Alten Reich, spielten sich in den 1570er-Jahren an der Wittenberger Universität Auseinandersetzungen zwischen dem Kurfürsten August von Sachsen und dem ‚philippistischen‘ Lehrpersonal ab, bei denen u. a. die Theologieprofessoren Caspar Cruciger d. J., Heinrich Moeller, Christoph Pezel und Friedrich Widebram ihrer Posten enthoben wurden (vgl. auch unten Kap. 4.3.1). Vergleichbare Konstellationen wie in Uppsala trifft man stärker noch an der Marburger Universität an, als die Ablehnung der von Landgraf Moritz von Hessen-Kassel intendierten reformierten Umgestaltungen u. a. durch die lutherischen Theologieprofessoren Johannes Winckelmann und Balthasar Mentzer d. Ä. 1605 ihre Entlassung implizierte.165 Mit der Schließung der Universität konnte der König umso leichter leben, als er bereits 1576 als Alternative und in Konkurrenz zur Universität ein Kolleg für höhere 163 Einzig Laurentius Petri Gothus, der nach seiner Wahl zum Erzbischof 1574 die Universität verlassen hatte, war mit Johans Veränderungen einverstanden. Annerstedts Darstellung zufolge provozierte er den offenen Ausbruch des Streits um die neue Liturgie, indem er an Weihnachten 1576 eine lateinische Messe nach der neuen Liturgie feierte. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 68. 164 Dass die Anzeichen dafür, dass der Unterricht an der Universität nicht mehr in Gang kommen wird, schon 1577 unmissverständlich waren, belegt Annerstedt mit dem Hinweis auf einen Brief des zu dieser Zeit im Ausland weilenden Herzogs Karl vom 12.12.1577 an den Bischof von Strängnäs. Darin fordere er den Bischof auf, die aus dem Bistum stammenden und von ihm unterstützten Studenten aus Uppsala zurückzurufen und provisorisch auf die Schulen im Herzogtum zu verteilen, bis Karl diesen die Fortsetzung ihres Studiums im Ausland ermöglichen könne, vgl. Annerstedt, Historia 1, 70. 165 Derartige Phänomene beschreibt Asche, Von Konfessionseiden, aus der Perspektive der Mobilität, vgl. zu den genannten Ereignissen in Wittenberg und Marburg 387–390 mit weiterführenden Literaturhinweisen.
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Bildung im ehemaligen Franziskanerkloster auf der Stockholmer Insel Gråmunkeholmen (Collegium regium Stockholmense) errichtet hatte. Mit dessen Leitung wurde der norwegische Jesuit Laurentius Nicolai („Klosterlasse“) beauftragt, der seine katholische Identität aber einige Jahre lang geheim halten konnte. Das Kolleg wurde unter ihm (1576–1580) und seinem Nachfolger Johannes Billius bis in die 1580er-Jahre hinein zu einem Hort katholischer Mission in Schweden. Aus der Regierungszeit Johans III. stammt ein Entwurf für eine Universitätsordnung, dessen Inhalt im Folgenden dargelegt werden soll. Das undatierte und möglicherweise nicht vollständig erhaltene Dokument wird in der Forschung teilweise mit dem hundertjährigen Jubiläum der Universität im Jahr 1577 in Zusammenhang gebracht.166 Aber 1577 war die Opposition der Professoren gegen die königlichen Reformpläne schon so massiv zutage getreten, dass Johan III. wohl eher an der Schließung der Lehranstalt als an der Förderung ihrer Wirksamkeit interessiert war. Zeitgeschichtlich passt der Entwurf sinnvoller in die erste Hälfte der 1570erJahre, da Johan bei einer Kirchenversammlung in Stockholm 1574 den Ausbau der Universität in Uppsala gelobte, um Studienreisen schwedischer Studenten an die von theologischen Auseinandersetzungen geplagten Universitäten im Heiligen Römischen Reich zu unterbinden.167 Zwar ist aufgrund des schon bald einsetzenden Widerstands der Professoren aus Uppsala nicht ersichtlich, inwieweit Johan seine Pläne in die Tat umsetzte, aber die Arbeit an neuen Universitätsstatuten ist in diesem Zusammenhang plausibel vorstellbar. Diese Tendenz, die eigene Universität gegenüber den ausländischen Lehranstalten zu stärken, findet sich auch noch in der Ergänzung der Kirchenordnung von 1575, den so genannten Nova Ordinantia. Darin wird ein Aufenthalt an der Universität Uppsala als unumgängliche Voraussetzung für weitergehende Studien im Ausland gefordert. Wer zudem nach seiner Rück-
166 Dafür wird die Aussage „[…] ita considerantes Academiam oppidi nostri Vpsalic ante annos abhinc centum […] constitutam, erectam et fundatam […] esse […]“ (Annerstedt [Hg.], Bihang I, 11) herangezogen (vgl. Anjou, Historia, 23; Annerstedt, Historia 1, 65, Anm. 3). Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Entwurf Johans letzter Lebensphase zuzuordnen ist, als der König sich vielleicht mit der Idee befasste, die Universität in Uppsala wiederzuerrichten (s. u. Anm. 191). Dass er allerdings so weit gekommen sein könnte, Universitätssatzungen ausarbeiten zu lassen, erscheint eher unwahrscheinlich. So auch Annerstedt, Historia 1, 65, Anm. 3, der die Abfassung des Entwurfs vor dem so genannten liturgischen Streit für plausibel hält, ohne nach gründlicher Untersuchung der Handschrift eine genauere zeitliche Einordnung vornehmen zu können: „Svårligen deremot kan det föras till de sista månaderna af hans lif, då han, efter hvad jag nedan skall berätta, vidtog åtgärder för universitetets återställande i Upsala. Förgäfves har jag, genom jämförelse af papper och handstil med öfriga handlingar från Johans regering, sökt gissa mig till tiden. Hvad som mest talar för, att handlingen är äldre än liturgiska striden, är, att Johans idéer i den vägen här blott framskymta, under det att i annat fall de nog skulle tydligare inskärpts.“ 167 Vgl. Anjou, Historia, 77, der den Inhalt einer Rede Johans vor den schwedischen Bischöfen referiert. Laut Göransson hatte Johan ein starkes Interesse daran, das schwedische Bildungswesen zu verbessern, weil der durch die deutschen Universitäten vermittelte Einfluss des konfessionellen Luthertums auf die zukünftigen schwedischen Pfarrer der von ihm gewünschten theologischen Ausrichtung an den Kirchenvätern widerstrebte, vgl. Göransson, Studieresorna, 3 f.
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kehr eine Anstellung an einer schwedischen Schule suchte, musste sich zunächst einer Prüfung an der heimischen Universität unterwerfen.168 Damit lässt sich das Dokument schlüssig in die Jahre 1574/1575 einordnen; möglicherweise gab Johan dabei die Erarbeitung von Universitätsstatuten im Hinblick auf das Universitätsjubiläum 1577 in Auftrag, wobei sie angesichts des dann bereits angespannten Verhältnisses zwischen dem König und der Universität schließlich doch nur ein Entwurf blieben.
2.3.1.1 Statuten und Privilegien aus der Regierungszeit Johans III. – ein Entwurf Der aus der Sicht des Königs verfasste Entwurf169 beginnt mit einer langen Einleitung170, die sich vor allem mit dem Zweck der wiedererrichteten Universität beschäftigt. Bedauernd auf den Verfall der vor ungefähr hundert Jahren gegründeten Hochschule zurückblickend, bekundet der König seinen Willen zu ihrer Erneuerung. Der Gedanke der Bewahrung der reinen kirchlichen Lehre spielt bereits in der Einleitung eine bedeutende Rolle und wird im Gegensatz zur Situation an ausländischen Hochschulen entfaltet, wo durch gefährliche und völlig unnötige Erörterungen die Einigkeit in der Lehre aufgehoben worden sei – auf Kosten des öffentlichen Friedens und des Wissens um die wahre himmlische Lehre.171 Neue, verderbliche Meinungen hätten so Eingang in die Kirche Gottes gefunden. Die heimische Universität soll demgegenüber das Ziel verfolgen, solche Übel vom Königreich abzuwehren, die Reinheit der himmlischen Lehre zu bewahren und nicht zuletzt die Jugend zum Nutzen sowohl der Kirche als auch des Gemeinwesens auszubilden. So steht die Bedeutung der Wissenschaften für das Wohlergehen des Staates außer Frage, „[c]um imperia non tantum vi et armis, sed religione, legibus et disciplina regantur et conserventur.“172 Folglich sprechen viele Gründe für die Wiedererrich 168 Vgl. Nova Ordinantia, 181–351, 346 f: „Vore ock godt att itt förbud wtginge, thet ingen skulle vtskicka sin Barn til fremmande Achademier, för än the i Vpsala någon tijd studerat haffua, och ther bekommit Rectoris witnesbyrd, huar til the tienlige bliffua kunne. Så och när någor aff fremmande land hemkomme, skal han wara förplichtat, sedhan han sigh för Öffuerheetenne presenteradt haffuer til at sökia Achademien i Vpsala, ther sigh låtha probera, för än han antags för Scholemestare vti någott sticht, och bekommit aff Rectore Vpsalensi commendationem.“ [Hervorhebung im Original] Vgl. Annerstedt, Historia 1, 63; Göransson, Studieresorna, 4. Göransson macht zu Recht darauf aufmerksam, dass die in den Nova Ordinantia vorgenommene Ausweitung der universitären Autorität letztlich auf Kosten der bischöflichen Befugnisse geschehen sollte. Wegen des baldigen Endes der Universität entfalteten die diesbezüglichen Regelungen der Nova Or dinantia aber keine nennenswerte Wirkung. 169 Die Universitätsordnung ist unter der Überschrift „Johans konstitutions- och privilegiebref “ ediert bei Annerstedt (Hg.), Bihang I, 11–17. 170 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 11–13. 171 Als Beispiel kann man auf die Auseinandersetzungen um die ‚Philippisten‘ hinweisen, die zu jener Zeit (um 1574) die Wittenberger Universität erschütterten (vgl. unten Kap. 4.3.1). 172 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 12.
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tung der Universität, wobei die rechte Auslegung des Wortes Gottes im Mittelpunkt steht.173 Die Universität soll aus den üblichen vier Fakultäten oder „Kollegien“, wie sie der Entwurf nennt, bestehen (Theologie, Jura, Medizin und die freien Künste, die auch die Sprachen umfassen), ausgestattet mit eigenen Räumlichkeiten und Lehrern.174 Der Überblick über die einzelnen angebotenen Fächer beginnt mit dem Trivium; dem Lateinunterricht wird dabei das Griechische und Hebräische zur Seite gestellt, deren Bedeutung hinsichtlich der kirchlichen Lehre hervorgehoben wird.175 Der Unterricht in der Mathematik und der „wahren Philosophie“, der kirchlichen Lehre, dem bürgerlichen Recht sowie der Dichtkunst ergänzen die Aufzählung. Jährlich soll aus der Reihe der Professoren ein Rektor gewählt werden, zu dessen Aufgaben es u. a. gehört, den Professoren ihre Vorlesungszeiten und ihren Unterrichtsstoff zuzuweisen und den Ablauf der akademischen Übungen zu organisieren. In besonderer Weise geht der Entwurf auf die Funktion des Rektors ein, die Ordnung an der Universität aufrechtzuerhalten.176 Nach dem Abschnitt zum Rektorat wendet sich der Entwurf den Dekanen zu, die den einzelnen Fakultäten vorstehen. Ihnen obliegt die Zensur der an ihrer Fakultät herausgegebenen Schriften. Dem Rektor gegenüber sind sie verpflichtet, über die Geschehnisse an ihrer Fakultät Rechenschaft abzulegen. Zudem überwachen die Dekane die inhaltliche Angemessenheit der Lehre, denn „[n]ulla disputatio aut declamatio proponatur publice, non inspecta a Decano aut Magistris, quorum judicium probat Decanus.“177 Nur kurz und allgemein geht der Entwurf in diesem Zusammenhang auf die Kriterien ein, die für die Themenwahl bei Disputationen
173 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 12 f: „Quapropter ut hisce nostris regnis et præsentibus et futuris temporibus rectissime consulatur, nos ad divini verbi explicationem, conservationem et propagationem, ad controversiarum gravissimarum dijudicationes, ad doctrinæ falsæ, errorum, corruptelarum et sectarum cum verbo dei et vera doctrina ecclesiæ pugnantium refutationem, ad artium et linguarum, quæ ecclesiæ inprimis necessariæ sunt, illustrationem, ad veram christianam religionem, disciplinam, honestatem et modestiam tuendam atque ita in honorem et gloriam dei et salvatoris nostri, in totius regni nostri subditorum et juventutis publicam utilitatem et commodum Academiam et Scholam universalem in oppido nostro Vpsalia reformare, restituere ac instaurare voluimus et tenore præsentium, quod felix faustum et fortunatum sit, eam reformamus, restituimus et instauramus.“ 174 Zu den einzelnen Bestimmungen der Universitätsordnung vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 13–17. 175 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 13: „Professorum itaque alii tradant juventuti Latinam linguam et artes dicendi ad puram et natiuam Latini sermonis formam, ad rationem recte atque ad veterum imitationem scribendi, quantum fieri potest, assuefaciant; alii Græcæ et Ebreæ linguæ autores proponant, quod hæ linguæ fontes doctrinæ ecclesiasticæ contineant […].“ 176 Vgl. zur außerordentlichen Autorität des Rektors schon programmatisch die Einleitung des Abschnitts in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 13: „Ex his professoribus eligendus est die Mi chaelis Archangeli annuus magistratus, Rector Academiæ, cui omnes subjecti erunt.“ [Hervorhebung: S. S.] 177 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 14.
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und Deklamationen leitend sein sollen: Nichtige, unehrenhafte Themen kommen als Gegenstand einer akademischen Übung nicht in Frage, ebenso soll von persönlichen Beleidigungen und allem, was Zwietracht hervorruft, Abstand genommen werden, denn Disputationen und Deklamationen werden allein zum Nutzen der Jugend abgehalten.178 Zum Schutz der Jugend vor falschen, gefährlichen Auffassungen nennt der Entwurf verschiedene kirchliche Grundtexte, an die sich die Professoren und „quicunque membra nostræ academiæ esse volunt“179 im Unterricht, in ihren Schriften und beim Disputieren halten sollen, nämlich die prophetischen und apostolischen Schriften, das apostolische und nizänische Glaubensbekenntnis sowie die Glaubensbekenntnisse des Athanasius und des Ambrosius. Vervollständigt wird die Aufzählung durch die Confessio Augustana von 1530. Darüber hinaus werden die Universitätsangehörigen ermahnt, keinerlei neue, vom geltenden Dogma abweichende Ideen zu verbreiten.180 Insbesondere die Theologen werden nachdrücklich dazu aufgefordert, „dissimiles, perplexos, ambiguos, novos, a canone scripturæ et testimoniis orthodoxis […] discrepantes modos loquendi“181 in der Unterweisung zu meiden. Erneut wird die Confessio Augustana als Kriterium für die rechte Glaubenslehre vorgestellt: Wer unbelehrbar ihren Grundsätzen widerspreche, habe keinen Platz an der Universität.182 Das Idealbild, das der Entwurf im Hinblick auf den akademischen Alltag entwirft, zeichnet die Theologen als Beschützer der wahren Lehre vor allen bedrohlichen Einflüssen und die Universität als den Ort, an dem diese Lehre einträchtig gepflegt wird.183 Die Professoren werden dazu ermahnt, brüderlich miteinander umzugehen, nicht nur, weil der gute Ruf der Universität und der Kollegen auf dem Spiel steht, sondern auch, weil die Zukunft der Bildungsanstalt sonst düster aussieht – ist Zwietracht doch nichts anderes als ein altbekanntes Werkzeug des Teufels.184 Kommt es doch zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Professoren über die wahre Religion, 178 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 14: „Nolumus materias futiles et inhonestas proponi, nolumus et sugillari quemquam docentem in ea Academia aut manifesta criminatione lacerari et accendi discordias hoc more disputandi aut declamandi, qui institutus est, ut prosit juventuti ad eruditionem et ad virtutem, non ut lividorum affectibus et petulantiæ serviat.“ 179 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 15. 180 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 15: „Non gignant nova, non varia inferant, sed depositum custodiant et novitates atque absurditates, quæ a vera fide abstrahunt, vitent […].“ 181 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 15. 182 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 16: „Qui […] deprehenditur […] tueri repugnantem dictæ Augustanæ confessioni, nisi admonitus resipuerit, non sinatur nostra in academia, sed e vestigio detundi debet.“ 183 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 16: „Theologi ratione officii sacrosancti monebunt, cavebunt et deo juvante avertant, quantum poterint, ne agnita veritas et confessio doctrinæ in ullo articulo depravetur et mutetur. Et quisque veritatem acceptam et solus et cum aliis servare studebit.“ 184 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 16: „Quid ergo futurum erit, si inter se discordes et dissentientes fuerint? Omnibus temporibus serit Sathan discordiarum semina, et languescit veritas spiritualis, nisi Deus eum conseruet.“
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soll eine Versammlung aus „frommen und gelehrten Menschen“185 zusammentreten, um den Fall am Maßstab des Wortes Gottes zu prüfen. Der Entwurf in seiner vorliegenden Form endet mit einigen Anmerkungen zum Berufungsverfahren, wenn ein Posten durch Tod oder in anderen Fällen vakant geworden ist. Dabei liegt das Vorschlagsrecht bei der Universität, der König behält sich aber die letztgültige Entscheidung über einen Nachfolger vor. Abrupt endet das Dokument an dieser Stelle, was dafür spricht, dass der Entwurf nicht vollständig überliefert worden ist. Wie groß der Textverlust ist, der zu befürchten ist, lässt sich kaum rekonstruieren. Betrachtet man den erhaltenen Teil des Entwurfs, fällt zumindest auf, dass er in manch praktischer Frage zum Lehrbetrieb lückenhaft ist. So bleibt offen, wie die akademische Woche strukturiert werden soll. Wie viele Lehrpersonen in den einzelnen Fächern vorgesehen sind oder worüber sie lesen sollen, wird nicht beschrieben. Angaben zu den akademischen Graden, die verliehen werden sollen, bleibt der Entwurf genauso schuldig wie genauere Bestimmungen zu Disputationen und Deklamationen. Die Bewahrung der reinen, unverfälschten kirchlichen Lehre bildet den Grundtenor, der das gesamte Dokument durchzieht. Auffällig ist dabei weniger der Verweis auf die Schrift und die altkirchlichen Bekenntnisse als entscheidender Maßstab für dogmatische Fragen, wie es im Hinblick auf Johans persönliche theologische Überzeugung zu erwarten ist, sondern die Selbstverständlichkeit, mit der zusätzlich die Confessio Augustana als Zeugin der himmlischen Wahrheit herangezogen wird. An drei Stellen wird die Confessio Augustana genannt, davon einmal im Zusammenhang mit den altkirchlichen Symbolen und zweimal als alleinige Referenz.186 Diese häufige Bezugnahme auf das zentrale Bekenntnis der lutherischen Kirche ist zu diesem Zeitpunkt überraschend, denn erst rund zwanzig Jahre später wurde die Con fessio Augustana offiziell als Grundlage der schwedischen Kirche auf der Versammlung von Uppsala (Uppsala möte) angenommen.187 Fraglich ist deshalb, wer hinter diesem Entwurf steht, denn die zentrale Stellung, die die Confessio Augustana hier einnimmt, verrät einen starken Einfluss des kontinentalen Luthertums. Dieser Einfluss ist für die Professoren der Universität anzunehmen im Gegensatz zu Johan und seinem engsten Beraterkreis, welche eine stärker patristisch orientierte Vermittlungstheologie vertraten. Annerstedts These, wonach der Entwurf nicht nur in Johans Namen verfasst, sondern auch inhaltlich stark von ihm beeinflusst wurde,188 185 Der Versammlung sollen Senatoren, Berater („consiliarii“), Professoren, Superintendenten und Pfarrer angehören, vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 16. 186 Das erste Mal erscheint die Confessio Augustana auf Seite 15, die anderen beiden Belege finden sich auf Seite 16, wobei der letzte Beleg die Confessio Augustana zusammen mit ihrer Apologie nennt. 187 Zur Rezeption der Confessio Augustana in Schweden vor 1593 vgl. Czaika, David Chytræus, 309–323. 188 Annerstedt glaubt in dem Entwurf Johans „ausschweifende theologische Erwägungen“ („hans vidtsväfvande teologiska funderingar“) wiederzuerkennen, vgl. Annerstedt, Historia 1, 65. Zudem wertet Annerstedt, Historia 1, 67, den Wortreichtum, die Unbestimmtheit und die theologische Färbung des Entwurfs als Ausdruck der Bildung und mangelnden praktischen Aus-
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ist daher in Frage zu stellen. Es entsteht der Verdacht, dass sich A nnerstedt in seinen Überlegungen möglicherweise zu unkritisch von der Tatsache hat beeindrucken lassen, dass der Entwurf in Johans Namen formuliert wurde. Das muss aber nicht heißen, dass der König tatsächlich der Urheber des Schriftstückes ist. Die Bedeutung der Confessio Augustana in dem Entwurf legt eher nahe, dass er im Umkreis der Universitätsprofessoren entstanden ist, die ihn im Namen des Königs aufsetzten.189
2.3.1.2 Das Stockholmer Kolleg als Ausgangspunkt der neuen Universität Johans außenpolitische Linie des religiösen Ausgleichs erwies sich um 1580 als gescheitert. Angesichts der vehementen päpstlichen Weigerung, auf seine Forderung nach Laienkelch, Priesterehe und Gottesdienst in schwedischer Sprache einzugehen, rückte Johan von seinen bisherigen Bemühungen ab, einen Kompromiss mit Rom zu finden. Dies beeinflusste auch die theologische Ausrichtung des Stockholmer Kollegs, indem Johan die bisher katholisch dominierte Lehranstalt ab 1583 mit lutherisch gesinnten Professoren besetzte.190 Angeblich hegte er auch Pläne, die Universität in Uppsala wiederzueröffnen, welche er aber nicht mehr verwirklichen konnte.191 richtung, die für Johan typisch sein sollen: „Med denna bestämmelse afbrytes det ofullbordade förslaget, hvars mångordighet, obestämdhet och teologiska färg träffande återspeglar den lärdom och opraktiskhet, som voro hos dess kunglige upphofsman förenade.“ Diese Kriterien, die Annerstedt zu seiner Einschätzung führten, sind wenig überzeugend. 189 So auch Czaika, David Chytræus, 315 f: „Zwar war das Konzept des Privilegs in Johans Namen abgefasst, die Formulierung selbst stammte aber wohl kaum von dem König selbst. Es erscheint am plausibelsten, dass einer der 1572/73 eingesetzten Professoren, Petrus Benedicti, Olaus Jonæ Luth oder Petrus Jonæ das Konzept in der Hoffnung auf eine königliche Unterschrift verfasst hatten.“ 190 Anscheinend war deren Position aber alles andere als sicher, führten sie doch gemäß Annerstedts Darstellung den Widerstand ihrer Vorgänger aus Uppsala gegen Johans liturgische Reformen weiter, was Johan mit Gefangenschaft ahndete. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 75 f. 191 Laut Annerstedt soll der König noch auf dem Totenbett die Wiedererrichtung der Universität beschlossen haben, vgl. Annerstedt, Historia 1, 76: „Konung Johan nedlades under sommaren på sin sista sjukbädd, och dödens annalkande uppmjukade hans sinne. Han erinrade sig på samma gång en större orättvisa, han begått genom att för samma motstånd mot liturgin upplösa universitetet i Upsala. Han beslöt nu att godtgöra detta genom att återupprätta universitetet och till lärare vid detsamma insätta de fångna Stockholmsprofessorerna; bref härom afgick också, hvarjemte löften gåfvos om underhåll för professorerna och anslag till ett kommunitet för studenterna.“ Diese pathetische Beschreibung der letzten Taten des sterbenden Königs erscheint wenig glaubwürdig, zumal Annerstedt als Beleg in Anm. 5 lediglich auf eine Formulierung in einem Brief verweist, den die Kapitel von Västerås, Uppsala und Stockholm am 11.12.1593 an Sigismund schrieben. Für wahrscheinlicher halte ich die These, dass die Wiedererrichtung der Universität nach Johans Tod von ihren Fürsprechern als ‚letzter Wille‘ des Königs proklamiert wurde. Denn so schien die Forderung nach der Eröffnung der Universität nicht auf die Initiative einzelner schwedischer Geistlicher zurückzugehen, sondern war längst königlich legitimiert worden, sodass Sigismund im Grunde keine andere Wahl gelassen werden sollte, als den angeblichen Wunsch seines Vaters zu respektieren.
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Als der König 1592 starb, befand sich Schweden an einem Wendepunkt, der für das weitere Schicksal des Landes in politischer und religiöser Sicht entscheidend sein sollte. Als Nachfolger des verstorbenen Königs war bereits 1587 sein im römisch-katholischen Glauben erzogener Sohn Sigismund bestimmt worden. Da Sigismund 1587 König von Polen geworden war, implizierte dies politisch gesehen die Errichtung einer polnisch-schwedischen Doppelmonarchie. Den Erfahrungen in Polen folgend musste man auch in Schweden damit rechnen, dass Sigismund in Zusammenarbeit mit dem Papst alles daran setzen würde, den römisch-katholischen Glauben wieder fest in Schweden zu verankern. Die führende schwedische Geistlichkeit, die am Ausgang des 16. Jahrhunderts bereits weitgehend lutherisch gesinnt war (vgl. Anm. 155), trat vor diesem Hintergrund noch vor Sigismunds Ankunft aus Polen zusammen, um ihre Position gegenüber erneut drohenden Rekatholisierungsversuchen klar zu formulieren und so die religiöse Einheit des Landes wiederherzustellen.192 Unterstützung fand sie in Johans Bruder Karl, der sich selbst als prominentester Verteidiger des evangelischen Glaubens stilisierte. In seinem Herzogtum hatten während der liturgischen Auseinandersetzungen zahlreiche Gegner von Johans Reformen Zuflucht gefunden (vgl. auch Anm. 164). Bis zur Ankunft des polnischen Herrschers übernahm er als nächster Verwandter des verstorbenen Königs zusammen mit dem Rat die Regierung. Im März 1593 nahm die aus über dreihundert geistlichen, aber auch einigen weltlichen Teilnehmern bestehende Versammlung, die unter dem Namen „Uppsala möte“ in die schwedische Geschichtsschreibung eingegangen ist, ihre Arbeit auf. Eine entscheidende Rolle spielten dabei die Professoren des vermutlich um 1592 geschlossenen Stockholmer Kollegs.193 So wurde der Stockholmer Professor Nicolaus Olai Bothniensis zum Leiter der Versammlung gewählt, als Beisitzer fungierten seine Kollegen Petrus Kenicius und Jacobus Erici. Auch Ericus Jacobi Skinnerus erhielt als Sekretär eine wichtige Aufgabe. Daher ist es nicht überraschend, dass über das weitere Schicksal der Universität diskutiert wurde.194 192 Der Gedanke, eine Kirchenversammlung einzuberufen, die vor allem über die während Johans Regierung aufgekommenen liturgischen Fragen beraten sollte, war keineswegs ein Novum, sondern war schon vor Johans Tod beabsichtigt gewesen, wie Montgomery, Uppsala möte, 16, herausstellt. 193 Die Existenz des Kollegs hing damit offenbar direkt an der Person Johans III., wenn es seinen Tod nicht überdauern konnte. Das Kolleg als Alternative zur Wiedererrichtung der Universität in Uppsala beizubehalten, scheint nicht ernsthaft diskutiert worden zu sein. Die Bedeutung des Stockholmer Kollegs in seiner lutherischen Phase darf laut Lindroth, Lärdomshistoria, 227, jedoch nicht unterschätzt werden. 194 Der Ablauf dieses für die schwedische Kirche so entscheidenden Ereignisses soll hier nicht im Einzelnen rekapituliert werden. Festzuhalten ist, dass sich die schwedische Kirche durch die Annahme der Confessio Augustana nun offiziell zum lutherischen Glauben bekannte. Neben der Bekenntnisfrage stand die Wahl eines neuen Erzbischofs im Mittelpunkt der Verhandlungen. Die meisten Stimmen konnte Abraham Andreae Angermannus auf sich vereinen. Die Wahl dieses Mannes, der geradezu als Exponent der lutherischen Opposition gegen Johans Reformwerk verstanden werden kann, spiegelt deutlich die Entschlossenheit der Anwesenden wider, keinerlei Versuche katholischer Einflussnahme zu tolerieren. Zur Versammlung von Uppsala vgl. etwa Andrén (Hg.), Reformationstid, 212–222; Montgomery, Uppsala möte.
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2.3.2 Verhandlungen auf der Versammlung von Uppsala Zeugnis von dieser Diskussion geben die Postulate, die die Geistlichen auf der Versammlung von Uppsala formulierten.195 Mit der Universität, hier als „collegium“ bezeichnet, beschäftigen sich die Paragraphen 48 bis 56. Darin fordern die Geistlichen zunächst ganz allgemein die Aufrechterhaltung der Universität. Die Formulierung, das Kollegium „motte blifva hållit“ in Überlieferung A bzw. noch deutlicher „hållit vidh macht“ in Überlieferung B, lässt sich so interpretieren, dass es genau genommen gar nicht um die Neueröffnung der Universität, sondern um die Sicherung ihres Fortbestandes geht.196 Fraglich ist, ob dieser Wortlaut aus taktischen Gründen gewählt wurde, um die Universität gerade nicht als neue, sondern als längst bestehende Institution dem polnischen König plausibel zu machen. Denkbar ist auch, dass die Universität niemals offiziell geschlossen wurde, sodass sie aus rechtlicher Sicht eigentlich noch bestand. Auf jeden Fall sollte Sigismund zu umfassenden Investitionen in die Lehranstalt überredet werden. Dies betrifft über die Universitätsgebäude hinaus die Zahlung ausreichender Löhne an die Professoren, die Einrichtung einer Kommunität für arme Studenten sowie die Aufstockung der Bibliothek. Die Anzahl der Professoren wird mit einem absoluten Minimum von zwölf beziffert, können die geringsten der ausländischen Akademien doch doppelt so viele Professoren vorweisen. Zudem soll die Universität auch angemessene Privilegien erhalten. Indem schwedische Studenten vor Antritt eines Studien aufenthalts an ausländischen Akademien zu einem Grundstudium in Uppsala verpflichtet werden sollen, soll sicherlich die heimische Universität als fester Bezugspunkt in der schwedischen Gelehrtenwelt etabliert werden. Dass als akzeptable Studienorte nur lutherische Akademien in Betracht kommen, wird bereits in § 7 mit aller Deutlichkeit festgehalten.197 Präzisierend fügt § 45 hinsichtlich der Vergabe von Stipendien in den einzelnen Bistümern hinzu, dass diese zum Studium an 195 Ediert in Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 99–116. Den einführenden Hinweisen des Herausgebers zufolge enthalten die Postulate sowohl Forderungen der Geistlichkeit, die nicht in den Beschluss der Versammlung aufgenommen wurden, als auch Anliegen, die die Beauftragten der einzelnen Bistümer vorgebracht hatten. Die Postulate sind in zwei Versionen überliefert, die sich u. a. im Hinblick auf die Anzahl der enthaltenen Forderungen unterscheiden. Der Herausgeber identifiziert aufgrund anderer Quellen Version B als spätere Redaktion von Version A. Einem Verweis in Version B gemäß waren die Postulate an Herzog Karl und den Rat gerichtet, die diese Ansprüche gegenüber Sigismund geltend machen sollten. Im Folgenden wird Version A als maßgeblich betrachtet. Deutsche Übersetzung bei von Nettelbladt, Schwedische Bibliothec, 109–117. 196 von Nettelbladt, Schwedische Bibliothec IV, 116, übersetzt: „48. Daß das Collegium möge unterhalten, und etwas gewisses verordnet werden, damit die Häuser erbauet, und im Stande gehalten werden können.“ 197 Vgl. Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, § 7, 102: „At icke må vara tillstat så jemmerligen föra ungdomen till jesuitiske eller calvenistiske scholer och at föräldrarna, som sina söner åstad senda, måga tilbörgligen varda straffade, och om en prestman ther med befinnes, at han tå mister både prest och gield […].“
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Hochschulen, die sich dem Augsburger Bekenntnis verpflichtet wissen, berechtigen.198 Diese Mahnungen werden nicht zuletzt vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus Johans Regierungszeit verständlich, als jesuitische Seminare wie etwa in Braunsberg für schwedische Studenten besonders attraktiv waren.199 Zuletzt fordern die Geistlichen, die Druckerei nach Uppsala zu verlegen und für den Unterhalt eines Druckers zu sorgen. Das verlangte Druckverbot für alle „papiske, sacramenterares och andra sechters schriffter och handel“200 stellt nur eine von vielen Forderungen dar, die für den überzeugten Katholiken Sigismund eigentlich un akzeptabel waren.
2.3.3 Ein Neuanfang für die Universität Die Vorgänge, die tatsächlich zur Wiedereröffnung der Universität in Uppsala führten, sind nur schwer durchschaubar. Gemäß Annerstedt verhandelten die Professoren des ehemaligen Stockholmer Kollegs im Juli 1593 mit Herzog Karl und dem Rat in Stockholm.201 Diesem Ereignis ordnet Annerstedt ein undatiertes Gutachten der Professoren über das Unterrichtswesen zu.202
2.3.3.1 Das Gutachten der Professoren Dieses Gutachten nennt fünf Punkte, bei denen die Professoren Verbesserungsbedarf sehen. Erstens fordern sie die Zahlung eines angemessenen, regelmäßigen Gehalts, um die Arbeit im Unterrichtswesen für Gelehrte attraktiver zu machen. Zweitens sollen der Akademie Privilegien zugestanden werden, wie sie auch für andere Akademien und Schulen üblich sind. Drittens halten es die Professoren für notwendig, dass die Akademie nach dem Vorbild der ausländischen Universi 198 Vgl. Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, § 45, 113: „Utaf hvart sticht måga och några personer, som stichtet är till, med vist underhåld uti the academier, som äre af then Ausburgiske confession, blifve underhåldne.“ 199 Giese, Universität Greifswald, 198 f, identifiziert das Jesuitenkolleg in Braunsberg als die von schwedischen Studenten am häufigsten aufgesuchte ausländische Lehranstalt in den 1580erJahren. Vgl. auch Göransson, Studieresorna, 5–7. Die kostenlosen, wissenschaftlich anspruchsvollen Jesuitenseminare lockten auch einige Dänen an, wobei die Gefahr von Konversionen zum Katholizismus angesichts der stabilen protestantischen Verhältnisse im Heimatland vergleichsweise gering war. Dennoch schloss der dänische König 1604 Studenten der Jesuitenseminare vom Zugang zu kirchlichen Ämtern aus, ergänzt 1624 durch ein Verbot von Studien im nahe gelegenen Königsberg, vgl. Bagge, Nordic Students, 19. 200 Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, § 56, 114 f. 201 Zum weiteren Verlauf der Verhandlungen um die Universität vgl. Annerstedt, Historia 1, 84. 202 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 18–23. Zusammenfassung des Inhalts bei Annerstedt, Historia 1, 84. Annerstedt gibt als Verfasser nur „die Professoren“ an; der edierte Text selbst enthält keinen genauen Hinweis auf die Urheber des Gutachtens. Ebenso fehlen Datum und Ort der Abfassung. Auch bleibt offen, zu welchem Zweck dieses Gutachten verfasst worden ist.
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täten, die unter der Schirmherrschaft ihres Landesfürsten stehen, einen Kanzler in Gestalt einer führenden Person des politischen Lebens erhält, welche die religiöse Überzeugung der Akademie teilt. Die Nachdrücklichkeit, mit der diese Forderung nach einem politisch einflussreichen Kanzler lutherischen Bekenntnisses erhoben wird,203 verleiht der von Annerstedt vorgenommenen zeitlichen Einordnung des Gutachtens im Vorfeld der Krönung Sigismunds Plausibilität: Angesichts des künftigen katholischen Königs Schwedens mussten sich die lutherischen Professoren mit Recht um die Existenz der Hochschule sorgen, sodass ihr Wunsch nach einem mächtigen Schutzherrn nachvollziehbar ist. Möglicherweise haben sie dabei tatsächlich an Herzog Karl gedacht, wie Annerstedt vermutet.204 Viertens schlagen die Professoren die Überprüfung von Lehrern auf ihre Eignung hin durch die Akademie vor. Als Grund für diese Überlegung wird auf die in letzter Zeit vermehrt vorgekommene Anstellung von Lehrern verwiesen, die diese Arbeit aufgrund von Kontakten und „gedruckten Magisterbriefen“205 von ausländischen Universitäten erhalten hätten, aber keineswegs für diesen Beruf ausgebildet seien. Der Verfall der Schulen bedrohe aber nicht zuletzt auch das Bestehen der Akademie, ja zeige sogar gesellschaftliche Folgen, indem irgendwann keine geeigneten Anwärter mehr für ein geistliches oder weltliches Amt vorhanden sein würden.206 Diese Aufgabe den Kapiteln allein zu überlassen, reicht nach Meinung der Professoren nicht aus. Allerdings soll die kirchliche Oberhoheit über das Schulwesen auch nicht eingeschränkt werden. Die Professoren bemühen sich darum klarzustellen, dass die vorherige Prüfung der Kandidaten durch die Akademie letztlich die Stellung der Bischöfe und Kapitel stärke, indem ihnen die letzte Entscheidung über die Einstellung von neuen Lehrern vorbehalten bleibe.207 Fünftens geben die Professoren zu bedenken, dass keine Schüler mit einem Stipendium ausgestattet ins Ausland geschickt werden sollten, die nicht vorher von den Professoren der Akademie in Uppsala als geeignet befunden worden sind. Damit soll verhindert werden, dass öffentliche Gelder vergeblich oder unverhältnismäßig gezahlt werden, weil schwedische Schüler aufgrund ihrer schlechten Vorbildung entweder keinen Nutzen aus ihrem Auslandsstudium 203 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 20: „Men huru storlighen i thenne wår tidh aff nödene ähr, att academien någon myndigh politisk herre af wår religion haffwe till Cancellarium, then till hoffwe hwadh som fhele kan fordrar, och hwad klagomåål vppå komma kan lagheligen förhörer, för än thet till hoffwa vpföres, stelle wij till alle förståndhighes höge betänckiande […].“ 204 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 84. 205 Die Professoren unterstellen hier den Hochschulen im Ausland, leichtfertig und bereit willig Magisterabschlüsse zu verteilen. Die Studenten hätten sich zwar den höheren Wissenschaften gewidmet, um nicht ganz ungelehrt zu erscheinen, aber von dem, was in der Schule gelehrt werden soll, verständen sie nichts. Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 21. 206 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 22. 207 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 22: „Bisperne drages och inthet vthaff, vthan här medh förm(e)hres theras myndigheet, efter att them icke wägras, vthan heller vppåläggias, såsom i högre myndigheet stadde, stelle Examen på then, som vthi Academien tilförene är examinerat, och ingen vthaf Academien sätties till Scholemestare, vthan Bispen och Capitlen haffwa walet till att tagha vtaff them som äre examineradhe hwem them synes.“
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ziehen oder aber ihren Auslandsaufenthalt immens verlängern müssen. In diesem Zusammenhang äußern sich die Professoren kritisch zu den Zuständen an den ausländischen Hochschulen, wobei sie eine Vernachlässigung der artes-Fächer („the ringare kunster“) bemängeln.208
2.3.3.2 Ein neues Konzept für die Universität Hinsichtlich der Wiedereröffnung der Universität Uppsala waren sich Klerus, Reichsrat und Herzog Karl einig. Gemeinsam verfassten Karl und einige Mitglieder des Rates am 01.08.1593, noch vor Sigismunds Ankunft in Schweden am 30.09.1593, einen Brief, in dem sie ihre Antwort auf die diesbezügliche Forderung der Geistlichkeit kundtaten.209 Darin bekunden die Verfasser ihr Bedauern, dass die heimische Hochschule während der vergangenen Religionsstreitigkeiten verfallen sei. Um den Bedarf an geeignetem Personal für das Kirchen- und Staatswesen zu decken, steht aus ihrer Sicht die Notwendigkeit ihrer Wiederaufrichtung außer Frage.210 Der Herzog und der Rat sehen insgesamt sieben Professuren vor, wobei drei der Theologie, vier der Philosophie angehören, und legen deren Finanzierung dar. Die Theologieprofessoren, die ihren Dienst an der Universität Uppsala aufnehmen sollen, waren vorher auch schon an Johans Stockholmer Kolleg nach dessen katholischer Phase tätig, sodass eine unmittelbare personelle Kontinuität zwischen beiden Bildungsinstitutionen sichtbar wird. Nicolaus Olai Bothniensis, welcher die Versammlung von Uppsala leitete, erhält die erste theologische Professur, die dem Alten Testament zugeordnet wird. Zugleich hat er das Amt eines Propstes („Praepositus“) inne. Als Zweiter wird Petrus Kenicius Bothniensis genannt, der als „Poenitentiarius“ eingesetzt wird und über das Neue Testament lesen soll. Zuletzt wird Jacobus Erici Stockholmensis eine Theologieprofessur zugesprochen, die mit der Aufgabe des Dekans verbunden ist; er soll die Bereiche Glaubenslehre und Kontrovers theologie behandeln. Damit waren alle drei Theologieprofessoren zugleich Mitglieder des Domkapitels. Von den Philosophieprofessoren wird allein Ericus Jacobi Stockholmensis – gemeint ist der bereits am Stockholmer Kolleg beschäftigte und durch die Versammlung von Uppsala bekannte Ericus Jacobi Skinnerus, der vermutlich aus Stockholm stammt211 – namentlich erwähnt. Er soll die Aufgabe des Rektors des Kollegs 208 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 23: „Ty mest allom är kunigt, hwad Constitution som uthländes ähr vthi vmliggiande Evangeliske Academier, att ingen warder nödgatt till att något lära, icke heller hålles någon till att ordenteligh lära. The ringare kunster warda och icke drefne.“ 209 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 24 f. 210 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 24: „Therföre på thed at i ett sådane berömeligitt ko nungerijke motte iw till thed rinngeste ehn högschole ware, ther sådane personer motte lährde och vnderwijste warde, som kunne ware skickelige att bruke både i thed anndelige och werldzlige regementedt, så hafue Wij samptligen för nyttigt, nödigt och rådsampt achtadt, att förskrefne Academia i Vpsala motte åther igen vprättet blifue […].“ 211 Vgl. Montgomery, Art. Skinnerus, Ericus Jacobi, 440.
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übernehmen, ohne dass sein Lehrgebiet näher umrissen wird.212 Die übrigen drei artes-Professuren sind für die Fächer Astronomie, Physik und Rhetorik vorgesehen, scheinen aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht besetzt worden zu sein. Ungeachtet dessen, in welchem Fach Ericus Jacobi unterrichten sollte, steht außer Frage, dass die Universität Uppsala an der artistischen Fakultät nur ein vergleichsweise reduziertes Lehrangebot vorzeigen konnte, während die Theologie mit immerhin drei Professuren ausgestattet wurde. Geplant war also keineswegs eine komplette Universität, die alle Fächer umfasste; vielmehr begnügte man sich mit einer theologisch ausgerichteten Lehranstalt mit einem bescheidenen artistischen Unterbau. Angesichts der konfessionellen Bedrohung, die vom katholischen Thronfolger potentiell ausging, wird durchaus verständlich, dass der Fokus auf den theologischen Fächern liegen sollte.
2.3.3.3 Verhandlungen mit dem Thronfolger Am Ende des Briefes zeigen sich die Verfasser zuversichtlich, dass König Sigismund die getroffene Verordnung bestätigen werde.213 Da die Universität zweifelsohne als ein Bollwerk des Luthertums in Schweden konzipiert war, was nicht zuletzt die Besetzung der Professuren deutlich macht, ist es jedoch höchst fragwürdig, dass der polnische König ein berechtigtes Interesse am Bestand der Universität hatte.214 So glänzte er während seiner Anwesenheit in Schweden von September 1593 bis Juli 1594 vor allem durch Zurückhaltung und vage Formulierungen, was seine Zusage zur Errichtung der Universität betraf. Die Forderung nach dem Unterhalt einer Universität in Uppsala wurde dagegen beharrlich sowohl von den Geistlichen im Rahmen der Verhandlungen um ihre Privilegien als auch vom Rat in seinen Eingaben an den König erhoben. Dass der Charakter der Universität als eine protestantische Lehranstalt immer wieder herausgestellt wird, zeigt, wie eng aus Sicht der führenden Kirchenmänner und Politiker Schwedens die konfessionelle Ausrichtung der Universität mit dem Bekenntnisstand des gesamten Reiches verknüpft war. Auffällig ist zudem, dass wiederholt in diesem Zusammenhang auf das angebliche Versprechen
212 Montgomery vermutet, dass er Mathematik unterrichtete, vgl. Montgomery, Art. Skinnerus, Ericus Jacobi, 440. 213 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 25: „Och är denne förordning således giord om vnderhollen på högz:te Konn. Matz. nådige behag och ytterligere stadfestelsse, der på man intet twijffler att H. K. M. alt sådannt stadfestendes warder.“ 214 So macht Buchholz, Schweden, 209, geltend: „Damit war die Universität in eine politische Strategie eingebunden, die auf die Durchsetzung des orthodoxen Luthertums im Sinne der Konkordienformel des David Chyträus und die Abwehr eventueller Rekatholisierungspläne König Sigismunds von Polen ausgerichtet war. Sigismund vermied bei seiner Ankunft in Uppsala, wo er im März 1594 zum König von Schweden gekrönt wurde, jegliche Stellungnahme zur Universität.“ Vgl. auch Lindroth, Lärdomshistoria, 341. Vgl. zu den Verhandlungen die Darstellung bei Annerstedt, Historia 1, 86–89.
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des verstorbenen Herrschers verwiesen wird, die Universität wiedereröffnen zu wollen (s. Anm. 191).215 Zuletzt wurde die Frage nach der Universität als Teil der Verhandlungen um die Privilegien der Geistlichen im Umfeld von Sigismunds Krönung (19.02.1594) diskutiert. Dabei ist unsicher, ob das diesbezügliche Dokument dem Zeitraum vor oder nach seiner Krönung zuzuweisen ist. Denn die bei Hildebrand aufgezählten Quellentexte sind mit zwei unterschiedlichen Daten versehen: dem 14.02.1594 oder dem 16.03.1594.216 Ersteres verortet die Privilegien zeitlich vor der Krönung im Rahmen des im Februar tagenden Reichstags von Uppsala, letzteres deutet auf die sich anschließenden Verhandlungen mit dem König in Stockholm hin.217 Eine denkbare Erklärung für diese Divergenz ist, dass am 14.02. ein Vorschlag für neue Privilegien an den König gerichtet wurde, dem dieser am 16.03.1594 zustimmte. Wenn man bei den erhaltenen Quellentexten also zwischen einem Vorschlag und der (nahezu) identischen, vom König gebilligten Endfassung des Schriftstückes unterscheidet, kann dies auch die bei Annerstedt erkennbare Unsicherheit in der Frage, ob Sigismund die Privilegien auch tatsächlich ausgefertigt hat, begreiflich machen.218 In den Privilegien verpflichtet sich der König, die Akademie in Uppsala nach der allgemeinen Religion des Landes aufrechtzuerhalten, Lehrer und Studenten mit einem adäquaten Unterhalt zu versorgen, für eine Kommunität aufzukommen sowie in Absprache mit Herzog Karl und dem Rat eine genauere Ordnung hierüber zu erlassen.219 215 Darf man Annerstedts Bericht Glauben schenken, argumentierte der Rat in seiner Antwort an Sigismund vom 26.11.1593, dass die Universität keine neue Idee sei und dass Johan ihre Wiedererrichtung bereits beschlossen hätte. Ebenso bezog sich der schwedische Klerus in einer Schrift an den polnischen König vom 01.12.1593, stellvertretend abgefasst von den Kapiteln in Västerås und Uppsala sowie den Stockholmer Pfarrern, auf das angebliche Versprechen des verstorbenen Vaters. Daneben forderten die Geistlichen laut Annerstedt in ihrer Schrift ein Verbot für das Drucken „papistischer“ Schriften sowie eine finanzielle Unterstützung schwedischer Studenten an ausländischen protestantischen Universitäten. Bemerkenswert ist, wie provokativ die Geistlichen ihre Forderungen angesichts der katholischen Gesinnung des neuen Königs vortrugen. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 86. 216 Vgl. Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 424. 217 Hildebrand ordnet das Dokument den Verhandlungen auf dem Reichstag von Uppsala im Februar 1594 zu, nennt es aber ausdrücklich „förslag“ (Hildebrand [Hg.], Riksdagsakter, 424), während Annerstedt das Dokument auf den 16.03.1594 datiert, wobei er sich auf die Wiedergabe des Schriftstücks bei Stiernman bezieht (Annerstedt, Historia 1, 88 mit Anm. 4). 218 Denn ob Sigismund diese Privilegien wirklich bekräftigte und die Errichtung der Universität damit zweifelsohne königlich sanktioniert wurde, ist aus Annerstedts Sicht in Bezug auf eine Arbeit von Wingqvist unsicher, vgl. Annerstedt, Historia 1, 88, Anm. 4: „En fråga af största vigt, på hvilken jag dock ej här kan inlåta mig, är, om såsom Wingqvist i sin skrift ‚Om Svenska representationen i äldre tider‘ s. 119 not. **) anmärker, denna handling liksom åtskilliga andra af Sigismund verkligen blifvit utfärdad eller blott stannat vid förslaget.“ 219 Vgl. Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 425 f: „Sammeledes lofve och tilseije vi här med att vele hålle academien här uti Upsale efther denne richs almennelige religion vid macht med nödtorftige unnderhåld både för läsemestere och studennter, såsom och der hos ett comunitet med tilbörlige och skickelige vilchor och oppehälle, efther som vi med vår elskelige käre faderbroder högborne furste hertig Carl etc. så och vårt elskelige richs rådz råd vele dherom enn viss ordning giöre lathe.“
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2.3.3.4 Verhandlungen mit Herzog und Rat Dies bedeutete für die Universität, dass ihre Angelegenheit nach der Abreise des neuen schwedischen Königs im Sommer 1594 in die Hände der in seiner Abwesenheit das Land Regierenden – Herzog Karls und des schwedischen Rates – fiel. In Übereinstimmung mit den Forderungen der Geistlichen befürworteten diese das Universitätsprojekt, sodass die zügige Aufrichtung der Universität nun in greifbare Nähe rückte. So richteten die schwedischen Geistlichen auf einer Synode in Uppsala im Februar 1595 erneut Forderungen an den Herzog. Darin präzisierten sie auch, wie sie sich die Ordnung der Universität Uppsala genauer vorstellten.220 Zunächst bitten die Geistlichen allgemein um die Erlaubnis, „att förhandla bokliga konster, nödige tungomåll och tillåttna faculteter“221. Wieder kommt der Wunsch nach einem Kanzler für die Universität auf in Gestalt einer politisch einflussreichen Person, die sich zur Religion des Reiches bekennt. Der Kanzler soll die Universität verteidigen und fördern. Die Akademie soll über eine eigene Gerichtsbarkeit in Bezug auf ihre Angehörigen verfügen. Zudem verlangen die Geistlichen für diese Personen Steuerfreiheit und ähnliche Vorzüge. Die Neubesetzung von Professuren soll vorrangig durch den Erzbischof, die Professoren und das Kapitel von Uppsala entschieden werden, wobei aber die Zustimmung der anderen schwedischen Bischöfe und die Bestätigung des Kanzlers einzuholen sind. Damit ist der König höchstens indirekt durch den Kanzler an der Personalpolitik der Universität beteiligt. Soll ein Professor, der seinen Pflichten nicht wunschgemäß nachkommt, entlassen werden, geschieht dies nach einer Vorwarnung durch den Rektor und die Professoren mit Billigung des Kanzlers und des Erzbischofs. Bei der Anstellung von neuen Lehrern („skolemestare“) wird auf das bereits bekannte zweistufige Modell zurückgegriffen, das neben einer Prüfung durch die Universität mit entsprechendem Zeugnis auch ein Verhör durch den jeweiligen Bischof und das zuständige Kapitel vorsieht. Der Immatrikulation eines Studenten an der Universität soll eine Kontrolle des schulischen Vorwissens durch den Rektor vorausgehen. Des Weiteren wenden sich die Geistlichen in ihren Forderungen der versprochenen Kommunität zu. Was die in Aussicht gestellte Unterstützung schwedischer Studenten aus jedem Bistum an ausländischen evangelischen Hochschulen betrifft, verlangen die Geistlichen, dass niemand ein solches Stipendium erhalten soll, der nicht „vittnesbyrdh hafver utaf academien i Upsala“222. Auf das Schreiben der Geistlichen antwortete Karl bereits am 27.02.1595.223 Er nimmt ihre Forderungen weitgehend auf. Im Hinblick auf den Wunsch nach einem 220 Ediert in Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 517–528. Von der Universität handeln insbesondere die Seiten 521 f. 221 Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 521. 222 Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 522. 223 Der Abschnitt zur Universität ist ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, Nr. 12, 27–30; das gesamte Dokument findet sich bei Hildebrand (Hg.), Riksdagsakter, 528–534.
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Kanzler für die Universität hebt er hervor, dass die Wahl dieser Person der Universität obliegen soll. Was die Besetzung von Professuren angeht, betont Karl, dass dies im Einvernehmen mit dem Kanzler der Universität und den Bischöfen geschehen soll. Bei der Absetzung von Professoren fügt er hinzu, dass auch der Ratschlag der anderen Bischöfe einzuholen ist. Der betroffenen Person wird dabei die Möglichkeit eingeräumt, beim König und dem Rat Berufung gegen das Urteil einzulegen. Ausführlicher äußert sich Karl dabei zu der Frage, wer über die Einstellung von Lehrern entscheiden soll. Dabei bestätigt er das Recht des Bischofs, in seinem Bistum ohne Rücksichtnahme auf die Hochschule Lehrer einstellen zu können.224 Der Option, das Bildungswesen zu Lasten der bischöflichen Entscheidungsgewalt zu zentralisieren, erteilt er damit eine klare Absage. Die Universität soll erst eingreifen und einen anderen Lehrer einsetzen dürfen, wenn der Bischof offensichtlich eine ungeeignete Person aus fragwürdigen Beweggründen mit dieser Aufgabe betraut hat. Umgekehrt nimmt der Herzog die Bischöfe ausdrücklich auch bei der Kontrolle der Hochschule in die Pflicht, „så att icke någen wilfarelsse vthi Religionen eller annen oskickeligheet må der infalle.“225 Diese Sorge hält Karl aufgrund der reichlich vorhandenen Beispiele an anderen Akademien für berechtigt. Der Unterstützung einiger Studenten aus jedem Bistum an ausländischen evangelischen Akademien stimmt er zu, allerdings lehnt er die von den Geistlichen geforderte vorherige Examination durch die Hochschule von Uppsala als unnötig ab. Aus seiner Sicht reicht es aus, wenn der betreffende Bischof über die Aussendung der Studenten entscheidet. Der Universität aber überträgt der Herzog die Aufgabe, eine Überprüfung der Studenten nach ihrer Rückkehr vorzunehmen, bevor diese ein Amt erhalten.226 In enger Anlehnung an die Forderungen der Geistlichen sowie Karls Äußerungen entstanden kurz darauf die neuen Privilegien der Universität, die der Herzog und acht Reichsräte wenige Wochen später, am 15.03.1595, unterzeichneten.
2.3.4 Die Privilegien der Universität von 1595 Der Privilegienbrief227 beginnt einleitend mit einem Rückblick auf die Geschichte der Universität. Lobend wird ausgerechnet König Johan angeführt, dem das Verdienst zugesprochen wird, am Anfang seiner Regierungszeit sowie kurz vor seinem Tod den Beschluss zur Wiedererrichtung der verfallenen Lehranstalt getroffen zu 224 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 28: „[…] hwar Biskop vthi sitt stifft, motte wäl hafwe macht att förordne till scholemestere, then som the kunne tenckie tienlige och nyttige kunne ware […].“ 225 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 29. 226 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 29 f: „Men att ingen skulle vorstädies, för än han af Academien i Vpsala förhörd och ther ifrå witnesbyrd hade, sådent synes H. F. N. icke behöfwes, vthan wore nog när Bispen af stifftet han vttsendes sådent giorde, aldenstund dhe då seden motte af academien examineres, när the komme in igen, för än the till någedt embete brukede blifwe.“ 227 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30–34.
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haben.228 Die Abneigung, die er im Verlauf seiner Herrschaft gegen die Universität hegte und die in der Eröffnung des Stockholmer Kollegs ihren unmittelbarsten Ausdruck fand, bleibt unerwähnt. Die Bewertung König Sigismunds erscheint hingegen ambivalent, denn seine vom schwedischen Bekenntnis abweichende religiöse Überzeugung wird keineswegs geleugnet. Hat er dem schwedischen Reich zugestanden, bei der „rechten evangelischen“ Lehre zu bleiben gemäß dem Augsburger Bekenntnis und der Versammlung von Uppsala,229 so bleibt kein Zweifel, was die Verfasser eigentlich vom katholischen Glauben ihres Königs halten. Diese Einschätzung wird bestätigt durch den Zweck, den der Ausbau von Schulen und Kirchen verfolgt, nämlich die Ausbildung kompetenter Personen, die die rechte evangelische Lehre zu vertreten und gegen „alle anderen Sekten und Irrtümer“ zu verteidigen wissen.230 Sigismunds ‚Verdienst‘ beschränkt sich also genau genommen darauf, zur Akzeptanz des lutherischen Bekenntnisses Schwedens vor seiner Krönung genötigt worden zu sein.231 Zwar soll er der Einleitung gemäß der Wiedererrichtung der Universität zugestimmt haben, aber die Verfasser der Schrift geben sich selbst klar als Initiatoren dieses Vorhabens zu erkennen.232 Die Privilegien nehmen thematisch die einzelnen Forderungen der Geistlichen sowie die entsprechende Antwort des Herzogs auf. Dabei werden die vorangehenden Äußerungen zum Teil präzisiert, was etwa die Bestimmungen zur Kommunität betrifft. Dagegen lässt sich an einer Stelle auch eine Verallgemeinerung feststellen, indem der Universität zwar ein Kanzler zugesprochen, im Vergleich zu den Forde 228 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30: „[…] så haffuer dogh likwäl denn stormechtigeste högh bornne furste och herre, Konung Johan, […] i sin förste regementz tidh, såsom och nu någedt för sitt aflidende, bewilligedt och samptycht, att samme academia skulle igenn bliffue fornyet och vprättet.“ 229 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30: „Och effter thed thenn stormechtigste, högborne furste och herre herr Sigismundus, Konung till Swerigie och Polen, wår elskelige käre herr broder och wår allernådigste konungh, (oansedt H. K. M. är medh oss skilachttig i religion) icke dess mindre haffuer lofuedt och bebrefuedt thette wårt käre fäderneslanndh, att blifue widh thenn rätte ewangeliske läre effter den Ausburgiske Confession och thenn allmennelige förehning, som för tu åhr seden i så måtte af allom här i rijkedt skedt är […].“ [Hervorhebung: S. S.] 230 Vgl. die Fortsetzung des Zitats aus Anm. 229 in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30: „[…] och inngen ting är der till tiänligere, änn at holle kyrckier och skolor widh machtt, på thedh mann motte hafwe wisse personer tilltage, som skickelige och tiänlige ware kunne, att cristeligen och sannfärdeligenn före denn rätte ewangelij lähre, som nu här i rikedt brukes, och allmenneligen wedertagen är, thenn försware och reen holle af alle andre sechter oc willfarelser […].“ 231 Überhaupt ist beachtlich, dass nach den langen Jahrzehnten der konfessionellen Unsicherheit angesichts der bevorstehenden Krönung des katholischen Sigismunds die Entscheidung für die Annahme der Confessio Augustana als offizielles Bekenntnis des Reiches rasch getroffen wurde. Herzog, Adel und Geistliche fanden sich auf der Versammlung von Uppsala zu einem Zweckbündnis zusammen, wofür neben der Befürchtung einer Rekatholisierung sicher auch machtpolitische Interessen des Herzogs und des Adels verantwortlich waren, vgl. Buchholz, Schweden, 201; 206–208. 232 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30 f: „[…] derföre haffue wij på Konngelige Mai:tz nu regerennde nådige löfte, eedh och tillsage och effter wår religions friheet och föreening, thenn cristelige försambling till gagn och gode weledh fullföllie medh samme Academias vprättelse igen.“
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rungen der Geistlichen aber auf nähere Angaben zu seinem beruflichen Umfeld, seiner religiösen Überzeugung und vor allem seiner Funktion verzichtet wird. Obwohl Karl zu den Unterzeichnern der Privilegien gehört, weisen diese doch einige bemerkenswerte Änderungen gegenüber seiner Antwort an die Geistlichen auf. So soll der Kanzler den Privilegien zufolge gemeinsam vom Erzbischof, den Bischöfen und der Universität gewählt werden. Fühlt sich ein entlassener Professor ungerecht behandelt, darf er Berufung bei einer allgemeinen Kirchenversammlung einlegen, bei der auch Ratsmitglieder im Auftrag des Königs anwesend sind.233 Undeutlich äußern sich die Privilegien zu der Frage, wer über die Einstellung neuer Lehrer entscheiden darf. Zunächst scheinen sie der Forderung der Geistlichen zu folgen, sodass dem Verhör durch Bischof und Kapitel eine Prüfung durch die Universität mit abschließendem Zeugnis vorausgehen soll. Dann hingegen schwenken die Privilegien auf den Kurs des Herzogs um, indem sie diese Regelung insbesondere für Uppsala geltend machen wollen und ansonsten die Souveränität der Bischöfe unangetastet lassen.234 Die Universität erhält in diesem Fall wie in Karls Vorschlag nur eine Kontrollfunktion bei offensichtlichen Fehlbesetzungen, welche sie aber gemeinsam mit dem Kanzler, dem Erzbischof und den übrigen Bischöfen ausüben soll. Erneut soll es einer allgemeinen Kirchenversammlung unter Anwesenheit von königlichen Gesandten obliegen, Unstimmigkeiten an der Universität zu untersuchen, während Karl diese Aufgabe noch allein den Bischöfen zugewiesen hatte.235 Hinsichtlich der Vergabe von Stipendien für Studien an ausländischen, evangelischen Hochschulen lenken die Privilegien zugunsten der kirchlichen Forderungen ein, indem sie an einer vorherigen Prüfung der Kandidaten nicht nur durch den jeweiligen Bischof, sondern auch durch den Kanzler und das Kollegium der Universität festhalten.236 Überblickt man die Entstehungsgeschichte der Universitätsprivilegien von 1595, so lässt sich eine erstaunlich große inhaltliche Übereinstimmung von den Forderungen der Geistlichen über die Antwort des Herzogs bis hin zur tatsächlichen Formulierung der Privilegien durch Karl und den Rat feststellen. Das bestätigt, dass 233 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 32: „[…] då må han wedie medh sin saak till samtlige bispers och allmennelige clärckeridz af alle landzänder eller deres fullmechtiges ransakning och dom, dogh närwarendes på Konungens wegnne någre aff rikzens rådh.“ 234 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 32: „Skall och ingen Skolemestere warde vdi någen stadh annamet, för änn han vdi Upsala collegio rätteligen examineret, witnesbördh bekommidt hafuer, och seden i like motte förhördh, gilledt och wedertagen af biscopen och capitteledh i thedh stichtt eller stadh, der hann skall brukes, serdeles vdi Upsala, männ vdi the andre stigtt hafwe biscopen macht at förordne then till skolemestere, som synes vnngdomen nyttigh och tiänlig ware.“ [Hervorhebung: S. S.] 235 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 32: „Finnes och någet feel hoos academien eller dess personer, då skall thedh af the andre samptlige biscoper och clercheri in generali cleri conuentu skerskodes och ransakes, närwarende någre å konungens wegne som förscrifwit är.“ 236 Der Unterhalt der Professoren und der Kommunität sowie die Finanzierung der Auslands stipendien wurden in einem separaten Dokument, ebenfalls am 15.03.1595 ausgestellt, geregelt, ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 34–37. Vorgesehen ist dabei auch eine Professur für Medizin.
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sich diese drei Akteure, Herzog, Ratsaristokratie und Geistlichkeit, in den Jahren nach der Versammlung von Uppsala angesichts der vom katholischen König ausgehenden Bedrohung auf eine gemeinsame Handlungsstrategie verständigen konnten, bei der die Errichtung der evangelischen Universität eine wesentliche Rolle spielte. Wo die drei Dokumente voneinander abweichen, betrifft dies vor allem Fragen der Kompetenzzuweisung. Auffällig für alle drei Schriftstücke ist zunächst die marginale Rolle, die dem König zugewiesen wird. Damit erfolgt die Neugründung der Universität Uppsala geradezu konträr zur Wiedererrichtung der Kopenhagener Hochschule durch Christian III., aber auch zu den landesherrlichen Gründungen bzw. Rekonstitutionen von Universitäten im Heiligen Römischen Reich. Im Hinblick auf die Entscheidungsbefugnisse der anderen Akteure zeigen sich die Unterschiede in den Dokumenten besonders bei der Aufsicht über das Schulwesen und der Vergabe von Stipendien. Die Forderungen, welche die Geistlichen auf der Synode von Uppsala im Februar 1595 formulierten, verfolgen die Intention, die universitären Befugnisse zu stärken bzw. die Notwendigkeit einer Universität zuallererst zu begründen. Dies geschieht vor allem auf Kosten der bischöflichen Souveränität, was aber auch mit einer Arbeitsentlastung für die Bischöfe verbunden war. Das Ziel einer größeren Einheitlichkeit im Bildungswesen durch die Erhebung der Universität zu einer übergeordneten Kontrollinstanz lässt sich deutlich hinter diesen Vorschlägen erkennen. Dagegen ist es ausgerechnet der Herzog, der in seiner Antwort die Entscheidungsgewalt der Bischöfe zu Lasten der universitären Rechte bestätigt. Die Privilegien selbst schlagen in diesem Zusammenhang einen Mittelweg zwischen den beiden vorausgehenden Dokumenten ein. Die augenscheinlich enge Verbindung von Universität und Kirche, die allein schon als ein Spezifikum der schwedischen Entwicklung gelten kann, zeigt sich dabei vor allem an dem weitgehenden Mitspracherecht des bischöflichen Kollegiums in der universitären Personalpolitik und der Kontrollfunktion, die die Kirche gegenüber der Hochschule ausübt.
2.3.5 Die Selbstbehauptung der Universität gegenüber Karl IX. Mit der Verleihung von Privilegien und der Regelung der Finanzierung war der Grundstein für die erneute Wirksamkeit der Universität in Uppsala gelegt. Annerstedt schildert, dass diese bereits im April 1595 von Ericus Jacobi Skinnerus feierlich eröffnet wurde, allerdings schon vorher ihren Lehrbetrieb wieder aufgenommen hatte.237 Dennoch hatte es die Universität in den folgenden Jahren schwer, sich zu behaupten. Eine juristische Fakultät war nicht vorhanden, die im Gehaltsbrief von 1595 genannte medizinische Professur (s. Anm. 236) blieb unbesetzt. Einen Kanzler konnte die Universität auch nicht vorweisen. Ebenso litt sie unter dem Fehlen eines Buchdruckers in Uppsala, dem erst 1613 in Gestalt von Eskil Mattsson 237 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 91 f.
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Abhilfe geschaffen wurde.238 Ausführlichere Universitätssatzungen aus diesen Jahren, die genaueren Aufschluss über das akademische Leben liefern könnten, sind nicht bekannt. Hinzu kamen äußere widrige Umstände, die den Unterrichtsbetrieb beeinträchtigten, wie der Krieg zwischen Sigismund und Karl 1598 oder der Ausbruch der Pest in Uppsala 1603.239 Der einstige Förderer des Universitätsprojekts und neue Herrscher in Schweden Karl IX. (König 1604–1611) zeigte, nachdem er die Königsmacht errungen hatte, deutlich weniger Enthusiasmus, die Universität weiter aufzubauen, wie die schwierigen Verhandlungen mit ihm über die Verbesse rung der universitären Lage seit 1604 zu erkennen geben. Angesichts der beschränkten Befugnisse, die dem König in Bezug auf die Universität zugestanden worden waren, ist dieser Meinungswechsel nachvollziehbar.240 Wie Karl sich die Universität vorstellte, legte er auf dem Reichstag von Norrköping dar. Zwei Jahre später entstanden Universitätssatzungen im Umfeld der Universitätsprofessoren, die zwar keine königliche Bestätigung erhielten, aber beschreiben, welches Konzept von Universität unter den Professoren vertreten wurde.
2.3.5.1 Karls Verbesserungsvorschlag von 1604 In seinem Vorschlag241, den er auf dem Reichstag von Norrköping im März 1604 vorstellte, sieht Karl eine Anhebung der Professorenzahl auf elf vor, wobei gleichzeitig die Anzahl der Theologieprofessoren auf zwei verringert werden soll. Neben den beiden Theologieprofessoren sind ein Jurist und ein Mediziner vorgesehen, an der philosophischen Fakultät sollen Professuren für Logik, Rhetorik, Poetik, Mathe matik, Astronomie, Physik sowie eine gemeinsame Professur für die Sprachen Griechisch und Hebräisch eingerichtet werden. Demnach würden alle Fakultäten von einem Zuwachs an Lehrpersonen profitieren, wenn man die bisher vorgesehene, aber unbesetzte Medizinprofessur berücksichtigt, außer der Theologie, welche ganz im Gegenteil eine Professur verlieren würde. Dies legt die Schlussfolgerung nahe, dass Karl entweder bewusst an einer Schwächung der theologischen Fakultät interessiert war oder ihre Bedeutung für staatliche Belange nicht erkannte. Dagegen sah er aber anscheinend einen Nutzen darin, die Ausbildung in den anderen Fächern zu stärken. Seine Intention, den kirchlichen Einfluss an der Universität zurückzudrängen, wird an einer weiteren Bestimmung offenbar, die nur die beiden Theologieprofessoren in ein Pfarramt beruft.242 Im Vergleich zu den Privilegien von 1595 ist auffällig, dass Karl für sich selbst als König eine entscheidende Rolle bei der Besetzung der Professuren und der Kontrolle der Lehrpersonen vorsieht, 238 Vgl. den Privilegienbrief für Eskil Mattsson in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 108 f. 239 Zu den Schwierigkeiten in den ersten Jahren der wiedererrichteten Universität vgl. Anner stedt, Historia 1, 107–111. 240 Vgl. zu Karls Beweggründen auch Sellberg, Kyrkan, 105–112. 241 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 48–50. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 111 f. 242 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 48: „Ingen af deszom äge prester wara, utan the twå theologi.“
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was deutlich die veränderten politischen Machtverhältnisse gegenüber der Situation von 1595 widerspiegelt, als die Befugnisse des katholischen Thronfolgers Sigismund möglichst gering gehalten werden sollten. Jetzt räumt Karl sich selbst das Recht ein, untaugliche Professoren zu entlassen und durch geeignetere Personen zu ersetzen. Als höheres Ziel, dem die Arbeit der Professoren dienen soll, wird der Nutzen für König und Land definiert. In Karls Vorschlag weist die Hochschule also unmissverständlich typische Züge einer landesherrlich dominierten Universität auf. In ihrer Antwort243 begegnen die Bischöfe und Professoren dem von Karl vorgelegten Vorschlag zur Verbesserung der Universität zunächst mit viel Lob. Allerdings ist es nicht verwunderlich, dass sie die vorgesehene Reduktion der Theologieprofessuren ablehnen. Stattdessen halten sie Karls Vorschlag die konträre Forderung entgegen, einen zusätzlichen Professor an dieser Fakultät zu beschäftigen, sodass sich deren Anzahl auf vier erhöht. Der erste Theologieprofessor soll das Alte Testament mit den Schwerpunkten Pentateuch und Propheten behandeln. Die zweite Professur ist dem Neuen Testament gewidmet, also den neutestamentlichen Evangelien und Briefen. Ein dritter Theologe wird benötigt für den Bereich Glaubenslehre und Kontroverstheologie. Der vierte Theologieprofessor soll Hebräisch lehren, sodass die Verfasser in diesem Fall nur eine Verschiebung gegenüber Karls Vorschlag vornehmen, indem das Studium der hebräischen Sprache der theologischen statt philosophischen Fakultät zugeordnet wird.244 Das Votum der Bischöfe und Professoren in der Frage der Theologieprofessuren ist daher vor allem als Einspruch gegen die Abschaffung der dritten theologischen Professur zu werten. Dabei wird deutlich, dass die schwedischen Bischöfe auch nach der Abwendung der unmittelbar drohenden Gefahr eines katholischen Herrschers offenbar für sich ein Mitspracherecht in universitären Angelegenheiten wie selbstverständlich in Anspruch nahmen. Anscheinend blieb Karls Vorschlag von 1604 trotz der weitgehenden Zustimmung durch die Geistlichen ohne konkrete Wirkungen.245 Es bestand aber offenbar immer noch ein Bedarf danach, die Universität neu zu organisieren, wobei der nächste Versuch von Seiten der Akademiker unternommen wurde.
2.3.5.2 Ein Vorschlag für Universitätsstatuten von 1606 Der älteste erhaltene Entwurf von Statuten für die wiedererrichtete Universität stammt aus dem Jahr 1606.246 Er wurde offenbar nicht vom König in Kraft gesetzt. Annerstedt spricht ihn mit guten Gründen dem Professor Johannes Rudbeckius 243 Stellungnahme der Bischöfe und Professoren vom 14.03.1604 ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 51–54. 244 Vgl. zu den Theologieprofessuren Annerstedt (Hg.), Bihang I, 52. 245 Die Gründe sind auch Annerstedt unklar, vgl. Annerstedt, Historia 1, 113. 246 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 65–75. Vgl. die schwedische Zusammenfassung bei Annerstedt, Historia 1, 122–125.
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zu.247 Ob dieser die Statuten allein erarbeitet hat, ist unsicher; vermutlich hat er sich mit seinen Kollegen über ihren Inhalt abgestimmt. Dies wird durch die Überschrift auf der ersten Seite des Manuskripts bestätigt, welche auch die fehlende Akzeptanz der Statuten zu erkennen gibt: „Leges Academiæ Ubsaliensis Anno 1606. a Professoribus ibidem conscriptæ et ad tempus usurpatæ, sed postea vicissim injuria temporum aliquandiu spretæ et neglectæ.“248 Auch wenn der Entwurf nicht vom König bestätigt wurde, spiegeln seine Vorschriften doch zumindest wider, wie sich die Professoren den universitären Alltag vorstellten. Der Vorschlag umfasst drei Teile. Der erste Teil249 wendet sich der Universität im Allgemeinen zu, der zweite Teil250 betrifft die Professoren und anderes Universitätspersonal, der dritte Teil251 beschäftigt sich mit den Studenten. Nach einer kurzen Einleitung beginnt der erste Teil mit einem Vorlesungsplan, wonach die theologischen Vorlesungen zwischen 9 und 10 Uhr sowie zwischen 13 und 14 Uhr gehalten werden sollen. Eine jährlich stattfindende schriftliche Prüfung sowie die Reden und Disputationen der einzelnen Studenten entscheiden über ihre Versetzung 247 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 65; 75; Annerstedt, Historia 1, 122. Johannes Rud beckius (1581–1646), der sich durch Studienaufenthalte an ausländischen Universitäten, nämlich in Wittenberg (immatrikuliert 1601, mag. phil. 1603) und Jena (immatrikuliert 1603), zusätzlich qualifiziert hatte, wirkte seit seiner Rückkehr 1604 an der philosophischen Fakultät der Universität Uppsala, bevor es ihn erneut eine Zeit lang für theologische und sprachliche Studien nach Wittenberg verschlug (1607–1609). Zum Zeitpunkt der Abfassung des Vorschlags für Universitätsstatuten hielt sich Rudbeckius also tatsächlich an der Universität Uppsala auf. Zurück in Uppsala erhielt Rudbeckius, der selbst zwei Angebote für Professuren in Nürnberg und Würzburg abgelehnt hatte (vgl. Annerstedt, Historia 1, 116), zuerst eine Professur für Hebräisch, bevor er 1611 auf eine theologische Professur wechselte. Wegen einer erbitterten Auseinandersetzung mit seinem Kollegen Messenius war seine Wirksamkeit hier nur von kurzer Dauer. So ernannte ihn Gustav II. Adolf 1613 zum Hofprediger, bevor Rudbeckius 1619 das Amt des Bischofs von Västerås übernahm. Hier machte er sich besonders auch um die Reform des Unterrichtswesens verdient. Zu Rudbeckius vgl. Sellberg, Art. Rudbeckius, Johannes. Annerstedts Entscheidung in der Verfasserfrage hängt eng zusammen mit Rudbeckius’ späterem Engagement in der Schulpolitik. Denn zu seinem Ergebnis kommt Annerstedt durch einen Vergleich mit den von Johannes Rudbeckius erarbeiteten „Constitutiones Gymnasii Arosiensis“, also den Satzungen für das 1623 von ihm in Västerås gegründete erste schwedische Gymnasium. Ein Vergleich dieser Satzungen (ediert in Thyselius [Hg.], Bidrag, 4–27; Übersetzung in Hall, Rudbeckius, Bilagor 14–54) mit dem Vorschlag für Universitätssatzungen von 1606 zeigt zahlreiche wörtliche Übereinstimmungen. Darum ist die Vermutung kaum von der Hand zu weisen, dass beide Dokumente demselben Verfasser zugeschrieben werden können. Zumindest lässt sich nicht bestreiten, dass Rudbeckius eine genaue Kenntnis von dem Vorschlag von 1606 besaß und später in seinem eigenen Bistum auf dieses Konzept zurückgriff. Es ist erstaunlich, wie vorlagengetreu sich das Konzept für die Universität auf das Gymnasium übertragen ließ, sodass der Verdacht nahe liegt, dass der Unterschied zwischen Universität und Gymnasium nicht besonders groß war. Zu Rudbeckius vgl. z. B. Annerstedt, Historia 1, 115–118; Hall, Rudbeckius; Rudbeckius, Loci theologici; Hägglund, Orthodoxie. 248 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 65. 249 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 65–69. 250 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 69–71. 251 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 71–75.
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in höhere Klassen. Dieses Klassensystem erinnert genau genommen eher an eine Schule als an eine Universität, was die bescheidenen Ausmaße vor Augen führt, in denen sich die universitäre Wirksamkeit in diesen Jahren in Uppsala vollzog. So wird hinzugefügt, dass demjenigen der Ausschluss aus der Universität droht, der innerhalb von drei Jahren keinen solchen Lernfortschritt erzielt, dass er in eine höhere Klasse wechseln kann. Das Konsistorium tritt jeden Samstag zusammen. Selbst der Verhandlung studentischer Angelegenheiten im Konsistorium wird noch ein Lerneffekt abgerungen, indem diese Fälle auf Latein besprochen werden: „In consistorio causae inter studiosos latino sermone agantur, ut hanc exercendi occasionem habeant.“252 Der zweite Teil schildert zunächst das Berufungsverfahren neuer Professoren. Diese müssen ihr Können vorab durch eine öffentliche Disputation, eine Deklamation sowie die Vorstellung einer kurzen Abhandlung zu einem in der angestrebten Fakultät angesiedelten Themenbereich unter Beweis stellen. Die Beschäftigung an der Universität ist bekenntnisgebunden; darum muss sich ein angehender Professor u. a. zur Einhaltung der Confessio Augustana und der Beschlüsse der Versammlung von Uppsala verpflichten. Strafen drohen einem Professor, dem es nicht gelingt, seine Vorlesungen vor den Prüfungen abzuschließen.253 Zu den Verpflichtungen eines Professors gehören zudem zwei öffentliche Disputationen pro Jahr sowie das Halten einer Rede. Der Rektor der Universität wird jährlich nach den Prüfungen gewählt, ebenso der Dekan. Der Rektor, der auch das Konsistorium zusammenruft, hat die Strafgewalt bei solchen Fällen inne, die voraussichtlich nicht den Ausschluss aus der Universität zur Folge haben werden, wobei den Angeklagten die Appellation an das Konsistorium offensteht. Der Dekan hingegen ist für die Kontrolle des akademischen Lehrbetriebs zuständig, insbesondere für die öffentlichen Deklamationen und Disputationen. Der dritte Teil wendet sich den Studenten zu. Die Immatrikulation von Studienanfängern erfolgt beim Rektor nach vorheriger Prüfung durch den Dekan. Voraussetzung sind grundlegende Kenntnisse in der lateinischen Sprache und in der Rhetorik sowie ein Zeugnis der ehemaligen Schule oder die Fürsprache mehrerer Personen, die der Universität angehören. Die weiteren Bestimmungen zu den Studenten betreffen hauptsächlich verschiedene Vergehen und deren Ahndung, die vom Einsperren in den Karzer bis zum (vorübergehenden) Ausschluss aus der Universität reichen. Unter der Überschrift „Faulheit“ („desidia“) wird festgelegt, dass jeder Student zwei öffentliche Vorlesungsreihen hören soll, nämlich eine in
252 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 68. 253 Annerstedt, Historia 1, 124, Anm. 1, erklärt diese Vorschrift mit dem Hinweis auf die an ausländischen Hochschulen verbreitete „Unsitte“, Vorlesungen über ein bestimmtes Thema maßlos in die Länge zu ziehen: „Det var för att förekomma den i utlandet ej ovanliga oseden att utdraga i oändlighet ämnet för föreläsningarne. Norlin anför (efter Tholuck, Vorgesch. d. Rationalismus I, s. 92), att en professor i Wien läste 22 år öfver första kapitlet i Esajas och hann dock ej afsluta det före sin död. En annan i Tübingen höll i 25 år på med samma profet.“
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der Theologie und eine in der Philosophie.254 Unentschuldigte Abwesenheit wird mit Karzer bestraft. Im Anhang255 geht der Vorschlag noch kurz auf die Anforderungen an die Stipen diaten ein. Diese stehen unter der Aufsicht des Erzbischofs, des Rektors und des Konsistoriums. Der eine Teil der Stipendiaten soll Theologie studieren, der andere Teil Politik. Außer an den öffentlichen Übungen sollen beide Gruppen auch an privaten Lehrveranstaltungen teilnehmen. Für Theologiestudenten bedeutet dies zusätzlicher Unterricht in den biblischen Sprachen sowie eine alljährliche Disputation über die Glaubensartikel. Betrachtet man den Entwurf von 1606 insgesamt, so überwiegt der Eindruck, dass die Aufrechterhaltung der Ordnung an der Universität – wovon die Professoren keineswegs ausgenommen sind – im Vordergrund steht. Ausführlich gibt der Vorschlag über verschiedene Straftatbestände und ihre angemessene Ahndung Auskunft. Zwar wird ein Vorlesungsplan festgelegt, aber zu den Inhalten der Vorlesungen oder auch nur der Anzahl und Verteilung der Professuren macht der Entwurf keine Angaben. Die in früheren Jahren viel diskutierte Verteilung von Kompetenzen sucht man in diesem Entwurf vergeblich, ebenso tritt die Bekenntnisfrage deutlich zurück. Das kann auf die veränderten Zeitumstände zurückgeführt werden: Unter Karls Regierung stand das lutherische Bekenntnis in Schweden offenbar bereits außer Frage, sodass keine Notwendigkeit mehr bestand, explizit auf die lutherische Ausrichtung der Universität zu verweisen.
2.3.6 Der Aufschwung der Universität unter Gustav II. Adolf Hatte die Universität unter Karl IX. noch mit einigen Startschwierigkeiten zu kämpfen, so verbesserte sich ihre finanzielle und rechtliche Lage unter seinem Sohn Gustav II. Adolf (König 1611–1632) erheblich, auch wenn sie weiterhin von internen Streitigkeiten heimgesucht wurde. Zum Aufschwung der Hochschule trugen wesentlich Johan Skytte und Axel Oxenstierna bei, die nacheinander als Universitätskanzler fungierten.256 Mit diesen beiden konnte die Universität einflussreiche Fürsprecher gewinnen. Zunächst jedoch blieb das Kollegium der Professoren überschaubar, erlaubte es die angespannte politische Situation dem König doch nicht, größere Investitionen in das schulische und universitäre Ausbildungssystem zu tätigen. 254 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 73. 255 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 74 f. 256 Obwohl die Professoren nach der Versammlung von Uppsala immer wieder die Ernennung eines Kanzlers gefordert hatten, waren Karl IX. und Gustav II. Adolf diesem Wunsch lange nicht nachgekommen. Gustav II. Adolf betraute erst um 1622 Johan Skytte mit diesem Amt; aber auch der Reichskanzler Axel Oxenstierna vertrat die Interessen der Universität, obwohl er, der Wunschkandidat der Universität, erst ab 1646 offiziell das Amt des Universitätskanzlers wahrnahm. Johan Skytte machte sich besonders auch durch die Stiftung einer Professur 1622 um die Universität verdient. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 194–198.
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Ab 1620 nahm Gustav II. Adolf die Verhandlungen um eine Reform des maroden schwedischen Unterrichtswesens auf, als der Krieg gegen Russland beendet worden war und der Krieg mit Polen kurzzeitig ruhte.257 Im Hinblick auf die Universität in Uppsala zielte er dabei nicht nur auf einzelne Verbesserungen, sondern plante ihre grundlegende Neuordnung. Dies wird bereits in den Punkten deutlich, zu denen er am 11.03.1620 die Stellungnahme der schwedischen Geistlichkeit erbat, die aus seiner Sicht somit den wichtigsten Gesprächspartner in Bildungsfragen darstellte und auf deren Meinung der König Wert legte.258 Darin fragt er, wie viele Professoren aus Sicht der Geistlichen an der Universität nötig seien. Eine Internationalisierung des Professorenkollegiums zieht Gustav II. Adolf angesichts der desaströsen akademischen Verhältnisse in Betracht, nämlich wenn es keine geeigneten einheimischen Kandidaten für bestimmte Professuren geben sollte.259 Auch die Entlohnung mit dem Kirchenzehnten hält Gustav II. Adolf aufgrund des schwankenden Betrags für ungeeignet. Darüber hinaus soll die Kommunität reformiert werden und der Universität werden neue Privilegien in Aussicht gestellt. Die Geistlichen lehnen in ihrer Antwort an den König vom 20.03.1620260 gerade diesen Vorschlag ab, im Ausland nach Lehrkräften Ausschau zu halten. In Bezug auf die theologische und philosophische Fakultät hegen sie keinen Zweifel, kompetentes Personal in Schweden zu finden. Für die Besetzung der juristischen und medizinischen Lehrstühle schlagen die Geistlichen direkt einige aus ihrer Sicht geeignete Kandidaten vor. Bei der Berufung ausländischer Gelehrter befürchten die Geistlichen, nur solche für eine Anstellung gewinnen zu können, die sich bisher nicht in der Universitätsszene profilieren konnten. Und wenn diese ihre Arbeit dann nicht zufriedenstellend verrichteten, könne man sie nicht mehr loswerden, weil sie im Falle einer Entlassung das schwedische Reich in Europa zu verunglimpfen drohten. Außerdem führen die Geistlichen an, dass die Berufung fremder Professoren dem Ansehen Schwedens schade, weil dann der Eindruck entstehe, dass es niemanden im eigenen Land gebe, der dieses Amt ebenso gut ausführen könnte.261 Das Bedürfnis der schwedischen Geistlichkeit nach nationaler Abgrenzung ist auffällig. Möglicherweise ist dieses tatsächlich durch die Sorge um den Ruf Schwedens im Ausland motiviert. Vielleicht befürchtete die Geistlichkeit aber auch einen Machtverlust im höheren Bildungswesen, wenn der König vermehrt ausländische Gelehrte an die Hochschule beruft. Das Vertrauen in die akademischen Fähigkeiten der Schweden zeugt auf jeden Fall von der Gewissheit, sich zumindest in Einzelpersönlich
257 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 185. 258 Auszug ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 146–148. 259 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 148: „7) Hwadh för personer där till [zur Besetzung der Professuren, S. S.] skole bruukess, och effter dy inrijkess icke så finness uti alle faculteter, dhee som cum laude sådant kunna genom gå och celebrera Academien, hwarest utrijkess någre lärdhe männ wore till att nå, som effter andre kongarss och furstarss exempel kunde kallass här in.“ 260 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 149–153. 261 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 151.
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keiten auf einem hohen Bildungsniveau zu befinden, wodurch sich die Berufung von zweitklassigen Gelehrten vom Kontinent erübrigt.262 Gustav II. Adolfs Entscheidung ließ nicht lange auf sich warten. In seiner Resolution vom 13.04.1620263 beziffert der König die Anzahl der Professoren dem Vorschlag der Geistlichen folgend auf 13. Dabei sieht er drei Theologieprofessoren vor, von denen der erste über das Alte Testament lehren soll, der zweite über das Neue Testament und der dritte über die Glaubenslehre. Sie erhalten als Lohn 600 bzw. 500 Taler und werden zusätzlich mit Pfründen versehen, wobei dem Inhaber der ersten Professur das Stadtpfarramt von Uppsala übertragen wird („Pastor Civitatis“). Sie werden verpflichtet, jeweils einmal jährlich öffentlich zu disputieren. Außerdem werden die Professoren zu Beisitzern des Erzbischofs im Domkapitel („Consistorium ecclesiasticum“) ernannt.264 Die personelle Identität zwischen den Theologieprofessoren und den Mitgliedern des Domkapitels wird damit auch zukünftig garantiert. Bei den Verbesserungen, die Gustav II. Adolf 1620 in personeller und finanzieller Sicht vorgenommen hatte, ließ es der König aber nicht belassen. Bereits am 07.07.1621 gab er bekannt, die Anzahl der Professoren erneut anzuheben, und zwar auf insgesamt 17 Personen.265 Davon profitierte auch die theologische Fakultät, der eine vierte Professur zugesprochen wurde.266 Durch umfangreiche Schenkungen an die Universität unternahm der König im Jahr 1624 einen weiteren wichtigen Schritt zur Verbesserung ihrer finanziellen Situation.267 Nach der Ausweitung des Professorenkollegiums und der Optimierung der universitären Ökonomie blieb noch die Reform der rechtlichen Grundlagen der Universität, derer sich Gustav II. Adolf nun annahm.
2.3.6.1 Neue Privilegien für die Universität Die Endgestalt der neuen Privilegien, an deren Ausarbeitung der Reichskanzler Axel Oxenstierna maßgeblich beteiligt war, wurde, aufbauend auf mehreren Vorarbeiten,268 am 25. Juni 1625 von Gustav II. Adolf in Kraft gesetzt.269 Nach einer kurzen 262 Niléhn, Brain-Gain, 158, zählt an der Universität Uppsala von 1593 bis 1699 insgesamt zwölf Professoren aus dem Ausland, was einem Anteil von 8,2 % an der Gesamtprofessorenschaft entspreche. 263 Auszug ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 154–157. 264 Zu den Theologen vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 154. 265 Die Verordnung vom 07.07.1621 ist ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 172–176. 266 Darüber hinaus sollte sich das Professorenkollegium nun folgendermaßen zusammensetzen: Zwei Juristen und zwei Mediziner, drei Professoren für Mathematik, je ein Professor für orientalische Sprachen („Professor Linguæ Hebraicæ, Caldaicæ et Syriacæ“), Griechisch, Politik und Geschichte, Eloquenz, Poesie sowie Logik. 267 Die Schenkungsurkunde ist ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 206–211. 268 Annerstedt geht von insgesamt fünf Bearbeitungsstufen aus, bevor die Privilegien in ihrer letztgültigen Form vorlagen. Die ersten zwei Entwürfe entstammen seiner Meinung nach dem universitären Milieu, sie sind in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 229–234, ediert. Annerstedt nimmt an, dass der Vorschlag der Universität in der Folgezeit noch mindestens drei Mal von Axel Oxenstierna bzw. in seinem Auftrag bearbeitet wurde. Vgl. Annerstedt, Historia 1, 212 mit Anm. 2 und 3. 269 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 234–238.
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Einleitung, in der der König auf sein bisheriges Engagement für die Bildung allgemein und seine nicht zuletzt finanzielle Unterstützung der Universität zurückblickt, führt er als ersten Punkt den Anspruch der Universität auf einen Kanzler an. Dieser soll dem Reichsrat angehören, mit dem König und der Universität „in unserer christlichen Religion und Lehre einig und unverdächtig“ („vthi wår christelige religion och lära ensse och omisstänckt“270) sein und selbst ein Studium absolviert haben. Bei der Neubesetzung von Professuren räumt der König dem Prokanzler, d. h. dem Erzbischof,271 und dem Senat der Universität das Recht ein, eine Vorauswahl möglicher Kandidaten vorzunehmen und diese im Hinblick auf ihre akademische Qualifikation sowie religiöse Überzeugung zu prüfen, bevor sie dem Kanzler empfohlen werden. Der König behält sich jedoch vor, die neuen Professoren zu bestätigen und gegebenenfalls außerordentliche Professoren nach entsprechender Prüfung zu berufen. Was das Studium an ausländischen Universitäten angeht, so ist dies zwar mit Zustimmung des Domkapitels an ausgewählten Lehranstalten erlaubt, wer aber dort auch einen Abschluss erwirbt, muss in der Heimat mit Benachteiligungen rechnen.272 Ähnlich restriktiv äußern sich die Privilegien zur Berufung ausländischer Professoren nach Uppsala: Dies ist nur unter der Einschränkung erlaubt, dass keine geeignete schwedische Person für diese Aufgabe zu finden ist. Entgegen Gustav II. Adolfs ursprünglicher Absicht macht sich hier der Einfluss der schwedischen Geistlichkeit bemerkbar (s. o. Anm. 259). Der König gesteht der Universität eine eigene Gerichtsbarkeit und verschiedene Privilegien zu, wobei deren Geltungsbereiche genau eingegrenzt werden. Die Aufsicht über die Professoren und die Studenten üben der Kanzler und der Erzbischof, der den Kanzler auch in dessen Abwesenheit vertritt, aus. Die Universität darf sich selbst Ordnungen und Statuten geben, wobei diese je nach Gegenstand eventuell noch der Bestätigung durch politische Amtsträger bedürfen. Kann ein Professor aufgrund von Krankheit oder altersbedingter Schwäche seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, so erhält er weiterhin die Hälfte seines bisherigen Lohns, während die andere Hälfte sein Nachfolger bekommen soll. Auch für die Witwen der Professoren ist gesorgt, genießen sie doch auch die universitären Privilegien und zudem dieselben Vorzüge wie die Witwen von Pfarrern. 270 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 234. 271 Die Entwürfe der Universität (vgl. Anm. 268) begründen genauer, warum der Erzbischof das Amt des Prokanzlers übernehmen soll, nämlich weil er im Gegensatz zum Kanzler immer vor Ort anzutreffen sei, vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 230: „Och medann archiepiscopus altiid är wid academien tilstädes, synes bäst wara, att han blifuer Procancellarius i rättegånger och andra nödige saker, när cancellarius icke siälff är tilstädes.“ 272 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 235: „[…] ingen infödd suensk må vtrijkes promovera, så framptt han will niuta dhe willkor, som gradatis personis efterlåtne ähre; och de som inrijkes promovera måge alltidh framför de andre niuta prærogativam honorum et dignitatum […].“ In den Entwürfen der Universität (vgl. Anm. 268) reichen diese Benachteiligungen so weit, dass der betreffenden Person eine Anstellung in Schweden verwehrt werden soll, vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 229: „4. Att ingen må promovera vthrijkes, så frampt han will här i rijket komma til någon tiänst […].“
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Vergleicht man die Privilegien von 1625 mit den alten Privilegien aus dem Jahr 1595, so ist offenkundig, dass die neuen Privilegien aus einer ganz anderen historischen Situation heraus erwachsen sind. Der Aspekt der konfessionellen Abgrenzung insbesondere gegen die Katholiken spielt in den Privilegien von 1625 keine erkennbare Rolle mehr; dies spiegelt sich z. B. in der allgemein gehaltenen Formulierung wider, dass der Kanzler die von König und Universität geteilte „christliche“ Lehre vertreten soll.273 Im Jahr 1595 wurde hingegen besonders in der Einleitung noch auf das Festhalten an der „rechten evangelischen“ Lehre Wert gelegt.274 Der König, der auch die Erarbeitung neuer Privilegien initiiert hatte, übt einen wesentlich größeren Einfluss auf das Geschick der Universität aus, als ihm 1595 zugebilligt wurde in dem Bemühen, den katholischen König Sigismund so weit wie möglich von der Universität fernzuhalten. Obwohl dem Erzbischof als Prokanzler eine herausragende Position an der Universität zugestanden wird, werden die Bischöfe im Vergleich zu den Privilegien von 1595 regelrecht entmachtet, denn sie werden überhaupt nicht mehr erwähnt.275 Hinsichtlich des Studiums an ausländischen Universitäten schlagen die neuen Privilegien einen schärferen Kurs ein, indem ein solches Studium unter gewissen Voraussetzungen zwar geduldet, ein ausländischer Abschluss jedoch geahndet wird. Wurde in den alten Privilegien noch die Frage nach der Vergabe von Stipendien für Auslandsstudien diskutiert, könnte die Auslassung dieses Themas in den neuen Privilegien auf ein abnehmendes Interesse an Kontakten mit dem akademischen Ausland hinweisen.
2.3.6.2 Neue Statuten für die Universität Am 25. Juni 1625 erhielt die Universität nicht nur neue Privilegien, sondern auch eine neue Universitätsordnung276 ist auf diesen Tag datiert. Johan Skytte gibt sich als deren Verfasser aus, die jedoch vermutlich nie in Kraft trat, weil sie bereits im nächsten Jahr von einer anderen Universitätsordnung277 abgelöst wurde. Warum zwei Ordnungen innerhalb eines so kurzen Zeitraums aufeinanderfolgten, erklärt Annerstedt mit den aus seiner Sicht offenbaren Mängeln und Unzulänglichkeiten, die Skyttes Werk aufweise.278 Liest man die Vollmacht vom 20.06.1626, in der 273 Vgl. Anm. 270 in Bezug auf den Kanzler. 274 Vgl. Anm. 229 und Annerstedt (Hg.), Bihang I, 30. 275 Zur Kraftprobe zwischen Bischöfen und königlicher Macht in diesen Jahren vgl. Lindegård, Consistorium regni, 60–73. 276 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 239–254. 277 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 255–285. Das undatierte Dokument weist Annerstedt dem Sommer 1626 zu, vgl. Annerstedt, Historia 1, 215, Anm. 1. 278 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 215: „Orsaken till att Skyttes arbete genast aflöstes af ett nytt är väl att söka i de brister, som onekligen vidlåda hans konstitutioner. Deras uppställning är ej redig och uttrycken ej alltid klara, der finnas åtskilliga opraktiska bestämmelser och saknas en mängd andra, som ej gerna kunde undvaras. I 1626 års konstitutioner åter herskar en systematisk uppställning och en ordentlig kapitelindelning med utsatta rubriker och signerade underafdelningar; och formen vittnar om en vid laggifvande vand hand.“
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Gustav II. Adolf seinen Auftrag zur Erarbeitung von Universitätsstatuten bekannt gibt und Axel Oxenstierna sowie Johan Skytte mit deren Prüfung und Unterschrift betraut, muss die Frage gestellt werden, welchen Status Skyttes Ordnung aus dem Jahr 1625 eigentlich innehatte. War dem König Skyttes Arbeit überhaupt bekannt? Der König klagt über die Missstände an der Universität, die ihn dazu bewogen hätten, „gewisse Konstitutionen und Regeln“ für Professoren und Studenten aufstellen zu lassen.279 Hätte er vorher bereits Skytte mit dem Verfassen einer solchen Ordnung beauftragt und diese für gültig erklärt, würde man eine andere Begründung seiner Motivation, also etwa einen Verbesserungsbedarf der vorangegangenen Ordnung, oder zumindest einen Hinweis auf diese erwarten. Genauso rätselhaft ist, warum sowohl die Privilegien als auch Skyttes Ordnung mit dem Reichssiegel versehen wurden, Gustav II. Adolf aber offensichtlich nur die Privilegien auch unterschrieben hat – obwohl beide Dokumente als Datumsangabe Stockholm, den 25.06.1625 vorweisen und im Namen des Königs verfasst wurden. Daher kommen Zweifel auf, ob Skyttes Ordnung aus dem Jahr 1625 tatsächlich auf Veranlassung des Königs entstand und den Charakter einer offiziellen Ordnung jemals hatte bzw. haben sollte. Möglicherweise ergriff Skytte selbst die Initiative in dieser Sache. Annerstedt bringt bereits früher einen Entwurf für eine Universitätsordnung mit Skytte in Verbindung.280 Dabei handelt es sich um ein undatiertes, handgeschriebenes Dokument, in das Skytte Bemerkungen eingetragen hat. Wer der eigentliche Urheber dieser Ordnung ist, weiß Annerstedt nicht, weil er die Handschrift nicht identifizieren kann. Er hält es für wahrscheinlich, dass der Entwurf in den Jahren 1620/21 entstanden sein könnte. Unklar ist weiterhin, ob die Ordnung vollständig erhalten ist.281 Die Frage, von wem diese Ordnung stammt, ist tatsächlich interessant, weil sie einige Besonderheiten aufweist. Zunächst ist das Dokument auf Schwedisch verfasst, während die späteren Ordnungen aus den Jahren 1625 und 1626 lateinische Schriften sind. Der Entwurf beginnt mit der Beschreibung des Berufungsverfahrens neuer Professoren, bei denen es sich vorzugsweise um Einheimische handeln soll. Die konfessionelle Ausrichtung der Universität spielt keine Rolle: Die Confessio Augustana oder die Versammlung von Uppsala werden gar nicht erwähnt; auch der Eid, den die Professoren ablegen sollen, beschränkt sich auf
279 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 254: „Wij Gustaf Adolph etc. Göre witterligitt, att effter sosom wij ähre uthij förfarenheet komne, huru sosom een stoor oordningh in academia nostra Upsaliensi ähr inritat så wäl iblandh professores som studiosos, för medelst huilken alla loflige exercitier och öfningar, som på andra wälbestellte academier florere, af sig tage och i staden igen allehanda onyttigt och obrukeligit förehafuande upkommer och tager öfverhanden, hvarföre ähre wij förorsakade wårdne att låtha författa wisse Constitutiones och regler, huar effter wij wele, att professores dersammastädes så wäll som alle studiosi sigh regulera och rätta skole.“ Erstaunlich ist, dass die Erarbeitung einer Universitätsordnung für die Lehranstalt anscheinend nicht als Selbstverständlichkeit betrachtet wird, sondern als Reaktion auf das schlechte Benehmen der Studenten wie Professoren dargestellt wird. 280 Ediert in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 164–170. 281 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 170.
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Loyalität gegenüber der Obrigkeit und Engagement für das Wohl der Universität.282 Der Entwurf wendet sich scharf gegen Freundschaftsdienste und Vetternwirtschaft, die in letzter Zeit offenbar häufig die Vergabe von Professuren sowie die Verteilung von Studienabschlüssen bestimmt haben, denn sowohl in Bezug auf das Berufungsverfahren als auch im Hinblick auf die Verleihung akademischer Grade wird dieser Missstand erwähnt und eine strengere Prüfung gefordert.283 Des Weiteren ist bemerkenswert, dass der Entwurf die Einbindung der Theologie- und Philosophieprofessoren in die Angelegenheiten des Domkapitels bemängelt, da diese so ihren Lehrverpflichtungen an der Universität nicht in gebotenem Maße nachkommen könnten. Nach dem Vorschlag des Verfassers sollen künftig nur noch die Theologen regelmäßig an den Sitzungen des Domkapitels teilnehmen.284 Eine klare politische Ausrichtung gibt der Entwurf dort zu erkennen, wo er seine Forderung nach der Ausbildung von Staatsdienern mit dem gemeinen Nutzen begründet.285 Das vergleichsweise deutliche Desinteresse an theologischen Belangen wird auch dadurch ausgedrückt, dass die Aufzählung der Bestimmungen für die einzelnen Fakultäten nicht mit der Theologie beginnt, sondern mit der philosophischen Fakultät. Überhaupt werden zwei Professoren an der theologischen Fakultät für ausreichend gehalten, ebenso wie auch je zwei Professoren für die juristische und medizinische Fakultät vorgesehen sind. Vage legt der Entwurf fest, dass der eine Theologieprofessor „ein gewisses Buch aus der Heiligen Schrift“ („någon wiss bok ur then helge skrift“) bearbeiten soll, allerdings so, dass er allein den hebräischen bzw. griechischen Urtext zugrunde legt. Der andere Theologe soll ähnlich unbestimmt „Controversias, Locos communes och Catechismum“ erläutern.286 Ebenso findet sich in dem Entwurf die Aussage, dass niemand in Schweden Pfarrer werden soll, wenn er nicht an der theologischen Fakultät in Uppsala studiert hat oder zumindest dort geprüft worden ist.287 Eine offenbar nicht durchzusetzende Forderung, denn sie wurde nachträglich gestrichen. Dies alles spricht dafür, dass der Entwurf auf einen oder mehrere Staatsmänner zurückgeht. Die Beschränkung der Theologieprofessuren auf zwei Personen macht eine Entstehung vor der Entscheidung von Gustav II. Adolf am 13.04.1620 wahrscheinlich. Denkbar ist, dass es sich bei dem Dokument weniger um den Entwurf einer Universitätsordnung, sondern um eine Äußerung führender 282 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 164: „Och när någon igenom före:de medhel inträdher uti samma kall, skall han uti hela Academiæ Consistorii närwa[ru] göra sijna edh, at han will wara landzens herra och öfwerheet trogen, uti sitt ombetrodda kall och ämbete flijtigh och oförsumeligh och Academiens bästa i alla måtto sökia och förfordra.“ 283 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 164, Punkt 1, und 165, Punkt 8. 284 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 165, Punkt 9. 285 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 165 f: „Och thet gemeena bästa ikke kan föreståndit warda af andelige personer och prester allenast, utan man behöfwer och ther til the personer, som kunna brukas i verldzligit regemente.“ 286 Zur theologischen Fakultät vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 168. 287 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 168: „Ingen skal blifwa prest uti Swerijke, medh mindre han hafwer under thessas hand studerat här i Ubsala eller och är här förhörd och ther till warder skikkeligh funnin.“
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Politiker im Umkreis von Skytte handelt, die im Zusammenhang mit der königlichen Anfrage an die Geistlichkeit zum Universitätswesen vom 11.03.1620 ventiliert wurde. Damit ist der Entstehungszeitraum meiner Meinung nach auf Frühjahr 1620 einzugrenzen. Die zweite Universitätsordnung288 von 1626 wurde vom Reichskanzler Axel Oxenstierna und dem Universitätskanzler Johan Skytte im Auftrag des abwesenden Königs unterzeichnet, die den Entstehungsprozess der Urkunde wohl auch wesentlich beeinflusst haben. Sie beginnt mit einem Inhaltsverzeichnis, das die Überschriften der folgenden 22 Kapitel aufzählt, sowie mit einer kurzen Einleitung, in der Gustav II. Adolf auf seine bisherigen Verdienste um das schwedische Reich sowie insbesondere um die Universität zurückblickt. Von besonderem Interesse im Rahmen dieser Arbeit sind erneut die Vorschriften, die sich mit dem Unterrichtswesen im Allgemeinen beschäftigen, die Verhältnisse an der theologischen Fakultät beschreiben oder Aufschluss darüber geben, welchen Stellenwert Religion und Kirche an der Universität hatten. Das erste Kapitel der „[i]n nomine Sacrosanctæ et Individuæ Trinitatis“289 verfassten Universitätsordnung legt bereits grundlegend die konfessionelle Ausrichtung der Universität fest, indem nichts öffentlich oder privat gelehrt werden darf, was nicht mit der Heiligen Schrift und der Confessio Augustana übereinstimmt. Der Beschluss der Versammlung von Uppsala (1593) wird nicht als eigenständiges Bekenntnis gewürdigt, da er nach Auffassung der Universitätsordnung die Confes sio Augustana wiederholt.290 Das Amt des Kanzlers, das der König vergibt, wird an die Bedingung geknüpft, ein „veræ Lutheranæ religionis professor et cultor“291 zu sein. Zum Vizekanzler wird der Erzbischof von Uppsala ernannt (Kapitel II). Damit kommt dem Erzbischof eine Kontrollfunktion gegenüber der Universität und ihren Angehörigen zu, sowohl in inhaltlicher als auch in moralischer Sicht.292 Indem dem Erzbischof eine derartige Rolle an der Hochschule zugebilligt wird, knüpft man letztlich an mittelalterliche Universitätsstrukturen an, bei denen dem lokalen Bischof typischerweise das Amt des Universitätskanzlers übertragen wurde.293 288 S. o. Anm. 277. Zusammenfassung bei Annerstedt, Historia 1, 216–225. 289 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 256. 290 Als gleichrangiges Bekenntnis neben der Confessio Augustana erscheint der Beschluss der Versammlung von Uppsala dagegen im Eid, den neue Professoren ablegen müssen, vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 265: „Ego N. sancte promitto me in vera fide sacris scripturis patefacta et apostolico, nicæno, athanasiano, symbolis breviter expressa ac genuina Augustana confessione et concilio Upsaliensi recepta, ad vitæ finem perserveraturum.“ Vgl. auch den Eid, der für Absolventen der theologischen Fakultät vorgesehen ist (272). 291 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 257. 292 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 258: „II) Inspicere et explorare discentium et docentium studia, labores et mores, et singulos, si vel negligentes vel nequiores sunt, sui officij graviter admonere.“ 293 Vgl. Appold, Academic Life, 71 f: „The church also maintained an institutional presence in medieval universities through the office of chancellor. Chancellors, typically bishops or their re presentatives, exercised a supervisory function over the university and monitored teaching, there by giving the church a means of exercising influence over the university’s internal affairs.“
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Versäumt es ein Professor, seiner Vorlesungsverpflichtung nachzukommen, wird dies mit Geldstrafen geahndet (Kapitel VIII/5). Zudem gehören zu den Aufgaben der Professoren ein bis zwei öffentliche Disputationen pro Jahr (Kapitel VIII/4). Über die Angemessenheit der Thesen entscheidet der jeweilige Dekan, wobei er bei Bedarf weitere Kollegen hinzuzieht, damit nichts veröffentlicht wird, was nicht zumindest von einem weiteren Professor gelesen und gebilligt wurde (Kapitel IX). Inhaltlich beschränkt sich die Universitätsordnung auf die Vorgabe, dass keine widersinnige oder gottlose Meinung verteidigt werden darf und solche Disputationen verboten sind, die Unruhe erregen könnten (Kapitel XVII). Die Disputationen der philosophischen, medizinischen und juristischen Fakultät finden samstags statt, während der theologischen Fakultät der Freitag vorbehalten ist. Die Erlangung eines akademischen Abschlusses an der philosophischen Fakultät erfordert eine Studiendauer von mindestens sechs Jahren, für den Abschluss an einer der höheren Fakultäten kommen weitere drei Jahre hinzu (Kapitel XVI/1). Mit der Verleihung eines Grades an der theologischen Fakultät soll besonders sparsam und bedächtig umgegangen werden; mit diesem Ehrentitel sollen nur solche Personen bedacht werden, die zu einem Amt in der Lehre auserkoren wurden.294 Schwedische Studenten sollen ihren akademischen Grad an der Universität in Uppsala erwerben. Wer dies im Ausland tut, verliert die damit verbundenen Privilegien und muss mit Benachteiligungen bei der Vergabe von Ämtern im schulischen Bereich und in der Kirche rechnen, wenn der König nicht eine Ausnahme macht (Kapitel XVI/6).295 Der Abschnitt, der sich mit der Lehre an der Universität beschäftigt (Kapitel XIIX), warnt vor einem übermäßigen Diktieren im Unterricht.296 Das Diktat soll nur zum Einsatz kommen, wenn es sich um die Vorstellung einer Gliederung oder eine kurze Zusammenfassung handelt. Eine Vorlesung soll möglichst nicht länger als ein Jahr dauern. In Bezug auf die Schriften des Alten Testaments wird dies mit Ausnahme der Genesis, des Psalters und der großen Propheten für eine realistische Vorgabe gehalten. Der Beschäftigung mit den Loci theologici wird dagegen ein Zeitraum von zwei Jahren zugestanden. Die Universitätsordnung fordert von den Professoren, vor allem in der Philosophie, ihren Unterrichtsstoff klar und deutlich darzulegen, wofür sie entgegen dem Vorgehen der Scholastiker und unter Zurück weisung aller metaphysischen Spekulationen nahelegt, die sokratische oder ramistische Methode anzuwenden. Nach diesen allgemeinen Anweisungen wird der 294 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 270: „In Theologia vero nemini conferetur gradus, nisi ei qui in docendi munere honorifico sit constitutus, aut ad eiusmodi officium rite designatus; magisqve conferetur ei, cui gradus offeretur, qvam qvi eum ambit.“ 295 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 273: „Qvi Sacræ Regiæ Majestati parent et huius regni indigenæ sunt, accipient gradum Upsaliæ; qui secus faxit, in docendi munere publico, in scholis et ecclesijs primarijs domesticis sit posterior et graduum privilegijs in hoc imperio careat, nisi S. R. M:tas supplicanti clementissime et singulariter aliud indulserit.“ 296 Vgl. zu den Diskussionen um den Stellenwert des Diktats im Unterricht im Alten Reich z. B. auch Mau, Programme, 76 f.
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Unterrichtsstoff der einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen, angefangen bei der Theologie, festgelegt. Die theologische Fakultät setzt sich aus vier ordentlichen Professoren zusammen, wie es auch im Alten Reich als Standard angesehen werden kann.297 Der erste Theologieprofessor liest morgens um acht Uhr über die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments, woran sich um neun Uhr der zweite Theologieprofessor mit den Schriften des Neuen Testaments anschließt. Um zwei Uhr stellt der Inhaber der dritten Professur die Propheten vor, während der vierte Kollege ebenfalls um neun Uhr die „Locos sive Articulos fidei cum Controversijs“298 behandelt. Erneut werden Scholastik und Metaphysik als Feindbilder in Szene gesetzt und als Einfallstor päpstlicher Gräuel verworfen.299 Der Schwerpunkt des Unterrichts liegt an der theologischen Fakultät – wie in Kopenhagen und an den lutherischen Universitäten im Alten Reich – also eindeutig auf der Schriftauslegung, wie es dem reformatorischen Ideal entsprach.300 Dass in Uppsala die Unterweisung in der Glaubenslehre mit der Einstiegsprofessur an der Fakultät verbunden war, folgt einer bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich zu beobachtenden Tendenz.301 Anders als in Kopenhagen weisen die Statuten in Uppsala den einzelnen Theologieprofessuren bestimmte Aufgabenbereiche zu. Nach der theologischen Fakultät wird die inhaltliche Ausrichtung der anderen Fakultäten erläutert. Insgesamt rechnet die Universitätsordnung mit 18 Professoren, wobei die theologische Fakultät mit vier Professuren den anderen beiden höheren Fakultäten, die jeweils zwei Lehrpersonen vorweisen können, in personeller Hinsicht deutlich überlegen ist. In der philosophischen Fakultät wird ein Schwerpunkt auf die Mathematik gelegt, die immerhin über drei Professuren verfügt. Daneben werden die Fächer Hebräisch und andere orientalische Sprachen, Griechisch, politische Philosophie, Geschichte, Rhetorik, Poesie und Logik angeboten. Anhand der Bestimmungen zur philosophischen Fakultät wird die Präferenz der Universitäts-
297 Vgl. Appold, Academic Life, 99. 298 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 276. Theologische Kontroversen werden also ausdrücklich als Unterrichtsgegenstand benannt. Zieht man vergleichend die etwa zeitgleich entstandenen Statuten der theologischen Fakultät in Königsberg von 1623/1624 heran, wird der Einzug der Kontroverstheologie in das Lehrangebot von Kaufmann als „Neuerung“ gegenüber früheren Universitätsstatuten (1546) ausgewiesen, vgl. Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 56, Anm. 30. Die Universitätsordnung aus Uppsala befand sich also in dieser Hinsicht auf der Höhe der Zeit. 299 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 276: „Noverint vero theologiæ professores, hac constitutione sibi severe esse prohibitum, ne metaphysicarum et scholasticarum disputationum, unde pontificiæ tenebræ et abominationes olim exortæ sunt, commistione doctrinam suam, scripta adeoque theologiam ipsam deforment.“ 300 Vgl. Kaufmann, Konfession, 308, wonach die Dogmatik erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die Bibelexegese in ihrer vorgeordneten Position in der Unterweisung der theologischen Fakultäten ablöste. 301 Vgl. Kaufmann, Chemnitz, 184. Eine Übersicht über die rechtlichen Vorgaben zum Studium der Loci anhand der Statuten protestantischer Universitäten im Alten Reich bietet Kaufmann, Chemnitz, 185–190, Anm. 4.
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ordnung für den Ramismus offenbar (vgl. die Hinweise zum ersten Mathematikprofessor, zum Rhetor und Logiker), worin sich möglicherweis der Einfluss Johan Skyttes widerspiegelt.302 Die einzelnen Studenten werden in Klassen eingeteilt (Kapitel XIX). Sie sollen zumindest zwei öffentliche Vorlesungen hören; darüber hinaus sind generell alle Studenten zur Teilnahme an den Sprachkursen verpflichtet. Der Zweck aller Bildungsbemühungen ist auf das Wohl von Gesellschaft und Staat ausgerichtet, wobei über den Weg einer besseren Ausbildung ein Wandel in der Mentalität der Bevölkerung stattfinden soll: Discant vero adolescentes non humiliter et abiecte de se sentire deque presenti reipublicæ statu, unde frequenter oriuntur de rebus varijs quærimoniæ et lamentationes, exterarum rerum admiratio, desperatio de rebus et actionibus præclaris, magnum in reipubliæ administratione impedimentum. Quæ omnia educatione et informatione corrigenda sunt, ut ergantur mature iuvenum animi ad spem meliorem et præclaras actiones, ubi etiam singularis præceptorum industria reqviritur.303
Die abschließenden Anweisungen zum Benehmen der Studenten (Kapitel XXII) zeigen, welches Verhalten aus Sicht der Verfasser als zielführend erachtet wird. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Universitätsordnung von 1626 ausführlich und geordnet den akademischen Alltag an der Universität Uppsala regelt. Es besteht kein Zweifel, dass es sich um eine lutherische Lehranstalt handelt, ohne dass eine ausdrückliche konfessionelle Abgrenzung vorgenommen wird. Die Vorgaben, die die vier theologischen Professuren betreffen – sei es im Hinblick auf die Einbindung der Professoren in das Kirchenwesen oder den Inhalt der Vorlesungen – sind auf das Notwendigste reduziert. Die Universitätsordnung ermahnt zu einer studentenfreundlichen Pädagogik, bei der Unterrichtsinhalte klar und deutlich vermittelt werden. In Bezug auf die Theologie findet sich dieses Anliegen in der Ablehnung aller metaphysischen Spekulationen oder scholastischen Feinheiten wieder. Mit 18 vorgesehenen Lehrpersonen muss die Universität Uppsala den internationalen Vergleich nun nicht mehr scheuen. Mit dem Aufschwung der Universität geht aber auch eine zunehmende Isolierung einher, indem die Universitätsordnung an ausländischen Universitäten erworbene akademische Grade mit beruflichen Sanktionen belegt. Die bildungsfreundliche Haltung von König Gustav II. Adolf führte zu umfas senden Investitionen und Reformen der Universität Uppsala. Diese verlor aber schon bald ihr Monopol für die höhere Bildung, da das Königreich durch die Gründung von Universitäten in Dorpat / Tartu (1632), Åbo / Turku (1640) und Lund (1666) die Studienmöglichkeiten im eigenen Land vervielfältigte, wobei diese Universitäten hauptsächlich eine regionale Anziehungskraft besaßen. Hinzu kam ab
302 So Annerstedt, Historia 1, 215, Anm. 4. 303 Annerstedt (Hg.), Bihang I, 281.
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1648 die Universität Greifswald, die infolge des Westfälischen Friedens in schwedische Hände fiel. Die Vorrangstellung der Universität Uppsala unter den schwedischen Lehranstalten blieb aber weitgehend unangefochten. Zuletzt soll ein Blick auf ihr weiteres Schicksal unter der Herrschaft von Königin Kristina bis zum Ende des 17. Jahrhunderts geworfen werden.
2.3.7 Die Revision der Universitätsstatuten unter Karl X. Gustav In Kristina (Königin 1632–1654) fand das wissenschaftliche Leben in Schweden eine großzügige Gönnerin. Auf ihre Einladung hin kamen ausländische Gelehrte in den Norden, was zu einer vergleichsweise starken Vernetzung des Königreichs mit der europäischen Gelehrtenwelt führte. Dies machte sich auch an der Universität Uppsala bemerkbar, z. B. durch die Berufungen von Johannes Schefferus, Johann Heinrich Boeckler sowie Christian Ravius (vgl. zu Ravius unten Kap. 4.2.3).304 Ebenso ist für Kristinas Bildungspolitik charakteristisch, dass sie außergewöhnlich vielen schwedischen Studenten durch Stipendien ein weiterführendes Studium im Ausland ermöglichte.305 Sie bestätigte bereits kurz nach der Übernahme der Regierungsgeschäfte (Vormundschaftsregierung 1632–1644) am 22.12.1646 die Schenkungen ihres Vaters an die Universität und die Privilegien, die er der Lehranstalt verliehen hatte.306 In Kristinas Regierungszeit begannen bereits Arbeiten zur Revision der Universitätsstatuten von 1626, welchen noch immer eine königliche Bestätigung fehlte.307 Das Projekt wurde aber erst unter ihrem Nachfolger Karl X. Gustav (König 1 654–1660) abgeschlossen; am 27.06.1655 unterzeichnete er die neue Universitätsordnung. Diese folgt in Aufbau und Inhalt weitgehend ihrer Vorgängerin, sodass im Folgenden lediglich die Unterschiede in den oben behandelten Aspekten dargestellt werden. In der Frage, was Grundlage und Maßstab aller Lehre an der Universität sein soll, präzisieren die Statuten von 1655 die bisherigen Vorgaben, indem ausdrücklich die Confessio Augustana „invariata“308 als bekenntnismäßiges Fundament des Unterrichts bestimmt wird. Forderten die Statuten von 1626 noch einen „veræ Lutheranæ religionis professor et cultor“ (s. o. Anm. 291) als Kanzler, soll es nun ein Mann sein, 304 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 327–331, wobei Annerstedts auffällig negative Sicht auf Kristinas Kontakte zu ausländischen Gelehrten und ihre Regierungsweise im Allgemeinen allerdings mit Vorsicht zu behandeln ist. 305 Vgl. Annerstedt, Historia 1, 336 f. 306 Vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang I, 371–373. 307 Zum Hintergrund und Inhalt der neuen Universitätsordnung von 1655 vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, I–XV, bzw. Annerstedt, Öden, 15–27. Universitätsarchivar Johan Sjöberg verdanke ich den Hinweis, dass inzwischen eine auf Annerstedt basierende Neuausgabe der Konstitutionen von 1655 mit schwedischer Übersetzung vorliegt, wobei ich mich jedoch im Folgenden auf die Ausgabe von Annerstedt beziehe, vgl. Östlund, 1655 års konstitutioner. 308 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 2.
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der der „orthodoxæ religioni, in verbo Dei, confessione Augustana invariata et concilio Upsaliensi comprehensæ“309 ergeben ist. Gegenüber den Universitätsstatuten von 1626 werden die Disputationsanforde rungen an die Professoren gesenkt. Diese sollen generell nur noch einmal pro Jahr zu einer Disputation verpflichtet sein. Davon ausgenommen sind die Professoren für Sprachen, Geschichte, Eloquenz und Mathematik, welchen zugestanden wird, anders ihre Fertigkeiten unter Beweis zu stellen.310 Das Recht, theologische Thesen in den Disputationen zu behandeln, wird auf die theologische Fakultät beschränkt. Auch der Rekurs auf Korollare, „quæ non aliunde, quam ex lumine gratiæ seu pecu liari revelatione, nota sunt“,311 wird untersagt. Im Hinblick auf die Vergabe von Studienabschlüssen setzt die Universitätsordnung von 1655 andere Schwerpunkte als ihre Vorgängerin. Der Erhalt eines akademischen Abschlusses ist nicht länger an eine bestimmte Studiendauer geknüpft. Stattdessen setzt dieser bestimmte Kenntnisse des Studenten voraus, insbesondere das Studium der lateinischen und griechischen Sprache sowie der Weltgeschichte nach der Darstellung antiker Historiker wie Sulpicius Severus, Justinus, Eutropius und Florus.312 Die Statuten von 1655 stärken zudem den Einfluss der Bischöfe, indem die Erlangung eines Studienabschlusses an der philosophischen Fakultät nicht nur von der Zustimmung der Fakultät abhängen soll, sondern auch von der Einwilligung des jeweiligen Bischofs, wenn der Kandidat eine berufliche Laufbahn in dessen Bistum anstrebt.313 Die theologische Fakultät kann ihre Vorrangstellung 309 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 3. [Hervorhebung im Original getilgt] Diese konfessionelle Zuspitzung spiegelt laut Annerstedt den Einfluss der Bischöfe auf die neue Universitätsordnung wider, vgl. Annerstedt, Öden, 16. 310 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 17 f: „[…] quotannis semel disputabit, exceptis linguarum, historiarum, eloquentiæ et mathematum professoribus, quibus loco disputationum (: nisi eas habere ipsi malint:) aliud diligentiæ specimen edere licebit […].“ 311 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 35. Die Absicht, nur theologisch geschulten Personen das Recht zur Erörterung theologischer Themen einzuräumen, wird auch an dieser neuen Regelung sichtbar: „Nemini ad publicam professionem theologicam aditus, nisi theologiæ licentiato, patebit“, s. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 34. Zieht man in diesem Zusammenhang die Bestimmungen über die Professur für orientalische Sprachen hinzu, wie die frühere Professur für Hebräisch nun heißt, wird deutlich, wie Annerstedt zutreffend festhält, dass diese trotz erweiterter fachlicher Zuständigkeit noch immer als „förskola till det teologiska studiet“ angesehen wurde, vgl. Annerstedt, Öden, 20. Denn einerseits soll der Professor über kontroverse Bibelstellen disputieren, um daran den orthodoxen Sinn der Heiligen Schrift darzulegen, aber wenn er andererseits dabei theologische Lehrsätze berührt, ist die Disputation im Voraus der Zensur durch die theologische Fakultät unterworfen, vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 41. 312 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 28. 313 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 28: „Qui autem suffragio facultatis approbatus est, priusquam admittatur ad gradum, episcopi, cujus dioecesi subest, permissionem et literas commendatitias ad facultatem pro gradu consequendo exhibebit, si in dioecesi promotionem affectat.“ Annerstedt zufolge ist diese Regelung auf den in den Bistümern beklagten Missstand zurückzuführen, dass Pfarrer, die bereits vor langer Zeit die Universität verlassen hatten, dorthin zurückkehrten, um sich durch den Erwerb eines akademischen Abschlusses eine schnelle Beförderung zu sichern. Die Bischöfe dagegen wollten laut Annerstedt die lukrativsten Pfarrstellen
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an der Universität weiter ausbauen, denn ihre Bestätigung der Glaubensfestigkeit des betreffenden Studenten wird zur Voraussetzung für die Prüfungszulassung an den anderen Fakultäten erklärt: „Quicunque examinandus est in jure, medicina vel philosophia, is ad examen non admittetur, nisi habuerit testimonium a facultate theologica de necessaria articulorum fidei cognitione […].“314 Dabei reicht katechetisches Basiswissen nicht aus; gefordert sind darüber hinaus die Fähigkeit, die dogmatischen Grundannahmen aus der Bibel abzuleiten, sowie ein zumindest mittelmäßiges Wissen um die Geschichte in alt- und neutestamentlicher Zeit.315 Die Kirchengeschichte konnte sich also als fester Bestandteil der theologischen Vorprüfung etablieren. Im Gegenzug setzt ein Abschluss an einer höheren Fakultät nicht mehr ein sechsjähriges philosophisches Studium voraus wie in den Statuten von 1626, sondern ein Zeugnis der philosophischen Fakultät, das die historischen Kenntnisse und Sprachfertigkeiten des Kandidaten sowie allgemein seine Kompetenz in philosophischen Fragen belegt.316 Laut Annerstedt blieb die Forderung nach einem Zeugnis der philosophischen Fakultät aber faktisch wirkungslos, weil Studienabschlüsse an der juristischen und medizinischen Fakultät zunächst eine Seltenheit blieben und Absolventen der theologischen Fakultät in der Regel sowieso bereits eine philosophische Qualifikation vorweisen konnten.317 Ließ die Universitätsordnung von 1626 bereits keinen Zweifel daran, dass der mit beruflichen Nachteilen rechnen muss, der seinen akademischen Abschluss nicht in Uppsala erlangt, so wird diese Bestimmung nun aufgenommen und zugleich verschärft. Denn die Statuten von 1655 ergänzen pauschal, dass es verboten ist, einen Titel an Universitäten „heterodoxer“ Religion zu erwerben: „In heterodoxæ religionis academiis nemini licebit gradum accipere.“318 Auch wenn an dieser Stelle nicht näher ausgeführt wird, welche Universitäten unter diese Kategorie fallen, so gibt doch die in den Statuten vorgenommene Ausrichtung der universitären Lehre an der Confessio Augustana invariata den Maßstab für die Beurteilung der Rechtechten Gelehrten vorbehalten. Möglicherweise sollte durch diese Regelung aber auch eine Magisterschwemme verhindert werden, die der Arbeitsmarkt nicht auffangen könnte, vgl. Annerstedt, Öden, 22, Anm. 1. 314 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 29. 315 Vgl. die Fortsetzung des Zitats aus Anm. 314, worin die theologischen Anforderungen genauer entfaltet werden: „[…] nempe quod et ipsos fidei christianæ articulos secundum symbola et confessionem Suecanæ ecclesiæ, et auctorem locorum theologicorum in academia receptum recte perceperit, et eorundem præcipua fundamenta ex scriptura sacra depromere valuerit, nec non seriem historiæ biblicæ veteris et novi testamenti mediocriter cognoverit.“ Laut Annerstedt hatte die Frage nach einer theologischen Vorprüfung die theologische und philosophische Fakultät gegeneinander aufgebracht, wobei die Theologen geltend machten, dass viele Magister der philosophischen Fakultät kirchliche Ämter bekleideten, sodass der Erwerb theologischer Kenntnisse im Studium sichergestellt werden müsse. Die Philosophieprofessoren wiesen den Anspruch dagegen als unnötig und als Ausdruck eines längst überkommenen Dominanzstrebens der Theologie über die anderen Wissenschaften zurück. Vgl. Annerstedt, Öden, 7 f. 316 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 29. 317 Vgl. Annerstedt, Öden, 22. 318 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 29.
