Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen I: Untersuchungen anhand von »Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache« [Reprint 2014 ed.] 9783110916713, 9783484309869

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German Pages 415 [416] Year 1998

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Table of contents :
Vorwort
KAPITEL I: Der historisch-lexikographische Kontext von LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE und die französische Lernerlexikographie
LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE und die britische Lernerlexikographie
LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE und die deutschen Wörterbücher
KAPITEL II: Grammatik in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Das System der sogenannten Strukturformeln in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache: eine kritische Übersicht
Die Grammatik der Verben in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die Grammatik der Substantive in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
KAPITEL III: Pragmatik und Semantik in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die semantischen Angaben in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die pragmatischen Angaben in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
KAPITEL IV: Die lexikographische Bearbeitung ausgewählter lexikalischer Einheiten in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die Partikeln in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die Komposita in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
Die Präpositionen in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Die Konjunktionen in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
KAPITEL V: Kotexte in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE Fritz Neubauer
Kompetenzbeispiele in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
Kollokationen in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE
KAPITEL VI: Zur Makrostruktur in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
Die äußere Selektion in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
Homonymisierung und Polysemierung in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
KAPITEL VII: Zu den textuellen Strukturen in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
Die Mediostruktur in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
Die Außentexte in Langenscheidts Grosswörterbuch Deutsch als Fremdsprache
KAPITEL VIII: Der lexikographische Prozeß eines einsprachigen Lernerwörterbuches
LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE: Ein-, Aus-, Rückblick
KAPITEL IX: Pädagogische Lexikographie. Eine ausgewählte Bibliographie
Pädagogische Lexikographie und Wörterbücher in pädagogischen Kontexten im 20. Jahrhundert. Eine ausgewählte Bibliographie
Anhang: Abstracts und Résumés
Namenregister
Sachregister
Recommend Papers

Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen I: Untersuchungen anhand von »Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache« [Reprint 2014 ed.]
 9783110916713, 9783484309869

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Series Maior

LEXICOGRAPHICA Series Maior Supplementary Volumes to the International Annual for Lexicography Suppléments à la Revue Internationale de Lexicographie Supplementbände zum Internationalen Jahrbuch für Lexikographie

Edited by Sture Allén, Pierre Corbin, Reinhard R. K. Hartmann, Franz Josef Hausmann, Ulrich Heid, Oskar Reichmann, Ladislav Zgusta 86

Published in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX)

Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen Untersuchungen anhand von «Langenscheidts Groß Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache» Herausgegeben von Herbert Ernst Wiegand

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1998

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme [Lexicographica / Series maior] Lexicographica : supplementary volumes to the International annual for lexicography / pubi, in cooperation with the Dictionary Society of North America (DSNA) and the European Association for Lexicography (EURALEX). Series maior. - Tiibingen : Niemeyer. Früher Schriftenreihe Reihe Series maior zu: Lexicographica 86. Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen. - 1998 Perspektiven der pädagogischen Lexikographie des Deutschen : Untersuchungen anhand von «Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache» / hrsg. von Herbert Ernst Wiegand. - Tübingen : Niemeyer, 1998 (Lexicographica : Series maior ; 86) ISBN 3-484-30986-5

ISSN 0175-9264

© Max Niemeyer Verlag GmbH & Co. KG, Tübingen 1998 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier. Druckvorlage: Matthias Kammerer, Karlsruhe Druck: Weihert-Druck GmbH, Darmstadt Einband: Industriebuchbinderei Hugo Nädele, Nehren

Inhalt

Vorwort

IX

KAPITEL I

Der historisch-lexikographische Kontext von LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE UND DIE FRANZÖSISCHE LEMERLEXIKOGRAPHIE

3

THOMAS HERBST LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE UND DIE BRITISCHE LERNERLEXIKOGRAPHIE

20

PETER KÜHN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE UND DIE DEUTSCHEN WÖRTERBÜCHER

KAPITEL

34

II

G r a m m a t i k in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Rufus H. Gouws DAS SYSTEM DER SOGENANNTEN STRUKTURFORMELN IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE: EINE KRITISCHE ÜBERSICHT

63

HENNING BERGENHOLTZ / JENS ERIK MOGENSEN DIE GRAMMATIK DER VERBEN IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

77

STEFAN J. SCHIERHOLZ DIE GRAMMATIK DER SUBSTANTIVE IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

88

VI KAPITEL

Inhalt III

P r a g m a t i k u n d S e m a n t i k in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Klaus-Peter Konerding D i e s e m a n t i s c h e n A n g a b e n in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

107

Ulrich Paschel D i e p r a g m a t i s c h e n A n g a b e n in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

KAPITEL

144

IV

Die lexikographische Bearbeitung ausgewählter lexikalischer Einheiten in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Werner Wolski DIE PARTIKELN IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

159

ADRI VAN DER COLFF DIE KOMPOSITA IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

193

BURKHARD SCHAEDER DIE PRÄPOSITIONEN IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

208

GÜNTER KEMPCKE / RENATE PASCH DIE KONJUNKTIONEN IN LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

233

KAPITEL V K o t e x t e in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Fritz Neubauer K o m p e t e n z b e i s p i e l e in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

247

Andrea Lehr K o l l o k a t i o n e n in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

256

Inhalt KAPITEL

VII VI

Z u r M a k r o s t r u k t u r in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Henning Bergenholtz / Gregor Meder D i e ä u ß e r e Selektion in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

285

Ekkehard Zöfgen Homonymisierung und Polysemierung in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

KAPITEL

297

VII

Z u d e n textuellen S t r u k t u r e n in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Matthias Kammerer D i e M e d i o s t r u k t u r in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

315

Dieter Herberg D i e A u ß e n t e x t e in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

KAPITEL

331

VIII

Der lexikographische Prozeß eines einsprachigen Lernerwörterbuches Dieter Götz / Günther Haensch

LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE:

Ein-, Aus-, Rückblick

KAPITEL

345

IX

Pädagogische Lexikographie. Eine ausgewählte Bibliographie Matthias Kammerer / Herbert Ernst Wiegand Pädagogische Lexikographie und Wörterbücher in pädagogischen Kontexten im 20. Jahrhundert. Eine ausgewählte Bibliographie

361

VIII

Inhalt

Anhang: Abstracts und Résumés

387

Namenregister

397

Sachregister

401

Vorwort

Nachdem die 1. Auflage von „Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache" 1993 erschienen war, habe ich dieses „neue einsprachige Wörterbuch fur Deutschlernende" wie es im Untertitel heißt - sowohl im Rahmen von Lehrveranstaltungen als auch bei der Arbeit an einer Allgemeinen Theorie der Lexikographie genauer kennengelernt und z.T. gründlich analysiert. Der Eindruck von diesem Werk der pädagogischen Lexikographie war insgesamt positiv; so entstand der Plan, bei der Pflege dieses einsprachigen Wörterbuches mitzuwirken, die von mir - nicht zuletzt aus sprachpolitischen Gründen - als lohnend eingeschätzt wurde. Wörterbuchpflege kann als eine kulturelle Praxis gelten, in der vor allem Verleger, Wissenschaftler (insonderheit Wörterbuchforscher) sowie Sprach- und Sachlexikographen mit dem obersten Ziel zusammenarbeiten, eine andere kulturelle Praxis, nämlich die der Wörterbuchbenutzung und damit eine spezifische Form der Wissenskontrolle und Wissensaneignung zu fördern. Bekanntlich lassen sich verschiedene Arten der Wörterbuchpflege unterscheiden, besonders die verlegerische, die lexikographische und die metalexikographische. Der vorliegende Band kann der letzteren Art zugeordnet werden. Jede metalexikographische Wörterbuchpflege enthält eine wörterbuchkritische Komponente, bleibt aber - wenn sie angemessen ist - bei kritischen Einlassungen nicht stehen. Entsprechend habe ich die Autorinnen und Autoren dieses systematischen Sammelbandes mit einem persönlichen Schreiben zur Mitarbeit eingeladen, in dem auch folgender Textabschnitt stand: ,3s ist der Sinn des geplanten Buches, der pädagogischen Lexikographie in Deutschland Anregungen zu geben. Es ist nicht der Sinn des Bandes, so etwas wie eine „konzertierte, metalexikographische Kollektivrezension" von Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache zu machen. Zwar ist eine wörterbuchkritische Komponente der Beiträge durchaus gewünscht. Kein Beitrag sollte jedoch bei der kritischen Analyse stehen bleiben. Vielmehr denke ich mir, daß folgendes wünschenswert ist: bei den Themen, welche dies erlauben, sollten nach der kritischen Sichtung und nach einer Problemdiskussion Vorschläge erfolgen, die in der Wörterbucharbeit umsetzbar sind. Wenn Sie zu dem Schluß kommen, daß im Bereich des Themas, das Sie (hoffentlich) bearbeiten werden, die lexikographische Bearbeitung gelungen ist, wäre selbstverständlich auch dies ein willkommener Beitrag. Bitte beachten Sie also den vorgesehenen Untertitel des Bandes; es heißt anhand, nicht zu Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache. Damit soll im Titel des Bandes angedeutet werden, daß die einzelnen Beiträge zwar vor allem Ausführungen zu diesem Wörterbuch enthalten, daß aber Schlußfolgerungen gezogen werden, welche fur die pädagogische Lexikographie der Zukunft von Interesse sind." Die von mir vorgeschlagene systematische Gliederung des Bandes, die dem Einladungsschreiben beilag, ist auf der obersten Gliederungsebene der Kapitel vollständig erhalten geblieben. Für sechs von mir formulierten Beitragstitel konnten keine Autoren gefunden werden. -

χ

Vorwort

Obwohl dies vorgeschlagen wurde, ist im Titel dieses Bandes nicht von Lernerlexikographie die Rede, sondern von pädagogischer Lexikographie, auch wenn von letzterer nur ein Ausschnitt behandelt wird. Ich habe mich zu dieser Lösung entschieden, um mit der Titelwahl zu verdeutlichen, daß es - entgegen den angelsächsischen Tendenzen - für das Deutsche der Gegenwart notwendig ist, die sog. Lernerwörterbücher nicht aus dem viel weiteren Rahmen derjenigen Wörterbücher herauszulösen, die ebenfalls erarbeitet wurden bzw. werden, um insbesondere im Rahmen von Spracherwerbsprozessen benutzt zu werden, wie z.B. Kinder- und Schulwörterbücher. Das als wesentlich einzuschätzende, gemeinsame Merkmal von lexikographischen Prozessen im Rahmen der pädagogischen Lexikographie besteht darin, daß die Adressaten der Wörterbücher nicht nur aufgrund punktueller Kompetenzdefizite zum Wörterbuchbenutzer werden, sondern im Rahmen jeweiliger Lernstadien eines auf die Mutter- oder eine Fremdsprache bezogenen Spracherwerbsprozesses. Alle Endprodukte der pädagogischen Lexikographie sind Spracherwerbswörterbücher (kurz: Erwerbswörterbücher). Die Lernerwörterbücher bilden nur eine besondere Sorte dieses Typs, der zahlreiche Untertypen aufweist. Dieser Sachverhalt wurde auch in der Bibliographie am Ende dieses Bandes berücksichtigt. Die pädagogische Lexikographie des Deutschen insgesamt hat - wenn ich es richtig einschätze - relativ erfreuliche Perspektiven. Dies ist nicht zuletzt deswegen der Fall, weil immer mehr Hochschulwissenschaftler lexikographische Prozesse initiieren oder in diese involviert sind, die zu Erwerbswörterbüchern führen. Ich erinnere nur an das Grundschulwörterbuch von Peter Kühn und an das von Burkhard Schaeder sowie an das phraseologische Wörterbuch von Regina Hessky und Stefan Ettinger. Weitere Wörterbücher sind geplant. Hier ist vor allem das „de Gruyter Wörterbuch Deutsch als Fremdsprache", das unter Leitung und Mitarbeit von Günter Kempcke erarbeitet wurde und voraussichtlich im Juli 1998 erscheinen wird, zu nennen. Es ist geplant, auch dieses Wörterbuch näher zu untersuchen. Schließlich haben Peter Kühn und ich ein Projekt in Vorbereitung, in welchem es um die Theorie der pädagogischen Lexikographie gehen wird und weiterhin um die einzelnen recht unterschiedlichen Wörterbuchtypen sowie um spezifische Fragestellungen, die anhand einzelner Wörterbücher erörtert werden. Es ist meine Hoffnung, daß mit den hier vorgelegten und mit den beiden geplanten Untersuchungen zur pädagogischen Lexikographie des Deutschen Lexikographen, die solche Wörterbücher erarbeiten, die zu einem der Typen der Erwerbswörterbücher gehören, in die jeweilige Praxis umsetzbare Anregungen erhalten, und weiterhin, daß die erwähnten Untersuchungen dazu beitragen, daß sich eine germanistische Wörterbuchforschung etabliert, welche die pädagogische Lexikographie zum Deutschen im 21. Jh. kritisch begleitet. Am Ende einer erfreulichen Zusammenarbeit, die mehr als zwei Jahre gedauert hat, gilt mein Dank den 22 Autorinnen und Autoren dieses Bandes, die meinen Gliederungsvorschlägen gefolgt, aber selbstverständlich für den Inhalt ihrer Beiträge selbst verantwortlich sind. Weiterhin danke ich Matthias Kämmerer, meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter, für die Herstellung und Betreuung der Druckvoriage sowie den Herausgebern von „Lexicographica. Series Maior" für die Aufnahme des Bandes in ihre Buchreihe, die ich gegründet habe. Breslau, im September 1997

H. E. W.

KAPITEL I

Der historisch-lexikographische Kontext von LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

1 2 3

und die französische Lernerlexikographie

Frankreich - ein Pionier der Lernerlexikographie 4 Die lernerlexikographische Landschaft in Frank- S reich 5.1 LGWDAF und die französischen „Vorbilder" 5.2

Fazit und Perspektiven Literatur Wörterbücher Sonstige Literatur

1 Frankreich - ein Pionier der Lernerlexikographie Als im Jahre

1 9 9 2 LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH D E U T S C H ALS FREMDSPRACHE

in' Form eines Vorabdrucks erstmals einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt wurde, da dürften sich nicht wenige erstaunt und zugleich irritiert gefragt haben, was den Verlag bewogen haben könnte, mit der Herausgabe dieses ersten Lernerwörterbuchs für Deutsch neben einem Germanisten auch zwei .fachfremde' Wissenschaftler, nämlich einen Anglisten und einen Romanisten, zu betrauen. Die Gründe dafür sind hinlänglich bekannt, kamen doch die wesentlichen Anstöße zur Konzeption und Fertigung von learners ' dictionaries von der englischen und französischen Lexikographie und gingen doch die entscheidenden Impulse in der metalexikographischen Diskussion von diesen beiden Ländern aus. (LGWDAF)

Eine herausragende, von der angelsächsischen .pedagogical lexicography' nicht hinreichend gewürdigte Rolle spielte dabei ganz ohne Zweifel Frankreich, das auf eine ruhmreiche - seit dem 17. Jh. nicht abreißende - Tradition in der monolingualen Lexikographie zurückblickt. Mit Werken wie dem GRAND LAROUSSE DE LA LANGUE FRANÇAISE ( 1 9 7 1 - 1 9 7 7 ) , dem seit 1985 in zweiter Auflage vorliegenden GRAND ROBERT (GR) sowie dem im Jahre 1 9 9 4 fertiggestellten monumentalen TRÉSOR DE LA LANGUE FRANÇAISE ( T L F ) ist es bestens gerüstet, um (zumindest) bei den mehrbändigen Wörterbüchern seine fuhrende Position in Europa behaupten zu können. Als eine Ausnahmeerscheinung hat darüber hinaus der nunmehr in einer dritten, grundlegend überarbeiteten Auflage vorliegende und vom Verlag Le Robert auf einer gelben Banderole selbstbewußt als „L'Événement" angekündigte P E T I T ROBERT (PR) zu gelten, den ausgewiesene Kenner der internationalen Lexikographie als „das beste einbändige Wörterbuch der Welt" (Hausmann 1983, 122) bezeichnet haben.1

1

Über die makro- und mikrostrukturellen Besonderheiten des (NOUVEAU) PETIT ROBERT im Vergleich zur zweiten Auflage von 1977 (1988) informiert Heinz (1994).

4

Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen

Als Aushängeschild der französischen Wörterbuchproduktion hatte lange Zeit auch die einsprachige Lernerlexikographie zu gelten, wo Frankreich mit dem in den sechziger Jahren entwickelten DICTIONNAIRE DU FRANÇAIS CONTEMPORAIN ( D F G ) w a h r h a f t Pionierarbeit lei-

stete. Diese Situation änderte sich schlagartig mit dem Erscheinen des (seit kurzem in dritter Auflage v e r f u g b a r e n ) LONGMAN DICTIONARY OF CONTEMPORARY ENGLISH ( D C E ) , der in

einer Reihe von Punkten neue Maßstäbe fur die L2-Lexikographie setzte. Während die innovativen Elemente des Longman-Wörterbuchs vom Konkurrenten aus dem Hause O.U.P. sehr ernstgenommen und als Herausforderung empfunden wurden, ging Frankreich weiterhin eigene Wege, die beim fachkundigen Beobachter des französischen Wörterbuchmarktes allerdings den Verdacht aufkommen ließen, als würden die unmißverständlichen Signale aus England bewußt überhört. Unbestritten ist zwar, daß sich die Wörterbücher der DFC-Serie (NDFC, DDF) auf einem relativ hohen Niveau stabilisiert haben. Fest steht aber auch, daß die drei führenden englischen learners ' dictionaries weiter konsequent auf Innovation setzen und daß es ihnen gelungen ist, die in den letzten Jahren unterbreiteten Verbesserungsvorschläge systematisch in den aktuellen Auflagen zu verankern (zuletzt ALD5, DCE3, COBUILD2) Den Pionier von Larousse haben sie damit längst überflügelt, und auch die Mitbewerber um die Gunst des ausländischen Benutzers aus dem Hause Le Robert und Hachette (vgl. Abschnitt 2) haben dem nichts Gleichwertiges entgegenzusetzen. Um so erfreulicher ist, daß man sich im deutschen Sprachraum verstärkt um „eine optimale Umsetzung des inzwischen recht ansehnlichen Ideenspektrums .Lernerlexikographie'" (Kempcke 1992, 171) bemüht und daß man einerseits mit dem LGWDAF sowie andererseits mit dem seit 1987 an der früheren Akademie der Wissenschaften in Ost-Berlin geplanten und offenbar kurz vor der Vollendung stehenden Lernerwörterbuch der deutschen Sprache (vgl. Kempcke 1996, 115) große Anstrengungen unternimmt, den Anschluß an den Entwicklungsstand der internationalen pädagogischen Lexikographie nicht zu verpassen.

2

Die lernerlexikographische Landschaft in Frankreich

Aus der sichtbar gewordenen Vormachtstellung der englischen learners' dictionaries dürfen nun keine falschen Schlüsse gezogen werden. Denn natürlich gibt es nicht den geringsten Zweifel daran, daß der Konzeption von LGWDAF Organisations- und Strukturprinzipien zugrunde liegen, die nachweislich im Umkreis der französischen (Meta-)Lexikographie erarbeitet wurden. Zum besseren Verständnis der damit behaupteten Vorbildfunktion, die französischen Lernerwörterbüchern bei Planung und Realisierung des deutschen L2-Wörterbuches zukam, wollen wir uns zunächst ein ungefähres Bild von der (aktuellen) lernerlexikographischen Landschaft Frankreichs machen.2 In der nachfolgenden Übersicht sind die .wichtigsten' der seit 1966 ausgelieferten einsprachigen Wörterbücher des Französischen mit .didaktischem' Anspruch aufgeführt. 3

2 3

Vgl. auch die Übersichten bei Hausmann (1985, 28-31) und Zöfgen (1994, 10-14). Zu den deutschen Lizenznehmern vgl. die Angaben im Literaturverzeichnis.

Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache und die französische Lemerlexikographie o r a a a e r 5CleKt,on

' Fertigkeitsniveau / Lern/Sprachniveau

20-40000 Einträge

10-20 000 Einträge

10000 Einträge und weniger

Tab. 1:

Französisch ais Muttersprache Wörterbuchsigel

Verlag

DFC (1966) => NDFC (1980) => DDF (1986) DFV (1973) MRi (1971) =>MR 2 (1988) RM (1982) DPF (1987)

Larousse

5

Französisch als Fremdsprache Wörterbuchsigel

Verlag

Bordas Le Robert Le Robert Hachette

NLarD (1977) => LarMaxi-D (1986) DHji (1980) => DHj2 (1993) PRE 1988 =>RdJ(1991) RJun (1993) BJun (1985)

Larousse LarEUA (1979)

Le Robert Bordas

BCad(1976) LarMini-D (1985) DAE (1984)

DFLE1 (1978) Bordas Larousse DFLE2 (1979) Nathan DVE (1963/1984)

Larousse

Hachette Le Robert

Larousse Larousse

Einsprachige Wörterbücher des Französischen mit didaktischer Komponente

Der überwiegende Teil dieser beeindruckenden Vielfalt von Wörterbüchern ist in seinen wesentlichen Eigenschaften und Spezifika an anderer Stelle recht detailliert beschrieben worden,4 so daß wir uns in diesem Zusammenhang mit einigen wenigen erläuternden und ergänzenden Anmerkungen begnügen können: (1) Trotz der keineswegs einheitlichen Verwendung des Begriffs „Lernerwörterbuch" scheint ein breiter Konsens darüber zu bestehen, daß es sich um einen eigenständigen' Wörterbuchtyp handelt, der dadurch charakterisiert ist, daß er sowohl organisatorisch als auch hinsichtlich Art und Umfang des Daten- und Informationsangebotes den spezifischen Belangen und Bedürfnissen des fremdsprachigen Benutzers Rechnung zu tragen sucht. Insofern müssen sich (auch) die primär muttersprachendidaktischen Wörterbücher an den für L2-Wörterbücher gültigen Maßstäben messen lassen und ihre L2-Tauglichkeit erst unter Beweis stellen. Noch aus einem anderen Grund zögert man, die getroffene Auswahl generell als eine repräsentative Liste von learners ' dictionaries im angedeuteten Sinn zu apostrophieren; sei es, daß man sich mit selektiven Wortlisten von weniger als 10000 Lemmata einem Bereich nähert, in dem das Kinderwörterbuch angesiedelt ist (vgl. Buzon 1983, Hausmann 1990a); sei es, daß wir es in einigen Fällen mit Wörterbüchern zu tun haben, in denen lediglich ein erwähnenswertes didaktisches Prinzip verwirklicht wurde - so etwa die systematische Einbindung einer Wortbildungskomponente im RM oder die spezifische Art der lexikographischen Bedeutungserläuterung durch die Abfolge Beispiel -> Definition im DFV - , die im übrigen aber ihre Herkunft aus dem größeren Bruder nicht verleugnen können (so etwa RM und DPF). Für andere

4

Vgl. insbesondere Zöfgen 1994 (mit weiterführender Literatur).

