Pressejournalismus in Korea: Rahmenbedingungen, Struktur und Arbeitsabläufe in der Redaktion am Beispiel der Zeitung Chosun Ilbo 9783110961560, 9783598213229

The media landscape in Korea has changed considerably in recent years through rapid technological development and the cr

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German Pages 176 Year 2004

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Table of contents :
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1. Einleitung
2. Theoretische Konzepte
3. Methodische Vorgehensweise und Quellen
4. Geschichte und Gegenwart der koreanischen Presse
5. Rechtliche Grundlagen und ethische Standards
6. Untersuchungsobjekt: Chosun Ilbo
7. Rahmenbedingungen der Nachrichtenproduktion
8. Arbeitsabläufe und Nachrichtenverarbeitung
9. Zusammenfassung
10. Literatur- und Quellenverzeichnis
12. Anhang
13. Pressekodex
Abkürzungsverzeichnis
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Pressejournalismus in Korea: Rahmenbedingungen, Struktur und Arbeitsabläufe in der Redaktion am Beispiel der Zeitung Chosun Ilbo
 9783110961560, 9783598213229

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Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung

Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung Band 60 Herausgegeben von Hans Bohrmann und Gabriele Toepser-Ziegert Institut für Zeitungsforschung der Stadt Dortmund

Su-Kyung Han

Pressejournalismus in Korea Rahmenbedingungen, Struktur und Arbeitsabläufe in der Redaktion am Beispiel der Zeitung Chosun llbo

K G Säur

München 2005

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Θ Gedruckt auf säurefreiem Papier © 2005 by Κ. G Saur Verlag GmbH, München Printed in Germany Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved Diese Werk - oder Teile daraus darf nicht vervielfältigt, in Datenbanken gespeichert oder in irgendeiner Form - elektronisch, photomechanisch, auf Tonträger oder sonstwie - übertragen werden ohne die schriftliche Genehmigung des Verlags. Druck/Binden: Strauss GmbH, Mörlenbach ISBN 3-598-21322-0

Inhaltsverzeichnis Vorwort

IX

1.

Einleitung

1

2.

Theoretische Konzepte

2

3.

Methodische Vorgehensweise und Quellen

5

3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.2.

Forschungstechniken Teilnehmende Beobachtung Befragungen Weitere Informationsquellen Darstellung der Befunde und Verwendung sprachlicher Mittel

5 5 7 8 9

4.

Geschichte und Gegenwart der koreanischen Presse

10

4.1. 4.1.1. 4.1.2. 4.1.3 4.1.4 4.1.5. 4.1.6 4.2. 4.2.1. 4.2.1.1. 4.2.1.2. 4.2.1.3. 4.2.2. 4.2.2.1. 4.2.2.2. 4.2.3. 4.2.4. 4.2.5.

Geschichte der koreanischen Presse Vorgeschichte der koreanischen Zeitungen Erste koreanische Zeitungen Presselandschaft unter der japanischen Besatzung Kampf um die Pressefreiheit Marktorientierung der Printmedien Wirtschaftskrise in der Presselandschaft Gegenwart der koreanischen Presselandschaft Struktur des koreanischen Pressewesens Zeitungstypen Personal Anzeigengeschäft Journalisten in Korea Berufsbild der Journalisten Profil der Journalisten Zeitungsinhalte Leserschaft Elektronische Medien

10 10 11 13 15 18 19 20 20 20 22 23 23 24 25 27 29 32

5.

Rechtliche Grundlagen und ethische Standards

35

5.1. 5.1.1. 5.1.2. 5.1.3. 5.1.4. 5.1.5. 5.1.6. 5.1.6.1. 5.1.6.2 5.1.7.

Presserecht in Korea Allgemeine rechtliche Grundlagen des Presserechts Verfassungsrechtliche Bestimmungen der Pressefreiheit Regelungen der Presseunternehmen Informationsanspruch gegenüber Behörden Zeugnisverweigerungsrecht Persönlichkeitsrechte Ehrenschutz Persönlichkeitsschutz Gerichtsberichterstattung

35 35 36 37 38 40 41 41 43 46 ν

5.1.8. 5.1.9. 5.2. 5.2.1. 5.2.2.

Wahlberichterstattung Gegendarstellung Medienethik Prinzipien der Ethik: Freiwillige Selbstkontrolle Probleme bei der Realisierung der Medienethik

46 47 48 49 50

6.

Untersuchungsobjekt: Chosun Ilbo

55

6.1. 6.2. 6.2.1. 6.2.2. 6.2.3. 6.3. 6.4. 6.5.

Geschichte der Chosun Ilbo Struktur des Zeitungsunternehmens Chosun Ilbo Chosun Ilbo als Unternehmen Weitere Publikationen der Chosun Ilbo Unternehmensaktivitäten in anderen Bereichen Verlagsorganisation Verlagsdaten Leserschaft der Chosun Ilbo

55 60 60 61 62 63 65 66

7.

Rahmenbedingungen der Nachrichtenproduktion

68

7.1. 7.2. 7.3. 7.4. 7.4.1. 7.4.1.1. 7.4.1.2. 7.4.1.3. 7.4.1.4. 7.4.1.5. 7.4.1.6. 7.4.1.7. 7.4.1.8.

Organisationsstruktur der Nachrichtenproduktion Struktur der Zeitungsinhalte Redaktionsbüro Arbeitsbereiche Ressorts der Nachrichtenproduktion kukjebu (Auslandsressort) jongchibu (Politikressort) sahwobu (Gesellschaftsressort) kyongje-kwahakbu (Wirtschafts- und Technologieressort) ITchosun-Team munhwabu (Kultur- und Unterhaltungsressort) sports-leisurebu (Sport- und Freizeitressort) tonghapmunje-yonkuso (Forschungsinstitut fur die Vereinigung Koreas sajinbu (Fotoressort) Abteilungen der Meinungsbeiträge nunsol-hwywonshil (Meinungsressort) dokjabu (Leser-/Meinungsressort) Ressorts des Umbruchs und des Lektorats pyunjipbu (Umbruchressort) Planning pyunjipmisul-Team (Design- und Graphikressort) kyoyolbu (Lektorat) jongbo-jaryoshil (Archiv- und Datenbankressort) kukjangdan (Chefredaktion der Nachrichtenredaktion) kijashil (Büro im Presseclub) kijashil bei der koreanischen Zentralbank kijashil im Parlament kijashil in einem Polizeirevier Technik

68 69 70 70 70 70 72 73 76 78 80 81 82

7.4.1.9. 7.4.2. 7.4.2.1. 7.4.2.2. 7.4.3. 7.4.3.1. 7.4.3.2. 7.4.3.3. 7.4.3.4. 7.4.4. 7.4.5. 7.4.6. 7.4.6.1. 7.4.6.2. 7.4.6.3. 7.5.

83 84 84 85 86 86 86 88 89 89 90 91 91 93 94 95

7.5.1. 7.5.2. 7.6. 7.6.1. 7.6.2. 7.6.3. 7.6.3.1. 7.6.3.2. 7.6.4. 7.7.

Von der Nachrichtensammlung bis zur Gestaltung Produktion Personal Einstellung eines kijas als Redakteur bei der Chosun Ilbo Profil der Chosun //io-Redakteure Kompetenzverteilung innerhalb der Redaktion Formelle Hierarchie Funktionelle Hierarchie Angestellte im Redaktionsbüro Gehälter und Sozialleistungen

95 97 98 98 99 100 100 101 104 104

8.

Arbeitsabläufe und Nachrichtenverarbeitung

105

8.1. 8.2. 8.2.1. 8.2.2. 8.2.3. 8.2.4. 8.2.5. 8.2.6. 8.3. 8.3.1. 8.3.2. 8.3.2.1. 8.3.2.2. 8.3.2.3. 8.3.2.4. 8.3.2.5. 8.3.3. 8.3.3.1. 8.3.3.2. 8.3.4. 8.3.5. 8.4. 8.4.1. 8.4.2. 8.5. 8.6.

Allgemeine Abläufe der Nachrichtenproduktion Nachrichtensammlung: Außendienst kijadan im Presseclub: Wirtschaftliche Meldungen Im Parlament: Politische Meldungen Bereitschaftsteam: Gesellschaftliche Meldungen Internetanbieter: IT-Meldungen Baseballstadion: Sportmeldungen Auslandskorrespondenten Verwaltung und Verarbeitung der Nachrichten Redaktionskonferenzen Tagesaktuelle Themen Auslandsmeldungen: kukjebu Politische Meldungen: jongchibu Wirtschaftliche Meldungen: kyongje-kwahakbu Gesellschaftsmeldungen: sahwobu Sportmeldungen: sports-leisurebu Tägliche und nicht-tägliche Features Kulturmeldungen: munhwabu Berichterstattung über Nordkorea: tonghapmunje yonkuso Meinungsbetonte Beiträge Gestaltung der Zeitung Kontrolle bei der Nachrichtenproduktion Juristische Kontrolle der Artikel Richtlinien der Chosun Ilbo Orientierung und Einflussfaktoren Feedback: Nach der Veröffentlichung

106 107 108 109 110 112 113 114 115 115 117 117 120 121 122 123 124 124 125 127 128 129 129 130 131 133

9.

Zusammenfassung

136

10.

Literatur- und Quellenverzeichnis

141

11.

Glossar

147

12.

Anhang

149

13.

Pressekodex

158

Abkürzungsverzeichnis

166

Vorwort

Im Jahre 1997 erschien als Band 55 der Dortmunder Beiträge zur Zeitungsforschung die Studie von Sieglinde Neumann „Redaktionsmanagement in den USA: Fallbeispiel .Seattle Times'". Darin schilderte die Verfasserin, gestützt auf eine teilnehmende Beobachtung und strukturierte Leitfadeninterviews, die Redaktionsorganisation einer repräsentativen amerikanischen Tageszeitung. Neben den äußeren, durch Stadt und Region bestimmten Bedingungsfaktoren wurden detailliert und konkret der Aufbau der Redaktion, die Funktionen der einzelnen Positionen und die Arbeitsabläufe dort beschrieben. Die höchst informative Darstellung machte den deutschen Leser mit einer ganz anders gearteten, stark durch Arbeitsteilung geprägten Organisation der Redaktionsarbeit bekannt. Genau sieben Jahrzehnte zuvor hatte Emil Dovifat in seinem Buch „Der amerikanische Journalismus" (1927) erstmals ein systematisches Bild der Verhältnisse bei den Zeitungen in den USA geliefert. Sieglinde Neumann zeichnete den Entwicklungsstand am Ende des 20. Jahrhunderts nach. Zeigte sie sich einerseits beeindruckt, so sparte sie doch auch nicht mit kritischen Befunden. Die Arbeit von Sieglinde Neumann ist kein Einzelfall geblieben, sondern war Symptom eines in den neunziger Jahren hierzulande geweckten intensiveren Interesses an einer international vergleichenden Redaktionsforschung. Hatten lange Zeit auf die Person des Journalisten konzentrierte Untersuchungen im Vordergrund gestanden, auch komparativ, so rückte jetzt stärker die Organisation ins Blickfeld. Den Anstoß dazu hatte zwar Manfred Rühl mit seiner Untersuchung „Die Zeitungsredaktion als organisiertes soziales System" schon 1969 geliefert, aber zu Untersuchungen, die auf einen Vergleich der Redaktionsorganisation in verschiedenen Ländern angelegt waren, kam es nicht. Das änderte sich erst vor wenigen Jahren. Katharina Bonnenberg legte 1994 in Mainz als Magisterarbeit eine unpubliziert gebliebene Studie über die Arbeitsorganisation einer amerikanischen Tageszeitung vor, und zwar kurioserweise am Beispiel des „Seattle Post-Intelligencer", dem anderen Blatt in der Metropole des Staates Washington. Frank Esser folgte mit einer vergleichenden Untersuchung zu britischen und deutschen Zeitungsredaktionen, die er zu einer Dissertation ausbaute.

ix

Sie wurde unter dem Titel „Die Kräfte hinter den Schlagzeilen" 1998 veröffentlicht. 1996 schon war die ebenfalls auf eine Mainzer Magisterarbeit zurückgehende Untersuchung von Michael Muzik über die Redaktionsorganisation von „Asahi Shimbun", der auflagenstärksten Tageszeitung der Welt, erschienen. Damit wurde der internationale Vergleich auch nach Asien ausgeweitet. Neben kulturell bedingten Besonderheiten zeigte sich bei der japanischen Tageszeitung ein starker amerikanischer Einfluss. Mit der hier jetzt vorgelegten Studie, ebenfalls einer für den Druck überarbeiteten Mainzer Magisterarbeit, wird die Untersuchung der Redaktionsorganisation auf ein weiteres asiatisches Land ausgedehnt. Su-Kyung Han hat für ihre Untersuchung „Chosun Ilbo", eine der größten Tageszeitungen in Korea, ihrem Heimatland, ausgewählt. Eingebettet ist diese in eine Darstellung des koreanischen Journalismus, seiner Geschichte und heutigen Situation, seiner rechtlichen Grundlagen und ethischen Standards. Man erfährt mithin auch einiges zu den aktuellen Gegebenheiten der Medien in diesem Land, worüber sonst recht wenig bei uns bekannt ist. Auf diesem Hintergrund wird dann die Tageszeitung „Chosun Ilbo" vorgestellt, bevor der Kern der Untersuchung folgt. Ausführlich werden die verschiedenen Arbeitsbereiche in der Redaktion beschrieben und die Prozesse der Produktion analysiert. Man lernt die koreanische Begrifflichkeit für die Ressorts und Tätigkeiten kennen und gewinnt eine Vorstellung von der Funktionsgliederung und den jeweiligen Besonderheiten. Im Ganzen findet sich auch in der koreanischen Zeitungsredaktion eine starke Arbeitsteilung. Unverkennbar ist hier ein anglo-amerikanischer Einfluss festzustellen. Aber auch Ähnlichkeiten zu japanischen Praktiken gibt es, und zwar insbesondere im System der sogenannten Presseclubs. Auch die Studie von Su-Kyung Han basiert auf einer teilnehmenden Beobachtung und Leitfadeninterviews, die sie bei „Chosun Ilbo" durchgeführt hat und die sie immer wieder zitiert. Das gibt ihrer Untersuchung die Frische und Authentizität, die eine Publikation rechtfertigt. Den Herausgebern der Dortmunder Reihe sei für die Möglichkeit dazu gedankt. Unser Bild davon, wie Zeitungen in der Welt von Redaktionen hergestellt werden, wird durch diese Untersuchung bereichert und vielfältiger.

Jürgen Wilke

χ

1. Einleitung Die Medienlandschaft Koreas hat sich in den letzten Jahren durch die rasante Entwicklung der Technologie und die Entstehung neuer Möglichkeiten massiv verändert. Dies beeinflusste die Strategien der Medienorganisationen und die Berufs- und Tätigkeitsprofile der Journalisten. Wie in anderen Ländern gab es auch im koreanischen Mediensektor infolge der sprunghaften Entwicklung der neuen Medien, erhebliche Veränderungen, insbesondere auch in der Presselandschaft. Die Konkurrenz zwischen den Zeitungsunternehmen verstärkte sich. Die Stichworte „Überlebenskampf' und „Zeitungskrieg" stehen stellvertretend für den heutigen Stand der koreanischen Presselandschaft. Die konkurrierenden und marktführenden Zeitungsunternehmen in Korea sind die drei überregionalen Tageszeitungen Chosun Ilbo, Donga Ilbo und Joongang Ilbo. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Chosun Ilbo untersucht. Ziele der vorliegenden Arbeit sind zum einen die Analyse der konkreten Rahmenbedingungen, Strukturen und Arbeitsabläufe der Redaktion durch Untersuchung der Chosun Ilbo und zum anderen die Analyse des Pressejournalismus in Korea durch die Beschreibung der Struktur der koreanischen Presselandschaft. In der vorliegenden Studie wurden folgende Schwerpunkte aus praktischer Perspektive gesetzt: Die Organisationsstruktur, Arbeitsbedingungen und Arbeitsweise der Redaktion einer koreanischen überregionalen Tageszeitung, der Arbeits- und Kontrollprozess innerhalb der Redaktion und die Arbeitsabläufe und Tätigkeitsprofile einzelner Ressorts bzw. Abteilungen bei der täglichen Produktion der Zeitung. Berücksichtigt wird dabei insbesondere, welche Faktoren die Inhalte der Nachrichtenmedien bei der gesamten Zeitungsproduktion beeinflussen. Schließlich geht die vorliegende Studie von der Annahme aus, dass die redaktionelle Tätigkeit durch den Produktionsprozess und die zweckmäßige Rollenverteilung einzelner Akteure innerhalb einer Redaktion, die sich an die sich verändernde gesellschaftliche Umwelt orientiert, geprägt wird. Die Arbeit gliedert sich in drei Abschnitte. Im ersten Teil werden der forschungstheoretische Hintergrund der vorliegenden Studie und die methodische Vorgehensweise der Untersuchung, die teilnehmende Beobachtung und die Befragung, erläutert. Im zweiten allgemeinen Teil werden die Geschichte, die Medienstruktur, das Presserecht und die Medienethik der koreanischen Presselandschaft beschrieben, da das Mediensy-

1

stem einer Gesellschaft Inhalte und Arbeitsweisen einer Zeitung beeinflussen kann. Diese Grundinformationen über die koreanische Presselandschaft sind Voraussetzung zum Verständnis des folgenden Teils. Dort wird die koreanische Tageszeitung Chosun Ilbo vorgestellt. In diesem Abschnitt geht es um die Organisationsstruktur des Verlags Chosun Ilbo als Ganzes, die Tätigkeitsprofile der Journalisten und die Nachrichtenproduktion der Chosun 7/io-Redaktion. Abschließend werden die Merkmale und die Problematik der koreanischen Zeitungen vor dem Hintergrund der Fallstudie nochmals zusammengefasst.

2. Theoretische Konzepte Die vorliegende Studie steht in der Tradition der kommunikationswissenschaftlichen Redaktionsforschung. Dabei werden die Rollen und das Handeln der Akteure innerhalb der Redaktion, die sogenannte Gatekeeper-Forschung, und die Einflussfaktoren auf die Inhalte der Nachrichtenmedien untersucht. Nach Wolfgang Donsbach 1 werden die Inhalte der Nachrichtenmedien von vier verschiedenen Sphären der journalistischen Selektionsentscheidungen beeinflusst. Nach seiner Zuordnung der vier Sphären gehören zur Individualsphäre

die Eigenschaften

des einzelnen Journalisten wie sein Aufgabenverständnis, zur Professionssphäre

die

Merkmale des Berufsstandes eines Landes wie Nachrichtenwerte und Berufsethik, zur Institutionssphäre

die Charakteristika der Arbeitsorganisation wie redaktionelle Linie

eines Verlags und zur Gesellschaftssphäre,

die alle Faktoren einschließt, die Merkmale

des Mediensystems einer Gesellschaft wie zum Beispiel die Ausprägung der Pressefreiheit. 2 Ähnlich klassifizierte Frank Esser 3 die Einflussfaktoren auf das Handlungssystem Journalismus: Die Gesellschaftssphäre

als historisch-kulturelle Rahmenebene

umfasst Faktoren wie die Geschichte der Pressefreiheit, journalistische Tradition und Objektivitätsbegriff, soziale Werte und die politische Kultur. Die

Medienstruktursphä-

re als rechtlich-normative und ökonomische Ebene umfasst ökonomische Bedingun1 Wolfgang Donsbach: Redaktionelle Kontrolle im Journalismus: Ein internationaler Vergleich. In: Walter A. Mahle (Hrsg.): Journalisten in Deutschland - nationale und internationale Vergleiche und Perspektiven. München 1993, S. 143-159. 2 Vgl. ebd., S. 143. 3 Frank Esser: Die Kräfte hinter den Schlagzeilen. Englischer und deutscher Journalismus im Vergleich. Freiburg, München 1998.

2

gen des Marktes, Presserecht, Presse- Selbstkontrolle und das System der Journalistenausbildung. Die Institutionssphäre

auf der Organisationsebene beinhaltet Berufsbilder

und Tätigkeitsprofile, Organisationsstruktur und Kompetenzverteilung in Redaktion und Verlag, Reddaktionsarbeitsabläufe, redaktionelle Kontrolle, Sozialisationsmechanismen sowie die Redaktionstechnologie. Die Subjektsphäre

betrifft auf der Individu-

alebene persönliche Werte und politische Einstellungen, Berufsmotive und das Rollenselbstverständnis. 4 Die vorliegende Untersuchung bezieht sich vor allem auf die Institutionssphäre, obwohl die gesamte Arbeit auch mit den übrigen Sphären zusammenhängt. Die Einflussnahme auf die Nachrichtenselektion wurde durch eine Vielzahl von Studien, der sogenannten Gatekeeper-Forschung, untersucht. Bei der GatekeeperForschung geht es um die maßgebliche Einflussnahme von Personen als Entscheidungsträger bei der Nachrichtenauswahl. Sie umfasst den individuellen, institutionellen und kybernetischen Ansatz. In der frühen Studie von David Manning White 5 steht die Individualität des Journalisten, der als „isolierter Akteur" nach seinen persönlichen Vorlieben und subjektiven Einstellungen unabhängig von der organisatorischen Struktur der Redaktion seine Entscheidungen trifft, im Mittelpunkt. Die persönliche Handlung und das Verhalten werden durch individual-psychologische Faktoren erklärt. 6 Untersucht wurde in den weiteren Studien auch die bürokratische Organisation, die zeigt, dass der Journalist „kein isoliertes Individuum" ist, sondern „Mitglied einer Nachrichtenbürokratie", die aus verschiedenen Ressorts mit unterschiedlichen Aufgaben besteht. Daher werden seine Entscheidungen bei der Nachrichtenselektion nicht unabhängig von seiner Position innerhalb der Redaktion betrachtet. 7 Insbesondere Warren Breed ging davon aus, dass die organisatorischen Einflüsse die Entscheidungsfreiheit der Journalisten einschränken, indem vom Verleger eine redaktionelle Linie

4

Vgl. Frank Esser, a.a.O., S. 21-27. David Manning White: The 'Gatekeeper': A Case Study in the Selection of News. In: Journalism Quarterly 27 (1950), S. 383-390. 6 Vgl. Gertrude J. Robinson: Fünfundzwanzig Jahre „Gatekeeper-Forschung": Eine kritische Rückschau und Bewertung. In: Jörg Aufermann, Hans Bohrmann und Rolf Sülzer (Hrsg.): Gesellschaftliche Kommunikation und Information. Forschungsrichtungen und Problemstellungen. Ein Arbeitsbuch zur Massenkommunikation, Band 1, Frankfurt am Main 1973, S. 345. 7 Vgl. Gertrude J. Robinson, a.a.O. S. 346. 5

3

vorgegeben und dadurch eine einheitliche Berichterstattung der Zeitung gewährleistet wird. 8 Neben dieser institutionellen Perspektive stehen die kybernetischen Untersuchungen, die „komplexe Organisationen auf systemtheoretischer Basis als dynamische Kommunikationssysteme" interpretieren, die „rückgekoppelte Lernprozesse und innovatives Verhalten" 9 beschreiben. Nach Ansicht von Gertrude J. Robinson wird in diesem Modell die Nachrichtenproduktion als „ein komplexer Feedback-Prozess" 10 erfasst, der sowohl von organisationsinternen als auch von äußeren Variablen beeinflusst wird. 11 Im deutschsprachigen Raum gilt die Arbeit von Manfred Rühl mit dem Titel „Die Zeitungsredaktion als organisiertes soziales System" (1969) als erste empirische Studie der Redaktionsforschung. Seine Studie knüpft an die Systemtheorie von Niklas Luhmann an. Begriffen wird danach die Zeitungsredaktion „als ein soziales, umweltorientiertes System, das aus sinnvollen wechselseitigen Handlungen" 12 besteht. In der Studie von Rühl wird die Redaktionsarbeit als „ein durchrationalisierter Produktionsprozess" dargestellt. Da die Redaktion als eine Zusammensetzung aus einer Struktur von Erwartungen und elementaren gesellschaftlichen Ordnungsformen geprägt wird, wird vom einzelnen Journalisten das entsprechende Rollenverhalten erwartet, nicht jedoch die individuell motivierten Handlungen. 13 In einer Studie von Ilse Dygutsch-Lorenz (1971) 14 wurden Redaktionsbereiche des Bayerischen Rundfunks auf der Grundlage der organisationssoziologischen Theorie untersucht. Neben diesen grundlegenden Studien gibt es in jüngerer Zeit weitere Untersuchungen, die dem Gebiet der Redaktionsforschung zuzurechnen sind. Erwähnt seien die folgenden Untersuchungen, die die vorliegende Studie beeinflusst haben. Es sind die Untersuchungen von Jürgen Wilke und Bernhard Rosenberger 15 über den Vergleich

8 Vgl. Joachim Friedrich Staab: Nachrichtenwert-Theorie. Formale Struktur und empirischer Gehalt. Freiburg, München 1990, S. 20. 9 Roland Burkart: Kommunikationswissenschaft. Grundlage und Problemfelder. Wien, Köln u.a. 1995, S. 266. 10 Gertrude J. Robinson: Fünfundzwanzig Jahre „Gatekeeper-Forschung", a.a.O., S. 353. " Vgl. ebd., S. 351 u. 353. 12 Manfred Rühl: Die Zeitungsredaktion als organisiertes soziales System. 2.Aufl., Fribourg 1979, S. 67. 13 Vgl. ebd., S. 18. 14 Ilse Dygutsch-Lorenz: Die Rundfunkredaktion als Organisationsproblem. Ausgewählte Organisationseinheiten in Beschreibung und Analyse. Düsseldorf 1971. 15 Jürgen Wilke/Bernhard Rosenberger: Die Nachrichtenmacher. Eine Untersuchung zu Struktur und Arbeitsweisen von Nachrichtenagenturen am Beispiel von AP und dpa. Köln, Weimar, Wien 1991.

4

der Strukturen und Arbeitsweisen der deutschen Zentralredaktion der Nachrichtenagentur Associated Press. Katharina C. Bonnenberg und Sieglinde Neumann haben getrennt voneinander die Arbeitsorganisation und das Redaktionsmanagement bei zwei amerikanischen Tageszeitungen 16 untersucht, und Michael Muzik die Organisationsstruktur und Arbeitsabläufe bei einer japanischen Tageszeitung 17 . Die Arbeit von Michael Muzik war für die vorliegende Arbeit vor allem aufgrund der vergleichbaren Strukturen der japanischen und koreanischen Zeitungsorganisationen von Bedeutung. Weil diese zudem dem anglo-amerikanischen Redaktionsmodell nahestehen, ergibt sich auch eine Nähe zu der Studie von Neumann.

3. Methodische Vorgehensweise und Quellen 3.1. Forschungstechniken

Die Untersuchung beruht auf zwei Forschungstechniken, der Beobachtung und Befragung

innerhalb

der

Redaktion.

Ergänzend

wurden

verfügbare

Informations-

materialien, die im Kapitel 3.1.3 näher behandelt werden, verwendet.

3.1.1. Teilnehmende Beobachtung

Um redaktionelle Abläufe, Arbeitweisen und Strukturen zu untersuchen, ist die Anwesenheit in der Redaktion Voraussetzung. 18 Die Forschungstechnik der teilnehmenden Beobachtung, die in der Redaktionsforschung als zweckmäßig gilt, ist bei der vorliegenden Redaktionsstudie als Hauptuntersuchungsmethode angewendet worden. Mit Hilfe der teilnehmenden Beobachtung sollen „'natürliche' soziale Verhaltensweisen in den Organisationen der Massenkommunikation aufgrund eines relativ unspezifischen Kategorienkatalogs durch Forscher erhoben werden". 1 9 Voraussetzung dazu ist, dass

16 Katharina Charlotte Bonnenberg: Arbeitsorganisation bei einer amerikanischen Tageszeitung - Seattle Post-Intelligencer. Magisterarbeit, Mainz 1994. - Sieglinde Neumann: Redaktionsmanagement in den USA: Fallbeispiel „Seattle Times". München 1997. 17 Michael Muzik: Presse und Journalismus in Japan. Yomiuri Shimbun - die auflagenstärkste Zeitung der Welt. Köln, Weimar, Wien 1996. 18 Vgl. ebd., S. 33. 19 Manfred Rtihl: Der Forscher als teilnehmender Beobachter der Arbeit und Organisation von Massenmedien. In: Rundfunk und Fernsehen 18 (1970), S. 156.

5

der Forscher (auf Zeit) Mitglied der zu beobachtenden Gruppe ist und so die „Gruppe in unverfälschter Wirklichkeit" 20 erfahren kann. Aufgrund des primär explorativen Charakters der Untersuchungen mit der Technik der teilnehmenden Beobachtung ist die Formulierung von Hypothesen und deren empirische Überprüfung nur bedingt möglich. Die Zuverlässigkeit und Gültigkeit der teilnehmenden Beobachtung kann daher nicht abschließend garantiert werden. Ein Vorteil der teilnehmenden Beobachtung ist, dass keine Beobachtungsdaten vorschnell ausgeschlossen werden. Dagegen besteht ein entscheidender Nachteil darin, dass oftmals keine standardisierte quantitative Datenerhebung möglich ist, die weitergehende Analysen ermöglichte. 21 Die Ergebnisse, die auf der Forschungstechnik der teilnehmenden Beobachtung beruhen, können nicht verallgemeinert werden, da es sich bei dieser Untersuchung um eine Einzelfallstudie handelt. Zu sagen aber ist, dass das Untersuchungsobjekt Chosun Ilbo in Korea zu den marktführenden überregionalen Zeitungen gezählt wird. Die teilnehmende Beobachtung wurde in der Zeit vom 20. Juli bis zum 2. August 2000, außer am Samstag und Sonntag, in der Zentralredaktion der Chosun Ilbo in Seoul durchgeführt. Davon abweichend wurde die Zeit für die Untersuchung des Instituts der koreanischen Einheit auf den 23. März 2001 verschoben, da dieses Institut sich während der oben genannten Untersuchungsphase in der Vorbereitungsphase befand. Die Beobachtungen wurden mit Hilfe der Vermittlung eines stellvertretenden Chefredakteurs, der fur die organisatorischen Angelegenheiten zuständig ist, in den Ressorts im Nachrichtenredaktionsbüro großzügig ermöglicht und durch die Ausstellung eines Eintrittsausweises während des gesamten Untersuchungszeitraums auch außerhalb der Redaktionsräume uneingeschränkt ausgeweitet. Die Beobachtungszeiten wurden je nach Größe, Wichtigkeit und Tätigkeit des Ressorts und der Abteilung unterschiedlich aufgeteilt. Die Beobachtung der jeweiligen Ressorts wurde von zwei Tagen bis zu ein paar Stunden eingerichtet; zwei Tage für das Wirtschaftsressort (kyongje-kwahakbu),

eineinhalb Tage fur das Auslandsressort

(kukjebu), einen Tag für das Gesellschafts- (sahwobu), Politik- (jongchibu), Kultur-

20 Elisabeth Noelle-Neumann: Methoden der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft. In: Elisabeth Noelle-Neumann/Winfned Schulz/Jürgen Wilke (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik Massenkommunikation. Aktualisierte vollst, überarbeitete Neuausgabe, Frankfurt am Main 1994, S. 267-274. 21 Vgl. Manfred Rühl: Der Forscher als teilnehmender Beobachter, a.a.O., S. 156-160.

6

(munhwabu)

und Sportressort, einen halben Tag für das Umbruchressort

(pyunjipbu)

und ein paar Stunden für die folgenden Abteilungen innerhalb der Nachrichtenredaktion: das Lektorat (kyoyolbu),

Gestaltungskunst-Team (pyunji-misul)

und Planning-

Team. Zu den Beobachtungszeiten der jeweiligen Ressorts sind die Beobachtungen der Redakteure außerhalb der Redaktion gezählt worden, da in den tagesaktuellen Ressorts, außer dem Auslandsressort, der Außendienst einen erheblichen Teil des Nachrichtenproduktionsprozesses ausmacht. Somit wurde ein großer Teil der Beobachtungszeit außerhalb der Redaktion mit den Chosurt //Äo-Redakteuren verbracht. Außer den Ressorts und Abteilungen in den Nachrichtenredaktionsräumen wurden die Abteilungen Leser, Kolumnisten und Archiv, die mit der redaktionellen Arbeit indirekt oder direkt zu tun haben, während der Untersuchungszeit kurzfristig in den Untersuchungsplan durch kurze Besuche aufgenommen. Beobachtet wurden alle Redaktionsmitglieder, die während der Untersuchungszeit tätig waren sowie ausgewählte Redakteure im Außendienst. Auf der Redaktionsebene konnten die täglichen Redaktionskonferenzen beobachtet und die technische Produktionsabteilung während einer Führung durch den Verlag besucht werden. Die Beobachtungen wurden in strukturierte Protokollbögen eingetragen. Die Schwerpunkte bei der Beobachtung des Untersuchungsobjektes waren der Themenbereich des jeweiligen Ressorts, die Funktionen und Tätigkeitsprofile der Redaktionsmitglieder bzw. Ressortmitglieder, der Tagesablauf des jeweiligen Ressorts und der gesamten Redaktion. Spontane Bemerkungen der Redakteure flössen auch in die Untersuchung ein.

3.1.2. Befragungen

Neben der teilnehmenden Beobachtung, die Informationen über Interaktionen und Strukturen liefert, wurde zur Unterstützung und Ergänzung eine Befragung der Redaktionsmitglieder während des Untersuchungszeitraums durchgeführt. Die Befragung, in Form des halbstandardisierten Leitfadengesprächs, gibt Aufschlüsse über die subjektiven Meinungen und Einstellungen der Redakteure, die durch teilnehmende Beobachtung allein nicht zu gewinnen gewesen waren. Bei der Befragung orientiert sich der Interviewer an einem Leitfaden, der nach einem bestimmten Schema geordnet ist, um für alle Befragten vergleichbare Ergebnisse zu erzielen. Die Reihenfolge der Befra-

7

gungen und die Formulierungsart werden dem Interviewer überlassen, er kann sich auf den Interviewten individuell einstellen. 22 Leitfadengespräche wurden mit 15 Redakteuren des Innen- und Außendienstes vom Chefredakteur bis zum einfachen Redakteur auf Koreanisch gefuhrt. Die Interviews wurden mit den Redakteuren im Innendienst, die in den tagesaktuellen Ressorts, außer im Auslandsressort, tätig waren meist vormittags geführt, da die gesamte Redaktion in der Regel nachmittags hektischer wurde und die redaktionelle Arbeit nicht gestört werden durfte. Der Leitfaden für die Interviews enthielt 20 Fragen, die aber wegen der unterschiedlichen Funktionen der Redakteure nicht für alle Interviews zutrafen. Die Interviews wurden meist im Interviewraum oder im Ressort, falls die Atmosphäre dies ermöglichte, durchgeführt. Beim Interview wurde ein Kassettenaufhahmegerät verwendet. Die Gespräche dauerten durchschnittlich 30 Minuten.

3.1.3. Weitere Informationsquellen

Zur Ergänzung wurden im Laufe der Beobachtungszeit neben den Befragungen zahlreiche informelle Erkundigungen über Hintergrundinformationen der untersuchten Redaktion und die Nachrichtenaktivität der Chosun //öo-Redakteure angestellt sowie Gespräche mit Mitarbeitern anderer presserelevanter Institutionen geführt. Einige Vorträge des Verlags Chosun Ilbo, zum Beispiel über die Zeitungsgeschäfte Koreas, die Nachrichtenproduktion der Chosun Ilbo oder die Medien im Digitalzeitalter der Redakteure, 23 waren für Informationen über den veränderten Zeitungsmarkt sowie die allgemeinen Prozesse der Nachrichtenproduktion der Chosun Ilbo hilfreich, um in der Anfangsphase der Untersuchungszeit einen Überblick über die Struktur der untersuchten Organisation zu bekommen. Hinzu kamen Informationsunterlagen des Verlags Chosun Ilbo, wie zum Beispiel die Internetwebseite und eine CD über die Geschichte der Chosun Ilbo, ferner jährliche Publikationen und Broschüren. Bearbeitet wurden neben Informationen über das Un-

22

Vgl. Manfred Rühl: Die Zeitungsredaktion, a.a.O., S. 36. Während der Untersuchungszeit gab es bei der Chosun Ilbo eine Ausbildung fur Juristen, die Zeitungsunternehmen ausgewählt hatten. Für diese Ausbildung wurden Vorträge über Zeitungsunternehmen, eine Führung durch den Verlag Chosun Ilbo und praktische Übungen in der Redaktion angeboten. Aus diesem Grund bot sich eine solche Gelegenheit an. 23

8

tersuchungsobjekt Chosun Ilbo auch die koreanische Presselandschaft, hauptsächlich Sekundärliteratur in koreanischer Sprache.

3.2. Darstellung der Befunde und Verwendung sprachlicher Mittel

Alle verwendeten Quellen, die nicht schriftlich fixiert sind, wie Inhalte der Interviews oder informelle Gespräche, werden nicht mit Fußnoten belegt, sondern werden im Literaturverzeichnis benannt. Die koreanischen Begriffe und Bezeichnungen, wie Namen der koreanischen Autoren und die Berufsbezeichnungen der Journalisten, werden durch das lateinische Buchstabensystem phonetisch ähnlich wiedergegeben. Darüber hinaus werden die Verfassernamen der koreanischen Sekundärliteratur und die Zitate inhaltlich nah zu den Originaltexten übersetzt. Die koreanischen Ressort- beziehungsweise Abteilungsnamen werden auch in englischer Sprache, falls sie vom Verlag oder den jeweiligen Institutionen verwendet wurden, angegeben. Die Positionen einzelner Redakteure werden nach der Erklärung auf Koreanisch weiterverwendet. Obwohl die koreanische Bezeichnung kija im allgemeinen für Journalist verwendet wird, wird innerhalb eines Verlags die deutsche Berufsbezeichnung „Redakteur" als äquivalent eingesetzt. Bei der Benennung der Redakteure j e nach Titel oder Funktion werden diese so bezeichnet, wie es innerhalb der Redaktion der Fall ist. Bei der Bezeichnung der Redakteure wird keine Unterscheidung zwischen weiblichen und männlichen Redakteuren, Journalisten oder Reportern gemacht. Im Anhang werden zur Orientierung alle wichtigen koreanischen Begriffe alphabetisch in einem Glossar geordnet.