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gläubigkeit anderer Hochschulen vor. Am sichersten scheint es für schwedische Studenten zu sein, überhaupt keinen Abschluss an fremden Universitäten anzuvisieren, da sie in diesem Fall auch nicht länger auf die Güte des Königs hoffen können – diese Option wird nämlich in den neuen Statuten ersatzlos gestrichen.319 Zu betonen ist aber, dass die Statuten nicht das Studium an „heterodoxen“ Universitäten per se verbieten, sondern lediglich, das Studium dort mit einem akademischen Abschluss zu beenden. Allerdings erlauben die Statuten von 1655 Studien an fremden Hochschulen nur beim Nachweis solider dogmatischer Grundkenntnisse des jeweiligen Studenten, worüber nach vorheriger Prüfung durch die Professoren ein vom Rektor und den Dekanen ausgestelltes Zeugnis Aufschluss geben soll.320 Ein Zeugnis des Rektors sollen darüber hinaus von nun an alle Studenten vorweisen können, wenn sie die Universität verlassen und eine Anstellung im Heimatland, insbesondere in den Bistümern, suchen.321 Die Bedeutung der theologischen Fakultät wird zudem dadurch gestärkt, dass ihr die Einführung eines neuen theologischen Grades neben Lizentiat und Doktortitel erlaubt wird. Zum „Kandidaten der Theologie“ kann ernannt werden, wer sich als kompetent im Umgang mit der Genesis, den Psalmen, Jesaja und dem Neuen Testament im biblischen Urtext ohne Zuhilfenahme einer lateinischen Übersetzung erweist, den rechtgläubigen Sinn verschiedener Bibelstellen darzulegen vermag und einigermaßen mit den Glaubensartikeln der schwedischen Kirche und kirchengeschichtlichen Fragestellungen vertraut ist.322 Dabei wird von den Studenten eine grundlegende Einsicht in den gegenwärtigen theologischen Diskurs erwartet, da sie explizit nachweisen sollen, dass sie die Glaubensartikel vor dem Hintergrund ihrer Einbindung in aktuelle innerkirchliche Kontroversen verstehen. Die Einführung dieses neuen Titels soll sich positiv auf die Motivation der Studenten auswirken. Tatsächlich untergräbt er aber den Wirkungsbereich der philosophischen Fakultät, da die Statuten ergänzend festhalten, dass bei der Vergabe von schulischen und kirchlichen Ämtern Kandidaten der Theologie bei sonst gleicher Eignung unter 319 Vgl. den Abschnitt unter der Überschrift „Statutum peculiare“ in Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 33, mit der älteren Formulierung in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 273. Die neuen Statuten ersetzen den Ausdruck „accipient gradum Upsaliæ“ durch „accipient gradum in regni hujus academiis“, da zu diesem Zeitpunkt die Universität Uppsala nicht mehr die einzige Hochschule im schwedischen Reich war. Im Abschnitt über die studentischen Privilegien (Kap. XXIV) wird der Vorrang heimischer Universitätsabsolventen bei der Vergabe von Ämtern in Schule und Kirche nochmals unmissverständlich festgehalten: „[…] atque qui gradum in patria acquirit, in docendi munere publico in ecclesiis vel scholis atque aliis honoribus reliquis præferetur.“ 320 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 52: „Studiosorum nemini ad exteras natio nes et academias ire licebit, nisi qui secundum vitæ suæ institutum necessariæ eruditionis partibus, omnino vero cognitione articulorum fidei in symbolis et confessione suecicæ ecclesiæ locorumque theologicorum auctore in academia recepto mediocriter instructus fuerit, profectuque suo professoribus probato, testimonium rectoris et decanorum in frequenti senatu recitatum impetraverit.“ 321 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 52: „In universum autem ab academica societate nemo, qui in patria et cum primis dioecesibus promoveri cupit, absque academiæ rectoris testimonio discedet.“ 322 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 34.
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den Bewerbern bevorzugt werden sollen – unabhängig davon, ob die Konkurrenten einen Magistertitel führen oder nicht.323 Damit soll der philosophische Magistergrad an Attraktivität für die Studenten verlieren, die eine berufliche Laufbahn innerhalb von Kirche und Schulwesen erwägen.324 Zeichnete sich die Universitätsordnung von 1626 noch besonders durch ihre Präferenz für die sokratische oder ramistische Methode aus, so wird dieser Hinweis von den neuen Universitätsstatuten nicht wiederholt. Stattdessen beschränken sich diese auf die Anweisung, eine Methode zu wählen, die der Beschaffenheit des Unterrichtsstoffs und den geistigen Fähigkeiten der Lernenden entspricht.325 Auch das explizite Verbot metaphysischer Spekulationen findet sich in den Statuten von 1655 nur in abgewandelter Form wieder; nunmehr sollen die Professoren allgemein von „unnützen“ Spekulationen („inutilibusque speculationibus“326) Abstand nehmen.327 Die Universitätsordnung von 1655 äußert sich ausführlicher zum Unterricht und den Professuren an der theologischen Fakultät als ihre Vorgängerin von 1626.328 Auffällig ist zunächst der Tausch der Fachbereiche zwischen der ersten und zweiten theologischen Professur: Der erste Theologieprofessor, zugleich „pastor civitatis“, liest nun um neun Uhr über die neutestamentlichen Schriften. Zusätzlich wird ihm die Aufgabe erteilt, die Kirchengeschichte seit der Geburt Christi vorzustellen. Die Unterweisung bis zur Geburt Christi nimmt der zweite Professor wahr. Zu dessen Verantwortungsbereich gehören außerdem die geschichtlichen Bücher des Alten Testaments, die er um acht Uhr erklärt. Dieser Wechsel der Aufgabenbereiche zwischen der ersten und zweiten Professur räumt dem Neuen Testament einen Bedeutungsvorrang gegenüber dem Alten Testament ein, indem sich nun der angesehenste Theologe den neutestamentlichen Schriften zuwenden soll. Mit den übrigen alttestamentlichen Büchern, vor allem den Psalmen, den großen und kleinen Propheten, beschäftigt sich der dritte Theologieprofessor um 14 Uhr. Anders als in den Statuten von 1626 wird nun bei allen drei exegetischen Professuren hervorgehoben, dass die 323 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 34: „Horum in promotionibus ad officia ecclesiastica et scholastica in suis dioecesibus ea habenda ratio est, ut reliquis, sive magistri fuerint, sive non, præferantur, si cætera quoad aptitudinem in tali officio paria fuerint.“ 324 Die theologische Fakultät stand gemäß Annerstedt, Öden, 9, vor dem Problem, dass viele Studenten vor den hohen Anforderungen, die der Erwerb eines theologischen Doktortitels an sie stellte, zurückschreckten und sich deshalb lieber um einen weniger anspruchsvollen Abschluss an der philosophischen Fakultät bemühten. Um den theologischen Studiengang attraktiver zu machen, ohne zugleich das Ansehen des Doktortitels zu schmälern, setzten sich die Theologieprofessoren für die Einführung eines theologischen Kandidatenexamens als Alternative zum philosophischen Magister ein. 325 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 38. Auch in der Mathematik, Rhetorik („Eloquenz“) und Logik wird nicht mehr auf Ramus Bezug genommen, vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 41; 43. 326 Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 38. 327 Auch bei den Bestimmungen zum Unterricht an der theologischen Fakultät ändert sich die Formulierung, indem „metaphysicarum“ durch „philosophicarum“ ersetzt wird, vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 39, und oben Anm. 299. 328 Vgl. zur theologischen Fakultät Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 38 f.
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jeweiligen Schriften aus dem biblischen Urtext heraus zu erklären sind. Damit korrespondiert die Forderung, die Fertigkeiten der Studenten in den biblischen Sprachen zu fördern.329 Die 1626 noch akzeptierte Überschneidung der Vorlesungen des zweiten und vierten Theologieprofessors wird in den neuen Statuten aufgehoben, indem letzterer nun um 15 Uhr mit seiner Unterweisung beginnt. Er behandelt dogmatische Fragen („locos theologicos seu articulos fidei“), und zwar zuerst anhand der Bekenntnisse, allen voran der Confessio Augustana, danach anhand der Loci theologici eines Autors, der an der heimischen Universität anerkannt ist. Damit ist nun ausdrücklich die Behandlung der Bekenntnisse im theologischen Lehrplan vorgesehen. Darüber hinaus sollen auch besondere Kontroversen in seinem Unterricht thematisiert werden. Dass die Aufteilung der Fachgebiete auf die Professuren nicht allzu starr verstanden werden darf, zeigt die Erlaubnis, bei schwerwiegenden Gründen die Aufgabenbereiche gegebenenfalls untereinander auszutauschen, solange das Lehrangebot im vollen Umfang gewährleistet wird. Vergleicht man die Verteilung der Professuren in den Statuten von 1626 und 1655, so fällt auf, dass die neue Ordnung nur noch 17 Professuren vorsieht, da es nur noch zwei Mathematikprofessoren gibt. Die von Skytte gestiftete Professur wird in den Statuten nicht berücksichtigt (vgl. Anm. 256). Die Einteilung der Studenten in Klassen wird aufgegeben, ebenso entfällt die allgemeine Verpflichtung zu Sprachübungen. Hinsichtlich der Anzahl an öffentlichen Vorlesungen, denen ein Student beiwohnen soll, bleibt die neue Universitätsordnung unbestimmt, indem sie die 1626 vorgesehenen zwei Vorlesungen durch „einige“ („aliquot“) Vorlesungen ersetzt.330Auf den Einfluss der Theologen ist aber vermutlich die Klausel zurückzuführen, die verschiedene Studentengruppen zum Besuch mindestens einer theologischen Vorlesung verpflichtet, nämlich Stipendiaten bzw. Anwärter auf ein Stipendium ungeachtet ihrer Fakultätszugehörigkeit, angehende Kirchendiener sowie Studenten, die einen akademischen Grad anstreben oder eine Empfehlung des Rektors an den König, an Bischöfe oder andere hochstehende Personen erhalten wollen.331 Zusammenfassend gibt der Vergleich zwischen den Universitätsstatuten von 1626 und 1655 ein gesteigertes Bedürfnis nach der Bewahrung der eigenen konfessionellen Identität zu erkennen. Die Theologie wird zunehmend zu einer Wissenschaft der Spezialisten erhoben, indem die selbstverantwortliche Behandlung theologischer Fragen exklusiv der theologischen Fakultät zugesprochen wird. Diesem Anliegen dient auch die verstärkte Abgrenzung gegenüber dem religiösen Einfluss ausländischer Universitäten, die daran sichtbar wird, dass Studienabschlüsse an heterodoxen Hochschulen allgemein verboten werden und Auslandsstudien eine konfessionelle Stabilität der Studenten voraussetzen. Zudem ist auffällig, dass die 329 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 39: „Operam etiam dabunt, quantum fieri potest, ut lectionibus theologicis adscripti studiosi fundamenta linguarum, inprimis hebreæ et græcæ, jecerint.“ 330 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 44. 331 Vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, 44.
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Eigenständigkeit der philosophischen Fakultät durch Übergriffe von Seiten der Theologen infrage gestellt wird. Denn die Einführung des theologischen Kandidatenexamens relativiert den Wert eines philosophischen Magistertitels, wie auch die theologische Fakultät durch den geforderten Nachweis fundamentaler theologischer Kenntnisse vor dem Abschluss an einer der anderen Fakultäten einen erheblichen Einfluss auf die internen Prüfungsangelegenheiten der anderen Fakultäten gewinnt. Allerdings ist zuzugeben, dass damit einer Realität Rechnung getragen wird, in der die meisten Absolventen der philosophischen Fakultät ihren beruflichen Weg letztlich doch innerhalb der Kirche suchen. Anders als im Fall der juristischen und medizinischen Fakultät scheint die Forderung nach einer grundlegenden theologischen Ausbildung dieser Personengruppe daher nahezuliegen. Im Auftrag Karls XI. (König 1672–1697) wurden die Universitätsstatuten 1696 ins Schwedische übersetzt und anschließend einer Revision unterzogen.332 Der Tod des Königs brachte dieses Projekt jedoch zum Erliegen. Obwohl in die Verfassung der Universität durch Königsbriefe in der Folgezeit immer wieder eingegriffen wurde, kam der Wunsch nach einer umfassenden Überarbeitung der Universitätsstatuten unter den Nachfolgern Karls XI. wiederholt zur Sprache. Realisiert wurde dieses Vorhaben aber erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts, sodass die Universitätsstatuten von 1655 im Jahr 1852 von einer neuen Ordnung abgelöst wurden.
2.4 Zusammenfassung Die mittelalterlichen Hochschulgründungen in Uppsala (1477) und Kopenhagen (1479) erfolgten kurz nacheinander, was vor dem Hintergrund der in jenen Jahren virulenten Konkurrenz zwischen beiden Ländern verständlich wird. Die Wahl der Standorte verrät bereits, wer die Errichtung der Universitäten maßgeblich vorantrieb. In Schweden zeigte sich in erster Linie der Erzbischof Jakob Ulfsson für die Eröffnung und Aufrechterhaltung der Universität verantwortlich. Mit seinem Rücktritt 1515 verlieren sich allmählich auch die Spuren der Hochschule. In der Zusammensetzung des Lehrkörpers setzte die Universität einen lokalen Schwerpunkt, indem auf Mitglieder des Domkapitels zurückgegriffen wurde. Die Initiative zur Gründung einer Hochschule in Kopenhagen ging von König Christian I. aus. Sie wies ein international besetztes Professorenkollegium auf, da einige der ersten Professoren aus Köln berufen wurden. Während die Universität Uppsala unbeeindruckt von reformatorischen Umwälzungen ihre Tore schloss, trugen königlich geduldete, z. T. sogar geförderte reformatorische Aufbrüche, die im Bildungswesen ihren unmittelbarsten Ausdruck in der Gründung evangelischer Pfarrschulen fanden, in Verbindung mit machtpolitischen Auseinandersetzungen dazu bei, dass die katholische Wirkungsperiode der dänischen Hochschule um 1530/31 endete. 332 Zur Revisionsarbeit von 1696/97 und dem daraus hervorgegangenen Vorschlag vgl. Annerstedt, Organisation, 2–7.
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Trotz zeitlich gesehen gemeinsamer Anfänge gestaltete sich das Schicksal beider nordischer Universitäten höchst unterschiedlich, nachdem ihr Lehrbetrieb niedergelegt worden war. Die Kopenhagener Universität wurde auf Betreiben des neuen Königs Christian III. im Zuge der reformatorischen Umgestaltung seines Herrschaftsbereichs bereits 1537 wiedereröffnet. Das Universitätswesen wurde unmissverständlich zu einer königlichen Angelegenheit, wobei der Kanzler des Königs in seiner Funktion als Universitätskanzler eine enge Verbindung zwischen Universität und König gewährleistete. Die Wiedererrichtung der Hochschule geschah in Absprache mit dem lutherischen Ausland – im Juli 1537 erreichte Johannes Bugenhagen die dänische Hauptstadt. Im Jahr 1539 erhielt die Universität ausführliche neue Satzungen. Besonders indem das Superintendentenamt von Seeland dauerhaft mit einer Theologieprofessur verbunden wurde, blieb der Zusammenhang zwischen Kirche und Universität erhalten. Den drei Theologieprofessoren wurde durch die Universitätsordnung nach reformatorischem Ideal ein biblischer Unterricht mit dogmatischen Akzenten auferlegt. Die zu diesem Zweck empfohlene Literatur offenbart, dass man sich theologisch gleichermaßen an Luther und Melanchthon orientierte. Eine theologische Streitkultur war nicht erwünscht; Neuheiten durften in Disputationen nur zum Zweck ihrer Entkräftung berücksichtigt werden. Melanchthons Schriften spielten im Unterricht der artistischen Fakultät eine große Rolle. Die Fakultätsgrenzen waren noch fließend, denn auch den artistischen Professoren war es erlaubt, über theologische Themen zu disputieren. Dass die Universitätssatzungen Ähnlichkeiten mit der Wittenberger Universität aufweisen, ist in der Forschung häufig beobachtet worden. Angesichts der engen Kontakte Christians III. nach Wittenberg und des Modellcharakters, den die kursächsische Hochschule für die Organisation vieler anderer lutherischer Universitäten im Alten Reich innehatte, ist dies wenig erstaunlich. Im Jahr 1569 führte Frederik II. verpflichtende Universitätsstudien für angehende Pfarrer ein. Nur wer sich einige Jahre an der Universität aufgehalten hatte und dies mit einem Zeugnis des Rektors belegen konnte, sollte zur Übernahme eines Pfarramts berechtigt sein. Dieser erste Schritt zur Etablierung einer universitären Ausbildungsphase für Geistliche wurde im Jahr 1629 durch die Forderung nach einer theologischen Prüfung für alle, die im Pfarrdienst oder höheren Schulwesen tätig werden wollten, ergänzt. Ein neues Finanzierungskonzept für den akademischen Lehrkörper machte die Theologieprofessoren 1571 dauerhaft zu Mitgliedern des Domkapitels von Roskilde, womit der Aufgabenbereich der Theologen vorrangig um die Rechtsprechung in Eheangelegenheiten erweitert wurde. Zwar wurden die Universitätsstatuten von 1539 im Untersuchungszeitraum nicht grundlegend überarbeitet, aber ihnen wurden zumindest 1621 die so genannten Novellæ constitutiones hinzugefügt. Hierin wurde die obligatorische Studiendauer für angehende Lehrer bzw. Pfarrer auf zwei bis drei Jahre festgelegt. Die Kontrolle der Auslandsreisen von Studenten nahm zu. Die Professoren wurden nachdrücklich an ihre Lehrverpflichtungen erinnert, wobei sie ihre Vorlesungen innerhalb eines Jahres unter Absehung von unnützem Diktieren abschließen sollten. Im Jahr 1630 richtete Christian IV.
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eine vierte theologische Professur ein, die sich speziell dogmatischen Fragestellungen widmen sollte. Die Zulassungsbedingungen zum theologischen Examen wurden im Verlauf des 17. Jahrhunderts sukzessive erhöht: Predigtübungen wurden 1635 obligatorisch eingeführt, 1675 folgte eine philosophische Vorprüfung. Auch wenn philosophische und theologische Studien immer deutlicher voneinander getrennt wurden, blieb die Beschäftigung mit theologischen Themenkomplexen nach damaliger Auffassung also weiterhin auf ein grundlegendes philosophisches Basiswissen angewiesen. Für die Entwicklung im schwedischen Nachbarland ist kennzeichnend, dass dieses über weite Teile des 16. Jahrhunderts einer funktionsfähigen Universität entbehrte. Der allmähliche Übergang zum protestantischen Bekenntnis seit Gustav Vasas Regierungsantritt, der erst 1593 offiziell abgeschlossen wurde, ging erstaunlicherweise nicht wie in Dänemark-Norwegen (und für gewöhnlich in den Territorien des Alten Reiches) mit der (Wieder-)Errichtung der Universität einher. Erst Johan III. verhalf der Universität durch die Einstellung mehrerer Professoren wieder zu neuer Wirksamkeit. Der Widerstand der Professoren gegen seine liturgischen Reformen in der zweiten Hälfte der 1570er-Jahre minderte sein Interesse am Bestand der Hochschule anscheinend erheblich; um 1580 stellte sie ihren Unterrichtsbetrieb ein. Dieser Widerspruch zwischen Professoren und königlicher Macht ist auch für den nächsten Anlauf charakteristisch, in Schweden dauerhaft eine protestantische Universität zu etablieren. Auf Professorenseite agierten ehemalige Lehrer an Johans Stockholmer Kolleg, an dem nach einer Phase verdeckter jesuitischer Infiltration lutherisch gesinnte Lehrer tätig gewesen waren. Diese nahmen nicht nur bei dem so genannten Uppsala möte 1593 Schlüsselrollen ein und trieben das Universitätsprojekt entschlossen voran, sondern wurden auch zu Professoren an der wiedererrichteten Universität berufen. Die dauerhafte Wiedereröffnung der Universität Uppsala verdankt sich einer Allianz von Geistlichkeit, Herzog Karl und aristokratischem Reichsrat gegen den katholischen, legitimen Thronfolger Sigismund, König von Polen. In den Postulaten, die die Geistlichen auf dem Uppsala möte artikulierten, wurde die Aufrechterhaltung einer Universität bereits gefordert. Die sich anschließenden Vorgänge, die letztlich zur Wiedererrichtung der Hochschule führten, liegen jedoch weitgehend im Dunkeln. Im Juli 1593 verhandelten vermutlich die Professoren des ehemaligen Stockholmer Kollegs mit dem Herzog und dem Rat in Stockholm, wobei die Professoren in diesem Zusammenhang wahrscheinlich ein Gutachten über das schwedische Bildungswesen erstellten. Darin bildete die Forderung nach einem Kanzler für die Universität in Gestalt einer führenden Person des politischen Lebens, die mit der religiösen Ausrichtung der Lehranstalt übereinstimmt, ein zentrales Anliegen. Zur Verbesserung des Unterrichtsniveaus an den Schulen schlugen sie vor, angehende Lehrer zukünftig an der Universität auf ihre Eignung hin überprüfen zu lassen, ohne die Bischöfe und Kapitel ihrer letztinstanzlichen Entscheidungsbefugnis berauben zu wollen. Herzog Karl und einige Mitglieder des Reichsrats äußerten sich am 01.08.1593, noch bevor Sigismund in Schweden eintraf, zur Forderung der
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Geistlichen nach einer Universität. Die vorgesehenen sieben Professuren spiegeln den bescheidenen Umfang des Vorhabens wider, dessen Schwerpunkt eindeutig auf der Theologie lag. Altes Testament, Neues Testament, Glaubenslehre und Kontroverstheologie sollten an der Universität unterrichtet werden. In den Verhandlungen mit Sigismund wurde der protestantische Charakter der Bildungsinstitution von den Geistlichen wie vom Reichsrat immer wieder betont und stand damit dem Bekenntnis des neuen Herrschers diametral entgegen. In den Privilegien der Geistlichen stimmte Sigismund schließlich aller Wahrscheinlichkeit nach der Aufrechterhaltung der Akademie in Uppsala nach der allgemeinen Religion des Landes zu und stellte die Erarbeitung einer genaueren Ordnung in Absprache mit Herzog Karl und dem Rat in Aussicht. Die Geistlichen nutzten auf einer Synode in Uppsala im Februar 1595 die Gelegenheit, ihre Vorstellung von der Ordnung der Universität gegenüber dem Herzog zu formulieren. Auffällig, wenn auch nicht verwunderlich sind die weitreichenden Rechte, die der Universität und den Bischöfen zugestanden wurden, während dem König nur ein marginaler Einfluss eingeräumt wurde. In seiner Antwort vom 27.02.1595 kam Herzog Karl den Forderungen der Geistlichen weit entgegen, wobei er die bischöflichen Befugnisse gegenüber den Ansprüchen der Universität stärkte. Die Privilegien der Universität, die der Herzog und acht Reichsräte am 15.03.1595 ausfertigten, knüpften an diese beiden Dokumente an. Die Universität wurde hierin nicht nach dem Modell einer typischen landesherrlichen Universität konstruiert; stattdessen offenbaren die großen Einflussmöglichkeiten der Kirche Kontinuitäten zu mittelalterlichen Strukturen. Dies wird besonders am Beispiel der zentralen Gestalt des Universitätskanzlers deutlich, der durch den Erzbischof, die Bischöfe und die Universität gewählt werden sollte. Einer allgemeinen Kirchenversammlung, bei der auch königliche Gesandte anwesend sein sollten, sollte es obliegen, Konflikte an der Universität zu untersuchen, sodass der Kirche in Gestalt eines synodalen Moments weiterhin eine Kontrollfunktion gegenüber der Hochschule zukam. Nachdem Herzog Karl die Herrschaft in Schweden errungen hatte, ließ sein Eifer für die Förderung des Universitätsprojektes merklich nach. Zwar äußerte er auf dem Reichstag von Norrköping 1604 die Absicht, die Anzahl der Professoren auf elf zu erhöhen. Davon profitierte die theologische Fakultät aber nicht, weil er die Theologieprofessuren zugleich auf zwei reduzieren wollte. Vor dem Hintergrund der veränderten politischen Gegebenheiten in Schweden wird verständlich, warum Karl sich selbst als König in diesem Vorschlag weitgehende Rechte in Bezug auf die universitäre Personalpolitik zugestand. Dieser Vorschlag entwickelte aber offenbar ebenso wenig Relevanz wie ein aus Professorenkreisen vorgelegter Entwurf für Universitätsstatuten aus dem Jahr 1606, der möglicherweise von Johannes Rudbeckius stammt und später bei der Organisation des Gymnasiums in Västerås rezipiert wurde. Erst unter Gustav II. Adolf erlebte das höhere Bildungswesen in Schweden in den 1620er-Jahren einen regelrechten Aufschwung. Dabei vertraute er auf den Rat der Geistlichen, welche die von ihm in Erwägung gezogene Internationalisierung
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des Professorenkollegiums der Universität entschieden ablehnten. Die Theologieprofessoren blieben weiterhin Mitglieder des vom Erzbischof geleiteten Domkapitels. Schon 1621 richtete Gustav II. Adolf eine vierte Professur für Theologie ein. Im Jahr 1625 erhielt die Universität neue Privilegien. Während sich der König das Bestätigungsrecht bei der Berufung neuer, in der Regel schwedischer Professoren vorbehielt, wurden die Belange der Universität im Wesentlichen durch den Kanzler – ein akademisch gebildetes Mitglied des Reichsrats mit untadeliger christlicher Überzeugung – und den Erzbischof als Prokanzler vor Ort geregelt. Zwar konnte das Domkapitel von Uppsala in begrenztem Maße Befugnisse bewahren, besonders was die Kontrolle der studentischen Auslandsreisen anging. Das Kollegium der Bischöfe spielte in den Privilegien aber keine erkennbare Rolle mehr. Ein Jahr später wurde die Universität auch mit einer neuen Ordnung versehen. Der Kanzler sollte vom König bestimmt werden, der Erzbischof behielt das Amt des Prokanzlers. Zu Auslandsstudien, die mit einem Grad abgeschlossen wurden, äußerte sich die Ordnung sehr restriktiv. Im Unterricht wies sie eine starke Affinität zu ramistischen Ideen auf. Den Theologieprofessoren wurden bestimmte Fachgebiete zugewiesen, wobei die ersten drei Professoren mit der Auslegung der Bibel beauftragt wurden, während der vierte Professor die Glaubensartikel und Kontroversen behandeln sollte. Schon 1655 bekam die Universität unter Karl X. Gustav neue Statuten, die besonders im Bereich der akademischen Grade wesentliche Veränderungen vornahmen. Den Bischöfen wurde ein Mitbestimmungsrecht bei der Verleihung akademischer Grade an der artistischen Fakultät zugebilligt. Die theologische Fakultät konnte ihre Vorrangstellung an der Universität nicht nur bewahren, sondern auch ausbauen, indem eine theologische Vorprüfung als Bedingung zum Erhalt eines Grades an den anderen Fakultäten sowie der Grad eines Kandidaten der Theologie eingeführt wurden und bestimmten Studentengruppen die Pflicht zum Besuch einer theologischen Vorlesung auferlegt wurde. Einem Auslandsstudium sollte eine dogmatische Prüfung durch die Professoren vorausgehen. Die Kirchengeschichte hielt offiziell Einzug in den theologischen Fächerkanon, der vierte Theologieprofessor sollte nun zusätzlich auch Bekenntnisse in seinem Unterricht behandeln. Revisionen der geltenden Universitätsstatuten wurden sowohl in DänemarkNorwegen als auch in Schweden in den 1690er-Jahren in Angriff genommen, blieben aber letztlich ohne Wirkung. Neue Statuten für Kopenhagen traten 1732 in Kraft; Uppsala erhielt erst 1852 eine neue Universitätsordnung.
3. Der Unterricht an den theologischen Fakultäten
Stecken die Universitätsstatuten den rechtlichen Rahmen ab, innerhalb dessen sich der Vorlesungsbetrieb an den theologischen Fakultäten bewegte, so sagt dies noch nichts darüber aus, inwieweit diese Vorgaben in der Praxis auch tatsächlich eingehalten wurden, sowohl was das Lehrangebot als auch was Verfahrensfragen betrifft. Hinzu kommt die Frage, welche Zielgruppe die Theologieprofessoren mit ihren Lehrveranstaltungen eigentlich anvisierten: Galt der Unterricht vornehmlich der Anleitung einer erlesenen Schar von künftigen Professoren, von potentiellen Bischöfen? Oder trug die Ausrichtung der theologischen Unterweisung auch den Bedürfnissen derer Rechnung, denen als angehende Gemeindepfarrer ein bescheidenerer Karriereweg bevorstand? Wenn im Folgenden das Lehrangebot der theologischen Fakultäten1 anhand der überlieferten Quellen rekonstruiert wird, soll auch auf Hinweise geachtet werden, die über die Zuhörer der Professoren Auskunft geben. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die rechtlichen Ausgangsbedingungen, die in Dänemark-Norwegen und Schweden hinsichtlich der Anforderungen an die Ausbildung künftiger Pfarrer vorliegen, signifikant unterscheiden. Ob und wie sich dies in der Unterrichtswirklichkeit, soweit sie sich zurückverfolgen lässt, widerspiegelt, bleibt zu fragen. Die Verlegung der Pfarrausbildung von den Kathedralen an die Universität wurde von Frederik II. bereits im Jahr 1569 beschlossen (s. o. Kap. 2.2.4.1), ohne dass damit schon etwas über die Art und Qualität der akademischen Studien eines angehenden Pfarrers ausgesagt würde. Die Situation im schwedischen Reich gestaltete sich komplizierter, weshalb dieser Problematik einige einleitende Überlegungen gewidmet sein sollen. Wie die Darstellung der rechtlichen Entwicklung gezeigt hat, kann hier von einer allgemein verbindlichen Normierung der Pfarrausbildung, geschweige denn von der Einführung einer obligatorischen universitären Ausbildungsphase im Untersuchungszeitraum keine Rede sein.2 So stellten von den 1620er- bis 1640er 1 Im Mittelpunkt der Untersuchung steht also nicht das im weiteren Sinn theologische Lehrangebot der gesamten Universität, sondern speziell der von den Theologieprofessoren geplante Unterricht. Kurse an der artistischen Fakultät, die theologische Themen berührten oder auf die Unterweisung an der theologischen Fakultät vorbereiteten – hier kann man etwa an den Unterricht in den biblischen Sprachen denken –, werden nicht berücksichtigt. Weiterhin bleibt das Disputationswesen zugunsten einer ausführlicheren Analyse der Vorlesungstätigkeit der Professoren außer Acht. 2 Erst im Jahr 1831 wurde im Anschluss an einen Vorschlag des Erzbischofs von Rosenstein durch einen königlichen Brief vom 12.03. beschlossen, dass sich Pfarrkandidaten an der theologischen Fakultät einschreiben und dort ein so genanntes Dimissionsexamen über den theologischen Fächerkanon ablegen mussten. Nach dem Dimissionsexamen waren sie zudem zur Teilnahme an homiletischen Übungen verpflichtet. Erst wenn sie vor den zuständigen Domkapiteln das bestandene Dimissionsexamen nachweisen konnten, durften sie ordiniert werden. Entsprechendes wurde durch königlichen Brief vom 10. bzw. 17.09.1831 auch für die Universität Lund festgelegt. Diese Regelung blieb bis 1903 bestehen. Vgl. Wikmark, Historia, 97–106.
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Jahren die Gymnasien, die auf Betreiben der Bischöfe in den Bistümern errichtet wurden, eine ernstzunehmende Ausbildungsalternative für angehende Pfarrer dar, obgleich sie anders als Universitäten keine akademischen Grade verleihen durften.3
3 Die Kirchenordnung (Kyrkoordning) von 1571 geht von der Existenz theologischer Lektorate an den Kathedralen aus, vgl. Kjöllerström (Hg.), Kyrkoordningen 1571, 112: „Thesse effterscreffne siw personer åt minsto behöffuas til at sittia widh Domkyrkiorna, Biscopen, Biscopens Offitial eller Prowest, Kyrkeheerden, Scolemestaren, Lector Theologiæ, Pœnitentiarius och Syslomannen, then ock må wara Sacristan, Hwilke personer alle, skola haffua theras wissa gårdar och vnderhåldning.“ [Hervorhebung im Original getilgt] Daher ist in Übereinstimmung mit den reformatorischen Verhältnissen im dänischen Nachbarland gemäß der Kirchenordnung (Kirke ordinans) von 1537/1539 anzunehmen, dass angehende Pfarrer ihre Ausbildung hier erhielten, vgl. Askmark, Prästutbildning, 61–77, und oben Kap. 2.2.4.1, Anm. 109. Dass sich dieser Weg der Pfarrausbildung in Schweden vergleichsweise lange behaupten konnte, wurde dadurch wesentlich begünstigt, dass Johan III. die Domkapitel reaktivierte. In der Folgezeit ging die Pfarrausbildung von den Kathedralen jedoch an die Schulen über nach dem Vorbild des Bistums Strängnäs, wo das theologische Lektorat seit dem Niedergang der Universität Uppsala unter Johan III. fest mit dem Schulwesen verbunden war, vgl. Askmark, Prästutbildning, 77 f. Dem Beispiel der in Strängnäs praktizierten Ordnung folgend wurden 1604 im Zuge der Umstrukturierung der Domkapitel ein theologisches Lektorat und Konrektorat an allen Kathedralschulen im Königreich eingeführt, vgl. Askmark, Prästutbildning, 83; Holmquist, Förvandling, 37. In der Schulordnung von 1611 erhielten die Kathedralschulen neue höhere Klassen, um ihrer Aufgabe, den geistlichen Nachwuchs auszubilden, mit Hilfe des dazu gewonnenen Lehrpersonals gerecht zu werden, vgl. Askmark, Prästutbildning, 85. Damit ging die Verpflichtung einher, mindestens zwei Jahre die Kathedralschule des Bistums oder die Universität besucht zu haben, bevor man ein Pfarramt bekommen durfte, vgl. 1611 års skolordning, 50 f. Die angehenden Pfarrer sammelten sich in der „classis theologica“, vgl. 1611 års skolordning, 36–39. Seit den 1620er-Jahren konnte sich das theologische Lektorat in den schwedischen Bistümern allgemein als vornehmstes schulisches Amt etablieren, wobei mit ansteigender Lehreranzahl an den seit den 1620er-Jahren an der Stelle der Kathedralschulen aufkommenden Gymnasien den theologischen Lektoren und den Konrektoren exklusiv die theologische Unterweisung übertragen wurde, vgl. Askmark, Prästutbildning, 93; 95. Den theologischen Lektoren wurde außerdem ein Sitz in den Domkapiteln zugewiesen, vgl. Askmark, Prästutbildning, 103, und unten Anm. 219. In der Forschung sind die schwedischen Gymnasien häufig als „Hochschulen der Bistümer“ bezeichnet worden, z. B. von Askmark, Präst utbildning, 108; 111 f. Die ersten und vielleicht bedeutungsvollsten Gymnasien wurden 1623 in Västerås (Bischof Johannes Rudbeckius) und 1626 in Strängnäs (Bischof Laurentius Paulinus Gothus) gestiftet, vgl. dazu etwa Holmquist, Förvandling, 63–124. Rudbeckius versah das Gymnasium von Västerås sogar mit einer Art theologischem Überbau („Collegium pietatis“). Nach einem Jahr theoretischem Unterricht erhielten die Absolventen den Titel „Kandidat der Theologie“. Wer nicht für weitere Studien geeignet war, konnte daraufhin als Hilfspfarrer tätig werden. Die anderen setzten ihre Studien mit nun hauptsächlich praktischer Ausrichtung fort und konnten anschließend ein Pfarramt übernehmen, vgl. Holmquist, Kyrkan, 353. Zwar wurden auch in der Blütezeit der Gymnasien Personen, die mit einem höheren Dienst rechnen durften, für gewöhnlich an die Universität gesandt, aber die niederen Lehrer und der durchschnittliche Klerus konnten sich mit einer Ausbildung am bistumseigenen Gymnasium begnügen, vgl. Askmark, Prästutbildning, 112. Die Gymnasien unterschieden sich laut Askmark, Prästutbildning, 112 f, in ihrem Unterricht zunächst nicht wesentlich von den Universitäten: Die Lehre in den bekannten theologischen und philosophischen Disziplinen wurde ebenfalls in den Formen Vorlesung, Privatkolleg, Disputation und Deklamation abgehalten. Der Unterschied zwischen beiden Bildungsinstitutionen manifestierte sich gemäß Askmark, Prästutbildning, 114, hauptsächlich in dem Recht, akademische Grade zu
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Erst die Schulordnung von 1649 verminderte die Attraktivität der Gymnasien als alleinige Ausbildungsstätte für den geistlichen Nachwuchs erheblich, da sie diese Schulform unmissverständlich zwischen Trivialschule und Universität positionierte und sie damit zu einer auf das Universitätsstudium vorbereitenden Lehranstalt degradierte.4 Trotz der zeitweiligen Blüte der Gymnasien zog es angehende Pfarrer allmählich verstärkt an die Universitäten.5 Denn obwohl keineswegs von einer gleichförmigen Entwicklung in den einzelnen Bistümern auszugehen ist, was nicht zuletzt Faktoren wie der Entfernung bis zur nächsten Universität oder den konkreten Bildungsoptionen vor Ort geschuldet ist, gelingt es Askmark, beispielhaft anhand einer Auswertung der herdaminnen (Pfarrerbücher) für die Bistümer Linköping, Växjö und Härnösand nachzuweisen, dass sich im Verlauf des 17. Jahrhunderts immer mehr Pfarrer an der Universität eingeschrieben hatten.6 Am Ende des Jahrhunderts haben laut Askmark fast alle Pfarrer eine Universität besucht. Das sei aber nicht gleichbedeutend damit, dass sie auch den Großteil ihrer Ausbildung an der Universität absolviert hätten, weil sich der Universitätsaufenthalt bei vielen lediglich auf die Deposition beschränkt habe. Somit lässt sich mit Askmark festhalten, dass es den pastoralen Nachwuchs in Schweden im Verlauf des 17. Jahrhunderts zunehmend an die Universitäten zog, ohne dass der Besuch derselben gesetzlich von ihnen gefordert worden wäre.7 Als Ursachen dieser Entwicklung identifiziert Askmark verleihen. In der Mitte des 17. Jahrhunderts war diese Entwicklung so weit fortgeschritten, dass alle Bistümer entweder über ein Gymnasium oder über eine Akademie verfügten, vgl. Askmark, Prästutbildning, 116. 4 Vgl. 1649 års skolordning, 166: „Quum gymnasia inter scholas triviales et academias medio sint loco, ita lectiones et exercitia eorum adtemperare oportet, ut scholasticis paulo altiora, inferiora vero sint academicis. Neque enim prolixius suas publice lectiones persequantur, quam media illa ratio et conditio gymnasiorum patiatur.“ 5 Anders als in Dänemark-Norwegen erweiterte sich das akademische Bildungsangebot im Einflussbereich der schwedischen Krone erheblich durch die Gründung der Universitäten in Dorpat / Tartu (1632), Åbo / Turku (1640) und Lund (1666). Ab 1648 kam die Universität Greifswald hinzu. 6 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 145 f. Für Linköping etwa kommt Askmark zu dem Ergebnis, dass im Zeitraum 1600–1625 gemäß der Angaben im von Westerlund / Setterdahl / Meurling herausgegebenen Pfarrerbuch der Anteil der Akademiker unter den neu eingestellten Pfarrern etwa 25 % betrug. Bereits 1626–1650 stieg der Anteil auf etwa 46 %, 1651–1675 auf 56 %, während sich in den Jahren 1676–1699 etwa 76 % an einer Universität aufgehalten hatten. Askmark fügt hinzu, dass die letzten Pfarrer, die ausschließlich im Bistum ausgebildet worden waren, im Jahr 1690 ordiniert worden sind. Der Bildungshintergrund und Universitätsbesuch angehender Pfarrer im 16. und 17. Jahrhundert ist in der deutschsprachigen Forschung bereits häufiger im Blick auf verschiedene Regionen und unter Berücksichtigung der Unterschiede zwischen Stadtund Landpfarrern untersucht worden. Zu nennen sind hier z. B. Brecht, Herkunft; Weyrauch, Informationen, 296 f; ausführlich Schorn-Schütte, Geistlichkeit, 162–211; Kaufmann, Universität, 319–365; Riegg, Konfliktbereitschaft, besonders 49–74; Ptaszyński, Prediger, besonders 81–83 und die Tabellen 7 bis 10; Immenhauser, Bildungstradition. 7 Diese Bewegung hin zu den Universitäten stellt an sich keine Besonderheit dar, wenn man von dem vergleichsweise späten Zeitpunkt absieht, zu dem sich diese Entwicklung in Schweden beobachten lässt. In Bezug auf Mecklenburg etwa, wo ein Universitätsstudium erst 1659 als Bedin
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das königliche Uniformitätsstreben im Bildungswesen und den eigenen Wunsch der angehenden Pfarrer, vor der Ordination Student gewesen zu sein.8 Im Anschluss an Kaufmanns Überlegungen zur Motivation Rostocker Studenten möchte man aber auch dem schwedischen geistlichen Nachwuchs grundsätzlich ein persönliches Interesse an der Sache unterstellen, das die freiwillige Aufnahme eines Studiums veranlasst haben kann.9 Inhaltlich gesehen kommt Askmark anhand der Rekonstruktion des Studienweges einiger späterer Pfarrer zu dem Ergebnis, dass diese von Anfang an gleichzeitig philosophische und theologische Studien an der Universität betrieben.10 Dies ist in der Forschung auch in Bezug auf das Studienverhalten angehender Pfarrer im Alten Reich als übliches Vorgehen festgehalten worden.11 Obwohl im Rahmen dieser Untersuchung allein das Lehrangebot der theologischen Fakultät näher betrachtet werden kann, soll dies nicht über den genannten Umstand hinwegtäuschen, dass sich philosophische und theologische Studien des geistlichen Nachwuchses, wie Askmark darlegt, im Allgemeinen wohl kaum genau im Sinne einer zeitlichen Abfolge trennen lassen (vgl. beispielhaft zu den Studien der Stipendiaten unten Kap. 3.3.8.3). Im Anschluss an Askmark kann also vermutet werden, dass künftige schwedische Pfarrer seit etwa der Mitte des 17. Jahrhunderts verstärkt das universitäre (theologische) Lehrangebot wahrnahmen. Eine Besonderheit stellen dabei die Pfarrkandidaten aus dem Erzbistum dar. Da Uppsala über kein Gymnasium neben der Universität verfügte, kam als Ausbildungsstätte für diese von vornherein nur die dortige Universität in Frage.12 Der Zusammenhang zwischen Universität und Domgung für den Erhalt eines Pfarramtes eingeführt wurde (vgl. Kaufmann, Universität, 326 f), hält Kaufmann, Universität, 328 f, fest: „So wenig also zunächst das Theologiestudium einerseits kirchenrechtlich notwendig war, so deutlich ist gleichwohl andererseits, daß die Universität im konfessionellen Luthertum im allgemeinen, in Mecklenburg im besonderen als Stätte für die Pastorenausbildung in konkurrenzloser Geltung stand.“ [Hervorhebung im Original getilgt] 8 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 160 f. 9 Vgl. Kaufmann, Universität, 365: „Zugleich dürfte aus den vorangehenden Ausführungen deutlich sein, daß die Tatsache, daß viele Pastoren studierten, nicht aus den Nützlichkeitserwägungen einer gezielten Karriereplanung ableitbar ist. […] Der Zweck des Studiums lag also nicht jenseits seiner selbst. Das Theologiestudium setzte sich mithin primär um der Sache willen, um die es ging, durch. […] Ein länger währendes, vielleicht gar mehrjähriges, mit starkem persönlichem und finanziellem Aufwand verbundenes Theologiestudium unternahm man im 16. und 17. Jahrhundert, in jener Zeit also, als eine akademische Abschlußprüfung nicht die notwendige Voraussetzung darstellte, um Pfarrer zu werden, kaum ohne ein intensives persönliches Lebensverhältnis zur Sache.“ 10 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 197–203. Askmark beginnt mit seiner Untersuchung des Studienverlaufs von Pfarrkandidaten im Jahr 1629. Hinsichtlich des theologischen Fächerkanons stellt er eine Priorität der Dogmatik (inklusive Kontroverstheologie) fest; nur bei längeren Studien an der Universität kamen demnach alt- und neutestamentliche Exegetik sowie andere theologische Fächer, soweit sie sich schon an der Hochschule etablieren konnten, hinzu. 11 Vgl. etwa Kaufmann, Universität, 321 f; Kaufmann, Konfession, 307. 12 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 163. Gleiches gilt gemäß Askmark für die Bistümer Åbo und Lund nach der Gründung der dortigen Universitäten.
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kapitel wurde insofern gewahrt, als die Theologieprofessoren zugleich Mitglieder desselben waren. Einen weiteren Spezialfall bilden die Pfarrkandidaten aus dem ehemals zu Dänemark gehörenden Schonen, da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen ihrer Ausbildung aufgrund der dänischen Vergangenheit der Landschaft in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts deutlich von der anderer schwedischer Studenten unterschieden (s. u. Kap. 3.3.7). Die wichtigsten Quellen, die über das Lehrangebot der theologischen Fakultäten Auskunft geben, sind die erhaltenen Vorlesungsverzeichnisse, in denen die Professoren ihre für das nächste Unterrichtsjahr geplanten Veranstaltungen kundtaten. Die folgende Untersuchung beginnt daher mit einer kurzen Einführung zu dieser Quellengattung und mit einem Überblick über die erhaltenen Exemplare aus Kopenhagen und Uppsala. Darüber hinaus könnten in Uppsala als mögliche Quelle die ausführlicheren Rechenschaftsberichte des Universitätskollegiums über die Lehrtätigkeit im vergangenen Semester gegenüber dem Universitätskanzler in Frage kommen. Sie liegen jedoch mit Angaben auch über die Lehre der Theologieprofes soren in der maßgeblichen, im Riksarkiv aufbewahrten Sammlung erst ab 1689 vor.13 Auch wenn die Rechenschaftsberichte dieser Sammlung also außerhalb des hier behandelten Untersuchungszeitraums entstanden, ist zumindest festzuhalten, dass ihr Aufkommen einer Entwicklung entspricht, die zu jener Zeit an den Univer 13 Siehe Föreläsningsdiarier och studentförteckningar Uppsala universitet, KUU, F I 1. Der einzige frühere Bericht in dieser Sammlung beschränkt sich auf die philosophische Fakultät. Allerdings befindet sich ein Bericht vom 20.10.1661 über die Tätigkeit der Professoren während des zurückliegenden Rektorats unter Bringius, der in F I 1 als fehlend verzeichnet ist, stattdessen in Inkomna skrivelser från Uppsala universitet 1654–1661, KUU, E II 2. Israel Bringius’ Rektorat dauerte gemäß der Angaben im Protokollbuch des Konsistoriums vom 18. Juni bis zum 4. Dezember 1661, vgl. Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll VI, 59; 86. Dem Protokoll des Konsistoriums vom 18.12.1661, s. Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll VI, 88 f, lässt sich als Grund für die Anfertigung eines solchen Rechenschaftsberichts der Verdacht entnehmen, dass es unter den Professoren Versäumnisse beim Abhalten der Lehrveranstaltungen gegeben habe. Stellvertretend für die theologische Fakultät wehrt sich Carl Lithman gegen diesen Vorwurf, weil alle Kollegen mehr gelesen hätten, als verlangt worden sei. Der neue Rektor Olaus Rudbeckius rechtfertigt die Nachfrage damit, dass viele Leute gegen die Ämter der Professoren Einwände hätten und sagten, dass diese hohe Löhne hätten, aber doch manchmal nachlässig seien, wobei doch andere, die am Hof dienten und im Dienst der Krone seien, ohne Lohn arbeiten müssten. Dass der Unterhalt des Universitätspersonals in der Bevölkerung allgemein akzeptiert gewesen wäre, lässt sich angesichts dieser Aussage nicht behaupten. Der Bericht, den der Kanzler daraufhin erhielt, entspricht im Wesentlichen dem Protokoll vom 20.12.1661, vgl. Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll VI, 92 f. Lithman, der Dekan der theologischen Fakultät, berichtet, dass Stigzelius gerade den 1. Petrusbrief abgeschlossen habe. Er selbst habe das 4. Buch Mose fast beendet und sich die Geschichte des Tridentinischen Konzils in einem Privatkolleg vorgenommen. Odhelius sei mit dem Propheten Jeremia fertig geworden und habe auch seine Disputationen über die Confessio Augustana fortgeführt sowie für ein Privatkolleg Quaestiones Theologicas herausgegeben. Jordanus Edenius schließlich habe die Loci communes vollendet. Vergleicht man dies mit dem Vorlesungsverzeichnis vom 20.10.1661, so ist inzwischen allen Theologieprofessoren mit Ausnahme von Lithman der angekündigte Abschluss der Vorlesungsreihe geglückt. Abgesehen von Erkrankungen erscheinen in der Stellungnahme Lithmans die Verpflichtungen der Theologieprofessoren in den Consistoria Ecclesiastica als maßgeblicher Faktor, der ihre Arbeit an der Universität behindert.
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sitäten des Alten Reiches zu beobachten war. So vermutet Rasche, der diese „Verzeichnisse über das tatsächlich geleistete Lehrpensum“ wegen der ihnen fehlenden Publizität deutlich von der Gattung ‚Vorlesungsverzeichnis‘ abgrenzt, dass mit den ‚Lektionszetteln‘ der Universität Helmstedt aus dem Zeitraum 1649 bis 1759 „eine der frühesten und reichhaltigsten Überlieferungen solcher Rechenschaftsberichte“ vorliege.14 Von einer ähnlichen Art der obrigkeitlichen Kontrolle, dass die Professoren die ihnen auferlegte Lehrverpflichtung nicht versäumten, wissen aber auch Friedensburg und Appold in Bezug auf die Universität Wittenberg zu berichten. Unter Androhung von Geldbußen ordnete Christian II. im Jahr 1606 an, dass die Dekane der Fakultäten die übrigen Professoren zwei Mal pro Jahr auf die Einhaltung ihrer Vorlesungsverpflichtungen hin befragen sollen.15 Da dies offenbar nicht zufriedenstellend ausgeführt wurde, wurden die Vorgaben für dieses so genannte examen neglectuum im Jahr 1614 rigoroser, indem jeweils ein kurfürstlicher Stipendiat verpflichtet wurde, der Vorlesung eines bestimmten Professors regelmäßig beizuwohnen und über den Unterrichtsfortschritt jeder Vorlesungseinheit schriftlich Rechenschaft abzulegen. Viertel- bzw. halbjährlich wurden diese Berichte der Stipendiaten vom Oberkonsistorium in Dresden geprüft. Konnten die Professoren keine guten Gründe für die Vernachlässigung ihrer Unterrichtspflicht nachweisen, drohten ihnen Lohnabzüge.16 Mit dem Protokollbuch der theologischen Fakultät in Uppsala, das ab September 1655 geführt wurde, liegt ein weiteres aufschlussreiches Zeugnis über den akade mischen Alltag an dieser Institution vor. Die Quellenlage in Kopenhagen sieht dagegen düster aus: Das überlieferte Protokollbuch der theologischen Fakultät beginnt erst im Jahr 1684; ältere Dokumente zur Fakultätsgeschichte fielen dem Kopen hagener Stadtbrand von 1728 zum Opfer, wie im Protokollbuch vermerkt ist.17 Die Rekonstruktion des Unterrichtsbetriebs an der theologischen Fakultät in Kopen hagen stützt sich daher im Folgenden vorrangig auf die Angaben der Vorlesungs 14 Vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 448 mit Anm. 17. Als weitere Beispiele führt Rasche die preußischen Universitäten sowie die Universitäten Heidelberg und Greifswald an, wo die Professoren frühestens Mitte des 18. Jahrhunderts zu solchen Rechenschaftsberichten verpflichtet wurden. Vgl. zu den Rechenschaftsberichten der Professoren auch Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 274–276. 15 Vgl. Appold, Orthodoxie, 46. 16 Vgl. Friedensburg, Professoren, 6; Appold, Orthodoxie, 46. Die Rechenschaftspflicht der Professoren wurde bei dieser Gelegenheit zudem auf ihre Disputationstätigkeit ausgeweitet. 17 Bevor das eigentliche Protokoll beginnt, liest man im ab 1684 geführten Protokollbuch (Forhandlingsprotokol 1684–1776, KUA / TF, 3101–01) noch den vielversprechenden Hinweis auf die am Bischofssitz aufbewahrten älteren Quellen der Fakultätsgeschichte: „Historiam priorum temporum, quidve in Facultate Theologica antehac actum vel conclusum sit; Scrinia Facultatis Theologicæ duo, in Episcopi ædibus deposita, et præcipue Scrinium illud Majus, servatusque in eodem, in forma Quarta, sub involucro rubro, Catalogus, luculenter monstrabunt.“ Durch einen Vermerk von anderer Hand wird der Leser aber danach auf fol. 123v verwiesen. Im Eintrag vom 05.11.1728 erklärt der derzeitige Dekan und Bischof Christen Worm unter dem dritten Punkt, dass „det gamle scrinium“ der theologischen Fakultät samt Inhalt zusammen mit vielen anderen Dingen in der Bischofsresidenz verbrannt sei.
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verzeichnisse, wobei ergänzend vor allem auf das von Rørdam herausgegebene Quellenmaterial zurückgegriffen wird. Eine weitere Möglichkeit, sich dem akademischen Alltag der Professoren sowie den Anforderungen, die von ihrer Seite aus an die Studenten gestellt wurden, anzunähern, besteht darin, einen genaueren Blick auf das Prüfungswesen an den Fakultäten zu werfen. An dieser Stelle wird nicht nur die Arbeit der Professoren punktuell greifbar, sondern es ist ebenfalls möglich, nähere Aussagen über die Gruppe der Studenten zu treffen. Auch hier ist die Frage, wer sich eigentlich einer Prüfung durch die Theologieprofessoren stellte, für Dänemark nach der Einführung des obligatorischen theologischen Examens als Voraussetzung für das Pfarramt und den höheren Schuldienst leichter zu beantworten als im Fall von Schweden. Ergänzt wird die Auswahl an Quellen durch das „Album publicorum examinum“, den „Liber praelectionum“ und den „Catalogus studiosorum“ aus dem Universitätsarchiv in Uppsala. Sie zählen die Teilnehmer an öffentlichen Vorlesungen bzw. sich daran anschließenden Prüfungen vom Ende der 1620er-Jahre bis zur Mitte der 1670er-Jahre auf. Dies erlaubt, Rückschlüsse auf die Teilnehmerzahl und die Herkunft der Studenten zu ziehen, die durch ihren Eintrag in diese Verzeichnisse Interesse am Besuch der theologischen Vorlesungen signalisierten. Einen Sonderfall stellt in diesem Zusammenhang ein in der Universitätsbibliothek Uppsala aufbewahrtes Notizbuch des Theologieprofessors Erik Benzelius d. Ä. dar. In diesem hielt er von der Mitte der 1660er-Jahre bis zur Mitte der 1680er-Jahre fest, welche Lehrveranstaltungen er im privaten Rahmen angeboten hatte und wer daran teilnahm. Teilweise hat er darin auch vermerkt, von wem er wie viel Geld für die Teilnahme an einem Kolleg erhalten hat. Dieser seltene Einblick in den Lehralltag eines Theologieprofessors verdient besondere Beachtung.
3.1 Vorlesungsverzeichnisse als Zeugnisse des Unterrichtsprogramms „Unter einem ‚Vorlesungsverzeichnis‘ verstehe ich hier also nur die periodisch, zunächst in Form eines Einblatt-Plakatdrucks oder auch als kleine Programmschrift veröffentlichte amtliche Ankündigung des Lehrprogramms bzw. Lehrangebots einer Universität.“18 So fasst Rasche im Hinblick auf das Aufkommen von Vorlesungs 18 Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 449. Anders als Rasche verwendet Bruning den Ausdruck ‚Vorlesungsverzeichnis‘ als Oberbegriff für drei unterschiedliche Arten von Quellen, nämlich die „eigentlichen Lektionskataloge (‚Catalogus Praelectionum‘)“, so genannte „Lektionszettel, Quartalszettel oder Rechenschaftsberichte der Professoren“ sowie „akademische Programme bzw. Programmschriften“. Im Zusammenhang dieser Untersuchung ist die erste von Bruning aufgezählte Kategorie relevant, deren Definition im Wesentlichen der von Rasche in etwas erweiterter Form entspricht, vgl. Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 270: „Zum einen die eigentlichen Lektionskataloge (‚Catalogus Praelectionum‘), also das separat gedruckte, amtliche Verzeichnis aller angekündigten Veranstaltungen eines Semesters oder eines Jahres, wobei der Text
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verzeichnissen an frühneuzeitlichen Universitäten präzise zusammen, was diese Quellengattung kennzeichnet. Für die folgende Untersuchung ist dabei besonders der genannte Aspekt der „Ankündigung“ zu berücksichtigen. Vorlesungsverzeichnisse spiegeln wider, was die Professoren in ihren Lehrveranstaltungen zu behandeln beabsichtigten. Dies allein erlaubt grundsätzlich noch kein Urteil darüber, inwiefern sie diesem Vorhaben tatsächlich auch nachkamen. Dennoch sind die Angaben der Vorlesungsverzeichnisse äußerst aufschlussreich, um das geplante Unterrichtsprogramm an den theologischen Fakultäten zu rekonstruieren. Da ein Vorlesungsverzeichnis keine beliebige, sondern eine „amtliche“ Ankündigung darstellt, ist generell davon auszugehen, dass damit auch eine gewisse Verbindlichkeit für die Professoren einherging, über die Themen zu lehren, die sie angegeben hatten. Betrachtet man die Vorlesungsverzeichnisse in ihrer chronologischen Abfolge, können daraus zudem Rückschlüsse auf den tatsächlichen Unterrichtsfortschritt der einzelnen Professoren gezogen werden. Der Definition von Rasche folgend wurden Vorlesungsverzeichnisse in Kopenhagen im Jahr 1603 eingeführt; das älteste überlieferte Exemplar stammt aus demselben Jahr.19 Damit schloss sich die dänische Hochschule einem zu dieser Zeit einsetzenden Trend an, ist aber gleichwohl zu den ersten Hochschulen zu rechnen, die regelmäßig Vorlesungsverzeichnisse drucken ließen. Im Verlauf des 16. Jahrhunderts geschah dies laut Rasche nämlich lediglich in Dillingen, Helmstedt, Leiden, Jena und möglicherweise auch in Herborn.20 Der Rostocker Senat z. B. entschied sich 1604 für diese Maßnahme, an der Universität Wittenberg wurden seit dem Sommersemester 1610 Vorlesungsverzeichnisse herausgegeben, ebenso an der Universität Greifswald.21 Schwieriger zu beantworten ist die Frage, warum an der Universität Kopenhagen so früh bereits auf dieses Medium der Veranstaltungsankündigung zurückgegriffen selbstverständlich in lateinischer Sprache verfasst wurde und zumeist nur wenige Zeilen einer Kurzankündigung in Prosa beinhaltet, wenn auch einige Professoren hier schon bereits recht umfangreiche Werbetexte unterbrachten. Das Format der Druckerzeugnisse war zumeist Folio oder Quart […].“ 19 Bei der Zusammenkunft des Konsistoriums der Universität am 27.04.1603 wurde durch den Rektor die Anordnung des Kanzlers vorgetragen, dass durch öffentliche Bekanntmachung den Studenten jedes Jahr die Vorlesungen der Professoren mitgeteilt werden sollen, vgl. Rørdam, Forhandlinger 1599–1604, 107. Für die Universität Kopenhagen sind im Untersuchungszeitraum bis 1683 Vorlesungsverzeichnisse aus den Jahren 1603, 1612, 1618, 1619, 1632, 1636, 1642, 1643, 1646, 1648, 1650, 1651, 1653, 1654, 1660, 1664 und 1671 erhalten, vgl. Indices lectionum in Univers. Hafn. habitar. 1604–1786, KBKph, B 12511, 2°. Eine dänische Übersetzung der Angaben zu den theologischen Vorlesungen in den ältesten Vorlesungsverzeichnissen für die Jahre 1603–1604, 1612–1613 und 1618–1619 findet sich in dem instruktiven Aufsatz von Rørdam, Bidrag, 625 f, Anm. 1. Die ältesten vier Vorlesungsverzeichnisse werden zudem in Rørdam, Aktstykker, Nr. 390, 537–539; Nr. 438, 617–619; Nr. 480, 674–676; Nr. 489, 688–690, wiedergegeben. 20 Vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 449 f; 458. 21 Vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 451; 459 (zu weiteren Universitäten vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 459–463). Vgl. zu den Wittenberger Vorlesungsverzeichnissen auch Nieden, Erfindung, 46 mit Anm. 53.
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wurde. Das Argument der Werbung, um über die umliegende Region hinaus Studenten anderer Gebiete anzulocken, das Rasche und Bruning anführen,22 war bei der Einführung von Vorlesungsverzeichnissen in Kopenhagen wohl kaum ausschlaggebend. Als einzige Universität des dänisch-norwegischen Königreichs hatte sie keine vergleichbare Konkurrenz zu fürchten wie die einzelnen Universitäten im Heiligen Römischen Reich. Dass die eigenen Landeskinder, die eine bescheidenere Karriere anvisierten und nur aufgrund der 1569 ausgesprochenen Verpflichtung universitäre Studien auf sich nahmen, in größerem Umfang lieber an ausländische Universitäten gezogen wären, ist unwahrscheinlich. Ebenso wenig einleuchtend ist die Vermutung, dass die Universität Kopenhagen durch den mit dem Druck von Vorlesungsverzeichnissen erreichten Werbeeffekt den eigenen, ambitionierteren Nachwuchs von der Unternehmung einer peregrinatio academica abgehalten hätte oder verstärkt Studenten von außerhalb zur Reise in die dänische Hauptstadt hätte bewegen können. Umso erstaunlicher ist, dass Vorlesungsverzeichnisse in Kopenhagen bereits zu diesem frühen Zeitpunkt eingeführt wurden. Plausibel erscheint das von Bruning angeführte Motiv der „Kontrolle und Disziplinierung von Studenten und Professoren“23, das hinter dem obrigkeitlichen Beschluss stehen konnte, die regelmäßige Anfertigung von Vorlesungsverzeichnissen zu veranlassen. Die folgende Analyse der Vorlesungsverzeichnisse aus Kopenhagen in Bezug auf die theologische Fakultät wird zeigen, dass gerade im Fall der dänischen Universität die Intention der Obrigkeit durchaus berechtigt war, die Professoren zu einem schnelleren Fortschritt in ihrem Unterrichtspensum zu motivieren, indem sie sich auf ein bestimmtes Unterrichtsvorhaben in den Vorlesungsverzeichnissen festlegen mussten. Im Fall der Universität Uppsala sind Vorlesungsverzeichnisse erst ab 1639 in gedruckter Form erhalten, ab den 1650er-Jahren aber zahlreich bis zum Ende des Untersuchungszeitraums. Zusätzlich lassen sich in anderer Form Angaben über das Vorlesungsprogramm der Jahre 1634, 1635 und 1636 erheben.24 Dieser umfang 22 Vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 456–458; 463–465; Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 271. Bruning hebt die Bedeutung der Vorlesungsverzeichnisse als „eine bewusste Marketing- und Werbemaßnahme mit dem Ziel der Herstellung von Öffentlichkeit“ hervor, was er damit belegt, dass die Veröffentlichung der Vorlesungsverzeichnisse mit den Messeterminen in Leipzig und Frankfurt abgestimmt wurde. 23 Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 271. 24 Die ältesten Ankündigungen von Vorlesungen für die Jahre 1634 und 1635 finden sich in Gabriel Oxenstierna, Rectoratus Ubsaliensis, Stockholm: Henricus Kayser 1636, 10–14; 56–59; 79–82. Der von Rasche vorgeschlagenen Klassifizierung folgend handelt es sich dabei genau genommen aber nicht um ‚Vorlesungsverzeichnisse‘, weil diesen „nur zu bestimmten Gelegenheiten gedruckten Lektionsverzeichnisse[n]“ das Kriterium der Periodizität fehlt, vgl. Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 448. Eine handschriftliche Überlieferung des Verzeichnisses von 1636 ist vorhanden in Handlingar rörande Upsala, Lunds och Åbo Akademier, Nr. 16: Handschriftliches Vorlesungsverzeichnis vom 20.11.1636, UUB, N 65. Die Hinweise auf die beiden zuletzt genannten Quellen stammen aus Annerstedts handschriftlichem Nachlass: Claes Annerstedt, Sam lingar till Upsala Universitets historia, Afd. II, 25: Föreläsningar. Ferier. Kollegier, UUB, U 40:56, 109. Vgl. auch schon die Wiedergabe der Vorlesungsverzeichnisse von 1634/1635 in Norlin, Bidrag, 64–66, und 1636 in Annerstedt (Hg.), Bihang I, 328–330. Die Sammlung von Vorlesungs
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reiche Bestand ist außergewöhnlich, denn dem Charakter von Vorlesungsverzeichnissen als „massenhafte Gebrauchsliteratur“25 ist es geschuldet, dass ihre Überlieferung oft nur lückenhaft ist. Bei den aus Kopenhagen und Uppsala überlieferten Vorlesungsverzeichnissen handelt es sich um Einblattdrucke, deren Text in der Regel zweispaltig im Hochformat gedruckt worden ist. Nacheinander listen sie die geplanten öffentlichen Vorlesungen der Professoren auf, wobei sie bei der theologischen Fakultät anfangen und mit der artistischen Fakultät aufhören. Die Grenzen zwischen den einzelnen Fakultäten werden dabei in Kopenhagen optisch nicht so deutlich markiert wie in Uppsala, was dazu beiträgt, dass die dänischen Vorlesungsverzeichnisse insgesamt einen ungeordneteren Eindruck erwecken als die schwedischen Exemplare. Der hervorgehobene Platz der Theologie betont ihre besondere Würdigkeit unter den Fakultäten. Innerhalb des Abschnitts für die theologischen Vorlesungen setzen die Verzeichnisse aus Uppsala mit dem ersten Theologieprofessor ein. In den Kopenhagener Vorlesungsverzeichnissen steht für gewöhnlich der Rektor an erster Stelle; unter den Theologen wird zuerst der Bischof von Seeland genannt, es sei denn, einer der Theologieprofessoren bekleidet gerade zugleich das Amt des Rektors der Universität. Ausnahmen bilden lediglich die Verzeichnisse von 1664, in dem der Erzbischof Hans Hansen Svane den Rektor der Akademie von seinem gewohnten ersten Platz in der Aufzählung der Professoren verdrängt, und 1671, welches einem ganz anderen Aufbau folgt.26 Die Angaben in den Vorlesungsverzeichnissen beider Universitäten folgen einem ähnlichen Muster. Ein Eintrag kann folgende Informationen umfassen: Name des Professors, wissenschaftliche Qualifikation, berufliche Position an der Universität, kirchliches Amt (Schweden: Präbende / Dänemark: ggf. Superintendentur von Seeland), Thema der Vorlesung, evtl. versehen mit mehr oder weniger ausschweifenden
verzeichnissen in der Universitätsbibliothek Uppsala enthält Exemplare der Jahre 1639, 1645, 1651, 1652, 1656, 1658, 1659, 1661, 1662, 1663 und dann für den Untersuchungszeitraum (bis 1686) lückenlos ab 1665, vgl. Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680), UUB, Sv. univ. Uppsala fol.; Programmata Upsaliensia Vol. II (1681–1700), UUB, Sv. univ. Uppsala fol. Die Sammlung von Vorlesungsverzeichnissen in der Königlichen Bibliothek weist darüber hinausgehend noch Verzeichnisse von 1657 (Elenchus prælectionum publicarum In Regia Academia Ubsaliensi Anno futuro a Professoribus proponendarum […] Ex decreto Consistorii P. P. ad diem 4. Oct. Anno 1657, KBSt, F1700 82Aa 16/1:1) und 1664 (Elenchus lectionvm publicarvm, Quas […] Professores in Regia Academia Upsaliensi, per sequentem annum studiosæ juventuti proponere decreverunt […] Pub. Prop. die 28. Augusti 1664, KBSt, F1700 82Aa 16/1:1) auf. 25 Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 276. 26 Geben die Kopenhagener Vorlesungsverzeichnisse vor 1671 die Unterrichtspläne der Professoren in der Regel nach Würdigkeit geordnet von den höheren Fakultäten zur artistischen Fakultät an, weist das Verzeichnis von 1671 den Charakter eines Stundenplans auf. Erstmals im Querformat gedruckt werden die vorgesehenen Vorlesungen nun gemäß ihrer chronologischen Reihenfolge im Tagesablauf von 6 bis 16 Uhr wiedergegeben. Eine entsprechende Veränderung im Aufbau beobachtet Kaufmann beim Rostocker Vorlesungsverzeichnis von 1675, vgl. Kaufmann, Universität, 405, Anm. 675.
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Erläuterungen, Ort und Zeit der geplanten Lehrveranstaltung. Eine in dieser Hinsicht vollständige Vorlesungsankündigung kann z. B. so lauten: Ericus Odhelius S. S. Theol D. & Prof. ord. Ecclesiæque Dei in Börje Pastor, Locos Communes Articulorum fidei, ex Haffenreffero, ea, qua cœpit, methodo, in thesi atque antithesi, breviter & perspicue exponet in Auditor. Gustaviano hora 3. pomerid.27
Die Einträge umfassen in der Regel nur wenige Zeilen. Häufig fehlen einzelne der oben genannten Bestandteile. Trotz des begrenzten Raums, welcher der Ankündigung einer einzelnen Vorlesung zur Verfügung stand, stößt man immer wieder auf Erklärungen der Professoren, warum sich der Fortschritt in einer Vorlesung aufgrund widriger Umstände verzögert hat bzw. verzögern wird. Gründe können gesundheitliche Beeinträchtigungen, Abwesenheiten an der Universität, z. B. wegen der Teilnahme an Reichstagen, oder von der Obrigkeit auferlegte Sonderaufträge sein. Besonders neigen die Professoren dazu, das Gottvertrauen der Leser zu beschwören, wenn sie das Erreichen des definierten Lernziels im kommenden Vorlesungsjahr vom göttlichen Beistand abhängig machen. Dass mit der offiziellen Festlegung auf ein bestimmtes Unterrichtspensum ein gewisser Rechtfertigungsdruck verbunden war, lässt sich daher nicht leugnen. Im Fall von Uppsala werden oft am Schluss des Vorlesungsverzeichnisses gesondert noch die Vorlesungen der außerordentlichen Professoren angeführt. Hinweise darauf, was die Professoren in ihren privaten Lehrveranstaltungen abseits des öffentlichen Vorlesungsbetriebs den zahlungswilligen Studenten anzubieten gedachten, finden sich ebenfalls in erster Linie in den Vorlesungsverzeichnissen aus Uppsala, in größerem Umfang jedoch erst seit den 1670er-Jahren (s. u. Anm. 171). Die Angaben sind allerdings nicht selten so allgemein formuliert, dass sich das genaue Thema der Veranstaltung daraus nicht erheben lässt. Dennoch ist davon auszugehen, dass bei dieser von der Nachfrage der Studenten stark beeinflussten Unterrichtsform außerhalb des starren Rahmens, den die Universitätsstatuten vorgaben, das tatsächliche Innovationspotential des theologischen Unterrichts anzutreffen ist. Die Vorlesungsverzeichnisse erschienen einmal pro Jahr. Anfang des 17. Jahrhunderts zeugen die ältesten Kopenhagener Vorlesungsverzeichnisse noch davon, dass man sich an Ostern orientierte. Erst die seit dem Anfang der 1630er-Jahre erhaltenen Exemplare verlegen die Veröffentlichung des Vorlesungsangebots für das kommende Jahr und damit den Beginn des akademischen Jahres in den Herbst. Meistens galten die Vorlesungsverzeichnisse von September bis zum August des Folgejahres. In Uppsala wurden die Vorlesungsverzeichnisse zumeist im Oktober oder November veröffentlicht, frühestens aber Ende September, ausnahmsweise im Jahr 1664 schon Ende August. Das älteste im Druck überlieferte Verzeichnis trägt jedoch das Datum 23.05.1639. Möglicherweise begann man in den 1630er-Jahren mit dem Druck zweier Vorlesungsverzeichnisse pro Jahr für das Sommer- und Wintersemester, bevor man die Anzahl auf ein Verzeichnis reduzierte, welches das Unter 27 Elenchus 1657.
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richtsangebot für ein ganzes Vorlesungsjahr wiedergeben sollte. Diesen Eindruck bestätigen zumindest die aus den Jahren 1634 und 1635 bewahrten Verzeichnisse, auch wenn sie nicht im strengen Sinn in die Kategorie ‚Vorlesungsverzeichnis‘ fallen.28 Auch die Tatsache, dass das Album publicorum examinum zunächst über halbjährlich stattfindende Prüfungen im Anschluss an Vorlesungen Auskunft gibt, bestärkt die Annahme, dass bis zu den späten 1630er-Jahren die Grenzen zwischen dem Sommer- und Wintersemester ernst genommen wurden (vgl. Kap. 3.3.9). Bemerkenswert ist jedoch, dass die Veröffentlichung der Vorlesungsverzeichnisse im Oktober oder November einem anderen Rhythmus folgte als der Dekanatswechsel an der theologischen Fakultät in Uppsala, der in der Regel im Sommer (Juli / August) oder zum Jahreswechsel (Dezember / Januar) vonstattenging. Vergleicht man die Veröffentlichungsdaten auf den Vorlesungsverzeichnissen in Uppsala mit den Angaben im Liber praelectionum und Catalogus studiosorum (vgl. Kap. 3.3.9), fällt auf, dass in der Regel nur sehr wenig Zeit zwischen der Bekanntgabe der Vorlesungen und der Einschreibung der Studenten in dieselben verging. Im Jahr 1656 etwa wurde das Vorlesungsverzeichnis am 12.10. öffentlich gemacht, am 13.10. bereits mussten die Studenten ihre Vorlesungen wählen. Im Jahr 1665 entsteht dabei die merkwürdige Konstellation, dass sich die Studenten bereits am 13.10. entscheiden mussten, welchen Professoren sie in ihren Vorlesungen folgen wollten, während das Vorlesungsverzeichnis erst am 22.10. bekannt gegeben wurde. Zwei Jahre später liegen zwischen der Veröffentlichung des Vorlesungsverzeichnisses am 29.09. und der Einschreibung der Studenten am 02.10.1667 immerhin wenige Tage. So ist der informative Wert der Vorlesungsverzeichnisse für die Studenten in diesen Fällen zweifelhaft, was auch für die schwedische Universität letztlich die Frage nach dem eigentlichen Zweck der Vorlesungsverzeichnisse aufwirft.
3.2 Der Unterricht an der theologischen Fakultät in Kopenhagen Aus inhaltlicher Sicht bilden die Vorgaben der Fundatio et ordinatio aus dem Jahr 1539 den Maßstab, an dem das Lehrangebot der theologischen Fakultät, wie es sich in den Vorlesungsverzeichnissen widerspiegelt, zu beurteilen ist. Thematisch nehmen die Novellæ constitutiones (1621) zwar keine Ergänzungen vor, aber verfahrenstechnisch äußern sie sich zu dem Missstand, dass sich eine Vorlesungsreihe oft über mehrere Jahre erstreckte. Vor diesem Hintergrund fordern sie, den zeitlichen Rahmen von einem Jahr für den Durchgang durch ein Lehrfach nicht zu überschreiten (s. o. Kap. 2.2.5). Betrachtet man die Aussagen der Professoren zu ihren geplanten Vorlesungen, so lässt sich nicht leugnen, dass die Novellæ constitutiones hier ein 28 Vgl. oben Anm. 24. In Oxenstierna, Rectoratus Ubsaliensis, sind zwei Verzeichnisse erhalten, die sich dem Jahr 1634 zuordnen lassen. Da das erste dem Sommersemester zugewiesen ist, wird das zweite wohl die Veranstaltungen des Wintersemesters ankündigen. Das abgedruckte Verzeichnis aus dem Jahr 1635 deckt das Unterrichtsangebot des kommenden Sommersemesters ab.
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akutes Problem ansprechen.29 Eine direkte Wirkung scheint diese Forderung jedoch nicht gehabt zu haben. Die Vorlesungsverzeichnisse besonders der 1630er- bis 1650er-Jahre zeichnen ein Bild vom Unterrichtswesen an der theologischen Fakultät, das sich am ehesten als Stillstand beschreiben lässt. Dazu trug am Ende der 1650er-Jahre wesentlich der Krieg gegen Schweden bei; die Belagerung Kopenhagens seit August 1658 unterbrach das akademische Leben, sodass der Universitätsbetrieb erst 1660 wieder regulär aufgenommen werden konnte.30 Kriegshandlungen können aber nicht jede Verzögerung in der Unterrichtstätigkeit der Professoren erklären. Jesper Brochmand etwa, der schon aufgrund anderer Beschäftigungen am Königshof laut der Vorlesungsverzeichnisse von 1618 und 1619 seinen universitären Unterrichtsverpflichtungen nicht nachgekommen war, unterbrach nach Auskunft der überlieferten Vorlesungsverzeichnisse von 1642 bis 1651 seine begonnene Vorlesung über die Genesis, um sich auf königliche Anordnung hin einem anderen Projekt von nationalem Interesse zu widmen.31 Was seine 29 Dieses Problem war jedoch keineswegs nur an der Universität Kopenhagen virulent. Vgl. etwa zur Tübinger theologischen Fakultät Köpf, Lehre, 73. 30 Vgl. zur Universität in diesen Kriegsjahren Tamm, Københavns Universitet 1621–1732, 260–268. 31 Jesper Brochmand (1585–1652), der 1615 auf eine Professur für Theologie vorgerückt war, blieb dem Universitätsbetrieb von 1617 bis 1619 fern, da er zum Lehrer für Prinz Christian ernannt worden war, vgl. Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 534. Im Vorlesungs verzeichnis von 1642 gibt Brochmand erstmals Folgendes an, s. Indices lectionum: „D. Casparus Erasmus Brochmand, Selandiæ Episcopus, Apologiam Speculi veritatis, ab illustrissimo Duce Christiano Wilhelmo, Marchione Brandenburgico, adornatam, jussu Regio confutabit. Quo divina benedictione defunctus labore, qvam orsus fuit Geneseos Mosaicæ explicationem divina adjutus gratia pertexet: hinc ad reliqvos monumentorum Θεοπνέυςων [!] libros stricto commentario illustrandos ope Jesu Christi transiturus H. IX.“ Den Hintergrund der Auseinandersetzung bildet die Konversion Christian Wilhelms von Brandenburg, einem Schwager des dänischen Königs Christian IV., zum Katholizismus, welche die Jesuiten 1633 veranlasste, eine Schrift unter seinem Namen herauszugeben: Christian Wilhelm von Brandenburg, Speculum Veritatis, Unser von Gottes Gnaden / Christian Wilhelm Margraven zu Brandenburg … In welchem der Historische und gründtliche Verlauff / auch Christliche penetrirende Motiven und Ursachen verfasset / so … der Lutherischen Religion … zu valediciren / und dagegen zu der Römischen Catholischen Kirchen zutretten / Unser Gewissen angestrengt …, Wien: Gregor Gelbhaar 1633. Hierin werden aus Sicht des Markgrafen im ersten Teil die Umstände und Motive seiner Bekehrung geschildert. Auch eine Auswahl möglicher Entgegnungen, gegen die sich Christian Wilhelm angeblich zur Wehr setzen musste, kommen zur Sprache, z. B. die militärischen Erfolge der Schweden (vgl. Christian Wilhelm von Brandenburg, Speculum Veritatis, 50–52). Im zweiten bis vierten Teil werden daraufhin verschiedene dogmatische Topoi – Heilige Schrift, Kirche, Amt – kontroverstheologisch diskutiert. Auf Anordnung Christians IV. schrieb Brochmand eine Gegenschrift: Jesper Rasmussen Brochmand, Λύχνος λόγου προφητικοῦ …: Oppositus Veritatis Pontificiæ Speculo. Hoc est: Succincta, sed solida, causarum, quibus inductus Illustrissimus Dux Christianus Wilhelmus … a Lutherana Ecclesia defecit, & se Ecclesiæ Pontificiæ mancipavit, refutatio …, Kopenhagen: Melchior Martzan 1634. Damit war der Konflikt aber nicht beendet: Im Jahr 1638 antworteten die Jesuiten mit einer Apologie, die sich ausdrücklich an den dänischen König wandte und gegen Jesper Brochmands „Lästerschrifft“ gerichtet war (vgl. Christian Wilhelm von Brandenburg, Apologia Specvli Veritatis: An Die Königliche Würden in Dennemarck … geschrieben / Und Caspar Erasmi Brochmands Lästerschrifft entgegen gesetzt, Köln: Peter Metternich 1638). Die
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Genesisvorlesung betrifft, hatte er sich aber schon 1636 zuversichtlich gezeigt, die Auslegung dieser Schrift in naher Zukunft beenden zu können. An diesem Beispiel wird bereits deutlich, dass ein Sonderauftrag des Königs im Zweifel Vorrang vor den regulären universitären (Lehr-)Verpflichtungen hatte, auch wenn dies hieß, dass einer der bedeutendsten Professoren seiner Zeit die ihm eigentlich auferlegte Vorlesungstätigkeit über Jahre hinweg vernachlässigte. Bei seinem Kollegen Hans Hansen Resen sieht das behandelte Unterrichtspensum nicht viel besser aus. Bereits 1636 gab er an, seine Vorlesung über das Johannesevangelium fortsetzen zu wollen. Von 1642 bis 1646 kam er jedoch augenscheinlich nicht über die ersten fünf Kapitel des Johannesevangeliums hinaus, da er offenbar durch andere Aufgaben in Anspruch genommen wurde, wie die einschränkende Bemerkung „qvantum qvidem per alias occupationes publicas licuerit“32 vermuten lässt. Laurits Mortensen Scavenius bekundete 1646 seine Absicht, sich den Prophezeiungen des Amos zuzuwenden. Noch in dem bis zum Sommer 1654 reichenden Vorlesungsverzeichnis findet man diese Ankündigung wieder. Niels Poulsen Schandorph gelang es innerhalb eines Jahres, genau zwei Kapitel des Römerbriefes zu behandeln.33 Allein bei Christian Nold lässt sich erkennen, dass er sich der Problematik, dass die Studenten häufig nicht länger als die von ihnen geforderten zwei Jahre an der Universität blieben, bewusst war. Er nahm sich vor, seine Vorlesung über die Hauptstücke des christlichen Glaubens innerhalb dieser Zeitspanne abzuschließen, damit die Studenten auch irgendeinen Nutzen von ihrem Aufenthalt an der Akademie hätten.34 Von Christian Nolds Bemühungen abgesehen, muss daher zusammenfassend festgestellt werden, dass das Lehrangebot der theologischen Fakultät in dieser Hinsicht nicht auf die Bedürfnisse der Studenten, die sich nicht länger als notwendig an der Universität aufhielten, zugeschnitten war: Da sich viele Vorlesungen über mehrere Jahre erstreckten, wurde es diesen Studenten verwehrt, einer Vorlesungsreihe in ihrer Gesamtheit zu folgen.
Verfasser bemühen sich darin, Brochmands Argumentation zu entkräften. Dass diese Schrift nicht ohne Reaktion von dänischer Seite blieb, ist daher wenig verwunderlich. Brochmands Angaben in den Vorlesungsverzeichnissen seit 1642 sind in diesen Zusammenhang der Widerlegung der „Apologia“ einzuordnen. Er verfolgte dieses Vorhaben bis zu seinem Tod im Jahr 1652; 1653 erschien schließlich als Ergebnis die Schrift Jesper Rasmussen Brochmand, Confutatio Apologiæ Ducis Christiani Wilhelmi; quatuor partibus absoluta …, Kopenhagen: Melchior Martzan 1653. Vgl. zu dieser Auseinandersetzung und zum Inhalt und der Bewertung der genannten Schriften Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 535 f. 32 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1646 in Indices lectionum. 33 Vgl. die Angaben zu Niels Poulsen Schandorph in den Vorlesungsverzeichnissen von 1642 und 1643 in Indices lectionum. 34 Vgl. im Vorlesungsverzeichnis von 1664 zu Christian Nold, Indices lectionum: „[…] Capita Fidei Christianæ ita pertractabit, ut si primo anno, propter Rectoratus onera non possint absolvi, ad minimum secundo, divina gratia adspirante, finiantur. Optat enim, qvantum in se est, ut Studiosi biennio, ad qvod (ad minimum) Rescripto Regio in Academia adstringuntur, fructum aliqvem sumptuum operæque domum secum referre possint.“
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3.2.1 Exegetischer Unterricht mit dogmatischen Perspektiven Die Fundatio et ordinatio beschränkt sich in ihren Vorgaben zum Unterrichtsgegenstand der Theologieprofessoren auf die Heilige Schrift verbunden mit der Mahnung, auch theologische Allgemeinbegriffe daran zu verdeutlichen und den Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium zu demonstrieren (s. o. Kap. 2.2.2). In den Satzungen der Universität wird also darauf verzichtet, den einzelnen Professuren einen bestimmten Unterrichtsgegenstand zuzuordnen. Diese Ungenauigkeit wurde anscheinend auch nicht durch eine praktische Übereinkunft behoben, denn es lassen sich in den überlieferten Vorlesungsverzeichnissen keine auffälligen Vorlieben der einzelnen Professuren für bestimmte Themengebiete erkennen. Allein bei den Inhabern der 1630 eingerichteten vierten Professur zeichnet sich eine Tendenz zur Behandlung dogmatischer Themen ab, wie es auch die Stiftungsurkunde aus dem Jahr 1630 vorsieht (s. o. Kap. 2.2.5 mit Anm. 134). Die Bischöfe von Seeland beschäftigten sich demgegenüber vorrangig mit der Auslegung biblischer Schriften. Bedingt durch die mangelnde fachliche Definition der Professuren erweckt das Unterrichtsangebot der theologischen Fakultät in Kopenhagen jedoch insgesamt einen unübersichtlicheren und unkoordinierteren Eindruck als in Uppsala. Diese Wirkung ist auch den oft ausschweifenden Erklärungen geschuldet, in denen sich mancher Theologieprofessor bei der Ankündigung seiner geplanten Lehrveranstaltung ergeht und aus denen sich oft nur mit Mühe das eigentliche Thema der Vorlesung herauslesen lässt. In diesen Erläuterungen können z. B. der Sinn der gewählten Fragestellung, der aktuelle Bearbeitungsstand, das methodische Verfahren, die herangezogenen Hilfsmittel oder ein Ausblick auf das geplante weitere Vorgehen reflektiert werden. So lässt sich kaum vorstellen, dass ein Student aus der wortreichen Ankündigung von Thomas Bang unmittelbar erschließen konnte, was der genaue Gegenstand seiner Lehrveranstaltung sein sollte: M. Thomas Bangius S. S. Theol. Prof. Ordin. Hora IV. pomerid. Deo benedicente, ac jussu Superiorum proponet Auditoribus veram & unice salutarem Viam Domini, eamq[ue] opponet variis Heterodidascalorum atqve cœcorum ducum deviis diverticulis, per qvæ seductos hoc ævo Apostatas haut sine probro creditæ & agnitæ veritatis ferri dolemus, ut infirmiores utentes Pontificiorum nunc monumentis, nunc Collo qviis a periculoso fidei naufragio mature sibi qveant cavere. Privatim vero […].35
Anhand des vorliegenden, lückenhaften Quellenmaterials ist nicht erkennbar, dass an der Fakultät bestimmte biblische Schriften im Mittelpunkt des Interesses gestanden hätten; stattdessen ist die Auswahl der Textgrundlagen breit gestreut. Für gewöhnlich umfasst das Lehrangebot sowohl alt- als auch neutestamentliche Vorlesungen. In einigen Jahren kommt es jedoch vor, dass die Studenten bei den von den
35 Vgl. das bis 1653 reichende Vorlesungsverzeichnis in Indices lectionum.
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Theologen angebotenen exegetischen Vorlesungen nur unter neutestamentlichen (Vorlesungsverzeichnisse 1642 bis 1643) oder nur unter alttestamentlichen Lehrveranstaltungen (Vorlesungsverzeichnis bis 1654) wählen konnten. Angefangen im Jahr 1648 bis zu dem bis 1653 reichenden Vorlesungsverzeichnis konzentrieren sich die biblischen Vorlesungen allein auf die Thessalonicherbriefe und die Prophe zeiungen des Amos, was dem exegetischen Lehrangebot dieser Jahre eine gewisse Eintönigkeit verleiht. Vereinzelt wagen sich Professoren auch daran, die Auslegung eines alt- und eines neutestamentlichen Textes in ein und derselben Vorlesung zu kombinieren.36 Gelegentlich wechseln die Theologieprofessoren direkt von einer dogmatischen Vorlesung zu einer exegetischen oder umgekehrt.37 Überhaupt lässt sich noch am Anfang des 17. Jahrhunderts teilweise nur schwer abgrenzen, was eine exegetische und was eine dogmatische Vorlesung sein sollte. Stattdessen spiegeln die frühesten Vorlesungsverzeichnisse wider, dass die Professoren die Vorgabe der Universitätsordnung, anhand von biblischen Schriften auch theologische Allgemeinbegriffe zu erläutern, durchaus ernst nahmen. 1603 etwa beschäftigt sich Hans Poulsen Resen nicht einfach nur mit dem Galaterbrief, sondern wendet sich in diesem Zusammenhang der Rechtfertigung und Freiheit des Menschen zu, wobei er sich auf Martin Luther beziehen will. Sein Kollege Jørgen Dybvad will im selben Jahr Bibelstellen zur Ekklesiologie zusammenstellen. Die mit der Einführung einer vierten Professur für den Bereich Dogmatik verbundene Spezialisierung sorgt nach 1630 dafür, dass die Professoren in den Vorlesungsverzeichnissen nicht mehr ihre Absicht kundtun, im Rahmen einer biblischen Vorlesung eine bestimmte dogmatische Fragestellung zu untersuchen.
3.2.2 Dogmatik als eigenständige theologische Disziplin Die Konzentration des dogmatischen Unterrichts auf die vierte Professur führt nach 1630 außerdem dazu, dass die Unterweisung in Fragen der Glaubenslehre allein der theologischen Fakultät vorbehalten bleibt. Vorher unterstützten nämlich der Professor für Logik und gegebenenfalls auch der Professor für Pädagogik die Kollegen aus der Theologie durch dogmatische Lehrveranstaltungen. Ein Unterschied im Unterrichtsniveau lässt sich dabei auf den ersten Blick nicht feststellen – die 36 So will sich Hans Wandal im Vorlesungsverzeichnis von 1660 (vgl. auch 1664, 1671) in Anspielung auf Mt 13,52 sowohl dem Propheten Haggai als auch dem Judasbrief zuwenden, vgl. Indices lectionum: „Iohannes Wandalinus, S. S. Theol. D. & Prof. Ordin. Acad. h. t. Rector, Scribam edoctum ad regnum cœlorum, qvi patrisfamilias instar e thesauro suo profert vetera & nova, imitaturus, ex Vet. Test. divina Haggæi Prophetiam, Ebraico sermone consignatam; e Novo autem, Epistolam Judæ Apostoli Catholicam, idiomate Græco Ebraizante scriptam, alternis diebus, interpretabitur, & analysi Philologico-Theologica illustrabit.“ 37 Vgl. etwa Hans Poulsen Resen und Cort Aslaksen 1612, Jesper Brochmand und Hans Rasmussen Brochmand 1632 oder Hans Hansen Svane 1654 in Indices lectionum.
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Confessio Augustana und Luthers Kleiner Katechismus tauchen im Lehrangebot der theologischen wie artistischen Fakultät auf. Obwohl die Theologieprofessoren bei der Ankündigung ihrer Lehrveranstaltungen zur Glaubenslehre gelegentlich konkrete dogmatische Topoi nennen, die sie behandeln wollen, beschränken sie sich doch häufig auf allgemeine Angaben. Bis zur Mitte der 1650er-Jahre führen sie dabei in der Regel die Loci theologici (communes) an.38 Danach formulieren sie die Beschreibungen ihres Unterrichtsvorhabens so, dass sie die Grundlagen, Artikel bzw. Hauptstücke des christlichen Glaubens darzulegen gedenken.39 So stellt sich die Frage, ob mit dem Wechsel der Ausdrucksweise auch ein Wechsel des zugrundeliegenden Lehrwerks verbunden war. Da sich den Ankündigungen des Professors für Logik in den Jahren 1603, 1618 und 1619 entnehmen lässt, dass er die Loci communes von M elanchthon durchnehmen wird, kann vermutet werden, dass dieser originäre und breit rezipierte Ausdruck protestantischer Theoriebildung auch an der Kopenhagener Universität als Lehrbuch herangezogen wurde. Vorstellbar ist, dass seit der Mitte des 17. Jahrhunderts andere Lehrbücher den dogmatischen Unterricht prägten. In erster Linie kommt hier Jesper Brochmands „Systematis theologici epitome“ (1649) in Betracht, eine Kurzfassung zu seinem großen dogmatischen Werk mit dem Titel „Universæ theologiæ systema“ (zwei Bände, erschienen 1633)40, die im Kontext theologischer Unterweisung in Dänemark über Jahrzehnte weite Verbreitung fand.41 Dogmatische Unterweisung geschah in Kopenhagen wie an den protestantischen Universitäten des Heiligen Römischen Reiches aber nicht nur unter Rückgriff auf entsprechende Lehrbücher, sondern auch anhand von Bekenntnissen.42 Genau genommen kam dafür aber nur ein Bekenntnis in Frage: die Confessio Augustana von 1530. In Übereinstimmung mit Dänemarks ablehnender Haltung zum Konkordienbuch fand allein dieser den Anfang protestantischer Bekenntnisbildung markierende Grundtext Eingang in das Lehrangebot der theologischen Fakultät (vgl. dazu unten Kap. 4 mit Anm. 2).43 Bei der Ankündigung der Lehrveranstaltungen griff man nicht auf den Zusatz „invariata“ zurück, was den Eindruck erweckt, dass die dänische Theologie auf den Bekenntnisstand von 1530 rekurrierte 38 Vgl. die Vorlesungsverzeichnisse der Jahre 1632, 1642 und 1643 in Indices lectionum. 39 Vgl. die Vorlesungsverzeichnisse der Jahre (bis) 1654, 1660, 1664 und 1671 in Indices lectionum. Jakob Knudsen fügt dabei im bis 1654 reichenden Vorlesungsverzeichnis hinzu, auf ein „sehr kurzes Kompendium“ zurückgreifen zu wollen. 40 Vgl. zum Systema Glebe-Møller, Det teologiske Fakultet, 136–138. 41 Vgl. Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 535. Eine solche Vermutung äußert ebenfalls Glebe-Møller, Det teologiske Fakultet, 154. 42 Kaufmann, Chemnitz, 190, geht von einer allgemein verbreiteten Orientierung der Lehrveranstaltungen zu den Loci an der Confessio Augustana bzw. ab und zu auch an der Konkordienformel seit den 1570er-Jahren aus. So sahen etwa die Statuten der Tübinger Fakultät von 1601 vor, dass der dogmatische Unterricht anhand der Confessio Augustana, der Konkordienformel oder eines Kompendiums der Loci theologici geschehen soll, vgl. Köpf, Lehre, 74. 43 Vgl. den Logikprofessor 1612, Cort Aslaksen 1618–1619 und Hans Hansen Svane 1646–1654 in Indices lectionum.
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und sich von dem weiteren, durch innerkonfessionelle Meinungsverschiedenheiten gekennzeichneten Weg lutherischer Bekenntnisbildung im Alten Reich im Verlauf des 16. Jahrhunderts distanzierte. In einigen Vorlesungsverzeichnissen kündigen die Professoren im Rahmen ihrer dogmatischen Unterrichtstätigkeit explizit an, sich mit den Meinungen konfessioneller Widersacher zu befassen. Schon 1603 rücken die Jesuiten ins Visier eines dänischen Theologieprofessors, indem Jørgen Dybvad in einer Disputation die Auseinandersetzung mit Robert Bellarmin zur Sprache bringen will. Im Rahmen seiner Vorlesung über das Augsburger Bekenntnis plant Cort Aslaksen, nicht nur sehr viele Beweise für die eigene theologische Position aus der Heiligen Schrift abzuleiten, sondern auch die Argumente der „Gegner und Häretiker“ („adversariorum atq[ue] hæreticoru[m]“) zu widerlegen.44 Im Jahr 1636 nimmt sich Hans Rasmussen Brochmand vor, die Kontroversen zwischen „unseren Kirchen“ und den Katholiken, Calvinisten und Anabaptisten zu thematisieren.45 Thomas Bang will dem bis zum Sommer 1653 (vgl. auch 1654) reichenden Verzeichnis gemäß den „wahren und allein heilbringenden Weg des Herrn“ den „verschiedenen verirrten Wegen der falsch Lehrenden und blinden Anführer“ gegenüberstellen.46 Rasmus Hansen Brochmand beabsichtigt 1660, die „reine Lehre und himmlische Wahrheit“ vor den „außerordentlichen und gefährlichsten Fehlern“ ihrer Angreifer durch die Autorität der Schrift zu beschützen.47 Jens Jensen Bircherod will 1671 seine Vorlesung über die Grundlagen und Artikel des christlichen Glaubens in Abgrenzung zu den „gottlosen Parteien und Sekten“ fortsetzen.48 Während des gesamten, durch erhaltene Vorlesungsverzeichnisse beschreibbaren Untersuchungszeitraums lässt sich somit erkennen, dass sich die Theologieprofessoren vor der Konfrontation mit den Auf 44 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1618 in Indices lectionum. 45 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1636 in Indices lectionum: „Johannes Erasmi B. S. S. Theol. D. & P. P. Controversias quæ nostris Ecclesiis cum Pontificiis, Calvinianis & Anabaptistis intercedunt, qua fieri poterit brevitate, expediet. H. VII.“ Warum spricht Brochmand hier von „unseren Kirchen“ im Plural? Möglicherweise hat er einen sozusagen ideellen, länderübergreifenden Verbund aller lutherischer Kirchen vor Augen, aber auch allein in Bezug auf das eigene Königreich wäre es möglich, „Kirchen“ im Plural zu verwenden. Bei Ingesman, Reformation, 33, findet sich die interessante Beobachtung, dass in offiziellen Dokumenten seit der dänischen Reformation der Kirchenbegriff gerne vermieden und durch andere Umschreibungen ersetzt wurde. Wenn man doch auf das Wort „Kirche“ (lateinisch „ecclesia“) zurückgriff, sei dies im Plural geschehen, wie besonders eindrücklich das von dänischen Theologen entworfene Bekenntnis von 1561 belege. 46 Vgl. die Vorlesungsverzeichnisse zu den Jahren 1653 bis 1654 in Indices lectionum (zitiert oben, vgl. Anm. 35). 47 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1660 in Indices lectionum: „M. Erasmus Joh. Brochmand SS. Theologiæ Professor Ordinarius, capita fidei Christianæ compendio, auxiliante Deo, traditurus sanam doctrinam ac veritatem cœlestem a præcipuis atq[ue] periculosissimis oppugnantium eandem erroribus, auctoritate verbi Divini, vindicabit: &, quæ ad vitæ Christianæ doctrinam, pariter ac consolationem faciunt, quam poterit brevissime exponet hora II.“ 48 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1671 in Indices lectionum: „Janus Birckerodius S. S. Theol. P. P. Deo juvante in fundamentis & articulis fidei Christianæ asserendis ac explanandis, simulq[ue] præcipuis Sacræ Scripturæ locis adversus impias factiones & sectas vindicandis perget.“
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fassungen konfessioneller Gegner nicht scheuten, was ausdrücklich in den kurzen Notizen der Vorlesungsverzeichnisse festgehalten wird. Dieses anhaltende Interesse an Glaubenskontroversen im Unterricht der theologischen Fakultäten kann als typisch für die lutherischen Universitäten im Alten Reich gelten.49 Auch in dem aus theologischer Sicht vermeintlich ruhigen dänisch-norwegischen Königreich wurde es offenbar für notwendig gehalten, den theologischen Nachwuchs seiner eigenen konfessionellen Position zu versichern und zur Entkräftung gegnerischer Argumente zu befähigen. Wer diese Gegner sind, wird nur 1603 und 1636 klar benannt, wo neben den ‚klassischen‘ Konkurrenten, den Katholiken bzw. Jesuiten und Calvinisten, auch die Anabaptisten in die Reihen der Kontrahenten aufgenommen werden. Ansonsten tendieren die Professoren dazu, die Konfliktlage allgemein anhand der Kategorien ‚wahre Lehre – falsche Lehre‘ zu schildern.
3.2.3 Das öffentliche Lehrangebot abseits von Schriftauslegung und Glaubenslehre Insgesamt lassen sich die Hauptinhalte der Vorlesungen eindeutig den Bereichen Exegese und Dogmatik zuordnen. Kirchengeschichtliche Themen etwa werden in den Vorlesungsverzeichnissen kaum explizit erwähnt. Nur 1671 lässt sich nachweisen, dass eine Vorlesung an der theologischen Fakultät speziell der Darstellung der „Geschichte der Kirche Gottes“ gewidmet war. Jørgen Witzleben verfolgte hier ein ambitioniertes Vorhaben, das ihn einsetzend bei der Sintflut über die Zeit Abrahams bis zur Ausgießung des Heiligen Geistes und zum Tod des Evangelisten Johannes führen sollte.50 Kirchengeschichte ist in diesem Fall also als biblische Geschichte zu verstehen; nachbiblische Geschichte kommt nicht zur Sprache. Die dänischen Theologieprofessoren boten nach Auskunft der überlieferten Verzeichnisse keine Vorlesungen an, die direkt und ausschließlich dem Bereich Moraltheologie zugeordnet werden können. In Rasmus Hansen Brochmands Ankündigung einer dogmatischen Vorlesung aus dem Jahr 1660 lässt sich immerhin erahnen, dass Fragen der praktischen christlichen Lebensführung am Rande anderer Themen berücksichtigt wurden. Hierin erwähnt er, sich auch in äußerster 49 Vgl. Appold, Academic Life, 100. 50 Vgl. Jørgen Witzlebens detailliertes Programm im Verzeichnis von 1671 in Indices lectionum: „Georgius Witzlebius […] in historia Ecclesiæ Dei a diluvio finito perget, expositurus, qvomodo Ecclesia Sancta per Noachum Patriarcham restaurata, & doctrina fœderis gratiæ novis mundi coloniis ab infantia inculcata sit, ut, dispersione gentium facta, eadem salvifica doctrina per gentes variarum lingvarum in omnibus orbis partibus, in qvas dimittebantur, disseminata & servata sit, usque ad Abrahami ætatem, qva, ob omnium gentium apostasiam, excommunicatio est facta. Idem eadem opera historiæ Evangelicæ hucusque ad finem perductæ eandem fœderis gratiæ consummati historiam ex Actis Apostolicis subjiciet, qvam ab effusione Sp. S. miraculosa ad obitum S. Johannis Evangelistæ continuabit.“ Außerdem nimmt sich Hans Wandal als Professor für Hebräisch Anfang der 1650er-Jahre die Geschichte des Alten Testaments in einer Disputationsreihe vor, vgl. die Vorlesungsverzeichnisse zu den Jahren 1653 und 1654 in Indices lectionum.
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Kürze mit Dingen beschäftigen zu wollen, die der Lehre vom christlichen Leben und dem Trost förderlich sind (zitiert in Anm. 47). Laurits Mortensen Scavenius geht noch einen Schritt weiter, indem er nicht nur ethische Aspekte reflektieren will, sondern in den Beschreibungen seiner geplanten Vorlesungen besonders betont, dass er auf den Nutzen des Vorgetragenen für den späteren beruflichen Alltag seiner Zuhörer achten wird. So nimmt er sich in seiner Vorlesung über die Loci theo logici vor, ihren theoretischen wie praktischen Gebrauch im Hinblick auf Predigten, Disputationen und eine christliche Lebensweise in Orientierung am Wort Gottes herauszuarbeiten.51 Bei seiner Auslegung der Amos-Prophezeiungen wenige Jahre später hat er besonders künftige Lehrer und Pfarrer vor Augen, wenn er seine Zuhörer grundsätzlich zur Auslegung der Heiligen Schrift im Kontext der christlichen Unterweisung befähigen will.52 Ansonsten enthalten die Vorlesungsverzeichnisse allerdings keine Hinweise darauf, dass die Professoren in ihrer öffentlichen Unterweisung speziell Fragen der Anwendbarkeit des vermittelten Wissens im späteren Berufsalltag als Pfarrer oder Lehrer berücksichtigt hätten, auch wenn es aufgrund der Verpflichtung zu Universitätsstudien nicht abwegig war, dass sich Studenten mit solchen Karrierezielen unter ihren Zuhörern befanden.
3.2.4 Private Unterweisung und der Unterricht durch die Adjunkten Hinweise auf die seit 1635 obligatorischen Predigtübungen sucht man in den überlieferten Vorlesungsverzeichnissen vergeblich. Dies ist insofern nicht verwunderlich, als die Kopenhagener Vorlesungsverzeichnisse in der Regel das private Lehrangebot der Theologen nicht abbilden und die Predigtübungen vermutlich wie an der schwedischen Universität nicht in das öffentliche Lehrprogramm integriert wurden.53 51 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1642 (und 1643) in Indices lectionum: „D. Laurentius Martini Scavenius, S. S. Theol. Prof. ordinar. H. II. in cepta Locorum Theologicorum Communium Analysi perget; Et ita volente Deo Thesin ac anti-Thesin rerum Theologicarum explicabit, ut usum pariter singulorum locorum, Theoreticum ac Practicum, in concionibus Sacris, Disputationibus Theologicis, ac universa vita Christiana ad normam verbi divini jugiter exigenda, commonstret.“ 52 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1646 (und 1648, 1650, 1651, bis 1653, bis 1654) in Indices lectionum: „D. Laurent. Mart. Scavenius, S. S. Theol. Prof. ordinar. H. VII. Vaticinia Amosi enarraturus, Veram ac methodicam rationem explicandi scripturas sacras monstrabit, illis imprimis qui populum Christianum in Ecclesia sint docturi.“ 53 Auch die überlieferten Vorlesungsverzeichnisse aus Rostock (wie die aus Helmstedt) schweigen zu den Predigtübungen, die laut Kaufmann jedoch seit der ersten nachreformatorischen Professorengeneration durchgeführt wurden. Kaufmann geht davon aus, dass diese Predigtübungen normalerweise von einzelnen Rostocker Pfarrern mit Billigung der Theologieprofessoren in der Form von Privatkollegs angeboten wurden. Vgl. Kaufmann, Universität, 439–441 mit Anm. 22. Den erhaltenen Testimonia für Studenten, die die Universität verließen, entnimmt Kaufmann, Universität, 441 f, dass sich unter den Rostocker Theologiestudenten seit der Mitte des 17. Jahrhunderts die Praxis weitgehend durchgesetzt hatte, ab und zu in einer Rostocker Kirche zu predigen, was sich auch erheblich auf die Bewertung ihrer Studienleistungen ausgewirkt habe. Insgesamt
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In den wenigen Fällen, in denen durch die Vorlesungsverzeichnisse private Übungen der Theologieprofessoren angekündigt werden, lohnt sich ein genauerer Blick. Bei Thomas Bangs Privatkolleg, das im bis 1653 reichenden Vorlesungsverzeichnis sowie erneut ein Jahr später angeführt wird, handelt es sich gar nicht um eine theologische Lehrveranstaltung im engeren Sinn. Stattdessen bietet er an, Theologiestudenten anzuleiten, die „Brochmandiana Bibliotheca“ richtig zu gebrauchen. Jesper Brochmand (1585–1652) verfügte über eine bedeutende private Büchersammlung bestehend aus ca. 4000 Bänden theologischer Literatur, die in den Besitz der Universitätsbibliothek überging.54 Dass angesichts der enormen Anzahl von Bänden, durch die der Bestand der Universitätsbibliothek im Bereich Theologie plötzlich erweitert wurde, eine Einweisung der Studenten angeraten war, ist nachvollziehbar und unterstreicht den Charakter der Büchersammlung als Gebrauchsliteratur auch für den gewöhnlichen Theologiestudenten. Der zweite Fall, bei dem eine private Lehrveranstaltung in einem Vorlesungsverzeichnis Erwähnung findet, betrifft den Theologieprofessor Christian Nold. Im Vorlesungsverzeichnis von 1664 gibt er interessanterweise nicht an, was er in seiner privaten Unterweisung zu lehren gedenkt, sondern warum er überhaupt solchen privaten Unterricht den Studenten anbieten will, nämlich weil bekannt sei, dass darin ihre „akademischen Talente erfolgreicher zur Entfaltung gebracht und zum Nutzen des Gemeinwesens erprobt werden“.55 Doch nicht nur in Nolds privaten Unterricht schleicht sich im Jahr 1664 das staatliche Interesse ein. Sein Kollege Hans Wandal trägt in seiner öffentlichen Vorlesung „theologische Aphorismen“ über das „königliche Recht“ und die „höchste weltliche Macht“ vor.56 Dafür unterbricht er extra seine bereits begonnene Vorlesung über Haggai und den Judasbrief (vgl. Anm. 36), was von der Aktualität und Brisanz des Themas zeugt. Deutlich hinterlässt hier das mit der Einführung des Erbkönigtums 1660 anbrechende Zeitalter des Absolutis-
hält es Kaufmann, Clergy, 124 f, schon im 16. Jahrhundert für durchaus üblich, dass einige theologische Fakultäten im Alten Reich Lehrveranstaltungen anboten, die sich an der späteren Predigttätigkeit der Studenten orientierten. In Tübingen wies die Ordnung von 1557 die Professoren zwar bereits an, den Ertrag der Exegese für die Predigttätigkeit im Auge zu behalten, aber studentische Predigtübungen scheinen erst seit der Mitte des 17. Jahrhunderts aufgekommen zu sein, vgl. Köpf, Lehre, 83 f. 54 Vgl. Fabian (Hg.), Handbuch, 69. Die Universitätsbibliothek bezog 1652 ihr neues Zuhause auf dem Dachboden der Trinitatis Kirke. Hier besichtigte sie auch der schwedische Theologe Erik Benzelius d. Ä. im Jahr 1663, der auch von Brochmands Büchersammlung zu berichten wusste (s. u. Kap. 4.1.2). Sie fiel zusammen mit dem gesamten Bestand der Universitätsbibliothek in der Trinitatis Kirke dem großen Kopenhagener Stadtbrand 1728 zum Opfer, vgl. Fabian (Hg.), Handbuch, 69. 55 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1664 zur privaten Unterweisung von Christian Nold in Indices lectionum: „Simul etiam privatis Lectionibus, (qveis ingenia Academica felicius excoli, & ad usum Reipublicæ explorari constat) juventuti suam operam locabit.“ 56 Vgl. zu Hans Wandal im Vorlesungsverzeichnis von 1664 in Indices lectionum: „Johannes Wandalinus […] absolutis, qvos tradere cœpit, aphorismis Theologicis, de Jure Regio, & Summa Potestate Civili, ad Commentationes Biblicas pridem inceptas redibit […].“
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mus seine Spuren im Unterricht an der theologischen Fakultät.57 Ausgerechnet in diesem Punkt entbrannte kurz darauf jedoch ein Konflikt zwischen Nold und Wandal, welcher der auf königlichem Wohlwollen beruhenden Blitzkarriere Christian Nolds an der theologischen Fakultät abrupt ein Ende setzte. Für Nolds Suspendierung und schließlich Entlassung reichte der vom königstreuen Wandal geäußerte Verdacht aus, dass Nold in seinem Werk „Logica recognita“ (1666) die Meinung vertrete, dass ein Wahlkönigtum der erblichen Königswürde vorzuziehen sei.58 Da sich die Angaben der Vorlesungsverzeichnisse zur theologischen Fakultät also in der Regel auf die Ankündigung der öffentlichen Vorlesungen beschränken, ist nicht auszuschließen, dass die Professoren ein privates Unterrichtsangebot aufrechterhielten, das stärker der konkreten Vorbereitung auf das examen attestationis diente. Zudem konnten normalerweise allein die Professoren einen Platz in den Verzeichnissen beanspruchen: Nur im letzten Vorlesungsverzeichnis des Untersuchungszeitraums (1671) wird darüber hinaus der geplante Unterricht eines theologischen Adjunkten genannt. Inwieweit theologische Unterweisung auch von Adjunkten angeboten wurde, lässt sich anhand der überlieferten Vorlesungsverzeichnisse somit nicht nachvollziehen.
3.2.5 Testimonium und attestatio: Zeugnisse für angehende Pfarrer Fasst man die rechtliche Entwicklung im Hinblick auf das Universitätsstudium von angehenden Pfarrern, das 1569 in Dänemark etabliert wurde und durch ein testimonium rectoris nachzuweisen war, zusammen, ergibt sich folgendes Bild (s. o. Kap. 2.2): Zunächst ließ die Forderung, „einige Jahre“ an der Hochschule zu verbringen, noch viele Deutungen zu, weshalb die Novellæ constitutiones von 1621 die Studiendauer genauer mit zwei bis drei Jahren bestimmten. Im Jahr 1629 wurde eine von mindestens drei Professoren abgehaltene Prüfung über die exegetischen und dogmatischen Kenntnisse als Voraussetzung für die Berufung auf eine Pfarrstelle eingeführt (das so genannte examen attestationis), deren Erfolg mit einer attes tatio zu belegen war. Das traditionelle Verhör vor dem Bischof blieb von dieser Regelung unberührt. Im Jahr 1635 wurden nicht nur verpflichtende Predigtübungen hinzugefügt, sondern auch die Mindeststudiendauer vor dem examen attestationis auf drei Jahre erhöht. Diese wurde jedoch 1653 wieder auf zwei Jahre reduziert. Die letzte entscheidende Entwicklung vor der Einführung des theologischen Amts 57 Gemäß Jens Glebe-Møller begründete Hans Wandal d. Ä. (1624–1675) als erster Däne den Absolutismus theologisch in seinem sechs Bände umfassenden Werk „Juris regii“, welches von 1663 bis 1672 erschien und einen großen Einfluss auf die Diskussion im dänischen Königreich ausübte. Darin spricht Wandal laut Glebe-Møller den Königen göttliche Eigenschaften zu und macht sie zu Stellvertretern Gottes, wenn nicht sogar zu Göttern. In der umstrittenen Frage, wem das Recht zur Berufung von Pfarrern zukommt, äußere sich Wandal zugunsten des Königs. Vgl. Glebe-Møller, Art. Wandal, Hans, 270 f. 58 Vgl. Glebe-Møller, Art. Nold, Christian, 539.
Der Unterricht an der theologischen Fakultät in Kopenhagen
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examens (teologisk embedseksamen) 170759 stellt die Forderung nach einer philo sophischen Vorprüfung als Zulassungsbedingung zum examen attestationis dar (1675), denn das Danske Lov von 1683 beschränkte sich in seinen Aussagen zum theologischen Examen im Wesentlichen auf eine Zusammenfassung der vorhergehenden Regelungen.
3.2.5.1 Praktische Verfahrensfragen Da das Protokollbuch der theologischen Fakultät in Kopenhagen als Quellenzeugnis erster Wahl aus dieser Zeit nicht erhalten ist, lässt sich nur in begrenztem Maße nachvollziehen, inwieweit diese rechtlichen Regelungen im universitären Alltag von Bedeutung waren. Betrachtet man die Vermerke, die diesbezüglich in den auszugsweise von Rørdam herausgegebenen Akten des Konsistoriums festgehalten wurden, ist zu beachten, dass in erster Linie wohl die Fälle notiert wurden, in denen sich jemand nicht an die vorgeschriebene Verfahrensweise gehalten hatte oder bei denen unvorhergesehene Faktoren eine Rolle spielten. So stand im Konsistorium z. B. bei verschiedenen Gelegenheiten zur Debatte, ob bestimmten Studenten unter den gegebenen Umständen ein Zeugnis ausgestellt werden kann. Wenn man bedenkt, dass nur ein kleiner Teil der Studenten einen akademischen Grad erreichte bzw. erstrebte, ist verständlich, warum es nicht nur für die Studenten, die in den Dienst der Kirche aufgenommen werden wollten, wichtig war, ihren Aufenthalt an der Universität mit einem Testimonium belegen zu können. Was war aber zu tun, wenn ein Student ein Zeugnis begehrte, der von der Kopenhagener Universität ausgeschlossen worden war? Nicolaus Mørck wurde ein solches Testimonium am 02.04.1595 zunächst verweigert; erst durch Petrus Muncks Fürsprache lenkten die Professoren ein.60 Auf ähnliche Weise setzte sich Jonas Venusinus am 30.04.1595 dafür ein, dass ein gewisser Johannes Coldingensis ein Testimonium erhält. Dieser war zwar vor drei Jahren der Universität verwiesen worden, konnte aber recht ehrenvolle Testimonia von den Akademien in Rostock und Helmstedt vorlegen. Ihm wurde die Möglichkeit eingeräumt, seinen frommen Lebenswandel zu beweisen.61 Diskutiert wurde auch, ob es ein Verfallsdatum für das Recht auf ein Testimonium
59 Vgl. die Verordnung „Om Examinibus og Vocation til Prædike-Æmbedet i Danmark og Norge“ vom 01.08.1707 in Kong Friderich den Fierdes Allernaadigste Forordninger, 37–50. Hierin werden die Theologieprofessoren in Kopenhagen verpflichtet, mindestens einmal pro Monat ein öffentliches Examen für künftige Pfarrer abzuhalten. Die maximale Anzahl der Prüflinge wird auf acht begrenzt, damit die Theologieprofessoren genug Zeit für die Prüfung „in Articulis Fidei Fundamentalibus & Lectione Biblica“ haben, vgl. Kong Friderich den Fierdes Allernaadigste Forordninger, 38. Prüfungen im privaten Rahmen werden verboten; die Prüfungen müssen protokolliert werden. Durch einen Eid verpflichten sich die Theologieprofessoren, die Prüflinge im theologischen Examen und bei den Probepredigten unparteiisch und gerecht zu bewerten. 60 Vgl. die Sitzungen des Konsistoriums am 02.04.1595 und 19.04.1595 in Rørdam, Uddrag 1590–99, 70. 61 Vgl. die Sitzung des Konsistoriums am 30.04.1595 in Rørdam, Udtog 1543–1599, 58 f.
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der Universität gibt. Am 10.03.1599 fragte der Rektor nämlich, ob Studenten, die länger als zwei Jahre nicht mehr an der Universität weilen, ein Testimonium ausgestellt werden dürfe.62 Nachdem das examen attestationis durch königliche Anweisung eingeführt worden war, oblag es dem Konsistorium der Universität, im Detail zu klären, wie diese Anordnung praktisch umzusetzen war. Dazu gehörte z. B. die Frage, welchen Geltungsbereich die neue Prüfung hat, d. h. ob Magister vom examen attestationis zu befreien seien (s. o. Kap. 2.2.6 mit Anm. 141). Außerdem musste bestimmt werden, was mit denen passiert, die die Prüfung nicht bestehen. Hier wurde festgelegt, dass sich Studenten, die einmal durch die Prüfung gefallen sind, frühestens ein halbes Jahr später erneut dem Verhör stellen dürfen.63 Darüber hinaus wurde diskutiert, ob eine einmal erteilte attestatio unter allen Umständen gültig bleiben sollte. Am 24.06.1647 beschloss das Konsistorium, dass Studenten, die sich nach Erhalt der attestatio etwas zuschulden kommen lassen, diese erneut erwerben müssen.64 Laut Rørdam tendierte das Konsistorium nach der Einführung des examen attestationis dazu, bei allen Zeugnissen über Universitätsstudien eine theologische Prüfung zu verlangen, selbst wenn der Betroffene eine ganz andere berufliche Laufbahn anvisierte.65 Tatsächlich kam man nicht in jedem Fall entsprechenden Bitten nach. So war Petrus Johannis, der ein „publicum testimonium sine Attestatione“ begehrte, weil er sein Theologiestudium nicht fortsetzen wollte, sondern vorhatte, sich im Ausland einem anderen Studium zuzuwenden, mit seinem Ansinnen im Konsistorium nicht erfolgreich.66 Neben der Ausfertigung der Zeugnisse stellt die Zusammenarbeit mit den Bischöfen in dieser Angelegenheit ein Thema dar, das wiederholt in den Sitzungen des Konsistoriums zur Sprache kam. Offenbar achteten die Bischöfe nach 1569 nicht immer mit der größten Sorgfalt darauf, dass ihre Pfarrer an der Universität studiert hatten. Im Jahr 1593 sah sich die theologische Fakultät daher veranlasst, die Bischöfe daran zu erinnern, dass sie niemanden ordinieren, der nicht einige Jahre in Kopen 62 Vgl. den Eintrag zum 10.03.1599 in Rørdam, Uddrag 1590–99, 115. 63 Vgl. die Sitzung des Konsistoriums am 01.10.1630 in Rørdam, Bidrag, 662: „De som giffue sig til Examen effter Kongl. Majest. Breff, oc bliffve ob extremam ruditatem rejeceret, skulle ikke maatte komme til Examen igien, inden et halfft Aar er forløben effter de bliffve rejeceret.“ 64 Vgl. das Zitat bei Rørdam, Bidrag, 632: „Hvo der søger sin Attestats, skal det gjøre diligentia og integritate vitæ, og dersom han post acceptam attestationem findes i nogen Forargelse, da at lægge sin Attestats fra sig, og tage den paany.“ 65 Vgl. Rørdam, Bidrag, 624. Auch Norvin, Københavns Universitet 1, 279 f, meint, dass das theologische Examen nach seiner Einführung zur Bedingung für die Ausstellung eines Testimoniums gemacht worden sei, welches außerdem eine Bescheinigung des Privatpräzeptors vorausgesetzt habe. Dass das testimonium publicum nach der Einführung des theologischen Examens in Gebrauch geblieben ist, führt er darauf zurück, dass es einen umfassenderen Zweck verfolgte: Das Testimonium sollte nämlich nicht nur über den Bildungsstand Auskunft geben, sondern auch über den Lebenswandel des Studenten während seiner Studienzeit, insbesondere zur Information des Bischofs. 66 Vgl. die Sitzung des Konsistoriums am 15.06.1631 in Rørdam, Bidrag, 662.
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hagen studiert hat und ein Testimonium der Universität vorlegen kann.67 Anfang des 17. Jahrhunderts geriet der Bischof von Aarhus, Jens Giødesen, unter Verdacht, Studenten ohne Testimonium zum Pfarramt zugelassen zu haben. Aus dem Jahr 1602 ist der Fall eines unerlaubt aus dem universitären Arrest entwichenen Studenten überliefert, der daraufhin in der Diözese Aarhus ohne testimonium univer sitatis zu einer kirchlichen Funktion befördert wurde. Das Konsistorium beschloss daher, den ortsansässigen Bischof freundlich zu größerer Vorsicht zu mahnen.68 Bestanden die Professoren hier auf die Einhaltung der vorgegebenen Verfahrensregeln, so wirkt dies umso weniger glaubhaft, als Johannes Stephanius, Professor für Dialektik, noch ein Jahr zuvor eben jenen Bischof Jens Giødesen darum bat, es mit den Vorgaben nicht so genau zu nehmen. Denn sein Schützling Gregor Johannis war zu einem Pfarramt berufen worden, hatte aber nicht die von Pfarrkandidaten geforderte Zeit von einigen Jahren an der Universität verbracht.69 Im Jahr 1611 musste sich Jens Giødesen allerdings erneut vor dem Rektor Hans Poulsen Resen wegen des Vorwurfs, Studenten ohne testimonium publicum in geistliche Ämter eingesetzt zu haben, verantworten.70 Giødesen berichtet in seiner Stellungnahme von einem Brief der Universität, in dem man sich über den allgemeinen Missstand beschwerte, dass sich Studenten – offenbar unbeeindruckt von rechtlichen Vorschriften und geleistetem Eid – oft heimlich von der Universität entfernten, ohne Testimonium und ohne ihre Schulden zu begleichen. Angeblich habe man zwei solcher Studenten in der Diözese Aarhus ausfindig gemacht.71 Im Fall des zuerst genannten Studenten stellt Giødesen klar, dass ihm bei der Ordination durchaus ein Testimonium vorgelegen habe. Allerdings scheint es nicht selbstverständlich gewesen zu sein, dass ein Student direkt beim Verlassen der Universität um ein Testimonium bat. Denn der Bischof deutet an, dass sich der genannte Student erst anlässlich der Ordination um ein Testimonium bemühte.72 Möglicherweise noch offene finanzielle Forderungen des Rektors für die Ausstellung desselben verspricht der jüngst eingesetzte Pfarrer zu begleichen. Nicht er selbst hatte für die Beschaffung des Testimoniums gesorgt, sondern sein adliger Patron. Sollte der ehemalige 67 Vgl. Rørdam, Bidrag, 618, unter Berufung auf Pontoppidan. 68 Vgl. die Sitzung des Konsistoriums am 18.12.1602 in Rørdam, Forhandlinger 1599–1604, 103. 69 Vgl. Stephanius’ Briefkonzept vom 22.10.1601 in Rørdam, Aktstykker, Nr. 363, 508 f. 70 Vgl. Giødesens schriftliche Stellungnahme vom 18.10.1611 in Rørdam, Aktstykker, Nr. 435, 613–615. 71 Vgl. Giødesens Schilderung der Ausgangslage in Rørdam, Aktstykker, Nr. 435, 613: „Allatæ sunt mihi nuper literæ, Magnifice Dn. Rector, vir doctissime et amice observande, qvibus qveritur Senatus Academiæ, Studiosos sæpe, ruptis legum repagulis et posthabita jurisjurandi reli gione, clam et perfide se a vobis subducere, delusis creditoribus et sine publico testimonio, qvales in Dioecesi hac meæ inspectioni demandata duos reperiri, Dn. Jacobum Petri in Tued et Dn. Christianum Michaelis de Seiling, dictis Academiæ literis proditur.“ 72 Vgl. Rørdam, Aktstykker, Nr. 435, 613: „[…] hic publicum monstrat testimonium, sibi sub initium veris anni proxime præteriti ex Academia collatum eodem mense Martio, qvo initiabatur sacris.“
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Student entgegen seiner eigenen Aussage darüber hinaus doch noch Gläubiger in Kopenhagen haben, will der Bischof eingreifen. Was den anderen Studenten angeht, weist Giødesen jede Verantwortung von sich. Er habe diesen nicht ordiniert und er stehe auch seines Wissens keiner Kirche in dieser Diözese vor. Gerüchteweise habe er aber gehört, dass der genannte Student in der norwegischen Diözese Oslo tätig sei.73
3.2.5.2 Aufbau und Inhalt Wie aber sahen die Zeugnisse aus, die ehemaligen Studenten ausgestellt wurden? Dies lässt sich beispielhaft für die Jahre 1631 bis 1633 nachvollziehen, da für diesen Zeitraum eine Sammlung von Testimonia erhalten ist. In der ältesten Hand schriftensammlung der Königlichen Bibliothek in Kopenhagen, der Gamle kongelige Samling, befindet sich ein „Fasciculus“74 mit testimonia publica und diversen akademischen Bekanntmachungen in Abschrift75 hauptsächlich aus den Jahren 1631 bis 1633, als erst der Theologe Hans Rasmussen Brochmand (1631–1632), dann sein Kollege Niels Pedersen Aurilesius (1632–1633) das Rektorat an der Universität innehatten. Dabei lassen sich 28 Zeugnisse dem Rektorat von Hans Rasmussen Brochmand zuordnen, 16 testimonia publica stammen aus der Amtszeit von Niels Pedersen Aurilesius. Die zuerst genannten 28 Exemplare bilden die Grundlage der folgenden Analyse, wobei eine Durchsicht letzterer keine darüber hinausgehenden Auffälligkeiten offengelegt hat. 73 Dass gerade Bischof Jens Giødesen von Aarhus verdächtigt wurde, nicht die erforderliche Sorgfalt bei der Überprüfung seiner neuen Kirchendiener walten zu lassen, erstaunt umso mehr, als ausgerechnet von ihm Zeugnisse dieser Tätigkeit aus den Jahren ca. 1597 bis 1626 erhalten sind, vgl. Rørdam, Pröver, 738 f. Er ließ die Kandidaten für den Pfarr- bzw. Schuldienst im Rahmen der den Bischöfen auferlegten Prüfung Probeschriften erstellen. Für gewöhnlich handelte es sich um kurze dänische Texte mit lateinischer Übersetzung, wobei der Inhalt variierte. Rørdams Eindruck nach formulierten die Kandidaten teilweise ihre Texte selbst, teilweise scheint aber auch ein Diktat zugrunde gelegen zu haben. Ziemlich viele Bewerber lehnte Giødesen ab, wobei Rørdam von einer noch größeren Anzahl als bloß denen, deren Probeschriften den Vermerk „non admissus“ tragen, ausgeht. Giødesen erwies sich also durchaus als anspruchsvoll, was die Auswahl angehender Pfarrer und Lehrer betrifft. Dabei sieht es so aus, als ob er dem allgemeinen Bildungsstand des Bewerbers größere Beachtung geschenkt hätte als dessen religiöser Einstellung. Denn Rørdam bemerkt, dass er einige Bewerber ihre eigenen Ordinationsversprechen im Rahmen dieser Probeschriften verfassen ließ. Obwohl diese Texte inhaltlich stark voneinander abweichen, ist auffällig, dass sich nur ein einziger Kandidat dazu verpflichtete, sich an die Confessio Augustana zu halten, vgl. Rørdam, Pröver, 752, Nr. 88. Den Probeschriften lässt sich außerdem entnehmen, dass der Bischof durchaus darauf achtete, dass ein Testimonium der Universität vorlag. Denn ein Bewerber musste ihm versprechen, dass er das noch fehlende Zeugnis beschaffte, da niemand zu einem Pfarramt ohne ein solches testimonium publicum zugelassen werden dürfe, vgl. Rørdam, Pröver, 747, Nr. 49 (vgl. auch 753, Nr. 90; 754, Nr. 98). 74 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum Facultatis theol. Universitatis Hafniensis 1631– 1633, 1672–1673, KBKph, GKS 3010, 4°. 75 Vgl. Gigas, Katalog, 67.