6

Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen

wiederum gilt, daß sie von Aufmachung und Inhalt her zu stark auf ein französisches Publikum hin zugeschnitten sind, um uneingeschränkt als L2-Wörterbuch zum Einsatz kommen zu können. Schuld daran ist häufig die (sogenannte) .lexikographische Erzählung' (Hausmann 1990a, 365 f.), die im RdJ sehr dezidiert am Erfahrungs- und Erlebnishorizorit der 7- bis 12jährigen Franzosen ansetzt. Gleichwohl dürfen die ,dictionnaires scolaires langue maternelle'5 in unserer Aufstellung nicht fehlen, weil es ersichtlich kein den englischen learners' dictionaries vergleichbares Wörterbuch für Französisch als Fremdsprache gibt und weil manch einer Didaktisierung, die das Schulwörterbuch (für LI) erfahrt, zu Recht L2-Relevanz nachgesagt wird (exemplarisch seien die .unkonventionellen' Verfahren der lexikographischen Bedeutungserläuterung, die in quasi-kommunikativer Absicht verfaßten und - wo immer möglich - kulturspezifische Phänomene gezielt berücksichtigenden vollständigen Beispielsätze oder das Regruppierungsprinzip genannt). (2) Soweit es sich um revidierte (durch: „=>" symbolisierte) (Neu-)Auflagen handelt, besteht eine deutlich erkennbare Tendenz zur Ausweitung des Eintragsvokabulars,6 was aus Platzgründen in der Regel zu fühlbaren Einschnitten in einzelnen Bauteilen führt. Mit zahlreichen, aber keineswegs spektakulären Verbesserungen im Detail präsentiert sich der MR2. Äußeres Zeichen der Bemühungen um eine stärkere Didaktisierung ist der geänderte Untertitel, mit dem sich das Wörterbuch nunmehr als dictionnaire d'apprentissage zu erkennen gibt, ohne sich jedoch die Prinzipien des DFC zu eigen zu machen und ohne qualitativ an diesen heranzureichen. Einen didaktischen Rückschritt gegenüber seinen Vorgängern stellt demgegenüber der DDF dar. Dabei dürfte in der Entscheidung des Redaktionsteams, die Makrostruktur weitgehend zu ,enthomonymisieren' und zur strikt initialalphabetischen Ordnung der Lemmata zurückzukehren, angesichts des vor allem im eigenen Lande mäßigen Erfolgs der so hoffnungsvoll begonnenen DFC-Serie auch Resignation mitschwingen. Relativ neu auf dem Markt ist der ROBERT JUNIOR (RJun). Adressaten sind vor allem Schüler des cycle moyen (was in etwa unserer Orientierungstufe entspricht). Da diese Zielgruppe vom ähnlich konzipierten, auch außerhalb Frankreichs recht verbreiteten und geschätzten DHj7 bedient wird, bleibt abzuwarten, ob sich der ganz auf .Bewährtes' setzende RJun langfristig gegen den Rivalen des Hachette-Verlages wird durchsetzen können. Größere Aufmerksamkeit verdient da schon ein anderes Produkt der .Dictionnaires Le Robert', nämlich der ROBERT DES JEUNES (RdJ), dem die pädagogisch orientierte Metalexikographie bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt hat.8 Ob dies darauf zurückzuführen ist, daß der RdJ zunächst unter dem irreführenden Titel9 LE PETIT ROBERT DES ENFANTS er5 6 7

8 9

Vgl. die Darstellung der muttersprachendidaktischen Wörteibücher für Französisch im Internationalen Handbuch zur Lexikographie (Art. 150) von Lagane (1990). Hier die genauen Zahlen: DFC -> DDF: 25000 35000, MR, MR2: 30000 35000, NLarD -> LarMaxiD: 17000 - * 20000, DHj, DHj2: 17000 ^ 20000. So orientieren sich beispielsweise die Korrektoren des Zentralen Bayerischen Staatsexamens für das Lehramt an Gymnasien zur Begrenzung des passiven Wortschatzes in den Prüfungsanforderungen seit geraumer Zeit an diesem Wörterbuch. Eine rühmliche Ausnahme bilden die Arbeiten von Lehmann (1991) und Bauerreis (1992). Der Titel ist insofern irreführend, als die nur durch intensive Benutzung des Wörteibuchs zu rekonstruierende Wöiteibuchgeschichte (zu) hohe Anforderungen an den kindlichen Benutzer stellt (Hausmann 1990a, 1366) und als es sich unter dem Gesichtspunkt der Zahl der Lemmata sowie auch im

Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache und die französische Lernerlexikographie

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schien, sei dahingestellt. Tatsache ist, daß dieses Wörterbuch über ein nicht zu unterschätzendes innovatives Potential verfugt, dem Lehmann (1991, 138) eine „portée théorique générale" bescheinigt. Narrative Beispielsätze, eine Explikationssprache, die sich durch die Wahl eines einfachen Vokabulars und durch gezielte Redundanz auszeichnet, enzyklopädische „Mini-Diskurse" sowie zwei Randspalten links und rechts des eigentlichen lexikographischen Textes, die natürlich an Cobuilds ,extra column' erinnern und die zum einen die metasprachlichen Kommentare, zum anderen die durch blaue Schrift abgehobenen enzyklopädischen Informationen enthalten, sind einige dieser innovativen Elemente. Sie unterstreichen die weit über den Rahmen eines Kinderwörterbuches hinausweisende didaktische Bedeutung des ROBERT DES JEUNES. Daran ändert auch die vergleichende Studie von Bauerreis (1992) nichts, die aus Sicht des französischlernenden Ausländers dem DHj den Vorzug vor dem RdJ gibt. (3) Daß dem DDF trotz der oben formulierten Kritik Eigenschaften zugesprochen werden, die ihn als „vorzügliches Hilfsmittel in der Hand des [fremdsprachigen] Schülers, Studenten und Lehrers ausweisen",10 leuchtet aufgrund seiner engen Verwandtschaft zum DFC unmittelbar ein. Als fragwürdig erweist sich die Erweiterung des Adressatenkreises hingegen dort, wo der deutsche Lizenznehmer die offenkundigen konzeptionellen Unterschiede zwischen LI - und L2-Wörterbuch mit der falschen Behauptung zu überspielen sucht, ein dictionnaire d'apprentissage wie der MR2 sei „speziell für den Französischunterricht an deutschen Schulen konzipiert [worden]".11 Vorsicht ist auch bei den Wörterbuchtiteln geboten, die gerade in dieser Hinsicht keine verläßlichen Indikatoren sind. So wird man z.B. in dem als L2-Wörterbuch angepriesenen LarEUA trotz der im Titel zum Ausdruck gebrachten Orientierung am germanophonen Lerner vergeblich den kontrastiven Ansatz suchen. Der LarEUA ist „kein Schulwörterbuch, geschweige denn ein Lernwörterbuch" (Hausmann 1982, 196). Dieses Urteil trifft ohne Einschränkungen auch auf den DVE zu, dessen deutscher Titel 5000 Lernwörter Französisch, unter dem dieses Wörterbuch vom Hueber-Verlag vertrieben wird, völlig falsche Erwartungen weckt.12 Zwischen diesen Wörterbüchern und dem DICTIONNAIRE DU FRANÇAIS LANGUE ÉTRANGÈRE. Niveau 1, Niveau 2 (DFLE 1 und DFLE 2) liegen in der Tat Welten. Hausmann geht sogar so weit, letztere vor dem Hintergrund seines Katalogs von Anforderungen, denen ein .dictionnaire scolaire du français langue étrangère' zu genügen hätte, als „les seuls vrais dictionnaires alphabétiques d'apprentissage de par le monde" (1990b, 1367) zu bezeichnen. Dies ist ohne Frage eine kühne, in einer derart zugespitzten Form leicht mißverständliche These. Richtig ist aber, daß diese beiden Werke das (bislang) unerreichte Glanzstück der französischen Lernerlexikographie bleiben, dem die internationale Anerkennung nicht versagt blieb.13

10 11 12 13

Hinblick auf die Funktion der Bilder eigentlich verbietet, von einem Kinderwörterbuch zu sprechen (vgl. auch Hausmann 1990a, 1365). Franz Josef Hausmann in seinem Vorwort zur deutschen Lizenzausgabe des DICTIONNAIRE DE FRANÇAIS. So die Behauptung des Klett-Verlages im Katalog „Weiterbilden Sprachen 1992", S. 148. Im Vorwort heißt es fälschlicherweise: „Notre dictionnaire [...] s'adresse surtout aux étrangers pourvus d'une certaine culture, mais dont les connaissances de français ne sont pas étendues". Zu einer kritischen Würdigung der beiden DFLE als Lern- und Produktionswörterbücher vgl. u.a. Hausmann 1979, 336 ff.; Zöfgen 1985 und Zöfgen 1994 (Kap. 3 und 334 f. [mit weiterer Literatur]).

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3 L G W D A F und die französischen „Vorbilder" Vor dem im vorigen Abschnitt skizzierten Hintergrund wird klar, daß sich die zur Entstehungszeit des LGWDAF überhaupt in Frage kommenden französischen Wörterbücher mit didaktischer Komponente auf den DFC und den MRi beschränkten. Da für LGWDAF kein den ROBERT-Wörterbüchern entsprechendes analogisches Prinzip angestrebt wurde - wenngleich eine onomasiologische Komponente z.B. in den metasprachlichen Kommentaren und den Kompositareihungen durchaus verwirklicht ist - , war der DFC mit seinen spezifischen, L2zentrierten Merkmalen (vgl. Hausmann 1974, Zöfgen 1994) von vornherein gegenüber dem MRi favorisiert. Es versteht sich von selbst, daß bei der Erstellung und Redaktion der einzelnen Artikel die französischen (und englischen) Vorbilder nur sporadisch zur Kenntnis genommen werden konnten, wenngleich es in den Anweisungen der Herausgeber vom März 1985 (hier: zum Problem der Definitionen) ausdrücklich hieß: [...], von größtem Nutzen ist auch die Konsultation von Lernwörteibüchern des Französischen bzw. des Englischen (DFC bzw. DCE und ALD) (Deutsches Lexikon, Anweisungen, § 78).

Obwohl es vermutlich einfacher ist, die Bereiche aufzuzählen, bei denen der DFC sicherlich nicht Pate gestanden hat, sondern eher die englischen Pendants (s. Abschnitt 3.8), soll im folgenden der Versuch unternommen werden, Parallelen konzeptioneller und struktureller Art zwischen der französischen Lernerlexikographie und LGWDAF aufzudecken. Die Deutlichkeit dieser „Spuren" wird sich dabei als höchst unterschiedlich herausstellen: Sie wird zwischen „kaum merklich" und mehr oder weniger „offensichtlich" schwanken. In einigen Fällen werden auch deutliche Unterschiede zwischen DFC und LGWDAF ZU Tage treten. 3.1 Zuallererst empfiehlt es sich, den Anspruch beider Wörterbücher unter die Lupe zu nehmen.14 Im Vorwort des DFC heißt es hierzu: Le dictionnaire doit être un instrument de travail qu'on puisse utiliser pour l'apprentissage du français (v). [...] Aux élèves de l'enseignement secondaire et aux étudiants étrangers, pour qui cet ouvrage a été spécialement réalisé, il donnera les moyens d'exprimer la pensée d'une manière correcte et précise, au niveau de la communication où ils désirent se situer ou du style dans lequel ils veulent s'exprimer (VII).

Der Aspekt des Lernens und die Bedürfnisse der Lernenden stehen also im DFC eindeutig im Vordergrund. Dies trifft mutatis mutandis auch auf LGWDAF zu, das sich zudem klar in die Tradition englischer und französischer Lernerwörterbücher stellt: Ziel einsprachiger Lernerwörterbücher ist es, so viel über den Gebrauch des allgemeinen Wortschatzes zu vermitteln, daß die Lernenden die Wörter beim Sprechen, Schreiben und Übersetzen richtig verwenden können und fur das Hör- und Leseverstehen verläßliche Hilfe finden ( Vorwort, V).

Mit dem Selbstverständnis allerdings, „Lern- und Nachschlagewerk" zu sein „für Schüler, Studenten, Lehrer und alle, die ihre Kenntnisse im Schreiben, Lesen, Sprechen und Hören deutscher Texte vertiefen und erweitern wollen" (Lexikographische Vorbemerkungen, VII), geht LGWDAF - angesichts einer Makrostruktur von 66 000 Stichwörtern - über den stark selektiven DICTIONNAIRE DU FRANÇAIS CONTEMPORAIN klar hinaus, der nur ca. 25 0 0 0 W ö r t e r

umfaßt. Der DFC eignet sich somit „nur beschränkt als Lesewörterbuch selbst fur Gegenwartstexte" (Hausmann 1974, 129). Aber gerade die Limitiertheit des Wortschatzes, der im we14 Vgl. hierzu bereits Hausmann (1974, 100).

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sentlichen auf dem von René Lagane definierten français commun basiert - und auch darauf hat Hausmann (id.) bereits ausdrücklich hingewesen - ist für den fremdsprachigen Benutzer eine verläßliche Orientierungshilfe in rezeptiven Nachschlagesituationen. Der Schwerpunkt liegt im DFC somit noch deutlicher als in LGWDAF auf der sprachproduktiven und didaktischen Komponente. Durch die radikale Anwendung lexikographischer Techniken wie regroupements und dégroupements (s. die Abschnitte 3.3 und 3.4) oder der Satzsynonymie (s. Abschnitt 3.7) sowie einer streng synchronisch ausgerichteten Konzeption (s. Abschnitt 3.2) kommt dieses Wörterbuch dem Ideal eines Lern(er)wörterbuchs15 sicherlich noch ein Stück näher als LGWDAF, welches als Produktions- und Rezeptionswörterbuch zwar gleichermaßen verdienstvoll ist, jedoch in Konzeption und Struktur letztlich nicht die lernerlexikographische Konsequenz des DFC erreicht. 3.2 Andererseits werden (fremd- oder auch muttersprachliche) Benutzer von LGWDAF dessen reichhaltige Makrostruktur zu schätzen wissen, in der nicht nur der Wortschatz der modernen deutschen Standardsprache, der gesprochenen Alltagssprache und des öffentlichen Sprachgebrauchs berücksichtigt wird, sondern auch Elemente „weiterer Textart'en, mit denen Lernende im allgemeinen konfrontiert werden" (Vorwort). Damit geht dieses Wörterbuch deutlich über das Prinzip des DFC hinaus, „nur" den „usage écrit ou parlé du français le plus habituel" (v) zu präsentieren. Während letzterer sich also auf ein vorgegebenes lexikalisches Korpus das français commun - stützt und dabei nach streng synchronischen Gesichtspunkten verfahrt, d.h. sowohl etymologische Aspekte als auch veralteten Wortschatz außer acht läßt, sind beide Beschränkungen in LGWDAF a priori nicht gegeben. Dieser fundamentale Unterschied läßt sich z.B. am Verzicht auf Fachwortschatz und Wörter, „qui ne se rencontrent que dans une langue écrite archaïque" festmachen. Gemeint sind in letzterem Falle nicht Bezeichnungen (z.B. Heller, Lehen, Rüstung) für Sachen oder Sachverhalte früherer Zeiten, die in der Lexikographie - so auch in LGWDAF - traditionell die Markierung hist(orisch) erhalten. Derlei Fälle sind im DFC zwar nicht zu finden, da nur „l'état actuel du lexique usuel" (ν), also moderne Verwendungen eines Wortes (z.B. fief), nicht aber deren historische Bedeutungen) erfaßt werden. Allerdings finden sich vereinzelt selbst im streng synchronischen DFC sowohl Erklärungen, die die historische Dimension ansprechen (wie bei fiej),16 als auch Lemmata - allerdings ohne entsprechende Markierung -, die nur noch in einem entsprechenden historischen Kontext verwendet werden können (z.B. féodalité, suzerain). Gemeint sind vielmehr Wörter, Bedeutungen und Verwendungen, die nicht mehr zum lebendigen aktuellen Sprachgebrauch zu zählen sind. Der DFC verzichtet völlig auf solche außerhalb des français commun stehende Fälle, LGWDAF unterstreicht hier seinen Anspruch, auch Lesewörterbuch zu sein und verzeichnet beispielsweise Barbier, dünken, Pestilenz (= veraltet) oder seit Anbeginn, geziemen, mein Lebtag, Missetat, zeihen (= veraltend). Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, daß LGWDAF seine Bedeutungen wie der DFC nach synchronischen (frequenz- und gebrauchsorientierten) Gesichtspunkten anordnet - dies im Unterschied zum DUW, der seine Mediostruktur vorwiegend nach etymologischen Kriterien gliedert. Vgl. folgende Beispiele:

15 Zur Unterscheidung der Begriffe,Lernwörterbuch' und ,Lernerwörteibuch' s. Zöfgen (1994, 16 f.). 16 „[Le fief était le domaine que le vassal tenait de son suzerain]".

10 arg: DUW:

LGWDAF:

Bagage: DUW: LGWDAF:

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l.a) (geh., veraltet) von böser, niederträchtiger Gesinnung [erfüllt], niederträchtig, böse ... b) (landsch.) schlimm, übel; unangenehm ... 2.a) (landsch., auch geh.) [unangenehm] groß, stark, heftig-, ... b) intensivierend bei. Adj. u. Verben) (landsch.) sehr, überaus ... 1 mit sehr negativen Konsequenzen ... 2 (in negativer Weise) groß, stark ... 3 nur adv., gespr. » sehr, äußerst... 1. (veraltet) Reisegepäck 2. (abwertend) Gruppe von Menschen, über die man sich ärgert ... gespr pej e-e Gruppe von Personen, über die man sich ärgert od. die man als minderwertig ansieht

Trotz des Primats der Synchronie, der fur den DFC und LGWDAF gleichermaßen gilt, kann nicht geleugnet werden, daß zwischen beiden in Umfang und Auswahl des Wortschatzes deutliche Unterschiede bestehen. Auch in einem anderen Punkt folgt LGWDAF gerade nicht dem DICTIONNAIRE DU FRANÇAIS CONTEMPORAIN: Dies betrifft das regroupement - eines der bedeutendsten Strukturprinzipien des DFC. 3.3 Die Regruppierung gilt als dasjenige Merkmal, das den DFC zu einem einzigartigen Instrumentarium der modernen17 einsprachigen französischen Lexikographie gemacht hat: Der gesamte Wortschatz wird „unter Durchbrechung der alphabetischen Reihenfolge in Wortfamilien gegliedert" (Hausmann 1974, 121), in denen in erster Linie morphosemantische Ableitungen zusammengefaßt werden, vereinzelt aber auch (transparente wie lexikalisierte) Komposita erscheinen (z.B. ouvre-boîtes unter ouvrir oder garde-boue, garde-manger, garde-meuble unter garder). Wenngleich dieses Prinzip nicht immer konsequent umgesetzt wurde (vgl. ReyDebove 1971, Hausmann 1974), wurde es in der Fachliteratur und von den (fremdsprachigen) Benutzern als didaktisch höchst effizient eingestuft.18 Die Verben coexister, préexister z.B. sind ebenso unter dem Eintrag exister zu finden wie die Wortfamilienmitglieder inexistant, inexistence, coexistence und préexistant - ganz zu schweigen von Wörtern wie existant, existence, existentiel, existentialisme und existentialiste, die im Alphabet ohnehin entweder unmittelbar vor oder unmittelbar hinter exister zu finden gewesen wären. Diese Suffixderivate von exister sind folglich auch nicht mehr in der Makrostruktur aufgeführt. Bei den präfigierten Bildungen wäre eine konsequente Aufnahme als Lemma mit Verweis auf die Basis exister zu erwarten. Diese ist allerdings nur im Falle von inexistant und coexistence sowie coexister erfolgt. Von diesem Grundprinzip blieb - wie bereits in Abschnitt 2 angedeutet - im DDF,19 dem Nachfolger des DFC, nichts mehr übrig. Auch für LGWDAF spielte die „Gruppierung der Wörter in Ableitungsverbänden" (Zöfgen 1994, 97) unter einem Lemma im Grunde keine Rolle - sieht man einmal von dem Versuch ab, [synchronisch] durchsichtige und partiell durchsich17 Dabei knüpft das Wörterbuch genaugenommen nur an eine Tradition an, die bekanntlich bereits durch die erste Auflage des D I C T I O N N A I R E DE L ' A C A D É M I E FRANÇAISE begründet wurde: die Anordnung der Wörter in Wortfamilien - damals jedoch nach streng etymologischen und nicht nach synchronischen Gesichtspunkten. Also z.B. détester und témoin - wegen T E S T I M O N I U M und DETESTASI - innerhalb einer Wortfamilie (vgl. Rey-Debove 1971, 57). 18 Zöfgen (1994, 97) betont, „daß den synchronen Wortfamilien aufgrund ihrer besonders ausgeprägten inhaltlichen und formalen Abhängigkeit die größte Assoziationsmächtigkeit zukommt" (ähnlich in Hausmann 1974, 113). 19 Vgl. hierzu Ettinger (1991).

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tige Ableitungsbeziehungen am Ende eines Artikels anzudeuten - und zwar in Form von Verweisen ( • ) , z.B.: bestehen 1 ... || • Bestand verbinden1 ... || • Verband müde ... y • ermüden singen ... || • Gesang nachsehen ... || • Nachsicht, nachsichtig lügen ... II • anlflgen, belügen, erlogen20

- oder in Form von Hinweisen auf unmittelbare, semantisch durchsichtige Suffigierungen (meist Relationsadjektive, Verbalsubstantive, deadjektivale Substantivierungen oder Nomina agentis o.ä.), die im Unterschied zum ersten Fall nicht mehr lemmatisiert werden: FSderalismus ... || hierzu Föderalist...;föderalistisch verdrängen ... || hierzu Verdrängung erotisch ... || hierzu Erotik stottern ... || hierzu Stotterer ...; Stotterin21

Beide Angaben können auch miteinander gekoppelt auftreten, wie folgendes Beispiel veranschaulicht: ermorden ... || hier/u Ermordung ... || • Mord, Mörder

Dieses Verfahren wird jedoch nicht streng nach dem Wortfamilienprinzip umgesetzt. So figurieren z.B. aufweichen, erweichen nicht unter weich (sondern lediglich Weichheit), ebensowenig Zensor, Zensur unter zensieren, Schreiben, Schreiber, Schreibmaschine, Schreibung, Schrift unter schreiben oder sterblich und unsterblich unter sterben. Im DFC ist bekanntlich paternel unter père, mort, mortel, immortel (sogar mort-aux-rats ,Rattengift') unter mourir zu finden22. Man kann in LGWDAF also nicht von einer Verwirklichung des Regruppierungsprinzips in dem Sinne sprechen, daß Derivate und Komposita konsequent in einer nestalphabetischen Sublemmatisierung zusammengefaßt wären. Allerdings kann zumindest ein (bewußter oder unbewußter) Anklang an dieses Prinzip festgestellt werden. Dies kann an der Darstellung der Ableitungsbeziehungen abgelesen werden, aber auch an der Aufnahme von Komposita mit dem Stichwort als Zweitglied. Mit Linkserweiterungen dieser Art wird die alphabetische Ordnung mit dem Ziel durchbrochen, - zumindest andeutungsweise - das Einzelwort (Lemma) in eine größere lexikalische Struktur, ein Wortfeld, einzubetten: z.B. s.v. Heim die (zum Teil zusätzlich lemmatisierten) Zusammensetzungen Alten-, Alters-, Blinden-, Kinder-, Obdachlosenheim] sowie Tier-; Erholungs-, Ferien-; Pflege-, Wohn-fheimJ. 3.4 Das zweite fur den DFC charakteristische Prinzip, das zudem mit der Regruppierung eng verknüpft ist,23 stellt die Degruppierung dar, i.e. die „distributionell-derivationell motivierte Homonymisierung der Makrostruktur" (Zöfgen 1994, 94), die wiederum vor allem den L220 Bei flüstern erfolgt zwar der Verweis auf das Substantiv Geflüster; dieses wird jedoch nicht lemmatisiert. 21 Jedoch beispielsweise nicht Ermöglichung zu ermöglichen 22 Eigens lemmatisiert ist jedoch z.B. das Substantiv cécité (.Blindheit'), das deshalb nicht unter aveugle steht, weil dies ein Verstoß gegen das morpAosemantische Prinzip des DFC wäre. 23 Die entscheidenden Kriterien für die ,homonymisierende Auflösung von Bedeutungsklumpen' (Zöfgen 1994, 94) sind in der Tat syntagmatischer und paradigmatischer Natur: Sie betreffen die Distribution (z.B. verschiedene Wortklassenzugehörigkeit) und die morphosemantischen Ableitungsbeziehungen.

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Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen

Lernern zugute kommt. Die gegenteilige Methode wäre eine nach diachronischen Gesichtspunkten orientierte Darstellung der Einzelbedeutungen eines Lemmas, wie sie beispielsweise im PETIT ROBERT verwirklicht ist. Folgende Belege sollen genügen, um den Unterschied zwischen degruppierendem DFC- und diachronisch-polysemierendem ΡΕΤΐτ-RoBERT-Prinzip zu illustrieren: temps:

DFC: 3 Lemmata mit 7, 5 bzw. 2 Unterbedeutungen, PETIT ROBERT: 1 Lemma mit zahlreichen Unterklassifizierungen

titre: rapporter: servir: tour: volant: tirer:

D F C : 4 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 1 L e m m a D F C : 5 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 1 L e m m a D F C : 6 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 1 L e m m a D F C : 7 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 3 L e m m a t a D F C : 8 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 2 L e m m a t a D F C : 9 L e m m a t a , PETIT ROBERT: 1 L e m m a

Eine derart radikale Aufsplitterung der Signifikate, wie sie im DFC praktiziert wurde, sucht in der französischen Lexikographie ihresgleichen. Wie das regroupement, so wurde auch das dégroupement vom DDF nicht übernommen. In L G W D A F hingegen ist zumindest eine deutliche Tendenz zur Homonymisierung der Makrostruktur erkennbar.24 Dies betrifft nicht nur „offensichtliche Fälle wie Bank' (Anweisungen, § 160) oder Bart, Batterie, Bock, Bogen, Ente, Kamm, Geschirr, Schloß, Schlüssel, Zug, sondern auch signifiants, die von anderen deutschen Wörterbüchern (z.B. DUW) als polysem behandelt werden: z.B. Beschlag, bestehen, beziehen, Bezug, Blüte. Im Vorwort von L G W D A F heiß es hierzu allerdings nur: Homonyme werden als separate Einträge behandelt und durch hochgestellte Zahlen voneinander getrennt (LGWDAF, X). 2 5

In der Praxis scheint das (synchronische) Kriterium der semantischen Disparität vorzuherrschen. Sememe mit gemeinsamen Semen {Kopf, Absatz, Fuß) werden in der Regel26 als Teile eines polysemen Lemmas behandelt. Auch verschiedene Wortklassenzugehörigkeit, gekoppelt mit distributioneller Verschiedenheit, fuhrt in LGWDAF zur Homonymisierung: z.B. versprechen' und Versprechen, verstecken und Verstecken. Etymologische Überlegungen jedenfalls, wie sie z.T. im DUW zu erkennen sind, spielen in LGWDAF keine Rolle. Dies wird etwa bei dem Wort Boxer deutlich, das im DUW als polysem, in L G W D A F als homonym (2 Lemmata) behandelt wird. Ein Vergleich zwischen DUW und LGWDAF anhand des Buchstabens Β - ausgehend von den Homonymisierungen in LGWDAF - hat folgendes Ergebnis erbracht: Von den 57 Fällen von Degruppierung eines signifiant in L G W D A F wurden im DUW 32 als Polyseme behandelt, d.h. es wurde in weniger als der Hälfte der Fälle (25) homonymisiert. Auch die Zahl der ausgegliederten Homonyme spricht für sich. Auf die 57 Fälle entfallen in LGWDAF 129 Lemmatisierungen, im DUW 85. Die Autoren vom LGWDAF sind sogar so weit gegangen, Wörter wie

24 Zum Versuch, die .Homonymisierungspolitik' von LGWDAF ZU rekonstruieren, vgl. Zöfgen in diesem Band 25 Darüber hinaus werden Homographe (z.B. Tenor, Band) systematisch differenziert. 26 Allerdings könnte beispielsweise auch zwischen dem konkreten .Schlüssel' und dem .Schlüssel zu einem Problem' ein gemeinsames Merkmal gefunden werden. Beide werden jedoch als Homonyme behandelt.

