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German Pages 337 [366] Year 2019
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 410 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Lydia Beil
Personale Differenzierung im Kaufrecht Rechtsvergleichende Studie unter Einbeziehung deutscher und französischer Regelungen und internationaler Regelwerke (CISG, UNIDROIT PICC, CESL, CFR)
Mohr Siebeck
Lydia Beil, geboren 1987; Studium der Rechtswissenschaften in Mainz; 2010 Französischer Master 1 in Dijon; 2011 LL.M. im Europäischen und internationalen Recht in Lyon; 2011 Magister iurisgeboren im französischen Recht inder Mainz; 2013 Erstes Staatsexamen; WissenschaftLydia Beil, 1987; Studium Rechtswissenschaften in Mainz; 2010 liche Mitarbeiterin fürLL.M. ausländisches und internationales Privatrecht Französischer Masteram 1 inLehrstuhl Dijon; 2011 im Europäischen und internationalen Rechtan der Universität binationale Promotion in Mainz; Freiburg undErstes Strasbourg; 2016–2018 in Lyon; 2011Freiburg; Magister 2017 iuris im französischen Recht in 2013 Staatsexamen; Rechtsreferendarin am OLG Karlsruhe; 2018 Zweites Staatsexamen, seit 2018 Richterin am Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für ausländisches und internationales LG Offenburg. Privatrecht an der Universität Freiburg; 2017 binationale Promotion in Freiburg und orcid.org/0000-0001-8524-7683
Strasbourg; 2016-2018 Rechtsreferendarin am OLG Staatsexamen, seit 2018 Richterin am LG Offenburg. orcid.org/0000-0001-8524-7683
Karlsruhe;
2018
Zweites
Gedruckt freundlicherUnterstützung Unterstützungderdes Deutscher Akademikerinnenbunds e.V. und Gedruckt mit freundlicher Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung und JohannaAkademikerinnenbunds und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung. des der Deutschen e.V.
ISBN978-3-16-156129-0 978-3-16-156129-0/ eISBN / eISBN 978-3-16-156130-6 ISBN 978-3-16-156130-6 DOI10.1628/978-3-16-156130-6 10.1628/978-3-16-156130-6 DOI ISSN0720-1141 0720-1141 / eISSN 2568-7441 ISSN / eISSN 2568-7441 (Studienzum zumausländischen ausländischenund undinternationalen internationalen Privatrecht) Privatrecht) (Studien Die Deutsche Deutsche Nationalbibliothek Nationalbibliothek verzeichnet verzeichnetdiese diesePublikation Publikationininder derDeutschen DeutschenNatiNationalDie bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind übersind http://dnb.dnb.de abrufbar. onalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2018 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com
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gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.
Für Damien
« Si j'osais, je dirais que ce sont les règles de droit qui ne sont plus propres à leur usage, qui ne sont plus conformes à la réalité, qui nous embrouillent et nous induisent en erreur [...]. L'acheteur a de bonnes raisons de n'être pas satisfait de la chose livrée. Cela ne peut-il pas suffire [...] ? » (François Collart Dutilleul et Philippe Delebecque, « Le marchand de rêves », Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 316)
Vorwort Die vorliegende Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Ausländisches und Internationales Privatrecht an der Universität Freiburg. Sie wurde an der Universität Freiburg und der Université de Strasbourg im Jahr 2017 als Dissertation angenommen. Es handelt sich um eine besondere Art der cotutelle de thèse, denn ich war privilegiert, zu jeder Zeit in Frankreich und Deutschland recherchieren zu können. Durch die während meiner Arbeit gewonnenen Erkenntnisse ist es mir ein wirkliches Anliegen geworden, für die Vereinfachung insbesondere des Verbraucherrechts zu werben, die vielfach zu kurz kommt und von inhaltlichen Diskussionen in verheerender Weise zulasten der Normadressaten verdrängt wird. Aktuelle Entwicklungen in Gesetzgebung, Literatur und Rechtsprechung konnten bis Juni 2018 berücksichtigt werden. Übersetzungen ohne Angaben sind Übersetzungen durch die Verfasserin. Mein Dank gebührt zunächst meinen beiden Doktorvätern Herrn Prof. Jan von Hein aus Freiburg und Herrn Prof. Jochen Bauerreis aus Straßburg, die sich stets für meine Fragen Zeit nahmen und mir insbesondere bei der schwierigen Themeneingrenzung zur Seite standen. Des Weiteren möchte ich mich bei den beiden Berichterstattern der Université de Strasbourg, Herrn Prof. Jens Kleinschmidt aus Trier und Herrn Prof. Claude Witz aus Saarbrücken, herzlich bedanken für die sehr hilfreichen und detaillierten Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge in den Berichten und in der französischen Verteidigung. Auch bei den beiden anderen Jury-Mitgliedern der Université de Strasbourg, Herrn Prof. Michel Storck und Herrn Prof. Nicolas Nord, möchte ich mich herzlich für die Teilnahme an der Verteidigung bedanken. Ein besonderer Dank für die Druckkostenzuschüsse gebührt zudem der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung und dem Deutschen Akademikerinnenbund e.V. Für die wertvolle Kritik insbesondere zu den Themen der ökonomischen Analyse sowie das Korrekturlesen in deutscher Sprache gebührt besonderer Dank meiner Schwester Anna Beil. Der Dank für die Korrektur des französischen Teils geht an meine Freundinnen Marie Blanchon und Marie Kuentzler. Für die Hilfe bei der Erstellung des geschichtlichen Teils sowie die ständige Korrektur, unzählige Diskussionen und den immensen seelischen Beistand gebührt ein großer Dank zudem meinem Mann Damien Forêt. Kehl, im November 2018
Lydia Beil
Inhaltsübersicht Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ XI Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................XXIV
Einleitung: Ziel, Methodik und Eingrenzung ................................... 1 § 1 Ziel .......................................................................................................... 2 § 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen ..................................... 3 § 3 Methodik, Aufbau und Umfang der Untersuchung ................................... 6
Allgemeiner Teil: Grundlagen ............................................................ 14 § 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts........................................... 14 § 5 Anwendungsbereich der verschiedenen Kaufrechte ............................... 31 § 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff .................................................. 40 § 7 Grundlegende Interessenkonflikte im Kaufrecht .................................... 60 § 8 Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kaufrechts ......................... 64
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung ................................................................................................ 71 § 9 Klauselkontrolle .................................................................................... 71 § 10 Nacherfüllung .................................................................................... 125 § 11 Montagebezogene Fehler ................................................................... 196 § 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit ................................. 210
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Inhaltsübersicht
§ 13 Mängelrüge ....................................................................................... 224 § 14 Ausschlussfrist für den Rücktritt ........................................................ 242
Zusammenfassung und Fazit ............................................................. 257 Zusammenfassung auf Französisch – Résumé en français ........ 263 Literaturverzeichnis ................................................................................... 303 Materialien- und Normenverzeichnis ......................................................... 325 Rechtsprechungsverzeichnis ...................................................................... 333 Sachregister ............................................................................................... 337
Inhaltsverzeichnis Vorwort ...................................................................................................... VII Inhaltsübersicht ........................................................................................... IX Abkürzungsverzeichnis ..........................................................................XXIV
Einleitung: Ziel, Methodik und Eingrenzung ................................... 1 § 1 Ziel .......................................................................................................... 2 § 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen ..................................... 3 A. Kompetenz- bzw. Konsensproblem........................................................... 3 B. Überschießende Richtlinienumsetzung in Deutschland ............................. 5 C. Umsetzung der VGK-RL in Frankreich ..................................................... 6 § 3 Methodik, Aufbau und Umfang der Untersuchung ................................... 6 A. Methodik .................................................................................................. 6 I. Rechtsvergleichende Methode ........................................................... 7 II. Ökonomische Analyse des Rechts ..................................................... 8 B. Aufbau ...................................................................................................... 9 C. Umfang ..................................................................................................... 9 I. Eingrenzung der zu untersuchenden Regelwerke ............................. 10 II. Eingrenzung des Begriffs „Kaufrecht“ ............................................. 11 III. Eingrenzung des Begriffs „personale Differenzierung“ ................... 12 IV. Eingrenzung der zu untersuchenden Themen ................................... 12
Allgemeiner Teil: Grundlagen ............................................................ 14 § 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts........................................... 14 A. Über Europa hinaus ................................................................................ 14 I. Haager Kaufrecht (EKG) ................................................................. 14 II. UN-Kaufrecht (CISG) ..................................................................... 15 III. Soft law: UNIDROIT Principles (PICC) .......................................... 15
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Inhaltsverzeichnis
B. Europäische Union .................................................................................. 16 I. Richtlinien ....................................................................................... 16 II. Andere Regelwerke ......................................................................... 19 1. Grundregeln des europäischen Vertragsrechts (PECL) und Acquis Principles ......................................................................... 20 2. Gemeinsamer Referenzrahmen (CFR) .......................................... 20 3. Gemeinsames europäisches Kaufrecht (CESL) ............................. 21 C. Deutschland ............................................................................................ 22 I. Römisches Recht und Mittelalter ..................................................... 22 II. Erste Kodifikationen ........................................................................ 23 III. HGB und BGB 1900 ........................................................................ 24 IV. Internationalisierung: CISG und Verbraucherrecht .......................... 25 V. Schuldrechtsreform 2002 ................................................................. 25 VI. Neuere Änderungen ......................................................................... 26 D. Frankreich............................................................................................... 27 I. Römisches Recht und Mittelalter ..................................................... 27 II. Revolution ....................................................................................... 27 III. Code civil 1804 ................................................................................ 28 IV. Verbraucherrecht (CCons) ............................................................... 29 V. Umsetzung der VGK-RL ................................................................. 30 VI. Handelsrecht (CCom) ...................................................................... 30 VII.Code civil – Reformen ..................................................................... 31 § 5 Anwendungsbereich der verschiedenen Kaufrechte ............................... 31 A. CISG....................................................................................................... 32 B. PICC ....................................................................................................... 33 C. CFR ........................................................................................................ 34 D. CESL ...................................................................................................... 34 I. Sachlicher Anwendungsbereich ....................................................... 34 II. Räumlicher Anwendungsbereich ..................................................... 35 III. Persönlicher Anwendungsbereich .................................................... 35 IV. Anwendungsmechanismus und IPR ................................................. 36 E. Deutschland ............................................................................................ 37 F. Frankreich ............................................................................................... 38 I. Garantie des vices cachés ................................................................ 39 II. Obligation de délivrance conforme .................................................. 39 III. Garantie de conformité des CCons................................................... 40 § 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff .................................................. 40 A. Verbraucherbegriff ................................................................................. 41 I. Verbraucherleitbilder/-modelle ........................................................ 41 II. Europäischer Verbraucherbegriff ..................................................... 42
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1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 42 2. Primärrechtliche Kompetenzen im Verbraucherrecht .................... 43 3. Aktuelle Definition ....................................................................... 44 4. Rechtsprechung des EuGH ........................................................... 44 a) Non-professionnel/branchenfremde Nebengeschäfte ................ 44 b) Existenzgründer ....................................................................... 45 c) Juristische Personen ................................................................. 45 d) Mischverträge (dual use) ......................................................... 45 III. Deutscher Verbraucherbegriff .......................................................... 46 1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 46 2. Aktuelle gesetzliche Definition ..................................................... 48 3. Rechtsprechung und Diskussion ................................................... 48 a) Juristische Personen ................................................................. 48 b) Mischverträge (dual use) ......................................................... 48 c) Arbeitnehmer ........................................................................... 49 d) Existenzgründer ....................................................................... 50 e) Non-professionnel/branchenfremde Nebengeschäfte ................ 50 IV. Französischer Verbraucherbegriff .................................................... 50 1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 50 2. Aktuelle gesetzliche Definition ..................................................... 52 3. Rechtsprechung und Diskussion ................................................... 53 a) 1970er Jahre: enge Auslegung ................................................. 53 b) 1980er Jahre: weite Auslegung (non-professionnel und juristische Personen) ............................................................... 53 c) Mitte der 1990er Jahre: zurück zur engeren Auslegung ............ 54 d) Ab 2005: Neues zu juristischen Personen und zum nonprofessionnel ........................................................................... 55 e) Ab 2016: Legaldefinition des non-professionnel ...................... 56 f) Kleinere Unternehmer .............................................................. 57 B. Unternehmerbegriff................................................................................. 57 I. Aktuelle Definitionen ...................................................................... 58 II. Öffentlich-rechtliches Handeln ........................................................ 58 III. Gewinnerzielungsabsicht ................................................................. 59 IV. Abgrenzung zum Kaufmann bzw. commerçant ................................ 59 § 7 Grundlegende Interessenkonflikte im Kaufrecht .................................... 60 A. Allgemeines Vertragsrecht ...................................................................... 61 B. Gewährleistungsrecht .............................................................................. 61 § 8 Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kaufrechts ......................... 64 A. Allgemeine Grundlagen .......................................................................... 64 B. Allgemeines Vertragsrecht ...................................................................... 64
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I.
Transaktionskosten .......................................................................... 65 1. Transaktionskostensenkung .......................................................... 65 2. Lückenfüllung ............................................................................... 66 II. Marktmacht ..................................................................................... 66 III. Information ...................................................................................... 66 1. Informationsasymmetrie vor Vertragsschluss ................................ 67 2. Informationsasymmetrie nach Vertragsschluss ............................. 68 C. Gewährleistungsrecht .............................................................................. 68 I. Versicherungsfunktion ..................................................................... 68 II. Qualitätsanreiz ................................................................................. 69 III. Qualitätssignal ................................................................................. 69 IV. Erforderliche Beschränkungen ......................................................... 69
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung ................................................................................................ 71 § 9 Klauselkontrolle .................................................................................... 71 A. Rechtsvergleichende Darstellung ............................................................ 71 I. Deutschland ..................................................................................... 71 1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 71 2. Regelung....................................................................................... 72 a) Sachlicher Anwendungsbereich ............................................... 73 b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen ........................................... 73 c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen ........................................... 74 II. Frankreich ....................................................................................... 75 1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 75 2. Regelung....................................................................................... 77 a) Sachlicher Anwendungsbereich und contrat d’adhésion .......... 77 b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen (CCons) ............................. 79 c) Einbeziehung des non-professionnel (CCons) .......................... 79 d) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen (CCom) ............................. 80 e) Neue Inhaltskontrolle für alle Verträge (Cc) ............................ 81 III. Europa ............................................................................................. 81 1. Geschichtliche Entwicklung.......................................................... 81 2. CFR .............................................................................................. 83 a) Sachlicher Anwendungsbereich ............................................... 83 b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen ........................................... 83 c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen ........................................... 84 3. CESL ............................................................................................ 84 a) Sachlicher Anwendungsbereich ............................................... 85 b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen ........................................... 85
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c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen ........................................... 86 IV. CISG ............................................................................................... 86 V. PICC................................................................................................ 86 B. Bewertung ............................................................................................... 87 I. Hintergrund der Klauselkontrolle .................................................... 87 1. Klassischer Ansatz ........................................................................ 88 a) Kritik ....................................................................................... 88 b) Folgen für die personale Differenzierung ................................. 89 2. Marktmacht-Ansatz ...................................................................... 89 a) Kritik ....................................................................................... 89 b) Folgen für die personale Differenzierung ................................. 92 3. Rechtsökonomischer Ansatz ......................................................... 93 a) Kritik ....................................................................................... 94 b) Folgen für die personale Differenzierung ................................. 95 4. Zusammenfassende Bemerkung .................................................... 96 a) Bewertung der Ansätze ............................................................ 96 b) Folgen für die personale Differenzierung ................................. 96 II. Kontrolle von Individualvereinbarungen.......................................... 97 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ....................................... 97 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle ..................... 97 3. Generelle Kontrolle von Individualvereinbarungen? ..................... 98 4. Keine Kontrolle von Individualvereinbarungen? ........................... 98 5. Personale Differenzierung? ........................................................... 99 6. Fazit zur Kontrolle von Individualvereinbarungen ...................... 100 III. Mehrfachverwendungsabsicht........................................................ 100 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 100 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle ................... 101 3. Generelles Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht? ......... 101 4. Kein Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht? .................. 102 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 102 6. Fazit zur Mehrfachverwendungsabsicht ...................................... 104 IV. Generalklausel ............................................................................... 104 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 104 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle ................... 105 3. Funktion der Generalklausel ....................................................... 105 4. Personale Differenzierung? ......................................................... 105 a) Besonderheiten im B2B-Verkehr? .......................................... 106 b) Differenzierung innerhalb der B2B-Fälle ............................... 107 c) Handelspraxis als geeigneter Maßstab? .................................. 108 d) Korrektur durch guten Glauben und redlichen Geschäftsverkehr ................................................................... 109 5. Teilweise personale Differenzierung? ......................................... 110 6. Einheitliche Generalklausel? ....................................................... 110
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7. Fazit zur Generalklausel ............................................................. 111 V. Beurteilung der Unfairness ............................................................ 112 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 112 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle ................... 113 3. Generelle Berücksichtigung individueller Umstände? ................. 113 4. „Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ ..................... 114 a) Umstände in B2C-Verträgen .................................................. 115 b) Umstände in B2B-Verträgen .................................................. 115 c) Personale Differenzierung? .................................................... 116 5. „Andere Klauseln des Vertrags oder zusammenhängender Verträge“ ................................................................................... 116 a) Summierungseffekt ................................................................ 116 b) Kompensationseffekt ............................................................. 117 6. „Die gute/übliche Handelspraxis“ ............................................... 118 7. Fazit zur Beurteilung der Unfairness ........................................... 118 VI. Verbotslisten/Indizwirkung............................................................ 119 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 119 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle ................... 119 3. Funktion der Verbotslisten .......................................................... 120 4. Beschränkung auf graue Listen? ................................................. 120 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 121 6. Teilweise personale Differenzierung: Indizwirkung für B2BVerträge? ................................................................................... 121 a) Argumente für die Indizwirkung ............................................ 121 b) Argumente gegen die Indizwirkung ....................................... 123 7. Fazit zu Verbotslisten ................................................................. 124 C. Fazit zur Klauselkontrolle ..................................................................... 124 § 10 Nacherfüllung .................................................................................... 125 A. Rechtsvergleichende Darstellung .......................................................... 126 I. Deutschland ................................................................................... 126 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 126 2. Regelung..................................................................................... 127 a) Vorrang der Nacherfüllung .................................................... 127 b) Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung .............. 128 c) Rechtsprechung und neuere Gesetzesänderungen ................... 128 aa) Ein- und Ausbaukosten .................................................... 128 bb) Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung ................................. 130 II. Frankreich ..................................................................................... 130 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 130 2. Regelung..................................................................................... 131 a) Garantie des vices cachés ...................................................... 131 b) Obligation de délivrance conforme ........................................ 133
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c) Garantie de conformité des CCons ........................................ 135 aa) Vorrang der Nacherfüllung .............................................. 135 bb) Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ........ 135 cc) Ein- und Ausbaukosten, Nutzungsersatz .......................... 135 d) Abweichungen durch die Vertragspraxis................................ 136 e) Zusammenfassung zur französischen Regelung...................... 136 III. Europa ........................................................................................... 137 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 137 2. CFR ............................................................................................ 138 a) Vorrang der Nacherfüllung .................................................... 138 b) Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ....... 139 c) Ein- und Ausbaukosten .......................................................... 139 d) Nutzungsersatz bei Nacherfüllung ......................................... 140 3. CESL .......................................................................................... 140 a) Vorrang der Nacherfüllung .................................................... 140 aa) Personalisierte Kaufsache ................................................ 140 bb) Frist .............................................................................. 141 cc) Vorzeitige Leistung ......................................................... 141 dd) Möglichkeiten restriktiver Auslegung des CESL? ........... 141 b) Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ....... 142 c) Ein- und Ausbaukosten .......................................................... 142 aa) Orientierung an der EuGH-Rechtsprechung ..................... 142 bb) Lösung über den Schadensersatzanspruch ....................... 143 d) Nutzungsersatz bei Nacherfüllung ......................................... 144 IV. CISG ............................................................................................. 144 1. Vorrang der Nacherfüllung ......................................................... 144 2. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung.................... 145 3. Ein- und Ausbaukosten ............................................................... 146 4. Nutzungsersatz bei Nacherfüllung .............................................. 146 V. PICC.............................................................................................. 147 1. Vorrang der Nacherfüllung ......................................................... 147 2. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung.................... 147 3. Ein- und Ausbaukosten ............................................................... 148 4. Nutzungsersatz bei Nacherfüllung .............................................. 148 B. Bewertung ............................................................................................. 148 I. Vorrang der Nacherfüllung ............................................................ 149 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 149 2. Hintergrund des Vorrangs der Nacherfüllung .............................. 149 a) Interessen der Parteien ........................................................... 149 b) Ökonomische Analyse ........................................................... 151 c) Zwischenfazit ......................................................................... 154 3. Genereller Vorrang der Nacherfüllung? ...................................... 154 a) Pacta sunt servanda ............................................................... 154
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b) Ökologische Gesichtspunkte .................................................. 155 4. Kein Vorrang der Nacherfüllung? ............................................... 155 a) Wahlfreiheit des Käufers........................................................ 155 b) Risiko des erneuten Mangels ................................................. 155 c) Wirtschaftlichkeit .................................................................. 156 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 157 a) Verbraucherschutz ................................................................. 157 b) Gefahr der Nichtgeltendmachung .......................................... 158 c) Regressnahme ........................................................................ 160 6. Fazit zum Vorrang der Nacherfüllung ......................................... 160 II. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ...................... 160 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 160 2. Hintergrund der Wahl der Nacherfüllungsart .............................. 162 a) Interessen der Parteien ........................................................... 162 b) Ökonomische Analyse ........................................................... 163 c) Zwischenfazit ......................................................................... 164 3. Generelles Wahlrecht des Verkäufers? ........................................ 164 a) Ökonomische Analyse ........................................................... 164 b) Wahrung der Käuferinteressen? ............................................. 165 c) Ökologische Gesichtspunkte .................................................. 166 4. Generelles Wahlrecht des Käufers?............................................. 166 a) Druckmittel ............................................................................ 166 b) Wahrung der Verkäuferinteressen? ........................................ 166 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 167 a) Verbraucherschutz ................................................................. 167 b) Grenzüberschreitende Verträge .............................................. 168 6. Fazit zur Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ..... 168 III. Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung ................................... 169 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 169 2. Hintergrund der Ein- und Ausbaukosten ..................................... 170 a) Interessen der Parteien ........................................................... 170 b) Ökonomische Analyse ........................................................... 171 c) Zwischenfazit ......................................................................... 172 3. Generelle Kostentragung des Käufers? ....................................... 172 a) Preisaufschlag ........................................................................ 173 b) Anreiz zur Überprüfung ......................................................... 174 4. Generelle Kostentragung des Verkäufers? .................................. 175 a) Hersteller als cheapest insurer ............................................... 175 b) Argumentation des EuGH ...................................................... 176 c) Übertragbarkeit der Argumentation auf B2B-Fälle? ............... 176 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 177 a) Allgemeine Differenzierung wie in Deutschland? .................. 177 b) Andere personale Differenzierungen im Detail? .................... 178
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aa) Grenze der Kostenübernahme .......................................... 178 bb) Tätigung bzw. Organisation des Ein- und Ausbaus ......... 181 6. Fazit zu Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung ................... 182 IV. Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung ................................................ 183 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ..................................... 183 2. Hintergrund des Nutzungsersatzes bei Ersatzlieferung ................ 183 a) Interessen der Parteien ........................................................... 184 b) Ökonomische Analyse ........................................................... 184 c) Zwischenfazit ......................................................................... 185 3. Genereller Nutzungsersatzanspruch? .......................................... 185 a) Ungerechtfertigte Nutzung vor Ersatzlieferung ...................... 185 b) Längere Lebensdauer ............................................................. 186 c) Ausgleich „neu für alt“ .......................................................... 187 d) Äquivalenzprinzip ................................................................. 188 e) Vergleich mit der Nachbesserung ........................................... 188 f) Vergleich mit dem Rücktritt ................................................... 189 g) Gefahr von Preiserhöhungen .................................................. 189 h) Gefahr des Rechtsmissbrauchs ............................................... 190 i) Verjährung.............................................................................. 191 4. Kein Nutzungsersatzanspruch? ................................................... 191 a) Einseitigkeit ........................................................................... 192 b) Bevorteilung des Verkäufers .................................................. 192 c) Argumente des EuGH ............................................................ 193 d) Lösung der PICC ................................................................... 193 5. Personale Differenzierung? ......................................................... 194 a) Höhere Gefahr der Nichtgeltendmachung bei B2C................. 194 b) Häufiger kurzlebige Konsumgüter bei B2C? .......................... 194 6. Fazit zum Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung ............................. 195 C. Fazit zur Nacherfüllung ........................................................................ 195 § 11 Montagebezogene Fehler ................................................................... 196 A. Rechtsvergleichende Darstellung .......................................................... 196 I. Deutschland ................................................................................... 196 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 196 2. Regelung..................................................................................... 197 II. Frankreich ..................................................................................... 197 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 197 2. Regelung..................................................................................... 197 a) Einschlägige Regelungen außerhalb des Gewährleistungsrechts .......................................................... 198 b) Garantie des vices cachés ...................................................... 199 c) Obligation de délivrance conforme ........................................ 199 d) Garantie de conformité des CCons ........................................ 199
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3. Zusammenfassung zu Frankreich ................................................ 200 III. Europa ........................................................................................... 200 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 200 2. CFR ............................................................................................ 201 3. CESL .......................................................................................... 201 IV. CISG ............................................................................................. 202 V. PICC.............................................................................................. 203 B. Bewertung ............................................................................................. 204 I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ........................................ 205 II. Hintergrund der Einbeziehung montagebezogener Fehler .............. 205 1. Interessen der Parteien ................................................................ 206 2. Ökonomische Analyse ................................................................ 206 3. Zwischenfazit ............................................................................. 207 III. Generelle Einbeziehung montagebezogener Fehler? ...................... 207 1. Klarstellung ................................................................................ 207 2. Effektiver Regress ...................................................................... 208 IV. Personale Differenzierung? ............................................................ 208 1. Historische Begründung .............................................................. 208 2. Fachkenntnis bei B2B ................................................................. 209 3. Kein Regelungsbedarf................................................................. 209 V. Fazit zu montagebezogenen Fehlern .............................................. 210 § 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit ................................. 210 A. Rechtsvergleichende Darstellung .......................................................... 210 I. Deutschland ................................................................................... 210 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 210 2. Regelung..................................................................................... 211 II. Frankreich ..................................................................................... 212 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 212 2. Regelung..................................................................................... 212 a) Garantie des vices cachés ...................................................... 212 b) Obligation de délivrance conforme ........................................ 213 c) Garantie de conformité des CCons ........................................ 213 3. Zusammenfassung zu Frankreich ................................................ 213 III. Europa ........................................................................................... 214 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 214 2. CFR ............................................................................................ 214 3. CESL .......................................................................................... 215 IV. CISG ............................................................................................. 215 V. PICC.............................................................................................. 216 B. Bewertung ............................................................................................. 216 I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ........................................ 216 II. Hintergrund des Ausschlusses bei Kenntnis ................................... 217
Inhaltsverzeichnis
XXI
1. Interessen der Parteien ................................................................ 217 2. Ökonomische Analyse ................................................................ 218 3. Zwischenfazit ............................................................................. 219 III. Genereller Ausschluss bei Kenntnis? ............................................. 219 1. Caveat emptor ............................................................................. 219 2. Verzicht ...................................................................................... 219 3. Venire contra factum proprium ................................................... 220 4. Zumutbarkeit .............................................................................. 220 IV. Kein Ausschluss bei Kenntnis? ...................................................... 221 1. Käufer geht von Mangelbehebung aus ........................................ 221 2. Einschränkung bei beiderseitiger grob fahrlässiger Unkenntnis .. 221 V. Personale Differenzierung? ............................................................ 222 1. Verbraucherschutz ...................................................................... 222 2. Ansatz des CESL ........................................................................ 223 VI. Fazit zur Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit .............. 223 § 13 Mängelrüge ....................................................................................... 224 A. Rechtsvergleichende Darstellung .......................................................... 224 I. Deutschland ................................................................................... 224 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 224 2. Regelung..................................................................................... 225 II. Frankreich ..................................................................................... 226 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 226 2. Regelung..................................................................................... 227 a) Garantie des vices cachés ...................................................... 227 b) Obligation de délivrance conforme ........................................ 228 c) Garantie de conformité des CCons ........................................ 229 aa) Regelung ......................................................................... 229 bb) Weitergehende Rechtsprechung ...................................... 229 3. Zusammenfassung zu Frankreich ................................................ 230 III. Europa ........................................................................................... 230 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 230 2. CFR ............................................................................................ 231 3. CESL .......................................................................................... 232 IV. CISG ............................................................................................. 232 V. PICC.............................................................................................. 233 B. Bewertung ............................................................................................. 233 I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ........................................ 233 II. Hintergrund der Mängelrüge .......................................................... 234 1. Interessen der Parteien ................................................................ 234 2. Ökonomische Analyse ................................................................ 235 3. Zwischenfazit ............................................................................. 236 III. Generelle Rügepflicht? .................................................................. 236
XXII
Inhaltsverzeichnis
1. Vollumfängliche Erweiterung? ................................................... 237 a) Verkäuferinteressen ............................................................... 237 b) Spekulation des Käufers ........................................................ 237 c) Fairnessempfinden ................................................................. 237 d) Zumutbarkeit ......................................................................... 238 2. Begrenzung auf einseitige Handelsgeschäfte? ............................. 238 3. Zur Lösung in Frankreich ........................................................... 238 IV. Personale Differenzierung? ............................................................ 239 1. Schnelligkeit des Handelsverkehrs .............................................. 239 2. Interesse des Unternehmerkäufers ............................................... 240 3. Fehlende Sachkunde des Verbraucherkäufers ............................. 240 4. Beweislastumkehr ....................................................................... 240 5. Nur Rüge-, keine Untersuchungspflicht ...................................... 241 V. Fazit zur Mängelrüge ..................................................................... 242 § 14 Ausschlussfrist für den Rücktritt ........................................................ 242 A. Rechtsvergleichende Darstellung .......................................................... 242 I. Deutschland ................................................................................... 242 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 242 2. Regelung..................................................................................... 244 II. Frankreich ..................................................................................... 244 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 244 2. Regelung..................................................................................... 245 a) Garantie des vices cachés ...................................................... 245 b) Obligation de délivrance conforme ........................................ 246 c) Garantie de conformité des CCons ........................................ 246 III. Europa ........................................................................................... 246 1. Geschichtliche Entwicklung........................................................ 246 2. CFR ............................................................................................ 246 3. CESL .......................................................................................... 247 IV. CISG ............................................................................................. 247 V. PICC.............................................................................................. 247 B. Bewertung ............................................................................................. 248 I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich ........................................ 248 II. Hintergrund der Ausschlussfrist ..................................................... 248 1. Interessen der Parteien ................................................................ 248 2. Ökonomische Analyse ................................................................ 249 3. Zwischenfazit ............................................................................. 250 III. Generelle Ausschlussfrist für den Rücktritt? .................................. 250 1. Spekulation des Käufers ............................................................. 250 2. Ungleichgewichtslage ................................................................. 251 IV. Keine Ausschlussfrist für den Rücktritt? ........................................ 251 1. Treu und Glauben/Verjährung ausreichend ................................. 251
Inhaltsverzeichnis
XXIII
2. Möglichkeit der Vereinbarung .................................................... 252 3. Fehler aus Verkäufersphäre ........................................................ 252 4. Zweckverfehlung ........................................................................ 253 V. Personale Differenzierung? ............................................................ 253 1. Ohnehin Mängelrüge bei B2B ..................................................... 254 2. Unkenntnis des Verbrauchers und Überlegungszeit .................... 254 VI. Fazit zur Ausschlussfrist für den Rücktritt ..................................... 255
Zusammenfassung und Fazit ............................................................. 256 Zusammenfassung auf Französisch – Résumé en français ........ 267 Literaturverzeichnis ................................................................................... 303 Materialien- und Normenverzeichnis ......................................................... 325 Rechtsprechungsverzeichnis ...................................................................... 333 Sachregister ............................................................................................... 337
Abkürzungsverzeichnis a.E. a.F. Abs. AcP ACQP ADHGB AGB AGBG AJ Contrats d‘affaires Am. J. Comp. L. AnwBl. Art. ausf. BAG BauR BB BGB BGH Buchst. Bull. civ. Bull. comm. BVerfG CA Cc Cass. Cass. Civ. 1e Cass. Civ. 3e Cass. Com. CCC CCom CCons CESL CESL-VO
am Ende alte Fassung Absatz Archiv für die civilistische Praxis Principles of the Existing EC Private Law (Acquis Principles) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeine Geschäftsbedingung(en) Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vom 9.12.1976, BGBl. I, 3317 Actualité Juridique Contrats d’affaires, concurrence, distribution American Journal of Comparative Law Anwaltsblatt Artikel ausführlich Bundesarbeitsgericht Baurecht (Zeitschrift) Betriebsberater Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Buchstabe Bulletin des arrêts de la Cour de cassation. Chambres civiles Bulletin des arrêts de la Cour de cassation. Chambre commerciale Bundesverfassungsgericht Cour d’appel Code civil Cour de cassation Cour de cassation, 1ère chambre civile Cour de cassation, 3ème chambre civile Cour de cassation, Chambre commerciale Contrats Concurrence Consommation Code de commerce Code de la consommation Anhang I zur CESL-VO Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635 endg.
Abkürzungsverzeichnis CFR CISG
CML Rev. D. ders. dies. Diss. DRiZ EBLR ERCL ERPL Erwgr. EuCML EuGVÜ
EuR EUVR EuZW EWG EWS f. /ff. FA-RL
FIW Gaz. Pal. ggf. GPR GWR Habil. HaustürWR-RL
h.L. h.M. Hs. i.d.F. i.E. i.S. i.V.m. IHR insbes.
XXV
Draft Common Frame of Reference United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG): Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980, BGBl. 1989 II, 588 Common Market Law Review Receuil Dalloz derselbe dieselbe/dieselben Dissertation Deutsche Richterzeitung European Business Law Review European Review of Contract Law European Review of Private Law Erwägungsgrund Journal of European Consumer and Market Law Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 27.09.1968, ABl. 1972 L 299/32 Europarecht (Zeitschrift) Zeitschrift für Europäisches Unternehmens- und Verbraucherrecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. L 144/19 Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e.V. Gazette du Palais gegebenenfalls Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Habilitation Richtlinie des Rates 85/577/EWG vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, ABl. L 372/31 herrschende Lehre herrschende Meinung Halbsatz in der Fassung im Ergebnis im Sinne in Verbindung mit Internationales Handelsrecht insbesondere
XXVI IPR IWRZ JBl. JCP E JCP G JORF JR JURA JurisCl. JuS JZ K&R Klausel-RL KMU lit. LPA m. Anm. MDR MJ NJOZ NJW Nr. NZBau o.Ä. PECL PICC RabelsZ RDC REDC RIDC RIW RJDA RLC RLDA Rom I-VO
Rspr. RTD Com. RTD Eur. S. s. s.a.
Abkürzungsverzeichnis Internationales Privatrecht Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht Juristische Blätter La semaine juridique – Entreprise et affaires (Jurisclasseur périodique) La semaine juridique – Edition générale (Jurisclasseur périodique) Journal officiel République française Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Jurisclasseur Juristische Schulung Juristenzeitung Kommunikation und Recht Richtlinie 93/13/EWG vom 5. April 1993 über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ABl. L 95/29 kleine(s) und/oder mittlere(s) Unternehmen littera Les Petites Affiches mit Anmerkung Monatsschrift für Deutsches Recht Maastricht Journal of European and Comparative Law Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht oder Ähnliches Principles of European Contract Law UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Revue des contrats Revue européenne de droit de la consommation Revue internationale de droit comparé Recht der internationalen Wirtschaft Revue de Jurisprudence de Droit des affaires Revue Lamy de la Concurrence Revue Lamy Droit des Affaires Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. L 177/6, berichtigt in ABl. 2009 L 309/87 Rechtsprechung Revue trimestrielle de droit commercial Revue trimestrielle de droit européen Satz siehe siehe auch
Abkürzungsverzeichnis s.u. SME SSRN T. com. TI u.a. u.Ä. uvm. v.a. VGK-RL
vgl. VR-RL
VuR WM WRP Yale L.J. ZEuP ZfRV ZGS ZIP ZJS ZRP ZVglRWiss
XXVII
siehe unten small and medium sized enterprise(s) SSRN Electronic Journal Tribunal commercial Tribunal d’Instance und andere und Ähnliches und vieles mehr vor allem Richtlinie 1999/44/EG vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl. L 171/12 vergleiche Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 304/64 Verbraucher und Recht Wertpapier-Mitteilungen Wettbewerb in Recht und Praxis Yale Law Journal Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarecht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (inkl. EWiR) Zeitschrift für das juristische Studium Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft
Einleitung: Ziel, Methodik und Eingrenzung B2B, B2C, C2B und C2C – immer wieder werden ganze Gesetzesabschnitte (z.B. §§ 312 ff. BGB), Richtlinien (z.B. die EU-Verbraucherrichtlinien), Gesetzbücher (z.B. Handelsgesetzbuch, Code de la consommation) oder internationale Regelwerke (z.B. UN-Kaufrecht, UNIDROIT Principles) mit eingeschränkten personalen Anwendungsbereichen erlassen. Daran sind Rechtsanwender gewöhnt und immer wachsam auf der Suche nach solchen personalen Eingrenzungen. Etwas schwieriger wird es schon, wenn solche personalen Differenzierungen nur in vereinzelten Vorschriften innerhalb generell auf alle Personen anwendbarer Regelungen auftreten (z.B. § 310 BGB im AGB-Recht). Dann kann es leicht passieren, eine Sondervorschrift zu übersehen oder diese aus Versehen auf alle Personen anzuwenden. In jedem Fall führen diese Differenzierungen zu gesteigerter Komplexität und fordern höchste Konzentration. Noch komplizierter wird es, wenn eine Norm grundsätzlich ihrem Wortlaut nach personal unbegrenzt anwendbar ist, jedoch die Rechtsprechung trotzdem eine personale Differenzierung vornimmt. Das kann zum einen aufgrund von europarechtskonformer Auslegung passieren (z.B. durch die deutsche Rechtsprechung bei einigen Details der Nacherfüllung, s. sogleich § 2 B. und unten § 10 A.I.2.c)), zum anderen aufgrund von richterlicher Rechtsfortbildung, die nie in Gesetzesform gegossen wurde (z.B. durch die französische Rechtsprechung zu den Folgen der Kenntnis vom Sachmangel, s.u. § 12 A.II.2.a)). In dieser Arbeit werden zahlreiche andere Beispiele zu finden sein, die aufzeigen, wie komplex das Netz der personalen Differenzierungen heute in einigen Bereichen ist. Bestehende erhebliche Unsicherheiten bei diesen Themen zeigt auch ein im Januar 2018 in Deutschland in Kraft getretenes Gesetz1 (s.u. § 4 C.VI.) auf, das einige Änderungen gerade im Bereich der personalen Differenzierung im Kaufrecht des BGB vorsieht. Die personale Differenzierung steht dadurch erneut im Zentrum der kaufrechtlichen Diskussion.2 Inzwischen haben sich auch die oben angedeuteten praktischen Kürzel für solche personalen Eingrenzungen entwickelt: B2C 1 Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren, 28.4.2017, BGBl. I, 969. 2 Vgl. die aktuelle Untersuchung von Wagner, ZEuP 2016, 87.
2
Einleitung
(business to consumer, d.h. Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher), B2B (business to business, d.h. Verträge zwischen zwei Unternehmern) usw. Ziel der Untersuchung
§ 1 Ziel § 1 Ziel
Ziel dieser Untersuchung soll es sein, herauszufinden, an welcher Stelle wirklich aus sachlicher Sicht personale Differenzierungen für B2C- oder B2BVerträge sinnvoll sind und wo diese besser zur Vereinfachung der Rechtsanwendung gestrichen werden sollten. Es geht also um eine Rückbesinnung auf den Sinn und Zweck der personalen Differenzierungen. Dies ist zum einen vor dem Hintergrund der Verbesserung der Verständlichkeit (vor allem für Verbraucher) und der Vorhersehbarkeit des Rechts (vor allem für Unternehmer) interessant. Zum anderen erleichtert es der Rechtsprechung und Kautelarpraxis generell die Arbeit, indem z.B. häufiger auf Präzedenzfälle zurückgegriffen werden kann, wenn der Anwendungsbereich der Normen größer ist. Das Streben nach Vereinfachung und Geringhaltung von Rechtsvorschriften sowie die Klarheit der Normen stellen zudem Ziele der Gesetzgebung dar.3 Besonders viele personale Differenzierungen findet man im Bereich des Kaufrechts, z.B. in den bereits angedeuteten Regelungen zur Klauselkontrolle, sowie bei den gewährleistungsrechtlichen Vorschriften. In diesem Bereich kommt es häufig vor, dass in verschiedenen (nationalen und internationalen) Regelwerken bei einer Vorschrift zum gleichen Thema unterschiedlich personal differenziert wird – teilweise sogar genau in entgegengesetzter Weise (s. z.B. unten beim Vorrang der Nacherfüllung § 10 B.I.1.). Daher wurde das Kaufrecht als Gegenstand dieser Untersuchung ausgewählt. Aktuell besteht darüber hinaus auch auf EU-Ebene eine besondere Relevanz der die Verbesserung der Strukturen des Kaufrechts, denn hier wird seit einiger Zeit die Schaffung (bzw. Erweiterung) von europaweit einheitlichen kaufrechtlichen Regelungen diskutiert. Diese Diskussion ist keineswegs beendet (vgl. zu den Entwicklungen unten § 4 B.).
3 Vgl. Karpen, Gesetzgebungslehre, 2. Aufl. 2008, S. 9 ff., 30 ff.; Lienbacher, in: Calliess/Lienbacher/Grzeszick (Hrsg.), Grundsatzfragen der Rechtsetzung und Rechtsfindung, 2012, S. 7, 11 ff.; Grzeszick, in: Calliess/Lienbacher/Grzeszick (Hrsg.), Grundsatzfragen der Rechtsetzung und Rechtsfindung, 2012, S. 49, 53.
§ 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen
3
§ 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen § 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen
Die unterschiedlichen personalen Differenzierungen haben vor allem historische (insbesondere mit Blick auf die Umsetzung von EU-Richtlinien4) und auf begrenzten Gesetzgebungskompetenzen beruhende Gründe.5 Dies soll anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden. A. Kompetenz- bzw. Konsensproblem Zuallererst ist klarzustellen, dass unterschiedliche personale Anwendungsbereiche von Regelwerken meist nicht auf sachlichen Gründen einer Notwendigkeit der Differenzierung beruhen, sondern vielmehr auf Kompetenz- oder Konsensproblemen. So war der erste Versuch, das Kaufrecht zu vereinheitlichen, das Haager Einheitliche Kaufgesetz (EKG) 19646, auch „ohne Rücksicht darauf anzuwenden, ob die Parteien Kaufleute oder Nichtkaufleute und ob die abzuschließenden Verträge handelsrechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Art sind“ (Art. 7 EKG). Dies wird allerdings auch als einer der möglichen Gründe für sein Scheitern angesehen.7 Aufgrund der praktisch geringen Relevanz grenzüberschreitender B2C-Käufe bestand zu diesem Zeitpunkt ein Bedürfnis nach einer Kaufrechtsvereinheitlichung hauptsächlich für Verträge zwischen Kaufleuten.8 Ein Konsens und durchschlagender Erfolg wurden daher auch erst mit dem UN-Kaufrecht von 1980 (CISG)9 erzielt, das sich auf B2B-Verträge beschränkt. In der europäischen Entwicklung war die Situation einige Jahr(zehnt)e später dann genau entgegengesetzt: Hier wurden aufgrund von Kompetenzen auf dem Gebiet des Kaufrechts hauptsächlich Vorschriften für B2C-Verträge erlassen, vor allem durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (VGK-RL) von 199910. Dies ist wie folgt zu erklären: Die von der EU stets verwendete Kompetenzgrundlage, Art. 114 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 95 EGV), setzt die Förde4
Zu den Umsetzungsproblemen und den verschiedenen Modellen der Umsetzung im Fall der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Fn. 10) vgl. Wagner, ZEuP 2016, 87, 88 ff. 5 S. dazu ausf. Grundmann, AcP 202 (2002), 40 ff. 6 Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) und Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen (EAG), BGBl. 1973 I, 856 und 868; zum Inkrafttreten BGBl. 1974 II, 146 und 148, BGBl. 1974 I, 358; dazu auch ausf. Magnus, RabelsZ 45 (1981), 144, 148 ff.; Stötter, Internationales Einheits-Kaufrecht, 1975. 7 So Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 42 m.w.N.; vgl. auch Ziontz, Northwestern Journal of International Law & Business 2 (1980), 129 ff., insbes. 152. 8 Daher fand es auch praktisch nur im B2B-Bereich Anwendung, vgl. Lehmann, WM 1980, 1162, 1167. 9 United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods (CISG), 11.4.1980, BGBl. 1989 II, 588. 10 Richtlinie 1999/44/EG, 25.5.1999, ABl. L 171/12.
4
Einleitung
rung des Funktionierens des Binnenmarkts voraus. Ein funktionierender Binnenmarkt definiert sich jedoch über die Beseitigung von Beschränkungen der Grundfreiheiten (Art. 26 Abs. 2 AEUV [ex-Art. 14 Abs. 2 EGV], früher auch in ex-Art. 3 EGV). Der EuGH hat jedoch entschieden, dass dispositives (bei grenzüberschreitenden Sachverhalten durch Rechtswahl abdingbares) Recht keine Beschränkung der Grundfreiheiten darstellen kann.11 Daher betreffen dispositive Regeln den Binnenmarkt nicht. Es lag daher nahe, Rechtsakte in den Bereichen zu erlassen, in denen die Regeln nicht abbedungen werden können. Dies ist im Bereich des Vertragsrechts vor allem im Verbrauchervertragsrecht der Fall (Art. 6 Rom I-VO12).13 Diese Entwicklung zur Setzung von Verbraucherrecht durch die EU wurde außerdem durch Art. 169 AEUV (ex-Art. 153 EGV) verstärkt, der eine besondere Kompetenz für das Ziel des Verbraucherschutzes enthält.14 Die personalen Beschränkungen einiger grenzüberschreitender Regelwerke erklären sich also durch Konsens- und Kompetenzerwägungen. Daher verwundert es etwas weniger, dass die VGK-RL inhaltlich zu großen Teilen dem CISG entspricht, obwohl die beiden Instrumente personal vollkommen unterschiedliche, einander (so gut wie15) nicht überschneidende Anwendungsbereiche besitzen.16 Das Verbraucherrecht orientiert sich somit paradoxerweise inhaltlich sehr stark am reinen Unternehmensrecht. Es erscheint daher nur logisch, dass man 2011 im Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Common European Sales Law, CESL)17 versuchte, die Vorschriften zu einem personal auf B2C- und (zumindest einen Teil der) B2B-Verträge anwendbaren Instrument (s.u. § 5 D.I.) auszuweiten. In diesem Entwurf tauchten überraschenderweise aber an teilweise unerwarteten Stellen neuartige personale Differenzierungen auf (z.B. erstmals beim Vorrang der Nacherfüllung, s.u. § 10 A.III.3.).
11
EuGH 24.1.1991, Rs. C-339/89 – Alsthom Atlantique SA ./. Compagnie de construction mécanique Sulzer SA, Slg. 1991, I-107, ECLI:EU:C:1991:28, Rn. 15. 12 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I), ABl. L 177/6, berichtigt in ABl. 2009 L 309/87. 13 Dazu Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 58; Schwartze, Europäische Sachmängelgewährleistung, 2000, S. 606. 14 Die Rechtsnatur des Art. 169 AEUV ist allerdings umstritten, s. dazu unten § 6 A.II.2. 15 Mit einigen wenigen Ausnahmen bzw. Überschneidungen, vgl. dazu ausf. Magnus, Liber amicorum Kurt Siehr, 2010, S. 405. 16 Dazu ausf. Grundmann, AcP 202 (2002), 40; Kruisinga, ERPL 2001, 177. 17 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635 endg. (CESL-VO); im Anhang befindet sich das eigentliche Gemeinsame Europäische Kaufrecht (CESL).
§ 2 Hauptursachen für personale Differenzierungen
5
B. Überschießende Richtlinienumsetzung in Deutschland Da die Differenzierungen jedoch nicht auf sachlichen Gründen beruhten, wurden auf nationaler Ebene bei Umsetzung der verbraucherrechtlichen Richtlinien häufig Regelungen, die eigentlich durch die Richtlinie nur für B2C-Verträge vorgeschrieben wurden, als allgemeines Privatrecht für alle Verträge, also nicht personal differenzierend, umgesetzt. Dies nennt man auch „überschießende Umsetzung“ von EU-Richtlinien18. In großem Stil geschah dies bei der deutschen Schuldrechtsreform19, deren reformiertes Kaufrecht großteils auf der VGK-RL beruht (s.u. § 4 C.V.).20 Allerdings handelte man zum Teil bei diesen Vereinheitlichungsbemühungen womöglich etwas vorschnell, da sich im Laufe der Zeit in einigen Fällen eine Rechtsprechung entwickelte, die die Vorschriften für B2C- und B2B-Kaufverträge nun wiederum unterschiedlich auslegt (so genannte „gespaltene Auslegung“, dazu auch unten § 10 A.I.2.c)).21 Dazu kam es, weil der EuGH die aus der Richtlinie überschießend umgesetzten Vorschriften sehr käuferfreundlich interpretiert, um die Verbraucherkäufer möglichst gut zu schützen (s.u. § 10 A.I.2.c)) sowie ausf. zur Argumentation des EuGH unter § 10 B.III.4.b) und § 10 B.IV.4.c)).22 Diese sehr käuferfreundliche Auslegung der Vorschriften wollte man im deutschen Recht jedoch nicht gänzlich auf B2B-Verträge ausweiten und musste so die grundsätzlich allgemeingültigen Vorschriften personal differenzierend auslegen. Dies geschah z.B. bei der Frage der Ein- und Ausbaukosten im Falle der Ersatzlieferung (s.u. § 10 A.I.2.c)aa)) und beim Nutzungsersatz (s.u. § 10 A.I.2.c)bb)). Teilweise (z.B. beim Nutzungsersatz) wurden daraufhin in Deutschland sogar nachträglich personal differenzierende Gesetzesvorschriften erlassen. Bezüglich der Frage der Ein- und Ausbaukosten hingegen scheint der Gesetzgeber nach der am 1.1.2018 in Kraft getretenen Reform nun wieder zu einer personalen Vereinheitlichung zu tendieren (s.u. § 10 A.I.2.c)aa)). Das gesamte Hin und Her verdeutlicht jedenfalls die Schwierigkeiten mit der Ausgestaltung der personalen Differenzierungen in Deutschland.
18 Dazu ausf. Jäger, Überschießende Richtlinienumsetzung im Privatrecht, 2006; Brandner, Die überschießende Umsetzung von Richtlinien, 2003, insbes. auch zur VGKRL S. 66 ff. 19 Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, 26.11.2001, BGBl. I, 3138. 20 Dazu u.a. Grundmann, ERPL 2001, 239 ff., 244 ff.; Wagner, ZEuP 2016, 87, 90 f. Auch in vielen anderen europäischen Rechtsordnungen wurde das Verbraucherrecht in das allgemeine Zivilrecht integriert, vgl. dazu Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 70. 21 Zur Legitimation der gespaltenen Auslegung vgl. aktuell Wagner, ZEuP 2016, 87, 116 f. 22 Ob der EuGH dabei zu verbraucherfreundlich ist, analysiert Wagner, ZEuP 2016, 87, 100 ff. kritisch.
6
Einleitung
C. Umsetzung der VGK-RL in Frankreich Paradoxe Entwicklungen gab es jedoch auch in der französischen Gesetzgebung zum Kaufrecht, v.a. bei der Umsetzung der VGK-RL. Da man sich nicht auf eine Einarbeitung der Regelungen der VGK-RL in das allgemeine Kaufrecht einigen konnte (s. dazu unten § 4 D.V.), wurde stattdessen ein neues Gewährleistungsrecht für Verbraucher geschaffen, das in den (nur auf B2CVerträge anwendbaren) Code de la consommation (CCons) ausgegliedert wurde. Dieses B2C-Gewährleistungsrechtsregime besteht nun neben dem allgemeinen Gewährleistungsrecht des Code civil (Cc), das im französischen Recht ohnehin schon aus zwei verschiedenen Gewährleistungsrechtsregimen besteht (s. dazu unten § 5 F.). Während die Vorschriften des Code civil (Cc) sehr alt sind und nie wirklich reformiert wurden (die französische Schuldrechtsreform von 2016 betraf nur das allgemeine Schuldrecht, s.u. § 4 D.VII.), orientiert sich das neue Verbrauchergewährleistungsrecht an den modernen Regelungen des CISG. Dieses wurde allerdings ursprünglich für B2B-Verträge entwickelt. Daher sind nun paradoxerweise an einigen Stellen die speziellen französischen Gewährleistungsregelungen für den Verbraucherkäufer gerade ungünstiger als die allgemeinen zivilrechtlichen Kaufrechtsregeln (wie z.B. bei der Frage des – im Cc nicht vorgesehenen – Vorrangs der Nacherfüllung, s.u. § 10 A.II.2.). Damit dem Verbraucher hierdurch keine Nachteile entstehen, beließ man ihm die Möglichkeit, sich nach seiner Wahl nebeneinander auf beide Gewährleistungsregime zu berufen (Art. L 217-13 CCons, s.u. § 5 F.III.). Somit stehen für den Verbraucher nun drei Gewährleistungsregime nebeneinander, deren Abgrenzung und Ineinandergreifen höchst komplex und für den Verbraucher unmöglich nachzuvollziehen ist.23
§ 3 Methodik, Aufbau und Umfang der Untersuchung § 3 Methodik, Aufbau und Umfang
A. Methodik Das oben (§ 1) genannte Ziel richtet sich sowohl an die Rechtsprechung (Auslegung und Rechtsfortbildung, s. z.B. die angesprochene „gespaltene Auslegung“, s.o. § 2 B.) und die Kautelarpraxis (z.B. personale Differenzierungen in der Vertragsgestaltung) als auch und vor allem an die Gesetzgebung auf nationaler und europäischer Ebene (Suche nach dem optimalen Inhalt von Rechtsvorschriften [Gesetzgebungslehre24]). Bei dieser Suche nach 23
Dazu mit dem gleichen Ergebnis auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 89. Dazu Karpen, Gesetzgebungslehre, 2. Aufl. 2008, S. 9 ff.; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 7 ff. 24
§ 3 Methodik, Aufbau und Umfang
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einer Verbesserung des Rechts ist unter anderem die Verwendung von zwei Methoden hilfreich und weit verbreitet: ein Blick auf andere nationale Rechtsordnungen und internationale Regelwerke (Rechtsvergleichung, s. dazu sogleich unter I.) sowie die ökonomische Analyse des Rechts (law and economics), die nach möglichst effizienten Rechtsregeln sucht (s.u. unter A.II. u. ausf. bei § 8).25 Aus der kombinierten Verwendung dieser beiden Disziplinen hat sich sogar inzwischen eine neue, eigene Methode entwickelt: comparative law and economics (d.h. die „vergleichende ökonomische Analyse des Rechts“ oder auch „ökonomische Analyse der Rechtsvergleichung“).26 In dieser neuen Disziplin wird das Recht nach einem Vergleich anhand der ökonomischen Analyse des Rechts bewertet, um so das für diesen Zweck „beste“ Recht zu finden.27 In dieser Arbeit soll allerdings die ökonomische Analyse nicht das einzige Kriterium für die Bewertung der in den Vergleich einbezogenen Rechtsvorschriften sein, sondern sie soll die juristische Argumentation lediglich um die ökonomische Sichtweise ergänzen. I. Rechtsvergleichende Methode Ein Blick in verschiedene Rechtsordnungen nationaler und internationaler Art ist für das genannte Ziel, insbesondere mit Blick auf ein europäisches Instrument, offensichtlich von Nutzen.28 Daher soll hier nur kurz die grundlegende Methodik der Rechtsvergleichung skizziert werden, also vor allem die funktionale Methode nach Zweigert und Kötz: Danach sollen bei der Rechtsvergleichung nicht die Systembegriffe einer einzelnen nationalen Rechtsordnung benutzt werden, sondern eigene Begriffe bzw. Vergleichskategorien nach ihrer Funktion gebildet werden, d.h. danach, für welches tatsächliche Problem sie eine rechtliche Lösung suchen.29 In der vorliegenden Arbeit, die sich auf 25
Zur besonderen Notwendigkeit der Einbeziehung anderer Methoden im Rahmen der Gesetzgebungslehre: Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 28; speziell zur Rechtsvergleichug Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 57 ff., 74 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 14 ff., 16 ff.; speziell zur ökonomischen Analyse Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 414 ff., 450 ff.; kritisch zur ökonkomischen Analyse Niglia, Liber amicorum Hans Micklitz, 2014, S. 93 ff. 26 Für die Grundlagen vgl. Mattei, Comparative law and economics, 1997; de Geest/ van den Bergh (Hrsg.), Comparative law and economics, 2004; Ramello, Comparative law and economics, 2015; kritisch dazu Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 125 ff. sowie speziell für das Vertragsrecht Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 3 ff. und de Geest/van den Bergh (Hrsg.), Comparative law and economics, 2004, Vol. II, S. 323 ff. 27 Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 11 f. 28 Über die fehlende Rechtfertigungsbedürftigkeit der Rechtsvergleichung Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 47 ff. 29 Ausf. dazu Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 33 ff.; Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 93 ff.
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Einleitung
Europa konzentriert, werden diese übergreifenden Kategorien weitgehend durch bereits europarechtlich oder durch den EuGH vorgegebene Rechtsfragen bestimmt, vor allem durch die Begrifflichkeiten der VGK-RL und ihrer Auslegung (aber auch durch die Klausel-RL). Insofern haben sich schon einheitliche, in allen Mitgliedstaaten bekannte Rechtsfragen bzw. Begrifflichkeiten durchgesetzt. Außerdem gliedert sich die rechtsvergleichende Methode dieser Arbeit in die „Mikrovergleichung“ ein, d.h. es geht um den konkreten Vergleich einzelner Rechtsinstitute und -probleme und nicht um die typisierende Betrachtung generalisierter Erkenntnisse über die Denk- und Verfahrensweisen von Rechtsordnungen in ihrer Gesamtheit („Makrovergleichung“).30 Die funktionale Methode wurde inzwischen bereits von vielen Seiten kritisiert und es wurden zahlreiche alternative Ansätze entwickelt.31 Fast alle Ansätze haben jedoch gemeinsam, dass sich das praktische Vorgehen bei der Rechtsvergleichung grob in die folgenden Schritte gliedert: Aufstellen einer Fragestellung (hier personale Differenzierung (dazu soeben § 1 u. sogleich C.III.), Wahl der Länder und Kategorien (dazu sogleich C.I. u. C.IV.), Erstellen von Länderberichten zu den einzelnen Rechtsfragen (jeweils im Besonderen Teil unter dem Punkt „Rechtsvergleichende Darstellung“) und zuletzt der Vergleich und vor allem die Bewertung der verglichenen Regelungen in Bezug auf die Fragestellung (jeweils im Besonderen Teil unter dem Punkt „Bewertung“).32 II. Ökonomische Analyse des Rechts Ob, wann und in welchem Umfang bei Rechtsanwendung und Rechtssetzung auf die ökonomische Analyse des Rechts abgestellt werden darf oder muss, ist umstritten.33 Allgemein ist dies im Zivilrecht, vor allem z.B. im Handelsrecht, eher der Fall als in anderen Rechtsgebieten.34 Außerdem ist dies vor allem auf dem Gebiet des Europäischen Privatrechts relativ unproblematisch, da hier Maßnahmen meist auf die Binnenmarktkompetenz gestützt werden (s. dazu unten § 6 A.II.2.), es also darum geht, Märkte zu integrieren und durch die Steigerung ihrer Effizienz das Wirtschaftswachstum zu fördern.35 Auch ist 30 Zur Abgrenzung Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 8 f.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 4 f. 31 Einen ausf. Überblick dazu gibt Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 95 ff. 32 Zu diesem Vorgehen etwa Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl. 1996, S. 33 ff.; Kischel, Rechtsvergleichung, 2015, S. 94, 108 ff. 33 Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 450 ff., 414 ff.; Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529, 532; Niglia, Liber amicorum Hans Micklitz, 2014, S. 93 ff. 34 S. die Zusammenfassung und Nachweise bei Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 461. 35 Grundmann/Riesenhuber, JuS 2001, 529, 532 f.
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es wesentlich problematischer, in welchem Umfang die ökonomische Analyse bei der Gesetzesauslegung verwendet werden darf, als es das bei der Gesetzgebung ist.36 Denn die Gesetzgebung sollte stets auf der Suche nach Argumenten jeglicher Art zur Verbesserung der Rechtsregeln sein. Sicher ist jedenfalls in Bezug auf diese Arbeit, die vor allem das Gebiet des europäischen Privatrechts und die (vereinheitlichende) Gesetzgebung im Blick hat, dass die ökonomische Analyse zumindest, wie schon erwähnt (§ 3), neben anderen Kriterien bei der juristischen Argumentation im Zivilrecht herangezogen werden kann. Die grundlegenden inhaltlichen Überlegungen der ökonomischen Analyse – allgemein, aber auch konkret in Bezug auf das Kaufrecht – sollen am Ende dieses Teils (§ 8) genauer erläutert werden. B. Aufbau Aufgrund der gewählten Methodik soll die Arbeit wie folgt aufgebaut werden: Im Hauptteil (Besonderer Teil) sollen mehrere Kaufrechtsinstrumente auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene auf ihre personalen Differenzierungen hin untersucht und verglichen werden (jeweils unter „Rechtsvergleichende Darstellung“). Sofern sich beim Vorhandensein und Ausmaß der personalen Differenzierungen Unterschiede ergeben, wird nach deren sachlicher Rechtfertigung gesucht und werden diese aus rechtlicher und ökonomischer Sicht bewertet (jeweils unter „Bewertung“). Am Ende sollen zusammenfassend alle überflüssigen und alle notwendigen personalen Differenzierungen aufgezeigt werden, um zu zeigen, wie personale Differenzierungen z.B. bei zukünftigen nationalen Reformen oder grenzüberschreitenden Instrumenten am besten geregelt werden sollten. Als Grundlage für diese Untersuchung sollen außerdem zuvor kurz die Entwicklung (§ 4) und die Anwendungsbereiche der einbezogenen grenzüberschreitenden Regelwerke und nationalen Gesetze (§ 5) dargestellt werden sowie die verschiedenen Definitionen des Begriffs „Verbraucher“ und „Unternehmer“, auf denen die personalen Differenzierungen jeweils beruhen (§ 6). Außerdem soll kurz in die grundlegenden Interessenkonflikte im Kaufrecht (§ 7) sowie die Grundlagen der ökonomischen Analyse auf diesem Gebiet (§ 8) eingeführt werden. C. Umfang Der Umfang dieser Arbeit ist in viererlei Hinsicht einzugrenzen: hinsichtlich der zu untersuchenden Regelwerke (I.), hinsichtlich des Verständnisses der Begriffe „Kaufrecht“ (II.) und „personale Differenzierung“ (III.) sowie hin-
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Daher sieht Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 414 ff. (These auf S. 442) die ökonomische Analyse vorrangig als „Gesetzgebungstheorie“.
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Einleitung
sichtlich der einzelnen, in diese Untersuchung einzubeziehenden Themen aus dem Kaufrecht (IV.). I. Eingrenzung der zu untersuchenden Regelwerke Hinsichtlich der nationalen Regelungen wurden die beiden repräsentativsten Rechtsordnungen der EU ausgewählt, auf die sich viele der anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen stützen: das deutsche und das französische Recht. Diese eignen sich für das Thema der personalen Differenzierungen außerdem deshalb besonders gut, weil sie diesbezüglich, vor allem mit Blick auf B2C-Verträge, eine unterschiedliche Regelungstechnik verfolgen: Während in Deutschland, wie oben (§ 2 B.) bereits angedeutet, versucht wird, die Verbraucherschutzregelungen möglichst weitgehend in das allgemeine bürgerliche Recht des BGB zu integrieren, hat Frankreich den Ansatz eines separaten Konsumentengesetzbuchs (CCons) gewählt, das alle Sonderregeln für B2C-Verträge enthält und neben den allgemeinen Regeln des Cc besteht.37 Aus diesem Unterschied ergeben sich Besonderheiten bei der Ausgestaltung von personalen Differenzierungen, die für die vorliegende Untersuchung interessant sind. Bei den grenzüberschreitenden Regelwerken wurden zunächst die beiden speziell auf das Kaufrecht beschränkten Regelwerke ausgewählt, d.h. das UN-Kaufrecht (CISG) und der Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (CESL). Außerdem werden zwei soft law-Regelwerke (zum Begriff s.u. § 4 A.III.) miteinbezogen, die ebenfalls für grenzüberschreitende Kaufverträge als anwendbares Recht vereinbart werden können: die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC)38, die im B2B-Bereich eine bedeutende Rolle spielen, und der Entwurf für einen Gemeinsamen Referenzrahmen (Common Frame of Reference, CFR)39, dem ein umfassender Rechtsvergleich der Vertragsrechte aller EU-Mitgliedstaaten zugrunde liegt. Der Vorgänger des CFR, die Principles of European Contract Law (PECL, s. dazu unten § 4 B.II.1.), soll nicht bzw. nur punktuell miteinbezogen werden. Die PECL stellen zwar einen wichtigen Schritt bei der Orientierung des Europäischen Privatrechts am CISG dar. Jedoch sind dessen Regeln inzwischen durch den Entwurf des CFR überholt. Bei den internationalen Regelwerken wurden folglich zwei Regelungsentwürfe der EU ausgewählt (CFR und CESL), aber auch zwei über die EU hinausgehende Regel37
Allgemein zur Diskussion um ein Konsumentengesetzbuch z.B. Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012; Tamm, Sozialer Fortschritt 2 (2013), 60; Wagner, ZEuP 2016, 87, 119 f. 38 UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC). 39 Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – Draft Common Frame of Reference (CFR). Printversion: von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009.
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werke (CISG, PICC) – die allerdings bei der europäischen Rechtsanwendung eine praktische Rolle spielen. Außerdem wurden hierdurch zwei handelsrechtliche, also auf B2B-Verträge beschränkte Regelwerke ausgesucht (CISG, PICC) und zwei (fast40) nicht personal beschränkte Regelwerke (CFR, CESL). II. Eingrenzung des Begriffs „Kaufrecht“ Der Begriff „Kaufrecht“ wird teilweise unterschiedlich ausgelegt. Im engeren Sinne sind damit im deutschen Recht vor allem die in §§ 433 ff. BGB und im französischen Recht vor allem die in Art. 1582 ff. Cc enthaltenen Vorschriften, also alle Sonderbestimmungen, die nur für Kaufverträge gelten, gemeint. Hingegen werden in allen grenzüberschreitenden „Kaufrechten“ (UN„Kaufrecht“, Gemeinsames Europäisches „Kaufrecht“) wie selbstverständlich auch die Regelungen zum Vertragsschluss und die allgemeinen Regelungen zur Leistungsstörung miteinbezogen, die (mangels spezieller kaufrechtlicher Sondervorschriften) auch auf Kaufverträge anwendbar sind.41 Danach werden hierunter somit alle Vorschriften gefasst, die allgemein auf den Abschluss, die Durchführung und die Leistungsstörungen bei Kaufverträgen anwendbar sind, oder, anders formuliert, alle auf die Beziehungen zwischen Verkäufer und Käufer anwendbaren Regelungen des Vertragsrechts.42 Da diese Arbeit insbesondere auch die Schaffung eines grenzüberschreitenden europäischen Regelwerks zum Kaufrecht im Auge hat, soll hier das letztere, weite Verständnis des Begriffs „Kaufrecht“ zugrunde gelegt werden. Dieses Verständnis liegt auch in Deutschland und in Frankreich den Lehrbüchern zum „Kaufrecht“ zugrunde.43 Eine materielle Einschränkung muss jedoch gemacht werden, nämlich die Beschränkung der Untersuchung auf Warenkäufe, d.h. insbesondere der Ausschluss von Immobiliarkaufverträgen. Einen solchen sehen ausdrücklich alle internationalen Regelwerke (CISG44, CFR45, CESL46) bis auf die PICC (die allgemein nicht auf Kaufverträge beschränkt sind) vor. Das deutsche und französische Kaufrecht hingegen schließen grundsätzlich Immobiliarkaufver40 Zu den Details und Diskussionen um die Beschränkung des personalen Anwendungsbereichs des CESL s.u. § 5 D.III. 41 So verstand auch Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 1. Band, 1936, insbes. S. 69 ff. den Begriff des Kaufrechts bei den ersten internationalen Vereinheitlichungsbemühungen. 42 Für einen rechtsvergleichenden Überblick über das nationale und vereinheitlichte Vertragsrecht in Europa vgl. Kötz, Europ. Vertragsrecht, 2. Aufl. 2015. 43 Vgl. z.B. den Inhalt von Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl. 2009; Bihl, Le droit de la vente, 1986. 44 Wenn auch ohne Definition von „Waren“, vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 Rn. 34 m.w.N. 45 Art. IV.A.-1:101 Abs. 3 CFR. 46 Art. 2 lit. h CESL-VO (s.o. Fn. 17).
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träge mit ein (§ 433 BGB, Art. 1582 Cc), halten jedoch dafür einige Sonderregeln bereit. In diese Arbeit sind mit Blick auf ein grenzüberschreitendes Instrument Immobiliarkaufverträge nicht aufzunehmen: Zum einen ist die Zahl grenzüberschreitender Immobilienkäufe wohl gegenüber der hohen Zahl grenzüberschreitender Warenkäufe weniger bedeutend. Zum anderen gibt es immer noch stark divergierende nationale Verfahrensabläufe zur Übereignung von Immobilien, insbesondere in Bezug auf ihre Eintragung in einschlägige Register (Grundbücher), was stets Unterschiede mit sich bringen wird.47 III. Eingrenzung des Begriffs „personale Differenzierung“ Des Weiteren untersucht diese Arbeit nur rein personale Differenzierungen und schließt damit situative Differenzierungen oder materielle Differenzierungen aus. Situative Differenzierungen sehen Sonderregeln für bestimmte Situationen vor, z.B. Informationspflichten und Widerrufsrechte für Fernabsatzverträge oder Außergeschäftsraumkaufverträge, vgl. §§ 312b, 312c BGB, Art. L 221-1 ff. CCons). Materielle Differenzierungen unterscheiden nach dem Vertragsinhalt und enthalten z.B. Sonderregeln für Kaufverträge über digitale Inhalte, vgl. Art. 142 Abs. 2 CESL, oder den Richtlinienentwurf von 2015 über die Bereitstellung von digitalen Inhalten48 (dazu auch unten § 4 B.I.). Innerhalb der personalen Differenzierungen wird hier außerdem nicht explizit auf den sehr geringen Anteil an C2C- und C2B-Kaufverträgen eingegangen, also Verträge mit einem Verbraucher als Verkäufer, sondern auf die wohl mindestens 95 % aller Kaufverträge ausmachenden B2C- und B2BVerträge,49 die vor allem im grenzüberschreitenden Bereich eine deutlich größere Rolle spielen. IV. Eingrenzung der zu untersuchenden Themen Als nächstes müssen die für diese Untersuchung relevanten Themen aus dem Bereich des oben definierten Kaufrechts bestimmt werden. Es sollen all die Themen untersucht werden, bei denen in mindestens zwei der untersuchten Regelwerke eine unterschiedliche personale Differenzierung auftritt. Somit werden solche Vorschriften ausgeschlossen, die stets nur mit einem beschränkten Anwendungsbereich auftreten und somit übereinstimmend reine verbraucherschutzrechtliche oder handelsrechtliche Bestimmungen darstellen. Solche Regelungen, bei denen es unstreitig ist, dass sie, wenn überhaupt, nur 47 Vgl. zum Bereich des Grundstückskaufs bereits grundlegend und rechtsvergleichend von Hoffmann, Recht des Grundstückskaufs, 1982. 48 Proposal for a Directive, 9.12.2015, COM(2015) 634 final (bisher nur auf Englisch). 49 Vgl. Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 68.
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für eine bestimmte personale Konstellation in Betracht kommen, sind für diese Arbeit erheblich weniger interessant und sollen daher nicht in die Untersuchung einbezogen werden. Beispiele für solche Vorschriften, die explizit ausgeschlossen wurden, sind die Sonderbehandlung unbestellter Leistungen (vgl. z.B. § 241a BGB, Art. L 121-12 ff. CCons) oder auch einzelne Zusatzbestimmungen aus dem Gewährleistungsrecht, wie die Bestimmungen über Garantien bei B2C-Verträgen (vgl. § 477 BGB, Art. L 217-15 f. CCons) oder die Regelung zur Beweislastumkehr bzgl. des Bestehens des Mangels bei Gefahrübergang (vgl. § 476 BGB, Art. L 217-7 CCons); aber auch diejenigen Problematiken des Handelskaufs, die im B2C-Bereich nicht auftreten (z.B. die meisten der §§ 373 ff. HGB und Art. L 310-1 ff. Code de commerce [CCom]). Für folgende Thematiken aus dem oben definierten Bereich des Kaufrechts treffen diese Auswahlkriterien zu, sodass sie in die Untersuchung aufgenommen wurden: – im Bereich der Klauselkontrolle, innerhalb derer es mehrere Vorschriften mit abweichenden personalen Differenzierungen gibt, s.u. § 9, und – im Bereich des Gewährleistungsrechts: – für mehrere Vorschriften innerhalb der Regelung des Anspruchs auf Nacherfüllung (d.h. Ersatzlieferung und Nachbesserung), s.u. § 10, – für die Frage, inwiefern Mängel bei der Montage oder in Montageanleitungen als Sachmängel miteinbezogen werden, s.u. § 11, – für die Frage, inwiefern die Kenntnis des Käufers vom Sachmangel bei Vertragsschluss die Gewährleistungsrechte ausschließt, s.u. § 12, – für die Notwendigkeit einer Mängelrüge zum Erhalt der Gewährleistungsrechte, s.u. § 13, – für die Frage, ob für das Rücktrittsrecht eine spezielle Ausschlussfrist besteht, s.u. § 14.
Allgemeiner Teil: Grundlagen § 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts § 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts
Zunächst soll also kurz auf die (vor allem neuere) nationale und internationale Entwicklung des Kaufrechts eingegangen werden. Für die Details der historischen Entwicklung jedes einzelnen untersuchten Themas wird jeweils auf die Ausführungen zu Beginn der Darstellung der Vorschriften eines jedes Regelwerks unter dem Punkt „Rechtsvergleichende Darstellung“ beim entsprechenden Thema verwiesen. Obwohl die nationalen Kaufrechte selbstverständlich lange vor internationalen Ansätzen existierten, erscheint es dabei sinnvoll, zunächst die internationalen Entwicklungen aufzuzeigen (§ 4 A.), um sodann über die Ansätze der EU (B.) zu den nationalen Kaufrechten (C. und D.) überzugehen, da Anpassungen und Reformen der nationalen Kaufrechte häufig auf länderübergreifenden Ansätzen (vor allem EU-Richtlinien) beruhen oder sich daran orientieren. A. Über Europa hinaus I. Haager Kaufrecht (EKG) Die Geschichte der internationalen Kaufrechtsvereinheitlichung geht auf Ernst Rabel zurück, der in den Zwanzigerjahren die Vorarbeiten für ein erstes einheitliches Kaufrecht für grenzüberschreitende Warenkäufe durchführte.1 Auf der Grundlage seines zweibändigen rechtsvergleichenden Werkes2 arbeitete das Internationale Institut für die Vereinheitlichung des Privatrechts UNIDROIT das erste länderübergreifende Kaufrecht aus: das Haager Einheitliche Kaufgesetz vom 1. Juli 1964 (EKG)3. Dieses hatte jedoch keinen 1
Vgl. den so genannten „Blauen Bericht“: Rabel, in: Leser (Hrsg.), Ernst Rabel – Gesammelte Aufsätze, 1967, S. 381 ff.; dazu auch Leible, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, S. 403, 414, Rn. 6; ausf. Staudinger/Magnus (2013) Einl. zum CISG Rn. 20. 2 Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 1. Band, 1936; Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 2. Band, 1958. 3 S.o. Einleitung Fn. 6.
§ 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts
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besonders großen Erfolg.4 Zwar war es sowohl auf B2B- als auch auf B2CVerträge anwendbar (Art. 7 EKG). Jedoch schlossen zur Zeit des EKG üblicherweise nur Unternehmer grenzüberschreitende Verträge, sodass es im B2C-Bereich kaum bis gar nicht zur Anwendung gelangte.5 II. UN-Kaufrecht (CISG) Das einige Zeit später durch die UNCITRAL, also den Handelsrechtsausschuss der UNO, erarbeitete Wiener UN-Kaufrecht (Convention on the International Sale of Goods, CISG) von 19806 hingegen wurde bisher von 84 Staaten ratifiziert7 und findet dort auch regelmäßig Anwendung. In Frankreich trat es 1988 in Kraft, in Deutschland 1991. Seine häufige Anwendung verdankt das CISG u.a. seiner Vorschaltlösung in Art. 1 Abs. 1 lit. b CISG und seinem opt-out-Modell in Art. 6 CISG. Gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b kann das CISG nämlich auch zwischen Nichtvertragsstaaten des CISG anwendbar sein, wenn die Regeln des Internationalen Privatrechts zur Anwendbarkeit des Rechts eines Vertragsstaates führen.8 Nach Art. 6 ist das CISG innerhalb seines Anwendungsbereichs automatisch vorrangig anzuwenden, soweit die Parteien seine Anwendung nicht ausschließen. Im Unterschied zum EKG beschränkt sich das CISG allerdings auf grenzüberschreitende B2BKaufverträge (dazu unten § 5 A.).9 Weitere über Europa hinausgehende Versuche der Vereinheitlichung des Kaufrechts mit Beteiligung europäischer Staaten, vor allem auch im Bereich von B2C-Verträgen, sind bisher nicht erfolgt. III. Soft law: UNIDROIT Principles (PICC) Allerdings gab es einen weiteren Ansatz, Regeln für grenzüberschreitende Handelsverträge aufzustellen: Die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC).10 Die Ausarbeitung der PICC fand ab 1980 statt und verfolgte mehrere Zwecke: Sie sollen zum einen eine Auslegungsund Orientierungshilfe für internationale Verträge, aber auch Vorbild für 4 Leible, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, S. 403, 414, Rn. 6; Magnus, RabelsZ 45 (1981), 144, 148 f.; Staudinger/Magnus (2013) Einl. zum CISG Rn. 22 ff. 5 Vgl. Lehmann, WM 1980, 1162, 1167. 6 S.o. Einleitung Fn. 9; vgl. zur Entstehung des CISG Staudinger/Magnus (2013) Einl. zum CISG Rn. 26 ff.; Huber, RabelsZ 43 (1979), 413, 414 ff. 7 Aktueller Stand abrufbar unter . 8 Dazu Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 1 Rn. 69 ff. 9 S. Art. 2 lit. a bzw. Art. 1 I CISG. 10 S.o. Einleitung Fn. 38; vgl. zur Entwicklung der PICC ausf. Gade, AGB im int. u. europ. Privatrecht, 2013, S. 30 ff.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
nationale Handelsrechte sein und sind zum anderen als anwendbares Vertragsstatut wählbar.11 Sie stellen daher so genanntes soft law dar, d.h. kein verbindlich in bestimmten Situationen anwendbares Recht innerhalb bestimmter Vertragsstaaten, sondern ein daneben existierendes Regelwerk, dessen Anwendbarkeit von den Parteien frei vereinbart werden muss. Sie sind nicht auf Kaufverträge, allerdings ebenfalls auf B2B-Verträge beschränkt (dazu unten § 5 B.). Der erste Teil der PICC wurde 1994 veröffentlicht, der zweite Teil 2004 und jeweils eine erweiterte und überarbeitete dritte und vierte Version in den Jahren 2010 und 2016.12 B. Europäische Union In Europa setzte die Vereinheitlichung interessanterweise genau an der entgegengesetzten Seite an, nämlich zunächst bei B2C-Verträgen. Vorrangiges Ziel war hier die Setzung von Mindeststandards im Verbraucherrecht, und dies nicht nur – wie in den dargestellten internationalen Instrumenten – für grenzüberschreitende Kaufverträge, sondern auch die Harmonisierung von nationalen Vorschriften über innerstaatliche Kaufverträge innerhalb der EU.13 I. Richtlinien Zu diesem Zweck wurde vor allem eine große Zahl an EU-Richtlinien erlassen, jeweils mit einem unterschiedlichen Anwendungsbereich für einzelne Thematiken. Hier sollen nur ein paar relevante Beispiele genannt werden: Zunächst wurde 1985 die Haustürwiderrufsrichtlinie (HaustürWR-RL)14 für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge erlassen, die Widerrufsrechte des Verbrauchers festlegte. 1993 folgte die Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in B2C-Verträgen (Klausel-RL)15. Die Fernabsatzrichtlinie (FA-RL)16 von 1997 regelte sodann Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern ausschließlich mittels Fernkommunikationsmitteln geschlossen werden. 1999 wurde schließlich die für diese Arbeit besonders relevante VGK-RL17 erlassen, die bestimmte Fragen für B2C-Kaufverträge über bewegliche Sachen regelt. Alle diese Richtlinien folgen dem Prinzip der Mindestharmonisierung, d.h. die Mitgliedstaaten können über die durch die
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Gade, AGB im int. u. europ. Privatrecht, 2013, S. 31 f. Alle abrufbar unter . 13 Vgl. Leible, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, S. 403, 415, Rn. 6 unten. 14 Richtlinie 85/577/EWG, 20.12.1985, ABl. L 372/31. 15 Richtlinie 93/13/EWG, 5.4.1993, ABl. L 95/29. 16 Richtlinie 97/7/EG, 20.5.1997, ABl. L 144/19. 17 S.o. Einleitung Fn. 10. 12
§ 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts
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Richtlinie gesetzten Standards hinausgehende Regelungen erlassen, jedoch nicht hinter diesen Standards zurückbleiben.18 Die Mindestharmonisierung führte jedoch in der Praxis zu dem Problem, dass die Staaten zur Umsetzung der Richtlinien oft Regelungen erließen, die strengere Verbraucherschutzstandards enthielten, so genanntes Gold Plating19. Dadurch wiederum sahen sich grenzüberschreitend tätige Unternehmen mit einem „Flickenteppich“ an Regelungen konfrontiert.20 Um dieses Handelshemmnis zu beseitigen, sollte die Verbraucherrechterichtlinie (VR-RL)21 nun dem Prinzip der Vollharmonisierung folgen. Der Vollharmonsisierungsansatz verbietet den Mitgliedstaaten nicht nur ein Unterschreiten der Mindeststandards bei der Richtlinienumsetzung, sondern ebenfalls, über die von der Richtlinie gesetzten Standards hinauszugehen.22 Jedoch scheiterte auch der Ansatz der Vollharmonisierung. Dies zeigte sich schon bei der Überarbeitung der Verbraucherkreditrichtlinie23 im Jahr 2008, die die erste vollharmonisierende Richtlinie des Verbrauchervertragsrechts darstellte. Angesichts der sehr unterschiedlichen nationalen Regelungen war eine Einigung äußerst schwierig. Zur Erlangung eines Konsenses mussten trotz Vollharmonisierung in einigen Bereichen ausnahmsweise Spielräume bei der Umsetzung gewährt werden.24 Ähnlich verhielt es sich im hier betroffenen Bereich des Verbraucherkaufrechts. Die vier genannten Richtlinien (HaustürWR-RL, FA-RL, Klausel-RL und VGK-RL) sollten nach einem Vorschlag der EU-Kommission von 200825 zu einer vollharmonisierenden, so genannten „horizontalen“ Richtlinie über die Rechte der Verbraucher zusammengefasst und modernisiert werden. Mangels Konsenses wurde diese neue VR-RL 2011 jedoch nur als Zusammenfassung (und Überarbeitung) der HaustürWR-RL und der FA-RL erlassen und hob damit diese beiden Richtlinien mit Wirkung zum 13. Juni 2014 auf.
18 Vgl. zur Mindestharmonisierung auch Weatherill, Essays Ewoud Hondius, 2007, S. 133, 137 ff.; Gomez/Ganuza, ERCL 7 (2011), 275, 284 ff.; Mittwoch, Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht, 2013, S. 25 ff. 19 Zum Begriff im Detail (echtes und unechtes Gold Plating, Verhältnis zur überschießenden Umsetzung) vgl. Burmeister/Staebe, EuR 2009, 444, 445. 20 Burmeister/Staebe, EuR 2009, 444, 446; Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3492. 21 Richtlinie 2011/83/EU 25.10.2011, ABl. L 304/64. 22 Zur Vollharmonisierung allg. Stürner (Hrsg.), Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 2010; Mittwoch, Vollharmonisierung und Europäisches Privatrecht, 2013; Gomez/Ganuza, ERCL 7 (2011), 275, 284 ff. 23 Richtlinie 2008/48/EG, 23.4.2008, ABl. L 133/66. 24 Dazu ausf. Staudenmayer, Vorschlag GEK, 2012, S. VIII f. 25 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher, 8.10.2008, KOM(2008) 614 endg. Vgl. dazu z.B. Effer-Uhe/Watson, GPR 6 (2009), 7; Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279; ausf. die Beiträge in Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neuordnung des Verbraucherprivatrechts, 2009.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
Im Kernbereich des Verbrauchervertragsrechts (Verbraucherkaufrecht und missbräuchliche Klauseln) erzielte man hingegen keine Vereinheitlichung. Aufgrund dieses Scheiterns des mindest- und vollharmonisierenden Ansatzes überlegte man sich sodann eine andere Alternative, um die weiterhin bestehenden divergierenden nationalen Regelungen und die damit verbundenen hohen Transaktionskosten, u.a. für Rechtsberatung, zu vermeiden:26 ein so genanntes „optionales Instrument“. Die Idee war, ein fakultatives, von den Parteien wählbares Kaufrechtsregime zu schaffen, das neben den nationalen Regeln auf freiwilliger Basis anwendbar sein sollte (zum Anwendungsmechanismus unten § 5 D.IV.). Dieser Versuch, die Ausarbeitung des CESL (dazu sogleich unter II.3.), scheiterte jedoch ebenfalls an heftiger Kritik und Unsicherheiten. Nachdem das CESL gescheitert war (dazu sogleich unter II.3.), legte die Kommission im Dezember 2015 zwei neue Richtlinienentwürfe im Rahmen ihrer Digital Single Market (DSM) Strategy27 vor, die zumindest bestimmte Aspekte von B2C-Kaufverträgen (vollharmonisierend) regeln sollten: einen auf Fernabsatz-Kaufverträge über bewegliche Sachen28 und einen auf Kaufbzw. Dienstleistungsverträge über die Bereitstellung von digitalen Inhalten beschränkten Entwurf29. Dabei sollten auch einige Vorschriften aus der VGKRL, nun vollharmonisierend, übernommen werden, aber auch neue Vorschriften eingefügt werden. Von diesen beiden Entwürfen schreitet jedoch nur noch der Gesetzgebungsprozess der Verordnung über digitale Inhalte aktuell voran.30 Bezüglich der Regelungen über Warenkäufe zeichnete sich hingegen in den darauffolgenden Jahren ein stärker grundlegend orientierter Ansatz ab. Im Rahmen des better regulation-Programms der EU31 wurden alle wichtigen Verbraucherrichtlinien einem Fitness Check unterzogen (REFIT-Initative, d.h. Regulatory Fitness and Performance Programme).32 Die Idee war, vorschnelle Gesetzgebung durch eine zunächst durchzuführende Evaluation der bestehenden Rechtsakte und deren Auswirkungen zu ersetzen. In diesem 26
Staudenmayer, Vorschlag GEK, 2012, S. X. Vgl. dazu Mańko, Contract law and the Digital Single Market – Towards a new EU online consumer sales law?, In-depth-analysis, PE 568.322, 2015, abrufbar unter ; Franceschi, EuCML 2015, 144; Clausnitzer, GmbHReport 2015, R170; Müller, GmbHReport 2015, R202. 28 Proposal for a Directive, 9.12.2015, COM(2015) 635 final (bisher nur auf Englisch). 29 Proposal for a Directive, 9.12.2015, COM(2015) 634 final (bisher nur auf Englisch). 30 Zuletzt erfolgte am 7. November 2016 die Stellungnahme des EU-Parlaments: Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz Rechtsausschuss, Entwurf eines Berichts, COM(2015)0634 – C8-0394/2015 – 2015/0287(COD), PE592.444v01-00. 31 Informationen dazu unter . 32 Vgl. dazu Commission Work Programme 2017, COM(2016) 710 final. 27
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Rahmen wurden Studien, Meinungsumfragen und Folgenabschätzungen durchgeführt.33 Diese Bewertungsphase mündete im Oktober 2017 in einem geänderten Richtlinienentwurf, der nicht mehr auf Online- oder Fernabsatzkäufe beschränkt ist, sondern alle Verbrauchsgüterkaufverträge erfasst.34 Der geänderte Entwurf verfolgt nach wie vor einen weitgehend vollharmonisierenden Ansatz und soll die VGK-RL sowie zwei weitere Richtlinien (über Unterlassungsklagen und über unlautere Geschäftspraktiken) ersetzen. Zu diesem Entwurf hat der Ausschuss des EU-Parlaments für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Februar 2018 Stellung genommen und zahlreiche Änderungen vorgeschlagen.35 Insbesondere schlägt der Ausschuss vor, die in Art. 3 des Entwurfs geregelte Vollharmonisierung in großen Teilen aufzuheben und nur für bestimmte Vorschriften gelten zu lassen. Die weitere Entwicklung dieses Richtlinienentwurfs bleibt jedoch noch abzuwarten. II. Andere Regelwerke Parallel zu der Entwicklung der PICC bediente man sich auch in Europa ab den 1980er Jahren nichtstaatlicher Methoden zur Weiterentwicklung des Rechts. So wurden mehrere soft law-Regelwerke sowie ein so genanntes „optionales Instrument“ (s.o. I. sowie sogleich ausf. unter 3.) entwickelt.36 Bei der Ausarbeitung wurde vor allem die Methode der Rechtsvergleichung angewandt, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Mitgliedstaaten herauszuarbeiten und den so genannten Acquis communautaire37 zu identifizieren. Man lehnte sich insbesondere an die US-amerikanische Methode der restatements an, die dort seit 1923 benutzt wird. Diese hat das Ziel, den gemeinsamen Kern der Rechtsordnungen der verschiedenen Bundesstaaten zu identifizieren und in Form von Regeln mit Anmerkungen zu formulieren, um ihn so insgesamt besser zugänglich zu machen.38
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Informationen und Ergebnisse abrufbar unter . Ein impact assessment ist laut dem Commission Work Programme (vorige Fn. 32) für das letzte Quartal 2017 ebenfalls schon geplant. 34 Geänderter Vorschlag vom 31.10.2017, COM(2017) 637 final. 35 Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie, 27.2.2018, PE593.817v04-00. 36 Einen guten Überblick über die Entwicklung der verschiedenen Instrumente gibt Zimmermann, JBl. 134 (2012), 2, 5 ff. 37 Vgl. dazu Schulte-Nölke, Juridica International 2008, 27 (abrufbar unter ). 38 Dazu Schulte-Nölke, in: Remien (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung und europäisches Vertragsrecht, 2008, S. 25, 26 ff.; Zimmermann, JBl. 134 (2012), 2, 5 f.; Aubert de Vincelles/Rochfeld, RDC 2008, 177.
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1. Grundregeln des europäischen Vertragsrechts (PECL) und Acquis Principles In diesem Sinne wurden zunächst von den 1980er Jahren an bis 2003 die Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts (Principles of European Contract Law, PECL)39 von einer privaten Gruppe von Wissenschaftlern um Ole Lando, der so genannten „Lando-Kommission“, ausgearbeitet. Die PECL wurden in drei Teilen (1995, 1999 und 2003) veröffentlicht.40 Da die Arbeit an den PECL in den 1980er Jahren und vor Erlass aller oben genannten Richtlinien über Verbraucherrecht aufgenommen wurde, enthielten die PECL jedoch keine Vorschriften zum Verbrauchervertragsrecht und mussten somit überarbeitet werden.41 Dazu bildete sich 2002 die European Research Group on the Existing EC Private Law, die so genannte Acquis Group, die 2007 und 2009 die Principles of the Existing EC Private Law (Acquis Principles, ACQP)42 vorlegte. Die ACQP hatten das Ziel, den aktuellen Stand des gesamten Europäischen Privatrechts wiederzugeben, beschränkten sich aber letztendlich ebenfalls auf das Vertragsrecht.43 2. Gemeinsamer Referenzrahmen (CFR) Ab 2003 rückte in der Diskussion innerhalb der EU außerdem die Idee eines „Gemeinsamen Referenzrahmens“ in den Vordergrund:44 Es sollte aus den verschiedenen bisherigen Ansätzen ein umfassendes Standard-Regelwerk zum Vertragsrecht entwickelt werden, um als Grundlage für die weitere europäische Zivilgesetzgebung zu dienen.45 Dieser Entwurf, der CFR46, wurde ab 2005 durch das Joint Network on European Private Law ausgearbeitet, ein aus acht internationalen Forschungsgruppen, u.a. auch der Acquis Group,
39 Principles of European Contract Law 2002 (Parts I, II, and III), abrufbar unter . 40 Vgl. zur Geschichte der PECL Zimmermann, JBl. 134 (2012), 2, 5; Gade, AGB im int. u. europ. Privatrecht, 2013, S. 32. 41 Vgl. Zimmermann, JBl. 134 (2012), 2, 6. 42 Acquis Principles (ACQP): Principles of the Existing EC Private Law, 2007; Principles of the Existing EC Contract Law, 2009. 43 Zu den ACQP ausf. Schulte-Nölke, Juridica International 2008, 27 ff. (Fn. 37); vgl. auch Aubert de Vincelles/Rochfeld, RDC 2008, 177. 44 Zur Vorgeschichte des CFR ausf. Schulte-Nölke, in: Remien (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung und europäisches Vertragsrecht, 2008, S. 25 ff.; Eidenmüller/Faust/ Grigoleit u.a., JZ 63 (2008), 529, 532 f.; Gade, AGB im int. u. europ. Privatrecht, 2013, S. 33 ff. 45 Zur umstrittenen Funktion des CFR sowie insbes. zu der Frage, ob ein „Europäisches Zivilgesetzbuch“ anvisiert wurde, vgl. Riesenhuber, ERCL 7 (2011), 115, 122 f. m.w.N. 46 S.o. Einleitung Fn. 39.
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bestehendes Netzwerk.47 Er erschien zunächst als Interim Outline Edition im Jahr 200848 und sodann als Full Edition im Jahr 200949. Jeder Artikel des CFR besteht aus rules, also ausformulierten Gesetzesvorschriften, aus comments, d.h. anschaulichen Erläuterungen mit Beispielen, und aus notes mit einem rechtsvergleichenden Überblick über die einzelnen nationalen Rechtsordnungen.50 3. Gemeinsames europäisches Kaufrecht (CESL) Schon seit 2001 hatte man als eine der möglichen Handlungsoptionen angedacht, ein fakultatives europäisches Vertragsrecht zu erlassen, das von den Parteien frei gewählt werden kann (optionales Instrument, s.o. § 3 C.I. bzw. zum Anwendungsmechanismus s.u. § 5 D.IV.).51 Ein entsprechender auf das Kaufrecht (im oben unter § 3 C.II. definierten Sinne) beschränkter Entwurf wurde dann nach Durchführung einer Konsultation und Machbarkeitsstudie52 2011 von der Kommission in Form einer Verordnung präsentiert (CESL-VO, auch teilweise als „Chapeau“ bezeichnet53)54. Dieser Verordnungsentwurf enthielt einige Artikel zu Definitionen und zum Anwendungsbereich und im Anhang den Inhalt des Kaufrechts, das CESL. Das CESL umfasste sowohl B2C- als auch (einen Teil der) B2B-Verträge (dazu unten § 5 D.III.). In den darauffolgenden Jahren gab es eine sehr intensive wissenschaftliche Diskussion zu diesem Entwurf: Viele Tagungen fanden statt55, zahlreiche Bücher56 und sogar schon mehrere umfassende Kommentare57 wurden geschrieben.
47 Eine Aufzählung aller Forschungsgruppen findet sich bei Leible, BB 2008, 1469, 1471. 48 von Bar/Clive/Schulte-Nölcke (Hrsg.), Draft Common Frame of Reference (DCFR). Interim Outline Edition, 2008. 49 von Bar/Clive (Hrsg.), Draft Common Frame of Reference (DCFR). Full Edition, 2009. 50 Vgl. zum Aufbau auch Schulte-Nölke, in: Remien (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung und europäisches Vertragsrecht, 2008, S. 25, 27. 51 Vgl. Mitteilung der Kommission, 11.7.2001, KOM(2001) 398 endg., S. 20. 52 Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie der Kommission (von Mai 2011) sind auf Englisch abrufbar unter . 53 So z.B. von Stuyck, Liber amicorum Hans Micklitz, 2014, S. 359, 361. 54 S.o. Einleitung Fn. 17. 55 Vgl. z.B. die folgenden Tagungsbände: Gebauer (Hrsg.), GEK – Anwendungsbereich und kollisionsrechtliche Einbettung, 2013; Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012; Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012; Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen u.a., in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 297; Hahn (Hrsg.), GEK, 2012; Alpa/Conte/Perfetti (Hrsg.), The proposed CESL, 2013; Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011; Lehmann (Hrsg.), CESL meets reality, 2015.
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Aufgrund starker Kritik von allen Seiten an Form und Inhalt nahm die Begeisterung für das CESL jedoch mit der Zeit ab.58 Im Februar 2014 veröffentlichte das Europäische Parlament seinen Bericht zum CESL mit vielen Änderungsvorschlägen59, in denen es den Anwendungsbereich erheblich einschränkte, nämlich auf Fernabsatzverträge (insbesondere online abgeschlossene Verträge)60. Im Dezember 2014 wurde der Entwurf des CESL sodann von der Kommission zurückgenommen,61 um einen modifizierten Entwurf auszuarbeiten. Das Ergebnis dieser „Modifizierung“ waren allerdings bisher nur die beiden Richtlinienvorschläge von Dezember 2015 (s.o. I.), die sich auf B2C-Kaufverträge im Fernabsatz und B2C-Verträge über digitale Inhalte beschränken. C. Deutschland Nach diesem Überblick über die geschichtliche Entwicklung auf internationaler bzw. europäischer Ebene soll nun die der nationalen Kaufrechte in Deutschland und Frankreich dargestellt werden, wobei besonders auf die Entwicklung der personalen Differenzierungen eingegangen werden soll. I. Römisches Recht und Mittelalter Das (deutsche und französische) Kaufrecht stammt ursprünglich vom Vertragstyp emptio venditio („Kauf-Verkauf“) aus dem römischen Recht ab, das für den Vertragsschluss keine weiteren Anforderungen als den Konsens stellte.62 Damals gab es kein Gewährleistungsrecht, sondern nur im Falle von ausdrücklichen Garantiestipulationen über bestimmte Eigenschaften konnte der Verkäufer ggf. einen Vertrauensschaden erstattet bekommen.63 Mit der Zeit hat sich daraus eine allgemein vermutete Zusicherung solcher Eigen56 Vgl. z.B. Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012; Ghazari-Arndt, Das GEK, 2014; Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The CESL in context, 2013; Deshayes (Hrsg.), Le droit commun européen de la vente, 2012. 57 Schulze, CESL Commentary, 2012; Schmidt-Kessel, GEK Kommentar, 2014. 58 Die Kritik betraf unter anderem den beschränkten Anwendungsbereich, den Anwendungsmechanismus sowie den materiellen Inhalt der Regelungen des CESL, vgl. repräsentativ zu den wesentlichen Kritikpunkten Grundmann, AcP 2012, 502, 540 ff.; Stadler, AcP 2012, 473, 500 f. 59 Europäisches Parlament, Legislative Entschließung vom 26.2.2014, PE 526.539, P7_TA-PROV(2014)02-26, S. 86 ff. 60 Vgl. Abänderung 26 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (vorige Fn. 59). 61 Vgl. Commission Work Programme 2015, COM(2014) 910 final, Nr. 60, S. 12. 62 Vgl. dazu ausf. HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 2 ff.; rechtsvergleichend Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014. 63 Forschner, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 199, 213 f.; Basedow, Die Reform des deutschen Kaufrechts (Gutachten), 1988, S. 12; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 25.
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schaften herausgebildet, die für den gewöhnlichen Gebrauch notwendig sind.64 Später entwickelten sich außerdem für den Fall des Fehlens solcher Eigenschaften die Möglichkeiten der Minderung (actio quanti minoris), der Rückabwicklung bzw. Wandelung (actio redhibitoria) und der allgemeinen Kaufklage (actio empti).65 Die ersten beiden Rechtsbehelfe stammten aus den Edikten (Verordnungen) der Ädile (hohe römische Beamte), die für den Viehund Sklavenhandel bestimmt waren und von den mit den Befugnissen einer Marktpolizei ausgestatteten Ädilen überwacht wurden.66 Eine Reparatur oder ein Austausch der „Kaufsache“ ergab beim Vieh- und Sklavenhandel aufgrund des individuellen Stückkaufs keinen Sinn (dazu auch unten § 10 A.I.1.). Gehaftet wurde außerdem nur für versteckte Mängel, die der Käufer nicht beim Kauf selbst bemerken konnte (dazu auch unten § 12 A.I.1.), denn dieser sollte grundsätzlich die Augen offen halten (Prinzip caveat emptor, d.h. „der Käufer möge sich vorsehen“).67 Die allgemeine Kaufklage actio empti war in allen anderen Situationen einschlägig und wurde im Hinblick auf Tatbestand (z.B. Kenntnis des Verkäufers von der Mangelhaftigkeit oder Verschulden) und Rechtsfolgen (z.B. Schadensersatz, aber auch Wandelung oder Minderung) durch den Richter bzw. den jahrhundertelangen Diskurs der römischen Juristen konkretisiert.68 Während des Mittelalters gab es einige unterschiedliche Regelungen aus Partikularrechten (d.h. nur auf ein Teilgebiet bezogene Rechte), die hauptsächlich für den örtlichen Marktkauf bestimmt waren und nur vereinzelt Gewährleistungsrechte enthielten.69 II. Erste Kodifikationen Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden einige Zivilrechtskodifikationen, die, ausgehend von der Rezeption des römischen und kanonischen Rechts, stets einen Abschnitt über den Kauf beinhalteten – so z.B. auch der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (CMBC) von 1756 und das Sächsische Bürgerliche Gesetzbuch von 1865.70 Das erste in den verschiedenen Bundesstaaten gleich64
Forschner, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 199, 214 f.; HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 4 (S. 80); Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 26. 65 Chiusi, Jura 2003, 217, 221. 66 HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 4 (S. 79 unten); Forschner, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 199, 215; Wagner, ZEuP 2012, 797, 798; Basedow, Die Reform des deutschen Kaufrechts (Gutachten), 1988, S. 12; Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 2. Band, 1958, S. 102 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 26. 67 Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 2. Band, 1958, S. 102; Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 23; HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 4 (S. 80). 68 Chiusi, Jura 2003, 217, 221 ff. 69 HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 BGB Rn. 7 (S. 45). 70 HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 BGB Rn. 7 (S. 46).
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lautende Gesetzbuch war das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB) von 1861, der Vorläufer des heutigen Handelsgesetzbuchs.71 Das ADHGB enthielt ausführliche Regelungen zum Kaufrecht (natürlich beschränkt auf Handelskäufe), aber auch zum Vertragsschluss und zum allgemeinen Leistungsstörungsrecht.72 Es galt als Reichsgesetz fort bis 1900. III. HGB und BGB 1900 Im Jahr 1900, als das BGB und das HGB in Kraft traten, wurden die meisten Vorschriften über den Kauf, die vorher im ADHGB nur für Handelskäufe geregelt waren, für alle personalen Konstellationen einheitlich in das BGB aufgenommen. Im HGB blieben nur ein paar Sonderbestimmungen über den Handelskauf.73 Das Kaufrecht in der ursprünglichen Version des BGB glich noch sehr den ädilizischen Rechtsbehelfen (s. soeben unter I.) und war stark am Stückkauf orientiert.74 Es wurde unterschieden zwischen Fehlern und subjektiven Eigenschaftszusicherungen (§ 459 BGB a.F.), wobei die Abgrenzung erhebliche Schwierigkeiten bereitete.75 Im Fall eines Fehlers konnte man nur die Mängelrechte der Wandelung (= Rücktritt) und der Minderung geltend machen (§ 462 BGB a.F.).76 Schadensersatz konnte der Käufer nur bei Arglist oder bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft verlangen (§ 480 Abs. 2 BGB a.F.), was dauerhaft sehr umstritten war.77 Lediglich in einer Sonderbestimmung für Gattungskäufe stand dem Käufer zusätzlich zu den anderen Rechtsbehelfen ein Recht auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache zu (§ 480 Abs. 1 S. 1 BGB a.F., s. dazu auch unten § 10 A.I.1.). Die Verjährung beschränkte sich für bewegliche Sachen auf sechs Monate.78 Der Kaufvertrag wurde im Laufe der Zeit immer stärker zum Massengeschäft.79 Dies führte u.a. dazu, dass 1976 ein Gesetz über Allgemeine Ge71 Zu den Abgrenzungsproblemen von Handelsrecht und bürgerlichem Recht im 19. Jahrhundert rechtsvergleichend Raisch, Die Abgrenzung des Handelsrechts vom bürgerlichen Recht, 1962. 72 HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 7 (S. 46). 73 HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 7 (S. 46). 74 HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 13 (S. 89). 75 HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 17; Forschner, in: Mattiangeli (Hrsg.), EmptioVenditio, 2014, S. 199, 214; Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 441 ff. 76 HKK/Ernst, 2013, 2013, §§ 434–445 Rn. 13; Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 465 ff. 77 Dazu ausf. HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 19; Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 475 ff. 78 Dazu ausf. HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 21; Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 485 ff. 79 Vgl. dazu auch HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 10 (S. 50).
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schäftsbedingungen (AGBG)80 erlassen wurde, das die immer häufiger auftretenden Standardvertragsbestimmungen (personal uneingeschränkt anwendbar) regulierte (s. dazu auch unten § 9 A.I.1.). IV. Internationalisierung: CISG und Verbraucherrecht Seit 1991, mit dem Inkrafttreten des CISG in Deutschland (s.o. A.II.), gelten für B2B-Kaufverträge in Deutschland zwei unterschiedliche Kaufrechte:81 Das CISG gilt bei grenzüberschreitenden B2B-Käufen (sofern nicht anders vereinbart), das BGB für alle anderen Fälle (ergänzt durch die vereinzelten Sonderbestimmungen über den Handelskauf in §§ 373–381 HGB). Zur Umsetzung der oben (B.I.) beschriebenen EU-Richtlinien zum Verbraucherrecht wurden ab den 1980er Jahren außerdem in Deutschland Sondergesetze mit Bezug zum Kaufrecht erlassen: zunächst 1986 das Haustürwiderrufsgesetz82, sodann 1996 einige Änderungen des AGB-Gesetzes für B2CVerträge83 und schließlich im Jahr 2000 das Fernabsatzgesetz84. Diese Gesetze beschränkten sich jeweils auf den von der entsprechenden Richtlinie umfassten Bereich. Die VGK-RL von 1999 wurde nach heftiger Diskussion nicht in einem Sondergesetz umgesetzt (so genannte „kleine Lösung“), sondern direkt im Rahmen der Schuldrechtsreform von 2002 in das allgemeine Kaufrechtsregime des BGB eingearbeitet (so genannte „große Lösung“).85 V. Schuldrechtsreform 2002 Die Schuldrechtsreform86, die 2002 in Kraft trat, reformierte das Kaufrecht grundlegend und orientierte sich dabei sowohl an den Regelungen des CISG als auch an den Regelungen der VGK-RL. Aus diesen beiden Regelwerken, die jeweils nur einen beschränkten personalen Anwendungsbereich aufweisen (CISG nur für B2B- und VGK-RL nur für B2C-Kaufverträge) kreierte man durch die Schuldrechtsreform ein einheitliches, in das allgemeine Schuldrecht und Leistungsstörungsrecht integriertes Kaufrecht für alle personalen Kons-
80 Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBGesetz), 9.12.1976 (AGBG), BGBl. I, 3317. 81 Vgl. dazu HKK/Ernst, 2013, Vor § 433 Rn. 12 (S. 54). 82 Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften, 16.1.1986, BGBl. I, 122. 83 Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung, 19.7.1996, BGBl. I, 1013. 84 Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts, 27.6.2000, BGBl. I, 897. 85 Dazu Arlt, Verbraucherschutz im reformierten Kaufrecht, 2010, S. 51 f.; Graf von Westphalen, BB 2005, 1 m.w.N. in Fn. 3; Dauner-Lieb, AnwBl. 2004, 597. 86 BGBl. I, 3138 (Einleitung Fn. 19).
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tellationen.87 Lediglich einige Sonderregeln für B2C-Verträge wurden im Untertitel „Verbrauchsgüterkauf“ in §§ 474–479 BGB eingefügt. Diese überschießende Umsetzung der VGK-RL führte später auch zu Problemen beim Versuch der einheitlichen personalen Auslegung (s. dazu bereits oben § 2 B. und im Detail unten § 10 A.I.2.c)aa) und § 10 A.I.2.c)bb)). Durch die Schuldrechtsreform wurde im Kaufrecht inhaltlich die Unterscheidung zwischen Fehlern und zugesicherten Eigenschaften abgeschafft, die Nacherfüllung als allgemeiner (vorrangiger) Rechtsbehelf für alle Käufe eingeführt (dazu ausf. unten § 10 A.I.1.) und das Kaufgewährleistungsrecht in das allgemeine Leistungsstörungsrecht integriert. So wurden die zuvor bestehenden Abgrenzungsprobleme (s.o. III.) beseitigt.88 Außerdem hob man die Verjährungsfrist für bewegliche Sachen auf grundsätzlich zwei Jahre an. Zu den einzelnen für diese Arbeit relevanten Regeln wird auf die ausführlichen Beschreibungen bei den jeweiligen Kapiteln des Besonderen Teils verwiesen (jeweils bei der „Rechtsvergleichenden Darstellung“ unter dem Punkt „Deutschland“, dort unter „geschichtliche Entwicklung“). VI. Neuere Änderungen Mit Wirkung zum Juni 2014 wurden die vollharmonisierende VR-RL (dazu oben B.I.) in das BGB integriert und der Abschnitt zu Widerrufsrechten und Informationspflichten an die Richtlinie angepasst (v.a. bei Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträgen, vgl. insbes. §§ 312 ff. BGB).89 Abgewartet werden kann nun, ob die neuen Richtlinienentwürfe zu Fernabsatz-B2CKaufverträgen und B2C-Verträgen über digitale Inhalte von 2015 tatsächlich zu geltendem EU-Recht werden (s.o. B.I.). Deren Umsetzung würde die Sonderbestimmungen im BGB zu Verbraucherverträgen im Bereich des Kaufrechts noch einmal erheblich verkomplizieren. Zum 1.1.2018 sind im Zuge der Reform des Bauvertragsrechts einige Änderungen im Bereich der personalen Differenzierung bei der kaufrechtlichen Mängelhaftung in Kraft getreten.90 Das neue Gesetz weitet insbesondere die Übernahme von Ein- und Ausbaukosten auf B2B-Verträge aus (dazu unten § 10 A.I.2.c)aa)). Zudem wurde dadurch der bisherige § 478 BGB (Regressregelung) ebenfalls auf B2B-Verträge ausgeweitet und die verbraucherrecht87 Zu diesem gesetzgeberischen Willen vgl. Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 446 m.w.N. in Fn. 225; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 467. 88 Vgl. zu den Änderungen HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 23 ff.; sehr ausf. Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Anwendung und Auswirkungen, 2002, Rn. 667 ff.; dies., Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 435 ff.; kritisch dazu Adomeit, NJW 2004, 579. 89 Durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.9.2013, BGBl. I, 3642. 90 BGBl. 2017 I, 969 (s. Einleitung Fn. 1).
