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German Pages 333 Year 2000
CHRISTIAN FRANK
Der Durchgriff im Schiedsvertrag
Schriften zum Internationalen Recht Band 119
Der Durchgriff im Schiedsvertrag Rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung des französischen und des US-amerikanischen Rechts
Von
Christian Frank
Duncker & Humblot· Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Frank, Christian: Der Durchgriff im Schiedsvertrag: rechtsvergleichende Studie unter Berücksichtigung des französischen und des US-amerikanischen Rechts I von Christi an Frank. - Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum Internationalen Recht; Bd. 119) Zugl.: München, Univ., Diss., 1999 ISBN 3-428-10042-5
Alle Rechte vorbehalten
© 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7646 ISBN 3-428-10042-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706
e
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1998/1999 als Inaugural-Dissertation bei der Juristischen Fakultät der Ludwig-MaximiliansUniversität München eingereicht. Nachfolgend veröffentlichte Entscheidungen und Literatur wurden bis zur Drucklegung noch vereinzelt berücksichtigt. Das Thema der Arbeit wurde angeregt von meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Schlosser. Hierfür sowie für seine Betreuung bei der Erstellung der Arbeit bin ich ihm zu Dank verpflichtet. Mein Dank gilt ebenfalls Herrn Prof. Dr. Bruno Rimmelspacher für die rasche Erstattung des Zweitberichtes und dem Institut für Internationales Recht der Ludwig-Maximilians-Universität München für die "Beherbergung" während der Erstellung der Arbeit. Für das mühevolle Korrekturlesen danke ich meinem Bruder Andreas und der Kanzlei Wessing für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses. Mein ganz besonderer Dank gilt meiner Frau Susanne für ihre Geduld und Bereitschaft zur Diskussion aller inhaltlichen Fragen sowie für ihren Zuspruch und ihre liebevolle Unterstützung in sämtlichen Phasen der Arbeit. Ich widme die Arbeit meinen Eltern. München, im Juli 2000
Christian Frank
Inhaltsverzeichnis Einleitung
21
A. Das Ausgangsproblem der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
21
B. Die Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen. . . .. . . . . .. .. . . . .. .. . ..
23
C. Rechtfertigung einer rechtsvergleichenden Untersuchung .. . . . . . . . . . . . . . ..
25
D. Die Behandlung der Fragestellung in der folgenden Darstellung. . . . . . . . . .. 26
Erster Teil Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
28
Erstes Kapitel Durchgriff in Deutschland
28
§ 1 Das Verständnis der juristischen Person. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
28
§ 2 Die Bestimmungen zur Gläubigersicherung außerhalb des Durchgriffs . . ..
31
§ 3 Die Unterscheidung von Zurechnungs- und Haftungsdurchgriff ... . . . . . .. 32 § 4 Der Haftungsdurchgriff ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 36 A. Die I. 11. B. Die I. II. III. IV.
Durchgriffstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Mißbrauchslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Normanwendungslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Unterkapitalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Vermögensvermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Sphärenvermischung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Institutsmißbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
36 36 37 38 38 40 40 41
§ 5 Das Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 41
A. Gesetzlich geregeltes Konzernrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Konzernrechtliche Grundbegriffe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. II. Die drei Erscheinungsformen des AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Der Vertragskonzern .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Der faktische Aktienkonzem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
41 42 43 43 43 44
Inhaltsverzeichnis
8
B. Das Richterkonzernrecht .. . .. .. .. . . .. . .. .. . .. . . . . .. . .. . . . . . . . . . .. I. Der einfache faktische GmbH-Konzern. . ... .. . . .. .. . . .. . .. .. .. 11. Der qualifizierte faktische GmbH-Konzern.. ... .. ... . .. . .. . .. .. C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
45 46 47 50
Zweites Kapitel Schiedsrecht in Deutschland § 1 Rechtsgrundlagen ..................................................
51 51
§ 2 Die Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
A.
B. C. D.
52 Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 52 Schiedsfähigkeit.. . .. . .. . .. .. .. .. . .. . .. .. .. . .. .. . .. . .. . .. . .. . .. .. 56 Wirkungen der Schiedsvereinbarung, insbesondere gegenüber Dritten.. 57 Autonomie der Schiedsvereinbarung und kollisionsrechtliche Behandlung ........................................................... 59
§ 3 Der Ablauf des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
61 A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 61 B. Schiedsrichterliche Entscheidung über die eigene Zuständigkeit? . . . . .. 62 C. Probleme mit mehreren Beteiligten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 64
§ 4 Der Schiedsspruch. .. . .. .. . .. .. . .. .. . .. .. .. . .. .. . .. . . . . . . .. . .. . . . . ..
66
§ 5 Gerichtliche Kontrolle der Schiedssprüche. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 66
A. Anerkennung und Vollstreckbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 66 B. Aufhebungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 67 Zweiter Teil
Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich
69
Erstes Kapitel Gesellschafts- und Konzernrecht in Frankreich
69
§ 1 Überblick über die Gesellschaftsformen.. .. .. .. .. . .. .. .. . .. . .. . . .. . ... 69 A. Die Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. B. Die Kapitalgesellschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Die societe a responsabiliti limitee. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Die sociite anonyme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ...
71 72 72 73
§ 2 Konzemrechtliche Bestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
75 78 79 80 81
A. Der Konzernbegriff im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. B. Die gesetzlichen Regelungen.. .. ... .. .. .. ... .. .. ... . . . .. . ... . .. .. I. Die Begriffe der filiale, participation und controle . . . . . . . . . . . . .. 11. Die gesetzlichen Folgen der Verflechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
Inhaltsverzeichnis
9
§ 3 Der Durchgriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
82
A. Die personne morale. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. B. Der Durchgriff im allgemeinen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Organhaftung der leitenden Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Mißbrauch der Gesellschaftsform. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Einzelmißbrauch der personne morale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. C. Konzernspezifische Durchgriffstatbestände .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Der Grundsatz der Einzelverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Die Ausnahmen des Durchgriffs. . . .. .. ... .. ... ... .. . .. . ... .... 1. Die Fälle der apparence . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... 2. Fassadengesellschaften ....................... ; . . . . . . . . . . .. 3. Vermögensvermischung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 4. Erhebliche Einmischung in die Geschäftsführung. . . . . . . . . . . ..
83 85 85 88 89 89 89 91 91 92 93 95
§ 4 Zwischenergebnis..................................................
96
Zweites Kapitel
Schiedsrecht in Frankreich § 1 Entwicklung und Rechtsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
96 96
A. Überblick über die Kodifikationen und die wichtigsten internationalen Verträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 98 B. Die Unterscheidung zwischen arbitrage interne und arbitrage international ................ ..... ..... ....... .................... ... .. 98 C. Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, insbesondere die IHK . . . . . . . . .. 100 § 2 Die Schiedsvereinbarung ............................................ 101 A. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen .......................... I. Die Unterscheidung zwischen clause compromissoire und compromis im Bereich der arbitrage interne .. ........................ 1. Besonderheiten der clause compromissoire . .................. 2. Der compromis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Besonderheiten der arbitrage international . .................... B. Schiedsfähigkeit. ................................................ C. Wirkungen der Schiedsvereinbarung gegenüber Dritten .............. D. Autonomie der Schiedsvereinbarung und kollisionsrechtliche Behandlung ...........................................................
101 101 102 102 103 104 104 107
§ 3 Der Ablauf des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 111
A. Die Konstituierung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. B. Schiedsrichterliche Entscheidung über die eigene Zuständigkeit? ...... C. Der Verfahrensablauf .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Allgemeines ................................................ 11. Probleme mit mehreren Parteien ..............................
111 112 113 113 113
10
Inhaltsverzeichnis
§ 4 Der Schiedsspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 116 A. Die Grundsätze der arbitrage interne . ............................. 116 B. Besonderheiten der arbitrage international. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 § 5 Gerichtliche Kontrolle von Schiedssprüchen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 117 A. Anerkennung und Vollstreckbarkeit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. B. Rechtsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Rechtsmittel im Bereich der arbitrage interne . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch ...................... 2. Rechtsmittel gegen die Vollstreckbarkeitserklärung ........... 11. Rechtsmittel im Bereich der arbitrage international. . . . . . . . . . . . .
117 118 118 118 120 120
Drittes Kapitel DurchgritTsfälle aus Frankreich
121
§ 1 Dritter beruft sich gegenüber ursprünglicher Partei auf Schiedsvereinbarung .............................................................. 122 A. Die Ausdehnung befürwortende Entscheidungen - Der Fall Societe Isover-Saint-Gobain c!Societes Dow Chemieal . ..................... I. Der Schiedsspruch der IHK Paris Nr. 4131/1982 ............... 11. Das Urteil der Cour d'appel Paris vom 21.10.1983 .............. B. Die Ausdehnung ablehnende Entscheidungen ....................... I. Der Schiedsspruch der IHK Paris Nr. 6519/1991 ............... 11. Die Schiedssprüche IHK Nr. 6673/1992 und 7155/1993 .........
123 123 125 126 126 127
§ 2 Ursprüngliche Partei beruft sich gegenüber Dritten auf Schiedsvereinbarung .............................................................. 128 A. Die Ausdehnung befürwortende Entscheidungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Der Fall Orri c!Elf Aquitaine . .. '" ........................... 1. Die Entscheidung des Schiedsgerichts der IHK Paris Nr. 5730/ 1988 .................................................... 2. Das Urteil der Cour d'appel Paris vom 11.01.1990 ........... 3. Das Urteil der Cour de cassation vom 11.06.1991 ........... . 11. Der Fall Societe Kis France et autres c!Societe Generale et autres . ..................................................... III. Sociere Sponsor A.B. c!Lestrade .............................. B. Die Ausdehnung ablehnende Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Der Fall Southern Pacific Prop. c!Republik Ägypten und EGOTH. 1. Die Entscheidung des Schiedsgerichts der IHK Nr. 3493/1983. 2. Das Urteil der Cour d'appel Paris vom 12.07.1984 ........... 11. IHK Schiedsspruch Nr. 2138/1974 ............................
129 129 130 131 133 133 136 137 137 138 140 142
Inhaltsverzeichnis
11
§ 3 Analyse der Enscheidungen aus Frankreich ............................ 142 A. Der Stil französischer Gerichtsentscheidungen ...................... B. Argumentationsanalyse der Entscheidungen ......................... I. Das angewandte Recht ....................................... 11. Fälle der Ausdehnung zugunsten von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 1. Die befürwortenden Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die ablehnenden Entscheidungen ........................... III. Ausdehnung zu Lasten eines Dritten ........................... 1. Die befürwortenden Entscheidungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2. Die ablehnenden Entscheidungen ........................... IV. Zwischenergebnis ...........................................
142 145 145 146 146 147 148 148 150 150
Dritter Teil
Durchgriff im Schiedsvertrag in den USA
155
Erstes Kapitel Gesellschafts- und Konzernrecht in den USA
155
§ 1 Überblick über Formen der Handelsgesellschaften ...................... 156 A. Die general partnership und die limited partnership . . . . . . . . . . . . . . .. . 156 B. Die public corporation und die dose corporation ................... 158 § 2 Das Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 160 A. Die Entity Theory und die Single Enterprise Theory . ................ B. Die Regelungen im Hinblick auf Konzernsachverhalte ............... I. Systematische Gruppierung ................................... 11. Der Begriff der control als Anknüpfungspunkt ..................
161 163 163 165
§ 3 Der Durchgriff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 167
A. Das dogmatische Verständnis der entity ............................ B. Die Durchgriffstheorien .......................................... I. Die Instrumentality-Lehre .................................... 11. Die Alter-Ego-Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. III. Die Dominion-Agency-Lehre .. ................................ 1. Exkurs: Agency im allgemeinen ............................ 2. Agency als Durchgriffslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. IV. Die Lehre von Sham or Shell Corporations. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die gerichtliche Praxis des Durchgriffs ............................ I. Voraussetzungen des Durchgriffs .............................. 1. Control/unity %wnership and interest . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Konzerninterne Abhängigkeit. ......................... b) Auftreten nach außen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..
168 171 172 173 174 174 176 178 179 180 180 181 183
12
Inhaltsverzeichnis c) Nichterfüllung von Forrn- und Verfahrensvorschriften .... d) Unterkapitalisierung .................................. 2. Das nicht zu billigende Ergebnis ... . .. .. .. . .. . .. .. . .. . .. . .. 11. Die Reichweite des Durchgriffs .. .. .. .. . .. .. .. . .. .. . .. . . .. . ...
183 184 185 189
§ 4 Zwischenergebnis.................................................. 189
Zweites Kapitel Schiedsrecht in den USA
190
§ 1 Entwicklung und Rechtsgrundlagen .. .. .. .. .. . .. . .. .. . .. . .. .. . .. . .. . .. 190
A. Das Schiedsrecht des Bundes ..................................... I. Überblick über die Kodifikationen und die wichtigsten internationalen Verträge .... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 11. Der Anwendungsbereich des FAA ............................. B. Einzelstaatliches Recht. . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. I. Kodifikationen im Hinblick auf inneramerikanische Sachverhalte . 11. Einzelstaatliche Gesetze zur internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. C. Die AAA und die heutige Bedeutung des Schiedsrechts . . . . . . . . . . . . ..
192 192 194 196 196 197 198
§ 2 Die Schiedsvereinbarung . . .. .. . .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. . .. .. . .. . .. . .. . .. 199
A. B. C. D.
Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Schiedsfähigkeit. ................................................ Wirkung der Schiedsvereinbarung gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . Autonomie der Schiedsvereinbarung und kollisionsrechtliche Behandlung ...........................................................
199 201 204 206
§ 3 Der Ablauf des Schiedsverfahrens .. .. .. .. . .. .. . .. .. .. .. .. .. . .. . . .. .. . 209
A. Frühzeitige Beteiligung der staatlichen Gerichte bei der Durchsetzung von Schiedsverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Schiedsgericht .............................................. C. Schiedsrichterliche Entscheidung über die eigene Kompetenz? ........ D. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ............................. I. Allgemeines ................................................ 11. Probleme bei mehreren Parteien. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .
209 212 212 215 215 217
§ 4 Der Schiedsspruch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 § 5 Gerichtliche Kontrolle von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223
A. Anerkennung und Vollstreckung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 B. Rechtsmittel................................................... . 224 § 6 Zwischenergebnis.................................................. 226
Inhaltsverzeichnis
13
Drittes Kapitel
Durchgriffsfalle aus den USA
227
§ 1 Nichtunterzeichner beruft sich gegenüber Unterzeichner auf die Schiedsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 A. Die Ausdehnung befürwortende Entscheidungen ................... . 228 I.
Sam Reis/eid & Son Import Co. v. S.A. ETECO. . . . . . . . . . . . . . .. . 228
11. Sunkist Soft Drinks, Inc. v. Sunkist Growers, Inc.. . . . . . . . . . . . . . . . 229 III. Map Tankers, Inc. v. Mobil Tankers, Ltd.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230
IV. Carribean etc. v. Sonmez Denizcilik Ve Ticaret . ................ 231 V. Interbras Cayman Co. v. Orient Victory SHPG. Co . ............. 232 B. Die Ausdehnung ablehnende Entscheidungen ....................... 233
I.
Continental U.K. Ltd. v. Anagel Confidence Compania .. . . . . . . . . 233
11. Keystone Shipping Co. et al. v. Texport Oil Co. ................ 234 III. McCarthy v. Azure .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 § 2 Unterzeichner beruft sich gegenüber Nichtunterzeichner auf die Schiedsvereinbarung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 A. Die Ausdehnung befürwortende Entscheidungen ................... . 238
I.
Chilean Nitrate Sales Corp. v. The Nortuna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238
11. Farkar Co. v. Hanson Disc, Ltd. and Hanson Co., Inc . .......... 239 III. Oriental Commercial Shipping Co. Ltd. et al. v. Rousseel, N. V. .. 241 B. Die Ausdehnung ablehnende Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244
I.
Fisser v. International Bank. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. . 244
11. Coastal States Trading, Inc. v. Zenith Navigation S.A. . . . . . . . . . . . 246 III. Wren Distributors, Inc. et al. v. Phone-Mate, Inc. .............. 248
IV. Thomson-CSF, S.A. v. American Arbitration Association .......... 249 § 3 Argumentationsanalyse der amerikanischen Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 252 A. Der Stil amerikanischer Entscheidungen ............................ 253
B. Die Argumentationstechnik in den dargestellten Entscheidungen . . . . . . 254 I.
Ausdehnung der Schiedsvereinbarung zugunsten eines Nichtunterzeichners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Die befürwortenden Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Die ablehnenden Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
11.