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Die Zeugnisse sind ihren Datierungen nach zu urteilen im Zeitraum von Okto ber 1631 bis April 1632 ausgestellt worden und wurden in ihrer hier überlieferten Form von verschiedenen Personen aufgeschrieben.76 Sie wenden sich an keinen bestimmten Adressaten, geben sich aber als im Namen des Rektors verfasste Schriftstücke zu erkennen, die im Original auch mit dem amtlichen Siegel versehen waren. Der Text der Testimonia weist drei Hauptabschnitte auf. Er beginnt mit einer meist ausführlichen Einleitung, die verglichen mit den beiden anderen Teilen häufig den umfangreichsten Abschnitt darstellt. Die einzelnen Einleitungen folgen keiner erkennbaren gemeinsamen Vorlage, sondern erwecken den Eindruck, von Fall zu Fall individuell formuliert worden zu sein. In der Einleitung werden Gedankengänge grundsätzlicher Art entfaltet. Als Themen kommen z. B. verschiedene Tugenden oder allgemeine Lebensweisheiten in Frage, besonders solche, die sich auf das akademische Leben übertragen lassen. Gerne zitiert man dabei antike Denker oder führt Beispiele aus dem Altertum an. Der zweite Abschnitt wendet sich im Anschluss an die in der Einleitung erörterte Thematik der jeweiligen Person zu, die um die Ausstellung eines Testimoniums gebeten hat. Zunächst wird der Name der Person genannt. Bei 14 Personen lässt sich aus dem Namen auch ihre Herkunft ableiten: Zwei Personen stammen aus Nor wegen, während die übrigen aus dem dänischen Umland an die Universität gekommen sind. Darüber hinaus wird der zeitliche Rahmen des Universitätsstudiums umrissen. Dabei sind drei Formen üblich: Entweder wird mitgeteilt, vor wie vielen Jahren die Person an die Universität aufgenommen wurde oder wann die Immatrikulation stattfand oder wie lange die tatsächliche Studiendauer war. Diese Unterscheidung ist insofern von Bedeutung, als sich nicht jeder Student sofort beim Verlassen der Universität um ein derartiges Zeugnis bemühte, auch wenn der Kanzler laut Norvin dieses 1616 gefordert hatte.77 Die wirkliche Studiendauer ist daher nicht immer identisch mit der Anzahl der Jahre, die seit der Zulassung zum Studium vergangen sind. Wenn eine Person das examen attestationis erst einige Jahre nach dem Verlassen der Universität nachträglich ablegt und um ein Testimonium bittet, dann lässt sich als Grund oft die Absicht erkennen, die bisherige berufliche Position zu verbessern. Der Lehrer Johannes Michaëlius etwa, der bereits 1623 an der Universität immatrikuliert wurde und inzwischen seit fünf Jahren im Schuldienst ist, strebt eine kirchliche Funktion an.78 Michael Crafftius, vor 16 Jahren an die Universität 76 Die Aufschlüsselung nach Monaten ergibt folgendes Bild über die Anzahl der jeweils ausgefertigten Zeugnisse: Oktober 1631: 1, Dezember 1631: 5, Januar 1632: 3, Februar 1632: 4, März 1632: 9, April 1632: 6. 77 Vgl. Norvin, Københavns Universitet 1, 280. Allerdings beschloss das Konsistorium gemäß Norvin im Jahr 1640, dass ein Testimonium erst ausgestellt werden solle, wenn die jeweilige Person die Aussicht habe, auf eine entsprechende Stelle berufen zu werden. 78 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Johannes Michaëlius vom 12.04.1632, fol. 34r–34v. In den Universitätsmatrikeln ist „Iohannes Michaëlius Fionus“ am 29.05.1623 aufgeführt, vgl. Birket Smith (Hg.), Matrikel, 61.
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gekommen und dort etwa fünf Jahre lang geblieben, will ebenfalls zu einem kirchlichen Dienst befördert werden, nachdem er zunächst als Lehrer an der Schule von Roskilde tätig gewesen war.79 Eine Studiendauer von zwei bis drei Jahren stellt den Normalfall dar, wie es auch gesetzlich gefordert wird. Bei Petrus Christierni Marbacchius beschränkte sich der Aufenthalt an der Kopenhagener Universität jedoch auf die Einschreibung.80 Hier machen die Professoren mildernde Umstände geltend, um ihm dennoch ein testi monium publicum ausstellen zu können. Das zeigt, dass sie im Einzelfall durchaus dazu bereit waren, die rechtlichen Vorgaben flexibel zu handhaben. Petrus Christierni Marbacchius begann seine berufliche Laufbahn als Lehrer an der Schule von Ribe. Als die Stadt während des Dreißigjährigen Krieges Ende der 1620er-Jahre von kaiserlichen Truppen besetzt wurde, führte er sein Amt unbeirrt fort. Erst nach dem Friedensschluss zog er zur Universität, kehrte nach seiner Aufnahme dort aber sogleich an die Schule zurück.81 Nun will sein Bischof diese Treue mit dem Rektorat an der Schule in Ringkøbing belohnen, sodass der Wechsel in eine kirchliche Funktion ein testimonium publicum erforderlich macht. Die Professoren halten die fehlenden Studien an der Akademie für entbehrlich wegen seiner fünfjährigen Unterrichtserfahrung und der ärmlichen Zustände des Pastorats, das er anvisiert. Zudem widmet sich dieser Abschnitt in mehr oder weniger allgemeinen Phrasen dem Lebenswandel der genannten Person. In der Regel fällt die Bewertung positiv aus, wobei vermehrt zur Beschreibung auf Tugenden wie modestia, diligentia, inte gritas vitæ oder probitas zurückgegriffen wird. Als wenig schmeichelhaft kann dagegen gelten, wenn an dieser Stelle Olaus Botulphi Gotlandus eine „Schwerfälligkeit des Verstandes“ (tarditas ingenii82) bescheinigt wird. Gegebenenfalls geht man im Anschluss genauer auf die absolvierten Studien ein oder schildert den weiteren beruflichen Werdegang nach dem Verlassen der Universität. Unter den 28 Studenten befinden sich lediglich zwei, die sich nicht vorrangig auf das Erlangen der theologischen attestatio konzentriert haben, sondern auch einen akademischen Grad an der philosophischen Fakultät vorweisen können:83 Michael Crafftius erreichte die „ersten Ehren in der Philosophie“, also den
79 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Michael Crafftius vom 24.12.1631, fol. 12v–13v. Laut der Universitätsmatrikel wurde „Michaël Crafftius Hafniensis“ am 14.07.1615 an der Universität aufgenommen, vgl. Birket Smith (Hg.), Matrikel, 20. 80 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Petrus Christierni Marbac chius vom 20.02.1632, fol. 20r–20v. 81 In den Universitätsmatrikeln findet man am 07.04.1630 einen Eintrag zu „Petrus Christiani f. Marbacchius“, „collega scholæ Ripensis“, vgl. Birket Smith (Hg.), Matrikel, 100. 82 Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Olaus Botulphi Gotlandus vom 23.03.1632, fol. 29r. 83 Norvin betont, dass der weitaus größte Teil der Studenten versuchte, so schnell wie möglich das theologische Examen abzulegen, um ein entsprechendes Amt übernehmen zu können. Daher sei ihre allgemeine wissenschaftliche Bildung beim Verlassen der Universität gering gewesen, vgl. Norvin, Københavns Universitet 1, 280.
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Grad eines baccalaureus, während Bartholomæus Georgii Vahaniensis sogar mit den „höchsten Ehren in der Philosophie“, d. h. dem Magistertitel, bedacht wurde.84 Dessen Testimonium belegt die Anfang der 1630er-Jahre an der Universität gängige Praxis, nach der ein Magister vom examen attestationis befreit wurde (s. o. Kap. 2.2.6 mit Anm. 141). Denn das Zeugnis beschränkt sich auf die Anweisung, Bartholomæus Georgii in dieses „heilige Amt“ aufzunehmen, ohne dass ein Hinweis darauf zu erkennen ist, dass er sich dem examen attestationis gestellt hat. Zudem lassen sich auch nur bei diesen beiden Männern Studienaufenthalte im Ausland nachweisen, wobei der Zeitpunkt dieser Studien variiert. Michael Crafftius studierte zwei Jahre lang an der Universität in Königsberg, nachdem er bereits als Lehrer an der Schule von Roskilde tätig gewesen war. Bartholomæus Georgii absolvierte seinen ersten Auslandsaufenthalt in Rostock. Nach einem einjährigen Zwischenstopp in Kopenhagen zog es ihn für zwei Jahre nach Wittenberg. Ein Jahr lang arbeitete er dann bereits als Konrektor an der Schule in Lund, bevor er sich zu einer Peregrination durch Belgien, England und Frankreich aufmachte. Betrachtet man die Gestaltung des zweiten Abschnitts insgesamt, liegt der Verdacht nahe, dass die vorhergehende Einleitung umso umfangreicher ausfällt, je weniger persönlich im zweiten Teil über den Studenten zu sagen ist. Bei Michael Crafftius etwa, der eine konkrete akademische Laufbahn vorweisen kann, oder dem zuvor genannten Petrus Christierni Marbacchius, dem aus besonderen Gründen ein längerer Aufenthalt an der Universität verwehrt blieb, besteht die Einleitung nämlich nur aus wenigen Sätzen. Im Fall der Mehrheit der anderen Kandidaten ist die Einleitung deutlich länger. Dies kann als Hinweis darauf verstanden werden, dass diese in Wahrheit ein unscheinbares Dasein an der Universität geführt haben, bevor sie das examen attestationis ablegten. Der dritte Teil des Testimoniums erweckt stärker als die beiden vorausgehenden Abschnitte einen schematischen Eindruck und gibt, oft ausdrücklich als Zitat gekennzeichnet, den genauen Wortlaut der attestatio wieder. Diese setzt mit dem Namen des Prüflings ein und erteilt gegebenenfalls Auskunft über die aktuelle oder anvisierte berufliche Position. Was die bisherige berufliche Tätigkeit angeht, ergibt sich ein recht einheitlicher Befund: Üben die ehemaligen Studenten bereits einen Beruf aus, wenn sie das examen attestationis ablegen, dann arbeiten sie als Lehrer, sei es an einer Schule oder als Privatlehrer.85 Im Hinblick auf das angestrebte Berufsziel zeigt sich dagegen ein differenzierteres Bild. Dabei dominieren Beschäftigungen im Kirchendienst und im gehobenen Schuldienst. So geben etwa drei Studenten an,
84 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Michael Crafftius vom 24.12.1631, fol. 12v–13v, hier: fol. 13r, und Testimonium für Bartholomæus Georgii Vahaniensis vom 07.03.1632, fol. 22r–23r, hier: fol. 23r. Die Immatrikulation von „Bartholomæus Georgij Wæ haniensis“ in Kopenhagen erfolgte am 24.04.1619, vgl. Birket Smith (Hg.), Matrikel, 37. Zu Michael Crafftius vgl. Anm. 79. 85 Zum Unterricht der Privatlehrer für adlige Kinder in Dänemark vgl. Jensen, Dannelse, 195–198.
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eine „kirchliche Funktion“ vor Augen zu haben.86 Darüber hinaus ist Johannes Severini eine Stelle als Kaplan angeboten worden, Christophorus Olaus Norvagus wird einen Dienst als Comminister antreten.87 Christianus Olaus Ølstediensis wird als „famulus“ den Bischof von Ribe unterstützen.88 Einen Sonderfall stellt Olaus Botulphi Gotlandus dar, angehender Pfarrer auf den Färöer-Inseln: Trotz des nach drei Prüfungsversuchen noch immer nicht zufriedenstellenden Ergebnisses wird ihm ein testimonium publicum aus schlichter „Notwendigkeit“ ausgestellt.89 Offenbar galten für die Übernahme eines Pfarramts auf den Färöer-Inseln andere Maßstäbe als für einen kirchlichen Dienst im dänischen Kernland. Im Zusammenhang mit einer Beschäftigung im gehobenen Schuldienst (Rektor, Konrektor) baten vier Studenten um ein Zeugnis.90 Außerdem lässt sich dem gehobenen Schuldienst wohl auch Martinus Palæmonius Vardensis’ Aussage, als „pædagogus“ des Bischofs von Lund tätig zu werden, zuordnen.91 Wenn die Prüfung mehrmals abgelegt wurde, findet dies ebenfalls Erwähnung. Dies trifft immerhin auf zwölf der Prüfungskandidaten zu, wobei sich allerdings nur der bereits genannte Olaus Botulphi Gotlandus ganze drei Mal der Prüfung stellte. Allein der Magister Bartholomæus Georgii Vahaniensis scheint dagegen von der Prüfung vollständig befreit worden zu sein (s. o.). Daraufhin wird vermerkt, dass der Prüfling den Professoren seine Kenntnisse in der Heiligen Schrift und der Dogmatik bewiesen hat, wobei in der Regel auf eine gemeinsame Beurteilung für die Prüfungsfächer zurückgegriffen wird.92 Der Erfolg der Prüfungsleistung wird unterschiedlich beschrieben. Die Varianten rei 86 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Michael Crafftius vom 24.12.1631, fol. 13r; Testimonium für Nicolaus Christiani Wintherus vom 06.02.1632, fol. 20r; Testimonium für Johannes Michaelis vom 12.04.1632, fol. 34v. 87 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Johannes Severini vom 14.03.1632, fol. 27v, und Testimonium für Christophorus Olaus Norvagus vom 20.04.1632, fol. 37r. 88 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Christianus Olaus Ølstediensis vom 03.02.1632, fol. 19r. 89 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Olaus Botulphi Gotlandus vom 23.03.1632, fol. 29v. 90 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Petrus Christierni Marbacchius vom 20.02.1632, fol. 20v; Testimonium für Bartholomæus Georgii Vahaniensis vom 07.03.1632, fol. 23r; Testimonium für Nicolaus Andreæ Vadamæus vom 31.03.1632, fol. 31v; Testimonium für Axilius Johannis Vestenburgius vom 22.04.1632, fol. 38r. 91 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Martinus Palæmonius Vardensis vom 12.01.1632, fol. 16r. 92 Nur in zwei Fällen wird eine genauere Aufschlüsselung des Prüfungserfolgs vorgenommen: Johannes Benedicti Hallandus hat sich als „probe versatum“ im Alten Testament erwiesen, während er „nicht zu verachtende Fortschritte“ („nec contemnendos progressus“) in den beiden anderen Disziplinen gemacht hat, vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Johannes Benedicti Hallandus vom 16.01.1632, fol. 17r–17v. Henningius Petri Nestuedensis hingegen hat einen „non contemnendum profectum“ im Alten Testament und in den Glaubensartikeln gezeigt, während er sich im Neuen Testament als „mediocriter“ präsentiert hat, vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Henningius Petri Nestuedensis vom 13.03.1632, fol. 26v.
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chen hier von der schlichten Feststellung, dass der Kandidat „einen Fortschritt“ bzw. „einen wie auch immer beschaffenen Fortschritt“ („[qualemcumque] profectum“) bewiesen hat, über den Nachweis, in dieser Thematik „mittelmäßig“ („medio criter“) bewandert zu sein, bis zu der Aussage, dass sich der Prüfling „lobenswert“ („laudabiliter“) gezeigt habe. Durch ein hervorragendes Prüfungsergebnis zeichnet sich Petrus Severini aus, der einen „vortrefflichen Beweis“ („præclarum specimen“) seines Fortschrittes vorgelegt hat.93 Schwieriger lässt sich beurteilen, wie ein „nicht unlöblicher“ („non illaudabilem“), ein „nicht zu verachtender“ („non contemnendum“) oder ein „wie auch immer beschaffener, aber nicht ganz zu missbilligender Fortschritt“ („qualemcumque nec omnino improbandum profectum“) einzuordnen sind.94 Daran anschließend wird dem Prüfling eine Predigtvollmacht erteilt, d. h. es handelt sich hierbei um eine universitäre Kompetenz. Dies kann geschehen, indem die Professoren aufgrund der abgelegten Prüfung ihre Zuversicht beteuern, dass der Genannte auch mit Nutzen Predigten halten kann, oder indem sie ihm schlicht erlauben, auf die Kanzel zu treten. Auch an dieser Stelle lassen sich verschiedene Abstufungen wahrnehmen, was das Zutrauen der Prüfer in die Predigtfähigkeiten des Prüflings angeht. So fügen sie manchmal hinzu, dass der jeweilige Kandidat Predigten „mit Nutzen“ („cum fructu“) oder zumindest „nicht ohne Nutzen“ („non sine fructu“) halten könne. Daneben geben sie teilweise zu erkennen, dass sie den Genannten für „keinen (ganz und gar) Unwürdigen“ („non [omnino] indignum“) halten im Hinblick auf das Predigen. Die Erlaubnis zum Predigen fehlt jedoch in zwei Testimonia, die aus Sicht der Professoren vermutlich hoffnungslose Fälle betreffen – stattdessen beenden sie die attestatio hier mit dem programmatischen Ausruf „Tantum est!“.95 Die zum Ausdruck gebrachte Hoffnung auf die homiletische Kompetenz des Prüflings wird schließlich häufig an seine Motivation zurückgebunden, seine Studien auf diesem Gebiet fortzusetzen, womit der Text der attestatio endet. Ein Appell Dass das Prüfungsergebnis von letzterem vermutlich nicht zu hoch eingeschätzt werden darf, legt der ausdrückliche Hinweis nahe, dass sich dieser wiederholt dem theologischen Examen unterzog, bevor er eine angemessene Beurteilung erreichte. 93 Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Petrus Severini vom 22.02.1632, fol. 21v. 94 Rørdam stellt für die seit der Mitte des 17. Jahrhunderts an der Universität Kopenhagen gebräuchliche Bewertungsskala folgende Reihenfolge von gut nach schlecht auf, vgl. Rørdam, Bidrag, 634 f: „Laudabilis, haud illaudabilis, non illaudab., haud contemnendus, non cont., mediocris, illum (sc. accipimus).“ Allerdings räumt er ein, dass er sich dabei nicht ganz sicher sei, vgl. Rørdam, Bidrag, 635, Anm. 1: „Jeg antager, at jeg ovenfor har stillet Karaktererne i den rette Orden, ganske sikkert tør jeg dog ikke paastaa det.“ 95 Dies betrifft Dionysius Andreas sowie den schon erwähnten Olaus Botulphi Gotlandus, künftiger Pfarrer auf den Färöer-Inseln (vgl. Anm. 89). Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Dionysius Andreas vom 11.12.1631, fol. 11v: „Dionysius Andreas qualemcumque in lectione biblica et articulis fidei Professoribus examinatoribus adprobavit profectum. Tantum est!“
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der Professoren an das Wohlwollen des Lesers zugunsten des genannten Prüflings schließt das Testimonium als Ganzes ab. Auffällig ist, dass sich die einzelnen attestationes, die in die Testimonia aufgenommen werden, zwar aus inhaltlicher Sicht weitgehend entsprechen, aber insgesamt in der Formulierung und Wortwahl erhebliche Unterschiede aufweisen. Dies soll anhand zweier typischer Beispiele veranschaulicht werden: Evenus Borderi bis examinatus, mediocriter in sacris monumentis V. et N. T. nec non in fidej Articulis est versatus, ut spes affulgeat, ipsum cum fructu sacras conciones ad Dej populum habere posse; præsertim si justa diligentia sacrum hocce studium continuaverit.96 Johannes Michaëlius, collega scholæ Calundensis, adspirans ad functionem ecclesiasticam in Cimbria, eum in lectione Bibliorum et articulorum fidei approbavit examinatoribus profectum, ut facultas ipsi facta sit scandendi cathedram sacram.97
Auch wenn sich zwischen einzelnen Exemplaren größere wörtliche Übereinstimmungen erkennen lassen, ist folglich auszuschließen, dass sich Anfang der 1630erJahre eine einheitliche Vorlage für den Text der attestatio an der Universität etabliert hatte. Dementsprechend ist auch nicht anzunehmen, dass die attestatio in gedruckter Form ausgegeben wurde, wobei nur der Name des Prüflings und das Prüfungsergebnis per Hand eingetragen wurden.98
96 Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Evenus Bordert Asloensis vom 03.10.1631, fol. 1v. 97 Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Johannes Michaëlius vom 12.04.1632, fol. 34v. 98 Daran scheint sich auch im Jahr 1668 nichts geändert zu haben. Aus diesem Jahr ist im Original in Testimonia Academica. Sec. XVIIni., Attestatio der Universität Kopenhagen für Olaus Albertius vom 12.11.1668, KBKph, Kall 160, 2°, eine attestatio für Olaus Albertius Havenlovianus erhalten, der am 29.07.1665 in den Matrikeln der Universität Kopenhagen verzeichnet ist, vgl. Birket Smith (Hg.), Matrikel, 330. Die Bescheinigung, die von den Professoren Matthias Foss, Jens Jensen Bircherod und Olaus Borrichius unterschrieben wurde, liegt nämlich noch immer handschriftlich vor. Im Vergleich zu den attestationes aus den frühen 1630er-Jahren ist eine Modifikation des Textes bemerkbar, die der Einführung verpflichtender Predigtübungen im Jahr 1635 geschuldet ist. Demnach führt das erfolgreiche Absolvieren der theologischen Prüfung nicht mehr direkt zur Predigterlaubnis, sondern ermöglicht dem Studenten zunächst, an den homiletischen Übungen teilzunehmen: „Divino mandato et Regio edicto obtemperaturus examini Theologico se modeste subjecit Olaus Alberti Havenlovius in qvo qvalemcunque nobis profectum in rerum sacrarum et divinarum studio probavit ut haud indignus judicatus sit qvi ad exercitia concionalia admittatur pro impetranda testificatione dimissoria modo nihil in posterum sacro ordine indignum designaverit. Conclusum Hafniæ in Consistorio die 29 Octobris. Descriptum vero d. XII Novembr. Anno 1668.“ Seine Aufnahme an die Akademie von Sorø am 05.07.1665 belegt dagegen ein gedrucktes Formular, in das nur noch der Name des Studenten und das Datum handschriftlich eingefügt wurden, vgl. Testimonia Academica. Dass sich Olaus Albertius zunächst am 05.07.1665 in Sorø, wenige Wochen später am 29.07.1665 jedoch in Kopenhagen einschreiben ließ, ist möglicherweise auf den Niedergang der Lehranstalt in Sorø in jenem Jahr zurückzuführen.
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Lassen sich die einzelnen attestationes trotz aller Unterschiede in der Formulierung also dennoch einem gemeinsamen Typ zuordnen, der sich durch die Wiederkehr der genannten inhaltlichen Bestandteile auszeichnet, hebt sich von diesem Muster die attestatio von Jacobus Jacobæus jedoch deutlich ab. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in seinem Testimonium eine von der Akademie in Sorø erteilte attestatio zitiert wird.99 Das Recht, die theologische Prüfung abzunehmen, scheint also nicht allein der Universität in Kopenhagen vorbehalten gewesen zu sein. Dies bestätigt die von Rørdam geäußerte Vermutung, dass es auch möglich war, das examen attestationis in Sorø abzulegen.100
3.2.6 Die philosophische Vorprüfung Nur zwei der Studenten, die 1631/32 unter dem Rektorat von Hans Rasmussen Brochmand um ein Testimonium baten, hatten sich nachweislich tiefergehend mit philosophischen Studien befasst, sodass sie einen akademischen Grad dieser Fakultät vorweisen konnten. Offenbar blieb der Trend, sich vorrangig auf das theologische Examen zu konzentrieren, bestehen, sodass durch einen Königsbrief vom 17.03.1675 eine philosophische Vorprüfung eingeführt wurde (s. o. Kap. 2.2.6 mit Anm. 144). Dass diese neue Regelung unter den Studenten keine größeren Begeisterungsstürme auslöste, ist verständlich. So notierte der Student und spätere Theologieprofessor Jens Bircherod (1658–1708) in seinem Tagebuch, dass sich nicht weniger als 74 Studenten zum letzten Termin, bei dem das Ablegen des theologischen Examens ohne eine philosophische Vorprüfung möglich war, anmeldeten.101 Zum folgenden Examen, das nach der neuen Vorschrift abgehalten wurde, traten laut Bircherod dagegen nur 19 Studenten an.102
99 Um einige Unterschiede zu nennen, wird etwa nicht nur sein Name genannt, sondern diesem die Anrede „Ornatissimus atque Doctissimus vir juvenis“ vorangestellt. Zudem ermittelten die Professoren seinen Fortschritt allgemein „in studio theologico“ und billigten diesen, weil der Prüfling „auf die gestellten Fragen gut geantwortet hat“ („nam ad quæstiones propositas bene respondit“). Vgl. Fasciculus Testimoniorum publicorum, Testimonium für Jacobus Jacobæus vom 10.03.1632, fol. 25r. 100 Vgl. Rørdam, Bidrag, 633. 101 Vgl. Molbech (Hg.), Uddrag, 167: „1675. D. 4. (14.) Aug. Holdtes baade denne og næst følgende Dag Examen Theologicum paa Consistorio Hafniensi; Examinatores vare Dr. J. Bircherod og Dr. Christopher Schletter. Candidaterne, hvilke sig samme examini submitterede, vare 74. Og var saa denne, hvad Candidatorum Mængde angaar, den største theologiske Attestats, som i Universitetet nogen Tid er holdt.“ Der Hinweis stammt von Rørdam, Bidrag, 634 mit Anm. 2; 638 f mit Anm. 1. 102 Vgl. Molbech (Hg.), Uddrag, 168: „1675 D. 14. (24.) Oct. Blev paa Consistorio Hafniensi af Professoribus philosophis den første Examen philosophicum holden, efterat Kongel. Majestæts Brev of Befaling af 17de Marts derom vaar udgangen. Candidati, som sig samme Examen submitterede, vaare 19, af hvilke Een blev rejiceret.“
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Die Ergebnisse der Prüfungen wurden seit dem ersten Durchgang vom Oktober 1675 genau protokolliert.103 Betrachtet man die Anzahl der Prüfungsfächer, ist nachvollziehbar, dass so viele Studenten versuchten, der philosophischen Prüfung bei letzter Gelegenheit zu entgehen. Der Fächerkanon reichte nämlich von den Sprachen (Latein, Griechisch, Hebräisch) über Logik, Physik, Metaphysik und Ethik bis hin zu Arithmetik, Geometrie und Astronomie („Sphærica“). Ab 1676 kam noch Geographie hinzu. Dabei wurde jedes Fach einzeln benotet, woraus eine Gesamtbewertung ermittelt wurde. Die Teilnehmerzahlen der Prüfungen, die in der Regel vier Mal pro Jahr abgehalten wurden, schwanken deutlich; grob lässt sich schätzen, dass sich im Untersuchungszeitraum jeweils etwa zwanzig bis vierzig Studenten der Prüfung unterzogen. Ob sich alle diese Prüflinge anschließend auch dem theologischen Examen stellten, bleibt unklar, auch wenn vermutet werden kann, dass die Mehrheit der angeführten Studenten die philosophische Vorprüfung zu eben diesem Zweck auf sich nahm. Während die Ergebnisse der philosophischen Vorprüfung also genau dokumentiert wurden, sind im Universitätsarchiv keine Zeugnisse erhalten, die über den Verlauf oder die Ergebnisse des theologischen Examens weitergehende Auskunft erteilen. Erst mit der Einführung des theologischen Amtsexamens (teologisk embeds eksamen) im Jahr 1707 kann man auch im Archiv der theologischen Fakultät auf detaillierte Prüfungsübersichten zurückgreifen.104
3.3 Der Unterricht an der theologischen Fakultät in Uppsala In Anbetracht der Quellenlage, die eine Rekonstruktion der Unterrichtswirklichkeit an der theologischen Fakultät vor den 1650er-Jahren nur in einem sehr begrenzten Umfang erlaubt, sind es die Statuten von 1655, an deren Vorgaben sich das Lehrangebot messen lassen muss. Der auffälligste Unterschied zum Unterrichtsprogramm an der Kopenhagener Universität besteht darin, dass den einzelnen Professuren bestimmte Fächer zugeordnet sind. Diese Ordnung spiegelt sich in den Vorlesungsverzeichnissen105 der schwedischen Universität wider, sodass eine genauere Analyse der Lehrinhalte möglich ist. Ergänzt werden die Aussagen der Vorlesungsverzeichnisse dabei durch die Angaben im Protokoll der theologischen Fakultät. Was den zeitlichen Rahmen der Vorlesungsreihen betrifft, drängt sich auf den ersten Blick bereits ähnlich wie in Kopenhagen der Eindruck auf, dass der Wille der Professoren häufig größer war als ihr tatsächliches Leistungsvermögen: Trotz der oft nachdrücklich bekundeten Absicht, eine Vorlesung innerhalb des nächsten Vorlesungsjahres abschließen und zu einem neuen Thema übergehen zu wollen, 103 Vgl. Filosofisk eksamen: Hovedkarakterprotokol (14.10.1675–15.05.1688), KUA / HF, 3511-01. 104 Vgl. Teologisk embedseksamen: Karakterprotokol 1669–1754, KUA / TF, 3109-01. 105 Zur Überlieferung der Vorlesungsverzeichnisse s. o. Anm. 24.
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trifft man nicht selten im Vorlesungsverzeichnis des Folgejahres erneut die Ankündigung eben dieser Vorlesung an. Vielfältige andere Verpflichtungen können ebenso als Ursache vermutet werden wie eine stetig zunehmende Ausdifferenzierung des Wissenskanons, der in den Vorlesungen zu berücksichtigen war. So gibt Laurentius Stigzelius, der Inhaber der ersten Theologieprofessur, im Vorlesungsverzeichnis von 1665 an, seine offenbar im letzten Jahr begonnene Vorlesung über das Matthäusevangelium fortsetzen zu wollen, ebenso im Jahr 1666, bevor er 1667 zuversichtlich das Ende der Vorlesungsreihe in Aussicht stellt. Petrus Rudbeckius, der die zweite Theologieprofessur bekleidet, kündigt schon 1671 den Abschluss seiner Genesisvorlesung und den Übergang zum Buch Exodus an, was ihm nach Auskunft des Vorlesungsverzeichnisses von 1672 offenbar nicht gelungen ist. In den Jahren 1673 und 1674 beschäftigt er sich immer noch mit dem zweiten Buch Mose. Als er laut dem Verzeichnis von 1675 auf die erste Professur vorgerückt ist und damit zum Themengebiet des Neuen Testaments wechselt, beteuert er dennoch seinen Willen, bei Gelegenheit die Auslegung der übriggebliebenen Kapitel aus dem Buch Exodus zumindest kurz und zusammengefasst zu beenden.
3.3.1 Biblischer Unterricht als Schriftauslegung Betrachtet man die Inhalte der biblischen Vorlesungen, so halten die Vorlesungsverzeichnisse keine großen Überraschungen bereit. Wie die Universitätsordnung von 1655 vorsieht, liest der erste Theologieprofessor über das Neue Testament, während die Behandlung des Alten Testaments auf die zweite und dritte Professur aufgeteilt ist. Das heißt zugleich, dass die alt- und neutestamentlichen Vorlesungen fast ausschließlich exegetischer Art sind, wobei keine deutlichen Vorlieben für bestimmte biblische Schriften zu erkennen sind. Als Beispiel für einen neutestamentlichen Vorlesungszyklus kann das langjährige Wirken von Laurentius Stigzelius herangezogen werden. In den erhaltenen Vorlesungsverzeichnissen ist ab 1656 fast lückenlos bis 1667 (nur über das Jahr 1660 lassen sich keine Angaben machen) sein Unterrichtskonzept rekonstruierbar. Er setzt bei den Paulusbriefen ein. Interessanterweise geht er dabei von dem für die lutherische Theologie so wichtigen Römerbrief direkt zum problematischeren Hebräerbrief über. Vorbehaltlich anders lautender Informationen im nicht überlieferten Vorlesungsverzeichnis aus dem Jahr 1660 scheint Stigzelius unter den Paulusbriefen die Briefe an die Korinther, Galater, Titus und Philemon auszulassen. Anschließend setzt er seine Vorlesung mit den katholischen Briefen fort, die er in ihrer Gesamtheit behandelt. Nachdem er sich mit der Johannesoffenbarung dem Schluss des Neuen Testaments zugewandt hat, beginnt er folgerichtig wieder am Anfang des Neuen Testaments, nämlich mit dem Matthäusevangelium. Von diesem ausgehend beabsichtigte er aber 1667, direkt mit der Apostelgeschichte weiterzumachen. Die Thematisierung eines Evangeliums scheint er daher stellvertretend für die anderen Evangelien als ausreichend erachtet zu haben. Abgesehen von den Evangelien folgt
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die Auswahl der ausgelegten Texte bei Stigzelius also dem Prinzip der Vollständigkeit, ungeachtet der Bedeutung, die einzelnen Schriften im Hinblick auf die reformatorische Theologie zugemessen wird. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt man im Fall von Stigzelius’ Kollegen Carl Lithman, der von 1659 bis 1669 die zweite Professur bekleidete, womit als Aufgabengebiet die alttestamentlichen Geschichtsbücher verbunden waren. Nahtlos schließt er an die Vorlesungstätigkeit seines Vorgängers Johannes Elai Terserus an, der bei dem Buch Numeri stehen geblieben ist. Gelegentlich unterbrochen von größeren kirchengeschichtlichen Einheiten arbeitet er sich in den nächsten Jahren in biblischer Reihenfolge bis zu 2. Samuel vor. In seiner alttestamentlichen Vorlesungsreihe hält sich Lithman also schlicht an die in der Bibel vorgegebene Abfolge der einzelnen Bücher, ohne dass dabei eigene Akzente sichtbar werden würden. Als er auf die erste Professur vorrückt, nimmt er sich 1670 das Matthäusevangelium vor – wo sein Vorgänger Stigzelius möglicherweise aufgehört hat. Dabei begnügt er sich aber nicht damit, allein ein Evangelium auszulegen. Nachdem er sich mit bibelübergreifenden Fragen befasst hat, kündigt er 1674 an, mit dem Markusevangelium fortzufahren. Wie kann man sich aber den Ablauf einer solchen Vorlesung vorstellen? Darüber kann Erik Benzelius’ (fragmentarisch überliefertes) Konzept zu seiner JosuaVorlesung exemplarisch Auskunft geben.106 Es bezeugt, wie detailliert und methodisch reflektiert der Lehrstoff einer derartigen exegetischen Vorlesung präsentiert wurde. Zunächst beschäftigt sich Benzelius mit Einleitungsfragen. Nachdem er die Einteilung der alttestamentlichen Bücher im Allgemeinen dargestellt hat, wendet er sich speziell dem Buch Josua zu. Hier fragt er nach dem Titel, dem Autor und dem Ansehen der Schrift. Den Gegenstand des Josuabuchs beleuchtet er u. a. aus genealogischer, geographischer und chronologischer Perspektive und nimmt eine Gliederung der Schrift vor. Bei seinen methodischen Überlegungen zur Auslegung des Josuabuchs beweist Benzelius, dass er sich mit der Forschungssituation ausgezeichnet auskennt. Lang ist seine Auflistung derer, die sich mit dem Josuabuch bereits vor ihm auseinandergesetzt haben, angefangen bei den Kirchenvätern bis hin zu zeitgenössischen Theologen. Dabei führt er nicht nur lutherische Kommentatoren an (Brenz, Chytraeus, Balduin, Osiander, Quistorp), sondern verweist auch auf katholische und calvinistische Theologen. Nach diesen einleitenden Überlegungen beginnt Benzelius mit der eigentlichen Interpretation der Schrift, wobei er kapitelweise vorgeht. Dabei verfährt er in den einzelnen Kapiteln anscheinend nach demselben Schema, was sich so umreißen lässt: Nachdem er das Thema des Kapitels benannt hat, bietet er eine Gliederung. Danach wendet er sich den einzelnen Abschnitten des Kapitels zu, wobei er zunächst wiedergibt, wovon die einzelnen Verse handeln. Im Anschluss daran kommentiert er die Verse ausführlicher, z. B. im 106 Vgl. Erik Benzelius, Memoriale P[r]aelectionum in Josuam 1681 7 Febr. inchoatarum in Academ. Upsaliensi, UUB, T 9. Die Vorlesung zum Buch Josua wird im Vorlesungsverzeichnis von 1680 erstmals angekündigt und deren Abschluss im Verzeichnis von 1681 in Aussicht gestellt.
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Hinblick auf den überlieferten Text, vor dem Hintergrund der gesamten biblischen Überlieferung und unter Berücksichtigung früherer Interpreten. Dann überlegt er, welche Schlussfolgerungen sich im übertragenen Sinn aus dem Dargestellten ziehen lassen und spricht Fragen bzw. strittige Punkte an. Seine Auslegungsmethode lässt sich daher gleichermaßen als systematisch, detailliert und kontextgebunden beschreiben. Die Bedeutung der Interpretationen für die Glaubenslehre bleibt immer im Blick. Da das im Anschluss an die Josua-Vorlesung überlieferte Konzept zur Vorlesung über das Richterbuch angibt, dass Benzelius diese im August 1682 aufnahm (und im September 1683 abschloss), benötigte er also ca. eineinhalb Jahre für seinen Durchgang durch Josua. An Vorlesungen, die ausdrücklich nicht bloß in der Auslegung einer bestimmten Schrift bestehen, wagen sich die ersten drei Professoren nur ausnahmsweise heran. So beschäftigt sich Johannes Elai Terserus 1656 mit der heiligen Zeitrechnung (Chronologia Sacra). 1657 kündigt Carl Lithman eine umfangreiche philologische Analyse der Psalmen nach einer systematischen Herangehensweise an, bei der er sich auch strittigen Fragen zuwenden will.107 1672 unternimmt er den Versuch, die biblische Harmonie des ganzen Neuen Testaments darzulegen. Zwei Jahre später will Martin Brunnerus in seiner Vorlesung auf die besonderen Interpretationsregeln, die für biblische Schriften gelten, eingehen. Erik Benzelius beabsichtigt 1680, das Heilige Land zu beschreiben und andere Dinge über die heilige Geographie (Geographia Sacra) zu lehren.
3.3.2 Die Glaubenslehre nach Hafenreffer Dass drei der vier Professuren in Uppsala der Schriftauslegung gewidmet waren, entspricht ganz der humanistisch-reformatorischen Erneuerung des Theologie studiums.108 Besonders in konfessionell gespaltenen Ländern wurde die Ergänzung des Bibelstudiums durch eine eigenständige Unterweisung in der Glaubenslehre aber schon früh als notwendig erkannt. M elanchthons Loci communes bildeten im 16. Jahrhundert das unter den Lutheranern wohl am weitesten verbreitete dogma tische Lehrbuch,109 wurden jedoch im 17. Jahrhundert von anderen Werken abgelöst. Besonders Johann Gerhards (1582–1637) Loci communes theologici erfreuten sich einer weiten Verbreitung im Heiligen Römischen Reich.
107 Vgl. Elenchus 1657: „Carolus Lithman Theol. D. Prof. ordin. & Pastor in Dannemarck / postquam præcipua & selectissima in proverbiis absolverit grata brevitate, Psalmos incipiet enarrare: Hac autem methodo, ut varias cum textu Ebræo conferet versiones, controversias examinet, & ad classes, seu locos Theologicos, oracula & sententias insigniores referat.“ 108 Vgl. zur Wandlung des Unterrichts an den theologischen Fakultäten nach der Reformation Brockliss, Lehrpläne, 475 f. 109 Melanchthons Loci ersetzten an den reformatorischen Universitäten das Sentenzenwerk des Petrus Lombardus, vgl. Kaufmann, Chemnitz, 183.
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Obwohl Schweden keineswegs mit einer vergleichbaren konfessionellen Zersplitterung konfrontiert war wie das Heilige Römische Reich in seinen Territorien, bildete die Dogmatik auch hier einen regulären Bestandteil des theologischen Lehrangebots, wie die Darstellung der Universitätsstatuten gezeigt hat. Der vierte Professor beschäftigt sich nach Vorgabe der Statuten von 1655 mit dogmatischen Fragen, die er anhand der Bekenntnisse, insbesondere der Confessio Augustana, und der Loci theologici eines an der Universität anerkannten Autors behandeln soll. Der Unterricht über die Kontroversen fällt in seinen Aufgabenbereich (s. o. Kap. 2.3.7). Tatsächlich nehmen sich die Professoren, die die vierte Professur innehaben, durchgehend die Loci theologici nach dem Autor vor, der „im Vaterland“ oder „an dieser Akademie“ gutgeheißen wird, wogegen die kirchlichen Bekenntnisse nicht gezielt in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken.110 In einigen Vorlesungsverzeichnissen wird enthüllt, wer mit diesem „gutgeheißenen“ Autor gemeint ist, nämlich der Tübinger Theologe Matthias Hafenreffer (1561–1619).111 Sein dogmatisches Lehrwerk bildet die Grundlage der öffentlichen Unterweisung in der Glaubenslehre an der theologischen Fakultät während des gesamten Untersuchungszeitraums. Dass die Wahl Hafenreffers nicht immer unumstritten war, sich aber bereits früh durchsetzen konnte, zeigt das Protokoll des Konsistoriums vom 03. und 05.04.1638. Im Gespräch mit dem Universitätskanzler Skytte am 03.04. kommt die Frage auf, welches Werk den Studenten in der dogmatischen Vorlesung vorgelegt werden soll.
110 Vgl. z. B. Erik Benzelius im Vorlesungsverzeichnis von 1670 oder Petrus Holm im Vorlesungsverzeichnis von 1680 (Programmata Upsaliensia Vol. I [1617–1680]). 111 Nämlich in den Jahren 1645, 1651, 1652, 1656, 1658, 1659, 1683 und 1686. Matthias Hafenreffers Loci theologici (erstmals erschienen 1600) analysiert ausführlich Ohlemacher, Katechetik, 321–413. Gemäß Ohlemacher erfreute sich Hafenreffers Werk vorrangig in Württemberg und Schweden einer weiten Verbreitung, wo es sich bis zum 18. Jahrhundert als offizielles Lehrbuch behaupten konnte, vgl. Ohlemacher, Katechetik, 322. In drei Büchern – „De Deo“, „De Angelis“, „De Homine“ – bietet Hafenreffer insgesamt 32 loci, vgl. den Aufbau der Loci theologici in Ohlemacher, Katechetik, 325–327. In der dritten Auflage (1603) werden die Loci theologici durch eine vorangestellte Anleitung zum Theologiestudium ergänzt, die Studienanfänger als primäre Zielgruppe des Werkes zu erkennen gibt, vgl. Ohlemacher, Katechetik, 391. Im Vergleich mit David Chytraeus’ Catechesis (1554) und Jakob Heerbrands Compendium (1573) urteilt Ohlemacher zusammenfassend über Hafenreffers Werk, s. Ohlemacher, Katechetik, 392: „Die Aufteilung in Loci, die Frage-Antwort-Methode und werkinterne Verweise sind die aus den bisherigen Beispielen bekannten, ‚Praxisbezug‘ und Kontroverstheologie einschließlich konsequent beigegebener gegnerischer Zitate die neuen Charakteristika der Loci Hafenreffers. In allen Charakteristika geht Hafenreffer eindrücklich eigene Wege.“ Vgl. zu Hafenreffers Loci auch Holtz, Theologie, 33–35. Mit der Aufzählung der verschiedenen Ausgaben der Loci belegt Holtz eindrücklich den Erfolg des Werkes. Auf die erste Auflage aus Tübingen im Jahr 1600 folgten diese Ausgaben: Tübingen 1601, 1603, 1609; Stuttgart 1622, 1662; und eben auch Stockholm 1612, 1686, vgl. Holtz, Theologie, 33. Hafenreffers Loci wurden in Schweden v. a. der universitären Unterweisung zugrunde gelegt (vgl. aber auch Anm. 113). So orientierte sich etwa Johannes Rudbeckius in seiner dogmatischen Vorlesung 1611 bis 1613 am Aufbau von Hafenreffers Werk, obgleich er inhaltlich auch andere Akzente setzte, vgl. Rudbeckius, Loci theologici, 12; 14 f.
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Zur Auswahl stehen die Loci theologici Hafenreffers und der Katechismus112 von Conrad Dieterich (1575–1639). Die Professoren sprechen sich klar für Hafenreffer aus, nicht zuletzt aus praktischen Erwägungen, da die Studenten sich sein Werk bereits zugelegt hätten.113 Außerdem weisen sie auf die Verbreitung seiner Loci auch an anderen Universitäten hin.114 Zwei Tage später wird das Thema erneut aufgegriffen. Der Erzbischof Laurentius Paulinus Gothus scheint den Namen Dieterichs als Alternative zum bewährten Werk Hafenreffers in die Diskussion überhaupt erst eingebracht zu haben, weil nur er sich für dessen Katechismus ausspricht. Sein Hauptargument ist methodischer Art: Da die Schüler mit Luthers Katechismus aus dem Schulunterricht vertraut seien, hält er es für naheliegend, sie nicht mit Verfassern, die andere Anordnungen bevorzugen, zu verwirren; schließlich behandele ja auch Conrad Dieterich alle dogmatischen Lehrstücke. Dass Paulinus von Hafenreffer nicht begeistert ist, zeigt der Vorwurf, „unmethodisch“ vorzugehen, weil Hafenreffer statt der Heiligen Schrift zuerst die Frage nach Gott aufgreife. Zwar schiebt der Rektor der theologischen Fakultät die endgültige Klärung dieser Angelegenheit auf, beruft sich aber zugleich auf das Einvernehmen mit dem internationalen Luthertum, indem er auf das Ansehen Hafenreffers an ausländischen Universitäten hinweist. Er werde ebenfalls in den schwedischen Bistümern vorgetragen und schließlich auch von den Bischöfen beim Verhör ihrer Pfarrer abgefragt. Der Rektor ordnet den Unterricht an der theologischen Fakultät also in den weiteren Kontext schwedischer Bildungstradition ein. Sein Plädoyer für die Verwendung Hafenreffers, was offenbar auf Zustimmung unter den Theologieprofessoren trifft, lässt sich auch so verstehen, dass die theologische Fakultät keinen Fremdkörper im schwe 112 Gemeint ist wohl Conrad Dieterich, Institutiones Catecheticae: e B. Lutheri Catechesi Depromptae …, Gießen: Kaspar Chemlinus 1613. 113 Auch für den Schulunterricht war Hafenreffers Werk seit der Schulordnung von 1611 verbindlich vorgesehen, allerdings wurde im Auftrag des Erzbischofs Petrus Kenicius zu diesem Zweck in Schweden eigens ein Kompendium seiner Loci erarbeitet und herausgegeben, das in mehreren Auflagen erschien und bis 1734 an schwedischen Schulen Anwendung fand, vgl. die Einleitung in der Neuausgabe dieses Kompendiums: Hafenreffer, Compendium, besonders 8. Vgl. die Leseanweisungen für die Klassen drei bis sechs in 1611 års skolordning, 30–37, wobei die Schüler der sechsten Klasse („classis theologica“) ebenfalls die Schriften von Martin Chemnitz und Ägidius Hunnius studieren sollten. Auch an der Universität wurde das Kompendium zu Hafenreffer in der Unterweisung herangezogen, wie es ausdrücklich für den Unterricht durch den Adjunkten Kolmodin vermerkt ist, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695 (Band 2), UUA / TF, A I 1, Conventus I (03.10.1679), 22. 114 Vgl. Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll II, 101: „Circa facultatem theologicam bleff ibland annadt ventileradt, om man skulle i den staden loci communes Hafenrefferi läsas, proponera någon annan methodicum authorem, såsom Cathechesin Conradi Diæterici. Men sädan Professores här om delibereradt haffwa, tychtes them tryggast och rådeligast wara, att man publice proponerar Hafenrefferum, effter han uthi månge andra universiteter såsom den der methodice och nervose locos communes skriffwitt hafuer, hålles nyttigast wara ungdomen att föreläsas. Der hoss haffwa alla studenter förskaffat sigh honom; uthi honom haffwa både dhe hädhan komne äre, så wäll de som här wistas, mäst läsit och waant sigh widh, och skulle för den skuld både juniores och seniores här igenom turberas och förargas.“
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dischen Bildungssystem darstellen soll, sondern – wie die Gymnasien, könnte man sagen – praxisnah den angehenden Gemeindepfarrer auf das bevorstehende Verhör durch seinen Bischof vorbereiten will. Für Hafenreffer spricht außerdem, dass er aus orthodoxer Sicht als unbedenklich eingeschätzt wird, während der Rektor die mit der Einführung eines anderen dogmatischen Grundlagenwerks verbundenen Risiken scheut.115 Offenbar konnte sich der Erzbischof mit seinem Vorstoß, ein neues dogmatisches Lehrwerk in der Unterweisung zu etablieren, nicht gegen die Vorlieben von Professoren und Bischöfen durchsetzen; Hafenreffer blieb nach dem Zeugnis der Vorlesungsverzeichnisse der Standard in der Unterweisung über die Glaubenslehre. Dennoch stellte Dieterich zumindest im privaten Unterricht eine Alternative zu Hafenreffer dar: Im Protokoll der theologischen Fakultät vom 11.10.1664 zeigt sich z. B. Petrus Rudbeckius noch unentschlossen, ob er bei seiner geplanten Repetition der Glaubensartikel entweder Hafenreffer oder „Conrads Katechismus“ folgen soll.116 Eine gesonderte Thematisierung von Kontroversen durch den vierten Professor über die Vorgaben der Loci117 hinaus trifft man in den Vorlesungsverzeichnissen nur selten an. So erklärt Olaus Laurelius 1634, neben der Behandlung der Articuli fi dei auch eine Synopse über theologische Kontroversen bieten zu wollen. Ansonsten ist der ausdrückliche Rekurs auf theologische Meinungsverschiedenheiten durch den Inhaber der vierten Professur besonders mit dem Namen Jordanus Edenius verknüpft und auf den Zeitraum 1661 bis 1664 konzentriert. Dieser will 1661 sowohl den alten als auch den neulich aufgekommenen Kontroversen nachgehen. 1662 stellt er in Aussicht, die gegnerischen Argumente zu widerlegen, wobei er über das von Hafenreffer Dargelegte hinausgehen will. Ein Jahr später will er die Auslegung der 115 Vgl. Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll II, 103 f: „Och togh[s] först den frågan före, antingen Catechesis Conradi skulle publice proponeras? eller loci communes Hafenrefferi? Rev. Dn. Archiepiscopus tychte nyttigare wara att Conradus läses, hälst mädan discentes haffwa strax i barndomen läsit Catechismum Lutheri i scholan, och sedan widare in gymnasiis, och således waant sigh medh then methodo, att dett [icke] är nödigt turbera dhem medh andra authoribus som haffwa annan ordinem, aldenstund Conradus tracterar alle locos communes. Elliest går Hafenrefferus ἀμεθοδως till werka. Ty han handlar för locum de Deo, hwilket icke är rimligit, effter locus de S. S. borde först tracteras. Magn. Rector swarade, att man kunde quæstion medh Dn. Archiepiscopo och andra Dn. Collegis placide ventilera, och medh henne öffwer ens komma en annan gång. Doch tychte han, att effter Hafenrefferi loci communes icke allenast i uthrijkes universiteter haffwa fått authoritatem, uthan och i alle diæcæsibus här i rijket proponeras. Then examinera och episcopi när dhe sina präster förhöra, och hwad flere skäl äre framdragne tillförende, in actis d. 3. April. paragr. 2., wore för dem bäst hålla sigh widh den waanlighe authore såsom den der haffwer bekommit applausum aff alle orthodoxis viris. Elliest [visste] man icke, om något godt fölgde medh en sådan förandring.“ [Hervorhebungen im Original] 116 Vgl. Punkt 3 im Protokoll vom 11.10.1664 in Fakultetsprotokoll 1655–1677 (Band 1), UUA / TF, A I 1, 82. 117 Hafenreffers Loci nehmen kontroverstheologische Abgrenzungen vor, sodass der Durchgang durch dieses Werk den Studenten bereits den konfessionellen Standpunkt in der Ausein andersetzung mit vermeintlichen Irrlehren vermittelte, vgl. mit ausführlichen Nachweisen Ohlemacher, Katechetik, 385–391.
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Loci communes und die Untersuchung der Kontroversen fortsetzen, 1664 plant er den Abschluss der Loci und bekundet seine Absicht, die besonderen Kontroversen des Glaubens in These und Antithese durchzunehmen.118 Zieht man die Aussagen des Fakultätsprotokolls in diesem Zeitraum hinzu, wird verständlich, warum sich altbewährte wie aktuelle Kontroversen im Unterricht des vierten Professors geltend machen können. In diesen Jahren wurden nämlich die Theologieprofessoren mit mehreren schwerwiegenden theologischen Konflikten konfrontiert, zu denen sie Stellung nehmen sollten. Diese haben gemeinsam, dass sie sich der damals um sich greifenden Angst vor synkretistischen Irrlehren zuordnen lassen. Erstens erhielten die Theologieprofessoren einen Brief aus Wittenberg wegen der zwischen den Marburger und Rintelner Theologen geschlossenen Übereinkunft anlässlich des Religionsgesprächs von Kassel 1661. Daher bestand die Gefahr, dass die schwedischen Theologen in die theologischen Auseinandersetzungen im Heiligen Römischen Reich hineingezogen werden könnten. Zweitens fühlten sie sich genötigt, auf das kürzlich publizierte Werk des Bischofs von Strängnäs Johannes Matthiae mit dem Titel „Ramus Olivae Septentrionalis“ (1656–1661) zu reagieren, der unter dem Verdacht synkretistischer Ambitionen stand. Drittens beschäftigte die theologische Fakultät die „Controversia Aböensi“119 über Johannes Elai Terserus’ Katechismus, in der Enevald Svenonius, Theologieprofessor an der Universität Åbo, seinem lokalen Bischof synkretistische Tendenzen unterstellte.120 Ähnlich wie Edenius bekundet Samuel Skunck 1675 explizit seine Absicht, zusammen mit den Loci theologici besondere Kontroversen erläutern zu wollen. Von diesen Ausnahmen und dem kontroverstheologischen Brennpunkt Anfang der 1660er-Jahre abgesehen erweist sich der auf die Loci konzentrierte öffentliche Unterricht des vierten Professors als beständig und homogen. Den Studenten sollte offenbar eine solide und theologisch unzweifelhafte Grundlage in den Fragen des Glaubens vermittelt werden. Dass der vierte Professor seiner durch die Konstitutionen vorgegebenen Verpflichtung nachkam, gezielt auch Bekenntnisse in seine Unterweisung aufzunehmen, lässt sich nicht erkennen. Sucht man nach einem breiteren Themenspektrum im Bereich des dogmatischen Unterrichts, so findet man dieses eher in der Unterweisung der außerordentlichen Professoren und in den privat angebotenen Lehrveranstaltungen.
118 Vgl. zu den Vorlesungsverzeichnissen von 1661, 1662 und 1663 Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680), zum Vorlesungsverzeichnis von 1664 Elenchus 1664. 119 Fakultetsprotokoll 1655–1677, 69. 120 Vgl. zu den genannten Kontroversen Anfang der 1660er-Jahren ausführlicher unten Kap. 4.3.3.1.
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3.3.3 Der Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren und Adjunkten Will man innerhalb der ‚überzähligen‘ Theologieprofessoren, die an der Universität Uppsala häufig anzutreffen sind, noch einmal differenzieren, so lässt sich festhalten, dass sich die außerordentlichen Professoren fast ausnahmslos121 mit dogmatischen Themen beschäftigen, während sich die Inhaber einer gegebenenfalls vorhandenen ordentlichen fünften Theologieprofessur keinem bestimmten Schwerpunkt zuordnen lassen, sondern sowohl dogmatische als auch exegetische Vorlesungen anbieten. Auffällig ist, dass vermehrt Bekenntnisse zum Unterrichtsgegenstand erklärt werden, was eigentlich in den Aufgabenbereich des vierten ordentlichen Professors fällt. Die Confessio Augustana erscheint dabei als das grundlegende Bekenntnis, das von mehreren Professoren zu verschiedenen Zeitpunkten in diversen Varianten aufgegriffen wird. So nimmt sich Odhelius laut dem Vorlesungsverzeichnis von 1652 die Confessio Augustana in These und Antithese vor, 1667 behandelt Benzelius das Bekenntnis. 1675 bis 1677 gibt Aurivillius an, das Augsburger Bekenntnis explizit nach der Auslegung Mentzers122 zu behandeln, womit er sich der Tradition des Luthertums im Alten Reich verbunden zeigt. Neben Mentzer wird mit Hutter ein weiterer Repräsentant des dortigen Luthertums rezipiert, dessen Kompendium123 121 1652 nimmt sich Johannes Rudbeckius Hosea vor, 1675–1679 liest Andreas Grubb über die Apostelgeschichte, 1679 bietet Henrik Schütz eine Einführung zur Bibel an, fortgesetzt 1680 mit einer Erklärung schwierigerer Bibelstellen. 1686 rückt der Bereich der praktischen Theologie in den Fokus eines außerordentlichen Professors: Israel Kolmodin kündigt eine Vorlesung über die Theologia Homiletica & Casualis an. 122 Siehe Balthasar Mentzer, Exegesis Augustanæ Confessionis …, Gießen: Nicolaus Hampel 1613. 123 Siehe Leonhard Hutter, Compendium Locorum Theologicorum …, Wittenberg: Paul Helwig; Johann Gormann 1610. Dem Fakultätsprotokoll lässt sich entnehmen, dass Hutter auch sonst in der Unterweisung rezipiert wurde, z. B. durch die Adjunkten. Vgl. Fakultetsprotokoll 1655– 1677, Conventus II (19.10.1656), 9: Wegen der Kontroversen ergänzt Magister Ajalinus seinen Unterricht über Hafenreffers Kompendium durch Hutters Kompendium, und zwar in schwedischer Übersetzung. Vgl. auch Conventus I (30.08.1667), 125: Der theologische Adjunkt Aurivillius soll im kommenden Semester entweder Hutters Kompendium der Loci theologici oder den Katechismus von Dieterich vortragen. Laut Kaufmann, Chemnitz, 190, traten insbesondere die Kompendien von Hutter und Hafenreffer seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts an die Stelle von M elanchthons Loci, die bisher das dominierende Lehrwerk im Dogmatikunterricht an den protestantischen Universitäten im Reich dargestellt hatten. Die schwedische Auswahl an Kompendien folgt damit weitgehend dem allgemeinen Trend. Hutters Kompendium liegt als kritische Edition vor: Hütter, Compendium, vgl. zur Entstehung und Wirkungsgeschichte 699–783. Obwohl Hutter mit dem Kompendium vorrangig auf den Schulunterricht zielte, war es auch im akademischen Kontext weit verbreitet, vgl. Hütter, Compendium, 747 f; 763. Das Lehrbuch, das bereits zu Hutters Lebzeiten nicht weniger als 18 Ausgaben zählte, wurde laut Steiger als Grundlage dogmatischer Vorlesungen an der Wittenberger theologischen Fakultät erst durch Johann Andreas Quenstedts (1617–1688) Rückgriff auf Johann Friedrich Königs „Theologia positiva acroamatica“ (erstmals herausgegeben 1664) abgelöst, vgl. Hütter, Compendium, 731; 763 f. Auch an der Universität Leipzig weist Steiger die Anwendung des Lehrbuchs nach, da hier dem Visitationsdekret von 1658 gemäß regelmäßig zweisemestrige Vorlesungen anhand von Hutters Compendium locorum
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1663 bis 1664 sowie 1685 bis 1686 im Unterricht herangezogen werden soll. Eine konfessionelle Zuspitzung lässt sich im Jahr 1684 erkennen, als Ljung die Confessio Augustana mit dem expliziten Zusatz invariata thematisieren will. Betrachtet man die Aufnahme anderer Bekenntnisse im Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren, so lassen sich zwei Tendenzen herausarbeiten. Erstens: In der zweiten Hälfte der 1650er-Jahre wird die Auslegung der Bekenntnisse allein von einer Person übernommen, nämlich von Petrus Rudbeckius (d. J., 1625–1701). Sein Interesse an der Symbolik fällt in die Zeit als außerordentlicher Professor an der theologischen Fakultät. Obwohl ihm schon 1654 diese Funktion zugesprochen worden war, gelang es ihm erst 1663, sich eine ordentliche Professur zu sichern, was auf gewisse Widerstände gegen seine Person unter den Kollegen schließen lässt.124 Zwischen 1656 und 1659 kündigt er in den Vorlesungsverzeichnissen an, einzelne Schriften des Konkordienbuchs zu behandeln, d. h. die Schmalkaldischen Artikel, den Traktat über die Gewalt und Obrigkeit des Papstes, den Großen Katechismus, die drei ökumenischen Symbole (und zusätzlich die Symbole von Ephesos und Chalcedon) sowie die Confessio Augustana.125 So kann ihm mit Recht das Verdienst zugesprochen werden, die Symbolik als eigenständiges Fach an der Universität Uppsala etabliert zu haben,126 und dies umso mehr, als er sich auch für den Druck grundlegender Bekenntnistexte verantwortlich zeigt.127 Zweitens: In den 1670er-Jahren werden einzelne im Konkordienbuch enthaltene Bekenntnisse von verschiedenen Personen im Unterricht präsentiert, nämlich von Berelius, der sich laut der Vorlesungsverzeichnisse von 1673 bis 1675 insbesondere mit den Schmalkaldischen Artikeln und darin mit den päpstlichen Lehren, aber auch mit anderen Teilen des Konkordienbuchs auseinandersetzt, und 1677 bis 1679 von Holm, der aus dem genannten Werk in erster Linie die Konkordienformel herausgreift. Zusammen theologicorum vorgesehen waren, vgl. Hütter, Compendium, 764 f. Die meisten Kommentare zu Hutters Schrift wurden laut Steiger jedoch von Theologen aus Jena angefertigt, vgl. Hütter, Compendium, 765. Die früheste schwedische Übersetzung stammt aus dem Jahr 1618 und wurde von Eric Schröder verfasst, s. Hütter, Compendium, 804, Nr. 21, eine weitere Übersetzung erfolgte im Jahr 1845, s. Hütter, Compendium, 839 f, Nr. 91. 124 Zu Petrus Rudbeckius (d. J.) vgl. Kuschner, Art. Rudbeck, 622 f. Das Fakultätsprotokoll deutet an manchen Stellen an, dass das Kollegium ihm nicht unbedingt wohlgesonnen war. So beschlossen einst die ordentlichen Theologieprofessoren Edenius, Stigzelius und Odhelius, ihn vorzuladen, um ihn wegen einiger Dinge zu ermahnen, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 10.10.1660, 42. Kurz darauf kamen unter den Kollegen Klagen über Rudbeckius’ Disputationsweise auf, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 23.02.1661, 45. 125 Über seine Vorlesungen in diesen Jahren gibt er auch Auskunft in Petrus Johannis Rudbeckius, Elenchus Prælectionum Publicarum & Privatarum Petro Joh. Rudbeckio Upsaliæ propositarum per VIII, vel quod excurrit, Annos, quibus partim Theolog. Facult. Adjunctum, partim S. S. Th. Professorem Extra-ord. egit, [ohne Ort]: [ohne Drucker] [1661]. 126 So Kuschner, Art. Rudbeck, 623. 127 In den Drucken greift er die Schmalkaldischen Artikel, den Großen Katechismus, die Con fessio Augustana, die drei altkirchlichen Symbole (Apostolicum, Nizänum, Athanasium) und die Konkordienformel auf. Schon in den Titeln lässt sich in der Regel erkennen, dass die Herausgabe der Schriften im Zusammenhang seiner Unterrichtstätigkeit erfolgte.
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mit den oben erwähnten spezifischen Auslegungen der Confessio Augustana lässt sich somit eine konfessionelle Engführung seit den 1670er-Jahren beobachten, die sich an der im Konkordienbuch vertretenen Theologie orientiert. Auch die eigene lutherische Glaubensüberzeugung wird in diesen Jahren entschiedener von den ‚überzähligen‘ Professoren im Kontrast zu anderen Konfessionen und Religionen vorgetragen. Im Jahr 1673 legt Skunck eine Geschichte der Häresien dar, bei der er sich an dem Straßburger Theologen Johannes Pappus (1549–1610) orientieren will. Grubb liest den Vorlesungsverzeichnissen von 1673 und 1674 gemäß über die Wahrheit der christlichen Religion im Anschluss an den früheren Theologieprofessor und Erzbischof Johannes Lenaeus (1573–1669)128, womit einmalig im Unterricht der schwedischen Theologieprofessoren ausdrücklich die Ergebnisse einheimischer theologischer Theoriebildung berücksichtigt werden. Die Ungereimtheit mit der Unwahrheit anderer Religionen, in und außerhalb der Kirche, will er dabei gezielt herausstellen.129 In den Jahren 1682 und 1683 beabsichtigt Schütz, die Verschiedenheit der Religionen zu erläutern, 1686 will Nezelius durch seine pointierte Zusammenfassung der Lehre der römischen Kirche gewährleisten, dass sich die Theologiestudenten in dieser Auseinandersetzung üben und sich frühzeitig darauf vorbereiten, gravierendere Streitigkeiten auf sich zu nehmen.130 In den dogmatischen Vorlesungen der ‚überzähligen‘ Professoren zeichnet sich demnach in den 1670er- und 1680er-Jahren ein verstärkter Rückgriff auf lutherische Bekenntnistexte und ein gesteigertes Bedürfnis nach einer konfessionellen Positionierung und Vergewisserung ab. Dies kann im Zusammenhang der politischen Entwicklung im Königreich gesehen werden. So weist Göransson auf eine grundsätzliche Wende in der schwedischen (Religions-)Politik um 1660 hin: Nachdem sie vorher eher eine ökumenische Strategie verfolgt hatte, wandte sie sich nun stärker dem Luthertum zu, was dadurch motiviert war, dass sich die schwedische Interessensphäre inzwischen auf den lutherischen Ostseeraum im Gegensatz zur ökumenischen Politik Brandenburgs konzentrierte.131 In diesem Sinn hielt das re ligionsplakat von 1663132 die Bedeutung des Konkordienbuchs für den kirchlichen 128 Siehe Johannes Canuti Lenæus, De veritate et excellentia christianæ religionis. Brevis informatio, Uppsala: Eschillus Matthiae 1638. 129 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1674 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680): „Andreas Grubb S. Theologiæ Professor Extraordinarius, in doctrina de Religione Christiana, asserta hactenus, & ex suis immotis principiis deducta ejus veritate; absurditatem cum falsitate aliarum religionum, in & extra Ecclesiam bono cum Deo ostendet, idque hora I. in Auditorio Veteri Minori.“ 130 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1686 zu Olaus Nezelius in Programmata Upsaliensia Vol. II (1681–1700): „Domi doctrinam Ecclesiæ Romanæ breviter quibusdam positionibus comprehendere animus est, ut sese S. Theologiæ studiosi exercere & ad graviora certamina subeunda mature præparare possint.“ 131 Vgl. Göransson, Teologin, 56. 132 S. u. Kap. 4, Anm. 317. Auch im Kyrkolag von 1686 wird die Bedeutung des Konkordienbuchs als Erklärung der christlichen Lehre festgehalten, vgl. Samfundet Pro fide et christianismo (Hg.), Kyrkolag, 5.
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Unterricht fest. Hinzu kam, dass im Zeitalter des schwedischen Absolutismus seit den 1670er-Jahren dem Gedanken der Uniformität und Reinheit des Glaubens trotz aller realpolitisch begründeten Zugeständnisse ein großer Stellenwert für das Wohl des Königreichs beigemessen wurde, was sich im Kyrkolag (1686) deutlich widerspiegelt.133 Was sich hier in der Unterweisung der ‚überzähligen‘ Professoren andeutet, wird auch im privaten Unterricht der Professoren eine Rolle spielen (s. u. Kap. 3.3.5). Untersucht man die Gegenstände der exegetischen Vorlesungen der ‚überzähligen‘ Professoren genauer, so kommt man zu dem Ergebnis, dass hier vornehmlich vermeintliche biblische ‚Randtexte‘ oder aber Überblicksthemen behandelt werden. Darunter befinden sich die Kleinen Propheten, Kohelet, das Hohelied, der Hebräerbrief, die katholischen Briefe und die Apostelgeschichte. 1668 bietet Benzelius eine Lehrveranstaltung an, in der er der Einteilung der Bibel nachgeht und eine Einführung in ihre einzelnen Bücher vorträgt. 1673 will Skunck seiner Vorlesung über die Apostelgeschichte eine Einleitung zur ergiebigen Lektüre des ganzen Neuen Testaments vorausschicken. Schütz kündigt 1679 ebenfalls eine Einleitungsvorlesung zur Heiligen Schrift an und geht 1680 zu den darin enthaltenen schwierigeren Stellen über. Damit tritt der exegetische Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren ergänzend neben die Vorlesungen der drei ersten Professoren. Inwiefern konnten die ‚überzähligen‘ Professoren aber die Themen ihrer Vorlesungen frei bestimmen bzw. inwiefern waren sie wie die Adjunkten an die Weisungen der ordentlichen Professoren gebunden? Aus dem Protokoll der theologischen Fakultät ergibt sich keine eindeutige Antwort auf diese Frage. In der Regel entschied offenbar das Kollegium der ordentlichen Professoren, welche Themen sich das zusätzliche theologische Personal in seinen Lehrveranstaltungen vornehmen sollte.134 Dieses Verfahren konnte sich auch im Vorlesungsverzeichnis widerspiegeln, wie man am Eintrag zu Ljung 1685 ablesen kann: „Ericus Ljung S. Theol. Prof[.] Extraord. ex decreto Vener. Facult. Theologicæ Hutteri Compendium publice exponet.“135 Die theologische Unterweisung, die von den Adjunkten angeboten wurde, konzentriert sich weitgehend auf dogmatische Themen, soweit sich Angaben darüber dem Protokollbuch der Fakultät entnehmen lassen. Meistens werden die Adjunkten beauftragt, sich ein Kompendium im Unterricht vorzunehmen. Hierbei werden Hutter, Dieterich und Hafenreffer genannt.136 Allerdings schlagen die Professoren 133 Vgl. etwa Montgomery (Hg.), Enhetskyrkans tid, 140–145. 134 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (11.01.1662), 57 (zu Petrus Rudbeckius); Conventus II (08.09.1671), 184 f (zu Skunck); Conventus III (03.09.1672), 194 (zu Skunck); Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (13.09.1677), 1 f (zu Holm); Conventus I (03.10.1679), 22 (zu Schütz). 135 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1685 in Programmata Upsaliensia Vol. II (1681–1700). 136 Vgl. zu Hutter oben Anm. 123, zu Dieterich oben Anm. 112, zu Hafenreffer oben Anm. 111 und Anm. 113. Vgl. auch Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (03.10.1679), 22; vgl. auch die Angaben zum Februar 1653 und Februar 1654 in Rudbeckius, Elenchus Prælectionum.
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dem Adjunkten Aurivillius vor, entweder das Kompendium von Hutter oder die Geschichte der Reformation zu behandeln.137 Die Theologen sind darauf bedacht, dass sich die Adjunkten in ihren Lehrveranstaltungen auf Einleitungsfragen der Theologie beschränken. So wird Kiörlings Wunsch, eine exegetische Übung anzubieten, abgelehnt, wobei er stattdessen auf ein Kompendium, z. B. von Hutter, verwiesen wird.138 Auch die Behandlung von dogmatischen Streitfragen wird im Unterricht vermieden. Petrus Bång wird z. B. ausdrücklich ermahnt, sich von den „neuen, subtilen Kontroversen“ fernzuhalten, die die deutschen Theologen momentan beschäftigen.139
3.3.4 Kirchengeschichte Anders als in Kopenhagen kann sich an der Universität Uppsala die Kirchengeschichte als theologische Disziplin im Untersuchungszeitraum etablieren, auch wenn sie zunächst im Schatten der exegetischen Unterweisung steht. Die Statuten von 1655 teilen die Behandlung kirchengeschichtlicher Fragen auf die ersten beiden Professoren auf, indem ersterem die Thematisierung der Kirchengeschichte seit der Geburt Christi auferlegt wird, letzterem die Zeitspanne bis zur Geburt Christi (s. o. Kap. 2.3.7).
3.3.4.1 Themen und Aufteilung des kirchengeschichtlichen Unterrichts Den Vorgaben der Universitätsordnung entsprechend lässt sich in den zwei Jahrzehnten nach 1655 in den Vorlesungsverzeichnissen das Bemühen der Professoren ablesen, der Forderung nach kirchengeschichtlichem Unterricht neben der Schriftauslegung gerecht zu werden. Ab 1675 ist jedoch zu beobachten, dass eine Darlegung kirchengeschichtlicher Fragestellungen in den Vorlesungsverzeichnissen häufiger nicht mehr explizit angekündigt wird. Anders als in der Dogmatik und den exegetischen Fächern scheint es in der Kirchengeschichte stärker vom Interesse des jeweiligen Professors abzuhängen, wie intensiv dieses Fach in der Lehre behandelt wird. Laurentius Stigzelius etwa, viele Jahre lang Inhaber der ersten Professur, erklärt bereits 1651 die neutestamentliche Kirchengeschichte zum Gegenstand seiner Vorlesung, allem Anschein nach anstatt eine biblische Schrift auszulegen. In den folgenden Jahren lässt sich erkennen, dass er den Auftrag, die Kirchengeschichte ab Christi Geburt vorzustellen, wirklich ernst nimmt, denn auch die neueste kirchliche Vergangenheit wird in seinem Unterricht aufgegriffen. So kündigt er 1659 an, sich 137 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (03.10.1679), 22. 138 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (07.04.1668), 130. 139 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 11.10.1664, 82: „Slötz att M. Petrus Bångh skulle privatim lässa någott Compendium Theologiæ, och des likest pro rudioribus disputera, dock så att han hölle sigh ifrån den nyia Subtilige controversier, uthi hwilka wåra Theologi sin emellan i Tysklandh disputera.“
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die Kirchengeschichte der jüngsten Zeit vorzunehmen, d. h. ab der Reformation durch Luther.140 Außerdem beschränkt er sich nicht immer auf eine bloße chronologische Nacherzählung, sondern untersucht manchmal auch die kirchengeschichtliche Entwicklung gezielt unter einer bestimmten Fragestellung. 1661 etwa wendet er sich speziell der Geschichte der Konzile zu. Besonders sticht seine Angabe im Vorlesungsverzeichnis von 1664 heraus: In der Kirchengeschichte vermeldet er ausdrücklich, die „Gottlosigkeit und Torheit“ des Islams enthüllen zu wollen.141 Dies stellt insofern einen absoluten Einzelfall dar, als der Islam im Unterricht und Alltag der schwedischen Theologieprofessoren ansonsten keine erkennbare Rolle spielt.142 Neben Stigzelius erweist sich auch Carl Lithman als engagiert, was die Thematisierung der Kirchengeschichte angeht. Er scheint seinen Unterricht über die Geschichtsbücher des Alten Testaments wiederholt durch kirchengeschichtliche Exkurse zu bereichern, wie es die Vorlesungsverzeichnisse von 1661 bis 1663 und 1665 bis 1667 nahelegen. Im Jahr 1668 vermeldet er seinen dritten Durchgang durch die gesamte Kirchengeschichte des Alten Testaments. Nachdem er auf die erste Professur vorgerückt ist, widmet er sich ebenso engagiert der neutestamentlichen Kirchengeschichte, deren Behandlung er in den Vorlesungsverzeichnissen von 1670 bis 1673 erwähnt. Dagegen deuten bei anderen Professoren bereits die kurzen Notizen in den Vorlesungsverzeichnissen an, dass die Kirchengeschichte nur nebenher behandelt wird. Dies ist augenscheinlich der Fall bei Petrus Rudbeckius. Bei ihm fällt auf, dass er im Allgemeinen entweder auf die Ankündigung einer kirchengeschichtlichen Vorlesung ganz verzichtet oder bemüht ist hinzuzufügen, dass er diese „bei Gelegenheit“ („data occassione“), „bei passender Zeit“ („Tempore commodo“), „zu bestimmten Zeiten“ („per certa temporu[m] intervalla“) oder „in geeigneten Stunden“ („horis ad eam exponendam commodis“), und zwar in Form eines „kurzen Abrisses“ („in compendio“), durch „Fragen und brauchbare kurze Antworten“ („per Quæstiones & appositas breves Responsiones“) oder in einem „gekürzten Auszug“ („in Epitomen redactam“) darstellen will.143 Diese Äußerungen lassen bereits darauf schließen, dass Rudbeckius den kirchengeschichtlichen Anteil seiner Vorlesung auf ein Minimum zu reduzieren gedachte. Folgt man den Angaben der Vorlesungsverzeichnisse, die seit 1675 auch private Lehrveranstaltungen ankündigen, so ist eine Vernachlässigung der Kirchen 140 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1659 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680): „In Historia vero Ecclesiast. N. T. ultima Tempora, a Reformatione Ecclesiæ per B. Lutherum facta persequetur, quantum per absentiam propter Comitia licebit.“ 141 Vgl. zu Laurentius Stigzelius Elenchus 1664: „In Historia autem Ecclesiastica Muhammedanæ Religionis impietatem & stultitiam deteget.“ 142 Möglicherweise zielten jedoch Schütz’ Vorlesungen über die „Verschiedenheit der Religionen“ („diversitatem religionum“) auch auf den Islam, vgl. die Ankündigungen in den Vorlesungsverzeichnissen von 1682 und 1683 in Programmata Upsaliensia Vol. II (1681–1700). 143 Vgl. die Vorlesungsverzeichnisse von 1670 bis 1674 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680).
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geschichte durch die ersten beiden Professoren umso besser zu verkraften gewesen, als diese auch in der – z. T. privaten – Unterweisung anderer Professoren aufgegriffen wird. Neben Olaus Nezelius ist hier vor allem Erik Benzelius zu nennen, der das Fach Kirchengeschichte in dieser Zeit wie kein anderer Professor geprägt hat.
3.3.4.2 Erik Benzelius: Breviarium historiæ ecclesiasticæ Nachdem Erik Benzelius d. Ä. (1632–1709)144 von seiner Studienreise durch Europa (Herbst 1663 bis Herbst 1665) nach Schweden zurückgekehrt war (s. ausführlich unten Kap. 4.1.2), stieg er rasch von einer außerordentlichen Professur für Geschichte und Moralphilosophie (1665) zu einer außerordentlichen Professur für Theologie (1666) und schließlich zu einer ordentlichen Theologieprofessur (1668) auf. 1675 erhielt er die theologische Doktorwürde. 1687 zum Bischof von Strängnäs gewählt, beschloss er seine berufliche Laufbahn als schwedischer Erzbischof (ab 1700). Über seine Vorlesungstätigkeit bemerkt Afzelius, dass er sich eines großen Zuhörerkreises erfreute, mit dem sich bloß Schefferus messen konnte.145 Die von Afzelius konstatierte thematische Vielseitigkeit in Benzelius’ – privaten – Lehrveranstaltungen lässt sich in der Tat nicht leugnen,146 was sich auch in den vergleichsweise zahlreich erhaltenen Mitschriften zu seinen Vorlesungen widerspiegelt. Dass er über exegetische, dogmatische wie auch philosophische Themengebiete lehrte, kann jedoch erst einmal nicht als Alleinstellungsmerkmal gewertet werden, da die Theologieprofessoren jener Zeit nach heutigen Maßstäben fachlich gesehen als ‚Allrounder‘ bezeichnet werden müssen. In verschiedenen Fächern bewandert zu sein, war schon aufgrund des üblichen Wechsels der Professuren im Laufe der akademischen Karriere von der philosophischen Fakultät zur theologischen Fakultät und innerhalb derselben unumgänglich. Was Benzelius aber wirklich auszeichnet, ist zum einen sein besonderes Interesse an der Kirchengeschichte. Zum anderen 144 Zu Benzelius vgl. Holm, Art. Benzelius, släkt. Vgl. auch die zweibändige Biographie: Afzelius, Benzelius I; Afzelius, Benzelius II. 145 Vgl. Afzelius, Benzelius I, 52 f. Allein Johannes Schefferus, der die Skytteanische Professur für Eloquenz und Politik innehatte, konnte demnach annähernd mit Benzelius’ Auditorium mithalten. Afzelius führt diesen Unterschied in der Anzahl der Zuhörer zwischen Benzelius und seinen Kollegen auf dessen sorgfältige Vorbereitung der Vorlesungen und seine Redegewandtheit zurück. Auch wenn dies möglicherweise zutrifft, wurde der starke Zustrom an Studenten doch sicherlich auch dadurch begünstigt, dass er 1673, als seine Vorlesung 302 Zuhörer zählte, als vierter Theologieprofessor für den Bereich Dogmatik zuständig war und damit einen breiteren Studentenkreis ansprach als seine der Exegese verpflichteten Kollegen. Schließlich vermittelten die Dogmatikvorlesungen das Grundwissen über die Glaubenslehre, das den Statuten von 1655 gemäß für die Erlangung eines philosophischen Magistertitels nötig war. Vgl. zu den Teilnehmerzahlen an den Vorlesungen unten Kap. 3.3.9. 146 Vgl. Afzelius, Benzelius I, 53. Überschwänglich äußert sich auch Holm, Art. Eric Benzelius d. ä., 234, über Benzelius’ Vielseitigkeit: „[…] inom den samtida svenska teologgenerationen torde icke heller någon ha överträffat honom i mångsidig och grundlig lärdomsutrustning.“
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lässt sich den Auskünften der Vorlesungsverzeichnisse gemäß nur bei ihm der Versuch nachweisen, die grundlegende Frage nach der Konzeption des Theologiestudiums im Rahmen einer Lehrveranstaltung reflektiert zu haben (s. u. Kap. 3.3.5). In den Vorlesungsverzeichnissen des Untersuchungszeitraums bis 1686 kündigt Benzelius explizit 1669, 1675 (privat), 1677 (privat), 1679 (privat), 1682 und 1684 die Behandlung historischer Themen an, wobei sich hier keine scharfe Grenze zwischen Exegese und Geschichte ziehen lässt, seitdem er seit 1680 in seinen öffentlichen Vorlesungen zur Behandlung der geschichtlichen Bücher des Alten Testaments übergegangen ist. Auch überlieferte Mitschriften legen Zeugnis über seine historische Unterweisung ab.147 Obwohl seine kirchengeschichtliche Lehre offenbar fleißig handschriftlich verbreitet wurde, ließ deren Drucklegung unter dem Titel „Breviarium historiæ ecclesiasticæ, veteris et novi testamenti“148 bis 1695 auf sich warten. In seiner Vorrede an den Leser gibt Benzelius Auskunft über den Entstehungskontext und die Anlage der vorliegenden Schrift. Das Werk beruht demnach auf seinen öffentlichen und privaten Lehrveranstaltungen an der Universität Uppsala. Von Freunden zu diesem Vorhaben angeregt nennt Benzelius als Motivation dafür, seine kirchengeschichtliche Unterweisung nun in Form einer solchen kleinen Schrift in den Druck zu geben, dass er der stark voneinander abweichenden und oft auch fehlerhaften handschriftlichen Überlieferung seines Unterrichts Abhilfe schaffen will.149 Benzelius weist die Disposition seines Werkes als traditionsgebunden aus, schon aus pädagogischer Sicht misstraut er jeglichen Neuerungen.150 Was 147 Die reichlich vorhandenen Mitschriften zu seiner kirchengeschichtlichen Unterweisung lassen keinen Zweifel an deren Popularität und Verbreitung. Einige Beispiele seien hier genannt: Brevis consignatio eorum quae ad Historiam Ecclesiasticam cognoscendam pertinent, proposita in collegio privato Anno 1684 ab Erico Benzelio, UUB, N 1859; Epitome Historiae Ecclesiasticae Erici Benzelii, notiert von Johannes Lenander, 1712, UUB, N 1860; Erik Benzelius, Brevis consignatio eorum quae ad Historiam Ecclesiasticam cognoscendam pertinent proposita in Collegio privato, UUB, N 1866; Samlingsband, Quaestiones Selectae in Historiam Ecclesiasticam in Collegio Repetitorio ab Adm. Rev. Doct. Ericho Benzelio propositae. Anno 1684; Historia Ecclesiastica N. T. synopticae proposita ab Er. Benzelio A:o 1687; Excerpta ex Historia Ecclesiastica N. T. Celeberr. Doct. Benzelii u. a., UUB, T 232. 148 Schon der Titel weist darauf hin, dass das Lehrbuch im Kontext seines langjährigen Unterrichts entstanden ist: Erik Benzelius, Breviarium historiæ ecclesiasticæ, veteris et novi testamenti, Discentium usui destinatum, iteratis vicibus juventuti propositum, multorum desideriis expetitum …, Strängnäs: Johannes Billingsley 1695. 149 Vgl. die Vorrede an den Leser in Benzelius, Breviarium: „Tali breviario Historiæ Ecclesiasticæ, quale hic exhibetur, adsvevit Patria juventus in Academia Upsaliensi per annos retro multos, quod tamen multorum manibus descriptum, variationes subiit plurimas, easque non raro vitiosas. Consilium inde natum est velle malo illi mederi, & opusculum hoc typis committere; ut manuductionem aliquam in hoc studii genere haberent illi, qui simplici brevitate potius, quam quæsitis ambagibus informari cupiunt.“ 150 Vgl. die Vorrede an den Leser in Benzelius, Breviarium: „Temporum epochæ & rerum digestiones ferme servatæ sunt eædem, quas commendarunt celebres in patria Theologi. Tutius visum est orbitæ hactenus tritæ circa Chronologica insistere, quam nova comminiscere, & variatione non necessaria turbare discentium ingenia. Multa sunt, quæ novitate magis destruunt quam utilitate ædificant.“
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die Kirchengeschichte Schwedens angeht, dämpft Benzelius bereits allzu große Erwartungen, da diese nur am Rande thematisiert werden soll, und charakterisiert deren Konzeption als ein noch ausstehendes Projekt, das allerdings die Anstrengungen „anderer“ erfordere.151 Angesichts der breit bezeugten Rezeption von Benzelius’ kirchengeschichtlicher Unterweisung steht außer Frage, dass er den kirchengeschichtlichen Unterricht an der theologischen Fakultät in Uppsala in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat. Laut Holm wurde sein Lehrbuch fast einhundert Jahre lang verwendet.152 Was aber lernten die Studenten bei ihm – und was lernten sie nicht? Die historische Entwicklung seit der Reformation, die unter der Rubrik „Neues Testament“ verhandelt wird, nimmt immerhin ungefähr ein Viertel des Gesamtwerkes ein. Sie liefert wertvolle Hinweise darauf, wie unter schwedischen Theologen die jüngsten Ereignisse wahrgenommen und gedeutet wurden. Zugleich ist davon auszugehen, dass durch einen bewussten Selektionsvorgang ein bestimmtes Bild der Kirchengeschichte in und außerhalb Schwedens erzeugt wurde, welches den Studenten vermittelt wurde. Vergleicht man die Darstellungsformen des 16. und 17. Jahrhunderts, so fällt zunächst auf, dass Benzelius im 16. Jahrhundert153 eine chronologische Übersicht der Ereignisse mit einer thematisch orientierten Zusammenschau kombiniert, während er im 17. Jahrhundert154 auf eine chronologische Aufzählung der Geschehnisse verzichtet. Im 16. Jahrhundert sieht er die entscheidenden Zäsuren in der Reformation (1515), der Veröffentlichung der Confessio Augustana (1530), Luthers Tod (1546), der Bestätigung des Passauer Vertrags (im Augsburger Religionsfrieden 1555) und der Herausgabe der Formula Concordiae (1580). Diesen Daten entsprechend teilt er das Jahrhundert in einzelne Zeitabschnitte ein. Von den Jahren vor der Reformation entwirft Benzelius ein vorwiegend düsteres Bild. Interessanterweise verweist er an dieser Stelle auf das kirchengeschichtliche Werk des Schweizers Johann Heinrich Hottinger d. Ä. (1620–1667).155 Trotz aller kritischen Distanz zu den anderen Konfessionen, die sich in Benzelius’ Lehrbuch widerspiegelt, scheint es für ihn also nicht problematisch zu sein, zumindest auf dem Gebiet der Kirchengeschichte das Werk eines reformierten Theologen zu würdigen. So hatte er sich schon während seiner peregrinatio academica besonders in den Niederlanden mit historischen Studien beschäftigt (s. u. Kap. 4, Anm. 55). Möglicherweise lernte Benzelius in diesem 151 Vgl. die Vorrede an den Leser in Benzelius, Breviarium: „Status Ecclesiæ in patria nostra non nisi paucis attingitur, cum justam ejus expositionem sibi deposcant aliorum labores.“ 152 Vgl. Holm, Art. Eric Benzelius d. ä., 236. Über die Anerkennung dieser langen Wirkungsperiode hinaus findet Holm allerdings nicht allzu viele lobende Worte zu dem Werk, das keine Selbstständigkeit in Auffassung und Disposition aufweise, aber eine klare Zusammenfassung darstelle. Als bezeichnend empfindet er, dass Benzelius die brennenden Fragen seiner eigenen Zeit nicht berühren wollte oder zu berühren wagte. 153 Benzelius, Breviarium, 309–342 und 342–369. 154 Benzelius, Breviarium, 369–396. 155 Vgl. Benzelius, Breviarium, 313.
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Zusammenhang oder aber über seinen Schwiegervater, den Theologieprofessor Erik Odhelius, Hottingers Schriften kennen, denn nachweislich bestand ein Kontakt zwischen Odhelius und seinem Schweizer Kollegen.156 Besonders die ersten Jahrzehnte der von Luther ausgehenden Reformation zeichnen sich in Benzelius’ Darstellung durch eine genaue Wiedergabe der einzelnen Ereignisse aus. Aber auch in den folgenden Zeitabschnitten gibt Benzelius die Geschehnisse, die das Luthertum betreffen, sorgfältig wieder. Die gleichzeitigen Entwicklungen außerhalb des Alten Reiches werden dagegen nur in kurzen Bemerkungen aufgenommen. So streift Benzelius etwa die von Zwingli ausgelösten reformatorischen Entwicklungen in der Schweiz, wobei er sich aber entschieden gegen die Ansicht wendet, Luther sei zuerst von Zwingli auf den Gedanken an eine Reformation gebracht worden.157 Auch die Entstehung des Jesuitenordens und das Trienter Konzil werden im weiteren Verlauf beschrieben, ebenso das Aufkommen des Calvinismus.158 Heinrich VIII. tritt in erster Linie als Gegenspieler Luthers in Erscheinung und wird von Benzelius klar der päpstlichen Seite zugeordnet.159 Insgesamt ist für Benzelius’ Darstellung des 16. Jahrhunderts sein Bemühen kennzeichnend, das schwedische Königreich nicht nur unter die ersten Anhänger der Reformation zu zählen, sondern auch eine Parallelität zu den Vorgängen im Alten Reich zu konstruieren. So stellt er zusammenfassend die geschlossene, entschiedene Übernahme des reformatorischen Glaubens in den Königreichen des Nordens heraus, was ihnen einen Platz unter den Protestanten der ersten Stunde zuweist.160 Ansonsten spielt Dänemark in seiner Darstellung aber keine Rolle; bei seiner vorangehenden detaillierteren Schilderung des Vorgangs wird die reformatorische Bewegung in Dänemark nicht erwähnt.161
156 Vgl. Illustrium & clarorum virorum epistolae 1530–1670, Nr. 58: Brief von Johann Heinrich Hottinger [d. Ä.] an Erik Odhelius, Zürich, 20.03.1653, LiSt, Br 2. Hottinger bittet Odhelius in diesem Brief um ein Urteil über sein „Historia Helvetica compendium“. 157 Vgl. Benzelius, Breviarium, 316: „Hoc eodem anno indulgentias Papales in Helvetia impugnare cœpit Ulricus Zvinglius, qui Tiguri docendi munere fungebatur. Falluntur autem & fallunt, qui scribere audent, Lutherum accepisse a Zvinglio primam occasionem cogitandi de Reformatione.“ („In demselben Jahr [1519, S. S.] begann Ulrich Zwingli, der in Zürich ein Lehramt bekleidete, in der Schweiz die päpstlichen Ablassbriefe zu bekämpfen. Sie werden aber getäuscht und täuschen, die zu schreiben wagen, dass Luther von Zwingli die erste Gelegenheit zum Nachdenken über die Reformation erhalten habe.“ [Übersetzung: S. S.]) 158 Vgl. Benzelius, Breviarium, 328 f. 159 Vgl. Benzelius, Breviarium, 318, wo Benzelius auf schriftliche Äußerungen Heinrichs VIII. gegen Luther Bezug nimmt, die die Billigung des Papstes erhalten: „Eodem hoc anno [1522, S. S.] Henricus VIII. Angliæ Rex scripsit adversus Lutherum, ejusque doctrinam impugnavit, quo nomine a Pontifice ornatus est novo titulo ut Defensor Fidei diceretur. Sed Lutherus acri & vehementi scripto respondit & causam veritatis egit.“ 160 Vgl. Benzelius, Breviarium, 344: „Septentrionis Regna ferme inter prima cœptæ reformationis initia Euangelicam religionem recepisse, supra indicatum est.“ 161 Benzelius beschreibt ausführlicher die reformatorischen Vorgänge im schwedischen Königreich in Benzelius, Breviarium, 321–324.
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Die Reformation in Schweden verbindet Benzelius vorrangig mit dem Namen Gustav Erikssons, der das Land von der „Gewaltherrschaft“ des „Tyrannen“ Christian (II.) befreit habe.162 Benzelius bescheinigt Gustav Eriksson, schon um das Jahr 1519 herum die Anliegen der Reformation grundlegend erkannt zu haben, sodass die Bereinigung des Kultes zu einem seiner dringendsten Ziele nach der Machtübernahme stilisiert wird. Dass die schwedische Reformation eine dezidiert lutherische war, legt Benzelius durch seinen Hinweis auf die beiden Brüder Laurentius und Olaus Petri nahe, die nämlich eine Zeit lang in Wittenberg unter Luther persönlich studiert hatten. Interessanterweise berichtet Benzelius von einer Disputation, die der König 1524 an der Akademie in Uppsala zwischen jenem „Schüler Luthers“ Olaus Petri und dem altgläubigen „Professor in Uppsala“ Peder Galle veranstalten ließ.163 Dieser Hinweis ist aus mehreren Gründen aufschlussreich. Zum einen weist Benzelius auf diese Weise die für die Anfangsjahre der Reformation typische Institution des Religionsgesprächs zwischen Altgläubigen und Reformatoren als ein auch bei Schwedens Übergang zum protestantischen Bekenntnis zum Einsatz gekommenes Instrument aus. Zum anderen bindet er die Reformation in Schweden an einen Diskurs zwischen Akademikern zurück, sodass der vom König initiierte Vorgang eine deutlichere inhaltliche Grundlage und Legitimierung erhält. Bemerkenswert ist zudem, dass das Gespräch laut Benzelius an der Universität in Uppsala stattfand. Das setzt aber voraus, dass diese zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch wirksam war. Annerstedt folgend ist jedoch anzunehmen, dass die Universität bereits um 1515–1520 ihren Lehrbetrieb einstellte (s. o. Kap. 2.1.1 mit Anm. 9). Tatsächlich erliegt Benzelius hier einem Missverständnis, denn im 19. Jahrhundert wurde die Tradition, die von einer Disputation zwischen Petri und Galle 1524 berichtet, als historischer Irrtum erwiesen.164 Nach gut lutherischem Muster hebt Benzelius besonders die Bibelübersetzung ins Schwedische im Folgenden als zentrales Anliegen des Königs hervor.165 Obwohl dieser zunächst Erzbischof Johannes Magnus mit diesem Projekt betraute, war 162 Vgl. Benzelius, Breviarium, 321. 163 Vgl. Benzelius, Breviarium, 322: „Anno 1524. In Academia Upsaliensi Rex disputationem institui curavit de Veritate Religionis inter Olaum Petri Nericium, Lutheri discipulum, & Petrum Galle Professorem Upsaliensem, Papisticæ religioni addictum.“ 164 Vgl. Schück, Striden, besonders 56: „Uppgiften om denna disputation – vare sig man förlägger den till 1524, 1525 eller 1526 – beror således endast på ett missförstånd. Vi kunna därför saklöst utmöstra den ur vår historia“. Allerdings berichtet z. B. Andrén im Zusammenhang mit der zwischen dem Dänen Paulus Helie und Olaus Petri geführten schriftlichen Auseinandersetzung, dass Gustav Vasa im Jahr 1526 einige Fragen zur Bibelauslegung an den wichtigsten Theologen im Domkapitel von Uppsala, Peder Galle, und an Olaus Petri schickte, deren Beantwortung er vor dem Reichstag von Västerås (1527) erwartete, vgl. Andrén (Hg.), Reformationstid, 39, und die Fragen an Peder Galle in Konung Gustaf den förstes registratur III, 331–333. Möglicherweise bezieht sich Benzelius auf diesen Vorgang, wenn er später unter Berufung auf Baazius sogar zwei Disputationen mit Peder Galle in Uppsala – 1524 und 1527 – anführt, vgl. Benzelius, Brevia rium, 358. 165 Vgl. Benzelius, Breviarium, 322 f. Vgl. auch 331 f.
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es laut Benzelius Laurentius Andreae, der die Verantwortung für die Übersetzung übernahm, nachdem sich der vor diesen Mühen zurückschreckende Erzbischof über Preußen nach Italien abgesetzt hatte. Im Gegensatz zu diesem deutlich spürbaren Interesse an der Bibelarbeit geht Benzelius nicht näher darauf ein, was eigentlich auf den verschiedenen, für den Verlauf der schwedischen Reformation so entscheidenden Reichstagen in der zweiten Hälfte der 1520er-Jahre verhandelt wurde, sondern belässt es hier bei einer schlichten Aufzählung.166 Werden die Auswirkungen des Interims und des Trienter Konzils auf die schwedische Religionspolitik mit Verweis auf die Synode von Uppsala 1549 noch bedacht,167 so fällt auf, dass sich Benzelius bei der Schilderung der beiden letzten Zeitabschnitte im 16. Jahrhundert (seit dem Augsburger Religionsfrieden) nicht mehr zur Lage in Schweden äußert. Indem er die Herrschaft von Erik XIV. und dessen Bruder Johan III. verschweigt, erzeugt Benzelius den Eindruck einer stetigen, geradlinigen und zielstrebigen Entwicklung von der Einführung des Protestantismus in Schweden durch Gustav Vasa bis zur Versammlung von Uppsala 1593,168 was der wechselvollen Religionspolitik unter seinen beiden Söhnen, die mal reformierte, mal katholische Tendenzen aufwies, ganz und gar nicht gerecht wird. Die innenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Johan III. und den lutherischen Geistlichen finden also in Benzelius’ Lehrbuch keine Beachtung. Umso erstaunlicher ist es, dass Johan bei der überblicksartigen Darstellung des 17. Jahrhunderts besonders erwähnt wird, und zwar als Exponent der von Schweden ausgehenden ökumenischen Bemühungen mit der griechisch-orthodoxen Kirche.169 Insgesamt behandelt Benzelius das 17. Jahrhundert längst nicht so detailliert wie das vorangegangene. Die Bedrohung des Protestantismus durch den Dreißigjäh-
166 Vgl. Benzelius, Breviarium, 323. 167 Vgl. Benzelius, Breviarium, 335 f sowie 358. Andrén erklärt, dass Kaiser Karl den skandinavischen Kirchen das Interim mit Bitte um eine Antwort zukommen ließ, woraufhin sich Gustav Vasa 1549 mit Olaus Petri und Georg Norman beriet. Von der genannten Kirchenversammlung in Uppsala in demselben Jahr sind zwei Gutachten überliefert, wobei das eine – vermutlich auf Olaus Petri zurückgehend – die offizielle Antwort an den Kaiser bildete, während das andere – ein Konzept von Georg Norman – wahrscheinlich als Grundlage für eine königliche Proposition an den Reichstag gedacht war, vgl. Andrén (Hg.), Reformationstid, 133 f. Benzelius erwähnt jedoch weder Petri noch Norman, sondern nennt als Berater des Königs lediglich „viros pios ac eruditos“ (Benzelius, Breviarium, 335). Überhaupt taucht Norman in der Kirchengeschichte von Benzelius gar nicht auf, obwohl er seit 1539 einen nicht unerheblichen Einfluss auf die schwedische Kirchenpolitik ausübte. 168 Zur Confessio Fidei des Uppsala möte im Zusammenhang anderer evangelischer Bekenntnisse vgl. Benzelius, Breviarium, 347. Neben dem Uppsala möte von 1593 führt Benzelius in der Zusammenfassung des 16. Jahrhunderts noch die 1572 abgehaltene Synode von Uppsala an, bei der sich die Pfarrer zur Einhaltung der Kirchenordnung von Laurentius Petri Nericius verpflichteten und die somit aus orthodoxer Sicht noch als unbedenklich eingeschätzt werden kann, s. Benzelius, Breviarium, 358 f. Zur Annahme der Kirchenordnung vgl. Andrén (Hg.), Reformationstid, 162–165. 169 Vgl. Benzelius, Breviarium, 370, unter Berufung auf Baazius.
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rigen Krieg nimmt besonderen Raum ein und dient zugleich der Vergegenwärtigung der glorreichen Taten von Gustav II. Adolf. Gefährdungen der evangelischen Lehre gab es auch in diesem Jahrhundert wieder reichlich; allerdings sieht Benzelius in diesem Zusammenhang von innerschwedischen, innerkirchlichen Auseinandersetzungen wie etwa den Streitigkeiten mit Johannes Matthiae ab. Stattdessen stellt er die Angriffe von reformierter und päpstlicher Seite heraus, derer man sich in Schweden erwehren musste.170 Indem er seine Schrift mit den Feierlichkeiten von 1693 in Erinnerung an das Uppsala möte enden lässt, schließt er das Lehrbuch mit einer optimistischen, national ausgerichteten Zukunftsperspektive ab. Benzelius’ Lehrbuch bietet den Studenten einen umfassenden Überblick über die religionspolitischen und theologischen Entwicklungen seit der Reformation. Der Fokus liegt dabei zweifellos auf dem Luthertum im Heiligen Römischen Reich. Die Reformationsgeschichte Schwedens wird in Anlehnung an die von Wittenberg ausgehenden Vorgänge geschildert. Das zeigt sich an dem Bemühen, Schweden unter die ersten Anhänger der Reformation zu zählen, indem Gustav Eriksson schon um 1519 eine Kenntnis und Übernahme reformatorischer Ziele unterstellt wird. Obwohl dem König bei der Initiierung und Durchsetzung der Reformation in Schweden eine entscheidende Rolle zugewiesen wird, kennzeichnet Benzelius diese als eine intellektuelle Bewegung, indem er sie in die Tradition der gelehrten Streitgespräche einordnet, der Übersetzung der Bibel ins Schwedische herausragende Bedeutung zumisst und das Bekenntnis des Uppsala möte als einen Teil der lutherischen Bekenntnisbildung begreift. Eine explizit obrigkeitsfreundliche Haltung lässt sich seinem Werk nicht absprechen, was sich in erster Linie an der Würdigung von Gustav Eriksson als Wegbereiter des Protestantismus oder von Gustav II. Adolf als Retter desselben zeigt. Bedenkt man, dass seine Schrift unter den Vorzeichen des Absolutismus veröffentlicht wurde, ist diese Tendenz aber auch nicht verwunderlich. Was also lernten die Studenten in Benzelius’ kirchengeschichtlichem Unterricht? Zweifellos wurde ihnen ein klarer konfessioneller Standpunkt vermittelt, bei dem die Wahrheit der lutherischen Lehre unangefochten vertreten wurde. Betrachtet man die umfangreichen Informationen zum Fortgang der durch Luther ausgelösten Bewegung, den zahlreichen Religionsgesprächen, den Kontroversen innerhalb des deutschen Luthertums und mit den anderen beiden großen Konfessionen, der Bekenntnisbildung im Alten Reich und der dortigen religionspolitischen Entwicklung insgesamt, fällt die selektive Wahrnehmung der schwedischen Reformationsgeschichte sofort ins Auge. Stärker als bei der Darstellung der Vorgänge im Alten Reich weist die Schilderung der eigenen Geschichte dezidiert konstruierte Züge auf. Durch die Auslassung der aus lutherischer Sicht eher unrühmlichen Regierungszeiten Eriks XIV. und Johans III. entwirft Benzelius die schwedische Reformationsgeschichte unbestreitbar als eine Erfolgsgeschichte, stets befördert und verteidigt
170 Vgl. Benzelius, Breviarium, 385.
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durch herausragende Herrscherfiguren von Gustav Eriksson bis Gustav II. Adolf. Werden den Studenten also ziemlich detaillierte Kenntnisse über die Herausforderungen vermittelt, mit denen das Luthertum im Alten Reich konfrontiert war, so lernten sie doch erstaunlich wenig über die eigene wechselvolle Vergangenheit.
3.3.5 Privatkollegs Die Statuten von 1655 räumen zwar der Exegese den vornehmsten Platz innerhalb der theologischen Unterweisung ein, indem ihr drei Professuren zugewiesen werden, aber ein Blick auf die von den Professoren abgehaltenen Privatkollegs171 zeigt, dass dies offenbar nicht den Bedürfnissen der Studenten entsprach. Denn in den Lehrveranstaltungen, welche die Professoren privat anboten und in denen sie oft ausdrücklich die Wünsche der Zuhörer berücksichtigen wollten, wurden laut Aussage der Vorlesungsverzeichnisse nicht ein einziges Mal exegetische Themen aufgegriffen – obwohl gerade die privaten Übungen durch eine inhaltliche und methodische Vielfalt gekennzeichnet sind. So bot methodisch gesehen der private Unterricht mehr Freiräume als die öffentliche Lehrtätigkeit, da die Professoren hier offenbar nicht an das Format einer Vorlesung gebunden waren. Daher kündigten sie auch Disputationen oder Repetitorien an, teilweise in enger Abstimmung mit ihrem öffentlichen Unterrichtsprogramm. Der vierte Theologieprofessor Jordanus Edenius nahm sich in seiner öffentlichen Vorlesung 1662 etwa wie gewohnt Hafenreffers Loci vor. Passenderweise sollte sein privater Unterricht darin bestehen, diese Loci zu disputieren bzw. zu repetieren.172 Als Beispiel für eine solche Übung, in der der Unterrichtsstoff durch Disputationen
171 Der private Unterricht der Professoren lässt sich nicht lückenlos aus den Vorlesungsverzeichnissen erschließen. Vereinzelt seit den 1660ern angezeigt, wurden die privaten Lehrveranstaltungen erst vermehrt seit den 1670ern in die Vorlesungsverzeichnisse aufgenommen. Oft beschränken sich die Angaben aber darauf, dass ein gewisser Professor eine private Übung anbieten will, ohne ein konkretes Thema zu nennen. Laut Bruning wurde häufig nur der Wille zum Abhalten einer privaten Lehrveranstaltung in allgemeinen Formulierungen ausgedrückt, um auf diese Weise erst einmal möglichst viele Zuhörer anzusprechen und damit die eigenen Einnahmen zu erhöhen, vgl. Bruning, Vorlesungsverzeichnisse, 287. Offenbar wurden Inhalt und Termin privater Lehrveranstaltungen separat durch Aushang bekannt gegeben, worauf etwa die Hinweise zu Brunnerus (die privaten Übungen habe er neulich angezeigt) und Holm (die Zeiten für seine Vorlesung und für sein Collegium Theologicum werde in den nächsten Tagen ein angehefteter Zettel angeben) im Vorlesungsverzeichnis von 1678 hindeuten. Zu den privaten Seminaren im weiteren Sinn können auch die sich explizit an königliche Stipendiaten richtenden Kollegs und die Predigtübungen (s. u. Kap. 3.3.6) gerechnet werden, die in diesem Abschnitt aber nicht berücksichtigt werden. Vgl. zur allmählichen Ankündigung auch von Privatkollegs in Vorlesungsverzeichnissen am Beispiel der Universität Jena Rasche, Vorlesungsverzeichnisse, 466. 172 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VI (08.10.1662), 68, zu Edenius’ Unterrichtsplänen: „D. Edenius publice locos communes ex Haffenreffero, begynnandes aff loco de Prædestinatione. Privatim disputera locos communes, och dem weedh giffuin lägenheet repetera.“
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erschlossen werden sollte, kann Stigzelius’ „Collegium Theologicum“173 gelten, das er im September 1642 in Angriff nahm. Jedem dogmatischen Hauptstück wird hier eine Disputation gewidmet, angefangen bei der Theologie und der Heiligen Schrift über die Gotteslehre und Christologie bis hin zu Themen wie Schöpfung, Anthropologie und Rechtfertigung. Jede Disputation, der offenbar ein oder mehrere Studenten als Respondenten und Opponenten zugeordnet waren, beginnt mit einigen Fragen („quaestiones“), die das Augenmerk auf die Kernaussagen des Lehrstücks lenken. Daran schließen sich gleichsam als Anwendungsfälle diverse „casus“ an. Dabei scheinen die quaestiones wie casus vorgegeben gewesen zu sein; zumindest bilden sie in den vorliegenden Aufzeichnungen von Erik Axelsson Oxenstierna das Textgerüst, das er mit sichtlich abnehmendem Eifer kommentiert hat. Oft beschränkt er sich als Antwort auf eine Bejahung oder Verneinung. Die ersten Disputationen zeichnen sich dagegen noch durch eine größere Ausführlichkeit aus, was zum einen daran liegen mag, dass Oxenstierna hier anscheinend noch motiviert bei der Sache war, zum anderen aber auch dadurch begünstigt wurde, dass er in der zweiten Disputation „de Deo“ selbst als Opponent und in der vierten Disputation „de officio Christi Mediatoris“ als Respondent auftrat. Aus den detaillierteren Bemerkungen lässt sich ableiten, auf welche Aspekte es in den Disputationen ankam. So wurden die Glaubensartikel offenbar vor dem Hintergrund abweichender Auffassungen thematisiert, indem herausgearbeitet wurde, gegen wen sich eine quaestio richtete. Bei der ersten quaestio der ersten Disputation etwa notierte Oxenstierna, dass diese gegen Photinianer und Calvinisten gerichtet sei. Zur Beantwortung der Fragen wurden namhafte lutherische Theologen herangezogen. In der Disputation „de Deo“ verweist Oxenstierna z. B. im Zusammenhang des ersten casus nicht nur auf Balduin, sondern auch auf Brochmand. Auch bei der vierten Disputation, an der Oxenstierna als Respondent mitwirkte, bezieht er sich bei der ersten quaestio auf den Dänen. Dies belegt, dass nicht nur die Vertreter des Luthertums des Alten Reiches als zitierbare Autoritäten galten, sondern auch das Urteil des dänischen Theologieprofessors Jesper Brochmand, auf den Oxenstierna hier aller Wahrscheinlichkeit nach anspielt, zählte. Dass Oxenstierna der Veranstaltung bis zum Ende beigewohnt hat, ist aufgrund des abrupten Schlusses eher zu bezweifeln. Auch die Veranstaltungsform des Repetitoriums, die also der Wiederholung dient, macht von der Methode Gebrauch, den Lehrstoff anhand von Fragen und Antworten zu vermitteln. Dies wird an Henrik Schütz’ „Collegium Repetitorium“174 zu den Hauptstücken lutherischer Glaubenslehre, begonnen im Oktober 1685, beispielhaft sichtbar. Meistens bedürfen die vorgebrachten Fragen einer über die schlichte Bejahung oder Verneinung hinausgehenden Beantwortung, die aber dennoch knapp gehalten ist. Anders als im Disputationskolleg lassen sich hier keine Formen aktiver 173 Lars Stigzelius, Collegium Theologicum Brevibus Quæstionibus comprehendens Articulos Fidei Christianæ præcipuos [et] Casus Conscientiæ unicuique articulo annexos (ab 17.09.1642), notiert von Erik Axelsson Oxenstierna, UUB, A 222. 174 Henrik Schütz, Collegium Repetitorium (ab 05.10.1685), aufgeschrieben in Folkärna im Juli 1687, UUB, T 241. Wer diese Nachschrift verfasst hat, ist nicht bekannt.
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studentischer Beteiligung ausmachen. Mit einer Disputation hat das Repetitorium aber gemeinsam, dass die anerkannten Glaubenslehren in Auseinandersetzung mit und in Abgrenzung zu abweichenden Auffassungen erarbeitet werden. So gibt bereits die Überschrift von Henrik Schütz’ „Collegium Repetitorium“ Auskunft darüber, dass in dieser Übung die Theologie in These und Antithese behandelt werden wird. Dementsprechend kommen auch die Gegner der einzelnen Glaubensüber zeugungen mit ihren Einwänden zu Wort, um daraufhin widerlegt zu werden. Schon im ersten Hauptstück „De Theologia in Genere“ wird den Teilnehmern eine ausführliche Standortbestimmung präsentiert, indem die Andersgläubigen (die sich der wahren Theologie Entgegenstellenden, Schismatiker, alte und neue Häretiker) zeitübergreifend und systematisch in verschiedenen Kategorien erfasst werden.175 Im Zusammenhang der Lehre „De Libero Arbitrio“ stößt man mit den Helmstedter Theologen auf aktuelle Kontrahenten,176 während unter der Überschrift „De Conversione“ nur wenige Seiten später mit der Auseinandersetzung zwischen Augustin und Pelagius eine altbewährte Kontroverse angesprochen wird.177 Es besteht kein Zweifel daran, dass ein erfolgreicher Absolvent dieses Repetitoriums über das notwendige Rüstzeug verfügte, um die eigene Lehre darzustellen und gegen abweichende Meinungen zu verteidigen. Vergleicht man diese Nachschrift allerdings mit dem ein halbes Jahr später abgehaltenen „Collegium Repetitorium Theologicum“178 von Erik Benzelius, dann muss eingeräumt werden, dass ein Kolleg in dieser Ausführlichkeit wie bei Schütz vielleicht nicht den Normalfall darstellte. Denn in seinem – daher wesentlich kürzeren – Repetitorium beschränkt sich Benzelius darauf, die Inhalte der anerkannten Glaubenslehre in der Form von Frage und Antwort zu erläutern. Die Auffassungen der konfessionellen Widersacher spielen dabei keine Rolle. Es entsteht insgesamt der Eindruck, dass die Professoren aus methodischer Sicht in ihren Übungen den studentischen Bedürfnissen insofern entgegenkommen wollten, als sie hier den Lehrstoff im Vergleich zu den sich oft über mehrere Jahre hinziehenden öffentlichen Vorlesungsreihen kurz und prägnant darzustellen
175 Vgl. Schütz, Collegium Repetitorium, 4–6. 176 Vgl. Schütz, Collegium Repetitorium, 31: „Qvibus cum nobis intercedit controversia in hoc articulo? Pelagianis, Semipelagianis, Scholasticis, Synergistis, Socianis, q[ui]n et cum q[ui] busdam ex nostratib[us] sc[ilicet] Helmstadiensibus, Calixto, Hornejo.“ Immerhin werden Calixt und Hornejus an dieser Stelle zu „den Unsrigen“ gerechnet. 177 Vgl. Schütz, Collegium Repetitorium, 34. 178 Erik Benzelius, Collegium Repetitorium Theologicum (ab 01.05.1686), aufgeschrieben in Folkärna im Juli 1687, UUB, T 241. Der Verfasser ist wie im Fall von Schütz unbekannt. Die passende Lehrveranstaltung zu der Unterrichtsnachschrift ist in Benzelius’ Notizbuch (Erik Benzelius, Förteckningar på åhörare vid enskilda föreläsningar i teologin [1663–1687], UUB, U 96) unter der Überschrift „Prælectionibus Privatis super Articulos doctrinæ Fidei a D. Benzelio instituendis infra scripti nomina damus; et qui repetitioni interesse cupimus addita nominibus nostris litera E. desiderium nostrum exprimimus.“ [Hervorhebung: S. S.] als optionales Angebot aufgeführt (vgl. auch unten Anm. 199).
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versprachen.179 Dass sie sich dabei bemühen wollten, das Unterrichtsniveau dem Leistungsvermögen der Studenten anzupassen, lässt sich beispielhaft 1677 dem Vorlesungsverzeichnis explizit entnehmen.180 Das erlaubt wiederum den Umkehrschluss, dass in den öffentlichen Vorlesungen derartiges pädagogisches Feingefühl nicht unbedingt gefordert war. Anstatt exegetischer Themen dominieren inhaltlich Fragestellungen aus der Dogmatik und dem Bereich, den man heute der Ethik (Theologia casuum / Theologia de casibus conscientiae, Theologia moralis) oder Praktischen Theologie (Theologia homiletica) zuweisen würde. Auch kirchengeschichtliche Übungen wurden ange boten.181 Carl Lithman etwa schwankte im Herbst 1662 zwischen einem Kolleg über das Trienter Konzil und einem über die Kontroversen, die in seiner öffentlichen Vorlesung über die Chronologie und Geschichte des Alten Testaments berührt wurden.182 Im Jahr 1672 wollte sich Petrus Rudbeckius dem Fakultätsprotokoll gemäß die Kirchengeschichte des Alten Testaments in einem Privatkolleg vornehmen.183 Als Besonderheit kann gelten, dass sich Rudbeckius 1658 in einer privaten Übung mit der Metaphysik von Johann Scharf befasste.184 Dass das private Lehrangebot anderweitigen Verpflichtungen zum Opfer fallen konnte, während die Professoren in erster Linie zur Aufrechterhaltung des öffentlichen Unterrichts durch die Konstitutionen angehalten waren, illustriert der gerade genannte Protokolleintrag eindrücklich. Denn Rudbeckius’ Kollege Carl Lithman,
179 Vgl. etwa Erik Benzelius’ Ankündigungen in den Vorlesungsverzeichnissen von 1673 und 1674 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680). 1673: „[P]rivatim vero præcipua fidei christianæ capita per selectos Aphorismos compendiose explicare & ventilare conabitur.“ 1674: „Sed & iis operam suam commodare conabitur qui magis compendiose in locorum Theologicorum notitia proficere amant.“ [Hervorhebungen: S. S.] 180 Vgl. den Eintrag zu Petrus Holm im Vorlesungsverzeichnis von 1677 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680): „Privatim quoque Collegia Theologica petentibus aperiet, illorumque captui ac instituto modum procedendi accomodabit.“ [Hervorhebung: S. S.] 181 Vgl. oben zu Benzelius Kap. 3.3.4.2; vgl. auch Rudbeckius’ Angaben zu den Jahren 1656, 1657 und 1659 in Rudbeckius, Elenchus Prælectionum. 182 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VI (08.10.1662), 68, zu Lithmans Unterrichtsplänen: „Privatim antingen disputera concilium Tridentinum, eller och Controversias in Lectionibus publicis occurrentes.“ 183 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (03.09.1672), 194. Aus dem entsprechenden Vorlesungsverzeichnis vom 29.09.1672 geht jedoch nicht eindeutig hervor, ob er sich der Kirchengeschichte am Rande seines öffentlichen Unterrichts oder in einem privaten Kolleg widmen wollte, vgl. Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680): „Petrus Rudbeckius S. S. Theol. D. & Prof. Ord. Exposita Genesi Mosis methodo cæpta, Exodi librum eadem ratione enarrabit: Tempore insuper commodo, Historia[m] V. T. Ecclesiasticam per Quæstiones & appositas breves Responsiones, Auditoribus suis proponet.“ 184 Vgl. Rudbeckius, Elenchus Prælectionum, zum Jahr 1658: „Præterea Exemplarem Meta phys. Scarfii in privato percurrebam Collegio, monstrando quomodo Termini istiusmodi in Theologia adhiberi possint.“ Gemeint ist wohl Johann Scharf, Exemplaris Metaphysica, In qua Perspicue proponuntur Definitiones, Divisiones, Distinctiones, & Axiomata Metaphysica …, Wittenberg: Zacharias Schürer; Hiob Wilhelm Fincelius 1625.
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erster Professor und Senior der Fakultät, sieht sich aufgrund seiner pastoralen Pflichten außerstande, ein Privatkolleg anzubieten. Allerdings räumt er ein, sich bei entsprechender studentischer Nachfrage dieser Aufgabe nicht entziehen zu wollen. Ob professorales Verantwortungsbewusstsein oder eher die Aussicht auf einen Nebenverdienst dieses persönliche Engagement motivierte, sei dahin gestellt. Erik Benzelius hingegen rechnet jederzeit damit, wegen zweier Angelegenheiten nach Stockholm einberufen zu werden, sodass er von einer Übung zu den Loci theologici absehen will. Stattdessen verspricht er, sich in der zur Verfügung stehenden Zeit ganz auf die Predigtübungen zu konzentrieren, für die er turnusgemäß dieses Jahr verantwortlich war.185 Martin Brunnerus, Inhaber der dritten Professur, konnte an dieser Sitzung erst gar nicht teilnehmen, weil er gerade auf dem Reichstag weilte. Innerhalb der Dogmatik ist die Auswahl der Themen vielseitiger als die öffentliche Vorlesung des vierten Professors. Zwar werden zum Teil als Unterrichtsgegenstand lediglich die Loci communes genannt, aber neben Hafenreffer werden auch andere Verfasser herangezogen. Im Jahr 1664 etwa überlegt Rudbeckius, die loci theologici nach Hafenreffer oder dem Katechismus von Conrad Dieterich zu wiederholen – während er in seiner öffentlichen Vorlesung gerade Hutters Kompendium behandelt.186 Auch Luthers Großer Katechismus wurde im privaten Unterricht aufgegriffen.187 Auffällig ist, dass sich die „Theologia positiva acroamatica“188 von Johann Friedrich König (erstmals erschienen 1664) zeitweise einer besonderen Beliebtheit erfreut zu haben scheint: 1684 wird sie in nicht weniger als zwei privaten Lehrveranstaltungen (Petrus Holm, Ericus Ljung) behandelt.189 Darüber 185 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (03.09.1672), 194: „Taltes om publicis lectionibus ordinariis, att hwar och een fortfaar uthi thet som Constitutiones påbiuda, men hwad Collegia anlangar, sade Hr. Decanus [Petrus Rudbeckius, S. S.] sig att willja antaga uti Historia Ecclesiastica V. T.ti. Senior Facult. [Carl Lithman, S. S.] excuserade sig wäll der ifrån för månge ander åthskillige förhinder skull aff Pastoris Embete, men der lijkwäl några skulle komma honom att anlijta, skulle han icke undandraga sig. Prof. Benzelius excuserade sig ifrån Collegio disputatorio öfwer L. C. [Locos Communes, S. S.] emedan han war owiss, när honom skulle anbefalt blifwa, att komma till Stocholm, både för sin Sahl. Swärfaders Doct. Odhelii Scriptum, som och Doct. Oldenkopz saak, elljest wille han så myckit tijden tillsade, arbeta på Concionatorium Exercitium, hwilcket honom effter ordningen in Facultate påföll.“ 186 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 11.10.1664, 82: „Bleff talt om exercitiis privatis. D. Lithman sade weela betänckia sigh, hwadh han proponera wille. D. Decanus wille effter ordningen driffwa exercitium Concionatorium. M. Rudbeck wille repetera locos Theologicos, och föllia antingen Haffenrefferum eller Catechesin Conradi.“ Zu Rudbeckius’ öffentlicher Vorlesung vgl. Elenchus 1664. 187 Im Jahr 1664 wollte sich Petrus Rudbeckius vertiefend zu seiner öffentlichen Vorlesung auch privat mit dem Großen Katechismus in Form von Disputationen beschäftigen, wobei diese Themenwahl im Zusammenhang seiner größeren Vorlesungsreihe über Texte des Konkordienbuchs zu verstehen ist, vgl. Kap. 3.3.3. 188 Johann Friedrich König, Theologia Positiva Acroamatica, Synoptice tractata, & in gratiam proficientium in Universitate Rostochiensi adornata …, Rostock: Johann Keil 1664. 189 Als Theologieprofessor in Lund unterrichtete Petrus Holm 1674 auch schon über Königs „Theologia positiva acroamatica“, wie die Mitschrift eines Studenten belegt: Collegium Analytico-
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hinaus ist gegen Ende des Untersuchungszeitraums eine konfessionelle Zuspitzung zu erkennen, die von mehreren Personen getragen wird. Im Jahr 1679 nimmt sich Petrus Holm laut dem Fakultätsprotokoll vor, Disputationen gegen die päpstlichen und calvinistischen Lehrsätze zu veranstalten. Auch der ebenfalls dort verzeichneten Ankündigung von Samuel Skunck, sich mit der Reihe der Häretiker im Neuen Testament zu befassen, lässt sich ein kontroverstheologischer Akzent nicht absprechen.190 1679 bis 1681 will Schütz speziell theologische Kontroversen thematisieren, Skunck plant 1680, Disputationen gegen die Anhänger des Papsttums abzuhalten. Sowohl die Konkordienformel als auch die in Schweden rezipierten Glaubensbekenntnisse – mit einem besonderen Fokus auf der Confessio Augustana invariata – werden 1683 in privaten Lehrveranstaltungen durch Skunck und Nezelius berücksichtigt. Im Jahr 1686 schlägt Holm die Theologia polemica zur Behandlung in einer Übung vor. Dahinter lassen sich verstärkte Bemühungen erkennen, die eigene Lehre gegenüber den Überzeugungen Andersgläubiger abzugrenzen und den Studenten die Wahrheit der eigenen Auffassung anhand der grundlegenden Bekenntnisse einzuschärfen. Durch die verstärkte Thematisierung theologi scher Kontroversen und durch den Rekurs auf die einschlägigen protestantischen Bekenntnisse lässt sich erkennen, wie sich die aktuellen politischen Entwicklungen im privaten Unterricht an der theologischen Fakultät widerspiegeln, wie es auch schon im Zusammenhang der Unterweisung der ‚überzähligen‘ Professoren beobachtet wurde (s. o. Kap. 3.3.3). Erlauben die Angaben der Vorlesungsverzeichnisse und im Fakultätsprotokoll nur eine lückenhafte Rekonstruktion des in Privatkollegs stattfindenden Lehrangebots, so lässt sich das private Unterrichtspensum eines Theologieprofessors am Beispiel von Erik Benzelius d. Ä. (1632–1709) umfassend erheben, da ein Notizbuch von ihm erhalten ist, in dem er seine private Lehrtätigkeit dokumentiert hat.191 Inwieweit dieses Notizbuch vollständig ist, ist schwer zu beurteilen; an gewissen Stellen entsteht der Eindruck, als ob Seiten fehlen. Die früheste Lehrveranstaltung begann im Februar 1663, der letzte Eintrag betrifft ein Kolleg vom Frühjahr 1687. Einige Fixpunkte in seiner beruflichen Karriere erleichtern die Einordnung seiner Kollegs: Im Jahr 1661 erwarb er den Grad eines Magisters in Uppsala, im Frühjahr 1662 wurde er Adjunkt in der Moralphilosophie. Von Herbst 1663 bis Herbst 1665 unternahm er eine peregrinatio academica (s. u. Kap. 4.1.2), dementsprechend schweigt sein Notizbuch in diesem Zeitraum. Zurück in Uppsala wurde Benzelius Ende 1665 zunächst zum außerordentlichen Professor für Geschichte und Moralphilosophie ernannt, im Oktober 1666 schließDisputatorium super dicta Sacrae Scripturae à B: Köningio in Theologia positiva citata, inceptum anno 1674 d. 24. Septembris … a Petro Holm …; et quantum inter lectiones dictavit, exaratum a discipulo tunc temporis Evenio Johannides G[udmandtorp] m[anu] m[ea], LUB, Teol. Holm, P. 190 Vgl. zu den genannten privaten Lehrveranstaltungen von Holm und Skunck Fakultets protokoll 1677–1695, Conventus I (03.10.1679), 22. 191 Vgl. Benzelius, Förteckningar. Nähere Auskunft über seine private Lehrtätigkeit in den Jahren 1652 bis 1660 gibt auch Petrus Rudbeckius in Rudbeckius, Elenchus Prælectionum.