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bloß, besonders - ihren grammatischen und pragmatischen Funktionen entsprechend - in mehrere Lemmata aufzuteilen27: bloß1 bloß2 bloß3 bloß4

Adj; ohne Steigerung; ... Adv; verwendet, um etw. das man vorher gesagt hat, einzuschränken ... Partikel; 1 betont u. unbetont; verwendet, um e-e Aussage einzuschränken ... Partikel; betont u. unbetont; 1 in Fragen verwendet, um Ratlosigkeit auszudrücken u. mst. die Hoffnung, daß einem der Gesprächspartner helfen kann ... 2 in Ausrufesätzen u. rhetorischen Fragen verwendet, um Bewunderung, Kritik o. ä. auszudrücken 5 verwendet, um e-η dringenden Wunsch auszudrücken ...

Das paradigmatische Wortfamilienprinzip steht jedoch bei der Frage der Degruppierung im Gegensatz zum DFC nicht im Vordergrund,28 wenngleich innerhalb der Mikrostruktur polysemer Wörter sorgfältig auf die Stimmigkeit morphosemantischer Ableitungs- und Kompositionsbeziehungen geachtet wurde: absetzen ... || zu 8 absetzbar ...; zu 5, 7, 8, 11 u. 13 Absetzung ... Verkehr ... 1 ... || K-: Verkehrs-, -ampel, -behinderung, ... || -K: Flug-, Schienen-, Stadt-, Straßen- 2 ... 3 ... 4 ... 5 ...

3.5 Was den Aufbau der Mikrostrukturen betrifft, scheinen noch deutlichere Gemeinsamkeiten zwischen DFC und LGWDAF vorzuliegen als bei den Makrostrukturen. Als besonders benutzerfreundlich hat sich die Praxis des DFC erwiesen, die einzelnen Bedeutungen und Verwendungen nicht primär semantisch, sondern syntaktisch (genauer gesagt syntakto-semantisch) zu gliedern: zuerst also nach Rektionen - hierin unterscheidet er sich aber noch nicht von anderen französischen Wörterbüchern - , dann jedoch nach syntaktischen Konstruktionstypen und/ oder nach der (semantischen) Spezifizierung der Aktanten. Besonders augenfällig wird diese Parallele bei Betrachtung von semantisch und syntaktisch komplexen Verben wie faire (s. Hausmann 1974), mettre, vouloir, savoir etc. oder z.B. prendre, das wir im folgenden als Muster herausgreifen und mit dem Verb nehmen in LGWDAF vergleichen wollen. Zuerst betrachten wir die Gliederung des Artikels prendre im DFC: 1. prendre v.tr. A. Avec simplement un complément d'objet I. SUJET NOM D'ÊTRE ANIMÉ

1. Prendre 2. Prendre 3. Prendre 4. Prendre

un objet, un être animé quelque chose (nom désignant un lieu) un aliment, une boisson un moyen de transport

II. SUJET NOM D'ÊTRE ANIMÉ OU INANIMÉ

1. Marque le début d'une action, la modification progressive de l'état du sujet (par. oppos. à avoir ou être, qui marquent le résultat, l'état atteint, ou à donner, mettre, qui expriment une nuance factitive): a) avec un article, un possessif, etc. b) sans article 2. Fam. Subir, recevoir III. SUJET NOM DE CHOSE

1. (sujet nom désignant un sentiment, un état, une sensation) Prendre quelqu "un 2. (sujet nom désignant un événement) Prendre quelqu 'un 27 Dies entspricht in der Tat den Gepflogenheiten moderner (pädagogischer) Wörterbücher - auch anderer Sprachen wie z.B. dem Portugiesischen (vgl. Schafroth 1996). 28 Dies ergibt sich folgerichtig aus dem nicht vorhandenen Regruppierungsprinzip.

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Elmar Schafroth / Ekkehard Zöfgen 3. (sujet nom désignant une occupation) Prendre quelqu 'un 4. Prendre l'eau B. Avec un autre complément, un adverbe, un attribut, etc. (sujet nom d'être animé ou animé) 1. Prendre quelque chose à quelqu 'un 2. Prendre telle somme 3. (avec un second complément introduit par diverses prépositions) Prendre du plaisir, de l'intérêt, etc. || ... 4. (avec un compi, de manière, un gérondif, un adveibe) 5. Prendre quelqu'un, quelque chose pour (et un nom attribut de l'objet) 2. prendre v. intr. [Sujet nom de chose] 1. Liquide, pâte qui prend 2. Bouture, greffe, semis, vaccin, etc., qui prend 3. Plaisanterie, mensonge, etc., qui prend ... || Livre, spectacle qui prend 4. Le feu prend

Die syntaktische Struktur des Artikels nehmen im LGWDAF sieht wie folgt aus: nehmen Vt 1 etw. n. ... 2 etw. n. ... 3 j-n/etw. n. ... 4 (für etw.) etw. n. ... 5 etw. η 9 (sich (Dat.); etw. η 11 (sich (Dat.)) j-n. n. ... 12 j-m j-n/etw. n. ... 13 j-m etw. n. ... 14 etw. von j-m n. ... 15 etw. an sich (Akk) n. ... 16 etw. auf sich (Akk) n. ... 17 j-n/etw. mit sich n. ... 18 etw. zu sich n. ... 19 j-n zu sich n. ... 20 j-n/etw. für j-n/etw. n. ... 21 j-n/sich/etw. irgendwie n. ... 22 j-n zur Frau/zum Mann η 25 verwendet, um e-e Verbhandlung zu umschreiben; Abschied (von j-m) n. ... ; in Anspruch n. ... ; ein Bad η || ID

Wie sehr die expliziten Strukturformeln des DFC und LGWDAF gerade den fremdsprachigen

Lernern zugute kommen, wird deutlich, wenn man die entsprechenden Einträge im PETIT ROBERT und DUW betrachtet, die nicht nur typographisch wesentlich unübersichtlicher sind,

sondern auch durch ihre primär semantische Gliederung das Auffinden einer bestimmten Verwendung vergleichsweise schwierig gestalten. Darüber hinaus sind gerade für L2-Lerner syntaktische Patterns mit genauen Angaben zur Valenz (von Verben, Substantiven und Adjektiven), wie sie von LGWDAF präsentiert werden, eine unschätzbare Hilfe beim Schreiben, Übersetzen und Lernen. Auch die Artikel des DFC sind von beeindruckender grammatischer Explizitheit29 (z.T. sogar mit ausformulierten Hyperonymen oder Kollokatoren), wenngleich hier noch mehr Gewicht auf die semantische Spezifizierung der Aktanten gelegt wird (z.B. bei faire „complément: nom généralement abstrait et désignant une action, un état") als im LGWDAF,

das diese Aufgabe durch die Parameter j-n, etw., etc. löst. 3 .6 In den Artikeln prendre und nehmen fällt auf, daß von beiden Wörterbüchern Kollokatoren in die Angaben zur syntaktischen Struktur eingearbeitet werden. Dies läßt bereits das Bemühen beider Werke um eine möglichst reiche Syntagmatik erkennen, die sich u.a. in der Angabe von Kollokationen und Beispielsätzen niederschlägt. Allerdings geht LGWDAF im Be-

reich der Kollokationen in quantitativer und qualitativer Hinsicht über den DFC hinaus. Das erste Lernerwörterbuch des Deutschen bietet nicht nur im Durchschnitt deutlich mehr Kollokationen zu einem Lemma an,30 sondern markiert diese ausdrücklich als solche. Andererseits finden sich die Kollokationen im DFC oft in Beispielsätze eingebettet, was wiederum zu einer

29 Von den aktuellen pädagogischen Wörterbüchern des Französischen dürfte, was die Reichhaltigkeit syntakto-semantischer Angaben angeht, lediglich der DDF zur Zufriedenheit der (L2-)Benutzer abschneiden. Vgl. Schafroth (1995). 30 Übrigens auch mehr als der DDF und mehr als vergleichbare Lernerwörteibücher anderer Sprachen (vgl. Schafroth 1996, 189 f.).

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größeren Anzahl von Beispielen in diesem Wörterbuch im Vergleich zu L G W D A F fuhrt. Betrachten wir die syntagmatischen Angaben zu den Lemmata Mord und meurtre. LGWDAF: Mord

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LDOCE

Die COBUILD-Wörterbücher nutzen das Korpus noch in ganz anderer Hinsicht, indem sie alle Beispielsätze direkt aus dem Korpus nehmen, um sicherzustellen, daß im Wörterbuch ausschließlich authentisches Sprachmaterial als Illustrationsmaterial eingesetzt wird. Obwohl der offensichtliche Nachteil dieser Methode, daß sich authentisches Sprachmaterial nicht immer für pädagogische Zwecke eignet, mit der wachsenden Größe der Korpora geringer wird, kann man durchaus der Auffassung sein, daß ein Korpus auch dann nutzbringend eingesetzt wird, wenn es als empirische Basis für erfundene Beispiele dient. Daß das LGWDAF über keinerlei Korpusbasis verfugt, ist angesichts der unterschiedlichen Entwicklung der Korpuslinguistik in Großbritannien und Deutschland nicht verwunderlich. Allerdings zeigt die Entwicklung der englischen Lernerwörterbücher in sehr beeindruckender und eindeutiger Weise, von welchem Wert große Korpora für die lexikographische Forschung sind, so daß sich eine klare Zielsetzung für die deutsche Lexikographie in dieser Richtung ergibt.

18 Vgl. u.a. Sinclair (1987).

32

Thomas Herbst

10 Das erste deutsche Lernerwörterbuch Das LGWDAF besitzt noch eine Reihe anderer Kennzeichen, die sich auch bei den neueren englischen Lernerwörterbüchern finden. Dazu zählen etwa der Einsatz von Illustrationen, auf den lediglich COBUILD verzichtet, oder die klare Verweisstruktur auf Synonyme und Antonyme. Zwar gibt es im LGWDAF kein Äquivalent zu den Usage notes, die in LDOCE und OALD5 als nützliches Instrument zur Durchbrechung der rein alphabetischen Anordnung der Einträge etwa zum Zwecke der Kontrastierung von verschiedenen Wörtern ähnlicher Bedeutung eingesetzt werden, es enthält aber ein Äquivalent zu den language notes von LDOCE2, die sich in ähnlicher Form auch in CIDE finden, nämlich Übersichten, die grammatische oder pragmatische Informationen (etwa zur Anrede im Deutschen) zusammenfassen.19 Insgesamt ist aus der Perspektive der britischen Lernerwörterbücher festzustellen, daß es sich bei LGWDAF um ein modernes Lernerwörterbuch handelt, das viele Elemente mit den englischen Parallelwerken gemein hat. Zwar legt die unterschiedliche Strukturierung der beiden Sprachen nicht in jedem Fall - etwa bei Definitionen - dieselben lexikographischen Praktiken nahe. Dennoch zeigt die vergleichende Analyse deutlich, daß die britische Lernerlexikographie - vor allem bedingt durch die günstige Absatzlage und die intensive Konkurrenz verschiedener Produkte einerseits und die herausragenden Ergebnisse der englischen Korpuslinguistik andererseits - in den im Jahr 1995 erschienenen Lernerwörterbüchern eine Reihe von Innovationen zeigt, die auch fur die Weiterentwicklung des LGWDAF Impulse geben könnte. Das gilt vor allem in Hinblick auf korpusgestützte Aspekte wie Frequenz und die Reduzierung der Verwendung von Abkürzungen zur Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit. Umgekehrt können aber etwa im Bereich der Kollokationen auch Impulse in der umgekehrten Richtung vom ersten deutschen Lernerwörterbuch ausgehen, das in Deutschland einen Wörterbuchtyp begründet hat, den es für das Englische seit über fünfzig Jahren gibt.

11 Literatur Ayto, John (1984): „The vocabulary of definition." In: Dieter Götz/Thomas Herbst (Hgg.): Theoretische und praktische Probleme der Lexikographie. München, 50-62. Benson, Morton/Benson, Evelyn/Ilson, Robert (1986): Lexicographic Description of English. Amsterdam/ Philidelphia: Benjamins. Bogaards, Paul (1996): „Dictionaries for learners of English." In: International Journal of Lexicography. CAMBRIDGE INTERNATIONAL DICTIONARY OF ENGLISH (1995), Hrsg.: Paul Procter. Cambridge: CUP. (CIDE)

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19 Zu diesen Binnentexten vgl. auch Wiegand (1995).

Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache und die britische Lernerlexikographie

33

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Peter Kühn LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

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und die deutschen Wörterbücher

Lernerlexikographie in Deutschland: ein Aufbruch zu neuen Ufern? Bedeutungserklärungen im Definitionswörterbuch: das unnötige Streben nach Exaktheit Bedeutungserläuterungen im Lernerwörterbuch: das Bemühen um Verständlichkeit Eine verpasste Chance: Illustrationen im Lernerwörterbuch Ein sträfliches Versäumnis: kulturspezifische Bedeutungserläuterungen

6 7 8 9 9.1 9.2

Mehr als nötig: inflationäre Polyvalenzen im Lernerwörterbuch Auf halbem Wege stehen geblieben: Syntagmatik und Paradigmatik im Lernerwörterbuch Lernerlexikographie in Deutschland: der überfällige Bruch mit der Wörterbuchtradition Literatur Wörterbücher Sonstige Literatur

1 Lernerlexikographie in Deutschland: ein Aufbruch zu neuen Ufern? Die A u t o r e n v o n LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

(LGWDAF) können für sich in Anspruch nehmen, das erste einsprachige Lernerwörterbuch des Deutschen vorgelegt zu haben. Selbstverständlich wurden auch schon vorher Wörterbücher des Deutschen, besonders allgemeine einsprachige Wörterbücher, im Fremdsprachenunterricht benutzt - oder aber ihr Gebrauch wurde zumindest empfohlen: So enthält das Sprachlehrwerk „Wege", das sich an fortgeschrittene Deutschlerner wendet, in einem Kapitel Hinweise darauf, wie das DEUTSCHE WÖRTERBUCH von Gerhard Wahrig aufgebaut ist und welche Informationen es enthält (vgl. Tetzeli/NeufTLatour 1992, 17 ff.). Ob und wozu diese allgemeinen einsprachigen Wörterbücher (Bedeutungswörterbücher, Definitionswörterbücher) des Deutschen beim Spracherwerb tatsächlich benutzt wurden oder werden, ist - trotz Ansätze in der Wörterbuchbenutzungsforschung - immer noch weitgehend ungeklärt. Zwar werden Deutschlerner in diesen Wörterbüchern immer wieder als Vorzeige-Benutzer im Vorwort genannt, es muss jedoch bezweifelt werden, dass sich die Wörterbuchschreiber bei der Konzeption und Ausarbeitung ihrer Wörterbücher an den tatsächlichen oder potentiellen Benutzungsbedürfhissen der Deutschlerner orientiert haben. Die Wörterbuchschreibung des Deutschen ist weithin immer noch eher an der Wörterbuchtradition als an neuen, benutzer- und benutzungsorientierten Wörterbuchkonzepten orientiert. Die Orientierung an potentiellen Wörterbuchbenutzungssituationen liegt - zumindest programmatisch - LGWDAF ZU Grunde: Ziel dieses Lernerwörterbuches ist es, „so viel über den

Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache und die deutschen Wörterbücher

35

Gebrauch des allgemeinen Wortschatzes zu vermitteln, daß die Lernenden die Wörter beim Sprechen, Schreiben und Übersetzen richtig verwenden können und für das Hör- und Leseverstehen verläßlich Hilfe finden" (LGWDAF 1994, 5). Eine solche praxisnahe, unterrichtsbezogene programmatische Orientierung des Wörterbuchs ist sowohl aus Sicht der Lernerlexikographie wie aus der Perspektive der Lernpsychologie interessant und herausfordernd: Erfüllt LGWDAF tatsächlich diese auf die Lerner ausgerichteten Ansprüche? Um dies zu überprüfen sollen folgende Fragen näher beleuchtet werden: (1) Bricht LGWDAF mit der gängigen Wörterbuchtradition und orientiert sich in seiner Makro- und Mikrostruktur tatsächlich an den Benutzungsbedürfnissen der Deutschlemer? (2) Welche Unterschiede gibt es zwischen LGWDAF und den übrigen allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern des Deutschen? Beruhen diese Unterschiede auf den postulierten Benutzungsbedürfhissen? (3) Welche Wörterbuchkonzepte und welche Wörterbuchtypen sind für die angesprochenen BenutzungsbedUrfnisse des Lernerwörterbuchs besonders geeignet? Sind sie in LGWDAF berücksichtigt?

Es geht also nicht um einen deskriptiven Vergleich zwischen den gängigen allgemeinen einsprachigen Wörterbüchern des Deutschen mit LGWDAF, sondern darum, die Makro- und Mikrostruktur allgemeiner einsprachlicher Wörterbücher des Deutschen sowie von LGWDAF auf der Folie lernerspezifischer Benutzungsbedürfnisse miteinander zu vergleichen und aus diesem Vergleich Folgerungen für die Praxis der Lernerlexikographie zu ziehen.

2 Bedeutungserklärungen im Definitionswörterbuch: das unnötige Streben nach Exaktheit Allgemeine einsprachige Wörterbücher enthalten Informationen zu möglichst vielen Aspekten der Sprache. Im Mittelpunkt steht allerdings die lexikalische Bedeutungserläuterung, die sogenannte „lexikographische Definition" (vgl. Wiegand 1989; vgl. hierzu auch Weber 1996). Wegen ihrer vermeintlichen Wichtigkeit steht die lexikographische Definition daher auch immer am Beginn eines Wörterbuchartikels. Die Wörterbuchschreiber setzen sich dabei das Ziel, „alle Begriffserklärungen - bei fachlicher Richtigkeit - so zu bearbeiten, daß es dem Wörterbuchbenutzer möglich ist, unbekannte Wörter aufgrund seiner muttersprachlichen Kompetenz zu verstehen und in das System des Wortschatzes einzuordnen" (WAHRIG 1997, 17). Dazu ein Beispiel: 'Mal-tal Tabelle Präpositionen'· auf den Binnentext .Präpositionen' (S. 753-754) verwiesen wird, bleibt zunächst unerklärlich. Sofindetsich ein Verweis nur bei abzüglich, an, anstatt, auf, ausschließlich, bezüglich, binnen, dank, einschließlich, exklusive, in, mangels, mittels, neben, statt, trotz, über, unter, vermittels(t), vermöge, vor, während, wegen, zugunsten, zuungunsten, zuzüglich, zwecks und zwischen. Warum wurde exklusive mit einem Verweis versehen, nicht aber inklusive? Warum fehlt der Verweis bei so häufig verwendeten Präpositionen wie aus, bei, für, gegen, mit, nach, seit, vor und zw? Wäre das ausschlaggebende (und einsichtige, in LGWDAF vermutlich auch zugrunde gelegte) Kriterium, daß nur dann verwiesen wird, wenn sich im Binnentext eine zusätzliche, d.h. im Artikeltext nicht enthaltene Informationfindet,dann hätten wenigstens auch die Präpositionen-Artikel zu plus, minus, inklusive und laut einen Verweis verdient. Gut begründet erscheinen mit je unterschiedlicher Intention zwei Lösungsmöglichkeiten: Entweder wird grundsätzlich von allen Präpositionen-Artikeln auf den Binnentext verwiesen, um dadurch dem Benutzer die Möglichkeit zu bieten, sein Wissen über den Gebrauch von Präpositionen zu erweitern; oder es wird dann aber konsequent - grundsätzlich nur dann verwiesen, wenn der Binnentext im Vergleich zum jeweiligen Artikeltext wenigstens eine zusätzliche Information bietet.

5.3 Bedeutungsangaben Oben wurde bereits erwähnt (vgl. Kap. 3.2), daß sich bei Präpositionen sinnvoll nur dann von Bedeutungen sprechen läßt, wenn man eine Skala abnehmender Bedeutungshañigkeit annimmt. „Die meisten Präpositionen haben eine klar umrissene Bedeutung, so anstelle, bezüglich, entlang, kraft, laut, neben, trotz, zufolge und andere. [...] Aber eine Reihe vielgebrauchter Präpositionen kann verschiedene Bedeutungen haben, in bestimmten Verwendungen auch überhaupt keine erkennbare Bedeutung. Zu ihnen gehören die Präpositionen an, auf, aus, bei, durch, für, gegen, in, mit, nach, über, um, von, vor, zu" (Engel 1988, 705). Das Kernstück der Präpositionen ohne „erkennbare Bedeutung" bzw. der „semantisch leeren Präpositionen" (Eisenberg 1989, 266) bilden jene, die mit einem Verb oder Substativ fest verbunden sind und als Präpositionalkasus bezeichnet werden. Solche Verwendungen werden ih LGWDAF ohne jeden semantischen Kommentar wie folgt charakterisiert [Unterstreichungen nicht im Original; B. S.]: .verwendet mit bestimmten Vetben, Substantiven u. Adjektiven, um t < Ergänzung anzuschließen" (z.B. bei an', über', um') .verwendet bei bestimmten Verben, Adjektiven u. Substantiven, um deren Ergänzungen anzuschließen' (z.B. beiför) .verwendet nach bestimmten Verben, Substantiven u. Adjektiven, um deren Ergänzungen anzuschließen' (z.B. bei mit')

Die Präpositionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

221

.fest vertmnden mit bestimmten Substantiven, Adjektiven u. Veiben, verwendet vor e-m Substantiv oder Pronomen' (z.B. bei nach)

Abgesehen davon, daß die Formulierungen ohne erkennbaren Grund wechseln, fehlen vergleichbare Hinweise bei einigen Präpositionen, wie z.B. bei auf und aus. LGWDAF setzt bei den Präpositionen bis zu 21 Verwendungsweisen an (vgl. z.B. über), wobei durchgehend auf die bisweilen übliche (und problematische) Angabe sog. semantischer Merkmale (wie .lokal', ,temporal', ,modal' usw.) verzichtet wird. Zur Charakterisierung der Bedeutung werden vielmehr folgende Verfahren benutzt: a) Bedeutungsparaphrasierung, z.B. abseits1 ,Präp; mit Gen; seitlich von etwas entfernt [...]' b) kommentierende Bedeutungsparaphrasierung, z.B. [Unterstreichungen nicht im Original; B. S ] an1 ,Präp 1 mit Dat; verwendet, um die räumliche Nähe zu etw. od. den Kontakt mit etw. anzugeben [...] 2 mit Dat; verwendet, um e-η Zeitpunkt anzugeben [...] 4 mit Dat; verwendet, um anzugeben, daß j-d bei e-r Institution (beruflich) tätig ist [...] 5 mit Dat; verwendet mit e-m Subst., um auszudrücken. daß e-e Tätigkeit od. Beschäftigung noch nicht beendet ist [...] 6 mit Dat; verwendet, um sich auf e-e unbestimmte Menge zu beziehen [...] 7 mit Dat; verwendet, um e-e Eigenschaft anzudeuten [...18 mit Dat; verwendet zur Angabe e-s Grundes, e-r Ursache [...] 9 mit Dat; verwendet mit bestimmten Verben, Substantiven u. Adjektiven [...] 10 mit Aide; verwendet mit Tätigkeitsverben, um die Bewegung in e-e bestimmte Richtung anzugeben 11 mit Akk; verwendet mit bestimmten Verben, um e-e Ergänzung anzuschließen: an j-n / etw. denken, glauben, appellieren [...]