Ausdehnungen zu Lasten eines Nichtunterzeichners ............ . 256 1. Die befürwortenden Entscheidungen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 2. Die ablehnenden Entscheidungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
14
Inhaltsverzeichnis Vierter Teil
Rechtsvergleichung und Folgerungen für die Lage in Deutschland
261
Erstes Kapitel
Ausdehnung der Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter
262
§ I Ablehnung der meisten, die Ausdehnung annehmenden Begründungen aus den USA .......................................................... 262
A. Ablehnung der Ausdehnung wegen der Einheitlichkeit des zugrundeliegenden Sachverhaltes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 B. Ablehnung der Ausdehnung auf der Grundlage eines vom herrschenden Unternehmen zu seinen Gunsten selbst herbeigeführten "Durchgriffs" .......................................................... 264 C. Ablehnung der Ausdehnung auf der Grundlage des Institutes des undisclosed principal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 § 2 Ablehnung der französischen theorie de groupe de socieres . ............. 266
A. Fragwürdigkeit des dogmatischen Ansatzes und der Grundlage der angeblichen Regel der lex mercatoria . ............................. 266 B. Ablehnung der theorie de groupe de societes wegen fehlender innerer Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 §3
Lösungsmöglichkeiten im deutschen Recht .......................... . 273 A. B. C. D. E.
Stellvertretungsrecht/ Auslegung ................................... Gesetzliche Vertretung/Organschaft. ............................... Vereinbarungen zugunsten Dritter ...... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachträglicher stillschweigender Vertragsbeitritt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsscheinsgrundsätze und konzerntypische Abhängigkeitsverhältnisse ........................................................... F. Drittschadensliquidation, Abtretung und Prozeßstandschaftslösungen ...
274 275 277 279 281 281
Zweites Kapitel
Ausdehnung der Schiedsvereinbarung zu Lasten Dritter
283
§ I Übertragbarkeit eines Teils der amerikanischen Entscheidungen. . . . . . . . . . 283 A. Ablehnung der in Chilean Nitrate erfolgten Begründung des Durchgriffs .......................................................... 283
B. Ablehnung des Durchgriffs wegen Mißachtung der corporate formalities ............................................................ 284 C. Ablehnung der Ausdehnung auf der Grundlage des Instituts des undisclosed principal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 284 D. Weitgehende Übertragbarkeit der sonstigen Begründungen ............ 285
Inhaltsverzeichnis
15
§ 2 Ablehnung der theorie de groupe de societes wegen fehlender Präzision ihres Ansatzes, Übertragbarkeit der Lösungen über allgemeine Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286
§ 3 Lösungsmöglichkeiten im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Ablehnung des Modells von Holeweg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Lösungsmöglichkeiten durch bestehende Rechtsinstitute. . . . . . . . . . . . . . I. Lösungen bei einem Auftreten des Dritten im Außenverhältnis .... 1. Nachträglicher stillschweigender Vertragsbeitritt .............. 2. StellvertretungsrechtlAuslegung ............................ 3. Fälle des Rechtsscheins der Einheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Lösungen für Fälle, in welchen der Dritte im Hintergrund geblieben ist ..................................................... 1. Fälle von Vennögensvennischung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fälle der qualifiziert-materiellen Unterkapitalisierung ......... 3. Fälle im Bereich des gesetzlichen Konzernrechts bzw. der Grundsätze über den qualifiziert faktischen Konzern . . . . . . . . . .
289 289 291 291 291 291 292 293 293 297 302
Drittes Kapitel
Konsequenzen einer Ausdehnung für die Ernennung der Schiedsrichter
303
Endergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 A. Ablehnung der theorie de graupe de socihes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306
B. Ausdehnung des Schiedsvertrages zugunsten Dritter ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308
C. Ausdehnung des Schiedsvertrages zu Lasten Dritter ..................... 309 D. Konsequenzen einer Ausdehnung für die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311
Literaturverzeichnis
312
Stichwortverzeichnis
331
Abkürzungsverzeichnis A.2d
AAA AAA-Car a.a.O Abs. AcP affd AG Ala. AmJ.Comp.L. Am. L.Rev. Anh. Anm. App. Div. Art. AT BB Bd. BGH BGHZ BT-Drucks. Bull.ASA Bull.civ. Bull. Joly bzw.
cl
CA Ca!.CCP Ca!. L.Rev. Ca!. Rptr. Cass.civ. Cass.com Cass.req C.civ
Atlantic Reporter, Second Series American Arbitration Association American Arbitration Association - Commercial Arbitration Rules am angegebenen Ort Absatz Archiv für die civilistische Praxis affinned Aktiengesellschaft Alabama American Journal of Comparitive Law American Law Review Anhang Anmerkung Appelate Division Artikel Allgemeiner Teil Betriebsberater Band Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshof in Zivilsachen Bundestagsdrucksache Bulletin de l' Association Suisse de I' Arbitrage Bulletin des arrets de la Cour de cassation rendues en matiere civile Bulletin Joly beziehungsweise contre Cour d'appel California Code of Civil Procedure California Law Review California Reporter Cour de cassation, chambre civil Cour de cassation, chambre commercial Cour de cassation, chambre des requetes Code Civil
Abkürzungsverzeichnis C.com. cert. den. cert. dism. C.F.R.. eh. Cir. Conn. CoI. L.Rev. Corp. CPC Ct.
17
Code de Commerce certiorari denied certiorari dismissed Code of Federal Regulations chapter Circuit Court Connecticut Columbia Law Review Corporation Code de Procedure Civil Court D. Distriet OB Der Betrieb D.C. Distriet Court DeI. Delaware den. denied ders. derselbe dies. dieselbe I dieselben . Dalloz, Recueil Permanente D.P. Recueil Dalloz Sirey D.S. D.Rep.proc.civ. Dalloz Repertoire de procedure civile E.D.N.Y. Eastern Distriet New York EÜ Europäisches Übereinkommen EuZW Zeitschrift für Europäisches Zivil- und Wirtschaftsrecht FAA Federal Arbitration Act Fase. Fascicule Fn Fußnote FRCP Federal Rules of Civil Procedure Festschrift FS Federal Supplement, F.Supp. Sammlung der Entscheidungen der erstinstanzlichen Bundesgerichte Federal Reporter, Second Series, F.2d Sammlung der Entscheidungen der Court of Appeals des Bundes Federal Reporter, Third Series, F.3d Sammlung der Entscheidungen der Court of Appeals des Bundes Gazette du Palais Gaz.PaI. GmbH-Rundschau GmbHR Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen GWB Harvard International Law Journal Harv. Int.LJ. Harvard Law Review Harv. L.Rev. Handelsgesetzbuch HGB in Höhe von i.H.v. 2 Frank
18 Ill. ILM Int'l Lawyer IPR Iprax I.R. J HA JCP JCP ed. E
JDI JW Kan. Kap. KG KK KTS L.Ed.2d L.Q.Rev. L.Rev. LZ Mass. Md. MDR Me MGL Mich. L.Rev. MüKo m.w.N. NCPC N.D. NE NJW NJW-RR NYCPLR NYS 2d Obs. OLG P.2d RabelsZ
Abkürzungsverzeichnis Illinois International Legal Materiels International Lawyer Internationales Privatrecht Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts Informations rapides Jurisprudence Journal of International Arbitration Juris Classeur Periodique, La semaine juridique Juris Classeur Periodique, La semaine juridique, edition economique Journal du droit international Juristische Wochenschrift Kansas Kapitel Kammergericht Kölner Kommentar Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichts wesen Lawyer's Edition, second series Law Quaterly Review Law Review Leipziger Zeitschrift Massachusetts Maryland Monatszeitschrift für Deutsches Recht Maine Massachussetts General Laws Michigan Law Review Münchner Kommentar mit weiteren Nachweisen Noveau Code de Procedure Civil Northern District North Eastern Reporter Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport New York Civil Practice Law and Rules New York Supplement, Second Series Observations Oberlandesgericht Pacific Reporter, Second Series Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht
Abkürzungsverzeichnis Req.cours
19
Receuil des cours de l'academie de droit international de La Haye Revue de I'arbitrage Rev.arb. Rev.crit. DIP Revue critique de droit international prive Rev.int.dr.eco Revue de droit international economique Rev.soc. Revue des societes Reichsgericht RG Sammlung der Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RGZ RIW Recht der Internationalen Wirtschaft RJDA Revue de Jurisprudence de Droit des Affaires RMBCA Revised Modell Business Corporation Act RTC civ. Revue Trimestrielle de Droit Civil RTC com. Revue Trimestrielle de Droit Commercial RULPA Revised Uniform Limited Partnership Act RUPA Revised Uniform Partnership Act RuPSG Recht und Praxis der Schiedsgerichtsbarkeit, halbjährliche Beilage im Betriebsberater Rz Randziffer S.A. Societe Anonyme Societe a Responsabilite Limitee S.A.R.L. S.Ct. Supreme Court Reporter S.D.N.Y. Southern District New York SNC Societe en Nom Collectif str. streitig S.w.2d South Western Reporter, Second Series Tex. Texas TGI Tribunal de grande instance UAA Uniform Arbirtation Act U.Chi. L.Rev. The University of Chicago Law Review UCLA University of California Los Angeles ULA Uniform Laws Annotated ULPA Uniform Limited Partnership Act UNCITRAL-MG Uni ted Nations Comission on International Trade Law Modellgesetz UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung UNÜ ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1 Uniform Partnership Act UPA allein: United States; in Kombination mit voran- und nachgehenU.S. den Zahlen: Uni ted States Reports United States Code USC v. versus vgl. vergleiche WM Wertpapiermiueilungen 2'
20 YCA ZGR ZIP ZPO ZRP ZSR ZVglRWiss
ZZP ZZP Int
Abkürzungsverzeichnis Yearbook of Commercial Arbitration Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zi vilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik Zeitschrift für schweizerisches Recht Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für den Zivilprozeß Zeitschrift für den Zivilprozeß International
Einleitung A. Das Ausgangsproblem der Untersuchung Mit der Zunahme des Handels vor allem im internationalen Bereich ist auch die Bedeutung der Schiedsgerichtsbarkeit als Mittel zur Beilegung von Differenzen in den vergangenen Jahrzehnten gestiegen. Die Möglichkeit, Spezialisten aus den jeweiligen Fachbranchen als Schiedsrichter zu berufen, die Flexibilität in der Verfahrensgestaltung, die fehlende oder geringere Verankerung in einer bestimmten nationalen Rechtsordnung, der schnellere Abschluß des Verfahrens - diese und andere Unterschiede im Vergleich zu Verfahren vor staatlichen Gerichten lassen die Schiedsgerichtsbarkeit gerade für den internationalen Handel attraktiv erscheinen. Angesichts dieser wachsenden Bedeutung für die Streitbeilegung im Bereich des internationalen Handels wurde in Deutschland jüngst das Schiedsrechts reformiert, um dieses modemen Bedürfnissen anzupassen. Die § § 1025 ff. ZPO waren bis auf kleine kosmetische Korrekturen bislang noch im Zustand ihrer ersten Fassung beim Inkrafttreten der ZPO im Jahre 1877. Die jetzige Reform des Gesetzgebers belegt auch eine Veränderung seiner Haltung zur Schiedsgerichtsbarkeit: Die Auffassung, Schiedsgerichte seien "geduldete" Konkurrenz zu staatlichen Gerichten, scheint mehr und mehr zu verschwinden. In Zeiten knapper staatlicher Mittel kann die Schiedsgerichtsbarkeit ein Teil der Aufgaben der staatlichen Gerichte übernehmen, was zum gewünschten Effekt der Entlastung der Justiz führen kann. Seine Tauglichkeit beweisen und Bedeutung ausbauen wird das Schiedsrecht allerdings nur dann, wenn hiermit auch "schwierige" Fälle zu meistem sind: Die vorliegende Arbeit wird sich mit einer der umstrittensten Rechtsfragen beschäftigen, der des Durchgriffs bei juristischen Personen. Bereits kurz nach der Einführung des Modells der juristischen Person sind in allen Rechtsordnungen immer wieder Fallkonstellationen aufgetaucht, in welchen die Frage aufgeworfen wurde, ob das Trennungsprinzip auch in der jeweiligen konkreten Situation aufrecht erhalten werden müsse bzw. könne, oder ob nicht ein Durchgriff auf die "wahren" Beteiligten gerechtfertigt oder gar notwendig sei. Die Bedeutung des Modells der juristischen Person liegt in erster Linie darin, ein rechtlich eigenständiges Sondervermögen bilden und die Haftung
22
Einleitung
auf dieses beschränken zu können. 1 Beide Merkmale haben dazu beigetragen. daß im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs in den westlichen Industrienationen seit dem Ende des zweiten Weltkrieges eine erhebliche Verflechtung von Unternehmen stattgefunden hat. Unter den Gesichtspunkten des Risikomanagements und der Steuerersparnis sind einheitliche Unternehmungen in verschiedene rechtlich selbständige Gesellschaften aufgeteilt worden. Durch mehrstufige Gesellschaften werden vor allem Haftungsebenen und damit auch Haftungsbeschränkungen vervielfacht. was zur Erhaltung und Sicherung des eingesetzten Kapitals dient. 2 Wie schon bei einstufigen Gesellschaften werden diese Risiken nur mit Blick auf die jeweilige Gesellschaft "beschränkt". Bei genauerer Betrachtung werden sie tatsächlich im gesetzlich zugelassenen Rahmen auf die Gläubiger dieser Gesellschaft verlagert. Insbesondere wenn diesen wegen unzureichender Mittel der Gesellschaft droht. ihre Ansprüche ganz oder teilweise nicht befriedigen zu können. werden sie versuchen. noch eine Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des oder der Gesellschafter(s) zu erhalten. auch wenn dies zunächst nicht vereinbart war. Wurde mit dem eigentlichen Vertrags partner eine Schiedsvereinbarung geschlossen. werden die Gläubiger in derartigen Fällen unter Umständen versuchen. den oder die jeweiligen Gesellschafter bereits in das Schiedsverfahren miteinzubeziehen. um nicht ein zweites Verfahren führen zu müssen. Da der Schiedsvertrag im Regelfall allerdings allein für eine bestimmte Gesellschaft unterzeichnet worden ist. stellt sich die Frage der Ausdehnbarkeit der hieraus entstehenden Pflichten auf den oder die Gesellschafter oder sonstige verbundene Einheiten. Wohl wissend um die möglichen Konsequenzen aus der Teilnahme an diesem Schiedsverfahren wird sich jeder Nichtunterzeichner dem widersetzen und sich insbesondere darauf berufen. schon nicht Partei des Schiedsvertrages zu sein. Ob Nichtunterzeichner hierzu in bestimmten Fällen dennoch gezwungen werden können. ist eine Frage des Durchgriffs im Schiedsvertrag. Diese I Im Verlauf der Arbeit wird sich zeigen. daß die Verbindung dieser bei den Merkmale in den untersuchten Rechtsordnungen nicht zwangsläufig zu den dortigen. der juristischen Person entsprechenden Instituten gehört. Das Merkmal der Haftungsbeschränkung ist gerade für wirtschaftliche Betätigungen von Bedeutung. Dort stehen hierzu verschiedene Modelle von Gesellschaften zur Verfügung. die mit einer juristischen Person ausgestattet sind. Der praktischen Bedeutung entsprechend wird sich die Darstellung daher auf die Probleme bei derartigen Gesellschaften konzentrieren. auch wenn die gleichen Fragen ebenso bei anderen juristischen Personen auftauchen können. 2 Die Eigenständigkeit verschiedener Gesellschaften eröffnet zudem den Spielraum für zahllose Gestaltungsmöglichkeiten im steuerlichen Bereich. die der Steuervermeidung dienen. Darüber hinaus bietet die Errichtung breit angelegter horizontaler Konzerne Schutz vor konjunkturellen Schwankungen in Einzelbranchen.