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lich zum außerordentlichen Professor für Theologie. Knapp zwei Jahre später rückte er im September 1668 auf eine ordentliche Theologieprofessur vor. Er wirkte an der theologischen Fakultät, bis er 1687 sein Amt als Bischof von Strängnäs antrat.192 Die erste Lehrveranstaltung, ein philologisches Kolleg, hielt er demnach vor seiner Auslandsreise, als er noch als Adjunkt an der Universität tätig war. Bei diesem Kolleg ermöglicht Benzelius seinen Zuhörern, ein optionales Modul über die livianischen Reden hinzuzuwählen.193 Den unterschiedlichen Handschriften nach zu urteilen haben sich die interessierten Studenten in diesem Fall selbst in die folgende Liste eingetragen. Da einige Seiten des Notizbuchs ein abweichendes Format aufweisen, liegt die Überlegung nahe, dass es erst nachträglich gebunden wurde und einzelne Lehrveranstaltungsankündigungen möglicherweise zunächst öffentlich aushingen, sodass sich die Studenten eigenständig einschreiben konnten. Auf dieses Verfahren deuten zumindest auch Bemerkungen in den Vorlesungsverzeichnissen hin (vgl. oben Anm. 171). Nach seiner Rückkehr von seiner zwei Jahre währenden Bildungsreise bietet Benzelius keine sprachlichen Kollegs mehr an. Inhaltlich sind die Themen in seinem privaten Unterricht auf das Fachgebiet seiner Professur abgestimmt. Als außerordentlicher Professor für Geschichte und Moralphilosophie konzipiert er im Jahr 1666 drei Kollegs mit geschichtlichem oder ethischem Schwerpunkt. Ab 1667 greift er nur noch auf theologische Fragestellungen zurück. Sieht man von den Predigtkollegs ab, die Benzelius im Wechsel mit seinen Kollegen regelmäßig veranstaltete (1672, 1676–1677, 1681, 1684, vgl. auch unten Kap. 3.3.6), dominieren zwei Themengebiete: Kirchengeschichte und Dogmatik. Während seiner Tätigkeit als Theologieprofessor bietet er privat nicht weniger als neun kirchengeschichtliche Lehrveranstaltungen an, die seine oben in Kap. 3.3.4.2 bereits bezeugte Passion für dieses Fachgebiet bestätigen.194 Auch nachdem er zu den exegetischen Professuren aufgestiegen ist, lässt sich nicht erkennen, dass er die Geschichte eines der beiden Testamente bevorzugt hätte. Stattdessen entsteht der Eindruck, dass er in der Regel die gesamte Kirchengeschichte behandelt hat, wie auch sein Lehrbuch widerspiegelt. Mit dogmatischen Themen befasst sich Benzelius sogar zwölf Mal in seiner privaten Unterweisung.195 Das weist erneut darauf hin, dass die größte Nachfrage der Studenten die Glaubenslehre betraf, da die private Unterweisung kostenpflichtig und daher bedarfsorientiert war. Zieht man allerdings die Teilnehmerzahlen hinzu, schwanken diese in der Dogmatik erheblich, sodass ein dogmatisches Kolleg wiederum nicht automatisch die höchsten Einnahmen versprach. Oftmals beschränkt sich Benzelius auf die Aussage, in seinem Kolleg die Glaubensartikel („articuli 192 Vgl. Holm, Art. Eric Benzelius d. Ä. 193 Vgl. Benzelius, Förteckningar: „Infra Scripti Nomina nostra dedimus collegio philologico, et quibus auscultationi orationum Livianarum, scribendi ac pronunciandi Exercitia audere placuit, nominibus hunc * characterem addidimus. A[nn]o 1663 2 Febr.“ 194 Nämlich 1668, 1669, 1676, 1678, 1680, 1681, 1682, 1684 und 1687. 195 Nämlich 1667, 1670–1671, 1673, 1674, 1674–1675, 1675, vermutlich drei Mal 1678, 1682, 1686 und 1687.
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fidei“) durchnehmen zu wollen. Allerdings erhebt er 1667 ausdrücklich die Artikel der Konkordienformel196 zum Unterrichtsgegenstand, 1674 will er sich an Hutter orientieren und 1687 am Konkordienbuch. Ausnahmen stellen aus inhaltlicher Sicht sein Privatkolleg über die „Methode und das Werkzeug des Theologiestudiums“ („collegium privatum super methodo et adparatu studii Theologici“) von 1679 bzw. über dessen „Beweggrund und Methode“ („Collegio Theologico […] de ratione et methodo studii Theologici“) von 1683 dar. Mit der Ratio der theologischen Studien kommt er auf ein Thema zurück, das ihn schon während seiner Reise durch das Alte Reich in Gesprächen mit deutschen Gelehrten umgetrieben hat (vgl. das Gespräch mit Johann Ernst Gerhard unten Kap. 4.1.2). Auch seine private Vorlesung über die Moraltheologie im Jahr 1685 ist als Einzelfall anzusehen. In welcher Form fanden aber Benzelius’ private Lehrveranstaltungen statt? Immer wieder werden die Veranstaltungen bloß als „collegium“ bezeichnet oder entbehren jeder näheren Erläuterung. Dass in seiner Unterweisung disputiert wurde, lässt sich den Ankündigungen nur an drei Stellen entnehmen, nämlich 1667 im Zusammenhang seiner Übung zur Konkordienformel, 1669 in Verbindung mit einer kirchengeschichtlichen Lehrveranstaltung und 1670 in einem Kolleg zu schwierigen Stücken der christlichen Lehre. Besonders die Beschreibung des genannten Kollegs von 1670 legt offen, welche pädagogischen Ziele eine derartige Unterrichtsform zumindest in Bezug auf dogmatische Lehrinhalte verfolgte. Komplizierte Themenkomplexe, die in den öffentlichen Vorlesungen möglicherweise nur im Vorbeigehen gestreift wurden, galt es in kurzer, prägnanter Form aufzugreifen und erklärend bzw. disputierend zu vertiefen.197 In den Kollegs von 1674 bis 1678 tritt im Titel der Lehrveranstaltungen zur Dogmatik und Kirchengeschichte besonders der Aspekt der Wiederholung in den Vordergrund („collegium repetitorium“), was für die Vermutung spricht, dass diese privaten Angebote als eine Art Tutorium das öffentliche Vorlesungsprogramm ergänzten. Seit 1680 fasst Benzelius seine private Unterweisung vorrangig unter die Kategorie „(private) Vorlesung“. Methodisch betrachtet legt diese Beschreibung nahe, dass der Vortrag durch den Lehrenden der öffentlichen Unterweisung entsprechend die vorherrschende Unterrichtsform bildete, wenn nicht wie in den oben angeführten Fällen ausdrücklich Disputationen in Aussicht gestellt wurden. Was den zeitlichen Rahmen der angebotenen Übungen angeht, gibt Benzelius oft nur die Jahreszeiten an, in denen er sich einem bestimmten Kolleg widmete. Wenn sich dem Notizbuch jedoch genauere Daten entnehmen lassen, fällt auf, dass neue Kollegs oft in den Monaten Februar / März oder Oktober / November einsetzten. Erinnert man sich daran, dass in Uppsala die Vorlesungsverzeichnisse meistens im 196 Die Bedeutung des Konkordienbuchs inklusive der Konkordienformel für den theologischen Unterricht wurde durch das religionsplakat von 1663 bekräftigt (s. u. Kap. 4, Anm. 317). 197 Vgl. zum Kolleg von 1670–1671 Benzelius, Förteckningar: „Infrascripti nomina nostra dedimus collegio Theologico in quo difficilior[a] capita doctrinæ Christianæ certis positionibus comprehensa exponenda et disputationibus subicienda erunt.“
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Oktober oder November veröffentlicht wurden, so weist dies darauf hin, dass sich Benzelius mit seinen privaten Lehrveranstaltungen am Rhythmus des akademischen Jahres orientierte. Die Untersuchung sowohl der schwedischen als auch der dänischen Vorlesungsverzeichnisse führte jedoch zu der Einsicht, dass die Professoren oft unabhängig von den Semestergrenzen den Abschluss einer bereits begonnenen Vorlesung und das Übergehen zu einem neuen Thema ohne Angabe eines bestimmten Zeitpunktes irgendwann im kommenden Jahr ankündigten – und sich selbst oft nicht daran hielten.198 Anders als im öffentlichen Lehrbetrieb zeichnet sich daher am Beispiel von Benzelius’ Unterrichtstätigkeit eine früher einsetzende Professionalisierung im Bereich der privaten Kollegs ab. Wie lange ein Kolleg dauerte, lässt sich in sieben Fällen genauer nachvollziehen, weil der Beginn und das Ende der Veranstaltung genauer datiert wurden. Bei den Kollegs handelte es sich demnach um ein kompaktes, zeitlich überschaubares Unterrichtsformat, das den Bedürfnissen der oft nur eine sehr begrenzte Zeit an der Universität verweilenden Studenten sicher mehr entgegenkam als die sich häufig über mehrere Jahre erstreckenden öffentlichen Vorlesungen. So konnten von den sieben näher bezeichneten Kollegs drei innerhalb eines Monats absolviert werden, drei innerhalb von zwei Monaten und eins innerhalb von sechs Monaten. Bei den Übungen, deren Veranstaltungsdauer allein über Hinweise auf Jahreszeiten wiedergegeben wird, lassen sich keine exakten Rückschlüsse auf die Anzahl der Monate ziehen. Aber angesichts der Tatsache, dass diese Kollegs in der Regel eine oder zwei aufeinanderfolgende Jahreszeiten umfassten, kann vermutet werden, dass diese nicht länger als ein halbes Jahr dauerten. Mit Ausnahme der Jahre 1671 und 1677 nimmt Benzelius jedes Jahr mindestens ein neues Kolleg in Angriff. In den meisten Jahren bleibt es bei einem Kolleg. Nicht weniger als vier private Lehrveranstaltungen bietet Benzelius jedoch 1678 an. Während seine Kollegs zur Kirchengeschichte bzw. seine Predigtübungen verlässlich mehr als zwanzig Teilnehmer anlocken, schwanken seine dogmatischen Kollegs zwischen weniger als zehn und mehr als einhundert Zuhörern. Eine Erklärung könnte sein, dass er besonders auf dem Gebiet der Glaubenslehre mit den privaten Lehrveranstaltungen seiner Kollegen konkurrierte. Teilweise war es den Studenten
198 Daher bedeuten die Vorlesungsverzeichnisse zwar insofern einen Fortschritt, als sie die Professoren auf bestimmte Lehrinhalte festlegten. Allerdings führte dies nicht zwangsläufig dazu, dass der durch die Publikation des Vorlesungsverzeichnisses markierte Anfang des akademischen Jahres mit dem Beginn einer neuen Vorlesungsreihe zusammenfiel. Was Friedensburg in Bezug auf die Universität Wittenberg feststellt, trifft ebenfalls auf die Verhältnisse an den Universitäten Uppsala und Kopenhagen im 17. Jahrhundert zu: Wie die Studenten über das gesamte Jahr verteilt ungeachtet von Semestergrenzen an die Universitäten kamen und wieder gingen, nahmen sich auch die Professoren für ihre Vorlesungen schlicht so viel Zeit, wie sie brauchten, um ein bestimmtes Thema zu behandeln oder das zugrundeliegende Kompendium durchzugehen. Ohne große Unterbrechung schlossen sie daran die nächste Vorlesung an, unabhängig davon, wann das neue akademische Jahr anfing. Vgl. Friedensburg, Professoren, 6 f.
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in seinen Übungen möglich auszuwählen, ob sie nur „zuhören“ oder zusätzlich am Repetitorium teilnehmen wollten.199 An vier Stellen sind in Benzelius’ Notizbuch Listen eingeheftet, die – oft unter der Überschrift „tabula / index redituum“ – explizit über die Teilnahmegebühren an seinen privaten Lehrveranstaltungen Auskunft geben. Teilweise lassen sich diese Aufstellungen nur schwer den in den Einschreibungslisten ausgewiesenen Lehrveranstaltungen zuordnen. Das deutet darauf hin, dass Benzelius mehr Veranstaltungen anbot, als die oben untersuchten Listen, in denen die Namen des Auditoriums festgehalten sind, vermuten lassen. Eine genauere Analyse der vermerkten Beträge führt zu der Einsicht: Es gab weder einen einheitlichen Tarif für alle Studenten noch wurde der gleichzeitige Besuch mehrerer Kollegs mit einem Rabatt belohnt. Bei der letzten dieser Tabellen, die fast am Ende des Notizbuchs zu finden ist, stößt man auch auf den Hinweis, dass manche Studenten wegen ihrer prekären finanziellen Situation von den Teilnahmegebühren befreit wurden. Hinter ihren Namen wird der Zusatz „allegat paupertatem“ eingefügt. Von den über fünfzig Studenten trifft dies jedoch ausdrücklich nur auf drei Personen zu, sodass es sich um eine ausnahmsweise in Kraft tretende Härtefallregelung handelte.
3.3.6 Theologische Unterweisung als Vorbereitung auf den Pfarrberuf? Von diesem Überblick über die theologischen Lehrveranstaltungen ausgehend bleibt zu fragen: An wen richtete sich eigentlich die theologische Unterweisung? War sie z. B. imstande, Studenten, die das Pfarramt anstrebten, auf ihre spätere Berufstätigkeit vorzubereiten? Oder erfolgte die Lehre an der Fakultät losgelöst von allen berufspraktischen Erfordernissen? Die oben dargestellte Analyse des Unterrichts an der theologischen Fakultät bietet aus dieser Perspektive keinen eindeutigen Befund. Protestantischer Überzeugung entsprechend widmet sich die öffentliche Lehrtätigkeit der Professoren hauptsächlich der Schriftauslegung. Veranstaltungen innerhalb dieser Vorlesungszyklen, die sich darüber hinausgehend dezidiert Fragen des beruflichen Alltags im Pfarramt widmen, werden dagegen nur ausnahmsweise angeboten. So nimmt sich Petrus Holm 1677 die Behandlung solcher Texte aus den Apokryphen vor, die sich bei 199 Vgl. das kirchengeschichtliche Kolleg 1684 in Benzelius, Förteckningar, bei dem sich 21 Studenten für das Gesamtpaket entschieden, während sich 16 bis 17 Studenten mit dem „Horchen“ („auscultationi“) begnügten. Es ist anzunehmen, dass sich dieser Unterschied auch in der Unterrichtsgebühr niederschlug. Vor den meisten Namen ist ein Kreuzchen eingefügt, bei dem überlegt werden kann, ob es Benzelius als Gedächtnisstütze dafür diente, wer von den Studenten die Gebühr bereits entrichtet hatte. In seiner privaten Vorlesung über die Artikel des Glaubens 1686 waren die Teilnehmer dazu aufgefordert, ihrem Namen den Buchstaben „E“ hinzuzufügen, falls sie zusätzlich dem Repetitorium beiwohnen wollten, wovon viele Gebrauch machten, vgl. Benzelius, Förteckningar: „Prælectionibus Privatis super Articulos doctrinæ Fidei a D. Benzelio instituendis infra scripti nomina damus; et qui repetitioni interesse cupimus addita nominibus nostris litera E. desiderium nostrum exprimimus.“
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Bestattungsfeierlichkeiten und anderen Festlichkeiten als nützlich erweisen. Auch Petrus Rudbeckius’ Ankündigung 1681, sich mit den Casus conscientiae beschäftigen zu wollen, insoweit sie das heilige Amt betreffen, insbesondere die Berufung, Aufgaben und den Unterschied der Bischöfe, Presbyter und Diakone, ist als ein Sonderfall zu bewerten. Tatsächlich lässt sich ein gewisser Widerstand unter den Professoren, der Theologia practica eine größere Bedeutung an der Universität beizumessen, nicht leugnen. Noch im Jahr 1683 verhindert der Dekan Samuel Skunck auf dem Reichstag, dass eine Professur für praktische Theologie an der Universität eingerichtet wird. Dabei beruft er sich darauf, dass die gesamte Theologie „praktisch“ sei und Predigtkollegs bereits jährlich an der Fakultät angeboten würden.200 Diese Predigtübungen (Collegia concionatoria), die laut Aussage der Vorlesungsverzeichnisse seit 1662 regelmäßig veranstaltet wurden, stellen jedoch ein deutliches Anzeichen dafür dar, dass vermehrt angehende Pfarrer die Universität besuchten und daher auf deren Bedürfnisse verstärkt Rücksicht genommen wurde. Dies stimmt mit dem Protokoll der theologischen Fakultät überein, wo zur Sitzung am 08.10.1662 unter dem Dekanat von Jordanus Edenius erstmals im Rahmen der Planung der Vorlesungstätigkeit auch Predigtübungen erwähnt werden, die Odhelius privat abhalten soll.201 Allerdings scheinen diese erst im nächsten Jahr als eine dauerhafte Institution etabliert worden zu sein. Im Fakultätsprotokoll vom 13.06.1663 wird die Entscheidung der Professoren mitgeteilt, das Predigtkolleg weiterzuführen. Bei der Leitung der Übung, die in der Bondkyrka stattfinden soll, wollen sich die Professoren abwechseln.202 Offenbar hat dieses System gut funktioniert. Denn in den folgenden Jahren wird immer wieder im Protokoll vermerkt, dass einer der Professoren die Predigtübungen der Ordnung entsprechend übernimmt, ohne dass es darüber Auseinandersetzungen gegeben zu haben scheint. Das oben beschriebene Notizbuch203 bestätigt diesen Eindruck: Der Theologe Erik Benzelius d. Ä. hat während seiner Professorenlaufbahn mehrfach homiletische Übungen in das Repertoire seiner privaten Unterrichtstätigkeit aufgenommen. Seine Dokumentation zeigt auch: Diese Lehrveranstaltungen waren kostenpflichtig. Zumindest an einer Stelle bezieht sich eine tabula redituum auf ein homiletisches Kolleg, das Benzelius Mitte der 1680er-Jahre abhält. Eine undatierte Übersicht unter dem Titel „Classis argumentorum destinatorum Exercitio Concionatorio“ in Benzelius’ Notizbuch erlaubt einen Einblick in die Konzeption eines solchen Predigtkollegs. Den Teilnehmern werden unterschiedliche Aspekte aus dem Dekalog, dem Apostolicum, dem Vaterunser, der Lehre über die Taufe und der Lehre über 200 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (16.01.1683), 57. Zum Verständnis der Theologie als „praktisch“ seit Luther vgl. Appold, Academic Life, 94–96. 201 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VI (08.10.1662), 68. 202 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (13.06.1663), 71: „II. Tåltes om Collegio Concionatorio att dett skulle gåå an, och af Dn. Doctoribus driffwes i ordningh effter hwer andre. Emoth Slotzkyrkian disputerades och tycktes Bondkyrkian [die heutige Helga Trefaldighets kyrka, S. S.] ther till were tienligare.“ 203 Benzelius, Förteckningar.
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das Abendmahl als Predigtthemen zugewiesen. Die Zuteilung erfolgt äußerst kleinschrittig: Der Dekalog versorgt zwölf Studenten mit Predigtthemen, aus dem Apostolicum werden sogar achtzehn Fragestellungen generiert. Das Vaterunser bietet zehn Personen einen Anlass für ihre Predigt, bei der Taufe waren es vier, beim Abendmahl neun. Obwohl im Zusammenhang der Taufe und des Abendmahls für gewöhnlich die Bibelstellen hinzugefügt werden, auf die sich der jeweils herausgegriffene Aspekt stützt, besteht doch kein Zweifel, dass sich die Studenten in diesem Kolleg darin üben sollten, einen bestimmten dogmatischen Grundsatz in einer Predigt zu entfalten. Wenn man dieses Vorgehen als repräsentativ für den späteren Berufsalltag eines Pfarrers betrachten kann, bestätigt dies die faktische Bedeutung der dogmatischen Studien, was sich bisher im Lehrangebot der Theologen abseits der öffentlichen Vorlesungen schon angedeutet hat – und durch einen Blick auf die Teilnehmerzahlen an den dogmatischen Vorlesungen des vierten Professors bekräftigt werden wird (s. u. Kap. 3.3.9). Die exegetischen Bemühungen der ersten drei Professoren erscheinen vor diesem Hintergrund gemessen an ihrer praktischen Relevanz für den späteren Pfarrer noch stärker als entbehrliche Zusatzqualifikationen. Neben dieser praktischen Einübung in die Predigtkunst beschäftigten sich die Professoren auch in der Theorie mit der Frage, wie man eine Predigt verfasst. Sowohl von Carl Lithman204 als auch von Erik Benzelius205 sind Nachschriften zu Lehrveranstaltungen überliefert, in denen sie sich mit der Rhetorica ecclesiastica beschäftigten. Inwiefern aber all diese Anstrengungen der Theologieprofessoren, die Predigtfähigkeiten des pastoralen Nachwuchses zu verbessern, langfristig von Erfolg gekrönt waren, ist zweifelhaft. Gerade im Vergleich mit der in Dänemark eingerichteten Pfarrausbildung ist ein Hinweis des Protokollbuchs vom 30.01.1673 aufschlussreich: Der vom Reichstag zurückgekehrte Dekan Martin Brunnerus berichtet seinen Kollegen von den Urteilen, die er auf dem Reichstag über die „Verwahrlosung der Predigtkunst bei uns Schweden“ gehört habe, und über den Vergleich, der zwischen den Predigern aus Schweden auf der einen Seite, denen aus Schonen (und dann auch Dänemark) auf der anderen Seite gezogen wurde. Offenbar fiel dieser Vergleich alles andere als günstig für die Schweden aus. Brunnerus äußert nämlich daraufhin den Wunsch, dass diejenigen der schwedischen jungen Leute, die die „plumpe oder sonst untaugliche Rede“ nicht abgelegt haben, dazu ermahnt werden sollen. Dabei scheint es nicht einfach zu sein, den richtigen Ton in der Predigt zu treffen, denn weder diese jungen Leute noch andere sollen sich stattdessen eine „gekünstelte Redeweise“ aneignen oder sich gar an der „politischen Redeweise“ orientieren. Denn abgesehen von dem, was der kirchlichen und politischen Rede gemeinsam ist, hält man die Verwendung der politischen Redeweise in 204 Vgl. Carl Lithman, Rhetorica Ecclesiastica Continens Brevem Informationem de Methodo Concionandi (ab 13.12.1650), UUB, T 172. 205 Vgl. Erik Benzelius, Epitome Rethoricæ [!] Ecclesiasticæ (1681), UUB, T 172. Dass Benzelius im Winter und Frühling 1681 eine Predigtübung abhielt, belegt sein Notizbuch, vgl. Benzelius, Förteckningar.
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der Kirche keineswegs für geeignet.206 Martin Brunnerus’ Wiedergabe der Diskussion auf dem Reichstag über die Predigtfähigkeiten des schwedischen Pfarrernachwuchses zeugt von großer Unzufriedenheit. Anscheinend ist gerade im Vergleich mit den aus Schonen stammenden Pfarrern aufgefallen, dass die Predigtweise in Schweden allgemein dem kirchlichen Kontext nicht angemessen ist. Den angehenden Pfarrern wird vorgeworfen, entweder zu alltagssprachlich oder zu gekünstelt zu predigen. Die Entwicklung einer eigenständigen Predigtlehre ist bisher offenkundig noch nicht gelungen, da Anleihen aus der politischen Redekunst in der Predigt bemängelt werden. Die bescheidenen homiletischen Fähigkeiten schwedischer Pfarrer scheinen ein generell wahrnehmbares Phänomen Anfang der 1670er darzustellen, da ansonsten nicht begreiflich ist, warum dieses Thema auf dem Reichstag verhandelt wird. Bei Brunnerus entsteht der Eindruck, dass auf schwedischer Seite der direkte Vergleich mit den Ergebnissen des dänischen Ausbildungssystems mit einer gewissen Beschämung wahrgenommen wurde. Seitdem Schonen im Frieden von Roskilde 1658 an Schweden abgetreten und die Universität Lund 1666 als Hochschule für die ehemals dänischen Gebiete eingerichtet worden war, ließ sich dieser Vergleich aber nicht mehr vermeiden. Was aber zeichnete die theologische Ausbildung an der Universität Lund gegenüber derjenigen in Uppsala aus, das einen solchen Qualitätsunterschied begründete?
3.3.7 Exkurs: Pfarrausbildung nach dänischer Tradition in Lund Zwar geriet Schonen207 1658 unter schwedische Vorherrschaft, aber eine umgehende Anpassung der Pfarrausbildung an die Verhältnisse im Reich war damit nicht verbunden, durfte Schonen doch seine bisherigen Kirchengesetze behalten.208 Dies 206 Siehe Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (30.01.1673), 200: „V. Rev. D. Decanus refererade och hwad judicia han hade hört wyd Rikzdagen om incultu artis concionandi hoos oss Swenske, och hwad comparation som görs emellan dem och de Skåniske, så och de danske. Önskade att de af juventute nostra som intet hafwa aflagt dictionem rusticam aut alioqui ineptam, de wille doch lyda förmaninger det att giöra: att och sedan hwarken de eller andre in partem alteram slå sig på ett affectatum dicendi genus, eller eloquentiam civilem, att den bruka in Ecclesia annorlunda än tienligt är, och uth om det som kan wara commune oratoriæ Ecclesiasticæ & civili.“ 207 Die ehemals zu Dänemark-Norwegen gehörenden Landschaften Halland, Blekinge und Bohuslän, die ebenfalls durch den Frieden von Roskilde 1658 dauerhaft an Schweden übergingen, werden in der folgenden Darstellung vernachlässigt. 208 Vgl. zum Rezess von Malmö 1662 Montgomery (Hg.), Enhetskyrkans tid, 128. Vgl. auch Askmark, Prästutbildning, 229–231. Askmark veranschaulicht hier mit Bezug auf eine Beschwerde des Göteborger Superintendenten Erik Brunnius aus dem Jahr 1663, wie sich die Beibehaltung der dänischen Kirchenverhältnisse auf die Besetzung von Pfarrstellen auswirkte: Nach dänischer Gepflogenheit entschied sich in erster Instanz die Gemeinde für einen Kandidaten, nachdem sich die Bewerber um eine vakante Pfarrstelle durch Probepredigten vorgestellt hatten. Diese Wahl musste zwar noch durch den zuständigen Superintendenten bestätigt werden, der den Wunschkandidaten prüfte und gegebenenfalls noch ordinierte. Aber im Grunde hatte der Superintendent kaum Möglichkeiten, auf den Entschluss der Gemeinde Einfluss zu nehmen; lehnte er
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bedeutete konkret für die Ausbildung des geistlichen Nachwuchses, dass wie in dänischen Zeiten weiterhin ein mindestens zweijähriges Studium verbunden mit einem an der Universität abgelegten Examen sowie einer Predigtprüfung die Voraussetzung für die Ordination bildete. Allerdings untersagte Karl X. Gustav bereits 1658, an der Universität in Kopenhagen zu studieren.209 Aufgrund der weiten Entfernung erwies sich der Versuch, den pastoralen Nachwuchs aus Schonen in Uppsala auszubilden, von vornherein als wenig erfolgversprechend.210 Trotz des Verbotes zog es daher weiterhin viele an die dänische Universität, wie ein offener Brief des Bischofs von Lund Peder Winstrup aus dem Jahr 1660 veranschaulicht.211 In diesem Brief, der sich allgemein an „die Leser“ richtet, tritt der Ärger des Bischofs deutlich hervor, dass sich fünfzehn namentlich genannte Schüler aus seinem Bistum Gerüchten zufolge an der Universität in Kopenhagen eingeschrieben haben, gegen den Befehl der schwedischen Obrigkeit und die Weisung ihrer Lehrer. Dabei schließt er aus, dass dies aus Unwissen geschehen ist. Denn zu Beginn seines Briefes lässt er bereits keinen Zweifel daran, die vom schwedischen König und Gustav Otto Stenbock ausgegangene Verordnung bekannt gemacht zu haben, welche den aus seinem Bistum stammenden Schülern ausschließlich ein Studium in Uppsala erlaubt. Einige der Übeltäter verließen seiner Aussage nach heimlich die Schule in einen Kandidaten wegen fehlender Kenntnisse ab, entschied sich die Gemeinde für einen anderen Bewerber. Da die Prüfung durch den Superintendenten also erst nach der Wahl der Gemeinde stattfand, erfüllte das universitäre Examen die Funktion, keine fachlich gesehen völlig ungeeigneten Bewerber zur Probepredigt zuzulassen. In Schweden dagegen ergriff der Bischof die Initiative bei der Besetzung der Pfarrstellen, nicht die Gemeinde, wobei er ziemlich frei entscheiden konnte, wen er in seinem Bistum als Pfarrer beschäftigte. Da keine vorherige Prüfung der Pfarrkandidaten durch die Universität stattfand, war das Examen vor dem jeweiligen Bischof entscheidend. Somit erfreuten sich die schwedischen Bischöfe deutlich größerer Befugnisse als ihre dänischen Kollegen, was die Klage von Erik Brunnius, zu dessen Superintendentur ehemals dänische Gebiete gehörten, begründete. Göransson, Canutus Hahn, 203 f, berichtet, dass noch zu Beginn von Canutus Hahns Episkopat (Bischof von Lund 1679–1687) die dänischen Kirchengesetze unangefochten in Geltung standen. In den folgenden Jahren scheinen aber sowohl Bestimmungen der dänischen als auch der schwedischen Kirchenordnung angewandt worden zu sein, ohne dass ihr rechtliches Verhältnis zueinander explizit geklärt gewesen wäre. Laut Göransson wurde jedoch Anfang 1688 schließlich das neue schwedische Kirchengesetz von 1686 auch an die Pfarrer von Schonen und Blekinge verteilt, worin man einen Schlusspunkt dieser Entwicklung sehen kann. 209 Ein entsprechendes Verbot von dänischer Seite, an der Universität Lund zu studieren, wurde 1671 ausgesprochen, vgl. Weibull, Lunds universitets historia, 68. 210 Alternativ studierten ca. einhundert Studenten aus Schonen an der Universität Greifswald, bevor Lund eine eigene Hochschule erhielt, vgl. Askmark, Prästutbildning, 232. Allerdings wurde in Greifswald kein examen attestationis für die Pfarrkandidaten angeboten, sodass das Greifswalder Bildungsangebot keinen vollwertigen Ersatz für ein Studium in Kopenhagen darstellen konnte. Canutus Hahn, Lehrer am Gymnasium von Lund und später an der Universität, unterstellte den Studenten sogar, dass sich ihr Aufenthalt an der Greifswalder Universität in der Regel auf die Deposition beschränke, sodass sie genauso ungebildet und unreif zurückkehrten, wie sie abgereist seien, vgl. den Hinweis auf einen Brief an Magnus Gabriel De la Gardie vom 25.10.1663 in Göransson, Canutus Hahn, 48. 211 Vgl. Indkomne sager, cirkulærer og koncepter 1549–1910. 1657–1660, Brief des Bischofs von Lund Peder Winstrup, Lund, 06.08.1660, KUA / KA, 1212–04.
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Lund, noch ungebildet und ohne jedes Zeugnis. Auch über Schüler aus Malmö und Kristianstad beklagt sich Winstrup, weil sie sich nach dem Erhalt ihrer Zeugnisse gegen die Aufforderung der Rektoren nach Kopenhagen anstatt an eine schwedische Universität begaben. Dieses Verhalten bestraft Winstrup rigoros, indem er „wegen Eigensinn und Ungehorsam“ („ob contumaciam et inobedientiam“) die genannten „halsstarrigen Menschlein“ („refractarios homunciones“) von jeder Beförderung zu einem schulischen oder kirchlichen Amt in seinem Bistum ausschließt und ihnen die Anerkennung irgendeiner Ehrenbezeichnung, die sie als Akademiker ausweisen könnte, verweigert. Die gegenwärtigen Schüler in Schonen ermahnt Winstrup, geduldig an den Schulen auszuharren. Er zeigt sich nämlich optimistisch, dass demnächst eine Akademie in diesem Gebiet errichtet oder zumindest das Studium an anderen schwedischen Universitäten erlaubt werden wird, deren Besuch mit weniger Kosten und Beschwerlichkeit verbunden ist. Wie Winstrup andeutet, sollte der beschriebene Missstand durch die Gründung einer eigenen Hochschule in Schonen behoben werden. Das Projekt war aber von Anfang an nicht unumstritten, befürchtete man doch, dass daraus Nachteile für die Universität in Uppsala entstehen könnten und die Integration der Landschaft ins schwedische Reich erschwert werden würde.212 Die aus staatlicher Sicht kostengünstige Finanzierung aus den Mitteln des Domkapitels sprach jedoch unbestreitbar für die Errichtung einer Universität gerade in Lund. Nachdem bereits 1666 die maßgeblichen Gründungsdokumente ausgefertigt worden waren, wurde die Hochschule 1668 feierlich eröffnet.
3.3.7.1 Dänisch-schwedische Verständnisschwierigkeiten Die Konstitutionen und Privilegien der neuen Hochschule folgten weitgehend dem Vorbild aus Uppsala, wobei die oben genannte Forderung nach einer universitären Abschlussprüfung (examen attestationis) nach dänischer Gepflogenheit eingefügt wurde.213 Aber auch bei jeglichen Routinen, die nicht ausdrücklich in den Kon 212 Vgl. zur Diskussion, die der Gründung der Universität in Lund vorausging, Weibull, Lunds universitets historia, 15–19. 213 Vgl. Weibull, Lunds universitets historia, 23 f; 32–34; Askmark, Prästutbildning, 189; 228 f. Die Bestimmungen zum examen attestationis befinden sich in Kapitel XVII „De Promotionibus“ im Abschnitt „6. Statutum peculiare“, vgl. Schrevelius (Hg.), Constitutioner, 102–105, hier in Schrevelius’ Übersetzung wiedergegeben: „6. Kongl. Maj:t vill äfven hafva en annan Examen i Theologien införd, som kallas Examen Attestationis. Det är högst billigt att alla de, som studera Theologi, innan de löpa fram och hålla Predikningar i Kyrkorna, förut underkasta sig denna Examen. Det skall dock icke tillåtas någon att undergå densamma, som icke är försedd med sin enskildte Lärares betyg, att han nemligen efterlefvat Akademiska Lagarna (äfven att han varit en flitig åhörare af Föreläsningar och offentliga Disputationer, samt att han i hela tvänne år vistats vid Akademien.) Till denna Examen böra tvänne Theologie-Professorer sig infinna tillika med Professoren i Grekiska språket och en annan af Professorerna eller Adjunkterna, som företräder Notariens ställe. Notarien tillhör det att öfverse och granska Föreläsnings-Böckerna samt troget antekna hvar och ens svar och framsteg uti Loci Communes och Biblen, efter hvilka sammantagne
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stitutionen geregelt waren, war die junge Universität gehalten, dem Vorbild aus Uppsala zu folgen. Eine im Archiv der theologischen Fakultät in Uppsala erhaltene Anfrage214 des Prokanzlers Bernhard Oelreich vom 20.08.1670 bezeugt zumindest seinen Willen, sich nach den in Uppsala üblichen Gewohnheiten zu richten, und zugleich die Erwartung, dass die dortigen Kollegen der Aufrichtung der Lehranstalt beratend zur Seite stehen werden.215 Inwieweit Oelreich in diesem Ansinnen im Namen aller Theologen aus Lund sprach und inwiefern die Unterstützung aus Uppsala als selbstverständlich vorausgesetzt werden konnte, bleibt zu fragen. Die einzelnen Punkte, die er vorbringt, geben auf jeden Fall einen Eindruck davon, was die drängendsten Fragen unter den Theologen an der neugegründeten Hochschule waren, gerade in der direkten Konfrontation mit der in Schweden vorherrschenden kirchlichen und akademischen Tradition. Die 22 Punkte, die Oelreich in seiner Anfrage anspricht, berühren ganz unterschiedliche Bereiche, in denen die Theologieprofessoren in verschiedenen Funktionen auftreten. Sie betreffen einerseits genuin universitäre Angelegenheiten, andererseits kirchliches Handeln im weiteren Sinn. So geht es in den einzelnen Punkten um die Gebäude der Akademie und ihre Finanzen, administrative Vorgänge, den
bedömmandet rättar sig. Men på det att hvar och en må veta, att en Sacri-Ministerii-Candidat äger rättighet att söka en Prästlägenhet, skall han, för missivs erhållande, ifrån Predikstolen i den såkallade Klosterkyrkan, hålla en Predikan i närvaro af en Theologie-Professor, som, efter Predikans slut, offentligen på Latin deröfver säger sitt omdöme.“ Auch die Universitätsordnung der Academia Gustaviana in Dorpat folgte dem Vorbild aus Uppsala, vgl. Tering, Bildung, 388. 214 Oelreichs Fragen sind in Abschrift erhalten zusammen mit den Antworten der Fakultät, wie sie am 22. August 1670 verhandelt wurden, in Inkomna skrivelser 1654–1696, Tio Cancell: Lundensis Öhlreichs frågor om Facult: Theol: Stadgar och inrättningar, samt Facultetens svar, 20./22.08.1670, UUA / TF, E I 1 (fälschlicherweise als „zehn Fragen“ bezeichnet, da es sich genau genommen um 22 Fragen handelt). Anscheinend hatte sich Oelreich früher schon an die Universität Uppsala gewandt, um ihren Rat zu einigen offenen Fragen über die dortigen universitären Gepflogenheiten einzuholen. Denn Annerstedt führt ein ausführliches Antwortschreiben des Konsistoriums der Universität an Oelreich vom 08.09.1668 an, vgl. Annerstedt (Hg.), Bihang II, Nr. 32, 111–116. Oelreich erhielt das Prokanzleramt entgegen der Gewohnheit, dass diese Würde dem lokalen Bischof, in diesem Fall Peder Winstrup, zugesprochen wurde, was das feindselige Verhältnis zwischen beiden Kirchenmännern beförderte. Erst 1671 wurde Winstrup zum Prokanzler ernannt. Oelreich selbst stammte aus einer Hamburger Familie, die aber während seiner Kindheit nach Kopenhagen umgezogen war. Als außerordentlicher Hofprediger der Königinwitwe Hedwig Eleonora konnte er enge Kontakte zu einflussreichen schwedischen Persönlichkeiten aufbauen, nachdem Schonen an Schweden übergegangen war. Somit vereinte er in seiner Person beispielhaft sowohl deutsche als auch dänische und schwedische Einflüsse. Vgl. Hayessen, Art. Oelreich, Bernhard. 215 Vgl. Oelreichs Einleitung seiner Anfrage in Oelreich, Tio frågor: „Såssom Kongl. Maij: wår allernådigste Herris och Konnungs Academia Lundensi gifne Resolution tilholder wederbörande uthi altingh, som Constitutionerne intet Expresse tåhler om, at fölge praxin Ubsaliensem efter, och af Patribus Academicis der på orthen weet flijtigh Correspondence att inhämpta om altingh een nöghe information, thij drager och till denne berömmlige Theologische Facultet woris Theologi det förtroende at de nu för thijden om nogrå puncter måtte blifwa underrättade, huruledis der med her på orthen förrewätter, at de deräfter och sine Actionez kunde anrätta […].“
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Zuständigkeitsbereich der theologischen Fakultät, das Prüfungs- und Disputationswesen, kirchliche Gerichtsbarkeit und Kirchenzucht, Synoden, die Ordination und Amtseinführung von Pfarrern, die Verleihung des Doktorgrades, die Verteilung von Präbenden und ihre Nutzung, kirchliches Personal und den Umgang mit Irrlehren. Als Kernproblem, das sich hinter einem Großteil der Anfragen verbirgt, lassen sich Unklarheiten in der Verteilung der Kompetenzen zwischen den Theologieprofessoren, dem Erzbischof und gegebenenfalls auch staatlichen Autoritäten ausmachen. Eng damit zusammenhängend ist zu erkennen, dass eine Unsicherheit darüber besteht, welche Aufgaben bzw. welcher Status den Theologen in ihren verschiedenen Rollen – als Professoren, als Mitglieder des kirchlichen Konsistoriums,216 als Teilnehmer an den Synoden – zukommen. Über den Unterrichtsbetrieb an der theologischen Fakultät, insbesondere die Verantwortung für den pastoralen Nachwuchs, geben die Fragen fünf, sechs, sieben, zwölf, siebzehn, achtzehn und zweiundzwanzig Auskunft, die daher im Folgenden näher betrachtet werden sollen. Die Fragen fünf bis sieben betreffen das Prüfungswesen an der Fakultät. Wie geht es mit dem Examen der Studenten zu, bei denen, die ein Stipendium bekommen wollen, sowie bei denen, die um die „sacros ordines“, also die Ordination ersuchen? Und im Hinblick auf das Examen, das unmittelbar der Ordination vorausgeht: Wird es in Uppsala vom Erzbischof allein verrichtet oder gibt er sich mit dem zufrieden, was die Fakultät in seiner Abwesenheit über die Eignung des Kandidaten beschlossen hat? Was ist in dem Fall zu tun, wenn jemand schon vor vielen Jahren geprüft worden ist, etwa für ein Stipendium oder um akademische Titel zu erhalten, jetzt aber erst die Ordination anstrebt: Muss er sich erneut der Prüfung durch die theologische Fakultät stellen? Gerne hätte man in Lund auch eine „Formula Testimonii“, die den Examinierten überreicht wird. Was das Examen angeht, verweisen die Theologen aus Uppsala auf die Regelungen der Konstitutionen. Sie betonen aber besonders, dass die theologische Fakultät nicht nur für die Prüfung der theologischen Stipendiaten zuständig sei, sondern sich auch alle Studenten, die an einer der anderen Fakultäten einen akademischen Grad erhalten wollen, dem Verhör durch die Theologen stellen müssen. Die Hervorhebung dieser Prüfungsverantwortung ist umso verständlicher, als ihre Einführung in Uppsala durch die Universitätsordnung von 1655 alles andere als unumstritten gewesen war. Das Urteil über die Eignung und Gelehrsamkeit der „Candidatorum Ministerii“ stehe in Uppsala jedoch vornehmlich dem Erzbischof zu. Das Examen laufe meistens so ab, dass er und die „Assessores Ecclesiastici Consistorii“ sich eine gute Kenntnis von der Tauglichkeit des Kandidaten verschaffen. In Abwesenheit des Erzbischofs werde aber weder hierüber noch in anderen kirchlichen Angelegenheiten etwas beschlossen. 216 Laut Holmquist, Förvandling, 54 f, wurde nach 1593 für die schwedischen Domkapitel in Anlehnung an die entsprechende Institution in deutschen Landeskirchen auch die Bezeichnung Konsistorium üblich. In Uppsala hielt sich laut Holmquist aber längere Zeit der althergebrachte Name Domkapitel, um dieses von der Zusammenkunft der Universitätsprofessoren zu unterscheiden.
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Im Hinblick auf die der Aufnahme in den Pfarrerstand vorausgehende Prüfung vor dem kirchlichen Konsistorium lassen die Theologen aus Uppsala keine Ausnahmen gelten: Jeder, der sich hier einfindet als „Candidatus Ministerii“, müsse jedes Mal von Neuem die Vortrefflichkeit und Vollständigkeit seines theologischen Studiums unter Beweis stellen, ungeachtet dessen, dass er durch die Theologieprofessoren um eines Stipendiums willen oder für den Erhalt eines Grades an einer anderen Fakultät früher bereits verhört worden ist. Einzig bleibe ihm in letzterem Fall die Prüfung über die philosophischen Gegenstände, die sonst einen Bestandteil dieses Examens der angehenden Kirchendiener bildet, erspart.217 In erster Linie kann man hier an die philosophischen Magister denken, die von dem erneuten Nachweis ihrer philosophischen Fertigkeiten befreit werden. Ein pauschales Zeugnisformular erhalten die Kollegen aus Lund allerdings nicht, soll dieses doch an die Leistung des Prüflings unter Berücksichtigung des angestrebten Grades angepasst sein. Die zwölfte Frage beschäftigt sich mit der Ordination und Amtseinführung neuer Pfarrer. Erneut ist den Professoren aus Lund nicht klar, welchen Anteil sie daran haben. So überlegen sie mit Bezug auf die Verfahrensweise in Uppsala, ob die Theologieprofessoren anlässlich einer Ordination im Hinblick auf die Handauflegung anwesend sein sollen oder ob sie dazu erst eingeladen werden, etwa durch den Erzbischof? Und wer nimmt die konkrete Einführung in das Amt vor Ort vor, der Erzbischof oder ein Professor bzw. Praepositus? Ihre Kollegen verweisen auf den Erzbischof als denjenigen, dem es zusteht, die Beisitzer des Konsistoriums („Assessores Consistorii Ecclesiastici“) zur Ordination zu laden. Auch die Amtseinführung obliege hier dem Erzbischof, der aber auch jemand anderes damit beauftragen könne. In seinem 17. Punkt spricht Oelreich das Disputationswesen an, genauer gesagt das Verhältnis von philosophischen und theologischen Sachverhalten. Angenommen, dass Philosophen ihren öffentlichen Disputationen theologische Fragestellungen beigeben und darin der Orthodoxie widerstreiten: Darf die theologische Fakultät in diesem Fall Einspruch erheben oder leitet sie die Angelegenheit vielmehr an den Kanzler weiter, der dann allein, mit der Fakultät oder dem gesamten Konsistorium deren Vorhaben verhindert? Sind Philosophen, die theologische Gegenstände verhandeln wollen, nicht verpflichtet, dies der Zensur der Theologen zu unterwerfen? In dieser Frage verweisen die Kollegen aus Uppsala nur auf die Bestimmungen der Universitätsstatuten, wobei sie aber zu einem maßvollen Vorgehen raten. Die folgende Frage behandelt das Prüfungsverfahren bei der Vergabe des Doktorgrades: Muss sich der Kandidat dem Examen durch seine Kollegen stellen, besonders der Prüfung durch die, die selbst nicht graduiert sind? Die Antwort aus Uppsala ist hier als wenig hilfreich zu beurteilen, da sie lediglich auf eine unter 217 Vgl. Oelreich, Tio frågor: „Till den 6:te Hhwar och een hwilcken sigh sisterar Consistorio Ecclesiastico såssom Candidatus Ministerii, måste altijd å nyio gifwa prof och försäkran om sin perfection och integritet in Studio Theologico oachtat att han in Facultate för Stipendii skull eller till någån annan Facultets gradum tilförende Examinerad ware, i hwilcket sennare fall han intet blijr åtspordt om rebus Philosophicis, som elliest plägar skee i Candidatorum ministerii Examine.“
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schiedliche Handhabung in der Praxis aufgrund einer fehlenden verbindlichen Regelung verweist.218 Auch Oelreichs 22. Punkt berührt letztendlich die Frage nach dem Zuständigkeitsbereich der Theologieprofessoren bei Angelegenheiten, die die Universität nicht unmittelbar betreffen. Wenn Theologiestudenten als in der Religion irrend befunden werden, aber trotzdem die Erlaubnis erhalten haben, öffentlich zu lehren und zu predigen, sind dann nicht die Theologen dazu verpflichtet, dies zu verhindern? In Uppsala wird diese Aufgabe aber mit aller Deutlichkeit dem Consistorium Ecclesiasticum zugewiesen: Solche verdächtigen Personen gehörten unter die Aufsicht und das Urteil des Konsistoriums. Wenn die Theologieprofessoren aber solches vernehmen, sollen sie dies dem Konsistorium frühzeitig mitteilen. Lässt man bei den eben dargestellten Unklarheiten die Fragen beiseite, bei denen die Professoren aus Uppsala zu einer genaueren Lektüre der Universitätsordnung raten, so fällt auf, dass die Verhältnisbestimmung zwischen der theologischen Fakultät auf der einen, dem Erzbischof mit dem kirchlichen Konsistorium auf der anderen Seite die maßgebliche Schwierigkeit der südschwedischen Theologen darstellt. Die Theologieprofessoren sind nach schwedischer Gepflogenheit zugleich Mitglieder des Konsistoriums, allerdings wurde das Konsistorium von Lund laut Askmark erst im Laufe der 1670er-Jahre allmählich in diesem Sinn umstrukturiert (s. u. Anm. 238). Aus schwedischer Sicht würde sich dieser Sachverhalt daher auf die Frage reduzieren lassen, in welcher Rolle die Theologen bei welcher Gelegenheit auftreten. Die Professoren aus Uppsala fügen in diesem Sinn ihren Antworten zum Schluss die Erklärung hinzu, dass zu der Frage, was der Fakultät und was dem Konsistorium zukommt, aufgrund einer fehlenden verbindlichen Ordnung nicht viel gesagt werden könne. Dass diese Unsicherheit in Lund überhaupt aufkam, kann schlicht darauf zurückgeführt werden, dass man in Dänemark diese typisch schwedische Form des nachreformatorischen Domkapitels nicht kannte.219 Die 218 Schon Oelreichs 13. Frage betraf das Verfahren bei der Vergabe eines Doktortitels, genauer gesagt dessen Flexibilität. Mit Verweis auf einen Professor, der wegen seiner altersbedingten Schwerhörigkeit nicht öffentlich disputieren könne (womöglich ist hier Olaus Baggerus gemeint), an dessen theologischer Gelehrsamkeit Oelreich aber keinen Zweifel lässt, wobei er ebenso vom Nutzen seiner Vorlesungstätigkeit überzeugt ist, fragt Oelreich, ob hier nicht eine andere Regelung gefunden werden kann. Offenbar hat er konkret im Sinn, die geforderte Disputation durch eine Vorlesung zu ersetzen, wie es angeblich in Deutschland und Dänemark möglich sei. Die Kollegen aus Uppsala gehen auf diese Überlegung jedoch nicht näher ein, sondern weisen sie als irrelevant zurück. 219 Zum Schicksal dänischer Domkapitel nach der Reformation, dargestellt am Beispiel des Kapitels von Aarhus, vgl. Bay, Reformation, besonders 106; 117; 119. Laut Bay überstand die Mehrzahl der Domkapitel zwar die Reformation, allerdings ging diese mit dem Ausschluss der Domkapitel von der Bistumsleitung einher. Dagegen blieb ihnen aber eine gewisse Bedeutung in der Rechtsprechung besonders in Eheangelegenheiten erhalten, die sie zusammen mit den Superintendenten und Stiftslehensmännern ausübten. Als der lateinische Chorgesang seit 1640 nicht mehr praktiziert wurde, kann Bay nicht erkennen, dass dem Domkapitel von Aarhus noch irgendeine Aufgabe in den Gottesdiensten am Dom anvertraut war. Angesichts des Bedeutungsverlustes der Domkapitel, wie ihn Bay anhand des Beispiels von Aarhus nachweist, war seiner Auffassung
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Theologen aus Uppsala beantworten die jeweiligen Fragen aus Lund, ob die theologische Fakultät oder das kirchliche Konsistorium zuständig ist, in der Regel zugunsten von letzterem. Aus schwedischer Perspektive könnte man denken, dass dies für den einzelnen Theologieprofessor, der in beiden Gremien zugegen ist, keinen wesentlichen Unterschied darstellt. Allerdings werden so der bischöflichen Gewalt in Schweden bemerkenswerte Einflussmöglichkeiten gesichert, indem bestimmte Aufgaben speziell der kirchlichen statt universitären Instanz zugesprochen werden, wie etwa beispielhaft die Antwort auf die Frage nach dem Pfarrexamen zeigt. Diese Gegenüberstellung von Fakultät und Erzbischof bzw. kirchlichem Konsistorium, wie sie in der Stellungnahme aus Uppsala offenbar wird und wie sie vor dem Hintergrund dänischer Erfahrungen anscheinend nicht bekannt war, zeugt somit von der grundlegend verschiedenen Position, die die Bischöfe und Domkapitel im nachreformatorischen dänischen und schwedischen Kirchenwesen einnahmen. Wann erhielt Oelreich aber nun eine Antwort auf seine Fragen? Die angeführten Erwiderungen der Theologieprofessoren vom 22.08.1670 geben sich nicht als Brief an Oelreich aus, sondern als Ergebnis einer Diskussion an der Fakultät über die von ihm vorgebrachten Punkte. Das Protokoll des Domkapitels in Uppsala erwähnt für die Zusammenkunft am 09.11.1670, dass ein Brief von Oelreich an den Erzbischof und die theologische Fakultät vorgelesen wurde.220 Darin erkundigte er sich nach dem Verbleib der Antwort auf die von ihm vor einiger Zeit eingereichten Punkte, die das Wohlergehen der Universität Lund betreffen. Diese Notiz erweckt den Eindruck, als ob es die Kollegen aus Uppsala versäumt hätten, zeitnah ein Antwortschreiben nach Lund zu schicken. Im Protokoll wird vermerkt, dass man der Beschaffenheit der Angelegenheit gemäß antwortete, dabei Oelreich aber auf die Universitätskonstitutionen verwies und meistens im Allgemeinen verblieb, was auf den Charakter der Diskussionsergebnisse vom 22.08.1670 durchaus zutrifft. Ob nun auch ein offizielles Schreiben an Oelreich versandt wurde, dazu schweigt das Protokoll an dieser Stelle.221 nach deren Auflösung im Zuge der Einführung des Absolutismus ab 1661 wenig erstaunlich. Die Entwicklung der schwedischen Domkapitel zeichnet Holmquist, Förvandling, nach. Die kirchenrechtliche Entwicklung in Schweden von Gustav Vasas Regierung bis einschließlich der Kirchenordnung von 1571 ordnet Holmquist der allgemein innerhalb des Protestantismus feststellbaren Tendenz zu, die Domkapitel nach und nach aufzulösen. Dass es nicht dazu kam, sondern die Domkapitel stattdessen in veränderter Zusammensetzung restituiert wurden, ist zuerst Johans Kirchenpolitik geschuldet. Denn laut Holmquist profitierten sie davon, dass der König ein Faible für ehrwürdige katholische Traditionen bzw. Institutionen hatte. Seit Karls Regierung stellt Holmquist eine allmähliche Umstrukturierung der schwedischen Domkapitel von Prälatur- zu Lehrerkapiteln fest, wobei er diese Entwicklung mit der Einrichtung der Gymnasien als abgeschlossen betrachtet. Vgl. besonders Holmquist, Förvandling, 12 f; 15 f; 37; 142. 220 Vgl. Domkapitlets protokoll huvudserie, Band 7: 1670–1674, UDk, 11630/1/A I/7, 09.11.1670, 80. 221 Das Protokollbuch der theologischen Fakultät ist in dieser Frage auch keine Hilfe. Denn ausgerechnet im Zeitraum August bis November 1670, in dem die Anfrage Oelreichs aktuell war, wurde kein Protokoll geführt. In der Sitzung des theologischen Kollegiums am 06.07.1670 wurde
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3.3.7.2 Deutsche Professoren als Unruhestifter? Im Gegensatz zur Universität in Uppsala zeichnete sich das Professorenkollegium in Lund während der ersten Wirkungsperiode der Universität (bis der Ausbruch des Skånska krig [1675–1679] den Universitätsbetrieb ab ca. 1676 lahmlegte) dadurch aus, dass es sich zu etwa gleichen Teilen aus Schweden, Dänen und Deutschen zusammensetzte. Dies führte dazu, dass mit den Professoren aus dem Alten Reich auch eine Art von akademischer Streitkultur nach Lund importiert wurde, die der schwedischen Hochschulkultur im Allgemeinen und der Universität Uppsala im Besonderen fremd war. So stellt Lindberg zutreffend fest: „The German professors brought with them the polemical academic culture of their homeland, including the habit of publishing anonymous or pseudonymous pamphlets with feigned places of publication.“222 Josua Schwartz (1632–1709) kann unter den Theologieprofessoren leicht als permanenter Störenfried identifiziert werden, was nicht nur sein berühmter Kollege Samuel Pufendorf an der juristischen Fakultät zu spüren bekam.223 Zeitweise soll Schwartz sogar so sehr in eine Kontroverse mit dem Bischof von Lund, dem Dänen Peder Winstrup, verwickelt gewesen sein, dass seine Unterrichtstätigkeit darunter merklich litt.224 Die von Schwartz überlieferten Briefe an den Universitätskanzler zeigen, dass er wusste, wo und wie er seinen Anliegen Gehör verschaffen konnte.225 Von Interesse im Hinblick auf die Verhältnisse an der theologischen Fakultät sind der erste und der fünfte Brief in dieser Sammlung. In seinem ersten Brief vom 09.11.1668 an Gustav Otto Stenbock berichtet Schwartz, dass er nun „einen Anfang mit disputieren gemachet“ habe. Die anderen Professoren seien dabei zu „großem vergnügen des Auditorii“ als Opponenten aufgetreten – nicht jedoch sein Kollege Baggerus, den Schwartz „doch sonderlich dazu invitiren“ ließ. Ob Baggerus’ Fernbleiben trotz ausdrücklicher Einladung so zu deuten ist, dass er seine Pflichten als Professor nicht ernst nahm, seinen Kollegen Schwartz nicht leiden konnte oder schlicht verhindert war, bleibt offen. Bei seinem fünften Brief, datiert auf den 20.03.1670, handelt es sich möglicherweise um ein Manuskript, da die übliche Anrede fehlt. Hierin beschwert sich Schwartz über die Disputationen des an der philosophischen Fakultät wirkenden Canutus Hahn, der darin angeblich über sein metaphysisches Fachgebiet hinausgehend dezidiert theologische Themen auf fragwürdige Weise zu Lithman das Dekanat übertragen, der nächste Eintrag stammt erst vom 13.12.1670 mit der Begründung, dass bis dahin nichts passiert sei, was ein Zusammenkommen der Theologen erfordert hätte. Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 175. 222 Lindberg (Hg.), Lectures, 8. 223 Vgl. zur Auseinandersetzung um Pufendorfs Schrift „De jure naturæ et gentium libri octo“ (erschienen 1672) Lindberg (Hg.), Lectures, 10–12. Zu dem aus Pommern stammenden Schwartz vgl. Bernet, Art. Schwartz, Josua. 224 Vgl. Weibull, Lunds universitets historia, 58. 225 Vgl. Handlingar rörande Lunds universitet under Gustaf Stenbocks kansleriat (II), 5 enskilda brev från prof. Schwartz, LUB, Underv. [Lund].
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behandeln pflege. Zumindest ist Schwartz noch deutlich in Erinnerung, wie ihn Hahn wegen seiner Opposition bei einer zurückliegenden Disputation „mit der Calvinisten worten lästert“. Außerdem bemängelt Schwartz, wie Canutus Hahn in einer anderen Disputation, die er teilweise neu drucken lassen musste, den Abschnitt, in dem er „Meisnerum zu Wittenberg, und Voetium den Ertz Calvinisten zu utrecht, in eine Categori bringet“, einfach stehen ließ. Schwartz setzt sich dafür ein, dass Disputationen insbesondere der philosophischen Fakultät, die theologische Fragen berühren, zuerst den Theologieprofessoren vorgelegt werden müssen. Anscheinend erfährt er bei seinem Anliegen aber keine Unterstützung von seinen Kollegen an der theologischen Fakultät. Seine Aussage „Wehre Herr Hiort zur stelle so deucht mir am rahtsamsten zu sein, daß die Teologischen facultät, wen nur Herr Baggerus der nun Decanus ist dazu könte gebracht werden, es in Consistorio proponiert und begehret würde. Nu man aber alleine ist […]“ lässt sich nämlich so verstehen, dass sich Hiort momentan gar nicht in Lund aufhält und sich Baggerus in seiner Funktion als Dekan weigert, die Angelegenheit im Konsistorium zur Sprache zu bringen. 1677 musste Schwartz nach Kopenhagen fliehen und stand fortan in dänischen Diensten.
3.3.7.3 Der Unterricht an der theologischen Fakultät Die Reichweite der Forderung nach einem universitären examen attestationis war zwar zunächst noch umstritten zwischen Peder Winstrup und dem Prokanzler der Universität, Bernhard Oelreich,226 aber nichtsdestotrotz scheint das Lehrangebot der Universität bald nach ihrer Eröffnung an die Anforderungen der Prüfung angepasst worden zu sein.227 Worüber genau aber die Professoren in den Anfangsjahren der Universität unterrichteten, lässt sich nur vereinzelt rekonstruieren. Ein überliefertes Vorlesungsverzeichnis228 vom Januar 1671 berichtet, dass Olaus Baggerus mit der Genesis, der Chronologia sacra und der alttestamentlichen Kirchengeschichte beschäftigt war. Johannes Hiort erklärte die Harmonie der Evangelisten zum Unterrichtsgegenstand und wollte sich bei Gelegenheit auch der neutestamentlichen Kirchengeschichte bis 226 Vgl. zur Frage, ob die universitäre Prüfung rückwirkend für die Zeit, als die Universität Lund noch nicht wirksam war, gefordert werden kann, und damit zur Frage nach der Verteilung von bischöflicher und universitärer Kompetenz im Hinblick auf die Pfarrausbildung Askmark, Prästutbildning, 233–237. 227 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 238–242, besonders die Wiedergabe der Examensordnung 242. Laut Askmark fand das erste reguläre examen attestationis bereits 1670 statt für die Studenten, die 1668 ihr Studium in Lund aufgenommen hatten. Er weist nach, dass sich die Professoren schon 1668 für das Abhalten der geforderten Predigtübungen einsetzten. 228 „Elenchus Lectionum, Quas, Deo Duce, Professores in Regia Gothorum Academia Carolina Studiosæ Juventuti publice & privatim proponere decreverunt. P. P. die 28. Januarij M DC LXXI“. Abgedruckt in Lindberg (Hg.), Lectures, 22, und als Online-Ausgabe bereitgestellt durch die Universitätsbibliothek Lund.
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zur Gegenwart zuwenden. Josua Schwartz lehrte über die Konkordienformel, was gut zu seinem Profil als streitbarer Vertreter einer strikt konfessionell ausgerichteten Theologie passt. Weitere Auskunft über den Unterricht der Theologen bietet eine Auflistung der Professoren, die neben Angaben zu ihrer Vorlesungstätigkeit auch andere Gesichtspunkte wie ihr Engagement an der Universität, ihre Karriereoptionen oder allgemeine Charakterschilderungen umfasst. Dieser Bericht – vermutlich an den Universitätskanzler Gustav Otto Stenbock gerichtet – wird auf das erste Halbjahr 1672 datiert und dem Mediziner Christian Fossius, zu diesem Zeitpunkt Kurator der Universität, zugeschrieben.229 Er ist nicht nur hinsichtlich des Unterrichtsangebots, sondern auch in Bezug auf die Zusammensetzung des Kollegiums aufschlussreich. Fossius’ Urteil über Olaus Baggerus, der vormals theologischer Lektor am Gymnasium war, fällt gespalten aus. Zwar würdigt ihn Fossius als guten Hebraisten und gelehrten Mann, aber gleichzeitig gibt er zu bedenken, dass dieser nun alt und gebrechlich sei, sodass er an der Akademie nichts ausrichten könne. In seiner Lehre behandele Baggerus das Alte Testament. Johannes Cervinus (das ist Johannes Hiort) ist der Unterricht über das Neue Testament anvertraut. Seinen Nutzen sieht Fossius eher in der Kirche als an der Universität, denn er bescheinigt ihm, zum Superintendenten geeignet zu sein. Da er lange das Pfarramt versehen und sich nicht mit akademischen Angelegenheiten beschäftigt habe, bezweifelt Fossius dagegen dessen Nutzen für die Akademie. Über Josua Schwartz, zugleich Pastor Germani cus, ist Fossius dagegen voll des Lobes. Schwartz, berühmt für seine Schriften und den brennenden Eifer, mit dem er sich in Deutschland für Gottes Ehre eingesetzt habe, nehme sich der Kontroversen an und Fossius hält ihn für äußerst fähig in seinem Fachgebiet. Die meisten Zuhörer könne Schwartz vorweisen. Anders als im Fall seiner beiden Kollegen ist Fossius von dessen Nutzen für die Akademie überzeugt. Allerdings erkennt er auch das Konfliktpotential, das von Schwartz ausgeht: Die Uneinigkeit zwischen dem Bischof und ihm hat aus Fossius’ Sicht seinen Verdienst um die Akademie geschmälert. Offenbar beschränkt sich Schwartz’ Streitbarkeit aber auf theologische Fragen, denn Fossius beschreibt ihn gleichzeitig als einen guten Disputator, der seine Argumente ruhig und friedlich vorbringt, ohne allen Hochmut. Auch im Konsistorium trete Schwartz redlich und unparteiisch auf; um des Friedens an der Universität willen habe er oft Zugeständnisse gemacht. Wenn es aber um die Sache Gottes geht, da scherze Schwartz nicht, sondern verrichte sein Amt mit Ernst und Eifer. Eher würde Schwartz „ins Feuer gehen“, als das, was unbillig und unpassend ist, zu befördern. Wegen dieser Eigenschaft erweist er sich nach Fossius als ein lobenswerter und unentbehrlicher Mann.230 229 Handlingar rörande Lunds universitet under Gustaf Otto Stenbocks kansleriat (I), Christian Fossius, Academiæ Carolinæ Professores [1672], LUB, Underv. [Lund]. 230 Vgl. Fossius’ Kommentar zu Schwartz in Fossius, Academiæ Carolinæ Professores: „Mag. Josias Swartz, er aff sine scriptis clarus och den nidkerhed hand in Germania haffwer testeret for Guds ære. Tracterer Controversias och er siin Profession treffeligen well mectig. haffwer de fleeste
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Im Zusammenhang mit der Frage, wie Schwartz entlohnt werden soll, ist ein Hinweis auf das Einzugsgebiet und das Lehrangebot der Universität interessant. Fossius berichtet nämlich, dass in der Anfangszeit der Akademie viele Studenten aus Pommern nach Lund gekommen seien, die jedoch größtenteils diese wieder verlassen hätten, weil es keine Übungen („exercitia“) gegeben habe. Er zeigt sich aber zuversichtlich, dass nun wieder mit einem größeren Zustrom aus Pommern zu rechnen sei, da an der Universität erneut Ruhe eingekehrt sei und die Übungen eingerichtet wurden.231 Offenbar gab es also anfängliche Schwierigkeiten, das Lehrangebot an der Hochschule wie vorgesehen abzuhalten. Zusammen mit den Kontroversen, die die junge Universität erschütterten, wirkte dies anscheinend abschreckend auf potentielle Studenten. Bei der Abfassung des Berichts scheint sich die allgemeine Lage an der Universität jedoch gebessert zu haben. Auch die Leistung von Petrus Holm, Professor für Hebräisch und Griechisch sowie außerordentlicher Theologieprofessor, wird von Fossius anerkannt, mache er sich doch um die Akademie verdient. Die größten Sympathien bringt Fossius jedoch dem aus Greifswald stammenden und nun in seinem Haus untergekommenen Christian Papke entgegen, einem „vortrefflichen akademischen Talent“ („et treffeligt Academicum ingenium“). Schon in der Heimat habe dieser seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt, ebenso während seiner dreijährigen Tätigkeit in Lund durch seine philosophischen und theologischen Privatkollegs sowie Disputationen. Die wichtigsten Eigenschaften für eine erfolgreiche akademische Karriere scheint er mitzubringen, zumindest bestätigt ihm Fossius, sehr arbeitsam, rechtgläubig, fromm, klug und aufrichtig zu sein. Ähnlich wie Schwartz erfreut sich laut Fossius auch Papke eines außerordentlichen Zuspruchs unter den Studenten. Fossius empfiehlt, Papke, der bereits theologischer Adjunkt ist, als außerordentlichen Theologieprofessor zu entlohnen, werde doch an der theologischen Fakultät fast nichts öffentlich gemacht außer dem, was Schwartz verrichte. Die Situation an der theologischen Fakultät kann nach Fossius’ Darstellung also noch immer nicht als zufriedenstellend bezeichnet werden: Zwar hebt er besonders die Leistung von Josua Schwartz als Professor für Kontroverstheologie trotz seiner Auseinandersetzung mit Winstrup hervor, aber im Gegenzug erscheinen die exegetischen Professuren als Schwachstellen der Fakultät. Dass Fossius mit seiner Auffassung nicht alleine war, Avditores och giort god fruct wed Academien publice saa wel som privatim, och hafde giort större, dersom den oenighed med Episcopo och hannem iche hafde waaren. Er een god disputator, der placide et pacato animo, sine omni fastu sig defenderer, och betheer in Consistorio sig redelig och upartisk, der udi adskillige occasioner, for at nyde fred, de suo jure meget haffwer remitteret. Men ubi cavsa Dei agitur, der skiemter hand intet, uden med alwar och iffwer giör sit embede, och skulle för gaa i ilden end lade sig bewege till att favere dett obilligt och osömmeligt er: Och er i det fald een priselig och umistelige Mand.“ 231 Vgl. Fossius, Academiæ Carolinæ Professores, zu Schwartz: „[…] ligesom een stor taall fra Pomeren ware een thiid lang i förstningen paa Academiet, men droge bort störste delen fordi der ware ingen exercitia, saa skeer der och well een stor confluxus till oss derfra igien, naar alting bliffwer nu roligt hooss oss och exercitia inrettede.“
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beweist die Tatsache, dass Hiort im August 1672 über seine Unterrichtstätigkeit Rechenschaft ablegen musste.232 In seiner vermutlich an den Universitätskanzler gerichteten Stellungnahme legt Hiort nicht nur die fünfstufige Methode dar, die in seiner Vorlesung über die Harmonie der Evangelisten zur Anwendung kommt, sondern führt auch detailliert auf, wie weit er inhaltlich vorangekommen ist. In der ihm ebenfalls auferlegten Kirchengeschichte des Neuen Testaments hat er nach eigener Aussage zwei Jahrhunderte abgeschlossen, deren Darstellung interessanterweise ebenfalls der Methode Hottingers folgte (vgl. schon zu Benzelius oben Anm. 155). Der Erfolg seiner Übungen lässt sich seiner Auffassung nach an den Examina ablesen; insbesondere könnten dies seine Zuhörer, die das examen attestationis auf sich genommen haben, bezeugen. Um Ausreden für seinen mangelnden Vorlesungseifer ist er nicht verlegen: Den aufwendigen Umzug von Halmstad nach Lund, die Übernahme des Rektorats, nicht zuletzt körperliche Gebrechen führt er an. Wenn man die von ihm gehaltenen Vorlesungen zusammen mit seinem ständigen Engagement in den Angelegenheiten des Konsistoriums vergleiche mit dem, was seine Kollegen in gleich langer Zeit leisteten, vermutet Hiort, dass für jeden Rechtschaffenen ersichtlich sei, dass er seine Zeit an der Akademie nicht nutzloser als andere seiner Kollegen verbracht habe.233 Anscheinend sollte Hiort ursprünglich auch „Exercitia Polemica“ abhalten; hier entschuldigt er seine Tatenlosigkeit damit, dass seine Studien auf diesem Gebiet über dreißig Jahre zurücklägen, und beruft sich auf sein altersbedingt nachlassendes Erinnerungsvermögen. Dies habe er aber schon dem Prokanzler mitgeteilt, bevor er seine Vollmacht in Empfang nahm. Dass Hiort mit Hinweis auf sein fortgeschrittenes Alter keine exercitia polemica abhält, die doch „totum hominem“ fordern, hält er für verschmerzbar, da der Unterricht durch seine jüngeren Kollegen übernommen werde.
3.3.7.4 Das Ende des dänischen examen attestationis Änderte sich zwar der Charakter der Universität deutlich in ihrer zweiten Wirkungsperiode ab 1682, da die vorherige Internationalität der Universität der nun entschlossen betriebenen ‚Schwedisierung‘ der ehemals dänischen Landschaften weichen musste, so wurde doch die Gepflogenheit des examen attestationis für die Pfarrkandidaten schon bald wieder aufgenommen.234 Allerdings blieb diese Institu 232 Vgl. Handlingar rörande Lunds universitet under Gustaf Otto Stenbocks kansleriat (I), Methodus et Progressus Lectionum publicarum S. S. Theol: Professoris M. Johannis Frider: Hiortii, 06.08.1672, LUB, Underv. [Lund]. 233 Vgl. Hiort, Methodus et Progressus: „[…] om då de af hannem holdne Lectiones tillige med den idelige Opvartning i Consistoriae Sager må confereris med andre hans Collegarum forrettninger udi lige lang tiid, formoder hand [gemeint ist Hiort, S. S.] huer Rettrådig skal kunde skönne det hand ey mere fåfängdt end som andre hans Collega hafver her ved Academien sin tiid fremdraget.“ 234 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 243.
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tion immer ein Sonderfall mit räumlich begrenzter Gültigkeit; die traditionelle schwedische Pfarrausbildung, wie sie sich im Zusammenspiel zwischen Bischöfen und der Universität in Uppsala zeigt, scheint sie weder beeinflusst noch zur Nachahmung angeregt zu haben. So kann Askmark anhand des Examensprotokollbuchs235 nachweisen, welches die theologische Fakultät in Lund ab 1684 führte, dass sich fast ausnahmslos nur Pfarrkandidaten, die eine Anstellung im Bistum Lund suchten, der Prüfung unterzogen – obwohl die Universität einen über die ehemals dänischen Gebiete hinausreichenden Einzugsbereich hinsichtlich ihrer Studenten aufweisen konnte und die Ablegung der Prüfung generell allen Studenten offenstand.236 Aus Sicht der Studenten ist offenbar das in Uppsala typisch vertretene Modell der Pfarrausbildung, bei der es an universitärer Kontrolle der Studien angehender Pfarrer mangelte, solange diese keinen universitären Grad erlangen wollten, bequemer gewesen. Denkt man allerdings an die Klagen auf dem Reichstag von 1672, dann gibt der Erfolg dem dänischen Ausbildungssystem Recht. Direkte Konsequenzen für die schwedische Verfahrensweise folgten daraus jedoch nicht. Im Gegenteil lässt sich beobachten, dass die fortschreitende ‚Schwedisierung‘ der ehemals dänischen Gebiete allmählich zu einem Ende des examen attestationis führte. Wann genau das examen attestationis in Lund eingestellt wurde, ist unsicher, da es kein Fakultätsprotokoll für die Jahre zwischen 1695 und 1720 gibt. Laut Askmark wird das examen attestationis ab 1720 aber nicht mehr erwähnt, sondern nur noch das aus Uppsala bekannte examen theologicum, welches dem Erwerb eines philosophischen Magistergrades oder anderen Abschlüssen vorausging.237 Aufschlussreich sind die Gründe, die Askmark für die Einstellung von diesem typisch dänischen Prüfungsmodus anführt.238 Erstens bemerkt Askmark, dass mit Matthias Steuchius ab 1695 ein Bischof in Lund amtierte, der anders als seine Vorgänger mit den südschwedischen Eigenheiten der Pfarrausbildung nicht vertraut war, hatte er doch selbst in Uppsala studiert und später als Superintendent von H ärnösand gewirkt. Zweitens weist Askmark darauf hin, dass seit den 1670er 235 Protocollum collegii vel facultatis theologicæ in Academia Gothorum Carolina ab anno 1684, LUA / TF, A 3:1. Das Protokollbuch beschränkt sich im Untersuchungszeitraum hauptsächlich darauf wiederzugeben, wer sich einer Prüfung mit welchem Erfolg unterzogen hat. Neben dem examen attestationis wurde auch die dem Abschluss an einer anderen Fakultät, in erster Linie dem philosophischen Magistergrad, vorausgehende theologische Prüfung (examen theologicum) in Lund abgenommen. Genauere Angaben darüber, was den Gegenstand der jeweiligen Prüfung bildete und wie dieselbe ablief, lässt sich den Aufzeichnungen nicht entnehmen. In den 1690erJahren ist zwar zu beobachten, dass die Notizen zu den Prüfungen etwas detaillierter werden, aber über pauschale Hinweise auf den Prüfungsgegenstand (z. B. „Theologia positiva“ oder „Historia Ecclesiastica“) gehen diese dennoch nicht hinaus. 236 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 243 f. Auf der anderen Seite war ein bloßes testimonium academicum von einer anderen Universität, selbst wenn es in Uppsala ausgestellt worden war, nicht ausreichend, um zur Probepredigt oder zum Pfarrexamen im Bistum Lund zugelassen zu werden, vgl. Askmark, Prästutbildning, 245. 237 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 248 f. 238 Vgl. Askmark, Prästutbildning, 249 f.
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Jahren das Domkapitel in Lund so umstrukturiert wurde, dass es sich nun nach schwedischer Gewohnheit aus den Theologieprofessoren zusammensetzte und an der Leitung des Bistums beteiligt war, sodass anders noch als bei der Gründung der Universität allmählich dieselben Personen für die Prüfung an der Universität und vor dem Domkapitel zuständig waren. Eine solche doppelte Prüfung konnte aber entbehrt werden. Drittens führt Askmark veränderte Bedingungen im Besetzungsmodus der Pfarrstellen als Ursache an. Ende des 17. Jahrhunderts hatten sich Bischof und Domkapitel wie ihre schwedischen Kollegen einen größeren Einfluss auf die Besetzung vakanter Pfarrstellen sichern können zu Lasten des Entscheidungsrechts der Gemeinden.239 Eine vorherige Prüfung der Bewerber durch die Universität war damit überflüssig geworden, weil immer zuerst eine Bewertung der Kandidaten durch das Domkapitel vorgenommen wurde, bevor eine Entscheidung über die Besetzung einer Pfarrstelle fiel. Das Beispiel von Lund zeigt somit deutlich, dass die Gründe für die markanten Unterschiede in der Pfarrausbildung zwischen dem auf die Universität konzentrierten dänischen Modell und der weitgehend in der Hand der Bistumsleitungen liegenden schwedischen Alternative besonders in den verschiedenen Machtkonstellationen zu suchen sind. Die relative Selbständigkeit und vergleichsweise große Entscheidungsgewalt der schwedischen Bistumsleitungen sowohl gegenüber der weltlichen Obrigkeit als auch gegenüber den Gemeinden stand somit auch noch Ende des 17. Jahrhunderts der Verlegung des entscheidenden Abschnitts der Pfarrausbildung samt der Prüfungshoheit über angehende Pfarrer an die Universitäten entgegen. Dennoch konnte sich auch die Universität Uppsala einen begrenzten Einfluss auf die theologischen Studien künftiger Pfarrer durch ihre Prüfungstätigkeit sichern.
3.3.8 Das Prüfungswesen Die Abnahme von Prüfungen bildete einen grundlegenden Bestandteil des akade mischen Alltags an der theologischen Fakultät, wie es das Fakultätsprotokoll240 bezeugt. Der häufigste Prüfungstyp war dabei zweifellos das theologische Verhör, das zur Voraussetzung für den Erhalt eines philosophischen Magistergrades erklärt worden war, das so genannte examen theologicum. Zwar galt die Forderung nach einer solchen theologischen Prüfung auch für die anderen beiden höheren Fakultäten, aber dass ein Medizin- oder Jurastudent um eine Bescheinigung seiner theologischen Kenntnisse ansuchte, ist nach Aussage des Protokollbuchs nur selten 239 Vgl. zur Realität des Besetzungsverfahrens von Pfarrstellen in Dänemark aber Hernroth, Studier, 104–115; 152–154, der besonders auf den allmählichen Übergang des Ernennungsrechts auf den dänischen König und den beträchtlichen Verkauf von Patronatsrechten zur Bezahlung der Kriegsschulden seit der Mitte des 17. Jahrhunderts hinweist. Vgl. auch oben Anm. 208. 240 Die folgenden Angaben zum Fakultätsprotokoll beziehen sich auf: Fakultetsprotokoll 1655–1677 und Fakultetsprotokoll 1677–1695 für den Zeitraum 1655–1686.
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vorgekommen.241 Daneben wird die Prüfung der Stipendiaten und derer, die es werden wollen, im Protokollbuch dokumentiert. Alle anderen Arten von Examina wie etwa die Prüfungen, die dem Erhalt einer Empfehlung durch die Professoren dienen bzw. die weiterführenden Studien an ausländischen Universitäten vorausgehen, oder auch die fakultätseigenen Abschlussprüfungen stellen dagegen im Fakultätsprotokoll die Ausnahme dar.
3.3.8.1 Die theologische Vorprüfung angehender Magister Die der Erlangung des philosophischen Magistergrades vorausgehende Prüfung durch die Theologieprofessoren wurde gegen den Widerstand der philosophischen Fakultät 1655 eingeführt. Das im selben Jahr einsetzende Protokoll der theologischen Fakultät zeigt, dass diese Regelung nach der anfänglichen Klärung einiger Diskussionspunkte weitgehend unangefochten befolgt wurde. Die Auseinandersetzungen mit den Kollegen von der philosophischen Fakultät konzentrierten sich in den ersten Jahren nach dem Erlass der neuen Universitätsstatuten insbesondere auf zwei Fragen, nämlich die Geltung dieser Forderung auch für Pfarrer und den angemessenen Zeitpunkt für das Ablegen dieser Prüfung. Die Tatsache, dass die Überlegung, ob auch bereits ordinierte Geistliche von der Forderung nach einer theologischen Vorprüfung betroffen sind, in den Jahren 1656 bis 1657 für Konflikte zwischen den Philosophen und Theologen sorgte, deutet bereits darauf hin, dass es Mitte des 17. Jahrhunderts in Schweden nicht selbstverständlich war, dass Geistliche an einer Universität studiert, geschweige denn dort einen akademischen Grad erhalten hatten. Stattdessen lässt sich daraus folgern, dass es eine bemerkenswerte Anzahl von Geistlichen gab, die es erst nachträglich an die Universität zog, vermutlich um durch den Magistertitel ihre Chancen auf ein attraktiveres Pastorat zu verbessern. Da der Ordination aber bereits eine Prüfung der Kandidaten vor dem jeweiligen Domkapitel vorausging, ist mit der Frage nach dem Geltungsbereich der theologischen Vorprüfung an der Universität unweigerlich die Frage nach dem Verhältnis dieser Prüfung zum Prüfungsrecht der Domkapitel verbunden. Dies versuchte sich die philosophische Fakultät zu Nutze zu machen. Erstmals kommt dieses Thema in der Sitzung des theologischen Kollegiums am 19.10.1656 zur Sprache. Die Professoren sind davon überzeugt, dass es vernünftig sei, dass auch diejenigen Anwärter auf den Magistertitel, die Pfarrer sind, diesen nicht an der theologischen Fakultät vorbei erhalten sollen.242 Als Begründung
241 Vgl. etwa die Prüfung eines Prüfungskandidaten aus der juristischen Fakultät am 25.02.1662 in Fakultetsprotokoll 1655–1677, 60. Für das Jahr 1680 findet sich ein Vermerk über die Prüfung eines angehenden Mediziners, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (24.03.1680), 27, ebenso für das Jahr 1682, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (10.04.1682), 50, bzw. Conventus III (26.05.1682), 51. 242 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (19.10.1656), 9: „Tycktes och skiäligt wara at de candidati som Prester ähre, inthet gå facultatem Theologicam förbij […].“
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berufen sie sich darauf, dass von einem angehenden Magister, der für gewöhnlich im Anschluss ein vornehmeres kirchliches Amt bekleiden wolle, größere theologische Kenntnisse gefordert würden als von dem, der keinen akademischen Grad anstrebe und bei dem über viele Mängel („månge Defectus“243) hinweggesehen werde. Außerdem verweisen sie auf ihre fehlende Einsicht in den theologischen Wissensstand jener Pfarrer, die aus anderen Bistümern stammten und ihre Ordinationsprüfung daher nicht vor dem Konsistorium in Uppsala abgelegt hatten. Aber auch die Pfarrer aus Uppsala sollen keineswegs davon befreit sein, sich der theologischen Fakultät vorzustellen. Nachdem der Sachverhalt in den Sitzungen am 19.12.1656 und 09.02.1657 erneut aufgegriffen worden ist, spitzt sich die Situation am 09.03.1657 zu, als der Dekan Stigzelius den Beschluss der philosophischen Fakultät wiedergibt, dass Pfarrer von einer theologischen Vorprüfung befreit sein sollen.244 Es folgt eine Aufzählung der Argumente, die Stigzelius seinem Kollegen aus der philosophischen Fakultät daraufhin entgegengehalten hat, um zu zeigen, dass rechtliche wie pädagogische Gründe diesem Beschluss widersprechen. Zuerst weist er darauf hin, dass verschiedene Ämter in der Kirche unterschiedliche Bildungsgrade erforderten. So seien höhere Anforderungen an die theologischen Kenntnisse eines Magisters zu stellen als an einen Kaplan oder Inhaber eines niederen Amtes. Die Toleranzgrenze, was Bildungslücken der Prüflinge angeht, sei daher bei der Prüfung von Ordinanden höher als bei der Prüfung von Magistern, weshalb letztere auch umfassender sein soll. Zudem führt Stigzelius an, dass es unbillig sei, einen Unterschied zwischen Lehrer und Schüler zu machen. Denn oft suchten sich viele der an die Universität kommenden Pfarrer einen Präzeptor, der kein Pfarrer sei und dem daher die Prüfung vor der theologischen Fakultät auch nicht erspart bleibe. Stigzelius befürchtet darüber hinaus, dass durch den Wegfall der Prüfung alle Anreize für theologische Studien an der Akademie hinfällig würden, wodurch diese gesamte Verordnung – gemeint ist wohl die theologische Prüfung von angehenden Magistern – am Ende infrage gestellt werden könnte. Besonders sieht er die Gefahr, dass sich in der Theologie Ungeübte an den Schulen oder Gymnasien in ihren Bistümern ordinieren lassen, bevor sie an die Universität kommen, um dort dann überhaupt keine theologischen Studien zu betreiben. Außerdem kann sich Stigzelius auf die Universitätsordnung berufen, die in diesem Punkt keinerlei Einschränkung oder Ausnahme vorsieht – ganz davon abgesehen, dass sich die Kollegen hier an der Universität endlich von Streitigkeiten fernhalten müssten. Stigzelius’ Einschätzung der theologischen Bildung eines durchschnittlichen schwedischen Pfarrers fällt also nüchtern aus. Anscheinend stellt die der Ordination vorausgehende Prüfung vor dem Domkapitel keine allzu hohen Anforderungen an die theologischen Fertigkeiten. Da auf der Seite der Domkapitel offenbar keine weitere Prüfung vorgesehen ist, ist nachvollziehbar, dass er sich im Sinne einer zwei 243 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (19.10.1656), 10. 244 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus V (09.03.1657), 16 f.
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ten Kontrollinstanz für die theologische Vorprüfung ausnahmslos aller angehenden Magister einsetzt, um so sicherzustellen, dass die Inhaber der vornehmeren kirchlichen Ämter auch entsprechend in theologischen Sachverhalten bewandert sind. Zugleich spiegelt Stigzelius’ Ringen um die Prüfung der ordinierten Anwärter auf den Magistertitel die Erwartung wider, dass in absehbarer Zeit der Weg zu den besseren Stellen innerhalb der Kirche weiterhin über diesen Abschluss führen wird. Hier zeichnet sich wenig Vertrauen in die Wirksamkeit des neu eingeführten theologischen Kandidatenexamens ab. Ferner erweist sich Stigzelius’ Argumentation als aufschlussreich dahin gehend, wie es in der Realität um die theologischen Studien an der Universität bestellt war. Offenbar übten diese selbst auf die naheliegendste Zielgruppe – nämlich Pfarrer, die ihre Karrierechancen in der Kirche verbessern wollten – nur eine geringe Anziehungskraft aus, wenn Stigzelius die Androhung einer Prüfung als einziges probates Mittel betrachtet, diese überhaupt dazu zu motivieren, sich an der Universität theologisch weiterzubilden. So ist Stigzelius’ Einsatz für das ausnahmslose Prüfungsrecht der theologischen Fakultät im Hinblick auf den Magistertitel nicht zuletzt auch als Bemühung zu verstehen, den Einfluss und die Autorität seiner Fakultät durch obligatorische theologische Studien für Philo sophiestudenten angesichts einer drohenden Marginalisierung zu bewahren. Wenige Tage später wird am 16.03.1657 das Thema im erweiterten Kreis wiederum besprochen.245 Interessant ist dieses Mal, dass neben den Professoren Stigze lius, Terserus und Lithman auch der Erzbischof Johannes Canuti Lenaeus, der Bischof von Västerås Olaus Laurelius und der Pfarrer von Stockholm Erik Gabrielsson Emporagrius anwesend sind, die zuvor mit dem Dekan Stigzelius wegen der Arbeit an einer Kirchenordnung zusammengetreten waren. Der Erzbischof berichtet, dass sich der Dekan der philosophischen Fakultät bei ihm über seine Kollegen aus der Theologie beschwert habe. Aus Sicht der Philosophieprofessoren erhebt die theologische Fakultät ihren Anspruch auf Prüfung der Ordinierten zum Nachteil der Bischöfe, denen damit unterstellt werde, ihre Pfarrer nicht richtig geprüft zu haben.246 Der Bischof von Västerås weist diesen Einwand jedoch entschieden zurück; vielmehr verstehe er die erneute Prüfung durch die theologische Fakultät eher als einen Freundschaftsdienst gegenüber sich selbst und als eine Wohltat gegenüber den Studenten aus seiner Diözese. Laurelius zeigt sich zuversichtlich, dass die Studenten aufgrund der drohenden Prüfung gründlicher als früher ihre theologischen Studien verfolgen werden. Aus seiner Sicht stellt dies nichts anderes als eine Arbeits entlastung dar, was er auch im Hinblick auf einige seiner Kollegen vermutet. Schließlich bereiteten ihnen diese Studenten dann weniger Mühen und Sorgen, wenn sie in ihre Bistümer zurückkehrten und eine Beförderung begehrten.
245 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 20 f. 246 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 20: „Ibland annat hade Dn. Decanus Fac. philosophicæ foregifwit at der med skier ded som Episcopis Diœceseon præjudicerligit är, lijka som de inthet skulle hafwa sine prester rätt examinerat.“
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Auch Emporagrius stimmt der Meinung der Theologen zu, wobei er anhand von Beispielen belegt, wie „hochnötig“ diese Verordnung sei.247 Bei vielen Pfarramtskandidaten kann er beobachten, dass es trotz ausreichend langer Studien an der Universität in theologischen Fragen schlecht um sie bestellt sei. Der Erzbischof gibt daraufhin zu bedenken, dass sich die philosophische Fakultät durch diese Regelung von den Kollegen aus der Theologie unterdrückt fühle, was von Laurelius und Emporagrius – „de andra Extra facultatem“248 – zurückgewiesen wird. Stattdessen erinnern sie an die Verpflichtung, diese durch den König gegebene Verordnung einzuhalten. Der Erzbischof lässt sich überzeugen und beauftragt den Dekan Stigzelius, die philosophische Fakultät und ihre Professoren zu ermahnen, das königliche Gesetz nicht einzuschränken und dessen Ausführung nicht zu behindern. Obwohl die philosophische Fakultät eine im Grunde kluge Strategie verfolgt, in dem sie eine Kränkung der bischöflichen Autorität durch das Prüfungsrecht der Theologieprofessoren geltend macht, gelingt es ihr nicht, die theologische Fakultät und die kirchlichen Repräsentanten gegeneinander auszuspielen. Weder Laurelius noch der Stockholmer Pfarrer Emporagrius können irgendwelche negativen Auswirkungen der theologischen Prüfung von Ordinierten auf ihre Einflusssphäre erkennen. Stattdessen sind sich beide bewusst, dass die theologische Bildung ihrer Geistlichen oft zu wünschen übrig lässt und auch ein längerer Aufenthalt an der Universität keine Garantie für vertiefte theologische Studien darstellt. Gerade im Hinblick auf das berühmte Gymnasium von Västerås zeigt diese Einschätzung, dass die höheren Schulen in den Bistümern den Universitäten nun klar untergeordnet sind.249 Dennoch ist es auffällig, wie bereitwillig Laurelius hier die Prüfung seiner geistlichen Elite aus der Hand gibt – wäre es doch generell denkbar, dass Magister vor ihrer Beförderung erneut durch das Domkapitel befragt werden. Inwiefern Laurelius’ Meinung tatsächlich auf Zustimmung unter seinen Kollegen treffen würde, ist daher fraglich. Nicht zu vergessen ist in diesem Zusammenhang, dass es sich sowohl bei Laurelius als auch bei Emporagrius um ehemalige Theologieprofessoren der Universität Uppsala handelt. Eine gewisse Verbundenheit und Solidarität mit den Anliegen der theologischen Fakultät ist daher vorauszusetzen. Dies ist auch dem Erzbischof und einstigen Theologieprofessor Lenaeus zu unterstellen. Entsprechend seiner Aufgabe als Prokanzler tritt er nach Aussage des Fakultätsprotokolls jedoch auffällig neutral auf, wobei es aber nicht verwunderlich ist, dass er sich zuletzt von den Argumenten der Theologen unter Berufung auf die Universitätsordnung überzeugen lässt. Damit war die Diskussion dieses Themas abgeschlossen. Ob ein Anwärter auf den Magistergrad bereits ordiniert war oder nicht, lässt sich dem Fakultätsprotokoll
247 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 21: „Bewiste och med exempel huru högnödig denne constitution är.“ 248 Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 21. 249 Vgl. zur Schulordnung von 1649 oben Anm. 4.
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in der Regel nicht entnehmen.250 Das lässt sich so deuten, dass bei der Prüfung entweder keine Unterschiede zwischen Ordinierten und Nicht-Ordinierten gemacht wurden oder dass es doch eher selten vorkam, dass angehende Magister bereits ordiniert waren. Dennoch war die philosophische Fakultät nicht um andere Möglichkeiten verlegen, das Prüfungsrecht der Theologieprofessoren zu untergraben. Ein beliebter Weg war etwa, die Prüflinge möglichst früh zur theologischen Fakultät zu schicken, um die theologischen Studien dann während des Studiums zugunsten der philosophischen Fächer getrost zu vernachlässigen, worüber sich die Theologen schon im März 1657 beschwerten.251 Im September desselben Jahres einigten sich die Theologieprofessoren darauf, die Zulassungsvoraussetzungen zum examen theologicum zu verschärfen. Sie forderten eine schriftliche oder mündliche Empfehlung des Studenten durch den Dekan der philosophischen Fakultät oder zumindest die Zusage, dass der Kandidat aus der Sicht des Dekans dazu in der Lage ist, sich dem philosophischen Examen zu unterziehen.252 Dieses Problem scheint die Zusammenarbeit zwischen beiden Fakultäten auch in der Folgezeit begleitet zu haben; noch 1681 präzisierten die Theologieprofessoren die Zulassungsbedingungen in der Hinsicht, dass erst der Nachweis einer philosophischen Disputation zum Ablegen der theologischen Prüfung berechtige.253 Das traf keinesfalls auf Zustimmung unter den Philosophieprofessoren. Aber auch deren Weigerung, entsprechende Bestätigungen auszustellen, ließ die Theologen nicht von ihrer Forderung abrücken.254 Als im folgenden Jahr ein Student darum bittet, zur theologischen Prüfung zugelassen zu werden, ohne dass er eine Disputation vorweisen kann, wird ihm zwar nicht die Prüfung selbst, aber die Ausstellung des üblichen Zeugnisses
250 Eine Ausnahme bildet etwa die Prüfung eines Konrektors, bei der explizit vermerkt ist, dass er bereits ordiniert ist, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 06.12.1658, 30: „2. Die 6. Decembris Examinabatur pro subeundo examine philosophico Dn. Gustavus Elvig Wesm. Scholæ Cuprimontanæ Conrector et sacro ordini jam antea initiatus.“ 251 Vgl. unter Punkt 4 in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus V (09.03.1657), 17. Hier verlangen die Theologen von ihren Kollegen aus der philosophischen Fakultät, zumindest mündlich zu bezeugen, dass der jeweilige Kandidat kurz vor der philosophischen Magisterprüfung steht: „[…] så måste de då åt minstone muntligen witna, at den och den philosophiæ candidatus är i näste beredskap til at undergå examen Philosophorum pro gradu magisterij.“ Denn wenn die Theologen diese lange vor den Philosophen prüften, könnte es passieren, dass sie lange keine theologischen Studien mehr betrieben, sondern sich allein um die philosophischen Studien kümmerten. 252 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 24.09.1657, 24: „Censuit veneranda facultas non facile admittendum esse ad Theologorum examen studiosum nisi Decanus facultatis Philosophicæ sive scripto sive oretenus facultati Theologicæ eum commendet, vel saltem testetur eum ex eorum numero esse qui dignus habeatur ad subeundum Philosophicum examen.“ 253 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (Oktober 1681), 41. 254 Dabei begründeten sie ihr Anliegen, die Zulassung zur theologischen Prüfung an den Nachweis einer Disputation zu binden, mit dem Missstand, dass die theologischen Studien der Studenten sonst jahrelang brachliegen. Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (19.12.1681), 48: „Ordsacken till detta Conclusum war denne, Nembl. effter man förspörjer här wid ett stort Missbruuk, och att Studia Theol. blifwa niderlagda uthi många Åhr bårt åt.“
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verweigert.255 In Bezug auf Disputationen, die an anderen Universitäten gehalten wurden, zeigt sich die Fakultät jedoch großzügig: Wird eine solche durch die philosophische Fakultät anerkannt, steht der Zulassung zur theologischen Prüfung nichts im Wege.256 Dennoch scheint auch diese Maßnahme nicht den gewünschten Erfolg gebracht zu haben. Im Anschluss an ein examen theologicum bringen die Professoren Benze lius und Holm im Jahr 1685 ihre Unzufriedenheit mit der derzeitigen Situation zum Ausdruck.257 Erneut haben sie die Studenten nur unter der Zusage die Prüfung bestehen lassen, dass diese mit größtem Fleiß ihre theologischen Kenntnisse verbessern. Immer wieder, so bemängeln sie, meldeten sich Studenten zum theo logischen Examen, die auch auf die grundlegendsten Fragen keine Antwort wüssten. Trotzdem schrecken die Professoren oft davor zurück, ihnen das Zeugnis zu verweigern, um den Studenten Schmach und Unannehmlichkeiten zu ersparen. Um dies zu vermeiden, wird vorgeschlagen, dass sich der Dekan zunächst durch einige Fragen einen Eindruck vom Leistungsvermögen potentieller Prüfungskandidaten verschaffen soll. Auch die Professoren Rudbeckius und Skunck befürworten diesen Vorschlag.258 Tatsächlich sollen die Prüfungskandidaten, deren Zulassung am 07.04.1686 besprochen wird, vorgewarnt werden, dass sich der Dekan zuerst ihrer Eignung versichern werde.259 Über welche Gegenstände wurden die angehenden Magister aber nun geprüft? Das Formular, das die erfolgreiche Teilnahme an der Prüfung bestätigen soll, führt an, dass sie „in doctrina ecclesiæ et articulorum fidei“260 geprüft wurden. Die Angaben im Protokoll der theologischen Fakultät beschränken sich meistens auf kurze Notizen, in denen die Namen der Prüflinge und gegebenenfalls das Prüfungsergebnis festgehalten werden. Dass Studenten das gewünschte Testimonium zur Vorlage 255 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (10.04.1682), 50, und Conventus III (26.05.1682), 51. Stattdessen erhält er – nachdem er ausdrücklich ermahnt worden ist, sich intensiver mit theologischen Sachverhalten zu befassen – lediglich eine Bescheinigung darüber, dass er sich einer theologischen Prüfung unterzogen hat, die er seinem Bischof vorlegen kann, wenn sich vor seiner Ordination keine andere Gelegenheit mehr zur Prüfung ergibt, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus III (26.05.1682), 51: „[…] men dhen 3 D.nus Lindius effter stark admonition om Majori profectu in Theologicis bekom sådant attestatum att han hafwer låtit sig examinera in Theologia, det han kunde sådant præsentera suo Episcopo och till honom remitteras om han icke skulle undergå wijdare examen för än han kommo till S. ordines.“ 256 So reagierte sie im Jahr 1684, als ein Student zur theologischen Prüfung zugelassen werden wollte, der lediglich an einer Disputation in Åbo unter Petrus Bång teilgenommen hatte, was aber durch die philosophische Fakultät anerkannt wurde, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus IX (06.05.1684), 81. Später findet sich auch ein Student unter den Prüflingen, der in Lund disputiert hatte, was ebenfalls von der philosophischen Fakultät und damit auch von den Theologieprofessoren akzeptiert wurde, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus V (14.04.1685), 98 f. 257 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VI (08.05.1685), 99 f. 258 In anderer Besetzung wurde der Vorschlag wenige Tage später nämlich erneut thematisiert, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (15.06.1685), 101 f. 259 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus III (07.04.1686), 112. 260 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (09.03.1658), 27.
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an der philosophischen Fakultät verweigert wurde, lässt sich in den wenigsten Fällen beobachten – auch wenn die Prüflinge gebetsmühlenartig zur Vertiefung ihrer theologischen Studien ermahnt werden.261 Ausführlichere Wiedergaben der Prüfungsgegenstände finden sich im Untersuchungszeitraum für die Jahre 1666 bis 1673 und 1681 bis 1686. Den Vorgaben der Universitätsordnung entsprechend wurden die Studenten in dogmatischen und kirchengeschichtlichen Fragen geprüft. Die Bandbreite der vertretenen dogmatischen Themen belegt, dass von den Studenten ein solides Grundwissen erwartet wurde. Am Ende des Untersuchungszeitraums, d. h. in der Mitte der 1680er-Jahre, deutet sich das gesteigerte Bedürfnis einer neuen Generation von Theologen an, die lutherische Theologie gegenüber den religiösen und philosophischen Herausforderungen ihrer Gegenwart zu behaupten. Nun wurden die Studenten von Schütz auch explizit „de religionibus Hæresibus“262 befragt oder von Micrander mit der Frage konfrontiert, ob die Philosophie die Feindin der Theologie sei.263 Zudem mussten sie sich gegenüber Micrander „[d]e dubitatione Cartesiana“264 und „de falsis religionibus“265 äußern können.266 Wenn die Gegenstände der kirchengeschichtlichen Prüfung ausdrücklich benannt werden, lassen sich als Schwerpunkte die Geschichte der (ökumenischen) Konzile und der Reformation erkennen. Auch mit den libri symbolici mussten die Prüflinge vertraut sein; im Zusammenhang mit dem Themenkomplex Reformation lässt sich jedoch allein bei Benzelius eine explizite Frage nach der Confessio Augustana und dem Konkordienbuch nachweisen.267 261 Vgl. besonders den Hinweis, dass die Prüflinge „nach gewohnter Sitte“ ermahnt wurden in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VIII (09.12.1672), 197: „Sedan admonerades the more consueto“. 262 Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus III (13.02.1685), 98. 263 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (Dezember 1686), 146: „An Philosophia sit contraria Theologiæ?“ 264 Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (Dezember 1686), 146. 265 Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (Dezember 1686), 146. 266 Dieser Fokus entspricht der im Kyrkolag (1686) vorgenommenen Definition der Prüfungsgegenstände für das Verhör der Pfarrkandidaten durch den jeweiligen Bischof bzw. Superintendenten und das kirchliche Konsistorium, das der Ordination vorausging. Ausdrücklich werden hier den Prüflingen Kenntnisse über theologische Kontroversen und die Kompetenz, den eigenen Standpunkt gegenüber anderslautenden Meinungen zu verteidigen, abverlangt, vgl. den Prüfungskatalog in Samfundet Pro fide et christianismo (Hg.), Kyrkolag, 61: „Samma Förhör skal skee 1.o I Språken, neml. thet Latiniska, Grækiska, och Hebræiska. 2.do Uti Disciplinis Philosophicis, förnemligast uti Rhetorica, Logica, Ethica, Physica, Arithmetica och Computo Ecclesiastico. 3.o Uti Theologia, och i synnerheet wåre Troos Articlar och Locis Communibus. The måste och kunna utan til, både på Latin och Swenska, the Hufwudspråken, på hwilka Trones Articlar sig grunda, och med them, efter deras rätta Förstånd, stadfästade blifwa. 4.o Skola the förhöras uti dhe förnämste Strijdigheter och Frågor. 5.to Uti Historia Biblica och Ecclesiastica, så wäl som och uti Theologia morali och casibus Conscientiæ. 6.to Af dhen Bibliske Texten förklara någre Hufwudspråk, och låta see, huru dhe ther med kunna Sanningen stadfästa, och förlägga them som emot säya, och föra them til ett rätt bruuk och öfning uti wår sanna Christendom.“ [Hervorhebung: S. S.] 267 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (02.03.1670), 171. Einen Eindruck von den möglichen Themen, die sich unter den allgemeinen Hinweisen auf die biblische bzw. kirchliche
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3.3.8.2 Die Vergabe theologischer Grade Auch wenn das examen theologicum die wohl am häufigsten dokumentierte Prüfung im Protokollbuch darstellt, gab es auch andere Gelegenheiten, bei denen die Theologieprofessoren die theologischen Kenntnisse eines Prüflings bewerten sollten. In erster Linie ist hier an die Examina zur Erlangung eines fakultätseigenen Abschlusses zu denken, also den Grad eines Kandidaten der Theologie, das Lizentiat und den Doktortitel. Tatsächlich konnte sich das Kandidatenexamen allerdings im Untersuchungszeitraum nicht durchsetzen. Die wenigen Versuche, es kurz nach seiner offiziellen Einführung 1655 im akademischen Alltag zu verankern, waren von keinem längerfristigen Erfolg gekrönt. So bemühten sich die Professoren etwa, zumindest die Stelle des Adjunkten an die Bedingung zu knüpfen, den Grad eines Kandidaten der Theologie zu erwerben.268 Ansonsten taucht das Kandidatenexamen im Protokollbuch bezeichnenderweise dann auf, wenn die Fakultät das Ansuchen eines Bewerbers um die höheren theologischen Grade vereiteln will. Dies war bei Jordanus Edenius der Fall, der sich beharrlich dagegen wehrte, nach dem Wunsch der Theologen das Kandidaten- statt Lizentiatsexamen anzuvisieren.269 Auch im Jahr 1674 trat der Fall ein, dass ein aus Sicht der Fakultät für das Lizentiat ungeeigneter Kandidat stattdessen auf das Kandidatenexamen verwiesen wurde.270 In der Auseinandersetzung mit Edenius stellen die Professoren die Vorteile des Kandidatenexamens heraus, die sich als durch die Universitätsordnung verbürgte, verbesserte Karriereaussichten innerhalb der Kirche trotz eines verhältnismäßig geringen finanziellen Aufwands zusammenfassen lassen.271 Die Professoren erwecken den Eindruck, als fürchteten sie um den guten Ruf der Fakultät, wenn jemand zügig zum Lizentiat zugelassen werde – ganz zu schweigen davon, dass dadurch dem Grad eines Kandidaten der Theologie Geringschätzung drohe, bevor er überhaupt in Schwung kommen könne.272 Sie verstehen die höheren theologischen Grade vielGeschichte verbergen, gibt auch Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus V (19.05.1670), 173, als Benzelius nach den griechischen und lateinischen Kirchenvätern sowie nach der Geschichte des Antichristen fragt. 268 Vgl. die Forderungen an den potentiellen neuen Adjunkten Petrus Laurentinus in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (29.05.1660), 39. 269 Vgl. den entsprechenden Vorschlag der Fakultät in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (19.12.1655), 4. Auch personalpolitische Erwägungen könnten den Theologen unterstellt werden, wenn sie Edenius als einem Schüler ihres Kollegen Terserus das Lizentiat so lange verweigern, bis er schließlich zum Professor der Theologie berufen worden ist. Denn Göransson beschreibt, dass Lithman bereits früher versuchte zu verhindern, dass Edenius ein Reisestipendium erhielt. Laut Göransson war Lithmans Handeln gegen den Einfluss Helmstedter Theologie an der Universität Uppsala gerichtet, vgl. Göransson, Ortodoxi, 308. 270 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (31.08.1674), 211. 271 Vgl. die Entgegnung der Professoren auf die Bemühung ihres Kollegen Terserus, doch noch eine Zulassung zum Lizentiatsexamen für Edenius zu bewirken: Fakultetsprotokoll 1655– 1677, Conventus III (19.12.1656), 11. 272 Vgl. den Einwand auf Edenius’ erneute Anfrage in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (10.02.1657), 14 f.
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mehr als Ehrentitel, die den Inhabern vornehmer Ämter vorbehalten sein sollen.273 Deshalb sind die Professoren auch davon überzeugt, dass es der Kirche und der Akademie am meisten nütze, wenn der Doktorgrad nur sparsam vergeben werde.274 Die von Professorenseite geäußerte Auffassung, dass eine inflationäre Vergabe des Doktortitels dessen Wert schmälert, ist folgerichtig und zeugt von ihrem Bemühen darum, dem höchsten akademischen Titel in der Theologie den Anschein der Exklusivität zu bewahren. Was dabei aber nicht vergessen werden darf, ist, dass sich die Träger der Doktorenwürde selbst zu einem Großteil aus der Schar der Theologieprofessoren rekrutierten. Daher liegt die Vermutung nahe, dass den Theologieprofessoren nicht nur der Ruf der eigenen Fakultät und der finanzielle Vorteil der Bewerber am Herzen lagen, wenn sie zur Zurückhaltung gegenüber der Verleihung des Doktortitels mahnten, sondern auch die Sorge um das Ansehen ihrer eigenen Berufsgruppe. Dass man in diesem Zusammenhang im Protokoll auf das Kandidatenexamen stößt, lässt darüber hinaus eine weitere Beobachtung zu: Die Beschreibung des neuen theologischen Grades in der Universitätsordnung von 1655 kann so gedeutet werden, dass die Einführung des Kandidatenexamens ursprünglich in Konkurrenz zum philosophischen Magistertitel geschah. Die Protokolle der theologischen Fakultät legen jedoch nahe, dass das Kandidatenexamen in Wirklichkeit eher als Alternative zum Lizentiat und Doktorat verstanden wurde. Da dem Kandidatenexamen keine nennenswerte Relevanz vergönnt war, besteht kein Zweifel an der andauernden Popularität des philosophischen Magistergrades – auch unter künftigen Kirchendienern, wie die Diskussion um die theologische Vorprüfung bereits Ordinierter gezeigt hat.
3.3.8.3 Das examen anniversarium der theologischen Stipendiaten Neben dem Verhör angehender Magister wird das Examen der Stipendiaten und derer, die es werden wollen, häufig im Fakultätsprotokoll erwähnt. Die Voraussetzungen, die ein Stipendiat erfüllen sollte, legten die Professoren bereits 1655 genauer fest.275 Dabei spielte nicht nur das fachliche Wissen eine Rolle, sondern auch persönliche Faktoren wie Herkunft, Lebensweise und Alter wurden berücksichtigt. Die philosophischen und sprachlichen Kenntnisse der Stipendiaten sollten in der Regel denen eines Kandidaten der Philosophie entsprechen, aber sie sollten auch bereits
273 Aus diesem Grund bewerbe man sich nicht selbst darum, sondern man werde mit dieser Ehre bedacht, vgl. unter Berufung auf die Universitätsordnung ausdrücklich Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (10.02.1657), 14 f: „I Constitutionibus Academiæ står at den hederen skal mer offereras än begiäras.“ Dass ein Bewerber noch kein entsprechendes Amt vorweisen kann, wurde gerne als Argument von den Theologieprofessoren gegen die Promotion vorgebracht, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (19.12.1656), 11; Conventus II (31.08.1674), 211. 274 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (12.04.1675), 217. 275 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (02.10.1655), 3.
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erste Erfahrungen in der Theologie gesammelt haben. Das Halten einer öffentlichen theologischen Disputation wurde ebenfalls verlangt. Ergänzt wurde das Aufnahmeverfahren der Stipendienanwärter 1661 durch eine Prüfung in Dogmatik, Bibelkunde, Kirchengeschichte, Hebräisch und Griechisch.276 Dies war dem Umstand geschuldet, dass die Disputation allein als ungenügend empfunden wurde, um sich ein Bild vom Leistungsstand der Studenten zu verschaffen und diese dazu zu motivieren, sich weiterhin mit Fleiß den theologischen Studien zu widmen. Nicht zuletzt hatten ärmere Studenten darüber geklagt, von den Stipendien ausgeschlossen zu sein, weil sie sich den Druck der Disputationsthesen nicht leisten konnten. Der Leistungsstand der theologischen Stipendiaten wurde immer wieder überprüft. Die Prüfungsprotokolle, die im Untersuchungszeitraum für die Jahre 1677, 1679, 1680, 1681, 1683 und 1686 erhalten sind, ermöglichen darüber hinaus einen Einblick in die akademischen Studien der theologischen Stipendiaten.277 Am ausführlichsten und übersichtlichsten ist das Prüfungsverzeichnis von 1677, das daher eine genauere Betrachtung verdient. Hier werden die Stipendiaten unter Rubriken wie Herkunft, Alter, Studiendauer oder besuchte Lehrveranstaltungen verzeichnet und ihr Fortschritt in der Theologie beurteilt. Auf den ersten Blick fällt auf, dass sich kaum mehr als die Hälfte der Stipendiaten überhaupt zur Prüfung eingefunden hat. Aufschlussreich sind die Angaben zu den Lehrveranstaltungen, welchen die anwesenden Stipendiaten beigewohnt haben. Bei allen 24 Stipendiaten, über die nähere Angaben im Protokoll enthalten sind, sind zwei bis drei öffentliche Vorlesungen vermerkt. Zwanzig von ihnen nahmen gleichzeitig an Vorlesungen der philosophischen und theologischen Fakultät teil. Nur ein Prüfling hörte ausnahmslos philosophische Vorlesungen, nämlich bei dem Professor für orientalische Sprachen Andreas Grubb und bei dem Professor für Logik und Metaphysik Matthias Steuchius. Drei Stipendiaten konzentrierten sich in ihren Vorlesungen vermutlich ganz auf die Theologie. Lässt man den Prüfling außer Acht, bei dem nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden kann, ob er Aurivillius’ Griechisch- oder Theologievorlesung beiwohnte, so haben die anderen beiden Studenten, die sich ausschließlich theologischen Vorlesungen widmeten, gemeinsam, dass sie sich mit einer Studiendauer von neun Jahren in einem fortgeschrittenen Abschnitt ihres Studiums befanden. Allerdings muss dabei eingeräumt werden, dass sie zu den Studenten aus dem unmittelbaren Einzugsgebiet der Universität gehörten, die vermutlich mangels einer schulischen Alternative bereits in jungem Alter an die Hochschule in Uppsala gekommen waren und eine entsprechend lange Studiendauer von zwölf bzw. neun
276 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 22.11.1661, 54. Vgl. zu weiteren Bestimmungen über den Erhalt theologischer Stipendien Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (22.02.1662), 59 f, wo u. a. bestimmt wird, dass sich Stipendiaten jedes halbe Jahr der gesamten theologischen Fakultät vorstellen sollen. 277 Überraschend ist allerdings, dass die Examensprotokolle unter der Rubrik „eingegangene Briefe“ abgelegt wurden: Inkomna skrivelser 1654–1696, Examensprotokolle der theologischen Stipendiaten von 1677, 1679, 1680, 1681, 1683 und 1686, UUA / TF, E I 1.
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Jahren vorweisen konnten.278 Die unangefochtene Spitzenposition unter den von den Stipendiaten besuchten Vorlesungen mit mehr als zehn Teilnehmern kommt Matthias Steuchius und dem vierten Theologieprofessor Samuel Skunck zu, was bedeutet, dass die größte Nachfrage für die Fächer Logik und Metaphysik sowie Dogmatik in Gestalt der Loci communes bestand. Immerhin noch sechs Stipendiaten kann der dritte Theologieprofessor Benzelius vorweisen, fünf nahmen an der neutestamentlichen Vorlesung des ersten Theologieprofessors Rudbeckius teil. Damit waren die Theologen keineswegs erfolgreicher als ihre Kollegen aus der Philosophie, wo der Professor für Eloquenz Andreas Norcopensis sechs Stipendiaten unter seine Zuhörer zählen konnte. Weit abgeschlagen ist der zweite Theologieprofessor Brunnerus, in dessen Vorlesung sich nur ein einziger Stipendiat verirrte. Neben den Vorlesungen besuchten die Stipendiaten bis zu drei Privatkollegs. Dabei wird deutlich, dass die Professoren z. T. mehrere Privatkollegs anboten. Bei 21 Stipendiaten ist vermerkt, welche Kollegs sie besuchten. Unter den am häufigsten genannten Themen erweisen sich die dogmatisch ausgerichteten Kollegs von Holm und Skunck, die beide jeweils sechs Stipendiaten vorweisen konnten, am attraktivsten. Hinzu kommt ein Teilnehmer an einem Privatkollegium von Aurivillius, in dem vermutlich ebenfalls dogmatische Gegenstände behandelt wurden. Da keiner der Stipendiaten gleichzeitig mehreren dieser Kollegs beigewohnt hat, bedeutet dies, dass mehr als die Hälfte von ihnen an dogmatischen Übungen teilgenommen hat. Sechs Studenten können Übungen zur Ethik zugeordnet werden, weiterhin nahmen sechs Studenten an Stilübungen teil. Diese stellen also nach der Dogmatik die gefragtesten Themen dar. Zu den von Skunck angebotenen homiletischen Übungen zog es hingegen nur drei Stipendiaten, die alle aus dem Uppland stammten. Wenn man das Examensprotokoll vom Juni 1679 hinzuzieht, bestätigt sich dieser Befund. Bei 22 Stipendiaten lassen sich nähere Auskünfte über ihre Studien an der Universität gewinnen. Rund die Hälfte von ihnen besuchte die öffentliche Vorlesung des vierten Theologieprofessors Samuel Skunck, der sich nach Auskunft des Vorlesungsverzeichnisses von 1678 mit den Loci communes nach Hafenreffer beschäftigte. An den Vorlesungen der anderen Theologen zeigten die Stipendiaten ein mittelmäßiges Interesse. Benzelius kann dabei immerhin sechs Zuhörer vorweisen, während nur ein einziger Stipendiat die Lehrveranstaltung von Rudbeckius aufsuchte. An der philosophischen Fakultät sind zu diesem Zeitpunkt die Vorlesungen in den alten Sprachen Griechisch und Hebräisch besonders gefragt. In Bezug auf die Privatkollegs bemühten sich viele der Stipendiaten, ihr lateinisches Ausdrucksvermögen durch Stilübungen zu verbessern. Als Schwerpunkte in ihren privaten theologischen Studien lassen sich hier deutlich die Kollegs von Benzelius und Brunnerus mit acht bzw. sieben Teilnehmern aus den Reihen der Stipendiaten 278 Im Hinblick auf die aussagekräftigen Angaben im Prüfungsprotokoll von 1677 kann als Tendenz gelten: Studenten, von deren Namen man ihre Herkunft aus dem „Uppland“ ableiten kann, begannen ihre Ausbildung an der Universität durchschnittlich ungefähr im Alter von 15 Jahren, bei den anderen Studenten liegt das Durchschnittsalter etwa bei 18 Jahren.
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ausmachen. Wie sich dem Vorlesungsverzeichnis entnehmen lässt, behandelte Benzelius „methodum & adparatum studii Theologici“279. Über den Gegenstand von Brunnerus’ privater Übung lässt sich im Vorlesungsverzeichnis zwar nichts erfahren, aber das Examensprotokoll berichtet, dass er ein Kollegium „in Könikiano“280 anbot. Damit ist wohl Johann Friedrich Königs „Theologia positiva acroamatica“ gemeint, was beweist, dass diese Schrift schon vor ihrer expliziten Nennung im Vorlesungsverzeichnis von 1684 (vgl. Anm. 189) in der privaten Unterweisung aufgegriffen wurde. Da Brunnerus dem Examensprotokoll von 1677 gemäß mit seiner öffentlichen Vorlesung nur einen einzigen Stipendiaten anlocken konnte – bei den Privatkollegs wird er nicht genannt – liegt der Verdacht nahe, dass der gesteigerte Zuspruch, den sein Kollegium zu König erfährt, tatsächlich in erster Linie auf die Wahl des Themas zurückzuführen ist.281 So zeichnet sich auch im Jahr 1679 ab, dass der Fokus der Stipendiaten in der Theologie auf der Dogmatik liegt. Das Examensprotokoll vom Mai 1680 verfolgt nicht mit gleicher Genauigkeit die Studien der Stipendiaten. Anders als bei den beiden vorhergehenden Protokollen werden ausschließlich die Themen aufgeführt, mit denen sich die Stipendiaten beschäftigt haben, nicht die Lehrpersonen. Philosophische Studien werden nicht erwähnt. Aufschlussreich ist jedoch die Aufzählung der privaten Studien, ohne dass hierbei der institutionelle Rahmen dieser Studien klar zu erkennen wäre. Die Vielfalt dogmatischer Autoritäten umfasst nicht nur Hafenreffer, Hutter und König, sondern die Stipendiaten verweisen auch auf Conrad Dieterichs Katechismus, Johann Gerhards „Disputationes isagogicae“ und Chemnitz’ „Loci Theologici“. Inte ressanterweise gibt einer der Stipendiaten an, Brochmand gelesen zu haben.282 Hierbei handelt es sich um einen der spärlichen Hinweise darauf, dass in Uppsala auch die Entwicklungen dänischer Theologie wahrgenommen wurden. Waren an der Kopenhagener theologischen Fakultät im 17. Jahrhundert gleich mehrere Professoren mit diesem Namen tätig, so kann man doch in erster Linie an Jesper Rasmussen Brochmand (1585–1652) denken, welcher die Geschicke der Fakultät von 1615 bis 1652 wesentlich beeinflusste. Unter seiner umfangreichen Verfasserschaft finden sich dogmatische Werke wie die „Systematis theologici epitome“ von 1649, 279 Vgl. das Vorlesungsverzeichnis von 1678 in Programmata Upsaliensia Vol. I (1617–1680). 280 Vgl. das Protokoll vom Juni 1679 in Inkomna skrivelser 1654–1696. 281 Grundsätzlich sind aber auch andere Gründe für die verhaltene Teilnahme an den Lehrveranstaltungen von Martin Brunnerus (1627–1679) denkbar. Vielleicht hatte er aufgrund von anderen Verpflichtungen oder Krankheit keine (regelmäßige) Unterweisung angeboten. Das Vorlesungsverzeichnis von 1676 (Programmata Upsaliensia Vol. I [1617–1680]) enthält Hinweise auf eine zurückliegende schwere Erkrankung. Weder das Fakultätsprotokoll (vgl. die Planung des Unterrichts der Theologieprofessoren für das kommende Semester in Fakultetsprotokoll 1677–1695 [II], Conventus II [13.09.1677], 1, wo Brunnerus die Behandlung der Samuelbücher und den Übergang zu Ruth und Esther sowie Übungen für Stipendiaten ankündigt) noch das Vorlesungsverzeichnis von 1677 (Programmata Upsaliensia Vol. I [1617–1680]) weisen jedoch darauf hin, dass Brunnerus seiner Lehrverpflichtung nicht wie geplant nachkommen konnte. 282 Vgl. im Protokoll von 1680 in Inkomna skrivelser 1654–1696 den Vermerk zu Johannes Vallenius: „[P]rivatim legit Brochmannum.“
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ein Auszug aus Brochmands dogmatischem Hauptwerk „Universæ theologiæ systema“ von 1633. Die „Epitome“ stellte in Dänemark mehr als einhundert Jahre lang das bevorzugte dogmatische Handbuch bei theologischen Vorlesungen und Disputationen dar.283 Daher ist gut vorstellbar, dass sich der Stipendiat auf dieses Werk bezieht. Anders als das Examensprotokoll von 1680 berücksichtigt das folgende Protokoll vom Dezember 1681 wieder die philosophischen Studien der Stipendiaten. Obwohl es sich um Stipendiaten der Theologie handelt, scheint das Lehrangebot der theologischen Fakultät in diesem Jahr nicht überzeugen zu können: Zehn der anwesenden 23 Stipendiaten besuchten keine öffentliche Vorlesung an der theologischen Fakultät, sondern beschränkten sich auf die Vorlesungen der Philosophen. Von den übrigen Stipendiaten gibt nur einer an, zwei theologische Vorlesungen verfolgt zu haben; alle anderen nahmen nur an einer teil. An der philosophischen Fakultät erweist sich erneut der für Logik und Metaphysik zuständige Steuchius als beliebtester Professor, aber auch die Vorlesungen von Andreas Spole, „Mathematum Superiorum Professor“ (Astronomie), und Nicolaus Wolf, Professor für Politik, wurden eifrig besucht. Die theologische Prüfung der Stipendiaten war umfassend, betraf sie doch nicht nur die Dogmatik in Anlehnung an Hafenreffer, sondern auch Fragen aus den Bereichen Exegese, biblische Geschichte und Theologia polemica. Im Winter 1683 gibt das Examensprotokoll wiederum ein gesteigertes Interesse an den Lehrveranstaltungen der Theologieprofessoren zu erkennen. Nur drei der anwesenden 29 Stipendiaten gaben an, bei den öffentlichen Vorlesungen allein das Angebot der philosophischen Fakultät wahrgenommen zu haben. Sieben der Stipendiaten haben sogar zwei theologische Vorlesungen besucht. Unter den Theologen erfreuten sich Benzelius und Holm in ihren öffentlichen Vorlesungen und privaten Kollegs eines großen Zuspruchs unter den Stipendiaten. Der Unterricht der Philosophieprofessoren war in diesem Jahr unter den theologischen Stipendiaten kaum gefragt: Sowohl ihre öffentlichen als auch privaten Lehrveranstaltungen weisen niemals mehr als drei Teilnehmer aus dem Kreis der Stipendiaten auf. Im Examensprotokoll vom Mai 1686 tritt besonders der Professor für Eloquenz Andreas Norcopensis durch seinen großen Zuhörerkreis hervor: Nicht weniger als 14 der 19 zur Prüfung erschienenen Stipendiaten suchten seine öffentliche Vorlesung auf. Sowohl hinsichtlich der öffentlichen als auch der privaten Unterweisung kann Benzelius im Vergleich mit seinen Kollegen aus der Theologie die meisten Teilnehmer aus der Gruppe der theologischen Stipendiaten vorweisen. Die theologischen Stipendiaten stellen insofern eine Sondergruppe unter den Studenten dar, als davon ausgegangen werden kann, dass die Theologieprofessoren eine stärkere Kontrolle über ihre akademischen Studien ausüben konnten als bei anderen Studenten. Dennoch zeigt die Untersuchung der Prüfungsprotokolle, dass selbst der Erhalt eines theologischen Stipendiums nicht gleichbedeutend war mit der Verpflichtung, ausschließlich an der theologischen Fakultät zu studieren. In 283 So Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 535. Vgl. auch oben Kap. 3.2.2.
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der Regel nahmen die Stipendiaten an Lehrveranstaltungen sowohl der philosophischen als auch der theologischen Fakultät teil, wobei oft ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Anzahl besuchter öffentlicher Vorlesungen und privater Kollegs bestand. Schwankungen blieben dabei nicht aus: 1681 ging der Trend offensichtlich stärker zur Philosophie, 1683 dagegen zur Theologie. Der Studienschwerpunkt in der Theologie liegt auf der Dogmatik; in der Philosophie wurden von den Stipendiaten oft die Fächer Eloquenz, Logik und Metaphysik sowie die alten Sprachen genannt. Immer wieder fallen jedoch auch einzelne Lehrer und Lehrveranstaltungen durch ihre hohen Zuhörerzahlen auf. Unter den Theologen ist es in erster Linie Erik Benzelius, der regelmäßig eine solide Anzahl von Teilnehmern aus dem Kreis der Stipendiaten in seinem öffentlichen wie privaten Unterricht vorweisen kann. Dies ist umso erstaunlicher, als ihm nicht die dogmatische Unterweisung an der Fakultät oblag, was letztlich für die Qualität seiner Lehre spricht.
3.3.8.4 Andere Prüfungen Zuletzt deuten die Protokolle der Fakultät noch drei weitere Situationen an, in denen die Theologieprofessoren als Prüfer tätig wurden. Alle drei werden allerdings im Vergleich mit den vorher genannten Prüfungstypen selten genannt. Gemeint sind die dem Studium an ausländischen Universitäten vorausgehende Prüfung, das mit der Ausfertigung einer Empfehlung verbundene Verhör sowie die Befragung zur Beurteilung der Glaubenskonformität.284 Der Versuch, die Auslandsreisen der Studenten, insbesondere angehender Kirchendiener, zu kontrollieren, war seit dem 16. Jahrhundert ein intensiv diskutiertes Thema zwischen Kirche und Staatsmacht.285 Ebenso umstritten war, wer diese Kontrolle auszuüben hatte, das heißt die Bischöfe bzw. Domkapitel oder die Universität. Nehmen die Privilegien der Universität von 1595 noch eine vermittelnde Position ein, indem sie die Prüfung von Studenten, die für ein Reisestipendium infrage kom 284 Das Fakultätsprotokoll erwähnt keine Prüfungen mit Studenten, die unabhängig von einem der bisher genannten Fälle im Anschluss an eine besuchte Vorlesung abgehalten wurden. Allerdings legt das Album publicorum examinum 1629–1654, UUA / KA, D V 1, Zeugnis davon ab, dass in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts solche Leistungskontrollen durchgeführt wurden, wie sie auch die Universitätsordnung von 1655 ausdrücklich forderte, vgl. Annerstedt (Hg.), Konstitutioner 1655, XX, 3, 44. In der Mitte des 17. Jahrhunderts scheint eine gewisse Prüfungsmüdigkeit eingetreten zu sein: Als der Dekan der theologischen Fakultät am 13.06.1663 das Examen der Stipendiaten wie auch der anderen aus der akademischen Jugend zur Sprache bringt, wird eingeräumt, dass es seit einigen Jahren nicht mehr betrieben worden sei, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (13.06.1663), 70 f. Tatsächlich enden die Angaben im Album publicorum examinum 1654. Wie oben dargestellt kommt es zwar zu einer Wiederbelebung der Prüfungen der Stipendiaten, von einem generellen Verhör der Vorlesungsteilnehmer fehlt im Fakultätsprotokoll dagegen jede Spur. Zum Album publicorum examinum vgl. die genauere Darstellung unten Kap. 3.3.9. 285 Vgl. Göranssons ausführliche Darstellung: Göransson, Studieresorna. Siehe auch Giese, Versuche.