In den Präpositionenartikeln finden sich alles in allem die folgenden kommentierenden Bedeutungsparaphrasenangaben [Unterstreichungen wiederum nicht im Original, B. S.]: .verwendet, um (den Preis / die räumliche Nähe zu etwas / die Minuten, die zusätzlich zu den vollen Stunden bereits vergangenen sind, usw.) anzugeben, vgl. à, an\ nach; •verwendet zur Angabe (des Ziels, des Zwecks usw.), vgl. für; .verwendet, um (den Zeitpunkt / einen Kontakt von oben / den Hintergrund eines Ereignisses / das Ergebnis oder die Folge eines Vorgangs) zu bezeichnen' (vgl. ab', auf, bei, zw1); •verwendet zur Bezeichnung (eines Zeitpunktes / einer Bewegungsrichtung von innen nach außen / der räumlichen Nähe), vgl. auf, aus1, bei; .verwendet, um (auf den Grund einer Sache) zu verweisen, vgl. für; .verwendet, um sich (auf eine Veranstaltung) zu beziehen', vgl. zu' ; .verwendet, um auszudrücken, daß [...]', vgl. am, anläßlich, auf, außerhalb', bei, für; .verwendet, um (das Mittel oder Instrument, mit dem etwas getan wird) zu nennen, vgl. mit'.

Derartige Paraphrasen (vgl. hierzu Wiegand 1989, 569), die sich auch bei Konjunktionen, Artikeln, Adverbien und Partikeln finden, scheinen auf den ersten Blick einen Fortschritt gegenüber Formulierungen darzustellen, wie z.B.: ,die Präposition χ gibt (die Lage, Richtung usw.) an', die ,Präposition χ weist auf (einen Zeitpunkt, eine Reihenfolge usw.) hin' (vgl. HWDG); oder auch gegenüber Formulierungen wie. ,die Präposition χ bezeichnet (eine Bewegung, einen Zeitpunkt, einen Kaufpreis usw.)', ,die Präposition χ gibt (einen zeitlichen Ausgangspunkt, den Urheber, das Material usw.) an', ,die Präposition χ nennt (die Menge usw.)', ,die Präposition χ drückt (eine Möglichkeit, Erwartung usw.) aus', ,die Präposition χ kennzeichnet (das Ergebnis eines Vorgangs usw.)' (vgl. DUDEN-GWB). All dies tun nämlich Präpositionen bekannterweise nicht! Sie bezeichnen nicht Zeitpunkte, nennen keine Mengen, drücken auch keine Erwartungen aus. Hin und wieder stößt man in LGWDAF noch auf derartige Formulierungen, so z.B.: auf1 ,[. ..] 7 mit Dat, bezeichnet e-η zeitweiligen Aufenthalt od. Zustand [...]'; bei,[...] 11 drückt aus, daß e-e Handlung gerade abläuft [. . .]'; vor 1 ,[. . . ] ! mit Dat; drückt aus, daß [. . .]'.

222

Burkhard Schaeder

Im Binnentext (S. 753) heißt es vergleichbar auch noch: „Der Dativ steht, wenn die Präpositionen bezeichnen, wo j-d / etw. ist, liegt, steht usw.; der Akkusativ steht, wenn die Präpositionen bezeichnen, wohin sich eine Bewegung richtet." Wenn feststeht, daß Präpositionen nicht im üblichen linguistischen Sinne Gegenstände oder Sachverhalte bezeichnen, benennen bzw. auf Gegenstände oder Sachverhalte referieren, wie läßt sich ihre semantische Leistung dann für die Zwecke der Lexikographie, speziell der Lerner-Lexikographie, angemessen charakterisieren? Präpositionen sind „relational" (Eisenberg 1989, 261 f.). Oder wie es in der Duden-Grammatik (1995, 375) heißt: „Die deutsche Bezeichnung ,Verhältniswort' bezieht sich auf die Eigenschaft dieser Wortart, zwei Sachverhalte zueinander in Beziehung zu setzen und das Verhältnis als lokal, temporal, kausal oder modal zu kennzeichnen." Das WDG (1981, 2625) trägt dem Umstand der relationalen Eigenschaft der Präpositionen durch folgende kommentierende Bedeutungsphrasierungen Rechnung (vgl. hierzu im einzelnen auch Schaeder 1985, 291-297; 303-307): neben IPräp. mit Dat. u. Akk.l 1. /räumlich/ a) /mit Dat. ; bezeichnet ein Lageverhältnis [... ] b) /mit Akk.; bezeichnet ein Richtungsverhältnis [...]

Auch wenn diese kommentierenden Bedeutungsparaphrasierungen explizit auf den relationalen Charakter der Präposition Bezug nehmen, bleiben sie problematisch; denn neben „bezeichnet" nicht ein „Lageverhältnis" oder ein „Richtungsverhältnis". In grammatischer Sicht „kennzeichnen" Präpositionen „als syntaktische Basis von Präpositionalgruppen [. . .] deren syntaktische Verknüpfung mit anderen Redeteilen. Auf Grund ihrer Wortbedeutung können sie die Art der Beziehung zwischen den verknüpften Einheiten semantisch charakterisieren" (Grundzüge 1981, 695). Da also Präpositionen in semantischer Hinsicht ein Verhältnis, eine Beziehung, eine Relation charakterisieren, repräsentieren, konstituieren oder auch anzeigen, ließen sich (in leichter Abänderung meines Vorschlags in Schaeder 1985, 304-306) z.B. als kommentierende Bedeutungserläuterungen zur Präposition nach u.a. anfuhren (Auszug): nach Präp; mit Dat; 1 (Richtung) 1.1 zeigt ein Richtungsverhältnis an [...] 1.2 zeigt ein LageRichtungsverhältnis an [...] 2 (Abfolge) 2.1 zeigt ein Verhältnis der Vorzeitigkeit an [...] 2.2 zeigt ein Abfolge- bzw. Reihenfolgeverhältnis an [...] 2.3 zeigt das Verhältnis verschiedener Positionen auf einer Rangskala an [...] 3 (Art und Weise) 3.1 zeigt ein Vorbildverhältnis an [...] 3.2 zeigt ein Ähnlichkeitsverhältnisan [...]

6

Binnentext Präpositionen

in L G W D A F

6.1 Graphische Darstellungen zu Präpositionen Neben Binnentexten zu den Wortarten .Adjektiv',,Artikel' und verschiedenen Arten von Pronomina ist ins Wörterverzeichnis des LGWDAF auch ein solcher zu den Präpositionen eingelagert (siehe Abb. 13; zur allgemeinen Problematik dieser Binnentexte vgl. Wiegand 1995, 478-

223

Die Präpositionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

480). Einen Binnentext vergleichbar demjenigen in LGWDAF enthält z.B. auch SPRACHBROCKHAUS ( 1 9 8 4 ) . Präposition Arten: Es gibt eigentliche Präpositionen, die ursprünglich nur Raumverhältnisse bezeichnen: auf, in, nach usw., und uneigentliche Präpositionen, die entstanden sind aus a) Substantiven: trotz, wegeib) Adjektiven: gemäß, unweit, c) Partizipien der Vergangenheit: ausgenommen, d) Partizipien der Gegenwart: entsprechend, während. Gebrauch: Die Präpositionen stehen bei Substantiven und Personalpronomen: nach Hause, nach dir, entsprechend den Vorschriften, ihnen entsprechend. Stallung: Meist stehen sie vor dem Wort, das sie bestimmen: mit der Faust, ohne dich. Zuweilen können sie (bes. die «•eigentlichen Präpositionen) auch nachgesetzt werden: gegenüber dem Hause, dem Hause gegenüber; nach meiner Meinung, meiner Meinung nach; die wichtigsten von ihnen sind: entgegen, gegenüber, nach, wegen, entlang. Immer nachgestellt werden: zuliebe, zuwider. Einteilung in Hinsicht auf den Kasus, den sie verlangen: a) Mit dem Genitiv stehen: aneesichts anuiQiich anstatt außerhalb diesseits hinsichtlich infolge inmitten innerhalb

u m . . . willen unbeschadet unfern ungeachtet unterhalb unweit vermöge während wegen1) zufolge5) zugunsten1) zuungunsten1)

jenseits kraft längs') taut mittels oberhalb seitens statt trotz-')

' ) auch mit d e m Dativ.

b) Mit dem Dativ stehen. gegenüber »b') aus außer bei binnen entgegen entsprechend

gemäß mit nach nächst nebst ob

c ) Mit d e m A k k u i a t i v s t e h e n : durch gegen für ohne sonder

samt seit von zu zuliebe zunächst zuwider

um wider

') noch mit dem Dativ: trotz allem, trotz alledem, trotzdem ) mit dem Dativ, wenn das Substantiv voransteht. ') bei Zeitangaben U auch mit Akkusativ. Wechsel zwischen Akkusativ und Dativ zeigen: .'^hinter ovf

über ,

!

;wiic*ien

Der Akkusativ steht auf die Frage w o h i n ? (Bewegung): der Dativ steht auf die Frage w o ? (Ruhe)

Abb. 12: Binnentext Präpositionen aus SPRACH-BROCKHAUS, 607

Graphische Darstellungen zur Illustration von Relationen, insbesondere (aber nicht nur) von Relationen im Raum finden sich u.a. bei Hecht-Kroes (1970), Moilanen (1979) und Wunderlich (1982) sowie mit einem explizit didaktischen Anspruch der Demonstration der Verwendung speziell von sog. lokativen Präpositionen etwa in Helbig/Buscha (1984, 414-444) und Schröder (1986, rechte Seite des vorderen Vorsatzblattes).

6.2 Funktionen von Binnentexten zu Präpositionen Daß solche Binnentexte im Lernerwörterbuch sinnvoll und seinem intendierten Zweck förderlich sein können, dürfte weithin anerkannt sein. Benötigt wird allerdings ein Konzept, das konzise begründet, welche nichtsprachlichen und welche sprachlichen Gegenstände bzw. Sachverhalte in welcher Auswahl mit jeweils welcher Funktion mithilfe welcher Art von Binnentext

224

Burkhard Schaeder

dargestellt werden sollen. Geklärt werden muß hierbei auch, ob die jeweiligen Abbildungen einen Artikeltext ersetzen, ergänzen oder lediglich illustrieren. Soweit es sprachliche (genauer gesagt: grammatische) Gegenstände betrifft, ist es - wie oben bereits erwähnt wurde - erforderlich, vorab im Rahmen einer Gesamtkonzeption zu entscheiden, ob das Wörterbuch eine zusammenhängende kompakte Wörterbuchgrammatik im Vor- oder Nachspann oder aber eine in Form von Binnentexten parzellierte und über das Wörterverzeichnis verteilte Wörterbuchgrammatik enthalten soll. Das LGWDAF enthält keine zusammenhängende Grammatik, und die Auswahl der über das Wörterverzeichnis verteilten grammatikbezogenen Binnentexte (nebst der in den Nachspann auslagerten Liste der „wichtigsten unregelmäßigen Verben") läßt kein Konzept erkennen, erweckt eher den Eindruck von Beliebigkeit. Wenn man schon die Wortarten zum leitenden Kriterium der Auswahl des grammatischen Stoffes erhebt, erschiene es konsequent, zumindest auch den Substantiven, Adverbien, Konjunktionen und Partikeln je einen Binnentext zu widmen. Binnentexte zur Grammatik können in einem alphabetischen Wörterbuch (im Verein mit anderen Mitteln der mediostrukturellen Auszeichnung) den allgemeinen Zweck haben, dessen semasiologische Ordnung onomasiologisch aufzubereiten: Über das Wörterverzeichnis verteilte sprachliche Einheiten werden unter einem bestimmten Gesichtspunkt (z.B. aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Wortart) in einem Binnentext zusammengeführt und als Übersicht präsentiert. Der Verweis von ausgewählten Präpositionen-Artikeln (,-> Abb. unter Präpositionen1 bzw. ,NB: Gebrauch —> Tabelle unter Präpositionen', vgl. Kap. 5.2) zeigt die mediostrukturelle Verknüpfung von Präpositionen-Artikeln zu dem Binnentext „Präpositionen" an. Neben einem mehr oder weniger impliziten Anspruch auch didaktischer Zielsetzungen haben solche Übersichten in erster Linie eine informierende Intention. In einem Lernerwörterbuch aber sollen solche Binnentexte nicht allein dazu dienen, einen informierenden Überblick über bestimmte grammatische Gegenstände bzw. Gegenstandsbereiche zu bieten, sondern seiner Bestimmung gemäß auch das Lernen anleiten. Sie sind somit gleich den Wörterbuchartikeln - auch instruierende Texte und haben deshalb im Hinblick auf die inhaltliche und formale Aufbereitung des grammatischen Stoffes auch adressatenspezifischen didaktischen Ansprüchen zu genügen. Funktionen eines Binnentextes zu den Präpositionen in einem Lernerwörterbuch können sein, a) die alphabetisch über das Wörterverzeichnis verteilten Präpositionen insgesamt oder in einer begründeten Auswahl zu präsentieren, um einen Übeiblick über die Vertreter dieser Wortart zu bieten; b) die Menge der Präpositionen nach bestimmten (konstitutiven) Merkmalen geordnet zu präsentieren, um wesentliche Eigenschaften dieser Wortart vorzuführen (morphologische, syntaktische, semantische Eigenschaften); c) die durch Präpositionen gestifteten Relationen (sprachlich und/oder graphisch) insgesamt oder in Auswahl zu präsentieren; d) den Gebrauch einzelner Gruppen von Präpositionen (sprachlich anhand von Beispielen mit oder ohne graphische Illustrationen) im Vergleich bzw. Kontrast zu demonstrieren; e) Besonderheiten bestimmter Gruppen von Präpositionen oder auch einzelner Präpositionen anhand von Beispielen zu demonstrieren.

Abgesehen davon, daß der Binnentext als Übersicht über alle im Wörterbuch gebuchten Präpositionen im Vergleich zu ihrer verteilten Darstellung im Wörterverzeichnis bereits eine neue Information darstellt, bleibt grundsätzlich festzustellen, daß ein Binnentext qua kummulierte Übersicht einerseits ein Mehr an Information bietet als die Menge der über das Wörterver-

Die Präpositionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

225

zeichnis verteilten Präpositionen-Artikel, daß er andererseits im Vergleich zu den Präpositionen-Artikeln auch weniger Informationen bietet insofern, als er nicht die gleiche Menge an Angaben (vor allem nicht die gleiche Menge an Beispielen) enthält. Am Schluß des Beitrags werde ich die hier schon einmal gestellte Frage noch einmal aufgreifen, ob Binnentexte auch Übungsaufgaben enthalten sollten.

6.3

Inhalt und Aufbau des Binnentextes Präpositionen

in L G W D A F

Bevor zunächst der Inhalt und sodann der Aufbau des Binnentextes zu den Präpositionen kritisch unter die Lupe genommen werden soll, sei anerkennend hervorgehoben, daß unter der Voraussetzung einer begründeten Entscheidung für eine parzellierte, über das Wörterverzeichnis verteilte Grammatik ein Binnentext zu dieser Wortart grundsätzlich sinnvoll und dem intendierten Zweck eines Lernerwörterbuchs förderlich ist. Nach der Klassifikation von Hupka (1989, 711) handelt es sich bei dem Binnentext um eine Kombination aus „nomenklatorischer Illustration" und „szenischer Illustration" (vgl. Abb. 13a u. Abb. 13b). Der Binnentext bietet eine nach dem Kriterium der Rektion geordnete Zusammenstellung der ins Wörterbuch aufgenommenen Präpositionen nebst einigen Erläuterungen. Zusätzlich bzw. ergänzend wird die konkurrierende Verwendung lokativer Präpositionen (Ort / Lage vs. Ort / Richtung; Dativ- vs. Akkusativ-Rektion) durch eine Reihe von Beispielsätzen und dazugehörigen Abbildungen demonstriert. Formal sind die beiden Seiten - entsprechend dem Layout des Wörterverzeichnisses - in zwei Spalten aufgeteilt. Anordnungskriterium ist die Rektion: 1 mit Dativ, 2 mit Akkusativ, 3 mit Dativ oder Akkusativ, 4 mit Genitiv, 5 mit Genitiv oder Dativ, wobei die Numerierung die Abfolge der fünf Gruppen kennzeichnet. Die Anlage des eingeschalteten, den Gebrauch von Präpositionen „mit Dativ oder Akkusativ" demonstrierenden Bildteils weicht von dieser Spalteneinteilung ab. Während die Ort / Lage-Verwendung („mit dem Dativ") der neun vorgeführten Präpositionen {an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor, zwischen) mit Hilfe einer einzigen (quer über die Wörterbuchseite reichenden) szenischen Abbildung demonstriert wird, haben dies für die Ort / Richtung-Verwendung („mit dem Akkusativ") acht einzelne Abbildungen zu leisten. Daß unter und vor gemeinsam in einer Abbildung vorgeführt werden („Der Ball rollt unter das Auto" „Der Hund läuft vor das Auto", dürfte allein Platzgründe als Ursache haben In einer der beiden Abbildungsreihen hätten ansonsten fünf Abbildungen piaziert werden müssen. Sowohl aus linguistischen als auch aus didaktischen Gründen wäre es wünschenswert, wenn der Binnentext - und zwar in Übereinstimmung mit dem Wörterbuchartikel „Präposition" - weitere Informationen enthielte, die zusammen mit den vorhandenen anders (und zwar vergleichbar jenem im SPRACH-BROCKHAUS; vgl. Abb. 12) zu gliedern und anzuordnen wären. Ohne hier den Inhalt und Aufbau des Binnentextes im einzelnen diskutieren zu wollen, weil dies nur im Zusammenhang mit der Konzeption vergleichbarer (in LGWDAF bisher nicht enthaltener) Binnentexte (etwa zu Adverbien und Konjunktionen) geschehen kann, seien abschließend einige Überlegungen zu seinem möglichen Inhalt und Aufbau angestellt.

226

Burkhard Schaeder Pripotttionen 1 mil

Dativ:

3 mit Dativ oder

aus, außer, bei, entgegen, entsprechend, fem, gegenüber, gemäß, gleich, mit, mitsamt, nach, nächst, nahe, nebst, samt, seit, von, zu, zufolge, zuliebe, zuwider 2 m/t

Akkuaatlv:

à, bis, durch, für, gegen, (veraltet) gen, ohne, per, pro, um, wider bis wird auch mit anderen Präpositionen verwendet, wobei diese Präpositionen dann den Kasus des nachfolgenden Substantivs legieren: his an das Haus (Akk); bis zum Ende (Dal)

Akkutativ:

an, auf, entlang, hinter, in, neben, unter, über, vor, zwischen Der Dativ steht, wenn die Präpositionen bezeichnen, w o j - d / e t w . ist, liegt, steht uiw; der Akkusativ steht, wenn die Präpositionen bezeichnen, wohin sich eine Bewegung richtet. Die folgenden Illustrationen veranschaulichen diesen Unterschied. Bei Verbindungen aus Verb, Adjektiv oder Substantiv + Präposition wird in diesem Wörterbuch der jeweilige Kasus der Präposition (Dativ oder Akkusativ) immer eigens angegeben.

mit d e m Dativ:

Über d e m Mofa ist eine Wäscheleine Unter der Wäscheleine ist das Mofa Vor dem Zelt steht ein Tisch Zwischen den Bäumen hängt eine Wäscheleine

A n dem Baum hängen Apfel Auf der Wäscheleine hängt die Wäsche Hinler dam Zelt sieht ein Baum In d e m Zelt ist ein Schlafsack N e b e n d e m Zelt ist ein Mofa mit d e m Akkusativ:

Der Mann lehnt die Leiter a n den Baum

Der Jung· setzt sich auf d a s Fahrrad

Der Monn stellt den Kofier Der Junge spring) n e b e n die Bank ü b e r A n Zaun A b b . 13a:

Die Frau schiebt den Kinderwagen hinter d a s Haus

Der Ball rolli unter d a s Auto Der Hund läuft v o r d a s Auto

1. Teil d e s B i n n e n t e x t e s z u Präpositionen

aus L G W D A F , 7 5 3

Die Frau geht in d a s Haus

Au)„, « w i s c h e n die Autos

Die Präpositionen

in Langenscheidts

Großwörterbuch Deutsch als

Fremdsprache

227

PripotUlontn (Fortsetzung) ab wird normalerweise mit dem Dativ, in der gesprochenen Sprache auch mit dem Akkusativ verwendet

Folgende Präpositionen werden vor dem Substantiv mit dem Genitiv bzw. (seltener) nach dem Substantiv mit dem Dativ verbunden:

plus und minus werden in der gesprochenen Sprache auch mit dem Akkusativ und gelegentlich mit dem Dativ verbunden

zugunsten, zuungunsten

4 mit Genitiv: abseits*, anfangs, angesichts*, anhand*, anläßlich, anstelle*, aufgrund*, auf seilen, außerhalb*, (veraltet) bar, beiderseits·, diesseits*, halber (nachgestellt), infolge*, inmitten*, innerhalb*, jenseits*, kraft, links*, minus, namens, nördlich*, oberhalb*, östlich*, plus, rechts*, südlich*, seitens, um ... willen, unbeschadet, unfern*, ungeachtet, unterhalb*, unweit*, von seilen, vorbehaltlich, westlich*, zeit, zu Seiten *diese Präpositionen werden auch adverbiell mit von + Dativ verwendet

S mit Genitiv oder Dativ: längs, laut, ob

zugunsten der Kirche·, mir zugunsten Beide Wörter können auch adverbiell mit von + Dativ verwendet werden. Folgende Präpositionen werden nur unter bestimmten Umständen mit dem Dativ verbunden (ansonsten mit dem Genitiv): abzüglich, anstatt, ausschließlich, betrelTs, bezüglich, binnen, dank, einschließlich, exklusive, hinsichtlich, inklusive, mangels, mittels, in puncto, vermittels(t), vermöge, zuzüglich, zwecks Wenn ein Substantiv im Singular ohne Artikel und Attribut auf diese Präpositionen folgt, hat es (besonders in der gesprochenen Sprache) keine Genitivendung: mangels Interesse (anstatt·. Interesses)·, laut Beschluß vom 4.5.·, inklusive Porto-,in puncto Fleiß ist er nicht gerade der Weltmeister Folgt ein alleinstehendes Substantiv im Plural auf diese Präpositionen, wird meistens der Dativ gebraucht:

Vor allem in der gesprochenen Sprache werden folgende Präpositionen mit dem Dativ verwendet, aber manche Leute halten das für stilistisch schlecht:

mangels Beweisen; anstatt Geschenken

statt, trotz, während, wegen

mangels triftiger Gründe

Kommt ein Adjektiv hinzu, wird aber der Genitiv gebraucht:

Abb. 13b: 2. Teil des Binnentextes zu Präpositionen aus LGWDAF, 754

Es wäre aus didaktischen Gründen zielfuhrender, für die Anlage eines solchen Binnentextes die in L G W D A F praktizierte Einteilung in Spalten gänzlich a u f z u g e b e n (vgl.

SPRACH-BROCK-

HAUS, Abb. 12) oder sie aber partiell in anderer Weise (etwa zum Zwecke des Kontrastierens) zu nutzen. Insgesamt könnte der Binnentext folgende (zum Teil bereits enthaltenen) Informationen in dieser Aufteilung und Anordnung umfassen: a) Leistung der Präpositionen b) Präpositionen als tendenziell offene Wortart (Hinweis auf Wortgruppen mit präpositionaler Funktion) c) Stellung der Präpositionen d) Arten der Bildung und Funktion von Präposionalphrasen e) Einteilung der Präpositionen nach ihrem Inhalt f) Einteilung der Präpositionen nach ihrer Rektion: 1) allein mit dem Genitiv (mit Hinweis auf mögliche Ersetzung durch von + Dativ; vgl. LGWDAF) 2) allein mit dem Dativ (mit Hinweis auf Stellung und mögliche Artikeliusion) 3) mit dem Genitiv oder mit dem Dativ (mit Hinweisen auf Besonderheiten des Gebrauchs; vgl. LGWDAF) 4) allein mit dem Akkusativ (mit Hinweis auf mögliche Artikeliusion) 5) mit dem Dativ oder mit dem Akkusativ

228

Burkhard Schaeder an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor, zwischen Diese Präpositionen fordern den Dativ, wenn Diese Präpositionen fordern den Akkusativ, wenn ausgedrückt werden soll, wo jemand bzw. etwas ausgedrückt werden soll, wohin jemand bzw. etwas im Verhältnis zu einem bzw. etwas anderen ist, sich bewegt bzw. bewegt, befördert usw. wird, z.B.: steht, liegt usw., z.B.: Wo liegt das Buch? Das Wohin legt sie das Buch? Sie legt das Buch auf Buch liegt auf dem Tisch. den Tisch.