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liche EuGH-Rechtsprechung zur Verweigerung der Nacherfüllung91 gesetzlich festgeschrieben (jedoch weiterhin beschränkt auf B2C-Verträge).92 D. Frankreich I. Römisches Recht und Mittelalter Bezüglich des römischen Rechts kann hier auf die Ausführungen zur Entwicklung des deutschen Rechts verwiesen werden (C.I.).93 Im Mittelalter gab es auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs ebenfalls viele unterschiedliche Partikularrechte, die sich meist auf den örtlichen Marktkauf bezogen94. Ab dem 12. Jahrhundert wurde zunehmend größerer Wert auf Käuferschutz gelegt und dabei v.a. gegen den Missbrauch der Machtposition des Verkäufers, zu hohe Preise, die Täuschung über die Qualität der Produkte u.Ä. vorgegangen.95 Von Seiten der Kirche war man allgemein dem Handel gegenüber feindselig eingestellt und betonte vor allem den Gerechtigkeitsgedanken und die Gleichwertigkeit der Leistungen.96 So entstanden zu dieser Zeit immer mehr und komplexere Regelungen zum Kaufrecht.97 II. Revolution Seit Ende des 16. Jahrhunderts weiteten sich der Handel und die Macht der Händler als soziale Klasse immer stärker aus. Die komplexen Regeln konnten daher nicht bestehen bleiben. Schon vor der Revolution 1789 herrschte faktisch eine absolute Handelsfreiheit (liberté de commerce bzw. dogme de
91 EuGH 16.6.2011, verbundene Rs. C-65/09 – Gebr. Weber GmbH ./. Jürgen Wittmer und C-87/09 – Ingrid Putz ./. Medianess Electronics GmbH, Slg. 2011, I-5257, ECLI: EU:C:2011:396, Rn. 78; im Anschluss daran BGH 21.12.2011, Weber, BGHZ 192, 148. Zur Änderung im Reformentwurf von 2016 vgl. Dauner-Lieb, NZBau 2015, 684, 688 f. 92 Vgl. zu den Änderungen der kaufrechtlichen Mängelhaftung ausf. Dauner-Lieb, NZBau 2015, 684; Höpfner/Fallmann, NJW 2017, 3745; Nietsch/Osmanovic, NJW 2018, 1; Langen, BauR 2017, 333; Graf von Westphalen, BB 2015, 2883; Ulber, JuS 2016, 584. 93 Auf Französisch dazu z.B. Ghestin/Desché, Traité des contrats. La vente, 1990, Rn. 15 (S. 11 ff.); Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 61 (S. 54); Paturet, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 223, 226 f.; Gazzaniga, JCP E, Cahiers de droit de l'entreprise, supplément 6 1997, 18 f. 94 Paturet, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 223, 227. 95 Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 3 ff. (S. 2 ff.). 96 Vgl. hierzu z.B. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 62 (S. 54 f.); Ghestin/Desché, Traité des contrats. La vente, 1990, Rn. 16 (S. 13); Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 4 (S. 2): Thomas von Aquin fand, es sollte allgemein rechtswidrig sein, eine Sache teurer zu verkaufen als man sie eingekauft hat (théorie du juste prix). Diese Auffassung konnte sich allerdings nicht durchsetzen. 97 Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 4 (S. 3).
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
l’autonomie de la volonté).98 Während die Verbraucher für käuferschützende Regelungen kämpften,99 herrschte, vor allem durch einige Gesetze von 1791,100 im Verkehr zwischen Handelsleuten eine umfassende Freiheit, die erst mit dem Code de commerce (CCom) von 1807 und einigen darauffolgenden Gesetzen wieder eingeschränkt wurde101. III. Code civil 1804 Während der CCom zu Beginn kaum Vorschriften über den Kaufvertrag enthielt, regelte man diesen umfassend im Cc von 1804. Dabei lehnte man sich stark an die ädilizischen Rechtsbehelfe des römischen Rechts (s.o. C.I.) an. Bis heute haben diese Vorschriften über den Kauf nur geringfügige Änderungen erfahren (denn die französische Schuldrechtsreform von 2016 betraf nur das allgemeine Schuldrecht, dazu unten VII.).102 So enthält das aktuelle Gewährleistungsrecht des Cc z.B. nur die Rechtsbehelfe der Wandelung und der Minderung (Art. 1644 Cc) und nach wie vor keinen Anspruch auf Nacherfüllung (s. dazu auch unten § 10 A.II.2.) und behält ebenfalls die schwierige Abgrenzung von Nichterfüllung der mangelfreien Leistung und verstecktem Mangel bei (s.u. § 5 F.). Ein erheblicher Unterschied zwischen dem römischen und dem aktuellen französischen Kaufrecht wird aber stets betont: Während bei der römischen emptio venditio der reine Kaufvertrag nicht zur Eigentumsübertragung genügte, ist dies nach dem heutigen französischen Zivilrecht grundsätzlich der Fall. Da sich diese Arbeit jedoch auf den vertragsrechtlichen Teil des Kaufrechts beschränkt, soll dieser Punkt hier nicht weiter ausgeführt werden.103 Allerdings entwickelte sich das Kaufrecht außerhalb des Cc auf mehreren Gebieten weiter.104 Ab 1978 wurden erstmals missbräuchliche Klauseln geregelt (dazu ausf. unten § 9 A.II.1.).105 Außerdem gab es, genau wie im deut98 Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 5 (S. 3 f.); Ghestin/Desché, Traité des contrats. La vente, 1990, Rn. 17 (S. 14 f.); ausf. dazu Pédamon/Kenfack, Droit commercial, 4. Aufl. 2015, Rn. 4 ff. (S. 5 ff.). 99 Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 5 (S. 3 f.). 100 Vgl. z.B. Art. 7 der Loi du 17 mars 1791 („Décret d’Allarde); Décret du 14 juin 1791 („Loi Le Chapelier“); dazu Pédamon/Kenfack, Droit commercial, 4. Aufl. 2015, Rn. 4 (S. 5). 101 Ausf. dazu Pédamon/Kenfack, Droit commercial, 4. Aufl. 2015, Rn. 5 ff. (S. 5 ff.): für den Kaufvertrag z.B. durch die Loi du 30 décembre 1906. 102 Gross/Bihr, Contrats, 2. Aufl. 2002, Rn. 17 (S. 21). 103 Dazu sehr ausf. Paturet, in: Mattiangeli (Hrsg.), Emptio-Venditio, 2014, S. 223 ff.; Alter, L'obligation de délivrance, 1972, S. 8 ff. 104 Es wird immer wieder von einer „Zersplitterung“ (éclatement) des französischen Kaufrechts gesprochen, vgl. z.B. Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 38 (S. 43 f.). 105 Durch Art. 35 der Loi n° 78-23 du 10 janvier 1978, JORF p. 301.
§ 4 Geschichtliche Entwicklung des Kaufrechts
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schen Recht (s.o. C.IV.), ab dem Inkrafttreten des CISG in Frankreich im Jahr 1988 ein spezielles Kaufrecht für grenzüberschreitende B2B-Verträge.106 IV. Verbraucherrecht (CCons) Auch das Verbraucherrecht entwickelte sich unabhängig vom Cc ab den 1970er Jahren durch den Erlass von Sondergesetzen weiter, u.a. durch das Gesetz über Haustürgeschäfte von 1972107, das 1989 zur Umsetzung der HaustürWR-RL noch einmal angepasst wurde108. 1993 wurden sodann alle verbraucherrechtlichen Regelungen in einem eigenen Verbrauchergesetzbuch, dem CCons, zusammengefasst.109 Dies fand durch eine so genannte codification à droit constant statt, d.h. eine bloße Kompilation der bereits bestehenden Gesetze, die im CCons geordnet zusammengefasst wurden, ohne dabei eine einheitliche Systematik zu entwickeln.110 Bei Umsetzung der Klausel-RL durch ein Gesetz von 1995111 wurden ebenfalls die Vorschriften über Standardvertragsbestimmungen angepasst und in den CCons verschoben (s. dazu unten § 9 A.II.1.). Die späteren Richtlinien wurden direkt durch Änderungen am CCons umgesetzt: Die FA-RL im Jahr 2000112, die VGK-RL im Jahr 2005113 (dazu sogleich mehr) und die VR-RL im Jahr 2014 durch die Loi Hamon114. Im Jahr 2016 fand erneut eine codification à droit constant des CCons statt, die den CCons neu strukturierte und nummerierte, jedoch auch einige kleinere inhaltliche Änderungen mit sich brachte. Insbesondere wurden die Definitionen des Unternehmers (s.u. § 6 B.I.) und des non-professionnel (s.u. § 6 A.IV.3.e)) gesetzlich festgeschrieben. Diese Gesetzesänderung geschah 106 Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 38 (S. 43 f.). 107 Loi n° 72-1137 du 22 décembre 1972, JORF p. 13348. 108 Loi n° 89-421 du 23 juin 1989, JORF p. 8047. 109 Durch die Loi n° 93-949 du 26 juillet 1993, JORF n° 171 p. 10538; dazu Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 227 ff., 351 ff.; Witz/Wolter, ZEuP 1995, 35; CalaisAuloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 38 (S. 35 ff.). 110 Vgl. dazu Raymond, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2014, Rn. 27 (S. 20) m.w.N.; Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 38 (S. 35 ff.); auf Deutsch erklärt auch bei Witz/Wolter, ZEuP 1995, 35, 38 f.; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 227 f. Es gab seitdem mehrere Versuche, das Verbraucherrecht grundlegend und zusammenhängend zu reformieren, was bisher aber nicht gelungen ist, s. dazu Art. 35 der Loi n° 2008-3 du 3 janvier 2008, JORF n° 3 p. 258, texte n° 1; Art. 63 der Loi n° 2010-737 du 1er juillet 2010, JORF n° 151 p. 12001, texte n° 1 sowie aktuell: Art. 161 der Loi n° 2014-344 du 17 mars 2014, JORF n° 65 p. 5400, texte n° 1. 111 Loi n° 95-96 du 1 février 1995, JORF n° 28 p. 1755; vgl. dazu ausf. Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 457 ff. 112 Ordonnance no 2001-741 du 23 août 200, JORF n° 196 p. 13645, texte n° 6. 113 Ordonnance n° 2005-136 du 17 février 200, JORF n° 41 p. 2778, texte n° 26. 114 Loi n° 2014-344 (Fn. 110).
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
aufgrund des Art. 161 der besagten Loi Hamon,115 der die französische Regierung dazu ermächtigte, den CCons per Verordnung zu reformieren. Die diesbezüglichen Verordnungen116 traten am 1. Oktober 2016 Jahr in Kraft. V. Umsetzung der VGK-RL Mit Erlass der VGK-RL von 1999 begannen in Frankreich außerdem (ähnlich wie in Deutschland, s.o. C.IV.) langjährige Diskussionen über deren mögliche Umsetzung. Zwei Möglichkeiten standen zur Debatte: eine „große Lösung“ (Eingliederung der Regelungen der Richtlinie in das allgemeine Kaufrecht des Cc, verbunden mit einer Modernisierung) oder eine „kleine Lösung“ (lediglich zusätzliche Übernahme der neuen Vorschriften in den CCons, beschränkt auf Verbrauchsgüterkäufe, unter Beibehaltung aller alten Regeln).117 Schließlich entschied man sich nach langjähriger Ausarbeitung eines „großen“ Reformentwurfs durch eine Expertengruppe (so genanntes Avant-projet Viney)118 im Jahr 2005 für die (verspätete) Umsetzung durch die „kleine Lösung“.119 Dies führte zu einem sehr komplizierten, schwer abzugrenzenden Nebeneinander mehrerer Gewährleistungsregime (s.u. § 5 F.).120 VI. Handelsrecht (CCom) Auch der CCom wurde im Jahr 2000 noch einmal grundlegend erneuert. Mit der Zeit waren nämlich die meisten Regelungen durch Sondergesetze verändert worden, sodass im alten CCom nur noch wenige Artikel übrig blieben.121 Der Nouveau code de commerce basierte allerdings, genau wie der CCons (s. soeben unter IV.) nicht auf einer systematischen, kohärenten Überarbeitung, sondern aufgrund fehlenden politischen Willens auf einer recomposition à droit constant: Alle Gesetze und Verordnungen wurden neu sortiert und neuen Kapitelnummern zugeordnet, inhaltlich aber nicht verändert.122
115
Loi n° 2014-344 (Fn. 110). Ordonnance n° 2016-301 du 14 mars 2016, JORF n° 64, texte n° 29 (partie législative); Décret n° 2016-884 du 29 juin 2016, JORF n° 151, texte n° 62 (partie réglementaire). 117 Dazu Tournafond, D. 2002, 2883; Pelet, REDC 2000, 41, 59; Bartfeld, Das Sachleistungsvertragskonzept, 2009, S. 285 ff. m.w.N.; Frizberg, ZfRV 2003, 203; ausf. zum Inhalt des Entwurfs Peterl, Deutsches und französisches Kaufrecht und die VGK-RL, 2004. 118 Rapport général du groupe de travail sur l'intégration en droit français de la directive 1999-44, abrufbar unter . 119 Loi n° 93-949 (Fn. 109). 120 Pelet, REDC 2000, 41; vgl. auch S. 5 des Avant-projet Viney (s.o. Fn. 118): „complexité indescriptible“. 121 Pédamon/Kenfack, Droit commercial, 4. Aufl. 2015, Rn. 7 (S. 10 f.). 122 Dazu Pédamon/Kenfack, Droit commercial, 4. Aufl. 2015, Rn. 7 (S. 10 f.); kritisch dazu auch Licarci/Bauerreis, ZEuP 2004, 132 ff. 116
§ 5 Anwendungsbereiche
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VII. Code civil – Reformen Das Kaufrecht des Cc blieb von all dieser Gesetzgebung so gut wie unberührt. Allerdings gab es im Laufe der Zeit immer wieder Projekte für eine umfassende Reform des Vertragsrechts des Cc, durch die teilweise auch Regelungen aus dem CCons und dem CCom in den Cc integriert werden sollten. Erwähnenswert sind v.a. die folgenden Entwürfe: das Avant-projet Catala von 2005123 zur Reform des allgemeinen Schuldrechts sowie des Verjährungsrechts, das Projet de la Chancellerie von 2008/2009124 zur Reform des Vertragsrechts und der Rapport Terré von 2008125 zur Reform des Vertragsrechts. Diese Entwürfe wurden nicht umgesetzt. Durch ein Gesetz (réforme du droit des obligations, d.h. Schuldrechtsreform) vom 16. Februar 2015126 und eine Verordnung vom 10. Februar 2016127 wurde ein großer Teil des französischen Schuldrechts des Cc mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 reformiert.128 Diese Reform betrifft jedoch nur das allgemeine und nicht das besondere Schuldrecht. Die Association Henri Capitant hat am 26.6.2017 außerdem dem Justizministerium einen Reformentwurf für die Überarbeitung des besonderen Schuldrechts vorgelegt.129 Dieser Entwurf sieht vor, unter Vereinfachungen inhaltlich das Kaufrecht des Cc weitestgehend beizubehalten und berührt das Gewährleistungsrecht des CCons nicht. Ob der Entwurf tatsächlich zu einer Reform des besonderen Kaufrechts stattfinden wird, bleibt abzuwarten.
§ 5 Anwendungsbereich der verschiedenen Kaufrechte § 5 Anwendungsbereiche
Nachdem die historische Entwicklung auf den verschiedenen Regelungsebenen vorgestellt wurde, soll nun kurz auf den aktuellen Anwendungsbereich 123 Catala, Avant-projet de réforme, abrufbar unter . 124 Ministère de la justice, Projet de réforme du droit des contrats, Mai 2009, abrufbar unter . 125 Terré, Pour une réforme du droit des contrats, 2008. 126 Loi n° 2015-177 du 16 février 2015 relative à la modernisation et à la simplification du droit et des procédures dans les domaines de la justice et des affaires intérieures (1), JORF n° 40 p. 2961, texte n° 1. 127 Ordonnance n° 2016-131 du 10 février 2016 portant réforme du droit des contrats, du régime général et de la preuve des obligations, JORF n° 35, texte n° 26. 128 Diesbezüglich hat der französische Senat im Rahmen der nach Inkrafttreten erfolgenden Ratifikation mit Wirkung zum Oktober 2018 noch einige kleine Änderungen vorgenommen, Loi n° 2018-287 du 20 avril 2018, JORF n° 9, texe n° 1. 129 Association Henri Capitant, Avant-projet de réforme du droit des contrats spéciaux, 26.6.2017, abrufbar unter .
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
(persönlich, sachlich, ggf. territorial) der zu untersuchenden internationalen Regelwerke eingegangen werden sowie auf den Mechanismus, wie diese zur Anwendung gelangen (z.B. opt-in oder opt-out, mit oder ohne Vorschaltung des Internationalen Privatrechts [IPR]). Auch beim nationalen Recht soll auf den Anwendungsbereich der einzelnen Kaufrechtsregime und Sonderregelungen eingegangen werden. A. CISG Das CISG findet nach seinem Art. 1 Abs. 1 sachlich immer dann Anwendung, wenn ein Kaufvertrag über Waren, d.h. über bewegliche Sachen,130 vorliegt. Räumlich ist es dann anwendbar, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassungen in Vertragsstaaten des CISG131 haben oder die Regeln des IPR zur Anwendung des Rechts eines Mitgliedstaats führen (Art. 1 Abs. 1 lit. a und b). Es beschränkt sich allerdings auf grenzüberschreitende Verträge (Niederlassungen in verschiedenen Staaten). Der persönliche Anwendungsbereich des CISG ist zwar nach dem Wortlaut nicht beschränkt. Allerdings ist das CISG nicht anwendbar „auf den Kauf von Ware für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie oder im Haushalt“ (Art. 2 lit. a), sodass nach dem Verwendungszweck der Kaufsache faktisch B2C-Verträge132 ausgeschlossen werden.133 Das CISG ist grundsätzlich innerhalb seines Anwendungsbereichs automatisch anwendbar. Es ist sowohl in Deutschland als auch in Frankreich geltendes Recht, das ex officio vom Richter angewendet werden muss, es sei denn, die Parteien haben es ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 6 CISG).134 Es folgt also dem opt-out-Prinzip.135 Außerhalb seines Anwendungsbereichs kann es darüber hinaus durch Vereinbarung (opt-in) als auf einen bestimmten Vertrag
130
Die Verordnung selbst enthält zwar keine Definition für „Waren“, jedoch ist dies in Rspr. u. Lit. allgemein anerkannt, vgl. UNCITRAL (Hrsg.), Digest of Case Law, 2016, Art. 1 CISG Anm. 21; Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 1 CISG Rn. 6. 131 Für eine aktuelle Übersicht der Vertragsstaaten s. Fn. 7. 132 Wobei „C2B-Verträge“ eingeschlossen bleiben, wenn also ein Verbraucher an einen Unternehmer verkauft, vgl. dazu Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 2 Rn. 11. 133 Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 2 CISG Rn. 2: Dies ist zumindest das Ziel des Art. 2 lit. a, um nationale Verbraucherschutzvorschriften nicht zu beschränken. Dies kann aber nicht immer gelingen, da nationale Verbraucherschutzvorschriften unterschiedliche Anwendungsbereiche haben können, vgl. Schlechtriem/Schwenzer/ Ferrari Art. 2 Rn. 7 ff. 134 Schlechtriem/Schwenzer/Ferrari Art. 6 Rn. 7 m.w.N.; Staudinger/Magnus (2013), Art. 6 CISG Rn. 8. 135 Staudinger/Magnus (2013), Art. 6 CISG Rn. 8; Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 6 CISG Rn. 1.
§ 5 Anwendungsbereiche
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anwendbares Recht gewählt werden.136 Das CISG verdrängt gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. a auch das IPR zumindest dann, wenn sich der Fall zwischen zwei CISG-Vertragsstaaten abspielt.137 In Fällen mit Drittstaatenberührung beruft das CISG zunächst gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b das IPR zur Anwendung. Falls in diesem Fall Vertragsstatut die Rechtsordnung eines CISG-Vertragsstaates ist, findet das CISG ebenfalls mangels gegenteiliger Parteivereinbarung innerhalb seines Anwendungsbereichs automatisch Anwendung.138 B. PICC Die PICC sind sachlich sehr weit gefasst, denn sie umfassen laut S. 1 der Präambel alle commercial contracts, d.h. Handelsverträge, und sind nicht (wie das CISG) auf Kaufverträge beschränkt. Dadurch werden in persönlicher Hinsicht wiederum Verbraucherverträge (B2C-Verträge) ausgeschlossen, da für diese laut den PICC viele nationale, oft zwingende Sonderregelungen bestehen.139 Räumlich sind die PICC auf „internationale“ Verträge begrenzt, was aber weit verstanden wird: Das Vorliegen eines internationalen Elements soll dafür genügen.140 Die PICC sind nur anwendbar, wenn die Parteien explizit deren Anwendbarkeit vereinbaren (opt-in, vgl. S. 2 der Präambel). Außerdem können sie als Auslegungshilfe für internationales und nationales Recht verwendet werden oder als Modellgesetz für Gesetzgeber dienen (S. 5–7 der Präambel). Da die PICC kein – wie von Art. 3 Rom I-VO gefordert – staatliches Recht sind, stellt ihre Vereinbarung allerdings unter dem Blickwinkel des IPR keine kollisionsrechtliche Rechtswahl dar (d.h. eine Rechtswahl unter Ausschluss des zwingenden Rechts des Vertragsstatuts, das ohne Rechtswahl anwendbar wäre). Stattdessen liegt in diesem Fall eine bloße materiellrechtliche Rechtswahl141 vor (d.h. eine Rechtswahl auf der Ebene der Anwendung des nach den Regeln des IPR bestimmten Vertragsstatuts).142
136
Staudinger/Magnus (2013), Art. 6 CISG Rn. 62 ff.; Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 6 CISG Rn. 1. 137 MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Vorbem. zum CISG Rn. 4; Honsell/Siehr, Art. 1 Rn. 7 ff. 138 MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Vorbem. zum CISG Rn. 4; Honsell/Siehr, Art. 1 Rn. 15 ff. 139 PICC, Preamble, Comment 2. 140 PICC, Preamble, Comment 1. Auch bei rein nationalen Verträgen ist eine Einwahl in die PICC durch Privatpersonen allerdings innerhalb der Grenzen des nationalen zwingenden Rechts möglich, vgl. PICC, Preamble, Comment 3. 141 Zur Unterscheidung vgl. von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 369 ff. 142 MüKoBGB/Martiny, 6. Aufl. 2015, Art. 3 Rom I-VO Rn. 33; von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 370.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
C. CFR Der CFR ist in seinem sachlichen Anwendungsbereich ebenfalls sehr weit gefasst. Er umfasst primär laut Art. 1.-1:101 „contracts and other juridical acts, contractual and non-contractual rights and obligations and related property matters“, d.h. nicht nur Verträge, sondern auch außervertragliche Verpflichtungen sowie damit verbundene Eigentumsfragen. Persönliche oder räumliche Beschränkungen des Anwendungsbereichs enthält der CFR an sich nicht. Allerdings versteht er sich ausdrücklich als rechtsvergleichende Zusammenstellung (restatement, s.o. § 4 B.II.) der Rechte der Mitgliedstaaten der EU, sodass er räumlich vor allem für diese von Relevanz ist. Der CFR ist grundsätzlich in seiner bestehenden Form nicht dafür gedacht, ihn in der Praxis als auf einen bestimmten Vertrag anwendbares Recht zu wählen.143 Er hatte vielmehr das Ziel, als Grundlage für eine Revision des Gemeinschaftsrechts-Acquis und für spätere EU-Gesetzgebungsvorhaben (wie z.B. das damals schon angedachte optionale Instrument, s.o. § 4 B.II.3.) zu dienen.144 Gerade dies macht den CFR für die vorliegende Untersuchung besonders interessant: Er spiegelt repräsentativ die Mehrheit der Rechtsordnungen der EU-Mitgliedstaaten wider – vor allem auch derjenigen, die hier nicht genauer untersucht werden können. D. CESL Beim CESL hatte man sich für die Regelungen über die Anwendbarkeit teilweise gänzlich neuartige Vorschriften ausgedacht. Diese variierten zudem noch einmal erheblich zwischen dem ursprünglichen Entwurf von 2011 und dem Änderungsvorschlag des Parlaments von 2014 (s.o. § 4 B.II.3.). Hier soll ein Überblick über beide gegeben werden. I. Sachlicher Anwendungsbereich Das CESL war sachlich auf Kaufverträge (über bewegliche Sachen145), Verträge über die Bereitstellung digitaler Inhalte und Verträge über verbundene Dienstleistungen beschränkt, Art. 5 CESL-VO. Das Parlament hatte 2014 vorgeschlagen, diesen Anwendungsbereich nur auf „Fernabsatzverträge, einschließlich Online-Verträge“ mit dem genannten Inhalt zu reduzieren.146 143
Natürlich kann er trotzdem aufgrund der Privatautonomie innerhalb der Grenzen des zwingenden Rechts materiellrechtlich als anwendbares Recht vereinbart werden. In diesem Fall steht er zum IPR im gleichen Verhältnis wie die PICC (s.o. § 5 B.), dazu Stürner, GPR 2011, 236, 237. 144 Dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Introduction Rn. 6, 8, 49. 145 Art. 2 lit. k i.V.m. lit. h CESL-VO. 146 Abänderung 61 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59).
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II. Räumlicher Anwendungsbereich Räumlich war das CESL nach Art. 4 CESL-VO auf grenzübergreifende Verträge beschränkt, d.h. auf Fälle, in denen die Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in unterschiedlichen Staaten hatten, von denen einer ein EUMitgliedstaat war. Bei B2C-Verträgen genügte es dafür aber schon, dass die Anschrift des Verbrauchers, die Lieferanschrift oder die Rechnungsanschrift in einem anderen Staat lag als der des gewöhnlichen Aufenthalts des Unternehmers. Allerdings hätten die Mitgliedstaaten gemäß Art. 13 lit. a CESL-VO beschließen können, dass das CESL auch für Verträge verwendet werden darf, bei denen beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat haben. III. Persönlicher Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich des CESL enthielt eine interessante Neuerung: Er war weder (wie CISG und PICC) auf B2B-Verträge beschränkt, noch (wie die EU-Richtlinien) auf B2C-Verträge. Stattdessen stellte er andere Voraussetzungen auf: Zum einen musste der Verkäufer der Waren (oder Lieferant digitaler Inhalte) stets Unternehmer sein (Art. 7 Abs. 1 S. 1 CESLVO). Zum anderen enthielt Art. 7 Abs. 1 S. 2 die folgende Einschränkung: „Sind alle Parteien Unternehmer, kann das Gemeinsame Europäische Kaufrecht verwendet werden, wenn mindestens eine dieser Parteien ein kleines oder mittleres Unternehmen ist.“ Das CESL war also beschränkt auf die folgenden persönlichen Konstellationen: B2C, „B2SME“ und „SME2B“.147 Anders formuliert war es nicht anwendbar, wenn der Verkäufer Verbraucher war oder beide Parteien größere Unternehmen waren. „Kleine und mittlere Unternehmen“ (KMU) wurden in Art. 7 Abs. 2 CESL-VO definiert und lagen dann vor, wenn sie weniger als 250 Personen beschäftigten (lit. a) und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. € oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. € aufwiesen (lit. b). Grund für diese Beschränkung im CESL war, dass bei KMU (die 99 % der Unternehmen in der EU darstellen148) eine besondere Schutzwürdigkeit angenommen wurde: Für KMU seien die unterschiedlichen Vertragsrechte der Mitgliedstaaten ein besonders starkes Hemmnis in Bezug auf die grenzüberschreitende Verkaufstätigkeit, während größere Unternehmen ohnehin Filia-
147
SME = small and medium enterprises (d.h. KMU), wobei hier B (business) weiterhin als Oberbegriff für alle Arten von Unternehmern steht und somit auch KMU mit einschließt. Daher sind natürlich auch „SME2C“- und „SME2SME“-Fälle vom Anwendungsbereich erfasst. 148 Mitteilung der Kommission, KOM(2005) 551 endg., S. 3.
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len in den einzelnen Mitgliedstaaten unterhalten könnten.149 Insofern wurde auch häufig diskutiert, für KMU Sonderregeln ähnlich den Verbraucherschutzregelungen im Rahmen des Vertragsrechts zu erlassen – oder gar diese in den Verbraucherschutz einzubeziehen.150 Im Bereich des Kaufrechts wurde allerdings die Beschränkung im CESL heftig kritisiert: Zwar wurde die Notwendigkeit des Schutzes von KMU erkannt. Es leuchtete jedoch nicht ein, warum man Verträge zwischen größeren Unternehmen deshalb vom Anwendungsbereich ausschließen sollte.151 Zudem erschien die Grenzziehung zu KMU sehr willkürlich.152 Daher schlug das Europäische Parlament später vor, diese Beschränkung auf KMU zu streichen und das CESL auf alle B2C- und B2B-Verträge (nicht jedoch C2B oder C2C) anzuwenden.153 Auch vor diesem Änderungsvorschlag hatten die Mitgliedstaaten außerdem die Möglichkeit, auf nationaler Ebene zu beschließen, dass das CESL über seinen Anwendungsbereich hinaus auf alle B2B-Geschäfte angewendet werden darf (Art. 13 lit. b CESL-VO). IV. Anwendungsmechanismus und IPR Anders als das CISG war das CESL jedoch als ein so genanntes optionales Instrument ausgestaltet (s. bereits oben § 4 B.II.3.). Es sollte also ein neben den nationalen Rechtsordnungen bestehendes fakultatives Vertragsrecht darstellen, das von den Parteien erst als anwendbares Recht gewählt werden musste (opt-in-Mechanismus, Art. 8 CESL-VO).154 Interessant und sehr kontrovers ist dabei auch die Frage nach dem Zusammenspiel dieser Rechtswahl des CESL mit dem IPR, insbesondere mit dem Günstigkeitsprinzip des Art. 6 Abs. 2 Rom I-VO.155 Während das CISG innerhalb seiner Vertragsstaaten automatisch Anwendung findet, ohne dass 149 S. die Begründung des CESL: KOM(2011) 635 endg. (Einleitung Fn. 17), S. 2; Jacquemin, in: Deshayes (Hrsg.), Le DCEV, 2012, S. 63, 76. 150 Dazu ausf. Hesselink, Essays Ewoud Hondius, 2007, S. 349 ff.; Stuyck, EUVR 2 (2013), 120 ff.; viele der Beiträge in Mäsch/Schulze/Wicker (Hrsg.), Petites et moyennes entreprises, 2013. 151 So z.B. Pfeiffer, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 35, 39; Doralt, in: Deshayes (Hrsg.), Le DCEV, 2012, S. 91, 93. 152 Hesselink, Essays Ewoud Hondius, 2007, S. 349, 361 f. 153 Vgl. Abänderung 70 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 154 Dazu auch Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401, 403, 406. 155 Vgl. dazu z.B. Corneloup, ZEuP 2012, 705; Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401; von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365; Mankowski, RIW 2012, 97; Mansel, WM 66 (2012), 1253; Rühl, MJ 19 (2012), 148; Stadler, AcP 2012, 473; Gebauer (Hrsg.), GEK – Anwendungsbereich und kollisionsrechtliche Einbettung, 2013; Kohler, Essays Hans Van Loon, 2013, S. 259; Lagarde, Essays Hans Van Loon, 2013, S. 287; Leible, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 21.
§ 5 Anwendungsbereiche
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vorher das anwendbare Recht nach dem IPR bestimmt werden muss (s. soeben unter A.),156 hat sich im CESL die Kommission gemäß Erwgr. 10 CESL-VO für eine Vorschaltung des IPR wie folgt entschieden: Das CESL wäre als „zweites Vertragsrechtsregime“ neben jedem Kaufrecht der Mitgliedstaaten zur Wahl der Parteien gestanden. Dessen Vereinbarung hätte daher keine kollisionsrechtliche Rechtswahl dargestellt, sondern eine materiellrechtliche Rechtswahl (s. soeben unter B.).157 Somit hätte also im Falle der Wahl des CESL in einem ersten Schritt nach den Regeln des IPR (oder nach einem ebenfalls gewählten nationalen Recht) das anwendbare Vertragsstatut bestimmt werden müssen. Innerhalb dieser anwendbaren Rechtsordnung hätte in einem zweiten Schritt das „deutsche“ CESL bzw. „französische“ CESL etc. gewählt werden können.158 Dieser Mechanismus warf einige Probleme auf, v.a. bei B2C-Verträgen aufgrund des Günstigkeitsprinzips des Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO. Zu diesem Punkt führten Kommission und Parlament Folgendes aus: Da der Günstigkeitsvergleich zwischen dem gewählten Vertragsstatut und der Rechtsordnung, die ohne Rechtswahl anwendbar gewesen wäre, letztlich auf einen „Vergleich zwischen den zwingenden Vorschriften zweier identischer zweiter Regimes des Vertragsrechts hinausliefe“ (z.B. zwischen dem „deutschen CESL“ und dem „französischen CESL“), hätte er hier keine „praktische Relevanz“.159 Dies ist allerdings nicht so unproblematisch wie es klingt, da es keinen Grund gibt, warum das gewählte CESL nur mit den Vorschriften des CESL des anderen Mitgliedstaates hätte verglichen werden sollen, und nicht mit dessen autonomem Verbraucherrecht. Dieser Widerspruch wäre nur schwer aufzulösen gewesen.160 Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass im Falle eines zukünftigen Kaufrechtsinstruments eine weniger komplexe Lösung für dessen Verhältnis zum IPR gefunden wird. E. Deutschland In Deutschland ist, wie oben bereits erwähnt, das Kaufrecht für alle Personen grundsätzlich in §§ 433 ff. BGB geregelt. Diese sind auf alle Kaufverträge (über bewegliche und unbewegliche Sachen) anwendbar und enthalten vor allem das Gewährleistungsrecht. Für alle Fragen, die nicht in diesen Sonder156 Als Auffangtatbestand wird auch im CISG das IPR gemäß Art. 1 Abs. 1 lit. b vorgeschaltet, allerdings in anderer Weise als beim CESL, vgl. von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 373. 157 von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 367 f., 372 f.; Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401, 420 f. 158 von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 367 f., 372 f. Vgl. auch Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401, 418 ff.; Corneloup, ZEuP 2012, 705, 712 ff. 159 Erwgr. 12 CESL-VO, erläutert in Abänderung 6 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 160 Ausf. von Hein, FS Dieter Martiny, 2014, S. 365, 379 ff.; Rühl, MJ 19 (2012), 148, 158 ff.; Stadler, AcP 2012, 473, 479 f.; Fornasier, RabelsZ 76 (2012), 401.
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regeln für das Kaufrecht enthalten sind (z.B. Vertragsschluss, allgemeine Geschäftsbedingungen, allgemeines Leistungsstörungsrecht), gilt das allgemeine Schuldrecht der §§ 241–432 BGB. Innerhalb des BGB gibt es jedoch einige Sonderregeln mit beschränktem personalen oder sachlichen Anwendungsbereich. So enthalten die §§ 474–479 BGB vorrangige Sonderbestimmungen für B2C-Kaufverträge über bewegliche Sachen (Verbrauchsgüterkäufe). Im allgemeinen Schuldrecht gibt es z.B. in § 310 BGB Sonderregeln für B2B-Verträge und B2C-Verträge in Bezug auf Allgemeine Geschäftsbedingungen (s.u. § 9 A.I.2.). Außerdem gibt es in den §§ 312 ff. BGB, wie schon erwähnt, situative Sonderbestimmungen (z.B. Fernabsatzverträge, Außergeschäftsraumverträge etc.). Auch im HGB, das nur für Kaufleute anwendbar ist, findet man einige Sondervorschriften, die für das Kaufrecht relevant sind, insbesondere die §§ 373–382 HGB für den Handelskauf. Voraussetzung dafür ist ein beiderseitiges Handelsgeschäft i.S. des § 343 HGB, d.h. für beide Seiten ein Geschäft eines Kaufmanns, das zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört. Der Kaufmannsbegriff gemäß §§ 1 ff. HGB umfasst jeden, der einen Gewerbebetrieb betreibt. Er ist mit dem Unternehmerbegriff nach deutschem Recht nicht identisch, nähert sich diesem jedoch stark an,161 sodass wir hier für unsere Untersuchung vereinfacht von „B2B-Verträgen“ sprechen können (dazu unten § 6 B.IV.). F. Frankreich In Frankreich ist der Kaufvertrag (über bewegliche und unbewegliche Sachen) grundsätzlich personal unbeschränkt in den Art. 1582–1701 Cc geregelt. Diese werden ergänzt durch das allgemeine Vertragsrecht der Art. 1101 ff. Cc. Im CCom bestehen daneben einige Sonderregeln, die auch das Kaufrecht betreffen können, wie z.B. Art. L 442-6 Abs. 1 Nr. 2 CCom für die Klauselkontrolle (dazu ausf. unten § 9 A.II.2.d)). Zudem sind im CCom einige wettbewerbsrechtliche Sonderbestimmungen über den Kauf enthalten, wie z.B. die Art. L 310-1 ff. Auch im CCons bestehen einige (auf B2C-Verträge beschränkte) Sonderregelungen, z.B. die Art. L 221-1 ff. für Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge oder die Art. L 212-1 ff. für die Klauselkontrolle (dazu ausf. unten § 9 A.II.2.b)). Für das Kaufrecht im engeren Sinne, das Gewährleistungsrecht des Käufers, gibt es allerdings in Frankreich aktuell drei verschiedene Regime mit unterschiedlichen, sich teilweise überlappenden und nicht leicht voneinander
161
Vgl. dazu MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, Vor §§ 13, 14 Rn. 115.
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abgrenzbaren Anwendungsbereichen.162 Davon sind zwei im Cc enthalten, nämlich die garantie des vices cachés (Gewährleistung für versteckte Mängel, nachfolgend I.) und die obligation de délivrance conforme (Pflicht zur Lieferung einer vertragsgemäßen Sache, nachfolgend II.). Diese führen bei Pflichtverletzungen jeweils zu unterschiedlichen Rechtsbehelfen. Daneben enthält der CCons seit der Umsetzung der VGK-RL (dazu oben § 4 D.V.) ein eigenes, vollständiges Gewährleistungsregime, die garantie de conformité, die speziell für B2C-Verträge gilt (nachfolgend III.). Hier soll kurz nacheinander auf den Anwendungsbereich jedes der drei Gewährleistungsregime eingegangen werden. Bei der detaillierten Rechtsvergleichung im Besonderen Teil werden die einschlägigen Regelungen dieser drei französischen Regime stets getrennt voneinander darzustellen sein. I. Garantie des vices cachés Die Haftung für versteckte Mängel ist in den Art. 1641 ff. Cc geregelt und in ihrem personalen Anwendungsbereich nicht beschränkt. Sachlich ist sie auf alle Kaufverträge (über bewegliche und unbewegliche Sachen) anwendbar. Die Rechtsfolgen der vice-caché-Haftung treten dann ein, wenn sich die Kaufsache nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet (Art. 1641 Cc: „défauts […] qui la rendent impropre à l'usage auquel on la destine“).163 II. Obligation de délivrance conforme Davon abzugrenzen ist die Verletzung der obligation de délivrance conforme, also der Lieferpflicht aus Art. 1603 f. Cc164. Diese Verpflichtung ist ebenfalls auf alle personalen Konstellationen und alle Kaufgegenstände anwendbar. Eine solche Nichtleistung (inexécution) liegt dann vor, wenn eine nicht vertragsgemäße Sache geliefert wird. In Abgrenzung zur vice-caché-Haftung kommt es hier nicht auf die Eignung der Sache zur gewöhnlichen Verwendung an, sondern darauf, ob sie die vertraglich vereinbarten Eigenschaften aufweist.165 Diese Abgrenzung ist teilweise schwierig. Allerdings überschnei162 Darauf weisen auch z.B. Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 316 ff. (S. 286 ff.) oder Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 280 (S. 193) hin. 163 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 378 (S. 247), Rn. 387 (S. 254); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11228 (S. 178). 164 Teilweise wird die Rechtsgrundlage der délivrance conforme auch auf Art. 1243 Cc oder auf Art. 1134 Cc gestützt, vgl. dazu m.w.N. Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 114 (S. 126). 165 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 299 (S. 203) sowie Rn. 285 (S. 196 f.); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11228 (S. 176 ff.).
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
den sich laut der aktuellen Rechtsprechung die beiden Pflichten nicht, sondern eine klare Abgrenzung ist in jedem Fall möglich.166 III. Garantie de conformité des CCons Hinzu kommt seit 2005 nun die garantie de conformité der Art. L 217-1 ff. CCons (s. zu deren Entstehung oben § 4 D.V.). Diese ist personal auf B2CKäufe und sachlich auf Kaufverträge über bewegliche Sachen beschränkt und entspricht inhaltlich weitgehend der VGK-RL. Sie definiert auch ihre Voraussetzung der Vertragsmäßigkeit (conformité) wie die VGK-RL: Ein Mangel liegt gemäß Art. L 217-5 CCons vor, wenn die Sache sich entweder nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet oder nicht die vereinbarte Qualität aufweist. Somit überschneidet sich dieses Regime mit den beiden anderen aus dem Cc. Eine Abgrenzung ist hier jedoch nicht erforderlich, da nach Art. L 217-13 CCons das B2C-Gewährleistungsrecht neben dem des Cc Anwendung findet. Der Verbraucher kann sich also gleichzeitig auf den CCons und den Cc berufen, wenn dies für ihn günstig ist.167
§ 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff § 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff
Als nächstes sollen überblicksartig die wichtigsten Elemente und die Entwicklung der Definitionen des Verbrauchers (§ 6 A.) und des Unternehmers (B.) auf den unterschiedlichen Ebenen (deutsches Recht – französisches Recht – Unionsrecht)168 dargestellt werden.169 Diese Begriffe stellen die Grundlage für die darauffolgende Untersuchung dar, bei der es um die Regelungen geht, die anhand dieser Begriffe unterschiedliche Rechtsfolgen anordnen. Es soll außerdem auf einige verwandte Begriffe eingegangen und zu diesen abgegrenzt werden (z.B. Kaufmann bzw. commerçant, s.u. B.IV., oder non-professionnel im französischen Recht, s.u. A.IV.3.).
166 Cass. Civ. 1e 16.6.1993, Numéro JurisData: 1993-001188; Cass. Civ. 1e 13.10.1993, D. 1994, 211; Cass. Civ. 1e 27.10.1993, Numéro JurisData: 1993-002066.; Cass. Civ. 1e 8.12.1993, D. 1994, 212. Vgl. zur Rechtsprechungsentwicklung und Abgrenzung auch Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11228 f. (S. 178 ff.) m.w.N. 167 Dazu auch Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 334 (S. 231). 168 Auf internationaler Ebene (CISG, PICC) gibt es keinen eigenen Verbraucher- und Unternehmerbegriff, sondern es gilt die oben (§ 5) beschriebene Eingrenzung des Anwendungsbereichs. 169 Für eine ausf. rechtsvergleichende Darstellung des Verbraucherbegriffs vgl. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007.
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A. Verbraucherbegriff I. Verbraucherleitbilder/-modelle Zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Verbraucherbegriffe sollen vorab kurz die dahinterstehenden theoretischen Verbraucherleitbilder bzw. -schutzmodelle zur Begründung des Verbraucherschutzes skizziert werden.170 Die vielen unterschiedlichen Begründungen kann man grob in zwei Grundmodellen zusammenfassen, die heute meist in kombinierter Form auftreten171: Das erste Modell, das „soziale Schutzmodell“, das zu Beginn der Verbraucherschutzdebatte zugrunde gelegt wurde,172 begründet den Verbraucherschutz mit der Schutzwürdigkeit des stets schwächeren Verbrauchers im Verhältnis zum stärkeren, rechts- und fachkundigeren Unternehmer, gegenüber dem ein Macht- und Abhängigkeitsgefälle besteht.173 Das zweite Modell, das „liberale Informationsmodell“, geht davon aus, dass ein informierter Verbraucher in der Lage ist, am Markt seine eigenen Interessen angemessen wahrzunehmen. Es begründet den Verbraucherschutz damit, dass dem Unternehmer stets mehr Informationen zur Verfügung stehen als dem Verbraucher.174 Daher werden Maßnahmen wie z.B. Informationspflichten bevorzugt, um den souveränen, selbstbestimmten Verbraucher bei der Informationsbeschaffung zu unterstützen und das Informationsungleich-
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Diese waren bereits mehrfach Gegenstand ausf. Darstellungen, vgl. z.B. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung, 1998, S. 25 ff.; Wiedenmann, Verbraucherleitbilder und Verbraucherbegriff, 2004, S. 198 ff.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 73 ff.; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 109 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 20 ff.; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 38 ff. 171 Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 23; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 119 ff. 172 Vgl. schon in der Verbraucherbotschaft Kennedys, die als Beginn der Debatte gilt: Special Message to the Congress on Protecting the Consumer Interest, 15 March 1962, abgedruckt bei von Hippel, Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986, S. 281 ff., auch abrufbar unter . 173 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung, 1998, S. 29 ff.; Aye, Verbraucherschutz im Internet, 2005, S. 32 f.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 22 f.; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 40 ff. („verletzlicher Verbraucher“). 174 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung, 1998, S. 29 ff.; Aye, Verbraucherschutz im Internet, 2005, S. 26 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 21 f.; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 39 f. („verantwortlicher Verbraucher“); Adomeit, NJW 2004, 579 („mündiger Verbraucher“).
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gewicht („Informationsasymmetrie“) zu verringern.175 Dieses Modell vertritt auch die ökonomische Analyse des Rechts (dazu auch unten § 8 B.III.).176 Heute finden sich Elemente beider Modelle sowohl im europäischen (II.) als auch im nationalen (III. und IV.) Verbraucherrecht.177 II. Europäischer Verbraucherbegriff Wiederum beginnend mit dem (v.a. für das neuere Recht der Mitgliedstaaten ausschlaggebenden) europäischen Verbraucherbegriff, soll zunächst auf dessen geschichtliche Entwicklung (1.) und die Kompetenzen der EU (2.) auf diesem Gebiet eingegangen werden und sodann auf die Verbraucherdefinition (3.) in den einschlägigen Rechtsakten sowie kurz auf die dazu ergangene Rechtsprechung (4.). 1. Geschichtliche Entwicklung Bis heute existiert in den europäischen Rechtsakten kein genereller einheitlicher Verbraucherbegriff, wenn er sich auch nach und nach immer stärker herauszubilden scheint.178 Die ersten Ansätze von Verbraucherpolitik in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) entstanden durch die weltweite Sozialstaatsdiskussion in den 1970er Jahren179 mit der Verabschiedung der ersten Verbraucherschutzprogramme von 1975180, 1981181 und 1986182. Diese hatten zunächst eine eher soziale Ausrichtung, indem sie u.a. als fundamentale Verbraucherrechte die Rechte auf Gesundheit, Sicherheit, Bildung und 175 Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung, 1998, S. 29 ff.; Aye, Verbraucherschutz im Internet, 2005, S. 26 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 21 f. 176 Vgl. z.B. van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Effiziente Verhaltenssteuerung, 1997, S. 77 ff.; Hesselink, Essays Ewoud Hondius, 2007, S. 349, 359 m.w.N.; Howells, Journal of Law and Society 32 (2005), 349 ff.; Bar-Gill/Ben-Shahar, CML Rev. 50 (2013), 109, 113 ff.; Vahrenkamp, Verbraucherschutz bei asymmetrischer Information, 1991, S. 13 ff. 177 So auch Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 23. 178 Dafür aber Ultsch, Der einheitliche Verbraucherbegriff, 1. Aufl. 2006; differenziert dazu Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 286 ff. 179 S. dazu als Markstein die Verbraucherschutzerklärung Kennedys (s.o. Fn. 172); die Stellungnahme der OECD: Consumer Policy in Member Countries, 1972, abgedruckt bei von Hippel, Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986, S. 414 ff.; die Verbrauchercharta des Europarates: Council of Europe, Consultative Assembly, Resolution 543 (1973), 17.5.1973; sowie die Berichte der deutschen Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 18.10.1971, BT-Drs. 6/272, und vom 20.10.1975, BT-Drs. 7/4181; s. dazu auch ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 13 ff., 252 ff. 180 Entschließung des Rates, 14.4.1975, ABl. C 92/1. 181 Entschließung des Rates, 19.5.1981, ABl. C 133/1. 182 Mitteilung der Kommission, 4.7.1985, Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 6/86.
§ 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff
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Unterrichtung in den Vordergrund stellten.183 Seit 1986 gibt es eine primärrechtliche Verpflichtung zu einem hohen Verbraucherschutzniveau im damaligen Art. 100a Abs. 3 EWG-Vertrag (heutiger Art. 114 Abs. 3 AEUV). Daraus ergibt sich die in den letzten Jahrzehnten dem europäischen Verbraucherbegriff zugrunde gelegte funktionale Sichtweise, in der der Verbraucher als wirtschaftlicher Akteur geschützt wird, um durch seine Teilnahme am Markt zu einem besser funktionierenden Binnenmarkt beizutragen.184 2. Primärrechtliche Kompetenzen im Verbraucherrecht Aktuell hat die EU im Verbraucherschutzbereich folgende Kompetenzen und Aufgaben: Die Querschnittsklausel des Art. 12 AEUV weist darauf hin, dass den Erfordernissen des Verbraucherschutzes bei der Politik der Union Rechnung getragen werden soll. Diese hat aber bisher keine besondere praktische Bedeutung und darauf allein können keine Maßnahmen gestützt werden. Sie dient vielmehr allgemein der Auslegung von Handlungen der Union.185 Vertikal hat die EU auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes nach Art. 4 Abs. 2 lit. f. AEUV eine „geteilte Zuständigkeit“ i.S. des Art. 2 Abs. 2 AEUV (neu seit dem Lissabon-Vertrag von 2007): Die Mitgliedstaaten können so lange Regelungen auf diesem Gebiet erlassen, wie die EU ihre Kompetenz nicht ausübt.186 Sachlich gibt es seit 1992 eine Spezialnorm zum Verbraucherschutz in Art. 169 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 153 EGV), die jedoch nach h.L. keine eigene Kompetenzgrundlage, sondern nur eine ergänzende Zielbestimmung darstellt, nach der die EU einen „Beitrag“ zum Verbraucherschutz leistet.187 Daher wurden bisher auch alle EU-Rechtsakte zum Verbraucherschutz auf die Binnenmarktkompetenz des Art. 114 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 95 EGV) gestützt,188 auf den Art. 169 Abs. 2 lit. a AEUV auch verweist. Dies erklärt wiederum das funktionale, am Binnenmarkt orientierte Verbraucherleitbild.
183 Vgl. erstes Verbraucherschutzprogramm, Fn. 180; dazu auch Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 41 (S. 40 f.). Heute noch inhaltlich in Art. 169 AEUV enthalten. 184 Dazu Coester, EUVR 2014, 170, 173 f.; ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 241 ff.; MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, Vor § 13 Rn. 3. 185 Dazu auch Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 57. 186 Vgl. dazu auch Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 56 f. 187 Vgl. Grabitz/Hilf/Nettesheim/Pfeiffer, 2015, Art. 169 AEUV Rn. 3; Calliess/Ruffert/ Krebber Art. 169 AEUV Rn. 2 f.; Heiderhoff, Europäisches Privatrecht, 3. Aufl. 2012, Rn. 13 (S. 8); a.A. wohl Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 57 f. 188 Vgl. dazu z.B. Erwgr. 3 VR-RL o. Erwgr. 1 VGK-RL sowie Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 59; s. dazu auch oben § 2 A.
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3. Aktuelle Definition In den aktuellen einschlägigen Rechtsakten und Entwürfen der EU (VR-RL, CFR, CESL-VO) lautet die Verbraucherdefinition, wenn auch im Wortlaut nicht ganz identisch, inhaltlich in etwa wie die folgende aus Art. I.-I:105 Abs. 1 CFR:189 „any natural person who is acting primarily for purposes which are not related to his or her trade, business or profession“.
Sie schließt also dank des Wortes primarily („überwiegend“) in den neueren Rechtsakten nun auch einen großen Teil der Verträge mit gemischtem Zweck (dual use) ausdrücklich ein (dazu sogleich 4.d)). 4. Rechtsprechung des EuGH Der EuGH hat in mehreren Urteilen, die hier kurz in chronologischer Reihenfolge dargestellt werden, den Verbraucherbegriff der EU konkretisiert. a) Non-professionnel/branchenfremde Nebengeschäfte Zunächst nahm er im Jahr 1991 in der Sache Di Pinto den damals im französischen Recht als Verbraucher geltenden non-professionnel aus dem europäischen Verbraucherbegriff aus.190 Der non-professionnel ist eigentlich ein Unternehmer, der aber außerhalb seiner bereichspezifischen Geschäftskompetenz handelt, z.B. ein Geistlicher, der ein Kopiergerät kauft,191 (dazu ausf. unten IV.3.). Der EuGH entschied, dass ein Gewerbetreibender, der als Kunde sein Gewerbe mittels eines Haustürgeschäfts an einen Unternehmer veräußert (was nicht in die eigentliche berufliche Kompetenz des Gewerbetreibenden fällt), nicht als schutzwürdiger Verbraucher i.S. der HaustürWR-RL einzustufen ist. Er begründete dies damit, dass zwischen dem Geschäft und der „gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit des Gewerbetreibenden ein Zusammenhang besteht“192. Dieses Thema der branchenfremden Nebengeschäfte beschäftigte den EuGH erneut im Jahr 2015 in einer Entscheidung zum europäischen Verbrau-
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Vgl. zu den anderen aktuellen Regelwerken: Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Erwgr. 17 S. 2 VRRL; Art. 2 lit. f CESL-VO i.V.m. Abänderung 32 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59); für die älteren Richtlinien s. von Vogel, Verbrauchervertragsrecht und allgemeines Vertragsrecht, 2005, S. 11 mit Fn. 27. 190 EuGH 14.3.1991, Rs. C-361/89 – Strafverfahren gegen Patrice Di Pinto, Slg. 1991 I-1189, ECLI:EU:C:1991:118; vgl. dazu auch MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 71 ff. 191 Cass. Civ. 1e 3.5.1988, Numéro JurisData: 1988-701184 = D. 1990, 61 m. Anm. Karila de Van. 192 EuGH – Di Pinto (Fn. 190), Rn. 15 ff.
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chergerichtsstand.193 Er entschied, dass im Falle einer im Sinne des europäischen Zivilprozessrechts (Art. 15 EuGVO a.F.194) vorliegenden „Ausrichtung“ der eigentlichen gewerblichen Tätigkeit eines Unternehmers auf einen anderen Staat auch branchenfremde Nebengeschäfte, die er in diesem Staat vornimmt, von dem Verbrauchergerichtsstand umfasst sind, wenn eine „enge Verbindung“ zur gewerblichen Tätigkeit des Unternehmers besteht.195 b) Existenzgründer Im Jahr 1997 hatte der EuGH in der Sache Benincasa196 dann über die Einbeziehung von Existenzgründern in den Verbraucherbegriff zu entscheiden. In dem Urteil zum EuGVÜ197 entschied er damals, dass auch eine nur für die Zukunft vorgesehene gewerbliche Tätigkeit für die Verneinung des Verbraucherbegriffs genügt.198 Somit schloss er Existenzgründer also vom Schutz aus. c) Juristische Personen Im Urteil Cape/Idealservice aus dem Jahr 2001 zum Anwendungsbereich der Klausel-RL schloss der EuGH juristische Personen grundsätzlich aus dem Verbraucherbegriff aus.199 Dies hat sich heute allgemein durchgesetzt.200 d) Mischverträge (dual use) Zuletzt äußerte sich der EuGH noch zur Problematik der Mischverträge (dual use), d.h. von Verträgen, die teilweise zu einem gewerblichen und teilweise zu einem privaten Zweck abgeschlossen werden. Nach der GruberRechtsprechung zum EuGVÜ201 aus dem Jahr 2005 soll der Verbraucher193 EuGH 23.12.2015, Rs. C-297/14 – Rüdiger Hobohm ./. Benedikt Kampik Ltd & Co. KG, Benedikt Aloysius Kampik, Mar Mediterraneo Werbe- und Vertriebsgesellschaft für Immobilien SL, ECLI:EU:C:2015:844. 194 Verordnung (EG) Nr. 44/2001, 22.12.2000 (EuGVO a.F.), ABl. 2001 L 12/1. 195 EuGH – Hobohm (Fn. 193), Rn. 33. 196 EuGH 3.7.1997, Rs. C-269/95 – Francesco Benincasa ./. Dentalkit Srl., Slg. 1991, I-3767, ECLI:EU:C:1997:337. 197 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968 (EuGVÜ), ABl. 1972 L 299/32. 198 EuGH – Benincasa (Fn. 196), Rn. 17. 199 EuGH 22.11.2001, verbundene Rs. C-541/99 – Cape Snc ./. Idealservice Sr und C-542/99 – Idealservice MN RE Sas ./. OMAI Srl, Slg. 2001 I-9049-l, ECLI:EU:C:2001: 625, Rn. 15 ff. 200 Vgl. nur den aktuellen Verbraucherbegriff in Art. 2 Nr. 1 VR-RL („jede natürliche Person“). 201 S.o. Fn. 197.
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schutz nur greifen „solange der beruflich-gewerbliche Zweck nicht ganz untergeordnet ist“.202 Um die Verbrauchereigenschaft zu bejahen, war danach somit ein weit überwiegend privater Zweck erforderlich. Dabei war allerdings nicht ganz klar, ab welchem Verhältnis von gewerblichem und privatem Zweck die Verbrauchereigenschaft genau vorliegen sollte. Zudem stammt diese Entscheidung des EuGH aus dem internationalen Prozessrecht, und deren Übertragbarkeit auf das materielle Recht war stets umstritten (s.u. III.3.b)). Nach der neueren VR-RL (Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Erwgr. 17 S. 2 VRRL) wurde dies nun insofern erweitert und geklärt, als die Verbrauchereigenschaft jetzt schon bejaht werden soll, wenn der gewerbliche Zweck nicht überwiegt. Danach wird selbst bei jeweils 50 % gewerblichem und privatem Zweck die Verbrauchereigenschaft noch bejaht.203 III. Deutscher Verbraucherbegriff 1. Geschichtliche Entwicklung204 In Deutschland wurde mit dem Abzahlungsgesetz von 1894 schon früh ein erstes Verbraucherschutzgesetz erlassen.205 Dieses enthielt jedoch noch keine Definition des Verbrauchers, sondern war immer dann anwendbar, wenn der Warenempfänger kein eingetragener Kaufmann war.206 Erst ab den 1970er Jahren wurden immer mehr Sondergesetze zum Verbraucherschutz erlassen.207 Sie enthielten zunächst auch noch keine Definition des Verbrauchers, sondern knüpften für den persönlichen Anwendungsbereich an den Vertragspartner als „Kunde“, d.h. „Teilnehmer“, „Reisender“ etc. an; so z.B. das
202
EuGH 20.1.2005, C-464/01 – Johann Gruber ./. Bay Wa AG, Slg. 2005 I-439, ECLI: EU:C:2005:32, Rn. 41. 203 Dazu ausf. Beck, JURA 2014, 666, 668 ff.; Bülow, WM 2014, 1 ff. 204 Einen kurzen Überblick dazu gibt Ultsch, Der einheitliche Verbraucherbegriff, 1. Aufl. 2006, S. 44 ff.; s. auch Medicus, FS Kitagawa, 1992, S. 471; ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 133 ff., 426 ff.; Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 429 ff. 205 Dazu ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 135 ff.; Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 422 ff. Allgemein zur früheren geschichtlichen Entwicklung (vor 1960) vgl. die Nachweise bei Denkinger, ebenda, S. 96 Fn. 366. 206 Vgl. § 8 des Abzahlungsgesetzes vom 16.5.1894, RGBl. 1894, S. 450 f. 207 Zumindest war die Zielsetzung auf den Verbraucherschutz gerichtet; ausf. dazu Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 144 ff., 427 ff.
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AGB-Gesetz von 1976208, das Fernunterrichtsgesetz von 1976209 und das Reisevertragsgesetz von 1979210. Ab den 1980er Jahren wurden in Deutschland Verbraucherschutzgesetze zur Umsetzung von Richtlinien der EG erlassen. Darunter fiel zunächst das Haustürwiderrufsgesetz von 1986211, das ebenfalls nicht auf den Verbraucher abstellte, sondern auf alle „Kunden“ Anwendung fand, die nicht „in Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit“ handelten.212 Erstmals wörtlich erwähnt wurde der Verbraucher im Verbraucherkreditgesetz von 1990 als natürliche Person, deren Kredit nicht „für ihre bereits ausgeübte gewerbliche oder selbständige berufliche Tätigkeit bestimmt ist“213. 1996 wurde dann auch im AGBG der Verbraucherbegriff entsprechend ergänzt, indem der Vorläufer des heutigen § 310 Abs. 3 BGB eingefügt wurde.214 Im Jahr 2000 fanden die Begriffe „Verbraucher“ und „Unternehmer“ dann mit Umsetzung der FA-RL durch das Fernabsatz-Gesetz215 Einzug in das BGB (§§ 13, 14).216 Daher orientieren sie sich auch stark an der unionsrechtlichen Verbraucherdefinition217 und sind bis heute so gut wie unverändert geblieben. Lediglich im Jahr 2014 durch das Gesetz zur Umsetzung der VR-RL218 gab es eine kleine Veränderung bei der Definition des Verbrauchers: In § 13 BGB wurde das Wort „überwiegend“ eingefügt, um die h.M. zu Mischgeschäften (dazu sogleich 3.b)) aufzunehmen.219
208
S.o. Fn. 80; vgl. v.a. dessen § 24; dazu ausf. Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 422 ff.; Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 135 ff. 209 Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht vom 24.8.1976, BGBl. I, 2525 ff., s. v.a. dessen § 2 Abs. 1. 210 Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Reisevertragsgesetz) vom 4.5.1979, BGBl. I, 509 ff., s. v.a. dessen § 651a Abs. 1. 211 S.o. Fn. 82. Dessen Gesetzgebungsprozess lief aber parallel zu dem der EG, weshalb es die HaustürWR-RL vorgreifend umsetzte. 212 S. § 1 Abs. 1 und § 6 Nr. 1 des Haustürwiderrufsgesetzes (Fn. 211); dazu ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 427 ff.; Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 425 f. 213 § 1 Abs. 1 des Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze vom 17.12.1990, BGBl. I, 2840 ff., dazu ausf. auch Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 433 ff. 214 § 24a AGBG (s.o. Fn. 80), eingeführt durch Art. 1 des Gesetzes vom 19.7.1996 (Fn. 83); dazu ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 437 ff.; Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 440 ff. 215 S.o. Fn. 84. 216 Zu diesem ersten Verbraucherbegriff ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 446 ff.; Zimmermann, Current Legal Problems 58 (2005), 415, 443 f. 217 Vgl. Art. 2 Nr. 2 der FARL. 218 S.o. Fn. 89. 219 Vgl. dazu auch Tonner, VuR 2013, 443, 446; Ehmann/Forster, GWR 2014, 163.
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2. Aktuelle gesetzliche Definition Aktuell lautet die Verbraucherdefinition des § 13 BGB (im 1. Abschnitt des BGB über „Personen“)220 also wie folgt: „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“.
3. Rechtsprechung und Diskussion In Deutschland gibt es mehrere Streitstände rund um den Verbraucherbegriff, von denen hier die wichtigsten kurz dargestellt werden sollen. a) Juristische Personen In Deutschland umfasst der Verbraucherbegriff ausdrücklich und unmissverständlich nach § 13 BGB nur natürliche Personen.221 Nichtrechtsfähige Gemeinschaften von Personen (Erbengemeinschaft, Gesamthandgemeinschaft) können daher noch Verbraucher sein,222 nicht jedoch juristische Personen. Teilweise wird diese Beschränkung insofern kritisiert, als auch bestimmte kleine gemeinnützig tätige juristische Personen, z.B. Idealvereine oder Stiftungen, noch vom Verbraucherbegriff erfasst sein sollten.223 Daher befürworten manche eine analoge Anwendung auf Idealvereine (§ 21 BGB),224 was jedoch von der h.M. mit Hinweis auf die EuGH-Rechtsprechung225 abgelehnt wird.226 b) Mischverträge (dual use) Ein zweiter Streitstand befasst sich mit gemischten Verträgen. Wie oben (II.4.d)) beschrieben, sollte laut EuGH der Verbraucherschutz zunächst nur 220 Schmidt, BB 2005, 837, 842 findet diesen Standort irreführend, da es sich bei der Definition um rechtsgeschäftsbezogene und nicht um hauptsächlich status- bzw. personenbezogene Merkmale handle. 221 MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 12; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 44. 222 Vgl. ausf. MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 15 (auch zum problematischen Fall der GbR). 223 MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 11 ff.; Grabitz/Hilf/Nettesheim/Pfeiffer, 2015, Art. 169 AEUV Rn. 28. 224 Flume, ZIP 2000, 1427, 1428; für denkbar halten dies auch Staudinger/Kannowski (2013) § 13 Rn. 31 und MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 15; a.A. Erman/Saenger, 14. Aufl. 2014, § 13 Rn. 5. 225 EuGH – Cape/Idealservice (Fn. 199), Rn. 15 ff. 226 BGH 23.2.2010, NJW-RR 2010, 1712; MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 13; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Bamberger, 45. Edition 2017, § 13 Rn. 24.
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greifen „solange der beruflich-gewerbliche Zweck nicht ganz untergeordnet ist“. Ob diese internationalprozessrechtliche Rechtsprechung des EuGH auf das deutsche materielle Recht übertragen werden kann, war jedoch stets umstritten (s.o. II.4.d)).227 In Deutschland wurde größtenteils darauf abgestellt, ob der berufliche oder private Zweck überwiegt.228 Mit der Neuformulierung des § 13 BGB zum 13.6.2014 (s. soeben unter 1.) wurde diese Meinung nun in Gesetzesform gegossen (Vertragsabschluss zu Zwecken, „die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“). Nicht ganz eindeutig ist bei dieser Formulierung allerdings, wie Verträge einzustufen sind, die 50 % private Zwecke und 50 % gewerbliche Zwecke aufweisen.229 Im Sinne der richtlinienkonformen Auslegung und der Wahrung eines einheitlichen Verbraucherbegriffs im BGB sind jedoch gemäß dem eindeutigen Wortlaut des Erwgr. 17 S. 2 VR-RL, der solche Verträge noch als Verbraucherverträge einstuft (s.o. II.4.d)), diese Fälle noch als von § 13 BGB umfasst anzusehen.230 c) Arbeitnehmer Eine weitere in der deutschen Literatur und Rechtsprechung viel diskutierte Frage war, ob Arbeitnehmer gegenüber ihrem Arbeitgeber als Verbraucher gelten. Dann könnten z.B. am Arbeitsplatz Haustürgeschäfte entstehen oder die verschärfte AGB-Kontrolle auf Arbeitsverträge anwendbar sein. Dies ist im Jahr 2005 von BAG und BVerfG für die AGB-Kontrolle in dem Sinne entschieden worden, dass Arbeitnehmer auch in diesen Fällen als Verbraucher einzustufen sind.231 Eine schutzbedürftige Haustürsituation am Arbeitsplatz bei einem Aufhebungsvertrag wurde allerdings mangels „besonderer Vertriebsform“ trotzdem verneint.232
227
Dafür: Gottschalk, RIW (8) 2006, 576 ff.; dagegen: Rösler/Siepmann, EWS 2006, 497 ff. 228 OLG Celle 11.8.2004, NJW-RR 2004, 1645, 1646; vgl. auch Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 40, m.w.N. 229 Dazu ausf. Beck, JURA 2014, 666, 668 ff.; Bülow, WM 2014, 1 ff. 230 Beck, JURA 2014, 666, 670; Bülow, WM 2014, 1, 2; Schwab/Hromek, JZ 70 (2015), 271 f. 231 BAG 25.5.2005, NJW 2005, 3305, 3308; BVerfG 23.11.2006, NJW 2007, 286; so auch MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 57 ff.; zur teleologischen Reduktion in einzelnen Ausnahmefällen vgl. auch Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 39 f.; ausf., aber ältere Diskussion dazu auch bei Ultsch, Der einheitliche Verbraucherbegriff, 1. Aufl. 2006, S. 236 ff. 232 BAG 27.11.2003, NJW 2004, 2401, 2404 dazu auch NJW-Spezial 2004, 133.
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d) Existenzgründer Auch bei Existenzgründern wurde diskutiert, ab wann sie als Unternehmer gelten sollen und daher keinen Schutz mehr verdienen. Im deutschen Recht sind sie nur im Bereich von Verbraucherkrediten ausdrücklich nach § 512 BGB als Verbraucher einzuordnen. Für alle anderen Fälle hat der BGH entschieden, dass sie grundsätzlich nicht als Verbraucher gelten, außer, wenn das Geschäft nicht der Existenzgründungstätigkeit, sondern lediglich der Existenzgründungsentscheidung dient.233 e) Non-professionnel/branchenfremde Nebengeschäfte Außerdem wird auch in Deutschland darüber diskutiert, ob nach deutschem Recht ein Gewerbetreibender bei Ausübung von branchenfremden Nebengeschäften noch Verbraucher sein soll oder nicht (französischer nonprofessionnel, z.B. Kauf eines Kopiergeräts für die Pfarrei durch einen Geistlichen, dazu bereits oben II.4.a) sowie ausf. unten IV.3.). In Deutschland wird dies von der Rechtsprechung und der h.L. jedoch abgelehnt, sodass branchenfremde Nebengeschäfte eines Unternehmers im Einklang mit der Di PintoEntscheidung des EuGH234 als Unternehmergeschäfte gelten.235 IV. Französischer Verbraucherbegriff 1. Geschichtliche Entwicklung236 Texte, die den Verbraucher (consommateur) in gewisser Weise schützten, ohne ihn im Gesetzestext zu erwähnen, gab es auch in Frankreich schon sehr früh, in verstärktem Maße ab den 1970er Jahren237 – z.B. das Gesetz über Haustürgeschäfte von 1972238 oder das Gesetz über Teleshopping von 233 BGH 15.11.2007, NJW 2008, 435, 436; dazu auch ausf. und krit. MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 50 ff.; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 46. 234 EuGH – Di Pinto (Fn. 190). 235 BGH 9.12.2008, LMK 2009, 276605; BGH 13.7.2011, NJW 2011, 3435 m. Anm. Witt 3402; ablehnend auch Staudinger/Habermann (2013) § 14 Rn. 52; Staudinger/Kannowski (2013) § 13 Rn. 61; Ultsch, Der einheitliche Verbraucherbegriff, 1. Aufl. 2006, S. 227 f.; Meller-Hannich, Verbraucherschutz im Schuldvertragsrecht, 2005, S. 129; a.A. wohl MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 13 Rn. 71 ff. 236 Ausf. dazu Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 193 ff., 350 ff.; s. auch Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 37 ff. (S. 33 ff.). 237 Für eine (nicht abschließende) Liste vgl. Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015 Rn. 37 (S. 33 f.), die auch noch die Vorschriften über das Gewährleistungsrecht im Cc von 1804 (Art. 1641–1648) und das Gesetz von 1905 über Betrug beim Warenkauf (Loi du 1er août 1905, JORF p. 4813) in gewisser Weise als Verbraucherschutz ansehen. 238 Loi n° 72-1137 (Fn. 107).
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1988239. Das Gesetz über Haustürgeschäfte beschränkte seinen Anwendungsbereich auch schon auf solche Kunden, die natürliche Personen sind240 und nicht innerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit handeln241. Auch das erste (1978)242 und das dritte (1979)243 Gesetz der Serie der drei so genannten Loi Scrivener über Verbraucherkredite waren ähnlich ausgestaltet. Erstmals erwähnt wurde der consommateur selbst in der Loi Royer von 1973, jedoch zunächst ohne Definition.244 Allerdings entfachte die zweite Loi Scrivener von 1978245 über den Schutz und die Information der Verbraucher von Produkten und Dienstleistungen eine Streitfrage, die bis heute fortdauert: die Einführung des Begriffs des nonprofessionnel, („Nichtunternehmers“, s. dazu bereits oben II.4.a) und III.3.e) sowie ausf. sogleich unter 3.) neben dem des Verbrauchers.246 Auch der nonprofessionnel war damals im Gesetz noch nicht definiert (zur aktuellen Definition s.u. 3.e)) und musste erst noch durch die Rechtsprechung konkretisiert werden.247 Der Begriff wurde für den Anwendungsbereich der AGBKontrolle eingeführt. Bis heute ist er gemäß Art. L 212-2 CCons vom Anwendungsbereich der AGB-Kontrolle umfasst. Außerdem ist er seit 2008 vom Anwendungsbereich der Regelungen über die konkludente Vertragsverlängerung gemäß Art. L 215-3 CCons sowie über elektronische Kommunikationsdienstleistungen gemäß Art. L 224-42 CCons umfasst. Jedoch auch mit Umsetzung der verbraucherrechtlichen Richtlinien der EG und EU (dazu oben § 4 D.IV.) wurde in das französische Recht keine legislative Definition des Verbrauchers aufgenommen. Stattdessen behielt man die Technik der jeweiligen separaten Begrenzung des Anwendungsbereichs eines bestimmten Spezialgesetzes bei. Dabei orientierte sich der französische Gesetzgeber eng an den Termini der Richtlinien, ohne jedoch deren Verbraucherdefinitionen zu übernehmen.248 So geschah es z.B. im Gesetz von 1989 zur Umsetzung der HaustürWR-RL („natürliche Person“)249 und der Verbrau-
239
Loi n° 88-21 du 6 janvier 1988, JORF p. 271. S. Art. 1 Loi n° 72-1137 (Fn. 107). 241 S. Art. 8-I Abs. 2 Loi n° 72-1137 (Fn. 107). 242 Vgl. Art. 3 Abs. 1 Loi n° 78-22, 10.1.1978, JORF p. 299. 243 Vgl. Art. 2 Abs. 1 Loi n° 79-596, 13.7.1979, JORF p. 1836. 244 Art. 1 Abs. 2 Loi n° 73-1193, 27.12.1973, JORF p. 14139. 245 Loi n° 78-23 (Fn. 105). 246 S. Art. 35 Loi n° 78-23 (Fn. 105), dazu allgemein Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 208 ff.; 350 ff.; Paisant, Mélanges Bernard Gross, 2009, S. 231. 247 Dazu Paisant, Mélanges Bernard Gross, 2009, S. 231, 232 ff. 248 So äußerte der Gesetzgeber bei Umsetzung der VGK-RL noch ausdrücklich seinen Willen, diese Definition der Rspr. zu überlassen, vgl. Rapport au Président de la République relatif à l'ordonnance n° 2005-136 du 17 février 2005, JORF n° 41 p. 2777, texte n° 25. 249 Loi n° 89-421 (Fn. 108). 240
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cherkreditrichtlinie250 („Darlehensnehmer“)251 oder in der Verordnung von 2005 zur Umsetzung der VGK-RL („Käufer, der als Verbraucher handelt“)252. Auch im Zuge der Zusammenfassung des Verbraucherrechts im CCons im Jahr 1993 (s.o. § 4 D.IV.) wurde keine Verbraucherdefinition eingeführt. Dies liegt wohl daran, dass die Kodifizierung ohne das Hinzufügen neuer Texte, à droit constant (s.o. § 4 D.IV.) stattfand und daher auch kein „allgemeiner Teil“ in den CCons eingefügt wurde.253 Eine solche Definition wurde jedoch im Jahr 2014 mit der Umsetzung der VR-RL254 (s.o. 1.) dem CCons nachträglich in einem Article préliminaire („Vor-Artikel“) hinzugefügt. Im Jahr 2016 wurde im Rahmen der CConsReform (s.o. § 4 D.IV.) die Verbraucherdefinition zudem in dem nun geringfügig umbenannten Article liminaire noch einmal geringfügig verändert.255 Zudem wurde die von der Rechtsprechung entwickelte Definition des nonprofessionnel (dazu sogleich 3.) ebenfalls in diesem Artikel erstmals gesetzlich festgeschrieben. Die Anwendung und Abgrenzung der neuen Definitionen bleibt noch abzuwarten. 2. Aktuelle gesetzliche Definition Diese heutige gesetzliche Definition des Verbrauchers im Article liminaire des CCons lautet wie folgt: „toute personne physique qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole“. (auf Deutsch: „jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen, beruflichen oder landwirtschaftlichen Tätigkeit liegen.“)
Damit lehnt sich der französische Gesetzgeber nun ebenfalls, wie der deutsche Gesetzgeber (s.o. III.2.), an den europarechtlichen Verbraucherbegriff an, indem er die Definition aus Art. 2 Nr. 1 der VR-RL übernommen hat.256 250
Richtlinie 87/102/EWG, 22.12.1986, ABl. 1987 L 42/48. Loi n° 89-421 (Fn. 108). 252 Ordonnance n° 2005-136 (Fn. 113). 253 Anders aber noch die vorherigen ausgearbeiteten Gesetzesentwürfe von 1985 (Calais-Auloy, Propositions pour un nouveau droit de la consommation, 1985, Art. 3, S. 147) und 1990 (Calais-Auloy, Propositions pour un code de la consommation, 1990, Art. L.2 und L.3, S. 39). 254 Loi n° 2014-344 (Fn. 110). 255 Das Adjektiv „landwirtschaftlich“ wurde aufgrund von Kritik an der Unvollständigkeit der Vorschrift hinzugefügt. Zu dieser Kritik vgl. Paisant, JCP G 2013, 589 unter 2.; Piedelièvre, JCP E 2014, 27, 30; Raymond, CCC 2014, dossier 3, Rn. 14. 256 Ausf. dazu Paisant, JCP G 2013, 589; s. auch Aubert de Vincelles/SauphanorBrouillaud, D. 2014, 879, 880; Ferrier/Martin, JCP G 2014, 590; Piedelièvre, JCP E 2014, 27, 29; Raymond, JCP E 2014, 9; ders., CCC 2014, dossier 3. 251
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3. Rechtsprechung und Diskussion Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Regelung bis 2014 spielte die Rechtsprechung bei der Definition des Verbraucherbegriffs in Frankreich stets eine entscheidende Rolle.257 Sie soll hier aufgrund der häufigen Änderungen des gesamten Verbraucherbegriffs chronologisch dargestellt werden. Dabei wird v.a. auf zwei viel diskutierte Themen einzugehen sein: die Einbeziehung des non-professionnel und die Einbeziehung von juristischen Personen. Die Behandlung von Mischverträgen oder von Existenzgründern wurde hingegen in Frankreich bisher in der Rechtsprechung nicht thematisiert.258 a) 1970er Jahre: enge Auslegung Zu Beginn gingen die französischen Gerichte noch von einem recht engen, an den Gesetzestexten der einzelnen Verbrauchergesetze orientierten Verständnis des Verbrauchers aus: Sie bestätigten die Beschränkung des Gesetzes über Haustürgeschäfte auf natürliche Personen (Art. 1 Abs. 1 Loi n° 72-1137259)260 und den Ausschluss bei „direktem Bezug“ des Vertrags zu einer beruflichen Tätigkeit (Art. 8-I Abs. 2 lit. e Loi n° 72-1137261)262. b) 1980er Jahre: weite Auslegung (non-professionnels und juristische Personen) Diese enge Auslegung veränderte sich ab Beginn der 1980er Jahre, v.a. mit der Umsetzung des Gesetzes über missbräuchliche Klauseln, das den Anwendungsbereich auf Verträge zwischen Unternehmern und „non-professionnels, ou consommateurs“ („Nichtunternehmern“ oder Verbrauchern) festlegte. Es entstand ein Streit darüber, ob diese beiden Begriffe das Gleiche bedeuten sollten oder nicht.263 Die Rechtsprechung schien die Begriffe erst synonym zu benutzen und dadurch den Verbraucherbegriff selbst auf alle nonprofessionnels auszuweiten.264 Darunter sollten all diejenigen fallen, die außerhalb ihrer eigenen compétence professionnelle, also ihres beruflichen Kompetenzbereichs, Verträge schließen. Denn auch Unternehmer befänden sich in Bezug auf den Vertragsgegenstand dann „in demselben Zustand der 257 Ausf. zur Rspr. der Cass. seit Beginn der Verbrauchergesetze in Frankreich Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 361 ff. 258 Vgl. Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers/Ebers, EC consumer law compendium, S. 463 f. 259 Loi n° 72-1137 (Fn. 107). 260 Cass. Com. 8.3.1977, JCP G 1977, II, n° 18649 m. Anm. A.S. 261 Loi n° 72-1137 (Fn. 107). 262 TI Paris 4.10.1979, Gaz. Pal. 1980, Jur., 120 f. 263 Vgl. dazu Piedelièvre, Droit de la consommation, 2. Aufl. 2014, Rn. 23 (S. 18 f.); Paisant, Mélanges Bernard Gross, 2009, S. 231, 233 f. 264 Vgl. Cass. Civ. 1e 28.4.1987, JCP G 1987, II, 20893 m. Anm. Paisant.
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Unwissenheit […] wie jeder andere Verbraucher“265. In dem Grundsatzurteil der Cour de cassation (im Folgenden: Cass.) von 1987 dazu ging es beispielsweise um eine Immobilienmaklergesellschaft, die im Firmengebäude eine Alarmanlage installieren ließ und für die Klauselkontrolle aufgrund ihrer fehlenden beruflichen Kompetenz als Verbraucherin (bzw. non-professionnel, was im Urteil nicht unterschieden wurde) galt.266 Der weite Verbraucherbegriff umfasste in diesem Fall daher laut der Cass. sogar juristische Personen wie hier die Maklergesellschaft.267 Wenn auch nicht immer ganz einheitlich, etablierte sich dieser weite Verbraucherbegriff von da an in der Rechtsprechung.268 Er wurde über die Klauselkontrolle hinaus auf die anderen Bereiche des Verbraucherschutzes ausgedehnt. Dabei ging es zweifellos nicht mehr um einen separaten Begriff des non-professionnel, da dieser in den anderen Gesetzen keine Erwähnung findet. Selbst im Bereich des Haustürgeschäfts, wo im Gesetz eindeutig nur natürliche Personen geschützt sein sollten,269 wendete die Cass. den neuen, weiten Verbraucherbegriff an, der den nonprofessionnel mit einschloss.270 c) Mitte der 1990er Jahre: zurück zur engeren Auslegung Mitte der 1990er Jahre gab es jedoch eine Wende, die dieser extrem weiten Verbraucherdefinition der französischen Rechtsprechung ein Ende setzte.271 Mit einer Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1995 führte die Cass. nun das Kriterium des „direkten Bezugs zur unternehmerischen Tätigkeit“ (rapport direct) ein.272 Dabei wird nicht mehr auf die subjektive Spezialisierung des 265
So auch schon Cass. Civ. 1e 15.4.1982, Numéro JurisData: 1982-700874; Cass. Civ. 1e 28.4.1987, JCP G 1987, II, 20893 m. Anm. Paisant, der in Rn. 10 sogar vom nonspécialiste, also dem Nicht-Spezialisten, als notwendige (aber nicht ausreichende) Voraussetzung der Anwendung des Verbraucherschutzes auf Unternehmer spricht; dazu auch Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 369 f. 266 Cass. Civ. 1e 28.4.1987, JCP G 1987, II, 20893 m. Anm. Paisant; dazu auch CalaisAuloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 12 (S. 11 ff.) m.w.N. aus der Rspr.; Meilhac, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 291, 299. 267 Dazu auch Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 13 (S. 13); Piedelièvre, Droit de la consommation, 2. Aufl. 2014, Rn. 24 (S. 19). 268 Vgl. z.B. CA Angers 16.12.1987, D. 1988, Chron., 260; Cass. Civ. 1e 25.5.1992, JCP 1993, I, Doctr. 3655 (S. 105); ausf. dazu auch Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 370 ff. 269 Art. 1 Loi n° 72-1137 (Fn. 107). 270 Cass. Civ. 1e 6.1.1993, JCP G 9/1993, II Jur. 22007 m. Anm. Paisant; dazu ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 372 ff. 271 Dazu ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 378 ff. 272 Cass. Civ. 1e 24.1.1995, D. 1995, 327 m. Anm. Paisant; dazu auch ausf. Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 382 ff.; Meilhac, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 291, 300.
§ 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff
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Betroffenen, sondern auf den objektiven Zweck des erworbenen Guts oder der erworbenen Dienstleistung abgestellt. In dem erwähnten Fall ging es z.B. um einen Stromliefervertrag einer Druckerei. Die Cass. entschied, dass, solange die Stromlieferung dem Betrieb der Druckerei diene, ein solcher direkter Bezug vorliege und daher kein Verbraucherschutzrecht anwendbar sein könne.273 Auch in den Folgeentscheidungen wurde immer häufiger auf das Kriterium des direkten Bezugs abgestellt274 und bei dessen objektivem Vorliegen der Verbraucherschutz ausgeschlossen.275 d) Ab 2005: Neues zu juristischen Personen und zum non-professionnel Gestützt auf das Urteil des EuGH im Fall Cape/Idealservice, das besagte, dass der Begriff „Verbraucher“ in der Klausel-RL sich ausschließlich auf natürliche Personen beziehe,276 entschied die Cass. im Jahr 2005, dass auch der französische Verbraucherbegriff ab jetzt nur noch auf natürliche Personen anwendbar sei.277 Allerdings klärte sie in diesem Urteil zum ersten Mal, dass der Begriff des non-professionnel aus dem damaligen Art. L 132-1 Abs. 1 CCons a.F. (heute: Art. L 212-2 CCons) ein vom Verbraucherbegriff unabhängiger und verschiedener Begriff sei, der hingegen durchaus auch juristische Personen einschließen könne.278 Doch auch der Begriff des non-professionnel wurde 2008 von der Rechtsprechung insoweit eingeschränkt, als er zumindest nicht auf Handelsgesellschaften anwendbar sein sollte.279 Dies wurde durch eine Entscheidung im Jahr 2013 noch einmal bestätigt.280 Daraus folgte jedoch nach h.L. nicht zwangsläufig der Ausschluss aller juristischen Personen aus dem Begriff des non-professionnel, sondern möglicherweise können Vereine, Wohnungsei273 Cass. Civ. 1e 24.1.1995, D. 1995, 327 m. Anm. Paisant; dazu auch CalaisAuloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 12 (S. 12). 274 Z.B. Cass. Civ. 1e 10.7.2001, D. 2001, 2828; s. die Rechtsprechungsübersichten bei Meilhac, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 291, 300 in Fn. 26 sowie bei Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 382 ff. 275 Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 8. Aufl. 2010, Rn. 13 (S. 12) sprachen hier von einer eher „strengen Konzeption“ (conception stricte) des Verbrauchers durch die Rspr. ab 1995. 276 EuGH – Cape/Idealservice (Fn. 199), Rn. 16. 277 Cass. Civ. 1e 15.3.2005, D. 2005, 1948 m. Anm. Boujeka; dazu ausf. Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 84 (S. 75 f.). 278 Auch bestätigt in Cass. Civ. 1e 27.9.2005, Numéro JurisData: 2005-029908 = D. 2005, 2670 m. Anm. Delpech = D. 2006, 238 m. Anm. Picod; Cass. Civ. 1e 23.6.2011, D. 2011, 2245 m. Anm. Tisseyre. 279 Cass. Civ. 1e 11.12.2008, JCP E 12/2009, 1278 m. Anm. Raymond = CCC 3/2009, comm. 69 m. Anm. Leveneur; dazu auch Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 85 (S. 76 f.). 280 Cass. Civ. 1e 3.12.2013, CCC 3/2014, comm. 60 m. Anm. Leveneur = LPA 2014, n° 90, p. 10 m. Anm. Pellier.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
gentümergemeinschaften, Betriebsräte o.Ä. (juristische Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht oder ohne unternehmerische Tätigkeit) weiterhin davon erfasst sein.281 e) Ab 2016: Legaldefinition des non-professionnel Mit der CCons-Umstrukturierung (s.o. § 4 D.IV.) wurde 2016 im Article liminaire eine Definition des non-professionnel gesetzlich festgeschrieben.282 Diese unterscheidet sich nur in einem Wort von der des Verbrauchers (s.o. II.3.) und lautet wie folgt: „toute personne morale qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole“ (Hervorhebung durch Verfasserin). (auf Deutsch: „jede juristische Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen, beruflichen oder landwirtschaftlichen Tätigkeit liegen.“)
Diese Definition überrascht zunächst hinsichtlich ihrer nun erfolgten Begrenzung auf juristische Personen (bei denen vorher gerade strittig war, ob sie überhaupt von dem Begriff umfasst sein sollten, s. soeben d)).283 Natürliche Personen, die zwar eine unternehmerische Tätigkeit ausüben, jedoch ohne „direkten Bezug“ (s.o. c)) zu dieser unternehmerischen Tätigkeit handeln, sollen nun wohl schon abschließend von der Verbraucherdefinition erfasst werden.284 Eine Einschränkung für Handelsgesellschaften oder eine Beschränkung auf juristische Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht, wie diese sich in der Rechtsprechung etabliert zu haben schien (s. soeben), sucht man in der Definition des non-professionnel vergebens.285 Die Auslegung der neuen Definition durch die Rechtsprechung bleibt also mit Spannung abzuwarten. Es ist zumindest damit zu rechnen, dass weiterhin das Erfordernis des „direk-
281
So z.B. Raymond, D. 2009, p. 1278 (Fn. 279); Paisant, JCP G 2013, 589 unter 2.; Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 13 (S. 14). Ausf. Studie dazu, welche Arten von juristischen Personen erfasst sein sollten (Suche nach einem Kriterium) bei Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 87 ff. (S. 78 ff.). Zu dem gleichen Ergebnis der Einbeziehung nicht gewerblich tätiger juristischer Personen kommt Paisant, Mélanges Bernard Gross, 2009, S. 231, 239 f. Plädoyer für die Einbeziehung von Handelsgesellschaften von Pellier, LPA 2014, p. 10; a.A. Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 13 (S. 14). 282 Ausf. zum Begriff des non-professionnel und der neuen Definition Maume, CCC 4/2016, Étude 5; Loiseau, D. 2016, 1844. 283 Dazu Picod, AJ Contrats d’affaires, 2016, 165. 284 Davon geht auch Picod, AJ Contrats d’affaires, 2016, 165 aus. 285 So auch Picod, AJ Contrats d’affaires, 2016, 165.
§ 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff
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ten Bezugs“ zur Abgrenzung hinzugezogen werden und somit der Anwendungsbereich insgesamt eher gering sein wird.286 f) Kleinere Unternehmer Teilweise wird der Verbraucherschutz in Frankreich auch auf bestimmte kleinere Unternehmer ausgeweitet, z.B. seit Umsetzung der VR-RL im Jahr 2014 gemäß Art. L 221-3 CCons in einigen Vorschriften über Außergeschäftsraumverträge. Diese sind auch auf Verträge zwischen zwei Unternehmern anwendbar, wenn der Vertragsgegenstand nicht im beruflichen Haupttätigkeitsfeld des ersuchten Unternehmers liegt und die Anzahl von dessen Arbeitnehmern kleiner oder gleich fünf ist.287 B. Unternehmerbegriff Der Unternehmerbegriff bildet sich sowohl auf europäischer288 als auch auf nationaler289 Ebene als Spiegelbild des Verbraucherbegriffs. Er steht (meist auch schon anhand seiner Formulierung) zur Definition des Verbrauchers in einem Gegenseitigkeitsverhältnis. Daher war es auch nicht gänzlich unhaltbar, dass es im französischen Recht bis 2016 keine gesetzliche Definition des Unternehmers gab,290 sondern sich diese als Gegenstück zur negativ formulierten Verbraucherdefinition bilden musste. Mit der CCons-Reform (s.o. § 4 D.IV.) wurde jedoch 2016 eine Legaldefinition des Unternehmers festgeschrieben. Aufgrund der Spiegelbildlichkeit kann auf eine gesonderte Darstellung der Entwicklung des Begriffs verzichtet werden. Es genügt, kurz die vorhandenen Definitionen zu nennen (I.), einige Debatten aufzuzeigen, die sich speziell auf den Unternehmerbegriff beziehen (II. u. III.), und die Definitionen außerdem zu dem verwandten Begriff des „Kaufmanns“ bzw. commerçant abzugrenzen (IV.).
286
Vgl. Picod, AJ Contrats d’affaires, 2016, 165; Loiseau, D. 2016, 1844 Rn. 5. Originaltext: „[…]dès lors que l'objet de ces contrats n'entre pas dans le champ de l'activité principale du professionnel sollicité et que le nombre de salariés employés par celui-ci est inférieur ou égal à cinq.“ 288 Vgl. nur die Formulierung in Art. 2 Nr. 2 VR-RL. 289 Für Frankreich vgl. nur Raymond, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2014, Rn. 34 (S. 24): „opposition“; Picod, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2015, Rn. 41 (S. 35): „partenaire“; für Deutschland vgl. nur Staudinger/Habermann (2013) § 14 Rn. 2 f.; Tamm/Tonner, Verbraucherrecht, 1. Aufl. 2012, S. 42: „Spiegelbild“. 290 Deren Fehlen wurde allerdings trotzdem in der französischen Literatur spätestens seit Einführung der Legaldefinition für Verbraucher stets bemängelt, vgl. Paisant, JCP G 2013, 589 unter 1; Picod, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2015, Rn. 41 (S. 35). 287
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
I. Aktuelle Definitionen Eine gesetzliche Definition des Unternehmers gibt es sowohl in den europäischen Rechtsakten als auch in den nationalen Gesetzen. Die europäische Unternehmerdefinition in den neueren Rechtsakten entspricht in etwa der des Art. 2 Nr. 2 VR-RL: „jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder privater Natur ist, die bei […] Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“.
Die deutsche Unternehmerdefinition aus § 14 Abs. 1 BGB stimmt mit der europäischen inhaltlich überein: „eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt“.
Die französische Unternehmerdefinition aus dem neuen Article liminaire ähnelt dieser Definition inhaltlich ebenfalls: „toute personne physique ou morale, publique ou privée, qui agit à des fins entrant dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole, y compris lorsqu'elle agit au nom ou pour le compte d'un autre professionnel“. (auf Deutsch: „jede natürliche oder juristische, öffentliche oder private, Person, die zu Zwecken handelt, die innerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen, beruflichen oder landwirtschaftlichen Tätigkeit liegen, einschließlich des Handelns im Namen oder im Auftrag eines anderen Unternehmers.“)
II. Öffentlich-rechtliches Handeln Juristische Personen des öffentlichen Rechts gelten danach jedenfalls dann als Unternehmer, wenn sie privatrechtlich handeln (also z.B. bei Privatrechtsform von kommunalen Schwimmbädern, Theatern, Verkehrsbetrieben usw.). Werden sie administrativ tätig (z.B. per Verwaltungsakt), werden sie weder in Frankreich noch in Deutschland als Unternehmer angesehen,291 während dies für die EU nicht abschließend geklärt ist.292
291 Für Deutschland Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Bamberger, 45. Edition 2017, § 14 Rn. 20; für Frankreich Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 5 (S. 5 f.). 292 Dazu Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers/Ebers, EC consumer law compendium, S. 467 f.; vgl. auch zur Diskussion auf EU-Ebene die Rspr. des EuGH zu gesetzlichen Krankenkassen im Lauterkeitsrecht: EuGH 3.10.2013, Rs. C-59/12 – BKK Mobil Oil Körperschaft des öffentlichen Rechts ./. Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V., ECLI:EU:C:2013:634, Rn. 40; dazu Ebert-Weidenfeller/Gromotke, EuZW 2013, 937.
§ 6 Verbraucher- und Unternehmerbegriff
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III. Gewinnerzielungsabsicht In Deutschland setzt die Unternehmereigenschaft die Entgeltlichkeit der Tätigkeit voraus (d.h. komplett kostenlose Leistungen fallen nicht darunter), jedoch keine Gewinnerzielungsabsicht.293 Auch in Frankreich wird diskutiert, in bestimmten Fällen Organisationen ohne Gewinnerzielungsabsicht in den Unternehmerbegriff einzubeziehen.294 In der EU wurde diese Frage noch nicht geklärt; einige Gründe sprechen aber ebenfalls dafür.295 IV. Abgrenzung zum Kaufmann bzw. commerçant Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ist der Unternehmerbegriff nicht mit dem Begriff des „Kaufmanns“ bzw. commerçant, der jeweils im Handelsrecht zur Begrenzung des Anwendungsbereichs benutzt wird, identisch.296 Die Definition des Kaufmanns in § 1 HGB lautet wie folgt: „(1) Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist, wer ein Handelsgewerbe betreibt. (2) Handelsgewerbe ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, daß das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert.“
Außerdem werden in § 6 HGB alle Handelsgesellschaften automatisch als Kaufleute (so genannte „Formkaufleute“ 297) eingestuft. Die Definition des commerçant in Art. L 121-1 CCom lautet wie folgt: „Sont commerçants ceux qui exercent des actes de commerce et en font leur profession habituelle.“ (auf Deutsch: „Kaufleute sind diejenigen, deren gewöhnliche berufliche Tätigkeit es ist, Handelsgeschäfte auszuüben.“)
In Art. L 110-1 f. CCom. erfolgt sodann eine Auflistung zur Bestimmung des Begriffs der actes de commerce (Handelsgeschäfte). Die beiden Definitionen stellen also auf das dauerhafte Betreiben eines Handelsgewerbes ab und stimmen inhaltlich in den meisten Fällen überein.298
293
BGH 29.3.2006, NJW 2006, 2250; zur Diskussion in der Literatur vgl. MüKoBGB/Micklitz, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 23 ff. m.w.N.; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/ Bamberger, 45. Edition 2017, § 14 Rn. 14. 294 Calais-Auloy/Temple, Droit de la consommation, 9. Aufl. 2015, Rn. 4 (S. 5). 295 S. dazu Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers/Ebers, EC consumer law compendium, S. 466 f.; MüKoBGB/Micklitz/Purnhagen, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 24. 296 Vgl. dazu für Deutschland Schmidt, BB 2005, 837 ff.; Weyer, WM 2005, 490; für Frankreich Calais-Auloy, Mélanges Paul Didier, 2008, S. 81; rechtsvergleichend dazu Kort, AcP 193 (1993), 453. 297 MüKoHGB/Schmidt, 3. Aufl. 2010, § 6 Rn. 1.
60
Allgemeiner Teil: Grundlagen
So sind z.B. in beiden Rechtsordnungen Landwirte und freie Berufe vom Kaufmannsbegriff ausgeschlossen.299 Die Ausklammerung freier Berufe ist auch einer der (feinen) Unterschiede zum Unternehmerbegriff, der diese mit einschließt.300 Die Verschiedenheit der Begriffe „Kaufmann“ und „Unternehmer“ ist vor allem konzeptionell: Der Kaufmann ist ein statusbezogener Begriff, der jedem Kaufmann fest zumindest für eine bestimmte Dauer bestimmte Rechtsregeln zuordnet. Allerdings ist der Begriff des Unternehmers situationsbezogen, d.h. er knüpft an den Zweck des konkreten Rechtsgeschäfts an und muss somit immer wieder neu bestimmt werden.301 Der Unternehmerbegriff geht über den Kaufmannsbegriff hinaus302 und hat sich mit der Zeit ausgeweitet303. In den meisten Fällen, vor allem, wenn es um Kaufverträge geht, liegt im Falle eines Unternehmers jedoch auch ein Kaufmann vor, sodass diese Unterscheidung für die hier stattfindende Untersuchung von untergeordneter Rolle sein wird. Zum Zwecke der Übersichtlichkeit und der Ermöglichung eines bewerteten Vergleichs kann und soll daher in der vorliegenden Arbeit der Kaufmannsbegriff mit dem Unternehmerbegriff insofern vereinfachend gleichgesetzt werden, als bei Verträgen zwischen Kaufleuten ebenfalls von „B2B-Verträgen“ gesprochen werden soll.
§ 7 Grundlegende Interessenkonflikte im Kaufrecht § 7 Grundlegende Interessenkonflikte
Bevor die Gegenüberstellung und Bewertung der einzelnen Vorschriften erfolgt, sollen kurz die dem Kaufrecht generell zugrundeliegenden Interessenkonflikte zwischen Käufer und Verkäufer aufgezeigt werden, um den Sinn und Zweck der Regelungen des Kaufrechts herauszuarbeiten. Dabei müssen die beiden oben (§ 3 C.II.) genannten Teilgebiete des hier verwendeten Kaufrechtsbegriffs unterschieden werden: zum einen das allgemeine Vertragsrecht, das insbesondere für den Kaufvertragsschluss und den Vertragsinhalt
298 Kort, AcP 193 (1993), 453, 480. Zu den (verschwindenden) dogmatischen Unterschieden des deutschen „subjektiven Systems“ und französischen „objektiven Systems“ s. ausf. ebenda, S. 453 ff. 299 Hierzu und allgemein ausf. zu den Unterschieden Kort, AcP 193 (1993), 453, 474 ff.; Calais-Auloy, Mélanges Paul Didier, 2008, S. 81, 84. 300 Vgl. MüKoBGB/Micklitz, 7. Aufl. 2015, § 14 Rn. 21. 301 Dazu ausf. Schmidt, BB 2005, 837, 838 ff.; s.a. Staudinger/Habermann (2013) § 14 Rn. 17. 302 Staudinger/Habermann (2013) § 14 Rn. 17; Calais-Auloy, Mélanges Paul Didier, 2008, S. 81, 85. 303 Schmidt, BB 2005, 837, 839 f.; Calais-Auloy, Mélanges Paul Didier, 2008, S. 81, 88 f.
§ 7 Grundlegende Interessenkonflikte
61
gilt (§ 7 A.), und zum anderen das spezielle nach Vertragsschluss (und häufig auch nach Vertragsdurchführung) eingreifende Gewährleistungsrecht (B.). A. Allgemeines Vertragsrecht Beim Vertragsschluss haben beide Parteien ein Interesse an einem für sie möglichst günstigen Vertragsinhalt. Diese Interessen versucht das Vertragsrecht grundsätzlich durch das automatische Spiel des verfassungsrechtlich verankerten Prinzips der Vertragsfreiheit (als Teil der Privatautonomie) miteinander zu vereinbaren, bei dem jede Partei ihre Interessen selbst vertritt.304 Regelungen auf diesem Gebiet werden daher vor allem in den Fällen benötigt, in denen eine Partei ihre Interessen aus wirtschaftlicher oder intellektueller Unterlegenheit oder aus situativen Gründen nicht hinreichend in den Vertrag einbringen kann.305 Insofern soll nämlich nicht nur formal die Vertragsfreiheit gewährt werden, sondern auch tatsächlich die „substanzielle Möglichkeit zu vertraglicher Selbstbestimmung“.306 Dies ist oft nur möglich, indem die Vertragsfreiheit an bestimmten Stellen beschränkt wird, z.B. durch vorvertragliche Informationspflichten oder Widerrufsrechte im Falle von Verträgen, die unüberlegt oder auf der Grundlage mangelnder Informationen abgeschlossenen wurden.307 Eines der wichtigsten Instrumente zur Aufrechterhaltung der Vertragsfreiheit in Massenverträgen ist die AGB-Kontrolle, die einseitig gestellte Klauseln inhaltlich auf unangemessene Benachteiligungen einer Partei überprüft.308 Wie bereits aufgezeigt, wird im Besonderen Teil auf diese und deren Hintergründe noch ausführlich einzugehen sein (s.u. § 9). Der entscheidende Punkt für den Interessenausgleich im Rahmen des Vertragsschlusses und der Kontrolle des Vertragsinhalts bleibt jedoch die Vertragsfreiheit bzw. die vertragliche Selbstbestimmung der Parteien. B. Gewährleistungsrecht Der andere Teil des Kaufvertragsrechts, der nicht den Abschluss und den Inhalt des Vertrags betrifft, dient dazu, diejenigen Punkte zu regeln und Risi-
304
Zu beiden Begriffen ausf.: MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 Rn. 2 ff.; Sedlmeier, Rechtsgeschäftliche Selbstbestimmung, 2011, S. 24 f.; vgl. für Frankreich Terré/Simler/Lequette, Droit civil. Les obligations, 11. Aufl. 2013, Rn. 20 ff. (S. 32 ff.). 305 MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 BGB Rn. 6. 306 MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 BGB Rn. 6; grundlegend dazu Raiser, JZ 13 (1958), 1; zum Unterschied zwischen dieser juristischen Funktion der Vertragsfreiheit und derjenigen der ökonomischen Analyse vgl. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 449 ff. 307 MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 BGB Rn. 6. 308 MüKoBGB/Busche, 7. Aufl. 2015, Vor § 145 BGB Rn. 6.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
ken zuzuordnen, über die die Parteien sich (absichtlich309 oder unabsichtlich) nicht ausdrücklich geeinigt haben. Daher sind diese Vorschriften grundsätzlich dispositiv, d.h. abweichende Vereinbarungen der Parteien gehen vor. Zu diesem Bereich des Vertragsrechts zählt auch das Gewährleistungsrecht, das vor allem in B2B-Konstellationen dispositiv ist (bis zu gewissen Grenzen, wie z.B. der Klauselkontrolle). In B2C-Fällen hingegen wird aus den oben genannten Schutzgründen zwingend angeordnet, dass von den im Gesetz vorgeschriebenen Gewährleistungsrechten nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden darf, während für den Verbraucher günstige vertragliche Vereinbarungen möglich bleiben (vgl. z.B. § 475 Abs. 1, 2 BGB; Art. L 241-5 CCons). Aus diesen Erwägungen ergibt sich für den Inhalt des Gewährleistungsrechts, dass es möglichst so ausgestaltet sein sollte, wie die Parteien es selbst geregelt hätten, wenn sie bei Vertragsschluss über den jeweiligen Fall gesprochen hätten (hypothetischer Parteiwille). Es geht also darum, eine interessengerechte Lösung und Risikoverteilung für den Fall der Mangelhaftigkeit der Kaufsache bereitzuhalten. Die einschlägigen Parteiinteressen, die dabei im Gewährleistungsrecht eine Rolle spielen können, sind die Folgenden:310 Der Käufer möchte die Kaufsache zumindest für die gewöhnliche oder ihm zugesagte Verwendung ohne Einschränkungen nutzen können. Falls doch ein Mangel vorliegt, möchte er dadurch so wenig wie möglich Probleme und Aufwand haben, da er für die Mangelhaftigkeit keine Verantwortung trägt. Er hat also ein Interesse an einer möglichst unkomplizierten Rücknahme bzw. Durchführung der Gewährleistung durch den Verkäufer (z.B. kein Abwarten mehrerer erfolgloser Reparaturversuche, s.u. § 10 B.I.2.a), direkte Abwicklung mit seinem Verkäufer anstatt eines Weiterverweisens an den Hersteller [Regressvorschriften], keine schwierige Beweislage, s.u. § 10 B.I.5.b)). Des Weiteren möchte der Käufer keine Zusatzkosten durch die Mangelhaftigkeit tragen müssen, z.B., wenn er eine unerkannt mangelhafte Sache in eine andere Sache (z.B. Fliesen in Haus) eingebaut hat und diese nun wieder ausbauen muss (s.u. § 10 B.III.2.a)). Auch die Zahlung von Nutzungsersatz für eine möglicherweise nicht benötigte längere Nutzungsdauer einer ausgetauschten Kaufsache ist nicht in seinem Interesse (s.u. § 10 B.IV.2.a)). Außerdem möchte der Käufer möglichst schnell wieder den Zustand erreichen, der ohne Mangelhaftigkeit vorliegen würde, nämlich die Verfügung über eine mangelfreie Sache. Dies kann z.B. durch bestimmte Fristen, innerhalb derer der 309 Gründe für die absichtliche Nichtregelung von bestimmten Fragen können z.B. sein: Zeit-, Kosten- oder Aufwandsersparnis, die geringe Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Situation, Verlassen auf das Vorhandensein gesetzlicher Regelungen bzw. Präferenz der gesetzlichen Regelungen o.Ä. 310 Vgl. jeweils bei den einzelnen Kapiteln des Besonderen Teils unter dem Punkt „Interessen der Parteien“, auch für weitere Nachweise.
§ 7 Grundlegende Interessenkonflikte
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Verkäufer die Gewährleistung erbringen muss, erreicht werden (s.u. § 10 B.I.5.b)). Die Interessen des Verkäufers sind nicht immer gegenläufig zu denen des Käufers. So hat auch der Verkäufer häufig zumindest ein Interesse daran, überhaupt eine Gewährleistung anzubieten, um so zu zeigen, dass sein Produkt von guter Qualität ist, und eventuelle Zweifel bei Käufern zu beseitigen (dazu auch unten § 8 C.III.). Außerdem kann er ein Interesse daran haben, dass ein Käufer erneut bei ihm einkauft. Er hat ein Interesse daran, seinen Ruf oder möglicherweise ein bestimmtes Markenimage zu wahren (Reputationseffekt), was durch eine gute Gewährleistung erreicht werden kann.311 Trotzdem gibt es auch viele dem Käufer entgegengesetzte Interessen des Verkäufers, vor allem innerhalb der Ausgestaltung der Gewährleistung: Der Verkäufer möchte möglichst geringe Zusatzkosten durch die Gewährleistung haben und diese Kosten zumindest von vornherein überblicken und in seine Preiskalkulation einplanen können (Planungssicherheit). Er hat also z.B. ein Interesse daran, unter mehreren Gewährleistungsrechten das für ihn kostengünstigste auswählen zu können (s.u. § 10 B.II.2.a)). Dabei wird er es häufig bevorzugen, eine Sache, wenn möglich, noch zu reparieren, anstatt sie direkt ersetzen oder komplett zurücknehmen zu müssen, denn der Wiederverkaufswert der gebrauchten, zurückgenommenen Sache kann sehr gering bzw. oft gleich null sein (s.u. § 10 B.II.2.a)). Des Weiteren möchte der Verkäufer bei Auftreten eines Mangels möglichst schnell davon erfahren, um Folgeschäden zu vermeiden und Dispositionen für ähnliche Produkte treffen zu können. Er hat also ein Interesse daran, dass ihm der Käufer den Mangel möglichst schnell mitteilt (s.u. § 12 B.II.1. und § 13 B.II.1.). Es ist darüber hinaus in seinem Interesse, ab einem gewissen Zeitpunkt sicher sein zu können, dass er die Kaufsache nicht mehr zurücknehmen muss, weshalb er kurze Verjährungsund Ausschlussfristen bevorzugt, zumindest für den Fall der kompletten Rückabwicklung (s.u. § 14 B.II.1.). Zuletzt möchte der Verkäufer auch nicht für solche Fehler haften, auf die er (z.B. bei einer gebrauchten Sache) ausdrücklich hingewiesen hat (zur Gewährleistung bei Kenntnis des Käufers s.u. § 12), und nicht auf den Kosten für Mängel sitzen bleiben, die der Hersteller verschuldet hat (effizienter Regress). Alle diese aufgezeigten Interessen sind also durch das Gewährleistungsrecht so gut wie möglich miteinander in Einklang zu bringen, was bei der Bewertung im Besonderen Teil zu berücksichtigen sein wird.
