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German Pages 353 Year 2023
Tobias Volkmer
Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung
Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung
Tobias Volkmer
Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung
Tobias Volkmer Magdeburg, Deutschland Zugleich: an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg unter dem Titel „Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung“ vorgelegte und angenommene schriftliche Promotionsleistung. Datum der Disputation: 18.10.2022
ISBN 978-3-658-42558-6 ISBN 978-3-658-42559-3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Marija Kojic Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Das Papier dieses Produkts ist recyclebar.
Geleitwort
Digitalisierung ist der Megatrend des 21. Jahrhunderts, dem Wirtschaft, Politik und Gesellschaft seit einigen Jahren zunehmend unterliegen. Mit ihm gehen weitreichende turbulente Veränderungen mit teils disruptiven und teils konstruktiven Wirkungen auf Geschäftsmodelle und Produktionsprogramme einher und sind Buzzwords wie z. B. Big Data, cyber-physische Systeme oder Internet of Things verbunden. Trotz der weiten und stetig wachsenden Verbreitung des Schlagwortes Digitalisierung bleibt die explizite Auseinandersetzung mit der Bedeutung dieses Begriffes oftmals auf der Strecke. Mit dem aus dem Lateinischen („digitus“ = Finger) bzw. Englischen („digit“ = Ziffer) abgeleiteten Wort digital bezeichnet man häufig mit Hilfe von Computern in Binärcodes Erzeugtes und Verarbeitetes. Digitalisierung kann dementsprechend (in instrumenteller Hinsicht) bedeuten, Nicht-Digitales in eine computerbasierte binärcodierte Form zu transformieren oder Neues digital zu produzieren. Ebenso werden unter diesem Begriff (in institutioneller Hinsicht) aber auch eine organisatorische Einheit (z. B. Digitalisierungsabteilung) oder (in epochaler Hinsicht) aktuelle gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen bezeichnet. In Bezug auf betriebswirtschaftliche Entscheidungen kann Digitalisierung grundsätzlich als Rahmenbedingung (Handeln in einer digitalen Umwelt), als Ziel (z. B. Erhöhung des Digitalisierungsgrades), als konkrete Alternative (z. B. Einführung einer Software) oder bei Realisation einer oder mehrerer Alternativen als Wirkung (z. B. gesteigerter Digitalisierungsgrad) auftreten. Dies betrifft vor allem Entscheidungen bezüglich der Güterproduktion und des Güterabsatzes als oberste Sachziele eines Unternehmens. Durch Digitalisierung steht dem Unternehmen auf der einen Seite eine erweiterte Inputmenge zur betrieblichen Produktion zur Verfügung und auf der anderen Seite ergibt sich eine erweiterte Menge produzierbarer Güter. Ein
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Geleitwort
digitales Produktionsprogramm beinhaltet alle tatsächlich hergestellten digitalen Produkte und ist Teilmenge des betrieblichen Gesamtproduktionsprogramms. Dabei können digitale Produkte auf der einen Seite neuartige Güter ohne nichtdigitales Pendant (beispielsweise Smartphone-Apps) und auf der anderen Seite Versionen von bereits existierenden Gütern sein. Jeder Betrieb muss Produktionsplanung betreiben und dabei Entscheidungen über Art, Umfang, Zeit und Ort einzusetzender und herzustellender Güter sowie über den Produktionsablauf treffen. Die Digitalisierung eröffnet einerseits Gewinnerzielungsmöglichkeiten, lässt die korrespondierende Planung mitunter aber auch komplexer und komplizierter werden. Herr Volkmer macht sich mit seiner Dissertationsschrift auf den anspruchsvollen und teilweise holprigen Weg zur Erkundung korrespondierender Entscheidungsfelder, mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen für die betriebliche Praxis ableiten zu können. Insgesamt betrachtet lässt sich feststellen, dass der Autor seine Dissertation mit erkennbar hohem Engagement und erkennbarer wissenschaftlicher Neugier sowie mit einem hohen Maß an Sorgfalt erstellt hat. Herr Volkmer beherrscht die von ihm in Ansatz gebrachten Planungskalküle virtuos, deren Anwendung im Fokus der Digitalisierung zeugen von einer gewissen Brillanz. Seine Arbeit ragt aus den betriebswirtschaftlichen Dissertationsschriften heraus, in der ökonomisch motivierte und fokussierte Überlegungen zur Produktionsplanung im digitalen Umfeld angestellt werden. Er hat sie sehr gründlich und sehr selbständig verfasst. Zu den besonderen Stärken der vorgelegten Dissertation zählen neben den bereits aufgeführten zudem die gelungene Konkretisierung moderner produktionsplanerischer Fragestellungen, die gelungene didaktische Konzeption (durch anschauliche Beispiele und einen interessanten Anhang werden auch abstrakte Zusammenhänge durchgängig klar erläutert), das gelungene Bemühen um sachlogische Stützung der theoretischen Überlegungen, ein hervorragender Fußnotenapparat sowie eine Fülle anschaulicher (exemplarischer) Erläuterungen von Begriffen und Zusammenhängen. Ich wünsche ihr die gebührende Verbreitung in der Scientific Community. Magdeburg im Juni 2023
Prof. Dr. Thomas Spengler
Vorwort
Die vorliegende Arbeit habe ich während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Unternehmensführung und Organisation der Fakultät für Wirtschaftswissenschaft der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg angefertigt. Sie wurde von der Fakultät im Herbst 2022 als Dissertation angenommen. Ein solches Dissertationsprojekt ist ohne die umfangreiche Unterstützung in fachlicher und emotionaler Hinsicht kaum vorstellbar. Deshalb bin ich allen Wegbegleitern, welche die Verfassung dieser Arbeit nicht nur möglich, sondern auch die Reise bis zu ihrer Fertigstellung zu einer unvergesslichen gemacht haben, zu tiefem Dank verpflichtet. Insbesondere möchte ich meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Thomas Spengler, für die lehrreiche sowie fachlich und persönlich prägende Zeit am Lehrstuhl sowie die Betreuung dieser Arbeit danken. Ohne seine herausragende ökonomische Ausbildung, die stetige Ermunterung, zu wissenschaftlichen Tagungen zu fahren, die unzählbaren fachlichen sowie privaten Gespräche und nicht zuletzt die vorgelebte wissenschaftliche Leidenschaft wäre dieses Dissertationsprojekt weder erfolgreich gewesen, noch hätte es mir so viel Freude bereitet. Zudem bin ich Herrn Prof. Dr. Elmar Lukas für die fachlichen Diskussionen und Anregungen sowie die Übernahme des Zweitgutachtens zu dieser Dissertationsschrift äußerst dankbar. Des Weiteren gilt ein besonderer Dank meiner ehemaligen Kollegin und lieben Ehefrau, Dr. Olga Metzger-Volkmer, die mich über viele Jahre als fachliche Diskussionspartnerin am Lehrstuhl sowie privat als Freundin und Partnerin stets dazu gebracht hat, das Beste aus mir herauszuholen. Ohne ihren bedingungslosen Rückhalt wäre dieses Projekt unmöglich gewesen. Ebenso bedanke ich mich herzlich bei meinem ehemaligen Kollegen und guten Freund, Herrn Sebastian Herzog, M.Sc., ohne dessen fachliche und moralische
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VIII
Vorwort
Unterstützung sich die Erstellung der vorliegenden Arbeit nicht nur wesentlich schwieriger, sondern auch deutlich weniger unterhaltsam gestaltet hätte. Allen weiteren Kolleginnen und Kollegen am Lehrstuhl sowie an der Fakultät gilt für die vielen, unvergesslichen Erlebnisse, anregenden Gespräche und langen Freundschaften ebenso mein herzlicher Dank. Abschließend möchte ich meiner Familie und meinen Freunden dafür danken, dass sie immer für mich da waren, mich auch in schwierigen Phasen der Bearbeitung moralisch unterstützt haben und mir schlechte Laune während dieses Projekts nachgesehen haben. Magdeburg im Sommer 2023
Tobias Volkmer
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Terminologische und systematische Grundlagen der betrieblichen Produktion in Zeiten der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . 2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Zum Begriff der Digitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2.2 Grundlagen digitaler Informationsdarstellung und -übermittlung . . . . . 2.1.2.3 Historische Entwicklung binärer Informationsdarstellung und -übermittlung . . . . . 2.1.3 Digitalisierungsfacetten als Determinanten betrieblichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.2 Gesellschaftlicher Megatrend: Digitalisierung als Rahmenbedingung betrieblichen Handelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3.3 Digitalisierung als betriebliches Ziel, betriebliche Maßnahme und Wirkung . . . . . . . . . 2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Terminologische und theoretische Grundlagen digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 4 7 7 7 8 8 9 26 38 38
40 45 47 47 49
IX
X
Inhaltsverzeichnis
2.2.2.1 Terminologische Grundlagen digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2.2 Theoretische Grundlagen digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Terminologische Grundlagen der Planung digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Grundmodell zur strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Erweitertes Grundmodell zur strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Grundmodell zur taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms bei expliziter Produktvariantenvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.1 Zusätzliche Modellannahmen . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.2 Zielfunktion und Kapazitätsrestriktionen . . . . . . 3.3.2.3 Entwicklungs-, Produktions- und Absatzbedingungen für Produktarten und Produktvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.4 Kombinationsbedingungen für Produktarten und Produktvarianten . . . . . . . . . . . 3.3.2.5 Ausschlussbedingungen für Produktarten und Produktvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2.6 Vielfältigkeitsbedingungen für Produktarten und Produktvarianten sowie Variablenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Grundmodell zur taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms ohne explizite Produktvariantenvorgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49 62 84 87 87 90 90 92 97 109 109
119 119 123
126 129 134
136
139
Inhaltsverzeichnis
3.3.3.1 Zusätzliche Modellannahmen und angepasste Zielfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.2 Produktionsbedingungen für Produktvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.3 Angepasste Kapazitätsrestriktionen . . . . . . . . . . . 3.3.3.4 Produktions- und Absatzbedingungen für Produktarten und Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.5 Entwicklungs- und Differenzierungsbedingungen für die Produktvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.6 Kombinationsbedingungen für Eigenschaften der Produktvarianten . . . . . . . . . . . 3.3.3.7 Ausschlussbedingungen für Eigenschaften der Produktvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.8 Vielfältigkeitsbedingungen für Eigenschaften der Produktarten sowie Variablenbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3.9 Beispielrechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler Produktionsprogramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.2 Planung des Produktionsprogramms mittels mathematischer Optimierung unter Berücksichtigung mehrerer Zielfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4.3 Planung des Produktionsprogramms mittels Technique for Order Prefer-ence by Similarity to Ideal Solution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische Überlegungen zur Planung digitaler Produktionsabläufe . . . . . . . . 4.2.1 Grundlegende systemtatische Überlegungen zur Planung der Verfügbarkeit digitaler Produktionsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2.2 Grundlegende systematische Überlegungen zur Planung der Kombination und Transformation digitaler Produktionsfaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
139 142 145 147
149 156 158
160 165 170 170
171
178 191 191 194
194
203
XII
Inhaltsverzeichnis
4.2.3 Grundlegende modelltheoretische Überlegungen zur Planung des digitalen Produktionsablaufs . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler Produktionsabläufe, dargestellt am Beispiel einer Pflegeeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Vorbemerkungen zur Problemstruktur und Erläuterungen zum Aufbau des Kapitels . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1.1 Struktur des Produktionsablaufplanungsproblems . . . . . . . . . . 4.3.1.2 Erläuterungen zum Aufbau des Kapitels . . . . . . . 4.3.2 Modelle zur Produktionsablaufplanung mit (digitaler) Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.1 Modell zur Planung einer Pflegetour ohne Bedarfsdifferenzierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.2 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und analoger Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.3 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und digitaler Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.4 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und zur Festlegung der Orte zur digitalen Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2.5 Erweiterung der Modelle um Beginnzeitpunkte der Dokumentation . . . . . . . . . 4.3.3 Modelle zur simultanen Planung von Schichten und Produktionsabläufen mit digitaler Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Exkurs zu Lösungsverfahren von Produktionsplanungsproblemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
206
219 219 219 221 224 224
232
238
248 253
260 280
5 Ansätze zur simultanen Planung digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . 5.1 Grundlegende Überlegungungen zur simultanen Planung digitaler Produktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Grundmodell zur simultanen Planung von digitalem Produktionsprogramm und digitalem Produktionsablauf . . . . . . . .
285
286
6 Resümee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
301
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
303
285
Abkürzungsverzeichnis
Abb. AE AHP ANP BMBF BMWi BMWiK BZ EDV ELECTRE EVA FE GE HSM Kap. MADM MODM MOLPAL PC PDZ PROMETHEE Tab. TOPSIS u. d. N.
Abbildung Absatzeinheiten Analytical Hierarchy Process Analytical Network Process Bundesministerium für Bildung und Forschung Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz Bewohnerzimmer Elektronische Datenverarbeitung Elimination Et Choice Translating Reality Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe Faktormengeneinheiten Geldeinheiten Handlungsstrukturmodell Kapitel Multi Attribute Decision Making Multi Objective Decision Making Multi Objective Linear Programming based on Aspiration Levels Personal Computer Pflegedienstzimmer Preference Ranking Organization Method for Enrichment of Evaluations Tabelle Technique for Order Preference by Similarity to Ideal Solution unter den Nebenbedingungen
XIII
Symbolverzeichnis
Kapitel 2 Mengen A := a a = 1, . . . , A B := (Z , R) B M := B B = 1, . . . , B C := cc = 1, . . . , C C A := C k , R C AM := C AC A = 1, . . . , C A C N R(C A) := D := d d = F + 1, . . . , D D p := d p E := ee = P + 1, . . . , E H := h h = 1, . . . , H E a := F := f f = 1, . . . , F
Menge der Eigenschaftsarten Geordnete Menge eines Zeichenvorrats Z mit der Ordnungsrelation R (Alphabet) Menge der (einem Individuum) bekannten Alphabete Menge der (Code-)Zeichen Geordnete Menge eines Zeichenvorrats C k mit der Ordnungsrelation R (CodeAlphabet) Menge der (einem Individuum) bekannten Code-Alphabete Menge aller Code-Nachrichten, die mit den Zeichen eines Alphabets C A gebildet werden können Menge der digitalen Produktionsfaktorarten Menge der Charakteristika der Größe p Menge der digitalen Produktarten Menge der Ziffern eines Zahlensystems Menge der Produktarten e, die Eigenschaften der Art a besitzen Menge der Produktionsfaktorarten
XV
XVI
I := In := I N R := I R := J := j| j = 1, . . . , J K := k k = 1, . . . , K L := l l = 1, . . . , L N I := N R(B) := := { P p} P := p p = 1, . . . , P Pa := S R :=
T := {t} Taus := Tdig :=
T T ech := v v v ∈ V TeTf ech := f V := v v = 1, . . . , V Vad :=
Symbolverzeichnis
(eine zu übermittelnde) Information Menge (möglicherweise) mit Nachricht n verbundener Informationen Menge von der Ausgangstechnologie aus nicht realisierbarer Produktionsprogramme (Innovationsraum) Menge aller Informationen, die aus dem Wissen eines Individuums generiert werden können Menge der Zeichenfolgepositionen Menge der Güterarten Menge der Stellen eines Zahlensystems Menge der für die Übertragung einer Information I in Frage kommenden Nachrichten Menge aller Nachrichten, die mit den Zeichen eines Alphabets B gebildet werden können Menge physikalisch messbarer und über die Zeit veränderlicher Größen Menge der Produktarten Menge der Produktarten p, die Eigenschaften der Art a besitzen Menge aller Signale, welche mit den Ausprägungen xdp des Signalparameters d p und den Zeitpunkten t erzeugt werden können Menge der Zeitpunkte nicht-digitale Ausgangstechnologie Digitale Technologie Technologie eines Unternehmens Menge der effizienten Aktivitäten (effizienter Rand der Technologie eines Unternehmens) Menge der Aktivitäten (bzw. Produktionsvorgänge) Menge von Aktivitäten mit ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren
Symbolverzeichnis
XVII
Vaus := Vd := Vnd := W := X aus := X dp := xdp Z := z z = 1, . . . , Z aus :=
P
Menge nicht-digitaler Ausgangsaktivitäten Menge von Aktivitäten mit nicht-digitalen und digitalen Produktionsfaktoren Menge von Aktivitäten mit ausschließlich nicht-digitalen Produktionsfaktoren Wissen (eines Individuums) Menge aller kapazitätsmäßig zulässiger nicht-digitaler Produktmengenvektoren x Menge der Ausprägungen des Charakteristikums d p Menge der Zeichen Menge aller kapazitätsmäßig zulässigen nicht-digitalen Produktionsniveauvektoren λ Potenzmenge
Datensätze b := cn = c j j=1,...,J q := h l := eigae := eigap := gd := gdv := g f := g vf := G max := d G max := f k := m := n = z j j=1,...,J
Basis eines Zahlensystems Endliche Folge von Code-Zeichen c j ∈ C A (genannt: CodeNachricht) Natürliche Zahl Ziffer an Stelle l eines Zahlensystems Umfang an Eigenschaften der Art a, der in einer Einheit eines Produkts der Art e enthalten ist Umfang an Eigenschaften der Art a, der in einer Einheit eines Produkts der Art p enthalten ist Anzahl der digitalen Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der digitalen Produktionsfaktoren der Art d, die für die einmalige Durchführung der Aktivität v benötigt werden Anzahl der Produktionsfaktoren der Art f Anzahl der Produktionsfaktoren der Art f , die für die einmalige Durchführung der Aktivität v benötigt werden Maximale Kapazität der Produktionsfaktorart d Maximale Kapazität der Produktionsfaktorart f Maximale Zeichenanzahl (Länge) einer Code-Nachricht cn Maximale Zeichenanzahl (Länge) einer Nachricht n Endliche Folge von Zeichen z j ∈ A (genannt: Nachricht)
XVIII
Pr eise := Pr eis p := s(t) := v v := v v,eig := x := xa := xav := xe := xev := x p := x vp := βae := βap := βe := β p := ε := λ := λv := λvmax := P := R+
Symbolverzeichnis
(Absatz-)Preis einer Einheit eines Produkts der Art e (Absatz-)Preis einer Einheit eines Produkts der Art p Der eine Nachricht übertragende (damit Information wiedergebende) zeitliche Verlauf einer physikalischen Größe Gütervektor zu Aktivität v Eigenschaftsvektor zu Aktivität v Produktmengenvektor Umfang an Eigenschaften der Art a Umfang an Eigenschaften der Art a, der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v erzeugt wird Anzahl der digitalen Produkte der Art e Anzahl der digitalen Produkte der Art e, die bei einmaliger Durchführung der Aktivität v erzeugt werden Anzahl der Produkte der Art p Anzahl der Produkte der Art p, die bei einmaliger Durchführung der Aktivität v erzeugt werden Marginaler (impliziter) Preis der Eigenschaft a bei Produkten der Art e Marginaler (impliziter) Preis der Eigenschaft a bei Produkten der Art p Eigenschaftsunabhängiger Basispreis einer Einheit eines Produkts der Art e Eigenschaftsunabhängiger Basispreis einer Einheit eines Produkts der Art p Korrekturgröße Produktionsniveauvektor Produktionsniveau der Aktivität v Maximales Produktionsniveau bei isolierter Durchführung von Aktivität v P-dimensionaler Raum der positiven reellen Zahlen (inkl. der 0)
Kapitel 3 Mengen Ae := Aei :=
Menge der Eigenschaften, die alle Produktvarianten der Produktart e besitzen Menge der Eigenschaften, die Produkte der Art e in Produktvariante i besitzen
Symbolverzeichnis
A p := A pi := A Ak := A Sch :=
A V is := AaAus :=
Aus := Aaeii
Aus := Aapii
AaK omb :=
K omb := Aaeii
K omb := Aapii
B := b|b = 1, . . . , B b+ :=
XIX
Menge der Eigenschaften, die alle Produktvarianten der Produktart p besitzen Menge der Eigenschaften, die Produkte der Art p in Produktvariante i besitzen Menge der akustischen Eigenschaften Menge der Eigenschaften, die dem Schutz der Produktart bzw. der Produktvarianten dienen Menge der visuellen Eigenschaften Menge der Eigenschaften a , die eine Produktvariante nicht besitzen darf, falls diese Produktvariante auch Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die keine andere Produktvariante i der Produktart e besitzen darf, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die keine andere Produktvariante i der Produktart p besitzen darf, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die eine Produktvariante zwingend besitzen muss, falls diese Produktvariante auch Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die mindestens eine andere Produktvariante i der Produktart e zwingend besitzen muss, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die mindestens eine andere Produktvariante i der Produktart p zwingend besitzen muss, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Handlungsalternativen Menge der besten Kriterienausprägungen (Ideallösung)
XX
b− := E i := E s := E w := E strat. := E eAus := E eK omb :=
E strat. := H := E strat. HS E pAus := Aus := E pa
E pK omb := K omb := E pa
H := h h = 1, . . . , H I := i i = 1, . . . , I
Symbolverzeichnis
Menge der schlechtesten Kriterienausprägungen (negative Ideallösung) Menge der Produktarten e, die in Produktvariante i produziert werden können Menge der Produktarten e, die an Standort s produziert werden können Menge der Produktarten e, die Produktfeld w zugeordnet sind Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ W enthalten sind Menge der Produktarten e , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e entwickelt wird Menge der Produktarten e , die zwingend entwickelt werden müssen, falls Produktart e entwickelt wird Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ Wh enthalten sind Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ Whs enthalten sind Menge der Produktarten e, die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p entwickelt wird Menge der Produktarten e, von denen keine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen darf, falls von Produktart p eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten e, die zwingend entwickelt werden müssen, falls Produktart p entwickelt wird Menge der Produktarten e, von denen zwingend mindestens eine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen muss, falls von Produktart p eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktionsmengenintervalle Menge der Produktvarianten
Symbolverzeichnis
IeiAus := IeiAus,lo :=
Aus := Iepi
IeiK omb :=
IeiK omb,lo :=
K omb := Iepi
Aus := I pei
Aus := I pi
K omb := I pei
K omb := I pi
XXI
Menge der Produktvarianten i , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die nicht zusammen mit Produktvariante i von Produktart e im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o angeboten werden dürfen Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart p nicht entwickelt werden darf, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i von Produktart e, die zwingend entwickelt werden müssen, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die zwingend zusammen mit Produktvariante i von Produktart e im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o angeboten werden müssen Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart p zwingend zu entwickeln ist, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart e nicht entwickelt werden darf, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart e zwingend zu entwickeln ist, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i von Produktart p, die zwingend entwickelt werden
XXII
K := k|k = 1, . . . , K K + := K − := L := l l = 1, . . . , L L w := L Aus eil :=
L eil :=
L l := z := N O := oo = 1, . . . , O Ow := Aus := Oeio
:= Oeio
Symbolverzeichnis
müssen, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Kriterien Menge der Kriterien, deren Ausprägungen zu maximieren sind Menge der Kriterien, deren Ausprägungen zu minimieren sind Menge der anbietbaren Nutzungsgebiete für Produkte aus Produktfeldern w ∈ W Menge der Nutzungsgebiete, in denen Produkte aus Produktfeld w ∈ W angeboten werden Menge der Nutzungsgebiete l , die nicht zusammen mit Nutzungsgebiet l für Produktart e in Produktvariante i angeboten werden dürfen Menge der Nutzungsgebiete l , die zwingend zusammen mit Nutzungsgebiet l für Produktart e in Produktvariante i angeboten werden müssen Menge der Nutzungsgebiete, die zusammen mit Nutzungsgebiet l angeboten werden müssen unscharfe Menge von Nutzenbewertungen der Ausprägungen von Zielfunktion z Menge der anbietbaren Nutzungszeiten für Produkte aus Produktfeldern w ∈ W Menge der Nutzungszeiten, zu denen Produkte aus Produktfeld w ∈ W angeboten werden Menge der Nutzungszeiten o , die nicht zusammen mit Nutzungszeit o für Produktart e in Produktvariante i angeboten werden dürfen Menge der Nutzungszeiten o , die zwingend zusammen mit Nutzungszeit o für
Symbolverzeichnis
Oo := Pi := Ps := Pw := P strat. :=
PeAus := Aus := Pea
K omb := Pea
PpAus :=
PpK omb := PeK omb := S := s s = 1, . . . , S
XXIII
Produktart e in Produktvariante i angeboten werden müssen Menge der Nutzungszeiten, die zusammen mit Nutzungszeit o angeboten werden müssen Menge der Produkte p, die in Produktvariante i produziert werden können Menge der Produkte der Art p, die an Standort s produziert werden können Menge der Produktarten p, die Produktfeld w zugeordnet sind Menge der Produktarten p, die in Produktfeldern enthalten sind, welche dem strategischen Produktionsprogramm zugeordnet sind Menge der Produktarten p, die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e entwickelt wird Menge der Produktarten p, von denen keine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen darf, falls von Produktart e eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten p, von denen zwingend mindestens eine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen muss, falls von Produktart e eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten p , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p entwickelt wird Menge der Produktarten p , die zwingend entwickelt werden müssen, falls Produktart p entwickelt wird Menge der Produktarten p, die zwingend entwickelt werden müssen, falls Produktart e entwickelt wird Menge der Standorte
XXIV
Se := S p := Sw := W := w w = 1, . . . , W We := Wh := Whs := W p := Ws := ∗ W := w w = W + 1, . . . , W
W :=
∗ W ∗ := w w = W + 1, . . . , W
Yz := Z := z z = 1, . . . , Z
Symbolverzeichnis
Menge der Standorte, an denen Produkte der Art e produziert werden können Menge der Standorte, an denen Produkte der Art p produziert werden können Menge der Standorte, an denen im Produktfeld w produziert werden kann Menge der Produktfelder Menge der Produktfelder, in denen Produkte der Art e enthalten sind Menge der Produktfelder w ∈ W ∗ , in denen Produkte in Größenintervall h standortunabhängig produziert werden Menge der Produktfelder w ∈ W , in denen Produkte in Größenintervall h an Standort s produziert werden Menge der Produktfelder, in denen Produkte der Art p enthalten sind Menge der Produktfelder, in denen am Standort s produziert werden kann Menge der Produktfelder w, in denen unabhängig von einem Standort innerhalb zu bestimmender Nutzungsgebiete und -zeiten produziert werden kann Menge der Produktfelder w ∈ W , in denen Produkte standortunabhängig innerhalb der Nutzungsgebiete l ∈ L w und –zeiten o ∈ Ow produziert werden Menge der Produktfelder w, in denen unabhängig von einem Standort produziert werden kann Menge der möglichen Ausprägungen des Zielfunktionswerts von Zielfunktion z Menge der Zielfunktionen
Symbolverzeichnis
XXV
Datensätze AeAk := AeSch := AeV is := A Pa := A Pea := A Pei := A Ppa := A Ppi := c := Distb+ := Distb− := Dist Mink b, b := E P := E Pe := E Pei := E Pp := E Ppi := E Pw := E Pwi := min := E strat. max := E strat. Gew min :=
Mindestanzahl in Produktvarianten der Produktart e zu integrierende akustische Eigenschaften Mindestanzahl in Produktvarianten der Produktart e zu integrierende Eigenschaften, die dem Schutz dieser Produktart dienen Mindestanzahl in Produktvarianten Produktart e zu integrierende visuelle Eigenschaften Maximales Absatzpotenzial von Produkten, die Eigenschaft a besitzen Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art e in Produktvariante i Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art p, die Eigenschaft a besitzen Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art p in Produktvariante i Parameter zur Bestimmung der Minkowski Distanz Abstand von Handlungsalternative b zur Ideallösung Abstand von Handlungsalternative b zur negativen Ideallösung Minkowski Distanz zwischen zwei Handlungsalternativen b und b Mindestanzahl insgesamt zu entwickelnder Produktarten Mindestanzahl zu entwickelnder Produktarten e Mindestanzahl zu entwickelnder Produktvarianten i der Produktart e Mindestanzahl zu entwickelnder Produktarten p Mindestanzahl zu entwickelnder Produktvarianten i der Produktart p Mindestanzahl zu entwickelnder Produkte im Produktfeld w Mindestanzahl zu entwickelnder Produktvarianten i im Produktfeld w Mindestanzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. Maximalanzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. Mindestgewinn
XXVI
Gew max := M := R Nb+ := x e := xei := x p := x pi := x w := x bk := m x nor := bk x bP A := x bP F := x bP V := x+ k := x k := X A := X ee := X ei := X h := X h := X hs := X hs := X pi := X pp := γeii :=
Symbolverzeichnis
Höchstgewinn Hinreichend große Zahl Relative Nähe von Handlungsalternative b zur Ideallösung Produktmengenvektor der Produktart e Anzahl der Produkte der Art e in Produktvariante i Produktmengenvektor der Produktart p Anzahl der Produkte der Art p in Produktvariante i Produktmengenvektor der Produkte im Produktfeld w Ausprägung von Kriterium k bei Handlungsalternative b dimensionslose und normalisierte Ausprägung des Kriteriums k bei Handlungsalternativen b Produktartenvektor der Handlungsalternative b Produktfeldvektor der Handlungsalternative b Produktvariantenvektor der Handlungsalternative b Beste Ausprägung von Kriterium k Schlechteste Ausprägung von Kriterium k Mindestanzahl insgesamt zu entwickelnder Eigenschaften Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich alle Produktvarianten einer Produktart e gegenüber allen Produktvarianten einer Produktart e unterscheiden müssen Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich die Produktvarianten i von Produktart e voneinander unterscheiden müssen Untergrenze des Produktionsmengenintervalls h, in welchem standortungebunden produziert werden kann Obergrenze des Produktionsmengenintervalls h, in welchem standortungebunden produziert werden kann Untergrenze des Produktionsmengenintervalls h, in welchem am Standort s produziert werden kann Obergrenze des Produktionsmengenintervalls h, in welchem am Standort s produziert werden kann Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich die Produktvarianten i von Produktart p voneinander unterscheiden müssen Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich alle Produktvarianten einer Produktart p gegenüber allen Produktvarianten einer Produktart p unterscheiden müssen Koeffizient des Produktionsmengenverhältnisses von Produktvarianten i und i einer Produktart e
Symbolverzeichnis
γ pii := ζea := ζei := ζwh := ζwhs := lo := ζea
s := ζea
ζeilo := ζeis := s := ζ pa
s := ζ pi
ζwlo := := κ := ηa :=
XXVII
Koeffizient des Produktionsmengenverhältnisses von Produktvarianten i und i einer Produktart p Erwarteter, periodisierter Gewinn der standortungebundenen Produktion einer Einheit von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen Erwarteter, periodisierter Gewinn der standortungebundenen Produktion einer Einheit von Produkten der Art e in Variante i Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion eines Produkts der Art e, das Eigenschaft a besitzt, an Nutzungsort l zu Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen, an Standort s Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion eines Produkts der Art e in Variante i an Nutzungsort l zur Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art e in Variante i an Standort s Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art p die Eigenschaft a besitzen, an Standort s Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art p in Variante i an Standort s Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o Budget Zinssatz Erwartete, periodisierte Kosten der Entwicklung von Eigenschaft a
XXVIII
Symbolverzeichnis
ηe :=
Erwartete, periodisierte Kosten der Entwicklung von Produktart e Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art e Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art e in Variante i Erwartete, periodisierte Kosten der Entwicklung von Produktart p Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art p Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art p in Variante i Erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W Erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h z Zugehörigkeitsfunktion der unscharfen Menge N Gewicht von Kriterium k Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Entwicklung von Eigenschaft a Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Entwicklung von Produktart e Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die standortungebundene Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art e Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die standortungebundene Produktion einer Einheit von Produkten der Art e in Variante i Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art e in Variante i Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Entwicklung von Produktart p Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art p in Variante i
ηea := ηeia := η p := η pa := η pia := ηw := ηwh := ηwhs := μ Nz := ξk := νa := νe := νea := νei := νeia := ν p := ν pia :=
Symbolverzeichnis lo := νea
XXIX
Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einem Produkt der Art e an Nutzungsort l zu Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art e an Standort s Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion eines Produkts der Art e in Variante i an Nutzungsort l zu Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion einer Einheit von Produkten der Art e in Variante i an Standort s Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art p an Standort s Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion einer Einheit von Produkten der Art p in Variante i an Standort s Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o Maximale standortunabhängige Faktoreinsatzmengenkapazität Maximale Faktoreinsatzmengenkapazität an Standort s Maximale standortunabhängige Faktoreinsatzmengenkapazität für Entwicklungstätigkeiten
s := νea
lo := νei
νeis := ν spa := ν spi := νwh := νwhs := lo := νw
N := Ns := N Ent :=
Entscheidungsvariablen
xa :=
1, wenn Eigenschaft a entwickelt wird 0, sonst
XXX
Symbolverzeichnis
xe :=
xea :=
xei :=
1, wenn Produktart e entwickelt wird 0, sonst 1, wenn Produkte der Art e Eigenschaft a besitzen 0, sonst
Anzahl der standortungebunden zu produzierenden Einheiten eines Produktes der Art e in Variante i ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produkte der Art e in Produktvariante i Eigenschaft a xeia := besitzen ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ 1, wenn Produktvariante i von Produktart e und Produktvariante ⎪ ⎪ ⎨ i von Produktart e sich definitiv in Eigenschaft a xeie i a := ⎪ unterscheiden ⎪ ⎪ ⎩ ⎧ 0, sonst ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvarianten i und i von Produktart e sich definitiv xeii a := in Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst
1, wenn Produktart p entwickelt wird x p := 0, sonst
1, wenn Produkte der Art p Eigenschaft a besitzen x pa := 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produkte der Art p in Produktvariante i Eigenschaft a x pia := besitzen ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ 1, wenn Produktvariante i von Produktart p und Produktvariante ⎪ ⎪ ⎨ i von Produktart e sich definitiv in Eigenschaft a x piei a := ⎪ unterscheiden ⎪ ⎪ ⎩ 0, ⎧ sonst ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvarianten i und i von Produktart p sich definitiv x pii a := in Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst
Symbolverzeichnis
x pi p i a :=
xw := xwh :=
xwhs :=
xwpea := xeiEnt := lo := xei
lo := xeia
xeis :=
XXXI
⎧ ⎪ 1, wenn Produktvariante i von Produktart p und Produktvariante ⎪ ⎪ ⎨ i von Produktart p sich definitiv in Eigenschaft a ⎪ unterscheiden ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst
1, wenn in Produktfeld w ∈ W produziert wird 0, sonst ⎧ ∗ ⎪ ⎨ 1, wenn in Produktfeld w ∈ W im Produktionsmengenintervall h produziert wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn in Produktfeld w an Standort s im Produktionsmengenintervall h produziert wird ⎪ ⎩ 0, sonst\hfill ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Eigenschaft a in mindestens eine Produktvariante einer Produktart p oder e aus Produktfeld w integriert wird ⎪ ⎩ 0, sonst
1, wenn Produktart e in Variante i entwickelt wird 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produkte der Art e in Variante i in Nutzungsgebiet l zu Nutzungszeit o produziert werden ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ 1, wenn Produkte der Art e in Produktvariante i in ⎪ ⎪ ⎨ Nutzungsgebiet l zu Nutzungszeit o produziert werden ⎪ und diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst
Anzahl der zu produzierenden Einheiten eines Produktes der Art e in Variante i an Standort s s∗ := Variable, die den Wert der Anzahl zu produzierender Einheiten eines xeia Produkts der Art e in Produktvariante i an Standort s annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt ∗ := xeia Variable, die den Wert der Anzahl standortungebunden zu produzierender Einheiten eines Produkts der Art e in Produktvariante i annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt
1, wenn Produktart p in Variante i entwickelt wird Ent x pi := 0, sonst
XXXII
Symbolverzeichnis
x spi :=
Anzahl der zu produzierenden Einheiten eines Produktes der Art p in Variante i an Standort s := Variable, die den Wert der Anzahl zu produzierender Einheiten eines x s∗ pia Produkts der Art p in Produktvariante i an Standort s annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produkte aus Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l lo xw := zur Nutzungszeit o angeboten werden ⎪ ⎩ 0, sonst y := yz := θ := π := μ Nz (yz ) := μGew := μ E strat. :=
Zielfunktionsvektor Ausprägungen des Zielfunktionswerts von Zielfunktion z ∈ Z Alternativ verwendbares Kapital. Kompromissparameter Zugehörigkeitswert der Zielfunktionsausprägung yz zur unscharfen z Menge N Wert der Zufriedenheit mit der Ausprägung des Gewinns Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat.
Kapitel 4 Mengen B := b = 0, 1, . . . , B B D :=
D Geb := D ∗ := E takt. := E stakt. := F Geb :=
Menge der Knoten Menge der Knoten b ∈ B, an denen Touchscreen-Monitore zur Pflegedokumentation angebracht sind (bzw. angebracht werden können) Menge digitaler Gebrauchsfaktoren Menge vollständig digitaler Produktionsfaktorarten (, die nicht physisch transportiert werden müssen) Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung standortungebunden zu produzierenden Produktarten e Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung an Standort s zu produzierenden Produktarten e Menge der Produktionsfaktoren f , die zu den Gebrauchsfaktoren zählen
Symbolverzeichnis
F V er := J := j = 1, . . . , J Ietakt. :=
takt. := Ies
takt. := I ps
N := n n = 1, . . . , N Pstakt. := Q := q = 0, 1, . . . , Q Q r := Q t := R := r = 1, . . . , R Rq := S := s s = 1, . . . , S ∗ S ∗ := s ∗ s ∗ = S + 1, . . . , S Ss∗
:=
T := t t = 1, . . . , T Vs :=
XXXIII
Menge der Produktionsfaktoren f , die zu den Verbrauchsfaktoren zählen Menge der Pflegetouren einer Arbeitskraft (mit J als maximale Anzahl einer Arbeitskraft zuzuordnenden Pflegetouren) Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart e standortungebunden zu produzierenden Produktvarianten i Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart e an Standort s zu produzierenden Produktvarianten i Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart p an Standort s zu produzierenden Produktvarianten i Menge der Transportmittel Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung an Standort s zu produzierenden Produktarten p Menge der (zusätzlichen) Personalbedarfskategorien Menge der Personalbedarfe q, die von Pflegekraft r erledigt werden können Menge der Personalbedarfe q, die in Zeitintervalle erledigt werden müssen. Menge gleich qualifizierter Arbeitskräfte Menge der Pflegekräfte r , die für die Erledigung von Personalbedarfen q eingesetzt werden können. Menge der Standorte Menge der Versorgungszentren Menge der Versorgungszentren, die Produktionsfaktoren an Standort s liefern können Menge der Planungsperioden Menge der Aktivitäten, die an Standort s durchgeführt werden können
XXXIV
Symbolverzeichnis
Vu :=
Menge der Aktivitäten, die standortungebunden durchgeführt werden können
Daten α D := A P Z min := AZ rmax := B max jr := B P Bb := cst := cs ∗ t := v := cst
cs ∗ sdt := cs ∗ s f t := ctv := D Bb := D min := D max := dt := ε := F T BG P := g vd := g vf := G P Bb := G max dst :=
Leistungsfaktor bei digitaler Pflegedokumentation Minimale Anzahl an Zeitintervallen, die zwischen zwei Pausen einer Pflegekraft liegen müssen Maximale Arbeitszeit (in Minuten) von Arbeitskraft r Maximale Anzahl an von Arbeitskraft r auf Pflegetour j anzulaufenden Bewohnerzimmer Behandlungspflegebedarf (in Minuten) an Knoten b Kosten der Unterhaltung eines Standortes s in Periode t Kosten der Unterhaltung eines Versorgungszentrums s ∗ in Periode t Kosten der einmaligen Durchführung einer Aktivität v an Standort s in Periode t Kosten des Transports einer Einheit eines Produktionsfaktors der Art d von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t Kosten des Transports einer Einheit eines Produktionsfaktors der Art f von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t Kosten der einmaligen standortungebundenen Durchführung einer Aktivität v in Periode t Dokumentationsbedarf (in Minuten) für die Erledigung des Pflegebedarfs in Bewohnerzimmer b Mindestgesamtdurchlaufzeit Höchstgesamtdurchlaufzeit Dauer von Zeitintervall t (gemessen in Minuten) Hinreichend kleine Zahl Frühester Beginnzeitpunkt von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v benötigten Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v benötigten Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Grundpflegebedarf (in Minuten) an Knoten b Maximal in Periode t an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d
Symbolverzeichnis
G max f st := lbb := L rmax := LG s := M := Mbmin := Mbmax := μ D := μm b := μx t := rt
O P Z max := O P Z min := P Bqt := P F Bb := P Z := ST BG P := T min := Trmax := U Z BG P := U Z t := x vei := x ∗eit := x ∗eist :=
XXXV
Maximal in Periode t an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Wegezeit (in Minuten) von Knoten b zu Knoten b Maximale Wegezeit (in Minuten) von Arbeitskraft r Maximale Lagerkapazität an Standort s Hinreichend große Zahl Mindestanzahl anzubringender Monitore Maximalanzahl anzubringender Monitore Wert der Zufriedenheit mit der Ausprägung der Gesamtdurchlaufzeit Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl anzubringender Monitore Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl insgesamt in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle Maximale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft am Stück arbeiten darf, ohne Pause zu machen Minimale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft am Stück arbeiten muss, ohne Pause zu machen Anzahl der in Zeitintervall t zur Erledigung des Personalbedarfs der Kategorie q benötigten Pflegekräfte Gesamtpflegebedarf (in Minuten) an Knoten b Maximale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft zusätzlich zu O P Z max ohne weitere Pause arbeiten darf Spätester Beginnzeitpunkt von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten Minimale Länge einer Schicht (gemessen in Anzahl an Zeitintervallen t) Maximale Länge der Schicht von Pflegekraft r (gemessen in Anzahl an Zeitintervallen t) Uhrzeit (gemessen in Minuten), zu der alle Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten beendet sein müssen Uhrzeit zu Beginn von Zeitintervall t (gemessen in Minuten) Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v entstehenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t standortungebunden zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t an Standort s zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e
XXXVI
x vpi := x ∗pist := x s ∗ s f t := x s ∗ s f t := X n := X rmin tt := X rmax tt :=
Symbolverzeichnis
Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v entstehenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart p Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t an Standort s zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart p Vorgegebene Anzahl der von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t zu liefernden Einheiten eines Produktionsfaktors der Art d Vorgegebene Anzahl der von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t zu liefernden Einheiten eines Produktionsfaktors der Art f Maximale Kapazität eines Transportmittels n Mindestanzahl in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle Maximalanzahl in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle
Entscheidungsvariablen eg s∗ t := egds ∗ t := eg f s ∗ t := D := g max := st := g max t max := gdt max := gdst
g max f st := h jbr :=
Vektor der in Versorgungszentrum s ∗ in Periode t zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Gesamtdurchlaufzeit Vektor der bereitzustellenden Faktorkapazitäten an Standort s in Planungsperiode t Vektor der standortungebunden bereitzustellenden Faktorkapazitäten in Planungsperiode t Anzahl der in Periode t standortungebunden bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Beginnzeitpunkt der Dokumentation von Pflegekraft r an Monitor b ∈ B D auf Pflegetour j
Symbolverzeichnis
h vdst := h vf st := l g st := l g s∗ t := lgdst := lgds ∗ t := lg f st := lg f s ∗ t :=
XXXVII
Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art d im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s in Periode t Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art f im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s in Periode t Vektor der an Standort s Periode t zu lagernden Faktormengen Vektor der in Versorgungszentrum s ∗ Periode t zu lagernden Faktormengen Anzahl der in Periode t an Standort s zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f
m b := q
P Er t :=
pt
P Er t := ptbr := Pt jbr :=
pt jbr (B P) :=
pt jbr (G P) :=
1, wenn an Knoten b ∈ B D ein Monitor angebracht wird 0, sonst
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r in Zeitintervall t zur Deckung eines Personalbedarfs der Kategorie q eingesetzt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r im Zeitintervall t auf einer Pflegetour eingesetzt wird ⎪ ⎩ 0, sonst
1, wenn der Bedarf an Knoten b von Arbeitskraftr gedeckt wird 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn der Bedarf an Knoten b von Arbeitskraft r auf Pflegetour j gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn derBehandlungspflegebedarf an Knoten b von Arbeitskraft r auf Pflegetour j gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn der Grundpflegebedarf an Knoten b von Arbeitskraft r auf Pflegetour j gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst
XXXVIII
Symbolverzeichnis
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r , die zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht beginnt, in Zeitintervall t eine Pause macht ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn die erste Pflegetour von Pflegekraft r zu Beginn von
pzrt t :=
sptr t :=
Zeitintervall t startet ⎪ ⎩ 0, sonst
1, wenn Arbeitskraft r von Knoten b zu Knoten b geht 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Arbeitskraft r auf Pflegetour j von Knoten b zu Knoten b geht ⎪ ⎩ 0, sonst
u bb r := u bb jr :=
u ss tn :=
u ss tn :=
w jbr :=
x st :=
Vektor der Periode t von Transportmittel n zu fahrenden Transportwege ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Transportmittel n in Periode t von Standort s zu Standort s f¨ahrt ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Knoten b Endpunkt einer Pflegetour j ohne Behandlungspflegevon Arbeitskraft r ist ⎪ ⎩ 0, sonst Vektor der in Periode t zu unterhaltenden Standorte und Versorgungszentren
xst :=
xs ∗ t :=
xstn :=
1, wenn Standort s in Periode t unterhalten wird 0, sonst 1, wenn Versorgungszentrum s ∗ in Periode t unterhalten wird 0, sonst 1, wenn Transportmittel n in Periode t Standort s beliefert 0, sonst
Symbolverzeichnis
x s∗ st := xs ∗ sdt := xs ∗ s f t :=
xrt :=
xrt t :=
y jbrr :=
vv := ydst
y vv f st :=
Z jr :=
λst := λ t := λvst := λvt := π :=
XXXIX
Vektor der in Periode t von Versorgungszentren s ∗ zu Standorten s zu transportierenden Faktormengen Anzahl der Einheiten eines Produktionsfaktors der Art d, die in Periode t von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s zu transportieren sind Anzahl der Einheiten eines Produktionsfaktors der Art f , die in Periode t von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s zu transportieren sind ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht beginnt ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r , die zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht beginnt, in Zeitintervall t arbeitet ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r auf Pflegetour j vor Pflegkraft r an Monitor b dokumentiert ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ 1, wenn Aktivit¨at v einen Produktionsfaktor der Art d vor ⎨
Aktivit¨at v an Standort s in Periode t nutzen ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Aktivit¨at v einen Produktionsfaktor der Art f vor Aktivit¨at v an Standort s in Periode t nutzen ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn die Deckung eines Behandlungspflegebedarfs Teil einer Pflegetour j von Arbeitskraft r ist ⎪ ⎩ 0, sonst
Vektor der Produktionsniveaus an Standort s in Periode t Vektor der standortungebundenen Produktionsniveaus in Periode t Produktionsniveau der Aktivität v an Standort s in Periode t Produktionsniveau der standortungebundenen Durchführung von Aktivität v in Periode t Kompromissparameter
XL
Symbolverzeichnis
Kapitel 5 Datensätze: G max := d G max ds := G max f s := x vea := x vpa := ηd := ηds := η f s := η Ent := ηv := ηsv :=
Maximal standortungebunden bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Maximal an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Maximal an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v in Produkte der Art e integrierten Eigenschaften der Art a Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v in Produkte der Art p integrierten Eigenschaften der Art a Erwartete, periodisierte Kosten der standortungebundenen Bereitstellung einer Einheit von Produktionsfaktoren der Art d Erwartete, periodisierte Kosten der Bereitstellung einer Einheit von Produktionsfaktoren der Art d an Standort s Erwartete, periodisierte Kosten der Bereitstellung einer Einheit von Produktionsfaktoren der Art f an Standort s Erwartete, periodisierte Kosten der Bereitstellung einer Faktoreinheit für Entwicklungstätigkeiten Erwartete, periodisierte Kosten der einmaligen standortungebundenen Durchführung von Aktivität v Erwartete, periodisierte Kosten der einmaligen Durchführung von Aktivität v an Standort s
Entscheidungsvariablen: gdmax := max := gds
g max f s := h vds := h vf s :=
Anzahl der standortungebunden bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art d im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art f im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s
Symbolverzeichnis
vv := yds
y vv f s := λv := λvs := N Ent :=
XLI
⎧ ⎪ 1, wenn im Rahmen einer Aktivit¨at v ein Produktionsfaktor der Art ⎪ ⎪ ⎨ d an Standort s verwendet wird, bevor dieser f¨ur Aktivit¨at v ⎪ an Standort s verwendet wird ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ 1, wenn im Rahmen einer Aktivit¨at v ein Produktionsfaktor der Art ⎪ ⎪ ⎨ f an Standort s verwendet wird, bevor dieser f¨ur Aktivit¨at v an ⎪ Standort s verwendet wird ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst Produktionsniveau der standortungebundenen Durchführung von Aktivität v Produktionsniveau der Aktivität v an Standort s Bereitzustellende Faktoreinsatzmengenkapazität für Entwicklungstätigkeiten
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 2.1 Abbildung 2.2 Abbildung 2.3
Abbildung 2.4 Abbildung 2.5 Abbildung 2.6 Abbildung 2.7 Abbildung 2.8 Abbildung 2.9 Abbildung 2.10 Abbildung 2.11 Abbildung 2.12 Abbildung 2.13 Abbildung 2.14
Einfaches Modell eines Kommunikationssystems . . . . . Formale Darstellung der Transformation einer Information in eine Nachricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formale Darstellung einer Nachrichtencodierung und der Transformation der codierten Nachricht in ein Signal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Formale Darstellung eines erweiterten Kommunikationssystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Trigramme und Hexagramme aus dem I Ching . . . . . . Ausgewählte optische Telegrafen und Codes aus dem 18. und 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Internationaler Morse-Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technische Zeichnungen sog. AND-, OR- und NOT-Gatter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarische Darstellung des Handlungsstrukturmodells in einer digitalen Welt . . . . Systematik zu (non-)digitalen Gütern . . . . . . . . . . . . . . . Isoquantendarstellungen zur Produktion mit digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren . . . . . Technologiedarstellung zur Produktion nicht-digitaler Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technologiedarstellungen zur digitalen Produktion . . . . Systematische Zusammenhänge zwischen (digitalem) Produktionsablauf, (digitalem) Produktionsprogramm und (digitaler) Produktion . . . . .
10 13
19 25 27 32 33 37 47 51 69 72 73
79
XLIII
XLIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 3.1
Abbildung 3.2 Abbildung 3.3 Abbildung 3.4 Abbildung 3.5 Abbildung 4.1 Abbildung 4.2 Abbildung 4.3 Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung
4.4 4.5 4.6 4.7
Abbildung 4.8 Abbildung 4.9 Abbildung 4.10 Abbildung 4.11 Abbildung 4.12 Abbildung 4.13 Abbildung 4.14 Abbildung 4.15 Abbildung 4.16
Exemplarische Darstellung der Zusammenhänge zwischen Produktfeldern, nicht-digitalen und digitalen Produktarten sowie Standorten im Rahmen der strategischen Produktionsprogrammplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Produktfelder, Produktarten, Nutzungsorte und -zeiten im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Produktfelder, Produktarten, Nutzungsorte und -zeiten im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . Exemplarischer Verlauf einer linearen Zugehörigkeitsfunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarische Zielspinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematik zur digitalen Produktionsablaufplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarische Problemstruktur eines Produktionsablaufplanungsproblems . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlegende Darstellung einer zu planenden Pflegetour . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Struktur des Entscheidungsproblemkomplexes . . . . . . . Beispiel-Pflegetour einer Pflegekraft r = 1 . . . . . . . . . . Zulässige und unzulässige Beispiel-Pflegetouren . . . . . Grafische Darstellung optimaler Pflegetouren im Beispiel zu Modell 1a . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwei mögliche Pflegetouren einer Pflegekraft . . . . . . . . Grafische Darstellung optimaler Pflegetouren im Beispiel zu Modell 1b . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zwei mögliche Pflegetouren einer Pflegekraft bei digitaler Pflegedokumentation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grafische Darstellung der optimalen Beispiellösung zu Modell 2a mit α D = 1 . . . . . . . . . . . Grafische Darstellung der optimalen Beispiellösung zu Modell 2a mit α D = 2 . . . . . . . . . . . Beispiel zur Entstehung möglicher Wartezeiten bei Überschneidungen von Dokumentationsvorgängen . . . . Grafische Darstellung der zu treffenden Reihenfolgeentscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Schichtmuster im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenhänge der Schichtmusterbestimmung, einzelner Personaleinsätze sowie der entsprechenden Einbindung der Pflegetouren . . . . . . . .
96 107 108 175 180 207 211 220 222 226 230 232 233 237 239 247 248 254 257 264
277
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1
Tabelle 2.2 Tabelle 2.3 Tabelle 2.4 Tabelle 3.1 Tabelle 3.2 Tabelle 3.3 Tabelle 3.4 Tabelle 3.5 Tabelle 3.6 Tabelle 3.7 Tabelle 3.8 Tabelle 3.9
Beispiele für diskrete und kontinuierliche Definitionsbereiche von Zeichenvorräten, Ausprägungen des Signalparameters und Zeit . . . . . . . . . . Beispiele digitaler und analoger (Code-)Nachrichten und Signale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarische Alphabetcodierung nach Polybios . . . . . . . Dualzahlen 1–8 und deren Dezimalzahltransformation nach Leibniz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung und Erläuterung exemplarischer Produktfelder sowie darin enthaltener Produktarten . . . . . . Darstellung und Erläuterung zusätzlicher Produktfelder sowie darin enthaltener Produktarten . . . . . . Eigenschaftsmengen A, A p und Ae im Beispiel . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der xa -Variablen im Beispiel . . . Optimale Ausprägungen der x p -, xe -, x pi - und xei -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der x p1a - und xe1a -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der x p2a - und xe2a -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungsmatrix zur Planung des Produktionsprogramms mittels TOPSIS . . . . . . . . . . . . . . . . Exemplarische Entscheidungsmatrix zur Planung des Produktionsprogramms mittels TOPSIS . . . . . . . . . . . . . . . .
21 22 28 31 95 105 166 168 168 169 169 182 187
XLV
XLVI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 3.10
Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle Tabelle
4.1 4.2 4.3 5.1 5.2
Tabelle 5.3 Tabelle 5.4 Tabelle 5.5
Exemplarische Abstände zur Ideal- und negativen Ideallösung auf Basis verschiedener Minkowski Distanzen (auf drei Nachkommastellen gerundet) . . . . . . . Exemplarische Gesamtpflegebedarfe und Wegezeiten . . . . Dokumentationsbedarfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (Zusätzliche) exemplarische Wegezeiten . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der xa -Variablen im Beispiel . . . Optimale Ausprägungen der x p -, xe -, x pi - und xei -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der x p1a - und xe1a -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Optimale Ausprägungen der xp2a - und xe2a -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . max Optimale Ausprägungen der g max f s -, gds - und max gd -Variablen im Beispiel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
188 231 236 246 297 297 298 298 299
1
Einleitung
1.1
Problemstellung
In der Betriebswirtschaftslehre wird vor allem untersucht, wie Unternehmen möglichst optimale oder zumindest möglichst gute Entscheidung treffen können. Bezüglich betrieblicher Produktionsentscheidungen stellen sich unabhängig vom konkreten Unternehmen auf oberster Ebene fünf zentrale Fragen: Was soll in welchen Umfang, wann, wo und wie produziert werden? Diesen Fragen wird in einer Vielzahl an wissenschaftlichen Arbeiten sowohl im Rahmen der mengenmäßigen Untersuchung von grundsätzlichen Input-Outputrelationen (Stichwort: Produktionstheorie)1 als auch im Rahmen der Formulierung von Entscheidungsmodellen zur Auswahl konkreter Produktionsalternativen (Stichwort: Produktionsplanung)2 differenziert nachgegangen. Mit der Digitalisierung als Megatrend frühen 21. Jahrhunderts3 ergeben sich für die betriebswirtschaftliche Forschung im Allgemeinen sowie die Untersuchung produktionswirtschaftlicher Fragestellungen im Besonderen neue Herausforderungen, auf welche wir uns in der vorliegenden Arbeit konzentrieren wollen. 1
Vgl. bspw. Gutenberg (1951), Laßmann (1958), Wittmann (1966), Wittmann (1968), Schweitzer/Küpper (1974), Busse von Colbe/Laßmann (1991) sowie Fandel (1996). 2 Vgl. bspw. Jacob (1971), Seelbach (1975), Fleischmann (1976), Klenke (1977), Bahl/ Zionts (1982), Zäpfel (1982), Hilke (1988), Wittmann (1989), Kern (1992), Streitferdt (1993), Jacob (1996), Trossmann (1996), Steffen (1996), Zahn/Schmid (1996), Hahn/ Laßmann (1999), Zäpfel (2000a), Zäpfel (2000b), Anschütz (2001), Bueno et al. (2020), Spengler et al. (2020) sowie Lohmer/Lasch (2021). 3 Vgl. Spengler et al. (2019), S. 247.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 T. Volkmer, Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_1
1
2
1
Einleitung
Digitalisierung kann sich diesbezüglich in Form veränderter Rahmenbedingungen (bspw. Gesetze zum Datenschutz, steigende Nachfrage nach digitalen Produkten, Möglichkeiten zur mobilen Arbeit oder zum Einsatz von Robotik, etc.), durch neu formulierte Ziele (bspw. Umstellung auf möglichst digitale Produktion), innovative Maßnahmen (bspw. Einsatz von entsprechender Software) sowie durch daraus resultierende Wirkungen auf das produktionswirtschaftliche Entscheidungsfeld eines Betriebes auswirken. Produktionstheoretisch ist in dieser Hinsicht zu evaluieren, inwiefern sich die Menge der (zukünftig) zur Verfügung stehenden Inputs (Stichwort: digitale Produktionsfaktoren), die Menge (zukünftig) produzierbarer Outputs (Stichwort: digitale Produkte) sowie die Möglichkeiten, durch den Einsatz von Input Output zu produzieren (Stichwort: digitale Produktion), durch Digitalisierung verändern. Hat man den Anspruch, den Auswirkungen der Digitalisierung auf die betriebliche Produktionswirtschaft systematisch zu erfassen, ist vor allem zu klären, was man unter digitalen Produktionsfaktoren und digitalen Produkte versteht, wie digitale Produktionsfaktoren (mit nicht-digitalen Produktionsfaktoren) kombiniert und transformiert werden können oder sollen, und wie daraus digitale Produkte entstehen (können oder sollen). Im Rahmen der Produktionsplanung sind diese neuen Produktionsmöglichkeiten ökonomisch zu evaluieren und auf Basis solcher Bewertungen entsprechende Auswahlentscheidungen zu treffen. Es ist also auf der Basis geeigneter (Entscheidungs-)Modelle zu analysieren und festzulegen, welche optimale Auswahlentscheidung bzgl. der einzusetzenden digitalen (und nicht-digitalen) Produktionsfaktoren sowie der somit zu produzierenden digitalen (und nichtdigitalen) Produkte zu treffen ist. Beschäftigt man sich detaillierter mit dieser Thematik fallen vor allem zwei zentrale Probleme auf. Zum einen wird der Begriff der Digitalisierung im betriebswirtschaftlichen Kontext zwar oft verwendet. Die konkrete Auseinandersetzung mit deren (historischen und technischen) Hintergründen, der eigentlichen bzw. heute unterstellten Wortbedeutung sowie der Systematisierung der damit zusammenhängenden Aspekte und deren Einordnung in den Gesamtkontext der Betriebswirtschaftslehre erfolgt jedoch allenfalls an der Oberfläche oder bleibt gänzlich aus. In vielen Literaturquellen wird der Begriff der Digitalisierung somit häufig nur als Buzzword verwendet. Zum anderen fällt unabhängig von der unzureichenden terminologischen und systematischen Präzision bzgl. der Digitalisierung auf, dass, obwohl zu den Themengebieten Produktionstheorie bzw. -planung eine Vielzahl an entsprechenden Literaturquellen existiert, bisher keine Forschungsarbeit veröffentlicht
1.1 Problemstellung
3
wurde, die sich differenziert und grundlegend mit produktionstheoretischen und produktionsplanerischen Auswirkungen der Digitalisierung befasst. Die Relevanz einer Untersuchung dieser beiden Problembereiche ist darin begründet, dass wissenschaftliches Arbeiten nur dann sinnvoll erfolgen kann, wenn Eindeutigkeit bzgl. der verwendeten Begriffe und der grundlegenden Zusammenhänge zwischen Teilaspekten in einem Forschungsgebiet herrscht. So scheint es im Allgemeinen und bzgl. betrieblicher Produktion im Speziellen kaum möglich, Konditionen, Ziele sowie potenzielle Maßnahmen bzgl. eines mit Digitalisierung in Zusammenhang stehenden Entscheidungsproblems sinnvoll benennen und deren Interdependenzen sinnvoll darstellen zu können, ohne ein hinreichend differenziertes terminologisches und systematisches Verständnis bzgl. der Digitalisierung zu haben. Ebenso wäre es zu kurz gedacht, Produktionsentscheidungen in Zeiten der Digitalisierung wissenschaftlich zu untersuchen, ohne zuvor zu evaluieren, ob und inwiefern sich das produktionstheoretische Fundament durch Einflüsse der Digitalisierung verändert sowie ob und inwiefern entsprechende Änderungen in der Formulierung von Modellen zur Produktionsplanung Berücksichtigung finden sollen oder müssen. Die ökonomische Relevanz der modelltheoretischen Untersuchung von Entscheidungen zur digitalen Produktion ist jedoch vor allem deswegen legitim, da Betriebe dem ökonomischen Prinzip folgend entweder nach Output-Maximierung bei gegebenem Input oder nach Input-Minimierung bei gegebenem Output streben, und zu diesem Zweck detaillierte Kenntnisse bzgl. Art und Anzahl sowie Ort und Zeit der Verfügbarkeit und Verwendbarkeit nicht-digitaler und digitaler In- und Outputs erforderlich sind. Im Zuge produktionswirtschaftlicher Digitalisierungsüberlegungen sind fundierte Aussagen über entsprechende digitale Input-Output-Relationen sowie deren Effizienz zu treffen. Mit korrespondierenden Planungsansätzen lassen sich darüber hinaus ökonomisch legitimierbare Produktionsalternativen ableiten, um letztlich optimale (i. d. R. gewinn- bzw. nutzenmaximale) Produktionsentscheidungen zu treffen. In der vorliegenden Arbeit wollen wir uns deshalb den oben skizzierten Problembereichen widmen, indem wir – uns differenziert terminologisch und systematisch mit den Begriffen digital, Digitalisierung, digitales Gut, digitaler Produktionsfaktor, digitales Produkt, digitales Produktionsprogramm, digitaler Produktionsablauf (bzw. Produktionsprozedur) und digitale Produktion auseinandersetzen und diese in den betriebswirtschaftlichen Kontext einordnen, – auf aktivitätsanalytischer Basis die theoretische Fundierung digitaler Produktion thematisieren,
4
1
Einleitung
– Grundmodelle (der mathematischen Optimierung) zur Bestimmung optimaler digitaler (und nicht-digitaler) Outputs bzgl. der quantitativen, qualitativen, lokalen und temporalen Dimension konzipieren (Planung digitaler Produktionsprogramme), – mathematische Optimierungsmodelle zur Planung digitaler Produktionsabläufe sowie – ein Grundmodell zur simultanen Planung digitaler Produktionsprogramme und digitaler Produktionsabläufe formulieren. Dadurch sind wir in der Lage, Digitalisierungsphänomene sinnvoll in die betriebliche Produktionswirtschaft zu integrieren und korrespondierende Auswahlentscheidungen ökonomisch zu legitimieren. Der konkrete Gang der Untersuchung ist im folgenden Abschn. 1.2 dargestellt.
1.2
Gang der Untersuchung
Für eine sinnvolle Untersuchung der (potenziellen) Auswirkungen von Digitalisierung auf betriebliche Produktion(-sentscheidungen) ist es erforderlich, sich grundlegend terminologisch und systematisch mit Digitalisierung im betriebswirtschaftlichen Kontext (vgl. Abschn. 2.1) sowie (digitaler) Produktion (vgl. Abschn. 2.2) auseinanderzusetzen. Um zunächst ein detailliertes Verständnis der Begriffe digital und Digitalisierung zu erzeugen, beschäftigen wir uns deshalb u. a. auf Basis von Erkenntnissen aus der Kommunikations- und Codierungstheorie sowie der Informatik mit der digitalen Darstellung und Übermittlung von Informationen sowie historischen Entwicklungen diesbezüglich konzipierter Verfahren und Geräte. Die entsprechenden Überlegungen schließen wir mit der Ableitung der für die vorliegende Arbeit geltenden Definitionen der Begriffe digital und Digitalisierung ab. Anschließend diskutieren wir dann grundsätzliche Einflüsse der Digitalisierung auf Rahmenbedingungen des betrieblichen Handelns sowie die mit Digitalisierung verbundenen bzw. sich durch diese ändernden betrieblichen Ziele, Maßnahmen und entsprechend resultierende Wirkungen des Handelns. Um die im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit zu konzipierenden Entscheidungsmodelle zur Planung digitaler Produktion sinnvoll theoretisch fundieren zu können, führen wir die grundlegenden terminologischen und systematischen Überlegungen zur Digitalisierung im betriebswirtschaftlichen Kontext in Abschn. 2.2 mit Grundlagen der Produktionstheorie zusammen. Diesbezüglich
1.2 Gang der Untersuchung
5
setzen wir uns wiederum zunächst mit der terminologischen Klärung relevanter Begriffe (wie digitales Gut, digitaler Produktionsfaktor, digitale Produktion, etc.) auseinander. Anschließend untersuchen wir die Auswirkungen der Digitalisierung auf Input-Output-Relationen in betrieblichen Produktionsvorgängen, indem wir differenzierte aktivitätsanalytische Überlegungen dazu anstellen. Da ein Hauptuntersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit produktionsplanerische Überlegungen zur Digitalisierung sind, beenden wir das zweite Kapitel mit terminologischen Grundlagen der Planung digitaler Produktion. Entsprechende grundlegende Überlegungen zur Planung digitaler Produktion sowie Optimierungsmodelle dazu diskutieren wir in dieser Arbeit in dreierlei Hinsicht. Um der Frage nachzugehen, welche digitalen Produkte in welchem Umfang zu welcher Zeit an welchem Ort produziert werden sollen, formulieren wir in Kap. 3 Modelle zur strategischen (vgl. Abschn. 3.2), taktischen (vgl. Abschn. 3.3) sowie multikriteriellen (vgl. Abschn. 3.4) Planung digitaler Produktionsprogramme. Zur Bestimmung der Art und Anzahl einzusetzender digitaler und nichtdigitaler Produktionsfaktoren sowie Ort und Zeit ihres Einsatzes, stellen wir in Kap. 4 systematische und modelltheoretische Überlegungen zur Planung digitaler Produktionsabläufe im Allgemeinen (vgl. Abschn. 4.2) sowie im Speziellen am Beispiel einer Pflegeeinrichtung (vgl. Abschn. 4.3) an. Aufgrund dessen, dass die in den Kap. 3, 4 und 5 thematisierten Modelle schnell Komplexitätsgrade erreichen, bei denen entsprechende Probleme oft nicht mehr optimierend lösbar sind, beschäftigen wir uns zum Abschluss von Kap. 4 (in gebotener Kürze) mit der Lösbarkeit entsprechender Probleme sowie (Meta-)Heuristiken (vgl. Abschn. 4.4). Die Erkenntnisse der isolierten Planung von digitalem Produktionsprogramm und digitalem Produktionsablauf integrieren wir im fünften Kapitel der vorliegenden Arbeit, indem wir ein Grundmodell zur simultanen Planung digitaler Produktion formulieren (vgl. Abschn. 5.2). Wir schließen diese Arbeit ab, indem wir ein kurzes Resümee mit einer Zusammenfassung der Vorgehensweise und der Ergebnisse sowie einem kurzen Ausblick für weitere Forschungsbedarfe in diesem Untersuchungsfeld präsentieren (vgl. Kap. 6).
2
Terminologische und systematische Grundlagen der betrieblichen Produktion in Zeiten der Digitalisierung
2.1
Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
2.1.1
Vorbemerkungen
Um sich sinnvoll mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf betriebliches Handeln im Allgemeinen sowie auf betriebliche Produktion im Speziellen auseinandersetzen zu können, ist es notwendig, zunächst differenziert auf den Begriff der Digitalisierung, der zwar oft verwendet, jedoch nur selten hinreichend gut erläutert wird, einzugehen.1 Dazu beschäftigen wir uns in Abschn 2.1.2.1 vor allem mit der Wortbedeutung von digital, um darauf aufbauend zu den Grundlagen digitaler Informationsdarstellung und -übermittlung zu kommen (vgl. Abschn 2.1.2.2) und einen Überblick zur historischen Entwicklung verschiedener diesbezüglich entwickelter Verfahren zu geben (vgl. Abschn 2.1.2.3). Dies dient vor allem dazu, differenzierte und für den Kontext der vorliegenden Arbeit zweckbezogene Definitionen der Begriffe digital und Digitalisierung entwickeln zu können. In Abschnitt 2.1.3 erläutern wir auf dieser begrifflichen Basis die (potenziellen) Auswirkungen der Digitalisierung auf betriebliches Handeln im Allgemeinen. Wir ziehen diesbezüglich das sog. Handlungsstrukturmodell nach Kossbiel heran (vgl. Abschn 2.1.3.1), um Einflüsse der Digitalisierung auf Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns (vgl. Abschn 2.1.3.2), in diesem Kontext (möglicherweise) zu formulierende betriebliche Ziele, hinzukommende innovative betriebliche Maßnahmen und deren (potenzielle) Wirkungen (vgl. Abschn 2.1.3.3) sowie
1
Vgl. Spengler et al. (2020), S. 281.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 T. Volkmer, Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_2
7
8
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
entsprechende Zusammenhänge zwischen diesen Elementen des Handelns zu untersuchen. Diese Inhalte dienen als Fundament anschließender Konkretisierungen vor dem Hintergrund betrieblicher Produktion in Zeiten der Digitalisierung in Abschnitt 2.2.
2.1.2
Zum Begriff der Digitalisierung
2.1.2.1 Vorbemerkungen Etymologisch liegen die Ursprünge des Begriffs digital in den lateinischen Worten digitus („der Finger“) und digitalis („zum Finger gehörend“) sowie dem daraus abgeleiteten Wort digit (engl.), das im herkömmlichen Sinne einen „(zum Zählen benutzte[n]) Finger“ beschreibt und im heutigen Sprachgebrauch „Ziffer oder Stelle (in der Anzeige eines elektronischen Geräts)“ bedeutet.2 Das vom Englischen ins Deutsche übernommene Wort digital lässt sich vor diesem Hintergrund als „in Stufen erfolgend, in Ziffern darstellend“ übersetzen.3 Digitalisieren ließe sich demnach wortwörtlich als „etwas in einen Ziffer-/Stufen-Zustand bringen“ oder „etwas mit Ziffern/Stufen versehen“ übersetzen.4 Entgegen der oftmals vertretenen Meinung, digital bzw. digitalisieren habe zwangsläufig etwas mit Computern aus dem 21. Jahrhundert zu tun, geht es im eigentlichen Wortsinn aber zunächst nur um die stufenweise Darstellung und Übermittlung von Informationen in Form von Nachrichten. Die Ursprünge dieser Form der Informationsrepräsentation liegen zeitlich deutlich vor der Entwicklung des ersten Computers. Wir wollen im Folgenden zunächst auf im Zusammenhang mit Informationsübermittlung wesentliche Begriffe eingehen sowie ein einfaches Modell zu deren Übermittlung präsentieren, um anschließend relativ kurz (und ausgewählt) die historische Entwicklung digitaler Nachrichtenrepräsentation und deren Verwendung darzustellen. Darauf aufbauend thematisieren wir eine heute vorwiegend verwendete und für diese Arbeit relevante Interpretation des Begriffs digital. 2
Vgl. DWDS(a) Stichwort: digital, abgerufen am: 07.08.2019; In anderen Kontexten kann digital bspw. auch „in Einzelschritte aufgelöst“ meinen (vgl. Duden(a) online Stichwort: digital, abgerufen am: 16.03.2020). Diesen Wortbedeutungen wollen wir uns an dieser Stelle jedoch nicht weiter widmen. 3 Vgl. DWDS(a) Stichwort: digital, abgerufen am: 07.08.2019. 4 Das Suffix –isieren bedeutet im Deutschen „eine Person oder Sache in einen bestimmten Zustand […] [bringen], zu etwas […] [machen]“ oder „eine Person oder Sache mit etwas versehen […]“ (Duden(b) online Stichwort: -isieren, abgerufen am 24.03.2020).