Einleitung
23
Frage ist gerade im internationalen Handel von großer Bedeutung, da Schiedsverfahren dort als das sachgerechtere Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten betrachtet werden: Die anfangs erwähnten Vorteile der Möglichkeit, Experten aus den jeweiligen Fachbranchen als Schiedsrichter zu berufen, ein national "neutrales" oder ausgewogen gemischtes Schiedsgericht zusammenzustellen und zu einem schnellen Verfahrensabschluß zu gelangen, hat die Schiedsgerichtsbarkeit im internationalen Handel der Streitbeilegung vor nationalen Gerichten den Rang abgelaufen. Die Verweisung darauf, Gesellschafter in derartigen Fällen vor deren jeweiligem nationalen Heimatgericht verklagen zu können, stellt damit häufig keine gleichwertige Alternative dar. Der Wunsch nach einer Ausdehnung des Schiedsvertrages kann allerdings auch von der anderen "Seite" her entstehen: Gerade wenn ein unter wirtschaftlicher Betrachtung einheitliches Unternehmen rechtlich in einen mehrgliedrigen Konzern eigenständiger Gesellschaften aufgegliedert worden ist, werden von den Verträgen, die eine dieser Gesellschaften mit Dritten abschließt, häufig auch andere Schwestergesellschaften oder das Mutterunternehmen berührt. Insbesondere wenn sie etwa mit den Erfüllungsleistungen eines Dritten in Kontakt kommen, können sie beispielsweise Schäden dadurch erleiden, daß dieser seine vertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllt. War im zugrundeliegenden Vertrag eine Schiedsklausel enthalten, haben diese Konzerngesellschaften dann ein Interesse daran, an diesem Schiedsverfahren teilnehmen zu können. Dem wird sich der Dritte regelmäßig mit dem Argument widersetzen, daß diese weiteren Konzerngesellschaften nicht Partei der Schiedsvereinbarung seien, er ein solches folglich nur mit seinem unmittelbaren Vertragspartner durchführen müsse. Auch hier stellt sich die Frage, ob es Situationen gibt, in welchen eine derartige Ausdehnung gerechtfertigt ist. B. Die Komplexität der aufgeworfenen Rechtsfragen
Die rechtliche Erfassung dieser Grundkonstellationen ist auf verschiedenen Ebenen des Schiedsvertrages möglich, die bei der Erarbeitung von Lösungen zu beachten sind: - Ausgangspunkt ist hier zunächst die rein vertragliche Seite. Als konsensual begründete Quelle von Rechten und Pflichten gilt auch für den Schiedsvertrag der Grundsatz der Relativität der Vertragsbeziehung. Dieser wird durchbrochen, wenn Dritte an einen Schiedsvertrag gebunden werden oder hieraus Rechte ableiten können, ohne daß sie diesen selber unterzeichnet haben. Bevor man sich allerdings der Frage des Durchgriffs widmet, sind zunächst die Parteien des Schiedsvertrages genau zu bestimmen. Hierdurch eröffnen sich bereits Möglichkeiten, beispielsweise über
24
Einleitung das Stellvertretungsrecht oder das Institut des Vertrages zugunsten Dritter, nur venneintlich Dritte in die Rechte und Pflichten des Vertrages einzubeziehen.
- Da die meisten Rechtsordnungen Schiedsverträge unter einen Fonnvorbehalt stellen, ist von Bedeutung, welcher Rolle der geforderten Fonn bei den jeweiligen Lösungen zukommt. Neben anderen Zwecken kann ein Fonnvorbehalt insbesondere auch dazu dienen, die subjektive Reichweite eines Vertrages klar festzuhalten. - War eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit am Schiedsvertrag beteiligt, muß das Konzept und die Reichweite des Verständnisses der Rechtspersönlichkeit nach dem jeweiligen nationalen Recht berücksichtigt werden. Bevor man zur ..Brechstange" des Durchgriffs greift, ist zu untersuchen, ob die jeweils anwendbare Rechtsordnung Sonderregeln etwa für eine persönliche Verantwortlichkeit der für die Gesellschaft handelnden Personen enthält oder etwa, wie das deutsche Recht im AktG, Vorschriften für die Folgen der Beherrschung einer anderen Gesellschaft. - Die Frage des anwendbaren Rechts kann von Bedeutung sein: Neben dem Problem des ..richtigen" Durchgriffsstatuts ist durch einige Entscheidungen gerade aus dem Bereich des internationalen Schiedsrechts die Notwendigkeit einer kollisionsrechtlichen Vorprüfung und die Anwendbarkeit eines supranationalen, ungeschriebenen Handelsrechts in die Diskussion geraten. - Weiterhin bietet auch die verfahrensrechtliche Seite selbst Stoff für die Bewältigung der Durchgriffsproblematik. Es geht hierbei zunächst um die Frage, ob Institute des Prozeßrechts, die zur Beteiligung Dritter an Verfahren vor staatlichen Gerichten dienen, unter Umständen auch im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit anwendbar sind. 3 Finden dagegen anfangs getrennte Verfahren statt, wird in jüngster Zeit vor allem vor dem Hintergrund der amerikanischen Praxis die Verbindbarkeit der Verfahren diskutiert. - Läßt man den Durchgriff zu, ergeben sich schließlich Folgeprobleme im Hinblick auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts. Wenn etwa die bisherigen Beteiligten nach der Schiedsvereinbarung jeweils einen ..eigenen" Schiedsrichter benennen durften, und der hinzukommende Dritte nicht eine vorhandene Partei ersetzen, sondern zusätzlich am Verfahren teilnehmen soll, stellt sich die Frage, ob auch ihm das Recht auf einen ..eigenen" Schiedsrichter zustehen muß.
3 Aus deutscher Sicht ist hierbei in erster Linie an die Möglichkeit der Nebenintervention und der Streitverkündung zu denken.
Einleitung
c.
25
Rechtfertigung einer rechtsvergleichenden Untersuchung
Aus dem Vorstehenden wird deutlich, daß die Anzahl der durch einen Durchgriff im Schiedsvertrag aufgeworfenen Probleme erheblich ist und den Umfang einer Arbeit der vorliegenden Art zu sprengen droht. Aufgrund der bislang geringeren Bedeutung Deutschlands in der Praxis der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit sind derartige Probleme hier bislang selten aufgetaucht und haben folglich auch wissenschaftlich relativ wenig Beachtung gefunden. Infolgedessen ergibt sich das Bedürfnis nach einer rechtsvergleichenden Untersuchung. Um hieraus sinnvoll Erkenntnisse für das deutsche Recht gewinnen zu können, muß neben dem jeweiligen Schiedsrecht jedoch auch das reine Vertragsrecht, das Gesellschafts- und Konzernrecht sowie das entsprechende Konzept der juristischen Person berücksichtigt werden, da nur aus der Gesamtschau dieser Rechtsgebiete der Sinn der jeweiligen Lösung verständlich wird. Da mit der Zahl der untersuchten Rechtsordnungen auch der Aussagewert einer solchen Untersuchung steigt, wurden der Arbeit zwei der wichtigsten Rechtsordnungen für das Schiedsrecht zugrunde gelegt: Frankreich spielt insbesondere durch den Sitz des Schiedsgerichtshofes der internationalen Handelskammer in Paris im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit und die hieraus folgende wissenschaftliche Beschäftigung mit dessen reichhaltiger Praxis eine wichtige Rolle bei der Entwicklung des internationalen Schiedsrechts. Die USA wurden vor allem auch wegen der großen Bedeutung, die das Schiedsrecht dort als Mittel der Streitbeilegung hat, gewählt. Allein die große Anzahl der dort zu diesem Thema bereits ergangenen Entscheidungen macht ihre Berücksichtigung im Rahmen einer derartigen Arbeit unverzichtbar. Die Untersuchung zweier fremder Rechtsordnungen im Rahmen einer derart komplexen Fragestellung hat allerdings fast zwangsläufig zur Folge, daß eine Reihe von Problemen, die im Laufe der Darstellung am Rande auftauchen werden, nicht zufriedenstellend dargestellt oder gar gelöst werden kann. So bietet etwa die Frage nach der kollisionsrechtlichen Erfassung des Durchgriffsstatuts in rechtsvergleichender Hinsicht sicher ausreichend Stoff für eigene Arbeiten. Ziel der Untersuchung war, Lösungen für den Durchgriff im Schiedsvertrag zu erarbeiten. Die vielen Kompromisse, die hierbei eingegangen werden mußten, sollen vor allem der Erhaltung der Übersichtlichkeit dienen.
26
Einleitung
D. Die Behandlung der Fragestellung in der folgenden Darstellung Zur Erfassung der Probleme und Erarbeitung von Lösungen soll im folgenden von zwei Grundkonstellationen ausgegangen werden: 4 - In der ersten Fallgruppe beruft sich ein Rechtssubjekt auf einen Schiedsvertrag, ohne diesen selbst unterzeichnet zu haben. Die Berufung erfolgt gegenüber einer Partei dieses Schiedsvertrages, unabhängig von der jeweiligen prozessualen Situation. 5 Das Motiv hierbei ist der Wunsch der hinter einer juristischen Person stehenden Subjekte, in den Genuß eines Rechts zu gelangen, welches formal nur der juristischen Person selbst zugeordnet ist. - In der zweiten Fallgruppe versucht dagegen ein Unterzeichner des Schiedsvertrages dessen Geltung auf einen Nichtunterzeichner auszudehnen, etwa weil er in ihm die "wahre" Partei dieser Vereinbarung sieht. Auch hier können verschiedene verfahrensrechtliche Kläger/BeklagtenSituationen vorliegen, ohne daß dies eine Lösung vorgibt. Es ist leicht vorstellbar, daß für beide Konstellationen unterschiedliche Erwägungen den Ausschlag für die jeweiligen Lösungen geben können. Sowohl in Frankreich als auch in den USA liegen hierzu eine Reihe von Entscheidungen von Schiedsgerichten und staatlichen Gerichten vor. Die dort gefundenen Lösungen, vor allem aber ihre Begründungen sollen den Kern der rechtsvergleichenden Untersuchung bilden. Um Inhalt und Tragweite dieser Entscheidungen beurteilen zu können, ist es - wie oben bereits angedeutet - jedoch erforderlich, sie in den jeweiligen gesellschafts- und schiedsrechtlichen Zusammenhang einzuordnen. Bevor nun die jeweiligen Entscheidungen zum Thema der Arbeit dargestellt und analysiert werden, soll ein Überblick über das jeweilige Gesellschafts- und Konzernrecht sowie das Schiedsrecht dieser Länder geboten werden, der sich am Zweck der dann folgenden Falldarstellungen orientiert. Infolgedessen kann er zum einen nicht umfassend sein, zum anderen wird sich die Notwendigkeit der Darstellung bestimmter Punkte erst aus den späteren Fällen ergeben. In einem Teil dieser Fälle tauchen völkerrechtliche Probleme durch die Beteiligung von Staaten auf, die im Rahmen dieser Arbeit ebenso in den Hintergrund treten müssen, wie eine umfassende Bearbeitung aller auftauVgl. auch die Systematisierung bei Blessing, Bull. ASA 1994, S. 151 ff. Der Nichtunterzeichner kann unter Berufung auf den Schiedsvertrag versuchen, ein Schiedsverfahren gegen einen Unterzeichner einzuleiten oder an einem entsprechenden Verfahren auf Schiedsklägerseite teilzunehmen. Vor einem staatlichen Gericht kann er sich dagegen in der Beklagtensituation wiederfinden und die Einrede der Schiedsvereinbarung gegenüber der Klage des Unterzeichners erheben. Weitere verfahrensrechtliche Konstellationen können sich aus den Besonderheiten der jeweiligen Schiedsrechte ergeben. 4
S
Einleitung
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chenden kollisionsrechtlichen Probleme. Hierzu muß auf weitere Untersuchungen verwiesen werden. Im ersten Teil der Arbeit soll zunächst die Ausgangslage im Gesellschafts- und Konzernrecht sowie im Schiedsrecht in Deutschland dargestellt werden. In den anschließenden Teilen werden jeweils nach einem Überblick über das Gesellschafts- und Schiedsrecht in Frankreich und den USA die in diesen Ländern erarbeiteten Lösungen für eine Ausdehnung des Schiedsvertrages in den beiden oben beschriebenen Grundkonstellationen wertungsfrei analysiert. Sodann soll im vierten Teil in einer rechtsvergleichenden Betrachtung und Bewertung untersucht werden, ob die Lösungsmodelle der dargestellten Rechtsordnungen in das deutsche Recht übertragen werden können bzw. wie derartige Fälle im deutschen Recht gelöst werden können.
Erster Teil
Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland Im ersten Teil der Arbeit soll nun die rechtliche Ausgangssituation in Deutschland aufgezeigt werden, um vor den Darstellungen zu Frankreich und den USA die eigene Rechtslage zu dem konkreten Problemkreis der Arbeit in Erinnerung zu rufen. Wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, existieren in Deutschland - soweit ersichtlich - kaum Entscheidungen zur Frage des Durchgriffs im Schiedsvertrag. Insofern sollen im folgenden nur die Voraussetzungen des Gesellschafts- und Konzernrechts einerseits und des Schiedsrechts andererseits skizziert werden, um am Ende der Arbeit zu untersuchen, inwiefern sich aus den Entscheidungen aus Frankreich und den USA Lösungsmodelle für das deutsche Recht ableiten lassen. Da die einschlägigen Bestimmungen des deutschen Gesellschaftsrechts als bekannt vorausgesetzt werden können, soll im folgenden in erster Linie die Behandlung der Durchgriffsproblematik allgemein und im Zusammenhang mit den Konzernlagen skizziert werden (Kapitel I), bevor die für das Thema der Arbeit notwendigen Bereiche des Schiedsrechts unter Berücksichtigung der jüngsten Änderung der ZPO aufgezeigt werden (Kapitel 2):
Erstes Kapitel
Durchgriff in Deutschland § 1 Das Verständnis der juristischen Person Der Begriff und das Wesen der juristischen Person sind auch in Deutschland seit mehr als 100 Jahren umstritten, die in Frankreich und den USA geführten Diskussionen gehen zum Teil auf den hiesigen Streit zurück. I Der Fiktionstheorie v. Savignyi steht der germanistische Ansatz der Theorie der realen Verbandspersönlichkeit gegenüber, welche vor allem auf v. Gierkes 3 Arbeiten zurückgeht. 4 I
2 3
Vgl. unten, Teil 2 Kap. 1 § 3 A; Teil 3 Kap. 1 § 3 A. v. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd 11, S. 236f. v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 47lff.
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
29
Nach heute herrschender Vorstellung ist die juristische Person eine zweckgebundene Organisation, welcher die Rechtsordnung die Rechtsfähigkeit verliehen hat. 5 Diese Rechtsfähigkeit gleicht zwar nicht jener der natürlichen Personen, ist allerdings auch nicht ausdrücklich auf die Verrnögensfahigkeit begrenzt,6 sondern grundsätzlich unbeschränkt. 7 Das BGB kennt insbesondere keine Koppelung der Rechtsfähigkeit der juristischen Person an einen Gesellschaftszweck vergleichbar der ultra vires-Lehre aus den USA oder dem Spezialitätsprinzip des französischen Rechts. 8 Die wichtigsten Funktionen der juristischen Person bestehen in der technischen Verselbständigung eines Sonderverrnögens und in der Haftungsbeschränkung. 9 Vereinfachend dargestellt unterscheidet sich der den Personenhandelsgesellschaften des HGB zuerkannte Status von der juristischen Person in erster Linie dadurch, daß diesen das Merkmal der Haftungsbeschränkung fehlt, während sie eine vergleichbare Verselbständigung des Sonderverrnögens zuerkannt bekommen. 10 Da die juristische Person eine vom Gesetzgeber gewollte Möglichkeit der wirtschaftlichen Betätigung ist, kann über ihre Eigenständigkeit nach über4 Wegen weiterer Nachweise zum insbesondere im vergangenen Jahrhundert geführten Theorienstreit wird auf die Literatur verwiesen, da er letztlich keine Auswirkungen auf die Untersuchung hat, vgl. zuletzt die Zusammenstellung bei Schmidt, S. 193. 5 BGHZ 25,134 (144); MüKolReuter, BGB, vor § 21, Rz 2 m.w.N. So erlangen etwa eingetragene Vereine, Genossenschaften, Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereins-, Genossenschaftsbzw. Handelsregister, §§ 21 BGB, 13 GenG, 41 AktG, 11 GmbHG. Für die Entstehung der juristischen Person dieser Körperschaften sieht das deutsche Recht damit ein Registrierungsverfahren vor, vgl. Schmidt, S. 199-203. 6 Diese Beschränkung war im ersten Entwurf zum BGB zwar vorgesehen, wurde aber ausdrücklich nicht ins Gesetz übernommen, vgl. insoweit MüKolReuter, BGB, vor § 21 Rz 14 m.w.N. 7 Soergel/Hadding, BGB, vor § 21, Rz 22; EnnecceruslNipperdey, § 105 I. 8 Vgl. zur Lage in den USA Teil 3 Kap. 1 § 3 A und zur Lage in Frankreich Teil 2 Kap. 1 § 3 A. 9 So wörtlich Wieacker, FS Huber, S. 339, 358 f.; Wiedemann, S. 196f. Durch die Haftungsbeschränkung als Wesensmerkmal der juristischen Person unterscheidet sich das deutsche Konzept von dem des französischen Rechts insoweit, als daß der Status einer personne morale auch Gesellschaften ohne Haftungsbeschränkung wie der societe civile oder der societe en nom collectif zuerkannt wird, vgl. Teil 2 Kap. I § 3 A. Entsprechendes gilt für das amerikanische entity-Konzept des RUPA 1994 im Bezug auf partnerships, vgl. Teil 3 Kap. I § I A. JO Vgl. §§ 124 Abs. I und 161 Abs. 2 HGB für OHG und KG; entsprechendes gilt für die Partnerschaftsgesellschaft, § 7 Abs. 2 PartGG, und die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, § I EWIV-AusführungsG; vgl. Schmidt, S. 190, 209; MüKolReuter, BGB, vor § 21 Rz 12. Infolgedessen stellen sich in diesem Punkt auch identische Probleme bei der Zurechnung, hierzu sogleich.