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men, sowohl den Bischöfen als auch dem Kanzler und Kollegium der Universität auferlegen, knüpfen die Privilegien von 1625 das Studium an ausländischen Universitäten an die Zustimmung des Domkapitels. Die Universitätsordnung von 1655 hingegen setzt eine Prüfung durch die Professoren voraus, die dem Nachweis von dogmatischen Grundkenntnissen dient, bevor jemand seine Studien im Ausland fortsetzen darf. Darüber sollen der Rektor und die Dekane ein Zeugnis ausstellen (s. o. Kap. 2.3). Zwar legt die Universitätsordnung von 1655 nicht ausdrücklich fest, welche Professoren dieses Examen vornehmen sollen, aber da es sich um eine dogmatische Prüfung handelt, liegt die Vermutung nahe, dass diese in die Verantwortung der theologischen Fakultät fiel. Dass ein solches Verhör tatsächlich abgehalten wurde, wird im Fakultätsprotokoll aber nur ausnahmsweise vermerkt, wie etwa zu den Zusammenkünften des Professorenkollegiums am 25.05.1665 oder 18.12.1685.286 Eine Erklärung dafür könnte sein, dass die Prüfungen zwar durch die Universitätsordnung vorgeschrieben wurden, in der Praxis aber gar keine Rolle spielten. Die Überlegung der Theologieprofessoren, ein ausführlicheres Testimonium für diesen Prüfungstyp einzuführen, weist aber darauf hin, dass dieses Verhör zumindest in der Mitte der 1660er-Jahre in den akademischen Alltag der Fakultät integriert war.287 Ob dies dauerhaft der Fall war, ist zu bezweifeln; Anfang der 1670er-Jahre lässt sich anhand des Protokolls der theologischen Fakultät erkennen, dass der Prüfungseifer der Studenten zu wünschen übrig ließ. Denn die Professoren beklagten, dass sich Studenten ausnahmslos aller Fachbereiche scharenweise auf ihre Auslandsreisen begaben, obwohl sie weder über die notwendige geistige Reife noch über eine solide Grundausbildung verfügten. Offenbar standen die Theologen dieser Entwicklung ziemlich machtlos gegenüber, da sie zur Verbesserung der Lage auf die Unterstützung des Universitätskanzlers hofften. Ausdrücklich wollten sie beratschlagen, wie dieses Examen wieder in Gang gebracht werden könnte, was bezeugt, dass die damalige Prüfungspraxis nicht den normativen Vorgaben entsprach.288 Auch in der Mitte der 1680er-Jahre beschwerten sich die Theologen, dass Studienreisen zu ausländischen Universitäten ohne vorheriges Verhör angetreten würden. Auf Kosten des Einflusses der theologischen Fakultät wurde dieses Verhalten anscheinend von ihren Kollegen an den anderen Fakultäten unterstützt, indem sie die betreffenden 286 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VII (25.05.1665), 93; Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (18.12.1685), 110. 287 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VI (15.11.1666), 114. Die Theologieprofesso ren erwägen, eine umfassendere Bescheinigung nicht nur für solche Studenten zu etablieren, die ins Ausland reisen wollen, sondern auch für solche, die eine Empfehlung für ihren Bischof begehren, ohne einen akademischen Grad anzuvisieren. 288 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus X (05.06.1671), 180: „Fans och nödigt att referera till Consistorium och förmodeligen widare till Illust. Cancellarium, huru som Studiosi så Theologiæ som aliarum Facultatum, hoopetals reesa uth ännu omogne, och i sine saker ogrundade. Och begiära hans Excellences hielp till att sådant styra och afböja. Skulle och widare rådslås huru man lämpeligast kunde komma examen illud på banen igen, som skall hållas med dem som willja i rättan tijd peregrinera.“
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Studenten mit Zeugnissen versahen, ohne auf die theologischen Belange Rücksicht zu nehmen.289 Als weitere Ursache für die seltene Erwähnung dieses Prüfungstyps im Protokoll kann angeführt werden, dass dieses Examen einen informellen Charakter aufwies und anders als z. B. die dem Magistergrad vorausgehende theologische Prüfung eher im Einzelgespräch als vor dem Fakultätsplenum stattfand. Daher bestand kein unmittelbarer Grund, sie im Protokollbuch zu notieren. Dies bestätigt der Fall des Studenten Andreas Liedberg.290 Dem Protokoll lässt sich entnehmen, dass er sich einem Verhör durch Benzelius sowie einer Befragung durch den Dekan Brunnerus gestellt hatte. Nur weil sich diese zunächst nicht einig waren, wie das Ergebnis von Liedbergs Prüfungen aufgrund seiner durchwachsenen theologischen Kenntnisse aussehen sollte, wurde sein Fall in der Sitzung vom 17.05.1675 aufgegriffen. Benzelius sprach sich unter Berufung auf die Gepflogenheiten und die Vorschriften dafür aus, dass Liedberg entweder gar keine oder eine ausführliche Bescheinigung erhalten sollte, während Brunnerus dem Studenten zunächst ein individuelles Zeugnis ausgestellt hatte, das seinen Wissensstand widerspiegelte. Brunnerus’ Vorgehen scheint trotz Benzelius’ Einwand nicht völlig ungewöhnlich zu sein, wird doch im Protokoll vom 04.06.1682 festgehalten, dass ein adliger Prüfling nach dem alle Erwartungen übertreffenden, erfolgreich überstandenen Verhör das Testimonium der Fakultät „in ampliori forma“ erhält.291 289 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VIII (15.06.1685), 102: „Anmältes ok i Faculteten at de som studiorum causa begifwa sig i främmande land, böra först låta examinera sig in Facultate Theologica, hwilket såsom en oc annan nyligen hade försummat at begiära, så hade Decanus icke kunnat underlåta giöra der om påminnelse in Consistorio Academico, at dem icke må meddelas Testimonium publicum förän de jämwäl i detta mål hade præsterat præstanda.“ 290 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VI (17.05.1675), 218 f. 291 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus IV (04.06.1682), 51. Wie eine Bescheinigung der theologischen Fakultät für einen an ausländische Universitäten reisenden Studenten aussehen konnte, zeigt das Beispiel von Erik Odhelius, auch wenn dieser als Magister und theologischer Adjunkt sicher nicht den Normalfall eines peregrinierenden Studenten darstellt und aus diesem Grund möglicherweise eine ausführlichere und individuellere Empfehlung ausgehändigt bekam als andere Studenten. Dabei ist nicht nur eine vom Dekan der theologischen Fakultät Petrus Schomerus ausgestellte Bescheinigung erhalten (Acter och Handlingar rörande Biskop O. Laurelius i Westerås och hans embetstid, Petrus Schomerus, Teol. Fac. Decanus: Betyg för Eric Odhelius 1649 d. 18. Juli, UUB, K 70 Fol., Nr. 116), sondern auch ein Testimonium des Rektors der Universität Zacharias Humerus (Acter och Handlingar rörande Biskop O. Laurelius i Westerås och hans embetstid, Zacharias Humerus, Rector Acad. Ups., Pass för Eric Odhelius 1649 den 28. Juni, UUB, K 70 Fol., Nr. 118). Das Schreiben des Rektors weist einen allgemeineren Charakter auf als die Empfehlung der theologischen Fakultät, wendet er sich doch unspezifisch an den „wohlwollenden Leser“ („Benevole Lector“) und bittet diesen generell um Unterstützung für Odhelius. Schomerus hingegen bewegt sich mit seinem Brief von vornherein im akademischen Kontext, da er gezielt Theologieprofessoren an orthodoxen deutschen Akademien anspricht. Als Maßstab für die Orthodoxie der Universitäten definiert Schomerus ihr Festhalten an der Confessio Augustana invariata. Eine derartige konfessionelle Beschränkung potentieller Reiseziele ist im Schreiben des Rektors nicht enthalten. Die Unterstützung, die sich Schomerus für Odhelius wünscht, ist in erster Linie ideeller Art; durch „Unterweisung“ und „gute Ratschläge“ („informatione bonisque consiliis“) sollen
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Die Studien an der Universität mit einem akademischen Grad abzuschließen, stellte eher die Ausnahme als die Regel dar. Daher war es nicht ungewöhnlich, die Theologieprofessoren stattdessen um eine Empfehlung für den Bischof im Heimatbistum zu bitten. So berieten die Theologen im Jahr 1666, ob sie nicht in diesem Fall auf ein umfassenderes Testimonium zurückgreifen sollten (s. o. Anm. 287). In welchem Umfang hier überhaupt eine Art Verhör stattfand, ist fraglich. Das Fakultätsprotokoll gibt keine genauere Auskunft darüber, sodass wohl von einer Prüfung in Form eines informellen Gesprächs mit einzelnen Professoren ausgegangen werden kann. Es ist aber auch vorstellbar, dass die Studenten, die eine Empfehlung für ihren Bischof begehrten, schlicht mit einem standardisierten Dokument ausgestattet wurden. Denn das Verhör vor dem heimischen Domkapitel, das der Ordination vorausging, konnte eine Prüfung an der theologischen Fakultät sowieso nicht ersetzen, wie die Anfrage eines zum Feldprediger berufenen Studenten belegt. In der irrigen Meinung, das Examen der theologischen Fakultät könne „pro examine ad ordinationem“ gelten, wünschte dieser, zur Prüfung zugelassen zu werden. Im Anschluss daran plante er, von irgendeinem Bischof, dem er auf der Reise zu seiner neuen Wirkungsstätte begegnete, aufgrund dieser Prüfung ordiniert zu werden. Die Theologen stellten jedoch klar, dass das theologische Examen nicht auf die Ordination abziele und dass er ebenso wenig hier überhaupt das „examen pro ordinatione“ ablegen könne, sondern verwiesen ihn mit diesem Anliegen an sein Heimatbistum.292 Die Theologieprofessoren waren also bemüht, das universitäre examen theolo gicum genau von dem mit der Ordination verbundenen Verhör im Bistum zu unterscheiden. Dass diese strikte Trennung schwer aufrechtzuerhalten war, wenn die Theologen in ihrer Doppelfunktion als Mitglieder des Domkapitels und als Professoren betroffen waren, zeigt das Beispiel des Studenten Bogmann. Im Consistorium Ecclesiasticum als untauglich für das Pfarramt befunden, überlegten die Professoren nun, ob er zum theologischen Examen zugelassen werden könne. Daran zweifelte man zunächst, aber auch nach Rücksprache mit dem Erzbischof konnten keine schwerwiegenden Gründe gefunden werden, um die Forderung des Studenten von vornherein zurückzuweisen.293 Dass sich die Theologieprofessoren mit Anhängern anderer Konfessionen auseinandersetzen mussten, war nach Auskunft des Fakultätsprotokolls nur bei wenigen die Professoren Odhelius beistehen. Sieht man von dem überschwänglichen Lob auf seine brillanten geistigen Fähigkeiten ab, beschränken sich die konkreten Angaben, die beide Schreiben zu Odhelius’ Person machen, auf die wichtigsten Stationen seines akademischen Werdegangs. So erwähnen sie, dass er sich nach dem Erwerb des Magistertitels an der Universität in Uppsala verstärkt den theologischen Studien zuwandte, woraufhin er zum Adjunkten der Theologie ernannt wurde. 292 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VII (12.06.1677), 244: „Jonas Ragirus OGothus kallad till Prestetiänst wid fäldtet begärade examen Facultatis, förmenande att dhet skulle kunna gälla pro examine ad ordinationem, så att nogon Bischop, den han i resan till fäldtet besökiande worde, måtte honom der på ordinera. Han wardt underrättad, att det examen, som han begärade, går intet uth på ordination, eij eller kunde han här, utan i sitt Sticht, sökia examen pro ordinatione.“ 293 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus IV (27.11.1679), 23 f.
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Gelegenheiten der Fall. So suchte etwa 1677 ein Dominikaner, der sich im Streit mit den Jesuiten befand, die Stadt auf, woraufhin sich die Theologieprofessoren um seine rasche Ausweisung bemühten.294 Anfang der 1680er-Jahre wurden sie auf Geheiß des Kanzlers bzw. Königs zwei Mal mit der Aufgabe betraut, potentielle Konvertiten bei ihrer Umkehr zum lutherischen Glauben zu unterstützen.295 Durch ausführliche Verhöre zu verschiedenen dogmatischen Fragestellungen ausgehend von der Confessio Augustana versuchten sie, die Absichten der Kandidaten zu ergründen und ihren Wissensstand zu überprüfen. Auf diese Weise gelang es den Theologen, den deutschen Baron Franciscus Maximilianus aufgrund seiner fehlenden Kenntnisse des Plagiats zu überführen.296 Lehmanns Prüfungsleistung wurde zwar optimistischer beurteilt, aber er zeigte eine auffällige Beharrlichkeit, was das Festhalten an der Transsubstantiationslehre und der Lehre von Marias unbefleckter Empfängnis betraf. Seine Schwächen lagen stärker im Sozialverhalten, fiel er doch durch seine alkoholischen Eskapaden negativ auf und machte sich weiter unbeliebt, indem er sich abfällig über die Kollegen aus Åbo äußerte. Trotz dieser offensichtlichen Mängel in Fragen der Lehre und der Lebensweise bzw. berechtigter Zweifel an der Aufrichtigkeit ihrer Absichten beließen es die Theologieprofessoren in beiden Fällen bei Belehrung und Ermahnung sowie einem Brief an den Auftraggeber. Auch wenn die Reaktion der Theologen eher verhalten ausfällt, zeigt die ausführliche Behandlung dieser beiden Fälle im Fakultätsprotokoll, dass sie die wenigen Gelegenheiten, bei denen sie mit (potentiellen) Anhängern anderer Konfessionen konfrontiert wurden, durchaus ernst nahmen. Zusammenfassend verdeutlicht der Überblick über die Prüfungstätigkeit der Theologieprofessoren, dass sich ihr Einflussbereich im Wesentlichen auf zwei Gruppen von Studenten erstreckte: die angehenden philosophischen Magister und die theologischen Stipendiaten. Das Anforderungsniveau des theologischen Examens darf im ersten Fall nicht überschätzt werden, wenn man bedenkt, dass selten Studenten das gewünschte Testimonium verweigert wurde und es der Strategie der philosophischen Fakultät folgend offenbar möglich war, die Prüfung schon zu Beginn des Studiums zu bestehen. Die Prüfungsprotokolle der theologischen Stipendiaten lassen keinen Zweifel daran, dass selbst diese zu gründlichen theologischen Studien prädestinierte Gruppe gleichzeitig an der philosophischen und theologischen 294 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus III (19.09.1677), 3. 295 Zu dem deutschen Baron Franciscus Maximilianus vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (03.11.1681), 41 f; Conventus III (08.11.1681), 42–46. Zu „Pontificius“ Lehman vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (11.09.1683), 63 f; Conventus IV (ohne Datum), 65; Conventus II (30.01.1684), 68; Conventus III (05.02.1684), 72; Conventus IV (08.02.1684), 72–75; Conventus VI (13.03.1684), 76 f; Conventus VII (15.03.1684), 77–79. 296 Der Dekan war im Besitz einer lateinischen Schrift, in der Franciscus Maximilianus behauptete, seine Gründe aufgeführt zu haben, die ihn dazu bewogen hätten, sich von der päpstlichen Religion abzuwenden. Auf Nachfragen zu seiner Schrift konnte er jedoch in der Regel nicht antworten, was die Professoren zu dem Schluss führte, dass die Schrift nicht von ihm stammen konnte, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus III (08.11.1681), 45: „Och der af gafz tillfälle remonstrera honom att han intet war Author till samma Scriptum, det han och måste bekiänna“.
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Fakultät studierte und dabei hauptsächlich das dogmatische Lehrangebot an letzterer wahrnahm. Vor diesem Hintergrund ist kaum zu erwarten, dass ein gewöhnlicher Student ohne Stipendium und ohne das Ziel eines akademischen Grades, aber mit der Ambition, eine berufliche Laufbahn innerhalb der Kirche anzutreten, die exegetischen Vorlesungen aufsuchte. Im Fakultätsprotokoll erscheinen dementsprechend wiederholt Klagen der Theologen über den mangelnden Fleiß der Studenten, besonders die exegetischen Lehrveranstaltungen zu besuchen.297 Dass die Theologieprofessoren die Studien dieser Studenten, die nur kurz an der Universität verweilten, auf irgendeine Art und Weise nachhaltig beeinflussten, lässt sich dem Fakultätsprotokoll nicht entnehmen. Die Zuständigkeit der lokalen Bistumsleitungen für die Überprüfung dieser Pfarramtskandidaten vor der Ordination erweist sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts nach Aussage des Fakultätsprotokolls als unangefochten: Die Fakultät unternimmt hierin keinerlei Versuche, sich weitergehende Prüfungskompetenzen zu sichern. Stattdessen scheinen die Fakultät und die Bischöfe einträchtig in dieser Frage zusammenzuarbeiten. Was den Theologieprofessoren bleibt, ist die – wenn auch eingeschränkte – theologische Kontrolle derer, die später zur höheren Geistlichkeit gehören werden, wie es von Magistern und Stipendiaten zu erwarten ist.
3.3.9 Die Besucherfrequenz der theologischen Vorlesungen Ob die Beschwerden der Theologieprofessoren über das fehlende Interesse der Studenten an ihren Lehrveranstaltungen berechtigt waren, lässt sich für den Zeitraum 1629 bis ca. 1676 überprüfen, denn in diesen Jahren verzeichnen das Album publi corum examinum, der Liber praelectionum sowie der Catalogus studiosorum die Namen der Studenten, die sich für die einzelnen Vorlesungen bzw. die sich daran anschließenden Prüfungen einschreiben ließen. Das Album publicorum examinum298 belegt die Existenz eines Prüfungstyps, der zu der Zeit gerade im Verschwinden begriffen war, als man 1655 anfing, ein Fakultätsprotokoll zu führen: die allgemeine Prüfung über die Inhalte einer Vorlesung (vgl. dazu oben Anm. 284). Das erste Verzeichnis beginnt im Mai 1629; das Buch endet mit den Prüfungen, die 1654 abgehalten wurden. Zunächst wurden die Prü 297 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (24.04.1673), 201: „Repeterade Hr. Decanus den gamle klagan om Studiosorum Theologiæ etiam Magistrorum, af hwilcka nu här wijd Academien ett stort antahl är, oflijt att frequentera exercitia tam publica quam privata, serdeles lectiones publicas Theologiæ Exegeticæ, hwilcka lijkwäll fast angelägen äro att höra för hwarje handa nödigheeter, i synnerheet aff dem som förmeenes nöjachtige profecter hafwa giordt in Theologia Thetica“. Daraufhin sollen die Studenten, besonders die theologischen Stipendiaten, zusammengerufen und zu größerem Fleiß ermahnt werden. Vgl. auch Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus II (13.09.1677), 2: „Klagades öfwer Studiosæ juventutis oflijt in freqventandis lectionibus publicis, besynnerligen in Theologia Exegetica: och skulle tänckias på någre medel att obligera dem der till.“ 298 Album publicorum examinum 1629–1654, UUA / KA, D V 1.
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fungen halbjährlich veranstaltet, wobei die eine Prüfungsphase in der Regel im Mai stattfand, die andere im Oktober bzw. November. Seit November 1638 lässt sich jedoch beobachten, dass man die Prüfungen auf einen Termin pro Jahr reduzierte. Abgesehen von einer größeren Unterbrechung Mitte der 1640er-Jahre kamen die Professoren den Prüfungen mit großer Regelmäßigkeit nach. Die Verzeichnisse erwecken den Eindruck, dass sie nur die Studenten aufzählen, die die genannte Prüfung auch bestanden haben, da der Erfolg der einzelnen Prüflinge nicht genauer angezeigt wird. Auf diese Annahme deuten auch der Titel des Buchs hin sowie einzelne Überschriften, die festhalten, dass die im Folgenden genannten Studenten in den Prüfungen ihren „Fleiß“ oder ihre „Sorgfalt“ bewiesen haben.299 Inwieweit das Teilnehmerfeld der Prüfungen mit der Zuhörerschaft der Vorlesungen identisch war und inwieweit die Studenten ihre Vorlesungen frei auswählen konnten, bleibt zu fragen. Aber da dies auf alle Vorlesungen gleichermaßen zutrifft, können diese Überlegungen nachfolgend vernachlässigt werden. Schon der erste Blick auf die Anzahl der Prüflinge verrät, dass die dogmatischen Vorlesungen in dieser Hinsicht mit Abstand die gefragtesten Lehrveranstaltungen an der theologischen Fakultät darstellten. In der Regel nahmen zwischen siebzig und einhundert Studenten das Verhör auf sich. Bis zur Mitte der 1630er-Jahre wird dabei häufig noch einmal differenziert, ob es sich um eine Prüfung „in Locis Theologicis“ oder „in controversiis“ handelt; danach scheint nur noch eine gemeinsame Prüfung in der Glaubenslehre angeboten worden zu sein. Dies entspricht der Tendenz, die sich in den Vorlesungsverzeichnissen abzeichnet: Betrachtet man die beiden frühesten Übersichten über die Veranstaltungen der Professoren, die aus dem Jahr 1634 erhalten sind, hält der für Dogmatik zuständige vierte Theologe Olaus Laurelius darin noch betont fest, in seiner Vorlesung beide Aspekte zu behandeln, die Glaubensartikel und die theologischen Kontroversen.300 Später hingegen wird diese Trennung unscharf; häufig beschränken sich die Angaben auf den Verweis, über die Loci theologici lesen zu wollen (s. o. Kap. 3.3.2). Eine beispielhaft an den Prüfungen vom November 1630 durchgeführte Stichprobe ergibt, dass sich keiner der angeführten Studenten beiden dogmatischen Prüfungen stellte. Was die exegetischen Vorlesungen betrifft, scheint sich die Anzahl der Prüfungsteilnehmer meistens zwischen zwanzig und fünfzig bewegt zu haben. Wie eine alttestamentliche Vorlesung – angeboten vermutlich von Laurentius Olai Wallius zu den Geschichtsbüchern – im Mai 1634 auf die stattliche Anzahl von 109 Prüflingen 299 Vgl. die Überschrift des Albums in Album 1629–1654: „Album publicorum examinum, ex quo recognoscendi sunt, qui beneficiis Academicis, publicis testimoniis, aut commendatione aliqua digni habebuntur.“ Zur ersten Prüfung im Jahr 1636 etwa wird vermerkt: „Anno 1636: Sub Rectoratu Vexionensis, in examine publice instituto, industriam et diligentiam suam nobis comprobarunt subscripti adolescentes.“ 300 Vgl. Oxenstierna, Rectoratus Ubsaliensis, 11 (Sommer 1634): „M. Olaus Laurelius […] Articulos Fidei ab initio tractabit & controversiarum Theologicarum Synopsin proponet […].“ Vgl. Oxenstierna, Rectoratus Ubsaliensis, 57 (vermutlich Winter 1634): „M. Olaus Laurelius, in Articulorum fidei & controversiarum Theologicarum Synopsi progredietur […].“
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kam, obwohl die üblichen drei exegetischen Vorlesungen angeboten wurden, bleibt ein Rätsel. Ein Beispiel soll illustrieren, wie die Anzahl der Prüflinge bei den theologischen Vorlesungen im gesamtuniversitären Zusammenhang einzuschätzen ist. Im Mai 1631 wurden bei den halbjährlichen Prüfungen folgende Teilnehmerzahlen notiert: Logik 41, Optik 12, Geschichte 27, Griechisch 44, Arithmetik / Algebra 14, Hebräisch 5, Eloquenz 10, Astronomie 20, Politik 17, Physik 42, Glaubenslehre („In Locis Theologicis“) 89, Streitfragen („In Controversiis“) 46, Propheten 5, Neues Testament 28, Altes Testament (d. h. Geschichtsbücher) 33. Diese Übersicht verdeutlicht, dass das aus zwei Teilprüfungen bestehende dogmatische Examen die Spitzenposition unter den angebotenen Vorlesungen auch unter Hinzuziehung der an der artistischen Fakultät angesiedelten Lehrveranstaltungen innehatte. Zwar kann die Vorlesung über die Propheten mit nur fünf prüfungswilligen Studenten nicht punkten. Zusammen mit Hebräisch, das in dieser Aufstellung den Eindruck eines ‚Orchideenfachs‘ erweckt, ist sie auf den letzten Platz verwiesen. Allerdings muss eingeräumt werden, dass die medizinische und juristische Fakultät womöglich aus Teilnehmer- oder Personalmangel zu diesem Prüfungstermin überhaupt keine Examina verzeichnen konnten, sodass an der Dominanz der theologischen Fakultät unter den höheren Fakultäten trotz des mageren Zulaufs im prophetischen Unterricht kein Zweifel besteht. Im Unterschied zum Album publicorum examinum orientieren sich der Liber praelectionum301 und der Catalogus studiosorum302 nicht mehr an den halbjährlich oder jährlich abgehaltenen Prüfungen, sondern geben an, welche Studenten sich zu Beginn des Vorlesungsjahres (für gewöhnlich im Oktober) für die Vorlesung eines bestimmten Professors einschreiben ließen und damit ihre Absicht bekundeten, an dessen Lehrveranstaltung teilzunehmen. Die behandelten Themen oder die Fachgebiete der einzelnen Vorlesungen lassen sich diesen beiden Verzeichnissen nicht entnehmen, hier müssen die Angaben in den entsprechenden Vorlesungsverzeichnissen hinzugezogen werden. Zusammen decken die beiden Bücher den Zeitraum 1656 bis ca. 1676 ab. Das Beispiel von Laurentius Stigzelius, der während des vom Liber praelectionum umfassten Zeitraums für die neutestamentliche Unterweisung verantwortlich war, führt eindrücklich vor Augen, dass die Zuhörerzahl von Jahr zu Jahr stark variieren konnte.303 Wollten 1656 etwa 117 Studenten seiner Vorlesung über den Römer- und 301 Liber praelectionum 1656–1669, UUA / KA, D IV 1. 302 Catalogus studiosorum 1670–1676, UUA / KA, D IV 2. 303 Dieses Phänomen stark divergierender Publikumsgrößen kannten auch die Wittenberger Theologen. Im Rahmen einer Visitation der Universität mussten die dortigen Professoren im Juli 1665 über die Besucherzahlen ihrer Vorlesungen Auskunft geben, vgl. Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt / Walter Friedensburg (Hg.), Urkundenbuch 2, Nr. 772, 204. Der Theologe Johannes Meisner erklärt: „Auditores sind ungleich, oft 80, 90, 100, weniger oder mehr, laufen gemeiniglich viel zu, nachdem man etwaß neues vorbringet und balde absolviret; wofern aber eine gewöhnliche materia und zwar etwaß ausführlich tractiret und etwaß dictiret wird, kommen sie nicht heufig hienein, sondern einer schreibets von den andern ab.“ Sein Kollege Abraham Calov gibt an: „[D]er numerus auditorum ist nicht allzeit gleich, bißweilen 60 biß 100; itzo, da gottlob die academia zimblich zunimbt und der schädtliche penalismus abgethan, in die 400 biß 500.“
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Hebräerbrief beiwohnen, so halbierte sich die Anzahl ungefähr ein Jahr später, als er sich den Epheser- und Philipperbrief vorzunehmen gedachte, bis sich 1658 nur noch 14 Studenten fanden, die sich bereit erklärten, seine Vorlesung über die Briefe an die Kolosser und Thessalonicher zu besuchen. In den Folgejahren pendelte sich die Anzahl seiner Zuhörer ungefähr bei 45 bis 55 ein. Worüber er 1660 las, sodass er damit neunzig Studenten anlocken konnte, lässt sich aufgrund des fehlenden Vorlesungsverzeichnisses nicht mehr nachvollziehen. Seinem Kollegen Carl Lithmann waren im Verlauf desselben Zeitraums alttestamentliche Vorlesungen anvertraut. Die Größe seines Publikums konnte zwischen 15 (1657) und 64 (1666) schwanken. Das Beispiel von Stigzelius legt die Vermutung nahe, dass die Themenwahl der Faktor war, der über die Menge der Zuhörer entschied. Daneben mag die Vortragsweise des Professors die Popularität seiner Vorlesungen beeinflusst haben. Erneut erfreuten sich die dogmatischen Vorlesungen des vierten Theologieprofessors des größten Zulaufs. Erik Odhelius’ Vorlesung über die Loci communes zählte 1656 nicht weniger als 278 Interessenten. Im Vergleich zu den Studenten, die in den letzten Jahren des Album publicorum examinum für dogmatische Prüfungen verzeichnet worden sind, stellt dies einen rasanten Anstieg dar. Will man dies nicht allein Odhelius’ pädagogischem Talent oder äußeren Faktoren zuschreiben, weist dieser Umstand auf eine gewisse Prüfungsmüdigkeit unter den Studenten am Ende des vom Album publicorum examinum dokumentierten Zeitraums hin. Allerdings muss man einräumen, dass diese enorme Anzahl von Zuhörern eine Ausnahme bildet; schon im nächsten Jahr musste sich Odhelius mit rund 130 Studenten begnügen. Dass sich die Studenten vor allem aus dem mittelschwedischen Einzugsgebiet der Universität rekrutierten, ist unverkennbar.304 Die Anzahl der aus dem finnischen Landesteil kommenden Studenten beträgt in den dogmatischen Vorlesungen dieser beiden Jahre jeweils weniger als zehn. Betrachtet man speziell die Studenten aus dem Uppland, so stammen 1656 zirka 26 % der Zuhörer aus der unmittelbaren Umgebung. Ein Jahr später hat sich die Anzahl der Studenten aus dem Uppland in Odhelius’ Auditorium nur geringfügig verringert; wegen der insgesamt gesunkenen Zahl an Zuhörern beläuft sie sich daher 1657 auf rund 54 %. Neben Odhelius hatten im Zeitraum des Liber praelectionum und des Catalo gus studiosorum Jordanus Edenius, Martin Brunnerus, Erik Benzelius und Samuel Skunck die vierte Theologieprofessur inne.305 Das Auditorium der beiden zuerst Genannten bewegte sich in der Regel zwischen 130 und 140 Zuhörern, wobei sich sowohl bei Odhelius (1656) als auch bei Edenius (1660, 1664) in Einzelfällen auch über 200 Studenten für ihre dogmatischen Vorlesungen interessierten. In Brunne 304 Genauer schlüsseln sich die Zuhörerzahlen nach Herkunft sortiert folgendermaßen auf, vgl. Liber praelectionum, zu Erik Odhelius, I. 1656: Uppland 73, Hälsingland 17, Linköping 12, Skara 24, Södermanland 17, Närke 14, Västerås 21, Växjö 41, Kalmar 15, Värmland 24, Härnösand 11, Österbotten (heute Finnland) 7, Viborg (heute Russland) 2. II. 1657: Uppland 70, Linköping 7, Skara 29, Strängnäs 2, Västerås 1, Växjö 16, Åbo (heute Finnland) 5. 305 Zu Odhelius, Edenius und Benzelius und ihren Auslandsreisen vgl. auch unten Kap. 4.1.2; 4.1.3.2.
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rus’ Vorlesungen 1667 bis 1669 (ca. 147, 168, 198 Zuhörer) zeichnet sich ein stetiger Anstieg der Studentenzahlen ab. Erik Benzelius kann jedoch immer deutlich mehr als 200 Teilnehmer an seinen dogmatischen Vorlesungen vorweisen, 1673 sind es sogar mehr als 300 Studenten, die Interesse an seiner Lehrveranstaltung bekundeten. Dem Unterricht seines Nachfolgers Samuel Skunck wollten zwar auch noch mehr als 200 Studenten folgen, aber die Teilnehmerzahlen erreichen bei Benzelius zweifellos einen Höhepunkt, der auf eine besondere Popularität unter der Studierendenschaft schließen lässt. Erstaunlich wenig Wirkung konnte dagegen augenscheinlich Petrus Rudbeckius während seiner langjährigen Tätigkeit an der Universität entfalten. Mit viel Ausdauer gelang es ihm, sich von seiner außerordentlichen Professur allmählich bis zur Position des ersten Theologen an der Fakultät vorzuarbeiten. In seinen Vorlesungen bestand ein geradezu optimales Betreuungsverhältnis, verirrten sich dorthin doch nur einmal, nämlich als er 1666 über die Propheten las, mehr als dreißig Zuhörer. In den Jahren 1656 bis 1660 umfassen seine Teilnehmerlisten höchstens zehn Namen, 1658 erklärte sich sogar nur ein einziger Student bereit, an der Vorlesung teilzunehmen. Dieser Befund wiegt umso schwerer, als er in diesen Jahren verschiedene Schriften aus dem Konkordienbuch durchging, nämlich die Schmalkaldischen Artikel, den Traktat über die Gewalt und Obrigkeit des Papstes, den Großen Katechismus, die drei ökumenischen Symbole (aber auch die von Ephesos und Chalcedon) sowie die Confessio Augustana (vgl. oben Kap. 3.3.3). Gemessen an den verschwindend geringen Teilnehmerzahlen kann dieser Vorlesungsreihe keine größere Wirkung zugestanden werden. Exemplarisch soll erneut veranschaulicht werden, wie die Teilnehmerzahlen an der theologischen Fakultät im Vergleich zur gesamten Universität zu bewerten sind. Als Beispiel soll das Jahr 1661 herangezogen werden, also dreißig Jahre später als das oben angeführte Beispiel aus dem Album publicorum examinum. Für die theologische Fakultät ergibt sich in diesem Jahr folgendes Bild: 47 Studenten trugen sich für die Vorlesung von Laurentius Stigzelius über die Petrusbriefe und die Konzile bis zur Reformation ein. Carl Lithmans Vorlesung, in der er das Buch Numeri zu beenden beabsichtigte und sich kurz der Kirchengeschichte zuwenden wollte, zählt 41 Namen. Erik Odhelius stellte in Aussicht, Jeremia abzuschließen und zu den Klageliedern und Ezechiel überzugehen, was 45 Studenten interessierte. Die Vorlesung von Jordanus Edenius über die Loci theologici und alte sowie aktuelle Kontroversen wollten 146 Studenten besuchen. An der juristischen Fakultät bekundeten neun Studenten die Absicht, die Vorlesung von Daniel Sidenius zu verfolgen, ebenso viele wie bei seinem Kollegen Israel Bringius. Die Liste des außerordentlichen Juraprofessors Petrus Gavelius umfasst fünf Namen. Der Medizinprofessor Olof Rudbeck konnte mit 22 Zuhörern rechnen, sein Kollege Petrus Hoffwenius mit sieben. Die Dominanz der theologischen Fakultät lässt sich anhand dieser Zahlen nicht leugnen, wenn doch selbst eine berühmte Koryphäe wie Olof Rudbeck nicht annähernd so viele Teilnehmer anziehen konnte wie die biblischen Professuren. An der artistischen Fakultät schwankte die Popularität der einzelnen Vorlesungen
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stark, was sich in der Anzahl der Zuhörer widerspiegelt: Laurentius Fornelius (Poesie) 21, Olaus Unonius (Logik und Metaphysik) 53, Christian Ravius (orientalische Sprachen, vgl. Kap. 4.2.3) 32, Johannes Schefferus (Eloquenz und Politik / Skytteanische Professur) 101, Johannes Bureus (Astronomie) 17, Petrus Liung (praktische Philosophie) 20, Jonas Sundell (Eloquenz) 54, Martin Brunnerus (Griechisch) 61, Petrus Fontelius (Mathematik) 9, Johannes Bergh (Geschichte) 105 und Johannes Buskagrius (orientalische Sprachen, außerordentlicher Professor) 7. Der Vergleich mit der theologischen Fakultät verdeutlicht, dass sich auch an der artistischen Fakultät keine der Vorlesungen mit der studentischen Nachfrage, die nach Edenius’ dogmatischer Lehrveranstaltung bestand, messen lassen kann. Dabei stechen jedoch die Vorlesungen von Schefferus und Bergh mit über einhundert Teilnehmern klar heraus. Der in Straßburg geborene Schefferus kann daher – anders als Ravius – in dieser Hinsicht als einer der erfolgreichsten akademischen Exporte aus dem Alten Reich an die schwedische Universität gelten. Betrachtet man die exegetischen Vorlesungen im Vergleich zur artistischen Fakultät, so lässt sich immerhin festhalten, dass sich diese bezüglich der Größe des Auditoriums in diesem Jahr im soliden Mittelfeld bewegten.
3.4 Zusammenfassung Vorlesungsverzeichnisse wurden in Kopenhagen auf Anordnung des Kanzlers bereits 1603 eingeführt. Unter den potentiellen Gründen, die diesen vergleichsweise frühzeitigen Schritt motiviert haben könnten, scheint die Absicht der Obrigkeit, eine stärkere Kontrolle über Professoren wie Studenten auszuüben, auf die Kopenhagener Verhältnisse am plausibelsten zuzutreffen. Der überlieferte Bestand an Vorlesungsverzeichnissen aus Kopenhagen erlaubt nur eine punktuelle Rekonstruktion des theologischen Unterrichtsprogramms, während die seit den 1650er-Jahren zahlreich erhaltenen Vorlesungsverzeichnisse aus Uppsala einen weitgehenden Einblick in die Lehrtätigkeit der Theologen zulassen. Das Lehrangebot der theologischen Fakultät in Kopenhagen ist besonders in den 1630er- bis 1650er-Jahren davon gekennzeichnet, dass die Professoren in der Behandlung ihres Unterrichtsstoffes erstaunlich langsam voranschritten. Das Beispiel von Jesper Brochmand zeigt, dass der König die Theologieprofessoren bei Bedarf mit anderen Projekten von nationalem Interesse zu Lasten der vorgesehenen universitären Unterweisung betraute. Die Vorlesungen erstreckten sich oft über mehrere Jahre, wobei wenigstens Christian Nold 1664 die sich daraus ergebende Problematik zwischen dem oft nur die geforderten zwei Jahre umfassenden Aufenthalt der Studenten an der Universität und den mehrere Jahre andauernden Vorlesungen reflektierte. Den ältesten Kopenhagener Vorlesungsverzeichnissen lässt sich entnehmen, dass die Theologieprofessoren den Vorgaben der Universitätsordnung entsprechend z. T. exegetische Vorlesungen mit einer dogmatischen Fragestellung kombinierten, was
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Der Unterricht an den theologischen Fakultäten
jedoch nach 1630 durch die mit der Einführung einer vierten theologischen Professur verbundene fachliche Abgrenzung zwischen Schriftauslegung und Glaubenslehre nicht mehr in den Vorlesungsverzeichnissen zu erkennen ist. Ebenso beteiligte sich die artistische Fakultät nach 1630 nicht mehr an der dogmatischen Unterweisung. Der Unterricht in diesem Fach behandelte die loci theologici, zunächst vermutlich anhand von Melanchthons Lehrbuch, zog manchmal aber auch die Confessio Augustana heran. Über den gesamten Untersuchungszeitraum verstreut nahmen sich die Professoren gelegentlich gezielt die Auseinandersetzungen mit konfessionellen Widersachern in ihrem Unterricht vor. Laut den überlieferten Vorlesungsverzeichnissen bestand das öffentliche Lehrangebot an der theologischen Fakultät hauptsächlich aus exegetischen oder dogmatischen Vorlesungen, andere Themengebiete wie z. B. die Kirchengeschichte wurden nur ausnahmsweise aufgegriffen. Über das private Lehrangebot geben die erhaltenen Vorlesungsverzeichnisse nur vereinzelt Auskunft. Obwohl ein obligatorischer Universitätsaufenthalt für zukünftige Pfarrer, der mit einem Testimonium der Universität zu belegen war, bereits 1569 eingeführt worden war, lässt sich noch am Anfang des 17. Jahrhunderts nachweisen, dass die Universität Bischöfen die Einhaltung dieser Regelung einschärfen musste. Eine Untersuchung von 28 Testimonia aus dem Rektorat von Hans Rasmussen Brochmand 1631 bis 1632 hat ergeben, dass diese Dokumente gewöhnlich aus drei Hauptteilen bestanden, nämlich einer oft ausführlichen, individuell formulierten Einleitung, einer Schilderung des akademischen Werdegangs des betreffenden Studenten inklusive einer Würdigung seines Lebenswandels und der Wiedergabe der eigentlichen attestatio, d. h. des Prüfungserfolgs beim seit 1629 für angehende Pfarrer und Lehrer im höheren Schuldienst obligatorischen examen attestationis. Nicht immer nahm man das examen attestationis sofort beim Verlassen der Universität auf sich, sondern teilweise erst nach mehrjähriger Berufserfahrung, um sich berufliche Aufstiegschancen zu sichern. Eine Studiendauer von zwei bis drei Jahren stellte den Normalfall dar, wie es den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Einen akademischen Grad hatten nur zwei der hier untersuchten Personen erworben; nur sie bildeten sich im Ausland weiter. Häufig scheiterten die Prüflinge im ersten Anlauf, das exa men attestationis zu bestehen. Die attestatio umschrieb nicht nur den jeweiligen Prüfungserfolg, sondern erteilte auch die notwendige Predigtvollmacht. Die im Jahr 1675 auf königliche Anordnung hin zur Voraussetzung des examen attestationis erklärte philosophische Vorprüfung verlangte den Prüflingen Kenntnisse über den gesamten philosophischen Fächerkanon ab. Die Prüfung erstreckte sich über die Sprachen (Latein, Griechisch, Hebräisch) sowie die Fächer Logik, Physik, Metaphysik, Ethik, Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Geographie. Ein solides und breit gestreutes Grundwissen in den artistischen Themengebieten wurde somit auch für angehende Pfarrer weiterhin als notwendig erachtet. Auch in Uppsala erstreckten sich theologische Vorlesungen häufig über mehrere Jahre. Anders als in Kopenhagen waren die Professuren mit bestimmten Fachgebieten verbunden, was sich in den Vorlesungsverzeichnissen widerspiegelt. Ebenso
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wenig wie in der dänischen Hauptstadt lassen die exegetischen Vorlesungen der ersten drei Professoren Vorlieben für bestimmte biblische Texte erahnen. In der dogmatischen Unterweisung des vierten Professors bildet sich dagegen ein deutlicher Schwerpunkt ab, indem hier in der Regel Hafenreffers Loci theologici zur Erläuterung der Glaubenslehre herangezogen wurden, die auch außerhalb der Universität im höheren schwedischen Bildungswesen weit verbreitet waren. Theologische Kontroversen wurden speziell im Unterricht von Jordanus Edenius in den Jahren 1661 bis 1664 angekündigt. Dies kann damit zusammenhängen, dass die theologische Fakultät in jenen Jahren selbst mit mehreren nationalen wie internationalen Konflikten konfrontiert wurde, zu denen ihre Meinung gefragt war. Ansonsten reflektieren die Vorlesungsverzeichnisse nicht, dass die Inhaber der vierten Professur ihrer Pflicht, über Bekenntnisse und Kontroversen zu unterrichten, gesondert nachgekommen wären. Im Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren wurden dagegen häufiger Bekenntnisse thematisiert. Dies geschah in der zweiten Hälfte der 1650er-Jahre durch Petrus Rudbeckius sowie verstärkt in den 1670er-Jahren durch verschiedene Lehrpersonen. Anders als in Kopenhagen beschränkten sich die Professoren nicht auf die Confessio Augustana, sondern beschäftigten sich auch mit anderen Bestandteilen des Konkordienbuchs. Die unterschiedliche Bekenntnislage in Dänemark-Norwegen und Schweden spiegelt sich darin unmittelbar wider. In den 1670er- und 1680er-Jahren lässt sich zudem beobachten, dass die ‚überzähligen‘ Theologieprofessoren den eigenen Glaubensstandpunkt dezidiert in Abgrenzung zu anderen Konfessionen bzw. Religionen entfalteten. In ihren exegetischen Vorlesungen wandten sich die ‚überzähligen‘ Professoren vorrangig vermeintlich weniger bedeutungsvollen biblischen Schriften oder Überblicksthemen zu, sodass sie thematisch den Unterricht der ersten drei Professoren vervollständigten. Die theologischen Adjunkten befassten sich in erster Linie mit der Glaubenslehre. Oft wurden sie angewiesen, ein bestimmtes Kompendium in ihrem Unterricht durchzugehen, z. B. von Hutter, Dieterich oder Hafenreffer. Sie sollten sich auf theologische Einleitungsfragen beschränken, was sowohl die Schriftauslegung als auch die Bearbeitung von theologischen Kontroversen ausschloss. Die Kirchengeschichte konnte sich im 17. Jahrhundert als eigenständige theologische Disziplin an der schwedischen Universität durchsetzen. Im exegetisch ausgerichteten öffentlichen Unterricht der ersten beiden Theologieprofessoren wird generell das Bemühen sichtbar, den Vorgaben der Universitätsordnung von 1655 entsprechend kirchengeschichtliche Themen zu behandeln, wobei nach 1675 die explizite Ankündigung kirchengeschichtlicher Exkurse in den Vorlesungsverzeich nissen zurückging. Ein besonderes Engagement in diesem Fachgebiet bekundeten Laurentius Stigzelius und Carl Lithman. In besonderer Weise war der kirchengeschichtliche Unterricht in Uppsala jedoch mit dem Namen Erik Benzelius verknüpft. Davon legt das 1695 gedruckte Lehrbuch „Breviarium historiæ ecclesiasticæ“ eindrücklich Zeugnis ab, in dem er auch eine Darstellung schwedischer Kirchengeschichte bot.
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Der Unterricht an den theologischen Fakultäten
In den Privatkollegs der Theologen machte sich eine größere inhaltliche und methodische Vielfalt bemerkbar als in den durch die Universitätsstatuten geordneten öffentlichen Vorlesungen. Ausdrücklich kündigten sie in den Vorlesungsverzeichnissen oft an, auf die Wünsche der Studenten Rücksicht nehmen zu wollen, was eine schlichte Notwendigkeit darstellte, wenn sie mit ihren kostenpflichtigen privaten Übungen zusätzliche Einnahmen erwirtschaften wollten. Im Gegensatz zu den öffentlichen Vorlesungen scheint das vorgebrachte Versprechen zu stehen, den Unterrichtsstoff kurz und prägnant zu erklären. Das Notizbuch von Erik Benzelius belegt, dass seine privaten Übungen tatsächlich innerhalb weniger Monate abgeschlossen wurden. Exegetische Themen wurden in den Privatkollegs den Vorlesungsverzeichnissen gemäß nicht ein einziges Mal behandelt. Inhaltlich beschäftigten sich die Professoren hier stattdessen hauptsächlich mit Themen aus den Bereichen Dogmatik, Ethik oder Praktische Theologie, aber auch kirchengeschichtliche Übungen ergänzten das Repertoire. Ähnlich wie im Unterricht der ‚überzähligen‘ Professoren zeichnet sich auch in den privaten Übungen in den 1670er- und 1680er-Jahren eine konfessionelle Zuspitzung ab. Seit 1662 boten die Theologieprofessoren den Angaben in den Vorlesungsverzeichnissen zufolge regelmäßig Predigtübungen an. Allerdings wurden die Predigtfähigkeiten schwedischer Pfarrer gerade im Vergleich zu den (ehemals) dänischen Kollegen noch Anfang der 1670er-Jahre auf einem Reichstag bemängelt. Die Einführung einer Professur speziell für Praktische Theologie lehnte der Dekan Samuel Skunck auf dem Reichstag 1683 dennoch entschieden ab. Die Prüfungstätigkeit der schwedischen Theologieprofessoren bildete nach Auskunft des Fakultätsprotokolls einen integralen Bestandteil ihres universitären Alltags. Das examen theologicum, d. h. das der philosophischen Magisterprüfung vorausgehende theologische Verhör, ist als der Prüfungstyp anzusehen, der im Protokoll am häufigsten belegt ist. Hauptsächlich waren die Theologieprofessoren also ausgerechnet mit der Prüfung beschäftigt, mit der sie in den Einflussbereich der philosophischen Fakultät vehement eingriffen und die daher zwischen den Kollegien beider Fakultäten am heftigsten umstritten war. Die intensiv diskutierte Frage, ob bereits ordinierte Geistliche von diesem Verhör zu befreien seien, wenn sie den Magistertitel anstrebten, belegt, dass die Erlangung eines akademischen Grades vor Dienstantritt für schwedische Kirchenmänner in der Mitte des 17. Jahrhunderts zwar noch keine Selbstverständlichkeit darstellte, der Magistertitel aber anscheinend die besten Karriereaussichten versprach. Selten wurde den Studenten das gewünschte Testimonium zur Vorlage an der philosophischen Fakultät verweigert, auch wenn sich die Professoren oft unzufrieden mit der Prüfungsleistung zeigten. Den Prüflingen wurden Fragen aus den Bereichen Kirchengeschichte und Dogmatik gestellt, wobei in den Prüfungsprotokollen in der Mitte der 1680er-Jahre ein gesteigertes Interesse der Professoren erkennbar ist, die eigene theologische Position gegenüber den religiösen und philosophischen Herausforderungen der Gegenwart zu behaupten. Das eingeführte Kandidatenexamen konnte sich dagegen nicht als Alternative zum Magistergrad durchsetzen.
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Regelmäßig überprüften die Theologieprofessoren den Leistungsstand der theologischen Stipendiaten im examen anniversarium, wovon seit dem Ende der 1670erJahre einige Prüfungsprotokolle Zeugnis ablegen. Selbst bei dieser studentischen Gruppe, bei der eine besondere Verpflichtung zu theologischen Studien vorausgesetzt werden kann, zeichnet sich deutlich ab, dass sie öffentliche Vorlesungen und Privatkollegs gleichzeitig an der theologischen und philosophischen Fakultät belegten. Der Schwerpunkt ihrer theologischen Studien lag augenscheinlich im Bereich Dogmatik. Unter den Theologen fällt insbesondere Erik Benzelius d. Ä. auf, weil sich in seinen öffentlichen wie privaten Lehrveranstaltungen regelmäßig eine vergleichsweise große Anzahl von Stipendiaten einfand. Die Popularität der dogmatischen Unterweisung wird auch durch die Angaben im Album publicorum examinum, im Liber praelectionum und im Catalogus studio sorum für die Jahre 1629 bis ca. 1676 bestätigt, die selbst unter den Lehrveran staltungen der philosophischen Fakultät Ihresgleichen suchte. Zugleich belegen sie, dass sich die Lehrveranstaltungen von Erik Benzelius im Allgemeinen eines besonders großen Zuspruchs unter den Studenten erfreuten. Als sein Kollege Petrus Rudbeckius in der zweiten Hälfte der 1650er-Jahre verschiedene Schriften des Konkordienbuchs auslegte, verirrten sich dagegen nur wenige Studenten in seine Vorlesungen. Die Anzahl an Zuhörern, die einer Vorlesung folgen wollten, konnte allerdings von Jahr zu Jahr erheblich schwanken. Die Universität Lund eignet sich in besonderer Weise, um Unterschiede zwischen dem dänischen und schwedischen Bildungssystem zu identifizieren, da sie ihre Tätigkeit in den 1660er-Jahren als schwedische Universitätsgründung nach dem Vorbild der Hochschule in Uppsala unter dänisch geprägten kirchlichen Verhältnissen aufnahm. Dies zeigt sich vorrangig an der vorläufigen Beibehaltung des examen attestationis. Die überlieferten Fragen des Prokanzlers Bernhard Oelreich an die Theologieprofessoren in Uppsala aus dem Jahr 1670 stellen Unklarheiten in der Kompetenzverteilung zwischen den Theologieprofessoren, dem Erzbischof an der Spitze des kirchlichen Konsistoriums und eventuell auch staatlichen Instanzen als das Kernproblem der südschwedischen Theologen heraus. Daran schlossen sich Unsicherheiten über die jeweiligen Aufgaben bzw. den konkreten Status der Theologen in ihren verschiedenen Funktionen (an der theologischen Fakultät, im kirchlichen Konsistorium, auf Synoden) an. Die internationale Besetzung des Professorenkollegiums zeichnet die Universität Lund in ihrer ersten Wirkungsperiode bis ca. 1676 aus. Der Eindruck entsteht, dass dieser Umstand erheblich dazu beitrug, dass die Universität in diesen Jahren kaum zur Ruhe kam, sondern von Streitigkeiten heimgesucht wurde, an denen häufig der Theologieprofessor Josua Schwartz, aber auch der Prokanzler Bernhard Oelreich maßgeblich beteiligt waren.
4. Skandinavische Theologieprofessoren und das gelehrte Luthertumim Alten Reich
Obwohl gelegentlich bereits Seitenblicke auf die Verbindungen zum kontinentalen Luthertum geworfen wurden, konzentrierte sich die bisherige Untersuchung darauf, Formen und Inhalte der theologischen Ausbildung im dänischen und schwedischen Königreich vor dem Hintergrund der damaligen (kirchen-)politischen Verhältnisse in beiden Monarchien zu erheben. Im folgenden Kapitel sollen die theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala und ihre Professoren dagegen stärker in den Zusammenhang der europäischen akademischen Theologie eingeordnet werden. Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen dabei die lutherischen Universitäten des Alten Reiches. Dass die protestantischen Gelehrten des deutschsprachigen Raumes untereinander gut vernetzt waren, belegen nicht zuletzt die zahlreichen Konflikte, die zwischen den Vertretern einzelner Universitäten im 16. und 17. Jahrhundert lebhaft ausgefochten wurden. Schwieriger zu beurteilen ist dagegen die Frage, inwieweit die skandinavischen Theologen an diesem Netzwerk partizipierten, die – besonders im Fall von Uppsala – nicht nur eine erhebliche räumliche Distanz von den universitären Zentren Mitteleuropas trennte, sondern die innerhalb der Grenzen offiziell monokonfessioneller Königreiche auch unter ganz anderen politischen wie gesellschaftlichen Bedingungen als ihre Kollegen im Heiligen Römischen Reich tätig waren.1 Die dänischen und schwedischen Könige waren keinesfalls daran interessiert, sich in die aufreibenden religiösen Streitigkeiten des Alten Reiches hineinziehen zu lassen, wie etwa die Ablehnung des Konkordienbuchs in Dänemark unmissverständlich zeigt.2 Dennoch pflegten die politischen Machthaber in beiden nordischen Königreichen auch Kontakte zu ausländischen Theologen. Dies wird besonders deutlich am Beispiel von König Christian III., dessen umfangreicher 1 In mancherlei Hinsicht wirkten sie nicht nur unter anderen, sondern auch unter günstigeren Bedingungen, als sie im Alten Reich vorzufinden waren, wie Rasmussen zu Recht für die Zeit der Konfessionalisierung geltend macht. Gegen eine zu einseitige Sicht auf das Verhältnis zwischen Europa und den nordischen Ländern als eines von Zentrum und Peripherie hebt er die Vorteile der einheitlichen und stabilen politischen Rahmenbedingungen besonders in Dänemark-Norwegen für die Festigung der reformatorischen Neuerungen hervor, vgl. Rasmussen, Innledende overveielser, 11: „For konsolideringen av reformasjonen innebar jo nettopp at man søkte å sikre be stemte institusjonelle og teologiske resultater av reformasjonen innenfor faste og mest mulig ‚rene‘ politiske rammer; og i forhold til et slikt mål lå betingelsene på mange måter bedre til rette i de nordiske landene enn i det tyske riket. Især gjaldt dette Danmark-Norge, der det fra Christian III. av ble etablert mer enhetlige og stabile politiske rammebetingelser for en slik konsolidering enn i de aller fleste tyske fyrstedømmer.“ [Hervorhebung im Original] 2 Vgl. zur Ablehnung des Konkordienbuchs in Dänemark z. B. Lockhart, Frederik II, 1 65–174.
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Skandinavische Theologieprofessoren und das gelehrte Luthertum
Briefwechsel mit den Wittenberger Theologen von Martin Schwarz Lausten eingehend untersucht worden ist.3 Aber auch für den schwedischen Reichskanzler Axel Oxenstierna lassen sich z. B. Verbindungen zu Theologen aus dem Heiligen Römischen Reich offenlegen.4 Das folgende Kapitel wendet sich aus drei Perspektiven der Frage zu, wie sich die Verbindungen zwischen skandinavischen und deutschen Theologieprofessoren gestalteten. In einem ersten Schritt wird es darum gehen, die peregrinatio academica als allgemeines europäisches Phänomen und dann auch als speziell von den theologischen Eliten Skandinaviens vorgenommene Bildungsreisen an ausländische Universitäten wahrzunehmen. Daran anschließend rücken konkret erkennbare Kontakte zwischen den Theologieprofessoren der Universitäten Kopenhagen und Uppsala und ihren Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich in den Fokus der Untersuchung. Diese sollen zweitens auf der Ebene des persönlichen Kontaktes und drittens auf institutioneller Ebene skizziert werden.
4.1 Die peregrinatio academica skandinavischer Studenten Studentische Bildungsreisen außerhalb des Heimatlandes stellen ein europäisches Phänomen dar, das sich bereits im Mittelalter nachweisen lässt und auch in der Frühen Neuzeit, als die Universitätsdichte durch Neugründungen massiv zunahm und sich die Hochschullandschaft zugleich konfessionell ausdifferenzierte, abgesehen von dem allgemein zu beobachtenden Einbruch der Studentenzahlen in den 1520er- und 1530er-Jahren (vgl. Kap. 2.1.2), ungebrochen fortsetzte.5 Dies wurde dadurch begünstigt, dass ein starker Anstieg der Immatrikulationen an fast allen 3 Vgl. Schwarz Lausten, König Christian III.; Schwarz Lausten, Heilige Stadt, 129–178. Von den Briefen, die Christian III. mit deutschen Reformatoren (nicht nur aus Wittenberg) austauschte, sind ca. dreihundert im Original oder in Kopie überliefert, vgl. Schwarz Lausten, König Christian III., 151. Einen Überblick über die ausländischen Korrespondenzpartner Christians III. bietet Schwarz Lausten, Beziehungen, 248. 4 Als Beispiele können Litterae. Tom. 3tius. Virorum Illustrium Litterae, Pars 2da, Nr. 12: Abraham Calov an Axel Oxenstierna (1644); Nr. 34: Johann Gerhard an Axel Oxenstierna (1632); Nr. 98: Axel Oxenstierna an Abraham Calov (1647), UUB, Palmsk. 371, genannt werden. 5 Allerdings ist erklärend hinzuzufügen, dass der Begriff ‚peregrinatio academica‘ Auslandsreisen zum Zweck der Bildung allgemein beschreibt, d. h. nicht auf den universitären Kontext beschränkt ist. Als Reiseziele kommen in diesem Sinn etwa auch Fürstenhöfe oder Bibliotheken in Betracht. Im Rahmen dieser Untersuchung liegt der Fokus allerdings auf den Universitätsbesuchen skandinavischer Studenten. Vgl. zur Terminologie Giese, Art. Peregrinatio academica, besonders 952 f. Einen Forschungsüberblick mit weiterführender Literatur bietet Asche, Peregrinatio academica. Untersuchungen zum regionalen Einzugsbereich frühneuzeitlicher Universitäten in Europa hält Asche für ein Desiderat, weil die Bedeutung solcher Studien besonders „für ideengeschichtliche Rezeptionswege, etwa für die Diffusion von Humanismus und Aufklärung oder für die Ausbreitung von Reformation und Katholischer Reform durch Studenten und Professoren als Kulturträger und -vermittler“ kaum überschätzt werden könne, vgl. Asche, Peregrinatio academica, 6 f.
Die peregrinatio academica skandinavischer Studenten
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europäischen Hochschulen für das konfessionelle Zeitalter kennzeichnend ist, was laut Asche einen „Diffusionsprozess höherer Bildung“ erkennen lasse, der mit der zunehmenden Instrumentalisierung der höheren Bildungsinstitutionen durch den frühmodernen Staat zusammenhänge.6 Die Situation des Hochschulwesens in den Heimatländern wirkte sich maßgeblich darauf aus, in welchem Umfang Bildungsreisen vom akademischen Nachwuchs unternommen wurden. Länder der europäischen Peripherie, die nur wenige Universitäten, möglicherweise mit niedrigen wissenschaftlichen Standards, vorweisen konnten, waren in besonderem Maße auf derartige Studienreisen angewiesen.7 Dabei stößt Asche im 16. und 17. Jahrhundert insgesamt auf ein „nach konfessionellen Gesichtspunkten differenziertes und determiniertes – freilich durch externe Faktoren, vor allem Kriege und Seuchen, zeitweise stark beeinflusstes – Zentrum-Peripherie-Modell mit Nord-Süd- und OstWest-Wanderungen“8. In dieses Modell lassen sich die skandinavischen Länder mit ihrer vergleichsweise wenig ausgeprägten Hochschulkultur problemlos einordnen. Unzweifelhaft partizipierten sie auch noch im 16. und 17. Jahrhundert an dem europäischen Phänomen der peregrinatio academica. Wie bereits in Kapitel 2.1 angedeutet wurde, stellten die Bildungsreisen skandinavischer Studenten zu den Universitäten des Kontinents seit dem Mittelalter einen zentralen Bestandteil in der Ausbildung der geistlichen und politischen Elite dar. Daran änderten die Gründungen eigener Universitäten auf skandinavischem Boden grundsätzlich nichts.9 Dies gilt in besonderer Weise für das schwedische Königreich, wo potentielle Studenten aufgrund der nur zeitweise geöffneten Landesuniversität auch noch über weite Teile des 16. Jahrhunderts aus schlichtem Mangel an Alternativen darauf angewiesen waren, ausländische Universitäten aufzusuchen,
6 Vgl. Asche, Peregrinatio academica, 13 f. 7 Vgl. dazu Asche, Peregrinatio academica, 26–28. 8 Asche, Peregrinatio academica, 31, mit Hinweis auf de Ridder-Symoens, Mobilität, 352. Allerdings ist anzumerken, dass in Bezug auf Skandinavien in der Forschung in letzter Zeit problematisiert wurde, ob die Kategorien „Zentrum“ und „Peripherie“ (vgl. Asche, Zentrum, besonders 13) die reformatorischen Transfervorgänge zwischen dem Alten Reich und dem Norden und innerhalb der skandinavischen Länder angemessen wiederzugeben vermögen. Czaika, Ausbreitung, 80, betont etwa in Anlehnung an das Konzept des Kulturtransfers, dass nicht nur Wittenberg den Ausgangspunkt für die Reformation im Nordosten Europas darstellt, und hebt die geographische wie chronologische Vielgestaltigkeit der Vermittlungspunkte reformatorischer Ideen sowie die gleichzeitig ablaufende Weitergabe humanistischer Ansätze hervor. Er schlägt stattdessen vor, die Kategorien „Zentren“ und „Subzentren“ zu verwenden, vgl. Czaika, Ausbreitung, 83. Eine differenzierte Betrachtungsweise in Bezug auf die Vorstellung von „Zentrum“ und „Peripherie“ vertritt auch Rasmussen, vgl. oben Anm. 1. Neuerdings schlägt er (in Bezug auf das Verhältnis der Kopenhagener Universität zur Wittenberger Reformation) die Bezeichnung „Epizentrum“ vor, um die dem Zentrum-Peripherie-Modell inhärente und problematische Vorstellung zu relativieren, dass es im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert nur wenige theologische Zentren gegeben habe (Wittenberg, Rom, Genf), im Vergleich zu denen alle anderen bedeutenden Zentren zwangsläufig als Peripherie anzusehen seien. Vgl. Rasmussen, Rationalität, 239 mit Anm. 1. 9 Vgl. Pinborg, Students, 79 mit Anm. 2.
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Skandinavische Theologieprofessoren und das gelehrte Luthertum
was durch königliche Stipendien unterstützt wurde.10 Trotzdem war es auch nach der Reformation insgesamt gesehen nur ein verhältnismäßig kleiner Teil der Studierendenschaft, der eine solche kostspielige und nicht zuletzt auch gefährliche peregrinatio academica auf sich nahm.11 Mit den Bildungsreisen des skandinavischen akademischen Nachwuchses in der Frühen Neuzeit haben sich insbesondere Vello Helk12 für Dänemark-Norwegen und Lars Niléhn13 für Schweden eingehend beschäftigt. Die wesentlichen Ergebnisse ihrer Untersuchungen hat Sverre Bagge14 vergleichend zusammengestellt, worauf im Folgenden Bezug genommen wird, wenn die grundlegenden Entwicklungslinien in den Auslandsreisen skandinavischer Studenten nachgezeichnet werden.
4.1.1 Bildungsreisen und ihre Kontrolle Im späten Mittelalter löste laut Bagge zunächst die Universität Prag die Pariser Hochschule als beliebtestes Reiseziel skandinavischer Studenten ab, welche seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts wiederum ihre führende Position an die Universität Leipzig und dann die entstehenden norddeutschen Universitäten, besonders Rostock, abgeben musste.15 Nachdem die Studentenzahlen im Verlauf der Reformation vielerorts in Europa vorübergehend eingebrochen waren (vgl. Kap. 2.1.2), nahmen sie besonders in protestantischen Gebieten zwischen der Mitte des 16. und 17. Jahrhunderts rapide zu, was besonders auf die erhöhten Anforderungen an den Bildungsstand eines Geistlichen und die Herausbildung des neuzeitlichen staat 10 Asche, Funktionen, 49, stellt fest, dass es Gustav Vasa und seine beiden Söhne Erik XIV. und Johan III. vorzogen, Auslandsstudien besonders mit den Zielen Wittenberg und Rostock durch Stipendien zu fördern, anstatt sich für die Aufrichtung der eigenen Universität in Uppsala zu engagieren. 11 Vgl. Tabelle 3 in Helk, Danmark 1536–1660, 39, in der Helk im Zeitraum 1611 bis 1655 den Anteil der in Kopenhagen eingeschriebenen Studenten berechnet, die sich auch noch an ausländischen Universitäten immatrikulierten. Ein Spitzenwert mit 23,23 % wurde demnach in den Jahren 1611 bis 1615 erreicht, während im Zeitraum 1616 bis 1650 der Anteil jeweils ungefähr zwischen 11 und 17 % liegt. In der letzten untersuchten Periode 1651 bis 1655 verzeichnet Helk sogar einen Abfall auf 7,4 %. Diesen Eindruck bestätigen auch die in Kap. 3.2.5.2 untersuchten Testimonia für angehende Pfarrer bzw. Lehrer. Von den 28 Studenten, die während des Rektorats von Hans Rasmussen Brochmand 1631 bis 1632 ein Zeugnis erhielten, konnten nur zwei Studienreisen ins europäische Ausland vorweisen. Dabei handelte es sich gerade um die beiden Kandidaten, die durch die Erlangung eines philosophischen Bakkalaureus- bzw. Magistergrades sowieso schon die Annahme nahelegten, dass sie ein vertieftes Interesse an wissenschaftlichen Studien hatten und zudem über die finanziellen Möglichkeiten verfügten, um diese auch durchzuführen. 12 Vgl. Helk, Studierejser (ein äußerst wertvolles Hilfsmittel ist die enthaltene Übersicht über die Personen, die im genannten Zeitraum im Ausland studiert haben); Helk, Middelalderen; Helk, Danmark 1536–1660. 13 Vgl. Niléhn, Peregrinatio academica; Niléhn, Sverige. 14 Vgl. Bagge, Nordic Students. 15 Vgl. Bagge, Nordic Students, 13. Zu den Studienreisen skandinavischer Studenten im Mittelalter vgl. die Literaturhinweise bei Asche, Funktionen, 41, Anm. 32.
Die peregrinatio academica skandinavischer Studenten
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lichen Verwaltungsapparats zurückzuführen ist. Diese Entwicklung trifft auch auf die skandinavischen Königreiche zu. Um eine Größenordnung in Bezug auf die Studierendenzahlen an ausländischen Universitäten zu nennen: Unter Berufung auf die Untersuchungen von Helk und Niléhn fasst Bagge für den Zeitraum 1541 bis 1660 zusammen, dass sich 3567 Studenten aus dem dänischen Königreich (inklusive Studenten aus Norwegen [498] und Island [9]) an den zwanzig wichtigsten Universitäten aufhielten, während 2396 Immatrikulationen von Studenten aus dem schwedischen Königreich (inklusive Studenten aus Finnland) an deutschen und niederländischen protestantischen Universitäten nachgewiesen werden können.16 Anhand der genannten Untersuchungen stellt Bagge ein Ranking der am stärksten frequentierten Hochschulen auf, sodass er für Dänemark die Universitäten Rostock, Wittenberg, Leiden und Padua als wichtigste ausländische Hochschulen identifiziert, für Schweden führt er Leiden, Greifswald,17 Wittenberg und Rostock 16 Vgl. Bagge, Nordic Students, 18 mit Anm. 44 und 45. Im Hinblick auf die Entwicklung der Studentenzahlen an ausländischen Hochschulen ist Bagges Beschreibung aufschlussreich, in der er die Bedeutung der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts für die Auslandsreisen hervorhebt, vgl. Bagge, Nordic Students, 26: „The ups and downs in the numbers of students at foreign universities follow approximately the same curve in Denmark and Sweden: a very low number immediately after the Reformation, then a rise, with a climax in Denmark in the 1590s and in Sweden 1611–20, a significant decline in the 1620s, fairly constant until c. 1650, a new rise and then a decline towards the end of the century. Although students from the Nordic countries continued to go abroad during the following century, their number was considerably lower. The seventeenth century, and above all its first half, is the great period of Nordic students at foreign universities, their number probably being higher than at any other period before our own time.“ 17 Die Universität Greifswald übte eine größere Anziehungskraft offenbar nur auf schwedische Studenten aus, was zumindest naheliegend ist, seitdem die Hochschule infolge des Dreißigjährigen Krieges unter schwedische Herrschaft geraten war. Interessanterweise nahm sie aber noch im Spätmittelalter hinter Rostock die Stelle der am zweithäufigsten von dänischen Studenten besuchten ausländischen Hochschule ein, während sie nach der dänischen Reformation 1536 und der Wiedereröffnung der Kopenhagener Universität offenbar keine wesentliche Rolle mehr für Studenten dieser Herkunft spielte, vgl. Helk, Studenten, 317–319. Erst neun Jahre nach der Wiedereröffnung der Universität Greifswald 1539 stößt Helk auf den ersten Studenten aus der dänischen Monarchie, vgl. Helk, Studenten, 319. Für den Zeitraum 1551 bis 1601 studierten laut Helk 50 Studenten aus Dänemark-Norwegen in Greifswald, 27 aus Schleswig-Holstein. Bis 1700 wurde die Greifswalder Universität dann besonders für Studenten aus Schleswig-Holstein attraktiver: 188 Studenten aus diesem Gebiet fanden ihren Weg nach Greifswald im Vergleich zu 46 Studenten aus Dänemark-Norwegen, vgl. Helk, Studenten, 320. Dies lässt sich teilweise damit erklären, dass die Universität Greifswald seit 1637 „de facto“, seit dem Westfälischen Frieden „auch de jure“ (Asche, Funktionen, 34) unter schwedischer Vorherrschaft stand, sodass es für Studenten aus Dänemark-Norwegen aus politischen Erwägungen abwegig war, sich dort zu immatrikulieren. Besonders die 1666 gegründete Universität Kiel sorgte für einen Rückgang auch schleswig-holsteinischer Immatrikulationen in Greifswald, vgl. Helk, Studenten, 320. Vgl. zu den Studenten aus Schleswig-Holstein auch Anm. 18. Die hohe Anzahl schwedischer Studenten besonders im Zeitraum 1651 bis 1675 (275 Immatrikulationen, im Vergleich zu 1626 bis 1650: 98 Immatrikulationen) erklärt Helk vor allem damit, dass der akademische Nachwuchs aus den ehemals dänischen Gebieten nach dem Frieden von Roskilde (1658) vermehrt auf die Universität Greifswald auswich, als ihm das Studium in Kopenhagen verboten wurde, vgl. Helk, Studenten, 321. Erst die Gründung der Universität Lund Ende der 1660er-Jahre verminderte die Attraktivität dieses Peregrinationsweges. Zur Universität Lund vgl. den Exkurs oben Kap. 3.3.7.
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an.18 Greifswald und insbesondere Rostock stellten dabei die klassischen „Durchgangsuniversität[en]“ für skandinavische Studenten auf ihrem Weg zu den weiter im Landesinneren gelegenen Hochschulen dar, obwohl es für den dänisch-norwegischen Nachwuchs mit keiner geographisch bedingten Notwendigkeit verbunden war, zunächst eine der genannten Universitäten aufzusuchen.19 Eine genauere Differenzierung im Hinblick auf die jeweilige Berufsgruppe ist möglich: Anders als bei den sich über verschiedene Länder Europas erstreckenden Kavalierstouren des Adels und anders als künftige Juristen oder Mediziner suchten angehende dänische Pfarrer laut Helk in der Regel Universitäten im Heiligen Römischen Reich auf, wenn sie eine peregrinatio academica auf sich nahmen, wobei die Universität Rostock geographisch am günstigsten gelegen und Wittenberg als Wiege der Reformation am angesehensten war.20 Bagge markiert als wesentlichen Unterschied zwischen beiden skandinavischen Königreichen, dass sich deutlich mehr dänische als schwedische Studenten insbesondere in der Zeit vor 1600 an ausländischen Universitäten aufhielten, obwohl die Bevölkerungszahl insgesamt ungefähr gleich war.21 Dieser Befund wiegt umso schwerer, als wie dargestellt dem schwedischen Nachwuchs im 16. Jahrhundert größtenteils auch keine heimische Universität zur Verfügung stand. Wie Bagge zutreffend anführt, dürfte sich in diesen Zahlen, die die Studenten aller Fachrichtungen betreffen, u. a. der Umstand widerspiegeln, dass in Dänemark-Norwegen anders als in Schweden schon frühzeitig die Pfarrausbildung an die Universität verlegt wurde.22 Dieser quantitativ nicht zu unterschätzenden Berufsgruppe ist daher bereits seit dem letzten Drittel des 16. Jahrhunderts grundsätzlich eine besondere Affinität zu universitären Studien zu unterstellen. Besonders für angehende Kirchendiener implizierte die Einführung der Reformation in den nordischen Königreichen, dass von nun an vorrangig lutherische Universitäten als Studienorte infrage kamen. An Versuchen von staatlicher oder 18 Vgl. Bagge, Nordic Students, 19 f. Die Auflistung der wichtigsten Universitäten im Fall von Schweden bezieht sich auf das gesamte 17. Jahrhundert. Niléhn, Sverige, 189, führt in der Reihenfolge der meist besuchten Universitäten nach den genannten Hochschulen noch Helmstedt, Jena und Leipzig als Bildungsstätten an, die unter schwedischen Studenten eine nennenswerte Popularität genossen. Gemäß der Tabelle bei Helk, Danmark 1536–1660, 37, erfreuten sich nach den erwähnten Universitäten auch die Hochschulen in Orléans, Franeker, Basel, Leipzig, Heidelberg und Siena größerer Beliebtheit unter Studenten aus Dänemark-Norwegen. Was den akademischen Nachwuchs aus Schleswig-Holstein betrifft, stellt Alwast, Geschichte, 19, heraus, dass dieser vor der Gründung der Universität Kiel (1665) vor allem in Rostock studierte, was durch entsprechende herzogliche Stipendien gefördert wurde. Aber auch die Universität Greifwald war für Studenten aus Schleswig-Holstein von Bedeutung, die die Reise nach Greifswald oft mit einem Aufenthalt in Rostock kombinierten, vgl. oben Anm. 17 und Helk, Studenten, 323. Vgl. zu den Universitätsbesuchen schwedischer Studenten in der Frühen Neuzeit mit besonderer Berücksichtigung Greifswalds auch Giese, Universität Greifswald. 19 Vgl. Asche, Funktionen, 49–52. 20 Vgl. Helk, Danmark 1536–1660, 49. 21 Vgl. Bagge, Nordic Students, 21. 22 Vgl. Bagge, Nordic Students, 21.
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kirchlicher Seite, die Peregrinationen speziell der Theologiestudenten gezielt zu lenken, mangelte es daher nicht. Zunächst rückten katholische Bildungsstätten ins Visier der Obrigkeiten. Im Hintergrund stand die Gefahr der Rekatholisierung, die von den seit den späten 1570er-Jahren eingerichteten jesuitischen Schulen im Ostseeraum mit ihrem qualitativ hochwertigen und kostenlosen Unterricht ausging.23 Diese lockten besonders schwedische (und finnische) Studenten an, was nicht zuletzt durch die undeutliche religionspolitische Linie Johans III. und die Aussicht auf einen katholischen Nachfolger auf dem schwedischen Thron begünstigt wurde.24 Nach dem Uppsala möte 1593 und der Machtübernahme Karls IX. bestand diese unklare religiöse Situation in Schweden nicht mehr. Den Forderungen der Kirche nach weitreichenden Kontrollen der Auslandsstudien kam Karl IX. nicht entgegen.25 Diese wurden daher weiterhin hauptsächlich durch die jeweiligen Bischöfe ausgeübt, da vielen Studenten diese Reisen mit kirchlichen Geldern ermöglicht wurden. Erst Gustav II. Adolf setzte durch, die Peregrinationen des akademischen Nachwuchses stärker von staatlicher Seite zu beaufsichtigen. Auf dem Reichstag von Örebro 1617 wurde ein Verbot ausgesprochen, in Polen oder an einem Jesuitenkolleg zu studieren.26 In einem Plakat vom 25.04.1620 legte Gustav II. Adolf lutherischorthodoxe Akademien als Reiseziel fest, allerdings mit der Ausnahme, dass Anwärter auf eine ‚praktische‘ Tätigkeit (z. B. Handwerker, Beamte, Kaufleute) sich nicht um die konfessionelle Ausrichtung der anvisierten Universität kümmern mussten.27 In Dänemark war die Kontrolle der Studienreisen zentral organisiert. Bereits 1569 wurde eine Prüfung durch die Theologieprofessoren eingeführt, wenn aus dem Ausland zurückgekehrte Studenten die Ordination anstrebten (s. o. Kap. 2.2.4.1). Zudem schritt der dänische König entschiedener gegen die Studienbesuche an jesuitischen Bildungsstätten ein als sein schwedischer Kollege. So verfügte Christian IV. bereits 1604, dass Studenten, die von jesuitischen Schulen zurückkehrten, die Aufnahme in den kirchlichen Dienst verweigert werden sollte.28 Gemäß den Novellæ constitutiones von 1621 waren königliche Reisestipendien für Theologen an die Be 23 Vgl. zur Unterrichtstätigkeit der Jesuiten z. B. den Überblick bei Rabe, Alma Mater Leopoldina, 52–59. 24 Die Versuche, die Studienreisen schwedischer Studenten zu überprüfen, hat Göransson, Studieresorna, hier: 4 f, ausführlich dargelegt. Laut Göransson richteten sich Johans Bemühungen, die Peregrinationen seiner Untertanen zu kontrollieren, eher darauf, den Einfluss des deutschen Luthertums statt des Katholizismus auf den schwedischen akademischen Nachwuchs einzudämmen. Diesem Ansinnen sei auch die Vorgabe in den Nova Ordinantia geschuldet, die vor Aufnahme einer peregrinatio academica ein Studium an der Universität Uppsala forderte und nach der Rückkehr eine Prüfung daselbst vorsah (s. o. Kap. 2.3.1 mit Anm. 168). Da die Hochschule in Uppsala aber bekannterweise bald darauf geschlossen wurde, sei diese Vorgabe ohne praktische Relevanz geblieben. Vgl. auch Giese, Versuche. 25 Vgl. zu Karls Politik im Hinblick auf die Kontrolle der Studienreisen Göransson, Studieresorna, 10 f. 26 Vgl. Giese, Versuche, 42. 27 Vgl. Göransson, Studieresorna, 23. 28 Vgl. Helk, Danmark 1536–1660, 51.
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dingung geknüpft, den Empfehlungen des theologischen Kollegiums zu folgen. Ein Studium an einer Hochschule, die einer „suspekten“ Religion anhing, schloss eine kirchliche Karriere aus (s. o. Kap. 2.2.5). Im Jahr 1624 fügte Christian IV. ein Verbot von Studien an der Universität Königsberg wegen der nahe gelegenen jesuitischen Bildungsstätte in Braunsberg hinzu.29 Eine allgemeine konfessionelle Entgrenzung trat jedoch während des Dreißigjährigen Krieges ein. Niederländische Universitäten ersetzten in größerem Ausmaß seit der Mitte der 1620er-Jahre die von den Kriegshandlungen heimgesuchten deutschen Universitäten als Reiseziel skandinavischer Studenten. Allerdings schieden nicht alle Hochschulen, die traditionell vom studierwilligen skandinavischen Nachwuchs aufgesucht wurden, gleichermaßen als potentielles Reiseziel aufgrund der militärischen Auseinandersetzungen aus. Für Greifswald waren etwa die langen Jahre des Dreißigjährigen Krieges hauptsächlich mit einer „frequentielle[n] Hochphase“ wegen der durch die Anwesenheit schwedischer Soldaten verbürgten Sicherheitslage verbunden; Ähnliches gilt für die anderen „Ausweichuniversitäten“ in Königsberg und Rostock.30 Die jüngst (1621) zur Universität erhobene Bildungsstätte in Straßburg erlebte – geschützt durch ihren politischen Status und ihre Bedeutung als freie Reichsstadt sowie ihre politische Neutralität – in den Kriegsjahren ebenfalls eine Blüte, was die Anzahl der Immatrikulationen betrifft.31 Von den widrigen politischen Umständen im Heiligen Römischen Reich abgesehen waren die niederländischen Hochschulen auch aufgrund der hohen Qualität ihres sprachlichen und philosophischen Lehrangebots für angehende Theologen interessant.32 Was lässt sich aber über die entgegengesetzte Reisebewegung sagen? Veranlassten die Gräuel des Dreißigjährigen Krieges die studierwillige Jugend aus dem Heiligen Römischen Reich, die Universitäten im Norden aufzusuchen? Dieser Frage geht Thomas Otto Achelis nach.33 Er errechnet, dass im Verlauf des Krieges insgesamt etwa 160 Studenten aus dem Alten Reich die dänische Universität aufsuchten, rund 50 Studenten ließen sich im weiter entfernten Uppsala einschreiben, keiner dieser Studenten besuchte beide skandinavischen Universitäten. Das entspricht einem Anteil von 3,5 % an der Kopenhagener Studierendenschaft im Ganzen, 1 % machten die deutschen Studenten in der Gesamtheit der Studenten in Uppsala aus. Betrachtet man die Herkunft der Studenten genauer, die in den Kriegsjahren ein Studium an den nordischen Universitäten Kopenhagen, Uppsala und Dorpat aufnahmen, 29 Vgl. Helk, Danmark 1536–1660, 52. 30 Vgl. Asche, Funktionen, 52. Vgl. zur Situation der Hochschulen im Heiligen Römischen Reich in dieser Zeit Kossert / Asche / Füssel (Hg.), Themenheft Universitäten, 9–182, darin besonders Asche, Krieg. 31 Abgesehen von der von Hunger und Pest gekennzeichneten Periode 1636–1640. Vgl. Ro ther, Fakultäten, 80 f. Zur Straßburger Bildungsinstitution bis 1621 vgl. auch grundlegend Schind ling, Hochschule. 32 Vgl. Göransson, Studieresorna, 32. 33 Vgl. zum folgenden Abschnitt die Untersuchung von Achelis, Studenten, besonders 192 f; 195; 199; 202. Achelis wendet sich zudem der Universität Dorpat zu, die im Zusammenhang der vorliegenden Studie jedoch unberücksichtigt bleibt. Vgl. auch Sundin, Studenter, besonders 30–39.
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dominieren die Sachsen, Pommern und Mecklenburger. Anhand der Immatrikulationsangaben kommt Achelis zu dem Ergebnis, dass es sich bei mehr als der Hälfte der Studenten aus dem Alten Reich um (angehende) Theologen handelte. Auch wenn sich der Dreißigjährige Krieg in einem klaren Anstieg der Studierendenzahlen aus dem Heiligen Römischen Reich an den skandinavischen Universitäten im Vergleich zu den vorausgehenden Jahren niederschlug, lässt sich also keineswegs behaupten, dass dieser Anstieg merkbar die Zusammensetzung der Studierendenschaft veränderte. Verirrten sich vor dem Ausbruch des Krieges kaum deutsche Studenten an die Hochschulen des Nordens, so waren es während der Kriegsjahre immer noch wenige. An den Studierendenzahlen gemessen profitierten die Universitäten in Kopenhagen und Uppsala also in keiner Weise derartig von ihrer geographischen Lage wie etwa die ebenfalls außerhalb der Grenzen des Reiches liegende Universität in Königsberg, die laut Achelis in den dreißig Kriegsjahren fast doppelt so viele Immatrikulationen zählte wie in den zurückliegenden dreißig Jahren.
4.1.2 Auslandserfahrungen der Theologieprofessoren Besonders für eine Gruppe von Theologen waren Studienaufenthalte an ausländischen Universitäten von essentieller Bedeutung: die Professoren an den Universitäten in Kopenhagen bzw. Uppsala.34 Die Studien an der heimischen Universität durch einen Aufenthalt an ausländischen Hochschulen zu ergänzen, kann als Einstellungskriterium gewertet werden. Betrachtet man die Gesamtheit der im Untersuchungszeitraum berufenen Professoren, gibt es nämlich nur wenige Personen, bei denen unsicher ist, ob sie jemals im Ausland studiert haben, bzw. bei denen man mit Sicherheit ausschließen kann, dass sie eine peregrinatio academica auf sich genommen haben.35 In Dänemark trifft dies auf drei Personen zu. In Schweden ist 34 So stellt Helk in Bezug auf Kopenhagen zutreffend fest: „Studierejserne førte ofte frem til en stilling ved Københavns universitet eller sagt på en anden måde: internationale erfaringer var en forudsætning for at komme i betragtning som professoremne; ofte blev egnede folk ligefrem sendt til udlandet for at uddanne sig yderligere“, s. Helk, Danmark 1536–1660, 57. 35 Im Zeitraum 1537 bis 1683 wurden 41 Professoren an die theologische Fakultät in Kopen hagen berufen. Außer Acht bleiben im Folgenden die ausländischen Professoren, die am Anfang und gegen Ende des Untersuchungszeitraums als Theologieprofessoren wirkten (Johannes Bugenhagen, Tileman van Hussen, Johannes Machabaeus, Daniel Pfeiff, Jørgen Witzleben, Johannes Lassenius). Im Zeitraum ca. 1566 (seit Laurentius Petri Gothus) bis 1686 zählte die theologische Fakultät in Uppsala 44 ordentliche und außerordentliche Professoren. Es wirkten im Untersuchungszeitraum keine ausländischen Theologieprofessoren an der schwedischen Universität. In Kopenhagen lässt sich weitaus häufiger beobachten, dass Professoren bis zu ihrem Tod im Amt blieben, als in Uppsala. Dort gab es einen größeren ‚Verschleiß‘ an Theologieprofessoren, weil die schwedischen (Erz-)Bischöfe besonders auch aus dem Kollegium der Theologieprofessoren rekrutiert wurden oder weil Theologieprofessoren auf andere kirchliche Ämter wechselten. In Kopenhagen ist jedoch zu beachten, dass der Bischof von Seeland zugleich als Theologieprofessor an der Universität tätig war. In Uppsala wurde das theologische Kollegium zudem seit den 1650ern oft durch ‚überzählige‘ Theologieprofessoren erweitert.
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ebenfalls bei drei Personen fraglich, ob sie sich auf eine Bildungsreise ins Ausland begaben. Erik Gabrielsson Emporagrius (1606–1674) stellt insofern einen Sonderfall dar, als er seine Peregrination laut Göransson erst nach seiner Ernennung zum Theologieprofessor 1641 antrat.36 Dabei war es nicht ungewöhnlich, mehr als eine Reise an europäische Hochschulen unternommen zu haben. Wenn man die Auswahl der besuchten Universitäten betrachtet, muss man bedenken, dass die Reiserouten nur bedingt der persönlichen Entscheidung des jeweiligen Studenten unterlagen. Stipendien waren häufig an Bedingungen geknüpft, wie oben bereits angedeutet wurde. So wurde dem dänischen Studenten Niels Bang im Dezember 1643 vom Kanzler und den Professoren der Kopenhagener Universität die Fortzahlung seines königlichen Stipendiums nur unter der Bedingung zugesichert, dass er seine Studien zeitnah „è Belgio in Germaniam“ verlegte, und zwar „ad aliqvam ex Lutheranis Academijs“37. Häufig begleiteten spätere Theologieprofessoren auch den Nachwuchs wohlhabender Familien als Präzeptoren auf ihren Reisen durch Europa, sodass davon ausgegangen werden muss, dass sie nur einen beschränkten Einfluss auf die konkrete Gestaltung des Reiseweges geltend machen konnten. Von militärischen Auseinandersetzungen – man denke hier nur an den Dreißigjährigen Krieg – oder ausgebrochenen Seuchen blieb die Wahl der Studienorte natürlich auch nicht unberührt. Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die späteren Professoren nicht überall, wo sie sich aufhielten, auch tatsächlich studierten. Um Kosten zu sparen, ist es auch durchaus vorstellbar, dass sie in einer Stadt Studien vornahmen oder mit den dortigen Gelehrten in Kontakt traten, ohne sich an der Universität offiziell immatrikuliert zu haben. Nicht zuletzt betrieben die angehenden Theologieprofessoren vielfältige, d. h. weder grundsätzlich noch ausschließlich theologische Studien, wenn sie fremde Universitäten aufsuchten. Die Art der Studien konnte etwa von der jeweiligen Universität und ihren Koryphäen abhängen. Daher ist der Versuch, den ausländischen Bildungshintergrund der Professoren nachzuzeichnen, mit verschiedenen Schwierigkeiten behaftet. Dennoch sollen im Folgenden zumindest Tendenzen in der Auswahl der Studienorte aufgezeigt werden, um einen Eindruck davon zu erhalten, welche Bildungstraditionen als vorherrschend angesehen werden können. Bevor diese Tendenzen skizziert werden, sei in diesem Zusammenhang auf die Informationen hingewiesen, die Stammbücher über die Reiserouten und dabei geknüpften Kontakte einzelner Personen bereithalten können – vorbehaltlich aller Einschränkungen, denen die Quellengattung unter dieser Fragestellung unterworfen ist.38 Auch von einigen späteren Theologieprofessoren sind solche Stammbücher 36 Göransson, Ortodoxi, 93, Anm. 2. 37 Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), hier: 132, Nr. 158. 38 Stammbücher sind nicht nur als Ausdruck einer persönlichen Erinnerungskultur zu verstehen, sondern dienten auch dem Nachweis des eigenen Bildungswegs, weil die Frage nach den erlernten Wissensbeständen in zunehmendem Maße hinter der Frage, bei wem diese erworben wurden, zurücktreten konnte, vgl. Wriedt, Bildungslandschaften, 260 f. Zu Stammbüchern im Zusammenhang universitätsgeschichtlicher Fragestellungen vgl. auch Schnabel, Stammbücher.
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überliefert, auf deren Seiten sich angesehene Persönlichkeiten, z. B. Professoren, wie auch Reisekameraden (besonders aus dem eigenen Land), die der Inhaber auf seiner peregrinatio traf, mit einem frommen Vers, einem weisen Spruch oder einfach einem Gruß verewigten. Für Kopenhagen ist etwa das Stammbuch von Hans Poulsen Resen (1561–1638) zu nennen, der in der zweiten Hälfte der 1580er-Jahre Frederik Rosenkrantz auf seiner Auslandsreise begleitete, dabei selbst Studien betrieb und in Wittenberg sogar 1588 den Magistertitel erhielt.39 Die Einträge weisen insgesamt einen deutlichen Schwerpunkt in Wittenberg auf. Einige Theologen trugen sich in sein Stammbuch ein, z. B. Polykarp Leyser (d. Ä.) in Braunschweig, Johann Heidenreich und Daniel Hofmann von der Universität Helmstedt, Georg Mylius und Andreas Jodocus von der Universität Wittenberg, Ägidius Hunnius (d. Ä.) von der Universität Marburg, Nikolaus Selnecker von der Universität Leipzig und Ambrosius Reuden als Dekan der theologischen Fakultät in Jena. Caspar Bartholins (1585–1629) Stammbuch stammt aus dem ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts.40 Unter den bekannteren Gestalten der theologischen Szene finden sich hierin Namen wie Ägidius Hunnius, Georg Mylius, Polykarp Leyser, Leonhard Hutter, Lucas Bacmeister d. Ä., Balthasar Mentzer, Lucas Bacmeister d. J., Johannes Pappus, Friedrich Balduin, Johannes Piscator oder Cornelius Martini. Aus dem Kreis der schwedischen Professoren kann man in der Universitätsbibliothek Uppsala die Stammbücher von Carl Lithman (1612–1686), Laurentius Stigzelius (1598–1676) und Petrus Aurivillius (1637–1677) finden.41 Der geographische Schwerpunkt der Einträge in Carl Lithmans Stammbuch42 liegt in Rostock. Mehrere Rostocker Theologen trugen sich 1634, 1637, 1638 und 1640 in das Album ein, zudem auch Abraham Calov.43 Interessanterweise stößt man auf fol. 101r auf den Eintrag des dänischen theologischen Doktors und Professors „Casp. Erasm. Brochmand“, also Jesper Brochmand, vom 20.06.1636, allerdings ohne die Angabe eines Ortes. Auch der Kopenhagener Professor Christian Longomontanus verewigte sich kurz darauf in dem Stammbuch, nämlich am 22.06.1636. Da dieser als Abfassungsort Kopenhagen angibt, ist anzunehmen, dass Lithman wenige Tage zuvor auch Brochmand in der dänischen Hauptstadt aufgesucht hatte. Dies kann als einer der wenigen Belege dafür gelten, dass es persönliche Kontakte zwischen den dänischen und schwedischen Theologen gab. Die Anzahl an Einträgen in das Stammbuch von Laurentius Stigzelius44, der seine Peregrinationsreise an 39 Stambog for Hans Poulsen Resen 1585–89, KBKph, Thott 572, 8°. Vgl. Glebe-Møller / Kornerup, Art. Resen, Hans Poulsen. 40 Caspar Bartholins Stambog (Thesaurus fautorum et amicorum), KBKph, NKS 359 oktav [Online-Ausg.]. 41 Vgl. zu verschiedenen Stammbüchern schwedischer Studenten, die in den letzten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts die Universität in Rostock aufgesucht haben (u. a. Axel Oxenstierna): Czaika, David Chytræus, 153–162. 42 Carl Lithman, Album 1632–1663, UUB, Y 83. 43 Vgl. Lithman, Album 1632–1663, fol. 126r. 44 Lars Stigzelius, Album 1633–1635, UUB, Y 132.
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trat, nachdem er bereits in Uppsala zum Professor für Logik berufen worden war, ist überschaubar, aber umso aussagekräftiger. Am 08.11.1633 gab zunächst Wilhelm Leyser in Wittenberg Stigzelius eine kurze Lebensweisheit mit auf den Weg.45 Es folgen ein paar Grußworte von Georg Calixt in Helmstedt; auch sein Kollege Conrad Hornejus trug sich in das Album ein.46 In Wittenberg machte er außerdem Bekanntschaft mit dem berühmten Professor August Buchner, in Helmstedt mit Hermann Conring. In Straßburg verfasste der Theologe Johann Georg Dorsche im März 1635 einen Eintrag in Stigzelius’ Album.47 Sein Kollege Johann Conrad Dannhauer findet sich wenige Seiten später.48 Das Stammbuch von Petrus Aurivillius49, der in der Mitte der 1670er-Jahre als außerordentlicher Theologieprofessor in Uppsala wirkte, legt von seiner ausgedehnten Reisetätigkeit eindrücklich Zeugnis ab. In seinem Album finden sich neben schwedischen Professoren auch viele ausländische Gelehrte, besonders auf dem Gebiet der Theologie. So hinterließen Theologen wie Sebastian Niemann, Abraham Calov, Johann Conrad Dannhauer, Johannes Meisner, Hermann Conring, Hieronymus Kromayer, Johann Deutschmann, Christian Chemnitz, Samuel Lange, Balthasar Cellarius, Johannes Musaeus, Friedrich Ulrich Calixt, Johann Ernst Gerhard, Gerhard Titius, Johann Weinmann, Balthasar Raith, Tobias Wagner, Sebastian Schmidt, Johann Konrad Dürr, Balthasar Bebel, Johann Adam Osiander, Christoph Wölfflin und Isaak Faust einen Gruß, was darauf hindeutet, dass sich Aurivillius zumindest im universitären Kontext von Jena, Wittenberg, Straßburg, Helmstedt, Leipzig, Altdorf und Tübingen aufhielt. Petrus Aurivillius schrieb sich am 23.01.1664 an der Universität in Straßburg ein, wie eine vom dortigen Rektor unterschriebene Immatrikulationsbestätigung auf fol. 141r belegt.50 Hier traf er auch auf Philipp Jakob Spener. Eine bunte Zeichnung von Wittenberg schmückt das Album auf fol. 148v. In Frankfurt am Main verewigte sich der spätere schwedische Theologieprofessor Erik Benzelius in dem Album seines Landsmannes, der sich etwa im selben Zeitraum auf einer Peregrinationsreise befand (s. u. Benzelius’ Reisetagebuch und Anm. 75). Kehren wir nun zurück zu der Frage, ob sich unter den angehenden skandina vischen Theologieprofessoren Präferenzen für bestimmte Universitäten im Alten Reich erkennen lassen.51 Was das Kopenhagener Kollegium angeht, stellt die Uni 45 Vgl. Stigzelius, Album 1633–1635, fol. 64r: „Ut vincas disce Pati: Ut vivas disce Mori.“ 46 Vgl. Stigzelius, Album 1633–1635, fol. 70r und fol. 84r. 47 Vgl. Stigzelius, Album 1633–1635, fol. 137r. 48 Vgl. Stigzelius, Album 1633–1635, fol. 140r. 49 Petrus Aurivillius, Album amicorum 1663–1664, UUB, Y 20. 50 Das wird bestätigt durch die Matrikel der theologischen Fakultät, vgl. Die alten Matrikeln Strassburg, 635, die für den 23.01.1664 „Petrus Aurivillius, Gest.“ verzeichnet. 51 Als Grundlage der folgenden Darstellung über die Peregrinationen der Theologieprofessoren dienen die einschlägigen biographischen Nachschlagewerke („Svenskt biografiskt lexikon“, „Dansk biografisk leksikon“), außerdem das Verzeichnis bei Helk, Studierejser, und einzelne, verstreute Nachweise. Die Professorenkollegien des Untersuchungszeitraums lassen sich ausgehend von Rørdams bzw. Annerstedts Darstellungen zur Universitätsgeschichte sowie der Angaben in Slottved, Lærestole, und Cornelius, Bidrag, rekonstruieren.
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versität Wittenberg im Untersuchungszeitraum die dominierende Hochschule unter den Universitäten dar, die im Verlauf der peregrinatio academica aufgesucht wurden. Fast ausnahmslos alle Theologen, die vor 1600 an die Fakultät berufen wurden und eine Auslandsreise unternommen hatten, hielten sich eine Zeit lang an der Leucorea auf. Dabei erwarben sie zumindest den Grad eines Magisters, wenn nicht sogar den theologischen Doktortitel an der kursächsischen Universität. Bei den Theologieprofessoren, die nach 1600 an der theologischen Fakultät wirkten, lässt sich weiterhin eine Präferenz für Wittenberg beobachten, auch wenn diese nicht mehr so deutlich ausfällt wie vor der Jahrhundertwende. Von den zwischen 1600 und 1630 sowie von den zwischen 1631 und 1660 eingestellten Theologieprofessoren, die eine oder mehrere Auslandsreisen unternommen hatten, hatten jeweils etwa zwei Drittel die Universität Wittenberg aufgesucht, zwischen 1661 und 1683 lässt sich dies mindestens noch bei einem Drittel der Professorenschaft nachweisen. Unter den Universitäten des Heiligen Römischen Reiches ragen – wenn auch im Vergleich zu Wittenberg klar abgeschlagen – Rostock, Leipzig, Heidelberg und Straßburg als beliebte Studienorte heraus, wogegen die anderen Hochschulen des Alten Reiches anscheinend nur vereinzelt angesteuert wurden. Eine Reise nach Leipzig bot sich dabei offenbar vor allem im Zusammenhang mit dem Aufenthalt an der Leucorea an. In vergleichbarem Umfang wie die zuletzt genannten Bildungsstätten zogen die niederländischen Universitäten Leiden und Franeker seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts künftige dänische Theologieprofessoren an. Reisen nach Italien kamen unter späteren Theologieprofessoren nur selten vor; für die Generationen, die nach 1600 an der theologischen Fakultät wirkten, waren Reisen in die Schweiz, nach Frankreich oder England aber nicht ungewöhnlich. Betrachtet man die schwedischen Theologieprofessoren, die bis zum Jahr 1600 an die Universität berufen wurden – d. h. die Professoren, die in der ersten Wirkungsphase der nachreformatorischen Universität unter Erik XIV. und Johan III. tätig waren, sowie die ‚erste Generation‘ Theologieprofessoren an der wiedererrichteten Universität nach dem Uppsala möte, die zum Teil vorher bereits am Stockholmer Kolleg gearbeitet hatte –, dann ergibt sich ein anderes Bild als in Kopenhagen. Hier konzentrierten sich die Bildungsreisen der Professoren beinahe gleichmäßig auf drei Universitäten: Rostock, Wittenberg und Greifswald. Die Universität Rostock scheint dabei knapp vor Wittenberg und Greifswald die größte Anzahl späterer schwedischer Theologieprofessoren unter ihren Studenten vorweisen zu können, was den enormen Einfluss des dortigen Professors David Chytraeus auf die schwedische Theologie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts bestätigt.52 Andere Universitäten wurden von künftigen Theologieprofessoren dagegen nur ausnahmsweise anvisiert. Schaut man sich die Gruppe schwedischer Theologieprofessoren an, die im Zeitraum 1601 bis 1630 ihr Amt antraten, dann löste Wittenberg inzwischen Rostock als die meist besuchte Universität ab. Helmstedt reiht sich nun in den Kreis 52 Vgl. ausführlich zu Chytraeus Czaika, David Chytræus, sowie die Zusammenfassung Czaika, Schwedisches Reich. Vgl. auch Czaika, Luther.
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der am zweithäufigsten aufgesuchten Universitäten neben Rostock und Greifswald ein. In der Professorengeneration nach 1630 hielt die Popularität Helmstedts an; auch Straßburg war von einigen angehenden Theologieprofessoren angesteuert worden. Eine besondere Präferenz für die genannten Universitäten Rostock, Wittenberg oder Greifswald lässt sich bei den bis 1686 eingestellten Theologieprofessoren dagegen nicht mehr beobachten. Zudem nahmen die Reisen an Studienorte außerhalb des Heiligen Römischen Reiches unter den nach 1630 berufenen Theologieprofessoren deutlich zu. In den Niederlanden suchten sie besonders Leiden auf. Einige reisten durch Frankreich und England, während sich anscheinend nur wenige in die Schweiz oder nach Italien begaben. Ein anschauliches Beispiel für eine Peregrination eines künftigen Theologieprofessors liefert das Reisetagebuch53 des schwedischen Theologen Erik Benzelius d. Ä. (1632–1709)54, der seit 1666 als außerordentlicher, von 1670 bis 1687 als ordentlicher Theologieprofessor die Geschicke der Fakultät in Uppsala beeinflusste (vgl. Kap. 3.3.4.2). Von Herbst 1663 bis Herbst 1665 begab er sich mit einem Reisestipendium der Universität und finanziellen Zuwendungen seines Gönners Magnus Gabriel De la Gardie auf eine peregrinatio academica mit Stationen im Alten Reich, Frankreich, England und den Niederlanden. Der Reise waren Studien an der Universität Uppsala mit dem Erwerb des Magistergrades 1661 und eine Beschäftigung als Lehrer für De la Gardies Söhne vorausgegangen. Innerhalb von zwei Jahren suchte Benzelius viele bedeutende und weniger bedeutende europäische Städte auf, wie er in seinem Reisetagebuch festhielt.55 Dabei bewies er ein großes Interesse an der Kultur und der politischen Verfassung der besuchten Städte und Regionen sowie an der religiösen Vielfalt, die er auf seinem Weg vorfand. Von diesen Eindrücken 53 Erik Benzelius, Memoria itineris ad Exteros suscepti Anno 1663 5 octob., LiSt, G 9. Vgl. dazu auch die Beschreibung und die kurzen Auszüge in Lindblom (Hg.), Handlingar, Nr. 73, 157–160. Neben dem Reisetagebuch ist von Benzelius auch eine Art Notizbuch zu seiner Reise durch das Alte Reich und andere Länder 1663 bis 1665 überliefert: Erik Benzelius, Momenta Tumultuaria Itineris ad Exteros Erici Benzelii, LiSt, G 10. Hierin sind z. B. Aufzeichnungen zu den Orten enthalten, die er auf seiner Reise streifte, wobei er etwa die Namen der dortigen Gelehrten, geographische Besonderheiten oder Sehenswürdigkeiten festhielt. Außerdem schrieb er hier auf, wie weit einzelne Ortschaften voneinander entfernt sind. Daneben finden sich aber auch Anmerkungen, die sich eher seinen wissenschaftlichen Studien zuordnen lassen wie etwa Hinweise auf Kirchenväter, Notizen zu theologischen Kontroversen oder zu Disputationen. Ebenso nannte er Neuerscheinungen auf dem Buchmarkt und führte eine Wunschliste mit Büchern, die er für anschaffungswürdig hielt. 54 Vgl. Holm, Art. Eric Benzelius d. ä., 233. 55 Benzelius’ Auslandsreise zeichnet Afzelius, Benzelius I, 17–39, nach. Die Reiseroute kann im Hinblick auf die wichtigsten Stationen gemäß der Darstellung bei Afzelius folgendermaßen zusammengefasst werden: Kopenhagen, Hamburg, Braunschweig, Helmstedt, Wolfenbüttel, Magdeburg, Wittenberg, Leipzig, Dresden, Jena, Nürnberg, Regensburg, Augsburg, Tübingen, Straßburg, Heidelberg, Frankfurt am Main, Paris, London, Oxford, London, Leiden, Utrecht, Köln, Bonn, Frankfurt am Main, Gießen, Marburg, Frankfurt am Main, Hamburg. Nachdem er weitere finanzielle Unterstützung durch De la Gardie erhalten hatte, kehrte Benzelius nicht wie geplant nach Schweden zurück, sondern zog erneut nach Leiden, wo er in Aussicht auf die ihm in Uppsala zugesagte Professur besonders Geschichte bei Gronovius studierte.
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abgesehen stellt sich für die vorliegende Untersuchung aber die Frage, inwiefern Benzelius am akademischen Milieu des protestantischen Auslands, besonders des Heiligen Römischen Reiches, partizipierte. Daher rücken die Schilderungen seiner Aufenthalte in den Universitätsstädten des Alten Reiches in den Mittelpunkt der folgenden Untersuchung. Wo betrieb Benzelius weitergehende wissenschaftliche Studien, mit welchen Professoren trat er in Kontakt? Bevor Benzelius jedoch den Boden des Heiligen Römischen Reiches betrat, stattete er einer anderen bedeutenden Universitätsstadt des protestantischen Auslands einen Besuch ab: Kopenhagen.56 Hier traf er am 17.10.1663 im Morgengrauen ein und blieb bis zum Abend. Bei seinem Rundgang durch die Stadt schenkte Benzelius den universitären Gebäuden besondere Aufmerksamkeit; neben der Kopenhagener Børse und diversen Kirchen schaute er sich auch die Akademie und die Kommunität an. Ein gewisses Maß an Bewunderung spricht aus Benzelius’ Bericht von einer der neuesten architektonischen Errungenschaften der Stadt – Rundetårn und Trinitatis Kirke. Auf der Spitze des weiträumig angelegten Turmes, „zu der man mit Wagen und Pferden bequem hinaufreiten kann“, besichtigte Benzelius die dort eingerichtete Sternwarte.57 Weiter unten fand er die Königliche Bibliothek vor, die, wie er bemerkt, außerordentlich vergrößert worden war, nachdem die Bücher von Brochmand und anderen an sie übergegangen waren. In Kopenhagen nutzte Benzelius die Gelegenheit zum Gespräch mit Bartholin, Mediziner und gegenwärtiger Rektor der Universität.58 Zwar nennt er Hans Hansen Svane in seiner Funktion als „Bischof “ („episcopum“), allerdings erwähnt er keine direkte Begegnung. Ferner weiß er von Hans Wandal (d. Ä.) zu berichten, dass er unter die hervorragenden theologischen Doktoren gezählt wird, aber zu einem Gespräch zwischen den beiden scheint es auch in diesem Fall nicht gekommen zu sein.59 Im Verlauf seiner Peregrination durch das Alte Reich suchte Benzelius die Universitätsstädte Helmstedt, Wittenberg, Leipzig, Jena, Tübingen, Straßburg, Heidelberg, Gießen und Marburg auf. Wie lange er in den einzelnen Städten verweilte, variierte erheblich. Dass er in größerem Maße vom Universitätsleben profitierte, 56 Zum Aufenthalt in Kopenhagen vgl. Benzelius, Memoria itineris, fol. 8r–8v. 57 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, fol. 8r: „præcipua cura erat speculæ Astronomicæ in summitate Templi, in qvam curru ac Eqvis commode qvis ferri potest.“ 58 Es bleibt unklar, auf welchen Professor mit diesem Nachnamen Benzelius hier anspielt. Eine Medizinprofessur hatte Thomas Bartholin (1616–1680) zu diesem Zeitpunkt inne, dieser wurde aber 1654, 1665, 1671 und 1680 zum Rektor der Universität gewählt. Während Benzelius’ Aufenthalt in der Stadt bekleidete Bertel Bartholin (1614–1690) das Amt des Rektors (1662–1664), dieser war aber kein Arzt, sondern Philologe und Professor für Eloquenz. Vgl. Meisen, Art. Bartholin, Thomas; Ræder, Art. Bartholin, Bertel. Die Abfolge der Rektoren lässt sich dem In ternetauftritt der Universität Kopenhagen unter der Rubrik „Universitetshistorie“ entnehmen: http://universitetshistorie.ku.dk/personer_og_priser/rektorer/rektorer_1537-1850/ (letzter Zugriff: 25.07.2017). 59 So beschränkt sich Benzelius’ Aussage über die Kopenhagener Theologen auf die nüchterne Information „Episcopum egit D. Svaningius. inter præcipuos Theol. Doctores habetur D. Wandalinus“, s. Benzelius, Memoria itineris, fol. 8r.
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kann daher bereits für Helmstedt, Wittenberg, Tübingen, Straßburg und Marburg verneint werden, da er sich hier kaum länger als eine Woche aufhielt. Dennoch lässt sich auch bei diesen Städten, in denen er nur wenige Tage verbrachte, erkennen, dass er nicht nur darauf bedacht war, Sehenswürdigkeiten zu bewundern, private bzw. universitäre Bibliotheken zu begutachten oder die lokalen Buchhändler und Druckereien aufzusuchen, wo er sich hin und wieder zum Kauf einiger Druckwerke hinreißen ließ. Sondern er war ebenso bestrebt, die herausragenden Persönlich keiten des akademischen Milieus vor Ort kennenzulernen. Eine Möglichkeit, Kontakt zu den lokalen Gelehrten aufzunehmen, bestand darin, sich eine Unterkunft im Haus eines Professors zu organisieren. Nachdem Benzelius am 08.11.1663 in Helmstedt eingetroffen war, gelang es ihm einen Tag später beim dortigen Griechischprofessor Johannes Hornejus unterzukommen. Nach eigener Auskunft besuchte er in Helmstedt die Bibliothek unter Anleitung des Professors für Eloquenz Christoph Schrader, deren Bestände er ausführlich beschreibt, und hörte einige Vorlesungen an der Universität. Daneben machte er Bekanntschaft mit dem Theologieprofessor Gerhard Titius sowie dem Ethikprofessor Samuel Rachelius. Lange währte sein Aufenthalt in Helmstedt jedoch nicht, am 13.11.1663 verließ er die Stadt wieder. Am 21.11.1663 erreichte er Wittenberg. Von ausgiebigen wissenschaftlichen Studien kann hier keine Rede sein, denn schon für den 26.11.1663 vermerkte er seine Ankunft in Leipzig. Dennoch nutzte Benzelius in Wittenberg die Gelegenheit, mit den berühmten Theologieprofessoren Abraham Calov und Johannes Meisner Bekanntschaft zu machen. Auch den für Griechisch zuständigen Aegidius Strauch suchte Benzelius auf. Aufschlussreich sind die Themen, über die er sich mit den Gelehrten unterhielt. Mit Calov tauschte er sich über die gegenwärtige Lage der Kirche in Schweden wie im Alten Reich aus, ebenso allgemein über die Situation im schwedischen Königreich bzw. in Kursachsen.60 Was Calov betrifft, lässt sich also ein gegenseitiges Interesse erkennen, da er die Begegnung mit Benzelius nutzte, um sich über die kirchlichen und politischen Gegebenheiten in Schweden auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Das Gespräch mit Meisner drehte sich um jüngst im Alten Reich aufgetretene Bewegungen und Kontroversen, die die Kirche beschäftigt hatten. Mit Strauch unterhielt er sich allgemein über Themen aus dem Bereich der Geschichte, über die von Isaac Vossius angestellten Berechnungen61 und die Auseinandersetzungen um den Jansenismus. In Leipzig verbrachte Benzelius knapp vier Wochen. Hier betrieb er weiter gehende Studien und nahm am Universitätsleben teil, indem er einer akademischen Festrede sowie Disputationen beiwohnte. In der Matrikel der Universität erscheint er jedoch nicht. Als sein wichtigster Lehrer erwies sich der Hebräischprofessor Johann 60 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, 23.11.1663, fol. 20r: „Horæ pomeridianæ consummebantur ex parte in colloqviis cum Doctore Calovio, ubi de præsenti Ecclesiæ statu, in Svecia, Germaniaque. ille me de meo Regno, ego illum de sua Republ. sum percontatus.“ 61 Zu Isaac Vossius vgl. etwa Häfner, Götter, 366–377.
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Adam Schertzer, bei dem er nicht nur Unterricht in den Grundlagen der orientalischen Sprachen nahm, sondern unter dessen Anleitung er sich auch einer ausführlichen Lektüre einzelner Kirchenväter widmete. Neben Schertzer lernte er den Rektor und Theologieprofessor Samuel Lange und seinen Kollegen Martin Geier sowie den für Logik und Metaphysik zuständigen Valentin Alberti kennen. Mit Geier sinnierte er über das Peregrinieren und die Beschäftigung mit theologischen Studien und redete über kirchliche Kontroversen. Das Gespräch mit Alberti dagegen drehte sich um die Schriften des Thomas. Für erwähnenswert hielt Benzelius auch, dass er in einer Predigt am 06.12.1663 von den jüngsten Heeresbewegungen der Türken in Ungarn erfuhr, was sicherlich ein aktuelles politisches Thema darstellte, dem in Schweden nicht dieselbe Brisanz innewohnte wie in Leipzig.62 Am 05.01.1664 machte Benzelius in Jena Halt, wo er ungefähr einen Monat blieb. Erneut verzichtete er darauf, sich an der Universität einzuschreiben. Dieses Mal verschlug es ihn in das Haus des Theologieprofessors Johann Ernst Gerhard. Auch in Jena bildete er sich fort und partizipierte am universitären Alltag. Der Schwerpunkt seiner Studien lag auf der Lektüre theologischer Schriften, wobei er explizit die Loci Communes von Hutter, Chemnitz und Gerhard, neuere Werke von Hülsemann, Calov, Mentzer und Feuerborn, die Kirchenväter und andere schwierige kirchliche Schriften nennt. Dabei stand ihm Johann Ernst Gerhard gelegentlich zur Seite.63 Zur Disputation seines Landsmanns Petrus Gangius unter dem Theologieprofessor Johannes Musaeus trug Benzelius ein paar Verse bei;64 aktiv wirkte er als Opponent an einer Disputation des Schweden Petrus Holm unter Johann Ernst Gerhard mit. Während seines Aufenthaltes in Jena führte Benzelius erneut zahlreiche Gespräche mit den Lehrern der Universität. Mit Johann Ernst Gerhard redete er über die Methode („ratio“) des Theologiestudiums, mit dem Rektor und Theologieprofessor Sebastian Niemann über die der Kirchengeschichte und der Kirchenväterlektüre. Johannes Musaeus teilte ihm seine Ansicht über die Methode philosophischer Studien mit und kam auf diverse philosophische Fragen zu sprechen. Mit dem Theologen Christian Chemnitz erörterte Benzelius die politische und kirchliche Lage im Heiligen Römischen Reich, während er sich mit Johann Andreas Bose, dem Geschichtsprofessor, über Themen wie die lateinischen und griechischen Verfasser oder lateinische Übungen unterhielt. Das Gespräch mit dem Mathematiker Erhard Weigel berührte z. B. Pufendorfs Wirken oder Fragen der Metaphysik.
62 Vgl. zum Phänomen der ‚Türkenpredigt‘ im Reformationsjahrhundert Grimmsmann, Krieg. 63 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, 09.01.1664, fol. 30v: „9 et seqventibus duabis septimanis vacabam liberis perlegendis selectionibus qvibusdam scriptis Theologicis. utpote Loc. Commun. D. Hutteri. Chemnicii et Gerhardi. addebantur recentiora scripta Hulsemanni, Calovii, Menzeri, Feurbornii etc. per certas horas consumebatur opera in evolvendis scriptis patrum aliorumque scriptorum Ecclesiasticorum[.] difficiliora per certa tempora mihi expediebat D. Gerhardis.“ 64 Am Rand bemerkt Benzelius in Benzelius, Memoria itineris, 25./26.01.1664, fol. 31r: „25 et 26 habebam in conscribendis carminibus qvos destinabantur disputationi D. Musaei respondente Gangio.“
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Benzelius’ Reise führte auch über Tübingen, wo er allerdings nur zwei Tage (01.–02.03.1664) verweilte. Trotzdem gelang es ihm, in dieser Zeit mit dem Theologieprofessor Johann Adam Osiander über die Auseinandersetzungen zwischen den Tübinger und Gießener Theologen zu reden65 und sich eine Disputation unter dem Theologen Christoph Wölfflin anzuschauen. Kurz darauf traf Benzelius in Straßburg ein (04.03.1664) und blieb ungefähr eine Woche lang in der Stadt. Wiederum lernte er mehrere Professoren kennen: Jakob Schaller (praktische Philosophie), Balthasar Bebel (Theologie), Johann Heinrich Boeckler (Geschichte, unter Kristina tätig als Professor in Uppsala), Sebastian Schmidt (Theologie) und Johann Conrad Dannhauer (Theologie). Benzelius’ Interesse an den kirchlichen Verhältnissen im Ausland wird erneut sichtbar, denn er ließ sich von Schmidt die Verfassung der Kirche in Straßburg erklären. Rund zwei Wochen verbrachte er daraufhin in Heidelberg (14.03.–27.03.1664). Er nahm insofern am akademischen Lehrbetrieb teil, als er Vorlesungen des Theologieprofessors Friedrich Spanheim und des Professors für Natur- und Völkerrecht Samuel Pufendorf besuchte. Daraufhin verließ er für einige Zeit das Heilige Römische Reich und hielt sich in Städten wie Paris, London, Oxford und Leiden auf. Die nächste Universitätsstadt, der er sich anschließend auf dem Boden des Alten Reiches zuwandte, war Gießen. Hier traf er am 01.10.1664 ein und begab sich erst ungefähr zwei Monate später auf die Weiterreise. Am 07.10.1664 ließ er sich in die Matrikel der Universität eintragen.66 Die Zeit in Gießen widmete er offenbar hauptsächlich theologischen Studien. Er wohnte öffentlichen Disputationen und Vorlesungen bei und besuchte sogar ein theologisches Privatkolleg beim Theologieprofessor Johann Nikolaus Misler, das sich anscheinend zu dieser Zeit größerer Beliebtheit erfreute.67 Erneut ging er mit Hilfe der Professoren die schwierigeren Loci Theologici durch. Er selbst trat bei Disputationen sowohl in der Funktion des Opponenten als auch des Respondenten auf. Nicht ohne Stolz schildert Benzelius, wie er bei einer Disputation über die synkretistischen Kontroversen68 unter dem Vorsitz des Theologieprofessors Peter Haberkorn als Respondent agierte. Ungewöhnlicherweise waren Benzelius’ Auskunft nach nämlich „nicht wenige“ aus der Professorenschaft anwesend, inklusive des derzeitigen Rektors. Als „erfolgreich“ bewertet Benzelius seinen Auftritt, der entsprechend „mit Applaus“ honoriert wurde. Offenbar gefiel ihm die akademische Aufmerksamkeit, die ihm zuteil wurde, angesichts 65 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, 02.03.1664, fol. 39r: „Cum D. Osiandro ante abitum bis conferebam sermones super variis controversiis qvæ Tubingensibus ferme propriæ sunt cum Giezensibus.“ 66 Vgl. Klewitz / Ebel (Hg.), Matrikel Gießen, 50. 67 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, [ohne Datum], fol. 68v: „intereram etiam privato collegio Theologico apvd D. Mislerum qvi tum temporis magnificus rector erat. cvi Exercitio præcipua pars magistrorum et studiosorum illius Academiæ aderat.“ 68 Auch in seinem Notizbuch äußert sich Benzelius zum Synkretismus, wobei er u. a. auf den Konflikt zwischen den Rintelnern und Wittenbergern Bezug nimmt (s. u. Kap. 4.3.3.1), vgl. Benzelius, Momenta.
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der langen Zeit, in der er auf seiner Peregrination gleichsam „als Unbekannter“ gelebt hatte, weil sein Magistertitel und seine akademische Funktion „beiseite gelegt“ worden waren.69 Mit den Professoren diskutierte Benzelius auch über ernste theologische, philosophische und historische Kontroversen. Besonders mit Haberkorn ergab sich häufig die Gelegenheit zum Gespräch, mit den Professoren Johann Conrad Dieterich (Griechisch und Geschichte) und Kilian Rudrauff (Ethik, Logik und Metaphysik) sprach er „fast täglich“70 und auch mit Michael Siricus (Theologie) unterhielt er sich einige Male. Am 11.12.1664 traf Benzelius im nahe gelegenen Marburg ein, wo er ungefähr eine Woche lang wohnte. Diese Tage nutzte er, um Kollegs und Vorlesungen an verschiedenen Fakultäten zu besuchen. Er nahm Kontakt auf zu den Professoren Sebastian Curtius (Theologie), der 1661 am Kasseler Religionsgespräch teilgenommen hatte (s. u. Kap. 4.3.3.1), und Cyriacus Lentulus (praktische Philosophie, Moral philosophie, Poesie, Kirchengeschichte, Griechisch). In Marburg hörte Benzelius sowohl Predigten der Reformierten als auch der Lutheraner, wobei ihm eine Predigt von Johann Georg Henckel71 besonders gut gefiel. Betrachtet man allein die enorme Anzahl an Persönlichkeiten aus dem universitären Kontext, denen sich Benzelius auf seiner Reise vorstellte, so bleibt kein Zweifel daran, dass ein wesentlicher Zweck seiner Peregrination in der Vernetzung mit der gelehrten Welt außerhalb Schwedens bestand.72 Die schloss Dänemark jedoch nicht ein – in Kopenhagen hielt sich Benzelius nicht länger als notwendig auf und zeigte wenig Enthusiasmus, den Professoren vor Ort zu begegnen. Die Fachgebiete der einzelnen Personen, die er auf seiner Reise traf, waren vielfältig, auch wenn sich erkennen lässt, dass Benzelius besonders darum bemüht war, Kontakte zu den 69 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, [ohne Datum], fol. 68v: „Occasione controversiarum qvarundam Syncretisticarum, subnatu[m] est consilium assumendi partes Respondentis sub Doc tore Haberkornio. qvibus publice defunctus sum 2 Decembris in Auditorio Theologico, opponentibus Magistris Sivert Bremensi sive Stadensi et Adamo Tribecco Lubecensi, stipendiario Scapelliano. præter consvetudinem aderant non pauci ex professoribus cum Rectore Magnifico. feliciter et cum adplausu omnia successerunt, benedicente Dei honestis conatibus. tot vero tempore tamquam ignotus vixeram, seposito titulo Magisteriali et functione Academica.“ 70 Vgl. Benzelius, Memoria itineris, [ohne Datum], fol. 68v: „cum professoribus Dieterico et Rudrauffio ferme qvotidianus instituebatur sermo.“ 71 Johann Georg Henckel (1639–1676) war als Pfarrer in Marburg tätig, bevor er 1671 Superintendent der Grafschaft Waldeck und zugleich Lehrer am Korbacher Gymnasium sowie Pfarrer an St. Kilian wurde, vgl. Curtze / von Rheins, Geschichte, 330 f. 72 So trifft die Beobachtung von Trunz, Späthumanismus, 30, zum Reiseverhalten Gelehrter um 1600 auch noch auf Benzelius’ peregrinatio academica zu, sodass sich hier humanistische Gepflogenheiten fortsetzten: „Besonderen Wert legte man beim Reisen auf den Besuch bei Gelehrten. Im Grunde genommen reiste man gar nicht von Stadt zu Stadt, sondern von Gelehrten zu Gelehrten.“ Diese Funktion der Peregrinationen stellt auch Kaufmann in Bezug auf das Heilige Römische Reich heraus. Demnach seien die z. T. sehr engen Kontaktnetze zwischen den Fakultäten oft im Zuge der akademischen Mobilität der späteren Professoren während ihrer Studienzeit geknüpft und durch Korrespondenzen, die Übersendung von Disputationsthesen und durch regelmäßige Besuchsreisen der neu in ihre Ämter eintretenden Theologen bei ihren Kollegen aufrechterhalten worden. Vgl. Kaufmann, Krieg, 79.
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Theologieprofessoren zu knüpfen. Ungefähr die Hälfte aller universitären Lehr personen, die Benzelius kennenlernte, hatte eine theologische Professur inne. In den Gesprächen, die er mit den Gelehrten führte, wird Benzelius’ Interesse an gegenwärtigen Entwicklungen, auch Kontroversen im politischen, religiösen und wissenschaftlichen Bereich sichtbar, was nicht zuletzt seine Disputation über das damals in theologischen Kreisen heftig diskutierte Phänomen des ‚Synkretismus‘73 eindrücklich unter Beweis stellt. Ebenso belegt sein Interesse an kürzlich erschienener Literatur, dass er die Zeit seiner Peregrination nutzte, um sich über die Diskussionen und wissenschaftlichen Erträge im Ausland auf den neuesten Stand zu bringen. Es waren keineswegs nur Theologen, die Benzelius’ wissenschaftliches Voranschreiten im Heiligen Römischen Reich nachdrücklich beeinflussten. Als besonders prägend erwiesen sich nach Benzelius’ Darstellung sowohl der Hebräischprofessor Johann Adam Schertzer als auch der Theologieprofessor Johann Ernst Gerhard, in deren Häusern er nicht nur eine Bleibe fand, sondern die ihn auch in seinen Studien unterstützten. Insgesamt wird deutlich, dass sich Benzelius seinem Rang als Magister entsprechend fortgeschrittenen Studien widmete. In Leipzig verbesserte er seine Kenntnisse der orientalischen Sprachen und beschäftigte sich mit den Kirchenvätern, vertiefte theologische Studien standen in Jena und Gießen im Vordergrund. Nur in Gießen taucht Benzelius’ Name aber auch in der Universitätsmatrikel auf. Dass der Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Fortbildung ausgerechnet in Leipzig, Jena und Gießen lag, während er die traditionell für schwedische Studenten attraktiven Ostseeuniversitäten Rostock und Greifswald völlig ausließ und die prominente Wittenberger Leucorea nur kurz streifte, ist bemerkenswert. Diese Route lässt keinen Zweifel daran, dass die Planung seiner Reise nicht zuletzt von individuellen Erwägungen bestimmt war. Überhaupt ist die breite Streuung von Benzelius’ universitären Reisezielen erstaunlich. Auch wenn er für seine vertieften Studien zweifellos lutherische Universitäten auswählte, hielt ihn das nicht davon ab, den reformierten Hochschulen in Heidelberg und Marburg einen Besuch abzustatten oder die seit dem Wirken Georg Calixts (1586–1656) unter den strengen Lutheranern zeitweise in Verruf geratene Universität in Helmstedt aufzusuchen – ganz zu schweigen von seinen ausgiebigen Studienaufenthalten in Leiden. Von einer Einschränkung seiner Peregrinationsroute in dem Sinne, nur zu eindeutig lutherischen Bildungsstätten zu ziehen, kann also keine Rede sein. Allerdings muss eingeräumt werden, dass Benzelius anders als in den übrigen Universitätsstädten in Heidelberg, Marburg und Helmstedt offenbar keinen näheren persönlichen Kontakt zu den Theologieprofessoren suchte, wenn man von Sebastian Curtius absieht. So ist die generelle konfessionelle Aufgeschlossenheit, die sich an Benzelius beobachten lässt, durchaus beachtlich. Obwohl er sich seiner eigenen lutherischen Position durchaus bewusst war, wie etwa das Thema seiner Disputation und die Auswahl der von ihm genauer studierten Theologen zeigt, bemühte er sich, die Standpunkte und Riten der Gegenseite kennenzulernen. 73 Zur Begriffsgeschichte vgl. Müller, Irenik, 58–62; 467 f, und unten Anm. 217.
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So nutzte er z. B. sowohl in Heidelberg als auch in Marburg die Gelegenheit, reformierte Gottesdienste zu besuchen. Aber ebenso äußert er sich in beiden Orten dazu, wer der „reineren Lehre“ zugetan ist.74 Wie eine Peregrination also besonders der Kontaktaufnahme mit ausländischen Gelehrten diente, so führt das Beispiel von Benzelius zugleich vor Augen, dass die schwedischen Studenten, die sich gleichzeitig zu Studienzwecken im Ausland aufhielten, untereinander eng vernetzt waren. Dass er sich nach seiner Ankunft in einer neuen Stadt wie selbstverständlich mit seinen Landsleuten traf, hat Benze lius in seinem Reisetagebuch z. B. in Leipzig, Jena, Straßburg und Heidelberg dokumentiert. Auch Briefe wurden mit den im Ausland verweilenden Landsleuten ausgetauscht. Unter den namentlich Genannten tauchen dabei Personen auf, denen wie Benzelius eine akademische Karriere bevorstehen sollte, nämlich Petrus Holm in Jena, Samuel Skunck in Paris, (Petrus Erici) Bång und (Petrus) Aurivillius75 in Straßburg. Wenn sich Benzelius durch das Beisteuern eines Gedichtes oder als Respondent an Disputationen beteiligte, so handelte es sich vorrangig um Disputationen von schwedischen Studenten, wie es in Leipzig und Jena der Fall war. Es ist davon auszugehen, dass nicht nur Benzelius von den neu geknüpften Kontakten und den Informationen, die er auf seiner Peregrination aufschnappte, profitierte, sondern auch seine daheim gebliebenen Lehrer über aktuelle Entwicklungen im Ausland auf dem Laufenden gehalten wurden. Denn immer wieder vermerkte Benzelius in seinem Reisetagebuch, Briefe verfasst zu haben. Aufgrund seines universitären Stipendiums und seiner engen Kontakte nach Uppsala ist daher zu erwarten, dass auch dortige Professoren zu den Adressaten seiner Briefe gehörten. Betrachtet man allein die Angaben, die Benzelius zu seinen Aufenthalten in den Universitätsstädten des Alten Reiches machte, so findet sich darin zumindest die Notiz, dass er aus Gießen einen Brief an den Theologieprofessor Carl Lithman verschickte.
74 Vgl. zu Heidelberg die Notiz in Benzelius, Memoria itineris, 27.03.1664, fol. 42r: „Ex professorio ordine Tres sunt sinceriori doctrinæ addicti. D. jvris Blume, cui hoc tempore destinatur Cancellariatus. Gerlachius hist. Eccles. professor. et Puffendorphius.“ Interessanterweise findet man zwei der drei hier genannten Gelehrten später in schwedischen Diensten wieder, nämlich Reinhold Bluhm (oder Blum[e]) und Samuel Pufendorf. Vgl. Derwein, Art. Bluhm (Blum[e]), Reinhold; Luig, Art. Pufendorf, Samuel. In Marburg kennzeichnete Benzelius den lutherischen Subdiakon Johannes Fenner ausdrücklich als „orthodox“, vgl. Benzelius, Memoria itineris, 17./18.12.1664, fol. 70v. 75 Erik Benzelius trug sich am 15.04.1664 in Frankfurt am Main in das Stammbuch von Petrus Aurivillius ein, vgl. Aurivillius, Album amicorum 1663–1664, fol. 164r.