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
9
2.1.2.2 Grundlagen digitaler Informationsdarstellung und -übermittlung Wittmann (1959) definiert Information als „zweckorientiertes Wissen, also solches Wissen, das zur Erreichung eines Zweckes […] eingesetzt wird.“5 Wenn wir als Wissen W die Menge des einem Individuum Bekannten verstehen6 , so stellt eine Information I folglich einen auf einen bestimmten Zweck bezogenen Ausschnitt dieser Gesamtheit dar (I ⊂ W ). In diesem Sinne ist Information folglich auch immer (zu einem nicht unwesentlichen Grad) situativ. So weiß ein Manager bspw., dass (1) sein Unternehmen im vergangenen Quartal 5 Geldeinheiten (GE) Umsatz erzielt hat, und er kennt (2) das Lieblingsrestaurant seiner Frau. Information wird daraus jedoch erst, wenn er (1) bzw. (2) für die Bewertung des Unternehmenserfolges bzw. für die Wahl des Lokals zum Abendessen verwendet, das Wissen also in Kontext zu einem bestimmten Zweck setzt.7 Informationen sind dementsprechend Güter8 und eng verbunden mit Entscheidungen und daraus resultierendem Handeln. Eine der grundlegenden Fragen, die sich Menschen im Zusammenhang mit Informationen stellen, ist jene nach der Übertragungsart, ergo: Wie können Informationen von einem Ort zum anderen gelangen? Zusätzlich fragen wir uns, wie Informationsübertragung möglichst schnell und möglichst störungsfrei erfolgen kann.9 Zur Untersuchung dieses Fragenkomplexes wollen wir basierend auf Shannon (1948) ein detailliertes Modell der Informationsübermittlung konstruieren. 5
Wittmann (1959). S. 14. Der Wissensbegriff wird in der Wissenschaft viel diskutiert. Es ist u. a. strittig, inwiefern Wissen sicher oder wahr sein muss, um als solches zu gelten (vgl. bspw. Wittmann (1959), S. 15 ff.). Wir wollen die entsprechende Diskussion in dieser Arbeit jedoch nicht vertiefen, sondern diesbezüglich bspw. auf Gottschalk-Mazouz (2007) verweisen. Neben individuellem Wissen können wir auch von kollektivem Wissen (Vereinigung des Wissens mehrerer Individuen) bzw. im Speziellen von institutionellem Wissen sprechen. 7 Selbstverständlich kann Wissen in unterschiedlichen Kontexten zu diversen Informationen werden. So können (1) bzw. (2) alternativ als Informationen für u. a. das Verfassen eines Quartalberichts bzw. eine Empfehlung für ein Geburtstagsgeschenk dienen. 8 Wittmann (1968, S. 1) hält fest: „Es gibt menschliche Bedürfnisse, und es gibt eine Menge von Gütern, durch die menschliche Bedürfnisse befriedigt werden können.“ Wir definieren ein Gut dementsprechend als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. 9 An dieser Stelle werden bereits die ökonomischen Facetten von Informationsübertragung deutlich. Gemäß dem ökonomischen Prinzip, hier in Form des Minimalprinzips, ist die zu übertragende Information (gegebener Output) mit derjenigen Alternative zu übermitteln, die zum geringstmöglichen Zeitaufwand (minimaler Input) führt. Offensichtlich können bzgl. der Informationsübertragung aber auch ökonomische Problemstellungen, die am Maximalprinzip ausgerichtet sind, formuliert werden. Dies ist bspw. der Fall, wenn in einer gegebenen Zeitspanne möglichst viele Informationen übertragen werden sollen. 6
10
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Im entsprechenden Grundmodell produziert ein Sender eine Nachricht, welche von einem Sendeorgan in ein für die Übertragung der Nachricht angemessenes Signal transformiert wird. Das Signal wird sodann über einen geeigneten Kanal an das Empfangsorgan versandt, der aus diesem die Nachricht rekonstruiert und an das Ziel übermittelt (vgl. Abb. 2.1).10 Diesen „Informationsaustausch“11 bzw. das Senden einer Nachricht durch ein Sendeorgan an ein Empfangsorgan12 nennen wir Kommunikation. Diese lässt sich im Rahmen der Semiotik13 bezüglich formaler Beziehungen zwischen Zeichen (Syntaktik), ihrer Bedeutung (Semantik) sowie der Zeichenverwendung und des durch sie beeinflussten Verhaltens der beteiligten Akteure (Pragmatik) untersuchen.14 Wir werden uns in der vorliegenden Arbeit aufgrund dessen, dass deren Gegenstand vor allem die Art der Informationsübertragung sowie das durch Informationen intendierte (betriebswirtschaftliche) Handeln ist, Kommunikation einführend syntaktisch und anschließend hauptsächlich pragmatisch widmen.15
Abbildung 2.1 Einfaches Modell eines Kommunikationssystems16
10
Vgl. Shannon (1948), S. 380 f. Watzlawick et al. (2000), S. 30. 12 Vgl. Schulz von Thun (1998), S. 25. 13 Semiotik ist die „[…] allgemeine(n) Lehre von den Zeichen und Sprachen […]“ (Watzlawick et al. (2000), S. 22). 14 Vgl. Morris (1938), S. 13–42, Carnap (1948), S. 9 und Watzlawick et al. (2000), S. 22 i. V. m. Bauer/Goos (1991), S. 25. 15 Aufgrund offensichtlicher Interdependenzen zwischen Syntaktik, Semantik und Pragmatik lassen sich diese streng genommen kaum vollständig isoliert analysieren. Wir werden bspw. unten feststellen, dass pragmatische Aspekte von Kommunikation nur dann sinnvoll erfolgen können, wenn „semantisches Übereinkommen“ (Watzlawick et al. (2000), S. 22) zwischen den Beteiligten herrscht, weshalb wir Einigkeit über die Semantik der Kommunikation i. d. R. voraussetzen, ohne diese jeweils explizit zu thematisieren. 16 In Anlehnung an Shannon (1948), S. 381 sowie Ernst et al. (2020), S. 37. 11
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
11
Die Elemente Sender, Sendeorgan, Signal, Kanal, Störquellen, Empfangsorgan und Empfänger sowie deren Beziehungen zueinander bilden ein Kommunikationssystem. Im Folgenden wollen wir die ein zelnen Elemente dieses Systems sowie deren Beziehungen detaillierter betrachten. Teilsystem Sender-Sendeorgan: Wir beginnen mit dem Teilsystem „Sender-Sendeorgan“. Zu diesem Zweck definieren wir folgende Begriffe: Zeichen: Ein Zeichen z ist ein unterscheidbarer17 , „sinnlich wahrnehmbarer Hinweis“18 .19 Zeichenvorrat: Ein Zeichenvorrat Z := z = 1, . . . , Z ist eine endliche Menge von Zeichen.20 Alphabet: Ein Alphabet B := (Z , R) ist eine Menge von Zeichen Z , welche durch eine Ordnungsrelation R in eine feste Reihenfolge gebracht werden.21 Alphabetmenge: Eine Alphabetmenge B M := B = 1, . . . , B ist die Menge aller (einem Individuum) bekannten Alphabete. Nachricht: Eine Nachricht n = z j j=1,...,J mit z j ∈ B ist eine „[endliche] Folge von Zeichen […], die von einem Sendeorgan […] ausgehend, in irgendeiner Form 17
Vgl. dazu Bauer/Goos (1991), S. 27. DWDS (b), Stichwort: Zeichen, abgerufen am: 25.11.2020. 19 Zeichen können also visuell (Buchstaben, geometrische Formen, etc.), akustisch (Sirenen, Einparkhilfen, etc.), olfaktorisch (Rauchgeruch, etc.), gustatorisch (Geschmack von verdorbenem Essen, etc.) oder taktil (Schulterklopfen, etc.) wahrgenommen werden. Das Kriterium der Unterscheidbarkeit ist vor allem zur Vermeidung von Verwechslungen wichtig. Hierbei geht es um Fühlbarkeits- bzw. Wahrnehmungsschwellen, die abhängig davon sind, wer oder was die entsprechenden Zeichen unterscheiden können muss. Ein Mensch hat diesbezüglich bspw. andere Wahrnehmungsschwellen als eine Maschine. 20 Vgl. Bauer/Goos (1991), S. 27. Grundsätzlich sind auch unendliche Mengen als Zeichenvorräte denkbar. Diese Fälle sind im Kontext der Nachrichtenübermittlung jedoch nicht relevant (vgl. ebd., S. 27). 21 Vgl. Ernst et al. (2020), S. 37. 18
12
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
einem Empfangsorgan […] übermittelt wird.“22 Der Index j ∈ J repräsentiert die Position des Zeichens in der Folge. Nachrichtenraum: Der Nachrichtenraum N R(B) ist „die Menge aller Nachrichten, die mit den Zeichen eines Alphabets [B] gebildet werden können […]“23 . Mit m als maximaler Nachrichtenlänge (maximale Zeichenanzahl einer Nachricht) gilt N R(B) = B m . Informationsraum: Der Informationsraum I R ist die Menge aller Informationen, die aus dem Wissen eines Individuums generiert werden können. Aufgrund dessen, dass jede Information I ⊂ W ist, entspricht der Informationsraum der Menge aller Teilmengen des Wissens und es gilt somit I R = P(W ). Um Informationen übertragen zu können, d. h. ihre lokale (und temporale) Dimension zu verändern, sind diese in Nachrichten zu transformieren. Dementsprechend ist vom Sender zunächst aus der Menge ihm bekannter Alphabete B M ein dafür geeignetes B auszuwählen, welches den Nachrichtenraum N R(B) determiniert. Die Transformation von Informationen in Nachrichten erfolgt dann über die Abbildung des Informations- in den Nachrichtenraum: f
IR − → N R(B) Es ist offensichtlich, dass die meisten Informationen nicht eindeutig einer Nachricht zugeordnet werden können und die entsprechende Abbildung (oder Relation) i. d. R. mehrdeutig ist.24 In Abhängigkeit der betrachteten Information und der vorliegenden Transformationsrelation zwischen I R und N R(B) ergibt sich eine Menge der für die Übertragung der Information in Frage kommenden Nachrichten N I ⊂ N R(B). In Fällen, in denen eine Information mehreren Nachrichten zugeordnet ist (|N I | > 1), muss der Sender (mindestens) eine dieser Nachrichten
22
Ernst et al. (2020), S. 37. Eine Nachricht muss per Definition nicht zwangsläufig endlich sein (vgl. ebd., S. 37). Jedoch sind sie dies in aller Regel, „[…] da man in endlicher Zeit immer nur Nachrichten übermitteln kann, die aus endlich vielen Zeichen aufgebaut sind.“ (Bauer/Goos (1991), S. 27). 23 Ernst et al. (2020), S. 38. 24 Vgl. Bauer/Goos (1991), S. 3–4. Es ist ebenso kaum von der Hand zu weisen, dass die entsprechende Zuordnung von Person zu Person (zumindest in Teilen) unterschiedlich ist und f
IR − → N R(B) dementsprechend durch ein hohes Maß an Individualität geprägt ist.
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
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als zu übertragende auswählen. Bezüglich dieser Entscheidung ist auf pragmatischer Ebene zu beachten, dass Kommunikation mehrere Facetten hat. Diese werden u. a. im sog. Vier-Seiten-Modell nach Schulz von Thun, in welchem Kommunikation durch Sach-, Beziehungs-, Selbstoffenbarungs- und Appellaspekte charakterisiert ist, thematisiert.25 Während der Sachaspekt die deutliche und verständliche Vermittlung des Sachverhalts anspricht, geht es beim Beziehungsaspekt um die Beeinflussung des Verhältnisses zwischen Sender und Empfänger. Kommunikation gibt jedoch auch etwas über den Sender preis (Selbstoffenbarungsaspekt), was nicht zwangsläufig explizit in der Nachricht zum Ausdruck kommt (bspw. Unsicherheit), und beinhaltet auch stets Erwartungen an Reaktionen des Empfängers (Appellaspekt).26 Die vier Seiten von Kommunikation machen zum einen deutlich, dass die Übermittlung einer einzelnen Information streng genommen unmöglich ist, da neben einer Sachinformation auch Informationen zu Beziehung, Selbstoffenbarung und Appell mit einer Nachricht verbunden sind. Zum anderen sollte der Sender demzufolge bei der Auswahl einer Nachricht aus N I immer alle vier Seiten berücksichtigen. Der Fokus soll im Folgenden jedoch auf der Sachebene der Kommunikation liegen. Abbildung 2.2 Formale Darstellung der Transformation einer Information in eine Nachricht
25 26
Vgl. Schulz von Thun (1998), S. 13–14. Vgl. ebd., S. 13–14.
14
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Die Transformation einer Information in eine Nachricht ist in Abbildung 2.2 grafisch dargestellt, wobei durchgezogene Pfeile bzw. Kanten Selektions- und gestrichelte Pfeile Kausalzusammenhänge darstellen.27 Wir wollen zur Verdeutlichung einen Manager betrachten, der den Vorstand über die Gewinne der vergangenen beiden Monate (5 bzw. 10 GE) informieren möchte. Er verwendet dazu das römische Alphabet (B) und ordnet der obenstehenden Information (I ) aufgrund seiner persönlichen Transformationsrelation die folgenden Nachrichten n 1 und n 2 (jeweils ∈ N I ) zu: (n 1 ) (n 2 )
„Der Gewinn betrug im vorletzten Monat fünf und im letzten Monat zehn GE.“ „Wir haben den Gewinn vom Vormonat i. H. v. fünf GE im vergangenen Monat verdoppelt.“
Er muss nun entscheiden, ob er den Vorstand durch das Senden von n 1 oder n 2 (oder ggf. durch das Senden von n 1 und n 2 ) über die Gewinnentwicklung informieren möchte. Dabei sollte er sich darüber im Klaren sein, dass n 1 und n 2 sachlich durchaus dasselbe vermitteln, n 2 einen möglichen Appell „Ich habe gute Arbeit geleistet, belohne mich dafür!“ jedoch stärker in den Vordergrund stellt als n 1 . Wir definieren nun zusätzlich folgende Begriffe: Code: Ein Code ist „eine Vorschrift zur Zuordnung eines Zeichenvorrats […] zu einem (ein-) anderen Zeichenvorrat […]“.28 Der Zeichenvorrat Z wird zu diesem Zweck eindeutig in einen weiteren Zeichenvorrat C := c = 1, . . . , C abgebildet
27
So kann bzw. muss ein Sender das zu verwendende Alphabet B (durchgezogener Pfeil f
→ N R(B) (von I R zwischen B M und B), seine individuelle Transformationsrelation I R − und N R(B) ausgehende durchgezogene Kanten) genauso wie eine zu übermittelnde Information I (durchgezogener Pfeil zwischen I R und I ) selbst wählen. Der Nachrichtenraum (gestrichelter Pfeil zwischen B und N R(B)) sowie die Nachrichtenmenge (gestrichelter Pfeil zwischen I und N I ) ergeben sich dann kausal aus den zuvor getroffenen Auswahlentscheidungen, wobei der Kausalzusammenhang zwischen Information und Nachrichtenf
menge durch die Transformationsrelation determiniert wird (von I R − → N R(B) ausgehender gestrichelter Pfeil). Zwischen Nachrichtenmenge und Nachricht besteht dann wieder ein Selektionszusammenhang (durchgezogener Pfeil zwischen N I und n). 28 Bauer/Goos (1991), S. 32 (auf Basis von DIN 44 300).
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
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f
(Z − → C).29 Bei einigen Codes ist es üblich, den Zeichen z ∈ Z eine Folge f
mehrerer Zeichen c ∈ C zuzuordnen, sodass allgemein Z − → C k mit k ∈ N 30 als maximale Länge der Code-Zeichenfolge. Beziehen wir die Ordnungsrelationen mit ein, können wir Codes auch auf Alphabetebene als (ein-)eindeutige f
Abbildung von B in C A (B − → C A) formulieren. Code-Alphabet: Ein Code-Alphabet C A := C k , R ist eine Menge von (Code-)Zeichen (-folgen)C k , welche durch eine Ordnungsrelation R in eine feste Reihenfolge gebracht werden.31 Code-Alphabetmenge: Eine Code-Alphabetmenge C AM := C A = 1, . . . , C A ist die Menge aller (einem Individuum) bekannten Code-Alphabete. Code-Nachricht (oder codierte Nachricht): Eine Code-Nachricht cn = c j j=1,...,J mit c j ∈ C A ist eine auf Basis eines f Codes Z − → C k umgewandelte Darstellung einer Nachricht n = z j j=1,...,J mit z j ∈ B. Code-Nachrichtenraum: Der Code-Nachrichtenraum C N R(C A) ist „die Menge aller [Code-]Nachrichten, die mit den Zeichen eines [Code-]Alphabets [C]A gebildet werden können […]“32 . In Analogie zum Nachrichtenraum gilt C N R(C A) = C Am . Zur Übertragung von Nachrichten wird ein Sendeorgan benötigt, welches diese in für den Übertragungskanal angemessene Signale umwandelt.33 In vielen Situationen geschieht dies direkt und oft unterbewusst, u. a. in Form von Sprechen oder 29
Codes sind dementsprechend mathematische Funktionen, welche als (ein-)eindeutige Abbildungen einer Menge X (Urbildmenge) in eine Menge Y (Bildmenge) definiert sind (vgl. bspw. Ohse (1998), S. 72 ff.). Neben der Zuordnung selbst wird auch die Bildmenge als Code bezeichnet. Die Tätigkeit, einen Code zu erstellen, nennen wir Codierung (vgl. Bauer/ Goos (1991), S. 32). 30 Dies gilt bspw. für den Klappen-, Morse- oder den ASCII-Code (vgl. Abschn. 2.1.2.3). 31 In Anlehnung an die Alphabet-Definition von Ernst et al. (2020), S. 37. 32 Ernst et al. (2020), S. 38. 33 Vgl. Shannon (1948), S. 381. Der Sender kann dabei selbst als Sendeorgan fungieren (Sprechen, Winken, etc.) oder ein separates Sendeorgan wie bspw. ein Telefon verwenden.
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2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Gestikulieren.34 Es gibt jedoch Fälle, in denen Informationen nur indirekt, verschlüsselt über codierte Nachrichten versendet werden können oder sollen. Dazu werden Methoden aus dem Bereich der Kryptologie35 bzw. Codierungstheorie36 angewendet, deren Nutzung vorrangig durch (a) Geheimhaltung bzw. Vertraulichkeit, (b) Verbindlichkeit, (c) Schutz der Authentizität sowie (d) Schutz der Integrität (Schutz vor Veränderung/Verfälschung) begründet ist.37 Ad (a): Ist die mit einer Nachricht verbundene Information ausschließlich für einen ausgewählten Adressatenkreis bestimmt und kann gleichzeitig nicht sichergestellt werden, dass niemand außerhalb davon Zugang zu dieser Nachricht erhält, ist deren Inhalt so zu verschlüsseln, dass er nur von den Adressaten entschlüsselt werden kann. Ad (b): Das Charakteristikum der Verbindlichkeit zielt darauf ab, zweifelsfrei die Urheberschaft einer Nachricht nachweisen zu können. Ad (c): Der Schutz der Authentizität hat Beweise der Identität des Senders einer Nachricht durch entsprechende Signatur zum Inhalt.38 Ad (d): In vielen Fällen ist eine Nachricht vor möglichen Veränderungen zu schützen. Vor allem betrifft dies Fälle, in denen weite Strecken überbrückt werden müssen. Je weiter die Entfernung, die eine Nachricht zwischen Sendeorgan und Empfangsorgan zurücklegen muss, desto eher ist die Übertragung anfällig gegenüber Störquellen wie ungünstigen Wetter- oder Lichtverhältnissen. Die Nachricht läuft somit Gefahr, nicht in der ursprünglichen Form beim Empfangsorgan anzukommen. Eine Möglichkeit, Verfälschungen von Nachrichten durch Störquellen zu verringern, ist deren Codierung. Nachfolgend wollen wir uns hauptsächlich mit (d) als Codierungsgrund auseinandersetzen, da dieser maßgeblich für die Entwicklung moderner Verfahren zur Nachrichtenübermittlung ist.39
34
Dabei werden Nachrichten von Menschen in akustisch bzw. visuell wahrnehmbare Schallbzw. Lichtwellen transformiert. 35 Kryptologie (oder auch Kryptographie) ist „[…] die Kunst und die Wissenschaft, die sich damit beschäftigt, Methoden zur Verheimlichung von Nachrichten zu entwickeln“ (Beutelspacher (2015), S. 2). 36 In der Codierungstheorie geht es um (mathematische) Verfahren zur Erkennung, Verarbeitung und Behebung von durch den verwendeten Kanal bedingten Fehlern in Nachrichten (vgl. dazu bspw. Willems (2008), S. 1 ff.). 37 Vgl. Witt (2001), S. 247. 38 Vgl. ebd., S. 247. 39 Zu (a)–(c) vgl. vertiefend Witt (2001).
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
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Grundsätzlich ist für die Codierung einer Nachricht zunächst der zu verwendende Code zu erstellen bzw. auszuwählen.40 Dieser ist die Abbildung des der Nachricht zugrundeliegenden Zeichenvorrats Z bzw. Alphabets B in den Code-Zeichenvorrat C k bzw. das relevante Code-Alphabet C A ∈ C AM und determiniert somit die Abbildung des Nachrichtenraums N R(B) in den Code-Nachrichtenraum C N R(C A).41 Den ursprünglichen Zeichen einer Nachricht werden also, u. a. in der Hoffnung diese störungsrobuster übertragen zu können, alternative Zeichen(-folgen) zugeordnet und es entsteht eine alternative Zeichenfolge cn, die codierte Nachricht.42 Durch die Nachricht n sowie eine durch den verwendeten Code determif → C N R(C A) ist die Code-Nachricht cn (ein-) nierte Abbildung N R(B) − eindeutig bestimmt. Diese ist also eine mathematische Funktion cn = f
f n, N R(B) − → C N R(C A) .43 Unabhängig davon, ob eine Nachricht in ursprünglicher oder codierter Form vorliegt, wird sie vom Sendeorgan in ein Signal transformiert. Wir definieren dazu folgende zusätzliche Symbole und Begriffe:
40
Wie wir unten sehen werden, ist der zu verwendende Code i. d. R. jedoch durch das Sendeorgan oder das Empfangsorgan mehr oder weniger vorgegeben. 41 Vgl. bspw. Ernst et al. (2020), S. 69 oder Willems (1999), S. 2 ff. 42 Unten thematisieren wir die Vorteile der Übermittlung codierter Nachrichten detaillierter. Als einleitendes Beispiel sei aber an dieser Stelle das folgende angeführt: Selbst bei guten Wetterverhältnissen wird bei visueller Übertragung die Unterscheidung der Buchstaben i und j ab einer gewissen Entfernung kaum möglich sein, während die Unterscheidung einer Folge von Lichtimpulsen noch verhältnismäßig gut möglich ist. Legt man fest, dass bspw. ein Lichtimpuls für i und zwei aufeinanderfolgende Lichtimpulse für j stehen, lassen sich die Buchstaben i. d. R. robuster gegenüber Störungen visuell über Entfernung übertragen. 43 Damit das Empfangsorgan die codierte Nachricht unmissverständlich decodieren, also f
wieder in die Nachricht n transformieren, kann, ist der verwendete Code Z − → C k (sinnvollerweise) injektiv (oder eineindeutig bzw. eindeutig umkehrbar) zu gestalten (vgl. Bauer/ Goos (1991), S. 33). D. h. also, dass jedem Element aus Z genau ein Element aus C k f
zugeordnet ist und vice versa. Somit ist C k − → Z also die Umkehrfunktion (vgl. zur f
→ Ck. Eineindeutigkeit sowie zu Umkehrfunktionen bspw. Ohse (1998), S. 76–88) von Z −
18
P˜ := D p˜ := X d p˜ := T :=
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
{ p| ˜ p˜ ist eine physikalisch messbare und über die Zeit veränderliche Größe} {d p˜ |d p˜ ist ein Charakteristikum der Größe p} ˜ {xd p˜ |xd p˜ ist eine Ausprägung des Charakteristikums d p˜ } {t|t ist ein Zeitpunkt}
Signal: Ein Signal s(t) ist „der eine Nachricht übertragende (damit Information wiedergebende) zeitliche Verlauf einer physikalischen Größe[…]“.44 Signalraum: Der Signalraum S R ist die Menge aller Signale, welche mit den Ausprägungen xd p˜ des Signalparameters d p˜ und den Zeitpunkten t erzeugt werden können. Es gilt dementsprechend S R = T × X d p˜ . Grundsätzlich kommen als Signale alle (zumindest über die Zeit) veränderlichen physikalischen Größen p˜ ∈ P˜ (wie elektrischer Strom, Licht, Schall, etc.) in Frage, von denen (mindestens) eine als Nachrichtenträger auszuwählen ist. Bei Signalen mit mehreren Eigenschaften d p˜ ∈ D p˜ (bspw. Spannung, Stärke, etc. von elektrischem Strom) ist zusätzlich der Signalparameter, also dasjenige Charakteristikum, welches zur Nachrichtenrepräsentation verwendet wird, zu bestimmen.45 Durch die Abbildung von C k bzw. Z in X d p˜ werden die Zeichen einer (codierten) Nachricht (ein-)eindeutig in Ausprägungen des Signalparameters überführt. Die Transformation einer (codierten) Nachricht in ein Signal erfolgt f
f
→ X d p˜ (bzw. Z − → X d p˜ ) basierende (ein-)eindeutige dann über die auf C k − Abbildung des (Code-)Nachrichtenraums in den Signalraum S R, der als T × X d p˜ definiert ist: f
f
→ S R bzw.C N R(C A) − → SR N R(B) −
44
Bauer/Goos (1991), S. 23. Vgl. Bauer/Goos (1991), S. 22–23. I. d. R. ist das zu verwendende Signal sowie der (die) entsprechende(n) Signalparameter durch das Sendeorgan festgelegt.
45
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
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Abbildung 2.3 Formale Darstellung einer Nachrichtencodierung und der Transformation der codierten Nachricht in ein Signal
Somit wird die Abfolge der einzelnen Zeichen einer (codierten) Nachricht über die zeitliche Abfolge der Ausprägungen des Signalparameters berücksichtigt. Das aus der (Code-)Nachricht entstehende Signal s(t) ist dementsprechend eine Funktion der Zeit, welches nun über einen geeigneten Kanal an das Empfangsorgan gesendet wird.46 Der Ablauf einer Nachrichten-Codierung sowie der anschließenden Transformation der codierten Nachricht in ein Signal sind in Abb. 2.3 grafisch dargestellt, wobei durchgezogene Pfeile bzw. Kanten wiederum Selektions- und gestrichelte Pfeile Kausalzusammenhänge darstellen.
46
An dieser Stelle mag nun die Frage aufkommen, inwiefern sich ein Signal von einer nicht informationsübertragenden physikalischen Größe unterscheidet. Zur Erklärung sei folgendes Beispiel in Anlehnung an Watzlawick et al. (2000, S. 30) angeführt: (1) Ein Mensch tritt beim Gehen ungewollt gegen einen Stein, wodurch dieser aufgrund der auf ihn übertragenen Energie in Bewegung gebracht wird. (2) Ein Mensch stupst einen Hund mit dem Fuß mit dem Ziel, diesen zum Aufstehen zu bewegen. In (2) transportiert die Energie des Tritts Information, in (1) ist dies nicht der Fall.
20
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Nehmen wir bezogen auf das Manager-Beispiel von oben an, dass dieser n 2 („Wir haben den Gewinn vom Vormonat i. H. v. fünf GE im vergangenen Monat verdoppelt.“) als zu übersendende Nachricht auswählt, könnte er diese wie folgt in ein Signal transformieren. Zunächst bestimmt er das Morse-Alphabet (C A) als Code-Alphabet sowie die damit verbundene und (international) bekannte Zuordnung der Morsezeichen (Code-Zeichen) zu römischen Buchstaben als Code f
→ C A).47 Folglich kann er die codierte Nachricht cn als Folge von Strichen (B − und Punkten ermitteln. Ordnet er Strichen lange und Punkten kurze Stromimpulse f
zu (C k − → T × X d p˜ ), kann er die codierte Nachricht als diskrete zeitliche Abfolge dieser Impulse (Signal s(t)) über ein Kabel (Kanal) an das Empfangsorgan schicken. An dieser Stelle ist jedoch noch ungeklärt, ob und inwiefern Elemente und Beziehungen des oben thematisierten Teilsystems digital, also in einem Zifferbzw. Stufenzustand, sind. Wie oben deutlich wird, basiert Kommunikation auf syntaktischer Ebene auf verschiedenen Mengen sowie einer Auswahl deren Abbildungen ineinander. Dementsprechend sind Teile von Informationstransfers digital, falls entsprechende Mengen oder Relationen innerhalb des Kommunikationssystems als stufenweise charakterisiert werden können. In mengentheoretischer Diktion bedeutet dies, dass Mengen (bzw. Relationen) diskret sein müssen. Letztendlich sind die für Kommunikation wesentlichen Mengen die Zeichenvorräte Z und C k , die mit einem Signal zusammenhängenden X d p˜ und T sowie die entf
f
sprechenden Relationen Z − → C k und C − → X d p˜ . Grundsätzlich können diese Mengen diskret oder kontinuierlich definiert sein. Tab. 2.1 zeigt entsprechende Beispiele auf. Die Definitionsbereiche der Zeichenvorräte Z bzw. C k determinieren, ob der entsprechende (Code-)Nachrichtenraum und somit auch, ob darin enthaltene (Code-) Nachrichten diskret oder kontinuierlich definiert sind. Ebenso wird die Art des Signalraums durch Kontinuität bzw. Diskretheit von Signalparameter und Zeit bestimmt. Dabei ist grundlegend zu unterscheiden, ob die Werte des Signalparameters und ob die Zeit diskret oder kontinuierlich definiert sind. Wir sprechen dann von wertdiskreten und -kontinuierlichen sowie zeitdiskreten und -kontinuierlichen Signalen.48 Ein zeit- und wertdiskretes Signal nennt man digital, ein zeit- und wertkontinuierliches bezeichnen wir hingegen als analog.49 47
Vgl. vertiefend dazu Abschn. 2.1.2.3 und Abb. 2.7. Vgl. Vogel (1999), S. 1–2. 49 Vgl. ebd., S. 1. Analog bedeutet in der elektronischen Datenverarbeitung (EDV) „kontinuierlich“ oder „stufenlos“ (vgl. Duden(c) online Stichwort: analog, abgerufen am 23.03.2020; 48
R Rk
xd p˜ xd p˜ ist eine Voltzahl , xd p xd p˜ ist eine Frequenz t|t ist ein Zeitpunkt aus einem
{a, b, c, . . .}, N
{a, b, c, . . .}k , Nk
{Strom an, Strom aus}, {Licht an, Licht aus}
{t|t ist ein diskreter Zeitpunkt}
Z
Ck
X d p˜
T
kontinuierlichen Zeitintervall
Kontinuierlicher Definitionsbereich
Diskreter Definitionsbereich
Menge
Tabelle 2.1 Beispiele für diskrete und kontinuierliche Definitionsbereiche von Zeichenvorräten, Ausprägungen des Signalparameters und Zeit
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt 21
22
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Bezeichnen wir diskrete bzw. kontinuierliche (Code-)Nachrichten ebenfalls als digital bzw. analog, können wir demzufolge in einem Kommunikationsprozess grundsätzlich zwischen digitalen und analogen Nachrichten, Code-Nachrichten und Signalen unterscheiden. Tab. 2.2 zeigt Beispiele digitaler und analoger (Code-)Nachrichten und Signale. Tabelle 2.2 Beispiele digitaler und analoger (Code-)Nachrichten und Signale Nachricht digital
Code-Nachricht
Signal
n = (S, O, S) cn = (. . . , − − −, . . .)
analog n = ([1, 5])
cn = ([6, 10])
Wir wollen auf dieser Basis im Rahmen der vorliegenden Arbeit zunächst eine weitere und unten eine engere Auslegung des Begriffs digital verwenden. Erstere ist dem Sinne weiter ausgelegt, als dass die Art der verwendeten (Code-) Nachrichten und Signale nicht spezifiziert ist und diese nur dem Kriterium der Diskretheit genügen müssen: Digital im weiteren Sinne: Digital bedeutet schrittweise, d. h. im weiteren Sinne, dass Informationen in Form diskreter (Code-)Nachrichten dargestellt, verarbeitet, mittels (zeit- und wert-) diskreter Signale gesendet oder empfangen werden. Digitalisieren im weiteren Sinne bedeutet dementsprechend, etwas zum oben Beschriebenen zu befähigen. Wir wollen den Begriff Digitalisierung im weiteren Sinne somit wie folgt definieren: weitere Wortbedeutungen sind „ähnlich, vergleichbar, gleichartig; entsprechend“ (Bildungssprache) oder „durch ein und dieselbe mathematische Beziehung beschreibbar; einen Wert durch eine physikalische Größe darstellend“ (vgl. ebd.)).
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
23
Digitalisierung im weiteren Sinne: Digitalisierung im weiteren Sinne bedeutet, etwas dazu zu befähigen, Informationen in Form diskreter (Code-)Nachrichten darstellen, verarbeiten, mittels (zeitund wert-)diskreter Signale senden oder empfangen zu können. Im Rahmen der engeren Auslegung des Begriffs spezifizieren wir sowohl die Art der diskreten (Code-)Nachrichten als auch der diskreten Signale. Mit diesen Spezifikationen wollen wir uns jedoch erst nach der Auseinandersetzung mit verschiedenen Codierungs- und Signalarten beschäftigen (vgl. Abschn 2.1.2.3). Teilsystem Sendeorgan-Kanal- Empfangsorgan: Die in Signalform vorliegende (Code-)Nachricht wird über einen geeigneten Kanal50 an das Empfangsorgan gesendet. Ein (Übertragungs-)Kanal ist dabei wie folgt definiert: (Übertragungs-)Kanal: Ein (Übertragungs-)Kanal ist der Weg, den ein Nachrichtenträger (Signal) von einem Sendeorgan zu einem Empfangsorgan zurücklegt.51 Durch den Kanal ändern sich dementsprechend Ort und Zeit der Verfügbarkeit einer (Code-)Nachricht. Somit zählen auch Speichermedien (wie Briefe, Bücher, CDs, USB-Sticks, etc.) zu den Kanälen52 . Es ist offensichtlich, dass ein Signal während seiner Übertragung im Kanal potenziellen Störquellen ausgesetzt ist, welche dieses ggf. verändern, sodass beim Empfangsorgan nicht das ursprüngliche Signal s(t), sondern ein (möglicherweise verändertes) Signal s (t) ankommt.53
50
Die Eignung eines Kanals ist maßgeblich abhängig vom Signalparameter, da der gewählte Kanal in der Lage sein muss, die entsprechende physikalische Größe zu übertragen. Für elektrische Signale sind bspw. stromleitende Kabel geeignet, während Signale in Form von Schallwellen von der Atmosphäre transportiert werden. 51 Vgl. Bauer/Goos (1991), S. 22. 52 Vgl. bspw. Willems (1999), S. 1. 53 Im Idealfall gilt jedoch s(t) = s (t).
24
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Teilsystem Empfangsorgan-Empfänger: Sobald ein Signal s (t) beim Empfangsorgan eingeht, erfolgen im Wesentlichen die gleichen Transformationsschritte in umgekehrter Reihenfolge zwischen Empfangsorgan und Empfänger54 wie zuvor zwischen Sender und Sendeorgan. Mit f
f
→ C k bzw. C A − → B werden Signal- in Hilfe der Umkehrrelationen X d p˜ − f
→ C N R(C A)) bzw. (Code-)Nachrichtenraum in (Code-)Nachrichtenraum (S R − f
→ N R(B)) abgebildet und eine (möglicherweise Nachrichtenraum (C N R(C A) − veränderte) Code-Nachricht cn bzw. eine (möglicherweise veränderte) Nachricht n erreicht den Empfänger. Voraussetzung für das erfolgreiche Gelingen dieser Retransformation ist syntaktisches und semantisches Übereinkommen der Akteure. D. h., dass Einigkeit über die verwendeten Signale, (Code-)Alphabete, etc. sowie die Bedeutung der Zeichen und ihrer Kombinationen herrscht. Aufgrund dessen, dass offensichtlich auch die Zuordnung von Nachricht zu Information i. d. R. mehrdeutig ist, leitet der Empfänger abschließend aus der eingehenden Nachricht n eine Menge damit aus seiner Perspektive möglicherweise intendierter Informationen In ab. Abhängig von seiner persönlichen Interpretationsvorschrift55 bestimmt er sodann diejenige(n) Information(en) aus In , die in seiner Wahrnehmung vom Sender an ihn übermittelt werden soll(en). Dabei können wiederum die vier Seiten der Kommunikation nach Schulz von Thun hilfreich sein. In unserem Manager-Beispiel gehen wir davon aus, dass das versandte Signal s(t) unverändert beim Empfangsorgan eingeht und somit s(t) = s (t) gilt. Der Vorstand leitet nun daraus die codierte Nachricht cn = cn und daraus wiederum die ursprüngliche Nachricht n = n 2 („Wir haben den Gewinn vom Vormonat i. H. v. fünf GE im vergangenen Monat verdoppelt.“) ab. Offensichtlich kann der Vorstand aus dieser Nachricht die (Sach-)Information, dass der Gewinn im Vormonat fünf und im aktuellen Monat zehn GE betrug, generieren. Jedoch könnte er auch daraus ableiten, dass der Manager über eine verbesserte Unternehmensleistung informieren und dafür eventuell sogar belohnt werden möchte. Der formale Ablauf eines Kommunikationsprozesses ist zusammenfassend in Abb. 2.4 grafisch dargestellt, wobei durchgezogene Pfeile bzw. Kanten wiederum Selektions- und gestrichelte Pfeile Kausalzusammenhänge darstellen.
54 55
Empfangsorgan und Empfänger können dabei wiederum identisch sein (vgl. oben). Vgl. dazu Bauer/Goos (1991), S. 4.
Abbildung 2.4 Formale Darstellung eines erweiterten Kommunikationssystems
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt 25
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2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Während wir uns in diesem Kapitel vorrangig formal mit Informationsdarstellung und -übertragung befassen, thematisieren wir im folgenden Kapitel die historische Entwicklung von (digitaler) Informationsdarstellung und -übertragung, um darauf aufbauend die oben erwähnte engere Auslegung des Digitalisierungsbegriffs ableiten zu können.
2.1.2.3 Historische Entwicklung binärer Informationsdarstellung und -übermittlung Den Leitfragen nach möglichst schneller und störungsfreier Übermittlung von Informationen folgend sind in der Geschichte der Menschheit diverse Möglichkeiten der Nachrichtenformulierung und -übertragung entstanden. Wir können diesbezüglich neben Formen verbaler Kommunikation oder Schriften in Büchern, Briefen, etc. u. a. an Höhlenmalereien, Hieroglyphen oder Rauchzeichen denken. Auch wenn all diese Formen der Informationsdarstellung und -übermittlung durchaus interessant sind, wollen wir den Fokus wahren und uns in diesem Kapitel ausgewählt mit jenen beschäftigen, die nicht nur digital im weiteren Sinne sind, sondern sich auch einer speziellen Art der Codierung bzw. der Signalübertragung bedienen: der binären. Bereits im sog. „I Ching“ (dt. Buch der Wandlungen), welches spätestens im achten Jahrhundert v. Chr. in China entstand56 , wird eine digitale Codierung von Informationen mittels verschiedener Kombinationen durchgängiger (-) und gebrochener (- -) Linien beschrieben.57 Aus je drei dieser Linien ergibt sich eins von insgesamt acht (logisch möglichen) Trigrammen (vgl. oberer Teil der Abb. 2.5), aus denen wiederum, durch Kombinationen von jeweils genau zwei Trigrammen, 64 (logisch mögliche) Hexagramme (vgl. unterer Teil der Abb. 2.5) gebildet werden.58
56
Vgl. Zacher (1973), S. 77. Vgl. Zacher (1973), S. 77 ff. 58 Vgl. Gramm (2001), S. 5. Die einzelnen Trigramme (Elemente der Bildmenge) sind inhaltlich Himmelsrichtungen und Naturelementen (Elemente der Urbildmenge), die Hexagramme hingegen sind diversen Dingen, Aktivitäten, Situationen etc. zugeordnet (vgl. Zacher (1973), S. 81 ff. und Smith (2012), S. 24). 57
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
27
Abbildung 2.5 Trigramme und Hexagramme aus dem I Ching59
Weiterhin ist überliefert, dass der griechische Historiker Polybios im zweiten Jahrhundert v. Chr. ein Verfahren mit Fackeln an zwei verschiedenen Positionen zur Codierung und visuellen Übermittlung von 25 Buchstaben beschreibt.60 An beiden Positionen (bspw. zwei benachbarte Türme) sind zu diesem Zweck je fünf Fackelhalterungen (1 bis 5) anzubringen. Es wird an jeder Position eine Fackel entzündet und je nachdem, in welcher Fackelhalterung diese angebracht werden, ergibt sich ein zweistelliger Zahlencode61 , welcher einen Buchstaben des Alphabets repräsentiert (ein Beispiel für eine entsprechende Zuordnung ist in Tabelle 2.3 gegeben).62 59
In Anlehnung an Gramm (2001), S. 5 und Zacher (1973), S. 82 u. 86. Vgl. Gramm (2001), S. 4 und o.V. (2022) S. 209 ff. (Übersetzung der Originalquelle). 61 An anderer Stelle ist auch überliefert, dass nicht die Position in der Fackelhalterung, sondern die Anzahl der Fackeln an beiden Positionen zum zweistelligen Zahlencode führen (vgl. dazu Hoffmann (2014), S. 18). Letztlich führen jedoch beide Varianten zum gleichen Ergebnis. 62 Das Polybios-Chiffre (Chiffren sind spezielle Codes, deren Bildmenge oder Urbildmenge nur aus Einzelzeichen besteht (vgl. Bauer/Goos (1991), S. 33)) gehört zu den sog. monographischen monoalphabetischen Substitutionen, da einzelne Buchstaben eines Alphabets durch „Zeichen ersetzt werden, die den Buchstaben durch eine Verschlüsselungstabelle eineindeutig zugeordnet sind“ (Baumann et al. (2014), S. 4). 60
28
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Tabelle 2.3 Exemplarische Alphabetcodierung nach Polybios63 Fackeln an Position 2 Fackeln an Position 1
1
2
3
4
5
1
A
B
C
D
E
2
F
G
H
I,J
K
3
L
M
N
O
P
4
Q
R
S
T
U
5
V
W
X
Y
Z
Die erste digitale Informationsrepräsentation auf Basis des binären Zeichenvorrats {0, 1} geht auf Gottfried Wilhelm Leibniz zurück64 , der Zahlen als binäre Zahlenreihen (oder strings) angibt.65 Leibniz selbst schreibt in seinem Werk „Wunderbarer Ursprung aller Zahlen aus 1 und 0“: „Und gleich wie einige gelehrte Leute anstatt der fortschreitung mit Zehen gebraucht die fortschreitung oder progression mit Vier, dergestalt daß sie nur vier Grund-Ziphern brauchen, nehmlich 0, 1, 2, 3, und also bey Vier wieder anfangen, mithin anstatt des Zeichens 4, bey solcher rechnung 10 sezen; Also habe ich vor das natürlichste, ursprünglichste und einfaltigste gehalten, mich der allerersten fortschreibung zu bedienen, nehmlich mit 2, also daß man nach der Verdopplung wieder von forn anfänget, denn der gestalt (welches wunderlich scheinet) folget nothwendig, daß man alle Zahlen schreiben könne, ohne einige andere Grundziphern zu brauchen als 0 und 1; und anstatt zwey schreibt man 10. Aufgrund dessen, dass über die Polybios-Codierung nur 52 = 25 Zeichen erfasst werden können und dass das Alphabet 26 Buchstaben hat, werden I und J i. d. R. mit demselben Zahlencode belegt. Dies widerspricht streng genommen dem Grundsatz der eineindeutigen Zuordnungen von monographischen monoalphabetischen Substitutionen. Der Name Polybios lässt sich nach dieser Chiffrierung wie folgt darstellen: 35 34 31 54 12 24 34 43 (vgl. Baumann et al. (2014), S. 5). 64 Die im Buch der Wandlungen verwendeten Linien können zwar ebenfalls als Binärzeichen interpretiert werden. Jedoch werden diese nicht isoliert, sondern ausschließlich als Teil der Tri- bzw. Hexagramme in Kontext gebracht (vgl. Gramm (2001), S. 6). Dennoch gab es (zumindest) zu Leibniz Lebzeiten auch Vertreter der Meinung, das binäre Zeichensystem sei durch ihn bloß wiederentdeckt worden (vgl. Zacher 1973, S. 74). 65 Vgl. Vogelsang (2010), S. 7. 63
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
29
(…). Nach der gemeinen weise 10 gilt 100 1000
Zehen zehnmahlzehn, oder hundert. zehnmahl hundert, oder tausend (…).
Nach der neuen bezeichnung 10 gilt 100 1000
zwey zweymahl zwey, oder vier. zweymahl vier, oder acht“66
Er schlägt also vor, sich alternativ zu anderen Zahlensystemen (wie dem Dezimalzahlensystem), beim Zählen auf ein Dualsystem mit den Zahlen 0 und 1 zu beschränken.67 Das Dualsystem (Basis b = 2) nach Leibniz zählt ähnlich wie das Dezimalsystem (Basis b = 10) oder das Sexagesimalsystem der Babylonier 68 (Basis b = 60) zu den Stellenwertoder Positionssystemen , welche als Zahlensysteme mit l ∈ L := l = 1, . . . , L Stellen oder Positionen, Ziffern h l und einer Basis b definiert sind, in denen sich beliebige natürliche Zahlen q eindeutig in folgender Form darstellen lassen69 : q = h L · b L−1 + h L−1 · b L−2 + . . . + h 1 · b L−L =
L
h l · bl−1
l=1
mit b ∈ N\{1}, h l ∈ N0 , h L = 0 und h l < b
66
Leibniz (1696), abgedruckt in Zacher (1973), S. 229–230. Zur Darstellung von Zahlen existieren diverse Systeme. Prinzipiell kann man zwischen Ansätzen mit einem Symbol, welches fortlaufend wiederholt wird (bspw. Zählen mit Strichen), solchen mit pro Zahl neu vergebenen Symbolen sowie deren Mischformen unterscheiden (vgl. Benölken et al. (2018), S. 205). 68 Vgl. Benölken et al. (2018), S. 205 ff. Ein Zahlensystem, welches nicht den Positionssystemen zugeordnet ist, ist bspw. das römische (vgl. Benölken et al. (2018), S. 206 f.). 69 Vgl. z. B. Beutelspacher (2018), S. 60 f. und Benölken et al. (2018), S. 214. 67
30
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Die h l bezeichnen wir als Ziffern (mit Ziffernmenge H ) und die Potenzen von b als Stellenwerte.70 Im Dezimalzahlensystem gilt dementsprechend: q = h L · 10 L−1 + h L−1 · 10 L−2 + . . . + h 1 · 10 L−L =
L
h l · 10l−1
l=1
mit h l ∈ H = {0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9}, h L = 0 In der sog. Leibnizschen Dyadik71 (Dualzahlensystem), auf der, wie wir unten erläutern werden, die Binärcodierung heutiger Computer basiert, gilt hingegen: q = h L · 2 L−1 + h L−1 · 2 L−2 + . . . + h 1 · 2 L−L =
L
h l · 2l−1
l=1
mit h l ∈ H = {0, 1}, h L = 0 Die leibnizschen Dualzahlen eins bis acht sowie die entsprechenden Transformationsrechnungen (zu Dezimalzahlen) sind exemplarisch in Tabelle 2.4 dargestellt. Auch wenn Leibniz selbst das Potenzial der Dualzahlen für die Konstruktion von Rechenmaschinen durchaus thematisiert72 , werden diese zunächst (zumindest in der Nachrichtenübermittlung) nicht verwendet.
70
Vgl. Benölken et al. (2018), S. 214. Das Wort Dyadik leitet sich aus dem Griechischen (dýas = „Zweiheit“) ab (vgl. Wortbedeutung(a) Stichwort: dyadische, abgerufen am: 24.01.2022). Dyadisch bedeutet demzufolge „zweiheitlich“, oder (im Kontext von Zahlensystemen) besser „zweiziffrig“, und bezieht sich in diesem Fall auf die aus der Basis b = 2 resultierende, zweielementige Ziffernmenge des Leibnizschen Dualzahlensystems. Allgemein bezeichnen wir Stellenwertsysteme mit beliebigen Basen b ≥ 2 als polyadisch oder b-adisch (vgl. dazu Benölken et al. (2018), S. 213 und Bauer/Goos (1991), S. 70). 72 Vgl. Greve (1979), S. 29 f. 71
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
31
Tabelle 2.4 Dualzahlen 1–8 und deren Dezimalzahltransformation nach Leibniz73
Dualzahlen
h4
h3
h2
h1
Transformation: h 4 · 23 + h 3 · 22 + h 2 · 21 + h 1 · 20
–
–
–
1
1 · 20 =
–
–
1
0
1 · 21 + 0 · 20 =
–
–
1
1
1 · 21 + 1 · 20 = +0
h1
Dezimalzahlen
· 21
2 3
–
1
0
0
1 · 22
=
4
–
1
0
1
1 · 22 + 0 · 21 + 1 · 20 =
5
–
1
1
0
1 · 22 + 1 · 21 + 0 · 20 =
6
+ 1 · 21
+0
1
· 20
–
1
1
1
1 · 22
+ 1 · 20
=
7
1
0
0
0
1 · 23 + 0 · 22 + 0 · 21 + 0 · 20 =
8
Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts sind diverse Arten optischer Telegrafie als Form digitaler Nachrichtenübertragung entwickelt worden. Während der sog. Chappe-Telegraf74 (vgl. linker Teil von Abb. 2.6 (a)) aus drei beweglichen Gliedern besteht, welche durch unterschiedliche Ausrichtung zu bis zu 196 Figuren kombiniert werden können75 , basieren die Funktionsweisen sog. Klappen-Telegrafen bereits auf binären Codes. Die Klappen eines entsprechenden Telegrafen haben genau zwei mögliche Zustände (geschlossen/offen), sodass sich in Abhängigkeit von der Klappenanzahl (k) 2k Kombinationsmöglichkeiten ergeben.
73
Vgl. Leibniz (1696), abgedruckt in Zacher (1973), S. 230 f. Sowohl in Dezimal- als auch in Dualschreibweise ist die Reihenfolge der Ziffern bei der Zahlendarstellung von rechts nach links aufsteigend. L-stellige Zahlen werden dementsprechend wie folgt notiert: h L . . . h l+1 h l . . . h 2 h 1 74 Der Name geht zurück auf den Franzosen Claude Chappe (1763–1805), welcher diesen Telegrafentyp ab 1792 entwickelt hat (vgl. Hoffmann (2014), S. 19 ff.) 75 Der Regulator lässt sich vertikal, horizontal sowie zweimal diagonal ausrichten. Die Indikatoren verfügen hingegen über jeweils sieben verschiedene Winkelpositionen. Somit ergeben sich 4 · 7 · 7 = 196 Kombinationsmöglichkeiten (vgl. Hoffmann (2014), S. 20).
32
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Abbildung 2.6 Ausgewählte optische Telegrafen und Codes aus dem 18. und 19. Jahrhundert76
Mit Vier-, Fünf- und Sechs-Klappen-Telegrafen (vgl. jeweils linker Teil von Abb. 2.6 (b), (c) und (d)) können dementsprechend bis zu 16, 32 bzw. 64 Buchstaben, Zahlen, etc. codiert werden.77 Abb. 2.6 zeigt auszugsweise einige der entsprechenden Buchstaben- bzw. Zahlencodes. Ein wesentliches Problem optischer Telegrafie ist ihre stark begrenzte Reichweite und ihre (u. a. wetterbedingte) hohe Störanfälligkeit.78 Es ist somit wenig verwunderlich, dass bereits ab Mitte des 18. Jahrhunderts alternative Wege 76
Vgl. Hoffmann (2014), S. 22, 24 u. 25. Die Erfindung der Vier- und Fünf-Klappen-Telegrafen (um 1795) wird dem Briten John Gamble zugeschrieben. Der Erfinder der Variante mit sechs Klappen ist hingegen der anglikanische Bischof Lord George Murray (vgl. Hoffmann (2014), S. 23 ff.). 78 Vgl. Hoffmann (2014), S. 27. 77
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
33
der Nachrichtenübermittlung erforscht wurden.79 Nach den Erfindungen eines elektrolytischen Telegrafen von Samuel Thomas von Soemmerring, eines elektromagnetischen Spiegeltelegrafen von Carl Friedrich Gauß und Wilhelm Eduard Weber und elektromagnetischer Nadeltelegrafen von Paul Ludwig Schilling von Cannstatt sowie William Fothergill Cooke und Charles Wheatstone zu Beginn des 19. Jahrhunderts80 entwickelten Samuel Finley Breese Morse und Kollegen ab 1835 den sog. Morse-Telegrafen sowie dazugehörige Morse-Codes.81
Abbildung 2.7 Internationaler Morse-Code82
Zum Telegrafieren wird dabei (in der ursprünglichen Form) ein Stift durch Ein- und Abschalten eines Elektromagneten abgesenkt bzw. angehoben, sodass auf einem darunter befindlichen Papierstreifen in Abhängigkeit der Absenkdauer (lang/kurz) Streifen oder Punkte entstehen.83 Der internationale Morse-Code ist exemplarisch in Abb. 2.7 dargestellt.
79
Die erste bekannte Veröffentlichung zu elektrischen Telegrafen eines Autors C. M., dessen Identität. bis heute nicht zweifelsfrei geklärt ist, stammt aus dem Jahr 1753 (vgl. Hoffmann (2014), S. 26). 80 Vgl. vertiefend dazu Hoffmann (2014), S. 27 ff. 81 Vgl. ebd., S. 33 ff. 82 Vgl. ebd., S. 39. 83 Vgl. ebd., S. 35.
34
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Morse-Telegrafen entwickelten sich zur vorherrschenden Technologie der Nachrichtenübertragung des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1866 gelang unter der Regie von Cyrus West Field nach mehreren Fehlversuchen in den Vorjahren die telegrafische Vernetzung Nordamerikas und Europas mittels des ersten transatlantischen Unterseekabels.84 Diese stellt ebenso wie die Entdeckung elektromagnetischer Wellen durch James Clerk Maxwell (1865) einen Meilenstein in der Entwicklung der Nachrichtentechnik dar. Ende des 19. bzw. Anfang bis Mitte des 20. Jahrhunderts erfolgten mit Erfindungen von Telefon bzw. Radio und Fernsehen weitere Meilensteine der analogen Kommunikation, die wir an dieser Stelle nicht weiter vertiefen wollen.85 Ab Mitte der 1930er-Jahre begann insbesondere mit den Entwicklungen von Conrad Zuses Z1-Z3, des an der University of Pennsylvania konstruierten ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Computer) und Howard Aikens Mark I die Ära moderner, digitaler Kommunikation mit Hilfe von Computern86 . Auch wenn unter einem Computer zunächst grundsätzlich eine Rechenmaschine zu verstehen ist87 , legen wir den Begriff heute deutlich enger aus und meinen damit eine spezielle Art von Rechenmaschinen, deren historische sowie technische Entwicklungsgeschichte ebenso spannend wie umfangreich ist. Um den Fokus zu wahren, wollen wir im Folgenden in gebotener Kürze den grundsätzlichen Ablauf der Informationsverarbeitung eines solchen Computers schildern. Bei der Computer-Konstruktion machten sich die Erfinder, rund 250 Jahre nachdem Leibniz das universelle Potenzial der Dualzahlen bereits thematisierte, diese zunächst zum Rechnen und anschließend auch zur Verarbeitung weiterer Informationen wie bspw. Text, Bild oder Ton mittels elektronischer Schaltkreise zu Nutze.88 Obwohl sich seit Beginn des Computerzeitalters in technischer Hinsicht einiges verändert hat, ist die Grundidee der Informationsverarbeitung damals wie heute dieselbe:89 Stark vereinfacht ausgedrückt basieren die Abläufe eines Computers auf der Eingabe, Verarbeitung und Ausgabe (von Nachrichten): dem sog. EVA-Prinzip.90 84
Vgl. ebd., S. 40 ff. Vgl. Hoffmann (2014), S. 45 ff. 86 Vgl. Rojas (1996), S. 303. 87 Vgl. Bewersdorff (2018), S. 4. Das englische Wort compute bedeutet „berechnen“ (vgl. DWDS(c) Stichwort: Computer, abgerufen am: 02.03.2021). Vgl. zu weiteren Rechenmaschinen bspw. Ernst et al. (2020), S. 4 f. 88 Vgl. u. a. Bewersdorff (2018), S. 4 ff. und Miebach (2020), S. 7. 89 Vgl. Hoffmann (2014), S. 65 f. 90 Vgl. Ernst et al. (2020), S. 12. 85
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
35
Computer arbeiten dabei mit Hilfe elektrischer Schaltkreise, welche sich nur in zwei Zuständen befinden können: geschlossen bzw. offen (Strom fließt bzw. Strom fließt nicht).91 Diese beiden Zustände werden über den binären CodeZeichenvorrat {0, 1} repräsentiert, wobei 1 gleichbedeutend mit „Strom fließt“ und 0 gleichbedeutend mit „Strom fließt nicht“ ist.92 Um von einem Computer verarbeitet werden zu können, muss eine Information dementsprechend in Form einer speziellen binär-codierten Nachricht vorliegen bzw. zunächst in eine solche transformiert werden. Wenn also die Eingabe, welche i. d. R. über eine Tastatur, Maus, etc. erfolgt93 , nicht im entsprechenden Binärcode-Format erfolgt, wird die f
→ {0, 1}k in eine von ComNachricht zunächst über einen Code der Z − Form putern „lesbare“ Code-Nachricht cn = c j j=1,...,J mit c j ∈ {0, 1} transformiert. Solche Code-Nachrichten cn sind Folgen sogenannter Bits c j . Eine cn mit J = 8 nennen wir Byte. Wir definieren: Bit: Ein Bit ist ein aus „binary“ (binär) und „digit“ (Ziffer) kreiertes Kunstwort und bedeutet dementsprechend binäre Ziffer.94 Ein Bit ist als (Code-)Zeichen c ∈ {0, 1} definiert. Byte: Eine Folge acht zusammenhängender Bits heißt Byte.95 Solche (Folgen von) Bits können dabei sowohl Dualzahlen im Leibnizschen Sinne darstellen, wenn der Computer tatsächlich mathematische Operationen durchführt, als auch Buchstaben, Sonderzeichen, Farben, Töne, etc. repräsentieren, wenn die entsprechende Information ein Text, Bild, Lied o. Ä. ist.96
91
Vgl. Bewersdorff (2018), S. 16 f. und Drechsler et al. (2017), S. 12. Vgl. Drechsler et al. (2017), S. 12. Der Signalträger ist hier also elektrischer Strom. In der Regel ist der entsprechende Signalparameter elektrische Spannung, wobei bspw. die Spannungspotenziale 0 und + 5 V verwendet werden (vgl. Bewersdorff (2018), S. 16). 93 Vgl. Ernst et al. (2020), S. 13. 94 Vgl. Duden(d) online Stichwort: Bit, abgerufen am: 16.03.2020. Eingeführt wurde der Begriff von John W. Tukey (vgl. dazu Shannon (1948), S. 380). 95 Vgl. Bewersdorff (2018), S. 18. 96 Im ersten Fall stehen bspw. die Bytes 01.001.100 und 00.110.001 für die Dezimalzahlen 01001100 + 00110001 76 und 49. Deren Addition ergibt und somit das Byte 01.111.101 bzw. die 01111101 Dezimalzahl 125 (vgl. zu mathematischen Operationen mit Dualzahlen Ernst et al. (2020), 92
36
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Technisch werden Bits über den Zustand eines entsprechenden Schalters (Transistors) in Speicherzellen des Computers dargestellt.97 Die Verarbeitung bitcodierter Informationen durch einen Computer kann dann bedeuten, diese (für spätere Verwendung) zu speichern oder auf Basis der eingegebenen Informationen weitere Arbeitsschritte auszuführen. Damit ein Computer „weiß“, was eingabeabhängig zu tun ist, müssen in diesem Programme hinterlegt sein. Ein (Computer-) Programm ist dabei eine technische Umsetzung (mit Hilfe von Schaltkreisen bzw. deren Verknüpfungen) eines Algorithmus, also einer Schrittfolge zur Lösung eines (mathematischen, informationstechnischen) Problems.98 Das bedeutet, dass in Computern mit Hilfe verschiedener Schaltkreisarten, der sog. AND-, OR- und NOT-Gatter, welche letztlich die logischen Operationen Konjunktion, Disjunktion sowie Negation repräsentieren99 , Regelsysteme hinterlegt werden, die bestimmen, wie die eingegebenen Informationen schrittweise zu verarbeiten sind.100 In Abb. 2.8 sind technische Zeichnungen der drei Gattertypen exemplarisch anhand
S. 24 ff.). Werden mit Bits hingegen Zeichen eines Textes codiert, werden für die Codierung spezielle Codes wie der ASCII- (American Standard Code for Information Interchange) oder Unicode verwendet. Beim ASCII-Code (7 Bit lang) ist dem Buchstaben a dann z. B. die Bitfolge 1.100.001 zugeordnet (vgl. Gramm (2001), S. 9). 97 Eine Computerspeicherzelle besitzt heute normalerweise eine Größe von 32 oder 64 Bits bzw. 4 oder 8 Bytes (vgl. Bewersdorff (2018), S. 20). Transistoren sind als Kernelemente eines jeden modernen Computers heutzutage milliardenfach in diesen verbaut (vgl. ebd. (2018), S. 16). Das sog. Moore´sche Gesetz besagt, dass sich die Anzahl der auf einem Siliziumstück verbauten Transistoren in etwa alle 20 Monate verdoppelt (vgl. Hoffmann (2014), S. 64). 98 Vgl. Bewersdorff (2018), S. 4 i. V. m. DWDS(d) Stichwort: Algorithmus, abgerufen am: 15.03.2021. 99 Vgl. ebd., S. 18. Die sog. Aussagenlogik befasst sich mit Aussagen(-verknüpfungen). Dabei werden Konjunktion, Disjunktion, Negation, Implikation und Äquivalenz als logische Basisoperatoren unterschieden. Aussagen können dabei entweder wahr oder falsch sein (vgl. vertiefend dazu z. B. Zoglauer (2008), S. 35 ff. oder Metzger (2020), S. 83 ff.). 100 Als Regeln verstehen wir „formalisierte Konditionalsätze der Form Wenn (if) A dann (then) B“, wobei Aussage A die Prämisse und Aussage B die Konklusion darstellt (Beierle/ Kern-Isberner (2019), S. 73). Durch logische Verknüpfungen (Konjunktion oder Disjunktion) können auch mehrere Prämissen oder Konklusionen Teil einer Regel sein. In aussagenlogischer Diktion sind Regeln dementsprechend Implikationen. Ein entsprechendes Regelsystem ist eine Menge derartiger Implikationen, die miteinander in Beziehung stehen. Das bedeutet also, dass ein Computerprogramm ein Geflecht von Schaltkreisen ist, welches die Regeln (sowie deren Verknüpfungen) eines zugrundeliegenden Algorithmus repräsentiert. Ein geschlossener bzw. offener Schalter steht dabei für den Wahrheitswert wahr (1) bzw. falsch (0) einer Aussage.
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
37
von Schaltkreisen mit einer Glühlampe dargestellt.101 Aus diesen Grundoperatoren der sog. Booleschen Algebra lassen sich alle weiteren notwendigen logischen Verknüpfungen bilden.102 (Zwischen-)Ergebnisse der Informationsverarbeitung werden abschließend von Computern bspw. mittels Monitor (Texte, Bilder, Videos, etc.) oder Lautsprecher (Musik, Videos, etc.) ausgegeben.
Abbildung 2.8 Technische Zeichnungen sog. AND-, OR- und NOT-Gatter
Die im Kontext der Digitalisierung und somit dieser Arbeit zugrundeliegende Auslegung des Computerbegriffs ist deshalb die folgende.
101
Im oberen linken Teil der Abbildung ist die Schaltkreisversion einer Negation dargestellt. In diesem Fall muss der Schalter offen sein (0), damit die Glühbirne leuchtet. Bei der Konjunktion müssen für das Leuchten der Glühbirne alle im Schaltkreis vorhandenen Schalter geschlossen sein (1). Im oberen rechten Teil der Abbildung ist ein entsprechender Fall mit zwei offenen Schaltern und nicht leuchtendender Glühbirne dargestellt. Der Schaltkreis unten links zeigt eine Disjunktion, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass mindestens einer der Schalter geschlossen sein muss, um den Stromkreis zu schließen. Im Beispielfall sind beide Schalter und somit auch der Stromkreis offen. 102 Vgl. Drechsler et al. (2017), S. 12.
38
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Computer: Ein Computer ist eine universell programmierbare, auf binärer Logik basierende und elektronisch betriebene Rechenmaschine. Unter diese Definition fallen dementsprechend nicht nur Personal Computer (PC) oder Laptops, sondern auch Tablets, Smartphones, Smartwatches, etc. Wir können zwar alle oben dargestellten Code- und Signaltypen als digital im weiteren Sinne bezeichnen. Wenn wir heute von Digitalem sprechen, meinen wir in aller Regel jedoch nicht die Fackeln des Polybios oder Klappen-Telegrafen aus dem 18./19. Jahrhundert, sondern vielmehr die letztgenannte Art der Informationsübertragung durch Computer. Auf Basis der von Computern verwendeten Codes und Signale wollen wir nun, wie in Abschnitt 2.1.2.2 bereits angekündigt, in Anlehnung an Überlegungen aus vorangegangenen Arbeiten103 einen engeren Digitalisierungsbegriff ableiten. Digital im engeren Sinne: Digital im engeren Sinne bedeutet, Informationen in Form bit-codierter Nachrichten darzustellen, zu verarbeiten und mittels mit Computern verwertbarer Signale senden oder empfangen zu können. Digitalisieren im engeren Sinne bedeutet dementsprechend, etwas zum oben Beschriebenen zu befähigen. Wir wollen den Begriff Digitalisierung im engeren Sinne somit wie folgt definieren: Digitalisierung im engeren Sinne: Digitalisierung im engeren Sinne bedeutet, etwas zu befähigen, Informationen in Form bit-codierter Nachrichten darstellen, verarbeiten und mittels mit Computern verwertbarer Signale senden oder empfangen zu können.
2.1.3
Digitalisierungsfacetten als Determinanten betrieblichen Handelns
2.1.3.1 Vorbemerkungen In den obigen Kapiteln beschäftigen wir uns vorwiegend terminologisch mit Informationen, deren Austausch und der technischen Umsetzung von digitaler Informationsdarstellung, digitaler Informationsverarbeitung und digitalem Informationsaustausch. Im Folgenden wollen wir unsere Überlegungen verstärkt auf
103
Vgl. Spengler et al. (2019), S. 247 und Spengler et al. (2020), S. 281.
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
39
der systematischen Ebene diskutieren und uns der Frage widmen, wie Digitalisierung im engeren Sinne Einfluss auf betriebliche Produktionsentscheidungen haben kann.104 Um sich Urteile darüber bilden zu können, inwiefern Digitalisierung betriebliche Produktionsentscheidungen beeinflusst bzw. beeinflussen kann, empfiehlt es sich, zunächst systematisch Zusammenhänge zwischen Aspekten von Digitalisierung und betrieblichem Handeln im Allgemeinen zu untersuchen. Im Rahmen des sogenannten Handlungsstrukturmodells (HSM) zeigt Kossbiel die Primärdeterminanten betrieblichen Handelns und deren Zusammenhänge auf.105 Dabei sind zur Erreichung zuvor formulierter Sach- und Formalziele106 aus einer Menge zulässiger, jene Maßnahmen auszuwählen, die beim Abgleich antizipierter Hauptwirkungen der Maßnahmenrealisation und den Zielen zum höchsten Zielerreichungsgrad führen. Sowohl Ziele und Maßnahmen als auch Selektionszusammenhänge zwischen Zielen und Maßnahmen sowie Kausalitätszusammenhänge zwischen Maßnahmen und Wirkungen werden dabei von (Rahmen-)Bedingungen beeinflusst.107 Die Systematik des HSM verwenden wir im Folgenden dazu, die Determinanten betrieblichen Handelns in einer digitalen Welt und deren Interdependenzen zu erläutern. Durch die heutigen Möglichkeiten, Informationen digital verarbeiten, darstellen, versenden oder empfangen zu können, verändern sich interne und externe Unternehmensumfelder und somit die Rahmenbedingungen betrieblichen Handelns oftmals wesentlich. Daraus lassen sich entsprechend veränderte (Digitalisierungs-) Ziele und (Digitalisierungs-)Maßnahmen ableiten, woraus sich wiederum entsprechende (digitale) Wirkungen ergeben. Demzufolge lässt sich Digitalisierung in Bezug auf betriebliche Handlungen bzw. Handlungssituationen zumindest in epochaler (vgl.Abschnitt 2.1.3.2), 104
Semiotisch gesprochen beschäftigen wir uns oben vorrangig syntaktisch (und damit zusammenhängend auch semantisch) mit Informationen und wollen dies im Folgenden vorwiegend pragmatisch tun (vgl. dazu Abschn. 2.1.2.2 und insb. Fußnote 15). 105 Vgl. dazu bspw. Kossbiel/Spengler (2015), S. 418 ff. (die ursprüngliche Einführung in die Literatur erfolgte durch Kossbiel in einer vorherigen Auflage von 1983, vgl. dazu und zur dynamischen Erweiterung Spengler (1999), S. 21 ff.). 106 Bei Sachzielen werden gewünschte Endzustände explizit und relativ konkret vorgegeben, sodass die Menge aller zu dessen Erreichung führender Alternativen bereits eingegrenzt wird (bspw. können wir fordern, in einem bestimmten Zeitraum an einem bestimmten Standort 500 Autos zu produzieren). Formalziele hingegen zeichnen sich durch implizite Formulierungen erstrebenswerter Endzustände aus, indem diesbezüglich Extremierungsvorschriften ausgegeben werden. Diese dienen somit zur Bewertung der zur Erreichung des oder der Sachziele erwogenen Alternativen (vgl. Laux/Liermann (1997), S. 36 f.) 107 Vgl. Kossbiel/Spengler (2015), S. 418 ff.
40
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
zielbezogener (vgl. Abschnitt 2.1.3.3), instrumentell tätigkeitsbezogener (vgl. Abschnitt 2.1.3.3) sowie instrumentell ergebnisbezogener (vgl. Abschnitt 2.1.3.3) Sichtweise differenzieren. Betrachtet man die Handlungsinstanz, können wir Digitalisierung zudem institutionell auffassen, wenn wir von organisatorischen Einheiten, wie Abteilungen, Teams oder Stellen sprechen, die sich maßgeblich mit Digitalisierung beschäftigen.108
2.1.3.2 Gesellschaftlicher Megatrend: Digitalisierung als Rahmenbedingung betrieblichen Handelns Trotz dessen, dass die Entwicklung erster im Sinne der vorliegenden Arbeit definierter Computer109 bereits relativ früh im 20. Jahrhundert erfolgte, ist deren (breite) betriebliche sowie vor allem auch private Nutzung erst ca. ab den 1980er Jahren wirklich relevant. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts ist Digitalisierung zumindest in Industrienationen so präsent, als dass man diese als einen Megatrend dieser Zeit bezeichnen kann. Zur Bezeichnung der aktuellen Epoche bzw. ihrer Auswirkungen auf bestimmte Teilbereiche von Wirtschaft oder Gesellschaft kursieren im wissenschaftlichen Schrifttum u. a. Begriffe wie „second machine age“110 , „third industrial revolution“111 , „vierte industrielle Revolution oder Industrie 4.0“112 , „digitale Transformation“113 , „Arbeit(-swelt) 4.0“114 oder „Gesellschaft 4.0“115 . Diese Begriffe bezeichnen letztlich in unterschiedlichen Detailierungsgraden das Phänomen der Digitalisierung im engeren Sinne. Während unter digitaler Transformation auf oberster Ebene mehr oder weniger die
108
Vgl. zur instrumentellen und institutionellen Sichtweise auch Spengler et al. (2020), S. 281 f. Den institutionellen Digitalisierungsbegriff wollen wir im Folgenden nicht explizit betrachten, da er sich aus den anderen ergibt. Dies liegt vor allem darin begründet, dass organisatorische Einheiten über die Verteilung von Elementaraufgaben auf Stellen und ggf. deren graduale sowie sektorale Differenzierung definiert sind (vgl. dazu u. a. Spengler (1993), S. 2 ff. und S. 54 ff.), und sich die Elementaraufgaben aus den Primärdeterminanten des Handelns (und somit aus den anderen oben genannten Digitalisierungsbegriffen) ableiten lassen. 109 Vgl. dazu die Definition des Computerbegriffs auf S. 34 und die Ausführungen zu deren Entwicklung in Abschn. 2.1.2.3. 110 Vgl. Brynjolfsson/McAfee (2014). 111 Vgl. Rifkin (2011). 112 Vgl. Forschungsunion/acatech (2013). 113 Vgl. Gong/Ribiere (2021). 114 Vgl. Arntz et al. (2016) oder Rump/Eilers (2017), S. 4 ff. 115 Vgl. Deckert (2019), S. 21 f.
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
41
Gesamtheit aller durch Digitalisierung angestoßenen und weitreichenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft subsumiert werden116 , thematisieren die weiteren Begriffe auf untergeordneten Ebenen entsprechende Veränderungen in der Industrie, der Arbeitswelt und der Gesellschaft. Nach industriellen Neuerungen in den Zeiten von Mechanisierung (Wasser- und Dampfkraft), Elektrifizierung (intensiver Einsatz von Elektrizität in der (Massen-)Produktion) und Informatisierung (Einzug von Informationstechnologie in (automatisierte) Produktion) stellen die aktuellen Entwicklungen abhängig von der Zählweise117 das Zeitalter der dritten oder vierten industriellen Revolution bzw. das zweite Maschinenzeitalter dar.118 Arbeit(-swelt) 4.0 hingegen bezeichnet über den isolierten Fokus auf gegenwärtige Auswirkungen der Digitalisierung in der Industrie hinaus alle durch diese bedingten Veränderungen der Arbeitswelt im Allgemeinen.119 Unter dem Begriff Gesellschaft 4.0 wird die Debatte entsprechend ins private Leben ausgeweitet. Der gemeinsame Nenner dieser Begriffe ist Digitalisierung im engeren Sinne als Einflussgröße der Rahmenbedingungen des (betrieblichen) Handelns, der wir im Folgenden tiefer auf den Grund gehen wollen. Basierend auf der Arbeit von Farmer und Richman (1964) ist eine gängige Herangehensweise die Differenzierung von Rahmenbedingungen betrieblichen
116
Gong/Ribiere (2021, S. 10) definieren „digital transformation“ als “A fundamental change process enabled by digital technologies that aims to bring radical improvement and innovation to an entity [e.g., an organization, a business network, an industry, or society] to create value for its stakeholders by strategically leveraging its key resources and capabilities.” 117 Brynjolofsson/McAfee (2014) differenzieren zwei Maschinenzeitalter (zum einen die Entwicklung von Dampfmaschine etc. während der ersten industriellen Revolution und zum anderen die Entwicklung von Computern und damit verbundenen Technologien, vgl. S. 15 ff.). Rifkin (2011) benennt zusätzlich die Zeit der vorrangig mechanisch und analog elektrisch gestalteten Industrie als zweite industrielle Revolution und zählt die Epoche seit ca. Mitte der 1990er Jahre folglich als dritte industrielle Revolution (vgl. S. 1 ff.) 118 Vgl. bspw. Forschungsunion/acatech (2013), S. 5, Anderl (2014), S. 2 und Lasi et al. (2014), S. 239. 119 Vgl. Rump/Eilers (2017), S. 4 oder Deckert (2019), S. 25. Der Begriff Industrie 4.0 ist somit als Teilmenge von Arbeit 4.0 zu verstehen.
42
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Handelns in politisch-rechtliche, sozio-kulturelle, ökonomische und allgemeintechnologische.120 Erstgenannte beziehen sich auf staatlich oder staatengemeinschaftlich ausgegebene Gesetze, Verordnungen, Rechtsprechungen sowie Normen und deren Verlässlichkeit, aber auch auf politische Stabilität (bspw. bzgl. Frieden oder Regierungsform).121 In sozio-kultureller Hinsicht wird betriebliches Handeln durch die Frage nach sozialer Verträglichkeit von Entscheidungen bedingt.122 Ökonomische Rahmenbedingungen beziehen sich auf Ausprägungen und Zusammenhänge volks- und betriebswirtschaftlicher Größen wie Zinsen, (Zentral-) Bankenpolitik, Marktgrößen, Konkurrentenanzahl, etc.123 Es geht folglich um die geltenden volks- und betriebswirtschaftlichen Strukturen. Im Folgenden wollen wir ausgewählt aufzeigen, inwiefern Digitalisierung betriebliches Handeln in (a) politisch-rechtlicher, (b) sozio-kultureller, (c) ökonomischer und (d) allgemein-technologischer Art beeinflussen kann.124
120
Vgl. Farmer/Richman (1964), S. 58 ff. Hierbei ist zu beachten, dass im Original bezüglich der vierten Dimension von „educational“ („zur Ausbildung gehörend“) gesprochen wird. Wir wollen diese Rahmenbedingungskategorie in dieser Arbeit jedoch (u. a. in Anlehnung an Kossbiel (1997), S. 8 i. V. m. S. 42, Kossbiel/Spengler (1997), S. 60 f. und Kossbiel/Spengler (1998), S. 18 f.) etwas weiter auslegen und unter allgemein-technologische solche Konditionen subsummieren, die sich „auf die verfahrensmäßigen Voraussetzungen von Handeln“ (Kossbiel (1997), S. 42) beziehen. Es geht also letztlich (in produktionstheoretischer Diktion) um jene Bedingungen, die sich aus der Technologie, welche wir nach Wittmann (u. a. 1966, S. 16 ff.) als Teilmenge des Güterraums und somit als Menge der einem Unternehmen grundsätzlichen bekannten Produktionsmöglichkeiten definieren (vgl. dazu vertiefend Abschnitt 2.2.2), eines Unternehmens ergeben. Wittmann (1959) selbst schlägt eine ähnliche Differenzierung von Rahmenbedingungen vor: „Die einzelne Unternehmung ist eingespannt in einen ständig sich vollziehenden Bewegungsprozeß der ökonomischen, politischen, technischen und soziologischen Bedingungen, von deren Veränderung ihr Bestand und ihre Entwicklung abhängen.“ (S. 13). 121 Vgl. Farmer/Richman (1964), S. 60. 122 Vgl. vertiefend Kossbiel/Spengler (1998), S. 30 ff. 123 Vgl. Farmer/Richman (1964), S. 60. 124 Weiterhin können wir Konditionen u. a. nach Einflussmöglichkeiten ((nicht) beeinflussbar), Betriebsspezifität (generell/speziell), Reichweite (kontextural/situativ), Entstehungsort (extern/intern), Wählbarkeit (faktisch/normativ), Messbarkeit (Skalenniveau) und (Un-) Bestimmtheit (deterministisch/nicht-deterministisch) unterscheiden. Diese Differenzierungen wollen wir an dieser Stelle jedoch nicht explizit untersuchen (vgl. u. a. Kossbiel (1985), S. 289, Spengler (1999), S. 36 und Kossbiel/Spengler (2015), S. 424). Wir werden an relevanten Stellen jedoch darauf zurückkommen.
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
43
Zu (a): Mit der oben beschriebenen Entwicklung diverser digitaler Technologien geht wenig überraschend eine Fülle rechtlich und politisch zu beantwortender Fragen einher. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen, in gebotener Kürze und mit dem Fokus auf solche Aspekte, die wesentliche Relevanz für (Produktions-)Entscheidungen haben (können), wollen wir durch Digitalisierung bedingte, politisch-rechtliche Veränderungen thematisieren.125 Auf der einen Seite werden betriebliche Entscheidungen bspw. durch Regelungen zum Datenschutz126 , zum Einsatz bestimmter Technologie (Roboter in der Pflege127 , autonomer Verkehr128 ) oder Verpflichtungen zur Dokumentation (Online-Beratung bei Bank- oder Versicherungsgeschäften) eingeschränkt. Auf der anderen Seite existieren jedoch auch staatliche Förderungen zum Ausbau (der Nutzung) digitaler Technologien (bspw. im Gesundheitsbereich129 , in der Verwaltung130 , zum Einsatz von Robotik131 oder ganz allgemein zum Ausbau digitaler Soft- und Hardware sowie entsprechender Mitarbeiterschulungen). Zu (b): Die Frage nach sozialer Verträglichkeit betrieblicher Entscheidungen im Zusammenhang mit Digitalisierung kann in unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette auftreten und entsprechende Entscheidungen können in unterschiedlichem Ausmaß Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Wir wollen diese anhand zweier Beispiele verdeutlichen. Einerseits müssen Unternehmen bereits beim Abbau der für Smartphones benötigten Rohstoffe abwägen, ob bspw. das Brachlegen ganzer Gebiete und der damit verbundene Rückgang des Trinkwassers gegenüber den dort lebenden Menschen sozial vertretbar ist.132 Offenkundig hätte eine entsprechende Entscheidung für den Abbau schwerwiegende und weitreichende soziale Folgen.