311
Zu diesem Aspekt vgl. auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 106 mit Fn. 75.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
§ 8 Grundlagen der ökonomischen Analyse des Kaufrechts § 8 Grundlagen der ökonomischen Analyse
Wie oben angedeutet, sollen auch die Grundlagen der ökonomischen Analyse des Rechts im Bereich des Kaufrechts vorab kurz erläutert werden. Dabei soll nach einer Einführung in die allgemeinen Grundsätze (§ 8 A.) zunächst auf die Theorie des allgemeinen Vertragsrechts (B.) und sodann die des speziellen Gewährleistungsrechts (C.) eingegangen werden. A. Allgemeine Grundlagen Die ökonomische Analyse des Rechts beurteilt die gesetzlichen Vorschriften grundsätzlich danach, ob sie effizient sind, d.h. insgesamt die Verschwendung von Ressourcen verhindern und das Allgemeinwohl fördern (Wohlfahrtsmaximierung).312 Es wird der Zustand der „Pareto-Effizienz“ bzw. „Allokationseffizienz“ angestrebt, d.h. der Zustand der optimalen Güterverteilung, in dem eine Besserstellung einer Partei nur noch dadurch erreicht werden kann, dass eine andere Partei schlechter gestellt wird. Denn in diesem Zustand kann der Gesamtnutzen nicht mehr erhöht werden (d.h. die allgemeine Wohlfahrt ist insgesamt maximal).313 Dabei geht man zum einen von der Knappheit bzw. Begrenztheit der Gütermenge und der persönlichen Mittel, zum anderen von rational handelnden Menschen (dem homo oeconomicus) aus, die stets nach ihrem persönlichen Vorteil streben und nur Dinge tun (z.B. Verträge schließen), die für sie von Nutzen sind.314 B. Allgemeines Vertragsrecht Weiterhin geht die ökonomische Analyse davon aus, dass diese optimale Güterverteilung sich grundsätzlich durch Verträge bzw. „Transaktionen“ in einer Gesellschaft von selbst einstellen müsste, sofern Vertragsfreiheit besteht. Denn bei rationalem Verhalten beider Vertragsparteien schließen diese nur dann einen Vertrag, wenn sich der Nutzen dadurch für beide erhöht. In diesem Fall ist also auch der Gesamtnutzen nach Vertragsdurchführung stets größer als null (Steigerung der allgemeinen Wohlfahrt).315 Aus diesem Grund
312 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. XXXIII; Wehrt, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S. 235; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 4; Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 5. 313 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 13 ff. 314 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 45 f.; Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 4; Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 4. 315 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 423 f.
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hat auch die ökonomische Analyse des Vertragsrechts die Aufrechterhaltung der Vertragsfreiheit zum Ziel (dazu bereits oben A.).316 Dieser Automatismus funktioniert allerdings nur von selbst, wenn mehrere Voraussetzungen erfüllt sind: Es dürfen keine Transaktionskosten für die Vertragsverhandlung anfallen (s. sogleich unter I.), es darf keine unterschiedliche Marktmacht der Parteien vorliegen (unter II.) und beide Vertragspartner müssen über vollständige Informationen verfügen (unter III.). Diese Voraussetzungen liegen in der Realität allerdings nicht vor, weshalb der ökonomisch ideale, wohlfahrtsmaximierende Zustand der „vollständigen Konkurrenz“317 nicht erreicht wird. Solche Abweichungen von der vollständigen Konkurrenz nennt man auch „Marktversagen“.318 Bei Vorliegen von Marktversagen sind eingreifende Gesetze erforderlich, die eine Annäherung an den Idealzustand erreichen sollen. I. Transaktionskosten Zunächst müssten für diese automatisch eintretende optimale Güterverteilung durch Verträge die Transaktionskosten (gemeint sind damit nicht nur Ausgaben, sondern auch jeglicher Aufwand, der mit der Transaktion verbunden ist319) gleich null sein (so genanntes Coase-Theorem).320 Ist dies der Fall, d.h. haben die Parteien alle Zeit der Welt und keine Kosten durch das Aushandeln des Vertrags, ist der Abschluss eines so genannten „vollständigen Vertrags“ möglich. In einem vollständigen Vertrag haben die Parteien im Voraus alle Risiken und Eventualitäten, die nach Vertragsschluss eintreten könnten, erkannt und eine effiziente Regelung darüber getroffen, wer welches Risiko trägt.321 1. Transaktionskostensenkung In der Realität sind die Transaktionskosten allerdings nie gleich null. Aus diesem Grund werden Regeln benötigt, die diese Transaktionskosten möglichst gering halten. Deren Senkung ist daher eines der Hauptziele des Vertragsrechts aus ökonomischer Sicht.322 Dabei wird stets, genau wie bei der Nutzenmaximierung, auf die insgesamt anfallenden addierten Transaktions316
Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 423. S. zum Begriff Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, Einl. S. XXXVIII. 318 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 78 ff. 319 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 53. 320 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 72 ff., 78 f.; Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 6. 321 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 431 ff.; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 129 ff. 322 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 428. 317
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kosten beider Parteien abgestellt.323 Folglich kann es z.B. sinnvoll sein, Verträge bzw. Rechtsvorschriften so zu gestalten, dass jede Partei einen Anreiz hat, auch an die Kosten bzw. den Aufwand zu denken, der ihrem Vertragspartner entsteht. 2. Lückenfüllung Da jedoch trotzdem niemals alle erdenklichen Punkte geregelt werden können, hat das Vertragsrecht außerdem die wichtige Aufgabe, Lücken im Vertrag zu füllen und dabei die Risiken möglichst so zuzuordnen, wie sie rationale Parteien in einem vollständigen Vertrag zugeordnet hätten (hypothetischer Parteiwille, dazu bereits oben A.).324 Risiken sind dann effizient zugeordnet, wenn sie stets von der Person getragen werden, die ihr Eintreten mit dem geringsten Aufwand beherrschen oder am günstigsten versichern kann (Prinzip der überlegenen Kostenvermeidung/cheapest cost avoider325 bzw. cheapest insurer326). An diesen Grundsatz sollte sich also das Vertragsrecht aus ökonomischer Sicht halten. Die Bereitschaft, Risiken auf sich zu nehmen, kann jedoch bei verschiedenen Personen unterschiedlich hoch sein. Es gibt risikofreudige, risikoaverse und risikoneutrale Personen. Eine risikoaverse Person ist z.B. bereit, für die Ausschaltung eines Risikos mehr zu bezahlen als den Erwartungswert des potentiellen Schadens, der durch das Risiko eintreten kann. Hingegen ist eine risikoneutrale Person bereit, genau den Erwartungswert dafür zu bezahlen usw.327 Diese Überlegung kann bei der Risikozuordnung ebenfalls miteinbezogen werden. II. Marktmacht Damit die Parteien nur Verträge eingehen, die für beide Seiten von Vorteil sind, dürfte außerdem kein Vertragspartner eine stärkere Stellung am Markt haben als der andere.328 Es sollte also nicht möglich sein, dass eine Partei durch Marktmacht die Transaktionen stärker zu ihren Gunsten beeinflussen kann als eine andere. Liegt diese Bedingung nicht vor, stellt dies einen Fall 323 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 72 ff., 78 f.; Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 6. 324 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 433 ff.; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 117 ff. 325 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 436. 326 Vgl. z.B. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117; Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Bien, ZEuP 2012, 645, 656; Glöckner, EWS 2011, 359, 364; kritisch dazu Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255 f. (s. dazu auch unten Besonderer Teil Fn. 500). 327 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 438 f.; Kovač, Comparative Contract Law and Economics, 2011, S. 6 f. 328 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 78.
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von Marktversagen dar.329 Deshalb werden Rechtsregeln benötigt, die die Marktmacht beschränken (Wettbewerbsrecht). III. Information Als dritte Voraussetzung dafür, dass die Parteien stets nur für beide Seiten günstige Verträge abschließen, müssten beide Parteien über alle für den Vertragsschluss erforderlichen Informationen verfügen.330 Meist ist dies jedoch nicht der Fall, sondern es besteht eine ungleichmäßige Verteilung der Informationen, eine so genannte Informationsasymmetrie (z.B. hat der Verkäufer einer Sache oft mehr Informationen über deren Qualität als der Käufer).331 Dies kann dazu führen, dass ein Vertragspartner aufgrund seines Informationsdefizits einen für ihn nachteiligen Vertrag abschließt. 1. Informationsasymmetrie vor Vertragsschluss Liegen solche Informationsasymmetrien vor Vertragsschluss vor, d.h. bestehen z.B. beim Käufer Zweifel über die Qualität der Ware, kann dies zur Folge haben, dass er von zwei für ihn identisch aussehenden Produkten stets das günstigere kauft. Dies kann auf lange Sicht dazu führen, dass bei fehlender Käuferinformation stets die Produkte mit schlechterer Qualität gekauft werden und so Produkte mit höherer Qualität vom Markt verschwinden. Diesen Fall des Marktversagens bezeichnet man auch als race to the bottom, „adverse Selektion“ oder „Zitronenmarkt“-Problem (basierend auf einem Artikel von Akerlof über den so genannten market for lemons).332 Dieser Informationsasymmetrie bei Vertragsschluss kann zum einen durch Informations- und Aufklärungspflichten entgegengewirkt werden,333 um v.a. zu vermeiden, dass Verkäufer von Produkten schlechter Qualität Informationen absichtlich verheimlichen (opportunistisches Verhalten ex ante334). Zum anderen kann versucht werden, Möglichkeiten zu finden, wie Verkäufer von Produkten guter Qualität diese Qualität dem Käufer „beweisen“ bzw. signalisieren können (dazu sogleich C.III.).
329
Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 78. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 540; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 118. 331 Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 121. 332 Akerlof, Quarterly Journal of Economics 84 (1970), 488 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 370 ff.; Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 121 f. 333 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 138 f. 334 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 550. 330
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2. Informationsasymmetrie nach Vertragsschluss Außerdem kann nach Vertragsschluss oder während einer Vertragsbeziehung eine Unsicherheit darüber vorliegen, wie sich die andere Partei in Bezug auf den Vertragsgegenstand verhalten wird (z.B. wie ein Käufer mit einer Sache umgehen wird).335 Dabei kann es passieren, dass eine Partei die vertraglichen Bestimmungen zu ihren Gunsten ausnutzt, ohne dabei auf die andere Partei Rücksicht zu nehmen (opportunistisches Verhalten ex post),336 und so den Eintritt eines Risikos verstärkt (so genanntes „moralisches Risiko“ bzw. moral hazard)337. Ein Beispiel wäre ein Käufer, der trotz Feststellens eines Mangels die Kaufsache, bevor er sein Rücktrittsrecht ausübt, noch eine ganze Zeit lang weiterbenutzt, was dazu führt, dass der Verkäufer bei Rücknahme die Sache nicht mehr weiterverkaufen kann. Die Vermeidung solchen opportunistischen Verhaltens ist daher ebenfalls ein Ziel des Vertragsrechts.338 C. Gewährleistungsrecht Die kaufrechtliche Gewährleistung für Mängel an der Kaufsache hat aus ökonomischer Sicht drei Funktionen.339 Sie sollen hier zunächst unabhängig davon dargestellt werden, ob eine solche Gewährleistung durch zwingende Gesetzesvorschriften erforderlich ist oder vertraglich vereinbart wird,340 da es nur darum geht, die ökonomischen Hintergründe der Gewährleistung zu verstehen. I. Versicherungsfunktion Eine ökonomische Funktion ist die Versicherungsfunktion: Nach dieser handelt es sich bei der Gewährleistung um eine Versicherung, bei der der Käufer bereit ist, einen höheren Preis zu bezahlen, um so dagegen abgesichert zu sein, ein mangelhaftes Produkt zu kaufen.341 Danach ist die Gewährleistung dann sinnvoll, wenn der Käufer risikoavers ist (s. soeben B.I.2.) und der Verkäufer risikoneutral, denn dann ist der Käufer bereit, für diese Versicherung mehr zu bezahlen als den Erwartungswert des Schadens. In diesem Fall ist es für den Verkäufer ebenfalls vorteilhaft, da er den Preis mindestens um die zu 335
Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 128 ff. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 550. 337 Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010, S. 128. 338 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 428. 339 Vgl. dazu auch Wehrt, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S. 235. 340 Zur ökonomischen Anlayse des zwingenden Rechts vgl. ausf. Wagner, ZEuP 2010, 243, 256 ff. 341 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 516 ff.; Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 188 ff.; Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 408 ff.; Priest, Yale L.J. 90 (1981), 1297, 1308. 336
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erwartenden Durchschnittskosten für die Gewährleistung (oder auch etwas stärker) erhöhen kann. Folglich liegt in diesem Fall eine Besserstellung beider Seiten (Pareto-Verbesserung, s. soeben unter A.) vor.342 II. Qualitätsanreiz Diese Gewährleistung des Verkäufers ist auch ökonomisch sinnvoller als ein Abschluss einer eigenen Versicherung des Käufers, da sonst die zweite Funktion des Gewährleistungsrechts nicht greifen könnte, nämlich die des Qualitätsanreizes für den Verkäufer: Je mehr er für mangelhafte Produkte haften muss, desto eher hat er einen Anreiz, bei der Herstellung oder bei der Qualitätskontrolle besonders sorgfältig zu handeln und auf eine hohe Qualität seiner zum Verkauf angebotenen Produkte zu achten.343 III. Qualitätssignal Die dritte Funktion ist das Setzen eines Qualitätssignals. Ein solches Signal wird als Folge des oben (B.III.1.) beschriebenen Problems der Informationsasymmetrie vor Vertragsschluss („Zitronenmarkt“-Problem) benötigt. Denn danach führt ein Informationsdefizit über die Qualität beim Käufer dazu, dass Produkte mit besserer Qualität vom Markt verschwinden. Das Gewähren einer Garantie durch den Verkäufer kann Abhilfe schaffen und ein glaubhaftes Signal für den Käufer setzen, dass das Produkt höherwertiger ist. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass Verkäufer von Produkten guter Qualität mit geringerem Preisaufschlag umfassendere Garantien gewähren können, da der Erwartungswert eines Mangelfalls niedriger ist.344 IV. Erforderliche Beschränkungen Trotz dieser drei positiven Auswirkungen der Gewährleistung ist diese auch nach der ökonomischen Theorie nicht in allen Fällen unbegrenzt zu befürworten. Es sind diejenigen Fälle zu bedenken, in denen der Käufer den Eintritt eines Mangels beeinflussen kann, z.B. durch eine besonders intensive gewerbliche Nutzung. In solchen Fällen wäre es aus ökonomischer Sicht wünschenswert, dass der Käufer dem Verkäufer seine besonders intensive Nutzung offenlegt, sodass nicht alle Käufer mit normaler oder geringer Nutzung 342 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 516 f.; Priest, Yale L.J. 90 (1981), 1297, 1308. 343 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 518 f.; Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 194 ff.; Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 413. 344 Dazu ausf. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 519 f.; Priest, Yale L.J. 90 (1981), 1297, 1303 ff.; Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 74; Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 192 f.; Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 410 f.
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Allgemeiner Teil: Grundlagen
die Käufer mit intensiver Nutzung durch insgesamt stark erhöhte Preise quersubventionieren müssen.345 In solchen Fällen ist möglicherweise eine Begrenzung der Gewährleistung auf eine normale Nutzungsintensität sinnvoll oder aber ein Wahlrecht des Käufers, gegen einen geringeren Preis weniger Gewährleistungsrechte zu bekommen. Jedenfalls sollten all diese Faktoren bei der Auswahl des Umfangs von gesetzlichen (und darüber hinausgehenden vertraglichen) Garantien abgewogen werden.346
345 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 520 f.; Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 414. 346 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 521.
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung § 9 Klauselkontrolle § 9 Klauselkontrolle
Seit langem herrscht Streit, ob und inwieweit Unterschiede bei der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in B2B- und B2C-Verträgen bestehen sollten. Unterschiedliche personale Differenzierungen (nach den genannten Kriterien, s.o. § 3 C.IV.) konnten bei den Regelungen zur Klauselkontrolle an den folgenden fünf Punkten festgestellt werden: – bei der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs bei zwei Fragen (Einbeziehung von individuell ausgehandelten Klauseln, s.u. B.II., und Mehrfachverwendungsabsicht, s.u. B.III.), – bei der Definition der Generalklausel (s.u. B.IV.), – bei der Beurteilung der Unfairness einer Klausel (s.u. B.V.) – und bei der Heranziehung von Verbotslisten für die Inhaltskontrolle (s.u. B.VI.). In der rechtsvergleichenden Darstellung sollen jedoch für jedes Regelwerk die Regelungen zur Klauselkontrolle und ihre geschichtliche Entwicklung zunächst im Zusammenhang dargestellt werden, wobei auf jeden der genannten Punkte ausdrücklich eingegangen wird. Die anschließende Bewertung soll sodann für jeden Punkt getrennt stattfinden. A. Rechtsvergleichende Darstellung1 I. Deutschland2 1. Geschichtliche Entwicklung Bereits im römischen Recht und im Mittelalter wurden für Verkäufe und andere Rechtsgeschäfte Vertragsformulare verwendet, die meist von am Ge1
Für einen Vergleich der europäischen nationalen und vereinheitlichten Regelungen zur Klauselkontrolle vgl. Kötz, Europ. Vertragsrecht, 2. Aufl. 2015, S. 191 ff. 2 Für einen ausf. Vergleich der Vorschriften zur AGB-Kontrolle in Deutschland, dem CESL, den PECL, dem CFR, dem CISG und den PICC s. Gade, AGB im int. u. europ. Privatrecht, 2013.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
schäft unbeteiligten Dritten (z.B. Maklern oder Juristen) ausgearbeitet wurden.3 Erst im Zuge der Industrialisierung benutzten dann die Unternehmen eigene Vertragsmuster zur Bewältigung des aufkommenden Massenverkehrs.4 Gesetzliche Regelungen zur Klauselkontrolle gibt es in Deutschland seit dem AGB-Gesetz von 1976 (AGBG)5. Vorher wurde durch das Reichsgericht ab 1920 bereits eine zunächst auf § 138 BGB6 und später durch den BGH ab 1956 auf § 242 BGB7 gestützte richterliche Kontrolle missbräuchlicher Klauseln vorgenommen, die sich stets weiterentwickelte und deren Grundsätze schließlich im AGBG niedergelegt wurden.8 Das AGBG enthielt eine Inhaltskontrolle sowohl für B2C- als auch für B2B-Verträge. Es sah in seinem § 24 bereits einige (bis heute fast inhaltsgleich gültige) Sonderbestimmungen für Kaufleute vor. Deren Anwendungsbereich wurde 1998 von „Kaufleuten“ auf „Unternehmer“ erweitert und erfasste so auch Freiberufler, Handwerker, Landwirte und Kleingewerbetreibende.9 Zur Umsetzung der Klausel-RL wurde 1996 ein neuer § 24a AGBG eingeführt,10 der Sonderregelungen für Verbraucher enthielt. Diese sind heute ebenfalls noch inhaltsgleich vorhanden. Die Vorschriften des AGBG wurden sodann mit der Schuldrechtsreform in das BGB eingefügt und befinden sich nun in den §§ 305 ff. BGB.11 Aktuell wird seit einigen Jahren wieder über eine Reform der Inhaltskontrolle von B2B-Verträgen diskutiert, jedoch bisher ohne Ergebnis (dazu unten 2.c) mit Fn. 20). 2. Regelung Während § 305 die Definition für Allgemeine Geschäftsbedingungen und §§ 305a und 305b weitere Bedingungen für die Einbeziehung der Klauseln
3
HKK/Hofer, 2007, §§ 305–310 (I), Rn. 2 (S. 1414 f.). HKK/Hofer, 2007, §§ 305–310 (I), Rn. 2 (S. 1414 f.). 5 S.o. Allgemeiner Teil Fn. 80; für einen Überblick über die Gesetzesgeschichte vgl. ausf. Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer, AGB-Recht, § 310 BGB Rn. 11 ff. 6 Dazu ausf. HKK/Hofer, 2007, §§ 305–310 (I), Rn. 10 ff. (S. 1421 ff.). 7 Dazu ausf. HKK/Hofer, 2007, §§ 305–310 (I), Rn. 16 ff. (S. 1427 ff.). 8 Zur Entwicklung der Rspr. ausf. Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 52 ff. m.w.N. Vgl. auch die Gesetzesbegründung zum AGBG-Entwurf von 1975, BTDrs. 7/3919, S. 10; zur Entstehung des AGBG vgl. auch HKK/Hofer, 2007, §§ 305–310 (I), Rn. 21 ff. (S. 1431 ff.). 9 Dazu ausf. Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer, AGB-Recht, § 310 BGB Rn. 11 ff. 10 Durch das Gesetz vom 19.7.1996 (Allgemeiner Teil Fn. 83); dazu ausf. Ulmer/ Brandner/Hensen/Ulmer/Schäfer, AGB-Recht, § 310 BGB Rn. 41. 11 Dazu ausf. Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Einführung, Texte, Materialien, 2002, S. 223 ff. 4
§ 9 Klauselkontrolle
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enthalten, ist die Inhaltskontrolle in den §§ 307–309 geregelt. Die Sonderregeln für B2B- und B2C-Verträge finden sich heute in § 310 BGB. a) Sachlicher Anwendungsbereich Das deutsche Recht beschränkt die Kontrolle missbräuchlicher Klauseln auf standardisierte Klauseln, so genannte Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Dies sind laut § 305 Abs. 1 BGB im deutschen Recht „alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt“. In individuell ausgehandelten Verträgen findet also keine besondere Inhaltskontrolle statt.12 Außerdem wird grundsätzlich eine Mehrfachverwendungsabsicht gefordert (allerdings genügt im Gegensatz zum CFR, s.u. III.2.a), die Absicht, die AGB gegenüber demselben Vertragspartner mehrfach zu verwenden13). Bei B2C-Verträgen gelten einige Sonderregeln für den sachlichen Anwendungsbereich: Zum einen enthält § 305 Abs. 2 BGB zusätzliche Voraussetzungen für die Einbeziehung von AGB in den Vertrag. Danach wird eine Klausel bei B2C-Verträgen nur Vertragsbestandteil, wenn ausdrücklich auf sie hingewiesen wurde, dem Vertragspartner die Möglichkeit der Kenntnisnahme verschafft wurde und dieser sich damit einverstanden erklärt hat. Zum anderen findet gemäß § 310 Abs. 3 BGB die Inhaltskontrolle auch bei der Bestimmung der AGB zu nur einmaliger Verwendung Anwendung. b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen Für die Inhaltskontrolle gelten in B2C-Fällen nach § 309 eine „schwarze Liste“ (Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit, unwiderlegbare Vermutung der Unzulässigkeit) und nach § 308 eine „graue Liste“ (Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit, widerlegbare Vermutung der Unzulässigkeit). Kommt kein Verbot nach den Listen in Betracht, wird anhand der Generalklausel des § 307 Abs. 1 und 2 BGB als Auffangtatbestand nach einer allgemeinen „unangemessenen Benachteiligung“ gesucht. Dabei sind gemäß § 310 Abs. 3 BGB (nur) in B2C-Verträgen auch ausdrücklich die Begleitumstände des Vertrags bei der Auslegung der Generalklausel zu berücksichtigen. Ob diese konkret-individuellen Umstände erst nach einer abstrakten Bestimmung der Unfairness anhand der Generalklausel, also im Rahmen eines zweistufi-
12 Zu Kritik an der Voraussetzung und Auslegung des Aushandelns vgl. Kaufhold, BB 2012, 1235, 1237 ff.; Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2981 f. 13 BGH 11.12.2003, NJW 2004, 1454.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
gen Tests, zu berücksichtigen sind oder schon unmittelbar bei der Bestimmung des Maßstabs der Generalklausel, ist im deutschen Recht umstritten.14 c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen Werden die AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet, gelten die schwarze und die graue Liste grundsätzlich nicht, § 310 Abs. 1 S. 1 BGB.15 Allerdings sieht § 310 Abs. 1 S. 2 vor, dass die Generalklausel trotzdem dazu führen kann, dass in den §§ 308, 309 aufgeführte Bestimmungen als unwirksam angesehen werden. Es ist jedoch bei B2B-Verträgen dabei allgemein auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche angemessen Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsprechung hat § 310 Abs. 1 S. 2 BGB allerdings weiterentwickelt: Seit einem Urteil des BGH aus dem Jahr 198416 haben die Verbote in §§ 308 und 309 Indizwirkung auch für B2B-Verträge. Das bedeutet, dass die Einschlägigkeit einer Verbotsnorm für eine Klausel gegenüber einem Verbraucher ein Indiz dafür ist, dass die gleiche Klausel auch gegenüber einem Unternehmer zu einer unangemessenen Benachteiligung führt – „es sei denn, sie kann wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des kaufmännischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden“17. Die ständige Rechtsprechung nimmt jedoch, mit Ausnahmen,18 zumeist solch eine Indizwirkung an.19 Daher gibt es faktisch in Deutschland momentan fast eine identische Kontrolle durch die einschlägigen grauen und schwarzen Listen im B2B- und im B2C-Verkehr. Aufgrund von Kritik an dieser praktischen Gleichstellung gibt es momentan eine Reformdebatte darüber, ob die Kontrolle für B2B-Verträge möglicherweise eingeschränkt und stärker von der verbraucherrechtlichen Kontrol-
14 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 78 m.w.N. zu allen Meinungen; Staudinger/Schlosser (2013) § 310 Rn. 70; rechtsvergleichend dazu Hellwege/Miller, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The CESL in context, 2013, S. 423, 450 f. 15 Ursprünglich galt die Vorschrift für Kaufleute (vgl. § 24 AGBG i.d.F. von 1976, s.o. Allgemeiner Teil Fn. 80), ab 1998 dann für alle Unternehmer. 16 BGH 8.3.1984, NJW 1984, 1750. 17 BGH 8.3.1984, NJW 1984, 1750, 1751. 18 Z.B. BGH 3.3.1988, NJW 1988, 1785, 1788; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGBRecht, § 307 BGB Rn. 381 ff. 19 BGH 8.3.1984, NJW 1984, 1750, 1751; BGH 19.9.2007, NJW 2007, 3774, 3775; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 381 ff.; Kessel, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT, 2013, S. I 59, I 63; Hannemann, AnwBl. 2012, 314, 316; Meller-Hannich, AnwBl. 2012, 676, 678; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 310 f., 313.
§ 9 Klauselkontrolle
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le abgekoppelt werden sollte.20 Die einschlägigen Argumente werden bei der Diskussion und Bewertung Berücksichtigung finden (s. z.B. unten B.VI.6.b)). II. Frankreich21 1. Geschichtliche Entwicklung Obwohl sich bereits Saleilles im Jahr 1901 Gedanken über Regelungen für standardisierte Verträge machte,22 wurde die Kontrolle missbräuchlicher Klauseln in Frankreich erst durch Art. 35 des Gesetzes Nr. 78-23 vom 10.1.197823 eingeführt. Die vorherige Rechtsprechung hatte eine Inhaltskontrolle fast vollständig abgelehnt und hielt an der Bindungswirkung der Verträge fest.24 Das Gesetz von 1978 beschränkte sich personal auf Verträge zwischen Unternehmern (professionnels) und so genannten „Nichtunternehmern“ (nonprofessionnels, dazu unten 2.c)), und sachlich auf Kaufverträge und Verträge über Dienstleistungen. Es sah vor, dass solche Klauseln durch den Erlass einer Verordnung (décret) verboten werden können, die „dem Nichtunternehmer oder Verbraucher durch einen wirtschaftlichen Machtmissbrauch der Gegenpartei auferlegt erscheinen und diesen übermäßig bevorteilen“25. Solche Verordnungen sollten auf Vorschlag der dafür durch Art. 36 des Gesetzes
20 Vgl. dazu den Vorschlag für einen Reformentwurf des Deutschen Anwaltsvereins von März 2012, abrufbar unter ; die Frankfurter Initiative zur Fortentwicklung des AGB-Rechts, von April 2015, abrufbar unter ; die Stellungnahmen des 69. Deutschen Juristentags: Micklitz (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012; sowie die Gegeninitiative zahlreicher Mittelstandsvereinigungen von April 2013, abrufbar unter ; dazu auch Lenkaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 ff. sowie viele verschiedene Beiträge in AnwBl. 2012, 292 ff. 21 Für einen ausf. Vergleich der deutschen und französischen Regelungen zur Klauselkontrolle (anlässlich des neu eingeführten Art. 1171 Cc, s.u. § 9 A.II.2.e)) vgl. Signat, RIDC 4/2016, 863. 22 Saleilles, De la déclaration de la volonté, 1901, Art. 133 Rn. 89 ff.; dazu auch Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 59 f.; Testu, JCP G 1993, I 3673, Rn. 3 ff.; ders., Dalloz affaires 1996, 372. 23 Loi n° 78-23 (Allgemeiner Teil Fn. 105). 24 Testu, JCP G 1993, I 3673, Rn. 3; ausf. dazu Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 62 ff. 25 Auf Fanzösisch s. Art. 35 Abs. 1 a.E. der Loi n° 78-23 (Allgemeiner Teil Fn. 105): „…lorsque de telles clauses apparaissent imposées aux non professionnels ou consommateurs par un abus de la puissance économique de l'autre partie et confèrent à cette dernière un avantage excessif“; s. dazu auch Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 71 ff.; Witz/Wolter, ZEuP 1995, 885, 888.
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geschaffenen Commission des clauses abusives (Kommission für missbräuchliche Klauseln) von der Regierung erlassen werden.26 Mit der Umsetzung der Klausel-RL durch das Gesetz Nr. 95-96 vom 1.2.199527 wurde die französische Regelung im Wortlaut stark verändert und auf alle Arten von Verträgen erweitert. Außerdem wurde die Vorschrift in die heutigen Art. L 212-1 ff. und L 241-1 CCons (damals Art. L 132-1 und L 132-2 CCons a.F.) verschoben, wo noch heute das Recht der missbräuchlichen Klauseln für Verbraucherverträge (und nach wie vor auch für Verträge mit einem non-professionnel) zu finden ist. Diese Vorschriften wurden ergänzt durch die exekutiven Vorschriften der Art. R 212-1 ff. CCons (damals noch Art. R 132-1 ff. CCons a.F.). Diese enthalten seit 2009 die entsprechenden durch Verordnung festgelegten Klauselverbotslisten.28 Die Rolle des Richters bei der Feststellung des missbräuchlichen Charakters einer Klausel hat sich in Frankreich im Laufe der Zeit stark verändert. Der Richter hatte ursprünglich überhaupt kein Ermessen, sondern musste sich strikt an die oben genannten Verordnungen halten, während er heute das Gesetz bei Fehlen einer gesetzlichen Vorschrift souverän interpretieren kann.29 Regelungen zur Klauselkontrolle für B2B-Verträge bestanden in Frankreich bis 2008 nicht, jedoch gab es ähnliche Vorschriften für den Fall des Ausnutzens eines Abhängigkeits- oder Machtverhältnisses.30 Die Klauselkontrolle für B2B-Verträge wurde und wird bis heute dabei dem Bereich des Wettbewerbsrechts zugeordnet. Durch eine Gesetzesänderung31 wurde 2008 der heutige Abs. 1 Nr. 2 des Art. L 446-2 in den CCom eingefügt (dazu sogleich unter 2.d)). Mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 wurde durch die französische Schuldrechtsreform32 (s.o. § 4 D.VII.) außerdem ein Artikel über die Klauselkontrolle in das allgemeine Zivilrecht des Cc eingefügt. Dieser neue Art. 1171 Cc beschränkt sich auf contrats d’adhésion, d.h. Verträge mit nicht individuell ausgehandelten, einseitig gestellten Vertragsbedingungen (dazu unten 2.a)). Die Einführung einer solchen allgemeinen Vorschrift in den Cc war auch in 26 Dazu Testu, JCP G 1993, I 3673, Rn. 31. Vgl. auch die aktuelle Website dieser Kommission, die bis heute besteht, abrufbar unter . 27 Loi n° 95-96 du 1 février 1995, JORF n° 28 p. 1755; vgl. dazu ausf. Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 457 ff. 28 Eingeführt durch den Décret n° 2009-302 du 18 mars 2009, JORF n° 67 p. 5030; s. dazu Sauphanor-Brouillaud, JCP G 2009, Act. 168; Paisant, JCP G 2009, 116. 29 Zu dieser Entwicklung ausf. und aktuell Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 343 ff. (S. 271 ff.). 30 Vgl. Art. L 442-6 Abs. 1 Nr. 2 lit. b CCom i.d.F. von 2001–2008, eingeführt durch Loi n° 2001-420 du 15 mai 2001, JORF n° 113 p. 7776, texte n° 2. 31 Durch Art. 93 Loi n° 2008-776 du 4 août 2008, JORF n° 181 p. 12471. 32 Ordonnance n° 2016-131 (Allgemeiner Teil Fn. 127).
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allen vorangegangenen gescheiterten Reformentwürfen so vorgesehen gewesen, also im Avant-projet Catala von 200533, im Rapport Terré von 200834 und im Projet de la Chancellerie von 200935. 2. Regelung Die französischen Regelungen zur Klauselkontrolle befinden sich in Art. L 212-1 ff., L 241-1 CCons für B2C-Verträge und in Art. L 442-6 Abs. 1 Nr. 2 CCom für Kaufleute (für unsere Zwecke also für B2B-Verträge, s.o. § 6 B.IV.) – sowie seit 2016 auch in Art. 1171 Cc für alle personalen Konstellationen. Das Verhältnis des neuen Art. 1171 Cc zu den anderen beiden Vorschriften ist bisher ungeklärt und wird momentan in der Literatur heftig diskutiert.36 Art. 1105 Cc, der den Grundsatz des Vorrangs der lex specialis nun gesetzlich festschreibt, soll dafür jedenfalls nicht einschlägig sein.37 Zunächst muss daher von einer Anwendbarkeit aller Normen nebeneinander innerhalb des jeweiligen personalen Anwendungsbereichs ausgegangen werden. a) Sachlicher Anwendungsbereich und contrat d’adhésion In Frankreich beschränkt sich die Klauselkontrolle (sowohl bei B2C- als auch bei B2B-Verträgen) nicht auf standardisierte Klauseln, sondern auch Individualvereinbarungen sind kontrollfähig (vgl. Art. L 212-1 Abs. 6 CCons).38 Es gibt bei der Klassifizierung von Verträgen zwar die seit der Reform von 2016 (dazu oben § 4 D.VII.) nun auch im Gesetz (Art. 1110 Abs. 2 Cc) verankerte
33 Art. 1122-2 des Avant-projet Catala (s.o. Allgemeiner Teil Fn. 123), S. 79; dazu auch Denkinger, Der Verbraucherbegriff, 2007, S. 425 f. 34 Art. 67 des Rapport Terré (s.o. Allgemeiner Teil Fn. 125). 35 Art. 79 des Projet de la Chancellerie (s.o. Allgemeiner Teil Fn. 124). 36 Vgl. dazu Lagarde, D. 2016, 2174; Revet, D. 2016, 1771; Deshayes/Barsan, IWRZ 2017, 62, 64; Chénedé, D. 2015, 1226, 1228 ff. (Rn. 5 ff.); Ferrier, in: Schulze/Wicker/ Mäsch u.a. (Hrsg.), La réforme du droit des obligations en France, 2015, S. 73, 85 ff.; Chagny, in: Stoffel-Munck (Hrsg.), Réforme du droit des contrats et pratique des affaires, 2015, S. 47 ff. mit Diskussionsbericht auf S. 61 ff.; Boffa, D. 2015, 335, 339 ff. (Rn. 17 ff.) – wenn auch noch zum gleichlautenden Art. 77 des ersten Verordnungsentwurfs vom 23.10.2013. 37 Dazu Lagarde, D. 2016, 2174; Deshayes/Barsan, IWRZ 2017, 62, 64; Fenouillet, RDC 2016, 358 (Rn. 49 ff.). 38 Dies wurde aber auch dort ab Einführung schon kritisiert, vgl. z.B. Rouhette, Études René Rodière, 1981, S. 247, 255; s. auch Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 478 f. mit Fn. 2176; i.E. wohl auch Rochfeld, Cause et type de contrat, 1999, S. 416 f.; a.A. Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 141 ff. (S. 118 ff.).
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Rubrik des so genannten contrat d’adhésion39 (wörtlich übersetzt: „Beitrittsvertrag“, da der Verbraucher sozusagen einem bestehenden Vertrag „beitritt“).40 Er setzt voraus, dass die allgemeinen Vertragsbedingungen einseitig gestellt werden und der Möglichkeit der individuellen Aushandlung entzogen sind.41 Diese Verträge bilden in der Praxis auch den weit überwiegenden Teil der Fälle mit missbräuchlichen Vertragsklauseln.42 An das Vorliegen eines solchen contrat d’adhésion knüpfte jedoch bisher weder das Gesetz noch die Rechtsprechung besondere Rechtsfolgen an.43 Einige der gescheiterten Schuldrechtsreformvorschläge enthielten besondere Regeln für die contrats d’adhésion.44 Der erste Verordnungsentwurf von 2015 für die französische Schuldrechtsreform45 (s.o. § 4 D.VII.) enthielt zunächst ebenfalls keine Beschränkung auf contrats d’adhésion. Aufgrund heftiger Kritik46 wurde jedoch diese Einschränkung zumindest für den neuen Art. 1171 Cc nun eingefügt.47 Der französische Senat hat mit Wirkung zum Oktober 2018 am Wortlaut der Vorschriften zum contrat d’adhésion (Art. 1110 Cc) im Rahmen der nachträglichen Ratifikation der Reform noch leichte Veränderungen vorgenommen.48 Aufgrund der nebeneinander bestehenden Anwendbarkeit der Regelungen von Cc, CCons und CCom (s. soeben unter 1. und 2.) umfasst der sachliche Anwendungsbereich der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln aber 39
Dazu ausf. Latina, in: Répertoire de droit civil, Encyclopédie Juridique Dalloz, 2017, Rn. 207 ff.; Testu, JCP G 1993, I 3673; Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 59 ff. 40 Zu der Problematik der Einordnung eines Vertrags, der teilweise ausgehandelte und teilweise nicht aushandelbare Klauseln enthält, vgl. Revet, D. 2016, 1771; Deshayes/Barsan, IWRZ 2017, 62, 64 (die wohl eine Einordnung nach der Mehrheit der Klauseln befürworten). Insofern könnte man darüber nachdenken, ob es nicht sinnvoller wäre, wie beispielsweise in Deutschland, auf die einzelne Klausel abzustellen – sozusagen als clause d’adhésion. 41 Dazu auch Malaurie/Stoffel-Munck/Aynès, Les obligations, 9. Aufl. 2017, Rn. 427 (S. 223 ff.); Terré/Simler/Lequette, Droit civil. Les obligations, 11. Aufl. 2013, Rn. 73 (S. 92). 42 Malaurie/Stoffel-Munck/Aynès, Les obligations, 9. Aufl. 2017, Rn. 427 (S. 224); Meilhac, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 291, 304 in Fn. 35. 43 Es wurde lediglich früher von der Rspr. in solchen Fällen vermutet, dass der bis 1995 geforderte „wirtschaftliche Machtmissbrauch“ (abus économique) zwischen Klauselsteller und Vertragspartner vorliegt, Cass. Civ. 1e 6.1.1994, JCP G 13/1994, II, 22237; dazu auch Testu, Dalloz affaires 1996, 372, 374. 44 Vgl. Art. 1102-5 Avant-projet Catala (s.o. Allgemeiner Teil Fn. 123), Art. 10 Abs. 2 Projet de la Chancellerie (Allgemeiner Teil Fn. 124) und Art. 140 II Rapport Terré (Allgemeiner Teil Fn. 125). 45 Ministère de la Justice, Projet d’Ordonnance du 25.2.2015. 46 Vgl. z.B. Chénedé, D. 2015, 1226, 1229 (Rn. 8), der dies für ein Versehen hielt. 47 Vgl. dazu ausf. Revet, D. 2016, 1771. 48 Loi n° 2018-287 (Allgemeiner Teil Fn. 128).
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weiterhin alle Klauseln (individuell ausgehandelt oder nicht) aus allen Arten von Verträgen. b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen (CCons) Für die Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen gilt in Frankreich der CCons mit seinen Art. L 212-1 ff. und den durch Verordnung von 200949 erlassenen zugehörigen Klauselverbotslisten. Diesbezüglich enthält Art. R 212-1 CCons eine schwarze Liste (zum Begriff s.o. I.2.b)) mit unwiderlegbar als missbräuchlich vermuteten Klauseln und Art. R 212-2 CCons eine graue Liste mit widerlegbar als missbräuchlich vermuteten Klauseln. Eine der Klauseln der schwarzen Liste (Art. R 212-1 Nr. 1 CCons) bezieht sich dabei auch auf die (in Deutschland beim Anwendungsbereich geregelte, s.o. I.2.a)) Frage der Einbeziehung der Klausel: Eine Klausel, auf die nicht ausdrücklich bei Vertragsschluss hingewiesen wird und von der der Verbraucher keine Kenntnis hatte, wird danach unwiderlegbar als missbräuchlich vermutet. Eine Generalklausel findet sich in Art. L 212-1 Abs. 1 CCons. Danach sind alle Klauseln missbräuchlich, die zulasten des Verbrauchers ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien erzeugen („qui ont pour objet ou pour effet de créer, au détriment du consommateur, un déséquilibre significatif entre les droits et obligations des parties au contrat“). Eine weitere Sonderregelung für Verbraucher findet sich in Art. L 212-1 Abs. 2 CCons, der besagt, dass auch die Umstände des Vertragsschlusses, die übrigen Bestimmungen des Vertrags und andere Verträge, von denen der betroffene Vertrag abhängt, in die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel mit einzubeziehen sind. Diese Regelung, die aus Art. 4 Abs. 1 der Klausel-RL stammt, findet sich auch in § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB wieder (s.o. I.2.b)). c) Einbeziehung des non-professionnel (CCons) Der personale Anwendungsbereich der Vorschriften über missbräuchliche Klauseln im CCons ist dabei, wie bereits angedeutet, weiter als in den anderen Regelwerken: Hier wird nicht nur der Verbraucher, sondern auch der so genannte non-professionnel („Nichtunternehmer“) geschützt, Art. L 212-2 CCons (zum Begriff und dessen Entwicklung ausf. oben § 6 A.IV.3.). Die Definition des non-professionnel (neue Legaldefinition seit 2016, s.o. § 6 A.IV.3.e)) umfasst im Gegensatz zum Verbraucher auch juristische Personen (ausgenommen Handelsgesellschaften), wenn sie ohne direkten Bezug zur unternehmerischen Tätigkeit handeln (s.o. § 6 A.IV.).
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Décret n° 2009-302 (Fn. 28).
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d) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen (CCom) Die Regelungen der Klauselkontrolle für alle sonstigen Kaufleute werden in Frankreich dem Bereich des Wettbewerbsrechts zugeordnet und finden sich in Art. L 446-2 Abs. 1 Nr. 2 CCom. Diese Vorschrift verbietet Kaufleuten, „einem Handelspartner Pflichten, die ein erhebliches Ungleichgewicht bei den Rechten und Pflichten der Parteien erzeugen, aufzuerlegen oder zu versuchen, sie ihm aufzuerlegen“ („de soumettre ou de tenter de soumettre un partenaire commercial à des obligations créant un déséquilibre significatif dans les droits et obligations des parties“). Sie wurde 2011 sogar vom Conseil constitutionnel auf ihre Verfassungsmäßigkeit (Bestimmtheitsgrundsatz) überprüft und bestätigt.50 Obwohl sie sich im Wettbewerbsrecht befindet, wird die Vorschrift teilweise auch als vertragsrechtliche Bestimmung eingeordnet.51 Die Formulierung der Generalklausel („erhebliches Ungleichgewicht“) entspricht heute exakt der des CCons. Fraglich und umstritten ist jedoch, inwiefern dies zu einer gleichen Auslegung des Begriffs in B2C- und in B2BVerträgen führen sollte.52 Während der Conseil constitutionnel 2011 noch von einer gleichen Auslegung ausging,53 hat die Literatur hieran erhebliche Zweifel und verweist immer wieder auf die Unterschiede.54 Allerdings gelten hier keine Klauselverbotslisten (auch nicht mit Indizwirkung, wie in Deutschland55), sondern es ist Sache der Rechtsprechung, anhand von Einzelfallentscheidungen zu bestimmen, ob jeweils ein „erhebliches Ungleichgewicht“ vorliegt.56 50
S. Conseil constitutionnel 13.1.2011, JORF n° 11 p. 813, texte n° 123 = D. 2011, 415 m. Anm. Picod. 51 Ausf. dazu Buy, LPA 2008, 3 ff. m.w.N. 52 Dazu bei Einführung in den CCom ausf. und m.w.N. Saint-Esteben, RDC 2009, 1275; zur Entwicklung der Rspr. bis 2014 s. Lajnef, RLC 2014, 171, 175 m.w.N.; jüngst auch Cass. Com. 3.3.2015, D. 2015, 1021 m. Anm. Buy = RTD Com. 2015, 486 m. Anm. Chagny. 53 Und sogar argumentierte, dass die neue Formulierung des CCom u.a. deshalb nicht verfassungswidrig sei, weil ja schon eine Rspr. zu dem Begriff des „erheblichen Ungleichgewichts“ bestehe, auf die dann durch die spätere Rspr. Bezug genommen werden könne, s. Conseil constitutionnel 13.1.2011, JORF n° 11 p. 813, texte n° 123 = D. 2011, 415 m. Anm. Picod, Rn. 4. 54 Béhar-Touchais, RDC 2009, 1258, Abs. 2; Saint-Esteben, RDC 2009, 1275, Abs. 18 ff.; Utzschneider/Lamothe, RDC 2009, 1261, II.B; Ponsard, CCC 2013, dossier 4, Rn. 2. 55 Vereinzelt wird jedoch davon gesprochen, sich von den Klauseln der Listen „inspirieren“ zu lassen, vgl. Lajnef, RLC 2014, 171, 175; s. hierzu auch Catala, Études Fernand Charles Jeantet, 2010, S. 77, 87, der die anderen Nummern des Art. L 442-6 CCom als „schwarze Listen“ ansieht. 56 Zur Auslegung des erheblichen Ungleichgewichts vgl. ausf. Ponsard, CCC 2013, dossier 4. Müller/Schilling, BB 2012, 2319, 2320 halten diese Möglichkeit, bei fehlendem
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e) Neue Inhaltskontrolle für alle Verträge (Cc) Die neue, kurze Vorschrift des Art. 1171 Abs. 1 Cc (dazu bereits soeben unter 1.) lautet seit 2016 wie folgt: „Dans un contrat d’adhésion, toute clause qui crée un déséquilibre significatif entre les droits et obligations des parties au contrat est réputée non écrite.“ (auf Deutsch: „In einem contrat d’adhésion [s. dazu soeben unter a)] gilt jede Klausel als ungeschrieben, die ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien erzeugt.“)
Die Formulierung – bis auf die Beschränkung auf nicht ausgehandelte Vertragsbestimmungen – ähnelt stark der des CCons, wobei die Auslegung durch die Rechtsprechung abzuwarten bleibt.57 III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung In Europa gab es erstmals Regelungen zu missbräuchlichen Klauseln durch Erlass der Klausel-RL von 1993 (dazu schon oben § 4 B.I.), allerdings beschränkt auf B2C-Verträge. Bei der Erarbeitung des Entwurfs wurde sogar zunächst angedacht, auch individuell ausgehandelte Bestimmungen von der Klauselkontrolle zu erfassen58 (wie aktuell im französischen Recht, s.o. II.2.a)). Letztlich wurde der Anwendungsbereich jedoch nach Art. 3 Abs. 1, 2 der Klausel-RL wieder auf nicht einzeln ausgehandelte Klauseln beschränkt. Art. 3 Abs. 1 enthält auch die Generalklausel, nach der eine Klausel „als mißbräuchlich anzusehen [ist], wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Mißverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.“59 Diese (mindestharmonisierende) Richtlinie wurde in Deutschland und Frankreich umgesetzt.
erheblichem Ungleichgewicht auf eine Kontrolle zu verzichten, für eine „im deutschen Recht fehlende Möglichkeit“. 57 Vgl. dazu Fenouillet, RDC 2016, 358; Lagarde, D. 2016, 2174. Zum vorherigen Entwurf, der noch nicht auf contrats d’adhésion beschränkt war, Chagny, in: StoffelMunck (Hrsg.), Réforme du droit des contrats et pratique des affaires, 2015, S. 47 ff.; Boffa, D. 2015, 335, 339 ff.; Chénedé, D. 2015, 1226, 1228 ff. 58 Art. 2 des Vorschlags für eine Richtlinie vom 3.9.1990, KOM(1990) 322 endg., ABl. C 243/2; dazu kritisch Brandner, BB 1991, 701, 703 f. 59 Zur Klausel-RL vgl. Tenreiro/Karsten, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 223; Brandner/Ulmer, CML Rev. 28 (1991), 647; Habersack/Kleindiek/Wiedenmann, ZIP 1993, 1670;
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In den ersten Entwurf der VR-RL60 von 2008 (zu dieser s.o. § 4 B.I.) wollte man zunächst auch die Vorschriften für die B2C-Klauselkontrolle einfügen und die Klausel-RL dadurch ersetzen. Die diesbezüglich vorgesehenen Vorschriften entsprachen weitestgehend (in aktualisierter Form) denen der Klausel-RL.61 Da dieser Teil der VR-RL aber letztendlich gestrichen wurde, gibt es nach wie vor keine Vollharmonisierung auf diesem Gebiet. Eine interessante Bestimmung zu missbräuchlichen Klauseln enthalten auch die PECL (s. dazu oben § 4 B.II.1., aktuelle Version von 2003) in Art. 4:110.62 Dieser sieht, anders als die bisher vorgestellten Regelungen, keinerlei personale Differenzierung vor, sondern eine kurze, einfach strukturierte Regelung für alle Konstellationen. Sie enthält keine Verbotslisten, sondern nur eine Generalklausel, die fast wortgetreu derjenigen der Klausel-RL entspricht: Eine Klausel ist „unfair“, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien erzeugt („if, contrary to the requirements of good faith and fair dealing, it causes a significant imbalance in the partiesʼ rights and obligations“). Bei der Beurteilung der Unfairness sollen danach auch die Natur des Vertragsgegenstands, alle anderen Vertragsbestimmungen sowie die Vertragsumstände berücksichtigt werden. Für die Einbeziehung von Klauselwerken enthalten die PECL noch eine Sonderregelung in Art. 2:104. Danach kann sich eine Partei nur dann auf ihre Standardvertragsbestimmungen berufen, wenn sie vor oder bei Vertragsschluss ausreichend darauf aufmerksam gemacht hat („took reasonable steps to bring them to the other party’s attention“). Während der CFR und das CESL ausführliche Bestimmungen über die Klauselkontrolle enthalten (dazu sogleich unter 2. und 3.), sieht der neue Richtlinien-Entwurf von 2017 (s.o. § 4 B.I.)63 keine Regelungen zu diesem Punkt vor.
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KOM(2008) 614 endg. (Allgemeiner Teil Fn. 25); zu den Vorschriften der Klauselkontrolle vgl. Stuyck, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and harmonising, 2009, S. 115 ff. 61 Art. 30 ff. des Entwurfs von 2008, KOM(2008) 614 endg. (Allgemeiner Teil Fn. 25); dazu Graf, in: Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neuordnung des Verbraucherprivatrechts, 2009, S. 141 ff.; Stuyck, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and harmonising, 2009, S. 115 ff. 62 S dazu allgemein (im Vergleich mit dem CESL) Mazeaud, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 123 ff. 63 S.o. Allgemeiner Teil Fn. 28 und 29.
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2. CFR Der CFR enthält Regelungen für unfaire Klauseln in seinem vierten Abschnitt.64 Dabei unterscheidet er personal sogar drei verschiedene Fallgruppen: B2C (Art. II.-9:403), B2B (Art. II.-9:405) und C2C (Art. II.-9:404). Für die vorliegende Arbeit sollen jedoch nur die beiden ersten Gruppen untersucht werden (s.o. § 3 C.III.). a) Sachlicher Anwendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich des CFR wurde noch nicht abschließend geklärt. Momentan scheint er sich, genau wie im deutschen Recht und im CESL, auf nicht individuell ausgehandelte Vertragsbestimmungen nach der Definition des Art. II.-1:110 Abs. 1 CFR zu beschränken (d.h. auf Fälle, in denen eine Partei keine Möglichkeit hatte, Einfluss auf den Inhalt einer Klausel zu nehmen, insbesondere, weil diese vorformuliert war). Jedoch war diese Voraussetzung bei der Ausarbeitung umstritten und ein großer Teil der Mitglieder der Arbeitsgruppe wollte die Kontrolle zumindest in B2C-Verträgen auf individuell ausgehandelte Klauseln ausweiten. Daher zeigt momentan eine eckige Klammer in Art. II.-9:403 CFR an, dass dies noch nicht endgültig entschieden wurde.65 Für B2B-Verträge wird außerdem in Art. II.-9:405 CFR der sachliche Anwendungsbereich insofern eingeschränkt, als nur bei so genannten „Standardvertragsbestimmungen“ (standard terms) überhaupt eine Inhaltskontrolle möglich ist. Dies sind laut Art. II.-1:109 CFR solche Klauseln, die für die mehrfache Verwendung gegenüber verschiedenen Parteien vorformuliert wurden (und ebenfalls nicht individuell ausgehandelt wurden). Diese Voraussetzung taucht ähnlich im deutschen Recht auf, denn auch dort genügt nur bei B2C-Verträgen schon eine einmalige Verwendung (während dort aber niemals eine Verwendung gegenüber verschiedenen Parteien notwendig ist, s.o. I.2.a)). b) Inhaltskontrolle in B2C-Verträgen Für B2C-Verträge hält der CFR als Generalklausel die Formulierung bereit, dass Unfairness vorliegt, wenn eine Klausel „significantly disadvantages the consumer, contrary to good faith and fair dealing“, d.h. den Verbraucher 64
Allg. dazu Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 92 ff.; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771 ff. 65 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-1:110 Comment A (S. 663); zu den Differenzen s. Hellwege/Miller, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The CESL in context, 2013, S. 423, 441; kritisch dazu Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94 f.; kritisch aus rechtsökonomischer Perspektive auch Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 788 ff.
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entgegen Treu und Glauben und den Erfordernissen des redlichen Geschäftsverkehrs erheblich benachteiligt. Dies dürfte inhaltlich in etwa den vorgenannten Generalklauseln entsprechen. Als Verbotsliste hat man sich im CFR auf eine graue Liste (widerlegbare Vermutung der Unwirksamkeit, s.o. I.2.b)) in Art. II.-9:410 beschränkt, die ebenfalls nur in B2C-Verträgen Anwendung findet. Die „schwarze Liste“ (zum Begriff s.o. I.2.b)) des CFR für B2C-Fälle beschränkt sich auf eine einzige Klausel, nämlich eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel am Sitz des Unternehmers gemäß Art. II.-9:409 CFR. Man hielt die graue Liste dabei für flexibler und daher generell vorzugswürdig.66 Bei der Beurteilung der Unfairness müssen wiederum die Vertragsumstände usw. berücksichtigt werden (Art. II.-9:407 Abs. 1 CFR), jedoch hier in allen personalen Konstellationen. Bei B2C-Verträgen gilt allerdings die Besonderheit, dass die Umstände des Vertragsschlusses auch einschließen sollen, inwieweit dem Verbraucher eine echte Möglichkeit geboten wurde, die Klausel zur Kenntnis zu nehmen („the consumer was given a real opportunity to become acquainted with the term before the conclusion of the contract“). Hier findet sich also inhaltlich die spezielle Einschränkung für die Einbeziehung für B2C-Verträge wieder, die es auch in allen anderen Regelwerken gab. Hinzu kommt, dass bei allen Arten von Verträgen ein Aufmerksammachen des Verwenders erforderlich ist (Art. II.-9:103 Abs. 1, 3 lit. b CFR). c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen Für die Einbeziehung ist im CFR, wie soeben erwähnt, auch bei B2BVerträgen nach Art. II.-9:103 Abs. 1 ein Aufmerksammachen des Verwenders erforderlich. Die Generalklausel des CFR aus Art. II.-9:405 CFR lautet inhaltlich wie folgt: Klauseln sind unfair, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der guten Handelspraxis abweichen. 3. CESL Das CESL enthielt allgemeine Regelungen über die Klauselkontrolle in Art. 79–81. Außerdem sahen Art. 82–85 besondere Regeln für den B2CBereich und Art. 86 besondere Regelungen für den B2B-Bereich vor.67
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von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-9:410 Comment B (S. 693 f.). 67 Vgl. allg. dazu Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93 ff.; Graf von Westphalen, FS Daphne-Ariane Simotta, 2012, S. 659 ff.; Jansen, Revision des Verbraucher-Acquis?, Vortragsreihe „Rechtsfragen der Europäischen Integration“ beim Zentrum für Europäisches Wirtschaftsrecht in Bonn, abrufbar unter S. 19 ff., 42 ff.; Loos, ZEuP 2012, 776 ff. 68 Kritisch dazu Wendehorst, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 87, 100. 69 Wohl aber in Art. 76a der Abänderung 149 f. des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Allgemeiner Teil Fn. 59), der für B2C-Verträge fordert, dass der Unternehmer geeignete Maßnahmen ergreifen muss, um den Verbraucher auf die Klauseln aufmerksam zu machen. 70 Dazu Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 79 Rn. 25. 71 Vgl. dazu Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 96 f.
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berücksichtigen, allerdings sowohl bei B2C- (Art. 83 Abs. 2 CESL) als auch bei B2B-Verträgen (Art. 86 Abs. 2 CESL). c) Inhaltskontrolle in B2B-Verträgen In B2B-Verträgen galten auch im CESL die Verbotslisten nicht. Jedoch verwendete die Generalklausel für B2B-Fälle eine andere Formulierung. Danach galt eine Vertragsbestimmung gemäß Art. 86 Abs. 1 lit. b CESL als unfair, wenn ihre Verwendung „unter Verstoß gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs gröblich von der üblichen Handelspraxis abweicht.“ Wie soeben beschrieben, waren auch hier die Vertragsumstände usw. in die Abwägung der Unfairness mit einzubeziehen. IV. CISG Das CISG enthält keine Vorschriften zur Klauselkontrolle und überlässt deren Regelung gemäß Art. 4 lit. a CISG dem nationalen, nach den Regeln des Internationalen Privatrechts anwendbaren Recht.72 Nur die Einbeziehung der Klauselwerke sowie deren Auslegung sind nach h.L. durch das CISG selbst bzw. durch dessen allgemeines Vertragsrecht zu lösen.73 V. PICC Die PICC enthalten in Art. 2.1.19 ff. einige (wenige) Bestimmungen zur Klauselkontrolle von „Standardvertragsbestimmungen“ (standard terms).74 Zudem enthält Art. 3.2.7 PICC eine thematisch einschlägige Regelung. Eine personale Differenzierung findet nicht statt, da die PICC generell nur für B2B-Verträge anwendbar sind. Trotzdem sollen die Regelungen kurz dargestellt werden, um sie mit den B2B-Regelungen der anderen Regelwerke zu vergleichen. Der sachliche Anwendungsbereich der eigentlichen Klauselkontrolle der PICC umfasst nur Standardvertragsbestimmungen, also gemäß Art. 2.1.19 Abs. 2 PICC vorformulierte Vertragsbestimmungen, die zum allgemeinen und wiederholten Gebrauch bestimmt sind und ohne Aushandeln in den Vertrag eingebracht werden. Für die Einbeziehung sollen gerade keine besonderen Regeln, sondern die allgemeinen Vorschriften zum Vertragsschluss gel72 Dazu Staudinger/Magnus (2013), Art. 4 CISG Rn. 20 ff.; ausf. Schultheiß, AGB im UN-Kaufrecht, 2004, S. 48 ff. 73 S. ausf. zu den Streitfragen, ob hier das CISG oder nationales Recht anzuwenden ist, Schultheiß, AGB im UN-Kaufrecht, 2004, S. 12 ff. (Einbeziehung), 37 ff. (Auslegung); Hennemann, AGB-Kontrolle im UN-Kaufrecht, 2001, S.62 ff. (Einbeziehung), 93 ff. (Auslegung). 74 Vgl. dazu ausf. die Anmerkungen bei Vogenauer/Kleinheisterkamp/Naudé, UNIDROIT Commentary, Art. 2.1.19 ff.
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ten. Die Inhaltskontrolle dieser Standardvertragsbestimmungen beschränkt sich auf überraschende Klauseln gemäß Art. 2.1.20. Danach sind Klauseln, mit denen die andere Partei vernünftigerweise nicht rechnen konnten, nur bei ausdrücklicher Zustimmung der anderen Partei wirksam. Bei der Beurteilung des Überraschungscharakters sollen Inhalt, Sprache und Darstellung eine Rolle spielen (Art. 2.1.20 Abs. 2). Art. 3.2.7 PICC enthält zudem die Regelung, dass sich ein Vertragspartner von einem Vertrag, aber auch von einer einzelnen Vertragsklausel, einseitig dann lösen kann, wenn diese der anderen Partei unberechtigt einen übermäßigen Vorteil verschafft („unjustifiably gave the other party an excessive advantage“). Bei der Beurteilung des unberechtigten übermäßigen Vorteils sind u.a. die Natur und der Zweck des Vertrags zu berücksichtigen, aber auch, ob eine Partei aus einer Abhängigkeit, wirtschaftlichen Notlage, dringenden Bedürfnissen, aus mangelnder Voraussicht, Unwissenheit, Unerfahrenheit oder aus einem mangelnden Verhandlungsgeschick der anderen Partei einen unredlichen Vorteil gezogen hat. Da diese Vorschrift eher einer Regelung zur Sittenwidrigkeit einer Klausel gleichkommt, ist sie jedoch verhältnismäßig eng auszulegen („übermäßiger Vorteil“) und greift nur in besonderen Ausnahmesituationen75 – dann jedoch grundsätzlich bei allen Arten von Klauseln, also nicht nur bei vorformulierten Standardvertragsbestimmungen. B. Bewertung Bevor auf die oben (§ 9) genannten Punkte einzeln eingegangen wird (unter II.–VI.), soll kurz der Hintergrund der Regelungen zur Klauselkontrolle dargestellt werden, d.h. die Frage, wie die Klauselkontrolle allgemein begründet wird (Sinn und Zweck, ökonomische Analyse) und ob sich daraus möglicherweise schon Gründe für oder gegen eine personale Differenzierung ergeben (unter I.). I. Hintergrund der Klauselkontrolle Zur Begründung der Klauselkontrolle werden verschiedene Schutzzwecke angeführt, wobei sich zunächst zwei Hauptbegründungsansätze bestimmen lassen: der klassische bzw. vertragstheoretische Ansatz (1.) und der rechtsökonomische Ansatz (3.). Teilweise wird der klassische Ansatz auch abgewandelt und stellt auf die Marktmacht ab (2.). Diese sollen hier dargestellt, bewertet und jeweils daraufhin untersucht werden, ob sich daraus Schlüsse für eine personale Differenzierung ziehen lassen.
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Vgl. dazu Art. 3.2.7 PICC, Comment 1 und 2.
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1. Klassischer Ansatz Der klassische Ansatz geht davon aus, dass durch die Klauselkontrolle eine Beeinträchtigung der Vertragsfreiheit durch einen Missbrauch des Klauselverwenders verhindert werden soll. Die Tatsache, dass der Verwender die Klauseln einseitig stelle und diese nicht ausgehandelt würden, sondern vom Vertragspartner nur en bloc angenommen oder abgelehnt werden könnten, solle durch eine Inhaltskontrolle ausgeglichen werden.76 Es geht also nach diesem Ansatz um die situative Überlegenheit (bzw. den „organisatorischen Vorsprung“77) des Verwenders aufgrund der einseitigen Stellung der Vertragsbedingungen als Gesamtklauselwerk.78 Es geht jedoch nicht um eine allgemeine wirtschaftliche, intellektuelle oder soziale Überlegenheit der stellenden Partei.79 a) Kritik An diesem Ansatz wird allgemein Kritik insofern geübt, als in den meisten Kaufverträgen viele Dinge, wie z.B. die Qualität der Produkte oder der Preis, einseitig vom Hersteller bestimmt würden und der Käufer stets nur die Wahl habe, das Produkt so wie es ist zu kaufen oder eben nicht. Wäre die Tatsache der einseitigen Stellung ausreichender Grund für eine staatliche Kontrolle, müssten alle standardisierten Produkte auch auf Qualität, Preis etc. staatlich überprüft werden. Dass dies nicht nötig sei, zeige die in diesen Normalfällen funktionierende Konkurrenz, die Produkte mit schlechtem Preis-LeistungsVerhältnis von alleine vom Markt verdränge.80 Der Unterschied zu Klauselwerken bestehe dabei allein darin, dass diese vom Vertragspartner nicht gelesen würden und es daher keinen Wettbewerb gebe (s. sogleich unter 3.). Das Problem sei also weniger der „organisatorische Vorsprung“ des Klausel(-er-)stellers, sondern vielmehr die fehlende Lektüre der Klauseln durch den Vertragspartner.
76 So z.B. BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 15 f.; BGH 17.2.2010, NJW 2010, 1131, 1132, Rn. 12; Kessel, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT, 2013, S. I 59, I 67 f.; Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 132 f.; Mazeaud, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 123, 126; Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 30. 77 BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 12. 78 Becker, JZ 65 (2010), 1098, 1101. 79 Dieser Unterschied wird ausdrücklich betont bei Kessel, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT, 2013, S. I 59, I 68, sowie in der Gesetzesbegründung BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 12. 80 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 552 f.
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b) Folgen für die personale Differenzierung Der Schutzzweck des klassischen Ansatzes greift für Verträge zwischen allen Arten von Parteien, da situative Überlegenheit der einseitigen Stellung von Vertragsbedingungen als Gesamtklauselwerk generell innewohnt.81 Aus dem Schutzzweck an sich ergibt sich also kein Bedarf nach personaler Differenzierung. 2. Marktmacht-Ansatz Teilweise wird die Notwendigkeit einer Klauselkontrolle auch auf die Marktmacht einer Partei zurückgeführt, die wirtschaftlich oder sozial überlegen ist (d.h. am Markt eine stärkere Stellung hat) und somit eine stärkere Verhandlungsmacht hat. Davor müsse die schwächere Partei geschützt werden.82 Diese Überlegung kann auch mit dem klassischen Ansatz kombiniert werden, indem zumindest angenommen wird, dass eine solche wirtschaftliche Überlegenheit (wie z.B. bei Verbraucherverträgen meistens vorhanden) die Schutzbedürftigkeit der einflusslosen Partei zumindest verstärken kann.83 a) Kritik Dieser Ansatz ist heftiger Kritik ausgesetzt. Erstens wird vorgebracht, wenn der einzige Hintergrund die Marktmacht des Verwenders wäre, müssten ja gerade die Hauptleistungen kontrolliert werden (deren Kontrolle aber regelmäßig ausgeschlossen ist84). Denn die stärkere Partei würde ihre Marktmacht sicher zuallererst für den Erhalt einer besseren Hauptleistung (z.B. eines teureren Preises) ausnutzen. Eine bloße Kontrolle von Nebenbedingungen sei
81 So auch bereits Ulmer, in: 50. Deutscher Juristentag 1974 (Hrsg.), Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Endverbrauchers gegenüber AGB?, 1974, These 11 S. H 40. 82 Vgl. Erwgr. 9 Klausel-RL; EuGH 4.6.2009, Rs. C-243/08 – Pannon GSM Zrt. ./. Erzsébet Sustikné Győrfi, Slg. 2009 I-4713, ECLI:EU:C:2009:350, Rn. 22; Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308 ff., der sogar eine Begrenzung der Kontrolle auf solche Fälle der Marktmacht als „Paradigmenwechsel“ vorschlägt; Drygala, JZ 67 (2012), 983; Graf von Westphalen, ZGS 2006, 81; so auch noch das RG, z.B. RGZ 62, 264, 266. In Frankreich ist dieser Ansatz aufgrund der Stellung der B2B-Kontrolle im Wettbewerbsrecht sehr häufig zu finden, z.B. Buy, LPA 2008, 3 unter I; Lucas de Leyssac/Chagny, RDC 2009, 1268 unter I.B.; so auch Boffa, D. 2015, 335, 340. Zum Umfang des Schutzes von KMU in Deutschland vgl. Lorenz, in: Mäsch/Schulze/Wicker (Hrsg.), Petites et moyennes entreprises, 2013, S. 107 ff.; in Frankreich vgl. Racine, in: Mäsch/Schulze/Wicker (Hrsg.), Petites et moyennes entreprises, 2013, S. 113 ff. 83 BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 13. 84 Vgl. 307 Abs. 3 BGB, dazu MüKoBGB/Würdinger, 7. Aufl. 2016, § 315 Rn. 9; Art.L 132-1 Abs. 7 CCons.
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daher keine angemessene Reaktion.85 Genauso müssten dann auch immer Individualvereinbarungen mit überprüft werden (wie es in Frankreich geschieht, s.o. A.II.2.a)). Diese Kritik widerlegt jedoch nicht den Begründungsansatz an sich, sondern weist vielmehr darauf hin, dass man auf diesen Ansatz auch weitergehende Rechtsfolgen stützen könnte. Zweitens weisen Kritiker darauf hin, dass auch bei Unternehmern, die starker Konkurrenz unterliegen (die also keineswegs eine marktbeherrschende Stellung innehaben), sehr häufig missbräuchliche Klauseln anzutreffen sind.86 Daraus folgt jedoch nicht, dass Marktmacht allgemein nicht zugunsten besonders vorteilhafter Klauselwerke ausgenutzt wird, sondern nur, dass dies offensichtlich nicht der einzige Grund für die Benutzung missbräuchlicher Klauseln ist. Drittens ist es rechtsökonomisch erwiesen, dass bei vollständiger Information beider Vertragspartner über den Inhalt der Klauseln selbst ein Monopolist (der also sehr viel Marktmacht besitzt) seinem Vertragspartner keine Risiken zuweisen würde, die er selbst zu niedrigeren Kosten beherrschen kann (cheapest cost avoider, s.o. § 8 B.I.2.).87 Denn wenn es ihn z.B. 10 € koste, das Risiko zu übernehmen, den Kunden aber 20 €, erziele der Monopolist mehr Gewinn, wenn er das Risiko selbst übernehme und den Preis entsprechend erhöhe. Andernfalls würde nämlich die Nachfrage aufgrund des für den Kunden „teureren Risikos“ stärker zurückgehen als bei der genannten Preiserhöhung.88 Dass der Monopolist trotzdem missbräuchliche, ineffiziente Klauseln verwende, liege also nicht an der Marktmacht, sondern allein daran, dass die Klauselgegner diese nicht läsen und somit die Nachfrage auch bei solchen schlechten Klauseln nicht sinke. Diese Überlegung trifft aber nicht immer zu, wie z.B. im (häufigen89) Fall eines marktstarken Nachfragers, der schwächeren Anbietern gegenübersteht, z.B. eine große Supermarktkette gegenüber den Zulieferern von Lebensmittelerzeugnissen: Hier mag zwar auch bei Verwendung schlechterer Klauselwerke durch die Supermarktkette die Zahl der interessierten Anbieter sinken, jedoch genügt es schon, wenn
85 Becker, JZ 65 (2010), 1098, 1100; Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 133; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 786. 86 Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 552; anschaulich Kötz, JuS 43 (2003), 209, 210 f. 87 Vgl. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 781 f.; Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 134; de Geest, FS Claus Ott, 2002, S. 213, 222; Schäfer, FS Claus Ott, 2002, S. 279, 294 f. 88 Beispiel aus Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 782 in Fn. 73. 89 Aufgrund der Konzentration auf einige Großunternehmen auf den Märkten, s. dazu die Beispiele und Nachweise bei Schäfer, BB 2012, 1231, 1233; s. auch Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987.
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überhaupt noch ein Anbieter bereit ist, unter diesen Bedingungen zu liefern.90 Bei einem Monopolnachfrager z.B. kann es durchaus vorkommen, dass ein Anbieter deshalb ungünstige Bedingungen akzeptiert, um nicht komplett vom Markt verdrängt zu werden.91 Als Letztes wird gegen den Marktmacht-Ansatz eingewandt, es sei nicht Aufgabe des Rechts der Klauselkontrolle, sondern des Wettbewerbsrechts, Ausnutzung von Marktmacht aufgrund von fehlendem Wettbewerb zu korrigieren.92 Dieser Einwand ist insofern berechtigt, als es tatsächlich ein Ziel des Wettbewerbsrechts ist, Probleme aus wirtschaftlichen Machtungleichgewichten (v.a. durch das Ausnutzen einer marktstarken Stellung) zu lösen93 und dafür auch Normen im Wettbewerbsrecht bereitzustellen. Wie bereits gezeigt, findet man in Frankreich sogar die allgemeinen Regelungen zur Klauselkontrolle in B2B-Verträgen im Wettbewerbsrecht (wobei ihnen inzwischen trotzdem häufig vertragsrechtlicher Charakter beigemessen wird).94 Aus dem allgemeinen Wettbewerbsrecht können beim Verwenden besonders belastender Klauseln außerdem z.B. in Deutschland § 19 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 GWB, in Frankreich (neben Art. L 442-6 Abs. 1 Nr. 2 CCom, s.o. A.II.2.d)) Art. L 420-2 Abs. 1 CCom und auf EU-Ebene Art. 102 Abs. 2 lit. c AEUV einschlägig sein. Jedoch spielen diese wettbewerbsrechtlichen Tatbestände des Konditionenmissbrauchs in der Praxis der Kontrolle missbräuchlicher Klauseln eher eine untergeordnete Rolle,95 denn die Voraussetzungen (z.B. marktbeherrschende Stellung96; erforderlicher Vergleich mit dem hypothetischen Marktergebnis unter freiem Wettbewerb) sind oft sehr streng.97 Daher kann dadurch den Fällen des Ausnutzens einer marktstarken Stellung zur Verwendung belastender Klauselwerke nicht hinreichend Rechnung getragen
90 Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987; Schutzlücken für diese Fälle sieht auch Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 121. 91 Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987; Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 121. 92 Hannemann, AnwBl. 2012, 314; Kieninger, AnwBl. 2012, 301, 303; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 785 f. 93 Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 116; s. zu den verschiedenen Zielen auch Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, Vor § 307 BGB Rn. 76; seit 2004 schützt das Kartellrecht sogar auch offiziell den Verbraucher, vgl. dazu Eppe, WRP 2005, 808 ff. 94 S.o. Fn. 51. 95 So auch Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 122; Schäfer, BB 2012, 1231, 1233. 96 Und nicht nur relative Marktmacht im Verhältnis zu KMU wie z.B. in § 20 Abs. 3 GWB. 97 S. dazu ausf. Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 122 ff.; Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987; Schäfer, BB 2012, 1231, 1233.
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werden, ohne das Wettbewerbsrecht zumindest zu erweitern.98 Ob eine Erweiterung des Wettbewerbsrechts die bessere Lösung wäre, soll hier jedoch nicht weiter vertieft werden.99 Fest steht jedenfalls, dass es keinen hinreichenden Schutz durch die bestehenden wettbewerbsrechtlichen Vorschriften vor der Verwendung von missbräuchlichen Klauseln aufgrund einer marktstarken Stellung gibt.100 Daher kann man das Marktmacht-Argument nicht gänzlich unbeachtet lassen. b) Folgen für die personale Differenzierung Der Ansatz der Ausnutzung von tatsächlicher Marktmacht spricht am stärksten für eine grundsätzliche Differenzierung der Kontrolle von B2B- und B2CVerträgen, da bei Verbraucherverträgen so gut wie immer von wirtschaftlicher Überlegenheit und daraus resultierender stärkerer Marktmacht des Unternehmers ausgegangen werden kann.101 Jedoch kann Marktmacht auch in B2B-Fällen, v.a. bei Verträgen zwischen Unternehmern von sehr unterschiedlicher Größe und Marktstärke, eine Rolle spielen (z.B. Vertrag zwischen einem kleinen Zulieferer und einem multinationalen Riesenkonzern).102 Innerhalb von B2B-Verträgen müsste nach diesem Ansatz die optimale Differenzierung also direkt an die Marktmacht anknüpfen. Für eine solche Lösung werden zwei Ansätze diskutiert: Zum einen könnten nur solche B2B-Verträge in die Kontrolle einbezogen werden, bei denen ein erwiesenes Machtgefälle – was wohl anhand von kartellrechtlichen Kriterien zu bestimmen wäre – existiert.103 Diese tatsächliche Marktmacht im Einzelfall festzustellen, wäre allerdings schwierig und bräch-
98 Vorschläge in diese Richtung finden sich z.B. bei Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987 und Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 124 f. 99 Vgl. dazu nur Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 123 f. m.w.N. 100 Selbst in Frankreich betrifft die „wettbewerbsrechtliche“ Klauselkontrolle schließlich nur B2B-Verträge und wurde nun auch ausgeweitet, s.o. § 9 A.II.2.d). 101 Ausnahmefälle bezüglich der wirtschaftlichen Überlegenheit, wie z.B. reiche Kunden von Luxusgütern, die diese bei einem kleinen Händler erwerben (vgl. Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 135) führen nicht zu einer Umkehr des Marktmacht-Verhältnisses. 102 Klima, RIW 1992, 98, 102; Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT (Gutachten Teil A: neue Architektur), 2012, S. A 34; Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 475; vgl. auch Hesselink, ERPL 2010, 57, 93; Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 132; Chénedé, D. 2015, 1226, 1228 f.; allg. dazu auch Malaurie-Vignal, CCC 2008, dossier 5, Rn. 17; Utzschneider/Lamothe, RDC 2009, 1261 unter II.B; Béhar-Touchais, RDC 2009, 1258 Rn. 2; Lucas de Leyssac/Chagny, RDC 2009, 1268 unter I.B.; Schulze/Mazeaud/ Sauphanor-Brouillaud, CESL Commentary, Art. 86 Rn. 6. 103 S. zu solchen Ansätzen mit konkreten Ideen Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308, 312 f.; Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987, 992.
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te Rechtsunsicherheit mit sich.104 Hinzu kommt, dass das schwächere Unternehmen dann nicht ohne das klare „Anprangern“ der marktbeherrschenden Stellung gegen seinen Vertragspartner vorgehen könnte, was ein Hemmungsgrund und somit faktisch ein Hindernis für eine tatsächlich stattfindende Kontrolle sein könnte.105 Eine andere Möglichkeit wäre die Begrenzung der Inhaltskontrolle auf Verträge zwischen einem großen Unternehmen als Klauselverwender und einem KMU als Vertragspartner („B2SME“-Verträge).106 Hierbei wäre problematisch, eine angemessene Definition der KMU zu formulieren.107 Zudem würde dies zu Rechtsunsicherheit führen, zumal die zusätzliche Kategorie „B2SME“ schon beim CESL nicht überzeugte und sich nicht durchsetzen konnte (s.o. § 5 D.III.). 3. Rechtsökonomischer Ansatz Der rechtsökonomische Ansatz hingegen sieht den Schutzzweck der Klauselkontrolle nicht in der Marktmacht, sondern in einem anderen Fall des Marktversagens (zum Begriff s.o. § 8 B.).108 Dafür ist zunächst daran zu erinnern, dass Vertragsbestimmungen ökonomisch gesehen dann am besten/fairsten sind, wenn sie jedes Risiko der Partei zuordnen, die es mit dem geringstem Aufwand vermeiden oder versichern kann (cheapest cost avoider, s.o. § 8 B.I.2.).109 So würden rational handelnde Parteien es nämlich auch regeln, wenn sie die Zeit und Möglichkeiten hätten, jede Klausel einzeln auszuhandeln. Die Kosten (d.h. der Aufwand) des Klauselgegners dafür, sich über den Inhalt der einzelnen Klauseln zu informieren, übersteigen aber in den allermeisten Fällen den Nutzen, den er aus dieser Information über die Nebenbedingungen tatsächlich zieht. Ist dies nicht der Fall (z.B. bei Verträgen mit besonders hohem Wert), so ist demnach eine Klauselkontrolle auch nicht sinnvoll.110 Deshalb ist es ökonomisch gesehen am effizientesten, dass sich der Klauselgegner nicht über deren Inhalt informiert (so genanntes „rationales Desinteresse“ bzw. so genannte „rationale Ignoranz“111). Informieren sich die Vertragspartner nicht, gibt es aber für die Verwender von Klauselwerken 104 105
So auch Schäfer, BB 2012, 1231, 1234. Schäfer, BB 2012, 1231, 1234 bezeichnet dies auch als „Nennung von Ross und Rei-
ter“. 106
Dazu zusammenfassend Kieninger, AnwBl. 2012, 301, 303. Kieninger, AnwBl. 2012, 301, 303; Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308, 312. 108 Vgl. z.B. de Geest, FS Claus Ott, 2002, S. 213 ff.; Schäfer, FS Claus Ott, 2002, S. 279 ff.; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771 ff.; Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 130 f.; Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 79 Rn. 9. 109 Speziell für AGB auch Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 780. 110 Schäfer, FS Claus Ott, 2002, S. 279, 309. 111 So z.B. Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94. 107
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keinerlei Anreiz, besonders gute/faire Klauseln zu stellen, sondern ganz im Gegenteil führt das zu einem so genannten race to the bottom i.S. der „Zitronenmarkt“-Situation nach Akerlof (s. dazu bereits oben § 8 B.III.1.):112 Es gibt keine Konkurrenz zwischen guten und schlechten Klauselwerken (fehlender Konditionenwettbewerb), weshalb sich auf Dauer die schlechtesten (d.h. für den Klauselgegner nachteiligsten) durchsetzen. Eine solche fehlende Konkurrenz und damit fehlende Eigenregulierung des „Klausel-Marktes“ stellt ein Marktversagen dar, das durch gesetzliche Regelungen (Klauselkontrolle) ausgeglichen werden muss. Der Grund für die Inhaltskontrolle aus ökonomischer Sicht ist also, dass der Klauselgegner die Klauseln (vernünftigerweise) nicht liest und daher eine Informationsasymmetrie zwischen ihm und dem Verwender besteht.113 a) Kritik Der rechtsökonomische Ansatz gerät selten als solcher in die Kritik, sondern hauptsächlich dafür, dass er Alleingültigkeit beansprucht und die anderen Ansätze vollständig auszuschließen versucht.114 Einige Schwächen des rechtsökonomischen Ansatzes werden trotzdem für B2B-Situationen aufgezeigt. Schmidt-Kessel führt insofern an, dass Unternehmen (in der Rolle des Klauselgegners) sich häufig gegen bestimmte Risiken versichern oder andere Ausweichmöglichkeiten besitzen, durch die die Kosten für ihr rationales Desinteresse aufgefangen werden und die Risiken letztlich anders als in den Klauseln zugeordnet werden.115 Außerdem bezweifelt er, dass in B2B-Fällen das Desinteresse an Klauselinhalten sich nur auf eine rationale Kostenabwägung stütze und nicht häufig auch deshalb bestehe, weil die Klauseln von der Lebenswirklichkeit abwichen.116 Hellwege kritisiert zum einen, dass der rechtsökonomische Ansatz eine Kontrolle von nur für den einmaligen Gebrauch vorformulierten Klauselwerken im B2C-Bereich nicht erklären kann (s. dazu unter III.).117 Zum anderen kritisiert er, dass der rechtsökonomische 112 S. dazu in Bezug auf die Klauselkontrolle Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 553 ff.; Kötz, JuS 43 (2003), 209, 212 f.; Hesselink, in: Schulze/ Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 136 ff.; de Geest, FS Claus Ott, 2002, S. 213, 218. Grundlegend zum Problem Akerlof, Quarterly Journal of Economics 84 (1970), 488. 113 Zum ökonomischen Ansatz ausf. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 775 ff.; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 552 ff.; Kötz, JuS 43 (2003), 209, 211 ff.; s. auch Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 136 ff.; Kieninger, AnwBl. 2012, 301 f. 114 So z.B. Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987; Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308, 309. S. dazu auch die Kritik am Monopolistenargument oben § 9 B.I.2.a). 115 Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308, 309. 116 Schmidt-Kessel, AnwBl. 2012, 308, 309. 117 Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 131.
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Ansatz gerade bei Verträgen über besonders hohe Werte nicht eingreift, in denen vor allem bei B2C-Verträgen aufgrund der hohen persönlichen Relevanz die Schutzwürdigkeit des Verbrauchers erhöht ist.118 b) Folgen für die personale Differenzierung Der rechtsökonomische Ansatz begründet, genau wie der klassische Ansatz, grundsätzlich eine Kontrolle sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich, da in beiden Fällen Klauselwerke nicht gelesen werden.119 Anlass zu bestimmten Differenzierungen kann sich aus diesem Ansatz allerdings durchaus ergeben. Denn danach ist immer dann eine Kontrolle überflüssig, wenn nach rationaler Kostenabwägung ein Interesse des Klauselgegners an der Kenntnis des Inhalts der Klauseln besteht (es sich also für ihn lohnt, sich damit auseinanderzusetzen). Das kann der Fall sein: – bei Vertragsgegenständen mit erheblichem Wert (es werden verschiedene Wertgrenzen zur Differenzierung diskutiert120), – bei Klauseln mit Bezug zum Kernbereich der unternehmerischen Tätigkeit des Klauselgegners oder – bei immer wiederkehrenden Vertragsbeziehungen zwischen den Parteien.121 Diese Beschränkungen, in denen nach dem rechtsökonomischen Ansatz eine Kontrolle nicht stattfinden soll, sollten jedoch, wenn überhaupt, nur in B2BFällen gelten. Denn selbst wenn es rational sinnvoll für den Verbraucher wäre, sich über die Klauseln zu informieren, kann in einer B2C-Situation nicht davon ausgegangen werden, dass der Verbraucher dies erkennt und sich sodann durch Inanspruchnahme fachmännischer Beratung zu helfen weiß.122 Außerdem kommen B2C-Verträge mit hohen Vertragswerten sehr selten vor.123 Inwiefern diese (nicht personal, sondern materiell ansetzenden) Differenzierungen innerhalb der B2B-Fälle tatsächlich sinnvoll wären, soll im Rahmen dieser Arbeit jedoch nicht eingehender diskutiert werden.
118
Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 131 f. So auch MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 75 ff.; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 313; Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 132. 120 S. dazu z.B. Kieninger, AnwBl. 2012, 301, 302 f.; Becker, JZ 65 (2010), 1098, 1105 f. (500.000 €); Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 555 und Leuschner, JZ 65 (2010), 875, 884 (jeweils 1 Mio. €). 121 So prägnant zusammengefasst von Kessel, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT, 2013, S. I 59, I 69; ebenso Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 119 ff. 122 Drygala, JZ 67 (2012), 983, 991; ähnlich auch Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 795. 123 Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 795. 119
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
4. Zusammenfassende Bemerkung a) Bewertung der Ansätze Letztlich ist wohl keine der genannten Begründungen komplett von der Hand zu weisen. Dies ist jedoch auch nicht nötig, da sich die Ansätze größtenteils ergänzen und gut kombinierbar sind.124 Denn es ist schwer bestreitbar, dass: – der Klauselsteller seine eigenen Klauseln besser kennt als sein Vertragspartner (klassischer Ansatz), und dies erst recht, wenn dieser sie – rational handelnd – nicht liest (rechtsökonomischer Ansatz), – Klauselwerke äußerst selten gelesen werden (rechtsökonomischer Ansatz), und dies erst recht, wenn der Vertragspartner um die starke Marktstellung seines Gegenübers weiß (Marktmacht-Ansatz), und – Parteien (in B2C und B2B-Fällen) unterschiedlich starke Stellungen am Markt haben können und diese zur Verwendung für sie günstiger Nebenbedingungen ausnutzen können (Marktmacht-Ansatz), was erst recht reizvoll ist, wenn Klauseln nicht gelesen werden (rechtsökonomischer Ansatz). Alle Schutzzwecke sollten daher der folgenden Bewertung zugrunde gelegt werden. b) Folgen für die personale Differenzierung Zunächst beschränkt sich keine der Begründungen ausschließlich auf B2CVerträge, sondern umfasst immer auch (zumindest einen Teil der) B2BVerträge. Dies stimmt mit der Erkenntnis aus dem Rechtsvergleich überein, dass sich keines der untersuchten Regelwerke bei der Kontrolle heute noch vollständig auf B2C-Verträge beschränkt. Ein grundsätzlicher Ausschluss bestimmter Personengruppen von der Klauselkontrolle ist daher nicht zweckmäßig, obwohl sich aus den Begründungsansätzen durchaus Unterschiede bei B2C- und B2B-Verträgen ergeben. Diese sollen im Detail bei der folgenden Untersuchung der einzelnen Aspekte berücksichtigt werden.
124 So auch Becker, JZ 65 (2010), 1098, 1101, der den rechtsökonomischen Ansatz vertritt, aber einen „richtigen Kern“ im klassischen Ansatz erkennt; Drygala, JZ 67 (2012), 983, 987 und 991 mit Fn. 87; Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 131 ff., der beide Ansätze unabhängig voneinander für die Begründung verschiedener Vorschriften benutzen möchte.
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§ 9 Klauselkontrolle
II. Kontrolle von Individualvereinbarungen 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Sind auch Individualvereinbarungen (individuell ausgehandelte Klauseln) vom Anwendungsbereich der Klauselkontrolle erfasst? B2C B2B
DE (–) (–)
FR ※ (+) (+)
CISG -----
PICC --(–)※※
CFR (+)/(–) (–)
CESL (–) (–)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; (+)/(–) = noch unklar; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Als Ergebnis des Rechtsvergleichs ist also festzuhalten, dass generell im deutschen Recht, im CESL und in den PICC individuell ausgehandelte Klauseln vom Anwendungsbereich der Inhaltskontrolle ausgeschlossen sind (※※ bei den PICC allerdings mit der Grenze des Art. 3.2.7, s.o. A.V.). In Frankreich können bisher sowohl in B2C- als auch in B2B-Verträgen solche Klauseln kontrolliert werden (※ wobei der neu eingefügte Artikel des Cc diese nun ausschließt; dieser ist bisher allerdings nur neben den Vorschriften des CCons und des CCom anwendbar). Im CFR konnte man sich noch nicht entscheiden, ob bei B2C-Situationen Individualvereinbarungen kontrollierbar sein sollen oder nicht, während dies für B2B-Verträge generell ausgeschlossen ist. Es sollen hier daher die drei folgenden Lösungsansätze diskutiert werden: – eine generelle Kontrolle von Individualvereinbarungen (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 3., – keine Kontrolle von Individualvereinbarungen (weder für B2C- noch für B2B-Verträge), s.u. 4., – oder eine personale Differenzierung (Kontrolle nur für B2C-Verträge), s.u. 5. 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle Blickt man bezüglich dieser Frage vorab noch zurück auf die Schutzzwecke der Klauselkontrolle, greifen der klassische und der rechtsökonomische Ansatz allgemein nur in Fällen von nicht ausgehandelten Klauseln (denn nur in diesem Fall liegt einseitige situative Überlegenheit des Klauselstellers und Unkenntnis von den Klauseln beim Klauselgegner vor).125 Der MarktmachtAnsatz hingegen rechtfertigt grundsätzlich eine Kontrolle aller Arten von Klauseln. Jedoch ist die Missbrauchsgefahr, die sich aus einer starken Marktstellung ergibt, ebenfalls höher, wenn die Klauseln nicht gelesen werden und 125
Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
der Klauselsteller das weiß. Aufgrund der Tatsache, dass nur die überlegene Marktmacht Anlass zur Kontrolle aller Arten von Klauseln geben würde (auch Hauptleistungen, Individualvereinbarungen etc.), müssen hier jedenfalls Grenzen irgendeiner Art gezogen werden. Insgesamt sprechen die Schutzzwecke also mehrheitlich stärker gegen eine generelle Kontrolle von Individualvereinbarungen. 3. Generelle Kontrolle von Individualvereinbarungen? Für die generelle Einbeziehung von Individualvereinbarungen (Regelung wie in Frankreich) wird vorgebracht, dass sonst eine Umgehungsgefahr durch Schein-Individualvereinbarungen bestehe.126 Auch sei es andernfalls schwierig, eine genaue Definition zu finden bzw. die Grenze zur Individualvereinbarung klar zu ziehen.127 Diese Gefahren können aber auch mit anderen Mitteln beseitigt oder zumindest stark entschärft werden, z.B. durch klare bzw. strenge Kriterien für das Aushandeln128 und durch eine Vermutungsregel für das Nichtausgehandeltsein129. 4. Keine Kontrolle von Individualvereinbarungen? Generell gegen eine Kontrolle von Individualvereinbarungen (Regelung wie in Deutschland und im CESL) wird vor allem vorgebracht, dass dadurch die Vertragsfreiheit erheblich eingeschränkt werde,130 denn faktisch gleiche dies einem „Verbot von freiem Aushandeln“.131 Auch stark vom Gesetz abweichende Vertragsgestaltungen sollten generell möglich sein, um Raum für die Weiterentwicklung neuer Vertragstypen zu lassen. Die Klauselkontrolle eigne sich nicht dazu, die allgemeine Vertragsgerechtigkeit herzustellen. Dies könne besser durch Vorschriften über Sittenwidrigkeit, Treu und Glauben o.Ä.
126 Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 142 (S. 119 f.); ähnlich auch Testu, Dalloz affaires 1996, 372, 374. 127 Wilhelmsson, in: Hartkamp/Hesselink/Hondius u.a. (Hrsg.), Towards a European civil code, 2011, S. 571, 583; Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 142 (S. 120). 128 Vgl. dazu z.B. die strengen Kriterien des deutschen Rechts: Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Becker, 45. Edition 2017, § 305 Rn. 34 ff. 129 Vgl. Art. 3 Abs. 2 Klausel-RL, Art. II.-1:110 Abs. 4 CFR oder Art. 7 Abs. 3, 4 CESL sowie für das deutsche Recht Art. 305 Abs. 1 S. 3 BGB (dazu Bamberger/Roth/Hau/ Poseck/Becker, 45. Edition 2017, § 305 Rn. 33). 130 Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94; Pfeiffer, ZEuP 2008, 679, 704; Brandner/Ulmer, CML Rev. 28 (1991), 647, 652. 131 Pfeiffer, ZEuP 2008, 679, 704.
§ 9 Klauselkontrolle
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erreicht werden, die auch den Preis bzw. die Hauptleistungen miteinbeziehen.132 5. Personale Differenzierung? Für eine personale Differenzierung (Lösung wie möglicherweise im CFR angedacht), d.h. eine Einbeziehung der Kontrolle individuell ausgehandelter Klauseln nur für B2C-Verträge, könnte ein Bedürfnis nach einem starken Verbraucherschutz sprechen. Der Grund, warum Individualvereinbarungen ursprünglich in Frankreich in die Kontrolle miteinbezogen wurden, war der des stärkeren Verbraucherschutzes, da damals die Klauselkontrolle allgemein auf B2C-Verträge beschränkt und somit weit weniger umfangreich war als heute.133 Heute wird in Frankreich häufig darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung von Individualvereinbarungen kaum Auswirkungen habe, da in den allermeisten Fällen ohnehin Standardverträge kontrolliert würden.134 Auch die Klausel-RL umfasste in ihrem ersten Entwurf noch Individualvereinbarungen (s.o. A.III.1.). Die Kommission befürwortete im Gesetzgebungsprozess ebenfalls bis zuletzt zumindest eine eingeschränkte Kontrolle von Individualvereinbarungen, wofür jedoch kein Konsens zustande kam.135 Sie begründete dies ebenfalls mit der Notwendigkeit eines Schutzes gegen das Ausnutzen von wirtschaftlicher Macht bzw. gegen die wirtschaftliche oder intellektuelle Unterlegenheit des Verbrauchers.136 Dagegen lässt sich allerdings einwenden, dass die Aufrechterhaltung der Vertragsfreiheit nicht nur für B2B-, sondern auch für B2C-Verträge wichtig ist.137 Auch in Verbraucherverträgen kann manchmal ein Bedürfnis nach individuell ausgehandelten Vertragsbedingungen bestehen, was nicht gänzlich unmöglich gemacht und durch die gesetzlichen Klauselvorschriften ersetzt werden sollte.138 Insbesondere auf dem Gebiet des Kaufrechts gibt es auch schon hinreichende zwingende Verbraucherschutzvorschriften, die 132
Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 789 f.; so wohl auch European Law Institute (ELI), Statement on the Proposal for a regulation on a Common European Sales Law COM(2011) 635 final, S. 34 Rn. 53. 133 Vgl. Nobis, Missbräuchliche Vertragsklauseln, 2004, S. 477; Witz, FS Otto Sandrock, 2000, S. 1045, 1048; jeweils m.w.N. zum Gesetzgebungsverfahren. 134 So z.B. Meilhac, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung, 1999, S. 291, 294; Malaurie/Stoffel-Munck/Aynès, Les obligations, 9. Aufl. 2017, Rn. 427 S. 224 (contrats d’adhésion). 135 Vgl für die Position der Kommission deren Begründung zum geänderten Vorschlag in KOM(1992) 66 endg., S. 1 f. 136 Vgl. Begründung der Kommission (vorige Fn. 135), S. 2. 137 Vgl. z.B. Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94. 138 Pfeiffer, ZEuP 2008, 679, 704; Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94.
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dadurch gleichzeitig entwertet würden.139 Teilweise wird in Frankreich kritisch von einer déresponsabilisation, also einem Entzug der Eigenverantwortung des Verbrauchers oder einer „Versicherung gegen Dummheit“ (assurance contre la débilité) gesprochen.140 6. Fazit zur Kontrolle von Individualvereinbarungen Schon die Schutzzwecke der Klauselkontrolle umfassen eine Kontrolle von individuell ausgehandelten Klauseln großteils nicht. Selbst bei Verbraucherverträgen erscheint eine so starke Beschränkung der Vertragsfreiheit v.a. mit Blick auf die bereits bestehenden zwingenden Verbraucherschutzvorschriften im Kaufrecht nicht sinnvoll. Daher sprechen die besseren Gründe gegen eine Einbeziehung von Individualvereinbarungen in die Klauselkontrolle. Diese sollten also weder bei B2B- noch bei B2C-Verträgen in den Anwendungsbereich einbezogen werden. Die neue Vorschrift des Art. 1171 Cc (s.o. A.II.2.e)) ist somit auf dem richtigen Wege. Außerdem ist es zu empfehlen, den Klammerzusatz im CFR zu streichen (s.o. A.III.2.a)).141 III. Mehrfachverwendungsabsicht 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Wird jeweils eine Mehrfachverwendungsabsicht als Anwendungsvoraussetzung für die Klauselkontrolle gefordert? B2C B2B
DE (–) (+)
FR (–) (–)
CISG -----
PICC --(+)
CFR (–) (+)
CESL (–) (–)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt. Bei B2B-Verträgen in Deutschland, im CFR und in den PICC wird die Absicht mehrfacher Verwendung der Klauseln (im CFR sogar gegenüber verschiedenen Parteien) für die Anwendung der Kontrollvorschriften verlangt, während bei B2C-Verträgen auch schon die Absicht der einmaligen Verwendung der vorformulierten Klauseln (so genannte vorformulierte Individualklauseln) genügt. Im CESL142 und in Frankreich genügt hingegen grundsätzlich die einmalige Verwendungsabsicht. 139 Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94 f. 140 Peglion-Zika, La notion de clause abusive, 2013, Rn. 142 (S. 119). 141 So auch Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 94 f.; Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 790; Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 184. 142 Im CESL galt jedoch bei Vorliegen einer Mehrfachverwendungsabsicht die Vermutung des Nichtausgehandeltseins, s.o. § 9 A.III.3.a).
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Es sollen hier daher die drei folgenden Lösungsansätze diskutiert werden: – ein generelles Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht (für B2Cund B2B-Verträge), s.u. 3., – kein Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht (weder für B2C- noch für B2B-Verträge), s.u. 4., – oder eine personale Differenzierung (Voraussetzung der Mehrfachverwendungsabsicht nur für B2B-Verträge), s.u. 5. 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle Grundsätzlich begründen der klassische und der Marktmacht-Ansatz sowohl eine Kontrolle von vorformulierten Klauseln, die zur einmaligen Verwendung bestimmt sind, als auch von für den mehrfachen Einsatz bestimmten Klauseln. Denn in beiden Fällen besteht aufgrund der einseitigen Vorformulierung und Stellung eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Ersteller eine bessere Kenntnis vom Inhalt der Klauseln hat. Außerdem besteht die Gefahr der Ausnutzung der Überlegenheit für die Beeinflussung des Inhalts der Klauseln. Somit sprechen diese Schutzzwecke tendenziell gegen das Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht. Nach dem rechtsökonomischen Ansatz allerdings müsste, wenn sich für den Klauselsteller der Aufwand lohnt, ein Klauselwerk für einen einzigen Vertrag vorzuformulieren, es sich auch für den Vertragspartner lohnen, diese Klauseln zu lesen und darüber zu verhandeln.143 Somit kann der rechtsökonomische Ansatz eine Kontrolle dieser so genannten „vorformulierten Einmalverträge“ nicht begründen. 3. Generelles Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht? Zunächst könnte man das Kriterium der Mehrfachverwendungsabsicht auf alle Arten von Parteien anwenden. Dafür spräche zunächst, dass dadurch die Privatautonomie weniger stark eingeschränkt würde, da die Inhaltskontrolle seltener anwendbar wäre.144 So ist es heute in keinem der untersuchten Instrumente mehr geregelt. In Deutschland war es aber noch bei Erlass des AGB-Gesetzes der Fall, bis das Kriterium 1996 zur Umsetzung der KlauselRL auf B2B-Verträge beschränkt wurde.145 Grund für die ursprüngliche Einführung der Voraussetzung der Mehrfachverwendungsabsicht in Deutschland war, dem Merkmal der einseitigen Stellung der Klauseln ein formales Krite-
143 Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, 131 – ob dies bei B2C-Verträgen tatsächlich geschieht, bezweifelt Hellwege allerdings zu Recht. 144 Gemäß Möschel, FS Wolfgang Zöllner, 1998, S. 395, 403, verliert daher die Privatautonomie „zunehmend an Strahlkraft“. 145 Geändert wurde es durch die Einführung des § 24a des AGBG durch das AGBGÄnderungsgesetz vom 19.7.1996 (Allgemeiner Teil Fn. 83), Art. 1.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
rium zur Seite zu stellen.146 Außerdem wird argumentiert, bei Mehrfachverwendungsabsicht sei typischerweise eine stärkere Verhandlungsposition des Stellers gegeben, die auf eine Einschränkung der Vertragsfreiheit des Klauselgegners hinweise, denn nur, wer relativ sicher sein könne, seine Bedingungen ohne Mitbestimmung des anderen Teils durchsetzen zu können, würde diese für eine „gleichmäßige Anwendung“ vorformulieren.147 Hier spiegelt sich also der Regelungszweck der wirtschaftlichen und/oder situativen Überlegenheit wider (s.o. I.1. und I.2.). 4. Kein Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht? Generell gegen das Erfordernis einer Mehrfachverwendungsabsicht (Lösung wie in Frankreich und im CESL)148 spricht jedoch, dass die beschriebene situative Überlegenheit auch in Fällen der Vorformulierung für einen Einzelvertrag gegeben sein kann, wenn der Klauselgegner nicht über die Anzahl der beabsichtigten Verwendungen Bescheid weiß und weitgehend ohne zu lesen zustimmt. Vor allem (aber nicht nur) bei erhöhter Marktmacht, die sowohl in B2B- als auch in B2C-Fällen auftreten kann (s.o. I.2.b)), spielt es daher für die Mitbestimmung des Vertragspartners eine eher geringe Rolle, ob die als fertiges Ganzes präsentierten Vertragsbestimmungen für mehrere Verträge und/oder Parteien verwendet werden sollen oder nur für einen einzigen Fall. Entscheidender dafür ist vielmehr, ob das Klauselwerk tatsächlich zur Disposition und Verhandlung stand. Dies dürfte aber schon über das Kriterium des individuellen Aushandelns hinreichend erfasst sein.149 Für einen vollständigen Verzicht auf das Erfordernis der Mehrfachverwendungsabsicht spräche auch die Vereinfachung und somit bessere Zugänglichkeit des ohnehin komplexen Rechts der Klauselkontrolle.150 5. Personale Differenzierung? Der Grund für die personal differenzierenden Ansätze (Deutschland, CFR)151, in denen die Mehrfachverwendungsabsicht nur für B2B-Verträge gefordert wird, liegt zunächst in der Gesetzgebungsgeschichte. So stammt die differen146
BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 16. Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer Einl. Rn. 20; vgl. auch Wolf, FS Erich Brandner, 1996, S. 299, 300; ähnlich auch Jansen, ZEuP 2010, 69, 94. 148 So z.B. i.E. Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 97. 149 Es gibt daher auch Ansätze, dieses Kriterium des Aushandelns anders zu bestimmen, vgl. dazu Kaufhold, BB 2012, 1235, 1237 ff.; Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2981 f. 150 So i.E. auch Mazeaud, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 123 ff.: „Why choose to be simple when one can be complicated?“. 151 Dafür z.B. auch Jansen, ZEuP 2010, 69, 94. 147
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zierende Lösung in Deutschland aus einem Kompromiss zwischen der Lösung des damaligen AGBG (das die Mehrfachverwendungsabsicht forderte) und der Klausel-RL (die die Mehrfachverwendungsabsicht nicht vorsah).152 Im CFR entstammt sie einen Kompromiss zwischen den divergierenden nationalen Regelungen der Mitgliedstaaten (die ja teilweise sogar Individualvereinbarungen umfassen, s.o. A.II.2.a))153. Als man sich bei Umsetzung der Klausel-RL in Deutschland Gedanken über eine personale Differenzierung an dieser Stelle machte, wurde wie folgt argumentiert: Zwar sei der Verbraucher auch bei einzeln für ihn vorformulierten Klauseln schutzwürdig,154 da es für ihn keinen Unterschied mache, ob die Klausel nur für ihn oder für die mehrfache Verwendung formuliert wurde. Zudem habe im B2C-Bereich ohnehin der Fall der individuellen Vorformulierung sehr geringe praktische Relevanz.155 Hingegen kämen solche vorformulierten Einmalverträge in B2BKonstellationen häufig vor und zählten zum „gewohnten Repertoire der Vertragsverhandlungen“, weshalb sie kontrollfrei sein sollten.156 Für diese Fälle der stattfindenden individuellen Aushandlung wird das Kriterium der Mehrfachverwendungsabsicht allerdings nicht benötigt, da hier schon das oben (II.6.) befürwortete Ausschlusskriterium für individuell ausgehandelte Klauseln greifen sollte.157 Der Fall, dass vorformulierte Einzelverträge ohne anschließendes zur-Disposition-Stellen und individuelles Aushandeln verwendet werden, dürfte selten sein.158 Denn wer Klauseln für einen einzigen Vertrag vorformuliert, wird viel eher zur Verhandlung darüber bereit sein, da für ihn die Gleichförmigkeit mehrerer Verträge einen geringeren Wert hat.159 Finden hingegen keinerlei Verhandlungen statt, erscheint eine Sonderbehandlung von vorformulierten Einmalverträge auch nicht gerechtfertigt. Daher bestehen starke Zweifel, ob eine differenzierende, und somit komplexe Regelung an solch einer wenig praxisrelevanten Stelle tatsächlich die beste Wahl ist.
152
Vgl. für Deutschland MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 67. Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 183. 154 Habersack/Kleindiek/Wiedenmann, ZIP 1993, 1670, 1671; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818, jeweils m.w.N. 155 Habersack/Kleindiek/Wiedenmann, ZIP 1993, 1670, 1671 f. m.w.N. 156 Habersack/Kleindiek/Wiedenmann, ZIP 1993, 1670, 1672; i.E. so auch Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1822. 157 In Deutschland ist insofern allerdings zu beachten, dass de Rechtsprechung die Kriterien für das Ausgehandeltsein sehr streng auslegt, sodass nur selten tatsächlich eine Individualvereibarung angenommen wird, vgl. MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 305 Rn. 35. 158 So auch allgemein Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1987; MüKoBGB/ Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 68. 159 MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 68. 153
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6. Fazit zur Mehrfachverwendungsabsicht Die aufgrund der selten auftretenden Fälle nur geringfügig stärkere Einschränkung der Parteiautonomie (vor allem auch bei B2C-Verträgen) sollte daher hinter der Forderung nach Einfachheit zurücktreten. Insgesamt erscheint es vorzugswürdig, die zusätzliche Voraussetzung der Mehrfachverwendungsabsicht vollständig zu streichen.160 IV. Generalklausel 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Gibt es eine personale Differenzierung innerhalb der Generalklausel? DE (–) ※
FR (–)
CISG ---
PICC (–)
CFR (+)
CESL (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Teilweise wird für die Definition einer unfairen/missbräuchlichen Klausel noch einmal nach B2B- und B2C-Verträgen differenziert. Während die französischen Regelungen im Wortlaut nicht differenzieren und in beiden Fällen auf ein „erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien“ abstellen, gibt es in den anderen Regelwerken an dieser Stelle personale Unterschiede. In B2C-Fällen gilt dabei weiterhin meist das Kriterium eines „erheblichen Ungleichgewichts“ (CESL, CFR) bzw. einer „unangemessenen Benachteiligung“ (Deutschland). In B2B-Fällen hingegen soll auf die „übliche“ (CESL) oder „gute“ (CFR) Handelspraxis bzw. auf die „im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche“ (Deutschland) abgestellt werden. Das deutsche Recht hält dabei die Besonderheit bereit, dass die „allgemeine“ Generalklausel zunächst für alle personalen Konstellationen gilt, während in B2B-Verträgen auf die Handelsinteressen nur zusätzlich „Rücksicht zu nehmen“ ist (※). Es gibt also drei verschiedene Lösungsansätze, die hier diskutiert werden sollen: – eine vollständige personale Differenzierung (gänzlich verschiedene Generalklauseln für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 4., – eine teilweise personale Differenzierung i.S. einer einheitlichen Generalklausel mit Ergänzungen für B2B-Situationen (wie in Deutschland), s.u. 5., – oder eine einheitliche Generalklausel (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 6. 160
Für eine Vereinfachung des AGB-Rechts wie in den PECL auch Mazeaud, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 123 ff.