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4.1.3 Peregrinationen als Informationsquellen für die Professoren im Norden Wie Benzelius den schwedischen Professoren von seiner Peregrination Bericht erstattete, so stößt man bei der Suche nach Briefen, die an die skandinavischen Theologieprofessoren gerichtet waren, immer wieder auf Beispiele, die nahelegen, im Kontext einer solchen peregrinatio academica von einem dänischen oder schwedischen Studenten verfasst worden zu sein. Im Folgenden sollen beispielhaft einige solcher Briefe untersucht werden unter der Fragestellung, inwiefern sie aktuelle bzw. ehemalige skandinavische Theologieprofessoren, die inzwischen auf eine höhere kirchliche Position berufen worden waren, wie es in Schweden häufig der Fall war, mit Informationen über gegenwärtige Geschehnisse im Ausland versorgten.
4.1.3.1 Dänemark: Albert Bartholins Erfahrungen in Wittenberg Albert Bartholin (1620–1663), späterer Rektor und Literaturhistoriker und ein Sohn des bekannten Medizin- und Theologieprofessors Caspar Bartholin d. Ä.76 (1585–1629), unternahm Anfang der 1640er-Jahre eine peregrinatio academica, die ihn 1642 nach Wittenberg führte. Nach seiner Rückkehr erlangte er 1645 den Magistergrad in Kopenhagen und war anschließend an der Schule in Frederiksborg tätig.77 Als er sich in Wittenberg aufhielt, schrieb er mehrere Briefe an Jesper Brochmand, Bischof von Seeland (Sjælland) und Theologieprofessor an der Universität. Vier Briefe sind in Abschrift in der Briefsammlung Brochmands in der Königlichen Bibliothek Kopenhagen erhalten. In diesen Briefen nimmt zwar der Dank an Brochmand und die Schilderung persönlicher Befindlichkeiten weiten Raum ein, aber Bartholin geht auch auf die Studiensituation in Wittenberg ein, weshalb seine Briefe von besonderem Interesse sind. Sein erster Brief ist auf den 14.01.1643 datiert, der zweite auf den 10.06.1643, der dritte auf den 18.07.1643 und der vierte schließlich auf den 09.11.1643. Aus inhaltlichen Gesichtspunkten, die im folgenden Durchgang durch die einzelnen Briefe hervortreten werden, wirft die in der Briefsammlung vorgeschlagene chronologische Reihenfolge allerdings einige Fragen auf. Daher besteht der begründete Verdacht, dass entweder die Datierungen vertauscht worden sind oder einzelne Datumsangaben schlicht fehlerhaft sind. Dass sich Bartholin allerdings in den Jahren 1642 und 1643 in Wittenberg aufhielt, ist unzweifelhaft. Zum einen erscheint er am 02.06.1642 in der Matrikel der Universität (vgl. Anm. 81), zum anderen verzeichnet die Königliche Bibliothek in Kopenhagen eine in Wittenberg gedruckte Disputation aus dem Jahr 1643, die er unter dem Vorsitz von Johann Scharf gehalten hat.78 76 Mit Caspar Bartholin d. Ä. beschäftigt sich eingehend Fink-Jensen, Fornuften, 231–359. 77 Zu Bartholin vgl. Krarup / Petersen, Art. Bartholin, Albert. 78 Johann Scharf / Albert Bartholin, Exercitatio Theologica De Mysterio S: S: Trinitatis, Wittenberg: Johann Röhner 1643. Die Disputation ist u. a. Jesper Brochmand gewidmet.
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Es ist vorzuschlagen, dass der dritte Brief, der das Datum 18.07.1643 trägt, aus chronologischer Sicht als der älteste Brief anzusehen ist und möglicherweise am 18.07.1642 verfasst wurde.79 Einleitend schildert Bartholin nämlich seine Ankunft in Wittenberg. Angesichts der unsicheren Zeiten war die rund drei Wochen dauernde Reise von Dänemark nach Wittenberg kein ungefährliches Unternehmen, weshalb Bartholin seiner Dankbarkeit für ihren glücklichen Ausgang überschwänglich Ausdruck verleiht und zugleich hofft, dass Gott nun den Studien Frieden gewähren möge vor denen, die Kriegsdienste tun. Die Schrecken des Krieges haben die Gegend um Wittenberg herum offenbar schwer gezeichnet; das Elend, das man hier sieht, will Bartholin lieber verschweigen. Die Aufnahme durch die „sehr gebildeten“ Professoren vor Ort beschreibt er als „freundlich genug“ und „wohlwollend“, wobei sie bereitwillig den Neuankömmlingen eine Herberge anboten.80 Mit wem und wie vielen Personen Bartholin unterwegs war, lässt sich den Briefen nicht entnehmen, allerdings immatrikulierten sich am 02.06.1642 zusammen mit Bartholin die Dänen „Iohannes Iani“ aus Viborg und „Henricus Motzfeldius“ aus Kopenhagen, sodass diese wohl Bartholins Reisebegleiter waren.81 Die Wahl fiel schließlich auf Leyser82 mit der Begründung, dass er gerüchteweise am entschiedensten gegen die „kaum gesunde Sitte“ vorgehe, die sich heimlich „bis heute unter den Deutschen behauptet“, nämlich den einzelnen „feindselig zu plagen“.83 Damit weist Bartholin den Pennalismus, auf den er hier vermutlich Bezug nimmt, als typisch deutsches Phänomen aus, wobei er zugibt, dass dieser an anderen Universitäten ein schlimmeres Unwesen treibe als in Wittenberg.84 79 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 56: Brief von Albert Bartholin an Jesper Brochmand, Wittenberg, 18.07.1643, KBKph, GKS 3038, 4°. 80 Vgl. Bartholin an Brochmand, Wittenberg, 18.07.1643: „Comiter satis superque benigne Professoribus hujus loci humanissimis accepti eramus, certatim invitantibus ad hospitium, cum notum ignotumque, qvantum ad jus hospitii, neminem discernunt.“ 81 Vgl. Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt (Hg.), Album Academiae Vitebergensis, 418. Nur einen Tag später ließen sich ein Student aus Holstein und zwei weitere Studenten aus Dänemark an der Universität einschreiben. Dass sich Albert Bartholin am 02.06.1642 immatrikulieren ließ, legt die Vermutung nahe, dass der Brief tatsächlich am 18.07.1642 verfasst wurde. 82 Angesichts der Vielzahl von Professoren mit diesem Nachnamen, die an der Universität Wittenberg tätig waren, spielt Bartholin wohl auf Wilhelm Leyser (I., 1592–1649) an, der zum Zeitpunkt von Bartholins Aufenthalt in der Stadt Theologieprofessor war. 83 Vgl. Bartholin an Brochmand, Wittenberg, 18.07.1643: „Audito vero |: qvi male sanus adhuc in Germanis obtinet mos, qvamvis id fiat clam :| grassantem alicubi male vexandi insanam libidinem, idque in plurium Professorum ædibus, hostiliter uni maxime Dn. D. Lysero proscriptam esse […].“ 84 Dass die – gemeinschaftliche – Bekämpfung des Pennalismus von den 1630er- bis 1660erJahren die Universität Wittenberg intensiv beschäftigte, bezeugen die in Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt / Friedensburg (Hg.), Urkundenbuch 2, wiedergegebenen Dokumente. Calov behauptete bei einer Visitation der Universität 1665, dass die Abschaffung des Pennalismus für einen erheblichen Anstieg der Zuhörerzahlen in seinen Vorlesungen sorgte (s. o. Kap. 3.3.9, Anm. 303). Zum Pennalismus vgl. etwa Füssel, Riten; Füssel, Gewalt; Gössner, Disziplinierung, 115–118; Füssel, Sittenverfall, besonders 131–133; Hensel (Hg.), Pennalismus.
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Anschließend legt er Rechenschaft über seine Studien ab. Drei Stunden täglich verbrachte er demnach in verschiedenen Kollegs. Zuerst besuchte er ein theologisches Kolleg von Wilhelm Leyser, dessen Gelehrsamkeit und Mitmenschlichkeit er rühmt. Zweitens nahm Bartholin an einem Kolleg des theologischen Lizentiaten Johann Scharf teil, drittens widmete er sich in einem Kolleg der hebräischen Sprache. In seinen philologischen Bemühungen hielt er sich hauptsächlich an Magister August Buchner.85 Eine Vernachlässigung der lateinischen Studien an der Universität nimmt Bartholin dennoch bedauernd wahr. Die kontroverstheologischen Aktivitäten der Wittenberger hält Bartholin für besonders erwähnenswert: „Gar sehr mühen sich die Professoren hier ab im Umstürzen der Gegner.“86 Als Beispiel kommt er auf „irgendeine papistische Schrift“ („scriptum aliqvod Papisticum“) von Coturius zu sprechen, auf die er in einer Bibliothek gestoßen war. Sie spielt auch in den folgenden Briefen im Zusammenhang seiner Bemühungen, Brochmand ein vollständiges Exemplar dieses Werkes zu übersenden, eine Rolle. Aufgrund der vorgeschlagenen Datierung des Briefes spielt er wohl auf die 1641 erstmals erschienenen „Demonstrationes Catholicæ, quibus ostenditur lutheranam Ecclesiam non esse veram Apostolicam Ecclesiam“87 des Jesuiten Julius Caesar Coturius (Jules César de la Couture, 1598–1651) an, da der entsprechende Auszug („Epitome Controversiarum sive Demonstrationes CathoWas das Verhältnis von Deposition und Pennalismus angeht, kann Hensel interessanterweise eine Besonderheit der Universität Uppsala erkennen, s. Hensel (Hg.), Pennalismus, 60: „Deposition und Pennalismus lassen sich auf den protestantischen Universitäten des Alten Reiches eindeutig trennen. Die Betrachtung der schwedischen Universität Uppsala um 1600 zeigt hingegen eine außergewöhnliche Vermischung der akademischen Deposition mit dem durch die Nationen geprägten Pennalismus, in Zusammenhang mit der Duldung und bisweilen Förderung durch die Universitätsbehörden.“ Laut Hensel (Hg.), Pennalismus, 60 f, vereinigten sich Studenten seit der Wiedererrichtung der Universität Uppsala dem Herkunftsprinzip folgend ähnlich wie die Landsmannschaften, die Ende des 16. Jahrhunderts in Rostock aufkamen. Im Rahmen dieser Nationen habe die Deposition stattgefunden, auch Pennalschmäuse seien hier veranstaltet worden. Gemäß Hensel versuchte die Universität in der Mitte des 17. Jahrhunderts, die Nationen – 1656 bereits 15 an der Zahl – zu verbieten, aber ohne Erfolg. Stattdessen habe die Universität daraufhin die Strategie verfolgt, die Nationen in die Strukturen der Universität einzuordnen, indem ihnen seit 1663 Professoren als Inspektoren zugewiesen wurden. Die Mitgliedschaft in einer Nation wurde für jeden Studenten zur Pflicht erklärt – was bis 2010 Bestand hatte. Im Jahr 1692 gelang es laut Hensel auf königlichen Befehl zwar die Deposition abzuschaffen; das Pennalwesen sei jedoch bis ins 18. Jahrhundert hinein beibehalten worden. 85 August Buchner war zu diesem Zeitpunkt Professor für Rhetorik und Poetik. 86 Bartholin an Brochmand, Wittenberg, 18.07.1643: „Sat heic sudant Professores in evertendis adversariis.“ 87 Nachweis bei de Backer / de Backer / Carayon / Sommervogel, Bibliothèque, 1589, Nr. 4; Rabe, Alma Mater Leopoldina, 412. Wenig ist über den Jesuiten de la Couture bekannt. In den 1640er-Jahren unterrichtete er Kasuistik und Kontroverstheologie an der kürzlich eingerichteten Jesuitenakademie in Breslau, der er auch zeitweise als Rektor vorstand, vgl. Fischer, Jesuiten, 127; [164] (Rektor der philosophischen Fakultät 1646–1650); [168] (zuständig für Kontroversen an der theologischen Fakultät 1641–1644). Vgl. auch die Tabellen bei Rabe, Alma Mater Leopoldina, 505; 515.
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licæ quibus ostenditur Lutheranam Ecclesiam non esse Apostolicam“88) erst 1643 herausgegeben wurde. Dass der Wittenberger Diakon Johann Frimel über eine Entgegnung auf diese Schrift nachdachte, hat Bartholin durch Gerüchte vernommen.89 Bartholins Brief, der das Datum 09.11.1643 trägt, schließt thematisch eng an den vorhergehenden Brief an und ist daher als sein zweiter Brief an Brochmand anzusehen.90 Erneut geht es um die Schrift von Coturius, die Brochmand inzwischen erreicht hatte, aber anscheinend unvollständig, sowie die geplante Entgegnung von Frimel. In diesem Zusammenhang streift Bartholin auch die durch die momentane Belagerung Leipzigs hervorgerufenen Engpässe auf dem Buchmarkt.91 Andere nennenswerte neue Schriften seien ihm nicht bekannt. Als dritter Brief in chronologischer Reihenfolge lässt sich das auf den 14.01.1643 datierte Schreiben identifizieren.92 Hierin spricht Bartholin nämlich erneut die nun hoffentlich vollständige Ausgabe der Schrift von Coturius an, die er – seiner im letzten Brief bekundeten Absicht entsprechend – vor mehreren Monaten bereits auf Buchners Vermittlung hin einem nach Dänemark Reisenden mitgegeben habe, an dessen Zuverlässigkeit ihm inzwischen Zweifel kommen.93 Auf den ersten Blick fällt auf, dass sich Bartholins bisher zumindest als verhalten positiv beschreibbare Auffassung von Wittenberg geradezu ins Gegenteil verkehrt hat. Vom einstigen Glanz der Stadt, begründet durch den Ruf ihrer Universität, ist nicht mehr viel übrig, wenn man seinen Ausführungen Glauben schenken will. Die Beschaffenheit des Ortes schreckt seiner Meinung nach die einst in Scharen herbeiströmenden Studenten ab, die lernbegierig oft länger als zwei oder drei Jahre in Wittenberg blieben. Stattdessen greife eine „Ruchlosigkeit der Sitten“ in Wittenberg um sich, vergessen seien das alte Ansehen und der Ruhm.94 „Achtung“ und „Mäßigung“ suche man in der 88 Nachweis bei de Backer / de Backer / Carayon / Sommervogel, Bibliothèque, 1589, Nr. 5. 89 Tatsächlich veröffentlichte Frimel 1644 eine entsprechende Schrift: Johann Frimel, Specimen Anti-Coturii. Hoc est: Demonstrationis Catholicæ dictæ De Verbo Dei Scripto Examen. Ex Sacra Scriptura & Orthodoxa Antiquitate Contra Julium Cæsarem Coturium Jesuitam, Cum Deo institutum & exhibitum, Wittenberg: Johann Röhner 1644. 90 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 60: Brief von Albert Bartholin an Jesper Brochmand, Wittenberg, 09.11.1643, KBKph, GKS 3038, 4°. Denkbar ist, dass Bartholin den Brief am 09.11.1642 schrieb, vgl. oben Anm. 81. 91 Zur Universität Leipzig im Dreißigjährigen Krieg vgl. Zirr, Universität. 92 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 49: Brief von Albert Bartholin an Jesper Brochmand, Wittenberg, 14.01.1643, KBKph, GKS 3038, 4°. Ediert in Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 130–132. 93 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Tertius jam est mensis, et qvod excurrit, ex qvo maturanti in patriam Capellæ Magistro Electoris, Cothurii exemplar integrum, ut spero, offerendum Excellentiæ Vræ, dedi. Operam mihi qvidem hanc addixit, intercessore M. Buchnero; vereor tamen, ne promissis dextre satis satisfecerit, cum certi nihil recognoverim.“ 94 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Locus, qvi antea freqventiam Studiosorum invitaverat, eosdem jam a se repellit; qvi multos discendi avidos detinuit ultra biennium, vel triennium, morum non dicam improbitate infectus gratiam veterem gloriamqve late diffusam tandem deposuit.“
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Stadt vergeblich.95 Die Grenze zwischen Studenten und Professoren sei undeutlich geworden.96 Daran sind die Professoren laut Bartholin selbst schuld, zeigten sie sich doch nachsichtig gegen die „übermäßige Zügellosigkeit“ der Studenten und belohnten die Vergehen mit Straflosigkeit.97 Dass öffentliche Verleumdungen ihren festen Platz in den Gottesdiensten haben, sieht Bartholin schon als den Normalfall an.98 Der Grund für seinen Missmut lässt sich den folgenden Zeilen entnehmen: Offenbar mussten die dänischen Studenten einige Schmähungen in Wittenberg erdulden. Aus Kollegs würden die Professoren ausschließen, drei oder gar vier Mal sei Bartholins Name – obwohl den Professoren durchaus bekannt99 – in öffentlichen Übungen beleidigt worden.100 Anscheinend gehen diese Kränkungen nicht gerade subtil vonstatten. Denn die Dänen bemerken gemäß Bartholin durchaus, „in welch großer Verachtung und Missgunst“101 sie lebten. In sein negatives Bild von Wittenberg fügt sich nahtlos die von Bartholin behauptete wissenschaftliche Untätigkeit ein. Nichts hält er für erwähnenswert gegenüber Brochmand als allein einige Thesen von Jakob Martini über die Grundlage des Glaubens, mit denen er sich gegen den reformierten Theologen und Superintendenten von Zerbst, Christian Beckmann, wandte.102 Positiveres Licht fällt allein auf den theologischen Lizentiaten Johann Scharf, dessen Bildung er überschwänglich rühmt. Dieser schritt ebenfalls gegen Beckmann ein, wobei er Bartholin über die Problemlage aufklärte.103 95 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „In loco jam nihil reverentiæ, modestiæ nihil.“ 96 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „[…] nescio enim, fasces num teneant Professores, an vero Studiosi.“ 97 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Vicem hanc eorum dolere non possum, cum ipsi in culpa sint, nimiæ eorum lasciviæ indulgendo, delictis impunitatem donando […].“ 98 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Sacra sine contumelia publica ingredi integrum non est.“ 99 Zumindest sein Nachname müsste in der gelehrten Welt des Heiligen Römischen Reiches zu dieser Zeit durchaus geläufig gewesen sein, wurden die Schriften seines Vaters doch auch in Städten wie Wittenberg, Rostock, Straßburg, Frankfurt am Main oder Greifswald gedruckt, vgl. Fink-Jensen, Fornuften, 236. Zudem hatte sich Caspar Bartholin d. Ä. selbst drei Jahre lang zu Studienzwecken in Wittenberg aufgehalten und dort 1605 den Magistergrad erlangt, vgl. FinkJensen, Fornuften, 238. Vgl. zu Caspar Bartholins Stammbuch oben Kap. 4.1.2 mit Anm. 40. 100 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Collegiis excludunt publicisqve exercitiis terve qvaterve meum læserunt nomen, probe iis cognitum.“ 101 Vgl. Rørdam, Aktstykker 1621–60 (V/2), Nr. 157, 131: „Ecqvid sentimus in qvanto contemptu et invidia vivimus.“ 102 Vermutlich spielt Bartholin auf die Disputationensammlung Jakob Martini, De Prin cipio Fidei Collegium Publicum Anticalvinianum; in quo demonstratur, quomodo quidam larvatus Massonius cum Vedelio & aliis Calvinianis abusu Principiorum rationis & naturæ articulos fidei nonnullos pervertant, & manifestis Dei oraculis peregrinum sensum affingant …, Wittenberg: Johann Röhner 1642, an. 103 Demnach entzündete sich der Streit an Beckmanns These, dass dem Fleisch Christi keine göttliche Ehre mitgeteilt worden sei. Nach Bartholins Darstellung erscheint es geradezu lächerlich, dass Beckmann die Urheberschaft dieser Erfindung für sich beansprucht, weil er ihr eine weite
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In dem letzten und vierten Brief, angeblich am 10.06.1643 verfasst,104 hat sich Bartholins Stimmung nicht verbessert, ist er doch nun zu allem Überfluss auch noch durch eine schwere Krankheit gezeichnet. Hierin tut Bartholin seine Absicht kund – offenbar Brochmands Ratschlag folgend – nach Franeker weiterzuziehen. Voll des Lobes kommt er auf Wilhelm Leyser zu sprechen, der nicht nur sehr um Bartholins Wohlergehen besorgt gewesen sei, sondern sich für die dänischen Studenten als „treuer Verteidiger gegen alle beliebigen Kränkungen“ („propugnatorem fidelem adversus qvasvis injurias“) erweise. Doch damit nicht genug: Aus Bartholins Sicht macht er sich besonders um die Förderung der Studien verdient. Ähnlich bescheinigt er auch dessen Kollegen Johann Hülsemann und August Buchner – ein beispielloser Experte auf dem Gebiet der Philologien –, sich um die Studien der Dänen außerordentlich zu bemühen. Dabei weist Bartholin auf die Widmung eines Kommentars von Buchner hin, die dessen Wohlwollen gegenüber den Dänen schon vor langer Zeit offenbart habe. Versöhnlicher klingt Bartholins Urteil über die Zustände an der Wittenberger Universität, wenn er schreibt: „In der Tat glühen die Katheder und Sitzbänke bei der Vorlesung der Doktoren […].“105 Die Teilnahme an Disputationen bewertet er als großen Erfolg. Bei „sanfteren Wechseln des Schicksals“ („mitiores vices“) – ob er hier auf die Verwüstungen des Dreißigjährigen Krieges, seine Krankheit oder beides anspielt, bleibt unklar – könnte er sich sogar einen längeren Aufenthalt in Wittenberg vorstellen. Betrachtet man Bartholins Briefe im Zusammenhang, so stellt sich zunächst die offensichtliche Frage: Warum reiste er für seine Studien ausgerechnet nach Wittenberg? Die Reise war riskant, die Stadt lag mitten in einem vom Krieg schwer heim gesuchten Gebiet und dänische Studenten waren nach Bartholins Darstellung an der Leucorea anscheinend nicht übermäßig beliebt. Die Fürsprecher an der Universität, auf die sich die Dänen stützen konnten, waren angeblich wenige; neben dem besonders gerühmten Leyser pflegte Bartholin lediglich nähere Kontakte zu Buchner und Scharf. Nicht nur, dass Bartholin seiner Schilderung nach in Wittenberg offenbar ein zweites Sodom und Gomorrha vorgefunden hat, auch aus wissenschaftlicher Sicht scheint die Universität in dieser Zeit nicht gerade eine Sternstunde erlebt zu haben. Der in den Philologien außerordentlich bewanderte Buchner tritt in Bartholins Bericht als der einzige wahre Glanzpunkt der Universität auf. ErwähnensVerbreitung unter den Calvinisten bescheinigt. Scharf hielt seit 1643 ebenfalls Disputationen gegen Beckmann ab, vgl. die erste Disputation in dieser Reihe: Johann Scharf / David Grosse, Collegii Anti-Calviniani Dissertatio I. Prooemialis De Syllogismo Christiani Beccmanni, & Christoph. Massonij … / Praeside Johanne Scharfio Th. Lic. & Profess. Extraordinario … Respondente M. Davide Grossio Mittweidensi …, Wittenberg: Michael Wendt 1643, und die Sammlung Johann Scharf, Dissertationum Anticalvinianarum Antecessus, Christophoro Massonio, & Christiano Beccmanno cumprimis, … XII. Dissertationibus comprehensus …, Wittenberg: Michael Wendt 1645. 104 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 54: Brief von Albert Bartholin an Jesper Brochmand, Wittenberg, 10.06.1643, KBKph, GKS 3038, 4°. 105 Vgl. Bartholin an Brochmand, Wittenberg, 10.06.1643: „Calent eqvidem pulpita et subsellia doctorum lectione“.
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werte neue Schriften fallen Bartholin kaum ein – stattdessen ist das einzige Werk der aktuellen Literatur, bei dem es ihm wirklich ein Anliegen ist, dass Brochmand es erhält, ausgerechnet das eines Jesuiten. Immerhin deutet dies an, dass man in Dänemark an den gegenwärtigen publizistischen Entwicklungen anderer Konfessionen interessiert war, nicht nur an den Repliken der lutherischen Theologen. Warum Brochmand zu unterstellen ist, dass er ein besonderes Interesse an der Schrift von Coturius hegte, geht aus Bartholins Briefen nicht hervor; genauer äußerte sich dazu jedoch Frimel in einem Brief an Brochmand.106 Als naheliegendste Erklärung, warum Bartholin trotz dieser widrigen Umstände die Leucorea aufsuchte, ist wohl auf die traditionell seit Christian III. bestehende enge Verbindung zwischen Dänemark und Wittenberg zu verweisen. Auch die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges haben offenbar nichts daran zu ändern vermocht, dass sich dänische Theologen mit Karriereambitionen im Verlauf ihrer Studienreise am besten auch in der kursächsischen Universitätsstadt sehen lassen sollten.107 Zwar war Bartholin keine Laufbahn als Superintendent oder Professor beschieden, aber er widmete sich in Wittenberg vorrangig theologischen Studien. Von seinem berühmten Nachnamen konnte er dabei nicht profitieren. Inwieweit ihm Brochmands Kontakte nach Wittenberg eine Hilfe waren, wird aus den Briefen nicht ersichtlich. So äußert sich Bartholin etwa nicht dazu, Grüße zwischen Brochmand und den Wittenberger Professoren ausgerichtet zu haben. Auch wenn Jesper Brochmand selbst hauptsächlich in Holland studiert hatte, belegt seine Briefsammlung, dass er mit Jakob Martini, Johann Hülsemann, Wilhelm Leyser und Johann Frimel bekannt war. So erweckt der Aufenthalt in Wittenberg letztendlich den Eindruck einer Pflichtstation auf dem Weg in das für die Studien günstigere Franeker.
4.1.3.2 Schweden: Begegnungen mit theologischen Konflikten im Alten Reich Als Beispiele aus Schweden werden Briefe der späteren Professoren Erik Odhelius (1620–1666), Jordanus Edenius (1624–1666) und Petrus Erici Bång (1633–1696) von ihren Peregrinationen herangezogen. Sie erweisen sich als besonders aufschluss reich, was die Wahrnehmung theologischer Auseinandersetzungen im Heiligen Römischen Reich durch schwedische Studenten betrifft. Von Erik Odhelius sind zwei Briefe innerhalb einer Sammlung erhalten, die vorrangig Briefe an den schwedischen Theologieprofessor Laurentius Norrmannus 106 Vgl. unten Kap. 4.2.2 mit Anm. 198. 107 Dies betont auch Morten Fink-Jensen im Zusammenhang des Wittenbergaufenthalts von Caspar Bartholin im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, vgl. Fink-Jensen, Fornuften, 238: „Det var det naturlige sted at søge hen for en dansk teologistuderende med akademiske ambitioner; universitetet i Wittenberg havde lige siden reformationen øvet en overordentlig stor indflydelse på universitetet i København, og wittenbergske teologer som Georg Mylius (1548–1607), Salomon Gesner (1559–1605), David Runge (1564–1604) og Leonhard Hutter (1563–1616), som Bartholin studerede under, stod som garanter for at føre den sande lutherdom videre – konkordieformel eller ej.“
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(1651–1703) umfasst. Diese schrieb Odhelius während seiner Peregrination an Laurentius Stigzelius (1598–1676), der rund dreißig Jahre lang an der theologischen Fakultät in Uppsala tätig war. Erik Odhelius hatte 1646 den Magistertitel in Uppsala erworben und unternahm 1649 bis 1651 eine Peregrination durch das Heilige Römische Reich. Nach seiner Rückkehr wurde er bereits 1652 zum Professor der Theologie in Uppsala befördert. Sein Schwiegersohn war der bereits häufiger genannte Erik Benzelius (d. Ä.).108 Den ersten Brief an Laurentius Stigzelius verfasste Odhelius am 03.09.1649 in Helmstedt.109 Darin berichtet er, dass er vor ungefähr acht Tagen in Helmstedt angekommen sei und seitdem bereits das Gespräch mit Calixt, besonders aber mit Hornejus110 gesucht habe. Er gibt zu erkennen, dass nicht nur beide beabsichtigen, sich brieflich an Stigzelius zu wenden, sondern dass Hornejus bereits wiederholt Briefe an seinen schwedischen Kollegen geschickt habe.111 Zuletzt habe Hornejus darin aufgegriffen, was er von dem Theologieprofessor Johann Georg Dorsche aus Straßburg vernommen habe, nämlich dass Stigzelius irgendetwas, elementare Glaubensfragen anbelangend, von den Helmstedter Theologen erfahren habe, bei dem sie von der vorherrschenden theologischen Meinung abweichen.112 Odhelius gibt an, gegenüber Hornejus mit Nachdruck herausgestellt zu haben, dass dessen Briefe Stigzelius niemals erreicht hätten, auch wenn Stigzelius
108 Zu Odhelius vgl. Gillingstam, Art. Odhelius. 109 Bref till Laurentius Norrmannus, Nr. 8: Brief von Erik Odhelius an Laurentius Stigzelius, Helmstedt, 03.09.1649, UUB, G 191. 110 Gemeint ist der Theologieprofessor Conrad Hornejus, der wenig später am 26.09.1649 verstarb. Sein Sohn Johannes Hornejus trat die Professur für Geschichte und Poesie in Helmstedt erst 1650 an. Vgl. Ahrens, Lehrkräfte, 120–122. 111 Vgl. Brief von Odhelius an Stigzelius, Helmstedt, 03.09.1649: „Nescio an ambo ipsorum literas mihi ad T. Exc. hac vice daturi sint; sed D. Horneji literas penitus expecto. Ex qvibus haut dubie cognoscet T. Excell. illum non semel dedisse ad T. E. literas […].“ 112 Wer hier wem was gesagt hat, ist kompliziert zu rekonstruieren. Odhelius stellt den Sachverhalt so dar (Fortsetzung des Zitats aus Anm. 111): „[…] sed postremas inprimis de eo, qvod Rev. D. Dorschæus huc scripserit se Argentina a T. Exc.a audivisse, quod aliqva |: etiam ad fundamentum fidei pertinentia nisi fallor :| cognoverit T. Excell. ex hisce Theologis, in qvibus cum cæteris Theologis nostris non conveniant […].“ Demnach hat Dorsche die Information mündlich von Stigzelius in Straßburg erhalten, dem sie wiederum direkt von den Helmstedter Theologen zugetragen worden ist. Aber bei welcher Gelegenheit kann sich dieser Informationsaustausch abgespielt haben? Infrage kommt lediglich Stigzelius’ eigene Peregrinationsreise 1633–1635, bei der er sich sowohl in Helmstedt als auch in Straßburg aufhielt, da es keine Hinweise darauf gibt, dass er in späteren Jahren erneut diese Orte aufgesucht hat. Während seiner Peregrination waren sowohl Dorsche in Straßburg als auch Hornejus und Calixt in Helmstedt bereits als Theologieprofessoren tätig, was nicht nur diese Annahme wahrscheinlich macht, sondern auch deutlich vor Augen führt, dass Odhelius Jahre später während seiner Peregrination dieselbe Professorenkonstellation wie sein Lehrer damals vorfand. Erstaunlich ist lediglich, dass dieser Vorfall Hornejus rund 15 Jahre später immer noch beschäftigt (wenn man naheliegenderweise davon ausgeht, dass Dorsche sich zeitnah zu Stigzelius’ Besuch in Straßburg an seine Helmstedter Kollegen wandte). Zu Stigzelius’ Stammbuch vgl. oben Kap. 4.1.2 mit Anm. 44. Zu Stigzelius vgl. auch Sellberg, Art. Stigzelius, Laurentius (Lars).
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von ihnen gehört habe. Der Postweg über schwedische Studenten, die sich in Helmstedt aufhielten, ist in diesem Fall offenbar gescheitert. Ausführlich geht Odhelius daraufhin auf die „Beschaffenheit dieser Zeiten“113 ein, wie er zu Beginn seines Briefes bereits vermutet hatte, dass solche Informationen für Stigzelius wohl mehr von Interesse seien als der Verlauf der Reise. Den Ausgangspunkt seiner Ausführungen nimmt Odhelius bei der Kontroverse um Johann Latermann. Diese sieht er als Ursprung für eine Reihe weiterer Auseinandersetzungen an. Obwohl der anfängliche Streit an der Königsberger theologischen Fakultät ausgebrochen war, wurde laut Odhelius die Helmstedter Universität von den sich daraus ergebenden Konflikten heimgesucht. So schildert er, wie der über Latermann erzürnte Myslenta dessen Disputation über die Prädestination sowie frühere Schriften nach Irrlehren durchsuchte und darüber die Urteile der angesehensten lutherischen Theologen des Heiligen Römischen Reiches verlangte, welche er anschließend in den Druck gab. Diese hatten sich in vielen Punkten Myslenta angeschlossen, nicht ohne dabei die Helmstedter Theologen als eigentliche Urheber dieser Irrtümer deutlich zu widerlegen, wie Odhelius anmerkt. Er beschreibt, wie sich die zunächst auf Königsberg konzentrierte Meinungsverschiedenheit ausweitete, indem die theologischen Fakultäten Wittenbergs, Leipzigs und Jenas in einem öffentlichen Brief die Helmstedter Theologen an gewisse Lehrsätze erinnerten, die in Helmstedt anders vorgetragen würden als an anderen orthodoxen Akademien. Daraufhin zählt Odhelius weitere Konflikte auf, die sich in dieser angespannten Situation, als immer neue Streitschriften an die Öffentlichkeit kamen, entwickelten und die sich um Äußerungen Helmstedter Theologen drehten. In der ersten Auseinandersetzung verteidigte Conrad Hornejus die Notwendigkeit der guten Werke „unter irgendeinem gewissen Sinn“ („sub certo qvodam sensu“) gegen Hülsemann, Major und Rothmaler. In Bezug auf Calixt führt Odhelius drei Streitpunkte an, nämlich die Fragen, ob sich die Trinität allein aus dem Alten Testament beweisen lässt, wie der Sohn Gottes den Vätern im Alten Testament erschienen ist und inwiefern der Glaube im kirchlichen Zeitalter lediglich als sekundären Ursprungs betrachtet werden muss. Als seine Kontrahenten identifiziert Odhelius den oben genannten Dorsche und vor allem Scharf. „Derartige Meinungsverschiedenheiten, leider, entbrennen in dieser Zeit zwischen den vorzüglichen Theologen in Deutschland, ja sogar auch zwischen den unbescholtenen Akademien.“114 Odhelius beschränkt sich aber nicht darauf, Stigzelius die aktuelle Lage der akademischen Theologie im Alten Reich zu beschreiben, sondern bekundet seinen Willen, dem schwedischen Theologieprofessor auch entsprechende Schriften aus Leipzig zukommen zu lassen. In Bezug auf den angekündigten Brief von Hornejus zeigt er sich zuversichtlich, dass dieser sich darin genauer zu diesem Thema äußern werde. 113 Brief von Odhelius an Stigzelius, Helmstedt, 03.09.1649: „Ut ad horum faciem temporum veniam, ex Controversia Lat[er]manniana prima illa, plures aliæ enatæ […].“ 114 Brief von Odhelius an Stigzelius, Helmstedt, 03.09.1649: „Ejusmodi dissidia, proh dolor, gliscunt hoc tempore inter præcipuos in Germania Theologos, imo inter integras qvoque Academias.“
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Anschließend spricht Odhelius seine weiteren Reisepläne an, die sich allerdings noch in einem vagen Planungsstadium befinden. Die Akademien in Straßburg, Wittenberg, Leipzig, Jena, Erfurt, Altdorf und Tübingen werden genannt, wobei er seine konkrete Reiseroute von dem anstehenden Winter und den gerüchteweise angekündigten Truppenbewegungen abhängig macht. „Die Straßen sind in dieser Zeit äußerst gefährlich.“115 Noch ist er sich auch nicht sicher, ob er Helmstedt ein weiteres Mal aufsuchen wird. Als Gründe, die dafür sprechen, führt Odhelius an, dass die Professoren einen hervorragenden Ruf genießen würden und ihm durchaus gewogen seien. Helmstedt beschreibt Odhelius als kostengünstiges und – trotz der hitzigen theologischen Diskussionen, möchte man sagen – ruhiges Städtchen, vielleicht aber doch zu ruhig, denn Odhelius will bald weiterziehen. Ob es aber lohnenswert wäre, den Winter in Wittenberg zu verbringen, erscheint ihm fraglich, denn Scharf scheint dort den Unterrichtsbetrieb an der theologischen Fakultät momentan alleine aufrechtzuerhalten, sind seine Kollegen doch entweder durch Altersschwäche gehemmt (Röber) oder tot, wie es heißt. Odhelius’ Darstellung der theologischen Auseinandersetzungen im gelehrten Luthertum des Alten Reiches zeichnet sich sowohl durch Kenntnisreichtum als auch durch Unparteilichkeit aus. Wie die folgende Schilderung des so genannten synkretistischen Streits zeigen wird (s. u. Kap. 4.2.3), geben seine Ausführungen ziemlich genau wieder, wie die Kontroverse verlief. Trotz der vielen Anfeindungen, die die Helmstedter Theologen von Seiten ihrer Kollegen erlitten, begegnet er ihnen mit Wertschätzung. Er bemüht sich, seinem Lehrer die aktuellen Meinungsverschiedenheiten sachlich und unvoreingenommen zu präsentieren, wobei er Stigzelius ermöglichen will, sich durch die Kenntnisnahme von in diesem Zusammenhang ausgetauschten Schriften ein eigenes, begründetes Urteil zu bilden. Zugleich kommt in der theologischen Unbefangenheit, mit der Odhelius nicht nur die Konflikte, sondern auch seine weiteren Reisepläne schildert, die Distanz der schwedischen Theologen zu den Auseinandersetzungen zwischen den gelehrten Repräsentanten des Luthertums im Alten Reich zum Ausdruck, die gleichwohl interessiert wahrgenommen wurden. Diesen zerrütteten Zustand kann Odhelius jedoch nur mit Bedauern kommentieren. Zugleich stellen Hornejus’ vergebliche Versuche, mit Stigzelius in Kontakt zu treten, die Bedeutung heraus, die die peregrinatio academica angehender schwedischer Professoren für den Aufbau eines gelehrten Netzwerks mit dem ausländischen Luthertum hatte (vgl. Anm. 112). Dieses konnte von so dauerhaftem Bestand sein, dass auch noch eine spätere Generation schwedischer Studenten bei ihrer Peregrination von den einmal geknüpften Kontakten ihrer Lehrer profitierte. Der zweite Brief von Odhelius an Stigzelius, der in Normannus’ Briefsammlung enthalten ist, wurde vermutlich Anfang April 1651 in Frankfurt verfasst.116 Zu Be 115 Brief von Odhelius an Stigzelius, Helmstedt, 03.09.1649: „Viæ hoc tempore admodum sunt periculosæ.“ 116 Bref till Laurentius Norrmannus, Nr. 9: Brief von Erik Odhelius an Laurentius Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1, UUB, G 191. Ort und Datum der Abfassung sind nur teilweise lesbar, weil der Brief an dieser Stelle beschädigt ist. Allerdings lässt sich aus dem Inhalt des Briefes schluss-
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ginn seines Briefes gibt Odhelius zu erkennen, dass seine Reise ihn zuletzt nach Straßburg geführt hat. Die Matrikel der theologischen Fakultät in Straßburg führt an, dass er sich dort am 24.02.1651 einschreiben ließ.117 Als unmittelbarer Anlass für die Abfassung dieses Briefes dient der ihm von Johann Georg Dorsche übertragene Auftrag, einen Brief an Stigzelius zu übermitteln, welchem Odhelius bei dieser Gelegenheit einen eigenen Brief an den schwedischen Theologen beilegen will. Während seines Aufenthaltes in Straßburg hatte Stigzelius Anfang der 1630erJahre wohl einen bleibenden Eindruck bei den Theologieprofessoren Johann Georg Dorsche, Johann Schmidt und Johann Conrad Dannhauer hinterlassen;118 pflichtbewusst kommt Odhelius ihrer Bitte nach, Stigzelius Grüße zu bestellen, nachdem er selbst die Grüße von Stigzelius ausgerichtet hatte. Sowohl Schmidt als auch Dorsche äußerten sich laut Odhelius „voll der Ehre“ über Stigzelius.119 In Straßburg führte er Gespräche mit den genannten drei Theologen, wobei er besonders Schmidt häufiger aufsuchte, da ihn dessen Scharfsinn, Klugheit, Eifer und Wachsamkeit beeindruckten.120 Auch seine Bewunderung gegenüber Dorsche verhehlt Odhelius keineswegs; nachdrücklich beschreibt er ihn als einen „in Streitfragen sehr bewanderten Mann“121. Sowohl Schmidt als auch Dorsche hält Odhelius für „ganz und gar ausgezeichnete Männer“122, und so prophezeit er, dass deren Verlust Straßburg einst hart treffen werde. Mit großem Kummer knüpft Odhelius daraufhin an seine Schilderung der theologischen Kontroversen an, die die akademische Welt im Heiligen Römischen Reich gegenwärtig erschütterten: „Noch immer wird gekämpft – oh Schmerz! – zwischen jenen [den genannten Straßburger Theologen, S. S.] und den Helmstedtern.“123 folgern, dass er zeitlich nach dem Brief von 1649 und noch während Odhelius’ Aufenthalt im Alten Reich verfasst wurde. Da die letzte Ziffer der Jahreszahl „1“ lautet, deutet dies auf das Jahr 1651 hin; die mit „ofurti“ endende Angabe des Ortes legt nahe, dass sich Odhelius in Frankfurt (am Main) befand, als er diesen Brief schrieb. 117 Vgl. Die alten Matrikeln Strassburg, 618. Damit gehörte er zu der überschaubaren Gruppe von zwölf Personen, die ihre Namen in diesem Semester zwischen dem 29.10.1650 und 05.04.1651 in die Matrikel der theologischen Fakultät eintragen ließen. Darin waren mit „Johannes Claudius Mulenius, Danus“ und „Baggo Petri Rhodius, Cimber-Danus“ immerhin auch zwei Dänen vertreten. 118 Zu den genannten Straßburger Theologen vgl. etwa Horning, Nachlese, 68–129, der verschiedene Zeitzeugnisse zu ihrem Leben und Wirken zusammenträgt. Vgl. speziell zu Dannhauer auch Horning, Dannhauer. 119 Vgl. Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Apud utrumque [Schmidt und Dorsche, S. S.] honoris plena Tui mentio facta est.“ 120 Vgl. Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Conversatione illorum, qvantum necesse videbatur ac pati ratio instituti poterat, jucundissime usus sum; præsertim Dn.i D.is Schmidt ingenium, prudentia, zelus et vigilantia placuerunt mihi. Cujus eapropter convictu colloqvijsque freqventius frui libuit.“ 121 Vgl. Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Sæpe tamen D. Dorschæum et audiebam libenter et admirabar. Virum in controversijs versatissimum.“ [Hervorhebung: S. S.] 122 Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Egregij omnino viri sunt.“ 123 Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Pugnatur (heu dolor) adhuc illos inter et Helmstadienses.“
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Daraufhin zählt er die Schriften auf, die in letzter Zeit in Straßburg im Zusammenhang der Auseinandersetzung herausgegeben wurden. So erschien erneut das Urteil der theologischen Fakultät in Straßburg über Latermann, wobei durch Dorsche eine Apologie hinzugefügt wurde.124 Von Dannhauer stammte u. a. eine Schrift mit dem Titel „Mysterium Syncretismi“.125 Zudem weist Odhelius auf die Publikationstätigkeit Abraham Calovs, Johann Hülsemanns und Jacob Wellers in dieser Kontroverse hin. Aber auch in Helmstedt war man laut Odhelius nicht untätig. Die Unterstützung der Professoren durch ihre Landesherren betrachtet er als Faktor, der die Beilegung der Unruhen erschweren wird. In diesem Zusammenhang berichtet Odhelius von einer Zusammenkunft einiger Politiker und anderer Personen an der Universität in Helmstedt, von der er durch eine Rede des Helmstedter Professors Heinrich Julius Scheurl sowie durch Gerüchte erfahren habe. Die aktuelle Lage in dieser Auseinandersetzung bewertet Odhelius als „elend“ und „überaus gefährlich“126. Deutlich kommt seine Erschütterung über die Streitigkeiten, aber zugleich auch seine Erleichterung darüber, dass die schwedische Kirche nicht darin verwickelt ist, zum Ausdruck, wenn er meint: „Hoffentlich erbarmt sich Gott seiner Kirche und schützt gütig unser Vaterland vor so großen Gefahren!“127 Dass es aber auch Vermittlungsversuche in dieser Angelegenheit gab, stellt Odhelius durch einen Verweis auf Salomon Glaß dar. Der Generalsuperintendent von Sachsen-Gotha bemühte sich in einer kürzlich herausgegebenen Disputation über die guten Werke, die als zehnter Teil einer Disputationsreihe über die Con fessio Augustana erschien, eine Versöhnung zwischen Hornejus und den übrigen heimischen Theologen zu bewerkstelligen.128 Hornejus’ Auffassung ließ er gelten, auch wenn er die Ausdrucksweise bemängelte.129 Während Hülsemann auf diesen Schlichtungsversuch mit Empörung reagierte, weiß Odhelius von Schmidt zu berichten, dass er Glaß zustimmte. Dass die Streitigkeiten letztlich den Hohn der
124 Judicium Collegii Theologici Universitatis Argentoratensis Super Disputatis Et Actitatis In Academia Regiomontana a Johanne Latermanno tunc SS. Theol. Studioso …, Straßburg: Lazarus Zetzner Erben 1650; Johann Georg Dorsche, Joh. Georgii Dorschei D. Apologia Pro Judicio Collegii Theologici Acad. Argentoratensis In causa Johannis Latermanni D. & P. P. Regiomont. A. Chr. M. DC. XLVI. dati …, Straßburg: Lazarus Zetzner Erben 1650, bzw. Johann Georg Dorsche, Apologia Judicii Collegii Theologici Acad. Argentoratensis, In causa Johannis Latermanni D. & P. P. Regiomontani Anno M. DC. XLVI. lati …, Straßburg: Johann Pickel 1650. 125 Johann Conrad Dannhauer, Mysterium Syncretismi Detecti, Proscripti, Et Symphonismo Compensati …, Straßburg: Friedrich Spoor 1648. 126 Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Misera et nimis periculosa est harum rerum facies“. 127 Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Deus misereatur Ecclesiæ suæ, et nostram patriam a tantis periculis clementer defendat.“ 128 Salomon Glass / Nicolaus Elias Dietz, Dissertationum Super Augustanam Confessionem, Ejusqve Apologiam, Decima, De Bonis Operibus …, Gotha: Andreas Reyher; Johann Michael Schall 1650. 129 Vgl. Brief von Odhelius an Stigzelius, [Frank]furt, 05.04.[165]1: „Dicit autem Gelassius Horneji sententiam stare posse, etiamsi phrasis non usurpanda sit.“
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Katholiken provozierten, wie man besonders am Jesuiten Vitus Ebermann aus Mainz sah, hebt Odhelius abschließend hervor. Aus Odhelius’ Schilderung seines Aufenthaltes in Straßburg wird ersichtlich, dass sowohl Kontakte zwischen Stigzelius und den dortigen Theologen bestanden als auch dass sich Odhelius als Schüler von Stigzelius diese Kontakte zunutze machen konnte. Nach seinem Besuch in Helmstedt begegnete er in Straßburg der gegnerischen Partei im so genannten synkretistischen Streit. Dennoch bewahrte er seine neutrale Haltung und brachte den Straßburger Theologen ebenso viel Wertschätzung entgegen wie ihren Helmstedter Kollegen. Besonders begeistert zeigt sich Odhelius von Schmidt und Dorsche, wohingegen er sich nicht speziell zu Dannhauer äußert. Erneut bemüht er sich, den weiteren Verlauf des Konfliktes genau zu beschreiben, wobei er ein besonderes Augenmerk auf die ausgetauschten Schriften legt. Seine Bestürzung darüber, in welchem zerrütteten Zustand sich das gelehrte deutsche Luthertum befindet, tritt in seinem Brief deutlich hervor. Zugleich bringt seine Rolle als gleichsam neutraler Beobachter das Gefühl zum Ausdruck, als schwedischer Gelehrter von diesen internen lutherischen Konflikten im Heiligen Römischen Reich nicht betroffen zu sein – auch wenn er sich der Gefahr durchaus bewusst ist, dass Schweden von derartigen Unstimmigkeiten heimgesucht werden könnte. Wenige Jahre später begab sich der Schüler des „Hauptvertreter[s] der Helmstedter Theologie in Schweden“130, Johannes Elai Terserus (s. u. Kap. 4.3.3.1), und spätere Theologieprofessor Jordanus Edenius131 von 1654 bis 1656 auf eine Bildungsreise mit Unterstützung des Universitätskanzlers Magnus Gabriel De la Gardie, die ihn durch das Alte Reich, die Schweiz, Italien, Frankreich, England, Belgien und Holland führte. In Uppsala war er bereits 1652 mit dem Magistertitel ausgezeichnet worden, sodass davon auszugehen ist, dass er die Peregrination für fortgeschrittene Studien nutzte. Nach seiner Rückkehr arbeitete er zunächst als Adjunkt an der philosophischen Fakultät, bevor er 1659 auf die vierte Professur für Theologie vorrückte. Durch seinen frühen Tod im Jahr 1666 war ihm aber keine lange Wirksamkeit an der theologischen Fakultät beschieden. Von seiner peregrinatio academica sind zwei Briefe erhalten, die Edenius wie Odhelius an den Theologieprofessor Laurentius Stigzelius schickte. Den ersten Brief verfasste er am 21.08.1654, vermutlich in Straßburg.132 Zunächst berichtet Edenius darin von seinem zurückliegenden Aufenthalt in Helmstedt. In diesem Zusammenhang kommt er ähnlich wie Odhelius „kaum ohne Abscheu“ auf die aktuelle Auseinandersetzung zwischen den Theologen aus Helmstedt und Sachsen zu sprechen.133 130 Göransson, Striden, 395. 131 Zu Edenius vgl. Eklund, Art. Edenius, Jordan. 132 Vgl. Bref till Laurentius Norrmannus, Nr. 4: Brief von Jordanus Edenius an Laurentius Stigzelius, [Straßburg], 21.08.1654, UUB, G 191. Der Brief ist an der Stelle, wo Edenius den Abfassungsort vermerkte, beschädigt. Das noch lesbare „gentorati“ deutet auf Straßburg hin (Argentorati), was inhaltliche Gesichtspunkte bestätigen. 133 So bemerkt er hinsichtlich der Dinge, die er Stigzelius berichten könnte, zu dem gegenwärtigen Konflikt, Brief von Edenius an Stigzelius, [Straßburg], 21.08.1654: „Ea vero quæ deinceps
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Dem Wunsch der Helmstedter nach einer Beruhigung und Einigung steht nach Edenius’ Eindruck vorrangig die Unbeugsamkeit der kursächsischen Kollegen entgegen.134 Neuerdings versuchten letztere, die Helmstedter in die Nähe der irrgläubigen Photinianer zu rücken. Trotz der Ermahnung durch seine Obrigkeiten hülle sich Calixt jedoch um des kirchlichen Friedens willen in Schweigen. An seiner Stelle bemühten sich laut Edenius aber seine Kollegen an der theologischen Fakultät, Gerhard Titius und sein Sohn Friedrich Ulrich Calixt, um Schadensbegrenzung. Über Halberstadt, wo sich Latermann aufhielt, reiste Edenius weiter nach Wittenberg. Somit lernte er die herausragendsten Repräsentanten beider Parteien im so genannten synkretistischen Streit kennen. Dort boten ihm die Theologen bereitwillig ihre Mühe an, allen voran Scharf und Calov. Edenius hebt ihr Engagement hervor, die calixtinische Irrlehre zugrunde zu richten, z. B. durch öffentliche und private Disputationen. Den Irrtum der Helmstedter Theologen in grundsätzlichen Fragen der Religion aufzuzeigen, benennt er als Ziel der Wittenberger Anstrengungen. Bei den kursächsischen Theologen kann Edenius keinen Willen zur Schlichtung des Konfliktes erkennen; stattdessen bemühten sie sich darum, sich deutlich von den Widersachern ab- und sie auf diese Weise zugleich auszugrenzen. Denn in Wittenberg gelte der Grundsatz, dass sich der Feind als umso gefährlicher erweise, je näher er sei, was ein entschlossenes Eingreifen erfordere. Allerdings beobachtet Edenius, dass dieser Eifer der Theologen nicht von allen Wittenbergern gutgeheißen wird. Hier verweist er auf den Professor für Hebräisch Andreas Sennert (1606–1689) und dessen Erörterung über die Trinität.135 Von Wittenberg zog Edenius weiter nach Leipzig, wo er mit dem ehemaligen Wittenberger Theologieprofessor Johann Hülsemann auf eine weitere Schlüsselfigur in den synkretistischen Streitigkeiten traf. Edenius referiert Hülsemanns Ansicht, wonach dieser in Calixts neuester Abhandlung „de pactis“136 deutliche Anzeichen eines mangelnden Urteilsvermögens zu erkennen glaubte. Hülsemann zeigte sich an der gegenwärtigen Lage in Schweden interessiert, wobei er sich laut Edenius insbesondere nach der Meinung der Theologen erkundigte. Von Hülsemann wurde Edenius darauf aufmerksam gemacht, dass sich Calixt öfters der Übereinstimmung mit den schwedischen Theologen gerühmt habe. Aus der Sicht des Leipziger Professors erscheint dies aber unglaubwürdig, weil bekannt genug sei, dass es in Schweobservavi, pleraque talia sunt, quæ vel dudum T. R. D. innotuerunt, vel ut ut recentia, vix sine tædio legi possint.“ [Hervorhebung: S. S.] 134 Vgl. Brief von Edenius an Stigzelius, [Straßburg], 21.08.1654: „Helmstadienses quidem a quiete et concordia non alieni fore mihi videbantur, quam tamen plurimum turbavit Saxonicorum rigor […]“. 135 Möglicherweise spielt er auf Andreas Sennert, De Divino Nomine Elohim, & imprimis Nobilissima eaq[ue] vexata multum Controversia: an ex hoc Nomine plurali, & præsertim hoc juncto Verbo singulari … mysterium SS. Trinitatis … possit probari? … Editio Altera, Wittenberg: Johann Röhner 1650, an. 136 Gemeint ist wohl Georg Calixt / Samuel Voss, De Pactis Qvæ Devs Cvm Hominibvs Iniit … Tractatvs …, Helmstedt: Typographeum Calixtinum; Henning Müller 1654.
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den nicht erlaubt sei, etwas gegen die Konkordienformel vorzutragen, und es keine Schriften gebe, die Calixts Aussage bestätigen würden.137 Bevor Edenius seine weiteren Reisepläne erörtert, beschreibt er seinen gegenwärtigen Aufenthalt in Straßburg, wo er Anfang August angekommen sei. Als seine wichtigsten Bezugspersonen nennt er Schmidt und Dannhauer.138 Eine akademische Neuigkeit über die Straßburger theologische Fakultät kann er Stigzelius mitteilen, nämlich dass Sebastian Schmidt neulich die Nachfolge von Dorsche angetreten habe. Die in diesem Zusammenhang abgehaltene Disputation über das Geheimnis der Trinität hält Edenius gelinde gesagt jedoch für „eigenartig“ („peculiari disputatione“).139 Mit Odhelius hat Edenius gemeinsam, dass ihn seine Reiseroute ebenfalls über Helmstedt und Straßburg führte. Skrupel auf schwedischer Seite, die theologisch in Verruf geratene Helmstedter Lehranstalt aufzusuchen, lassen sich also nicht erkennen. Edenius’ Darstellung erweckt den Eindruck, als ob für das Luthertum im Alten Reich noch nicht klar war, auf welcher Seite sich das schwedische Königreich in den synkretistischen Auseinandersetzungen einreihen wollte. Die Entscheidung scheint noch offen zu sein, da sich beide Parteien auf die Unterstützung durch die schwedischen Glaubensbrüder berufen. So verwies gerüchteweise Calixt auf den Konsens mit Schweden, während Hülsemann von der Treue des schwedischen Luthertums zur Konkordienformel überzeugt war. Anders als Odhelius lässt sich Edenius eine gewisse Neigung zur Helmstedter Position aber nicht absprechen, wenn er die Sachsen klar als Aggressor in dieser Meinungsverschiedenheit identifiziert. Der zweite Brief, den Edenius im Winter des nächsten Jahres aus Hamburg an Stigzelius schrieb,140 spiegelt deutlich wider, dass er zwischenzeitlich den engeren akademischen Kontext des Alten Reiches verlassen hatte. Von Zürich aus war er weiter nach Frankreich gereist, anschließend hielt er sich eine Weile in England auf, bevor er über Holland ins Heilige Römische Reich zurückkehrte. Im Vergleich zu seinem vorherigen Brief, in dem er sich vornehmlich auf die Darstellung der ak 137 Vgl. Brief von Edenius an Stigzelius, [Straßburg], 21.08.1654: „Hinc de statu patriæ, et Theologorum præsertim sententia diligentius percunctatus, addidit Calixtum sæpius jactasse Theologorum Suecicorum consensum, cui tamen plenam fidem non esse adhibitam, cum satis notum sit contra formulam Concordiæ nihil in Suecia proponere licere, atque nulla scripa sint, ex quibus id colligi possit.“ 138 Da sich der Theologe Johannes Schmidt (1594–1658) im letzten Jahrzehnt seines Lebens weitgehend aus dem akademischen Betrieb der Straßburger Universität zugunsten eines verstärkten kirchlichen Engagements zurückgezogen hatte, sodass sich seine Unterrichtstätigkeit auf homiletische Vorlesungen beschränkt zu haben scheint, vgl. Wallmann, Spener, 5 f, könnte man vermuten, dass sich Edenius hier auf den seit 1653 an der Fakultät tätigen Sebastian Schmidt (1617–1696) bezieht. Allerdings nennt er diesen im Folgenden explizit mit Vornamen, was wiederum darauf hindeutet, dass er vorher Johannes Schmidt meinte. 139 Vermutlich meint er Sebastian Schmidt / Johann Martin Suevus, Dispvtatio Inav gvralis de Antiquissima Fide Mosaica, circa Mysterium Sacrosanctæ Trinitatisz, Straßburg: Jakob Thiele 1654. 140 Vgl. Bref till Laurentius Norrmannus, Nr. 5: Brief von Jordanus Edenius an Laurentius Stigzelius, Hamburg, 10.11.1655, UUB, G 191.
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tuellen religionspolitischen Entwicklungen im Alten Reich konzentrierte, nimmt er in diesem Brief eine breitere europäische Perspektive ein. Ausführlich beschreibt er die Situation im vom Bürgerkrieg gezeichneten England, geht auf drohende Kriegshandlungen unter Beteiligung verschiedener europäischer Mächte ein und gibt an Stigzelius weiter, was er über die Reise der schwedischen Königin Kristina, die im Jahr zuvor die Krone aufgegeben hatte und kürzlich offiziell zum Katholizismus konvertiert war, nach Italien und ihre geplante Ankunft in Rom vernommen hatte. Erst am Schluss fasst Edenius in wenigen Sätzen die gegenwärtige Lage im Luthertum des Alten Reiches zusammen. So diagnostiziert er eine abnehmende Zahl an Erörterungen („disputationes“) unter den Theologen bei gleichbleibend starker Feindseligkeit.141 Über den Erfolg von Duraeus’ Unternehmung und seinen gegenwärtigen Aufenthaltsort kann Edenius keine Informationen beitragen.142 Mehr lässt sich dem Brief über die theologische Situation im Alten Reich nicht entnehmen. Aus dem Reisetagebuch von Erik Benzelius ging bereits hervor, dass sich Petrus Erici Bång (1633–1696) im Verlauf seiner peregrinatio academica, die er von 1663 bis 1664 unternahm, u. a. in Straßburg aufhielt (s. o. Kap. 4.1.2). Das bedeutet, dass er diese Stadt rund ein Jahrzehnt später als Odhelius und Edenius besuchte. Von den Theologieprofessoren aus Odhelius’ Zeit traf er nur noch Dannhauer an. Vor seiner Abreise aus Uppsala war Bång als theologischer Adjunkt an der Fakultät tätig gewesen. Nach seiner Rückkehr wurde er zum Theologieprofessor an die Universität Åbo berufen; er beendete seine Karriere als Bischof von Viborg.143 In Straßburg verfasste Bång am 03.02.1664 einen Brief144 an den früheren Theologieprofessor und jetzigen pastor primarius von Stockholm Erik Gabrielsson Emporagrius, bei dem Bång 1658 bis 1660 als Hauslehrer gearbeitet hatte. Nachdem Bång einleitend auf seine Reise von Tübingen nach Straßburg zu sprechen gekommen ist, berichtet er ausführlich, womit sich die Theologieprofessoren an der Universität in Straßburg momentan beschäftigen. Entgegen anders lautender Nachrichten bescheinigt er der theologischen Fakultät, ihren „Wachtposten“ nicht vernachlässigt zu haben.145 Die sich anschließenden Ausführungen über die neuesten Aktivitäten an der Fakultät erläutern, was mit diesem „Wachtposten“ gemeint ist: Beherzt stell 141 Vgl. Brief von Edenius an Stigzelius, Hamburg, 10.11.1655: „Inter theologos Germaniæ jam quidem solita multitudine non habentur disputationes, sed tamen odia adhuc manent æque acerba.“ 142 Vgl. Brief von Edenius an Stigzelius, Hamburg, 10.11.1655: „Num omnium suorum vota et suffragia obtinere potuerit Duræus, et quo loco jam vivat, nondum explorare potui.“ 143 Zu Bång vgl. Holm, Art. Bång, Petrus Erici. 144 Petrus Erici Bång an Erik Gabrielsson Emporagrius, Straßburg, 03.02.1664, ediert in Simolin, Petrus Bång, 177–179. In der Matrikel der theologischen Fakultät stößt man am 23.01.1664 auf den Namen „Petrus Baug, Holsatus“. Da sich am selben Tag „Petrus Aurivillius, Gest.“ darin verewigen ließ, kann man vermuten, dass es sich bei Petrus Baug in Wirklichkeit um Petrus Bång handelte. Vgl. Die alten Matrikeln Strassburg, 635. Benzelius’ Reisetagebuch legt zumindest nahe, dass sich Aurivillius und Bång zeitgleich in Straßburg aufhielten, s. o. Kap. 4.1.2. 145 Vgl. Simolin, Petrus Bång, 177: „In ecclesia hujus urbis invenio omnia salva: qvin et facultas Theologica, prolatis documentis, monstrat se suas excubias non neglexisse.“
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ten sich die Straßburger Theologieprofessoren den aktuellen religiösen Herausforderungen, nämlich der Überzeugungskraft des römischen Katholizismus und den Irrtümern des ‚Synkretismus‘. So schildert Bång die bislang fruchtlosen Versuche des ersten Theologieprofessors Johann Conrad Dannhauer, den zum Katholizismus konvertierten Markgrafen von Durlach davon zu überzeugen, diesen Schritt zu revidieren. Von dem zweiten Theologen Sebastian Schmidt erzählt Bång, dass er sich im Rahmen von Disputationen vergleichend mit dem Luthertum und dem römischen Katholizismus auseinandersetze. Die vor Kurzem herausgegebene Abhandlung „Irene Siren“146 des dritten Theologieprofessors Isaak Faust, in der er sich gegen die „Rintelnschen Synkretisten“147 wendet, beschreibt Bång eingehend. Auch wenn Bång teilweise Kritik am Vorgehen des Autors äußert, bescheinigt er ihm aufzudecken, „dass die Uneinigkeit [mit den Reformierten, im Kontext des Kasseler Religionsgesprächs konkret mit den Marburger Theologieprofessoren, S. S.] viel größer ist, als jene [die Rintelner Theologieprofessoren, S. S.] sich nicht geschämt haben zu schreiben“148. In Bezug auf den vierten Theologieprofessor Balthasar Bebel bemerkt Bång lediglich, dass dieser die vorsintflutliche Geschichte erörtere. Gemäß Bång sind alle Straßburger Theologen den Schweden gewogen – außer Dannhauer, dessen Wohlwollen dadurch getrübt worden sei, dass er irgendwann einmal von einem Schweden beleidigt worden war.149 Dennoch hat Bång ihn zwei Mal getroffen, wobei er aber zugibt, zu den anderen Theologieprofessoren einen besseren Kontakt zu haben. Aufschlussreich ist eine Notiz, die Bång an den Schluss seines Briefes anfügt und in der er wiedergibt, was Dannhauer von den schwedischen Theologen hält. Das aus schwedischer Sicht ernüchternde Ergebnis: Dannhauers Kenntnis der schwedischen theologischen Szene beschränkte sich auf exakt drei Personen. Eine davon schätzte er als „klugen und gelehrten Mann“, nämlich den Theologieprofessor Carl Lithman. So scheint man in Straßburg immerhin Lithmans Wirken wahrgenommen und als bemerkenswert eingestuft zu haben. Von Laurentius Stigzelius, einem Kollegen von Lithman an der theologischen Fakultät in Upp 146 Isaak Faust, Irene Siren, Sive Exercitatio Ad Colloquium Cassellanum, Ostendens Periculosam Pacem esse, & perniciosam, cuius illecebris præsens mundus capitur …, Straßburg: Johann Pastorius; Simon Pauli 1663. 147 Simolin, Petrus Bång, 177: „Tertius D. D. Isaacus Faustius ante aliquot septimanas absolvit suum tractatum contra Syncretistas Rintelenses.“ Zum Kasseler Religionsgespräch und der daraus erwachsenden Kontroverse um die Rintelner Theologieprofessoren s. ausführlich unten Kap. 4.3.3.1. 148 Simolin, Petrus Bång, 178: „[…] ostenditque longe majorem esse dissensum, qvam illi scribere non erubuerunt […].“ 149 Vgl. Simolin, Petrus Bång, 178: „Omnes Theologi hic nobis favent, excepto D. D. Dan hawero, qui nescio a qvo Sveco ante laesus, injuriae illius memoriae affectum suum consecravit.“ Dies könnte die Erklärung sein, warum auch Benzelius an Dannhauer scheiterte, obwohl der Schwede sich nach eigener Aussage im Gespräch redlich bemühte, seine Bildung unter Beweis zu stellen, vgl. Benzelius, Memoria itineris, 11.03.1664, fol. 40r: „Excipiebatur sermo et conatus meus humaniter satis, sed præterea nihil ferme ab hominis austeritate impetrari potuit.“ Auch Odhelius hatte sich im Vergleich zu dessen Kollegen an der theologischen Fakultät nur zurückhaltend über Dannhauer geäußert (s. o.).
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sala, hat Dannhauer auch gehört, wie der Brief von Odhelius bereits zeigte. Ihm gesteht er aber nur zu, ein „guter Logiker“ zu sein.150 Dies passt zu Odhelius’ Brief, in dem er nur die respektvollen Aussagen von Schmidt und Dorsche über Stigzelius wiedergibt. Dass er und Dannhauer sich während seiner Peregrination, die ihn auch nach Straßburg führte, persönlich getroffen haben, beweist Dannhauers Eintrag in Stigzelius’ Stammbuch.151 Keine gute Nachricht für das schwedische Luthertum war, dass der dritte schwedische Theologe, den Dannhauer namentlich kannte, ausgerechnet der Bischof von Strängnäs Johannes Matthiae war.152 Diesen ordnet der Straßburger Professor gezielt in den Kontext der „synkretistischen Unternehmung“ ein. Über Johannes Duraeus hatten die Straßburger Theologen von Matthiae gehört, denn Duraeus hatte Bebel im letzten Jahr Briefe zukommen lassen, die er von Matthiae erhalten hatte.153 Angesichts der Ablehnung des Kirchenfriedens in Straßburg, für den Duraeus warb, wollte er beweisen, dass er zumindest in Schweden einen nicht zu verachtenden Verbündeten hatte.154 Dass in Anbetracht dieser vagen Kenntnis des gelehrten theologischen Milieus in Schweden die Gefahr bestand, dass unter lutherischen Theologen des Alten Reiches der Eindruck entstehen könnte, ganz Schweden sei Johannes Duraeus’ Anstrengungen für den Frieden zwischen den Konfessionen zugetan, liegt nahe. Demzufolge standen besonders die schwedischen Theologieprofessoren unter Rechtfertigungs 150 Simolin, Petrus Bång, 179: „D. D. Danhawerus inter omnes Svecorum Theologos tantum dicit se armare D. D. Lithmannum tanqvam virum cordatum et doctum: D. D. Stigzelium sibi notum esse, sed eum tantum esse bonum logicum.“ Stigzelius’ Wirken auf dem Gebiet der Logik vor dem Hintergrund der Kontroverstheologie untersucht Sellberg, Logic, besonders 309–314. 151 Im Verlauf seiner Peregrination ca. 1633/34, die er nach seiner Berufung zum Logikprofessor 1630 unternahm, suchte Stigzelius Wittenberg, Helmstedt und Straßburg auf, vgl. Sellberg, Logic, 309. Dannhauer hatte zu diesem Zeitpunkt bereits eine Professur in Straßburg inne (seit 1633). Zu Stigzelius’ Stammbuch s. o. Kap. 4.1.2 mit Anm. 44. 152 Zu Matthiae vgl. ausführlicher unten Kap. 4.3.3.1. 153 Duraeus und Matthiae hatten sich Anfang der 1630er-Jahre persönlich kennengelernt, als Matthiae König Gustav II. Adolf auf seinem deutschen Feldzug begleitete, vgl. Leube, Kalvinismus, 209; Holmquist, Johannes Matthiæ Gothus, 160–162. Zu ihrem Zusammentreffen während Duraeus’ Aufenthalt in Schweden 1636 bis 1638 vgl. etwa Holmquist, Johannes Matthiæ Gothus, 208–210. Belege für die Korrespondenz zwischen den beiden liefert die in Uppsala aufbewahrte Sammlung von Briefen, die Matthiae erhalten hat, vgl. Bref till Johannes Matthiæ, UUB, G 171. Diese weist nämlich auch drei Briefe von Duraeus an Matthiae aus den Jahren 1642 (Nr. 68) und 1645 (Nr. 199; Nr. 211) auf. 154 Vgl. Simolin, Petrus Bång, 179: „D. D. Danhawerus […] dicit […] [d]e coeteris omnibus sibi meliora polliceri, etsi praeter negocium syncretisticum, ei parum sint noti. Dn. Duraeus in Anglia habet literas Episcopi Stregnensis Rev:diss. Johannis Mattiae […]: transmiserat eas huc ad D. D. Bebelium, ut qvanqvam is una cum suis Dominis collegis a pace abhorreat, inde tamen videret, se socium pacis virum gravissimum, in Svecia et olim invenisse, et etiamnunc habere.“ Holmquist, Johannes Matthiæ Gothus, 209, streitet entschieden ab, dass irgendein Beleg dafür gefunden werden könnte, dass Matthiae die Pläne von Duraeus unterstützt oder öffentlich für ihn Partei ergriffen hätte. Duraeus hatte 1661 Kontakt zu den Straßburger Theologen Dorsche und Dannhauer aufgenommen, um sie von seinem Einigungsvorhaben zu überzeugen. Dies endete in einer erbitterten Auseinandersetzung, die Duraeus’ Ruf unter den anderen lutherischen Theologen im Alten Reich nachhaltig schädigte, vgl. Leube, Kalvinismus, 245.
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druck gegenüber dem dortigen Luthertum, wie ihr Brief an die Wittenberger Theologen im Kontext des Kasseler Religionsgesprächs zeigt (s. u. Kap. 4.3.3.1). Bei seiner Schilderung der aktuellen Situation des akademischen Luthertums im Heiligen Römischen Reich legt Bång stärker als Odhelius den Fokus auf die Situation vor Ort, indem er die Aktivitäten der Straßburger Theologen darstellt. Noch immer sind die Theologieprofessoren mit dem so genannten synkretistischen Streit beschäftigt, auch wenn sich die Akteure zum Teil verändert haben. Seine Wiedergabe der von Isaak Faust herausgegebenen Schrift zur Auseinandersetzung lässt entgegen der bei Odhelius durchgehaltenen Neutralität und der bei Edenius möglicherweise zu erahnenden Sympathie für Helmstedt eine prinzipielle Zustimmung zu Fausts Zurückweisung des von den Rintelner Theologen proklamierten Konsenses erkennen. Erinnert man sich an den von Odhelius im Zusammenhang des synkretistischen Streits artikulierten Wunsch, Gott möge Schweden vor solcherlei Gefahren bewahren, so könnte man im Hinblick auf den nun auch im Alten Reich als Synkretist bekannt gewordenen Matthiae sagen, dass sich dieser Wunsch nicht erfüllt hat.
4.2 Persönliche Kontakte zu Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich Schon im Rahmen der peregrinatio academica wurde also den späteren Theologieprofessoren eine nicht zu unterschätzende Gelegenheit geboten, Kontakte zu ausländischen Gelehrten zu knüpfen. Inwieweit sie persönlich aber auch in späteren Jahren, wenn sie ihre Bildungsreisen beendet hatten und nun an den heimischen Universitäten wirkten, an den Netzwerken der lutherischen Gelehrtenwelt des Heiligen Römischen Reiches partizipierten, ist eine andere Frage. Im folgenden Abschnitt sollen daher potentielle Kommunikationswege zwischen skandinavischen Theologieprofessoren und ihren Kollegen aus dem Alten Reich genauer ausgelotet werden. Als Quellengattung erster Wahl werden dabei Briefe herangezogen.155 Im Unterschied zu dem sich daran anschließenden Abschnitt dieser Untersuchung (Kap. 4.3) geht es dabei nicht um Briefe, die sich an die Fakultät als Ganze richteten und in einer offiziell anmutenden Anfrage die Meinung des theologischen Kollegiums erbaten. Stattdessen sollen solche Briefe näher betrachtet werden, die zwischen Einzelpersonen ausgetauscht wurden und damit stärker den Charakter einer persönlichen Korrespondenz aufweisen. Wenn sich zeigen lässt, dass Theologieprofessoren aus Kopenhagen und Uppsala briefliche Kontakte zu lutherischen Gelehrten an den Universitäten des Heiligen Römischen Reiches pflegten, liegt im Zusammenhang der vorliegenden Untersuchung in einem zweiten Schritt der Fokus auf der Frage, inwieweit sich beide Seiten über aktuelle theologische Entwicklungen auf dem Laufenden hielten. Damit scheiden bestimmte Arten von Briefen aus der 155 Vgl. zum Medium des Briefes im Zusammenhang universitätsgeschichtlicher Fragestellungen Döring, Gelehrtenkorrespondenz.
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weiteren Untersuchung aus. Dazu gehören in erster Linie Empfehlungsschreiben für Studenten, aber genauso kann man auch z. B. an Briefe denken, deren Inhalt sich im Wesentlichen auf Glückwünsche zu einer beruflichen Beförderung des Empfängers beschränken. Von Interesse sind hingegen solche Briefe, in denen auf gegenwärtige Krisen und Konflikte Bezug genommen wird. Briefe stellen insofern eine tückische Quellengattung dar, als im Untersuchungszeitraum mit enormen Verlusten zu rechnen ist, ohne dass der genaue Umfang dieser Einbußen definiert werden könnte. Die durchgeführten Recherchen haben bereits ergeben, dass im Hinblick auf das überlieferte Material von Brief-„Wechseln“ keine Rede sein kann.156 In der Regel stößt man auf einzelne Briefe, in seltenen Fällen können verhältnismäßig umfangreiche Briefsammlungen einzelner Professoren über deren Korrespondenzpartner Auskunft geben. Aber auch diese Briefsammlungen enthalten naheliegenderweise nur die Briefe, die die jeweilige Person empfangen hat, und damit – vorausgesetzt, es handelt sich um eine beidseitige Kommunikation – nur die eine Hälfte der Korrespondenz. Vor dem Hintergrund dieser Dunkelziffer, was den Anteil der bewahrten Briefe am Gesamtumfang damaliger Korrespondenzen betrifft, und in dem Bewusstsein, dass die vorgenommenen Recherchen der Ergänzung durch weitere Bibliotheken, Archive und andere Sammlungen harren, erhebt der folgende Abschnitt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber es soll beispielhaft ein Eindruck von der Existenz und gegebenenfalls Reichweite der Kontakte der an den Universitäten Uppsala und Kopenhagen wirkenden Theologen zum akademischen Luthertum des Heiligen Römischen Reiches vermittelt werden.157 Im Fall der Universität Uppsala bleiben dabei Briefe Greifswalder Professoren aus der schwedischen Zeit der Universität bzw. Theologen aus dem unter schwedischer Herrschaft stehenden Pommern unberücksichtigt.
4.2.1 Kontakte am Beispiel größerer Briefsammlungen Drei in vergleichsweise großem Umfang erhaltene Briefbestände sollen zunächst exemplarisch auf deutsch-skandinavische Verbindungen hin untersucht werden. Allein die Tatsache, dass anhand der darin aufbewahrten Briefe solche Kontakte nachweisbar sind, lässt keine verallgemeinerbaren Rückschlüsse auf die genaue Be 156 Die Analyse stützt sich auf Recherchen in folgenden Bibliotheken und Archiven: Universitätsbibliothek Uppsala, Landesarchiv Uppsala, Stiftsbibliotheken Västerås und Linköping, Königliche Bibliotheken Stockholm und Kopenhagen, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Forschungsbibliothek Gotha, Bibliothek des Evangelischen Predigerseminars Wittenberg. 157 Was den Inhalt der Briefe angeht, besteht kein Zweifel, dass es sich bei dieser Textgattung um persönlich gefärbtes Quellenmaterial handelt, aus dem sich grundsätzlich nicht unmittelbar Aussagen über die in derartigen Schriften üblicherweise verhandelten Gegenstände ableiten lassen. In dem Bewusstsein, dass die im Folgenden behandelten Briefe aber eher den Normal- als den Sonderfall darstellen, können sie dennoch Anhaltspunkte liefern, was in derartigen Briefen besprochen wurde.
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schaffenheit der Kommunikation zwischen den Theologieprofessoren des Alten Reiches und ihren Kollegen in Kopenhagen und Uppsala zu. Allerdings führen diese Briefsammlungen eindrücklich vor Augen, dass derartige briefliche Kontakte zwischen den genannten Personengruppen durchaus bestanden, auch wenn ihr Umfang angesichts der vorauszusetzenden Verluste im Verlauf der Überlieferung nicht mehr vollständig nachvollzogen werden kann. Zahlreiche Briefe an den und von dem Wittenberger Theologieprofessor Balthasar Meisner (1587–1626) sind in der Uffenbach-Wolfschen Briefsammlung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg überliefert. Unter den Briefen, die er erhielt, befinden sich nicht weniger als zehn Briefe aus dem Zeitraum 1614 bis 1625, die sich Kopenhagener Theologieprofessoren zuordnen lassen. Während nur ein Brief von Cort Aslaksen an Meisner bewahrt worden ist, zeugen drei Briefe von Caspar Bartholin und vor allem sechs Briefe von Hans Poulsen Resen, der 1588 den Magistergrad in Wittenberg erlangt hatte und daher den deutlich jüngeren Meisner keineswegs auf seiner Studienreise kennengelernt haben kann, von einer näheren Bekanntschaft. Ein enger Bezug der Kopenhagener Theologen zu Wittenberg wird am Beispiel der Briefe Meisners somit offenbar. Wirft man einen Blick auf mögliche bekannte schwedische Namen unter den Absendern, so ergibt sich ein anderes Bild. Aus der Riege der Theologieprofessoren in Uppsala lässt sich nur eine Person identifizieren, Laurentius Olai Wallius (1588–1638). Genau genommen fällt dieser Brief aus dem Jahr 1617 jedoch nicht in die oben skizzierte Kategorie von Briefen, da Wallius diesen Brief gar nicht aus Schweden, sondern aus Tübingen während seines dortigen Aufenthaltes im Rahmen seiner peregrinatio academica an den beinahe gleichaltrigen Meisner sandte. Dass dieser briefliche Kontakt zwischen Wallius und Meisner auch in späteren Jahren weiterbestand, als Wallius wieder nach Schweden zurückgekehrt war, lässt sich durch die vorgenommenen Recherchen nicht bekräftigen. Dass sich davon abgesehen keine schwedischen Theologieprofessoren unter den Absendern der Briefe an Meisner finden, kann zum einen der verspäteten Wiedereröffnung der Universität in Uppsala geschuldet sein, die sich in dieser Periode erst allmählich etablieren konnte. Zum anderen weist dieser Befund darauf hin, dass auf schwedischer Seite keine ähnlich starke Orientierung an den Wittenberger Theologen bestand wie in Dänemark. Dieser Eindruck wird bestätigt durch die bereits im Zusammenhang von Albert Bartholins Studienaufenthalt in Wittenberg erwähnte Briefsammlung von Jesper Brochmand (1585–1652), der seit 1615 eine Theologieprofessur an der Kopenhagener Universität innehatte und seit 1639 zusätzlich als Bischof von Seeland (Sjælland) amtierte.158 Die hierin in Abschrift enthaltenen Briefe stammen schwerpunktmäßig aus den 1640er-Jahren. Wenig überraschend stößt man auf keine Briefe schwedischer Theologen. Dagegen spiegeln die zahlreichen Briefe, die ihm aus dem Alten Reich zukamen, erneut einen engen Austausch mit den Wittenberger Theologen wider. 14 Briefe Wittenberger Theologieprofessoren hat Brochmand gemäß dieser 158 Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, KBKph, GKS 3038, 4°.
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Briefsammlung erhalten, dazu kommt ein Brief des bereits genannten Wittenberger Diakons Frimel159. Jakob Martini, Johann Hülsemann, Paul Röber und Wilhelm Leyser wandten sich demnach brieflich an Brochmand. Dabei ist zu bedenken, dass der dänische Theologe keine persönlichen Beziehungen zur Wittenberger Universität aufgrund dort vorgenommener Studien vorweisen kann, denn er selbst hatte während seiner peregrinatio academica Leiden und Franeker aufgesucht.160 Ergänzend kommt ein Brief hinzu, den ein nicht an der Leucorea tätiger Theologieprofessor des Heiligen Römischen Reiches nach Kopenhagen schickte, nämlich der Tübinger Theologe Melchior Nicolai (1643). Außerdem weist die Sammlung einen Brief des Königsberger Theologen Levin Pouchenius (1641) auf. Natürlich lässt sich nicht ausschließen, dass der Absendeort „Wittenberg“ die Überlieferung der Briefe begünstigt hat, aber der jetzige Zustand der Briefsammlung deutet unzweifelhaft darauf hin, dass zwischen den Kopenhagener und Wittenberger Theologieprofessoren zur Zeit Jesper Brochmands engere Kontakte bestanden, als sie die dänischen Professoren zu anderen Universitäten pflegten.161 Zuletzt gilt es, die überlieferten Briefe eines schwedischen Theologieprofessors auf ihre Verbindungen zu Lutheranern aus dem Alten Reich hin zu befragen. Von Erik Benzelius d. Ä. (1632–1709) sind Briefe in größerer Anzahl erhalten, die ihn nicht nur während seiner Tätigkeit als Professor in Uppsala erreichten, sondern auch im weiteren Verlauf seiner Karriere als Bischof von Strängnäs und als Erzbischof. Wie die Analyse seines Reisetagebuchs gezeigt hat (s. o. Kap. 4.1.2), nutzte er während seiner peregrinatio academica ausgiebig die Gelegenheit, um sich mit den herausragenden Gestalten des universitären Lebens vor allem im Heiligen Römischen Reich persönlich bekannt zu machen. Inwiefern zeichnen sich diese weit gestreuten Kontakte aber auch in den bewahrten Briefen an Benzelius ab? Zunächst ist vorauszuschicken, dass erwartungsgemäß keine Verbindungen zu seinen Kopenhagener Kollegen sichtbar werden. Von ein paar verstreuten Briefen abgesehen – in der Universitätsbibliothek Uppsala sind ein Brief von Johann Adam Schertzer (Leipzig) von 1672 sowie ein Brief von Ernst Salomon Cyprian (Coburg) von 1709 erhalten, in der Königlichen Bibliothek Stockholm ein Brief von Johann Friedrich Mayer (Hamburg) von 1697 und ein Brief von Heinrich Opitz (Kiel) von 1704 – ist die zweibändige Sammlung von Briefen an Erik Benzelius in der Stiftsbibliothek Linköping einschlägig.162 Doch der Befund ist übersichtlich: Lediglich jeweils ein Schreiben von dem Helmstedter Theologieprofessor Johann Andreas Schmidt (1698), von dem Gießener Theologieprofessor Kilian Rudrauff (ohne Ort und Datum [vor 1690]) sowie von dem Kieler Theologieprofessor Heinrich Opitz (1704, 159 Vgl. oben die Briefe von Albert Bartholin und besonders Anm. 89. 160 So Stenbæk, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 192. 161 Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Jesper Brochmand auch Briefe von hohen kirchlichen Würdenträgern aus dem Heiligen Römischen Reich erhielt, nämlich von Balthasar Rhaw (Stralsund) und Nikolaus Hunnius (Lübeck). 162 Vgl. Bref til Ä. B. Eric Benzelius den Äldre. Första Bandet 1658–1699, LiSt, Br 9:1; Bref til Ä. B. Eric Benzelius den Äldre. Andra Bandet 1700–1709, LiSt, Br 9:2.
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nicht identisch mit dem bereits genannten Brief von Opitz) belegen Erik Benzelius’ Kontakte zur akademischen Theologie im Alten Reich. Die Mehrheit der aufgezählten Briefe stammt aus der Zeit, als er schon die Universität verlassen hatte und in hohen kirchlichen Würden stand (ab 1687 amtierte er als Bischof von Strängnäs, im Jahr 1700 wurde er zum Erzbischof ernannt). Damit ist selbstverständlich nicht auszuschließen, dass frühere Briefe schlicht nicht überliefert worden sind. Anders als in den beiden vorher genannten Beispielen sind die Kontakte in die theologische Szene des Heiligen Römischen Reiches, die sich in den Briefen widerspiegeln, geographisch breit gestreut, ohne dass sich eine engere Verbindung zu einer bestimmten Universität abzeichnet. Mit Johann Adam Schertzer und Kilian Rudrauff treten Personen in Erscheinung, mit denen Benzelius nach Auskunft seines Reisetagebuchs während seiner Peregrination in Leipzig und Gießen Bekanntschaft gemacht hatte, wobei besonders Schertzer als eine der wichtigsten akademischen Bezugspersonen des schwedischen Studenten in diesen Jahren gelten kann. Die Beispiele von Schertzer und Rudrauff zeigen, dass einmal in der Studienzeit geknüpfte Kontakte durchaus von dauerndem Bestand sein konnten. Ein Teil der Briefe lässt allerdings auf den ersten Blick erahnen, dass ihre Abfassung durch die Begegnung mit einem peregrinierenden Sohn des schwedischen Theologen motiviert war, sodass zu fragen bleibt, ob abgesehen von diesem konkreten Anlass ein Kontakt zwischen den Theologen aus dem Alten Reich und Benzelius existierte. Die geographische Verteilung der Kontakte erscheint damit auch teilweise durch die Reiseroute der Söhne bedingt, sodass ihr Aussagewert nicht überschätzt werden sollte. Diesem exemplarischen Einblick in drei Briefsammlungen, die in größerem Umfang bewahrt sind, folgt in einem nächsten Schritt eine genauere inhaltliche Untersuchung einiger Briefe, die skandinavische Theologen von ihren Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich erhalten haben. Besonderes Augenmerk soll dabei zum einen darauf gelegt werden, wie die Absender die Situation an ihrer eigenen Universität schildern, was etwa die Unterrichtsbedingungen, die eigene Wirksamkeit, die Aktivitäten der Kollegen oder die Betroffenheit durch politische Ereignisse angeht. Zum anderen steht die Frage im Vordergrund, ob bzw. was sie über die gegenwärtige Lage der akademischen Theologie im Alten Reich im Allgemeinen berichten und inwiefern sie gegebenenfalls auf aktuelle Entwicklungen im skandinavischen Luthertum Bezug nehmen. Die Wahl fällt dabei auf Kontakte, die sich zwischen den Wittenberger Theologen und ihren Kollegen in Kopenhagen bzw. Uppsala nachweisen lassen. Diese Entscheidung ist nicht nur der dürftigen Quellenlage geschuldet, die es lediglich im Fall von Jesper Brochmand erlaubt, eine detaillierte Analyse seiner Korrespondenz mit mehreren, an derselben Hochschule tätigen Professoren vorzunehmen. Eine genauere Untersuchung der Kontakte zu Wittenberg erweist sich auch deshalb als reizvoll, weil sich die dortigen Professoren in besonderer Weise berufen fühlten, über die Angemessenheit der lutherischen Lehre zu wachen und zu urteilen. Darum ist zu unterstellen, dass sich gegenwärtige theologische Auseinandersetzungen in ihren Briefen niederschlugen. Nachdem mit Albert Bartholins Briefen an Brochmand bereits dargestellt worden ist, wie ein dänischer Student An-
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fang der 1640er-Jahre Wittenberg erlebte, kann auf diese Weise nicht zuletzt auch ein Vergleich mit der Einschätzung der dortigen Theologieprofessoren vorgenommen werden. Die folgende Untersuchung konzentriert sich im Hinblick auf Kopenhagen auf die Briefe Wittenberger Theologen, die sich in Jesper Brochmands Briefsammlung befinden, sodass ein größerer Kommunikationszusammenhang beschrieben werden kann. In Schweden eröffnet sich nach den durchgeführten Recherchen dagegen nicht dieselbe Möglichkeit. Infrage kommen hier allein drei Briefe von Abraham Calov an Carl Lithman, die im Folgenden näher betrachtet werden sollen.
4.2.2 Gezeichnet vom Krieg: Briefe Wittenberger Theologen an Brochmand Die Briefe, die Jesper Brochmand im Zeitraum 1640 bis 1646 aus den Reihen des theologischen Kollegiums der Universität Wittenberg erhielt, zeichnen ein düsteres Bild von den gegenwärtigen Lebensbedingungen in Kursachsen. Der Krieg hatte besonders seit der Mitte der 1630er-Jahre die Region hart getroffen, auch die einst so glanzvolle Universität und ihre Professoren163 litten große Not. Zwar blieben der Stadt selbst aufgrund ihrer soliden Befestigung Plünderungen erspart, aber das Umland wurde mehrfach von durchziehenden Heeren ausgebeutet und verwüstet, die Bewohner oft vertrieben.164 Das erwies sich als verhängnisvoll für die Situation der Professoren, deren Besoldung seit der Fundation Kurfürst Augusts (1569) zu einem Großteil auf den landwirtschaftlichen Erträgen der Umgebung basierte. Die Gehälter der Professoren konnten daher viele Jahre hindurch weder pünktlich noch regelmäßig bezahlt werden.165 Angesichts dieser allgegenwärtigen Bedrohung ist es nicht verwunderlich, dass aktuelle politische Entwicklungen regelmäßig in den Briefen an Brochmand reflektiert werden. Schon die ältesten erhaltenen Briefe von Jakob Martini aus dem Jahr 1640 spiegeln die Hoffnung auf einen baldigen Friedensschluss wider, motiviert durch entsprechende Verhandlungen in Nürnberg bzw. Regensburg.166 163 Zu den Theologieprofessoren der Universität Wittenberg vgl. die Biogramme und Übersichten in Kohnle / Kusche (Hg.), Professorenbuch. 164 Die Situation der Universität im Dreißigjährigen Krieg, die sich besonders seit der Mitte der 1630er-Jahre durch die schwedische Präsenz im Wittenberger Umland zuspitzte, schildert Friedensburg, Geschichte, 360 f. Den Tiefpunkt stellte demnach das Jahr 1637 dar, als zu allem Übel auch noch die Pest in der Stadt grassierte. Erst in der Mitte der 1640er-Jahre kann Friedensburg einen erneuten Aufschwung des universitären Lebens erkennen, als die Kriegshandlungen in der Wittenberger Gegend nachließen. Vgl. zu den Auswirkungen des Krieges auf die Studentenzahlen an der Leucorea Richter, Universitäten, besonders 48 f. 165 Vgl. zu den finanziellen Folgen des Krieges für die Professoren der Universität Friedensburg, Professoren, 10 f; Friedensburg, Geschichte, 361–363. 166 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 107: Brief von Jakob Martini an Jesper Brochmand, Wittenberg, 10.01.1640, KBKph, GKS 3038, 4°; Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 13: Brief von Jakob Martini an Jesper Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640, KBKph, GKS 3038, 4°.
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Die folgenden Briefe zeigen jedoch, dass sich diese Erwartung in den nächsten Jahren nicht erfüllen sollte. Die Gegner sind die schwedischen Streitkräfte, die die Gegend verwüsten und Wittenberg bedrohen.167 Wilhelm Leyser bedenkt den Krieg in religiösen Dimensionen, wenn er besonders bedauert, dass sich auf beiden Seiten Lutheraner gegenüberstehen. Dies versteht er als Strafe Gottes, der dem Satan aufgrund der Sünden die entsprechende Macht eingeräumt habe, ein solches Schauspiel sehr zur Freude der Feinde der Wahrheit zu veranstalten.168 Erst der späteste Brief, verfasst im Frühjahr 1646, weiß vom Waffenstillstand mit den Schweden zu berichten.169 In dieser Situation erhalten die bedrängten und mittellosen Wittenberger Professoren offenbar Hilfe aus Dänemark. Mehrfach artikulieren sie in ihren Briefen ihren Dank etwa für die erhaltene „sehr freigebige Gabe“, Brochmands „höchste Freigebigkeit“, die „sehr mildtätig hinübergeschickten Gelder“ oder die „außerordentliche Wohltat“.170 Hülsemann schildert ausführlich seine finanzielle Notlage und die der Universität.171 Strategisch geschickt geht besonders sein Kollege Röber vor, um weitere Gelder aus Dänemark zu akquirieren. Als ihm die Position eines Superintendenten in Franken angeboten wird, macht Röber seinen Verbleib in Wittenberg, wo er „Luthers Katheder“ nicht im Stich lassen will, direkt von weiterer Unterstützung durch Brochmand abhängig.172 Auf diese Weise überträgt er dem dänischen Kollegen die Verantwortung dafür, Luthers Erbe zu bewahren. Ein anderes Mal appelliert 167 Zu dem Konflikt mit den Schweden vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 10.01.1640; Martini an Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640; Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 42: Brief von Paul Röber an Jesper Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642, KBKph, GKS 3038, 4°; Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 55: Brief von Wilhelm Leyser an Jesper Brochmand, Wittenberg, 11.06.1643, KBKph, GKS 3038, 4°; Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 76: Brief von Wilhelm Leyser an Jesper Brochmand, Wittenberg, 22.04.1646, KBKph, GKS 3038, 4°. Besonders eindrücklich schildert Röber die Bedrohung, der sich die Wittenberger von Seiten des schwedischen Heeres ausgesetzt sahen. Angeblich brüsteten sich die schwedischen Streitkräfte, die im nahe gelegenen Luckau stationiert waren, Wittenberg innerhalb von zwei Tagen erobern zu können, vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642: „Premit nos et pecora nostra petit miles Svecicus, ex vicina urbe Lucca, in qua præsidium posuit. Atque ipsam Wittebergam biduo a se expugnari posse jactitant.“ 168 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 66: Brief von Wilhelm Leyser an Jesper Brochmand, Wittenberg, 20.05.1644, KBKph, GKS 3038, 4°. 169 Vgl. Leyser an Brochmand, Wittenberg, 22.04.1646. 170 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640; Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 38: Brief von Jakob Martini an Jesper Brochmand, Wittenberg, [ca. März] 1642, KBKph, GKS 3038, 4°; Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642; Leyser an Brochmand, Wittenberg, 11.06.1643. 171 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 31: Brief von Johann Hülsemann an Jesper Brochmand, Wittenberg, [ca. November] 1641, KBKph, GKS 3038, 4°. 172 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 69: Brief von Paul Röber an Jesper Brochmand, Wittenberg, 10.12.1644, KBKph, GKS 3038, 4°: „Urgeor etiamnum, ut officium Superintendentis Generalis Culmbaci in Franconia in me suscipiam. Etsi vero reditus ibi magni promittuntur, hic autem fere nulli sunt; fretus tamen benevolentia Tuæ Magnif:tiæ, quam confido egestati meæ subventuram, nolo Cathedram Lutheri deserere.“
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er meisterhaft an das dänische Nationalbewusstsein, wenn er bemerkt, die von ihm verfasste Leichenpredigt für die kürzlich verstorbene Schwester des dänischen Königs – die dänische Prinzessin Hedwig (1581–1641) war mit dem sächsischen Kurfürsten Christian II. (1583–1611) verheiratet gewesen – aus Geldmangel infolge des Krieges nicht drucken lassen zu können, was bei seinen Vorgängern durchaus üblich gewesen sei.173 Dies muss aus dänischer Sicht umso bedauerlicher erscheinen, deutet Röber doch an, dass er in der Predigt viele sehr ehrenvolle Dinge über das dänische Königreich, Hedwigs Vater und Großvater, über die Reformation und die Erkenntnis der evangelischen Lehre aufgegriffen habe. Als Gegenleistung für die Unterstützung aus Dänemark beteuert sein Kollege Martini, nichts anderes als fromme Gebete geben zu können.174 Paul Röber und Wilhelm Leyser versprechen wenigstens, sich besonders engagiert um die dänischen Studenten in Wittenberg kümmern zu wollen.175 Die Briefe von Albert Bartholin zeigen, dass Leyser diesem Versprechen durchaus nachgekommen ist, während Röber, der „Caspar Bartholins Sohn“ explizit erwähnt,176 offenbar keinen bleibenden Eindruck bei dem Dänen hinterlassen hat. Daneben bilden die theologischen Aktivitäten der Professoren, sei es in der Lehre, bei ihrer literarischen Produktion oder beim Schlagabtausch mit den konfessionellen Kontrahenten, ein wiederkehrendes Thema in den Briefen an den dänischen Kollegen. Im Jahr 1640 zeigt sich Martini zuversichtlich, dass es mit den Studien in Wittenberg wieder aufwärts geht.177 Ausführlicher beschreibt Hülsemann seine Unterrichtstätigkeit in einem Brief von 1641.178 Nachdem die Verteilung der Unterrichtsgebiete durch das rasch aufeinanderfolgende Ableben der Theologieprofessoren Balduin, Meisner und Franz durcheinander geraten war, wurde Hülsemann angeblich von höchster politischer Stelle auferlegt, sich in seiner privaten Unterweisung den Kontroversen zuzuwenden. Er berichtet, dass ihm in seinen öffentlichen Vorlesungen dagegen die eigentlich den höheren Professuren vorbehaltenen Propheten zugewiesen worden seien. Während die Studenten wünschten, dass er im Winter privat eine Synopse der arminianischen Lehre vorlegte – obwohl diese Schriftstücke wegen der gefährlichen Wege selten bis nach Wittenberg durchdringen, wie Hülsemann bemerkt –, sah er sich genötigt, sich der u. a. von zwei Professoren geäußerten Forderung zu beugen, strittige Loci aus der Genesis, den Psalmen, Jesaja, dem Johannesevangelium, dem Römerbrief und der Apokalypse zu thematisieren. Was die Studenten spannend fanden, musste also keineswegs damit übereinstimmen, was von Professorenseite aus als theologisch nützlich und angemessen 173 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 47: Brief von Paul Röber an Jesper Brochmand, Wittenberg, 25.07.1642, KBKph, GKS 3038, 4°. 174 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640. 175 Vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642; Leyser an Brochmand, Wittenberg, 11.06.1643. 176 Vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642. 177 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640. 178 Vgl. Hülsemann an Brochmand, Wittenberg, [ca. November] 1641.
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eingeschätzt wurde. Daran anschließend erzählt Hülsemann im März 1642, dass er die schwierigen Stellen aus der Genesis und den Psalmen behandelte, worum ihn einige Studenten, zwei nun näher als Philosophieprofessoren identifizierte Kollegen und ein Diakon gebeten hatten.179 Die Briefe der kursächsischen Theologen an Brochmand legen Zeugnis ab von einem lebhaften Austausch der neuesten theologischen Erzeugnisse zwischen Wittenberg und Kopenhagen. So erhält Brochmand von Martini dessen Disputationen über die Ursache der Sünde und einige seiner „älteren“ anti-calvinistischen Disputationen.180 Seinen „Tractatus De Causa Peccati“181 hat er sogar Brochmand gewidmet.182 Wilhelm Leyser schickt ihm eine inhaltlich nicht näher charakterisierte „kurze Abhandlung“ („disputatiunculam“).183 Paul Röber erweist sich erneut als besonders einfallsreich, wenn es darum geht, sich der weiteren Unterstützung durch Brochmand zu versichern. Er ließ dem dänischen Kollegen eine Disputation „de conflictu Jesuitarum etc“ zukommen, in der er seiner eigenen Aussage nach auf Seite 51 lobend auf Brochmands Tugenden eingeht.184 Tatsächlich hält sich Röber an dieser Stelle nicht zurück, Brochmands Vorzüge hervorzuheben, wobei die Anspielung auf den im Zusammenhang der Briefe Albert Bartholins bereits erwähnten Jesuiten Coturius belegt, dass sich die Disputation an den aktuellen theologischen Geschehnissen orientierte: Facere non possum quin huc ascribam verba magni Theologi Dn. D. Caspari Erasmi Brochmand Professoris Regis & hodie Episcopi, Fautoris nostri colendißimi, quem ob insigne judicium, candorem, fidem ac pietatem, merito nostri venerantur, timent vero Pontificii, ut ex Jesuitæ Coturii recentissimis scriptis apparet […].185
In entgegengesetzter Richtung erreichten auch dänische Schriften Wittenberg. So bedankt sich Hülsemann für Brochmands Kommentar zum Jakobusbrief.186 Dieser
179 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 36: Brief von Johann Hülsemann an Jesper Brochmand, Wittenberg, 12.03.1642, KBKph, GKS 3038, 4°. 180 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 13.06.1640; Martini an Brochmand, Wittenberg, [ca. März] 1642. 181 Vgl. Jakob Martini, Tractatus De Causa Peccati: In quo Novem disputationibus, in Academia Wittenbergensi publice habitis, demonstratur, quod Deus nullo modo, neque per se, Neque Per Accidens, Causa peccati sit dicendus …, Nürnberg: Wolfgang Endter d. Ä. 1641. 182 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, [ca. März] 1642. 183 Vgl. Leyser an Brochmand, Wittenberg, 20.05.1644. 184 Vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 10.12.1644: „Honorificentissimam sæpe mentionem facio pro Cathedra Academica, in prælectionibus et disputationibus, nec non in colloqviis privatis. Cujus rei specimen adjunxi solennem disputationem de conflictu Jesuitarum etc ubi qvantopere æstimem virtutes Tuas, fol. 51, candide conatus sum exprimere.“ Dabei meint Röber diese Schrift: Paul Röber / Johann Tobias Major, Conflictus Jesuitarum Rigidiorum, Calvinientium, cum mollioribus, veritati palmam cedentibus, in arduo Prædestinationis æternæ articulo, Vnius scripturæ dicti auctoritate diremtus, I. Tim. IV., Wittenberg: Johann Röhner 1643. 185 Röber / Major, Conflictus Jesuitarum Rigidiorum, 51. 186 Vgl. Hülsemann an Brochmand, Wittenberg, [ca. November] 1641.
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war erst 1640 in Kopenhagen erschienen,187 eine zweite Auflage wurde 1641 gedruckt, sodass Hülsemann hier mit den aktuellsten Ergebnissen von Brochmands publizistischem Wirken versorgt wurde. Detaillierter als seine Kollegen berichtet Hülsemann von seinem derzeitigen literarischen Schaffen. So schildert er sein Vorgehen in seiner Darstellung über den „unversöhnbaren Calvinismus“, bei der er sich an Nikolaus Hunnius orientiere. An Brochmand gewandt bemerkt er, darin auch auf „eure Angelegenheit“ zu sprechen zu kommen.188 Tatsächlich erscheinen die Kopenhagener Theologen in dieser Schrift wiederholt im Zusammenhang mit Johannes Duraeus. Brochmands unversöhnliche Haltung gegenüber den Reformierten hatte sich zuletzt in der entschiedenen Abweisung von Duraeus’ Unionsversuch durch die Kopenhagener theologische Fakultät 1639 geltend gemacht.189 Hülsemann ist diese Stellungnahme, welche seine dänischen Theologen auf Wunsch des Königs anfertigten, ebenso bekannt wie Duraeus’ Erwiderung, denn er bezieht sich in seiner Schrift inhaltlich auf beide Dokumente.190 Außerdem halten die Wittenberger Theologen in ihren Briefen Brochmand über die neuesten Aktivitäten und Schriften der konfessionellen Gegner auf dem Laufenden. So erwähnt Hülsemann im März 1642, dass er einen Brief von Johannes Duraeus erhalten habe.191 Darin habe ihn Duraeus getadelt für die „Schroffheit“, mit der er die Hindernisse aufgezählt habe, die dem „Synkretismus“, wie Hülsemann – ein entschiedener Gegner von Duraeus’ Unionsplänen192 – schreibt, entgegenstehen, und stattdessen dafür plädiert, sich für die Vereinigung der Kon 187 Vgl. Jesper Rasmussen Brochmand, In Canonicam et Catholicam Jacobi Epistolam Commentarius …, [Kopenhagen]: Melchior Martzan 1640. Brochmands Kommentar zum Jako busbrief ist aus theologischer Sicht insofern eine besondere Bedeutung zuzumessen, als diese Schrift laut Stenbæk, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 193, seine endgültige Distanzierung von Holger Rosenkrantz markiert. Nachweis der Auflagen des Kommentars in Bruun (Hg.), Bibliotheca Danica, 73. 188 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 22: Brief von Johann Hülsemann an Jesper Brochmand, Wittenberg, [ca. Juni] 1641, KBKph, GKS 3038, 4°: „Per semel passas benevolentiæ portas redeo et Calvinismi irreconciliabilis delineationem offero, in qva et vestra res agitur.“ 189 Vgl. Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 536; Stenbæk, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 193. Stenbæk mutmaßt, dass die Äußerung der theologischen Fakultät von Brochmand geschrieben wurde (mit Hinweis auf den Abdruck der genannten Erklärung gegenüber dem König Christian IV. bei Pontoppidan, Annales 4,1, 300–309). 190 Vgl. etwa Johann Hülsemann / Peter Rhebinder, Calvinismus Irreconciliabilis, seu Delineatio caussarum, Earumq[ue] applicatio ad Calvinismum, Propter quas Josephus Hallus, Exoniensis Episcopus Papismum censuit esse Irreconciliabilem …, Wittenberg: Johann Berger; Johann Röhner 1641, 27 f; 63; 66; 73; 98; 105; 116. Seine Kenntnisse bezog Hülsemann wohl in erster Linie aus der Schrift Johannes Duraeus, Informatio De Iis, Quæ In Studio Ecclesiasticæ Concordiæ, inter Euangelicos prosequendo agitare instituit Joannes Duræus; erga Ecclesiarum Danicarum Theologos …, Bremen: Berthold de Villiers [ca. 1639], aus der er wörtlich zitiert. Auf S. 98 verweist Hülsemann aber explizit auf das Iudicium der Kopenhagener Theologen, das ihm daher vermutlich darüber hinaus separat vorlag. 191 Vgl. Hülsemann an Brochmand, Wittenberg, 12.03.1642. 192 Vgl. Leube, Kalvinismus, 246 f.
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fessionen einzusetzen.193 Eine Abschrift des Briefes will Hülsemann Brochmand zukommen lassen. Dass Duraeus’ Brief als eine Reaktion auf Hülsemanns Schrift „Calvinismus Irreconciliabilis“ zu verstehen ist, ist vorstellbar, setzt sich Hülsemann darin doch ausführlich mit Duraeus, auch in Form seines Schriftwechsels mit den Dänen, auseinander. Leube hingegen erweckt den Eindruck, als ob der Brief von Duraeus den Wittenberger Theologen im Vorfeld der Drucklegung von „Calvinismus Irreconciliabilis“ erreicht hätte, wenn er darauf hinweist, dass der Brief in dieser Schrift wiedergegeben werde.194 Tatsächlich findet sich der Brief, datiert London, November 1641, aber nicht in der ersten Ausgabe von Hülsemanns „Calvinismus Irreconciliabilis“, sondern erst in späteren Ausgaben.195 Hülsemann fügt hinzu, verschiedene Schriften von Hugo Grotius zur Kenntnis genommen zu haben, wobei sein Urteil erwartungsgemäß vernichtend ausfällt. Paul Röber erweckt pauschal den Eindruck, dass sich die Wittenberger Theologen hauptsächlich mit den Calvinisten auseinandersetzen mussten.196 Allerdings geht es in seinen Briefen mehrfach um das bereits aus Albert Bartholins Briefen bekannte Werk des Jesuiten Coturius.197 Auch Röber ist bemüht, dem dänischen Theologen ein Exemplar der Schrift zu schicken, wobei er sich konkret auf die 1641 erschienenen „Demonstrationes“ bezieht (s. o. Kap. 4.1.3.1 mit Anm. 87). Ein Brief des im Zusammenhang mit Bartholin bereits genannten Wittenberger Diakons Johann Frimel enthüllt, warum zu erwarten war, dass Brochmand ein großes Interesse an diesem zweibändigen Werk hegte: Coturius griff Brochmand darin persönlich an, laut Frimel rühmte er sich schon auf dem Titelblatt der „Widerlegung von Brochmands gesamtem Lehrgebäude“ („de refutatione totius Systematis Dn. D. Brochmanni“).198 Die jesuitische Aggression richtete sich also offenbar gegen Brochmands dogmatisches Hauptwerk, das „Universæ theologiæ Systema“, 1633 in zwei Bänden in Kopenhagen herausgegeben.199 Dieses Werk – besonders in Gestalt 193 Vgl. Hülsemann an Brochmand, Wittenberg, 12.03.1642: „Joannes Duræus per epistolam me convenit hisce diebus, qva nihil removet objectorum incommodorum, sed ex summa charitate et humilitate castigat meam importunitatem in convasandis impedimentis Syncretismi, cum industriam oporteat ponere in mediis conciliorum promoventibus, obicibus qvibuscunque semotis et insuper habitis.“ 194 Vgl. Leube, Kalvinismus, 257 f, besonders 258, Anm. 1. 195 So etwa in der Ausgabe von 1667: Johann Hülsemann, Calvinismus Irreconciliabilis, seu Delineatio Caussarum, Earumqve applicatio ad Calvinismum. Propter qvas Josephus Hallus, Exoniensis Episcopus Papismum censuit esse Irreconciliabilem … Cum Epistola Apologetica Autoris ad Johannem Duræum Anglum …, Wittenberg: Johann Berger; Hiob Wilhelm Fincelius Erben; Michael Meyer 1667. Der Brief von Duraeus ist auf S. 253–296 abgedruckt. 196 Vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642: „Nobis hic cum vicinissimis Calvinianis aliisque digladiandum.“ 197 Vgl. Röber an Brochmand, Wittenberg, 28.05.1642; Röber an Brochmand, Wittenberg, 25.07.1642. 198 Vgl. Epistolæ virorum eruditorum ad Caspar Er. Brochmand, Nr. 53: Brief von Johann Frimel an Jesper Brochmand, Wittenberg, 09.06.1643, KBKph, GKS 3038, 4°. 199 Vgl. Jesper Rasmussen Brochmand, Vniversæ Theologiæ Systema. In quo Omnes ac singuli Religionis Christianæ articuli ita pertractantur …, Kopenhagen: Melchior Martzan 1633;
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eines Auszugs aus dem „Systema“ mit dem Titel „Systematis theologici epitome“ (1649) – erwies sich nicht nur als einflussreich an der Kopenhagener Universität (s. o. Kap. 3.2.2), sondern entfaltete auch eine größere Wirkung im Ausland, was die im deutschen Sprachraum erschienenen Ausgaben belegen (Leipzig 1638; Frankfurt am Main / Ulm 1658–1664). Das „Systema“ weist unzweifelhaft polemische Züge auf, setzte Brochmand sich darin doch auch ausgiebig mit den konfessionellen Gegnern auseinander, die in erster Linie als Katholiken, Calvinisten, Arminianer, Anabaptisten und „Enthusiasten“ identifiziert werden können.200 In den 1630er-Jahren war Brochmand zudem in eine literarische Kontroverse mit den Jesuiten anlässlich der Konversion von Christian Wilhelm von Brandenburg zum Katholizismus verwickelt (s. o. Kap. 3.2, Anm. 31), sodass es umso weniger erstaunlich ist, dass er nun erneut ins Visier jesuitischer Polemik geriet. Von einer Entgegnung rät Frimel – angeblich in Übereinstimmung mit anderen Theologen – in diesem Fall jedoch ab, sondern empfiehlt Brochmand vielmehr, dies einem anderen zu überlassen. Dass dieser Vorschlag nicht ganz uneigennützig ausgesprochen wurde, legt der Verweis auf seine eigene Widerlegungsschrift zum ersten Teil der „Demonstrationes“ nahe, in der Frimel besonders „mit den Waffen Brochmands und Gerhards“ gekämpft habe.201 Deren Herausgabe knüpft Frimel an Brochmands Zustimmung. Im Jahr 1644 verwirklichte Frimel sein Vorhaben und publizierte eine Schrift mit dem Titel „Specimen Anti-Coturii“. Seiner Ankündigung entsprechend lassen sich darin mehrfach Verweise auf Brochmand finden.202 Dabei führt er konkret Brochmands „Refutatio“ an und beweist auf diese Weise, mit Brochmands Erwiderungsschrift auf die im Zusammenhang mit der Konversion von Christian Wilhelm von Brandenburg erfolgte jesuitische Publizistik bekannt zu sein.203 Ohne Zweifel stellt der Krieg das beherrschende Thema in den Briefen der Wittenberger Theologieprofessoren an Jesper Brochmand dar, auf dessen Verlauf entweder explizit Bezug genommen wird oder dessen Folgen sich implizit in der bedrängten Lage der Universität und ihrer Professoren widerspiegeln. Die Wittenberger Professoren stehen dabei anscheinend in einem materiellen Abhängigkeitsverhältnis zu Dänemark, das sicherlich auch die oft überschwänglich geäußerte ideelle Ehrerbietung gegenüber Brochmand bedingt. Dänische Studenten vermehrt nach Wittenberg zu locken, erscheint dabei als probates Mittel, um sich weiterer Jesper Rasmussen Brochmand, Systematis Universæ Theologiæ Tomus Secundus …, Kopenhagen: Melchior Martzan 1633. 200 Vgl. zu Brochmands „Systema“ die kurzen Beschreibungen bei Stenbæk, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 193 f, sowie Hens / Kornerup, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 535. 201 Vgl. Frimel an Brochmand, Wittenberg, 09.06.1643: „Insufficientiam tenuitatemque meam ingenue qvidem fateor; attamen, qvia divina gratia confisus, pro sufficientia illa, qvæ est ex Deo, ex Sacra Scriptura, et orthodoxa Antiqvitate, telis Brochmannianis et B. Gerhardi præcipue pugnavi, de victoria qvoque cum Deo obtinenda non diffido.“ Dass Brochmand hier in einem Atemzug mit Gerhard genannt wird, zeigt, dass er als theologische Autorität in Wittenberg anerkannt war. 202 Vgl. etwa Frimel, Specimen Anti-Coturii, 13; 30; 56 f; 60. 203 Vgl. Brochmand, Λύχνος λόγου προφητικοῦ. Siehe bereits oben Kap. 3.2, Anm. 31.
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dänischer Zuwendungen zu versichern. Zieht man vergleichend die Erfahrungen heran, die Albert Bartholin in seinen Briefen an Brochmand schildert, scheint der dänische Nachwuchs jedoch nicht gerade von einer Sonderbehandlung profitiert zu haben, wobei Leysers Bemühungen um diese Studentengruppe allerdings als eine positive Ausnahme zu werten sind. Das freundschaftlich-wertschätzende Verhältnis zwischen den Wittenberger Theologieprofessoren und dem dänischen Bischof steht somit in einem offensichtlichen Widerspruch zu den Schmähungen, die dänische Studenten gemäß Bartholin auch von Seiten der Professorenschaft ertragen mussten. Die ausgetauschten Schriften sowie die Beschreibungen der Vorlesungstätigkeit sollen die Entschlossenheit der Theologen belegen, den Unterrichtsbetrieb trotz der widrigen äußeren Umstände aufrechtzuerhalten und ihrer Pflicht als Verteidiger der wahren Lehre an der Wirkungsstätte Luthers nachzukommen. Dabei ist jedoch einzuräumen, dass die literarische Produktivität der Professoren dem Eindruck von Albert Bartholin gemäß überschaubar war. Im Hinblick auf ihre theologische Überzeugung und Streitbarkeit haben die Wittenberger Theologen in Brochmand sicherlich einen Gleichgesinnten gefunden, verstand er während seiner Tätigkeit als Theologieprofessor und späterer Bischof doch sowohl die Angriffe der konfessionellen Gegner als auch die Einigungsbemühungen zwischen den Konfessionen entschlossen abzuwehren, was die Auseinandersetzung mit den Jesuiten und die Zurückweisung von Duraeus’ Schlichtungsversuchen eindrücklich beweisen. Seine mit der lutherischen Konkordienformel übereinstimmende Theologie, wie sie in seinem „Systema“ ihren deutlichsten Ausdruck fand,204 dürfte bei den Wittenberger Theologen auf Zustimmung gestoßen sein. Dass sich die Wittenberger Theologen für die Entwicklungen an der theologischen Fakultät in Kopenhagen, geschweige denn in der dänischen Kirche als solcher interessierten, lässt sich ihren Briefen nicht entnehmen. Dieser Eindruck kann auch nicht durch die von Jakob Martini artikulierte Trauer über den Tod des geschätzten dänischen Bischofs von Seeland Hans Poulsen Resen relativiert werden.205 Denn dieses Ereignis diente ihm zugleich als Anlass, die vielfältigen theologischen Fähigkeiten seines Nachfolgers Jesper Brochmand nachdrücklich zu würdigen, sodass fraglich ist, inwiefern er tatsächlich an den aktuellen Geschehnissen in der dänischen Kirche Anteil nahm oder vielmehr die Gelegenheit nutzte, um sich bei dem einflussreichen Gönner Brochmand beliebt zu machen.
204 Vgl. Stenbæk, Art. Brochmand, Jesper Rasmussen, 193. 205 Vgl. Martini an Brochmand, Wittenberg, 10.01.1640.
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4.2.3 Um der alten Freundschaft willen: Calovs Briefe an Lithman Anders als in den Briefen der Wittenberger Theologen Martini, Hülsemann, Leyser und Röber an Jesper Brochmand liegt den drei erhaltenen Briefen, die einer ihrer Nachfolger, Abraham Calov206 (1612–1686), an den gleichaltrigen schwedischen Theologieprofessor Carl Lithman (1612–1686) schrieb,207 nachweislich eine persönliche Bekanntschaft aus ihren Rostocker Zeiten zugrunde. Wie oben dargestellt wurde, enthält Lithmans Stammbuch nicht nur einen Eintrag von dem eben genannten Jesper Brochmand, sondern auch von Abraham Calov (s. o. Kap. 4.1.2 mit Anm. 43). Während Lithmans Studien an der Universität Rostock in den 1630erJahren, als diese zeitweise vom Krieg verschont wurde, hatte sich auch Calov dort aufgehalten. Nachdem Calov 1632 den Magistertitel in Königsberg erworben hatte, betrieb er von 1634 bis 1637 theologische Studien in Rostock, die in die Promotion zum Doktor der Theologie mündeten.208 Unter Calovs Vorsitz trat Lithman als Respondent bei einer Disputation auf, wie Göransson zu berichten weiß.209 Im Jahr 1650 stimmte Calov einem Ruf an die theologische Fakultät in Wittenberg zu und avancierte dort schnell zu einem der populärsten Professoren der Universität, dessen Vorlesungen bis zu 500 Zuhörer beigewohnt haben sollen.210 Die ersten beiden Briefe an Lithman von 1652 und 1653 sind somit der Anfangszeit seiner jahrzehntelangen Tätigkeit an der Leucorea zuzuordnen. Von den Gesprächspartnern, die Brochmand an der theologischen Fakultät vorgefunden hatte, war niemand mehr da: Hülsemann erhielt 1646 einen Ruf nach Leipzig und seine Kollegen verstarben in rascher Abfolge (Leyser 1649, Martini 1649, Röber 1651). Die Situation an der Universität hatte sich mit dem Kriegsende ebenfalls verändert gegenüber den Bedingungen, mit denen Calovs Vorgänger konfrontiert waren. Auch Lithman hatte seine Professur an der theologischen Fakultät noch nicht lange inne (seit 1648), als ihn erstmals Post von Calov erreichte. Dementsprechend eröffnet Calov seinen ersten Brief211 an den schwedischen Kollegen, den er im Frühjahr 1652 verfasste, damit, seiner Freude über die Kunde 206 Vgl. zu Calovs Leben und Wirken etwa Wallmann, Art. Calov, Abraham; Appold, Vater; Appold, Doctrine; Jung, Das Ganze, besonders 4–9; Reese, Metaphysik; Wallmann, Widerpart; Kohnle / Kusche (Hg.), Professorenbuch, 99–102. 207 Vgl. Clarorum virorum epistolæ, Nr. 31a: Brief von Abraham Calov an Carl Lithman, Wittenberg, [ca. März] 1652, LiSt, Br 3; Clarorum virorum epistolæ, Nr. 31b: Brief von Abraham Calov an Carl Lithman, [ohne Ort], 08.09.1653, LiSt, Br 3; Clarorum virorum epistolæ, Nr. 40: Brief von Abraham Calov an Carl Lithman, Wittenberg, 25.11.1671, LiSt, Br 3. 208 Lithman schrieb sich im Juni 1633 an der Rostocker Universität ein und erwarb dort im Juni 1638 den Magistertitel. Vgl. Hofmeister (Hg.), Matrikel Rostock, 90, Nr. 92: „Corolus (!) Lithmannus Nericia-Suecus“. Vgl. zu Lithman und Calov in Rostock Göransson, Ortodoxi, 134, Anm. 1 und 2. 209 Vgl. Göransson, Ortodoxi, 135. 210 Vgl. Friedensburg, Geschichte, 422. 211 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, [ca. März] 1652.
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von Lithmans Professur Ausdruck zu verleihen. Doch damit nicht genug: Als Motivation für die plötzliche Kontaktaufnahme führt er an, dass er die alte, in Rostock begründete Freundschaft wieder auffrischen und zugleich mehr über die Situation der schwedischen Kirche und der Universität in Uppsala erfahren wolle.212 Dass dieses nicht nur eine höfliche Floskel darstellt, sondern auf dem aufrichtigen Wunsch beruht, sich über die schwedischen kirchlichen und akademischen Gegebenheiten zu informieren, erscheint umso glaubhafter, als auch Benzelius nach seiner Begegnung mit Calov 1663 in seinem Reisetagebuch dessen Neugier in Bezug auf die schwedischen Verhältnisse festhält (s. o. Kap. 4.1.2). Im weiteren Verlauf des Briefes stellt sich jedoch heraus, dass Calov sich keineswegs an Lithman wandte, nur um Nettigkeiten und Neuigkeiten auszutauschen. Das beherrschende Thema bildet nämlich der erbärmliche kirchliche Zustand im Alten Reich, verursacht durch die „calixtinischen Meinungsverschiedenheiten“, als deren Urheber Calov neben dem namensgebenden Georg Calixt in Helmstedt noch Johann Latermann in Halberstadt und Christian Dreier in Königsberg identifiziert.213 Worum genau sich diese Debatte drehte, die Calovs theologisches Wirken über viele Jahre entscheidend prägte, teilt er Lithman nicht mit.214 Stattdessen setzt er voraus, dass einige Schriften, die in dieser nun seit fast sieben Jahren währenden Auseinandersetzung ausgetauscht wurden, auch in Uppsala wahrgenommen worden sind. Denkt man an Odhelius’ Absicht zurück, die er in einem Brief an Stigzelius kundtat, den schwedischen Theologieprofessor mit entsprechenden Druckerzeugnissen zu versehen (s. o. Kap. 4.1.3.2), kann festgehalten werden, dass Calovs Annahme alles andere als abwegig war. In dem von Odhelius verfassten Brief (s. o. Kap. 4.1.3.2) wurden die sich von Königsberg ausbreitenden Streitigkeiten, die über Jahrzehnte das Luthertum erschüttern sollten, bereits skizziert. In Gestalt des Kasseler Religionsgesprächs wird in Kap. 4.3.3.1 eine spätere Phase des Konflikts zur Sprache kommen. Grund genug, um die Entstehung und den Verlauf der „calixtinischen Meinungsverschiedenheiten“ sowie Calovs Beteiligung daran grob nachzuverfolgen. „Die synkretistischen Streitigkeiten stellen den wichtigsten Streit im deutschen Luthertum vor der Pietismuskontroverse am Ende des 17. Jahrhunderts dar.“215 Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass gerade dieser Streitkomplex auch das nordische Luthertum erreichte, ja selbst in einer schwedischen Version 212 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, [ca. März] 1652: „Veteris memor conversationis in Illustri Rostochiensi amorem ἀναζωπυρεῖν duxi, simulque ecclesiæ Svecanæ & [a]cademiæ vestratis statum […] cogno[s]cere desideravi, Te interprete.“ 213 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, [ca. März] 1652: „Nostra, ob dißidia Ca[l]ixtina in Germania ferventia, misere infestatur ecclesia. Veritati enim coelesti locum concedere, nec Calixtus in Iulia, nec Latermannus Halberstadii, nec Drejerus Regiomonti, ceu complices Calixtini dignantur sed errores cumulant erroribus.“ 214 Das erste Zusammentreffen von Calov und Calixt im Kontext des Thorner Religionsge sprächs, aus dem sich eine lebenslange Animosität entwickelte, schildert Müller, Irenik, 410–412. 215 Müller, Irenik, 444 f.
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ausgetragen wurde (s. u. Kap. 4.3.3.1). Unter Beteiligung verschiedener politischer wie theologischer Akteure vollzog sich diese Auseinandersetzung in mehreren Phasen, von denen die ersten beiden Briefe Calovs der ersten Phase, eingeläutet durch das Thorner Religionsgespräch 1645, zuzuordnen sind.216 Von der zweiten Phase der Kontroverse wird in Kap. 4.3.3.1 beim Kasseler Religionsgespräch die Rede sein. Es ist nur schwerlich möglich, den eigentlichen Streitpunkt inhaltlich-theologisch klar zu benennen; wie die Beispiele von Matthiae und Terserus aus Schweden zeigen werden, erweist sich der Vorwurf des ‚Synkretismus‘ vielmehr als flexibler Begriff, der verschiedene sachliche Differenzen absorbieren konnte.217 In den so genannten synkretistischen Streitigkeiten machten sich gleichermaßen politische wie theologische Interessen geltend; der Ausbruch des Konfliktes war wesentlich der spezifischen konfessionspolitischen Situation in Preußen – reformierter Landesherr, lutherisches Kirchenwesen – geschuldet.218 Die darin angelegten Spannungen, die sich aus dem Protegieren des Reformiertentums durch den Kurfürsten Friedrich Wilhelm ergaben, erreichten schließlich ihren Kulminationspunkt an der Universität Königsberg im Fahrwasser des Thorner Religionsgesprächs.219 An der theologischen Fakultät fand die Politik des Kurfürsten in der Förderung angeblich moderater Lutheraner ihren Niederschlag, die in Wirklichkeit der in Helmstedt vertretenen ‚synkretistischen‘ Theologie zuzuordnen waren.220 Die Ausein 216 Stewart, Catholicity, 162, schlägt die Unterscheidung folgender Abschnitte im synkretistischen Streit vor: „In summary, the Syncretistic Controversy took place in four phases: (1) from the religious colloquy of Thorn in 1645 to the year 1656; (2) from the time of the colloquies at Kassel (1661) and Berlin (1663) until the princely order for the Saxon theologians to cease their quarrels in 1669; (3) Calov’s debate with Johannes Musaeus in 1675 until his death in 1686; (4) the later works of Friedrich Ulrich Calixt that ended the Controversy for all intents and purposes in the year 1700.“ 217 Vgl. auch Müller, Irenik, 468: „Die ‚synkretistischen Streitigkeiten‘ waren daher gerade kein Streit über den Begriff ‚Synkretismus‘, da dessen ehemals offener Bedeutungsgehalt schon vorher eindeutig definiert worden war, sondern lediglich ein Streit darüber, welche lutherischen Theologen der ‚Vermischung‘ bezichtigt und damit verketzert werden sollten.“ Zur vorausgehenden Entwicklung des Begriffs vgl. Müller, Irenik, 58–62. Zu beachten ist, dass gemäß Müller die Bezeichnung ‚Synkretismus‘ oft als Synonym zu ‚Irenik‘ Anwendung fand, vgl. Müller, Irenik, 58. Müller betont dabei den Konnex zwischen der „Abwehr des Synkretismus im Luthertum“ und der „zunehmenden Inanspruchnahme des Friedenswillens und der Betonung der gemeinsamen Bruderschaft durch die Reformierten“, vgl. Müller, Irenik, 62. In der Auseinandersetzung mit Calixt verschoben seine Gegner dann den Begriff ‚Synkretismus‘ aus seinem ursprünglichen innerprotestantischen in einen innerlutherischen Verwendungszusammenhang und bezeichneten damit vorrangig Calixts Standpunkt, vgl. Müller, Irenik, 467. 218 Vgl. dazu Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 50–54. 219 Der folgende Abschnitt zum Verlauf des frühen synkretistischen Streits basiert auf Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren; Müller, Irenik, 445–469. Vgl. weiterhin auch Kaufmann, Auseinandersetzungen, 303–317. 220 Vgl. Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 53. Im synkretistischen Streit wurden also nicht nur theologische Auseinandersetzungen ausgefochten. Wie Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 53 f, betont, ging es in dem Konflikt letztlich auch um die Legitimität und die Grenzen obrigkeitlicher Eingriffe in den althergebrachten Bekenntnisstand.