125
Für einen umfangreichen Einblick in die politisch-rechtlichen Auswirkungen der Digitalisierung vgl. bspw. Bär/Grädler/Mayr (2018). 126 Beispiele hierfür sind die Datenschutz-Grundverordnung (online einsehbar unter https:// dsgvo-gesetz.de/) oder Regelung zum Datenschutz in der Gesundheitsbranche (vgl. bspw. BMWi (2018)). 127 Vgl. Bendel (2018) oder Bleuler/Caroni (2021). 128 Vgl. Maurer et al. (2016). 129 Vgl. BMWi (2022), abgerufen am: 24.01.2022. 130 Vgl. BMWiK (2021). 131 Vgl. BMBF (2018). 132 Vgl. Deutsche Welle (2020).
44
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Andererseits stehen Unternehmen oftmals vor der Entscheidung, ob menschliche Arbeitskraft durch den Einsatz digitaler Technologien substituiert werden soll. So können viele Tätigkeiten in der Industrie heute von entsprechenden Robotern ausgeführt werden. Das kann für Unternehmen zwar zu Produktivitätssteigerungen, jedoch bei möglicherweise zu entlassenden Arbeitskräften auch zu nachhaltigen beruflichen Problemen führen. Dies ist gerade dann der Fall, wenn durch entsprechende Substitutionen ganze Berufsgruppen nach und nach überflüssig werden.133 Einen Spezialfall bezüglich des Robotereinsatzes stellt die Pflegebranche dar. Hier ist nämlich zusätzlich zu klären, ob es neben rechtlichen Schwierigkeiten aus moralischen Gesichtspunkten heraus überhaupt vertretbar ist, pflegebedürftige Menschen teilweise von Maschinen pflegen zu lassen. Zu (c): Bezüglich (der Veränderungen) ökonomischer Rahmenbedingungen wollen wir uns in dieser Arbeit aufgrund ihres Gegenstandes ausgewählt auf betriebswirtschaftlich relevante beschränken. Diese betreffen die unternehmensinterne und die -externe Umwelt, welche durch Aspekte der Digitalisierung beeinflusst werden. Erstere verändert sich bspw. dadurch, dass Arbeitskräfte zunehmend Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien mitbringen, wodurch sich ggf. neue Personaleinsatzmöglichkeiten ergeben, aber auch dadurch, dass Arbeitskräfte angepasste Anforderungen an ihren Arbeitsplatz (Tablets, Smartphones, papierloses Büro, etc.) oder ihren Arbeitsort (Tele-Arbeit, ambulante Arbeit, etc.) haben. In der externen Umwelt ergeben sich Veränderungen dadurch, dass bestimmte Stakeholder ihre Anforderungen bzw. ihre angebotenen Leistungen anpassen. Bei Kunden entstehen bspw. Bedürfnisse nach digitalen Gütern und Konkurrenten bieten diese zunehmend an. Zu (d): Unter einer Technologie verstehen wir in dieser Arbeit (in produktionstheoretischer Diktion nach Wittmann (1966) oder (1968)) eine Teilmenge des K -dimensionalen Güterraums, wobei K als Anzahl der betrachteten Güter definiert ist. Einzelne Punkte einer Technologie (Aktivitäten) werden als Vektoren, deren Elemente verschiedene Input- und Output-Güterquantitäten repräsentieren, dargestellt.134 Ohne Digitalisierung bestehen Technologien ausschließlich aus nicht-digitalen Gütern. Agieren Unternehmen in einer digitalen Welt, bestehen Technologien u. U. aus Input- und Output-Gütern, die (teilweise) digital im engeren Sinne sind, sodass sich neue Alternativen zur Produktion ergeben.
133
Vgl. Arntz et al. (2018) oder Dengler/Matthes (2018). Vgl. u. a. Wittmann (1966), S. 16 ff. bzw. Wittmann (1968), S. 3. Vgl. dazu vertiefend Abschn. 2.2.2.
134
2.1 Betriebliches Handeln in einer digitalen Welt
45
Aufgrund dessen, dass wir auf die terminologischen Grundlagen und die Charakterisierung digitaler Güter und digitaler Produktion sowie die produktionstheoretische Fundierung (digitaler) Technologien explizit und vertiefend in Abschnitt 2.2.2 eingehen, wollen wir den Einfluss der Digitalisierung auf allgemein-technologische Rahmenbedingungen an dieser Stelle nicht weiter vertiefen.
2.1.3.3 Digitalisierung als betriebliches Ziel, betriebliche Maßnahme und Wirkung Grundsätzlich unterscheiden wir in der Betriebswirtschaftslehre Sach- und Formalziele. Als oberste Sachziele werden dabei in der Regel die Produktion und der Absatz von Gütern sowie als oberstes Formalziel die Gewinnmaximierung formuliert.135 Auf der Ebene der Sachziele kann Digitalisierung (ggf. über entsprechende Unterziele) letztlich sowohl Einfluss auf Absatz- als auch Produktionsziele nehmen. Ersteres äußert sich bspw. darin, dass Unternehmen zusätzlich oder alternativ zu bestehenden auch digitale Produktionsabläufe und -programme in Erwägung ziehen sowie digitale Absatzprogramme und -kanäle erschließen wollen. In diesen Fällen lassen sich folglich Digitalisierungsziele formulieren, die im direkten Zusammenhang mit dem (Kern-)Geschäft der Unternehmung stehen (Bsp.: Die Kundenberatung soll in Zukunft digital erfolgen.). Im Zusammenhang mit Digitalisierung zu formulierende Formalziele sind hingegen solche, bei denen Digitalisierung einen gewissen Selbstzweck innehat (Bsp.: Maximierung digitaler Komponenten in der Produktion). Zur Erfüllung entsprechender (Digitalisierungs-)Ziele stehen Unternehmen heute neben „herkömmlichen“, vor allem auch diverse digitale Maßnahmen zur Verfügung. Diese ergeben sich aus oben beschriebenen Technologieanpassungen, die den Einsatz neuer Instrumente im betrieblichen Leistungsprozess bedingen (können). Mit Digitalisierung als Instrument ist hierbei die digitale Erzeugung von (digitalen) Leistungen gemeint. Wir verstehen unter diesem tätigkeitsbezogenen instrumentellen Digitalisierungsbegriff im Speziellen, dass digitale (und nicht-digitale) Maßnahmen einzeln oder gebündelt dazu verwendet werden, die zu den Digitalisierungszielen passenden Wirkungen zu erzielen. Die entsprechenden Wirkungen fassen wir unter dem ergebnisbezogenen instrumentellen Digitalisierungsbegriff zusammen.136 Auf Grundsätzliches zu digitalen Maßnahmen, daraus resultierenden Wirkungen sowie deren systematischen Zusammenhänge gehen 135 136
Vgl. dazu grundlegend Kosiol (1966), S. 45 ff. i. V. m. S. 212 ff. Vgl. Spengler et al. (2020), S. 281.
46
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
wir in Abschn 2.2.2 im Rahmen der Aktivitätsanalyse ein. Zielerreichungsgrade und die darauf basierende konkrete Maßnahmenauswahl thematisieren wir im Detail in den Kap. 3 und 4. Abschließend sind die Zusammenhänge des betrieblichen Handelns in einer digitalen Welt in einem angepassten HSM selektiv und exemplarisch in Abb. 2.9 dargestellt. Im Rahmen des zielbezogenen Digitalisierungsbegriffs sind von Unternehmen Digitalisierungsziele (Sach- und Formalziele) zu formulieren, zu deren Erreichung aus einer Menge zulässiger, geeignete digitale Einzelmaßnahmen bzw. Bündel digitaler (und nicht-digitaler) Maßnahmen auszuwählen sind. Der entsprechende Selektionszusammenhang ist in Form eines durchgezogenen Pfeils zwischen den jeweiligen Kästen gekennzeichnet. Aus jeder erwogenen Maßnahme bzw. aus jedem erwogenen Maßnahmenbündel ergeben sich verschiedene (digitale) Haupt- und Nebenwirkungen.137 Der entsprechende Kausalitätszusammenhang wird durch den entsprechenden gestrichelten Pfeil dargestellt. Aus der Gegenüberstellung antizipierter (digitaler) Hauptwirkungen und Digitalisierungszielen ergibt sich wiederum kausal der Zielerreichungsgrad. Die Rahmenbedingungen in einer digitalen Welt bedingen die Formulierung von Digitalisierungszielen, den Raum zulässiger digitaler Maßnahmen, entsprechende Selektionszusammenhänge von Digitalisierungszielen und digitalen Maßnahmen sowie Kausalitätszusammenhänge zwischen digitalen Maßnahmen und (digitalen) Wirkungen. Die Gesamtheit durch Digitalisierung beeinflusster bzw. durch Digitalisierung neu entstehender Rahmenbedingungen definiert maßgeblich das aktuelle Zeitgeschehen und wird daher unter dem epochalen Digitalisierungsbegriff geführt.
137
Wie wir im Rahmen produktionstheoretischer Überlegungen in Abschn. 2.2.2 erläutern, müssen digitale Maßnahmen nicht zwangsläufig (ausschließlich) digitale Wirkungen nach sich ziehen.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
47
Abbildung 2.9 Exemplarische Darstellung des Handlungsstrukturmodells in einer digitalen Welt
2.2
Systematische Grundlagen digitaler Produktion
2.2.1
Vorbemerkungen
Im folgenden Kapitel wollen wir auf Basis der grundlegenden Überlegungen zur Digitalisierung und zum betriebswirtschaftlichen Handeln in einer digitalen Welt, produktionstheoretischer sowie produktionsplanerischer Grundlagen differenzierte Überlegungen zu systematischen Grundlagen (der Planung) digitaler Produktion anstellen. Das bedeutet im Detail, dass (a) in terminologischer Hinsicht zu klären ist, was unter digitaler Produktion, digitalen Produkten und
48
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
digitalen Produktionsabläufen zu verstehen ist (vgl. Abschn 2.2.2.1), (b) in systematischer Hinsicht Zusammenhänge zwischen (digitalen) Produktionsfaktoren und (digitalen) Produkten zu analysieren sind (vgl. Abschn 2.2.2.2) sowie (c) in produktionsplanerischer Hinsicht wesentliche Aspekte der in Bezug auf digitale Produktion betrieblich zu treffenden Entscheidungen zu untersuchen sind (vgl. grundlegend Abschn 2.2.3 sowie vertiefend Kap. 3–5). Zu (a): Um sinnvoll untersuchen zu können, was digitale Produktionsfaktoren und digitale Produkte sind, gehen wir zunächst auf den Begriff der digitalen Güter und die damit verbundene Abgrenzung zu nicht-digitalen Gütern ein. Auf dieser Basis entwickeln wir die entsprechenden Definitionen digitaler Produktionsfaktoren und digitaler Produkte, um diese anschließend zu klassifizieren und von ihren nicht-digitalen Pendants abzugrenzen. Abschließend leiten wir daraus die Begriffe digitale Produktion, digitaler Produktionsablauf und digitales Produktionsprogramm ab. Zu (b): Auf Basis des unter (a) erläuterten terminologischen Fundaments und produktionstheoretischer Grundlagen untersuchen wir die systematischen Zusammenhänge von (digitalen) Produktionsfaktoren und (digitalen) Produkten. Dabei ist im Speziellen zu klären, inwiefern sich digitale (und nicht-digitale) Produktionsfaktoren kombinieren und transformieren lassen, unter welchen Umständen aus entsprechenden Kombinations- und Transformationsprozessen digitale und nicht-digitale Produkte entstehen und wie folglich digitale Produktionsabläufe und digitale Produktionsprogramme theoretisch fundiert sind. Zu (c): Im Rahmen der Produktionsplanung ist in Bezug auf Digitalisierung zunächst zu unterscheiden, ob die Produktion in digitaler Art und Weise geplant wird (digitale Produktionsplanung) oder ob es um die Planung digitaler Produktion geht. Bei der digitalen Produktionsplanung geht es darum, dass der Planungsprozess digital (bspw. durch Planungssoftware) unterstützt und das Planungsergebnis ggf. auch digital erzeugt wird (bspw. als entsprechende Datei auf dem Unternehmensserver). Im Rahmen der Planung digitaler Produktion entfalten wir auf Basis der theoretischen Grundlagen digitaler Produktion und grundlegender Modelle der „klassischen“ Produktionsplanung Überlegungen zu Entscheidungsmodellen zur Bestimmung optimaler digitaler Produktionsabläufe und -programme.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
2.2.2
49
Terminologische und theoretische Grundlagen digitaler Produktion
2.2.2.1 Terminologische Grundlagen digitaler Produktion Unter Produktion versteht man in der Betriebswirtschaftslehre gemeinhin die Kombination und Transformation von Gütern (Produktionsfaktoren), welche in der Entstehung neuer Güter (Produkte) münden.138 Produktionsfaktoren (auch Inputgüter oder Inputs genannt) werden i. d. R. danach differenziert, ob sie als dispositive Faktoren leitende Aufgaben wie Planung oder Kontrolle bei der Produktion erfüllen, als Elementarfaktoren in Produktionsprozessen verbraucht oder gebraucht werden oder als zur Produktion notwendige, schlecht quantifizierbare und kostenerzeugende Zusatzfaktoren (u. a. Leistungen von Staat, Verbänden, Versicherung, die Steuer-, Beitrags- oder Prämienzahlungen verursachen) auftreten.139 Produkte (Outputgüter oder Outputs) unterscheiden wir typischerweise in Zwischen-, End- und Abfallprodukte.140 Um auf Basis des „klassischen“ Produktionsbegriffs ein digitales Pendant definieren zu können, erscheint es sinnvoll, zunächst den Begriff digitales Gut zu erläutern. Die Literatur hält dazu diverse
138
Vgl. u. a. Laßmann (1958), S. 17, Wittmann (1966), S. 16, Wittmann (1968), S. 2, Lücke (1970), S. 13, Adam (1974), S. 1, Gutenberg (1990), S. 57, Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 83, Reichwald/Dietel (1991), S. 408 oder Fandel (1996), S. 1. Alternativ zum Produktionsbegriff werden in der Literatur auch Begriffe wie Leistungs-, Gütererzeugung oder -erstellung verwendet, die wir in dieser Arbeit ebenfalls als Synonyme ansehen. Aus der Definition resultiert die Notwendigkeit, dass Produktion mindestens zwei Produktionsfaktoren erfordert. Diese werden miteinander kombiniert und transformiert. 139 Vgl. Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 76 ff. und Dyckhoff/Spengler (2005), S. 17 ff. 140 Vgl. ebd., S. 32–33. Gutenberg unterscheidet grundlegend die vier Faktoren menschliche Arbeitsleistung, Betriebs- oder Arbeitsmittel, Werkstoffe sowie Betriebs- oder Geschäftsleitung. Mit menschlicher Arbeitsleistung sind solche von Arbeitskräften auszuführenden Tätigkeiten gemeint, die einen konkreten Objektbezug haben. Unter Betriebs- oder Arbeitsmitteln werden für die Leistungserstellung notwendige Anlagen und Einrichtungen (wie Grundstücke, Gebäude, Maschinen, etc.) zusammengefasst. Als Werkstoffe bezeichnet er Rohstoffe, Halb- und Fertigerzeugnisse, die in Produktionsprozessen verwendet werden (vgl. Gutenberg (1951), S. 3 ff.). Diese drei Faktoren sind Arten der hier benannten Elementarfaktoren. Als Betriebs- oder Geschäftsleitung „[…] wird jenes Zentrum betrieblicher Aktivität zu treffen versucht, das dirigierend, planend und gestaltend den gesamtbetrieblichen Arbeitsvollzug steuert, ihm sein Gepräge gibt und sich so in ihm manifestiert“ (Gutenberg (1951), S. 7). Dieser ist gleichzusetzen mit den als dispositive Produktionsfaktoren bezeichneten Elementen der Produktion (Gutenberg (1983, S. 131) benennt diese später auch als dispositive Faktoren).
50
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Definitionen vor, welche wir ausgewählt darstellen und anschließend kritisch beleuchten wollen.141 Nach Auffassung von Illik (1998) haben digitale Güter „[…] keinerlei physischen Anteil, weder direkt noch indirekt. […] Digitale Güter können vollständig über digitale Datennetze distribuiert werden.“142 In dieser recht eng gefassten Definition werden digitale Güter darauf reduziert, dass sie als elektronische (und somit nicht physische) Signale verteilt werden können. Weitere Aspekte bleiben hier unberührt. Stelzer (2004) wird hingegen deutlich konkreter und definiert digitale Güter als „[…] immaterielle Mittel zur Bedürfnisbefriedigung, die sich mit Hilfe von Informationssystemen entwickeln, vertreiben und anwenden lassen. Digitale Güter werden in Form von Binärdaten entwickelt, können mit Hilfe elektronischer Medien (wie z. B. dem Internet oder Mobilfunknetzen) übertragen und mit Hilfe von Informationssystemen dargestellt und angewendet werden.“143 Clement und Schreiber (2013) formulieren komprimierter: „Digitale Güter sind immaterielle Mittel zur Bedürfnisbefriedigung, die aus Binärdaten bestehen und sich mit Hilfe von Informationssystemen entwickeln, vertreiben oder anwenden lassen.“144 Beide Definitionen basieren (sinnvollerweise) auf der gängigen Sichtweise, dass ein Gut ein Mittel zur Bedürfnisbefriedigung ist (vgl. Abschn 2.1). Zudem wird jeweils herausgestellt, dass (a) digitale Güter als Binärdaten vorliegen. Allen drei Erläuterungen ist zum einen gemein, dass (b) die Verteilung bzw. der Vertrieb digitaler Güter über Datennetze, elektronische Medien bzw. Informationssysteme erfolgt, wobei aus unserer Sicht hier zumindest sehr ähnliche, wenn nicht die gleichen Distributionskanäle mit unterschiedlichen Begriffen belegt sind. Zum anderen schreiben alle Autoren digitalen Gütern (c) das Kriterium der Immaterialität zu. Stelzer ergänzt (d) die Darstellung, Clement/Schreiber ergänzen (e) die Entwicklung und beide Quellen sprechen auch von (f) der Verwendung digitaler Güter über Informationssysteme. Zu (a): Wir wollen die Beschaffenheit digitaler Güter in der vorliegenden Arbeit noch konkreter eingrenzen und wie oben nicht nur von Binärdaten, sondern von speziellen Binärdaten in Form von Bits sprechen.
141
Umfangreichere Überblicke zu verschiedenen Begriffsdefinitionen und -auslegungen liefern bspw. Luxem (2001), S. 20 ff. oder Schmidt (2007), S. 21 ff. 142 Illik (1998), S. 15–16. 143 Stelzer (2004), S. 235. 144 Clement/Schreiber (2013), S. 44.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
51
Zu (b): Laut unserer Definition geht es bei Digitalem u. a. um die Eigenschaft, Informationen mittels computerverwertbarer Signale senden oder empfangen zu können, was nichts anderes als eine spezielle Distributionsform darstellt. Zu (c): Digitalen Gütern (per se) Immaterialität zuzuschreiben, erachten wir als problematisch, da der Konsum von (digitalen) Gütern ohne materielle Komponenten grundsätzlich kaum vorstellbar ist. Betrachten wir dazu folgendes Beispiel: Sie nutzen eine Navigations-App, um in einer fremden Stadt zum nächsten Supermarkt zu finden. Offensichtlich hat die (in Bit-Form programmierte) App an sich keine physische Form und könnte somit u. U. als immateriell bezeichnet werden. Ohne Ihr Smartphone, welches ohne Zweifel materiell ist, können Sie die App jedoch nicht nutzen. Es stellt sich folglich die fundamentale Frage, ob die App ohne das Smartphone überhaupt als Gut bezeichnet werden darf, da nur mit der App das Bedürfnis nach Navigation zum nächstgelegenen Supermarkt nicht befriedigt werden kann.145 Das Beispiel verdeutlicht, dass digitale Güter aufgrund dessen, dass sie bitcodiert sind und man somit für ihre Nutzung auf Computer angewiesen ist (vgl. dazu die Ausführungen in Abschn 2.1.2.3), streng genommen nie vollständig immateriell sein können.
Abbildung 2.10 Systematik zu (non-)digitalen Gütern146
145
Eine ähnliche Debatte wird bzgl. der Immaterialität von Dienstleistungen geführt. Typischerweise werden hier in gleicher Manier Beispiele wie ein Haarschnitt oder das Servieren eines Getränks ins Feld geführt, welche ohne die physischen Faktoren Schere oder Glas nicht durchgeführt werden können. 146 Luxem (2001), S. 15.
52
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Illik führt vor dem Hintergrund verschiedener Abstufungen der physischen Anteile von Gütern eine vierteilige Systematik zu deren Differenzierung ein: Physische, semi-physische, semi-digitale sowie digitale Güter, wobei die drei erstgenannten die Gruppe der non-digitalen Güter bilden.147 Unter semi-digitalen Gütern versteht er Güter, die hauptsächlich aus Digitalem bestehen, jedoch auf die physische Anwesenheit eines Individuums angewiesen sind (bspw. OnlineSchulungen). Semi-physische Güter sind durch vorrangig physische Bestandteile gekennzeichnet, können jedoch durch digitale, begleitende Prozesse (wie Online-Bestellung eines Abendkleides) unterstützt werden. Physische Güter sind vollständig nicht-digital.148 Die entsprechende Gütersystematik ist in Abb. 2.10 grafisch dargestellt. Diese Systematik ist in mehrerlei Hinsicht problematisch. Luxem stellt fest, dass die Differenzierung von semi-physischen und physischen Gütern ausschließlich auf Unterschieden im begleitenden Vertriebs- bzw. Transportprozess beruht, was für die Systematisierung von Gütern nicht zweckmäßig scheint.149 Außerdem zeigt unser obiges Beispiel, dass die Abgrenzung digitaler und semi-digitaler Güter ebenfalls wenig zweckmäßig anmutet, da Illiks Definition folgend alle Güter maximal semi-digitalen Charakter haben können. Wir wollen deswegen in der vorliegenden Arbeit nur zwischen digitalen und non-digitalen Gütern unterscheiden. Zu (d), (e) und (f): In Abschn 2.1 beschreiben wir Darstellung und Verarbeitung150 von Informationen in Form bit-codierter Nachrichten als (potenzielle) Eigenschaften von Digitalem, sodass diese aus unserer Sicht auch im Rahmen der Begriffsdefinition eines digitalen Gutes berücksichtigt werden sollten. Die Entwicklung digitaler Güter erachten wir hingegen eher als den Prozessen zugehörig, deren Ergebnisse digitale Güter sind. Aus den oben umrissenen Aspekten der Begriffsdefinitionen wollen wir nun Folgendes für die dieser Arbeit zugrundeliegende Definition digitaler Güter konstituieren: – Digitale Güter sind wie alle anderen Güter Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. – Diese Mittel müssen dafür geeignet sein, Informationen in Bit-Form darstellen, verarbeiten und verteilen (senden oder empfangen) zu können. 147
Vgl. Illik (1998), S. 15–16. Vgl. Illik (1998), S. 16. 149 Vgl. Luxem (2001), S. 15. 150 Die Verarbeitung entsprechender Informationen ist aus unserer Sicht gleichbedeutend mit der von Stelzer (2004) bzw. Clement/Schreiber (2013) formulierten Anwendung. 148
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
53
– Digitale Güter haben sowohl immaterielle als auch materielle Bestandteile.
Digitales Gut: Ein digitales Gut ist deshalb als ein digitales Mittel zur Bedürfnisbefriedigung definiert. I. V. m. der Definition von digital151 handelt es sich dementsprechend um Mittel, welche Informationen in Form bit-codierter Nachrichten darstellen, verarbeiten sowie vermittels von Computern verwertbarer Signale senden oder empfangen können. Heute existieren sowohl im privaten als auch im geschäftlichen Kontext unzählige Arten digitaler Güter. Ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben, wollen wir im Folgenden ausgewählt digitale Güterarten benennen und kurz erläutern, deren Existenz aus unserer Sicht wesentlichen Einfluss auf betriebswirtschaftliches Handeln nimmt bzw. nehmen kann. Grundlegend lassen sich digitale Güter in Soft- und Hardware-Güter152 unterscheiden, wobei offenkundige und essenzielle Interdependenzen zwischen beiden Güterarten bestehen, da ohne Hardware keine Software programmiert oder verwendet werden kann und Hardware ohne Software nicht sinnvoll genutzt werden kann.153 Zur Kategorie der Güter, deren Entstehung im Wesentlichen auf entsprechende Softwareentwicklungen zurückzuführen ist, zählen u. a. das sog. Cloud Computing154 , Online-Plattformen sowie verschiedenste Formen von Anwendungssoftware (zur Kontrolle, Planung, Verwaltung, Dokumentation, etc.). Auf Hardware-Seite führen die fortlaufend steigenden Leistungsfähigkeiten von Prozessoren, Grafikkarten, Festplatten, etc. sowie die Entwicklung von
151
Wir beziehen uns an dieser Stelle und im Folgenden auf die oben beschriebene enge Auslegung des Begriffs digital. 152 Unter Soft- bzw. Hardware verstehen wir basierend auf Tukey (1958, S. 2) einen Sammelbegriff für Computerprogramme, Computerdaten sowie deren Dokumentation bzw. alle physischen Bestandteile von Computersystemen (vgl. Lassmann (2006), S. 63 u. 127). 153 Dennoch ist denkbar, dass Hard- und Software separat voneinander verkauft werden. 154 Unter Cloud Computing fassen wir die (internetbasierte) Bereitstellung dezentraler digitaler Speicherungs- und Ausführungskapazitäten (sog. Clouds) für Computerprogramme und digital vorliegende Daten zusammen (vgl. bspw. Arntz et al. (2016), S. 2 oder Armbrust et al. (2010), S. 50 f.).
54
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Sensorik, Aktuatorik155 oder Robotik dazu, dass Digitales zunehmend mit NichtDigitalem verbunden wird. Das bedeutet im Detail, dass zum einen nicht-digitalen Gütern IP-Adressen zugewiesen werden, damit man mit diesen Gütern Informationen austauschen kann (Stichworte: Internet of Things) und dass zum anderen nicht-digitale Güter mit Sensoren sowie Aktuatoren ausgestattet und zum Zwecke (ortsunabhängiger) in Echtzeit erfolgender Datensammlung, Steuerung und Kontrolle über digitale Netzwerke miteinander verzahnt werden (Stichwort: cyber-physische Systeme).156 Cyber-physisches System: Ein cyber-physisches System besteht aus physischen und digitalen Systemelementen und -beziehungen. Es integriert computerbasierte Berechnungen und physische Prozesse durch das Zusammenspiel von eingebetteten Systemen (Computern), (intelligenten) Sensoren und Aktuatoren.157 Internet of Things: Das Internet der Dinge bezeichnet ein (globales) Netzwerk mit IP-Adressen versehener physischer Objekte, welche mit eingebetteten Systemen, anderen Objekten im Internet der Dinge oder Menschen Informationen austauschen.158 Es fällt zum einen auf, dass die Begriffe cyber-physisches System und Internet der Dinge eng miteinander verknüpft sind. Das Internet of Things bezeichnet dabei jedoch umfassender die Gesamtheit der (möglichen) Vernetzung von physischen Gegenständen, während mit einem cyber-physischen System i. d. R. ein konkretes Netz aus digitalen und physischen Objekten gemeint ist. Zum anderen ist recht offensichtlich, dass die entsprechenden Möglichkeiten, Physisches und 155
Ein Sensor ist ein Messfühler (vgl. DWDS (e), oder alternativ Detektor oder (Messgrößen-)Aufnehmer) zur Erfassung physikalischer oder chemischer Größen (vgl. Berns et al. (2019), S. 238). Moderne Sensoren zeichnen sich nicht nur durch bessere Messleistungen (bspw. hinsichtlich der Genauigkeit), sondern auch durch Fähigkeiten zur Verknüpfung, Selbstdiagnose und Kommunikation aus (vgl. Schütze/Helwig (2017), S. 311). Unter Aktuatoren versteht man Energiewandler, welche zum Anstoßen eines Prozesses elektrische in (vorrangig) mechanische Größen (Bewegung, Druck, etc.) umwandeln (vgl. Berns et al. (2019), S. 267). 156 Vgl. Arntz et al. (2016), S. 2. In diesem Zuge fällt auch der Begriff des eingebetteten Systems. Dieser ist ein Obergriff für „[…] informationsverarbeitende Systeme, die in ein größeres Produkt bzw. eine Umgebung integriert sind.“ (Berns et al. (2019), S. 1). 157 Vgl. dazu vertiefend Lee (2010), Geisberger/Broy (2012), Broy et al. (2012) oder Anderl (2014). 158 Vgl. dazu vertiefend Weber/Weber (2010), Xia et al. (2012), Anderl (2014) oder Wortmann/Flüchter (2015).
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
55
Digitales zu integrieren, betriebliche Produktion(-smöglichkeiten) umfangreich und essenziell verändern (können). Dies mündet u. a. in der Vision sog. Smart Factories, welche solche Fabriken bezeichnen, die sich durch Verwendung oben beschriebener digitaler Güter nahezu gänzlich selbst versorgen, steuern und organisieren.159 Diese Vision greifen wir am Ende von Abschn 2.2.2.2 noch einmal auf, um kritisch Stellung dazu zu nehmen. Eine letzte Kategorie digitaler Güter, die wir an dieser Stelle benennen möchten, wird unter dem Begriff Big Data zusammengefasst. Big Data: Als Big Data bezeichnen wir sehr große (oft beiläufig entstehende) Datenmengen.160 Diese entstehen mehr oder weniger automatisch durch die Nutzung vieler digitaler Güter, da diese oft selbst oder aufgrund eingebetteter Systeme sämtliche Aktivitäten (wie Nutzungsdauer, -zeitpunkte bzw. -zeiträume, Informationsaustausch mit anderen Objekten oder Subjekten, Sensoren und Aktuatorenaktivitäten etc.) dokumentieren. Diese Datenmengen bieten aus betriebswirtschaftlicher Sicht verschiedene Anwendungsmöglichkeiten (bspw. zur Optimierung von Maschinen oder zur Analyse der Kundenbedürfnisse), bedingen aber auch gewisse Anforderungen (bspw. bzgl. des Datenschutzes der Kunden oder entsprechender Software zur Auswertung der Daten). Nach der Definition des Begriffs und der Darstellung ausgewählter Kategorien stellt sich nun noch die Frage nach spezifischen Eigenschaften digitaler Güter. Grundlegend gilt für Güter Folgendes: „Ein Gut wird durch seine Eigenschaften und durch Ort und Zeit seiner Verfügbarkeit eindeutig beschrieben. Ist bei einem Vergleich in einem der drei Kriterien ein Unterschied festzustellen, so liegen strenggenommen verschiedene Güter vor.“161 Die Digitalität eines Gutes ist eine dieses Gut kennzeichnende Eigenschaft, welche somit zusammen mit allen weiteren Eigenschaften sowie Ort und Zeit der Verfügbarkeit dieses Gutes zu seiner eindeutigen Beschreibung führt. Jedoch ergeben sich bei einigen digitalen Gütern nicht unwesentliche Besonderheiten bzgl. der Eindeutigkeit des Verfügbarkeitsortes und der Verfügbarkeitszeit.162 Dies liegt darin begründet, dass digitale
159
Vgl. Arntz et al. (2016), S. 2. Vgl. Arntz et al. (2016), S. 2 und vertiefend Klein et al. (2013) oder Gandomi/Haider (2015). 161 Fandel (1996), S. 34–35. 162 Vgl. Spengler et al. (2020), S. 290. 160
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2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Güter, zu deren Nutzung mehr oder weniger beliebige Computer163 verwendet werden können, i. d. R. nahezu jederzeit und an nahezu jedem Ort gebraucht oder verbraucht werden können.164 Zwar existieren auch Mehrdeutigkeiten bzgl. der zeitlichen Verfügbarkeiten nicht-digitaler Güter (Nutzungsrechte für Räume o. Ä.) und es lässt sich ebenso bzgl. der lokalen Verfügbarkeit nicht-digitaler Güter argumentieren, dass ein einzelnes Gut (z. B. ein bestimmter PKW) an unterschiedlichen Orten genutzt werden kann. Jedoch können nicht-digitale Güter nur zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten genutzt werden. Das Streamen eines Films über den gleichen Account (digitales Gut) kann hingegen von mehreren Personen zur selben Zeit an unterschiedlichen Orten erfolgen. Offenkundig kann der Anteil physischer Komponenten eines digitalen Gutes stark variieren (ein Roboter hat bspw. mehr physische Komponenten als eine App) und es mag somit die Frage aufkommen, ob digitale Güter dementsprechend zumindest in dieser Hinsicht weiter zu differenzieren sind. Aus unserer Sicht ist dies jedoch wenig zweckmäßig, da der physische Anteil u. a. kaum (sinnvoll) quantifizierbar ist und sich ebenso schlecht Aussagen darüber treffen lassen, wie wichtig das Physische des Gutes (im Vergleich zum Digitalen) ist.165 Zweckmäßig bedeutet in Bezug auf diese Arbeit, dass die Definition produktionstheoretisch und -planerisch relevante Aspekte digitaler Güter in den Vordergrund stellt. Diese ergeben sich vor allem daraus, dass digitale Güter im Gegensatz zu nicht-digitalen Gütern Informationen bit-codiert darstellen, verarbeiten, senden oder empfangen können und sich dadurch vielfältige Möglichkeiten, aber auch Erfordernisse und Gefahren in der Gestaltung von Produkten und Produktionsabläufen ergeben (können). Abschließend wollen wir Stellung zu einigen oft in der Literatur genannten Charakteristika (vollständig) digitaler Güter nehmen. Zu diesen zählen u. a. (g) eingeschränkte Wahrnehmbarkeit, (h) Nicht-Abnutzbarkeit, (i) einfache
163
Es geht an dieser Stelle um alle Computer, die zumindest die technischen Voraussetzungen zur Nutzung des digitalen Gutes erfüllen. Bestimmte Apps können z. B. vom Nutzer auf verschiedenen Smartphones, Tablets etc. verwendet werden, auf herkömmlichen PCs jedoch nicht. 164 Der Konsum wird hierbei ggf. durch gesperrte Nutzungszeiträume oder -orte (die Leistungen mancher Apps sind bspw. nur zu bestimmten Tageszeiten bzw. in bestimmten Ländern nutzbar) sowie durch die Grenzen der Erreichbarkeit (bspw. Internet- oder Netzwerkzugang) beschränkt. 165 Wenn man die Notwendigkeit des physischen Mediums zum Konsum digitaler Güter ausklammert, kann man bei bestimmten Gütern von nahezu rein oder vollständig digitalen Gütern sprechen (bspw. Text- oder Audio-Dateien, Apps, etc.).
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
57
Reproduzierbarkeit, (j) einfache Veränderbarkeit sowie (k) hohe Fixkosten der Entwicklung und niedrige (gegen Null tendierende) Grenzkosten.166 Zu (g): Die eingeschränkte Wahrnehmbarkeit stellt darauf ab, dass digitale im Gegensatz zu physischen Gütern nicht durch alle menschlichen Sinne, sondern nur visuell und akustisch wahrgenommen werden können.167 Diesbezüglich ist zwar relativ unstrittig, dass dies für nahezu vollständig digitale Güter zutrifft (Software kann man weder riechen noch schmecken noch anfassen). Jedoch gilt die eingeschränkte Wahrnehmbarkeit nach unserer Definition digitaler Güter offensichtlich nicht für alle Güter dieses Typs, da diese (wie oben beschrieben) physische Bestandteile haben, die in jedem Fall taktil, aber oft auch olfaktorisch oder gustatorisch wahrnehmbar sind. Zudem ist die Eigenschaft eingeschränkter Wahrnehmbarkeit nicht exklusiv für nahezu rein digitale Güter gültig. Man denke hier bspw. an immaterielle Güter wie Patente oder Versicherungen. Zu (h): Unter Nicht-Abnutzbarkeit digitaler Güter wird verstanden, dass diese im Gegensatz zu physischen Gütern keiner Abnutzung ausgesetzt sind, sodass die Produktqualität im Zeitverlauf nicht geringer wird und es dementsprechend keine „alten“ Güter gibt.168 Beachtet man jedoch, dass bspw. Anwendungssoftware als immaterieller Vermögengegenstand mit einer begrenzten Nutzungsdauer bilanzierbar und abschreibbar ist, können wir sehr wohl von (ökonomischer) Abnutzung digitaler Güter sprechen. Außerdem würde auch kaum jemand widersprechen, wenn ältere Versionen eines Betriebssystems im Vergleich zur aktuellsten als veraltet bezeichnet werden (bspw. Windows 95 im Vergleich zur aktuellsten Windows-Variante).169 Zudem ist hinlänglich bekannt, dass bspw. Daten auf einer CD im Zeitverlauf durchaus nicht unbeschadet bleiben, sodass wir an dieser Stelle nicht nur von ökonomischer Abnutzung bzw. Alterung, sondern auch von einer substanziellen Abnutzung digitaler Güter sprechen können. Zu (i): Aufgrund dessen, dass (nahezu rein) digitale Güter nur aus Bits und Bytes bestehen, schreibt man ihnen die Eigenschaft zu, leicht reproduzierbar zu sein, da das Kopieren der Bits und Bytes sehr schnell und mit relativ geringem Aufwand erfolgen kann.170 Auch dieses Charakteristikum trifft unserer Definition folgend nicht grundsätzlich auf digitale Güter zu, da deren physische 166
Vgl. Urbach (2017), S. 41 ff. In der Literatur werden diesbezüglich Fix- und Grenzkosten häufig gegenübergestellt, wobei es grundsätzlich sinnvoller erscheint, Fix- und variable Kosten gegenüberzustellen. Die Sinnhaftigkeit der hier vorgenommenen Gegenüberstellung wollen wir im Folgenden jedoch nicht weiter thematisieren. 167 Vgl. Clement/Schreiber (2013), S. 48. 168 Vgl. Seidenfaden (2006), S. 22. 169 Vgl. Spengler et al. (2020), S. 291. 170 Vgl. Clement/Schreiber (2013), S. 48.
58
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Komponenten durchaus nicht allzu leicht reproduzierbar sind. Aber auch digitale Bestandteile von Gütern müssen nicht zwangsläufig leicht kopierbar sein. Es ist zwar recht unstrittig, dass bspw. Bild- oder Musikdateien durchaus leicht vervielfältigbar sind. Eine speziell für ein bestimmtes Unternehmen erstellte Verwaltungssoftware ist dies hingegen nicht, da hier ein hohes Maß an Customizing erforderlich ist. Außerdem existieren inzwischen diverse Möglichkeiten, (auch nahezu rein) digitale Güter vor (ungewollter) Vervielfältigung zu schützen.171 Zu (j): Mit einfacher Veränderbarkeit ist zum einem gemeint, dass recht leicht verschiedene (personalisierte) Varianten digitaler Güter erzeugt werden können. Zum anderen ist aber auch denkbar, dass die Integrität digitaler Güter durch unbeabsichtigte Veränderungen wie Softwarefehler in der Entwicklung oder beabsichtigte Veränderungen wie Computerviren gefährdet wird.172 Auch die Zuschreibung dieser Eigenschaft zu digitalen Gütern lässt sich ähnlich wie die der einfachen Reproduzierbarkeit nicht pauschalisieren. Jedoch kann auf der einen Seite nicht von der Hand gewiesen werden, dass es gerade bei vollständig digitalen Gütern auch nach deren Erwerb für den Konsumenten relativ einfach ist, (personalisierte) Änderungen zu erwirken, indem für eine Software bspw. online ein zusätzliches Leistungspaket heruntergeladen wird. Änderungen an einem Kleid sind hingegen i. d. R. mit größerem Aufwand verbunden. Auf der anderen Seite lässt sich festhalten, dass Angriffe auf die Integrität digitaler Güter bei hinreichender Begabung der Hacker oder unzureichendem Schutz der Güter durchaus einfacher zu gestalten sind als bei nicht-digitalen Gütern. Das liegt vor allem daran, dass entsprechende Angriffe über das Internet nicht vor Ort (also bspw. in der Produktionshalle) erfolgen müssen und dass bei Erfolg des Angriffs u. U. alle Güter eines bestimmten Typs betroffen sind (bspw. beim Hacken eines Cloud-Dienstes) und nicht nur eine bestimmte Produktionscharge. Zu (k): Auch die Zuschreibung hoher Fixkost173 en der Entwicklung und niedriger (gegen Null tendierender) Grenzkosten zu digitalen Gütern174 lässt sich nicht verallgemeinern. So ist bspw. die Erzeugung einer E-Book-Variante eines Romans nicht mit besonders hohen Entwicklungskosten verbunden und die Erzeugung von Robotern für die Automobilindustrie erfolgt sicherlich nicht zu Grenzkosten nahe Null. Dennoch werden wir im Zuge der Ausführungen zur
171
Vgl. Spengler et al. (2020), S. 291. Vgl. Clement/Schreiber (2013), S. 48 f. 173 Die mit der relativ leichten Veränderbarkeit verbundenen Vor- und Nachteile werden wir im Rahmen der Planung digitaler Produktionsprogramme (vgl. Kap. 3) vertiefend behandeln. 174 Vgl. Bakos/Brynjolfsson (2000), S. 64. 172
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
59
Planung digitaler Produktion zeigen, dass digitale Güter durchaus Besonderheiten bzgl. der Kosten aufweisen. Aus der Definition eines digitalen Gutes lassen sich i. V. m. der Definition des Produktionsbegriffes entsprechend die Begriffe digitaler Produktionsfaktor, digitales Produkt, digitales Produktionsprogramm, digitaler Produktionsablauf sowie digitale Produktion ableiten. Digitaler Produktionsfaktor: Ein digitaler Produktionsfaktor ist ein digitales Gut, welches mit weiteren Produktionsfaktoren kombiniert, zur Transformation weiterer Produktionsfaktoren verwendet bzw. mit Hilfe weiterer Produktionsfaktoren selbst transformiert wird. In Abgrenzung zu nicht-digitalen Produktionsfaktoren wollen wir uns um eine Systematisierung digitaler Produktionsfaktoren bemühen. Dazu stellen wir uns die Frage, inwiefern dispositive Faktoren, Elementar- und Zusatzfaktoren digital sein können. Zum aktuellen Zeitpunkt ist es kaum denkbar bzw. zumindest relativ unwahrscheinlich, dass dispositive Aufgaben (jemals) in Gänze nicht von Menschen übernommen werden. Trotz entsprechender Bemühungen im Bereich der Forschung zur künstlichen Intelligenz175 wollen wir daher in dieser Arbeit davon ausgehen, dass es (vorerst) keine digitalen dispositiven Produktionsfaktoren gibt bzw. geben kann. Zusatzfaktoren können hingegen grundsätzlich in digitaler Form vorliegen. So können bspw. der Staat, Kommunen oder Versicherungen Leistungen digital anbieten. Obwohl menschliche Arbeitskraft natürlich selbst nicht-digital sein kann, kann die durch Arbeitskräfte zu erfolgende Verrichtung objektbezogener Aufgaben digital gestaltet werden. Dazu werden u. a. entsprechend digitale Betriebs- oder Arbeitsmittel176 (vgl. obige Ausführungen zum Überblick verschiedener digitaler Güter) bzw. digitale Werkstoffe benötigt. Digitale Werkstoffe wollen wir in Anlehnung an Gutenbergs Definitionen von Rohstoffen, Halb- und Fertigerzeugnissen klassifizieren. Rohstoffe bezeichnen Werkstoffe, die „[…] entweder in völlig unbearbeitetem Zustande oder nach der Durchführung gewisser, die Grundeigenschaften des Materials nicht wesentlich verändernder Veredelungsprozesse […]“177 vorliegen. In der digitalen Welt treffen diese Eigenschaften auf Bits und Bytes zu, die wir demzufolge als digitale Rohstoffe bezeichnen können. 175
Unter künstlicher Intelligenz werden üblicherweise Ansätze zur Nachahmung intelligenten Denkens und Handelns mit Hilfe von Computern verstanden (vgl. bspw. Russell/Norvig (2002)). 176 Es ist offensichtlich, dass Grundstücke und Gebäude hier nicht mit eingeschlossen sind, da diese nicht digital sein können. 177 Gutenberg (1951), S. 5.
60
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Mit digitalen Halb- und Fertigerzeugnissen sind dann halbfertige bzw. fertige Bit- bzw. Byte-Kombinationen gemeint. Elementare Produktionsfaktoren können wir bzgl. ihrer konkreten Funktion in Produktionsprozessen noch detaillierter in Verbrauchs- und Gebrauchsfaktoren unterteilen, wobei erstere solche mit bzw. ohne substanziellen Eingang in die Produkte und letztere solche mit bzw. ohne Leistungsabgabe in den Produktionsprozess sein können.178 Es ist relativ offensichtlich, dass sowohl digitale Verbrauchs- als auch digitale Gebrauchsfaktoren existieren. Der Laptop eines Autors und ein Roboter in der Automobilproduktion stellen bspw. digitale Gebrauchsfaktoren mit Leistungsabgabe in den Produktionsprozess dar, während Verwaltungs- und Lagerhaltungssoftware Beispiele für solche ohne Leistungsabgabe in den Produktionsprozess sind. Eine Festplatte, die in einem Computer verbaut wird, ist hingegen ein Verbrauchsfaktor mit substanziellem Eingang in das Produkt. Ein digitales Ticket ist ein Beispiel für einen digitalen Verbrauchsfaktor ohne substanziellen Eingang. Sind digitale Güter nicht als Faktoren Teil einer Produktion, sondern gehen als Ergebnis aus dieser hervor, bezeichnen wir diese als digitale Produkte. In Anlehnung an die Definition des „klassischen“ Produktbegriffs definieren wir diese wie folgt. Digitales Produkt: Ein digitales Produkt ist ein digitales Gut, welches durch die Kombination bzw. Transformation von digitalen (und nicht-digitalen) Produktionsfaktoren entsteht.179 Um als digitales Produkt bezeichnet werden zu können, muss ein digitales Gut als Ergebnis eines Produktionsaktes entstehen. Es ist offensichtlich, dass digitale Güter je nach Perspektive für unterschiedliche Unternehmen sowohl als Produktionsfaktoren als auch als Produkte Verwendung in betrieblicher Produktion finden. Auf Produktseite können diese als digitale Zwischenprodukte (bspw. Festplatten in der Computerproduktion), Endprodukte (bspw. PCs) oder sogar als Abfallprodukte (bspw. Datenschrott) auftauchen. Aus den Definitionen von Produktion, digitalen Produktionsfaktoren und digitalen Produkten lässt sich der Begriff der digitalen Produktion ableiten.
178
Vgl. Adam (1972), S. 2 f., Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 77 f., Fandel (1996), S. 32 ff. sowie Dyckhoff/Spengler (2005), S. 17 f. Verbrauchsfaktoren nennt man auch Repetierfaktoren und Gebrauchsfaktoren auch Potenzialfaktoren (vgl. Dyckhoff/Spengler (2005), S. 17 f.). 179 Vgl. zur Begründung der Formulierung „von digitalen (und nicht-digitalen)“ die zugehörigen produktionstheoretischen Ausführungen in Abschn. 2.2.2.2.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
61
Digitale Produktion: Digitale Produktion ist die Kombination und Transformation von digitalen (und nicht-digitalen) Gütern (digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren), welche in der Entstehung neuer (digitaler) Güter ((digitaler) Produkte) mündet. Auf die konkreten Zusammenhänge und Unterschiede der Kombination und Transformation von ausschließlich digitalen bzw. digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren und den daraus entstehenden digitalen und nicht-digitalen Produkten gehen wir ausführlich und vertiefend im folgenden Abschnitt 2.2.2.2 ein. An dieser Stelle ist zunächst nur festzuhalten, dass digitale Produktion zumindest die Beteiligung eines digitalen Produktionsfaktors erfordert. Durch obige Ausführungen wird deutlich, dass betriebliche Produktion im Allgemeinen inputseitig durch die Menge der in Erwägung zu ziehenden Produktionsfaktoren sowie deren konkrete Kombination bzw. Transformation und outputseitig durch die Menge der zu erzeugenden Produkte determiniert wird. Neben der quantitativen (Anzahl) und qualitativen (Art) spielen dabei auch die lokale (Ort) und temporale (Zeit) Dimension eine zentrale Rolle. Bei Beschäftigung mit den Inputs betrieblicher Produktion geht es folglich um Art, Anzahl, Bereitstellungsort und -zeit von Produktionsfaktoren sowie Art, Häufigkeit, Ort und Zeit von deren Kombination und Transformation. Diesen Komplex von Untersuchungsgegenständen subsumieren wir im Folgenden unter den Begriff des Produktionsablaufes.180 Analog dazu können wir uns auch bzgl. des Produktionsoutputs mit diesen vier Dimensionen befassen und Art, Anzahl, Produktionsort sowie -zeit der entsprechenden Produkte thematisieren. Diesen Bereich nennen wir Produktionsprogramm.181 Wir orientieren uns bei dieser Differenzierung an
180
Synonym dazu verwenden wir die Begriffe Produktionsprozess und Produktionsprozedur. Einfach formuliert ist die Gestaltung des Produktionsablaufes die Antwort auf die Frage, welche Produktionsfaktoren in welchem Umfang in welcher Art und Häufigkeit wann und wo miteinander kombiniert bzw. transformiert werden. 181 Vgl. dazu bspw. Schweitzer/Küpper (1974), S. 31. Programm bedeutet in diesem Zusammenhang Gesamtheit (vgl. DWDS(f) Stichwort: Programm, abgerufen am: 24.01.2022, hier ist also ein anderer Programmbegriff als bei Computerprogrammen gemeint (vgl. dazu Abschn. 2.1.2.3)). Unter dem Begriff Produktionsprogramm wäre somit im eigentlichen Wortsinn die Gesamtheit der Produktion zu verstehen, was neben den Produkten auch den Produktionsablauf miteinschließt. Der Begriff ist dementsprechend zumindest unpräzise und eigentlich durch Produktprogramm zu ersetzen. Da sich der Begriff Produktionsprogramm in den vergangenen Jahrzehnten jedoch etabliert hat, wollen wir es an dieser Stelle bei dem Hinweis belassen und im Folgenden auch von Produktionsprogramm sprechen. Einfach ausgedrückt, geht es diesbezüglich um die Beantwortung der Frage, welche Produkte in welcher Anzahl wann und wo zu erzeugen sind.
62
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
der ursprünglichen Unterteilung (der Produktionsplanung) von Gutenberg (1951) in (die Planung von) Fertigungsprogramm und -prozess.182 I. V. m. mit unseren Ausführungen zu digitalen Produktionsfaktoren und digitalen Produkten können wir daraus Definitionen der Begriffe digitaler Produktionsablauf und digitales Produktionsprogramm entwickeln. Digitaler Produktionsablauf: Der digitale Produktionsablauf umfasst alle betrieblichen Vorgänge, in welchen eine bestimmte Art und Anzahl digitaler (und nicht-digitaler) Produktionsfaktoren in einer bestimmten Art und Häufigkeit an einem bestimmten Ort miteinander kombiniert oder transformiert werden. Digitales Produktionsprogramm: Das digitale Produktionsprogramm beinhaltet Art, Anzahl, Produktionsort und -zeit aller in einem Betrieb herzustellenden digitalen Produkte.
2.2.2.2 Theoretische Grundlagen digitaler Produktion Auf Basis des im vorherigen Kapitel umrissenen terminlogischen Fundaments digitaler Produktion wollen wir uns nun systematisch mit den Zusammenhängen von (digitalen) Produktionsfaktoren, Möglichkeiten ihrer Kombination und Transformation sowie (digitalen) Produkten beschäftigen. Wir wollen also eine produktionstheoretische183 Fundierung digitaler Produktion anstreben. Zu diesem Zweck stellen wir Überlegungen in aktivitätsanalytischer Hinsicht an.184
182
Vgl. Gutenberg (1951), S. 125. Heute existieren zur Systematisierung betrieblicher Produktion(-splanung) diverse weitere Differenzierungen, mit denen wir uns im Zuge der Beschäftigung mit Ansätzen der Produktionsplanung in den Kap. 2 und 4 auseinandersetzen. 183 Untersuchungsgegenstand der Produktionstheorie ist die Analyse der in der Produktion verwendeten Güter und deren Input–Output-Beziehungen auf quantitativer Ebene (Mengengerüst, vgl. bspw. Schweitzer/Küpper (1974), S. 26). Als Produktionsfunktion wird dabei die mathematisch funktionale Zuordnung ((ein-)eindeutige Abbildung) von Faktormengen zu Produktmengenkombinationen verstanden (vgl. bspw. Busse von Colbe/Laßmann (1991), S. 96). Die Untersuchung des Wertgerüsts der Produktion ist Aufgabe der Kostentheorie, in deren Rahmen es um die monetäre Bewertung des Produktionsfaktorenverbrauchs über Faktorpreise geht (vgl. Adam (1974), S. 19). 184 Grundsätzlich können produktionstheoretische Zusammenhänge auch mit Hilfe von Produktionsfunktionen untersucht werden (vgl. dazu bspw. Laßmann (1958), S. 15 ff. oder Schweitzer/Küpper, S. 45–158). Letztendlich lassen sich beide Ansätze jedoch ineinander überführen, da eine Produktionsfunktion nichts Anderes als die mathematisch funktionale Erfassung des effizienten Randes einer Technologie darstellt (vgl. Wittmann (1968), S. 14
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
63
In einer weiteren Forschungsarbeit stellen wir aktivitätsanalytische Überlegungen zur Fundierung der Produktion digitaler Dienstleistungsprogramme an.185 Diese Ausführungen wollen wir vertiefen und um grundsätzliche Erläuterungen zur digitalen Produktion sowie zur Produktion digitaler Produkte im Allgemeinen ergänzen. Zu diesem Zweck führen wir folgende Symbole ein: F := f f = 1, . . . , F K := k k = 1, . . . , K P := p p = 1, . . . , P V := v v= 1, . . . , V T T ech := v v v ∈ V := TeTf ech f g f := g vf := x p := x vp := v v := x := λ := λv :=
Menge der Produktionsfaktorarten. Menge der Güterarten. Menge der Produktarten. Menge der Aktivitäten (bzw. Produktionsvorgänge). Technologie eines Unternehmens. Menge der effizienten Aktivitäten (effizienter Rand der Technologie eines Unternehmens). Anzahl der Produktionsfaktoren der Art f Anzahl der Produktionsfaktoren der Art f , die für die einmalige Durchführung der Aktivität v benötigt werden. Anzahl der Produkte der Art p Anzahl der Produkte der Art p, die bei einmaliger Durchführung der Aktivität v erzeugt werden. Gütervektor zu Aktivität v Produktmengenvektor. Produktionsniveauvektor. Produktionsniveau der Aktivität v
Einen Produktionsvorgang bzw. eine Aktivität v definieren wir als K dimensionalen Gütervektor v v (2.1), welcher Auskunft über die bei einmaliger Durchführung der Aktivität einzusetzenden Faktormengen g vf und die durch diese zu erzeugenden Produktmengen x vp gibt:186
und Fandel (1996), S. 51 f.). Produktionstheoretische Überlegungen mittels Produktionsfunktionen sind also in die Aktivitätsanalyse integriert. Letztere liefert darüber hinaus zusätzliche Einblicke, sodass wir uns in dieser Arbeit auf die aktivitätsanalytische Betrachtung beschränken wollen. 185 Vgl. Spengler et al. (2020). 186 Vgl. Wittmann (1968), S. 3 f.
64
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
⎛
⎞ x1v ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ v⎟ ⎜x ⎟ P⎟ vv = ⎜ ⎜ gv ⎟ ∀ v ∈ V ⎜ 1⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ . ⎠ g vF
(2.1)
Als Vorzeichenkonvention hat sich in dieser Hinsicht etabliert, Faktoreinsatzmengen ein negatives und ein positives Vorzeichen zu geben.187 vProduktmengen T ech Die Menge T := v v ∈ V aller einem Unternehmen bekannten Aktivitäten nennen wir Technologie und die Teilmenge mit allen nicht-dominierten ⊆ T T ech bezeichnen wir als deren effizienten Rand.188 Aktivitäten TeTf ech f Unter der Technologie bzw. dem effizienten Rand der Technologie verstehen wir demzufolge die Menge aller Produktionsmöglichkeiten bzw. die Menge aller effizienten Produktionsmöglichkeiten eines Unternehmens. Für konkrete Produktionsentscheidungen sind aus der Menge der effizienten einzelne oder mehrere Aktivitäten auszuwählen und es ist zusätzlich zu bestimmen, in welcher Häufigkeit (Produktionsniveau λv der Aktivität v) diese durchzuführen sind.189 ⎞ λ1 ⎜ . ⎟ ⎟ λ=⎜ ⎝ .. ⎠ λV ⎛
(2.2)
Der Produktionsniveauvektor λ (2.2) repräsentiert folglich den Produktionsablauf eines Unternehmens, da er bei Nicht-Berücksichtigung der zeitlichen und örtlichen Dimension190 Aufschluss über Art und Niveau aller betrieblichen Vorgänge
187
Vgl. ebd., S. 3. Vgl. ebd., S. 6 f. Eine Aktivität ist effizient, sofern sie durch keine andere Aktivität innerhalb der Technologie dominiert wird. Das bedeutet, es existiert keine Aktivität, „[…] welche dieselben bzw. größere Produktmengen mit geringeren bzw. denselben Faktoreinsatzmengen herstellt.“ (Fandel (1996), S. 50). 189 Vgl. Wittmann (1968), S. 3 und 7. 190 Vgl. Fußnote 192 in diesem Kapitel. 188
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
65
gibt, in welchen eine bestimmte Art und Anzahl von Produktionsfaktoren miteinander kombiniert oder transformiert werden.191 Das Produktionsprogramm ergibt sich als Vektor x aller zu produzierenden Produktmengen x p (2.3). ⎛
⎞ x1 ⎜ . ⎟ ⎟ x=⎜ ⎝ .. ⎠ xP
(2.3)
Die Interdependenzen zwischen Produktionsablauf und -programm werden dadurch deutlich, dass sich das eine aus dem anderen ergibt und vice versa. ⎛
x1 ⎜ .1 ⎜ . ⎝ . x1
P
⎞ ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ x1V λ1 x1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎟ · ⎜ .. ⎟ = ⎜ .. ⎟ = x . ⎠ ⎝ . ⎠ ⎝ . ⎠ xP · · · xV λV P ··· .. .
(2.4)
Die Matrix der Ausbringungsmengen x vp , sprich die Aktivitätsmatrix ohne Faktoreinsatzmengen, multipliziert mit dem Produktionsniveauvektor λ ergibt den Produktmengenvektor x (2.4).192
191
An dieser Stelle ist anzumerken, dass konkrete Kombinations- und Transformationsvorschriften nicht in den Gütervektoren der einzelnen Aktivitäten erfasst werden (können). Produziert eine Arbeitskraft bspw. unter Einsatz von 15 Arbeitsminuten, 10 Nägeln, 12 min Nutzung eines Hammers und fünf Brettern ein Regal, lautet der entsprechende Gütervektor: ⎛
⎞ 1 ⎜ −15 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ −10 ⎟ ⎜ ⎟ ⎝ −12 ⎠ −5 Daraus können wir jedoch nicht ablesen, dass die Produktionsfaktoren Hammer- und Arbeitszeit kombiniert werden, um die Produktionsfaktoren Nägel und Bretter zu transformieren. 192 Die bisherigen Überlegungen berücksichtigen Produktionszeit und -ort nicht explizit. Wir gehen dabei aus Vereinfachungsgründen entsprechend davon aus, dass zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort produziert wird. Die Berücksichtigung von Produktionszeit und -ort lässt sich durch die Erweiterung der Symbole um entsprechende Indizes leicht erreichen. Dies zeigen wir in den Kap. 3 und 4 der vorliegenden Arbeit.
66
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Oben halten wir fest, dass es bei digitaler Produktion um die Kombination und Transformation von digitalen (und nicht-digitalen) Gütern (digitale und nicht-digitale Produktionsfaktoren), welche in der Entstehung neuer (digitaler) Güter ((digitaler) Produkte) münden, geht. Es ist nun zu spezifizieren, welche Fälle bezüglich der Kombination bzw. Transformation digitaler Produktionsfaktoren grundsätzlich denkbar sind und in welchen Fällen daraus digitale Produkte resultieren (können). Die zu untersuchenden Kombinationsbzw. Transformationsmöglichkeiten lauten: (a) Kombination und Transformation von digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren (b) Kombination und Transformation von ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren Zur konkreten Untersuchung dieser Fälle definieren wir zusätzlich: D := d d = F + 1, . . . , D Menge der digitalen Produktionsfaktorarten. Menge der digitalen Produktarten. E := e e = P + 1, . . . , E gd := Anzahl der digitalen Produktionsfaktoren der Art d gdv := Anzahl der digitalen Produktionsfaktoren der Art d, die für die einmalige Durchführung der Aktivität v benötigt werden. xe := Anzahl der digitalen Produkte der Art e xev := Anzahl der digitalen Produkte der Art e, die bei einmaliger Durchführung der Aktivität v erzeugt werden. Bei digitaler Produktion bestehen die Gütervektoren zu den Aktivitäten nun zusätzlich aus Einsatzmengen digitaler Produktionsfaktorarten gdv sowie Ausbringungsmengen digitaler Produktarten xev (2.5).193
193
Vgl. Spengler et al. (2020), S. 285 ff.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
⎛
x1v ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ v ⎜x ⎜ P ⎜ xv ⎜ e ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ v ⎜x v E v =⎜ ⎜ gv ⎜ 1 ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ v ⎜g ⎜ F ⎜ gv ⎜ d ⎜ . ⎜ . ⎝ . gv
67
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ∀v ∈ V ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(2.5)
D
Zu (a): In diesen drei Fällen geht es um Aktivitäten, zu deren Durchführung sowohl digitale als auch nicht-digitale Produktionsfaktoren benötigt werden, sodass für den Gütervektor einer entsprechenden Aktivität gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf < 0 ∃ f ∈ F gilt.194 Ob die betroffenen Inputs miteinander kombiniert werden oder zur Transformation der anderen verwendet werden, wird im Gütervektor nicht explizit erfasst und spielt für die aktivitätsanalytische Auseinandersetzung auch keine Rolle. Wir werden unten jedoch separat darauf eingehen und zu allen drei Fällen entsprechende Beispiele skizzieren. Zunächst wollen wir aber ausgehend von einer Technologie ohne digitale Produktionsfaktoren und Produkte erläutern, wie sich die entsprechenden Produktionsmöglichkeiten ändern (können). In dieser Hinsicht sind drei Arten von möglichen Änderungen in der Produktion vorstellbar. Grundsätzlich ist es möglich, dass durch die Kombination oder Transformation von digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren (1) ausschließlich nicht-digitale, (2) nicht-digitale und digitale sowie (3) ausschließlich digitale Produkte erzeugt werden.
194
Zur Erinnerung: Aufgrund der Vorzeichenkonvention sind Faktoreinsatzmengen negativ, wenn der Produktionsfaktor zur Durchführung der Aktivität benötigt wird, und ansonsten gleich 0.
68
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
(1) Kombination oder Transformation digitaler und nicht-digitaler Produktionsfaktoren zur Produktion nicht-digitaler Produkte: Ohne die Berücksichtigung von Digitalisierung werden in der Produktion eines Unternehmens mit Hilfe nicht-digitaler Produktionsfaktoren nicht-digitale Produkte hergestellt. Für entsprechende Technologien gilt folglich gdv = 0∀d ∈ D und xev = 0∀e ∈ E ∀v ∈ V . Wird eine solche Technologie nun um den möglichen Einsatz digitaler Produktionsfaktoren ergänzt, können diese im Wesentlichen in zweierlei Hinsicht Einfluss auf die ursprünglichen Aktivitäten nehmen. Zum einen können digitale Produktionsfaktoren komplementär zum Einsatz kommen, indem sie innerhalb eines Produktionsvorgangs ergänzend verwendet werden, ohne dass einer oder mehrere der zuvor verwendeten nicht-digitalen Produktionsfaktoren nicht mehr benötigt werden. Zum anderen kann der Einsatz digitaler Produktionsfaktoren die vollständige Substitution mindestens eines zuvor benötigten nicht-digitalen Produktionsfaktors bedingen. Ersteres betrifft Fälle, in denen durch den möglichen Einsatz mindestens eines digitalen Produktionsfaktors bestehende Aktivitäten komplementiert werden und somit neue Aktivitäten entstehen, ohne dass sich die mit diesen Aktivitäten zu produzierenden Produkte qualitativ ändern. Das bedeutet, dass zusätzlich zu den zur Durchführung der nicht-digitalen Ausgangsaktivitäten195 benötigten Inputs nun auch Faktoreinsatzmengen eines digitalen Produktionsfaktors bzw. digitaler Produktionsfaktoren erforderlich sind. Jedoch wird dadurch gleichzeitig zumindest die Einsatzmenge eines nicht-digitalen Produktionsfaktors reduziert oder die Ausbringungsmenge einer Produktart erhöht, da die neuen Aktivitäten ansonsten durch die Ausgangsaktivitäten dominiert werden und somit nicht effizient sind. Für eine neuentstehende Aktivität v gilt also im Vergleich zu einer Ausgangs aktivität v mit gdv = 0 ∀ d ∈ D, dass gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf < g vf ∃ f ∈ F
oder x vp < x vp ∃ p ∈ P. Als typisches Beispiel dafür können wir die komplementäre Nutzung bestimmter Assistenzsysteme anbringen. So können im Fall gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf < g vf ∃ f ∈ F bspw. bei der Produktion von Möbeln (mit nicht-digitalen Produktionsfaktoren wie Brettern, Nägeln, Leim, etc.) durch den Einsatz eines digitalen Lagerhaltungssystems die aufzubringenden Arbeitskräfteminuten reduziert werden, da Zeit für Wege ins Lager eingespart wird. Die Nutzung digitaler Messtechnik stellt ein Beispiel für Aktivitäten mit gdv < 0 ∃ d ∈ D und x vp < x vp ∃ p ∈ P dar, da somit bspw. beim Mischen 195
Als nicht-digitale Aktivitäten bezeichnen wir solche, in denen keine digitalen Produktionsfaktoren zum Einsatz kommen und somit auch keine digitalen Produkte erzeugt werden können. Diese Aktivitäten v sind also dadurch gekennzeichnet, dass gdv = xev = 0 ∀ d ∈ D, e ∈ E gilt.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
69
von Produktionsfaktoren weniger Output verloren geht und somit eine größere Produktmenge entsteht. Zum besseren Verständnis betrachten wir exemplarisch die grafische Darstellung von Isoquanten einer Produktart p (vgl. linker Teil von Abb. 2.11).196 In diesem Beispiel wird im Ausgangsfall mit zwei nicht-digitalen Inputs f = 1 und f = 2 produziert. Die eingezeichnete Isoquante (Gerade g 1 g 2 ) zum vorgegebenen Produktionsniveau von Produktart p bezeichnen wir mit x p .197 Mit d = 3 kommt nun ein weiterer, digitaler Produktionsfaktor hinzu, sodass sich die neue Isoquante als graue Dreiecksfläche x ∗p ergibt. Diese verläuft auf der g1 g2 -Ebene aufgrund der oben beschriebenen Dominiertheitsgründe unterhalb der ursprünglichen Isoquante.198
Abbildung 2.11 Isoquantendarstellungen zur Produktion mit digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren
196
Isoquanten bezeichnen den geometrischen Ort aller Faktoreinsatzmengenkombinationen, welche zur Erzeugung derselben Produktmenge führen (vgl. dazu Wittmann (1968), S. 47 f.). Diese Faktoreinsatzmengenkombinationen ergeben sich aus Linearkombinationen der verschiedenen Aktivitäten eines Unternehmens. 197 Unter der Annahme totaler und linearer Substitutionalität der Faktoren verlaufen die Isoquanten linear und streng monoton fallend. Ist das Verhältnis zwischen Produktionsfaktoren nicht linear, nur peripher substitutional oder limitational sind die Isoquantenverläufe zwar unterschiedlich, jedoch gelten die oben beschriebenen Zusammenhänge analog. Aus Veranschaulichungsgründen reicht es an dieser Stelle aus, den linearen Fall der totalen Substitutionalität zu betrachten. 198 Es ist offensichtlich, dass diese Fläche je nach konkreter Veränderung der je Aktivitätsdurchführung aufzubringenden Einsatzmengen der Inputs f = 1 und f = 2 gekippt würde.
70
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Die zweite Kategorie möglicher Produktionsveränderungen durch den Einsatz digitaler und nicht-digitaler Produktionsfaktoren zur Erzeugung nicht-digitaler Produkte beschreibt die vollständige Substitution mindestens eines nicht-digitalen Produktionsfaktors einer Ausgangsaktivität durch mindestens einen digitalen Produktionsfaktor ohne Änderung der Produktarten. Für eine neu entstehende Aktivität v gilt in diesem Fall in Relation zu einer Ausgangsaktivität v mit gdv = 0 ∀ d ∈ D, dass gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf = 0 ∃ f ∈ F mit g vf < 0. Als Beispiel für die Substitution eines Produktionsfaktors kann der Austausch menschlicher Arbeitskraft zum Festziehen von Schrauben durch einen Produktionsroboter angeführt werden. Der Einsatz von 3D-Druckern zur Produktion von Fahrradrahmen stellt hingegen ein Beispiel für die Substitution mehrerer Inputs (wie Schweißgeräte, Metallsägen, etc.) dar. Für die Isoquantendarstellung in unserem obigen Beispiel (im rechten Teil der Abb. 2.11) bedeutet das, dass die neue Isoquante x ∗p zwar weiterhin eine Gerade ist, deren Verlauf sich jedoch von der g1 -g2 - auf die g1 -g3 -Ebene verschiebt. Zur Erläuterung der weiteren möglichen Produktionsveränderungen bringen wir die Diskussion nun von Isoquantenebene auf die Ebene verschiedener Ausbringungsmengenkonstellationen (Produktionsprogramme), die durch eine gegebene Menge effizienter Aktivitäten erreichbar sind. Die Veränderungen diskutieren wir dabei ausgehend von einer Menge nicht-digitaler Aktivitäten, der Ausgangstechnologie. Wir definieren dazu: G max := d G max := f I N R := Taus := Vaus := X aus := aus := λvmax := P := R+
Maximale Kapazität der Produktionsfaktorart d Maximale Kapazität der Produktionsfaktorart f Menge von der Ausgangstechnologie aus nicht realisierbarer Produktionsprogramme (Innovationsraum). Nicht-digitale Ausgangstechnologie. Menge nicht-digitaler Ausgangsaktivitäten. Menge aller kapazitätsmäßig zulässiger nicht-digitaler Produktmengenvektoren x Menge aller kapazitätsmäßig zulässiger nicht-digitalen Produktionsniveauvektoren λ Maximales Produktionsniveau bei isolierter Durchführung von Aktivität v P-dimensionaler Raum der positiven reellen Zahlen (inkl. der 0).
Für alle Ausgangsaktivitäten v ∈ Vaus gilt, dass diese keine Einsatzmengen digitaler Inputs aufweisen und somit auch keine Ausbringungsmengen digitaler Produkte mit diesen erzeugt werden können, sodass die Ausgangstechnologie als
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
71
Taus := v v xev = gdv = 0 ∀ v ∈ Vaus , e ∈ E, d ∈ D definiert ist. Mit Hilfe der Matrix der Ausbringungsmengen x vp und dem Produktionsniveauvektor λ können alle denkbaren Produktmengenkombinationen (Produktmengenvektoren x), die mit der Ausgangstechnologie produzierbar sind, bestimmt werden. Aufgrund dessen, dass Produktionskapazitäten beschränkt sind, können Produktionsfaktoren jedoch nicht unbegrenzt zum Einsatz kommen, sodass die Menge realisierbarer Produktionsniveaus ebenfalls beschränkt ist. Diesbezüglich gilt allgemein für nicht-digitale und digitale Produktionsfaktorarten:
g vf · λv ≥ G max f
∀f ∈F
(2.6)
gdv · λv ≥ G max d
∀d ∈ D
(2.7)
v∈V
v∈V
Die Summe über alle Aktivitäten zum Einsatz kommenden Mengen darf aufgrund der Vorzeichenkonvention für jede nicht-digitale (2.6) bzw. jede digitale (2.7) Produktionsfaktorart nicht kleiner als die entsprechende Kapazitätsgrenze sein. Demzufolge ergibt sich die Menge aller für die Ausgangstechnologie kapazitätsmäßig zulässigen Produktionsabläufe: aus
⎧ ⎫ ⎨ ⎬ := λ g vf · λv ≥ G max ∀ f ∈ F mit λv ≥ 0 f ⎩ ⎭ v∈Vaus
(2.8)
Daraus lässt sich dann auch die Menge aller für die Ausgangstechnologie kapazitätsmäßig zulässigen Produktionsprogramme ermitteln:
X aus
⎧ ⎫ ⎨ ⎬ := x x vp · λv = x p ∀ p ∈ P, mit λv ∈ λ und λ ∈ aus ⎩ ⎭ v∈Vaus
(2.9)
In Abb. 2.12 ist eine Ausgangstechnologie mit den Aktivitäten v = 1 und v = 2 im Zwei-Produkt-Fall (mit den Produktmengen x 1 und x2 ) dargestellt. Diese werden als Geraden aus dem Koordinatenursprung abgetragen, welche jeweils alle Produktionsniveaus bei isolierter Durchführung der entsprechenden
72
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Aktivität abbilden.199 Innerhalb des durch diese beiden Geraden aufgespannten Kegels liegen deren Linearkombinationen. X aus als Teilmenge dieses Kegels (dunkelgrau eingefärbter Polyeder) wird nach oben rechts durch die Strecke λ1max λ2max beschränkt. Diese Strecke repräsentiert alle bei voller Kapazitätsauslastung realisierbaren Produktionsniveaukombinationen, wobei λ1max bzw. λ2max . die isolierten und deren Linearkombinationen die gemischten Höchstproduktionsniveaus darstellen.200 Die hellgraue Fläche mit allen Produktionsprogrammen, die auf Basis der Ausgangstechnologie nicht realisiert werden können, bezeichnen wir 201in P \X Anlehnung an Woratschek als Innovationsraum I N R := x|x ∈ R+ aus . Abbildung 2.12 Technologiedarstellung zur Produktion nicht-digitaler Produkte202
Dieser Innovationsraum kann in verschiedener Weise durch die Kombination und Transformation digitaler und nicht-digitaler Produktionsfaktoren erschlossen werden. Die oben beschriebenen Fälle des komplementären und substituierenden Einsatzes digitaler Produktionsfaktoren bedingen Veränderungen im P+D-dimensionalen Güterraum. Aktivitäten v mit gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf < g vf ∃ f ∈ F und x vp = x vp ∀ p ∈ P erschließen den Innovationsraum dabei auf der in Abb. 2.12 nicht dargestellten Ebene der Produktionsfaktoren, indem sie alternative Wege zur Erzeugung gleicher Produktmengen bieten.203 Ändern 199
Geraden repräsentieren
Die v v λ λ ≥ 0und λ = 0 ∀ v ∈ V \{v} .
200
also
für
jede
Aktivität
die
Menge
Vgl. Spengler et al. (2020), S. 286 f. Vgl. Woratschek (1992), S. 53. 202 In Anlehnung an Woratschek (1992), S. 53 und Spengler et al. (2020), S. 287 ff. 203 Grafisch liegen diese Aktivitäten in Abb. 2.12 auf dem Strahl der entsprechenden Ausgangsaktivität, da Produktionsfaktordimensionen in dieser nicht abgebildet werden (können). 201
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
73
sich hingegen die je Aktivitätsdurchführung erzielbaren Ausbringungsmengen, sind die entsprechenden Vorstöße in den I N R in der vorliegenden Abbildungs art abbildbar. Aktivitäten v mit gdv < 0 ∃ d ∈ D und g vf < g vf ∃ f ∈ F und
x vp < x vp ∃ p ∈ P sowie solche mit gdv < 0 ∃ d ∈ D und x vp < x vp ∃ p ∈ P dringen in den Innovationsraum vor, indem sie zusätzliche zuvor nicht erreichbare Produktionsprogramme ermöglichen und somit X aus um eine Teilmenge von I N R erweitern. Entsprechende Erweiterungen von X aus sind exemplarisch im linken oberen Teil der Abb. 2.13 visualisiert. Durch eine neue Aktivität v = 3 sind nun ausgehend von der Ausgangstechnologie auch Produktionsprogramme realisierbar, die durch isolierte Durchführungen von v = 3 sowie deren Linearkombinationen mit v = 1 und v = 2 produziert werden können (dunkelgraue Fläche mit den Eckpunkten Koordinatenursprung, λ2max und λ3max ). Alle kapazitätsmäßig zulässigen Produktionsprogramme liegen nun im dunkelgrauen Polyeder mit den maximalen Eckpunkten λ1max , λ2max und λ3max .
Abbildung 2.13 Technologiedarstellungen zur digitalen Produktion204
204
In Anlehnung an Woratschek (1992), S. 53 und Spengler et al. (2020), S. 287 ff.