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2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle Häufig wird bei der Frage der personalen Differenzierung der Generalklausel mit den verschiedenen Ansätzen zum Sinn und Zweck der Klauselkontrolle argumentiert. Denn aus dem rechtsökonomischen Ansatz (Abstellen auf die „rationale Ignoranz“) oder aus dem klassischen Ansatz (Abstellen auf die situative Unterlegenheit) ergibt sich zunächst kein Grund für unterschiedliche Generalklauseln.161 Aus dem Begründungsansatz der unterschiedlichen Verhandlungsmacht aufgrund wirtschaftlicher Unterlegenheit könnte man hingegen durchaus ein höheres Schutzbedürfnis schwächerer Verhandlungspartner beim Beurteilungsmaßstab der Unfairness einer Klausel ableiten. Wie jedoch oben (I.2.b)) dargestellt, gibt es diese Unterlegenheit nicht nur bei Verbrauchern, sondern z.B. auch bei kleineren Unternehmern, die marktstarken größeren Unternehmern gegenüberstehen.162 Eine klare Erforderlichkeit einer insgesamt differenzierenden Generalklausel ergibt sich hieraus also nicht. 3. Funktion der Generalklausel Die Generalklausel stellt das Herzstück der Klauselkontrolle dar.163 Sie dient als Auffangtatbestand und soll aufgrund ihrer sehr offenen Formulierung eine adäquate Inhaltskontrolle für alle nicht speziell geregelten Fallgruppen und so einen lückenlosen Schutz ermöglichen.164 Diese Funktion gilt sowohl für B2C- als auch für B2B-Situationen. 4. Personale Differenzierung? Es stellt sich also zunächst die Frage, ob die personale Aufteilung in zwei unterschiedlich formulierte Generalklauseln eine geeignete Lösung darstellt.165 Dabei wird in B2C-Verträgen auf ein „erhebliches Ungleichgewicht“ zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien abgestellt, während es in B2B-Verträgen nur auf eine Abweichung von der guten/üblichen Handelspraxis ankommt. Solch eine Benutzung von zwei völlig getrennten Klauseln ist eine neuere Entwicklung in Europa, die erstmals im CFR und im CESL-
161 So daher auch Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 796; Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 179; Jansen/Zimmermann, JZ 62 (2007), 1113, 1120 f.; Loos, ZEuP 2012, 776, 788 f.; Drygala, JZ 67 (2012), 983, 988 f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 280; i.E. auch Mazeaud, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 123, 126. 162 So auch Loos, ZEuP 2012, 776, 789. 163 Vgl. nur MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 21. 164 Vgl. nur Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 2; Terré/Simler/Lequette, Droit civil. Les obligations, 11. Aufl. 2013, Rn. 328 (S. 372). 165 Hellwege, EuCML 1 (2015), 129, insbes. 133 ff., hingegen möchte nicht personal differenzieren, sondern sachlich anhand der Schutzzwecke.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Entwurf auftaucht.166 Hintergrund dieser neuen Lösung scheint ein Kompromiss zu sein zwischen Mitgliedstaaten, die überhaupt keine B2B-Klauselkontrolle vorsehen und solchen, die B2B-Verträge in die Kontrolle einbeziehen.167 Auch wurden in den nationalen Diskussionen jeweils mit Beginn der Einbeziehung von B2B-Verträgen in die Klauselkontrolle (also in Deutschland seit 1976168 und in Frankreich seit 2008169) Stimmen laut, die mehr Flexibilität für die Beurteilung von Klauselwerken in reinen Unternehmerverträgen forderten.170 Daher wird die Begründung für die Forderung nach getrennten Generalklauseln teilweise ebenfalls darin gesehen, dass allgemein der Unfairness-Maßstab für B2B-Situationen höher angesetzt werden soll als für B2CFälle.171 Dies ist jedoch nicht unumstritten.172 a) Besonderheiten im B2B-Verkehr? Tatsächlich gibt es in B2B-Situationen eine ganze Reihe von Faktoren, die dazu führen können, dass mehr Freiraum bei der Klauselgestaltung benötigt wird. Dabei können zunächst die allgemein stärkeren Interessen des unternehmerischen Geschäftsverkehrs an Flexibilität, Schnelligkeit, Vorhersehbarkeit und Vertrauensschutz genannt werden.173 Diese genügen allerdings allein noch nicht für die Begründung einer Absenkung des Schutzniveaus, sondern dafür müsste außerdem eine geringere Schutzwürdigkeit des Klauselgegners bestehen. Denn diese besonderen Interessen liegen auch in B2C-Verträgen
166
Vgl. für die anderen EU-Staaten den rechtsvergleichenden Überblick bei von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-9:405 unter Notes (nur Slowenien wies hier eine ähnliche Vorschrift schon vorher auf). 167 Schäfer/Leyens, SSRN 11.12.2009, S. 21 f. 168 S. für einen Überblick und weitere Nachweise Ulmer/Brandner/Hensen/ Ulmer/Schäfer, AGB-Recht, § 310 BGB Rn. 9 ff. 169 Vgl. z.B. Béhar-Touchais, RDC 2009, 1258, Rn. 2; dies., RLC 2008, 45; Chagny, JCP G 2008, Étude I, 196, Rn. 15; Utzschneider/Lamothe, RDC 2009, 1261 unter II.B. 170 Einen auführlichen Überblick über die verschiedenartigen Interessen in B2B-Fällen geben Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 185 ff. und Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 372 ff. 171 So McMeel, Unfair Contract Terms Provisions in CESL, note, PE 462.448, 2012, abrufbar unter , S. 13; auch Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 183, der die B2B-Generalklausel des CFR für „particularly appropriate for B2B-contracts“ hält. 172 So stellen Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 179; Jansen, ZEuP 2010, 69, 91, und Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 104, klar, dass es trotzdem keine zwei verschiedenen Stufen von Unfairness geben sollte („Eigentlich unfair, aber nicht unfair genug?“). 173 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 190.
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auf Unternehmerseite vor – ihnen steht jedoch das Schutzbedürfnis auf Verbraucherseite entgegen.174 Möglicherweise besteht aber in einigen B2B-Situationen tatsächlich ein geringeres Schutzbedürfnis des Klauselgegners, sodass eine Absenkung des Beurteilungsmaßstabs angemessen sein könnte: Unternehmer sind geschäftserfahrener, sodass sie vor allem bei häufig getätigten Geschäften ihrer Branche bestimmte typische Klauselinhalte kennen und sich darauf einstellen können.175 So können sie auch häufig Risiken besser einschätzen und Nachteile vermeiden.176 Außerdem können sie die eventuellen Kosten teilweise durch Versicherungen abdecken oder auf andere Geschäftsteilnehmer oder den Endverbraucher abwälzen.177 Allerdings kann teilweise in B2BSituationen auch gerade eine strengere Kontrolle angemessen sein, z.B. weil es hier häufiger um besonders hohe wirtschaftliche Werte geht oder weil Regressansprüche (z.B. des Endverbrauchers gegen den Einzelhändler) entstehen können, die der Unternehmer einkalkulieren muss.178 Insofern erscheint eine generelle Absenkung des Unfairnessmaßstabs nicht angemessen. b) Differenzierung innerhalb der B2B-Fälle Hinzu kommt, dass die genannten Besonderheiten nicht allgemein in jeder B2B-Situation vorliegen, sondern nur in bestimmten Konstellationen, abhängig von unterschiedlichen Faktoren. Solche Faktoren sind z.B. die Unternehmensgröße oder Besonderheiten innerhalb bestimmter Branchen. Am besten wäre also eine Inhaltskontrolle, die es ermöglicht und dazu einlädt, auf die verschiedenen Faktoren einzugehen.179 Hierfür werden vor allem die folgenden Faktoren vorgeschlagen: Häufigkeit des Geschäfts, Zugehörigkeit des Geschäfts zum Kern der unternehmerischen Tätigkeit, Branchenüblichkeit einer Klausel, Eigenheiten bestimmter Branchen, Unternehmensgröße, Marktstellung der beteiligten Unternehmer, wirtschaftliche Abhängigkeit.180 174
Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 185; Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 375 ff. 175 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, 31.8.2001, BT-Drs. 14/6857, S. 54; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 187; Ulmer/ Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 375. 176 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 188. 177 Wobei die Abwälzung natürlich nicht immer möglich, gewünscht oder sinnvoll ist, dazu ausf. Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 189 sowie Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 377. 178 Vgl. dazu ausf. Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 190 ff. 179 So z.B. auch Berger/Kleine, NJW 2007, 3526, 3527; dies., BB 2007, 2137, 2138; Lenkaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441, 447. 180 Viele Faktoren nennt Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 196 ff., § 310 BGB Rn. 22; einige nennt auch Fornasier, in: FIW (Hrsg.), Schwerpunkte des Kartellrechts 2011, 2012, S. 113, 120 f.; s. auch die (wenn auch nur für die Berücksichtigung bei
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Die Berücksichtigung dieser Besonderheiten wird auch durch den Wortlaut der meisten Generalklauseln nicht generell ausgeschlossen, da diese sehr offen formuliert sind („unangemessene Benachteiligung“, „erhebliches Ungleichgewicht“, „entgegen dem Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs“) und letztendlich stets eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben darstellen. Möglicherweise könnte aber ein klarer Hinweis auf die Faktoren, die bei B2B-Verträgen in die Auslegung der Generalklausel miteinbezogen werden sollten, zu mehr Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit hinsichtlich der zu berücksichtigenden Faktoren führen. Auf diesen Punkt der zu berücksichtigenden Umstände soll jedoch sogleich bei der „Beurteilung der Unfairness“ (unter V.) näher eingegangen werden. An dieser Stelle soll zunächst nur die Frage beantwortet werden, inwiefern die unternehmerischen Besonderheiten eine gänzlich abweichend formulierte Generalklausel erfordern. c) Handelspraxis als geeigneter Maßstab? Stellt man für die grundsätzliche Definition der Unfairness in B2B-Verträgen nur auf die Bedingung der Abweichung von der guten Handelspraxis ab, ohne dass das „erhebliche Ungleichgewicht“ Erwähnung findet, scheint das darauf hinzudeuten, dass es auf ein Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien in B2B-Situation überhaupt nicht ankommen soll, sondern allein darauf, ob eine bestimmte Klausel im Handel üblich ist oder nicht.181 Dies ist jedoch nicht sinnvoll, denn Grund für die Inhaltskontrolle ist auch in B2B-Fällen, den Klauselgegner vor erheblichen Nachteilen durch eine ungleiche Verteilung der Kosten und Risiken zu schützen.182 Die Tatsache, dass eine bestimmte Klausel im Handelsverkehr üblich ist, kann und sollte zwar durchaus bei der Beurteilung der Unfairness insofern eine Rolle spielen, als dann eine Vermutung dafür spricht, dass sie praktikabel und angemessen ist und der B2B-Verkehr damit zurechtkommt.183 Diese Üblichkeit sollte jedoch nicht jeden Unfairnesstest verhindern und aufgrund der oben genannten anderen einzubeziehenden Faktoren nicht der einzige Bezugspunkt
der Indizwirkung genannten) Faktoren bei MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 8; dazu auch Tettinger, AcP 205 (2005), 1, 24; DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 17. 181 Diese Gefahr sieht auch Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 179. 182 S.o. § 9 B.I. zum Sinn und Zweck der Klauselkontrolle (selbst der ökonomische Ansatz möchte eine unwirtschaftliche Risikoverteilung zulasten des nicht informierten Klauselgegners vermeiden); so auch ausdrücklich Eidenmüller, in: Schulze/von Bar/ Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 73, 95; Ernst, in: Remien/ Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 104. 183 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 307 BGB Rn. 194.
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für die Beurteilung sein (dazu auch unten V.6.).184 Auch im Hinblick auf ein gesamteuropäisches Regelwerk wäre es für die Richter eine schwere Aufgabe, eine solche gute/übliche Handelspraxis zu identifizieren, da in Europa kaum einheitliche Handelspraktiken anerkannt sind.185 Hinzu kommt, dass die Formulierung der Abweichung von der Handelspraxis ursprünglich aus der Zahlungsverzugsrichtlinie stammt,186 die diese Formulierung für die Überprüfung von Individualvereinbarungen verwendet. Bei Individualvereinbarungen besteht aber ein bedeutender Unterschied zu Standardbestimmungen: Es kann damit gerechnet werden kann, dass aufgrund der Verhandlungen eine eventuelle Unfairness an anderer Stelle durch ein Entgegenkommen ausgeglichen wird.187 Daher ist die Formulierung für Standardbestimmungen eher unpassend. d) Korrektur durch guten Glauben und redlichen Geschäftsverkehr Letztendlich ist aber davon auszugehen, dass ohnehin trotz der unterschiedlichen Formulierung der Generalklauseln im CESL und im CFR durch die Anspielung auf den guten Glauben und den redlichen Geschäftsverkehr die Berücksichtigung einer Ungleichgewichtslage durch die Rechtsprechung auch im B2B-Verkehr noch möglich bleibt.188 Darauf wiesen im CESL auch die Kriterien hin, die bei der Beurteilung der Unfairness zu berücksichtigen waren, da diese bei B2C- und B2B-Verträgen größtenteils identisch waren.189 Die Verbindung wäre allerdings klarer, wenn man diese Kriterien in einer einheitlichen Generalklausel zusammenfassen und nur einige Faktoren für die
184
So auch Jansen/Zimmermann, JZ 62 (2007), 1113, 1120 f.; Eidenmüller/ Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 279 f.; Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 103; Pfeiffer, in: Schulze (Hrsg.), CFR and existing EC contract law, 2009, S. 177, 179; Jansen, ZEuP 2010, 69, 91; Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 86 Rn. 6 f. 185 Jansen, ZEuP 2010, 69, 91. Für Teilbereiche wie die Lieferung von Waren im internationalen Handel (Incoterms, vgl. ) wurden von der Internationalen Handelskammer ICC allerdings schon erfolgreich einheitliche Praktiken festgeschrieben. 186 Art. 7 Abs. 1 lit. a Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr, ABl. 2011 L 48/1. 187 Dazu insgesamt Jansen/Zimmermann, JZ 62 (2007), 1113, 1120 f.; Jansen, ZEuP 2010, 69, 91. 188 So ausf. Graf von Westphalen, NJOZ 2012, 441, 445 ff.; ders., ZIP 32 (2011), 1985, 1992 ff. 189 Vgl. dazu Art. 83 Abs. 2 und Art. 86 Abs. 2 CESL sowie unten § 9 B.V.4.; so auch Loos, ZEuP 2012, 776, 789 f.; Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 86 Rn. 7.
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Auslegung speziell für B2B-Verträge ergänzen würde.190 Die Benutzung eines grundsätzlich unterschiedlichen Wortlauts erscheint somit nicht als vorzugswürdige Alternative. 5. Teilweise personale Differenzierung? Möglicherweise könnte also die Regelung des deutschen Rechts, die grundsätzlich eine einheitliche Generalklausel verwendet, nach der jedoch im B2BVerkehr auf die Handelsbräuche Rücksicht genommen werden soll, angemessen sein.191 Dass die Handelsüblichkeit einer Klausel durchaus ein sinnvoller zu berücksichtigender Umstand in B2B-Verträgen ist, wurde oben (4.c)) bereits festgestellt. Es wurde jedoch ebenfalls bereits gesagt, dass dieses Kriterium idealerweise um andere Faktoren (Branchenüblichkeit, Unternehmergröße etc., s.o. 4.b)) ergänzt werden sollte.192 Denn je unklarer die Formulierung, desto eher besteht, insbesondere im Hinblick auf ein länderübergreifendes europäisches Regelwerk, die Gefahr eines Auseinanderdriftens der Auslegung in der Rechtspraxis.193 Zu der Einbeziehung anderer Faktoren jedoch ausführlich sogleich unter V. 6. Einheitliche Generalklausel? Dass eine differenzierte Beurteilung bei gleichem Wortlaut der Generalklausel durchaus möglich ist, zeigt die französische Rechtsprechung in B2BFällen zu Art. Art. L 446-2 Abs. 1 Nr. 2 CCom. Diese nimmt trotz einer Entscheidung des Conseil constitutionnel, der ausdrücklich dazu einlädt, sich von der verbraucherrechtlichen Auslegung inspirieren zu lassen (dazu bereits oben A.II.2.d)),194 eine größtenteils unabhängige Beurteilung vor.195 Dies
190 Zur Regelung der einzubeziehenden Faktoren in die Beurteilung der Unfairness genauer im Anschluss unter § 9 B.V.; so wohl auch Schulze/Mazeaud/Sauphanor-Brouillaud, CESL Commentary, Art. 86 Rn. 7. 191 So auch Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 103. 192 Ähnlich auch DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 3, 17. 193 Dazu Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 147; auch als zu unbestimmt und unsicher befindet die Formulierung des CESL Kornet, EBLR 24 (2013), 319, 333 ff. 194 Conseil constitutionnel 13.1.2011, JORF n° 11 p. 813, texte n° 123 = D. 2011, 415 m. Anm. Picod. 195 Vgl. die fehlenden Bezüge zum Verbraucherrecht in der ausf. Rechtsprechungsübersicht der instanzgerichtlichen Rspr. 2011–2013 in Tabellenform bei Fourgoux/Djavadi, CCC 2013, Étude 14; so fassen die bisherige Rspr. auch zusammen: Mathey, CCC 2013, dossier 3, Rn. 9 f.; Lajnef, RLC 2014, 171, 174 ff., jeweils m.w.N.; s. auch Racine, in: Mäsch/Schulze/Wicker (Hrsg.), Petites et moyennes entreprises, 2013, S. 113, 127. In Cass. Com. 3.3.2015, D. 2015, 1021 m. Anm. Buy = RTD Com. 2015, 486 m.
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hängt wohl auch mit der sehr unterschiedlichen Stellung im Gesetz (Verbraucherrecht bzw. Wettbewerbsrecht) und der unterschiedlichen Gesetzgebungsgeschichte (s.o. A.II.1.) zusammen.196 Die französische Lösung, eine gleichlautende Formulierung an drei verschiedenen Stellen im Gesetz einzufügen, um so zu einer verschiedenartigen Auslegung zu kommen, erscheint jedoch aufgrund der Komplexität und des unklaren Verhältnisses der Vorschriften zueinander eher verwirrend und daher nicht empfehlenswert für eine Übertragung auf andere Regelwerke. Vielmehr empfiehlt sich eine einheitliche Generalklausel, ggf. mit einem Hinweis auf die zu berücksichtigenden Unterschiede (s.o. 4.b)), dazu auch sogleich unter V.). So findet sich auch seit 2016 in Frankreich eine einheitliche Generalklausel im Cc, die jedoch bedauernswerterweise wohl zunächst neben den beiden anderen anwendbar sein dürfte.197 7. Fazit zur Generalklausel Es lässt sich also schlussfolgern, dass eine grundsätzlich unterschiedliche Formulierung der Generalklausel nicht wünschenswert erscheint, sondern eine einheitlich formulierte Regelung dem Sinn und Zweck der Inhaltskontrolle in allen personalen Konstellationen gerechter wird. Diese sollte auf das Ungleichgewicht in den Rechten und Pflichten der Parteien abstellen, welches in allen Fällen die Basis für die Unangemessenheit bildet (s.o. 4.c)). Dass dabei die Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Situationen berücksichtigt werden müssen, steht außer Frage, ist jedoch aufgrund der weiten Formulierung unproblematisch möglich. Auch innerhalb dieser personalen Fallgruppen sollte möglicherweise anhand weiterer zu berücksichtigender Faktoren differenziert werden, was im nächsten Punkt zu untersuchen ist.
Anm. Chagny wird hingegen zumindest für einen Teilaspekt der Definition des erheblichen Ungleichgewichts Bezug auf das Verbraucherrecht genommen. 196 Von faux jumeaux (falschen Zwillingen) spricht daher auch Catala, Études Fernand Charles Jeantet, 2010, S. 77, 84. 197 S. dazu oben § 9 A.II.2.e); befürwortend auch Catala, Études Fernand Charles Jeantet, 2010, S. 77, 90.
112
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
V. Beurteilung der Unfairness 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Werden ausdrücklich bestimmte individuelle Umstände genannt, die bei der Beurteilung der Unfairness einer Klausel anhand der Generalklausel berücksichtigt werden sollen? B2C B2B
DE (+) (–) ※
FR (+) (–)
CISG -----
PICC --(–)
CFR (+) (+)
CESL (+) (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Häufig wurde nun schon angesprochen, dass bei der Beurteilung der Unfairness der Klauseln auf verschiedene Faktoren bzw. individuelle Umstände Rücksicht genommen werden sollte. Teilweise enthalten die untersuchten Regelwerke insofern auch eine Regelung, die einige zu berücksichtigende Faktoren innerhalb der Abwägung im Rahmen der Generalklausel aufzeigt. An dieser Stelle wird allerdings teilweise wiederum personal differenziert. So sollen in Deutschland und in Frankreich bei B2C-Verträgen198 auch die Umstände des Vertragsschlusses (sowie andere Klauseln desselben Vertrags und anderer Verträge, von denen die betroffene Klausel abhängt199) mit in die Abwägung einbezogen werden. Im CESL und im CFR sollen diese Umstände und Klauseln sogar personal unabhängig stets Berücksichtigung finden. In Deutschland sollen außerdem, wie bereits beschrieben (IV.5.), in B2BVerträgen die einschlägigen Handelsbräuche ausdrücklich berücksichtigt werden (※). In welchen personalen Fallgruppen die Berücksichtigung welcher Art von individueller Besonderheiten sinnvoll ist, soll hier nacheinander für die verschiedenen genannten Faktoren einzeln erörtert werden. Vorab soll außerdem die Frage nach der generellen Angemessenheit der Berücksichtigung von Einzelfallumständen diskutiert werden (s. sogleich unter 3.). Die möglichen im Rechtsvergleich gefundenen Umstände, die zu untersuchen sind, sind die folgenden: – „die den Vertragsschluss begleitenden Umstände“, s.u. 4., 198
Vgl. aber DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 3, 17, der die Berücksichtigung dieser Umstände auch auf B2B-Situationen ausweiten möchte: „Damit sollen die unterschiedlichen Usancen, Gegebenheiten und Sachzwänge verschiedener Branchen angemessene Berücksichtigung finden“. 199 Auch in Deutschland gilt insoweit im Wege der richtlinienkonformen Auslegung der Inhalt des Art. 4 Abs. 1 der Klausel-RL, auch über den Wortlaut des § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB hinaus.
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– „andere Klauseln desselben Vertrags oder anderer Verträge, von denen die betroffene Klausel abhängt“, s.u. 5., – und „die gute/übliche Handelspraxis“, s.u. 6. 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle Schaut man in die Ansätze zum Schutzzweck der Klauselkontrolle (s.o. I.), so lässt sich zunächst für den rechtsökonomischen Begründungsansatz feststellen, dass individuelle Umstände des Vertragsschlusses keine Relevanz für das Marktversagen aufweisen.200 Die anderen beiden Fälle, die auf eine situative oder gar allgemeine wirtschaftliche Unterlegenheit abstellen, könnten durchaus für eine Berücksichtigung bestimmter Umstände sprechen, wie z.B. das Kräfteverhältnis der Parteien, um so das unterschiedliche Ausmaß der Unterlegenheit des Klauselgegners stärker zu berücksichtigen. 3. Generelle Berücksichtigung individueller Umstände? Allgemein sprechen mehrere Argumente gegen die zu starke Berücksichtigung individueller Umstände. Die Rechtssicherheit, Vorhersehbarkeit und Rechtseinheit leiden zwangsläufig, je stärker Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.201 Auch das rechtspolitische Ziel der Rationalisierung durch standardisierte, einheitliche Klauselwerke wird dadurch beeinträchtigt.202 Die Berücksichtigung individueller Umstände scheint ihren Platz eher bei Instrumenten zu haben, die im Normalfall nur einzelne Rechtsgeschäfte betreffen, wie bei der Anfechtung oder der Vertragsanpassung.203 Es ist außerdem anzumerken, dass in der Praxis (mit Ausnahme der Summierungs- und Kompensationseffekte, s. sogleich unter 5.) selten individuelle Umstände berücksichtigt werden, da bei Massenverträgen häufig keine solchen Umstände bekannt sind oder überhaupt vorliegen.204 Zudem ist dies auch dann schwer möglich, wenn es sich um Verbandsklagen handelt, bei
200
Deshalb möchte auch Jansen, ZEuP 2010, 69, 104 f., generell keine individuellen Umstände berücksichtigen. Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack, AGB-Recht, Einl. Rn. 54, möchten daher die Berücksichtigung eines Kräfteungleichgewichts zumindest auf B2C-Situationen beschränken. 201 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer Art. 4 Klausel-RL Rn. 5. 202 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer Art. 4 Klausel-RL Rn. 5; Jansen, ZEuP 2010, 69, 104 f.; so auch schon Ulmer, in: 50. Deutscher Juristentag 1974 (Hrsg.), Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Endverbrauchers gegenüber AGB?, 1974, S. H 23 sowie These 8, S. H 39. 203 Jansen, ZEuP 2010, 69, 104 f. 204 Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer Art. 4 Klausel-RL Rn. 5; Graf von Westphalen, NJOZ 2012, 441, 447 a.E.; Hellwege/Miller, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The CESL in context, 2013, S. 423, 451.
114
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
denen deshalb generell eine Ausnahme von der Berücksichtigung der Umstände gemacht wird.205 Trotzdem können in B2C-Situationen divergierende Interessenlagen, ein ungleiches Kräfteverhältnis, ein unterschiedlicher Grad an Geschäftserfahrenheit o.Ä. vorliegen206 und auch innerhalb des Unternehmerverkehrs erhebliche individuelle Unterschiede eine Rolle bei der Vertragsverhandlung und der Klauselstellung spielen (s. dazu bereits oben IV.4.b)). Es ist also durchaus angebracht, und wird auch von allen untersuchten Regelwerken so vorgesehen, zumindest bestimmte Einzelfallumstände in die Beurteilung miteinzubeziehen, sofern diese bekannt sind. Dabei sollten aber die oben genannten Kritikpunkte an solch einer Berücksichtigung nicht in Vergessenheit geraten und vorsichtig mit der Einzelfallbewertung umgegangen werden. Dies kann evt. dadurch erreicht werden, hier eine zweistufige Prüfung durchzuführen: Zunächst sollte abstrakt-generell die Angemessenheit der Klausel bestimmt werden und sodann sollten ggf. einzelne Korrekturen aufgrund besonders erheblicher konkret-individueller Umständen durchgeführt werden.207 4. „Die den Vertragsschluss begleitenden Umstände“ Die Regelung, dass die „den Vertragsabschluß begleitenden Umstände“ Berücksichtigung finden sollten, stammt ursprünglich aus Art. 4 Abs. 1 der Klausel-RL208 und findet auch in Deutschland und Frankreich jeweils nur für B2C-Verträge Anwendung. Sinn ist, wie schon angedeutet, dass neben einer abstrakt-generellen Beurteilung der Klausel durch Anwendung der Generalklausel auch konkret-individuelle Umstände bei der Inhaltskontrolle berücksichtigt werden sollen.209 In neueren internationalen Entwürfen wird diese Regelung nun aber auch auf B2B-Fälle ausgeweitet (CESL und CFR). Selbst in der deutschen Reformdiskussion um das AGB-Recht wird teilweise nun eine Ausweitung auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr vorgeschla-
205 S. Art. 4 Abs. 1 Klausel-RL: „unbeschadet des Artikels 7“; so auch BGH 7.2.1996, NJW 1996, 1676, 1677; BGH 10.3.1999, NJW 1999, 2180, 2181; dazu auch Nassall, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, S. 173, 203, Rn. 54; Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer Art. 4 Klausel-RL Rn. 3 m.w.N. in Fn. 6; Graf von Westphalen, NJOZ 2012, 441, 447 a.E. 206 Vgl. z.B. in Wolf/Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 310 BGB Rn. 40 f. 207 Besonders betont wird dies auch noch einmal im CFR in von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-9:407, Comment B, S. 679; so auch Wolf/Lindacher/ Pfeiffer/Pfeiffer Art. 4 Klausel-RL Rn. 5; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 402; andere Ansichten sowie ein internationaler Rechtsvergleich dazu bei MüKoBGB/Basedow, 7. Aufl. 2016, § 310 Rn. 78 f. 208 Dazu, auch zur Entstehungsgeschichte, ausf. Schmidt-Salzer, BB 1995, 1493, 1497 ff. 209 Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 402.
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gen.210 Somit scheint der Trend hin zu einer personal einheitlichen Regelung zu führen. Welche Umstände sind hier aber gemeint? a) Umstände in B2C-Verträgen Für B2C-Verträge haben sich schon einige Faktoren herausgebildet. Die Richtlinie nennt als Beispiele für derartige Umstände in Erwgr. 16: „welches Kräfteverhältnis zwischen den Verhandlungspositionen der Parteien bestand, ob auf den Verbraucher in irgendeiner Weise eingewirkt wurde, seine Zustimmung zu der Klausel zu geben, und ob die Güter oder Dienstleistungen auf eine Sonderbestellung des Verbrauchers hin verkauft bzw. erbracht wurden“.
Weiterhin werden in Literatur und Rechtsprechung noch die Kenntnisse und Erfahrungen des Verbrauchers, der Grad seiner Angewiesenheit auf die Leistung, seine Geschäftserfahrenheit uvm. genannt.211 In Frankreich kann an dieser Stelle auch teilweise noch berücksichtigt werden, ob es sich um einen vorformulierten Vertrag (contrat d’adhésion) handelt (da dies dort nicht Voraussetzung für die Inhaltskontrolle ist, dazu oben A.II.2.a))212 sowie die Frage, ob ein wirtschaftlicher Machtmissbrauch vorliegt213. b) Umstände in B2B-Verträgen Für B2B-Situationen haben sich bisher kaum konkrete Faktoren herausgebildet. Während die Bedeutung bei den nun einheitlichen Normen im CESL und CFR relativ unklar bleibt,214 wird dort zumindest ausdrücklich die Einhaltung des Transparenzgebots als zu berücksichtigender Faktor genannt. Der Reformentwurf für das deutsche AGB-Recht nennt speziell für B2B-Situationen die Berücksichtigung von „unterschiedlichen Usancen, Gegebenheiten und Sachzwänge[n] verschiedener Branchen“215. Teilweise passen die für Verbraucher bereits entwickelten Kriterien jedoch auch für Unternehmer. Dies ist z.B. der Fall, wenn es um das Kräfteverhältnis bzw. die Marktstellung der beteiligten Unternehmer, die Geschäftserfahrenheit in einer bestimmten Branche oder auch deren wirtschaftliche Abhängigkeit oder Angewiesenheit auf die Leistung geht (s. soeben unter a)). Wie ebenfalls bereits herausgear210
DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 3. Vgl. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 406 ff.; Wolf/ Lindacher/Pfeiffer/Pfeiffer § 310 BGB Rn. 38 ff.; jeweils m.w.N. aus der Rspr. 212 Testu, Dalloz affaires 1996, 372, 373 f.; so auch Malaurie-Vignal, Droit de la concurrence, 6. Aufl. 2014, Rn. 251 (S. 125). 213 Da ein solcher dort früher positive Voraussetzung für die Annahme einer Unangemessenheit war, s. dazu Testu, Dalloz affaires 1996, 372, 374. 214 Dies wird u.a. kritisiert von Möslein, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 255, 281; Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 83 Rn. 14. 215 DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 17. 211
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beitet wurde (s.o. IV.4.b)), sollten aber evt. auch andere Faktoren in B2BSituationen berücksichtigt werden, wie z.B. die Häufigkeit des Geschäfts, die Zugehörigkeit des Geschäfts zum Kern der unternehmerischen Tätigkeit, die Branchenüblichkeit einer Klausel, Eigenheiten bestimmter Branchen oder die Unternehmensgröße.216 c) Personale Differenzierung? Besondere Einzelfallumstände gibt es, wie soeben aufgezeigt, ebenso häufig in B2C- wie auch in B2B-Situationen, wobei sogar häufig dieselben Faktoren relevant werden. Daher erscheint eine einheitliche Regelung für die Berücksichtigung solcher Einzelfallumstände sinnvoll, wie auch der aktuelle Trend zeigt (s.o. 1.). Eine ideale Regelung könnte möglicherweise zur Förderung der Rechtssicherheit einige dieser Gesichtspunkte beispielhaft nennen und dabei auch Umstände aufzeigen, die lediglich bei bestimmten personalen Fallgruppen zu berücksichtigen sind.217 Die Tatsache, dass diese Berücksichtigung nur als ausnahmsweise stattfindende Korrektur der grundsätzlich abstrakt-generellen Betrachtung stattfinden sollte, darf dabei in allen personalen Variationen nicht aus den Augen verloren werden (s.o. 3.) und könnte auch im Gesetz Ausdruck finden. 5. „Andere Klauseln des Vertrags oder zusammenhängender Verträge“ Die Einbeziehung „aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt“ in den Beurteilungsmaßstab stammt ursprünglich aus Art. 4 Abs. 1 der Klausel-RL. Diese Formulierung deutet auf die Berücksichtigung von so genannten Summierungs- und Kompensationseffekten hin.218 Solche wurden von Rechtsprechung und Schrifttum sowohl in Deutschland als auch in Frankreich schon teilweise anerkannt (dazu sogleich). a) Summierungseffekt Der Summierungseffekt bedeutet, dass zwei an sich unbedenkliche Klauseln in Kombination trotzdem eine unfaire Wirkung entfalten können und deshalb gestrichen werden müssen. Dies wurde trotz des auf Verbraucherverträge beschränkten Wortlauts sowohl für B2C- als auch für B2B-Situationen in der 216
Einige dieser Faktoren finden sich als Vision der zukünftigen Rspr. im B2B-Bereich ebenfalls wieder bei Titone/Coulon, RLDA 2012, 36, 39. 217 Die genaue Ausarbeitung der zu berücksichtigenden Umstände würde dabei den Umfang dieser Arbeit sprengen, es sei jedoch auf die bereits genannten Faktoren verwiesen, s.o. § 9 B.IV.4.b). 218 Dazu z.B. Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 144 ff. (Kompensation), 155 (Summierung).
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deutschen219 und französischen220 Rechtsprechung und Lehre vielfach anerkannt und es gibt an dieser Stelle keinen Grund für Einschränkungen oder gar personale Differenzierungen. Eine Klarstellung, dass es für alle personalen Fallgruppen gelten sollte, wie es im CFR und im CESL nun der Fall ist, wäre allerdings wünschenswert. b) Kompensationseffekt Der Kompensationseffekt hingegen ist etwas problematischer, denn hier geht es darum, ob eine an sich unfaire Klausel durch eine andere Klausel des Vertrags dergestalt ausgeglichen werden kann, dass die Unfairness aufgehoben wird. In Deutschland und ausdrücklich auch im CFR221 (und so wäre es daher wahrscheinlich auch im CESL gewesen) wird solch eine Kompensation normalerweise nur dann zugelassen, wenn ein sachlicher Zusammenhang zwischen den beiden Klauseln besteht.222 Auf keinen Fall soll das so genannte Preisargument gelten (d.h., die Behauptung, dass eine unfaire Klausel durch einen niedrigeren Preis ausgeglichen wurde).223 In Frankreich geht man teilweise weiter und zieht allgemein die économie générale du contrat (also das Gleichgewicht des gesamten Vertragsinhalts) in die Abwägung mit ein,224 allerdings fast ausschließlich in B2B-Fällen.225 Dies 219 BGH 2.12.1992, NJW 1993, 532; BGH 14.5.2003, NJW 2003, 2334, 2335; BGH 5.4.2006, NJW 2006, 2116, 2117; MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 35; Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1989; ders., NJOZ 2012, 441, 447 a.E.; Ulmer/ Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 116, 155 ff. 220 CA Nancy 14.12.2011, n° 10/02664; T. com. Lille 6.1.2010, CCC 3/2010, comm. n° 71, m. Anm. Mathey; Raymond, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2014, Rn. 487 (S. 256) (B2C); Titone/Coulon, RLDA 2012, 36, 38 f. (B2B); Riera-Thiebault/Covillard, Gaz. Pal. 2013, 6 unter IV (B2B); jeweils m.w.N. aus der Rspr. 221 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-9:407, Comment B, S. 679. 222 BGH 29.11.2002, NJW 2003, 888, 890; MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 36; Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 116, 144 ff.; Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1989; ders., NJOZ 2012, 441, 447 a.E.; anders DAV-Vorschlag (Fn. 20), S. 17. 223 So schon BGH 29.10.1956, NJW 1957, 17, 19; BGH 16.11.1992, NJW 1993, 2442, 2444; von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. II.-9:407, Comment B, S. 679; MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 43 f.; Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 145; a.A. Kieninger, AnwBl. 2012, 301, 305. 224 CA Nancy 14.12.2011, n° 10/02664; Titone/Coulon, RLDA 2012, 36, 38 f. m.w.N.; Riera-Thiebault/Covillard, Gaz. Pal. 2013, 6 unter IV; so auch Malaurie-Vignal, Droit de la concurrence, 6. Aufl. 2014, Rn. 251 (S. 125); Catala, Études Fernand Charles Jeantet, 2010, S. 77, 79, 85 f.; Buy, D. 2015, 1021, 1024. 225 Ausdrücklich betonen den Unterschied zwischen B2C- und B2B-Situationen Ponsard, CCC 2013, dossier 4, Rn. 26, und Catala, Études Fernand Charles Jeantet, 2010,
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geht jedoch zu weit, da bei einer generellen Kompensationswirkung viel zu leicht unangemessene Klauseln gerechtfertigt werden könnten. Auch in B2BFällen soll es noch auf die einzelnen Klauseln und nicht nur auf das Gesamtvertragsgleichgewicht ankommen, da sonst der Kern der Klauselkontrolle verloren ginge und vor allem auch im Hinblick auf schutzbedürftige kleinere Unternehmen der Schutz erheblich abgesenkt würde. Daher sollte sowohl in B2C- als auch in B2B-Situationen ein solcher Kompensationseffekt zumindest streng begrenzt werden auf Fälle eines offensichtlichen sachlichen Zusammenhangs bestimmter Klauseln. 6. „Die gute/übliche Handelspraxis“ In Deutschland taucht die gute/übliche Handelspraxis in der entsprechenden Branche für B2B-Verträge ebenfalls in Form eines zu berücksichtigenden Kriteriums bei der Bewertung der Unfairness auf (und nicht innerhalb einer differenzierenden Generalklausel, wie im CESL oder im CFR, s. dazu oben IV.4.226). Wie bereits erörtert wurde (s.o. IV.4.c)), ist diese Art der Regelung auch vorzugswürdig, da die Handelsüblichkeit zwar nicht die Grundlage der Inhaltskontrolle bildet, jedoch durchaus bei üblichen Handelspraktiken davon ausgegangen werden kann, dass der unternehmerische Geschäftsverkehr mit einer derartigen Klausel zurechtkommt.227 Selbstverständlich kommt eine Anwendung dieses Faktors auf B2C-Verträge nicht in Betracht, weshalb eine personale Differenzierung hier angebracht ist. 7. Fazit zur Beurteilung der Unfairness Die meisten zu berücksichtigenden Umstände sind für alle personalen Fallgruppen sinnvoll, weshalb eine Differenzierung in dieser Hinsicht nicht angebracht ist. Einige Arten von „Umständen des Vertragsschlusses“ (s.o. IV.4.b)) treten jedoch nur in B2B-Situationen auf, wie die Branchenüblichkeit einer Klausel, die Zugehörigkeit des Geschäfts zum Kern der unternehmerischen Tätigkeit, die Eigenheiten bestimmter Branchen oder die Unternehmensgröße. Deren Anwendung ist also für B2C-Situationen allgemein nicht möglich, sodass sich bei Anerkennung dieser Kriterien automatisch eine personale Differenzierung herausbilden würde. Dies könnte zur Betonung auch noch einmal ausdrücklich klargestellt werden. Die Beachtung der anderen Klauseln des Vertrags ist in allen Fällen in gleichem Maße (s.o. 4.c)) S. 77, 86; a.A. wohl Raymond, Droit de la consommation, 3. Aufl. 2014, Rn. 487 (S. 256), der auch bei B2C-Fällen die „économie générale du contrat“ berücksichtigen will. 226 Oder wie im Vorschlag der AGB-Recht-Initiative (Fn. 20), S. 5: Dort soll zwar eine einheitlich formulierte Generalklausel gelten, aber für B2B-Verträge eine zusätzliche Bedingung der Abweichung von der üblichen Handelspraxis hinzugefügt werden, ohne die keine Unangemessenheit einer Klausel angenommen werden kann. 227 S. bereits oben § 9 B.IV.4.c) mit Fn. 183.
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angebracht, während die „gute/übliche Handelspraxis“ nur in B2B-Fällen relevant sein kann und sollte. VI. Verbotslisten/Indizwirkung 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Werden jeweils Verbotslisten angewandt? B2C B2B
DE (+) (+) ※
FR (+) (–)
CISG -----
PICC --(–)
CFR (+) (–)
CESL (+) (–)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Klauselverbotslisten enthalten alle Regelwerke außer den PICC (die aber auch nur auf B2B-Verträge anwendbar sind), während sich dabei der CFR als einziges Regelwerk ausschließlich auf eine graue Liste beschränkt und die anderen zusätzlich eine schwarze Liste bereitstellen (zum Unterschied zwischen grauen und schwarzen Listen s.o. A.I.2.b)). Diese Listen sind stets nur für B2C-Verträge anwendbar, während für B2B-Situationen nur die Generalklausel gilt. Als einzige Ausnahme erkennt die deutsche Rechtsprechung ausdrücklich eine sehr weitreichende, fast zur Gleichstellung führende Indizwirkung der Listen auch für B2B-Verträge an (※, s.o. A.I.2.c)). Fraglich ist also zum einen, inwieweit graue und/oder schwarze Listen für B2C-Verträge sinnvoll sind und zum anderen, ob sich die Inhaltskontrolle im B2B-Verkehr daran orientieren sollte oder gar die Listen allgemein auch auf B2B-Verträge anwendbar sein sollten. Es sollen daher die folgenden Lösungsansätze diskutiert werden: – eine generelle Beschränkung auf graue Verbotslisten (in B2C- und B2BVerträgen), s.u. 4., – eine personale Differenzierung (Verbotslisten nur für B2C-Verträge), s.u. 5., – oder eine teilweise personale Differenzierung i.S. einer widerlegbaren Indizwirkung der Listen für B2B-Verträge, s.u. 6. 2. Schlüsse aus dem Hintergrund der Klauselkontrolle Aus den Schutzzwecken der Klauselkontrolle lässt sich keine direkte Aussage über Verbotslisten entnehmen. Soweit dadurch ein höherer/sicherer Schutz des situativ (klassischer Ansatz) oder wirtschaftlich (Marktmacht-Ansatz) unterlegenen Vertragspartners erreicht wird, spricht dies grundsätzlich für alle Personenkonstellationen dafür, Listen irgendeiner Art zu verwenden.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
3. Funktion der Verbotslisten Wie schon gesagt (s.o. IV.3.), dient die Generalklausel als Auffangtatbestand und es ist nicht zu übersehen, dass diese aufgrund ihrer abstrakten Formulierung kaum eine einheitliche konkrete richterliche Beurteilung der Klauseln ermöglicht.228 Ziel ist daher erstens, die richterliche Beurteilung der Klauseln anhand der Generalklausel zu leiten, um so die Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit bei der Klauselkontrolle im Interesse beider Parteien zu erhöhen, und zweitens so auch schon die Vertragsgestaltung zu steuern.229 Diese Ziele gelten zunächst für alle Personenkategorien gleichermaßen. 4. Beschränkung auf graue Listen? Möglicherweise könnte generell eine Beschränkung auf graue Listen (wie im CFR) ausreichend sein.230 Dafür könnte sprechen, wie oben (unter V.) ausführlich dargestellt wurde, dass für die Beurteilung des Klauselinhalts unterschiedliche Interessenlagen in B2B- und B2C-Fällen sowie unzählige Abstufungen auch innerhalb dieser Fallgruppen bestehen, was den Grad der Schutzbedürftigkeit und den erforderlichen Umfang der Kontrolle angeht. Durch den größeren Beurteilungsspielraum, den die grauen Listen lassen, könnten diese Umstände besser ausdifferenziert werden. Schaut man sich allerdings bestimmte Klauseln an, wie beispielsweise den verbotenen Haftungsausschluss für Tod und Körperschäden oder die Beschränkung des Rechtsschutzes des Klauselgegners (z.B. Art. 84 lit. a und d CESL, die mit Anhang 1 lit. a und q zu Art. 3 Abs. 3 Klausel-RL übereinstimmen),231 so erscheint kaum ein Fall denkbar, in dem es aufgrund situativer Besonderheiten fairer wäre, solch eine Klausel doch zuzulassen. In diesen Fällen kann durch schwarze Listen vollständige Rechtssicherheit erreicht werden und Zweifel an der Unwirksamkeit sind fehl am Platz.232 Somit erscheint es sinnvoll, sowohl schwarze als auch graue Listen vorzusehen. Die umfassende Untersuchung, welche Klausel dabei genau welcher Liste zugeordnet werden sollte, würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Allerdings sollten bei dieser Einteilung stets das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und das Bedürfnis der unterschiedlichen Beurteilung in verschiedenen Interessenlagen gegeneinander abgewogen werden. Nur wenn keine oder kaum eine Fallgruppe denkbar ist, in der eine Klausel als fair erscheinen könnte, sollte diese auf die schwarze Liste gesetzt werden. 228
So auch MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 21. Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 797; Loos, ZEuP 2012, 776, 791. 230 Dafür Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 797. 231 Vgl. zum Inhalt dieser Klauselverbote auch Graf von Westphalen, FS Daphne-Ariane Simotta, 2012, S. 659, 671 und 673 f. 232 Daher hält auch Jansen, ZEuP 2010, 69, 103, schwarze Listen für vorzugswürdig gegenüber grauen Listen. 229
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5. Personale Differenzierung? Während in allen Regelwerken in B2C-Verträgen unbestritten Verbotslisten aufgrund des hohen Bedürfnisses an Rechtssicherheit Anwendung finden, konnten keine Stimmen gefunden werden, die sich generell für eine identische Anwendung auch in B2B-Verträgen aussprechen. Aufgrund der unterschiedlichen Interessen und dem hohen Bedürfnis nach Flexibilität im Handelsverkehr (s.o. IV.4.a)) wäre vor allem eine Anwendung schwarzer Listen für den B2B-Verkehr jedenfalls unangemessen. So sind z.B. der generelle Ausschluss von strengeren Formanforderungen in Art. 84 lit. h CESL oder die starren Höchstfristen für die Verlängerung von Dauerschuldverhältnissen in § 309 Nr. 9 BGB oder Art. R 212-1 Nr. 9 CCons für den Unternehmerverkehr zu unflexibel und daher ungeeignet.233 Eine personale Differenzierung sollte daher grundsätzlich stattfinden. 6. Teilweise personale Differenzierung: Indizwirkung für B2B-Verträge? Allerdings wird teilweise vertreten, dass für Unternehmer zumindest auch graue Listen gelten sollten, d.h. widerlegbare Vermutungsregeln.234 Dies entspricht in etwa der aktuellen Vorgehensweise der deutschen Rechtsprechung zur Indizwirkung (s.o. A.I.2.c)): Ist eine Klausel in einem Verbotskatalog für B2C-Verträge enthalten, spricht zumindest ein Indiz zunächst für deren Unfairness i.S. der Generalklausel. Eine abweichende Anwendung muss deshalb erst gerechtfertigt werden. Diese teilweise personale Differenzierung verdient genauere Betrachtung. Vor allem in Deutschland ist die Angemessenheit einer solchen zumindest teilweisen Übertragung der Verbotslisten auf B2B-Fälle seit deren Aufkommen stark umstritten235 und wird seit einigen Jahren wieder besonders intensiv diskutiert.236 a) Argumente für die Indizwirkung Für die Indizwirkung wird grundsätzlich die angesprochene Problematik vorgebracht, dass die sehr abstrakt formulierte Generalklausel allein keine „brauchbare Entscheidungshilfe“ für die Inhaltskontrolle biete.237 Auch bei 233 Einen Überblick über einige schwarze und graue Klauseln aus dem BGB und ihre Übertragbarkeit auf B2B-Fälle gibt Ulmer/Brandner/Hensen/Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 383 ff. 234 So Leyens/Schäfer, AcP 210 (2010), 771, 797; wohl auch Ulmer/Brandner/Hensen/ Fuchs, AGB-Recht, § 307 BGB Rn. 383; bzw. Ulmer/Schäfer, in: ebenda, § 310 BGB Rn. 31. 235 Vgl. die Nachweise bei Meller-Hannich, AnwBl. 2012, 676, 678 in Fn. 15; ausf. dazu auch Lutz, AGB-Kontrolle im Handelsverkehr, 1991. 236 S.o. über die AGB-Reformdiskussion, Fn. 20; Lenkaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441 ff. 237 S.o., Formulierung von MüKoBGB/Wurmnest, 7. Aufl. 2016, § 307 Rn. 21; ähnlich auch Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 86 Rn. 5.
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B2B-Verträgen stünden Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit an hoher Stelle und könnten dazu führen, direkt bei der Vertragsgestaltung spätere Kosten zu vermeiden.238 Gleichzeitig erscheint es natürlich, dass Klauseln ähnliche Thematiken in B2C- und B2B-Situationen aufweisen (z.B. Haftungsbeschränkungen, Fristenverkürzungen etc.) und man insofern bei deren Überprüfung zumindest den Bezug zwischen beiden herstellt. So könnte man wohl auch die umgekehrte Argumentation, dass Klauseln, die mit den Katalogen im Einklang stehen, gegenüber Unternehmern wohl erst recht unbedenklich sein sollten, kaum beanstanden.239 Schließlich kann eine richterliche Auseinandersetzung mit Präzedenzfällen aus der jeweils anderen personalen Kategorie, also das Sichbefassen mit den Gemeinsamkeiten und Unterschieden, letztendlich zu einer sich klarer herausbildenden Abgrenzung der Kontrolle beider Personengruppen führen. Wichtig ist dabei natürlich, dass tatsächlich die Besonderheiten des B2BVerkehrs angemessen berücksichtigt werden (siehe auch die zu berücksichtigenden Faktoren, die schon bei der Generalklausel aufgezeigt wurden, s.o. IV.4.b)) und nicht eine generelle unreflektierte Übertragung angenommen wird.240 Solch eine Entwicklung hin zu einem irgendwie gearteten Orientieren an den Klauselkatalogen auch für B2B-Fälle hielten die meisten aufgrund des Fehlens anderweitiger Vorgaben daher auch für eine potentielle Rechtsprechung zum CESL für wahrscheinlich.241 Diese wäre jedoch auch von den nationalen Gewohnheiten des entsprechenden Gerichts abhängig gewesen und hätte insofern variiert.242 238 So i.E. auch Loos, ZEuP 2012, 776, 792; Möslein, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 255, 284; (mit Einschränkungen) Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 147; Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1993. 239 So OLG Düsseldorf 30.4.1997, BeckRS 1997, 30971309 = Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM) 1997, 428; Möslein, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 255, 284. Jedoch sind durchaus auch Situationen denkbar, in denen B2B-Fälle besonders schützenswert sind (s.o. § 9 B.IV.4.a)), weshalb selbst mit einer solchen Annahme vorsichtig umzugehen ist. 240 Dies betonen z.B. Hesselink, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European contract law, 2011, S. 131, 147; Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 310 f., 313; wobei Graf von Westphalen, NJW 2009, 2977, 2978, darauf hinweist, dass dies in Deutschland auch nicht der Fall sein. 241 Zoll, EUVR 1 (2012), 9, 19; Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 104; Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1993.; i.E. auch (dies bedauernd) Kornet, EBLR 24 (2013), 319, 335; Schmidt-Kessel/Möslein, GEK Kommentar, Art. 86 Rn. 6 f.; anders vermutet dies aufgrund der unterschiedlich formulierten Generalklauseln Loos, ZEuP 2012, 776, 792. 242 So vermutet es i.E. auch Kornet, EBLR 24 (2013), 319, 335.
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b) Argumente gegen die Indizwirkung Vor allem in Deutschland werden von Kritikern immer wieder Argumente gegen eine solche Indizwirkung der Klausellisten bei der Beurteilung von B2B-Verträgen vorgebracht. Dabei werden zwei Hauptpunkte angeführt: Zum einen verstoße eine solche Auslegung gegen die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers des AGBG.243 Dieses (ohnehin für einen Rechtsvergleich weniger brauchbare) Argument wird aber dadurch abgeschwächt, dass der Gesetzgeber seit 1976 durchaus die Möglichkeit hatte, die Formulierung in Art. 24 AGBG bzw. in dem heutigen § 310 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 BGB, die offensichtlich Raum für die Interpretation zugunsten einer Indizwirkung lässt, zu verändern, z.B. im Zuge der Schuldrechtsreform und Eingliederung der Regelungen in das BGB. Dies geschah aber nie, sondern der Gesetzgeber bestätigte noch einmal den Wortlaut des § 310 Abs. 1.244 Somit kann dieser Gesetzgebungswille nicht genügen, um eine Indizwirkung generell abzulehnen. Zum anderen wird von Gegnern der Indizwirkung in Deutschland vorgebracht, das deutsche Recht sei damit international unattraktiv, was eine Flucht ins ausländische Recht, v.a. ins schweizerische Recht, durch unternehmerische Vertragspartner bewirke.245 Ob und in welchem Umfang dies tatsächlich als Folge von unattraktiven Vorschriften geschieht, wird jedoch nicht belegt und wird auch teilweise bestritten246. Zumindest in Verträgen ohne Auslandsbezug erscheint eine Wahl des schweizerischen Rechts schon vor dem Hintergrund des Art. 3 Abs. 3 Rom I-VO unwahrscheinlich, da danach das zwingende nationale Recht trotzdem anwendbar bliebe. Bei genauerer Analyse des schweizerischen AGB-Rechts lassen sich überdies sowohl Vorteile als auch Nachteile und Probleme einer solchen Rechtswahl durch deutsche Unternehmen aufzeigen, weshalb eine Pauschalbeurteilung diesbezüglich nicht möglich ist.247
243 Vgl. z.B. Kessel, in: Ständige Deputation des Deutschen Juristentages (Hrsg.), Verhandlungen des 69. DJT, 2013, S. I 59, I 65 unter Verweis auf BT-Drs. 7/3919 (Fn. 8), S. 14, 23, 43 f.; ausf. dazu auch Dauner-Lieb/Axer, ZIP 2010, 309, 311 f.; Lenkaitis/ Löwisch, ZIP 2009, 441, 443 f. 244 BT-Drs. 14/6857 (Fn. 175), S. 54. 245 Hobeck, DRiZ 2005, 177, 178; Brachert/Dietzel, ZGS 2005, 441; Stubbe, ZRP 2010, 195, 196; Coester-Waltjen, EUVR 2014, 160, 169; Frankenberger, AnwBl. 2012, 318, 319; Salger/Schröder, AnwBl. 2012, 683, 689; Mansel, WM 66 (2012), 1309, 1318; vgl. auch die Befürchtung des Bundesrates, BT-Drs. 14/6857 (Fn. 175), S. 17. 246 Z.B. von Knipper, Handelsblatt 6.3.2012, 19. Dass dies in Fällen einer Rechtswahl in rein deutschen B2B-Verträgen nicht unbedingt funktioniert zeigen Lenkaitis/Löwisch, ZIP 2009, 441, 444. 247 Ausf. und differenziert hierzu Pfeiffer, FS Friedrich Graf von Westphalen, 2010, S. 555 ff., Fazit auf S. 567.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Fraglich wäre dabei auch, ob eine solche Rechtswahl tatsächlich stets im Interesse beider kaufmännischer Vertragspartner liegt oder in einigen Vertragsverhandlungen, vor allem bei kleineren bzw. verhandlungsschwächeren Unternehmen, diese Forderung nach mehr Flexibilität in der Klauselgestaltung eher einseitig ist, während der Klauselgegner durchaus den Schutz durch die Indizwirkung bevorzugen würde. Jedenfalls sollte man nicht allein deshalb das nationale Recht anpassen, weil es für die bezüglich der Rechtswahl einflussreichere Partei günstiger ist. Dies gilt vor allem, wenn es bei den Vorschriften gerade um den Schutz des schwächeren Vertragspartners vor unangemessener Benachteiligung geht wie im AGB-Recht. Somit leuchtet dieses Argument nur für die Fälle ein, in denen beide Vertragspartner ein ausländisches Recht bevorzugen würden. Dies müsste (vor allem bei ungleicher Größe und Verhandlungsmacht) erst noch aufgezeigt werden, um diese Annahme verallgemeinern zu können. Dieser Einwand könnte allerdings insbesondere dann stark an Relevanz gewinnen, wenn man über ein optionales Instrument wie das CESL nachdenkt, das überhaupt nur durch Rechtswahl anwendbar ist (s.o. § 5 D.IV.). Bei einer solchen opt-in-Ausgestaltung ist die Attraktivität für die Vertragspartner eine der wichtigsten Voraussetzungen für die tatsächliche Benutzung des Instruments.248 Die aktuellen Entwicklungen sprechen allerdings klar gegen die Annahme, dass sich in Zukunft ein optionales Instrument durchsetzen wird (s.o. § 4 B.II.3.). Die vorgebrachten Einwände gegen die Indizwirkung vermögen somit nicht zu überzeugen. 7. Fazit zu Verbotslisten Somit ist generell neben den schwarzen und grauen Listen für B2C-Verträge durchaus die übergreifende Bezugnahme auf die Verbotslisten (Indizwirkung) auch in B2B-Verträgen zu befürworten. Hierbei ist jedoch im Detail wichtig, bei der Beurteilung der Indizwirkung tatsächlich in angemessener Weise auf die zahlreichen möglichen Besonderheiten in B2B-Situationen einzugehen, was man möglicherweise gesetzlich festhalten könnte. Solch eine gesetzliche Regelung könnte auch mit der oben (V.7.) angesprochenen Auflistung von Faktoren verbunden werden. C. Fazit zur Klauselkontrolle Zusammenfassend konnten also die folgenden Ergebnisse erarbeitet werden:
248 Sehr kritisch insofern Ernst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 93, 104 (laut ihm „killt“ die B2B-AGB-Regelung des CESL dessen generelle Benutzung durch Unternehmer).
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– Individualvereinbarungen sollten einheitlich von der Inhaltskontrolle ausgeschlossen werden. – Eine Mehrfachverwendungsabsicht sollte einheitlich nicht verlangt werden. – Die Generalklausel sollte einheitlich formuliert werden und auf eine unangemessene Benachteiligung einer Partei abstellen. – Bei der Beurteilung der Unfairness sollten individuelle Umstände des Vertragsschlusses in allen personalen Fallgruppen in Ausnahmefällen berücksichtigt werden können, wobei die relevanten Faktoren bei B2C- und bei B2B-Situationen unterschiedlich sein sollten. – Summierungs- und Kompensationseffekte (Letztere in den engen Grenzen eines sachlichen Zusammenhangs) sollten einheitlich anerkannt werden. – Graue und schwarze Verbotslisten sollten direkt nur für B2C-Verträge gelten, jedoch sollten die Gerichte sich in B2B-Situationen daran orientieren dürfen (Indizwirkung), wobei eine angemessene Berücksichtigung unternehmerischer Besonderheiten stattfinden muss.
§ 10 Nacherfüllung § 10 Nacherfüllung
Nun gilt es zu untersuchen, inwiefern bei den Regelungen der Nacherfüllung personale Differenzierungen auftreten und wünschenswert sind. Unter Nacherfüllung werden hier begrifflich die beiden in Art. 3 VGK-RL vorgesehenen Varianten der direkten Abhilfe zusammengefasst, nämlich die Nachbesserung (Reparatur der Sache) und die Nachlieferung (Austausch der Sache, auch Ersatzlieferung genannt). Unterschiedliche personale Differenzierungen (nach den genannten Kriterien, s.o. § 3 C.IV.) können bei den Regelungen der Nacherfüllung in den folgenden vier Punkten festgestellt werden: – beim Vorrang der Nacherfüllung (s.u. B.I.), – beim Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung (s.u. B.II.), – bei der Kostentragung für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der neuen Sache bei Ersatzlieferung (s.u. B.III.) – sowie beim Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung (s.u. B.IV.). In der rechtsvergleichenden Darstellung sollen jedoch wiederum für jedes Regelwerk die Regelungen zur Nacherfüllung und ihre geschichtliche Entwicklung zunächst im Zusammenhang dargestellt werden, wobei auf jeden der vier genannten Punkte ausdrücklich eingegangen wird. Die anschließende Bewertung soll sodann wieder für jeden Punkt getrennt stattfinden.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
A. Rechtsvergleichende Darstellung I. Deutschland 1. Geschichtliche Entwicklung Ursprünglich stammen die (deutschen und französischen) kaufrechtlichen Regelungen zu den Rechtsbehelfen aus dem römischen Recht, insbesondere aus den Rechtsbehelfen, die die Ädile für den Vieh- und Sklavenhandel erließen (s.o. § 4 C.I.). Dort waren insbesondere Wandelung (Vertragsauflösung) und Minderung vorgesehen. Da aufgrund der Natur der Kaufobjekte (Tiere, Sklaven) Mängel grundsätzlich unbehebbar waren, dachte man nicht über eine Nachbesserung nach und auch die Ersatzlieferung leuchtete nicht auf den ersten Blick ein, da es sich immer um individuelle Stückkäufe handelte.249 Eine Möglichkeit der Nacherfüllung gab es daher nicht.250 In der ersten Version des BGB waren dementsprechend auch grundsätzlich nur die Rechtsbehelfe der Wandelung (= Rücktritt) und der Minderung vorgesehen (§ 462 BGB a.F.), die im uneingeschränkten Belieben des Käufers standen251. Lediglich für Gattungskäufe stand dem Käufer zusätzlich zu den anderen Rechtsbehelfen (aber nicht vorrangig) ein Recht auf Ersatzlieferung einer mangelfreien Sache zu, § 480 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. Jedoch waren diese Regelungen dispositiv und so wurde in der Vertragspraxis regelmäßig ein Vorrang der Nacherfüllung vereinbart (in 80–90 % der Verkäufer-AGB).252 Dies war auch als Bestandteil von AGB wirksam, solange der Käufer bei Fehlschlagen der Nacherfüllung zu den anderen Rechtsbehelfen übergehen konnte (§ 11 Nr. 10b AGBG a.F.).253 Grund dafür war eine Veränderung der Bedürfnisse aufgrund diverser Faktoren, v.a. aufgrund der industriellen Massenproduktion, aber auch aufgrund der wachsenden Zahl von Distanzgeschäften, bei denen – anders als bei den Märkten – Kaufsachen nicht umfassend vor dem Kauf in Augenschein genommen werden können.254 Mit der Schuldrechtsreform von 2002255 wurde das Kaufrecht sodann umfassend modernisiert. Dabei orientierte man sich am CISG und an der VGK-
249 Vgl. HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 3; Wagner, ZEuP 2012, 797, 798 f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281. 250 Ausf. zur älteren Geschichte des Rechts zur zweiten Andienung auch GrossmannDoerth, Die Rechtsfolgen vertragswidriger Andienung, 1934, 14 ff. 251 HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 13. 252 Bundesminister der Justiz, Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S. 25; Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 131; Eidenmüller/ Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281; Wagner, ZEuP 2012, 797, 799. 253 Vgl. auch Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281. 254 Wagner, ZEuP 2012, 797, 798 f. 255 BGBl. I, 3138 (Einleitung Fn. 19).
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RL (s.o. § 4 C.V.).256 Ein Nacherfüllungsanspruch sowie dessen Vorrang vor anderen Rechtsbehelfen wurden gesetzlich vorgesehen. 2. Regelung Aktuell findet man diesen Nacherfüllungsanspruch des Käufers in § 439 BGB. a) Vorrang der Nacherfüllung Ein Vorrang der Nacherfüllung vor anderen Rechtsbehelfen gilt im deutschen Recht für alle personalen Konstellationen. Er ist wie folgt ausgestaltet: Die zentrale Anspruchsgrundlage des Käufers im Gewährleistungsrecht ist immer § 437 BGB, der die Mangelhaftigkeit der Sache bei Gefahrübergang voraussetzt. Dieser verweist dann zunächst in Nr. 1 auf die Möglichkeit der Nacherfüllung nach § 439 BGB, der keine zusätzlichen Voraussetzungen aufstellt. Nach § 437 Nr. 2 BGB kann der Käufer auch zurücktreten oder den Kaufpreis mindern. Dafür wird jeweils auf eine besondere Vorschrift verwiesen, die in allen Fällen grundsätzlich257 das Erfordernis einer Nachfristsetzung des Käufers enthält (s. für den Rücktritt § 323 Abs. 1 BGB bzw. für die Minderung § 441 Abs. 1 BGB [„statt zurückzutreten“]258). Des Weiteren kann der Käufer nach § 437 Nr. 3 BGB Schadens- oder Aufwendungsersatz verlangen, jedoch enthalten hier wiederum die Vorschriften, auf die dafür verwiesen wird, grundsätzlich259 das Erfordernis einer Nachfristsetzung durch den Käufer (s. § 281 Abs. 1 BGB bzw. für den Aufwendungsersatz nach § 284 BGB über die Formulierung „anstelle des Schadensersatzes statt der Leistung“260). Man nennt den Vorrang der Nacherfüllung auch das „Recht zur zweiten Andienung“261 des Verkäufers, der dadurch eine „zweite Chance“ erhalten soll, noch den Vertrag ordnungsgemäß zu erfüllen. Die Grenze des Vorrangs liegt erst bei der Unmöglichkeit der Nacherfüllung (vgl. auch § 439 Abs. 3 S. 3 Hs. 2, S. 1 BGB). Außerdem ist ein Abwar256
Wagner, ZEuP 2012, 797, 800; zum CISG als Modell für das deutsche Recht vgl. ausf. Cetiner, Die Sachmängelhaftung des Verkäufers, 2006, S. 127 ff. 257 Ausnahmen bestehen in einigen Spezialfällen (vgl. §§ 323 II, 326 V, 440 BGB). Beim Rücktritt muss außerdem in B2C-Fällen nach ganz h.M. aufgrund richtlinienkonformer Auslegung der Käufer nur die Nacherfüllung verlangen und eine angemessene Frist verstreichen lassen, jedoch nicht selbst eine Frist bestimmen, vgl. BGH 12.8.2009, NJW 2009, 3153; MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, § 323 Rn. 51 m.w.N. in Fn. 75. 258 MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 441 Rn. 1. 259 Ausnahmen bestehen ebenfalls in einigen Fällen (vgl. §§ 281 II, 283, 311a II, 440 BGB). 260 MüKoBGB/Ernst, 7. Aufl. 2016, § 284 Rn. 13. 261 Zum Begriff und dessen Herkunft vgl. Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 29 f.; s. auch Grossmann-Doerth, Die Rechtsfolgen vertragswidriger Andienung, 1934.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
ten der Nacherfüllungsfrist nicht erforderlich bei Verweigerung oder Unzumutbarkeit der Nacherfüllung oder bei Vorliegen besonderer Umstände. Eine personale Differenzierung findet nicht statt. b) Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Gemäß § 439 Abs. 1 BGB kann grundsätzlich der Käufer frei wählen, ob er Nachbesserung oder Ersatzlieferung bevorzugt. Die ausgewählte Art kann der Verkäufer nach § 439 Abs. 3 BGB nur verweigern, wenn sie für ihn unverhältnismäßig hohe Kosten und für den Käufer keine erheblichen Nachteile mit sich bringt. c) Rechtsprechung und neuere Gesetzesänderungen Bezüglich des Inhalts und der Grenzen des Nacherfüllungsanspruchs wurden in Deutschland nach der Schuldrechtsreform einige grundlegende Urteile erlassen, die zu personalen Differenzierungen im Detail geführt haben. aa) Ein- und Ausbaukosten Zum einen ging es dabei im Falle der Ersatzlieferung um die Frage der Pflicht zum Ausbau einer mangelhaften Sache und zum Einbau der neuen Sache bzw. der Kostenübernahme dafür. Bis 2009 lehnte der BGH es ab, dass der Verkäufer auch Ein- und Ausbau schulde, denn § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB umfasse nur die „Lieferung“. Ein Anspruch auf die Ein- und Ausbaukosten als Schadensersatz gemäß §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1, 3, 281 ff. BGB sei nur möglich, wenn ein Verschulden des Verkäufers vorliege (was bei einem Herstellerfehler häufig fehlen wird).262 Als der BGH die Frage 2009 dem EuGH vorlegte,263 entschied dieser in der Weber/Putz-Entscheidung jedoch, dass aufgrund des Anspruchs auf „unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands“ nach Art. 3 Abs. 2, 3 VGK-RL der Verkäufer die Ein- und Ausbaukosten zu tragen hat (ausf. zur Argumentation unten B.III.4.b)).264 Der BGH legte daraufhin fest, dass für B2C-Verträge die Nacherfüllungspflicht daher auch den Ein- und Ausbau erfassen,265 dies jedoch nicht für B2BVerträge gelten soll (so genannte „gespaltene Auslegung“, dazu bereits oben 262
Vgl. dazu BGH 15.7.2008, Parkettstäbe, BGHZ 177, 224; BGH 19.8.2008, Baukompaktplatten, BeckRS 2008, 23096; aus der älteren Rspr. (allerdings zum Rücktritt) auch BGH 9.3.1983, Dachziegel, NJW 1983, 1479. 263 BGH 14.1.2009, Vorlagebeschluss, Weber, NJW 2009, 1660; auch das AG Schorndorf legte zeitgleich die Frage der Ein- und Ausbaupflicht beim EuGH vor, vgl. AG Schorndorf 25.2.2009, Vorlagebeschluss, Putz, ZGS 2009, 525. 264 EuGH 16.6.2011, verbundene Rs. C-65/09 – Gebr. Weber GmbH ./. Jürgen Wittmer und C-87/09 – Ingrid Putz ./. Medianess Electronics GmbH, Slg. 2011, I-5257, ECLI:EU: C:2011:396. 265 BGH 21.12.2011, Weber, BGHZ 192, 148.
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§ 2 B.)266. Bei B2B-Verträgen konnten solche Ansprüche also weiterhin nur über den Schadensersatzanspruch aus §§ 281 ff. BGB, d.h. nur bei Verschulden des Verkäufers, geltend gemacht werden. In den meisten Fällen musste jedoch das Verschulden des Verkäufers verneint werden, da es sich um Fehler des Herstellers handelte, die der Verkäufer (z.B. aufgrund der Verpackung etc.) nicht erkennen konnte.267 Diese gespaltene Auslegung der Rechtsprechung sollte auch zunächst im Umsetzungsgesetz zur VR-RL in einem neuen § 474a BGB niedergeschrieben werden,268 was in der endgültigen Version jedoch nicht geschah – mit der Begründung, diesen Punkt „noch einmal gründlich und ohne Zeitdruck […] zu prüfen“.269 In der zum 1.1.2018 in Kraft getretenen Gesetzesänderung (s.o. § 4 C.VI.) hingegen ist nun statt dessen eine einheitliche Regelung enthalten, die sowohl für B2C- als auch für B2B-Fälle die Ein- und Ausbaukosten dem Verkäufer auferlegt und dafür Voraussetzungen und Regelungen im Detail aufstellt.270 Die neue Fassung der Ein- und Ausbaukostenregelung in § 439 Abs. 3 S. 1 BGB lautet wie folgt: „Hat der Käufer die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihrem Verwendungszweck in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, ist der Verkäufer im Rahmen der Nacherfüllung verpflichtet, dem Käufer die erforderlichen Aufwendungen für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der nachgebesserten oder gelieferten mangelfreien Sache zu ersetzen.“
Zunächst sollte auch ein neues Wahlrecht des Verkäufers zwischen der eigenen Durchführung des Ein- und Ausbaus oder dem Ersatz der dafür erforderlichen Aufwendungen hinzugefügt werden.271 Dieses wurde in der endgültigen Version jedoch wieder gestrichen.
266
BGH 17.10.2012, Granulat, BGHZ 195, 135; vgl. auch BGH 16.4.2013, Warmwasserspeicher, BeckRS 2013, 09184 = Gewerbemiete und Teileigentum (GuT) 2013, 133; BGH 2.4.2014, Aluminiumleisten, BGHZ 200, 337. 267 Kritisch dazu Weller, GPR 2012, 173, 177 f. 268 Vgl. dazu Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz, Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, zur Änderung des Verbrauchsgüterkaufrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 19.9.2012, abrufbar unter . 269 Gegenäußerung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf der VR-RL, BT-Drs. 17/12637, S. 99; s. dazu Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 ff. 270 Vgl. den neuen § 439 Abs. 3 BGB, siehe BGBl. 2017 I, 969 (Einleitung Fn. 1); Literatur dazu vgl. Allgemeiner Teil Fn. 92. 271 Gesetzentwurf vom 18.5.2016, BT-Drs. 18/8486. Zur daran erfolgten Kritik vgl. Langen, BauR 2017, 333, 338 f.
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bb) Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung Des Weiteren beschäftigte sich die deutsche und europäische Rechtsprechung mit der Problematik der Pflicht des Käufers zur Zahlung von Nutzungsersatz: Muss der Käufer bei Austausch der Sache Ersatz dafür zahlen, dass er eine neue Sache bekommt, jedoch eine benutzte Sache zurückgibt? Bis 2008 wurde diese Frage im deutschen Recht ausdrücklich bejaht, da § 439 Abs. 4 BGB uneingeschränkt auf die §§ 346–348 BGB und den darin enthaltenen Anspruch auf Nutzungsersatz verwies und der Gesetzgeber dies für vereinbar mit der VGK-RL hielt.272 Nachdem der BGH diese Frage 2006 dem EuGH vorlegte,273 entschied dieser in der Quelle-Entscheidung jedoch, dass ein Anspruch auf Nutzungsersatz wiederum mit Art. 3 Abs. 2, 3 der VGK-RL (unentgeltliche Nacherfüllung) unvereinbar sei (ausf. zur Argumentation unten B.IV.4.c)).274 Der Gesetzgeber reagierte auf diese Entscheidung sehr schnell und fügte noch 2008 in § 474 Abs. 2 S. 1 BGB eine Erläuterung für Verbrauchsgüterkäufe ein: „Auf die in diesem Untertitel geregelten Kaufverträge ist § 439 Absatz 4 mit der Maßgabe anzuwenden, dass Nutzungen nicht herauszugeben oder durch ihren Wert zu ersetzen sind.“275 Bei der Änderung des § 474 BGB im Jahr 2013 wurde dieser Satz beibehalten, jedoch in Art. 474 Abs. 5 S. 1 BGB verschoben.276 Für B2B-Verträge bleibt der Nutzungsersatzanspruch dabei nach wie vor gemäß § 439 Abs. 4 i.V.m. §§ 346 ff. BGB bestehen.277 II. Frankreich 1. Geschichtliche Entwicklung Für die ursprüngliche Entwicklung des französischen Kaufrechts aus dem römischen Recht gilt das zur deutschen Geschichte Gesagte (s.o. I.1.).278 Der 272
Gesetzentwurf vom 14.5.2001, BT-Drs. 14/6040, S. 232 f. BGH 16.8.2006, Vorlagebeschluss, Quelle, NJW 2006, 2300. 274 EuGH 17.4.2008, Rs. C-404/06 – Quelle AG ./. Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, Slg. 2008 I-2685, ECLI:EU:C:2008:231. In späteren Entscheidungen stellten EuGH und BGH jedoch klar, dass dies nicht genauso auch für den Nutzungsersatz bei Widerruf oder Rücktritt des Verbrauchers gilt, vgl. EuGH 3.9.2009, Rs. C-489/07 – Pia Messner ./. Firma Stefan Krüger, Slg. 2009 I-07315, ECLI:EU: C:2009:502; BGH, 16.9.2009, Gebrauchtwagen, NJW 2010, 148; BGH, 3.11.2010, Wasserbett, NJW 2011, 56. 275 Gesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 vom 10.12.2008, BGBl. I, 2399, 2400; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, 15.10.2008, BT-Drs. 16/10607, S. 5. 276 Gesetz vom 20.9.2013, BGBl. I, 3642 (Allgemeiner Teil Fn. 89), 3652. 277 Ausf. dazu Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 30 ff. 278 Vgl. auch z.B. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 379 (S. 248). 273
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Cc hat für das Gewährleistungsrecht, das heute noch garantie édilicienne (ädilizische Garantie) genannt wird,279 als einzige Rechtsbehelfe diejenigen auf Wandelung und Minderung beibehalten (Art. 1644 Cc) und sieht nach wie vor keinen Anspruch auf Nacherfüllung vor. Von der Rechtsprechung wurde, ähnlich dem deutschen § 480 BGB a.F. (s.o. I.1.), im Laufe der Zeit aber bei entsprechendem Verlangen des Käufers ein daneben anwendbares Recht auf Ersatzlieferung oder Nachbesserung angenommen.280 Zu Beginn dieser Rechtsprechung wurde teilweise vertreten, diese Nacherfüllung habe auch Vorrang vor anderen Rechtsbehelfen, was jedoch letztendlich durch die Rechtsprechung und Literatur aufgrund des klar entgegenstehenden Wortlauts des Cc abgelehnt wurde (s. sogleich 2.a)).281 Mit der Reform von 2005 (s.o. § 4 D.V.) und der Einführung des neuen B2C-Gewährleistungsrechts des CCons wurde (nur) dort jedoch ein Anspruch auf Nacherfüllung, wie in der VGK-RL vorgesehen, eingeführt. 2. Regelung Für die Darstellung der aktuellen französischen Regelungen zur Nacherfüllung müssen die bereits erwähnten (s.o. § 5 F.) drei verschiedenen Anspruchsregime des französischen Käufers, die traditionelle garantie des vices cachés (des Cc), die obligation de délivrance conforme (ebenfalls des Cc) sowie die garantie de conformité (des CCons) einzeln untersucht werden. a) Garantie des vices cachés Im traditionellen Gewährleistungsrecht des Cc, das für den Fall der verborgenen Mängel auf alle Personengruppen anwendbar ist, gibt es grundsätzlich keinen Nacherfüllungsanspruch. Die einzigen Rechtsbehelfe des Käufers sind hier nach Art. 1644 Cc die Wandelung, d.h. Vertragsauflösung (action rédhibitoire), und die Minderung (action estimatoire),282 zwischen denen der Käufer frei wählen kann283. Die Rechtsprechung erkennt allerdings an, dass der Käufer von sich aus ebenfalls Nacherfüllung verlangen kann (nach seiner
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Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 379 (S. 248). Dazu sogleich, vgl. auch die Nachweise in Fn. 284 und 285. 281 Vgl. auch die Nachweise in Fn. 288. 282 Zu den Begriffen vgl. nur Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 288 (S. 260 f.). 283 Dazu ausf. Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 243 (S. 251 f.). 280
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Wahl sowohl Nachbesserung als auch Ersatzlieferung).284 Diese Möglichkeit ergebe sich „aus dem Prinzip, das Art. 1645 Cc zugrunde liegt“.285 Ein Vorrang dieser ungeschriebenen Nacherfüllung besteht jedoch nicht.286 Während ein Teil der Rechtsprechung einige Zeit lang dazu zu tendieren schien, dem Verkäufer hier doch ein vorrangiges Recht auf Nacherfüllung (also ein Recht zur zweiten Andienung) einzuräumen,287 wird heute, gestützt auf den eindeutigen Wortlaut des Art. 1644 Cc, allein dem Käufer die freie Wahl zwischen allen Rechtbehelfen überlassen.288 Dies wird von der Literatur häufig kritisiert.289 Es gelten lediglich die folgenden Grenzen: Eine Vertragsauflösung ist nicht möglich, wenn der Mangel unerheblich ist (eine gewisse gravité du vice [Erheblichkeit des Mangels] wird vorausgesetzt, ähnlich § 323 Abs. 5 S. 2 BGB im deutschen Recht).290 In solchen Fällen wird die Minderung in der Praxis häufiger zugelassen als die Wandelung.291 Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn der Mangel leicht behebbar (facilement réparable) ist.292 In diesen Fällen bleibt dem Käufer also, wenn überhaupt, nur die im Gesetz vorge284
Cass. Civ. 1e, 11.4.1933, D. 1933, 331; Cass. Com. 20.1.1959, Bull. civ. III n° 30; Cass. Com. 17.5.1971, Numéro JurisData: 1971-097134; Cass. Com. 6.11.1978, Bull. civ. IV n° 250, (p. 209); Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 320 (S. 169); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11321 (S. 274). 285 Cass. Civ., 11.4.1933, D. 1933, 331 („Cette faculté résulte du principe même duquel s’est inspiré l’art. 1645 C. civ.“ – Hier wird möglicherweise auf die actio empti angespielt, s. dazu oben § 4 C.I.). 286 Dazu rechtsvegleichend auch Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 225 f. 287 CA Paris 10.12.1902, Gaz. Pal. 1903, 1, 261; Cass. Com. 1.7.1980, Gaz. Pal. 1980, 2, panorama, 581 m. Anm. Piedelièvre; vgl. auch Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11371 (S. 313); Raynard/Seube, Droit civil, 8. Aufl. 2015, Rn. 178 (S. 157 f.). 288 Cass. Civ. 1e 11.6.1980, Numéro JurisData: 1980-000185 = RTD Com. 1981, 351, n° 15; Cass. Civ. 1e 5.5.1982, Numéro JurisData: 1982-701031; vgl. dazu auch das aktuelle Urteil: Cass. Civ. 3e 25.6.2014, Bull. civ. III, n° 92 = JCP 2014, n° 1035 m. Anm. Dubarryl. Eine Ausnahme hiervon bilden jedoch Immobilienverkäufe, für die Art. 1642-1 Abs. 2 Cc ein Recht auf Nachbesserung vorsieht. 289 Z.B. dagegen Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11371 (S. 313); dafür jedoch i.E. Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 323 (S. 170 f.). 290 Cass. Com. 4.6.1980, RTD Com. 1981, 350, n° 13; Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11321 (S. 273); mit Rechtsvergleich zum CISG s. Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 151 (S. 160 ff.). 291 Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 227 (S. 121) m.w.N. 292 CA Paris 10.12.1902, Gaz. Pal. 1903, 1, 261; Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 225 (S. 120) und Rn. 336 (S. 178); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11321 (S. 274); Cass. Com. 16.11.1976, Gaz. Pal. 1977, 1, panorama, 43.
§ 10 Nacherfüllung
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schriebene Möglichkeit der Minderung.293 Eine Nacherfüllung ist aber auch hier nicht ausdrücklich vorgesehen. Da eine Nacherfüllung nach diesen Regeln nicht vorgesehen ist und nur selten vorkommt, werden auch die Details (Ein- und Ausbau, Zahlung von Nutzungsersatz) nicht geregelt und liegen ggf. in der Hand der Rechtsprechung. Die EuGH-Urteile Weber/Putz294 (s.o. I.2.c)aa)) sowie Quelle295 (s.o. I.2.c)bb)) finden auf die Regelungen des Cc jedoch keine Anwendung.296 b) Obligation de délivrance conforme Ist der Mangel der Kaufsache als défaut de délivrance einzuordnen, kann gemäß Art. 1224 ff., 1610 Cc der Käufer Vertragsaufhebung (résolution pour inexécution) oder Erzwingung der Leistung in Natur (exécution forcée) verlangen. Dabei ist die exécution forcée im Falle eines Qualitätsmangels die Lieferung einer vertragsgemäßen Sache,297 also eine Nachlieferung, was am ehesten einem Nacherfüllungsanspruch gleichkommt. Die Möglichkeit einer Nachbesserung wird von der Rechtsprechung teilweise dann anerkannt, wenn der Käufer ausdrücklich eine solche verlangt oder die Parteien es vertraglich vereinbart haben.298 Die Wahl zwischen Vertragsaufhebung und Leistungserzwingung liegt gemäß Art. 1610 Cc beim Käufer. Sie muss allerdings gerichtlich durchgesetzt werden,299 wobei der Käufer bis zur Entscheidung durch das Gericht noch jederzeit seine Meinung ändern kann.300 Jedoch hat hier der Richter 293
Vgl. Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 225 (S. 120). EuGH – Weber/Putz (Fn. 264). 295 EuGH – Quelle (Fn. 274). 296 Vgl. dazu Aubry/Poillot/Sauphanor-Brouillaud, D. 2012, 840, unter II.A.3. 297 Mainguy, Contrats spéciaux, 9. Aufl. 2014, Rn. 170, S. 164; Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11260 (S. 223). 298 Cass. Civ. 1e 20.12.1982, Numéro JurisData: 1982-702882 = D. 1983, 477 m. Anm. Audit; CA Paris 3.12.1976, JCP G 1977, II, n° 18579 m. Anm. Boitard/Dubarry; Cass. Com., 8.6.1979, Bull Civ. IV, n° 186; Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 264 (S. 144). 299 Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 244 (S. 252 f.). 300 Cass. Com. 27.10.1953, D. 1954, 201 m. Anm. H.L.; Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 396 in Fn. 59 m.w.N. aus der Rspr. In Ausnahmefällen ist jedoch keine richterliche Entscheidung abzuwarten: bei vertraglich vereinbarter direkter Rücktrittsmöglichkeit, vgl. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 325 (S. 225); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11265 (S. 225); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 245 (S. 234 f.), oder bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen, vgl. Malaurie/ Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 324 (S. 224), oder auch in einigen B2B-Situationen, vgl. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 327 ff. (S. 225 ff.); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 243 f. (S. 234). 294
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
wiederum einen großen Spielraum und kann zum einen die Vertragsaufhebung ablehnen, wenn keine ausreichende Erheblichkeit (gravité suffisante) der Pflichtverletzung vorliegt.301 Zum anderen kann er die Vertragsaufhebung gemäß Art. 1228 Cc von einer Gnadenfrist (délai de grâce/délai de rigueur) abhängig machen, in der der Verkäufer noch Zeit hat, seiner Verpflichtung ordnungsgemäß nachzukommen.302 Letzterer Fall kommt einem Vorrang der Nacherfüllung am nächsten, stellt jedoch nur einen seltenen Ausnahmefall da und kann nur durch die Rechtsprechung im Einzelfall angeordnet werden, ohne dass dabei klare Kriterien bestehen.303 Seit der Reform des allgemeinen Schuldrechts (s.o. § 4 D.VII.) enthält Art. 1226 Abs. 1 Cc nun auch eine Pflicht des Käufers, dem Verkäufer bei Nichterfüllung zunächst eine angemessene, verzugsbegründende Frist zur Erfüllung zu setzen. Die Rechtsprechung kann jedoch weiterhin wohl auch ohne diese Frist („en toute hypothèse“, Art. 1227 Cc) die Vertragsauflösung aussprechen – die genaue Anwendung des Art. 1226 Cc bleibt also abzuwarten. Man kann also insgesamt hier nicht von einem konsequenten Vorrang der Nacherfüllung sprechen.304 Bezüglich der Kosten trägt diese grundsätzlich bei der exécution forcée der Verkäufer.305 Dazu zählen zumindest die Transportkosten für die Sache,306 jedoch wurde auch schon entschieden, dass ggf. am Belegenheitsort der Sache repariert werden muss.307 Bei der Rücknahme der Sache bei Vertragsauflösung kann der Verkäufer Nutzungsersatz für den Wertverlust aufgrund des Gebrauchs geltend machen,308 jedoch ist dies für die Leistungserzwingung (die normalerweise eine Art Vollstreckung bei Nichtlieferung darstellt und nur sehr selten zur Ersatzlieferung führt) unklar. Die weiteren Details der 301 Cass. Com. 3.2.2009, Numéro JurisData: 2009-046871; JurisCl.Civ./Storck, Art. 1184 Cc fasc. 10 Rn. 50; Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11261 (S. 225); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 245 (S. 235); ausf. auch Coëffard, Garantie des vices cachés, 2005, Rn. 255 (S. 175). 302 So war es zumindest bis vor der Reform, vgl. Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 295 (S. 158). 303 Teilweise hat die Rspr. auch schon aufgrund des Angebots des Verkäufers, doch noch vertragsgemäß zu erfüllen, sofern es nicht viel zu spät kam, eine Vertragsaufhebung abgelehnt, vgl. Cass. Civ. 1e 17.5.1954, Gaz. Pal. 1954, 2, p. 82; Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11365 (S. 310). Hierbei kann man jedoch keineswegs von einer Regel oder einem grundsätzlichen Recht zur zweiten Andienung sprechen. 304 So ausf. und rechtsvergleichend auch Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 224 f. 305 Aubry/Poillot/Sauphanor-Brouillaud, D. 2012, 840 unter II.A.3 m.w.N. aus der Rspr.; Aubert de Vincelles, RTD Eur. 2011, 632 unter 2. 306 Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 265 (S. 145). 307 Cass. Com. 4.6.1991, Bull. civ. IV n° 204 = D. 1992, 200 m. Anm. Paisant. 308 Vgl. dazu Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 263 (S. 271) m.w.N.
§ 10 Nacherfüllung
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exécution forcée, die allgemein nur selten zur Reparatur oder zum Austausch der Sache geltend gemacht wird, werden somit der Rechtsprechung überlassen. Die EuGH-Rechtsprechung (Weber/Putz309, s.o. I.2.c)aa), und Quelle310, s.o. I.2.c)bb)) ist hier ebenfalls nicht übertragbar.311 c) Garantie de conformité des CCons Der erwähnte einzige Nacherfüllungsanspruch in Gesetzesform findet sich in Art. L 217-9 CCons und gilt nur für B2C-Verträge über bewegliche Sachen. aa) Vorrang der Nacherfüllung In Art. L 211-10 ist auch ein Vorrang dieser Nacherfüllung (réparation ou remplacement du bien) festgeschrieben. Dieser gleicht stark der deutschen Regelung, da die Vorschriften auf der VGK-RL beruhen.312 Ähnlich wie im deutschen Recht muss nach Art. L 217-10 CCons ebenfalls erst dann keine Nacherfüllung mehr abgewartet werden, wenn diese unmöglich ist (Abs. 1), länger als einen Monat ab Reklamation dauern würde (Abs. 2 Nr. 1) oder wenn dem Käufer durch die Nacherfüllung erhebliche Nachteile aufgrund der Natur der Sache oder deren beabsichtigter Benutzung entstehen würden (Abs. 2 Nr. 2). Diese Regelung stellt aber insofern keinen absoluten Vorrang der Nacherfüllung in B2C-Verträgen dar, als sich Verbraucher daneben auch auf die anderen Gewährleistungsvorschriften des Cc berufen können (Art. L 217-13 CCons), die keinen Vorrang vorsehen (dazu bereits oben § 5 F.III.). bb) Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung liegt im CCons ebenfalls beim Käufer (Art. L 217-9 Abs. 1). Wie im deutschen Recht kann der Verkäufer die gewählte Art nur verweigern, wenn sie mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (unter Berücksichtigung des Wertes der Kaufsache und der Bedeutung des Mangels), Art. L 217-9 Abs. 2 CCons. cc) Ein- und Ausbaukosten, Nutzungsersatz Gemäß Art. L 217-11 CCons muss die Nacherfüllung für den Käufer unentgeltlich sein. Da diese Regelung vollständig von der VGK-RL abgeleitet wurde und ohnehin nur für B2C-Verträge gilt, ist hierfür die Auslegung der 309
EuGH – Weber/Putz (Fn. 264). EuGH – Quelle (Fn. 274). 311 Vgl. dazu wiederum Aubry/Poillot/Sauphanor-Brouillaud, D. 2012, 840, s.o. II.A.3. 312 Wenn auch die VGK-RL nicht dazu zwingt, da ein höheres Verbraucherschutzniveau durchaus möglich ist, vgl. Weller/Harms, GPR 2012, 298, 299. 310
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
EuGH-Rechtsprechung Weber/Putz313 zu den Ein- und Ausbaukosten, so wie die Quelle-Rechtsprechung314 für den Nutzungsersatz voll anwendbar: Der Verbraucherkäufer muss weder Ein- oder Ausbaukosten tragen, noch Nutzungsersatz zahlen (s. dazu oben I.2.c)). d) Abweichungen durch die Vertragspraxis Aufgrund des fehlenden Nacherfüllungsrechts dominieren in Frankreich in der Praxis oft vertragliche Garantien (z.B. nach dem Vorbild der garantie commerciale der Art. L 217-15 f. CCons). Diese werden meist durch AGB vereinbart und enthalten vor allem einen Anspruch des Käufers auf Ersatzlieferung oder Nachbesserung.315 Jedoch kann auf diesem Weg kein Vorrang der Nacherfüllung vereinbart werden, sondern nur eine zusätzliche Möglichkeit des Anspruchs auf Nacherfüllung, da andernfalls die gesetzliche Haftung beschränkt würde und eine entsprechende Vereinbarung daher in den allermeisten Fällen unwirksam wäre (einzige Ausnahme: Kaufverträge zwischen Unternehmern des gleichen Handelszweigs).316 e) Zusammenfassung zur französischen Regelung Vereinfacht gesagt gibt es also im französischen Gewährleistungsrecht keinen generellen Nacherfüllungsanspruch, und erst recht keinen Vorrang der Nacherfüllung. Für B2C-Verträge wurde ein solcher Anspruch und auch dessen Vorrangigkeit im CCons zwar inzwischen festgeschrieben.317 Der Vorrang wird jedoch durch die Möglichkeit des Verbrauchers, auch die Ansprüche aus dem Cc daneben geltend zu machen, weitgehend ausgehebelt.318 Die Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung liegt nach dem CCons-Regime beim Käufer. Die EuGH-Rechtsprechung zum Nutzungsersatz und zu den Ein- und Ausbaukosten lässt sich nur für die B2C-Verträge, die dem CCons unterfallen, auf das französische Recht übertragen, während in den anderen Fällen eine Nacherfüllung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, tendenziell die Kosten für
313
EuGH – Weber/Putz (Fn. 264). EuGH – Quelle (Fn. 274). 315 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 428 ff. (S. 275 ff.); vgl. dazu auch schon Ancel, RTD Com. 1979, 203 ff.; Cass. Com. 22.10.1968, Bull. civ. IV, n° 287; Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 264 (S. 144). 316 Vgl. dazu Hontebeyrie, D. 2013, 1947, 1949. 317 Insoweit besteht ein interessanter Gegensatz zur Regelung des CESL, das den Vorrang der Nacherfüllung gerade nur bei B2B-Verträgen vorsah, s.u. § 10 A.III.3.a). 318 Möglicherweise könnten die Vorschriften des CCons in der Praxis bei rechtlich weniger informierten Verbrauchern allerdings durchaus dazu führen könnten, dass diese sich mangels Kenntnis nicht auf die Vorschriften des Cc berufen. 314
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die (von der Rechtsprechung teilweise angeordneten) Fälle der Nacherfüllung aber wohl eher dem Verkäufer zugeordnet werden. III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung In Europa war das erste Instrument zum Kaufgewährleistungsrecht die VGKRL von 1999.319 Diese enthält einen Nacherfüllungsanspruch (auf Nachbesserung oder Ersatzlieferung) in Art. 3. Trotz des auf Verbrauchsgüterkaufverträge (d.h. B2C-Kaufverträge über bewegliche Sachen) beschränkten Anwendungsbereichs orientierte sich die VGK-RL stark an Regelwerken wie den PECL, den PICC und vor allem auch dem CISG (die alle eher auf B2BVerträge ausgerichtet sind bzw. keine besonderen Verbraucherschutzvorschriften enthalten).320 Daher verwundert es auch weniger, dass ein Vorrang der Nacherfüllung in der VGK-RL – wenn auch nach vielen Diskussionen321 – fest verankert wurde, nämlich in Art. 3 Abs. 3, 5 VGK-RL (aufgrund des Drängens der Bundesrepublik Deutschland).322 Überraschender ist vielmehr die Tatsache, dass im späteren CESL in diesem Punkt gerade für B2C-Verträge (auf die die VGKRL ja beschränkt ist) das Recht zur zweiten Andienung wieder gestrichen wurde,323 während es für B2B-Kaufverträge fortgelten sollte. Im Entwurf einer neuen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie von 2017 (s.o. § 4 B.I.) wurde der Vorrang der Nacherfüllung allerdings für B2C-Verträge wieder vorgesehen (in Art. 9 Abs. 3). Auch bei der Frage, wem das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung zustehen soll, gab es eine interessante Entwicklung in Europa: Zunächst wurde dieses in Art. 3 Abs. 3 VGK-RL für B2C-Fälle dem Käufer zugeordnet, sodann im CFR personal einheitlich dem Verkäufer (s. sogleich unter 2.). Der erste Entwurf der VR-RL aus dem Jahr 2008324 sah für den (nun überhaupt nicht dort geregelten) Bereich des Verbrauchsgüterkaufs ebenfalls die Wahl durch den Verkäufer vor (Art. 26 Abs. 2). Im CESL319 Vgl. auch zur Vorgeschichte der VGK-RL oben § 4 B.I. und Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 13 ff. 320 Vgl. Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 11 (S. 24). Die Nichteinbeziehung von B2B-Verträgen erklärt sich dabei mit der EU-Kompetenz, vgl. ebenda, Rn. 18. 321 Vgl. zu den verschiedenen Versionen Tenreiro/Gómez, REDC 2000, 5, 25. 322 Micklitz, in: Micklitz/Reich/Rott (Hrsg.), Understanding EU consumer law, 2009, S. 151, 167, Rn. 4.23. 323 Z.B. in Frankreich hatte die Richtlinie nämlich schon dazu geführt, dass das Recht zur zweiten Andienung extra für B2C-Verkäufe eingeführt worden war, s.u. § 10 A.II.2.c)aa). 324 KOM(2008) 614 endg. (Allgemeiner Teil Fn. 25).
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Entwurf und in Art. 11 des Richtlinienentwurfs von 2017 (s.o. § 4 B.I.) entschied man sich sodann bei B2C-Verträgen für ein Wahlrecht des Käufers und (im CESL) bei B2B-Verträgen für ein Wahlrecht des Verkäufers. Eine logisch aufeinanderfolgende Entwicklung sucht man hier also vergeblich. Zu den Details des Nacherfüllungsanspruchs enthält Art. 3 Abs. 2, 3 VGKRL lediglich die Präzisierung, dass die Nacherfüllung unentgeltlich für den Verbraucherkäufer sein muss. Dies wurde in den darauffolgenden Jahren durch die EuGH-Rechtsprechung konkretisiert für die Bereiche der Ein- und Ausbaukosten und des Nutzungsersatzes (dazu bereits oben I.2.c)). Im Richtlinienentwurf von 2017 (s.o. § 4 B.I.) wurden für B2C-Verträge die Grundsätze dieser Rechtsprechung festgehalten: Ein- und Ausbaukosten soll der Verkäufer übernehmen (Art. 10 Abs. 2) und einen Nutzungsersatz bei Nacherfüllung soll der Verbraucher nicht bezahlen (Art. 10 Abs. 3). 2. CFR Der CFR sieht ein Recht auf Nacherfüllung des Käufers in Art. III.-3:302 (enforcement) vor. a) Vorrang der Nacherfüllung Er enthält ebenfalls dessen Vorrang in Art. III.-3:202 für alle Personenkonstellationen (und alle Vertragsarten).325 Danach kann der Verkäufer, sobald er vom Käufer über den Mangel informiert wird, unverzüglich Heilung innerhalb einer angemessenen Frist auf eigene Kosten anbieten („If the debtor […] promptly after being notified of the lack of conformity, offers to cure it within a reasonable time and at the debtor’s own expense“). Erst nach Ablauf einer angemessenen Zeitspanne kann im Falle eines solchen Angebots auf Heilung der Käufer zu den anderen Rechtsbehelfen übergehen: Nacherfüllung, Vertragsbeendigung nach Art. III.-3:501 ff. CFR (termination) und Minderung nach Art. III.-3:601 CFR (price reduction).326 Ausnahmen von der Pflicht zur Gewährung dieses Heilungsrechts bestehen gemäß Art. III.-3:203 CFR für die Fälle, in denen die nicht-fristgerechte ordnungsgemäße Erfüllung eine grundlegende Nichterfüllung (fundamental non-performance) darstellt, in denen der Verkäufer absichtlich schlecht leistet sowie für die Fälle, in denen ein Abwarten erhebliche Nachteile für den Käufer mit sich bringen würde oder unangemessen erscheint.
325
Dazu Beale, in: Blaurock/Hager (Hrsg.), Obligationenrecht, 2010, S. 115, 131 f. Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-4:201, Comment B, S. 1366 f. 326
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b) Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Wer die Art der Nacherfüllung wählen kann, ist im CFR nicht explizit geregelt.327 Da letztendlich das Heilungsrecht des Verkäufers der Wahl des Rechtsbehelfs des Käufers vorgeht (weil es diese sperrt), ist davon auszugehen, dass der Verkäufer, wenn er die Heilung anbietet, sich die für ihn günstigste Möglichkeit aussuchen kann. c) Ein- und Ausbaukosten Bezüglich der Frage der Ein- und Ausbaukosten geht im CFR aus Art. III.3.205 Abs. 1 BGB hervor, dass der Verkäufer die Sache auf seine Kosten zurücknehmen muss. Jedoch soll diese Frage gerade nicht die Ein- und Ausbaukostenübernahme regeln.328 Auch Art. III.-3:302 CFR über die Durchsetzung der Erfüllung soll zwar als kostenlose Abhilfe („remedy[…] free of charge“) die Ersatzlieferung ebenfalls umfassen.329 Jedoch bleibt die Frage der Ein- und Ausbaukosten auch hier ungeklärt.330 Sie könnte jedoch vom Schadensersatzanspruch gemäß Art. III.-3:701 ff. CFR erfasst sein. Da gemäß Art. III.-3:102 CFR ausdrücklich Schadensersatz und Erfüllung kumuliert werden können, ist davon auszugehen, dass ein solcher Anspruch nach Art. III.-3:701 ff. CFR die Ein- und Ausbaukosten grundsätzlich erfasst.331 Für den Schadensersatzanspruch besteht auch ein recht weitgehendes Verschuldenserfordernis im CFR (Art. III.-3:104 Abs. 1): Um ein Verschulden zu verneinen, muss ein außerhalb des Einflussbereichs des Verkäufers liegender Hinderungsgrund vorliegen. Ob dies bei einem für den Verkäufer nicht erkennbaren Verschulden des Herstellers eingreift oder nicht, ist noch ungeklärt. Ein Indiz gegen das Eingreifen der Befreiung wäre allerdings der Hinweis, dass Art. III.-3:104 CFR nach dem Vorbild des Art. 79 Abs. 1 CISG entworfen wurde, wo in diesen Fällen ebenfalls ein Verschulden angenommen wird (s. dazu sogleich IV.3.).332 Dann wäre also in den allermeisten Fällen ein Verschulden zu bejahen. Somit scheint nach dem CFR wohl für alle personalen Konstellationen letztendlich ein Anspruch des Käufers auf Ersatz der Ein- und Ausbaukosten vorzuliegen.
327
So auch Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 413. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. III.-3:205 Comment B. 329 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. III.-3:302 Comment C Abs. 2. 330 So auch Weller, GPR 2012, 173, 176. 331 Weller, GPR 2012, 173, 176. 332 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. III.-3:104 Note 1 Nr. 1; s. dazu auch Weller, GPR 2012, 173, 176 f. 328
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d) Nutzungsersatz bei Nacherfüllung Für die Frage des Nutzungsersatzes bei Nacherfüllung enthält Art. III.-3:205 Abs. 2 CFR eine einfache, einheitliche Lösung: Es ist in keinem Fall Nutzungsersatz zu bezahlen (anders sieht es auch hier für den Nutzungsersatz bei Vertragsbeendigung aus333). 3. CESL Das CESL enthielt einen Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung in Art. 106 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 110 Abs. 2. Es sah an dieser Stelle einige neuartige personale Differenzierungen vor. a) Vorrang der Nacherfüllung Ein Recht des Verkäufers auf Heilung (wie im CFR) war in Art. 109 CESL geregelt. In diesem Punkt fand sich schon die erste neue Differenzierung. Denn Art. 106 Abs. 2 lit. a CESL sah vor, dass bei B2B-Verträgen alle Rechtsbehelfe unter dem Vorbehalt der Heilung durch den Verkäufer standen, während bei B2C-Verträgen ein solcher Vorrang der Nacherfüllung gemäß Art. 106 Abs. 3 lit. a CESL nicht bestehen sollte.334 Das Recht auf Heilung blieb auch im Falle einer Vertragsbeendigungserklärung bestehen, Art. 109 Abs. 3 CESL. Der Käufer konnte die Heilung nur dann ablehnen, wenn sie ihm erhebliche Unannehmlichkeiten bereiten würde, er Grund hatte, eine ordnungsgemäße Nacherfüllung zu bezweifeln oder wenn das Abwarten einer wesentlichen Nichterfüllung gleichkäme (Art. 109 Abs. 4 CESL). Zu den Details dieser neuen personalen Differenzierung beim Vorrang der Nacherfüllung bestanden aber bis zuletzt viele Unklarheiten. Für einige Punkte wurden schon diverse Änderungen vorgeschlagen, die hier kurz aufgezeigt werden sollen. aa) Personalisierte Kaufsache Da diese vollständige Ablehnung eines Rechts zur zweiten Andienung in B2C-Verträgen auf starke Kritik gestoßen ist (s.u. B.I.5.), schlugen das European Law Institute335 und das Europäische Parlament vor, diese Regelung einzuschränken: Auch in B2C-Verträgen sollte nach dem Änderungsvor333
Vgl. Art. III.-3:513 Abs. 1 CFR. Zum etwas missverständlichen Wortlaut der Vorschrift vgl. Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 752; Stempel, EuZW 2013, 174,175. Außerdem weisen Grädler/Köchel, in: SchmidtKessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 347, 367, darauf hin, dass zumindest für Spätleistungen zunächst eine Nachfristsetzung erforderlich ist und insofern doch eine gewisse Hierarchie der Abhilfen besteht. 335 ELI Statement on the CESL (Fn. 132), S. 29 und 277 (Art. 128 des Änderungsvorschlags). 334
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schlag des Parlaments zumindest dann ein Vorrang der Nacherfüllung bestehen, wenn „Waren […] nach Spezifikationen des Verbrauchers hergestellt, produziert oder modifiziert werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind“.336 bb) Frist Auch die Frist für die Heilung, die dem Verkäufer gewährt werden musste und die für B2B-Verträge einfach als „angemessene Frist“ definiert wurde (Art. 109 Abs. 5 CESL), sollte durch den Änderungsvorschlag von 2014 bei B2C-Verträgen auf maximal 30 Tage begrenzt werden.337 cc) Vorzeitige Leistung Außerdem konnte nach Art. 109 Abs. 1 des CESL-Entwurfs in B2CVerträgen der Verkäufer, der vorzeitig leistete, zumindest bis zum Ende der Leistungszeit doch noch Heilung anbieten.338 Diese Möglichkeit wollte das Parlament 2014 ebenfalls entfernen, sodass der Verbraucherkäufer diese Heilung jederzeit ablehnen können sollte.339 dd) Möglichkeiten restriktiver Auslegung des CESL? Des Weiteren wurden von der Literatur einige Möglichkeiten aufgezeigt, wie man durch Auslegung bestimmter Vorschriften des CESL einen Vorrang der Nacherfüllung zumindest in bestimmten Fällen doch wieder hätte bejahen können: Eine Möglichkeit wäre gewesen, durch den Grundsatz von Treu und Glauben des Art. 2 Abs. 1,2 CESL (evt. in Verbindung mit dem Grundsatz pacta sunt servanda) in Fällen, in denen es für den Verkäufer extrem nachteilig wäre (z.B. personalisierte Kaufsache), die direkte Vertragsbeendigung bei Nacherfüllungsbereitschaft doch auszuschließen.340 Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, ähnlich der Lösung des CISG (s.u. IV.1.), die Voraussetzung des Art. 114 Abs. 2 CESL, dass Vertragsaufhebung nur bei nicht „unerheblichen“ Vertragsverletzungen möglich ist, sehr weit auszulegen und so in kriti-
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Abänderung 192 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). Abänderung 195 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 338 Wortlaut hier jedoch unklar. So sah es z.B. Anderson, ZEuP 2012, 834, 850, der daher erwog, ob man Verkäufern möglicherweise dazu raten sollte, gegenüber Verbrauchern stets vorzeitig zu leisten, um sich ihr Recht zur zweiten Andienung zu erhalten; anders legt den Wortlaut z.B. Walch, EUVR 1 (2012), 136, 146 mit Fn. 123 aus. 339 Vgl. Abänderung 194 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 340 So z.B. Walch, EUVR 1 (2012), 136, 146 f.; ELI Statement on the CESL (Fn. 132), S. 29 f., 277. 337
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schen Fällen Unerheblichkeit anzunehmen, um einen Vorrang der Nacherfüllung zu erreichen.341 b) Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Das Recht auf Heilung in Art. 109 CESL überließ, wie auch im CISG (s.u. IV.2.), grundsätzlich dem Verkäufer die Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung (aber auch die Pflicht, sich auf die Heilung zu berufen).342 Bei dieser Regelung blieb es jedoch nur für B2B-Verträge,343 denn das CESL enthielt an dieser Stelle wiederum eine neuartige personale Differenzierung: In B2C-Verträgen stand nach Art. 111 CESL stattdessen das Wahlrecht dem Käufer zu.344 Die Grenzen des Wahlrechts des Käufers entsprachen in diesem Fall denen des deutschen Rechts (s.o. I.2.b)), Art. 111 Abs. 1 lit. a–c CESL. c) Ein- und Ausbaukosten Im Text des CESL fehlte eine ausdrückliche Regelung der Frage, wer die Kosten für den Ein- und Ausbau der mangelhaften bzw. neuen Sache trägt.345 Art. 112 Abs. 1 CESL besagte nur, dass der Verkäufer die Sache auf seine Kosten zurücknehmen muss, jedoch nicht ausdrücklich, wer die Ein- und Ausbaukosten trägt; er nahm also nicht auf die EuGH-Entscheidung in der Rechtssache Weber/Putz346 Bezug. Es bestanden hier unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten. aa) Orientierung an der EuGH-Rechtsprechung Eine Möglichkeit wäre gewesen, aufgrund des gleichlautenden Wortlauts der VGK-RL und im Sinne einer zu erwartenden identischen EuGHRechtsprechung (zumindest für B2C-Verträge) davon auszugehen, dass die Pflicht zur unentgeltlichen Ersatzlieferung auch die zum unentgeltlichen Ein-
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Dies schlagen Weller/Harms, GPR 2012, 298, 306 f. vor, allerdings bezweifeln Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 282 diesen Interpretationsansatz mit Recht vor dem Hintergrund des Art. 114 Abs. 1 CESL, zu dem Abs. 2 gerade im Gegensatz steht (Umkehrschluss). 342 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 109 Rn. 3; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 111 Rn. 1. 343 So auch Zöchling-Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 327, 334 (argumentum e contrario). 344 Vgl. dazu auch die Änderungen der Grenzen des Art. 111 Abs. 2 CESL, Abänderung 199 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 345 Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 177; Weller, GPR 2012, 173, 179. 346 S. EuGH – Weber/Putz (Fn. 264).
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und Ausbau umfasst.347 Dagegen spricht jedoch, dass an anderer Stelle im CESL durchaus explizit auf aktuelle EuGH-Rechtsprechung Bezug genommen wurde348 und daher hier im Umkehrschluss möglicherweise gerade eine Abkehr von dieser Rechtsprechung ausgedrückt werden sollte.349 Andererseits war zur Zeit der Arbeiten am Text des CESL das Urteil des EuGH aber noch nicht ergangen, sondern es lagen nur die Schlussanträge des Generalanwalts Mazák350 vor. Dieser hatte aber gerade vertreten, dass die Ein- und Ausbaukosten nicht von der VGK-RL erfasst seien.351 Dies könnte einerseits dafür sprechen, dass man beim Entwurf des CESL gerade diese Meinung des Generalanwalts für richtig hielt,352 andererseits könnte es bedeuten, dass man sich einfach dem aktuellen Stand der Rechtsfortbildung im Acquis communautaire anpassen wollte, und insofern auch dem endgültigen Urteil des EuGH.353 Die Anpassung an die Meinung des EuGH erscheint insofern realistisch, als dieser auch das CESL hätte auslegen müssen und dabei nicht ohne Grund ein Meinungswechsel anzunehmen gewesen wäre.354 Insgesamt hätte man jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit einen solchen Willen des europäischen Gesetzgebers in den Wortlaut des CESL „hineinlesen“ können, da eine Regelung gänzlich fehlte. Dies hätte bei einem Inkrafttreten des CESL zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit für die Parteien geführt.355 bb) Lösung über den Schadensersatzanspruch Eine andere Möglichkeit wäre die Annahme gewesen, dass die Ein- und Ausbaukosten absichtlich offengelassen wurden, weil sie (wie wohl auch im CFR, s.o. 2.c), und jedenfalls im CISG, s.u. IV.3.) als Schadensposten gemäß Art. 106 Abs. 1 lit. e i.V.m. 159 ff. CESL356 geltend gemacht werden sollten. 347 So Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 112 Rn. 1; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 764 f.; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 130. 348 S. z.B. Art. 112 Abs. 2 CESL, der die Quelle-Rspr. umsetzt, vgl. EuGH – Quelle (Fn. 274), s. dazu auch oben § 10 A.I.2.c)bb). 349 Weller, GPR 2012, 173, 179. 350 Schlussanträge des GA Mazák zur Rs. C-65/09 (Weber/Putz, Fn. 264), ECLI: EU:C:2010:274. 351 S. Rn. 67 der Schlussanträge (vorige Fn. 350); dazu auch Weller, GPR 2012, 173, 179. 352 Ähnlich, aber wieder anders differenzierend auch Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181, 185 f., die Art. 112 Abs. 1 jedoch auch so versteht, dass zwar die Ausbaukosten („zurücknehmen“) erfasst seien, jedoch e contrario gerade nicht die Einbaukosten für die neue Sache. 353 Letzteres vertritt wohl Weller, GPR 2012, 173, 179. 354 Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 764 f. 355 Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 765; Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181, 186. 356 So sieht es Weller, GPR 2012, 173, 179. Gemäß Art. 106 Abs. 6 CESL waren die Ansprüche auf Nacherfüllung und auf Schadensersatz wohl auch kumulierbar.