30
1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
einstimmender Auffassung "nicht leichtfertig und schrankenlos hinweggegangen" werden, der Durchgriff kann immer nur das letzte Mittel sein, um untragbare Ergebnisse zu korrigieren. 11 Es ist zwar unbestritten, daß es Fälle gibt, in denen eine Mißachtung der Eigenständigkeit der juristischen Person aus Erwägungen materieller Gerechtigkeit notwendig ist, Uneinigkeit besteht aber darüber, in welchen Konstellationen und vor allem auf welcher dogmatischen Grundlage dies erfolgen kann. Schwierigkeiten haben sich in der Praxis schon relativ schnell nach Einführung des Modells der juristischen Person gezeigt. Hierbei hat sich rasch erwiesen, daß Gesellschaften mit mehreren Gesellschaftern weniger anfällig für derartige Konstellationen sind. Hauptgrund hierfür dürfte wohl sein, daß die Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft regelmäßig unterschiedliche Interessen verfolgen. Innergesellschaftlich scheitert dann etwa eine Politik des gezielten Mißerfolges zugunsten der außergesellschaftlichen Einzelinteressen eines Gesellschafters zumeist schon am Desinteresse der übrigen Gesellschafter. Da eine Interessenvielfalt in Einmanngesellschaften und bei beherrschten Gesellschaften fehlt, sind diese anHHliger für derartige Durchgriffskonstellationen. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den aus Unternehmensverbindungen entstehenden Problemen hat in Deutschland etwa zur gleichen Zeit wie in den zu untersuchenden Ländern eingesetzt. Insbesondere in den zwanziger und zu Beginn der dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts wurden die Grundlagen des modemen Konzernrechts in Deutschland geschaffen. 12 Anfang der zwanziger Jahre ergingen die ersten Entscheidungen des Reichsgerichts zu Einmanngesellschaften, in welchen die dortigen Probleme dadurch gelöst wurden, daß die ,juristische Konstruktion" der selbständigen Rechtspersönlichkeit "hintangesetzt" wurde, wenn "die Wirklichkeit des Lebens, die wirtschaftlichen Bedürfnisse und die Macht der Tatsachen" es nach Treu und Glauben geboten, die Gesellschaft mit dem Gesellschafter zu identifizierenY Im Gegensatz sowohl zu den zu untersuchenden Ländern als auch zu den meisten anderen Rechtsordnungen ist der deutsche Gesetzgeber in einem BGHZ 20, 4, (11); 61, 380; 78, 318 (333). Grundlegend waren die Arbeiten von lsay, Das Recht am Unternehmen (1910) und von Kronstein, Die abhängige juristische Person (1931); vgl. die Darstellung der historischen Entwicklung etwa bei Rehbinder, S. 85 ff., oder bei Emmerich/Sonnenschein, S. 4-10. 13 Etwa RGZ 99, 232 (234); 103, 64 (66); 104, 128 (130). Aus rechtsvergleichender Sicht fällt auf, daß die zum Teil verwendeten Formulierungen wie "Sache über Form" oder "Natur der Sache" sich mit den Formulierungen amerikanischer Gerichte aus derselben Zeit decken, disregarding the corporate fiction oder looking at the substance rather than at the form, vgl. hierzu unten, Teil 3 Kap. 1 § 3 und die Nachweise bei Ballantine, On Corporations, § 122. 1l
12
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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Teilbereich dieser Problematik durch Regelungen im Aktiengesetz von 1965 tätig geworden und hat die Folgen der nachteiligen Beherrschung einer AG damit zum Teil gesetzlich geregelt. Eine entsprechende Regelung ist im Bereich des GmbH-Rechts allerdings unterblieben, so daß hier wie für alle anderen Fragen des Haftungsdurchgriffs die Gerichte die entsprechenden Maßstäbe entwickelt haben. Die Durchgriffsproblematik ist komplex, sie gehört zu den "schwierigsten und umstrittensten Problemkreisen des Gesellschaftsrechts".14 Die wissenschaftliche Diskussion um die gesetzlich ungeregelten Fälle dreht sich seit ihrem Beginn vor allem um die Frage der "richtigen" dogmatischen Grundlage bzw. darüber, ob die entsprechenden Fälle nicht schon durch bestehende Institute des Zivilrechts zu lösen seien. Dazu kamen Ansätze für eine Systematisierung durch Einteilung in Fallgruppen nach den verschiedenen inhaltlichen Begründungen sowie danach, ob der Durchgriff in erster Linie Tatbestandsvoraussetzungen oder Rechtsfolgen betrifft. Die Anzahl der sich mit diesen Problemen beschäftigenden Arbeiten und Meinungen ist derart groß, daß eine umfassende Darstellung an dieser Stelle nicht erfolgen kann. Es soll allein für die Zwecke der Arbeit ein Überblick gegeben werden, um die konkrete Fragestellung bearbeiten zu können.
§ 2 Die Bestimmungen zur Gläubigersicherung außerhalb des Durchgriffs In verschiedenen Bereichen hat der Gesetzgeber insbesondere im Zusammenhang mit Insolvenzproblemen Regelungen zum Schutz der Gläubiger getroffen, die man bei juristischen Personen anderenfalls über Durchgriffsinstitute hätte lösen können und müssen. Beispiel hierfür sind etwa die Anfechtungsmöglichkeiten aus §§ 130-136 InsO und § 3 Abs. 1 AnfG oder die Regelungen zur Behandlung von eigenkapitalersetzenden Gesellschafterdarlehen durch die §§ 32 a und b GmbHG. 15 Schmidt, S. 226. Gerade diese Bestimmungen sind ein Beispiel für ein Kapitalisierungsproblem, welches etwa in den USA mittels eines Durchgriffs gelöst wird: Um die materielle Haftung in Oriental Shipping, vgl. unten Teil 3 Kap. 3 § 2 A III, zu begründen, wäre im deutschen Recht zunächst kein Durchgriff angenommen worden: Die Tatsache, daß Bokhari der Gesellschaft nur Darlehen zur Verfügung stellte, hätte zur Anwendung der §§ 32 a und b GmbHG geführt. Der Geltungsbereich der §§ 32a und b GmbHG wird auf Kapitalgesellschaften & Co in Form einer OHG oder KG, bei welchen keine natürliche Person unbeschränkt haftet, durch die §§ 129a, 172a HGB ausgedehnt, vgl. hierzu etwa die Kommentierung bei BaumbachlHuecklHueck, GmbHG, § 32a und b. 14
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Der große Vorteil der gesetzlichen Regelungen besteht vor allem in der Ausgewogenheit des Ausgleichs der Interessen der Gläubiger und der Gesellschafter: Indem an konkreten finanziellen Transaktionen angesetzt wird, welche das Vermögen der Gesellschaft verringert oder nicht ausreichend gesichert haben, werden genau diese Beträge zum Gesellschaftsvermögen "zurückgeholt". Die Gesellschafterhaftung wird damit nur "beschränkt erweitert", die Gesellschafter werden aber nicht mittels eines allgemeinen Durchgriffs einer gänzlich unbeschränkten Haftung aussetzt. All diese Regelungen führen jedoch nur zu einer Ausdehnung der Vermögenshaftung, nicht aber zu einer Erweiterung sonstiger schuldrechtlicher Verpflichtungen.
§ 3 Die Unterscheidung von Zurechnungsund Haftungsdurchgriff Die Diskussion um Durchgriffssituationen hat sich zu Beginn in erster Linie allein um die Frage der Haftungserweiterung gedreht. Mittlerweile wird von den meisten Autoren zunächst danach unterschieden, was eigentlich Gegenstand des Durchgriffs sein SOll,16 da die Probleme über die Haftungsfrage hinausgehen. Die Unterscheidung in Zurechnungs- und Haftungsdurchgriff soll das Systemverständnis erleichtern, ohne hierbei schon Lösungen anbieten zu wollen. 17 Soeben wurden die technische Verselbständigung eines Sondervermögens und die Haftungsbeschränkung als die wichtigsten Funktionen der juristischen Person bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen Zurechnungs- und Haftungsdurchgriff weist eine gewisse Parallelität auf: Durch den Zurechnungsdurchgriff wird in erster Linie die rechtstechnische Eigenständigkeit des Sondervermögens mißachtet und subjektsbezogen auf die dahinterstehenden natürlichen Personen als Träger von Rechten und Pflichten zurückgegriffen, während es beim Haftungsdurchgriff weniger auf die Person als solche als vielmehr um den Zugriff auf ihr Vermögen geht. 1S Rechtstechnisch können die Rechtsfolgen einer bestimmten Norm nur dann eintreten, wenn ein Rechtssubjekt alle Tatbestandsvoraussetzungen 16 Vgl. Wiedemann, WM 1975, Sonderbeilage 4, S. 17f., nachfolgend etwa die Einteilung bei Raiser, § 29, Rz I, S. 327 ff., Schmidt. S. 226-228; oder Kübler, S.298ff. 17 Die Ablehnung dieses Ansatzes als Durchgriffstheorie bei Holeweg, S. 124f., geht daher am Ziel vorbei. 18 Vgl. etwa Wiedemann, § 4 III, der dieses Kapitel "Grenzen der rechtlichen Selbständigkeit" in die Teile ,,Durchgriffshaftung " und ,.Aufhebung der Vermögenstrennung " unterteilt.
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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verwirklicht. Dahinter steckt der Grundsatz der Eigenverantwortung der Person, welche sich nach zivilrechtlichen Maßstäben für ihr Verhalten bzw. ihren Geschäftskreis begründen läßt. 19 Erfüllt ein Rechtssubjekt auf der Tatbestandsebene die erforderlichen Merkmale der Norm nicht selbst, so ist es das Ziel der Zurechnung, ihm in bestimmten Konstellationen normrelevantes Verhalten eines anderen Rechtssubjektes als eigenes Verhalten zuzurechnen oder ihm zumindest die Verantwortung hierfür zu übertragen. Für die Lösung derartiger Fallgestaltungen bietet das Gesetz eine ganze Reihe von Zurechnungsnormen, mit Hilfe derer ein Verhalten, Wissen oder Eigenschaften als Voraussetzungen einer Norm einem anderen zugerechnet werden kann. Diese Zurechnungsnormen haben allgemeine Geltung, d. h., sie sind regelmäßig kein Sonderrecht für juristische Personen, sondern dienen auch zur Zurechnung zwischen natürlichen Personen. Der Grund der Zurechnung kann etwa eine mittelbare Veranlassung des Dritten zu entsprechendem Verhalten oder die Schaffung eines Risikos durch die Einschaltung weiterer Personen sein. 2o Klassisches Beispiel für einen gesetzlich geregelten Zurechnungs-..Durchgriff' ist etwa, einem Rechtssubjekt nach § 166 BGB die Kenntnis eines Dritten oder nach § 278 BGB das Verschulden eines Erfüllungsgehilfen zuzurechnen. 21 In gesetzlich ungeregelten Fällen bedient sich die Praxis vor allem der Technik der Auslegung. 22 Eine Vertrags bestimmung oder eine gesetzliche Norm werden nach ihrem Sinn- und Zweckgehalt ausgelegt, indem in bestimmten Fällen nicht auf die juristische Person, sondern auf die hinter ihr stehenden natürlichen Personen abgestellt wird. 23 Beispiele hierfür bieten etwa die Fälle der Ausdehnung eines Wettbewerbsverbotes auf Subjekte hinter den Gesellschaftern,24 die Maklerfalle 25 oder die Fälle der AusCanaris, S. 468 f. m. w. N. Gerade in letzterem liegt häufig die Rechtfertigung für gesetzliche Zurechnungsnormen wie etwa §§ 166,278, 831 BGB. 2! Instruktiv etwa Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 23-29. 22 Daneben sind etwa die Anscheins- oder Duldungsvollmacht mittlerweile als eigene Zurechnungsinstitute anerkannt. 23 Vgl. etwa BGH NJW 1986, S. 1047: Verwandte der juristischen Person sind nach dem Zweck des damaligen § 31 Ziff. 2 KO die Verwandten des beherrschenden Gesellschafters, weitere Beispiele und Lösungen bei Wiedemann, S. 229-236; Raiser, § 9 Rz 5-18; Schmidt, S. 233-240; Scholz/Emmerich, GmbHG, § 13, Rz 70-74 a; MüKo/Reuter, BGB, vor § 21, Rz 28-32. Entgegen Flume, AT I 2, § 3 H, S. 69ff.; Rehbinder, FS Fischer, S. 579, 587 oder Wilhelm, S. 14, sind aber nicht alle derartigen Probleme durch allgemeine Rechtsinstitute zu lösen, vgl. hierzu Wiedemann, Unternehmensgruppe, S. 22. 24 Vgl. BGHZ 59, 64 (67f.); 70, 331 (334); insbesondere auch BGHZ 89, 162 (165): Dort war das Wettbewerbsverbot aus §§ 112f., 161 HGB, das den Mehrheitsgesellschafter einer GmbH & Co KG (je 80% des Kommanditkapitals der KG und des Stammkapitals der GmbH) zur Unterlassung von Konkurrenzbetätigungen ver!9
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I. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
dehnung handelsrechtlicher Bestimmungen auf die Gesellschafter oder Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften. 26 Zum Teil werden derartige Fälle nicht in den Bereich des Durchgriffs eingeordnet, sondern sollen selbständige Fälle der Zurechnung oder Auslegung sein. 27 Die Diskussion ist hierbei allerdings in erster Linie eine rein begriffliche: Im Ergebnis ist kaum zu leugnen, daß das Prinzip der Trennung verschiedener Rechtssubjekte durchbrochen wird, wenn eine Person für das tatbestandsrelevante Verhalten eines Dritten verantwortlich gemacht wird. 28 Der Haftungsdurchgriff zielt dagegen in erster Linie auf die Rechtsfolgenseite ab: 29 Hier werden nicht Elemente der Tatbestandsvoraussetzungen zugerechnet, sondern vor allem die Rechtsfolgen einer bestimmten Norm pflichtete, auch auf dessen spätere Muttergesellschaft ausgedehnt worden. Diese hatte das Wettbewerbsverbot durch die Gründung neuer Tochtergesellschaften, die der verbotenen Tätigkeit nachgingen, im Ergebnis zu unterlaufen versucht. Vgl. hierzu auch Löffler, NJW 1986, S. 223ff.; Wiedemann/Hine, ZGR 1986, S. 163ff. 25 Etwa BGH NJW 1971, S. 1839; 1973, S. 1649; 1974, S. 1130, vgl. auch Schmidt, S. 235 f. 26 In WM 1986, S. 939ff. erwog der BGH die Anwendbarkeit von § 350 HGB auf den Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH, der sich mündlich für eine Geschäftsschuld verbürgt hatte, vgl. Schmidt, S. 239f. Weitere Beispiele bei Raiser, § 29 Rz 5-18; Wiedemann, S. 229-236; Kübler, § 23 11 I und 2, S.300f. 27 Vgl. Schmidt, S. 239 unter i), oder, wenn auch ohne Erwähnung derartiger Gründe, Canaris zum Rechtsschein der Einheit verschiedener Rechtssubjekte bei der Einmanngesellschaft und im Konzernrecht, wenn er die Mißachtung der Trennung feststellt, dann aber meint, "daß man wegen eines besonderen Haftungsgrundes nicht von ,,Durchgriff' sprechen sollte", S. 179. 28 Die Diskussion darüber, ob es sich hier um einen Durchgriff oder nur um Fälle einfacher Normanwendung unter "wirtschaftlicher Betrachtungsweise" handelt, ist in gewisser Weise eine Geschmacksfrage und hängt immer auch vom begrifflichen Vorverständnis etwa der juristischen Person ab. So ist etwa der von Rehbinder, FS Fischer, S. 579, 588 f., behauptete Vorteil der "bürgerlich-rechtlichen Lösung" gegenüber dem Durchgriff in den Maklerfällen, vgl. hierzu Fn 25, schwer nachvollziehbar. 29 Letztlich belegt die zutreffende Unterscheidung in die genannten Kategorien allerdings die wenig geglückt erscheinende Wahl der Bezeichnungen: Zurechnung ist eine Rechtstechnik, mit Hilfe derer einer Person Tatbestandselemente zugeordnet werden, welche nicht sie selbst, sondern ein Dritter verwirklicht hat. Zurechnungsgrund ist meistens die mittelbare Veranlassung des Verhaltens des Dritten oder dessen Zugehörigkeit zum eigenen Geschäftskreis, vgl. etwa Canaris, S. 468. Aufgrund der jeweiligen Zurechnungsnorm kann sich das Zuordnungssubjekt jedoch nicht auf diese Drittverwirklichung berufen. Zurechnung ist nur die Technik der Verknüpfung, inhaltlich geht es um Tatbestandselemente. Zutreffender wäre damit ein "Verursachungsdurchgriff'. Ebenso ist Haftung nur ein Teilausschnitt aus dem Bereich möglicher Rechtsfolgen, weswegen die Bezeichnung "Rechtsfolgendurchgriff' der eigentlich zutreffende Oberbegriff sein müßte. Die schon erheblich verworrene Dis-
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auf ein anderes Rechtssubjekt ausgedehnt,30 indem das Prinzip der Beschränkung der Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft dahingehend durchbrochen und ein Zugriff auf das Vermögen der dahinterstehenden Subjekte ermöglicht wird. 31 Dies soll nicht heißen, daß für den Haftungsdurchgriff keine Tatbestandsvoraussetzungen existieren. Nur werden nicht die Voraussetzungen einer bestimmten gesetzlichen Norm oder eines vertraglichen Anspruchs einzeln der dahinterstehenden Person zugerechnet. Vielmehr werden eigene Voraussetzungen herangezogen, die die Mißachtung der Haftungsbeschränkung im konkreten Fall rechtfertigen. 32 Zusammenfassend ist festzustellen, daß im Bereich der Anwendungsvoraussetzungen von Normen aus dem allgemeinen Recht gesetzliche Zurechnungsregeln und ungeschriebene Zurechnungsinstitute existieren, mit Hilfe derer sich die meisten der dort auftretenden Probleme lösen lassen. 33 Aufgrund des Bestehens dieser Ausnahmen scheint es auch einfacher, in ungeregelten Fällen mittels einer entsprechenden Auslegung zu richtigen Ergebnissen zu kommen. Dagegen hat der Gesetzgeber die Haftungsbeschränkung betreffend nur den Grundsatz vorgegeben; Ausnahmen hierzu sind im wesentlichen allein im Aktiengesetz enthalten. 34 Fast zwangsläufig sind alle anderen Ausnahmen hierzu äußerst umstritten, da sogleich das ganze System der ja gewollten Haftungsbeschränkung in Frage gestellt zu sein scheint.