74
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
(2) und (3) Kombination oder Transformation digitaler und nicht-digitaler Produktionsfaktoren zur Produktion digitaler (und nicht-digitaler) Produkte: Werden durch die Produktion mit digitalen und nicht-digitalen Inputs (neben nicht-digitalen auch) digitale Güter erzeugt, führt dies zu Erschließungen des Innovationsraums im E+P-dimensionalen Güterraum. Es geht folglich um neue Aktivitäten, mit deren Hilfe (zusätzlich) digitale Produkte produziert werden können. Dabei unterscheiden wir solche, die zur Erzeugung digitaler und nichtdigitaler Güter (x vp > 0 ∃ p ∈ P und xev > 0 ∃ e ∈ E), sowie solche, die ausschließlich zur Produktion digitaler Güter (x vp = 0 ∀ p ∈ P und xev > 0 ∃ e ∈ E) herangezogen werden können. Berücksichtigen wir in unserem Beispiel die digitale Produktart e = 3 sowie die entsprechende Ausbringungsmenge x 3 , gilt für die im oberen rechten Teil der Abb. 2.13 dargestellte Aktivität v = 4 x14 > 0, x24 > 0 und x34 > 0. Diese ist also ein Beispiel für Aktivitäten zur Erzeugung von sowohl digitalen als auch nicht-digitalen Produkten. Der Raum realisierbarer Produktionsprogramme wird in diesem Fall ausgehend von X aus nach „hinten“ in den E-dimensionalen Raum ausgedehnt und umfasst nun alle im dunkelgrauen Polyeder (mit den maximalen Eckpunkten λ1max , λ2max und λ4max ) liegenden Produktmengenkombinationen. Werden durch eine Aktivität ausschließlich digitale Produkte erzeugt, verläuft der Strahl ihrer Produktionsniveaus im Fall mit einer digitalen Produktart auf der entsprechenden Achse. Im linken unteren Teil der Abb. 2.13 verläuft Beispielaktivität v = 5 entsprechend auf der x 3 -Achse, da mit deren isolierter Durchführung ausschließlich Produktmengen von e = 3 produziert werden können. Durch mögliche Linearkombinationen mit den Ausgangsaktivitäten ergibt sich eine ähnliche Erschließung des Innovationsraums wie im Fall mit v = 4. Die Menge der realisierbaren Produktionsprogramme wird in diesem Fall durch den Polyeder mit den maximalen Eckpunkten λ1max , λ2max und λ5max determiniert. Typische Beispiele für Aktivitäten, bei deren Durchführung sowohl digitale als auch nicht-digitale Produkte entstehen, sind Bilder- (Fotos und Foto-Dateien) oder Bücherproduktionen (Buch und e-Book). Die Computerproduktion stellt ein Beispiel für Aktivitäten zur Erzeugung ausschließlich digitaler Produkte dar. Im unteren rechten Teil der Abb. 2.13 ist eine Technologie dargestellt, die um alle beschriebenen Möglichkeiten aktivitätsmäßig erweitert wird und somit eine Kombination der oben erläuterten Fälle repräsentiert. Alle zulässigen Produktionsprogramme liegen in diesem Fall im Polyeder mit den maximalen Eckpunkten λ1max , λ2max , λ3max , λ4max und λ5max . Zu (b): Für Aktivitäten, welche die Kombination von ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren bzw. die Transformation von digitalen durch ausschließlich digitale Produktionsfaktoren beschreiben, gilt, dass gdv < 0 für mindestens zwei
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
75
d ∈ D und g vf = 0 ∃ f ∈ F. Es ist offensichtlich, dass entsprechende Produktionsvorgänge nur in der Entstehung digitaler Produkte münden können, sodass für diese ebenfalls xev > 0 ∃ e ∈ E gilt. Bevor wir uns systematisch mit dieser vollständig digitalen Produktionsart auseinandersetzen, wollen wir uns in gebotener Kürze mit der Frage beschäftigen, ob es Produktionsvorgänge, die gänzlich ohne nicht-digitale Produktionsfaktoren auskommen überhaupt gibt bzw. geben kann. Zwar lässt sich u. U. argumentieren, dass Aktivitäten existieren, deren Inputseite nahezu frei von nicht-digitalen Elementarfaktoren ist. So kann bspw. die Erstellung von Personaleinsatzplänen (vollständig) durch entsprechende Software erfolgen, sofern die dafür notwendigen Informationen digital vorliegen. Gehen wir aus Vereinfachungsgründen davon aus, dass dazu nur die Software, ein Computer und die digital vorliegenden Informationen benötigt werden, können wir zunächst festhalten, dass an dieser Stelle ausschließlich digitale Produktionsfaktoren miteinander kombiniert bzw. entsprechend transformiert werden. Jedoch wird recht schnell deutlich, dass auch in diesem Fall nicht-digitale Elementarfaktoren wie Strom oder das Grundstück bzw. das Gebäude, auf bzw. in dem der Computer steht, zum Einsatz kommen müssen. Zudem wird menschliche Arbeitskraft zumindest als dispositiver Faktor benötigt, da zum einen entsprechende Planungsaktivitäten initiiert werden müssen bzw. Regeln oder Regelsysteme zu formulieren sind, auf deren Basis bspw. Häufigkeit oder Termine der Durchführungen der Planungsaktivitäten von der Software abgeleitet werden können. Zum anderen wird es vermutlich (zumindest stichprobenartige) Kontrollen der Planungsergebnisse durch menschliche Arbeitskräfte geben. Demnach müssten wir vermeintlich rein digitalen Aktivitäten zumindest zu einem gewissen Grad die Notwendigkeit des Einsatzes nicht-digitaler Produktionsfaktoren zuschreiben, sodass es diese streng genommen nicht geben kann.205 Gehen wir an dieser Stelle davon aus, dass menschliche Arbeitskraft als dispositiver Faktor sowie Grundstücke, Gebäude etc. als aktivitätsunspezifische Grundvoraussetzungen einer (digitalen) Produktion nicht explizit bei der Aktivitätsanalyse zu betrachten sind, lässt sich über die Kombination und Transformation ausschließlich digitaler Produktionsfaktoren festhalten, dass diese den Innovationsraum im E-dimensionalen Güterraum erschließen. Die Strahlen entsprechender Aktivitäten verlaufen auf Produktmengenebene in unserem Beispiel von oben ähnlich wie der Aktivitätsstrahl von v = 5. Bezüglich der in Abb. 2.13 205
Die oben beschriebenen Bestrebungen im Bereich der künstlichen Intelligenz sowie bzgl. der Entwicklung von Smart Factories sind Beispiele für Produkte bzw. Produktionen, die weitestgehend ohne den Einsatz nicht-digitaler Elementarfaktoren auskommen und die zukünftig darauf abzielen, auch weitestgehend ohne menschliche Disposition zu fungieren.
76
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
nicht dargestellten Produktionsfaktordimensionen unterscheiden sie sich jedoch von dieser. Als Beispiele können wir hier die oben bereits erläuterte (rein) software-basierte Erstellung von Plänen, Angeboten, Bestellungen o. Ä. anführen. Zusammenfassend können wir aktivitätsanalytisch Folgendes zu digitaler Produktion festhalten. Die Technologie eines Unternehmens und somit die Gesamtheit dessen grundsätzlicher Produktionsmöglichkeiten kann als (in Teilen) digital bezeichnet werden, sofern darin zumindest eine Aktivität existiert, für die gilt, dass gdv < 0 ∃ d ∈ D.206 Wir definieren zusätzlich: Tdig := Vad := Vd := Vnd :=
Digitale Technologie. Menge von Aktivitäten mit ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren. Menge von Aktivitäten mit nicht-digitalen und digitalen Produktionsfaktoren. Menge von Aktivitäten mit ausschließlich nicht-digitalen Produktionsfaktoren.
Die Menge aller einem Unternehmen bekannten Aktivitäten V ist somit als Vereinigung der Teilmengen aller Aktivitäten mit ausschließlich digitalen, ausschließlich nicht-digitalen sowie digitalen und nicht-digitalen Produktionsfaktoren definiert (V := Vad ∪Vnd ∪Vd ). Obige Bedingung erfüllen zum einem Aktivitäten
v ∈ Vd := v gdv < 0 ∃ d ∈ D ∧ g vf < 0 ∃ f ∈ F und zum anderem Aktivitä
ten v ∈ Vad := v gdv < 0 ∃ d ∈ D ∧ g vf = 0 ∀ f ∈ F , sodass für eine digitale Technologie gilt, dass Tdig := {v v | ∃ v ∈ Vad ∪ Vd } sowie Vad = ∅ ∨ Vd = ∅.
206
Aufgrund dessen, dass digitale Produkte nicht ohne Berücksichtigung digitaler Produktionsfaktoren erzeugt werden können und trotz Verwendung digitaler Produktionsfaktoren nicht zwangsläufig digitale Produkte produziert werden, ist dies die einzig zu erfüllende Bedingung.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
77
Alle unter Einhaltung der Kapazitätsrestriktionen realisierbaren digitalen Produktionen eines Unternehmens lassen sich dann wie folgt vollständig beschreiben (2.10): ⎛
x1 ⎜ .1 ⎜ . ⎜ . ⎜ ⎜ 1 ⎜x¯ ⎜ P ⎜ ⎜ x1 ⎜ e ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ ⎜ 1 ⎜x¯ ⎜ E ⎜ ⎜ g1 ⎜ 1 ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ ⎜ 1 ⎜g¯ ⎜ F ⎜ ⎜ g1 ⎜ d ⎜ . ⎜ .. ⎝ g 1D¯
⎞ ¯ x1V .. ⎟ ⎟ . ⎟ ⎟ ¯ ⎟ x PV¯ ⎟ ⎟ ⎟ ¯ ⎟ V xe ⎟ .. ⎟ ⎟ . ⎟⎛ ⎟ λ1 ¯ ⎟ ⎜ x EV¯ ⎟ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎝ . ¯ g1V ⎟ ⎟ λV¯ .. ⎟ ⎟ . ⎟ ⎟ ¯ ⎟ g FV¯ ⎟ ⎟ ⎟ ¯ gdV ⎟ ⎟ .. ⎟ . ⎟ ⎠ V¯ · · · gD ¯ ··· .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. .
⎛
⎞ x1 ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x P¯ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ xe ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎞ ⎜ ⎜ ... ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ ⎟ ⎜ x E¯ ⎟ ⎟=⎜ ⎜ ⎠ ⎜ g1 ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ ⎟ ⎜g ⎟ ⎜ F¯ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ gd ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ . ⎠ g D¯
u. d. N.: λv ≥ 0 ∀v ∈ V v > 0 ∃ v ∈ Vad ∪ Vd λ
v v g f · λ ≥ G max ∀f ∈ F f v∈V
gdv · λv ≥ G max ∀d∈D d
(2.10)
v∈V
Die systematischen Zusammenhänge zwischen Kombination und Transformation digitaler und nicht-digitaler Produktionsfaktoren auf der Seite des Produktionsablaufes, der produktionsprogrammseitigen Erzeugung digitaler und nicht-digitaler Produkte sowie aus dem Zusammenspiel von Produktionsablauf und -programm resultierenden digitalen und nicht-digitalen Produktionen sind abschließend in Abb. 2.14 grafisch dargestellt. Bezüglich des Produktionsablaufs unterscheiden wir die Kombination und Transformation ausschließlich nicht-digitaler, nicht-digitaler und digitaler sowie ausschließlich digitaler Produktionsfaktoren (linker Teil der Abb. 2.14). Im mittleren Teil der Abbildung sind die drei möglichen Arten von Produktionsprogrammen (vollständig nicht-digital, digital und vollständig digital) und im rechten Teil der Abbildung die jeweilige Art der entsprechenden Produktion (nicht-digital, digital sowie vollständig digital) abgebildet. Der im gepunkteten Rechteck abgetragene Fall repräsentiert einen vollständig nicht-digitalen Produktionsablauf und ein daraus resultierendes, zwangsläufig vollständig nicht-digitales Produktionsprogramm. Produktionen dieser Art bezeichnen wir als nicht-digital. Wird der Produktionsablauf sowohl
78
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
mit Hilfe nicht-digitaler als auch digitaler Produktionsfaktoren organisiert, können sich daraus abhängig von den konkret integrierten Aktivitäten vollständig nicht-digitale, digitale und vollständig digitale Produktionsprogramme ergeben (hellgrauer Polyeder in Abb. 2.14). Diese Form der Produktionsgestaltung nennen wir digital. Im gestrichelten Rechteck im unteren Teil der Abbildung ist der Extremfall einer vollständig digitalen Produktion, die durch die Kombination und Transformation ausschließlich digitaler Inputs zu ausschließlich digitalen Outputs gekennzeichnet ist, dargestellt. Ob und wie ein Unternehmen seine Produktion nicht-digital oder digital gestalten möchte, mündet in der konkreten Festlegung des Produktionsniveauvektors λ bzw. des Produktmengenvektors x. Diese Fragestellungen sind im Rahmen der Planung von (digitaler) Produktion zu beantworten, mit der wir uns in den Abschn 3–5 beschäftigen. Aufgrund dessen, dass es gerade bei der Produktion nahezu vollständig digitaler Produkte schwierig bzw. auch wenig zweckmäßig ist, verschiedene Aktivitäten über unterschiedliche Ausbringungsmengen des Outputs zu differenzieren, wollen wir an dieser Stelle noch auf Besonderheiten der Produktion von Eigenschaften eingehen. Die grundlegenden Überlegungen dazu gehen auf Lancaster (1966) zurück: „The chief technical novelty lies in breaking away from the traditional approach that goods are the direct objects of utility and, instead, supposing that it is the properties or characteristics of the goods from which utility is derived.“207 Er geht also davon aus, dass der Nutzen aus Gütern nicht aus diesen selbst, sondern aus deren Eigenschaften gezogen wird. So wird nach diesem Verständnis der Nutzen des Konsumenten aus dem Bewohnen einer Wohnung nicht aus dem Produkt Wohnung, sondern vielmehr aus dem Umfang der Wohnfläche, der Anzahl der Zimmer, der Art und Anzahl der Fenster etc. gezogen. Für die aktivitätsanalytische Betrachtung208 der Produktion einer Wohnung bedeutet dies, dass wir alternativ zur Erfassung der Produktmenge auch die Mengen aller relevanten Eigenschaften in den entsprechenden Gütervektor v v aufnehmen können.209 207
Lancaster (1966), S. 133. In Abschn. 3.3 beschäftigen wir uns ausführlich mit der eigenschaftsbasierten Planung von Produktion. 209 Erfasst man nicht mehr Güterquantitäten (bspw. in Stückzahlen, Gewichts- oder Volumenangaben), sondern die mit den Gütern verbundenen Eigenschaften, stellt sich diesbezüglich die Frage nach der Dimensionierung bzw. Messung der Eigenschaften bzw. ihrer Ausprägungen. Die Beantwortung dieser Frage ist vor allem vom entsprechenden Skalenniveau der Eigenschaftsgröße abhängig. So kann man den Umfang nominal- bzw. ordinalskalierter Eigenschaften wie bspw. Farben bzw. Energieeffizienzklassen nicht kontinuierlich, sondern nur dichotom (Farbe ist enthalten oder nicht bzw. Produkt ist einer bestimmten 208
Abbildung 2.14 Systematische Zusammenhänge zwischen (digitalem) Produktionsablauf, (digitalem) Produktionsprogramm und (digitaler) Produktion
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion 79
80
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Wir definieren dazu: A := a a = 1, . . . , A E a := Pa := eigae := eigap := v v,eig := xa := xav :=
Menge der Eigenschaftsarten. Menge der Produktarten e, die Eigenschaften der Art a besitzen. Menge der Produktarten p, die Eigenschaften der Art a besitzen. Umfang an Eigenschaften der Art a, der in einer Einheit eines Produkts der Art e enthalten ist. Umfang an Eigenschaften der Art a, der in einer Einheit eines Produkts der Art p enthalten ist. Eigenschaftsvektor zu Aktivität v Umfang an Eigenschaften der Art a Umfang an Eigenschaften der Art a, der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v erzeugt wird.
Somit gilt: xav =
p∈Pa
eigap · x vp +
eigae · xev
∀v ∈ V,a ∈ A
(2.11)
e∈E a
Es ist offensichtlich, dass sich basierend auf einer durch (2.10) beschriebenen Produktionssituation der Umfang an Eigenschaften der Art a, der bei einmaliger Durchführung einer Aktivität erzeugt wird, in Abhängigkeit des mit produzierten Einheiten nicht-digitaler bzw. digitaler Produktarten verbundenen Eigenschaftsumfangs (eigap bzw. eigae ) sowie der bei Durchführung dieser Aktivität erzeugten Produktmengen entsprechender nicht-digitaler bzw. digitaler Produktarten (x vp bzw. xev ) ergibt. Der Umfang an Eigenschaften der Art a, der bei einmaliger Durchführung einer Aktivität v erzeugt wird (xav ), bestimmt sich folglich aus der Summe des Eigenschaftsumfangs aus Produktion nicht-digitaler Produkte der Art p sowie des Eigenschaftsumfangs aus Produktion digitaler Produkte der Art e (2.11).210
Energieeffizienzklasse zugeordnet oder nicht) erfassen. In Fällen, in denen man unabhängig vom Skalenniveau der Eigenschaft Probleme mit der Messung ihrer Ausprägung hat, kann es zudem sinnvoll sein, Ersatzkriterien zur Messung in Ansatz zu bringen. Vgl. hierzu vertiefend die Ausführungen in Abschn. 3.3.1. 210 Vgl. dazu auch Spengler et al. (2020), S. 286.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
⎛
v v,eig
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
x1v .. . xv A g1v .. . g vF gdv .. . gv
81
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ v∈V ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(2.12)
D
Bestimmt man mittels (2.11) alle bei einmaliger Durchführung von Aktivitäten erzeugten Eigenschaftsumfänge, kann man die Gütervektoren v v in Eigenschaftsvektoren v v,eig (2.12) transformieren. ⎛
x1 ⎜ .1 ⎜ . ⎜ . ⎜ ⎜ 1 ⎜x¯ ⎜ A ⎜ ⎜ g1 ⎜ 1 ⎜ . ⎜ . ⎜ . ⎜ ⎜ 1 ⎜g¯ ⎜ F ⎜ ⎜ g1 ⎜ d ⎜ . ⎜ . ⎝ . g 1D¯
⎞ ¯ x1V .. ⎟ ⎟ . ⎟ ⎟ ¯ ⎟ V x A¯ ⎟ ⎟ ⎟ ⎛ ¯ g1V ⎟ λ1 ⎟ ⎜ . .. ⎟ ⎟ ⎜ . ⎟ · ⎝ .. ⎟ ¯ ¯ ⎟ λV g FV¯ ⎟ ⎟ ⎟ ¯ ⎟ V gd ⎟ .. ⎟ ⎟ . ⎠ ¯ V · · · gD ¯ ··· .. . .. . .. . .. . .. . .. . .. .
⎞ x1 ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x A¯ ⎟ ⎞ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜ g1 ⎟ ⎟ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎟=⎜ ⎟ . ⎠ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜g ⎟ ⎜ F¯ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ gd ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ .. ⎟ ⎝ . ⎠ ⎛
u. d. N.: λv ≥ 0 ∀v∈V v > 0 ∃ v ∈ Vad ∪ Vd λ
g vf · λv ≥ G max ∀ f ∈F f v∈V
gdv · λv ≥ G max ∀d∈D d
(2.13)
v∈V
g D¯
Somit lassen sich dann alle unter Einhaltung der Kapazitätsrestriktionen realisierbaren digitalen Produktionen eines Unternehmens auf der Ebene von Eigenschaften durch (2.13) vollständig erfassen. Analog zur oben dargestellten aktivitätsanalytischen Untersuchung der Kombination und Transformation von digitalen und nicht-digitalen bzw. von ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren werden bei Spengler et al. (2020) entsprechende Zusammenhänge auf Ebene der Produkteigenschaften analysiert.211 211
Vgl. Spengler et al. (2020), S. 287 ff.
82
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Aufgrund dessen, dass entsprechende Erkenntnisse denen auf Ebene der Produktmengen sehr ähneln, wollen wir uns an dieser Stelle jedoch darauf beschränken, festzuhalten, dass digitale Produktion zur Realisation bisher nicht erreichbarer Eigenschaftskombinationen (vergleichbar mit (1)), zur Erzeugung von Bündeln bereits produzierbarer und neuer (digitaler) Eigenschaften (vergleichbar mit (2)) sowie zur isolierten Produktion neuer (digitaler) Eigenschaften führen kann.212 Im Rahmen der modelltheoretischen Betrachtung der Planung des Produktionsprogramms in Kap. 3 bedienen wir uns dieser grundlegenden Ideen zur Produktion von Eigenschaften, um verschiedene Produktvarianten zu definieren. Problematisch ist dabei, dass zur im Zuge der entsprechenden Planung zu erfolgenden Auswahl von Produktvarianten eine betriebswirtschaftliche Bewertung von einzelnen Eigenschaftsausprägungen bzw. deren Kombinationen durchzuführen ist. Zum Abschluss des vorliegenden Kapitels wollen wir uns daher vom Mengengerüst der Produktionstheorie abwenden und uns zumindest bzgl. der Eigenschaftsproduktion in gebotener Kürze dessen Wertgerüst widmen. Es stellt sich nun nämlich die Frage, wie zu produzierende und anschließend am Markt anzubietende Eigenschaftsausprägungen zu bepreisen sind. Einen Ansatz dazu stellt die Theorie der hedonischen Preise dar. Diese geht auf Rosen (1974) zurück, der seine Überlegungen wie Lancaster auf Basis der Annahme, dass sich der Wert eines Gutes aus seinen nutzenstiftenden Eigenschaften ergibt, entfaltet.213 Deshalb definiert er hedonische Preise wie folgt: „Hedonic prices are defined as the implicit prices of attributes and are revealed to economic agents from observed prices of differentiated products and the specific amounts of characteristics asso- ciated with them.“214 Die Grundidee ist dementsprechend, einzelnen Eigenschaften bzw. einzelnen Eigenschaftsausprägungen nicht explizit Preise zuzuordnen, sondern diese Preise über die empirische Beobachtung von Zahlungsbereitschaften der Konsumenten für verschiedene Produktvariationen mit unterschiedlichen Eigenschaftszusammensetzungen zu ermitteln. In diesem Zusammenhang gehen wir davon aus, dass der Preis einer Einheit eines Produkts eine Funktion der diesem Produkt innewohnenden Eigenschaftsausprägungen ist.215 Wir definieren: Pr eise := Pr eis p := 212
(Absatz-)Preis einer Einheit eines Produkts der Art e (Absatz-)Preis einer Einheit eines Produkts der Art p
Vgl. dazu auch ebd., S. 287–290 i. V. m. den Seiten 61 ff. der vorliegenden Arbeit. Vgl. Rosen (1974), S. 34. 214 Rosen (1974), S. 34. 215 Vgl. von Auer (2005), S. 641. 213
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
βae := βap := βe := β p := ε :=
83
marginaler (impliziter) Preis der Eigenschaft a bei Produkten der Art e marginaler (impliziter) eis der Eigenschaft a bei Produkten der Art p eigenschaftsunabhängiger Basispreis einer Einheit eines Produkts der Art e eigenschaftsunabhängiger Basispreis einer Einheit eines Produkts der Art p Korrekturgröße216
Pr eis p := f eig1 p , . . . , eig A p , ε := β p + βap · eigap + ε ∀ p ∈ P a∈A
(2.14)
βae · eigae + ε ∀e ∈ E (2.15) Pr eise := f eig1e , . . . , eig Ae , ε := βe + a∈A
Der Preis einer nicht-digitalen bzw. digitalen Produkteinheit ist folglich grundsätzlich abhängig von Art und Umfang der Produkteigenschaften (eigap bzw.eigae ). Im einfachsten Fall unterstellen wir diesbezüglich einen linearen Zusammenhang, sodass sich Pr eis p bzw. Pr eise aus der Summe eines eigenschaftsunabhängigen Basispreises (β p bzw.βe ), aller Preisbeiträge durch Eigenschaften ( a∈A βap ·eigap bzw. a∈A βae ·eigae ) sowie einer Korrekturgröße zusammensetzt (2.14) bzw.(2.15).217 Zur Bestimmung der hedonischen Preise βap bzw. βae sind Daten zu unterschiedlichen Eigenschaftszusammensetzungen der Produktarten p bzw. e sowie zu dafür tatsächlich gezahlten Preisen oder (experimentell) ermittelten Preisbereitschaften notwendig. Diese können bspw. über die Auswertung von Marktdaten oder Conjointanalysen218 beschafft werden. Auf dieser Basis können dann βap bzw. βae -Größen mittels Regressionsanalysen bestimmt werden.219
216
Diese Größe dient bspw. zur Erfassung zufallsabhängiger (Stör-)Ereignisse (bspw. Wetter). 217 Vgl. von Auer (2005), S. 641. 218 Vgl. für einen Überblick zu Conjointanalysen bspw. Baier/Brusch (2021). 219 Im Rahmen einer Conjointanalyse kann das bedeuten, dass den Probanden in mehreren Runden verschiedene Variationen eines Basisprodukts (Bsp.: Kopfhörer), die sich jeweils in
84
2.2.3
2 Terminologische und systematische Grundlagen …
Terminologische Grundlagen der Planung digitaler Produktion
In Abschnitt 2.2.2 zeigen wir systematisch digitale Produktionsmöglichkeiten auf. Dabei bewegen wir uns im Rahmen der Aktivitätsanalyse bewusst nur auf dem Mengengerüst von Produktion und lassen die betriebswirtschaftliche Bewertung und Auswahl alternativer, effizienter und kapazitätsmäßig zulässiger Produktionen zunächst bewusst außen vor. Möchte ein Betrieb nun aber tatsächlich entscheiden, wie der konkrete Produktionsablauf zu gestalten ist oder welches konkrete Produktionsprogramm zu realisieren ist, ist es notwendig, entsprechende Produktionsalternativen zu bewerten und darauf basierend auszuwählen. Mit diesen Fragestellungen beschäftigt man sich im Rahmen der Produktionsplanung, welche wir in Anlehnung an den Kossbielschen Personalplanungsbegriff wie folgt definieren. Produktionsplanung: Produktionsplanung bezeichnet einen „[…] geordnete[n], informationsverarbeitende[n] Prozess, in dessen Verlauf, die Ausprägungen […]“220 von Produktionsvariablen im Voraus so bestimmt werden, „[…] dass angestrebte betriebliche Ziele erreicht werden.“221 Mit den angesprochenen Produktionsvariablen sind festzulegende Einsatzmengen, Einsatzorte und Einsatzzeiten der einzelnen Produktionsfaktorarten sowie festzulegende Produktionsmengen, Produktionsorte und Produktionszeiten der einzelnen Produktarten gemeint. Die Festlegung dieser Größen erfolgt sinnvollerweise zeitlich vor der tatsächlichen Produktion, auf Basis relevanter Informationen (zu Produktionsrahmenbedingungen, Selektions- und Kausalitätszusammenhängen, etc.222 ) und systematisch (auf Basis produktionstheoretischer Zusammenhänge223 ). Als angestrebte betriebliche Ziele sind im Rahmen der Produktionsplanung vor allem die Produktion (und der anschließende Absatz) von
den Ausprägungen ihrer Eigenschaften (Bsp.: Bluetooth-Fähigkeit, Soundqualität, Lademöglichkeiten, Geräuschunterdrückung, etc.) unterscheiden, mit einem zugehörigen Preis vorgelegt werden und diese entscheiden müssen, ob sie die Produktvariante kaufen würden oder nicht. Auf Basis der Antworten kann dann über Regressionen geschätzt werden, wie hoch der Preisbeitrag einer Eigenschaft(-sausprägung) ist. 220 Kossbiel (1993), Sp. 3127. 221 Ebd., Sp. 3127. 222 Vgl. dazu die Erläuterungen zum Handlungsstrukturmodell in Abschn. 2.1.3. 223 Vgl. dazu Abschn. 2.2.2.
2.2 Systematische Grundlagen digitaler Produktion
85
Gütern als oberstes Sachziel eines Unternehmens, welche möglichst gewinnmaximal (oberstes Formalziel) erfolgen soll(en), zu fokussieren. Wird ein Unternehmen in Zeiten der Digitalisierung produktionsplanerisch tätig, kann dies grundsätzlich zwei verschiedene Bedeutungen haben. Zum einen kann damit gemeint sein, dass der Akt der Planung digital durchgeführt wird. Das bedeutet, dass zumindest Teile des Planungsprozesses mit Hilfe digitaler Produktionsfaktoren durchgeführt werden. So werden bspw. produktionsrelevante Informationen auf Computern gesammelt, dargestellt und verarbeitet oder die Lösung von Produktionsplanungsproblemen mittels entsprechender (Optimierungs-)Software bestimmt. Diesen Bereich von Produktionsplanung in Zeiten der Digitalisierung wollen wir digitale Produktionsplanung nennen.224 Zum anderen kann damit die Planung digitaler Produktion gemeint sein, was bedeutet, dass es dabei um die entsprechende Festlegung digitaler Produktionsvariablen (digitale Produktionsfaktoren und Produkte) geht. Der grundlegenden theoretischen Differenzierung von (digitaler) Produktion in (digitale) Produktionsabläufe und (digitale) Produktionsprogramme folgend kann Produktionsplanung in die Planung von (digitalen) Produktionsabläufen und die Planung von (digitalen) Produktionsprogrammen unterteilt werden. Im Folgenden wollen wir uns mit Grundlagen und (mathematischen) Ansätzen zur Planung digitaler Produktionsprogramme (Kap. 3) sowie zur Planung digitaler Produktionsabläufe (Kap. 4) beschäftigen.
224
Digitale Produktionsplanung ist folglich selbst als digitaler Produktionsvorgang zu bezeichnen. Aufgrund der Komplexität von Produktionsplanungsproblemen ist es heute kaum noch denkbar, entsprechende Produktionsentscheidungen nicht digital unterstützt zu treffen, sofern die technischen Voraussetzungen dies zulassen (vgl. dazu die Erläuterungen zur Lösbarkeit von Optimierungsproblemen in Abschn. 4.4). Wir werden uns selbst bei der Lösung von Beispielen in den Kap. 3–5 mit digitaler Produktionsplanung mittels Optimierungssoftware auseinandersetzen.
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
3.1
Vorbemerkungen
Grundsätzlich geht es im Rahmen der Produktionsprogrammplanung um die Festlegung von Art und Anzahl sowie Fertigungsort und -zeit herzustellender Produkte und somit um die konkrete Gestaltung des Produktvektors x in einem bestimmten Zeitraum (Planungszeitraum). Es ist also ein konkretes x aus der Menge aller zulässigen und effizienten Produktionsprogramme vom Entscheider auszuwählen. Um eine entsprechende Auswahl betriebswirtschaftlich legitimieren zu können, ist eine Bewertung der einzelnen Produktionsprogramme erforderlich, welche sich sinnvollerweise am obersten Formalziel der Gewinnmaximierung orientieren sollte. Dementsprechend sind Produkte (und Produktionsfaktoren) zu bepreisen. Die Fachliteratur zur Produktionsprogrammplanung umfasst unzählige Veröffentlichungen (zu entsprechenden Planungsansätzen).1 Ansätze zur Produktionsprogrammplanung lassen sich in verschiedenster Art und Weise differenzieren.2 1
Vgl. bspw. Jacob (1971), Bahl/Zionts (1982), Zäpfel (1982), Hilke (1988), Wittmann (1989), Kern (1992), Streitferdt (1993), Jacob (1996), Zahn/Schmid (1996), Hahn/Laßmann (1999), Zäpfel (2000a), Zäpfel (2000b) sowie Spengler et al. (2020). 2 Vgl. zu Differenzierungskriterien von Entscheidungsmodellen bspw. Spengler et al. (2019), S. 37. Ergänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_3.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 T. Volkmer, Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_3
87
88
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Wir wollen uns hier grundlegend auf eine gängige Differenzierung in (a) strategische, (b) taktische und (c) operative Produktionsprogrammplanung beschränken.3 Zu (a): Als wesentliche Eigenschaften von Strategien benennt Spengler, dass diese mehrere abstrakte Maßnahmen umfassen, „[…] die Freiheitsgrade für in späteren Zeitpunkten zu konkretisierende Maßnahmen […]“4 belassen. In Bezug auf die Festlegung des Produktionsprogramms bedeutet das, dass im Rahmen dessen strategischer Planung zunächst nur zukünftig zu bedienende Produktfelder5 (Mehrheit abstrakter Maßnahmen) auszuwählen sind.6 Diesbezügliche Freiheitsgrade zur Konkretisierung dieser Produktfelder äußern sich darin, dass erst zu späteren Zeitpunkten im weiteren Verlauf des Planungsprozesses u. a. Entscheidungen zu konkreten Produktarten oder -varianten sowie Produktionsmengen oder -zeitpunkten, die in diesem Stadium der Planung noch gänzlich unberücksichtigt bleiben, zu treffen sind. Inwiefern die Besonderheiten digitaler Produktion im Rahmen der strategischen Produktionsprogrammplanung von Bedeutung sein können und wie auf dieser Basis entsprechende Planungsansätze zu konstruieren sind, untersuchen wir in Abschn. 3.2 der vorliegenden Arbeit. Zu (b): Teile der im Rahmen der strategischen Planung des Produktionsprogramms noch offen gelassenen Aspekte werden im Zuge der taktischen Produktionsprogrammplanung konkretisiert. Das betrifft vor allem die konkrete Gestaltung
3
Vgl. bspw. Jacob (1996), Sp. 1469. Oftmals wird in diesem Zusammenhang auch von langfristiger, mittelfristiger und kurzfristiger Produktionsprogrammplanung gesprochen (vgl. Jacob (1972), S. 44 oder Czeranowsky (1973), S. 3) und die Begriffspaare langfristig/ strategisch, mittelfristig/taktisch sowie kurzfristig/operativ werden entsprechend synonym verwendet. Wir wollen dazu kurz anmerken, dass wir diese synonyme Verwendung zumindest als problematisch erachten, da ein wesentlicher Unterschied zwischen Fristigkeit und Freiheitsgraden von Planung(-sergebnissen) besteht. So muss nicht zwangsläufig jede strategische Planung (mit einem relativ hohen Maß an zukünftigen Konkretisierungsmöglichkeiten bzw. -notwendigkeiten, vgl. zum Strategiebegriff auch (a) und vertiefend Spengler (1999), S. 63 ff.) langfristig ausgelegt sein. Es ist durchaus denkbar, Strategien auch kurzfristig zu formulieren und umzusetzen. Jedoch ist es i. d. R. so, dass die mit diesen verbundenen Wirkungen langfristig sind. 4 Spengler (1999), S. 64. 5 Ein Produktfeld stellt die Gesamtheit „verwandter“ Produkte wie verschiedener PKW, Haushaltsgeräte oder Herrenbekleidung dar (vgl. Jacob (1972), S. 47). 6 Vgl. ebd., S. 44.
3.1 Vorbemerkungen
89
von Produkten. Es geht folglich darum, festzulegen, welche Produktarten in welchen Varianten, Qualitätsstufen o. Ä. selbst oder fremd zu fertigen sind.7 Die Konzeption der Produkte stellt dementsprechend eine Konkretisierung der bereits ausgewählten Produktfelder dar. Mit den Inhalten der taktischen Produktionsprogrammplanung sowie mit den diesbezüglich zu beachtenden Besonderheiten digitaler Produktion und entsprechenden Planungsansätzen dazu beschäftigen wir uns in Abschn. 3.3 dieser Arbeit. Zu (c): Um die Bestimmung konkreter Produktionsmengen, die bspw. an einem Tag, in einer Woche oder in einem Monat von einer konkreten Produktvariante zu produzieren sind, geht es letztlich in der Planung des Produktionsprogramms auf operativer Ebene.8 In der vorliegenden Arbeit wollen wir uns mit diesem Teilbereich jedoch nicht explizit auseinandersetzen. Das liegt u. a. daran, dass bei rein digitalen Gütern (wie bspw. Apps) kaum sinnvoll konkrete Produktionsmengen bestimmbar sind bzw. die entsprechende Produktion auch nicht darauf ausgerichtet ist (vgl. dazu Abschn. 2.2.2.1)9 und dass sich bei nicht vollständig digitalen Gütern (wie bspw. Smartphones) die Bestimmung von Produktionsmengen im Prinzip nicht von der nicht-digitaler Güter unterscheidet.10
7
Vgl. bspw. Jacob (1996), Sp. 1469, Streitferdt (1993), Sp. 3479 oder Wittmann (1989), Sp. 1614. 8 Vgl. bspw. Zäpfel (1982), S. 47, Hilke (1988), S. 3 oder Zahn/Schmid (1996), S. 261. 9 Damit ist gemeint, dass es i. d. R. wenig Sinn ergibt, eine konkrete Anzahl an bspw. AppDownloads vorzugeben und darüber hinaus keine weiteren zuzulassen. Viel mehr wird die konkrete Produktionsmenge durch die Nachfrageseite bestimmt. Dennoch kann auch die Produktion von Apps offensichtlich nicht unbeschränkt erfolgen, da diese durch entsprechende Kapazitätsbeschränkungen bzgl. der Produktionsfaktoren restringiert wird (bspw. Serverkapazitäten). Vgl. dazu auch Kap. 4 und Fußnote 29 dieses Kapitels. 10 Die Unterschiede auf operativer Planungsebene liegen eher im Bereich der Produktionsablaufplanung (vgl. Kap. 4). Zudem widmen wir uns in Modellen zur taktischen Produktionsprogrammplanung zumindest insofern dem Thema Bestimmung von Produktionsmengen, als dass im Rahmen der entsprechenden Modelle Entscheidungen bzgl. der angestrebten Gesamtproduktionsmenge von Produkten zu treffen sind (vgl. Abschn. 3.3.2 und 3.3.3). Man könnte auch die Perspektive einnehmen, dass man entsprechende Planungsansätze nur in strategische und nicht-strategische differenziert und somit also die taktische und operative Produktionsprogrammplanung zu einem Teilgebiet zusammenfasst.
90
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
3.2
Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme
3.2.1
Vorbemerkungen
Gegenstand der strategischen Produktionsprogrammplanung ist die Festlegung des Produktfeldes bzw. der Produktfelder, welches bzw. welche der Betrieb grundsätzlich bedienen möchte. Übersetzen wir diese Bestrebungen in die Vektorenschreibweise der oben erörterten produktionstheoretischen Grundlagen zu digitaler Produktion, geht es folglich darum, den Produktmengenvektor x in seinen Grundzügen zu gestalten. Damit ist im Detail gemeint, dass es weder um die konkrete (Nicht-)Auswahl einzelner Produkttypen noch um die präzise Bestimmung von Fertigungsmengen eines bestimmten Produkttyps in der nächsten Planungsperiode, sondern zunächst nur um die Aufnahme von Oberkategorien von Produkten (Produktfeldern) und allenfalls um grobe Größenordnungen bezüglich der zu produzierenden Mengen von Produkten innerhalb dieser Produktfelder geht. Wir definieren dazu: E w := Pw := W := w w = 1, . . . , W x w :=
Menge der digitalen Produktarten e, die Produktfeld w zugeordnet sind Menge der nicht-digitalen Produktarten p, die Produktfeld w zugeordnet sind11 Menge der Produktfelder Produktmengenvektor der Produkte im Produktfeld w
Wir können den Produktmengenvektor x vor diesem Hintergrund in einzelne Produktmengenvektoren x w für jedes Produktfeld w zerlegen, wobei für x w := x p , xe | p ∈ Pw , e ∈ E w gilt. Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich x nicht zwangsläufig aus der Zusammenfassung aller x w ergibt, da die einzelnen Produktfelder nicht disjunkt sein müssen.12 Zur Festlegung des strategischen Produktionsprogramms muss ein Unternehmen die relevanten Produktfelder w auswählen. Daraus ergibt sich folglich die grundsätzliche qualitative Grobstruktur des betrieblichen Produktionsprogramms und somit die qualitative Grobstruktur von x. Allerdings sind zusätzlich auch grundsätzliche Entscheidungen bzgl. Es gilt Pw ∩ E w := {∅}. Die Produktart Waschmaschinen können wir bspw. dem Produktfeld Elektrogeräte und dem Produktfeld Haushaltsgeräte zuordnen.
11 12
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
91
Produktionsorten, -zeiten und -quantitäten zu treffen. So ist ggf. zu bestimmen, an welchem bzw. welchen der Unternehmensstandorte Produkte eines Produktfelds oder aus mehreren unterschiedlichen Produktfeldern produziert werden sollen, ohne dabei konkrete Aussagen über deren Zuordnung zu Produktionshallen o. Ä. zu treffen. Ebenso empfiehlt sich im Rahmen der strategischen Planung des Produktionsprogramms, dessen grobe zeitliche (ganzjährliche Produktion, Saisonproduktion, etc.) sowie grobe quantitative (Massenproduktion, Individualproduktion, etc.) Eingrenzung vorzunehmen. Zur Entscheidungsunterstützung bzw. zum konkreten Treffen entsprechender Programmentscheidungen existieren verschiedene Arten von Ansätzen, die wir im Folgenden ausgewählt benennen wollen. Entscheidungsunterstützend können bspw. Überlegungen zum Produktlebenszyklus13 einzelner Produkte oder sogar Produktfelder angestellt, Portfolio-Analysen z. B. laut dem Schema der Boston Consulting Group14 oder Analysen auf Basis der sog. Ansoff-Matrix15 durchgeführt werden. Diese Ansätze fokussieren die Bewertung von Produkten bzw. Produktfelder auf Basis ausgewählter Kenngrößen, wie (prognostizierten) Umsätzen, (relativen) Marktanteilen oder Marktwachstum, um daraus Normstrategien zum (vor allem langfristigen) Produktmanagement abzuleiten. Für einen groben Überblick und einer damit verbundenen Strukturierung des Entscheidungsfeldes sind entsprechende Ansätze sehr gut geeignet. Differenzierte Programmentscheidungen können mit diesen zumindest in ihrer Grundform jedoch kaum sinnvoll getroffen werden. Weiterhin können zur Auswahl des strategischen Produktionsprogramms auch verschiedene Arten von Entscheidungsmatrizen (bspw. in Fällen von Sicherheit oder Unsicherheit, in Fällen mit einem oder mehreren Zielen, etc.) und dazugehörige Entscheidungsregeln oder -modelle verwendet werden. In dieser Hinsicht sind vor allem verschiedene Ansätze aus dem Bereich des Multi Attribute Decision Making (MADM)16 zu nennen, die im Allgemeinen für Entscheidungssituationen mit einer Menge zuvor bestimmter, diskreter Alternativen und mehreren zu extremierenden Entscheidungskriterien konstruiert werden. Probleme mit kontinuierlichen Alternativenräumen betrachten wir im Rahmen der mathematischen Optimierung. Entsprechende Ansätze erfreuen sich im Bereich der Produktionsprogrammplanung großer Beliebtheit und können
13
Vgl. dazu bspw. Levitt (1965), Rink/Swan (1979) oder Day (1981). Vgl. Hambrick et al. (1982). 15 Vgl. Ansoff (1957). 16 Vgl. dazu bspw. Zanakis et al. (1998) oder Yeh (2002). 14
92
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
dementsprechend auch zur Planung des strategischen Produktionsprogramms formuliert werden.17 In der vorliegenden Arbeit konzentrieren wir uns vorrangig auf eben solche Ansätze der mathematischen Optimierung18 , da diese aufgrund kontinuierlicher Alternativenräume und optimierender Lösungsansätze zu den präzisesten Ergebnissen führen.
3.2.2
Grundmodell zur strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme
Wir wollen zunächst in Anlehnung an Jacob (1972, S. 62 ff.) ein gemischtganzzahliges Optimierungsmodell als Grundmodell zur Festlegung des strategischen Produktionsprogramms formulieren, welches folgenden Annahmen unterliegt: – Der Entscheidungsinstanz steht eine Menge an Produktfeldern zur Verfügung, in denen prinzipiell produziert werden kann. – Das Unternehmen verfügt über eine gegebene Anzahl an Standorten, an welchen eine ebenfalls gegebene Kapazität maximal einsetzbarer Faktormengen verfügbar ist. Es kann jedoch nicht notwendig an jedem Standort in jedem Produktfeld produziert werden. – Produktion ist in quantitativer Hinsicht in unterschiedlichen Produktionsmengenintervallen möglich. – Die Produktion erfolgt durchgängig (ganzjährlich).19 – Die mit der Produktion verbundenen Gewinne, Kapitalbedarfe und Faktoreinsatzmengen liegen jeweils als periodisierte Erwartungswerte vor. – Es existiert ein maximal verwendbares Budget. Ziel des Ansatzes ist es, die Auswahl von Produktfeldern sowie entsprechender Produktionsmengenintervalle und deren Zuordnung zu Standorten unter
17
Vgl. dazu bspw. Jacob (1972). Im Rahmen der multikriteriellen Planung von Produktionsprogrammen in Abschn. 3.4.3 der vorliegenden Arbeit beschäftigen wir uns mit der Technique for Order Preference by Similarity to Ideal Solution (TOPSIS) jedoch auch mit einem MADM-Ansatz. 19 Der zeitliche Rahmen der Produktion kann an dieser Stelle offensichtlich auch entscheidungsabhängig modelliert werden. Wir gehen hier davon aus, dass diese Entscheidungen bereits getroffen sind. 18
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
93
Einhaltung des Budgets und der maximalen Faktoreinsatzmengenkapazitäten gewinnmaximal zu gestalten. Wir definieren zusätzlich: Mengen H := h h = 1, . . . , H S := s s = 1, . . . , S Sw := Ws :=
Menge der Produktionsmengenintervalle Menge der Standorte Menge der Standorte, an denen im Produktfeld w produziert werden kann Menge der Produktfelder, in denen am Standort s produziert werden kann
Daten ζwhs :=
Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h Budget Zinssatz Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w am Standort s im Produktionsmengenintervall h Maximale Faktoreinsatzmengenkapazität an Standort s
ηwhs := := κ := νwhs := Ns :=
Entscheidungsvariablen ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn in Produktfeld w an Standort s im Produktionsmengenintervall h xwhs :=
θ :=
⎪ ⎩
produziert wird 0, sonst
Alternativ verwendbares Kapital
Das Grundmodell lautet: Zielfunktion: w∈W h∈H s∈Sw
ζwhs · xwhs + κ · θ → max!
(3.1)
94
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Die Summe der durch über alle Produktfelder generierten Produktionsgewinne und der Gewinne aus Kapitalanlagen ist zmaximieren (3.1).20 Finanzrestriktion:
ηwhs · xwhs + θ ≤
(3.2)
w∈W h∈H s∈Sw
Die Summe des für die Produktion eingesetzten und alternativ verwendeten Kapitals muss kleiner oder gleich dem insgesamt verfügbaren Budget sein (3.2).21 Abstimmung Faktoreinsatz – Faktorkapazität:
νwhs · xwhs ≤ Ns ∀ s ∈ S
(3.3)
w∈Ws h∈H
Insgesamt dürfen nicht mehr Produktionsfaktoren eingesetzt werden, als an einem Standort verfügbar sind (3.3).22 Beschränkung Produktionsmengenintervalle:
xwhs ≤ 1 ∀ w ∈ W , s ∈ Sw
(3.4)
h∈H
In jedem Produktfeld kann an einem Standort nur maximal in einem Produktionsmengenintervall produziert werden (3.4). Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen:
20
xwhs ∈ {0, 1} ∀ w ∈ W , h ∈ H , s ∈ Sw
(3.5)
θ ≥0
(3.6)
Vgl. dazu Jacob (1972), S. 65. Vgl. ebd., S. 66. 22 In der Produktionsplanung ist es nicht unbedingt üblich, an der Vorzeichenkonvention festzuhalten, sodass wir Faktoreinsatzmengen fortan auch mit einem positiven Vorzeichen versehen wollen. 21
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
95
Die Variablen zur Bestimmung dessen, ob in einem Produktfeld an einem Standort in einem Produktionsmengenintervall produziert wird, sind binär (3.5) und das alternativ verwendete Kapital ist nicht negativ (3.6). Zur Verdeutlichung der Zusammenhänge von verschiedenen Produktfeldern, Produktarten und Standorten für deren Produktion wollen wir ein Beispiel formulieren. Eine Gruppe Studenten entscheidet sich nach erfolgreichem Abschluss des Studiums dazu, sich im Bereich der „Mobilität auf zwei Rädern“ in Magdeburg selbstständig zu machen. Aufgrund dessen, dass die Gruppe aus Informatikern, Betriebswirten sowie verschiedenen Ingenieuren besteht, wollen die Gründer ihren Kompetenzmix dazu nutzen, verschiedene nicht-digitale und digitale Produkte aus diesem Bereich zu einem innovativen und breitgefächerten Geschäftsmodell zu kombinieren. Die dafür von ihnen in Erwägung zu ziehenden Produktfelder sind inklusive entsprechender Erläuterungen dazu in Tabelle 3.1 aufgeführt. Tabelle 3.1 Darstellung und Erläuterung exemplarischer Produktfelder sowie darin enthaltener Produktarten Produktfeld
Erläuterung
Potenzielle Produktarten
w = 1 (∈ W ) Zweirad-Zubehör
In diesem Produktfeld werden Produkte zusammengefasst, die als Zubehör für Zweiräder verwendet werden.
Helme ( p = 1), Anhänger ( p = 3) und Computer (e = 6) für Zweiräder
w = 2 (∈ W ) Premium-Zweiräder
In diesem Produktfeld werden relativ hochwertige Zweirad-Produkte zusammengefasst.
Mountainbikes ( p = 5), E-Bikes mit integriertem Computer (e = 7) und E-Roller mit integriertem Computer (e = 9)
w = 3 (∈ W ) Standard-Zweiräder
In diesem Produktfeld werden weniger hochwertige Zweirad-Produkte zusammengefasst.
Standard-Fahrräder ( p = 2), Roller ( p = 4) und Mountainbikes ( p = 5)
w = 4 (∈ W ) Digital gestützte Mobilität
In diesem Produktfeld werden Produkte, die Mobilität durch Zweiräder und Digitalisierung verbinden, zusammengefasst.
Computer für Zweiräder (e = 8), E-Bikes mit integriertem Computer (e = 7) und E-Roller mit integriertem Computer (e = 9)
In Abb. 3.1 sind die entsprechenden Produktfelder als gestrichelte Ellipsen, in denen die im jeweiligen Produktfeld enthaltenen nicht-digitalen und digitalen
96
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Abbildung 3.1 Exemplarische Darstellung der Zusammenhänge zwischen Produktfeldern, nicht-digitalen und digitalen Produktarten sowie Standorten im Rahmen der strategischen Produktionsprogrammplanung
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
97
Produktarten, deren Mengen P und E als durchgezogene Ellipsen visualisiert werden, abgebildet sind, dargestellt. Zudem sind für jedes Produktfeld die Mengen Pw bzw. E w in der entsprechenden Ellipse aufgeführt. Das gestrichelte Rechteck mit den abgerundeten Ecken repräsentiert exemplarisch die Menge der am Standort s = 1 produzierbaren Produktfelder (W1 ). In der Abbildung ist gut erkennbar, dass die entsprechenden Produktfelder nicht disjunkt sind, da die nicht-digitale Produktart p = 5 sowohl in Produktfeld w = 2 als auch in w = 3 (P2 ∩ P3 = { p = 5}) bzw. die digitale Produktart e = 9 sowohl in Produktfeld w = 2 als auch in w = 4 (E 2 ∩ E 4 = {e = 9}) enthalten ist.23 Entsprechende Überlegungen sind offensichtlich vor allem in der Gründungsphase eines Unternehmens anzustellen. Um konkurrenzfähig zu bleiben, ist es jedoch ratsam, strategische Produktionsprogrammentscheidungen regelmäßig neu zu evaluieren und ggf. entsprechende grundsätzliche Änderungen am Produktionsprogramm vorzunehmen (Stichwort: rollierende Planung).24 Obige Ausführungen zur Digitalisierung im Allgemeinen und zu deren Auswirkungen auf betriebliche Produktion im Speziellen zeigen, dass Digitalisierung einen Grund zu entsprechender Neuevaluation bzw. sich daraus ergebener Anpassungen des Produktionsprogramms darstellen kann.
3.2.3
Erweitertes Grundmodell zur strategischen Planung digitaler Produktionsprogramme
Im Grundmodell differenzieren wir bzgl. der modelltheoretischen Verarbeitung nicht explizit zwischen Produktfeldern, denen ausschließlich nicht-digitale, nicht-digitale und digitale sowie ausschließlich digitale Produkte zugeordnet sind. Wir zeigen oben jedoch, dass digitale Güter und somit auch digitale Produkte Besonderheiten aufweisen (können), die es bei Produktionsentscheidungen zu berücksichtigen gilt. Wir wollen im Folgenden analysieren, welche dieser Eigenschaften im Rahmen der strategischen Planung des Produktionsprogramms (wesentliche) Relevanz aufweisen und wie wir die daraus resultierenden Anforderungen in obenstehendes Grundmodell einbetten können.
23
Dieses Beispiel erweitern wir in Abschn. 3.2.3, um darauf aufbauend eine entsprechende Beispielrechnung durchzuführen. 24 Vgl. Jacob (1972), S. 44 f.
98
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Oben benennen wir eingeschränkte Wahrnehmbarkeit, Nicht-Abnutzbarkeit, einfache Reproduzierbarkeit und Veränderbarkeit, hohe Fixkosten der Entwicklung und niedrige Grenzkosten25 sowie Mehreindeutigkeit von Verfügbarkeitsort und -zeit als potenzielle Eigenschaften (vollständig) digitaler Güter bzw. Produkte. Auch wenn wir diese Eigenschaften weder uneingeschränkt noch pauschal allen digitalen Produkten zuschreiben möchten26 , wollen wir diese Eigenschaften daraufhin untersuchen, ob und inwiefern sie Berücksichtigung in der strategischen Planung des Produktionsprogramms finden können und sollten. Aufgrund dessen, dass Wahrnehmbarkeit, Abnutzung, Reproduktion sowie Veränderung Charakteristika sind, welche unmittelbar in Zusammenhang mit konkreten Produkten oder Produktkategorien bzw. entsprechenden Stückzahlen stehen, sind diese zur Bestimmung von Produktfeldern weniger relevant.27 Die antizipierten Ausprägungen von Entwicklungs- und Grenzkosten sowie Verfügbarkeitsort und -zeit von digitalen Produkten spielen diesbezüglich hingegen eine wichtige Rolle. Erstere sind offensichtlich Determinanten der periodisierten Gewinn- (ζwhs ) und Kapitalbedarfsätze (ηwhs ), die in Abhängigkeit von Produktionsmengenintervall und Standort je Produktfeld erwartet werden. Mit der konkreten Ermittlung dieser Größen wollen wir uns in dieser Arbeit nicht beschäftigen, sondern diese als bereits bestimmte Datensätze in Ansatz bringen. Die Mehrdeutigkeit zeitlicher und örtlicher Verfügbarkeiten wollen wir jedoch nachfolgend differenzierter betrachten und die daraus resultierenden Besonderheiten in unser Grundmodell integrieren. Mehrdeutigkeiten bzgl. der örtlichen Verfügbarkeit können sich darin äußern, dass bereits die Produktion bestimmter digitaler Produkte nicht zwangsläufig an Standorte gebunden ist und somit vor allem auch kurzfristig ohne großen logistischen Aufwand von nahezu beliebigen Orten aus erfolgen kann. Das betrifft vor allem Dienstleistungen (wie Beratungs- oder Lehrleistungen), welche zum Zeitpunkt des Konsums digital produziert werden. Zu deren Produktion werden i. d. R. vorrangig (digitale) Produktionsfaktoren benötigt, deren Transport sehr einfach (meist durch die Arbeitskraft selbst) organisiert werden kann und die somit auch kurzfristig nicht an Unternehmensstandorte gebunden sind (bspw. Laptops, Tablets, Dateien, etc.). Daraus folgt, dass entsprechende digitale Produkte unabhängig von Standorten produzierbar sind, solange gewisse Voraussetzungen (wie bspw. stabile Internet- und Netzwerkverbindungen zu 25
Vgl. dazu Fußnote 166 in Kapitel 2. Vgl. dazu den Diskurs in Abschn. 2.2.2.1. 27 Wir kommen im Rahmen der taktischen Produktionsprogrammplanung in den Abschn. 3.3.2 und 3.3.3 darauf zurück. 26
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
99
Unternehmensservern) erfüllt sind. Ebenso ist es auf der Seite der Konsumenten, welche zur Produktion entsprechender Dienstleistungen erforderlich sind, so, dass diese nicht zu einem bestimmten Ort kommen müssen.28 Produkte dieser Art gehören somit zu Produktfeldern, die keinem konkreten Standort zugeordnet werden müssen, da die entsprechende Produktion standortunabhängig erfolgen kann und dafür (zusätzlich) entsprechende Kapazität bereitzustellen ist. Allerdings können wir für Produkte dieser Art im Vorhinein (vor allem durch Terminvereinbarungen oder entsprechende Verträge) Zeitpunkt und Umfang der Produktionsleistung gut bestimmen. Für die Integration von Produktfeldern dieser Art in das Grundmodell definieren wir folgende Symbole: Menge
∗ W ∗ := w w = W + 1, . . . , W
Menge der Produktfelder w, in denen unabhängig von einem Standort produziert werden kann
Daten ζwh := ηwh := νwh := N :=
Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W ∗ im Produktionsmengenintervall h Maximale standortunabhängige Faktoreinsatzmengenkapazität
Entscheidungsvariablen ⎧ ∗ ⎪ 1, wenn in Produktfeld w ∈ W im Produktionsmengenintervall h ⎨ xwh := produziert wird ⎪ ⎩ 0, sonst 28
Zwar lässt sich argumentieren, dass bspw. auch bei der Produktion eines Haarschnitts der Ort der Leistungserstellung durchaus variabel gestaltet werden kann (und eventuell auch der Transport aller dafür benötigten Produktionsfaktoren ohne größeren Aufwand zu bewerkstelligen ist). Jedoch müssen Friseur und Konsument definitiv an einem zuvor vereinbarten Ort zusammentreffen, damit die Produktion erfolgen kann. Im Fall der digitalen Produktion ist nur eine Zeit zu vereinbaren. Die Lokalitäten von Produzent und Konsument sind nahezu beliebig.
100
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Es existieren außerdem digitale Güter, welche zum selben Zeitpunkt grundsätzlich an unterschiedlichen Orten verfügbar sind bzw. sein können (bspw. StreamingDienste, Clouds, etc.). Eine Besonderheit zur Produktion solcher Güter ist, dass entsprechende Dienste zumindest zu einem nicht unwesentlichen Teil erst in dem Moment an dem Ort, an welchem sich der Konsument befindet, zu produzieren sind und dementsprechend nicht nur zu entscheiden ist, ob Produkte ins Produktionsprogramm aufzunehmen sind, sondern auch, in welchen Gebieten (und ggf. zu welchen Zeiten) diese genutzt werden können. Betrachten wir dazu folgendes Beispiel. Unsere Gründer erwägen nun, einen digitalen Pannenservice für Radfahrer anzubieten. Die Kernleistung besteht darin, dass für den Service registrierte Kunden im Pannenfall sofort via Smartphone o. Ä. einen Videochat mit einem Pannenhelfer starten können, der ihnen konkrete Anleitungen zur Lösung des Problems gibt. Zwar kann das Unternehmen (Standard-)Lösungswege im Voraus produzieren oder Videos zu wiederkehrenden Problemen bereitstellen. Die Beratungsleistung muss jedoch durch einen Mitarbeiter genauso wie die durch ein entsprechendes Video am Standort des Kunden zum Zeitpunkt seines Anrufes final produziert werden. Im Gegensatz zu Produkten aus Produktfeldern w ∈ W ∗ ist in diesem Fall nicht vorher bekannt, zu welcher konkreten Zeit und an welchem konkreten Ort die Produktion zu erfolgen hat. Für die Planung des strategischen Produktionsprogramms bedeutet das, dass nicht nur zu entscheiden ist, ob ein entsprechender Service anzubieten ist, sondern auch innerhalb welcher örtlichen und zeitlichen Grenzen man diesen produzieren möchte, da es ansonsten aufgrund von Kapazitätsrestriktionen (bspw. technischer oder personeller Art) zum Leistungsausfall kommen kann.29 Entsprechende digitale Produktfelder wollen wir als solche bezeichnen, welche Produkte beinhalten, deren Produktion bzw. Teile dieser Produktion an keinem zuvor eindeutig bestimmten Ort oder zu keiner zuvor eindeutig bestimmten Zeit erfolgt bzw. erfolgen und somit keine Zuordnung des Produktfelds zu einem Standort, sondern die Eingrenzung des Produktionsgebiets oder der Produktionszeit (bzw. Nutzungsgebiets oder -zeit aus Konsumentensicht) erforderlich ist. Wir definieren: 29
Prinzipiell können Unternehmen digitale Produkte, die (wie in unserem Beispiel) via Internet am Standort des Konsumenten produziert werden, relativ einfach ohne zeitliche und örtliche Nutzungsbeschränkungen bereitstellen. Es wird in aller Regel jedoch so sein, dass bspw. die vorgehaltene Personalausstattung nicht ausreicht, um beliebige Nachfragen so zu decken, als dass es nicht zu (unverhältnismäßigen) Wartezeiten der Konsumenten kommt, oder dass die technischen Voraussetzungen in einigen Regionen bspw. aufgrund schlechter Internetverbindungen keine flächendeckende Nutzung des angebotenen Service zulassen.
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
101
Mengen L := l l = 1, . . . , L L l := O := oo = 1, . . . , O Oo :=
∗ W := w w = W + 1, . . . , W
Menge der anbietbaren Nutzungsgebiete für Produkte aus Produktfeldern w ∈ W Menge der Nutzungsgebiete, die zusammen mit Nutzungsgebiet l angeboten werden müssen Menge der anbietbaren Nutzungszeiten für Produkte aus Produktfeldern w ∈ W Menge der Nutzungszeiten, die zusammen mit Nutzungszeit o angeboten werden müssen Menge der Produktfelder w, in denen unabhängig von einem Standort innerhalb zu bestimmender Nutzungsgebiete und -zeiten produziert werden kann
Ebenso ist es in Bezug auf diese Produktfelder auch äußerst schwierig, Größenintervalle der Produktion zu bestimmen, da diese, wie wir oben darlegen, wesentlich von der tatsächlichen Nachfrage der Konsumenten abhängt, sodass wir Modellkomponenten entsprechender Produktfelder nicht von der Größenordnung der jeweiligen Produktion abhängig machen. Bezüglich Produktfeldern w ∈ W sind folglich zwei Typen strategischer Produktionsprogrammentscheidungen zu treffen. Zum einen die grundsätzliche Entscheidung, ob in diesem Produktfeld produziert werden soll, und zum anderen darauf aufbauende Entscheidungen zu Nutzungsgebieten und -zeiten. Wir definieren dazu zusätzlich: Daten ζwlo := ηw := lo := νw
erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion im Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o erwarteter, periodisierter Kapitalbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf der Produktion im Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o
102
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Entscheidungsvariablen 1, wenn in Produktfeld w ∈ W produziert wird xw := 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produkte aus Produktfeld w ∈ W im Nutzungsgebiet l lo := xw zur Nutzungszeit o angeboten werden ⎪ ⎩ 0, sonst Das entsprechend angepasste Modell lautet: Zielfunktion: w∈W l∈L o∈O
lo ζwlo · xw +
ζwh · xwh +
w∈W ∗ h∈H
ζwhs · xwhs + κ · θ → max!
(3.7)
w∈W h∈H s∈Sw
Die Summe der durch über alle Produktfelder generierten Produktionsgewinne und der Gewinne aus Kapitalanlagen ist weiterhin zu maximieren, wobei nun nach den drei verschiedenen Arten von Produktfeldern differenziert wird (3.7). Finanzrestriktion: w∈W
ηw · x w +
ηwh · xwh +
w∈W ∗ h∈H
ηwhs · xwhs + θ ≤ (3.8)
w∈W h∈H s∈Sw
Die entsprechend angepasste Finanzrestriktion ist ebenso weiterhin einzuhalten (3.8). Abstimmung Faktoreinsatz – Faktorkapazität:
νwhs · xwhs ≤ Ns ∀ s ∈ S
(3.3)
w∈Ws h∈H
w∈W l∈L o∈O
lo lo νw · xw
w∈W ∗ h∈H
νwh · xwh ≤ N
(3.9)
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
103
Zusätzlich zu den weiterhin einzuhaltenden Abstimmungen von Faktoreinsatz und Faktorkapazität an jedem Standort (3.3) ist nun noch die Abstimmung von standortunabhängigem Faktoreinsatz und Faktorkapazität zu berücksichtigen (3.9). Beschränkung Produktionsmengenintervalle:
xwhs ≤ 1 ∀ w ∈ W , s ∈ Sw
(3.4)
h∈H
xwh ≤ 1 ∀ w ∈ W ∗
(3.10)
h∈H
Die Beschränkung, dass maximal in einem Produktionsmengenintervall produziert werden kann, ist nun nicht nur für standortgebundene Produktion (3.4), sondern auch standortunabhängig für Produktfelder w ∈ W ∗ zu formulieren (3.10). Zuordnungsbeschränkungen und Kombinationsrestriktionen für örtliche und zeitliche Verfügbarkeiten: lo xw ≤ xw ∀ w ∈ W , l ∈ L, o ∈ O
lo lo xw ≤ xw ∀ w ∈ W , l ∈ L, l ∈ L l , o ∈ O lo lo xw ≤ xw
∀ w ∈ W , l ∈ L, o ∈ O, o ∈ Oo
(3.11) (3.12) (3.13)
Zum einen können Produkte aus einem Produktfeld w ∈ W nur dann in bestimmten Nutzungsgebieten und zu bestimmten Nutzungszeiten angeboten werden, wenn in dem betreffenden Produktfeld produziert wird (3.11). Zum anderen wird durch die Restriktionen der Typen (3.12) bzw. (3.13) sichergestellt, dass Nutzungsgebiete bzw. -zeiten, welche zwingend zusammen angeboten werden müssen, auch tatsächlich zusammen angeboten werden. Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen: xwhs ∈ {0, 1} ∀ w ∈ W , h ∈ H , s ∈ Sw
(3.5)
104
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
xwh ∈ {0, 1} ∀ w ∈ W ∗ , h ∈ H
(3.14)
xw ∈ {0, 1} ∀ w ∈ W
(3.15)
lo xw ∈ {0, 1} ∀ w ∈ W , l ∈ L, o ∈ O
(3.16)
θ ≥0
(3.6)
Alle Variablen zur Aufnahme von Produktfeldern ins Produktionsprogramm sowie zur Festlegung von Nutzungsgebieten und -zeiten sind binär ((3.5), (3.14)–(3.16)). Das alternativ verwendete Kapital ist weiterhin nicht negativ (3.6). Durch Lösung des angepassten Grundmodells erhalten wir das optimale strategische (digitale) Produktionsprogramm als Menge aller Produktfelder w ∈ W , w ∈ W und w ∈ W ∗ , in denen grundsätzlich produziert werden soll. Diesbezüglich ist zu beachten, dass auf dieser Planungsebene noch keine Bestimmung konkreter Produktionsmengen erfolgt, sondern nur grundlegend festgelegt wird, ob ein bestimmtes Produkt als Teil eines dem strategischen Produktionsprogramm zugewiesenen Produktfelds grundsätzlich produziert werden kann. Auf Basis der optimalen Lösung können wir also die Mengen der tatsächlich ins strategische Produktionsprogramm aufzunehmenden Produktfelder bestimmen. Dazu definieren wir: L w := Ow := We := Whs := Wh := W p :=
Menge der Nutzungsgebiete, in denen Produkte aus Produktfeld w ∈ W angeboten werden Menge der Nutzungszeiten, zu denen Produkte aus Produktfeld w ∈ W angeboten werden Menge der Produktfelder, in denen Produkte der Art e enthalten sind Menge der Produktfelder w ∈ W , in denen Produkte in Größenintervall h an Standort s produziert werden, Menge der Produktfelder w ∈ W ∗ , in denen Produkte in Größenintervall h standortunabhängig produziert werden und Menge der Produktfelder, in denen Produkte der Art p enthalten sind
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler …
W :=
105
Menge der Produktfelder w ∈ W , in denen Produkte standortunabhängig innerhalb der Nutzungsgebiete l ∈ L w und –zeiten o ∈ Ow produziert werden
Demzufolge gilt für den entsprechenden Produktmengenvektor x, dass Whs , – x p , xe ≥ 0 ∀ p ∈ Pw , e ∈ E w , w ∈ h∈H s∈S – xe ≥ 0 ∀ e ∈ E w , w ∈ Wh ∪ W , h∈H
– x p = 0 ∀ p ∈ P für die gilt, dass xwhs = 0 ∀ w ∈ W p , h ∈ H , s ∈ Sw und – xe = 0 ∀ e ∈ E für die gilt, dass xwh = 0 ∧ xw = 0 ∀ w ∈ We , h ∈ H . Zum Abschluss des Kapitels zur Planung des strategischen Produktionsprogramms wollen wir das Fahrrad-Beispiel von oben erneut aufgreifen, erweitern und zu diesem eine entsprechende Beispieloptimierung mit Hilfe des erweiterten Grundmodells durchführen. Dazu ergänzen wir die in Tabelle 3.1 dargestellten Produktfelder um die in Tabelle 3.2 aufgeführten Produktfelder w = 5 (∈ W ∗ ) und w = 6 (∈ W ). Tabelle 3.2 Darstellung und Erläuterung zusätzlicher Produktfelder sowie darin enthaltener Produktarten Produktfeld
Erläuterung
W ∗)
Potenzielle Produktarten
w = 5 (∈ In diesem Produktfeld Online-Beratung im Bereich werden Produkte, die online Mobilität bereitgestellte Beratungsleistungen zum Thema Mobilität umfassen, zusammengefasst.
Beratung für Privatkunden nach Terminvereinbarung (e = 11), Beratung für Firmenkunden nach Terminvereinbarung (e = 12) und Beratung für Privatkunden on Demand (e = 13)
w = 6 (∈ W ) Digitaler Echtzeit-Pannenservice für Zweiräder
Digitaler Pannenservice für Fahrräder (e = 14) und digitaler Pannenservice für elektronische Zweiräder (e = 15)
In diesem Produktfeld werden Produkte, die Pannenhilfe in Echtzeit (via Video-Chat) für Zweiräder umfassen, zusammengefasst.
106
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Die Mengen nicht-digitaler und digitaler Produktarten, die Produktfelder, in denen das Unternehmen möglicherweise produzieren möchte, die darin enthaltenen Produktarten sowie die entsprechenden Indexmengen Pw und E w sind zudem im linken Teil der Abb. 3.2 wiederum grafisch dargestellt. Zu Beginn der Geschäftstätigkeit haben die Gründer eine Fördersumme i. H. v. 400.000 GE erhalten und wollen zunächst nur an einem Unternehmensstandort in Magdeburg (s = 1), der bereits gemietet ist, standortgebunden und innerhalb der Produktionsmengenintervalle unter 5.000 Stück (h = 1), zwischen 5.000 und 10.000 Stück (h = 2) oder über 10.000 Stück (h = 3) jährlich produzieren. Zusätzlich wird jedoch auch standortungebundene Kapazität für eine potenzielle Produktion in den Produktfeldern w = 5 und w = 6 bereitgestellt. Außerdem sind die potenziellen Nutzungsgebiete im Magdeburger Stadtgebiet (l = 1 bis l = 40) sowie -zeiten (o = 1 bis o = 4) für Produktfeld w = 6 bereits bestimmt. Dies wird durch die in Stadtteile geteilte Karte des Stadtgebiets Magdeburg im rechten Teil der Abb. 3.2 visualisiert. Die weiteren Datensätze zu erwarteten, periodisierten Gewinnen, Kapitalbedarfen und Faktoreinsatzmengenbedarfen sowie zu entsprechenden Kapazitätsgrenzen sind im Anhang aufgeführt.30 Die Gründer haben bzgl. der Produktfelder w = 1 bis w = 4 nun zu entscheiden, ob in dem jeweiligen Produktfeld an Standort s = 1, und wenn ja in welchem Produktionsmengenintervall, zukünftig produzit werden soll (x wh1 = 1 ∀ w ∈ {w = 1, 2, 3, 4}, ∃˙ h ∈ H ) oder nicht (xwh1 = 0 ∀ w ∈ W , h ∈ H ). Für das Produktfeld w = 5 muss festgelegt werden, ob und in welchem Umfang in diesem produziert werden soll (x5h = 1 ∃˙ h ∈ H ) oder nicht (x5h = 0 ∀ h ∈ H ). In Bezug auf Produktfeld w = 6 müssen neben der Entscheidung, ob in diesem produziert werden soll (x6 = 1) oder nicht (x6 = 0), auch für jeden Stadtteil des Magdeburger Stadtgebiets Entscheidungen dazu getroffen werden, ob der jeweilige Stadtteil l zu einer der potenziellen Nutzungszeiten o als Nutzungsgebiet angeboten wird (x6lo = 1) oder nicht (x6lo = 0). Löst man das beschriebene Entscheidungsproblem mit Hilfe des angepassten Grundmodells optimal31 , ergibt sich, dass das Gewinnmaximum (213.180 GE) durch Produktion im Produktfeld w = 2 in Produktionsmengenintervall h = 3 (x231 = 1), im Produktfeld w = 5 in Produktionsmengenintervall h = 3 (x 53 = 1) sowie in Produktfeld w = 6 (x6 = 1) erreicht wird.32 Die Produktion im Produktfeld w = 6 ist im Optimum zudem auf verschiedene Nutzungsorte und -zeiten 30
Vgl. dazu Anhang A.1.1 im elektronischen Zusatzmaterial. Zur Lösung wird in diesem Fall Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.1.1 im elektronischen Zusatzmaterial. 32 Alle weiteren x whs - und x wh -Variablen nehmen im Optimum den Wert 0 an. 31
Abbildung 3.2 Produktfelder, Produktarten, Nutzungsorte und -zeiten im Beispiel
3.2 Grundlagen und Modelle der strategischen Planung digitaler … 107
3
Abbildung 3.3 Optimale Produktfelder, Produktarten, Nutzungsorte und -zeiten im Beispiel
108 Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
109
beschränkt. Die anzubietenden Nutzungsorte sind für die Nutzungszeiten von 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr (o = 1 und o = 2) exemplarisch im rechten Teil von Abb. 3.3 (eingefärbte Stadtteile) visualisiert. Im linken Teil dieser Abbildung sind zudem zur Verdeutlichung die auszuwählenden Produktfelder markiert. Die 25.000 GE, die nicht für die Produktion zu verwenden sind, werden am Kapitalmarkt verzinst angelegt (θ = 25.000).
3.3
Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler Produktionsprogramme
3.3.1
Vorbemerkungen
Nachdem im Zuge der strategischen Planung des (digitalen) Produktionsprogramms die Bestimmung aller Produktfelder, in denen zukünftig produziert wird, erfolgt ist, sind Entscheidungen bzgl. der Konzeption konkreter Produkte Gegenstand der taktischen Produktionsprogrammplanung. In diesem Zusammenhang ist u. a. festzulegen, welche Produkttypen, in welchen Varianten33 und Qualitätsstufen in jedem einzelnen Produktfeld produziert werden sollen und ob die Produktion dieser Produkte und Produktvarianten vollständig vom Unternehmen selbst durchgeführt wird oder bestimmte (Zwischen-)Produkte zugekauft werden.34 Auch bzgl. der Planung des Produktionsprogramms auf taktischer Ebene existiert eine Fülle entsprechender Veröffentlichungen.35 Die Ausgangssituation eines entsprechenden Planungsmodells lässt sich auf Basis der Ergebnisse der strategischen Produktionsprogrammplanung wie folgt beschreiben. Die Struktur des Produktmengenvektors x ist insoweit eingegrenzt, als dass nur noch die Produktion solcher Produkte in Erwägung gezogen wird, die den bereits ausgewählten Produktfeldern zugeordnet sind. Es gilt dementsprechend:
33
Es geht also u. a. um die Bestimmung der Breite und Tiefe des Produktionsprogramms (vgl. dazu Bloech et al. (2014), S. 109 und Zäpfel (2000b), S. 75). In diesem Zusammenhang wird folglich die Einführung, Veränderung und Elimination von Produktarten und -varianten thematisiert (vgl. ebd., S. 75). 34 Vgl. Jacob (1972), S. 45. 35 Vgl. bspw. Jacob (1972), Hilke (1988), Wittmann (1989), Kern (1992), Streitferdt (1993), Jacob (1996), Zäpfel (2000b) oder Bloech et al. (2014).