9

4. Geschichte und Gegenwart der koreanischen Presse 4.1. Geschichte der koreanischen Presse 4.1.1. Vorgeschichte der koreanischen Zeitungen

In Korea gab es einige Vorläufer der Zeitungen. Nennenswert ist die Chobo, die seit 1392 während der Yi-Dynastie erschien. 24 Chobo berichtete über königliche Angelegenheiten und wichtige politische Entscheidungen, brachte Berichte von den zentralen Verwaltungsstellen und lokalen Offizieren und Meinungen von Untertanen über die königliche Regierungsweise. Weitere Inhalte waren Informationen über das Wetter, die Außenpolitik, das Militär und Naturkatastrophen sowie kuriose Vorgänge. 25 Die Leserschaft war ganz auf die Führungskräfte, Beamten und Oberschichten begrenzt. 26 Daher war es schwierig für die Bevölkerung im damaligen feudalen politischen System, eine öffentliche Meinung durch die Medien zu bilden, obwohl damals die Kommunikation zwischen den Regierten und den Regierenden für notwendig gehalten wurde. Die eingeschränkte Leserzahl war ein Hindernis für die Entwicklung der Massenmedien. Ein weiterer Grund für die Verzögerung der Entwicklung der Massenmedien war das Verbot der Kommerzialisierung der Medien. 27 Die strenge Regelung über die Berichterstattung wurde infolge der Modernisierung Mitte des 19. Jahrhunderts gelockert, die Reichweite der Leserschaft von Chobo auf die Bevölkerung erweitert. 28 Seit 1894 erscheint Kwanbo, die sich von Chobo durch die gedruckte, chinesisch-koreanische Schreibweise unterscheidet und bis heute als offizielle Regierungszeitung gilt. 29

24

Vgl. Min-Hwan Kim: Die Mediengeschichte Koreas. Seoul 1997, S. 91. Chobo erschien etwa 500 Jahre lang, bis 1894 die zuständige Institution Sungjongwon geschlossen wurde. Vgl. Yong-Pil Lee: Die 100-jährige Geschichte von Chosun Shinmun. Seoul 1993. S. 28f. 26 Vgl. ebd., S. 29 und Min-Hwan Kim, a.a.O., S. 91. 27 Beispielsweise versuchten etwa 30 Leute mit Erlaubnis des zuständigen Amtes für die Veröffentlichung, Chobo zu verkaufen, um sich ernähren zu können. Dies dauerte nur ein paar Monate lang, bis der König dies erfuhr und es verbat. Dies sei eine Privatisierung der staatlichen Behörde. Vgl. ebd. und Min-Hwan Kim, a.a.O., S. 91f. 28 Chobo wurde mit dem Pinsel geschrieben. Darin standen die Berichte ohne Überschrift, nur das Datum und die Informationsquelle wurde angegeben. Vgl. Min-Hwan Kim, a.a.O., S. 91 und Yong-Pil Lee, a.a.O., S. 29f. 29 Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre Korea 100 Jahre Zeitung. Seoul 1995, S. 12. 25

10

4.1.2. Erste koreanische Zeitungen Die erste koreanische Zeitung war Hansung Sunbo, die seit 1883 von der Regierung publiziert wurde. Sie erschien alle zehn Tage, zunächst 18-seitig und später 24-seitig in gebundener Form. Ihre Artikel waren auf Chinesisch geschrieben. Die Regierung und die Intellektuellen, die progressive politische Gedanken verfolgten und für die Öffnung des Landes eintraten, versuchten durch diese Zeitung Einfluss auf die Bevölkerung zu gewinnen, um das kultivierte Zeitalter zu fördern und die Modernisierung des Landes voranzutreiben. 30 Hansung Sunbo bot der Bevölkerung viele Berichte über weltpolitische Themen und verschiedene Informationen aus dem Ausland und versuchte das Volk aufzuklären und eine öffentliche Meinung zu bilden. Das heißt, Hansung Sunbo brachte neben inländischen Nachrichten über Politik, Wirtschaft und allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen überwiegend Auslandsnachrichten über Politik, Geschichte, Kultur und aktuelle Ereignisse bis zu technischen Erfindungen, wie dem Teleskop und den Verkehrsmitteln, sowie über Naturwissenschaften. 3 1 1886 erschien Hansung Jubo als Nachfolger der Hansung Sunbo. Sie wurde wöchentlich publiziert. Die Inhalte ähnelten der Hansung Sunbo. In dieser Zeitung befanden sich außer Nachrichten und meinungsbetonten Beiträgen vor allem Anzeigen. 32 Die erste private Zeitung in Korea hieß Tongnip Shinmun (The Independent), die seit 1896 täglich in zwei Sprachen, auf Koreanisch und Englisch, erschien. 33 Während Hansung Sunbo von der Regierung abhängig war, betonte Tongnip Shinmun ihre Position als unparteiische Zeitung. In ihr standen Leitartikel, Lokalmeldungen, offizielle Bekanntmachungen, in- und ausländische Nachrichten sowie Anzeigen. Schon in der ersten Ausgabe wies sie sich als neutral aus, unabhängig von den Parteien und alle Schichten der Gesellschaft gleich behandelnd. Zum ersten Mal erklärte Tongnip

Shin-

mun, dass der Souverän des Staates das Volk sei und nicht die Beamten, dass die Be-

30

Vgl. ebd., S. 34f. Auslandsnachrichten umfassten sogar drei Viertel aller Artikel. Vgl. Young-Pil Lee: Die 100-jährige Geschichte, a.a.O., S.35ff. 32 Ein deutscher Handelsuntemehmer inserierte als erster in dieser Zeitung (22. 02. 1886, die vierte Ausgabe). Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre Korea, a.a.O., S . l l . 33 Tongnip Shinmun erschien anfangs zweitägig, dann täglich. Die koreanische und englische Ausgabe wurden seit 1897 getrennt publiziert. Die englische Ausgabe hieß The Independent, was Tongnip bezeichnet. Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre Korea, a.a.O., S. 16f. 31

11

amten nur Diener des Volkes seien. 34 Gemäß den Ankündigungen der ersten Ausgabe zielte die Zeitung auf eine breite Bevölkerungsschicht:

„...but we include the whole people of every class and grade. To this end three things are necessary; first, that it shall be written in a character intelligible to the largest possible number; second, that it shall be put on the market at such a price that it shall be within the reach of the largest possible number; third, that it shall be for the best interests of the largest possible number." 35

Tongnip Shinmun betonte die Wichtigkeit der eigenen koreanischen Schrift, um eine breite Leserschaft zu erreichen. Damit konnten die Masse der Bevölkerung, nicht nur die gebildete Schicht, sondern auch die wenig gebildete Unterschicht, die Zeitung lesen und sich informieren. 36 Da häufig nur das Chinesische gelernt wurde, entwickelte sich die koreanische Schrift nicht weiter, obwohl Koreanisch wesentlich leichter zu erlernen ist als Chinesisch. Die englische Ausgabe war gleichermaßen Informationsquelle für Koreaner und Ausländer, um sich über die politische und gesellschaftliche Situation in Korea zu informieren. Für die ausländischen Nachrichten hatte Tongnip Shinmun 1897 sogar einen Vertrag mit der Agentur Reuter geschlossen. 37 Schließlich konnte die Bevölkerung durch die Bemühungen der Tongnip Shinmun um größere Aufklärung mehr über „die Position von Korea in den internationalen Beziehungen, die Rechte und Pflichten der Bevölkerung und von den Ideen der Unabhängigkeit erfahren." 38

34

Vgl. Sang-Chul Lee: Kultur und Kommunikation. Seoul 1996, S. 444. Bis dahin war dies undenkbar, da Korea damals immer noch eine Monarchie war. 35 The Independent. Vol. 1, No. 1, Seoul, Korea, Tuesday, April 7th, 1896, S. 1. 36 Damals wurde Koreanisch von den gebildeten Leuten nicht akzeptiert, für unwichtig und die Sprache der Frauen gehalten. Da Chinesisch sehr schwer zu lernen war, hatten viele Leute der Unterschicht Schwierigkeiten, Schreiben und Lesen zu lernen. 37 Zitiert nach Joung-Woo Seo: Die internationale Kommunikation, S. 134. Vgl. Sang-Chul Lee: Kultur und Kommunikation, a.a.O., S.442. 38 Korea Press Center: 100 Jahre Korea, a.a.O., S. 7. 12

4.1.3. Presselandschaft unter der japanischen Besatzung

Nachdem Russland den Krieg mit Japan (1904-1905) verloren hatte, konnte Japan durch einen erzwungenen Vertrag alle wichtigen Städte in Korea als militärische Stützpunkte nutzen und die koreanische Presse kontrollieren. 1907 trat ein Kontrollgesetz für koreanische Zeitungen in Kraft, die im In- und Ausland hergestellt und in Korea vertrieben wurden. Von 1908 bis 1909 wurden alle koreanischen Zeitungen beschlagnahmt. Trotzdem durften die Daehanmaeil Shinbo, die von einem Engländer namens Ernest Bethel herausgegeben wurde39, und einige andere Zeitungen, die im Ausland von Koreanern publiziert wurden, verbreitet werden. Aber auch diese wurden des Öfteren beschlagnahmt. Emest Bethel brachte neben der Daehanmaeil Shinbo auch die englische Zeitung The Korea Daily heraus, die wegen ihrer Kritik an der Besatzungspolitik Japans und der freien Berichterstattung über die Unabhängigkeitsbewegungen Koreas populär wurde. Während die freien Medienaktivitäten der Koreaner durch die Japaner eine starke Einschränkung erfuhren, wurden pro-japanische Zeitungen gefordert, um die Besatzung Koreas zu rechtfertigen.40 Die vor der Besatzungszeit einsetzende Pressepolitik Japans wurde in der Besatzungszeit von 1910 bis 1945 mit unterschiedlichen Methoden verschärft. Zu Beginn, von 1910 bis 1920, durften außer den drei Zeitungen Kyungsung Ilbo (japanische Ausgabe^,41 Maeil Shinbo (koreanische Ausgabe), The Seoul Press (englische Ausgabe),42 die von der japanischen Regierung für die Rechtfertigung und Propaganda der Besetzung Koreas eingesetzt wurden, keine privaten Zeitungen erscheinen. Damals besaßen die Koreaner keine Presse-, Ausreise-, Versammlungs- und Religionsfreiheit.43 In den Jahren von 1920 bis 1931 genehmigte die japanische Besatzungsmacht unter dem Motto „Kulturpolitik" drei private Zeitungen, die anti-japanische Zeitung Donga

39 Infolge der Begrenzung der journalistischen Tätigkeit der Koreaner entstand die Zeitung Daehanmaeil Shinbo, da der Herausgeber Emest Bethel als Engländer die Pressekontrolle der Japaner umgehen konnte. Vgl., Sang-Chul Lee: Kultur und Kommunikation, a.a.O., S. 448f. 40 Vgl. ebd. 41 1906 entstand sie als amtliche Zeitung Japans durch die Zusammenlegung der Hansung Shinbo und Daedong Shinmun. Sie erschien seit 1907. Vgl. ebd. S. 455. 42 Von 1906 bis 1937 erschien sie als Organzeitung Japans in Opposition zur Korea Daily News von Ernest Bethel und Korea Review (monatliche Ausgabe) von Homer Hulbert. Diese Zeitungen des Engländers Ernest Bethel und des Amerikaners Homer Hulbert, die vom japanischen Pressekontrollgesetz verschont blieben, konnten weiterhin herausgegeben werden und übten scharfe Kritik an der japanischen Besatzungspolitik. Vgl. ebd., S. 445 und S. 455. 43 Vgl. ebd., S. 457.

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Ilbo und die beiden pro-japanischen Zeitungen Chosun Ilbo und Shis a Shinmun. Donga Ilbo befürwortete „als das Meinungsäußerungsorgan des Volkes Chosun 44 die Demokratie und die Idee der Kultur" 45 Etwa einen Monat früher als die Donga Ilbo erschien die Chosun Ilbo, die von einem pro-japanischen Verein finanziell unterstützt wurde und daher anfangs beim Volk wenig beliebt war. Mit ihrer sozialistischen Richtung und ihren späteren anti-japanischen Artikeln jedoch gewann sie das Publikum. Für die Shisa Shinmun trat der pro-japanische Herausgeber ein, der für eine Aussöhnung zwischen Japan und Korea plädierte. 1921 ging die Shisa Shinmun aber wegen finanzieller Schwierigkeiten bankrott. Mit diesen drei Zeitungen und dem japanischen Organblatt Maeil Shinbo existierten damals vier koreanischsprachige Blätter. 46 Von 1931 bis 1945 unterdrückte die japanische Militärregierung die koreanische Presse verstärkt. Diese reagierte passiv und enthielt sich der Kritik. Sie passte sich den Umständen an und bemühte sich um „die Verbesserung des Lebens, die Förderung der Landgemeinde und die Kulturbewegung". 47 In dieser Anpassungsphase versuchten die privaten koreanischen Zeitungen „einen Kompromiss einzugehen statt Konfrontation und konnten dadurch die Kulturseite neu einrichten, die Seitenzahl und die Auflage erhöhen." 48 Trotzdem wurden wiederholt Beiträge gestrichen, Auflagen beschlagnahmt und das Erscheinen verboten. 49 Von 1940 bis 1945 wurden die privaten Zeitungen Chosun Ilbo und Donga Ilbo von der japanischen Regierung verboten. Nur die japanischen Amtsblätter wurden zugelassen. Diese Zeit war für die koreanische Presse eine „finstere Zeit", genauso wie die Zeit von 1910 bis 1920.50

44

Korea hieß 500 Jahre lang bis ins 19. Jahrhundert offiziell 'Chosun'. Die Yi-Dynastie wird häufig als Synonym verwendet, da der Gründer Koreas Chosun und sein Königreich Yi hießen. Die Japaner gaben 1910 Korea 'Daehan Jeguk', wieder den Namen 'Chosun'. 5 Sang-Chul Lee: Kultur und Kommunikation, a.a.O., S. 472. 46 Vgl. ebd., S. 471ff„ 47 Ebd., S. 475. 48 Ebd., S. 476. 49 Zum Beispiel wurde die Donga Ilbo sogar nur wegen einer Anzeige beschlagnahmt (01.08.1925). Bei Chosun Ilbo wurden nicht nur Journalisten vernommen, sondern auch die Druckmaschinen beschlagnahmt (8.9.1925). Beiden Zeitungen wurde viermal das Erscheinen verboten. Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre Korea, a.a.O., S. 94f. 50 Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 478.

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4.1.4. Kampf um die Pressefreiheit Die koreanische Presse konnte mit der Befreiung von Japan die Pressefreiheit erringen, da das U.S. Army Military Government in Korea (USAMGIK) eine liberale Pressepolitik zuließ. 51 Es entstanden viele neue Zeitungen 52 von rechter und linker Ideologie. Dies vertiefte die ideologische Spaltung der Bevölkerung. 53 In dieser Zeit wurden die meisten Zeitungen j e nach ideologischer Einstellung des Redakteurs bzw. Verlegers als rechts, links oder neutral eingestuft. 54 Das USAMGIK erlaubte durch die Regelung No. 88 im Jahre 1946 allerdings das Verbot von Zeitungen und Publikationen, um die linken Blätter zu kontrollieren. 55 1948 wurden in Südkorea dann alle linken Zeitungen aus politischen Gründen für illegal erklärt. Da im südlichen Teil Koreas eine eigene Regierung gegründet wurde, erschienen zahlreiche Oppositionszeitungen, wie z. B. Donga Ilbo und

Kyunghyang

Shinmun. Nach dem Koreakrieg (1950-1953) kam die Zeit der antipodischen Auseinandersetzung zwischen der Regierungspartei und den Oppositionsparteien. Dies hatte auch auf die Presse einen großen Einfluss, so dass vier Fünftel der gesamten Auflagen aller Zeitungen (drei Fünftel von 42 Zeitungen) im Jahr 1958 zur oppositionellen Richtung neigten. Die Regierung unter Rhee Syng-Man versuchte die Presse zu unterdrükken und versagte die Genehmigung von Neuerscheinungen, woraus folgte, dass die Zahl der Tageszeitungen sank. 56 Die Zeitungen wurden damals von den Verlegern als „public service" angesehen, um Einfluss und Prestige zu gewinnen, anstatt Gewinne zu erwirtschaften. Damit können die finanziellen Schwierigkeiten der damaligen Zeitungsverlage erklärt werden. 1957 wurde die Korea News Editors'

Association

ge-

gründet, die die Prinzipien der Zeitungsethik für die Journalisten einführte. Dabei wurde neben der Pressefreiheit auch die Verantwortung der Presse unterstrichen. 57

51

Vgl. Kyu-Ho Youm: South Korea's experiment with a free press. In: Gazette 53 (1994), S. 113. Allein in Seoul erschienen innerhalb eines Tages 24 neue Zeitungen. Am 26. 9. 1947 gab es in Korea 85 Tageszeitungen, 68 Wochenzeitschriften und 154 Monatsmagazine. Vgl. Robert Oliver: Present-Day Newspapers in the Republic of Korea. In: Journalism Quarterly 62 (1985), S. 86. Zitiert nach Myung-Shik Koh: Development of the Korean Press. Korea Journal, January 1, 1968, S. 5, vgl. SangChul Lee, a.a.O., S. 481. 53 Nach der Befreiung von Japan wurde in Korea amerikanisches Militär im Süden und russisches im Norden stationiert. Dies führte zum politischen und ideologischen Konflikt. 54 Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre, a.a.O., S. 117. 55 Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 482. 56 1947 betrug die Zahl der Tageszeitungen 85. Durch die ständige Abnahme gab es 1959 nur noch 41 Tageszeitungen. Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 497. 57 Vgl. ebd., S. 495—498. 52

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Die Medienlandschaft entwickelte sich von 1960 bis 1980 rapide. Ursache waren die Marktbeherrschung durch wenige Zeitungsverlage und das Kartellsystem, das einen freien Wettbewerb verhinderte. Einerseits versuchten die Militärregierungen durch Kontrolle die Zahl der Zeitungen zu verringern und Neuerscheinungen zu erschweren, andererseits zeigten sie sich geneigt, als versöhnende Maßnahme den Zeitungsverlagen besondere Vergünstigungen zu gewähren und das Kartellsystem der Zeitungen zu ignorieren. 58 Der Wechsel der Regierungen mit ihrer unterschiedlichen Medienpolitik führte in der Pressestruktur immer wieder zu Veränderungen. So gab es in dieser Zeit große Schwankungen zwischen einem eingeschränkten Mediensystem und der schier grenzenlosen Pressefreiheit. Nach dem Rücktritt von Präsident Rhee zeichneten sich die Jahre 1960/61 als Phase der „absoluten" Pressefreiheit aus. Die freie Meinungsäußerung wurde allgemein begrüßt. Die Änderung der Erscheinungsregelung durch ein Registrierungsgesetz führte zu einer rapiden Zunahme an periodischen Druckschriften. 59 Dies zeitigte aber zugleich problematische Folgen, da die Pressefreiheit an ihre Grenzen stieß, wo Journalisten und Medien nicht mehr kontrolliert werden konnten: „The Koreans in Chang's day's were exposed to a freedom bordering on laissez faire." 60 Die grenzenlose Pressefreiheit dauerte aber nicht lange, da die Presse 1961 infolge eines Militärputsches wieder unter Druck geriet. Die Militärregierung begann 1961 nach dem Motto „die Reinigung von Pseudojournalisten und Medienunternehmen" mit der Regulierung der Presseunternehmen. Nur solche Zeitungen und Agenturen, die die Infrastruktur für das Erscheinen besaßen, bekamen die Genehmigung zur Veröffentlichung, so dass von den regelmäßig erscheinenden Publikationen 76 Tageszeitungen und 305 Nachrichtenkorrespondenzen verboten wurden. 61 Die Prinzipien der neuen Medienpolitik von 1962 deklarierten „die Freiheit und die Verantwortung der Medien, die Qualität und die Anständigkeit des Journalisten, die gesunde Richtung der Medienunternehmen, die Innovation des Zeitungssystems und die Regulierung der Medien. Aber vor allem war die Förderung der Medien als Unternehmen das wichtigste Ziel der 58

Vgl. Dong-Hwang Joo: Die Zeitungspolitik und die Entwicklung der Zeitungswirtschaft. In: NamSuk Kim u.a.: Geschichte und Struktur der koreanischen Medienwirtschaft. Seoul 2000, S. 153. 59 Die Zahl der Publikationen war von 709 auf 1.594 angestiegen. Tageszeitungen : 41 124, Wöchentliche Zeitschriften : 136 ->513, Korrespondenzen: 14 285, Monatliche Magazine: 400 488, und Sonstige: 118 -> 184. Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 499. 60 Kyu-Ho Youm: South Korea's experiment with a free press, a.a.O., S.l 13.

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Medienpolitik." 62 Die inhaltliche Neuregelung der Medienpolitik führte dazu, dass die Zeitungen nicht mit zwei, sondern nur noch mit einer Ausgabe täglich erschienen. Das Erscheinen von Tageszeitungen am Sonntag wurde verboten, die Zahl der Nachrichtenkorrespondenzen verringert, die Journalistengehälter festgeschrieben. 63 Gleichzeitig versuchte die Regierung Park Jung-Hee sogenannte „Pseudojournalisten" zu enttarnen, weshalb viele Journalisten festgenommen wurden. 64 Mit der neuen regierungsamtlichen Medienpolitik und dem wirtschaftlichen Aufschwung in den 1960er Jahren wuchsen die Zahl der Presseunternehmen und die finanzielle Sicherheit, während die Pressefreiheit Einschränkungen erfuhr. In dieser Zeit entstanden viele Wochenzeitschriften der Yellow Press 65 und kommerzielle Tageszeitungen, Sportzeitungen und Wirtschaftsblätter, zugleich stiegen die Zeitungsauflagen. 66 Trotz der strengen Neuerscheinungsregelung für überregionale Zeitungen erschien Joongang Ilbo vom Unternehmen 'Samsung', das als Medienkonzern ein großer Konkurrent für die anderen Zeitungsunternehmen wurde. 67 1971 verschlimmerte sich die politische Situation durch das Machtmonopol des Präsidenten, der mit politischer Unterdrückung gegen die Presse vorging, der sie zu beeinflussen und zu kontrollieren suchte. Die Korean Newspapers Association veröffentlichte die sogenannten „Bestimmungen über die freiwillige Regulierung der Medien". Es wurde das „Presscard"-System eingeführt, damit der Staat die Berufsausübung der Journalisten überwachen konnte. 68 Gegen die politische Unterdrückung und Kontrolle der Presse kämpften zahlreiche Journalisten mit dem Hinweis auf die Pressefreiheit, während die Regierung durch die einseitige Kündigung ihrer Anzeigen finanziellen Druck ausübte. Dies führte dazu, dass Zeitungsverlage Journalisten nicht mehr bezahlen konnten und Mitarbeiter entlassen mussten. 69 61

Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre, a.a.O., S. 178. Dong-Hwang Joo: Die Zeitungspolitik und die Entwicklung der Zeitungswirtschaft, a.a.O., S. 156. 63 Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre, a.a.O., S. 179. 64 Von 1961 bis 1962 betrug die Zahl festgenommenen Journalisten 960. Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 501. 65 Nachdem 1964 die Wochenzeitschrift Jugan Hankook von der Tageszeitung Hankook Ilbo neu herausgegeben und populär wurde, begannen viele Tageszeitungsverlage Wochenzeitschriften aufzulegen. Ende der 1960er Jahre boomten die Wochenzeitschriften und neigten dazu, mit sensationellen und unterhaltsamen Artikeln Leser zu gewinnen. Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre .a.a.O., S. 192. 66 Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O., S. 503. 67 Joongang Ilbo demonstrierte seine Drucktechnik durch farbige Fotos und inserierte auch duftende Anzeigen. Vgl. Korea Press Center a.a.O. S. 186ff. 68 Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O. S. 504 69 Damals betrug die Anzeigenstärke etwa 35 % bis 40 %. Vgl. Sang-Chul Lee a.a.O. S. 505f. 62

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Nach dem Tod des Präsidenten Park Jung-Hee, der durch ein Attentat (1979) ums Leben kam, sehnte sich die koreanische Bevölkerung nach Demokratie und Freiheit. Doch die Machthaber der neuen Militärregierung erklärten den Ausnahmezustand. Mit einem neuen Mediengesetz begann die Regulierung sämtlicher Medien. Die neue Regulierung war die größte Veränderung in der Mediengeschichte Koreas, da mit ihr alle Medieninstitutionen neu strukturiert wurden. Es bedeutete, „die Fusionierung und Vereinheitlichung aller Nachrichtenagenturen, das Prinzip von einer Lokalzeitung in einer Region und die Trennung der Betriebswirtschaft von Zeitung und Rundfunk und die Umwandlung aller Fernseh- und Radiostationen in öffentlich-rechtliche Rundfiinkanstalten sowie die Regulierung und die Restrukturierung der überregionalen Zeitungen". 70 Infolge der Einführung der neuen Mediengesetze wurden mehr als 600 Journalisten von 40 Zeitungen und Rundfunkanstalten entlassen, 172 regelmäßig erscheinende Publikationen verschwanden. 71 Im Gegensatz dazu konnten sich die wenigen überlebenden Presseunternehmen durch Monopolisierung im abgesicherten Marktsegment wirtschaftlich entwickeln.

4.1.5. Marktorientierung der Printmedien Der gesetzliche Erlass der Regierung Roh Tae-Woo im Jahr 1987, der infolge ständiger Demonstrationen der Bevölkerung letztendlich in Kraft trat, war sowohl für die Politik als auch für die Medien von großer Bedeutung, denn er verkündete hauptsächlich „die Veränderung der Gesetzgebung zu einer direkten Wahl des Präsidenten und einer maximalen Sicherung der Pressefreiheit". 72 Im Bereich der Medien führte dies zur Abschaffung des Mediengesetzes, das - trotz der freiwilligen Erklärung des koreanischen Zeitungsinstituts und Rundfunkinstituts von 1980 - von der Militärregierung diktiert worden war. Die neue Gesetzgebung für regelmäßige Publikationen und den Rundfunk wurde vom Parlament abgesegnet. Der Einfluss der Politik auf die Medienlandschaft wurde nach der neuen Mediengesetzgebung drastisch geschwächt. Es begann die Ära des freien Wettbewerbs auf dem Medienmarkt, gekennzeichnet durch die sprunghafte Zunahme an Zeitungen. Die Zahl

70

Korea Press Center: 100 Jahre Korea, a.a.O., S. 212. Vgl. Kyu-Ho Youm: South Korea's experiment, a.a.O. S., 113. 72 Vgl. Korea Press Center: 100 Jahre, a.a.O. S., 224. 71

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der Tageszeitungen stieg in den Jahren von 1987 bis 1992 von 30 auf 117 an. Ähnliche Veränderungen gab es bei den Wochenzeitschriften und Monatsmagazinen. 73 Die bedeutendsten Neuerscheinungen von Tageszeitungen waren Hankyoreh Shinmun (1988) als progressive Zeitung, Kukmin Ilbo (1988) und Segye Ilbo (1989) als religiöse Zeitungen sowie Munhwa Ilbo (1991) vom Konzern 'Hyundai'. Hankyoreh

gelang es,

gestützt auf das Interesse der Bevölkerung, unabhängig von Institutionen zu bleiben. Die Zeitungsverlage konnten durch Einfuhrung des CTS (Computerized Typesetting System) von Seoul Shinmun

1985 74 die redaktionelle Arbeit erleichtern. Bis dahin

stand den Journalisten im Außendienst kein PC zur Verfügung. Seither können die Journalisten ihre Artikel Online schreiben, ohne dass diese in der Redaktion noch bearbeitet werden müssen. Der Pressemarkt in den 1990er Jahren ist durch starke Konkurrenz, den Anstieg der Seitenzahlen, Investitionen fur die Infrastruktur und unfaire Verkaufsstrategien zwischen den Zeitungsunternehmen gekennzeichnet. Die meisten Zeitungen erhöhten ihre Seitenzahlen durch die 'Section'-Seiten und zunehmende Soft News. Letztendlich zielte dies aber auf die Ausweitung des Anzeigengeschäfts. Überflüssige Investitionen für neue Einrichtungen und unfaire Geschäfte sowie häufige kostenlose Verteilung von Zeitungsexemplaren und teure Werbegeschenke für neue Leser verschlechterten die wirtschaftliche Lage der Zeitungsverlage. 75 Dies konnten sich aber nur die großen Zeitungsverlage leisten und zwar zum Nachteil der kleineren Zeitungsverlage.

4.1.6. Wirtschaftskrise in der Presselandschaft Vor diesem Hintergrund kämpften die Printmedien mit finanziellen Schwierigkeiten, als Korea 1997 (wie andere Länder in Asien auch) in eine wirtschaftliche Krise geriet. Die schwierige finanzielle Lage der Zeitungsunternehmen verschlechterte sich vor allem durch die dramatische Abnahme von Werbeaufträgen seitens der Industrieunternehmen und durch steigende Produktionskosten. In den Printmedien sank das Anzeigengeschäft 1998 sogar um 20,8 Prozent. Jetzt versuchten die Zeitungsverlage durch 73 In diesem Zeitraum stieg die Zahl der Wochenzeitschriften von 226 auf 1.561(1994 sogar auf 2.447), bei den Monatsmagazinen von 1.298 auf 2.745 an. Vgl. Nam-Suk Kim: Der Strukturwandel in der Zeitungsindustrie. In: Nam-Suk Kim u.a. (Hrsg.): Geschichte und Struktur der koreanischen Medienwirtschaft. Seoul 2000, S. 213. 74 Vgl. ebd., S. 218.

19

Verkleinerung ihrer Organisation, Kürzung des Personals und der Löhne sowie durch Verringerung der Seitenzahlen, 76 ihre Betriebsstruktur zu verbessern. Es wurden entbehrliche Abteilungen in den Organisationen abgeschafft und die in den letzten Jahren stark geförderten Sektoren Neue Medien und Internet reduziert. Die Zahl der Angestellten der 53 Tageszeitungen, inklusive einer Agentur, nahm im Zeitraum von 1997 bis 1999 um etwa 30 Prozent ab. Oft wurden Gehaltserhöhungen versagt und das Gehalt bei einigen Printmedien sogar um die Hälfte gekürzt. 77 Diese Veränderungen der Zeitungsunternehmen erzeugten ein Heer von arbeitslosen Journalisten. Das Verhalten der Zeitungsunternehmen wurde kritisiert, da sie ihre Verantwortung für den maroden Betriebszustand nicht übernahmen, sondern versuchten, durch Kosteneinsparungen durch entlassene Journalisten ihre finanzielle Krise zu überstehen.

4.2. Gegenwart der koreanischen Presselandschaft 4.2.1. Struktur des koreanischen Pressewesens

4.2.1.1. Zeitungstypen In Korea sind nach Angaben des Ministry of Culture & Tourism (Dezember 2000) 6.486 periodische Publikationen registriert, darunter 117 Tageszeitungen, eine Agenturpublikation, 2.222 Wochenzeitschriften, 2.486 Monatsmagazine und 1.642 übrige periodische Publikationen 78 (vgl. Tabelle 8). Die Tageszeitungen kann man in Zeitungen mit „allgemeiner" und „spezieller" Ausrichtung einteilen, sowie in regionale und überregionale, ferner in Handelsblätter, Sportzeitungen, Zeitungen fur Jugendliche und Zeitschriften über bestimmte Themenbereiche, wie Umwelt, Architektur, oder nur

75

Vgl. Nam-Suk Kim, a.a.O., S. 336f. Bis Mitte 1998 wurden vier bis acht Seiten bei den meisten Zeitungen gekürzt und 1999 gaben alle zehn überregionalen Zeitungen in Seoul ihre Sonntagsausgaben auf. Vgl. Korea Press Foundation: Die Veränderung der Medienunternehmen vor und nach der IMF-Zeit. Seoul 1999, S. 17. 77 Vgl. ebd., S. lOff. 78 Übrige Publikationen sind: sonstige Informationsblätter (354), sechsmal pro Jahr (376), viermal pro Jahr (692) und zweimal pro Jahr erscheinende (220) Publikationen. Quelle: Ministry of Culture & Tourism. 76

20

bestimmte Gruppen, wie Bauern, Polizisten usw. Darüber hinaus erscheinen vier fremdsprachige Tageszeitungen 79 und eine Publikation der Yonhap-Agentur. Von den Tageszeitungen erscheinen 46 in Seoul und 71 in anderen Regionen. 80 Der Zeitungsmarkt wird nur von wenigen überregionalen Zeitungen beherrscht. Von 1987 bis 1993 hatten neun überregionale Zeitungen etwa 75 Prozent Marktanteil, 81 das heißt der Marktanteil der Regionalzeitungen ist vergleichsweise gering. Er hat sich bis heute auch nicht stark verändert. Die überregionalen Zeitungen Chosun Ilbo, Donga Ilbo und Joongang Ilbo sind marktbeherrschend und werden zu mehr als der Hälfte der Auflage in Seoul verkauft. Die genauen Auflagenzahlen der Tageszeitungen werden von den Zeitungsverlagen aus Wettbewerbsgründen nicht veröffentlicht. 82 Bekannt sind nur die Auflagenzahlen weniger Zeitungen, so von den drei Tageszeitungen Chosun

Ilbo,

Donga Ilbo und Joongang Ilbo, die den Löwenanteil ausmachen. Der durchschnittliche Umfang der zehn dominierenden überregionalen Zeitungen 83 liegt bei 30 bis 60 Seiten. Neun erscheinen als Morgenausgaben, die Munhwa Ilbo ist die einzige Abendausgabe. Viele Zeitungen, die früher als Abendausgabe erschienen sind, haben auf die Morgenausgabe umgestellt. Die sechs Wirtschaftsblätter, Financial News Daily, Jeil Economic Daily,

Korea

Economic Daily, Maeil Business Newpaper, Naeway Economic Daily und Seoul Economic Daily, die überwiegend wirtschaftliche Themen behandeln, konkurrieren zugleich mit anderen Tageszeitungen allgemeiner Ausrichtung. Hinzu kommen noch vier Sportzeitungen, Daily Sports, Daily Sports Seoul, Sports Chosun und Sports

Today,

die nicht nur über Sport berichten, sondern auch viel Klatsch über Prominente sowie unterhaltende Artikel bringen. Zu erwähnen sind noch die fremdsprachigen Zeitungen, die auf dem koreanischen Pressemarkt aber keine große Rolle spielen, davon sind zwei englischsprachig, die Korea Herald und die Korea Times.

79

Das sind Korea Times, Korea Herald, A WSJ und Hanhoong Ilbo. Quelle: Ministry of Culture & Tourism. " Vgl. Nam-Suk Kim: Der Strukturwandel der Zeitungsindustrie, a.a.O., S. 234. 82 Nach Angaben des Korea Media Yearbook betrug die Auflage von Chosun Ilbo 2.410.400 (1.4.2000), die von Hankook Ilbo 1.841.650 und die von Hangyere Shinmun 600.000 Exemplare. Für andere Tageszeitungen wurden keine Angaben gemacht. Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media Yearbook 2000/2001. Seoul 2000, S. 84, 88 u. 90. 83 Dies sind Kyunghyang Shinmun, Kukmin Ilbo, Daehan Maeil, Donga Ilbo, Munhwa Ilbo, Segye Ilbo, Chosun Ilbo, Joongang Ilbo, Hangyere Shinmun sowie Hankook Ilbo. 80

21

4.2.1.2. Personal Da statistische Daten zur Gesamtheit der koreanischen Journalisten fehlen, wird hier nur die Zahl der Journalisten bei den untersuchten Zeitungsverlagen genannt. Die koreanischen Zeitungen sind weder verpflichtet, die Auflagenhöhen noch die Zahl der Beschäftigten zu veröffentlichen. 84 Nach Angaben der Korea Press Foundation beträgt die Zahl der Beschäftigten bei 59 Tageszeitungen 85 14.664. 88,3 Prozent der Beschäftigten sind Festangestellte, 11,7 Prozent haben befristete Anstellungen. 86 Der Frauenanteil ist mit 13,5 Prozent sehr gering. Nach der regionalen Verteilung sind 60,2 Prozent der Angestellten in Seoul und 39,8 Prozent in anderen Landesteilen beschäftigt. Von der Gesamtzahl der Beschäftigten ist der größte Teil mit 45,7 Prozent im redaktionellen Bereich tätig, 12,8 Prozent im Bereich Druck und Versand, 11,2 Prozent in der Verwaltung und 8,5 Prozent in der Anzeigenabteilung, 7,3 Prozent im Vertrieb und 14,5 Prozent in sonstigen Bereichen wie Neuen Medien. 87 Die Zahl der Beschäftigten bei den Zeitungsverlagen sank sukzessive von 1997 bis 2000 um etwa 35 Prozent. Im Vergleich zum Rundfunk und den Agenturen war dies eine verhältnismäßig starke Schrumpfung. Der Grund für den Stellenabbau bei den meisten Zeitungen war die anhaltende Wirtschaftskrise seit 1997. Die meisten Zeitungen versuchten ihre finanzielle Situation durch Verkleinerung der Organisation und über den Personalabbau zu verbessern. Dies führte zu hoher Arbeitslosigkeit unter den Journalisten und zur Verunsicherung am Stellenmarkt im Bereich der Medien. Daraus folgte, dass sich immer mehr Journalisten im Segment der Neuen Medien selbständig zu machen versuchten und sich gleichzeitig die Arbeitsintensität der angestellten Journalisten verstärkte.

Die koreanischen Zeitungen reagieren sehr empfindlich auf die Veröffentlichung der Höhe der Zeitungsauflagen und der Zahl der Journalisten. Dies wurde trotz starker Kritik von außen nicht durchgesetzt. Es wird von den Zeitungen als „Unterdrückung der Presse" angesehen. Die koreanische Presse gilt als „unantastbare Zone". 5 Es sind zehn überregionale Zeitungen, vier Wirtschaftsblätter, zwei fremdsprachige Zeitungen, vier Sportzeitungen und 39 Regionalzeitungen. Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media a.a.O., S. 207. 8 Korea Press Foundation untersuchte von April bis Juni 2000 die Zahl der Beschäftigten von 59 Tageszeitungen. Vgl. ebd. r? Vgl. ebd., S. 210-220.

22

4.2.1.3 Anzeigengeschäft Die wirtschaftliche Krise hinterließ ihre Spuren auch auf dem Anzeigenmarkt. 1998 sank das Anzeigengeschäft in den Mediensektoren Zeitung, Magazin, TV und Hörfunk auf 25,8 Prozent. 88 Seit 1999 konnte sich die Industrie wirtschaftlich langsam erholen, und der Anzeigenmarkt belebte sich durch die zunehmenden Anzeigenaufträge wieder. Nach Angabe der Cheil Communications betrug das Gesamtvolumen des Anzeigengeschäfts 1999 umgerechnet ca. 4.200 Millionen €, davon in den Medien TV, Zeitungen, Radio und Magazine ca. 2.140 Millionen €. Der Anteil der Zeitungen am gesamten Anzeigenmarkt liegt bei 39 Prozent (1.641 Millionen €). Das unterstreicht die Bedeutung der Zeitungen auf dem Anzeigenmarkt. Das Anzeigengeschäft belebte sich 1999 infolge des wirtschaftlichen Aufschwungs der Unternehmen insbesondere in den Bereichen der Telekommunikation, der Computer, der Neuen Medien und des Finanzmarktes. 89 Dadurch konnten die Zeitungsunternehmen ihre Einnahmen wieder aufbessern.

4.2.2. Journalisten in Korea

Zunehmende Kritik an koreanischen Journalisten charakterisiert den heutigen Berufsstand in der Presselandschaft und im Journalismus. Das Ansehen, das die koreanischen Journalisten früher einmal hatten, sowie die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, gingen verloren. Stattdessen werden die Fragen nach Moral bei der Berufsausübung und Klagen über die veröffentlichten Artikel immer lauter. Die starke Konkurrenz von außen setzt die koreanischen Journalisten unter Druck, was sie immer mehr zur Aufgabe ihres Berufes drängt. Dies hängt aber nicht nur mit den verschlechterten Arbeitsbedingungen zusammen, sondern auch mit dem fehlenden Pflichtbewusstsein und mangelnder Professionalität.

88 89

Vgl. Korea Press Foundation: Die Veränderung der Medienunternehmen vor und nach, a.a.O., S. 17. Vgl. Korea Press Foundation: The Korea Press 2000. Seoul 2000, S. 10-13.

23

4.2.2.1. Berufsbild der Journalisten Das Durchschnittsalter der koreanischen Journalisten nahm im Laufe der letzten Jahren stetig zu. Es liegt nach der Angaben der Korea Press Foundation bei 37 Jahren. 90 Fast alle Journalisten haben einen Universitätsabschluss. Ihre Fachrichtungen verteilen sich wie folgt: 24,8 Prozent auf Sprachwissenschaften, 14,1 Prozent auf Publizistik, 13,7 Prozent auf Sozial Wissenschaften, 19,6 Prozent auf Politikwissenschaften und Rechtswissenschaften, 11,4 Prozent auf Wirtschaftswissenschaften und 6,7 Prozent auf Naturwissenschaften und technische Fachrichtungen sowie 9,7 Prozent auf sonstige Fachrichtungen. Das durchschnittliche Einkommen der Journalisten staffelt sich zu 24,3 Prozent zwischen 1.360 bis 1.820 €, zu 35 Prozent zwischen 1.820 bis 2.730 @ und zu 19,5 Prozent auf mehr als 2.730 €. 91 Die von der Korea Press Foundation untersuchten Journalisten haben im Durchschnitt eine 11-jährige Erfahrung im Medienbereich . Sie schreiben rund 13 Artikel pro Woche. Die Journalisten der überregionalen Zeitungen verfassen ungefähr zehn Artikel pro Woche. Die meisten Journalisten fühlen sich überfordert. Dieses Gefühl haben 70 Prozent der Journalisten, unabhängig vom Presseunternehmen. Kritisiert werden die Journalisten von ihren Vorgesetzten, den Lesern und Kollegen. Die Kritik und das Feedback von Seiten der Nachrichtenquellen nahmen in den letzten Jahren sogar noch zu. 92 Für die koreanischen Journalisten sind Spezialisierungsmöglichkeiten, das Einkommen, die Flexibilität der Arbeit und die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes wichtige Faktoren. Daneben nahm die Bedeutung des Gehalts in den vergangenen Jahren erheblich zu. Für die Journalisten bei den Regionalzeitungen und Sportzeitungen ist dies sogar der wichtigste Faktor. Die Journalisten bei den Sportzeitungen und den Rundfunkanstalten sind mit ihrer Arbeit zufriedener als diejenigen der regionalen und überregionalen Zeitungen. Auf die Frage nach einem Arbeitsplatzwechsel wünschten die meisten Journalisten, in die Kultur- oder Sportabteilung oder ins Wirtschaftsres-

90

Das Alter der Journalisten verteilte sich mit 11,1 Prozent auf 20jährige, 57 Prozent auf 30jährige, 26,6 Prozent auf 40jährige und 5,3 Prozent auf 50jährige (1999). Die Untersuchung schließt sowohl Pressejournalisten als auch Rundfunkjournalisten und Agentuijournalisten ein. Vgl. Korea Press Foundation: Koreanische Journalisten. Seoul 1999, S. 57. 91 Vgl. ebd. S., 57ff. 92 Vgl. ebd. S., 64ff.