kussion soll aber nun nicht durch ein neues Begriffspaar ergänzt werden, zumal sich der Begriff des Zurechnungsdurchgriffs durchgesetzt zu haben scheint. 30 Etwa Bark, ZGR 1994, S. 237, 238-242, 256ff.; Wiedemann, S. 219f. 31 Etwa BGHZ 95, 330, "Autokran." 32 Die Fälle der Unterkapitalisierung, Sphären- oder Vermögensvermischung, vgl. hierzu sogleich, haben eigene Tatbestandsvoraussetzungen und transferieren nicht die Anspruchsvoraussetzungen etwa der vertraglichen Ansprüche auf die dahinterstehenden Personen, um zu begründen, wieso ein Zugriff auf deren Vermögen gerechtfertigt ist. 33 Es handelt sich ja um eine bekannte Technik bei Beteiligung mehrerer natürlicher Personen. 34 Ob etwa die §§ 32a und b GmbHG über die Behandlung eigenkapitalersetzender Gesellschafterdarlehen auch als solche betrachtet werden können, ist umstritten, vgl. auch die Diskussion um die hieraus abzuleitenden Pflichten im Hinblick auf eine ausreichende Kapitalausstattung; Baumbach/Hueck/Hueck, GmbHG, § 32 a Rz 2ff. 3'
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
§ 4 Der HaftungsdurchgritT A. Die DurchgritTstheorien In Deutschland stehen sich im wesentlichen zwei allgemeine DurchgriffsIehren gegenüber, nämlich die Mißbrauchstheorien (A.) und die Normanwendungstheorien (B.): 35 I. Mißbrauchslehren
Die Mißbrauchslehre ist vor allem von Serick nach dessen rechtsvergleichender Studie über die Mißachtung der legal entity im amerikanischen Recht begründet worden und hat in der Folgezeit eine beträchtliche Zahl von Anhängern gefunden. 36 Ausgangspunkt dieser Auffassung ist, daß der juristischen Person als Einheitsfigur von der Rechtsordnung ein hoher Eigenwert zuerkannt wird. Infolgedessen seien an einen Durchgriff besonders hohe Anforderungen zu stellen. 37 Die Eigenständigkeit einer juristischen Person dürfe mißachtet werden, wenn die Rechtsform zu unlauteren Zwecken mißbraucht werde. 38 Ein solcher Mißbrauch liege vor, wenn mit Hilfe der juristischen Person ein Gesetz umgangen, vertragliche Pflichten unterlaufen oder verletzt sowie wenn Dritte fraudulös geschädigt werden. 39 Serick und ihm folgend weitere Autoren fordern einen subjektiven Mißbrauch im Sinne eines vorsätzlichen Verhaltens des Gesellschafters. 40 Dagegen haben die Rechtsprechung und andere Autoren einen objektiven Mißbrauch genügen lassen. Der Schwerpunkt der Feststellung wird hier von der 35 Die Einteilung in nur zwei Gruppen ist sicherlich vergröbernd, auf die Darstellung der nuancierten Unterschiede kommt es jedoch für das eigentliche Thema der Arbeit nicht an, weswegen insofern auf die umfangreiche Spezialliteratur verwiesen werden muß. Zur institutionellen Betrachtungsweise vgl. insbesondere die Schriften von Raiser und Kuhn, Nachweise bei Rehbinder, S. 96. 36 Serick, Rechtsform und Realität juristischer Personen, 1955, 2. unveränd. Auflage 1980. Zum Teil mit abweichenden Auffassungen zählen als weitere Vertreter der Mißbrauchslehren etwa Möhring, NJW 1956, S. 1791; Drobnig, Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften, 1959; S. 94 ff.; Bauschke, BB 1975, S. 1324 ff.; Dempewolf, OB 1961, S. 972ff. und 1011 ff. 3? Serick, S. 2 ff., 24-27 und 203 ff. 38 Serick, S. 203 f. 39 Serick, §§ 2-4. 40 Serick, S. 203 ff., und in: Durchgriffsprobleme bei Vertragsstörungen, S. 23 ff.; Möhring, NJW 1956, S. 1791; Hofmann, NJW 1966, S. 1941; Kalbe, Herrschaft und Haftung bei juristischen Personen, S. 80ff.; Dempewolf, OB 1961, S. 969, 972; Drobnig, Haftungsdurchgriff bei Kapitalgesellschaften, wird interessanterweise verschiedenen Lagern zugeordnet, einerseits Staudinger/Weick, BGB, Einl. zu §§ 21 ff., Rz 42; anderseits ScholziEmmerich, GmbHG, § 13, Rz 80 Fn 130.
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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subjektiven Vorwertbarkeit hin zu einer objektiv-zweckwidrigen Verwendung der juristischen Person verlagert. 41 ß. Normanwendungslehren
Ansatzpunkt der in erster Linie auf Müller-Freienjels 42 zurückgehenden Normzwecklehren ist weniger die juristische Person, sondern vielmehr die Norm, deren konkreter Anwendung auf die "eigentlichen" Adressaten das Trennungsprinzip der juristischen Person entgegensteht.43 Die juristische Person selbst wird hierbei häufig als reiner Zweckbegriff für komplexe Rechtsbeziehungen verstanden. 44 Die Unterschiede zwischen der juristischen und der natürlichen Person werden ebenso berücksichtigt, wie die Unterschiede der verschiedenen Erscheinungsformen juristischer Personen. Eine Einheitsformel des Durchgriffs wird infolgedessen abgelehnt, die "durchgreifende" Anwendbarkeit einer Norm ist vielmehr das Ergebnis einer Abwägung im konkreten Einzelfall.45 Methodisch handelt es sich weniger um einen Durchgriff, sondern um eine Beschränkung der Reichweite der Grenzen der juristischen Person bzw. um eine Einschränkung der Anwendbarkeit des Trennungsprinzips überhaupt. 46 41 BGHZ 20, 4 (13): "Beim absichtlichen Mißbrauch der juristischen Person kann es nicht schwerfallen, die durch das Rechtssubjekt verdeckte Wirklichkeit bloßzulegen. Die Rechtsprechung hat den Durchgriff auf die hinter der juristischen Person stehenden Kräfte nicht von einem absichtlichen Mißbrauch der Rechtsfigur der juristischen Person abhängig gemacht."; Reinhardt. FS Lehmann, S. 576, 579ff.; Erlinghagen. GmbRR 1962, S. 169, 175ff.; Übersicht bei HachenburglMenens. GmbRG, Anh. § 13 Rz 28ff.; G. Kuhn. FS Fischer, S. 351, 354ff. Insoweit gerät der objektive Ansatz der Mißbrauchslehren in die Nähe zu institutionellen Lehren. 42 Müller-Freienjels. AcP 156 (1957) S. 522-542. 43 Ansatzpunkt der verschiedenen Richtungen innerhalb dieser Lehren ist entweder die materiell anzuwendende Norm aus dem sonstigen Recht, insbesondere Schanze. Einmanngesellschaft und Durchgriffshaftung, S. 102ff.; Schmidt, S. 232ff.; HachenburglMenens. GmbRG, Anh. § 13, Rz 36ff., oder die das Trennungsprinzip bei der jeweiligen juristischen Person enthaltende Bestimmung, Ulmer. FS Duden, S. 661, 678f.; Wiedemann. S. 229f.; Stimpel. FS Goerdeler, S. 601, 604f.; Scholzl Emmerich. § 13, Rz 81; Rehbinder • S. 107ff. Als echte Durchgriffstheorien können eigentlich nur letztere zählen, vgl. hierzu Schmidt. S. 228 f. 44 Nachweise bei Rehbinder. S. 95 f., der hierauf aufbauend einen eigenen Ansatz entwickelt hat, vgl. ab S. 103. 4S Müller-Freienfels, S. 537f.; auch Coing, NJW 1977, S. 1793, 1794ff. 46 Zum Teil wird hierbei versucht, verschiedene bislang unter dem Begriff "Durchgriff' behandelte Fallkonstellationen wieder einer normalen "bürgerlichrechtlichen" Lösung zuzuführen, um den Anwendungsbereich auf wenige Ausnahmefalle zu reduzieren, vgl. den Ansatz von Rehbinder, FS Fischer, S. 583; Scholzl Emmerich. GmbRG, § 13 Rz 81. Laut Stimpel. FS Goerdeler, S. 601, 604f.; soll auch die neueste Praxis des BGR einen ähnlichen Ansatz verfolgen; gegen eine
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I. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Rechtsvergleichend ist festzustellen, daß dieser Ansatz damit der amerikanischen und französischen Vorstellung von der beschränkten Reichweite der entity bzw. der personne morale näher kommt als die Mißbrauchslehre. 47
B. Die Fallgruppen Auch wegen der Komplexität der Probleme und der Unterschiedlichkeit der dort auftauchenden Fragen ist insbesondere die Literatur dazu übergangen, die verschiedenen Durchgriffsfälle in Gruppen einzuteilen, welche die systematische Erfassung der zu lösenden Aufgaben erleichtern soll. Wenn man den Bereich der nachteiligen Beherrschung als teilweise durch das AktG gesondert geregelten Fall ausgrenzt, lassen sich im wesentlichen hierbei vier Hauptgruppen feststellen: Die Fälle der Unterkapitalisierung (A.), der Vermögensvermischung (B.), der Sphärenvermischung (C.) und des Institutsmißbrauchs (D.):48 I. Unterkapitalisierung
Die Fälle der materiellen Unterkapitalisierung49 stehen eindeutig im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Diskussionen. Die. verschiedenen Auffassungen kreisen hierbei zum einen um den Grad der Unterkapitalisierung (einfach oder qualifiziert), zum anderen um den maßgeblichen Zeitpunkt der Beurteilung (bei Geschäftsaufnahme, also anfänglich, oder nachträglich).5o Zwischen einer die Haftung weitgehend ablehnenden 51 und einer sie Orientierung in Richtung auf eine bestimmte Lehre dagegen Boujong, FS Odersky, S. 739, 741. 47 Vgl. unten Teil 2 Kap. I § 3 A und Teil 3 Kap. I § 3 A. 48 Einteilung nach LutterlHommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 11-18; andere Gruppierungen etwa bei Raiser, § 29 Rz 22-33; Schmidt, S. 233 ff.; Wiedemann, S. 224229. 49 "Materiell" ist eine Unterkapitalisierung, wenn die Kapitalausstattung insgesamt zu gering ist, im Gegensatz zur "nominellen" Unterkapitalisierung, bei welcher die Gesellschafter der Gesellschaft das Kapital nicht als Eigenkapital, sondern in zureichender Höhe in Form von Darlehen etc. zur Verfügung stellen. Der Sprachgebrauch ist zum Teil allerdings uneinheitlich, vgl. ScholzlEmmerich, GmbHG, § 13 Rz 82; BaumbachlHuecklHueck, GmbHG, § 5 Rz 5. so Darüber hinaus stellt ein Teil auf allein objektiv normative Kriterien ab, während andere subjektive Maßstäbe anlegen wollen, vgl. hierzu die Nachweise bei LutterlHommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 12. SI Hauptargument ist, daß das Gesetz nicht mehr als die Aufbringung des jeweiligen Mindestkapitals erfordert; etwa Flume, S. 79ff.; Sonnenberger, NJW 1969, S. 2033; BaumbachlHuecklHueck, GmbHG, § 5 Rz 6; Wilhelm, S. 308, 325 ff.; Weitbrecht, S. 66-80.