110
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
⎞ x1 ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ mit x p , xe ≥ 0 ∀ p ∈ Pw , e ∈ E w , w ∈ Whs , ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ h∈H s∈S x ⎜ ⎟ x = ⎜ P¯ ⎟ xe ≥ 0 ∀ e ∈ E w , w ∈ (Wh ) ∪ W und ⎜ xe ⎟ ⎜ ⎟ h∈H ⎜ .. ⎟ x p = 0 ∀ p ∈ P|xwhs = 0 ∀ w ∈ W p , h ∈ H , s ∈ Sw ⎝ . ⎠ ⎛
x E¯ (3.17) Für die Berücksichtigung verschiedener Produktvarianten oder Qualitätsstufen sowie der Entscheidungen über Eigenproduktion oder Fremdbezug sind die einzelnen Produktarten und damit zusammenhängend auch die entsprechenden Produktmengen differenzierter zu betrachten. Wir wollen in dieser Arbeit im Speziellen auf die Entwicklung sowie Produktion verschiedener Produktvarianten eingehen und definieren in diesem Zusammenhang: I := i i = 1, . . . , I x e := x p := xei := x pi :=
Menge der Produktvarianten Produktmengenvektor der Produktart e Produktmengenvektor der Produktart p Anzahl der Produkte der Art e in Produktvariante i Anzahl der Produkte der Art p in Produktvariante i
⎛
⎛
⎞ x p1 ⎜ . ⎟ . ⎟ Whs xp = ⎜ ⎝ . ⎠∀ p ∈ Pw , w ∈ h∈H s∈S x pI ⎞
xe1 ⎜ . ⎟ ⎜ ∪ ∀ e ∈ E x e = ⎝ .. ⎟ , w ∈ (W ) (Wh ) ∪ W w hs ⎠ h∈H s∈S h∈H xeI
(3.18)
(3.19)
Differenziert man jede Produktart zusätzlich nach verschiedenen Varianten, kann man auch für jede Produktart p bzw. e, die Teil eines zuvor ins Produktionsprogramm aufgenommenen Produktfeldes sind, einen Produktmengenvektor x p (3.18) bzw. x e (3.19) formulieren.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
111
Das wesentliche Ziel der taktischen Produktionsprogrammplanung ist nun zumindest die Bestimmung der Produktarten p bzw. e und -varianten i, die tatsächlich produziert (und ggf. zuvor entwickelt) werden sollen, sodass die entsprechenden x pi ∈ x p bzw. xei ∈ x e echt größer Null sind. Wir wollen an dieser Stelle aus Vereinfachungsgründen auf die Formulierung eines Grundmodells zur taktischen Planung des Produktionsprogramms ohne Berücksichtigung digitaler Produktarten sowie -varianten verzichten36 und uns direkt mit der Formulierung eines Modells befassen, das sowohl nichtdigitale als auch digitale Produktarten und -varianten berücksichtigt. Dazu bedienen wir uns der Ergebnisse (a) der Überlegungen zur strategischen Planung des Produktionsprogramms, (b) der Erkenntnisse der Ausführungen zur eigenschaftsorientierten Produktion37 sowie (c) der oben diskutierten Eigenschaften (ausgewählter) digitaler Güter. Zu (a): Wie wir in Abschn. 3.2 zeigen, lässt sich die Zusammensetzung des Produktionsprogramms auf strategischer Ebene über alle ausgewählten Produktfelder und somit über die Mengen Whs , Wh sowie W repräsentieren. Damit wird insofern ein Rahmen für die konkrete Konzeption einzelner Produktarten aufgespannt, als dass die Menge der prinzipiell in Erwägung zu ziehenden nicht-digitalen bzw. digitalen Produktarten P bzw. E eingegrenzt wird. Wir definieren: E strat. := E strat. := H := E strat. HS P strat. :=
Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ W enthalten sind Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ Wh enthalten sind Menge der Produktarten e, die in Produktfeldern w ∈ Whs enthalten sind Menge der Produktarten p, die in Produktfeldern enthalten sind, welche dem strategischen Produktionsprogramm zugeordnet sind
In Bezug auf nicht-digitale Produktarten sind im Rahmen der taktischen Produktionsprogrammplanung folglich nur solche relevant, die mindestens einem Produktfeld w ∈ Whs angehören. Die entsprechende Menge P strat. ⊆ P ergibt sich somit als Vereinigung aller Pw der relevanten Produktfelder (3.20).
36
Grundmodelle werden bspw. von Jacob (1972, S. 113 ff.) oder Zäpfel (2000b, S. 79 ff.) formuliert. 37 Vgl. dazu Abschn. 2.2.2.2.
112
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
P strat. =
Pw
(3.20)
w∈ ∪h∈H ∪s∈S Whs
Die digitalen Produktarten wollen wir weiterhin in Abhängigkeit ihrer Zugehörigkeit zu den verschiedenen Produktfeldarten differenzieren, da davon abhängig, wie wir unten zeigen, entsprechende Besonderheiten in der Entwicklung und Produktion der Produktarten bzw. -varianten zu berücksichtigen sind.
= E strat. HS
Ew
(3.21)
w∈ ∪h∈H ∪s∈S Whs
Alle digitalen Produktarten, die einem standort-, produktionsmengenintervallgebundenen und dem strategischen Produktionsprogramm zugeordneten Produktfeld ⊆ E zusammengefasst (3.21). angehören, werden in der Menge E strat. HS
E strat. = H
Ew
(3.22)
w∈ ∪h∈H Wh
Die Menge E strat. ⊆ E umfasst alle digitalen Produktarten, die Teil des H strategischen Produktionsprogramms sind, standortungebunden und produktionsmengenintervallgebunden produziert werden können (3.22). E strat. =
Ew
(3.23)
w∈W
Die digitalen Produktarten des strategischen Produktionsprogramms, deren Produktion weder an Standorte noch an Produktionsmengenintervalle gebunden ∪ ist, sind Elemente der Menge E strat. ⊆ E (3.23). Die Vereinigung E strat. HS strat. umfasst demnach alle digitalen Produktarten, die im Rahmen der E strat. ∪ E H taktischen Produktionsprogrammplanung relevant sind. Auf Ebene der nicht-digitalen bzw. digitalen Produktarten p ∈ P strat. bzw. e ∈ E strat. ∪ E strat. ∪ E strat. ist nun zunächst zu entscheiden, ob diese auf HS H taktischer Ebene ins Produktionsprogramm aufzunehmen sind oder nicht. Handelt es sich um Produktarten, die vom Unternehmen bisher nicht produziert werden, müssen diese zunächst entwickelt werden. Es sind folglich in Bezug auf jede Produktart Aufnahme- bzw. Entwicklungs- bzw. Eliminationsentscheidungen zu treffen.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
113
Zu (b): Im Zuge der Ausführungen zu systematischen Grundlagen der digitalen Produktion in Abschn. 2.2 erläutern wir, dass es sinnvoll sein kann, betriebliche Produktion zumindest nicht nur auf die Ausbringungsmengen der zu erzeugenden Produkte zu reduzieren, sondern sich ebenfalls Gedanken über die damit verbundenen Eigenschaften der Güter zu machen. Diese Idee wollen wir an dieser Stelle zur Definition von Produktvarianten aufgreifen. Als Varianten (einer Produktart) fassen wir in der vorliegenden Arbeit (End-) Produkte zusammen, die sich bezüglich eines Großteils ihrer Eigenschaften ähnlich, jedoch bezüglich mindestens einer Eigenschaft unterschiedlich sind.38 Im Rahmen der Produktvariantengestaltung ist demnach festzulegen, welche gemeinsame Grundstruktur gleicher Eigenschaften allen Varianten einer Produktart und welche sich unterscheidenden Eigenschaften jeder einzelnen Produktvariante zugeordnet wird. Bei einer nicht-digitalen Produktart wie Fahrrädern mit den Varianten Damen-, Herren- und Kinderrädern kann sich dies darin äußern, dass bspw. allen Varianten die Eigenschaften, dass Rahmen aus Metall bestehen und insgesamt zwei Räder verbaut sind, zugeschrieben werden, während sich die Varianten in Größe der Räder, Größe und Form der Rahmen, etc. unterscheiden. Ein Beispiel für unterschiedliche Varianten einer digitalen Produktart stellen verschiedene Varianten einer Software dar. Diese können sich bspw. grundsätzlich darin ähneln, dass alle Varianten die Eigenschaften einer Basisvariante besitzen, und darin unterscheiden, dass bspw. Premium-Versionen verschiedene Zusatzeigenschaften bereitstellen. So kann sich bei einer Software, die das Abspielen von Musik aus einer entsprechenden Datenbank ermöglicht, die Premium-Version darin von der Basisvariante abheben, dass Musiktitel werbefrei abspielbar oder auch downloadbar sind. Alle Produktarten sowie entsprechende Produktvarianten lassen sich demzufolge eindeutig über die Menge ihrer Eigenschaften definieren.39 Zur Formulierung entsprechender Eigenschaftsvektoren definieren wir: Ae := Aei :=
38
Menge der Eigenschaften, die alle Produktvarianten der Produktart e besitzen Menge der Eigenschaften, die Produkte der Art e in Produktvariante i besitzen
Vgl. bspw. Voigt (2021) oder Kirchner (2020), S. 324. In Abschn. 2.2.2 halten wir fest, dass Produkte nach Fandel zusätzlich durch den Ort und die Zeit ihrer Verfügbarkeit definiert sind. An dieser Stelle geht es jedoch noch nicht um konkrete (Einzel-)Produkte, sondern nur um Kategorien von Produkten. Vgl. zu dieser Thematik außerdem den Diskurs zur zeitlichen und örtlichen Verfügbarkeit ausgewählter digitaler Produkte in Abschn. 2.2.2.
39
114
3
A p :=
Menge der Eigenschaften, die alle Produktvarianten der Produktart p besitzen Menge der Eigenschaften, die Produkte der Art p in Produktvariante i besitzen
A pi := xea :=
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
1, wenn Produkte der Art e Eigenschaft a besitzen
0, sonst 1, wenn Produkte der Art e in Produktvariante i Eigenschaft a besitzen
xeia :=
x pa := x pia :=
0, sonst 1, wenn Produkte der Art p Eigenschaft a besitzen
0, sonst 1, wenn Produkte der Art p in Produktvariante i Eigenschaft a besitzen 0, sonst
In Abschn. 2.2.2.2 definieren wir Eigenschaften als kontinuierliche Größen x pa ≥ 0 bzw. xea ≥ 0. Problematisch im Zuge der konkreten Produktionsplanung sind kontinuierliche Wertebereiche jedoch vor allem in Bezug auf Eigenschaften, welche sich relativ unumstritten nicht bzw. kaum sinnvoll auf zumindest Intervallskalenniveau messen lassen, sodass arithmetische Operationen mit diesen Eigenschaftsgrößen nicht zulässig sind und somit in entsprechenden Planungsansätzen nicht in Ansatz gebracht werden dürfen. Das gilt bspw. für Farben oder Metallarten in unserem Fahrradbeispiel bzw. Musikgenres in unserem Softwarebeispiel. Um entsprechenden Skalenproblemen entgegenzuwirken, könnte man versuchen, sinnvolle metrisch messbare Ersatzkriterien zur Messung nicht metrisch operationalisierbarer Eigenschaftsgrößen zu formulieren. Betrachtet man exemplarisch die Eigenschaft Benutzerfreundlichkeit (einer App), so könnte man versuchen, die (antizipierte) Anzahl diesbezüglich formulierter Beschwerden der Anwender oder die (antizipierte) Wahrscheinlichkeit einer entsprechenden Anwenderbeschwerde als Ersatzkriterium in Ansatz zu bringen. Mit der Argumentation, dass mit sinkender Anzahl an Beschwerden bzw. mit sinkender Beschwerdewahrscheinlichkeit die Benutzerfreundlichkeit stärker ausgeprägt ist, könnte man die entsprechend kontinuierlich dimensionierten Größen alternativ zur Eigenschaft der Benutzerfreundlichkeit verwenden. Trotz metrischen Skalenniveaus bleibt jedoch auch bei entsprechenden Ersatzeigenschaften die Frage offen, inwiefern sich deren Ausprägungen präzise und verlässlich ex ante bestimmen lassen und ob es überhaupt notwendig ist, die Ausprägungen einzelner
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
115
Eigenschaften so detailliert bestimmen zu können.40 Bezüglich der (antizipierten) Beschwerdeanzahl bzw. -wahrscheinlichkeit in unserem Beispiel stellt sich also die Frage, ob die Differenzierung von 3.354 und 3.355 erwarteten Anwenderbeschwerden bzw. von 14,3 % und 14,4 % erwarteter Beschwerdewahrscheinlichkeit zielführend ist, oder ob es sich als zweckmäßiger herausstellt, Cluster in Form von Beschwerdeanzahl- bzw. Beschwerdewahrscheinlichkeitsintervallen zu bilden. Dieser Argumentation folgend können wir alle Wertebereiche der betrachteten Eigenschaften, also auch der mindestens intervallskalierten, diskretisieren, indem wir im Folgenden nur noch erfassen, ob eine Produktart oder- variante eine Eigenschaft (in einer bestimmten Größenordnung) besitzt (x pa = 1 bzw. xea = 1 oder x pia = 1 bzw. xeia = 1) oder nicht (x pa = 0 bzw. xea = 0 oder x pia = 0 bzw. xeia = 0). Zu diesem Zweck definieren wir Eigenschaften etwas enger und fassen diese ggf. als Kombination eines Attributs (bspw. Benutzerfreundlichkeit, Verständlichkeit, etc.) und eines dieses beschreibenden Adjektivs (bspw. (sehr) gering, mittel, (sehr) hoch, etc.) auf.41
40
Zur Begründung der Sinnhaftigkeit der Eigenschaftsbetrachtung im Rahmen der Produktionsplanung und zu deren Bepreisung vgl. die Ausführungen in Abschn. 2.2.2.2. 41 Betrachten wir dazu die nicht-digitale Produktart Mountainbikes ( p = 5) und die digitale Produktart Online-Beratung für Privatkunden (e = 11) aus unserem obigen Beispiel. Die Gründer haben Gewicht (in Kilogramm), Rahmenhöhe (in Zentimetern) und Farbe des Rads (rot, blau, grün) als relevante Größen der Konzeption der Produktart Mountainbike ermittelt. Aufgrund dessen, dass (zumindest in der Phase der Produktart- und variantenkonzeptionierung) das exakte Gewicht und die exakte Rahmenhöhe nicht relevant sind, werden die Größen in Intervalle unterteilt. Die entsprechende Teilmenge der Eigenschaftsmenge A lautet {a = 1(niedriges (5–10 Kilogramm) Gewicht), a = 2 (mittleres (10–17,5 Kilogramm) Gewicht), a = 3 (hohes (>17,5 Kilogramm) Gewicht), a = 4 (kleiner Rahmen (38–46 Centimeter Höhe)), a = 5 (mittlerer Rahmen (46–54 Centimeter Höhe)), a = 6 (großer Rahmen (>54 Centimeter Höhe)), a = 7 (rote Farbe),a = 8 (blaue Farbe), a = 9 (grüne Farbe)}. Bezüglich der Online-Beratung für Privatkunden sind Leistungsumfang (in Minuten), Leistungsspezifität (generell, individuell) und im Nachgang digital zu übermittelnde Beratungsmaterialen (keine, Basispaket, Premiumpaket) als relevante Größen identifiziert worden. Die entsprechende Teilmenge der Eigenschaftsmenge A lautet {a = 10(geringer (20 Minuten) Leistungsumfang), a = 13 (generelle Beratung), a = 14 (individuelle Beratung), a = 15 (keine Beratungsmaterialien), a = 16 (Basispaket mit Beratungsmaterialien),a = 17 (Premiumpaket mit Beratungsmaterialien)}.
116
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Die Eigenschaftsvektoren lauten somit: ⎛
⎞ x pa ⎜ . ⎟ Eig strat. . ⎟ xp = ⎜ ⎝ . ⎠mit x pa = 1 ∀ a ∈ A p und x pa = 0 ∀ a ∈ A\A p ∀ p ∈ P xpA (3.24) ⎞ ⎛ xea ⎜ . ⎟ mit xea = 1 ∀ a ∈ Ae und xea = 0 ∀ a ∈ A\Ae Eig ⎟ xe = ⎜ (3.25) ⎝ .. ⎠ ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. ∪ E strat. HS H xe A¯ Eig
Eig
Im Eigenschaftsvektor einer Produktart p (x p ) bzw. e (xe ) nehmen die x pa bzw. xea den Wert 1 an, falls die entsprechende Produktart die Eigenschaft a besitzt. Alle weiteren x pa bzw. xea nehmen den Wert 0 an ((3.24) bzw. (3.25)).42
42
In unserem Beispiel könnte die Unternehmensleitung bspw. entscheiden, nur blaue Mountainbikes ( p = 5) mit niedrigem Gewicht (A5 = {a = 1, a = 8}) und nur individuelle Online-Beratungen für Privatkunden (e = 11) mit dem Premiumpaket an Beratungsmaterialien (A11 = {a = 14, a = 17}) zu produzieren. Die entsprechenden Eigenschaftsvektoren lauten dann: ⎛ ⎞ x111 = 0 ⎛ ⎞ ⎜ ⎟ x51 = 1 .. ⎜ ⎟ ⎜x = 0⎟ ⎜ ⎟ . ⎜ 52 ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ x53 = 0 ⎟ ⎜ x1110 = 0⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜ x1111 = 0⎟ ⎟ ⎜ x54 = 0 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ x55 = 0 ⎟ ⎜ x1112 = 0⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜x ⎟ ⎟ ⎜x = 0⎟ ⎜ 1113 = 0⎟ Eig Eig x5 = ⎜ 56 ⎟ ⎟und x11 = ⎜ ⎜ x57 = 0 ⎟ ⎜ x1114 = 1⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜x ⎟ ⎟ ⎜ x58 = 1 ⎟ ⎜ 1115 = 0⎟ ⎜ ⎜ ⎟ ⎟ ⎜x = 0⎟ ⎜ x1116 = 0⎟ ⎜ 59 ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎜x ⎟ ⎟ ⎜ . ⎜ 1117 = 1⎟ ⎟ ⎜ . ⎜ ⎟ ⎟ . ⎜ ⎟ ⎝ ⎠ .. ⎜ ⎟ ⎝ ⎠ . x5A = 0 x11A = 0
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
117
⎛
⎞ x pia ⎜ . ⎟ mit x pia = 1 ∀ a ∈ A pi und x pia = 0 ∀ a ∈ A\A pi Eig . ⎟ x pi = ⎜ ⎝ . ⎠ ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I x pi A¯ ⎞ ⎛ xeia ⎜ . ⎟ mit xeia = 1 ∀ a ∈ Aei und xeia = 0 ∀ a ∈ A\Aei Eig ⎟ xei = ⎜ ⎝ .. ⎠ ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS H xei A¯
(3.26)
(3.27)
Analog zu den Eigenschaftsvektoren auf Ebene der Produktarten können wir diese Eig Eig für die jeweiligen Produktvarianten i einer Produktart p (x pi ) bzw. e (xei ) formulieren ((3.26) und (3.27)). Damit alle Produktvarianten die Grundeigenschaften der Produktart (a ∈ A p bzw. a ∈ Ae ) besitzen und sich zusätzlich in mindestens einer Eigenschaft unterscheiden, gilt A p ⊆ A pi ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I bzw. Ae ⊆ Aei ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. ∪ E strat. HS H , i ∈ I sowie A pi = strat. A pi ∀ p ∈ P , i ∈ I , i ∈ I = i ∈ I i 0 x pi ≤ γ pii · x pi ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I pi
(3.50) (3.51)
Auf Ebene der Produktvarianten können zunächst Kombinationsrestriktionen bzgl. der Entwicklung verschiedener Varianten einer bestimmten nicht-digitalen Produktart formuliert werden. In (3.50) wird entsprechend gefordert, dass im Ent = Falle der Entwicklung einer Produktvariante der betrachteten Produktart (x pi 1) auch alle zusammen mit dieser Produktvariante zu entwickelnden ProduktvaEnt = 1∀ i ∈ I K omb ). rianten ins Produktionsprogramm aufzunehmen sind (x pi pi Hinsichtlich der Produktionsmengen der Produktvarianten einer nicht-digitalen Produktart können wir zusätzlich fordern, dass diese ausschließlich in bestimmten Relationen erzeugt werden können. Die Restriktionen des Typs (3.51) stellen in diesem Zusammenhang sicher, dass die Produktionsmenge einer Produktvariante K omb (x )) höchstens (mindesi ∈ I (x pi ) (einer Produktvariante i ∈ I pi pi tens) so groß sein darf (muss), wie das γ pii -fache aller Produktionsmengen K omb (ein Anteil ( x pi ) der Produktionsmenge der der Produktvarianten i ∈ I pi γ pii
Produktvariante i ∈ I ).56 Kombination von Produktvarianten digitaler Produktarten: strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ IeiK omb xeiEnt ≤ xeiEnt HS ∪ EH
(3.52)
strat. xei ≤ γeii · xei ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , i ∈ IeiK omb HS ∪ EH
(3.53)
Entsprechende Restriktionen zur Kombination von Produktvarianten sowie dazugehöriger Produktionsmengen digitaler Produktarten sind in analoger Weise in (3.52) sowie (3.53) formuliert. Kombination von Produktvarianten nicht-digitaler und digitaler Produktarten: Ent K omb x pi ≤ xeiEnt ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , e ∈ E pK omb , i ∈ I pei 56
(3.54)
Möchte man ein fixiertes Verhältnis zwischen entsprechenden Produktionsmengen erzeugen, sind an dieser Stelle Fixierungsrestriktionen (Gleichungen) anstatt Satisfizierungsrestriktionen (Ungleichungen) in Ansatz zu bringen.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
133
Ent strat. K omb xeiEnt ≤ x pi ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , p ∈ PeK omb , i ∈ Iepi HS ∪ EH (3.55)
Ähnlich wie bei der Kombination von Produktarten sind auch Kombinationsbedingungen bzgl. unterschiedlicher Produktvarianten nicht-digitaler und digitaler Produktarten denkbar. Dazu fordern wir, dass bei Entwicklung einer ProduktvaEnt = 1 bzw. riante i einer nicht-digitalen bzw. digitalen Produktart p bzw. e (x pi K omb bzw. i ∈ I K omb ) aller xeiEnt = 1) ebenfalls alle Produktvarianten (i ∈ I pei epi K digitalen bzw. nicht-digitalen Produktarten (e ∈ E p omb bzw. p ∈ PeK omb ,), die zusammen mit Produktart p bzw. e zu entwickeln sind (vgl. dazu (3.48) bzw. Ent = 1, (3.49)), ins Produktionsprogramm aufzunehmen sind (x eiEnt = 1 bzw. x pi (3.54) bzw. (3.55).57 Kombination von Produktvarianten digitaler Produktarten e ∈ E strat. : lo lo strat. ≤ xei , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, i ∈ IeiK omb,lo xei ∀ e ∈ E
lo lo xei ≤ xei ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, l ∈ L eil lo lo ≤ xei xei
∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, o ∈ Oeio
(3.56) (3.57) (3.58)
Die oben formulierten Kombinationsbedingungen zur örtlichen und zeitlichen Verfügbarkeit der Nutzung von Produkten aus Produktfeldern w ∈ W ((3.20) und (3.21)) lassen sich im Rahmen der taktischen Produktionsprogrammplanung auch auf Produktvariantenebene formulieren. Diesbezüglich wollen wir verschiedene Abhängigkeiten zwischen Varianten digitaler Produktarten e ∈ E strat. , Nutzungsorten und Nutzungszeiten berücksichtigen. In (3.56) wird erfasst, dass im Fall der Produktion einer Produktvariante i einer Produktart e in Nutzungsgebiet l lo = 1) auch alle Produktvarianten, die zwingend mit i zu Nutzungszeit o (xei in diesem Nutzungsgebiet und zu dieser Nutzungszeit produziert werden müssen lo = 1). Will man hingegen berücksichtigen, (i ∈ IeiK omb,lo ), produziert werden (xei dass bei Produktion einer Produktvariante i eines digitalen Produktes e ∈ E strat. 57
Analog zu den Restriktionen (3.51) und (3.53) könnten wir auch hier (mit Ausnahme der Produktarten e ∈ E strat. ) bestimmte Relationen zwischen Produktionsmengen formulieren.
134
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
lo = 1) dieselbe Produktin einem Nutzungsgebiet l zu einer Nutzungszeit o (xei variante zur selben Nutzungszeit (bzw. am selben Nutzungsort) auch in allen Nutzungsgebieten (bzw. zu allen Nutzungszeiten) zu produzieren ist, die zusammen mit l anzubieten sind (l ∈ L eil ) (bzw. zusammen mit o anzubieten sind )), sind Restriktionen des Typs (3.57) (bzw. (3.58)) zu formulieren. (o ∈ Oeio
3.3.2.5 Ausschlussbedingungen für Produktarten und Produktvarianten Neben expliziten Forderungen, bestimmte Produktarten, Produktvarianten, Nutzungsgebiete oder -zeiten nur in Kombination in das taktische Produktionsprogramm aufzunehmen, können wir auch Nebenbedingungen zum Ausschluss eben solcher Kombinationen in Ansatz bringen. Zur Formulierung der Ausschlussbedingungen definieren wir zusätzlich folgende Mengen: E eAus := E pAus := IeiAus := IeiAus,lo := Aus := Iepi
Aus := I pei
Aus := I pi
L Aus eil := Aus := Oeio
PeAus :=
Menge der Produktarten e , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e entwickelt wird Menge der Produktarten e, die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die nicht zusammen mit Produktvariante i von Produktart e im Nutzungsgebiet l zur Nutzungszeit o angeboten werden dürfen Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart p nicht entwickelt werden darf, falls Produktart e in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , in denen Produktart e nicht entwickelt werden darf, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Produktvarianten i , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p in Produktvariante i entwickelt wird Menge der Nutzungsgebiete l , die nicht zusammen mit Nutzungsgebiet l für Produktart e in Produktvariante i angeboten werden dürfen Menge der Nutzungszeiten o , die nicht zusammen mit Nutzungszeit o für Produktart e in Produktvariante i angeboten werden dürfen Menge der Produktarten p, die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart e entwickelt wird
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
PpAus :=
135
Menge der Produktarten p , die nicht entwickelt werden dürfen, falls Produktart p entwickelt wird
Ausschlussbedingungen: Ausschluss von Produktarten: x p ≤ 1 − x p ∀ p ∈ P strat. , p ∈ PpAus
(3.59)
xe ≤ 1 − x p ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E pAus
(3.60)
strat. x p ≤ (1 − xe ) ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , p ∈ PeAus HS ∪ EH
(3.61)
strat. xe ≤ (1 − xe ) ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , e ∈ E eAus HS ∪ EH
(3.62)
In den Restriktionen (3.59)–(3.60) wird erfasst, dass bestimmte nicht-digitale Produktarten p ∈ PpAus bzw. digitale Produktarten e ∈ E pAus nicht entwickelt werden dürfen (x p = 0 bzw. xe = 0), wenn eine bestimmte nicht-digitale Produktart p ∈ P strat. (x p = 1) entwickelt wird. Ebenso dürfen bei Entwicklung bestimmter digitaler Produktarten e (xe = 1) aus dem strategischen Produktionsprogramm bestimmte nicht-digitale Produktarten p ∈ PeAus bzw. digitale Produktarten e ∈ E eAus nicht entwickelt werden (x p = 0 bzw. xe = 0, (3.61)–(3.62)). Ausschluss von Produktvarianten: Ent Ent Aus ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I pi x pi ≤ 1 − x pi Ent strat. ∀ e ∈ E strat. xeiEnt ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ IeiAus ≤ 1 − x ei HS ∪ EH
(3.63) (3.64)
Ent xeiEnt ≤ 1 − x pi strat. Aus ∪ E strat. , i ∈ I pei ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , e ∈ E strat. HS ∪ EH
(3.65)
Ent Ent x pi ≤ 1 − x ei strat. Aus ∪ E strat. , i ∈ I , p ∈ P strat. , i ∈ Iepi ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH
(3.66)
136
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
In Analogie zum Ausschluss bestimmter Produktartenkombinationen können ebenso bestimmte Kombinationen von Produktvarianten nicht-digitaler Produktarten bzw. digitaler Produktarten mit anderen Produktvarianten nicht-digitaler Aus ) bzw. digitaler Produktarten (i ∈ I Aus ) ((3.63) bzw. Produktarten (i ∈ I pi ei Aus ) (3.64)) oder mit bestimmten Produktvarianten digitaler Produktarten (i ∈ I pei Aus ) ausgeschlossen werden (3.65) bzw. bzw. nicht-digitaler Produktarten (i ∈ Iepi (3.66). lo lo xei ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, i ∈ IeiAus,lo ≤ 1 − x ei
(3.67)
lo lo ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, l ∈ L Aus xei ≤ 1 − xei eil
(3.68)
lo lo Aus ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O, o ∈ Oeio xei ≤ 1 − xei
(3.69)
Auch bzgl. der Produktion von Produktarten e ∈ E strat. können Ausschlussbedingungen hinsichtlich Produktvarianten i ∈ IeiAus,lo , die nicht am selben Nutzungsort zur selben Nutzungszeit wie i angeboten werden dürfen (3.67), Nutzungsgebieten l ∈ L Aus eil , die für eine Produktvariante nicht zusammen mit einem Nutzungsgebiet l angeboten werden dürfen (3.68) sowie Nutzungszeiten Aus , die für eine Produktvariante nicht gemeinsam mit Nutzungszeit o o ∈ Oeio angeboten werden dürfen (3.69), formuliert werden.
3.3.2.6 Vielfältigkeitsbedingungen für Produktarten und Produktvarianten sowie Variablenbedingungen Möchte ein Unternehmen erreichen, dass das taktische Produktionsprogramm möglichst divers gestaltet ist, sind entsprechende Restriktionen zu formulieren, die zur Entwicklung und Produktion vieler verschiedener Produktarten und varianten führen. Zur Formulierung entsprechender Vielfältigkeitsbedingungen definieren wir zusätzlich: E P := E Pe := E Pei := E Pp := E Ppi :=
Mindestanzahl Mindestanzahl Mindestanzahl Mindestanzahl Mindestanzahl
insgesamt zu entwickelnder Produktarten zu entwickelnder Produktarten e zu entwickelnder Produktvarianten i der Produktart e zu entwickelnder Produktarten p zu entwickelnder Produktvarianten i der Produktart p
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
E Pwi :=
137
Mindestanzahl zu entwickelnder Produktvarianten i im Produktfeld w
Vielfältigkeitsbedingungen: Vielfältigkeit von Produktarten:
x p ≥ E Pp
(3.70)
p∈P strat.
xe ≥ E Pe
(3.71)
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
xp +
xe ≥ E P
(3.72)
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
p∈P strat.
Die Vielfältigkeit über die zu entwickelnden Produktarten kann zum einen auf die einzelnen Produktfelder bezogen werden. Dazu kann der Entscheider in den Restriktionen vom Typ (3.33) die Werte E Pw entsprechend so hoch setzen, als dass die von ihm intendierte Vielfalt über diese Mindestanzahl zu entwickelnder Produktarten in jedem einzelnen Produktfeld sichergestellt ist. Zum anderen können wir Vielfältigkeitsbedingungen bzgl. der Menge aller nicht-digitalen (3.70), aller digitalen (3.71) sowie aller Produktarten insgesamt (3.72) formulieren, indem wir jeweils entsprechende Mindestanzahlen zu entwickelnder Produkte festlegen. Vielfältigkeit von Produktvarianten:
Ent x pi ≥ E Ppi · x p ∀ p ∈ P strat.
(3.73)
strat. xeiEnt ≥ E Pei · xe ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. HS ∪ EH
(3.74)
i∈I
i∈I
⎛ ⎝
i∈I
p∈Pw
Ent x pi +
⎞ xeiEnt ⎠ ≥ E Pwi ∀ w ∈ Whs ∪ Wh ∪ W , h ∈ H , s ∈ S
e∈E w
(3.75)
138
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Auch zur Sicherstellung der Vielfältigkeit auf Ebene der Produktvarianten lassen sich Restriktionen aus unterschiedlichen Perspektiven in Ansatz bringen. (3.73) bzw. (3.74) fordern entsprechend die Entwicklung einer Mindestanzahl diverser Produktvarianten für jede nicht-digitale bzw. digitale Produktart, die entwickelt wird.58 Aus Sicht der einzelnen Produktfelder können wir formulieren, dass für jedes Produktfeld eine Mindestanzahl an Varianten nicht-digitaler und digitaler Produktarten entwickelt wird (3.75). Als abschließenden Vermerk zu den oben formulierten Kombinations-, Ausschluss- und Vielfältigkeitsbedingungen wollen wir festhalten, dass in aller Regel nicht bei jedem Problem im Rahmen der Festlegung des taktischen Produktionsprogramms alle aufgeführten Restriktionen relevant und somit auch nicht alle in der Planung zu berücksichtigen sind. Die Sammlung entsprechender Restriktionen dient vor allem als „Baukasten“, aus dem der für die entsprechende Planungssituation passende Ansatz zu konzipieren ist. Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen:
58
xa ∈ {0, 1} ∀ a ∈ A
(3.76)
strat. ∪ E strat. xe ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH
(3.77)
strat. xei ≥ 0 ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.78)
strat. xeiEnt ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.79)
lo xei ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , l ∈ L, o ∈ O
(3.80)
strat. xeis ≥ 0 ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , s ∈ S HS ∪ EH
(3.81)
x p ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat.
(3.82)
Ent x pi ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I
(3.83)
Alternativ könnten die Restriktionen auch ohne die Berücksichtigung der x p - bzw. xe Variablen formuliert werden, sodass bei E Ppi > 0 bzw. E Pei > 0 die Forderung zur Entwicklung von Produktart p bzw. e implizit mit „verpackt“ ist, da (3.26) bzw. (3.27) gilt.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
x spi ≥ 0 ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , s ∈ S
139
(3.84)
In den Restriktionen (3.76)–(3.84) werden die Nichtnegativität bzw. die Binarität der in Ansatz zu bringenden Entscheidungsvariablen festgehalten.
3.3.3
Grundmodell zur taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms ohne explizite Produktvariantenvorgabe
3.3.3.1 Zusätzliche Modellannahmen und angepasste Zielfunktion Werden die Produktvarianten für die taktische Planung des digitalen Produktionsprogramms nicht mehr explizit vorgegeben, gilt zusätzlich zu den allgemeinen Modellannahmen: – Zu allen zu entwickelnden Produktarten können unterschiedliche Produktvarianten entwickelt werden, über deren konkrete Eigenschaftsstrukturen zu entscheiden ist. Es können dann Produkte dieser zu entwickelnden Produktvarianten produziert werden. – Die Konzeption der Produktvarianten ist dadurch restringiert, dass die Eigenschaften der betroffenen Produktart durch A p bzw. Ae vorgegeben sind und alle Varianten zumindest diese Eigenschaften besitzen müssen sowie dass sich alle Produktvarianten in zumindest einer Eigenschaft voneinander unterscheiden müssen. Außerdem können in Anlehnung an die Ausführungen zu speziellen Eigenschaften (rein) digitaler Produkte (vgl. Abschn. 3.3.1) Restriktionen zu Mindestanzahlen zu integrierender Eigenschaftstypen sowie Nebenbedingungen zur Kombination oder zum Ausschluss von Eigenschaften bzw. zu deren Vielfalt formuliert werden. – Die Entwicklung und Produktion einer Produktvariante kann jedoch nur dann erfolgen, wenn die entsprechende Produktart sowie alle für diese Produktvariante erforderlichen Eigenschaften ebenfalls entwickelt werden. Zudem existieren verschiedene Restriktionen zur Kombination bzw. zum Ausschluss von Produktarten und -varianten sowie zu deren Vielfältigkeit.
140
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Durch die Integration von Entscheidungen zur Produktvariantengestaltung in das Modell sind einige Änderungen bzgl. der Zielfunktion sowie der Nebenbedingungen notwendig, die wir zunächst thematisieren wollen, bevor wir die zusätzlich notwendigen Restriktionen zur Gestaltung der Produktvarianten formulieren. Aufgrund dessen, dass nun zum Planungszeitpunkt die Produktvarianten noch nicht bekannt sind, können die Variablen zur Bestimmung der Produktion(smengen) von Produkten der Art p bzw. e in Produktvariante i (x spi , xeis , xei , lo ) nicht in derselben Form wie im obigen Modell in Ansatz gebracht werden. xei Das hängt vor allem auch damit zusammen, dass die erwarteten Gewinngrößen für eine zuvor nicht bekannte Produktvariante nicht sinnvoll bestimmbar sind. Wir wollen daher im Folgenden in Anlehnung an die Überlegungen zu hedonischen Preisen59 davon ausgehen, dass jede Eigenschaft unabhängig von der Produktvariante, in die diese zu integrieren ist, einen separaten Beitrag zum erwarteten, periodisierten Gewinn eines Produkts beisteuert. Dementsprechend sind die Variablen so anzupassen, dass für jede Produktvariante eine Variable je in diese zu integrierende Eigenschaft in Ansatz gebracht werden muss, die Auskunft über die Produktionsmenge gibt und somit in der Zielfunktion mit dem erwarteten, periodisierten Gewinn je Eigenschaft und Stück verrechnet werden kann. Dazu definieren ⎧ wir: 1, wenn Produkte der Art e in Produktvariante i in Nutzungsgebiet l ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ zu Nutzungszeit o produziert werden und diese Produktvariante lo := xeia ⎪ Eigenschaft a besitzt ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst
s∗ := xeia
∗ := xeia
x s∗ pia :=
59
Variable, die den Wert der Anzahl zu produzierender Einheiten eines Produkts der Art e in Produktvariante i an Standort s annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt Variable, die den Wert der Anzahl standortungebunden zu produzierender Einheiten eines Produkts der Art e in Produktvariante i annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt Variable, die den Wert der Anzahl zu produzierender Einheiten eines Produkts der Art p in Produktvariante i an Standort s annimmt, wenn diese Produktvariante Eigenschaft a besitzt
Vgl. Abschn. 2.2.2.2.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
141
Dadurch, dass potenzielle Produktvarianten nicht mehr zuvor bekannt sind, ergeben sich auch entsprechende Änderungen in den in Ansatz zu bringenden Datensätzen zu Gewinnen, Kosten und Faktoreinsatzmengenbedarfen: ζea := lo := ζea s := ζea s := ζ pa
ηea := η pa := νea := lo := νea
s := νea
ν spa :=
Erwarteter, periodisierter Gewinn der standortungebundenen Produktion einer Einheit von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion eines Produkts der Art e, das Eigenschaft a besitzt, an Nutzungsort l zu Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen, an Standort s Erwarteter, periodisierter Gewinn der Produktion einer Einheit von Produkten der Art p, die Eigenschaft a besitzen, an Standort s Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art e Erwartete, periodisierte Kosten der Integration von Eigenschaft a in Produkte der Art p Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die standortungebundene Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art e Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einem Produkt der Art e an Nutzungsort l zu Nutzungszeit o Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art e an Standort s Erwarteter, periodisierter Faktoreinsatzmengenbedarf für die Produktion der Eigenschaft a bei einer Einheit von Produkten der Art p an Standort s
Ebenso ist festzuhalten, dass die in der ersten Modellvariante als Datensätze eingehenden x pia bzw. xeia in dieser Modellvariante als Entscheidungsvariablen in Ansatz gebracht werden, wodurch diese aus Vereinfachungs- und LineariEnt -Variablen bzw. x Ent -Variablen in den letzten beiden tätsgründen ohne die x pi ei Termen der Ursprungszielfunktion mit η pa bzw. ηea zu multiplizieren sind. Die entsprechend angepasste Zielfunktion lautet somit:
142
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Zielfunktion: ⎛ ⎝ a∈A i∈I
+
p∈P strat. s∈S p
ζea ·
∗ xeia
+
e∈E strat. H
−
s∈Se e∈E strat. HS
lo ζea
·
s s∗ ζea · xeia
lo xeia
e∈E strat. l∈L o∈O
ηp · x p −
p∈P strat.
⎛ ⎝ − a∈A i∈I
s ζ pa · x s∗ pia +
ηe · x e −
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
η pa · x pia +
ηa · xa
a∈A
⎞
ηea · xeia ⎠ → max!
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
p∈P strat.
(3.85) Die Zielfunktion strebt weiterhin die Maximierung der Summe aus erwarteten, periodisierten Bruttoproduktionsgewinnen, abzüglich der erwarteten, periodisierten Kosten aus Produkt- und Eigenschaftsentwicklungen sowie der erwarteten, periodisierten Kosten aus Integration der Eigenschaften in die Produkte an (3.85). Jedoch sind die Gewinne aus den oben beschriebenen Gründen nicht mehr abhängig von der Produktvariante und diese ergeben sich aus standortgebundener Produktion nicht-digitaler bzw. digitaler Produkte (erster bzw. zweiter Term) sowie aus standortunabhängiger Produktion digitaler Produkte (dritter und vierter s∗ Term) nun in Abhängigkeit der neu definierten Variablen x s∗ pia bzw. x eia sowie lo ∗ xeia und xeia . Die Terme zu Entwicklungskosten in der dritten Zeile der Zielfunktion bleiben unverändert. Die Integrationskosten in der vierten Zeile ergeben sich jedoch fortan nur noch in Abhängigkeit von x pia bzw. xeia .
3.3.3.2 Produktionsbedingungen für Produktvarianten
s∗ ∗ Offensichtlich ist bzgl. der x s∗ pia -, x eia - sowie x eia -Variablen sicherzustellen, dass diese nur dann positiv werden können, wenn die Eigenschaft a auch in der entsprechenden Produktvariante i der Produktart p bzw. e enthalten ist.
Produktionsbedingungen (1): x s∗ pia ≤ x pia · M
∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, s ∈ S p
(3.86)
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler … s∗ xeia ≤ xeia · M
∀ e ∈ E strat. H S , i ∈ I , a ∈ A, s ∈ Se
∗ xeia ≤ xeia · M
∀ e ∈ E strat. , i ∈ I, a ∈ A H
143
(3.87) (3.88)
Über die Restriktionen der Typen (3.86)–(3.88) wird verhindert, dass positive Produktmengen einer Produktart p bzw. e in Produktvarianten i, die Eigenschaft a besitzen, in Ansatz gebracht werden, ohne dass die entsprechende Eigenschaft in die entsprechende Produktvariante zu integrieren ist. Durch diese Nebenbedingungen werden folglich die Produktionsbedingungen der Typen (3.36), (3.37) sowie (3.40) ersetzt. Auch wenn für jede in eine Produktvariante zu integrierende Eigenschaft aus Gewinn- bzw. Kostenzurechnungsgründen eine separate Produktionsmenge formuliert wird, steht inhaltlich offensichtlich nur eine Produktionsmenge dahinter. Das könnte in Bezug auf unser Beispiel mit dem blauen Mountainbike mit niedrigem Gewicht bedeuten, dass sich die Gründer dafür entscheiden, 500 Stück dieser Variante ( p = 5, i = 1) zu produzieren. Dementsprechend ergibt sich 1∗ = x 1∗ = 500. Jedoch ist die Menge zu produzierender Mountainbikes in x511 518 dieser Variante selbstverständlich auch 500 und ergibt sich nicht etwa aus der 1∗ und x 1∗ . Die Variablenausprägungen sind also so zu interpreSumme von x511 518 tieren, dass bzgl. der Produktart Mountainbikes in der Produktvariante i = 1 je 500 Mal die Eigenschaften blaue Farbe und leichtes Gewicht zu produzieren sind. Aufgrund dessen, dass das Verhältnis von Eigenschaften zueinander durch die oben geschilderte Definition bei jeder Produktart und -variante 1:1 ist60 , ist s∗ ∗ demzufolge sicherzustellen, dass alle relevanten x s∗ pia -, x eia - bzw. x eia -Variablen denselben Wert annehmen. Produktionsbedingungen (2): s∗ x s∗ pia ≤ x pia + 2 − x pia − x pia · M
∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ Aa < a , s ∈ S p (3.89)
s∗ x s∗ pia ≤ x pia + 2 − x pia − x pia · M
∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ Aa < a , s ∈ S p (3.90)
60
Vgl. Abschn. 3.3.1.
144
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
In Fällen, in denen sowohl eine Eigenschaft a als auch eine andere Eigenschaft a in eine Produktvariante i einer Produktart p zu integrieren ist (x pia = x pia = 1), s∗ s∗ s∗ s∗ s∗ muss gelten, dass x s∗ pia ≤ x pia und x pia ≤ x pia ist, sodass sich x pia = x pia ergibt ((3.89)–(3.90)). Ist nur eine (x pia = 1 und x pia = 0 bzw. x pia = 0 und x pia = 1) oder keine (x pia = x pia = 0) der betrachteten Eigenschaften zu integrieren, ergibt sich aufgrund von (3.86) im ersten Fall x s∗ pia = 0 bzw. s∗ s∗ s∗ x s∗ pia = 0 und im zweiten Fall x pia = x pia = 0, sodass sowohl x pia als auch s∗ x pia allenfalls durch M nach oben beschränkt werden und die Restriktionen somit irrelevant sind.61 Produktionsbedingungen (3): s∗ s∗ xeia ≤ xeia +(2 − x eia − x eia ) · M
∀ e ∈ E strat. H S , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ A a < a , s ∈ Se (3.91)
s∗ s∗ xeia ≤ x eia +(2 − x eia − x eia ) · M
∀ e ∈ E strat. H S , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ A a < a , s ∈ Se (3.92)
61
Bezogen auf unser Mountainbike-Beispiel lauten die Restriktionen des Typs (3.89)– (3.90): 1∗ ≤ x 1∗ + (2 − x x51a 51a − x 51a ) · M∀ a ∈ A, a ∈ a ∈ Aa < a 51a 1∗ ≤ x 1∗ + (2 − x x51a 51a − x 51a ) · M∀ a ∈ A, a ∈ a ∈ A a < a 51a Wir wissen, dass nur x511 = x518 = 1 und alle anderen x51a = 0, sodass wir bspw. für a = 1 und a = 5, für a = 1 und a = 8 sowie für a = 5 und a = 8 formulieren können: 1∗ ≤ x 1∗ + M x511 515 1∗ ≤ x 1∗ + M x515 511 1∗ ≤ x 1∗ x511 518 1∗ ≤ x 1∗ x518 511 1∗ ≤ x 1∗ + M x515 518 1∗ ≤ x 1∗ + M x518 515 1∗ = 0 ergibt sich, dass x 1∗ und x 1∗ durch Aufgrund von x515 = 0 und somit x515 511 518 die erste bzw. die letzte Restriktion (irrelevant) durch M nach oben beschränkt werden. 1∗ Die Beschränkung von x515 = 0 nach oben in Restriktion 2 und 5 ist offensichtlich auch irrelevant. Bzgl. der beiden tatsächlich in die Produktvariante zu integrierenden Eigenschaften a = 1∗ = x 1∗ ein (bspw. wie oben 1 und a = 8 stellt sich durch die Restriktionen 3 und 4 x511 518 500).
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
145
∗ ∗ xeia ≤ xeia +(2 − x eia − x eia ) · M
∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ Aa < a H (3.93)
∗ ∗ xeia ≤ x eia +(2 − x eia − x eia ) · M
∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ a ∈ Aa < a H (3.94)
Analog zu den Restriktionen (3.89) und (3.90) können wir entsprechende Bedingungen für die standortgebundene ((3.91) und (3.92)) sowie die standortungebundene ((3.93)–(3.94)) Produktion digitaler Produktarten formulieren.
3.3.3.3 Angepasste Kapazitätsrestriktionen Die Kapazitätsrestriktionen aus der ursprüngliche Modellvariante sind wie folgt anzupassen. Finanzrestriktion:
ηp · x p +
p∈P strat.
⎛ ⎝ + a∈A i∈I
ηe · x e +
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
ηa · xa
a∈A
η pa · x pia +
⎞ ηea · xeia ⎠ ≤
(3.95)
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
p∈P strat.
Die ursprüngliche Finanzrestriktion (3.29) wird analog zur Zielfunktion des vierten und fünften Terms angepasst, sodass die neue Finanzrestriktion (3.95) entsteht. Abstimmung des standortgebundenen Faktoreinsatzes – Faktorkapazität in der Produkterzeugung: ⎛ ⎝ i∈I
p∈P strat. ∩Ps
ν spa
·
x s∗ pia
+
⎞ s νea
·
s∗ ⎠ xeia
≤ Ns ∀ s ∈ S
(3.96)
e∈E strat. H S ∩E s
Auch die Abstimmung des standortgebundenen Faktoreinsatzes mit der an einem Standort verfügbaren Faktorkapazität ist anzupassen, da wir die entsprechenden
146
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
s∗ Faktoreinsätze nun sinnvollerweise auch in Abhängigkeit der x s∗ pia - und x eia Variablen in Ansatz bringen. Im ersten bzw. zweiten Term des Restriktionstypen (3.96) sind folglich die Anzahlen der für die Produktion aller Eigenschaften bei allen Produktvarianten nicht-digitaler bzw. digitaler Produktarten benötigten Faktoreinsätze an einem Standort s erfasst, die in Summe nicht größer als die Standortkapazität werden dürfen.
Abstimmung des standortungebundenen Faktoreinsatzes – Faktorkapazität in der Produkterzeugung:
⎛ ⎝
i∈I
νea ·
e∈E strat. H
∗ xeia
+
lo νea
·
lo xeia
≤N
(3.97)
e∈E strat. l∈L o∈O
In analoger Manier ist die Abstimmung des standortungebundenen Faktoreinsatzes mit der standortungebundenen Faktorkapazität (3.31) durch die Restriktion (3.97) zu ersetzen. Abstimmung Faktoreinsatz – Faktorkapazität in der Entwicklung:
νp · x p +
p∈P strat.
⎛ ⎝ a∈A i∈I
p∈P strat.
νe · xe +
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
ν pia · x pia +
a∈A
νa · xa + ⎞ νeia · xeia ⎠ ≤ N Ent
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
(3.98) Bezüglich der Abstimmung von Faktoreinsätzen und -kapazität in der Entwicklung ist im vierten und fünften Term wiederum zu berücksichtigen, dass nur noch Ent bzw. x Ent in Ansatz x pia bzw. xeia als Variablen und nicht mehr zusätzlich x pi ei zu bringen sind. Somit ersetzt (3.98) die Restriktion (3.32). Die Restriktionen zu allgemeinen Entwicklungsbedingungen für Produktarten in Produktfeldern (3.33) bleiben hingegen unverändert bestehen, während die Entwicklungsbedingungen für nicht-digitale bzw. digitale Produkte und deren Produktvarianten (3.34 und (3.35)) entfallen und durch unten formulierte (vgl. Abschn. 3.3.3.5) differenzierte Restriktionen zur Variantenbestimmung ersetzt werden.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
147
3.3.3.4 Produktions- und Absatzbedingungen für Produktarten und Eigenschaften Als Produktions- und Absatzbedingungen bzgl. der Produktarten und der Eigenschaften sind⎧nachstehende Restriktionen in Ansatz zu bringen. ⎪ ⎨ 1, wenn Eigenschaft a in mindestens eine Produktvariante einer xwpea :=
Produktart p oder e aus Produktfeld w integriert wird
⎪ ⎩
0, sonst
Produktionsbedingungen für Produktarten aus Produktfeldern w ∈ Whs und w ∈ Wh ⎛ ⎞ s∗ ⎠ ⎝ x s∗ xeia ≥ X hs · xwhs ·xwpea pia + i∈I
p∈Pw
e∈E w
∀ h ∈ H , w ∈ Whs , s ∈ Sw , a ∈ A (3.99)
i∈I (
p∈Pw
x pia +
e∈E w
M i∈I
⎛ ⎝
x s∗ pia +
p∈Pw
xeia )
≤ xwpea ∀ w ∈ W , a ∈ A
(3.99b)
⎞ s∗ ⎠ xeia ≤ X hs · xwhs +(1 − xwhs ) · M
e∈E w
∀ h ∈ H , w ∈ Whs , s ∈ Sw , a ∈ A (3.100)
∗ xeia ≥ X h · xwh · xwpea ∀ h ∈ H , w ∈ Wh , a ∈ A
(3.101)
i∈I e∈E w
∗ xeia ≤ X h · xwh + (1 − xwh ) · M ∀ h ∈ H , w ∈ Wh , a ∈ A (3.102)
i∈I e∈E w
Die Restriktionen zur produktionsmengenintervallkonformen Einschränkung standortgebundener (3.38) und (3.39) sowie standortungebundener (3.41) und s∗ (3.42) Produktionsmengen sind nun entsprechend für die Variablen x s∗ pia und x eia ∗ sowie xeia zu formulieren ((3.99), (3.99b) und (3.100) sowie (3.101) und (3.102)). Dabei ist zu beachten, dass die (Hilfs-)Variablen x pea , die nur dann den Wert 1
148
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
annehmen, wenn mindestens eine Produktvariante einer nicht-digitalen oder digitalen Produktart die betrachtete Eigenschaft besitzt62 , mit der rechten Seite von (3.99) zu multiplizieren sind, damit die entsprechende Untergrenze des betrachteten Produktionsmengenintervalls nur greift, falls positive Mengen entsprechender Produktvarianten überhaupt existieren können. Bezüglich der Absatzbedingungen können wir in dieser Modellvariante verschiedene Fälle unterscheiden, die im Wesentlichen von der Struktur der Nachfragesituation abhängig sind. Es ist nämlich denkbar, dass sich in Analogie zu den Überlegungen zur Eigenschaftsproduktion auch die Nachfrage der Konsumenten nicht mehr (ausschließlich) auf bestimmte Produktarten und -varianten, sondern (zumindest auch) auf die Eigenschaften richtet. Dementsprechend bringen wir die Absatzpotenziale nicht mehr in Abhängigkeit von Produktarten p bzw. e sowie Produktvarianten i, sondern in Abhängigkeit der Eigenschaften a bzw. in simultaner Abhängigkeit der Eigenschaften a und der Produktarten p bzw. e in Ansatz. Dazu definieren wir: A Pa := A Pea := A Ppa :=
Maximales Absatzpotenzial von Produkten, die Eigenschaft a besitzen Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art e, die Eigenschaft a besitzen Maximales Absatzpotenzial von Produkten der Art p, die Eigenschaft a besitzen
Absatzbedingungen bzgl. der Eigenschaften: ⎛ ⎝ i∈I
s∈S p p∈P strat.
x s∗ pia +
s∈Se e∈E strat. HS
s∗ xeia +
⎞ ∗ ⎠ xeia ≤ A Pa ∀ a ∈ A
e∈E strat. H
(3.103) Bezogen auf die Produktion von Eigenschaften a über nicht-digitale und digitale ∪ E strat. ) in verschiedenen ProduktProdukte der Arten p bzw. e (∈ E strat. HS H varianten i gilt dann, dass die entsprechenden Produktmengen insgesamt das Die Summe i∈I ( p∈Pw x pia + e∈E w xeia ) umfasst alle Variablen, die repräsentieren, ob Produktvarianten einer dem betrachteten Produktfeld w zugeordneten nicht-digitalen bzw. digitalen Produktart die relevante Eigenschaft a besitzen (x pia = 1 bzw. xeia = 1) oder nicht (x pia = 0 bzw. xeia = 0). Nur wenn mindestens eine dieser Variablen den Wert 1 annimmt, muss die entsprechende xwpea -Variable ebenfalls den Wert 1 annehmen.
62
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
149
maximale Absatzpotenzial von Produkten, die eine Eigenschaft a besitzen, nicht überschreiten dürfen (3.103). Absatzbedingungen bzgl. der Eigenschaften und Produktarten:
strat. x s∗ ,a∈A pia ≤ A Ppa ∀ p ∈ P
(3.104)
s∗ xeia ≤ A Pea ∀ e ∈ E strat. HS , a ∈ A
(3.105)
i∈I s∈S p
i∈I s∈Se
∗ xeia ≤ A Pea ∀ e ∈ E strat. ,a∈A H
(3.106)
i∈I
Zusätzlich oder alternativ kann der Entscheider auch Restriktionen zur Einhaltung maximaler Absatzpotenziale, die sich auf die Kombination von Produktarten und Eigenschaften beziehen, in Ansatz bringen. Bezüglich nicht-digitaler sowie digitaler Produktarten sind dann Restriktionen der Typen (3.104) sowie abhängig davon, ob die entsprechende digitale Produktart standortgebunden oder -ungebunden zu produzieren ist, (3.105) oder (3.106) zu formulieren. Die Absatzbedingungen (3.103) bis (3.106) ersetzen in dieser Modellvariante die Absatzbedingungen (3.43) und (3.44). Produktions- und Absatzbedingungen für digitale Produktarten e ∈ E strat. : xeia · M ≥
lo xeia ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , a ∈ A
(3.107)
l∈L o∈O
Die Produktions- und Absatzbedingungen für digitale Produkte e ∈ E lang aus der ursprünglichen Modellvariante (3.45) sind insofern anzupassen, als dass auch lo anstatt der Variablen x lo in Ansatz zu bringen sind hier jetzt die Variablen xeia ei und die entsprechende Produktion von Produkten der Art e in Produktvariante i, die Eigenschaft a besitzen, kann nun nur dann erfolgen, wenn die entsprechende Eigenschaft auch Teil der Produktvariante dieser Produktart ist (x eia = 1, (3.107).
3.3.3.5 Entwicklungs- und Differenzierungsbedingungen für die Produktvarianten Nach den Erläuterungen zu den notwendigen Änderungen an Zielfunktion und Restriktionen der ersten Modellvariante beschäftigen wir uns im Folgenden mit
150
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
der Formulierung der zusätzlich notwendigen Restriktionen zur Gestaltung der Produktvarianten. Integration aller Eigenschaften a ∈ A p bzw. a ∈ Ae : Ent ∀ a ∈ A p , p ∈ P strat. , i ∈ I x pia = x pi strat. xeia = xeiEnt ∀ a ∈ Ae , e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.108) (3.109)
Es gilt weiterhin, dass alle Produktvarianten zumindest alle Eigenschaften a ∈ A p bzw. a ∈ Ae besitzen müssen. Deswegen müssen bei jeder zu entwickelnden ProEnt = 1 bzw. x Ent = 1) duktvariante nicht-digitaler bzw. digitaler Produktarten (x pi ei die entsprechenden x pia - bzw. xeia -Variablen für alle Basiseigenschaften a ∈ A p bzw. a ∈ Ae den Wert 1 annehmen ((3.108) bzw. (3.109)). Außerdem wollen wir sinnvollerweise davon ausgehen, dass bei Entwicklung einer Produktart auch mindestens eine entsprechende Produktvariante entwickelt wird, die genau die Eigenschaften a ∈ A p bzw. a ∈ Ae besitzt. Diese Variante wollen wir als Standardvariante i = 1 bezeichnen. Entwicklung der Standardvariante: Ent x p1 = x p ∀ p ∈ P strat.
(3.110)
Ent strat. xe1 = xe ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. HS ∪ EH
(3.111)
x p1a ≤ xa ∀ p ∈ P strat. , a ∈ A p
(3.112)
strat. xe1a ≤ xa ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , a ∈ Ae HS ∪ EH
x p1a = 0 ∀ p ∈ P strat. , a ∈ A\A p strat. xe1a = 0 ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , a ∈ A\Ae HS ∪ EH
(3.113) (3.114) (3.115)
Damit die Standardvariante einer Produktart p bzw. e entwickelt wird oder nicht Ent = 1 bzw. x Ent = 1 oder x Ent = 0 bzw. x Ent = 0), entwickelt werden darf (x p1 e1 p1 e1 wenn die entsprechende Produktart entwickelt wird (x p = 1 bzw. xe = 1) oder
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
151
nicht entwickelt wird (x p = 0 bzw. xe = 0), sind die Restriktionen der Typen (3.110) bzw. (3.111) zu formulieren. Über (3.112) bzw. (3.113) wird sichergestellt, dass bei Entwicklung der Standardvariante einer Produktart und der damit verbundenen Integration der Basiseigenschaften (x p1a = 1 bzw. xe1a = 1) auch die entsprechenden Basiseigenschaften zu entwickeln sind (xa = 1 ∀ a ∈ A p bzw. a ∈ Ae ). Alle weiteren Eigenschaften a ∈ A\A p bzw. a ∈ A\Ae sind nicht in der Standardvariante enthalten ((3.114) bzw. (3.115)). Entwicklung der weiteren Produktvarianten: Ent Ent x pi ≥ x pi+1 ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I \ I
(3.116)
Ent strat. xeiEnt ≥ xei+1 ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I \ I HS ∪ EH
(3.117)
x pia ≤ xa ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I \{i = 1}, a ∈ A\A p
(3.118)
strat. xeia ≤ xa ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I \{i = 1}, a ∈ A\Ae HS ∪ EH
(3.119)
Ent x pia ≤ x pi ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I \{i = 1}, a ∈ A\A p
(3.120)
strat. xeia ≤ xeiEnt ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I \{i = 1}, a ∈ A\Ae HS ∪ EH (3.121)
Für alle Varianten, die über die Standardvariante hinaus entwickelt werden sollen, gilt, dass diese aufsteigend nummeriert werden.63 Es wird also nach der Standardvariante i = 1 zunächst Variante i = 2, dann ggf. i = 3 und so weiter entwickelt ((3.116) bzw. (3.117)). Für diese abseits der Standardvariante zu entwickelnden Produktvarianten muss wiederum gelten, dass wenn diese bestimmte Eigenschaften a ∈ A\A p bzw. a ∈ A\Ae besitzen (x pia = 1 bzw. xeia = 1), die entsprechenden Eigenschaften auch zu entwickeln sind (xa = 1, (3.118) bzw. (3.119)). Zudem muss selbstverständlich auch für diese Varianten sichergestellt 63
Diese Forderung formulieren wir aus Gründen der Übersichtlichkeit. Es wird dadurch vermieden, dass bspw. die Produktvarianten i = 1, i = 3 und i = 5 einer Produktart entwickelt werden und somit fälschlicherweise der Eindruck entstehen könnte, dass es fünf Varianten dieser Produktart gibt, obwohl nur drei existieren. Die Restriktionen sind also aus rein inhaltlichen Gründen nicht erforderlich.
152
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
werden, dass diesen nur dann Eigenschaften zugeordnet werden können (x pia = 1 Ent = 1 bzw. x Ent = 1, bzw. xeia = 1), wenn diese auch entwickelt werden (x pi ei (3.120) bzw. (3.121). Differenzierungsbedingungen für Produktvarianten: Zur Differenzierung einzelner Produktvarianten ist sicherzustellen, dass sich jede Produktvariante in zumindest einer Eigenschaft von den anderen Produktvarianten unterscheidet. Diesbezüglich wollen wir im Folgenden zwei ausgewählte Möglichkeiten aufzeigen, entsprechende Differenzierungsbedingungen zu formulieren. Zum einen können Produktvarianten so differenziert werden, dass für jede Produktvariante gilt, dass diese alle Basiseigenschaften besitzen müssen und sich in mindestens einer (oder allgemeiner formuliert in mindestens X pi bzw. X ei )64 Eigenschaft(en) von weiteren Varianten unterscheiden müssen. In diesem Fall sind mit zwei zusätzlichen Variablentypen nachfolgende Restriktionen in Ansatz zu bringen: ⎧ ⎪ 1, wenn Produktvarianten i und i von Produktart e sich definitiv in ⎨ xeii a := Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvarianten i und i von Produktart p sich definitiv in x pii a := Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst
X ei := X pi :=
Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich die Produktvarianten i von Produktart e voneinander unterscheiden müssen Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich die Produktvarianten i von Produktart p voneinander unterscheiden müssen
Ent Ent · M ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i} x pii a ≥ X pi − 2 − x pi − x pi
a∈A\A p
(3.122)
Es gilt also in jedem Fall sowohl X pi ≥ 1∀ p ∈ P strat. als auch X ei ≥ 1∀ e ∈ ∪ E strat. ∪ E strat. . Der Entscheider kann jedoch auch (zumindest für ausgewählte H Produktarten) entscheiden, X pi > 1 bzw. X ei > 1 zu setzen.
64
E strat. HS
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
a∈A\Ae
153
Ent Ent ·M xeii a ≥ X − 2 − x − x ei ei − ei
strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i} ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH (3.123)
x pia + x pi a ≤ 2 − x pii a ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A\A p (3.124) x pii a ≤ x pia + x pi a ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A\A p
(3.125)
xeia + xei a ≤2 − xeii a strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A\Ae HS ∪ EH (3.126)
xeii a ≤xeia + xei a strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A\Ae HS ∪ EH (3.127)
Durch die Restriktionstypen (3.122) und (3.123) erreichen wir, dass für alle Produktvarianten jeder nicht-digitalen und digitalen Produktart eine Mindestanzahl an Eigenschaften (X pi und X ei ) existiert, in denen sich diese von anderen Produktvarianten derselben Produktart unterscheiden. Durch den M-Term wird jeweils sichergestellt, dass diese Restriktionen nur dann relevant sind, wenn beide Ent = x Ent = 1 bzw. betrachteten Produktvarianten auch entwickelt werden (x pi pi xeiEnt = xeiEnt = 1). Sollen sich zwei unterschiedliche Produktvarianten i und i einer Produktart p bzw. e bzgl. einer Eigenschaft a definitiv unterscheiden (x pii a = 1 bzw. xeii a = 1), kann diese Eigenschaft entweder nur in Produktvariante i (x pia = 1 und x pi a = 0 bzw. xeia = 1 und xei a = 0) oder nur in Produktvariante i (x pia = 0 und x pi a = 1 bzw. xeia = 0 und xei a = 1) integriert werden ((3.124) bzw. (3.126)). Durch (3.125) und (3.127) wird zusätzlich verhindert, dass bei x pii a = 1 bzw. xeii a = 1 sowohl x pia = 0 als auch x pi a = 0 bzw. xeia = 0 als auch xei a = 0 werden und sich die Produktvarianten trotz x pii a = 1 bzw. xeii a = 1 nicht definitiv in Bezug auf die betrachtete Eigenschaft unterscheiden.65 65
An dieser Stelle sei explizit darauf hingewiesen, dass das Gegenteil der Aussage, dass sich zwei Produktvarianten definitiv bzgl. einer Eigenschaft unterscheiden, nicht die Aussage, dass sich diese definitiv nicht bzgl. dieser Eigenschaft unterscheiden, ist. Die Negation der
154
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Zum anderen können wir Produktvarianten auch so differenzieren, dass (von der Standardvariante i = 1 ausgehend) jede zusätzliche Produktvariante i + 1 zwangsläufig alle Eigenschaften aufweist, die die „Vorgänger-Variante“ i besitzt, und zusätzlich mindestens X pi bzw. X ei weitere Eigenschaften besitzen muss. Diese Differenzierungsart impliziert also, dass zusätzliche Produktvarianten (unter der Annahme, dass zusätzliche Eigenschaften stets positiven Zusatznutzen für den Konsumenten stiften) an Wertigkeit gewinnen. In diesem Fall sind alternativ zu (3.122)–(3.127) nachfolgende Restriktionen in Ansatz zu bringen: Ent x pia ≤ x pi+1a + 1 − x pi+1 ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I \ I , a ∈ A
(3.128)
Ent xeia ≤xei+1a + 1 − xei+1
strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I \ I¯ , a ∈ A HS ∪ EH
x pia + X pi ≤
a∈A
(3.129)
Ent x pi+1a + (1 − x pi+1 ) · M ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I \ I
a∈A
(3.130) a∈A
xeia + X ei
Ent ·M ≤ xei+1a + 1 − xei+1 a∈A
strat. ∪ E strat. , i ∈ I \ I ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH (3.131)
Auf der einen Seite ist zu gewährleisten, dass alle Produktvarianten i + 1. alle Eigenschaften, die die Vorgänger-Variante i besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1), ebenfalls aufweisen (x pi+1a = 1 bzw. xei+1a = 1, (3.128) bzw. (3.129)), sofern Ent = 1 bzw. x Ent = diese Nachfolger-Varianten i +1 auch entwickelt werden (x pi+1 ei+1 1). Auf der anderen Seite sorgen die Restriktionen der Typen (3.130) bzw. (3.131) Ent = 1 dafür, dass allen zusätzlichen zu entwickelnden Produktvarianten i +1 (x pi+1 Ent bzw. xei+1 = 1) mindestens X pi bzw. X ei weitere Eigenschaften zugeordnet werden.
Ursprungsaussage ist, dass sich die beiden Produktvarianten nicht definitiv unterscheiden, was bedeutet, dass sie unterschiedlich sein können, dies aber nicht zwangsläufig sein müssen. Aufgrund dieser Formulierung in der Definition der Variablen ist im Fall von x pii a = 0 bzw. xeii a = 0 sowohl x pia = x pi a bzw. xeia = xei a als auch x pia = x pi a bzw. xeia = xei a möglich.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
155
Zusätzliche Bedingungen für digitale Produktvarianten: Zusätzlich zu den oben dargestellten grundsätzlichen Restriktionen zur Produktvariantengestaltung wollen wir basierend auf den diskutierten Besonderheiten digitaler Produktarten spezielle Restriktionen zur Gestaltung entsprechender Produktvarianten formulieren. Dabei beschränken wir uns exemplarisch auf akustische, visuelle sowie Eigenschaften, die dem Schutz von Produktarten und -varianten dienen. Definieren wir zusätzlich A Ak := AeAk := A Sch := AeSch := A V is := AeV is :=
Menge der akustischen Eigenschaften, Mindestanzahl in Produktvarianten der Produktart e zu integrierende akustische Eigenschaften, Menge der Eigenschaften, die dem Schutz der Produktart bzw. der Produktvarianten dienen, Mindestanzahl in Produktvarianten der Produktart e zu integrierende Eigenschaften, die dem Schutz dieser Produktart dienen, Menge der visuellen Eigenschaften, Mindestanzahl in Produktvarianten der Produktart e zu integrierende visuelle Eigenschaften,
können wir fordern, dass für jede zu entwickelnde Produktvariante einer digitalen Produktart eine Mindestanzahl entsprechender Eigenschaften aus den Mengen A Ak , A Sch und A V is zu integrieren ist.
strat. xeia ≥ AeAk · xeiEnt ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.132)
strat. xeia ≥ AeSch · xeiEnt ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.133)
strat. xeia ≥ AeV is · xeiEnt ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I HS ∪ EH
(3.134)
a∈A Ak
a∈A Sch
a∈A V is
Durch (3.132)–(3.134) wird entsprechend erreicht, dass jede zu entwickelnde Produktvariante (xeiEnt = 1) eine Mindestanzahl an akustischen, visuellen sowie Schutz-Eigenschaften besitzt. Die Restriktionstypen (3.108)–(3.121) sowie wahlweise (3.122)–(3.127) oder (3.128)–(3.131) dienen der grundsätzlichen Gestaltung von einander unterschiedlichen Produktvarianten mit gleichen Basiseigenschaften. Zusätzlich zu diesen
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3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
können jedoch bspw. aus Nachfragegründen oder Gründen der unternehmensseitigen Präferenz auch in der Modellvariante ohne explizite Produktvariantenvorgabe diverse Kombinations-, Ausschluss- oder Vielfältigkeitsbedingungen aus dem oben dargestellten Baukasten in Ansatz gebracht werden. Im Folgenden wollen wir daher zum einen kurz darauf eingehen, welche Elemente dieses Baukastens sinnvollerweise im Rahmen dieser Modellvariante (nicht) in Frage kommen, und zum anderen zusätzlich mögliche Kombinations-, Ausschluss- und Vielfältigkeitsbedingungen auf Eigenschaftsebene formulieren und den Baukasten entsprechend in dieser Hinsicht erweitern.
3.3.3.6 Kombinationsbedingungen für Eigenschaften der Produktvarianten Aufgrund dessen, dass wir die Produktvarianten in dieser Modellvariante nicht explizit vorgeben, sondern deren Bestimmung wesentlicher Gegenstand des Ansatzes ist, ergibt es keinen Sinn, Restriktionen zur Kombination verschiedener Produktvarianten zu formulieren. Folglich sind für diesen Ansatz nur die Kombinationsrestriktionstypen (3.46)–(3.49) prinzipiell relevant und die Restriktionen der Typen (3.50)–(3.58) können nicht verwendet werden. Mit analoger Argumentationsweise können wir die Restriktionen (3.63)–(3.69) zum Ausschluss bestimmter Produktvarianten exkludieren, während die Restriktionen (3.59)– (3.62) weiterhin Teil des Baukastens sind. Bezüglich der Vielfältigkeitsbedingungen gestaltet sich der Sachverhalt etwas anders, da die Produktvarianten hier nicht qualitativ, sondern quantitativ berücksichtigt werden, sodass die Restriktionstypen (3.70)–(3.75) vollständig übernommen werden können. Nachfolgend wollen wir zusätzlich dazu weitere Bedingungen zur Kombination, zum Ausschluss bzw. zur Vielfältigkeit von Eigenschaften formulieren. Wir beginnen diesbezüglich unter der Geltung folgender Symbole mit weiteren Kombinationsbedingungen. AaK omb := K omb := Aaeii
K omb := Aapii
Menge der Eigenschaften a , die eine Produktvariante zwingend besitzen muss, falls diese Produktvariante auch Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die mindestens eine andere Produktvariante i der Produktart e zwingend besitzen muss, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die mindestens eine andere Produktvariante i der Produktart p zwingend besitzen muss, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler … K omb := E pa
157
Menge der Produktarten e, von denen zwingend mindestens eine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen muss, falls von Produktart p eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten p, von denen zwingend mindestens eine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen muss, falls von Produktart e eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt
K omb := Pea
Kombinationsbedingungen: Kombination von Eigenschaften innerhalb einer Produktvariante: x pia ≤ x pia ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ AaK omb
(3.135)
strat. xeia ≤ xeia ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ AaK omb HS ∪ EH (3.136)
Besitzt eine Produktvariante i einer Produktart p bzw. e eine bestimmte Eigenschaft a (x pia = 1 bzw. xeia = 1), muss die entsprechende Produktvariante auch alle weiteren Eigenschaften a besitzen, die zwingend mit Eigenschaft a zu kombinieren sind (x pia = 1∀ a ∈ AaK omb bzw. xeia = 1∀ a ∈ AaK omb , (3.135) bzw. (3.136)). Kombination von Eigenschaften über mehrere Produktvarianten: x pia ≤
x pi a ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A
(3.137)
i ∈I \{i}
x pia ≤
K omb x pi a ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ Aapii
(3.138)
strat. xei a ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , a ∈ A HS ∪ EH
(3.139)
i ∈I \{i}
xeia ≤
i ∈I \{i}
xeia ≤
xei a
i ∈I \{i} strat. K omb ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ Aaeii HS ∪ EH
(3.140)
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3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Neben der Berücksichtigung verschiedener Eigenschaftskombinationen innerhalb einer einzelnen Produktvariante sind auch Forderungen bzgl. der Kombination gleicher bzw. unterschiedlicher Eigenschaften über verschiedene Produktvarianten und -arten denkbar. So können wir mittels der Restriktionen des Typs (3.137) bzw. (3.139) sicherstellen, dass eine Produktvariante einer nicht-digitalen bzw. digitalen Produktart, die eine bestimmte Eigenschaft a besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1), definitiv mit mindestens einer anderen Produktvariante desselben Pro dukttyps, die ebenfalls Eigenschaft a besitzt ( i ∈I \{i} x pi a ≥ 1 bzw. xeia ≤ i ∈I \{i} x ei a ≥ 1), kombiniert wird. Ebenso können wir fordern, dass mindestens eine weitere Produktvariante derselben Produktart eine mit Eigenschaft a zu K omb bzw. a ∈ A K omb ( kombinierende Eigenschaft a ∈ Aapii i ∈I \{i} x pi a ≥ 1 aeii bzw. i ∈I \{i} xei a ≥ 1) besitzt, wenn von dieser Produktart eine Produktvariante existiert, die Eigenschaft a aufweist (x pia = 1 bzw. xeia = 1, (3.138) bzw. (3.140)). x pia ≤ xeia ≤
K omb xei a ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E pa ,i ∈ I,a ∈ A
(3.141)
i ∈I strat. K omb x pi a ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , p ∈ Pea ,i ∈ I,a ∈ A HS ∪ EH
i ∈I
(3.142) Neben der Berücksichtigung von Restriktionen zur Kombination von Eigenschaften über Produktvarianten derselben Produktarten können wir entsprechende Kombinationsbedingungen auch bzgl. Produktvarianten unterschiedlicher Produktarten formulieren. Durch (3.141) bzw. (3.142) fordern wir, dass mindestens eine Produktvariante jeder relevanten digitalen bzw. nicht-digitalen Produktart K omb bzw. p ∈ P K omb existieren muss, die ebenfalls die Eigenschaft a e ∈ E pa ea besitzt ( i ∈I xei a ≥ 1 bzw. i ∈I x pi a ≥ 1), wenn eine bestimmte Produktvariante einer nicht-digitalen bzw. digitalen Produktart die Eigenschaft a besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1).