Die folgende Abbildung könnte in gleicher Weise kontrastiv angelegt werden, wobei - anders als es vorfuhrt - die aufeinander bezogenen Bilder und die dazugehörigen Beispielsätze inhaltlich korrespondieren sollten. Ob die im SPRACH-BROCKHAUS (siehe Abb. 12) präsentierte Abbildung „Wechsel zwischen Akkusativ und Dativ" für Lernerzwecke geeignet ist, mag (abgesehen einmal davon, daß hinter im rechten Teil der Abbildung fehlt) dahingestellt sein; in jedem Fall sind - dies hat L G W D A F dem SPRACH-BROCKHAUS ohne Zweifel voraus - Beispielsätze als mit den Bildern korrespondierende sprachliche Demonstrationen des Gebrauchs vonnöten. NB 1: Die Beispielsätze sollten mit einem Punkt abgeschlossen werden. NB 2: Die Präposition entlang ist ein Sonderfall, weil (wie der entsprechende Wörterbuchartikel auch anmerkt) Dativ- bzw. AkkusativTektion jeweils mit Voran- bzw. Nachstellung verbunden sind. 6) Präpositionen ohne erkennbare Rektion g) Besonderheiten des Gebrauchs 1) in Verbindung mit Verben (Präpositionalkasus) 2) in Verbindung mit Pronomen (Fusionen) 3) Pronominaladverbien als Substitute fur Präpositionalphrasen Solche Informationen zu Besonderheiten des Gebrauchs von Präpositionen finden sich in L G W D A F z.B. auch im Binnentext „Interrogativpronomen" (S. 511). LGWDAF

7 Zusammenfassung Insgesamt ist das Bestreben der Verfasser des LGWDAF erkennbar, die Präpositionen nach einem einheitlichen Konzept zu erfassen, lexikographisch zu bearbeiten und darzubieten. Auch wenn dies hier nicht in allen Einzelheiten (etwa durch die komplette Analyse eines umfänglichen Wörterbuchartikels) vorgeführt werden konnte, sei dem LGWDAF zunächst einmal bescheinigt, daß die Beschreibung der Präpositionen insgesamt konsistent, bedacht gegliedert und didaktisch überlegt erscheint. Dieses Lob wird durch die vorangehenden kritischen Anmerkungen eingeschränkt, die - so sie akzeptiert werden - zusammen mit den Vorschlägen zur Beseitigung von Fehlern, Inkonsistenzen und Unklarheiten, darauf zielen, das LGWDAF zum Nutzen der Lerner des Deutschen als Fremdsprache zu optimieren, was im Falle der Präpositionen ohne übertriebenen Aufwand möglich wäre. Oben hatte ich gefragt, ob es für ein Lernerwörterbuch nicht nützlich sein könnte, die Binnentexte mit Übungsaufgaben zu versehen - als Anreiz zur Beschäftigung mit dem jeweiligen sprachlichen Phänomen und zur Lernkontrolle. Vorbilder hierfür finden sich z.B. in der englischsprachigen Lernerlexikographie. Dringend erforderlich sind in jedem Fall gezielte Anleitungen zur Benutzung des Wörterbuchs. Zutreffend bemerkt Zöffgen (1994, 4): „Einiges deutet darauf hin, daß der mangelnde Erfolg einer Nachschlagehandlung in vielen Fällen nicht dem Wörterbuch selbst anzulasten ist, sondern vorrangig aus der fehlenden Unterweisung und Anleitung zur sinnvollen und effektiven Wörterbuchbenutzung resultiert."

Die Präpositionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

229

Zur Lösung des Problems mangelnder Fähigkeiten im Umgang mit dem Wörterbuch sind Konzepte für eine Wörterbuchdidaktik, für Kurse, Unterrichtseinheiten, Übungen sowie didaktisch aufbereitete Materialien vonnöten, die zur Wörterbuchbenutzung anleiten. Solche Materialen müssen für Lerner verständlicher formuliert sein als die „Hinweise für den Benutzer" im Vorspann des LGWDAF und mehr bieten als das zweiseitige Anleitungsblatt zum LGWDAF. Vorbilder hierfür gibt es wiederum in der englischsprachigen Lexikographie, wie z.B. „Use your dictionary. A practice book for users of „Oxford Advanced Learner's Dictionary of Current English" von Adrian Underhill (5. Druck Oxford 1986) oder „Dictionaries Techniques. Praktische Wörterbucharbeit mit dem DCE. Lehrerhandrechungen" von David Heath, Thomas Herbst und Richard Kucharek (München 1989). Vorschläge für den Einsatz des LGWDAF im Unterricht unterbreitet mein Beitrag (Schaeder 1997) sowie die Beiträge von Eggert (1996) und Plank (1996), die überdies eigens entwickelte Arbeitsblätter enthalten. Die Rolle des Wörterbuch beim ungesteuerten und gesteuerten Erlernen des Deutschen wurde bis in die jüngste Zeit hinein notorisch unterbewertet, wie etwa der Umstand beweist, daß der erst jüngst erschienenen Einfuhrung in das Fach Deutsch als Fremdsprache (Rosier 1994) dieses Thema keine Zeile wert ist. Inzwischen gibt es - nicht zuletzt gefördert durch das Erscheinen des LGWDAF und die regen Diskussionen über dieses erste Lernerwörterbuch des Deutschen - ermutigende Anzeichen dafür, daß dem Wörterbuch ein angemessener Platz im Unterricht Deutsch als Fremdsprache eingeräumt wird und sich die Anleitung zu seinem Gebrauch nicht in Übungen zur Beherrschung des Alphabets erschöpft.

8 8.1

Literatur Wörterbücher

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Burkhard Schaeder

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Günter Kempcke / Renate Pasch Die Konjunktionen in LANGENSCHEIDTS

GROSSWÖRTERBUCH

DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

0 1 2

3.1

Konjunktionen und ihre Informationsdaten 3.3 Konjunktionen in deutschen Wörtertüchern für Muttersprachler 3.4 Das einsprachige Wörterbuch für Deutsch lernende Nichtmuttersprachler - ein aktives Wör- 3.5 teibuch Die Beschreibung der Konjunktionen in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

3.2

0

4

Zu den Mängeln in den syntaktisch-kategoiiellen Angaben. Zur Abgrenzung von Adverb und Konjunktion, Antwortpartikel und Konjunk5 tion, Konjunktionaladveib und Konjunktion 6

Zum Stichwortansatz bei mehrteiligen und zusammengesetzten Konjunktionen Zu den Mängeln in der Fundierung der semantischen Metasprache Zu einigen Unklarheiten in den Prinzipien für die Unterscheidung von Verwendungsvarianten und zur mangelnden Typisierung von Bedeutungsunterschieden Zur Mikrostruktur und zur Rolle der Indizes. Was heißt Homonymisierung? Wie sinnvoll oder wenig sinnvoll kann NB sein? Fazit Literatur

Konjunktionen und ihre Informationsdaten

Bei der Integration von Grammatik in das Wörterbuch werden in der einsprachigen synchronischen Lexikographie offenbar ganz unterschiedliche Maßstäbe zugrunde gelegt: Substantive werden durch ihr Genus, durch die Angabe des Flexionstypus, durch den Hinweis auf Pluraloder Singularrestriktionen charakterisiert, Verben durch die Angabe der Kategorie, durch die Angabe von Subkategorien, Tempusrestriktion und durch Perfektangaben; Adjektive durch die Angabe der Kategorie und der Funktionsrestriktionen (attr., präd., adv.). Mit Hilfe dieser Angaben könnte der Benutzer - sein grammatisches Grundwissen vorausgesetzt - die Wörter regelgerecht anwenden. Geradezu stiefmütterlich werden dagegen die sogenannten Synsemantika hinsichtlich ihrer syntaktisch-strukturellen Gebrauchsbedingungen behandelt. Ihre Charakterisierung geht mitunter nicht über die Angabe der Kategorie hinaus, hier und da findet man Ansätze einer Subkategorisierung (subordinierend, koordinierend), im großen und ganzen begnügt man sich jedoch mit semantischen Angaben. Ob die Gründe für diese unzureichende Darstellung in der Scheu der Lexikographen vor einer Grammatik-Dominanz zu suchen sind oder darin, daß man sich immer in der Pflicht sieht, den ganzen Wortschatz mit einem einheitlichen Beschreibungsmodell darzustellen, ist nicht eindeutig zu klären. Daß auch wechselnde Konzepte der Grammatik-Theorie nicht ganz schuldlos sein könnten, ist sicherlich nicht ganz von der Hand zu weisen. Der Wortschatz ist jedoch keine homogene Menge und kann daher

234

Günter Kempcke /Renate Pasch

auch nicht mit einem einzigen Beschreibungsmodell ausreichend lexikographisch dargestellt werden. Spezifische Kategorien verlangen spezifische Darstellungsformen, insbesondere Synsemantika, in unserem Falle Konjunktionen. Konjunktionen sind in morphologischer Hinsicht unveränderliche Worteinheiten, die als syntaktische Verknüpfungszeichen ohne Satzgliedwert mit je verschiedener Verknüpfungsbedeutung gebraucht werden. Sie stehen immer unmittelbar vor dem anzuschließenden Teil und verbinden nur gleichartige Teile miteinander, zumeist Sätze mit Sätzen, daneben aber auch Satzglieder mit Satzgliedern oder Satzgliedteile mit Satzgliedteilen. Diese Wortartdefinition bleibt unvollständig, wenn man nicht 1. bestimmte formale Besonderheiten der Konjunktionen, 2. ihre zum Teil nur partielle Funktion bei der Verknüpfung und 3. die Grundkategorien „Koordination" und „Subordination" berücksichtigt. [Buscha 1989, S. 10/11]

Traditionsgemäß werden in Wörterbüchern nun nicht alle in dieser Wortartdefinition enthaltenen Informationsdaten beim einzelnen Stichwort gesondert aufgeführt. Mit der Angabe der Kategorie „Konjunktion" verbinden sich für den Benutzer Kenntnisse, die die Verknüpfüngsfunktion, die Stellung, die Unflektierbarkeit betreffen. Mit der Angabe der Wortkategorie werden jedoch nicht die Subkategorien Koordination', .Subordination' erfaßt, nicht die unterschiedlichen Verknüpfungsbedeutungen, nicht die durch die Konjunktion verknüpften Elemente und nicht die Position des subordinierten Satzes. Hier beginnt die Analyse des Lexikographen, will er dem Benutzer eine verläßliche Gebrauchsbeschreibung für eine Konjunktion anbieten. Eine weitere Schwierigkeit besteht darin, daß Konjunktionen nicht ausschließlich als Einwortlexeme existent sind; viele sind formal komplex, sind mehrgliedrig oder zusammengesetzt, was für den Ansatz des Lemmazeichens Konsequenzen nach sich zieht: mehrgliedrige und zusammengesetzte Konjunktionen sollten wie Phraseologismen als selbständige Mehrwortlexeme unter dem alphabetisch ersten Stichwort abgehandelt und durch die Wortart .Konjunktion' deutlich gemacht werden.

1 Konjunktionen in deutschen Wörterbüchern für Muttersprachler Einer der Gründe dafür, daß in den beiden allgemeinsprachigen Wörterbüchern WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE ( W D G ) und DUDEN. DAS GROSSE WÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN SPRACHE (und DUDEN-UNIVERSALWÖRTERBUCH) Konjunktionen

vorwiegend von ihrer inhaltlichen Seite her dargestellt werden, könnte darin liegen, daß sie sich als Wörterbücher für den Muttersprachler interpretieren und das grammatische Wissen, die syntaktisch-strukturellen Gebrauchsbedingungen, beim Benutzer voraussetzen. Nicht auszuschließen sind aber auch Überlegungen der Art, daß man eine Analyse der syntaktischen Gebrauchsbedingungen dem Benutzer nicht zumuten möchte, daß man annimmt, der Bedeutungshinweis und die illustrierenden Kontextbeispiele wären in ihrer Kombination ausreichend. Man vergleiche im folgenden den Artikel zu aber im WDG: aber1 /Konj./ 1. /bezeichnet den Gegensatz/ (je)doch, indessen: a) er kommt, a. sein Vater ist verhindert; wir schliefen schon, die Mutter a. wachte noch; ich kenne ihn nicht, a. seinen Bruder ... und DUDEN-UNIVERSALWÖRTERBUCH:

Die Konjunktionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

235

aber (Konj.) 1.a. drückt einen Gegensatz aus; (je)doch, dagegen: heute nicht, a. morgen; er schlief, sie a. wachte ...

Das dem WDG zeitlich folgende Duden-Wörterbuch unterscheidet sich von seinem Vorläufer kaum, beide verweisen nicht darauf, daß aber auch nachgestellt werden kann. Dieser Hinweis findet sich jedoch im HANDWÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN GEGENWARTSSPRACHE (1984)

(HDG), in dem erstmals bei der Interpretation der Konjunktionen auch die grammatischen Eigenschaften eingehend beschrieben werden. HDG: 'aber /Konj.; nebenordnend; verbindet zwei satzwertige Glieder; adversativ; gibt einen Gegensatz an, der sich auf die Bedeutung der Glieder selbst od. auf die Bewertung der Folgerungen aus dem im ersten Glied Gesagten beziehen kann/1. /bei gegensätzlicher Bedeutung der parallel strukturierten Glieder/1.1. ... er ist groß, a. sie ist klein; er arbeitet, a. sie ruht sich aus 1.2. /ist dem Satzglied, auf das es sich bezieht, nachgestellt/: er ist groß, sie a. klein; heute kommt er, morgen a. sie

Im HDG werden über die kategorialen Merkmale hinaus folgende Informationsdaten genannt: nebenordnend, adversativ, Form und Art der durch aber verknüpften Glieder. Das HDG definiert sich als ein Wörterbuch, das fur den Muttersprachler konzipiert ist. Doch das WDG und DUDEN betonen jeweils in ihrem Vorwort, daß sie als Wörterbuch auch für den Nichtmuttersprachler benutzbar sind, und bleiben damit unter den Erwartungen, mit denen ein nichtmuttersprachlicher Benutzer an diese Wörterbücher herantritt, wenn er sie aktiv benutzen möchte. Wir gehen davon aus, daß man vor allem einem Nichtmuttersprachler diese Informationen anbieten muß, daß sie unverzichtbar sind und daß im Lernprozeß, beim Erwerb einer Zweitsprache, ohnehin ein hohes Maß an Grammatikwissen involviert wird. Daher sollte man sich bei dieser anspruchsvollen lexikographischen Analyse nicht auf das Niveau eines Fünftkläßlers begeben!

2 Das einsprachige Wörterbuch für Deutsch lernende Nichtmuttersprachler - ein aktives Wörterbuch LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE ist, w e n n m a n sei-

nem Titel glauben darf, als Wörterbuch für den Nichtmuttersprachler konzipiert, als Lernerwörterbuch für Ausländer; es soll denen helfen, die Deutsch als Zweitsprache lernen, und denen dienen, die Deutsch als Zweitsprache lehren. Das Ziel einsprachiger Lernerwörterbücher ist es, so viel über den Gebrauch des allgemeinen Wortschatzes zu vermitteln, daß die Lernenden die Wörter beim Sprechen, Schreiben und Übersetzen richtig verwenden können und fur das Hör- und Leseverstehen verläßliche Hilfe finden. [LGWDAF, Vorwort ]

In der Regel verwendet der nichtmuttersprachliche Benutzer in erster Linie ein zweisprachiges Wörterbuch. Da dieses ihm lediglich Übersetzungsäquivalente anbietet, muß er, wenn er weitergehende Informationen fur die aktive Verwendung eines Wortes wünscht, ein einsprachiges (Lerner)wörterbuch zur Hilfe nehmen. Dieses sollte ihm die Regeln für den korrekten Gebrauch in der Zielsprache bieten. Es sollte dem Benutzer helfen, seine Normunsicherheit und seine Systemunsicherheit zu überwinden (Wiegand 1985). Normunsicherheit kann sich äußern

236

Günter Kempcke /Renate Pasch

im Grad der Beherrschung semantischer, grammatischer und stilistischer Normen; Systemunsicherheit in der mangelnden Fähigkeit, lexikalische Einheiten distinktiv zu verwenden. Ein wesentlicher Aspekt der Beherrschung der Regeln für den korrekten Gebrauch der lexikalischen Einheiten ist die Kenntnis ihrer syntaktisch-konstruktionellen Gebrauchsbedingungen. Für Muttersprachler stellen diese im allgemeinen kein Problem dar, nicht so für den Nichtmuttersprachler - doch die einsprachigen Wörterbücher lassen den Nichtmuttersprachler, was die Informationen zu den syntaktisch-konstruktionellen Gebrauchsbedingungen der fremdsprachlichen Einheiten angeht, in der Regel im Stich und erfüllen damit nicht die Kriterien eines aktiven Wörterbuchs.

3.1

Die Beschreibung der Konjunktionen in

LANGENSCHEIDTS

GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Was die Darstellung der Konjunktionen betrifft, unterscheidet sich das Langenscheidt-Lernerwörterbuch in keiner Weise von den großen allgemeinsprachigen Wörterbüchern (WDG, Duden. Das Große Wörterbuch der Deutschen Sprache, Duden. Deutsches Universalwörterbuch), aber es definiert sich als aktives Wörterbuch. Der Benutzer wird mit seinen Produktionsproblemen vom LGWDAF in syntaktischer Hinsicht weitgehend allein gelassen. Als syntaktisch-kategoriale Angabe findet sich nur „Konjunktion": aber1 Konjunktion; 1 verwendet, um einen Nebensatz [!] einzuleiten, der e-η Gegensatz zum Vorausgegangenen ausdrückt « jedoch: Jetzt habe ich keine Zeit, a. morgen.

Das LGWDAF begnügt sich mit der allgemeinsten kategoriellen Angabe. Ein Teil der syntaktischen Gebrauchsbedingungen der Konjunktionen läßt sich aber weiter systematisieren, indem Konjunktionen zu Konstruktionsklassen zusammengefaßt werden. Entsprechend verfahren Grammatiken, indem sie Konjunktionen in „koordinierende (nebenordnende) und subordinierende (unterordnende)" klassifizieren. Die subordinierenden Konjunktionen zeichnen sich im Deutschen dadurch aus, daß in dem der Konjunktion unmittelbar folgenden Satz das finite Verb in Endstellung stehen muß. Auf diese wichtige Gebrauchsbedingung muß der nichtmuttersprachliche Wörterbuchbenutzer aufmerksam gemacht werden, und dies kann, wenn Darstellungsökonomie angestrebt wird, über eine entsprechende kategorielle Angabe (subordinierend oder unterordnend) geschehen. Diese kategorielle Angabe bietet außerdem den Vorteil, daß sie dem Wörterbuchbenutzer Schlußfolgerungen über die möglichen Reihenfolgen der verknüpften Teilsätze gestattet. So können zwar subordinierende Konjunktionen mit dem subordinierten Satz dem mit ihnen verknüpften Satz vorangehen, koordinierende dagegen können dies nicht. Im LGWDAF finden sich diese Hinweise nicht. Dies wäre nun an sich noch kein Mangel, wenn die durch „subordinierend" bzw. „koordinierend" erschließbaren syntaktischen Informationen auf andere Weise gegeben würden, d.h. wenn auf die obligatorische Subordiniertheit in anderer systematischer Weise in den Wörterbuchartikeln hingewiesen würde. Genau das ist jedoch nicht der Fall. Und dies ist umso mißlicher, als im LGWDAF der Terminus „Nebensatz" mitunter völlig entgegen den Gepflogenheiten der Grammatiker auch in bezug auf Sätze angewandt wird, die durch eine koordinierende Konjunktion miteinander verknüpft werden, so z.B. für aber, denn, doch und jedoch. Bei aber und denn wird völlig unsystematisch

Die Konjunktionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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unter NB (Notabene) darauf verwiesen, daß das Verb nicht wie bei weil, daß, obwohl am Ende des Satzes steht. Umgekehrt findet sich der Hinweis auf die Endstellung des Verbs unter NB bei weil und daß (nicht bei obwohl und den anderen subordinierenden Konjunktionen, z.B. bevor, bis etc.). Die Nennung dieser syntaktischen Regularität unter NB ist überdies völlig unangemessen: die syntaktischen Angaben gehören in den Kopf des Artikels! Einen guten Ansatz bietet die Konjunktion als1 1 verwendet, um auszudrücken, daß das Ereignis [!] des Nebensatzes zur gleichen Zeit stattfindet wie das Ereignis [!] des Hauptsatzes « während ...

Entsprechend verfahren wurde bei als1 (2, 3), nicht aber bei als1 (4), wo es nur heißt: verwendet mit e-r Zeitangabe, um e-η Zeitpunkt anzugeben: vor e-m Jahr, als ich noch in Amerika studierte ...

Aufgrund der syntaktischen Angaben zum Stichwort doch müßte ein nichtmuttersprachlicher Benutzer des LGWDAF sich berechtigt sehen, einen grammatisch nicht wohlgeformten Satz wie * Jetzt habe ich keine Zeit, doch ich morgen kommen kann zu bilden. Geradezu aberwitzig ist übrigens die Illustration des auf aber folgenden „Nebensatzes" durch ein simples Adverb: 1 verwendet, um e-η Nebensatz einzuleiten, der e-η Gegensatz zum Vorausgegangenen ausdrückt ... : Jetzt habe ich keine Zeit, a. morgen.

Das Beispiel stellt zwar eine korrekte Verwendung von aber dar, aber daß morgen ein Nebensatz sein soll, muß doch verwundern. U.E. fehlt fur die koordinierenden Konjunktionen eine Darstellungsform, die es ermöglichte, die verknüpften Glieder genauer zu charakterisieren, etwa: verbindet Hauptsätze, Nebensätze, Satzglieder oder Teile von Satzgliedern. Ein weiterer genereller Mangel in den Angaben zum syntaktischen Verhalten der Konjunktionen im LGWDAF liegt darin, daß nicht systematisch Auskunft über die Möglichkeiten der Reihenfolge der verknüpften Sätze gegeben wird. Derartige Informationen ließen sich, wie schon oben erwähnt, als Merkmale ganzer syntaktischer Klassen von Konjunktionen darstellen, wenn auf die von den Grammatiken praktizierte Unterscheidung subordinierender von koordinierenden Konjunktionen zurückgegriffen würde. Dann könnte nämlich der Wörterbuchbenutzer über sein grammatisches Wissen dem Wörterbuchartikel entnehmen, ob die Reihenfolge der verknüpften Sätze grundsätzlich fest ist, die Konjunktion also immer zwischen den durch sie verknüpften Sätzen steht, wie dies der Fall für die koordinierenden Konjunktionen ist, oder nicht, wie im Falle der subordinierenden Konjunktionen. Bei den subordinierenden Konjunktionen müßte dann angegeben werden, ob die Konjunktion mit dem subordinierten Satz vor oder nach dem Hauptsatz stehen kann oder sowohl als auch. Diese Angaben sollten auf jeden Fall systematisch in den Kommentaren zu den einzelnen subordinierenden Konjunktionen erscheinen und überdies in den illustrierenden Beispielen sichtbar sein. Im LGWDAF wird bei keiner subordinierenden Konjunktion die Position des subordinierten Satzes genannt, sie ist für den Benutzer allenfalls aus Beispielen erschließbar, immer vorausgesetzt, das Wörterbuch berücksichtigte alle Varianten in der Kontextsphäre - und sie berücksichtigt sie nicht konsequent (vgl. bevor, bis u.a.). Ein Beispiel dafür ist auch so daß. aus dem angeführten Verwendungsbeispiel kann man keine Rückschlüsse auf die obligatorische Postposition des subordinierten Satzes ziehen, weil die Positionsmöglichkeiten nicht systematisch angegeben werden. Die Illustrierung ist willkürlich, und der nichtmuttersprachli-

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Günter Kempcke/Renate Pasch

che Benutzer wird nicht in die Lage versetzt, mit diesen Konjunktionen regelgerecht umzugehen.

3.2 Zu den Mängeln in den syntaktisch-kategoriellen Angaben. Zur Abgrenzung von Adverb und Konjunktion, Antwortpartikel und Konjunktion, Konjunktionaladverb und Konjunktion Ein weiterer Mangel ist, daß die von LGWDAF zugrunde gelegten Kriterien für die Unterscheidung der (koordinierenden) Konjunktionen von den Adverbien dunkel bleiben. Mitunter werden Einheiten als Konjunktionen klassifiziert, die von Gammatikern als Adverbien oder Partikeln klassifiziert werden, weil sie in einem der von der jeweiligen Einheit verknüpften Sätze auftreten (z.B. weder). Bei jedoch (Konj.) wird als Synonym doch angegeben. Im Artikel zu doch findet sich dann die Angabe, daß doch eine Konjunktion, ein Adverb oder eine Partikel sein kann. In der Bedeutung, in der doch anstelle von jedoch verwendet werden kann, darf es allerdings in einem der Beispiele aufgrund positioneller Beschreibungen nicht verwendet werden: ,ßie Polizei suchte ihn überall, fand ihn j. nicht." Diese Information kann sich ein Nichtmuttersprachler allein mit Hilfe dieses Wörterbuches nicht erschließen. Die Angabe, daß hingegen eine Konjunktion sei, ist umso befremdlicher, als es ausschließlich als Konjunktion klassifiziert wird, das entsprechende Synonym dagegen jedoch als Adverb. Die unterschiedlichen kategoriellen Angaben suggerieren beim Benutzer unterschiedliche syntaktische Gebrauchsbedingungen! Auch Mißgriffe bei der Wahl der Kontextbeispiele signalisieren Unsicherheit in der Darstellung von Konjunktion und Adverb. So wird neben einem zutreffenden Beispiel beim Lemma solange („S. (wie) sein Auto kaputt ist, fährt er mit dem Fahrrad') als Beispiel für die Verwendung der subordinierenden Konjunktion folgendes Beispiel angeführt: Jch spreche s. nicht mehr mit ihm, bis er sich entschuldigt." Ohne systematische Hinweise auf die möglichen Positionen des Lemmawortes sind die kategoriellen Angaben (Adv., Konj.) also überflüssig. Im LGWDAF wird mitunter auch nicht systematisch zwischen Konjunktionaladverb, Adverb, Antwortpartikel und Konjunktion unterschieden. In den Grammatiken (vgl. Heibig 1991, S. 341) werden die Adverbien, die die Rolle einer koordinierenden Konjunktion mit Inversion des Subjekts im zweiten verknüpften Satz übernehmen können, Konjunktionaladverbien genannt (er war krank, deshalb konnte er nicht kommen; er hat sich sehr gefürchtet, dabei hatte er gar keinen Grund etc.). Im vorliegenden Wörterbuch werden diese Konjunktionaladverbien dagegen entweder als Konjunktionen oder als Adverbien dargestellt, vgl. da-/da- 3. (als Konjunktion) verwendet, um e-η Nebensatz [!] einzuleiten ... ; Er ist schon ein Filmstar, dabei ist er fast noch ein Kind; ... Mein Bruder steht gern früh auf, aber ich dagegen schlafe lieber bis elf Uhr.