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andersetzung spitzte sich 1646 zwischen dem Calixt-Schüler Johann Latermann und Coelestin Myslenta zu. Den Auslöser bildete Latermanns Promotionsschrift über die Prädestination, in der Myslenta einige Irrtümer besonders calvinischer und pelagianischer Art zu erkennen glaubte. Die für den 22.03. und 13.04.1646 anberaumten Disputationen über die Schrift zwischen Latermann und Myslenta blieben ergebnislos. Beide bemühten sich daraufhin um Gutachten externer Fakultäten und Ministerien, die auch in den Druck gegeben wurden.221 Dies trug den zunächst lokal auf Königsberg begrenzten Konflikt in eine größere Öffentlichkeit und lenkte gleichzeitig die Aufmerksamkeit verstärkt auf Calixt und Hornejus in Helmstedt. Myslenta sammelte nicht weniger als 46 Gutachten und Briefe ein, Latermann kam auf 22. Selbst vor der Drucklegung privater Briefe schreckten beide Seiten nicht zurück. Dass sich der Schwerpunkt der Kontroverse von Königsberg auf die sächsischen Theologen und ihre Kollegen aus Helmstedt verlagerte, wurde durch die Berufung des entschiedenen Calixt-Gegners Jakob Weller zum Oberhofprediger in Dresden begünstigt. Conrad Hornejus’ 1646 veröffentlichte Disputation über die guten Werke trug nicht gerade zur Beruhigung der Gemüter bei; stattdessen beauftragte der sächsische Kurfürst noch im selben Jahr die Leipziger und Wittenberger Theologen, wegen solcher „Neuerungen“ Ermahnungen auszusprechen. Unterstützt durch die Kollegen aus Jena kritisierten sie in einem Schreiben vom 29.12.1646 allgemein die neuen Ansichten der Helmstedter Lehre, von denen sie meinten, dass sie der vorhandenen Übereinstimmung unter den Anhängern der Confessio Augustana widerstreiten würden. Calixt blieb eine in scharfem Ton verfasste Entgegnung nicht schuldig. Die Auseinandersetzung breitete sich aus, wobei sie nicht nur unter den theologischen Gelehrten ausgefochten wurde. Auch die betroffenen Landesherren waren involviert. So beanspruchte der sächsische Kurfürst Johann Georg 1649 in einem Brief an die Herzöge von Braunschweig und Lüneburg in diesem Zusammenhang den Titel „Direktor der Evangelischen“ für sich, um seine herausgehobene Position in theologischen Fragen zu begründen und daraus das Recht abzuleiten, kirchendisziplinarisch über seine Landesgrenzen hinaus tätig werden zu dürfen. Bei den Westfälischen Friedensverhandlungen hatte er diesen Titel noch zurückgewiesen.222 Später wird in Kap. 4.3.3.1 gezeigt werden, wie das Agieren der schwedischen Theologen speziell von der Ablehnung des kursächsischen Anspruchs auf einen Vorrang unter den Lutheranern beeinflusst wurde. Zunächst duellierte sich Calixt publizistisch vor allem mit dem Wittenberger Theologen Johannes Scharf. Weller, Hülsemann und Calov schalteten sich in die Kontroverse ein. Calixts umfangreiche Apologie aus dem Jahr 1651 markierte vorerst den Höhepunkt der Auseinandersetzung.
221 Nachweis bei Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 81, Anm. 150. Die beiden angeführten gedruckten Gutachtensammlungen enthalten keine Äußerungen aus Skandinavien. 222 Auf dem Regensburger Reichstag 1653/1654 akzeptierte er auf Wunsch der evangelischen Stände das Direktorium, vgl. Müller, Irenik, 459.
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Die Verteidigung des guten Rufs der Fakultäten und der eigenen Person sowie die Überzeugung, dass die Wahrheit des Glaubens angegriffen wird, stellen sicherlich Motive dar, die zur Eskalation des Konfliktes unter den Theologen geführt haben. Die besondere konfessionspolitische Lage in Preußen trug das Ihre dazu bei, dass sich der Widerstand an der theologischen Fakultät gegen die offensichtliche Bevorzugung der ‚Synkretisten‘ durch den Landesherrn formierte.223 Dass die Streitigkeiten für aufstrebende Theologen wie Latermann und Calov die Gelegenheit zur eigenen Profilierung bot, mag ein Nebeneffekt gewesen sein.224 In dieser Hinsicht stellt Calovs Idee, sich auf die alte Freundschaft zu Lithman zu besinnen und auf diese Weise die schwedischen Lutheraner zu seinen Gunsten in die Streitigkeit einzubeziehen, einen strategisch klugen Schachzug dar. So ist es nicht verwunderlich, dass Calov mit seinem Brief an Lithman eine konkrete Handlungsaufforderung verbindet: Die nördlichen Universitäten – allen voran die schwedische Hochschule – sollen öffentlich ihre Übereinstimmung mit der „rechtgläubigen Partei“ gegen die „Eitelkeit der Neuerer“ bekennen.225 Um die Schweden dazu zu bewegen, blickt er auf die Kontroversen vergangener Zeiten zurück. So leitet er vom entschlossenen Eintreten der schwedischen Theologen gegen die „Calvinistische Irrlehre und andere emporkommende Irrtümer“ („sectæ Calvinianæ, aliisque emergentibus erroribus“) durch Taten und Schriften im 16. Jahrhundert die Zuversicht ab, dass auch weiterhin mit Unterstützung von schwedischer Seite bei der Verteidigung der Reinheit der Rechtgläubigkeit gegen den um sich greifenden „Wundbrand“ („gangrænam“) zu rechnen sei. An die Person Lithmans knüpft er dabei besonders hohe Erwartungen, zeigt sich Calov doch mit dessen Frömmigkeit und Gelehrsamkeit vertraut. Er bittet darum, genau über den Stand der Dinge in dieser Angelegenheit unterrichtet zu werden, nicht nur, was die gewünschte öffentliche Erklärung der Zustimmung betrifft. In Calovs zweitem Brief an seinen schwedischen Kollegen vom September 1653226 geht es erneut um die Auseinandersetzung mit Calixt und dem so genannten Synkretismus. Dieser Brief reagiert auf Nachrichten, die Calov von Lithman erhalten 223 Vgl. Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, 84–86, hier 84: „Der Eifer freilich und die Schärfe der Auseinandersetzung, die Königsberg in der Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem der ruhelosesten Universitätsorte Deutschlands werden ließ, war nicht bloßer Ausdruck eines orthodox verhärteten Luthertums, das die ‚modernen‘ Elemente der auf religiöse Toleranz hinauslaufenden preußischen Religionspolitik lediglich als Angriff auf den der eigenen Konfession günstigen status quo wahrzunehmen vermochte, sondern das Ergebnis einer offenen konfessionspolitischen Situation, deren Ausgang für die Zeitgenossen unklar sein mußte.“ 224 Vgl. Müller, Irenik, 462. 225 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, [ca. März] 1652: „E re ecclesiæ eßet, communi fidei vinculo in unitate spiritus copulato, si Septentrionales etiam Academiæ et imprimis vest[ra] quoque Universitas Svecica, consensum testentur publicitus cum parte orthodoxa contra Novatorum κενοδοξίαν.“ 226 Vgl. Calov an Lithman, [ohne Ort], 08.09.1653. Warum Göransson, Ortodoxi, 252, Anm. 6, davon ausgeht, dass es sich um einen Brief von Lithman an Calov handelt, kann ich nicht nachvollziehen.
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hat. Anscheinend hat Lithman darin klar Partei für Calov ergriffen und auch die Zustimmung anderer schwedischer Theologen inklusive des Erzbischofs signalisiert. Calov beschwört den Zusammenhalt der Gegner des Synkretismus, indem er das Heil der Kirche davon abhängig macht, dass sie an der Unternehmung ihrer Vorgänger, die über einhundert Jahre lang der synkretistischen Gesinnung widerstanden, unbeirrt festhalten. Das Phänomen des Synkretismus schätzt er also nicht als eine neumodische Herausforderung der Gegenwart ein, sondern versteht die „neue Helmstedt-Königsberger Irrlehre“ vielmehr als eine Ausprägung dieser schon lange vorhandenen, wenn auch früher subtiler vorgehenden geistigen Strömung.227 Er deutet an, dass sich eine Übereinstimmung der ausländischen Kirchen und ihrer Gelehrten mit der von ihm repräsentierten Position abzeichnet, ohne darauf einzugehen, um welche Kirchen es sich dabei genauer handelt. Den Synkretismus hält er für ein länderübergreifend agierendes Netzwerk, denn er ist davon überzeugt, dass die Gegenseite über geheime Anhänger in Schweden verfüge, woraus er eine unmittelbare Bedrohung für die schwedische Kirche ableitet. Allerdings zeigt sich Calov zuversichtlich, dass den schwedischen Glaubensbrüdern, die sich schon einst von der calvinischen Kirche ferngehalten hätten, die „papistisch-calvinistische geistige Eintracht“ umso mehr verhasst sein werde.228 Er versieht die Theologen in Uppsala mit seinen neuesten literarischen Werken. Seine Zusammenstellung über die Gesamtheit der strittigen Hauptstücke229 empfiehlt er zur Kenntnisnahme und Diskussion unter den Theologen und hofft auf Zustimmung. Zwar könne er noch nichts aus seinen Schriften gegen den Sozianismus in den Norden schicken, aber er begrüßt, dass seine schwedischen Kollegen dieser „Irrlehre“ Disputationen entgegensetzten. Neben den ‚Synkretisten‘ um Calixt blitzt an dieser Stelle mit den Sozinianern eine weitere Gruppe von religiösen Abweichlern auf, gegen die Calov vorging, was sich in zahlreichen literarischen Beiträgen niederschlug.230 Offenbar hatte er im Vorfeld des Briefes mehrere Schriften aus Schweden erhalten, denn er be 227 Vgl. Calov an Lithman, [ohne Ort], 08.09.1653: „Efflagitat enim ipsa ecclesiæ salus, ut si pristinorum anteceßorum laudatissimis insistendum vestigiis, qui per centum annos & ultra spiritui Syncretistico restiterunt, nunc cumprimis uno animo atque spiritu eidem obviam eamus, ubi subtilius quam unquam per sectam istam novam Helmestadio-Regiomontanam sese ille ingerit.“ 228 Vgl. Calov an Lithman, [ohne Ort], 08.09.1653: „Machinatur sine dubio pars adversa per suos clancularios fautores etiam in vestris ecclesiis aliquid, uti solet turbulenta esse, & nihil non undiquaque agere id quod inservire poßit scenæ, spero autem in Domino, quemadmodum constanter Calvinianam sectari ecclesiam respu[e]rint vestræ ecclesiæ, ita Papistico-Calvinisticam concordiam spiritualem ipsis multo magis exosam futuram […].“ 229 Aus dem Brief geht nicht genau hervor, welche Schrift aus Calovs umfangreicher literarischer Tätigkeit gegen Calixt, Dreier und Latermann gemeint war. Der Hinweis auf eine „Synopse“ lässt an die Schrift Abraham Calov, Synopsis Controversiarum Potiorum, Quæ Ecclesiæ Christi cum Hæreticis & Schismaticis modernis … intercedunt, Wittenberg: Michael Wendt 1652, denken, die erstmals 1652 und erneut 1653 gedruckt wurde und damit zum Zeitpunkt der Abfassung des Briefes eine Neuerscheinung darstellte. 230 Vgl. das Urteil von Wallmann, Art. Calov, Abraham, 567: „Besondere Beachtung verdienen Calovs antisozinianische Schriften, die schon seine Zeitgenossen einhellig als seine besten bezeichnet haben.“ Laut Wallmann geht Calovs Engagement gegen die Sozinianer bereits auf
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dankt sich nicht nur für eine Publikation, die er vom Erzbischof – Johannes Canuti Lenaeus – erhalten hat, sondern auch für eine Studie, vermutlich von Lithman. Dass es sich dabei tatsächlich um Lithmans „Tractatus compendiosus exhibens Photinianismi naturam et doctrinam“ (1651)231, hervorgegangen aus einer Vorlesung zum Thema, handelte, wie Göransson behauptet, ist durchaus vorstellbar.232 Die Abfassung des zweiten und dritten Briefes an Lithman trennen rund 18 Jahre. Möglicherweise sind weitere zwischenzeitlich ausgetauschte Briefe nicht überliefert worden, aber Calov räumt selbst zu Beginn des Briefes233 vom November 1671 ein, dass länger kein schriftlicher Kontakt zwischen den beiden Studienkollegen bestand. Auf jeden Fall gibt das Protokoll der theologischen Fakultät darüber Auskunft, dass Lithmann im Sommer 1666 einen Brief von Calov erhielt (s. u. Kap. 4.3.3.1 mit Anm. 343), sodass der Briefkontakt nicht ganze 18 Jahre unterbrochen war.234 Ähnlich wie im ersten Brief lag ein konkreter Beweggrund vor, welcher den Wittenberger Professor veranlasste, sich auf die alte Freundschaft zu Lithman zu besinnen. Doch in diesem Fall war die schwedische Universität nicht nur peripher betroffen wie bei der primär im deutschsprachigen Zentrum des Luthertums ausgefochtenen Kontroverse um Calixt und seine Mitstreiter, sondern Calov sieht die skandinavischen Professoren unmittelbar in der Pflicht, zugunsten seiner Person und Position einzuschreiten. Ohne sich lange mit Höflichkeiten aufzuhalten, kommt Calov zum Anstoß des Ärgernisses: seine literarische Verunglimpfung durch Christian Ravius (Christian Raue, 1613–1677).235 Der aus Berlin stammende Theologe und Orientalist war durchaus kein Unbekannter für die Theologieprofessoren aus Uppsala. Von Königin Kristina 1650 nach Schweden geholt, lehrte dieser (mit Unterbrechung) orientalische Sprachen an der Universität, bis er dort 1669 massive Streitigkeiten mit seinen – besonders der Theologie zugehörigen – Kollegen heraufbeschwor, die ihn schließlich zur Rückkehr in das Alte Reich veranlassten.236 Vor etwa einem Jahr habe dieser den seine frühe Rostocker Zeit zurück. Diese müsste Lithman daher bekannt gewesen sein. Vgl. ausführlich zu Calovs antisozinianischem Engagement Reese, Metaphysik. 231 Carl Lithman / Laurentius Erici Bronnius, Tractatus compendiosus exhibens Photinianismi naturam & doctrinam in usum studiosæ juventutis academicæ anno 1650 …, [ohne Ort]: Eschillus Matthiae 1651. 232 Vgl. Göransson, Ortodoxi, 251 f. Lithman wandte sich hierin besonders gegen den Sozianismus und Unionismus, vgl. die kurze Analyse der Schrift bei Göransson, Ortodoxi, 252 f. 233 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, 25.11.1671. 234 Ergänzend sei hinzugefügt, dass Calovs Briefsammlung in der Bibliothek des Evange lischen Predigerseminars Wittenberg (umfasst den Zeitraum ca. 1674 bis 1686) keinen Brief von Lithman an Calov enthält, vgl. die Übersicht bei Bethge, Epistolae theologicae. 235 Zu Ravius vgl. Hoche, Art. Raue, Christian. 236 Die Konflikte, die sich an Ravius entzündeten, schildert Annerstedt, Öden, 34 f, 88–91, zugegebenermaßen aber nicht gerade auf sachliche Art und Weise. So maßt sich Annerstedt über Ravius dieses wenig charmante Urteil an, s. Annerstedt, Öden, 34: „Härtill kom äfven hos Ravius en ovanlig lärdomshögfärd och inbilskhet, för att ej tala om vissa underligheter i lynne och idéer, som ibland nästan komma betraktaren att tvifla på, att mannen haft alle sina skrufvar i behåll.“ („Hierzu kam bei Ravius sogar ein ungewöhnlicher Gelehrtheits-Dünkel und eine Ein-
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Wittenberger Professor um ein Gutachten zu seiner „Chronologia“237 gebeten, die er mit den Attributen „einzig wahr und unfehlbar“ („unice veram et infallibilem“) anpreise. Calov konnte er damit jedoch nicht überzeugen, nicht nur weil er die Grundlage dieser „geradezu neuartigen und unerhörten“ („prorsus novam et inauditam“) Chronologie als unsichere, größtenteils widersinnige Hypothesen einschätzte. Passenderweise bot Calov zu diesem Zeitpunkt selbst eine Lehrveranstaltung zu diesem Thema an. Angeblich aus diesem Grund sah er sich genötigt, die Studenten „kurz, gemäßigt und theologisch, ohne jede Witzelei oder Beleidigung gegen den Verfasser“ („breviter, modeste et Theologice, sine ulla erga authorem dicacitate et iniuria“) zu informieren. Doch bei dieser inner-universitären Richtigstellung blieb es nicht: Da Ravius seine Chronologie schon veröffentlicht habe, habe Calov zur Warnung anderer seine Erwiderung ebenso publiziert.238 Ein geplantes klärendes Gespräch der beiden Widersacher in Wittenberg kam nicht zustande; stattdessen gab Ravius in Berlin eine Entgegnung auf Calov in den Druck.239 An der außerordentlichen Härte der Schmähung durch Ravius lässt Calov keinen Zweifel. Von den „Päpstlichen, Calvinisten, Photinianern, Schwärmern, Calixtini schen“ sei er „sehr heftig zerfleischt“ worden, aber von keinem sei sein Ruf so abscheulich verletzt worden wie von Ravius.240 An dieser Stelle kommen die Schweden ins Spiel. Denn für den Gipfel der Dreistigkeit hält Calov, dass Ravius nicht nur seine „Chronologia“ dem schwedischen Kanzler Magnus Gabriel De la Gardie widmete, sondern das „berüchtigte Büchlein“ („famosum libellum“) gegen Calov sogar dem schwedischen König, dem er angeblich den Auftrag zur Abfassung der Chronologie verdanke. In seinen Schriften habe Ravius sich gerühmt, vom König gebildetheit, um nicht von gewissen Merkwürdigkeiten im Gemüt und in den Vorstellungen zu sprechen, die manchmal den Betrachter fast daran zweifeln lassen, dass der Mann alle Tassen im Schrank hatte [wörtlich: die manchmal den Betrachter fast daran zweifeln lassen, dass der Mann noch alle seine Schrauben besaß].“ [Übersetzung: S. S.]) 237 Die erwähnten Attribute trägt die Schrift schon im Namen: Christian Raue, Ex Eodem Unica Vera Et Infallibilis Chronologia Biblica …, Kiel: Joachim Reumann 1670. Matthias Wasmuth (s. u. Kap. 4.3.3.2) trug eine Vorrede bei. 238 Vgl. Abraham Calov, Discussio Infallibilitatis Novæ Chronologiæ Biblicæ Dn. Christiani Ravii, Berlinat. … hoc anno Kilionii editæ …, Wittenberg: Johann Hake 1670. Dem Titelblatt lässt sich entnehmen, dass die Schrift aus dem Zusammenhang der universitären Unterweisung stammt. Der eigentlichen Untersuchung stellt Calov einen Brief voran, den er von Ravius erhalten hatte, vgl. Calov, Discussio, 21–26. Der Brief, geschrieben in Kiel am 20.03.1670, war vermutlich der Chronologie beigelegt, die Ravius an Calov schickte. Darin bittet er den Wittenberger Theologen um sein Urteil zur „Chronologia“, vgl. Calov, Discussio, 25: „Qvod si, uti spero, ACERRIMUM TUUM JUDICIUM videt nullum deesse diem, nullum superesse, tum, si liceat rogare, devote et humiliter rogitem tuum sincerum Judicium, Patrone Optime, ut mihi perscribas.“ [Hervorhebung im Original] 239 Vgl. Christian Raue, Excussio Ineptæ Discussionis Dn. D. Abrahami Calovii, Super Verissima Temporum Canonica Ratione, Hoc est, Infallibilitate Chronologias Biblicæ …, Berlin: Georg Schultze 1671. 240 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, 25.11.1671: „Serio testor, me a pontificiis, Calvinianis, photinianis, fanaticis, Calixtinis lancinatum vehementissime, a nullo tamen tam atrociter famam meam violatam quam ab isto homine.“
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zur Bekehrung der Juden, Türken, Heiden und Atheisten auserkoren worden zu sein. Diese Behauptung halten laut Calov aber angeblich die meisten für fragwürdig. Das begründet er mit Ravius’ derzeitigem Vagabundenleben infolge seiner Verbannung aus Uppsala.241 Ravius’ Lebensumstände deutet Calov allerdings falsch: Ravius war keineswegs von der Universität Uppsala verbannt worden, sondern der Kanzler Magnus Gabriel De la Gardie hatte ihm im Mai 1669 gestattet, sich offiziell aus gesundheitlichen Gründen ein halbes Jahr lang im Alten Reich aufzuhalten. Ob der Kanzler ihm damit implizit erlaubte, seine in Uppsala umstrittene Chronologie im Ausland zu drucken, wie Annerstedt überlegt, kann nur vermutet werden.242 Weiterhin von der Universität Uppsala bezahlt, gab Ravius erst im Mai 1672 formell seine Professur in Uppsala auf, in dem Jahr, als er einen Ruf an die Universität Frankfurt / Oder erhielt. Wie soll man in dieser Sache nun weiter vorgehen? Calov erweist sich als gut informiert über die Vorgänge in der schwedischen Gelehrtenwelt, wenn er an das vor einigen Jahren ausgesprochene Verbot von Ravius’ Kommentar zu Genesis 4 durch die schwedische Obrigkeit erinnert. Nachdem Ravius bereits 1656 den Unmut der Theologieprofessoren auf sich gezogen hatte, als er aus deren Sicht mit seiner Abhandlung zu Genesis 30 seine Kompetenzen als Professor für orientalische Sprachen überschritt und sich in theologische Gefilde verirrte, eckte er 1664 erneut an. Sein Vorhaben, eine wortgetreue Version von Genesis 4 herauszugeben, wurde von der theologischen Fakultät verhindert.243 Während Calov also über diesen Vorfall Bescheid wusste, war ihm offenbar entgangen, dass Ravius kurz darauf, 1665, erneut wegen einer Arbeit zur Genesis zurechtgewiesen wurde, die dieses Mal die Kapitel 1 bis 6 behandelte. Dies schlug zumindest nach Annerstedts Darstellung höhere Wellen als seine geplante Wiedergabe von Genesis 4.244 Calov fordert Lithman in seinem Brief auf, beim Kanzler De la Gardie durchzusetzen, dass Ravius’ „berüchtigte“ („famosum“) Schrift – gemeint ist wohl die Entgegnung auf Calov – bestraft werde. Er hält eine öffentliche Rüge der üblen Nachrede in dieser verleumderischen Schrift für notwendig, um ein umfangreicheres Werk, das gegen ihn drohe, zu verhindern und auf Calovs so viele Jahre lang unversehrt gebliebenes Ansehen Rücksicht zu nehmen. Darüber hinaus nimmt er Lithman und seine Mitstreiter kollegial in die Pflicht, wenn er darum bittet, ihre Meinung über Ravius’ Chronologie und Paraphrase (er spielt vermutlich auf Ravius’ Arbeit zu Genesis 4 an) zu erfahren. Dass auf ein Urteil der Theologieprofessoren nicht verzichtet werden kann, begründet Calov mit der Uneinigkeit der evangelischen Kirchen durch die synkretistischen Neuerungen, weshalb eine besondere Sorge um die Reinheit des Glaubens und die Stärkung eines Konsenses unter den 241 Vgl. Calov an Lithman, Wittenberg, 25.11.1671: „Qum vero hæc vix fidem mereantur apud plerosque et suspectum adeo sit, quod extorris e vestra Academia per aliquot annos apud exteros vagetur, relicta illic uxore et familia, scire pervelim quid hac de re habendum sit.“ 242 Vgl. Annerstedt, Öden, 90. 243 Vgl. Annerstedt, Öden, 88 mit Anm. 3. 244 Vgl. Annerstedt, Öden, 88 f.
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Calixt-Gegnern angelegen seien. Was die Chronologie betrifft, sollte dieser Wunsch für die schwedischen Theologen nicht völlig abwegig gewesen sein, hatte Ravius doch noch während seiner Zeit an der Universität 1667 den Beginn seiner Arbeit der theologischen Fakultät zur Zensur vorgelegt.245 Laut Annerstedt gaben die Theologen damals gegenüber dem Kanzler an, die Arbeit sehr bedenklich zu finden, nicht zuletzt weil Ravius sich auf eine außerordentliche göttliche Offenbarung als Quelle seiner Darstellung berief.246 Mit einer Unterstützung seiner Kritik an der Chronologie durch die schwedischen Kollegen konnte Calov also getrost rechnen. Tatsächlich war die Angelegenheit rund einen Monat, bevor Calov seinen Brief an Lithman verfasste, schon Gesprächsthema in einer Sitzung des theologischen Kollegiums.247 Die Theologen hatten Ravius’ Schrift gegen Calov bereits wahrgenommen, allerdings lag ihnen noch nicht das gesamte Werk vor, sondern hauptsächlich nur zwei Widmungen daraus. Dennoch stuften sie die Schrift sogleich als verdächtig ein. Zur Diskussion stand die Frage, ob man trotzdem jetzt schon auf Grundlage des vorhandenen, begrenzten Textkorpus reagieren soll, damit die Fakultät keinen Schaden nimmt. Die Theologieprofessoren konnten sich jedoch zu keiner anderen Entscheidung durchringen, als erst einmal die Meinung des Prokanzlers – also des Erzbischofs Laurentius Stigzelius – darüber einzuholen, ob man zeitnah etwas unternehmen soll. Denn die Theologen schätzten es als bedenklich ein, dass Ravius erstens den Auftrag zu dieser Arbeit auf einen königlichen Befehl zurückführt, von dem die Fakultät aber nichts weiß; dass er sich zweitens fälschlicherweise auf die Theologieprofessoren beruft, weil diese angeblich die Vollmacht zur Anfertigung dieses Werks erhalten und auf Ravius übertragen hätten, was die Theologen verneinen; und dass drittens die Theologen in seiner Schrift jetzt schon einige Novitäten entdeckt haben, die die Fakultät schon früher verworfen hat und auch nun nicht billigen kann. Ob der Kanzler darüber informiert werden soll, dass Ravius auf ein königliches Mandat rekurriert, sollte der Prokanzler beurteilen. Dieser stimmte letzterem Hinweis zu und wollte Entsprechendes beim Rektor der Universität Uppsala veranlassen. Ansonsten ermahnte der Prokanzler die Theologen, vorerst nicht zu handeln, solange die Schrift nicht in größeren Auszügen vorliegt oder bekannt wird, wie Calov darauf reagiert. Die schwedischen Theologieprofessoren waren sich also durchaus bewusst, dass Ravius’ Schrift dem Ruf der Fakultät schaden konnte, allerdings scheuten sie davor zurück, eigenständig in dieser Sache tätig zu werden. Stattdessen schoben sie dem Erzbischof die Verantwortung zu, eine Entscheidung zu treffen, der mit seiner abwartenden Haltung jede zaghafte Handlungsinitiative der Theologieprofessoren vereitelte. Die Briefe von Calov an Lithman haben gemeinsam, dass Calov diese nicht nur verfasste, um eine langjährige Freundschaft aufrechtzuerhalten, sondern sich vielmehr auf diese frühere Verbundenheit berief, um den Studiengefährten als Reprä 245 Vgl. Annerstedt, Öden, 89. 246 Vgl. Annerstedt, Öden, 89. 247 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (29.10.1671), 186 f.
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sentanten von und Vermittler zu den schwedischen Theologen zu einer bestimmten Handlungsweise zu animieren. Dass die Kollegen aus dem schwedischen Königreich nicht unmittelbar im Fokus des Wittenberger Theologen lagen, beweist die Tatsache, dass seit dem Ausbruch der Kontroverse nicht weniger als sieben Jahre vergingen, bis er auf die Idee kam, zur Unterstützung seiner Position im Streit mit den ‚Synkretisten‘ um Calixt die Allianz mit dem schwedischen Luthertum zu suchen. Wie das Beispiel des Kasseler Religionsgesprächs zeigen wird, zögerten die Wittenberger in späteren Jahren nicht so lange, bevor sie sich an die Glaubensbrüder außerhalb der Reichsgrenzen wandten (s. u. Kap. 4.3.3.1). Zweifellos misst Calov der Auseinandersetzung Heilsrelevanz bei und setzt voraus, dass seine Kollegen aus Schweden zumindest rudimentär mit den sich scheinbar unversöhnlich gegenüberstehenden Positionen durch die verbreiteten Druckerzeug nisse vertraut sind. Interessanterweise ordnet er diese Fehde in eine Traditionslinie mit den Konflikten mit dem Calvinismus im 16. Jahrhundert ein. Darauf beruht sein wesentliches Argument, um die aus seiner Sicht noch nicht, aber potentiell von dem gegenwärtig im Alten Reich tobenden Streit betroffenen schwedischen Lutheraner zu einer Stellungnahme zu bewegen. Konkreter äußert er sich an dieser Stelle aber nicht – dass der Widerstand gegen die Reformierten im vorausgehenden Jahrhundert die schwedischen und deutschen Lutheraner in besonderer Weise vereint hätte, lässt sich auch nur schwerlich aus der Geschichte begründen. Tatsächlich beweist Calov gewisse hellseherische Fähigkeiten, wenn er prophezeit, dass auch Schweden in naher Zukunft vom ‚Synkretismus‘ heimgesucht werden kann. Auch die Debatten um Johannes Matthiae Gothus und Johannes Elai Terserus, mit denen sich die Theologieprofessoren aus Uppsala schwerpunktmäßig in den 1650er- und 1660er-Jahren befassen mussten, wurden von den Gegnern mit dem bewährten Label ‚Synkretismus‘ behaftet.248 Wie Petrus Bångs Brief aus dem Jahr 1664 erkennen lässt, bringt der Straßburger Theologe Dannhauer den Namen Johannes Matthiae etwas mehr als ein Jahrzehnt später, als Calovs Briefe an Lithman entstanden, bereits mit der ‚synkretistischen Unternehmung‘ in Verbindung.249 Beispielhaft illustrieren die in diesem Kapitel behandelten Briefe persönliche Kontakte zwischen den Repräsentanten des skandinavischen gelehrten Luthertums und ihren Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich. Die Briefsammlung von Jesper Brochmand legt nahe, dass sich in derartigen Kommunikationsstrukturen mitunter lokale Schwerpunkte – in diesem Fall Wittenberg – abzeichnen konnten. Obwohl sich vereinzelte Kontakte zu schwedischen Theologen durchaus früher nachweisen lassen und aufgrund ihrer anhaltenden Studienreisen an die Universitäten Zentraleuropas auch zweifellos vorauszusetzen sind, lässt sich die Vermutung äußern, dass die Universität Uppsala nach dem Dreißigjährigen Krieg verstärkt als möglicher Koalitionspartner in das Blickfeld des akademischen Luthertums im Alten Reich geraten ist. Die auf die gemeinsamen Studienjahre in Rostock zurück 248 S. dazu ausführlicher unten Kap. 4.3.3.1. 249 S. o. Kap. 4.1.3.2 mit Anm. 154.
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gehende Freundschaft der Theologen Lithman und Calov, die beide auf entsprechende Professuren berufen wurden, mag dieses wachsende Interesse an Uppsala ebenso befördert haben wie die zunehmende politische Bedeutung Schwedens als ernstzunehmender Machtfaktor im Ostseeraum, nicht zuletzt auf Kosten des dänisch-norwegischen Einflussbereichs. Aber nicht nur der Wittenberger wusste sich seine Verbindungen zur Universität Uppsala zunutze zu machen. Wie der Brief von Odhelius an Stigzelius belegt, versuchte auch der Helmstedter Professor Hornejus, Kontakt zum dortigen Theologen Stigzelius aufzunehmen.250 Damit lässt sich bei beiden maßgeblichen Parteien im ‚synkretistischen Streit‘ erkennen, dass sie sich um den Austausch mit den schwedischen Kollegen bemüht haben. Vergleicht man die Briefe der Wittenberger Theologen an Jesper Brochmand mit den Briefen ihres Nachfolgers Abraham Calov an Carl Lithman, so spiegelt sich darin deutlich wider, dass die kursächsischen Professoren fundamental verschiedene Rahmenbedingungen an ihrer Universität vorfanden, die die Art und Weise ihres Auftretens gegenüber den Kollegen aus dem Norden unweigerlich beeinflussten. Zwar verkörpern die Theologen der frühen 1640er-Jahre das traditionelle Wittenberger Selbstverständnis, in intellektuellen Fragen zu den Beschützern der wahren lutherischen Lehre auserkoren zu sein, aber dies findet keine Entsprechung in materieller Unabhängigkeit. Stattdessen lässt sich den Briefen aufgrund der finanziellen Not der Wittenberger ein unterwürfiges Heischen um Brochmands Wohlwollen nicht absprechen. Befreit von den unmittelbaren Belastungen durch den Dreißigjährigen Krieg kann Calov rund zehn Jahre später mit einem ganz anderen Selbstbewusstsein auftreten. Der freundschaftliche Ton gegenüber Lithman kann nicht darüber hinweg täuschen, dass Calov geradezu einfordert, dass die schwedischen Lutheraner aktiv und öffentlich für die von ihm vertretene Position Stellung beziehen sollen. Eine neutrale Haltung einzunehmen, sei es gegenüber Calixt und seinen Mitstreitern oder gegenüber Ravius, ist aus seiner Sicht keine Option. Auch wenn die Diskussion um die Versöhnung der Konfessionen durch die Erwähnung von Duraeus in Hülsemanns Brief an Brochmand bereits ihren Schatten vorauswarf, haben sich die konfessionellen Frontlinien im Vergleich zu Calovs Briefen jedoch verschoben. Mühten sich seine Vorgänger in der ersten Hälfte der 1640erJahre noch hauptsächlich mit den ‚klassischen‘ Widersachern des Luthertums ab, den Calvinisten und Katholiken (insbesondere in Gestalt der Jesuiten), so tragen Calovs Auseinandersetzungen mit Calixt sowie mit Ravius doch eher Züge eines innerlutherischen Konflikts. Sein Versuch, die schwedischen Theologen als Verbündete zu gewinnen, erhält damit eine besondere Brisanz, weil dieser unvermeidlich darauf hinausläuft, dass sich die Schweden innerhalb des Luthertums positionieren müssen. Dass dies nicht die letzte Gelegenheit war, bei der eine derartige Stellungnahme von den schwedischen Lutheranern verlangt wurde, wird das folgende Kapitel zeigen.
250 S. o. Kap. 4.1.3.2.
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4.3 Skandinavische Antworten auf Kontroversen im Heiligen Römischen Reich Nachdem im letzten Kapitel persönliche Kontakte zwischen skandinavischen Theologieprofessoren und ihren Kollegen im Alten Reich im Vordergrund standen, soll nun der Fokus auf Situationen liegen, in denen die theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala von ausländischen Theologen dazu aufgefordert wurden, sich gleichsam offiziell zu einer im Alten Reich virulenten Streitfrage zu äußern. Mit anderen Worten soll es darum gehen, Gelegenheiten zu identifizieren, bei denen von Theologen aus dem Reich auf institutioneller Ebene der Kontakt zu den Professorenkollegien an den theologischen Fakultäten im Norden gesucht wurde. Dies erlaubt Rückschlüsse auf die Frage, inwiefern die skandinavischen theologischen Fakultäten vom gelehrten Luthertum im Alten Reich überhaupt als Gesprächspartner, potentielle Verbündete und ernstzunehmende Autoritäten in Auseinandersetzungen mit theologischen Anknüpfungspunkten wahrgenommen wurden. Bedingt durch den Verlust des Archivs der theologischen Fakultät lässt sich dies für Kopenhagen nur schwer nachvollziehen. Ein Beispiel stellt jedoch die Ausein andersetzung um das Augsburger Interim dar, die im Folgenden zur Sprache kommen soll. Vielversprechender sieht die Situation für die theologische Fakultät in Uppsala aus. Anhand des seit der Mitte des 17. Jahrhunderts verstärkt erhaltenen Quellenmaterials soll untersucht werden, ob und in welchen Fällen Streitigkeiten, in die das Luthertum im Alten Reich verwickelt war, einen Widerhall im dortigen Kollegium der theologischen Fakultät gefunden haben, indem die schwedischen Theologen gezielt um ein Urteil gebeten wurden.251 Unberücksichtigt bleiben also jeweils Fälle, die ihren Ausgangspunkt auf politischer Ebene haben, indem initial die dänische bzw. schwedische Regierung von ausländischen Obrigkeiten oder Theologen anlässlich theologischer Streitigkeiten kontaktiert wurde, woraufhin diese dann die Erstellung eines entsprechenden Gutachtens bei ihren Theologen veranlasste.252 251 Mit der Einbindung Schwedens in den internationalen (kirchen-)politischen Kontext des 17. Jahrhunderts hat sich vor allem Göransson beschäftigt und dadurch maßgebliche Grundlagenforschung zur Erhellung der Interaktion zwischen Schweden und Kontinentaleuropa in dieser Zeit geleistet. Dabei sind zu nennen: Göransson, Sverige; Göransson, Ortodoxi; Göransson, Striden; Göransson, Upplösning. Im Folgenden werden seine Arbeiten als wichtigste Referenz herangezogen. 252 Dieser indirekte Weg über den König scheint zumindest für Dänemark-Norwegen in reformatorischen Zeiten nicht unüblich gewesen zu sein. So beschäftigt sich Schwarz Lausten, Religion, 221–317, eingehend mit der Auffassung Christians III. zu den damaligen innerlutherischen Auseinandersetzungen und Einheitsbestrebungen und seiner Beteiligung an den Konflikten. Das dänische Gutachten zum Streit um Osiander etwa entstand erst, nachdem Herzog Albrecht von Preußen im Winter 1551 zum dänischen König in dieser Frage Kontakt aufgenommen hatte, woraufhin Christian III. die Theologieprofessoren Palladius und Machabaeus mit der Ausarbeitung eines Gutachtens betraute. Vgl. Schwarz Lausten, Religion, 224–228. Das Gutachten ist ediert in Schwarz Lausten (Hg.), Skrifter, 3–26. Mit dem Anfang der 1550er-Jahre hart attackierten
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Diese Fragestellung berührt den Themenkomplex des Gutachtenwesens. Dieses war für die protestantischen theologischen Fakultäten im Heiligen Römischen Reich während des 16. und 17. Jahrhunderts charakteristisch, sodass einige einleitende Bemerkungen zu dieser Einrichtung vorausgeschickt werden sollen.253
4.3.1 Exkurs: Das protestantische Gutachtenwesen Mit der Neuordnung der Universitäten im Zuge der Reformation wurden den theologischen Fakultäten Aufgabenbereiche zugewiesen, die sich aus dem Wegfall der bischöflichen Jurisdiktion und dem Verlust eines übergeordneten Lehramtes in Verbindung mit der Aufrichtung landesherrlicher Kirchenregimenter erklären lassen. Dazu gehört in großem Umfang eine beratende Funktion in allerlei kirchlichen und gesellschaftlichen Fragen, in erster Linie gegenüber dem Landesherrn, aber auch gegenüber anderen Personen oder politischen bzw. kirchlichen Instanzen, die den Rat einer theologischen Fakultät begehrten (und die Gebühren dafür zu tragen bereit waren). Dabei lassen sich unterschiedliche Typen von Gutachten unterscheiden. Für die Erstellung von Lehrgutachten, also Gutachten zu strittigen Punkten des theologischen Dogmas, die auch in diesem Kapitel im Mittelpunkt stehen, lassen sich vorreformatorische Vorbilder im Wirken der theologischen Fakultäten finden. Dieses „Verfahren der gutachterlichen Konsultation verschiedener universitärer oder kirchenleitender Instanzen“ kann als das „wichtigste Instrument zur überterritorialen Regulierung von Lehrkonflikten“ betrachtet werden.254 Im 17. Jahrhundert führte aber eine Überstrapazierung dieser binnenkonfessionellen Konfliktbewältigungsstrategie, als die Anzahl an herbeigebrachten Gutachten durch die streitenden Parteien deren eigentlichen Aussagewert in den Hintergrund zu stellen drohte, gleichzeitig zu deren Bedeutungsverlust.255 Der in Königsberg ausbrechende ‚synkretistische Streit‘ (vgl. oben Kap. 4.2.3) demonstriert besonders deutlich, wie das Georg Major stand Christian III. nachweislich in brieflichem Kontakt, vgl. Schwarz Lausten, Religion, 239–250. Auch in die Kontroverse um Albert Hardenbergs Abendmahlslehre war Christian III. involviert, vgl. Schwarz Lausten, Religion, 250–274. 253 Diese Bemerkungen stützen sich auf Kaufmanns Ausführungen zur Gutachtertätigkeit der theologischen Fakultät in Rostock in Kaufmann, Konfession, 323–363, und Kaufmann, Universität, 100–117, sowie den Abschnitt „Lehrgutachten in der Zeit des Krieges“ in Kaufmann, Krieg, 79–82. Zu den Lehrgutachten der theologischen Fakultät in Leipzig, dargestellt an einem konkreten Beispiel von 1582, vgl. Gössner, Konkordienluthertum. Zu den Gutachten der theologischen Fakultät in Wittenberg vgl. Kohnle, Autorität; Brecht, Consilien. Ein bekannter Fall, bei dem sich deutsche Universitäten zu theologischen Streitfragen im schwedischen Königreich äußerten, stellt die Auseinandersetzung um die liturgischen Reformen durch Johan III. dar. Vgl. dazu Czaika, David Chytræus, 259–270. 254 So Kaufmann, Krieg, 79. 255 Vgl. Kaufmann, Konfession, 326: „Ein vornehmlich im 17. Jahrhundert zu beobachtender inflationärer Gebrauch von Lehrgutachten scheint zur Krise dieses Regulierungsinstruments und zum fortschreitenden Verlust seiner Integrationsleistung beigetragen zu haben.“ Vgl. auch Kaufmann, Krieg, 79.
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exzessive Einholen von Stellungnahmen zugleich deren Entwertung implizierte.256 Andere Themengebiete, zu denen sich nun zwar nicht ausschließlich, aber vorrangig die theologischen Fakultäten in Gutachtenform äußerten – Kaufmann verweist hier auf Fragen der Eherechtsprechung, der Kirchendisziplin, der kirchlichen Amtsverwaltung sowie der Verhältnisbestimmung von geistlicher und weltlicher Gewalt257 – waren in vorreformatorischer Zeit dem Bereich der kirchlichen Gerichtsbarkeit anvertraut gewesen. Der Textsorte des Gutachtens ist eigen, auf Grundlage der vom Antragsteller bereitgestellten Informationen in argumentativer Weise mit einem rechtlich unverbindlichen Anspruch die jeweilige Konfliktfrage zu erörtern. Die Bedeutung der Gutachtertätigkeit als Ausdruck universitärer Theologie ist nicht nur in der Aufrechterhaltung eines Prozesses permanenter theologischer Reflexion zu sehen, wie er sich in den Lehrgutachten im engeren Sinn widerspiegelt. Statt dessen zeichnet sie sich ganz konkret durch ihre „Nähe zum gesellschaftlichen Alltag und zu den Lebensgewohnheiten der verschiedenen Berufs- und Sozialgruppen“258 aus, indem sie in den an sie gestellten Anfragen regelmäßig mit Fragen der Umsetzung theoretischer theologischer Vorgaben in die Alltagswirklichkeit konfrontiert wurde. Einen Eindruck von der enormen Bedeutung der Gutachten im protestantischen Lebenszusammenhang bietet die von Dedeken, Gerhard und Grübel vorgelegte Gutachtensammlung aus dem 17. Jahrhundert, die neben den Urteilen von theologischen Fakultäten u. a. auch Äußerungen von einzelnen Theologen enthält.259 Unter den hier wiedergegebenen Kommentaren wird ein skandinavischer Theologe mehrfach angeführt: Niels Hemmingsen (1513–1600).260 Dies ist insofern in 256 Vgl. Kaufmann, Konfession, 330, Anm. 21. Dass sich die Lutheraner zu keiner einheitlichen Meinung zum Helmstedter ‚Synkretismus‘ durchringen konnten, bestätigt gemäß Kaufmann, Krieg, 81 f, den während der Zeit des Dreißigjährigen Krieges „maßgeblich forcierte[n] Integrationsverlust einer lutherisch-orthodoxen Konfessionstheologie“, was zugleich den innerlutherischen Pluralisierungseffekt des Krieges veranschauliche. Vgl. auch Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren, besonders 79–82. 257 Vgl. Kaufmann, Konfession, 326. Daraus ergeben sich gemäß Kaufmann, Universität, 102, insgesamt diese Textsorten: theologische Lehrgutachten, Gutachten zu Fragen des Kirchenregiments und des kirchlichen Lebens, Personalgutachten (Testimonia), Zensurgutachten zu theologischen Büchern, Ehegutachten (Matrimonialia). Vgl. auch Gössner, Konkordienluthertum, 43, der aus inhaltlichen Gesichtspunkten zwischen Gutachten zu privaten Problemfällen (z. B. zu Fragen der Ehe), Gutachten zu Kirchenzuchtangelegenheiten und Gutachten zu Unklarheiten in der Rezeption reformatorischer Lehre unterscheidet. 258 Kaufmann, Konfession, 362. 259 Zu den Quellen der Gutachtensammlung vgl. Mayes, Counsel, 116–118. 260 An folgenden Stellen wird Hemmingsen zitiert: Georg Dedeken / Johann Ernst Gerhard, Thesauri Consiliorum Et Decisionum Volumen Secundum, Politica Continens … Der Andere Theil: In welchem allerhand Welt- und Bürgerliche Sachen begriffen …, Hamburg, Jena: Zacharias Hertel; Johann Nisius 1671, 300, Nr. 5: „De superstitionibus et explorationibus Magicis vitandis, Judicium D. Nicol. Hemmingii“; Georg Dedeken / Johann Ernst Gerhard, Thesauri Consiliorum Et Decisionum Volumen Tertium, Mixta Et Inprimis Matrimonialia Continens … Der Dritte Theil: In welchen insonderheit Ehe-Sachen begriffen …, Hamburg, Jena: Zacharias Hertel; Johann Nisius 1671, 65–81, Nr. 1: „Discursus Generalis: De Consensu Personarum matri
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teressant, als es sich bei Hemmingsen nicht nur um den wohl einflussreichsten und am breitesten rezipierten lutherischen Theologen Dänemarks im 16. Jahrhundert handelt.261 Sondern er stellt auch den (im Ausland) vielleicht umstrittensten Theologen seiner Zeit dar. Trotz seiner Position als die überragende theologische Autorität DänemarkNorwegens und seiner vielfältigen Kontakte ins Ausland wurde er nämlich nach jahrzehntelanger Tätigkeit an der Universität Kopenhagen am 29. Juli 1579 von König Frederik II. suspendiert.262 Den Anlass bildete sein calvinistisch anmutendes Abendmahlsverständnis,263 auf das sich die Anfang der 1570er-Jahre in Wittenberg in Ungnade gefallenen ‚Philippisten‘ beriefen.264 Aus nicht ganz geklärten Beweggründen sorgte auch der Wittenberger Magister und spätere Kopenhagener Professor Jørgen Dybvad dafür, dass Hemmingsen wegen seines Abendmahlsverständnisses beim Kurfürsten in Verruf kam. Obwohl Hemmingsen also schon zu diesem Zeitpunkt ins Visier von Kurfürst August von Sachsen und seiner Frau Anna – Frederiks Schwester – geriet, nahm Frederik II. zunächst eine gelassene Haltung gegenüber der Warnung vor Hemmingsen ein, die ihn aus Kursachsen erreichte. Denn vorerst gab er sich damit zufrieden, dass Hemmingsen die umstrittenen Äußerungen im Frühjahr 1576 widerrief. Rund drei Jahre später fügte er sich aber doch dem monium contrahentium, qualis videlicet esse debeat?, D. Nicolai Hemmingi“; 315–323, Nr. 1: „De causis Divortii, D. Nicolaus Hemmingius“; 330, Nr. 10: „Num is, qui habet uxorem propriam, et interea cum uxoris suæ sorore, aut quavis alia, quam ei non licuit per legem Dei et naturæ attingere, concumbat, debeat propterea inposterum amplexum uxoris propriæ tanquam incestum fugere?, Judicium D. Nicolai Hemingii“. Vgl. zu dem von Hemmingsen angeführten Text über die Gründe für eine Ehescheidung Mayes, Counsel, 168–176. Hemmingsens Schrifttum zum Thema Ehe beschreibt Schwarz Lausten, Hemmingsen, 262–270. Dass Hemmingsen in die Sammlung von Dedeken / Gerhard aufgenommen worden ist, ist insofern nicht völlig überraschend, als seine Schrift Niels Hemmingsen, Libellvs de Coniugio, Repudio, & Diuortio. In gratiam fratrvm, qvi ivdices cavsarvm matrimonialium in Regnis Dania & Noruegia constituti sunt, Leipzig: Hans Steinmann; Ernst Vögelin [1572] – ein Handbuch für die in Eheangelegenheiten urteilenden Richter – im Alten Reich gedruckt wurde. Auf die weite Verbreitung der Schrift weisen ihre fünf Ausgaben und ihre deutsche Übersetzung hin, vgl. Schwarz Lausten, Hemmingsen, 269. 261 Seine Schriften genossen internationale Aufmerksamkeit, wovon nicht zuletzt die Ausgabe seiner wichtigsten theologischen Werke, die „Opuscula theologica“, 1586 in Genf zeugt, vgl. Schwarz Lausten, Hemmingsen, 301 (zu Hemmingsens literarischem Wirken vgl. auch Rasmussen, Rationalität). Auch in England stießen Hemmingsens Schriften auf großes Interesse, vgl. Schwarz Lausten, Hemmingsen, 301 f. Laut Schwarz Lausten erlebte die englische Übersetzung von Niels Hemmingsens Postille (1569) im 16. Jahrhundert allein fünf Auflagen und sein „Enchiridion theologicum“ wurde 1577 und 1580 in London gedruckt. Schwarz Lausten führt weitere Schriften von Hemmingsen an, die seit den 1570er-Jahren ins Englische übersetzt wurden. 262 Die Vorgänge um Niels Hemmingsens Entfernung von der Universität schildert Schwarz Lausten, Hemmingsen, 305–324. Vgl. auch Glebe-Møller, Omkring suspensionen. 263 Gemäß Schwarz Lausten bestand der Verdacht, dass Hemmingsen ein calvinistisches Abendmahlsverständnis vertrat, durchaus zu Recht, wie er anhand von dessen Werk „Syntagma institutionum christianarum“ (1574) nachweist, vgl. Schwarz Lausten, Hemmingsen, 311; 319. 264 Zu den ‚Philippisten‘ in Kursachen vgl. etwa Nieden, Erfindung, 98–102; Ludwig, Philippismus, 78–101.
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massiven Druck aus Kursachsen, aber auch Mecklenburg, und entfernte Hemmingsen von seiner Professur.265 Der Konflikt um Hemmingsen ist ein Beispiel dafür, dass die theologische Entwicklung Skandinaviens im Luthertum des Alten Reiches durchaus aufmerksam verfolgt wurde. Wurde Hemmingsens calvinistisch erscheinende Abendmahlsauf fassung im kursächsischen und mecklenburgischen Ausland als provokant und nicht tolerierbar bewertet, führte sie unter den andersartigen politischen Umständen im dänisch-norwegischen Königreich jedoch zu keinen unmittelbaren und rigorosen Sanktionen. Der Eindruck entsteht, dass Frederik II. vermeiden wollte, theologische Grabenkämpfe heraufzubeschwören, sodass er um des kirchlichen Friedens willen eine gewisse Großzügigkeit gegenüber dem angesehensten Theologen des Landes bewies. Dass eine in Skandinavien geäußerte, umstrittene Auffassung auf politischen Druck des ausländischen Luthertums sogar zur Entfernung des betreffenden Theologieprofessors führte, stellt jedoch einen Einzelfall dar. Bemerkenswert ist, dass Hemmingsens Autorität in theologischen Fragen selbst im Alten Reich von diesem Vorfall nicht vollkommen erschüttert wurde, wie die von Dedeken und Gerhard zusammengestellte Gutachtensammlung belegt. Seine Meinung zu Fragen protestantischer Lebensweise insbesondere im Bereich der Ehe besaß offenbar weiterhin normative Geltung im Luthertum des Alten Reiches.
4.3.2 Verbindungen zwischen Hamburg und Kopenhagen Die geographische Nähe zwischen Hamburg und dem dänischen Königreich, die Einbindung Christians III. in das Gefüge des Heiligen Römischen Reiches als Herzog von Holstein, sein aufrichtiges Interesse an theologischen Fragen und nicht zuletzt die Mitgliedschaft sowohl Hamburgs als auch Dänemarks im Schmalkaldischen Bund266 mögen begünstigt haben, dass Kontakte zwischen der Hamburger Geistlichkeit um den Superintendenten und theologischen Doktor Johannes Aepinus und den Kopenhagener Theologen bestanden. Zumindest zwei Situationen lassen sich identifizieren, in denen die Kopenhagener Professoren ihre Meinung zu theologisch motivierten Konflikten äußern sollten, die die Stadt Hamburg betrafen. Dabei handelt es sich in ersterem Fall um eine reichsweit geführte Auseinandersetzung, während sich der Brennpunkt der zweiten Kontroverse in Hamburg selbst befand.
265 Schwarz Lausten ist zuzustimmen, wenn er darauf hinweist, dass Hemmingsen mit dem Verlust seiner Professur und seiner Ausweisung aus Kopenhagen immerhin ein deutlich milderes Urteil traf als die M elanchthon-Schüler in Wittenberg, vgl. Schwarz Lausten, Hemmingsen, 320. 266 Vgl. zur politischen Dimension Dingel (Hg.), Reaktionen, 483. Anm. 5.
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4.3.2.1 Das Augsburger Interim und sein Echo in Kopenhagen Der Sieg des Kaisers und seiner Verbündeten im Schmalkaldischen Krieg 1546/47 versetzte Karl V. in die Position, auf den Religionskonflikt im Alten Reich nach seinen Vorstellungen Einfluss zu nehmen. Auf dem „geharnischten“ Reichstag in Augsburg wurde 1548 das so genannte Augsburger Interim, also eine Art „Übergangslösung“, mit reichsrechtlicher Verbindlichkeit verkündet, das bis zur endgültigen konziliaren Lösung der Religionsfrage befolgt werden sollte.267 In 26 Artikeln widmete sich das Interim verschiedenen Fragen der christlichen Lehre, wobei die vorübergehende Duldung des Laienkelchs und der Priesterehe das größte Zugeständnis an die protestantische Seite darstellte. Das Interim vertrat eine vermittelnde Position in der Rechtfertigungslehre, indem es eine doppelte Rechtfertigung durch Glaube und Liebe beschrieb, während die Ekklesiologie katholischen Maß stäben folgte, was z. B. am unangefochtenen Primat des Papstes sichtbar wurde. Die Siebenzahl der Sakramente blieb unangetastet, auch die Lehre vom Messopfer und die Heiligenverehrung wurden nicht hinterfragt. Aufgrund der deutlichen katholischen Züge des Interims musste seine Realisierung in protestantischen Gebieten als eine Rückkehr zum vorreformatorischen Zustand der Kirche erscheinen. Dementsprechend wurde das Interim zwar besonders im Süden des Reiches in der unmittelbaren Einflusssphäre des Kaisers umgesetzt, im Norden des Reiches, auf den der Kaiser nicht in gleicher Weise militärischen Druck ausüben konnte, formierte sich dagegen der Widerstand gegen diese Regelungen. Magdeburg widersetzte sich besonders entschieden der Einführung des Interims, aber auch die Hansestädte lehnten das Interim ab. In dieser Situation suchte Johannes Aepinus Unterstützung bei den Kopenhagener Theologen. Als die Hamburger im Juni 1548 mit der Forderung Kaiser Karls V. konfrontiert wurden, das Augsburger Interim umzusetzen, verfolgten sie eine doppelte Strategie, um sich in ihrem Widerspruch gegen das Interim der Unterstützung durch Christian III. zu versichern. Denn am selben Tag, dem 29.06.1548, wandte sich der Rat der Stadt mit einem Brief an den dänischen König, während Aepinus stellvertretend für die Hamburger Geistlichkeit einen Brief an Peder Palladius, Johannes Macha baeus und das übrige Kollegium der theologischen Fakultät richtete.268 In dem Brief an die Kopenhagener Theologen269 schildert Aepinus, wie der Rat der Stadt Hamburg vom Kaiser die als „Interim“ bezeichnete Schrift erhalten hat
267 Zum dargestellten Hintergrund des Interims vgl. Mehlhausen, Art. Interim. Vgl. zum Interim und dessen Folgen weiterhin z. B. Kaufmann, Ende, zur zeitgenössischen Korrespondenz zwischen Bugenhagen und Christian III. besonders 104 f; Schorn-Schütte (Hg.), Interim; Dingel / Wartenberg (Hg.), Politik; Berwinkel, Macht; Moritz, Interim, besonders 109–148; Dingel (Hg.), Reaktionen; Gehrt, Konfessionspolitik, besonders 41–61. 268 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 483 f. Zu Aepinus und dem Umgang mit dem Augsburger Interim in Hamburg vgl. besonders Wartenberg, Städtische Theologen. 269 Ediert in Dingel (Hg.), Reaktionen, 965 f.
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(für die Aepinus aber eher den Namen „Interitum“, also „Untergang“, vorschlägt) zusammen mit dem Befehl, deren Vorschriften sofort in der Stadt umzusetzen. Eine genaue Lektüre der Schrift durch die Geistlichkeit führte jedoch zu der Einsicht, dass darin viele Dinge enthalten seien, die im Widerspruch zum unversehrten Glauben, der Religion und dem Gewissen stehen und im Fall ihrer Billigung Aufruhr und Empörung auslösen würden.270 Aepinus sieht die wahre Lehre in Gefahr, auch wenn einige Punkte der Schrift auf den ersten Blick mit dieser übereinzustimmen scheinen. Die Konsequenz kann nach Auffassung der Hamburger Geistlichkeit daher nur sein, dass der Rat der Aufforderung des Kaisers keine Folge leistet, auch wenn dies zu Blutvergießen führt. Aepinus wendet sich nun an Palladius, Machabaeus und das übrige theologische Kollegium der Universität Kopenhagen, um sie zu veranlassen, dem Beispiel der Hamburger Geistlichen zu folgen und den König von der Undurchführbarkeit des Interims zu überzeugen. Denn er geht davon aus, dass Christian III. die Schrift ebenfalls erhalten werde. Die theologische Fakultät betrachtet er als die maßgebliche Instanz, die den König in Religionsfragen berät und beeinflusst.271 Darum fordert er die Theologen auf, die Schrift aufmerksam zu lesen – wegen der sehr großen Spitzfindigkeit sei ein sorgfältiger Leser vonnöten – und dem König die enthaltenen Irrtümer aufzuweisen. Er schlägt vor, dass der König entweder durch ein ausführliches Gutachten der dänischen Theologen oder anderer Verfasser dem Kaiser antworte, damit dieser den Grund des verweigerten Gehorsams nachvollziehen könne.272 Mit der Bitte um eine baldige Antwort der Theologen zu dieser Angelegenheit schließt der Brief. Peder Palladius reagierte am 12.07.1548 im Namen seiner Kopenhagener Kollegen auf die Anfrage aus Hamburg.273 Nachdem er den Hamburger Pfarrern aus führlich für ihr Engagement gedankt hat, reflektiert er im weiteren Verlauf des Briefes über das nahe bevorstehende Ende der Welt, das sich seiner Meinung nach in den gegenwärtig zu beobachtenden Vorgängen ankündigt. Entschlossen bekundet
270 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 965: „Cum uero nos eum librum, a Senatu prudentissimo nobis exhibitum, perlegeremus, inuenimus in eo multa, quae neque salua fide, religione et con scientia, neque sine magno tumultu et seditione recipi et admitti a nobis possunt.“ 271 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 965 f: „Quia […] nec non scimus Regiam Majestatem sine Vestrum Dignitatum consilio de rebus ad religionem pertinentibus nihil statuere: […].“ 272 Vgl. die Fortsetzung des Zitats aus Anm. 271 in Dingel (Hg.), Reaktionen, 966: „[…] ideoque summa cum diligentia rogatas et admonitas uolumus Vestras Dignitates, ut attente et diligenter (nam propter nimiam Sophisticam diligentem lectorem requirit) librum perlegatis, atque Regiae Maiestati omnes libri errores demonstretis, eique auctores sitis, ne monstrosae et impiae doctrinae assentiatur, sed agnitam atque receptam Euangelii ueritatem amare, retinere, conseruare atque defendere pergat, nec non ad Caesaream Maiestatem uel a Vestris dignitatibus, uel ab aliis ad omnes libri errores copiose responderi curet, id quod quoque facturi sumus, ut Caesarea Maiestas intelligat, nos non contumaciter, sed pie, suae Maiestati in hac causa obedientiam negare, quam in aliis omnibus rebus libentissime praestabimus.“ 273 Ediert in Dingel (Hg.), Reaktionen, 967–969.
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er den Willen, auf dem eingeschlagenen Weg zur Ehre Gottes fortzuschreiten, auch wenn dies bedeute, dass Blut vergossen wird.274 Anders als Aepinus betrachtet er das Interim nicht als menschliches Werk, sondern als eine „satanische Erfindung“, ausgedacht zum Vernichten („ad interimendam“) der Kirche Christi.275 Obwohl Christian III. die Schrift angeblich noch nicht vom Kaiser erhalten hat, ist er laut Palladius mit deren Inhalten bekannt, sodass sich Palladius der Ablehnung des Interims durch den König gewiss ist.276 Die Kopenhagener Theologen hatten also noch nicht die Möglichkeit, sich mit der Schrift eingehend auseinanderzusetzen, da sie ihnen noch nicht vorlag, aber dennoch sind sie davon überzeugt, dass die Billigung des Interims gleichbedeutend damit wäre, „das gesamte Gräuel des gottlosen Papsttums zuzulassen und zurückzuholen“.277 Deutlicher könnte daher das Votum zum Interim kaum ausfallen: „Weil wir deren [der Helfershelfer des Satans, S. S.] Verschlagenheiten und trügerische Hinterhalte gut kennen, verurteilen, verwünschen und verfluchen wir jenes Interim derselben, das zum Untergang und zur Vernichtung führt […].“278 Zwar räumt Palladius ein, dass zugunsten der öffentlichen Ruhe Zugeständnisse gemacht werden, aber die Grenze sieht er dort, wo der wahren Lehre widersprochen wird. Denn „der Glaube ist wie die Pupille des Auges, die nicht einmal einen Funken der Gottlosigkeit ertragen kann“.279 Einen Kompromiss in dieser Sache dem drohenden 274 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 967 f: „Cum ergo instet tempus, ut probentur et examinentur electi, uobiscum et cum piis omnibus accincti animis dimicare, et in coepto cursu (diuino Spiritu opem nostrae imbecillitati ferente) progredi in nomine Domini nostri Jesu Christi decreuimus, ad gloriam Dei sempiternam, certi de uictoria non transitoria sed aeterna, si uel etiam sanguinis effusione Deum glorificemus.“ 275 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 968: „De Satanico illo commento, quod INTERIM uocatur, uere ad interimendam Ecclesiam Christi (si possibile esset) excogitato, hoc respondemus: […].“ [Hervorhebungen im Original] Aepinus hingegen identifizierte Kardinäle, Bischöfe und ‚Opferpriester‘ („Cardinalibus, Episcopis et sacrificulis“) als Urheber des Interims, vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 965. 276 Gemäß Dingel (Hg.), Reaktionen, 484, Anm. 9, erhielt Christian III. aber noch während des Reichstags eine Abschrift des Interims. Interessanterweise dachte er wohl auch daran, den schwedischen König Gustav Vasa mit einer Kopie des Interims zu versorgen, vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 484, Anm. 9, mit Hinweis auf Schwarz Lausten, Religion, 107, Anm. 14. Gustav Vasa bat laut Dingel (Hg.), Reaktionen, 485, Christian III. um genauere Informationen zum Augsburger Interim, was dazu führte, dass der schwedische König das Interim klar zurückwies. Zum Interim in Schweden vgl. auch oben Kap. 3.3.4.2 mit Anm. 167. Nach Palladius’ Aussage würde Christian III. selbst unter Verlust seiner weltlichen Güter das Interim abweisen: „[…] aitque [Christian III., S. S.] se omnia praesentis uitae commoda ac bona prius, potius ac libentius amissurum, quam illud [das Interim, S. S.] approbet aut accipiat.“ 277 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 968: „Nos uero, qui singulas commenti partes nondum examinare ualuimus, quod tantundem esset hoc commentum approbare, ac uniuersam impii Papatus abominationem admittere ac reuocare […].“ 278 Dingel (Hg.), Reaktionen, 968: „Quorum cum non ignoremus astutias et dolosas insidias, illud ipsorum Interim, ducens ad interitum et internecionem, damnamus, detestamur et execramur […].“ [Hervorhebung im Original] 279 Vgl. Dingel (Hg.), Reaktionen, 968: „[…] sed fides est ut pupilla oculi, quae ne scintillam quidem impietatis ferre potest […].“
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Schicksal, keine Kirchen zu haben, vorzuziehen, hält er im Vertrauen auf Gottes Eingreifen für falsch. In Erwartung des baldigen Endes dieses Zeitalters sieht es Palladius als selbstverständlich an, den Kampf gegen die teuflischen Lehren mit Hilfe des Evangeliums aufzunehmen. Vergleicht man die Briefe von Aepinus und Palladius, so geben sich beide kämpferisch. Auch die Aussicht auf Blutvergießen kann sie nicht davon abbringen, an der erkannten Wahrheit des Evangeliums festzuhalten. Allerdings ist auffällig, wie stark die Antwort aus Kopenhagen das Interim in die endzeitlichen Abläufe einbettet und auf diese Weise der Angelegenheit eine besondere Dramaturgie verleiht,280 während Aepinus in vergleichsweise nüchternem Ton die aktuelle Bedrohung durch das Interim beschreibt. Es wird deutlich, dass die Annahme des Interims als ‚Teufelswerk‘ und Rückschritt zur Herrschaft des Papsttums aus Palladius’ Sicht von vornherein nicht in Frage kommt. Diese entschlossene Ablehnung ist insofern überraschend, als die Schrift den Kopenhagener Theologen angeblich noch gar nicht vorlag. Hinter Palladius’ dramatisch klingenden Ausführungen verbergen sich jedoch erstaunlich wenige konkrete Handlungsabsichten. So ist zu überlegen, ob die Beschwörung eines apokalyptischen Szenarios möglicherweise auch politischem Kalkül geschuldet ist. Denn solange man zuerst den Teufel und dann die ‚Papisten‘ als Urheber des Interims ausgab, ließ sich jede direkte Stellungnahme zur Politik Kaiser Karls V. vermeiden.281 Am 08.07.1548 schickte Herzog August von Sachsen eine Abschrift des Interims an Christian III. zusammen mit einem von den Wittenberger Theologen angefertigten Gutachten.282 Christian III. forderte daraufhin ein Gutachten von den Kopenhagener Theologen an, welches von Palladius und Machabaeus erstellt wurde. Dieses Gutachten war jedoch nur innerhalb Dänemarks von Bedeutung, wo es aber den König in seiner Ablehnung des Interims bestärkte.283
4.3.2.2 Der Streit um Christi Höllenfahrt Zumindest in einem Fall enthält das Protokoll des Konsistoriums einen Hinweis darauf, dass ein im Alten Reich unter den Lutheranern ausgefochtener Lehrstreit im Tagesgeschäft der Universität Kopenhagen Widerhall fand. Erneut geht es um Johannes Aepinus. Allerdings ist er dieses Mal persönlich betroffen und der Schauplatz der Kontroverse beschränkt sich im Wesentlichen auf Hamburg. So führt Rørdam für das Jahr 1550 folgende Notiz aus dem Protokoll an:
280 Vgl. zur zeitgenössischen Magdeburger Publizistik, die ähnliche Züge aufweist, Kaufmann, Ende, besonders 435–448. 281 Ausführlich behandelt Schwarz Lausten, Religion, 19–173, das Verhältnis von Christian III. zu Kaiser Karl V. 282 Vgl. zum Folgenden Dingel (Hg.), Reaktionen, 484 f. 283 Das Gutachten ist ediert in Dingel (Hg.), Reaktionen, 489–497 [Kurzfassung]; 499–546.
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Ao. Dn. 1550, die 19. Novbr., rogata est Academia, ut sententiam diceret de opinione, quam fovebat Doct. Johannes Epinus, Pastor Hamburgensis, de anima Redemptoris, quod illa apud inferos sit passa: quam ferre detrectavit, eo quod Schola Wittebergensis de hoc dissidio nondum tulisset sententiam.284
Die Universität Kopenhagen wurde also gebeten, ein Urteil über Johannes Aepinus’ Auffassung hinsichtlich der Frage abzugeben, was die Seele des Erlösers in der Hölle erlitten habe. Die Professoren lehnten jedoch jede Äußerung dazu ab. Interessant ist die Begründung, die sie anführen, nämlich dass die Universität Wittenberg über diese Meinungsverschiedenheit noch nicht geurteilt habe. Den Hintergrund der Anfrage bildet der Streit um Aepinus’ Auslegung von Psalm 16, die im Jahr 1544 herausgegeben worden war und worin er eine provokante These zu Christi Höllenfahrt vertrat.285 Diese wies er nämlich dem Stand der Erniedrigung zu entgegen der allgemein verbreiteten Überzeugung, welche Christi Höllenfahrt bereits im Stand der Erhöhung verankerte. Dabei führte Aepinus als Gewährsmann Luther an, der in einigen frühen Aussagen eine Meinung artikuliert hatte, die in diesem Sinne interpretiert werden konnte. Bei dem Streit über Aepinus’ Psalmenauslegung handelte es sich in erster Linie um einen lokalen Konflikt, der zwischen dem Hamburger Superintendenten Aepinus auf der einen Seite, anderen Hamburger Pfarrern wie Garze und Epping auf der anderen Seite ausgefochten wurde. Die Auseinandersetzung hatte schon 1542 ihren Anfang genommen, als Aepinus seine Psalmenauslegung im Zusammenhang der ihm auferlegten Vorlesungen am Dom vortrug, und eskalierte im Oktober 1550, als Epping und Garze in Predigten den alten Streitpunkt wieder aufnahmen. Angesichts der ausufernden Polemik und gegenseitigen Verketzerungen, die nicht zuletzt von den Kanzeln verbreitet wurden, sah sich der Hamburger Rat schließlich genötigt einzugreifen, sodass er sich im Jahr 1550 an die Wittenberger Theologen mit der Bitte um ein Gutachten wandte. In dieser Situation, noch bevor M elanchthon das angeforderte Gutachten fertiggestellt hatte, wurde offenbar auch die Kopenhagener Universität um ihre Stellungnahme gebeten. Die kurze Notiz im Protokoll des Konsistoriums lässt offen, wer der Urheber dieser Bitte war – denkbar wären vor allem der Rat der Stadt Hamburg, Aepinus oder seine Gegner, nicht zuletzt auch der dänische König – und ob sie sich tatsächlich an die Universität als Ganze oder speziell an die theologische Fakultät richtete. Zumindest Aepinus pflegte Kontakte zu den Kopenhagener Theologieprofessoren, wie der oben genannte Brief von 1548 beweist. Im Jahr 1547 war er sogar selbst in Kopenhagen gewesen.286 Daher liegt die Vermutung nahe, dass er das Gutachten aus Kopenhagen anforderte. Die abwehrende Reaktion der Kopenhagener Professoren zeigt jedoch, dass diese nicht in die unter den Lutheranern im 284 Rørdam, Udtog 1543–1599, 7. 285 Der Streit wird dargestellt in Düfel, Art. Äpinus, Johannes, 540, und Daur, Von Predigern, 65–67. Eine Übersicht über Aepinus’ Schrifttum bietet Schröder, Art. Äpinus (Johann), 15–19, wo er als Nr. 6 „In Psalmum XVI. commentarius“ von 1544 verzeichnet. 286 Vgl. Schröder, Art. Äpinus (Johann), 14.
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Alten Reich grassierenden Streitigkeiten verwickelt werden wollten. Vor dem Hintergrund des umstrittenen ‚Leipziger Interims‘, das dem Ansehen M elanchthons im Luthertum doch erheblich geschadet hat, ist zu überlegen, ob die Wittenberger theologische Fakultät zu diesem Zeitpunkt in Dänemark tatsächlich als eine Autorität galt, deren Urteil man weder zuvorkommen noch widersprechen wollte, oder ob dies nicht eher als ein Vorwand diente, um sich der angeforderten Stellungnahme zu entziehen.287 Das Urteil aus Wittenberg, das im Jahr 1550 erging, fiel diplomatisch aus. „Bugen hagen, Cruciger und M elanchthon rieten zum Frieden, stellten aber im übrigen fest, daß die ‚Lehre von der Höllenfahrt Christi unter den Theologen verschieden beurteilt‘ werde.“288 Die Auseinandersetzung endete schließlich damit, dass der Rat weitere Äußerungen zur Höllenfahrt Christi untersagte und die gegen Aepinus wetternden Prediger 1551 aus der Stadt verwies.
4.3.3 Anfragen an die theologische Fakultät in Uppsala Betrachtet man die im Protokollbuch der theologischen Fakultät in Uppsala dokumentierten Hinweise, so lassen sich grundsätzlich zwei Fälle unterscheiden, in denen ihr Urteil in theologischen Fragen begehrt wurde. Bei den in Verbindung mit der Universität Greifswald stehenden Konflikten lag es nahe, sich an die angesehenste schwedische Universität zu wenden, stand Vorpommern doch seit 1648 unter schwedischer Vorherrschaft.289 Weniger selbstverständlich war dieses Vorgehen jedoch, wenn es sich um Angehörige anderer Universitäten des Altes Reiches handelte. Letztere Fälle stehen daher im Mittelpunkt der folgenden Untersuchung.
4.3.3.1 Das Kasseler Religionsgespräch Der so genannte synkretistische Streit, der in verschiedenen Phasen unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure das kontinentale Luthertum seit der Mitte des 17. Jahrhunderts erschütterte, ging auch am schwedischen Königreich nicht spurlos vorbei.290 Als lokale Ausprägungen können die Auseinandersetzungen um Johannes Matthiae Gothus (1592–1670) und Johannes Elai Terserus (1605–1678) gelten, 287 Die theologische Meinung Christians III. zum Leipziger Interim wurde durch seine Heiratspolitik – in jenen Tagen fand die Vermählung von Herzog August von Sachsen und Christians Tochter Anna statt – überlagert, vgl. Schwarz Lausten, Melanchthon, hier besonders 291. 288 Daur, Von Predigern, 66. 289 Zur Universität Greifswald in schwedischer Zeit vgl. etwa Alvermann / Jörn / Olesen (Hg.), Universität Greifswald; Seth, Universitetet; Seth, Zusammenfassung. 290 Das Kasseler Religionsgespräch von 1661 läutete gemäß der Unterteilung von Stewart, Catholicity, 162 (s. o. Anm. 216), die zweite Phase des synkretistischen Streits ein. Vgl. zum synkretistischen Streit etwa Staemmler, Auseinandersetzung; speziell zum Konflikt an der Universität Königsberg Kaufmann, Königsberger Theologieprofessoren.
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mit denen sich auch die theologische Fakultät in Uppsala beschäftigen musste. Da diese bei der schwedischen Reaktion auf das Kasseler Religionsgespräch ebenfalls eine Rolle spielten, sollen sie kurz vorgestellt werden. Johannes Matthiae Gothus, Lehrer von Königin Kristina und Bischof von Strängnäs, setzte sich unter dem Eindruck von Johann Amos Comenius für eine Einigung der verschiedenen Konfessionen ein, weswegen ihm im Heimatland synkretistische Ambitionen vorgeworfen wurden.291 Seine unionistische Position legte er vor allem in seinen „Rami Olivae Septentrionalis“ (erschienen 1656; 1661) dar. Wie mit seinen Schriften umzugehen sei, diskutierte das Kollegium der Theologieprofessoren am 15.10.1656.292 Zunächst einigte man sich darauf, ihm kollegial zu schreiben und ihn freundlich abseits der Öffentlichkeit zu ermahnen. Eine öffentliche Entgegnung von Seiten der Fakultät wurde dagegen als nicht ratsam erachtet. Als sich Matthiae in seiner Antwort an die Fakultät293 uneinsichtig zeigte, wagte es die Fakultät nicht, sich bei ihrem weiteren Vorgehen allein auf die eigene Autorität zu verlassen. Daher versicherte sie sich zunächst der bischöflichen Unterstützung, indem sie die Angelegenheit zur Sprache brachte, als der Erzbischof Lenaeus, der Bischof von Västerås Laurelius sowie der Stockholmer Pfarrer Emporagrius zugegen waren.294 Denn Matthiae hatte vorgebracht, dass allein die Theologen aus Uppsala Kritik an seinen Aussagen geäußert hätten. Die anwesenden Kirchenmänner bestärkten die Theologieprofessoren in ihrem Vorgehen und lobten sie für ihren Einsatz für die schwedische Kirche, wobei sie sie ermutigten, weiter gegen Matthiae einzuschreiten, und versprachen, selbst in dieser Sache tätig zu werden. Der Bischof von Västerås bestätigte zudem ausdrücklich die Autorität, die dem Urteil der Fakultät in derlei Angelegenheiten zukomme.295 Die Auseinandersetzung mit Matthiae beschäftigte die Theologieprofessoren noch längere Zeit, teilweise in ihrer Funktion als Professoren der Fakultät, teilweise in ihrer Funktion als Mitglieder des kirchlichen Konsistoriums von Uppsala.296 291 Zu Matthiae vgl. die überblicksartige Darstellung bei Montgomery (Hg.), Enhetskyrkans tid, 117–120; 130–132. Vgl. auch Göransson, Ortodoxi, 404–456. 292 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (15.10.1656), 8: „Bleff talat om D. Johannes Matthiae Episcopi Stregnensis nyligen uthgångne scriptis och syntes rådsamt wara honom der om collegialiter tillskrifwa, och i wänligheet privatim förmana, at han wille wachta sig, emedan thet befans icke rådeligit honom publice strax angripa.“ Dieses Vorgehen wird erneut bestätigt in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (19.10.1656), 9. Der Brief, der an Matthiae verschickt werden soll, wird in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (19.12.1656), 11, verlesen. 293 Der Brief wurde Anfang März 1657 im Kollegium verlesen, vgl. Fakultetsprotokoll 1 655–1677, Conventus V (09.03.1657), 17. 294 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 18–20. 295 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 16.03.1657, 20: „Lade och thet til at facultatis Theolo gicæ Judicium bör i sådana saker mycket achtas.“ In diesem Sinne äußerte sich auch Emporagrius. 296 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 20.10.1657, 25; 04.12.1661, 54; 08.12.1661, 55; Conventus I (11.01.1662), 58; Conventus II (22.02.1662), 58 f; Conventus IV (25.03.1662), 60 f; Conventus V (04.04.1662), 61 f; Conventus VI (09.04.1662), 62 f; Conventus VII (12.04.1662), 63; Conventus VIII (13.04.1662), 63 f; Conventus IX (15.05.1662), 64; Conventus VI (08.10.1662), 67. Was eine Zensur über Matthiaes „Formula catholicae priscae et orthodoxae fidei“ angeht, beschloss die
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Johannes Elai Terserus war geprägt von der Theologie Calixts.297 Unter den Verdacht des Synkretismus geriet er während seiner Zeit als Bischof von Åbo (1658–1664), als durch die Herausgabe seiner Katechismuserklärung 1662 der Konflikt vor allem mit dem dortigen Theologieprofessor Enevald Svenonius, der theologisch der Wittenberger Linie folgte, eskalierte. Über die „Controversia Aböensi“ unterrichtete der Dekan Stigzelius seine Kollegen erstmals am 16.12.1662, um mit der Problemlage vertraut zu sein, sollte die Angelegenheit der theologischen Fakultät in Uppsala übertragen werden.298 Als die Diskussion unter den Theologieprofessoren später auf Terserus’ Katechismuserklärung kam, gingen sie erneut sehr vorsichtig vor, indem sie erst einmal die Meinung des gerade in der Stadt weilenden Stockholmer Pfarrers Emporagrius einholten.299 Das so genannte Kasseler Religionsgespräch wurde vom hessischen Landgrafen Wilhelm VI. initiiert. Dieser war besonders an einem friedlichen Zusammenleben von Reformierten und Lutheranern interessiert, da in seinem Herrschaftsgebiet seit dem Westfälischen Frieden durch den Zugewinn lutherischer Gebiete beide Konfessionen vertreten waren. Dies spiegelte sich nicht zuletzt auf akademischer Ebene wider, wo er nicht nur über eine reformierte Universität in Marburg verfügte, sondern auch über eine lutherische Universität in Rinteln. Vor diesem Hintergrund lud Wilhelm VI. von Hessen-Kassel jeweils zwei Vertreter von lutherischer und reformierter Seite zum Kasseler Religionsgespräch (01.–09.07.1661) ein.300 Von der reformierten Marburger Universität reisten Sebastian Curtius und Johannes Hein301 an; die Universität Rinteln wurde durch die Calixtschüler Petrus Musaeus und Johannes Heinichen repräsentiert. Das Gespräch endete insofern erfolgreich, als die bestehenden Unterschiede in der Lehre von Abendmahl, Prädestination, ChristoFakultät, erst einmal die Anweisung des Kanzlers abzuwarten, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (28.05.1666), 106. Dass Matthiae auch Gegenstand der Diskussionen im kirchlichen Konsistorium war, verdeutlicht beispielhaft der Eintrag zur Sitzung am 04.12.1661 in Domkapitlets protokoll huvudserie, Band 5: 1661–1665, UDk, 11630/1/A I/5, 114 f, in der über das weitere Vorgehen gegen Matthiae beraten wurde. Vgl. auch die Sitzungen vom 01.02.1662 (S. 140), 04.04.1662 (S. 159), 05.04.1662 (S. 161), 18.09.1662 (S. 204) u. a. 297 Zu Terserus vgl. die überblicksartige Darstellung bei Montgomery (Hg.), Enhetskyrkans tid, 118; 130–132. Vgl. auch Göransson, Striden, passim. 298 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (16.12.1662), 69. Vgl. die Wiedergabe des Königsbriefs in Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus V (16.06.1663), 71, in dem die Theologieprofessoren nach Stockholm einbestellt werden. Wie im Fall Matthiae lässt sich feststellen, dass sich die Theologen in Uppsala gleichzeitig in ihrer Funktion als Professoren der Universität und als Mitglieder des kirchlichen Konsistoriums mit der Angelegenheit befassen mussten. Vgl. etwa den Eintrag zur Sitzung am 19.05.1663 in Domkapitlets protokoll 5, 278, bei der beraten wurde, wer sich anlässlich der in Åbo ausgebrochenen Kontroverse um Terserus’ Katechismus auf königlichen Befehl nach Stockholm begeben würde. Vgl. auch weiterhin die Sitzungen am 12.08.1663 (S. 295); 14.08.1663 (S. 297 f); 19.08.1663 (S. 299) u. a. 299 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (11.09.1663), 72 f. 300 Vgl. zum Kasseler Religionsgespräch Leube, Kalvinismus, 315–321; Wallmann, Art. Calov, Abraham, 566; Göransson, Striden, 128. 301 Vgl. zur akademischen Karriere der beiden Professoren Gundlach, Catalogus, 22 f.
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logie und Taufe zwar festgehalten wurden, ihnen jedoch keine die Grundlagen des Glaubens berührende Bedeutung zugemessen wurde. Daher konnte man sich darauf einigen, die Klärung dieser Fragen den Universitäten zu überlassen und auf gegenseitige Verurteilungen von den Kanzeln in Zukunft zu verzichten. Dem Beispiel von Kassel folgte kurz darauf Friedrich Wilhelm von Brandenburg mit dem Religionsgespräch von Berlin 1663. Die Kasseler Vorgänge riefen die entschiedene Opposition der Wittenberger Theologen hervor, die darin die Reinheit der wahren Lehre gefährdet sahen, wogegen sie das gesamte Luthertum zu mobilisieren versuchten. Das gesamte Luthertum war dabei nicht auf das Heilige Römische Reich begrenzt, sondern die Wittenberger Theologen agierten international, sodass sie sich bemühten, auch die skandinavischen Lutheraner zur Stellungnahme gegen die Rintelner Theologen zu bewegen. Denn sie hatten nach eigener Aussage im Vorhinein die Gefahr diagnostiziert, dass die von Kassel ausgehende Gemeinschaft mit den Calvinisten auf das dänische und schwedische Königreich übergreifen könnte.302 Die lutherische Allianz, die die Wittenberger anhand der erhaltenen Antworten konstruierten, erstreckte sich über das Heilige Römische Reich, Ungarn, Dänemark, Schweden, Livland und Preußen, wobei auch Finnland explizit genannt wurde.303 Am 06.07.1662304 berichtete der Senior der theologischen Fakultät in Uppsala Laurentius Stigzelius, dass der Pfarrer von Gävle vor einigen Tagen ein „Paket“ aus 302 Vgl. die „Præfatio De occasione, & causis editæ Epicriseos“ in Epicrisis Facultatis Theologicæ In Academia Electorali Wittebergensi De Colloquio Cassellano Rintelio-Marpurgensium Anno MDCLXI. Mense Julio instituto, et Syncretismo ibidem sancito …, Wittenberg: Tobias Mevius Erben; Elert Schumacher; Johann Hake 1663, fol. 2r: „Quia vero Relatio illa testabatur, convenisse in eo Marpurgenses et Rintelenses, quomodo viciniores Academiæ et Ecclesiæ, imprimis Brandeburgicæ et Brunsvicenses, in eandem societate trahendæ sint: neque incerto rumore, sed testimoniis fide dignis accipiebamus, tum literis, tum itineribus, ea fini susceptis, non penes prædictas tantum Ecclesias, sed in ipsis etiam Regnis inclutis, Daniæ atque Sveciæ, talia tentari, quæ ad initam cum Calvinianis fraternitatem approbandam, vel ampliandam facerent […].“ 303 Vgl. die „Præfatio De occasione, & causis editæ Epicriseos“ in Epicrisis De Colloquio Cassellano Rintelio-Marpurgensium, fol. 3r: „Cæ[t]erum dum ita undiquaque responsa Fratrum nostrorum, in fid[e] Christi conjunctissimorum, e variis, etiam maxime dis[s]itis locis, e Germania, Hungaria, Dania, Svecia, Finnonia, Livonia, Prussia utraque etc. advolant, […].“ 304 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (06.07.1662), 66. Die Datumsangabe in Bezug auf den Tag ist schwer zu entziffern, Göransson, Striden, 130, Anm. 1, schlägt den 06. vor, was in römischen Zahlen ausgedrückt eine plausible Deutung zu sein scheint, obwohl der Protokollant ansonsten auf arabische Zahlen zurückgriff. In diesem Zusammenhang übersieht Göransson allerdings bei seiner Aussage, die Schrift sei am 06.07.1662 durch den Pfarrer von Gävle Olaus Christophori Aurivillius der Fakultät übergeben worden, dass Stigzelius anmerkt, er habe das Paket „vor einigen Tagen“ erhalten: „Facultatis Senior D. Stigzelius berättade, huru så ssom M. Olaus Pastor Gevaliensis hade för några dagar sedan öffwerlefreratt sigh ett pacqvet ifrån Wittenbergh till Stocholm ankommitt, dett han, emädan Decanus D. Odelius borthrest wår, uthi D. Lithm. närwaru hade upbrutitt; och befunnitt ther uthi wara een Crisin öfw[er] den föreningh, hwilken twenne Theologi Rinthelensis hade nyligen giordt, medh twenne Theologis Marpurgensibus, der hoos också eett breeff till the förnembste Collegia Theologica Augstanæ Confessionis, begge aff Facult. Theol. Wittenbergensi conciperade och uthskickade. Badh therföre att tå hemma
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Wittenberg überbracht habe, das in Stockholm angekommen sei. Er habe das Paket in Anwesenheit seines Kollegen Lithman geöffnet und zwei Schriften vorgefunden, die beide von den Wittenberger Theologen verfasst worden waren: Zum einen „een Crisin“ über die Vereinigung, die zwei Rintelner Theologen neulich mit zwei Marburger Theologen geschlossen hatten, zum anderen einen Brief an die vornehmsten „Collegia Theologica Augustanæ Confessionis“. Es handelte sich also wahrscheinlich um die kritische Wittenberger Stellungnahme zu den Ergebnissen des Kasseler Religionsgesprächs, die so genannte „Epikrisis“, sowie das dazugehörige gedruckte Rundschreiben der Theologieprofessoren, in dem sie die Empfänger über die Situation informierten. Während alle anwesenden Theologen von den Schreiben Kenntnis nehmen sollten, wurde der Dekan Jordanus Edenius damit beauftragt, einen Entwurf für eine Antwort an die Wittenberger zu erstellen.305 Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise an den Fakultäten im Alten Reich, an denen der amtierende Dekan normalerweise dafür Sorge trug, das angeforderte Gutachten zu verfassen.306 Wenige Tage später kamen die Professoren erneut zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Der Inhalt des Antwortschreibens, auf den man sich einigte, sollte zwei Elemente enthalten: Den Dank für das Engagement der Wittenberger und die Information über den aktuellen Stand der Dinge in der Auseinandersetzung um Johannes Matthiae.307 Mit einer solchen Antwort konnten die Wittenberger Kollegen nicht zufrieden sein, denn höfliche Floskeln allein unterstützten sie wenig in ihrem Angriff auf die Rintelner Theologen und nach dem Streit mit dem Bischof von Strängnäs hatten sie überhaupt nicht gefragt. Das Verhalten der schwedischen Theologen spiegelt die Strategie wider, den Wittenbergern so weit wie notwendig entgegenzukommen, um nicht den Verdacht zu erregen, mit den ‚Synkretisten‘ zu sympathisieren. Offenbar hatte Johannes Matthiae mit seinen Schriften internationale Aufmerksamkeit erregt, da sich die schwedischen Theologieprofessoren genötigt fühlten, durch die Schilderung des Vorgehens gegen ihn keine Zweifel an der orthodoxen Haltung des Königreichs aufkommen zu lassen. Denkt man an den oben wiedergegebenen Brief von Petrus Erici Bång aus dem Jahr 1664, findet man darin einen Anhaltspunkt, dass Matthiae in dieser Zeit durchaus als Vertreter des Synkretismus im Alten Reich bekannt war, was allerdings weniger seiner publizistischen Tätigkeit als seinen Verbindungen zu Duraeus geschuldet war (s. o. Kap. 4.1.3.2). warande Theologiæ Professores wille dessa Scripta igenom lässa, och betänkia hwadh der på borde swaras.“ Zu den schwedischen Reaktionen auf die Wittenberger Anfrage vgl. Göransson, Striden, 130–142. 305 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (06.07.1662), 66. 306 Vgl. Kaufmann, Konfession, 333 mit Anm. 28, der ein solches Vorgehen – Erstellung des Gutachtens durch den Dekan mit anschließender Diskussion im Kreis der anderen Theologie professoren – an den Fakultäten in Rostock, Wittenberg und Leipzig für erwiesen ansieht, wobei an anderen Fakultäten offenbar variieren konnte, inwiefern auch der Rest des theologischen Kollegiums neben dem Dekan an der Ausarbeitung eines Gutachtens beteiligt war. 307 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (19.07.1662), 66.
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Die Solidarität mit dem Anliegen der Wittenberger Theologen reichte aber nicht so weit, dass sich ihre Kollegen aus Uppsala dazu durchgerungen hätten, einen aktiven Part in der Auseinandersetzung mit den Rintelnern zu übernehmen: Eine eigene Stellungnahme zu der von den Wittenbergern übersandten Zensur lehnen die Professoren klar ab, bevor sie nicht die königliche Meinung oder zumindest die des Kanzlers eingeholt haben.308 Die vorsichtige und abwartende Haltung, die auch das Handeln der Theologieprofessoren in den innerschwedischen Konflikten mit Matthiae und Terserus charakterisiert, zeichnet sich ebenfalls in dieser Frage von internationaler Tragweite ab. Dabei darf nicht vergessen werden, dass mit Edenius und Odhelius zu diesem Zeitpunkt zwei Professoren dem theologischen Kollegium angehörten, die während ihrer Peregrinationen die erste Phase der Auseinandersetzung um den ‚Synkretismus‘ im Alten Reich miterlebt hatten (s. o. Kap. 4.1.3.2). Die Zurückhaltung der Professoren muss daher auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen verstanden werden. Durch eine Stellungnahme für oder wider die Wittenberger Zensur würde das schwedische Königreich unweigerlich in die religiösen Streitigkeiten innerhalb des Luthertums des Heiligen Römischen Reiches involviert werden. Den Theologieprofessoren aus Uppsala war bewusst, dass sie erst recht in dieser Angelegenheit nicht selbstverantwortlich handeln konnten, da die Gefahr bestand, dadurch Interessen der schwedischen Außenpolitik zu verletzen. Politisches Kalkül war der religiösen Überzeugung und akademischen Entscheidungsgewalt übergeordnet. Zuletzt wird die Anfrage am 23. Juli 1662 im Fakultätsprotokoll erwähnt, als Edenius seinen Entwurf für eine Antwort an die Wittenberger Theologen sowie einen Brief an den Universitätskanzler vorstellte. Das Kollegium begrüßte die Schreiben, wagte aber nicht, diese direkt an den Kanzler zu schicken, ohne vorher zusätzlich das Urteil des Erzbischofs zur Kenntnis genommen zu haben.309 Im universitären Machtgefüge erscheint hier der Erzbischof, zugleich Prokanzler der Universität, als unumgehbare Instanz zwischen den Theologieprofessoren und dem Universitätskanzler. Zum weiteren Verlauf der Angelegenheit schweigt das Fakultätsprotokoll. Allerdings sind die Briefe310 an den Kanzler und an die Wittenberger Theologieprofes 308 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (19.07.1662), 66. Nach dem Tod von König Karl X. Gustav im Jahr 1660 wurde die Herrschaft in Schweden bis zur Regierungsübernahme durch Karl XI. im Jahr 1672 durch eine Vormundschaftsregierung unter Leitung seiner Mutter Hedvig Eleonora ausgeübt. 309 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (23.07.1662), 66. 310 Das im Archiv der theologischen Fakultät erhaltene „Liber Literarum“ enthält eine Abschrift des Briefes an die Wittenberger (ohne Datum) sowie eine Abschrift des Briefes an den Kanzler De la Gardie (ohne Datum), vgl. Övriga handlingar 1654–1880-t, Kopibok („Liber Literarum“) 1654–1733, Handlingar rörande professor Johannes Colberg i Greifswald 1683, UUA / TF, F V 1, 59–61; 62 f. Daneben ist in Handlingar rörande Upsala universitet 1593–1760, UUB, U 45, in fast identischem Wortlaut ebenfalls die Antwort der Theologieprofessoren an die Wittenberger und der Brief an den Universitätskanzler überliefert (jeweils ohne Datum). Der Brief an den Kanzler in U 45 erweckt dabei den Eindruck, im Vergleich zu F V 1 im Entwurfsstadium vorzuliegen, da
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soren sowie die Antwort des Kanzlers an die Fakultät erhalten, sodass es möglich ist, die Argumentation der schwedischen Theologen gegenüber beiden Instanzen und die obrigkeitliche Haltung in dieser Angelegenheit genauer zu analysieren.311 Einleitend nehmen die Theologieprofessoren in ihrem Antwortschreiben an die Wittenberger Bezug auf den Erhalt der Briefe. Sie sind bemüht, den vorläufigen Charakter ihrer Antwort herauszustellen, da sie erwähnen, in Eile dieses Schreiben verfasst zu haben, um bei den Wittenberger Theologen keinen Zweifel zu lassen an der Zustellung des Briefes oder am Engagement der Schweden für die Angelegenheiten der gesamten Kirche. Nicht zuletzt lässt sich hinter dieser Aussage auch der Versuch erkennen, das Fehlen eines ausführlichen Gutachtens zu entschuldigen. Anschließend danken die Theologen den Wittenbergern ausführlich nicht nur für ihren „frommen Eifer“ und ihre „unermüdliche Bemühung“ („pio zelo studioque indefesso“)312 für das Wohl der Kirche und deren „tatkräftige Verteidigung“ („strenuam […] defensionem“)313 gegen Angreifer, sondern auch dafür, dass sie die Glaubensgefährten über ihr Vorgehen auf dem Laufenden halten. Trotz der weiten Entfernung beschwören die schwedischen Professoren die Allianz mit dem Luthertum des Heiligen Römischen Reiches, indem sie hervorheben, dass „niemals der Wunsch und der Drang [fehlte], eure Ratschläge und die anderer Doktoren in Deutschland über das Wohl der Kirche kennenzulernen und euch ebenfalls unsere anzuzeigen.“314 Diese Aussage spiegelt das Selbstbewusstsein der Theologen aus Uppsala wider, nicht nur Empfänger theologischer Impulse aus dem Alten Reich zu sein, sondern als gleichwertiger Partner den dortigen Theologen ihre Auffassung ebenfalls mitzuteilen, sodass das Bild eines reziproken Austausches entsteht. Allerdings wird diese Behauptung dadurch relativiert, dass die Professoren im Folgeneinige Korrekturen und Ergänzungen im Text vorgenommen wurden, die in F V 1 bereits in den Text eingepflegt wurden. Über F V 1 hinausgehend liegt in U 45 aber noch die Antwort von De la Gardie an die Theologieprofessoren in Uppsala vom 08.08.1662 vor – vermutlich im Original – sowie das gedruckte Rundschreiben der Wittenberger Theologen an ihre Kollegen vom 12.03.1662, später abgedruckt unter der Überschrift „Formula epistolæ communicatoriæ“ in der Epicrisis De Colloquio Cassellano Rintelio-Marpurgensium. In dieser Schrift vereinen die Wittenberger Theologieprofessoren neben der bereits erwähnten Præfatio, die über den Anlass der Epicrisis informiert, das eben genannte Rundschreiben, den Bericht über die Ergebnisse des Kasseler Religionsgesprächs sowie die ausführliche Stellungnahme der Wittenberger dazu, die eigentliche Epicrisis. In deutscher Übersetzung findet sich die Schrift in Abraham Calov, Historia Syncretistica, Das ist: Christliches wolgegründetes Bedencken über den Lieben Kirchen-Frieden und Christliche Einigkeit In der heilsamen Lehre der Himmlischen Wahrheit. In Dreyen Büchern verfasset … Getruckt im Jahr Christi M DC LXXXII. Und wieder auffgelegt Anno M DC LXXXV, [ohne Ort]: [ohne Drucker] 21685, 611–731 (611; 611–617; 618–622; 622–633; 634–647; 648–731). 311 Vgl. zu den Briefen auch Göransson, Striden, 130–133, der das Vorgehen der Theologen aus Uppsala unter der Überschrift „Uppsalafakultetens nationalkyrkliga linje“ zusammenfasst. 312 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 59. 313 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 59. 314 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 59: „Nobis pariter longo locorum intervallo a vobis remotis, fide autem et charitate intime conjunctis, nunquam defuit desiderium atque conatus congnoscendi vestra, aliorumque in Germania Doctorum de commodis Ecclesiæ, consilia, vobisque vicissim significandi nostra.“
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den auf die Peregrinationen des schwedischen Nachwuchses als den wesentlichen Schauplatz dieses Ideenaustausches verweisen, was doch den Gedanken nahelegt, dass die deutsche Seite eher der gebende, die schwedische Seite der empfangende Teil in dem beschriebenen Vorgang ist. Zwischen dieser höflichen Dankeshymne auf die Wittenberger und dem folgenden Abschnitt, der ausführlich auf die religiöse Lage in Schweden eingeht, stößt man auf die eigentliche Stellungnahme der schwedischen Theologen zu den Ergebnissen des Kasseler Religionsgesprächs, zusammengedrängt in einem einzigen Satz. Die Stellung dieses Urteils im Verlauf des Briefes und die allgemein gehaltene Formulierung zeigen, dass die schwedischen Theologen am liebsten jede Stellungnahme vermieden hätten. Darum beschränken sie sich auf die pauschale Aussage, die Eintracht der Rintelner Theologen mit den Marburgern in Übereinstimmung mit den Wittenberger Kollegen zu missbilligen und zu verurteilen.315 In der Sache Matthiae verweisen die Professoren darauf, vor sechs Jahren begonnen zu haben, mit Ermahnungen gegen ihn vorzugehen, was neulich in der Publikation einer kurzen Schrift gipfelte. Allerdings erwähnen sie auch die von königlicher Seite geäußerte Missbilligung polemischer Schriften „gegen weniger offenbare Gegner“316, da sie Verwirrung stifteten und Schaden verursachten und so den kirchlichen Frieden gefährdeten. Dies erklärt, warum theologische Wortgefechte wie im Alten Reich in den Gebieten der schwedischen Krone nicht geduldet wurden. Stattdessen nennen die Theologen einige königliche Verordnungen, die den Wider sachern Einhalt gebieten sollten, nämlich die Verordnung aus dem Jahr 1655317 315 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 60: „Præterea quod factum illud Rinthelensium attinet, eorumque novam cum Marpurgensibus concordiam, eam una vobiscum serio improbamus et damnamus, gravissimis inducti causis, quas partim eruditissismum hoc scriptum vestrum complectitur, partim alias subministrat eventus similis, sive tolerantiæ, sive syncretismi ab aliis infeliciter admissi.“ 316 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 60: „Animadvertit autem S. R. Mtas scripta polemica contra adversarios minus apertos directa, turbas passim et manifesta damna peperisse […].“ 317 Die Verordnung vom 25.06.1655 ist wiedergegeben in von Stiernman, Samling, 53–72. Mit der Verordnung reagierte Karl X. Gustav nach eigener Aussage auf den Missstand, dass sich religiöse Abweichler im schwedischen Königreich ausgebreitet hatten, weshalb er die Bewohner seines Reiches und der Provinzen – abgesehen von wenigen, strengen Ausnahmen – rigoros unter Androhung von Strafe verpflichtete, sich an die drei altkirchlichen Symbole und die unveränderte Confessio Augustana gemäß dem Beschluss von Uppsala 1593 zu halten. Ausdrücklich verboten wurden unter Bezug auf die hergebrachten Bekenntnisse ‚Papisten‘, Calvinisten, Anabaptisten und Photinianer, wie auch im Brief an die Wittenberger erwähnt wird. Montgomery (Hg.), Enhets kyrkans tid, 129, sieht Karl X. Gustavs „1655 års religionsstadga“ in einem engen Zusammenhang mit der Konversion Königin Kristinas zum Katholizismus, die zu einer antikatholischen Stimmung im Land geführt habe und letztlich in eine strengere religiöse Gesetzgebung verbunden mit verstärktem religiösen Zwang mündete. Im religionsplakat vom 14.08.1663 (vgl. von Stiernman, Samling, 92–109, besonders 101) schließlich wurde das Konkordienbuch inklusive der Konkordienformel sogar zum Maßstab des theologischen Unterrichts erklärt, auch wenn es nicht zu den symbolischen Büchern Schwedens selbst erhoben wurde, vgl. Holmquist, Reformationen, 109.
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und einen aktuellen königlichen Brief vom Juli 1662.318 Eifrig versuchen die Schweden damit unter Beweis zu stellen, dass in ihrem Königreich tatkräftig und eigenständig gegen die vermeintlichen Irrlehren vorgegangen wird, wobei sie ankündigen, den Wittenberger Kollegen ein Exemplar des kürzlich ausgegangenen Königsbriefes zu übersenden. Nachdem die Theologieprofessoren die Situation in Schweden umrissen haben, sehen sie es als erwiesen an, „dass keine Eintracht von unseren Kirchen gebilligt wird oder jemals geduldet werden wird“319, wenn nicht eine vollständige Übereinstimmung in dem einen wahren Glauben vorliege. Die Theologen lehnen eine Einheit also nicht als solche ab, sondern nur die Einheit, die auf einem Kompromiss beruht. Da sie sich selbst im Besitz des wahren Glaubens wähnten, bedeutet dies nichts anderes, als dass eine Einheit nur unter den Bedingungen des Luthertums vorstellbar ist. Dass unter diesen Voraussetzungen eine Union der Kirchen in näherer Zukunft eine utopische Vorstellung war, scheint auch den Professoren bewusst gewesen zu sein, verleihen sie doch stattdessen der Hoffnung Ausdruck, dass die Zahl und Heftigkeit der Meinungsverschiedenheiten reduziert werden könnte. Der Brief an die Wittenberger Theologen entspricht der im Fakultätsprotokoll formulierten Taktik, jede detaillierte Stellungnahme im Konflikt mit Rinteln zu vermeiden. Man beschränkte sich stattdessen auf eine pauschal formulierte, aber dennoch uneingeschränkte Zustimmung zur Wittenberger Verurteilung der zwischen den Rintelnern und Marburgern beschlossenen Eintracht, die an einer wenig exponierten Stelle im Brief positioniert kaum Aufmerksamkeit erregte. Dass die Theologen aus Uppsala das Engagement der Wittenberger Kollegen guthießen, wird ebenso hervorgehoben wie das entschlossene, wenn auch eher durch königliche Beschlüsse als durch ausgiebige theologische Debatten gekennzeichnete Eintreten Schwedens gegen derartige Bestrebungen in den eigenen Reihen. In dem Brief an den Universitäts- und Reichskanzler Magnus Gabriel De la Gardie schildern die Theologen zunächst die aktuelle Lage, nämlich den Erhalt der Briefe aus Wittenberg und ihre schnellstmögliche Antwort darauf, um bei den Kollegen nicht Zweifel an der „Bereitschaft, für die gemeinsamen Angelegenheiten der 318 Der von der Vormundschaftsregierung ausgestellte Königsbrief vom 15.07.1662 findet sich in von Stiernman, Samling, 76–86. Er ist an die Geistlichkeit in Schweden und die Provinzen gerichtet. Hierin wird dem Bischof von Strängnäs zum einen die Überschreitung seiner Befugnisse und zum anderen sein kirchliches Unionsvorhaben vorgeworfen. Es wird erwähnt, dass der Erzbischof von Uppsala und die dortigen Theologieprofessoren um ein Gutachten von Seiten der Regierung gebeten worden waren, woraufhin diese eine kurze Schrift verfassten, auf welche sich die Professoren auch im Brief an die Wittenberger beziehen. In Übereinstimmung mit der von den Theologieprofessoren und dem Erzbischof geäußerten Auffassung werden einige Bücher von Matthiae verboten, weil sie den Beschlüssen von Uppsala 1593 und anderen Religionsverordnungen des Reiches widersprechen würden, insbesondere seine Werke „Rami Olivae Septentrionalis“ und „Idea boni Ordinis“. Zudem wird eine strengere Zensur von Druckwerken eingeführt. 319 Vgl. den Brief an die Wittenberger theologische Fakultät in Kopibok 1654–1733, 61: „Hinc toti Christiano orbi facile constare potest, nullam ab Ecclesiis nostris concordiam probari, aut unquam admissum iri, nisi quæ cum pleno planoque in una vera fide consensu sit conjuncta.“
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Kirche zu sorgen“320, hervorzurufen. Allerdings stehe eine detaillierte Prüfung und Zensur noch aus, weil die Theologieprofessoren zuerst die Meinung des Universitätskanzlers und der königlichen Majestät einholen wollten. Die Professoren sind überzeugt, dass nicht nur im Ausland, sondern auch im schwedischen Reich unterschiedliche Reaktionen der Theologen auf das Vorgehen der Rintelner und die Wittenberger Schrift zu erwarten sind. Darum empfehlen sie, die einzelnen Antworten aus dem schwedischen Königreich miteinander abzustimmen, bevor sie ins Ausland geschickt werden.321 Die Professoren aus Uppsala schätzten die Lage folglich so ein, dass sie weder die einzige theologische Instanz im schwedischen Reich waren, die von den Wittenbergern um eine Stellungnahme gebeten wurde, noch dass wie selbstverständlich davon auszugehen war, dass ihnen die Aufgabe, stellvertretend für die gesamte schwedische Kirche eine Antwort zu verfassen, übertragen werden würde. Die theologische Fakultät in Uppsala nahm unter den leitenden kirchlichen Instanzen bzw. im Kreis der Universitäten im Königreich zu diesem Zeitpunkt also nicht unangefochten die Rolle der maßgeblichen Autorität in theologischen Fragen ein. Durch ihre bereits vorgenommene Antwort an die Wittenberger in Verbindung mit dem Versuch, sich im Nachhinein der Unterstützung der Regierung zu versichern, schuf sie jedoch zweifelsohne Tatsachen, die für andere kirchliche und universitäre Akteure schwer zu ignorieren waren. Tatsächlich zeigt das Beispiel Dänemarks, dass die Wittenberger nach gewohnter Weise nicht nur Akademien ansprachen, sondern auch Theologen in kirchenleitender Funktion, sodass anzunehmen ist, dass die Professoren aus Uppsala hier vor allem die schwedischen Bischöfe vor Augen hatten. Pontoppidan weist nämlich darauf hin, dass sich die Wittenberger Theologen auch an den Bischof von Viborg Peder Villadsen und die gesamte Geistlichkeit der Diözese wandten.322 Die von der Universität in Åbo überlieferte Reaktion auf die Anfrage aus Wittenberg (s. u.) belegt außerdem, dass wirklich mit abweichenden Positionen anderer Universitäten im Hoheitsgebiet der schwedischen Krone gerechnet werden musste. Das Beispiel von Åbo macht deutlich, dass man zumindest an der finnischen Hochschule in dieser Zeit durchaus gewillt war, unabhängig vom Handeln der theologischen Fakultät in Uppsala mit den theologischen Gesprächspartnern im Alten Reich zu interagieren und dabei eine eigene Meinung zu vertreten. Politisches Feingefühl beweisen die Theologieprofessoren aus Uppsala, wenn sie im weiteren Verlauf ihres Briefes daran erinnern, dass in früheren Zeiten die Forderung nach Anerkennung der in Kursachsen herausgegebenen Schriften von 320 Vgl. den Brief der Theologieprofessoren an De la Gardie in Kopibok 1654–1733, 62: „Ne autem responsi dilatio suspectam forte apud illos redderet nostram in curandis communibus Ecclesiæ negociis, promptitudinem, protinus respondimus […].“ 321 Vgl. den Brief der Theologieprofessoren an De la Gardie in Kopibok 1654–1733, 62: „Vix autem illud eveniet, nisi antequam ad exteros mittantur, earum prius in patria instituatur collatio.“ 322 Vgl. Pontoppidan, Annales 4,1, 486–491. Pontoppidan gibt den Rundbrief der Wittenberger wieder, allerdings ist ihm die Antwort aus Viborg nicht bekannt. Der Hinweis auf die Notiz bei Pontoppidan stammt von Göransson, Striden, 129, Anm. 3.
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den schwedischen Königen als Anspruch des dortigen Kurfürsten auf eine Vorrangstellung unter den lutherischen Obrigkeiten verstanden wurde – „sogar über diese nördlichen Königreiche, nicht ohne einen offenkundigen Schaden für die Könige“323. Durch diese Bemerkung legen die Theologen nahe, dass ein solcher Vorrang unter den Fürsten des Alten Reiches vielleicht noch geduldet werden kann, gegenüber den skandinavischen Königen aber schlicht eine Anmaßung darstellt.324 Trotz aller politischer Gegensätze im Norden verläuft in diesem Fall eine klare Grenze zwischen dem dänisch-norwegischen und schwedischen Königreich auf der einen Seite und den Territorien und Städten des Heiligen Römischen Reiches auf der anderen Seite. Hier macht sich nicht nur die räumliche und kulturelle Distanz zu Zentraleuropa bemerkbar, sondern auch das politische Selbstbewusstsein und die Unabhängigkeit eines skandinavischen Königtums gegenüber einem (Kur-) Fürstentum im Alten Reich. Diese temporäre dänisch-schwedische Zweckgemeinschaft wird durch die folgende Aussage der schwedischen Theologen aktualisiert: „Man sagt auch, dass Doktor Winstrup neulich dem Herrn Bischof von Strängnäs angezeigt hat, dass die Theologen Dänemarks bis jetzt zögern und es unsicher ist, ob sie nicht beim König derselben [der dänischen Theologen, S. S.] die Erlaubnis erlangen werden, jene Schrift der Wittenberger entweder zu begutachten oder zu billigen.“325 Hierbei handelt es sich um einen der wenigen Hinweise darauf, dass an der theologischen Fakultät in Uppsala das Vorgehen der dänischen Theologen aufmerksam verfolgt wurde. Abgesehen davon, dass offenbar auch im dänischen Nachbarland die Reaktion der Theologen völlig von der Entscheidung der Obrigkeit in der Person des inzwischen absolutistisch herrschenden Frederiks III. (König 1648–1670) abhing, schildern die Professoren aus Uppsala das Dilemma, mit dem die Kollegen konfrontiert waren: Entweder beschworen sie „neue Kontroversen“ herauf, wenn sie irgendwo den Wittenbergern widersprachen, oder sie gerieten bei völliger Zustimmung in die bedrängte Lage, die Wittenberger Schrift gewissermaßen als eine „gemeinsame Formel der Eintracht“ fortwährend in Schutz nehmen zu müssen.326 323 Vgl. den Brief der Theologieprofessoren an De la Gardie in Kopibok 1654–1733, 62: „Præterea constat superiorum temporum Reges ex requisita istiusmodi in hoc regno adprobatione scriptorum a Saxonicis editorum, non obscure collegisse, a Saxoniæ Electoribus vel usurpari, vel certe sensim quæri jus communis directorii in Ecclesiis Evangelicis, etiam per hæc septentrionalia regna; non sine manifesto Regum præjudicio.“ [Hervorhebung: S. S.] 324 Laut Göransson, Striden, 132, wollten die Theologieprofessoren mit dieser Anmerkung die Politiker dazu bewegen, einen Anschluss an die Wittenberger Theologie abzulehnen. Sie zielten gemäß Göransson nämlich darauf ab, ihren theologisch „moderaten“ Kurs in Schweden durchzusetzen. 325 Vgl. den Brief der Theologieprofessoren an De la Gardie in Kopibok 1654–1733, 62: „Dicitur quoque D. D. Winstrupius nuper Dn. Episcopo Stregnensi significasse Daniæ Theologos adhuc cunctari, et incertum esse, an a Rege ipsorum impetraturi sint permissionem, Wittenbergensium illud scriptum vel censendi vel adprobandi […].“ 326 Vgl. die Fortsetzung des Zitats aus Anm. 325 im Brief der Theologieprofessoren an De la Gardie in Kopibok 1654–1733, 62: „[…] ne si alicubi diversum sentiant, novis controversiis se
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Ohne Zweifel traf diese verhängnisvolle Alternative nicht nur auf die Dänen zu, sondern in gleicher Weise auch auf die schwedischen Theologen. Interessant ist der Kommunikationsweg, über den diese Information das theologische Kollegium in Uppsala erreichte. Dieser führte nämlich über den Bischof von Lund in der ehemals dänischen Landschaft Schonen (Skåne), Peder Winstrup (1605–1679), welcher selbst einige Jahre an der Kopenhagener Universität als Professor für Physik tätig gewesen war327 und bereits unter dänischer Herrschaft als Bischof von Lund eingesetzt wurde (Bischof 1638–1679, vgl. zu Winstrup oben Kap. 3.3.7). Daher ist anzunehmen, dass er über gute Kontakte sowohl zur Universität in Kopenhagen und zur theologischen Szene Dänemarks als auch zu den führenden Persönlichkeiten in der schwedischen Kirche verfügte und auf diese Weise als eine Art Knotenpunkt im Informationsaustausch zwischen den Universitäten und Theologen beider Länder fungierte. Diese Nachricht über den aktuellen Stand in der Wittenberger Anfrage erreichte die Universität Uppsala aber nicht direkt von ihm, sondern ausgerechnet über den Bischof von Strängnäs, Johannes Matthiae, von dem sich die Professoren in ihrer Antwort an die Wittenberger so deutlich distanziert hatten. In welchem Zusammenhang die Professoren die Information des Bischofs von Strängnäs erhalten hatten, lässt sich nur mutmaßen. Dass dies im direkten Austausch mit Matthiae zur Frage nach einer angemessenen Reaktion auf die Wittenberger Anfrage geschah, ist wohl kaum vorstellbar angesichts der massiven Kritik, die die Professoren an Matthiae in ihrem Antwortschreiben übten. Der Brief an De la Gardie endet mit der Aufforderung, den Absendern die königliche Meinung und seine eigene mitzuteilen, damit die Professoren und ihre theologischen Kollegen im schwedischen Königreich die Grenzen kennen, in denen sie sich mit ihren Antworten an die Wittenberger bewegen können. Damit übergeben die Professoren als eigentliche Experten auf theologischem Gebiet erneut ausdrücklich die Entscheidungsgewalt in dieser theologischen Frage an die Obrigkeit und unterstreichen die Notwendigkeit, dass die Vertreter der schwedischen Kirche eine einheitliche Position in dieser Angelegenheit einnehmen. In seiner Antwort an die Theologieprofessoren vom 08.08.1662328 kritisiert der Universitätskanzler, dass diese den Wittenbergern bereits geantwortet haben; auch wenn dies einige Tage Verzögerung bedeutet hätte, hätte er es vorgezogen, von der angedachten Erwiderung aus Uppsala Kenntnis zu erhalten, bevor sie abgeschickt wird. Schon allein die Zurückhaltung der dänischen Theologen erscheint in De la Gardies Argumentation als Indikator für den Ernst der Angelegenheit. Denn er misst der Anfrage der Wittenberger Theologen nationales Interesse bei, sodass deren Behandlung einer engen Abstimmung mit der Regierung bedürfe.
implicent: Si autem singula adprobent, ad hoc scriptum posthac tamquam communem quandam Concordiæ Formulam, suscipiendum et perpetuo propugnandum, adigantur.“ 327 Nämlich 1633 bis 1635, vgl. Slottved, Lærestole, 143. 328 In Handlingar 1593–1760 (vgl. Anm. 310).
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De la Gardie stimmt den schwedischen Theologen zu, dass die Eintracht zwischen den Marburgern und Rintelnern zu verurteilen sei.329 Allerdings gibt er zu bedenken, dass der überschwängliche Dank, der in dem Brief von den Theologieprofessoren aus Uppsala geäußert wird, doch als Zustimmung zu der von den Wittenbergern vorgebrachten Epicrisis gewertet werden kann. Darum stellt er die Frage, ob die Wittenberger von jener indirekten Billigung ihrer geäußerten Kritik nicht doch auf eine Anerkennung der kurfürstlichen Leitungsfunktion schließen könnten.330 Ein Beschluss zum weiteren Vorgehen in dieser Sache wird zunächst aufgeschoben. Dass die theologische Fakultät in Uppsala mit ihrem Vorgehen tatsächlich eine „moderate“ Linie verfolgte, wie Göransson betont,331 wird umso deutlicher vor dem Hintergrund anderer Reaktionen aus dem schwedischen Königreich auf die Anfrage aus Wittenberg. Göranssons Untersuchung folgend war das Stockholmer Konsistorium, das sich am 09.07.1662 mit der Anfrage aus Wittenberg beschäftigte, durchaus positiv gegenüber dem Anliegen gestimmt und gewillt, der Aufforderung der kursächsischen Theologen nachzukommen.332 Hier erwies sich der frühere Theologieprofessor in Uppsala Emporagrius als die treibende Kraft. Auch an der theologischen Fakultät in Åbo, deren Dekanat gerade Terserus’ Gegenspieler Enevald Svenonius innehatte, herrschte eine Wittenberg-freundliche Stimmung.333 Nachdem der Universitätskanzler Per Brahe die theologische Fakultät beauftragt hatte, sich zu der Wittenberger Anfrage zu äußern, verfasste zunächst Svenonius ein entsprechendes Antwortschreiben an die kursächsischen Theolo 329 Vgl. den Brief von De la Gardie an die Theologieprofessoren aus Uppsala vom 08.08.1662 in Handlingar 1593–1760: „Qvantum ex supra allegatis R:rum V:rum Dign:tum literis ad me missis iudicare licet, tum responso illo vestro serio improbatur et damnatur etiam Concordia ista Marpurg-Rinthelensium.“ 330 Vgl. den Brief von De la Gardie an die Theologieprofessoren aus Uppsala vom 08.08.1662 in Handlingar 1593–1760: „Et dum in ijsdem literis gratiæ Theologis Wittembergensibus aguntur pro fideli illa opera Ecclesiæ præstita, approbatur utique eorum Epicrisis. Qvod attingo non ut vel Rinthelenses a iusta vestra reprehensione liberem vel Theologos Wittembergenses ob fidelem illam operam Ecclesiæ præstitam debitis laudibus privem; sed tantum ut Rev:rum V:rum Dign:tum ulteriori considerationi hoc relinqvam, anne scilicet Theologi Wittembergenses possint supra allegatam et illam qvidem satis luculentam Epicriseos suæ approbationem interpretari in favorem prætensi Directorij Electoralis et manifestum Iuris Regij præjudicium?“ 331 Vgl. Göransson, Striden, 132 (s. Anm. 324) und 131, wo Göransson das vorsichtige Vorgehen der Theologen aus Uppsala und ihren Wunsch, die Regierung möge die Antworten aus Schweden in Übereinstimmung miteinander bringen, als Besorgnis um die „schwedische nationalkirchliche via media“ („den svenska nationalkyrkliga via media“) interpretiert. 332 Vgl. Göransson, Striden, 132. 333 Liturgica, Symbolica, Historica, UUB, N 15, enthält in Abschrift den Brief der Wittenberger vom 12.03.1662, der an verschiedene theologische Instanzen verschickt worden war (Nr. 38), eine ausführliche Antwort von Enevald Svenonius im Namen der Fakultät vom 16.10.1662 (Nr. 39), eine im Namen des Prokanzlers und des theologischen Kollegiums verfasste Antwort vom 18.12.1662 (Nr. 40) und eine weitere Antwort von Svenonius datiert auf den 24.12.1662 (Nr. 41). Zu den Vorgängen in Åbo hinsichtlich der Anfrage der Wittenberger vgl. Göransson, Striden, 133–136.
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gen.334 In dieser ausführlichen Stellungnahme legt Svenonius seine Position zu den in der Epicrisis angeführten Streitfragen dar.335 Auch in modifizierter Form gelang es diesem deutlich die Partei der Wittenberger ergreifenden Schreiben nicht, die Billigung des Universitätskanzlers zu erhalten. Denn in der schwedischen Politik hatte sich zu diesem Zeitpunkt bereits die Auffassung durchgesetzt, dass sich potentielle Antworten an die kursächsischen Theologen am Maßstab des gemäßigten Kurses Uppsalas messen lassen mussten. Daher forderte der Universitätskanzler die Fakultät in Åbo auf, den Wittenbergern nach dem Muster der Theologen aus Uppsala zu antworten, was dieses Mal der Prokanzler der Universität Terserus im Namen des gesamten theologischen Kollegiums übernahm.336 Terserus entschuldigt sich zunächst für die Verzögerung der Antwort, die er mit der Abwesenheit des Dekans Svenonius begründet. Offenbar ist man auch in Åbo besorgt, die Wittenberger könnten die verspätete Reaktion als Zweifel an ihrer Meinung missverstehen, denn ausdrücklich wird betont, dass dies der einzige Grund für die ausbleibende Erwiderung gewesen sei. Terserus spricht daraufhin den Wittenbergern seinen Dank dafür aus, dass sie „mit so großem Eifer für die Frömmigkeit und unermüdlicher Mühe“ niemals zögerten, „die wahre Religion […] zu bewahren und zu verteidigen.“337 Mit Ehrerbietung beschreibt er Wittenberg als den Ort, wo die wahre Religion von den päpstlichen Finsternissen zuerst wieder gereinigt worden sei. Er ist bemüht, trotz der räumlichen Entfernung die Verbundenheit zwischen den Theologen aus Åbo und den Wittenberger Kollegen herauszustellen. Gegenüber dem Brief aus Uppsala schlägt Terserus einen schärferen Ton an, was die Verurteilung der Übereinkunft zwischen den Theologen aus Rinteln und Marburg betrifft. Dabei geht er zwar nicht im Detail auf die Epicrisis der Wittenberger ein, bringt aber pauschal seine Wertschätzung des Dokuments zum Ausdruck: Jenen religiösen Frieden, soweit er [den] betrifft, welchen die Rintelner mit den Marburgern im vorigen Jahr vereinbart haben, verabscheuen wir zusammen mit euch und mit der ganzen, wie wir hoffen, Kirche Christi, die das Vertrauen auf die Confessio Augustana invariata ernsthaft und aus dem Herzen gutgeheißen hat, als einen leichtsinnigen, schädlichen und voll des Anstoßes wegen der Gründe, die eure sehr kenntnisreiche Epicrisis mehr als genug anführt. [Übersetzung: S. S.]338
334 Vgl. Liturgica, Nr. 39 (16.10.1662). 335 Vgl. die Zusammenfassung des Briefes bei Göransson, Striden, 134. 336 So Göransson, Striden, 137 f. Vgl. Liturgica, Nr. 40 (18.12.1662). 337 Vgl. den Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „Imprimis autem ingentes Vestris plur. Rev. Dignitatibus iure meritoque agimus gratias, qu[o] tanto pietatis zelo atque indefesso labore nunquam cessatis veram Religionem […] tueri atque defendere.“ 338 Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „Religiosam illam pacem quod attinet, quam Rinthelenses cum Marpurgensibus superiori anno constituerunt, ut temerariam, noxiam et scandali plenam ob causas quas Eruditissima ἐπίκρισις Vestra abunde adfert, una vobiscum et cum universa, ut speramus, Christi Ecclesia invariatæ Confessionis Aug. fidem amplexa serio et ex animo detestamur.“
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Im Unterschied zu dem vorsichtigen Brief aus Uppsala wird in der Antwort aus Åbo ein klares Feindbild entworfen, indem die Calvinisten als Gegner der Kirche Christi benannt werden. Das Vergehen der Theologen aus Rinteln wird weniger an bestimmten dogmatischen Zugeständnissen festgemacht als an dem Akt der Übereinkunft als solchem. Terserus fürchtet, dass dieses Entgegenkommen eine Art Kettenreaktion auslösen könnte, denn „[d]urch diese Brüderlichkeit wird dies bewirkt, dass das Tor des Abfalls zu den Calvinisten weit geöffnet wird.“339 Er lehnt alle Einigungsversuche mit den Calvinisten ab, solange sie nicht mit einer völligen Anerkennung der lutherischen Glaubensüberzeugungen einhergehen. Programmatisch formuliert er im Namen der Theologen aus Åbo, keinen Frieden, keine Eintracht oder Brüderlichkeit mit den Calvinisten oder anderen schroffen Feinden der Wahrheit anzuerkennen ohne eine vollkommene Übereinstimmung in der Einheit des Glaubens.340 Eine Annäherung an die calvinistische Seite ist also in Übereinstimmung mit der in Uppsala geäußerten Ansicht nur unter den Bedingungen des Luthertums möglich. Auch Terserus distanziert sich deutlich von Matthiae, wobei er das Vorgehen der Theologen aus Uppsala gegen den Bischof von Strängnäs ausdrücklich unterstützt und als gesamtschwedische Meinung verteidigt. Zwar äußert er sich im Vergleich zu der entsprechenden Passage im Brief der Professoren aus Uppsala nur kurz zu Matthiae, aber im Unterschied zu seinen Kollegen scheut er sich nicht, die Vorgänge konkret zu beschreiben und das ihm vorgeworfene Vergehen beim Namen zu nennen. Offenbar sieht er hierbei klare Parallelen zu dem Handeln der Rintelner Theologen, da Matthiae versucht habe, in seinen Rami Olivae eine derartige Eintracht mit den Calvinisten in Kraft zu setzen.341 Terserus verweist ebenfalls auf die Religionsverordnungen, die Schweden vor einer solchen Gemeinschaft mit den Feinden der Kirche bewahren sollten. Was den weiteren Umgang mit den Rintelnern angeht, nimmt Terserus eine differenzierte und nachsichtige Position ein. Anstatt ihr Handeln einfach nur zu verurteilen, macht er deutlich, dass sich die Rintelner aus seiner Sicht durch diesen Vorfall nicht letztgültig disqualifiziert haben, an der Gemeinschaft der Lutheraner teilzuhaben. Im paulinischen Sinn appelliert er an die christliche Liebe und den Geist der Sanftmut und hofft, dass die Rintelner durch brüderliche und ernste Ermahnungen zurückgewonnen werden können. Zwar äußert sich Terserus nicht zu einem möglichen Vorrang des Kurfürsten von Sachsen unter den lutherischen 339 Vgl. den Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „Qua fraternitate id Efficitur ut Apostasiæ ad Calvinianos lata pandatur janua.“ 340 Vgl. den Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „Nos itaque nullam pacem, concordiam vel fraternitatem cum Calvinianis alijsve veritatis præfractis hostibus agnoscim[us] nisi quæ cum pleno consensu in unitate fidei sit coniuncta.“ 341 Vgl. den Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „[Sic]uti nuper Upsalienses Theologi suam pariter ac nostram adeoque totique Regni constantem sententiam abunde declararunt, quum primum sua sponte, deinde iussu Regiæ Majestatis scriptis suis opposuerunt sese Episcopo Stregnensi, qui in Ramis suis Olivæ huiusmodi cum Calvinianis concordiam sancire tentavit.“
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Obrigkeiten, aber es lässt sich nicht leugnen, dass er aus theologischer Sicht den Wittenberger Professoren eine exponierte Position im Luthertum als göttlich eingesetzte Aufseher einräumt. Denn zum Schluss fordert er diese auf, „die der höchste Hirte der Kirche auf diesen Posten dort hingestellt hat und bestimmt hat zu Beschützern und Verbreitern der einzigen und wahren Religion“, weiterhin wachsam das Heil der Kirche im Auge zu behalten.342 Vergleicht man das Antwortschreiben aus Åbo mit der Antwort aus Uppsala, so kehren die wesentlichen Elemente des schwedischen Briefes in der Erwiderung aus Finnland wieder, nämlich die Entschuldigung der verzögerten Antwort, der Dank für den Einsatz der Wittenberger, die Betonung der Gemeinschaft mit den Theologen im Alten Reich, die Missbilligung der Übereinkunft zwischen den Rintelnern und den Marburgern, der Verweis auf Matthiae und die im Königreich erlassenen Verordnungen sowie die geäußerte Überzeugung, dass eine Einheit nur unter völliger Anerkennung der lutherischen Glaubensinhalte denkbar ist. Aufgrund dieser Übereinstimmungen ist zu vermuten, dass sich Terserus beim Abfassen seines Briefes an der Vorlage aus Uppsala orientierte. Das spezifische Profil der Antwort aus Åbo ergibt sich daraus, dass die Calvinisten als eigentlicher Feind der Kirche in Szene gesetzt werden und damit im Grunde genommen nicht die Rintelner, sondern die Marburger Theologen als Gegner identifiziert werden. Zwar wird das Fehlverhalten der Rintelner als solches eindeutig benannt, aber durch den Appell an die christliche Liebe im Umgang mit den Sündern wird den Theologen aus Rinteln die Rückkehr in die Gemeinschaft der lutherischen Kirchen offengehalten. Im Sommer 1666 nahm Abraham Calov erneut Kontakt mit der theologischen Fakultät in Uppsala über ihren derzeitigen Dekan Carl Lithman auf.343 In einem Brief bat er darum, dass die Professoren zum einen eine Stellungnahme zu einigen seiner Schriften „contra Syncretismum“ abgeben, zum anderen dass sie ihm ihre Schriften zukommen lassen. Seitdem die Professoren aus Uppsala ihre Antwort an die Wittenberger Theologen verschickt hatten, war nicht nur die Epicrisis (s. o. Anm. 310) gedruckt worden; einen direkten Bezug auf die Auseinandersetzungen um das Kasseler Religionsgespräch weist auch der „Gründliche Beweis“344 der Wittenberger theologischen Fakultät aus dem Jahr 1664 auf. Im dortigen „An 342 Vgl. den Brief des theologischen Kollegiums von Åbo an die Wittenberger vom 18.12.1662 in Liturgica, Nr. 40: „Vos interea Admodum Reverendi, Amplissimi atque Excellentissimi Domini, quos in istac statione Summus Ecclesiæ Pastor collocavit, atque unicæ ac veræ religionis assertores atque propagatores constituit, pergite excubare pro Salute Ecclesiæ atque creditas vobis Christi oves a rapacibus lupis defendite.“ 343 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VI (03.07.1666), 108. Vgl. zu weiteren Briefen Calovs an seinen Studienfreund Lithman oben Kap. 4.2.3. 344 Der Theologischen Facultät zu Wittenberg Gründtlicher Beweiß / Daß die Calvinische Irthumb den Grund des Glaubens betreffen / und der Seligkeit nachtheilig seyn / Dabey auch angeführet / Welcher Gestalt Christliche Einigkeit zu stifften / Und Der Rinteler Syncretistischer Neuerung zugleich begegnet wird. Nebenst Einem Anhang der Zeugnüssen / und einhelliger Beystimmung unserer Evangelischen Kirchen, Wittenberg: Tobias Mevius Erben; Elert Schumacher; Matthäus Henckel 1664.