24

sort zu wechseln. Die Zahl der Journalisten, die zum Wirtschaftsressort wechseln würden, nahm von 1991 bis 1997 weiter zu. 93 Die Berufszufriedenheit ist bei den Pressejournalisten, außer bei den Sportzeitungen, im Vergleich zu den Rundfunkjournalisten deutlich niedriger. Mehr als ein Viertel der Zeitungsjournalisten möchte seinen Job wechseln. Die Journalisten, die andere Berufe ausüben möchten, versuchen sich selbständig zu machen oder wechseln in Bereiche der Forschung oder Erziehung. 94 So nahm die Zahl der Jobwechsler zu. Die meisten wechselten wegen verschlechterter Arbeitsbedingungen zu den Internetmedien oder zur Telekommunikation, da sie dort als erfahrene Journalisten deutlich bessere Möglichkeiten geboten bekommen. 9 5 Die Situation beschreibt ein Journalist so: „Immer mehr Journalisten geben ihren Beruf auf, weil sich die Arbeitsbedingungen verschlechtert haben.Trotz der Zunahme des Umfangs bei den Zeitungen werden keine neuen Journalisten eingestellt, und die Attraktivität des Journalistenberufs ist geschwunden." 96

4.2.2.2. Profil der Journalisten Journalisten werden in Korea auf zweierlei Weise gesucht und eingestellt: durch eigene Bewerbung und Abwerbung. Bis in die 1950er Jahre kamen die meisten Journalisten über Empfehlungen zu den Medien. Später trat die öffentliche Ausschreibung durch institutionalisierte Einstellungstests hinzu. 97 Die öffentliche Ausschreibung bedeutete, „dass die Unternehmen neue Universitätsabsolventen über die Bewertung ihrer Unterlagen und den schriftlichen Test einstellten." 98 Aus diesem Grund wurden die neu Eingestellten von den Presseunternehmen nicht als Journalisten, sondern als 'künftige Journalisten' bezeichnet, da durch das neue Einstellungsverfahren nicht die journalistische Qualifikation geprüft werden

93

Vgl. Korea Press Foundation: Koreanische Journalisten, a.a.O., S. 68-71. Vgl. ebd. S. 77-80. Vgl. Dong-Shi Cho: Das Ereignis von der Verschlechterung der Arbeitsbedingung und vom Boom der Joint Venture-Firmen. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 351, März 2000, S. 43. 96 Ebd., S. 46. 97 Die erste öffentliche Ausschreibung und Einstellung eines Journalisten fand 1918 bei der Maiil Shinbo statt. 1920 wurde die erste 'Frau als Reporterin' eingestellt. Vgl. Jin-Suk Chung: Personen in der Mediengeschichte Koreas. Seoul 1995, S. 429 u. 430. 98 Korea Press Foundation: Der Einstellungsstrukturwandel der Medienunternehmen und die Lösung für entlassene Journalisten. Seoul 1998, S. 67. 94

95

25

konnte, sondern nur bestimmte Fähigkeiten." Im allgemeinen brauchen die Bewerber keine journalistische Ausbildung, sondern nur eine gute Vorbereitung auf den Einstellungstest des Medienunternehmens. Die meisten Medienunternehmen haben eigene Einstellungstests sowie eigene Programme für die journalistische Praxis fur Neueinsteiger entwickelt. Mithin spielt ein Studium fur die Bewertung durch ein Medienunternehmen häufig keine Rolle. Die meisten Zeitungsverlage haben ein 3- bis 5-stufiges Einstellungstestprogramm für 'neue' Journalisten. Das heißt, dass die Bewerbungsunterlagen geprüft werden, schriftliche Prüfungen absolviert, eine journalistische Praxisphase durchlaufen und Interviews durchgeführt werden müssen, bevor Bewerber eine Anstellung erhalten. Bei einigen Zeitungsunternehmen muss noch das 'Intern'-System 100 von zwei Wochen bis sechs Monaten durchlaufen werden, um die journalistische Qualifikation der Bewerber einschätzen zu können. Die erste journalistische Erfahrung besteht in einer sechsmonatigen Probezeit. Solche Einstellungen werden von den Medienunternehmen meistens nur einmal im Jahr vorgenommen. Die öffentlichen Einstellungsverfahren werden trotz ihrer Vorteile immer wieder kritisiert. Darüber hinaus versuchen Zeitungsunternehmen 'Fachjournalisten', Promovierte oder Diplomierte bzw. Journalisten mit mehrjähriger Erfahrung einzustellen. 101 1992 hatte die Chosun Ilbo einige Fachjournalisten mit Erfolg eingestellt. 1994 zog die Joongang Ilbo damit nach und bot diesen außer den normalen Gehältern verschiedene finanzielle Anreize wie Forschungszuschüsse und Möglichkeiten für Aktivitäten in Bezug auf ihre Fachrichtungen. Damit wollten sie sich von den anderen Presseunternehmen qualitativ abheben. 102 Diesem Beispiel folgten seither auch andere Zeitungsunternehmen. Kritik an der Einstellungspraktik der Pressemedien kam von innen und außen, da die Journalisten aufgrund mangelnder Fachkenntnisse den rasanten Veränderungen der Umwelt, der Internationalisierung und Globalisierung nicht Schritt halten könnten, die

99

Vgl. ebd. Es gibt zwei Arten des 'Intern'-Systems; erstens für die Studierenden der 'Publizistik' als Praktikum in einem Medienbereich unabhängig vom späteren Beruf, und zweitens für Bewerber, die sich unabhängig von ihrem Studium bei den Medienunternehmen als Journalisten bewerben. 101 Vgl. Jin-Suk Chung: Personen in der Mediengeschichte Koreas, a.a.O., S. 443f. 102 Vgl. Won-Joo Chun: Joongang: „Erfolg", Richtungswechsel anderer Unternehmen durch innere Förderung. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 343, Juli 1999, S. 92. 100

26

fachlichen Bedürfnisse des immer anspruchsvoller werdenden Publikums nicht befriedigten und die Qualitätsunterschiede zu den Berichten in den Neuen Medien immer größer würden. 103 Die Fachjournalisten wurden überwiegend fur die Bereiche Medizin, Wirtschaft, Naturwissenschaft, Umwelt, Finanzen oder Neue Medien gesucht. Außer bei der Joongang Ilbo sind bei den anderen Presseunternehmen die Erwartungen in Bezug auf die Fachjournalisten nicht erfüllt worden. Während Joongang

Ilbo durch ständige

Neueinstellungen von Fachjournalisten in verschiedenen Bereichen und angemessene Unterstützung von Seiten des Unternehmens eine positive Bilanz ziehen konnte, ging der Status der Fachjournalisten bei den anderen Presseunternehmen verloren, da sich ihre Tätigkeiten, außer in bestimmten Bereichen wie Umfragen, Golf- oder Go-Spiel, im Laufe der Zeit von den anderen Journalisten nicht mehr unterschieden. Nur wenige Fachjournalisten konnten bei den Presseunternehmen die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen, viele von ihnen haben wegen großer Anpassungsprobleme die Unternehmen auch wieder verlassen. 104 Um solche Probleme zu vermeiden, bilden viele Presseunternehmen eigene Journalisten innerhalb der Redaktionen als Fachjournalisten aus oder bemühen sich um erfahrene Journalisten von anderen Presseunternehmen. 1 0 5 Die flexiblen Einstellungsverfahren der Presseunternehmen werden fur die Stabilisierung der Fachjournalisten in den Pressemedien als positiv betrachtet, da sie die Schwachpunkte der institutionalisierten Rekrutierung ausgleichen können.

4.2.3. Zeitungsinhalte

Die überregionalen koreanischen Zeitungen werden auch als jonghapoder jungang

(komplexe-)

ilkanji (Zentraltageszeitungen) bezeichnet. Eine qualitative Unterschei-

dung in Boulevard- und Qualitätszeitung gibt es nicht, wenn auch die meisten überregionalen Zeitungen bestrebt sind, eine Qualitätszeitung zu werden. Veränderungen der Zeitungen wirken sich hauptsächlich auf die Erweiterung der Seitenzahlen in den

103

104 105

Vgl. ebd. Vgl. ebd., S. 92-95. Vgl. Won-Joo Chun: Joongang „Erfolg", Richtungswechsel, a.a.O., S. 96

27

Abteilungs-Seiten, 'Money', 'IT' (Information Technologie), 'Sport' und 'Health' aus. Sie bedeuten aber keine großen inhaltlichen Veränderungen, sondern sind eher ein Zeichen des wieder aufgekommenen „Zeitungskriegs". In den überregionalen Zeitungen werden fast alle Themen behandelt, von den klassischen Bereichen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft bis zu modernen und unterhaltenden Beiträgen, wie etwa Informationstechnologie, Karikatur und Go-Spiel. Der große Konkurrenzdruck zwingt die Verlage dazu, immer neue Strategien zu entwikkeln, um neue Leser zu gewinnen, aber auch die bisherigen nicht zu verlieren. Dabei orientieren sie sich an Verhaltensmustern des Publikums, dessen Lebensstil auch die Zeitungsinhalte beeinflusst. So sind heute viele Zeitungsseiten von den aktuellen Themen 'Finanzen', 'Wirtschaft' und 'Informationstechnologie' beherrscht. Die drastische Zunahme von Artikeln über Finanzen, Wirtschaft und Informationstechnologie werden auf die Bedürfnisse der Leser zurückgeführt, man sagt, „weil es der Leser will". 106 Infolge der leserorientierten Zeitungsinhalte und des Kampfes um die Leser ähneln sich die Zeitungen. Es gibt keine signifikanten inhaltlichen Unterschiede bei den überregionalen Zeitungen. Die Massenorientierung zielt auf hohe Auflagen und damit verbundene Werbeaufträge. Die quantitativen Veränderungen und die inhaltliche Ähnlichkeit der Zeitungen werden oft kritisiert, eine Identität oder gar Individualität der Zeitungen sind nicht mehr erkennbar. Die Identitätslosigkeit der Zeitungen zeigt sich auch darin, dass es bei den meinungsbetonten Beiträgen an Seriosität und bei den Nachrichten an Aktualität mangelt. Die meinungsbildenden Beiträge haben keine klaren Standpunkte, sondern werden zum allgemeinen „Allerlei", 107 obwohl sich viele Zeitungsverlage verstärkt um Kolumnisten bemühen. Die Kritik zielt darauf, dass den Zeitungsverlagen nur quantitative Veränderungen wichtig sind, nicht jedoch die Bildung professioneller Kolumnisten. 108

106 Bong-Geun Jeong: Die explosive Zunahme der Artikel über die Finanzen und die Wirtschaft. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 343, Juli 1999, S. 11. 107 Vgl. Seong-Yong Woo: Notwendig sind die Verstärkung der Nachrichten und starke Meinungen. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 340, April 1999, S. 58-62. 108 Vgl. Seung-Hye Yang: Die quantitative Zunahme, aber mangelnde inhaltliche Unterscheidung. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 348, Okt. 2000, S. 107.

28

Die einheitlichen Nachrichteninhalte der koreanischen Zeitungen werden zudem durch das Vorhandensein des Presseclubs 109 und „die Orientierung an den Konkurrenzzeitungen", begründet. Der Presseclub etabliere den charakterlosen Journalisten, weil er sich von den Pressemitteilungen der Institutionen, wie den Ministerien oder Wirtschaftsverbänden, abhängig mache: Die Abhängigkeit der Journalisten von Pressemitteilungen seitens der Institutionen liegt bei 78,4 Prozent (1999)."° Aus diesem Grund sind Diskussionen über die Abschaffung des Presseclubs berechtigt. Ein weiterer Grund für die unseriösen Zeitungsinhalte koreanischer Zeitungen ist der Mangel an Hintergrundinformationen, wie Kyu-Ho Youm beschreibt:

„Many Korean newspapers continue to devote a disproportionate amount of space to nothing but gossipy anecdotes of some politicians and celebrities. Instead of exploring real stories on why and how, they still occupy themselves with focusing on who and what. The boring uniformity of Korean newspapers is not confined to the selection of stories published." 111

Trotz der gleichlautenden Zeitungsinhalte, lassen sich dennoch gewisse Unterschiede feststellen. So ist zum Beispiel Chosun Ilbo eine konservative und Hangyere

Shinmun

eine progressive Zeitung, wobei sich ihre Linien vor allem bei Wahlen und in Bezug auf Nordkorea unterscheiden.

4.2.4. Leserschaft Trotz großer Bemühungen, sich als konkurrenzfähiges Medium gegenüber anderen Medien zu behaupten, verlieren die Zeitungen immer mehr Leser, und Journalisten geben ihren Beruf bei den Verlagen auf. Durch die Neuen Medien werden der Bevölkerung weitere Kommunikationsmöglichkeiten geboten und den Journalisten neue Berufschancen eröffnet. Der Einfluss der Zeitungen auf die Bevölkerung dürfte abnehmen. Dies bestätigt auch eine Untersuchung der Korea Press Foundation, wonach

109 Presseclub wird in Korea als Journalistengruppe mit Namen 'kijadan' verstanden. Solch einen Presseclub gibt es in Korea zum Beispiel bei den Regierungsministerien, wirtschaftlichen Institutionen, im Parlament und Polizeihauptquartier. 110 Vgl. Korea Press Foundation: Korea Media Yearbook, a.a.O., S. 227. ' " Kyu-Ho Youm: South Korea's experiment with a free press, a.a.O., S.l 19.

29

die Leserzahl und der Einfluss der Zeitungen sowie die Glaubwürdigkeit der Medien112 im Vergleich der vergangenen Jahre deutlich abgenommen haben. Nach dieser Untersuchung beträgt der tägliche Zeitungskonsum des koreanischen Durchschnittslesers heute nur noch 35,1 Minuten, im Vergleich dazu waren es 1996 noch 43,5 Minuten und 1998 40,8 Minuten (vgl. Abbildung 1). Die Zahl der Zeitungsleser liegt bei 82,7 Prozent der Bevölkerung, davon beziehen die Leser ihre Zeitungen zu 52,3 Prozent über das Abonnement, zu 17,8 Prozent über die Firma113, zu 7,8 Prozent über den Straßenverkauf und zu 4,8 Prozent über sonstige Wege. Die Zahl der Abonnenten und die Nutzung bei der Arbeit haben im Vergleich der Jahre 1998, 1999 und 2000 abgenommen, das heißt die Zahl der Nichtleser steigt (vgl. Tabelle 1). Auch liegt die Zahl der Nichtleser bei den Frauen mit 24,5 Prozent im Vergleich zu den Männern mit 10,1 Prozent deutlich höher.114 Um neue Informationen zu bekommen, nutzen die meisten Befragten Zeitungen und das Internet, das Fernsehen, das Radio und Zeitschriften zur 'Unterhaltung und Erholung'. Von den Zeitungslesern werden die Berichte über die Gesellschaft, insbesondere über Unfälle, am häufigsten gelesen, dann der Wetterbericht, der Sportteil, die Politik, das Fernsehprogramm/Unterhaltung und der Wirtschaftsteil. Das Interesse an Aktien, Naturwissenschaft/Technik und Anzeigen ist gering." 5 Tabelle 1: Veränderung der Zeitungsreichweite in Korea (in%) 1998

1999

2000

Abonnement

58,1

55,3

52,3

Abos. Von Firmen

20,7

20,3

17,8

StraBenverkauf

8,1

7,3

7,8

Sonstige

3,3

5,6

4,8

Nichtleser

9,8

11,5

17,3

Quelle: Korea Press Foundation. 112 Die Untersuchung wurde in der Zeit vom 24. 7. bis 14. 8. 2000 durchgeführt. Vgl. Jong-Kyung Lee: Die rasante Abnahme des Einflusses der Zeitungen und der Bedeutung des Fernsehens. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 359, November 2000, S. 154-159. 113 In Korea ist es üblich, dass die Firmen ihren Mitarbeitern Zeitungen zur Verfügung stellen, damit sie diese in der Pause durchsehen können. 114 Vgl. Jong-Kyung Lee: Die rasante Abnahme des Einflusses der Zeitungen, a.a.O., S. 154f. 115 Vgl. ebd., S. 156f.

30

Abbildung 1: Nutzung der Medien in Korea (In Minuten/N= 1.200) 193,6 mmm 174,1 172,0

200



1996



1998



2000

150

72,9 68,3

100

61,2

~43,5 40,8

42,2 35,1

30,4

50

11,8

10,5 7,6

Zeitung

TV

Magazine

Radio

Internet/PC

* Quelle: Korea Press Foundation: The Korea Press 2001, S. 132.

Tabelle 2: Bewertung der Eigenschaften von Zeitungen und Fernsehen in Korea (in%) 1998

1999

2000

Zeitungen - Fernsehen Zeitungen - Fernsehen Zeitungen - Fernsehen 53,2

28,3

69,0

24,1

37,3

46,6

31,3

53,7

25,8

50,9

2,6

78,8

4,0

81,8

4,3

69,6

48.5

40,8

40,8

49,3

15,6

73,1

13,0

84,3

18,0

59,4

Wichtig

43,1

Nützlich Unterhaltsam Einflussreich Bedeutsam

-

63,5

Legende: Die ursprüngliche Untersuchung wurde bei den Medien Zeitungen, Fernsehen, Radio, Zeitschriften und Internet durchgeführt, hier aber werden nur die Zeitungen und das Fernsehen miteinander verglichen. Daher ergibt die Summe der Prozentzahlen keine 100 %. Die neue Zusammensetzung von der 'Bewertung der Medieneigenschaften' nach Angaben der Korea Press Foundation.

* Quelle: Korea Press Foundation.116

5

Vgl. Jong-Kyung Lee, a.a.O. S. 158.

Während die Zeitungen in den letzten Jahren (1998-2000) bei den Befragten nach eigenem Bekunden an Einfluss verloren haben, hat das Fernsehen im gleichen Zeitraum an Einfluss gewonnen (vgl. Tabelle 2). Auch verlieren die Zeitungen an Glaubwürdigkeit (vgl. Abbildung 8 und 9). Diese nahm im Jahr 2000 im Vergleich zum Jahr 1996 deutlich ab, während das Fernsehen an Glaubwürdigkeit gewann und das Internet vor allem beim Nachrichtenservice an Glaubwürdigkeit zulegte. 117

4.2.5. Elektronische Medien

Die erste elektronische Zeitung in Korea hieß Online-Database

und wurde 1986 von

der Firma 'Daicom' gegründet. Sie bezog ihre Zeitungsartikel von der Wirtschaftszeitung Korea Economic Daily und bot ihren Beziehern Artikel sowohl in elektronischer Form als auch audio-visuelle Informationen über den PC an. Im März 1995 begann die Jungang Ilbo mit dem Internetzeitungsservice. Kurze Zeit später nahmen die konkurrierenden Zeitungsunternehmen Chosun

Ilbo und Donga

Ilbo

ihren Internet-

Zeitungsservice auf. Die meisten Zeitungsunternehmen zielten damals auf die Werbewirksamkeit ihres Images als „hochentwickelter Medientechnologiekonzern". Sie sahen in der Informationstechnologie die Lösung des Problems abnehmender Leserzahlen und eine neue Chance zur Gewinnmaximierung, und zwar durch interaktive Kommunikation mit dem Leser und dem realen und schnellen Nachrichtenservice." 8 Es gibt zwei Organisationsformen der Internetzeitungen bei den koreanischen Zeitungsunternehmen. Sie sind entweder Teil eines Ressorts unter dem Namen 'New Media', 'Internet' und gehören zur Redaktion, oder selbständige Firmen wie zum Beispiel die 'Digital-Chosun' der Chosun Ilbo oder 'Donga-Dotcom' der Donga

Ilbo

arbeiten vom Mutterunternehmen getrennt. Die meisten Internetzeitungen boten in der Anfangsphase die gleichen Inhalte wie die Zeitungen der Mutterunternehmen, von denen sie auch ihre Artikel bezogen. 1 1 9 Dadurch gab es inhaltlich kaum nennenswerte Unterschiede. Aus diesem Grund versuchten anschließend viele Internetzeitungen sich durch eine neue Strategie, wie dem verstärkten multimedialen Service

" ' E b d . , S. 157f. 118 Vgl. Min-Kyu Lee: Die Position und Veränderung der Zeitungen im Zeitalter der Multimedia. In: Korea Press Foundation (Hrsg.): Zeitungen des neuen Zeitalters. Seoul 1999, S. 118fT. 119 Vgl. ebd., S. 120ff.

32

und Kooperationen mit Rundfunkanstalten oder Agenturen, von den Zeitungen zu unterscheiden. 120 Außer den Internetzeitungen der Zeitungsunternehmen gibt es in Korea noch viele eigenständige Internetzeitungen, die überwiegend von ehemaligen Journalisten der Printmedien

gegründet wurden und mit den Internetzeitungen

unternehmen konkurrieren,

121

zum Beispiel die inews24.com}

22

der

Zeitungs-

Solche Internetzei-

tungen bieten Nachrichten in rund um die Uhr und in spezialisierten Themengebieten an, wodurch sie nicht nur zu Konkurrenten für „Offline-Zeitungen" sondern auch für „Online-Zeitungen" der Zeitungsunternehmen wurden. Eine ganz neue Form von Zeitungen sind die Internetzeitungen, in denen die Nutzer selbst ihre Nachrichten anbieten können. Erwähnt seien hier news24.co.kr und jabo.co.kr.

in24.co.kr,

Die Gruppe der Nutzer, die „Netizen", 123 beteiligen sich

(unter dem Motto „alle Bürger als Journalisten") an der Produktion und Verwaltung der Internetzeitungen, stellen sogar ein 'Netizenkomittee' auf und sind nicht nur „Wächter der Medien", sondern auch „Newsmaker". Ihr Ziel ist es, gegen die Kommerzialisierung, die Einseitigkeit der Berichterstattung und das „Informationsmonopol" der klassischen Medien anzugehen und objektive Nachrichten der Bevölkerung zu liefern. 124 Ihre Nachrichten behandeln überwiegend gesellschaftliche Probleme, die von den klassischen Medien vernachlässigt werden, und sie üben Kritik an deren Berichten. Die Aktivitäten der „Bürgerjournalisten" im Internet beeinflussen häufig die öffentliche Meinungsbildung im allgemeinen, da sie wiederum durch die klassischen Medien aufgegriffen werden und die „Bürgerjournalisten" durch Zusammenarbeit mit poli-

120 Vgl. Seung-Jin Kim: Die Marktvergrößerung durch das 'jongyang'-System, Verbesserung durch Kooperation. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 353, Mai 2000, S. 148. 121 Infolge der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen bei den Zeitungsunternehmen nach der Wirtschaftskrise machten sich viele Journalisten im Bereich der Neuen Medien selbständig. 122 Die Zeitung bietet hauptsächlich Informationen über die Informationstechnologien an, Einsprung durch Links wie 'WEB24', 'Value Stock' oder per E-mail Nachrichtenservice. Sie versucht die Teilnahme der Nutzer zur interaktiven Kommunikation mit den Lesern, den sogenannten 'CyberJoumalisten', zu erweitem. 123 Unter 'Netizen' versteht man „Bürger, die über das Computer-Network ihre Meinungen und Ideen anderen Menschen aktiv übertragen und nach Veränderung der Gesellschaft streben". In-Hee Lee: Die öffentliche Meinung bildenden „Bürgerjournalisten" machen flexible Konvergenz notwendig. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 351, März 2000, S. 7. 124 Da die Netizen nicht nur Nachrichten nutzen, sondern auch Nachrichten verfassen, gibt es kein Gatekeeping. Vgl. In-Hee Lee, a.a.O. S. 7f.

33

tisch aktiven Bürgerorganisationen im Internet die Politik unter Druck setzen.125 Dadurch wird der „civic journalism" gefördert und eine Veränderung des klassischen Journalismus erreicht. Trotz der positiven Auswirkungen der Internetzeitungen ist das Erscheinungsbild des „Bürgerjournalismus" wegen fehlender Qualifikationen der „Netizen" zweifelhaft. Denn alle Bürger können als Journalisten ihre persönlichen Erfahrungen in ihrer Umwelt als alltägliche Nachrichten ins Netz einstellen, wodurch eine andere Einseitigkeit an Informationen entsteht. Für die Glaubwürdigkeit der Zeitungsinhalte und der Berichte über gesellschaftliche Probleme werden weiterhin spezialisierte und ausgebildete Journalisten, die vor allem auf den Gebieten Recht und Ethik zuhause sind, gebraucht.126 Mit dem sprunghaften Anstieg der Internetnutzung wuchs auch der Internetanzeigenmarkt, von 2000 im Vergleich zu 1999 um mehr als 200 Prozent. Das Volumen des Anzeigenmarktes bei Internetzeitungen liegt bei etwa 30 Prozent des gesamten Internetanzeigenmarktes.127 Die Internetzeitungsunternehmen versuchen durch die starke Zunahme an Lesern die Anzeigenpreise nach Besucherzahlen neu zu bestimmen, da die bisherigen Anzeigenpreise nach einem festgesetzten Betragsystem recht günstig ausfielen und die Schaffung höherer Gewinne durch die begrenzten Anzeigenaufkommen schwierig wurden.128 Die meisten

Internetzeitungen

versuchten

unabhängig

von

den

Zeitungs-

unternehmen, insbesondere den Mutterunternehmen, zu operieren und sich als selbständige „Onlineunternehmen" durch Teilnahme an neuen Mediensektoren, wie Satellitenrundfunk, zu komplexeren Informationsunternehmen auszubauen. Um auf dem konkurrierenden Medienmarkt überleben zu können, ist die Bedeutung des Konkurrenzkampfs zu den 'Offline-Zeitungen' verloren gegangen, da die Internetzeitungen auch als Konkurrent zu den herkömmlichen Zeitungen gelten. Die Zeitung der 125 Beispielsweise protestierten die Armeebediensteten gegen das Urteil des Verfassungsgerichts von der „Verfassungswidrigkeit des Vorteilssystems im B e r u f . Meinungsbildend war das Internet, wodurch ihre Proteste und die politischen Entscheidungen der Regierung beeinflusst wurden. Die Medienaktivitäten der Bürgerorganisationen nehmen Einfluss auf die Politik, zum Beispiel bei der Abgeordnetenwahl durch Veröffentlichung von Kandidateninformationen. Vgl. ebd. S. 8. 126 Vgl. Sun-Hee Park: Die Aussagekraft der Person für das Agenda Setting ist dringend notwendig. In: Zeitung und Rundfunk. Nr.356, August 2000, S. 100-103. 127 Aus folgenden Kategorien bestanden die Anzeigen des Intemetmarktes 1999: Suchwebseiten (48%), Internetzeitungen (24%), Mitgliederseiten (21 %) und Internetfernsehen (7%). (Quelle: Jeil Anzeigenfirma von Nov. 1999). Vgl. Seung-Jin Kim: Die Marktvergrößerung, a.a.O. S. 145.

34

Korean Newspapers Association, die die Interessen der Zeitungen vertritt, schrieb, als Folge des zunehmenden Konkurrenzdrucks der Internetzeitungen werde der Umsatz innerhalb von fünf bis zehn Jahren den des gedruckten Zeitungsmarktes übersteigen, da immer mehr Internetzeitungen die Vorteile, wie örtliche und zeitliche Unabhängigkeit, interaktive Kommunikation und schnelle Nachrichtenerstattung, schätzten. 129 Daher müssten die herkömmlichen Zeitungen eine neue Überlebensstrategie entwikkeln. Die Nutzung des Internets hat auch Einfluss auf die Nutzung und Glaubwürdigkeit der herkömmlichen Medien. Nach einer Untersuchung der Korea Press Foundation nahm die Nutzung der herkömmlichen Medien wie Zeitungen und Fernsehen generell ab. Vor allem war die Nutzungszeit des Fernsehens bei den Internetnutzern gering, während die Dauer des Zeitungslesens bei ihnen stieg. 130 Nach dieser Untersuchung ist überraschenderweise festzustellen, dass die Nachrichten der Internetzeitungen für glaubwürdiger gehalten werden als die der klassischen Zeitungen. 131

5. Rechtliche Grundlagen und ethische Standards 5.1. Presserecht in Korea 5.1.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen des Presserechts Die Pressefreiheit wurde in Korea 1948 zum erstenmal in der Verfassung verankert. 132 Nach einigen Verfassungsänderungen beruht heute die rechtliche Grundlage 128

Vgl. ebd., S. 145f. Der Artikel dieser Zeitung wurde am 15. Februar 2000 (Nr. 194) veröffentlicht. Vgl. In-Hee Lee: Die öffentliche Meinung fuhrende 'Bürgerjoumalisten', a.a.O., S. 10. 130 Die Nutzungszeit der Medien 2000 beträgt 42,2 Minuten beim Intemetsurfen. Vgl. So-Ra Park: Das Internet brachte die Nutzungsveränderung der Medien. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 358, Okt. 2000, S. 29ff. 131 Im Vergleich zu 1998 stieg die Glaubwürdigkeit des Fernsehens um 12,6 %, während die der Zeitungen fast um die Hälfte sank. Das Internet galt in den vergangenen Jahren als mit den herkömmlichen Medien unvergleichlich, da das Internet als unglaubwürdiges Medium angesehen wurde. Vgl. ebd., S. 30f. 132 1960 wurde die Medienfreiheit in der Verfassung dadurch garantiert, dass es keine Genehmigung und Kontrolle der Medien und Publikationen mehr gibt. 1962 wurde mit der Garantie der Medienfreiheit zugleich ihre Grenze in der Verfassung gesetzt. 1972 wurden die Verbotsregelungen über die Genehmigung und Kontrolle abgeschafft und 1980 die Medienfreiheit, ihre immanente Grenze und die öffentliche Verantwortung, geregelt. Vgl. Byong-Kuk Lim: Medienrecht und Berichterstattung. Seoul 1999, S. 67f. 129

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der Pressefreiheit in Korea auf dem Art. 21 des Grundgesetzes. Er setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen: der Garantie der Medien- und Publikationsfreiheit, dem Zensurverbot, der gesetzlichen Regelung zur Einrichtung von Medieninstitutionen und der gesellschaftlichen Verantwortung der Medien, als immanente Schranke der Medienfreiheit. Die Medien- und Publikationsfreiheit wird jedoch durch den Art. 37 Absatz 2 über die Grenzen der Medien- und Publikationsfreiheit und Art. 17 über die Privatsphäre eingeschränkt. Das Medienrecht wird grundlegend durch das Gesetz der Anmeldung der Periodika und des Rundfunkgesetzes, basierend auf den verfassungsrechtlichen Regelungen, bestimmt. Darüber hinaus tangieren in Korea etwa 50 medienrelevante Gesetze, direkt oder indirekt, das Medienrecht. 133

5.1.2. Verfassungsrechtliche Bestimmungen der Pressefreiheit Die Medien- und Publikationsfreiheit gilt als Abwehrrecht des Volkes gegen den Staat, sie schließt die Garantie des Persönlichkeitsrechts und der Meinungsfreiheit des Menschen ein, die die Basis für den demokratischen Willensbildungsprozess bilden. Die Medien- und Publikationsfreiheit setzt für die Verwirklichung des Individuums und die politische Willensbildung den Anspruch auf Informationen voraus. Die „öffentliche Aufgabe" der Medien, die Bildung der öffentlichen Meinung, wird gesetzlich vorausgesetzt. Da die Pressefreiheit nicht als Bürgerrecht, sondern als Menschenrecht betrachtet wird, gilt sie für alle Menschen, sowohl fur Inländer, also Koreaner, als auch für Ausländer. Bestärkt wird das Recht der Pressefreiheit in Korea durch Artikel 10 1 3 4 in der Verfassung, sowohl gegenüber der staatlichen Gewalt als auch zum Nutzen der Privatpersonen. Das Prinzip der Medien- und Publikationsfreiheit findet seinen Ausdruck in der Garantie als Grundrecht in der koreanischen Verfassung Artikel 21 Absatz 1. Dieser lautet: „Allen stehen die Medien- und Publikationsfreiheit und die Versammlungsund Vereinsfreiheit zu." Damit garantiert der Art. 21 die Freiheit der Meinungsäußerung und ihrer Verbreitung. Diese darf nicht willkürlich eingeschränkt werden. Auch

133

Vgl. Byong-Kuk Lin a.a.O., S. 34, 42f .und 67f. Art. 10 garantiert die Würde des Menschen und das Wohlfahrtsrecht des Menschen. Der Staat ist danach verpflichtet, die unantastbaren Menschenrechte zu gewährleisten. Diese Regelungen sind Basis aller Grundrechte des Menschen und zugleich der wichtigste Maßstab für die Interpretation der Verfassung. Vgl. ebd., S. 63. 134

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verbietet die koreanische Verfassung nach Art. 21 Abs. 2 ausdrücklich eine Zensur: „Die Lizenzierung und Zensur der Medien und Publikationen und die Genehmigungspflicht von Versammlungen und Vereinen sind nicht erlaubt." Neben der Freiheit der Meinungsäußerung und ihrer Verbreitung umfasst die Medien- und Publikationsfreiheit das Recht, allgemein zugängliche Quellen zu sammeln und zu verarbeiten. Dieses Informationsrecht umfasst gesetzlich zwei Eigenschaften: die Freiheit der Nachrichtenbeschafifung der Medieninstitutionen und die Informationsfreiheit der Bürger. Während in Deutschland die Informationsfreiheit in der Verfassung ausdrücklich festgeschrieben ist, steht diese nicht in der koreanischen Verfassung. Um das Informationsrecht der Bürger gegenüber den Behörden zu gewährleisten, ist das Gesetz über die Informationsveröffentlichung der Behörden 1998 in Kraft getreten. 135

5.1.3. Regelungen der Presseunternehmen Die koreanische Verfassung garantiert laut Art. 21 die Medien- und Publikationsfreiheit und bestimmt die Verpflichtung und Verantwortung der Medien, um ihre gesunde Entwicklung zu gewährleisten. 136 Nach Art. 37 Abs.3 kann die Pressefreiheit aus Gründen der Staatssicherheit oder des „Gemeinwohls" aber eingeschränkt werden. Danach ist es zulässig, eine Anmeldepflicht von Publikationen gesetzlich vorzuschreiben. Nach Art. 7 Abs.l muss die Publikation eines Periodikums beim Minister für Kultur und Tourismus angemeldet werden. Wenn die formalen Voraussetzungen erfüllt sind, darf die Behörde dies nicht ablehnen. 137 Nach dem Gesetz über Anmeldung der Periodika ist der Minister für Kultur und Tourismus nur nach einem Gerichtsurteil zum Erlass eines Erscheinungsverbots und einem Anmeldewiderruf eines Periodikums befugt. 1 3 8 Da durch Monopolisierung der Medienunternehmen diese für die Interessen bestimmter Gruppen missbraucht wer

135

Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 7Iff. Der Artikel 21 Abs. 3 besagt: „Um die Richtlinie über die Einrichtungen der Agenturen und der Rundfunkanstalten und die Funktion der Zeitungen zu gewährleisten, werden die erforderlichen Voraussetzungen gesetzlich bestimmt." I3 ' Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 75f. 138 Vgl. ebd., S. 77. 136

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den können und infolgedessen die öffentliche Funktion der Medien nicht gewährleistet sein würde, ist nach demselben Gesetz (Art. 3) der gleichzeitige Besitz mehrerer unterschiedlicher Medien, also von Zeitungen, Agenturen und Rundfunkanstalten, verboten. Darüber hinaus soll der Herausgeber bzw. Inhaber nach Art. 6 die innere Pressefreiheit und den Schutz des Redaktionsrechts der Arbeitnehmer gewährleisten. Die Realisierung dieser Regelungen bleibt in der koreanischen Medienlandschaft jedoch problematisch, wegen der Konkurrenz zwischen den Medien um Leser und Gewinne. Die Kommerzialisierung der Medien verursacht einerseits Konflikte unter den Journalisten und der Geschäftsführung, andererseits aber auch Druck von außen, speziell von den Anzeigenkunden.

5.1.4. Informationsanspruch gegenüber Behörden

Die Informationsrechte sind in der koreanischen Verfassung nicht explizit zu finden. Sie sind aber nach Präzedenzfällen und juristischer Auslegung garantiert. Über die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Informationsrechte gibt es keine einheitliche Auffassung unter den Wissenschaftlern, aber sie suchen diese aus unterschiedlichen Quellen, wie in Deutschland und den USA, zusammen. Nach dem koreanischen Verfassungsgerichtshof haben die Informationsrechte ihre Verfassungsgrundlage im Art. 21, der Freiheit der Meinungsäußerung. Sie hängen aber auch mit dem Art. 1 (Volkssouveränität), Art. 10 (Würde des Menschen) und Art. 34 Abs.l (Recht auf menschliches Leben) zusammen. Die Informationsrechte umfassen den Anspruch auf Zugänglichkeit, Sammlung und Verarbeitung von Informationen. Es steht sowohl den Journalisten als auch dem einzelnen Bürger zu, allgemein zugängliche Informationen zu sammeln und zu verarbeiten, ohne vom Staat daran gehindert zu werden. Die Informationsrechte sind nur dann nicht geschützt, wenn dabei Grundrechte anderer, wie ζ. B. die Persönlichkeitsrechte, verletzt, die gesellschaftliche Moral oder die nationale Sicherheit gefährdet werden. 1 3 9 Für die Journalisten bedeutet die Freiheit der Nachrichtensammlung, „dass die Medienunternehmen von Behinderungen durch die staatliche Gewalt oder Interes-

139

38

Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 112f.

sengruppen frei sind, dass aber die Beamten oder Privatpersonen nicht gesetzlich verpflichtet sind, die Medienaktivitäten der Journalisten aktiv zu unterstützen".140 Zur Gewährleistung der Informationsrechte ist die formale Regelung über den Informationsanspruch gegenüber Behörden erforderlich. Daher sind die Informationsrechte auch in dem Gesetz über den Informationsanspruch der Öffentlichkeit von Behörden, dem „Veröffentlichungsgesetz von Informationen", festgehalten.141 Nach Art. 1 dieses Gesetzes ist es das Ziel, über die Regelungen der Veröffentlichungspflicht von Informationen und den Informationsanspruch der Bürger gegenüber den Behörden, die Informationsrechte der Bürger, das „right to know", zu garantieren, die Teilname der Bürger an der Politik zu fördern und die staatlichen Verwaltungen transparent zu machen.142 Alle koreanischen Bürger143 haben Anspruch auf Einsichtnahme in alle möglichen Dokumente. Dieser ist für Ausländer jedoch eingeschränkt.144 Nach diesem Gesetz sind konkrete Regelungen über die formalen Voraussetzungen zur Antragstellung und über Informationen, die unter den Geheimschutz fallen, die Staatssicherheit gefährden oder Grundrechte anderer verletzen würden, gegeben. Insbesondere - das sei nochmals betont - ist in Korea der Umfang der Informationsrechte gegenüber Behörden nicht auf die Journalisten eingeschränkt, also kein „Privileg" der Journalisten, sondern als „right to know" allen Bürgern zugestanden. Jeder hat die gleichen Rechte, obwohl die koreanischen Journalisten ihre Rechte überschätzen und glauben, mehr Rechte als die anderen Bürger zu haben.

140 Jae-Hyup Kim: Die Gewohnheit der rechtswidrigen Nachrichtensammlung und die gesetzliche Umwelt. In: Medienintervention. Sommer 1999, S. 70. 141 Nach dem Willen des Gesetzgebers wurde dieses Gesetz 1996 verabschiedet und trat 1998 in Kraft. 142 Nach Art. 2 dieses Gesetzes versteht man unter „Informationen" Dokumente oder Urkunden, Karten, Fotos, Dias und alle Berichte; „Veröffentlichung" heißt nach diesem Gesetz Informationen zum Lesen freizugeben oder ihre Kopien auszuhändigen und „Behörden" sind der Staat, Körperschaften der Gemeindeverwaltungen, das Regierungsinvestitionsinstituts und die Institutionen, die der Präsident bestimmt, wie Schulen, Sonderkörperschaften und Renteninstitutionen. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 122f. 143 Nach dem alten Medienrecht hatten nicht die Bürger, sondern nur die Herausgeber der Zeitungen oder Agenturen, Chefredaktionen der Rundfunkanstalten und ihre Vertreter Anspruch auf Informationen von Behörden. Vgl. ebd., S. 109. ,44 Ausländer sind: diejenigen, die in Korea einen Wohnsitz haben, zum Studium oder zur Forschung in Korea eine Aufenthaltserlaubnis erhalten oder Körperschaften und Vereine, die in Korea Büros besitzen. Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 123.

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5.1.5. Zeugnisverweigerungsrecht Dass Journalisten die Informationsquellen geheim halten, ist in Korea als Berufsethik anerkannt. Dies bedeutet aber nicht, dass es dafür auch einen gesetzlichen Schutz gibt. Vor allem stellt die Anerkennung des Rechts auf Zeugnisverweigerung aus der verfassungsrechtlichen Idee der Meinungsäußerungsfreiheit nach Art. 21 der koreanischen Verfassung ein Konfliktelement dar. Nachdem das „Grundgesetz der Medien" (12. 1980 - 11. 1987), in dem das Zeugnisverweigerungsrecht geregelt war, abgeschafft wurde, gibt es dafür in Korea keine eindeutige rechtliche Regelung mehr. Nach Art. 275 des Zivilgesetzbuches und Art. 146 des Strafgesetzbuches kann das Gericht jeden als Zeugen verhören, solange es keine spezielle (oder andere) Regelung gibt. Dies gilt nicht nur für den Normalbürger, sondern auch für die Journalisten. 145 Nach Art. 285 der Zivilprozessordnung dürfen neben den geschützten Berufsgruppen der Juristen, Mediziner und Geistlichen nur diejenigen, die über „Technik oder berufliche Geheimnisse" verfügen, die Zeugnispflicht verweigern. Dies muss dann aber begründet werden. Vor allem wird die Zeugnisverweigerung der Journalisten nach den Kriterien (1.) Beruf fur Nachrichten, (2.) Güterabwägung und (3.) Notwendigkeit der Veröffentlichung der Informationsquelle geprüft. Folglich gehört der Beruf des Journalisten im allgemein zu den geschützten Berufsgruppen. Aber wegen der Güterabwägung und der notwendigen Prüfung der Informationsquelle oder der Beweise wird wegen des Ziels der Umsetzung eines „gerechten Urteils" die Zeugnisverweigerung der Journalisten nicht selten eingeschränkt. Trotz der gesetzlichen Grundlage der Zeugnispflicht der Journalisten nach der Zivilprozessordnung kommt die Nichterfüllung wegen der schwachen gesetzlichen Maßregeln nicht selten vor. 146 Im Gegensatz zur Zivilprozessordnung gibt es nach der Strafprozessordnung keine ausdrückliche Regelung über berufliche Kriterien zur Zeugnisverweigerung. Daher wird in der Regel das Recht auf Zeugnis Verweigerung der Journalisten und Medieninstitutionen nicht anerkannt. Nach Art. 21 der koreanischen Verfassung wird durch die Freiheit der Meinungsäußerung die Zeugnisverweigerung gewährleistet, dies gilt aber

145

Vgl. ebd., S. 469f. Nach der Prozessordnung müssen die Journalisten oder Medieninstitutionen nur die Prozesskosten, die durch die Zeugnisverweigerung verursacht wurden, tragen, zusätzlich Strafgebühr (weniger als 455 €). Vgl. ebd., S. 470ff. 146

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nicht nur für Journalisten als „Sonderrecht". Solche verfassungsrechtlichen Grundrechte gelten nur solange, wie die nationale Sicherheit oder das „Gemeinwohl" nicht bedroht sind. 147 Als gesetzliche Grundlage des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten wurde das Zeugnisverweigerungsrecht von Deutschland als Vorbild betrachtet. Aber wegen anderer Aspekte ist dies in der koreanischen Medienlandschaft nicht realisierbar: „Die gesetzliche Anerkennung ist ein Grund für den Missbrauch des Zeugnisverweigerungsrechts, aber die gesetzliche Verneinung dieses Rechts führt zur Verletzung der Freiheit der Meinungsäußerung." 1 4 8 Wegen dieser paradoxen Rechtslage ist die Zusammenarbeit zwischen Medien und Juristen im Interesse eines Gleichgewichts beider Interessen nur bedingt gegeben.