3.3.3.7 Ausschlussbedingungen für Eigenschaften der Produktvarianten Zur Formulierung zusätzlicher Ausschlussbedingungen definieren wir: AaAus :=
Menge der Eigenschaften a , die eine Produktvariante nicht besitzen darf, falls diese Produktvariante auch Eigenschaft a besitzt
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler … Aus := Aaeii
Aus := Aapii
Aus := E pa
Aus := Pea
159
Menge der Eigenschaften a , die keine andere Produktvariante i der Produktart e besitzen darf, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Eigenschaften a , die keine andere Produktvariante i der Produktart p besitzen darf, falls die Produktvariante i dieser Produktart die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten e, von denen keine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen darf, falls von Produktart p eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt Menge der Produktarten p, von denen keine Produktvariante i die Eigenschaft a besitzen darf, falls von Produktart e eine Produktvariante i entwickelt wird, die Eigenschaft a besitzt
Ausschlussbedingungen: Ausschluss von Eigenschaften innerhalb einer Produktvariante: x pia ≤ 1 − x pia ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ AaAus
(3.143)
strat. ∪ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, a ∈ AaAus xeia ≤ (1 − xeia ) ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH (3.144)
Mittels der Restriktionen der Typen (3.143) und (3.144) wird sichergestellt, dass nicht-digitale bzw. digitale Produktvarianten keine Eigenschaften a ∈ AaAus besitzen (x pia = 1 bzw. xeia = 1), die nicht mit einer Eigenschaft a kombiniert werden dürfen, wenn dieselbe Produktvariante Eigenschaft a besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1). Ausschluss von Eigenschaften über mehrere Produktvarianten: x pi a ≤ 1 − x pia ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A
(3.145)
Aus x pi a ≤ 1 − x pia ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A, a ∈ Aapii (3.146) strat. xei a ≤ (1 − xeia ) ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A HS ∪ EH (3.147)
160
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
xei a ≤(1 − xeia ) strat. Aus ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}, a ∈ A, a ∈ Aaeii ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH (3.148)
Will der Entscheider Eigenschaftskombinationen über verschiedene Produktvarianten hinweg ausschließen, können u. a. Nebenbedingungen der Typen (3.145)–(3.148) in Ansatz gebracht werden. Durch (3.145) bzw. (3.147) wird erreicht, dass bei allen weiteren Produktvarianten einer Produktart p bzw. e ausgeschlossen wird, dass diese Eigenschaft a besitzen (x pi a = 0 bzw. xei a = 0), wenn bereits eine Produktvariante diese Eigenschaft besitzt (x pia = 1 bzw. Aus bzw. a ∈ A Aus , xeia = 1). Der Ausschluss von Eigenschaften a ∈ Aapii aeii die weitere Produktvarianten nicht besitzen dürfen (x pi a = 0 bzw. xei a = 0), falls eine Produktvariante bereits Eigenschaft a besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1), wird durch (3.146) bzw. (3.148) sichergestellt. Aus xei a ≤ 1 − x pia ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E pa , i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A
(3.149)
x pi a ≤(1 − xeia ) strat. Aus ∪ E strat. , p ∈ Pea , i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH (3.150)
In analoger Weise können wir mittels (3.149) bzw. (3.150) auch den Ausschluss von Eigenschaft a bei allen Produktvarianten bestimmter digitaler bzw. nichtAus bzw. p ∈ P Aus fordern (x digitaler Produktarten e ∈ E pa ei a = 0 bzw. ea x pi a = 0), wenn eine nicht-digitale bzw. digitale Produktvariante bereits diese Eigenschaft besitzt (x pia = 1 bzw. xeia = 1).
3.3.3.8 Vielfältigkeitsbedingungen für Eigenschaften der Produktarten sowie Variablenbedingungen Hinsichtlich möglicherweise zu integrierender Vielfältigkeitsbedingungen ist zunächst festzuhalten, dass bestimmte oben formulierte Restriktionstypen in gewisser Weise bereits auf die Herstellung einer gewissen Vielfältigkeit im Produktionsprogramm abzielen. So hat der Entscheider zum einen über die Gestaltung der Mengen A p bzw. Ae sowie die damit in Verbindung stehenden Forderungen zur Aufnahme der entsprechenden Eigenschaften in alle Produktvarianten der jeweiligen Produktart ((3.108)–(3.109)) und zum anderen über die
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
161
Festlegung der Mindestanzahlen an Eigenschaften, in denen sich Produktvarianten unterscheiden müssen (X pi in (3.122) oder (3.130) bzw. X ei in (3.123) oder (3.131), Möglichkeiten, Vielfalt im Produktionsprogramm zu erzeugen. Zusätzlich wollen wir im Folgenden noch einige weitere Vielfältigkeitsbedingungen entwickeln und definieren dazu: Mengen X A := X ee := X pp :=
Mindestanzahl insgesamt zu entwickelnder Eigenschaften Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich alle Produktvarianten einer Produktart e gegenüber allen Produktvarianten einer Produktart e unterscheiden müssen Mindestanzahl der Eigenschaften, in denen sich alle Produktvarianten einer Produktart p gegenüber allen Produktvarianten einer Produktart p unterscheiden müssen
Entscheidungsvariablen ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvariante i von Produktart e und Produktvariante i
von Produktart e sich definitiv in Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvariante i von Produktart p und Produktvariante i x piei a := von Produktart e sich definitiv in Eigenschaftaunterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Produktvariante i von Produktart p und Produktvariante i x pi p i a := von Produktart p sich definitiv in Eigenschaft a unterscheiden ⎪ ⎩ 0, sonst xeie i a :=
Vielfältigkeitsbedingungen: Vielfältigkeit von Eigenschaften über alle Produktarten: a∈A
xa ≥ X A
(3.151)
162
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Zunächst können wir analog zur Aufnahme einer Mindestanzahl zu entwickelnder Produktarten ins Produktionsprogramm auch die Entwicklung einer Mindestanzahl an Eigenschaften fordern (3.151).
Ent ·M x pi p i a ≥ X pp − 2 − x pi − x pEnt i
a∈A
∀ p ∈ P strat. , p ∈ P strat. \{ p}, i ∈ I , i ∈ I
(3.152)
·M xeie i a ≥ X ee − 2 − xeiEnt − xeEnt i
a∈A strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , HS ∪ EH strat. e ∈ E strat. ∪ E strat. \{e}, i ∈ I , i ∈ I HS ∪ EH
(3.153)
Ent ·M x piei a ≥ X pe − 2 − x pi − xeiEnt
a∈A strat. ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I HS ∪ EH (3.154)
Sollen zudem die Strukturen der verschiedenen Produktvarianten auch über die Grenze der Produktart hinaus hinreichend vielfältig gestaltet werden, können wir in Analogie zu den Restriktionen der Typen (3.122) sowie (3.123) Mindestanzahlen an Eigenschaften festlegen, bzgl. derer sich alle Produktvarianten i einer bestimmten Produktart p bzw. e von allen Produktvarianten i einer anderen Produktart p bzw. e bzw. e zu unterscheiden haben. In den Restriktionstypen (3.152) bzw. (3.153) bzw. (3.154) wird die Einhaltung entsprechender Mindestanzahlen für Beziehungen zwischen zwei unterschiedlichen nicht-digitalen ( p und p ) bzw. zwei unterschiedlichen digitalen (e und e ) Produktarten bzw. einer nicht-digitalen und einer digitalen Produktart ( p und e) sichergestellt. x pia + x p i a ≤2 − x pi p i a ∀ p ∈ P strat. , p ∈ P strat. \{ p}, i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A (3.155) x pi p i a ≤ x pia + x p i a ∀ p ∈ P strat. , p ∈ P strat. \{ p}, i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A (3.156)
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
163
xeia + xe i a ≤ 2 − xeie i a strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , S ∪ EH H strat. strat. ∪ E strat. \{e}, i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A e ∈ EHS ∪ EH (3.157)
xeie i a ≤ xeia + xe i a strat. ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , S ∪ EH H strat. strat. ∪ E strat. \{e}, i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A e ∈ EHS ∪ EH (3.158)
x pia + xei a ≤ 2 − x piei a strat. ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A HS ∪ EH (3.159)
x piei a ≤ x pia + xei a strat. ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A HS ∪ EH (3.160)
Über die Restriktionsarten (3.155)–(3.160) wird dann erreicht, dass eine Eigenschaft a entweder nur in Produktvariante i einer Produktart p bzw. e (x pia = 1 oder xeia = 1) oder nur in Produktvariante i einer Produktart p bzw. e bzw. e (x p i a = 1 bzw. xe i a = 1 bzw. xei a = 1) integriert ist, falls sich die beiden Produktvarianten bzgl. dieser Eigenschaft definitiv unterscheiden (x pi p i a = 1 bzw. xeie i a = 1 bzw. x piei a = 1). Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen: xa ∈ {0, 1} ∀ a ∈ A
(3.76)
strat. xe ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. HS ∪ EH
(3.77)
strat. ∪ E strat. , i ∈ I xeiEnt ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. HS ∪ EH
(3.79)
x p ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat.
(3.82)
164
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme Ent x pi ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I
strat. xeia ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , a ∈ A HS ∪ EH
(3.83) (3.161)
strat. xeii a ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}a ∈ A\Ae HS ∪ EH (3.162) strat. xeie i a ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. ∪ E strat. , HS ∪ EH strat. e ∈ E strat. ∪ E strat. \{e} HS ∪ EH
i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A
lo ∈ {0, 1} ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I , a ∈ A, l ∈ L, o ∈ O xeia
(3.163) (3.164)
s∗ xeia ≥ 0 ∀ e ∈ E strat. H S , i ∈ I , a ∈ A, s ∈ S
(3.165)
∗ xeia ≥ 0 ∀ e ∈ E strat. , i ∈ I, a ∈ A H
(3.166)
x pia ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , a ∈ A
(3.167)
x pii a ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat. , i ∈ I , i ∈ I \{i}a ∈ A\A p
(3.168)
strat. x piei a ∈ {0, 1} ∀ p ∈ P strat. , e ∈ E strat. ∪ E strat. , HS ∪ EH
i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A
x pi p i a ∈ {0, 1}
(3.169)
∀ p ∈ P strat. , p ∈ P strat. \{ p} , i ∈ I , i ∈ I , a ∈ A (3.170)
strat. x s∗ , i ∈ I , a ∈ A, s ∈ S pia ≥ 0 ∀ p ∈ P
xwpea ∈ {0, 1} ∀ h ∈ H , w ∈ Whs , s ∈ Sw , a ∈ A
(3.171) (3.172)
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
165
In den Restriktionen (3.76), (3.77), (3.80), (3.82), (3.83) sowie (3.162)–(3.172) werden wiederum die Nichtnegativität bzw. die Binarität der in Ansatz zu bringenden Entscheidungsvariablen gefordert.
3.3.3.9 Beispielrechnung Zum Abschluss der Überlegungen zur taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms wollen wir unser Beispiel mit den Magdeburger Gründern erneut aufgreifen, um die zweite Modellvariante anhand einer Beispielrechnung zu verdeutlichen.66 Zur Erinnerung: Im Rahmen der strategischen Planung des digitalen Produktionsprogramms haben sich die Gründer dafür entschieden, grundsätzlich in den Produktfeldern w = 2 (Premium-Zweiräder mit den Produktarten p = 5 (Mountainbikes), e = 7 (E-Bikes mit integriertem Computer) und e = 9 (E-Roller mit integriertem Computer), w = 5 (Online-Beratung im Bereich Mobilität mit den Produktarten e = 11 (Beratung für Privatkunden nach Terminvereinbarung), e = 12 (Beratung für Firmenkunden nach Terminvereinbarung) und e = 13 (Beratung für Privatkunden on Demand) sowie w = 6 (Digitaler Echtzeit-Pannenservice für Zweiräder mit den Produktarten e = 14 (Digitaler Echtzeit-Pannenservice für Fahrräder) und e = 15 (Digitaler Echtzeit-Pannenservice für elektrische Zweiräder) zu produzieren. Somit gilt: P strat. = { p = 5} E strat. = {e = 7, 9} HS E strat. = {e = 11, 12, 13} H E strat. = {e = 14, 15} Ebenso ist in diesem Zuge bereits festgelegt worden, in welchen Produktionsmengenintervallen entsprechend produziert werden soll (sowohl in w = 2 als auch in w = 5 jeweils im Intervall über 10.000 Stück (h = 3)) und in welchen Nutzungsgebieten (L 6 = {l = 9, 11, 12, 15, 17, 18, 19, 27, 28, 29}) sowie zu
66
Aufgrund dessen, dass die zweite im Wesentlichen eine Erweiterung der ersten Modellvariante darstellt, wollen wir an dieser Stelle auf eine separate Beispielrechnung zur ersten Variante verzichten.
166
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
welchen Nutzungszeiten (O6 = {o = 1, 2}) Produkte aus Produktfeld w = 6 angeboten werden sollen. Zur Gestaltung der einzelnen Produktarten und -varianten muss das Unternehmen nun noch über die Zuordnung von Eigenschaften entscheiden und hat in diesem Zuge die Mengen A, A p und Ae bereits bestimmt (vgl. Tab. 3.3).67 Bzgl. der Eigenschaften zur Sicherstellung hinreichend guter Akustik und Optik sowie zum Schutz haben sich die Gründer für alle digitalen Produktvarianten bereits entschieden, jeweils die bestmöglichen Eigenschaften zu integrieren, sodass die entsprechenden Restriktionen (3.132)–(3.134) nicht in Ansatz gebracht werden müssen. Die Variantendifferenzierung soll auf Basis der Restriktionen (3.122)– (3.127) erfolgen und die Varianten sollen sich in mindestens einer Eigenschaft unterscheiden (X pi = 1 bzw. X ei = 1). Tabelle 3.3 Eigenschaftsmengen A, A p und Ae im Beispiel
A := {a = 1, . . . , 22} A p bzw.Ae p=5
A5 := {a = 1, 2}
e=7
A7 := {a = 1, 2, 3}
e=9
A9 := {a = 1, 3}
e = 11
A11 := {a = 4, 20}
e = 12
A12 := {a = 4, 20}
e = 13
A13 := {a = 4, 20}
e = 14
A14 := {a = 20}
e = 15
A15 := {a = 20}
Bzgl. der Kombination bzw. des Ausschlusses von Eigenschaften möchten die Gründer zum einen in der Planung berücksichtigen, dass die Kompatibilität mit Smartphones (a = 11) nur in Produktvarianten integriert werden kann, wenn diese auch internetfähig sind (a = 10), bzw. dass aus logischen Gründen jeder 67
Eine Auflistung der Eigenschaften und Informationen dazu, welchen Produktarten diese zugeordnet werden können, findet sich in Anhang A.1.2 im elektronischen Zusatzmaterial.
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
167
Produktvariante jeweils nur eine Rahmengröße (a = 5, 6, 7) und ein Metallgemisch (a = 8, 9) zugeordnet werden dürfen sowie aufgrund der antizipierten Präferenzen der Kunden nur einfarbige (a = 12, 13, 14) Varianten zu produzieren sind. Zum anderen sollen anzubietende Beratungsleistungen entweder generell (a = 15) oder spezifisch (a = 16) sein und können nur in einem der möglichen Beratungsumfänge (a = 17, 18, 19) produziert werden. Die entsprechenden Mengen AaK omb bzw. AaAus zur Formulierung der dazugehörigen Kombinations- bzw. Ausschlussrestriktionen (3.136) bzw. (3.143) und (3.144) lauten: K omb A11 = {a = 10}
A5Aus = {a = 6, 7}, A6Aus = {a = 5, 7}, A7Aus = {a = 5, 6} A8Aus = {a = 9}, A9Aus = {a = 8} Aus Aus Aus A12 = {a = 13, 14}, A13 = {a = 12, 14}, A14 = {a = 12, 13} Aus Aus = {a = 16}, A16 = {a = 15} A15 Aus Aus Aus A17 = {a = 18, 19}, A18 = {a = 17, 19}, A19 = {a = 17, 18}
Alle weiteren gegebenen Größen für die Beispielrechnung sind im Anhang aufgelistet.68 Löst man das beschriebene Problem der taktischen Produktionsprogrammplanung optimal69 , ergeben sich ein Gewinnmaximum i. H. v. 1.683.200 GE sowie die in den Tabellen 3.4–3.7 dargestellten Ausprägungen der Entscheidungsvariablen. Im Betrachtungszeitraum sollen dabei 4.504 Mountainbikes der Variante 68
Vgl. Anhang A.1.2 im elektronischen Zusatzmaterial. Zur Lösung wird auch in diesem Fall Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.1.2 im elektronischen Zusatzmaterial.
69
168
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
1∗ = x 1∗ = x 1∗ = x 1∗ = 4.504), 5.619 E-Bikes mit integriertem i = 2 (x521 522 527 528 1∗ = x 1∗ = x 1∗ = x 1∗ = x 1∗ = x 1∗ Computer der Variante i = 2 (x721 722 723 727 729 7210 = 1∗ = x 1∗ = 5.619) sowie 969 bzw. 5.396 E-Roller mit integriertem Compux7211 7213 1∗ = x 1∗ = 969) bzw. i = 2 (x 1∗ = x 1∗ = x 1∗ = ter in den Varianten i = 1 (x911 913 921 923 927 1∗ 1∗ 1∗ 1∗ x929 = x9210 = x9211 = x9213 = 5.396) standortgebunden produziert werden. Standortungebunden sollen jeweils in der Variante i = 2 Beratungen für Firmen∗ ∗ ∗ ∗ = x12217 = x12220 = x12221 = 5.954) kunden nach Terminvereinbarung (x1224 ∗ ∗ ∗ und Beratungen für Privatkunden on Demand (x 1324 = x13220 = x13221 = 4.079) angeboten werden.70
Tabelle 3.4 Optimale Ausprägungen der xa -Variablen im Beispiel a
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
xa
1
1
1
1
0
0
1
0
1
1
1
a
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
xa
0
1
0
0
0
1
0
0
1
1
0
Tabelle 3.5 Optimale Ausprägungen der x p -, xe -, x pi - und xei -Variablen im Beispiel
x pi bzw.xei x p bzw.xe
i =1
i =2
p=5
1
1
1
e=7
1
1
1
e=9
1
1
1
e = 11
0
0
0
e = 12
1
1
1
e = 13
1
1
1
e = 14
0
0
0
e = 15
0
0
0
s∗ lo ∗ Alle weiteren xp -, xe -, xpi -, xei , xpia -, xeia -, x s∗ pia -, x eia -, x eia sowie x eia -Variablen nehmen im Optimum den Wert 0 an.
70
3.3 Grundlagen und Modelle der taktischen Planung digitaler …
169
Tabelle 3.6 Optimale Ausprägungen der x p1a - und xe1a -Variablen im Beispiel a
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
p=5
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e=7
1
1
1
0
0
0
0
0
0
0
0
e=9
1
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 11
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 12
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
e = 13
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
e = 14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 15
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
a
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
p=5
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e=7
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e=9
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 11
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 12
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
e = 13
0
0
0
0
0
0
0
0
1
0
0
e = 14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 15
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
Tabelle 3.7 Optimale Ausprägungen der x p2a - und xe2a -Variablen im Beispiel a
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
p=5
1
1
0
0
0
0
1
0
1
0
0
e=7
1
1
1
0
0
0
1
0
1
1
1
e=9
1
0
1
0
0
0
1
0
1
1
1
e = 11
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 12
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
e = 13
0
0
0
1
0
0
0
0
0
0
0
e = 14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 15
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
(Fortsetzung)
170
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Tabelle 3.7 (Fortsetzung) a
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
a
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
p=5
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e=7
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e=9
0
1
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 11
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 12
0
0
0
0
0
1
0
0
1
1
0
e = 13
0
0
0
0
0
0
0
0
1
1
0
e = 14
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
e = 15
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
3.4
Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler Produktionsprogramme
3.4.1
Vorbemerkungen
Den Abschnitten 3.2 und 3.3 der vorliegenden Arbeit befassen wir uns auf strategischer und taktischer Ebene mit Problemen und Ansätzen zur Bestimmung des optimalen digitalen Produktionsprogramms im Fall lediglich eines zu berücksichtigenden Extremierungsziels (der Gewinnmaximierung). Möchte der Entscheider weitere Zielfunktionen im Rahmen der Produktionsprogrammplanung in Ansatz bringen, muss er das Feld der unikriteriellen Entscheidungsfindung verlassen und sich in den Bereich der multikriteriellen Entscheidungsfindung begeben. Wie oben bereits angedeutet71 , differenziert man entsprechende Ansätze grundlegend in solche, die dem Bereich des Multi Objective Decision Makings (MODM) zugeordnet sind, und solche der Gattung des MADM. Im Wesentlichen unterscheiden sich diese beiden Verfahrenskategorien dadurch, dass MODM-Ansätze auf Grundlage eines kontinuierlichen und MADM-Ansätze mit Hilfe eines diskreten Alternativenraums zur Lösung des in Rede stehenden Entscheidungsproblems kommen.72
71 72
Vgl. Abschn. 3.2. Vgl. bspw. Zimmermann/Gutsche (1991) oder Geldermann (2006).
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
3.4.2
171
Planung des Produktionsprogramms mittels mathematischer Optimierung unter Berücksichtigung mehrerer Zielfunktionen
Betriebe sind bei (nahezu) allen Entscheidungsproblemen bestrebt, sofern möglich, die Gewinnmaximierung als oberstes Formalziel als Extremierungsziel und somit in Abhängigkeit des relevanten Teilprinzips des ökonomischen Prinzips in Form einer zu maximierenden oder zu minimierenden Zielfunktion in Ansatz zu bringen.73 Es kann jedoch auch Entscheidungsprobleme geben, bei denen zusätzlich mindestens eine weitere Zielgröße zu extremieren ist. Wir definieren: Z := z z = 1, . . . , Z y := yz :=
Menge der Zielfunktionen Zielfunktionsvektor Ausprägungen des Zielfunktionswerts von Zielfunktion z ∈ Z
⎞ y1 ⎜ . ⎟ ⎟ y := ⎜ ⎝ .. ⎠ → min! oder max! yZ ⎛
(3.173)
In diesen Fällen ist dann nicht nur eine Zielfunktion, sondern ein Zielfunktionsvektor (3.173) zu minimieren oder maximieren.74 Auch im Rahmen der strategischen oder taktischen Produktionsprogrammplanung können dementsprechend neben einer Zielfunktion zur Maximierung des Gesamtgewinns aus der Produktion in unterschiedlichen Produktfeldern ((3.1) oder (3.7)) oder zur Maximierung des entsprechenden Gewinns aus der Entwicklung und Produktion verschiedener Produktvarianten ((3.28) oder (3.85)) 73
Es existieren allerdings auch Entscheidungssituationen, in denen abweichend davon andere Größen ersatzweise zu extremieren sind, da Gewinngrößen bspw. nicht sinnvoll in Geldeinheiten quantifiziert oder nicht sinnvoll einzelnen Maßnahmen zugeschrieben werden können. In diesem Fall kann alternativ vor allem auf die Nutzenmaximierung zurückgegriffen werden. Der Entscheider kann aber auch Ersatzkriterien wie bspw. zu minimierende Produktionszeit in Ansatz bringen. 74 Sollten sich die Extremierungsrichtungen der Zielfunktionen des Zielfunktionsvektors unterscheiden, sind entweder alle zu minimierenden yz mit −1 zu multiplizieren und y ist zu maximieren oder alle zu maximierenden mit −1 zu multiplizieren und y ist zu minimieren.
172
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
weitere Zielfunktionen formuliert werden. Wir wollen im Folgenden einige dieser Zielfunktionen formulieren, um auf deren Basis ausgewählt auf potenzielle Erweiterungen der Modelle zur strategischen und taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms in multikriterieller Hinsicht einzugehen.
xwhs +
w∈W ∗
w∈W
xwhs +
xp +
⎝
i∈I
i∈I
⎛ ⎝
xwh +
(3.174)
xw → min!
(3.175)
w∈W
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
Ent x pi +
p∈P strat.
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
p∈P strat.
xw → max!
w∈W
xp +
p∈P strat.
⎛
xe → max!
(3.176)
xe → min!
(3.177)
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
p∈P strat.
w∈W ∗
w∈W
xwh +
Ent x pi +
⎞
xeiEnt ⎠ → max!
(3.178)
⎞ xeiEnt ⎠ → min!
(3.179)
strat. ∪E strat. e∈E strat. H S ∪E H
Das kann sich bspw. darin äußern, dass ein Unternehmen möglichst viele bzw. möglichst wenige Produktfelder ((3.174) bzw. (3.175)), Produktarten ((3.176) bzw. (3.177)) oder Produktvarianten ((3.178) bzw. (3.179)) ins Produktionsprogramm aufnehmen möchte, um sich tendenziell als Generalist bzw. Spezialist am Markt zu positionieren.75
xwh → max!
(3.180)
xw → max!
(3.181)
w∈W ∗
w∈W
75
Man könnte an dieser Stelle auch Zielfunktionen mit nicht-monetären Zielfunktionskoeffizienten (bspw. zur Kunden- oder Mitarbeiterzufriedenheit) in Ansatz bringen.
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
173
xe → max!
(3.182)
lo xeia → max!
(3.183)
e∈E strat. ∪E strat. H
e∈E strat.
l∈L o∈O
Ebenso ist denkbar, dass der Entscheider nicht pauschal die Maximierung oder Minimierung der Anzahl aufzunehmender Produktfelder, -arten und -varianten sowie Eigenschaften anstrebt, sondern bspw. nur spezielle Typen von Produktfeldern oder -arten in dieser Hinsicht ansprechen möchte. Möchte er erreichen, dass das resultierende Produktionsprogramm einen möglichst hohen Anteil digitaler Komponenten hat, kann er z. B. formulieren, dass die Anzahl aufzunehmender Produktfelder der Art w ∈ W ∗ (3.180) bzw. w ∈ W (3.181) oder ∪ E strat. (3.182) zu maximieren ist. aufzunehmender Produktarten e ∈ E strat. H In unserem Beispiel der Magdeburger Gründer entscheiden sich diese, nun neben der Zielfunktion (3.85) auch eine Zielfunktion zur Maximierung der anzubietenden Nutzungsorte und -zeiten digitaler Produkte der Arten e ∈ E strat. in Ansatz zu bringen (3.183), da sie glauben, in der heutigen Zeit möglichst viele Produkte dieser Art anbieten zu müssen, um konkurrenzfähig zu sein. Der entsprechende Zielfunktionsvektor lautet somit: y :=
y1 = (3.85) y2 = (3.183)
→ max!
(3.184)
Ersetzen wir im entsprechenden Modell zur taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms (3.85) durch (3.184) entsteht ein Vektoroptimierungsproblem, welches mit den Standardmethoden des Operations Researchs nicht mehr lösbar ist. Zu dessen Lösung schlagen wir daher eine Vorgehensweise aus der FuzzyVektoroptimierung76 vor, da diese einfach anzuwenden ist und dennoch sehr gute Ergebnisse liefert. Das entsprechende Verfahren wird als Multi Objective Linear Programming based on Aspiration Levels (MOLPAL) bezeichnet und geht auf Rommelfanger zurück.77 Wir definieren: 76
Vgl. bspw. Zimmermann (1978), S. 48 ff., Spengler (1993), S. 34 ff. oder Rommelfanger (1994), S. 237 ff. Weitere Methoden zur Lösung von Vektoroptimierungsproblemen sind Goalprogramming-Ansätze, Nutzenmodelle oder interaktive Verfahren (vgl. Spengler (1993), S. 34). 77 Vgl. Rommelfanger (1994), S. 207 ff.
174
3
N˜ z := Yz := μ N˜ z := μ N˜ z (yz ) :=
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
unscharfe Menge von Nutzenbewertungen der Ausprägungen von Zielfunktion z Menge der möglichen Ausprägungen des Zielfunktionswerts von Zielfunktion z Zugehörigkeitsfunktion der unscharfen Menge N˜ z Zugehörigkeitswert der Zielfunktionsausprägung yz zur unscharfen Menge N˜ z
Bei MOLPAL geht es im Wesentlichen darum, eine Kompromisslösung für das zu lösende Vektoroptimierungsproblem zu finden, bei der für alle Zielfunktionen ein möglichst hohes Anspruchsniveau erreicht wird. Dabei ordnen wir Zielfunktionsausprägungen Nutzenbewertungen zu, welche als unscharfe (fuzzy) Mengen modelliert werden.78 Das bedeutet, dass für jede Zielfunktion z mit den Zielfunktionsausprägungen yz ∈ Yz eine unscharfe Menge (von Nutzenbewertungen) ˜ Nz := (yz , μ N˜ z (yz )|yz ∈ Yz mit μ N˜ z : Yz → [0, 1] definiert wird.79 Die Zugehörigkeitswerte bringen in diesem Fall „[…] die Zufriedenheit des Entscheidungsträgers mit den Ausprägungen der einzelnen Zielfunktionen zum Ausdruck […]“.80 Die Zugehörigkeitsfunktionen konstruiert man so, dass diese für Minimierungszielfunktionen (Maximierungszielfunktionen) monoton fallen (steigen) und sich die vollständige Zufriedenheit bzw. Unzufriedenheit des Entscheidungsträgers mit deren Ausprägung bei μ N˜ z (yz ) = 1 bzw. μ N˜ z (yz ) = 0 einstellt. Der lineare Verlauf81 einer entsprechenden Zugehörigkeitsfunktion im Minimierungsfall ist in Abb. 3.4 dargestellt. Zwischen yz = 0 und yz = yz1 ist der Entscheider in diesem Fall vollständig zufrieden, für yz1 < yz < yz0 (zunehmend) unzufriedener und für yz0 ≤ yz vollständig unzufrieden. Mit Hilfe der für jede Zielfunktion zu konstruierenden Zugehörigkeitsfunktionen formulieren wir ein Kompromissprogramm zur Bestimmung einer optimalen Kompromisslösung zwischen allen betrachteten Extremierungszielen. Dazu definieren wir folgende zusätzliche Symbole:
78
Vgl. Spengler (1993), S. 36. Vgl. vertiefend zu den Grundlagen der Fuzzy-Set-Theorie (Theorie unscharfer Mengen) bspw. Zadeh (1965). 80 Spengler (1993), S. 36. 81 Wir gehen in der vorliegenden Arbeit stets von linearen Zugehörigkeitsfunktionsverläufen aus. Grundsätzlich können deren Verläufe auch anders konstruiert werden (vgl. Spengler (1993), S. 40 ff.). 79
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
175
Abbildung 3.4 Exemplarischer Verlauf einer linearen Zugehörigkeitsfunktion
π := μGew := μ E strat. := Gew min := Gew max := min,lo E strat. := max,lo E strat. :=
Kompromissparameter Wert der Zufriedenheit mit der Ausprägung des Gewinns Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. Mindestgewinn Höchstgewinn Mindestanzahl anzubietender Kombinationen von Nutzungsort und -zeit von Produktarten e ∈ E strat. Maximalanzahl anzubietender Kombinationen von Nutzungsort und -zeit von Produktarten e ∈ E strat.
Für die Berücksichtigung beider Zielfunktionen aus (3.184) im Kompromissprogramm, formulieren wir Zugehörigkeitsfunktionen zur Bestimmung von μGew (3.185) und μ E strat. (3.186), deren Funktionswerte die Zufriedenheit des Entscheiders mit der Ausprägung des Gewinns (y1 ) bzw. mit der Anzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. (y2 ) zum Ausdruck bringen.
176
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Zufriedenheit des Entscheiders mit der Ausprägung des Gewinns:
μGew :=
⎧ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨
für y1 > Gew max
1
y1 − Gew min ⎪ Gew max − Gew min ⎪ ⎪ ⎩ 0
für Gew min ≤ y1 ≤ Gew max
(3.185)
für Gew min > y1
Die Zufriedenheit mit dem Gewinn ist so modelliert, als dass diese ihr Maximum (Minimum) i. H. v. 1 (0) bei Gew max (Gew min ) erreicht. Der Entscheider ist dementsprechend vollständig zufrieden (unzufrieden), wenn sich der Höchstgewinn (Mindestgewinn) einstellt. Zufriedenheit des Entscheiders mit der Anzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. :
μ E strat. :=
⎧ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨
1 min,lo y2 − E strat.
max,lo min,lo ⎪ E strat. − E strat. ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ 0
max.lo für y2 > E strat. min,lo max,lo für E strat. ≤ y2 ≤ E strat.
(3.186)
min,lo für E strat. > y2
Das Maximum (Minimum) i. H. v. 1 (0) der Zufriedenheit mit der Anzahl zu max,lo min,lo (E strat. ) ein. Der entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. stellt sich bei E strat. Entscheider ist dementsprechend vollständig zufrieden (unzufrieden), wenn sich die Maximalanzahl (Mindestanzahl) zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. ergibt. Zur Bestimmung von Gew max bzw. Gew min schlagen wir hier vor, das Modell zur taktischen Planung digitaler Produktionsprogramme ohne explizite Variantenvorgabe unikriteriell unter Berücksichtigung von (3.85) bzw. (3.183) zu lösen. max,lo min,lo E strat. (E strat. ) ergibt sich hingegen durch Lösen des Modells zur taktischen
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
177
Planung digitaler Produktionsprogramme ohne explizite Variantenvorgabe unter Berücksichtigung von (3.183) bzw. (3.85).82 Das entsprechende Kompromissprogramm lautet dann: Zielfunktion: π → max!
(3.187)
Die Zielfunktion strebt die Maximierung des Kompromissparameters an (3.187). In jedem Fall u. d. N. (3.33), (3.76)–(3.77), (3.79), (3.82)–(3.83), (3.86)–(3.121), (3.132)–(3.134), (3.161)–(3.172) sowie verpflichtend83 (3.122)–(3.127) oder (3.128)–(3.131) und wahlweise84 (einzeln oder in Kombination) (3.46)–(3.49), (3.59)–(3.62), (3.70)–(3.75), (3.135)–(3.160) Zusätzlich sind zudem folgende neue Restriktionen in Ansatz zu bringen: Abstimmung Kompromissparameter – Zufriedenheit mit Gewinn: π≤
82
y1 − Gew min Gew max − Gew min
(3.188)
Der Entscheider kann natürlich auch unabhängig von Maximal- und Minimalwerten, die max,lo sich unter Einhaltung der entsprechenden Restriktionen ergeben, Gew max bzw. E strat. min,lo niedriger und Gew min bzw. E strat. höher ansetzen, wenn er bereits schneller vollständig zufrieden bzw. vollständig unzufrieden ist. 83 Vgl. dazu Abschn. 3.3.3.5. 84 Vgl. dazu Abschn. 3.3.3.6–3.3.3.8.
178
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Abstimmung Kompromissparameter – Zufriedenheit mit Anzahl zu entwickelnder Produktarten e ∈ E strat. : π≤
min,lo y2 − E strat. max,lo min,lo E strat. − E strat.
(3.189)
Aufgrund dessen, dass der Kompromissparameter durch die Ausprägungen der Zufriedenheitswerte μGew und μ E strat. nach oben beschränkt wird, sind zusätzlich die Restriktionen (3.188) und (3.189) zu berücksichtigen. Zur Verdeutlichung wollen wir eine entsprechende Kompromisslösung für die Datenkonstellation unseres Gründerbeispiels aus Abschnitt 3.3.3.9 bestimmen. Dabei ergibt sich Gew max = 1.680.320, durch die unikriteriellen Lösungen des Problems. Bzgl. der Festlegung von Gew min wollen die Gründer etwas strikter formulieren, dass sie maximal bereit sind, zehn Prozent des Gewinnmaximums einzubüßen, sodass sich Gew min = 1.514.880 ergibt.85 Aufgrund von Marktmin,lo max,lo analysen wollen die Gründer E strat. = 30 sowie E strat. = 80 in Ansatz bringen. Löst man das entsprechende Kompromissprogramm stellt sich ein optimaler Kompromissparameter i. H. v. π = 0, 8933 ein und es werden nun bei einem realisierten Gewinn i. H. v. 1.665.200 GE anstatt der Produktart e = 12 auch Produkte der Arten e = 11, 14, 15 entwickelt.86
3.4.3
Planung des Produktionsprogramms mittels Technique for Order Prefer-ence by Similarity to Ideal Solution
Sieht man sich im Rahmen der Planung des Produktionsprogramms mit einer Problemstellung mit diskretem Alternativenraum konfrontiert, kann es sinnvoll sein, zu dessen Lösung auf Methoden des MADM zurückzugreifen. Diesbezüglich ist bspw. an den Analytic Hierarchy Process (AHP)87 , den Analytic Network 85
Vgl. zu den in Ansatz zu bringenden Datensätzen und zur Lösung des Problems bei Geltung von (3.85) Anhang A.1.2 im elektronischen Zusatzmaterial. Zur Lösung des Problems bei Geltung von (3.183) vgl. den ersten Matlab-Code in Anhang A.1.3 im elektronischen Zusatzmaterial. 86 Zur Lösung des Kompromissprogramms wird Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.1.3 im elektronischen Zusatzmaterial. Die weiteren optimalen Variablenausprägungen sind ebenfalls in Anhang A.1.3 im elektronischen Zusatzmaterial aufgeführt. 87 Vgl. dazu vertiefend Saaty (2008).
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
179
Process (ANP)88 , Elimination Et Choice Translating Reality (ELECTRE)89 , die Preference Ranking Organization Method for Enrichment of Evaluations (PROMETHEE)90 oder TOPSIS zu denken. Im Folgenden wollen wir komplexitätsreduzierend auf Basis von Spengler et al. (2020) lediglich verschiedene Varianten eines TOPSIS-Ansatzes zur strategischen und taktischen Planung des digitalen Produktionsprogramms diskutieren.91 Dazu wird zunächst die auf Hwang/Yoon (1981) zurückgehende Methode92 im Allgemeinen erläutert und dann im Kontext der Produktionsprogrammplanung konkretisiert. Die Kernidee von TOPSIS ist, dass die gewählte Handlungsalternative der Ideallösung eines Entscheidungsproblems möglichst am nächsten sowie zusätzlich am weitesten entfernt von einer sog. negativen Ideallösung liegen soll.93 Grafisch können wir dieses Bestreben gut anhand eines sog. Zielsterns bzw. einer sog. Zielspinne verdeutlichen (vgl. Abb. 3.5).94 Die Zielspinne wird durch mehrere Strahlen, auf denen die Ausprägungen der Kriterien abgetragen sind, aufgespannt. In diesem Beispiel gibt es sechs entscheidungsrelevante Kriterien, deren beste Ausprägung sich jeweils am Rand der Zielspinne und deren schlechteste Ausprägung sich jeweils im Zentrum der Zielspinne befindet. Die Ideallösung des Entscheidungsproblems bzw. dessen negative Ideallösung ist dementsprechend eine Alternative, deren Kriterienausprägungen jeweils am Rand der Zielspinne bzw. jeweils in deren Zentrum lokalisiert sind.95 Betrachten wir zwei verschiedene Handlungsalternativen (gestrichelter bzw. gepunkteter Polyeder in Abb. 3.5), ist festzustellen, dass nicht eindeutig bestimmbar ist, welche der beiden die bessere Alternative ist, da die eine bzgl. der Kriterien 1, 5 sowie 6 und die andere bzgl. der Kriterien 2, 3 sowie 4 näher an der Ideallösung und weiter entfernt von der negativen Ideallösung ist. Zur Lösung des Entscheidungsproblems wird im Rahmen von TOPSIS die Präferenzordnung nun vor allem über die Berechnung von Abständen zur Ideallösung und zur negativen Ideallösung bestimmt.
88
Vgl. dazu vertiefend Saaty/Vargas (2013). Vgl. dazu vertiefend Roy (1990). 90 Vgl. dazu vertiefend Brans/De Smet (2016). 91 Vgl. Spengler (2020), S. 296–299. 92 Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 128–140. 93 Vgl. ebd., S. 128. 94 Vgl. zur Zielsterndarstellung bspw. Rommelfanger/Eickemeier (2002), S. 144 oder Spengler et al. (2020), S. 298. 95 Grundsätzlich kann man eine Zielspinne auch genau anders herum konstruieren, sodass die Ideallösung in der Mitte und die negative Ideallösung am Rand zu finden ist. 89
180
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
Abbildung 3.5 Exemplarische Zielspinne
Zur Ermittlung der besten Handlungsalternative wird auf Basis einer Entscheidungsmatrix mit möglichen Alternativen, entscheidungsrelevanten Kriterien sowie Kriterienausprägungen der Alternativen der folgende Algorithmus formuliert:96 1. 2. 3. 4. 5. 6.
96
Bestimme die normalisierte Entscheidungsmatrix! Gewichte die Elemente der normalisierten Entscheidungsmatrix! Ermittle die Ideal- sowie die negative Ideallösung! Berechne die Abstände zur Ideal- und negativen Ideallösung! Berechne die relative Nähe zur Ideallösung! Bestimme die Präferenzordnung!
Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 130–132.
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
181
Zur Entscheidungssituation im Kontext der Produktionsprogrammplanung: Diskrete Handlungsalternativen können im Rahmen der Produktionsprogrammplanung bspw. auf strategischer Ebene konkrete Produktfeldkombinationen oder auf taktischer Ebene konkrete Kombinationen von Produktarten oder deren -varianten sein. Wir definieren: B := b|b = 1, . . . , B K := k|k = 1, . . . , K x bP A := x bP F := x bP V := x bk :=
Menge der Handlungsalternativen Menge der Kriterien Produktartenvektor der Handlungsalternative b Produktfeldvektor der Handlungsalternative b Produktvariantenvektor der Handlungsalternative b Ausprägung von Kriterium k bei Handlungsalternative b
⎛
x111
⎞
⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x W¯ H¯ S¯ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜x ⎟ ⎜ W¯ +11 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ x bP F = ⎜ ... ⎟ ∀b ∈ B ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x W¯ ∗ H¯ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ x W¯ ∗ +1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎝ ⎠ x W¯ ⎛ ⎞ x1 ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜x ⎟ PA xb = ⎜ P ⎟ ∀ b ∈ B ⎜ xe ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎝ . ⎠ xE
(3.190)
(3.191)
182
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
⎛
x bP V
Ent x p1
⎞
⎜ ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ Ent ⎟ ⎜x ⎟ ⎜ ¯ I¯ ⎟ = ⎜ PEnt ⎟ ⎜x ⎟ ⎜ e1 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ ⎠ x EEnt ¯ I¯
∀ b∈B
(3.192)
Handlungsalternativen können folglich im Rahmen der strategischen Planung des Produktionsprogramms als unterschiedlich ausgeprägte Produktfeldvektoren x bP F (3.190) sowie im Rahmen der taktischen Planung des Produktionsprogramms als unterschiedlich ausgeprägte Produktartenvektoren x bP A (3.191) bzw. unterschiedlich ausgeprägte Produktvariantenvektoren x bP V (3.192) in Ansatz gebracht werden. Als Kriterien k zur Bewertung dieser Handlungsalternativen können nun verschiedene ökonomische Größen wie Umsätze, Kosten oder Bearbeitungszeiten aber auch nicht vorrangig ökonomische Größen wie Leistungsparameter (bspw. PS, Zylinderanzahl etc. bei Fahrzeugen oder Speicherkapazitäten, Auflösungen etc. bei Computern), Größe oder Gewicht formuliert werden. Bringen wir insgesamt K Kriterien in Ansatz, lautet die resultierende Entscheidungsmatrix somit wie in Tab. 3.4 abgebildet. Tabelle 3.8 Entscheidungsmatrix zur Planung des Produktionsprogramms mittels TOPSIS k=1
···
k=K
b=1 (mit x 1P F bzw. x 1P A bzw. x 1P V )
x 11
···
x 1K
.. .
.. .
..
.. .
b=B (mit x BP F bzw. x BP A bzw. x BP V )
x B1
···
.
x BK
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
183
1. Bestimmung der normalisierten Entscheidungsmatrix: m x nor := bk
Dimensionslose und normalisierte Ausprägung des Kriteriums k bei Handlungsalternative b
Um die Kriterien miteinander vergleichbar zu machen, sind alle Kriterienausprägungen x bk mit Hilfe von (3.193) in dimensionslose, normalisierte Kriterienm ausprägungen x nor umzuwandeln.97 Dadurch wird vor allem eine ungewollte bk implizite Gewichtung der Kriterien durch unterschiedlich hohe Kriterienausprägungen verhindert.98 m x nor = bk
x bk 2 b∈B (x bk )
∀ b ∈ B, k ∈ K
(3.193)
2. Gewichtung der normalisierten Entscheidungsmatrix: ξk :=
Gewicht von Kriterium k
Damit der Entscheider unterschiedliche Wichtigkeiten der einzelnen Kriterien in Ansatz bringen kann, sind im nächsten Schritt die normalisierten Kriterienauspräm gungen x nor mit ξk zu gewichten (3.194):99 bk gew.,nor m
x bk
m = ξk · x nor ∀ b ∈ B, k ∈ K bk
(3.194)
3. Konstruktion der Ideal- und negativen Ideallösung: K + := K − := b+ := 97
Menge der Kriterien, deren Ausprägungen zu maximieren sind Menge der Kriterien, deren Ausprägungen zu minimieren sind Menge der besten Kriterienausprägungen (Ideallösung)
Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 130–131. Kriterien, deren Ausprägungen sich bspw. im Bereich von Tausenden oder Hunderttausenden bewegen, würden ansonsten u. U. höheres Gewicht haben, als Kriterien mit Ausprägungen im Bereich von Hunderten (vgl. Peters/Zelewski (2007), S. 11). 99 Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 131. 98
184
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
b− := x+ k := x− k :=
Menge der schlechtesten Kriterienausprägungen (negative Ideallösung) beste Ausprägung von Kriterium k schlechteste Ausprägung von Kriterium k
Aus den gewichteten und normalisierten Kriterienausprägungen werden nun die besten bzw. die schlechtesten über alle Handlungsalternativen je Kriterium bestimmt und mit deren Hilfe die (künstliche) Ideallösung sowie die (künstliche) negative Ideallösung bestimmt. Dabei setzt sich die Ideallösung aus den besten bzw. den schlechtesten Ausprägungen aller zu maximierenden bzw. aller zu minimierenden Kriterien zusammen (3.195). Die Konstruktion der negativen Ideallösung erfolgt genau anders herum (3.196).100
gew.,nor m gew.,nor m + + |k ∈ K + , min x bk |k ∈ K − = x + b+ = max x bk , . . . , x , . . . , x 1 k b∈B
K
b∈B
(3.195)
b− = min x bk
gew.,nor m
b∈B
|k ∈ K + , max x bk
gew.,nor m
b∈B
− − |k ∈ K − = x − 1 , . . . , xk , . . . , x K
(3.196) 4. Berechnung der Abstände zur Ideal- und negativen Ideallösung: Distb+ := Distb− :=
Abstand von Handlungsalternative b zur Ideallösung Abstand von Handlungsalternative b zur negativen Ideallösung
Im nächsten Schritt werden für jede Handlungsalternative mit Hilfe der euklidischen Distanz die Abstände zur Ideallösung (3.197) und zur negativen Ideallösung (3.198) bestimmt.101 Distb+ =
gew.,nor m
2 ∀b∈ B − x+ k )
(3.197)
gew.,nor m
2 ∀b∈ B − x− k )
(3.198)
(x bk
k∈K
Distb− =
(x bk
k∈K
100
Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 131–132. Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 132. Zu Erläuterungen dazu sowie zu verschiedenen Wirkungsweisen dieser und alternativer Abstandsermittlungen vgl. S. 170 f.
101
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
185
5. Berechnung der relativen Nähe zur Ideallösung: R Nb+ :=
Relative Nähe von Handlungsalternative b zur Ideallösung
Auf Basis der Abstände zur Ideallösung und zur negativen Ideallösung kann nun die relative Nähe zur Ideallösung bestimmt werden (3.199). Dabei ist leicht zu erkennen, dass in Fällen, in denen eine Handlungsalternative der Ideallösung entspricht, aufgrund von Distb+ = 0 auch R Nb+ = 1 und in Fällen, in denen eine Handlungsalternative der negativen Ideallösung entspricht, aufgrund von Distb− = 0 auch R Nb+ = 0 und somit R Nb+ ∈ [0, 1] gilt.102 R Nb+ =
Distb−
Distb+ + Distb−
∀b∈B
(3.199)
6. Bestimmung der Präferenzordnung: Abschließend können wir dann die Präferenzordnung über die Handlungsalternativen bestimmen, indem wir die Alternativen mit dem höchsten R Nb+ an die erste Position setzen und alle weiteren mit absteigendem R Nb+ dahinter einreihen.103 Wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse einer TOPSIS-Analyse hat das der Abstandsberechnung in 4. zugrunde gelegte Distanzmaß. Neben der in der oben skizzierten Grundform verwendeten euklidischen Distanz existieren diverse weitere Abstands- und Ähnlichkeitsmaße104 , die man grundsätzlich auf ihre Eignung 102
Vgl. ebd., S. 132. Vgl. Hwang/Yoon (1981), S. 132. 104 Als Abstandsmaß bzw. Ähnlichkeitsmaß wird ein numerischer Wert verstanden, der zum Ausdruck bringt, wie nah beieinander bzw. wie ähnlich zwei Objekte sind. Zwei recht nah beieinanderliegende bzw. ähnliche Objekte sind durch einen recht geringen Abstand sowie einen recht hohen Ähnlichkeitswert gekennzeichnet. Bei recht verschiedenen bzw. weit auseinanderliegenden Objekten ist es entsprechend umgekehrt. Dabei müssen Abstands- und Ähnlichkeitsmaße die Kriterien der Nichtnegativität, der Identität und der Symmetrie erfüllen. Unter Identität ist in diesem Kontext zu verstehen, dass der Abstand gleicher Objekte Null und deren Ähnlichkeit den maximalen Ähnlichkeitswert annimmt. Symmetrie bedeutet hingegen, dass die Abstände bzw. die Ähnlichkeiten zwischen Objekt 1 und Objekt 2 sowie zwischen Objekt 2 und Objekt 1 gleich sind. Für Abstandsmaße gilt zusätzlich, dass der Abstand von Objekt 1 und Objekt 3 höchstens so groß sein darf wie die Summe aus den Abständen zwischen Objekt 1 und Objekt 2 sowie zwischen Objekt 2 und Objekt 3 (Dreiecksungleichung). Ähnlichkeitsmaße müssen hingegen auch das Kriterium der Beschränkheit erfüllen. Es existiert also ein maximaler Ähnlichkeitswert (vgl. dazu Ontañón (2020), S. 5310–5311). 103
186
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
zur Anwendung im Rahmen von TOPSIS-Ansätzen hin untersuchen kann.105 Wir wollen uns nachfolgend exemplarisch mit weiteren Maßen aus der Kategorie der sog. Minkowski Distanzen, zu denen auch die euklidische zählt106 , beschäftigen, um grundsätzlich aufzuzeigen, dass die Wahl des Distanzmaßes die Ergebnisse von TOPSIS verändern und somit die Alternativenwahl beeinflussen kann.107 Zu diesem Zweck greifen wir das obige Gründerbeispiel wieder auf, indem wir annehmen, dass die Gründer zur strategischen Planung des Produktionsprogramms den Alternativenraum bereits auf fünf verschiedene Zusammensetzungen von zukünftig zu bedienenden Produktfeldern beschränkt haben. Zudem sind bzgl. der Produktfelder w = 1 bis w = 5 ggf. auch die Produktionsmengenintervalle h und bzgl. des Produktfelds w = 6 auch die Nutzungsorte und -zeiten bereits festgelegt. Die transponierten Vekotoren x bP F zu den Alternativen b = 1 bis b = 5 lauten:108
x 1P F = (1, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 0, 0, 0, 0)
x 2P F = (0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0)
x 3P F = (0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 1)
x 4P F = (0, 0, 0, 0, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 1, 0, 0, 1)
x 5P F = (0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 0, 1, 1) 105
Ein Überblick zu verschiedenen Distanz- und Ähnlichkeitsmaßen findet sich bspw. bei Ontañón (2020). 106 Die Minkowski Distanz Dist Mink b, b zwischen zwei Objekten (hier: Alternativen b !1 c |x bk − x b k |c . Im Fall von c = 2 heißt und b ) ergibt sich als Dist Mink b, b := k∈K
diese euklidische Distanz (vgl. Ontañón (2020), S. 5312). 107 Auf den Diskurs verschiedener Ähnlichkeitsmaße wollen wir an dieser Stelle verzichten, da diese dasselbe Problem letztlich nur aus umgekehrter Perspektive betrachten. 108 Wir gehen weiterhin davon aus, dass nur an einem Standort s = 1 und innerhalb der oben eingeführten Produktionsmengenintervalle h = 1 bis h = 3 produziert wird. Die allgemeine Darstellung der transponierten Vektoren x bP F sieht dementsprechend wie folgt aus (vgl. dazu auch (3.190)): x bP F =(x111 , x121 , x131 , x211 , x221 , x231 , x311 , x321 , x331 , x411 , x421 , x431 , x51 , x52 , x53 , x6 ) ∀b∈B
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
187
Zur Bewertung dieser verbleibenden Alternativen möchten die Gründer die gleichgewichteten Kriterien (ξk = 0, 2∀ k ∈ K ) erwarteter, periodisierter Gewinn (in GE, k = 1), Anzahl der zu bedienenden Produktfelder (k = 2), Anzahl der zu bedienenden Produktfelder aus W ∗ ∪ W (k = 3), CO2 -Belastung (in Tonnen, k = 4) sowie Anzahl der Produktfelder, in denen in Produktionsmengenintervall h = 1 produziert wird (k = 5) in Ansatz bringen, wobei die ersten drei zu maximierende und die letzten beiden zu minimierende Zielgrößen darstellen. Die entsprechende Entscheidungsmatrix ist in Tab. 3.9 dargestellt. Tabelle 3.9 Exemplarische Entscheidungsmatrix zur Planung des Produktionsprogramms mittels TOPSIS k=1
k=2
k=3
k=4
k=5
b=1 (mit x 1P F )
34.500
4
0
100
4
b=2 (mit x 2P F )
40.500
3
0
150
0
b=3 (mit x 3P F )
184.000
3
2
80
0
b=4 (mit x 4P F )
139.500
4
2
100
3
(mit x 5P F )
170.000
2
2
30
0
Nach Normalisierung und Gewichtung der Entscheidungsmatrix109 ergeben sich folgende (auf vier Nachkommastellen gerundete) Ideal- und negative Ideallösung: b+ = {0, 1262; 0, 1089; 0, 1155; 0, 0269; 0} b− = {0, 0237; 0, 0544; 0; 0, 1344; 0, 16} Bestimmt man die Abstände zu diesen Lösungen in der Grundform mit Hilfe der euklidischen Distanz (c = 2), erhält man die Abstände bzw. die relative Nähe zur Ideallösung, die in der dritten und siebten bzw. in der elften Spalte von Tabelle 3.10 dargestellt sind. Wählt man hingegen die sog. Manhattan Distanz 109
Vgl. dazu Anhang A.1.4 im elektronischen Zusatzmaterial.
188
3
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsprogramme
mit c = 1 als Form der Minkowski Distanz110 , ergeben sich die Abstände und relativen Nähen in den Spalten zwei, sechs und zehn. Zur Verdeutlichung der Veränderungen der Ergebnisse durch weitere Erhöhung von c rechnen wir eine Variante mit c = 10, deren Ergebnisse in den Spalten vier, acht und zwölf abgetragen sind.111 Tabelle 3.10 Exemplarische Abstände zur Ideal- und negativen Ideallösung auf Basis verschiedener Minkowski Distanzen (auf drei Nachkommastellen gerundet) Minkowski Distanz mit c = 1 Dist1+ Dist2+ Dist3+ Dist4+ Dist5+
2
10
0,441 0,231 0,161 0,349 0,188 0,122 0,072 0,052 0,045 0,213 0,139 0,120 0,064 0,055 0,054
1 Dist1− Dist2− Dist3− Dist4− Dist5−
2
10
0,099 0,071 0,055 0,191 0,162 0,160 0,468 0,233 0,161 0,327 0,158 0,116 0,476 0,243 0,161
1 R N1+ R N2+ R N3+ R N4+ R N5+
2
10
0,184 0,234 0,255 0,354 0,463 0,568 0,867 0,816 0,782 0,605 0,533 0,491 0,881 0,815 0,747
Diese Beispiellösungen lassen erkennen, dass bei c = 1 Alternative b = 5 sowie bei c = 2 und c = 10 Alternative b = 3 die beste Alternative ist. Über die Wahl von c kann der Entscheider also die auf Basis von TOPSIS ermittelten Ergebnisse nicht unwesentlich beeinflussen. Abschließend können wir zur Planung des digitalen Produktionsprogramms festhalten, dass die oben formulierten Modelle eine präzise, detaillierte und ökonomisch orientierte Planung des digitalen Produktionsprogramms eines Unternehmens vor dem Hintergrund einer oder mehrerer zu extremierender Zielgrößen ermöglichen. Jedoch gestaltet sich die Durchführung entsprechender Planungsvorhaben auch recht aufwendig und es ist stets abzuwägen, ob dieser Aufwand in 110
Vgl. Ontañón (2020), S. 5312. Eine ähnliche Untersuchung nimmt bspw. Olson (2004) vor, der TOPSIS-Ergebnisse mit c = 1, c = 2 und c = ∞ und zusätzlich verschiedenen Gewichtungen analysiert. Im Fall von c = ∞ konvergiert die Minkowski Distanz zur sog. Chebyshev Distanz (vgl. Ontañón (2020), S. 5312–5313). Prinzipiell könnte man darüber nachdenken, anstatt der in Ansatz zu bringenden Distanzmaße bspw. Zentralitätsmaße (aus der Kommunikationstheorie) (vgl. dazu bspw. von Garrel (2012), S. 92 ff.) zu formulieren. Deren Verwendung erscheint in diesem Kontext jedoch wenig sinnvoll, da man mit diesen Lösungen ermitteln würde, die möglichst zentral (zwischen Ideal- und negativer Ideallösung) liegen. Dies wäre gleichbedeutend mit Lösungen, die weder besonders gut noch besonders schlecht sind, und würde dementsprechend bei der Bestimmung der besten Alternative wenig helfen.
111
3.4 Grundlagen und Modelle der multikriteriellen Planung digitaler …
189
einem ökonomisch sinnvollen Verhältnis zum dadurch erzielten Ertrag steht112 oder ob, gerade in weniger komplexen Planungssituation, andere Lösungsansätze113 sinnvoller erscheinen. Im Anschluss an die ausführliche Auseinandersetzung mit Ansätzen zur Planung des digitalen Produktionsprogramms in diesem Kapitel, wollen wir uns im folgenden Kapitel mit Planungsansätzen bzgl. des digitalen Produktionsablaufs beschäftigen.
112 113
Vgl. dazu auch die Ausführungen in Abschn. 4.4. Vgl. dazu Abschn. 3.2.1.
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
4.1
Vorbemerkungen
Wie oben bereits dargestellt, differenzieren wir Produktionsplanung in die beiden Hauptbereiche Produktionsprogramm-1 und Produktionsablaufplanung.2 Auch wenn in der umfangreich vorhandenen Literatur dazu3 verschiedene
1
Vgl. Kap. 3. Vgl. zu dieser Differenzierung Abschn. 2.2.2.2. 3 Vgl. bspw. Seelbach (1975), Fleischmann (1976), Klenke (1977), Trossmann (1996), Steffen (1996), Anschütz (2001) oder für Überblicksartikel bspw. Bueno et al. (2020) oder Lohmer/Lasch (2021). 2
Ergänzende Information Die elektronische Version dieses Kapitels enthält Zusatzmaterial, auf das über folgenden Link zugegriffen werden kann https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_4.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert an Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2023 T. Volkmer, Produktionsprogrammatische und produktionsprozedurale Überlegungen zur Digitalisierung, https://doi.org/10.1007/978-3-658-42559-3_4
191
192
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Differenzierungsvorschläge zu dem in dieser Arbeit als Produktionsablaufplanung bezeichneten Teilgebiet der Produktionsplanung existieren4 , geht es dabei letztlich unabhängig davon, ob wir diesen Teilbereich auf der obersten Differenzierungsebene weiter aufsplitten, um die Planung der Produktionsfaktoren sowie deren Kombination und Transformation in quantitativer, qualitativer, temporaler und lokaler Hinsicht. Oben definieren wir den digitalen Produktionsablauf, sprich das Ergebnis der Produktionsablaufplanung, als die Gesamtheit aller betrieblichen Vorgänge, in welchen eine bestimmte Art und Anzahl digitaler (und nicht-digitaler) Produktionsfaktoren in einer bestimmten Art und Häufigkeit an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit miteinander kombiniert oder transformiert werden.5 Folglich hat sich die Produktionsablaufplanung zum einen (a) mit der Festlegung von Art und Anzahl sowie Zeit und Ort der Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren zu beschäftigen.6 Zum anderen ist bzgl. verfügbarer Produktionsfaktoren zu entscheiden, (b) in welcher Art und Häufigkeit sowie zu welchen Zeiten und an welchen Orten diese zu kombinieren und zu transformieren sind. Zu (a): Grundsätzlich sind Verfügbarkeitsentscheidungen sowohl bzgl. dispositiver als auch elementarer sowie zusätzlicher Produktionsfaktoren zu treffen, 4
Seelbach (1975, S. 11 ff.) unterteilt die Produktionsplanung bspw. neben der Programmnoch in die Bereitstellungs- sowie die Prozessplanung. Klenke (1977, S. 1) konkretisiert, dass die Bereitstellungsplanung mit der Sicherstellung der Verfügbarkeit aller zur Realisation des Produktionsprogramms benötigten Produktionsfaktoren betraut ist. Im Rahmen der Prozessplanung geht es dann um die Festlegung von Reihenfolgen und damit verbunden auch von Terminen der Produktionsaufträge (vgl. Gutenberg (1983), S. 149). Eine alternative Differenzierung findet sich bei Kern (1992), der Produktionsplanung in Programm-, Potenzialund Prozessgestaltung unterteilt (vgl. dazu bspw. auch Corsten/Gössinger (2009)). Unter Potenzialgestaltung wird die Beschaffung und Bereitstellung der zur Produktion benötigten Produktionsfaktoren (vgl. Kern (1992), S. 148 und Corsten/Gössinger (2009), S. 283) verstanden und bei der Prozessgestaltung geht es um die Festlegung der zeitlichen und örtlichen Aspekte der Durchführung von Produktionsprozessen (vgl. Kern (1992), S. 255). Eine dritte Differenzierung in Produktionsprogramm- und Produktionsdurchführungsplanung erörtert bspw. Ellinger (1989, Sp. 1602 ff.). Die Durchführungsplanung umfasst dabei die Bereitstellungsplanung (mit den Teilbereichen Personal-, Beschaffungs- und Investitions- bzw. Anlagenplanung (vgl. dazu auch Klenke (1977, S. 1))) sowie die Ablaufplanung, die wiederum in die Bearbeitungsplanung (Festlegung von Fertigungsverfahren, Ermittlung von Vorgabe bzw. Vorbereitungszeiten sowie Erstellung von Arbeitsplänen), die Mengenplanung (Bedarfs- und Losgrößenermittlung) sowie die Zeitplanung (Termin- und Reihenfolgeplanung) unterteilt ist (vgl. Ellinger (1989), Sp. 1603–1608). 5 Vgl. Abschn. 2.2.2.1. 6 Entsprechende Teilproblemstellungen gehören also zu der Kategorie, die Seelbach (1975), Klenke (1977) oder Ellinger (1989) als Bereitstellungsplanung und Kern (1992) als Potenzialgestaltung bezeichnen.
4.1 Vorbemerkungen
193
wobei wir letztere aufgrund ihres relativ geringen Anteils an Einfluss auf den Produktionsablauf an dieser Stelle nicht weiter betrachten wollen. Zudem werden Entscheidungen zu Verfügbarkeiten von Arbeitskräften (sowohl als dispositiver als auch als Elementarfaktor) in einem separaten Forschungsfeld (dem der Personalplanung7 ) untersucht. Gleiches gilt für Entscheidungen zur Anschaffung von Maschinen, die u. a. Gegenstand der Investitionsplanung8 sind, sodass wir uns im Folgenden ausschließlich mit der Verfügbarkeit nicht-menschlicher Elementarfaktoren beschäftigen und bzgl. Potenzialfaktoren (wie Maschinen) vorrangig die Verfügbarkeit entsprechender Kapazitäten thematisieren wollen.9 Diesbezüglich behandeln wir Standort-, Transportentscheidungen sowie Entscheidungen zur Beschaffung von Produktionsfaktoren (vgl. Abschn. 4.2.1) und diskutieren jeweils, inwiefern Aspekte der Digitalisierung Auswirkungen auf entsprechende Planungsvorhaben und -modelle haben (können). Zu (b): Bei der Kombination und Transformation von Produktionsfaktoren geht es nicht mehr um die Fragestellung, welche Anzahl einzelner Produktionsfaktoren wann und wo zur Verfügung zu stellen sind, sondern darum, wie und wie häufig mehrere Produktionsfaktoren im Verbund zur Erstellung von Produkten nach Maßgabe des Produktionsprogramms wann und wo verwendet werden. Dazu sind grundsätzlich (und sofern noch nicht vorhanden) Aktivitäten zu gestalten bzw. deren Gestaltung fortlaufend zu evaluieren und ggf. zu überarbeiten, Durchführungsanzahlen der Aktivitäten innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie Reihenfolgen und Termine (vgl. Abschn. 4.2.2) zu bestimmen. Auch bei der Thematisierung dieser Fragestellung legen wir den Fokus auf die Besonderheiten digitaler Produktion. Um der Planung digitaler Produktionsabläufe nicht nur in der Breite, sondern vor allem auch mit dem hinreichenden methodischen Tiefgang gerecht zu werden, legen wir den Schwerpunkt der Untersuchungen im Rahmen des vierten Kapitels der vorliegenden Arbeit auf die Konstruktion verschiedener Modellvarianten zur Planung digitaler Produktionsabläufe in einer umfangreichen Fallstudie, die diverse Elemente der in Abschn. 4.2 thematisierten Modellüberlegungen verbinden (vgl. Abschn. 4.3).
7
Vgl. bspw. Kossbiel (1988) oder Spengler et al. (2019). Vgl. bspw. Wolf (1989) oder Betge (1991). 9 Wir kommen jedoch im Rahmen der simultanen Planung von Schichten und Produktionsabläufen in Abschn. 4.3.3 auf Aspekte der Personalplanung zurück. Ebenso beschäftigen wir uns in der Fallstudie zumindest am Rande mit Investitionsentscheidungen. 8
194
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Zum Abschluss des Kapitels beschäftigen wir uns in gebotener Kürze mit der Lösbarkeit von Optimierungsmodellen im Allgemeinen sowie im Speziellen mit der Lösbarkeit der in dieser Arbeit konstruierten Modelle (vgl. Abschn. 4.4).
4.2
Grundlegende systematische und modelltheoretische Überlegungen zur Planung digitaler Produktionsabläufe
4.2.1
Grundlegende systemtatische Überlegungen zur Planung der Verfügbarkeit digitaler Produktionsfaktoren
Beziehen wir unsere Überlegungen zur Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren auf die (hier in Matrizenform beschriebenen) digitalen Produktionsmöglichkeiten eines Unternehmens (vgl. (2.2.10), Abschn. 2.2.2.2), geht es dementsprechend um die Festlegung der Kapazitätsgrenzen G max bzw. G max f d . Bzgl. nicht-digitaler und digitaler Verbrauchsfaktoren ist vor diesem Hintergrund regelmäßig zu entscheiden, ob und in welchem Umfang entsprechende Mengen einzukaufen, an Standorte ihrer Verwendung im Produktionsablauf zu liefern und ggf. dort oder an Zwischenstationen zu lagern sind. Hinsichtlich nicht-digitaler und digitaler Gebrauchsfaktoren gehen wir aufgrund der Annahme eines gegebenen Investitionsprogramms davon aus, dass eine bekannte Anzahl an jedem Standort vorhanden ist und somit nur über die zur Verfügung zu stellende sowie die tatsächlich in Anspruch zu nehmende Kapazität der entsprechenden Potenzialfaktoren zu entscheiden ist. Um diese Aspekte in die Planung des Produktionsablaufs integrieren zu können, erweitern wir die Betrachtung in temporaler Hinsicht um verschiedene Planungsperioden und in lokaler Hinsicht um Standorte. Wir thematisieren im Bereich der Verfügbarkeitsplanung im Produktionsablauf grundsätzlich Entscheidungen – zu verschiedenen Standorten bzw. Standortarten und deren lokalen Struktur, – zum Transport von Verbrauchsfaktoren sowie – zur Beschaffung (und ggf. zur Lagerung) von Produktionsfaktoren. Wir können diesen Teilbereich also im Wesentlichen in (a) Standort-, (b) Transport- sowie (c) Beschaffungsplanung (inkl. Lagerplanung) unterteilen. Zu (a): Die Standortplanung wird in betriebswirtschaftlicher Hinsicht i. d. R. in die betriebliche und die innerbetriebliche Standortplanung (oder Layoutplanung)
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
195
unterteilt.10 Erstere beschäftigt sich mit Problemstellungen, in denen eine bzw. mehrere aus einer Menge an Standortalternativen (Produktionsstätten, Lagerhäusern etc.) auszuwählen ist bzw. sind.11 Die Layoutplanung hingegen befasst sich mit der optimalen Anordnung verschiedener Objekte (Maschinen, Arbeitsplätze, Abteilungen etc.) innerhalb der Grundstückgrenzen an einem betrieblichen Standort.12 Probleme beider Klassen können dabei sowohl mit diskreten Standorten in Netzen oder mit kontinuierlichen Alternativenräumen in der Ebene formuliert werden.13 Im Folgenden wollen wir aus Vereinfachungsgründen nur recht kurz auf methodische Elemente der betrieblichen Standortplanung eingehen, die wir in Abschn. 4.3 in den Modellvarianten zur Planung digitaler Produktionsabläufe wieder aufgreifen.14 Wir definieren: Mengen: S := s s = 1, . . . , S ∗ S ∗ := s ∗ s ∗ = S + 1, . . . , S T := t t = 1, . . . , T
Menge der Standorte Menge der Versorgungszentren Menge der Planungsperioden
Entscheidungsvariablen: x st :=
10
Vektor der in Periode t zu unterhaltenden Standorte und Versorgungszentren
Vgl. Domschke et al. (2018), S. 1. Die Ursprünge der Standortplanung gehen auf Launhardt (1882) bzw. Weber (1909) zurück. 11 Vgl. bspw. Domschke (1996), Sp. 1913, Zäpfel (2000b), S. 145 ff. oder Domschke et al. (2018), S. 4 ff. 12 Vgl. bspw. Domschke (1996), Sp. 1913 oder Corsten/Gössinger (2009), S. 489. 13 Vgl. Domschke et al. (2018), S. 3. 14 Für Literaturüberblicke zu Ansätzen im Rahmen der betrieblichen Standortplanung bzw. der Layoutplanung vgl. bspw. Stähly (1995), Owen/Daskin (1998) oder Melo et al. (2009) bzw. Monga/Khurana (2015), Xu (2020) oder Pérez-Gosende et al. (2021).
196
4
xst := xs ∗ t :=
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
1, wenn Standort s in Periode t unterhalten wird
0, sonst 1, wenn Versorgungszentrum s ∗ in Periode t unterhalten wird 0, sonst
Offensichtlich kann jeder Standort eines Betriebes in Abhängigkeit der Betrachtungsperspektive als Gesamtheit der an diesem zur Verfügung gestellten bzw. zukünftig zur Verfügung zu stellenden Produktionsfaktorkapazitäten oder auf einer höheren Abstraktionsebene als eigenständige Kapazität eines Produktionsfaktors betrachtet werden. Im Rahmen der betrieblichen Standortplanung werden Standorte eher als letztere aufgefasst und es geht dann vorrangig um die Entscheidung, ob ein entsprechender Standort (in den kommenden Perioden) unterhalten bzw. im Fall der erstmaligen Unterhaltung zunächst errichtet wird.15 ⎛
x st
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
x1t .. . x St xs ∗ t .. . x S∗ t
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
∀t ∈T
(4.1)
Demnach erfolgt im Rahmen der betrieblichen Standortplanung die Festlegung der Standortvektoren x st (4.1), wobei wir zwischen Standorten, an denen die Produktion der Endprodukte erfolgt, und Versorgungszentren, an denen Produktionsfaktoren nach deren Einkauf zwischengelagert werden und von dort aus zu den Standorten zu transportieren sind, unterscheiden.16 In Zeiten der Digitalisierung werden Probleme der Standortwahl insbesondere zusätzlich dadurch beeinflusst, dass zunehmend Möglichkeiten vorhanden sind,
15
Eine Entscheidung für die Unterhaltung eines Standortes ist dann die notwendige Bedingung für die Bereitstellung weiterer Produktionsfaktoren und somit die Produktion an diesem Standort. 16 Grundsätzlich kann ein Unternehmen entscheiden, alle benötigten Produktionsfaktoren extern zu beschaffen (einstufige Fertigung) oder diese zumindest teilweise vorher selbst zu produzieren (mehrstufige Fertigung). Wir gehen hier aus Vereinfachungsgründen von der Annahme aus, dass einstufig gefertigt wird. Die Erweiterung der Ausführungen auf mehrstufige Fertigungssituationen ist jedoch recht einfach realisierbar.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
197
betriebliche Produktion standortungebunden zu gestalten.17 Das kann z. B. zum einen Auswirkungen auf die Anzahl und Größe18 der zu unterhaltenen Standorte, aber auch die auf Lage19 einzelner Standorte haben und zum anderen dazu führen, dass bestimmte neuartige Kriterien für die Gestaltung eines Standortes (wie diverse technische Voraussetzungen für Computer, moderne computergesteuerte Maschinen etc.) wichtig sind. Zu (b): Mit der Bestimmung der einen Standort mit Produktionsfaktoren versorgenden Zentren sowie optimaler Transportmengen, -wege und -mittel etc. beschäftigen sich Ansätze der Transportplanung.20 Wir definieren: Mengen D ∗ := F V er := N := n n = 1, . . . , N
Menge vollständig digitaler Produktionsfaktorarten (,die nicht physisch transportiert werden müssen) Menge der Produktionsfaktoren f , die zu den Verbrauchsfaktoren zählen Menge der Transportmittel
Entscheidungsvariablen: u ss tn :=
u ss tn
17
Vektor der in Periode t von Transportmittel n zu fahrenden Transportwege
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Transportmittel n in Periode t von Standort s zu Standort s := fährt ⎪ ⎩ 0, sonst
Vgl. dazu auch die Ausführungen in Abschn. 3.2. Mit zunehmendem Anteil standortungebunden zu produzierender Produkte im Produktionsprogramm nimmt die Anzahl und Größe benötigter Standorte tendenziell ab. 19 Durch Möglichkeiten digitaler Kommunikation verliert die infrastrukturelle Anbindung eines Unternehmens auf der einen Seite u. U. an Wichtigkeit. Auf der anderen Seite gewinnt die räumliche Nähe zu Unternehmen derselben Branche eventuell an Bedeutung (Bsp.: Silicon Valley). 20 Vgl. Fleischmann/Gietz (2008), S. 137. Für einen Überblick zu Ansätzen der Transportplanung vgl. bspw. SteadieSeifi et al. (2014). 18
198
4
x s∗ st := xs ∗ sdt := xs ∗ s f t :=
Vektor der in Periode t von Versorgungszentren s ∗ zu Standorten s zu transportierenden Faktormengen Anzahl der Einheiten eines Produktionsfaktors der Art d die in Periode t von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s zu transportieren sind Anzahl der Einheiten eines Produktionsfaktors der Art f die in Periode t von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s zu transportieren sind
⎛
x s∗ st
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
x S+1,1,1t .. . x S ∗ S Ft x S+1,1,dt .. . x S ∗ S Dt
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
∀ t ∈ T mit f ∈ F V er und d ∈ D\D ∗
(4.2)
Folglich ist das Ziel der Transportplanung u. a. die Bestimmung des Vektors der Transportmengen x s∗ st (4.2). Dabei geht es, wie oben erläutert, nur um nichtdigitale Verbrauchsfaktoren ( f ∈ F V er ) und auf Seiten der digitalen Faktoren nur um solche, die nicht vollständig digital sind (d ∈ D\D ∗ ), da vollständig digitale offensichtlich nicht physisch transportiert werden müssen bzw. können. Bei diesen geht es dann um den digitalen Transport, sprich die digitale Übertragung via bspw. Internet.21
21
Diesbezüglich wollen wir in dieser Arbeit davon ausgehen, dass der digitale Transport von vollständig digitalen Produktionsfaktoren aufgrund ausreichender Infrastruktur (Internetverbindungen, Übertragungs- und Speicherkapazitäten, etc.) unproblematisch realisierbar ist. Daher wollen wir diesen in dieser Arbeit nicht explizit modellieren.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
⎛
u ss tn
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
u 12tn .. . x1S ∗ tn .. . x S ∗ 1tn .. .