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Folgt man dem, stellen sich allerdings wiederum Folgefragen. Dazu zählt vor allem die Problematik, ob bei einem für den Verkäufer nicht erkennbaren Herstellerverschulden dieser Anspruch (wie im deutschen Recht, s.o. I.2.c)aa)) ausgeschlossen gewesen wäre. Dies hätte anhand des Entschuldigungstatbestandes des Art. 88 CESL beantwortet werden müssen. Art. 88 entsprach bei einem außerhalb des Einflussbereichs des Verkäufers liegenden Hindernis jedoch in seiner Formulierung Art. III.-3:104 Abs. 1 CFR, welcher wiederum auf Art. 79 Abs. 1 CISG basiert (s.o. 2.c)). Das spräche also insgesamt dafür, eine Entschuldigung des Käufers grundsätzlich nicht anzunehmen357 und somit eine Erstattung der Ein- und Ausbaukosten zu bejahen. Dafür spricht auch, dass bei einer Entschuldigung i.S. des Art. 88 CESL der Nacherfüllungsanspruch allgemein ausgeschlossen war, vgl. Art. 106 Abs. 4 CESL, weshalb Art. 88 CESL nicht zu weit hätte ausgelegt werden sollen.358 Eine derartige Lösung wäre zumindest auch mit dem Ergebnis der Rechtssache Weber/Putz und der darin enthaltenen Forderung nach Verbraucherschutz (s.o. I.2.c)aa)) in Einklang zu bringen gewesen.359 Somit wären zumindest im Ergebnis die Ein- und Ausbaukosten nach beiden Ansichten vom Verkäufer zu ersetzen gewesen, wobei die Rechtsgrundlage variiert. d) Nutzungsersatz bei Nacherfüllung Der Anspruch auf Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung war im CESL, genau wie im CFR (s.o. 2.d)), einheitlich für alle personalen Fallgruppen gemäß Art. 112 Abs. 2 CESL ausgeschlossen.360 IV. CISG Das CISG, das nur auf B2B-Verträge anwendbar ist, sieht einen Nacherfüllungsanspruch des Käufers in Art. 46 und eine Heilungsmöglichkeit des Verkäufers in Art. 48 Abs. 1 vor (unter der Voraussetzung, dass diese Heilung dem Käufer zumutbar ist). 1. Vorrang der Nacherfüllung Einen ausdrücklichen Vorrang dieser Nacherfüllung sieht das CISG jedoch nur gegenüber der Minderung vor, Art. 50 S. 2 CISG.361 Gegenüber der Ver357
So Weller, GPR 2012, 173, 179 f. Zu Art. 106 Abs. 4 CESL auch Weller, GPR 2012, 173, 180; zum umstrittenen Anwendungsbereich dieser Vorschrift auch ausf. Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 106 Rn. 11 ff. 359 So auch Weller, GPR 2012, 173, 179 f. 360 Anders wiederum der Anspruch auf Nutzungsersatz bei Vertragsaufhebung, s. Art. 174 CESL. 358
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tragsaufhebung ist die Heilung dem Wortlaut nach gerade nicht vorrangig, sondern eher nachrangig, denn Art. 48 Abs. 1 CISG steht ausdrücklich unter dem Vorbehalt des Rechts des Käufers aus Art. 49 CISG, den Vertrag zu beenden.362 Der Vorrang der Nacherfüllung gegenüber der Vertragsaufhebung wird jedoch von der h.M. über die Voraussetzung der „wesentlichen Vertragsverletzung“ in Art. 49 Abs. 1 CISG trotzdem sichergestellt. Denn eine wesentliche Vertragsverletzung soll dann nicht vorliegen, wenn der Mangel (unabhängig von seiner objektiven Wesentlichkeit) behebbar ist (und der Verkäufer zur Behebung bereit ist).363 Die Grenzen sind ähnlich wie in den bereits untersuchten Regelwerken: Bei Unzumutbarkeit oder Fehlschlagen der Nacherfüllung oder bei deren Verweigerung durch den Verkäufer kann der Käufer direkt zur Vertragsaufhebung übergehen.364 2. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Wem die Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung im CISG zusteht, ist nicht ganz eindeutig und teilweise umstritten.365 Einerseits sieht Art. 46 CISG für den Fall, dass der Käufer von sich aus Nacherfüllung verlangt, beide Varianten als alternative Anspruchsmöglichkeiten vor, was also ein Wahlrecht des Käufers bedeutet (wobei jedoch Ersatzlieferung nur bei wesentlicher Vertragsverletzung möglich ist, Art. 46 Abs. 2 CISG, Nachbesserung hingegen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit, Art. 46 Abs. 3 CISG).366 Andererseits liegt das Wahlrecht zwischen Ersatzlieferung und Nachbesserung bei Ausübung des Heilungsrechts des Verkäufers nach Art. 48 CISG beim Verkäufer.367 Welches Wahlrecht im Konfliktfall insofern dominiert, geht aus dem Wortlaut nicht klar hervor. Die h.L. nimmt an, dass der Verkäufer das letzte Wort behält: Er kann, wenn der Käufer seinen Anspruch ausge361
Vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 50 Rn. 7. Ausf. zum Vorrang der Nacherfüllung im CISG Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 189 ff. 362 Vgl. Staudinger/Magnus (2013), Art. 49 CISG Rn. 45. Dazu auch Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 196. 363 OLG Köln 14.10.2002, IHR 2003, 15; OLG Koblenz 31.1.1997, IHR 2003, 172; Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 15; Staudinger/Magnus (2013), Art. 48 CISG Rn. 30 f.; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 49 CISG Rn. 28 (m.w.N. in Fn. 52); Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 49 CISG Rn. 6; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 200 m.w.N.; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 300. 364 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 15; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 49 CISG Rn. 28; Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 49 CISG Rn. 6 f.; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 200 m.w.N. 365 Vgl. dazu insgesamt Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 95 m.w.N. 366 Staudinger/Magnus (2013), Art. 46 CISG Rn. 53; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 95; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 172. 367 Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 6; Staudinger/Magnus (2013), Art. 48 CISG Rn. 11; Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 50.
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wählt hat, durch Ausübung des Heilungsrechts erneut zwischen beiden Alternativen wählen.368 3. Ein- und Ausbaukosten Die Nacherfüllung muss auch im CISG auf Kosten des Verkäufers erfolgen, Art. 48 Abs. 1 CISG. Entstehen dabei dem Käufer Ein- und Ausbaukosten für den Austausch der mangelhaften Sache, sind diese vom Schadensersatzanspruch aus Art. 45 Abs. 1 lit. b, 74 ff. CISG erfasst.369 Auch die Befreiung bei fehlendem Verschulden des Verkäufers (wie im deutschen Recht, s.o. I.2.c)aa)) greift bei Fällen des für den Verkäufer nicht erkennbaren Herstellerverschuldens nicht ein.370 Daher haftet der Verkäufer grundsätzlich immer auf Zahlung der Ein- und Ausbaukosten der neuen bzw. mangelhaften Sache. 4. Nutzungsersatz bei Nacherfüllung Der Nutzungsersatz ist im CISG für die Vertragsaufhebung in Art. 84 Abs. 2 geregelt, nach dem der Käufer dem Verkäufer den Gegenwert der Vorteile, die er aus der Ware gezogen hat, schuldet. Jedoch ist diese Vorschrift nach der h.L. nicht auf die Ersatzlieferung anzuwenden, da der Vertrag, der dem Käufer die Nutzungsvorteile zuspricht, in diesem Fall aufrechterhalten wird371 und der Käufer die Vorteile bei sofortiger mangelfreier Lieferung auch erhalten hätte372. Grundsätzlich gibt es also keinen Nutzungsersatzanspruch bei Nacherfüllung im CISG. Im Falle von starker, wirtschaftlich relevanter Ab368
Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 46 Rn. 36; Honsell/Schnyder/Straub, Art. 48 Rn. 10; MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 48 CISG Rn. 4; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 95; a.A. Soergel/Lüderitz/Schüßler-Langeheine, 13. Aufl. 2000, Art. 48 CISG Rn. 6 m.w.N.: Einem Nachbesserungsangebot braucht der Käufer nicht zu widersprechen, wenn er bereits zuvor wirksam nach Art. 46 Abs. 2 CISG Ersatzlieferung verlangt hat. „Ansonsten ergäbe sich die merkwürdige Konsequenz, dass der Käufer sich zwar vom Vertrag lösen, jedoch keine Ersatzlieferung verlangen kann“. 369 OLG Hamm 9.6.1995, Fenster, NJW-RR 1996, 179, 180; s. auch Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 7; Weller, GPR 2012, 173, 176; a.A. Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 334 ff., der nur die Ersteinbaukosten, aber nicht die Zweiteinbaukosten als Schaden ansehen will. Der Schadensersatzanspruch kann jedenfalls auch mit dem Nacherfüllungsanspruch kumuliert werden, vgl. Art. 45 Abs. 2 CISG. 370 BGH 24.3.1999, Rebwachs, NJW 1999, 2440, 2441 = JZ 54 (1999), 791 m. Anm. Schlechtriem 794; Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 74 Rn. 12; Staudinger/Magnus (2013), Art. 74 CISG Rn. 11; Weller, GPR 2012, 173, 176 f. 371 Schlechtriem/Schwenzer/Fountoulakis Art. 84 Rn. 7; Honsell/Weber, Art. 84 Rn. 12; Staudinger/Magnus (2013), Art. 84 CISG Rn. 20; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 84 CISG Rn. 11. 372 MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 84 CISG Rn. 13; Ferrari/Ferrari, Internationales Vertragsrecht, Art. 84 CISG Rn. 12; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, 253.
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nutzung kann der Ersatzlieferungsanspruch gemäß Art. 82 CISG allerdings ausnahmsweise gänzlich ausgeschlossen sein.373 V. PICC In den PICC gibt es keine speziellen kaufrechtlichen Regelungen, sondern die Regelungen über das Leistungsstörungsrecht gelten für alle Arten von Verträgen. Danach stehen dem Käufer verschiedene Rechtsbehelfe zu: Nacherfüllung gemäß Art. 7.2.3 PICC, Vertragsaufhebung, Art. 7.3.1 PICC und möglicherweise auch Minderung374. Daneben hat der Verkäufer das Recht, den Mangel auf eigene Kosten zu heilen, wenn er dies unverzüglich nach Kenntnis der Mangelhaftigkeit dem Käufer mitteilt und durchführt und keine Unangemessenheit der Heilung und kein legitimes Interesse an direkter Vertragsaufhebung besteht (Art. 7.1.4 Abs. 1 PICC). 1. Vorrang der Nacherfüllung Übt der Verkäufer dieses Heilungsrecht aus (und das kann er nach Art. 7.1.4 Abs. 2 PICC sogar noch, nachdem der Käufer die Vertragsbeendigung erklärt hat),375 werden alle anderen Rechtsbehelfe für die Zeit der Heilungsmöglichkeit gesperrt, Art. 7.1.4 Abs. 3 PICC, und können erst ggf. bei Fehlschlagen der Nacherfüllung wieder aufleben.376 Im Ergebnis ähnelt die Situation also der des CISG, des CFR und des deutschen Rechts: Der Vorrang der Nacherfüllung besteht immer. 2. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Die Geltendmachung der Nacherfüllung gleicht wohl der des CISG: Verlangt der Käufer Nacherfüllung, kann er dabei nach dem Wortlaut des Art. 7.2.3 PICC zwischen Nachbesserung oder Ersatzlieferung wählen. Jedoch geht diesem Anspruch das Heilungsrecht des Verkäufers vor, da es gemäß Art. 7.1.4 PICC alle Rechtsbehelfe vorübergehend sperrt. Dies spricht dafür, dass im Konfliktfall wohl, genau wie im CISG (s.o. IV.2.), der Verkäufer zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung wählen kann.
373 Vgl. auch Staudinger/Magnus (2013), Art. 84 CISG Rn. 16 und MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 84 CISG Rn. 11, die daher den Anwendungsbereich, der für Art. 84 CISG bleiben würde, für praktisch sehr gering halten. 374 Über eine Parteivereinbarung oder evt. über eine teilweise Vertragsaufhebung, s. dazu Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.2.5 Rn. 9. 375 Genau wie im CESL, s.o. § 10 A.III.3.a). Kritisch dazu Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.1.4 Rn. 22. 376 Art. 7.1.4 PICC, Comment 7; Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.1.4 Rn. 23.
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3. Ein- und Ausbaukosten Wer die Ein- und Ausbaukosten trägt, ist in den PICC nicht geregelt.377 Man könnte hier aus dem Grundsatz von Treu und Glauben in Art. 1.7 PICC folgern, dass die Nacherfüllung kostenlos für den Käufer sein soll.378 Daraus könnte man zumindest möglicherweise Transportkosten, Material- und Arbeitszeitkosten mit hoher Wahrscheinlichkeit ableiten,379 die in allen Instrumenten dem Verkäufer zugewiesen werden. Ob jedoch eine umfassende Pflicht zum Ausbau der mangelhaften Sache und zum Einbau der neuen Sache bestehen soll, ist danach nicht klar. Möglicherweise käme auch wieder, wie in CISG und CFR (s.o. IV.3. und III.2.c)), eine Geltendmachung über die Schadensersatzvorschriften der Art. 7.4.1 ff. PICC in Betracht. Eine Anspruchskumulation ist insofern möglich380 und auch ein Ausschluss bei Verschulden liegt nur in seltenen Sonderfällen vor (force majeure, wirksam vereinbarter Haftungsausschluss, hardship)381. 4. Nutzungsersatz bei Nacherfüllung Einen Anspruch auf Nutzungsersatz sehen die PICC allgemein nicht vor. Zur Begründung wird vorgebracht, dass in B2B-Verträgen die Berechnung der Werte von Nutzungen häufig Schwierigkeiten bereitet und außerdem in den meisten Fällen beide Parteien Nutzungen ziehen, sodass ein Ausgleichsanspruch nicht erforderlich erscheint.382 Auch war wohl eine Einigung über diesen Punkt während der Beratungen schwierig.383 B. Bewertung Die Unterschiede, die in der Regelungstechnik und in den Details der Nacherfüllung gefunden werden können, sind vielfältig. Die folgende Bewertung beschränkt sich jedoch auf die vier genannten Punkte (s.o. § 10), an denen in den Regelungsinstrumenten unterschiedliche personale Differenzierungen gefunden wurden. Diese Punkte sollen nun nacheinander untersucht werden, indem zuerst auf den Hintergrund (Parteiinteressen, ökonomische Analyse) einer jeden Problematik eingegangen werden soll und sodann die möglichen 377
Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.2.3 Rn. 3. Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.2.3 Rn. 3. 379 Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.2.3 Rn. 3. 380 Art. 7.4.1 PICC, Comment 2. 381 Art. 7.4.1 PICC, Comment 1; Vogenauer/Kleinheisterkamp/McKendrick, UNIDROIT Commentary, Art. 7.4.1 Rn. 6. 382 Art. 3.2.15 PICC, Comment 6; Art. 7.3.6 PICC, Comment 6; dazu auch Zimmermann, JBl. 132 (2010), 205, 214; Martens, AcP 210 (2010), 689, 721. 383 Vgl. Zimmermann, JBl. 132 (2010), 205, 214. 378
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Lösungsvarianten, die im Rechtsvergleich gefunden wurden, diskutiert werden sollen. I. Vorrang der Nacherfüllung 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Ist die Nacherfüllung vorrangig vor anderen Rechtsbehelfen? B2C B2B
DE (+) (+)
FR (–) ※ (–)
CISG --(+)
PICC --(+)
CFR (+) (+)
CESL (–) (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). In Frankreich existiert gar kein verpflichtender Vorrang der Nacherfüllung (※ bzw. ausdrücklich nur bei B2C-Verträgen, kann dort jedoch umgangen werden, s.o. A.II.2.c)aa)), während in Deutschland und dem CFR für alle personalen Konstellationen ein solcher Vorrang gilt (ebenso in den auf Unternehmerverträge beschränkten Regelwerken CISG und PICC). Im CESL hingegen wurde an dieser Stelle personal differenziert: Ein Vorrang der Nacherfüllung bestand nur in B2B-Verträgen, während in B2C-Verträgen der Käufer frei zwischen allen Rechtsbehelfen wählen konnte. Es sollen hier daher die drei folgenden Lösungsansätze diskutiert werden: – ein genereller Vorrang der Nacherfüllung (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 3., – kein Vorrang der Nacherfüllung (weder für B2C- noch für B2B-Verträge), s.u. 4., – oder eine personale Differenzierung (Vorrang nur für B2B-Verträge), s.u. 5. 2. Hintergrund des Vorrangs der Nacherfüllung Vorab sollen also die Interessen von Käufer und Verkäufer sowie die ökonomische Analyse des Rechts in Bezug auf die Frage des Vorrangs der Nacherfüllung dargestellt werden. a) Interessen der Parteien Der Verkäufer wird stets ein Interesse daran haben, den Vertrag aufrechtzuerhalten.384 Das zeigt sich auch daran, dass in den Fällen, in denen es den Parteien möglich ist, die Problematik vertraglich zu regeln, die Verkäufer384
So auch Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; Lorenz, NJW 2006, 1175 a.E.; Lorenz, NJW 2006, 1175.
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AGB fast immer ein Recht zur zweiten Andienung vorsehen (s.o. A.I.1.). Denn die Rückabwicklung führt für den Verkäufer regelmäßig zu höheren Kosten.385 Anstatt die Möglichkeit zu bekommen, sich den (vollen) Kaufpreis mitsamt seiner Gewinnmarge noch durch Nacherfüllung zu „verdienen“,386 erweisen sich bei Vertragsbeendigung seine Transaktionskosten als vergeblich387. Durch den Erstverkauf und die Ingebrauchnahme kann die Kaufsache außerdem häufig einen Wertverlust erleiden (Beispiel Neuwagen durch Zulassung388) oder gar verschrottet werden müssen, da gebrauchte Sachen sich sehr oft nicht gewinnbringend weiterveräußern lassen (dazu auch unten II.2.a)).389 Daher hat der Verkäufer oft auch ein besonders großes Interesse an der Variante der Nachbesserung (dazu ausf. unten II.2.a)).390 Außerdem kann es Fälle geben, in denen der Verkäufer ein großes Interesse an der Freimachung seines Lagers hat, sodass der Absatz für ihn besonders wichtig sein kann. 391 Die Interessen des Käufers hingegen variieren im Einzelfall. Häufig wird auch der Käufer primär ein Interesse daran haben, am Ende eine mangelfreie Kaufsache zu erhalten, also an der Nacherfüllung.392 Dies gilt vor allem, wenn er ein gutes Geschäft gemacht hat bzw. sich seinen Kauf gründlich überlegt hat,393 aber auch, wenn nach dem Geschäft der Marktpreis steigt oder das Angebot an Gütern verknappt und die Kaufsache nicht mehr leicht anderweitig beschaffbar ist.394 Jedoch kommt wohl häufiger der entgegengesetz385 Balthasar, RIW 2012, 361, 364; Mansel, WM 66 (2012), 1309, 1320; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 37. 386 Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 38 f. („Vertragsdurchführungsfunktion“); Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 128; Hwa, Die Nacherfüllung als Rechtsbehelf, 2014, S. 219. 387 Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304. 388 Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 40. 389 Ghazari-Arndt, Das GEK, 2014, S. 158; s. auch unten § 10 B.II.2.a). 390 Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 37; Bundesverband der deutschen Industrie (BDI), Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung über das Gemeinsame Europäische Kaufrecht, 14.2.2012, abrufbar unter , S. 20. 391 Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 40 („Absatzfunktion“). 392 So auch Graf von Westphalen, ZIP 32 (2011), 1985, 1990, mit der Begründung, dass dieser Willen auch im alten deutschen Schuldrecht regelmäßig angenommen wurde; ders., in: Hahn (Hrsg.), GEK, 2012, S. 39, 42, der daher für die Praxis doch ein Recht zur zweiten Andienung im CESL über Art. 111 Abs. 2 voraussagte; auch Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; a.A. Grädler/Köchel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 347, 368; Haug, K&R 2012, 1, 4; Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207; Ghazari-Arndt, Das GEK, 2014, S. 158; Maultzsch, in: Hahn (Hrsg.), GEK, 2012, S. 9, 18; Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, 2012, S. 113, 127. Für Verbraucherkäufer s. auch die Studie TNS Qual+, Dezember 2009, S. 107 f. 393 Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; für Verbraucherkäufer: TNS Qual+ Studie (vorige Fn. 392), S. 100. 394 Lorenz, NJW 2006, 1175; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304 mit Fn. 111.
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te Fall vor: Sinkt der Marktpreis und gibt es ausreichend anderweitige Beschaffungsmöglichkeiten, hat der Käufer vielmehr ein Interesse daran, sich vom Vertrag zu lösen.395 Dies ist außerdem der Fall, wenn er einen schlechten Kundendienst, teure Hotlines oder sonstige Probleme mit der Rückabwicklung erwartet.396 Besonders bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen kann der Käufer Schwierigkeiten bei der Verwicklung in eine komplizierte Nacherfüllungsrechtsbeziehung befürchten.397 Zudem wird der Käufer in den Fällen eine Vertragsbeendigung bevorzugen, in denen ihm nach Erhalt der Ware Qualitätszweifel kommen – vor allem auch, wenn er noch nicht vorgeleistet hat.398 Somit liegt ein grundsätzlicher Vorrang der Nacherfüllung stets im Interesse des Verkäufers, aber nicht immer im unmittelbaren Käuferinteresse.399 Mittelbar kann sich selbstverständlich eine Kosteneinsparung des Verkäufers auch positiv für den Käufer auswirken (s. dazu sogleich bei der ökonomischen Analyse unter b)). Alle diese genannten Parteiinteressen gelten jedenfalls für alle Arten von Parteien (Unternehmer und Verbraucher) und lassen daher nicht auf die Notwendigkeit einer personalen Differenzierung bei der Regelung des Vorrangs der Nacherfüllung schließen. Möglicherweise könnte jedoch die Furcht vor einer komplizierten Nacherfüllungsabwicklung bei Verbraucherkäufern besonders hoch sein (s. dazu unten 5.b)). b) Ökonomische Analyse Die ökonomische Analyse versucht beim Kaufvertrag, den Nutzen für die Parteien insgesamt zu maximieren (s.o. A.).400 Dabei geht man von der Annahme aus, dass, wenn insgesamt geringere Kosten entstehen, dieser Vorteil sich positiv für beide Parteien auswirkt: Spart der Verkäufer bei den soeben 395
Dauner-Lieb, FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S. 143, 162; Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 421; Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 421 ff., 425 f.; Eidenmüller/ Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281 f.; BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; Wilhelm, IHR 11 (2011), 225 ,229; Wagner, ZEuP 2012, 797, 814; Pelet, REDC 2000, 41, 54 f. 396 Stellungnahme des Deutschen Notarvereins (DNotV) zum CESLn 7.12.2011, abrufbar unter , S. 27 („unfähige[s] Servicepersonal“); Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304. 397 Zoll, EUVR 1 (2012), 9, 21; für Verbraucherkäufer: TNS Qual+ Studie (Fn. 392), S. 103, 109. 398 Grädler/Köchel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, 2012, S. 347, 368; Haug, K&R 2012, 1, 4; für Verbraucherkäufer: TNS Qual+ Studie (Fn. 392), S. 103, 105 f. 399 Dauner-Lieb, FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S. 143, 162; Lorenz, NJW 2006, 1175 a.E. 400 Wagner, ZEuP 2012, 797, 808; Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281 f.; Piltz, IHR 12 (2012), 133, 135.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
(unter a)) genannten Kosten, wird er die Einsparungen über die Preise auch an den Käufer weitergeben.401 Daher versucht die ökonomische Theorie, den Parteien Anreize zu setzen, sich möglichst wohlfahrtsmaximierend, d.h. insgesamt kostensparend zu verhalten.402 Kann der Käufer nur aufgrund seiner geänderten Präferenzen oder fallender Marktpreise jederzeit ohne besondere Voraussetzungen den Vertrag rückabwickeln (so genannte opportunistische Vertragsauflösung),403 wird er die hohen Kosten, die dem Verkäufer durch die Rückabwicklung entstehen (Transaktionskosten, Rückführungskosten, Wertminderung), nicht in seine Entscheidung über die Wahl zwischen den verschiedenen Rechtsbehelfen miteinbeziehen.404 Daher ist es zur allgemeinen Kosteneinsparung sinnvoller, dem Verkäufer zunächst die Wahl zu lassen, wie er am kostengünstigsten Abhilfe schaffen kann, was durch einen Vorrang der Nacherfüllung erreicht werden kann. Dann kann es sich auch für den Verkäufer eher lohnen, Investitionen in kostenintensive Reparaturausrüstung und spezialisiertes Personal bzw. große Ersatzteile- und Produktlager zu tätigen, die die Gesamtkosten der Gewährleistung wiederum senken können.405 Jedoch sollte dem Verkäufer trotzdem auch der Anreiz gesetzt werden, mangelfreie Ware bzw. optimale Qualität zu liefern, um ebenfalls den Nutzen für den Käufer zu maximieren.406 Denn es wird eingewandt, ein uneingeschränktes Recht zur zweiten Andienung des Verkäufers könnte insofern zu einer Schwächung dieses Anreizes führen, als der Verkäufer dann schon die Möglichkeit einplanen könne, jederzeit in einem zweiten Versuch nachzubessern.407 Durch diese „Verschleppung der Nacherfüllung“ könnte er also Zeit
401
Walch, EUVR 1 (2012), 136, 147; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 306; generell zur Umwälzung hoher Verbraucherschutzkosten Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229; BDIStellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; vgl. Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 144. 402 Wagner, ZEuP 2012, 797, 808. 403 Parisi, Am. J. Comp. L. 52 (2004), 403, 421; Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 421 ff., 425 f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281 f.; BDIStellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; Wagner, ZEuP 2012, 797, 813 f. 404 So für die Rückführungskosten auch Wagner, ZEuP 2012, 797, 810. 405 Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 107 (S. 81). 406 Diesen Anreiz sehen in Gefahr: Wagner, ZEuP 2012, 797, 807; Dauner-Lieb, FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S. 143, 162; Laithier, in: Deshayes (Hrsg.), Le DCEV, 2012, S. 193, 199. 407 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 138 ff., der deshalb die Schranke der „wesentlichen Vertragsverletzung“ allgemein als möglicherweise sinnvolle Begrenzung der Nacherfüllung ansieht; vgl. auch ders., FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S. 307, 318 ff.; Wagner, ZEuP 2012, 797, 820.
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für die ordnungsgemäße Erfüllung gewinnen.408 Die Gefahr einer längeren zeitlichen Verzögerung wird aber schon durch die Voraussetzung einer angemessenen Nachfrist beseitigt, nach der der Käufer zur Vertragsaufhebung übergehen kann.409 Auch die Tatsache, dass Verkäufer wohl ungern in den Ruf kommen wollen, ständig mangelhafte Kaufsachen zu liefern, an denen in den meisten Fällen Reparaturen durchzuführen sind (s. auch oben § 7 B.),410 spricht gegen die Wahrscheinlichkeit eines solchen opportunistischen Verkäuferverhaltens. Auch aufgrund der Höhe der Kosten, wenn man stets Lieferung und Nacherfüllung addieren muss, dürfte es sich für den Verkäufer normalerweise nicht lohnen, gezielt so vorzugehen.411 Sollten die Kosten bei solch einem Vorgehen insgesamt tatsächlich geringer sein, wäre das Vorgehen jedenfalls auch für den Käufer ökonomisch gesehen besser, da es dann zu niedrigeren Preisen führen würde.412 Somit ist eine Abschwächung der Verkäuferanreize zur mangelfreien Leistung durch den Vorrang der Nacherfüllung nicht anzunehmen. Nach der ökonomischen Analyse zur Wohlfahrtsmaximierung für beide Parteien erscheint also ein stets gewährter Vorrang der Nacherfüllung sinnvoller.413 Die genannten Überlegungen treffen für alle personalen Konstellationen zu. Jedoch ist eine Situation noch zu beachten: Die Nacherfüllung durch den Verkäufer ist ökonomisch gesehen nur solange die günstigere Alternative, wie nicht der Käufer selbst mit weniger Kosten und Aufwand die Sache reparieren oder Ersatz beschaffen kann.414 Außerdem kann es auch vorkommen, dass der Käufer die mangelhafte Sache ebenso rentabel weiterverwerten/absetzen kann wie der Verkäufer und so eine Einbeziehung des Verkäufers aufwendiger wäre.415 In diesen Fällen wäre eine Ausnahme vom Vorrang der Nacherfüllung durch den Verkäufer aus ökonomischer Sicht sinnvoll und könnte auch für den Käufer zur schnelleren Behebung und Entscheidungsmöglichkeit über das weitere Vorgehen führen. Solche Fälle existieren im B2C-Bereich allerdings so gut wie nie, da es an der Kompetenz des Verbrau408 Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 108 (S. 82). 409 So auch Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 108 (S. 82). 410 Vgl. dazu (Reputationseffekt) auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 106 mit Fn. 75. 411 Wagner, ZEuP 2012, 797, 820. 412 Wagner, ZEuP 2012, 797, 820. 413 Amato, in: Deshayes (Hrsg.), Le DCEV, 2012, S. 177, 187; Vossius, in: Hahn (Hrsg.), GEK, 2012, S. 141, 148; Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 323 (S. 170 f.); Walch, EUVR 1 (2012), 136, 146; Eidenmüller/Jansen/Kieninger u.a., JZ 67 (2012), 269, 281 f. 414 Ausf. hierzu Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 421 ff., 425 f.; vgl. auch Lehmann, ZEuP 2009, 693 ,703 f. 415 Wagner, ZEuP 2012, 797, 809 f.
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cherkäufers zu einem solchem Handeln fehlt.416 In B2B-Fällen kann dies aber durchaus des Öfteren vorkommen, vor allem, wenn es sich um Unternehmer derselben Branche handelt. Hier wäre es also möglicherweise ökonomisch angezeigt, in bestimmten Grenzen eine Ausnahme vom Vorrang der Nacherfüllung in B2B-Verträgen zugunsten einer Selbstvornahme des Unternehmerkäufers zu machen.417 c) Zwischenfazit Während die Interessen der Parteien divergieren, spricht die ökonomische Analyse für einen generellen Vorrang der Nacherfüllung. Beide Punkte gelten jedoch grundsätzlich für alle Personengruppen und es ergibt sich keine Erforderlichkeit einer grundsätzlichen personalen Differenzierung. Im Detail könnte das Interesse von Verbraucherkäufern an einer direkten Vertragsaufhebung gegenüber B2B-Verträgen erhöht sein (s. dazu unter 5.) und könnte in B2BVerträgen (anders als in B2C-Verträgen) in bestimmten Fällen die Möglichkeit einer direkten Selbstvornahme der Nacherfüllung durch den Käufer sinnvoll sein. 3. Genereller Vorrang der Nacherfüllung? Für einen grundsätzlichen Vorrang der Nacherfüllung (wie in Deutschland) sprechen also zunächst, wie soeben gezeigt, die ökonomische Analyse des Rechts sowie die Verkäuferinteressen. a) Pacta sunt servanda Des Weiteren spricht für ein Recht zur zweiten Andienung zum einen die Stärkung des Prinzips pacta sunt servanda, also das Interesse daran, primär zu versuchen, den Vertrag aufrechtzuerhalten und erst subsidiär nach anderen Lösungen zu suchen.418
416
Wagner, ZEuP 2012, 797, 809 f. Vgl. allg. zur Problematik der Selbstvornahme der Nacherfüllung auch Signat, ZEuP 2009, 716 (rechtsvergleichend zu Deutschland und Frankreich); Wall, ZGS 2011, 166 (zu Deutschland). 418 Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11371 (S. 313); ausf. dazu Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 36 ff.; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 305; Walch, EUVR 1 (2012), 136, 146; vgl. auch den Vorrang der Vertragserhaltung als grundlegendes Prinzip des CISG: Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 48 CISG Rn. 5; Schlechtriem/Schwenzer/Schroeter Art. 25 Rn. 25; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, 201 m.w.N.; Jin, Der Nacherfüllungsanspruch, 2013, S. 181. 417
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b) Ökologische Gesichtspunkte Zum anderen ist der direkte Übergang zur Vertragsaufhebung unter ökologischen Gesichtspunkten negativ zu bewerten: Da es häufig keine oder kaum Märkte für den Absatz von gebrauchter (reparierter) Ware gibt, werden zurückgegebene Waren häufig verschrottet oder mit sehr viel Verlust abgesetzt (s. dazu auch unten II.2.a)).419 Behält der Käufer die reparierte Ware, hat sie für ihn durchaus oft noch einen hohen Gebrauchswert, da er ihre gesamte Vorgeschichte kennt (anders als Käufer von Gebrauchtwaren, die unsicher über die Herkunft und den Umgang mit der Sache sind und daher stets das Schlechteste befürchten müssen).420 Daher wird ohne eine vorrangige Nacherfüllung zusätzlicher Müll produziert und es werden insgesamt volkswirtschaftliche Werte vernichtet.421 4. Kein Vorrang der Nacherfüllung? Als nächstes soll nach Gründen gesucht werden, die allgemein dagegen sprechen, einen Vorrang der Nacherfüllung festzuschreiben (wie es momentan praktisch im französischen Recht der Fall ist). a) Wahlfreiheit des Käufers Zum einen wird hier mit der Wahlfreiheit des Käufers unter den verschiedenen Rechtsbehelfen argumentiert: Dieser solle selbst entscheiden können, ob ihm die Nacherfüllung am günstigsten erscheint oder nicht.422 Dagegen spricht jedoch, wie oben (2.b)) gezeigt, dass der fachkundige Verkäufer besser einschätzen kann, welche Variante insgesamt am günstigsten ist und somit für beide Parteien die Kosten geringhält. b) Risiko des erneuten Mangels Zum anderen wird vorgebracht, der Käufer gehe bei der Nacherfüllung das Risiko ein, dass die Ersatzsache unter dem gleichen Mangel leide.423 Diesem berechtigten Einwand kann jedoch auch durch eine Regelung interessenge-
419
BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; Walch, EUVR 1 (2012), 136, 146; Wagner, ZEuP 2012, 797, 810 ff.; i.E. auch Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 234. 420 Anschaulich verdeutlicht von Wagner, ZEuP 2012, 797, 810 ff. Hat der Käufer trotzdem durch die Reparatur einen Wertverlust an der Sache erlitten, sollte ihm allerdings auch dieser „merkantile Minderwert“ ersetzt werden. 421 BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; Walch, EUVR 1 (2012), 136; Wagner, ZEuP 2012, 797, 810 ff. 422 Laithier, in: Deshayes (Hrsg.), Le DCEV, 2012, S. 193, 199. 423 Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 323 (S. 170 f.).
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recht vorgebeugt werden, die bei Fehlschlagen der Nacherfüllung424 oder Nichtdurchführung innerhalb einer bestimmten Frist425 den direkten Übergang zur Vertragsaufhebung gewährt. Trotz einer solchen Regelung ist das einmalige Abwarten allerdings für den Käufer aufwendiger und es kann daher vorkommen, dass die Nacherfüllung dem Käufer (vor allem bei geringerwertigen Gütern und vor allem bei grenzüberschreitenden Verträgen) als so aufwendig erscheint, dass er es bevorzugt, gar keinen Rechtsbehelf einzulegen.426 Trifft dieses Verhalten auf mehrere Käufer zu, könnte die Nichtgeltendmachung von Rechten den Verkäuferanreiz für qualitativ hochwertige Güter schmälern (s.o. 2.b) und allgemein schon unter § 8 C.II.), sodass sich letztendlich schlechte Produkte am Markt durchsetzen (race to the bottom, s.o. § 8 B.III.1.). Jedoch könnte dies auf der anderen Seite auch vielmehr dazu führen, dass sich auf dem Markt die Anbieter mit einfacher, verständlicher Nacherfüllungsprozedur bzw. mit dem effizientesten Kundendienst durchsetzen. So könnte der Vorrang der Nacherfüllung sich wiederum positiv auswirken. Man vergleiche dazu nur den stark wachsenden Internetversandhandel, der sich durch nicht begründungsbedürftige Widerrufsrechte und eine einfache Rückabwicklung auszeichnet. Dies scheint bei den Käufern deutlich positiven Anklang zu finden. Eine ähnlich unkomplizierte Rückabwicklung im Mangelfall dürfte daher durchaus zu größerer Kundschaft führen.427 Trotzdem bleiben hier jedoch, wie bereits oben (2.a)) angedeutet, Bedenken v.a. für Verbraucherkäufer, für die eine unkomplizierte Abwicklung besonders wichtig ist. Daher soll dieser Punkt noch einmal unter dem Gesichtspunkt einer personalen Differenzierung erörtert werden (s.u. 5.b)). c) Wirtschaftlichkeit Außerdem wird gegen den Vorrang der Nacherfüllung eingewandt, dass es teilweise auch für den Verkäufer weniger wirtschaftlich sein kann, nachzuer424
Wie es z.B. in § 440 S. 1 Hs. 2 Alt. 1 BGB vorgesehen ist (allerdings muss der Käufer im Regelfall mindestens zwei Versuche abwarten – dazu im Detail MüKoBGB/ Westermann, 7. Aufl. 2016, § 440 Rn. 9 ff.). 425 Wie es z.B. nach Art. L 217-10 Abs. 2 Nr. 1 CCons vorgesehen ist oder nach Art. 111 Abs. 2 CESL vorgesehen war und wie es der Parlamentsausschuss 2018 für den neuen Richtlinienentwurf von 2017 ebenfalls in Art. 10 Abs. 3a n.F. vorsah, s.o. Allgemeiner Teil Fn. 35, (jeweils ein Monat/30 Tage). 426 Vgl. z.B. Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 571. 426 Zoll, EUVR 1 (2012), 9, 21, der dieses Problem der Komplexität der Abhilfe noch verstärkt bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen befürchtet. 427 Für die aktuelle Neufassung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (s.o. § 4 B.I.) schlägt der Parlamentsausschuss daher auch vor, dass bei digital geschlossenen Verträgen auch ein digitales Mittel zur Vertragsbeendigung vorhanden sein muss, s. Art. 13 Abs. 1 S. 2 der Änderungsvorschläge im Bericht des Parlamentsausschusses vom 27.2.2018 (Allgemeiner Teil Fn. 35).
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füllen, als rückabzuwickeln oder zu mindern bzw. ihn eine Reparatur aufgrund begrenzter Möglichkeiten überfordern kann.428 Dieses Problem wird aber bereits dadurch gelöst, dass es keinen Nacherfüllungszwang gibt, sondern der Verkäufer die Nacherfüllung auch verweigern oder gar nicht erst anbieten kann.429 Letztlich führen die Argumente nicht dazu, dass ein vollständiger Ausschluss des Vorrangs der Nacherfüllung vorzugswürdig erscheint. Auch in Frankreich wird der fehlende Vorrang der Nacherfüllung, an dem die Rechtsprechung festhält, hauptsächlich damit begründet, dass die bisherigen Reformbestrebungen (s.o. § 4 D.VII.) noch nicht zu einer Wortlautänderung des Cc geführt haben und es mit Blick auf die Rechtssicherheit besser ist, sich an den klaren Gesetzeswortlaut zu halten.430 Das zeigt sich außerdem daran, dass bei der Reform des Verbraucherkaufrechts ein Vorrang der Nacherfüllung ohne besondere Komplikationen in den CCons eingefügt wurde und auch in der Vertragspraxis die Nacherfüllung als Rechtsbehelf regelmäßig vereinbart wird (s.o. A.II.2.d)). Es kann also durchaus damit gerechnet werden, dass die nächste Reform des besonderen Schuldrechts in Frankreich (s. dazu auch oben § 4 D.VII.), ebenfalls einen Vorrang der Nacherfüllung statuieren wird, wie es nach der Reform seit 2017 nun auch Art. 1226 Abs. 1 S. 2 Cc für den allgemeinen Teil des Schuldrechts vorsieht. 5. Personale Differenzierung? Wenn es also nicht wünschenswert ist, einen Vorrang der Nacherfüllung vollständig auszuschließen, könnte dies zumindest, wie es im CESL vorgesehen war, für B2C-Verträge angemessen sein. a) Verbraucherschutz Das zentrale Argument, das dabei als Rechtfertigung für die neuartige Regelung für B2C-Verträge genannt wird, ist selbstverständlich der Verbraucherschutz.431 Denn wie oben (2.a)) gesehen, schützt das Recht zur zweiten Andienung vor allem den Verkäufer.432 Will man die Interessen des Verbraucherkäufers stärker schützen und diesem als schwächere Partei einen Vorteil verschaffen, könnte man daher für eine Wahlfreiheit des Verbrauchers zwi428 Lehmann, ZEuP 2009, 693 ,703 unten. Die Möglichkeit der Unwirtschaftlichkeit erwägt auch Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 60; etwas allgemeiner, aber zum gleichen Ergebnis kommend, Jin, Der Nacherfüllungsanspruch, 2013, S. 180 f. 429 Dazu Wagner, ZEuP 2012, 797, 818. 430 So z.B. Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 323 (S. 170 f.). 431 Mitteilung der Kommission, 11.10.2011, KOM(2011) 636 endg., S. 11; Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3497; ders., Vorschlag GEK, 2012, S. XXVI; Lehmann, GPR 2011, 218, 223 f.; Pelet, REDC 2000, 41, 55. 432 S. auch Lehmann, GPR 2011, 218, 223 f.
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schen den Rechtsbehelfen optieren. Dagegen spricht jedoch, dass diese Wahlfreiheit, wie bereits angedeutet (2.b)), für den Verbraucher keineswegs kostenlos ist. Vielmehr würden die höheren Kosten bei ineffizienterer Gewährleistungsabwicklung vom Unternehmer auf den Verbraucher umgewälzt.433 Außerdem stellt das Akzeptieren einer Reparatur oder eines Austauschs der Sache durchaus keine unerträgliche Schutzlücke für den Verbraucher dar,434 denn dies führt ja genau zur Herstellung des Zustands, den der Käufer vertraglich zu beanspruchen hat und erwarten kann.435 Dass die Nacherfüllung häufig sogar die vom Käufer präferierte oder für am vernünftigsten gehaltene Lösung ist, wurde oben (unter 2.a) mit Fn. 392) bereits gezeigt. b) Gefahr der Nichtgeltendmachung Auch die schon erwähnte Problematik (4.b)), dass der Vorrang der Nacherfüllung vor allem bei geringwertigen Gütern zur Nichtgeltendmachung von Rechtsbehelfen führen könnte, könnte aufgrund der im B2C-Verkehr generell geringerwertigen Kaufsachen für eine personale Differenzierung sprechen. Zumindest ist umgekehrt sicher, dass bei Gütern von erheblichem Wert ein besonders starkes Bedürfnis nach einem Vorrang besteht, sowie ebenfalls im Bereich Innovation (wo die Fehleranfälligkeit noch nicht abschließend geklärt ist).436 Jedoch kaufen auch Unternehmer, vor allem KMU, geringwertige Sachen, weshalb sich diese Problematik besser mit einer Wertgrenze als einer personalen Differenzierung lösen ließe.437 Da bei sehr geringwertigen Sachen Verkäufer ohnehin meist aus Effizienzgründen eher einen Austausch als eine Reparatur anbieten werden,438 wäre der Aufwand (Rücksendung) häufig außerdem der gleiche wie bei einer Rückabwicklung. Trotzdem kann man aber noch argumentieren, dass Verbraucherkäufer auch aufgrund ihrer rechtlichen und geschäftlichen Unerfahrenheit durch eine komplizierte Nacherfüllungsprozedur besonders abgeschreckt werden könnten. Dies könnte jedoch auch mit anderen Mitteln zumindest stark abgeschwächt werden, z.B. indem dem Verbraucher, wie in Art. L 217-10 Abs. 2 433
Walch, EUVR 1 (2012), 136, 147; Weller/Harms, GPR 2012, 298, 306; generell zur Umwälzung hoher Verbraucherschutzkosten; Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229; BDIStellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 144. 434 Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 571. 435 Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11371 (S. 313); Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229. 436 So auch Anderson, ZEuP 2012, 834, 854 f.; BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20. 437 Ob eine solche sinnvoll ist, soll aber nicht Thema dieser Arbeit sein. Dies ist aber ebenfalls zu bezweifeln, da dies die Regelungen verkomplizieren würde und in jedem Fall bis zu einem gewissen Grad willkürlich wäre. 438 So auch Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 133.
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Nr. 1 CCons, Art. 111 Abs. 2 CESL439 oder Art. 10 Abs. 3a n.F. des durch das Parlament abgeänderten vorgeschlagenen Richtlinienentwurfs von 2017440 eine klare (starre) Frist (z.B. 30 Tage) eingeräumt wird, nach deren Ablauf er sicher weiß, dass er zu anderen Rechtsbehelfen übergehen kann. Dabei müsste es wohl nur für die Fälle, in denen trotz Konsumgüterkaufs aufgrund besonders komplizierter Nacherfüllung 30 Tage viel zu wenig erscheinen, eine Härtefallausnahme geben.441 Für B2B-Verträge erscheint eine solche Frist zu unflexibel, da hier auch der Aufwand der Nacherfüllung stärker variieren kann als bei Verbrauchsgüterkäufen. Somit bleibt hier eine variable „angemessene Frist“ die bessere Alternative. Außerdem könnte eine Vereinfachung der Nacherfüllungsprozedur, z.B. durch eine längere Beweislastumkehr für das Vorliegen eines Grundmangels bei Gefahrübergang, die Angst des Verbrauchers vor Diskussionen um die Verursachung des Mangels abschwächen. Eine solche Verlängerung auf zwei Jahre, wie sie in Frankreich seit 2016 ebenfalls in Art. L 211-7 Abs. 1 CCons festgeschrieben ist (aber aktuell in den meisten Regelwerken sechs Monate oder ein Jahr beträgt) ist auch im Entwurf einer Verbrauchsgüterkaufrichtlinie von 2017 (s.o. § 4 B.I.) angedacht.442 Allerdings könnte das stärkere Bedürfnis des Verbrauchers für eine direkte und einfache Rückabwicklung bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen noch stärkere Bedeutung aufweisen, da Verbraucher stärker verunsichert sein könnten, wenn es darum geht, Nacherfüllungsansprüche in einem anderen Land abzuwickeln (s. dazu bereits oben 4.b)).443 Jedoch kann man dem entgegenhalten, dass, wenn man sich auf einen Kauf in einem anderen Land einlässt, davon ausgegangen werden kann, dass zumindest eine gemeinsame Kommunikationssprache vorhanden war. Außerdem werden gerade die rechtlichen Unsicherheiten und Unterschiede durch die europarechtliche Harmonisierung immer stärker abgebaut. War der Kauf im Ausland im Vergleich zu einem Inlandskauf für den Verbraucher allgemein vorteilhaft (z.B. billiger), so ist schwerlich anzunehmen, dass der Aufwand für eine Nacherfüllung den 439
Noch deutlicher in der Abänderung 195, 199 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 440 Bericht des Parlamentsausschusses vom 27.2.2018 (Allgemeiner Teil Fn. 35). 441 Gegen eine solche Frist vgl. Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 111 Rn. 3. Die Bedenken, dass die Verkäufer dies allgemein als „Zweifelsfrist“ ausnutzen könnten, sind aufgrund deren Interesse, durch schnellen Kundendienst ihre Käufer auch für zukünftige Käufe zufrieden zu stellen, und dem Interesse an einem guten Ruf eher unwahrscheinlich. 442 So sieht es Art. 8 Abs. 3 des geänderten Vorschlags für die Richtlinie vor. Der Parlamentsausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz schlug allerdings im Februar 2018 vor, diese Frist auf ein Jahr zu verkürzen (s. Bericht des Ausschusses vom 27.2.2018, Art. 8a). 443 Vgl. dazu Zoll, EUVR 1 (2012), 9, 21.
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Käufer nun über jedes Maß belasten würde. Dieses Argument vermag mit Blick auf die Zukunft jedenfalls immer weniger zu überzeugen. c) Regressnahme Gegen eine Ausnahme vom Vorrang der Nacherfüllung für den Verbrauchsgüterkauf könnte zuletzt auch die Gefahr einer Haftungsfalle beim Letztlieferanten sprechen, der gegenüber dem Verbraucher anders haften würde als sein Großhändler ihm gegenüber.444 Denn gegenüber dem Großhändler würde der Vorrang der Nacherfüllung schließlich bestehen bleiben.445 Dieses Problem ließe sich aber auch durch entsprechende Regressregelungen in den Griff bekommen. 6. Fazit zum Vorrang der Nacherfüllung Aufgrund der gesamten vorherigen Argumentation überzeugen also die aktuelle französische Lösung (kein Vorrang) und die des CESL (personale Differenzierung) nicht. Ein genereller Vorrang der Nacherfüllung für alle Personengruppen ist vorzugswürdig. Möglicherweise sind jedoch die vom CCons und CESL vorgeschlagene Lösung einer starren 30-Tage-Frist für den Übergang zu anderen Rechtsbehelfen oder die längere Beweislastumkehr des Richtlinienentwurfs von 2017 (s. soeben 5.b)) eine sinnvolle Option, um die Lage für den Verbraucher zu verbessern. II. Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Wer kann im Falle der Nacherfüllung zwischen den beiden Varianten (Nachbesserung und Ersatzlieferung) wählen? B2C B2B
DE K K
FR ※ K (K)
CISG --V
PICC --V
CFR V V
Legende: K = Käufer; V = Verkäufer; --- = ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt).
CESL K V
nicht
geregelt;
Im CISG, in den PICC und im CFR darf der Verkäufer zwischen Ersatzlieferung und Nachbesserung wählen, da er, wenn er den Mangel durch Nacherfüllung heilen möchte, ein konkretes Heilungsangebot an den Verkäufer machen muss. Hingegen wird die Auswahl der Nacherfüllungsart in den nationalen Rechten dem Käufer überlassen, der sich darauf selbst berufen muss (※ 444 445
BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20. Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 129.
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oder in Frankreich in manchen Fällen auch dem Richter).446 Im CESL gab es ein Nebeneinander beider Regelungen durch eine personale Differenzierung: Bei B2B-Verträgen konnte der Verkäufer die Art der Nacherfüllung wählen, bei B2C-Verträgen jedoch der Käufer. Begrenzt wird dieses Wahlrecht nur in den Fällen, in denen der Käufer wählen kann: In Deutschland, Frankreich und dem CESL kann der Verkäufer die gewählte Art verweigern, wenn sie ihm unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht (unter Berücksichtigung des Wertes der mangelfreien Sache, der Bedeutung des Mangels und der Frage, ob die andere Art für den Käufer erhebliche Nachteile mit sich bringt).447 Beide Arten der Nacherfüllung kann der Verkäufer mit solch einer Argumentation jedoch nicht verweigern. Das entschied der EuGH zumindest für B2C-Kaufverträge im Weber/PutzUrteil448. Dort, wo das Wahlrecht der Nacherfüllungsart dem Verkäufer überlassen wird, sind für die Wahl einer der beiden Varianten keine besonderen Grenzen ersichtlich. Es wird allerdings meistens bestimmt, dass die Heilung generell innerhalb eines angemessenen Zeitraums (Art. III.-3:202 CFR, Art. 109 Abs. 2 CESL), unverzüglich (Art. 7.1.4 PICC) oder ohne unzumutbare Verzögerung (Art. 48 CISG) zu erfolgen hat. Außerdem muss die Heilung teilweise angemessen (Art. 7.1.4 PICC) bzw. zumutbar (Art. 48 CISG) sein. Ob es dabei möglich ist, nur eine von beiden Nacherfüllungsarten anhand dieser Kriterien abzulehnen, wird nicht ganz klar; es spräche jedenfalls nichts dagegen. Im CISG gibt es für jede Nacherfüllungsart außerdem eine unterschiedliche zusätzliche Voraussetzung: Ersatzlieferung ist nur bei wesentlicher Vertragsverletzung überhaupt vom Käufer wählbar, Art. 46 Abs. 2 CISG, Nachbesserung hingegen bis zur Grenze der Unzumutbarkeit, Art. 46 Abs. 3 CISG. Es ergeben sich folglich drei mögliche, nacheinander zu bewertende Regelungsmodelle: – ein Wahlrecht des Verkäufers mit bestimmten Grenzen zur Sicherstellung der Interessen des Käufers (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 3., – ein Wahlrecht des Käufers mit bestimmten Grenzen zur Sicherstellung der Interessen des Verkäufers (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 4., – oder eine personale Differenzierung wie im CESL (Wahlrecht des Verkäufers in B2B-Verträgen, Wahlrecht des Käufers in B2C-Verträgen), s.u. 5.
446 Vgl. zu dieser unterschiedlichen Ausgestaltung (Annahme der Nacherfüllung als Obliegenheit des Käufers bzw. Nacherfüllung als Heilungsrecht des Verkäufers): Weller/ Harms, GPR 2012, 298, 299, 302. 447 Vgl. § 439 Abs. 3 BGB, Art. 211-9 Abs. 2 CCons (hier werden jedoch die erheblichen Nachteile für den Käufer nicht erwähnt) und Art. 111 Abs. 2 CESL. 448 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 63 ff.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
2. Hintergrund der Wahl der Nacherfüllungsart Geht man zunächst wieder den Hintergründen der Zuteilung des Wahlrechts der Nacherfüllungsart an eine der Parteien nach, muss man vor allem fragen, in welcher Situation es wünschenswert wäre, die eine oder die andere Art der Nacherfüllung durchzuführen, um sodann herauszufinden, welche Partei diese günstigste Wahl mit höherer Wahrscheinlichkeit treffen würde. a) Interessen der Parteien Für den Verkäufer kann eine Ersatzlieferung häufig zu weit höheren Kosten führen als eine Nachbesserung:449 Wie bereits oben (I.2.a)) angesprochen, erleidet eine mangelhafte (zurückgenommene, jedoch vollständig reparierte) Sache durch ihre Eigenschaft als Gebrauchtware häufig einen erheblichen Wertverlust. Besteht für die Art der Ware ein guter Gebrauchtmarkt, verliert die Kaufsache trotzdem mindestens 8–10 % an Wert allein durch die Ingebrauchnahme. Besteht kein gut entwickelter Gebrauchtmarkt, kann die Ware schnell bis zu 100 % ihres Wertes verlieren,450 sodass sich nur noch ihre Verschrottung lohnt.451 Dieser Punkt ist bei hochwertigen Gütern von besonderer Bedeutung.452 Bei Nachbesserung der Kaufsache entsteht dem Verkäufer dieser Kostenfaktor nicht,453 sondern es entstehen nur die Reparaturkosten. Hinzu kommt, dass bei Ersatzlieferung dem Verkäufer oft höhere Transportkosten (Rücktransport der mangelhaften Ware, Hintransport der neuen Ware) entstehen als bei Nachbesserung, zumindest sofern sie vor Ort (oder bei weiten Strecken in einer näher beim Käufer gelegenen Werkstatt) erfolgen kann.454 Jedoch gibt es durchaus auch Fälle, in denen es für den Verkäufer günstiger ist, die Sache auszutauschen, z.B. wenn er nicht über Einrichtungen und Personal für die Reparatur verfügt, jedoch über ein großes Lager an Ersatzsachen. Vor allem bei geringwertigen Gütern kann sich die Ersatzlieferung für den Verkäufer oft mehr lohnen als die Nachbesserung.455 Der Käufer hat zunächst, da der Verkäufer ohnehin alle Kosten tragen muss, vor allem ein Interesse an einer zügigen Beseitigung des Mangels, um
449
Dies gilt selbstverständlich nicht immer, sondern z.B. bei Nahrungsmitteln o.Ä. macht eine Nachbesserung aus keiner Sicht einen Sinn, vgl. auch TNS Qual+ Studie (Fn. 392), S. 97 unten. 450 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 128, 132. 451 Wagner, ZEuP 2012, 797, 810 ff. 452 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 132 f. 453 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 132. 454 Vgl. zu den Transportkosten Weller/Harms, GPR 2012, 298, 304; Schroeter, AcP 207 (2007), 28, 37 (Rücktransport/Verwertung). 455 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 133.
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möglichst schnell eine vertragsgemäße Sache zu erhalten.456 Häufig (jedoch nicht immer) wird eine Ersatzlieferung schneller und daher für ihn vorzugswürdig sein. In bestimmten B2B-Fällen kann es zudem sein, dass dem Käufer durch das Abwarten der Nachbesserung Lagerkosten für die Kaufsache entstehen, sodass eine Ersatzlieferung seinen Interessen wesentlich besser gerecht wird als das Abwarten einer Reparatur.457 Außerdem kann eine bloße Nachbesserung dazu führen, dass der Käufer hinterher schlechter steht als bei anfänglich mangelfreier Leistung: Zum einen kann sich die Sache durch die Reparatur rein ästhetisch für ihn verschlechtert haben,458 zum anderen kann ein „merkantiler Minderwert“ (geringerer Weiterverkaufswert) vorliegen, der sich daraus ergibt, dass die Zuverlässigkeit von reparierter Gebrauchtware auf dem Markt niedriger eingeschätzt wird als die von stets mangelfreier Gebrauchtware.459 Findet die Reparatur schnell, ohne ästhetische Veränderungen und ohne einen für den Käufer relevanten „merkantilen Minderwert“ statt, ist jedoch kein schützenswertes Interesse des Käufers an der Zuteilung des Wahlrechts erkennbar.460 Für die personale Differenzierung sind diese Interessen wie folgt einzuordnen: Grundsätzlich haben Verbraucher- und Unternehmerkäufer die gleichen aufgezeigten Interessen. Da bei geringerwertigen Gütern häufiger die Ersatzlieferung am günstigsten sein wird und bei höherwertigen Gütern häufiger die Nachbesserung und da B2C-Verträge oft geringerwertige Güter zum Gegenstand haben als B2B-Verträge, wird es in B2C-Fällen tendenziell öfter sinnvoll sein, die Kaufsache komplett zu ersetzen. Hingegen sind die angesprochenen Punkte wie Lagerkosten und merkantiler Minderwert im Falle eines Wiederverkaufs wesentlich bedeutsamer für B2B-Konstellationen, sodass hier tendenziell ein höherer Schutz des Käufers gegen solche Posten erforderlich sein könnte. b) Ökonomische Analyse Die ökonomische Theorie versucht, den Gesamtnutzen beider Parteien zu maximieren, indem die insgesamt entstehenden Kosten möglichst gering gehalten werden (s.o. § 8 B.I.1.).461 Daher ist danach eine Nachbesserung immer dann die sinnvollste Alternative, wenn eine Ersatzlieferung insgesamt
456 Vgl. Effer-Uhe/Watson, GPR 6 (2009), 7, 14; Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 233, sieht daher „kein schützenswertes Interesse“ des Käufers, die Nacherfüllungsart zu wählen. 457 DNotV-Stellungnahme zum CESL (Fn. 396), 27. 458 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 133. 459 Wagner, ZEuP 2012, 797, 813; Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 133. 460 So auch Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 233. 461 Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 423.
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teurer wäre.462 Hier entstehen zwar fast alle aufgezeigten Kosten auf den ersten Blick beim Verkäufer, jedoch ist dabei wieder zu beachten, dass der Verkäufer diese über die Kaufpreise an die Käufer weitergeben wird (s.o. I.2.b)): Muss der Verkäufer z.B. im Schnitt eines von zehn Produkten austauschen (und das alte verschrotten), wird er alle Preise um 10 % erhöhen usw. Entstehen ihm hingegen durch eine Reparatur bei jedem zehnten Produkt Reparaturkosten in Höhe der Hälfte des Produktwertes, muss er die Preise nur um 5 % erhöhen. Wie kann man also nun Anreize für die Parteien setzen, möglichst kostensparend zu handeln? Da fast alle Kosten beim Verkäufer anfallen, wird dieser automatisch versuchen, diese zu minimieren, weshalb nach der ökonomischen Analyse die Zuteilung des Wahlrechts an den Verkäufer als wünschenswerte Lösung erscheint.463 Ein Anlass für eine personale Differenzierung ergibt sich daraus nicht. c) Zwischenfazit Während die Interessen der Parteien in einigen Detailpunkten (aber nicht generell) für eine personale Differenzierung sprechen könnten, spricht die ökonomische Analyse generell für eine Zuteilung des Wahlrechts an den Verkäufer. Da die Parteien hier teilweise entgegenstehende Interessen haben und jede Partei, wenn man ihr ein grenzenloses Wahlrecht zuspricht, bei der Auswahl nur ihre eigenen Interessen berücksichtigen würde,464 erscheint es in jedem Fall erforderlich, bestimmte Grenzen des zugeordneten Wahlrechts zu ziehen. 3. Generelles Wahlrecht des Verkäufers? a) Ökonomische Analyse Für ein generelles Wahlrecht des Verkäufers (wie im CFR) spricht also mit der ökonomischen Analyse die Tatsache, dass der Verkäufer am besten weiß, welche Variante am kostengünstigsten ist (s.o. 2.b)).465 Dass dies nicht nur für B2B-Situationen gültig ist,466 zeigt sich u.a. daran, dass der erste Entwurf der VR-RL von 2008, welche zu dem Zeitpunkt auch die VGK-RL ablösen sollte (dieses Thema dann aber doch ausklammerte, s.o. § 4 B.I.), das Wahl-
462
Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 423. So auch Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207 ff.; MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013 Art. 48 CISG Rn. 4. 464 Vgl. Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207 ff. 465 Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 111 Rn. 1; Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207 ff.; Effer-Uhe/Watson, GPR 6 (2009), 7, 14; Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 233. 466 So auch ausdrücklich BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20 f. 463
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recht der Nacherfüllungsart ebenfalls dem Verkäufer zuwies.467 Dieser Ansatz traf damals in der Literatur auf starke Zustimmung.468 Auch im Werkvertragsrecht in Deutschland wird diesem Ansatz für die Nacherfüllung mit der obigen Begründung für alle personalen Konstellationen gefolgt (§ 635 BGB), wobei die Interessen der Gegenpartei durch ein Verweigerungsrecht bei Unverhältnismäßigkeit geschützt werden.469 Dies lässt sich auf das Kaufrecht übertragen.470 b) Wahrung der Käuferinteressen? Die Interessen des Käufers an einem Ersatz von Lagerkosten oder aufgrund eines eventuellen merkantilen Minderwertes (s.o. 2.a)) ließen sich bei einer solchen Lösung auch über einen entsprechenden Schadensersatzanspruch abfangen.471 Diese Lösung ist zwar für den Käufer langwieriger als ein direktes Wahlrecht der Nacherfüllungsart, jedoch treten diese Schadensposten auch hauptsächlich bei B2B-Verträgen auf, wo solch eine Geltendmachung den Käufern eher zugemutet werden kann. Bei geringerwertigen Alltagsgütern aus B2C-Massengeschäften würden derartige Posten in den meisten Fällen (selbstverständlich nicht ausnahmslos) ohnehin nicht geltend gemacht werden. Für Ausnahmefälle mit unverhältnismäßig hohen Kosten oder Nachteilen für den Käufer könnte wiederum dem Wahlrecht, so wie es bereits in den meisten Regelwerken der Fall ist, eine Grenze gezogen werden: Wird der Käufer unzumutbar oder unverhältnismäßig belastet oder leistet die gewählte Art keine volle Erfüllung, so sollte das Wahlrecht auf die andere Nacherfüllungsvariante beschränkt werden.472 Das Interesse des Käufers an einer schnellen Nacherfüllung sowie an Rechtssicherheit kann dabei durch die Einführung von Fristen, nach denen der Käufer bei Nichtausübung des Wahlrechts (bzw. generell Nichtdurchführung der Nacherfüllung) durch den Verkäufer zu anderen Rechtsbehelfen übergehen kann, gewahrt werden – entweder ähnlich den bestehenden Regelungen („unverzüglich“/„innerhalb eines angemessenen Zeitraums“) oder anhand einer vom Käufer zu bestimmenden Nachfrist oder sogar anhand einer 467 Art. 26 Abs. 2 des Entwurfs von 2008, KOM(2008) 614 endg. (Allgemeiner Teil Fn. 25). 468 Z.B. Jud, in: Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neuordnung des Verbraucherprivatrechts, 2009, S. 119, 129.; Effer-Uhe/Watson, GPR 6 (2009), 7, 14; wohl auch Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 233; a.A. jedoch Twigg-Flesner, in: Howells/ Schulze (Hrsg.), Modernising and harmonising, 2009, S. 147, 159 f. 469 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Voit, 45. Edition 2017, § 635 Rn. 7. 470 So auch Effer-Uhe/Watson, GPR 6 (2009), 7, 14; vgl. auch den allgemeinen Hinweis von Tröger, AcP 212 (2012), 296, 314 in Fn. 65: „Die Nachbesserungspflicht führt in die Kaufvertragsbeziehungen stets ein Werkelement ein“. 471 So für den merkantilen Minderwert auch Wagner, ZEuP 2012, 797, 813. 472 MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 48 CISG Rn. 4.
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festgelegten Frist. Vor allem unter Verbraucherschutzaspekten erscheint es sehr wichtig, dass an dieser Stelle eine klare, für den Verbraucher leicht verständliche Regelung besteht (z.B. eine starre Frist, dazu bereits oben I.5.b)), sodass er Rechtssicherheit darüber hat, ab wann er nicht mehr auf die Ausübung des Wahlrechts durch den Verkäufer zu warten braucht. c) Ökologische Gesichtspunkte Für ein Wahlrecht des Verkäufers sprechen nicht zuletzt erneut ökologische Gesichtspunkte: Wie bereits oben beim Vorrang der Nacherfüllung ausgeführt, erscheint der Austausch einer mangelhaften Sache, häufig unter Inkaufnahme ihrer Verschrottung oder einer Vernichtung erheblicher volkswirtschaftlicher Werte, als nicht wünschenswerte Alternative (s.o. I.3.b)). Diesen Punkt würden Käufer jedoch in einer konkreten Situation nicht in ihre Entscheidung miteinbeziehen, wenn ihnen das Wahlrecht zustünde. Diese Lösung erschiene schließlich sowohl in B2C- als auch in B2B-Fällen akzeptabel, da bei der Auslegung der Begriffe „unzumutbar“ oder „unverhältnismäßig“ bzw. „angemessen“ auch auf individuelle Besonderheiten Rücksicht genommen werden kann. 4. Generelles Wahlrecht des Käufers? a) Druckmittel Für ein grundsätzliches Wahlrecht des Käufers spricht, dass ihm dadurch ein Druckmittel für eine zügige Nacherfüllung an die Hand gegeben wird. 473 Dies leuchtet insofern ein, als der Fehler jedenfalls nicht aus der Käufersphäre stammt und dieser daher möglichst wenig belastet werden sollte.474 b) Wahrung der Verkäuferinteressen? Während jedoch möglicherweise bei der Lösung unter 3. der Verkäufer bei der Wahl noch das Interesse des Käufers an einer zügigen Nacherfüllung unter den Gesichtspunkten des Erhalts seines guten, professionellen Rufes berücksichtigen könnte, hat der Käufer keinerlei Anlass dazu, hohe Kosten des Verkäufers in seine konkrete Entscheidung miteinzubeziehen (selbst wenn dies langfristig die Preise für andere Käufer senken kann).475 Das Interesse des Verkäufers an geringeren Kosten und Aufwand (das gesamtökono473
Grundmann, FS Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S. 307, 314 ff.; Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 133. 474 So meinte es wohl auch (zumindest für Verbraucher) Jin, Der Nacherfüllungsanspruch, 2013, S. 84 f. 475 Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207 ff.; BDI-Stellungnahme zum CESL (Fn. 390), S. 20 f.; die Gefahr opportunistischen Käuferverhaltens sieht auch Gomez, in: Grundmann/ Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 108 (S. 81 f.).
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misch auch im Interesse des Käufers liegt, s.o. 2.b)) kann daher bei einer solchen Lösung allein durch die Ziehung von Grenzen erreicht werden, wie der der Verweigerungsmöglichkeit bei „unverhältnismäßig hohen Kosten“ aus den meisten Regelwerken.476 Da vor allem bei hochwertigen Gütern jedoch ganz erhebliche Kostenunterschiede zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung bestehen können, wäre es (aufgrund der geteilten Kostentragung) im Interesse beider Parteien bei einem Wahlrecht des Käufers angebracht, die Definition von „unverhältnismäßig“ sehr verkäuferfreundlich auszulegen. Man müsste z.B. schon sobald eine Ersatzlieferung nicht unerheblich teurer ist, eine Beschränkung auf die Nachbesserung annehmen.477 Problematisch ist dabei auch, dass die Unverhältnismäßigkeit möglicherweise schwer nachzuweisen sein kann.478 Dies ist zwar auch im umgekehrten Fall (Verkäuferwahlrecht) durch die Formulierung der „unverhältnismäßigen Belastung“ des Käufers der Fall. Dort dürfte eine solche jedoch wesentlich seltener auftreten. Bei höherwertigen Gütern z.B. sollte im Interesse geringer Kostenverursachung regelmäßig eine Ersatzlieferung als unverhältnismäßig einzustufen sein.479 Insgesamt würde also bei Zuteilung des Wahlrechts an den Käufer die Ausnahme häufig zur Regel werden, um doch noch zu einem sachgerechteren und insgesamt kostengünstigeren Ergebnis zu kommen. Daher erscheint die Lösung eines Verkäuferwahlrechts mit Grenzen zur Interessenerhaltung des Käufers insgesamt vorzugswürdig gegenüber dieser Lösung. 5. Personale Differenzierung? Nun könnte man die Regelung aber auch, wie es das CESL vorsah, abstufen und für B2C-Verträge das (begrenzte) Wahlrecht dem Käufer und für B2BVerträge dem Verkäufer zuordnen. a) Verbraucherschutz Dafür wird wiederum vorgebracht, dass in B2C-Verträgen der Verbraucherschutz vorrangig vor anderen Interessen sein solle.480 Dagegen spricht jedoch, wie bereits mehrfach erwähnt, dass durch häufige, nicht unbedingt erforderliche und kostenintensive Ersatzlieferungen selbstverständlich der Marktpreis insgesamt für den Verbraucher ansteigen wird (s.o. 2.b)). Dies kann vor allem 476 Dies hält z.B. Gomez, in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rn. 108 (S. 81 f.) für ausreichend. 477 So schlägt es mit ausf. Begründung Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 132 f. vor. 478 Eger, FS Claus Ott, 2002, S. 183, 207 ff. 479 Grundmann, ERCL 3 (2007), 121, 132 f. 480 Twigg-Flesner, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and harmonising, 2009, S. 147, 159 f.; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 111 Rn. 1; sehr ausf. dazu Jin, Der Nacherfüllungsanspruch, 2013, S. 82 ff.
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auf Konsumgütermärkten, die alltägliche Massengeschäfte darstellen, relativ schnell zu unvorteilhaften Veränderungen für alle Verbraucher führen. Zudem erscheinen die Interessen des Verbrauchers ausreichend befriedigt, wenn er letztendlich das bekommt, was er ursprünglich erwarten konnte: ein mangelfreies Produkt. Wichtiger wäre es wohl für den Verbraucher vor allem, diesen Zustand schnell und ohne große Komplikationen erreichen zu können (also unabhängig von der Nacherfüllungsvariante eine unkomplizierte und klare Abwicklung vorzusehen, dazu bereits oben I.4.b)).481 b) Grenzüberschreitende Verträge Ein Argument für die Differenzierung wird mit konkretem Blick auf ein europäisches Kaufrechtsinstrument vor allem auch für grenzüberschreitende Verträge vorgebracht: die Befürchtung, dass durch für den Käufer ungünstige Regeln dieser, entgegen dem Ziel eines solchen Instruments, nicht gerade zu grenzüberschreitenden, binnenmarktfördernden Käufen motiviert wird.482 Entsprechend ließe sich jedoch bei umgekehrter Regelung für die Motivation der grenzüberschreitenden Verkäufer argumentieren. Wichtiger erscheint für eine solche Motivation, dass die Abwicklung der Nacherfüllung allgemein unkompliziert und verbraucherfreundlich vonstattengeht. Dabei ist außerdem anzunehmen, dass solche Anbieter, die unkomplizierte Nacherfüllung anbieten, sich langfristig ohnehin am (grenzüberschreitenden) Markt durchsetzen dürften (s. dazu bereits oben I.4.b)). Insofern erscheint es nicht ratsam, den Verbraucher unter Inkaufnahme insgesamt steigender Marktpreise durch die Zuteilung des Wahlrechts übermäßig zu schützen, weshalb eine personale Differenzierung abzulehnen ist. 6. Fazit zur Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung Es erscheint also vorzugswürdig, dem Verkäufer in allen personalen Konstellationen das grundsätzliche Wahlrecht seiner Heilungsmöglichkeit zu gewähren, dabei jedoch klare Regelungen über dessen Grenzen zum Schutz der Käuferinteressen aufzustellen (z.B. Unverhältnismäßigkeitsgrenze, klare Fristen für die Ausübung des Wahlrechts, s.o. 3.b)).
481 So auch Lorenz, Das Nacherfüllungsrecht des Verkäufers, 2010, S. 233. Auch die Studie der Europäischen Kommission von 2009 zeigt, dass Verbraucher durchaus durch eine Reparatur der Sache gänzlich zufriedengestellt werden können oder diese sogar manchmal bevorzugen, vgl. TNS Qual+ Studie (Fn. 392), S. 97 f. Vor allem bei Kaufsachen, die vor mehr als sechs Monaten gekauft wurden, wird es als fair angesehen. Bevorzugt wird es bei emotionaler Bindung an die konkrete Kaufsache oder, wenn Rücksendung und Warten auf Neusendung langwierig oder umständlich wären. 482 Twigg-Flesner, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and harmonising, 2009, S. 147, 159 f.
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III. Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Wer trägt im Fall der Ersatzlieferung die Kosten für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau der neuen Sache? B2C B2B
DE V K/V※
FR V ---
CISG --V
PICC※※ --V
CFR V V
CESL V V
Legende: K = Käufer; V = Verkäufer; --- = nicht geregelt; ※/※※= Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Aus dem Rechtsvergleich ergibt sich in Bezug auf die Frage der Kostentragung für den Ausbau der mangelhaften Sache und den Einbau der neuen Sache im Falle der Ersatzlieferung, dass im CISG und im CFR (※※ und wohl in den PICC, was jedoch nicht eindeutig ist stets der Verkäufer, selbst ohne eigenes Verschulden, diese Kosten trägt). Für B2C-Verträge hat dies der EuGH in Bezug auf die VGK-RL (innerhalb von bestimmten Grenzen) ebenfalls so entschieden. Dies gilt für das deutsche und das französische Recht und hätte wohl auch für das CESL gegolten. Während das französische Recht jedoch diesbezüglich keine klare Regelung für B2B-Verträge bereithält (da es dort grundsätzlich gar keinen Nacherfüllungsanspruch gibt), nahm in Deutschland der BGH bis 2017 (※) eine personale Differenzierung vor, bei der in B2B-Verträgen Ein- und Ausbaukosten nur dann (sehr selten) vom Verkäufer ersetzt werden müssen, wenn er die Mangelhaftigkeit der Kaufsache zu verschulden hat.483 Seit dem 1.1.2018 sieht das BGB nun auch für B2B-Verträge eine Übernahme der Kosten durch den Verkäufer vor (s. dazu oben A.I.2.c)aa)).484 Es ergeben sich also drei mögliche, nacheinander zu bewertende Regelungsmodelle:485 – eine generelle Kostenübernahme des Käufers (für B2C- und B2BVerträge), s.u. 3., – eine generelle Kostenübernahme des Verkäufers (für B2C- und B2BVerträge), ggf. bis zu einer bestimmten Grenze, s.u. 4.,
483 Anders jedoch die Gesetzesänderung von 2017, BGBl. 2017 I, 969 (s. Einleitung Fn. 1), die nun auch für B2B-Verträge eine Übernahme der Ein- und Ausbaukosten vorsieht. 484 Trotzdem wurde dieses Kapitel auch nach der Reform aufgrund der verbleibenden Aktualität der materiellrechtlichen Diskussion um die Ein- und Ausbaukosten nicht aus der Arbeit gestrichen. 485 Im Detail kann es dabei natürlich mehr verschiedene Möglichkeiten geben, dazu unten § 10 B.III.5.b).
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– oder eine personale Differenzierung (Übernahme durch den Verkäufer in B2C-Verträgen, Übernahme durch den Käufer – mit Ausnahme des Verkäuferverschuldens – in B2B-Verträgen), s.u. 5. 2. Hintergrund der Ein- und Ausbaukosten a) Interessen der Parteien Der Käufer hat bei einer Nacherfüllung grundsätzlich ein Interesse daran, keine zusätzlichen unvorhergesehenen Kosten im Falle eines Mangels zu tragen, vor allem, da der Mangel jedenfalls nicht aus seiner Sphäre stammt486. Er hat also meistens durchaus ein Interesse daran, beim Kauf eine Art Garantie für die Übernahme solcher Kosten im Mangelfall zu bekommen (diese also ggf. „mitzukaufen“).487 Gleichzeitig ist es aber nicht unbedingt in seinem Interesse, durch extrem hohe Preise letztendlich solche Käufer mitzufinanzieren, die die Sache, ohne es dem Verkäufer zu offenbaren, an einem entlegenen oder schwer zugänglichen Ort einbauen und dadurch außergewöhnlich hohe Ein- und Ausbaukosten verursachen.488 Grundsätzlich kann man zudem tendenziell feststellen, dass Verbraucherkäufer es meist bevorzugen werden, dass der Verkäufer selbst den Ein- und Ausbau übernimmt bzw. organisiert, während Unternehmerkäufer mit eigenem Personal eher ein Interesse daran haben können, dies selbst zu organisieren und nur die Kosten dafür ersetzt zu bekommen (s. dazu ausf. unten 5.b)bb)).489 Der Verkäufer hat zunächst ein Interesse daran, bei einem Mangel in der Herstellung, auf den er als bloßer Händler keinen Einfluss hatte und den er nicht erkennen konnte, nicht auf den endgültigen Kosten sitzen zu bleiben.490 Außerdem möchte er für die Planung und Preiskalkulation ungefähr die möglichen Kosten vorhersehen können, weshalb ein unvorhergesehener Einbau der Kaufsache an einem sehr entlegenen Ort491 ihm Schwierigkeiten bereiten kann. Er hat also vor allem ein starkes Interesse an Rechts- und Planungssicherheit bezüglich der Kostentragung und der Höhe der Ein- und Ausbaukosten. Den Interessen der Parteien würde also eine Regelung gerecht werden, bei der grundsätzlich der Verkäufer die Kosten trägt, er jedoch hinsichtlich seiner
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Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 f., 219 f. So auch Tröger, AcP 212 (2012), 296, 305. 488 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 305. 489 Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215, 2217, 2219 f.; zu der Unterscheidung für das deutsche Recht auch Bien, ZEuP 2012, 645. 490 Daher gibt es zumindest für B2C-Verträge auch die Regressregelungen beim Hersteller, s. dazu Schulte-Nölke, ZGS 2011, 289; Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255; Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219. 491 Vgl. BGH 23.1.1991, NJW 1991, 1604 (Drehstromgeneratoren in Saudi-Arabien). 487
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Planungssicherheit geschützt wird bzw. sich beim tatsächlichen Verursacher des Mangels schadlos halten kann. b) Ökonomische Analyse Geht man mit der ökonomischen Analyse davon aus, dass es der hypothetische Wille der Parteien ist, den Kooperationsgewinn aus dem Kaufvertrag insgesamt zu maximieren (s.o. § 8 B. und § 8 B.I.2.),492 muss man sich überlegen, für welche Partei es günstiger ist, das Risiko von entstehenden Einund Ausbaukosten zu tragen.493 In der Regel kann der Verkäufer nicht genau wissen, wie hoch die Kosten für den Ein- und Ausbau ungefähr sein werden, da eine Sache für den Einbau an verschiedene Orte verbracht und teilweise auch auf verschiedene Weise eingebaut werden kann. Der Käufer wird ihm im Normalfall nicht sagen, was er mit der Sache geplant hat.494 Das Risiko muss daher ex ante abstrakt bestimmt und kalkuliert werden.495 Derjenige, dem das Risiko zugeordnet wird, wird sich sodann überlegen, wie er damit umgeht: Er kann es entweder selbst tragen oder sich bei Dritten dagegen versichern. Zumindest für B2C-Verträge lässt sich vermuten, dass der Verkäufer als Unternehmer das Risiko leichter übernehmen kann: Er kann es durch Streuung (leichte Preiserhöhungen bei allen Kunden) selbst tragen,496 er kann Regress bei seinem eigenen Händler oder beim Hersteller nehmen497 (vgl. Art. 4 VGK-RL) und er kann es auch leichter bei einem Dritten versichern498. Denn da der Unternehmerverkäufer im Normalfall mehrere gleiche oder ähnliche Verkäufe tätigt und der Verbraucher meist nur einzelne Einkäufe, lohnt sich beim Verkäufer solch eine Versicherung viel eher – bzw. dem Verbraucher stehen solche Vorsorgemaßnahmen in der Regel überhaupt nicht zur Verfü492 Zur ökonomischen Analyse der Ein- und Ausbaukosten ausf. Tröger, AcP 212 (2012), 296 ff. Hier kann man wieder, wie bereits mehrfach (vgl. nur § 10 B.I.2.b)) erläutert, davon ausgehen, dass die Kosten, selbst wenn sie beim Verkäufer entstehen, indirekt durch Preiserhöhungen auch vom Käufer mitgetragen werden. 493 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 315. Zur Frage, wer die Durchführung von Ein- und Ausbau am besten übernehmen sollte, s.u. § 10 B.III.5.b)bb). Allgemein zur Risikotragung und den damit verbundenen Kostenfragen Wagner, ZEuP 2016, 87, 102. 494 Daher schlägt Tröger, AcP 212 (2012), 296, 322 mit Fn. 103, 323 f. mit Fn. 110 hier auch eine Begrenzung der Kostenübernahme auf vom Verkäufer vorhersehbare Kosten vor, dazu auch unten § 10 B.III.5.b)aa). 495 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316. 496 Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255, der dies als klassisches Argument für eine strikte Produkthaftung identifiziert. 497 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316; Beale, in: Blaurock/Hager (Hrsg.), Obligationenrecht, 2010, S. 115, 144. 498 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 322; Beale, in: Blaurock/Hager (Hrsg.), Obligationenrecht, 2010, S. 115, 144.
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gung.499 Am günstigsten kann das Risiko angesichts dieser Überlegung des Verkaufs vieler gleichartiger Produkte letztlich also der Hersteller tragen (so genannter cheapest insurer/cheapest risk avoider, s. bereits oben § 8 B.I.2.).500 Für eine Risikotragung des Herstellers durch einen Regressanspruch spricht außerdem allgemein, dass diese einen gewünschten Qualitätsdruck auf den Hersteller ausübt.501 Die ökonomische Analyse favorisiert also tendenziell die Kostenübernahme durch den Verkäufer,502 vor allem jedoch für B2C-Fälle. c) Zwischenfazit Somit bestehen zwar grundsätzlich in allen personalen Fällen ähnliche Interessen auf Käufer- und Verkäuferseite. Es ergeben sich hieraus jedoch zwei Punkte, die eine personale Differenzierung erfordern könnten: Zum einen könnte es für B2C-Verträge im Gegensatz zu B2B-Verträgen eher sinnvoll sein, dem Unternehmer eine Pflicht zur eigenen Organisation des Ein- und Ausbaus aufzuerlegen (und nicht nur die Kosten zu tragen, dazu unten 5.b)bb)); zum anderen sprechen nach der ökonomischen Analyse in Verbraucherverträgen stärkere Gründe dafür, dem Verkäufer in jedem Fall die Risikotragung für evt. entstehende Ein- und Ausbaukosten bei der Nacherfüllung zu überlassen als in reinen Unternehmergeschäften (dazu auch unten 5.b)aa)). 3. Generelle Kostentragung des Käufers? Es gäbe zunächst die Möglichkeit, wie früher nach deutschem Recht, dem Käufer grundsätzlich die Kosten für den Ein- und Ausbau aufzuerlegen (bis zur Grenze eines Verschuldens der Mangelhaftigkeit des Verkäufers, das zu Schadensersatz führen könnte).503 Diese Option erscheint in solchen Regelwerken die logische Konsequenz zu sein, in denen nur ein verschuldensabhängiger Schadensersatzanspruch besteht (wie z.B. in Deutschland) und daher der Verkäufer nur bei eigenem Verschulden für den Mangel haftet. Denn im Unterschied zu einem Werkvertrag wird beim Kaufvertrag nur die Lieferung der Kaufsache und nicht die Herstellung eines Werkes (also z.B. bei zu verle-
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Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316. Vgl. z.B. Tröger, AcP 204 (2004), 115, 117; Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Bien, ZEuP 2012, 645, 656; Glöckner, EWS 2011, 359, 364; kritisch dazu Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255 f. 501 Wagner, ZEuP 2016, 87, 106; Schulte-Nölke, ZGS 2011, 289; Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255; Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Lenz, Produkthaftpflicht international 2011, 184, 186. 502 So auch Bien, ZEuP 2012, 645, 661; Wagner, ZEuP 2016, 87, 106 f. 503 So befürwortet es z.B. Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 256. 500
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genden Fliesen gerade nicht der verlegte Fliesenboden) geschuldet.504 Bei der Nacherfüllung (die nicht zukunftsbezogen ist) wird demnach nicht der Zustand geschuldet, in dem sich die Kaufsache aktuell befände, wenn sie mangelfrei wäre, sondern der Zustand, in dem sich die Kaufsache bei Gefahrübergang in mangelfreiem Zustand befunden hätte.505 Fraglich ist jedoch, ob diese in Deutschland zunächst logisch erscheinende Regelung den Interessen der Parteien gerecht wird. a) Preisaufschlag Dafür spräche, dass eine Übernahme aller Kosten durch den Verkäufer höchstwahrscheinlich für den Käufer zu einem Preisaufschlag führen würde.506 Dieser könnte möglicherweise auch sehr hoch ausfallen, da es für den Verkäufer bzw. den Hersteller sehr schwer vorhersehbar ist, in welcher Höhe ggf. Ein- und Ausbaukosten entstehen werden, weshalb auch die Versicherungsprämien bei einer Rückversicherung sehr hoch ausfallen könnten.507 Zudem entstehen selbst bei Regressansprüchen gegen den Hersteller dem Verkäufer zumindest Transaktionskosten, die er auf den Letztkäufer umwälzen wird.508 Dies könnte dazu führen, dass der Käufer keinerlei Wahlmöglichkeit mehr darüber hätte, ob er diese durch die Preiserhöhung mitbezahlte Pflichtversicherung überhaupt abschließen möchte und in seiner ökonomischen Wahlfreiheit beschränkt würde. Die Folge wäre also eine ineffiziente Quersubventionierung von Käufern mit hohen Ein- und Ausbaukosten durch Käufer mit geringeren Kosten.509 Vor allem hinsichtlich eines Verbraucherkäufers ist allerdings stark zu bezweifeln, dass er sich dieser Kalkulationen überhaupt bewusst ist und über die Wahlmöglichkeit, ob er dieses Risiko selbst tragen möchte oder eine solche Garantie beim Verkäufer „mitkaufen“ möchte, tatsächlich nachdenkt.510 Daher würde, wenn diese Garantie nicht automatisch besteht, gerade in B2CFällen im Zweifel der Käufer, der sich nicht so viele Gedanken macht, auf den Kosten sitzenbleiben, während der Unternehmerkäufer eher über eine 504
Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 331; Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215. 505 Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 330 f. 506 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255 f.; Lorenz, NJW 2011, 2241, 2243; kritisch dazu Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Eisenberg, BB 2011, 2634, 2637. 507 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255; Tröger, AcP 212 (2012), 296, 305. 508 Lorenz, NJW 2011, 2241, 2243; Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255; Lenz, Produkthaftpflicht international 2011, 184, 186. 509 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 255, der auch die Möglichkeit für den Käufer sieht, sich durch einen eigenen Werkvertrag anderweitig gegen dieses Risiko zu versichern; Tröger, AcP 212 (2012), 296, 305. 510 Vgl. Bien, ZEuP 2012, 645, 657.
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solche Absicherung nachdenken würde. Dieses Ergebnis erscheint keinesfalls wünschenswert. Ähnliches wie für B2C-Verträge gilt für kleinere Unternehmer oder generell für Unternehmer, wenn sie nicht branchentypische Geschäfte durchführen, denn dann wird sich eine Absicherung gegen dieses Risiko regelmäßig weniger für sie lohnen als für den Verkäufer. Außerdem bleibt die Vermutung, der Preisaufschlag könnte sehr hoch für den Verbraucher ausfallen, ebenfalls nicht unbestritten: Denn die Fälle, in denen der Käufer unvorhersehbar hohe Ein- und Ausbaukosten durch Einbau an entlegenen Orten verursach sind wohl eher gering. Daher lässt sich genauso gut argumentieren, dass durch den Streuungseffekt die Preiserhöhungen nicht so signifikant ausfallen dürften, vor allem in Branchen mit einem hohen Wettbewerbsdruck.511 b) Anreiz zur Überprüfung Ein anderes Argument, das dafür spricht, dem Käufer die Kosten aufzuerlegen, ist der dadurch entstehende Anreiz für den Käufer, vor dem Einbau der Kaufsache deren Qualität (im Rahmen des ihm Möglichen) zu überprüfen.512 Allerdings ist fraglich, ob er diese Überprüfung, die für ihn meist keinen großen Aufwand bedeuten würde, tatsächlich bei Kostenübernahme unterlassen würde. Denn der Aus- und Wiedereinbau ist im Mangelfall für den Käufer trotz Durchführung oder Kostenübernahme durch den Verkäufer immer noch mit Unannehmlichkeiten verbunden, wie z.B. Bauarbeiten an seinem Haus oder in seinem Betrieb, mögliche erhebliche Verzögerungen von Folgearbeiten oder Produktionsabläufen etc.513 Ein erneuter Aus- und Wiedereinbau ist also auch bei vollständiger Kostenbefreiung keineswegs in seinem Interesse, weshalb er wohl stets, sofern unkompliziert möglich, einen Anreiz zu einer vorherigen Qualitätsprüfung haben wird. Somit erscheint die Lösung, dass der Käufer grundsätzlich in allen personalen Fällen die Ein- und Ausbaukosten übernimmt, jedenfalls nicht vorzugswürdig. Möglicherweise wäre eine solche Lösung bei einigen B2BGeschäften großer Unternehmer der gleichen Branche sachgerecht. Für diese Fälle könnte es jedoch auch genügen, die Vorschriften der Kostenübernahme in B2B-Fällen dispositiv zu gestalten, um so dem Käufer in Fällen, in denen er lieber gegen einen geringeren Preis selbst das Risiko übernehmen möchte, die Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung, z.B. durch AGB, zu geben.514 511 Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; auch kritisch hierzu Bien, ZEuP 2012, 645, 656 f. sowie Berg, RIW 2011, 717, 719. 512 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 305. 513 Vgl. dazu Jin, Der Nacherfüllungsanspruch, 2013, S. 83 f. 514 So sieht es auch Fornasier, EuZW 2013, 157, 160. Eine Besonderheit enthält seit der Reform des deutschen Kaufvertragsrechts von 2017 (s.o. § 4 C.VI.) § 309 Nr. 8 lit. b lit. cc
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4. Generelle Kostentragung des Verkäufers? Eine andere Alternative wäre, dem Verkäufer stets die Ein- und Ausbaukosten zuzuordnen (ggf. bis zur Grenze der Unverhältnismäßigkeit, s. dazu unten 5.b)aa)).515 So ist es momentan wohl im CFR und im CISG (und möglicherweise im CESL, s.o. A.III.3.c)) geregelt. Denn dort liegt wie im englischen Rechtskreis eine grundsätzliche verschuldensunabhängige Garantiehaftung für Mangelfolgeschäden vor, die nur ausnahmsweise bei einem außerhalb des Einflussbereichs des Verkäufers liegenden Hinderungsgrund entfällt.516 Hier ergibt sich also als logische Konsequenz eine grundsätzliche Übernahme der Kosten durch den Verkäufer im Rahmen des Schadensersatzes. a) Hersteller als cheapest insurer Für eine Kostentragung des Verkäufers spricht zunächst die ökonomische Analyse, die in den meisten Fällen den Hersteller als cheapest insurer für die Übernahme des Risikos anfallender Ein- und Ausbaukosten identifiziert (s.o. 2.b)). Des Weiteren erscheint dies auf den ersten Blick deshalb am gerechtesten, weil der Fehler in der Sphäre des Verkäufers liegt: Selbst wenn dieser den Mangel nicht selbst verursacht hat, hat er jedenfalls seine Pflicht zur Lieferung einer mangelfreien Kaufsache nicht erfüllt.517 Der Käufer begeht hingegen keinen Fehler und es erscheint logisch, dass ihm zumindest dadurch kein finanzieller Schaden entstehen soll, dass er von der mangelhaften Sache bestimmungsgemäß Gebrauch macht (also z.B. Fliesen auf dem Boden verlegt o.Ä.).518 Zumindest eine Ausbaupflicht des Verkäufers ließe sich zudem auch mit einer Art Störungsbeseitigungspflicht begründen, da die mangelhafte, aber schon eingebaute Sache das mit ihr verbundene restliche Eigentum des Käufers stört und daher vom Verkäufer entfernt werden sollte.519
BGB, der zumindest die Abbedingung durch AGB erschwert, dazu Wagner, ZEuP 2016, 87, 96. 515 So befürworten es i.E. z.B. Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219 f.; Fornasier, EuZW 2013, 157, 160 und wohl auch Schmidt-Räntsch, ZJS 2012, 301, 317 und i.E. Beale, in: Blaurock/Hager (Hrsg.), Obligationenrecht, 2010, S. 115, 144. 516 Zum CISG vgl. Schlechtriem/Schwenzer/Müller-Chen Art. 48 Rn. 7. Zu den verschiedenen dogmatischen Strukturen der Ein- und Ausbaukostenregelungen und dabei speziell auch zum englischen Recht vgl. Weller, GPR 2012, 173, 175 ff. m.w.N.; Beale, in: Blaurock/Hager (Hrsg.), Obligationenrecht, 2010, S. 115, 144. 517 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 56; Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 f., 219 f. 518 Kroll-Ludwigs, GPR 2012, 181, 185. 519 Kaiser, JZ 66 (2011), 978, 982.
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b) Argumentation des EuGH Der EuGH entschied in seinem Grundsatzurteil Weber/Putz520, dass bei B2CVerkäufen der Verkäufer die Ein- und Ausbaukosten übernehmen muss. Schließlich stamme die Ursache des Mangels aus der Sphäre des Verkäufers.521 Der Zweck der VGK-RL, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten, erfordere es daher, dass der Verkäufer die Ein- und Ausbaukosten übernehme.522 Die Nacherfüllung müsse für den Verbraucher nach Art. 3 Abs. 2, 3 VGK-RL unentgeltlich sein, was im Falle einer Kostenübernahme für den Aus- und Wiedereinbau nicht sichergestellt sei, da dies erhebliche finanzielle Lasten und Unannehmlichkeiten für den Verbraucher bedeute.523 Dies könne dazu führen, dass er womöglich den Nacherfüllungsanspruch überhaupt nicht geltend mache.524 Außerdem stellte der EuGH fest, dass der Verkäufer schon ausreichend Schutz genieße durch die kurzen Verjährungsfristen im Kaufrecht, die Möglichkeit der Regressnahme (Art. 4 VGK-RL) und das Verweigerungsrecht der Nachlieferung bei Unverhältnismäßigkeit (s. Art. 3 Abs. 3 VGK-RL).525 c) Übertragbarkeit der Argumentation auf B2B-Fälle? Interessant ist nun die Frage, inwiefern sich diese Argumente des EuGH auch auf B2B-Fälle übertragen lassen. Zumindest entstünden auch beim Unternehmerkäufer durch einen Fehler aus der Sphäre des Verkäufers erhebliche finanzielle Lasten und Unannehmlichkeiten, wenn er den Ein- und Ausbau selbst organisieren bzw. bezahlen müsste.526 Auch ist der Verkäufer bei B2BGeschäften ebenfalls durch die kurzen Verjährungsfristen im Kaufrecht geschützt, die für alle gelten, und auch hier kann eine Grenze der Unverhältnismäßigkeit der Nachlieferung gezogen werden.527 Der Regressanspruch des Verkäufers gegenüber seinem eigenen Lieferanten bzw. letztendlich gegenüber dem Hersteller, der bei B2C-Verträgen generell besteht, existiert jedoch in B2B-Verträgen nicht, was zunächst als entscheidender Unterschied in Bezug auf die Situation des Verkäufers erscheint. Jedoch ist auch in B2B-Verträgen der Verkäufer gegenüber dem Hersteller nicht rechtlos: Zum einen stehen ihm die allgemeinen vertraglichen Ansprüche ebenso zu. Zum anderen liegt die Tatsache, dass es keine zwingende 520
EuGH – Weber/Putz (Fn. 264). EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 56. 522 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 55. 523 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 47, 53. 524 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 46. 525 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 58; dazu Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 f., 219 f. 526 Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 f., 219 f. 527 Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217 f., 219 f. 521
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Regressregelung gibt, auch daran, dass selbst der Nacherfüllungsanspruch im B2B-Bereich nicht zwingend, sondern abdingbar ist. Hier wird es also einfach den Unternehmern selbst überlassen, ihre Rückgriffsmöglichkeiten sicherzustellen oder die Risiken bei günstigeren Preisen selbst zu übernehmen. Insofern wird entweder ein Regressanspruch gar nicht benötigt oder werden häufig die Unternehmer zur Absicherung gegen von Dritten verschuldete Fehler einen Regressanspruch vertraglich vereinbaren.528 Daher würde man wahrscheinlich auch bei B2B-Geschäften bei einer Kostenübernahmepflicht für den Ein- und Ausbau meistens zu einer Weitergabe der Haftung an den cheapest cost avoider (s.o. 2.b)) kommen.529 Insofern sprechen nicht nur die ökonomische Analyse, sondern auch einige andere Argumente sowohl in B2C- als auch in B2B-Fällen stärker für eine Übernahme der Kosten durch den Verkäufer. 5. Personale Differenzierung? a) Allgemeine Differenzierung wie in Deutschland? Schließlich könnte man aber auch der aktuellen Lösung der deutschen Granulat-Rechtsprechung (s.o. A.I.2.c)aa)) folgen und bei dieser Problematik personal differenzieren: Bei B2C-Fällen könnte grundsätzlich der Verkäufer die Kosten tragen, bei B2B-Fällen im Falle fehlenden Verkäuferverschuldens der Käufer.530 Einige Argumente, die auf eine solche personale Differenzierung hindeuten, wurden bereits genannt. Wie bereits erwähnt, stellt die ökonomische Analyse fest, dass in der Regel bei B2C-Verträgen die Risikotragung durch den Unternehmer sinnvoller ist, da dieser wiederholt am Markt auftritt und das Risiko von Ein- und Ausbaukosten daher leichter versichern kann (s.o. 2.b)). Dafür spricht, dass er Risiken durch Umwälzung streuen kann, bei Vorlieferanten Regress nehmen kann und aufgrund mehrerer gleichartiger Transaktionen sich eine Rückversicherung für den Verkäufer eher lohnt (s.o. 2.b)). Diese Überlegungen gelten aber teilweise auch für Unternehmergeschäfte: Es ist auch bei B2B-Fällen generell wahrscheinlicher, dass auf Verkäuferseite häufig Verträge über gleichartige Sachen geschlossen werden als auf Käuferseite. Dies ist aber nicht immer der Fall, sondern es kann hier auch vorkommen, dass der Käufer ein ebenso großes, spezialisiertes Unternehmen ist, das täglich massenweise gleichartige Einkäufe durchführt und so über Sachkenntnis, Material und Möglichkeiten der Rückversicherung verfügt. In diesen Fällen wäre allerdings wohl mit 528
So i.E. Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 217. So sieht es seit der Gesetzesänderung von 2017 (s.o. § 4 C.VI.) nun auch das deutsche BGB vor. 530 Dafür z.B. Mörsdorf, JZ 68 (2013), 191, 196; Ayad, BB 2013, 78, 81; a.A. Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219; Schmidt-Räntsch, ZJS 2012, 301, 317. 529
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einer individuell oder in AGB vereinbarten abweichenden Regelung bei Dispositivität der Ein- und Ausbaukostenverteilungsregelung den Parteiinteressen ebenfalls gedient.531 Des Weiteren wird für eine personale Differenzierung vorgebracht, bei B2B-Fällen hätte eine grundsätzliche Ein- und Ausbaukostenübernahmepflicht des Verkäufers kaum abschätzbare ökonomische Konsequenzen, da dort oft Einzelteile bei Produktionsketten in komplexe Wirtschaftsgüter eingefügt würden.532 Es wird also darauf hingewiesen, dass hier der Umfang der möglicherweise entstehenden Ein- und Ausbaukosten wesentlich höher sein kann als bei B2C-Verträgen. Die Tatsache, dass es bei B2B-Verträgen um wesentlich höhere Beträge geht, trifft jedoch insgesamt für die meisten Kostenposten zu, wobei es nicht ersichtlich ist, weshalb aus diesem Grund eine generelle Schlechterstellung des Käufers gerechtfertigt sein sollte. Dieser Punkt würde allerdings erneut dafür sprechen, es den Unternehmern durch Dispositivität der Regelungen zu ermöglichen, in Ausnahmefällen von besonders kostspieligem Einbau von Teilen Sondervereinbarungen, z.B. über Grenzbeträge (dazu sogleich b)aa)), zu treffen. Somit erscheint auch in Unternehmerfällen grundsätzlich die Regelung, dem Verkäufer die Ein- und Ausbaukosten aufzuerlegen, am sinnvollsten. So wird gleichzeitig die Zersplitterung des Umfangs der Nachlieferung, die generell aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit nicht wünschenswert ist, vermieden.533 Dabei ist es hier jedoch besonders wichtig, dass in einigen B2BAusnahmefällen Abweichungen davon vereinbart werden können. b) Andere personale Differenzierungen im Detail? Wie jedoch schon angedeutet, könnten in den Details der Ein- und Ausbaukostenfrage noch personale Differenzierungen wünschenswert sein. Dabei sollen zwei Punkte genauer beleuchtet werden: Zum einen könnte eine Begrenzung der Kostenübernahme auf einen bestimmten Betrag oder Prozentsatz in einigen personalen Konstellationen erforderlich sein (aa)). Zum anderen könnte bei der Frage personal zu differenzieren sein, wer den Aus- und Wiedereinbau zu tätigen bzw. in Auftrag zu geben hat (bb)). aa) Grenze der Kostenübernahme Im Weber/Putz-Urteil stellte der EuGH fest, dass die Kosten für den Ein- und Ausbau, die in B2C-Verträgen vom Verkäufer zu tragen seien, auf einen
531 So auch i.E.: Fornasier, EuZW 2013, 157, 160. Eine Besonderheit enthält das AGBRecht des BGB seit 2018 (zur Reform s.o. § 4 C.VI.), s. Fn. 514. 532 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 257. 533 So auch Schmidt, GPR 10 (2013), 210, 219.
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angemessenen Betrag begrenzt werden könnten,534 um so „vom Verkäufer angeführte wirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen“535. Eine klare Grenze führte der EuGH dabei nicht ein, allerdings sollen folgende Kriterien von Bedeutung sein: der Wert der mangelfreien Sache und die Bedeutung der Vertragswidrigkeit.536 Sollten dem Käufer dadurch Kosten bestehen bleiben, die er nicht übernehmen möchte oder kann, ist er laut EuGH dadurch geschützt, dass er dann zu Rücktritt oder Minderung übergehen kann.537 Teilweise wurde schon versucht, hierfür Grenzbeträge aufzustellen, wie beispielsweise 150 % des Wertes der Kaufsache.538 Es wird also bereits erkannt, dass es jedenfalls zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen kann, wenn solche Grenzen im Vagen belassen werden.539 Solch eine Rechtsunsicherheit ist sowohl für B2C- als auch für B2B-Verträge zu vermeiden. Jedoch wirft die Eignung der vom EuGH angeführten Kriterien für die Begrenzung schon allgemein erhebliche Zweifel auf:540 Diese wägen nämlich zwischen dem Nacherfüllungsaufwand des Verkäufers und dem Erfüllungsinteresse des Käufers allgemein ab, was jedoch eher für die Frage der Reichweite des Vorrangs der Nacherfüllung von Bedeutung ist (daher dazu auch oben I.2.a) u. I.5.b)). Wird eine Ware ihrer Natur nach eingebaut, sind auch Nacherfüllungskosten, die den Kaufpreis signifikant übersteigen, nicht per se unverhältnismäßig. Denn durch den Einbau in eine andere Sache wird vorhersehbar auch der Wert und die Gebrauchstauglichkeit dieser aufnehmenden Sache beeinflusst, sodass natürlicherweise mit höheren Nacherfüllungskosten gerechnet werden muss.541 Daher erscheint es angemessener, den Wertverlust der Gesamtsache, in die eingebaut wurde, mit den Austauschkosten zu vergleichen (z.B. Ist die Nutzungs- bzw. Werteinbuße, die durch den Mangel an den eingebauten Fliesen an dem Gebäude entsteht, erheblich geringer als die Austauschkosten?).542 Auch bezüglich der Bedeutung der Vertragswidrigkeit sollte auf deren Auswirkungen auf die Gesamtsache abgestellt werden.543 Es geht hier nämlich nach dem Einbau nicht mehr darum, welche Reichweite die ursprünglichen Vertragspflichten hatten, sondern darum, wer die Folgekosten
534
EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 74. EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 75. 536 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 74. 537 EuGH – Weber/Putz (Fn. 264), Rn. 77. 538 Vgl. dazu Schulte-Nölke, ZGS 2011, 289; Lenz, Produkthaftpflicht international 2011, 184, 187. 539 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258. 540 Nicht für richtig halten die Kriterien z.B. Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258 und Lorenz, NJW 2009, 1633, 1636 f.; Tröger, AcP 212 (2012), 296, 331. 541 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 331. 542 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258. 543 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258. 535
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von Produktmängeln letztendlich tragen muss, was eher den Fällen der Produkthaftung ähnelt.544 Auch dort gibt es keine solche Grenze.545 Jedenfalls erscheint es nicht sachgerecht, den Käufer, der eine ihrer Natur nach einzubauende Sache, wie z.B. Fliesen, kauft und kostspielig einbaut, für die spätere Kostenübernahme im Mangelfall mit einem Betrag nahe der Höhe des Kaufpreises der Fliesen zu vertrösten. Auch, wenn er anstelle der Nacherfüllung zur Minderung oder zum Rücktritt übergehen kann, ist dies für ihn kein Äquivalent für eine volle Kostenfreistellung.546 Denn geht man davon aus, dass er aufgrund des Mangels die Kaufsache in jedem Fall nicht in eingebautem Zustand belassen kann, bleibt er bei der Minderung komplett auf den Austauschkosten sitzen.547 Beim Rücktritt stellt sich die gleiche Frage wie bei der Nacherfüllung zumindest bezüglich der Übernahme der Ausbaukosten, während der Käufer den Einbau einer neuen Sache ebenfalls erneut komplett selbst übernehmen muss.548 Diese Punkte sprechen also dafür, eine mögliche Begrenzung der Ein- und Ausbaukosten jedenfalls deutlich höher anzusetzen als der EuGH. Bedenkt man nun, dass es in B2C-Fällen absolut gesehen nur selten um sehr hohe Beträge gehen wird, während bei Einbau in komplexe Wirtschaftsgüter in B2B-Fällen tatsächlich horrende Beträge anfallen können, ist an dieser Stelle durchaus zu überlegen, insofern personal zu differenzieren. Dies könnte auch im Sinne einer rechtssicheren, einfachen Regelung für den Verbraucher sein. Man könnte z.B. für Verbraucherverträge stets eine Kostenübernahme vorsehen (möglicherweise mit einer Ausnahme für Extremfälle, in denen die Kostenhöhe für den Verkäufer gänzlich unvorhersehbar war549) und für Unternehmergeschäfte eine Grenze anhand des Vergleichs der Kosten mit der Werteinbuße der Gesamtsache und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit für die Gesamtsache bestimmen. Möglicherweise würde es aber wiederum genügen, in B2B-Fällen solch eine Regelung den Parteien im Wege von Individualvereinbarungen oder AGB zu überlassen. So könnten die Parteien auch die Überlegung, ob die Kosten für den Verkäufer in dieser Höhe vorhersehbar waren, mit einbringen. 544 Eine Parallele der Frage der Ein- und Ausbaukosten zur Produkthaftung zieht auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 107. 545 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258, der darauf hinweist, dass bei Produkthaftungsfällen allein eine absolute Höchstgrenze von 70 Mio. € nach Art. 16 Produkthaftungs-RL (Richtlinie 85/374/EWG, 25.7.1985, ABl. L 210/29) besteht, um die Versicherbarkeit zu gewährleisten. 546 Maultzsch, GPR 8 (2011), 253, 258. 547 Kaiser, JZ 66 (2011), 978, 987. 548 Kaiser, JZ 66 (2011), 978, 987. 549 Eine Vorhersehbarkeitsgrenze befürwortend auch Tröger, AcP 212 (2012), 296, 322 mit Fn. 103, 323 f. mit Fn. 110; ähnlich auch Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 330 f. (dazu bereits oben § 10 B.III.2.b)).