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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weitgehend befürwortenden52 Auffassung wird vornehmlich vertreten, daß die Gesellschafter zwar grundsätzlich keine Pflicht haben, ihrer Gesellschaft ein angemessenes Stammkapital zur Verfügung zu stellen. Das Privileg der beschränkten Haftung entfällt aber, wenn die Gesellschaft von vornherein mit offensichtlich unzureichenden Mitteln ausgestattet wurde, so daß sich schon kleinere Verluste zum Nachteil der Gläubiger auswirken. 53 Die Literatur kommt in derartigen Konstellationen überwiegend zu einer entsprechenden Anwendung von §§ 128f. HGB. 54 Ansatzpunkt der Rechtsprechung ist dagegen zumeist § 826 BGB, wobei die Gerichte allerdings keine klare Linie verfolgen und gerade im Hinblick auf den subjektiven Tatbestand eine letztlich kaum überzeugende Lösung anbieten. 55
52 Haftung auch bei sog. einfacher Unterkapitalisierung, egal ob anfänglich oder nachträglich, aus Pflicht der Gesellschafter, die Gesellschaft mit für Gesellschaftszweck und -umfang adäquaten Mitteln auszustatten, Immenga, S. 402ff.; Wiedemann, S. 224, 565ff.; Winkler, BB 1969, S. 1202. 53 So Ulmer, FS Duden, S. 661, 676ff.; Haehenburg/Ulmer, GmbHG, § 30 Anh I. Rz 14ff.; Kuhn, FS Fischer, S.351, 357ff.; Rehbinder, FS Fischer, S. 579, 583; Raiser, ZGR 1995, S. 156, 162ff.; kritisch Baumbaeh/Hueek/Hueek, GmbHG, § 5 Rz 6; ablehnend Weitbrecht, S. 66ff. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es allerdings bislang nicht gelungen, Maßstäbe für die Beurteilung der Angemessenheit der Kapitalausstattung zu erarbeiten; zu Ulmers vier Kriterien, die auf eine Analyse der Kreditfähigkeit hinauslaufen. vgl. Hachenburg/Ulmer, a. a. O. Die qualifiziert-materielle Unterkapitalisierung leidet daher unter denselben Schwächen der tatbestandlichen Unschärfe, wie die gross undereapitalization in der amerikanischen Diskussion. Auch der Streit um die Erheblichkeit einer nachträglichen Schieflage ähnelt der Diskussion in den USA, vgl. unten DeWitt Truck Brothers, lne. v. W. Ray Flemming Fruit Co., 540 F.2d 681, 688f. (4th Cir. 1976); Laya v. Erin Holmes, lne., 352 S.Ed 93 (W.Va 1986), Teil 3 Kap. 1 Fn 126, 132. 54 BGHZ 95. 330 (332) ,,Autokran"; BGHZ 125, 128f.; Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13, Rz 13. Emmerich und Sehmidt befürworten dagegen eine Haftung wegen Verletzung der Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft allein dieser gegenüber; mittelbar käme dies ja dann den Gläubigem der Gesellschaft zugute, vgl. Scho/z/Emmerieh, GmbHG, § 13 Rz 93; Sehmidt, S. 247ff., insb. 250f. 55 Vgl. einerseits den sicher untypischen "Siedler-Fall", BGHZ 54, 222; andererseits die Ablehnung in BGHZ 68, 312, und schließlich den Rückgriff auf § 826 BGB, wie etwa in BGH NJW 1977, S. 2104; oder in DB 1988, S. 1848. Beim Rückgriff auf § 826 BGB hat der BGH in NJW 1979, S. 2104, 2105; aus dem Mißverhältnis zwischen Kapitalausstattung und Geschäftsvolumen sowie aus der konkreten Vorgehensweise auf den Schädigungsvorsatz geschlossen, obwohl er sonst eine typisierende Betrachtung vorsätzlichen Handeins ablehnt, Nachweise bei Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 14; zuletzt Boujong, FS Odersky, S. 739, 746; Drüke, S. 34-36. Der dogmatische Unterschied einer Lösung über § 826 BGB kann darin gesehen werden, daß die Betroffenen einer deliktischen Haftung für ein verschuldetes Fehlverhalten unterliegen, die unabhängig von der Natur der juristischen Person und damit kein Durchgriff im eigentlichen Sinne ist, vgl. hierzu Bork, ZGR 1994, S. 237,257 Fn 78.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland 11. Vermögensvermischung
Eine Vermögensvermischung wird angenommen, wenn sich Gesellschafts- und Privatvermögen infolge falscher oder unzureichender Buchführung oder in sonstiger Verschleierung nicht mehr in verschiedene Vermögensmassen trennen lassen. 56 Einzeln abgrenzbare Entnahmen der Gesellschafter sind hierfür allerdings zu wenig, sie begründen allein eine Haftung nach §§ 30, 31 GmbHG. 57 Die Rechtsfolgen werden überwiegend wiederum §§ 128 f. HGB entnommen, wobei allerdings nur deIjenige Gesellschafter persönlich haftet, der die Vermischung veraniaßt hat. 58 Ein Verschulden gehört nicht zum Haftungstatbestand. 59 111. Sphärenvermischung
Eine Sphärenvermischung60 wird angenommen, wenn die Trennung der Rechtssubjekte nicht hinreichend erkennbar wird, wenn im Auftreten der Gesellschaft nach außen die Trennung verschiedener Gesellschaften verschleiert worden ist, wenn etwa ähnliche Firmen geführt werden,61 oder die Gesellschaften über identisches Personal und/oder identische Geschäftsräume verfügen. Allerdings ist umstritten, ob hierfür auf das Institut des 56 BGH WM 1958, S. 463; BGHZ 95, 330 (333f.) "Autokran"; Raiser, § 29 Rz 22; Baumbach/Hueck/Hueck, GmbHG, § 13 Rz 15 m. w.N. Schmidt, S. 242-245, erfaßt die Vermögensvermischung als Teil der Sphärenvermischung. Er unterscheidet dort zwischen der gegenständlichen Sphärenvermischung, durch welche die Haftung nur gegenständlich auf eine weitere Vermögensmasse ausgedehnt wird, und der subjektsbezogenen Sphärenvermischung, durch welche die Haftung eines weiteren Rechtssubjekts begründet wird. 57 BGH "Autokran", vorige Fn; ScholziEmmerich, GmbHG, § 13 Rz 88 m. w.N. 58 So nun wohl BGHZ 125, 366 (368f.). Bislang war unklar, ob allein die Kenntnis des die Vermögensvermischung begründenden Sachverhaltes oder die Stellung als herrschender Gesellschafter zur Auslösung der Haftung ausreicht, vgl. Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 15; Hachenburg/Mertens, GmbHG, Anh. § 13 Rz 49; Boujong, FS Odersky, S. 739, 743 f.; Schiessl, Münchner HdB GmbHR, § 35 Rz 19. 59 Boujong, FS Odersky, S. 739, 743 m.w.N. 60 I.S.v. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 16 sind unter Sphärenvermischung hier diejenigen Fälle gemeint, in welchen die rechtliche Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern im Auftreten gegenüber Dritten nicht deutlich wird, während die Gruppe der Vermögensvermischung Verletzungen des Trennungsprinzips in den anderen Bereichen, insbesondere im Hinblick auf die gegenständliche Zuordnung von Aktiva umfaßt. Die Terminologie wird nicht einheitlich verwendet, vgl. etwa Hachenburg/Mertens, GmbHG, Anh. § 13 Rz 49f.; Boujong, FS Odersky, S. 739, 742. 61 Vgl. etwa BGH NJW-RR 1986, S. 456; OLG Düsse1dorf ZMR 1972, S. 307.
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Durchgriffs zurückgegriffen werden muß oder ob sich derartige Fälle nicht bereits über allgemeine Institute des Firmen- und Stellvertretungsrechts lösen lassen. 62 Diejenigen, die einen Durchgriff befürworten, entnehmen die Rechtsfolgen den §§ 128, 129 HGB. 63 IV. Institutsmißbrauch
In einer Art Auffangtatbestand werden die Fälle zusammengefaßt, in welchen Gesellschafter die Haftungsfreistellung bewußt zum Nachteil der Gläubiger einsetzen, und dieses Verhalten in keine der ersten drei Fallgruppen einzuordnen ist. 64 Auch hier ist die dogmatische Grundlage umstritten, insbesondere, ob derartige Fälle nicht bereits in den Anwendungsbereich von § 826 BGB fallen. 65
§ 5 Das Konzernrecht Es gibt wohl kaum ein Gebiet des deutschen Rechts, in welchem gerade in den letzten beiden Jahrzehnten eine derartige Veröffentlichungsflut losgebrochen ist, wie zum Konzernrecht und insbesondere zur Haftung im Konzern. Auch hier muß aus Platzgründen ein Überblick über das gesetzlich geregelte (I.) und das richterlich entwickelte Konzernrecht (n.) genügen, im übrigen wird auf die Spezialliteratur verwiesen. 66 A. Gesetzlich geregeltes Konzernrecht Im Gegensatz zu den im folgenden zu untersuchenden Rechtsordnungen hat der deutsche Gesetzgeber 1965 versucht, die sich aus der Bildung von Unternehmensgruppen ergebenden Probleme zumindest durch eine Teilregelung im Aktiengesetz zu erfassen: 62 Für Durchgriff: LutterlHommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 16; BaumbachlHueckl Hueck, GmbHG, § 13 Rz 15; Wiedemilnn, S. 224; dagegen Schiessl, Münchner HdB GmbHR, § 35, Rz 20; Schmidt, S. 244. 63 LutterlHommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 16. 64 Raiser, § 29 Rz 23-25; BaumbachlHuecklHueck, GmbHG, § 13 Rz 15; Wiedemilnn, S. 227f.; LutteriHommelhoff, GmbHG, § 13 Rz 17 mit Nachweisen aus der Rechtsprechung. 6S Vgl. etwa ScholzlEmmerich, GmbHG, § 13 Rz 91-93; Raiser, § 29 Rz 21 ff. 66 Gerade die Literatur zum qualifizierten faktischen GmbH-Konzern ist kaum übersehbar, vgl. etwa die Übersichten bei HachenburglUlmer, GmbHG, Anhang § 77 vor Rz 97; oder die Sammelbände von Hirte, Der qualifizierte faktische Konzern, RWS-Dokumentation 12 (1992) und 13 (1993).
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland I. Konzernrechtliche Grundbegriffe
In den §§ 15-19 AktG werden unter dem Oberbegriff der verbundenen Unternehmen zunächst die Beziehungen der rechtlich selbständigen Unternehmen nach fünf Gesichtspunkten charakterisiert. Der Begriff des Unternehmens selbst wird im AktG nicht definiert, sein genauer Inhalt ist nach wie vor umstritten. 67 Hält ein Unternehmen die Mehrheit der Anteile oder der Stimmrechte eines anderen Unternehmens, so liegt nach § 16 Abs. 1 AktG eine Mehrheitsbeteiligung vor. Aus einer solchen Mehrheitsbeteiligung folgt nach § 17 Abs. 2 AktG die widerlegbare Vermutung der Abhängigkeit. 68 Das Abhängigkeitsverhältnis selbst wird in § 17 Abs. 1 AktG definiert als Möglichkeit, auf ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auszuüben. Da der Abhängigkeitsbegriff zudem Grundlage etwa der Vermutung eines Unterordnungskonzerns i. S. d. § 18 Abs. 1 S. 3 AktG ist, kommt ihm zentrale Bedeutung für das Konzernrecht ZU. 69 Ein Konzern i. S. d. § 18 Abs. 1 S. 1 AktG ist dadurch gekennzeichnet, daß ein herrschendes und ein oder mehrere abhängige Unternehmen unter einer einheitlichen Leitung zusammengefaßt sind. Der Begriff der einheitlichen Leitung ist bereits vom Gesetzgeber des AktG von 1937 bewußt nicht definiert worden, um der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten und Erscheinungsformen gerecht werden zu können. 70 Fast zwangsläufig konnte bis heute auch keine Einigung über die notwendigen Tatbestandsmerkmale einer einheitlichen Leitung erzielt werden, im wesentlichen wird heute zwischen einem engeren und einem weiterem Konzernbegriff unterschieden. Gemeinsames Merkmal beider Begriffe ist, daß die Konzernspitze für die unternehmerischen Bereiche eine zentrale Planung aufstellt und diese unge67 Emmerich/Sonnenschein, S. 27-32 mit weiteren Nachweisen zum Streitstand; Decher, Münchner HdB GmbHR, § 69 Rz 24-28. Dahinterstehender Zweck war und ist u. a. auch, einige Gesellschafter, die Unternehmensgesellschafter, mit diesem Begriff zu erfassen, während die Privatgesellschafter nicht betroffen sein sollen. Maßgebliches Unterscheidungskriterium soll heute sein, ob der Gesellschafter auch außerhalb der Gesellschaft unternehmerische Interessen verfolgt, vgl. aus der jüngeren Rechtsprechung etwa BGH NJW 1994, S. 446 mit Anm. Schmidt, hierzu auch Raiser, ZGR 1995, S. 156-161, oder BGH NJW 1994, S. 3288, im übrigen Nachweise bei Emmerich/Sonnenschein, S. 29. Kritisch zum Unternehmensbegriff und seiner Verwendung im Rahmen der Konzernhaftung Schmidt, Die AG 1994, S.189195. 68 Zu den sonstigen Folgen vgl. Emmerich/Sonnenschein, S. 39f. 69 Raiser, S. 545-551. 70 Raiser, S. 552f.; Emmerich/Sonnenschein, S. 57-59. Die Parallelen zur Diskussion über die bewußte begriffliche Unschärfe des Begriffs der Kontrolle im amerikanischen und französischen Recht sind offensichtlich, vgl. unten, Teil 2 Kap.l § 2 B I und Teil 3 Kap. 1 § 2 B I.
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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achtet der rechtlichen Selbständigkeit der Konzernunternehmen auch durchsetzt. Während der engere Konzernbegriff hierbei aber in erster Linie aus betriebs wirtschaftlicher Sicht am Finanzmanagement ansetzt, reicht nach den Vertretern des weiteren Konzernbegriffs auch eine einheitliche Planung in anderen unternehmerischen Bereichen aus. 71 11. Die drei Erscheinungsformen des AktG
Das AktG unterscheidet nun drei verschiedene Erscheinungsformen von Unternehmensverbindungen, nämlich die Eingliederung i. S. d. §§ 319-327 AktG (1.), den Vertragskonzern i.S.d. §§ 291-310 AktG (2.) und die faktischen Konzerne nach §§ 311-318 AktG (3.):
1. Die Eingliederung Die Eingliederung zeichnet sich dadurch aus, daß die Hauptgesellschaft nach dem Vollzug des hierfür erforderlichen Beschlusses alle Anteile der eingegliederten Gesellschaft hält. 72 Die Eingliederung kommt damit der Verschmelzung nahe, unterscheidet sich von dieser allerdings durch das Weiterbestehen der eingegliederten Gesellschaft als eigenständige juristische Person. Da es zumindest nach der Eingliederung keine Minderheitsgesellschafter mehr gibt, sind besondere Vorschriften zu ihrem Schutz überflüssig. Zum Schutz der Gläubiger bestimmt § 322 AktG eine gesamtschuldnerische Mithaftung der Hauptgesellschaft für sämtliche Alt- und Neuschulden der eingegliederten Gesellschaft. 73
2. Der Vertragskonzern Wesentliches Merkmal des Vertragskonzerns ist, daß zwischen den betroffenen Unternehmen ein Beherrschungsvertrag abgeschlossen wurde, welcher regelmäßig durch einen Gewinnabführungsvertrag ergänzt wird. 74 Infolgedessen kann das herrschende Unternehmen der abhängigen GesellVgl. Emmerich/Sonnenschein, S. 57-59 m. w. N. Bei § 319 AktG muß die Hauptgesellschaft bereits zuvor alle Aktien halten, bei einem Mehrheitsbeschluß nach § 320 AktG mindestens 95 % des Grundkapitals. Im letzteren Fall gehen die Aktien der außenstehenden Aktionäre auf die Hauptgesellschaft nach § 320 a S. I AktG über, die Ausscheidenden haben einen Anspruch auf eine angemessene Abfindung nach § 320 b AktG. 73 Darüber hinaus haben die Gläubiger einen Anspruch auf eine Sicherheitsleistung nach § 312 AktG; zu den sonstigen Folgen vgl. Emmerich/Sonnenschein, S. 123 ff. 74 §§ 291,292 AktG. 71
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
schaft im Rahmen seiner Leitungsmacht nach §§ 308-310 AktG Weisungen erteilen; insbesondere sind auch nachteilige Weisungen gern. § 308 Abs. 1 S. 2 AktG zulässig. Hier vor allem interessierende Folge einer derartigen vertraglichen Verpflichtung ist der Anspruch auf Verlustübernahme nach § 302 AktG. Dieser Anspruch ist unabhängig davon, ob das herrschende Unternehmen den Verlust in irgendeiner Form zu verantworten hat. 75 Gläubiger dieses Anspruchs ist allerdings allein die beherrschte Gesellschaft. Deren Gläubiger können auf dieser Grundlage keinen unmittelbaren Anspruch gegen das herrschende Unternehmen geltend machen. 76
3. Der faktische Aktienkonzern Haben die Beteiligten keinen Beherrschungsvertrag i. S. d. § 291 ff. AktG abgeschlossen, ist eine AG oder KGaA aber trotzdem von einem anderen Unternehmen abhängig i. S. d. § 17 AktG, so liegt ein faktischer Konzern i. S. d. §§ 311-318 AktG vor. Das Regelungskonzept der §§ 311 ff. AktG wird heute allgemein wegen seiner Unvollständigkeit kritisiert, da es die Probleme der nichtvertraglichen Abhängigkeit nur teilweise regelt. 77 Veranlaßt das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft dazu, ein für diese nachteiliges Rechtsgeschäft vorzunehmen oder vergleichbare Maßnahmen zu treffen, so hat es nach § 311 AktG den erlittenen Nachteil auszugleichen. 78 Kommt das herrschende Unternehmen dieser Pflicht nicht nach, steht der abhängigen Gesellschaft ein Schadensersatzanspruch nach § 317 AktG ZU. 79 Der Begriff der Veranlassung ist hierbei weit zu verstehen und deckt sich im Ergebnis mit dem der Weisungen i.S.d. §§ 308-310 AktG. 80 7S BGHZ 116, 37 (41); Schmidt, S. 956f.: § 302 AktG begründet damit für die Dauer der qualifizierten Konzernherrschaft ein durchgriffsähnliches Haftungsrisiko, ohne aber eine solche im technischen Sinne zu statuieren. 76 Etwa Hüjfer, AktG, § 302 Rz 20; KK/ Koppensteiner, AktG, § 302 Rz 23. 77 Vgl. etwa bereits Mestmäker, FS Kronstein, S. 129ff.; Geßler, FS Flurne, S. 55ff.; weitere Nachweise bei Emmerich/Sonnenschein, S. 331 Fn 5. 78 Umstritten ist hierbei, ob § 311 AktG faktische Aktienkonzerne verbietet und der Nachteilsausgleich damit eine Sanktion ist oder ob sie wertungsneutral bei Ausgleich des erlittenen Nachteils zulässig sind, vgl. die Darstellung bei Schmidt, S. 963 m.w.N. 79 Auf den Nachteilsausgleich selbst hat die abhängige Gesellschaft dagegen keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch, vgl. Hüjfer, AktG, § 311, Rz 38 m.w.N. 80 Es kommt allein darauf an, daß das herrschende Unternehmen die abhängige Gesellschaft zu einem bestimmten nachteiligen Verhalten bestimmt. Unerheblich ist hierbei, ob dies in Form einer konkreten Weisung oder durch "Ratschläge", "Empfehlungen" oder ähnlich "subtile" Steuerungsmechanismen geschieht, vgl. Emmerich/Sonnenschein, S. 338-340. Zu den sonstigen Folgen, insbesondere dem Abhängigkeitsbericht i.S.d. §§ 312-316 AktG vgl. Hüjfer, AktG, § 312; Raiser, S. 583ff.; Emmerich/Sonnenschein, § 21.