199
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ∀ t ∈ T , n ∈ N mit s = s ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(4.3)
x S ∗ S ∗ −1tn Einen Spezialfall der Transportplanung stellt die Tourenplanung dar. Dabei werden Transportaufträge zu einer zusammenhängenden Abfolge der Auslieferungen eines einzelnen Transportmittels (bzw. Transportmitteltyps) mit zentralem Startund Endpunkt (Depot) zusammengefasst.22 In diesem Fall geht es vorrangig um die Bestimmung der Reihenfolge, in der einzelne Transportmittel ausgehend von einem Depot ihnen zugewiesene Standorte nacheinander anfahren und im Anschluss in ein Depot zurückkehren, und somit u. a. um die Bestimmung der u ss tn -Vektoren (4.3). Es ist recht offensichtlich, dass der physische Transport vollständig digitaler Produktionsfaktoren und Produkte kaum von Bedeutung ist, da diese sehr schnell und ohne größeren Aufwand digital transportiert werden können. Dabei ist dann vorrangig mit anderen Problemen wie Sicherheit und Authentizität der Datenübertragung, Übertragungsgeschwindigkeiten oder -qualitäten, etc. umzugehen. Der Transport nicht vollständig digitaler Güter hingegen erfolgt weiterhin physisch. Dabei entstehen aber u. U. spezielle Anforderungen an Transportmittel oder -verpackungen. Jedoch sind entsprechende Transportanforderungen weniger mit der Digitalität eines Gutes und viel mehr mit der Beschaffenheit seiner physischen Komponenten verbunden. So sind beim Transport von Tellern und Smartphones recht ähnliche Transportanforderungen bzgl. Verpackung und Transportmitteln zu beachten, obwohl die eine Produktart nicht-digital und die andere digital ist. Zu (c): Zu den Inhalten der Beschaffungsplanung zählt Bloech die (Planung der) Besorgung aller zur Produktion notwendigen Produktionsfaktoren.23 Wir wollen den Begriff, wie oben erläutert, in dieser Arbeit etwas enger fassen und ihn nur auf die Beschaffung von Verbrauchsfaktoren und die Bereitstellung von
22
Vgl. Fleischmann/Gietz (2008), S. 144. Für einen Literaturüberblick zu Tourenplanungsproblemen mit mehreren Depots vgl. bspw. Montoya-Torres et al. (2015). 23 Vgl. Bloech (1989), Sp. 121.
200
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Kapazitäten der Potenzialfaktoren beziehen. Diesbezüglich sind dann vom Unternehmen periodenweise Entscheidungen zum Einkauf (von Verbrauchsfaktoren), zum Umfang standortgebundener und standortungebundener Faktorkapazitäten sowie zur Lagerung der in einer Periode nicht verbrauchten Faktormengen zu treffen. Wir definieren: eg s∗ t := egds ∗ t := eg f s ∗ t := g max := st := g max t max := gdt max := gdst
g max f st := l g st := l g s∗ t := lgdst := lgds ∗ t := lg f st := lg f s ∗ t :=
Vektor der in Versorgungszentrum s ∗ in Periode t zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu erwerbenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Vektor der bereitzustellenden Faktorkapazitäten an Standort s in Planungsperiode t Vektor der standortungebunden bereitzustellenden Faktorkapazitäten in Planungsperiode t Anzahl der in Periode t standortungebunden bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s bereitzustellenden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Vektor der an Standort s in Periode t zu lagernden Faktormengen Vektor der in Versorgungszentrum s ∗ in Periode t zu lagernden Faktormengen Anzahl der in Periode t an Standort s zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der in Periode t an Standort s zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Anzahl der in Periode t in Versorgungszentrum s ∗ zu lagernden Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
⎛
eg s∗ t
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
eg1s ∗ t .. . eg Fs ∗ t egds ∗ t .. . eg Ds ∗ t
201
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ∀ s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T mit f ∈ F V er und d ∈ D\D ∗ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(4.4)
Im Rahmen der Einkaufsplanung sind alle in einer Periode in einem Versorgungszentrum einzukaufenden Mengen nicht-digitaler Verbrauchs- und nicht vollständig digitaler Produktionsfaktoren und somit die Einkaufsmengenvektoren eg s∗ t zu bestimmen (4.4). ⎛
max g1st .. . g max
⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ max Fst ⎜ g st := ⎜ max ⎟ ⎟ ∀ s ∈ S, t ∈ T g ⎜ dst ⎟ ⎜ . ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ . ⎠ g max Dst ⎛ ⎞ max gdt ⎜ . ⎟ . ⎟ g max := ⎜ t ⎝ . ⎠ ∀ s ∈ S, t ∈ T g max Dst
(4.5)
(4.6)
Bezüglich der Kapazitäten ist für jede Periode an jedem der zu unterhaltenden Standorte bzw. standortungebunden zu entscheiden, wie Mengen- bzw. Zeiteinheiten der jeweiligen Produktionsfaktoren bereitzustellen sind. Die entbzw. g max sprechenden Entscheidungsvariablen sind in den Vektoren g max st t aufgelistet ((4.5) bzw. (4.6)).
202
4
⎛
l g st
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝ ⎛
l g s∗ t
⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ := ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ ⎝
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
lg1st .. . lg Fst lgdst .. . lg Dst lg1s ∗ t .. . lg Fs ∗ t lgds ∗ t .. . lg Ds ∗ t
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ∀ s ∈ S, t ∈ T mit f ∈ F V er und d ∈ D\D ∗ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(4.7)
⎞ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ ∀ s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T mit f ∈ F V er und d ∈ D\D ∗ ⎟ ⎟ ⎟ ⎠
(4.8)
Sollten in einer Periode Faktoreinsatzmengen übrigbleiben oder bewusst nicht zum Einsatz kommen, sind diese einzulagern oder zu verkaufen.24 Die Entscheidungsvariablen zu den entsprechenden Lagermengen an Standorten bzw. in Versorgungszentren sind in den Vektoren l g st bzw. l g s∗ t zusammengefasst ((4.7) bzw. (4.8)). Einflüsse der Digitalisierung auf Einkaufsentscheidungen äußern sich bspw. dadurch, dass nun selbstverständlich auch zunehmend digitale Produktionsfaktoren zu beschaffen sind, aber dadurch Produktionsfaktoren jetzt auch auf digitalen Märkten angeboten werden und dass heute durch im Internet verfügbare Informationen zu Anbietern, Preisen, etc., die prinzipiell über den ganzen Globus verteilt sind, die Möglichkeiten, aber auch die Komplexität entsprechender Entscheidungen zunehmen. Bzgl. Lagerentscheidungen ist eine wesentliche Auswirkung der Digitalisierung, dass zur Lagerung vollständig digitaler Produktionsfaktoren und vor allem zur Lagerung der möglicherweise im Produktionsablauf entstehenden großen Datenmengen entsprechend digitaler Speicherplatz bereitgestellt wird und ggf. Entscheidungen zur Filterung der Daten zu treffen sind. Neben den oben ausgewählt und exemplarisch umrissenen möglichen Auswirkungen von Digitalisierung auf verschiedene Arten von Problemen der 24
Vgl. zur Lagerplanung bspw. Inderfurth (1996) oder Rieper (1996). Einen Überblick zu Modellen der Lagerplanung liefern Syntetos et al. (2009), Valencia-Cárdenas et al. (2015) oder Mosca et al. (2019). Von der modelltheoretischen Erfassung des Verkaufs von Produktionsfaktoren sehen wir hier aus Vereinfachungsgründen ab.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
203
Produktionsablaufplanung hat diese vor allem auch Einfluss auf die entsprechende Planung bzw. die Lösung von entsprechenden Planungsansätzen.25 Diesem Thema widmen wir uns in Abschn. 4.4 detaillierter. Die Bestimmung optimaler Standort-, Transport-, Einkaufs-, Faktorkapazitätsund Lagerentscheidungen unterliegt im Allgemeinen und vor dem Hintergrund der Digitalisierung im Speziellen diversen Restriktionen, von denen wir grundlegende ausgewählt in Abschn. 4.2.3 formulieren und erläutern. Im Rahmen der Modellformulierungen zu unserer Fallstudie in Abschn. 4.3 beschäftigen wir uns spezifischer mit dieser Thematik.
4.2.2
Grundlegende systematische Überlegungen zur Planung der Kombination und Transformation digitaler Produktionsfaktoren
Bevor ein Unternehmen Entscheidungen über Arten und Häufigkeiten der Durchführung bestimmter Aktivitäten in einer bestimmten Periode entscheiden kann, sind zunächst entsprechende Aktivitäten sowie deren Zusammenspiel zu gestalten. Im Rahmen der aktivitätsanalytischen Überlegungen zu den Grundlagen digitaler Produktion gehen wir stets davon aus, dass einem Unternehmen seine eigenen aktuell verwendete sowie zukünftig mögliche Technologie(n) bekannt sind. Gerade zu Beginn der Geschäftstätigkeit ist die zu verwendende Technologie aber (ähnlich wie Produktarten und -varianten) erst zu konzipieren und im Zeitablauf selbstverständlich fortwährend auf Veränderungspotenziale oder -notwendigkeiten hin zu überprüfen und ggf. anzupassen. Entsprechende Problemstellungen werden im Rahmen der Wahl des Organisationstyps der Fertigung26 thematisiert. Das bedeutet also zum einen, dass in Abhängigkeit der sich aus dem (zumindest auf strategischer und taktischer Ebene bereits geplanten) Produktionsprogramm ergebenen Aufgaben verschiedene Produktionsfaktoren in verschiedenem Umfang zu Aktivitäten zusammenzufassen
25
Vgl. dazu auch S. 80 f. In diesem Bereich haben Produktions- und Organisationsplanung eine große Schnittmenge (vgl. zu Grundlagen der Organisation(-splanung) bspw. Kosiol (1962), Grochla (1989), Kieser (1993) oder Spengler (1993)). Verschiedene Organisationsformen der Fertigung werden typischerweise abhängig davon, ob sie am Verrichtungs-, Fluss- bzw. Objektprinzip oder Gruppenprinzip orientiert sind (vgl. bspw. Zäpfel (2000b), S. 158 oder Thommen et al. (2020), S. 199–203), in Werkstatt-, Fließ- bzw. Gruppenfertigung differenziert (vgl. Zäpfel (2000b), S. 159 für eine detaillierte Übersicht).
26
204
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
sind.27 In Abschnitt 2.2.2.2 zeigen wir auf, dass sich einem Unternehmen durch Digitalisierung und der damit verbundenen Entstehung digitaler Produktionsfaktoren in dieser Hinsicht innovative Wege zur Gestaltung entsprechender Aktivitäten offenbaren, die nicht zuletzt auch ökonomischen Mehrwert generieren (können). Wir definieren: Mengen Vs := Vu :=
Menge der Aktivitäten, die an Standort s durchgeführt werden können Menge der Aktivitäten, die standortungebunden durchgeführt werden können
Entscheidungsvariablen λst := λ t := λvst := λvt :=
Vektor der Produktionsniveaus an Standort s in Periode t Vektor der standortungebundenen Produktionsniveaus in Periode t Produktionsniveau der Aktivität v an Standort s in Periode t Produktionsniveau der standortungebundenen Durchführung von Aktivität v in Periode t
⎛
⎞ λ1st ⎜ . ⎟ ⎟ λst := ⎜ ⎝ .. ⎠ V λst ⎛ λ1t ⎜ . λ t := ⎜ ⎝ .. λtV 27
∀ s ∈ S, t ∈ T mit v ∈ Vs
(4.9)
⎞ ⎟ ⎟ ∀ t ∈ T mit v ∈ Vu ⎠
(4.10)
Vgl. zur entsprechenden Gestaltung bspw. vertiefend Zäpfel (2000b), S. 90 ff. In unserem Fahrradbeispiel aus Kap. 3 könnten bspw. Aufgaben zur Montage verschiedener Einzelteile der Fahrräder entstehen und die Gründer müssten folglich Entscheidungen dazu treffen, welche Produktionsfaktoren (wie verschiedene Werkzeuge, Arbeitskräfte etc.) dazu verwendet werden sollen bzw. in welchem Umfang diese einzusetzen sind. Ähnlich wie bei der Planung der Reihenfolgen der Aktivitäten sind offensichtlich auch an dieser Stelle bereits Reihenfolgeentscheidungen bzgl. einzelner Arbeitsschritte innerhalb der entstehenden Aktivitäten zu treffen.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
205
Entsprechende Entscheidungen eines Unternehmens münden folglich an jedem Standort bzw. auch für die standortungebundene Produktion in der konkreten Gestaltung28 einzelner Aktivitäten v ∈ Vs bzw. v ∈ Vu bzw. den dazugehörigen Vektoren v v 29 und somit in der Festlegung der Struktur von λst bzw. λ t ((4.9) bzw. (4.10)). Zum anderen sind Auswahlentscheidungen bzgl. der für die Produktion zu verwendenden Aktivitäten sowie ggf. Entscheidungen zu deren Abfolge zu treffen, wenn diese bspw. aus (techno-)logischen oder kapazitätsbedingten Gründen nicht parallel durchgeführt werden können. Damit verbunden sind dann neben Entscheidungen zu Produktionsniveaus (also der Bestimmung aller λvst - bzw. λvt Variablen) vor allem (grundsätzliche) Reihenfolgeentscheidungen und konkrete Terminentscheidungen zu treffen. Vor dem Hintergrund der Digitalisierung können bei der Gestaltung einzelner Aktivitäten neben nicht-digitalen nun auch digitale Produktionsfaktoren und Produkte berücksichtigt werden. Grundlegendes zur Kombination und Transformation digitaler (und nicht-digitaler) Produktionsfaktoren und daraus resultierenden digitalen (und nicht-digitalen) Produkten diskutieren wir ausführlich in Abschn. 2.2. In Spengler et al. (2019) wird zudem gezeigt, wie sich die Verwendung digitaler Produktionsfaktoren auf den Produktionsablauf (und die betriebliche Personalplanung) auswirken kann.30 Prinzipiell können wir in dieser Hinsicht drei Fälle unterscheiden. Die ersten beiden Fälle betreffen Situationen, in denen zuvor ohne digitale Produktionsfaktoren durchzuführende Aktivitäten nun unter zusätzlichem Einsatz digitaler Produktionsfaktoren erfolgen. In manchen Situationen führt das zu peripherer und in anderen zu totaler Substitution eines oder mehrerer nicht-digitaler Produktionsfaktoren. In beiden Fällen ändern sich dann auch die zur Kombination und Transformation der einzusetzenden Produktionsfaktoren durchzuführenden Arbeitsschritte. Der dritte Fall beschreibt neue Aktivitäten ohne nicht-digitales Pendant und somit auch die Entstehung neuer
28
Diese ist das Ergebnis der Teilentscheidungen zu Art und Umfang aller zu verwendenden Produktionsfaktoren, aller im Rahmen einer Aktivität durchzuführenden Arbeitsschritte (konkrete Kombinations- und Transformationsvorschriften) sowie deren Reihenfolge. 29 In Abschnitt 2.2.2.2 definieren wir: V := v v = 1, . . . , V v v :=
30
Menge der Aktivitäten (bzw. Produktionsvorgänge) Gütervektor zu Aktivität v
Vgl. Spengler et al. (2019), S. 249 f.
206
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Kombinations- und Transformationvorschriften.31 In der Fallstudie in Abschn. 4.3 diskutieren wir entsprechende Prozessinnovationen im Bereich der Altenpflege ausführlich. Selbstverständlich sind auch die Entscheidungen zu Aktivitätsstrukturen und Produktionsniveaus sowie damit verbundene Reihenfolge- und Terminentscheidungen durch verschiedene Arten von Nebenbedingungen restringiert. Auch auf diese gehen wir im Allgemeinen im folgenden Abschn. 4.2.3 und im Speziellen im Rahmen der Fallstudie in Abschn. 4.3 ein. In Abb. 4.1 ist abschließend eine Übersicht der für die vorliegende Arbeit geltenden Differenzierung von Teilbereichen der digitalen Produktionsablaufplanung und den im Rahmen der entsprechenden Teilplanungsprobleme zu treffenden Entscheidungen dargestellt.
4.2.3
Grundlegende modelltheoretische Überlegungen zur Planung des digitalen Produktionsablaufs
Vor dem Hintergrund obiger Überlegungen und auf Basis entsprechender Literatur zu verschiedenen Ansätzen der Produktionsablaufplanung wollen wir im Folgenden ausgewählt verschiedene Zielfunktionen und Nebenbedingungen formulieren, die je nach konkreter Problemstellung in verschiedenen Konstellationen zur Konstruktion eines geeigneten Planungsansatzes verwendet werden können. Dazu definieren wir: Mengen D Geb := E takt. := E stakt. := F Geb := Ietakt. :=
31
Menge digitaler Gebrauchsfaktoren Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung standortungebunden zu produzierenden Produktarten e Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung an Standort s zu produzierenden Produktarten e Menge der Produktionsfaktoren f die zu den Gebrauchsfaktoren zählen Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart e standortungebunden zu produzierenden Produktvarianten i
Vgl. ebd., S. 250–251.
Abbildung 4.1 Systematik zur digitalen Produktionsablaufplanung
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische … 207
208 takt. := Ies
takt. := I ps
Pstakt. := Ss∗ :=
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart e an Standort s zu produzierenden Produktvarianten i Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung von Produktart p an Standort s zu produzierenden Produktvarianten i Menge der nach Maßgabe der taktischen Produktionsprogrammplanung an Standort s zu produzierenden Produktarten p Menge der Versorgungszentren, die Produktionsfaktoren an Standort s liefern können
Daten cst := cs ∗ t := v := cst cs ∗ sdt := cs ∗ s f t := ctv := g vd := g vf := G max dst := G max f st := LG s := x vei := x ∗eit :=
Kosten der Unterhaltung eines Standortes s in Periode t Kosten der Unterhaltung eines Versorgungszentrums s ∗ in Periode t Kosten der einmaligen Durchführung einer Aktivität v an Standort s in Periode t Kosten des Transports einer Einheit eines Produktionsfaktors der Art d von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t Kosten des Transports einer Einheit eines Produktionsfaktors der Art f von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t Kosten der einmaligen standortungebundenen Durchführung einer Aktivität v in Periode t Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v benötigten Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v benötigten Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Maximal in Periode t an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art d Maximal in Periode t an Standort s bereitstellbare Anzahl an Einheiten von Produktionsfaktoren der Art f Maximale Lagerkapazität an Standort s Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v entstehenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t standortungebunden zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
x ∗eist := x vpi := x ∗pist := x s ∗ s f t := x s ∗ s f t := X n :=
209
Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t an Standort s zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart e Anzahl der bei einmaliger Durchführung von Aktivität v entstehenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart p Anzahl der nach Maßgabe der (operativen) Produktionsprogrammplanung in Periode t an Standort s zu produzierenden Einheiten der Produktvariante i von Produktart p Vorgegebene Anzahl der von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t zu liefernden Einheiten eines Produktionsfaktors der Art d Vorgegebene Anzahl der von Versorgungszentrum s ∗ zu Standort s in Periode t zu liefernden Einheiten eines Produktionsfaktors der Art f Maximale Kapazität eines Transportmittels n
Entscheidungsvariablen: h vdst :=
Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art d im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s in Periode t Nutzungsbeginn eines Produktionsfaktors der Art f im Rahmen der Durchführung von Aktivität v an Standort s in Periode t
h vf st := xstn :=
vv ydst
y vv f st
1, wenn Transportmittel n in Periode t Standort s beliefert
0, sonst ⎧ 1, wenn im Rahmen einer Aktivität v ein Produktionsfaktor der Art d ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ an Standort s in Periode t verwendet wird, bevor dieser für := ⎪ Aktivität v an Standort s in Periode t verwendet wird ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ ⎧ 0, sonst 1, wenn im Rahmen einer Aktivität v ein Produktionsfaktor der Art f ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ an Standort s in Periode tverwendet wird, bevor dieser für := ⎪ Aktivität v an Standort s in Periode t verwendet wird ⎪ ⎪ ⎪ ⎩ 0, sonst
210
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Die grundsätzliche Problemstruktur (grafisch dargestellt in Abb. 4.2) lässt sich somit wie folgt beschreiben. Ein Unternehmen kann aus einer Menge möglicher Standorte s ∈ S diejenigen auswählen, die in den Betrachtungsperioden t ∈ T unterhalten werden (xst = 1) und an denen in diesen Perioden grundsätzlich produziert werden kann. Zur Realisierung eines durch die Produktionsprogrammplanung vorgegebenen Produktionsprogramms stehen dem Unternehmen an jedem Standort eine bereits bestimmte Menge an Aktivitäten Vs bzw. standortungebunden eine bereits bestimmte Menge an Aktivitäten Vsu zur Verfügung. Zudem sind für jeden Standort maximale Lager- und Faktorkapazitäten LG s max (bzw. LG s ∗ für die Versorgungszentren) und G max f st bzw. G dst vorgegeben. Für jeden Standort sind auf dieser Basis Unterhaltungs-, Faktorbereitstellungs-, Lagerungs- und Produktionsniveauentscheidungen zu treffen. In Bezug auf die Versorgungszentren sind hingegen neben Unterhaltungs- auch Einkaufs- und Lagerungsentscheidungen zu treffen. Über die Festlegung der von Versorgungszentren zu Standorten zu liefernden Mengen an Produktionsfaktoren werden die beiden Problembereiche miteinander verbunden. Mögliche Modellkomponenten der Planung des digitalen Produktionsablaufs: Zielfunktionen: v v v v cst · λst + ct · λt → min! t∈T v∈V
t∈T
s∈S
cst · xst +
cs ∗ t · x s ∗ t
→ min!
(4.12)
s ∗ ∈S ∗
s∈S
⎛ ⎞ ⎝ cs ∗ s f t · x s ∗ s f t + cs ∗ sdt · xs ∗ sdt ⎠ → min! t∈T s ∗ ∈S ∗ s∈S
(4.11)
(4.13)
d∈D\D ∗
f ∈F V er
⎛ ⎞ ⎝ lc f st · lg f st + lcdst · lgdst ⎠ t∈T s∈S
+
s ∗ ∈S ∗
⎛ ⎝
f ∈F V er
f ∈F V er
d∈D\D ∗
lc f s ∗ t · lg f s ∗ t +
d∈D\D ∗
⎞ lcds ∗ t · lgds ∗ t ⎠ → min!
(4.14)
Abbildung 4.2 Exemplarische Problemstruktur eines Produktionsablaufplanungsproblems
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische … 211
212
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Als Zielfunktionen kommen einzeln oder in Kombination verschiedene Kostenminimierungsfunktionen32 in Frage. Die Zielfunktion (4.11) strebt die Minimierung der Kosten der über alle Betrachtungsperioden standortgebunden sowie standortungebunden durchzuführenden Aktivitäten an. Die Minimierung der Unterhaltungskosten aller im Planungszeitraum zu betreibenden Standorte und Versorgungszentren bzw. der Kosten aller im Planungszeitraum von Versorgungszentren zu Standorten zu transportierenden Einheiten nicht-digitaler und relevanter digitaler Produktionsfaktoren ist in (4.12) bzw. (4.13) festgehalten.33 (4.14) stellt eine Möglichkeit dar, die Gesamtkosten der Lagerung von Einheiten der Produktionsfaktoren an Standorten und Versorgungszentren zu minimieren. Bedingungen zur Realisation des Produktionsprogramms:
takt. x vpi · λvst ≥ x ∗pist ∀ p ∈ Pstakt. , i ∈ I ps , s ∈ S, t ∈ T
(4.15)
takt. x vei · λvst ≥ x ∗eist ∀ e ∈ E stakt. , i ∈ Ies , s ∈ S, t ∈ T
(4.16)
x vei · λvt ≥ x ∗eit ∀ e ∈ E takt. , i ∈ Ietakt. , t ∈ T
(4.17)
v∈(Vnd ∪Vd )∩Vs
v∈(Vd ∪Vad )∩Vs
v∈(Vd ∪Vad )∩Vu
Um die (hier bereits getroffenen) Entscheidungen bzgl. des Produktionsprogramms mit den (noch zu treffenden) Entscheidungen im Rahmen der Produktionsablaufplanung zu verbinden, können Restriktionen der Typen (4.15)–(4.17) formuliert werden. Durch Restriktionen der Art (4.15) wird sichergestellt, dass an jedem Standort s in jeder Periode t durch die Durchführung von Aktivitäten, die aus ausschließlich nicht-digitalen bzw. nicht-digitalen und digitalen Produktionsfaktoren bestehen34 und an Standort s durchführbar sind, mindestens so viele Einheiten der 32
Aufgrund des gegebenen Produktionsprogramms und der damit über den entsprechenden Absatz als gegeben anzunehmenden Umsätze können nach Maßgabe des ökonomischen Prinzips nur noch die Produktionskosten minimiert werden, um den Gewinn zu maximieren. 33 Vgl. bspw. Domschke et al. (2018), S. 5. 34 Zur Erinnerung: In Abschn. 2.2.2.2 definieren wir Vad := Vd := Vnd :=
Menge von Aktivitäten mit ausschließlich digitalen Produktionsfaktoren, Menge von Aktivitäten mit nicht-digitalen und digitalen Produktionsfaktoren und Menge von Aktivitäten mit ausschließlich nicht-digitalen Produktionsfaktoren.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
213
takt. der Produktarten p ∈ P takt. zu produzieren sind, wie im Produktvarianten i ∈ I ps s Rahmen der taktischen Produktionsprogrammplanung festgelegt (x ∗pist ). Analoge Bedingungen sind in (4.16) bzw. (4.17) für die standortgebundene bzw. standortuntakt. bzw. i ∈ I takt. digitaler gebundene Produktion digitaler Produktvarianten i ∈ Ies e takt. takt. Produktarten e ∈ E s bzw. e ∈ E formuliert.
Abstimmung Aktivitätsdurchführung – Bereitstellung Faktoreinsatzmengenkapazität:
g vf · λvst ≤ g max ∀ f ∈ F, s ∈ S, t ∈ T f st
(4.18)
max g vd · λvst ≤ gdst ∀ d ∈ D, s ∈ S, t ∈ T
(4.19)
max g vd · λvt ≤ gdt ∀ d ∈ D, t ∈ T
(4.20)
v∈(Vnd ∪Vd )∩Vs
v∈(Vd ∪Vad )∩Vs
v∈(Vd ∪Vad )∩Vu
Aktivitäten können offensichtlich nicht unbegrenzt durchgeführt werden, sodass deren Durchführungen durch die Bereitstellung maximaler Einsatzmengen nicht max ) bzw. standortungebundener digitaler g max , standortgebundener digitaler (gdst f st max ) (an allen Standorten) in allen Perioden nach digitaler Produktionsfaktoren (gdt oben begrenzt wird ((4.18), (4.19) bzw. (4.20)). Abstimmung Bereitstellung Faktoreinsatzmengenkapazität – maximal verfügbare Faktoreinsatzmengenkapazität: max Geb g max , s ∈ S, t ∈ T f st ≤ G f st · x st ∀ f ∈ F
g max f st ≤ lg f st−1 +
xs ∗ s f t ∀ f ∈ F V er , s ∈ S, t ∈ T
(4.21) (4.22)
s ∗ ∈Ss∗ max ∗ gdst ≤ G max dst · x st ∀ d ∈ D , s ∈ S, t ∈ T max gdst ≤ lgdst−1 +
xs ∗ sdt ∀ d ∈ D\D ∗ , s ∈ S, t ∈ T
(4.23) (4.24)
s ∗ ∈Ss∗
max gdt ≤ G max ∀ d ∈ D, t ∈ T dt
(4.25)
214
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Auch die Bereitstellung von Kapazitäten zur Aktivitätsdurchführung ist beschränkt. Dazu existieren an jedem Standort und für jede Periode für nicht-digitale Gebrauchsfaktoren ( f ∈ F Geb ) bzw. vollständig digitale Produktionsfaktoren (d ∈ D ∗ ) Obergrenzen, die nicht überschritten werden dürfen, falls der Standort in dieser Periode betrieben wird ((4.21) und (4.23)). Die Bereitstellung nicht digitaler Verbrauchsfaktoren bzw. nicht vollständig digitaler Produktionsfaktoren wird durch die aus der Vorperiode noch vorhandene Lagermenge (lg f st−1 bzw. lgdst−1 ) zuzüglich der in dieser Periode an den jeweiligen Standort zu liefernden Menge ( s ∗ ∈Ss∗ xs ∗ s f t bzw. s ∗ ∈Ss∗ xs ∗ sdt ) beschränkt ((4.22) bzw. (4.24)). Die standortungebunden bereitzustellenden Faktoreinsatzmengen digitaler Produktionsfaktoren sind ebenfalls durch eine entsprechende Obergrenze beschränkt (4.25). Abstimmung Transportmengen- und Lagerbedingungen (an Standorten):
lg f st−1 +
lgdst−1
d∈D\D ∗
f ∈F V er
+
⎛
⎝
s ∗ ∈Ss∗
xs ∗ s f t +
⎞ xs ∗ sdt ⎠ ≤ LG s · xst
∀ s ∈ S, t ∈ T
d∈D\D ∗
f ∈F V er
(4.26)
lg f st +
xs ∗ s f t −
s ∗ ∈Ss∗
lgdst ≤ LG s · xst
(4.27)
d∈D\D ∗
f ∈F V er
lg f st−1 +
g vf · λvst = lg f st
v∈(Vnd ∪Vd )∩Vs
∀ f ∈ F V er , s ∈ S, t ∈ T (4.28) lgdst−1 +
s ∗ ∈Ss∗
xs ∗ sdt −
g vd · λvst = lgdst
v∈(Vd ∪Vad )∩Vs
∀ d ∈ D\D ∗ , s ∈ S, t ∈ T (4.29) Während einer Periode dürfen an einem zu betreibenden Standort (x st = 1) über Lagerbestände der Vorperiode ( f ∈F V er lg f st−1 + d∈D\D ∗ lgdst−1 ) und Zulie ferungen in der aktuellen Periode ( s ∗ ∈Ss∗ f ∈F V er x s ∗ s f t + d∈D\D ∗ x s ∗ sdt )
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
215
nicht mehr nicht-digitale Verbrauchsfaktoren und nicht vollständig digitale Produktionsfaktoren vorrätig sein, als die maximale Lagerkapazität an diesem Standort (LG s ) zulässt (4.26). Ebenso darf die insgesamt am Ende der Periode zu lagernde Menge über alle Produktionsfaktoren ( f ∈F V er lg f st + d∈D\D ∗ lgdst ) die entsprechende maximale Lagerkapazität nicht überschreiten (4.27). Die Restriktionen der Typen (4.28) und (4.29) stellen die Lagerbilanzgleichungen für beide Arten von Produktionsfaktoren an allen Standorten und für alle Perioden dar. Lagerbedingungen für Versorgungszentren: g f s ∗ t−1 + eg f s ∗ t −
xs ∗ s f t = lg f s ∗ t
s∈S
∀ f ∈ F V er , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T (4.30) lgds ∗ t−1 + egds ∗ t −
xs ∗ sdt = lgds ∗ t
s∈S
∀ d ∈ D\D ∗ , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T (4.31) Analog zu den Lagerbilanzgleichungen an den Standorten sind auch solche für die Versorgungszentren zu formulieren ((4.30) und (4.31)).35 Reihenfolgebedingungen zur Faktorkapazitätsnutzung: h vf st + g vf · λvst ≤ h vf st + 1 − y vv f st · M
∀ v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , f ∈ F Geb , s ∈ S, t ∈ T (4.32)
h vf st + g vf · λvst ≤ h vf st +y vv f st · M
h vdst
35
∀ v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , f ∈ F Geb , s ∈ S, t ∈ T (4.33) vv ·M + g vd · λvst ≤ h vdst + 1 − ydst ∀ v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , d ∈ D Geb , s ∈ S, t ∈ T (4.34)
Vgl. zu Lagerbilanzgleichungen als Restriktionen bspw. Kimms (1996), S. 7.
216
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
vv h vdst + g vd · λvst ≤ h vdst +ydst ·M
∀ v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , d ∈ D Geb , s ∈ S, t ∈ T (4.35)
Zur Bestimmung von Reihenfolgen zur Nutzung eines nicht-digitalen bzw. digitalen Gebrauchsfaktors der Art f ∈ F Geb bzw. d ∈ D Geb durch mehrere Aktivitäten, die in einer Periode die Nutzung der Kapazität dieses Faktors beanspruchen, können Restriktionen der Typen (4.32) und (4.33) bzw. (4.34) und (4.35) in Ansatz gebracht werden. Auf der linken Seite der Restriktionen ist jeweils das Ende der Nutzung eines Produktionsfaktors der Art f bzw. d im Rahmen der Durchführung einer Akti vität v bzw. v (Nutzungsbeginn h vf st bzw. h vf st bzw. h vf st bzw. h vf st zuzüglich der Nutzungsdauer) angegeben. Auf der rechten Seite sind hingegen der Nutzungsbeginn der jeweils anderen Aktivität v bzw. v und zwei unterschiedliche Arten von vv M-Termen notiert. Wird die entsprechende Variable y vv f st = 1 bzw. ydst = 1, wird
Restriktion (4.33) bzw. (4.35) redundant und es gilt h vf st + g vf · λvst ≤ h vf st bzw.
h vdst + g vd · λvst ≤ h vdst , sodass die betroffene Faktorkapazität zunächst von Aktivität vv v und erst im Anschluss von v genutzt werden kann. Bei y vv f st = 0 bzw. ydst = 0,
wird entsprechend (4.32) bzw. (4.34) redundant und es gilt h vf st + g vf · λvst ≤ h vf st
v
bzw. h vdst + g d · λvst ≤ h vdst .36 Tourenbedingungen (im Fall mit einem Versorgungszentrum s ∗ ):
xstn = 1 ∀ s ∈ S, t ∈ T
(4.36)
x s ∗ s f t · xstn ≤ X n ∀ t ∈ T , n ∈ N
(4.37)
n∈N
s∈S
xs ∗ tn = 1 ∀ t ∈ T , n ∈ N
(4.38)
u ss tn = xstn ∀ s ∈ S ∪ s ∗ , t ∈ T , n ∈ N
(4.39)
u ss tn = xstn ∀ s ∈ S ∪ s ∗ , t ∈ T , n ∈ N
(4.40)
s∈S∪{s ∗ }\{s }
s ∈S∪{s ∗ }\{s}
36
Vgl. zu diesen Arten von Reihenfolgebedingungen bspw. Manne (1960), Seelbach (1975), S. 53 f. oder Fürst (1997), S. 19–22.
4.2 Grundlegende systematische und modelltheoretische …
217
u ss tn ≤ Bˆ − 1 ∀ Sˆ ∈ P(S)\{∅} und mit Sˆ > 1, t ∈ T , n ∈ N
ˆ s∈ Sˆ s ∈ S\{s}
(4.41) Möchte der Entscheider die Versorgung der Standorte im Rahmen der Transportplanung in Form von zusammenhängenden Touren organisieren, sind u. a. Nebenbedingungen der Typen (4.36)–(4.41) in Ansatz zu bringen. In (4.36) wird geregelt, dass jeder Standort in jeder Periode von genau einem Transportmittel beliefert wird.37 Außerdem darf die für jedes Transportmittel maximal zulässige Kapazität durch die von diesem insgesamt zu transportierenden Mengen, welche in diesem Fall als Datensätze je Standort vorliegen, nicht überschritten werden (4.37). Wird ein Standort in einer Periode von einem Transportmittel beliefert (x stn = 1), ist sowohl ein Hinweg (vom Versorgungszentrum oder einem anderen Standort aus) als auch ein Rückweg (zum Versorgungszentrum oder zu einem anderen Standort hin) dieses Transportmittels zu diesem bzw. von diesem Standort zu planen ((4.39) und (4.40)). Bei der Planung der entsprechenden Tour ist zudem zu beachten, dass das Versorgungszentrum (als Start- und Endpunkt) stets Teil der Tour ist (x s ∗ tn = 1, (4.38)) und dass zum Ausschluss von Teilzyklen innerhalb der Touren Restriktionen des Typs (4.41) in Ansatz zu bringen sind.38 Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen:
37
egds ∗ t ≥ 0 ∀ d ∈ D\D ∗ , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T
(4.42)
eg f s ∗ t ≥ 0 ∀ f ∈ F V er , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T
(4.43)
max gdst ≥ 0 ∀ d ∈ D, s ∈ S, t ∈ T
(4.44)
max gdt ≥ 0 ∀ d ∈ D, t ∈ T
(4.45)
g max f st ≥ 0 ∀ f ∈ F, s ∈ S, t ∈ T
(4.46)
Dies ist zur Verdeutlichung der Zusammenhänge eine vereinfachende Annahme. Grundsätzlich kann man die Entscheidungssituation offensichtlich auch so modellieren, dass ein Standort von mehreren Transportmitteln versorgt wird. 38 Vgl. dazu Restriktionen dieser Art im Rahmen der Tourenplanung bspw. Wenger (2010), S. 41 ff. Für detailliertere Erläuterungen zu diesen Restriktionen und entsprechende Beispiele vgl. Abschn. 4.3.2.1.
218
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
h vdst ≥ 0 ∀ s ∈ S, v ∈ Vs , d ∈ D Geb , t ∈ T
(4.47)
h vf st ≥ 0 ∀ s ∈ S, v ∈ Vs , f ∈ F Geb , t ∈ T
(4.48)
lgdst ≥ 0 ∀ d ∈ D\D ∗ , s ∈ S, t ∈ T
(4.49)
lgds ∗ t ≥ 0 ∀ d ∈ D\D ∗ , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T
(4.50)
lg f st ≥ 0 ∀ f ∈ F V er , s ∈ S, t ∈ T
(4.51)
lg f s ∗ t ≥ 0 ∀ f ∈ F V er , s ∗ ∈ S ∗ , t ∈ T
(4.52)
u ss tn ∈ {0, 1} ∀ s ∈ S, s ∈ S ∪ S ∗ , t ∈ T , n ∈ N
(4.53)
xst ∈ {0, 1} ∀ s ∈ S, t ∈ T
(4.54)
xstn ∈ {0, 1} ∀ s ∈ S, t ∈ T , n ∈ N
(4.55)
xs ∗ sdt ≥ 0 ∀ s ∈ S, s ∗ ∈ Ss∗ , d ∈ D\D ∗ , t ∈ T
(4.56)
xs ∗ s f t ≥ 0 ∀ s ∈ S, s ∗ ∈ Ss∗ , f ∈ F V er , t ∈ T
(4.57)
vv ydst ∈ {0, 1} ∀ s ∈ S, v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , d ∈ D Geb , t ∈ T
(4.58)
Geb y vv ,t ∈ T f st ∈ {0, 1} ∀ s ∈ S, v ∈ Vs , v ∈ v ∈ Vs v < v , f ∈ F
(4.59)
λvst ≥ 0 ∀ v ∈ V , s ∈ S, t ∈ T
(4.60)
λvt ≥ 0 ∀ v ∈ V , t ∈ T
(4.61)
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
219
Die Restriktionstypen (4.42) bis (4.61) repräsentieren die Nichtnegativitäts- bzw. Binaritätsbedingungen der oben in Ansatz gebrachten Variablen.
4.3
Modellüberlegungen zur Planung digitaler Produktionsabläufe, dargestellt am Beispiel einer Pflegeeinrichtung
4.3.1
Vorbemerkungen zur Problemstruktur und Erläuterungen zum Aufbau des Kapitels
4.3.1.1 Struktur des Produktionsablaufplanungsproblems Wir wollen im folgenden Abschnitt die grundlegenden modelltheoretischen Überlegungen zur Planung des digitalen Produktionsablaufs am Beispiel eines Altenund Pflegeheims konkretisieren. Wir beschäftigen uns dabei (a) mit der Einführung digitaler Pflegedokumentation39 und (b) mit der (damit verbundenen) Neustrukturierung des Schichtbetriebs. Zu (a): Um die Problemstruktur bzgl. der Einführung digitaler Pflegedokumentation besser verstehen zu können, ist es sinnvoll, zunächst die Grundstruktur des relevanten Teils40 des Pflegeablaufs mit analoger Pflegedokumentation zu erläutern. Innerhalb einer Schicht fallen in jedem Bewohnerzimmer (BZ), in dem je ein Bewohner lebt, Pflegebedarfe (gemessen in Arbeitskräfteminuten) in unterschiedlicher Höhe an, welche von den Pflegekräften zu decken sind. Anschließend sind die Pflegevorgänge in Papierform im Pflegedienstzimmer (PDZ) zu dokumentieren. Zu diesem Zweck sind je Pflegekraft zusammenhängende Pflegetouren zu planen. Eine Pflegetour (mit Beginn und Ende im PDZ) 39
Digitale Pflegedokumentation ist in diesem Beispiel eine Aktivität, in deren Ablauf sowohl digitale (bspw. die Dokumentationssoftware) als auch nicht-digitale Produktionsfaktoren (wie die Arbeitszeit der Pflegekräfte) kombiniert werden. 40 Grundsätzlich sind in der Einrichtung im Rahmen der Früh- und Spätschichten jeweils täglich verschiedene Tätigkeiten teilweise mehrfach von den Pflegekräften zu erledigen. Von diesen sind jedoch nicht alle direkt mit der Pflege der Bewohner verbunden und somit auch nicht dokumentationspflichtig. Wir betrachten deshalb an dieser Stelle zunächst nur Bedarfe bzgl. der Behandlungs- und Grundpflege als für die Planung von Pflegetouren relevanten Teil des Schichtbetriebs. Auf weitere Tätigkeiten und entsprechende Personaleinsätze zur Bedarfsdeckung kommen wir in Abschnitt 4.3.3 bei Simultanplanung von Pflegeablauf und Schichtmustern zurück. Die Tätigkeiten im Rahmen der Nachtschichten weichen davon ab und sollen an dieser Stelle nicht weiter betrachtet werden.
220
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
ist dabei als Abfolge von Laufwegen zu einem Bewohnerzimmer, anschließender Pflegebedarfsdeckung in diesem Bewohnerzimmer und Laufwegen zum nächsten Bewohnerzimmer definiert. Die entsprechende Problemstruktur ist anhand eines Flures mit 10 Bewohnerzimmern und einem PDZ sowie einer mittels blauer Pfeile dargestellten Beispiel-Pflegetour in Abb. 4.3 dargestellt.
Abbildung 4.3 Grundlegende Darstellung einer zu planenden Pflegetour
Ohne digitale Unterstützung erfolgt die Pflegedokumentation in Papierform an einem zentralen Ort (dem PDZ). Im betrachteten Alten- und Pflegeheim sind inzwischen auf den Fluren Touchscreen-Monitore angebracht, an denen auf eine Software zugegriffen werden und die Dokumentation aller Pflegevorgänge erfolgen kann, ohne dazu ins PDZ zurückkehren zu müssen, und welche somit als komplementäre digitale Technologie zukünftig die Pflegedokumentation erleichtern soll. Durch die Einführung von Dokumentationssoft- und -hardware kann diese nun also dezentral erfolgen. Daraus ergeben sich aus betriebswirtschaftlicher Sicht grundsätzlich zwei zentrale positive Effekte. Zum einen kann die aufgewendete Zeit für die Pflegedokumentation an den Monitoren um bis zu 50 % reduziert werden und es ergeben sich somit nicht unerhebliche Arbeitsproduktivitätssteigerungen.41 Zum anderen verringert sich die Länge der zurückzulegenden Wege, da die Wege zwischen einzelnen Bewohnerzimmern und dem PDZ nun durch Wege zu den nähergelegenen Monitoren substituiert werden können, sodass sich auch diesbezüglich inputseitige Produktivitätssteigerungen einstellen. Zu (b): Selbstverständlich bedingt die Einführung digitaler Pflegedokumentation durch die Bereitstellung neuer Produktionsfaktoren und die damit verbundene Entstehung neuer bzw. angepasster Aufgaben(-erledigungen) ggf. eine Neustrukturierung des Schichtbetriebs. Allerdings ist diese im betrachteten Alten- und 41
Vgl. dazu vertiefend die Ausführungen auf S. 213 ff.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
221
Pflegeheim auch unabhängig davon notwendig, da die Personalausstattung in der Einrichtung nicht zuletzt aufgrund eines anhaltenden Fachkräftemangels innerhalb der Branche42 sowohl quantitativ als teilweise auch strukturell kaum bis nicht ausreichend43 ist, um die Personalbedarfe jederzeit durch Zuordnung der Pflegekräfte zu den aktuell vorhandenen Schicht- und Dienstfolgemuster44 zu decken. Laut Einrichtungsleitung sind daher Einstellungen weiterer Pflegekräfte notwendig. Diese sind jedoch wegen der Knappheit auf dem Arbeitsmarkt momentan nicht möglich, sodass zumindest kurzfristig von einer gegebenen Personalausstattung ausgegangen werden muss. Dementsprechend soll durch Planung neuer Schicht- und Dienstfolgemuster ein besserer Einsatz der vorhandenen Pflegekräfte erreicht werden.
4.3.1.2 Erläuterungen zum Aufbau des Kapitels Grundsätzlich sind im oben beschriebenen Problemkomplex Entscheidungen in den Bereichen der Produktions-, Personal- und Investitionsplanung zu treffen. Die Struktur dieses Entscheidungsproblemkomplexes ist in Abb. 4.4 dargestellt. In produktionsplanerischer Hinsicht geht es in diesem Fall um die Festlegung des optimalen Produktionsablaufs unter Berücksichtigung digitaler Pflegedokumentation. Im entsprechenden Venn-Diagramm im mittleren Abschnitt der Abb. 4.4 wird dies durch den Schnitt von Digitalisierung und Produktionsablauf dargestellt (blau gefärbte Fläche).
42
Zum Fachkräftemangel in der Pflegebranche (in Deutschland) tragen u. a. die hohe körperliche und psychische Belastung der Pflegeaufgaben sowie die wachsende Anzahl pflegebedürftiger Menschen bei (vgl. zu diesem Thema vertiefend bspw. BMG (2022), abgerufen am: 26.01.2022, Statistisches Bundesamt (2022), abgerufen am 26.01.2022, Bundesagentur für Arbeit (2021) sowie Kumbruck (2019)). 43 In der Personalplanung sprechen wir von quantitativer (niveaumäßiger) bzw. struktureller Angemessenheit der Personalausstattung, wenn die Anzahl der verfügbaren Arbeitskräfte mindestens der Anzahl der für die Erledigung aller Betriebsaufgaben benötigten Arbeitskräfte entspricht bzw. die verfügbaren Arbeitskräfte hinreichend qualifiziert sind (sowie zur richtigen Zeit und am richtigen Ort bereitgestellt werden), um die entsprechenden Aufgaben zu erledigen (vgl. dazu Kossbiel (1987) und (2003)). 44 Als Schicht- bzw. Dienstfolgemuster bezeichnen wir eine Zusammenfassung von Dienstzeiten an einem bestimmten Tag (bspw. in einer Frühschicht von 6:00 bis 14:30 Uhr) bzw. eine Zusammenfassung von Arbeitstagen und arbeitsfreier Tage innerhalb eines (meist sieben Tage umfassenden) Zeitraums (bspw. mit den Arbeitstagen Montag bis Freitag und Arbeitsfreitagen am Wochenende) (vgl. dazu und vertiefend zum Thema Dienst- und Schichtplanung Schroll (2007)).
222
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.4 Struktur des Entscheidungsproblemkomplexes
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
223
Aufgrund dessen, dass wir uns initial zum besseren Verständnis mit Modellen zur Planung des Produktionsablaufs ohne die Integration digitaler Pflegedokumentation beschäftigen, ist hier auch die isolierte Produktionsablaufplanung relevant (schraffierte Fläche). Im rechten Teil der Abbildung sind die personalplanerischen Aspekte des Problemkomplexes veranschaulicht. Da Personalbedarf und -ausstattung als Daten vorliegen, geht es ausschließlich um die Bestimmung des optimalen Personaleinsatzes (im Schichtbetrieb). Die Investitionsentscheidungen sind in der vorliegenden Fallstudie bereits getroffen. Dennoch ist die Festlegung eines entsprechenden digitalen Investitionsprogramms (blau gefärbter Schnitt im linken Teil der Abbildung) für die vorliegenden Fragestellungen grundsätzlich relevant und wird dementsprechend im Folgenden auch in gebotener Kürze thematisiert. Die konkrete Vorgehensweise bzgl. der einzelnen Teilproblemstellungen wird nachfolgend detaillierter dargestellt. Produktionsablauf mit (digitaler) Pflegedokumentation Betrachtet man zunächst ausschließlich die Produktionsplanungskomponente des Problemkomplexes, können wir festhalten, dass die oben dargestellten Änderungen in der Pflegedokumentation Änderungen im Produktionsablauf des Alten- und Pflegeheims bedingen. Das bedeutet im Speziellen, dass sowohl über die Anzahl der Monitore und die Positionen, an denen diese auf den Fluren des Altenheims anzubringen sind, als auch über die neuen Reihenfolgen und Zeiten der Pflegeund Dokumentationsbedarfsdeckungen zu entscheiden ist. Diesen Entscheidungsproblemen begegnen wir mit mehreren aufeinander aufbauenden Modellen zur Produktionsablaufplanung mit (digitaler) Pflegedokumentation. Zunächst modellieren wir die Ausgangsproblemstellung, also das Pflegeablaufplanungsproblem (mit analoger Pflegedokumentation), mit zwei grundlegenden Modellen 1a (vgl. Abschn. 4.3.2.1) und 1b (vgl. Abschn. 4.3.2.2), um auf deren Basis Modelle zur Produktionsablaufplanung mit digitaler Pflegedokumentation formulieren zu können. Dabei gehen wir in Modellvariante 2a (vgl. Abschn. 4.3.2.3) zunächst davon aus, dass die Anzahl und die Positionen der Dokumentationsmonitore bekannt sind und somit ausschließlich über die Pflegetouren der (zunächst) gleichqualifizierten45 Pflegekräfte zu entscheiden ist. In Modellvariante 2b (vgl. Abschn. 4.3.2.4) sind zusätzlich die Anzahl und die Positionen der Monitore festzulegen.
45
Im Rahmen der Simultanplanung von digitaler Pflegedokumentation und Schichtmustern in Abschn. 4.3.3 betrachten wir dann unterschiedlich qualifizierte Pflegekräfte.
224
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Schichtplanung Zusätzlich zu der oben bereits beschriebenen Problematik der kurzfristig (zumindest quantitativ46 ) nicht positiv veränderbaren Personalausstattung sieht sich die Einrichtungsleitung mit Absentismusquoten i. H. v. mindestens 10 Prozent konfrontiert, wodurch die Anzahl der effektiv im Schichtbetrieb einsetzbaren Pflegekräfte weiter sinkt. Diese Probleme sollen mit einem Modell zur Schichtmusterbestimmung (vgl. Abschn. 4.3.3) gelöst werden. Abschließend wird dieses mit den Modellüberlegungen zur Produktionsablaufplanung bei digitaler Pflegedokumentation im Rahmen eines Simultanplanungsmodells kombiniert (vgl. Abschn. 4.3.3). Planung des digitalen Investitionsprogramms In Verbindung mit der Entscheidung, ob die Pflegedokumentation in einer Pflegeeinrichtung digitalisiert werden soll, sind offensichtlich zumindest Investitionsentscheidungen hinsichtlich der zu verwendenden Dokumentationssoftware und -hardware zu treffen. Mit der Hardwareentscheidung sind zudem weitere Entscheidungen bzgl. Anzahl und ggf. Bereitstellungspositionen verbunden. Aufgrund des Schwerpunkts der vorliegenden Arbeit wollen wir uns nicht explizit mit Investitionen in entsprechende Dokumentationshardware und -software auseinandersetzen.
4.3.2
Modelle zur Produktionsablaufplanung mit (digitaler) Pflegedokumentation
4.3.2.1 Modell zur Planung einer Pflegetour ohne Bedarfsdifferenzierung In der Ausgangssituation ohne Berücksichtigung digitaler Pflegedokumentation betrachten wir eine Schicht mit einer vorgegebenen Anzahl an Bewohnerzimmern, in denen Pflegebedarfe zu decken sind. Zudem seien die Arbeitskräfte, die zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden, alle gleich qualifiziert und die einzelnen Pflegebedarfe werden ebenso nicht weiter differenziert, sondern als Gesamtpflegebedarf je Bewohnerzimmer in Ansatz gebracht. Dementsprechend blenden wir an dieser Stelle die Dokumentation der Pflege zunächst vollständig aus. Es soll nun bestimmt werden, welche Arbeitskraft welche Bewohnerzimmer und in 46
Um struktureller Niveauunangemessenheit der Personalausstattung entgegenzuwirken, kann die Einrichtungsleitung bspw. Schulungen veranlassen, um Qualifikationsdefizite in der Personalausstattung auszugleichen. Entsprechende Überlegungen dazu sollen aufgrund des Schwerpunktes der vorliegenden Arbeit jedoch nicht weiter vertieft werden.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
225
welcher Reihenfolge die einzelnen Arbeitskräfte diese Bewohnerzimmer anlaufen, um dort den entsprechenden Gesamtpflegebedarf zu decken. Das Geflecht aus Bewohnerzimmern, PDZ sowie den einzelnen Wegen zwischen diesen ist mathematisch betrachtet ein gerichteter Graph, dessen Knoten die Zimmer und dessen Kanten die Wege sind. Die Wegezeiten zwischen den Bewohnerzimmern bzw. zum PDZ, die maximal zulässigen Wege- und Arbeitszeiten der Pflegekräfte sowie der Gesamtpflegebedarf je Bewohner sind jeweils bekannt. Alle Pflegetouren sollen im PDZ beginnen und enden. Wir definieren folgende Symbole: Mengen B := b = 0, 1, . . . ,B R := r = 1, . . . , R
Menge der Knoten Menge gleich qualifizierter Arbeitskräfte
Daten AZ rmax := lbb := L rmax := P F Bb :=
Maximale Arbeitszeit (in Minuten) von Arbeitskraft r Wegezeit (in Minuten) von Knoten b zu Knoten b Maximale Wegezeit (in Minuten) von Arbeitskraft r Gesamtpflegebedarf (in Minuten) an Knoten b
Entscheidungsvariablen D := ptbr := u bb r :=
Gesamtdurchlaufzeit 1, wenn der Bedarf an Knoten b von Arbeitskraft r gedeckt wird 0, sonst 1, wenn Arbeitskraft r von Knoten b zu Knoten b geht
0, sonst Die Problemstruktur ist exemplarisch für 10 Bewohnerzimmer ({b = 1, . . . , 10}) und ein PDZ ({b = 0}) in Abbildung 4.5 dargestellt. Auf der linken Seite der Abbildung ist die Bedeutung der Variablen u bb r und der Wegezeiten lbb visualisiert, während auf der rechten Seite ein Beispiel für eine zulässige Pflegetour der Arbeitskraft r = 1 inklusive der entsprechenden Ausprägungen der relevanten ptb1 und u bb 1 Variablen zu sehen ist.
226
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.5 Beispiel-Pflegetour einer Pflegekraft r = 1
Ziel ist es, den Pflegeablauf so zu planen, dass die Gesamtdurchlaufzeit minimiert wird, alle Pflegebedarfe durch jeweils genau eine Pflegekraft gedeckt werden und zu diesem Zweck je Arbeitskraft zusammenhängende Pflegetouren entstehen. Der entsprechende Ansatz lautet: Zielfunktion: D → min!
(4.62)
Die Zielfunktion strebt die Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit an. u. d. N.: Abstimmung Durchlaufzeit Pflegekraft – Gesamtdurchlaufzeit: b∈B b ∈B\{b}
u bb r · lbb +
ptbr · P F Bb ≤ D ∀ r ∈ R
(4.63)
b∈B\{0}
Die Durchlaufzeit in Bezug auf die Pflegeleistungen einer einzelnen Arbeitskraft ergibt sich als Summe aller von dieser Arbeitskraft zurückgelegten Wegeminuten zuzüglich der für die Deckung der Pflegebedarfe aufgewendeten Zeit (linke
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
227
Seite von (4.63)). Diese Summe muss kleiner oder gleich der Gesamtdurchlaufzeit sein, sodass diese mindestens so groß wie die Durchlaufzeit der langsamsten Pflegekraft ist.47 Abstimmung Zimmerzuordnung – Pflegebedarf:
ptbr = 1 ∀ b ∈ B\{0}
(4.64)
r ∈R
Da jeder Pflegebedarf durch genau eine Pflegekraft zu decken ist, stellt Nebenbedingung (4.64) sicher, dass jedes Bewohnerzimmer von genau einer Arbeitskraft angelaufen wird. Einbindung des Pflegedienstzimmers: pt0r = 1 ∀ r ∈ R
(4.65)
47
Alternativ können in der Zielfunktion bspw. auch die Minimierung der Wegezeiten (1) oder die Minimierung der Summe der einzelnen Durchlaufzeiten Dr (2) je Pflegekraft r angestrebt werden: (1)
u bb ir · lbb → min! oder(2)
r ∈R b∈B b ∈B|b =b
Dr → min!
r ∈R
Beide Alternativen führen jedoch unter Umständen dazu, dass die Pflegebedarfsdeckungen so ungleichmäßig zugeordnet werden, als dass es sowohl für die Bewohner als auch für die Pflegekräfte nicht besonders zufriedenstellend ist. Beträgt der Gesamtpflegebedarf bspw. P F Bb = 200 Minuten, kö nnen sich b∈B\{0}
grundsätzlich sowohl mit (1) als auch mit (2) Lösungen ergeben,in denen eine Pflegekraft alle Bedarfe deckt und andere Pflegekräfte gar keine. Bei zwei Pflegekräften ist also eine Zuteilung 200 zu 0 möglich. Eine entsprechende Lösung führt auf Seiten der Arbeitskräfte recht wahrscheinlich zu Ungerechtigkeitsempfindungen. Bei den Bewohnern führt eine solche Extremlösung dazu, dass einige ihre Pflegeleistungen erst sehr spät erhalten. Beginnen die Pflegekräfte bspw. um 8:00 Uhr, würde der letzte Bewohner auf der Pflegetour abhängig von den Wegezeiten und der Ausprägung der einzelnen Pflegebedarfe erst nach 11:00 Uhr aufgesucht werden. Da zu den Pflegeleistungen u. a. die zeitgerechte Verabreichung von Medikamenten sowie die Unterstützung bei der Körperpflege zählen, sind entsprechende Lösungen nicht akzeptabel.
228
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Da zu Beginn der Schicht alle Pflegekräfte im PDZ (b = 0) sind und sich diese nach Ende ihrer Pflegetouren auch wieder dort einfinden sollen, beginnen und enden alle Pflegetouren im PDZ. Dies wird durch (4.65) garantiert. Abstimmung der Hin- und Rückwege je Bewohnerzimmer:
u bb r = ptb r ∀ b ∈ B, r ∈ R
(4.66)
u bb r = ptbr ∀ b ∈ B, r ∈ R
(4.67)
b∈B\{b }
b ∈B\{b}
Durch die Nebenbedingungen (4.66) und (4.67) wird erreicht, dass eine Pflegekraft jeden Knoten auf ihrer Pflegetour genau einmal von einem anderen Knoten aus anlaufen muss bzw. dass von jedem Knoten auf dieser Pflegetour genau ein anderer Knoten angelaufen werden muss. Das heißt also, dass jeder Knoten, der Teil der Pflegetour ist, genau einmal von der Pflegekraft angelaufen und auch genau einmal wieder verlassen wird. Ausschluss von Teilzyklen innerhalb der Pflegetouren:
u bb r ≤ Bˆ − 1 ∀ Bˆ ∈ P(B\{0})\{∅} und mit Bˆ > 1, r ∈ R
ˆ b∈ Bˆ b ∈ B\{b}
(4.68) Damit die Pflegetour einer Arbeitskraft „am Stück“ verläuft, wird durch (4.68) sichergestellt, dass auf der Tour keine Teilzyklen entstehen. Das bedeutet, dass in jeder beliebigen Teilpflegetour (ohne Berücksichtigung des PDZ) maximal ein Weg zwischen Bewohnerzimmern weniger zulässig ist, als notwendig wäre, um in dieser Teilpflegetour vom letzten Bewohnerzimmer wieder zum ersten zu laufen.48
48
Die Restriktionen der Typen (4.64)–(4.68) formulieren wir in Anlehnung an die in Abschnitt 4.2.3 dargestellten grundsätzlichen Nebenbedingungstypen zur Tourenplanung.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
229
Es sind insgesamt R · 2 B − 1 − |B| 49 Nebenbedingungen dieses Typs zu formulieren. Wir wollen dazu ein Beispiel mit R = 2 und B = 4 betrachten. In diesem Fall sind dementsprechend 2 · 24 − 1 − 4 = 2 · 11 = 22 Nebenbedingungen des Typs (4.68) zu. Die 11 auf r = 1 bezogenen lauten: {b = 1, 2} u 121 + u 211 ≤ 1
{b = 1, 3} u 131 + u 311 ≤ 1
{b = 2, 3} u 231 + u 321 ≤ 1
{b = 2, 4} u 241 + u 421 ≤ 1
{b = 1, 4} u 141 + u 411 ≤ 1
{b = 3, 4} u 341 + u 431 ≤ 1 {b = 1, 2, 3} u 121 + u 211 + u 131 +u 311 + u 231 + u 321 ≤ 2
{b = 1, 2, 4} u 121 + u 211 + u 141 +u 411 + u 241 + u 421 ≤ 2
{b = 1, 3, 4} u 131 + u 311 + u 141 +u 411 + u 341 + u 431 ≤ 2
{b = 2, 3, 4} u 231 + u 321 + u 241 +u 421 + u 341 + u 431 ≤ 2
{b = 1, 2, 3, 4} u 121 + u 211 + u 131 + u 311 + u 141 + u 411 +u 231 + u 321 + u 241 + u 421 + u 341 + u 431 ≤ 3
Eine zulässige Lösung dieses Teilrestriktionensystems ist im rechten Teil der Abb. 4.6 dargestellt. Die Arbeitskraft r = 1 läuft in diesem Fall auf ihrer Pflegetour vom PDZ aus über die Bewohnerzimmer b = 3, b = 2, b = 1 und b = 4 wieder zum PDZ. Innerhalb der Pflegetour im linken Teil dieser Abbildung entstehen die abgeschlossenen Teilzyklen b = 0, b = 3 und b = 4 sowie b = 1 und b = 2. Diese nicht zusammenhängende Tour ist unzulässig, da sie gegen die Restriktion u 121 + u 211 = 1 + 1 = 2 1 verstößt.
49
Die Anzahl der zu formulierenden Nebenbedingungen dieser Art ergibt sich aufgrund dessen, dass die Anzahl der Elemente der Potenzmenge einer Menge stets zwei hoch der Mächtigkeit der Menge beträgt. Es geht hier also um alle Variationen (ohne Wiederholungen) einer Grundmenge (Kombinatorik). Davon ziehen wir eine Nebenbedingung für die nicht zu berücksichtigende leere Menge und |B| Nebenbedingungen für alle Bˆ mit nur einem Element ab, da Bˆ > 1 gilt. Da der Ausschluss von Teilzyklen für jede Arbeitskraft zu gewährleisten ist, ist der Klam-merausdruck mit der Anzahl der Arbeitskräfte |R| = R¯ zu multiplizieren.
230
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.6 Zulässige und unzulässige Beispiel-Pflegetouren
Abstimmung Arbeitszeit – maximale Arbeitszeit:
ptbr · P F Bb +
b∈B
b∈B\{0}
u bb r · lbb ≤ AZ rmax ∀ r ∈ R
(4.69)
b ∈B\{b}
Abstimmung Wegezeit – maximale Wegezeit:
u bb r · lbb ≤ L rmax ∀ r ∈ R
(4.70)
b∈B b ∈B\{b}
Die Einhaltung von maximaler Arbeitszeit und Wegezeit pro Arbeitskraft sind Gegenstand der Nebenbedingungen (4.69) und (4.70). Binaritätsbedingungen: ptbr ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, r ∈ R
(4.71)
u bb r ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, b ∈ B\{b}, r ∈ R
(4.72)
(4.71) und (4.72) stellen die Binaritätsbedingungen der Entscheidungsvariablen dar. Zur Verdeutlichung des obenstehenden Modells formulieren wir ein Beispiel mit R = 2 Pflegekräften und B = 10 Bewohnerzimmern. Die maximale Arbeitszeit je Arbeitskraft betrage 180 Minuten (AZ 1max = AZ 2max = 180) und
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
231
die maximale Wegezeit je Arbeitskraft betrage 30 Minuten (L max = L max = 1 2 50 30). Die Gesamtpflegebedarfe und die Wegezeiten sind in der nachstehenden Tabelle 4.1 angegeben. Tabelle 4.1 Exemplarische Gesamtpflegebedarfe und Wegezeiten lbb b b
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
P F Bb
0
–
5
4
3
2
1
5
4
3
2
1
–
1
5
–
1
2
3
4
1
2
3
4
5
33
2
4
1
–
1
2
3
2
1
2
3
4
37
3
3
2
1
–
1
2
3
2
1
2
3
24
4
2
3
2
1
–
1
4
3
2
1
2
27
5
1
4
3
2
1
–
5
4
3
2
1
24
6
5
1
2
3
4
5
–
1
2
3
4
21
7
4
2
1
2
3
4
1
–
1
2
3
38
8
3
3
2
1
2
3
2
1
–
1
2
23
9
2
4
3
2
1
2
3
2
1
–
1
39
10
1
5
4
3
2
1
4
3
2
1
–
24
Die optimale Lösung zu diesem Beispiel ist in Abb. 4.7 grafisch dargestellt. Die minimale Gesamtdurchlaufzeit beträgt 155 Minuten. Alle in der Abbildung nicht aufgeführten ptbr - und u bb r -Variablen nehmen im Optimum den Wert 0 an.51
50
In diesem Beispiel legen wir die Maximalzeiten fest. In der Praxis muss die Einrichtungsleitung abwägen, wie groß der Zeitraum, in dem alle Pflegetätigkeiten innerhalb einer Schicht durchzuführen sind, maximal sein darf. 51 Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.1 im elektronischen Zusatzmaterial.
232
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.7 Grafische Darstellung optimaler Pflegetouren im Beispiel zu Modell 1a
4.3.2.2 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und analoger Pflegedokumentation In Modellvariante 1b wollen wir die Bedarfe nun etwas weiter differenzieren und diese in Pflegebedarfe beim Bewohner und die damit verbundenen Dokumentationsbedarfe unterscheiden. Dazu treffen wir die Annahme, dass aufgrund beschränkter Verarbeitungskapazitäten der Pflegekräfte nach einer bestimmten Anzahl gedeckter Pflegebedarfe die Pflegetour für die Dokumentation der Pflegevorgänge zu unterbrechen ist, damit nicht falsch oder unvollständig dokumentiert wird. Dabei gehen wir zunächst davon aus, dass diese Dokumentation in analoger Form (mittels Pflegeformularen in Ordnern) erfolgt und die Pflegekraft dementsprechend vom Zimmer des zuletzt gepflegten Bewohners zum Lagerort des Dokumentationsordners (PDZ) laufen muss. Es ergeben sich also unter Umständen mehrere (Teil-)Pflegetouren je Pflegekraft mit Start und Ziel im PDZ. Wir definieren zusätzlich folgende Symbole: Menge J := j = 1, . . . , J
Menge der Pflegetouren einer Arbeitskraft (mit J als maximale Anzahl einer Arbeitskraft zuzuordnenden Pflegetouren)
Daten B max jr :=
Maximale Anzahl an von Arbeitskraft r auf Pflegetour j anzulaufenden Bewohnerzimmern
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
D Bb := M :=
233
Dokumentationsbedarf (in Minuten) für die Erledigung des Pflegebedarfs in Bewohnerzimmer b Hinreichend große Zahl
Entscheidungsvariablen ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn der Bedarf an Knoten b von Arbeitskraft r auf Pflegetour j pt jbr :=
u bb jr :=
gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst 1, wenn Arbeitskraft r auf Pflegetour j von Knoten b zu Knoten b geht 0, sonst
In Abb. 4.8 sind zwei mögliche Pflegetouren einer Arbeitskraft r = 1 eingezeichnet. Die mit Hilfe schwarzer Pfeile dargestellte erste Pflegetour ( j = 1) führt also vom PDZ über die Bewohnerzimmer b = 5, b = 4 und b = 10 wieder zurück ins PDZ, um dort die Dokumentation der in diesen Zimmern durchzuführenden Pflegeaufgaben vorzunehmen. Anschließend startet von dort aus die zweite Pflegetour ( j = 2, in grauen Pfeilen dargestellt), welche nach den Bewohnerzimmern b = 2, b = 1 und b = 6 abermals im PDZ endet.
Abbildung 4.8 Zwei mögliche Pflegetouren einer Pflegekraft
234
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Zielfunktion: D → min!
(4.62)
Die Zielfunktion strebt weiterhin die Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit an. Abstimmung Durchlaufzeit Pflegekraft – Gesamtdurchlaufzeit:
u bb jr · lbb +
j∈J b∈B b ∈B\{b}
pt jbr · (P F Bb + D Bb ) ≤ D ∀ r ∈ R
j∈J b∈B\{0}
(4.73) Die Durchlaufzeit in Bezug auf die Pflegeleistungen einer einzelnen Arbeitskraft ergibt sich nun als Summe aller von dieser Arbeitskraft auf allen Touren zurückgelegten Wegeminuten zuzüglich der für die Deckung der Pflegebedarfe auf allen Touren aufgewendeten Zeit (linke Seite von (4.73)). Diese Summe muss weiterhin kleiner oder gleich der Gesamtdurchlaufzeit sein, sodass diese mindestens so groß wie die Durchlaufzeit der langsamsten Pflegekraft ist. Abstimmung Zimmerzuordnung – Pflegebedarf:
pt jbr = 1 ∀ b ∈ B\{0}
(4.74)
j∈J r ∈R
Nebenbedingung (4.74) stellt sicher, dass jedes Bewohnerzimmer genau einer Pflegetour einer Arbeitskraft zugeordnet wird. Einbindung des PDZ: pt j0r = 1 ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.75)
Da zu Beginn der Schicht alle Pflegekräfte im PDZ (b = 0) sind, die Pflegedokumentation dort durchzuführen ist und sich die Pflegekräfte nach Ende ihrer Pflegetouren auch wieder dort versammeln sollen, beginnen und enden alle Pflegetouren im PDZ. Dies wird durch (4.75) garantiert.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
235
Abstimmung der Hin- und Rückwege je Bewohnerzimmer:
u bb jr = pt jb r ∀ b ∈ B, j ∈ J , r ∈ R
(4.76)
u bb jr = pt jbr ∀ b ∈ B, j ∈ J , r ∈ R
(4.77)
b∈B\{b }
b ∈B\{b}
Durch die Nebenbedingungen (4.76) und (4.77) wird erreicht, dass jeder einer Tour zugeordneter Knoten auf dieser Tour genau einmal von der Pflegekraft angelaufen und auch genau einmal wieder verlassen wird. Abstimmung Zimmerzuordnung – maximale Zimmeranzahl:
pt jbr ≤ B max ∀ j ∈ J,r ∈ R jr
(4.78)
b∈B\{0}
Aufgrund dessen, dass spätestens nach B max Bewohnerzimmern aus Dokujr mentationsgründen eine Rückkehr ins PDZ vorgesehen ist, ist die Anzahl der einer einzelnen Pflegetour zuzuordnenden Bewohnerzimmer durch (4.78) zu beschränken. Reihenfolge der Zimmerzuordnung je Pflegetour: b∈B
pt jbr · M ≥
pt j+1br ∀ j ∈ J \J , r ∈ R
(4.79)
b∈B
Um sicherzustellen, dass einer Pflegetour j + 1 nur Bewohnerzimmer zugeordnet werden können, wenn der vorherigen Pflegetour j auch Bewohnerzimmer zugeordnet sind, ist Nebenbedingung (4.79) zu formulieren. Damit wird erreicht, dass Pflegetouren in der Reihenfolge j, j + 1, j + 2, . . . besetzt werden. Ausschluss von Teilzyklen innerhalb der Pflegetouren: ˆ b∈ Bˆ b ∈ B\{b}
u bb jr ≤ Bˆ − 1 ∀ Bˆ ∈ P(B\{0})\{∅} und ˆ mit B max ≥ B > 1, j ∈ J , r ∈ R jr
(4.80)
236
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Durch (4.80) wird weiterhin die Entstehung von Teilzyklen (in diesem Fall für jede einzelne Tour) verhindert. Da nun eine maximale Anzahl an pro Pflegetour anzulaufenden (Bewohner-)Zimmern bekannt ist, kann die Anzahl der in (4.80) zu berücksichtigenden Teilmengen Bˆ durch B max nach oben beschränkt werden. jr Abstimmung Arbeitszeit – maximale Arbeitszeit:
⎡ ⎣
j∈J
pt jbr · (P F Bb + D Bb ) +
⎤ u bb jr · lbb ⎦ ≤ AZ rmax
b∈B b ∈B\{b}
b∈B\{0}
∀ r ∈ R (4.81) Abstimmung Wegezeit – maximale Wegezeit: j∈J b∈B
u bb jr · lbb ≤ L rmax ∀ r ∈ R
(4.82)
b ∈B\{b}
Die Einhaltung von maximaler Arbeitszeit und Wegezeit pro Arbeitskraft sind Gegenstand der Nebenbedingungen (4.81) und (4.82). Binaritätsbedingungen: pt jbr ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, j ∈ J , r ∈ R
(4.83)
u bb jr ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, b ∈ B\{b}, j ∈ J , r ∈ R
(4.84)
(4.83) und (4.84) stellen die Binaritätsbedingungen der Entscheidungsvariablen dar. Zur Veranschaulichung ergänzen wir unser Beispiel von oben um die in Tabelle 4.2 gegebenen Dokumentationsbedarfe D Bb . Zudem legen wir J = 3 = 3 als maximale als maximale Pflegetourenanzahl je Arbeitskraft und B max jr Bewohneranzahl je Pflegekraft und Pflegetour fest. Tabelle 4.2 Dokumentationsbedarfe b
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
D Bb
–
11
11
11
16
9
8
8
15
16
14
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
237
Abbildung 4.9 Grafische Darstellung optimaler Pflegetouren im Beispiel zu Modell 1b
Die optimale Lösung zum ergänzten Beispiel ist in Abb. 4.9 grafisch dargestellt. Die minimale Gesamtdurchlaufzeit beträgt 219 Minuten.52 Alle in der Abbildung nicht aufgeführten pt jbr - und u bb jr -Variablen nehmen im Optimum den Wert 0 an.53
52
Die relativ große Lücke zur optimalen Lösung des Ausgangsbeispiels ist durch die nun berücksichtigten Dokumentationsbedarfe zu erklären. Addiert man zu den Durchlaufzeiten von r = 1 (150 Minuten) und r = 2 (140 Minuten) jeweils die relevanten Dokumentationsbedarfe i. H. v. 55 bzw. 64 Minuten, ergibt sich bereits eine minimale Gesamtdurchlaufzeit von 205 Minuten. Die restlichen Minuten sind durch Laufwege zu den Bewohnerzimmern und ins PDZ zum Zwecke der Dokumentation zu erklären. 53 Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.2 im elektronischen Zusatzmaterial.
238
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
4.3.2.3 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und digitaler Pflegedokumentation Basierend auf der einführenden Modellierung des Produktionsablaufproblems ohne Berücksichtigung digitaler Pflegedokumentation wollen wir das Modell aus dem vorstehenden Kapitel nun eben in genau dieser Hinsicht erweitern. Im Folgenden wird die Entscheidungssituation dementsprechend insofern erweitert, als dass der Pflegeablauf durch ein System zur digitalen Pflegedokumentation unterstützt wird. Konkret bedeutet dies, dass auf jedem Flur eine (zunächst vorgegebene) Anzahl an Touchscreen-Monitoren (an zunächst vorgegebenen Positionen) installiert wird, über die Pflegekräfte Zugriff auf die Dokumentationssoftware haben und somit in der Lage sind, Pflegetätigkeiten zu dokumentieren, ohne ins PDZ zurückkehren zu müssen. Dadurch ergeben sich folgende Änderungen in der Problemstruktur: 1. Die von Pflegekräften anzulaufenden Stationen innerhalb ihrer Pflegetouren sind nunmehr nicht nur einzelne Zimmer, sondern zusätzlich auch konkrete Positionen in den Fluren, an denen die Touchscreen-Monitore platziert sind. Deshalb erweitern wir die Menge B um diese Positionen der Monitore. 2. Aufgrund dessen, dass nun mehrere Orte existieren, an denen die Pflegedokumentation durchgeführt werden kann, sind Start- und Endpunkt einer Pflegetour nicht mehr festgelegt. Die einzige Ausnahme ist diesbezüglich die Forderung, dass die erste Tour weiterhin im PDZ beginnen muss. Demzufolge ist nun nicht nur zu entscheiden, welche Bewohnerzimmer in welcher Reihenfolge auf jeder einzelnen Pflegetour anzulaufen, sondern auch welche Touchscreen-Monitore jeweils für die Dokumentation in eine Tour zu integrieren sind. Wir definieren zusätzlich folgende Symbole: α D := B D := ε :=
Leistungsfaktor bei digitaler Pflegedokumentation Menge der Knoten b ∈ B, an denen Touchscreen-Monitore zur Pflegedokumentation angebracht sind Hinreichend kleine Zahl
In Abb. 4.10 sind wiederum zwei mögliche Pflegetouren einer Arbeitskraft r = 1 eingezeichnet. Die erste Pflegetour ( j = 1 j = 1, in schwarzen Pfeilen dargestellt) führt in diesem Fall vom PDZ über die Bewohnerzimmer b = 5, b = 4 und b = 10 zum Monitor b = 11, um dort die Pflegedokumentation durchzuführen. Anschließend startet von dort aus die zweite Pflegetour ( j = 2, in grauen Pfeilen
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
239
dargestellt), welche nach den Bewohnerzimmern b = 2, b = 1 und b = 6 zum Monitor führt und nach der entsprechenden Dokumentation dort endet.
Abbildung 4.10 Zwei mögliche Pflegetouren einer Pflegekraft bei digitaler Pflegedokumentation
Der entsprechend angepasste Ansatz lautet: Zielfunktion: D → min!