Hier werden Adverb und Konjunktionaladverb unter der Kategorie Konjunktion dargestellt; vgl. dagegen daher Adv. 1 aus dem genannten Grund « deshalb: Sie will abnehmen, d. ißt sie so wenig.

Der Benutzer muß an seinen grammatischen Kenntnissen zweifeln, wenn er so unterschiedliche Verwendungen unter der Markierung Konjunktion und Adverb findet. Im LGWDAF wird auch

Die Konjunktionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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nicht systematisch auf die syntaktische Art der Ausdrücke hingewiesen, die durch die Konjunktion verknüpft werden können. So lassen - meist gegen die Regel - kausale und konzessive subordinierende Konjunktionen subordinierte Partizipialgruppen zu, vgl. Das Wörterbuch, obwohl hochgelobt, verkauft sich schlecht; der Roman, weil von der Kritik verrissen, wurde ein Bestseller.

Hier sollten entsprechende Angaben über die Reduzierbarkeit der subordinierten Sätze gemacht werden.

3.3 Zum Stichwortansatz bei mehrteiligen und zusammengesetzten Konjunktionen Große Schwierigkeiten bereiten dem LGWDAF die mehrgliedrigen und zusammengesetzten Konjunktionen hinsichtlich der Wortartkennzeichnung. Während bei den Einwortlexemen in der Regel der kategorielle Hinweis Konjunktion gegeben wird, fehlt dieser Hinweis häufig bei den komplexen: die mehrgliedrige Konjunktion sowohl ... als auch wird unter dem Stichwort sowohl in der Form abgehandelt: sowohl nur in s.... als/wie (auch) das eine wie das andere « nicht nur ... sondern auch: Sie ist s. Sängerin als auch Schauspielerin; nur2 nur in nicht nur... sondern auch ... [beide Male keine Wortartangabe]; sondern2 Konjunktion ... NB t nur7 (1) [hier ist völlig unklar, warum von der Konjunktion sondern durch „Notabene" auf die mehrgliedrige Konjunktion (nui2) verwiesen, dort aber auf jede Wortartangabe verzichtet wird. Ähnlich unzulänglich verfährt man im folgenden:] denn2 Adv.; nur in es sei d.,... [diese Wendung wird nicht als Konjunktion gekennzeichnet, so daß beim Benutzer der Eindruck entstehen muß, es handele sich bei der Wendung um einen adveibialen Ausdruck]: entweder Konjunktion l e . . . . oder verwendet, um auszudrücken, daß ... [entweder ist alleinstehend nicht als Konjunktion zu definieren, die Konjunktion lautet entweder ... oder - und sie ist mehrgliedrig, so auch] geschweige Konjunktion; g. (denn) verwendet nach ...

Und geradezu abenteuerlich mutet das Stichwort so3 an. Unter diesem Lemma handelt das LGWDAF, das sich sonst weitgehend der Homonymisierung verschrieben hat, verschiedene kategorielle Varianten ab. 1. so daB verwendet, um die Folge einzuleiten, die sich aus der Handlung des Hauptsatzes ergibt [ohne Wortartangabe!] 2. so + Adj./Adv., daB [und hier handelt es sich nur um eine fakultative Ergänzung der Konjunktion daß] 3. so + Adj. + Infinitiv verwendet, um die Voraussetzung fiir eine Handlung anzugeben: sie war so freundlich, mir zu helfen [so = Steigerungspartikel!]

Die Autoren wären besser beraten gewesen, wenn sie sich der neueren Terminologie bedient und zwischen Konjunktion (Einwortlexem), zusammengesetzter Konjunktion (so daß) und mehrteiliger Konjunktion (entweder ... oder) unterschieden hätten.

3.4 Zu den Mängeln in der Fundierung der semantischen Metasprache Die Metasprache der semantischen Beschreibungen weist Variationen auf, die semantisch nicht gerechtfertigt sind. So wird z.B. im Wörterbuchartikel zu bevor von den Bedeutungen von Haupt- und Nebensatz als von „Handlungen" gesprochen. Damit wird suggeriert, daß die Ver-

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Wendungsmöglichkeiten dieser Konjunktion beschränkter sind, als es tatsächlich der Fall ist,

vgl. Bevor es dunkel wurde,finges an zu regnen; Bevor sie in Wien lebte, lebte sie in Brüssel. Ähnlich wird unter dem Lemma bis (Konj.) von der Handlung des Hauptsatzes (sie!) gesprochen. Besser, aber auch nicht zufriedenstellend, ist der metasprachliche Ausdruck für die Bedeutungen der Teilsätze gewählt, die die temporale Konjunktion als verknüpfen kann: „verwendet, um auszudrücken, daß das Ereignis des Nebensatzes zur gleichen Zeit stattfindet wie das Ereignis des Hauptsatzes". U.E. sollte man als einheitlichen, semantisch treffenderen Ausdruck den Terminus „Sachverhalt" wählen. Überhaupt vermißt man ein einheitliches Konzept fur die semantischen Angaben, man vgl.: -

„verwendet, um eine Einschränkung auszudrücken" (außer2) „verwendet, um eine Voraussetzung zu bezeichnen" (sofern) „drückt eine Gegensätzlichkeit aus" (während) „unter der Voraussetzung/Bedingung, daß ..." (wenn (1)) „für den Fall, daß ... « falls" (wenn (2)) „verwendet, um die Folge einzuleiten, die sich aus der Handlung des Hauptsatzes ergibt" (so3 (1)) „verwendet, um mst den eigenen Informationsstand einzuleiten" [!] (soviel) „verwendet im Nebensatz, um anzugeben, wann die Handlung des Hauptsatzes zu Ende ist" (bis2 (1)) „verwendet, um das Ziel od. den Zweck e-r Handlung anzugeben" (damit).

Man gewinnt den Eindruck, daß die Ausarbeitung der Konjunktionen in verschiedenen Händen gelegen hat, wie anders sonst ließe sich die ganz unterschiedliche Verfahrensweise erklären? Wenn mit angeben, ausdrücken, bezeichnen die semantische Funktion der Konjunktionen zu beschreiben versucht wird, deutet sich damit auch zugleich ein grundlegendes Problem an, nämlich das der semantischen Qualität einer Konjunktion; am ehesten wird der das Verb angeben gerecht - bezeichnen würde der Konjunktion eine Bezeichnungsqualität attestieren.

3.5 Zu einigen Unklarheiten in den Prinzipien für die Unterscheidung von Verwendungsvarianten und zur mangelnden Typisierung von Bedeutungsunterschieden Für manche Einheiten werden im LGWDAF Bedeutungsvarianten angesetzt, deren Unterscheidung nicht plausibel ist. Ein Beispiel hierfür ist wiederum die Konjunktion bis 2 1 verwendet im Nebensatz, um anzugeben, wann die Handlung des Hauptsatzes zu Ende ist: Ich bleibe hier, bis der Regen aufhört; Ich warte, bis du wiederkommst. 2 verwendet im Nebensatz, um den Zeitpunkt anzugeben, zu dem e-e Bedingung erfüllt sein muß « bevor ... nicht: Das Kind darf nicht auf den Spielplatz, bis es seine Hausaufgaben fertig hat.

Die unter 1 gegebene Beschreibung könnte auch auf das unter 2 angeführte Beispiel zutreffen, wenn - ja wenn die Erklärung allgemeiner gewählt würde, z.B. „verwendet, um anzugeben, daß der Beginn des vom Nebensatz bezeichneten Sachverhalts das Ende des vom Hauptsatz bezeichneten Sachverhalts darstellt". Ahnlich wird im Wörterbuchartikel zu entweder in die Beschreibung der Bedeutung der mehrgliedrigen Konjunktion etwas hineingelegt, was nicht zur Bedeutung der Konjunktion selbst gehört, sondern aus einem Verwendungskontext abgeleitet ist: l e . . . . oder verwendet, um auszudrücken, daß es zwei od. mehr Möglichkeiten gibt (von denen aber nur eine gewählt wird): Nächstes Jahr fahren wir im Urlaub e. nach Italien oder nach Frankreich (oder viel-

Die Konjunktionen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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leicht in die Schweiz) 2. e. ... oder verwendet, um e-r Ermahnung, e-r Drohung o.ä. Nachdruck zu verleihen: E. du bist jetzt still oder du gehst ins Bett!

Das Beispiel fur 2 erfüllt dieselbe semantische Beschreibung wie die von 1 und kann allenfalls als spezielle Verwendung von 1 beschrieben werden: von einer alternativen Variante kann nicht die Rede sein. Überhaupt ist zu bedauern, daß das LGWDAF sich nicht die gerade für Synsemantika charakteristische Typologie der Bedeutungen zunutze gemacht hat. Viele dieser Etiketten sind international geläufig und bei der Erlernung einer Fremdsprache unverzichtbar, z.B. temporal, final, instrumental, adversativ, kausal, konditional, konzessiv u.a.. Sie dienen einer schnellen Identifikation, besonders für den Fall, daß der Benutzer Schwierigkeiten bei der Rezeption des Kommentars hat.

4 Zur Mikrostruktur und zur Rolle der Indizes. Was heißt Homonymisierung? Wie sinnvoll oder wenig sinnvoll kann NB sein? Die Organisation der Informationsdaten in einem Wörterbuchartikel vom Typ Konjunktion wirft einige Fragen auf, die die Abfolge syntaktischer und semantischer Informationen betreffen. Da im Kopf jedes Artikels aus dem Bereich der Autosemantika die Angaben zur Morphologie und Syntax an erster Stelle stehen (vgl. „Kopf, der; ~es, Köpfe"; „gehen, ging, gegangen" etc.) sehen wir keinen Grund, bei Synsemantika, insbesondere Konjunktionen, anders zu verfahren. Nach der Wortartangabe sollten subkategorielle Angaben folgen, die die Konjunktion einer der beiden großen Subkategorien (koordinierend, subordinierend) zuordnen. Dazu gehören Restriktionsangaben und Angaben, die die Kombinatorik betreffen und die Position des Nebensatzes sowie die Charakterisierung der verknüpften Glieder (bei koordinierenden Konjunktionen). Diesen folgen die semantischen Angaben, und die illustrierenden Beispiele dokumentieren schließlich beides: die syntaktischen und die semantischen Gebrauchsbedingungen. Ob in der Mikrostruktur eines Konjunktionsartikels - wenn er beide Subkategorien aufweist - die koordinierende vor der subordinierenden rangiert oder umgekehrt, sollte u.E. nach der Wichtigkeit und Frequenz der einen oder der anderen Variante entschieden werden. Im LGWDAF ist die Gliederung mit Hilfe von Indizes nicht immer nachvollziehbar. Daß unterschiedliche Wortarten durch Indizes gegliedert werden, wird jeden überzeugen, vgl. bis1 (Präp), bis2 (Konjunktion) oder doch1 (Konjunktion), doch2 (Adv.), doch3 (Partikel) oder denn1 (Konjunktion), denn2 (Adv.), denn3 (Partikel) oder so1 (Adv.), so2 (Konjunktion), so3 (nur in ... ), so4 (Partikel), wenn auch in der Abfolge der Wortarten kein durchgehendes Prinzip erkennbar wird. Nicht nachvollziehbar ist aber die Indizes-Gliederung innerhalb einer Wortart, z.B. als1 (Konjunktion), als2 (Konjunktion), als3 (Konjunktion); wer annimmt, hier wäre das Lemma nach seinen Subkategorien gegliedert, sieht sich getäuscht: subordinierende und koordinierende Verwendung dienen nicht als Gliederungsprinzip, und der Benutzer hat die größten Schwierigkeiten, die Gebrauchsunterschiede aus der Darstellungsform herauszufiltern. Zu den Problemen der Mikrostruktur in einem Konjunktionsartikel rechnen wir auch - wie schon oben erwähnt - die Rolle des NB. Grundsätzliches, die Wortart Konjunktion betreffendes Wissen, ist u.E. (noch dazu, wenn es ganz unsystematisch berücksichtigt wird) nicht in ei-

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Günter Kempcke /Renate Pasch

ner Nachbemerkung abzuhandeln: NB sollte immer fijr spezifische Gebrauchshinweise oder fur distinktive Hinweise zu konkurrierenden Konjunktionen reserviert bleiben (so wie unter „weil ... NB: in der gesprochenen Sprache wird das Verb oft nicht an das Ende des Satzteils gestellt") oder „als3 ... NB: der Kasus des Substantivs nach als richtet sich nach dem Kasus des Substantivs oder Pronomens, auf das es sich bezieht" oder „damit2 ... NB: wenn das Subjekt des Haupt- und Nebensatzes die gleiche Person ist, ist e-e Konstruktion mit um ... zu + Infinitiv häufiger" (dieser Hinweis findet sich jedoch nicht unter um)

5

Fazit

Die Bedeutungsbeschreibungen sind im allgemeinen gelungen. Wer als Nichtmuttersprachler das LGWDAF zum Gebrauch der Konjunktionen konsultiert, ist dennoch schlecht beraten. Über das, was die eigentliche Spezifik der deutschen Konjunktionen ausmacht, nämlich die konstruktioneilen Gebrauchsbedingungen, erfahrt er zu wenig bzw. zu wenig Systematisches, um die notwendigen Schlüsse auf diese Gebrauchsbedingungen ziehen zu können. Die Autoren müßten sich um eine grammatische Fundierung ihrer Konjunktionsbeschreibungen bemühen und die übliche Praxis aufgeben, sich darauf zu beschränken, vorhandene, fur Muttersprachler konzipierte Wörterbücher auszuschlachten. Zu empfehlen ist, Klassifikationen von DaFGrammatiken zu übernehmen und die mit diesen Klassennamen verbundenen Konstruktionseigenschaften der lexikalischen Einheiten systematisch zu illustrieren.

6

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KAPITEL V Kotexte in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

Fritz Neubauer Kompetenzbeispiele in LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

0 1 2 3

Einleitung Beispiele vs. Korpusbelege Syntaktische Information in den Beispielsätzen Vokabular in den Beispielen

0

Einleitung

4 5 6 7

Enzyklopädische Information in den Beispielen Landeskundliche Information Fazit Literatur

Die inzwischen klassisch gewordene Anregung von Wiegand (1977, 102), daß die Lexikographie eine Theorie des lexikographischen Beispiels benötige, ist vor allem in der deutschen Lexikographie z.B. von Zöfgen (1986 und 1994), Hermanns (1988) und Harras (1989) so ausführlich aufgegriffen worden, daß insbesondere Zöfgens zusammenfassender Darstellung (1994) kaum etwas hinzuzufügen wäre. Allerdings bezieht sich die Diskussion in den meisten Fällen auf alle Anwendungsbereiche der Lexikographie, so daß die Aufgabe hier sein muß, die für die Verwendung von Beispielen in Wörterbüchern aufgestellten Kriterien für allgemeinsprachliche Wörterbücher dahingehend zu überprüfen, ob und inwieweit sie für Lernerwörterbücher relevant sind und ob die als relevant betrachteten Kriterien im vorliegenden Wörterbuch berücksichtigt wurden.

1 Beispiele vs. Korpusbelege Als wenig oder nicht relevant betrachte ich die in der Literatur zum Teil ausführlich geführte Auseinandersetzung über die Heranziehung von Korpusbelegen oder anderen Originalzitaten für die Auswahl der Beispielsätze. Ich stimme insofern dem L G W D A F ZU, daß dies bei den Beispielen keine Berücksichtigung gefunden hat, denn für die Funktion des Lernerwörterbuchs ist es relativ unwichtig, ob die Beispiele einem Korpus entnommene Originalbeispiele sind oder für den Zweck des Wörterbuchartikels konstruiert wurden, sofern sie die Funktion erfüllen, „über die Angaben in der Bedeutungserläuterung hinaus - prototypische Eigenschaften des

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Fritz Neubauer

Gegenstands/Sachverhalts" (Harras 1989, 611) zu zeigen, auch wenn sie dann nicht „echt" oder „authentisch" sind (vgl. dazu die Maximen Hermanns', 1988, 181). Daß die Übernahme von Korpusbelegen für Lernerwörterbücher weniger relevant ist als für klassische Großwörterbücher zeigt auch die Beweisführung von Zöfgen ( 1 9 9 4 , 1 9 9 ) , der an den bearbeiteten Beispielen auf der Basis der Collins Birmingham University International Database, die Verwendung im C O L L I N S C O B U I L D E N G L I S H L A N G U A G E DICTIONARY ( 1 9 8 7 ) fanden, keinen Vorteil gegenüber konstruierten Beispielen sieht. Allerdings erübrigt sich eine weitere Behandlung dieser Frage furs Deutsche insofern, daß wir über ein repräsentatives Korpus der zeitgenössischen deutschen Sprache, das mit dem COBUILD-Korpus vergleichbar wäre, überhaupt nicht verfugen. Ein solches Korpus könnte jedoch - außer als Basis fur die Formulierung der Bedeutungserläuterung - gerade für ein Lernerwörterbuch von Nutzen sein für den von der Frequenz her relevanten Zuschnitt des Beispiels in Hinblick auf den syntaktischen Kontext. Insbesondere beim Erlernen des Deutschen, z.B. im Vergleich mit dem morphologisch weniger variablen Englischen, stehen die Lernenden mit vielen Sprachen und Sprachfamilien (mit Ausnahme der slavischen Sprachen) einer Fülle von syntaktisch begründeten Lernschwierigkeiten gegenüber, die sie aus ihren Sprachen nicht gewohnt sind. Von daher wäre es - was eben für Lernerwörterbücher des Englischen und deren Beispiele gerade nicht zutrifft - mindestens ebenso wichtig, prototypische syntaktische Eigenschaften über die Angaben zur Syntax in den grammatischen Angaben hinaus in den Beispielen zu illustrieren, wie dies für die zusätzliche Bedeutungserläuterung in den Beispielen gefordert wird.

2

Syntaktische Information in den Beispielsätzen

Es kann nur vermutet werden, daß das L G W D A F auf Grund seines Hervorgehens aus der Tradition des englischsprachigen Lernerwörterbuchs nicht nur die Chance, die Beispiele auch nach morphologisch-syntaktischen Kriterien zu konstruieren nicht nutzt, sondern die syntaktischen Phänomene ausdrücklich vernachlässigt. Erkannt wird dies teilweise auch von Fuchs (1996, 31), der u.a. beklagt, daß z.B. im Eintrag für melden2 in den zwei Beispielfragmenten (1)

e-η Unfall bei der Polizei m. : e-η Schaden bei e-r Versicherung m.

die Möglichkeit nicht genutzt wurde, „auch ein belebtes obligatorisches Akkusativobjekt (j-n melden) zu verwenden" und fordert „mehr Varianz in den Beispielsätzen". Auch bei Hermanns (1988, 185) findet sich in den Fußnoten versteckt der Hinweis, daß statt der Infinitivform sich (an jemanden) erinnern der deutlicher erkennbare Akkusativ wie in Ich erinnere mich an Dich sinnvoller gewesen wäre, weil sich technisch zwar Akkusativ sei, ebenso aber Dativ sein könne. Weitere Beobachtungen in den Beispielen im L G W D A F bestätigen die Tendenz der syntaktischen Invarianz, z.B. beim Eintrag für helfenl: (2)

Die Kinder helfen ihrer Mutter im Haushalt; Er half der alten Frau beim Einsteigen ins Auto; Er hat ihr suchen / beim Suchen geholfen.

Kompetenzbeispiele in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

249

Warum mußte hier dreimal als Dativobjekt ein Femininum gewählt werden? Fahrlässig ist das an dieser Stelle auch deshalb, weil die Dativ-Form ihrer Mutter auch der Genitiv-Form entspricht, die maskuline Version ihrem Vater eindeutig auf die Rektion „(j-m) ... h." zurückverwiesen hätte. Nicht nur die Alternierung zwischen maskulin und feminin hätte hier den Lernenden geholfen, sondern auch die Miteinbeziehung einer Pluralform, weil gerade die Markierung des Dativ Plural durch das -n eine große Lernschwierigkeit darstellt, zumal die Dativ-Markierung im Singular (im Jahre) inzwischen veraltet ist, also im Singular eine Markierung normalerweise nicht stattfindet. Von daher wäre das auch in jemandem nicht in Erscheinung tretende -«, wie z.B. bei den kleinen Kindern eine deutliche Hilfe gewesen. Nun kann es sich nicht nur um Varianz um der Varianz willen handeln, sondern es muß erkannt werden, daß in einem deutschsprachigen Lernerwörterbuch die Beispiele aus syntaktischer Perspektive didaktisch motiviert variiert werden müssen, wenn es dem DaF-Unterricht oder auch den nachschlagenden Autodidakten helfen soll. Ein weiteres Beispiel der syntaktischen Invarianz findet sich im Eintrag fur geben. Ein repräsentatives Korpus der deutschen Sprache, dessen Fehlen ich bereits oben beklagt habe, würde sicher zeigen, daß die Konstruktion es gibt + Akkusativ zu den Formen gehört, die mit einer gewissen Häufigkeit auftreten. Abgesehen davon, daß sich im LGWDAF diese Lesart unter geben26 (!) nach Wiegand (1996, 484) so versteckt, daß die Wahrscheinlichkeit, daß Lernende bis dahin vordringen sowieso gering ist, würden diese dann als Beispiele finden. (3)

In Australien gibt es Känguruhs; Damals gab es noch kein Telefon; Du bist der netteste Mensch, den es gibt: Was gibt es für Probleme?

Die Initialstellung ist leider nicht vertreten, noch ist der in der Strukturformel angekündigte Akkusativ es gibt j-n/etw. erkennbar an der Pluralform Känguruhs oder Telefon. Ein Beispiel wie (4)

Es gibt keinen Zweifel daran, daß ...

hätte den Akkusativ deutlich und den Unterschied zu den Strukturen in den meisten anderen Sprachen anschaulicher werden lassen. Ich hoffe, daß sich aus diesen Beispielen von Beispielen die dringende Forderung herauskristallisiert hat, die Beispiele daraufhin zu überarbeiten, wie häufig im DaF-Unterricht auftretende grammatische Irrtümer durch entsprechende Variabilität nach didaktischen Kriterien vermieden werden können, was bedeutet, daß auch die Funktion der Beispiele die nach den „Hinweisen fur die Benutzer" nur darin besteht, „die Kontextualisierung des Stichwortes abzurunden" (XXI), entsprechend erweitert werden muß. Auch vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen läßt sich bereits sagen, daß über die Rolle und Wichtigkeit der Beispiele im Vergleich mit den anderen Informationen im Wörterbuchartikel nicht so intensiv nachgedacht zu worden scheint, was auch hier Zöfgens Vorwurf (1994, 196) bestätigt, die Ausgestaltung dieser Angabenklasse lasse „nicht selten jenes Maß an Sorgfalt und Kontrolle vermissen, das bei der Erarbeitung von, Definitionen' angeblich zur Selbstverständlichkeit geworden ist". Dies zeigt sich auch an der selten nachvollziehbaren Auswahl der Artikel, bei denen kein Beispiel herangezogen wird. Wiegand (1996, 485) stellte bei der Überprüfung der Positionenreduzierung bereits fest, daß „die Beispielposition ... sehr häufig von der Reduzierung betroffen ist".