5.1.6. Persönlichkeitsrechte

Seit 1990 ist das Recht auf Privatleben in der Rechtsprechung als ein eigener Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts ins Gerede gekommen, da dieses Recht bislang nur als Ehrenschutz betrachtet wurde. 149 Die Verletzung des Privatlebens und der Ehre hat, den Eigenschaften nach, Ähnlichkeiten, weil es in beiden Fällen um die „Würde des Menschen" geht. Nach der Unterscheidung des gesetzlichen Schutzbereichs bedeutet ein Angriff auf die Ehre eine gesellschaftliche Rufschädigung, die objektiven Kriterien genügen muss. Im Gegensatz dazu verbirgt sich hinter der Verletzung des Privatlebens eine subjektive Beurteilung, was eine Problematik für den gesetzlichen Schutz darstellt. 150

5.1.6.1. Ehrenschutz Die koreanische Verfassung macht deutlich, wo nach Art. 21 Abs. 4 die Meinungsäußerung ihre Schranke findet: „Die Medien und Publikationen dürfen die Ehre, Rechte der anderen und die öffentliche Moral oder die gesellschaftliche Ethik nicht verlet147

Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 476f. Jae-Hyup Kim: Die Gewohnheit der rechtwidrigen Nachrichtensammlung und die gesetzliche Umwelt. In: Medienintervention. Sommer 1999, S. 72. 149 Vgl. Wuy-Su Han: Die Tendenz der inländischen Rechtsprechung über die Eingriffe in das Privatleben. In: Medienintervention. Sommer 1999, S. 48. 150 Vgl. Byong-Kuk Kim: Medienrecht, a.a.O., S. 213. 148

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zen." Danach können Opfer der Ehrverletzung auf Entschädigung klagen. Die Verstöße gegen den Ehrenschutz sind im koreanischen Strafgesetzbuch geregelt: Ehrverletzung (Art. 308), Ehrverletzung der Toten (Art. 308), Ehrverletzung von Publikationen (Art. 309) und Beleidigung (Art. 309).151 Ehrverletzungen sind strafbar, das Strafmaß reicht von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen. Darüber hinaus kann der Geschädigte nach Art. 750, Art. 751 Abs.l und Art. 764 des Zivilgesetzbuches zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz, angemessene Entschädigung sowie Widerruf oder Unterlassung und spezialgesetzliche Ansprüche auf Berichtigung oder Gegendarstellung geltend machen.152 Die Ehrverletzung einer Person setzt objektive Bestandteile voraus. Es ist für den Tatbestand der Ehrverletzung ausreichend, wenn eine Äußerung den Angegriffenen individuell erkennbar werden lässt. Fälle der Ehrverletzung liegen auch dann vor, wenn die Mitteilung vieler Fakten über Unbestimmte oder Dritte eine Person eindeutig erkennen lassen. Daneben ist es von Bedeutung, ob es sich bei der Äußerung um eine „Tatsachenbehauptung" handelt, nicht aber um eine „Meinungsäußerung" oder ein „Werturteil". Zur Ehrverletzung wird die „Absicht" als subjektive Voraussetzung gezählt. Objekt einer Ehrverletzung können zum einen natürliche Personen, jeder Mensch von Geburt bis zum Tode, und alle Personengemeinschaften sein, zum anderen aber auch Personenvereinigungen, die eine rechtlich anerkannte gesellschaftliche Funktion erfüllen. Darüber hinaus können Mitglieder einer Personengruppe unter der Kollektivbezeichnung beleidigt werden, und zwar indem einzelne Mitglieder der bezeichneten Gruppe angegriffen werden und dadurch alle Mitglieder in Verdacht geraten.153 Für die Beurteilung der Ehrverletzung durch die Medien sind sowohl die objektiven Inhalte des Artikels als auch die komplexen Elemente des Gesamteindrucks beim Leser (mit den Beurteilungskomponenten Inhalt des Artikels, allgemeine Bedeutung der verwendeten Ausdrücke und Platzierung des Artikels) zu berücksichtigen. Nach Art. 310 des Strafgesetzes ist es nicht strafbar, wenn es sich bei der beanstandeten Äußerung um „öffentliches Interesse" handelt. Ein Bericht „wahrer" Tatsachen oder solcher, die im „öffentlichen Interesse" liegen bzw. dem „öffentlichen Gemeinwohl" 151 152 153

42

Vgl. ebd., S. 139. Vgl. ebd., S. 161 und S. 178. Vgl. Byong-Kuk Lim: Medienrecht, a.a.O., S. 141f.

dienen, wird vor Strafe wegen Ehrverletzung geschützt. Obwohl der Journalist strafrechtlich oder zivilrechtlich die Ehre einer Person verletzt hat, ist der Bericht dann nicht rechtswidrig, wenn er die Wahrheit nachweisen kann oder beweist, im „öffentlichen Interesse" gehandelt zu haben.154 Wenn bei einer Medieninstitution bestimmte Fälle, die als „gemeinsame illegale Handlungen" bezeichnet werden, zivilrechtlich zur Ehrverletzung führen, kann nicht nur der Journalist als Betroffener, sondern auch der Informant, das Medienunternehmen, der Herausgeber und der Chefredakteur zur Verantwortung herangezogen werden.155 Auch der Staat ist entschädigungspflichtig, wenn unwahre Pressemitteilungen staatlicher Einrichtungen eine Folge für die Ehrverletzung einer Person durch Medien sind.156 Trotz der gesetzlichen Bestimmungen die Ehrverletzung betreffend nahm die Zahl der Verstöße beim Komitee fiir Medienintervention 1999)

157

(44 Fälle 1981 - 641 Fälle

stetig zu. Dagegen ist die Zahl der strafrechtlichen und zivilrechtlichen Pro-

zesse, wegen der psychischen Belastungen der Kläger, immer noch verhältnismäßig niedrig. Gleichwohl beklagen sich die koreanischen Medien über die strengen Gerichtsurteile. Bei den meisten Prozessen verlangt der Betroffene Schmerzensgeld, wiewohl das Höchstmaß an Schmerzensgeld Anfang 2000 nur bei etwa 18.000 € lag. Durch diese ziemlich niedrigen Beträge lassen sich die großen Medienunternehmen nicht abschrecken.

5.1.6.2. Persönlichkeitsschutz

Das Recht auf Persönlichkeitsschutz ist in Korea ein aktuelles Thema, da wegen der unklaren Grenze zum Schutzbereich des Ehrenschutzes davon in der Rechtsprechung bisher kaum die Rede war. Aber die rechtlichen Formeln der Gesetzbücher machen die Existenz des Persönlichkeitsschutzes deutlich und geben auch denjenigen, deren Persönlichkeitssphäre verletzt wird, die Möglichkeit, Entschädigungen dafür zu beanspruchen. Die koreanische Rechtsprechung unterscheidet zwischen dem Persönlichkeitsschutz und dem Schutz des Persönlichkeitsbildes. So ist der Schutz des Persön-

154

Vgl. ebd., S. 167-171. Vgl. ebd., S. 175. 156 Vgl. ebd., S. 175-178. 157 Die Zahl der Kläger über Zeitungsberichte liegt bei 52,3 % (335), dies zeigt die Problematik der Berichterstattung. Vgl. Korea Press Foundation: Korea Press Yearbook 2000/2001, S. 268f. 155

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lichkeitsbildes nur aus den allgemeinen Persönlichkeitsrechten des Art. 10 der Verfassung abzuleiten, da es in koreanischen Gesetzbüchern keine expliziten Formulierungen dazu gibt. Die rechtliche Grundlage für den Schutz des Privatlebens bildet der Art. 10 der Verfassung, d.h. das Recht, „Wert und Würde als Mensch zu besitzen und auch nach Wohlstand zu streben". Nach Art. 17 hat jeder ein Recht auf eine Privatsphäre und nach Art. 21 Abs. 4 gibt es ein Recht auf Entschädigung bei Verletzung, vergleichbar mit dem Schutz der Ehre. Hinzu kommen strafgesetzliche Regelungen nach Art. 316 und Art. 317 des Strafgesetzbuches über den Schutz des Privatlebens und die Strafbarkeit bei Verletzung. 158 In Korea gibt es in der Rechtsprechung nur wenige Fälle bezüglich des Rechts auf Privatleben. Bei diesen Verfahren wurde auf Art. 17 der koreanischen Verfassung verwiesen und das Recht auf Privatleben als Intimsphäre, wie „das Recht, dass eigene persönliche Geheimnisse nicht veröffentlicht und durch Eingriffe in das Privatleben psychisch nicht verletzt werden," 159 definiert. Zu den Schutzelementen des Privatlebens gehören „intrusion", „public disclosure of private facts" und „false light in the public eye", 160 die nach Udo Branahl mit dem Schutz der häuslichen Sphäre und des Privatlebens, der persönlichen Daten, d. h. dem Recht auf „informationelle Selbstbestimmung", des Ansehens und des guten Rufs vergleichbar sind. 161 Auch die von Karl Wenzel gemachte Einteilung in Intimsphäre, Geheimsphäre, Privatsphäre, Sozialsphäre und Öffentlichkeitssphäre ist in Korea als Bereiche der Persönlichkeit rechtlich erfasst. 162 Beispiele für den Eingriff in die Schutzbereiche sind bei der Nachrichtensammlung der Journalisten und wegen der unbedachten Berichterstattung über das Privatleben nicht selten zu finden. Zu nennen wären eine Anklage von 1994 wegen Verstoßes gegen den Persönlichkeitsschutz durch einen Reporter einer Tageszeitung, der sich als Polizist Einlass in das Haus eines Verletzten verschafft haben soll sowie die Festnahme eines Journalisten 1998, der aus dem Büro des zuständigen Staatsanwalts Untersuchungsunterlagen entwendete. Hinzuzufügen wären die Klage einer Person we158 159 160 161 162

44

Wuy-Su Han: Die Tendenz der inländischen Rechtsprechung a.a.O., S. 48. Entscheidung des Urteils 96ka hap31227 vom Landesgerichtshof Seoul von 26. 2. 1999, ebd. S. 49. Ebd., S.49f. Udo Branahl: Medienrecht. Eine Einführung. 2., überarbeitete Auflage. Opladen 1996, S.97ff. Vgl. Udo Branahl, a.a.O., S. 105-109 und Hak-Su Kim, a.a.O., S. 51.

gen der Veröffentlichung über eine Schönheitsoperation und die Klage einer berühmten Schriftstellerin anlässlich der Berichterstattung ihrer Scheidungsgeschichte, die einen falschen Eindruck erweckte. 163 Der Schutz des Ansehens und des guten Rufs werden in Korea dagegen kaum diskutiert, da solche Fälle über die Regelungen des Ehrenschutzes abgedeckt sind. Da es aber Fälle gibt, die außerhalb der Regelung des Ehrenschutzes liegen, sind konkrete Regelungen für diesen Schutz notwendig. 164 Die Auflagen zur Berichterstattung durch den Persönlichkeitsschutz können zur Einschränkung der Pressfreiheit führen. Aus diesem Grund sind Kriterien erforderlich, um zwischen dem Schutz der Persönlichkeit und der Pressefreiheit Grenzen zu ziehen. Wichtig ist hierbei das „öffentliche Interesse". Wenn eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, für die Berichterstattung aber ein „öffentliches Interesse" besteht und darin nur „wahre Tatsachen" enthalten sind, ist sie gerechtfertigt. Hierbei muss zwischen einem Normalbürger, einer Person des öffentlichen Lebens oder der Zeitgeschichte unterschieden werden. Sonst ist es nur mit Einwilligung der Betroffenen erlaubt, über persönliche Dinge oder Daten zu berichten. 165 Diejenigen, deren Persönlichkeitsrechte durch die Medien verletzt wurden, können zivilrechtliche Ansprüche, vergleichbar denen der Ehrverletzung, geltend machen, in erster Linie mit dem Ziel der Unterlassung, Berichtigung oder des Schadensersatzes in Form von Schmerzensgeld. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt vom Status des Opfers ab. In Fällen in jüngerer Zeit wurden 22.500 € und 36.500 € gezahlt. Hierin wird ein Präzedenzfall für die Festlegung der Höhe des Schmerzensgeldes gesehen. 166 Problematisch erscheint in Korea nicht die rechtliche Grundlage des Persönlichkeitsschutzes, sondern das Verhalten der Medien und der Leser. Wenn die Medien, vor allem Zeitungsunternehmen, über sensationelle Berichte ihre Leser zu gewinnen versuchen, und wenn die Leser an das sensationsorientierte Verhalten der Presse gewöhnt sind, ist es schier aussichtslos, ein Recht auf Privatleben zu bewahren.

163 164 165 166

Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.

Wuy-Su Kim, a.a.O., S. 50-54. Wuy-Su Han: Die Tendenz , a.a.O., S. 54. ebd., S. 55-59. Wuy-Su Kim, a.a.O., S. 59ff.

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5.1.7. Gerichtsberichterstattung

Nach der koreanischen Verfassung Art. 27 Abs. 3, Art. 109 und nach der Gerichtsorganisationsregelung ist der Grundsatz der Öffentlichkeit des Gerichtsverfahrens bestimmt. Diese kann nur nach der Verfassung und gesetztlichen Ausnahmefällen eingeschränkt werden. Auf rechtlicher Grundlage sind die Berichterstattung und die Medienaktivitäten beim Gericht geregelt. Diese können aber in bestimmten Fällen, wie der Bedrohung der Gerichtssicherheit und der Verletzung der Menschenrechte, begrenzt werden. In Korea gibt es außerhalb des Gerichtssaals keine Regelung über Fotos von Betroffenen, wie zum Beispiel von Richter, Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Angeklagten oder Klägern, so dass über sie ungeschützt berichtet werden kann.167 Während der Gerichtprozesse sind nach der Gerichtsorganisationsregelung Art. 59 aus Gründen eines fairen Verfahrens und zum Schutz des Angeklagten Foto- und Filmaufnahmen 168 nur mit Erlaubnis des Richters in begrenztem Umfang erlaubt. Daher können Aufnahmen nur mit Einwilligung des Angeklagten bzw. wenn das öffentliche Interesse Vorrang vor den Persönlichkeitsrechten des Angeklagten hat und ein faires Verfahren nicht gefährdet wird, erlaubt sein.169 Ein Beispiel dafür ist die Fernsehübertragung des Gerichtsprozesses gegen Ex-Präsidenten, die wegen Korruption während ihrer Amtszeit verurteilt wurden.

5.1.8. Wahlberichterstattung

Nach Art. 8 des Wahlgesetzes der öffentlichen Dienstleistung sind die Medien zu einer fairen Wahlberichterstattung verpflichtet. Art. 108 dieses Gesetzes verbietet Umfragen im Namen der Kandidaten oder Parteien 60 Tage vor der Wahl und Umfragen ohne Nennung des Umfrageinstituts. Umfragen zur öffentlichen Meinung sind während der Wahlperiode erlaubt, aber nicht zur Unterstützung eines bestimmten Kandidaten oder einer Partei. Bei der Berichterstattung über die Ergebnisse von Wahlumfragen müssen auch Informationen über die Umfragen selbst, wie zum Beispiel Auftraggeber, Umfrageinstitut, Auswahlmethoden der Befragten, Untersu-

167

Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O., S. 439f und S. 450f. In Korea wurden bis 1960 Fotoaufnahmen im Gerichtssaal unbegrenzt erlaubt, seit 1970 sind diese eingeschränkt. Vgl. ebd., S. 457. 169 Vgl. Jae-Hyup Kim: Die Gewohnheit der rechtswidrigen Nachrichtensammlung, a.a.O., S. 72f. 168

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chungsort und Fragebogen, angegeben werden. Vor allem ist es nicht zulässig, dass die Medien durch bewusst manipulierte Kritiken oder Berichte auf die Gewinnchancen eines bestimmten Kandidaten Einfluss nehmen.170 In der Realität sieht die gesetzlich gesicherte faire Wahlkampagne durch die Medien anders aus, da einige Medien, vor allem die marktfuhrenden Tageszeitungen, viele Verstöße gegen das Gesetz, durch unfaire Berichterstattung und Nachrichten über die Gewinnchancen eines bestimmten Kandidaten oder durch einseitige Berichterstattung über die Kandidaten, verursachen. Als Beispiel ist hier die Kritik an der unfairen Berichterstattung und dem skandalösen Verhalten der koreanischen Zeitungen während der Präsidentenwahl 1997 zu nennen.171 Die unausgewogene Berichterstattung der koreanischen Zeitungen war vorprogrammiert, da sie drei Jahrzehnte lang unter der konservativen Regierzungspartei „gezähmt" waren und von dem kritiklosen Verhältnis zur Regierung selbst profitierten. Für die machtgewohnten rechtsorientierten Zeitungen bedeutete der Regierungswechsel eine Ungewissheit in der Zukunft. 5.1.9.

Gegendarstellung

Deutschland ist Vorbild für die Ausgestaltung des Gegendarstellungsrechts in Korea.172 Eine Gegendarstellung kann auch in Korea nur „als Entgegnung auf eine Tatsachenbehauptung", 173nicht aber auf eine Meinungsäußerung in Anspruch genommen werden. Wie in Deutschland, steht der Gegendarstellungsanspruch in Korea auch nur demjenigen zu, der von der Tatsachenbehauptung der Medien verletzt und „individuell betroffen" wurde.174 Für den Gegendarstellungsanspruch vor Gericht wird die vor

Vgl. Byong-Kuk Lim, a.a.O. S. 240-246. Während der Präsidentenwahl 1997 versuchten einige Tageszeitungen den Kandidaten aus der damaligen Regierungspartei zu unterstützen. 1999 wurde der Inhaber der Zeitung Joongang Ilbo wegen Steuerhinterziehung festgenommen. Die Joongang Ilbo klagte über Unterdrückung der Medien seitens der Regierung wegen ihrer kritischen Berichterstattung über den neu gewählten Präsidenten während der Präsidentenwahl und versuchte, durch einseitige Berichterstattung, die Regierung unter Druck zu setzen. Dies wurde von der Bevölkerung nicht unterstützt, sondern kritisiert und, man verlangte, dass die Medienuntemehmen nicht als „heilige Bezirke" gelten, sondern auch zu den Objekten der Steuerprüfimg gehören sollten. Vgl. Korea Press Foundation: Korea Media Yearbook 2000/2001, S. 59f. 172 Als Vorbild übernahm Korea die Gegendarstellung des Landes Baden-Württemberg von 1960. Dies war der Ursprung des Rechts auf Berichtigungsanspruch im Mediengrundgesetz 1980. Dieser wurde 1987 in das Periodische Publikationsgesetz übernommen und 1995 in Recht auf Gegendarstellung umbenannt. Vgl. ebd., S. 352f. 173 Udo Branahl, a.a.O., S.250. 174 Vgl. ebd., S. 250. 171

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herige Vermittlung des Komitees der Medienintervention vorausgesetzt. Nach Art. 16 des Periodischen Publikationsgesetzes kann der Gegendarstellungsanspruch nur innerhalb eines Monats, nachdem man von der Veröffentlichung Kenntnis erhalten hat, oder innerhalb von sechs Monaten nach der Veröffentlichung schriftlich geltend gemacht werden. In Korea ist von der Verbesserung der vorhandenen Regelungen des Gegendarstellungsanspruchs zum Schutz der Rechte des Empfangers die Rede, zum Beispiel, seine Einführung auch fur Meinungsäußerungen, die Notwendigkeit einheitlicher Regelungen und des Zuständigkeitsorgans für alle gesetzlichen Anspruchsfälle sowie für die verschiedenen Medien, auch für die neuen Medien wie das Internet. 175

5.2. Medienethik

Die Sozialethik setzt Beschränkungen der gesellschaftlichen Freiheiten, und diese Beschränkungen sind Bedingung für das Zusammenleben in der Gesellschaft. Daher steht die Sozialethik in Zusammenhang mit der sozialen Rolle jedes Einzelnen. 176 Die Medienethik im allgemeinen Sinne ist Teil der Sozialethik, d. h. sie setzt soziale Beschränkungen und spezielle Regeln. 177 Darüber hinaus ist die Medienethik Berufsethik, die die Medientätigkeit im Berufsfeld betrifft. Nach Hak-Su Kim ist „die Medienethik die Verhaltens Vorschrift, die den Wert der sozialen Koexistenz noch bedeutsamer macht dadurch, dass man die Wahlfreiheit für verschiedene Verhaltensweisen der Journalisten einschränkt". 178 Aus diesem Grund ist es wichtig zu verstehen, wie die Medienethik in der koreanischen Gesellschaft im Hintergrund der konfuzianischen Denkweise entwickelt 179 und realisiert wird, und welche Probleme bei der Realisierung der Medienethik unter dem

175 Vgl. Yong-Su Park: Die rechtliche Überlegung der Empfangerrechte. In: Medienintervention. Sommer 1999, S. 92f. 176 Vgl. Hak-Su Kim: Die Medienethik und die Veränderungsaktivität der koreanischen Medien. Seoul 1991, S. l l f . 177 Vgl. ebd. 178 Ebd., S. 22. 179 Nachdem Korea von China den Konfuzianismus übernommen hatte, beeinflusste dieser etwa 500 Jahre lang (ca. 15. bis 19. Jh.) als eine allmächtige gesellschaftliche Kraft mit politischen, moralischen, sozialen und religiösen Funktionen die Monarchie Chosun. Heute spielt der Einfluss des Konfuzianismus in der modernen Gesellschaft Koreas immer noch eine Rolle, obwohl es längst verschiedene Religionen im Lande gibt.

48

Einfluss der Medienorganisationen und im Bewusstsein der Journalisten entstehen. Von dem historischen Hintergrund aus bemühten sich Medienfachleute durch Analyse der vorhandenen Medienethik und unabhängig von den Theorien der westlichen Medienethik, ihr eine neue Definition zu geben und neue praktische Prinzipien zu erstellen. Heutzutage gibt es in Korea allgemeingültige medienethische Prinzipien, unter denen jede Zeitung und jede Rundfunkanstalt ihre eigenen medienethischen Richtlinien erstellt. Trotz dieser Prinzipien ist von der Medienethik immer wieder die Rede, weil es den Journalisten noch an Bewusstsein dafür mangelt und die Prinzipien zahlreiche Probleme enthalten, die in der Praxis ihre Anwendung schwierig machen. Durch die frühere Entwicklung der Presse (gegenüber dem Rundfunk) entwickelte sich in Korea, wie in anderen Ländern, die Berufsethik ausgehend von Pressejournalisten und wurde zum Mittelpunkt der Medienethik. Die ethische Orientierung der Medien setzt eine Erfüllung ohne Zwang voraus und wird von autonomen Medienorganisationen kontrolliert.

5.2.1. Prinzipien der Ethik: Freiwillige Selbstkontrolle 1957 wurde zum ersten Mal das Grundgesetz der Kommunikationsethik für die Pressemedien in The Code of Press Ethics festgeschrieben, der vier Jahre später (1961) durch The Standard of Practices

under The Code of Press Ethics ersetzt wurde. Der

heutige Code of Press Ethics gliedert sich in 7 Schwerpunkte: Pressefreiheit, Verantwortung und Unabhängigkeit der Presse, Berichterstattung und Kritik, Schutz der Ehre und des Privatlebens, Möglichkeit der Gegendarstellung, Zugang zu den Medien und Anstand der Journalisten (vgl. Anhang S.158f.) . Der inzwischen verbesserte Standard

of Practices

under The Code of Press Ethics von 1996 180 enthält genaue

Verhaltensregeln für die Berichterstattung, wie zum Beispiel für den Fall eines Embargos, für die Redaktionsarbeit und den Schutz der Kinder. Neben diesen Grundsätzen gibt es noch The Code of Press Ethics der Journalists

Association

of Korea mit

ausführlichen Verhaltensanleitungen (vgl. Anhang. S. 159ff.) .

180 Am 8. April 1996 wurden die bisherigen Standard of Practices unter The Code of Press Ethics durch ausführliche Verhaltensanweisungen für die journalistische Arbeit ergänzt, da die früheren Regelungen fur die Praktizierung der journalistischen Berufsausübung nicht ausfuhrlich genug waren.

49

Bei Verstößen gegen The Standard

of Practices

werden von der Korean Press Ethics Commission

under The Code of Press

Ethics

folgende Auflagen ausgesprochen:

Rat oder Anweisung, Mahnung, Erklärung, Berichtigung, Widerruf bzw. Entschuldigung. 1 8 1 Außer den allgemein geltenden Richtlinien fur Medienbeschäftigte veröffentlichte 1988 Hangyere der Hangyere

Shinmun,

Shinmun als erster Zeitungsverlag die Prinzipien

der Ethik

an die sich viele Presseunternehmen mit eigenen ethischen

Richtlinien anschlossen.

5.2.2. Probleme bei der Realisierung der Medienethik Trotz der detaillierten Richtlinien in der Medienethik gibt es in der Praxis noch viele Probleme bei der Umsetzung dieser Grundsätze, die hier als Hindernisse vorgestellt werden sollen. Die Probleme entstehen nicht nur aus den Organisationsstrukturen der Presselandschaft, sondern auch aus mangelndem Bewusstsein einzelner Journalisten bei ihrer Berufsausübung. Vor allem zeigten einige Ereignisse in den vergangenen Jahren, dass die koreanischen Medien die Grenzen der Ethik weit überschritten und die Leser die Medien daher nicht mehr für glaubwürdig halten und sogar Reformen fordern: Die Medien, die die öffentliche Meinung vertreten und eine gewisse Kontrolle ausüben sollten, sind selbst zu Reformobjekten geworden. Zunächst wird von den Medien gefordert, sie sollten von politischer Macht und äußerem Druck unabhängig bleiben, zugleich aber der Vorwurf erhoben, sie wollten lieber selbst an der Macht teilhaben. Es bestehe ein enges Geflecht zwischen Macht und Medien. Als dessen Institutionalisierung erscheint der Presseclub, der sogenannte kijadan. Dieser Presseclub, der mit dem japanischen Presseclubsystem vergleichbar ist, wird sehr häufig kritisiert, da er den freien Journalismus hindere und einen „Verlautbarungsjournalismus", wie das von vielen Kritikern in Korea bezeichnet wird, hervorrufe. Den Presseclub gibt es bei den meisten Regierungsministerien, im Rathaus, bei Wirtschafts- und Finanzorganisationen und im Hauptquartier des Polizeiamts, wo die Basisarbeit der Journalisten im Außendienst, wie das Sammeln und Verarbeiten von Nachrichtenmaterial, stattfindet. Das System des Presseclubs existiert trotz endloser Kritik wegen beiderseitiger Vorteile. Bei den Presseorganisationen

181

50

Vgl. Hak-Su Kim, a.a.O., S. 14.

aus egoistischen Gründen und bei den Informanten, die über den Presseclub ihren Einfluss auf die Medien auszuüben versuchen.182 In der Arbeit in den Presseclubs wird durch interne Diskussion über den Nachrichtenwert, die Richtung der Artikel, über die Pressemitteilungen und die Hinnahme eines „Nachrichtenembargos"' 83 der Institutionen entschieden. Hierdurch entstehen uniforme Nachrichten184 und ein Gruppenzwang über ein eventuell angenommenes Nachrichtenembargo. Bei Nichteinhaltung kann der Journalist von der Mitgliederliste (nach Entscheidung der Journalistengruppe) gestrichen werden, so ζ. B. im Fall von Donga Ilbo 1974.185 Derartige Aktivitäten seitens der Journalisten wurden immer wieder in Frage gestellt. Schließlich gab es 1999 eine Bewegung zur Abschaffung des Embargos, ausgelöst von den Journalisten der Munhwa Ilbo, der einzigen überregionalen Zeitung, die als Abendausgabe vertrieben wird. Sie begründete die Abschaffung des Embargos wie folgt: „Die Embargos, die aus Bequemlichkeit der Regierungsministerien und des Presseclubs verhängt werden, verletzen das Informationsrecht der Bevölkerung."186 Die Bewegung der Journalisten der Munwha Ilbo entfachte viele Diskussionen über das Embargosystem, aber ihr Ziel erreichten sie nicht. Gründe dafür sind: die tiefe Verwurzelung des Presseclubsystems in der koreanischen Medienlandschaft und das Interesse der Presseunternehmen sowie der Journalisten selbst, aus Angst vor der 182 Vgl. Jung-Ki Kim/Hak-Su Kim: Die Studie über das Verhalten der Nachrichtenberichterstattung der koreanischen Medien. In: Jung-Ki Kim u. a. (Hrsg.): Die Pathologie der koreanischen Medien. Seoul 1999, S. 24. 183 Unter „Embargo" versteht man hier die Verschiebung der Veröffentlichung von bestimmten Berichten („Sperrfrist"). Dieses wird von den Institutionen der Nachrichtquellen, vor allem dem Verteidigungsministerium, Wirtschaftsministerium oder der Staatsanwaltschaft, verhängt. 84 Wegen der unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen der Journalisten neigen die unerfahrenen von ihnen dazu, die Meinungen der erfahreneren oder die Entscheidungen einer Gruppe zu befolgen. Da neue Journalisten zunächst in bestimmten Bereichen eingearbeitet werden und fachliche Kompetenz erwerben müssen, vor allem auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und Technologie, scheinen daher die gebotenen Nachrichtenmaterialien, die Meinungen der erfahrenen Journalisten und die Diskussionen unter den Journalisten sehr hilfreich zu sein. Das Problem liegt im allgemeinen darin, dass die Journalisten ihre Abteilungen relativ häufig wechseln müssen, so dass sie keine fachliche Kompetenz in bestimmten Gebieten erwerben können. Vgl. Korea Press Foundation: Der Verhinderungsgrund der Individualität der Zeitungen. Seoul 1999, S. 4 2 ^ 6 . 185 Das Ministerium für Industrie und Handel bat die Journalisten mit der Veröffentlichung des Planes, Heizöl gegen Kohle zu ersetzen, wegen der negativen Auswirkungen auf die Volkswirtschaft zu warten. Die Joumalistengruppe nahm den Embargovorschlag unter der Bedingung an, dass das Ministerium innerhalb eines Tages über den Plan eine genaue Erklärung abgeben werde und versprach, den Journalisten, die dieses Versprechen nicht einhalten würden, die Mitgliedschaft aufzukündigen. An diesem Abend berichtete die Dortga Ilbo über den Plan des Ministeriums. Daraufhin strich die Journalistengruppe den Journalisten der Donga Ilbo von der Mitgliederliste. Vgl. Hak-Su Kim, a.a.O. S. 31 f. 186 Dieser Artikel erschien am 17. 08. 1999 in der Zeitung Munhwa Ilbo.

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Konkurrenz, wichtige Informationen nicht in die Nachrichten bringen zu können. 187 Ein weiterer Grund für die Bestrebungen der Munhwa Ilbo war die Bekanntgabe der Pressemitteilungen der Regierungsministerien für die Morgenausgaben.

Munwha

Ilbo, als Abendausgabe, fühlte sich dadurch benachteiligt und initiierte diese Bewegung also auch aus Eigeninteresse. 188 Problematisch ist, dass viele Embargovorschläge von Seiten der Institutionen und Regierungsministerien von der Journalistengruppe akzeptiert werden, die journalistische Arbeit wiederum von der Gruppe abhängig ist und somit die individuellen Entscheidungen durch das Kollektivinteresse und den Gruppenzwang beeinflusst werden. Durch das Presseclubsystem sind die Journalisten nicht mehr in der Lage, in ihrer Rolle als „Wächter" objektiv zu berichten, so wie ein Journalist schrieb: „Es gibt auch Fälle, dass Journalisten ihre objektive Einstellung verlieren, weil sie im zuständigen Presseraum immer mit den gleichen Leuten Kontakt haben und an deren Meinungen und Denkweisen sich gewöhnt haben. Weil sie sowohl Informationen von diesen Leuten bekommen als auch deren Bewertung erhalten, ist es schwierig, kritische Ansichten zu behalten bzw. aufzubauen." 189 Das Pressclubsystem verletzt die Pressefreiheit insofern, als kleine Zeitungs- und Magazinsverlage, die nicht diesem Club angehören, keinen Zugang zu diesen Informationen bekommen. Schließlich besteht die Gefahr der Manipulation von Informationen durch das Monopol der zugehörigen Medien, d.h., „die Verletzung der Pressefreiheit durch die Medien und die Journalisten selbst". Konsequenterweise versuchen einige Zeitungsunternehmen seit einigen Jahren, durch das 'Team'-System, unabhängig vom Presseclubsystem, eigenes Nachrichtenmaterial zu sammeln und zu recherchieren. Einerseits aus Unzufriedenheit mit dem vorhandenen System und andererseits wegen fehlender Schnelligkeit der Berichterstattung und einem Mangel an Hintergrundinformationen der Pressemedien im Vergleich zu den Neuen Medien (Stichwort Internetzeitungen).

" " N a c h einer Untersuchung über das Medienverhalten der koreanischen Journalisten (1997) beantworteten 51,5 % der Journalisten, dass das Presseclubsystem noch notwendig sei. Überraschenderweise halten mehr junge Journalisten im Außendienst dieses System noch für nötig. Vgl. Jung-Ki Kim/Hak-Su Kim, a.a.O., S.68f und Dong-Hwang Joo: Ein Happening der Embargoabschaffung. In: Korea Press Foundation (Hrsg.): Korean Media Yearbook 2000/2001 a.a.O. S. 62f. 188 Vgl. ebd., S. 63. 189 Ho-Hyun Cho: Ein minimales Instrument fur die Versicherung des Informationsrechts. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 345, Sept. 1999, S. 95.

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Neben dem Presseclubsystem werden die Journalisten selbst, die ein enges Verhältnis zur Macht, also vor allem zur Politik und zur Wirtschaft für ihre eigenen Interessen nutzen, stark kritisiert. So ist der Fall „Gegenmaßnahmen für die Medien" 190 ein Beispiel dafür, dass die Journalisten für ihre eigene Karriere Beziehungen zu den Politikern aufbauen und pflegen, wodurch sich die Frage nach der Berufsethik stellt. Ein weiterer Kritikpunkt an den Journalisten und Medienunternehmen sind Gelder und Aktien, die sie in eine vorteilhafte Lage zur Erlangung von Informationen, insbesondere im Wirtschaftressort, versetzen. Es ist zweifelhaft, ob Gelder für diesen Zweck von Journalisten gerechtfertigt sein können. 191 Es stellt sich verstärkt die Frage, ob aufgrund des Berufs das Recht auf Eigentum entzogen werden darf. 192 In diesem Zusammenhang verbietet aber der Standard of Practices in Art. XIV (vgl. S.164) den Journalisten die Ausnutzung von Informationen zum eigenen Zweck, die sie durch die Nachrichtensammlung erhalten haben. Eine weitere harsche Kritik an den koreanischen Medien ist der Sensationalismus, da dieser leicht zur Verletzung der Ehre und des Privatlebens führt. Der Art. XII des Standard of Practices (vgl. S. 163) regelt, dass die Journalisten über das Privatleben von Individuen nicht berichten dürfen, es sei denn, dies stehe im öffentlichen Interesse. Trotz dieses Grundsatzes erhöht sich die Zahl der Verletzungen der Ehre und des Privatlebens laufend. Dabei glauben zum Beispiel mehr als die Hälfte der koreanischen Journalisten, dass die Verletzung der Ehre eine Folge der Sensationalismus sei. 193 Ein Grund für den Sensationalismus ist, dass es keine klare Trennung von Boulevard- und Qualitätszeitungen gibt. Die Kommerzialisierung und der Konkurrenzdruck verstärken die sensationellen Tendenzen. Gleichzeitig nehmen die Klagen gegen Journalisten zu. So wurden 1999 36,8 Prozent der Journalisten wegen Verstöße gegen die Ehre oder das Privatleben angeklagt, 1995 10,8 Prozent und 1997 7 Prozent. 194 Die häufigsten Fälle stammten aus dem Fotobereich, der Gesellschaft, der 190 Ein beurlaubter Journalist von Joongang Ilbo schrieb an einen Politiker einen Brief. In diesem Brief stand, mit welchen Maßnahmen die Medien kontrolliert werden können. Vgl. Seo-Jung Kim: Ein Jahr, als alle Medienlaster gezeigt wurden. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 348, Dez. 1999, S. 107-110. 191 Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media Yearbook, a.a.O., S. 60. 192 Zum Beispiel hat die Joongang Ilbo den Journalisten im Ressort für Industrie und Wirtschaft in ihren 'Prinzipien der Ethik' verboten, Aktien zu kaufen. Vgl. ebd. 193 Vgl. Jang-Hwan Keum: Der Sensationalismus der Medien wird immer stärker. In: Zeitung und Rundfunk. Nr. 354, Juni 2000, S. 142f. 194 Vgl. Chi-Sung Hwang: Die dreifache Zunahme an falschen Berichten, die Überlastung als Hauptgrund. In: Zeitung und Rundfijnk. Nr. 350, Feb. 2000, S. 109f.

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Politik, dem Außendienst, dem Sport und der Wirtschaft, während die Fälle aus dem Kultur- und Umbruchressort und aus der Untersuchungsabteilung relativ niedrig waren. Die Wahrnehmung von Menschenrechtsverletzungen durch die Medien ist gestiegen. So beanstanden sogar mehr als zwei Drittel der Journalisten, dass die Medien gegen den Schutz des Privatlebens verstoßen.195 Die Hauptgründe für die zunehmenden Verletzungen der Ehre und des Privatlebens sind einerseits verstärkte Sensationsberichte von Seiten der Medien, um das Interesse der Leser zu wecken, andererseits die geringe Bedeutung, die die Journalisten der Ethik beimessen.196 Der Fall einer Lobbyistin197 kann beispielhaft für die Verletzung des Privatlebens angeführt werden. In diesem Fall konzentrierten sich die Zeitungen auf die Berichterstattung über ihr Privatleben, statt sich den Tatsachen und der Problematik des Falles anzunehmen. Fragen lässt sich, ob diese Berichte zu den „Nachrichten" oder zum „Drama" gehören. Mit den Verstößen nahm die Zahl der Korrekturen an Berichten zu, wie die Entwicklung von 1995 bis 1999 zeigt: 1995 waren es 12,4 Prozent, 1997 11,3 Prozent und 1999 37 Prozent198 Es wird heute mehr Verantwortung von den Journalisten für ihre redaktionelle Tätigkeit verlangt. Die Zahl der Korrekturfälle ist bei den Rundfunkanstalten deutlich höher als bei den Zeitungen. Die von Journalisten genannten Ursachen für falsche Berichterstattung sind zu 61,7 Prozent 'fehlende Tatsachenüberprüfungen' und zu 22 Prozent 'Fehler oder Nachlässigkeit der Journalisten selbst', während strukturelle Faktoren, wie der Druck des Redaktionsschlusses oder die Konkurrenz unter den Zeitungsverlagen, eine eher untergeordnete Rolle spielen.199 Mangelnde Professionalität der Journalisten kann man wiederum auf Überlastung zurückführen, da das Arbeitsumfeld für die Qualität der Berichte eine entscheidende Rolle spielt.

1,5 8 1 , 4 % der Journalisten sagten nach einer Umfrage der Korea Press Foundation und Media Research, dass die Medien das Privatleben verletzten. Vgl. ebd. S. 1 lOf. 196 Vgl. Chi-Sung Hwang, a.a.O., S. 1 lOf 197 Linda Kim wurde wegen illegalen Waffenimports verhaftet. Ein Fall, der seit Mai 2000 bekannt ist. Die Lobbyistin hätte sich durch Beziehungen mit dem Verteidigungsminister und einigen Politikern am Waffenimport beteiligt. Die meisten Zeitungen versuchten durch Berichte, wie 'Interview mit Linda Kim in der Sauna' oder 'Linda Kims Verhältnis mit Abgeordneten', das Interesse der Leser zu wekken. Durch diese Art der Berichterstattung wurden die Leser mehr über ihre privaten Beziehungen als die Problematik des Waffenimports informiert. 198 Vgl. Chi-Sung Hwang, a.a.O., S. 106. 199 Vgl. ebd., S. 107f.