(4.62)
Die Minimierung der Gesamtdurchlaufzeit ist weiterhin Gegenstand der Zielfunktion. Abstimmung Durchlaufzeit Pflegekraft – Gesamtdurchlaufzeit: j∈J b∈B b ∈B\{b}
u bb jr · lbb +
j∈J b∈B\{0}∪B D
D Bb pt jbr · P F Bb + ≤D αD ∀r ∈ R (4.85)
Aufgrund der digital durchzuführenden Pflegedokumentation ist bzgl. der Deckung der Dokumentationsbedarfe nun eine erhöhte Arbeitsproduktivität der Pflegekräfte zu berücksichtigen. Eine Erhöhung der Arbeitsproduktivität als Primärdeterminante des Personalbedarfs führt bei (der in diesem Fall vorliegenden) Konstanz der anderen beiden Primärdeterminanten (Leistungsprogramm und
240
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Arbeitszeit) zur Verringerung des Personalbedarfs.54 Die entsprechende Veränderung der Dokumentationsbedarfe bringen wir in (4.85) über deren Division durch einen Leistungsfaktor α D in Ansatz.55 Abstimmung Zimmerzuordnung – Pflegebedarf:
pt jbr = 1 ∀ b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.86)
j∈J r ∈R
Die Forderung nach Deckung der Pflegebedarfe (4.86) bleibt im Wesentlichen unverändert bestehen. Nur im Allquantor wird weiter eingeschränkt, dass weder das PDZ noch jeder Touchscreen-Monitor zwangsläufig einer Pflegetour zugeordnet werden müssen bzw. auch mehr als einer Pflegetour zugeordnet werden können. Bezüglich der Zuordnung von einzelnen Knoten zu Pflegetouren ist nun zusätzlich Folgendes sicherzustellen: 1. Die erste Pflegetour startet im PDZ und endet bei einem der TouchscreenMonitore b ∈ B D . 2. Für alle weiteren Pflegetouren gilt, dass sowohl Start- als auch Endpunkt jeder Tour einer der Touchscreen-Monitore ist. Start- und Endpunkt müssen jedoch nicht derselbe Touchscreen-Monitor sein.
54
Vgl. Spengler et al. (2019) S. 121 ff. i. V. m. S. 360–364. Als Leistungsfaktoren bezeichnet man den Quotienten zweier Produktivitäten, einer IstIst - Arbeitsproduktivität und einer Soll-Produktivität. In diesem Fall bedeutet dies also Soll - Arbeitsproduktivität , wobei
55
die Arbeitsproduktivität als Arbeitsoutput Arbeitsinput definiert ist (vgl. dazu bspw. Kossbiel (2003)). In Bezug auf die Pflegedokumentation lässt sich die Arbeitsproduktivität so bspw. in Anzahl der durchgeführten Dokumentationsaufgaben angeben. Der entsprechende Soll-Wert ist dabei Arbeitszeit (in Minuten) ein Referenzwert, welcher eine Vorgabe oder ein Erfahrungswert sein kann, während der (die) Ist-Wert(e) die tatsächliche(n) Arbeitsproduktivität(en) darstellt (darstellen). Somit gibt ein Leistungsfaktor > 1, = 1 bzw. < 1 an, dass Pflegekräfte bei der Dokumentation produktiver sind, als sie sein sollen, genauso produktiv sind, wie gewünscht ist bzw. weniger produktiver sind, als sie sein sollen. α D ist hier weder von r noch von b noch von j abhängig. Das bedeutet, dass wir von einer Veränderung der Arbeitsproduktivität ausgehen, die für alle Pflegekräfte, alle mit den Bewohnern zusammenhängenden Dokumentationsbedarfe sowie alle Pflegetouren gleich ist. Möchte man unterschiedliche Arbeitsproduktivitätsveränderungen berücksichtigen, ist dies über eine entsprechende Differenzierung nach r , b bzw. j einfach realisierbar.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
241
3. Allerdings muss der Touchscreen-Monitor, welcher Endpunkt der vorherigen Tour ist, als Startpunkt für die betrachtete Tour festgelegt werden, damit die einzelnen Touren ohne Unterbrechung aufeinander folgen. Einbindung des PDZ auf der ersten Pflegetour: pt10r = 1 ∀ r ∈ R
(4.87)
Nebenbedingung (4.87) sichert, dass das PDZ Teil jeder ersten Pflegetour ist. Ausschluss des PDZ als Endpunkt der ersten Pflegetour:
u b01r = 0 ∀ r ∈ R
(4.88)
b∈B\{0}
Die Laufwege der Pflegekräfte sind nun insofern einzuschränken (4.88), als dass auf der ersten Tour einer Pflegekraft auszuschließen ist, dass das PDZ von einem Bewohnerzimmer aus angelaufen wird, da dieses nur Start- und nicht Endpunkt der Tour ist. Sicherstellung des Verlassens des PDZ auf der ersten Pflegetour:
u 0b1r = 1 ∀ r ∈ R
(4.89)
b∈B\{0}∪B D
Um zu gewährleisten, dass vom PDZ aus genau ein Bewohnerzimmer angelaufen wird, muss Restriktion (4.89) berücksichtigt werden. Ausschluss der Touchscreen-Monitore als Startpunkte der ersten Pflegetour:
u bb 1r = 0 ∀ b ∈ B D , r ∈ R
(4.90)
b ∈B\{b}
Weiterhin muss für die Touchscreen-Monitore sichergestellt werden, dass diese auf der ersten Tour einer Pflegekraft nur Ziel- und niemals Startpunkt sein dürfen und somit von dort aus kein Bewohnerzimmer angelaufen werden darf (4.90).
242
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Unter- und Obergrenzen der Zuordnung von Touchscreen-Monitoren zu Pflegetouren:
pt jbr ≥ 1 ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.91)
pt jbr ≤ 2 ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.92)
b∈B D b∈B D b∈B D
Auf allen (weiteren) Pflegetouren muss mindestens ein Touchscreen-Monitor (4.91), es dürfen aber auch nur maximal zwei Touchscreen-Monitore (4.92) als Knoten integriert werden, was in der unter 2. beschriebenen Forderung begründet liegt.56 Abstimmung der Hin- und Rückwege je Bewohnerzimmer:
u bb jr = pt jb r ∀ b ∈ B\B D ∪ {0}, j ∈ J , r ∈ R
(4.93)
u bb jr = pt jbr ∀ b ∈ B\B D ∪ {0}, j ∈ J , r ∈ R
(4.94)
b∈B\{b }
b ∈B\{b}
56
Es kann zudem sinnvoll sein, die Pflegetouren so zu planen, dass die letzte Tour wieder im PDZ endet (bspw. wenn die Schicht der Pflegekräfte nach der letzten Tour endet). Dazu müssen zusätzlich die folgenden Restriktionen berücksichtigt werden:
(1) pt j0r ≥ 1 −
pt j+1br ∀ j = 2, . . . , J − 1, r ∈ R
b∈B\{0}
(2) pt j0r ≤ 1 −
pt j+1br · ε ∀ j = 2, . . . , J − 1, r ∈ R
b∈B\{0}
Mit Hilfe von (1) und (2) wird erreicht, dass das PDZ erst dann wieder Teil einer Pflegetour wird, wenn einer (fiktiven) nachfolgenden Tour keine Stopps mehr zugeordnet werden, sprich die betrachtete Tour auch die letzte Tour der Pflegekraft ist. Zusätzlich muss die Nebenbedingung (4.87) wie folgt angepasst werden: pt j0r = 1
∀ r ∈ R, j = 1, J
4.87
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
243
Die Nebenbedingungen zum Anlaufen und anschließenden Verlassen der einzelnen Zimmer ((4.93) und (4.94)) müssen insofern angepasst werden, als dass diese Bedingungen tatsächlich nur noch für Bewohnerzimmer (also nur Knoten b ∈ B\B D ∪ {0}) zu erfüllen sind. Für die Touchscreen-Monitore sind separate Nebenbedingungen zu formulieren. Abstimmung der Hin- und Rückwege je Touchscreen-Monitor:
u bb jr +
b∈B\{0}∪B D
b∈B\{0}∪B D
u b bjr ≥ 2 pt jb r −
pt jb∗ r
b∗ ∈B D ∪{0}\{b }
∀ b ∈ B D , j ∈ J , r ∈ R (4.95)
u bb jr ≤ pt jb r ∀ b ∈ B D , j ∈ J , r ∈ R
(4.96)
u b bjr ≤ pt jb r ∀ b ∈ B D , j ∈ J , r ∈ R
(4.97)
b∈B\{0}∪B D
b∈B\{0}∪B D
Bezüglich der Integration von Touchscreen-Monitoren in die Pflegetouren sind mehrere relevante Fälle zu unterscheiden: 1. Auf der ersten Tour ist genau einer dieser Monitore als Endpunkt zu integrieren und demzufolge auch genau einmal von einem Bewohnerzimmer aus anzulaufen. 2. Für alle weiteren Pflegetouren sind entweder (a) zwei Touchscreen-Monitore, von denen einer der Start- und der andere der Endpunkt der Tour ist, oder (b) ein Touchscreen-Monitor, der sowohl Start- als auch Endpunkt der Tour ist, aufzunehmen. Bezüglich (a) ist vom Startmonitor aus genau ein Bewohnerzimmer anzulaufen und der Endmonitor von genau einem Bewohnerzimmer aus zu besuchen. Im Fall (b) ist der betroffene Touchscreen-Monitor genau einmal anzulaufen und zu verlassen. Die obenstehenden Forderungen werden in den Nebenbedingungen (4.95)–(4.97) berücksichtigt.57 57
Zur Erläuterung betrachten wir zunächst die rechte Seite von (4.95). Diese bringt zum Ausdruck, dass wenn ein Touchscreen-Monitor der Pflegetour zugeordnet wird ( pt jb r = 1), abhängig davon, ob (a) entweder ein weiterer Monitor oder das PDZ Teil dieser Tour ist und dementsprechend ein pt jb∗ r der in b∗ ∈B D ∪{0}\{b } pt jb∗ r erfassten gleich 1 ist oder (b) dies
244
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
u bb jr ≤ 1 ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.98)
u b bjr ≤ 1 ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.99)
b∈B\{0}∪B D b ∈B D
b∈B\{0}∪B D b ∈B D
Über (4.98) bzw. (4.99) wird zudem sichergestellt, dass dennoch auf jeder Pflegetour maximal ein Touchscreen-Monitor als End- bzw. Startpunkt eingeplant wird. Abstimmung zur Verbundenheit der Pflegetouren: u b bjr ≤
u bb∗ j+1r ∀ b ∈ B, b ∈ B D , j ∈ J \J , r ∈ R
(4.100)
b∗ ∈B
Damit die einzelnen Pflegetouren ohne Unterbrechung aneinander anknüpfen, wird über (4.100) sichergestellt, dass der Monitor b, bei dem die Tour j endet, Startpunkt der nachfolgenden Tour j + 1 ist. Abstimmung Zimmerzuordnung – maximale Zimmeranzahl:
pt jbr ≤ B max ∀ j ∈ J,r ∈ R jr
(4.101)
b∈B\{0}∪B D
Bewohnerzimmern zu dokumentieren, Es ist weiterhin nach maximal B max jr sodass die Anzahl der einer einzelnen Pflegetour zuzuordnenden Bewohnerzimmer durch (4.101) zu beschränken ist.
nicht der Fall ist und somit alle pt jb∗ r in dieser Summe gleich 0 sind, die linke Seite (a) größer gleich 1 bzw. (b) größer gleich 2 sein muss. Auf der linken Seite der Restriktionen dieses Typs sind zum einen alle möglichen Wege von einem Bewohnerzimmer zum betrachteten Monitor b sowie zum anderen alle möglichen Wege von diesem Monitor zu einem Bewohnerzimmer aufsummiert. In Fall (a) stellt die Nebenbedingung also sicher, dass der entsprechende Monitor entweder von einem Bewohnerzimmer aus angelaufen wird und dieser somit Endpunkt der Pflegetour ist oder von dort aus ein Bewohnerzimmer angelaufen wird und der Monitor dementsprechend den Start der Tour markiert. In Fall (b) wird i. V. m. (4.96) und (4.97) beides erreicht. Die beiden letztgenannten Nebenbedingungstypen verhindern dabei, dass der betroffene Monitor zweimal angelaufen wird bzw. zweimal von dort gestartet wird.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
245
Reihenfolge der Zimmerzuordnung je Pflegetour:
pt jbr · M ≥
b∈B
pt j+1br ∀ j ∈ J \J , r ∈ R
(4.102)
b∈B
(4.102) regelt wiederum, dass Pflegetouren in der Reihenfolge j, j + 1, j + 2, . . . besetzt werden. Ausschluss von Teilzyklen innerhalb der Pflegetouren:
ˆ =b b∈ Bˆ b ∈ B|b
u bb jr ≤ Bˆ − 1 ˆ ∀ Bˆ ∈ P(B\{0} ∪ B D )\{∅} und mit B max ≥ B > 1, j ∈ J , r ∈ R jr (4.103)
Die angepassten Restriktionen zur Verhinderung von Teilzyklen sind in (4.103) dargestellt. Abstimmung Arbeitszeit – maximale Arbeitszeit: j∈J
⎡ ⎣
pt jbr
b∈B\{0}∪B D
D Bb · P F Bb + αD
+
⎤ u bb jr · lbb ⎦ ≤AZ rmax
b∈B b ∈B\{b}
∀r ∈ R (4.104) Abstimmung Wegezeit – maximale Wegezeit:
u bb jr · lbb ≤ L rmax ∀ r ∈ R
(4.82)
j∈J b∈B b ∈B\{b}
Binaritätsbedingungen: pt jbr ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, j ∈ J , r ∈ R
(4.83)
u bb jr ∈ {0, 1} ∀ b ∈ B, b ∈ B\{b}, j ∈ J , r ∈ R
(4.84)
246
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abschließend sind die (angepassten) Nebenbedingungen zur Einhaltung der maximalen Arbeits- und Wegezeit pro Arbeitskraft sowie die Binaritätsbedingungen der Entscheidungsvariablen zu formulieren (4.104) sowie (4.82)–(4.84)). Wir erweitern die Situation in unserem Beispiel um die Monitore b ∈ B D := {b = 11, 12, 13} und die entsprechend hinzukommenden Wegezeiten (vgl. dazu Tab. 4.3). Um aufzuzeigen, dass die Dokumentation an den Monitoren selbst ohne die Berücksichtigung der Produktivitätssteigerungen zu einer Verringerung der Gesamtdurchlaufzeit führt, lösen wir das Beispiel zunächst mit α D = 1 und anschließend mit einer relativ geringen Produktivitätssteigerung (α D = 1, 1) sowie abschließend mit einer Verdopplung der Produktivität (α D = 2). Tabelle 4.3 (Zusätzliche) exemplarische Wegezeiten lbb b b
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
0
–
5
4
3
2
1
5
4
3
2
1
3,5
5,5
2,5
1
5
–
1
2
3
4
1
2
3
4
5
1,5
0,5
3,5
2
4
1
–
1
2
3
2
1
2
3
4
0,5
1,5
2,5
3
3
2
1
–
1
2
3
2
1
2
3
0,5
2,5
1,5
4
2
3
2
1
–
1
4
3
2
1
2
1,5
3,5
1,5
5
1
4
3
2
1
–
5
4
3
2
1
2,5
4,5
2,5
6
5
1
2
3
4
5
–
1
2
3
4
2,5
0,5
2,5
7
4
2
1
2
3
4
1
–
1
2
3
1,5
1,5
1,5
8
3
3
2
1
2
3
2
1
–
1
2
1,5
2,5
0,5
9
2
4
3
2
1
2
3
2
1
–
1
2,5
3,5
0,5
10
1
5
4
3
2
1
4
3
2
1
–
3,5
4,5
1,5
11
3,5
1,5
0,5
0,5
1,5
2,5
2,5
1,5
1,5
2,5
3,5
–
2
2
12
5,5
0,5
1,5
2,5
3,5
4,5
0,5
1,5
2,5
3,5
4,5
2
–
3
13
2,5
3,5
2,5
1,5
1,5
2,5
2,5
1,5
0,5
0,5
1,5
2
3
–
Die optimale Lösung zum ersten Fall ist in Abb. 4.11 grafisch dargestellt. Die minimale Gesamtdurchlaufzeit beträgt 211,5 Minuten. Alle in der Abbildung nicht aufgeführten pt jbr - und u bb jr -Variablen nehmen im Optimum den Wert 0 an.58 58
Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.3 im elektronischen Zusatzmaterial.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
247
Abbildung 4.11 Grafische Darstellung der optimalen Beispiellösung zu Modell 2a mit αD = 1
Im zweiten Fall (α D = 1, 1) ergibt sich eine minimale Gesamtdurchlaufzeit von 206,1364 Minuten. Dabei sind die Ausprägungen der Variablen und somit auch die entsprechenden Pflegetouren identisch zur vorherigen Optimallösung. Bei einer Verdopplung der Produktivität (α D = 2) beträgt die minimale Gesamtdurchlaufzeit 182 Minuten und die entsprechenden Pflegetouren sind in Abb. 4.12 grafisch dargestellt.
248
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.12 Grafische Darstellung der optimalen Beispiellösung zu Modell 2a mit αD = 2
4.3.2.4 Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und zur Festlegung der Orte zur digitalen Pflegedokumentation In der Modellvariation 2b integrieren wir nun zusätzlich die Planung der Monitoranzahl und -positionen. Es ist nun also nicht mehr bekannt, an welchen Standorten die Monitore angebracht sind, sondern es sind alle potenziellen Standorte für die Anbringung entsprechender Monitore bekannt. Demzufolge wird die Menge B D modifiziert: B D :=
Menge der Knoten b ∈ B, an denen Touchscreen-Monitore zur Pflegedokumentation angebracht werden können
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
249
Außerdem definieren wir zusätzlich zur Festlegung der konkreten Monitorstandorte eine weitere Art Entscheidungsvariablen: 1, wenn an Knoten b ∈ B D ein Monitor angebracht wird m b := 0, sonst Grundsätzlich ist nun festzulegen, ob die Festlegung der Anzahl sowie der Positionen der Monitore als Extremierungs-, Fixierungs- oder Satisfizierungsziele in Ansatz gebracht werden. Ein sinnvollerweise in jedem Fall zu formulierendes Satisfizierungsziel, auf welches wir uns an dieser Stelle beschränken wollen, ist im Folgenden dargestellt.59 Abstimmung der Zuordnung und Anbringung von Touchscreen-Monitoren:
pt jbr ≤ m b · M ∀ b ∈ B D
(4.105)
j∈J r ∈R
Durch die entsprechenden Restriktionen des Typs (4.105) wird sichergestellt, dass Monitore nur dann in Pflegetouren integriert werden können, wenn diese auch tatsächlich am jeweiligen Knoten angebracht sind. Möchte man bzgl. Monitoranzahl und -positionen Extremierungsziele formulieren, ist mindestens eine weitere Zielfunktion in Ansatz zu bringen. Eine mögliche Zielfunktion, die wir in diesem Fall vorschlagen, ist die Minimierung
59
Weitere Fixierungs- und Satisfizierungsziele können bzgl. der Einhaltung exakt vorgegemin ) bener Monitoranzahlen (M D ) oder diesbezüglich in Ansatz zu bringender Unter- (M D max ) berücksichtigt werden: bzw. Obergrenzen (M D max ≤ MD mb = MD min b∈B D ≥ MD
max Außerdem können auch Mindest- (L min b ) oder Maximalabstände (L b ) zwischen den Monitoren festgelegt werden:
m b · lbb + (1 − m b ) · M ≥ L min · m b ∀ b ∈ B D , b ∈ B D \{b} b m b · lbb ≤ L max · m b + (1 − m b ) · M ∀ b ∈ B D , b ∈ B D \{b} b
250
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
der Anzahl der insgesamt anzubringenden Monitore60 :
m b → min!
(4.106)
b∈B D
Daraus resultiert folgendes Vektoroptimierungsproblem: Zielfunktionsvektor: ⎛
⎞ D → min! ⎝ ⎠ m b → min!
(4.107)
b∈B D
u. d. N.: (4.82)–(4.105) Zu dessen Lösung schlagen wir wiederum die oben dargestellte Vorgehensweise aus der Fuzzy-Vektoroptimierung61 vor. Dazu definieren wir folgende zusätzliche Symbole: π := μ D := μm b := D min := D max := Mbmin := Mbmax :=
Kompromissparameter Wert der Zufriedenheit mit der Ausprägung der Gesamtdurchlaufzeit Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl anzubringender Monitore Mindestgesamtdurchlaufzeit Höchstgesamtdurchlaufzeit Mindestanzahl anzubringender Monitore Maximalanzahl anzubringender Monitore
Für die Berücksichtigung beider Zielfunktionen aus (4.107) im Kompromissprogramm, formulieren wir die Zugehörigkeitsfunktionen μ D (4.108) und μm b 60
Alternativ können auch die Minimierung oder Maximierung der Abstände zwischen den einzelnen Monitoren angestrebt werden, falls man bspw. die Dokumentation trotzdem weiterhin relativ zentral bzw. möglichst dezentral organisieren möchte:
b∈B D b ∈B D \{b}
61
Vgl. Abschn. 3.4.2.
m b · lbb
→ min! → max!
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
251
(4.109), deren Funktionswerte die Zufriedenheit des Entscheiders mit der Ausprägung der Gesamtdurchlaufzeit (D) bzw. mit der Anzahl anzubringender Monitore ( b∈B D m b ) zum Ausdruck bringen. Zufriedenheit des Entscheiders mit der Ausprägung der Gesamtdurchlaufzeit:
μ D :=
⎧ ⎪ ⎨1 ⎪ ⎩
D max −D
D max −D min
0
für D < D min für D min ≤ D ≤ D max für D max < D
(4.108)
Die Zufriedenheit mit der Gesamtdurchlaufzeit ist so modelliert, als dass diese ihr Maximum (Minimum) i. H. v. 1 (0) bei D min (D max ) erreicht. Der Entscheider ist dementsprechend vollständig zufrieden (unzufrieden), wenn sich die Mindestgesamtdurchlaufzeit (Höchstgesamtdurchlaufzeit) einstellt. Grundsätzlich kann die Bestimmung von D min und D max bspw. auf Basis von Erfahrungswerten oder durch die explizite Vorgabe des Entscheiders erfolgen. Wir schlagen hier jedoch vor, diese Werte durch Lösen der Modelle 1b sowie 2b’ (2b ohne Berücksichtigung der zweiten Zielfunktion) zu ermitteln. Die Lösung der Modellvariante 1b ergibt die minimale Gesamtdurchlaufzeit ohne Berücksichtigung digitaler Pflegedokumentation, sodass unter der Prämisse, dass digitale Pflegedokumentation zu Produktivitätssteigerungen und zu einer Verringerung der Gesamtwegezeiten führt (vgl. oben), die Gesamtdurchlauf durch die Integration von Monitoren nicht höher sein kann. Dementsprechend definieren wir die optimale Lösung von 1b als D max . Aufgrund dessen, dass in 2b’ Monitore „kostenfrei“ angebracht werden können, führt die entsprechende Lösung unter den gegebenen Bedingungen zur modellübergreifend minimalen Gesamtdurchlaufzeit, sodass wir den Zielfunktionswert dieser Lösung als D min festlegen. Zufriedenheit des Entscheiders mit der Anzahl anzubringender Monitore:
μm b :=
⎧ 1 ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ M max −b∈B b
⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩0
für
b∈B D
D
Mbmax −Mbmin
mb
m b < Mbmin
für Mbmin ≤ für Mbmax
0 wählen.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
253
Abstimmung Kompromissparameter – Zufriedenheit mit Anzahl anzubringender Monitore: Mbmax − mb π≤
b∈B D
Mbmax − Mbmin
(4.112)
Aufgrund dessen, dass der Kompromissparameter durch die Ausprägungen der Zufriedenheitswerte μ D und μm b nach oben beschränkt wird, sind zusätzlich die Restriktionen (4.111) und (4.112) zu berücksichtigen. In unserem Beispielfall bringen wir zur Ermittlung eines optimalen Kompromisses D min = 211, 5 und D max = 219, 5 sowie Mbmin = 1 und Mbmax = 3 in Ansatz. Die Lösung des entsprechenden Kompromissprogramms ergibt einen optimalen Kompromissparameter i. H. v. 0,5625. Bei dieser Kompromisslösung beträgt die Durchlaufzeit 214,5 Minuten und die Anzahl der anzubringenden Monitore beträgt 1.63
4.3.2.5 Erweiterung der Modelle um Beginnzeitpunkte der Dokumentation In den oben dargestellten Modellvarianten werden bisher keine konkreten Beginn- und Endzeitpunkte von Bedarfsdeckungen und Dokumentationsvorgängen berücksichtigt. Bezüglich der Bedarfsdeckungen ist dies insofern unproblematisch, als jedes einzelne Bewohnerzimmer und somit der dort zu deckende Pflegebedarf ausschließlich von einer Pflegekraft angelaufen bzw. gedeckt wird. Die Dokumentation erfolgt hingegen an den Monitoren, welche durchaus von mehr als einer Pflegekraft benutzt werden können, sodass es dabei zu Überschneidungen und demzufolge zu Wartezeiten an den Monitoren kommen kann. In unserem Beispiel könnten sich grundsätzlich zwei Pflegetouren, deren zeitlicher Ablauf in Abb. 4.13 dargestellt ist, ergeben. Die mittels der oberen Rechtecke dargestellte Tour beinhaltet die Deckung der Pflegebedarfe in den Bewohnerzimmern b = 5, b = 4 und b = 3, während die mittels der unteren Rechtecke dargestellte Tour selbige in den Bewohnerzimmern b = 6, b = 1 und b = 2 vorsieht. Beide Touren beginnen im PDZ (b = 0) und enden an Monitor b = 11, um dort jeweils die Dokumentation vorzunehmen. Wie aus dem Balkendiagramm hervorgeht, kommt die Pflegekraft auf der oberen Tour bereits nach 63
Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.4 im elektronischen Zusatzmaterial.
254
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
78,5 Minuten am entsprechenden Monitor an und kann sofort mit der Dokumentation beginnen, während die Pflegekraft auf der unteren Tour erst nach 98,5 Minuten dort eintrifft. Da die Dokumentationszeit der oberen Tour (mit α = 1,1) jedoch 32,73 Minuten in Anspruch nimmt, entsteht für die Pflegekraft auf der unteren Tour nun eine Wartezeit i. H. v. 12,73 Minuten (schraffiertes Rechteck).
Abbildung 4.13 Beispiel zur Entstehung möglicher Wartezeiten bei Überschneidungen von Dokumentationsvorgängen
Um die Modelle so anzupassen, dass mögliche Wartezeiten berücksichtigt und somit in der Optimallösung möglichst vermieden werden können, wollen wir im Folgenden einige zusätzliche Nebenbedingungen formulieren. Dazu definieren wir zusätzlich folgende Symbole: h jbr :=
y jbrr
Beginnzeitpunkt der Dokumentation von Pflegekraft r an Monitor b ∈ B D auf Pflegetour j
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r auf Pflegetour j vor Pflegkraft r an Monitor b := dokumentiert ⎪ ⎩ 0, sonst
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
255
Abstimmung Abschluss der Pflegeaufgaben – Beginnzeitpunkt der Dokumentation auf der ersten Pflegetour:
pt1br · P F Bb +
u bb 1r · lbb
b∈B b ∈B\{b}
b∈B\{0}∪B D
⎛
≤ h 1b∗ r + ⎝1 −
⎞ u bb∗ 1r ⎠ · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, b∗ ∈ B D
(4.113)
In den Nebenbedingungen des Typs (4.113) wird gefordert, dass der Beginnzeitpunkt der Dokumentation auf der ersten Pflegetour jeder Pflegekraft erst nach Abschluss aller auf dieser Tour zu erledigenden Pflegeaufgaben zuzüglich der Zeit für alle auf dieser Tour zurückzulegenden Wege liegen kann.64 Abstimmung Abschluss der Pflegeaufgaben – Beginnzeitpunkt der Dokumentation auf weiteren Pflegetouren:
h j−1br +
b∈B D
b∈B b ∈B\{b}
D Bb + pt jbr · P F Bb + αD b∈B\{0}∪B D ⎞ ⎛ + ⎝1 − u bb∗ jr ⎠ · M
pt j−1br ·
b∈B\{0}∪B D
u bb jr · lbb ≤ h jb∗ r
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, j = 2, . . . , J , b∗ ∈ B D
(4.114)
Für alle weiteren Pflegetouren werden sehr ähnliche Restriktionen bezüglich der Beginnzeitpunkte der Dokumentation formuliert (4.114). Bei diesen ist nun jedoch ergänzend zu berücksichtigen, dass der entsprechende Beginnzeitpunkt erst nach Beendigung der Dokumentation auf der vorherigen Tour (ersten beiden 64
Der M-Term auf der rechten Seite der Restriktionen stellt sicher, dass nur jene Restriktion dieses Typs bindet, die für den Monitor, an welchem die Dokumentation erfolgt, zu ∗ formulieren ist. Das liegt daran, dass jeder Pflegetour nur genau ein Monitor b als Endpunkt zugeordnet und dementsprechend auch nur für diesen b∈B\{0}∪B D u bb∗ 1r = 1 wird. Folg lich ergibt sich auch nur bei dieser einen Restriktion 1 − b∈B\{0}∪B D u bb∗ 1r · M = 0 und bei allen weiteren 1 − b∈B\{0}∪B D u bb∗ 1r · M = M, sodass h 1b∗ r im ersten Fall > 0 wird und alle weiteren h 1b∗ r -Variablen für die betrachtete Pflegekraft gleich 0 werden.
256
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Summanden der linken Seite der Restriktion) und nach Abschluss aller auf dieser Tour zu erledigenden Pflegeaufgaben zuzüglich der Zeit für alle auf dieser Tour zurückzulegenden Wege liegen kann. (4.113) und (4.114) dienen dazu, die vorgegebene Reihenfolge von sich abwechselnder Pflegebedarfserledigung und anschließender Dokumentation für alle Pflegetouren einer einzelnen Pflegekraft einzuhalten. Um festlegen zu können, wie die pflegekräfteübergreifende Reihenfolge bzgl. der Pflegedokumentation an einem Monitor gestaltet wird, sind weitere Restriktionen zu integrieren. Festlegung der Dokumentationsreihenfolge an Monitoren:
h jb∗ r +
pt jbr ·
b∈B\{0}∪B D
⎛⎛
D Bb αD
≤ h j b∗ r + ⎝⎝1 −
⎞ u bb∗ j r ⎠ + 1 − y jb∗ rr ⎠ · M ⎞
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, r ∈ R := r r < r , j ∈ J , j ∈ J , b∗ ∈ B D
h j b∗ r +
pt j br ·
b∈B\{0}∪B D
⎛
+ ⎝1 −
(4.115)
D Bb ≤ h jb∗ r αD ⎞
u bb∗ jr ⎠ · 2M + y jb∗ rr · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, r ∈ R := r r < r , j ∈ J , j ∈ J , b∗ ∈ B D
(4.116)
Die Restriktionstypen (4.115) und (4.116) sorgen in Fällen, in denen sich die Dokumentation an einem Monitor durch mindestens zwei Pflegekräfte zumindest in Teilen zeitlich überschneiden würde, dafür, dass eine entsprechende Dokumentationsreihenfolge festgelegt wird. Über diese Nebenbedingungen wird jeweils gefordert, dass die Dokumentation durch eine Pflegekraft r auf Pflegetour j an einem Monitor b∗ entweder vor (y jb∗ rr = 1) oder nach (y jb∗ rr = 0) der Dokumentation durch eine andere Pflegekraft r am selben Monitor durchgeführt wird. Durch die beiden M-Terme auf der rechten Seite beider Restriktionen müssen je zwei Bedingungen erfüllt sein, damit die entsprechende Ungleichung für die Lösung des Modells relevant wird. Zum einen muss wie oben der betrachtete Monitor b∗ der Pflegetour j bzw. j als Endpunkt zugeordnet sein, damit
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
257
u bb∗ j r = 1 bzw. b∈B\{0}∪B D u bb∗ jr = 1. Ist dies nicht der Fall, werden die Restriktionen irrelevant.65 Zum anderen muss die Zuordnungsvariable y jb∗ rr = 1 bzw. y jb∗ rr = 0 werden, damit (4.115) bzw. (4.116) relevant ist. Für jede r − r − j − j − b∗ -Indexkombination ist dementsprechend maximal eine der beiden Restriktionen bindend.66
b∈B\{0}∪B D
Abbildung 4.14 Grafische Darstellung der zu treffenden Reihenfolgeentscheidungen
In Abb. 4.14 sind diese Zusammenhänge exemplarisch für zwei Pflegekräfte r = 1 und r = 2, denen der Monitor b∗ als Endpunkt verschiedener Pflegetouren zugeordnet ist ( b∈B\{0}∪B D u bb∗ j r = 1 bzw. b∈B\{0}∪B D u bb∗ jr = 1), grafisch dargestellt. Wir bezeichnen aus Übersichtlichkeitsgründen Z P jr als Summe der Zeit für die Deckung aller Pflegebedarfe sowie das Zurücklegen der notwendigen Laufwege und Z D jr als Zeit zur Durchführung der Dokumentation auf Pflegetour j von Pflegekraft r . Oberhalb der gestrichelten Linie ist ein Fall dargestellt, in 65
Hier ist keine Entscheidung über die Dokumentationsreihenfolge notwendig, da es durch die Nicht-Zuordnung des Monitors nicht zu zeitlichen Überschneidungen kommen kann. 66 Vgl. zu dieser Art von Reihenfolgerestriktionen auch die grundlegenden Ausführungen in Abschn. 4.2.3. Bindet (4.115) bzw. (4.116), dokumentiert Pflegekraft r auf Pflegetour j vor Pflegekraft r auf Pflegetour j an Monitor b∗ bzw. andersherum. Bindet keine der beiden Restriktionen, ist keiner der beiden Dokumentationsvorgänge eingeplant.
258
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
dem y1b∗ 12 = 1 ist und die Dokumentation durch Pflegekraft r = 2 erst beginnen kann (h 1b∗ 2 ), nachdem Pflegekraft r = 1 die Dokumentation beendet hat (h 1b∗ 1 + Z D11 ). Die entsprechend zu formulierenden Restriktionen der Typen (4.115) und (4.116) lauten somit: h 1b∗ 1 +
pt1b1 ·
D Bb ≤ h 1b∗ 2 u. αD
pt1b2 ·
D Bb ≤ h 1b∗ 1 + M αD
b∈B\{0}∪B D
h 1b∗ 2 +
b∈B\{0}∪B D
Im unteren Teil der Grafik ist ein Fall abgebildet, in dem y1b∗ 12 = 0 ist und zudem die abzustimmende Dokumentationsreihenfolge nicht jeweils auf der ersten Pflegetour der betrachteten Pflegekraft, sondern bei r = 1 auf Pflegetour j = 1 und bei r = 2 auf Pflegetour j = 2 erfolgen muss.67 Hier kann die Dokumentation durch Pflegekraft r = 1 erst beginnen (h 1b∗ 1 ), nachdem Pflegekraft r = 2 die Dokumentation beendet hat (h 2b∗ 2 + Z D22 ). Die entsprechend zu formulierenden Restriktionen der Typen (4.115) und (4.116) lauten in diesem Fall: h 1b∗ 1 +
pt1b1 ·
b∈B\{0}∪B D
u. h 2b∗ 2 +
D Bb ≤ h 2b∗ 2 + M αD
b∈B\{0}∪B D
pt2b2 ·
D Bb ≤ h 1b∗ 1 αD
Abschließend sind nun noch die Restriktionen zur Abstimmung von Durchlaufzeiten der Pflegekräfte und der Gesamtdurchlaufzeit anzupassen, da bei den einzelnen Durchlaufzeiten nun die entsprechenden Beginnzeitpunkte der Dokumentation zu berücksichtigen sind.
67
Aufgrund dessen, dass es durchaus möglich ist, dass durch relativ kurze Pflegetouren einer der beiden betrachteten Pflegekräfte Situationen entstehen, in denen sich die Dokumentation auf unterschiedlichen Pflegetouren überschneidet (wie in diesem Beispiel auf j = 1 und j = 2), sind die Restriktionen der Typen (4.115) und (4.116) grundsätzlich für alle möglichen j- j -Kombinationen zu formulieren.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
259
Abstimmung Durchlaufzeit Pflegekräfte – Gesamtdurchlaufzeit:
h jbr +
b∈B D
pt jbr ·
b∈B\{0}∪B D
D Bb ≤ D ∀ r ∈ R, j ∈ J αD
(4.117)
Die Durchlaufzeit einer Pflegekraft ergibt sich unter Berücksichtigung der Modellerweiterungen aus dem Beginnzeitpunkt der letzten Dokumentation zuzüglich der entsprechenden Dokumentationszeit. Diese muss weiterhin kleiner oder gleich der Gesamtdurchlaufzeit sein (4.117).68 Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen: h jbr ≥ 0 ∀ r ∈ R, j ∈ J , b ∈ B D
(4.118)
y jbrr ∈ {0, 1} ∀ r ∈ R r < r , j ∈ J , b ∈ B D
(4.119)
Abschließend sind Nichtnegativitäts- und Binaritätsbedingungen für die zusätzlichen Variablen zu formulieren ((4.118)–(4.119)). Lösen wir unser Beispiel aus Abschnitt 4.3.2.3 unter Berücksichtigung der Modellerweiterungen, ergeben sich eine minimale Durchlaufzeit i. H. v. 206,1364 Minuten sowie die folgenden optimalen Beginnzeitpunkte der Dokumentation69 : h 1131 = 26, 5
h 2111 = 140, 2273
h 3111 = 196, 1364
h 1132 = 93, 5
h 2122 = 154, 7727
h 3122 = 196, 1364
Weil vor der Lösung des Modells nicht klar ist, welche Pflegetour j ∈ J die letzte für die einzelnen Pflegekräfte ist, ist die Abstimmung für alle Pflegetouren zu integrieren. 69 Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.5 im elektronischen Zusatzmaterial. Alle weiteren Variablenausprägungen im Optimum sind ebenfalls in Anhang A.2.5 im elektronischen Zusatzmaterial dargestellt. 68
260
4.3.3
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Modelle zur simultanen Planung von Schichten und Produktionsabläufen mit digitaler Pflegedokumentation
Wollen wir wie einleitend beschrieben die Überlegungen zur Integration digitaler Pflegedokumentation in den Produktionsablauf um personalplanerische Aspekte erweitern, sind folgende Schritte zu unternehmen: 1. Formulierung eines Grundmodells zur Bestimmung von Schichtmustern 2. Anpassungen von Komponenten des Modells 2a 3. Zusammenführung beider Teilmodelle Zu 1.: Die aktuell im Alten- und Pflegeheim verwendeten Schichtmuster können bspw. auf historischen Entwicklungen und Präferenzen von Pflegekräften und Einrichtungsleitung basieren, sodass zum aktuellen Zeitpunkt nicht klar ist, ob diese Schichtmuster geeignet sind, die Pflegebedarfe adäquat zu decken, damit zusammenhängend bestehende Schichtmuster geändert oder weitere ergänzt werden müssen und einige vielleicht sogar nicht mehr benötigt werden. Um eine möglichst unvoreingenommene Schichtmusterbestimmung zu ermöglichen, wollen wir das entsprechende Grundmodell so formulieren, dass weder definitiv zu berücksichtigende Schichtmuster explizit vorgegeben werden noch über Unterund Obergrenzen zur Schichtlänge hinausgehende Beschränkungen einzuhalten sind.70 Dabei ist im Speziellen zu beachten, dass – zu verschiedenen Zeiten bekannte Personalbedarfe verschiedener Kategorien zu decken sind, – zur Deckung dieser Personalbedarfe unterschiedlich qualifizierte, individuelle Pflegekräfte zur Verfügung stehen und – diese unter Einhaltung der Beschränkungen zum einen zu zusammenhängenden Schichtmustern zuzuordnen und zum anderen während der ihnen durch das Schichtmuster vorgegebenen Arbeitszeit für die Erledigung von Personalbedarfen einzusetzen sind.
70
Als zusätzliche Anforderungen bzgl. der Schichtmusterbestimmung kommen u. a. Vorgaben zu (von Pflegekräften oder Einrichtungsleitung präferierten) Beginnzeitpunkten, Schichtmusterdiversität sowie bevorzugten Personaleinsätzen von Pflegekraftkategorien oder individuellen Pflegekräften in Frage. Aufgrund des Schwerpunkts der vorliegenden Arbeit wollen wir diese Aspekte hier jedoch nicht weiter vertiefen.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
261
Wir definieren folgende Symbole: Q := q = 0, 1, . . . , Q Q r := Q t := Rq := P Bqt := T min := Trmax :=
q
P Er t xrt :=
Menge der (zusätzlichen)71 Personalbedarfskategorien
Menge der Personalbedarfe q, die von Pflegekraft r erledigt werden können Menge der Personalbedarfe q, die in Zeitintervall72 t erledigt werden müssen Menge der Pflegekräfte r , die für die Erledigung von Personalbedarfen q eingesetzt werden können Anzahl der in Zeitintervall t zur Erledigung des Personalbedarfs der Kategorie q benötigten Pflegekräfte Minimale Länge einer Schicht (gemessen in Anzahl an Zeitintervallen t) Maximale Länge der Schicht von Pflegekraft r (gemessen in Anzahl an Zeitintervallen t)
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r in Zeitintervall t zur Deckung eines := Personalbedarfs der Kategorie q eingesetzt wird ⎪ ⎩ 0, sonst 1, wenn Pflegekraft r zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht beginnt
0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r , die zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht xrt t := beginnt, in Zeitintervall t arbeitet ⎪ ⎩ 0, sonst
71
Die in den obigen Modellvarianten bereits berücksichtigten Pflege- und Dokumentationsbedarfe werden in dieser Menge nicht berücksichtigt, sondern weiterhin separat betrachtet. 72 Die Planungsperioden t sind in diesem Ansatz einzelne Zeitintervalle (mit einer Länge von bspw. 30 Minuten oder einer Stunde).
262
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Das Grundmodell zur Schichtmusterbestimmung73 lautet somit: Zielfunktion:
xrt t → min!
(4.120)
t ∈T t∈T r ∈R
Die Zielfunktion (4.120) strebt die Minimierung der gesamten Schichtarbeitszeit im betrachteten Zeitraum an. u. d. N.: Abstimmung Personalbedarf – Personaleinsatz:
P Bqt =
q
P Er t ∀ t ∈ T , q ∈ Q t
(4.121)
r ∈Rq
Nach Maßgabe des expliziten Ansatzes der Personalplanung sind alle im Betrachtungszeitraum anfallenden Personalbedarfe durch Einsatz hinreichend qualifizierter Pflegekräfte exakt zu decken (4.121).74 Abstimmung Personaleinsatz – Schichtmusterzuordnung:
q
P Er t ≤
t
xrt t ∀ t ∈ T , r ∈ R
(4.122)
t =t−Trmax +1
q∈Q r ∩Q t
Personaleinsätze zur Deckung von Personalbedarfen, die sowohl im betroffenen Zeitintervall anfallen als auch von der Pflegekraft bedient werden können, können allerdings nur erfolgen, wenn die Pflegekraft in diesem Zeitintervall auch einem Schichtmuster zugeordnet ist (4.122). Abstimmung Schichtmusterzuordnung – Maximal-/Minimalschichtdauer: t +Trmax −1
xrt t ≤ Trmax · xrt
∀ r ∈ R, t ∈ T
t=t
73 74
Vgl. zum Schichtmusterbegriff Fußnote 44 in diesem Kapitel. Vgl. dazu vertiefend bspw. Kossbiel (1988) oder Spengler et al. (2020).
(4.123)
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler … t +Trmax −1
xrt t ≥ T min · xrt ∀ r ∈ R, t ∈ T
263
(4.124)
t=t
Damit Maximal- und Minimaldauern einzelner Schichtmuster nicht über- bzw. unterschritten werden, sind die Ober- und Untergrenzen (4.123) bzw. (4.124) zu formulieren. Außerdem wird durch diese erreicht, dass Schichtmustern (mit Beginnintervall xrt ) nur dann Zeitintervalle zugeordnet werden können, wenn xrt = 1 und das Schichtmuster somit überhaupt realisiert wird. Allgemeine Bedingungen zur Schichtmusterzuordnung: xrt t ≥ xrt t+1 ∀ r ∈ R, t ∈ T , t ∈ t t = t , . . . , t + Trmax − 2
xrt ≤ 1 ∀ r ∈ R
(4.125) (4.126)
t∈T
Mit Hilfe von (4.125) und (4.126) wird zudem sichergestellt, dass Schichtmuster als zusammenhängende Zeitintervalle geplant und Pflegekräfte maximal einem Schichtmuster zugeordnet werden. Binaritätsbedingungen:
P Er t , xrt t , xrt ∈ {0, 1} ∀ r ∈ R, t ∈ T , q ∈ Q, t ∈ T q
(4.127)
Alle zu verwendenden Personaleinsatz- und Zuordnungsvariablen sind binär (4.127). Zur Veranschaulichung dieses Grundmodells zur Schichtmusterbestimmung betrachten wir ein Beispiel mit 10 Pflegekräften und sechs Personalbedarfskategorien und teilen einen Arbeitstag in 24 Zeitintervalle je einer Stunde ein. Zudem werden maximale und minimale Länge einer Schicht auf acht bzw. vier Stunden festgelegt.75 Löst man das entsprechende Problem, ergeben sich die in Abb. 4.15 dargestellten Schichtmuster.76 75
Die entsprechenden Personalbedarfe und die zulässigen Zuordnungen von Pflegekräften und Personalbedarfskategorien sind in Anhang A.2.6 im elektronischen Zusatzmaterial dargestellt. 76 Zur Lösung wird wiederum Matlab verwendet, vgl. dazu den entsprechenden Code in Anhang A.2.6 im elektronischen Zusatzmaterial. Die optimalen Variablenausprägungen sind ebenfalls in Anhang A.2.6 im elektronischen Zusatzmaterial aufgeführt.
264
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Abbildung 4.15 Optimale Schichtmuster im Beispiel
Zu 2.: Das oben formulierte Grundmodell zur Schichtmusterbestimmung sieht eine grundsätzliche Differenzierung der Bedarfe in Kategorien q vor, ohne diese hier detaillierter zu betrachten. Das Modell zur Planung mehrerer Pflegetouren mit dichotomer Bedarfsdifferenzierung und zur Festlegung der Orte zur digitalen Pflegedokumentation hingegen betrachtet zwei spezielle Bedarfskategorien (Pflege- und Dokumentationsbedarf). Um beide Modelle unter 3. zusammenführen zu können, wollen wir die Bedarfe wie folgt differenzieren: Es existieren grundsätzlich Bedarfe, welche ausschließlich abhängig vom Zeitintervall t sind77 , und solche Bedarfe, die vorrangig vom Bewohner(-zimmer) abhängig sind78 . Aufgrund dessen, dass Bedarfe des ersten Typs annahmegemäß eindeutig einem Zeitintervall zugeordnet sind, können wir diese in Anzahl der benötigten Pflegekräfte angeben. Diese Bedarfe planen wir daher nicht in die Pflegetouren der Pflegekräfte mit ein, sondern stellen deren Deckung q über die Zuordnung „einzelner“ Personaleinsätze P Er t sicher. Zweitgenannte Bedarfstypen können aufgrund ihrer Abhängigkeit von der ihnen zuzuordnenden 77
Dies betrifft vor allem Tätigkeiten wie die Vorbereitung von Essen oder Medikamenten, welche stets zu einer gewissen Uhrzeit an einem festgelegten Ort (bspw. Küche oder Medikamentenzimmer) zu erledigen sind. 78 Hier geht es um Tätigkeiten, die vorrangig mit einzelnen Bewohnern in Verbindung stehen (z. B. Waschen, Anziehen, Medikamente verabreichen, Verbände wechseln, etc.).
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
265
Pflegekraft und dem damit verbundenen Zeitpunkt des Eintreffens der Pflegekraft im Bewohnerzimmer nicht an einem konkreten Zeitintervall festgemacht werden. Deren Deckung soll demzufolge weiterhin im Rahmen von zu planenden Pflegetouren erfolgen und erfordert somit Personaleinsätze über mehrere zusammenhängende Zeitintervalle. Die Bedarfe des ersten Typs wollen wir nachfolgend weiterhin als q ∈ Q bezeichnen, während wir die des zweiten Typs aufgrund dokumentationsrelevanter Spezifika und zur entsprechend besseren Einbindung in die Pflegetouren konkret benennen möchten. Wir definieren folgende zusätzliche Symbole: Daten B P Bb := G P Bb :=
Behandlungspflegebedarf (in Minuten) an Knoten b Grundpflegebedarf (in Minuten) an Knoten b
Entscheidungsvariablen ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn der Behandlungspflegebedarf an Knoten b von pt jbr (B P) :=
Arbeitskraft r auf Pflegetour j gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn der Grundpflegebedarf an Knoten b von Arbeitskraft r pt jbr (G P) := auf Pflegetour j gedeckt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ 1, wenn Knoten b Endpunkt einer Pflegetour j ohne ⎪ ⎨ w jbr := Behandlungspflege von Arbeitskraft r ist ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ 1, ⎪ ⎨ wenn die Deckung eines Behandlungspflegebedarfs Teil z jr := einer Pflegetour j von Arbeitskraft r ist ⎪ ⎩ 0, sonst In den Modellvarianten 1a bis 2a fassen wir alle im Rahmen von Pflegetouren zu deckenden Bedarfe zu den Gesamtpflegebedarfen P F Bb sowie den Dokumentationsbedarfen D Bb zusammen. Die P F Bb differenzieren wir im Folgenden in die zwei grundlegenden Behandlungspflegebedarfe B P Bb , welche Bedarfe zur medizinischen Versorgung der Bewohner beinhalten, sowie Grundpflegebedarfe G P Bb , die zu erledigende Tätigkeiten wie (die Unterstützung bei der) Körperpflege repräsentieren. Die Besonderheit für die Pflegetourenplanung liegt darin,
266
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
dass Behandlungspflegebedarfe dokumentationspflichtig und Grundpflegebedarfe nicht dokumentationspflichtig sind. Aufgrund der zusätzlichen Differenzierung des Pflegebedarfs ergeben sich einige angepasste bzw. weitere Restriktionen: Abstimmung Zimmerzuordnung – Behandlungs- und Grundpflegebedarf:
pt jbr (B P) = 1 ∀ b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.128)
pt jbr (G P) = 1 ∀ b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.129)
j∈J r ∈R
j∈J r ∈R
Da nun nicht mehr jedes Bewohnerzimmer nur einmal zur Deckung des Gesamtpflegebedarfs in eine Pflegetour zu integrieren ist (4.86), wird durch (4.128) und (4.129) jedes Bewohnerzimmer sowohl zur Deckung des Behandlungspflege- als auch zur Deckung des Grundpflegebedarfs je einmal einer Pflegetour zugeordnet. Da Pflegedokumentation nur dann notwendig ist, wenn die Erledigung von Aufgaben der Behandlungspflege Teil einer Pflegetour ist, sind auch nur auf Pflegetouren, denen entsprechende Bedarfsdeckungen zugeordnet sind (z jr = 1), Monitore zu integrieren. Die Nebenbedingungen (4.91) und (4.92) sind somit anzupassen. Unter- und Obergrenzen der Zuordnung von Touchscreen-Monitoren zu Pflegetouren:
pt jbr ≥ z jr ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.130)
pt jbr ≤ 2 · z jr ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.131)
pt jbr (B P) ≤ z jr · M ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.132)
pt jbr (B P) ≥ z jr ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.133)
b∈B D
b∈B D
b∈B\{0}∪B D
b∈B\{0}∪B D
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
267
Monitore können Pflegetouren ausschließlich zugeordnet werden, wenn z jr = 1 ist (weiterhin mind. einer und maximal zwei79 , (4.130) und (4.131)). Die Restriktionen (4.132) und (4.133) sorgen zudem dafür, dass z jr = 1 werden muss, damit die Deckung von Behandlungspflegebedarfen einer Tour zugeordnet werden kann, bzw. dass wenn z jr = 1 ist, der Tour auch mindestens eine solche Bedarfsdeckung zugeordnet wird. Weiterhin sind die Nebenbedingungen zur Zuordnung von Laufwegen zu den in eine Pflegetour zu integrierenden Bewohnerzimmern ((4.93) und (4.94)) so anzupassen, dass folgende Fälle von diesen berücksichtigt werden: 1. Einer Pflegekraft wird auf einer Pflegetour ausschließlich die Erledigung von Behandlungspflegetätigkeiten zugeordnet. 2. Einer Pflegekraft wird auf einer Pflegetour ausschließlich die Erledigung von Grundpflegetätigkeiten zugeordnet. In diesem Fall ist außerdem sicherzustellen, dass zu einem Bewohnerzimmer, welches als Endpunkt einer Pflegetour ohne Behandlungspflege ausgewählt wird, kein Rückweg eingeplant werden darf. 3. Einer Pflegekraft werden auf einer Pflegetour sowohl die Erledigung von Behandlungs- als auch die Erledigung von Grundpflegetätigkeiten zugeordnet. 4. Einer Pflegekraft werden auf einer Pflegetour weder die Erledigung von Behandlungs- noch die Erledigung von Grundpflegetätigkeiten zugeordnet. Abstimmung der Hin- und Rückwege je Bewohnerzimmer:
u bb jr ≥
b∈B\{b }
pt jb r (B P) + pt jb r (G P) ∀ b ∈ B\B D ∪ {0}, j ∈ J , r ∈ R 2 (4.134)
u bb jr ≥
b ∈B\{b}
pt jb r (B P) + pt jb r (G P) ∀ b ∈ B\B D ∪ {0}, j ∈ J , r ∈ R 2 (4.135)
u bb jr = 1 − w jbr ∀ b ∈ B\B D ∪ {0}, j ∈ J , r ∈ R
(4.136)
b∈B\{b }
79
Zur Erinnerung: Je Pflegetour können maximal zwei Monitore und muss mindestens ein Monitor zugeordnet werden, da entweder ein Monitor Startpunkt und ein anderer Monitor Endpunkt einer Pflegetour ist oder genau ein Monitor Start- und Endpunkt der Pflegetour ist.
268
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Die Restriktionen (4.134) und (4.135) stellen sicher, dass in allen drei oben beschriebenen Fällen (mindestens) ein Hin- und (mindestens) ein Rückweg zum bzw. vom betroffenen Bewohnerzimmer eingeplant wird.80 (4.136) berücksichtigt, dass wenn ein Bewohner Endpunkt einer Pflegetour ohne Behandlungspflege ist (w jbr = 1), auf dieser Pflegetour kein Rückweg von diesem Bewohnerzimmer aus zu einem anderen auf dieser Tour einzuplanen ist. Die Pflegekraft verlässt das letzte Bewohnerzimmer der Pflegetour nämlich in Richtung des ersten Bewohnerzimmers der folgenden Pflegetour, ohne dabei vorher zu einem der Monitore zu laufen. Abstimmung zur Verbundenheit der Pflegetouren: w jbr ≤
u bb j+1r ∀ j ∈ J , r ∈ R, b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.137)
b ∈B\{0}∪B D
Wird ein Bewohnerzimmer als Endpunkt einer Pflegetour ausgewählt (w jbr = 1), muss in der darauffolgenden Tour j +1 ein Weg von diesem aus zu einem anderen Bewohnerzimmer eingeplant werden (4.137). Allgemeine Zuordnungsbedingungen zum Ende der Pflegetouren:
1 − z jr =
w jbr ∀ j ∈ J , r ∈ R
(4.138)
w jbr ≤ pt jbr (G P) ∀ j ∈ J , r ∈ R, b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.139)
b ∈B\{0}∪B D
Durch (4.138) wird sichergestellt, dass jeder Pflegetour entweder mindestens eine Behandlungspflegebedarfsdeckung (z jr = 1) oder ein Bewohnerzimmer als End punkt ( b ∈B\{0}∪B D w jbr = 1) zugeordnet wird. Ein Bewohnerzimmer kann dabei nur als Endpunkt ausgewählt werden, wenn dort auch die Deckung des Grundpflegebedarfs vorgesehen ist (4.139). 80
Die Restriktionen sind zwar so konstruiert, dass in den Fällen 1–3 bzw. in Fall 4 grundsätzlich auch mehr als ein bzw. kein Hin- und Rückweg geplant werden können. Dadurch, dass die Zielfunktion u. a. die Minimierung der Wegezeiten anstrebt, wird dies in der Optimallösung jedoch nicht vorkommen. In Fall 3 wäre es zwar denkbar, so zu planen, dass die Erledigung der beiden Bedarfe nicht direkt nacheinander, sondern zeitlich versetzt erfolgt und somit zwei Hin- und Rückwege für das entsprechende Bewohnerzimmer benötigt werden. Ein solcher Plan wäre allerdings vor dem Hintergrund der dafür (unnötigerweise) zusätzlich aufzubringenden Wegezeiten nicht optimal.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
269
Binaritätsbedingungen: pt jbr (B P), pt jbr (G P) ∈ {0, 1} ∀ r ∈ R, j ∈ J , b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.140)
w jbr ∈ {0, 1} ∀ r ∈ R, j ∈ J , b ∈ B\{0} ∪ B D
(4.141)
z jr ∈ {0, 1} ∀ r ∈ R, j ∈ J
(4.142)
Die Restriktionen (4.140)–(4.142) stellen die Binaritätsbedingungen der zusätzlichen Variablen dar. Zu 3.: Die Zusammenführung der Ablauf- und der Schichtplanungskomponenten in einem Simultanmodell erfordert im Kern die Integration des Pflegetourenplanungsproblems in die Schichtmusterplanung. Das bedeutet, dass die einem Schichtmuster zugeordneten Zeitintervalle nicht mehr zwangsläufig q nur mit einzelnen Personaleinsätzen P Er t , sondern auch mit sich über mehrere zusammenhängende Zeitintervalle erstreckenden Pflegetouren gefüllt werden können. Dazu definieren wir ergänzend: dt := F T BG P := ST BG P :=
Dauer von Zeitintervall t (gemessen in Minuten) Frühester Beginnzeitpunkt von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten Spätester Beginnzeitpunkt von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r im Zeitintervall t auf einer Pflegetour pt P Er t := eingesetzt wird ⎪ ⎩ 0, sonst ⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn die erste Pflegetour von Pflegekraft r zu Beginn von sptr t := Zeitinter - vall t startet ⎪ ⎩ 0, sonst U Z BG P := U Z t :=
Uhrzeit (gemessen in Minuten), zu der alle Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten beendet sein müssen Uhrzeit zu Beginn von Zeitintervall t (gemessen in Minuten)
270
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Es sind dann die folgenden angepassten und zusätzlichen Restriktionen zu berücksichtigen: Abstimmung Start Pflegetouren – Schichtmusterzuordnung: sptr t ≤ xrt t ∀ r ∈ R, t ∈ t|t = 0, . . . , ST BG P , t ∈ t t = F T BG P , . . . , ST BG P (4.143) Die erste Pflegetour einer Pflegekraft kann nur dann zu Beginn von Zeitintervall t starten, wenn dieses einem zu Beginn von t startenden Schichtmuster der Pflegekraft zugeordnet ist (xrt t = 1, (4.143)). Obergrenze Start Pflegetouren: BG P ST
sptr t ≤ 1 ∀ r ∈ R
(4.144)
t=F T BG P
Insgesamt darf dem Beginn der ersten Pflegetour einer Pflegekraft maximal ein zwischen dem frühesten (F T BG P ) und spätesten Beginnzeitpunkt (ST BG P ) von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten liegendes Zeitintervall t zugeordnet werden (4.144) Übernimmt eine Pflegekraft keine Behandlungs- und ST BG P Grundpflegetätigkeiten, wird t=F T BG P sptr t = 0. Abstimmung Start Pflegetouren – Bedarfsdeckung auf Pflegetouren: BG P ST
t=F T BG P
⎛ ⎞ ⎝ sptr t · M ≥ pt jb r (B P) + pt jb r (G P) + u bb jr ⎠ j∈J
b∈B
b∈B b ∈B\{b}
∀r ∈ R (4.145) Um sicherzustellen, dass einer Pflegekraft die Deckung von Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten sowie entsprechende Wege zwischen Bewohnerzimmern (und Monitoren) auf Pflegetouren nur zugeordnet werden können, wenn der ersten Pflegetour ein Startintervall zugeordnet wird (sptr t = 1), und die Pflegetouren somit in das entsprechende Schichtmuster integriert werden, ist (4.145) in Ansatz zu bringen.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
271
Reihenfolgebedingungen für Pflegetouren (1): BG P ST
t=F T BG P
+
sptr t · U Z t +
pt1br (B P) · B P Bb + pt1br (G P) · G P Bb
b∈B\{0}∪B D
b∈B
b ∈∈B\{b}
⎛
⎞
u bb 1r · lbb ≤ h 1b∗ r + ⎝1 −
u bb∗ 1r ⎠ · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, b∗ ∈ B D
h j−1br +
b∈B D
+
pt j−1br (B P) ·
b∈B\{0}∪B D
⎛
b∈B
D Bb αD
pt jbr (B P) · B P Bb + pt jbr (G P) · G P Bb
b∈B\{0}∪B D
+
(4.146)
u bb jr · lbb ≤ h jb∗ r + ⎝1 −
b ∈B\{b}
⎞ u bb∗ jr ⎠ · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, j = 2, . . . , J , b∗ ∈ B D (4.147)
h jb∗ r +
pt jbr (B P) ·
b∈B\{0}∪B D
⎛⎛
D Bb αD
⎞
≤ h j b∗ r + ⎝⎝1 −
⎞
u bb∗ j r ⎠ + 1 − y jb∗ rr ⎠ · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, r ∈ R r < r , j ∈ J , j ∈ J , b∗ ∈ B D h j b∗ r +
b∈B\{0}∪B D
pt j br (B P) · ⎛
≤ h jb∗ r + ⎝1 −
D Bb αD
(4.148)
⎞ u bb∗ jr ⎠ · 2M + y jb∗ rr · M
b∈B\{0}∪B D
∀ r ∈ R, r ∈ R r < r , j ∈ J , j ∈ J , b∗ ∈ B D
(4.149)
272
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Die Abstimmung des Endes der ersten Pflegetour mit dem Beginn der ersten Pflegedokumentation (4.113) muss dahingehend erweitert werden, als dass der Beginnzeitpunkt der ersten Pflegetour nun explizit vorgegeben ist. Die linke Seite von (4.146) enthält dementsprechend zusätzlich den Summanden ST BG P t=F T BG P sptr t · U Z t , welcher abhängig davon, welches Zeitintervall als Startpunkt ausgewählt wird, die Startuhrzeit (gemessen in Minuten ab 0:00 Uhr)81 der ersten Pflegetour bestimmt. Außerdem sind in den Restriktionen (4.114) bis (4.116) die pt jbr sowie die P F Bb durch pt jbr (B P) bzw. pt jbr (G P) sowie durch B P Bb und G P Bb zu ersetzen bzw. zu ergänzen ((4.147) bis (4.149)). Reihenfolgebedingungen für Pflegetouren (2): b∈B D
h jbr +
b∈B\{0}∪B D
h jbr +
b∈B D
pt jbr (B P) ·
b∈B\{0}∪B D
D Bb ≤ U Z BG P ∀ r ∈ R, j ∈ J (4.150) αD
D Bb pt jbr (B P) · ≤ αD
BG P ST
pt
P Er t · dt +sptr t · U Z t
t=F T BG P
∀ r ∈ R, j ∈ J (4.151) b∈B D
h jbr +
b∈B\{0}∪B D
pt jbr (B P) ·
D Bb ≤ D ∀ r ∈ R, j ∈ J αD
(4.152)
Das Ende aller Pflegetouren wird nun (zusätzlich) durch die explizite Vorgabe einer Uhrzeit, zu der alle Behandlungs- und Grundpflegetätigkeiten beendet sein müssen, beschränkt (4.150) Außerdem muss durch entsprechende Personaleinpt sätze der Pflegekraft (P Er t ) ab der Startuhrzeit der ersten Pflegetour mindestens so viel Arbeitszeit bereitgestellt werden (rechte Seite von (4.151)), wie alle von dieser Pflegekraft durchzuführenden Pflegetouren in Anspruch nehmen (linke Seite von (4.152)). Bei der Abstimmung mit der Durchlaufzeit wird wiederum pt jbr durch pt jbr (B P) substituiert (4.152).
81
Für die Abstimmung mit Beginnzeitpunkten von Dokumentationsvorgängen bzw. letztendlich mit der Durchlaufzeit ist eine Zeitangabe in Minuten erforderlich, da diese nicht mit dem Beginn eines Zeitintervalls übereinstimmen müssen, sondern jedem (ganzzahligen) Zeitpunkt eines Zeitintervalls zugeordnet sein können. Die Uhrzeit 0:00 Uhr wird hier als Referenzzeitpunkt der Zählung festgelegt.
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
273
Abstimmung Personaleinsatz – Start Pflegetouren: pt
P Er t ≤
sptr t · M ∀ t ∈ t t = F T BG P , . . . , ST BG P
t
(4.153)
t =F T BG P
Abstimmung zur Verbundenheit des Personaleinsatzes: pt pt P Er t ≥ P Er t+1 ∀ t ∈ t t = F T BG P , . . . , ST BG P − 1
(4.154)
Diese Personaleinsätze können einem Zeitintervall t nur zugeordnet werden, wenn die erste Pflegetour in t startet oder deren Start bereits zwischen F T BG P und t erfolgt (4.153). Entsprechende Einsätze außerhalb von Pflegetouren sind somit ausgeschlossen. Ebenso können diese ähnlich wie die Zuordnung der Zeitintervalle zu Schichtmustern nur zusammenhängend zugeordnet werden (4.154). pt
P Er t +
P Er t ≤ xrt t ∀ t ∈ T , t ∈ T , r ∈ R q
(4.155)
q∈Q r ∩Q t
Durch die Erweiterung der Personaleinsatzmöglichkeiten ist die linke Seite von pt (4.122) um P Er t zu ergänzen (4.155) Bei Zuordnung eines Zeitintervalls t zu einem in t beginnenden Schichtmuster ist nun neben Einsatz zur Deckung von Personalbedarfen der Art q und dem Nicht-Einsatz auch der Einsatz auf Pflegetouren möglich. Die Zusammenhänge der Schichtmusterbestimmung, einzelner Personaleinsätze sowie der entsprechenden Einbindung der Pflegetouren sind zum besseren Verständnis in Abb. 4.16 exemplarisch grafisch veranschaulicht. Wir betrachten hier einen Arbeitstag ab 6:00 Uhr (t = 0), welcher in 15-minütige Zeitintervalle eingeteilt wird, für welche die jeweils bekannten Personalbedarfe P Bqt in der im unteren Abbildungsteil dargestellten Tabelle einzutragen sind. Weiterhin ist vorgegeben, dass der Zeitraum für die Erledigung aller Grund- und Behandlungspflegetätigkeiten durch F T BG P = 4 (7:00 Uhr) und ST BG P + 1 = 18 (10:30 Uhr) beschränkt wird und entsprechende Pflegetouren innerhalb dieses Zeitraums zu planen sind. In diesem Beispiel sind zwei unterschiedliche Schichten mit je acht Arbeitsstunden der Pflegekräfte r = 1 und r = 2 dargestellt, woraus sich entsprechend zwei Schichtmuster ergeben. Das Schichtmuster von r = 1 bzw. r = 2 sieht
274
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Arbeitszeit der Pflegekraft von 6:00 (x10 = 1) bis 14:00 Uhr bzw. 6:30 (x22 = 1) 0 bis x 0 bis 14:30 Uhr und somit in den Zeitintervallen 0 bis 31 (x 10 131 = 1) 0 0 bzw. 3 bis 34 (x23 bis x234 = 1) vor. Die unterschiedlich eingefärbten Rechtecke q repräsentieren die einzelnen Personaleinsätze P Er t zur Deckung der Personal bedarfsarten innerhalb der den Pflegekräften zugeordneten Zeitintervallen (xrt t = 1). So ist Pflegekraft r = 1 bspw. für zunächst 45 Minuten zur Deckung von Personalbedarf q = 1, anschließend 30 Minuten zur Deckung von q = 2, dann wiederum 60 Minuten zur Deckung von q = 1, etc. eingeteilt und die entspreq chenden P E 1t -Variablen nehmen den Wert 1 an. Ist ein Rechteck nicht eingefärbt, bedeutet dies, dass das entsprechende Zeitintervall zwar dem Schichtmuster, die Pflegekraft in diesem jedoch keiner Bedarfsdeckung zugeordnet und somit die Summe aller möglichen Personaleinsätze für das entsprechende r gleich 0 ist (vgl. t = 17 von Pflegekraft r = 1).82 Sind die Rechtecke grau eingefärbt, ist bzw. sind der Pflegekraft in den entsprechenden Zeitintervallen eine bzw. mehrere Pflegetour(en) zugeteilt. Für Pflegekraft r = 2 ist dies für t = 6 (spt26 = 1) bis t = 16 der Fall, weswegen 82
An dieser Stelle bietet es sich an, in gebotener Kürze über Pausenzeiten zu sprechen, welche in der bisherigen Modellierung keine Berücksichtigung finden. Ein soeben beschriebener Nicht-Einsatz könnte zwar als Pause der Pflegekraft interpretiert werden. Jedoch treten diese Nicht-Einsätze in Optimallösungen des betrachteten Modells allenfalls zufällig (sowie an unpassenden Stellen auf) und es kann nicht garantiert werden, dass jedes Schichtmuster entsprechende Pausenzeiten, welche den gesetzlichen Vorgaben genügen, enthält. Für die Integration von einzuplanenden Pausenzeiten sind folgende Adaptionen am Modell vorzunehmen: A P Z min := O P Z max := O P Z min := P Z :=
pzrt t
Minimale Anzahl an Zeitintervallen, die zwischen zwei Pausen einer Pflegekraft liegen müssen. Maximale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft am Stück arbeiten darf, ohne eine Pause einzulegen. Minimale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft am Stück arbeiten muss, ohne eine Pause einzulegen. Maximale Anzahl an Zeitintervallen, die eine Pflegekraft zusätzlich zu O P Z max ohne weitere Pause arbeiten darf.
⎧ ⎪ ⎨ 1, wenn Pflegekraft r , die zu Beginn von Zeitintervall t eine Schicht beginnt, in Zeitinter − intervall t eine Pause einlegt := ⎪ ⎩ 0, sonst t+Trmax −1
t=t
xrt t
t +Trmax −1
≤ OPZ
max
+
t=t
pzrt t · P Z ∀ t ∈ T , r ∈ R
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler …
275
pt
die korrespondierenden P E 2t = 1 sind. Die Verbindung von Schichtmuster- und Pflegetourenplanung ist auf der rechten Seite der Abbildung (gestrichelter Kasten) noch einmal detaillierter erfasst. Durch die Festlegung des Starts der ersten Pflegetour auf 7:30 Uhr (in Minuten von 0:00 Uhr ausgedrückt: spt26 · U Z 6 = 450) und deren Berücksichtigung in Nebenbedingung (4.146) basiert die zeitliche Planung dieser (und der anschließenden) Pflegetour(en) auf dem Ergebnis der Schichtplanung und vice versa. Zusätzlich wird durch (4.153), (4.154) sowie (4.151) erreicht, dass schichtplanerisch erstens nur dann Personaleinsätze für Pflegetouren erfolgen können, wenn ein entsprechender Startpunkt zugeordnet wird, zweitens diese Personaleinsätze zusammenhängend sind und drittens genügend pt Arbeitszeit ( 17 t=4 P E 2t · dt ) für die Pflegetour(en) bereitgestellt wird. Durch die Berücksichtigung der Restriktionensysteme von der um Beginnzeitpunkte erweiterten Modelvariante 2a, des unter 1. formulierten Grundmodells zur In Fällen, in denen die Anzahl der einem Schichtmuster zuzuordnenden Zeitintervalle O P Z max überschreitet, ist im entsprechenden Schichtmuster mindestens eine Pause einzuplanen. Sollte die Summe der einem Schichtmuster zuzuordnenden Zeitintervalle größer als O P Z max zuzüglich P Z bzw. 2 · P Z etc. werden, sind dementsprechend mindestens zwei bzw. drei etc. Pausen einzuplanen.
xrt ≤
t +O P Z max −1
pzrt t + 1 − xrt t+O P Z max ∀ t ∈ T , r ∈ R
t=t +O P Z min −1
Falls einem Schichtmuster mehr Zeitintervalle als O P Z max zugeordnet sind, wird durch diese Restriktion die Lage der ersten Pause geregelt. Diese muss dann frühestens nach O P Z min und spätestens nach O P Z max erfolgen. P Z min t+A t 1 − pzr t ≥ pzrt t ∀ t ∈ T , t ∈ T , r ∈ R t =t+1
Wird ein Zeitintervall durch Pausenzeit einer Pflegekraft belegt, kann deren nächste Pause frühestens nach A P Z min weiteren Zeitintervallen liegen. pt
P Er t +
P Er t + pzrt t ≤ xrt t ∀ t ∈ T , t ∈ T , r ∈ R q
q∈Q r ∩Q t
Die Abstimmung der Personaleinsätze mit der Zuordnungsvariable xrt t ist in diesem Fall darum zu ergänzen, dass dem Zeitintervall neben diesen Einsatzmöglichkeiten auch Pausenzeit zugeordnet werden kann.
276
4
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Schichtmusterbestimmung sowie der unter 2. und 3. beschriebenen Änderungen bestehender oder Ergänzung neuer Restriktionen ergibt sich der Restriktionenraum eines Modells zur simultanen Planung von Schichtmustern und der Integration digitaler Pflegedokumentation: (4.82)–(4.84) (4.87)–(4.90) (4.95)–(4.101) (4.103) (4.116)–(4.117) (4.119) (4.121)–(4.153) Abschließend ist zu klären, welche Zielfunktion(en) in dieses Modell zu integrieren ist (sind). Hierfür stehen u. a. (4.62), (4.104) sowie (4.118) aus den Ausgangsmodellen, jedoch grundsätzlich auch bisher nicht berücksichtigte Zielfunktionen zur Auswahl.83 Wir schlagen vor, vor dem Hintergrund der knappen und kurzfristig kaum bis nicht aufstockbaren Personalausstattung (4.118) in jedem Fall als Zielfunktion zu berücksichtigen. Ebenso empfehlen wir, (4.104) mitaufzunehmen, um den Fokus auf die digitale Pflegedokumentation zu wahren. Ob (4.62) in die Optimierung miteinbezogen werden soll, hängt im Wesentlichen davon ab, ob dem Entscheider wichtig ist, dass alle Pflegetouren weiterhin möglichst früh beendet sein sollen, oder ob es für ihn ausreichend ist, dass diese in jedem Fall innerhalb des vorgegebenen Zeitraums F T BG P bis ST BG P + 1 liegen. Wir wollen der Vollständigkeit halber nachfolgend alle drei Zielfunktionen berücksichtigen, sodass sich mit folgenden zusätzlichen Symbolen nachstehender Zielfunktionsvektor ergibt:
83
Darunter fallen bspw. die oben diskutierten Abstandsminimierungs- oder Abstandmaximierungsfunktionen bzgl. der Monitorpositionen oder alternative Zielfunktionen zum Teilproblem Schichtplanung. Hier ist u. a. denkbar, dass nicht die Anzahl der zuzuordnenden Zeitintervalle, sondern die Anzahl der Schichtmusterbeginnzeitpunkte und somit die Anzahl verschiedener Schichtmuster zu minimieren ist:
xrt → min!
t∈T r ∈R
Das kann sinnvoll sein, wenn der Entscheider (aus Gründen der Einfachheit oder Übersichtlichkeit) möglichst nicht zu viele Start- und Endzeitpunkte einzelner Schichten erhalten möchte, um besser den Überblick behalten zu können.
Abbildung 4.16 Zusammenhänge der Schichtmusterbestimmung, einzelner Personaleinsätze sowie der entsprechenden Einbindung der Pflegetouren
4.3 Modellüberlegungen zur Planung digitaler … 277
278
4
μx t := rt
X rmin tt := X rmax tt :=
Grundlagen und Modelle der Planung digitaler Produktionsabläufe
Wert der Zufriedenheit mit der Anzahl insgesamt in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle Mindestanzahl in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle Maximalanzahl in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle
⎛
⎞
D
⎜ mb ⎜ ⎜ b∈B D ⎝ t ∈T t∈T r ∈R
xrt t
⎟ ⎟ ⎟ → min! ⎠
(4.157)
Zur Lösung dieses Vektoroptimierungsproblem verwenden wir wiederum die oben eingeführte Variante aus dem Bereich der Fuzzy-Vektoroptimierung. Dementsprechend formulieren wir nun auch eine Zugehörigkeitsfunktion μx t rt (4.157), welche die Zufriedenheit des Entscheiders mit der Anzahl insgesamt in die Schichtmuster zu integrierender Zeitintervalle zum Ausdruck bringt:
μx t := rt
⎧ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎨ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎩
1 X rmax tt
−
für
t ∈T t∈T max X r tt − X rmin tt
0
t r ∈R xr t
xrt t < X rmin tt
t ∈T t∈T r ∈R
für X rmin tt ≤ für X rmin tt