§ 10 Nacherfüllung
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bb) Tätigung bzw. Organisation des Ein- und Ausbaus Die zweite Frage, die eigentlich zu Beginn der Diskussion um die Ein- und Ausbaukosten auftaucht (jedoch bisher zurückgestellt wurde), ist, wann es für wen am günstigsten ist, den Ein- und Ausbau tatsächlich vorzunehmen bzw. in Auftrag zu geben.550 Dies kann in verschiedenen Situationen unterschiedlich sein: Besitzt z.B. der Verkäufer einen Reparaturservice und ein Ersatzteilelager für seine verkauften Produkte, wird es für ihn in der Regel kostengünstiger sein, die Sache selbst ein- und auszubauen.551 Hat hingegen ein Käufer die Kaufsache mithilfe seiner Ingenieure in eine Großanlage in seinem Betrieb einbauen lassen, ist es für ihn wahrscheinlich am günstigsten, diesen Einbau rückgängig zu machen.552 Hier könnte daher eine personale Differenzierung angebracht sein, denn in B2C-Verträgen kommen Fälle wie der zweite Beispielsfall normalerweise nicht vor, sondern hier wird in der Regel nur der Unternehmer über die nötige Sachkenntnis und das Material verfügen.553 Selbst wenn er nicht über die Kapazitäten verfügt, wird er eher in der Lage sein, sich die benötigten Hilfeleistungen am Markt ohne großen Aufwand zu beschaffen und die anfallenden Suchkosten dabei durch die Preiskalkulation zu streuen.554 Bei Unternehmergeschäften kann es hingegen teilweise vom Käufer sogar als Störung empfunden werden, wenn der Verkäufer zwecks Aus- und Wiedereinbau eines Einzelteils in seine betriebliche Sphäre eindringt und dort möglicherweise Arbeitsabläufe stört.555 Jedoch ist auch eine derartige personale Differenzierung, bei der in B2CFällen stets die Pflicht des Verkäufers zur eigenen Organisation des Aus- und Wiedereinbaus besteht und in B2B-Fällen nur die Pflicht zur Kostenübernahme, nicht in allen Fällen sachgerecht, denn es gibt auch den (nicht unbedingt seltenen) Fall, dass ein Verbraucherkäufer die Kaufsache von einem örtlichen Handwerker, der sich in dessen Haus schon gut auskennt, einbauen lässt. In diesem Fall wird es wohl gesamtwirtschaftlich gesehen günstiger sein, wenn der gleiche Handwerker die Sache wieder ausbaut und eine neue Sache einbaut556 und der Verkäufer nur die Kosten dafür übernimmt. Diese Problematik ließe sich aber auch dadurch abfangen, dass der Verkäufer, wenn er daran zweifelt, ob er den Ein- und Ausbau am günstigsten erledigen kann, 550 Diese Frage sollte in Deutschland laut einem Gesetzentwurf von 2016 zunächst ausdrücklich gesetzlich geregelt werden, was dann aber doch wieder aus der endgültig vom Bundestag beschlossenen Version herausgenommen wurde (s.o. § 10 A.I.2.c)aa)). 551 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 315. 552 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316. 553 Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215, 2217. 554 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316. 555 Schneider/Katerndahl, NJW 2007, 2215, 2217, 2219 f., die daher in B2B-Fällen ein Selbstvornahmerecht des Käufers bei Kostenübernahme durch den Verkäufer für die sinnvollste Variante halten. 556 Tröger, AcP 212 (2012), 296, 316.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
sich beim Käufer nach der Person, die den Ersteinbau vorgenommen hat, erkundigt und diese selbst beauftragt. Angesichts eines Schutzes des Verbrauchers vor erheblichen Unannehmlichkeiten durch die Selbstorganisation von Aus- und Wiedereinbau erscheint insofern trotzdem eine personale Differenzierung vorzugswürdig. 6. Fazit zu Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung Zusammenfassend erscheint also im Hinblick auf personale Differenzierungen bei der Regelung des Ein- und Ausbaus bei der Nacherfüllung eine generelle Kostenübernahme durch den Verkäufer sowohl für B2C- als auch für B2B-Fälle als die sinnvollste Option. Die zum 1.1.2018 in Deutschland in Kraft getretene Gesetzesänderung (s.o. A.I.2.c)aa))557 ist also zu begrüßen. Hierbei könnte man aus Verbraucherschutzgesichtspunkten jedoch insofern differenzieren, als bei B2C-Verträgen dem Verkäufer zusätzlich die Pflicht zur Organisation des Ein- und Ausbaus auferlegt werden sollte. Aufgrund der absoluten Kostenhöhe könnte man auch bei der Festlegung einer Grenze für die Kostenübernahme personal differenzieren: Bei B2C-Verträgen sollte, wenn überhaupt, nur in absoluten Ausnahmefällen eine solche Grenze praktiziert werden, während bei B2B-Verträgen eine an den Werteinbußen der aufnehmenden Gesamtsache und der Vorhersehbarkeit der Kostenhöhe orientierte Grenze durchaus sinnvoll erscheint. Außerdem sollte die Übernahme der Ein- und Ausbaukosten allgemein in B2B-Verträgen zur Disposition der Parteien stehen.558
557
BGBl. 2017 I, 969 (s. Einleitung Fn. 1). In Deutschland stellt sich jedoch aufgrund des seit 2018 ebenfalls geltenden neuen § 309 Nr. 8 lit. b cc BGB (Klauselverbot ohne Wertungsmöglichkeit für den Ausschluss der Übernahme der Ein- und Ausbaukosten) die Frage, ob über die Indizwirkung (dazu oben § 9 B.VI.) möglicherweise auch für B2B-Verträge ein Ausschluss in den AGB unmöglich gemacht wird – was nicht sinnvoll erscheint. Vgl. dazu auch BT-Drs. 18/8486, S. 36 f. sowie kritisch dazu Nietsch/Osmanovic, NJW 2018, 1, 3 und 6; Höpfner/Fallmann, NJW 2017, 3745, 3749. 558
183
§ 10 Nacherfüllung
IV. Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung 1. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Muss im Falle der Ersatzlieferung ein Nutzungswertersatz bezahlt werden? B2C B2B
DE ( –) (+)
FR ( –) ---
CISG --( –)
PICC --( –)
CFR ( –) ( –)
CESL ( –) ( –)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt. Der Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung betrifft die Frage, ob der Käufer bei Austausch der Sache etwas dafür bezahlen muss, dass er eine neue Sache bekommt, jedoch eine benutzte Sache zurückgibt. Diese wird in allen untersuchten länderübergreifenden Regelwerken sowohl für B2C- als auch für B2B-Fälle verneint: Teilweise gibt es gar keine Nutzungsersatzansprüche (PICC), teilweise gelten diese nur im Falle des Rücktritts, nicht jedoch für die Nacherfüllung (CFR, CESL, CISG). In Frankreich liegt die Situation ähnlich: In B2C-Fällen gilt hier auch die Quelle-Rechtsprechung des EuGH559 (s.o. A.I.2.c)bb)), während in B2B-Fällen allgemein keine Nacherfüllung und daher auch kein Nutzungsersatz für die Nachlieferung vorgesehen ist. Anders ist die Lage allerdings im deutschen Recht. Hier wird seit der QuelleRechtsprechung personal differenziert: In B2C-Fällen ist kein Nutzungsersatz zu leisten, in B2B-Fällen jedoch schon. Es sollen also die folgenden möglichen Lösungsansätze diskutiert werden: – ein genereller Nutzungsersatzanspruch bei Ersatzlieferung (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. 3., – kein Nutzungsersatzanspruch bei Ersatzlieferung (weder für B2C- noch für B2B-Verträge), s.u. 4., – oder eine personale Differenzierung (Nutzungsersatzanspruch nur bei B2B-Verträgen), s.u. 5. 2. Hintergrund des Nutzungsersatzes bei Ersatzlieferung Der allgemeine Sinn und Zweck der Nutzungsersatzregeln, die vorrangig für die Fälle der gesamten Rückabwicklung (Rücktritt/Vertragsbeendigung) eingeführt wurden, liegt in der Idee der Wiederherstellung des status quo ante: Die Parteien sind so zu stellen, als ob der Vertrag nie geschlossen worden wäre.560 Bei der Nacherfüllung ist es schwierig, diesen Gedanken zu übertra559 560
636.
EuGH – Quelle (Fn. 274). Dazu ausf. Martens, AcP 210 (2010), 689, 710 f.; s. auch Schwab, JuS 2002, 630,
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
gen, da hier nur eine einseitige Rücknahme, jedoch keine beiderseitige Rückabwicklung vorgesehen ist. Der Vertrag wird hier, anders als beim Rücktritt, gerade nicht beseitigt, sondern durchgeführt.561 Man könnte höchstens überlegen, ob die Parteien so gestellt werden sollten, als ob der Kaufvertrag erst bei Ersatzlieferung neu geschlossen worden wäre (zu dieser durchaus nicht unproblematischen Überlegung ausf. unten 3.a)). a) Interessen der Parteien Das Interesse des Käufers daran, keinen Nutzungsersatz zahlen zu müssen, ist insofern sehr hoch, als solche Nutzungsersatzansprüche häufig auch bei Nutzung von weniger als zwei Jahren schon beachtliche Höhen erreichen, vor allem bei kurzlebigen Gütern, also bei den meisten Konsumgütern.562 Daher kann man durchaus davon ausgehen, dass die Verpflichtung zur Zahlung eines solchen Betrages den Käufer in vielen Fällen davon abhalten kann, überhaupt seinen Anspruch auf Nacherfüllung geltend zu machen.563 Der Verkäufer hingegen wird bei Ersatzlieferung und Rückgabe der mangelhaften gebrauchten Sache, wie oben (II.2.a)) erläutert, häufig keinen oder nur noch einen sehr unrentablen Markt für die Weiterverwertung der Sache finden, weshalb er ein Interesse daran hat, diese hohen Verluste durch den Austausch über den zu zahlenden Nutzungsersatz zu reduzieren.564 Inwiefern diese sich komplett entgegenstehenden Interessen berechtigt sind, wird im Folgenden noch ausführlich zu erörtern sein. b) Ökonomische Analyse Die ökonomische Analyse könnte hier wiederum versuchen, die insgesamt anfallenden Kosten möglichst gering zu halten und der Partei die Verluste aufzuerlegen, die sie besser tragen bzw. versichern kann (s.o. § 8 B.I.2.). Denn so hätten die Parteien es, wenn sie die Situation vorausgesehen hätten, ebenfalls gelöst. Es wird hier ebenfalls davon ausgegangen, dass der Verkäufer, soweit er durch die Ersatzlieferung ohne Nutzungsersatz einen Verlust erleidet, diese Kosten zumindest anteilig durch seine Preiskalkulation auf den 561
Vgl. zu diesem Unterschied Schwab, JuS 2002, 630, 636. Vgl. dazu beispielhaft einige Zahlen aus der Rspr.: 278 € Kaufpreis/316 € Nutzungsersatz im Fall Messner: AG Lahr 26.10.2007, MMR 2008 270, Rn. 2, 6, 7; 1265 € Kaufpreis/1007 € Nutzungsersatz im Wasserbett-Fall: BGH 3.11.2010, BGHZ 187, 268; 4100 € Kaufpreis/2.923 € Nutzungsersatz im Gebrauchtwagen-Fall: BGH 16.9.2009, BGHZ 182, 241; etwas geringer im Fall Quelle: 525 € Kaufpreis/70 € Nutzungsersatz, BGH 16.8.2006, Vorlagebeschluss, NJW 2006, 3200. 563 EuGH – Quelle (Fn. 274), Rn. 34. Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919, 920 m.w.N.; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246. 564 Zu den erheblichen Verlusten des Verkäufers vgl. Felling, MDR 2008, 733, 734; Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246 f. 562
§ 10 Nacherfüllung
185
Verbraucher überwälzen würde und so letzten Endes beide Parteien die Kosten tragen würden.565 Der Kostenposten, der bei der Ersatzlieferung entsteht, ist die Differenz zwischen dem verbleibenden Marktwert der zurückgegebenen mangelhaften, gebrauchten Sache und der neuen Ersatzsache (s.o. II.2.a)). Dieser Verlust entsteht beim Verkäufer. Bezüglich der Frage, wer diesen Kostenposten tragen soll, kann auf die obigen (III.2.b)) Ausführungen zur ökonomischen Analyse der Ein- und Ausbaukosten verwiesen werden: Der Verkäufer kann diese Kosten streuen, durch Regressansprüche weitergeben und aufgrund der Anzahl seiner Geschäfte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch leichter versichern. Die ökonomische Theorie würde also auch in diesem Fall die Kosten tendenziell für alle Fälle dem Verkäufer zuschreiben. c) Zwischenfazit Die Interessen der Parteien und die ökonomischen Überlegungen gelten hier gleichermaßen für B2C- und B2B-Verträge. Jedoch könnte das Interesse von Verbraucherkäufern, keinen Nutzungsersatz zu zahlen, aufgrund der häufig kurzlebigeren Güter möglicherweise erhöht sein. Hier ergibt sich jedenfalls kein unbedingter Grund für eine personale Differenzierung, wobei die ökonomische Theorie eher allgemein gegen die Zahlung von Nutzungsersatz zu sprechen scheint. Da es bei der Problematik des Nutzungsersatzes jedoch vor allem darum geht, ob der Käufer durch die Ersatzlieferung möglicherweise unberechtigte Vorteile haben könnte (dazu mehr unten 3.a)), die ihm aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten nicht zustehen, sollte man sich hier keinesfalls auf die ökonomische Analyse beschränken. 3. Genereller Nutzungsersatzanspruch? Als erstes ist also zu überlegen, was dafür sprechen könnte, stets einen Ersatzanspruch für die Nutzung der mangelhaften Sache bis zur Ersatzlieferung vorzusehen.566 a) Ungerechtfertigte Nutzung vor Ersatzlieferung Zunächst kann man dafür die Begründung des deutschen Gesetzgebers für die ursprünglich (bis zur Quelle-Rechtsprechung des EuGH567, s.o. A.I.2.c)bb)) 565
Felling, MDR 2008, 733, 734; Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246 f. 566 So befürwortete es noch der deutsche Schuldrechtsmodernisierungsgesetzgeber, BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 232 f., sowie sind heute noch dafür: Fest, NJW 2005, 2959, 2961; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1035 (die jedoch eine Begrenzung anhand der Unverhältnismäßigkeitsgrenze vorschlägt) sowie Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1247 (die jedoch eine Lösung nur anhand des Bereicherungsrechts vorschlagen).
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
so im BGB vorgesehene Regelung betrachten: Es sei nicht einzusehen, warum der Käufer aus der Mangelhaftigkeit der Kaufsache insofern Vorteile ziehen sollte, als er die zurückzugebende Sache im Zeitraum vorher unentgeltlich nutzen konnte.568 Es geht also um die Abschöpfung unberechtigter Vorteile.569 Diese Überlegung wird jedoch von vielen Seiten als falsch bezeichnet, denn dies würde bedeuten, dass der Kaufpreis kein Entgelt für die Nutzung in der Zeit vor der Ersatzlieferung darstelle.570 Dabei werde unbeachtet gelassen, dass der Käufer die Sache durchaus mit Blick auf eine bestimmte Zeitspanne kaufe, nämlich die Zeit, die auf den Kauf folge.571 Vor allem bei kurzlebigen Gütern oder solchen, die technischer Weiterentwicklung oder der Mode unterliegen, könne es häufig vorkommen, dass der Verkäufer zum Ende des Ablaufs der Verjährungsfrist kein Interesse mehr an einem derartigen Gegenstand habe.572 Tatsächlich entspricht es auch der Vorstellung der Parteien, dass der Kaufpreis eine Gegenleistung für die zuerst gelieferte Sache darstellt.573 Es wäre daher ein Eingriff in das vereinbarte zeitliche Äquivalenzverhältnis, den Käufer so zu stellen, als hätte er die Sache erst später gekauft und vorher unberechtigt genutzt.574 b) Längere Lebensdauer Insofern erscheint es dogmatisch korrekter, den Vorteil des Käufers in der zusätzlichen Nutzungszeit nach Ersatzlieferung zu sehen, da diese zu einer vom Zeitpunkt des Austauschs an gerechneten längeren Lebensdauer gegenüber der zurückgegebenen, zu dem Zeitpunkt schon gebrauchten Kaufsache führen kann.575 Es wird argumentiert, dieser Vorteil der verlängerten Lebens567
EuGH – Quelle (Fn. 274). BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 232 f. 569 Fest, NJW 2005, 2959, 2961; zur Überkompensation des Verkäufers als probematischer Anreiz aus ökonomischer Sicht vgl. auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 113 f. 570 So vertritt auch Fest, NJW 2005, 2959, 2961, dass der Kaufpreis nur die Gegenleistung für diejenige Kaufsache sei, die der Käufer endgültig behalte und nicht für die, die er nur vorübergehend nutze. Wagner, ZEuP 2016, 87, 113 umschreibt in dieser Hinsicht das Sacheigentum auch als „Bündel von Nutzungsbefugnissen“. 571 Gsell, NJW 2003, 1969, 1970; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246. 572 Gsell, JuS 2006, 203, 204; Grohmann/Gruschinske, VuR 2007, 12, 15 f.; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 177; für eine anschauliche Aufzählung typischer Gegenstände, die häufig schon kurze Zeit nach dem Kauf nur noch „in der Ecke liegen“ vgl. Gsell, NJW 2003, 1969, 1972. 573 BGH 16.8.2006, Vorlagebeschluss, Quelle, NJW 2006, 3200, 3202; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, 177. 574 Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246. 575 Gsell, JuS 2006, 203, 204; Wagner, ZEuP 2016, 87, 113; so wohl auch Fest, NJW 2005, 2959, 2960 f., der die ungerechtfertigte Bereicherung des Käufers darin sieht, dass er zum Zeitpunkt der Ersatzlieferung allenfalls nur eine gebrauchte Sache gehabt hätte; i.E. so auch Schwab, JuS 2002, 630, 636 unten. 568
§ 10 Nacherfüllung
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dauer sei wiederum dann besonders hoch, wenn es sich um Gegenstände handele, die einer starken technischen Abnutzung unterlägen (z.B. Auto oder Handy), da diese im Zeitpunkt des Austauschs häufig nur noch eine geringe Lebensdauer hätten aufweisen können.576 Dagegen lässt sich jedoch zum einen anführen, dass allgemein nur darüber spekuliert werden kann, ob tatsächlich eine insgesamt längere Lebensdauer durch das ausgetauschte Produkt vorliegt.577 Zum anderen muss man hier wieder einwenden, dass der Käufer häufig seinen Nutzungswillen in Bezug auf den Gegenstand beim Kauf auf die normal zu erwartende Lebensdauer ausgerichtet haben kann. Es kann daher sein, dass ihm die längere Lebensdauer keinen wirklichen Vorteil bringt (vor allem wieder bei Gegenständen, die der Mode oder technischen Entwicklungen unterliegen).578 Daher wird teilweise vorgeschlagen, man könne einen Nutzungsersatzanspruch bis zu dem Zeitpunkt aufschieben, in dem feststeht, dass der Käufer tatsächlich von einer insgesamt längeren Gebrauchsdauer profitiert hat.579 Dieser Ansatz ist jedoch wenig praktikabel und läuft dem legitimen Interesse der Parteien zuwider, die Transaktion zeitnah mit dem Nacherfüllungsvorgang zum Abschluss zu bringen.580 c) Ausgleich „neu für alt“ Auch eine dem Gedanken der verlängerten Lebensdauer folgende Umdeutung in einen Ausgleich „neu für alt“ und somit eine Parallele zu schadensrechtlichen Grundsätzen stieße auf erhebliche Schwierigkeiten, eine tatsächliche geldwerte Bereicherung des Käufers zu prognostizieren oder zu beweisen.581 Hier wurde von Gsell überlegt, ob möglicherweise eine Nacherfüllung „alt für alt“ das Problem lösen könnte, d.h. eine Nacherfüllung durch eine ähnlich alte und abgenutzte gebrauchte Sache.582 Dagegen spricht jedoch, dass der Wert einer Sache häufig schon davon abhängt, durch wie viele Hände die Sache gegangen ist (z.B. Zahl der Vorbesitzer beim Auto). Dabei können zudem Nutzungsintensität und Pflege der Sache von Besitzer zu Besitzer stark variieren, weshalb es nur schwer praktikabel wäre, eine tatsächlich vergleichbare Sache zu finden.583 Darüber hinaus kann man solche typischen
576
Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246. Rott, BB 2004, 2478, 2479; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 177; Schwab, JuS 2002, 630, 637 oben. 578 Rott, BB 2004, 2478, 2479; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 177. 579 Schwab, JuS 2002, 630, 637. 580 Gsell, NJW 2003, 1969, 1973 in Fn. 27; Grohmann/Gruschinske, VuR 2007, 12, 16. 581 Gsell, JuS 2006, 203, 204 f.; Gsell, NJW 2003, 1969, 1971 f. 582 Gsell, NJW 2003, 1969, 1974. 583 Grohmann/Gruschinske, VuR 2007, 12, 16. 577
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Secondhandrisiken von versteckten Schäden aufgrund schlechter Vorbehandlung einem „Firsthand“-Käufer nicht zumuten.584 d) Äquivalenzprinzip Das oben (unter a)) genannte Äquivalenzprinzip wird jedoch auch als Argument für einen Nutzungsersatzanspruch angeführt: Die Parteien gingen nämlich von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung aus. Dies werde in Frage gestellt, wenn eine Partei durch den Erhalt einer neuen Sache ohne Zahlung für die Nutzungen deutlich besser gestellt werde (sei es durch die vorherige „unentgeltliche Nutzung“, sei es durch die verlängerte Nutzungsdauer). 585 Ob der Käufer jedoch tatsächlich besser gestellt ist, ist durchaus mehr als fraglich. Denn abgesehen davon, dass es, wie soeben dargestellt, nicht sicher ist, ob er im Zeitpunkt der Ersatzlieferung überhaupt noch viel mit der neuen Sache anfangen kann, treten schließlich auch die Probleme, die aus der Mangelhaftigkeit folgen, bei ihm auf und ist er es, der sich darum bemühen muss, am Ende tatsächlich die ordnungsgemäße Leistung zu bekommen. Hingegen verfügt der Verkäufer von Beginn an über den vollen Kaufpreis, ohne ihn sich schon vollständig „verdient“ zu haben.586 e) Vergleich mit der Nachbesserung Als Argument für einen Nutzungsersatz wird ebenfalls ein Vergleich mit der Nachbesserung herangezogen: Im Falle der Reparatur verbleibe der Wertverlust, den die Sache durch ihre Eigenschaft als gebrauchte Sache erleide, stets beim Käufer. Daher solle auch im Falle der Ersatzlieferung aufgrund ihrer Gleichwertigkeit mit der Nachbesserung der Käufer diese Kosten nicht einfach auf den Verkäufer umwälzen können.587 Doch lässt sich der Vergleich mit der Nachbesserung, abhängig von den Umständen des Einzelfalls, auch gegen einen Anspruch auf Nutzungsersatz auslegen. Denn bei der Nachbesserung kommt es häufig zum Austausch von Teilen, durch die sich die Lebensdauer der Sache teilweise stark verlängern kann (z.B. Austausch des Motors eines Autos). Für diese Verlängerung der Lebensdauer, die, wie oben dargelegt, bei der Ersatzlieferung den gewonnenen Vorteil des Käufers darstellt, wird bei der Nachbesserung aber auch kein Nutzungsersatz gezahlt.588 Da 584
Gsell, NJW 2003, 1969, 1974. Kaeding, NJW 2010, 1031, 1032. 586 Rott, BB 2004, 2478, 2479; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 176. 587 Fest, NJW 2005, 2959, 2960; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1032. 588 Beck, JR 2006, 177, 179; Grohmann/Gruschinske, VuR 2007, 12, 13 f.; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 178; a.A. jedoch Rott, BB 2004, 2478, 2479, der nicht von der Möglichkeit der verlängerten Lebensdauer durch Austausch von Teilen ausgeht. 585
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wiederum die Wertungslage bei Ersatzlieferung und Nachbesserung ähnlich ist, müsste man daraus schließen, dass es für die verlängerte Lebensdauer auch bei der Ersatzlieferung keinen Nutzungsersatzanspruch geben sollte. Letztendlich kann man also keine allgemeingültige Aussage aus dem Vergleich zur Nachbesserung ziehen.589 f) Vergleich mit dem Rücktritt Ferner können Wertungswidersprüche zum Fall des Rücktritts bestehen, für den in fast allen untersuchten Regelwerken (außer den PICC) ein Nutzungsersatzanspruch bejaht wird: Wenn der Verkäufer absichtlich nicht nacherfüllt und der Käufer daraufhin nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist zurücktritt, wird der Verkäufer für das Unterlassen der Nacherfüllung insofern belohnt, als er nun Nutzungsersatz verlangen kann.590 Dies kann jedoch kaum darüber gelöst werden, den so arglistig handelnden Verkäufer mit einem Nutzungsersatzanspruch auch bei Nacherfüllung zu belohnen, sondern sollte vielmehr dazu führen, in solchen Fällen den Nutzungsersatzanspruch auch beim Rücktritt zu begrenzen. Außerdem wird in solchen Fällen vorsätzlichen Unterlassens der Nacherfüllung ohnehin häufig der Käufer einen Gegenanspruch auf Schadensersatzanspruch in gleicher Höhe haben. Denn wenn der Verkäufer ordnungsgemäß nacherfüllt hätte, hätte der Käufer keinen Nutzungsersatz gezahlt.591 g) Gefahr von Preiserhöhungen Für einen Ausgleichsanspruch des Verkäufers spricht das schon vielfach genannte Argument (s.o. I.2.b)), dass ihm durch die Nacherfüllung Kosten entstehen, die er ohne Nutzungsersatzanspruch über Preiserhöhungen auf alle Käufer abwälzen wird.592 Dies führt wiederum zu einer Quersubventionierung bzw. Zwangsversicherung gegen die Zahlung von Nutzungsersatz (s. ähnlich auch oben III.3.a)).593 Insofern wird auch der hypothetische Wille des Käufers angeführt, der bei Vertragsschluss, hätte man ihn zu diesem Punkt befragt, aufgrund der sehr entfernten Möglichkeit einer zufälligen Besserstellung wohl nicht dazu bereit gewesen wäre, dafür einen höheren Preis zu zahlen (sondern dieses Risiko lieber selbst getragen hätte).594 Dies ist angesichts der Höhe der Nutzungsersatzzahlungen (s.o. 2.a) mit Fn. 562) und vor allem auch 589 So mit ausf. Begründung auch Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 109 f., 115 ff., 208 f. 590 Felling, MDR 2008, 733, 734. 591 Felling, MDR 2008, 733, 734. 592 Felling, MDR 2008, 733, 734; Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246 f. 593 Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919, 921. 594 Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246.
190
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in Fällen kürzerer Gebrauchsabsichten, in denen dem Käufer subjektiv die längere Nutzungsdauer nicht wirklich einen Vorteil bringt (s.o. b)),595 jedoch stark zu bezweifeln. Bezüglich der Nacherfüllungskosten wurde bereits dargelegt, dass es gesamtwirtschaftlich gesehen günstiger ist, diese dem Verkäufer aufzuerlegen (s.o. 2.b)). Dabei spricht gerade die Möglichkeit der Streuung durch geringe Preiserhöhungen für alle personalen Konstellationen für eine Kostentragung des Verkäufers. h) Gefahr des Rechtsmissbrauchs Des Weiteren könnte eine Gefahr des Rechtsmissbrauchs durch den Käufer nahe liegen, der bei Feststellung einer geringfügigen Mangelhaftigkeit die Sache bis kurz vor Ende der zwei Jahre nutzen und erst dann das Gewährleistungsrecht geltend machen könnte.596 Daher wird vorgeschlagen, einen Nutzungsersatzanspruch zumindest für die Zeit nach Kenntnis des Mangels, also bei Bösgläubigkeit des Käufers, vorzusehen.597 So ähnlich entschied es auch der EuGH für den Fall des Nutzungsersatzes bei Verbraucherwiderruf.598 Zwar liegt der Fall beim Verbraucherwiderruf insofern anders als bei der Nacherfüllung (oder auch beim Rücktritt), als hier nicht eine Pflichtverletzung Auslöser der Rückgabe ist.599 Trotzdem ist kein Grund für eine Freistellung des bösgläubigen Käufers ersichtlich. Diese Fälle können jedoch wohl nach geltendem Recht ohnehin schon über die in allen Regelwerken enthaltenen Vorschriften über Treu und Glauben bzw. den Rechtsmissbrauch abgefangen werden.600 Auch auf Unionsebene mit Blick auf ein einheitliches Instrument gilt das Verbot des Rechtsmissbrauchs. Hier wäre also zumindest nicht unbedingt eine Änderung nötig. Möglicherweise könnte jedoch eine konkrete Klarstellung für mehr Rechtssicherheit sorgen.601
595 Daher schlagen Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246, auch vor, den Nutzungsersatz auf das Bereicherungsrecht und somit auf tatsächlich vorliegende Bereicherungen zu beschränken. 596 Herresthal, NJW 2008, 2475, 2477 f. 597 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 112 Rn. 4. 598 EuGH – Messner (Fn. 274), Rn. 26, 29; auf den Fall des Nutzungsersatzes bei Nacherfüllung wollen diese Rspr. übertragen: Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 112 Rn. 13; Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 112 Rn. 3. 599 Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 176. 600 Herresthal, NJW 2008, 2475, 2477 f.; Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEK Kommentar, Art. 112 Rn. 4. 601 Herresthal, NJW 2008, 2475, 2477 f.
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i) Verjährung Als Letztes wird teilweise auf die Verjährung hingewiesen, die im Regelfall nämlich ab der Nachlieferung von neuem laufe.602 Untersucht man diesen Punkt in den verschiedenen Regelwerken, ist die Situation alles andere als eindeutig. Während es z.B. in Deutschland darauf ankommt, ob der Verkäufer aufgrund seiner Pflicht zur Nacherfüllung leistet (dann beginnt eine neue Frist) oder nur aus Kulanz (dann beginnt keine neue Frist),603 scheint man im französischen Recht stets von einem Neubeginn der Frist auszugehen (in den Fällen des CCons)604. Auf europäischer Ebene ließ das CESL diese Frage offen und es kann nur spekuliert werden.605 Einzig die Änderungsvorschläge des Parlamentsausschusses bezüglich des Richtlinienentwurfs von 2017606 (s.o. § 4 B.I.) enthalten eine solche Regelung, die den Neubeginn festschreibt (Art. 9 I c der Änderungsvorschläge). In den Fällen, in denen die Verjährung nicht neu beginnt, verliert die oben erwähnte mögliche Besserstellung des Käufers durch den kostenlosen Austausch der Sache erheblich an Bedeutung, da er trotz der neuen Sache schon nach kurzer Zeit das volle Risiko eines Mangels tragen muss.607 In den Fällen, in denen die Verjährung neu beginnt, muss jedoch ebenfalls erneut angezweifelt werden, ob der Käufer, der den Gegenstand mit Blick auf einen bestimmten Nutzungszeitraum erwirbt, dadurch tatsächlich subjektive Vorteile erzielt – insofern gilt das Gleiche wie bei der verlängerten Lebensdauer (s.o. b)). Die Argumente, die für einen stets bestehenden Nutzungsersatzanspruch (B2C und B2B) des Verkäufers sprechen, vermögen also nicht zu überzeugen. So sieht es nach der Änderung des deutschen Rechts nun auch keines der untersuchten Regelwerke mehr vor. 4. Kein Nutzungsersatzanspruch? Die zweite Möglichkeit wäre also, in allen personalen Konstellationen einen Nutzungsersatzanspruch des Verkäufers bei Ersatzlieferung auszuschließen, d.h. eine Lösung wie im CFR, im CESL, im CISG, in den PICC und im fran-
602
Felling, MDR 2008, 733. Ausf. im deutschen Recht zu dieser Thematik der „Kettengarantie“ Graf von Westphalen, ZGS 2002, 19 ff.; für einen Neubeginn der Verjährung bei Nachlieferung mit ausf. Begründung ist Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 88 ff. 604 Vgl. dazu Cass. Civ. 1e 5.11.2009, CCC 2/2010, comm. 60 m. Anm. Paisant. 605 Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 186; Schmidt-Kessel/Michael Müller, GEK Kommentar, Art. 182 Rn. 6 606 Bericht des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz über den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie, 27.2.2018 (Allgemeiner Teil Fn. 35). 607 Roth, JZ 56 (2001), 475, 489. 603
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zösischen Recht.608 Zahlreiche Argumente hierfür, die für alle personalen Konstellationen gültig sind, wurden bereits bei der bisherigen Argumentation genannt und müssen nun nicht noch einmal wiederholt werden, sodass nur ein paar zusätzliche Punkte zu diskutieren sind. a) Einseitigkeit Allgemein wird gegen einen Nutzungsersatzanspruch bei Nachlieferung vorgebracht, dass dessen Einseitigkeit unverständlich sei: Konsequenterweise müsste dann auch der Verkäufer für den Kaufpreis Nutzungsersatz, also Zinsen für den Zeitraum bis zur Ersatzlieferung bezahlen, da er den Kaufpreis normalerweise erst Zug-um-Zug gegen die (allein maßgebliche) Lieferung der mangelfreien Ersatzsache hätte beanspruchen dürfen.609 Doch scheint auch eine solche Zinszahlungspflicht dafür keine interessengerechte Lösung zu sein, da dies gerade wieder zu einer – oben (3.) schon als von den Parteien gerade nicht gewünscht identifizierten – teilweisen Rückabwicklung führen würde. Eine solche entspricht dem Interesse am Kauf (vor allem auch mit Blick auf die direkt darauffolgende Nutzungszeit, die möglicherweise zeitlich begrenzt ist) nicht (s.o. 3.a)).610 b) Bevorteilung des Verkäufers Bei Bejahung eines Nutzungsersatzanspruches wird zudem befürchtet, der Verkäufer könnte ungerechtfertigte Vorteile daraus ziehen.611 Denn gerade bei kurzlebigen oder dem technischen Wandel unterworfenen Gütern würde der Nutzungsersatzanspruch häufig dem vereinbarten Kaufpreis sehr nahekommen. Es wäre daher denkbar, dass der Verkäufer, wenn der Wert über seinem Einkaufspreis liegt, sogar noch ein zweites Mal Gewinn erzielt. Dies würde einer faktischen Kaufpreiserhöhung gleichkommen und vor allem dazu führen, dass der vertragswidrig handelnde Verkäufer bessergestellt wäre als der mangelfrei leistende Verkäufer.612 Eine solche Situation, in der der Verkäufer trotz einer zweiten Bereitstellung einer neuen Kaufsache (verbunden mit den dadurch entstehenden Kosten) noch Profit erzielen kann, wird wohl
608 So befürworten es z.B. Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 179; Gsell, JuS 2006, 203, 204; Gsell, NJW 2003, 1969, 1974; Beck, JR 2006, 177, 181; Rott, BB 2004, 2478, 2480; Martens, AcP 210 (2010), 689, 721; Schwab, JuS 2002, 630, 636. 609 Gsell, JuS 2006, 203, 204; Gsell, NJW 2003, 1969, 1970; Beck, JR 2006, 177, 179; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 175; Roth, JZ 56 (2001), 475, 489. 610 Gsell, NJW 2003, 1969, 1970; Beck, JR 2006, 177, 179. 611 Ausf. Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 82 ff. 612 Beck, JR 2006, 177, 180; vgl. dazu auch Schwab, JuS 2002, 630, 636; Zwarg, Der Nacherfüllungsanspruch im BGB, 2010, S. 177.
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eher die Ausnahme sein613 und könnte z.B. durch eine angemessene Höchstgrenze ebenfalls verhindert werden. c) Argumente des EuGH Der EuGH weist außerdem in seinem Quelle-Urteil614 darauf hin, dass die finanziellen Interessen des Verkäufers schon dadurch geschützt würden, dass es im Kaufrecht eine zweijährige Verjährungsfrist gebe und dass er bei Unverhältnismäßigkeit der Kosten die Ersatzlieferung insgesamt verweigern und stattdessen nachbessern könne (zu den Möglichkeiten der Verweigerung vgl. z.B. A.I.2.a) oder A.III.3.a)).615 Außerdem könnten Nutzungsansprüche (wohl vor allem in Anbetracht ihrer Höhe) häufig dazu führen, dass der Käufer den Anspruch auf Ersatzlieferung gar nicht erst geltend mache.616 Dies würde also den Nacherfüllungsanspruch des Käufers mit Unsicherheiten belasten und somit erheblich schwächen, was generell gegen einen Nutzungsersatzanspruch spricht. d) Lösung der PICC Immer öfter wird ein Nutzungsersatzanspruch insgesamt, also auch bei kompletter Rückabwicklung des Vertrags, abgelehnt (aber nur der Anspruch, der auf der bloßen normalen [Ab-]Nutzung der Sache beruht, nicht derjenige auf Wertersatz für darüber hinausgehende Verschlechterungen der Sache).617 So sehen es auch die PICC (die nur für B2B-Verträge gelten) momentan vor (s.o. A.V.4.). Zur Begründung wird angeführt, dass die Berechnung von solchen Gebrauchsvorteilen äußerst schwierig ist und außerdem im Normalfall beide Parteien einen Nutzen ziehen, sodass ein Ausgleich überflüssig ist.618 Die Schwierigkeit der Berechnung von Nutzungen ist in der Tat nicht von der Hand zu weisen.619 Bei beiden Parteien kann es selbstverständlich vorkommen, dass sie mal keine, mal mehr und mal weniger Nutzungen ziehen, sodass eine einseitige Nutzungsersatzleistung zumindest nicht gerechtfertigt erscheint.
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Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 84 f. EuGH – Quelle (Fn. 274). 615 EuGH – Quelle (Fn. 274), Rn. 42. 616 So vor allem für Verbraucherkaufverträge EuGH – Quelle (Fn. 274), Rn. 34; Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919, 920 m.w.N.; Herrler/Lovro, BB 2005, 1245, 1246; Roth, JZ 56 (2001), 475, 489. 617 So v.a. ausf. Martens, AcP 210 (2010), 689 ff.; s. auch Gsell, JuS 2006, 203, 206. 618 Art. 3.2.15 PICC, Comment 6; Art. 7.3.6 PICC, Comment 6; dazu auch Zimmermann, JBl. 132 (2010), 205, 214; Martens, AcP 210 (2010), 689, 721. 619 Die Schwierigkeiten der Berechnung von Gebrauchsvorteilen führt Martens, AcP 210 (2010), 689, 711 ff. sehr ausf. aus. 614
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Somit sprechen die meisten Argumente bisher generell gegen einen Nutzungsersatzanspruch. 5. Personale Differenzierung? Die nur in Deutschland stattfindende personale Differenzierung, die so genannte „gespaltene Auslegung“ (s. auch oben § 2 B.) des Nutzungsersatzanspruchs bei Nacherfüllung (die inzwischen durch § 474 Abs. 5 S. 1 BGB zum geltenden Gesetzesrecht geworden ist, s.o. A.I.2.c)bb)), also der Ausschluss in B2C-Verträgen, wird hauptsächlich damit begründet, dass es sich aus dem historischen Willen des Gesetzgebers so ergibt.620 Sucht man nach anderen Argumenten für eine solche personale Differenzierung, stellt sich wiederum die Frage nach besonderen Erfordernissen des Verbraucherschutzes, die eine solche Unterscheidung rechtfertigen könnten. a) Höhere Gefahr der Nichtgeltendmachung bei B2C Einige der oben genannten Punkte fallen möglicherweise bei B2C-Verträgen allgemein schwerer ins Gewicht: Z.B. sollte gegenüber Verbrauchern noch weniger als gegenüber Unternehmerkäufern die Nacherfüllung allgemein erschwert oder mit Unsicherheiten belastet werden, weil dies dann noch schneller dazu führen kann, dass bestehende Ansprüche nicht geltend gemacht werden (s.o. 4.c)). Die Gefahr der Nichtgeltendmachung kann jedoch aufgrund von Kalkulationen durchaus auch in B2B-Fällen bestehen, wenn sich eine Ersatzlieferung im Falle einer Zahlungspflicht von Nutzungsersatz kostenmäßig nicht rechnet. b) Häufiger kurzlebige Konsumgüter bei B2C? Auch könnte evt. eine Tendenz bestehen, dass in Verbraucherkaufverträgen generell häufiger kurzlebige Konsumgüter, z.B. solche, die Modeerscheinungen unterliegen, Vertragsgegenstand sind als in B2B-Fällen, wo eine Rentabilität längerfristig geplant wird.621 Denn in Fällen kurzlebiger Konsumgüter ist ein Nutzungsersatzanspruch nach der Zeit, in der der Käufer schon bald das Interesse an der Sache verliert, besonders unpassend (dazu bereits oben 3.a)), vor allem, weil noch dazu bei kurzlebigen Sachen die Abnutzung und damit die Höhe des Ersatzanspruchs innerhalb kurzer Zeit sehr hoch sein kann. Jedoch werden die kurzlebigen Güter bevor sie beim Endverbraucher landen (und auch allgemein) ebenfalls zwischen Unternehmern gehandelt, die z.B. auch auf Modeerscheinungen reagieren müssen. Es wäre wohl schwer allge620 Vgl. MüKoBGB/Lorenz, 7. Aufl. 2016, § 474 Rn. 33; Witt, NJW 2006, 3322, 3325; Möllers/Möhring, JZ 63 (2008), 919, 924; allgemein für die personale Differenzierung wohl Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 766. 621 So auch Wagner, ZEuP 2016, 87, 114.
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meingültig zu beweisen, dass Unternehmer stets langlebigere Produkte kaufen als Verbraucher. Daher müsste man dieses Problem vielmehr anhand einer materiellen Differenzierung in Bezug auf den Wert der Sache oder deren gewöhnliche Nutzungsdauer lösen. Ob dies tatsächlich erforderlich ist, lässt sich aber auch bezweifeln, da, wie oben erläutert, auch in Fällen langlebiger Produkte zahlreiche Argumente gegen einen Nutzungsersatzanspruch sprechen (vgl. oben unter 3.).622 Der Ansatz einer personalen Differenzierung erscheint daher letztendlich nicht sinnvoll. 6. Fazit zum Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung Somit sprechen die besseren Argumente dafür, hier nicht personal zu differenzieren, sondern in allen Fällen einen Nutzungsersatzanspruch bei der Nacherfüllung abzulehnen. In Deutschland wäre also § 439 Abs. 4 BGB entsprechend abzuändern (und sodann § 474 Abs. 5 S. 1 BGB zu streichen). Zumindest ist die Regelung auch im deutschen Recht in Unternehmerverträgen dispositiv, sodass der Nutzungsersatzanspruch vertraglich schon jetzt abbedungen werden kann, was die Änderungsbedürftigkeit weniger dringend macht.623 C. Fazit zur Nacherfüllung Bei der Nacherfüllung, bei der in den aktuellen Gesetzen und Entwürfen die unterschiedlichsten personalen Differenzierungen festgestellt wurden, ergeben sich in fast keinem Fall tatsächlich gute Gründe für eine generelle personale Differenzierung (wenn auch teilweise in einzelnen Detailregelungen): – Beim Vorrang der Nacherfüllung ist es vorzugswürdig, diesen bei allen Käufen vorzusehen, wie es in einigen Regelwerken auch der Fall ist. – Für das Wahlrecht zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung ergab die umfassende Abwägung, dass dieses sowohl für B2C- als auch für B2BVerträge grundsätzlich dem Verkäufer überlassen werden sollte. – Die Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung sind in allen personalen Konstellationen grundsätzlich dem Verkäufer aufzuerlegen. – In allen Arten von Kaufverträgen sollte es keinen Nutzungsersatzanspruch bei der Ersatzlieferung geben.
622 Ausf. und ausdrücklich für B2B-Verträge erörtert dies auch Tillkorn, Der Nutzungsersatz im Kaufrecht, 2013, S. 30 ff., der zum gleichen Ergebnis kommt (S. 164 ff.). 623 So Rott, BB 2004, 2478, 2480.
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§ 11 Montagebezogene Fehler § 11 Montagebezogene Fehler
Bei der Frage der Behandlung von fehlerhafter Montage durch den Verkäufer oder fehlerhaften bzw. fehlenden Montageanleitungen gibt es häufig Vorschriften, die dazu führen, dass solche Nebenpflichten zum Kaufvertrag als Sachmängel betrachtet werden und Ansprüche aus Gewährleistungsrecht auslösen. Diese Einordnung als Sachmangel erfolgt jedoch nicht immer für alle personalen Konstellationen gleichermaßen. A. Rechtsvergleichende Darstellung I. Deutschland 1. Geschichtliche Entwicklung Im deutschen Recht gab es bis zur Schuldrechtsreform im Jahr 2002 keine gesetzliche Vorschrift über die Verpflichtung zur Montage.624 In der Literatur war die Einordnung dieser Pflicht umstritten.625 Die Rechtsprechung nahm allerdings schon vor der Schuldrechtsreform verstärkt an, dass bei einem Kauf mit Montageverpflichtung ein einheitlicher Kaufvertrag vorlag, mit der Montage als Nebenleistungspflicht (außer, wenn die Montage den Schwerpunkt der vertraglichen Leistung darstellte).626 Auch eine fehlerhafte Montage- oder Gebrauchsanweisung wurde als Verletzung einer Nebenleistungspflicht eingestuft.627 Als Mangel wurden solche Fälle ausnahmsweise dann behandelt, wenn die Anleitung ganz fehlte und der Käufer die Sache deshalb nicht ordnungsgemäß nutzen konnte oder bei besonders aufwendigen Kaufsachen (z.B. Hard- oder Software), die ohne Anleitung ebenfalls nicht ordnungsgemäß bedient werden können.628 Mit der Schuldrechtsreform wurde dann jedoch in § 434 Abs. 2 BGB die VGK-RL überschießend, also auch auf andere als Verbrauchsgüterkaufverträge anwendbar (dazu oben § 2 B. und § 4 C.V.), umgesetzt.
624 Ausf. über die Regelungen vor der Schuldrechtsreform Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 24 ff. 625 Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 24 f. 626 BGH 22.7.1998, NJW 1998, 3197, 3198; BGH 12.3.1986, NJW 1986, 1927 f.; BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 215; Staudinger/Matusche-Beckmann (2013) § 434 Rn. 114. 627 BGH 5.4.1967, NJW 1967, 1805; Brand, ZGS 2003, 96, 97 m.w.N.; Soergel/Huber, 12. Aufl. 1991, Anh I § 433 Rn. 24 f.; ausf. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 27 f. 628 Soergel/Huber, 12. Aufl. 1991, Anh I § 433 Rn. 24 f.; BGH 4.11.1992, NJW 1993, 461; OLG Celle 3.3.1992, NJW-RR 1993, 433; OLG Frankfurt 10.3.1987, NJW 1987, 3206; Brand, ZGS 2003, 96, 97; Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 27 f.
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2. Regelung § 434 Abs. 2 BGB erweitert die Definition des Sachmangels auf Montagefehler und fehlende/mangelhafte Montageanleitungen629: „(2) Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist, es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden.“
Nicht nur der persönliche Anwendungsbereich geht dabei über die VGK-RL hinaus, sondern auch die Regelung, dass auch Fälle als Mangel erfasst werden, in denen allein die Montage fehlerhaft ist, ohne dass dadurch die Sache selbst mangelhaft geworden ist (z.B. schief hängende Schränke).630 Zwar käme man heute wohl auch über die normale Mangeldefinition des deutschen Rechts in vielen Fällen ohnehin bei fehlenden oder fehlerhaften Anleitungen, die für die Benutzung erforderlich sind, sowie bei fehlerhaft montierten Kaufsachen, die dadurch nicht die gewöhnliche Beschaffenheit aufweisen, zum Vorliegen eines Mangels. Dies stellt § 434 Abs. 2 BGB aber noch einmal für alle Personenkonstellationen klar.631 II. Frankreich 1. Geschichtliche Entwicklung Vor Umsetzung der VGK-RL im CCons im Jahr 2005 gab es im französischen Recht keine Regelung, die die Behandlung von fehlerhafter Montage oder fehlerhaften Anleitungen erfasste. In Rechtsprechung und Literatur wurden daher an verschiedenen Stellen verschiedene Rechtsfiguren und Abgrenzungsproblematiken herangezogen, um diese Frage zu beantworten. Da jedoch 2005 nur für B2C-Verträge eine ausdrückliche Regel eingeführt wurde, haben diese Punkte heute noch Aktualität und müssen u.a. in B2B-Fällen noch von der Rechtsprechung angewendet werden (s. sogleich unter 2.a), 2.b) und 2.c)). 2. Regelung Um die heutige französische Regelung darzustellen muss wiederum nach dem allgemeinen Recht im Cc (vices cachés und délivrance conforme) und dem Verbrauchergewährleistungsrecht des CCons unterschieden werden (s. dazu oben § 5 F.). Nur der CCons enthält aber ausdrückliche Regeln über die Be629
Dazu sehr ausf. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 30 ff. BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 215; Leible, in: Gebauer/Wiedmann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2010, S. 403, 437 f., Rn. 58; vgl. auch Brand, ZGS 2003, 96: „zweifach überschießende Umsetzung“. 631 Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 77. 630
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handlung fehlerhafter Montage und Montageanleitungen (s. sogleich unter d)). Nach dem allgemeinen Recht des Cc werden also grundsätzlich Fehler im Zusammenhang mit einer Montage oder Anleitung nicht als Mängel gewertet.632 Bei solchen Fehlern können verschiedene Punkte außerhalb des Gewährleistungsrechts eine Rolle spielen (a)), jedoch können diese unter bestimmten Umständen auch unter die kaufrechtlichen Gewährleistungsregeln fallen (b) und c)).633 a) Einschlägige Regelungen außerhalb des Gewährleistungsrechts Bei fehlerhaften oder fehlenden Montage- und Bedienungsanleitungen kann zunächst eine Informationspflichtverletzung angenommen werden (obligation de conseil), die zur Pflicht führt, nachträglich noch eine ordnungsgemäße Anleitung zu liefern.634 Bei fehlerhafter Montage durch den Verkäufer stellt sich häufig die Frage der Abgrenzung zwischen Kaufvertrag (contrat de vente) und Werkvertrag (contrat d’entreprise).635 Das Abgrenzungskriterium dabei war früher, ob die Arbeitsleistung oder das gelieferte Material einen höheren Wert hatten.636 Heute wird dann ein Werkvertrag angenommen, wenn der Leistende einen „travail spécifique pour les besoins particuliers de son client“, also eine spezifische Arbeitsleistung für seinen Kunden, erbringt (und nicht als bloßer Lieferant der Sache einzustufen ist).637
632 So auch Kaschefi, Sachmängelhaftung im französischen Kaufrecht, 2008, S. 98; Canfin, Conformité et vices cachés, 2010, Rn. 621 (S. 354). 633 Zur Schwierigkeit der Einordnung und den verschiedenen Möglichkeiten im Cc vgl. Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 325 (S. 295). 634 Cass. Civ. 1e 4.5.1994, Numéro JurisData: 1994-001117 = RTD Com. 1994, 768 m. Anm. Bouloc = D. 1994, 236 m. Anm. Paisant; CA Aix-en-Provence 16.5.2013, n° 12/05021; Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 5987 ff. (S. 1634 ff.); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 325 (S. 295). 635 Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 3931 (S. 1224). 636 CA Metz 29.10.1980, Numéro JurisData: 1980-080189; Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 3931 (S. 1224); ausf. Bihl, Le droit de la vente, 1986, Rn. 22 (S. 13 f.); Paulmann, Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen, 2005, S. 66. 637 Cass. Civ. 3e 24.5.2006, RJDA 2007, n° 23; Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 3931 (S. 1224); Paulmann, Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen, 2005, S. 66.
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b) Garantie des vices cachés Jedoch kann eine fehlende Anleitung oder eine fehlerhaft durchgeführte Montage auch manchmal ein vice caché sein, wenn sie unter die einschlägige Definition in Art. 1641 Cc fällt, d.h. wenn sich die Sache ohne ordnungsgemäße Anleitung/Montage nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet.638 Allerdings kann dies nicht immer unproblematisch angenommen werden, da ein vice caché außerdem „in der Sache selbst begründet“ sein muss und nicht auf externen Faktoren beruhen darf.639 Die Abgrenzung bleibt dabei dem Richter im Einzelfall überlassen. c) Obligation de délivrance conforme Teilweise liest man auch von der Einordnung fehlender oder fehlerhafter Montageanleitungen als Verletzung der Pflicht zur vertragsgemäßen Sachlieferung (obligation de délivrance conforme). Denn die Pflicht zur Lieferung einer ordnungsgemäßen Anleitung kann ein accessoire, also ein Zubehör der zu liefernden Sache sein, bei dessen Fehlen die Lieferpflicht nicht vollständig erfüllt ist.640 Zudem kann in Einzelfällen diese Lieferpflicht die installation ou mise en route (Montage/Aufbau/Aufstellung) der Kaufsache beinhalten, sodass bei nicht ordnungsgemäßer Montage wiederum die Lieferpflicht verletzt sein könnte.641 Auch in diesen Fällen gibt es allerdings keine klar etablierte Regelung, sondern es muss im Einzelfall entschieden werden. d) Garantie de conformité des CCons Im CCons gibt es hingegen seit Umsetzung der VGK-RL eine ausdrückliche Regelung in Art. L 217-4 Abs. 2, die wie folgt lautet: „Le vendeur […] répond des défauts de conformité […] résultant de l'emballage, des instructions de montage ou de l'installation lorsque celle-ci a été mise à sa charge par le contrat ou a été réalisée sous sa responsabilité.“
638 So auch, zumindest zu Bedienungsanleitungen, Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 325 (S. 295). 639 Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 150 (S. 159) mit Fn. 411; Raynard/Seube, Droit civil, 8. Aufl. 2015, Rn. 214 (S. 185); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 269 (S. 248 f.). 640 Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 229 (S. 221); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11248 (S. 209); Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 5985 ff. (S. 1633). 641 Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 5965-1 (S. 1630).
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(auf Deutsch: „Der Verkäufer ist für die Mängel verantwortlich, die auf der Verpackung, der Montageanleitung oder der Montage beruhen, falls er diese vertraglich übernommen hat oder sie unter seiner Verantwortung durchgeführt wurde.“)
Im Unterschied zum deutschen Recht genügt hier also allein eine fehlerhafte Montageanleitung, ohne dass dadurch die Sache mangelhaft geworden ist, nicht. Eine überschießende Umsetzung (dazu oben § 2 B. und § 4 C.V.) der VGK-RL ist jedoch im Hinblick auf die Ausdehnung auf die Verpackung der Ware (angelehnt an Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 lit. d CISG) ebenfalls erfolgt.642 3. Zusammenfassung zu Frankreich In Frankreich werden also nur bei B2C-Verträgen ausdrücklich Montagebzw. Montageanleitungsfehler als kaufrechtliche Mängel behandelt. In B2BVerträgen ist die Lösung unklar und hängt von der Rechtsprechung im Einzelfall ab, wobei verschiedenste Rechtsinstitute in Betracht kommen. III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung In der europäischen Gesetzgebungsgeschichte tauchte eine Regelung über Montage und Montageanleitungen 1999 zum ersten Mal in Art. 2 Abs. 5 VGK-RL auf.643 Sie entspricht einer Überlegung aus Erwgr. 4 der Entschließung des Rates über Gebrauchsanleitungen für technische Konsumgüter644 und lautet wie folgt: „Ein Mangel infolge unsachgemäßer Montage des Verbrauchsgutes wird der Vertragswidrigkeit gleichgestellt, wenn die Montage Bestandteil des Kaufvertrags über das Verbrauchsgut war und vom Verkäufer oder unter dessen Verantwortung vorgenommen wurde. Das gleiche gilt, wenn das zur Montage durch den Verbraucher bestimmte Erzeugnis vom Verbraucher montiert worden ist und die unsachgemäße Montage auf einen Mangel in der Montageanleitung zurückzuführen ist.“
Der Unterschied zur deutschen und französischen Regelung besteht darin, dass hier noch die Einschränkung gemacht wird, dass die Kaufsache zur Montage durch den Verbraucher (und nicht durch einen Fachmann) bestimmt sein sollte.645 Diese durch den Anwendungsbereich der VGK-RL nur für B2C-Verträge geltende europäische Regelung stellt die Grundlage für die oben dargestellten nationalen Vorschriften und für die darauffolgenden europäischen Regelungswerke dar, die diese weitgehend übernommen haben. Auch im Entwurf 642
Dazu auch Kaschefi, Sachmängelhaftung im französischen Kaufrecht, 2008, S. 98. Ausf. dazu Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 19 ff. 644 Entschließung des Rates vom 17. Dezember 1998, ABl. C 411/1. 645 Diese Beschränkung beruht auf einer nachträglichen Änderung durch die Kommission, vgl. Staudenmayer, ERPL 2000, 547, 553. 643
§ 11 Montagebezogene Fehler
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von 2017 für eine neue Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (s.o. § 4 B.I.) ist eine solche Regelung wieder vorgesehen (Art. 6). 2. CFR Die Regelung des CFR in Art. IV.A.-2:304 ist mit der Regelung der VGK-RL identisch: „Where goods supplied under a consumer contract for sale are incorrectly installed, any lack of conformity resulting from the incorrect installation is regarded as a lack of conformity of the goods if: (a) the goods were installed by the seller or under the seller’s responsibility; or (b) the goods were intended to be installed by the consumer and the incorrect installation was due to a shortcoming in the installation instructions.“
Sie gilt ebenfalls, trotz Anwendbarkeit des CFR auf alle Arten von Verträgen, nur für B2C-Verträge. In B2B-Verträgen ist die Rechtsfolge im CFR zumindest in Bezug auf Montageanleitungen ebenfalls dieselbe, nämlich gemäß dem für alle Verträge geltenden Art. IV.A.-2:302 lit. e, wonach die Sache, um vertragsgemäß zu sein, zusammen mit Montageanleitungen oder anderen Anleitungen, deren Erhalt der Käufer vernünftigerweise erwarten kann, geliefert werden muss. In diesem Punkt ist die Regelung für B2C-Verträge also eigentlich überflüssig.646 Bezüglich der unsachgemäßen Montage könnte möglicherweise auch (für alle personalen Konstellationen) eine Nebenpflichtverletzung konstruiert werden, die zur Anwendung der allgemeinen Rechtsbehelfe führt.647 Dies ist jedoch unklar, sodass die spezielle Regelung für B2C-Verträge diesbezüglich zumindest der Klarstellung dient. 3. CESL Im CESL fand sich in Art. 101 für B2C-Verträge eine Regelung mit identischem Wortlaut wie in Art. IV.A.-2:304 CFR (s. soeben 2.). Für B2B-Verträge gab es ebenfalls eine Regelung über die Behandlung von fehlenden bzw. fehlerhaften Montageanleitungen u.Ä. in Art. 99 Abs. 1 lit. c („Die Waren oder digitalen Inhalte sind vertragsgemäß, wenn sie […] den Anforderungen des Vertrags entsprechend mit sämtlichem Zubehör, Montageanleitungen oder anderen Anleitungen geliefert werden.“) und in Art. 100 lit. e CESL (Die Waren oder digitalen Inhalte müssen „mit solchem Zubehör, Montageanleitungen und anderen Anleitungen geliefert werden,
646 Dauner-Lieb/Quecke, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 135, 143 f. 647 Vgl. Dauner-Lieb/Quecke, in: Schulze/von Bar/Schulte-Nölke (Hrsg.), Der akademische Entwurf, 2008, S. 135, 143 f.
202
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
deren Erhalt der Käufer erwarten kann“) Die Rechtsfolge (Behandlung als Mangel der Kaufsache) war somit die gleiche wie bei B2C-Verträgen. Was die unsachgemäße Montage betrifft, so fielen alle im Zusammenhang mit einem Kaufvertrag begründeten Montageverpflichtungen zwischen Unternehmern ohnehin in den Anwendungsbereich der Verträge über verbundene Dienstleistungen (Art. 147 ff. CESL) nach deren Definition in Art. 2 lit. m CESL: „jede Dienstleistung im Zusammenhang mit Waren […] wie Montage, Installierung, Instandhaltung, Reparatur oder sonstige Handreichungen, die vom Verkäufer der Waren […] auf der Grundlage des Kaufvertrags, […] oder auf der Grundlage eines gesonderten Vertrags über verbundene Dienstleistungen erbracht werden, der zeitgleich mit dem Kaufvertrag […] geschlossen wurde […]“.
Gemäß Art. 155 Abs. 1 CESL verfügte der Käufer danach über dieselben Abhilfen wie nach dem Gewährleistungsrecht. Ob die Rechtsfolgen für B2Bund B2C-Verträge danach identisch waren oder sich doch noch im Detail unterschieden, war jedoch unklar.648 IV. CISG Das CISG, das nur auf B2B-Verträge Anwendung findet (s.o. A.), enthält keine ausdrückliche Regelung über die Behandlung von Montageanleitungen oder unsachgemäßer Montage als Mangel. Stattdessen werden fehlerhafte Verpackungen in den Begriff der Vertragsmäßigkeit miteinbezogen, Art. 35 Abs. 1, Abs. 2 lit. d CISG (s. dazu schon oben im französischen Recht unter II.2.d)). In Art. 30 und 34 CISG wird eine Pflicht zur vertragsgemäßen Übergabe der die Ware betreffenden „Dokumente“ statuiert und teilweise wird vertreten, dass darunter auch Montage- und Bedienungsanleitungen fallen sollen.649 Überwiegend wird jedoch vertreten, die Anleitungen seien Teil der Lieferpflicht (als Zubehör der Sache).650 Letztere Ansicht würde dazu führen, dass fehlende bzw. fehlerhafte Anleitungen als Mangel an der Sache gelten, was dem Käufer weitergehende Rechtsbehelfe eröffnet (z.B. Art. 46 Abs. 2 und 3 CISG).651 Die gleiche Lösung ist in den Fällen möglich, in denen die fehlerhafte/fehlende Anleitung die Eignung der Sache zur gewöhnlichen Verwen-
648 Kritisch daher Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 729 f.; Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 101 Rn. 2; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 120. 649 Vgl. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 14 f. 650 Schlechtriem/Schwenzer/Lüchinger Art. 34 Rn. 1 in Fn. 10 m.w.N.; MüKoBGB/Gruber, 7. Aufl. 2016, Art. 34 CISG Rn. 3; Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 34 CISG Rn. 3. 651 Dazu auch ausf. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 15 f.
§ 11 Montagebezogene Fehler
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dung i.S. des Art. 35 Abs. 2 lit. a CISG beeinträchtigt und somit ebenfalls einen Mangel begründet.652 Die fehlerhafte Montage durch den Verkäufer wird ebenfalls im CISG nicht angesprochen. Kaufverträge mit Montageverpflichtung fallen jedoch gemäß Art. 3 Abs. 2 CISG als Mischverträge zwischen Kauf- und Werkvertrag dann unter das UN-Kaufrecht, wenn die Arbeitsleistung nicht über 50 % des Vertrags ausmacht.653 Bei unsachgemäßer Ausführung der Montage kann dies teilweise wohl ebenfalls über die normale Mangeldefinition des Art. 35 Abs. 2 CISG (v.a. über die fehlende Eignung zur gewöhnlichen Verwendung) gelöst werden.654 Sollte der Mangelbegriff allerdings nicht erfüllt sein, stehen dem Käufer wiederum nicht alle Rechtsbehelfe zur Verfügung. Ihm verbleiben aber z.B. Art. 46 Abs. 1 (Erfüllung) oder Art. 74 ff. CISG (Schadensersatz).655 Somit werden Fehler im Zusammenhang mit einer Montageanleitung häufig zur Mangelhaftigkeit der Sache führen, genau wie auch ein Teil der Fälle unsachgemäßer Montage. Eine allgemeingültige klare Regelung existiert jedoch auch hier nicht. V. PICC In den PICC kommt einer „Definition des Mangelbegriffs“ Art. 5.1.6 am nächsten, der die Qualität der Leistung definiert. Diese muss, wenn nichts Konkretes vereinbart wurde, „reasonable and not less than average in the circumstances“ sein, d.h. angemessen und den Umständen nach mindestens durchschnittlich. Insofern stellen fehlende/fehlerhafte Anleitungen dann Pflichtverletzungen dar, wenn die Qualität der Kaufsache dadurch unterdurchschnittlich wird. Dies dürfte zumindest dann der Fall sein, wenn man die Sache ohne Anleitung nicht oder nur schwer benutzen oder aufbauen kann. Da nicht zwischen Kauf- und Werkverträgen unterschieden wird, gibt es insofern keine Abgrenzungsprobleme bei unsachgemäßer Montage. Eine spezielle Regelung über Montageanleitungen oder Montagedurchführungen gibt es jedenfalls nicht. Mangels Unterscheidung nach verschiedenen Vertragsarten und Pflichtenarten können die PICC jedoch für die hier zu untersuchenden Fragen, ob Montagefehler nach Kauf- oder Werkvertrag behandelt werden sollen bzw. ob fehlende oder fehlerhafte Anleitungen als Haupt- oder 652 Staudinger/Magnus (2013), Art. 35 CISG Rn. 19; Schlechtriem/Schwenzer/ Schwenzer Art. 35 Rn. 14; vgl. auch Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 16 ff. 653 Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 3 Rn. 6, 8; Schlechtriem/ Schwenzer/Ferrari Art. 3 Rn. 17; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, Art. 3 CISG Rn. 5. 654 Staudinger/Magnus (2013), Art. 35 CISG Rn. 19. 655 Dann gilt das Gleiche wie bei Einstufung der Montageanleitung als Dokument, vgl. dazu Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 15 f.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Nebenpflichtverletzung des Kaufvertrags behandelt werden sollen, weitgehend vernachlässigt werden. B. Bewertung Der Rechtsvergleich greift zum Gesamtverständnis alle mit Montage und Montageanleitungen zusammenhängenden Punkte auf. Daher muss hier noch einmal die für die vorliegende Untersuchung relevante Frage klargestellt und von anderen Fragen abgegrenzt werden. Zum einen geht es nur um diejenigen Fälle, in denen der Kaufvertrag das Hauptelement des Vertrags darstellt und in denen die Montagedurchführung oder Lieferung einer Anleitung eine auf die eigentliche Kaufsache bezogene Nebenpflicht darstellt. Verträge, bei denen es vorrangig um eine Montagetätigkeit geht und nur nebensächlich um den Verkauf einer Sache, sollten hingegen nie ausschließlich nach Kaufrecht, sondern allenfalls als gemischte Verträge behandelt werden, denn hier passt offensichtlich das auf Arbeitsleistungen zugeschnittene Werkvertragsrecht besser.656 Zum anderen geht es nicht um die Hintergründe und die Bewertung der Benutzung von Montageanleitungen (Einsparung von Lager- und Arbeitskosten durch den Verkauf in Einzelteilen etc.) oder nachträglicher Montage beim Käufer (sperrige/kompliziert zu montierende Kaufsachen, Einsparung von Lagerkosten etc.),657 sondern allein um die Frage, ob solche montagebezogenen Fehler als kaufrechtliche Sachmängel behandelt werden sollten oder besser über das allgemeine Leistungsstörungsrecht (Montageanleitung) bzw. Werkvertragsrecht (Montagedurchführung) geltend gemacht werden sollten. Da derartige Verträge häufig auftreten, wird vorausgesetzt, dass derartige Fehler im Zusammenhang mit der Montage in jedem Fall Rechtsbehelfe des Käufers auslösen sollen (was in keinem der behandelten Regelwerke hinterfragt wird). Unklar ist nur, ob dafür die kaufgewährleistungsrechtlichen Regelungen am besten geeignet sind.
656
Vgl. dazu auch Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 6 f. Zu diesen wirtschaftlichen Hintergründen vgl. ausf. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 6 ff. 657
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§ 11 Montagebezogene Fehler
I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Werden Fehler bei der Montage oder in der Montageanleitung oder fehlende Anleitungen wie Mängel an der Kaufsache selbst behandelt? B2C B2B
DE (+) (+)
FR (+) (–)
CISG --(–)
PICC --(–)
CFR (+) (–)
CESL (+) (–) ※
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). Für B2C-Verträge bestehen in allen untersuchten Regelwerken (Deutschland, Frankreich, CFR, CESL) Sonderregeln, die montagebezogene Fehler ausdrücklich als Mängel an der Kaufsache behandeln. Für B2B-Verträge bestehen solche Spezialregelungen allerdings in keinem der untersuchten Instrumente, mit der Ausnahme des deutschen Rechts, das die Regelungen personal unabhängig anwendet. Daher müssen in den anderen Instrumenten (Frankreich, CISG, PICC, CFR, CESL) für B2B-Verträge die allgemeinen Vorschriften angewendet werden. Diese führen teilweise zum gleichen Ergebnis wie in B2C-Verträgen (※, vor allem im CESL, für Montageanleitungen auch im CFR, s.o. A.III.2.), greifen teilweise aber auch nur auf die allgemeine Mangeldefinition zurück. Im Folgenden sollen die beiden im Rechtsvergleich auftretenden gesetzlichen Lösungsvarianten diskutiert werden: – eine generelle ausdrückliche Einbeziehung von montagebezogenen Fehlern als Sachmängel (einheitlich für B2C- und B2B-Verträge), s.u. III., – oder eine personale Differenzierung i.S. einer ausdrücklichen Einbeziehung von montagebezogenen Fehlern als Sachmängel nur für B2CVerträge, s.u. IV. Die Variante eines generellen Absehens von einer Einbeziehung montagebezogener Fehler in den Kaufvertrag (weder für B2C- noch für B2B-Verträge) wird von keinem Regelungsinstrument gewählt und es konnten auch keine Befürworter einer solchen Lösung gefunden werden.658 II. Hintergrund der Einbeziehung montagebezogener Fehler Zunächst soll dafür wiederum auf die dahinterstehenden Parteiinteressen und die ökonomische Analyse der Frage der Einbeziehung montagebezogener Fehler eingegangen werden. 658 Dies liegt wohl daran, dass viele der betrofffenen Fälle ohnehin auch ohne die Spezialregelung schon durch den Mangelbegriff zur gleichen Lösung führen würden, wie der Rechtsvergleich zeigt.
206
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
1. Interessen der Parteien Der Käufer hat, wenn es um eine Montage oder Anleitungen zum Zusammenbau geht, vor allem ein Interesse daran, dass die Montagearbeiten ordnungsgemäß durchgeführt werden bzw. dass Anleitungen klar, verständlich und nicht zu kompliziert sind.659 Daher hat er außerdem ein Interesse daran, bei Problemen über einfache, klare Rechtsbehelfe zu verfügen, um insofern rechtlich abgesichert zu sein und nicht vor dem Kauf besonders aufmerksam die Anleitungen inspizieren zu müssen bzw. sich ausführlich über mit Montagetätigkeiten verbundene Risiken informieren zu müssen. Der Verkäufer hingegen hat auf den ersten Blick kein besonderes Interesse daran, bei Fehlern in Bezug auf Anleitung oder Montage schneller oder stärker in Anspruch genommen werden zu können. Jedoch hat auch er zumindest insofern ein Interesse an der einheitlichen Behandlung solcher mit dem Kaufvertrag zusammenhängenden Pflichten, als dann auch einheitlich die kürzere Verjährungsfrist des Kaufrechts Anwendung findet und er nach deren Ablauf keine Angst mehr vor Inanspruchnahme aufgrund solcher Zusatzpflichten haben muss660. Diese Parteiinteressen gelten sowohl für B2B- als auch für B2C-Verträge. Bei B2C-Verträgen könnte dabei aber tendenziell das Interesse an einer gut verständlichen Montageanleitung erhöht sein, zumindest im Gegensatz zu solchen B2B-Verträgen, bei denen der Unternehmerkäufer selbst fachkundig ist und sich mit der Montage möglicherweise ohnehin gut auskennt.661 2. Ökonomische Analyse Aus ökonomischer Sicht mit Blick auf die Gesamtkosten für die Parteien besteht insofern ein Interesse an einer möglichst verständlichen und umfassenden Montageanleitung, als es zu weniger Komplikationen und Geltendmachung von Ansprüchen führt, wenn das Risiko einer Fehlmontage durch den Käufer geringgehalten wird. Die Kosten für die Anleitungserstellung werden zumindest bei Produkten, die in hohen Stückzahlen verkauft werden, meist geringer sein als die zudem schwer vorhersehbaren Kosten, die bei fehlenden oder fehlerhaften Anleitungen entstehen können.662 Somit besteht also generell ein Interesse daran, durch effektive/strenge Rechtsbehelfe einen Anreiz
659 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-2:304 Comment C; Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 225. 660 Vgl. dazu ausf. Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 29, 65, 121 ff., 223 f. 661 Daher plädiert auch Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 101 Rn. 2 für eine Ausnahme bei besonderer Expertise des Unternehmerkäufers; vgl. dazu unten § 11 B.IV.2. 662 Ähnlich Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 7 f.
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für Verkäufer zu schaffen, klare und präzise Montageanleitungen zu erstellen.663 Ähnliches dürfte für die Montage durch den Verkäufer gelten, für die daher ein Anreiz geschaffen werden sollte, sie möglichst sorgfältig und fehlerfrei durchzuführen. Mit Blick auf die einheitliche Behandlung aller Ansprüche nach Kaufrecht dürfte es außerdem ebenfalls im Sinne der ökonomischen Analyse sein, die Rechtsdurchsetzungskosten im Streitfalle möglichst gering zu halten und somit über möglichst einfache und klar definierte, festgeschriebene Rechtsbehelfe zu verfügen. 3. Zwischenfazit Sowohl die Parteiinteressen als auch die ökonomische Analyse sprechen überwiegend für eine generelle ausdrückliche Einbeziehung montagebezogener Fehler in die kaufrechtliche Gewährleistungsabwicklung, wobei in B2CVerträgen ein erhöhtes Interesse an klaren, verständlichen Montageanleitungen vorliegen kann. III. Generelle Einbeziehung montagebezogener Fehler? Zunächst sind also weitere Argumente für eine generelle Behandlung montagebezogener Fehler nach Kaufrecht zu suchen. 1. Klarstellung Klar ist, dass auch außerhalb von B2C-Verträgen, wenn auch womöglich seltener, Verträge mit Montageverpflichtungen oder Montageanleitungen zum Selbstaufbau vorkommen.664 Wie sich aus dem oben durchgeführten ausführlichen Rechtsvergleich ergibt, werden auch in allen Regelwerken die meisten Fehler im Zusammenhang mit Anleitungen oder Montage letztendlich über kaufrechtliche Rechtsbehelfe abgewickelt (mithilfe verschiedener Rechtsfiguren wie der Behandlung von Anleitungen als Zubehör oder der Subsumtion unter die normale Mangeldefinition). Insofern liegt die Bedeutung der Spezialvorschrift häufig eher darin, dies noch einmal ausdrücklich und unmissverständlich klarzustellen und so schneller und sicherer zum gleichen Ergebnis zu gelangen.665 Auch für B2B-Verträge erscheint eine solche Klarstellung wünschenswert (s. dazu sogleich IV.3.).
663 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-2:304 Comment C; Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 225. 664 BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 215 f. 665 Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 77.
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2. Effektiver Regress Außerdem ist die Gleichbehandlung von B2C- und B2B-Fällen, zumindest im Falle fehlerhafter oder fehlender Anleitungen, unter einem anderen Gesichtspunkt entscheidend, nämlich mit Blick auf effektive Regressmöglichkeiten in der Lieferkette: Wenn der Hersteller eine fehlerhafte Anleitung erstellt und der Verbraucher dies beim Letztverkäufer gewährleistungsrechtlich geltend macht, kann nur durch die Gleichbehandlung sichergestellt werden, dass der Letztverkäufer den Anspruch in gleichem Umfang an seinen Lieferanten und letztendlich so an den Hersteller weitergeben kann.666 Dies könnte zwar auch über eine spezielle Rückgriffsvorschrift in derartigen Fällen geregelt werden. Jedoch sollte der Letztverkäufer auch in solchen Fällen reagieren können, in denen er aufgrund von Kundenbeschwerden über bereits verkaufte Waren auch die restlichen, noch nicht verkauften Waren derselben Gattung bei seinem Lieferanten bzw. beim Hersteller bemängeln möchte, um nicht erst kostenintensive und Unzufriedenheit stiftende Reklamationen abwarten zu müssen.667 Sonst würde wiederum das oben genannte Ziel des Anreizes für fehlerfreie Anleitungen und der Gesamtkosteneinsparung (s.o. II.2.) gefährdet. Somit sprechen einige gute Gründe für eine generelle einheitliche Einbeziehung.668 IV. Personale Differenzierung? Als nächstes ist nach Gründen für eine personale Differenzierung zu suchen, wie sie in Frankreich und in den europäischen Regelwerken momentan gilt. 1. Historische Begründung Die historische Begründung ist aus der obigen Darstellung leicht ersichtlich: Die Regelung tauchte erstmals in der VGK-RL auf und beschränkte sich daher auf B2C-Verträge. Somit wurde sie in darauffolgenden (für alle Personen anwendbaren) Regelwerken als aus dem Verbraucherschutz stammende Vorschrift eingeordnet und blieb ebenfalls auf B2C-Verträge beschränkt. Dieses historische Argument stellt aber keine sachliche Begründung für eine Differenzierung dar.669
666 BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 216; Utzerath, Die Haftung des Verkäufers, 2006, S. 221. 667 So auch BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 216. 668 Dafür auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 168; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 729 f.; Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 101 Rn. 2; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 120. 669 So auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 729.
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2. Fachkenntnis bei B2B Daher ist zunächst zu überlegen, ob die Sonderregelung evt. zur Verwirklichung des Verbraucherschutzes benötigt wird, wovon man wohl bei Erlass der VGK-RL ausging.670 In dieser Hinsicht könnte es sein, wie oben (II.1.) angesprochen, dass Unternehmerkäufer aufgrund ihrer Fachkenntnis grundsätzlich weniger Bedarf an Montageanleitungen sowie einem Aufbau durch den Verkäufer haben als Verbraucher. Dies gilt jedoch nur, wenn ein Unternehmer eine Sache kauft, die zum einen seinem Tätigkeitsbereich entspricht und mit der er zum anderen bereits Erfahrung hat. Dies ist aber nicht immer der Fall, weshalb man allenfalls eine Ausnahme von der Regelung für besonders sachkundige Unternehmerkäufer machen könnte, während in den restlichen Fällen ein ebenso großer Bedarf an sorgfältig erstellten Anleitungen und durchgeführter Montage besteht wie bei Verbraucherverträgen.671 Gegen eine solche generelle Ausnahme spricht mit Blick auf möglichst einfache, einheitliche Regelungen, dass es auch Unternehmern mit besonderer Expertise nicht schadet, wenn Montageanleitungen fehlerfrei sind bzw. sie andernfalls schnell Klarheit über die Rechtsbehelfe haben, zumal auch an einen Weiterverkauf gedacht werden muss. Können dadurch Kosten eingespart werden, so sollte es genügen, dass die Vorschrift in B2B-Verträgen dispositiv bleibt und in solchen Fällen ausnahmsweise abbedungen werden kann. Eine über die mangelnde Fachkunde hinausgehende besondere Unterlegenheit oder Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern in Bezug auf Montageanleitungen oder -durchführung ist nicht ersichtlich.672 3. Kein Regelungsbedarf Für eine personale Differenzierung könnte des Weiteren die Tatsache sprechen, dass man in den meisten Fällen, wie die obigen Ausführungen zeigen, ohnehin auch für B2B-Verträge zur gleichen Lösung über das Gewährleistungsrecht kommt.673 Daher könnte man es vorziehen, das Gesetz für Unternehmer nicht mit überflüssigen Vorschriften zu überfrachten, während dies für Verbraucher durchaus zur Eindeutigkeit und Klarstellung sinnvoll sein könnte. Wie oben bereits angedeutet (III.1.), erscheint solch eine Klarstellung vor dem Hintergrund einer schnellen, unkomplizierten Abwicklung im Problemfall und der Rechtssicherheit aber auch in B2B-Verträgen durchaus sinnvoll. In denjenigen Fällen, in denen nicht ohnehin Kaufrecht Anwendung finden würde (z.B. wenn der Fehler nur in der Montage liegt und sich nicht 670
Vgl. Erwgr. 1 der VGK-RL; BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 215 f. So schlägt es Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 101 Rn. 2 vor. 672 So auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 168. 673 Vgl. z.B. für das deutsche Recht Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 77. 671
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
auf die Beschaffenheit der Sache auswirkt), erscheint es ebenfalls vorteilhaft für die Schnelligkeit des unternehmerischen Verkehrs, nicht lange den gemischten Vertrag in seine kauf- und werkvertraglichen Elemente aufgliedern zu müssen, sondern diese einheitlich behandeln zu können.674 Zudem kann man auch nicht von einer „Überfrachtung“, sondern vielmehr von einer Vereinfachung des Gesetzes sprechen, wenn personale Differenzierungen abgeschafft und durch einheitliche Regelungen ersetzt werden. Somit ist eine Beschränkung der Regelung auf B2C-Verträge nicht vorzugswürdig. V. Fazit zu montagebezogenen Fehlern Eine Einbeziehung von montagebezogenen Fehlern in die gewährleistungsrechtlichen Ansprüche vereinfacht die Rechtslage und ist sowohl für B2C- als auch für B2B-Verträge sinnvoll. Sollte ausnahmsweises in bestimmten B2BVerträgen – aufgrund besonderer Sachkunde und um Kosten zu sparen (s.o. IV.2.) – Bedarf nach einer Einschränkung dieser Regelung bestehen, kann dies durch entsprechende abweichende Vereinbarungen erreicht werden.
§ 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit § 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit
Unterschiedliche personale Differenzierungen bestehen auch bei der Frage, inwiefern es dem Käufer in Bezug auf seine Gewährleistungsansprüche schadet, wenn er bei Vertragsschluss675 schon Kenntnis (oder fahrlässige Unkenntnis) von dem Mangel hatte. A. Rechtsvergleichende Darstellung I. Deutschland 1. Geschichtliche Entwicklung Die Rechtsbehelfe des römischen Rechts (s.o. § 10 A.I.1. und § 4 C.I.) griffen nicht, wenn der Mangel offenkundig war, d.h. vom Käufer festgestellt werden konnte.676 Hintergrund war das alte Prinzip caveat emptor („der Käufer möge sich vorsehen“, s.o. § 4 C.I.), nach dem der Verkäufer grundsätzlich nicht 674 BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 215. Die konkreten Abgrenzungsschwierigkeiten von Kaufvertrag und verbundenen Dienstleistungen im CESL kritisieren z.B. Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 729 f.; Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 101 Rn. 2; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 120. 675 Zur Differenzierung der Folgen von Kenntnis bei Vertragsschluss, bei Lieferung und bei der auf die Lieferung folgenden Untersuchung vgl. unten § 13. 676 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 23; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 26 f.
§ 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit
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haftete, wenn der Käufer die Sache besehen und so, wie sie ist, angenommen hat.677 Mängel, die der Käufer nicht erkennen konnte, musste der Verkäufer ihm anzeigen.678 Dieses Prinzip war auch im Mittelalter noch verbreitet.679 Nach § 330 des Preußischen Allgemeinen Landrechts von 1794 waren die Rechte des Käufers dann ausgeschlossen, wenn er die Sache trotz „in die Augen fallender“ Mängel ohne zu rügen übernahm.680 In den darauffolgenden Gesetzen und Entwürfen wurde eine Rügepflicht des Käufers vor allem für den Handelskauf vorgesehen (vgl. dazu unten § 13 A.I.1.), während für das allgemeine bürgerliche Recht weiterhin die Unterscheidung zwischen offenkundigen und verborgenen Mängeln wie im römischen Recht entscheidend war.681 Im BGB galt ab 1900 dann § 460 BGB a.F. als Vorgänger des heutigen § 442 BGB mit weitgehend identischem Inhalt. Bei Rechtsmängeln galt zudem § 439 BGB a.F., der einige Einschränkungen enthielt. Außerdem gab es § 464 BGB a.F. für den Fall der vorbehaltlosen Annahme: „Nimmt der Käufer eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§ 462, 463 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Annahme vorbehält.“
Dieser wurde jedoch aufgrund seiner vermeintlichen Unvereinbarkeit mit der VGK-RL und geringen Praxisrelevanz im Zuge der Schuldrechtsreform wieder gestrichen.682 2. Regelung Der heutige § 442 Abs. 1 BGB schließt die Gewährleistungsrechte des Käufers (bei Sach- und Rechtsmängeln) dann aus, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Nach S. 2 kann bei grob fahrlässiger Unkenntnis „der Käufer Rechte wegen dieses Mangels nur geltend machen, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.“ In Fällen der Arglist des Käufers oder der Übernahme von Beschaffenheitsgarantien683 gilt also eine Ausnahme. 677 Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 23; Rabel, Das Recht des Warenkaufs – 2. Band, 1958, S. 102. 678 Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 25. 679 Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 27; Fleischer, Informationsasymmetrie, 2001, S. 36 f., 43 f. 680 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 48; Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 37. 681 Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 40 ff., 45 f. 682 Dazu und zu dessen späterem Wegfall sehr ausf. Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, insbes. zur Schuldrechtsreform S. 208 ff. 683 Zum streitigen Begriff der hier gemeinten „Garantie“ vgl. Staudinger/MatuscheBeckmann (2013) § 442 Rn. 41 ff.; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 442 Rn. 13.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
II. Frankreich 1. Geschichtliche Entwicklung Auch das französische Recht beruht auf den oben beschriebenen ädilizischen Rechtsbehelfen, die bei offenkundigen (vom Käufer bei Übergabe feststellbaren) Mängeln ausgeschlossen waren (s.o. I.1.). Jedoch gilt diese Regelung im französischen Cc von 1804 für den Ausschluss bei solchen vices apparents noch heute und deckt gleichzeitig die Regelung zur Mängelkenntnis, zur vorbehaltlosen Annahme und zur Mängelrüge ab (s. zu Letzterer ausf. unten § 13 A.II.2.a)). Die genauen Anforderungen wurden von der Rechtsprechung dabei fortlaufend konkretisiert. Mit Umsetzung der VGK-RL wurde dem neuen Gewährleistungsregime für B2C-Kaufverträge außerdem eine spezielle Vorschrift für die Mängelkenntnis des Käufers bei Vertragsschluss hinzugefügt, die für die anderen Gewährleistungsregelungen des Cc jedoch nicht gilt. 2. Regelung Für die Darstellung des aktuellen französischen Rechts müssen wieder die drei verschiedenen Gewährleistungsregime (s.o. § 5 F.) unterschieden werden. a) Garantie des vices cachés Art. 1642 Cc, der für die garantie des vices cachés gilt, lautet wie folgt: „Le vendeur n’est pas tenu des vices apparents et dont l’acheteur a pu se convaincre lui-même.“ (auf Deutsch: „Der Verkäufer haftet nicht für offenkundige Mängel und solche, von denen der Käufer sich selbst überzeugen konnte.“)684 Die Gewährleistung ist also ausgeschlossen, wenn der Käufer den Mangel entweder kannte685 oder durch eine sorgfältige Untersuchung hätte erkennen können.686 Denn dann liegt ein offenkundiger Mangel vor, d.h. das Tatbestandsmerkmal eines versteckten Mangels fehlt. Diese Norm stellt hinsichtlich des Zeitpunkts jedoch nicht nur auf den Kenntnisstand des Käufers bei Vertragsschluss, sondern auch bei Lieferung der Sache (bzw. unmittelbar
684
S. hierzu ausf. rechtsvergleichend Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 170 ff. und Paulmann, Wirksamkeit von Haftungsausschlüssen, 2005, S. 87. 685 Vgl. dazu JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 96 ff. 686 Raynard/Seube, Droit civil, 8. Aufl. 2015, Rn. 215 (S. 186); Malaurie/Aynès/ Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 390 (S. 255); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11329 ff. (S. 279 ff.); Gerny, Untersuchungsund Rügepflichten, 1999, S. 70.
§ 12 Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit
213
danach)687 ab. Sie regelt somit die Mängelrüge und die Mängelkenntnis des Käufers in einem (zu ersterer ausf. unten § 13 A.II.2.). Wie gründlich die erforderliche Untersuchung des Käufers ausfallen muss, wird abhängig vom Einzelfall und von einigen Faktoren entschieden.688 Vor allem hängt es davon ab, ob es sich um einen privaten oder einen professionellen Käufer handelt sowie von dessen Branchennähe: Je professioneller und branchennäher der Käufer ist, desto sorgfältiger muss er die Sache untersuchen (s. dazu ausf. bei der Mängelrüge § 13 A.II.2.a)). b) Obligation de délivrance conforme Etwas anderes gilt für das Regime der délivrance conforme, das keinen Ausschluss bei Kenntnis oder Kennenmüssen des Mangels bei Vertragsschluss vorsieht. Da die obligation de délivrance conforme die Fälle umfasst, in denen die Kaufsache nicht die vertraglich vereinbarten Eigenschaften aufweist (s.o. § 5 F.II.), entspricht dies in etwa dem Ausschluss im Falle vom Verkäufer zugesicherter Eigenschaften im deutschen Recht (s.o. I.2.) und in den anderen Regelwerken.689 c) Garantie de conformité des CCons Im CCons wurde an dieser Stelle die Norm aus der VGK-RL übernommen. Dort ist gemäß Art. L 217-8 S. 2 CCons der Anspruch des Käufers ausgeschlossen, wenn er den Mangel kannte oder hätte kennen müssen („connaissait ou ne pouvait ignorer lorsqu’il a contracté“). Diese Norm bezieht sich, wie in Deutschland, ausschließlich auf den Kenntnisstand im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (dazu auch unten § 13). 3. Zusammenfassung zu Frankreich In Frankreich ist also letztendlich, genau wie in Deutschland, in allen personalen Fallgruppen und Haftungsregimen bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Käufers von dem Mangel die Gewährleistung ausgeschlossen. Eine Ausnahme gibt es bei subjektiven Beschaffenheitsvereinbarungen. Der
687 Zum einschlägigen Zeitpunkt, der umstritten ist, s. ausf. und m.w.N. Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 86 ff.; s. auch (mit Rechtsvergleich zum CISG) Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 152 (S. 163). 688 Für zahlreiche Beispiele dieser Rspr. vgl. Puig, Contrats spéciaux, 6. Aufl. 2015, Rn. 451 (S. 366 f.). 689 Rechtsvergleichend dazu Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 98. Bezüglich der Kenntnis bei Erhalt der Sache (zur réception sans réserve) s.u. § 13 A.II.2.b).
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Fall des arglistigen Verschweigens des Mangels durch den Verkäufer wird nicht erwähnt.690 III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung In Europa tauchte eine Regelung zur Mängelkenntnis, wie schon angedeutet, zum ersten Mal in der VGK-RL von 1999 auf. Nach deren Art. 2 Abs. 3 liegt kein Mangel vor, wenn der Käufer bei Vertragsschluss „Kenntnis von der Vertragswidrigkeit hatte oder vernünftigerweise nicht in Unkenntnis darüber sein konnte“.691 Sowohl die VGK-RL als auch der CFR orientierten sich beim Inhalt dieser Vorschrift stark am CISG. Im CESL trat hier allerdings eine neuartige personale Differenzierung auf, die diesen Ausschluss nur noch auf B2B-Verträge beschränkte. Im Entwurf einer neuen Verbrauchsgüterkaufrichtlinie von 2017 (s.o. § 4 B.I.) findet sich eine solche Regel daher auch nicht mehr. 2. CFR Gemäß Art. IV.A.-2:307 CFR haftet der Verkäufer nicht für objektive Mängel und Rechtsmängel, wenn der Käufer bei Vertragsschluss von dem Mangel wusste oder „could reasonably be assumed to have known“. Bei (subjektiven) Mängeln, die auf einer Abweichung von der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit beruhen, greift die Ausnahme nicht.692 In diesem Fall geht man davon aus, dass die Parteien (konkludent) vereinbart haben bzw. der Käufer trotz Kenntnis bei Vertragsschluss erwarten konnte, dass der Verkäufer den Mangel bis zur Lieferung beseitigt; wobei es bei der Frage, was der Käufer im Einzelnen erwarten konnte, auf die Vertragsauslegung ankommt.693 Bei einer Garantieübernahme durch den Verkäufer ist Art. IV.A.-2:307 CFR, wie die anderen Regelwerke, ebenfalls nicht einschlägig. Denn dann liegt ein Verstoß gegen eine subjektive Beschaffenheitsvereinbarung vor, die von der Vorschrift nicht erfasst sind.694 Für den Fall des arglistigen Verschweigens des Mangels durch den Verkäufer liegt keine Sonderregel vor. 690
Laut JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 66 soll für die Beurteilung des vice caché/apparent der gute oder böse Glaube des Verkäufers oder eine eventuelle Täuschung keine Rolle spielen. 691 Dazu ausf. Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 165 ff. 692 Zur Unterscheidung zwischen objektiven und subjektiven Mängeln im CFR vgl. Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 180. 693 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-2:307 CFR Comment C. 694 So auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 183.
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Allerdings erkannten die Verfasser des CFR das Problem.695 Möglicherweise hielten sie eine ausdrückliche Regelung darüber deshalb für entbehrlich, da der Begriff des Kennenmüssens ohnehin im CFR sehr restriktiv ausgelegt werden soll und ein Ausschluss bei tatsächlicher Kenntnis nicht erforderlich ist.696 3. CESL Das CESL differenzierte bei der Frage der Rechtsfolgen einer Mängelkenntnis des Käufers personal. Art. 104 lautete nämlich wie folgt: „Bei einem Vertrag zwischen Unternehmern haftet der Verkäufer nicht für die Vertragswidrigkeit der Waren, wenn der Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Vertragswidrigkeit kannte oder hätte kennen müssen.“
Welcher Maßstab für die fahrlässige Unkenntnis genau galt, war dabei je nach Übersetzung umstritten.697 Bei Rechtsmängeln galt Art. 102 Abs. 3 und 4 CESL, der der Regelung des CISG gleicht und einen Ausschluss bei Kenntnis nur für Rechte aus geistigem Eigentum annahm. Dieser differenzierte allerdings nicht personal.698 Nach dem Wortlaut des CESL gab es nicht, wie in den meisten anderen Regelungen, eine Ausnahme für die Fälle des arglistigen Verschweigens des Mangels durch den Verkäufer oder eine Garantieübernahme. Hier wurde teilweise angenommen, dass dies wie im CISG über Treu und Glauben (Art. 2 CESL) oder bei der Beurteilung des Kennenmüssens noch hätte eingeschränkt werden können.699 Auch für die Fälle der Übernahme einer Beschaffenheitsgarantie enthielt das CESL keine Regelung.700 IV. CISG Die Regelung im CISG ähnelt sehr der (darauf beruhenden) Regelung im CFR. Art. 35 Abs. 3 CISG, der sich wiederum an dem früheren Art. 36 EKG 695 von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-2:307 CFR Note 3; Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 183. 696 So Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 183. Der Begriff des Kennenmüssens wird im CFR so ausgelegt, dass es für die Fälle gelten soll, in denen der Käufer höchstwahrscheinlich tatsächliche Kenntnis hat, dies jedoch nicht beweisbar ist, vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-2:307 Comment B. 697 Dazu Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 181. 698 Kritisch dazu Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 738 f.; Faust, in: Remien/Herrler/ Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 181 f. 699 So sieht es z.B. Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 183; a.A. wohl Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 739. 700 Kritisch dazu Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 104 Rn. 1.
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(s.o. § 4 A.I.) orientiert, legt fest, dass der Verkäufer nicht nach Abs. 2 haftet, wenn der Käufer bei Vertragsschluss den Mangel „kannte oder darüber nicht in Unkenntnis sein konnte“. Dabei unterscheidet das CISG, genau wie der CFR, ebenfalls nach objektiven und subjektiven Fehlern, da der erste Absatz des Art. 35 CISG, der sich auf vertragliche Beschaffenheitsvereinbarungen bezieht, nicht von der Ausnahme umfasst ist.701 Außerdem enthält das CISG eine Einschränkung bei Rechtsmängeln: Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis schadet hier nämlich nur, wenn der Rechtsmangel auf gewerblichem oder sonstigem geistigen Eigentum beruht, vgl. Art. 41 S. 2 i.V.m. Art. 42 Abs. 1, Abs. 2 lit. a CISG. Bei Fällen von arglistigem Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer geht man im CISG von einem Ausschluss des Art. 35 Abs. 3 bzw. Art. 42 Abs. 2 lit. a nach Treu und Glauben aus (aus dem Grundgedanken des Art. 40 i.V.m. Art. 7 Abs. 1 CISG).702 Übernimmt der Verkäufer eine Garantie, liegt – genau wie im CFR – ohnehin eine vertragliche Beschaffenheitsvereinbarung vor, sodass die Ausnahme nicht greift.703 V. PICC Die PICC enthalten keine Regelung bezüglich einer Einschränkung der Käuferrechte bei Mängelkenntnis. B. Bewertung I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Sind bei Kenntnis/Kennenmüssen des Käufers von der Mangelhaftigkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses die Gewährleistungsrechte ausgeschlossen? B2C B2B
DE (+) (+)
FR (+) (+)
CISG --(+)
PICC -----
CFR (+) (+)
CESL (–) (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt. Alle untersuchten Regelwerke (außer den PICC) sehen einen Ausschluss der Gewährleistungsrechte des Käufers bei Kenntnis vom Mangel oder Kennenmüssen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor. Der Ausschluss gilt dabei 701 Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 38; Staudinger/Magnus (2013), Art. 35 CISG Rn. 49 ff.; dazu auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 738 f. 702 Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 37; Staudinger/Magnus (2013), Art. 35 CISG Rn. 52. 703 Schlechtriem/Schwenzer/Schwenzer Art. 35 Rn. 37; dazu auch Faust, in: Remien/ Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 183.
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stets personal unabhängig mit Ausnahme des CESL, das ihn nur für B2BVerträge vorsah. Eine Ausnahme von der Regelung besteht dabei häufig für subjektive Beschaffenheitsvereinbarungen (in Deutschland, Frankreich, dem CISG und dem CFR) und teilweise bei Arglist (in Deutschland und wohl im CISG). Es sind also die drei folgenden Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren: – ein genereller Ausschluss der Gewährleistungsrechte bei Kenntnis oder Kennenmüssen des Käufers bei Vertragsschluss (für B2C- und B2BVerträge), s.u. III., – kein Ausschluss bei Kenntnis oder Kennenmüssen (weder für B2C- noch für B2B-Verträge), s.u. IV., – oder eine personale Differenzierung (Ausschluss nur für B2B-Verträge), s.u. V. II. Hintergrund des Ausschlusses bei Kenntnis Wie gewohnt soll hier zu Beginn auf die Interessen der Parteien und die ökonomische Analyse der Frage eingegangen werden. 1. Interessen der Parteien Eine Ausschlussregelung bei Mängelkenntnis liegt in jedem Fall im Interesse des Verkäufers: Dieser hat, zumindest in den Fällen, in denen er selbst den Mangel nicht erkannt hat, ein Interesse daran, so früh wie möglich (am besten noch vor Vertragsschluss) davon zu wissen, um so doppelte Kosten für Leistung und Gewährleistung zu vermeiden.704 Außerdem erleichtert ihm diese Regelung in der Praxis oft die Beweislage, da er nicht beweisen muss, dass er den Käufer bei Vertragsschluss auf den Mangel hingewiesen hat (also eine konkrete Beschaffenheitsvereinbarung vorlag), sondern der Beweis der Kenntnis des Käufers genügt.705 Noch stärker wird ihm die Beweislage außerdem dadurch vereinfacht, dass auch (grob) fahrlässige Unkenntnis zum Ausschluss führt, denn Kenntnis wird häufig schwer nachzuweisen sein.706 Da die Regelung für den Käufer nur eine Beschränkung seiner Rechte enthält, kann sie kaum in seinem unmittelbaren Interesse sein. Es wird jedoch trotzdem teilweise vertreten, sie liege zumindest auch im „wohlverstandenen Käuferinteresse“, da er so dazu gezwungen wird, sofort bei Vertragsschluss die Konsequenzen aus der Mangelhaftigkeit zu ziehen (ggf. Absehen vom Kauf). Zudem wird er vor einer späteren Geltendmachung von Gewährleistungsrechten bewahrt. Dadurch erspare er sich diverse Risiken: das Insolvenzrisiko (z.B. dass er den Kaufpreis bei einer Rückabwicklung nicht oder 704
Köhler, JZ 44 (1989), 761, 763; zustimmend Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844. Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 229, 247. 706 MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 442 Rn. 2. 705
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
nicht vollständig zurückerhält), das Haftungs- oder Rechtsverlustsrisiko (z.B. bei Verschlechterung oder Untergang der Sache beim Käufer) sowie das Prozessrisiko (z.B. in einem Rechtsstreit über die Höhe der Minderung zu unterliegen).707 Ob dieses „Zwingen zum eigenen Glück“ durch die Sanktion des andernfalls eintretenden vollständigen Rechtsverlusts ein geeignetes Mittel zum Käuferschutz darstellt, ist jedoch zweifelhaft.708 Letztlich schützt die Regelung also vor allem das Interesse des Verkäufers, welches bei B2C- und B2B-Verträgen gleichermaßen besteht. 2. Ökonomische Analyse Schaut man sich die Situation aus ökonomischer Sicht unter dem Aspekt der möglichst effizienten Vertragsbeziehungen und Gesamtkostenvermeidung an (s.o. § 8 B.), so setzt die Regelung einen Anreiz für den Käufer, die beim Verkäufer entstehenden höheren Kosten der Gewährleistungsdurchführung durch einen möglichst frühen Hinweis auf den vom Käufer erkannten oder für ihn leicht erkennbaren Mangel gering zu halten.709 Teilweise wird auch mit der Leichtigkeit des Verkehrs argumentiert: Für den Wirtschaftsverkehr sei die spätere Geltendmachung von Gewährleistungsrechten weitaus belastender als die Geltendmachung direkt bei Vertragsschluss.710 Des Weiteren wird vorgebracht, dass durch eine Ausschlussregelung ein opportunistisches, treuwidriges Käuferverhalten verhindert werden soll, nämlich das absichtliche Verschweigen der Kenntnis bei Vertragsschluss, um sich so die nachträgliche Geltendmachung von Minderung oder Lösungsrechten unter Ausnutzung der Beweisschwierigkeiten des Verkäufers offen zu halten.711 Die ökonomischen Hintergründe erfordern also keine personale Differenzierung und befürworten einen Ausschluss zumindest bei tatsächlicher Kenntnis.
707
Köhler, JZ 44 (1989), 761, 763. So Michalski/Riemenschneider, BB 1993, 2097, 2101, die betonen, dass es keine Pflicht gegenüber sich selbst (und erst recht nicht gegenüber dem Schädiger) gibt, sich vor Schaden zu bewahren und auch keine derartige vorvertragliche „Informationspflicht“, die die andere Partei vor den Risiken der Vertragsdurchführung warnt. 709 Köhler, JZ 44 (1989), 761, 763; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Faust, 45. Edition 2018, § 442 Rn. 2; Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844; diesen Ansatz ablehnend auch Soergel/Huber, 12. Aufl. 1991, § 460 Rn. 3 in Fn. 12. 710 Michalski/Riemenschneider, BB 1993, 2097, 2101. 711 Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 442 Rn. 1. 708
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3. Zwischenfazit Die Hintergrundüberlegungen zum Ausschluss der Mängelrechte bei Kenntnis geben keinen Anlass zur personalen Differenzierung. Während die Interessen entgegengesetzt sind, spricht die ökonomische Analyse für einen generellen Ausschluss bei Kenntnis. III. Genereller Ausschluss bei Kenntnis? Auch außerhalb der ökonomischen Analyse sprechen sich die allermeisten Stimmen, auch nach dem differenzierenden Entwurf des CESL, personal unabhängig für eine Regelung zum Ausschluss der Käuferrechte bei Kenntnis aus.712 Dafür werden verschiedene Argumentationsansätze verwendet. 1. Caveat emptor Zunächst wird (vor allem auch zur Begründung des Ausschlusses bei fahrlässiger Unkenntnis) noch teilweise das althergebrachte Prinzip caveat emptor angeführt: Der Käufer solle eben „die Augen aufmachen müssen“, wenn er seine Rechte wahren möchte (dazu bereits oben unter § 4 C.I.).713 Zwar gilt dies aufgrund des häufig fehlenden direkten Kontakts zwischen Verkäufer und Käufer und mit Entwicklung des Verbraucherschutzes nicht mehr in seiner ursprünglichen Form, jedoch findet sich der Gedanke in den Vorschriften zur Mängelkenntnis und zur Rügepflicht durchaus wieder.714 2. Verzicht Häufiger wird als Grund für einen Ausschluss bei Mängelkenntnis auch eine Art von Verzicht des Käufers auf seine Rechte angeführt: Wenn der Käufer um den Mangel wisse, akzeptiere er die mangelhafte Sache so, wie sie ist.715 Dagegen wird jedoch wiederum vorgebracht, dass die Mängelkenntnisvorschriften gerade keinen – normalerweise für einen Verzicht erforderlichen – subjektiven Verzichtswillen voraussetzen.716
712 Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 104 Rn. 1; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 124 f.; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 229, 247; Koch, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 225, 228 f.; Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 739. 713 Fleischer/Körber, BB 2001, 841, 844; Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 23 f. 714 Süle, Mängelkenntnis und Gewährleistung, 2004, S. 24. 715 Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 104 Rn. 1; Soergel/Huber, 12. Aufl. 1991, § 460 Rn. 3. 716 Köhler, JZ 44 (1989), 761, 762.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
3. Venire contra factum proprium Am häufigsten begegnet man dem Argument eines widersprüchlichen Verhaltens des Käufers (venire contra factum proprium): Er könne nicht erst unter Kenntnis des Mangels die Sache kaufen und im Nachhinein dann Mangelbeseitigung o.Ä. verlangen.717 Teilweise wird auch angenommen, der Käufer sei bei Kenntnis nicht schutzwürdig, da er nicht in seinen berechtigten Erwartungen, dass die Sache mangelfrei sei, enttäuscht werde.718 An diesem Ansatz wird wiederum kritisiert, dass dieser nur bei einem schutzwürdigen Vertrauen des Verkäufers in die Nichtgeltendmachung der Gewährleistungsrechte greife und ein solches nur in den Fällen entstehen könne, in denen der Verkäufer selbst ebenfalls von dem Mangel wusste.719 Wissen jedoch beide Parteien von dem Mangel, werden sie sich häufig ohnehin im Voraus über den Umgang mit dem Mangel einig, sodass die problematischen Fälle (nur der Käufer weiß von dem Mangel) von dieser Argumentation nicht erfasst werden (dazu sogleich auch unter IV.1.). Außerdem sei es – vor allem, wenn z.B. die Sache dringend benötigt werde – nicht widersprüchlich, eine Sache zunächst in ihrem Istzustand anzunehmen und sich (insbesondere bei behebbaren Mängeln) später zu überlegen, den Mangel beheben zu lassen.720 4. Zumutbarkeit Außerdem kann für einen generellen Ausschluss angeführt werden, dass es dem Käufer auch zumutbar erscheint, den Mangel gegenüber dem Verkäufer schon frühzeitig zu erwähnen. Denn es ist für ihn nicht mit einem hohen Aufwand verbunden und er kann trotzdem noch Vorteile daraus ziehen. So kann er schon bei Vertragsschluss direkt eine mangelfreie Ersatzsache oder eine Beseitigung verlangen oder, wenn ihn der Mangel nicht stört, einen niedrigeren Preis aushandeln.721
717 BGH 3.3.1989, NJW 1989, 2050 = JZ 44 (1989), 796; Staudinger/MatuscheBeckmann (2013) § 442 BGB Rn. 1; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 442 Rn. 1; kritisch Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Faust, 45. Edition 2018, § 442 Rn. 2; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 229, 247. 718 BGH 3.3.1989, NJW 1989, 2050 = JZ 44 (1989), 796. 719 Schwartze, Europäische Sachmängelgewährleistung, 2000, S. 125; Köhler, JZ 44 (1989), 761, 762. 720 Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Faust, 45. Edition 2018, § 442 Rn. 2; Köhler, JZ 44 (1989), 761, 762. 721 Köhler, JZ 44 (1989), 761, 763; Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Faust, 45. Edition 2018, § 442 Rn. 2.
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IV. Kein Ausschluss bei Kenntnis? Nur sehr vereinzelt wird die Meinung vorgebracht, eine Regelung zum Ausschluss bei Kenntnis solle ganz abgeschafft werden (und so ist es auch in keinem der untersuchten Regelwerke vorgesehen). 1. Käufer geht von Mangelbehebung aus Dafür wird wie folgt argumentiert: Wenn der Käufer von dem Mangel wisse und trotzdem den Vertrag schließe, liege das daran, dass er davon ausgehe, dass der Verkäufer den Mangel noch vor Lieferung beheben werde.722 Dies kann jedoch nur gelten, wenn der Käufer zumindest davon ausgeht, dass auch der Verkäufer von dem Mangel weiß. Bestraft werden soll durch die Vorschrift vor allem aber der Käufer, der bei Unkenntnis des Verkäufers trotzdem die Entdeckung des Mangels verschweigt (wie soeben schon dargelegt unter III.3.). Weiß der Verkäufer davon und verschweigt den Mangel absichtlich, greift ohnehin in vielen der untersuchten Regelungen der Ausschluss nicht ein.723 Wissen beide Parteien von dem Mangel und unterhalten sich darüber, werden sie ohnehin entweder sofortige Maßnahmen ergreifen oder den Vertragsinhalt (Beschaffenheitsvereinbarung, Preissenkung o.Ä.) abändern. Wird in diesem Fall trotzdem Mangelfreiheit vereinbart, kann der Käufer selbstverständlich davon ausgehen, dass der Verkäufer den Mangel bis zum Vertragsschluss noch behebt.724 Eine solche Ausnahme für den Fall der Zusicherung einer bestimmten Eigenschaft sehen auch die meisten der oben genannten Instrumente vor bzw. ergibt sich andernfalls wohl ohnehin durch Vertragsauslegung. Die Argumentation, die generell gegen jeglichen Ausschluss bei Kenntnis in allen personalen Konstellationen spricht, greift also nur in sehr wenigen Ausnahmefällen ein und läuft in den problematischen Fällen leer. 2. Einschränkung bei beiderseitiger grob fahrlässiger Unkenntnis Teilweise wird auch nur eine allgemeine Einschränkung der Regelung verlangt: Zumindest, wenn beide Parteien den Mangel aufgrund von (grober) Fahrlässigkeit nicht kennten, sei ein Ausschluss, der nur den Käufer benachteilige, nicht unbedingt eine angemessene Lösung.725 Dieser Fall wird teilwei722 ELI Statement on the CESL (Fn. 132), S. 240; a.A. Schmidt-Kessel/Remien, GEK Kommentar, Art. 104 Rn. 2. 723 Diese Notwendigkeit einer Einschränkung bei Arglist betonen auch noch einmal Staudinger/Matusche-Beckmann (2013) § 442 Rn. 65 sowie Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 739. 724 Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 104 Rn. 3; MüKoBGB/Westermann, 7. Aufl. 2016, § 442 Rn. 3. 725 So zweifelnd Bamberger/Roth/Hau/Poseck/Faust, 45. Edition 2018, § 442 Rn. 3.
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se jedoch so gerechtfertigt, dass die Effizienz und Leichtigkeit des Verkehrs in diesen Fällen nur durch einen Ausschluss der Käuferrechte erreicht werden könnten. Daher müssten die Gewährleistungsrechte eben hinter diesen Regelungszielen zurücktreten.726 Dies soll jedoch hier nicht weiter vertieft werden, da es insoweit um eine sachliche und nicht um eine personale Differenzierung geht. V. Personale Differenzierung? Fraglich ist nun, was dafür sprechen könnte, hier wie im CESL personal zu differenzieren und in B2B-Kaufverträgen einen Ausschluss bei Kenntnis und fahrlässiger Unkenntnis vorzusehen. Allerdings lässt sich keine die Regelung des CESL uneingeschränkt befürwortende Meinung finden. Teilweise wird die Milderung für Verbraucher bei fahrlässiger Unkenntnis noch für gerechtfertigt gehalten727 oder aber zumindest deren Angemessenheit offen gelassen,728 während die Nichtgeltung bei Kenntnis des Verbrauchers stets für unvertretbar gehalten wird729. 1. Verbraucherschutz Anlass zur Vorschrift gab wohl das angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau.730 Man könnte also überlegen, ob es trotz der oben aufgezeigten dahinterstehenden Ziele und Interessen dem Verbraucherkäufer möglicherweise zu sehr belasten könnte, den Verkäufer auf einen ihm bei Vertragsschluss bekannten Mangel hinzuweisen. Solch eine Hinweispflicht erscheint aber keineswegs, selbst bei fehlender Rechtskenntnis, zu fernliegend, überraschend oder zu kompliziert für den Verbraucher, der bei Vertragsschluss ohnehin in irgendeiner Form mit dem Verkäufer kommuniziert. Es ist wohl eher natürlich und entspricht dem „gesunden Menschenverstand“, beim Bemerken eines Mangels nicht vollständig passiv zu bleiben. Zudem kann ein entsprechender Hinweis in vielen Fällen für den Verbraucherkäufer ebenfalls vorteilhaft sein, da zu seinen Gunsten möglicherweise sogleich bei Vertragsschluss der Artikel im Preis reduziert, repariert oder durch einen einwandfreien Artikel ausgetauscht wird (s. dazu bereits oben III.4.). Geht es dem Verbraucher darum, 726
Michalski/Riemenschneider, BB 1993, 2097, S. 2101 f. Piltz, IHR 12 (2012), 133, 134 unten. 728 Koch, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 225, 228 f.; Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 739. 729 Koch, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 225, 228 f.; Wilhelm, IHR 11 (2011), 225, 229; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 739; Schmidt-Kessel/ Remien, GEK Kommentar, Art. 104 Rn. 1; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 124 f.; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 229, 247. 730 Zu diesem Ziel ausf. Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3497. 727
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sich bewusst spätere Gewährleistungs- oder v.a. Rücktrittsrechte offen zu halten, ist dieses Verhalten nicht schützenswert. Somit kann der Verbraucherschutz die personale Differenzierung also nicht ausreichend rechtfertigen. Vertretbar könnte es unter Verbraucherschutzgesichtspunkten allenfalls sein, den Maßstab der fahrlässigen Unkenntnis zumindest klar auf Fälle der groben Fahrlässigkeit zu beschränken, sodass der Verbraucher keine besondere Sorgfalt anwenden muss. Die meisten Regelwerke legen das Kennenmüssen ohnehin jedoch schon in diesem Sinne restriktiv aus (s.o. A.). 2. Ansatz des CESL Teilweise wird die Regelung des CESL mit dem Inhalt des Art. 99 Abs. 3 CESL erklärt, der vorsah, dass negativ von der Sollbeschaffenheit abweichende subjektive Beschaffenheitsvereinbarungen bei Verbraucherverträgen überhaupt nur dann möglich waren, wenn der konkrete Umstand dem Verbraucher nicht nur bekannt war, sondern er ihn zusätzlich als vertragsgemäß akzeptiert hatte. Da also hier für einen Ausschluss der Gewährleistung mehr als die bloße Kenntnis gefordert worden wäre, hätte konsequenterweise auch an anderer Stelle der Ausschluss bei bloßer Kenntnis gestrichen werden müssen, da Art. 99 Abs. 3 CESL sonst leergelaufen wäre.731 Dies begründet jedoch zum einen nicht die Angemessenheit des Art. 99 Abs. 3 CESL selbst, der in seinem Schutzniveau möglicherweise etwas über das Ziel hinausschoss; zum anderen griff dieser wiederum nicht in denjenigen (eigentlich problematischen, s.o. III.3.) Fällen ein, in denen nur der Käufer den Mangel entdeckt hat.732 Somit ist eine personale Differenzierung, die für Verbraucherkäufer keinen Ausschluss bei Kenntnis vorsieht, nicht gerechtfertigt. VI. Fazit zur Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit Der Ausschluss bei Kenntnis sollte im Ergebnis für alle personalen Fallgruppen gelten. Ein Ansatz wie im CESL ist abzulehnen, da er die Regelung unnötig verkompliziert und nicht sachgerecht ist.