250

Fritz Neubauer

Ist vielleicht noch verständlich, daß z.B. im Artikel zu Herzl dieses Lemma als menschliches Organ einer weiteren Bedeutungserläuterung nicht bedarf angesichts einer relativ hohen Zahl von Kollokationsangaben, so ist dies bei Herz2 mit übertragenem Gebrauch „wenn man es sich als Zentrum der Gefühle vorstellt" nicht mehr so einfach nachzuvollziehen. Im Vergleich d a z u h a t d a s OXFORD ADVANCED LEARNER'S DICTIONARY OF CURRENT ENGLISH

(1995, 528) an dieser Stelle fünf Beispielsätze, darunter (in Übersetzung) auch den Satz (5)

Er hat alles, was sein Herz begehrt,

der im Gebrauch über „das Zentrum der Gefühle" deutlich hinausgeht. Auch im Artikel zu Herzinfarkt gibt es kein Beispiel, vielleicht weil er fälschlicherweise als Internationalismus betrachtet wird. Auch hier hat das OALD (529) mehrere Beispiele (z.B. have/suffer a heart attack). Wenn bei diesem Vergleich auch zu berücksichtigen ist, daß das englische Lernerwörterbuch keine selbständige Position für die Kollokationen hat und die Beispiele dort damit auch diese Funktion miterfüllen, wäre hier die Möglichkeit gewesen, den präpositionalen Anschluß durch ein Beispiel wie z.B. (6)

Er starb an einem Herzinfarkt

zu illustrieren, was in diesem Artikel an keiner Stelle erwähnt wird, allerdings dann doch unter Krankheit2 („die Zeit, in der bes. ein Mensch an e-r K. (1) leidet") in deren Bedeutungserläuterung.

3 Vokabular in den Beispielen Zöfgens oben zitierter Verweis auf den Mangel an Sorgfalt und Kontrolle in der Beispielposition bestätigt sich auch bei der Analyse des in den Beispielen erscheinenden Wortschatzes. Während z.B. bei den Bedeutungserläuterungen doch merkbar darauf geachtet wird, „einen einfachen und verständlichen Wortschatz" (XIX) zu verwenden, scheint das auf die Beispiele nicht immer zuzutreffen, obwohl doch nur dadurch die Unterstützung der anderen Positionen möglich ist. Es gehört zu den wenigen allgemein anerkannten lexikographischen Prinzipien, daß Wörter in Bedeutungserläuterungen auch als Lemmata erscheinen müssen. Auch wenn das in allgemeinsprachlichen Wörterbüchern nicht immer eingehalten wird, sollten Lernerwörterbücher um so mehr bestrebt sein, die Benutzung u.a. dadurch zu erleichtern, daß dieses Prinzip noch dringlicher auf das Vokabular der Beispiele angewendet werden muß. Für die bisher erschienenen Auflagen war im Verlag eine technische Überprüfüng des verwendeten Wortschatzes nicht möglich, was sich zum Teil auch - wie Stichproben zeigen - in Wörtern niederschlägt, die zwar im Beispiel, nicht aber als Lemmata erscheinen. Dazu gehört u.a. in gewinnen2 (7)

beim Roulette tausend Mark.

wo Roulette einfach durch das als Lemma existierende Lotto ersetzbar wäre. Während man in diesem Fall noch vermuten kann, daß es als Internationalismus eine gewisse Reichweite hat (bei DaF-Lernenden?), ist in Handhabe das Beispiel (8)

Die Polizei hatte keine gesetzliche Handhabe zu schießen / für den Schußwaffengebrauch

Kompetenzbeispiele in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

251

das komplexe Kompositum Schußwaffengebrauch, das noch dazu dem amtlichen Gebrauch entstammt, sicher eine Überforderung der Lernenden, selbst wenn es als Lemma vorhanden wäre. Zusätzlich zu der Forderung, einen Wörterbuchartikel für die Wörter in den Beispielen zu haben, schließt sich die Erweiterung an, die in Frage kommenden Wörter wie bei den Bedeutungserläuterungen auch, wenn schon nicht auf ein explizites Definitionsvokabular zu reduzieren, dann zumindest zu kontrollieren, weil nur so sichergestellt ist, daß Lernende in der Lage sind, die Beispiele zu verstehen. Daß eine solche Kontrolle des Vokabulars in den Beispielen nicht stattfand, zeigt u.a. das Beispiel in haushochl (9)

Der Geysir jagte haushohe Fontänen aus dem Boden.

Die Inspiration des Lexikographen (oder sein zufälliger Islandurlaub?) statt z.B. einem lexikalisch weniger komplexen Beispielsatz wie ( 10)

Der Sturm verursachte haushohe Wellen auf dem Meer.

ausgerechnet den Geysir in einen Beispielsatz zu verwenden, zeigt vielleicht den Versuch, der Hermannsschen Untermaxime (1988, 189) zu folgen, „Ein Beispiel soll geistreich und witzig sein", zeigt aber auch eine völlige Insensibilität gegenüber der für ein Lernerwörterbuch viel wichtigeren Maxime, daß die Beispiele für die Lernenden ohne zusätzliches Nachschlagen verständlich sein sollen. Nun gibt es zwar ein Lemma für Geysir (mit Ausspracheangabe!), warum aber unbedingt der Geysir durch Lemma und Beispielsatz besonders gewürdigt wird, wäre lexikographisch aus mehreren Gründen interessant. Auch hier zeigt sich also, daß weniger Sorgfalt auf die Beispiele als auf andere Positionen angewendet wurde.

4 Enzyklopädische Information in den Beispielen Ein weiteres Problem in den Beispielen entsteht dadurch, daß gerade enzyklopädisches Wissen vorausgesetzt wird, das weder in allgemeinsprachlichen, noch in Lernerwörterbüchern gefordert werden sollte. So erscheint z.B. in handeln2 im Beispiel (11)

Der Film handelt vom Untergang des Römischen Reiches.

Abgesehen davon, daß römisch im Wörterbuch als selbständiges Lemma nur als römischkatholisch erscheint, kann es nicht Aufgabe des Lernerwörterbuches sein, in die Geschichte des Römischen Reiches einzuführen (z.B. bei Lernenden aus anderen Kulturkreisen) oder zu erwarten, daß diese mit dessen Untergang vertraut sein könnten. Gerade bei handeln von bieten sich semantisch einfachere Lösungen an. Noch etwas weiter zurück in der Geschichte müßten Lernende auf dem Gebiet der griechischen Mythologie bewandert sein, wenn sie in Hauptl ausgerechnet dadurch die Bedeutung besser verstehen können sollen, daß sie mit (12)

das Haupt der Medusa

konfrontiert werden, wobei ihnen, sollten sie mit ihr nicht vertraut sein, das Wörterbuch auch nicht hilft. Die europazentrierte, enzyklopädisch motivierte Auswahl von Beispielstandorten zeigt sich auch bei Herausforderung

252 (13)

Fritz Neubauer Es war für ihn e-e Herausforderung, den Mont Blanc zu besteigen

Daß der Mont Blanc der höchste Berg Europas ist, scheint hier die Lexikographen dazu bewogen zu haben, ihn hier einzuführen, für das Verständnis des Beispielsatzes wäre den hohen Berg bei manchen Lernenden sinnvoller gewesen. Ähnliches gilt für die Einführung des Physikers Heinrichs Hertz (in Ieben2) oder des Mathematikers Gauß in Leistungl. Es ist zu vermuten, daß mit diesen Ausflügen in die Geschichte, Wissenschaftsgeschichte und Geographie versucht wird, den Maximen von Hermanns (1988, 179 ff.) „Ein Beispiel soll interessant sein" oder „Ein Beispiel sollte historisches Kolorit haben" nachzukommen und damit die Beispiele aus dem universellen Vater-Mutter-Freunde-Kontext wegzubewegen. Trotzdem erscheint mir der hier eingeschlagene Weg als verfehlt, weil dadurch bei den Lernenden neue Verständnisbarrieren aufgebaut werden, gerade da, wo eine Hilfestellung erwartet wird und eigentlich auch intendiert ist.

5 Landeskundliche Information Auf einer ähnlichen Linie liegt die Maxime Hermanns (1988, 181) „Ein Beispiel sollte lokales und soziales Kolorit haben", der sich auch Zöfgen (1994, 197) damit anschließt, daß er das „landeskundliche Kolorit" in einem französischen Beispiel positiv begutachtet. Auch Lerchner (1996, 144), der die landeskundlich relevanten Beispiele im LGWDAF im Buchstaben L analysiert und in die Kategorien „Allgemeine Lebensumstände", „soziale Verhältnisse", „Ökonomie und Politik", „Recht/Kriminalität", „Wissenschaft und Kunst" sowie „geographische Landeskunde" einordnet, konstatiert auf Grund seiner Sammlung, „Unausgewogenheit, Unvollständigkeit und unzureichende Strukturierung" in Bezug auf die landeskundliche Information und sieht seine Forderung an ein Lernerwörterbuch, „seine spezifischen Benutzergruppen und Benutzungssituationen durch erhöhte Kultursensitivität der gebotenen Informationen zu entsprechen" nur „partiell" erfüllt. Gerade auf Grund der im vorangegangenen Abschnitt ausgeführten Kritik am Übermaß von enzyklopädischer Information kann ich dem nicht zustimmen, weil wir im Rahmen der Wörterbuchbenutzungsforschung (vgl. Köster/Neubauer, 1994) feststellen mußten, daß auch gutgemeinte landeskundliche Information zur Verwirrung führt, wenn sie den Erfahrungshorizont der Benutzerinnen und Benutzer überschätzt. Es entspricht sicher den Erwartungen an ein zeitgenössisches Lernerwörterbuch, daß Begriffe aus der deutschen Vergangenheit zwischen 1933 bis 1945 wie Gestapo, Judenstern, Konzentrationslager oder Kristallnacht durch Lemmata gewürdigt und erklärt werden. Es ehrt die Verfasser, daß dies auch im Artikel für Gaskammer mit (14)

die Gaskammern von Auschwitz

versucht wird. Nur ergab sich bei der Benutzung des LGWDAF der Fall, daß eine DaF-Lernende die dieses Wort in einem verwandten Kontext nachschlug und mit der nicht sehr hilfreichen Worterklärung (15)

(im Nationalsozialismus) ein Raum, in dem Menschen durch (Gift)Gas getötet wurden

Kompetenzbeispiele in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

253

nicht zurechtkam und schließlich bis zum Beispielfragment vordrang. Die Erwartung, daß der Verweis auf Auschwitz dann zu einer „Abrundung der Kontextualisierung" fuhren würde, erfüllte sich leider nicht, weil sie, etwas entfernt von Mitteleuropa aufgewachsen, von dem nicht bekannten Ort und der ungewohnten Buchstabenverbindung -schw- eher verwirrt als informiert wurde. An dieser Stelle dann innerhalb kürzester Zeit eine landeskundliche Nachhilfestunde in deutscher Geschichte zu geben, wäre eine Überforderung an die Lehrenden. Nun wird leider auch in Europa die Zahl deijenigen, für die Auschwitz ein Begriff bleiben wird, eher ab- als zunehmen. Angesichts dieser Erfahrungen wäre zu überlegen, ob DaF-Lernende außerhalb der Zielgruppe der Germanistik-Studierenden mit dem Beispiel (16)

Thomas Manns „Die Buddenbrooks" gehört zur Weltliteratur / ist ein Stück Weltliteratur

aus Weltliteratur viel anfangen können. Ahnliche Zweifel wie bei Gauß und Hertz (vgl. oben) habe ich bei (17)

das Weltbild des Kopernikus

aus Weltbild oder (18)

Albert Schweitzer wirkte als Arzt u. Missionar

aus wirken4. Obwohl ich mich normalerweise über Spuren des österreichischen Sprachgebrauchs in Wörterbüchern freue, bezweifle ich doch, ob Maria-Theresia außerhalb Österreichs zur Kontextualisierung von Herrschaftl beitragen kann: ( 19)

Dieses Schloß wurde während der Herrschaft (= Regierungszeit) von Kaiserin Maria-Theresia erbaut,

zumal innerhalb des Beispielsatzes hier noch eine Bedeutungsvariante eingeführt wird, die sich von „die absolute Kontrolle (über j-n/etw.)" unterscheidet. Sinnvolle landeskundlich orientierte Beispiele erscheinen dagegen in Publikumsverkehr (20)

Am 24. Dezember kein Publikumsverkehr

oder (leider in orthographisch falscher Großschreibung) unter Weihnachten (21)

Frohe Weihnachten und ein Glückliches Neues Jahr.

Allerdings zeigt die von manchen Ausländern bis vor kurzem beim Einkaufen in Deutschland gemachte landeskundliche Erfahrung des frühen Ladenschlusses und die Prophezeiung unter neuerdings (22)

Neuerdings gibt es Überlegungen, die Geschäfte am Abend länger offen zu lassen,

daß sich gerade die landeskundliche Realität schneller verändern kann als die Wörterbücher, die manchmal dann noch Jahrzehnte mit verflossenen Informationen in den Regalen stehen. Dann könnte es möglicherweise in der deutschen Realität auch das folgende Beispiel aus Zuschlagl, das ich für den jetzigen Zeitpunkt als sinnvoll betrachte, nicht mehr geben (23)

den Zuschlag für den Intercity-Zug bezahlen.

Mit dem Auflühren von gelungenen und weniger gelungenen Beispielen für das Einbringen von landeskundlichen Aspekten in die Beispiele im Wörterbuch will ich also davor warnen, sie mit einem Zuviel an Landeskunde zu überfrachten und damit die den Beispielen zugedachte Rolle zu gefährden.

Fritz Neubauer

254

6

Fazit

Insgesamt habe ich versucht, in der Fülle der gut ausgewählten Beispiele im LGWDAF, auf die ich entweder bei der Beobachtung der Benutzung durch Studierende oder beim Durchforschen des Wörterbuchs stieß, einige Fälle zu zeigen, bei denen eine etwas größere Sorgfalt eine einfachere Benutzung ermöglicht hätte. Diese Auswahl darf deshalb nicht die Sicht auf die Mehrzahl der gut funktionierenden Beispiele verstellen. Allerdings habe ich den Eindruck gewonnen, daß nach dem Wegfall der Information über die Kollokationen durch die Angabe unter einer separaten Position sowie durch die „ H i n w e i s e auf sprachliche Besonderheiten" unter NB im Vergleich mit anderen ein- und zweisprachigen Wörterbüchern wichtige Aufgaben, die bisher von den Beispielen erfüllt wurden, weggefallen sind, und vielleicht bisher noch nicht genügend über die Konsequenzen daraus und eine neue Rolle für die Beispiele nachgedacht wurde. Für die in Zusammenhang mit den Veränderungen der deutschen Orthographie geplante Neubearbeitung des LGWDAF, aber auch für andere Projekte von deutschsprachigen Lernerwörterbüchern der dann zweiten Generation von einsprachigen deutschen Wörterbüchern würde sich anbieten, den Beispielen eine wichtigere Rolle bei der zusätzlichen Information über morphologisch-syntaktische Phänomene durch deren geschickte Variierung zuzumessen, zugleich aber die DaF-Lernenden in dieser Position des Wörterbuchartikels nicht so auf der enzyklopädisch-landeskundlichen Ebene zu überfordern, wie das bei den bisherigen Auflagen an einigen Stellen der Fall zu sein scheint. In diesem Sinne kann das LGWDAF und die damit arbeitenden Lehrkräfte und Benutzer durch ihre Erfahrungen mit diesem neuen Typ von Beispielen dazu beitragen, eine fur die deutsche Sprache eigene Rolle für Beispiele in Lernerwörterbüchern zu finden.

7

Literatur

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Kompetenzbeispiele in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

255

— (1995): „Lexikographische Texte in einsprachigen Wörterbüchern: Kritische Überlegungen anläßlich des Erscheinens von Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache." In: Popp, H. (Hrsg.): Deutsch als Fremdsprache: An den Quellen eines Faches. Festschrift für Gerhard Heibig zum 65. Geburtstag. München: iudicium, 463-499. Zöfgen, Ekkehard (1986): „Kollokation - Kontextualisierung - (Beleg)Satz: Anmerkungen zur Theorie und Praxis des lexikographischen Beispiels." In: Barrera-Vidal, Α. (Hrsg.): Französische Sprachlehre und bon usage: Festschrift für Hans-Wilhelm Klein zum 75. Geburtstag. München: Ismaning. — (1994): Lernerwörterbücher in Theorie und Praxis: Ein Beitrag zur Metalexikographie mit besonderer Berücksichtigung des Französischen. Tübingen: Niemeyer. Fritz Neubauer, Universität Bielefeld, Fakultät β r Linguistik und Literaturwissenschaft, Postfach 100131, D-33501 Bielefeld, E-mail: [email protected]

Andrea Lehr Kollokationen in LANGENSCHEIDTS

GROSSWÖRTERBUCH

DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE

1 2 3 3.1 3.2 3.3

Vorbemerkungen Gängige Kollokationsauffassungen Kollokationen im LGWDAF Erläuterungen in den Außentexten In welcher Weise sind Kollokationen im LGWDAF angeführt? Zur Auffindbarkeit von Kollokationsangaben im LGWDAF

3.4

Welche sprachlichen Einheiten sind als Kollokationen angeführt? 3.4.1 Kollokationsangaben ohne die Kennzeichnung

mst 3.4.2 Kollokationsangaben mit der Kennzeichnung

mst 4 5

Fazit Literatur

3.3.1 Der innere Aufbau von Kollokationen 3.3.2 Unter welcher Komponente sind die Kollokationsangaben im LGWDAF ZU finden?

1

Vorbemerkungen

Innerhalb von Lexikographie, Fremdsprachendidaktik und Phraseologieforschung gibt es bereits seit längerem die Einsicht, daß das Erlernen von Kollokationen unverzichtbar für den Fremdsprachenerwerb ist und deshalb jedes zweisprachige Wörterbuch und jedes einsprachige, wenn es fur Fremdsprachenlernende geeignet sein soll, Kollokationen verzeichnen müsse (fur eine Auseinandersetzung mit der lexikographischen Erfassung von Kollokationen vgl. Bahns 1996; Benson 1985b; 1989; 1990a; Cop 1990; 1991; Cowie 1978; 1981; 1983; Hausmann 1985; 1988; 1991a; Ivir 1988 u. Kromann 1989). Mit LANGENSCHEIDTS GROSSWÖRTERBUCH DEUTSCH ALS FREMDSPRACHE (LGWDAF)

liegt nun erstmals ein einsprachiges Wörterbuch des Deutschen vor, das sich explizit an Deutschlernende wendet1 und Kollokationsangaben enthält. Eine ganze Reihe von Fragen schließen sich hieran an, die für die Lexikographie, speziell die Lerner(innen)lexikographie, die Metalexikographie, die Fremdsprachendidaktik und die Phraseologieforschung gleichermaßen von Interesse sind. Im Rahmen eines kurzen Aufsatzes können diese Fragen natürlich nicht vollständig und erschöpfend behandelt werden. Vielmehr gilt es, sich auf einige zentrale Fragestellungen zu beschränken:

1

Zum Typus des allgemeinen einsprachigen Lerner(innen)wörterbuchs mit Bezug auf das LGWDAF vgl. Bahns (1993, 138-141).

Kollokationen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

257

- Welche Informationen über Kollokationen und Kollokationsangaben im LGWDAF lassen sich aus den AuBentexten dieses Wörterbuchs erschließen? Insbesondere steht zur Debatte, ob die Kriterien, die zur Auswahl der im LGWDAF angeführten Kollokationen und der Art ihrer Anführung führten, in klarer und nachvollziehbarer Weise dargelegt werden (Kapitel 3.1). - In welcher Weise sind Kollokationen im LGWDAF angeführt? Dazu gehören Fragen zur Positionierung von Kollokationsangaben innerhalb von Wörterbuchartikeln und zu ihrer internen Strukturierung (vgl. Kapitel 3.2). - Unter welcher bzw. welchen ihrer Komponenten sind Kollokationen im LGWDAF angeführt? Hier geht es zunächst allgemein um lexikographische Probleme, die von der Mehrgliedrigkeit von Kollokationen herrühren. Im Anschluß wird eine kleinere, quantitative Studie vorgestellt, die zeigen soll, wie das LGWDAF mit genannten Problemen umgegangen ist (vgl. Kapitel 3.3). - Welche sprachlichen Entitäten sind als Kollokationen angeführt? Diese Frage trägt dem Umstand Rechnung, daß eine unpräzise gefaßte Kollokationskonzeption in Kollokationsangaben resultiert, die Fremdsprachenlernende eher verunsichern denn ihnen helfen (vgl. Kapitel 3.43.4.2).

- Was läßt sich über den Nutzen der Kollokationsangaben im LGWDAF für Deutschlernende sagen? Unter Bezugnahme auf die zuvor erörterten Fragen und auf einige weiterführende Überlegungen zum Thema Kollokationen im Fremdsprachenunterricht soll abschließend Bilanz gezogen werden (vgl. Kapitel 4). Da der Terminus Kollokation bis heute in den unterschiedlichsten Weisen verwendet wird, ist es notwendig, den genannten Fragestellungen zum LGWDAF einige allgemeine Ausführungen zu verschiedenen Kollokationsauffassungen voranzustellen (vgl. Kapitel 2). Ziel dabei ist jedoch nicht, die verschiedenen Kollokationsauffassungen in all ihren Nuancen vollständig darzustellen, sondern, einige der für die Beurteilung von Kollokationsangaben in einem Lerner(innen)wörterbuch zentralen Punkte herauszufiltern, die dann als Leitfaden bei der Betrachtung des LGWDAF dienen sollen.

2 Gängige Kollokationsauffassungen Welche sprachlichen Entitäten als Kollokationen zu bezeichnen sind, ist auch heute noch äußerst umstritten und stark von den jeweiligen Fachbereichen, die mit Kollokationen befaßt sind, abhängig.2 Einigkeit besteht lediglich darüber, daß Kollokationen syntagmatische Wortverbindungen sind - wobei syntagmatische kann, nämlich schlicht textpositionale

Verbindung bereits wieder Unterschiedliches besagen Nähe oder aber syntaktische Zusammengehörigkeit.

Au-

ßerdem betrachten einige Forscherinnen und Forscher lediglich zweigliedrige Wortverbindungen als Kollokationen, während andere auch mehrgliedrige Kollokationen in ihre Betrachtungen mit einschließen. Kollokationsauffassungen im Umfeld konkreter Anwendungsbereiche wie Lerner(innen)lexikographie und Fremdsprachendidaktik sind sehr stark praxisgeleitet und zeugen von einem großen Interesse daran, den Aufwand für die Vermittlung bzw. Erlernung einer Einzelsprache so gering als möglich zu halten. Dazu gehört, die betreffende Einzelsprache weitestgehend an2

Außer auf die bereits genannten Fachbereiche Phraseologieforschung, Fremdsprachendidaktik und Lexikographie wäre hier vor allem auf die maschinelle Sprachverarbeitung hinzuweisen, wo die Beschäftigung mit Kollokationen bei der automatischen Generierung und Analyse von Texten eine große Rolle spielt (vgl. U h r 19%, 62 ff).

258

Andrea Lehr

hand elementarer sprachlicher Einheiten und eines begrenzten Sets an grammatischen und semantischen Regeln zu vermitteln und komplexe syntagmatische Konstruktionen nur dann im einzelnen zu behandeln, wenn diese sich nicht durch die Anwendung des Regelsets auf die genannten sprachlichen Einheiten ergeben. Dieses an den Bedürfnissen von Fremdsprachenlernenden ausgerichtete Ökonomieprinzip zeigt sich u.a. daran, daß zumeist auf die systematische, regelgeleitete Beschreibung einer Einzelsprache verzichtet wird, sobald die Auflistung einzelner sprachlicher Besonderheiten weniger aufwendig erscheint als eine entsprechende Ausweitung des gewählten Regelsets. Kurz gesagt, es stehen lernpädagogische Aspekte im Vordergrund, nicht die Herausbildung einer konsistenten, über ein Sprachenpaar Li und L2 hinausgehenden linguistischen Theorie über Kollokationen. Aus dem genannten Blickwinkel der Lerner(innen)lexikographie und der Fremdsprachendidaktik können Kollokationen grob wie folgt skizziert werden (vgl. zu dieser Auffassung von Kollokationen Bahns 1987; 1989; 1993; 1993a; Bahns/Eldaw 1993; Bahns/Sibilis 1992; Hausmann 1979; 1984; 1985; 1985a; 1989; 1989a; Kornelius 1995; Kromann 1987 sowie Pedersen 1995): (a) Kollokationen sind analysierbar (d.h., ihre Gesamtbedeutung kann unter Berücksichtigung der syntaktischen Regeln aus den Bedeutungen der einzelnen Komponenten erschlossen werden) und bereiten deshalb bei der Rezeption fremdsprachlicher Texte keine Schwierigkeiten. (b) Kollokationen sind asynthetisierbar (d.h., sie können nicht unter gleichzeitigem Ausschluß anderer fehlerhafter oder ungebräuchlicher Wortkombinationen, deren Elemente mit den ihren nach syntaktischen und semantischen Regeln synonym sind, gebildet werden) und gelten von daher als prominente Fehlerquelle bei der Produktion fremdsprachlicher Texte.