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6. Untersuchungsobjekt: Chosun Ilbo 6.1. Geschichte der Chosun Ilbo

Während der japanischen Besatzungszeit (1910-1945) und der besonderen „Kulturpolitik" waren in Korea ab 1920 nur drei private Zeitungen 200 zugelassen.201 Eine davon war die Chosun Ilbo}02 Sie ist heute eine der ältesten Zeitungen des Landes und wurde am 5. März 1920 vom Freundschaftsverein 'Daejung', der als pro-japanisch galt und sich fur eine Assimilierung der Japaner und Koreaner einsetzte, als eine genossenschaftliche Organisation in Seoul, gegründet. In der Anfangszeit hatte Chosun Ilbo zwei Abteilungen, die Redaktion und die Managementabteilung, mit 40 bis 70 Mitarbeitern.203 Die erste Ausgabe der Chosun Ilbo erschien 16-seitig, später war sie 8-seitig, auf Chinesisch-Koreanisch. Zu Beginn wurden auf der ersten Seite der Leitartikel und wissenschaftliche Berichte platziert und auf den folgenden Seiten Artikel aus Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Schon in der dritten Ausgabe war der Anzeigenteil gewaltig und mit 54 Prozent umfangreicher als der redaktionelle Teil. Wegen des niedrigen Preises waren die Einnahmen daraus sehr gering. In der Anfangszeit konnte man die Schwerpunktartikel von den anderen nicht unterscheiden. Dies änderte sich ab der tausendsten Ausgabe, von wo an von den Redakteuren die Schwerpunktartikel des Tages, mit Rücksicht auf die japanische Zensur (durch das Generalgouvernement), ausgewählt wurden. 204 In der Gründungszeit gab es des Öfteren Schwierigkeiten, da der Freundschaftsverein 'Daejung' bei den Lesern unbeliebt war, und es innerhalb des Verlags eine ideo-

200

Dies waren neben Chosun Ilbo, Donga Ilbo (1.4.1920) und Shisa Shinmun (1.4.1920). Am 1. März 1919 gab es eine große Demonstration der Koreaner gegen die japanische Besatzung, die Samil Undong, mit vielen Opfern. Vor diesem Hintergrund versuchte die japanische Besatzungsmacht durch ihre „Kulturpolitik", die ideologischen Bewegungen der Koreaner unter Kontrolle zu halten und zugleich mit Hilfe der koreanischen Zeitungen dem Ziel, der Akzeptanz ihrer Politik näher zu kommen. Vgl. Yong-Kyu Park: Kapital und Betrieb der Medien unter der japanischen Besatzungszeit. In: Nam-Suk Kim u. a. (Hrsg.): Geschichte und Struktur der koreanischen Medienwirtschaft, a.a.O., S. 49ff. 202 Der ursprüngliche Name fur Korea „Chosun", wurde als Zeitungsname verwendet. Vgl. Chosun Ilbo: The Histroy of Chosun 80. Seoul 2000, S. 87. 203 Vgl. Chosun Ilbo: The Histroy of Chosun 80. Seoul 2000, S. 93. 204 Vgl. ebd., S. 87-92. 201

55

logische Spaltung zwischen pro- und anti-japanischen Gruppierungen gab. Nachdem sich die anti-japanische Gruppe durchgesetzt hatte, gewann die Zeitung an Popularität durch ihre redaktionellen Inhalte und Artikel über die Freiheit und Unabhängigkeit des Landes. Politisch tendierte sie in eine sozial-ideologische Richtung. 205 Die Chosurt Ilbo begann zudem mit der Regionalseite, die, getrennt vom Hauptteil, vier Seiten stark war und den Abonnenten kostenlos beigelegt wurde. 206 Nachdem 1924 Shin SukWoo den Zeitungsverlag übernommen hatte, neue Strukturen mit Serienkarikatur eingeführt und die erste Reporterin 207 eingestellt hatte, stieg die Popularität der Chosun Ilbo stark an. Er forderte noch im gleichen Jahr eine Versammlung aller Journalisten im Lande, um ihre Zusammengehörigkeit zu stärken. Er setzte eine redaktionelle Seitenreform durch, wonach die erste Seite für die aktuellen Nachrichten aus dem Bereich der Politik und dem Ausland eingerichtet wurde. Hinzu kam die Rubrik der Leserbriefe. Neu angelegt wurden ferner die Sportseite und die Seite für Frauen und Familie. Durch zweimal tägliches Erscheinen gab es jetzt eine Morgen- und eine Abendausgabe. Die Chosun Ilbo versuchte sich auch technisch mit der ersten Radiosendung und durch farbigen Druck neuen Entwicklungen anzupassen. 208 Trotz aller Bemühungen um neue Leser litt die Chosun Ilbo — wie die anderen Zeitungen - darunter, dass sie wegen der anti-japanischen Artikel von der japanischen Kontrollbehörde des Öfteren beschlagnahmt wurde 209 und wegen der Armut und hohen Zahl an Analphabeten im Land eine Zunahme der Leserschaft nur bescheiden war. 210 Die Auflagenzahl der Chosun Ilbo war in den zwanziger Jahren im Vergleich zu den 205

Vgl. Sang-Chul Lee, a.a.O. S. 473. Die Regionalseite wurde von der Donga Ilbo eingefiihrt. Sie bot eine Seite als Regionalseite je nach Region an. Vgl. Chosun Ilbo: The History a.a.O. S. 223 207 1920 wurde die erste weibliche Reporterin von der Zeitung Maiil Shinbo eingestellt. Eine Einstellungserlaubnis gab es damals nur für verheiratete Frauen. Man nannte sie auch 'Frauenreporter'. Danach wurde die erste Journalistin von der privaten Zeitung Chosun Ilbo eingestellt, immer mehr Frauen wurden dann im Medienbereich tätig. Das Auftreten von Journalistinnen war nicht nur im Medienbereich, sondern auch generell für die Förderung des Berufseinstiegs von Frauen und fur die Gleichberechtigung der Frauen in der koreanischen Gesellschaft von großer Bedeutung. Vgl. Korea Press Center, a.a.O., S. 89. 208 Vgl. Korea Press Center: Korea 100 a.a.O. S. 80 und Chosun Ilbo: The History a.a.O. S. 229-245. 209 Ein halbes Jahr nach der ersten Ausgabe der Chosun Ilbo verbot sie die japanische Kontrollbehörde wegen eines Leitartikels für eine Woche. Später wurde das auf zwei Monate verlängert. Die Beschlagnahmen und die Erscheinungsverbote waren nicht selten, selbst die Druckmaschinen wurden zum Teil beschlagnahmt. Zeitungen ohne Leitartikel und mit leeren weißen Flächen gab es häufig. Vgl. Korea Press Center: Korea 100, a.a.O., S. 67 und 94f. 210 Durch die hohe Arbeitslosenzahl und die extrem niedrigen Arbeitslöhne war es nicht möglich, die Leserschaft zu vergrößern und Gewinne zu erzielen. Obwohl die Höhe der Zeitungsauflage stieg, blieb das Problem der Zahlungsunfähigkeit vieler Abonnenten. Vgl. Yong-Kyu Park, a.a.O., S. 67 u. 71. 206

56

anderen Zeitungsverlagen, vor allem der Donga Ilbo, die von Beginn an durch ihre nationalistische redaktionelle Linie von ihren Aktionären Kapital ansammeln konnte und betriebwirtschaftlich erfahrene Geschäftsführer hatte, niedrig 211 . Zum Beispiel betrug 1929 die Auflagenzahl der Chosun Ilbo 23.486 Exemplare. Im Vergleich dazu hatte die Donga Ilbo eine Auflage von 37.802 Exemplaren. 212 In der Besatzungszeit von 1920 bis 1930 wurden die Zeitungen 15 bis 20 mal im Jahr beschlagnahmt. Als Reaktion darauf versuchten die Zeitungsverlage, die beschlagnahmten Ausgaben als Sonderblätter zu publizieren. 213 Nach häufiger Beschlagnahme und mehrmaligem Erscheinungsverbot war die Chosun Ilbo in einer finanziell schwierigen Lage. Den anderen Zeitungsverlagen erging es ähnlich. Die damalige Leserschaft bestand überwiegend aus Intellektuellen, die finanziell besser gestellt waren. Die Zeitungen mussten sich auf die ideologischen Bedürfnisse dieser Leser einrichten. Dies wiederum führte zur Unterdrückung der kritischen Artikel, was umgekehrt auf Seiten der Leser wiederum als Zeichen einer redaktionell guten Zeitung interpretiert wurde. Dies ließ die Verkaufszahlen ansteigen. Japanische Anzeigen aufzunehmen, um die finanzielle Situation zu mildern, wurde von den Lesern aber „abgestraft". Sie erwarteten eine national-kritische Linie 214 Schließlich befand sich die Chosun Ilbo in einem Dilemma. Während in den 1920er Jahren die Zeitungsverlage, außer demjenigen der Donga Ilbo, ihre finanzielle Situation nicht verbessern konnten, gelang es ihnen in den 30er Jahren durch eine neue Betriebsstrategie, ihren Leserkreis zu vergrößern, Anzeigenaufträge einzuholen, damit Kapital aufzubauen und ihre wirtschaftliche Lage zu stabilisieren. Nach der Übernahme der Chosun Ilbo durch Bang Ung-Mo 1933, der im Minenbau Kapital erworben hatte und ausschließlich in die Chosun Ilbo investierte, wurde

211

Weil viele Aktien der Donga Ilbo im Streubesitz waren und viele Aktionäre ihre Investitionen als nationale Bewegung für die Unabhängigkeit ansahen und sich für die Geschäftsführung nicht interessierten, hatte der Geschäftsführer Kim Sung-Su uneingeschränkten Handlungsspielraum. Vgl. YongKyu Park ,a.a.O., S. 64. 212 Vgl Yong-Kyu Park, a.a.O., S. 71. 213 Anfangs wurden die Artikel weggestrichen, daher wurden die Zeitungen auch als „Backsteinzeitungen" bezeichnet. Aber diese Zensuraktionen führten eher zu Unterstützung und Mitleid der Leser, worauf das japanische Generalgouvernement mit Beschlagnahmungen reagierte. Die „Backsteinzeitung" stammt ursprünglich daher, dass die Daihan Minbo am 14.12.1909 in Spiegelschrift gedruckt wurde, weil ihre Artikel vom japanischen Militär verboten wurden. Dies blieb als Zeichen der japanischen Unterdrückung der koreanischen Presse erhalten. Vgl. Chosun Ilbo: The History of Chosun a.a.O., S. 391. 214 Vgl. Yong-Kyu Park, a.a.O., S. 68f und S. 72f.

57

diese in eine Aktiengesellschaft mit stabiler finanzieller Grundlage überfuhrt. 215 Bang Ung-Mo versuchte als Herausgeber und Chefredakteur, seine betriebswirtschaftlichen Erfahrungen in den Zeitungsverlag einzubringen und ihn zum gewinnträchtigen Unternehmen zu entwickeln. Als Zeichen des Neuanfangs ließ er eine Million Exemplare drucken. Zum ersten Mal kaufte die Chosun Ilbo jetzt ein Flugzeug für die Berichterstattung. Der Herausgeber führte überdies die Kennzeichnung der Artikel mit den Namen der Korrespondenten ein 216 und ließ das Verlagsgebäude neu errichten. Mit seiner Betriebsstrategie, gegründet auf eine offensive Verkaufspolitik und leistungsorientierte Personalpolitik, überholte die Chosun Ilbo 1937 mit 70.981 Exemplaren zum ersten Mal die Auflagenzahl der Donga Ilbo mit 55.783. Danach setzte der kommerzielle Konkurrenzkampf ein, vor allem zwischen den beiden großen Zeitungsverlagen der Chosun Ilbo und der Donga Ilbo, die ohne Rücksicht auf die Realitäten des besetzten Landes ihre Gewinnerzielung vor Augen hatten, was unvermeidlich Kritik zur Folge hatte. 217 Die Chosun Ilbo wurde vom japanischen Generalgouvernement unter Druck gesetzt, ihre redaktionelle Linie zu ändern. So mussten auf der ersten Seite Berichte über Aktivitäten der japanischen Regierung und ihres Kaisers stehen, auch wurde die Seitenzahl der Zeitung stark begrenzt. Die Chosun Ilbo wurde ebenso wie die Donga Ilbo gezwungen, sich zwecks Vereinheitlichung der Kriegsberichterstattung mit der japanischen Zeitung Maiil Shinbo zusammenzuschließen. Das eigentliche Ziel aber war ein Erscheinungsverbot beider Zeitungen. Durch ihre Weigerung und den Versuch, eine eigene Zeitung herauszugeben, verschärfte sich der Druck des japanischen Generalgouvernements und machte schließlich ein Erscheinen der beiden Zeitungen unmöglich. 1940 wurden beide Blätter, die Chosun Ilbo und die Donga Ilbo, verboten. 218

„Soon after the start of World War II, the Chosun Ilbo refused to comply with 'voluntary closure' as suggested by the Japanese, who had sought to wipe out Korean language newspapers.

215

Vgl. ebd., S. 61f. und S. 78. Die Namen der Artikelschreiber wurden nicht genannt, hier waren nur die Korrespondenten betroffen. Vgl. Chosun Ilbo: The History of Chosun Ilbo 80, S. 418f. 217 Vgl. Yong-Kyu Park, a.a.O., S. 61-79. 218 Der Geschäftsführer der Zeitung Donga Ilbo wurde vom japanischen Generalgouvernement verhaftet. Ihm wurde vorgeworfen, dass aus seinem Kapital Mittel für den Unabhängigkeitskampf abgezweigt würden. Danach wurde die Publikation der Donga Ilbo verboten. Vgl. Chosun Ilbo: The History, a.a.O., S. 469 u. 504-509. 216

58

Finally, on August 10, 1940, the Chosun Ilbo met with the fate of forced closure and published its last edition, No. 6923. Four short lines from a regular Chosun Ilbo column called Palmyunbong described the grave atmosphere of that fateful day. They allude to the despair of undergoing long hardship without fulfilling one's destiny and bid farewell to readers."219

Obwohl sich die Neuherausgabe der Chosun Ilbo wegen zahlreicher Probleme bei der Vorbereitung (wie der Installation der Druckmaschinen und der Beschaffung eines Verlagsgebäudes) verzögerte, 220 konnte sie nach der Befreiung Koreas, nach mehr als fünf Jahren, am 23. November 1945 (Nr. 6924) wieder erscheinen. Hauptthemen nach Wiedererscheinen der Chosun Ilbo waren die Vereinigung des Landes unter der Bedingung der Unabhängigkeit, das Nationalbewusstsein, der Aufbau einer freien Wirtschaft, das Gewaltproblem, die Abschaffung des Feudalismus und die Verwirklichung der Gerechtigkeit in der Gesellschaft. Die Redaktion dagegen orientierte sich eher an den Erfahrungen der Besatzungszeit als an der veränderten Situation des Landes. 221 Als rechtsorientiert eingestuft, obwohl sie sich selbst als 'neutral' ansah, konnte die Chosun Ilbo auch bei der Säuberung von linksorientierten Medien, die von der USAMGIK, nach Regelung No. 88 (29. Mai 1946) ausging, weiter ihre Produktionsund Redaktionstätigkeit ausüben. 222 Die Säuberungsaktionen der USAMGIK und der ersten südkoreanischen Regierung, die später ihre Aufgaben von der USAMGIK übernommen hatte, hatten zufolge, dass das Erscheinen der gesamten linken und progressiven Zeitungen verboten wurde und die Zeitungen sich rechts oder neutral ausrichten mussten. Das systematische Vorgehen gegen die linke Presse wurde mit dem Koreakrieg (1950-1953) gerechtfertigt. Die Feindseligkeit gegen den Kommunismus und gegen Nordkorea waren der Grund, warum auch die darauffolgenden Regierungen die Pressefreiheit einschränken konnten. Während des Koreakrieges wurde der Geschäftsführer Bang Ung-Mo nach Nordkorea

2,9

Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 18. Als das Erscheinen der Chosun Ilbo 1940 vom japanischen Generalgouvernement verboten wurde, musste sie ihre Druckmaschinen gezwungenermaßen an die japanischen Organzeitungen, die koreanischsprachige Maiil Shinbo und die japanischsprachige Kyungsung Ilbo, verkaufen bzw. diesen überlassen. Nach Schließung des Verlags wurde ihr Verlagsgebäude vom japanischen Generalgouvernement angemietet. Das waren die Gründe, die ein Wiedererstehen der Chosun Ilbo schwierig machten. Vgl. Chosun Ilbo: The History of Chosun 80, a.a.O., S. 532ff. 221 Vgl. Chosun Ilbo: The History, a.a.O., S. 535-540. 222 Vgl. Jae-Young Cha: Bildungsprozess der Medienstruktur. In: Jung-Ki Kim u.a. (Hrsg.): Geschichte und Struktur der koreanischen Medienindustrie, a.a.O., S. 128-130. 220

59

entfuhrt. Er starb (wie 1991 bekannt wurde) bei einem Angriff amerikanischer Kampfmaschinen. Nach der Neuregulierung der Presse konnte die Chosun Ilbo ohne Herausgeber nicht zugelassen werden. Dies war dafür die Voraussetzung. Daher trennte die Chosun Ilbo Redaktion und Geschäftsführung und stellte einen neuen Chefredakteur ein. 223 Nachfolger des entführten Geschäftsführers Bang Ung-Mo wurde 1954 Bang IIYoung, ein Enkel Bang Ung-Mos. Seither ist die Chosun Ilbo in den Händen der Familie Bang. Wegen ihrer Familienfuhrung wird die Chosun Ilbo auch gelegentlich als „Vetternwirtschaftspresse" bezeichnet. 1955 hatte die Chosun Ilbo insgesamt 147 Mitarbeiter, 44 in der Redaktion, 50 im Management und 53 in den technischen Bereichen Druck und Versand. Ihre Verkaufsorganisation wurde vergrößert. 224 Der Aufbau des Vertriebssystems für Morgen- und Abendausgabe wurde 1962 von der Militärregierung untersagt. 225 Nur eine Morgenausgabe durfte erscheinen. Von 1960 bis 1980 beschränkte die Regierung durch ihre strenge Medienpolitik das Neuerscheinen von Zeitungen. Die vorhandenen Zeitungen entwickelten sich daher zu größeren Presseunternehmen. Die Chosun Ilbo strebte nach Erweiterung und wurde in der Folgezeit eine der größten und auflagenstärksten Zeitungen in Korea. Heute bezeichnet sich die Chosun Ilbo selbst als die auflagenstärkste Zeitung Koreas.

6.2. Struktur des Zeitungsunternehmen Chosun Ilbo 6.2.1. Chosun Ilbo als Unternehmen Obwohl die Chosun Ilbo als Zeitungsverlag bezeichnet wird, ist sie doch ein Unternehmenskomplex, der erfolgreich seine Aktivitätsbereiche erweitert hat. Aus der tragenden Säule im Zeitungsverlag hat die Chosun Ilbo fünf Tochtergesellschaften in den Bereichen PR, Informationstechnologie und Druckerei gründen können. Drei Tochtergesellschaften der Chosun Ilbo, die Chokwang, die Sunkwang

und

Ilkwang, wurden hauptsächlich wegen des Druckgeschäfts gegründet, wobei das Unternehmen Ilkwang den Druck der Tageszeitung Chosun Ilbo und den der Sportzei223

Vgl. Chosun Ilbo: The History, a.a.O., S. 630-639. Vgl. ebd., S. 691-694. 225 Nach dem Zeitungssystem sollten die Zeitungen nur einmal täglich erscheinen. Vgl. Korea Press Center: Korea 100 Jahre, Zeitung 100 Jahre, a.a.O., S. 179. 224

60

tung Sports Chosun betreibt. Digital Chosun Ad. wurde als eine PR-Agentur im Anzeigengeschäft gegründet. Das Unternehmen Digital Chosun, das 1993 als New Media-Team innerhalb der Chosun Ilbo gebildet wurde, machte sich 1999 selbständig und bietet Informationsverarbeitung via Satelliten- und Internet-Service an und ist im Event-Geschäft, dem Multimedia Database und dem News On Demand tätig. 226 Die unternehmerische Expansion wird der Chosun Ilbo wie den anderen Zeitungsverlagen vorgeworfen, da sie als Zeitung primär ihre gesellschaftlichen und öffentlichen Aufgaben wahrnehmen solle, statt als Unternehmen wirtschaftliche Macht zu erwerben und so in einen Interessenkonflikt zu geraten.

6.2.2. Weitere Publikationen der Chosun Ilbo Die Aktivitäten der Chosun Ilbo begannen während der japanischen Besatzungszeit mit dem Ziel der Aufklärung für das Volk. Damals publizierte die Chosun Ilbo neben ihrer Tageszeitung auch die Wochenzeitschriften Shinchosun

(1927) und

Chokwang

(1935), das Frauenmagazin Yeosung (1936), die Jugendzeitung Chosun Ilbo Children 's Daily (1937) und das Jugendmagazin Monthly Sonyeon (1937). Heute hat die Chosun Ilbo acht Tochterzeitungen und -magazine und bringt mehr als 400 Publikationen heraus. Zunächst werden die beiden Tochterzeitungen The Sports Chosun und The Chosun Children 's Daily kurz vorgestellt. The Sports Chosun, die seit März 1990 in farbigem Layout und mit auf Aufmerksamkeit zielende Schlagzeilen erscheint, enthält neben Sportberichten unterhaltsame Beiträge, zum Beispiel über Prominente. Sie hat über 300 Mitarbeiter. 227 Ihre Auflage betrug im Jahr 1996 ca. 850.000 Exemplare täglich. The Chosun Children's

Daily,129 die 1937 gegründet wur-

de, bietet heute den Kindern und Jugendlichen Anreize auf Abenteuer mit pädagogischen und unterhaltenden Inhalten. 229 Der Chosun Ilbo-Verlag

publiziert sechs Wochen- und Monatsmagazine.

Monthly

Chosun versteht sich als Magazin für die Intellektuellen und behandelt verschiedene politische und gesellschaftliche Themen. Weekly Chosun bietet seinen Lesern aktuelle

226

Vgl. Korea Press Foundation: Korea Media Yearbook a.a.O., S. 84f. Korea Press Foundation: The Korea Press 2001. Seoul 2000, S. 51. 22S The Chosun Children's Daily wurde 1940 ebenso wie die Zeitung Chosun Ilbo verboten und erschien erst wieder 1965. Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media, a.a.O., S. 83f. 229 Vgl. Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O. S„ 56. 227

61

Wochennachrichten mit Hintergrundinformationen. Das Monatsmagazin

Monthly

Mountain bringt Informationen und Berichte über Freizeitsport wie Bergsteigen oder Skifahren. Monthly Fishing, ebenfalls ein Monatsmagazin, ist eine Fachzeitschrift fur Hobbyfischer. Das auf junge Frauen zielende Monatsmagazin Feel informiert über Kindererziehung, Finanzen und Mode. Dieses erscheint - in neuer redaktioneller Aufmachung - als Ersatz für das Magazin Family Chosun, das unter dem Motto „Skandale werden nicht behandelt" seit 1985 publiziert wurde, seine redaktionelle Linie aber nicht an die veränderten Interessen der Leserinnen anpasste. Das für Studenten bestimmte Magazin Monthly Radio TEPS (Test of English Proficiency, Seoul National University) wurde zur Vorbereitung auf den Englischtest entwickelt. 230 Außer den Zeitungen und Magazinen bringt der Verlag Chosun Ilbo Bücher in den Bereichen Wirtschaft, Politik, Literatur und Geschichte heraus.

6.2.3. Unternehmensaktivitäten in anderen Bereichen

So wie die Chosun Ilbo während der japanischen Besatzungszeit durch die kulturelle Aufklärung gewirkt hat, engagiert sie sich noch heute aktiv im Bereich Umwelt, Informationstechnologie, Kultur und Sport. Die Chosun Ilbo führt die Idee der Kulturbewegung als „public service" bis heute weiter und veranstaltet unterschiedliche Kulturprojekte, Musikkonzerte, Kunstausstellungen, fordert Ausgrabungen von historischen Überresten, bietet historische Seminare an, fördert die Ausbildung der Schullehrer und offeriert Stipendien für Studenten. Im Rahmen des Kultursponsorings finden eine Reihe von Wettbewerben statt, wie zum Beispiel das Chosun Ilbo Spring Contest, Student Scientific Invention

Literary

Contest. Das Unternehmen vergibt eine Vielzahl

von Preisen und Auszeichnungen in den Bereichen Theater, Musik, Kunst, Film, Literatur und PR, wie etwa den Korea Musical Grand Prize, Blue Dragon Film Awards und Dongin Literary Prize. Für die Unterstützung der Sportler finden zahlreiche Sportveranstaltungen statt, das Blue Dragon National Baseball

Tournament for Middle/High

School Boys' & Girls' Football

Tournament,

und das National Ice Hockey

230

62

Vgl. ebd., S. 57.

Tournament.

School, National

der Chosun Ilbo Choonchun

High

Marathon

Darüber hinaus begann die Chosun Ilbo mit einer Umweltschutzbewegung aus Anlass des 'Rio Environmental Summits' 1992 in Brasilien unter dem Motto „Don't Waste Wastes". Die erfolgreiche Bewegung führte zu weiteren Aktivitäten dieser Art, wie „Let's Reduce Emissions" und „Let's Ride Bicycles" in Korea, oder auch der globalen Bewegung „Let's Clean Up the World", die von der UN-Umweltorganisation UNEP geleitet wird. Daneben gründete die Chosun Ilbo 1995 mit der japanischen Zeitung Mainichi 'The Korean-Japan Environmental Awards'. 231 Das Unternehmen engagiert sich in der Informationsbewegung für eine kommunikative Gesellschaft und setzt sich als Ziel die Informationsrevolution in Korea: „Late in Industrialization but a Leader in Information". Aus diesem Projekt ging 1996 KidNet (kidnet.chosun.com) hervor, das für die Förderung der Erziehung und Information steht. KidNet soll eine „Cyber-Welt" schaffen und die Internationalisierung vorantreiben. Seit 1997 veranstaltet die Chosun Ilbo die Ausstellung COMDEX/KOREA und unterstützt damit ebenfalls die Informationstechnologie. Sie vergibt Auszeichnungen auf den Gebieten Ε-commerce und Erziehung, den Chosun Ilbo Internet-Award, und bietet Programme im Online-Service fur die Suche nach Adoptivkindern, OnlineZeitungen in der Schule und „Botschaft Cyber Goodwill" fur die Jugendlichen an.232

6.3. Verlagsorganisation

Die Chosun Ilbo als Aktiengesellschaft hat ein Stammkapital von 17 Milliarden Won (umgerechnet etwa 15 Millionen €) und 3.400.000 Aktien, wobei etwa 75 Prozent der Aktien in den Händen des heutigen Unternehmenschefs Bang Sang-Hun und seiner Familie liegen.233 Für den Jahresumsatz der Chosun Ilbo konnten in den letzten Jahren keine stetigen Zahlen angegeben werden, da sie infolge der Wirtschaftskrise rote Zahlen schrieb. Zum Beispiel hatte sie im Jahr 1998 27,76 Prozent Verlust erwirtschaftet, wobei ihr Umsatzeinbruch unter dem Durchschnitt lag.234 1999 erholte sich die Chosun Ilbo wieder, und der Jahresumsatz stieg auf etwa 355 Millionen € an. Davon 231

Vgl. Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 32. Vgl. ebd. S„ 36f. 233 Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media, a.a.O., S.243. 234 Beispielsweise betrug der Verlust des gesamten Umsatzes der 11 überregionalen Zeitungen durchschnittlich etwa 30,71 %. Dabei verlor die Joongang Ilbo, die ein direkter Konkurrent der Chosun Ilbo 232

63

entfielen etwa 90 Prozent auf das Zeitungsgeschäft. 235 Etwa vier Fünftel des Umsatzes werden mit Anzeigen gemacht und etwa ein Fünftel mit dem Zeitungsverkauf. Die Organisation der Chosun Ilbo besteht aus den Führungskräften und den 11 großen Abteilungen (vgl. Abbildung 10 im Anhang). An der Spitze des Zeitungsunternehmens stehen der Vorsitzende Bang Woo-Young (ehemaliger Präsident), der Präsident Bang Sang-Hoon, der Vizepräsident Bang Kye-Sung. Letzterer hält mit der Familie Bang zusammen über zwei Drittel des Grundkapitals der Chosun Ilbo und hat eine entsprechend wichtige Rolle in der Geschäftsführung inne. Der Vorsitzende Bang Woo-Young betrachtet neben der Redaktionsarbeit die finanzielle Sicherheit als Unabhängigkeitsfaktor der Zeitung.

„Without financial independence, truthfulness in reporting and the function of criticism cannot be guaranteed. We must make a quality newspaper through equitable personnel management. A balanced development of management and editing will enable us to make a newspaper that speaks out."236

Von der Geschäftsführung abgesehen, ist die Organisation der Chosun Ilbo in Abteilungen für die Zeitungsredaktion, Publikation, Verwaltung, Finanzen, Produktion und den Vertrieb gegliedert. Die redaktionell relevante Abteilung des Editorial Staff Office ist mit neun Redakteuren besetzt, die für die Leitartikel und Kolumnen in der Zeitung verantwortlich sind. Die zentrale Redaktionsabteilung der Chosun Ilbo, der Newsroom, der im Folgenden das Untersuchungsobjekt dieser Arbeit ist, nimmt eine zentrale Stellung im Verlag ein. Hinzu kommen für die Jugendzeitung das Chosun Children's Daily Office und die Publikationsabteilung mit untergeordneten Abteilungen für sechs Wochen- und Monatsmagazine sowie Bücher, wobei diese eigene Verkaufs- und Anzeigenabteilungen haben. Außerdem gibt es in der Organisation zwei weitere Abteilungen, die nichts direkt mit dem Zeitungsverlag zu tun haben. Das sind die Abteilung Cultural Promotion, der die Aufgabe des „public service" für die kulturellen und gesellschaftlichen Aktivitäten

ist und im Jahr 1997 den höchsten Jahresumsatz aller Zeitungsverlage hatte, im Jahr 1998 47,74 %. Vgl. Korea Press Foundation: Die Veränderung der Medienunternehmen a.a.O., S. 24. 235 Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media, a.a.O., S. 242. 236 Chosun Ilbo: Chosun a.a.O., S. 53.

64

zukommt, und die Abteilung Chosun Ilbo Historical als ein geschichtliches Forschungsinstitut.

6.4. Verlagsdaten Die Chosun Ilbo erscheint morgens in einer Stärke von 52 bis 58 Seiten außer sonntags. 237 Die durchschnittliche monatliche Seitenzahl an 26 Tagen liegt bei 1.392. Seit 1988 steigt die tägliche Auflage, auch die Abonnementgebühren nehmen zu (vgl. Tabelle 3). Gegenwärtig beträgt die Auflage durchschnittlich 2.450.000 Exemplare (April 2000). Nach Vertriebsformen wird die Chosun Ilbo zu 97,5 Prozent über das Abonnement, zu 2,3 Prozent über die Straßenverkauf und zu 0,2 Prozent im Ausland abgesetzt. 62,9 Prozent werden in der Hauptstadt Seoul und Umgebung verkauft, 36,9 Prozent in den Regionen und 0,2 Prozent im Ausland. 238 Bei der Chosun Ilbo sind 1.047 Personen angestellt, davon 321 in der Redaktion. 239 Durchschnittlich werden täglich 630 Tonnen Rollendruckpapier und 10 Tonnen Druckpatronen verbraucht. Die eigenen Druckereien stehen in Seoul, Pyongchon, Songnam und Kwangju und sind mit 82 Offset-Rotationsmaschinen ausgestattet. Landesweit gibt es 1.684 Verkaufstellen, 13 Lokalbüros und weltweit 24 Niederlassungen, die für die im Ausland lebenden Koreaner neben dem Hauptteil auch einen lokalen Teil mit einbinden. 240 Vertreten ist sie auf vier Kontinenten außer in Afrika. Die Chosun Ilbo verfugt über ein eigenes Cessna U206G Flugzeug. 241

237 Nachdem ab Juli 1996 die Tageszeitungen nur zweimal im Monat ausblieben, erschien die Chosun Ilbo wie die meisten anderen Zeitungen ab Juli 1998 täglich außer sonntags. 238 Vgl. Korea Press Foundation: Korea Media a.a.O., S. 84 und Chosun Ilbo: Chosun a.a.O., S. 58. 239 Quelle: Chosun Ilbo. 240 Die 24 Auslandsbüros befinden sich in Tokio, New York, Washington D.C., Beijing, Hongkong, Moskau, Paris, Frankfurt, Guam, Jakarta, Saudi Arabia, Manila, Saipan, Sydney, Bangkok, London, Singapur, Malaysia, Neuseeland, Taipei, Bangladesh, Vancouver und Sao Paulo sowie in Argentinien. 241 Vgl. Korea Press Foundation: Korean Media, a.a.O., S. 84. und The Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 58.

65

Tabelle 3: Entwicklung der Chosun Ilbo 1988

1992

1996

2000

Durchschnittliche Seitenzahl

16

24

48

52

Abonnementgebühr

3.500 Won (ca. 3,18 €)

5.000 Won (ca. 4,55 €)

8.000 Won (ca. 7,27 €)

10.000 Won (ca. 9,09 €)

Durchschnittliche Auflagenhöhe

1.900.000

2.000.000

2.300.000

2.450.000

* Quelle: The Chosun Ilbo, S. 46. Die Chosun Ilbo hat einen Vertrag mit der koreanischen Nachrichtenagentur Yonhap, die neben inländischen Nachrichten auch Meldungen von ausländischen Agenturen bearbeitet und den Zeitungsverlagen anbietet. Dabei greift sie auf Meldungen von Agenturen wie AP, AFP und dpa zurück. Austauschbeziehungen bestehen mit der japanischen Zeitung Mainichi Shimbun, der russischen Zeitung Prawda und der chinesischen Zeitung People 's Daily.

6.5. Leserschaft der Chosun Ilbo

Die Chosun Ilbo ist laut einigen Untersuchungen die meistgelesene Tageszeitung Koreas. Werbewirksam setzt der Zeitungsverlag dies in eigener Sache um. Die Auflagenzahl der Chosun Ilbo wird vom ABC (Audit Bureau of Circulation) seit 1993 überprüft. Danach erschienen im Zeitraum von Juli bis August 1999 täglich durchschnittlich 2.336.011 Exemplare. 242 Dies entspricht einem Marktanteil von etwa 30 Prozent, d.h. zehn Millionen Personen, etwa einem Viertel der gesamten Einwohnerzahl des Landes. Man rechnet bei einem Haushalt mit vier Familienmitgliedern. 243

242 243

66

Die Auflagenzahl der Chosun Ilbo stieg im Jahr 2000 weiter an und betrug 2.450.000 Exemplare. Vgl. Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 62.

Abbildung 2: Abonnentenzahl und Leserschaft der Chosun Ilbo Abonnentenzahl

Chosun Ilbo



Zeitung Α



Zeitung Β

Result of newspaper subscription and readership survey conducted in January 2000 by Gallup Korea, AC Nielsen, TN Softes, Korea Research and Hyundai Research (10.000 households) * Quelle: Chosun Ilbo: Chosun a.a.O. S. 62f.

Nach der gleichen Untersuchung wurde die Chosun Ilbo von 24,9 Prozent der 20jährigen, 31,6 Prozent der 30jährigen, 22,6 Prozent der 40jährigen und 20,9 Prozent der 50jährigen gelesen.244 Dies bedeutet im Vergleich zu denKonkurrenzzeitungen A (Joongang Ilbo) und Β (Donga Ilbo)245 insgesamt eine höhere Abonnentenund Leserschaftszahl (Abbildung 2).246 Die Chosun Ilbo wurde von den Befragten hinsichtlich der Genauigkeit ihrer Berichte mit 22,3 Prozent, der Ausgewogenheit ihrer Artikel mit 19,8 Prozent und der Überzeugungskraft ihrer Meinungsbeiträge mit 22,8 Prozent im Vergleich zu den Konkurrenzzeitungen am besten bewertet.247 Aber wie schon beschrieben, sank die Glaubwürdigkeit und Leserschaft der koreanischen Zeitungen, und auch ihr Einfluss nahm insgesamt deutlich ab. Daher ist die Bedeutung der Untersuchungsergebnisse nicht so hoch zu gewichten, wie die Chosun Ilbo selbst angibt. 244

Vgl. ebd. Obwohl die Namen der Konkurrenzzeitungen offiziell nicht genannt wurden, sind das aber nach Angabe eines Redakteurs die Zeitungen Joongang Ilbo und Donga Ilbo. 246 Nach dem Diagramm, das von der Chosun Ilbo selbst vorgelegt wurde, ist sie im Vergleich zu den anderen Zeitungen unverhältnismäßig stark hervorgehoben worden. Daher muss das Diagramm mit Vorsicht interpretiert werden. 247 Vgl. Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 62. 245

67

7. Rahmenbedingungen der Nachrichtenproduktion 7.1. Organisationsstruktur der Nachrichtenproduktion Für die Produktion der Zeitungsinhalte hat die Chosun Ilbo folgende Organisation (Abbildung 3): das Redaktionsbüro mit seinen unterschiedlichen Ressorts für die Nachrichtenproduktion, das Büro der Kolumnisten fur die Leitartikel bzw. Kolumnen und das Büro der Leser für das Feedback. Data Service Desk, ein ehemaliges Ressort der Redaktion, besteht zur Zeit als selbständige Abteilung, die indirekt mit der redaktionellen Arbeit zu tun hat. Die Abteilung Planning wird nicht zu den Redaktionsressorts der Chosun Ilbo gezählt, da sie zu einer externen Firma gehört. Sie ist für die Gestaltung der Section-Seiten in der Redaktion verantwortlich. Das Washingtonbüro wird hier nicht behandelt, da sich dieses Ressort nicht im zentralen Redaktionsbüro befindet. Abbildung 3: Produktionsstruktur der Chosun Ilbo

68

7.2. Struktur der Zeitungsinhalte

Der Inhalt der Chosun Ilbo setzt sich aus den tagesaktuellen Themen, den täglichen Features, den nicht täglichen Features der Section-Seiten und den meinungsbetonten Beiträgen zusammen (vgl. Tabelle 4). Für die tagesaktuellen Themen, zu denen die klassischen Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Sport und Ausland gezählt werden, ist mindestens eine feste Seite veranschlagt. Neben den genannten Themen und der Titelseite sind für die aktuellen Themen des Tages unter dem Titel jonghap mindestens drei Seiten vorgesehen. Zu den täglichen Features zählen die Themen Kultur, Menschen, Karikatur/Rundfunk und Fernsehprogramm, wofür das Kulturressort zuständig ist und mindestens eine Seite vorsieht.

Tabelle 4: Inhaltliche Aufteilung der Chosun Ilbo Themengebiete

Seitenverteilung

Tagesaktuelle Themen

-

Titelseite Aktuelle Seite (jonghap) aus Politik, Wirtschaft, Ausland und Gesellschaft Politik (jongchi) Wirtschaft (kyongje) Ausland (kukje) Gesellschaft (sahwo)/Lokales Sport

Tägliche Features

Kultur Menschen Karikatur/Rundfunk TV-Programm

Nicht-tägliche Features & Section-Seiten

Umwelt Naturwissenschaft/Technologie Reise Reportage Section-Seiten: 'Money', 'iTchosun.com', 'Feeling!', 'Books' und 'Health'

Meinungsbetonte Beiträge

Leitartikel (auf der zweiten Seite) Kolumnen, Leserbriefe (opinion)

69

Die nicht-täglichen Themen werden mit ihren unterschiedlichen Titeln, je nach den Projekten der Ressorts, auf bestimmte Seiten verteilt, wie zum Beispiel Umwelt, ausländische Kultur, Reise und Reportage. Dazu erscheinen die Section-Seiten wie z.B. 'Money' und 'iTchosun.com' aus dem Wirtschaftressort, 'Feeling!' und 'Books' aus dem Kulturressort, für die zwischen vier und zwölf Seiten vorgesehen sind, jeweils an unterschiedlichen Tagen. Zu den meinungsbetonten Beiträgen gehören der Leitartikel, der auf der zweiten Seite platziert ist, die beiden Seiten mit den Kolumnen und Meinungsbeiträgen von internen und externen Kolumnisten sowie die Meinungen und das Feedback der Leser unter dem Titel 'Opinion'.

7.3. Redaktionsbttro

Zum Redaktionsbüro, Pyunjipkuk,

gehören verschiedene Ressorts (Abbildung 11 im

Anhang), die als bu bezeichnet werden. Das Nachrichtenredaktionsbüro ist räumlich auf die beiden Stockwerke zwei und drei verteilt. Im zweiten Stock befinden sich die Ressorts jongchibu

(Politik), sahwobu

(Gesellschaft), kukjebu

kwahakbu (Wirtschaft-Techologie), sajinbu (Fotos) und pyunjipbu dritten munhwabu (Kultur), sports-leisurebu

(Ausland),

kyungje-

(Umbruch) und im

(Sport) und kyoyolbu (Lektorat). Der Data

Service Desk ist im Erdgeschoss angesiedelt.

7.4. Arbeitsbereiche 7.4.1. Ressorts der Nachrichtenproduktion 7.4.1.1. kukjebu (Auslandsressort) Das kukjebu stellt täglich zwei Seiten, die 'kukje'-Seiten (Auslands-Seiten), mit unterschiedlichen Meldungen je nach Situation her und liefert dabei auch Meldungen für die aktuelle Titelseite und die 'jonghap'-Seiten. 2 4 8 Insgesamt 20 Redakteure sind im Auslandsressort beschäftigt, neun von ihnen als Auslandskorrespondenten, der Rest im Innendienst. Vertreten sind die hierarchischen Stufen bujang (Ressortleiter), chajang

248

Auf den 'jonghap'-Seiten werden die tageswichtigen Nachrichten aus den verschiedenen Ressorts platziert.

70

(Stellv. Ressorleiter) und pyongkija (einfache Redakteure) und funktionell desk (verantwortliche Redakteure) und pyongkija.

Die Redakteure im Auslandsressort haben

meist Auslandserfahrungen als Auslandskorrespondenten oder durch Auslandsaufenthalte. Die Redaktion ist an sechs Tagen in der Woche (außer samstags) besetzt, da die Chosun Ilbo sonntags nicht erscheint. Im kukjebu (Auslandsressort)wird in der Regel in rotierenden drei Schichten gearbeitet. Ein Redaktionsmitglied, der dangbon (Tagesschichtredakteur), kommt gegen 8 Uhr, zwei Redakteure, die jageunja

(Nachtschicht-

redakteure) die für die Nachtschicht eingeteilt sind, kommen erst gegen 18.30 Uhr, und der Tag der übrigen Ressortmitglieder beginnt gegen 9.30 Uhr. Die jageunja

bleiben

bis 18 Uhr oder bis der dangbon kommt, der ihre Aufgabe übernimmt. Die Redakteure im kukjebu sind normalerweise nicht alle anwesend, weil die Redakteure, die Nachtschicht hatten, am nächsten Tag frei haben. Der dangbon und die beiden jageunja rangieren unterhalb der Redakteure. Während der bujang und chajang für die Kontrolle der Artikel zuständig sind, ist die Aufgabe der einfachen Redakteure, pyongkija, Artikel zu schreiben. Der Ressortleiter bujang ist Aufgabenvermittler und Kommunikationsstratege innerhalb seines Ressorts und dessen Vertreter innerhalb der Redaktion. Er trifft die Entscheidung für die Titelseite und die 'jonghap'-Seite und trägt die Verantwortung fur sein Ressort. Der chajang, sein Stellvertreter, ist für die Planung der 'kukje'-Seite und für die Kommunikation mit den Auslandskorrespondenten verantwortlich. Der dangbon selektiert die Meldungen der Auslandskorrespondenten und Tagesmeldungen aus den Agenturen Yonhap, dpa, AP und AFP, 249 um sie vor der ersten Redaktionskonferenz dem Ressortleiter, bujang, zu übergeben, damit dieser in der Konferenz Vorschläge für die Titelseite und 'jonghap'-Seite unterbreiten kann. Da andere Redakteure entweder Artikel schreiben oder geschriebene Artikel redigieren, muss sich der dangbon während seiner Arbeitszeit ausschließlich mit neuen Meldungen beschäftigen. Er trägt die Verantwortung für die Bewertung der Meldungen.