731 Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), GEK für die EU?, 2012, S. 161, 181; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen u.a. (Hrsg.), Der Entwurf, 2012, S. 229, 247. 732 Gemäß Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 740; Schopper, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 107, 124 f.; Koch, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 225, 228 f. änderte Art. 99 Abs. 3 CESL auch nichts an dem fehlenden Ausschluss bei Kenntnis für Verbraucherverträge.
224
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
§ 13 Mängelrüge § 13 Mängelrüge
Als Nächstes sollen die Regelungen zur Frage, inwiefern der Käufer eine Pflicht hat, die Sache nach Erhalt zu untersuchen bzw. Mängel umgehend zu rügen, um seine Mängelrechte zu behalten, untersucht werden. Diese Frage hat einen engen Bezug zum vorherigen Kapitel, da der Ursprung (caveat emptor, s.o. § 12 B.III.1.), die verfolgten Ziele (möglichst schnelle Mitteilung an den Verkäufer über bemerkte Mängel) und auch die Rechtsfolge (Ausschluss der Berufung auf Mängelrechte) meist identisch sind. Der Unterschied zwischen der „Hinweispflicht“ bei Vertragsschluss (§ 12) und der „Rügepflicht“ (§ 13) besteht im Zeitpunkt, in dem der Käufer den Mangel bemerkt oder zu bemerken hat. Die folgenden Fragestellungen sind daher zu differenzieren: Wie umfassend kann man vom Käufer bei Vertragsschluss (Regelungen zur Mängelkenntnis) und wie umfassend bei oder nach Lieferung der Sache (Mängelrüge) eine Untersuchung der Sache erwarten? Der Zusammenhang dieser beiden Fragestellungen wird vor allem in der französischen Regelung sehr deutlich, in der (außer im Regime des CCons) diese in einer einzigen kurzen Vorschrift zusammen geregelt sind (s.o. § 12 A.II.2.a), s.u. A.II.2.a)). Da alle anderen hier untersuchten Regelungen aber insoweit unterscheiden und vor allem unterschiedliche Lösungen in Bezug auf die personalen Differenzierungen bei den beiden Fragestellungen gewählt haben, sind diese beiden Themen getrennt voneinander zu behandeln. A. Rechtsvergleichende Darstellung I. Deutschland 1. Geschichtliche Entwicklung Wie oben (§ 12 A.I.1.) bereits ausführlich dargestellt, griffen die Rechtsbehelfe des römischen Rechts nicht ein, wenn der Mangel offenkundig war.733 Auch im mittelalterlichen deutschen Recht gab es in einigen Stadtrechten eine Pflicht des Käufers, die Ware beim Kauf zu untersuchen.734 Ein Vorgänger einer Rügeobliegenheit fand sich auch im Preußischen Allgemeinen Landrecht von 1794, nämlich ein Ausschluss der Gewährleistung, wenn der Fehler „in die Augen fallend“ war und die Sache trotzdem ohne zu rügen angenommen wurde (s.o. § 12 A.I.1.). Bis dahin wurde nicht personal unterschieden. Eine Untersuchungspflicht für Verträge zwischen Kaufleuten entwickelte sich sodann aus der Praxis des Handelskaufs.735 Im preußischen HGB733
Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 23. Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 20 ff. 735 HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 11; sehr ausf. Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 18 ff., 76 m.w.N. 734
§ 13 Mängelrüge
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Entwurf von 1857 wurde eine Rügepflicht im Bereich des Handelsrechts vorgesehen,736 die zumindest dann auch für Nichtkaufleute galt, wenn diese die Sache zum Weiterverkauf erwarben737. Konkreter Vorgänger des heutigen § 377 HGB war sodann § 347 des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuchs von 1861, der aber zunächst nur für Versendungskäufe galt.738 Er beschränkte die Untersuchungs- und Rügepflicht ebenfalls nicht auf kaufmännische Abnehmer, sondern jeder Kunde, der von einem Kaufmann Waren erwarb, fiel darunter. Außerdem galt, wie schon im preußischen HGB-Entwurf, dass bei Weiterverkauf der Sache auch Nichtkaufleute der Rügepflicht unterlagen.739 Die Regelung über die Mängelrüge wurde 1897 in das heutige HGB in § 377 übernommen. Allerdings wurde dabei die situative Beschränkung auf Versendungskäufe gestrichen und statt dessen der personale Anwendungsbereich auf beiderseitige Handelsgeschäfte beschränkt.740 Auch beim Entwerfen des BGB wurde zumindest die Einführung einer Rügepflicht auch für B2C-Verträge diskutiert, letztendlich jedoch abgelehnt.741 Durch die Schuldrechtsreform von 2002 wurde der sachliche Anwendungsbereich der Mängelrüge ein wenig erweitert, namentlich auf Falschlieferungen und Rechtsmängel, während der persönliche Anwendungsbereich aber gleichblieb.742 Im Diskussionsentwurf zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz war vorgesehen, auch für Verbraucher eine zweimonatige Rügeobliegenheit einzuführen,743 so wie es in der VGK-RL in ihrem Art. 5 Abs. 2 fakultativ gergelt war. Dies wurde aber aus Verbraucherschutzüberlegungen letztlich abgelehnt.744 2. Regelung Die Mängelrüge des § 377 HGB funktioniert wie folgt: Der Käufer muss die Ware unverzüglich nach Lieferung auf Mängel untersuchen (im Rahmen des
736
Art. 264 HGB-E von 1857, vgl. dazu Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 75 ff.; Mock, Der Ausschluss von Käuferrechten, 2010, S. 14 f. 737 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 78. 738 HKK/Ernst, 2013, §§ 434–445 Rn. 11; ausf. Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 78 ff. 739 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 81 f. 740 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 84 ff.; Mock, Der Ausschluss von Käuferrechten, 2010, S. 16 f. 741 Vgl. dazu ausf. Lehmann, WM 1980, 1162, 1164 m.w.N. 742 Ausf. zu den Veränderungen durch die Schuldrechtsreform Müller, WM 2011, 1249 ff. 743 § 441 Abs. 1 S. 2 des Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 4.8.2000, abrufbar unter , S. 49 f. 744 Dazu Mock, Der Ausschluss von Käuferrechten, 2010, S. 19.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Zumutbaren, abhängig von den objektiven Umständen des Einzelfalls745). Tut er dies nicht (rechtzeitig), kann er sich nicht auf die Gewährleistungsansprüche des § 437 BGB berufen, denn die Ware gilt als genehmigt. Das Gleiche gilt, wenn der Mangel sich erst später manifestiert und der Käufer ihn nicht unverzüglich beim Verkäufer anzeigt, § 377 Abs. 3 BGB.746 Diese Regelung beschränkt sich personal auf „beiderseitige Handelsgeschäfte“, d.h. es muss für beide Parteien ein Geschäft i.S. des § 343 HGB vorliegen (also ein Geschäft eines Kaufmanns, das zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehört). Wie oben erläutert, ist der Kaufmannsbegriff für die vorliegenden Zwecke mit dem des Unternehmers gleichzusetzen (s.o. § 6 B.IV.), sodass zur Vereinfachung hier die deutsche Vorschrift als „nur auf B2B-Verträge anwendbar“ eingestuft werden kann. II. Frankreich 1. Geschichtliche Entwicklung Wie bereits erwähnt, regelt das französische Recht die Mängelkenntnis bei Vertragsschluss und die nachträgliche Mängelrüge gemeinsam, weshalb an dieser Stelle teilweise nach oben verwiesen werden kann (s.o. § 12 A.II.1.): Bis heute schließt der Cc vices apparents (sichtbare Mängel) von der Gewährleistung aus, was sowohl für B2B als auch für B2C-Verträge gilt. Von der Rechtsprechung wurde jedoch über die Jahre konkretisiert, welche Untersuchungshandlungen genau vom Käufer erwartet werden können und welche nicht. Dieser Umfang der Rügepflicht hängt allerdings nach der Rechtsprechung durchaus u.a. von der Unternehmer- oder Verbrauchereigenschaft ab.747 Dabei wurden an die Pflichten für den Verbraucherkäufer mit der Zeit immer geringere Anforderungen gestellt: Während er z.B. zunächst noch verpflichtet sein sollte, bei Unsicherheiten einen Sachverständigen hinzuzuziehen, wird dies heute für B2C-Fälle nicht mehr748 bzw. nur noch in Ausnahmefällen749 gefordert.
745
S. dazu ausf. Baumbach/Hopt/Hopt § 377 Rn. 25 ff. Ausf. zur Regelung des § 377 HGB Lammich, Sachmängelhaftung und Rügeobliegenheit, 2000, S. 39 ff. 747 Vgl. Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 390 ff. (S. 255 ff.). 748 Abgeschafft wurde diese Voraussetzung durch Cass. Civ. 3e 3.5.1989, Numéro JurisData: 1989-701383 = D. 1990, 117 m. Anm. Tournafond; vgl. auch Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 75 f. m.w.N. aus der Rspr. 749 Cass. Civ. 3e 26.2.2003, RDI 2003, 245 m. Anm. Trébulle (Maklerin weist auf Vorhandensein von Hausbockkäfern im Dachstuhl hin und rät den Käufern, einen Experten hinzuzuziehen, was diese nicht tun). 746
§ 13 Mängelrüge
227
Das im Jahr 2005 eingeführte B2C-Gewährleistungsregime des CCons750 (s.o. § 4 D.V.) enthielt die Voraussetzung einer solchen Rüge nicht. Daher hätte man zunächst meinen können, dass aufgrund des Verbraucherschutzes eine Rügepflicht bei Verbrauchsgüterkäufen nicht gewollt war. Nach jüngerer Rechtsprechung scheint sich jedoch auch für das Regime des CCons möglicherweise ein Trend zur Übernahme einer ungeschriebenen Rügepflicht analog zu der des Cc-Gewährleistungsrechts abzuzeichnen (dazu sogleich 2.c)bb)).751 2. Regelung Für die Darstellung der aktuellen französischen Regelungen zur Rügepflicht ist wiederum die Unterteilung in die drei verschiedenen Gewährleistungsregime erforderlich (s.o. § 5 F.). a) Garantie des vices cachés Wie oben (§ 12 A.II.2.a)) dargestellt, haftet nach Art. 1642 Cc der Verkäufer nicht für offenkundige Mängel. In dieser Regelung werden die Frage des Ausschlusses der Käuferrechte bei Kenntnis/Kennenmüssen bei Vertragsschluss und die Frage der Untersuchungs- und Rügepflicht bei/nach Erhalt der Sache vermischt (s. dazu bereits oben § 13).752 Bezüglich des an dieser Stelle interessierenden Teils der Untersuchungs- und Rügepflicht bei oder kurz nach Erhalt der Sache hängen die Anforderungen an die erforderliche Gründlichkeit der Untersuchung im Einzelfall von einigen Faktoren ab, die von der Rechtsprechung herangezogen werden.753 Der wichtigste Faktor ist dabei die Frage, ob es sich um einen privaten oder einen professionellen Käufer handelt, sowie dessen Branchennähe: Bei einem Unternehmerkäufer, der aus der gleichen Branche wie der Verkäufer stammt („de la même spécialité que le vendeur“754), wird die Kenntnis des Mangels grundsätzlich vermutet.755 Er muss eine vérification minutieuse 750
Loi n° 93-949 (Allgemeiner Teil Fn. 109). CA Douai 23.9.2013, Numéro JurisData: 2013-025092. 752 Vgl. zu den Zeitpunkten ausf. und m.w.N. Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 86 ff. 753 Cass. Civ. 1e 20.5.2010, D. 2010, 1757, m. Anm. Deshayes; JurisCl.Civ./Huet Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 70; für zahlreiche Beispiele dieser Rspr. vgl. Puig, Contrats spéciaux, 6. Aufl. 2015, Rn. 451 (S. 366 f.); zur réception sans réserve vgl. auch Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 321 (S. 221 f.). 754 Vgl. Cass. Civ. 1e 18.12.1962, D. 1963, 114; Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 392 (S. 256 f.); Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 155 (S. 165 ff.). 755 Cass. Civ. 1e 18.12.1962, D. 1963, 114; Puig, Contrats spéciaux, 6. Aufl. 2015, Rn. 451 (S. 367); Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 392 (S. 256 f.). 751
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
(„minutiöse Begutachtung“) der Sache vornehmen oder sonst im Nachhinein beweisen, dass ein vice indécelable (unentdeckbarer Mangel) vorlag.756 Bei einem privaten Verbraucherkäufer sind die Anforderungen am geringsten und die Gerichte gehen eher von einem versteckten Mangel aus.757 Trotzdem muss er eine nicht nur oberflächliche Untersuchung, sondern eine vérification élémentaire bzw. ein examen normalement attentif (Untersuchung mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit) durchführen, um seine Rechte nicht zu verlieren,758 z.B. also die Sache auspacken, eine Maschine ausprobieren,759 ein Auto Probe fahren etc. Damit geht das französische Recht weiter als das deutsche (das sich bei Verbraucherkäufen auf reine Kenntnis/fahrlässige Unkenntnis beschränkt, siehe dazu ausführlich oben § 12 A.I.2.). Zwischen diesen beiden Extremen gibt es je nach Einzelfall viele Abstufungen in Abhängigkeit von Kompetenz und Fähigkeiten des Käufers, die darüber bestimmen, wieviel Gründlichkeit bei der Untersuchung von ihm erwartet wird.760 b) Obligation de délivrance conforme Auch bei der Geltendmachung eines défaut de délivrance conforme wird über die Rechtsprechung durch die Rechtsfigur der réception sans réserve bzw. acceptation sans réserve (vorbehaltlose Annahme) letztlich die gleiche Lösung zur Untersuchungs-/Rügepflicht wie bei der vice-caché-Haftung er-
756
Cass. Civ. 3e 7.2.1973, Bull. civ. III, n° 109 = JCP 1975. II Jur. n° 17918 m. Anm. Ghestin; Cass. Com. 25.5.1982, Bull. civ. IV, n° 201; Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 392 (S. 256 f.); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 279 (S. 256); Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 155 (S. 165 ff.); JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 75 ff., 87 f.; Ghestin, Conformité et garanties dans la vente, 1983, S. 25 f. 757 Cass. Com. 5.2.1974, Numéro JurisData: 1974-097050 = Bull. civ. IV, n° 50; Cass. Civ. 1e 7.1.1982, Numéro JurisData: 1982-700380; Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 391 (S. 256); JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 72 ff. 758 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 391 (S. 256); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 277 (S. 254 f.); Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 154 (S. 164 f.). 759 Inwiefern Geräte in Betrieb genommen werden müssen, wird verschieden beurteilt, vgl. dazu Cass. Civ. 1e, 7.1.1982, Numéro JurisData: 1982-700380 (Probefahrt mit Boot erforderlich); Cass. Civ. 1e 26.9.2012, Numéro JurisData: 2012-021468 = D. 2012, 2306 = Dalloz actualité 17.10.2012 m. Anm. Kilgus (Probefahrt mit Boot nicht erforderlich); JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 68 m.w.N. 760 Vgl. die Beispiele bei Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 277 f. (S. 254 ff.); viele Beispiele aus der Rspr. nennt auch JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 67.
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zielt.761 Nach der Rechtsfigur der réception sans réserve (vorbehaltlose Annahme) muss der Käufer die Ware bei Entdeckung eines Mangels im Zeitpunkt der Lieferung direkt bemängeln bzw. zurückweisen, da er sich sonst nicht mehr auf défauts apparents (offenkundige Mängel) berufen kann.762 Dies beruht auf der Idee des stillschweigenden Verzichts auf die Rechte763 und gilt grundsätzlich für alle Käufer ohne personale Differenzierung. c) Garantie de conformité des CCons aa) Regelung Beim jüngeren B2C-Gewährleistungsrecht des CCons ist gesetzlich eine solche Rüge- bzw. Untersuchungspflicht nicht festgeschrieben. Die Grenze für den Ausschluss des Gewährleistungsrechts für den Käufer stellt daher seine Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Mangels bei Vertragsschluss dar, Art. L 217-8 CCons (s. dazu ausf. oben § 12 A.II.2.c)). bb) Weitergehende Rechtsprechung Allerdings wurde in der neueren Rechtsprechung trotzdem eine dem Ausschluss für offenkundige Mängel entsprechende Untersuchungspflicht auch für das B2C-Regime angenommen.764 Dabei wurde auf die oben genannten Begrifflichkeiten „défaut […] apparent“ und „acceptée […] sans réserve“ der anderen Gewährleistungsregime Bezug genommen, sodass möglicherweise von einer Übertragung der Grundsätze dieser Rügeobliegenheit auch auf das Verbraucherrechtsregime ausgegangen werden kann. Mit der VGK-RL könnte dies aufgrund der den Mitgliedstaaten eröffneten Möglichkeit aus Art. 5 Abs. 2 VGK-RL (dazu unten § 12 A.III.1.) noch vereinbar sein. Dann müsste aber eigentlich die Frist für die Rüge auf zwei Monate ab Feststellung erweitert werden, denn in der französischen Rechtsprechung wird meist eine Reaktion bei oder direkt nach der Lieferung verlangt. Ob sich eine solche Auslegung allgemein mit dem französischen Verbrau761
Vgl. Cass. Com. 12.2.1980, Numéro JurisData: 1980-099080; Cass. Civ. 1e 12.7.2005, Numéro JurisData: 2005-029441 = RTD Com. 2006, 469 m. Anm. Bouloc = D. 2005, 2179; Cass. Civ. 1e 20.5.2010, D. 2010, 1757 m. Anm. Delpech und Anm. Deshayes; Pinna, ERPL 2001, 223, 227 m.w.N.; Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 321 (S. 221 f.); Giesecke, Interessengerechte Rechtswahl, 2014, S. 1; Puig, Contrats spéciaux, 6. Aufl. 2015, Rn. 405 (S. 334). 762 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 321 (S. 221 f.); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 236 (S. 228 f.); vgl. auch zum Zeitpunkt die Tabelle Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 98. Für vices cachés hingegen gibt es keinen solchen Ausschluss bei vorbehaltloser Annahme, vgl. JurisCl.Civ./Huet, Art. 1641–1649 Cc fasc. 30 Rn. 92 ff. 763 Noblot, CCC 2013, 7, form. 9 unter 1.1. 764 CA Douai 23.9.2013, Numéro JurisData: 2013-025092.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
cherrecht, das ja eigentlich zwingend ist (Art. L 241-5 CCons), vereinbaren lässt, ist ebenfalls fraglich. Leveneur rechtfertigt die Rechtsfigur mit einer renonciation tacite (stillschweigender Verzicht): Wenn der Käufer die (wenn auch zwingenden) Rechte einmal erworben habe (und das habe er im Moment der Lieferung), dann könne er danach auch bei B2C-Verträgen trotzdem noch darauf verzichten.765 Daher rät Leveneur aufgrund dieser Rechtsprechungsentwicklung dazu, auch als Verbraucher besser bei Zweifeln sofort die Annahme zu verweigern oder die Sache nur unter Vorbehalt anzunehmen.766 Hier bleibt es interessant, die weitere Entwicklung der Rechtsprechung zu verfolgen.767 3. Zusammenfassung zu Frankreich Im französischen Recht gibt es somit in allen Gewährleistungsregimen eine Rüge- und Untersuchungspflicht für alle personalen Konstellationen, die jedoch je nach Branchennähe und Verbraucher-/Unternehmereigenschaft mehr oder weniger gründlich ausfallen muss. III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung Im europäischen Vereinheitlichungsprozess kam eine Regelung zur Rügepflicht zum ersten Mal in Art. 5 Abs. 2 der VGK-RL von 1999 vor. Danach können die Mitgliedstaaten für B2C-Verträge vorsehen, dass der Verbraucher zur Inanspruchnahme seiner Rechte den Verkäufer binnen zwei Monaten nach der Feststellung der Vertragswidrigkeit von dieser unterrichten muss. Weder in Deutschland noch in Frankreich wurde diese (optionale) Regelung umgesetzt (bzw. in Frankreich möglicherweise zum Teil durch die neuere Rechtsprechung, s.o. II.2.c)bb)). Hintergrund dieser Vorschrift ist ein Kompromiss: Zunächst wollte die EU-Kommission als Ausgleich für die freie Wahl des Käufers zwischen den Rechtsbehelfen eine Rügepflicht des Käufers einführen. Als jedoch die Hierarchie der Rechtsbehelfe (Vorrang der Nacherfüllung) festgeschrieben wurde, hielt die Kommission dies nicht mehr für erforderlich, behielt die Bestimmung aber als Option für die Mitgliedstaaten bei.768
765
JurisCl.Conc.-Cons./Leveneur, fasc. 1060 Rn. 27. JurisCl.Conc.-Cons./Leveneur, fasc. 1060 Rn. 27. 767 Auch Noblot, CCC 2013, 7, form. 9 unter 1.2 stellt in Frage, ob es nach dem CCons tatsächlich unmöglich ist, zumindest durch AGB eine Untersuchungspflicht einzuführen. 768 Micklitz, in: Micklitz/Reich/Rott (Hrsg.), Understanding EU consumer law, 2009, S. 151, 172. 766
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231
Im ersten Entwurf der VR-RL aus dem Jahr 2008769 sah Art. 28 Abs. 4 die gleiche Vorschrift vor, die diesmal allerdings verpflichtend für alle Mitgliedstaaten sein sollte. Dies wurde jedoch aufgrund der Streichung des Teils zum Verbrauchsgüterkauf aus der Richtlinie nicht zu geltendem Recht. Allerdings bestand hier nur eine Rüge-, jedoch keine Untersuchungspflicht, denn es wurde an den Zeitpunkt der tatsächlichen Feststellung angeknüpft und nicht an den Zeitpunkt, in dem der Verbraucher den Mangel hätte feststellen müssen. In der Praxis wäre die Vorschrift daher wohl selten tatsächlich zum Tragen gekommen, da es für den Verkäufer schwierig gewesen wäre, dem Verbraucher zu beweisen, dass er den Mangel schon früher bemerkt hat.770 Das europäische Kaufrecht entschied sich schließlich, genau wie der CFR, gegen eine solche Vorschrift für Verbrauchsgüterkäufe, sieht eine solche jedoch für B2B-Verträge vor. Auch der neue Richtlinienentwurf von 2017 (s.o. § 4 B.I.), der auf B2C-Verträge beschränkt ist, enthält keine Vorschrift über die Mängelrüge. 2. CFR Der CFR sieht eine Mängelrüge, beschränkt auf B2B-Verträge, im allgemeinen Teil des Vertragsrechts in Art. III.-3:107 vor. Danach kann sich der Gläubiger nicht auf einen Mangel berufen, wenn er ihn nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne (reasonable time) ab Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis von dem Mangel beim Schuldner anzeigt („when the creditor discovered or could reasonably be expected to have discovered the nonconformity“). Diese Regelung gilt jedoch nicht, wenn der Gläubiger Verbraucher ist (Abs. 4), mithin also (u.a.) nicht für B2C-Verträge. Diese Mängelrüge wird im kaufrechtlichen Teil des CFR noch durch die Art. IV.A.-4:301 ff. konkretisiert, die jedoch ebenfalls nicht für B2CVerträge gelten. Danach soll gemäß Art. IV.A.-4:301 der Käufer die Ware so schnell wie möglich nach Erhalt untersuchen, wobei bei direkter Weitersendung ohne reelle Untersuchungsmöglichkeit die Untersuchung am nächsten Lieferort durchgeführt werden kann. Außerdem spezifiziert Art. IV.A.-4:304, dass bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verkäufers von dem Mangel, den er dem Käufer trotzdem nicht offengelegt hat, er sich nicht auf eine fehlende Rüge berufen kann.771
769
KOM(2008) 614 endg. (Allgemeiner Teil Fn. 25). Jud, in: Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neuordnung des Verbraucherprivatrechts, 2009, S. 119, 138. 771 Zu weiteren Details und einem Rechtsvergleich des CFR mit dem deutschen Recht vgl. Mock, Der Ausschluss von Käuferrechten, 2010, S. 106 ff. 770
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
3. CESL Die Regelungen des CESL zur Mängelrüge fanden sich in Art. 121 f. und beschränkten sich ebenfalls auf B2B-Verträge. Sie stimmten fast vollständig mit den Regelungen des CFR überein – mit dem Zusatz, dass vom Käufer erwartet wurde, die Sache allerspätestens 14 Tage nach Erhalt untersucht zu haben (Art. 121 Abs. 1 Hs. 2)772. Art. 122 CESL enthielt wiederum die Rechtsfolge: Der Käufer konnte sich andernfalls nicht auf die Vertragswidrigkeit berufen. Außerdem sah Art. 122 CESL vor, dass bei Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis des Verkäufers von der Mangelhaftigkeit dieser sich nicht auf die fehlende Mängelrüge berufen konnte, wenn er den Mangel dem Käufer nicht offengelegt hatte.773 Das Parlament schlug bei Art. 122 Abs. 1 CESL 2014 eine kleine Änderung vor: Falls der Käufer die fehlende Rüge entschuldigen konnte, sollte er zumindest den Anspruch auf Minderung und Schadensersatz (mit Ausnahme des entgangenen Gewinns) behalten (was Art. 44 CISG entspricht, s. sogleich unter IV.).774 IV. CISG Im CISG, das ohnehin auf B2B-Verträge beschränkt ist, enthalten die Art. 38–40 die Vorschriften über die Rüge- und Untersuchungspflichten des Käufers, ähnlich ihren Vorgängern Art. 38 und 39 EKG (s.o. § 4 A.I.). Da die diesbezüglichen Regelungen des CFR und des CESL maßgeblich auf dem CISG beruhen,775 ist der Wortlaut hier fast identisch. Daher kann größtenteils auf die Ausführungen zum CFR verwiesen werden (III.2.), denn auch hier gibt es den Zusatz der 14-Tage-Höchstfrist des CESL nicht.776 Art. 44 CISG sieht außerdem, wie soeben angedeutet, vor, dass bei einer „vernünftige[n] Entschuldigung“ für das Unterlassen der Anzeige der Käufer trotzdem noch Minderung und Schadensersatz (mit Ausnahme des entgangenen Gewinns) geltend machen kann.
772
Dazu kritisch Schmidt-Kessel/Wiese, GEK Kommentar, Art. 121, 122 Rn. 19 f. Vgl. ausf. zur Mängelrüge im CESL Schmidt-Kessel/Wiese, GEK Kommentar, Art. 121, 122 Rn. 1 ff. 774 Abänderung 204 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59). 775 Schmidt-Kessel/Wiese, GEK Kommentar, Art. 121, 122 Rn. 1. 776 Ausf. zur Mängelrüge im CISG: Staudinger/Magnus (2013), Art. 38 f. CISG; Sandidge, Der Vorrang der Nacherfüllung, 2011, S. 162 ff.; Gerny, Untersuchungs- und Rügepflichten, 1999, S. 176 ff.; Benicke, in: Gropp/Lipp/Steiger (Hrsg.), Rechtswissenschaft im Wandel, 2007, S. 373. 773
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§ 13 Mängelrüge
V. PICC In den PICC, die ebenfalls nur für B2B-Verträge gelten, gibt es keine ausdrückliche Rüge- oder Untersuchungspflicht, sondern die Nacherfüllung und die Vertragsbeendigung sind allgemein ausgeschlossen, wenn sie nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne geltend gemacht werden, nachdem sich der Käufer des Mangels bewusst wurde oder hätte werden müssen („within a reasonable time after it has, or ought to have, become aware of the nonperformance“), Art. 7.2.2 lit. e und Art. 7.3.2 Abs. 2 PICC.777 Hier muss der Verkäufer also nicht nur rügen, sondern sogar direkt seinen Rechtsbehelf geltend machen. Für die Minderung oder den Schadensersatz gibt es also, ähnlich wie im CISG und im CESL-Änderungsvorschlag, keine solche Voraussetzung.778 B. Bewertung I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Hat der Käufer eine Pflicht, Mängel bei/kurz nach der Lieferung dem Verkäufer anzuzeigen, um seine Gewährleistungsrechte zu behalten? B2C B2B
DE (–) (+)
FR (+) ※ (+)
CISG --(+)
PICC --(+)
CFR (–) (+)
CESL (–) (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt; ※ = Besonderheiten (im sogleich folgenden Text erklärt). In allen Regelwerken muss in B2B-Verträgen der Käufer die Ware nach Erhalt unverzüglich mit einer gewissen Sorgfalt untersuchen und bei Entdecken eines Mangels diesen dem Verkäufer anzeigen. Nur im französischen Recht gilt diese Pflicht auch für B2C-Verträge (※ wird dort aber von der Rechtsprechung zumindest etwas milder ausgelegt, s.o. A.II.2.a)). Teilweise wird auch eine Höchstfrist für die Mangelanzeige festgesetzt (14 Tage im CESL). Außerdem werden im CISG und in den PICC zumindest die Ansprüche auf Minderung und Schadensersatz aufrechterhalten (im CISG allerdings nur, wenn das Unterlassen der Anzeige entschuldigt ist). Es sollen also mit Blick auf die personalen Differenzierungen die folgenden beiden auftretenden Lösungsansätze bewertet werden: – eine generelle Rügepflicht (für B2C- und B2B-Verträge), s.u. III., 777
Rechtsvergleichend mit EU-Ländern sowie internationalen Regelwerken zu diesen Artikeln Schwartze, Europäische Sachmängelgewährleistung, 2000, S. 477 ff.; ausf. zu den PICC Vogenauer/Kleinheisterkamp/Schelhaas, UNIDROIT Commentary, Art. 7.2.2 Rn. 47 ff. und Art. 7.3.2 Rn. 1 ff. 778 Schwartze, Europäische Sachmängelgewährleistung, 2000, S. 477.
234
Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
– oder eine personale Differenzierung (Rügepflicht nur für B2B-Verträge), s.u. IV. Die Variante eines generellen Absehens von einer Rügepflicht (weder für B2C noch für B2B) wird von keinem Regelungsinstrument gewählt und es konnten auch keine Befürworter einer solchen Lösung gefunden werden. II. Hintergrund der Mängelrüge Zunächst sollen also wieder kurz die dahinterstehenden Parteiinteressen sowie die ökonomische Analyse des Rechts dargestellt werden. 1. Interessen der Parteien Aus ähnlichen Gründen wie die Regelung des vorherigen Kapitels (s.o. § 12 B.II.1.) dient die Mängelrüge vorrangig den Interessen des Verkäufers:779 Dieser möchte schnell erfahren, ob ein Geschäft in Ordnung geht oder mit Beanstandungen zu rechnen ist.780 Im letzteren Fall kann er bei unverzüglicher Rüge rasch Feststellungen und Dispositionen zur Schadensabwehr treffen und den Schaden so möglichst gering halten.781 Er hat ein Interesse daran, nicht grundlos erst nach längerer Zeit in Anspruch genommen zu werden (Bedürfnis nach Organisations-, Prozess- und Kalkulationssicherheit).782 Außerdem wird der Verkäufer durch die Regelung vor möglichen Beweisschwierigkeiten bei mit der Zeit immer schwieriger feststellbaren Mängeln bewahrt.783 Der Käufer hat kein unmittelbares Interesse an einer schnellen Rüge eines Mangels. Allerdings ist auch für ihn der Beweis des Mangels leichter, je früher er diesen geltend macht, sodass es auch in seinem Interesse ist, schnell zu handeln.784 Vor allem, wenn es sich bei ihm ebenfalls um einen Unternehmer handelt, kann er auch ein eigenes Interesse daran haben, eine Sache gründlich zu untersuchen, bevor er sie z.B. in eine Maschine einbaut oder in großem Stil weiterverarbeitet. Selbstverständlich benötigt er dafür aus seiner Sicht jedoch nicht den Druck, andernfalls seine Rechte ganz zu verlieren. Häufig hat der Käufer allerdings auch ein klares Interesse daran, nicht unverzüglich rügen zu müssen. Dies ist z.B. in B2B-Fällen bei der direkten 779 780
Lange, JZ 63 (2008), 661, 662. MüKoHGB/Grunewald, 3. Aufl. 2013, § 377 Rn. 3; Lehmann, WM 1980, 1162,
1168. 781
Lange, JZ 63 (2008), 661, 662; Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 99 f.; ausf. Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 22 f. 782 Lange, JZ 63 (2008), 661, 662; Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 99 f. 783 MüKoHGB/Grunewald, 3. Aufl. 2013, § 377 Rn. 3; Baumbach/Hopt/Hopt § 377 Rn. 1; ausf. dazu Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 95 ff., 100; ausf. auch Böhler, Grundwertungen, 2000, S 18 ff. 784 Lehmann, WM 1980, 1162, 1168.
§ 13 Mängelrüge
235
Durchlieferung vom Hersteller an den Endkunden der Fall, wo die Sache gar nicht beim Zwischenhändler ankommt. In diesem Fall hat er keine Möglichkeit zur Untersuchung und muss sich dafür auf den Endkunden verlassen.785 Allgemein, vor allem aber bei B2C-Verträgen, hat der Käufer ein Interesse daran, keine zusätzlichen Belastungen und Verpflichtungen durch seinen Kauf auferlegt zu bekommen, sondern sich vielmehr darauf verlassen zu können, dass der Verkäufer ihm keine mangelhafte Ware verkauft. 2. Ökonomische Analyse Ähnlich wie bei der Regelung zur Mängelkenntnis (s.o. § 12 B.II.2.) folgt hier ebenfalls aus der ökonomischen Überlegung der Gesamtkosteneinsparung, dass bei einer möglichst frühen Kenntnis des Verkäufers von dem Mangel (und damit der Beendigung des „Schwebezustands“) weniger Kosten verursacht werden.786 Für die Erreichung dieses Zwecks wäre es am besten, wenn sowohl der Verkäufer als auch der Käufer die Sache möglichst früh und möglichst gründlich untersuchen würden. Generell ist es sehr wahrscheinlich, dass der Verkäufer aus den oben genannten Interessen (und dem zusätzlichen Interesse an seinem guten Ruf) ohnehin Untersuchungen vornehmen wird. Beim Käufer ist dies weniger selbstverständlich. Um ihm diesen Anreiz zu schaffen, ist die Rügeobliegenheit mit Androhung des Rechtsverlusts geeignet.787 Nach der ökonomischen Analyse ist es trotzdem nicht immer sinnvoll, dem Käufer eine allumfassende Untersuchungspflicht aufzuerlegen. Welche Partei welche Art von Untersuchung am besten durchführen sollte, hängt vielmehr davon ab, ob diese jeweils dem Verkäufer oder dem Käufer am kostengünstigsten möglich ist (also wer der cheapest cost avoider ist, s.o. § 8 B.I.2.).788 Dabei kann es sein, dass z.B. eine Untersuchung auf Mängel, die nur mithilfe einer teuren Apparatur entdeckt werden können, besser beim Verkäufer stattfinden sollte, wenn dieser viele gleichartige Sachen verkauft, sodass sich die Investition in die Apparatur eher lohnt und die Kosten auf alle Käufer gestreut werden können. Bezüglich solcher Mängel sollte der Käufer bei zu später Entdeckung nicht seine Rechte verlieren.789 Es kommt im Einzelfall also auf die notwendige personelle und sachliche Ausstattung sowie die 785
Zu diesen Fällen des „Streckengeschäfts“ im deutschen Recht ausf. Lange, JZ 63 (2008), 661 f. 786 Lehmann, WM 1980, 1162, 1168. 787 Auch Lange, JZ 63 (2008), 661, 667; Baumbach/Hopt/Hopt § 377 Rn. 1; Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 100 halten eine Mängelrüge für eine sachgerechte Streuung des Risikos; Lehmann, WM 1980, 1162, 1168. 788 Vgl. dazu Lehmann, WM 1980, 1162, 1168; Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 434 ff. 789 S. dazu den Beispielsfall bei Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 5. Aufl. 2012, S. 434 ff.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
Sachkunde an, um zu wissen, für wen die Untersuchung günstiger ist.790 Bei Verbraucherkäufern wird diese nötige Sachkunde und Ausstattung normalerweise nicht vorliegen, sodass diese äußerst selten cheapest cost avoider sein werden.791 In B2B-Verträgen könnten solche Fälle, in denen der Käufer nicht die ökonomisch geeignetste Person für die Durchführung ist, möglicherweise auch durch entsprechende Vereinbarungen in den AGB oder durch eine Einschränkung der Mängelrüge für besonders aufwendige/kostenintensive Untersuchungen gelöst werden. Außerdem wird aus gesamtwirtschaftlicher Sicht argumentiert, dass eine beschleunigte Mitteilung über den Mangel dem Gesamtinteresse aller Käufer dienen kann, da so der Hersteller schneller auf Fehler in der Ware reagieren kann und wettbewerbsfähiger bleibt, was allen Käufern über den Preis zugutekommt.792 3. Zwischenfazit Die Interessen der Parteien sprechen also in B2B-Verträgen stärker für eine Mängelrüge als in B2C-Verträgen. Aus ökonomischer Sicht setzt eine Mängelrüge generell die richtigen Anreize. Eine Untersuchung durch den Käufer ist aber in B2C-Verträgen nur selten die effizienteste Variante, während dies in B2B-Verträgen häufiger vorkommen kann. In den Einzelheiten folgt aus den Hintergrundüberlegungen, dass Ausnahmen von der Untersuchungspflicht für bestimmte Situationen (z.B. Durchlieferung, besonders aufwendige Untersuchungen) sinnvoll sein könnten. III. Generelle Rügepflicht? Zunächst ist nun nach Argumenten zu suchen, die für eine generelle Rügepflicht ohne personale Differenzierung sprechen (wie es in Frankreich momentan Gesetzeslage ist793). Hierfür wurden schon das generelle Interesse des Verkäufers sowie aus ökonomischer Sicht die Aufrechterhaltung des Wertes der Sache bzw. die Schadensgeringhaltung erwähnt.
790
Lehmann, WM 1980, 1162, 1168. Lehmann, WM 1980, 1162, 1168; s. auch Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 101. 792 So zumindest für Verbraucherkäufer Lehmann, WM 1980, 1162, 1168. 793 Wenn auch die Rspr. in Frankreich indirekt wieder personal differenziert, nämlich bei den Anforderungen an die Untersuchung, vgl. oben § 13 A.II.2.a). 791
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1. Vollumfängliche Erweiterung? Nur sehr vereinzelt wird vertreten, die Rügepflicht vollumfänglich auch auf B2C-Käufe auszuweiten.794 a) Verkäuferinteressen Dabei wird entweder historisch mit dem alten Prinzip caveat emptor (wonach der Käufer sich grundsätzlich vor offenen Mängeln in Acht zu nehmen hat, s.o. § 12 B.III.1.)795 oder mit den schutzwürdigen Interessen des Verkäufers796 argumentiert, ohne jedoch auf die möglichen, oben schon angesprochenen schutzwürdigen Interessen des (v.a. Verbraucher-)Käufers einzugehen (s.o. II.1.). b) Spekulation des Käufers Auch wird als Sinn und Zweck der Mängelrüge vorgebracht, sie verhindere spekulatives, treuwidriges Käuferverhalten (d.h. die Tatsache, dass der Käufer die Mangelhaftigkeit der Sache als Motiv nur vorschiebt, um sich vom Vertrag zu lösen).797 Solch eine Spekulation, d.h. Überwachung der Marktpreise, um sich im richtigen Moment vom Vertrag zu lösen, kann sich aber im Normalfall nur bei höherwertigen Kaufsachen oder größeren Stückzahlen lohnen und übersteigt den Aufwand, den sich ein Verbraucherkäufer mit seiner Kaufsache aufbürden wird, sodass dieser Zweck ebenfalls nur für B2BVerträge greift.798 c) Fairnessempfinden Für eine generelle Mängelrüge könnte man außerdem anführen, dass selbst der Verbraucher, der über keine Rechtskenntnis, jedoch über ein normales Fairnessempfinden verfügt, trotzdem wohl schon auf die Idee kommen könnte, eine neu gekaufte Sache zumindest einmal auszuprobieren, auszupacken bzw. oberflächlich anzusehen. Zu bezweifeln ist allerdings, dass er dieses aus diesem Empfinden heraus auch automatisch innerhalb einer sehr kurzen zeitlichen Frist machen wird, da Dinge häufig nach dem Kauf erst einmal eine Zeit lang liegenbleiben oder gar als Geschenk gekauft werden und insofern eine Untersuchung erst einige Zeit später durchgeführt wird. 794 Vgl. Lehmann, WM 1980, 1162, 1162; Recknagel, Die Trennung von Zivil- und Handelsrecht, 1985, S. 73 f.; zumindest für sichtbare Mängel: HKK/Schmoeckel, 2013, §§ 474–479, Rn. 34. 795 HKK/Schmoeckel, 2013, §§ 474–479, Rn. 34: dieses würde andernfals umgewandelt in ein caveat venditor. 796 Recknagel, Die Trennung von Zivil- und Handelsrecht, 1985, S. 73 f. 797 Dazu ausf. Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 24 ff. 798 So auch i.E. Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 24 ff.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
d) Zumutbarkeit Trotzdem könnte man argumentieren, dass aufgrund des geringen Aufwands trotz Verbraucherschutzes dem Verbraucherkäufer möglicherweise eine Mängelrüge nicht gänzlich unzumutbar ist – vor allem, wenn man mit der ökonomischen Analyse davon ausgeht, dass so der Verkäufer Kosten einspart und sich dies für den Käufer im Preis niederschlägt. Es ist allerdings durchaus zweifelhaft, ob ein Verbraucherkäufer nicht häufig mit einem etwas höheren Preis einverstanden wäre, wenn er wüsste, dass er als Gegenstück sicher sein kann, seine Gewährleistungsrechte zu behalten, ohne sich Gedanken über eine Untersuchung und vor allem deren notwendigen Umfang machen zu müssen. Daher wird auch die Zumutbarkeit teilweise gerade mit der Professionalität des Unternehmerkäufers begründet und für Verbraucherkäufer abgelehnt.799 2. Begrenzung auf einseitige Handelsgeschäfte? Teilweise wird in Deutschland anstatt einer Begrenzung auf beiderseitige Handelskäufe eine Erweiterung zumindest auch auf einseitige Handelsgeschäfte mit einem Kaufmann als Verkäufer gefordert, d.h. C2C- oder C2BKäufe wären trotzdem ausgeschlossen.800 Dafür könnte sprechen, dass dann zumindest immer eine der Parteien ein Interesse an der Schnelligkeit des Handelsverkehrs und somit an einer schnellen Rüge hat. Dabei werden allerdings zum einen die Interessen des Käufers übergangen. Zum anderen lässt sich für eine derartige Privilegierung des verkaufenden Kaufmanns gegenüber dem verkaufenden Privaten keine sachliche Begründung finden.801 Dies ist also abzulehnen. 3. Zur Lösung in Frankreich In Frankreich wird als Grund für den Ausschluss offenkundiger Mängel von der Gewährleistungshaftung angeführt, dass jeder Käufer selbstverständlich stets eine gewisse Sorgfalt (diligence) beim Kauf und bei der Lieferung an den Tag legen müsse.802 Er solle nicht „mit verschlossenen Augen kaufen“. 803 Schön trifft es auch der folgende Satz: „le sort du défaut perceptible à 799
Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 27 f. m.w.N. Lehmann, WM 1980, 1162, 1162; Recknagel, Die Trennung von Zivil- und Handelsrecht, 1985, S. 73 f. 801 So auch MüKoHGB/Grunewald, 3. Aufl. 2013, § 377 Rn. 4 in Fn. 5. 802 Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11325 (S. 276); Collart Dutilleul/Delebecque, Contrats civils et commerciaux, 10. Aufl. 2015, Rn. 276 (S. 254); Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 391 (S. 256). 803 Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 391 (S. 256): „les yeux fermés“. 800
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l’évidence lors du contrat, ou de son exécution, […] se règle sur-le-champ“804 (auf Deutsch: „Das Schicksal des bei Vertrag oder Vertragsausführung erkennbaren Mangels entscheidet sich an Ort und Stelle.“) Klar scheint in Frankreich aus logischen Überlegungen zu sein, dass der Käufer, der eine sichtbar mangelhafte (bzw. zumindest durch eine mehr oder weniger intensive Prüfung erkennbar mangelhafte) Sache geliefert bekommt, „sich nicht [erst im Nachhinein] beschweren kann“, eine mangelhafte Sache verkauft bekommen zu haben.805 Diese scheinbar selbstverständliche Begründung passt jedoch tatsächlich nur auf die vom französischen Recht von der Rüge umfassten Fälle, die sich auf „offene Mängel“ beschränken und bei denen je nach der fachlichen Kompetenz des Verkäufers unterschiedliche Sorgfaltsanforderungen an die Untersuchung gestellt werden (s.o. A.II.2.a)). Eine Erweiterung der umfassenden Mängelrüge wie im deutschen Handelsrecht auf B2CVerträge ließe sich damit keineswegs begründen, denn für einen Verbraucher ohne Fachkenntnisse sind solche Mängel, die nur bei fachgerechter Untersuchung oder gewisser Kenntnis ans Licht treten, eben nicht sichtbar. Was allerdings für Verbraucher, die einfache, klare Regeln benötigen, an der französischen Lösung äußerst problematisch sein kann, ist die Bestimmung des Pflichtenumfangs durch die Rechtsprechung, die von vielen Faktoren abhängig ist (Art der Kaufsache, individuelle Fachkompetenz und Fähigkeiten des Käufers etc., s.o. A.II.2.a)). Diese Kasuistik führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit, vor allem für B2C-Verträge, aber auch für unternehmerische Parteien, für die die Vorhersehbarkeit einen hohen Stellenwert hat. Insgesamt ist von einer Lösung, wie sie momentan in Frankreich von der Rechtsprechung praktiziert wird, also eher abzuraten. IV. Personale Differenzierung? Es könnte daher zu bevorzugen sein, für B2C-Geschäfte überhaupt keine Rügeobliegenheit vorzusehen und diese auf B2B-Geschäfte zu beschränken (wie es in Deutschland und in allen länderübergreifenden Regelwerken momentan der Fall ist). Dies befürworteten auch bereits die Untersuchung der Parteiinteressen und die ökonomische Analyse (s.o. II.3.). 1. Schnelligkeit des Handelsverkehrs Der mit Abstand am häufigsten genannte Sinn und Zweck der Regelung zur Mängelrüge ist das Interesse des unternehmerischen Rechtsverkehrs an einer schnellen und einfachen Abwicklung von Handelsgeschäften sowie an einer
804
Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11325 (S. 276). Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 9. Aufl. 2017, Rn. 390 (S. 255); Huet/Decocq/Grimaldi u.a., Traité de droit civil, 3. Aufl. 2012, Rn. 11325 (S. 276). 805
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
erhöhten Rechtssicherheit.806 Während aufgrund dieses Beschleunigungsgedankens in B2B-Verträgen eine solche Regelung zur Disziplinierung geeignet sei, könne eine solche Disziplin vom Verbraucher nicht erwartet werden.807 Das oben festgestellte Interesse des Verkäufers an Planbarkeit und Vorhersehbarkeit zur Schadensbegrenzung ist bei B2B-Verträgen, vor allem bei Verkäufen in hohen Stückzahlen, jedenfalls durchaus wesentlich höher als bei Verbrauchsgüterkäufen. 2. Interesse des Unternehmerkäufers Auch wird argumentiert, der Käufer habe beim B2B-Geschäft insofern ebenfalls ein Interesse an einer Regelung zur Mängelrüge, da er als Kaufmann in der Regel als Käufer und als Verkäufer auftrete und so sein Nachteil im einen Fall einem Vorteil im anderen Fall gegenüberstehe.808 Dies ist jedoch nur für diejenigen Unternehmerkäufer richtig, die nicht ausschließlich an Verbraucherendkunden weiterverkaufen, da für den Abnehmer gerade keine Rügepflicht bestünde. 3. Fehlende Sachkunde des Verbraucherkäufers Auf der anderen Seite sprechen die schon teilweise (s.o. II.1.) angedeuteten Aspekte des Verbraucherschutzes für eine personale Differenzierung in dieser Art. Dem Verbraucher fehlen häufig die erforderliche Sachkunde und Erfahrung809 und auch teilweise die technischen Möglichkeiten zur Untersuchung (s.o. II.2.). Hier ist mit Blick auf ein einheitliches europäisches Instrument ebenfalls zu beachten, dass bei grenzüberschreitenden Käufen noch Kommunikationsschwierigkeiten und Sprachprobleme hinzukommen und so die Rügeobliegenheit ein Hindernis für den internationalen B2C-Warenkauf darstellen könnte. 4. Beweislastumkehr Des Weiteren wird vorgebracht, dass sich die Rechtsposition des Verbraucherkäufers ohnehin nach Ablauf von sechs Monaten insofern verschlechtert, 806 S. z.B. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR – Full Edition, 2009, Art. IV.A.-4:301, Comment A (S. 1348 unten); Lange, JZ 63 (2008), 661, 662; Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 97 ff., 100; ausf. dazu Mock, Der Ausschluss von Käuferrechten, 2010, S. 119 ff. 807 Zoll, EUVR 1 (2012), 9, 22; Lange, JZ 63 (2008), 661, 662. 808 Niedrig, Die Mängelrüge, 1994, S. 98; dazu auch Böhler, Grundwertungen, 2000, S. 23 f. 809 So auch MüKoHGB/Grunewald, 3. Aufl. 2013, § 377 Rn. 3; Lehmann, WM 1980, 1162, 1168. Für unmöglich und „lebensfremd“ hielt eine Mängelrüge für Verbrauchsgüterkäufe daher bei Diskussion über die VGK-RL der Wirtschafts- und Sozialausschuss, vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom 27.11.1996, ABl. 1997 C 66/5, 9 f. (unter 3.22).
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als es für ihn schwierig ist, das Bestehen des Mangels bei Gefahrübergang zu beweisen (welches vorher vermutet wird810). Daher könnte zumindest im Falle einer Entdeckung des Mangels nach über sechs Monaten eine Rügeobliegenheit für den Verbraucher eine zu starke Zusatzbelastung darstellen.811 Insofern ist aber zu beachten, dass die Tendenz in Europa eine Ausweitung des Zeitraums der Beweislastumkehr, möglicherweise sogar auf zwei Jahre, zu sein scheint (vgl. die französische Regelung in Art. L 217-7 Abs. 1 CCons seit 2016, s.o. § 10 B.I.5.b), und die Regelung im europäischen Richtlinienentwurf von 2017, s.o. § 10 B.I.5.b)812). 5. Nur Rüge-, keine Untersuchungspflicht Teilweise wird auch vorgeschlagen, zumindest eine Rügeverpflichtung auch dem Verbraucher aufzuerlegen, jedoch keine Untersuchungsobliegenheit.813 Das würde bedeuten, dass zumindest bei Feststellung des Mangels eine Art Ausschlussfrist für die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche bestehen sollte.814 Wann genau der Mangel dem Verbraucher bewusst wird, wäre aber zum einen sehr schwer zu beweisen. Zum anderen sollte der Verbraucher auch kleinere, nur vereinzelt auftretende Fehler an der Sache zunächst akzeptieren dürfen und selbst entscheiden können, ab wann ihm der Mangel zu gravierend wird, sodass er Gewährleistungsrechte geltend machen möchte (z.B. ab und zu auftretende Störungen eines Smartphones, die jedoch dem Verbraucher zunächst keine längere Rückgabe seines Telefons zur Reparatur wert sind). Insofern ließe sich eine Ausschlussfrist ohnehin nicht absolut festlegen und es wäre wieder Rechtsunsicherheit verursachende Einzelfallentscheidung erforderlich. Somit erscheint auch dies nicht als sachgerechte Alternative für B2C-Verträge. Inwiefern möglicherweise eine solche Ausschlussfrist zumindest für den Rücktritt sinnvoll sein könnte, dazu ausführlich sogleich bei § 14. Eine personale Differenzierung erscheint insgesamt also die vorzugswürdige Alternative. Besonderheiten innerhalb der B2B-Verträge (z.B. bei Streckengeschäften, s.o. II.1., oder besonders aufwendigen Untersuchungen, s.o. II.2.) könnten dabei außerdem durch die Dispositivität der Regelung und 810
Vgl. Art. 5 Abs. 3 VGK-RL, § 476 BGB, Art. L 217-7 CCons, Art. 105 Abs. 2 CESL; Art. IV.A.-2:308 Abs. 2 CFR; dazu auch kürzlich EuGH 4.6.2015, Rs. C-497/13 – Froukje Faber ./. Autobedrijf Hazet Ochten BV, ECLI:EU:C:2015:357 und BGH 12.10.2016, BB 2016, 2892. 811 Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (Fn. 809) unter 3.23. 812 Allerdings schlägt der Parlamentsausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz nun vor, diese Frist doch auf ein Jahr zu verkürzen (s. dessen Bericht vom 27.2.2018 [Allgemeiner Teil Fn. 35], Art. 8a). 813 Lehmann, WM 1980, 1162 ff., insbes. 1168 f. 814 Lehmann, WM 1980, 1162, 1166.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
entsprechende abweichende Vereinbarungsmöglichkeiten sachgerecht gelöst werden.815 V. Fazit zur Mängelrüge Das Erfordernis der Mängelrüge sollte aufgrund der sehr unterschiedlichen Interessen des Handelskaufs (Schnelligkeit und Einfachheit, Planbarkeit, Werterhalt teurer Wirtschaftsgüter) und des Verbrauchsgüterkaufs (abschreckende Zusatzbelastung, Überforderung, Rechtssicherheit, ggf. Grenzüberschreitung) also auf B2B-Verträge beschränkt werden. Die französische Regelung ist insofern zu kompliziert und einzelfallabhängig. Zumindest die aufkommende Rechtsprechung, auch für das spezielle Verbrauchsgüterkaufregime eine Mängelrüge zu fordern (s.o. A.II.2.c)bb)), geht dabei in die falsche Richtung.
§ 14 Ausschlussfrist für den Rücktritt § 14 Ausschlussfrist
Als Letztes bestehen in den zu untersuchenden Regelwerken unterschiedliche personale Differenzierungen bei der Frage, ob für die Erklärung des Rücktritts eine bestimmte Frist einschlägig ist, nach deren Ablauf vom Kaufvertrag nicht mehr zurückgetreten werden kann. Hierzu findet man vor allem in den neueren Regelungsentwürfen divergierende Ansätze. A. Rechtsvergleichende Darstellung I. Deutschland 1. Geschichtliche Entwicklung Gesetzlich fest geregelte Fristen für die Ausübung des Rücktrittsrechts (abgesehen von der Verjährungsfrist, dazu sogleich unter 2.) gab es in Deutschland nie. Vor der Schuldrechtsreform nahm die Rechtsprechung allerdings eine lange Zeit über an, dass jedes Rücktrittsrecht innerhalb einer angemessenen Frist ab Eintritt des Rücktrittsfalles ausgeübt werden müsse und nach Fristablauf erlösche.816 Dies wurde mit Treu und Glauben unter dem Aspekt eines Verzichts begründet und die Frist bemaß sich nach der Zeit, die der Berechtigte dafür bedurfte, seine Lage nach Eintritt des Rücktrittsfalles zu überbli-
815
Zu den Möglichkeiten der Vertragsgestaltung bei der Mängelrüge vgl. auch Lange, JZ 63 (2008), 661, 666 f. 816 RG 29.2.1916, RGZ 88, 143, 146; RG 9.11.1917, RGZ 91, 108, 109; RG 5.7.1923, RGZ 107, 106, 109 f.; BGH 29.9.1960, NJW 1960, 2331; Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 47.
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cken.817 Es galt jedoch wohl mit Beschränkung auf Verträge zwischen Kaufleuten (B2B).818 Später wurde ein solcher Ausschluss nur noch unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung zugelassen, die nur dann einschlägig sein sollte, wenn sich der Rücktrittsgegner „über einen gewissen Zeitraum hinweg wegen der Untätigkeit [des Rücktrittsberechtigten] bei objektiver Beurteilung darauf einrichten durfte und auch eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen“819.
Außerdem konnte vor der Schuldrechtsreform gemäß § 355 BGB a.F. der Vertragspartner des Berechtigten eine angemessene Frist für dessen Ausübung selbst bestimmen. Diese Vorschrift lautete wie folgt: „Ist für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von dem anderen Teile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist erklärt wird.“820
Sie galt sowohl für vertragliche als auch für gesetzliche Rücktrittsrechte. Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurde die Regelung für vertragliche Rücktrittsrechte im heutigen § 350 BGB beibehalten (s. sogleich unter 2.), während ihre Beibehaltung für gesetzliche Rücktrittsrechte zunächst umstritten war. § 323 Abs. 5 des Kommissionsentwurfs für ein Schuldrechtsmodernisierungsgesetz821 sah für das gesetzliche Rücktrittsrecht zunächst die folgende Bestimmung vor: „Der Schuldner kann dem Gläubiger für die Ausübung des Rücktrittsrechts eine angemessene Frist bestimmen. Übt der Gläubiger das Rücktrittsrecht innerhalb der Frist nicht aus, so kann er vom Vertrag erst nach erfolglosem Ablauf einer von ihm bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zurücktreten.“
Danach hätte also der Käufer, wenn er nicht innerhalb einer vom Verkäufer bestimmten angemessenen Frist zurückgetreten wäre, dem Verkäufer zur Vornahme der Nacherfüllung zunächst selbst erneut eine Nachfrist setzen müssen. Diese Regelung wurde jedoch schon im Diskussionsentwurf822 und auch in der endgültigen Version des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ersatzlos gestrichen.823 817
RG 29.2.1916, RGZ 88, 143, 146. So RG 5.7.1923, RGZ 107, 106, 109; BGH 29.9.1960, NJW 1960, 2331. 819 BGH 18.10.2001, NJW 2002, 669. 820 Dazu auch Staudinger/Kaiser (2012) § 350 Rn. 5. 821 Bundesminister der Justiz, Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S. 162, 171; dazu auch Schmidt-Räntsch, Das neue Schuldrecht – Anwendung und Auswirkungen, 2002, Rn. 511. 822 S. den neuen § 323 BGB im Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 4.8.2000 (Fn. 743). 823 Vgl. zu dieser Regelung und deren Streichung BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 185. 818
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2. Regelung Nach § 350 BGB besteht also bis heute, beschränkt auf vertragliche Rücktrittsrechte, die Möglichkeit für den Rücktrittsgegner, eine angemessene Frist für den Rücktritt zu bestimmen. Teilweise wird vertreten, dasselbe sollte analog § 350 BGB auch für gesetzliche Rücktrittsrechte gelten,824 was jedoch dem Wortlaut des § 350 BGB klar widerspricht825. Insbesondere in B2CVerträgen ist eine vertragliche Befristung des kaufrechtlichen Rücktrittsrechts aus § 437 Nr. 3 BGB schon wegen § 475 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.826 Die einzige zeitliche Ausschlussfrist für den Rücktritt in Deutschland ist die der Gestaltungsverjährung nach §§ 438 Abs. 4 S. 1, 218 BGB. Danach ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn der Anspruch auf Erfüllung oder Nacherfüllung verjährt wäre, in der Regel also zwei Jahre nach Übergabe der Kaufsache gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB. Eine über diesen Verjährungstatbestand hinausgehende generelle zeitliche Ausschlussfrist, auch nach Treu und Glauben, wird nicht mehr angenommen. In seltenen Ausnahmefällen kann eine Verwirkung vorliegen, nämlich im Falle von illoyal verspäteter Geltendmachung des Rücktrittsrechts, die dazu führt, dass der Rücktrittsgegner nicht mehr mit einem Rücktritt zu rechnen brauchte827. Bei gesetzlichen Rücktrittsrechten aufgrund von Leistungsstörungen wird jedoch teilweise angenommen, dass ohnehin ausreichend Schutz durch die eben beschriebene Gestaltungsverjährung besteht und daher der Verwirkungstatbestand von vornherein nicht erfüllt ist.828 Überdies greift diese Verwirkung nur in Ausnahmefällen und bei einem konkreten treuwidrigen Verhalten ein. Somit besteht in Fällen des gesetzlichen Rücktrittsrechts weder in B2B- noch in B2C-Fällen eine (rein) zeitliche Ausschlussfrist für den Rücktritt. II. Frankreich 1. Geschichtliche Entwicklung In Frankreich gab es bis 2005829 im Kaufrecht eine aus dem römischen Recht stammende Ausschlussfrist.830 Diese galt allerdings nicht nur für den Rück824
JurisPK-BGB/Faust, 8. Aufl. 2017, § 350 BGB, Rn. 6. So auch MüKoBGB/Gaier, 7. Aufl. 2016, § 350 Rn. 2; ausf. und m.w.N. dazu auch Staudinger/Kaiser (2012) § 350 Rn. 5 ff. 826 Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 46. 827 BGH 29.9.1960, NJW 1960, 2331; Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 58 ff.; MüKoBGB/Gaier, 7. Aufl. 2016, § 349 Rn. 8. 828 So Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 58. 829 Abgeschafft durch die Ordonnance n° 2005-136 (Allgemeiner Teil Fn. 113). 830 Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 236 (S. 245); Kaschefi, Sachmängelhaftung im französischen Kaufrecht, 2008, S. 117. 825
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tritt, sondern für alle Gewährleistungsrechte nach dem vice-caché-Regime (s.o. § 5 F.I.). Sie war in Art. 1648 Cc a.F. enthalten, der wie folgt lautete: „L'action résultant des vices rédhibitoires doit être intentée par l'acquéreur, dans un bref délai, suivant la nature des vices rédhibitoires, et l'usage du lieu où la vente a été faite.“831 (auf Deutsch: „Sachmängelrechte müssen vom Käufer innerhalb einer kurzen Frist, abhängig von der Art des Sachmangels und den Bräuchen des Ortes, an dem der Kauf getätigt wurde, geltend gemacht werden.“)
Fristbeginn war der Zeitpunkt der Entdeckung des Mangels.832 Die Länge des bref délai wurde durch die Rechtsprechung im Einzelfall konkretisiert und konnte sehr unterschiedlich ausfallen – von wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren.833 Aufgrund dieser Rechtsunsicherheit wurde die Vorschrift stets stark kritisiert und häufig versuchten die Käufer, sich anstatt auf das vice-cachéRegimes auf eines der anderen Gewährleistungsrechte zu berufen (s. zu den Unterschieden oben § 5 F.).834 Daher wurde der bref délai auch mit Umsetzung der VGK-RL im Jahr 2005 zugunsten einer festen Verjährungsfrist abgeschafft.835 Weder einer der späteren Reformentwürfe noch die Schuldrechtsreform von 2016 (s.o. § 4 D.VII.) sahen später wieder eine solche oder ähnliche Ausschlussfrist vor. 2. Regelung Aktuell gibt es in Frankreich in keinem der drei Gewährleistungsregime (s.o. § 5 F.) eine spezielle zeitliche Ausschlussfrist für das Rücktrittsrecht. a) Garantie des vices cachés Für die garantie des vices cachés wurde die allgemeine Ausschlussfrist des alten Art. 1648 Cc durch die Formulierung ersetzt, dass Sachmängelrechte „dans un délai de deux ans à compter de la découverte du vice“ (innerhalb von zwei Jahren ab Entdeckung des Mangels) geltend gemacht werden müssen.836 Es bleibt also hier bei einer Ausschlussfrist (und nicht bei einer Verjährungsfrist), da der Beginn der Frist variabel von der Entdeckung des Mangels abhängt. Dadurch ist diese Frist sehr lang und geht sogar teilweise über die Verjährungsfristen anderer Regelwerke hinaus, z.B. die deutsche kaufrechtliche Verjährungsfrist des § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB, die zwei Jahre ab Ablieferung der Sache beträgt. 831
Hervorhebung durch Verfasserin. Cass. Civ. 3e 26.6.2002, RDI 2002, 423 m. Anm. Malinvaud; (rechtsvergleichend) Kaschefi, Sachmängelhaftung im französischen Kaufrecht, 2008, S. 114 ff. 833 Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 236 (S. 245 f.). 834 Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 236 (S. 245 f.). 835 Durch die Ordonnance n° 2005-136 (Allgemeiner Teil Fn. 113). 836 Ausf. dazu Fahim Nia, La livraison et la conformité, 2012, Rn. 236 ff. (S. 245 ff.). 832
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
b) Obligation de délivrance conforme Beim Rücktritt aufgrund des défaut de délivrance conforme besteht ebenfalls keinerlei zeitliche Ausschlussfrist, sondern der Rücktritt verjährt nach der normalen Frist des Art. 2224 Cc (fünf Jahre), die ab Lieferung der Sache zu laufen beginnt837. c) Garantie de conformité des CCons Auch beim verbraucherrechtlichen Gewährleistungsregime des CCons wurde keine Ausschlussfrist für das Rücktrittsrecht festgelegt. Gemäß Art. L 217-12 CCons verjähren alle Gewährleistungsrechte der garantie de conformité aus dem CCons innerhalb von zwei Jahren ab Lieferung. Hier gibt es also ebenfalls nur eine Verjährungsfrist. III. Europa 1. Geschichtliche Entwicklung In Europa hatte man im ersten Vorschlag für die VGK-RL von 1996838 in Art. 3 Abs. 4 S. 3 noch eine Frist von einem Jahr für die Geltendmachung des Rücktritts vorgesehen. Diese Ausschlussfrist wurde jedoch in der späteren Endversion der VGK-RL gestrichen und auch der aktuelle Richtlinienentwurf von 2017 (s.o. § 4 D.VII.) enthält dazu nichts. 2. CFR Der Gemeinsame Referenzrahmen sieht eine Ausschlussfrist für den Rücktritt sowohl in B2B- als auch in B2C-Fällen vor. Gemäß Art. III.-3:508 Abs. 1 CFR muss der Rücktritt innerhalb einer „angemessenen Frist“ geltend gemacht werden, da man sonst das Rücktrittsrecht verliert: „If performance has been tendered late or a tendered performance otherwise does not conform to the contract the creditor loses the right to terminate under this Section unless notice of termination is given within a reasonable time.“
Diese Frist läuft nach Abs. 2 ab dem Zeitpunkt der Kenntnis bzw. des Kennenmüssens von der Mangelhaftigkeit oder, wenn eine Nachfrist gesetzt wurde, mit Ablauf dieser Nachfrist.
837 Cass. Civ. 3e 26.6.2002, RDI 2002, 424 mit krit. Anm. Malinvaud; JurisCl.Civ./ Mignot, Art. 2228–2232 Cc fasc. unique Rn. 1 ff.; Le Tourneau, Droit de la responsabilité et des contrats, 10. Aufl. 2014, Rn. 6028 (S. 1645). 838 Vorschlag für eine Richtlinie vom 18.6.1996, KOM(1995) 520 endg.
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3. CESL Im CESL wurde in Bezug auf die Frage einer Ausschlussfrist für die Ausübung des Rücktrittsrechts personal differenziert: Gemäß Art. 119 Abs. 1 musste die Vertragsbeendigung bei B2B-Verträgen innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Kenntnis bzw. Kennenmüssen vom Mangel verlangt werden, während dies gemäß Art. 119 Abs. 2 lit. a CESL für B2C-Fälle nicht galt, dort also das Recht auf Vertragsbeendigung nie entfiel. Unklar war im CESL auch, ob für den Rücktritt überhaupt die Verjährungsfrist von zwei Jahren gemäß Art. 178, 179 CESL griff, denn gemäß Art. 178 galt die Verjährung nur für ein „Recht, die Erfüllung einer Verpflichtung zu vollstrecken“. Ob darunter auch das Rücktrittsrecht fiel, ist fraglich.839 Im Änderungsvorschlag des Parlaments von 2014 wurde hierfür eine Änderung vorgeschlagen, die die vorherige personale Differenzierung aufhob und für alle Fälle eine Ausschlussfrist für die Vertragsbeendigung einführen wollte, die zwei Monate ab Kenntnis oder Kennenmüssen von dem Rücktrittsrecht betrug.840 Allerdings wurde hier wiederum eine andere, neuartige personale Differenzierung vorgeschlagen: Kannte der Käufer das Beendigungsrecht nicht, sondern hätte er dieses nur kennen müssen, sollte die Ausschlussfrist in B2C-Fällen doch nicht gelten (in B2B-Fällen aber nach wie vor). IV. CISG Das nur auf B2B-Verträge anwendbare CISG enthält eine Ausschlussfrist für den Rücktritt in Art. 49 Abs. 2 lit. b Buchst. i. Danach muss der Käufer sein Recht, die Aufhebung des Vertrags zu erklären, innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Kenntnis oder Kennenmüssen von der Vertragsverletzung erklären. V. PICC Die Regelung in den PICC entspricht der des CISG: Gemäß Art. 7.3.2 Abs. 2 PICC muss der Rücktrittsberechtigte die andere Partei innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis oder Kennenmüssen der Vertragsverletzung über die Vertragsbeendigung informieren, da er sonst sein Beendigungsrecht verliert.
839 Skeptisch aufgrund der Formulierung ist Zöchling-Jud, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend, 2012, S. 253, 264. Schulze/Zoll, CESL Commentary, 2012, Art. 119 Rn. 5 hingegen möchte es als Nebenrecht ansehen und somit als umfasst werten. 840 Abänderung 201 des Berichts des Parlaments vom 26.2.2014 (Fn. 59).
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
B. Bewertung I. Zusammenfassung zum Rechtsvergleich Frage: Gibt es eine Ausschlussfrist für die Geltendmachung des Rücktrittsrechts? B2C B2B
DE ※ (–) (–)
FR ※ (–) (–)
CISG --(+)
PICC --(+)
CFR (+) (+)
CESL (–) (+)
Legende: (+) = ja; (–) = nein; --- = nicht geregelt. In Deutschland und Frankreich besteht in keinem Fall eine spezielle (※ über die Verjährung hinausgehende) Ausschlussfrist für Rücktrittsfälle. Hingegen besteht in B2B-Fällen in allen grenzüberschreitenden Regelwerken das Erfordernis der Geltendmachung innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Kenntnis oder Kennenmüssen von der Mangelhaftigkeit der Sache. Für B2C-Fälle sieht daneben die gleiche Regelung nur der CFR vor, während das CESL sie hier gerade nicht anwendete, sondern insofern personal differenzierte. Es sind also die drei folgenden Lösungsmöglichkeiten zu diskutieren: – eine generelle Ausschlussfrist für den Rücktritt (für B2C- und B2BVerträge), s.u. III., – keine Ausschlussfrist für den Rücktritt (weder für B2C- noch für B2BVerträge), s.u. IV., – oder eine personale Differenzierung (Ausschlussfrist nur für B2BVerträge), s.u. V. II. Hintergrund der Ausschlussfrist Zu Beginn der Bewertung sollen wieder die hinter der Frage des Erfordernisses einer Ausschlussfrist für den Rücktritt stehenden Parteiinteressen dargestellt werden sowie die ökonomische Analyse dieser Thematik. 1. Interessen der Parteien Der Verkäufer hat allgemein ein großes Interesse daran, schnell zu erfahren, ob der Käufer am Vertrag festhält oder diesen beendet, sodass der Verkäufer die Ware zurücknehmen muss.841 Denn weiß der Verkäufer nichts von einem Rücktritt, muss er weiterhin Leistungsbemühungen unternehmen, die sich im Falle der Beendigung als nutzlos erweisen können.842 Außerdem entstehen 841 MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 49 CISG Rn. 14; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 49 CISG Rn. 7; Vogenauer/Kleinheisterkamp/Huber, UNIDROIT Commentary, Art. 7.3.2 Rn. 1. 842 Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEK Kommentar, Art. 119 Rn. 1.
§ 14 Ausschlussfrist
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ihm umso mehr Kosten, je später und abgenutzter er die Kaufsache zurückbekommt.843 Er hat also ein Interesse daran, dass der Schwebezustand, in dem ein Rücktritt möglich ist, aber noch nicht erklärt wurde, schnell beendet wird, was durch eine Ausschlussfrist für den Rücktritt erreicht werden kann.844 Der Käufer hat selbstverständlich grundsätzlich kein Interesse daran, durch eine besondere Frist in der Ausübung seines Rücktrittsrechts beschränkt zu werden. Für ihn kann es trotzdem häufig vorzugswürdig sein, eine Vertragsbeendigung möglichst schnell durchzuführen, um so z.B. zu verhindern, dass er Kosten für eine lange Benutzung oder mögliche Verschlechterung des Produkts zahlen muss. Jedoch kann es aus reiner Käufersicht auch manchmal besser sein, abzuwarten, ob die Preise für das Produkt fallen oder steigen, und nur im Falle von sinkenden Preisen den Rücktritt zu erklären, um so das Produkt günstiger zu erwerben.845 Dieses Interesse ist allerdings nicht unbedingt schützenswert (dazu sogleich unter 2.). Jedenfalls wird der Käufer durch eine Frist zusätzlichem Zeitdruck ausgesetzt, den er normalerweise nicht hat. Er hat also zumindest ein (schützenswertes) Interesse daran, dass er genug Zeit hat, sich den Rücktritt in Ruhe zu überlegen. Diese Interessen gelten grundsätzlich für alle personalen Konstellationen. Allerdings ist die Möglichkeit, sich den Rücktritt in Ruhe zu überlegen, besonders wichtig bei Verbraucherkäufern, die es nicht gewöhnt sind, schnell reagieren zu müssen, um ihre Rechte nicht zu verlieren. Bei B2B-Geschäften hingegen muss der Käufer ohnehin ab Entdeckung des Mangels schnell reagieren (s. zur Mängelrüge oben § 13). Dieses bei Verbrauchern erhöhte Interesse könnte also für eine personale Differenzierung sprechen. 2. Ökonomische Analyse Allgemein gilt nach der ökonomischen Analyse, wie oben (§ 10 B.I.2.b)) bereits erörtert, dass die effizientesten bzw. insgesamt kostensparendsten Abhilfen meist Nachbesserung oder Nachlieferung sind, sodass ein Rücktritt stets nur ultima ratio sein sollte. Daher sollte rein ökonomisch gesehen die Möglichkeit eines Rücktritts möglichst begrenzt werden.846 Betrachtet man die konkrete Problematik einer Ausschlussfrist, muss aus ökonomischer Sicht wieder die Geringhaltung der Gesamtkosten für die Par843 Dies geht auch aus der Begründung für die in dem früheren Entwurf für die VGKRL von 1995 angedachten Regelung hervor, vgl. KOM(1995) 520 endg. (Fn. 838), S. 15. 844 Trotzdem kann ihm natürlich die Unsicherheit darüber verbleiben, für welchen anderen Rechtsbehelf sich der Käufer entscheidet (Schadensersatz, Minderung oder möglicherweise ein Beharren auf der Nacherfüllung), dazu unten § 14 B.IV.4. sowie Staudinger/ Kaiser (2012) § 350 Rn. 6. 845 Dazu z.B. MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 49 CISG Rn. 14; MüKoBGB/ Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 49 CISG Rn. 7. 846 Senini, in: Alpa/Conte/Perfetti (Hrsg.), The proposed CESL, 2013, S. 113, 130.
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Besonderer Teil: Rechtsvergleichende Analyse und Bewertung
teien angestrebt werden (s.o. § 8 B.). Da hier zusätzliche Kosten durch eine längere Schwebelage vor allem auf Seiten des Verkäufers entstehen (s. soeben unter 1.), gilt es also, diese zu minimieren, da sie sich sonst ebenfalls in höheren Preisen für alle Käufer niederschlagen (s.o. § 10 B.I.2.b)).847 Eine Frist für die Erklärung des Rücktritts ist insofern zur Erreichung dieses Ziels der Kosteneinsparung geeignet, als nach Fristablauf Klarheit herrscht und der Verkäufer keine nutzlosen Aufwendungen mehr tätigt (s.o. 1.). Außerdem wirkt eine Frist dem erwähnten Anreiz für den Käufer entgegen, sich illoyal zu verhalten und absichtlich bei der Wahl des Zeitpunkts der Beendigung zu spekulieren, indem er bei steigenden Preisen am Vertrag festhält und nur bei fallenden Preisen den Vertrag aufhebt (dazu unten III.1.).848 Solch ein spekulatives Verhalten ist aus ökonomischer Sicht ineffizient und verfälscht die freie Preisbildung. Dies wird tendenziell in B2B-Verträgen mit höherwertigen Kaufsachen eine wichtigere Rolle spielen und in B2CVerträgen seltener von Bedeutung sein. Die ökonomische Analyse befürwortet also generell eine Ausschlussfrist für den Rücktritt in allen Fällen, vor allem aber in B2B-Verträgen. 3. Zwischenfazit Aus den Parteiinteressen und der ökonomischen Analyse lassen sich somit einige Argumente für eine generelle derartige Ausschlussfrist ableiten. Jedoch sprechen – vor allem bei B2C-Verträgen – auch schützenswerte Käuferinteressen sowie eine geringere Gefahr von spekulativem Verhalten gegen eine solche Frist, was für eine personale Differenzierung sprechen könnte. III. Generelle Ausschlussfrist für den Rücktritt? Für eine Ausschlussfrist in allen personalen Konstellationen, wie sie momentan (nur) im CFR geregelt ist, sprechen also vor allem die genannten Verkäuferinteressen sowie die ökonomische Kostengeringhaltung für beide Parteien. 1. Spekulation des Käufers Daher wird von den Vertretern einer Ausschlussfrist für alle personalen Konstellationen – also vor allem unter Einbeziehung der B2C-Verträge – argumentiert, dass kein Grund besteht, beim Verbraucherkäufer die Schwebelage nicht auf einen zumutbaren Zeitraum zu beschränken. Sonst könne dieser 847 Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEK Kommentar, Art. 119 Rn. 1; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 775. 848 Ferrari/Saenger, Internationales Vertragsrecht, Art. 49 CISG Rn. 14; Vogenauer/ Kleinheisterkamp/Huber, UNIDROIT Commentary, Art. 7.3.2 Rn. 1; Schlechtriem/ Schwenzer/Müller-Chen Art. 49 Rn. 3; MüKoHGB/Benicke, 3. Aufl. 2013, Art. 49 CISG Rn. 14; MüKoBGB/Huber, 7. Aufl. 2016, Art. 49 CISG Rn. 7.
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auf Kosten des Verkäufers mit dem Rücktrittsrecht spekulieren.849 Wie bereits angedeutet, ist eine solche Spekulation jedoch eher bei hochwertigen Kaufsachen und somit bei B2B-Verträgen problematisch (s.o. II.2.). Daneben wird es dem Verbraucherkäufer eher darauf ankommen, möglichst wenig Komplikationen mit der Mangelhaftigkeit der Kaufsache zu haben und er wird kaum jeden Tag die Marktpreise vergleichen. Daher überzeugt dieses Argument für Verbrauchsgüterkäufe weniger. 2. Ungleichgewichtslage Außerdem wird vorgebracht, es entstehe ohne eine Ausschlussfrist auch in B2C-Verträgen eine erhebliche Ungleichgewichtslage zugunsten des Käufers, die zu erhöhten Preisen für alle Verbraucher führe.850 Auch durch die Zahlung von Gebrauchsvorteilen, die stets sehr unklar sei, könne diese Ungleichgewichtslage nicht kompensiert werden.851 Es ist jedoch zu erwähnen, dass diese Argumente aus der Bewertung des CESL stammen, nach dem für B2CVerträge auch der Vorrang der Nacherfüllung nicht galt. Daher sah man hier eine besondere Notwendigkeit, die Möglichkeit, jederzeit nach freier Wahl zurückzutreten, auf irgendeine Art einzuschränken.852 Ist der Vorrang der Nacherfüllung, wie oben empfohlen, etabliert, ist es zweifelhaft, ob der Verbraucher, der bereits Nachbesserung oder Nachlieferung gefordert hat, ggf. eine Nachfrist gesetzt hat usw., nicht möglicherweise lieber von Anfang an einen etwas höheren Preis in Kauf nehmen würde als nach alledem noch zusätzliche Anstrengungen unternehmen zu müssen, bestimmte (unerwartete) Fristen einzuhalten, um sich endgültig vom Vertrag zu lösen. IV. Keine Ausschlussfrist für den Rücktritt? Es wird aber auch vertreten, eine Ausschlussfrist für den Rücktritt sei generell unnötig bzw. nicht sinnvoll. Es wird also eine Regelung bevorzugt, wie sie in Deutschland und Frankreich momentan gilt.853 1. Treu und Glauben/Verjährung ausreichend Dies wird damit begründet, dass es genügt, wenn die Geltendmachung des Rücktritts über Treu und Glauben (z.B. Institute der Verwirkung) und über
849
Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 775. Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEK Kommentar, Art. 119 Rn. 2. 851 So bezogen auf die Regelungen im CESL Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEK Kommentar, Art. 119 Rn. 3. 852 So auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 775. 853 So z.B. Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 47 m.w.N. 850
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die Verjährung (z.B. §§ 438 IV 1, 218 BGB, s.o. A.I.2.) begrenzt wird.854 Ob jedoch die unsicheren Institute wie die Verwirkung bzw. Treu und Glauben vor allem im unternehmerischen Rechtsverkehr, wo Rechtssicherheit und Planbarkeit an höchster Stelle stehen, eine vorzugswürdige Alternative darstellen, ist zumindest anzuzweifeln. 2. Möglichkeit der Vereinbarung Außerdem wird vorgebracht, die Parteien könnten zumindest in B2BVerträgen in Fällen, in denen es für sie insgesamt vorteilhaft ist, auch ohne eine gesetzliche Regelung eine solche Ausschlussfrist für den Rücktritt individualvertraglich oder durch AGB vereinbaren.855 Hingegen würde bei B2CVerträgen eine solche vertragliche Vereinbarung die Rechte des Verbrauchers beschränken ist mithin nicht möglich. Genauso könnte man jedoch argumentieren, dass die unternehmerischen Parteien bei Bestehen einer Fristregelung diese, wenn sie längere Rücktrittsfristen wünschen, auch abbedingen können. Zu Fragen ist vielmehr danach, welche Regelung in der Mehrheit der B2BFälle am sinnvollsten wäre. Dabei spricht die ökonomische Sicht vor allem in B2B-Fällen stärker dafür, dass mehrheitlich eine Ausschlussfrist unter Gesichtspunkten der Kostengeringhaltung im Interesse beider Parteien liegen könnte (s.o. II.2.). 3. Fehler aus Verkäufersphäre Als in Deutschland im Zuge der Schuldrechtsreform die Möglichkeit eines Setzens einer solchen Ausschlussfrist durch den Rücktrittsgegner für gesetzliche Rücktrittsrechte gänzlich abgeschafft wurde (s.o. A.I.1.), begründete man dies damit, dass die Unsicherheit, die sich aus der Schwebelage für den Verkäufer ergebe, ihm auch zuzumuten sei, weil er schließlich vertragsbrüchig war (und nach dem deutschen Recht im Normalfall außerdem eine Nachfrist erfolglos hat verstreichen lassen).856 Es wurde außerdem argumentiert, der Verkäufer könne die Schwebelage ja jederzeit selbst beenden, indem er die geschuldete Leistung noch erbringe.857 Dem ist zumindest insofern zuzustimmen, als aufgrund des aus der Sphäre des Verkäufers stammenden Problems der Mangelhaftigkeit die Käuferinteressen einen höheren Stellenwert bekommen sollten. Daraus kann man also zumindest folgern, dass das Interesse des (vor allem Verbraucher-)Käufers an ausreichend Überlegungs- und Reaktionszeit nicht ohne weiteres durch Kosteneinsparungsinteressen des 854
Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 47 und § 350 Rn. 5; vgl. auch Erman/Röthel, 14. Aufl. 2014, § 350 Rn. 1. 855 So für das deutsche Recht auch Staudinger/Kaiser (2012) § 349 Rn. 47. 856 BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 185. 857 BT-Drs. 14/6040 (Fn. 272), S. 185.
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Verkäufers verdrängt werden sollte (s.o. II.1.). Ob diese „Bestrafung“ des Verkäufers, wenn sie letztendlich zu höheren Preisen führt, vor allem bei reinen Unternehmerkäufen über hochpreisige Waren oder hohe Stückzahlen im Käuferinteresse liegt, ist jedoch zu bezweifeln; zumal der Unternehmerkäufer durch die Regelungen zur Mängelrüge ohnehin gewohnt ist, bei auftretenden Mängeln schnell reagieren zu müssen (dazu sogleich V.1., allgemein zur Mängelrüge oben § 13). 4. Zweckverfehlung Außerdem wird gegen eine spezielle Ausschlussfrist für den Rücktritt vorgebracht, dass diese ohnehin das Ziel, den unsicheren Schwebezustand des Verkäufers zu beenden, nicht vollständig erreiche. Denn dadurch werde zwar der Rücktritt ausgeschlossen, jedoch bestehe weiterhin keine besondere Frist für die Wahl des Käufers zwischen den anderen Rechtsbehelfen. Dieser könne häufig immer noch entweder auf (Nach-)Erfüllung beharren oder aber zu Schadensersatz- oder Minderungsansprüchen übergehen.858 Wenn ein Vorrang der Nacherfüllung existiert (dazu oben § 10), wird der Verkäufer jedoch im Normalfall ohnehin stets die Nacherfüllung bevorzugen (s.o. § 10 B.I.2.a)) und die Möglichkeit eines Rücktritts wird nur dann bestehen, wenn die Nacherfüllung unmöglich, gescheitert oder absolut unverhältnismäßig ist. In diesen Fällen verbleibt dem Käufer im Falle des Ausschlusses der Rücktrittsmöglichkeit durch eine Frist also regelmäßig nur noch die Wahl zwischen Minderung und Schadensersatz. Der Verkäufer kann somit zumindest sicher sein, die Sache nicht mehr zurücknehmen zu müssen.859 Ein gewisser Grad an Unsicherheit darüber, welche Geldsumme er zahlen muss, kann ihm jedoch stets bis zur Erfüllung der Käuferansprüche oder ggf. bis zum Eintritt der Verjährung aller Käuferrechte verbleiben. Zumindest bei B2B-Verträgen kann der Verkäufer aber aufgrund der Rügepflicht über die Mangelhaftigkeit möglicherweise schon die Kosten für eine Minderung oder einen Schadensersatz abschätzen. V. Personale Differenzierung? Es könnte daher möglicherweise sachgerecht sein, bei dieser Frage personal zu differenzieren und eine Ausschlussfrist für das Rücktrittsrecht nur für 858
Staudinger/Kaiser (2012) § 350 Rn. 6. Der Anspruch des Käufers auf (Nach-)Erfüllung bleibt zwar möglicherweise neben dem Rücktrittsrecht bestehen (so z.B. vorgesehen in § 323 Abs. 5 des BGBKommissionsentwurfes für die Schuldrechtsreform, s.o. § 14 A.I.1.), vgl. Bundesminister der Justiz, Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S. 171. Jedoch wird diese Situation, wenn Nacherfüllung vorrangig ist, faktisch kaum vorkommen, da der Verkäufer sich dann von vornherein für die mögliche und verhältnismäßige Nacherfüllungsvariante entscheiden wird. 859
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B2B-Kaufverträge vorzusehen, wie es im CESL-Entwurf geregelt war (s.o. A.III.3.). Dafür sprechen zunächst das bereits genannte erhöhte Interesse des Verbraucherkäufers an einer ausreichenden Überlegungszeit (s.o. II.1.).860 Es könnten möglicherweise aber auch weitere Unterschiede zwischen B2B- und B2C-Situationen bzw. Gründe des Verbraucherschutzes bestehen, die eine personale Differenzierung rechtfertigen. 1. Ohnehin Mängelrüge bei B2B Zunächst ist hier der Unterschied zu nennen, dass allgemein in B2BVerträgen eine Prüfungspflicht der Kaufsache unmittelbar nach dem Kauf besteht sowie eine irgendwie geartete Verpflichtung, bei Entdeckung eines Mangels, diesen dem Verkäufer unverzüglich anzuzeigen. Eine solche Pflicht ist in B2C-Verträgen nicht üblich und nicht angemessen (dazu ausf. oben § 13 B.). Es ist also konsequent, dem Verbraucher aus denselben Überlegungen auch keine bestimmte Frist für die Rücktrittserklärung aufzuerlegen.861 Dies zeigt vor allem auch, dass das Interesse der Unternehmerkäufer, durch eine zu Preiserhöhungen führende lange Überlegungszeit geschützt zu werden, besonders gering ist, da die Unternehmer es ohnehin gewohnt und dazu verpflichtet sind, bei Entdeckung von Mängeln schnell zu reagieren. Es ist nur ein kleiner Schritt, im Zuge der Mängelrüge ebenfalls aus den möglichen Rechtsbehelfen den gewünschten auszusuchen. Tut ein Unternehmer dies aus spekulativen Gründen nicht (s.o. § 13 B.III.1.b)), ist dies nicht schützenswert. 2. Unkenntnis des Verbrauchers und Überlegungszeit Auch andere Gründe des Verbraucherschutzes spielen hier eine Rolle: Der rechtlich nicht umfassend informierte Verbraucher rechnet keineswegs damit, innerhalb einer kurzen Frist nach Entdecken des Mangels reagieren zu müssen, um sein Rücktrittsrecht nicht zu verlieren. Häufig ist der Mangel nicht so umfangreich bzw. nicht so eindeutig (z.B. in unregelmäßigen Abständen mal auftretende, mal nicht auftretende technische Störungen), dass der Käufer sich direkt entscheiden muss, Ansprüche gegen den Verkäufer geltend zu machen. Der Verbraucher wird dann häufig abwarten wollen, ob der Mangel tatsächlich bestehen bleibt bzw. ihn so stark stört, dass er Mängelrechte (mit dem damit verbundenen Aufwand, z.B. Einsendung der Kaufsache über mehrere Wochen zur Reparatur) geltend machen möchte. Eine Ausschlussfrist würde dieser Überlegungszeit entgegenwirken. Selbst wenn es daher gelänge, dem Verbraucher eine solche Pflicht zur Fristeinhaltung bewusst zu machen, könnte dies daher schlimmstenfalls zu übereilten Rücktrittserklärungen führen, die sonst überhaupt nicht unternommen worden wären. Zwar könnte man 860 861
So auch Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 119 Rn. 1. So auch zum CESL Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEK Kommentar, Art. 119 Rn. 2.
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hier argumentieren, dass auch der Unternehmerkäufer diese Überlegungszeit bevorzugen würde, jedoch hat dieser ebenfalls ein Interesse an der Schnelligkeit und Planbarkeit des Handelsverkehrs und aufgrund der ohnehin bestehenden Rügepflicht ist es für ihn wichtiger, schnell und günstig Abhilfe zu bekommen und keinen Preiserhöhungen ausgesetzt zu sein, als die Möglichkeit zu haben, sich den Rücktritt Monate bis Jahre lang überlegen zu können. Diese Unterschiede und Verbraucherschutzgesichtspunkte sprechen also klar für eine personale Differenzierung.862 VI. Fazit zur Ausschlussfrist für den Rücktritt Im Ergebnis ist eine Ausschlussfrist für den Rücktritt in B2B-Verträgen durchaus sinnvoll, da sie keine große Einschränkung bedeutet und ohnehin ein großes Interesse an der Schnelligkeit des Rechtsverkehrs und an der Planbarkeit und Kalkulation von Seiten beider Parteien besteht. In B2C-Verträgen hingegen würde sie die Rechte des Verbrauchers, der nicht mit einer solchen Frist rechnet und aufgrund seiner Unerfahrenheit für Reklamationen häufig viel Zeit und Mühe aufwenden muss, viel zu stark beschränken. Eine personale Differenzierung wie im CESL erscheint hier daher als sinnvollste Lösung.
862
So auch Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 119 Rn. 1.
Zusammenfassung und Fazit Insgesamt konnten im Laufe der Untersuchung also zahlreiche Punkte gefunden werden, bei denen bezüglich der personalen Differenzierung Vereinfachungen möglich und erwünscht sind. An anderer Stelle hingegen erwiesen sich gerade diejenigen Regelwerke als die sachgerechtesten, die eine solche Differenzierung vornehmen. Wieder bei anderen Punkten ist eine Zwischenlösung sinnvoll: Die Grundregelung für beide Parteien soll zwar die gleiche sein, bei einigen Detailregelungen sind aber Ausnahmen oder Sonderregeln für eine bestimmte personale Konstellation erforderlich. Nachfolgend sollen noch einmal kurz die Ergebnisse und die wichtigsten Argumente zu jedem Thema zusammengefasst werden. Vorweg soll ein Schaubild einen Überblick über die Ergebnisse ermöglichen: Einheitliche Personale Regelung ist zu Differenzierung bevorzugen ist zu bevorzugen Klauselkontrolle Individualvereinbarungen Klauselkontrolle Mehrfachverwendungsabsicht Klauselkontrolle Generalklausel Klauselkontrolle Beurteilung der Unfairness Klauselkontrolle Verbotslisten/Indizwirkung Nacherfüllung Vorrang der Nacherfüllung Nacherfüllung Wahl zwischen Nachbesserung u. Ersatzlieferung Nacherfüllung Ein- und Ausbaukosten bei Ersatzlieferung Nacherfüllung Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung Montagebezogene Fehler Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit Mängelrüge Ausschlussfrist für den Rücktritt
x x x x
(Differenzierung für Detailregeln) x
x x x
(Differenzierung für Detailregeln) (Differenzierung für Detailregeln) (Differenzierung für Detailregeln)
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Klauselkontrolle Individuell ausgehandelte Klauseln sollten in keiner personalen Konstellation in die Inhaltskontrolle missbräuchlicher Klauseln einbezogen werden (s.o. § 9 B.II.). So ist es auch in den meisten Regelwerken der Fall, die sich auf vorformulierte Standardbestimmungen beschränken. Nur in Frankreich werden diese im CCons und im CCom von der Klauselkontrolle für B2C- und B2B-Fälle umfasst. Dort ist aber durch die Einführung des neuen Art. 1171 Cc, der sich auf vorformulierte Klauselwerke beschränkt, ebenfalls eine Tendenz zu einer solchen Beschränkung festzustellen (s.o. § 9 A.II.2.e)). Dieser Tendenz ist zu folgen. Im CFR war man sich bisher nicht einig: Möglicherweise soll zumindest für B2C-Verträge die Klauselkontrolle auch auf Individualvereinbarungen anwendbar sein (s.o. § 9 A.III.2.a)). Dieser Zusatz sollte besser gestrichen werden. Zu diesem Ergebnis hat vor allem die Tatsache geführt, dass die meisten der verschiedenen Schutzzwecke der Klauselkontrolle (s.o. § 9 B.I.) Individualvereinbarungen nicht erfassen (s.o. § 9 B.II.2.). Außerdem stellt eine Einbeziehung von Individualvereinbarungen einen starken Eingriff in die Vertragsfreiheit dar (s.o. § 9 B.II.4.). Selbst bei B2CKonstellationen hat sich ein solcher Eingriff als nicht gerechtfertigt herausgestellt, da im Bereich des Kaufrechts bereits viele zwingende Regelungen für B2C-Verträge vorliegen. Die wichtigsten Verbraucherinteressen sind also ohnehin sichergestellt (s.o. § 9 B.II.5.). Die Frage, ob die Standardbestimmungen in der Absicht ihrer mehrfachen Verwendung in den Vertrag eingeführt wurden, sollte beim Anwendungsbereich der Klauselkontrolle weder bei B2C- noch bei B2B-Verträgen eine Rolle spielen (s.o. § 9 B.III.). So ist es auch in Frankreich und war es auch im CESL geregelt. Diese Voraussetzung sollte also im deutschen Recht, in den PICC und im CFR auch für B2B-Verträge gestrichen werden. Zum einen greifen hier ebenfalls die meisten Schutzzwecke auch im Falle vorformulierter Einmalverträge ein (s.o. § 9 B.III.2.). Zum anderen hat aufgrund der bereits bestehenden Ausnahme bei individueller Aushandlung die Voraussetzung der Mehrfachverwendungsabsicht vor allem in B2C-, aber auch in B2BVerträgen nur eine geringe praktische Relevanz (s.o. § 9 B.III.5.). Zur Vereinfachung kann auf diese verzichtet werden. Eine gänzlich unterschiedlich formulierte Generalklausel für die Definition der Missbräuchlichkeit einer Klausel für B2C- und B2B-Verträge erscheint nicht angemessen (s.o. § 9 B.IV.). So wird auch in Frankreich1 und in
1 In Frankreich sollte trotzdem insofern vereinfacht werden, als diese ohnehin gleich formulierte Generalklausel nicht an drei unterschiedlichen Orten (s.o. § 9 A.II.), sondern an einer Stelle einheitlich zusammengefasst werden sollte.
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Zusammenfassung und Fazit
Deutschland 2 grundsätzlich die gleiche Formulierung für den Unfairnesstest für alle Personengruppen verwendet. In den europäischen Regelungsentwürfen (CFR, CESL) sollte die abweichend formulierte Generalklausel, die für B2B-Verträge nur auf die übliche/gute Handelspraxis abstellt, daher gestrichen werden. Hintergrund ist, dass in allen personalen Konstellationen die Basis für die Missbräuchlichkeitskontrolle ein Ungleichgewicht in den Rechten und Pflichten der Parteien ist (und nicht die Abweichung von der Handelspraxis per se, s.o. § 9 B.IV.4.c)). Aus den Schutzzwecken der Klauselkontrolle ergibt sich diesbezüglich nichts anderes (s.o. § 9 B.IV.2.). Dass bei der Beurteilung der Unfairness individuelle Umstände mit einfließen sollten, die in unterschiedlichen personalen Konstellationen verschieden ausfallen können, ist dadurch nicht ausgeschlossen, sondern wird durch die offene Formulierung des „erheblichen Ungleichgewichts“ gerade ermöglicht. Bei der Beurteilung der Unfairness sollten sowohl in B2C- als auch in B2BVerträgen bestimmte individuelle Umstände des Vertragsschlusses innerhalb klarer Grenzen berücksichtigt werden (s.o. § 9 B.V.). So ist bzw. war es auch in den neueren Regelungsentwürfen (CFR und CESL) geregelt. Hingegen ist in den anderen Regelwerken eine Berücksichtigung individueller Umstände für B2B-Fälle nicht oder nur eingeschränkt (in Deutschland beschränkt auf die Handelspraxis) vorgesehen. Gerade mit Blick auf eine, wie hier vertreten, grundsätzlich einheitlich formulierte Generalklausel (s.o. § 9 B.IV.7.) ist diese Berücksichtigung aber auch für B2B-Verträge wichtig. Selbstverständlich können die relevanten Umstände personal abhängig variieren. Z.B. können und sollten Punkte wie die Branchenüblichkeit einer Klausel, die Zugehörigkeit des Geschäfts zum Kern der unternehmerischen Tätigkeit, die Handelspraxis oder die Unternehmensgröße nur bei B2B-Fällen in die Beurteilung mit einfließen (s.o. § 9 B.IV.4.b)). Summierungs- und Kompensationseffekte (Letztere in den engen Grenzen eines sachlichen Zusammenhangs) sollten außerdem für alle personalen Konstellationen anerkannt werden (s.o. § 9 B.V.5.). Graue und schwarze Verbotslisten sollten in jedem Fall für B2C-Verträge bestehen. Für B2B-Verträge erscheint es sinnvoll, dass Richter sich bei der Auslegung der Generalklausel zur Argumentation und Abgrenzung auf diese Listen beziehen können, indem eine Indizwirkung gilt (s.o. § 9 B.VI.). Grund sind die Funktionen der Verbotslisten, die für alle personalen Konstellationen einschlägig sind: die Anleitung der Rechtsanwendung und der Vertragsgestaltung sowie die Stärkung der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit (s.o. § 9 B.VI.3.). Dabei sind zwar schwarze Listen ohne Wertungsmöglichkeit für B2B-Verträge zu unflexibel (s.o. § 9 B.VI.5.). Eine Auseinandersetzung mit 2 In Deutschland besteht die Besonderheit, dass zwar zunächst die gleiche Formulierung der Generalklausel verwendet wird, sodann aber ein ausdrücklicher Hinweis auf die Berücksichtigung der Handelspraxis für B2B-Verträge erfolgt, s.o. § 9 A.I.2.c).
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solchen Katalogen, die dazu einlädt, personal unterschiedliche Auslegungen zu begründen, ist hingegen durchaus sinnvoll (s.o. § 9 B.VI.6.a)). So wird es momentan auch von der deutschen Rechtsprechung praktiziert, während in den anderen Regelwerken stets nur für B2C-Fälle Verbotskataloge gelten, die in B2B-Fällen nicht heranzuziehen sind. Wichtig ist allerdings, dass in B2BFällen nicht einfach die B2C-Verbotslisten ohne weitere Reflexion angewendet werden. Diese sollten stattdessen ausdrücklich nur als Ausgangspunkt für die Argumentation dienen, mit anschließender Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls (s.o. § 9 B.VI.7.). Nacherfüllung Ein Vorrang der Nacherfüllung vor anderen Rechtsbehelfen wie Rücktritt, Minderung und Schadensersatz sollte sowohl für B2C- als auch für B2B-Fälle gelten (s.o. § 10 B.I.). So ist es auch im deutschen Recht und im CFR (sowie im CISG und in den PICC) der Fall, während ein Vorrang im CESL nur für B2B-Verträge galt. In Frankreich besteht effektiv heute in keiner Fallgruppe ein solcher Vorrang. Dort scheint aber die Tendenz für zukünftige Reformen ebenfalls in diese Richtung zu gehen (s.o. § 10 A.II.2.c)aa)), was zu befürworten ist. Hintergrund ist u.a., dass ökonomisch (s.o. § 10 B.I.2.b)) und ökologisch (s.o. § 10 B.I.3.b)) gesehen eine Nacherfüllung meist die vorzugswürdige Abhilfe für die Mangelhaftigkeit darstellt. Gleichzeitig ist in B2C-Fällen dem Verbraucher durchaus zuzumuten, eine Reparatur oder Ersatzlieferung abzuwarten, da dies ja gerade zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands führt (s.o. § 10 B.I.5.a)). Um jedoch die Unannehmlichkeiten für den Verbraucherkäufer und die dadurch entstehende Gefahr der gänzlichen Nichtgeltendmachung von Rechtsbehelfen einzudämmen, könnte für B2C-Verträge im Detail eine klare Frist (z.B. 30 Tage, s.o. § 10 B.I.5.b)) vorgesehen werden, nach deren erfolglosem Ablauf der Verbraucher sicher sein kann, dass er zu anderen Rechtsbehelfen übergehen kann (s.o. § 10 B.I.5.b)). Das Wahlrecht zwischen den Nacherfüllungsvarianten Nachbesserung und Ersatzlieferung sollte personal unabhängig dem Verkäufer zugeordnet werden (s.o. § 10 B.II.). So ist es auch im CFR (und in CISG und PICC) momentan geregelt, während dies im CESL nur für B2B-Verträge zutraf (s.o. § 10 A.III.3.b)). In den nationalen Rechten wäre eine Zuteilung des Wahlrechts an den Verkäufer ebenfalls wünschenswert. Hintergrund ist insbesondere, dass der Verkäufer besser einschätzen kann, welche Variante insgesamt am kostengünstigsten und effizientesten ist. Daher wird er mit höherer Wahrscheinlichkeit die für beide Parteien günstigere Lösung wählen (s.o. § 10 B.II.2.b)). Um zu vermeiden, dass der Verkäufer nur seine eigenen Interessen berücksichtigt und dem Käufer zu viele Unannehmlichkeiten entstehen, müssen aber
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Zusammenfassung und Fazit
diesem Wahlrecht Grenzen gesetzt werden (s.o. § 10 B.II.3.b)): Generell sollte das Wahlrecht bei unverhältnismäßigen Nachteilen für den Käufer beschränkt werden. In B2C-Verträgen könnte an dieser Stelle wiederum eine klare Frist für die Ausübung des Wahlrechts (bzw. direkt für den Übergang zu anderen Rechtsbehelfen, s. soeben) Verbraucher vor größeren Unannehmlichkeiten schützen, die andernfalls zur Nichtgeltendmachung von Rechtsbehelfen führen könnten (s.o. § 10 B.II.5.a)). Die Ein- und Ausbaukosten bei der Ersatzlieferung sollten grundsätzlich einheitlich dem Verkäufer auferlegt werden (s.o. § 10 B.III.). So sehen es auch alle Regelwerke inzwischen vor (seit dem 1.1.2018 nun auch das deutsche Recht, welches vorher an dieser Stelle noch personal differenzierte, s.o. § 10 A.I.2.c)aa)). Grund ist u.a., dass der Verkäufer ökonomisch gesehen das Risiko solcher Kosten besser tragen kann (durch Streuung, Versicherung etc., s.o. § 10 B.III.2.b)), während dies für den Käufer erhebliche unvorhergesehene Kosten bedeuten würde (s.o. § 10 B.III.3.). In B2B-Ausnahmefällen, in denen der Käufer aufgrund seiner Spezialisierung ebenso gut zur Übernahme dieses Risikos geeignet ist, dürfte die Möglichkeit zu abweichenden Vereinbarungen zur Interessenwahrung genügen (s.o. § 10 B.III.5.a)). Eine Grenze bezüglich der absoluten Kostenhöhe erscheint in Ausnahmefällen sinnvoll (s.o. § 10 B.III.5.b)aa)). Allerdings ergab sich aus der Argumentation im Detail an zwei Stellen Anlass zu kleineren personal differenzierenden Sonderregelungen: Zum einen ist es sinnvoll, in B2C-Verträgen dem Verkäufer zusätzlich die Pflicht zur Organisation des Ein- und Ausbaus aufzuerlegen (s.o. § 10 B.III.5.b)bb)). Zum anderen sollte man auch bei der Festlegung einer Grenze für die Kostenübernahme differenzieren: Für B2C-Verträge sollte, wenn überhaupt, nur in absoluten Ausnahmefällen eine solche Grenze gelten, während für B2B-Verträge eine an den Werteinbußen der aufnehmenden Gesamtsache und der Vorhersehbarkeit der Kostenhöhe orientierte Grenze sachgerecht erscheint (s.o. § 10 B.III.5.b)aa)). Bei der Ersatzlieferung sollte weder in B2C- noch in B2B-Fällen der Käufer einen Ersatz für die Nutzung der mangelhaften Sache bezahlen müssen (s.o. § 10 B.IV.). So ist es auch in fast allen Regelwerken momentan der Fall. Nur in Deutschland ist für B2B-Verträge noch eine Zahlung von Nutzungsersatz bei Ersatzlieferung vorgesehen. Zum einen kann hier wiederum der Verkäufer aus ökonomischen Gesichtspunkten die durch die Nutzung entstehenden Verluste besser abfangen (s.o. § 10 B.IV.2.b)). Zum anderen ist es kaum nachweisbar und messbar, ob der Käufer durch den Erhalt einer neuen Sache tatsächlich einen Vorteil hat (also von der möglichen – ebenfalls schwer nachzuweisenden – längeren Nutzungsdauer tatsächlich Gebrauch macht, s.o. § 10 B.IV.3.b)). Dies gilt sowohl für B2C- als auch für B2B-Verträge. In Ausnahmefällen, in denen beide Unternehmer eine Zahlung von Nutzungser-
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satz bevorzugen, kann dies durch abweichende Vereinbarungen geregelt werden kann (s.o. § 10 B.IV.6.). Dies kann z.B. bei besonders hochwertigen Gütern sinnvoll sein, um starke Preiserhöhungen zu vermeiden. Montagebezogene Fehler Sowohl in B2C- als auch in B2B-Verträgen sollten montagebezogene Fehler (d.h. Fehler bei der Durchführung der Montage durch den Verkäufer oder fehlerhafte bzw. fehlende Montageanleitungen) wie Mängel an der Kaufsache behandelt werden (s.o. § 11). So ist es in Deutschland auch ausdrücklich geregelt, während alle anderen Instrumente eine solche Rechtsfolge ausdrücklich nur für B2C-Fälle vorsehen. Häufig kommt man aber auch in den anderen Regelwerken bei B2B-Verträgen über die allgemeinen Regeln zum gleichen Ergebnis. Anstelle dieses häufig komplizierten Umwegs ist eine Vereinheitlichung und Klarstellung durch eine nicht personal differenzierende Regelung sinnvoll (s.o. § 11 B.III.1.). Außerdem ist es in allen personalen Konstellationen sinnvoll, Anreize für verständliche Montageanleitungen und eine ordentliche Durchführung der Montage zu setzen (s.o. § 11 B.II.2.). Für Ausnahmefälle, in denen aufgrund besonderer Sachkunde des Käufers dieser zur Kosteneinsparung die Montage selbst (ohne Anleitung) übernehmen möchte, sollten in B2B-Fällen entsprechend abweichende Vereinbarungen möglich bleiben (s.o. § 11 B.V.). Kenntnis des Käufers von der Mangelhaftigkeit Die Mängelrechte des Käufers sollten sowohl in B2C- als auch in B2B-Fällen ausgeschlossen sein, wenn der Käufer bei Vertragsschluss von der Mangelhaftigkeit der Kaufsache Kenntnis hatte oder grob fahrlässig nicht hatte (s.o. § 12). So ist es auch in fast allen Regelwerken der Fall, während nur im CESL eine Ausnahme davon für B2C-Verträge bestand. Danach blieben die Ansprüche trotz Kenntnis bestehen (s.o. § 12 A.III.3.). Für eine einheitliche Ausschlussregelung sprechen zum einen die personal unabhängig geltenden ökonomischen Überlegungen, dass der Verkäufer möglichst früh über Mängel Bescheid wissen sollte, um schnell reagieren zu können und weitere Kosten für beide Parteien zu vermeiden (s.o. § 12 B.II.2.). Zum anderen ist es dem Käufer in allen Fällen durchaus zuzumuten, einen vor oder bei Vertragsschluss entdeckten Mangel direkt zu erwähnen (s.o. § 12 B.V.1.). Dadurch kann der Käufer außerdem in seinem Interesse einen Preisnachlass oder eine direkte Ausbesserung vor Vertragsausführung erreichen (s.o. § 12 B.III.4.). Mängelrüge Eine Obliegenheit des Käufers, die Sache nach Erhalt umgehend zu untersuchen und entdeckte Mängel unverzüglich dem Verkäufer anzuzeigen, um
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nicht die Mängelrechte zu verlieren, sollte nur in B2B-Fällen vorgesehen werden (s.o. § 13). Solch eine personale Differenzierung enthalten auch fast alle Regelwerke, während nur im französischen Recht eine solche Pflicht auch für B2C-Verträge gilt. Auch dort legt die Rechtsprechung in B2CVerträgen die Pflicht allerdings schon milder aus (s.o. § 13 A.II.2.a)). Die zugrunde liegenden Interessen sind hier sehr unterschiedlich: Während in B2B-Verträgen Schnelligkeit, Einfachheit und Planbarkeit an hoher Stelle stehen und daher die Mängelrüge einen hohen Stellenwert hat, sind Verbraucherkäufer mit einer solchen Verpflichtung überfordert, haben oft nicht die nötige Fachkenntnis und rechnen nicht damit (s.o. § 13 B.II.1.). Daher sollte auch in Frankreich die aktuelle Rechtsprechung (s.o. § 13 A.II.2.a)) durch eine klare personale Differenzierung ersetzt werden. Ausschlussfrist für den Rücktritt Möchte der Käufer ganz vom Kaufvertrag zurücktreten, sollte er nur in B2BVerträgen dem Erfordernis ausgesetzt sein, den Rücktritt innerhalb einer „angemessenen Frist“ ab Kenntnis von der Mangelhaftigkeit geltend machen zu müssen, um sein Rücktrittsrecht nicht zu verlieren (s.o. § 14). So regeln es auch fast alle länderübergreifenden Regelwerke, während nur im CFR die Ausschlussfrist auch für B2C-Verträge gilt. In den nationalen Rechten hingegen ist eine solche Ausschlussfrist bisher überhaupt nicht vorgesehen. In B2B-Verträgen ist eine solche Frist allerdings deshalb sinnvoll, weil sie keine große Einschränkung für Unternehmerkäufer bedeutet, die ohnehin an eine unverzügliche Mängelrüge gewöhnt sind (s.o. § 14 B.V.1.). Dort besteht zudem ein großes Interesse an der Schnelligkeit und Planbarkeit des Rechtsverkehrs (s.o. § 14 B.II.1.). Währenddessen würden Verbraucherkäufer mit einer solchen Pflicht zu stark belastet, da sie nicht mit einem derartigen Zeitdruck rechnen, sondern aufgrund ihrer Unerfahrenheit mehr Zeit für die Geltendmachung von Ansprüchen benötigen (s.o. § 14 B.V.2.).