Diese Charakterisierung birgt sehr viele Probleme, nicht zuletzt, weil sie oft mit einer sprachkontrastiven Perspektive vermengt wird. Zum einen beurteilen Fremdsprachenlerner(innen) in recht unterschiedlicher Weise, welche Wortverbindungen der Fremdsprache analysierbar und synthetisierbar, welche lediglich analysierbar und welche keines von beiden und damit idiomatisch sind - je nachdem, welche Muttersprache ihrer Beurteilung zugrunde liegt. Beispielsweise dürften Deutschlernende mit Englisch als Muttersprache nichts Auffälliges an den Wortverbindungen der Hahn kräht, das Huhn gakkert und das Mädchen singt finden, da sie nur eine einfache Wort-fur-Wort-Herübersetzung aus dem Englischen vorzunehmen haben. Deutschlernende mit Italienisch als Muttersprache dagegen werden feststellen, daß das italienische Verb cantare drei unterschiedliche Übersetzungen erfordert, je nachdem, mit welchem Substantiv cantare kollokiert. Dies spricht zunächst einmal für eine sprachkontrastive Betrachtung, in der diejenigen Wortverbindungen einer Einzelsprache Kollokationen sind, die im Lichte des Vergleichs mit einer zweiten Sprache irregulär gebildet werden (vgl. Bahns 1993; Hausmann 1989 u. Kromann 1986).3 Ein solches Vorgehen muß aber in der einsprachigen Lerner(innen)lexikographie scheitern, soweit man nicht gewillt ist, für jedes Sprachenpaar mit L2 als lexikographisch zu erfassender Sprache und Lia - Li„ als Vergleichssprachen ein anderes Wörterbuch zu produzieren. Auch die theoretisch gegebene Möglichkeit, den Kollokationsbestand einer Einzelsprache 3

Kollokationen in diesem Sinne sind häufig mit Bezeichnungen belegt, die fälschlicherweise eine einzelspiachenimmanente Kollokationsauffassung nahelegen, so beispielsweise: cooccurence lexicale restreinte (Mel'Cuk et al. 1984, 4), settled combination (Cowie 1986), fixed oder recurrent combination (Benson/ Benson/Ilson 1986, 4), closed oder strong collocation (Sinclair 1987) sowie true oder significant collocation (Cop 1990).

Kollokationen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

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durch die Kontrastierung mit allen wichtigen Vergleichssprachen zu eruieren, kann zu keinem befriedigenden Ergebnis fuhren. Zum einen wäre der ermittelte Kollokationsbestand so umfangreich, daß sich nun das Problem der Identifizierung besonders wörterbuchrelevanter Kollokationen stellte. Zum anderen erlaubt dieses Vorgehen keine hinreichend systematische Identifizierung eines einzelsprachlichen Kollokationsbestands, da prinzipiell die Bildungsmuster der Vergleichssprachen als regulär und davon abweichende Bildungsmuster von L 2 als irregulär gelten. Doch auch in einer einzelsprachenimmanten Betrachtungsweise bergen die oben genannten Identifizierungskriterien (a) und (b) Schwierigkeiten. Welche syntagmatischen Verbindungen als analysierbar und somit nicht als idiomatisch oder teilidiomatisch anzusehen sind, hängt davon ab, welcher Bedeutungsumfang den einzelnen Komponenten einer solchen Verbindung zugestanden wird.4 Wird beispielsweise heiß als monosemes Zeichen mit der Bedeutung von hoher Temperatur angesehen, so müssen die Wortverbindungen eine heiße Debatte, ein heißer Ofen und ein heißer Typ als idiomatisch bzw. teilidiomatisch charakterisiert werden.5 Eine Grundvoraussetzung dafür, daß eine bestimmte Wortverbindung als synthetisierbar gelten kann, ist ihre Analysierbarkeit, während das Umgekehrte nicht gilt. Damit übertragen sich anscheinend die Probleme, die aus dem Kriterium der Analysierbarkeit erwachsen, nicht auf das Kriterium Asynthetisierbarkeit. Dennoch birgt letzteres einige Ungereimtheiten. Zunächst einmal ist der Ausduck asynthetisierbar (oder auch: nicht synthetisierbar) äußerst mißverständlich. Als gängige Beispiele für Kollokationen gelten in der Fachliteratur z.B. blondes Haar, kräftige Brühe und Anklage erheben. Diese Wortverbindungen sind selbstverständlich wenn wir davon ausgehen, daß sie nicht idiomatisch oder teilidiomatisch sind - gemäß semantischen und grammatischen Regeln frei bildbar.6 Nur: Allein von diesen Regeln ausgehend, wären auch die alternativen Verbindungen *gelbes Haar, *starke Brühe und *Anklage hervorbringen denkbar, die, nebenbei bemerkt, für Muttersprachler(innen) zwar als inkorrekt gelten, aber durchaus verständlich sind. Das Kriterium Asynthetisierbarkeit bezieht sich folglich auf negative Evidenz. Entsprechend sind asynthetisierbare Wortverbindungen solche, die zumindest eine Komponente aufweisen, die nicht ohne Verletzung des Korrektheitskriteriums durch bestimmte andere Wörter, nämlich die, die entsprechend den geltenden grammatischen und semantischen Regeln als Substitute geeignet wären, ersetzt werden kann.7 Damit sind wir aber wieder auf oben in bezug auf Analysierbarkeit genanntes Problem zurückgeworfen, da durch eine Ausweitung der semantischen Regeln solche alternativen, fehlerhaften Bildungen ausgeschlossen werden können. Eine zweite prominente Kollokationskonzeption beruht auf Vorkommenshäufigkeiten und findet sich unter anderem in Berry-Rogghe (1973), Church et al. (1991), Kjellmer (1982; 1987 4 5

6 7

Zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Bedeutungsumfang vgl. Viehweger (1977, 314-319) und Heringer (1981). Vgl. auch den Wörterbuchartikel zu heil) im L G W D A F , WO zehn verschiedene Bedeutungen für heiß aufgelistet sind und beispielsweise zu heiB mit der Synonymenangabe brisant, heikel die Kollokation ein heißes Thema angegeben wird. Eine andere Auffassung vertreten u.a. Smadja (1991,166) und Velardi (1991, 345). Gemäß dieser Definition verbietet es sich auch, von Kollokationen als unvorhersagbaren sprachlichen Einheiten zu sprechen (wie dies z.B. Smadja 1991, Smadja/McKeown 1990 und Hausmann 1989 tun); vgl. dazu auch Sinclair (1991, 170), welcher allerdings von einer weiter gefaßten Kollokationskonzeption ausgeht: „Collocations can be dramatic and interesting because unexpected, or they can be important in the lexical structure of the language because of being frequently repeated."

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Andrea Lehr

u. 1991), Rosei (1995), Schemann (1981; 1987 u. 1989), Schneider (1988), Zimmermann (1981) sowie - mit Abstrichen - in Carstensen (1970). Eine solche Auffassung ist aber nur dann sinnvoll, wenn nicht die absolute Vorkommenshäufigkeit von Wortverbindungen im Zentrum des Interesses steht, sondern die Häufigkeitsverteilung der einzelnen Komponenten einer Wortverbindung innerhalb eines größeren textuellen Rahmens. Wenn wir zu Zwecken der Lerner(innen)lexikographie an einer restriktiven KollokationsaufFassung festhalten wollen, wären dem gemäß nicht häufig vorkommende, übliche, sondern sogenannte signifikante Wortverbindungen als Kollokationen zu betrachten. Von Berry-Rogghe wurden diese analog zu gängigen Definitionen der statischen Signifikanz folgendermaßen charakterisiert: [Zitat 1: Beny-Rogghe 1973, 103] „[...] significant collocations can be defined in statistical terms as the probability of the item χ co-occuring with the items a, b, c ... being greater than might expected from pure chance."

Was die Leistungsfähigkeit der hier angedeuteten statistischen Verfahren anbelangt, so konnten bis heute einige Vorbehalte und Mißverständnisse nicht ausgeräumt werden. Chomsky beispielsweise gelangte zu der Ansicht, Vorkommenshäufigkeiten sagten nichts aus über die Akzeptabilität der betreffenden Wortverbindungen, was sich an dem Satz I live in Dayton Ohio zeigen ließe. Dieser würde sicherlich weniger häufig geäußert als / live in New York. Daraus folge aber nicht, daß die eine Formulierung korrekter sei als die andere (vgl. Halliday 1991, 30). Ähnliche Bedenken in Bezug auf Kollokationen, nämlich, daß statistische Verfahren selten vorkommende Kollokationen nicht und häufig vorkommende freie Wortverbindungen fälschlicherweise als Kollokationen identifizieren würden, formulierten auch Bahns (1996), Bar-Hillel (1954), Hausmann (1985), Langendoen (1968) und Zöfgen (1986). Ihnen und auch Chomsky ist zuzustimmen, wenn allein von Frequenzanalysen, die mit absoluten Häufigkeiten befaßt sind, die Rede ist. Jedoch erschöpft sich ein statistisches Vorgehen zur Identifizierung von Kollokationen nicht in der Ermittlung absoluter Häufigkeiten. Der sinnvolle Einsatz eines Signifikanzkriteriums muß nachgerade zu dem Ergebnis fuhren, daß to live in Dayton Ohio und to live in New York ein gleich hoher - respektive niedriger - Signifikanzgrad zuzuweisen ist. Die Begründung dafür lautet: to live in New York wird zwar häufiger geäußert als to live in Dayton Ohio, analog dazu wird aber auch Dayton Ohio (mit oder ohne to live) seltener geäußert als New York (mit oder ohne to live). Grundsätzlich (und abgesehen von den oben aufgelisteten Problemen) gilt, daß ein wörterbuchrelevanter Kollokationsbestand, der nach den inhaltlichen Kriterien Analysierbarkeit und Asynthetisierbarkeit sowie unter klarem Ausschluß sprachkontrastiver Aspekte identifiziert wurde, sich nicht von einem Kollokationsbestand unterscheiden muß, der nach den formalen Kriterien absolute Häufigkeit und relative Häufigkeit ermittelt wurde (vgl. dazu Martin/Al/ Van Sterkenburg 1983, 86). Da wir jedoch wissen, wie schwierig das Auflisten von Kollokationen selbst fur kompetente Sprecher(innen) einer Einzelsprache mit einem ausgeprägten Sprachgefühl ist (vgl. auch Ettinger 1977, 151), steht zu vermuten, daß das Arbeiten mit Signifikanzparametern, wenn auf geeignete Korpora zurückgegriffen werden kann, zu einer verläßlicheren Identifizierung von wörterbuchrelevanten Kollokationen fuhrt (vgl. für die Ausarbeitung eines solchen Verfahrens Lehr 1996, 146-347), als dies mittels der oben angeführten Kriterien Analysierbarkeit und Asynthetisierbarkeit erreicht werden kann. Für das LGWDAF jedoch ist eine an absoluten und/oder relativen Häufigkeiten ausgerichtete Kollokationskonzeption von vornherein auszuschließen, da bei der Erstellung des Wörterbuchs auf das Arbeiten

Kollokationen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

261

mit Korpora nur fur die Auswahl von Beispielen und auch dies nur in begrenztem Maße zugegriffen wurde (vgl. LGWDAF, VIII). Die Eruierung der angeführten Kollokationen hätte deshalb allenfalls nach Häufigkeitsvermutungen erfolgen können. Ungeachtet der Schwierigkeiten, die sich durch die Heranziehung der Kriterien Analysierbarkeit und Asynthetisierbarkeit fur die Identifizierung von Kollokationen ergeben, soll die darauf beruhende Auffassung in den folgenden Kapiteln als Arbeitshypothese dienen. Ausgeschlossen werden allerdings jegliche sprachkontrastive Perspektivierung sowie die verbreitete Beschränkung auf zweigliedrige Kollokationen, an deren Stelle eine kritische Hinterfragung der im LGWDAF dargelegten Kollokationsgrenzen zu treten hat. Insgesamt gilt es auch aufzuzeigen, daß das Fehlen einer konsistenten linguistischen Theorie als Basis für die lexikographische Behandlung von Kollokationen nicht nur ein kleinlicher Kritikpunkt theoriefixierter Sprachwissenschafiler(innen) ist, sondern auch direkte Auswirkungen auf den Gebrauchswert des betreffenden Wörterbuches hat.

3

Kollokationen im L G W D A F

Nach den grundsätzlichen Überlegungen zu Kollokationen in Kapitel 2 werden wir uns in den nachfolgenden Kapiteln mit der Behandlung von Kollokationen im LGWDAF beschäftigen. Dazu gehören eine Analyse der Außentexte des LGWDAF (Kapitel 3 .1), die Beschäftigung mit dem Aufbau von Wörterbuchartikeln mit Kollokationsangaben und mit der internen Gestaltung der Kollokationsangaben selbst (Kapitel 3.2) sowie Fragen der Auffindbarkeit von Kollokationsangaben in Textrezeptions- und Textproduktionssituationen (Kapitel 3.3).

3.1

Erläuterungen in den Außentexten

In den Außentexten des LGWDAF finden sich an zwei Stellen Ausführungen zu Kollokationen. Diese Ausführungen können jedoch kaum Klarheit darüber verschaffen, welche sprachlichen Entitäten im LGWDAF als Kollokationen gelten und welche nicht. Eine erste Erwähnung finden Kollokationen unter „Lexikographische Vorbemerkungen" (vgl. Zitat 2). [Zitat 2: LGWDAF 1995. VII] „Kollokationen und Beispielsätze erhellen den Gebrauch des Wortes [welches als Lemma fungiert; A. L ] im sprachlichen Kontext. [...] charakteristische Beispiele ergänzen die Erklärungen."

Unklar bleibt dabei, was Kollokationen von Beispielen und Beispielsätzen unterscheidet. Die in der Forschung übliche Unterscheidung wäre, Kollokationsangaben und Beispielangaben den Terminipaaren langue und parole, Kompetenz und Performanz oder System- und Gebrauchsebene zuzuordnen. Betrachten wir, um zu klären, ob auch das LGWDAF diese Unterscheidung

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Andrea Lehr

trifft, zwei Ausschnitte aus Wörterbuchartikeln des LGWDAF (Wa-Ausi und Wa-Aus2), in denen auf eine Kollokationsangabe eine Beispielangabe folgt:8 [Wa-Ausi: Ausschnitt aus dem Wöfteibuchartikel zu Orientierung] (die O. verlieren): Zur besseren O. merkte er sich die Namen der Straßen [Wa-Ausi: Ausschnitt aus dem Wörterbuchartikel zu Sand] (feiner, grober, lockerer S.; S. streuen; im S. buddeln, spielen, steckenbleiben): Die Kinder bauten e-e Burg aus Sand

Das satzwertige Beispiel in Wa-Ausi ist relativ beliebig gewählt, es zeigt keine Asynthetisierbarkeit, sondern ist allenfalls die Versprachlichung einer üblichen Situation und Handlungsweise. Dies spräche dafür, die Beispielsätze des LGWDAF einzig auf der Ebene des Sprachgebrauchs anzusiedeln und ihnen keine Exemplarität in bezug auf Gegebenheiten des Sprachsystems zuzuschreiben. Zu einem anderen Resultat fuhrt jedoch die Betrachtung des Beispielsatzes in Wa-Aus2. Hier kann bauen in Verbindung mit Burg aus Sand nicht durch bedeutungsähnliche Ausdrücke wie erbauen, errichten, erstellen, hochziehen oder konstruieren substituiert werden, folglich liegt Asynthetisierbarkeit vor. Ähnlich unterschiedliche Fälle finden sich auch für Beispielangaben, die keine vollständig ausformulierten Sätze enthalten (vgl. z.B. die Wörterbuchartikel zu Kortison und Netz). Es deutet sich somit an, daß der Unterschied zwischen Kollokationsangaben und Beispielangaben im LGWDAF weder mit langue vs. parole, Kompetenz vs. Performanz oder Systemvs. Gebrauchsebene noch mit dem Unterscheidungskriterium Satzwertigkeit erfaßt werden kann. Folglich müssen wir uns mit der Feststellung begnügen, daß Beispiel- und Kollokationsangaben nicht in allen Fällen inhaltlich voneinander unterschieden werden können, da jede Kollokation auch als Beispiel angeführt werden könnte und auch das Umgekehrte in manchen Fällen denkbar wäre. Lediglich eine formale, an der Anfuhrungsart ausgerichtete Unterscheidung ist, wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, in allen Fällen möglich. Unter „ H i n w e i s e für den Benutzer", „7. Bedeutungsangaben", werden ausführlichere Erläuterungen zu Kollokationen gegeben. Diese wollen wir nachfolgend im einzelnen betrachten (vgl. die Zitate 3-7, die den entsprechenden Text vollständig und in der richtigen Reihenfolge wiedergeben): [Zitat 3: L G W D A F 1995, X X ]

„7.4. Kollokationen: ( ) Kollokationen sind typische Vetbindungen aus mehreren Wörtern, die eine syntaktische Einheit bilden. Sie sind für den Lernenden von besonderer Bedeutung, denn sie zeigen ihm „Partner", mit denen das Stichwort häufig zu finden ist. Das ist wichtig fur die Sprachproduktion, bei der es ja besonders darauf ankommt, die Wörter unterschiedlicher Wortarten (Adjektiv + Substantiv, Veib + Objekt usw.) so zu verknüpfen, daß sie zusammenpassen (kompatibel sind)."

Zitat 3 bietet einige interessante Anknüpfungspunkte. Viele Kriterien, die hier für die Identifikation von Kollokationen genannt werden, wurden bereits im vorhergehenden Kapitel in ähnlicher Weise angesprochen:

8

Die nachfolgenden, exkursorischen Ausführungen zu Beispielangaben im LGWDAF sind notwendig, um den Status der sprachlichen Einheiten, die im LGWDAF als Kollokationen kodifiziert sind, zu klären und von daher ausschließlich auf den Vergleich mit Kollokationsangaben ausgerichtet. Im übrigen sei auf den Beitrag von Neubauer im vorliegenden Band verwiesen.

Kollokationen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

263

- Typikalität. Dieser Ausdruck läßt großen Spielraum für Interpretationen. Mit typischen Wortverbindungen können unter anderen solche gemeint sein, von denen man vermutet, daß sie besonders häufig vorkommen, oder solche, die nicht synthetisierbar, gleichwohl aber analysierbar sind. - Syntaktische Zusammengehörigkeit: Als eine Kollokation können im LGWDAF nur diejenigen Wortverbindungen betrachtet werden, deren Elemente auf gleicher Hierarchieebene zu einem Satzglied gehören (vgl. zu einer solchen Auffassung Greenbaum 1970 u. 1974; Kjellmer 1987 u. Rösel 1995). - Die Betonung der Sprachproduktionserfordernisse deckt sich mit dem, was in Kapitel 2 über die Auswirkungen von Asynthetisieibarkeit auf die fremdsprachliche Textproduktion gesagt wurde. - Unterschiedliche Wortarten als Kriterium für die Komponenten einer Kollokation anzusetzen, ist wenig sinnvoll und wird auch im LGWDAF selbst immer wieder unterlaufen (vgl. zum Beispiel die Kollokationsangaben zu Haupttreffer, zu Baujahr, Erscheinungsjahr und Gründungsjahr s.v. -jähr, zu Januar, zu den Komposita s.v. Jungfern- und zu Million sowie die quantitativen Analysen in Kapitel 3.3.2). - Die Komponenten einer Kollokation als kompatibel zueinander zu bezeichnen, ist trivial und wenig dienlich für eine Unterscheidung von Kollokationen und freien Wortverbindungen. Selbst eine Unterscheidung zwischen korrekten und inkorrekten Wortverbindungen ist mithilfe des Kriteriums der Kompatibilität nicht immer möglich. Beispielsweise ist das Besondere an der korrekten Kollokation blondes Haar und der inkorrekten Wortverbindung *gelbes Haar gerade, daß auch die Komponenten letzterer gemäß den gängigen, nicht unter kollokativen Gesichtspunkten erweiterten, semantischen Regeln kompatibel zueinander sind (vgl. braunes, rotes und schwarzes Haar) und somit ihre Zusammenfügung zu einer Wortverbindung erst durch kollokative Regeln verhindert werden kann (vgl. Lehr 1996, 83-88; Smadja 1991, 166; Smadja/ McKeown 1990, 252; Velardi 1991, 345 u. Zernik 1991, 5). [Zitat 4: LGWDAF 1995, X X ]

„Der Begriff Kollokation wird in diesem Wörterbuch relativ weit gefaßt, so daß dazu auch durchaus lose Kombinationen zählen, die aufgrund ihrer semantischen Verträglichkeit eine Einheit bilden und somit fur den Benutzer relevant sind. [...]" Hier wird nahegelegt, daß der Terminus Kollokation sowohl eng als auch weit gefaßt werden kann. Eine Kollokation im engeren Sinne wäre eine Wortverbindung, die Asynthetisierbarkeit zeigt, eine Kollokation in weiterem Sinne dagegen eine Wortverbindung, die lediglich das Kriterium der Korrektheit und ggf. das der Üblichkeit erfüllen muß, ansonsten aber relativ beliebig sein kann. Daß es gerade eine solche Verfahrensweise ist, die für Fremdsprachenlerner(innen) fatale Folgen in sich birgt, wird in Kapitel 3.4.1 erörtert werden (vgl. auch Bahns 1993a u. 1996, 114). [Zitat 5: LGWDAF 1995, XX-XXI] „[...] Die Kollokationen erscheinen hier in spitzen Klammern ( ): Mçrd ... (e-η M. begehen, verüben, aufklären; j-n des Mordes verdächtigen; j-n wegen Moid(es) anklagen, verurteilen; j-n zu e-m/zum M. anstiften; ein grausamer, politischer M.; ein Mord aus Eifersucht) Weitere typische Verbindungen werden oft in den Beispielsätzen angegeben." Durch die Anfuhrung in spitzen Klammern sind Kollokationsangaben im LGWDAF in formaler Hinsicht klar von Beispielangaben (vgl. Wa-Aus3) und Angaben idiomatischer Wendungen unterschieden (vgl. Wa-Aus,»). [Wa-Aus3: Ausschnitt aus dem Wörterbuchartikel zu kleben im LGWDAF; die beiden Beispielangaben sind durch Unterstreichung kennzeichnet] klfi-ben; klebte, hat geklebt, 53 1 etw. k. etw., das zerbrochen oder gerissen ist, mit Klebstoff verbinden (u. so reparieren): e-e zerbrochene Vase k.: e-η Riß im Reifen k. [...]

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[Wa-Aus4: Ausschnitt aus dem Wörterbuchartikel zu kreuzweise im LGWDAF; die Angabe einer idiomatischen Wendung ist durch Unterstreichung kennzeichnet] kreuz wei se Adv; so, daß ein Muster mit der Form e-s Kreuzes entsteht (Dinge k. übereinanderlegen, einkerben, einschneiden; Dinge liegen k. übereina n d e r ) y ID mst Du kennst

mich

(mali

k.l

gespr;

verwendet, um voll Ärger e-e Aufforderung, Kritik o. ä. zurückzuweisen

Abschließend werden Kollokationen in zwei Untergruppen unterteilt: die normalen Kollokationen und Kollokationen, die sich durch besondere lexikalische Festigkeit auszeichnen, da das betreffende Lemma nur sehr begrenzte Kombinationsfähigkeit zeigt. Es wird an späterer Stelle zu prüfen sein, ob mst zur Kennzeichnung aller Kollokationen im engeren Sinne verwendet wird oder eine weitere Untergruppe von Kollokationen konstituiert. [Zitat 6: LGWDAF 1995, X X I ]

„Wenn das Stichwort in der Regel nur mit einem bestimmten Wort oder mit nur wenigen anderen Wörtern verbunden werden kann, wird dies durch den Hinweis mst (= meist, meistens) innerhalb der spitzen Klammern verzeichnet: auf zie hen"... E 1 etw. zieht auf ... (mst. Nebel, ein Gewitter)"

Die Ausführungen dieses Kapitels zeigten, daß sich aus den Benutzungshinweisen des LGWDAF lediglich erschließen ließ, wie Kollokationsangaben in den einzelnen Wörterbuchartikeln zu erkennen sind, nicht aber, welche Eigenschaften sprachliche Einheiten aufweisen müssen, um als Kollokationen angeführt zu werden. Somit blieb auch die Frage ungeklärt, welche Kolloktionsauffassung dem LGWDAF zugrunde liegt und - darauf aufbauend - welchen Nutzen die Kollokationsangaben fur Deutschlernende haben können.

3.2

In welcher Weise sind Kollokationen im L G W D A F angeführt?

Im folgenden wollen wir zunächst untersuchen, wie Wörterbuchartikel mit Kollokationsangaben aufgebaut sind,9 und anschließend den internen Aufbau der Kollokationsangaben selbst betrachten.

9

Vgl. zu den Strukturen der Wörteibuchartikel des LGWDAF auch Wiegand (1995, Kapitel 3.3).

265

Kollokationen in Langenscheidts Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache Schljtt-schuh der, ein Schuh mit e-r schmalen Schiene aus Metall, mit dem man Uber das Eis gleiten kann (S. laufen) || K-: Schlittschuh·, -lauf., -laufen, -läufer

WA

vZOZ KolA hZOZ < Abb. 1:

S. laufen )

Wörterbuchartikel zum Lemma Schlittschuh und Strukturgraph zu ausgewählten Teilen seiner abstrakten und konkreten Artikelstruktur; WA = Wörterbuchartikel, FK = Fonnkommentar, KFS = Kommentar zur Form und Semantik, Kol