249

Früher wurden noch von der Nachrichtenagentur UPI Meldungen angeboten, heute aber greift man darauf nicht mehr zuriick. Yonhap als koreanische Nachrichtenagentur bietet neben inländischen Meldungen in Koreanisch Nachrichtenmeldungen der Auslandsagenturen an. AP, AFP und dpa bieten ihre Nachrichtenmeldungen englischsprachig an.

71

Die Arbeitsplätze sind in zwei Blöcke mit jeweils einem Leiter eingeteilt, einer davon ist der Ressortleiter, bujang, der andere der dangbon. Dieser überwacht auch den Raum der ausländischen Nachrichtenmeldungen. Jeder hat einen festen Arbeitsplatz, in einer Platzordnung ohne äußerliche Unterschiede; wer welche Funktion in diesem Ressort inne hat, ist nicht zu ersehen. Während der Arbeit laufen die in- und ausländischen Fernsehnachrichtensendungen an den Wandschirmen und auf den Tischen des Ressortleiters bujang und des dangbons. Umfangreiches Informationsmaterial steht in den Wandregalen zur Verfugung.

7.4.1.2. jongchibu (Politikressort) Das Politikressort jongchibu

ist fur zwei bis drei Seiten zuständig. Je nach der politi-

schen Situation können sich diese bis auf zehn Seiten erweitern. Das jongchibu

bietet,

neben den eigenen Seiten, auch Artikel für die Titelseite und die tagesaktuelle Seite 'jonghap' an. Jongchibu

behandelt allgemeine Themen wie ζ. B. die Regierungstätig-

keit des Präsidenten, das Verhältnis von Regierungs- und Oppositionsparteien, Gesetzgebung des Parlaments sowie aktuellen Themen wie das Verhältnis zwischen Süd- und Nordkorea 250 und Fragen der in Südkorea stationierten US-Streitkräfte. Das jongchibu

beschäftigt insgesamt 17 Redakteure. Unter ihnen ist ein bujang, ein

bujang-Anwärter

(Anwärter auf Ressortleitung), 2 chajangs, 2 c/jq/arcg-Anwärter

(Anwärter auf Stellv.ressortleitung) und einfache Reporter pyongkijas. dakteure, der bujang und der bujang-Anwärter,

Zwei der Re-

beide als verantwortliche Redakteure

(desks), arbeiten im Innendienst, die übrigen im Außendienst. Diese sind überwiegend in dem an das Politikressort angebundenen Presseclub, bei Parlament und Parteien, im Auswärtigen Amt, im Amt des Ministerpräsidenten, im Ministerium für die koreanische Einheit und im Präsidentensitz tätig. Einer der beiden desks ist für den Bereich Parlament und Parteien verantwortlich.

250

Das Thema der Beziehung zwischen Süd- und Nordkorea steht seit Juni 2000, nach dem ersten Besuch des südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-Jung in Nordkorea, im Mittelpunkt des politischen Interesses.

72

Tabelle 5: Zuständigkeitsbereiche der Ressortmitarbeiter des jongchibus

Orte der Zuständigkeit Zentralredaktion

Ressortmitarbeiter 2 desk: ein desk für den Bereich Parlament & Parteien

Office of the President

1

Office of the Prime Minister

1

Ministry of Foreign Affairs and Trade

1

Ministry of Unification

2

Parlament & Parteien

10: für jede Partei ein bis drei Personen je nach Größe

Täglich, außer samstags, arbeiten zwei Nachrichtenedakteure, jageunja,

in der Nacht-

schicht bis 24 Uhr oder 1 Uhr, ebenso im Ressort kukjebu (Auslandsressort). Häufig bleiben vier bis acht Redakteure, j e nach Situation, bis nach der ersten Ausgabe. Die Artikel für die erweiterten Ausgaben werden während der Nachtschicht ergänzt und eingebunden.

7.4.1.3. sahwobu (Gesellschaftsressort) Das Gesellschaftsressort sahwobu publiziert täglich 12 bis 14 Seiten: 4 bis 5 Seiten allgemeine Nachrichten aus allen Regionen und 8 bis 9 Lokalseiten, die nur in den betreffenden Region verbreitet werden. Eine Ausnahme sind zum Beispiel die Berichte der Hauptstadt Seoul und der Inselstadt Cheju, die in der Regel auf einer gemeinsamen Lokalseite gedruckt werden, obwohl beide Städte örtlich weit voneinander getrennt liegen. Anders als bei anderen Zeitungen umfasst das sahwobu der Chosun Ilbo alle Lokalteile, obwohl in einer Region immer nur ein Lokalteil erscheint. Ein

sahwobu-

desk Kim sagt über die Lokalteile:

„Bei vielen anderen Zeitungen existieren unabhängige Ressorts für die Lokalteile, so zum Beispiel das überregionale Ressort oder ein zweites Ressort des sahwobus. Früher gab es auch bei uns ein eigenes Lokalressort, aber manchmal gibt es Änderungen, im Moment produziert unser sahwobu auch die Lokalteile. Auf der Lokalseite sehen die Menschen, die in Seoul

73

leben, nur eine Seite, aber in Wirklichkeit wird die Lokalseite während der Nacht inhaltlich stetig verändert und j e nach Region ganz andere Seiten produziert."

Auch das sahwohu bietet Artikel für die Titelseite und für die 'jonghap'-Seite. Wie der Name 'Gesellschaft' schon sagt, werden in diesem Ressort alle möglichen Themen über Ereignisse und Phänomene in der Gesellschaft behandelt. Die typischen Themen wie Unfälle oder Unglücke verlieren immer mehr an Bedeutung, stattdessen drängen verstärkt Themen zu Gesellschafstendenzen in den Vordergrund. Herr Kim sagt dazu:

„Sahwobu ist ein 'Konglomerat'. Hier werden alle gesellschaftlichen Phänomene behandelt. Unfälle und Katastrophen sind immer noch die beherrschenden Themen in diesem Ressort. In früheren Zeitungen standen Unfälle und Katastrophen ausschließlich im Mittelpunkt und wurden großflächig platziert, aber im Lauf der Zeit hat sich viel verändert. Diese Themen haben an Bedeutung verloren, während heutzutage verstärkt gesellschaftliche Ereignisse, Trends und Mode behandelt werden."

Die Zahl der Ressortmitglieder liegt bei über 60. 251 Nach dem Titel ist das Ressort unterteilt in einen bujang, fünf chajangs, einen teamjang als Team-Leiter für jedes Team und einfache Reporter pyongkija. Die Ressortmitglieder sind je nach Zuständigkeit des Presseclubs und ihrer Themenbereiche unterschiedlichen Teams zugeordnet. Die Gesamtheit der Teams ist in zwei Teile, einem 'sangwon' (Oberhaus) und einem 'hawon' (Unterhaus), aufgeteilt, wie Tabelle 6 zeigt. Zum 'sangwon' werden die für die Regierungsministerien zuständigen Teams gezählt. Ihre Teammitglieder sammeln Nachrichtenmaterial, nicht nur für ihren Zuständigkeitsbereich im Regierungsministerium selbst, sondern auch über allgemeine gesellschaftliche Themen in Bezug auf ihre Ministerien. Zum 'hawon' gehört ein 'Bereitschaftsteam', das vor allem aus jüngeren Reportern besteht und für die Berichterstattung von Unfällen und Katastrophen ver

251

Der stellvertretende Ressortleiter wusste nicht genau, wie viele Mitarbeiter insgesamt in diesem Ressort tätig sind, weil sie sich kaum versammeln und einige Reporter außerhalb in Regionen beschäftigt sind. Daher konnte die Zahl der Ressortmitglieder nicht genau angegeben werden, man weiß nur, dass mehr als 60 Mitarbeiter zu diesem Ressort gehören.

74

antwortlich ist. Das Polizeiquartier und sonstige Einsatzorte zählen zu ihren Standorten. Die Reporter müssen rund um die Uhr einsatzbereit sein. 252

Tabelle 6: Aufteilung der Ressortmitarbeit des

Aufteilung der Teams

sahwobus

Zuständigkeitsbereiche der Teams Ministry of National Defense Ministry of Education Ministry of Government Administration and Home Affairs Ministry of Labor

Sangwon (Oberhaus)

Ministry of Construction and Transportation Ministry of Environment Ministry of Justice Ministry of Health and Welfare Alle Teile des Landes

hanvon (Unterhaus)

Polizeihauptquartier und Polizeiämter Sonstige Einsatzorte

Arbeitsplätze werden nicht fur alle Ressortmitglieder vorgehalten, da die meisten Redakteure im Außendienst, bei den zuständigen Ministerien oder am Ort des Geschehens, tätig sind. Die Arbeitsplätze sind auf vier Blöcke verteilt. In zwei Blöcken befinden sich einzelne Arbeitsplätze und in den anderen zwei Blöcken Gruppentische für die Außendienstreporter zur Nachrichtensammlung mit einfacher Ausstattung, wie Telefon und Fernsehen. Nach der Veröffentlichung der ersten Zeitungsausgabe wird es im sahwobu

lebendiger, weil viele Reporter vom Außendienst in die Redaktion kom-

men, um ihre Artikel oder die Artikel der sahwobu-Seite

durchzulesen.

252

Das Team wird von einem jungen Teamleiter, dem shikyung cap (Stadtpolizei Captain), geleitet. Die unerfahrenen jungen Reporter sammeln Nachrichtenmaterial aus den Polizeiämtem oder wo immer etwas geschieht. Obwohl ihre Nachrichtensammlung als die härteste journalistische Arbeit betrachtet wird, haben ihre Nachrichten oft nur geringen Nachrichtenwert, weil es sich meistens um alltägliche kriminelle Ereignisse handelt. Der Wert dieses Teams besteht in der journalistischen Praxisübung für Neueinsteiger.

75

7.4.1.4. kyongje-kwahakbu Das kyongje-kwahakbu,

(Wirtschafts-Technologieressort) das neben dem Gesellschaftsressort sahwobu heute als wich-

tigstes Ressort gilt, publiziert täglich eine bis fünf Seiten unter dem Namen 'kyongje' (Wirtschaft) und bietet Nachrichten für die Titel- und 'jonghap'-Seite an. Daneben erscheinen 8 bis 12 Seiten 'Money'-Section fünfmal in der Woche von Montag bis Freitag und 8 Seiten 'iTchosun'-Section, verfasst vom IT-Team, einmal pro Woche. Im kyongje-kwahakbu

arbeiten insgesamt 38 Ressortmitarbeiter, ohne das iTchosun-

Team, unter ihnen zwei bujangs, der Ressortleiter und sein Stellvertreter, 3

chajangs,

ein Fachredakteur als Wirtschaftsexperte und 32 einfache Reporter. Die meisten Redakteure waren als Auslandskorrespondenten, so zum Beispiel der Ressortleiter drei Jahre in Deutschland, tätig. Drei der Ressortmitarbeiter wurden von anderen Zeitungsverlagen abgeworben, wo sie auch im Wirtschaftsressort tätig waren. Ähnlich dem Gesellschaftsressort, ist das kyongje-kwahakbu

in vier Teams unter-

teilt. In Tabelle 7 ist die Aufgabenverteilung und Zuständigkeit für jedes Team aufgeschlüsselt. In der Redaktion arbeiten nur die Ressortmitarbeiter bujang, chajang und die Teamleiter, die als desk fungieren und Kontrollfunktionen wahrnehmen. Die übri on. Daher sind die meisten Plätze in den Ressorträumen unbesetzt. Neben den desks gen Reporter sammeln Nachrichtenmaterial und schicken ihre Artikel an die Redaktion bleiben nur einige außendienstliche Reporter an ihren Plätzen, die ihren Tagesplan schon erfüllt haben oder wegen der Verschiebung von Pressekonferenzen mit Industrieunternehmen oder aus anderen Gründen ausharren Im kyongje-kwahakbu

gibt es noch zwei Ressortmitarbeiter, die ihre Aufgabe einmal

als dangbon und yageunja wahrnehmen. Der dangbon sammelt und selektiert morgens die Tagespläne der Ressortmitglieder und leitet sie an den Ressortleiter weiter. Der yageunja

bleibt für Änderungen und Ergänzungen der Ausgabe bis 23 oder 24 Uhr

ebenso der bujang oder ein chajang bis 1 oder 2 Uhr in der Redaktion. Gegebenenfalls bleiben auch einfache Reporter im Ressort, falls die Tagespläne noch nicht erfüllt sind.

76

Tabelle 7: Aufgabenverteilung der Ressortmitarbeiter des

Team Sanop-Team

kyongje-kwahakbus

Zuständigkeit/Aufgabenbereiche •

Industrie Kleinindustrie und Großindustrie Wirtschaftliche Organisationen Joint Venture-Unternehmen

Money-Team



Section-Seite: 'Money' Börse Finanzen

Jongchaek-Team



Wirtschaftsministerien Ministry of Finance and Economy Ministry of Agriculture and Forestry Ministry of Commerce, Industry and Energy Ministry of Planning and Budget Financial Supervisory Commission

;T-Team



Section-Seite: 'iTchosun' Ministry of Information and Communication Informationstechnologie Internetunternehmen/ Dotcom-Unternehmen

Wie das Gesellschaftsressort sahwobu nimmt auch das kyongje-kwahakbu

eine gro-

ße Fläche im Gebäude von Chosun Ilbo ein, obwohl die meisten Redakteure im Außendienst tätig sind und häufig im Presseclub ihre Plätze haben. Die Arbeitsplätze des kyongje-kwahakbu

sind in zwei Bereiche gegliedert, darunter befinden sich Einzelar-

beitsplätze für die Ressortmitarbeiter und an einem großen Gruppentisch für alle Ressortmitarbeiter. Nur der Ressortleiter sitzt getrennt von ihnen gegenüber, und an seiner Seite befindet sich, wie in den anderen Ressorts, ein Rundtisch für kleinere Besprechungen unter den verantwortlichen Ressortmitarbeitern oder für Gäste. Für das ITTeam stehen in diesem Bereich keine Arbeitsplätze zur Verfugung, da sich dieses Team als selbständig begreift. Daher wird das ITchosun-Team separat behandelt.

77

7.4.1.5. ITchosun-Team Im Februar 2000 wurde das IT-Team, in dem früher nur drei Mitarbeiter beschäftigt waren, vergrößert. Zur Zeit arbeiten dort 12 Ressortmitarbeiter, darunter 9 Redakteure, deren Hauptaufgabe im Nachrichtensammeln und Artikelschreiben besteht und 3 Systemverwalter, die die Webseiten des IT-Teams in der Internetzeitung

Digital-Chosun

gestalten und verwalten. Die meisten Ressortmitarbeiter sind an dem Bereich der Informationstechnologie besonders interessiert, alle sind noch verhältnismäßig jung. Als Grund für die Vergrößerung des Teams gab der ITchosun-Teamleiter, Herr Woo, die rapide Zunahme des Informationsbedürfnisses im Bereich der Informationstechnologie an.

„1999 hat das Nachrichtenbedürfnis an der Informationstechnologie innerhalb eines Jahres drastisch zugenommen. Bis dahin haben sich im allgemeinen bei den überregionalen Zeitungen innerhalb des Wirtschaftsressorts im IT-Team ein oder zwei Personen mit IT-Nachrichten beschäftigt. Bei den anderen Zeitungen war dies ähnlich. Im letzten Jahr stieg das Interesse KOSDAQ253 stark an. Im allgemeinen beteiligten sich große Industriekonzerne an Internetgeschäften, investierten viel Geld in diesen Geschäftszweig und entwickeln neue Geschäftsmodelle im Bereich des Internets. Dies führte zwangsläufig zur Vergrößerung des Nachrichtenmaterials in diesem Bereich. Aus diesem Grund wurden viele Journalisten mit entsprechender Ausbildung gebraucht, generell versuchen Zeitungen und Rundfiinkanstalten die Arbeitskräfte in diesem Bereich zu verstärken. Mittlerweile haben sich solche InformationstechnologieTeams von ihren 'Mutterressorts' getrennt und sind zu selbständigen Ressorts, zum Beispiel unter dem Namen 'digitalbu' oder 'joungbo-kwahakbu' (Ressort der Informationstechnologie) innerhalb der Redaktion geworden. Obwohl dies bei Chosun Ilbo nicht der Fall ist, arbeiten wir auch im kyoungje-kwahakbu quasi als unabhängiges Team."

Da einige Redakteure, die früher im Bereich der Informationstechnologie tätig waren, den Zeitungsverlag Chosun Ilbo verlassen haben, musste der Teamleiter ein neues Team aufbauen.

„Persönlich hatte ich großes Interesse an Computern, deshalb habe ich innerhalb des Verlags den 'Computerverein' geleitet. Damals war die Informationstechnologie nicht mein Arbeitsge-

253

78

Koreanische Börse.

biet, als ich noch im Ressort sahwobu und jongchibu gearbeitet habe. Privat war ich auch in der 'Informationsbewegung' und in Forschungsinstituten tätig und habe zwei Bücher über die Informationstechnologie geschrieben. Die Situation war damals so, dass die Informationsbedürfiiisse an der Informationstechnologie stark zunahmen und die Kollegen der Chosun Ilbo, die in diesem Bereich gearbeitet hatten, die Zeitung verließen, um sich selbständig zu machen. Wegen der rasanten Entwicklung des IT-Bereichs, war der Mangel an ausgebildeten ITJournalisten groß, vor allem bei den Tageszeitungen. Das waren riesige Probleme bei der Personalpolitik..., wegen meiner Aktivität in diesem Bereich wurde ich für das Team von unserem Verlag ausgewählt."

Das ITchosun-Team bietet für die Wirtschaftsseite tägliche Nachrichten und stellt einmal pro Woche die Section-Seite 'iT-chosun.com' mit 8 bis 12 Seiten zusammen. Während andere Ressorts im kyongje-kwahakbu tung Digital-Chosun

nur Nachrichten für die Internetzei-

anbieten, gestaltet und verwaltet das ITchosun-Team die Websei-

ten selbst und stellt auch seine Nachrichten und Hintergrundinformationen ein. Die zweifache Nachrichtenbearbeitung für die klassische Zeitung und die Intemetzeitung bezeichnet man auch als „On-off-Totalmedia". Nach der Veröffentlichung der Chosun Ilbo offline bietet das ITchosun-Team neben den Informationen auf ihrer Webseite auch erweiterte Hintergrundinformationen an, die sich der Leser per E-mail zusenden lassen kann. Die Informationstechnologie ist das Hauptthema des ITchosun-Teams: Darunter fallen sowohl die in diesem Zusammenhang stehenden staatlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen als auch die privaten Industrieunternehmen wie zum Beispiel SK-Telekom, Korea Telekommunikation, Electronic- und Halbleiter-unternehmen, Unternehmen fur die Computer-Produktion, Softwareentwicklung und Softwareprovider. Wegen der verstreuten Informationsquellen gibt es für die Reporter keinen Presseclub. Die Reporter versuchen möglichst viele Unternehmen zu besuchen, um neue Informationen zu sammeln. Das IT-Team verstärkt sich durch die 'ITclub-Reporter', die „Ehrenreporter", weltweit 200 Mitglieder im In- und Ausland, die ihnen Neuigkeiten über die Informationstechnologie zukommen lassen. Als „Ehrenreporter" haben sie keine journalistische Ausbildung. Dieses System wird innerhalb des IT-Teams als „Information's Community" bezeichnet.

79

Neben der täglichen Nachrichtenproduktion, die mit dem „Mutterressort" kwahakbu

kyongje-

abgestimmt wird, tagt jeden Mittwoch das Team, um seine Section-Seite

'iTchosun.com' zu besprechen, die freitags erscheint. Da die Gestaltung der ITchosunSeite von diesem Team allein vorgenommen wird, befinden sich im Raum entsprechende Computereinrichtungen.

7.4.1.6. munhwabu (Kultur- und Unterhaltungsressort) Im Kulturressort munhwabu

sind 19 Redakteure beschäftigt. Die Besonderheit an die-

sem Ressort ist, dass das Durchschnittsalter höher ist als in den anderen Ressorts. Nur drei Redakteure sind weniger als fünf Jahre als Redakteure tätig, während mehr als die Hälfte der Ressortangehörigen zehn Jahre und länger bei der Chosun Ilbo den journalistischen Beruf ausüben. Viele von ihnen verbrachten sogar ihre gesamte journalistische Laufbahn im munhwabu.

Viele Redakteure des munhwabus

wurden auf eigenen

Wunsch dem Kulturressort zugeteilt, obwohl dies praktisch bei der Chosun Ilbo nicht üblich ist. Fast alle Redaktionsmitarbeiter waren aber mindestens in zwei verschiedenen Ressorts tätig. Das munhwabu

bringt täglich 5 bis 8 Seiten ein. Eine feste Seite steht unter dem

Namen 'munhwa', zweimal in der Woche folgt die Seite munhwa-Spezial,

vier werden

für die Section 'Feel' geliefert, acht für die 'Books'-Section, die im Sommer entfallt und eine oder zwei Seiten für das Fernsehprogramm. Das munhwabu

deckt drei The-

menbereiche ab: die klassische Kultur sowie Massen- und Lebenskultur. Zum Themenbereich der klassischen Kultur zählen Bücher, Literatur, Musik, Theaterveranstaltungen, Forschung, und Religion. Die Massenkultur umfasst die leichten, unterhaltenden Themen Fernsehen, Unterhaltung, Pop Musik, Filme, Zeichentrickserien und Comics. Zum Themenbereich der Lebenskultur gehören der Lebensstil, Mode, Essen und die Kindererziehung. Das munhwabu

zeigt eine klare Aufgabenverteilung nach Themenbereichen, jedes

Ressortmitglied gehört einem Team an. Fünf Teams Film/Lebensstil, Veranstaltungen, Publikationen, Literatur und Unterhaltungssendungen bilden das Ressort. Jedes Team wird von einem Teamleiter geleitet, und jedes Ressortmitglied ist einem Aufgabenbereich zugeordnet, hat seinen Tagesplan und seine Termine. Niemand kann sich genau einen Ressortüberblick verschaffen, wer heute welchen Tagesplan hat. Neben eigenen 80

Beiträgen gewinnen einige Redakteure Autoren oder Veranstalter für eigene Beiträge der Kulturseite. Die Plätze der einzelnen Redakteure sind in drei Bereiche gegliedert, ihnen gegenüber hat der Ressortleiter bujang seinen Platz. Die Arbeitsatmosphäre scheint lebendiger zu sein als in anderen Ressorts, weil ungefähr die Hälfte der Redakteure an ihrem Arbeitsplatz und in ständige Telefongespräche verwickelt ist. Rundherum stapeln sich Informationsmaterial, Pressemitteilungen von unterschiedlicher Herkunft und Bücher.

7.4.1.7. sports-leisurebu (Sport- und Freizeitressort) Das Ressort sport-leisurebu

fertigt täglich zwei Seiten über Sportarten wie Baseball,

Fußball, Basketball, Golf (ζ. B. PGA) 254 , Volleyball und Tennis, sowohl über in- als auch ausländischen Sport. Berichte über Sportarten, die in Europa populär sind, wie z.B. Formel 1 oder Skispringen, sind wegen mangelnden Interesses der Leser kaum zu finden. Für zwei bis drei Sportarten ist im allgemeinen ein Redakteur zuständig. Den jungen und unerfahrenen Redakteuren werden eine Sportart als Schwerpunkt und ein oder zwei unpopuläre Sportarten als Nebengebiete anvertraut, den erfahrenen hingegen nur ihre Spezialsportart. Für Baseball insgesamt sind mehr Reporter zuständig als für andere Sportarten. 255 14 Mitarbeiter gehören zum sports-leisurebu,

darunter sind ein bujang und 3 cha-

jangs als desks und 10 Mitarbeiter als einfache Reporter. Die dienstliche Aufteilung ist, außer bei den desks, im Innendienst nicht klar festgelegt, weil sie j e nach sportlichen Veranstaltungen und Sportarten variieren kann. Fünf bis sechs Ressortmitarbeiter bleiben als yageunja im Spätdienst. Insbesondere trifft dies die Reporter vom Baseball, die sechs Monate lang bis zum Ende der Baseballsaison täglich Spätdienst haben, da die Baseballspiele auf den Abend fallen und sie im Anschluss ihre Berichte verfassen müssen. Generell arbeiten die yageunja bis 22.30 Uhr oder 23.30 Uhr, in Sonderfällen auch bis 2 Uhr oder 3 Uhr nachts. In Ausnahmefällen, bei wichtigen Sportveranstaltungen im Ausland, kann sich die Dienstzeit noch verlängern. Im Ressort laufen parallel

254

Früher wurde in Korea Golf als Luxussport und als naturzerstörend betrachtet, obwohl viele Koreaner diese Sportart lieben. Nachdem eine koreanische Golfspielerin in den USA große Turniere gewonnen hatte, wurde Golf populär und gilt mittlerweile als Volkssport. 255 Baseball ist die populärste Sportart in Korea. Die Saison der Baseball-Liga dauert sechs Monate, vergleichbar mit der Fußball-Bundesliga in Deutschland.

81

drei TV-Sportkanäle, um Informationen auch über das Fernsehen erhalten zu können. Wie im munwabu

oder beim ITchosun-Team werden in diesem Ressort sowohl

Nachrichten bearbeitet, als auch das Layout für die eigenen Sportseiten mit Hilfe eines Operators vom Umbruchressort, pyunjipbu,

entworfen. Deshalb ist der Raum des Res-

sorts in drei Blöcke aufgeteilt, zwei für die Redakteure und einer fur das Layout.

7.4.1.8. tonghapmunje-yonkuso (Forschungsinstitut für die Vereinigung Koreas) Das Institut tonghapmunje-yonkuso

entstand 1975. Bis 1999 bestand seine Aufgabe

darin, innerhalb des Verlags der Chosun Ilbo Informationsmaterial über Nordkorea, die nordkoreanische Presse, Magazine und Bücher zu archivieren und bereit zu halten. Seit dem Jahr 2000 gehört das Ressort zur Zentralredaktion der Chosun Ilbo und erstellt seit Anfang Oktober d. J. die Internetwebseite „nkchosun.com", die von der Internetzeitung „digitalchosun" unabhängig ist und ausschließlich über Nordkorea berichtet. Nach achtmonatiger Vorbereitungsphase erscheint seit Ende Februar 2001 montags die Section-Seite „NKReport", die insgesamt aus vier Seiten besteht: drei Seiten für Berichte und eine für Anzeigen. Sie ist die erste Section-Seite über Nordkorea. In diesen Section-Seiten werden das Leben der Menschen, die Gesellschaft und Kultur Nordkoreas beschrieben. Da das Politikressort jongchibu

die Bereiche Politik und

Militär Nordkoreas behandelt, werden diese beiden Themenbereiche von den SectionSeiten nicht aufgegriffen. Berichtet wird vielmehr überwiegend über menschliche Themen, die „Soft News". Aus diesem Grund unterscheidet sich die redaktionelle Linie dieses Ressorts von der der sonstigen Redaktion der Chosun Ilbo, die über Nordkorea und die Politik seiner Regierung eher „negativ" oder „zurückhaltend" berichtet. 256 Das tonghapmunje-yonkuso

hat acht Mitarbeiter, den Leiter sojang, fünf einfache

Redakteure, einen Webmaster für die Gestaltung der Webseiten und einen Webmaster-Assistenten für die Verwaltung der Webseiten. Die Aufgabe der einfachen

256

Die Chosun Ilbo schrieb einmal einen Leitartikel über die katastrophale Situation Nordkoreas, nachdem die Femsehanstalt KBS (Korea Broadcasting System) darüber berichtet hatte, wie die Bevölkerung unter der Hungersnot leidet und wie dramatisch das Leben der Bevölkerung Nordkoreas sei. Seitdem gibt es zwischen der KBS, Chosun Ilbo und Nordkorea Spannungen. Sogar Nordkorea drohte die Chosun Ilbo zu bombardieren. Als das Gipfeltreffen zwischen Nord- und Südkorea im Juni 2000 in Pyongyang stattfand, versuchte Nordkorea die beiden Medienunternehmen von der Reportergruppe auszuschließen. Im Sommer 2000 waren im Redaktionsgebäude der Chosun Ilbo Plakate über Sicherheitsmaßnahmen im Falle einer Bombardierung zu sehen.

82

Redakteure besteht hauptsächlich darin, Nachrichten zu sammeln, Artikel zu schreiben und die Webseite inhaltlich zu gestalten. Alle Mitarbeiter des Instituts, außer dem Leiter, sind wegen der Besonderheit dieses Teils der Redaktion, gezielt angeworben worden. So wurden zum Beispiel ein nordkoreanischer Flüchtling und ein amerikanischer Redakteur eingestellt, um über englische Webseiten die Aspekte der koreanischen Einheit zu vermitteln. Der sojang arbeitet bereits seit acht Jahren in diesem Bereich und begründete seine Bemühungen dafür folgendermaßen:

„Als ich in Deutschland Auslandskorrespondent war, habe ich die Deutsche Einheit miterlebt. Dies war der Anstoß für mich, mich für Nordkorea zu interessieren."

Das Institut für die koreanische Einheit ist auf zwei Gebäude verteilt. Ein Teil befindet sich im Zentralredaktionsgebäude der Chosun Ilbo, der andere, wichtigere Teil in den alten Räumen der Chosun Ilbo. Der Teil im Redaktionsbüro ist ein geschlossener Raum mit Glasscheiben, der sich daher von den anderen Ressorts abhebt. Der Hauptraum des Instituts ist riesig, mit einzelnen Arbeitsplätzen, einem Archivraum mit großem Tisch und einer Sitzecke. Im Untergeschoss befinden sich noch zwei Archivräume fur das Informationsmaterial über Nordkorea. Das Institut archiviert etwa 30 nordkoreanische Periodika, zum Beispiel die Zeitung der Arbeiterpartei seit 1970, die Zeitung der nordkoreanischen Regierung, drei nordkoreanische Tageszeitungen, zusätzlich Magazine und Bücher.

7.4.1.9. sajinbu (Fotoressort) Im Ressort sajinbu

wird Fotomaterial für Nachrichten gesammelt. Die Sammlung

enthält inzwischen mehr als eine halbe Million Fotografien und wurde in den 90er Jahren begonnen. Die Aufgabe der Ressortmitarbeiter besteht darin, Fotomaterial für die Beiträge bereitzustellen und zu entscheiden, welches Fotomaterial das beste in Bezug auf die ausgewählten Nachrichten oder Themen ist. Die Redakteure sammeln an den ihnen zugewiesenen Orten Fotomaterial, auch für Aufträge anderer Ressorts.

83

Die Hälfte der täglichen Arbeit besteht in der Erfüllung der Aufträge anderer Ressorts. Im sajinbu arbeiten 23 Angestellte, darunter zwei bujangs und zwei chajangs

als

desk, alle übrigen als Fotoreporter. Im Ressort gilt die 7-Tage-Woche, anders als bei den anderen Ressorts. Obwohl samstags nicht gearbeitet wird, sind ein bis zwei Ressortmitglieder einsatzbereit. Das sajinbu

ist rund um die Uhr in drei Schichten be-

setzt. Neben den normalen Dienstzeiten bleiben drei bis fünf Ressortmitglieder im Spätdienst bis Mitternacht und ein Fotoredakteur für Notfalle ab 22 Uhr die ganze Nacht über. Im sajinbu

sind die Zuständigkeiten unter den Fotoreportern aufgeteilt. Für das

Parlament und die Parteien sind drei Fotoreporter, für das Präsidentenhaus, die südund nordkoreanische Grenzzone mit Namen 'Panmunjum' und den Flughafen jeweils ein Fotoreporter verantwortlich. Außer diesen Zuständigkeiten werden den Fotoreportern noch Aufgaben anderer Ressorts zugewiesen. Im Einzelfall werden Fotoreporter auch ins Ausland geschickt, um Fotomaterial zu sammeln. Der Schwerpunkt bleibt aber Seoul. Die Fotos aus dem Ausland, außer die der eigenen Reporter, werden über eine vertragliche Regelung von der Agentur AP geliefert. Diese Bilder, die von den Ressorts für ihre Beiträge und Nachrichten benötigt werden, werden von den Redakteuren im Internet gesucht und heruntergeladen. Die Nutzungsgebühr für die Bilder wird automatisch an AP überwiesen. Das sajinbu ist wegen der Fotomaterialien besonders reichlich mit Computern ausgestattet. An einer Seite stehen ein großes Wandregal mit vielen kleinen Fächern und, wie üblich, zahlreiche Fernsehapparate.

7.4.2. Abteilungen der Meinungsbeiträge 7.4.2.1. nonsol-hwywonshil

(Meinungsressort)

Wie die Nachrichten und Meinungsbeiträge in den koreanischen Zeitungen selbst, so ist auch der Raum für die Redakteure und Kolumnisten der Chosun Ilbo, die meinungsbildende Beiträge liefern, von denjenigen, die Nachrichten redigieren, getrennt. Kommentare werden von der Leserabteilung dokjabu nonsol-hwywonshil

84

im Präsidenten Office, vom

und von den Gastkolumnisten verfasst. Im

nonsol-hwywoshil

arbeiten 9 Redakteure, die nonsolhwywon.

Diese sind eher älter als die Redakteure in

der Nachrichtenredaktion, da sie ihre Karriere als Redakteure zumeist schon hinter sich haben. Die Abteilung wird von dem Chefredakteur, jupil, der schon in der Nachrichtenredaktion als Chefredakteur tätig war, geleitet. Nonseol-hwywonshil

stellt täglich den Leitartikel über ein oder zwei aktuelle The-

men und Kommentare, die von Redakteuren dieser Abteilung mit ihrem Namen gezeichnet werden, her. Der Leitartikel sasol wird durch eine Gruppe, die aus Mitgliedern dieser Abteilung besteht, gemeinsam erstellt und ist das Ergebnis einer Diskussion in der Nachmittagskonferenz über die Tagesthemen. Er trägt keinen Verfassernamen, da sasol nicht die Meinung eines einzelnen wiedergibt, sondern die Meinung der Zeitung Chosun Ilbo, wie sie selbst schreibt: „Editoriais convey the ideas and the position of the Chosun Ilbo." 257 Der Leitartikel ist auf der zweiten Seite der Chosun Ilbo fest platziert. Neben diesem Leitartikel schreiben einige Redakteure dieser Abteilung noch Kommentare über ihr Spezialgebiet. Nonsolhwywon-shil

befindet sich im fünften Stock des Redaktionsgebäudes. Der

Raum der Abteilung ist unterteilt. Zwischen den beiden Räumen sitzt eine Sekretärin. In einem Raum befinden sich eine runder Tisch, an dem Besprechungen stattfinden, und die Arbeitsplätze der einzelnen Redakteure. Der Chefredakteur jupil sitzt in einem anderen Raum.

7.4.2.2. dokjabu (Leser-/Meinungsressort) Die Aufgabe der Abteilung dokjabu,

die sich im Bürobereich des Präsidenten der

Chosun Ilbo befindet und eine Unterabteilung davon ist, besteht darin, die Leserbriefe für die Leserseite der Chosun Ilbo zu sortieren und auszuwählen. Die Leserbriefe bestehen aus zwei Arten: eine stellt die 'Meinung' der Leser dar und die andere korrigiert falsch gedruckte oder geschriebene Artikel. Wenn die Leser auf falsche Inhalte der Berichte hinweisen, werden sie unter der Überschrift 'Korrigieren' in der Zeitung wiedergegeben. Beide Arten von Leserbriefen sind auf der Seite 'Opinion' platziert. Für diesen Bereich arbeiten zwei Redakteure, einer als desk und der andere als einfacher Redakteur. Täglich gehen 150 bis 200 Briefe ein, per Post, Fax oder E-mail.

257

Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 26.

85

Zu dieser Abteilung gelangen meistens Meinungen über gesellschaftliche Probleme oder Korrekturbriefe. Da alle Artikel der Redakteure mit dem Namen des Autors und E-mail-Adressen versehen sind, geht das Feedback meist per E-mail direkt an die verantwortlichen Redakteure.

7.4.3.

Ressorts des Umbruchs und des Lektorats

7.4.3.1. pyunjipbu (Umbruchressort) Das Umbruchressort ist eines der wichtigsten in der Redaktion, da es für die letzte Gestaltung der Zeitung verantwortlich ist. In diesem Ressort arbeiten 41 Mitarbeiter, bis auf einen alle im Innendienst. Im pyunjipbu

gibt es 3 bujangs, einer davon wird

'jonghap pyunjip bujang' genannt, 6 chajangs, 5 Operatoren für den Setzvorgang, der Rest sind einfache Redakteure. Für die Nachtschicht bleiben täglich 5 Ressortmitarbeiter bis morgens 5.30 Uhr in der Redaktion und haben am nächsten Tag frei. Die Aufgabe der einfachen Redakteure im pyunjipbu

besteht darin, die Artikel zu

bewerten, ihnen einen passenden Titel zu geben, die Entscheidung über die Auswahl der Artikel und der Fotos zu treffen und das Layout zu entwerfen. Diese Arbeit unterliegt der Leitung der drei bujangs als desk. Die dem pyunjipbu

übermittelten Artikel

wurden bereits von jedem Ressort ausgewählt. Die Entscheidung, welche Nachrichten und Beiträge in welchem Umfang und mit welchem Titel wo platziert und gestaltet werden, fallt jedoch im Ressort pyunjipbu

in den Besprechungen mit den Ressortar-

beitern. Der Raum des pyunjipbus

befindet sich zentral im zweiten Stock des Redaktions-

gebäudes und wird von den tagesaktuellen Ressorts sahwobu, kwahakbu

jonchibu,

kyongje-

und kukjebu umgeben, da vor allem diese Ressorts bis zur Deadline ihre

Nachrichten dem Umbruchressort weitergeleitet haben müssen. An jedem Arbeitsplatz befinden sich die zur Gestaltung notwendigen Computer.

7.4.3.2. Planning Das Planning-Team steht als selbständiges Dotcom-Unternehmen kooperativ bei der Redaktionsarbeit der Chosun Ilbo zur Verfügung und ist für die Gestaltung einiger Section-Seiten verantwortlich. Hierbei handelt es sich um die Section-Seite 'Health' 86

fur die Donnerstagsausgabe des Gesellschaftsressorts sahwobu und 'Books' fur die Samstagsausgabe vom Kulturressort munwhabu. Im Sommer entfallen, wegen der Urlaubszeit, die Section-Seiten, stattdessen werden andere Seiten in die Zeitung integriert. Der Produktionsauftrag wird als „Out-Sourcing"258 bezeichnet, das die Chosun Ilbo seit April 2000 betreibt. Nach Angaben des Geschäftsführers sind die Gründe für die Auslagerung der Produktion der Wunsch nach Spezialisierung der Zeitungsgestaltung und die steigende Konkurrenzfähigkeit durch Kürzung der Produktionskosten. Der Geschäftsführer, Herr Kim, erklärte zur Gründung des Unternehmens: „Die Spezialisierung der Zeitungsgestaltung fuhrt dazu, die Kauflust der Leser zu stimulieren. Die Spezialisierung innerhalb der pluralistischen Gesellschaft ist bei der Zeitungsproduktion zu sehen, zum Beispiel waren früher die Journalisten als allwissend charakterisiert, heute aber wird die Spezialisierung auf ein bestimmtes Gebiet für die Journalisten immer wichtiger. Aus diesem Grund tendierte ich dazu, Journalisten als ein Team für die Gestaltung der Zeitung zu organisieren, so ist das Layout-Spezialuntemehmen entstanden."

Das Planning-Team besteht aus sechs erfahrenen Redakteuren, die alle bei unterschiedlichen Zeitungen, überwiegend im Umbruchressort pyunjipbu, gearbeitet haben und schon pensioniert waren. So zum Beispiel hat der Geschäftsführer mehr als 30 Jahre lang bei der Chosun Ilbo als Redakteur gearbeitet und ist vor zwei Jahren in den Ruhestand gegangen. Aber er kam mit der neuen Strategie zum Zeitungsverlag der Chosun Ilbo zurück und versuchte, seine Erfahrungen als ehemaliger Journalist neu einzubringen. Nach der Besetzung der nötigen neuen Mitarbeiter wird er versuchen, auch andere Section-Seiten, die heute noch im Umbruchressort pyunjipbu gestaltet werden, zu übernehmen. Es bleibt die Frage, wie dieses Team der „älteren" Mitarbeiter mit ihren reichen Erfahrungen den Geschmack der jungen Leser treffen wird, da die meisten Leser der Section-Seiten, aus der jüngeren Generation stammen. Dazu kommentiert Herr Kim:

258 Bei den Fernsehanstalten in Korea existiert dieses „Out-Sourcing" seit etwa 10 Jahren, bei den Zeitungen wurde dies zum ersten Mal von der Chosun Ilbo nach der Wirtschaftkrise eingeführt.

87

„Im Geschmacksempfinden über die Zeitung gibt es keine Altersgrenze. Ich bemühe mich immer darum, durch Beobachtungen des Geschmacks, der Hobbys und der Unterhaltungsvorlieben der jungen Leute, der Mode der neuen Generation zu folgen." 259

Der Raum dieses Teams befindet sich im dritten Stock des Redaktionsgebäudes und ist mit entsprechender Ausrüstung zum Design des Layouts der Zeitung ausgestattet. Rein äußerlich unterscheiden sich diese Räumlichkeiten nicht von denen anderer Ressorts.