Zusammenfassung auf Französisch – Résumé en français
La différenciation « ratione personae » des règles juridiques relatives à la vente Etude comparative portant sur des règles allemandes et françaises ainsi que sur des réglementations internationales (CISG, PICC, CESL, CFR)
Table des matières Liste des abréviations ................................................................................ 268
Introduction ........................................................................................... 269 § 1 Objectif ................................................................................................ 269 § 2 Raisons principales pour les différenciations ratione personae ........... 270 § 3 Méthode, plan et étendue ..................................................................... 271 A. Méthode................................................................................................ 271 B. Plan ....................................................................................................... 271 C. Etendue ................................................................................................. 272 I. Délimitation des réglementations à examiner................................. 272 II. Délimitation de la notion de « droit de la vente »........................... 273 III. Délimitation de la notion de différenciation ratione personae ........ 273 IV. Délimitation des sujets à examiner ................................................ 273
Partie générale : Contexte et fondements théoriques .................. 274 § 4 Evolution historique du droit de la vente ............................................. 274 A. Droit international................................................................................. 274 B. Droit européen ...................................................................................... 275 C. Droit national ........................................................................................ 276 D. Allemagne ............................................................................................ 276 E. France ................................................................................................... 276 § 5 Champ d’application des différents droits de la vente ......................... 277 A. CISG..................................................................................................... 277 B. PICC ..................................................................................................... 277 C. CFR ...................................................................................................... 277 D. CESL .................................................................................................... 278 E. Allemagne ............................................................................................. 278 F. France ................................................................................................... 278
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§ 6 Notion de consommateur et de professionnel ....................................... 279 A. Notion de consommateur ...................................................................... 279 B. Notion de professionnel ........................................................................ 280 § 7 Conflits d’intérêts fondamentaux en droit de la vente .......................... 280 A. Droit général des contrats ..................................................................... 280 B. Droit spécial de la vente ........................................................................ 281 § 8 Bases de l’analyse économique du droit de la vente ............................ 281 A. Droit général des contrats ..................................................................... 281 B. Droit spécial de la vente ........................................................................ 282
Partie spéciale : Etude de droit comparé ........................................ 283 § 9 Contrôle des clauses abusives ............................................................. 283 A. Présentation comparative ...................................................................... 283 I. Allemagne ..................................................................................... 283 II. France ............................................................................................ 284 III. CFR ............................................................................................... 284 IV. CESL ............................................................................................. 285 V. CISG ............................................................................................. 285 VI. PICC.............................................................................................. 285 B. Evaluation ............................................................................................. 285 I. Ratio legis du contrôle des clauses abusives .................................. 285 II. Contrôle de dispositions individuellement négociées ..................... 286 III. Intention d’utilisation répétée ........................................................ 286 IV. Définition générale du caractère abusif .......................................... 287 V. Evaluation du caractère abusif ....................................................... 288 VI. Listes noires et grises..................................................................... 288 § 10 Réparation ou remplacement ............................................................. 289 A. Présentation comparative ...................................................................... 289 I. Allemagne ..................................................................................... 289 II. France ............................................................................................ 290 III. CFR ............................................................................................... 291 IV. CESL ............................................................................................. 291 V. CISG ............................................................................................. 292 VI. PICC.............................................................................................. 292 B. Evaluation ............................................................................................. 292 I. Priorité de la réparation ou du remplacement ................................. 293 II. Choix entre la réparation et le remplacement ................................. 294
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III. Démontage et remontage en cas de remplacement ......................... 294 IV. Indemnité pour l’usage en cas de remplacement ............................ 295 § 11 Défauts liés au montage..................................................................... 297 A. Présentation comparative ...................................................................... 297 B. Evaluation ............................................................................................. 297 § 12 Connaissance du défaut de la part de l‘acheteur ............................... 298 A. Présentation comparative ...................................................................... 298 B. Evaluation ............................................................................................. 298 § 13 Notification du défaut ........................................................................ 299 A. Présentation comparative ...................................................................... 299 B. Evaluation ............................................................................................. 299 § 14 Délai d’exclusion pour l’action rédhibitoire ...................................... 300 A. Présentation comparative ...................................................................... 300 B. Evaluation ............................................................................................. 301
Conclusion et résumé .......................................................................... 302
Liste des abréviations BGB BGH Cc CCom CCons CFR CESL
CISG
CJUE DC
DCA
DVC
HGB PICC
SME s. ss. UE UNCITRAL
UNIDROIT
Bürgerliches Gesetzbuch (Code civil allemand) Bundesgerichtshof (Cour fédérale allemande) Code civil Code de commerce Code de la consommation Draft Common Frame of Reference Common European Sales Law, Proposition de règlement du Parlement européen et du Conseil relatif à un droit commun européen de la vente, COM(2011) 635 final, Annexe I Convention on Contracts for the International Sale of Goods, Convention des Nations Unies sur les Contrats de Vente Internationale de Marchandises du 11 Avril 1980 Cour de justice de l’Union Européenne Directive 2011/83/UE du Parlement européen et du Conseil du 25 octobre 2011 relative aux droits des consommateurs, modifiant la directive 93/13/CEE du Conseil et la directive 1999/44/CE du Parlement européen et du Conseil et abrogeant la directive 85/577/CEE du Conseil et la directive 97/7/CE du Parlement européen et du Conseil, JO L 304/64 Directive 93/13/CEE du Conseil du 5 avril 1993, concernant les clauses abusives dans les contrats conclus avec les consommateurs, JO L 95/29 Directive 1999/44/CE du Parlement européen et du Conseil du 25 mai 1999 sur certains aspects de la vente et des garanties des biens de consommation, JO L 171/12 Handelsgesetzbuch (Code de commerce allemand) UNIDROIT Principles for International Commercial Contracts, disponibles sous
Small and middle enterprises (Petites et moyennes entreprises, PME) Et suivant Et suivants Union Européenne United Nations Commission on International Trade Law (Commission des Nations Unies pour le droit commercial international) Institut international pour l'unification du droit privé
Introduction B2B, B2C, C2B et C2C… A l’heure actuelle, il existe au niveau national comme international une multitude de dispositions (simples articles à l’instar des §§ 312 ss. du BGB, lois entières ou codes nationaux dédiés comme le code de la consommation) qui ont un champ d’application ratione personae limité. Les praticiens du droit y sont habitués et restent toujours vigilants quant à ces différenciations ratione personae. Cela est d’autant plus compliqué lorsqu’elles sont prévues par un article faisant exception au sein d’un texte applicable, en principe, sans critère de distinction. Cela implique une concentration permanente. Le réseau complexe des différenciations ratione personae ne semble pas suivre de logique, que ce soit au sein d’une même législation nationale, et encore moins à l’échelle européenne, internationale ou à l’échelle du droit comparé. La plupart de ces règles de différenciation se retrouve dans le domaine du droit de la vente.
§ 1 Objectif Le but de cette étude est de déterminer dans quelle disposition une différenciation ratione personae est réellement justifiée par des raisons matérielles et dans quelles hypothèses il vaut mieux la supprimer afin de simplifier le droit de la vente et le rendre plus accessible aux utilisateurs, mais aussi aux praticiens du droit. Ainsi ce travail s’adresse non seulement au législateur en vue d’une simplification des règles existantes, mais également aux organes de jurisprudence et acteurs de la pratique. L’analyse s’inscrit dans un débat d’actualité à différents niveaux. Au niveau européen, l’adoption d’un nouvel instrument juridique pour le droit de la vente a été discutée depuis plusieurs années. Etant donné l’abandon de la proposition pour un « Droit Commun Européen de la Vente » (Common European Sales Law, ci-après : CESL), de nouvelles solutions doivent être trouvées pour l’unification du droit dans l’UE et font actuellement l’objet d’études. En Allemagne, dans les dernières années, la jurisprudence et le législateur ont modifié à plusieurs reprises le champ d’application
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ratione personae de différentes dispositions du droit de la vente. De surcroît, en Allemagne un projet de réforme de 2016 de même facture est rentré en vigueur le 1er janvier 2018. En France, après des années de discussions et l’échec de nombreux projets de réforme, le législateur est aussi en train de réformer les vieilles dispositions du droit des contrats dans le Cc. En 2016, la partie générale du droit des obligations a déjà été réformé à grande échelle et un projet de loi a été soumis à la Chancellerie en 2017 concernant la partie relative aux contrats spéciaux, et notamment au droit de la vente. Le moment pour effectuer la présente analyse ne pourrait donc pas être mieux choisi.
§ 2 Raisons principales pour les différenciations ratione personae Il y a plusieurs raisons à l’existence des différenciations ratione personae, qui seront démontrées à travers ce travail. La plupart ont une origine historique. Plus concrètement, il convient d’en nommer deux exemples Tout d’abord, en raison des compétences législatives de l’Union Européenne le droit communautaire a adopté beaucoup de directives limitées aux relations entre professionnels et consommateurs (Business to Consumer, ciaprès : B2C), c’est-à-dire en droit de la consommation. Comme cette distinction n’était pas justifiée par des raisons matérielles, les Etats membres ont choisi différentes solutions pour la transposition des directives dans le droit national. Ainsi, concernant la directive sur les ventes aux consommateurs (ciaprès : DVC) l’Allemagne a choisi la « grande solution » et en a profité pour réformer son droit des obligations à grande échelle. Ainsi faisant, beaucoup de règles comprises dans la DVC ont été transposées d’une façon excessive (überschießende Umsetzung / « transposition excessive »), c’est-à-dire sans limitation du champ d’application ratione personae (et ainsi également applicables aux cas B2B, C2C et C2B). Au fil du temps, la CJUE a été saisie de nombreuses fois pour interpréter les dispositions de la DVC et les a souvent interprétées largement, c’est-à-dire en faveur de l’acheteur-consommateur. Mais la Cour fédérale allemande, le Bundesgerichtshof (ci-après : BGH) ne voulait pas étendre la protection de l’acheteur aussi largement aux acheteurs professionnels. Le BGH a donc créé ce qu’on appelle « l’interprétation divisée » (gespaltene Auslegung) : il n’a appliqué l’interprétation protégeant l’acheteur qu’aux seuls contrats B2C et non aux autres hypothèses ratione personae. Cela démontre bien les difficultés impliquées par la conception des champs d’application ratione personae. Un développement paradoxal s’est également présenté en France lors de la transposition de ladite directive. Le législateur français, après un débat très intense, a, lui, choisi la « petite solution » dans le cadre la transposition. Il a
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maintenu les anciennes règles du droit de la vente contenues dans le Code civil (ci-après : Cc) et a créé dans le Code de la Consommation (ci-après : CCons), sans toucher au Cc, un nouveau droit de la vente, limité aux contrats B2C. Comme le droit de la vente français consistait déjà en deux régimes différents au sein du Cc, à partir de ce moment-là trois régimes du droit de la vente étaient applicables côte à côte. La situation était alors paradoxale : le droit de la vente du Cc n’avait pas été réformé depuis très longtemps pendant que le nouveau régime B2C contenait des règles qui s’orientaient au droit de la vente moderne de la Convention de Vienne (Convention on Contracts for the International Sale of Goods, ci-après : CISG). Cette dernière a été conçue originellement pour les ventes entre professionnels. Pour cette raison le nouveau régime français B2C comprenait souvent des règles moins favorables pour l’acheteur-consommateur que les règles du Cc. Pour éviter d’éventuels inconvénients il a donc été décidé de laisser le choix au consommateur de pouvoir se prévaloir également des règles du Cc. Maintenant, le consommateur se retrouve en présence de trois potentiels régimes de droit de la vente applicables côte à côte, ce qui implique un système extrêmement complexe et impossible à comprendre ou à utiliser.
§ 3 Méthode, plan et étendue A. Méthode Les méthodes appliquées dans la présente étude sont a priori la méthode du droit comparé et l’analyse économique du droit. Suivant la méthode fonctionnelle du droit comparé il s’agit donc de former des catégories comparatives. Cela revient à poser d’abord des questions d’ordre matériel et ensuite comparer et évaluer les solutions qu’y apportent les différentes législations nationales et internationales. Pour cette évaluation, l’analyse économique sera appliquée. Evidemment elle ne sera pas utilisée en tant que seul critère d’évaluation, mais elle sera un critère parmi d’autres au sein de l’argumentation juridique. En ce qui concerne les catégories juridiques choisies pour la comparaison, les catégories et la terminologie établies au niveau européen (à travers les directives et la jurisprudence de la CJUE), qui ont également été adoptées dans les discussions pertinentes dans les Etats membres de de l’UE autour du droit de la vente, s’imposent. B. Plan L’étude sera donc structurée de la façon suivante : Dans une première partie générale, après une courte introduction historique (§ 4) ainsi qu’une présentation des réglementations internationales et législations nationales choisies
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pour l’étude comparative (§ 5), suivra la démonstration de l’évolution de la notion de consommateur et de professionnel dans les différents instruments juridiques (§ 6). Ensuite, il conviendra de démontrer les conflits d’intérêts fondamentaux en droit de la vente (§ 7) et les principes de base de l’analyse économique dans ce domaine (§ 8). Dans une seconde partie, la partie spéciale, les catégories comparatives seront analysées en deux temps : il sera d’abord fait une présentation comparative (sous « A »), c’est-à-dire la description de l’état de la législation et de la jurisprudence sur cette question en France, en Allemagne ainsi que dans les réglementations européennes et internationales, qui sera ensuite suivie par l’évaluation des différentes solutions apportées pour en trouver la plus appropriée (sous « B »). C. Etendue I. Délimitation des réglementations à examiner Afin de délimiter l’étendue de ce travail, il convient dans un premier temps de choisir les réglementations à inclure dans l’étude comparative. Pour les ordres juridiques nationaux, les deux pays les plus représentatifs dans l’UE qui ont servi de modèle pour de nombreux autres ordres juridiques et choisis pour cette étude sont : la France et l’Allemagne. Ces deux ordres juridiques se prêtent particulièrement bien à la présente étude également pour une autre raison : en droit de la consommation notamment, ils ont choisi des approches législatives opposées. L’Allemagne a intégré le droit de la consommation dans les règles du droit commun des contrats en prévoyant simplement dans certaines dispositions des exceptions ou extensions spécifiques pour les contrats B2C. Cependant, la France a choisi de mettre en place un code entier rassemblant toutes les règles applicables aux seuls contrats B2C. La discussion autour de la question de savoir si un tel code serait également la meilleure approche pour le droit allemand, a été menée maintes fois et est loin d’être terminée. Au niveau européen et international, les réglementations choisies sont d’abord les deux instruments limités au seul droit de la vente, à savoir le CISG et le CESL. Ensuite, deux instrument de soft law (du droit non obligatoire dans un certain Etat, mais existant en parallèle du droit national et s’appliquant seulement si les parties du contrats ont librement convenu ainsi) seront inclus dans l’analyse : les principes UNIDROIT (UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts, ci-après : PICC), qui jouent un rôle important dans le domaine B2B, et le projet pour un Cadre Commun de Référence (Common Frame of Reference, ci-après : CFR) qui est basé sur une comparaison à grande échelle des droits internes dans le domaine du droit des contrats des différents Etats membres.
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II. Délimitation de la notion de « droit de la vente » Dans un deuxième temps la notion de « droit de la vente » telle qu’entendue dans ce travail nécessite une précision. Elle sera en effet comprise comme incluant non seulement le droit spécial de la vente (défauts, garanties, etc.), mais également le droit commun des contrats, applicable par exemple à la conclusion du contrat de vente, etc. Par ailleurs, il convient de s’intéresser seulement aux contrats de vente de marchandises, c’est-à-dire de biens meubles, en excluant les ventes de terrains ou d’immeubles. Cela s’explique, premièrement, du fait que le nombre d’achats immobiliers transfrontaliers est toujours beaucoup moins important que celui des achats de biens meubles, et deuxièmement, du fait que les achats immobiliers impliquent une procédure spécifique (inscription aux registres/livres fonciers) qui va toujours être l’objet de différences entre les ordres juridiques nationaux. III. Délimitation de la notion de différenciation ratione personae Dans un troisième temps la terminologie « différenciation ratione personae » mérite d’être clarifiée. Ainsi, non seulement elle exclut les différenciations législatives purement « situationnelles » (c’est-à-dire prévoyant des règles spéciales applicables dans certaines situations, à l’instar du démarchage à domicile ou des ventes à distance). Par ailleurs, pour délimiter l’étendue du présent travail, seront également exclus les contrats « C2C » et « C2B » (impliquant un consommateur en tant que vendeur) qui ne représentent qu’environ 5 % de tous les contrats de vente. L’étude se concentrera donc sur les différenciations B2C et B2B qui dominent le droit de la vente, notamment dans le domaine des contrats transfrontaliers. IV. Délimitation des sujets à examiner Dans un quatrième et dernier temps, il convient de délimiter les sujets à examiner. Ils seront choisis d’après les critères suivants : seules les situations juridiques dans lesquelles on peut trouver au moins deux différents types de différenciations ratione personae au regard des instruments légaux et inclus dans l’étude seront analysées. Ainsi ne seront pas traitées les règles de droit commercial qui n’apparaissent jamais autrement que limitées aux ventes B2B (par exemple §§ 373 ss. Code de commerce allemand [Handelsgesetzbuch, ciaprès : HGB] et Art. L 310-1 ss. Code de commerce [ci-après : CCom]), tout autant que les règles du droit de la consommation qui n’existent dans aucun règlement avec un champ d’application dépassant les seules ventes B2C (par exemple § 241a Code civil allemand [Bürgerliches Gesetzbuch, ci-après : BGB], Art. L 121-12 ss. CCons). De telles règles, intéressantes pour la présente étude, se trouvent avant tout en matière de clauses abusives (voir § 9) ainsi que de vices cachés/défauts de conformité (voir § 10 ss.).
Partie générale : Contexte et fondements théoriques § 4 Evolution historique du droit de la vente En ce qui concerne l’évolution historique du droit de la vente, il convient d’en mentionner les grandes lignes à différentes échelles : internationale [audelà de l’Europe], européenne et nationale (allemande et française). A. Droit international L’histoire de l’unification du droit de la vente à l’échelle internationale remonte aux travaux d’Ernst Rabel dans les années 20, et notamment les deux tomes de son œuvre majeure de droit comparé en matière du droit de la vente. Sur cette base l'Institut international pour l'unification du droit privé (UNIDROIT) a créé la « Convention de la Haye portant loi uniforme sur la vente internationale des objets mobiliers corporels » en 1964. N’étant pas limitée dans son champ d’application ratione personae, elle n’a pas eu de grand succès et il a fallu attendre la mise en place du CISG par la Commission des Nations Unies pour le droit commercial international (UNCITRAL) en 1980 pour qu’un instrument utilisé dans la pratique commerciale courante apparaisse. Le CISG est limité dans son applicabilité aux seules relations B2B (qui dominaient les ventes transfrontalières à l’époque) et est rapidement devenu un instrument fondamental dans ce domaine transfrontalier (particulièrement aussi grâce à son mode d’application automatique). A partir de 1980, l’UNIDROIT a également travaillé sur un autre instrument, qui est cette fois-ci un instrument de soft law (voir § 3 C.I.) : les PICC, publiés en 1994 et existant actuellement dans leur quatrième version de 2016. Le but des PICC est, d’une part, de servir en tant qu’aide à l‘interprétation et à l’orientation pour l’établissement des contrats commerciaux internationaux ainsi qu’en tant que modèle pour les droits nationaux relatifs au commerce, et, d’autre part, de pouvoir être librement choisis en tant que droit applicable choisi par les parties pour régir un contrat dans le domaine B2B.
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B. Droit européen Au niveau de l’UE l’unification du droit de la vente a été opérée sous un angle opposé, à savoir dans le domaine des contrats B2C. Dans le but d’harmoniser les normes de protection des consommateurs, de nombreuses directives en droit de la consommation ont été adoptées. Elles ont d’abord suivi une logique d’harmonisation minimale, c’est-à-dire qu’elles ont laissé une marge aux Etats membres pour garder ou mettre en place une protection du consommateur qui va au-delà de celle de la directive. Cela a mené au « Gold Plating » : un patchwork de règles nationales allant au-delà des normes de protection de l’UE auxquelles les entreprises agissant à l‘international se sont vues confrontées. On a donc tenté d’introduire une harmonisation totale, qui interdit d’aller en-dessous et au-delà des normes de protection européennes, par exemple avec la directive consommateurs (ciaprès : DC) en 2011. Mais cette approche a également échoué car les différents Etats membres ne sont pas arrivées à se mettre d’accord sur les règles, et c’est pour cette raison que des exceptions ont souvent été prévues afin que les Etats membres puissent quand-même adopter des règles différentes sur certains points. Le législateur européen a ensuite songé à créer un « instrument optionnel », autrement dit un règlement qui côtoierait les ordres juridiques nationaux (similaire au CISG) et qui pourrait être librement choisi par les parties. C’est ainsi que le projet pour le CESL a été développé en 2011. Mais il a également été exposé à une forte critique du fait, entre autres, des incertitudes, notamment pour son champ d’application, etc. C’est pourquoi il a été abandonné en 2015. La même année ont suivi deux nouveaux projets de directives (d’harmonisation totale) avec un champ d’application matériel très limité (aux ventes à distance B2C). Elles n’ont pas été adoptées jusqu’à aujourd’hui non plus. L’UE a pris le parti de prendre un peu de recul en réévaluant dans un premier temps toute la législation actuelle pour chercher une meilleure approche de législation (REFIT Initiative). Parallèlement à ces évolutions, d’importants projets de droit comparé ont été développés depuis 1980. Il s’agissait de trouver les points communs et les points de divergence en droit des contrats entre les législations des Etats membres afin de créer une compilation représentant le dit « acquis communautaire ». Ces instruments devaient ensuite servir de base pour la future législation européenne. Cette approche a suivi la méthode des restatements aux Etats-Unis d’Amérique. Ainsi, on a créé les Principles of European Contract Law (PECL) en 2003 et les Principles of the Existing EC Private Law (« Acquis Principles ») en deux parties (en 2007 et 2009), mais aussi le CFR en en 2009 qui sera inclus dans cet étude.
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C. Droit national En ce qui concerne les droits nationaux, ils se basent sur le droit romain des édiles (des magistrats de la Rome antique). Les édits mis en place par les édiles ont été originellement créés pour la réglementation du commerce d’esclaves et de bêtes. Ils ont prévu, en cas de défaut du « bien » vendu, l’action rédhibitoire (actio redhibitoria) – la résiliation du contrat – et l’action estimatoire (actio quanti minoris) – la diminution proportionnelle du prix. La responsabilité du vendeur se limitait aux seuls vices cachés (non détectables par l’acheteur lors de l’achat) suivant la logique que l’acheteur était censé examiner soigneusement le produit acheté au moment de l’achat (principe caveat emptor, « que l'acheteur soit vigilant »). En droit allemand et en droit français, les premières codifications (ainsi le Cc de 1804 et le BGB de 1900) ont également opté pour ces moyens de recours en cas de vices cachés. D. Allemagne En Allemagne, ces anciennes règles ont été réformées dans les années 90 avec la réforme du droit des obligations, en vigueur depuis 2002, lequel s’est adapté au droit « moderne » de la vente introduit par le CISG et la DVC. Le législateur allemand avait choisi (comme déjà mentionné) de transposer la DVC en créant des règles identiques pour toutes les hypothèses ratione personae dans le BGB, en rajoutant seulement quelques exceptions ou extensions pour les ventes B2C (dans les §§ 474 ss. BGB) et pour les ventes B2B (au HGB). Au fil du temps, le BGH a interprété certaines de ces règles généralisées de façon divisée (voir ci-dessus § 2), limitant ainsi leur champ d’application aux contrats de vente B2C par la voie de la jurisprudence. Dans la même logique, le législateur allemand a effectué quelques modifications ultérieures en vue de codifier la jurisprudence. Il est en ce moment encore en train de réfléchir à une réorganisation de la différenciation ratione personae concernant certains pans du droit de la vente. E. France En France, le droit de la vente du Cc qui s’inspire fortement du droit romain n’a jusqu’à aujourd’hui jamais été globalement réformé. Quand la DVC devait être transposée, après avoir discuté pendant des années sur la possibilité de l’intégrer également dans le Cc (« grande solution »), notamment autour de « l’Avant-projet Viney », le législateur national a finalement opté pour la « petite solution », c’est-à-dire la création d’un régime limité aux contrats de vente B2C au sein du CCons en 2005. Ce régime est applicable côte-à-côte avec le droit de la vente du Cc. En 2016, le droit général des obligations du Cc a été l’objet d’une large réforme alors que le droit spécial de la vente tel
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que codifié dans le Cc attend toujours d’être réformé. Pour ce qui est du droit des contrats spéciaux, un projet de réforme a été soumis à la Chancellerie en 2017 (voir ci-dessus § 1) par l’Association Henri Capitant. Ce projet de loi prévoit une simplification et clarification des règles du Cc concernant la vente, tout en gardant le contenu matériel dans les grandes lignes, mais ne touche pas au régime de droit de la vente prévu au CCons ou son articulation avec les règles du droit commun.
§ 5 Champ d’application des différents droits de la vente Il convient maintenant de présenter brièvement les champs d’application des réglementations incluses dans la présente étude. A. CISG Comme déjà mentionné, le CISG est limité aux contrats B2B. Au niveau matériel, il est limité aux ventes des biens meubles. Au niveau territorial, il s’applique en principe uniquement pour les ventes transfrontalières dans ses Etats membres, ou si les règles du Droit International Privé amènent à l’applicabilité du droit interne d’un Etat membre du CISG. Il s’applique généralement ex officio quand ces conditions sont remplies, sauf si les parties l’excluent expressément (principe opt out). Mais il est également possible d’introduire une clause prévoyant son application dans des cas où il ne s’appliquerait normalement pas, et donc de faire un opt in. B. PICC Les PICC sont limités au niveau personnel aux contrats B2B et au niveau matériel aux contrats commerciaux. Territorialement, ils sont limités aux contrats internationaux compris de façon large, c’est-à-dire comprenant généralement un élément d’extranéité. Cependant, pour que les PICC s’appliquent, les parties doivent convenir de leur applicabilité (opt in). C. CFR Le CFR n’est pas limité dans son champ d’application personnel ou territorial, mais s’intéresse premièrement au territoire de l’UE. Le champ d’application matériel est très large et comprend tous les « contracts and other juridical acts, contractual and non-contractual rights and obligations and related property matters ». En ce qui concerne le mode d’application, le CFR ne fait pas office de règle de droit pouvant régir un certain contrat. Comme indiqué précédemment il sert avant tout de base pour le législateur de l’Union (voir ci-dessus § 4 B). Cela étant cet aspect rend le CFR d’autant plus intéres-
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sant pour la présente étude : il représente une synthèse de la majorité des droits nationaux dans le domaine du droit des contrats des Etats membres – également ceux des pays qui ne seront pas examinés en détail dans ce travail. D. CESL Le CESL avait un champ d’application encore différent. Au niveau matériel, il était limité aux contrats de vente de biens corporels et contenus numériques. Au niveau territorial, il était limité aux contrats transfrontaliers avec la condition que l’un des Etats impliqués devait être un Etat membre de l’UE. Cependant, le CESL prévoyait la possibilité pour les législateurs nationaux de permettre son application également pour des contrats à l’intérieur d’un même Etat. Le champ d’application ratione personae du CESL était novateur : le vendeur devait toujours être un professionnel, mais il y avait la limitation suivante : « Lorsque toutes les parties contractantes sont des professionnels, le droit commun européen de la vente peut être appliqué si au moins l'une d'elles est une petite ou moyenne entreprise ». Le CESL était donc limité aux contrats B2C, « B2SME » et « SME2B » (SME = Small and middle enterprises). Ce champ d’application ratione personae était exposé à une forte critique et présente l’une des raisons de l’échec du CESL. Le mode d’application du CESL suivait le principe du opt in (comme les PICC, voir cidessus B.). L’interaction avec le Droit International Privé posait cependant un problème et menait à une situation complexe et insatisfaisante. E. Allemagne En Allemagne, les règles du BGB s’appliquent à toutes les relations contractuelles. Pour la présente étude, les règles spéciales relatives à la vente (§§ 433 ss. BGB) ainsi que les règles générales relatives aux contrats (§§ 241 ss. BGB) sont intéressantes. En outre, les §§ 474 ss. BGB contiennent des règles spéciales pour les contrats de vente B2C et les §§ 373 ss. HGB contiennent des règles spéciales pour les contrats de vente B2B. F. France En France, les règles applicables au droit de la vente sont tout d’abord prévues aux Art. 1101 ss. Cc relatifs au droit général des contrats qui sont applicables à toutes les hypothèses de relations contractuelles. Ensuite, le droit spécial de la vente prévu au sein du Cc est divisé en trois régimes distincts : les règles sur les vices cachés (Art. 1582 ss. Cc), qui sont également applicables aux contrats sans critère ratione personae, les règles sur l’obligation de délivrance conforme des Art. 1603 s. Cc, également non limitées dans leur champ d’application ratione personae, et depuis 2005 la garantie de conformité des Art. L 217-1 ss. CCons, limitée aux achats mobiliers B2C.
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§ 6 Notion de consommateur et de professionnel Dans un prochain temps, les différentes notions de consommateur et de professionnel méritent d’être précisées dans les législations européenne, allemande et française. Il convient de préciser que les réglementations internationales ne sont jamais limitées aux seuls contrats B2C et ne contiennent donc pas de définition de consommateur ou de professionnel. A. Notion de consommateur En droit européen, la notion de consommateur dans l’état actuel peut être résumé comme dans Art. I.-I:105 alinéa 1 CFR : « any natural person who is acting primarily for purposes which are not related to his or her trade, business or profession ». (En français : « toute personne physique qui agit principalement à des fins qui ne sont pas liées à son commerce, son entreprise ou sa profession ».)
En droit allemand § 13 BGB prévoit la définition suivante (légèrement adaptée encore en 2014) : « jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können ». (En français : « toute personne physique qui conclut une transaction juridique à des fins qui ne peuvent majoritairement pas être considérées comme entrant dans le cadre de son activité professionnelle, commerciale ou indépendante ».)
En droit français, l’Article liminaire du CCons prévoit, depuis 2016, la définition suivante : « toute personne physique qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole ».
Ces définitions sont aujourd’hui plutôt proches. Dans les détails de l’interprétation par la jurisprudence il existe pourtant encore quelques différences. Il convient surtout de mentionner le cas particulier du « nonprofessionnel » en France auquel s’étendent certaines règles protectrices normalement prévues pour les consommateurs (notamment dans le domaine des clauses abusives). Il a récemment également été défini dans le CCons de la façon suivante : « toute personne morale qui agit à des fins qui n'entrent pas dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole ».
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B. Notion de professionnel La notion de professionnel se définit dans toutes les réglementations examinées en tant que miroir de la définition de consommateur. La définition actuelle du professionnel, au niveau européen, est bien représentée par celle retenue à l’Art. 2 n° 2 de la DC : « toute personne physique ou morale, qu’elle soit publique ou privée, qui agit, y compris par l’intermédiaire d’une autre personne agissant en son nom ou pour son compte, aux fins qui entrent dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale ou libérale en ce qui concerne des contrats relevant de la présente directive ».
La définition allemande est fournie au § 14 BGB et correspond à celle existant en droit de l’UE : « eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt ». (En français : « une personne physique ou morale ou une société possédant la capacité juridique qui pour la conclusion d’une transaction juridique agit dans l’exercice de son activité professionnelle, commerciale ou indépendante ».)
En France, la nouvelle définition du professionnel datant de 2016 et intégrée à l’Article liminaire du CCons se rapproche également beaucoup des définitions européenne et allemande : « toute personne physique ou morale, publique ou privée, qui agit à des fins entrant dans le cadre de son activité commerciale, industrielle, artisanale, libérale ou agricole, y compris lorsqu'elle agit au nom ou pour le compte d'un autre professionnel ».
§ 7 Conflits d’intérêts fondamentaux en droit de la vente Pour comprendre le ratio legis des règles du droit de la vente, il convient de présenter brièvement les conflits d’intérêts fondamentaux dans le domaine. Pour cela il faut distinguer le droit général relatif à la conclusion du contrat de vente et le droit spécial des contrats de vente (surtout garantie de conformité). A. Droit général des contrats En ce qui concerne le droit général des contrats, il est fondé sur l’idée de favoriser au mieux l’autonomie des parties et leur permettre de conclure des contrats selon leur libre volonté, ce qui est garanti par la constitution. Dans l’idéal, chaque partie va défendre son propre intérêt et il n’y aura pas besoin de règles juridiques. Pour cette raison, les règles de droit relatives à la conclusion du contrat sont surtout importantes dans les situations dans lesquelles
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une partie n’est pas en mesure de défendre son intérêt suffisamment bien, par exemple parce qu’elle est inférieure à l’autre partie sur le plan économique ou intellectuel. Dans ce cas-là, pour assurer la capacité des parties à mettre en place un équilibre contractuel, il est parfois nécessaire de limiter la liberté contractuelle par des règles impératives, par exemple dans le domaine des clauses abusives (voir ci-dessous § 9). B. Droit spécial de la vente Concernant le droit spécial de la vente (garantie de conformité), le fondement des règles dans le domaine est tout autre : il s’agit notamment de prévoir des règles de droit pour les hypothèses où les parties du contrat n’ont pas stipulé de solution (parce qu’elles n’y ont pas pensé avant). Pour cette raison, les règles dans ce domaine sont souvent supplétives (c’est-à-dire qu’elles peuvent être écartées par des stipulations des parties), surtout pour les contrats B2B. Afin de trouver quelles règles sont appropriées dans cette partie du droit de la vente, il faut donc toujours rechercher quelle solution les parties auraient apportée au problème si elles avaient prévu son apparition lors de la conclusion du contrat (volonté hypothétique des parties). Pour protéger en même temps le consommateur en tant que partie faible, les ordres juridiques prévoient en général que les règles stipulées par les parties ne peuvent pas être moins favorables au consommateur que les règles prévues par la loi (par exemple § 475 alinéa 1, 2 BGB, Art. L 241-5 CCons). Il faut garder ces objectifs en tête pour l’évaluation détaillée qui suivra.
§ 8 Bases de l’analyse économique du droit de la vente L’analyse économique du droit évalue les règles de droit du point de vue de leur efficacité, c’est-à-dire en recherchant si elles empêchent le gaspillage des ressources et promeuvent le « bien-être général » (maximisation du bien-être général). L’Etat idéal (« optimum de Pareto ») est atteint si les biens sont alloués de façon à ce qu’une amélioration pour une partie peut seulement être atteinte par une détérioration pour l’autre partie. Dans cet état le bénéfice global ne peut pas être augmenté. L’analyse économique suppose que les ressources sont limitées et que les humains agissent d’une façon rationnelle (l’homo oeconomicus), en visant toujours un avantage personnel et en ne faisant que des choses qui sont utiles pour eux. A. Droit général des contrats En droit des contrats, en principe, selon l’analyse économique du droit, cet état idéal sera toujours automatiquement atteint par des contrats (dénommés « transactions ») sous la condition qu’il y ait une liberté contractuelle. En
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effet, les parties agissant de façon rationnelle vont seulement conclure un contrat qui augmente le bénéfice pour les deux parties. Pour cette raison, la liberté contractuelle est également un objectif important de l’analyse économique du droit. Néanmoins, cet automatisme fonctionne seulement quand certaines conditions sont remplies : quand il n’y a pas de coûts de transaction, quand une partie ne dispose pas d’une puissance de marché plus élevée que l’autre, et quand les deux parties disposent des mêmes informations complètes. Vu que ces conditions ne sont jamais remplies dans la réalité, l’état optimal de la « concurrence totale » n’est jamais atteint. Ces déviances de l’état de concurrence totale sont appelées « défaillances du marché ». Quand il y a de telles défaillances du marché, il y a besoin de lois interférant pour atteindre l’état idéal (le droit des contrats). B. Droit spécial de la vente Selon l’analyse économique du droit spécial de la vente (garantie de conformité), les règles de lois dans le domaine ont trois fonctions : la fonction d’assurance, la fonction d’incitation à la qualité et la fonction de signal de qualité. La fonction d’assurance considère le droit de la garantie de conformité comme une assurance pour l’acheteur qui est d’accord pour payer un prix plus élevé afin d’être assuré contre les potentiels défauts du bien acheté. Si le prix que l’acheteur est d’accord de payer pour cette assurance est plus haut que la valeur attendue du dommage (ce qui est notamment le cas si l’acheteur est risquophobe, c’est-à-dire réticent à prendre des risques), une garantie de conformité est également avantageuse pour le vendeur. En effet, le vendeur est souvent neutre au risque (ou même risquophile) et peut donc augmenter ses prix. La situation est ainsi améliorée pour les deux parties (amélioration « Pareto »). Une autre fonction de la garantie de conformité, selon l’analyse économique, est l’incitation qu’elle apporte au vendeur de fournir une meilleure qualité pour ne pas devoir réparer ou remplacer le produit après la vente. La troisième fonction, le signal de qualité, permet au vendeur de signaler à l’acheteur quand son bien est de bonne qualité. Ainsi, quand la qualité est bonne, un vendeur peut accorder une garantie de conformité avec moins de coûts, vu que la probabilité d’un cas de défaut est moins élevée.
Partie spéciale : Etude de droit comparé Il convient maintenant de présenter et évaluer les sujets délimités dans l’introduction afin de trouver la solution la plus appropriée.
§ 9 Contrôle des clauses abusives Dans le domaine des clauses abusives, des différenciations ratione personae distinctes sont observées au sein des règles suivantes : – Les règles sur la détermination du champ d’application matériel dans deux aspects (régime des clauses individuellement négociées et intention d’utilisation répétée) – La définition de la « clause générale » (disposition définissant le caractère abusif d’une clause de manière générale) – Les règles sur les critères d’évaluation du caractère abusif d’une clause – Les règles sur l’application de listes noires et grises (listes d’interdiction de certaines clauses) Il convient de présenter dans un premier temps les règles existantes pour ces quatre hypothèses dans leur contexte pour après les évaluer séparément pour chaque sujet. A. Présentation comparative I. Allemagne En Allemagne, des règles relatives aux clauses abusives existent depuis 1976 et ont été intégrées dans le BGB, aux §§ 305 ss., depuis 2002. Ces dispositions sont, en principe, applicables à toutes les hypothèses ratione personae. Cependant, des exceptions spécifiques aux contrats B2B et B2C sont prévues au § 310 BGB. Le champ d’application matériel du contrôle des clauses abusives se limite aux clauses « pré-formulées » pour un « grand nombre de contrats », et ne s’étend donc pas aux clauses individuellement négociées. Une intention de l‘utilisateur des clauses d’en faire usage d’une façon répétée est seulement exigée dans les contrats B2B – dans les contrats B2C une utili-
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sation unique de clauses pré-formulées suffit. Concernant le contrôle du contenu, le BGB prévoit une définition générale du caractère abusif (unangemessene Benachteiligung / « préjudice inapproprié »). De plus, il prévoit des listes « noires » (interdictions absolues de clauses sans possibilité d’évaluation) et « grises » (présomption du caractère abusif avec possibilité d’évaluation). Elles s’appliquent, en principe, seulement aux contrats B2C. Néanmoins, le BGH « s’inspire » de ces listes également pour les contrats B2B, cela en tenant compte des usages et habitudes spécifiques au commerce (Indizwirkung / « valeur indicative »). Ceci mène à une application de facto très similaire de ces listes dans les contrats B2C et B2B (souvent critiquée). Dans le contrôle B2C, pour évaluer le caractère abusif d’une clause, les circonstances de la conclusion doivent également être prises en considération (mais non dans le contrôle B2B). II. France En France le contrôle des clauses abusives existe depuis 1978 pour les contrats B2B, depuis 2008 pour les contrats B2B et depuis 2016 également dans le droit commun du Cc. Le champ d’application s’étend à toutes les personnes et également aux clauses individuellement négociées (même si le nouvel Art. 1171 Cc est limité aux « contrats d’adhésion », définis depuis 2016 dans l’Art. 1110 alinéa 2 Cc). Une utilisation répétée n’est donc jamais exigée. La définition générale du caractère abusif (« déséquilibre significatif ») est la même pour toutes les hypothèses ratione personae. Cependant des listes noires et grises existent seulement pour les contrats B2C. Il en est de même pour l’obligation de prendre en compte les circonstances de la conclusion du contrat, des autres contrats entre les parties ainsi que les autres clauses du contrat. III. CFR Au niveau de l’UE, les premières règles sur le contrôle des clauses abusives ont été adoptées dans le cadre de la directive sur les clauses abusives (ciaprès : DCA) de 1993. Le CFR contient des règles sur ce sujet au sein de ses Art. II.-9:403, II.-9:405 et II.-9:404. La question de l’inclusion ou non des clauses individuellement négociées dans le contrôle n’est pas encore finalement décidée. Une intention d’utilisation répétée (même face à des personnes différentes) des clauses est exigée pour les seuls contrats B2B. La définition générale du caractère abusif d’une clause distingue selon les personnes : dans les contrats B2C, un « préjudice significatif, contraire à la bonne foi et à une utilisation équitable » est demandé, pendant que dans les contrats B2B une clause est abusive si elle « dévie grossièrement de la bonne pratique commerciale, contrairement à la bonne foi ». Une seule liste grise (et pas de liste noire) est prévue dans le CFR, laquelle est par ailleurs limitée aux contrats
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B2C. Quant à l’évaluation du caractère abusif, les circonstances de la conclusion du contrat sont également à prendre en considération, mais sans limitation du champ d’application personnel. IV. CESL Le CESL prévoyait des règles sur le contrôle des clauses abusives dans ses Art. 79 ss. Le champ d’application matériel était limité aux clauses non individuellement négociées. Des listes noires et grises étaient seulement prévues pour les contrats B2C. De la même façon que dans le CFR, la définition générale du caractère abusif distinguait également selon les personnes. En revanche, dans le CESL dans toutes les hypothèses ratione personae les circonstances du contrat et des contrats liés étaient à prendre en considération pour l’évaluation du caractère abusif. V. CISG Le CISG ne contient pas de dispositions sur le contrôle des clauses abusives mais laisse sa réglementation aux législations nationales applicables selon les règles des conflits de lois. VI. PICC Les Art. 2.1.19 ss. PICC (limités aux contrats B2B) prévoient peu de dispositions sur le contrôle des clauses abusives. Le champ d’application matériel est limité aux clauses pré-formulées, destinées à une utilisation répétée et non négociées. Le contrôle du contenu se limite aux clauses auxquelles l’autre partie ne pouvait raisonnablement s’attendre (clauses surprenantes). Pour apprécier ce critère, le contenu, le langage et la présentation de la clause doivent être pris en compte. Il convient en outre de mentionner l’Art. 3.2.7 PICC qui contient généralement la possibilité pour une partie contractante de résilier le contrat s’il contient une clause qui « accorde injustement un avantage excessif à l’autre partie ». B. Evaluation L’évaluation se fera, après une réflexion généralisée sur le ratio legis du contrôle des clauses abusives, pour chaque sujet séparément (voir les sujets ci-dessus § 9). I. Ratio legis du contrôle des clauses abusives Il y a trois théories expliquant le but protecteur du contrôle des clauses abusives : « l’approche classique » fonde la nécessité d’un contrôle sur le fait que la partie qui introduit les clauses dans un contrat a une « avance organisation-
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nelle » (ou « supériorité situationnelle »). Elle peut créer et/ou imposer les clauses pendant que son cocontractant peut seulement choisir de les accepter « en bloc » ou non. « L’approche du pouvoir du marché » base le but du contrôle sur le pouvoir du marché d’une partie qui est économiquement ou socialement supérieure. Cette partie dispose ainsi de plus de pouvoir de négociation, nécessitant une protection de la partie en situation économique ou sociale inférieure. Cependant, l’approche de l’analyse économique du droit (« approche économique ») explique la nécessité d’un contrôle des clauses abusives par une défaillance du marché (voir ci-dessus A.). Autrement dit, pour la partie qui se trouve face à des clauses non-négociées, il est plus économique de ne pas lire ces clauses en entier (« ignorance rationnelle ») car l’utilité qu’elle pourrait tirer de ces informations est largement inférieure à l’effort nécessaire. Mais cette réalité mène à une situation où le créateur des clauses n’a aucune incitation à créer des clauses particulièrement justes ou bonnes, mais où l’inverse est le cas : comme il n’y a pas de compétition, les clauses les moins avantageuses pour la partie à laquelle les clauses ont été soumises s’imposent à la fin (race to the bottom) si un contrôle de contenu n’assure pas leur qualité. II. Contrôle de dispositions individuellement négociées Le contrôle de dispositions individuellement négociées, qui existe seulement en droit français, n’est ni justifié par l’approche classique (car il n’y a pas de supériorité situationnelle) ni par l’approche économique (car il n’y a pas d’ignorance des clauses). En ce qui concerne l’approche du pouvoir du marché, il justifie, en principe, un contrôle de toutes sortes de clauses. Cependant, le risque d’abus de pouvoir semble également plus élevé si la partie à laquelle les clauses ont été soumises ne les a pas lues et que le créateur de ces clauses le sait. En outre, dans les contrats B2B, une telle restriction de la liberté du contrat ne semble pas acceptable. Dans les contrats B2C, de telles dispositions négociées sont rares. Considérant l’existence des nombreuses dispositions d’ordre public existant en droit de la vente pour les contrats B2C, une telle « interdiction de négocier librement », ne serait-ce que pour une seule circonstance du contrat, semble également aller trop loin. Un contrôle des dispositions individuellement négociées n’est donc pas approprié, ni dans les contrats de vente B2B, ni dans les contrats B2C. III. Intention d’utilisation répétée Le fait d’exiger une intention du créateur des clauses d’en faire usage de façon répétée (prévue pour les contrats B2B dans le droit allemand, le CFR et les PICC en tant que prérequis pour pouvoir appliquer le contrôle du contenu), n’est ni justifiée par l’approche classique, ni par l’approche du pouvoir du marché car la partie à laquelle les clauses ont été soumises ne connaît pas
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le nombre d’utilisations intentionnées et garde son infériorité situationnelle. En faveur d’une telle exigence d’une utilisation répétée, on peut argumenter que la liberté contractuelle s’en retrouverait moins restreinte. Le législateur allemand, en introduisant ici une différenciation ratione personae, argumente de la façon suivante : alors que le consommateur ne peut pas savoir s’il se retrouve face à des clauses à usage unique ou multiple, de tels ensembles de clauses à usage unique sont un élément habituel dans les négociations contractuelles dans les cas B2B. Cela ne convainc pas car, lorsqu’un professionnel fait l’effort de formuler un ensemble de clauses pour un cas unique, il sera forcément plus ouvert à une renégociation. En revanche, s’il n’y a aucune négociation, un traitement différent des clauses à usage unique ne semble pas justifié. Finalement, en tenant compte également de l’objectif de la simplification du droit (surtout dans une matière aussi complexe que l’est le contrôle des clauses abusives), il semble approprié de supprimer ce critère dans toutes les hypothèses ratione personae. IV. Définition générale du caractère abusif Une différenciation ratione personae dans la définition générale est envisagée par les deux réglementations du droit européen, mais non par les deux législations nationales. A première vue, une différenciation ratione personae semble justifiée par l’approche du pouvoir du marché, car dans les situations B2C cette différence de pouvoir pourrait être plus importante que dans les cas B2B. En regardant de plus près, une grande différence de pouvoir peut, de la même manière, exister dans les relations entre une très grande et une petite entreprise. Les approches classique et économique ne justifient pas non plus un traitement différent des diverses hypothèses ratione personae. La fonction législative de la définition générale est également la même pour toutes les situations : il s’agit de prévoir une clause généralisée, à défaut d’une interdiction spéciale, pour assurer une protection complète, sans lacune. La différenciation ratione personae a pour objet de répondre aux exigences spécifiques aux échanges commerciaux. Cela ne semble pas suffire à justifier le fait de baisser la protection d’une façon généralisée, mais semble davantage argumenter en faveur de l’établissement de critères distincts à prendre en considération dans le processus d’évaluation. En tout cas, il ne convient pas de définir le caractère abusif d’une clause par le seul critère du caractère habituel dans les usages commerciaux comme le font les solutions différenciant sur un critère ratione personae. En effet, la raison de l’existence d’un contrôle des clauses abusives est – également dans les contrats B2B – le déséquilibre significatif créé par les clauses abusives. Dans l’ensemble, il semble donc préférable d’instaurer une définition identique pour toutes les hypothèses ratione personae utilisant le critère d’un déséquilibre significatif.
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V. Evaluation du caractère abusif Presque toutes les réglementations examinées (mais le droit allemand et français seulement pour les cas B2C) prévoient des circonstances précisées par la loi, à prendre en considération dans le processus d’évaluation du caractère abusif d’une clause. Il s’agit notamment des circonstances de la conclusion du contrat. On peut observer une tendance à prévoir l’application de tels critères sans limitation du champ d’application ratione personae. En général, pour des raisons de sécurité juridique, de prévisibilité, de rationalisation (qui est l’idée sous-jacente l’utilisation des clauses abusives) etc., il convient d’utiliser de tels critères avec modération. Cela peut, par exemple, être assuré par une évaluation abstraite dans un premier temps, suivie, dans un deuxième temps, par une correction exceptionnelle selon les circonstances concrètes ou individuelles. Si des critères tels que les circonstances de la conclusion du contrat (pouvoir économique, expérience dans le domaine etc.) semblent appropriés de la même façon dans les cas B2B et B2C, il convient de prévoir d’autres critères, limités aux seuls cas B2B (le caractère habituel d’une clause dans la pratique commerciale [voir ci-dessus IV.], les spécificités d’une branche professionnelle etc.). VI. Listes noires et grises Des listes noires et grises sont seulement prévues par les textes de lois examinés pour les cas B2C. Cependant, en droit allemand ces listes sont tout de même applicables de facto aux contrats B2B car la jurisprudence allemande s’en « inspire » dans les relations B2B lors de l’évaluation du caractère abusif d’une clause. Les ratios legis du contrôle des clauses abusives (voir ci-dessus I.) donnent peu de base d’argumentation sur cette question. De telles listes ont les fonctions suivantes : augmenter la sécurité juridique, guider l’interprétation de la clause générale par le juge et guider également la conception des contrats. Ces fonctions s’appliquent à toutes les hypothèses de relations contractuelles. Alors que les listes noires paraissent trop inflexibles dans le cadre de la pratique commerciale, les listes grises (avec une marge d’appréciation du juge), ou encore une « inspiration » par le juge des listes B2C également dans les cas B2B, semble plus raisonnable. Cela ne garantit pas seulement une meilleure prévisibilité et sécurité juridique (ce qui baisse les coûts ultérieurs). Ainsi, d’une part, il semble naturel que des sujets similaires fassent l’objet de l’interdiction d’une clause. D’autre part, il semble aussi souhaitable que la jurisprudence s’inspire des cas de l’autre catégorie ratione personae pour pouvoir mieux trouver et délimiter les différences spécifiques aux catégories. Les arguments mis en avant, en Allemagne, dans le cadre de la discussion sur une réforme du droit des clauses abusives (volonté du législateur historique, risque d’une fuite dans le droit étranger) ne convainquent cependant pas. Finalement, il convient de prévoir des listes
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noires pour les cas B2C et des listes grises (ou une « valeur indicative », voir ci-dessus A.I.) pour les cas B2B, à appliquer avec modération. Cela semble être la solution la plus préférable.
§ 10 Réparation ou remplacement Dans les règles relatives à la réparation ou au remplacement de l’article défectueux, les réglementations examinées font apparaître des différenciations ratione personae distinctes au sein des dispositions suivantes : – Les règles prévoyant ou non une priorité de la réparation ou du remplacement sur les autres recours juridiques (voir B.I.), – Les règles attribuant le droit de choisir entre la réparation et le remplacement de l’article défectueux (voir B.II.), – Les règles attribuant les coûts du démontage de l’article défectueux et du remontage du nouvel article en cas de remplacement (voir B.III.), – Les règles accordant une indemnité pour l’usage du bien défectueux en cas de remplacement (voir B.IV.). A. Présentation comparative I. Allemagne Le droit allemand prévoit depuis 2002, pour toute sorte de bien et toutes les hypothèses ratione personae, le recours à la réparation ou au remplacement (Nacherfüllung) de l’article défectueux conformément au § 439 BGB. Cette Nacherfüllung prime toujours sur les autres recours de l’acheteur. Cela fonctionne de la façon suivante : pour que l’acheteur puisse invoquer les autres recours (résiliation du contrat, dommages et intérêts, réduction du prix), il est obligé premièrement de fixer un délai approprié au vendeur pour la réparation ou le remplacement de l’article (pour lui donner une « seconde chance »). Deuxièmement, à condition que ce délai se soit écoulé sans succès (ou bien si la réparation ou le remplacement sont impossibles ou ont été refusés catégoriquement par le vendeur) l’acheteur peut résilier le contrat, réduire le prix ou demander des dommages et intérêts. En outre, en droit allemand, le choix entre la réparation et le remplacement est généralement accordé à l’acheteur. Pour ce qui est des frais de démontage et remontage du bien en cas de remplacement, le texte du BGB prévoyait jusqu’en 2017 en principe que c’est l’acheteur qui les assume (à l’exception des cas où le vice est imputable à une faute du vendeur lui-même – et non du producteur – ce qui est rarement le cas). Cependant, concernant les ventes B2C, la CJUE (arrêt Weber/Putz, 16 Juin 2011, C-65/09 – Gebr. Weber GmbH ./. Jürgen Wittmer et C-87/09 – Ingrid Putz ./. Medianess Electronics GmbH, Receuil 2011, I-5257, ECLI:
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EU:C:2011:396) a, en 2011, obligé le BGH à changer ce principe et attribuer ces frais (indépendamment de la question de faute) au vendeur. Le BGH a ensuite précisé que cette exception ne valait pas pour les contrats B2B (« interprétation divisée », voir ci-dessus). Depuis la réforme entrée en vigueur en janvier 2018 (voir ci-dessus § 1) le nouveau § 439 alinéa 3 BGB règle cette question de façon uniforme en attribuant constamment ces coûts au vendeur. En ce qui concerne le paiement d’une indemnité pour l’usage du bien, le droit allemand prévoit également une différenciation ratione personae, après avoir codifié une jurisprudence de la CJUE (arrêt Quelle, 17 Avril 2008, C-404/06 – Quelle AG ./. Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, Receuil 2008 I-2685, ECLI:EU:C:2008:231) : dans les ventes B2C, l’acheteur n’est pas obligé de payer une telle indemnité, alors que dans les ventes B2B il y est obligé. II. France Jusqu’en 2005 le droit français ne prévoyait pas de possibilité pour l’acheteur de faire réparer ou remplacer l’article défectueux. Aujourd’hui, de tels recours sont prévus, mais uniquement dans le CCons. Pour la présente illustration, il convient de traiter un par un les trois différents régimes de garantie de conformité (voir ci-dessus § 5 F.). Premièrement, la garantie des vices cachés, envisagée à l’Art. 1644 Cc, prévoit seulement deux recours pour l’acheteur : la résiliation du contrat (action rédhibitoire) et la réduction du prix (action estimatoire). Néanmoins, la jurisprudence admet que l’acheteur peut également exiger la réparation ou le remplacement du bien. Pour autant, elle ne prévoit pas la priorité de ces recours juridiques sur les autres. Deuxièmement, le régime de l’obligation de délivrance conforme des Art. 1224 ss., 1610 Cc prévoit, dans le cas d’un défaut de délivrance conforme, que l’acheteur peut exiger la résolution du contrat pour inexécution ou l’exécution forcée. L’exécution forcée consiste dans beaucoup des cas en un remplacement du bien. Le choix entre ces deux recours revient à l’acheteur, mais il est nécessaire de le faire valoir en justice en laissant une grande marge d’appréciation au juge. Pour ce qui est des coûts de démontage et remontage et de l’indemnité pour l’usage du bien, rien n’est précisé. Au vu du peu de cas d’exécution forcée pour défaut de conformité, il n’existe pas encore de jurisprudence établie se rapportant à cette problématique. Cela étant, troisièmement, une réglementation claire est, au contraire, prévue par le troisième régime du droit français, la garantie de conformité du CCons dont dispose l’Art. L 217-9 (applicable seulement aux ventes B2C). Cet article prévoit expressément la possibilité de la réparation et du remplacement qui vont primer, comme en droit allemand, sur les autres recours de l’acheteur. Le choix entre la réparation et le remplacement incombe à
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l’acheteur, tout comme en droit allemand. En ce qui concerne les coûts de démontage et remontage ainsi que l’indemnité pour l’usage, les arrêts précités de la CJUE (Quelle et Weber/Putz, voir ci-dessus I.) sont également applicables à la garantie de conformité du CCons. Cela repose sur le fait que les règles pertinentes du CCons dérivent intégralement de la DVC, qui a fait l’objet d’une interprétation par la CJUE. Dans le régime du CCons c’est donc le vendeur qui doit payer pour le démontage de l’article défectueux et le remontage du nouvel article. Dans la même logique, l’acheteur n’est pas obligé de payer une indemnité pour l’usage du bien défectueux conformément au régime du CCons. III. CFR En droit européen, la possibilité de faire réparer ou remplacer un article apparaît à compter de la DVC de 1999, qui s’harmonise avec le CISG. Le CFR prévoit une telle disposition dans son Art. III.-3:302. Ainsi, la réparation ou le remplacement (appelés ici seller’s right to cure et donc vues comme un droit du vendeur de remédier au défaut plutôt qu’un recours de l’acheteur) sont également prioritaires sur les autres recours de l’acheteur en cas de nonconformité du bien. Dans la même logique, le choix à opérer entre remédier au défaut par une réparation ou par un remplacement revient également au vendeur – contrairement au droit allemand et français. Pour la question de l’indemnité d’usage, le CFR prévoit une solution uniforme pour toutes les personnes : une telle indemnité n’est jamais due en cas de remplacement. La solution qu’apporte le CFR au sujet des coûts de démontage et remontage en cas de remplacement est cependant moins claire. Cependant, lorsqu’on analyse la systématique et les commentaires intégrés dans le texte du CFR, il semblerait que c’est au vendeur de supporter ces coûts, dans la grande majorité des cas. IV. CESL Le CESL prévoyait également, en ses Art. 106 alinéa 1 lettre a, Art. 110 alinéa 2, la possibilité de réparation et remplacement de l’article défectueux. Il contenait cependant plusieurs nouvelles différenciations ratione personae dans ce domaine. Tout d’abord, le droit du vendeur de remédier au défaut par une réparation ou un remplacement était prioritaire sur les autres recours de l’acheteur seulement dans les ventes B2B et non dans le cadre de ventes B2C. Ensuite, le choix entre la réparation et le remplacement incombait au vendeur dans le cadre de contrats B2B et à l’acheteur dans le cadre de contrats B2C. Cependant, dans certains points de détail, le CESL appliquait la même solution que le CFR. Aucune indemnité pour l’usage du bien remplacé n’était donc prévue peu important l’hypothèse ratione personae qui se serait présentée. Concernant la question des frais de démontage et remontage de l’article
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en cas de remplacement, c’était probablement au vendeur de les supporter à chaque fois (même si ce point était encore controversé). V. CISG Le CISG (limité aux contrats B2B) prévoit une réparation ou un remplacement du bien conformément à ses Art. 46 et 48 alinéa 1 (en tant que droit de remédier du vendeur et en tant que recours de l’acheteur). Même si la priorité de la réparation ou du remplacement sur les autres recours n’est pas prévue expressément, la jurisprudence établie et la littérature ont interprété le CISG dans ce sens. La question de l’attribution du choix entre la réparation et le remplacement est également controversée dans le CISG. Toutefois, la doctrine attribue le dernier mot au vendeur : c’est donc lui qui déterminera de l’option à mettre en œuvre. En ce qui concerne les coûts pour le démontage et remontage en cas de remplacement dans le CISG, ils incombent toujours au vendeur. L’indemnité pour l’usage du bien est, en principe, prévue dans le texte du CISG, mais la doctrine précise que cette indemnité ne devrait normalement pas s’appliquer en cas de remplacement. C’est seulement en cas d’usure économique très importante que le recours au remplacement peut, à titre exceptionnel, être totalement exclu (Art. 82 CISG). VI. PICC Les PICC (également limités aux contrats B2B) ne contiennent pas de règles spéciales pour le droit de la vente. Ce sont les dispositions relatives au droit général des contrats qui encadrent les recours juridiques dont dispose l’acheteur en cas de non-conformité de l’article. Ces dispositions prévoient la réparation ou le remplacement du bien (Art. 7.2.3 PICC) ainsi qu’un droit du vendeur de remédier au défaut sous certaines conditions. Ce droit de remédier au défaut prime sur les autres recours de l’acheteur. Le choix entre remplacement et réparation semble également incomber au vendeur. Il n’est cependant pas clairement établi si les coûts de démontage et remontage en cas de remplacement incombent au vendeur. A ce sujet, l’acheteur pourrait éventuellement – à l’instar des règles applicables en vertu du CISG – se prévaloir des dispositions sur les dommages et intérêts. Finalement, les PICC ne prévoient pas d’indemnité pour l’usage de l’article défectueux. B. Evaluation L’évaluation se fera pour chaque sujet séparément (voir les sujets ci-dessus § 10).
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I. Priorité de la réparation ou du remplacement La priorité d’une réparation ou d’un remplacement, non limitée dans son champ d’application, est prévue par toutes les réglementations examinées, outre le droit français qui ne prévoit pas de priorité. Le CESL prévoyait une différenciation ratione personae sur ce point. Au regard des intérêts respectifs des parties, il est surtout dans l’intérêt du vendeur d’avoir droit à une deuxième chance car, pour lui, dans la majorité des cas, une résiliation du contrat entraînerait plus de coûts, du fait que l’article défectueux serait plus difficile à revendre ou recycler. Parfois la réparation et le remplacement peuvent aussi être la solution favorisée par l’acheteur qui souhaite, avant tout, avoir un article qui fonctionne. Sur ce point, l’analyse économique a pour objectif de maximiser le bénéfice global pour les parties et donc à réduire le coût total. Elle met en avant le fait que si les coûts sont plus élevés pour le vendeur, il va les retransmettre à l’acheteur en augmentant les prix de base. Cela montre qu’il y a également un intérêt indirect pour l’acheteur de ne pas provoquer des frais inutiles auprès du vendeur. En sus des intérêts des parties et de l’analyse économique, deux autres éléments prônent également en faveur d’une priorité générale. D’une part, le principe pacta sunt servanda préfère toujours une solution garantissant le maintien du contrat par rapport à une solution susceptible d’anéantir entièrement le contrat. D’autre part, il est nécessaire de tenir compte des soucis d’ordre écologique : des articles restitués, même réparables, doivent souvent être jetés ou revendus avec beaucoup de pertes. Cette nécessité est guidée par le fait qu’un acheteur de seconde main ne connaît pas l’utilisation antérieure qui a pu être fait du bien et ne voudra pas prendre un tel risque. Au contraire, le premier acheteur a connaissance de l’utilisation qu’il a faite de l’article et n’a pas ce risque s’il garde l’article réparé. Dans le cas où la réparation n’est pas prioritaire, cela produit des déchets inutiles et détruit des valeurs économiques. L’argument principal en défaveur d’une priorité de la réparation et du remplacement tient au fait qu’il existe un risque que les acheteurs trouvent le processus de la réparation ou du remplacement trop long et compliqué. Cela pourrait les mener à renoncer à tout recours juridique plutôt que demander la réparation ou le remplacement. Néanmoins, ce risque existe surtout pour les articles de valeur moindre. Afin de résoudre ce problème, il conviendrait davantage de mettre en place une limite de valeur pour l’applicabilité de la priorité. Ce même risque de non-réclamation de la part de l’acheteur peut également apparaître dans l’hypothèse d’une différenciation ratione personae, comme prévu par le CESL, du fait que le consommateur est moins expérimenté sur le plan commercial et juridique. Mais cet aspect peut être résolu de façon plus appropriée en prévoyant notamment un délai rigide (par exemple 30 jours, comme dans le CESL ou tel que prévu à l’Art. L 217-10 alinéa 2 n° 1 CCons) pour mettre fin à la priorité. Une autre possibilité serait d’améliorer de façon générale la
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procédure de réclamation des défauts de conformité pour l’acheteur-consommateur, par exemple en prolongeant le délai d’inversion de la charge de la preuve pour la réclamation du défaut, comme prévue à l’Art. L 211-7 alinéa 1 CCons depuis 2016. C’est donc une priorité générale de la réparation et du remplacement sur les autres recours qui est préférable dans toutes les hypothèses de relations contractuelles. Cependant, certains points en particulier pourraient être améliorés par la mise en place d’une exception portant sur les contrats B2C. II. Choix entre la réparation et le remplacement Alors que les droits nationaux attribuent le droit de choisir entre la réparation et le remplacement à l’acheteur, les règles internationales l’attribuent généralement au vendeur. Le CESL prévoyait à cet endroit une différenciation ratione personae. A propos de l’idée générale recherchée derrière l’attribution de ce choix, il convient d’examiner quel choix serait le meilleur en fonction des situations, et quelle partie ferait naturellement ce meilleur choix. Au niveau des coûts, c’est généralement dans le cadre de ventes d’articles de valeur moindre que le remplacement est le meilleur choix économique et écologique. Cependant, dans les ventes d’articles de valeur importante c’est la réparation qui paraît préférable. Selon les intérêts des parties et l’analyse économique c’est donc le vendeur qui fera naturellement le meilleur choix, car c’est toujours lui qui supporte ces frais en premier lieu. Néanmoins, l’argument principal en faveur d’un choix de l’acheteur est que cela lui fournit un moyen de pression sur le vendeur, puisque que le défaut ne vient pas de la sphère de l’acheteur, mais plutôt de celle du vendeur. Cela étant, si le choix est attribué à l’acheteur, il ne prendrait en compte que son propre intérêt, car en tant qu’acheteur individuel il n’aurait pas d’incitation à considérer les coûts totaux. Cela impliquerait donc de prévoir de nombreuses exceptions en cas de frais disproportionnés entraînés par le choix de l’acheteur. En principe, il est donc préférable d’attribuer le choix au vendeur. Quand bien même une différenciation ratione personae serait envisagée afin de mieux protéger au moins l’acheteur-consommateur, il n’y a pas de raison de lui donner plus que ce qu’il peut exiger à la base (un produit sans défaut). En outre, au regard de l’augmentation de prix qu’entraînerait très certainement une attribution du choix entre réparation et remplacement à l’acheteur, l’acheteur-consommateur serait, encore une fois, mieux servi par une amélioration générale de la procédure de réclamation (voir ci-dessus I.) que par le privilège du droit de choisir. III. Démontage et remontage en cas de remplacement L’analyse comparative a mis en lumière que les frais de démontage de l’article défectueux et de remontage du nouvel article sont presque toujours
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supportés par le vendeur – à l’exception de ce qui a été prévu par le droit allemand jusqu’en 2017. Le droit allemand envisageait en effet que, dans la plupart des ventes B2B, ces frais incombaient à l’acheteur. L’analyse économique et l’analyse des intérêts des parties montrent qu’il serait préférable d’attribuer ces frais au producteur de l’article. En effet, le producteur est généralement responsable du défaut. En outre, il revient moins cher pour le producteur de s’assurer contre un tel risque financier (cheapest insurer/ cheapest cost avoider). Cependant, il serait possible de s’opposer à la prise en charge des coûts par le vendeur car cela pourrait faire augmenter les prix de manière significative dans la mesure où le vendeur doit assumer le risque d’un montage compliqué ou très éloigné. Si ces frais sont supportés par l’acheteur, ce dernier pourrait, en outre, être incité à mieux examiner le bien acheté avant de l’installer chez lui. Cela étant, cette incitation est déjà en partie garantie par le fait que, même si l’acheteur ne supporte pas les frais, un démontage et remontage entraînera nécessairement des inconvénients pour lui. Dans tous les cas, faire supporter le risque des coûts de montage et démontage par l’acheteur ne semble pas approprié, dans la mesure où le défaut vient moins de sa sphère que de celle du vendeur (qui a violé son obligation de livraison conforme). La CJUE argumente également en faveur d’une charge des coûts sur le vendeur, dès lors qu’il y aurait de nouveau un danger de non-utilisation des recours juridiques prévus par la loi (voir ci-dessus I.). En outre, elle met en avant le fait que le vendeur est déjà suffisamment protégé par la courte période de prescription en droit de la vente, ainsi que par le droit de refuser le remplacement en cas de disproportion et par l’action récursoire contre le producteur. Cette argumentation développée par la CJUE pour les cas B2C, vaut également pour les cas B2B. En faveur d’une différenciation ratione personae, à l’instar de la solution du droit allemand avant 2018, on pourrait évoquer que dans les cas B2B il peut y avoir des montages très complexes générant des coûts extrêmement hauts et imprévisibles. Mais ces volumes d’échange plus élevés sont inhérents à tous les aspects regardant les contrats B2B et démontre qu’il serait souhaitable de laisser la possibilité aux parties B2B d’écarter la disposition sur les coûts si elles veulent la régler différemment. Il apparaît donc préférable de faire supporter les frais de démontage et remontage au vendeur dans toutes les hypothèses ratione personae, tout en envisageant quelques exceptions spécifiques. La réforme allemande entrée en vigueur en 2018 prévoit un changement dans ce sens : la différenciation ratione personae a été supprimée (voir ci-dessus § 1). IV. Indemnité pour l’usage en cas de remplacement Concernant le versement d’une indemnité suite à l’usage de l’article défectueux, en cas de remplacement, il n’y a aujourd’hui – à l’instar de la problématique précédente – que le droit allemand qui la prévoit, et ce, essentielle-
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ment dans le cadre de l’exécution de contrats B2B. Les arguments en faveur d’une telle indemnité sont avant tout l’avantage injustifié de l’acheteur tiré du remplacement d’un article usé par un article neuf, et, en parallèle, l’intérêt du vendeur qui peut difficilement revendre l’article usé (voir ci-dessus I.). Mais cette réflexion est problématique, car la plupart des ventes concernent aujourd’hui des articles de « courte durée », soumis à un phénomène de mode. Ainsi, souvent, l’acheteur paie essentiellement pour le temps qui suit directement l’achat, l’article n’ayant plus d’utilité lorsque la prescription est acquise (et ne profite ainsi pas non plus forcément d’une potentielle prolongation de la durée de vie). Le prix d’achat doit donc plutôt être compris en tant que contrepartie pour le temps qui suit directement l’achat que pour le temps après. En outre, l’acheteur doit déjà souvent faire face à de nombreux inconvénients causés par le défaut de l’article, même en cas de remplacement. L’argument économique d’une augmentation des prix par une « assurance forcée » de l’acheteur contre le paiement d’une telle indemnité ne saurait convaincre sur ce point car l’indemnité due pour l’usage représente souvent une somme considérable – et il n’est pas à exclure que l’acheteur, si on le lui avait demandé par anticipation, n’aurait pas voulu contracter une telle assurance. Par ailleurs, l’analyse économique du droit permet de contrer l’idée d’une indemnité relative à l’usage du bien : le vendeur peut plus facilement répartir les frais causés par l’incident de non-conformité à travers une petite augmentation de tous les prix et peut également mieux assurer ce risque. En outre, il ne semble pas compréhensible de prévoir une telle indemnité qui serait unilatérale sans que soit également prévue une indemnité à payer par le vendeur qui profite en même temps des intérêts que lui apporte le prix d’achat. De plus, au regard de la somme qui peut être due en tant qu’indemnité, il faut également tenir compte du risque que l’acheteur préfère ne pas se prévaloir de ses droits en cas de non-conformité s’il sait qu’il doit payer une telle indemnité (voir ci-dessus I.). La CJUE, dans son arrêt Quelle concernant les ventes B2C (voir ci-dessus A.I.), se positionne encore une fois à l’encontre du paiement d’une indemnité d’usage en précisant que le vendeur est déjà suffisamment protégé par la prescription et la possibilité de refuser le remplacement en cas de disproportion entre les frais de remplacement et le prix d’achat du bien (voir ci-dessus III.). Les PICC ne prévoient dans aucun cas (même pour la résiliation du contrat) le paiement d’une telle indemnité. L’argument sous-jacent est le suivant : le montant d’une telle indemnité serait difficile à calculer et l’on peut généralement présumer que les deux parties ont toujours tiré un profit à la fois de la prestation et de la contrepartie, qui vont se compenser dans la plupart des cas. A ce sujet, une différenciation ratione personae n’est pas non plus une solution adaptée. En effet, il est impossible d’estimer que de manière générale les acheteurs-consommateurs achèteraient toujours des produits à plus courte durée. Une différenciation ratione materiae, en fonction du caractère durable ou non du produit serait
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probablement plus appropriée. Cela étant, ce genre de différenciation ne fait pas partie de la présente étude. Finalement, la meilleure solution semble être de ne pas prévoir d’indemnité pour l’usage en cas de remplacement.
§ 11 Défauts liés au montage A. Présentation comparative En matière de contrats B2C, toutes les réglementations comparées (Allemagne, France, CFR, CESL) traitent les défauts liés au montage du bien (erreur dans le montage effectué par le vendeur ou erreur dans le manuel de montage) comme un défaut de l’article lui-même. Pour les contrats B2B, il n’y a cependant que le droit allemand qui prévoit une telle disposition. Souvent (surtout dans le CESL et pour les manuels de montage également dans le CFR) dans les cas B2B, les dispositions du droit commun des contrats mènent au même résultat. Il faut donc évaluer si c’est une différenciation ratione materiae (comme prévue par le CESL) ou bien une qualification généralisée des erreurs liées au montage en tant que défaut de conformité du produit (comme prévue par le droit allemand) qui semble être la solution préférable. B. Evaluation Les intérêts des parties plaident en faveur d’une prise en considération globale au contrat des défauts liés au montage. En effet, même le vendeur a un intérêt dans l’application du droit spécial de la vente en cas de défaut de montage en vue de profiter du délai de prescription plus court en la matière. L’analyse économique aboutit au même résultat, étant donné qu’un bon manuel de montage et un accomplissement soigneux du montage (et une incitation du vendeur dans ce sens par une règle claire) génèrent moins de coûts après la vente. La simplification du droit va également dans le sens d’une réglementation uniforme. En même temps, une telle réglementation assurerait l’action récursoire du vendeur contre son grossiste ou contre le producteur, sans devoir prévoir des règles spéciales sur ce point. En revanche, en faveur d’une différenciation ratione personae, il est possible d’avancer que les acheteurs professionnels ont souvent plus de connaissances techniques dans le domaine et ont ainsi moins souvent besoin d’une telle disposition. Cependant, cela ne vaut pas pour tous les acheteurs et tous les produits, et cela ne vaut pas non plus lorsque l’acheteur professionnel veut ensuite revendre le produit à un consommateur. Pour cette raison, si deux parties professionnelles veulent économiser de l’argent, il suffit de leur garder la possibilité de pouvoir écarter la loi par une stipulation contraire. Une réglementation uniforme est donc préférable.
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§ 12 Connaissance du défaut de la part de l‘acheteur A. Présentation comparative Toutes les réglementations examinées, à part les PICC, prévoient une exclusion de la garantie de conformité dans le cas où l’acheteur connaissait ou aurait dû connaître le vice au moment de la conclusion du contrat. Cette exclusion vaut pour toutes les hypothèses ratione personae, à l’exception du CESL qui la prévoyait seulement pour les contrats B2B. Souvent une exception à cette règle est prévue concernant les accords subjectifs sur la qualité du produit (Allemagne, France, CISG, CFR). B. Evaluation L’intérêt du vendeur favorise une exclusion des droits de l’acheteur qui connaît ou aurait dû connaître le défaut, car le vendeur veut savoir aussitôt que possible si l’article est défectueux, afin de pouvoir réagir en générant le moins de coûts possibles. L’analyse économique préconise la même chose puisque cela fait baisser également les coûts totaux de la transaction (et augmente ainsi le bénéfice global). Certains auteurs avancent aussi que si l’acheteur a connaissance du vice au moment de l’achat d’un produit et l’achète quand même, il renonce ainsi à ses droits de garantie. Mais cette approche ne s’harmonise pas avec le fait qu’une volonté subjective de renonciation n’est pas exigée par aucune des réglementations. Parfois on évoque également l’ancien principe caveat emptor (voir ci-dessus § 4 C.) ou le cas de figure d’un venire contra factum proprium. Mais ces cas de comportement contradictoire ne valent que pour les situations où le vendeur connaît également le défaut depuis la conclusion du contrat. Ce ne sont cependant pas des situations problématiques. Les cas problématiques sont ceux où l’acheteur connaît le vice, alors que le vendeur ne le connaît pas. En revanche, il est possible d’invoquer, à l’encontre d’une telle exclusion, l’intérêt de l’acheteur qui ne veut pas être limité dans ses droits. Cela étant, le simple effort consistant à informer le vendeur que l’article est défectueux depuis le début serait plus que supportable pour l’acheteur qui doit de toute façon communiquer avec le vendeur au moment de la conclusion du contrat. De surcroît, l’acheteur peut même en tirer un profit et obtenir directement un autre article non défectueux ou une réduction du prix. Certains auteurs argumentent également de la façon suivante : si l’acheteur connaît le vice mais ne dit rien, c’est parce qu’il pense que le vendeur va sûrement y remédier. Mais cet argument ne vaut pas non plus pour les situations problématiques où seul l’acheteur et non le vendeur connaît le vice. Pour des raisons similaires, une différenciation ratione personae n’est pas non plus justifiée par des soucis de protection du consommateur. Une petite remarque au sujet du défaut de la part de l’acheteur ne demande pas beaucoup d’effort et semble plutôt satis-
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faire le bon sens. Un comportement contraire, en vue d’assurer le maintien du recours de la garantie de conformité pendant plus longtemps, ne doit pas être protégé. Pour cette raison, aucune voix ne semble préconiser la solution du CESL à 100 %. Une règle qui prévoit une exclusion des droits pour l’acheteur qui connaissait ou aurait dû connaître le vice au moment de la conclusion du contrat pour l’ensemble des hypothèses de relations contractuelles est donc préférable.
§ 13 Notification du défaut A. Présentation comparative Pour les ventes B2B, l’ensemble des réglementations prévoient une obligation de la part de l’acheteur d’examiner l’article après sa réception et de notifier un défaut ainsi découvert dans les plus brefs délais. Si l’acheteur n’examine ou ne notifie pas un défaut qu’il aurait pu trouver lors d’un examen attentif, il ne peut pas se prévaloir de ses droits fondés sur le défaut de l’article. Seul en droit français, un tel examen est également imposé à l’acheteur-consommateur (par la voie d’une exclusion en cas de « vice apparent »). Cependant, la jurisprudence française interprète cette obligation d’examiner l’article avec plus de clémence dans les cas B2C, c’est-à-dire en exigeant moins de diligences de la part d’un consommateur que d’un acheteur professionnel. Le CISG et les PICC prévoient que l’acheteur professionnel qui ne notifie pas immédiatement le défaut, garde au moins le droit à une réduction du prix et à des dommages et intérêts (mais dans le CISG seulement si l’omission de notification est excusée). Il faut donc évaluer les deux cas existants : une différenciation ratione personae ou une obligation de notification pour toutes les hypothèses de relations contractuelles. B. Evaluation Ce qui est mis en avant en faveur d’une obligation de notification généralisée pour toutes les hypothèses ratione personae, c’est-à-dire aussi pour les acheteurs-consommateurs, c’est premièrement l’ancien principe caveat emptor du droit romain (voir ci-dessus § 4 C.). Deuxièmement, il est invoqué que l’acheteur qui n’est pas soumis à une telle obligation peut spéculer, et donc attendre et résilier le contrat seulement au moment où les prix sont plus bas pour le même produit. Cependant, il n’est pas pertinent d’adopter un tel comportement fastidieux dans les contrats B2C car il pourrait être intéressant essentiellement pour des biens de valeur importante ou pour des grandes quantités d’achats. En faveur d’une obligation pesant également sur l’acheteur-consommateur, on peut aussi avancer qu’un examen de l’article acheté et une petite notification ne demandent pas beaucoup d’effort et cor-
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respondent plutôt au bon sens. Mais en même temps, le bon sens ne justifie pas d’exiger une notification dans un délai aussi court car parfois l’acheteur ne déballe pas l’article toute de suite ou l’achète même en tant que cadeau, surtout si on considère que l’omission de notification entraîne des conséquences très graves (perte de tous les droits liés au défaut). L’acheteurconsommateur préfère donc probablement souvent payer un prix un peu plus élevé (« assurance forcée ») pour être sûr de ne pas perdre ses droits si l’examen n’est pas conforme aux exigences éventuelles de la loi. La solution française qui, pour répondre à ces soucis des consommateurs, définit l’étendue de l’examen obligatoire en fonction de beaucoup de différents facteurs (niveau d’expertise, nature de l’article acheté, compétences individuelles de l’acheteur etc.) évalués par la jurisprudence au cas par cas, mène à peu de sécurité juridique. Une telle solution n’est préférable ni pour les consommateurs qui ont besoin d’une règle simple et compréhensible, ni pour les professionnels qui ont besoin de prévisibilité. Cependant, les intérêts des parties impliquent la mise en œuvre d’une différenciation ratione personae. Les professionnels ont généralement un grand intérêt à la rapidité du commerce, la planification et la prévisibilité pour limiter les dommages causés par le défaut ainsi qu’à la conservation des valeurs des biens économiques par une découverte tôt des défauts. En revanche, les consommateurs n’ont souvent pas les connaissances techniques, l’expérience et les compétences professionnelles suffisantes pour effectuer un examen et la charge d’une telle notification immédiate peut les surcharger. L’analyse économique mène au même résultat : dans les contrats B2B, c’est normalement toujours le vendeur qui peut assurer l’examen de défauts du produit avec moins de coûts et efforts, puisqu’il dispose de la compétence et des appareils nécessaires. Dans les contrats B2B, pour minimiser les coûts globaux, l’analyse économique préfère que le vendeur et l’acheteur soient obligés d’examiner le produit. Dans des cas exceptionnels où cela ne semble pas la solution appropriée, il suffit de garder la possibilité pour les parties professionnelles d’écarter l’obligation de notification par une stipulation contraire. Sur le sujet de l’obligation de notification une différenciation ratione personae est donc la solution préférable.
§ 14 Délai d’exclusion pour l’action rédhibitoire A. Présentation comparative L’ensemble des réglementations transfrontalières prévoient que si l’acheteur veut résilier le contrat, il ne peut le faire que dans un « délai raisonnable » à compter du moment de la connaissance du défaut (ou connaissance supposée). Dans le CESL, une telle disposition n’était prévue que pour les contrats
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de vente B2B. Cependant, le droit allemand et le droit français ne connaissent pas de telle limitation de l’action rédhibitoire au-delà du délai de prescription normal. B. Evaluation D’une part, le vendeur a évidemment intérêt à ce que l’acheteur, qui a le droit d’exiger la résiliation du contrat de vente, le fasse aussi vite que possible, pour en terminer cet état de suspens et pouvoir planifier. De la même façon, l’analyse économique voit les coûts globaux qu’un tel état de suspens produit et favorise également un délai pour l’exclusion de l’action rédhibitoire. D’autre part, il y a l’intérêt pour l’acheteur de pouvoir prendre son temps et réfléchir s’il veut vraiment résilier le contrat et à quel moment. On peut argumenter que cet état d’insécurité doit être supporté par le vendeur, étant donné que c’est lui qui a originellement violé ses obligations contractuelles. En outre, le vendeur pourrait déjà être suffisamment protégé par le délai de prescription et les dispositions sur la bonne foi. Au moins dans les cas B2C, cet intérêt du vendeur ne semble pas pouvoir écarter l’intérêt de l’acheteur à avoir un temps de réflexion et de réaction suffisant. Il en est autrement dans les cas B2B où l’acheteur professionnel est habitué de toute manière à devoir agir rapidement et à notifier le défaut. Cela semble plutôt préconiser la mise en œuvre d’une différenciation ratione personae, car l’acheteur-consommateur n’est justement pas habitué à une telle rapidité et ne saurait, dans la plupart de cas, même pas qu’un tel délai existe. Quand bien même il le saurait, cela pourrait amener l’acheteur-consommateur à déclarer la résiliation sans vraiment réfléchir, juste pour s’assurer de ne pas manquer le délai. Ainsi il pourrait résilier un contrat de vente dans un cas où normalement il aurait préféré ne pas le déclarer, mais, par exemple, plutôt attendre une aggravation d’un vice mineur. Cependant, dans les ventes B2B, c’est l’intérêt de prévisibilité, planification et rapidité qui prime sur l’intérêt de l’acheteur à pouvoir réfléchir longtemps sur la résiliation. Une différenciation est donc préférable.
Conclusion et résumé Dans la plupart des cas on peut donc conclure que le droit de la vente mériterait une simplification au niveau de la différenciation ratione personae. Il existe de nombreux sujets où une différenciation est faite pour des raisons historiques, sans pour autant être justifiée par des raisons matérielles. Néanmoins, parfois c’est aussi une différenciation ratione personae qui est la meilleure solution. Il y a finalement quelques-uns des sujets examinés où en général, une règle uniforme est préférable, mais dans le détail, il vaut mieux prévoir une différenciation ratione personae. Le tableau suivant résume les résultats de la présente étude : Réglementation uniforme est préférable Contrôle des clauses abusives Dispositions individuellement négociées Contrôle des clauses abusives Intention d’utilisation répétée Contrôle des clauses abusives Définition générale du caractère abusif Contrôle des clauses abusives Évaluation du caractère abusif Contrôle des clauses abusives Listes noires et grises Réparation ou remplacement Priorité de la réparation ou du remplacement Réparation ou remplacement Choix entre la réparation et le remplacement Remplacement Démontage et remontage Remplacement Indemnité pour l’usage Défauts liés au montage Connaissance du défaut de la part de l‘acheteur Notification du défaut Délai d’exclusion pour l’action rédhibitoire
Différenciation ratione personae est préférable
x x x x
(Différenciation dans le détail) x
x x x
(Différenciation dans le détail) (Différenciation dans le détail) (Différenciation dans le détail)
x x x x x
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Materialien- und Normenverzeichnis Acquis Principles (Principles of the Existing EC Contract Law): – European Research Group on Existing EC Private Law (Acquis Group) (Hrsg.), Principles of the Existing EC Contract Law (Acquis Principles), Contract I: PreContractual Obligations. Conclusion of Contract. Unfair Terms, 2007. – European Research Group on Existing EC Private Law (Acquis Group) (Hrsg.), Contract II: General Provisions, Delivery of Goods, Package Travel and Payment Services, 2009. Association Henri Capitant: Avant-projet de réforme du droit des contrats spéciaux, 26.6.2017, abrufbar unter . Bundesminister der Justiz: Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, Köln 1992. – : Diskussionsentwurfs eines Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes vom 4.8.2000, abrufbar unter . – : Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie, zur Änderung des Verbrauchsgüterkaufrechts und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 19.9.2012, abrufbar unter . Bundesverband der deutschen Industrie (BDI): Stellungnahme zum Vorschlag für eine Verordnung über das Gemeinsame Europäische Kaufrecht, 14.2.2012, abrufbar unter . Catala, Pierre: Avant-projet de réforme du droit des obligations (Articles 1101 à 1386 du Code civil) et du droit de la prescription (Articles 2234 à 2281 du Code civil), 2005, abrufbar unter (Avant-projet Catala). Calais-Auloy, Jean: Propositions pour un nouveau droit de la consommation, rapport, Paris 1985. – : Propositions pour un code de la consommation, rapport, Paris 1990. Décret du 14 juin 1791 relatif aux assemblées d'ouvriers et artisans de même état et profession („Loi Le Chapelier“), abrufbar unter . Décret n° 2009-302 du 18 mars 2009 portant application de l'article L. 132-1 du code de la consommation, JORF n° 67 p. 5030. Décret n° 2016-884 du 29 juin 2016 relatif à la partie réglementaire du code de la consommation, JORF n° 151, texte n° 62. Deutsche Bundesregierung: Erster Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 18.10.1971, BT-Drs. 6/2724. – : Zweiter Bericht der Bundesregierung zur Verbraucherpolitik vom 20.10.1975, BT-Drs. 7/4181. – : Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz), 6.8.1975, BT-Drs. 7/3919.
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Materialien- und Normenverzeichnis
– : Gegenäußerung zum Gesetzentwurf der Verbraucherrechte-Richtlinie, 6.3.2013, BTDrs. 17/12637. – : Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftungvom 18.5.2016, BT-Drs. 18/8486. Deutscher Anwaltsverein (DAV): Stellungnahme Nr. 23/2012, März 2012, abrufbar unter . Deutscher Bundestag: Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 14.5.2001, BT-Drs. 14/6040. – : Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts, 31.8.2001, BT-Drs. 14/6857. – : Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 16/10119, 15.10.2008, BT-Drs. 16/10607. Deutscher Notarverein (DNotV): Stellungnahme zum CESL vom 7.12.2011, abrufbar unter . Draft Common Frame of Reference (DCFR): – von Bar/Clive/Schulte-Nölcke (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law: Draft Common Frame of Reference (DCFR). Interim Outline Edition, 2008. – von Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law: Draft Common Frame of Reference (DCFR). Full Edition, 2009. European Law Institute (ELI): Statement on the Proposal for a regulation on a Common European Sales Law COM(2011) 635 final, abrufbar unter . Einheitliches Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) und Einheitliches Gesetz über den Abschluß von internationalen Kaufverträgen über bewegliche Sachen (EAG), BGBl. 1973 I, 856 und 868; zum Inkrafttreten BGBl. 1974 II, 146 und 148, BGBl. 1974 I, 358. Europäische Kommission: Mitteilung an den Rat vom 4. Juli 1985, „Neuer Impuls für die Politik zum Schutz der Verbraucher“, Bulletin der Europäischen Gemeinschaften, Beilage 6/86, auch abrufbar unter . – : Vorschlag für eine Richtlinie über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen vom 3.9.1990, KOM(1990) 322 endg., ABl. C 243/2. – : Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, KOM(1992) 66 endg., S. 1 f., auf Englisch abrufbar unter . – : Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und -garantien vom 18.6.1996, KOM(1995) 520 endg. – : Mitteilung an den Rat und das Europäische Parlament vom 11. Juli 2001 zum europäischen Vertragsrecht, KOM(2001) 398 endg. – : Mitteilung an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Umsetzung des LissabonProgramms der Gemeinschaft, Eine zeitgemässe KMU-Politik für Wachstum und Beschäftigung, KOM(2005) 551 endg.
Materialien- und Normenverzeichnis
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– : Machbarkeitsstudie („Feasibility study on a future initiative on European contract law“), 3.5.2011, Ergebnisse auf Englisch abrufbar unter . – : Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8. Oktober 2008, KOM(2008) 614 endg. – : Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635 endg. (zitiert: CESL-VO). – : Mitteilung an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht zur Erleichterung grenzüberschreitender Geschäfte im Binnenmarkt, 11.10.2011, KOM(2011) 636 endg. – : Commission Work Programme 2015, Annex II to the Communication from the Commission to the European Parliament, the Council, the European Economic and Social Committee and the Committee of the Regions, 16.12.2014, COM(2014) 910 final. – : Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on certain aspects concerning contracts for the online and other distance sales of goods, 9.12.2015, COM(2015) 635 final (bisher nur auf Englisch). – : Proposal for a Directive of the European Parliament and of the Council on certain aspects concerning contracts for the supply of digital content, 9.12.2015, COM(2015) 634 final (bisher nur auf Englisch). – : Commission Work Programme 2017, („Delivering a Europe that protects, empowers and defends“), Annex 2, 25.10.2016, COM(2016) 710 final (nur auf Englisch). – : Review of EU Consumer Law (Fitness Check), Regulatory Fitness and Performance Programme, abrufbar unter . – : Geänderter Vorschlag vom 31.10.2017 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, KOM(2017) 637 endg. Europäischer Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Entwurf eines Berichts über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte (Berichterstatter: Evelyne Gebhart, Axel Voss), 7.11.2016, PE592.444v01-00. – : Bericht über den geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (Berichterstatter: Pascal Arimont), 27.2.2018, PE593.817v04-00. Europäischer Rat: Entschließung vom 14.4.1975 betreffend ein erstes Programm der Europäischen Wırtschaftsgemeınschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, ABl. C 92/1. – : Entschließung vom 19.5.1981 betreffend ein zweites Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, ABl. C 133/1. – : Entschließung vom 17. Dezember 1998 über Gebrauchsanleitungen für technische Konsumgüter, ABl. C 411/1.
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Materialien- und Normenverzeichnis
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss: Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbrauchsgüterkauf und –garantien“ vom 27.11.1996, ABl. 1997 C 66/5, 9. Europäisches Parlament: Legislative Entschließung vom 26. Februar 2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, PE 526.539, P7_TA-PROV(2014)02-26 (Berichterstatter: Klaus-Heiner Lehne, Luigi Berlinguer), abrufbar unter . Europarat: Consultative Assembly, Resolution 543 (1973) on a Consumer Protection Charter, 17.5.1973, abrufbar unter: . Frankfurter Initiative zur Fortentwicklung des AGB-Rechts: Gesetzgebungsvorschlag zur Änderung des AGB-Rechts im unternehmerischen Geschäftsverkehr, April 2015, abrufbar unter . Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, Anhang zum Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635 endg. (zitiert: CESL). Gesetz zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht vom 24.8.1976, BGBl. I, 2525 ff. Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren, 28.4.2017, BGBl. I, 969. Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Gesetz) vom 9.12.1976 (AGBG), BGBl. I, 3317. Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Reisevertragsgesetz) vom 4.5.1979, BGBl. I, 509. Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16.1.1986, BGBl. I, 122. Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze vom 17.12.1990, BGBl. I, 2840. Gesetz zur Änderung des AGB-Gesetzes und der Insolvenzordnung vom 19.7.1996, BGBl. I, 1013. Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27.6.2000, BGBl. I, 897. Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26.11.2001, BGBl. I, 3138. Gesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom 10.12.2008, BGBl. I, 2399. Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20.9.2013, BGBl. I, 3642. Kennedy, John F.: Special Message to the Congress on Protecting the Consumer Interest, 15 March 1962, abgedruckt bei von Hippel, Verbraucherschutz, 3. Aufl. 1986, S. 281 ff., auch abrufbar unter . Loi du 17 mars 1791 portant suspension de tous les droits d'aides, de toutes les maîtrises et jurandes et établissement des droits de patentes („Décret d’Allarde“), abrufbar unter
Materialien- und Normenverzeichnis
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(zitiert: PICC). United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods, Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980, BGBl. 1989 II, 588 (zitiert: CISG). Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (EuGVO a.F.), ABl. 2001 L 12/1. Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I), ABl. L 177/6, berichtigt in ABl. 2009 L 309/87 (zitiert: Rom I).
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Bundesgerichtshof (Deutschland BGH 29.10.1956, NJW 1957, 17.................................................................................... 117 BGH 29.9.1960, NJW 1960, 2331 ............................................................................. 242 ff. BGH 5.4.1967, NJW 1967, 1805.................................................................................... 196 BGH 9.3.1983, Dachziegel, NJW 1983, 1479 ................................................................ 128 BGH 8.3.1984, NJW 1984, 1750...................................................................................... 74 BGH 12.3.1986, NJW 1986, 1927 .................................................................................. 196 BGH 3.3.1988, NJW 1988, 1785...................................................................................... 74
Rechtsprechungsverzeichnis
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BGH 3.3.1989, NJW 1989, 2050 = JZ 44 (1989), 796 .................................................... 220 BGH 23.1.1991, NJW 1991, 1604 .................................................................................. 170 BGH 4.11.1992, NJW 1993, 461.................................................................................... 196 BGH 16.11.1992, NJW 1993, 2442 ................................................................................ 118 BGH 2.12.1992, NJW 1993, 532.................................................................................... 117 BGH 22.7.1998, NJW 1998, 3197 .................................................................................. 196 BGH 24.3.1999, Rebwachs, NJW 1999, 2440 = JZ 54 (1999), 791 ................................ 146 BGH 18.10.2001, NJW 2002, 669 .................................................................................. 243 BGH 29.11.2002, NJW 2003, 888 .................................................................................. 117 BGH 14.5.2003, NJW 2003, 2334 .................................................................................. 117 BGH 11.12.2003, NJW 2004, 1454 .................................................................................. 73 BGH 29.3.2006, NJW 2006, 2250 .................................................................................... 59 BGH 5.4.2006, NJW 2006, 2116.................................................................................... 117 BGH 16.8.2006, Vorlagebeschluss, Quelle, NJW 2006, 2300 ................................ 130, 184 BGH 19.9.2007, NJW 2007, 3774 .................................................................................... 74 BGH 15.11.2007, NJW 2008, 435 .................................................................................... 50 BGH 15.7.2008, Parkettstäbe, BGHZ 177, 224 .............................................................. 128 BGH 19.8.2008, Baukompaktplatten, BeckRS 2008, 23096 ........................................... 128 BGH 14.1.2009, Vorlagebeschluss, Weber, NJW 2009, 1660......................................... 128 BGH, 16.9.2009, Gebrauchtwagen, NJW 2010, 148 = BGHZ 182, 241 .......................... 130 BGH 17.2.2010, NJW 2010, 1131 .................................................................................... 88 BGH 23.2.2010, NJW-RR 2010, 1712 ............................................................................. 48 BGH 3.11.2010, Wasserbett, NJW 2011, 56 = BGHZ 187, 268 ...................................... 184 BGH 13.7.2011, NJW 2011, 3435 .................................................................................... 50 BGH 21.12.2011, Weber, BGHZ 192, 148 ............................................................... 27, 128 BGH 17.10.2012, Granulat, BGHZ 195, 135 .................................................................. 129 BGH 16.4.2013, Warmwasserspeicher, BeckRS 2013, 09184 = GuT 2013, 133 ............. 129 BGH 2.4.2014, Aluminiumleisten, BGHZ 200, 337 ....................................................... 129 BGH 12.10.2016, BB 2016, 2892 .................................................................................. 241
Andere Gerichte (Deutschland) BVerfG 23.11.2006, NJW 2007, 286 ............................................................................... 49 BAG 27.11.2003, NJW 2004, 2401 .................................................................................. 49 BAG 25.5.2005, NJW 2005, 3305 .................................................................................... 49 RG 29.2.1916, RGZ 88, 143 .......................................................................................242 f. RG 9.11.1917, RGZ 91, 108 .......................................................................................... 243 RG 5.7.1923, RGZ 107, 106 .......................................................................................... 243 OLG Frankfurt 10.3.1987, NJW 1987, 3206 .................................................................. 196 OLG Celle 3.3.1992, NJW-RR 1993, 433 ...................................................................... 196 OLG Celle 11.8.2004, NJW-RR 2004, 1645 .................................................................... 49 OLG Hamm 9.6.1995, Fenster, NJW-RR 1996, 179 ....................................................... 146 OLG Koblenz 31.1.1997, IHR 2003, 172 ....................................................................... 145 OLG Düsseldorf 30.4.1997, BeckRS 1997, 30971309 = WuM 1997, 428....................... 122 OLG Köln 14.10.2002, IHR 2003, 15 ............................................................................ 145 AG Lahr 26.10.2007, MMR 2008, 270 .......................................................................... 182 AG Schorndorf 25.2.2009, Vorlagebeschluss, Putz, ZGS 2009, 525 ............................... 128
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Rechtsprechungsverzeichnis
Cour de cassation (Frankreich) Cass. Civ. 1e 11.4.1933, D. 1933, 331 ........................................................................... 132 Cass. Com. 27.10.1953, D. 1954, 201 ............................................................................ 133 Cass. Civ. 1e 17.5.1954, Gaz. Pal. 1954, 2, p. 82 ........................................................... 133 Cass. Com. 20.1.1959, Bull. civ. III n° 30 ...................................................................... 132 Cass. Civ. 1e 18.12.1962, D. 1963, 114 ......................................................................... 227 Cass. Com. 22.10.1968, Bull. civ. IV, n° 287 ................................................................. 136 Cass. Civ. 3e 7.2.1973, Bull. civ. III, n° 109 = JCP 1975. II Jur. n° 17918 ..................... 228 Cass. Com. 5.2.1974, Numéro JurisData: 1974-097050 = Bull. civ. IV, n° 50 ................ 228 Cass. Com. 16.11.1976, Gaz. Pal. 1977, 1, panorama, 43 ............................................... 132 Cass. Com. 8.3.1977, JCP G 1977, II, n° 18649 ............................................................... 53 Cass. Com. 6.11.1978, Bull. civ. IV n° 250 (p. 209)....................................................... 132 Cass. Com., 8.6.1979, Bull Civ. IV, n° 186 .................................................................... 133 Cass. Com. 12.2.1980, Numéro JurisData: 1980-099080 ................................................ 229 Cass. Com. 4.6.1980, RTD Com. 1981, 350, n° 13......................................................... 132 Cass. Civ. 1e 11.6.1980, RTD Com. 1981, 351, n° 15 .................................................... 132 Cass. Com. 1.7.1980, Gaz. Pal. 1980, 2, panorama, 581 ................................................. 132 Cass. Civ. 1e 7.1.1982, Numéro JurisData: 1982-700380 ............................................... 227 Cass. Civ. 1e 5.5.1982, Numéro JurisData: 1982-701031 ............................................... 132 Cass. Com. 25.5.1982, Bull. civ. IV, n° 201 ................................................................... 228 Cass. Civ. 1e 20.12.1982, Numéro JurisData: 1982-702882 = D. 1983, 477 ................... 133 Cass. Civ. 1e 28.4.1987, JCP G 1987, II, 20893 ........................................................... 53 f. Cass. Civ. 1e 3.5.1988, Numéro JurisData: 1988-701184 = D. 1990, 61 ........................... 44 Cass. Civ. 3e 3.5.1989, Numéro JurisData: 1989-701383 = D. 1990, 117 ....................... 226 Cass. Com. 4.6.1991, Bull. civ. IV n° 204 = D. 1992, 200.............................................. 134 Cass. Civ. 1e 25.5.1992, JCP 1993, I, Doctr. 3655 (S. 105) .............................................. 54 Cass. Civ. 1e 6.1.1993, JCP G 9/1993, II Jur. 22007 ........................................................ 54 Cass. Civ. 1e 6.1.1994, JCP G 13/1994, II, 22237 ............................................................ 78 Cass. Civ. 1e 4.5.1994, Numéro JurisData: 1994-001117 = RTD Com. 1994, 768 .......... 198 Cass. Civ. 1e 24.1.1995, D. 1995, 327 ......................................................................... 54 f. Cass. Civ. 1e 10.7.2001, D. 2001, 2828 ........................................................................... 55 Cass. Civ. 3e 26.6.2002, RDI 2002, 423......................................................................245 f. Cass. Civ. 3e 26.2.2003, RDI 2003, 245......................................................................... 226 Cass. Civ. 1e 15.3.2005, D. 2005, 1948 ........................................................................... 55 Cass. Civ. 1e 12.7.2005, Numéro JurisData: 2005-029441 = D. 2005, 2179 ................... 229 Cass. Civ. 1e 27.9.2005, Numéro JurisData: 2005-029908 = D. 2005, 2670 ..................... 55 Cass. Civ. 3e 24.5.2006, RJDA 2007, n° 23 ................................................................... 198 Cass. Com. 3.2.2009, Numéro JurisData: 2009-046871 .................................................. 134 Cass. Civ. 1e 23.6.2011, D. 2011, 2245 ........................................................................... 55 Cass. Civ. 1e 11.12.2008, JCP E 12/2009, 1278 = CCC 3/2009, comm. 69 ...................... 55 Cass. Civ. 1e 20.5.2010, D. 2010, 1757 ................................................................. 227, 229 Cass. Civ. 1e 26.9.2012, Numéro JurisData: 2012-021468 = D. 2012, 2306 ................... 228 Cass. Civ. 1e 3.12.2013, CCC 3/2014, comm. 60 = LPA 2014, n° 90, p. 10 ..................... 55 Cass. Civ. 3e 25.6.2014, Bull. civ. III, n° 92 = JCP 2014, n° 1035 ................................. 132 Cass. Com. 3.3.2015, D. 2015, 1021 = RTD Com. 2015, 486 ................................... 80, 110
Andere Gerichte (Frankreich) Conseil constitutionnel 13.1.2011, JORF n° 11 p. 813, texte n° 123 ......................... 80, 110
Rechtsprechungsverzeichnis
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CA Paris 10.12.1902, Gaz. Pal. 1903, 1, 261 ...............................................................132 f. CA Paris 3.12.1976, JCP G 1977, II, n° 18579 ............................................................... 133 CA Metz 29.10.1980, Numéro JurisData: 1980-080189 ................................................. 198 CA Nancy 14.12.2011, n° 10/02664 ............................................................................... 117 CA Aix-en-Provence 16.5.2013, n° 12/05021 ................................................................ 198 CA Douai 23.9.2013, Numéro JurisData: 2013-025092 .......................................... 227, 229 TI Paris 4.10.1979, Gaz. Pal. 1980, Jur., 120 f. ................................................................ 53 T. com. Lille 6.1.2010, CCC 3/2010, comm. n° 71 ......................................................... 117
Sachregister acquis communautaire 19, 143 actio empti 23, 132 actio quanti minoris 23 actio redhibitoria 23 angemessene Frist 138, 242 ff., 262 Arbeitnehmer 49, 57 Ausschlussfrist 13, 241 ff., 262 Avant-projet Catala 31, 78 Avant-projet Viney 30 Beschaffenheitsgarantie 211, 215 Binnenmarkt 4, 18, 19, 43, 159, 191, 241 branchenfremde Nebengeschäfte 44 f., 50 Branchenüblichkeit 107 ff., 116, 118, 258 C2C 1, 12, 36, 83, 238 caveat emptor 23, 210, 219, 224, 237 cheapest cost avoider 66, 90 ff., 177, 235 cheapest insurer 66, 172, 175 codification à droit constant 29 commerçant 40, 57, 59 Commission des clauses abusives 76 contrat d’adhésion 77, 78, 81, 115 Digital Single Market Strategy (DSM) 18 dual use siehe Mischverträge Ein- und Ausbaukosten 5, 26, 128 ff., 169 ff., 195, 256, 260 emptio venditio 22, 28 Ersatzlieferung 5, 13, 24, 125 ff., 160 ff., 182 ff., 256, 259 f. EuGH 4 f., 8, 13, 17 ff., 27, 44 ff., 55, 58, 89, 128 ff., 161, 169, 176 ff., 183 ff., 241 Existenzgründer 45, 50 Fernabsatzrichtlinie (FA-RL) 16, 17, 29, 47
Generalklausel 71 ff., 79 ff., 104 ff., 124, 256 ff. geschichtliche Entwicklung 11 ff., 22 ff., 42, 46, 50, 71, 75, 81, 125, 130, 137, 196 ff., 210 ff., 224 ff., 242 ff. Gesetzgebungskompetenz 3 f., 8, 11 ff., 42 ff., 54, 137, 153, 228, 239 Gewinnerzielungsabsicht 13, 56, 59 Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts (PECL) 10, 12, 20, 71, 82, 104, 137 Haager Einheitliches Kaufgesetz (EKG) 3, 14 Handelsgeschäft 22, 38, 59, 225 f., 238 f. Handelspraxis 84, 86, 104 ff., 113, 118 f., 258 Haustürwiderrufsrichtlinie (HaustürWR-RL) 16 f., 29, 44, 47, 51 Individualvereinbarungen 77, 90, 97 ff., 109, 125, 180, 256 f. Indizwirkung 74, 80, 108, 119 ff., 256 ff. Informationsasymmetrie 14, 22 f., 42, 67 ff., 94, 210 Internationales Privatrecht 12, 32 ff. juristische Personen 13, 45, 48, 53 ff., 79 Kaufmann 38, 40, 46, 57 ff., 225 f., 238, 240 Kennenmüssen 213 ff., 223, 227, 246 ff. Kenntnis von der Mangelhaftigkeit 23, 211 ff., 235, 262 Klauselkontrolle 2, 13, 38, 54, 62, 71 ff., 256 ff. Konsumentengesetzbuch 10 Mängelkenntnis siehe Kenntnis von der Mangelhaftigkeit
Sachregister Mängelrüge 13, 210 ff., 253 ff., 262 Marktmacht 14 f., 65 ff., 87 ff., 101 f., 119 Mehrfachverwendungsabsicht 71 ff., 100 ff., 124, 265 f. Methodik 6 f., 9 Mindestharmonisierung 16 f., 81 Mischverträge 13, 45, 48, 202 Montage 13, 196 ff., 261 Montageanleitung 13, 195 ff., 260 Nachbesserung 13, 124 ff., 130 ff., 160 ff., 187, 194, 248 ff. Nacherfüllung 1, 6, 13, 26 ff., 125 ff., 233, 243 f., 249 ff. non-professionnel 29, 40, 44, 50 ff., 76, 79 Nutzungsersatz 5, 62, 125, 130 ff., 148, 183 ff., 256, 259 ökonomische Analyse 7, 9, 61 ff., 88 f., 94 ff., 151 ff., 164 f., 171 ff., 185, 207, 219, 235, 238, 249 f. Pareto-Effizienz 64, 68 Planungssicherheit 63, 170 f. Projet de la Chancellerie 31, 77 f. Quelle-Rechtsprechung 130 ff., 143, 183 ff., 193 rapport direct 54 Rechtssicherheit 108, 113 ff., 157, 165, 190, 209, 240, 242, 252, 258 Rechtswahl 4, 33, 36, 123, 132 ff., 197, 207 ff., 229 recomposition à droit constant, siehe codification à droit constant REFIT Initiative 18 Reform 22 f., 26, 31, 52, 57, 72, 77, 131, 157 Regress 63, 171, 177, 208 Reputation siehe Ruf Rücktritt 24, 126 ff., 179 f., 183, 189 f., 241 ff., 262 Ruf 63, 153, 159, 235 Rügepflicht siehe Mängelrüge
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Schnelligkeit des Handelsverkehrs 22, 106, 210, 238 f., 242, 255, 262 Schuldrechtsreform 5 f., 12, 25 ff., 31, 72, 76 ff., 123, 126 f., 196, 211, 225, 242 ff., 252 f. Selbstbestimmung 41 f., 61 soft law 10, 15 f., 19, 272 Summierungs- und Kompensationseffekte 113, 125, 258 Transaktionskosten 18, 64 f., 150 ff., 173 überschießende Umsetzung 5, 26, 197, 200 Unfairness 71 ff., 82 ff., 105 ff., 117 ff., 256 ff. Unternehmerbegriff 38, 40, 57 ff. Untersuchungspflicht 22, 224, 229 ff., 241 Verbotslisten 71, 82, 86, 119 ff., 256 ff. Verbraucherbegriff 26, 29, 40 ff., 77 Verbraucherkreditrichtlinie 17, 52 Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) 17, 26, 29, 43 ff., 57 f., 82 f., 129, 137, 164, 231 Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (VGKRL) 3 ff., 11 f., 16 ff., 25 ff., 39 f., 43, 51 f., 125 ff., 143, 164, 169, 171, 176, 195 ff., 208 ff., 225, 229 f., 240 ff. Verjährung 19, 24 ff., 31, 63, 176 f., 186, 191 ff., 206, 242 ff., 251 ff. Vertragsfreiheit 61, 64, 88, 98 ff., 257 Vorrang der Nacherfüllung 2 ff., 125 f., 134 ff., 144 ff., 166, 195, 230 ff., 251 ff. Wahlrecht 70, 125, 129, 135 ff., 161 ff., 195, 259 f. Weber/Putz-Rechtsprechung 128, 133 ff., 142 ff., 161, 176, 178 Wohlfahrt 64, 153 Zitronenmarkt 67, 69, 94