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Eine allgemeine Verlustübernahmepflicht analog § 302 AktG wird für den faktischen Konzern dagegen abgelehnt. 81 Wiederum sieht das Gesetz für Gläubiger der abhängigen Gesellschaft keinen unmittelbaren Anspruch gegenüber dem herrschenden Unternehmen vor. 82 Damit ist festzuhalten, daß das gesetzliche Konzemrecht die Gläubiger nur mittelbar durch entsprechende Pflichten der herrschenden Unternehmen gegenüber den von ihnen abhängigen Gesellschaften schützt, ihnen aber, außer im Fall der Eingliederung, keinen unmittelbaren, durchgreifenden Anspruch zubilligt.
B. Das Richterkonzernrecht Das gesetzliche Haftungssystem des AktG leidet unter der "Schwäche", beim faktischen Konzern die Verantwortlichkeit an einer konkreten Veranlassung anzuknüpfen. Sind aufgrund des Ausmaßes und der Intensität der Beeinflussung weder eine einzelne Einflußnahme noch ihre konkreten Folgen isoliert festzustellen, scheidet ein Ausgleichsanspruch nach § 311 AktG aus, das Schutzsystem versagt somit. 83 Für alle anderen Gesellschaftsformen, insbesondere für die GmbH. hat der Gesetzgeber keinerlei Regelungen geschaffen, obwohl auch dort dieselben Probleme aus Unternehmens verbindungen entstehen können. 84 Eine Gesamtanalogie zu den Vorschriften des AktG wird für das GmbH-Recht heute überwiegend abgelehnt; allein die Vorschriften über den Vertragskonzern sollen übertragbar sein. 85 Wie bereits dargestellt, können hieraus aber keine unmittelbaren Ansprüche von Drittgläubigern entstehen. Der Gesetz81 Zur Begründung wird in erster Linie darauf abgestellt, daß § 302 AktG an einen besonderen Abhängigkeitstatbestand, die vertragliche Unterwerfung, nicht aber an die Abhängigkeit als solche anknüpft, vgl. Schmidt, S. 966 m. w. N. 82 Außenstehende Aktionäre und Gläubiger können diese Ansprüche allerdings in gesetzlicher Prozeßstandschaft für die abhängige Gesellschaft geltend machen, §§ 317 Abs. 4, 318 Abs. 4 i. V. m. § 309 Abs. 4 AktG, wobei der Antrag auf Zahlung an die Gesellschaft gerichtet sein muß, vgl. auch LG Köln, Die AG 1977, S.76; OLG Frankfurt, Die AG 1977, S.78; KK/Koppensteiner, AktG, § 317 Rz 29. 83 Vgl. etwa BGHZ 107, 7 (15f.); 122, 123 (127); EmmerichlSonnenschein, S.353ff. 84 Zu den Einzelvorschriften etwa im Bereich der Bilanzierung vgl. Emmerichl Sonnenschein, S. 383 f. 85 EmmerichlSonnenschein, S. 384. § 311 AktG ist nach überwiegender Auffassung dagegen aus Gründen des Präventivschutzes nicht entsprechend anwendbar, vgl. etwa HachenburglUlmer, GmbHG, Anh. § 77 Rz 56; RohwedderlKoppensteiner, GmbHG, Anh. § 52, Rz 49. Wird einer GmbH ein Nachteil zugefügt, ohne daß das herrschende Unternehmen diesen ausgleicht, macht es sich schadensersatzpflichtig. Der entsprechende Anspruch wird einerseits aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht des herrschenden Unternehmens, andererseits aus einer Haftung des herr-
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
geber hat zudem mit den Regelungen über eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen in §§ 32a und b GmbHG durch die Reform von 1980 versucht, eines der wichtigsten Probleme in diesem Bereich gesetzlich zu lösen, für welche in anderen Ländern auf das Institut des Durchgriffs zurückgegriffen wird. 86 Vor diesem Hintergrund ist in der Rechtsprechung und in der Literatur ein ungeschriebenes GmbH-Konzernrecht entwickelt worden, das im wesentlichen aus den Haftungsmodellen des einfachen faktischen (A.) und des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns (B.) besteht. 87 I. Der einfache faktische GmbH-Konzern
Der Tatbestand des reinen GmbH-Konzerns als solches ist hierbei zunächst in Anlehnung an das AktG noch relativ einfach: Eine GmbH muß von einem anderen Unternehmen abhängig sein, ohne daß hierfür eine vertragliche Grundlage besteht. In Anlehnung an die Regelung in § 17 AktG wird die Abhängigkeit selber als die Möglichkeit verstanden, auf die GmbH unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluß auszuüben. Auch hinsichtlich des Begriffs des Unternehmens selber wird auf die Kriterien aus dem Aktienrecht zurückgegriffen. 88 Mit der ITT-Entscheidung aus dem Jahre 1975 89 hat der BGH die Macht der Gesellschaftermehrheit erstmals beschränkt: Bei ihrer Einflußnahme auf die Geschäftsführung sind sie verpflichtet, auch auf die Interessen der Minderheitsgesellschafter und der Gesellschaft selbst die jeweils gebotene Rücksicht zu nehmen. Anderenfalls verletzen sie ihnen gegenüber diesen obliegende Treuepflichten, woraus neben Anfechtungs- und Unterlassungsansprüchen auch eine Schadensersatzpflicht analog § 43 GmbHG entstehen kann. 9o In der Literatur sind zu diesen einfachen faktischen Konzernen versehenden Unternehmens entsprechend § 43 GmbHG abgleitet, vgl. Nachweise bei Schmidt, S. 1218. 86 Im Zusammenhang mit diesen Regelungen wurde auch das Stammkapital auf DM 50.000,- erhöht, um die Finanzausstattung der Gesellschaften mbH im allgemeinen zu erhöhen. 87 Als "Erfinder" des qualifizierten faktischen GmbH-Konzerns gilt der Arbeitskreis GmbH-Reform mit seinen Reformvorschlägen von 1972. Emmerich/Sonnenschein weisen auf S. 352f. zutreffend auf die Unterschiede zwischen qualifizierten faktischen Konzernen im Aktienrecht und im GmbH-Recht hin. Diese sind für das eigentliche Thema der Arbeit aber ohne Bedeutung, weswegen eine genauere Differenzierung hier unterbleiben kann. 88 Vgl. zum Tatbestand des GmbH-Konzerns allgemein etwa Baumbach/Hueck/ Zoellner, GmbHG, SchlAnh. I Rz 10ff.; Schmidt, S. 1216. 89 BGHZ 65, 15 (u.a. auch NJW 1976, S. 191; WM 1975, S. 1152; BB 1975, S. 1450).
1. Kap.: Durchgriff in Deutschland
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gleichbare Haftungsmodelle entwickelt worden, die die Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen der Minderheitsgesellschafter oder der abhängigen Gesellschaft gegenüber dem herrschenden Unternehmen vorsehen. 91 Bei Einmanngesellschaften können Treuepflichten nicht durch die Rücksichtnahme gegenüber anderen Gesellschaftern begründet werden. Die Rechtsprechung tendiert hier dazu, die Herrschaft des Gesellschafters dahingehend einzuschränken, daß die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30ff. GmbHG und die Bestimmungen über die Auflösung der Gesellschaft in den §§ 60ff. GmbHG auch der Erhaltung der allgemeinen Lebensfähigkeit der Gesellschaft und dem Schutz der Gläubiger dienen. 92 Gläubiger der Gesellschaft erhalten nach all diesen Modellen allerdings keine eigenen Ansprüche gegenüber dem herrschenden Unternehmen, sofern diese nicht durch allgemeine Durchgriffsprinzipien begründet werden können. 93 11. Der qualifizierte faktische GmbH-Konzern
Neben diesen Lösungen zu einfachen faktischen Konzernen ist gerade zum Recht der GmbH das Modell des qualifizierten faktischen Konzerns in der Rechtsprechung herausgearbeitet worden. 94 Nach Schwankungen in der Akzentsetzung der Rechtsprechung scheint diese nun seit 1993 ein Konzept zu verfolgen, welches an einer modifizierten Verhaltenshaftung orientiert ist. Vereinfacht dargestellt ist ein faktisches Abhängigkeitsverhältnis auch "qualifiziert", wenn es ein der Situation im Vertragskonzern vergleichbares 90 BGHZ 65, 15, zum Begriff der Treuepflichten etwa Konzen, NJW 1989, S. 2977, 2979ff., zu Unterlassungsanprüchen etwa die "Holzmüller-Entscheidung", BGHZ 83, 127; vgl. im übrigen die umfangreichen Rechtsprechungsnachweise bei EmmerichlSonnenschein, S. 389 f. 91 Eine entsprechende Anwendung des § 311 AktG wird hierbei überwiegend abgelehnt. Ansatzpunkt ist entweder die aus § 705 BGB abgeleitete allgemeine Rücksichtnahme- und Treuepflicht gegenüber den anderen Gesellschaftern oder eine Geschäftsführerhaftung entsprechend § 43 GmbHG, vgl. Schmidt, S. 1217 ff. Vgl. zum Treuepflichtmodell, zu den Theorien der Sonderrechtsbeziehung, der OrganhaJtung und der KonzemverschuldenshaJtung die Darstellung bei EmmerichlSonnenschein, S. 387 ff. m. w. N. 92 Ansätze hierzu finden sich etwa in BGHZ 107, 7 (16) "Tiefbau"; BGHZ 115, 187 (197ff.) "Video"; BGHZ 122, 123 "TBB". 93 Vgl. EmmerichlSonnenschein, S. 394 f. 94 EmmerichlSonnenschein, S. 392 5. Auflage 1993: Gerichte haben bewußt davon abgesehen, sich auf bestimmte Definitionen des qualifizierten faktischen Konzerns festzulegen. Zur vergleichbaren Meinung im französischen Recht siehe Guyon, ZGR 1991, S. 218, 227; Teil 2 Kap. 1 § 2 I.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Niveau erreicht hat, ihm aber eben diese vertragliche Legitimation fehlt. 95 Die Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme eines qualifizierten faktischen Konzerns sind allerdings letztlich noch nicht geklärt: Nach der Einschränkung der "Video-Rechtsprechung,,96 durch das "TBB-Urteil" und den dortigen Äußerungen des BGH scheint zusätzlich ein Verhalten des herrschenden Unternehmens vorliegen zu müssen, welches einen "objektiven Mißbrauch" der GesellschaftersteIlung darstellt, indem keine "angemessene Rücksicht auf die Belange der abhängigen Gesellschaft genommen werde.,,97 Interessant aus rechtsvergleichender Sicht ist hierbei, daß der Streit gewisse Ähnlichkeiten mit der im amerikanischen Recht geführten Diskussion aufweist, ob außer control noch ein Element von fraud or other wrong vorliegen müsse. 98 9S Weswegen dieser Zustand rechtswidrig ist und entweder beendigt oder eben durch einen Beherrschungsvertrag legitimiert werden muß, vgl. Schmidt, S. 1221. 96 BGHZ 115, 187 (= NJW 1991, S. 3142). Der Ansatz des II. Senates, der auf eine weitgehende Strukturhaftung hinauszulaufen schien, hatte Anfang der neunziger Jahre eine Veröffentlichungswelle losgetreten, vgl. nur Sigle und Ulmer in HommelhoffIStimpel/Ulmer, S. 179f. bzw. S. 70. 97 Urteil vom 29.3.1993; BGHZ 122, 123 (= NJW 1993, S. 1200 mit Anm. Kübler) vgl. hierzu jeweils m. w. N. Hommelhoff, ZGR 1994, S. 395 ff.; Krieger, ZGR 1994, S. 375 ff.; Schmidt, ZIP 1993, S. 549 ff. Bestätigt wurde diese Einschränkung im wesentlichen auch durch das "Architektenurteil" des BGH, NJW 1994, S. 3288, demzufolge allein die Tatsache, daß einer abhängigen GmbH innerhalb eines Konzerns eine begrenzte Einzelfunktion zugewiesen wird, keine Konzernhaftung begründet, solange die Gesellschaft unter Wahrung ihres Einzelinteresses geleitet wird. Leitentscheidungen bei der Entwicklung des qualifizierten faktischen Konzerns waren die Entscheidungen BGHZ 95, 330 "Autokran" (= NJW 1986, S. 188); BGHZ 107, 7 "Tiefbau"; BGHZ 115, 187 "Video". Die Darstellungen zu dieser Entwicklung, insbesondere die literarischen Arbeiten nach dem Video-Urteil sind kaum mehr zu überschauen, vgl. für die Zeit vor "TBB" die Zusammenfassung von Stimpel, Autokran-Tiefbau-Video: Stand der Rechtsprechung, in HommelhofflStimpel/Ulmer, Der qualifizierte faktische GmbH-Konzern, S. 5-20; die umfassenden Literaturnachweise zuletzt bei BaumbachlHuecklZöllner, GmbHG, Schlußanh. I, vor Rz 80; LutterlHommelhoff, GmbHG, Anh. § 13 vor Rz 16; EmmerichlSonnenschein, vor § 20a und vor § 24 a. Im Hinblick auf qualifizierte faktische Aktienkonzerne halten EmmerichlSonnenschein, S. 356ff., neben anderen ein weiteres Merkmal für entbehrlich, da ohne Abschluß eines Beherrschungsvertrages mit Rücksicht auf § 76 AktG die umfassende und dauernde Leitung der abhängigen Gesellschaft durch das herrschende Unternehmen in jedem Fall rechtswidrig sei, S. 399 f. mit Verweis auf Gleichgesinnte in Fn 98 und 99. Eher ergebnisausgerichtet orientieren sie sich daran, ob das Haftungssystem des AktG nicht mehr funktioniert, weil sich einzelne Weisungen und ihre Wirkungen aufgrund der Intensität und Breite der Beeinflussung nicht mehr isoliert feststellen lassen. Dies sei vor allem bei einem für Außenstehende nicht mehr durchschaubaren und damit unkontrollierbaren Beziehungsgeflecht zwischen den verbundenen Unternehmen der Fall.