7.4.3.3. pyunjipmisul-Team (Design- und Graphikressort) Außer den Ressorts gibt es noch einen Arbeitsbereich innerhalb der Reaktion, das pyunjipmisul-Team,

das der Chefredaktion direkt unterstellt ist. In diesem Team wer-

den die Illustrationen per Computergrafik, ausgenommen Fotos, Typografien, 2 6 0 Landkarten, Diagramme und Abbildungen für die Wirtschaftsbeiträge, je nach Bedarf gestaltet. Hinzu kommen „gleichbleibende" Seiten, wie zum Beispiel die Wetterseiten oder die für Leserbriefe, die ebenfalls in den Aufgabenbereich des

pyunjipmisul-

Teams fallen. Hier arbeiten 10 Angestellte mit dem Teamleiter teamjang

zusammen. Der Ar-

beitstag dieses Teams beginnt später als der der anderen Ressortredakteure. Sie fangen um 10.30 Uhr an und bleiben bis 19.30 Uhr. Im allgemeinen ist es hier morgens eher ruhig, nachmittags wird es dann hektischer, weil die Aufgaben erst spät zugeteilt werden. Welche Aufgaben die Teammitarbeiter bekommen, hängt davon ab, wie die Entscheidungen aus den anderen Ressorts fallen, welche Artikel und Beiträge wo platziert und welche Grafiken für die Beiträge benötigt werden. Die Sonderberichte und wöchentlichen Seiten werden einen Tag vor der Veröffentlichung geplant.

Der Raum des pyunjipmisul-Teams

befindet sich im zweiten Stock der Redaktion.

Er unterscheidet sich durch eine geschlossene Raumverteilung von den anderen Ressorts, die in offener Raumverteilung gebaut sind.

259

Aus einem Interview bei der Zeitung Chosun Ilbo mit Dong-Young Oh am 20. 4. 2000. Vgl. Hermann Sonderhüsken: Kleines Journalisten-Lexikon - Fachbegriffe und Berufsjargon. München 1991, S. 130.

260

88

7.4.3.4. kyoyolbu (Lektorat)

Das Ressort kyoyolbu arbeitet mit dem pyunjipbu (Copy Desk) eng zusammen, da mit der Entscheidung für die Platzierung der Artikel zeitgleich sprachliche Korrekturen vorgenommen werden müssen. Die einzelnen Beiträge werden stilistisch und grammatikalisch überprüft, auch auf Tippfehler und unlogische Sätze. Im kyoyolbu arbeiten insgesamt 17 Angestellte, darunter ein bujang, 5 chajangs und die übrigen als einfache „Kontrollredakteure". Die Arbeitszeit dieses Ressorts beginnt um 10 Uhr und endet gegen 18 Uhr mit der Veröffentlichung der ersten Ausgabe '10 pan'. Täglich bleibt ein Team mit 4 Mitarbeitern für den Spätdienst. Es kommt erst um 17 Uhr und bleibt bis zum nächsten Morgen um 5 oder 6 Uhr in der Redaktion. Die Arbeitsplätze dieses Ressorts liegen auf drei Ebenen verteilt und sind mit Computern zur Korrektur ausgerüstet.

7.4.4. jongbo-jaryoshil

(Archiv- und Datenbankressort)

Früher gehörte diese Abteilung mit Namen chosabu (Untersuchungsressort) zur Redaktion, die nach ihrer Trennung in jongbo-jaryoshil umbenannt wurde. Die Aufgabe dieser Abteilung besteht darin, einerseits die Zeitungsausgaben der Chosun Ilbo zu sammeln und zu archivieren, andererseits Datenbanken zu verschiedenen Aufgabengebieten aufzubauen. Hier sind die Zeitungsausgaben der Chosun Ilbo von 1920 bis heute aufbewahrt. Die Zeitungsausgaben von 1920 bis 1990 sind als Sammelalbum und die ab 1990 auf Mikrofilm archiviert und für die Leserschaft zugänglich. Die Datenbanken umfassen die Zeitungsbereiche Foto, Personen, Ereignisse, Magazine, Medien und Bücher. Quellen dafür sind die Chosun Ilbo, andere Unternehmenszeitungen und die Jugendzeitung The Chosun Children 's Daily. Die Abteilung versucht alle Zeitungsausgaben der Chosun Ilbo von 1920 an, außer auf herkömmliche Weise bei

Besuchen

der

Leser

in

dieser

Abteilung,

über

den

Internetservice

(www.hidb.co.kr) anzubieten. Im jongbo-jaryoshil arbeiten 40 Mitarbeiter. Im Gegensatz zu den anderen Ressorts sind hier mehr Verwaltungsangestellte als Redakteure tätig, und zwar 25 Verwaltungsangestellte, 5 zeitlich befristete Mitarbeiter sowie Redakteure. Formell ist die Abteilung in einen Abteilungsleiter, den shiljang, zwei chajangs, einfache Redakteure

89

und zeitlich befristete und unbefristete Angestellte aufgegliedert. Die Mitarbeiter dieser Abteilung sind in vier Teambereichen tätig: Artikel, Foto-, Personen- und Fotonachrichten. Die Aufgabe des „Artikel-Teams" besteht darin, die täglichen Zeitungsartikel der Chosun Ilbo je nach Serien, Themen und Art der Beiträge zu sortieren und die Suchmaschine für die Artikel aufzubauen, um einen Computer-Kommunikationsservice anzubieten. Das Team verwaltet einen täglich wachsenden Pool von Daten. Das FotoTeam beschäftigt sich mit der Pflege der 220.000 Fotos und Bilder für die Gestaltung der Zeitung, um die Produktionsarbeit der CTS zu ermöglichen. Das Personen-Team baut die Datenbank für die Personenprofile auf. Die Datenbank umfasste im Jahre 2000 130.000 Personenprofile. Das Foto-Team betreut die Fotoentwicklung, die Verwaltung und das Ausleihen der Bücher und Magazine. Zu diesem Team wird auch das Leser-Informationsservice-Center (Chosun Data Bank) gezählt, das sich neben dem Abteilungsraum der jongbo-jaryoshil befindet. Hier werden die Zeitungsausgaben der Chosun Ilbo seit 1920 den Lesern zur Lektüre zur Verfügung gestellt. Das jongbo-jaryoshil befindet sich im Erdgeschoss. Es ist in zwei Bereiche unterteilt, einen für die Mitarbeiter und einen für die Leser. Der Raum dieser Mitarbeiter hat bequeme Sitzecken, einen Konferenzraum und einen Durchgang zum LeserInformationsservice-Center (Chosun Data Bank). Letzteres ist wie eine Bibliothek aufgebaut. Getrennt vom Archiv steht den Lesern ein Lesesaal zur Verfügung. Obwohl die beiden Teile, einmal für die Mitarbeiter und einmal für die Leser, zusammen gehören, haben sie zwei getrennte Eingänge.

7.4.5. kukjangdan (Chefredaktion der Nachrichtenredaktion)

Die Chefredaktion befindet sich im zweiten Stock, leitet die Redaktionskonferenzen und entscheidet welche Beiträge auf die Titelseite und 'jonghap'-Seite kommen. Zur Chefredaktion gehören der Chefredakteur pyunjip-kukjang, der als Verantwortlicher die Nachrichtenredaktion leitet, der Chefredakteur für die Meinungsbeiträge des nonsol-hwywonshil (Editorial Staff Office) und drei stellvertretende Chefredakteure bukukjang. Die drei stellvertretenden Chefredakteure bukukjang nehmen eine beratende, unterstützende und vermittelnde Funktion wahr, sind eher passive Mitarbeiter im Pro-

90

zess der Redaktionsführung. Ihre Aufgabe besteht darin, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Ressorts zu vermitteln und die Nachrichtenverarbeitung der Ressorts bei bestimmten Themen, wie zum Beispiel dem Gipfeltreffen zwischen den Staatsführern Nord- und Südkoreas, zu unterstützen. Sie planen die ressortübergreifenden Sonderaktionen der Chosun Ilbo und übernehmen dafür die Verantwortung. Hin und wieder schreiben sie auch Kolumnen. Der Chefredakteur

pyunjip-kukjang

leitet in der Regel die Redaktionskonferenzen, die viermal täglich mit etwa 20 Redakteuren einschließlich aller Ressortleiter stattfinden. In der Redaktionskonferenz wird über die Schlagzeilen, die aktuellen Haupttagesthemen und ihre Platzierung entschieden. Für die endgültige Entscheidung übernimmt der Chefredakteur die Verantwortung. Die Arbeitplätze der drei stellvertretenden Chefredakteure befinden sich in einem offenen Raum. Der Chefredakteur pyunjip-kukjang

sitzt in einem eigenen Büro der

Redaktion. Die Redaktionskonferenzen, außer der Stehkonferenz am Nachmittag, finden im großen Konferenzraum im zweiten Stock der Redaktion statt.

7.4.6. kijashil (Büro im Presseclub)

Trotz zahlreicher Kritiken am Presseclubsystem der koreanischen Medien, das mit dem japanischen vergleichbar ist, ist es doch charakteristisch für den koreanischen Journalismus. In den Regierungsministerien, Wirtschaftsorganisationen und den Polizeireviers stehen Räume für die Journalisten zur Verfügung. Diese Räume werden kijashil genannt. Das Presseclubsystem kijadan wird je nach Institution unterschiedlich verstanden. Bei einigen Institutionen existiert kein organisierter Presseclub. Dort wird nur der Raum für die Journalisten, der kijashil, verwaltet und zur Verfügung gestellt. Im Folgenden werden einige kijashils

bei unterschiedlichen Institutionen

nach eigener Beobachtung beschrieben, das kijashil bei der koreanischen Zentralbank hankuk, das im Parlament und eins in einem Polizeirevier.

7.4.6.1. kijashil bei der koreanischen Zentralbank Das Organisationssystem des kijashil bei der Zentralbank hankuk ist ein typisches Beispiel für das Presseclubsystem im koreanischen Journalismus. Bei der Zentralbank

91

hankuk in Seoul, die in der Nähe des Verlags Chosun Ilbo liegt, befindet sich neben dem Press-Office, das für die Medien zuständig ist, ein Raum für die Journalisten, das kijashil. Im kijashil gibt es eine Sitzecke und Arbeitsplätze für die zugelassenen Reporter von 25 Medienunternehmen, den 17 überregionalen Tageszeitungen, die in Seoul erscheinen, 261 einer Nachrichtenagentur, drei Fernsehanstalten, zwei Kabelfernsehanstalten und zwei Radiostationen. Je nach Medienunternehmen gehören ein bis vier Reporter zur Mitgliedschaft des Presseclubs, aber wegen möglicher Ausfalle, z.B. wegen Urlaub oder Dienstreise, sind im allgemeinen drei bis vier Reporter auf der Mitgliederliste zusätzlich eingetragen. In der Regel ist nur ein Reporter in einem kijashil an der Arbeit. Die meisten Reporter sind in mehreren kijashils registriert, damit sie im Notfall in einem anderen kijashil arbeiten können. Denn nur die eingetragenen Mitglieder erhalten Pressemitteilungen von der Zentralbank hankuk. Von Chosun Ilbo sind die Reporter aus dem Wirtschaftsressort als Mitglieder in diesem kijashil tätig. Die Mitglieder bezeichnet man auch als kijadan. Sie fallen Entscheidungen über die Aufnahme neuer Reporter, über Veranstaltungen anderer Finanzinstitutionen 262 oder über das Embargo bestimmter Nachrichten. Für solche Angelegenheiten gibt es den kijadan-Vertreter

kansa, der von den Reportern selbst ausgewählt wird. Der kan-

sa hat nichts mit den Inhalten der Nachrichtensammlung zu tun, sondern nimmt eher als Vertreter des kijadans seine Funktionen wahr. Zum Beispiel, wenn eine Bank eine Versammlung für ihre Pressemitteilungen abhalten will, wird der kansa des kijadans von dieser Bank gefragt und gibt dieser die Entscheidung der Mitgliederreporter bekannt. Da die Mitgliederreporter von unterschiedlichen Medienunternehmen und wegen eigener Tagespläne nicht immer im kijashil anwesend sind, ist es schwierig, ohne Absprache alle zu versammeln. Die Reportergruppe entscheidet, ob die Pressemitteilungen dieser Bank notwendig sind. Eine Entscheidung für oder wider die Aufnahme neuer Reporter, wird über die Stimmabgabe der Mitglieder getroffen. Dies gilt auch für die ausländischen Reporter. Eine weitere Funktion des kansa ist, den Entscheidungsprozess über die Aufnahme neuer Reporter zu leiten. Voraussetzung für eine

261

Hier gibt es keine Mitglieder von Regionalzeitungen. Bei den normalen Banken gibt es keinen Presseclub. Daher versuchen diese fur ihre Mitteilungen oder Pressekonferenzen über den kijashil der Zentralbank hankuk zu gehen, da dort alle Reporter der wichtigen Medienunternehmen eingeschrieben sind. 262

92

Mitgliedschaft ist, mindestens die Hälfte der Stimmen aller Mitglieder zu bekommen. Das zugehörige Medienunternehmen muss mindestens drei Monate bestehen. Darüber hinaus leitet der kansa die Entscheidung für die Verhängung eines Embargos über bestimmte Informationen, d.h. welche Informationen aus welchen Gründen bis wann nicht in den Nachrichten erscheinen dürfen. Falls ein Reporter gegen diese Absprache verstößt, kann ihm der Zutritt in den kijashil von einer Woche bis zu einem Monat untersagt werden. Im kijashil sind nur wenige Reporter anwesend. Einige schreiben Artikel, vor allem die Reporter der Fernsehanstalten sind infolge von Dreharbeiten selten hier. Die Arbeitsplätze zwischen den einzelnen Mitgliedern sind durch Trennwände getrennt. Weil jeder Reporter sein Notebook und Handy hat, gibt es auf den Schreibtischen der Reporter, außer den Informationsmaterialien, keine besonderen Utensilien. Reporter, die nicht zum Presseclub gehören, haben keinen Zutritt zum kijashil und müssen ihre Nachrichten individuell sammeln.

7.4.6.2. kijashil im Parlament Das kijashil im Parlament ist fur 150 Reporter von unterschiedlichen Medienunternehmen vorgesehen und in einem Raum untergebracht, der sich in kleinere Einheiten unterteilt. In diesem sind ein oder mehrere Medienunternehmen untergebracht. Der Raum für die Reporter der Chosun Ilbo ist mit einigen Schreibtischen, einem Fernsehapparat und einem Bett für Notfälle ausgestattet. Von der Chosun Ilbo sind 11 Reporter aus dem Politikressort für das Parlament und die Parteien einschließlich einem desk zuständig. Für eine Partei sind ein bis drei Reporter, j e nach Größe der Partei, verantwortlich. Im Chosun Ilbo-kijashil

waren zur Zeit der Untersuchung drei

Reporter anwesend. Die Verwaltung des kijashils unterliegt der Informationsabteilung des Parlaments. Von dieser werden die Reporter über parlamentarische Veranstaltungen und Pressemitteilungen informiert. Im Parlament gibt es angesichts der Vielzahl der akkreditierten Reporter, keine organisierte Reportergruppe, die sogenannte kijadan. 420 Reporter sind für die Nachrichtensammlung bei der Informationsabteilung gemeldet, hinzu kommen noch Medienunternehmen, die nicht angemeldet sind, aber ab und zu im Parlament mit Nachrichten versorgt werden wollen. Unangemeldete Reporter müssen

93

bei dieser Abteilung einen Antrag auf einen Berichtsausweis stellen. 263 Den neuen Medienunternehmen

werden nach ein- bis zweijähriger Beobachtung die Be-

richtsausweise ausgehändigt. Den Medienunternehmen, die nicht angemeldet sind, wie ζ. B. Internetzeitungen und Internetfernsehen, werden vorläufige Ausweise ausgestellt. Ausländischen Reportern werden ebenfalls vorläufige Ausweise ausgestellt, die vom Presseclub der ausländischen Journalisten verwaltet werden. Im Gegensatz zu den Reportern wird das kijadan bei den Fotoreportern der Zeitungen und Fernsehanstalten gepflegt. Dieser kennt ebenfalls einen Vertreter, kansa, der die Meinungen und Entscheidungen über Versammlungen dieser Gruppe übermittelt.

7.4.6.3. kijashil in einem Polizeirevier Die Reporter aus dem Gesellschaftsressort der Chosun Ilbo, die zum 'Bereitschaftsteam' gehören, haben unter sich die ZuständigkeitsrevierE vor allem der Polizeistationen aufgeteilt, obwohl ihre Arbeitsplätze theoretisch überall sein könnten. Je nach Polizeirevier gibt es auch unterschiedliche kijashils,

von einem separaten Raum bis

zu einer kleinen „Übernachtungshütte". Die erfahreneren Reporter sind meist bei den größeren Polizeirevieren präsent, die unerfahrenen Neulinge eher bei den unbedeutenderen. Im Folgenden wird ein kijashil in einem Polizeirevier in der Mitte Seouls beschrieben. Der kijashil des Polizeireviers befindet sich nicht im Polizeigebäude, sondern in einem kleinen Gebäude um die Ecke. Man trifft hier ein paar Reporter, einige schlafen, andere schreiben ihre Artikel. Dieser Raum ist aber so klein, dass kein Platz für einen Tisch vorhanden ist. Ein Schrank ermöglicht es, wenigstens Kleider und Dekken unterzubringen. Die Reporter, sowohl Frauen als auch Männer, übernachten hier. Da sie dem 'Bereitschaftsteam' angehören, werden sie auch „Polizeireporter" genannt und können nur einmal pro Woche nach Hause gehen. Obwohl die Reporter nur wenig Informationen mit Nachrichtenwert auf den Polizeirevieren erhalten, haben sie doch die längste Arbeitszeit. Die sogenannten „Poli-

263

Bei der Ausstellung eines Ausweises wird berücksichtigt, ob die Medien mit der Berichterstattung über parlamentarische Angelegenheiten zu tun haben.

94

zeireporter" werden von den Medienunternehmen eher der Praxiserfahrungen wegen 264

eingesetzt.

7.5. Technik Die technischen Neuerungen haben bei der Nachrichtensammlung und -produktion die redaktionelle Arbeit erleichtert. Dies führte zu einer Änderung der Personalstruktur in der Nachrichtenproduktion. Die Entwicklung der Kommunikationstechnologie beeinflusst auch die Nachrichtenproduktion der Chosun Jlbo, die sich der neuen Technologie anzupassen versucht. Hier werden die technischen Möglichkeiten bei der Nachrichtenproduktion aber nur angerissen. 7.5.1. Von der Nachrichtensammlung bis zur Gestaltung

Seit 1992 wird das Zeitungsproduktionssystem Chosun Ilbo Hightech Online Realtime system with Unique publishing Software (CHORUS), das von der Chosun Ilbo entwickelt wurde, eingesetzt. Nach einigen Weiterentwicklungen dieses Systems arbeitet die Chsoun Ilbo seit 1999 mit der dritten Generation des Redaktionssystems, dem CHORUS 3.265 Mit Hilfe dieses Systems wurden der Prozess der Nachrichtenproduktion, des Artikelschreibens durch Online-Network, das Layout und der gleichzeitige Druck der Zeitung in verschiedenen Regionen, vereinheitlicht. Vor allem wird dadurch das Nachrichtenschreiben und die Gestaltung der Seite durch einen Redakteur ermöglicht. Für die Nachrichtensammlung werden die Reporter der Chosun Ilbo mit Notebook und Mobiltelefon ausgerüstet. Ihre Nachrichten können sie mit Hilfe des Handys übermitteln. Die herkömmlichen Übertragungsmethoden, die auf das Festnetz oder das Local Area Network (LAN) der Chosun Ilbo beschränkt waren, wurden mit dem neuen Transfersystem über das Mobiltelefon und Internet erweitert. Mit dem Einsatz von Digitalkameras Mitte der 1990er Jahre konnten Digitalfotos auch über die neuen Transferkanäle geschickt und im Computer rekonstruiert werden. Die Artikel, die von 264

So verbringen die Neulinge im Gesellschaftsressort zwei Monate ihrer Probezeit. Das Projekt CHORUS 3 wurde 1997 mit Hilfe des New Media Forschungsinstituts der Digital Chosun Ilbo entwickelt. Das dauerte bis 1999. 265

95

den Reportern im In- und Ausland zugeschickt werden, der Nachrichtenservice der Agenturen und die Börseninformationen werden dem Zentralrechner übermittelt, von wo sie auch wieder abgerufen werden können. Im Redaktionsbüro können alle Artikel, die im Host gespeichert sind, vom desk jederzeit abgerufen und kontrolliert werden, anschließend werden diese von den Redakteuren im Umbruchressort oder bei anderen Ressorts gestaltet und von den Redakteuren im Lektoratressort nochmals korrigiert. Durch das CHORUS 3-System werden die Nachteile des alten Systems CHORUS2 behoben. Mit dem vorherigen CHORUS 2-System konnten die Überschriften, Texte und Bilder nicht gleichzeitig vom Host übermittelt und bearbeitet werden. Auch war, wegen der komplizierten Befehle im unterstützenden Layoutsystem, die Hilfe eines Operators notwendig. Mit dem CHORUS 3-System sind die Überschriften und Bilder der gleichen Zeitungsseite bzw. des Bildschirms gestaltbar. Damit wird der zweigeteilte Prozess der Gestaltung durch Redakteur und Operator in einer Person zusammengefasst. So kann ein Reporter als „Allroundredakteur" nicht nur Nachrichten sammeln und Artikel schreiben, sondern auch die Seiten gestalten und Typen setzen: „The multi-task Chorus 3 computer program allows the reporter to gather the story, edit it, and write the article all at once. Editing and typesetting, traditionally two different tasks, are now done in one step. Thus, the breaking news story can be delivered more quickly and gives a greater feel of „being on the scence." The reporter at the Chorus 3 monitor can do the layout, write the copy, edit it and do the typesetting."266 Mit der Einführung dieses Systems haben die Aufgaben der Redakteure im Umbruchressort, im Kulturressort und im Ressort fur Sport & Leisure, die ihre Seiten selbst gestalten, zugenommen, während das Personal im technischen Bereich abgebaut wurde. Die Redakteure in den betreffenden Ressorts sind vor Einführung dieses Systems entsprechend geschult worden. Mit dem CHORUS 3-System werden die Nachrichten und Anzeigen online übermittelt, wodurch sich die Produktionszeit verkürzt. Mit Hilfe dieser technischen Möglichkeiten werden neben der Tageszeitung Chosun Ilbo auch die Tochterzeitungen,

266

96

Chosun Ilbo: Chosun, a.a.O., S. 40.

die Intemetzeitung, die Artikel-Foto-Datenbank, die Auslandsausgabe und die verkleinerte Ausgabe online hergestellt. Neben der Einführung des CHORUS 3-Systems entwickelte die Chosun Ilbo ab 1998 neue Schriftarten. Bis dahin wurde die Chosun Ilbo vertikal geschrieben. Für das neue Layout mit horizontaler Ausrichtung wurden neue Schriftarten benötigt. 267 Die neuen Schriftarten sollten bestimmte Probleme in der Schreibweise beheben. So soll zum Beispiel die Kombination verschiedener Schriften (Koreanisch, Englisch, Chinesisch) sowie der Zahlen und Zeichen harmonisch aussehen. Insgesamt wurden 65.000 benötigt, 17.000 fur das Koreanische, 38.000 für das Chinesische und 18.000 für das Englische, hinzu kamen Zahlen und Zeichen, die im Computer gezeichnet werden mussten. 268 Die Entwicklung der Schriftarten und des neuen Layouts sowie die Einführung des neuen CHORUS 3-Systems bedeutete für die Chosun Ilbo den Eintritt in ein neues Zeitalter der Nachrichtenproduktion.

7.5.2. Produktion

Die Daten einer gesamten Zeitungsseite, wie sie im Zentral-Computer gespeichert sind, werden als sogenannte 'images' per Satellit in alle Regionen geschickt. Diese 'images', als Film gedruckt, sind dann Vorlage der Offset-Rotationsmaschine, die für den Druck eines Exemplars der Zeitung nur 0,05 Sekunden braucht. 18 OffsetRotationsmaschinen drucken 1,26 Millionen Zeitungsexemplare pro Stunde. Die zentrale Druckerei befindet sich im Untergeschoss des Zentralredaktionsgebäudes in Seoul. In verschiedenen Regionen gibt es ebenfalls Druckereibetriebe der Chosun

Ilbo.

Hinzu kommen noch Druckereien, die Aufträge der Chosun Ilbo ausführen. Der rasche Produktionsprozess sichert die zeitgleiche Verbreitung der Chosun

Ilbo.

267 Die Zeitung Hangyre Shinmun erscheint seit 1988 in horizontaler Schreibweise, wie die UniZeitungen, was damals ein sensationelles Ereignis war, da alle Tageszeitungen bis dahin vertikal geschrieben wurden, obwohl die vertikale Schreibweise nur noch in den Zeitungen oder in alten Büchern zu sehen war. Weitere Tageszeitungen folgten der neuen Schreibweise. Die Chosun Ilbo führte dies erst später ein. 268 An der Entwicklung der Schriftzeichen beteiligten sich etwa 30 Experten. Sie dauerte eineinhalb Jahre. Quelle: Chosun Ilbo.

97

7.6. Personal

Die Organisation des Verlags der Chosun Ilbo gliedert sich in drei Gruppen von Personal, unbefristete, befristete und externe Angestellte. Zu den befristeten und unbefristeten Angestellten zählen die Redakteure, die foya-Gruppe, administrative und technische Angestellte. Die feya-Gruppe spielt im Verlag der Chosun Ilbo eine zentrale Rolle. Die administrativen und technischen Angestellten stehen nicht direkt mit der redaktionellen Tätigkeit in Verbindung, sondern unterstützen organisatorisch die journalistische Arbeit. Hinzu kommen externe Angestellte für den Einsatz in bestimmten Bereichen. Alle Angestellten der Chosun Ilbo erhalten die gleichen Sozialleistungen. Die ÄT/'a-Gruppe unterscheidet sich von den anderen Gruppen in der Beschäftigung und Bezahlung. Da die redaktionelle Arbeit der Schwerpunkt dieser Arbeit ist, wird die feya-Gruppe eigens behandelt.

7.6.1. Einstellung eines kijas als Redakteur bei der Chosun Ilbo

Bei der Chosun Ilbo werden neue Redakteure, wie bei den meisten anderen koreanischen Zeitungen auch, nach einem formalen Einstellungsverfahren269 und nach Auswertung der Bewerbungsunterlagen sowie aufgrund schriftlicher und mündlicher Tests eingestellt. Die Bewerber müssen die formalen Voraussetzungen erfüllen: ein abgeschlossenes Universitätsstudium oder der voraussichtliche Hochschulabschluss im Einstellungsjahr, Männer dürfen nicht älter als 29 und Frauen nicht älter als 26 Jahre alt sein.270 Nach Überprüfung der Bewerbungsunterlagen271 werden die ausgewählten Bewerber eingeladen, am schriftlichen Einstellungstest teilzunehmen. Dabei werden auch die Englisch-, Koreanisch- und Chinesisch-Kenntnisse geprüft. Die Bewerber, die die Aufnahmeprüfung bestanden haben, müssen einen Artikel schreiben. Mit Bewerbern, die in die nähere Auswahl kommen, findet noch ein Gespräch mit dem Vorsitzenden der Chosun Ilbo, dem Präsidenten, einem Geschäftsführer und den 269

Der Einstellimgstermin liegt meistens im Oktober. Dies ist aber nicht zwingend vorgeschrieben. In manchen Jahren gibt es keinen Einstellungstermin. 270 In Korea sind die Männer verpflichtet, drei Jahre Wehrdienst zu leisten, daher sind die Altersvoraussetzungen bei den Geschlechtern unterschiedlich. 271 Die Kriterien für die Bewertung der Bewerbungsunterlagen und zur Einladung zum schriftlichen Einstellungstest sind die Aktivitäten in der Studienzeit, Studienfächer und Zeugnisse. Diese werden nach den Universitäten, Regionen und Studienjahrgängen bewertet.

98

Chefredakteuren der Leitartikelredaktion und der Nachrichtenredaktion statt. Bei diesem Gespräch spielt die Note der Bewerber nur noch eine untergeordnete Rolle. Überwiegend geht es um den Eindruck, die Persönlichkeit des Bewerbers in Übereinstimmung mit dem Selbstverständnis der Chosun Ilbo. Am Ende bleiben etwa zehn Bewerber als 'künftige' Redakteure übrig, die susup-kija, die einen Vertrag erhalten.

7.6.2. Profil der Chosun //60-Redakteure Die Neueinsteiger, susup-kija, werden in die Organisation des Verlags eingeführt und den Mitarbeitern vorgestellt. Danach werden sie in einer sechsmonatigen Ausbildung in den verschiedenen Ressorts im Redaktionsbüro eingesetzt, um zu Redakteuren ausgebildet und in die praktischen redaktionellen Tätigkeiten eingearbeitet zu werden, also „learning by doing" oder „training on the job". Sie werden überwiegend im Gesellschaftsressort, Auslandsressort und Umbruchressort für jeweils zwei Monate ausgebildet und eingesetzt, eventuell aber auch im Fotoressort oder anderen Ressorts. Der Einsatz der susup-kija im Gesellschaftsressort wird als wichtig angesehen. Redakteure, die nicht über das formelle Einstellungsprogramm, sondern direkt eingestellt werden, haben keine Probezeit, sondern werden unmittelbar in einem Ressort eingesetzt und eingearbeitet. Daher gibt es unter den neu eingestellten Redakteuren kein Gemeinsamkeitsgefuhl, das früher stark ausgeprägt war. Die Chosun Ilbo zielt durch die neue Personalpolitik auf eine Spezialisierung der Redakteure. Danach wird die Ausbildung der Redakteure in die Orientierungs-, Erfahrungs- und Spezialisierungsphase aufgeteilt. In der Orientierungsphase ist der Redakteur drei bis fünf Jahre in verschiedenen Ressorts tätig, in der Erfahrungsphase acht bis zehn Jahre in einem Ressort nach seinem Wunsch oder nach Bedarf des Verlags und in der Spezialisierungsphase als Fachredakteur, desk oder fur die Geschäftsleitung. 272 In der Chosun Ilbo waren zum Zeitpunkt der Beobachtung nur vier Fachredakteure im Bereich Wirtschaft, Medizin, Umwelt und Ernährung tätig. Zwei von ihnen wurden als externe erfahrene Experten eingestellt, 273 die beiden anderen als interne Fachredakteure, wie der Chefredakteur der Nachrichtenredaktion, Herr Yang, sagt: „Nach

272 273

Vgl. Su-Jeong Oh: Die koreanischen Fachjournalisten. Seoul 2000, S. 64f. 6 Fachjournalisten wurden bei Chosun Ilbo eingestellt, vier von ihnen haben sie wieder verlassen.

99

der Planung der Chosun Ilbo sollen mindestens die Hälfte der Redakteure als Fachredakteure ausgebildet sein." „Aber dieses System ist noch nicht etabliert", wie ein Mitarbeiter, Herr Cho von der Personalabteilung, bemerkte. Darüber hinaus sind noch Ausbildungsprogramme für die Redakteure und Mitarbeiter im In- und Ausland vorgesehen. Für die Ausbildung im Ausland werden etwa zehn Personen und im Inland eine bis zwei ausgewählt. Hinzu kommen für alle Chosun //öo-Angestellten ein- bis zwei externe Fortbildungen im Zusammenhang mit ihren Tätigkeiten. Bei der Chosun Ilbo waren im Jahr 2000 insgesamt 321 Redakteure tätig. Ihr Durchschnittsalter beträgt 37,8 Jahre, mehr als die Hälfte sind 30-jährige. Alle Redakteure haben einen Universitätsabschluss: 77 Prozent B.A. (Bachelor of Art), 22 Prozent Magister/Diplom und ein Prozent Promotion. Rund 15 Prozent der Redakteure arbeiten in Führungspositionen, die übrigen sind einfache Redakteure.

7.6.3. Kompetenzverteilung innerhalb der Redaktion

Innerhalb der Redaktion wird auf der Personalebene nach den Aufgaben und den Funktionen der Redakteure unterschieden. Die Struktur der Hierarchie als Rangordnung in der Redaktion und innerhalb des Verlags ist sowohl formell als auch funktionell festgelegt. Durch die formelle Hierarchie werden die Position und das Einkommen des Mitarbeiters der Chosun Ilbo festgelegt, während die funktionelle Hierarchie mit den Aufgaben und Zuständigkeiten der redaktionellen Arbeit innerhalb eines Ressorts zu tun hat.

7.6.3.1. Formelle Hierarchie Wie Abbildung 4 zeigt, gibt es verschiedene Stufen der formellen Hierarchie. Diese zeigen sich darin, wie lange etwa die Redakteure bei der Chosun Ilbo gearbeitet haben und wer wem Anweisungen erteilten darf. Dies trifft es aber noch nicht genau, da es innerhalb eines Ressorts wieder eine ressortspezifische Aufgabenverteilung oder andere organisatorische Strukturen gibt. So ist zum Beispiel in einigen Ressorts das Teamsystem etabliert. Bei der Chosun Ilbo, wie bei anderen Industrieunternehmen auch, werden die Titel der Redakteure zu ihren Namen als Anrede gehängt. Wie alt

100

sie sind, spielt keine Rolle, jeder wird gleich behandelt, was in Korea nicht selbstverständlich ist. 274 Nach der formellen Hierarchie werden die Redakteure in „einfache" und „leitende" Redakteure eingeteilt. Auf der untersten Stufen der Hierarchie stehen die „einfachen Redakteure" pyongkija, als susupkija

die man nach der halbjährlichen Ausbildungs- und Probezeit

(Neueinsteiger) bezeichnet. Zum Teamleiter kann man als einfacher

Redakteur oder als führender Redakteur bestimmt werden. Dieser Titel ist nicht offiziell vom Verlag aus festgelegt, sondern wird vom jeweiligen Ressort vergeben. Zu den führenden Redakteuren zählen die stellvertretenden Ressortleiter

(chajang).

Die leitenden Redakteure haben in der Regel mehr als zehn Jahre Berufserfahrung. Der Ressortleiter bujang führt ein Ressort mit Unterstützung seines Stellvertreters chajangs.

Es gibt auch Fälle, in denen mehrere bujangs in einem Ressort arbeiten,

z.B. im Gesellschaftsressort oder Umbruchressort. Aber nur einen von ihnen bezeichnet man als Ressortleiter. Die leitenden Redakteure tragen die Verantwortung auf der Ebene ihres Ressorts. Die stellvertretenden Chefredakteure, die schon in verschiedenen Ressorts als Ressortleiter tätig waren, haben die Möglichkeit, Chefredakteur zu werden. Auf oberster Stufe steht der Chefredakteur (pyunjip)-kukjang, Verantwortung für die gesamte Nachrichtenredaktion trägt.

der auch die

275

7.6.3.2. Funktionelle Hierarchie Da es eine Trennung zwischen dem Nachrichtenteil und dem kommentierenden Teil bei der Chosun Ilbo gibt, besteht auch eine eigene Verantwortungshierarchie bei den Mitarbeitern im Kolumnistenbüro (Editorial Staff Office). Die Mitarbeiter haben in der Regel eine Laufbahn als Redakteur in der Nachrichtenredaktion absolviert und sind als Mitglied des Leitartikelkomitees und als Kolumnist auf der gleichen Hierarchiestufe tätig. Ein Kolumnist, der als nonsolkomun

bezeichnet wird, hat seit 30 Jah-

ren seinen eigenen Zuständigkeitsbereich, der nichts mit dem täglichen Leitartikel zu tun hat. Der Chefredakteur ,jupil",

leitet das Büro, legt mit seinen Mitarbeitern die

274

In der koreanischen Gesellschaft wird das Alter der Menschen gewürdigt. So sollen die jüngeren die älteren, wie auch die Fremden, immer in Höflichkeitsform anreden. Dies ist hier nicht der Fall. 275 Der Chefredakteur und seine Stellvertreter sind bei der Chosun Ilbo im allgemeinen schon länger als 20 Jahre tätig, ζ. B. der Chefredakteur kukjang, der in verschiedenen Ressorts, wie dem Gesellschafts-, Politik- und Auslandsressort gearbeitet hat und als Ausländskorrespondent tätig war, ist seit 1973 bei der Chosun Ilbo.

101

Richtung fest und trägt dafür die Verantwortung.276 Die funktionelle Hierarchie bezieht sich auf die tatsächliche Rolle der Redakteure bei der Nachrichtenproduktion innerhalb des jeweiligen Ressorts. Folglich sind die Redakteure nach ihren Funktionen gegliedert. In der Chosun //6o-Redaktion werden die Redakteure, ihren Aufgaben entsprechend, grob in zwei Gruppen eingeteilt. Das Verhältnis der Redakteure untereinander kann man als kooperativ bezeichnen. Die Aufteilung ist mit der amerikanischen Rollenaufteilung der Redakteure vergleichbar: 'reporter', „der Informationen sammelt und einen ersten Bericht anfertigt", und 'editor', „der diese Berichte auf Stimmigkeit, Sorgfalt und Ausgewogenheit überprüft und gegebenenfalls umschreibt"277. Auf der untersten Stufe der funktionellen Hierarchie stehen die einfachen Redakteure, die als Nachrichtensammler und Nachrichtenschreiber ihre Funktion in einem Ressort wahrnehmen. Auf den oberen Stufen stehen die ifesA>Redakteure, die viel Erfahrung besitzen und lange Jahre als Nachrichtenschreiber tätig waren. Ihre Funktion besteht darin, die Artikel der einfachen Redakteure zu überprüfen und, falls notwendig, ihnen mit Rat und Tat zur Seite zu stehen, gelegentlich auch Anweisungen zu erteilen. Da der überwiegende Teil der einfachen Redakteure im Außendienst tätig ist, vor allem in den tagesaktuellen Ressorts, kümmern sich die ifesk-Redakteure um die rechtzeitige Abgabe der Artikel und die reibungslose Nachrichtenverarbeitung.

276

Der Chefredakteur jupil war schon als Chefredakteur in der Nachrichtenredaktion tätig. Wolfgang Donsbach: Journalist. In: Elisabeth Noelle-Neumann/Winfried Schulz/Jürgen Wilke (Hrsg.): Fischer Lexikon Publizistik/ Massenkommunikation. 3.Aufl. Frankfurt/Main 1994, S. 66. 277

102

Abbildung 4: Hierarchieverhältnisse der Chosun Formelle Hierarchie Nachrichtenredaktion

Ilbo

Funktionelle Hierarchie Kolumnistenbiiro

Innerhalb

eines

Ressorts

103

7.6.4. Angestellte im Redaktionsbüro

Außer den Redakteuren gibt es eine Gruppe von Angestellten, die sam^-Angestellten, die zum administrativen Personal zählen und im Redaktionsbüro tätig sind. Die samuAngestellten sind überwiegend Frauen und als Vollzeitarbeitkräfte in der Regel von 9 Uhr bis 18 Uhr, bis zur Veröffentlichung der Ausgabe '10 pan', anwesend. Im allgemeinen sind, außer im Informations- und Archiv-Ressort, ein bis zwei samus in den Ressorts mit Verwaltung, Finanzen und Bürotätigkeit befasst. Je nach Ressort sind ihre Aufgaben sehr unterschiedlich, wie zum Beispiel im Kulturressort das Fernsehprogramm und im Wirtschaftsressort die Börsentabellen zu erstellen oder kleine Meldungen zu schreiben oder im Informations- und Archiv-Ressort die Datenbanken mit aufzubauen. Neben den samu-Angestellten

sind noch zwei Sekretärinnen, eine für

den Chefredakteur kukjang in der Nachrichtenredaktion und eine bei den Kolumnisten, tätig.

7.7. Gehälter und Sozialleistungen

Da die Tarifpolitik in der koreanischen Presselandschaft nicht homogen ist, gibt es keine berufsspezifisch geschützten Tarifverträge wie in Deutschland, die sogenannten Manteltarifverträge für Redakteure und Redakteurinnen bei Tageszeitungen. 278 Vielmehr werden Tarifverhandlungen auf Verlagsebene zwischen der Gewerkschaft und dem Unternehmen geführt. Der „Verband der nationalen Journalistengewerkschaften" nimmt auf die Tarifverhandlung der einzelnen Zeitungsunternehmen keinen Einfluss. Vor diesem Hintergrund hat der Zeitungsverlag der Chosun Ilbo auch ein eigenes Tarifsystem. Dieses Tarifsystem gilt für alle Festangestellten, Redakteure der kijaGruppe und andere Angestellten in der Verwaltung und Produktion. Das monatliche Gehalt der Mitarbeiter setzt sich aus dem Grundgehalt, der Zulage und den Fahrtkosten zusammen. Zum Grundgehalt gehören das feste Gehalt und pauschale Überstundenzulagen. Die Zulagen, die die Gehaltsunterschiede ausmachen, setzen sich aus zwei Komponenten zusammen, der Tätigkeitszulage nach der Arbeitsintensität im Ressort und der Positionszulage nach dem Titel. Zum Beispiel bekommen die Redak-

278

Frank Esser, a.a.O., S. 249.

104

teure im Gesellschaftsressort ein höheres Gehalt als die in den anderen Ressorts, wegen der harten Arbeitsbedingungen. Das durchschnittliche Jahresgehalt der Redakteure bei der Chosun Ilbo lag im Jahr 2000 bei etwa 100.000 DM. Die befristeten Mitarbeiter werden nach der jährlichen Tarifverhandlung unter Berücksichtigung der Erfahrung, Leistung und durch den Vergleich mit anderen Unternehmen individuell bezahlt. Die externen Mitarbeiter werden nach einem ausgehandelten Vertrag mit deren Firmen und der Chosun Ilbo oder von deren Firmen direkt bezahlt. Neben dem Gehalt stehen allen Chosun //£>o-Angestellten die gleichen Sozialleistungen und betrieblichen Leistungen zu, wie zum Beispiel Kredite für Wohnung, finanzielle Unterstützung für die Ausbildung der Kinder, vom Kindergarten bis zum Studium, Krankenversicherung einschließlich der regelmäßigen Untersuchungen des Partners, Alters- und Unfallversicherung. Den Redakteuren werden Kreditkarten ausgegeben, um entstehende Kosten bei der Nachrichtenbeschaffung zu decken, insbesondere bei der Kontaktaufhahme mit Informanten. Wegen möglicher Einladungen von Seiten der Informanten bestehe die Gefahr, die Objektivität der Berichterstattung zu verlieren. Damit haben einige Zeitungen auf das Infragestellen der Berufsethik ihrer Journalisten reagiert.