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hang der Zeugnisse“ greifen die Wittenberger Theologen auch auf Äußerungen der Skandinavier zurück. Das beweist, dass De la Gardies Bedenken, der Dank gegenüber den kursächsischen Professoren könnte von diesen als Billigung ihre Epicrisis gedeutet werden, nicht unberechtigt waren.345 Tatsächlich führen die Wittenberger hier z. B. den königlichen Brief vom 15.07.1662346 gegen Johannes Matthiae auszugsweise an, den die Kollegen aus Uppsala ihnen in ihrer Antwort hatten zukommen lassen, ebenso wie einen Abschnitt aus der Antwort der theologischen Fakultät, datiert auf den 29.07.1662 und als „judicium“ der theologischen Fakultät gekennzeichnet,347 was diese eigentlich vermeiden wollten. Interessanterweise geben die Wittenberger aber weder den Abschnitt wieder, in dem die Kollegen aus Uppsala sich für ihr Engagement bedanken, noch die eigentliche kurze Stellungnahme zum Kasseler Religionsgespräch. Sie drucken allein den Abschnitt ab, in dem die schwedischen Theologen die königlichen Verordnungen aufzählen mit dem Fazit, dass eine Eintracht nur unter der Voraussetzung einer völligen Übereinstimmung im wahren Glauben vorstellbar sei. Da die Wittenberger Theologen im „Gründlichen Beweis“ selbst eine wenig aussagekräftige Antwort aus Uppsala abdruckten, spricht das Fehlen einer Stellungnahme aus Dänemark im Anhang der Schrift dafür, dass die dänischen Theologen wirklich keine Erlaubnis ihres Königs erhielten, sich zur Anfrage aus Kursachsen zu äußern. Allerdings erscheinen die Kopenhagener Theologen mit einem anderen Gutachten im Anhang, nämlich zu Johannes Duraeus,348 zu welchem auch eine Stellungnahme der schwedischen Geistlichkeit349 zitiert wird. Offenbar diskutierte man also in Skandinavien über dieselben aktuellen kirchenpolitischen Entwicklungen, dies stand aber anscheinend nicht in Verbindung mit einer entsprechenden 345 Vgl. auch Göransson, Striden, 139. 346 Vgl. Gründtlicher Beweiß, 592 f. 347 Vgl. Gründtlicher Beweiß, 593 f. Im Anschluss daran wird auch ein Auszug aus dem von Terserus verfassten Brief aus Åbo vom 18.12.1662 angeführt, vgl. Gründtlicher Beweiß, 594, sowie das „judicium“ des Vorstehers und Konsistoriums Stockholms vom 04.10.1662, vgl. Gründtlicher Beweiß, 595 f. Damit erreichten die Wittenberger also zumindest drei Antworten aus dem schwedischen Königreich. Dass die Zeugnisse aus Schweden zuallerletzt im Anhang auftauchen, erzeugt den Verdacht, dass ihnen von Wittenberger Seite vergleichsweise wenig Bedeutung beigemessen wurde. 348 „Responsum Facultatis Theologicæ in Academia Haffniensi, De Joh. Duræi Syncretisticis Consiliis ad S. R. M. Daniæ“, in: Gründtlicher Beweiß, 573–576. 349 „Episcoporum & Cleri in incluto regno Sueciæ Censura de Instituto & actionibus Dn. Joh. Duræi Ecclesiastæ Scoto-Britanni, in oblato pacis & Concordiæ Ecclesiasticæ inter nos, & Reformatos Calvinianos conciliandæ studio, facta in Conventu Comitiali, qui Stockholmiæ habitus est Mens. Februar. A. O. R. M. DC. XXXVIII.“, in: Gründtlicher Beweiß, 577–592. In der Sitzung des theologischen Kollegiums am 06.08.1672 (vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677 [I], Conventus I [06.08.1672], 191 f) lagen Auszüge einer Schrift von Duraeus über die kirchliche Einheit vor, wozu die Professoren bei Gelegenheit ihr Urteil abgeben sollten. In diesem Zusammenhang nahmen die Theologen auf die genannte Stockholmer Versammlung und die dort aufgestellten Grundsätze Bezug, die sie in Erwägung zogen genauer zu erklären, da sie mit deren Aufnahme durch Duraeus nicht einverstanden waren.
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Aufforderung durch die Wittenberger Theologen wie im Fall des Kasseler Religionsgesprächs. Dass jene dennoch die genannten Gutachten kannten und des Abdrucks für würdig befanden, zeigt, dass sich die Theologen der kursächsischen Universität in der Mitte des 17. Jahrhunderts nicht nur über die theologische Situation im lutherischen Norden informierten, sondern die Äußerungen der skandinavischen Theologen auch als Unterstützung für ihre eigene Position bewerteten. In der Fakultätssitzung vom 03.07.1666 (s. Anm. 343) lehnten die Theologieprofessoren aus Uppsala das Anliegen Calovs, eine Stellungnahme zu verfassen, zunächst ab mit dem Argument, dass sie seine Schriften noch gar nicht vorliegen hätten. Stattdessen beriefen sie sich auf ihre früher an Wittenberg geschickten Briefe, womit sicher auch ihre Antwort zum Kasseler Religionsgespräch gemeint war. Calovs Wunsch, die Schriften der schwedischen Theologen zu erhalten, wollten diese nachkommen. Dass sich die Theologen aus Uppsala im Konflikt zwischen Wittenberg und Rinteln nicht nur auf die Einschätzungen verließen, die von Kur sachsen aus verbreitet wurden, sondern versuchten, sich ein breiteres Bild zu verschaffen, wird daran deutlich, dass noch 1667 in einer Sitzung des theologischen Kollegiums nach dem Verbleib der Antwort der Rintelner auf die Wittenberger Epi crisis gefragt wurde.350
4.3.3.2 Die Kontroverse zwischen Wasmuth und Conring Nach der Kontroverse zwischen Wittenberg und Rinteln sah sich die theologische Fakultät in Uppsala mit zwei Auseinandersetzungen konfrontiert, die schwerpunktmäßig im Norden des Heiligen Römischen Reiches ausgefochten wurden und sich im Fahrwasser des synkretistischen Streits bewegten. Zunächst wandte sich der Kieler Professor Matthias Wasmuth351 an die Geistlichkeit Schwedens sowie die theologische Fakultät in Uppsala, um Unterstützung in seinem Disput mit dem Helmstedter Professor Hermann Conring352 zu erhalten. Letztlich standen sich in dieser Kontroverse die Wittenberger und Helmstedter Theologie gegenüber, handelte es sich bei Wasmuth doch um einen Schüler Calovs, während Conring der Helmstedter 350 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus V (26.07.1667), 121. 351 Alwast, Geschichte, 56, zählt Wasmuth (1625–1688), ab 1665 Professor der orientalischen Sprachen an der philosophischen Fakultät in Kiel, zu den ‚Orientalisten-Theologen‘, weil die Exegese in den ersten Jahrzehnten der Universität hauptsächlich dem Aufgabenbereich der philosophischen Fakultät zugewiesen worden sei, wo eine Professur für Griechisch und Orientalistik bestand. Wasmuth war laut Alwast, Geschichte, 56, bereits seit 1667 als außerordentlicher Professor an der theologischen Fakultät tätig, ab 1675 hatte er eine ordentliche Professur inne. 352 Zu Conring (1606–1681) vgl. insbesondere Stolleis (Hg.), Conring. Stolleis, Einheit, 11, bezeichnet Conring als „eine[n] der bedeutendsten Universalgelehrten des 17. Jahrhunderts“. Im Jahr 1620 nahm Conring sein Studium an der Universität Helmstedt auf, später studierte er an der Universität Leiden. Seine Tätigkeit als Professor an der Universität Helmstedt begann 1632, als ihm die Professur für Physik und Rhetorik zugesprochen wurde. Im Jahr 1637 gelang ihm der Aufstieg in die medizinische Fakultät. Daneben trat er auch mit theologischen und politischen Schriften hervor. Vgl. zu Conrings Biographie insbesondere Stolleis, Einheit.
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Tradition calixtinischer Prägung zuzuordnen ist.353 Conring hatte sich schon in die Diskussion im Anschluss an das Kasseler Religionsgespräch eingebracht.354 Die Auseinandersetzung mit Wasmuth entbrannte an der Lehre von der Verbalinspiration, an welcher Conring in Übereinstimmung mit Calixt entgegen der verbreiteten orthodoxen Lehrmeinung nicht festhielt, während Wasmuth sogar die göttliche Inspiration der hebräischen Akzentzeichen behauptete.355 Obwohl vor allem Conring enge Verbindungen zu Schweden pflegte, da er in schwedischen Diensten gestanden hatte,356 war es also Wasmuth, der den Kontakt zu den schwedischen Theologen suchte. Am 29.10.1668 berichtete der Dekan Martin Brunnerus bei der Sitzung des theologischen Kollegiums von der Ankunft der Schriften Wasmuths gegen Conring sowie seines Briefes, der sich an den schwedischen Erzbischof, die Bischöfe und die Fakultät richtete.357 Als Kontakt, über den diese Dokumente nach Uppsala vermittelt wurden, fungierte der an der schwedi schen Universität tätige Christian Ravius.358 Nachdem der Erzbischof den Brief und die Schriften zunächst behalten hatte, händigte er diese erst im Winter wieder an die theologische Fakultät aus, woraufhin sich alle Theologieprofessoren mit deren Inhalten vertraut machten.359 Deutlich fällt ihr grundsätzliches Votum zugunsten von Wasmuths Anliegen aus, erscheint es ihnen doch „hochnötig“, eine Hand über die „Unversehrtheit des ur 353 So Wallmann, Theologie, 36, der sich in seinem Beitrag um die Wahrnehmung Conrings als Theologe bemüht. 354 Er veröffentlichte „Addita“ zu Johannes Heinichens „De gratia et praedestinatione“ (1663), vgl. Wallmann, Theologie, 53. 355 Vgl. Wallmann, Theologie, 42. Dort werden auch die von Conring verfassten Streitschriften aus den Jahren 1667 und 1669 aufgeführt, vgl. Wallmann, Theologie, 42, Anm. 19. Wasmuth hatte in seiner Schrift „Institutio methodica accentuationis Hebraeae“ von 1664 die Behauptung aufgestellt, selbst die Akzente im hebräischen Text des Alten Testaments seien göttlich inspiriert, womit er den Streit auslöste, vgl. Alwast, Geschichte, 57. Nachdem Conring als Reaktion darauf im Jahr 1666 auf zahlreiche Fehler im hebräischen Text hingewiesen hatte, griff Wasmuth ihn in polemischem Ton an. Eine entsprechende Antwort Conrings ließ nicht lange auf sich warten; zugleich verlieh er seinem Missmut über Wasmuth beim Kieler Konsistorium und Christian Albrecht erfolglos Ausdruck, vgl. Rodenberg / Pauls, Anfänge, 313. Das von Wasmuth eingeholte Urteil der Leipziger theologischen Fakultät vom Herbst 1668 schloss sich Wasmuths Auffassung an, vgl. Wallmann, Theologie, 42 mit Anm. 21. Zum Urteil der Leipziger Fakultät vgl. Christian Grübel, Thesauri Consiliorum Et Decisionum Appendix Nova … Neuer Anhang / Darinnen Was von Anno 1623. biß auff itzige Zeit an Consiliis von Nachbenahmten ausgearbeitet / und zu dreyen Voluminibus des Dedekenni gehöret / begriffen …, Hamburg, Jena: Zacharias Hertel; Johann Nisius 1671, Nr. 1, 150–152. 356 Vgl. Göransson, Sverige, 50. Demnach war Conring 1650 unter Kristina zum schwedischen Hofrat ernannt worden. Gemäß Stolleis, Einheit, 24, setzte er sich bis 1665 literarisch für schwedische Interessen ein. Die Verbindungen zu Schweden brachen 1669 auf Befehl seines Landesherrn ab. Briefliche Kontakte weist Göransson zu den schwedischen Theologen Terserus und Stigzelius nach, vgl. Göransson, Striden, 70, Anm. 6. Im Jahr 1669 wurde Conring zum dänischen Staatsrat ernannt, vgl. Bangert / Christensen, Conring, 465. 357 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus XV (29.10.1668), 144. 358 Zur Verbindung zwischen Wasmuth und Ravius vgl. auch oben Anm. 237. 359 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus XVII (07.12.1668), 145.
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sprünglichen Textes“ zu halten.360 Es bleibt jedoch bei dieser pauschalen Zustimmung; über Detailfragen in dieser Kontroverse zu urteilen fühlt man sich nicht in der Lage aus Mangel an vorliegenden Schriften. Was Conring unterstellt wird, ist aus Sicht der Professoren zu verurteilen, allerdings äußern sie Zweifel, ob Conring dabei Recht geschieht. Die ausgesprochenen Ermahnungen befürworten die Theologen und ziehen weitere Ermahnungen in Erwägung, solange man sich dabei in den Grenzen der christlichen Nächstenliebe bewegt, aber dennoch mit rechtmäßigem und gebührendem Eifer gegen die schädliche Meinung vorgeht. Offenbar hatte Wasmuth auch um eine Stellungnahme zur Arbeit am biblischen Text durch den Helmstedter Professor Johannes Saubert d. J. gebeten. Über Sauberts Version wollen die Professoren jedoch kein Urteil abgeben, da sie diese nicht kennen. In diesem Zusammenhang kommen sie auch auf die Kenntnisse des Klerus in den biblischen Ursprachen zu sprechen. Dabei beweisen die Theologen eine realistische Sicht auf das Leistungsvermögen der heimischen Geistlichen. Zwar stellen sie solche Kenntnisse als äußerst lobenswert und nützlich heraus; von allen Pfarrern, besonders dem niederen Klerus, könne man diese als vollkommen notwendig aber weder erwarten noch fordern.361 Da sich die Theologen nicht ausreichend informiert fühlen, lehnen sie ab, Conring zu ermahnen. Sie nehmen stattdessen eine diplomatische Haltung ein, wenn sie bemängeln, dass beide Seiten auf böse Schmähungen und Anschuldigungen zurückgreifen. Als Fazit geben die Professoren bekannt, dass sie sich in der Hauptfrage leicht einig sind, allerdings die Sache dem Urteil des Erzbischofs und der übrigen Bischöfe übergeben wollen, bevor sie selbst handeln. Im Vergleich zur Anfrage aus Wittenberg diskutieren die Theologieprofessoren sehr ausführlich über Wasmuths Anliegen und die gegen Conring gerichteten Vorwürfe. Dies legt die Vermutung nahe, dass sie der umstrittenen Frage eine essentielle Bedeutung beimaßen. Dazu mag beigetragen haben, dass sie durch die wiederholten Auseinandersetzungen mit Ravius seit der Mitte der 1650er-Jahre für derlei Fragen gewissermaßen sensibilisiert worden waren (s. o. Kap. 4.2.3). Ihr Verhalten kann auf der einen Seite als umsichtig und vermittelnd beschrieben werden. Obwohl sie Wasmuths Position klar teilen, was die Sorge um die Unversehrtheit des ursprünglichen Textes angeht, weigern sie sich, den Streit durch ihre Stellungnahme weiter anzuheizen, solange sie nicht wissen, ob die Vorwürfe gegen Conring begründet sind. Auf der anderen Seite wählen sie eine sehr vorsichtige Vorgehensweise, indem sie nicht weiter tätig werden wollen, solange sie sich nicht des Urteils des bischöflichen Kollegiums versichert haben. Dementsprechend beschließen die 360 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus XVII (07.12.1668), 145: „Ven. Facult. håller det högnödigt, att man för all ting håller hand öffwer integritatem textus originalis, fördenskuld ju mehra Dn. Wasmuth den underhålla kan och förswara, deste berömligare är det, och önskeliget att Spir. Sanctus wille i detta yttermehra sin försambling styrkia och uplysa.“ 361 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus XVII (07.12.1668), 146: „Dhe Originalske språkens wettskap är högst berömlig och nyttigh; Män så kan man den så fullkomlig necessario eij wänta eller fodra aff alla Präster hälst dhe ringare, som dels haffwa eij så stoora medell wid studerandet, eij heller sedan något synnerligit tillfälle.“
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Theologieprofessoren wenige Tage später, sich alle relevanten Schriften in dieser Auseinandersetzung zu beschaffen und die Umfrage unter den Bischöfen in die Wege zu leiten.362 Zwei Punkte heben die Professoren hervor, die sie in ihrer Antwort an Wasmuth zur Sprache bringen wollen. Erstens äußern sie ihre bestimmte Ablehnung einer Meinung, die irgendetwas der Geltung oder Unversehrtheit des ursprünglichen Textes abspricht.363 Zweitens verleihen sie ihrem Unbehagen Ausdruck über die im Ausland gängige Praxis, Teilhaber derselben Kirche auf diese Art und Weise ohne vorherige Ermahnung in gebührender Form öffentlich anzugreifen.364 Ein solches schroffes Vorgehen ist kein Bestandteil akademischer Kultur in Uppsala, wie etwa das Agieren der Fakultät im Fall von Matthiae oder auch ihre Reaktion auf die Anfrage aus Wittenberg gezeigt haben. Anders als in der zuletzt genannten Situation wollen die Theologieprofessoren nun erst die Meinung des Universitätskanzlers oder der Regierung einholen, bevor sie ihre Antwort verschicken. Der Erzbischof Lenaeus vereitelte jedoch den ursprünglichen Plan der Theologieprofessoren, indem er sich weigerte, die Anfrage an die Bischöfe des Königreiches in seinem Namen zu versenden. Stattdessen wies er es dem Verantwortungsbereich der theologischen Fakultät zu, diese Angelegenheit zu regeln. Diese wollte jedoch Wasmuth ihre Auffassung in der Sache nicht mitteilen, bevor sich nicht die anderen Bischöfe dazu geäußert haben.365 Über die Diskussion der Professoren mit dem Erzbischof gibt der Eintrag zur Sitzung des kirchlichen Konsistoriums am 13.01.1669 Auskunft.366 Der Dekan Benzelius berichtete hier, wie Wasmuth sich gegen Conring „de Textus originalis Hebr. integritate“ wandte und nun die Bitte um ein Urteil an den schwedischen Erzbischof, die Bischöfe und die theologische Fakultät richtete. Auf die Frage, wer die Anfrage nun an die übrigen Bischöfe verschicken solle – die Theologieprofessoren sahen hier den Erzbischof in der Pflicht – antwortete dieser lediglich, mit der Sache nichts zu tun zu haben.367 Ein Entwurf für die Antwort an Wasmuth wurde erst im April 1669 vor dem theologischen Kollegium der Fakultät verlesen. Nachdem er von den Theologieprofessoren gebilligt worden war, wurde er jedoch unverzüglich an Wasmuth versendet.368 Die Anfrage aus Kiel hatte die theologische Fakultät nun inzwischen fast ein halbes Jahr lang 362 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus ultimus (19.12.1668), 148. 363 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus ultimus (19.12.1668), 148: „[…] att Man sententiam derogantem aliquid auctoritati et integritati textus originalis, aldeles improberar.“ 364 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus ultimus (19.12.1668), 148: „Ven. Fac. kan intet gilla morem quorundam in exteris att publice angrijpa andra consortes ejusdem Ecclesiæ sine priore admonitione in justa forma.“ 365 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (23.01.1669), 150; Conventus II (19.02.1669), 150 f; Conventus III (27.02.1669), 152. 366 Vgl. Domkapitlets protokoll huvudserie, Band 6: 1665–1670, UDk, 11630/1/A I/6, 13.01.1669, 371. 367 Vgl. Domkapitlets protokoll 6, 13.01.1669, 371: „[N]u frågas hvem det skal vthskicka til Episcopos? Facultas Theol. meente Arch[iepisco]pum til hvilket han den gången intet svarade vthan sedan sade sigh intet der medh haffva at bestyra.“ 368 Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VII (23.04.1669), 157.
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beschäftigt. Daher lässt sich leicht nachvollziehen, warum die Professoren wenig Enthusiasmus und Tatendrang zeigten, als ihnen in derselben Sitzung ein Brief aus Helmstedt vorgelegt wurde, der vom Konsistorium der Universität an die Theologen weitergereicht worden war.369 In dem Brief der theologischen Fakultät an Wasmuth370 bedauern die Professoren, dass die bisher unter den Orthodoxen unumstrittene Überzeugung von der „Gewissheit des heiligen Buches“ in Zweifel gezogen wird – sehr zum Schaden der evangelischen Kirchen, von deren Uneinigkeit ihre Gegner profitieren. Durch Zweifel an der Verlässlichkeit der Heiligen Schrift sehen sie schließlich den Glauben selbst gefährdet.371 Die noch ausstehende Abstimmung mit den schwedischen Bischöfen und die verzögerte Ankunft der für die Debatte relevanten Schriften führen die Theologen als Entschuldigung dafür an, keine detaillierte Prüfung des eigentlichen Streitpunktes vorzunehmen. Immerhin meinen sie den ihnen vorliegenden „Fragmenten“ entnehmen zu können, dass die Unversehrtheit des ursprünglichen Textes gefährdet ist. Hier spiegelt sich der Zweifel der Professoren wider, ob Conring in dieser Auseinandersetzung wirklich Recht geschieht, wenn sie ihn als einen „sehr gelehrten Mann“ wertschätzen und ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck bringen, dass er seine Kräfte und Begabung tatsächlich auf „so eine gefährliche und schädliche Behauptung“ verwende.372 Aus diesem Grund sprechen sich die Theologen dafür aus, lieber „durch eine wohlwollende Auslegung den Bruder zu gewinnen als denselben durch öffentliche Zurechtweisung aufzustacheln und zur Unbeugsamkeit zu rüsten“373. Deutlich kommt die Unzufriedenheit der schwedischen 369 Vgl. den Eintrag zur Sitzung des akademischen Konsistoriums am 24.03.1669 in Sallander (Hg.), Konsistoriets protokoll VIII, 214: „5. Helmstadienses hafwa hijt skrifwet, och skickat en tractat dhe haf:a fattat emot Vittebergenses, begärandes att Academia Ups. icke wille tillfalla Vittebergenses i deras sak. Resolutio. Denne tractat skal igenom läsas.“ [Hervorhebung im Original] Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VII (23.04.1669), 157; Conventus IX (21.06.1669), 159. 370 Der Brief ist überliefert in Övriga handlingar 1654–1880-t. Kopibok 1654–1733, Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth, [21.04.1669], UUA / TF, F V 1, 102–104, und – einen Tag früher datiert – in Liturgica, Symbolica, Historica, Nr. 37: Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth, 20.04.1669, UUB, N 15. 371 Vgl. Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth [vom 21.04.1669], 102: „Ex animo dolemus, controversiam illam de sacri codicis certitudine, quæ hactenus unanimi Orthodoxorum consensu contra dissidentes est adstructa, nunc intra Ecclesiarum Evangelicarum pomaria sub disputationem revocari. Unde maior indubie nascitur occasio adversariis non solum cavillandi doctrinam Evangelicam ac exprobrandi nobis domestica nostra dissidia, sed et sollicitandi et impugnandi originarias salutis nostræ tabulas. [Q]uarum authoritas et certitudo si titubare cæperit, in confesso est fidem pariter ipsam titubare.“ 372 Vgl. Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth [vom 21.04.1669], 103: „Percipimus tamen ex iis fragmentis quæ ad manus nostras pervenere, præcipue in discrimen venire integritatem textus originarii, quam si de industria convellendam duxit celeberr: Conringius, miramur voluisse virum eruditissimum non in alio potius occupari vires et ingenium suum, quam in assertione tam periculosa et noxia.“ 373 Vgl. Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth [vom 21.04.1669], 103: „[…] quo casu tutius esset benevola interpretatione lucrari fratrem, quam publica reprehensione eundem exstimulare, et ad contumaciam armare.“
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Professoren mit dem in akademischen Kreisen im Alten Reich verbreiteten Verfahren zum Ausdruck, abweichende Lehrmeinungen innerhalb des Luthertums sogleich öffentlich zu brandmarken, anstatt zunächst durch private Ermahnungen den Betreffenden von der Unsinnigkeit seiner Auffassung zu überzeugen.374 Durch die mit diesem Vorgehen gesammelten Erfahrungen sehen sich die Professoren bestätigt, haben sie doch gelernt, „dass jene Mäßigung und private Ermahnungen mehr zuträglich gewesen sind zur Verbesserung derer, die im Widerspruch stehen, und zur Sicherheit unserer Kirche als schnelle Gefechte“375. Vergleicht man die Antwort der Theologieprofessoren an Wasmuth mit der Antwort an die Wittenberger, so fällt auf, dass sich die Professoren erneut davor scheuen, eine ausführliche Stellungnahme zur Streitfrage abzugeben. Anders als im Brief an die Wittenberger tritt das Bemühen zurück, die Loyalität mit dem mutmaßlichen Vertreter der orthodoxen Lehrmeinung zu beschwören und die eigene Rechtgläubigkeit darzustellen. Stattdessen ist bemerkenswert, wie deutlich die Professoren die öffentliche Streitkultur des Luthertums im Alten Reich verurteilen und ihr den schwedischen Weg der privaten Überzeugung als die vorteilhaftere Konfliktlösungsstrategie gegenüberstellen. Damit distanzieren sie sich deutlich von dem im Luthertum des Alten Reiches verbreiteten Modus zur Klärung strittiger Lehrfragen. Die durch ihre Einigkeit und Einheit verbürgte Sicherheit der Kirche ordnen die Professoren den in diesen Debatten artikulierten Einzelinteressen vor. Auch in den nächsten Jahren taucht der Name Wasmuth wiederholt im Fakultätsprotokoll auf. Noch am 07.03.1670 wird beklagt, dass einzelne Abschnitte seiner Schriften fehlen, wobei die anwesenden Theologen verneinen, die verloren gegangenen Teile in ihrem Besitz zu haben.376 Offenbar beschäftigte man sich also immer noch mit seinen Schriften und maß ihnen einen größeren Wert bei. Dies wird durch einen Eintrag vom 06.07.1682 bestätigt, als beschlossen wird, die von Wasmuth angekommenen gedruckten Schriften binden zu lassen.377
374 Vgl. Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth [vom 21.04.1669], 103: „Optamus tamen ut ad similia bella Domini depugnanda magis ad mansuetudinem compositi adferantur animi, et ut dissentientes forte in aliquo doctrinæ capite, privatis, iisve idoneis admonitionibus prius invitentur ad saniora amplectenda, quam ad certamina publica magno animorum æstu decertanda transitus fiat […].“ 375 Vgl. Brief der theologischen Fakultät in Uppsala an Matthias Wasmuth [vom 21.04.1669], 104: „Et quia experiundo didicimus, moderationem illam et admonitiones privatas plus contulisse ad emendationem dissidentium et Ecclesiæ nostræ securitatem, quam festinata certamina, nos hactenus eius pænitere non potuit.“ 376 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus II (07.03.1670), 169 f. Wasmuth blieb ein Gesprächsthema, vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (16.12.1670), 177: „Taltes och något om det man widare kan ha af D. Wasmuth att wänta.“ 377 Vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus VI (06.07.1682), 52.
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4.3.3.3 Musaeus unter Synkretismusverdacht Auch die nächste Kontroverse aus dem Heiligen Römischen Reich, mit der es die Theologieprofessoren in Uppsala zu tun bekamen, spielte sich an der noch jungen Kieler Universität ab (gegründet 1665). Mit dem dortigen Theologieprofessor Petrus Musaeus war daran einer der Hauptakteure des Kasseler Religionsgesprächs beteiligt, der seit seiner Teilnahme unter dem Generalverdacht synkretistischer Anschauungen stand und entsprechend von Abraham Calov angegriffen wurde.378 Um die Rechtgläubigkeit der Universität zu beweisen, entschloss sich Herzog Christian Albrecht im April 1670, Petrus Musaeus zu beauftragen, eine Abhandlung über das Wesen des Synkretismus zu verfassen.379 Musaeus kam dem Auftrag in seiner Schrift „De fugiendo syncretismo“380 noch im selben Jahr nach, worin er sich ausführlich mit dem Phänomen auseinandersetzte. Seine Schrift löste unterschiedliche Reaktionen unter den Gelehrten aus. Erneut musste er sich des Vorwurfs synkretistischer Neigungen erwehren, der u. a. vom pommerschen Generalsuperintendenten Conrad Tiburtius Rango gegen ihn geäußert wurde. In dieser Situation wandte sich Petrus Musaeus auch an die schwedische Universität. Am 13.12.1670 kamen sein Brief und seine Abhandlung in der Sitzung des theologischen Kollegiums zur Sprache.381 Der Dekan versprach, die Schrift an die Professoren weiterzuleiten, da Musaeus von ihnen eine Stellungnahme erbeten hatte. Wenige Tage später vermerkt das Fakultätsprotokoll, dass die Professoren gelobten, Musaeus’ Traktat zu lesen, „worüber auch in den folgenden Zusammenkünften bisweilen mehr gesprochen wurde“382. Ob die Fakultät tatsächlich ein Urteil dazu abgegeben hat, ist fraglich, da dieses zumindest im Fakultätsprotokoll und im Liber Literarum keine Spuren hinterlassen hat.
378 Petrus Musaeus (1620–1674) studierte Theologie in Helmstedt, wo er von Calixt nachhaltig geprägt wurde. Seine Laufbahn als Professor begann er 1648 in Rinteln und sie führte ihn über Helmstedt (1663) nach Kiel (1665), wo er zum Professor primarius ernannt wurde. Vgl. Alwast, Geschichte, 40. 379 Zum Hintergrund der Kontroverse vgl. Alwast, Geschichte, 88–90; Rodenberg / Pauls, Anfänge, 195–199. 380 Petrus Musaeus, Petri Musæi De Fugiendo Syncretismo Liber unus, Cujus capita & theses In Academia Kiloniensi veritatis confirmandæ ergo ad disputandum publice proposita sunt …, Kiel: Joachim Reumann 1670. 381 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (13.12.1670), 175. In dieser Sitzung wird außerdem vermerkt, dass bei der Übergabe des Dekanats dem neuen Amtsinhaber Brunnerus auch der Brief von Musaeus übergeben wird, s. Fakultetsprotokoll 1655–1677, 176. Musaeus’ Brief ist überliefert in Inkomna skrivelser 1654–1696, Brief von Petrus Musaeus an die theologische Fakultät Uppsala, Kiel, 17.09.1670, UUA / TF, E I 1. Darin bringt er seine Sorge um die Einheit der Kirche aufgrund der durch den Synkretismus verursachten Verwirrungen zum Ausdruck und schildert die Umstände, die ihn zur Abfassung und Herausgabe seiner Schrift über den Synkretismus veranlasst haben, bevor er die Professoren um ein Urteil zu seiner Schrift bittet. 382 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (16.12.1670), 177: „[…] om hwilcket och i fölljande conventer stundom mera talades.“
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Der Verdacht besteht, dass Musaeus’ Abhandlung bei Erik Benzelius liegen blieb. Denn im Archiv der theologischen Fakultät findet sich eine aufschlussreiche Notiz in einem Brief, den Benzelius in seiner Funktion als Dekan im Oktober 1671 an seine Kollegen verschickte.383 Hierin fragt Benzelius seine schwer beschäftigten Mitstreiter um ihre Meinung dazu, worüber der außerordentliche Theologieprofessor Samuel Skunck vorlesen soll angesichts des in den nächsten Tagen bevorstehenden Drucks des neuen Vorlesungsverzeichnisses. Unterhalb des eigentlichen Briefes hat Benzelius die Anmerkung „Petri Musaei tractatum de Syncretismo mihi concedi peto.“ – „Ich bitte darum, dass mir Petrus Musaeus’ Abhandlung über den Synkretismus überlassen werde.“ – hinzugefügt. Sein besonderes Interesse an der Schrift kann möglicherweise mit seiner Arbeit an der „Palma pacifera“ begründet werden, einer Schrift gegen den Synkretismus, die von seinem verstorbenen Schwiegervater Odhelius Anfang der 1660er-Jahre im Auftrag der Regierung begonnen worden war.384 Hinzu kommt, dass die sich seit dem Sommer 1672 in Uppsala verdichtenden Gerüchte über geplante Religionsgespräche im Heiligen Römischen Reich an der schwedischen Fakultät zu besonderer Vorsicht führten, was Äußerungen zum Synkretismus anging. So sprach man sich auch im Hinblick auf die Publikation der „Palma pacifera“ dafür aus, erst einmal die aktuellen Entwicklungen im Alten Reich abzuwarten.385 Es ist gut vorstellbar, dass man spätestens in dieser kirchenpolitisch unsicheren Situation von einer direkten Reaktion auf Musaeus’ Anfrage absah. In den nächsten Jahren lässt sich im Fakultätsprotokoll zumindest nachverfolgen, dass sich Musaeus’ Abhandlung noch immer bei Benzelius befand. Als der Dekan Martin Brunnerus seine Kollegen in der Sitzung am 15.03.1675 daran erinnerte, ein Urteil über den Synkretismus abzufassen, gab Benzelius an, dass er Musaeus’ Schrift bei sich habe.386 Möglicherweise war unter den Kollegen schon in Vergessenheit geraten, dass sie vor ein paar Jahren diese Schrift von Musaeus erhalten hatten, denn Benzelius wies ausdrücklich darauf hin. Noch im Winter 1676 wurde im Protokoll anlässlich der Übergabe des Dekanats und der dabei überreichten Bücher vermerkt, dass Musaeus’ Abhandlung bei Benzelius zu finden war.387
383 Vgl. Inkomna skrivelser 1654–1696, Brief von Erik Benzelius an seine Kollegen an der theologischen Fakultät, 10.10.1671, UUA / TF, E I 1. Der Brief wird angekündigt in Fakultetsproto koll 1655–1677, Eintrag zum 10.10.1671, 185. 384 Nach der Einschätzung von Göransson, Ortodoxi, 453, handelt es sich um die wichtigste schwedische theologische Arbeit des 17. Jahrhunderts, die ursprünglich die Lehrschrift der schwedischen Kirche anlässlich der synkretistischen Streitigkeiten werden sollte. 385 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus I (06.08.1672), 190; Conventus II (16.08.1672), 192 f. 386 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus III (15.03.1675), 216: „Påminte och pl. Rev. D. Decanus de elaborando judicio de Syncretismo. Her Prof. Benzelius sade sig hafwa hos sig scriptum D. P. Musæi de illo argumento, thet Musæus hijt till Faculteten sändt hafwer.“ 387 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus VII (13.12.1676), 228.
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4.3.3.4 Weitere Anfragen Abgesehen von den oben genannten drei Fällen lassen sich dem seit 1655 geführten Protokollbuch der theologischen Fakultät kaum Hinweise darauf entnehmen, dass das Urteil der Theologieprofessoren zu Auseinandersetzungen oder auch nur zu publizierten theologischen Werken aus dem Alten Reich gefragt gewesen wäre. Im August 1668 etwa bat Balthasar Mentzer d. J. die theologische Fakultät um Gedichte, die er seiner geplanten Neuausgabe der Werke seines Vaters, Balthasar Mentzer d. Ä., hinzufügen könnte. Wie gewohnt reagierten die Theologieprofessoren zurückhaltend, befürchteten sie doch, die Kontroverse zwischen Gießen und Tübingen könnte wieder aufflammen.388 Nicht immer wandten sich ausländische Theologen zudem direkt an die theologische Fakultät in Uppsala. Im August 1665 händigte etwa der Universitätskanzler den Professoren die Schrift eines Rostocker Pfarrers aus mit dem Auftrag, sich dazu zu äußern.389 Bisweilen adressierten Theologen ihre Briefe auch nur an einen bestimmten schwedischen Professor, wie die Briefe von Calov an Lithman gezeigt haben, obgleich sie darin einen Handlungsauftrag an das gesamte theologische Kollegium formulieren konnten. Eine Besonderheit bildete, wie bereits angedeutet wurde, die Universität Greifswald in Vorpommern, die seit dem Westfälischen Frieden offiziell der schwedischen Krone unterstellt war. Diese neu entstandene, enge Verbindung Schwedens zu einer altehrwürdigen Universität des Heiligen Römischen Reiches spiegelt sich jedoch kaum im Alltag der theologischen Fakultät in Uppsala wider. Erst am Ende des Untersuchungszeitraums Anfang der 1680er-Jahre forderten die Streitigkeiten um den Greifswalder Theologieprofessor Johannes Colberg und seine Disputation „De Verbo Dei“ die Stellungnahme der schwedischen Kollegen heraus. Aber auch hier 388 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (27.08.1668), 139: „Angaffs D. Menzeri begiäran, att få Dnn. Professorum Theologiæ carmina till hans S. faders opera, som å nyjo opläggias skole.“ Daraufhin beschlossen die Theologieprofessoren, „att effter Controversia Giessensium cum Tubingensibus något synes igen bliffwe driffwen, må detta wäll betänkeligit. Elliest war och beslutt wänta till dess man finge något om denne begiäran skriffteligen see aff D. Menzero.“ Laut Göransson, Ortodoxi, 52, Anm. 3, hatte die Fakultät in Uppsala eine positive Stellungnahme zur Christologie von Balthasar Mentzer d. Ä. abgegeben, die Balthasar Mentzer d. J. nun mit Erlaubnis der Fakultät der Neuausgabe der Werke seines Vaters beifügen wollte. Tatsächlich legt der Wortlaut des Fakultätsprotokolls, der von „carmina“ spricht, eher nahe, dass Balthasar Mentzer d. J. die Theologen um das Abfassen einer Art Lobgedicht bat, anstatt erwirken zu wollen, die alte Stellungnahme aus Schweden abdrucken zu dürfen. 389 Vgl. Fakultetsprotokoll 1655–1677, Conventus IV (26.08.1665), 99. Mit dem Buch des Rostocker Pfarrers an der Jakobikirche „Magister Theophilus“ über die „Defectibus Regiminis Ecclesiæ“ ist vermutlich diese Schrift gemeint: Theophilus Grossgebauer, Wächterstimme Auß dem verwüsteten Zion. Das ist / Treühhertzige und nothwendige Entdeckung. Auß waß Ursachen die vielfaltige Predigt deß Worts Gottes bey Evangelischen Gemeinen wenig zur Bekehrung und Gottseligkeit fruchte …, Frankfurt am Main, [Rostock]: Joachim Wilde d.Ä; Nikolaus Kuchenbecker 1661. Die Theologieprofessoren bescheinigen Großgebauer gute Absichten, obwohl sie seine Ausdrucksweise bemängeln. Vgl. zu Großgebauer und der Aufnahme seiner Schrift an der Rostocker theologischen Fakultät Kaufmann, Universität, 116 f.
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scheinen die Grenzen fließend gewesen zu sein, ob diese in ihrer Funktion als Theologieprofessoren an der Universität Uppsala oder als Mitglieder des kirchlichen Konsistoriums des Erzbistums agierten. Denn der König beauftragte zwar den Erzbischof und das kirchliche Konsistorium, die Sachlage einer Prüfung zu unterziehen,390 aber trotzdem wird die Angelegenheit auch im Fakultätsprotokoll erwähnt und darin später sogar gefordert, die dazugehörigen Dokumente den Akten der Fakultät hinzuzufügen.391 Insgesamt lässt sich daher festhalten, dass die theologische Fakultät verhältnismäßig selten als Korrespondenzpartner lutherischer Theologen aus dem Heiligen Römischen Reich in Anspruch genommen wurde. Allerdings muss eingeräumt werden, dass die Beschaffenheit des untersuchten Quellenmaterials bedingt, dass die internationale Gutachtertätigkeit der schwedischen Fakultät erst in einer Zeit in den Blick gerät, als sich dieses typisch protestantische Instrument der Konfliktbearbeitung durch die inflationäre Einholung von Gutachten bereits selbst entwertet hatte, wie es in der frühesten Phase der synkretistischen Auseinandersetzung zu beobachten ist (s. o. Kap. 4.3.1). Genauere Aussagen darüber, inwieweit die skandinavischen theologischen Fakultäten schon in früheren Jahrzehnten, als das System der Begutachtungen im Alten Reich noch funktionsfähig war, in dieses einbezogen wurden, lassen sich anhand des untersuchten Quellenmaterials nicht treffen. Nur der Fall des Kasseler Religionsgesprächs dokumentiert, dass die Theologieprofessoren mit der Anfrage einer theologischen Fakultät als Institution konfrontiert wurden, wobei hier angesichts der breiten Streuung der Wittenberger Offensive von einer gezielt an die theologische Fakultät in Uppsala gerichteten Anfrage keine Rede sein kann. Im Fall der Streitigkeiten, an denen Wasmuth und Musaeus beteiligt waren, waren es Einzelpersonen, die ein Urteil aus Uppsala erbaten, wobei es sich bei Wasmuth und Conring trotz theologischer Thematik noch nicht einmal um einen Konflikt zwischen ordentlichen Theologieprofessoren handelte.392 Die Nähe der Universität Kiel zum schwedischen Reich kann hier als Erklärung dienen, warum sich die Professoren Wasmuth und Musaeus mit ihrem Anliegen an die Universität Uppsala wandten. Auch wenn die Gelegenheiten überschaubar waren, bei denen die Theologen aus Uppsala mit Anfragen von ihren Kollegen aus dem Alten Reich konfrontiert wurden, kann gezeigt werden, dass diese wenigen Anlässe Spuren im Unterricht 390 Vgl. Klaje, Colberg, 196. Vgl. zum Colberg-Konflikt insgesamt Klaje, Colberg, 183–200. 391 Vgl. zunächst die Vorbemerkung zum Dekanat von Petrus Holm beginnend im Juli 1683 in Fakultetsprotokoll 1677–1695, 62, wo darauf hingewiesen wird, dass das theologische Kollegium in diesem Dekanat nicht oft zusammentrat, weil das kirchliche Konsistorium auf Befehl des Königs „in re Aboensi“ sowie „in re illa Gripsvaldensi“ tätig war, sodass die betreffenden Vorgänge in den Akten des Konsistoriums aufzufinden seien. Im Februar 1685 dagegen sollten die genannten Dokumente den Akten der Fakultät beigefügt werden, vgl. Fakultetsprotokoll 1677–1695, Conventus I (05.02.1685), 96. Tatsächlich sind Dokumente zum Fall Colberg im Archiv der theologischen Fakultät umfänglich aufbewahrt: Övriga handlingar, UUA / TF, F V I. 392 Siehe zu Wasmuth aber oben Anm. 351.
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der schwedischen Theologieprofessoren hinterließen. Zu seinem privaten Kolleg über die Methode und das Werkzeug des Theologiestudiums, das Benzelius in den Winter- und Frühlingsmonaten des Jahres 1679 nach Aussage seines Notizbuchs393 abhielt, existiert die Nachschrift394 eines gewissen Nicolaus Olai Bergius. Hierin referiert Benzelius sowohl die Kontroverse zwischen Conring und Wasmuth als auch die Streitigkeiten zwischen Rinteln und Wittenberg, ausgelöst durch das Kasseler Religionsgespräch.395 Das Engagement der schwedischen Theologen in den Konflikten außerhalb des Königreichs, aber auch ihre im Zusammenhang der peregrina tio academica gemachten Erfahrungen mit dem deutschen Luthertum dürfen daher nicht isoliert betrachtet werden, sondern schlugen sich auch in ihrer Unterrichtstätigkeit nieder.
4.4 Zusammenfassung Für den intellektuellen Austausch zwischen Skandinavien und Kontinentaleuropa sind die Bildungsreisen nordischer Studenten an ausländische Universitäten, die auch nach der Gründung eigener Hochschulen in Uppsala und Kopenhagen weiterhin unternommen wurden, von essentieller Bedeutung. Besonders die Einrichtung jesuitischer Bildungsstätten im Ostseeraum provozierte den Einspruch der weltlichen und kirchlichen Obrigkeiten, was in verschiedene Initiativen zur gezielten Lenkung der Auslandsreisen vorrangig des theologischen Nachwuchses mündete. Studien an jesuitischen Kollegs wurden in Dänemark-Norwegen bereits 1604 mit Sanktionen belegt, in Schweden 1617. Die Folgen des Dreißigjährigen Krieges sorgten dafür, dass sich die Studien der Skandinavier verstärkt an niederländische Universitäten verlagerten. Für künftige Theologieprofessoren stellte die Unternehmung einer peregrinatio academica geradezu eine Einstellungsvoraussetzung dar. So begab sich der spätere schwedische Theologieprofessor Erik Benzelius d. Ä. von 1663 bis 1665 auf eine Bildungsreise durch Europa, die ihn im Alten Reich auch in verschiedene Universitätsstädte führte. Sein Reisetagebuch offenbart, dass seine peregrinatio academica wesentlich der Vernetzung mit der ausländischen Gelehrtenwelt, besonders mit den Theologen, diente. Wie lange er sich in einer Stadt aufhielt und in welchem Umfang er sich dort auch wissenschaftlich weiterbildete, variierte erheblich. Der Schwerpunkt seiner Studien lag in Leipzig, Jena und Gießen – wobei er sich aber offenbar nur in Gießen auch in die Matrikel eintragen ließ. In Briefen, die skandinavische Studenten während ihrer Peregrinationen an die Theologen daheim verfassten, wurden neben persönlichen Befindlichkeiten z. B. aktuelle politische wie theologische Entwicklungen im Heiligen Römischen Reich 393 Vgl. Benzelius, Förteckningar. 394 Vgl. Erik Benzelius, Collegium de Methodo et apparatu studii Theologici (07.03.1679– 14.05.1679), UUB, N 1752. 395 Vgl. zu Conring und Wasmuth Benzelius, Collegium de Methodo, 3, zum Kasseler Religionsgespräch und dem Konflikt zwischen den Wittenbergern und Rintelnern 39; 60.
Zusammenfassung
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oder auch die konkreten Studienbedingungen vor Ort geschildert. So berichtete der Däne Albert Bartholin gegenüber Jesper Brochmand Anfang der 1640er-Jahre von der Lage an der vom Krieg erschütterten Wittenberger Universität, dem dort grassierenden Pennalismus, den erlittenen Schmähungen auch von Seiten der Professoren, dem akademischen Lehrbetrieb sowie den kontroverstheologischen Aktivitäten der Theologieprofessoren. Briefe der späteren schwedischen Theologieprofessoren Erik Odhelius, Jordanus Edenius und Petrus Erici Bång aus der Mitte des 17. Jahrhunderts zeugen von einem lebhaften Interesse an den gegenwärtigen theologischen Auseinandersetzungen, die sich unter der Kategorie ‚synkretistischer Streit‘ zusammenfassen lassen. Odhelius’ Brief aus dem Jahr 1649 lässt sich entnehmen, dass die Helmstedter Theologen C alixt und Hornejus um Kontakt zu ihrem schwedischen Kollegen Laurentius Stigzelius bemüht waren. Der zweite Brief aus dem Jahr 1651 gibt Auskunft darüber, dass sich auch der Straßburger Theologe Dorsche brieflich an Stigzelius wenden wollte. Odhelius’ Darstellung der von Königsberg ausgehenden Kontroverse ist durch Kenntnisreichtum und Unparteilichkeit gekennzeichnet. Er nahm den innerlutherischen Konflikt mit Bedauern wahr, zeigte sich aber gleichzeitig erleichtert darüber, dass die schwedische Kirche nicht involviert war. Auch Edenius besuchte u. a. Helmstedt und Straßburg. Nach seinem Eindruck, den er Stigzelius 1654 mitteilte, verhinderte vorrangig die Unnachgiebigkeit der kursächsischen Theologen die Beilegung des Konfliktes mit den Helmstedtern. Von Hülsemann in Leipzig erfuhr Edenius, dass sich Calixt angeblich häufiger auf den Konsens mit den schwedischen Theologen berufen habe, was Hülsemann wegen der allgemein bekannten Wertschätzung der Konkordienformel in Schweden für unglaubwürdig hielt. Bång meldete sich 1664 ebenfalls aus Straßburg. Gegenüber Erik Gabrielsson Emporagrius in Stockholm beschrieb er ausführlich, wie sich die dortigen Theologieprofessoren mit der Überzeugungskraft des Katholizismus und den Irrtümern des ‚Synkretismus‘ auseinandersetzten, wobei Bång anklingen ließ, dass er die Kritik des Straßburger Theologen Faust am Einigungsversuch der Rintelner Theologen teilte. Folgenreich erweist sich Bångs Hinweis, dass sich Dannhauers Kenntnis der schwedischen gelehrten Theologenwelt auf drei Personen beschränkte, nämlich Carl Lithman, Laurentius Stigzelius und ausgerechnet Johannes Matthiae, den der Straßburger Theologe den synkretistischen Bestrebungen um Johannes Duraeus zuordnete. Enge Verbindungen zwischen den Kopenhagener und Wittenberger Theologieprofessoren spiegeln sich sowohl in bewahrten Briefen an und von Balthasar Meisner als auch in den Briefen an den Dänen Jesper Brochmand wider. Überlieferte Briefe an den Schweden Erik Benzelius d. Ä. weisen auf eine breite geographische Streuung seiner Korrespondenz hin. Die erhaltenen Briefsammlungen von Brochmand und Benzelius deuten in keiner Weise an, dass Kontakte zu Theologen aus dem jeweiligen skandinavischen Nachbarland bestanden hätten. Die Briefe, die die Wittenberger Theologen in den Jahren 1640 bis 1646 an Jesper Brochmand schickten, sind geprägt von den kriegsbedingten Entbehrungen, unter denen die Professoren litten, und dem materiellen Abhängigkeitsverhältnis, in dem
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sie offenbar aufgrund dänischer Zuwendungen standen. Als Gegenleistung versprachen zumindest Paul Röber und Wilhelm Leyser, die dänischen Studenten, die wie Albert Bartholin an die Leucorea kamen, besonders engagiert zu betreuen. Die Theologieprofessoren versäumten nicht, Brochmand über ihre theologischen Aktivitäten, sei es in der Lehre, in ihrem literarischen Wirken oder bei dem Vorgehen gegen konfessionelle Gegner, auf dem Laufenden zu halten, wobei die neuesten theologischen Schriften zwischen Kopenhagen und Wittenberg ausgetauscht wurden. In Hülsemanns Korrespondenz mit Brochmand wird die Übereinstimmung beider in der entschiedenen Ablehnung von Johannes Duraeus’ Unionsbemühungen sichtbar. Den literarischen Angriff des Jesuiten Coturius auf Brochmands Dogmatik versprach der Wittenberger Diakon Johann Frimel stellvertretend abzuwehren, wofür er den dänischen Theologen um Erlaubnis bat. Ein größeres Interesse der Wittenberger an den aktuellen Vorgängen in Dänemark-Norwegen oder gar an der Kopenhagener Universität lässt sich aus ihren Briefen nicht ableiten. Der Wittenberger Theologe Abraham Calov und sein schwedischer Kollege Carl Lithman kannten sich nachweislich persönlich aus ihren Rostocker Zeiten. Anders als im Fall der eben genannten Briefe lässt sich in Calovs Briefen an Lithman ein Interesse an den schwedischen kirchlichen und akademischen Verhältnissen erkennen. Als Calov sich 1652 an den Theologen aus Uppsala wandte, verfolgte er die Absicht, die dortige Universität dazu zu bewegen, in der Auseinandersetzung mit den Helmstedter Theologen für Calovs Seite öffentlich Partei zu ergreifen. Ein Brief von Calov aus dem Jahr 1653 lässt erahnen, dass Lithman die gewünschte Zustimmung zwischenzeitlich signalisiert hatte und dem Wittenberger einige Schriften aus Schweden zugeschickt worden waren. Indem er den ‚Synkretismus‘ als ein international agierendes Netzwerk entlarvte, konnte Calov eine direkte Bedrohung für das schwedische Königreich geltend machen, was seinem Anliegen die nötige Brisanz verlieh. Sein Brief an Lithman von 1671 drehte sich demgegenüber um einen Konflikt, an dem die theologische Fakultät in Uppsala direkt beteiligt war, nämlich Calovs Verunglimpfung durch Christian Ravius, der bis vor Kurzem an der artistischen Fakultät in Uppsala tätig gewesen und inzwischen in das Alte Reich zurückgekehrt war. Mehrere Situationen können identifiziert werden, in denen offizielle Anfragen aus dem Alten Reich die Stellungnahme der skandinavischen Theologieprofessoren erbaten. Als in Hamburg im Juni 1548 die kaiserliche Aufforderung eintraf, dem Augsburger Interim Geltung zu verschaffen, wandte sich Johannes Aepinus im Namen der Hamburger Geistlichkeit an das Kollegium der theologischen Fakultät in Kopenhagen, allen voran Peder Palladius und Johannes Machabaeus, um diese dazu zu bewegen, dem Beispiel der Hamburger Geistlichen zu folgen und König Christian III. von der Undurchführbarkeit des Interims zu überzeugen. In seiner Antwort an Aepinus ließ Palladius keinen Zweifel an der Ablehnung des Interims als Teufelswerk durch die Kopenhagener Theologen und den König. Im Jahr 1550 wurde die Universität Kopenhagen erneut mit einer Streitfrage konfrontiert, in die Aepinus verwickelt war. Der Disput drehte sich um seine Auf-
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fassung zu Christi Höllenfahrt, die unter den Hamburger Geistlichen auf Widerspruch gestoßen war. In diesem Fall lehnten die Kopenhagener Professoren aber jede Stellungnahme dazu ab, weil sie dem Urteil der Wittenberger Universität nicht zuvorkommen wollten. Die Fakultät in Uppsala sollte sich 1662 auf Wittenberger Wunsch hin zu der auf dem Kasseler Religionsgespräch getroffenen Übereinkunft zwischen den Marburger und Rintelner Theologen äußern. Auch mit innerschwedischen Ausläufern des so genannten synkretistischen Streits mussten sich die Theologieprofessoren in jenen Jahren befassen, die sich zum einen an Johannes Matthiae Gothus’ „Rami Olivae Septentrionalis“ (1656; 1661), zum anderen an Johannes Elai Terserus’ Katechismuserklärung (1662) entzündeten. Allen drei Vorfällen ist gemeinsam, dass die Theologen aus Uppsala äußerst behutsam vorgingen. In ihrer Antwort an die Wittenberger verfolgten sie die Strategie, den kursächsischen Theologen so weit entgegenzukommen, dass sie nicht den Verdacht erregten, mit der synkretistischen Unternehmung zu sympathisieren, zugleich aber jede ausführliche Stellungnahme ohne vorherige Rücksprache mit der Regierung oder dem Universitätskanzler zu vermeiden. In ihrem Brief an den Universitätskanzler Magnus Gabriel De la Gardie schätzten die Theologieprofessoren eine Zustimmung zur Wittenberger Auffassung als problematisch ein, weil damit implizit eine Anerkennung des Anspruchs des Kurfürsten auf eine Vorrangstellung unter den lutherischen Obrigkeiten verbunden sein könnte. Nach einer Information des Bischofs von Lund Peder Winstrup wussten die Theologen aus Uppsala zu berichten, dass auch der dänische Monarch noch nicht darüber entschieden hatte, wie seine Theologen auf das Wittenberger Anliegen reagieren sollten. Der Universitätskanzler bemängelte in seiner Antwort, dass die Theologieprofessoren den Wittenbergern bereits geantwortet hatten, war der Angelegenheit doch ein nationales Interesse beizumessen. Er befürchtete, dass die Empfänger aus dem überschwänglichen Dank, den die schwedischen Kollegen zum Ausdruck gebracht hatten, eine Zustimmung zu ihrer Position und damit eine Anerkennung der kurfürstlichen Leitungsfunktion ableiten könnten. Der Kanzler der Universität Åbo Per Brahe forderte die dortigen Theologie professoren auf, sich in ihrer Antwort am Beispiel der Kollegen aus Uppsala zu orientieren, womit frühere Konzepte, die eine stark Wittenberg-freundliche Haltung einnahmen, zurückgewiesen wurden. Der Prokanzler Terserus verurteilte zwar schärfer die Übereinkunft zwischen den Rintelner und Marburger Theologen, als es in Uppsala der Fall war, identifizierte jedoch gleichzeitig ausdrücklich die Calvinisten als die eigentlichen Kontrahenten. Im Herbst 1668 wandte sich der Kieler Professor Matthias Wasmuth wegen seiner Meinungsverschiedenheit mit dem Helmstedter Professor Hermann Conring um die Lehre von der Verbalinspiration an den schwedischen Erzbischof, die Bischöfe und die theologische Fakultät in Uppsala. Grundsätzlich stimmten die schwedischen Theologen Wasmuths Ansicht zu, allerdings unter dem Vorbehalt, dass die gegen Conring vorgebrachten Anschuldigungen berechtigt waren, worüber sie aus Mangel an vorliegenden Schriften nicht im Detail urteilen konnten. Dabei
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stieß die Art und Weise, wie dieser Konflikt nach der im Ausland gängigen Praxis öffentlich ausgetragen wurde, bei den Professoren auf Kritik. Sie beschlossen, die Angelegenheit zunächst dem Urteil des Erzbischofs und der übrigen Bischöfe anzuvertrauen, bevor sie selbst weiter tätig werden wollten, und gleichzeitig die Meinung der Regierung einzuholen. Im Winter 1670 erhielt die theologische Fakultät in Uppsala wiederum eine Anfrage aus Kiel. Petrus Musaeus, der seit seiner Teilnahme am Kasseler Religionsgespräch unter dem Generalverdacht synkretistischer Neigungen stand, bat die Theologen um ihre Meinung zu seiner Abhandlung über das Wesen des Synkretismus („De fugiendo syncretismo“), die er im Auftrag von Herzog Christian Albrecht verfasst hatte und wegen der er nun kritisiert wurde. Das Fakultätsarchiv in Uppsala enthält keine Hinweise darauf, dass die schwedischen Theologen Musaeus ein Gutachten zukommen ließen. Möglicherweise ließ die kirchenpolitische Situation eine Stellungnahme nicht angeraten erscheinen – oder die Schrift blieb in den nächsten Jahren schlicht bei Erik Benzelius liegen.
5. Schluss
Will man das Luthertum, das sich stärker als die anderen beiden großen Konfessionen von vornherein unter den spezifischen Gegebenheiten im föderalen Verbund des Heiligen Römischen Reiches herausbildete, als ein internationales Phänomen wahrnehmen, ist eine komparative Studie, die den Blick auf lutherische Gebiete außerhalb der Reichsgrenzen lenkt, unumgänglich. Die nordischen Königreiche als vielleicht wichtigste ausländische Rezipienten lutherischen Gedankenguts in der Frühen Neuzeit bieten sich für einen solchen Vergleich vorrangig an. Die Untersuchung des Universitätswesens in beiden Ländern hat sich als besonders zielführend herausgestellt, weil beide Monarchien erstens mit den spätmittelalterlichen Hochschulgründungen in Uppsala und Kopenhagen vergleichbare Voraussetzungen wie einige Universitätsstandorte im Heiligen Römischen Reich mitbrachten und weil zweitens den Universitäten im Alten Reich nachweislich eine besondere Bedeutung für die Ausbreitung und Konsolidierung des lutherischen Glaubens zukam. Dementsprechend spiegelt sich in der nachreformatorischen Entwicklung der nordischen Universitätszentren Kopenhagen und Uppsala im Allgemeinen und ihrer theologischen Fakultäten im Besonderen ein ambivalentes Verhältnis zum lutherischen Hochschulwesen im Heiligen Römischen Reich deutlich wider. In den skandinavischen Königreichen herrschten einerseits andere politische und theologische Rahmenbedingungen, als sie im föderalen Verbund des Alten Reiches anzutreffen waren. Andererseits waren die beiden nordischen Universitäten aufgrund ihrer konfessionellen Ausrichtung von Anfang an in den größeren Zusammenhang des internationalen akademischen Luthertums eingebunden, von dessen Einwirkungen sie sich nicht völlig emanzipieren konnten. Daher fügen sich die theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala zwar in die lutherische Bildungslandschaft ein, weisen aber auch ein je eigentümliches Profil auf, was der Annahme einer binnenkonfessionellen Pluralität im Hinblick auf das lutherische Hochschulwesen Plausibilität verleiht. Um dieses Spannungsverhältnis zwischen erkennbaren Übereinstimmungen mit für das Luthertum typischen Mustern und von diesen nicht unmittelbar abzuleitenden Eigenheiten der skandinavischen Universitäten angemessen darzustellen, erweist es sich zunächst als zweckmäßig, zwischen den strukturellen Rahmenbedingungen und den theologischen Unterrichtsinhalten zu unterscheiden. Aus struktureller Sicht entspricht die rasche Wiederaufrichtung und Neuorganisation der Kopenhagener Universität nach Christians Sieg in der Grafenfehde als Teil eines umfangreichen Maßnahmenkatalogs zur gezielten und flächendeckenden Umstrukturierung des Landes im lutherischen Sinn dem Vorgehen, das sich in einigen Territorien des Alten Reiches im Zuge einer landesherrlich initiierten und gesteuerten Einführung der Reformation beobachten lässt. Das rasante Tempo,
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das Christian III. an den Tag legte – 1536 kam er an die Macht, 1537 eröffnete er die Universität, 1539 erhielt sie ausführliche Privilegien und Statuten – ist bemerkenswert und lässt keinen Zweifel daran, dass der neue König die Bedeutung einer eigenen Universität für die übergeordneten Ziele der Einführung der Reformation und Sicherung seiner Herrschaft erkannt hatte. So ist nicht erstaunlich, dass die Kopenhagener Universität, deren spätmittelalterliche Gründung sich bereits einer Initiative des Königs verdankte, ähnlich wie die landesherrlichen Universitäten im Alten Reich in erster Linie als königliche Bildungsinstitution anzusehen ist. Dies zeigt bereits die Wahl des Standorts in der Hauptstadt, die zwar in Anknüpfung an die mittelalterliche Universität zu erwarten war, aber dennoch eine besondere Nähe zum Königshof und damit weitgehende Möglichkeiten obrigkeitlicher Kontrolle versprach. Die personelle Identität des Reichs- und Universitätskanzlers ist ein deutliches Indiz dafür, dass eine enge Verbindung zwischen Hochschule und Regierung angestrebt wurde. Der Einfluss des Königs auf die theologische Fakultät reichte so weit, dass Theologen mit königlichen Sonderaufträgen betraut werden konnten, deren Erfüllung eine Priorität gegenüber ihren Pflichten an der Universität zukam. So wurde mit Jesper Brochmand die wohl bedeutendste theologische Kraft seiner Zeit der eigentlich vorgesehenen Unterweisung an der Fakultät über mehrere Jahre hinweg entzogen. Christian III. orientierte sich im Prozess der reformatorischen Umgestaltung seines Königreiches bewusst an den Verhältnissen im Alten Reich; nicht ohne Grund beriet ihn Johannes Bugenhagen in dieser entscheidenden Phase der politischen und kirchlichen Neuausrichtung. Die Besetzung der Lehrstühle insbesondere der theologischen Fakultät gibt zu erkennen, dass der König die akademische Ausbildung in der Theologie am liebsten Personen anvertraute, die einen Wittenberger Studienabschluss vorweisen konnten – und sich bisher nicht reformatorisch in Dänemark engagiert hatten. Die damalige Bedeutung der Leucorea als zentrale Ausbildungsstätte für die kirchliche Elite auch außerhalb Kursachsens wird durch die Berufungspolitik Christians III. eindrücklich bestätigt. Dass der Superintendent von Seeland eine Professur erhielt, stellt den vielleicht offensichtlichsten Berührungspunkt dar, der weiterhin zwischen kirchlicher und universitärer Sphäre bestand. Derartige Kombinationen von kirchlichem und universitärem Amt waren auch an Hochschulen im Heiligen Römischen Reich geläufig. Nicht nur in dieser Frage wurde an der nachreformatorischen Universität Uppsala dagegen eine andere Organisationsform als in Kopenhagen und im Alten Reich favorisiert. Die universitäre Entwicklung in Schweden weicht in ihren Anfängen signifikant von den geschilderten Vorgängen im dänisch-norwegischen Nachbarland ab, was bereits darauf hindeutet, dass man es hier auch im Vergleich zum Heiligen Römischen Reich mit einer besonderen Ausprägung lutherischer Konfessionskultur zu tun hat. Der augenscheinlichste Unterschied besteht darin, dass das schwedische Königreich über weite Strecken des 16. Jahrhunderts über gar keine funktionsfähige Universität verfügte. Die von Kaufmann im Hinblick auf die Verhältnisse im Alten Reich getroffene Aussage, dass die Universitäten im Bereich der lutherischen
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Konfession im späten 16. Jahrhundert „die konkurrenzlos wichtigsten und einzigen Ausbildungsinstitutionen für die Pfarrerschaft darstellten“1, lässt sich am Beispiel Schwedens nicht verifizieren. Gerade das Merkmal „konkurrenzlos“ trifft auf das schwedische Bildungswesen nicht zu, das noch bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts ermöglichte, eine vergleichbare und für den Zugang zum Pfarramt ausreichende Ausbildung an den Kathedralschulen und Gymnasien der Bistümer zu erhalten. Die irreversible Wiedererrichtung der Universität zog sich bezeichnenderweise ebenso über das gesamte 16. Jahrhundert hin wie Schwedens förmlicher Übergang zum lutherischen Glauben. Provoziert durch die veränderte politische Lage drängte beides erst nach Johans Tod auf eine definitive Lösung hin, sodass das Uppsala möte (1593) nicht nur für den offiziellen Anschluss an das Luthertum steht, sondern auch den Ruf nach einer eigenen Hochschule endgültig und unüberhörbar laut werden ließ. So gesehen war hier wie in Dänemark-Norwegen und vielerorts im Heiligen Römischen Reich das unwiderrufliche Bekenntnis zum Protestantismus mit der Gründung bzw. Wiedereröffnung einer entsprechenden Universität verknüpft. Der späte Zeitpunkt beider Vorgänge und die jeweiligen Initiatoren sind jedoch als schwedische Besonderheit zu identifizieren. Insgesamt erweist es sich als zweckmäßig, in der Geschichte der Universität Uppsala zwischen drei Wirkungsphasen zu differenzieren und diese separat zu würdigen. Gustav Eriksson verzichtete also darauf, nach dem Vorbild ausländischer lutherischer Territorialherren in seinem Herrschaftsgebiet eine Universität einzurichten. Dieses Versäumnis sollte sich unter seinem Sohn Johan III. rächen, mit dem die erste Phase einer lutherischen Universität in Uppsala verbunden ist. Denn als Johan nach den zaghaften Anfängen seines Bruders Erik XIV. die Universität in Uppsala durch die Einstellung mehrerer Lehrpersonen bis etwa 1574 weiter ausbaute, bekam er es dort mit Theologen zu tun, die ihre Ausbildung wesentlich im lutherischen Ausland erhalten hatten. Von diesem konfessionell gefestigten Standpunkt aus konnten sie für seine katholisch anmutenden liturgischen Reformen in der zweiten Hälfte der 1570er-Jahre äußerst wenig Verständnis aufbringen. Daher bietet die Universität Uppsala in dieser Phase ein Beispiel dafür, wie sich Theologieprofessoren gegen die Religionspolitik ihres Landesherrn stellten und dabei Sanktionen, die bis zum Verlust ihrer Ämter reichten, in Kauf nahmen. Ähnliche Konstellationen lassen sich etwa in der rigorosen Zurückweisung der von Landgraf Moritz von Hessen-Kassel im reformierten Sinn vorgenommenen Umstrukturierungen durch die lutherischen Marburger Theologieprofessoren Winckelmann und Mentzer (1605) erkennen. Die Universität Uppsala stand in einem derartigen Abhängigkeitsverhältnis zum Mo narchen, dass der Entzug seiner Unterstützung ihre Schließung um 1580 besiegelte. Ein Entwurf für Universitätsstatuten, der dieser Institution zugeordnet werden kann, zeigt, dass das darin vorgestellte Universitätsmodell mit den klar definierten Einflussmöglichkeiten des Herrschers z. B. auf die Besetzung der Lehrstühle und mit einer konfessionellen Orientierung u. a. am Augsburger Bekenntnis den 1 Kaufmann, Konfession, 305.
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reorganisierten bzw. neugegründeten lutherischen Universitäten im Alten Reich nicht unähnlich sein sollte. Lässt sich zur Wiedererrichtung der schwedischen Universität durchaus ein zeitlich parallel verlaufender Vorgang in der lutherischen Bildungslandschaft des Alten Reiches beobachten – die Helmstedter Universität wurde 1576 eröffnet –, so besteht eine schwedische Eigentümlichkeit doch darin, dass Johan mit der Gründung eines Kollegs für höhere Bildung in Stockholm (1576) letztlich eine Konkurrenzinstitution zu seiner eigenen Universität einrichtete, sowohl was das Bildungsangebot als auch was die (verdeckte) konfessionelle Orientierung angeht. Die zweite Phase universitärer Wirksamkeit nach diesem kurzen Intermezzo wurde durch das Uppsala möte (1593) eingeläutet. Bezeichnend für die neuerliche Wiedereröffnung der Hochschule in Uppsala ist, dass ehemalige Professoren des eben genannten Stockholmer Kollegs wesentlich daran beteiligt waren (und auch als Lehrer an diese berufen wurden). Dieser Umstand deutet bereits an, dass die Universität Uppsala bei ihrem zweiten Reaktivierungsversuch im 16. Jahrhundert keineswegs den Charakter einer landesherrlichen Bildungsinstitution aufwies wie noch unter Johan III. Ihre Wiedererrichtung verdankte sich nicht dem König, sondern den gemeinsamen Bemühungen von Klerus, Professorenschaft, Herzog Karl und Reichsrat. Darum ist verständlich, warum sie geradezu als symbolischer Ausdruck für die konfessionelle Gesinnung Schwedens gegen die Ansprüche des rechtmäßigen, katholischen Thronfolgers Sigismund von Polen konzipiert wurde. In den Universitätsprivilegien von 1595 und ihren Vorarbeiten wurde dem König dementsprechend ein marginaler Einfluss auf die Lehranstalt zugestanden; das sich hieraus ergebende Machtvakuum glichen in erster Linie kirchliche Instanzen aus, vorrangig das bischöfliche Kollegium. Somit stößt man bei der zweiten Gründungsinitiative am Ende des 16. Jahrhunderts auf eine bekenntnismäßig dezidiert evangelische Universität, in deren Organisationsform sich jedoch mittelalterliche Strukturen fortsetzten. Wurde die Universität in Uppsala mit ihrer Wiedereröffnung 1595 als eine dauerhafte Bildungsinstitution im schwedischen Königreich etabliert, so legen die Veränderungen, die sie in ihrer weiteren Entwicklung erfuhr, nahe, eine dritte Wirkungsphase abzugrenzen. Diese dritte Phase wurde mit den umfassenden Reformen im schwedischen Bildungswesen durch Gustav II. Adolf seit etwa 1620 eingeleitet, in deren Verlauf die Universität einen erheblichen Aufschwung erfuhr. Aus organisatorischer Sicht stellen die Einrichtung einer vierten Professur an der theologischen Fakultät (1621) und die Verleihung neuer Universitätsprivilegien (1625) und -statuten (1626) entscheidende Etappen dar. Der Einfluss des bischöflichen Kollegiums wurde nun deutlich zurückgedrängt, wobei gewissermaßen als Relikte die Besetzung des Prokanzleramtes durch den Erzbischof und die Mitgliedschaft der Theologieprofessoren im Domkapitel bestehen blieben. Der König sicherte sich selbst größere Einflussmöglichkeiten. Die verstärkte Präsenz kirchlicher Leitungsinstanzen bei der Regelung universitärer Angelegenheiten von der Mitte der 1590erbis zur Mitte der 1620er-Jahre ist somit als eine vorübergehende Episode anzusehen,
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denn die schwedische Hochschule wies aus struktureller Sicht nun wieder größere Übereinstimmungen mit den landesherrlich dominierten lutherischen Universitäten im Heiligen Römischen Reich (und in Dänemark-Norwegen) auf. Auffällig ist, dass sich auch an der Kopenhagener Universität, die im Vergleich zum wechselvollen Schicksal der schwedischen Nachbaruniversität im 16. und frühen 17. Jahrhundert eine geradezu gleichmäßige Entwicklung durchlief, in den 1620er-Jahren Reformen ankündigten, denen allerdings nicht die Bedeutung einer grundlegenden Erneuerung zukam wie in Uppsala. So traten 1621 die Novellæ con stitutiones an die Seite der alten Universitätsordnung. Im Jahr 1630 erhielt auch die theologische Fakultät in Kopenhagen eine vierte Professur mit dem Schwerpunkt Dogmatik. Somit kann man in beiden Königreichen in den 1620er-Jahren ein verstärktes Interesse am höheren Bildungswesen beobachten. Die Universität Uppsala erreichte in diesen Jahren im Hinblick auf ihre Organisationsstruktur und personelle Ausstattung ein Niveau, das den Vergleich mit der wesentlich früher wiedererrichteten Kopenhagener Lehranstalt nicht scheuen musste. Daraus folgt, dass die Universität Uppsala den durch ihre verspätete Wiedereröffnung bedingten Entwicklungsrückstand gegenüber der Kopenhagener Lehranstalt erstaunlich schnell aufgeholt hat. So möchte man die These wagen, dass die akademischen Verhältnisse in Dänemark-Norwegen, wo das Universitätswesen von einer kurzen Phase intensiver reformatorischer Aktivitäten profitierte und im Anschluss daran gleichmäßig am langwierigen Konfessionalisierungsprozess teilhatte, und Schweden, wo die protestantische Universität nach schleppenden Anfängen in Entsprechung zur ausbleibenden konsequenten reformatorischen Umgestaltung des Landes zwar erst am Ende des 16. Jahrhunderts permanent in der Gesellschaft verankert wurde, unter Gustav II. Adolf in den 1620er-Jahren jedoch gleichsam eine Phase verdichteter Konfessionalisierung erlebte, um 1630 zu einem Ausgleich gekommen waren. Die 1620er-Jahre markieren aber nicht nur einen Berührungspunkt in der Universitätsgeschichte beider skandinavischer Monarchien. Sie stellen zugleich einen Wendepunkt dar, da das mit der Niederlage im Dreißigjährigen Krieg eingeläutete Ausscheiden Dänemark-Norwegens aus dem Kreis der bestimmenden Ostsee-Mächte und der zeitgleich einsetzende Aufstieg Schwedens zu einer ernstzunehmenden politischen Größe im europäischen Kontext zumindest indirekt auch Auswirkungen auf das höhere Bildungswesen in beiden Ländern hatte, z. B. was das politische Interesse an Bildungsfragen betrifft, die zur Verfügung stehenden Ressourcen oder die den Lehranstalten zuteilwerdende Aufmerksamkeit von Seiten ausländischer Akteure. Dieser kurze Rückblick auf die strukturellen Rahmenbedingungen der skandinavischen Universitäten Kopenhagen und Uppsala verdeutlicht, dass die schwedische Hochschule aus dieser Perspektive insbesondere in ihrer zweiten, aber auch noch in ihrer dritten Wirkungsphase bemerkenswerte Eigenheiten aufwies. Der 1539 in Kopenhagen entworfene Universitätstyp fügt sich dagegen ziemlich nahtlos in die aus dem Alten Reich bekannten Muster ein. Dabei ist bemerkenswert, dass im Fall der dänischen Universität eine zunehmende räumliche wie politische Distanz zu
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den reformatorischen Universitätszentren des Heiligen Römischen Reiches nicht zwangsläufig damit einherging, dass die von dort ausgehenden Impulse mit einer größeren zeitlichen Verzögerung aufgenommen wurden. Stattdessen weisen die frühe obrigkeitliche Einführung eines obligatorischen Universitätsaufenthalts für angehende Pfarrer (1569) oder auch die bereits 1603 nachzuweisende Anordnung, regelmäßig Vorlesungsverzeichnisse zu drucken, darauf hin, dass die Kopenhagener Universität keineswegs von vornherein als eine ‚periphere‘ Universität anzusehen ist. Im schwedischen Nachbarland konnte sich die königliche Macht im Untersuchungszeitraum hingegen keinen direkten Zugriff auf die Pfarrausbildung durch die Einführung eines verpflichtenden Universitätsaufenthalts oder einer universitären Abschlussprüfung sichern. Dies stellt eine Besonderheit des schwedischen Bildungswesens dar. In diesem Punkt gingen beide Königreiche diametral entgegengesetzte Wege, was ein deutlicher Beleg dafür ist, dass der skandinavische Kulturraum durchaus markante Unterschiede in der Ausgestaltung des Bildungswesens aufwies. Betrachtet man nun die konkreten Inhalte des theologischen Unterrichts an den nordischen Universitäten, überwiegen die Gemeinsamkeiten in der grundsätzlichen Ausrichtung der Lehre an lutherischen Universitäten, auch wenn Unterschiede im Detail den theologischen Fakultäten in Kopenhagen und Uppsala ein eigenes Profil verleihen. Die thematische Aufteilung der Professuren in den Universitätsordnungen lassen in Übereinstimmung mit den Angaben in den Vorlesungsverzeichnissen keinen Zweifel daran, dass auch an den beiden skandinavischen Universitäten dem reformatorischen Ideal entsprechend die vornehmliche und vornehmste Aufgabe der Theologieprofessoren in der Auslegung biblischer Schriften gesehen wurde. Die Kopenhagener Universitätssatzungen von 1539 wiesen Luther und M elanchthon als die maßgeblichen Autoritäten in Fragen der theologischen Lehre aus. Die Dogmatik, die sich seit den 1620er-Jahren an den Fakultäten ähnlich wie an den Universitäten im Alten Reich als eigenständiges Lehrfach etablieren konnte, war dagegen mit der Einstiegsprofessur verbunden. In der dogmatischen Unterweisung lässt sich anhand der überlieferten Quellen zumindest für Uppsala festhalten, dass man sich an Lehrbüchern theologischer Autoritäten aus dem Alten Reich orientierte (z. B. Dieterich, Hutter, König), wobei der exklusive Rückgriff auf Hafenreffers Loci theo logici in den Vorlesungen des vierten Professors für die schwedische Universität charakteristisch ist. Die Rezeption einheimischer Autoren tritt klar hinter dem Rekurs auf derartige ausländische theologische Schriften zurück. Eine Ausnahme kann in Jesper Brochmands dogmatischem Werk gesehen werden, das allem Anschein nach an beiden skandinavischen Hochschulen im Unterricht berücksichtigt wurde. Diese seit den reformatorischen Anfängen grob vorgezeichnete Ausrichtung der öffentlichen Lehre der ordentlichen Theologieprofessoren erlebte im Untersuchungszeitraum keine grundsätzlichen Änderungen. Dass die Confessio Augustana allmählich einen integralen Bestandteil des Lehrprogramms theologischer Fakultäten im Alten Reich bildete, lässt sich auch in Kopenhagen und Uppsala beobachten.
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Allerdings ist der spät einsetzende Bezug auf andere Bestandteile des Konkordienbuchs in Uppsala, der in den 1670er- und 1680er-Jahren im Zusammenhang einer allgemein erkennbaren konfessionellen Zuspitzung steht, als eine im Kontext des internationalen Luthertums eher unzeitgemäße Besonderheit der dortigen theologischen Fakultät zu betrachten. Der Blick auf die privaten Lehrveranstaltungen bzw. die Vorlesungen der ‚überzähligen‘ Theologieprofessoren in Uppsala hat erahnen lassen, dass das wahre Innovationspotential des theologischen Lehrprogramms hier zu finden ist. Dass in den Lehrveranstaltungen der Theologieprofessoren auf die Bedürfnisse angehender Pfarrer Rücksicht genommen wurde, spiegelt sich an beiden skandinavischen Universitäten am stärksten in der Einführung von Predigtkollegs wider, wie sie auch an anderen lutherischen Universitäten anzutreffen waren. Die artistischen und theologischen Fakultäten blieben während des gesamten Untersuchungszeitraums eng miteinander verbunden. Davon legt nicht nur der Karriereweg zahlreicher Theologieprofessoren Zeugnis ab, die vorher an der artistischen Fakultät tätig gewesen waren, sondern dies wird auch an dem Umstand sichtbar, dass sogar die theologischen Stipendiaten in Uppsala gleichzeitig an beiden Fakultäten studierten. Im Prüfungswesen bildet sich die Verschränkung beider Fakultäten besonders eindrücklich ab. Auf den ersten Blick scheinen erneut zwei gegensätzliche Entwicklungen vorzuliegen, wenn in Uppsala 1655 eine theologische Vorprüfung für angehende philosophische Magister und in Kopenhagen 1675 eine philosophische Vorprüfung für angehende Pfarrer eingeführt wurde. Wenn man bedenkt, dass in Schweden trotz oder gerade wegen fehlender gesetzlicher Normierungen der akademische Magistertitel noch im 17. Jahrhundert die Eintrittskarte in den besser besoldeten kirchlichen Dienst darstellte, lässt sich auf den zweiten Blick hinter diesen Maßnahmen ein durchaus vergleichbares Verständnis davon erkennen, welches Bildungsideal ein Pfarrer erfüllen sollte. Dieser sollte nämlich gleichzeitig philosophisch und theologisch gebildet sein, geleitet von der Auffassung, das eine ohne das andere nicht adäquat betreiben zu können. Dieser knappe Überblick über die strukturelle Formierung der skandinavischen Universitäten und die ihrer theologischen Unterweisung zugrundeliegenden Konzepte belegt, dass sich beide Institutionen mit der lutherischen Hochschullandschaft im Heiligen Römischen Reich durchaus vergleichen lassen. Während sie in ihren rechtlichen Rahmenbedingungen aber einige Eigentümlichkeiten aufweisen, mit denen sie eigene Akzente im lutherischen Universitätswesen setzen, macht sich in der inhaltlichen Ausrichtung des Unterrichts eine starke Rezeption von Lehrtraditionen aus den reformatorischen Zentren im Alten Reich bemerkbar. Will man das akademische Luthertum in seiner internationalen Dimension angemessen würdigen, liegt im Rahmen dieser Untersuchung die Frage nahe, inwiefern zwischen den dänischen und schwedischen Theologieprofessoren Kontakte bestanden. Dass mit Jesper Brochmand nachweislich das Werk eines dänischen Theologen in Uppsala wahrgenommen wurde, stellt anscheinend die Ausnahme dar. Verbindungen zwischen dem theologischen Milieu in Kopenhagen und in Uppsala sind im Verlauf dieser Studie nur an wenigen Stellen aufgeblitzt. Dass sich die theo-
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logischen Eliten beider Königreiche bis zu einem gewissen Grad persönlich gekannt haben müssen, ist aber zu vermuten. Denn ein Aufeinandertreffen beider Gruppen im Rahmen der peregrinatio academica an ausländischen Universitäten war wohl kaum zu vermeiden, auch wenn das Reisetagebuch von Erik Benzelius keinen Zweifel daran lässt, dass man sich in erster Linie an die Studenten aus dem eigenen Land hielt, wenn man in eine neue Universitätsstadt kam. Sowohl Benzelius’ Reisetagebuch als auch Carl Lithmans Stammbuch belegen jedoch, dass schwedische Studenten auf ihrer Reise ins Alte Reich Kopenhagen nicht unbedingt mieden, sondern die Gelegenheit mitunter nutzen konnten, um die Universität vor Ort und die neuesten architektonischen Errungenschaften zu inspizieren oder sich den dortigen Gelehrten vorzustellen. Briefliche Kontakte zwischen dänischen und schwedischen Theologieprofessoren konnten im Rahmen dieser Arbeit aber nicht aufgezeigt werden in Übereinstimmung mit den politischen Verhältnissen, die freundschaftliche Verbindungen zwischen den führenden Theologen beider Königreiche auch nicht erwarten lassen. Das Beispiel des Kasseler Religionsgesprächs hat jedoch auf eine Gelegenheit hingewiesen, bei der man sich in Schweden in der Interaktion mit dem lutherischen Ausland durchaus am Vorgehen der dänischen Kollegen orientierte, wobei der Bischof von Lund als ‚Neu-Schwede‘ mit Kontakten nach Kopenhagen als Drehpunkt dieses Informationsflusses identifiziert werden konnte. Auch wenn sich somit auf der Ebene der persönlichen Kommunikation kein Austausch zwischen den Theologen beider Königreiche abzeichnet, lässt sich nicht leugnen, dass offenbar das Bewusstsein einer ideellen Zusammengehörigkeit und einer gemeinsamen strukturellen Andersartigkeit gegenüber den Territorien des Alten Reiches bestand. Dies zeigt sich sowohl in der Argumentation zwischen der theologischen Fakultät in Uppsala und dem Universitätskanzler De la Gardie über den Leitungsanspruch des sächsischen Kurfürsten unter den Lutheranern als auch in Benzelius’ Darstellung der Reformationsgeschichte in den skandinavischen Ländern. Im Gegensatz zum Schweigen zwischen dänischen und schwedischen Theologieprofessoren konnten jedoch vertikal verlaufende Kommunikationswege offengelegt werden. So bestand unzweifelhaft ein Austausch zwischen den dänischen Theologen auf der einen Seite, den schwedischen Theologen auf der anderen Seite und ihren Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich. Wie intensiv ein solcher Dialog ablaufen konnte, zeigen die zahlreichen Briefe, die die Wittenberger Theologen während der Kriegsjahre an Jesper Brochmand schickten. Die untersuchten Briefe von Abraham Calov an Carl Lithman stehen beispielhaft für einen Kontakt, der initial auf einer persönlichen Begegnung während gemeinsamer Studienjahre fußte. Auch die Briefsammlung von Erik Benzelius legt die Vermutung nahe, dass aus einer peregrinatio academica resultierende Bekanntschaften in späteren Berufsjahren gepflegt wurden, wie auch Odhelius’ Briefe an Stigzelius in Bezug auf die Helmstedter Theologen andeuten. Odhelius’ Briefe von seiner Bildungsreise beschreiben, wie spätere Schüler gezielt auf die akademischen Kontakte zurückgriffen, die ihre Lehrer früher auf ihrer peregrinatio academica geknüpft hatten. Den Studienreisen der späteren Theologieprofessoren, die im Zusammenhang dieser Untersuchung
Schluss
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von besonderem Interesse waren, lassen sich demnach mehrere Funktionen zuordnen: Erstens dienten sie den angehenden Professoren dazu, sich im akademischen Milieu an den ausländischen Universitäten zu orientieren und vorzustellen. Zweitens erfüllten die Studienreisen den Zweck, den Horizont der Studierenden zu erweitern, nämlich durch gelehrte Gespräche, durch die mit dem Reisen durch fremde Gebiete überhaupt verbundenen Eindrücke und schließlich durch vertiefende Studien an ausgewählten Universitäten. Drittens hatten diese Bildungsreisen konkret den Austausch von Neuigkeiten zum Ziel, sei es, indem Studierende die Gelehrten im Heiligen Römischen Reich über die Verhältnisse in der Heimat unterrichteten, oder sei es, indem Studierende den zurückgebliebenen Lehrern von aktuellen politischen oder ideengeschichtlichen Entwicklungen im Alten Reich Bericht erstatteten. In dieser Untersuchung lag der Fokus auf den (späteren) Theologieprofessoren und ihren Beziehungen zum universitären Milieu des Heiligen Römischen Reiches, sodass nur ein bestimmter Ausschnitt des internationalen gelehrten Netzwerks beleuchtet werden konnte, in das die skandinavischen Akademiker offenbar eingebunden waren. Die gewählte Fragestellung schließt daher nicht aus, dass die Beschäftigung mit anderen wissenschaftlichen Berufsgruppen, man denke hier in erster Linie an Mediziner oder Juristen, auf andersartige Tendenzen in den Kommunikationsstrukturen oder auf abweichende geographische Schwerpunkte stoßen könnte. In der Frage, wie sich die skandinavischen Theologieprofessoren in der Interaktion mit den Kollegen aus dem Heiligen Römischen Reich verhielten, erwecken die untersuchten Fälle, in denen die nordischen theologischen Fakultäten um ihre Stellungnahme zu theologischen Konflikten im Alten Reich gebeten wurden, insgesamt den Eindruck, dass ein zurückhaltendes und vorsichtiges Agieren in enger Abstimmung mit den politischen Machthabern für die Vorgehensweise der Theologen in Kopenhagen wie Uppsala kennzeichnend ist. Sowohl bei den hier nachverfolgten innerschwedischen als auch ausländischen Auseinandersetzungen handelten die Theologen in Uppsala behutsam und wenig eigenverantwortlich. Stets bemühten sie sich, Rücksprache mit dem Erzbischof oder anderen hochstehenden geistlichen Würdenträgern zu halten und den Kanzler bereits in einem frühen Stadium einzubinden. Dennoch wurden sie von letzterem getadelt, als sie ein vermeintlich harmloses Antwortschreiben an die Wittenberger Theologen ohne vorherige Erlaubnis des Kanzlers verschickten. Politisches Kalkül und theologische Erwägungen erscheinen hier aufs Engste miteinander verflochten, wobei der Primat dem Staatsinteresse zukam. Die Beschäftigung mit den beiden ältesten skandinavischen Hochschulen hat die Prägekraft, aber auch den Facettenreichtum des Luthertums über die Grenzen des Alten Reiches hinaus offengelegt. Leistung und Grenzen des ursprünglich wesentlich in Wittenberg konzipierten Bildungsprogramms für lutherische Universitäten wurden im Hinblick auf seine Aufnahme und Anpassung an ausländischen Institutionen aufgezeigt. Wie das Fehlen einer stabilen lutherischen Herrschaft und eng damit zusammenhängend das Ausbleiben einer konsequent vollzogenen
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Schluss
reformatorischen Umgestaltung des Landes eigentümliche Konstellationen im Universitätswesen beförderte, hat das Beispiel aus Uppsala eindrücklich veranschaulicht. Wie eine funktionsfähige Universität als unentbehrliches Instrument im Prozess der Transformation eines Landes im lutherischen Sinn angesehen werden konnte, hat das Beispiel aus Kopenhagen belegt. So trägt die vorliegende Untersuchung nicht zuletzt dazu bei, das Bewusstsein für die Notwendigkeit genauerer Differenzierungen innerhalb des skandinavischen Kulturraums zu schärfen. Denn dieser wies trotz eines gemeinsamen, stetigen Grundkonsenses unterschiedliche Gestalten lutherischer Konfessionskultur auf, die in Abhängigkeit von den jeweiligen politischen Rahmenbedingungen mal kleinere, mal größere Gemeinsamkeiten miteinander und zu den im Alten Reich vorhandenen Ausprägungen des Luthertums an den Tag legten. Ein noch differenzierteres Bild würde sich ergeben, wenn man die regionalen Unterschiede innerhalb beider Länder stärker berücksichtigen oder den Fokus auf andere Institutionen oder Traditionen legen würde, in denen sich die internationale Gestaltungskraft des frühneuzeitlichen Luthertums abzeichnen kann. Die untersuchten Bildungsreisen und Kontakte skandinavischer Theologieprofessoren in das Heilige Römische Reich haben vor Augen geführt, dass das höhere Bildungswesen Europas in der Frühen Neuzeit, lange vor den studentischen Mobilitätsprogrammen der Gegenwart, von einer ausgeprägten internationalen Durchlässigkeit gekennzeichnet war. Insgesamt gesehen kann diese Durchlässigkeit als eine unabdingbare Voraussetzung dafür gelten, dass mit der Wiedererrichtung der Universitäten in Kopenhagen und Uppsala auch der Siegeszug des Luthertums im europäischen Norden sichergestellt wurde. Dass diese vielfältigen Möglichkeiten der Partizipation an geistesgeschichtlichen Entwicklungen den skandinavischen Gelehrten darüber hinaus ein hohes Maß an kultureller Sensibilität und Offenheit, ein ausgeprägtes Konfliktbewusstsein und besondere diplomatische Fähigkeiten vermittelt haben, dürfte nach der vorliegenden Untersuchung außer Frage stehen.
6. Summary
This study focusses on the development and history of the Theological Faculties of the two oldest Scandinavian Universities – Uppsala and Copenhagen – from 1530 to the 1680s. It traces the development of Scandinavian Protestant Theology as an academic discipline during the Early Modern period and the role assumed by its adherents within the context of German-speaking Lutheranism. Although established within only two years of each other, the differences in the development of the Universities of Uppsala (established 1477) and Copenhagen (established 1479) in the sixteenth and seventeenth centuries could not have been more pronounced. Chapter one traces the re-establishment within the course of the Reformation of the Universities of Copenhagen and Uppsala as Protestant institutions. Analysis of the normative documents – university privileges, statutes and royal letters – establishes the new legal context in which the institution operated and which established the constraints under which the theologians of the newly-reformed faculty worked. Many aspects of the situation at the University of Copenhagen are reminiscent of conditions in German universities. It is clear that a number of impulses regarding university reform emerging from the Holy Roman Empire were adopted very quickly in Copenhagen, above all in the move to assume responsibility for the training of Church ministers, which was established as an occupation requiring university training as early as the 1560s. In contrast, the post-Reformation development of the University of Uppsala was unique within Europe. As the university was closed in the early sixteenth century and re-established on a permanent footing as late as 1595 (the short experiment under King John III proved only to be an interlude), Sweden lacked a functioning university for large stretches of the period in question. Remarkable in itself, the effects of this situation were felt until well into the 17th century. Under these circumstances, pastoral training remained the responsibility of the various dioceses. Chapter two focusses on the curriculum and teaching of the universities, tracing the composition of the student body and the development of the theological syllabus. This chapter concentrates primarily on the public lectures held in the theological faculty with a secondary interest in the private classes. To this end, the study evaluates the evidence from the course lists to determine the topics of instruction and the length of the lectures. This approach also brings an insight into the content of the private courses and the topics addressed by the non-tenured faculty members. Both institutions established biblical exegesis as the preserve of the most senior tenured professors, whereas doctrinal theology (which only achieved disciplinary autonomy slowly in Denmark) was a matter for younger scholars. The course catalogues from Uppsala and other supporting evidence illustrate the development of the various divisions of modern Theology, although it should be noted that Church
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Summary
History established itself as a separate pursuit in addition to Biblical exegesis at a relatively early point. A particular interest of this chapter was the extent to which the relatively confessionally homogenous Scandinavia integrated theological controversies in the instruction of Dogmatics. Chapter three examines the Scandinavian professors of theology teaching at the two universities and their relative position within the context of international (i. e. German) Lutheranism. In view of the widely-observed Peregrinatio acade mica of Nordic theology students to continental European institutions of academic training, this study investigates the mobility of those students who later pursued an academic career. The chapter uses the student travel diary of Erik Benzelius the elder (who later advanced to become both an Archbishop and professor of Theology at Uppsala) to give an exemplary insight into the peripatetic Scandinavian student body. Further evidence is drawn from the letters sent by students studying in Germany to their home professors to provide an impression of the extent to which the senior academics remained abreast of current Lutheran developments and debates within Germany through their students. This chapter also addresses the extent of the direct contacts between these theologians and their colleagues in the Empire. Such contacts are manifested in the surviving correspondence between various Wittenberg theologians and the Dane Jesper Brochmand, and between Abraham Calov and the Swede Carl Lithman. The study also examines the penchant amongst German theologians for involving their Scandinavian colleagues as arbitrators in German theological disputes. Such contacts between German and Danish Lutheranism were established at an early stage in the Reformation; recourse to Swedish authorities was first made during the syncretistic controversy. Taking a comparative approach to its subject, this study seeks to contrast the development of university-based Lutheranism both within two Scandinavian polities and with the Empire, in an attempt to establish the peculiarities of Swedish and Danish Lutheran confessional culture. This is underpinned by the wider question as to the impact on the Higher Education landscape of the differing political and cultural contexts of Scandinavia and Germany, and in particular, the absence of rival confessions within Denmark and Sweden.
Abkürzungsverzeichnis Die Abkürzungen entsprechen dem Abkürzungsverzeichnis der RGG4. Weiterhin werden folgende Abkürzungen verwendet: GThF JHB LStRLO
Greifswalder theologische Forschungen Jahrbuch für Historische Bildungsforschung Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie MBW.T Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Abt. Texte NKHS Ny kirkehistoriske Samlinger R5AS Refo500 Academic Studies SBL Svenskt Biografiskt Lexikon SMHR Spätmittelalter, Humanismus, Reformation VD 16 Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts VD 17 Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts
Abkürzungen für dänische bzw. schwedische Bibliotheken und Archive: Dänemark
KBKph KUA / HF KUA / KA KUA / TF
Schweden KBSt KUU LiSt LUA / TF LUB UDk UUA / KA UUA / TF UUB
Det Kongelige Bibliotek (Kopenhagen) Københavns Universitets Arkiv / Det Humanistiske Fakultet Københavns Universitets Arkiv / Konsistoriets Arkiv Københavns Universitets Arkiv / Det Teologiske Fakultet
Kungliga Biblioteket (Stockholm) Kanslerämbetet för Uppsala Universitet Stiftsbibliotek Linköping Lunds Universitets Arkiv / Teologiska Fakulteten Lunds Universitetsbibliotek Uppsala Domkapitel (I) Uppsala Universitetsarkiv / Kansliarkivet Uppsala Universitetsarkiv / Teologiska Fakulteten Uppsala Universitetsbibliotek
Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Kopenhagen Det Kongelige Bibliotek
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Københavns Universitets Arkiv / Det Humanistiske Fakultet
Filosofisk eksamen: Hovedkarakterprotokol (14.10.1675–15.05.1688), 3511–01.
Københavns Universitets Arkiv / Det Teologiske Fakultet
Forhandlingsprotokol 1684–1776, 3101–01. Teologisk embedseksamen: Karakterprotokol 1669–1754, 3109–01.
Københavns Universitets Arkiv / Konsistoriets Arkiv
Indkomne sager, cirkulærer og koncepter 1549–1910. 1657–1660, 1212–04.
Linköping Stiftsbibliotek
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Lund Lunds Universitets Arkiv / Teologiska Fakulteten
Protocollum collegii vel facultatis theologicæ in Academia Gothorum Carolina ab anno 1684, A 3:1.
Lunds Universitetsbibliotek
Collegium Analytico-Disputatorium super dicta Sacrae Scripturae à B: Köningio in Theologia positiva citata, inceptum anno 1674 d. 24. Septembris … a Petro Holm …; et quantum inter lectio-
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Uppsala Universitetsbibliotek
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Ortsregister Aarhus 139 f, 187 Åbo (auch Universität) 102, 117 f, 123, 155, 201, 213, 217, 261, 301, 308, 311–315, 325, 329 Altdorf (auch Universität) 236, 255 Augsburg 238, 294 Basel (auch Universität) 28, 36, 46, 230 Belgien 143, 234, 258 Berlin 279, 283 f, 302 Bologna (auch Universität) 29 Bonn 238 Brandenburg 158 Braunsberg 78, 232 Braunschweig 235, 238, 280, 302 Breslau (auch Akademie) 248 Dillingen (auch Universität) 122 Dorpat (auch Universität) 102, 117, 184, 232 Dresden 120, 237, 280 Durlach 262 England 143, 237 f, 258, 260 f, 292 Erfurt (auch Universität) 255 Färöer 11, 144 f Finnland 11, 217, 229, 231, 302, 308, 314 Franeker (auch Universität) 230, 237, 251 f, 267 Frankfurt am Main 123, 236, 238, 245, 250, 255 f, 275, 324 Frankfurt an der Oder (auch Universität) 13, 31, 49, 53, 285 Frankreich 143, 237 f, 258, 260 Freiburg (auch Universität) 28 Genf (auch Akademie) 13, 227, 292 Gießen (auch Universität) 29, 238 f, 242, 244 f, 267 f, 324, 326 Göteborg 181 Greifswald (auch Universität) 12, 28 f, 32, 36, 49, 53, 103, 117, 120, 122, 182, 192, 229 f, 232, 237 f, 244, 250, 265, 299, 304, 324 f Hadersleben 34, 36
Halberstadt 259, 278 Hamburg 184, 238, 260 f, 266 f, 293–295, 297 f, 328 f Härnösand 117, 194, 217 Heidelberg (auch Universität) 12 f, 46, 49, 53, 120, 230, 237–239, 242, 244 f Helmstedt (auch Universität) 46, 53, 120, 122, 134, 137, 171, 203, 230, 235–240, 244, 253–260, 263 f, 267, 278–280, 282, 288, 291, 316, 318, 320, 322, 327–329, 334, 338 Herborn (auch Hohe Schule) 13, 122 Holland 252, 258, 260 Holstein 11, 28, 229 f, 247, 293 Ingolstadt (auch Universität) 28 Island 11, 229 Italien 167, 237 f, 258, 261 Jena 12, 29, 53, 90, 122, 157, 169, 230, 235 f, 238 f, 241, 244 f, 254 f, 280, 326 Kassel (auch Religionsgespräch) 155, 243, 262, 264, 278 f, 287, 299–303, 305 f, 314–317, 322, 325 f, 329 f, 333, 338 Kiel (auch Universität) 229 f, 267, 284, 316 f, 319, 322, 325, 329 f Köln (auch Universität) 32, 109, 238 Königsberg (auch Universität) 46, 49, 53, 78, 101, 143, 232 f, 254, 267, 277–282, 290, 299, 327 Kristianstad 183 Kursachsen 240, 252, 259, 269, 272, 280, 288, 292 f, 308, 311 f, 315 f, 327, 329, 332 Leiden (auch Universität) 122, 229, 237 f, 242, 244, 267, 316 Leipzig (auch Universität) 12, 29, 49, 53, 123, 156, 228, 230, 235–241, 244 f, 249, 254 f, 259, 267 f, 275, 277, 280, 290, 292, 299, 303, 317, 326 f Linköping 22, 117, 217, 265, 267 Livland 302 London 238, 242, 274, 292 Löwen (auch Universität) 33 Lübeck 37, 267
368
Ortsregister
Lund (auch Universität) 24, 31, 35, 57 f, 102, 115, 117 f, 123, 143 f, 173, 181–195, 201, 223, 229, 310, 329, 338 Lüneburg 280 Magdeburg 238, 294, 297 Mainz (auch Universität) 28, 258 Malmö 34 f, 181, 183 Marburg (auch Universität) 12 f, 36, 46, 53, 69, 155, 235, 238–240, 243–245, 262, 301, 303, 306 f, 311 f, 314, 329, 333 Mecklenburg 14, 55, 62, 117 f, 233, 293 Niederlande 60, 164, 229, 232, 237 f, 326 Norrköping 88, 112 Norwegen (ohne Dänemark-Norwegen) 16, 27, 70, 140 f, 229 Nürnberg (auch Universität) 90, 238, 269 Odense 42 Örebro 66, 231 Orléans 230 Oslo 140 Padua 229 Paris (auch Universität) 29 f, 33, 228, 238, 242, 245 Polen 28, 76, 81, 85, 93, 111, 231, 334 Pommern 189, 192, 233, 265, 299, 324 Prag (auch Universität) 29, 228 Preußen 120, 167, 279, 281, 289, 302 Regensburg 238, 269, 280 Ribe 55, 142, 144 Ringkøbing 142 Rinteln (auch Universität) 155, 242, 262, 264, 301–304, 306–308, 311–314, 316, 322, 326 f, 329 Rom 75, 227, 261 Roskilde 28, 57 f, 62, 110, 142 f, 181, 229 Rostock (auch Universität) 12–14, 20, 29, 32 f, 46 f, 49, 53, 56, 58, 66, 118, 122, 124, 134, 137, 143, 173, 228–230, 232, 235, 237 f, 244, 248, 250, 277 f, 283, 287, 290, 303, 324, 328 Russland 28, 93, 217 Sachsen 233, 257 f, 260 Schleswig 11, 36, 229 f Schonen (Skåne) 28, 119, 180–184, 310
Schweiz 164 f, 237 f, 258 Seeland (Sjælland) 37, 45, 48 f, 55, 58, 110, 124, 129, 233, 246, 266, 276, 332 Siena 230 Sorø (auch Akademie) 146 f Stockholm 22, 69 f, 75 f, 78, 80, 82, 85, 97, 111, 152, 173, 198 f, 237, 261, 265, 267, 300 f, 303, 311, 315, 327, 334 Strängnäs 67, 69, 116, 155, 162, 175, 217, 263, 267 f, 300, 303, 307, 309 f, 313 Straßburg (auch Universität) 158, 219, 232, 236–240, 242, 245, 250, 253, 255–264, 287, 327 Stuttgart 152 Tartu, s. Dorpat Thorn 278 f Trier (auch Universität) 28 Tübingen (auch Universität) 12, 28 f, 53, 91, 135, 152, 236, 238–240, 242, 255, 261, 266, 324 Turku, s. Åbo Ungarn 241, 302 Uppland 206, 217 Utrecht 190, 238 Västerås 22, 66, 75, 82, 90, 112, 116, 166, 198 f, 217, 265, 300 Växjö 117, 217 Viborg (in Dänemark oder Russland) 34, 217, 247, 261, 308 Waldeck 243 Wien (auch Universität) 91 Wittenberg (auch Universität) 11–13, 20, 29, 33, 37, 41, 43 f, 46–49, 51–53, 55 f, 61, 65–69, 71, 90, 110, 120, 122, 143, 155 f, 166, 168, 172, 177, 190, 216, 226–230, 235–240, 242, 244, 246–252, 254 f, 259, 263–278, 280–285, 287 f, 290, 292 f, 297–299, 301–316, 318 f, 321, 325–329, 332, 338 f, 342 Wolfenbüttel 238 Württemberg 55, 152 Würzburg (auch Universität) 90 Zerbst 250 Zürich 165, 260
Personenregister Aepinus, Johannes 293–299, 328 Agricola, Mikael 11 Alberti, Valentin 241 Albrecht von Preußen (Herzog) 289 Anabaptisten 132 f, 275, 306 Andreae, Abraham (Angermannus) 76 Andreae, Laurentius 66, 167 Aslaksen, Cort 19, 130–132, 266 August von Sachsen (Kurfürst) 44, 69, 269, 292, 297, 299 Augustin 46, 52, 171 Aurilesius, Niels Pedersen 140 Aurivillius, Petrus 156, 160, 205 f, 235 f, 245, 261 Baazius, Joannes 166 f Bacmeister, Lucas d. Ä. 235 Bacmeister, Lucas d. J. 235 Baggerus, Olaus 187, 189–191 Balduin, Friedrich 150, 170, 235, 271 Bång, Petrus Erici 160, 201, 245, 252, 261–264, 287, 303, 327 Bang, Thomas 129, 132, 135 Bartholin, Albert 246–252, 266–268, 271 f, 274, 276, 327 f Bartholin, Bertel 239 Bartholin, Caspar d. Ä. 19, 235, 246, 250, 252, 266, 271 Bartholin, Thomas 239 Bebel, Balthasar 236, 242, 262 f Beckmann, Christian 250 f Bellarmin, Robert 132 Benedicti, Petrus 75 Benzelius, Erik d. Ä. 19, 25, 121, 135, 150–152, 156, 159, 162–168, 171–180, 193, 201–203, 206–209, 211, 217 f, 221–223, 236, 238–246, 253, 261 f, 267 f, 278, 319, 323, 326 f, 330, 338, 342 Bergh, Johannes 219 Billius, Johannes 70 Bircherod, Jens 147 Bircherod, Jens Jensen 132, 146 f Bluhm, Reinhold 245 Bodenstein von Karlstadt, Andreas 33 Boeckler, Johann Heinrich 103, 242 Borrichius, Olaus 146
Bose, Johann Andreas 241 Brahe, Per 311, 329 Brenz, Johann 57, 150 Bringius, Israel 119, 218 Brochmand, Hans Rasmussen 61, 130, 132, 140, 147, 220, 228 Brochmand, Jesper 127 f, 130 f, 135, 170, 207 f, 219, 235, 239, 246–252, 266–277, 287 f, 327 f, 332, 336–338, 342 Brochmand, Rasmus Hansen 132 f Brunnerus, Martin 151, 169, 173, 180 f, 206 f, 211, 217, 219, 317, 322 f Buchner, August 236, 248 f, 251 Bugenhagen, Johannes 37–43, 47, 51–53, 110, 233, 294, 299, 332 Bureus, Johannes 219 Buskagrius, Johannes 219 Calixt, Friedrich Ulrich 259, 279 Calixt, Georg 171, 236, 244, 253 f, 259 f, 278–284, 286–288, 301, 317, 322, 327 Calov, Abraham 216, 226, 235 f, 240 f, 247, 257, 259, 269, 277–288, 305, 314, 316, 322, 324, 328, 338, 342 Cassander, Georg 68 Cellarius, Balthasar 236 Chemnitz, Christian 236, 241 Chemnitz, Martin 153, 207, 241 Christian Albrecht von Schleswig-HolsteinGottorf (Herzog) 317, 322, 330 Christian I. (König) 31, 43, 109 Christian II. (König) 28, 33 f, 120, 166, 271 Christian II. von Sachsen (Kurfürst) 271 Christian III. (König) 16, 20, 22, 33, 36–39, 42 f, 49, 53 f, 56–58, 66 f, 87, 110, 225 f, 252, 289 f, 293–297, 299, 328, 331 f Christian IV. (König) 28, 55, 59, 61–63, 110, 127, 231 f, 273 Christian V. (König) 63 f Christian VI. (König) 65 Christian Wilhelm von Brandenburg (Markgraf) 127, 275 Chrysostomus, Oluf 34 f Chytraeus, David 20, 57, 150, 152, 237 Colberg, Johannes 304, 324 f Comenius, Johann Amos 300
370
Personenregister
Conring, Hermann 236, 316–320, 325 f, 329 Coturius, Julius Caesar 247–249, 252, 272, 274 f, 328 Curtius, Sebastian 243 f, 301 Cyprian, Ernst Salomon 267 Dannhauer, Johann Conrad 236, 242, 256–258, 260–263, 287, 327 Davidsen, Peder 32 De la Gardie, Magnus Gabriel 182, 238, 258, 284 f, 304 f, 307–311, 315, 329, 338 Deutschmann, Johann 236 Dieterich, Conrad 153 f, 156, 159, 173, 207, 221, 336 Dieterich, Johann Conrad 243 Dorsche, Johann Georg 236, 253 f, 256–258, 260, 263, 327 Dreier, Christian 278, 282 Duraeus, Johannes 261, 263, 273 f, 276, 288, 303, 315, 327 f Dürr, Johann Konrad 236 Dybvad, Jørgen 130, 132, 292 Ebermann, Vitus 258 Edenius, Jordanus 119, 154 f, 157, 169, 179, 203, 217–219, 221, 252, 258–261, 264, 303 f, 327 Emporagrius, Erik Gabrielsson 198 f, 234, 261, 300 f, 311, 327 Erici, Jacobus (Stockholmensis) 76, 80 Erik von Pommern (König) 27 Erik XIV. (König) 17, 67 f, 167 f, 228, 237, 333 Faust, Isaak 236, 262, 264, 327 Fenner, Johannes 245 Feuerborn, Justus 241 Fontelius, Petrus 219 Fornelius, Laurentius 219 Foss, Matthias 146 Fossius, Christian 191 f Frederik I. (König) 16, 28, 34, 36 Frederik II. (König) 49, 54, 56–59, 110, 115, 292 f Frederik III. (König) 63 f, 309 Frederik IV. (König) 65 Friedrich von Sachsen (Kurfürst) 33 Friedrich Wilhelm von Brandenburg (Kurfürst) 279, 302 Frimel, Johann 249, 252, 267, 274 f, 328 Gabler, Mathias 33 f
Galle, Peder 166 Gavelius, Petrus 218 Geier, Martin 241 Gerhard, Johann 151, 207, 226, 275 Gerhard, Johann Ernst 176, 236, 241, 244 Giødesen, Jens 139 f Glaß, Salomon 257 Gronovius, Johann Friedrich 238 Großgebauer, Theophil 324 Grotius, Hugo 274 Grubb, Andreas 156, 158, 205 Gustav Eriksson Vasa (König) 17, 28, 31, 66 f, 111, 166–169, 188, 228, 296, 333 Gustav II. Adolf (König) 28, 90, 92–95, 97–99, 102, 112 f, 168 f, 231, 263, 334 f Haberkorn, Peter 242 f Hafenreffer, Matthias 151–154, 156, 159, 169, 173, 206–208, 221, 336 Hahn, Canutus 182, 189 f Hardenberg, Albert 290 Hedwig Eleonora (Königin) 184 Heerbrand, Jakob 152 Heidenreich, Johann 235 Hein, Johannes 301 Heinichen, Johannes 301, 317 Heinrich VIII. (König) 165 Helgesen, Poul 32–35, 166 Hemmingsen, Niels 19, 47, 58, 291–293 Henckel, Johann Georg 243 Hiort, Johannes 190 f, 193 Hoffwenius, Petrus 218 Hofmann, Daniel 235 Holm, Petrus 152, 157, 159, 169, 172–174, 178, 192, 201, 206, 208, 241, 245, 325 Hornejus, Conrad 171, 236, 253–255, 257, 280, 288, 327 Hornejus, Johannes 240, 253 Hottinger, Johann Heinrich d. Ä. 164 f, 193 Hülsemann, Johann 241, 251 f, 254, 257, 259 f, 267, 270–274, 277, 280, 288, 327 f Humerus, Zacharias 211 Hunnius, Ägidius 153, 235 Hunnius, Nikolaus 267, 273 Hussen, Tileman van 37, 40, 233 Hutter, Leonhard 156 f, 159 f, 173, 176, 207, 221, 235, 241, 252, 336 Jesuiten 13, 70, 78, 111, 127, 132 f, 165, 213, 231 f, 248, 252, 258, 272, 274–276, 288, 326, 328 Jodocus, Andreas 235
Personenregister Johan III. (König) 17, 68–71, 74–76, 80, 82, 84 f, 111, 116, 167 f, 188, 228, 231, 237, 290, 333 f Johann Friedrich von Sachsen (Kurfürst) 37, 42 Johann Georg von Sachsen (Kurfürst) 280 Johannis, Olaus 30 Jonae, Petrus (Helsingus) 69, 75 Karl IX. (König) 69, 76–80, 82–84, 86–89, 92, 111–113, 188, 231, 334 Karl V. (Kaiser) 167, 294, 297 Karl X. Gustav (König) 66, 103, 113, 182, 304, 306 Karl XI. (König) 28, 109, 304 Karl XII. (König) 17 Karmeliter 33 f Kenicius, Petrus (Bothniensis) 76, 80, 153 Knudsen, Jakob 131 Kolding, Niels 57 Kolmodin, Israel 153, 156 König, Johann Friedrich 156, 173, 207 Kristina (Königin) 17, 103, 242, 261, 283, 300, 306, 317 Kromayer, Hieronymus 236 Laetus, Erasmus 58 Lange, Samuel 236, 241 Lassenius, Johannes 233 Latermann, Johann 254, 257, 259, 278, 280–282 Laurelius, Olaus 154, 198 f, 211, 215, 300 Laurentsen, Peder 35 Lenaeus, Johannes Canuti 158, 198 f, 283, 300, 319 Lentulus, Cyriacus 243 Leyser, Polykarp d. Ä. 235 Leyser, Wilhelm 236, 247 f, 251 f, 267, 270–272, 276 f, 328 Lithman, Carl 19, 119, 150 f, 161, 172 f, 180, 189, 198, 203, 217 f, 221, 235, 245, 262 f, 269, 277 f, 281–288, 303, 314, 324, 327 f, 338, 342 Liung, Petrus 219 Ljung, Ericus 157, 159, 173 Lombardus, Petrus 151 Longomontanus, Christian 235 Luth, Olaus Jonae 69, 75 Luther, Martin 11, 33, 37, 47, 67, 110, 130, 161, 165 f, 168, 179, 298, 336 Machabaeus, Johannes 233, 289, 294 f, 297, 328
371
Madsen, Poul 58 Magni, Nicolaus 67 Magnus, Johannes 32, 166 Major, Georg 57, 290 Martin V. (Papst) 27 Martini, Cornelius 235 Martini, Jakob 250, 252, 267, 269–272, 276 f Matthiae, Johannes (Gothus) 155, 168, 263 f, 279, 287, 299–301, 303 f, 306 f, 310, 313–315, 319, 327, 329 Mattsson, Eskil 87 f Mayer, Johann Friedrich 267 Meisner, Balthasar 266, 271, 327 Meisner, Johannes 190, 216, 236, 240 Melanchthon, Philipp 11, 20, 37, 41 Mentzer, Balthasar d. Ä. 69, 156, 235, 241, 324, 333 Mentzer, Balthasar d. J. 324 Messenius, Johannes 29, 90 Micrander, Julius 202 Misler, Johann Nikolaus 242 Moritz von Hessen-Kassel (Landgraf) 69, 333 Morsing, Christian Thorkelsen 34, 38–42 Musaeus, Johannes 236, 241, 279 Musaeus, Petrus 301, 322 f, 325, 330 Mylius, Georg 235, 252 Myslenta, Coelestin 254, 280 Nezelius, Olaus 158, 162, 174 Nicolai, Henricus (Gadolenus) 69 Nicolai, Laurentius 70 Nicolai, Melchior 267 Niemann, Sebastian 236, 241 Nold, Christian 128, 135 f, 219 Norcopensis, Andreas 206, 208 Norman, Georg 67, 167 Norrmannus, Laurentius 252 f, 255, 258, 260 Odhelius, Erik 119, 125, 156 f, 165, 179, 211 f, 217 f, 252–258, 260–264, 278, 288, 304, 323, 327, 338 Oelreich, Bernhard 184, 186–188, 190, 223 Olai, Ericus 30 Olai, Nicolaus (Bothniensis) 76, 80 Opitz, Heinrich 267 f Osiander, Andreas 289 Osiander, Johann Adam 236, 242 Oxenstierna, Axel 92, 94, 97, 99, 226, 235 Oxenstierna, Erik Axelsson 170 Palladius, Peder 11, 19, 37, 40, 289, 294–297, 328
372
Personenregister
Papke, Christian 192 Pappus, Johannes 158, 235 Paulinus, Laurentius (Gothus) 116, 153 Pelagius 171, 280 Petri, Laurentius (Gothus) 66, 68 f, 233 Petri, Laurentius (Nericius) 11, 66, 166 f Petri, Olaus 11, 32, 66, 166 f Pfeiff, Daniel 233 Philipp von Hessen (Landgraf) 36 f Photinianer 170, 259, 283 f, 306 Piscator, Johannes 235 Pouchenius, Levin 267 Pufendorf, Samuel 189, 241 f, 245 Quenstedt, Johann Andreas 156 Quistorp, Johannes d. J. 62, 150 Rachelius, Samuel 240 Ragvaldsson, Nils 29 Raith, Balthasar 236 Rango, Conrad Tiburtius 322 Ravius, Christian 103, 219, 283–286, 288, 317 f, 328 Reinhardt, Martin 33 Resen, Hans Hansen 128 Resen, Hans Poulsen 130, 139, 235, 266, 276 Reuden, Ambrosius 235 Rhaw, Balthasar 267 Röber, Paul 255, 267, 270–272, 274, 277, 328 Rosenkrantz, Holger 59, 273 Rudbeckius, Johannes d. Ä. 89 f, 112, 116, 152 Rudbeckius, Johannes d. J. 156 Rudbeckius, Olaus 119, 218 Rudbeckius, Petrus d. J. 19, 149, 154, 157, 159, 161, 172–174, 179, 201, 206, 218, 221, 223 Rudrauff, Kilian 243, 267 f Sadolin, Jørgen Jensen 34 Sascerides, Johannes 57 Saubert, Johannes d. J. 318 Scavenius, Laurits Mortensen 128, 134 Schaller, Jakob 242 Schandorph, Niels Poulsen 128 Scharf, Johann 172, 246, 248, 250 f, 254 f, 259, 280 Schefferus, Johannes 103, 162, 219 Schertzer, Johann Adam 240 f, 244, 267 f Scheurl, Heinrich Julius 257 Schletter, Christopher 147 Schmidt, Johann 256 Schmidt, Sebastian 236, 242, 260, 262
Schomerus, Petrus 211 Schrader, Christoph 240 Schröder, Eric 157 Schütz, Henrik 156, 158 f, 161, 170 f, 174, 202 Schwartz, Josua 189–192, 223 Selnecker, Nikolaus 235 Sennert, Andreas 259 Sidenius, Daniel 218 Sigismund (König) 17, 75–82, 85, 88 f, 96, 111 f, 334 Siricus, Michael 243 Sixtus IV. (Papst) 30 f Skinnerus, Ericus Jacobi 76, 80 f, 87 Skunck, Samuel 155, 158 f, 174, 179, 201, 206, 217 f, 222, 245, 323 Skytte, Johan 92, 96 f, 99, 102, 108, 152, 162, 219 Spanheim, Friedrich 242 Spener, Philipp Jakob 236 Spole, Andreas 208 Stenbock, Gustav Otto 182, 189, 191 Stephanius, Johannes 139 Steuchius, Matthias 194, 205 f, 208 Stigzelius, Laurentius 119, 149 f, 157, 160 f, 170, 197–199, 216–218, 221, 235 f, 253–263, 278, 286, 288, 301 f, 317, 327, 338 Strauch, Aegidius 240 Strigel, Victorin 57 Sture, Sten 29 f Sundell, Jonas 219 Svane, Hans Hansen 124, 130 f, 239 Svenonius, Enevald 155, 301, 311 f Täufer, s. Anabaptisten Tausen, Hans 11, 36 Terserus, Johannes Elai 150 f, 155, 198, 203, 258, 279, 287, 299, 301, 304, 311–315, 317, 329 Thomas v. Aquin 30, 241 Titius, Gerhard 236, 240, 259 Trolle, Gustav 30–32 Ulfsson, Jakob 30 f, 109 Unonius, Olaus 219 Villadsen, Peder 308 Voetius, Gisbert 190 Vormordsen, Frands 35 Vossius, Isaac 240 Wagner, Tobias 236
Personenregister Wallius, Laurentius Olai 215, 266 Wandal, Hans 130, 133, 135 f, 239 Wasmuth, Matthias 284, 316–321, 325 f, 329 Weigel, Erhard 241 Weinmann, Johann 236 Weller, Jacob 257, 280 Wilhelm VI. (Landgraf) 301 Winckelmann, Johannes 69, 333
373
Winstrup, Peder 182–184, 189 f, 192, 309 f, 329 Witzel, Georg 68 Witzleben, Jørgen 133, 233 Wolf, Nicolaus 208 Wölfflin, Christoph 236, 242 Worm, Christen 120 Zwingli, Huldrych 165
Sachregister Absolutismus 23, 28, 64, 135 f, 159, 168, 188, 309 Aufklärung 27, 226 Augsburger Bekenntnis, s. Confessio Augustana Augsburger Interim 167, 289, 294–297, 328 Augsburger Religionsfrieden 164, 167 Auslandsreise, s. peregrinatio academica Bibel, s. auch Heilige Schrift 17, 46, 59, 61, 63, 105, 113, 150, 156, 159, 168 Confessio Augustana 47, 60, 73–76, 78, 85, 91, 97, 99, 103, 105, 108, 119, 131 f, 140, 152, 156–158, 164, 174, 202, 211, 213, 218, 220 f, 257, 280, 306, 312, 333, 336 Confessio fidei, s. Uppsala möte Consistorium ecclesiasticum, s. Domkapitel Danske Lov 23, 64 f, 137 Deklamation 41, 44 f, 48, 50, 61, 73 f, 91, 116 Deposition 117, 182, 248 Disputation 41, 44 f, 48–51, 60 f, 72–74, 90–92, 94, 100 f, 104, 110, 115 f, 119 f, 132–134, 157, 160, 166, 169–174, 176, 179, 183, 185–187, 189–192, 200 f, 205, 207 f, 238, 240–246, 250 f, 254, 257, 259–262, 272, 277, 280, 282, 316, 320, 322, 324 Domkapitel 22, 30, 54 f, 57 f, 80, 82, 94 f, 185–188, 190, 202, 212, 223, 300 f, 311, 315, 317, 319, 325 Dreißigjähriger Krieg 28, 55, 142, 167 f, 229, 232–234, 249, 251 f, 269, 287 f, 291, 326, 335 Examen anniversarium 204, 223 Examen attestationis 62 f, 136–138, 141, 143, 147, 182 f, 190, 193 f, 220, 223 Examen theologicum 64 f, 147, 194 f, 200 f, 203, 212, 222 Formula Concordiae, s. Konkordienformel Grafenfehde 22, 331 Gymnasium 12, 90, 112, 116–118, 154, 182, 188, 191, 197, 199, 243, 333
Heilige Schrift, s. auch Bibel 12, 33, 35, 40, 45–48, 62, 74, 98 f, 104, 127, 129, 132, 134, 144, 153, 159, 170, 320 Humanismus, auch Bibelhumanismus 12, 28, 32–34, 41, 46, 49, 53, 151, 226 f, 243 Islam 161 Jansenismus 240 Kalmarer Union 11, 27 f Kasseler Religionsgespräch, s. Kassel Katechismus 45, 98, 131, 153–157, 173, 207, 218, 301, 329 Kirchenordnung 23, 37 f, 42 f, 48, 54 f, 70, 116, 167, 182, 188, 198 Kirkeordinans 42, 54 f, 116 Kommunität 54, 77, 82 f, 85 f, 93, 239 Konfessionalisierung 12–17, 27, 65, 225, 335 Konfessionskultur 14 f, 332, 340 Konkordienbuch 131, 157 f, 173, 176, 202, 218, 221, 223, 225, 306, 337 Konkordienformel 81, 131, 157, 164, 174, 176, 191, 260, 276, 306, 327 Konsistorium (kirchlich), s. Domkapitel Konzil 161, 202, 218, 294 Konzil von Trient 119, 165, 167, 172 Kyrkolag 23, 158 f, 202 Kyrkoordning 116 Leipziger Interim 299 Loci communes / theologici 47, 62 f, 65, 100 f, 108, 119, 131, 134, 151–156, 169, 173, 183, 202, 206 f, 215–218, 220 f, 241 f, 247, 336 Malmøbog 35 Nova Ordinantia 70 f, 231 Pennalismus 62, 216, 247 f, 327 Peregrinatio academica 24 f, 29, 33, 59 f, 70, 110, 113, 123, 143, 162, 164, 174 f, 209– 211, 217, 226–231, 233–239, 241, 243–246, 250, 252 f, 255, 258, 261, 263 f, 266–268, 287, 304, 306, 326, 338–340, 342
376
Sachregister
Philippismus 47, 69, 71, 292 Ramismus 100, 102, 107, 113 Reformation 11–13, 15–17, 20, 22 f, 27 f, 32–38, 40 f, 43, 45 f, 49, 51, 53, 65–67, 101, 109 f, 116, 132, 134, 150 f, 160 f, 164–168, 187 f, 202, 218, 225–230, 237, 241, 252, 271, 289–291, 294, 331 f, 335–338, 340–342 Reisetagebuch 21, 25, 236, 238, 245, 261, 267 f, 278, 326, 338 Religionsplakat 158, 176, 306 Schmalkaldische Artikel 157, 218 Schmalkaldischer Bund 293 Schmalkaldischer Krieg 294 Schulordnung 116 f, 153, 199 Sozianismus 282 f Stammbuch 21, 234–236, 245, 250, 253, 263, 277, 338
Synkretismus 155, 242, 244, 255, 258–260, 262–264, 273, 278 f, 281 f, 285, 287 f, 290 f, 299–301, 303 f, 316, 322 f, 325, 327–330 Testimonium 54–56, 105 f, 134, 136–147, 194, 201, 210–213, 220, 222, 228, 291 Universität, s. Ortsregister Uppsala möte 17, 23, 66, 74, 76 f, 80, 85, 87, 91 f, 97, 99, 111, 167 f, 231, 237, 306 f, 333 f Vorlesungsverzeichnis 20, 38–41, 119–136, 148–150, 152, 154–161, 163, 169, 172, 174–177, 179, 190, 206 f, 215–217, 219– 222, 323, 336 Westfälischer Friede 17, 103, 229, 280, 301, 324 Zensur 72, 104, 186, 286, 291, 300, 304, 307 f