8. Arbeitsabläufe und Nachrichtenverarbeitung Nach der Beschreibung der Rahmenbedingungen und der Struktur der Chosun Ilbo werden in diesem Kapitel die eigentlichen Arbeitsabläufe, die redaktionellen Entscheidungsprozesse und die Nachrichtenwege in der untersuchten Redaktion beschrieben. Dabei handelt es sich um eine Auswahl und ein näheres Eingehen auf Nachrichten in Bezug auf schon behandelte Arbeitsbereiche der Redaktion. Begonnen wird mit der Nachrichtensammlung im Außendienst, dem sich die Verarbeitung der gesammelten Nachrichten im Innendienst anschließt. Geschlossen wird das Kapitel mit den Rückmeldungen von innen und außen nach der Veröffentlichung in der Chosun Ilbo.

105

8.1. Allgemeine Abläufe der Nachrichtenproduktion Der allgemeine Beginn für die Redaktionsarbeit ist gegen 9 Uhr. Einige fangen früher an, um die wichtigen Themen vorzubereiten. Gegen 10 Uhr gibt es die erste Redaktionskonferenz mit dem Redaktionsleiter, seinen Stellvertretern und allen Ressortleitern, um die anstehenden Themen vorzustellen und durch Diskussion über die Platzierung der Berichte zu entscheiden. Die jeweiligen Nachrichtenthemen werden dann vom zuständigen Ressortleiter auf seine Redaktionsmitarbeiter verteilt. Um 14 Uhr versammeln sich die leitenden Redaktionsmitglieder wieder für eine zweite Redaktionskonferenz, um den Zwischenablauf zu überprüfen. Gegen 16 Uhr gibt es eine dritte Redaktionskonferenz, die letzte vor der Veröffentlichung der Zeitung. Um 17 Uhr ist Deadline. Die Artikel müssen bis dahin von den Reportern zugeschickt und geprüft worden sein. Kurz nach 18 Uhr liegt der erste Zeitungsausdruck279 in den Händen der Redaktionsmitarbeiter. Nach der ersten Veröffentlichung schließt sich eine vierte Redaktionskonferenz über die Bewertung der Zeitungsinhalte an. Übrig bleiben die Redakteure der Nachtschicht für neue Meldungen, Ergänzungen und Änderungen. Insgesamt wird die tägliche Zeitungsausgabe sieben- bis achtmal geändert und es werden genauso viele Deadlines gesetzt. Die fünfte Ausgabe, die man auch '42 pan' bezeichnet, hat eine Auflagenstärke von 1,5 bis 2 Millionen und wird zeitgleich in den großen und mittelgroßen Städten Koreas verbreitet. Nach weiteren Änderungen steht die letzte Ausgabe zum Vertrieb in der Innenstadt Seoul bereit. Die Deadline fur diese Cityausgabe läuft um 3.30 Uhr ab. Die endgültige Zeitung wird mit den regionalen Seiten, die für die jeweiligen Regionen unterschiedlich sind, gegen 3.40 Uhr angereichert. Die Auslandsmeldungen gehen rund um die Uhr ein.

279

Die erste Ausgabe der Chosun Ilbo wird, wie bei den anderen überregionalen Zeitungen in Seoul, schon am Abend in geringer Anzahl gedruckt und auch in der Innenstadt verkauft. Diese Ausgabe heißt kapan oder '10 pan', die folgenden werden als 20,40, 41, 42, 43, 44 und 45 pan bezeichnet.

106

Abbildung 5: Zeitliche Abläufe der Nachrichtenproduktion

gegen 9:00

17:00



18:00 |

·

I

j (10 pan) !

1 | 67 A Ι I (43,44 p.) I

Γ 71 I (41 p.) I

t | Letzte A. uj | (45 pan)

3:40

Deadline f. Innenstadt

3:30

I S.A. | J (42 pan) j

2:30"

(20p.) I

1

^ Λ | |

18:50

3A | (40 pan) j

22:00

1 Beginn d. Nachtschicht 20:00

Legende: A. = Ausgabe, R.K. = Redaktionskonferenz Die oben genannten Zeiten können kleinen Abweichungen unterliegen, da sich die Abläufe der Redaktion je nach Situation verschieben können. - 2. A. (20 pan): die zweite Ausgabe wird für die Südwestregion herausgegeben. - 5. A. (42 pan): Diese Ausgabe, die Stadtausgabe, wird zeitgleich in allen Groß- und mittelgroßen Städten verbreitet

8.2. Nachrichtensammlung: Außendienst

Bei der Nachrichtensammlung werden die außendienstlichen Tätigkeiten der Reporter dargestellt. Da die Chosun Ilbo-Reporter sowohl im Presseclub als auch an Ort und Stelle, „wo etwas geschieht", aktuelle Nachrichten sammeln, werden hier unterschiedliche Wege der Nachrichtensammlung der Reporter, die die Verfasserin an einigen Stellen besucht und beobachtet hat, vorgestellt. Dazu zählen unter anderem der Presseclub, wirtschaftliche und politische Institutionen, ein Internetanbieter, ein Baseballstadion sowie eine Demonstration.

107

8.2.1. kijadan im Presseclub: Wirtschaftliche Meldungen

Der Presseclubreporter bei der koreanischen Zentralbank hankuk

fängt gegen halb

zehn Uhr an zu arbeiten und kommt direkt von zu Hause in den Presseclub. Die Aufgabe des Reporters besteht darin, die Pressemitteilungen der Institutionen seines Fachgebiets zu sammeln und Nachrichtenmaterial über aktuelle Themen zusammenzustellen. Im allgemeinen sammelt er vormittags Informationsmaterial, Pressemitteilungen von den Finanzinstituten und Hausmitteilungen der Zentralbank, überprüft sie und schickt sie gebündelt an die Redaktion. Die koreanische Zentralbank bietet regelmäßig Pressemitteilungen und Pressekonferenzen an, zu denen sie die Presseclubreporter einlädt. Wenn die Pressemittelungen nicht verständlich genug sind, werden auf Rückfragen auch noch zusätzliche Informationen angeboten. In dem Presseclub der Zentralbank finden nicht nur die Pressekonferenzen der Zentralbank statt, sondern auch solche von anderen Finanzinstituten, da es bei den meisten Banken keinen Presseclub gibt. Neben den offiziellen Pressemittelungen informiert sich der Reporter über die Situation der Finanzmärkte, bei den dafür zuständigen Personen oder Institutionen. Grundlage für die Berichte der Reporter sind diese Nachrichten, die als 'straight' für Tatsachenberichte bzw. als ' b o x ' für die interpretierenden Nachrichten bezeichnet werden. Die Verwendung der Pressemitteilungen von Institutionen ist für die Beiträge der Reporter des Presseclubs außerordentlich wichtig. Der Pressesprecher der Zentralbank hankuk, Herr Yun, sagte dazu:

„Man schätzt, dass ungefähr 70 bis 80 Prozent der Inhalte der Beiträge der Reporter im Presseclub auf Pressemitteilungen basieren. Es gibt Zeiten, in denen wir nicht so viele Pressemittelungen herausgeben. Dann haben die Reporter wegen mangelnder Informationen Schwierigkeiten, Artikel zu schreiben. In diesen Fällen bohren die Reporter manchmal noch mehr."

Die Entscheidung, worüber der Reporter schreiben soll, fallt, nach ausgiebiger Diskussion mit dem desk, in der Redaktion. Der Reporter unterrichtet den desk über die Situation der Finanzmärkte und die Schwierigkeiten, Informationen zu erhalten. Sollte sich ein Ereignis mit anderen Fachgebieten überschneiden, arbeiten die Reporter verschiedener Teams zusammen. In solchen Fällen koordiniert der desk die Zusam-

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menarbeit. Der Reporter schreibt also die Beiträge allein oder, wie in den oben genannten Fällen, mit anderen Reportern zusammen. Der Reporter schreibt seine Morgenberichte und Beiträge auf dem Notebook und sendet sie an die Redaktion. Dort sind sie für den desk abrufbar. Der Reporter der Chosun Ilbo unterhielt sich mit den Reportern der anderen Zeitungen über die aktuellen Nachrichten und tauschte Meinungen aus. Aus Konkurrenzgründen werden wichtige Informationen aber nicht weitergegeben, sondern nur der eigenen Zeitung mitgeteilt. Wenn der Reporter bis zur Deadline seine Beiträge geschrieben hat, hat er seine eigentliche Aufgabe erfüllt. Obwohl es als Vorteil für die Reporter erscheint, durch regelmäßige Pressemitteilungen und die Teilnahme an Pressekonferenzen anderer Finanzinstitutionen und der Zentralbank zu Informationen zu gelangen, kann dies auch von Nachteil sein. Weil die Reporter der Internetzeitungen ihre Nachrichten direkt sammeln und diese in Realtime senden, sind die Nachrichten der Offline-Zeitungen dann nicht mehr aktuell wegen der verspäteten Berichterstattung. Vor allem geht aber durch die EmbargoAbsprachen der Reportergruppe die Aktualität der Nachrichten verloren. Dies hat sich als ein Problem bei der Nachrichtensammlung im Presseclubsystem erwiesen.

8.2.2. Im Parlament: Politische Meldungen

Obwohl es im Parlament ein kijashil gibt, gibt es keinen organisierten Presseclub der Reporter, außer bei den Fotoreportern. Elf Reporter der Chosun Ilbo sind für die Nachrichten des Parlaments und der Parteien verantwortlich. Da sie ihre Zuständigkeiten nach parlamentarischen und parteilichen Angelegenheiten aufgeteilt haben,versuchen sie bis zur Deadline, ca. 16.30 Uhr, ihre Beiträge fertig zu machen. Neben dem festgelegten kijashil sind die Reporter auch aus anderen Büros präsent. Die Nachrichten und Informationen der Agenturen sind im Parlamentscomputer abrufbar. Es werden täglich fünf bis sechs Pressemitteilungen vom Parlament herausgegeben. Die meisten kommen von den Parteien, nur drei Pressemitteilungen pro Woche stammen von der parlamentarischen Informationsabteilung selbst. Diese haben oft keinen großen Informationswert, sondern sind oft nur Ankündigungen von Parlamentsveranstaltungen.

109

Bei der Nachrichtensammlung im Parlament ist es wichtig, die Parlamentssitzungen zu besuchen, da Gesetzesänderungen vom Parlament verabschiedet und Konflikte zwischen der Regierungspartei und den Oppositionsparteien dort ausgetragen werden. Wegen der häufigen Verlegung der parlamentarischen Termine, versuchen die Reporter bis zur Deadline von möglichst vielen Politikern Informationen über die anstehenden Parlamentsentscheidungen zu bekommen. Am Beobachtungstag war beispielsweise die angekündigte parlamentarische Verhandlung, die am Mittag stattfinden sollte, zum dritten Mal verschoben worden. Wegen der Verspätung verfolgten die Reporter diese im Fernsehen, was vom kijashil möglich ist, da live vom Parlamentssaal aus übertragen wird. Dabei versucht ein Reporter die Stimmung der Veranstaltung den nicht anwesenden Reportern zu vermitteln. In solchen Fällen steht der Reporter in ständigem Telefonkontakt mit dem desk, um ihm die aktuelle Situation zu schildern und den 'straight'-Artikel (Tatsachenbericht) schicken zu können. Nach dem Schreiben treffen sich die Reporter noch mit einigen Politikern, um Kontakte zu pflegen.

8.2.3. Bereitschaftsteam: Gesellschaftliche Meldungen

Für die Reporter des 'Bereitschaftsteams' gibt es keinen umgrenzten Tätigkeitsbereich, obwohl jedem Reporter ein Bezirk mit Polizeirevier zugeteilt ist. Die jungen Reporter dieses Teams, als „Polizeireporter" bezeichnet, werden unter Leitung eines erfahrenen Reporters, „Polizeikap", an die jeweiligen Einsatzorte geschickt. Die Neulinge werden in ihrer Probezeit in einem Bereitschaftsteam zwei Monate lang als Polizeireporter auf ihre „Belastbarkeit" getestet. Ihnen soll so gezeigt werden, wie hart der Beruf des Reporters ist, und womit sie es zu tun haben. Im Folgenden soll der Alltag eines Neulings, susupkija, der gerade zwei Monate bei der Chosun Ilbo tätig ist und der die Demonstranten am Hauptbahnhof von Seoul beobachten sollte, gezeigt werden. Von dieser Demonstration wurde erwartet, dass es eine große Auseinandersetzung mit der Polizei geben würde. Über die Zahl der voraussichtlichen Teilnehmer hatte sich der Reporter bereits im Vorfeld informiert und erwartete Schlimmes, über das er schreiben müsste. In der überwiegenden Zeit folgte er der Demonstration als „er-

110

schöpfter Beobachter" mit dem Notebook. Hin und wieder fragte er die Polizisten nach ihrer Einschätzung, wie viele Demonstranten versammelt seien, und telefonierte unentwegt mit dem „Polizeikap" der Redaktion, um ihm die aktuelle Situation zu schildern und um weitere Anweisungen von ihm zu bekommen. Die Probezeit ist für die Neulinge eine anstrengende Zeit, besonders als Polizeireporter im Gesellschaftsressort. Übernachtungen im Polizeirevier sind üblich, Feierabend ist nur einmal pro Woche vorgesehen und dieser ist auch nicht sicher, wie ein Neuling schildert: „Ich habe überhaupt keine Zeit, zu schlafen, mich zu duschen... Wenn ich überhaupt Zeit habe, dann schlafe ich... Nur zwei oder drei Stunden konnte ich bei der Polizei schlafen. Für meine Vorgänger gibt es komfortable Übernachtungsmöglichkeiten bei der Polizei, aber für uns Neulinge ist es schlimm. Wir übernachten alle in einem Raum, Reporter unterschiedlicher Medienunternehmen, zusammen, egal ob weiblich oder männlich... Das ist kein Leben."

Beobachten und warten ist die alltägliche Arbeit der Neulinge im Außendienst. Dies gehört zur journalistischen Praxis. „Schlimmer noch ist, wenn ich mich langweile, weil nichts passiert. Häufig sitze ich 7 bis 8 Stunden und beobachte und warte, bis was passiert... Zum Beispiel habe ich etwa 8 Stunden lang in einer Ecke gewartet, als die Ärzte streikten und die Patienten nicht behandelten, bis etwas passierte, wenn nicht, dann hätte ich am nächsten Tag wieder von 8 Uhr bis 2 Uhr nachts gewartet. 'Passiert' etwas, dann heißt das, dass jemand sterben muss, damit die Reporter etwas zu schreiben haben. Es ist wirklich unmenschlich, aber so ist es..."

Bei der Polizei zeigte der Reporter seinen Ausweis, fragte, ob es etwas Neues gibt und bat um die Polizeiberichte, in denen die Ereignisse protokolliert werden. Die Reporter sind darauf erpicht, wichtige Nachrichten nicht zu verpassen. „Manchmal finde ich es unangenehm, wenn ich zu den älteren Polizisten, die älter als mein Vater sind, unhöflich sein muss, andernfalls kriege ich Ärger mit meinem Teamleiter... Innerhalb der Redaktion sprechen sich alle ohne höfliche Anrede an, irgendwie komisch."

Die Berichte der Neulinge werden von ihren Vorgängern kontrolliert und redigiert. Je nachdem, wie der Neuling seinen Artikel geschrieben hat, bekommt er eine Menge 111

Ärger. Durch diese Maßnahmen lernen die Neulinge, wie bei der Chosun Ilbo Artikel zu schreiben sind.

„Wenn ich meinen Bericht am nächsten Tag wieder lese, frage ich mich, ob ich ihn geschrieben habe, ich bin froh, wenn der redigierte Artikel noch etwas Ähnlichkeit mit meiner Originalversion aufweist."

Für jeden Reporter ist die Probezeit im Gesellschaftsressort, die Erfahrung als Polizeireporter, ein besonderes Erlebnis, das man schnell hinter sich bringen möchte.

„Manchmal überlege ich, warum ich Reporter geworden bin..., trotzdem bin ich froh, dass ich die Sache hinter mich gebracht habe. Heute ist der letzte Tag im Gesellschaftsressort, ab morgen werden ich im Auslandsressort arbeiten."

8.2.4. Intemetanbieter: IT-Meldungen

Bei der Nachrichtensammlung haben die Reporter vom ITchosun-Team Schwierigkeiten, gezielt auf die verstreuten Informationen ihres Bereiches zuzugreifen. Daher versuchen die Reporter möglichst viele Unternehmen persönlich zu besuchen. Die Reporter nutzen wegen der Vielzahl an neuen Unternehmen deren Hausmitteilungen oder Informationen, in denen diese selbst über bestimmte Dinge berichten. Während der Beobachtung der Nachrichtensammlung eines IT-Teamreporters hat die Verfasserin eine Gelegenheit genutzt, um den Internetanbieter CASTservice zu besuchen. Dieses Unternehmen offeriert nicht nur Internetprogramme, sondern sammelt auch selbst Nachrichten über andere Internetanbieter. Diese Informationen werden dann wiederum den klassischen Medien angeboten. Der Reporter, der fur diesen Bereich zuständig ist, fragt telefonisch nach Neuigkeiten und fahrt kurz bei diesem Unternehmen vorbei, um Informationsmaterial zu erhalten. Anschließend geht er zum nächsten Unternehmen. Es ist wichtig, gute Kontakte zu vielen Unternehmen zu haben und diese zu pflegen.

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8.2.5. Baseballstadion: Sportmeldungen

Für viele Sportreporter fängt der Arbeitstag erst am Abend an wegen des späten Spielbeginns. Die Baseballspiele finden in der Regel in vier Regionen von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr zeitgleich statt. Aber außer bei wichtigen Spielen, werden aufgrund von Personalmangel vom Sportressort der Chosun Ilbo nur ein bis zwei Reporter ins Baseballstadion von Seoul entsandt. Wenn in anderen Regionen wichtige Spiele stattfinden, müssen die Reporter dorthin fahren, um über die Spiele berichten zu können. Die Reporter der allgemeinen Tageszeitungen sind für zwei oder drei Sportarten zuständig, während bei den Sportzeitungen mindestens zwei Reporter für ein Team zuständig sind. So ist es für die allgemeinen Tageszeitungen nicht möglich, alle Sportveranstaltungen zu besuchen. Baseball ist eine der populärsten Sportarten in Korea, daher stehen die Zeitungen hier in der Pflicht. Der beobachtete Reporter, Herr Ahn, erwartete nicht viel von dem Spiel, da die zweitbeste Mannschaft gegen die schwächste spielte und man das Ergebnis vorhersehen konnte, es sei denn, es gebe eine Überraschung. Der Reporter „schnuppert" vor Spielbeginn im Umfeld der Mannschaften, auf dem Platz, beim Trainer und Coach, um Neuigkeiten zu erfahren. Mit Spielbeginn verfolgt er im Journalistenraum das Spiel. Vor diesem Raum stehen noch freie Plätze für Journalisten zu Verfügung, falls mehr Reporter erscheinen als erwartet. Im Inneren des Raumes sind ein paar Tische aufgestellt, auf denen die Namen der Medienunternehmen mit eigenen Telefonapparaten stehen. In einer Ecke sind Tee und Kaffee bereitgestellt. Jeder kann sich bedienen. Reporter von mehr als 30 Zeitungen und Fernsehanstalten verfolgten das Spiel. Die Reporter machten sich während des Spiels Notizen, die als „Leine" dienten, um anschließend beim Schreiben das Spiel wieder nachvollziehen zu können. Routinierte Reporter schreiben schon während des Spiels ihren Bericht. Die Reporter im Journalistenraum werden auch über die Abläufe der Spiele der anderen Regionen informiert. Auf einer Tafel werden die Spielergebnisse eingeblendet. Von den Mannschaften selbst werden auch Informationszettel in eigener Sache ausgegeben, zum Beispiel, um über die Rekorde des Ballwerfers, im Vergleich zum Gegner zu „prahlen". Da er nicht alle Spiele selbst besuchen kann, sammelt der

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Chosun //Z>o-Reporter die Informationen und das Interviewmaterial aus der „KBO (Korea Baseball Organization)", die über alle vier Spiele berichtet. Je nach Bedeutung der Spiele, werden die verfasst. Nach dem Besuch des Spiels gehen die Reporter in der Regel nach Hause, nicht in die Redaktion. Die Beiträge über die Spätveranstaltungen müssen erst bis zur zweiten Deadline um 22 Uhr fertig sein.

8.2.6. Auslandskorrespondenten

Da die Tätigkeit der Auslandskorrespondenten nicht selbst zu beobachten war, wird in dieser Arbeit der Zusammenhang mit dem Auslandsressort nur kurz dargestellt. Zum Auslandsressort gehören neun Auslandskorrespondenten: drei in den USA (Washington (2) und N e w York), zwei in Japan (Tokio), zwei in China (Peking und Hongkong), einer in Russland (Moskau) und einer in Frankreich (Paris). 280 Die Korrespondentenverteilung zeigt, dass die Chosun Ilbo den Schwerpunkt ihrer Berichte auf die drei Länder USA, Japan und China legt. Daran erkennt man, welche Bedeutung diese Staaten für die Auslandsberichterstattung der Chosun Ilbo haben. Die Auslandskorrespondenten haben eine technische Ausstattung wie die anderen Redakteure auch und schicken ihre Tagesberichte und Beiträge nach Absprache mit den ife^Ar-Redakteuren in die Redaktion. Die Kommunikation untereinander und mit der Redaktion wird meistens über E-mails abgewickelt oder per Telefongespräche mit den ifesA:-Redakteuren. Infolge der technischen Möglichkeiten, wie der internationalen Internetberichterstattung, verloren die Auslandskorrespondenten an Bedeutung. Ihre Aufgabe besteht überwiegend darin, die kulturellen Besonderheiten ihrer zuständigen Regionen oder die Stimmung bei internationalen Veranstaltungen zu übermitteln und weniger darin, faktenbezogenes Nachrichtenmaterial zu sammeln. Neben den „permanenten" Ausländskorrespondenten werden j e nach Ereignissen auch weitere ins Ausland geschickt.

280

Seit der Wirtschaftskrise 1997 wurde die Zahl der Auslandskorrespondenten der koreanischen Zeitungen stark zurückgeschraubt. So nahm die Zahl der Auslandskorrespondenten der acht überregionalen Zeitungen um die Hälfte ab. Die Chosun Ilbo hat auch den Korrespondenten aus Deutschland abgezogen. Vgl. Korea Press Foundation: Die Veränderung der..., a.a.O., S. 96f.

114

8.3. Verwaltung und Verarbeitung der Nachrichten 8.3.1. Redaktionskonferenzen

Die leitenden Redakteure sind fur die Bewertung der Nachrichten verantwortlich. Dabei spielt die Redaktionskonferenz eine große Rolle. In der Nachrichtenredaktion der Chosun Ilbo finden in der Regel viermal am Tag Redaktionskonferenzen statt. An drei Redaktionskonferenzen konnte die Verfasserin teilnehmen. Die vierte Konferenz, die nach der Veröffentlichung der '10 pan'-Ausgabe stattfindet, sei - so hieß es wegen der harten Kritik unter den Teilnehmern für „Außenstehende" nicht angebracht. Deshalb werden die ersten drei Redaktionskonferenzen nach eigenen Beobachtungen und die vierte nach Informationen des Chefredakteurs und eines seiner Stellvertreter beschrieben. An allen vier Redaktionskonferenzen nehmen etwa 20 Redakteure, der Chefredakteur, seine Stellvertreter und alle Ressortleiter teil. Die erste Redaktionskonferenz findet um 10 Uhr mit dem „Gongen" im großen Konferenzraum statt. In dieser Redaktionskonferenz werden die Entscheidungen getroffen, welches Thema als Schlagzeile für die Titelseite und welche Themen für die tagesaktuelle 'jonghap-Seite' eingebracht werden. Jeder Ressortleiter stellt die wichtigsten Themen des Tages vor und informiert, welche Nachrichten als Embargo gewertet werden. Die behandelten Tagesthemen der Ressorts waren: Konflikte zwischen den Regierungs- und Oppositionsparteien, die Krise der Dotcom-Unternehmen, das Umweltproblem, die Präsidentenwahl in den USA, Bücher und Golf. Der Konferenzleiter, in der Regel ist das der Chefredakteur kukjang, notiert sich die Informationen aller Ressorts stichwortartig. Wichtig ist auch die Platzierung der Nachrichten. Um 14 Uhr tagt die zweite Redaktionskonferenz, die als „standing meeting" in offener Redaktion stattfindet und ungefähr 15 Minuten dauert. Dort wird der Stand der Bearbeitung, der am Vormittag besprochen wurde, geprüft, dahingehend welche Meldungen wirklich in die Zeitung kommen, ob es Probleme gibt und welches Bildmaterial bereitsteht und welches verwendet wird. Vor der Deadline gegen 16 Uhr findet die dritte Redaktionskonferenz, als „standing meeting", statt. In dieser Konferenz wird ermittelt, welche Beiträge bereits fertig sind. Der Chefredakteur, als Konferenzleiter, gibt letzte Anweisungen, was noch einmal kontrolliert werden muss. Neben der Kontrolle über die beschlossenen Nach115

richten, wird die Entscheidung, welche Bilder für welche Artikel ausgewählt werden, getroffen. Nach dem ca. 15 Minuten dauernden Treffen bleiben einige Redaktionsmitarbeiter, der Chefredakteur, seine Stellvertreter, die Leiter des Fotoressorts und des Umbruchressorts, um über das Bildmaterial der Titelseite zu entscheiden. Die vierte Redaktionskonferenz findet nach der Veröffentlichung der '10 pan'Ausgabe der Chosun Ilbo im Konferenzraum statt. Hier wird Kritik geübt und die Redaktionsarbeit bewertet. Vor allem wird die Chosun Ilbo mit den anderen konkurrierenden Zeitungen verglichen, welches Thema von ihnen als „Top" Thema des Tages behandelt wurde. Wichtige Ereignisse, die die Chosun Ilbo nicht in ihren Nachrichten gebracht hat, werden als „Wasser getrunken" bezeichnet. In diesem Fall geht eine harsche Kritik an das betroffene Ressort. Diese Nachrichten werden bei der aktualisierten Ausgabe berücksichtigt. Die Auswahl der wichtigsten tagesaktuellen Themen der Chosun

Ilbo ist die

Hauptfunktion der Konferenzen. Der Chefredakteur, Herr Yang, sagt über die Nachrichtenauswahl:

„Es gibt keine Regelungen für die Nachrichtenauswahl. An den Konferenzen nehmen die bujangs (Ressortleiter) teil. Sie sind bereits seit etwa 20 Jahren bei der Chosun Ilbo tätig. In dieser Zeit lernt man, nach welchen Kriterien die Chosun Ilbo die Nachrichten auswählt. Obwohl es keine Regeln gibt, haben sie sich durch die Erfahrungen die Auswahlkriterien verinnerlicht, so muss man das sehen. Ansonsten muss jemand, ein bujang, etwas dagegen einwenden, wenn ich dieses bestimmte Thema als 'Top'-Thema vorgeschlagen habe. Es gab aber keine Einwände....Weil Zeitungsinhalte nach subjektiven Wertungen beurteilt werden und auch mit so vielen Situationen zusammenhängen und konfrontiert werden, kann man nicht nur nach ein paar Kriterien die Nachrichten auswählen... Wie zum Beispiel, bei anderen Zeitungen, wurde unser 'Top'-Thema auch als 'Top'-Thema oder als Kolumne behandelt, andererseits steht keine Zeile von unserem 'Top'-Thema auf der ersten Seite der Zeitung. Dies zeigt klar die unterschiedlichen Wertungen der Nachrichten unter den Zeitungen."

116

8.3.2. Tagesaktuelle Themen 8.3.2.1. Auslandsmeldungen: kukjebu Bei der Nachrichtenverarbeitung der Auslandsmeldungen ist die Funktion des dangbon und des yageunja

von großer Bedeutung. 2 8 1 Der dangburt filtert morgens die

wichtigsten Auslandsmeldungen der Agenturen und Auslandskorrespondenten und entscheidet, welche Meldungen an den Ressortleiter und die Ressortmitarbeiter weitergeleitet werden, damit der Ressortleiter an der ersten Redaktionskonferenz teilnehmen und andere Ressortmitarbeiter über die wichtigsten Tagesthemen informieren kann. Der dangbon bereitet zwei Themenblätter vor. Einmal über die Auslandsmeldungen der Agenturen, die sogenannten „wichtigen Nachrichten des kukjebus", und zum anderen über die Meldungen der Ausländskorrespondenten, die sogenannten „Tagesberichte der Auslandskorrespondenten". Die „wichtigen Nachrichten des kukjebus" enthalten nach den Kriterien der 'jonghap'-Seite wichtige Nachrichten, Graphiken und Stichwörter mit kurzen Erläuterungen. Die Tagesberichte der Auslandskorrespondenten werden j e nach Region zusammengefasst. Nach der '10 pan'-Ausgabe der Zeitung verarbeitet der yageunja

während der

Nachtschicht die neuen Meldungen für die weiteren Ausgaben. Zwei Personen arbeiten in der Nachtschicht als yageunja

im Wechsel unter den Ressortmitarbeitem, einer

als Verantwortlicher und der andere als Helfer. Die Zeitung, die morgens endgültig erscheint, soll möglichst überraschende Änderungen gegenüber der '10 pan'-Ausgabe und den konkurrierenden Zeitungen enthalten und falls erforderlich, noch wichtige Meldungen aufnehmen. Der yageunja

entscheidet, welche Nachrichten gekürzt oder

herausgenommen werden, welche neuen Meldungen zu den Nachrichten kommen und welche Nachricht als Schlagzeile für die 'kukje'-Seite geeignet ist. Darüber hinaus soll er die endlos erscheinenden Auslandsmeldungen im Auge behalten, so dass der dangbon

morgens seine Aufgabe übernehmen und die Tagesthemen vorbereiten

kann. Daneben spielt die Funktion des desk eine entscheidende Rolle, da er für die fest eingebundenen Seiten seines Ressorts die Planung und Platzierung der Beiträge vor-

Eine Person als dangbon tätig.

281

und zwei Personen als yageunja

sind im Wechsel unter den Redakteuren

117

nimmt und die fertigen Artikel kontrolliert. 282 Zum Beispiel soll der desk nach der Entscheidung der Ressortkonferenz die Planung für die Artikel vornehmen, wer welchen Artikel für welche Seite schreibt, und den Überblick über die Aufgaben behalten. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Kontrolle über die Artikel der einfachen Redakteure. Nach der ersten Redaktionskonferenz findet eine Ressortkonferenz bei Anwesenheit aller Mitarbeiter im kleinen Konferenzraum statt. Dort werden die Themen, die in der Redaktionskonferenz behandelt wurden, diskutiert und Ideen für die beiden 'kukje'-Seiten gesammelt. Grundlage ist die Nachrichtenbearbeitung des

dangbon,

die zu einer abschließenden Bewertung führen soll. Ebenfalls werden die Entscheidungen über die ressortübergreifende Titelseite und die 'jonghap'-Seite bekannt gegeben. Die Ressortkonferenz bietet Raum für kontroverse Diskussionen und Neueinschätzungen. Der Ressortleiter bujang entscheidet über die Platzierung der Artikel und verteilt die Aufgaben an die einzelnen Ressortmitarbeiter, wer wo welchen Artikel zu schreiben hat. Auch über diese Entscheidung und Einteilung wird kontrovers diskutiert. Nach der Mittagspause beschäftigen sich alle Redakteure mit dem Schreiben der Berichte und der Überprüfung der eigenen Artikel. Für Fragen und zum Kontrolllesen kann das Gespräch mit dem desk gesucht werden. Der desk kann auch Anweisungen geben. Der dangbon ist für die neuen Meldungen zuständig. Er prüft die Meldungen aus den Agenturen und den ausländischen Internetzeitungen und signalisiert Änderungsbedarf bei neuen, wichtigen Meldungen. Um 4.30 Uhr oder 5 Uhr ist Deadline, bis dahin müssen alle Artikel geschrieben und redigiert sein. Die Artikel werden meistens von den einfachen Redakteuren pyongkija vom desk geprüft und dann an das Umbruchressort pyunjipbu

verfasst,

geschickt. Genauer

gesagt, die Artikel für die 'kukje'-Seiten werden von den chajangs und die Artikel für die Titelseite, die 'jonghap'-Seite und die Schlagzeilen der 'kukje'-Seite, werden vom Ressortleiter bujang geprüft. Nach der Veröffentlichung der '10 pan'-Ausgabe versammeln sich die Ressortmitarbeiter wieder beim Ressortleiter, um die Inhalte der Zeitung erneut durchzugehen.

282 Vier Personen, der Ressortleiter bujang und drei Stellvertreter chajangs, werden als desk bezeichnet.

118

Der Ressortleiter macht kleine Anmerkungen, zum Beispiel, welche Ausdrücke vermieden werden sollten oder wie man etwas besser schreibt. Diese Änderungen werden im Anschluss an die Versammlung umgesetzt. Anschließend steht ein inhaltlicher Vergleich der 'kukje'-Seiten mit denen der anderen Zeitungen an. Zum Beispiel, welche Nachrichten als Schlagzeile von den anderen Zeitungen behandelt wurden. Bei der Auswahl der Agenturmeldungen versuchen der dangbon und die übrigen Ressortmitarbeiter möglichst breite Themenbereiche zu umfassen und unterschiedliche Quellen zu nutzen. Aber die Realität lässt dies häufig nicht zu, wie der dangbon, Herr Kim, sagte:

„Aus Zeitmangel ist es schwierig, die Berichte der ausländischen Nachrichtenagenturen zu bearbeiten... Daher nutzen wir überwiegend die Meldungen der koreanischen Nachrichtenagentur 'Yonhap', die die meisten Meldungen der ausländischen Agenturen bereits ins Koreanische übersetzt hat."

Neben diesem Faktor spielen bei der Nachrichtenauswahl die subjektive Einstellung, Einschätzung und Erfahrung der Ressortmitarbeiter eine wichtige Rolle. Sie entscheiden über die Auswahl und Gewichtung der Meldungen. Den Ressortmitarbeitern ist keine Region fest vorgegeben. Sie entscheiden, welche Themen ihnen am wichtigsten erscheinen, was sicherlich durch ihre Erfahrungen bei Auslandsaufenthalten emotional beeinflusst wird. Herr Kim sagt:

„Wer wo gewesen ist oder gearbeitet hat, interessiert sich mehr fur diese Region, er zeigt eine Tendenz der Nachrichtenauswahl, zum Beispiel zu China."283

Umgekehrt könnte das Interesse am Land bei der Nachrichtenauswahl Einfluss nehmen. Wie ein chajang, Herr Kim, beschreibt:

„Anders als bei inländischen Nachrichten ist bei Auslandsnachrichten die Bedeutung und die Rolle Koreas als Auswahlkriterium wichtig. Daher werden die Nachrichten aus der Ersten und Zweiten Welt, den „Elite Staaten", und weniger die aus der Dritten Welt behandelt... Aus

283

Neben den Auslandskorrespondenten in China sind die Mitarbeiter des Auslandsressorts überwiegend in den chinesischen Regionen Peking und Hongkong als Korrespondenten gewesen.

119

diesem Grund sind die ausgewählten Nachrichten einseitig... In Bezug auf die Themen, die Korea beeinflussen, zum Beispiel werden die Nachrichten, die auf die koreanische Fiskalpolitik im Bereich der Wirtschaft Einfluss nehmen, ausgewählt... Persönlich halte ich die Bereiche Umwelt und Wirtschaft für wichtig."

Bei der Kontrolle der Artikel durch den desk werden die Tatsachen, die logische Beschreibung, die Nachrichtenrichtung und der Platzbedarf beurteilt, falls notwendig, im Gespräch mit dem Artikelschreiber Änderungen vorgenommen.

8.3.2.2. Politische Meldungen: jongchibu Die politischen Meldungen, die von den Reportern meist aus den Presseclubs eingehen, werden von den beiden ifes£-Redakteuren kontrolliert. Die

Redakteure

nehmen ihre Funktionen als Kontrolleure und Anweisungsberechtigte wahr. Die Aufgabe des Ressortleiters besteht darin, die politischen Seiten zu planen, Anweisungen zu geben und die Beiträge zu redigieren. Sie übernehmen die Verantwortung für ihr Ressort. Da - außer den beiden ifesA:-Redakteuren - alle im Außendienst tätig sind, finden keine täglichen Ressortkonferenzen statt. Die Ressortkonferenzen sind daher unregelmäßig, ein- oder zweimal die Woche. Die Anweisungen des Ressortleiters werden telefonisch durchgegeben. Bis 16 Uhr oder 16.30 Uhr haben die Außendienstreporter ihre Artikel zum desk zu schicken, damit sie dort geprüft und überarbeitet werden können. Die Artikel für die erweiterten und aktualisierten Ausgaben werden während der Nachtschicht ergänzt und eingebunden. Die morgendlichen Berichte der Reporter im Außendienst sind unmittelbar vom ifesfc-Redakteur im Redaktionscomputer abrufbar. Diese Berichte sind Entscheidungsgrundlage, welche Themen behandelt werden und welches Ereignis thematisiert wird. Bei der Kontrolle der ifesA:-Redakteure werden die Artikel der Reporter auf unklare Ausdrücke, Fehlinterpretation der Ereignisse oder Fehleinschätzung des Nachrichtenwerts hin überprüft, falls notwendig, Korrekturen vorgenommen oder der Artikel neu verfasst.

120

8.3.2.3. Wirtschaftliche Meldungen: kyongje-kwahakbu Die wirtschaftlichen Nachrichten werden in vier Themenbereiche eingeteilt: Meldungen über Industrieunternehmen, Finanzen, Wirtschaftspolitik und Informationstechnologie. Die Beiträge der Redakteure im Außendienst werden vom jeweiligen Teamleiter betreut. Im Ressort findet nach der ersten Redaktionskonferenz eine Versammlung der drei ifesfc-Redakteure, ohne Teilnahme des IT-Teamleiters, statt. Hierbei geht es um die Entscheidung, welche Beiträge aufgegriffen und weiter behandelt werden. Der IT-Teamleiter ist nur bei den monatlichen Ressortkonferenzen zugegen, da dieses Team im wesentlichen selbständig arbeitet und mit den Ressortleitern per E-mail kommuniziert. Sonstige Anweisungen werden vom Ressortleiter telefonisch durchgegeben. Wegen der strengen Aufgabenverteilung unter den Mitarbeitern sind häufigere Ressortkonferenzen nicht notwendig. Es genügen Teamkonferenzen, die j e nach Team spontan organisiert werden. So findet zum Beispiel im 'Money'-Team für die Section-Seite zweimal pro Woche, dienstags und donnerstags gegen 18 Uhr, eine Teamkonferenz statt, in der die Themen und Nachrichtensammlung für die nächsten zwei Tage geplant und behandelt werden. In diesem Ressort spürt man deutlich den Druck der Leser, weil über deren Beschwerden das dokjabu

(Opinion Desk) informiert. Die Beschwerden beeinflussen

auch die redaktionelle Linie des Ressorts, da es sich bei den Klagen meist um negative Zuschriften der Leser handelt, sogar von Betroffenen, und die Schärfe ihrer Beschwerden mit denen normaler Leser nicht vergleichbar ist. Zum Beispiel handelt es sich bei den Klagen der Leser um Beiträge über die Krise der Dotcom-Unternehmen, über die in letzter Zeit viel Negatives berichtet wurde. Nach der Leserriickmeldung könnten solche negativen Berichte darauf Einfluss nehmen, die Situation dieser Unternehmen nur noch zu verschlimmern. Über solche Fälle sagt ein desk:

„Beim Schreiben von Artikeln über die 'Mietpreise', 'Wachstumstendenzen oder Gewinne der Industrieunternehmen' zum Beispiel, müssen wir sehr vorsichtig sein, weil unsere Berichte auf den 'realen Markt' Einfluss nehmen können, vor allem negativen Einfluss."

Bei der Nachrichtenauswahl sind die Faktoren, die mit den Interessen der Leser unmittelbar zusammenhängen, von Einfluss. Die Leser sind hier vor allem die Betroffenen.

121

Dabei sind vor allem Industrieunternehmen, Aktionäre oder Immobilienbesitzer gemeint. Daher werden die Leser der Wirtschaftsseite als Informationsquelle und gleichzeitig als einflussreiche Lesergruppe in der redaktionellen Arbeit angesehen.

8.3.2.4. Gesellschaftsmeldungen: sahwobu Vier bis fünf Personen, ein bujang und chajangs, nehmen als desk die Kontrollfunktion für die Artikel wahr, während die übrigen Reporter im Außendienst tätig sind, um Nachrichten zu sammeln. Die Artikel der Außendienstreporter müssen bis 16.30 Uhr im Ressort eingegangen sein. Die Nachtschicht ist für das Ressort sahwobu von großer Bedeutung, da sich viele interessante Ereignisse für die Gesellschaftsseite in der Nacht ereignen. Für die Nachtschicht bleiben vier Ressortmitarbeiter, ein desk, ein den desk unterstützender Redakteur und zwei Redakteure des Innendiensts bis 5 oder 6 Uhr morgens in der Redaktion, um die eingehenden Nachrichten und Artikel zu sammeln, zu redigieren und zu platzieren. Üblicherweise findet im Ressort sahwobu morgens nach der ersten Redaktionskonferenz eine Ressortkonferenz mit vier bis fünf Redakteuren, die als desk im Innendienst arbeiten, statt. Nach der Veröffentlichung der '10 pan'-Ausgabe findet ein 'standing meeting' mit 10 Ressortleitern, dem bujang, chajang als desk und Teamleitern statt, um die Zeitungsinhalte durchzugehen und mit den Nachrichten der anderen konkurrierenden Zeitungen zu vergleichen. Anweisungen werden in erster Linie vom desk an die jeweiligen Teamleiter, die sie wiederum an ihre Teammitarbeiter weiterreichen, gegeben. Die Informationen, die für wichtig gehalten werden, werden j e nach den Informationseigenschaften von den entsprechenden Redakteuren bearbeitet. Nach Diskussionen fällen die