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Auch in der deutschen Praxis haben sich mittlerweile Fallgruppen herausgebildet, in welchen die Annahme eines qualifizierten faktischen Konzerns besonders nahe zu liegen scheint. 99 Als Beispiele werden unter anderem Konstellationen genannt, in denen die abhängige Gesellschaft wie eine unselbständige Betriebsabteilung geführt wird,loo wenn bei Einmann-Gesellschaften der Alleingesellschafter die abhängige Gesellschaft leitet lOi oder allgemein beim Bestehen von Organ verflechtungen. 102 Die Haftungsvoraussetzungen nach dem (derzeitigen) Modell des qualifizierten faktischen Konzerns lassen sich nunmehr im wesentlichen an vier Tatbestandsmerkmalen festmachen: Es muß 1. eine einheitliche Konzernleitung vorliegen, 103 2. das herrschende Unternehmen muß das Eigeninteresse der abhängigen Gesellschaft verletzt haben,l04 was 3. kausal zu einem nicht anderweitig kompensierbaren Schaden der abhängigen Gesellschaft geführt hat; 105 schließlich 4. darf dieser Nachteil nicht isolierbar sein. 106 Vgl. hierzu unten Teil 3 Kap. 2 § 3 C I 2. Die Gruppenbildung variiert nach den jeweiligen Autoren, vgl. etwa Emmerich/Sonnenschein, S. 358 f.; 5. Auflage, S. 4Q0.404; anders Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71 Rz 23-35. \00 BGH, LM Nr. 46 zu § 105 HGB, Die AG 1980, S. 47; NJW 1980, S. 231 "Gervais"; BGHZ 95, 330 (334) "Autokran"; BGHZ 122, 123 "TBB." 10\ BGHZ 115, 187 (195f.); NJW 1991, S. 3142. Diesbezüglich ist allerdings noch vieles ungeklärt und umstritten, vgl. die Nachweise bei Emmerich/Sonnenschein, S. 359; 5. Auflage, S. 401 Fn 106-108. 102 Ebenfalls umstritten, Nachweise bei Emmerich/Sonnenschein, 5. Auflage, S. 402f.; Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71 Rz 34. 103 So Baumbach/Hueck/Zöllner, GmbHG, Schlußanh. I Rz 81 f.; Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71 Rz 9; Kowalski, GmbHR 1993, S. 253, 255f.; abweichend z.T. LutteriHommelhoff, GmbHG, Anh. § 13 Rz 18. \04 Nach Baumbach/Hueck/Zöllner, Fn 103, Rz 83f., sind dies zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich der objektive Mißbrauch der GesellschaftersteIlung und die Einwirkung auf Eigeninteressen zugunsten der Interessen des herrschenden Unternehmens; so auch Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71, Rz 10-16; dagegen nimmt Lutter/Hommelhoff, Fn 103, Rz 19f., ein einheitliches Tatbestandsmerkmal an, so auch Boujong, FS Odersky, S. 739, 748. lOS Hierzu etwa Hommelhoff, ZGR 1994, S. 395, 414f. \06 Hierauf wird gerade im Aktienrecht besonderer Wert gelegt, weil angesichts der Ausgleichsmöglichkeit durch §§ 311-317 AktG bei isolierbaren Weisungen ein gesetzliches Regelungsmodell vorliegt, welches eine Analogie ausschließt, vgl. etwa Baumbach/Hueck/Zöllner, Fn 103, Rz 85. Gute Darstellung mit Beispielen hierzu bei Drygala, GmbHR 1993, S. 317, 320f. Hierzu aus der jüngeren Rechtsprechung BGH GmbHR 1996, 366 (= ZIP 1996, 657) mit kritischer Anmerkung Zeidler, GmbHR 1997, S. 88lff. 98
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Umstritten ist allerdings, ob auch ein Verschulden des herrschenden Unternehmens erforderlich ist, dieses bereits vermutet wird, oder ob hierauf ganz zu verzichten ist. 107 Entscheidend für das eigentliche Thema der Arbeit ist aber, daß zumindest in einem Punkt weitgehend Einigkeit besteht: Die Rechtsfolge der Annahme eines qualifizierten faktischen Konzerns ist nämlich eine analoge Anwendung der §§ 302, 303 AktG. 108 Gläubiger haben daher gegenüber dem herrschenden Unternehmen zunächst einen Anspruch auf eine Sicherheitsleistung analog § 303 AktG. 109 Dieser kann sich gegebenenfalls in einen direkten Zahlungsanspruch gegen das herrschende Unternehmen umwandeln, wenn etwa die abhängige Gesellschaft weitgehend vermögenslos ist oder eine Konkurseröffnung bereits an fehlender Masse scheitert. 110
c.
Zwischenergebnis
Als Zwischenergebnis des geschriebenen und des ungeschriebenen Konzernrechts in Deutschland ist damit festzuhalten, daß den Gläubigem grundsätzlich kein unmittelbarer Anspruch gegenüber dem herrschenden Unternehmen zusteht. Damit kann auf dieser Basis auch kein vertraglicher Erfüllungsanspruch konstruiert werden, wie es für die Ausdehnung einer Schiedsvereinbarung notwendig wäre.
107 Für die Vermutung etwa LutterlHommelhoff; GmbHG, Anh § 13 Rz 24. Erforderlichkeit sehr str., vgl. etwa BaumbachlHuecklZöllner, a. a. 0., Rz 86; Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71 Rz 8 mit weiteren Nachweisen in Rz 40. Wegen der Vermutung spielt dies in der Praxis aber kaum eine Rolle, vgl. BaumbachlHueckl Zöllner, a. a. 0., Fn 106. lOS In den USA werden vergleichbare Fälle über piercing the corporate veil gelöst, führen damit zu einem Direktanspruch etwa der Gläubiger, vgl. unten Teil 3 Kap. 1 § 3 III B. 109 Ein unmittelbarer Zahlungsanspruch steht Gläubigem nicht zu: Sie können allenfalls den der abhängigen Gesellschaft gegenüber dem herrschenden Unternehmen zustehenden Ausgleichsanspruch pfänden und sich überweisen lassen, vgl. etwa BaumbachlHuecklZöllner, a. a. 0., Fn 103, Rz 90; LutterlHommelhoif, GmbHG, Anh. § 13 Rz 25-27; Decher, Münchner HdB GmbHR, § 71 Rz 37f., Schmidt, S. 1223. 110 Vgl. Nachweise in vorstehender Fn. Inwieweit eine Haftung für schlechte, dauerhaft schädigende Konzernleitung daneben einen eigenständigen Tatbestand darstellt oder nur ein Unterfall dieses Haftungsmodells analog §§ 302f. AktG ist, wird sich in Zukunft herausstellen müssen; für einen eigenen Tatbestand etwa Schmidt, S. 1228-1231.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
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Zweites Kapitel
Schiedsrecht in Deutschland Das deutsche Schiedsrecht wurde durch das Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22.12.1997 111 mit Wirkung zum 01.01.1998 umfassend reformiert. Die bis dahin bestehenden lückenhaften und zum Teil unzweckmäßigen Bestimmungen der ZPO waren Gegenstand verschiedener Änderungen gewesen, befanden sich aber weitgehend noch im Zustand des Inkrafttretens der ZPO im Jahre 1877. Durch die jetzige Reform sollte das Schiedsrecht modernisiert werden, wobei man sich auch an den Bestimmungen des UNCITRAL-Modellgesetz orientiert hat. 112 Auf eine umfassende Darstellung des deutschen Schiedsrechts soll an dieser Stelle trotz der aktuellen, umfangreichen Reform verzichtet werden. Dem Thema der Arbeit entsprechend soll im folgenden Überblick in erster Linie auf die Punkte hingewiesen werden, welche für die Bearbeitung des konkreten Problems der Ausdehnung eines Schiedsvertrages auf Nichtunterzeichner von Bedeutung sind. Hierbei soll auch auf die Rechtslage vor dem 01.01. 1998 eingegangen werden.
§ 1 Rechtsgrundlagen Das Schiedsrecht ist im wesentlichen in den §§ 1025 ff. ZPO geregelt. Für Schiedsverfahren auf dem Gebiet des Arbeitsrechts gelten die von den ZPO-Bestimmungen erheblich abweichenden Vorschriften der §§ 101-110 ArbGG. ll3 Die Bundesrepublik ist Vertragsstaat des UNÜ von 1958 und des EÜ von 1961, darüber hinaus wurden einige bilaterale Verträge auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit geschlossen. 114
BGBI 1997/1 vom 30.12.1997, S. 3224 ff. Vgl. den Bericht der Kommission zur Neuordnung des Schiedsverfahrens von 1994; hierzu die Anmerkungen von Glossner, ZRP 1995, S. 70ff.; Schlosser, RIW 1994, S. 723ff.; vgl. auch den Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BR-Drucksache 211/96 und BT-Drucksache 13/5274; gute Übersicht zum Reforminhalt in ZRP 1996, S. 234-236, und bei Labes/Lörcher, MDR 1997, S. 420ff. 113 Die §§ 101-110 ArbGG sind von der Reform der ZPO-Vorschriften bewußt nicht erfaßt worden, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, zu § 1030, S. 36. Zur insoweit unveränderten Rechtslage vgl. Schwab/Walter, Kap 36-40; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 46-56. Alle im folgenden erwähnten Kommentarfundstellen beziehen sich noch auf die alten ZPO-Bestimmungen. Zur Vermeidung von Mißverständnissen wird daher nach der jeweiligen Ziffer in Klammem angefügt, daß es sich noch um die alten Normen handelt. 111
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I. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
§ 2 Die Schiedsvereinbarung A. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen § 1029 Abs. 1 ZPO definiert die Schiedsvereinbarung als "eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in bezug auf ein Rechtsverhältnis vertraglicher oder nichtvertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen". Gemäß § 1029 Abs. 2 ZPO wird hierbei zwischen einer selbständigen Vereinbarung, der Schiedsabrede, und einer Klausel in einem Vertrag, der Schiedsklausel, unterschieden, ohne daß die ZPO hieran sonstige Folgen knüpft. Diese rein begriffliche Differenzierung unterscheidet sich damit von der französischen Unterscheidung des compromis von der clause compromissoire, da die zeitliche Komponente des Zustandekommens der Schiedsvereinbarung (vor oder nach der Entstehung des Streites) unerheblich ist. 115 Im Gegensatz zum französischen Recht und den Rechtsordnungen der USA unterscheidet das deutsche Recht auch nicht nach nationalen und internationalen Schiedsvereinbarungen, sondern allenfalls nach dem Status der betroffenen Parteien. 1 16
Die Rechtsnatur der Schiedsvereinbarung war bislang umstritten, woran sich auch durch die Gesetzesänderung nicht geändert haben dürfte: Der überwiegende Teil der Literatur qualifiziert sie als reinen Prozeßvertrag,1I7 während sie anderer Ansicht zufolge als materieller Vertrag über prozeßrechtliche Beziehungen einzuordnen ist. 118 Die charakteristischen Eigenschaften einer Schiedsvereinbarung bestehen einerseits im Ausschluß der staatlichen Gerichtsbarkeit und in der Entstehung einer prozeßhindernden Einrede, andererseits in der Ermöglichung eines Verfahrens, das mit einer urteilsgleichen Entscheidung und nicht mit einem materiellrechtlichen Gestaltungsakt endet. Folglich hat die Schiedsvereinbarung rein prozessua114 Übersicht bei BülowlBöckstiegel. C II; und Schütze, Rz 5 f.; vgl. auch das deutsch-amerikanische Freundschafts-, HandeJs- und Schiffahrtsabkommen von 1954, BülowlBöckstiegel. eIl 746. IIS Vgl. hierzu unten, Teil 2 Kap. 2 § 2 A I. 116 Vgl. unten, Teil 2 Kap. 2 § I B und Teil 3 Kap. 2 § lAll und B II. 117 Vgl. etwa SteinlJonaslSchlosser. ZPO, § 1025 (alt) Rz I; Rosenbergl SchwablGottwald § 172 11; ReithmannlMartinylHausmann. Rz 2298; SchwablWalter. Kap 7, Rz 28. 118 So etwa WieczoreklSchütze. ZPO, § 1025 (alt) Rz 36; MüKolMaier. ZPO, § 1025 (alt) Rz 3; BaumbachlLauterbachlAlbers. ZPO, § 1029 Rz 10; und BOHZ 23, 198 (200); 40, 320; 53, 315. Ohne sich mit seiner bisherigen Rechtsprechung auseinanderzusetzen, hat der BOH 1987 allerdings einen Prozeßvertrag angenommen, NJW 1987, S. 651, 652: "Unterfall des Prozeßvertrages". Eine rein materiellrechtliche Qualifikation wurde im älteren Schrifttum vertreten, vgl. zuletzt etwa Blomeyer in FS Rosenberg, S. 51, 62; Lorenz. AcP 157 (1957), S. 265.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
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len Charakter. Das von der Gegenmeinung verfolgte Ziel der Anwendbarkeit der materiellen Vorschriften über Verträge bietet keinen Grund für die entsprechende Einordnung. 119 Auch ohne eine derartige Qualifikation können die Normen des BGB zum allgemeinen Vertragsrecht mangels besonderer prozessualer Vorschriften angewendet werden, solange zwingende prozessuale Vorschriften nicht entgegenstehen. 120 Abschluß. Inhalt und Umfang des Schiedsvertrages sind nach den prozessualen Vorschriften zu bestimmen. Wie bereits erwähnt, sind die Vorschriften des allgemeinen Vertragsrechts auch so weit wie nötig auf Prozeßverträge anzuwenden. 121 Für die Frage der gegenständlichen Reichweite der Schiedsvereinbarung ist zunächst auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit zu verweisen: Der Umfang des Schiedsvertrages ergibt sich aus seinem Wortlaut bzw. im Wege der Auslegung der Vereinbarung. 122 Deliktische Ansprüche werden von der Schiedsvereinbarung erfaßt, wenn sich die unerlaubten Handlungen gänzlich mit Vertragsverletzungen decken. 123 Die Parteien können hierbei allerdings einschränkende Vereinbarungen treffen. 124 Die Schiedsvereinbarung bedarf der Schriftform. Dies ist zwar nicht ausdrücklich bestimmt, ergibt sich allerdings aus den Regelungen des § 1031 ZPO und der Gesetzesbegründung. 125 Die neuen Formvorschriften des § 1031 ZPO haben in Anlehnung an Art. 7 Abs. 2 UNCITRAL-MG erhebliche Erleichterungen gebracht: 126 Das Schriftstück muß nicht mehr ein 119 Vgl. hierzu überzeugend Stein/JonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz I m.w.N. 120 ZöllerlGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 5; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 2. 121 Vgl. SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 2f.; ZöllerlGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 5. 122 Vgl. SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 12. 123 Vgl. BGH NJW 1965, S. 300; OLG Hamburg RIW 1989, S. 574; Schwab/ Walter, Kap. 3, Rz 19; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 12; Lachmann, Rz 185. 124 Stein/JonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 12. 125 BT-Drucksache 13/5274, zu § 1031, S. 36f.; Lachmann, Rz 135. 126 Der bisherige § 1027 Abs. 1 S. 1 ZPO stellte die Wirksamkeit des Schiedsvertrages unter den Vorbehalt des ausdrücklichen Abschlusses, der Beachtung der Schriftform und der Abfassung in einer gesonderten Urkunde. Infolge des engen Verständnisses der Schriftform i.S.d. § 126 BGB war insbesondere eine eigenhändige Unterzeichnung notwendig, so daß die Unterschrift die Urkunde räumlich abschloß, vgl. PalandtlHeinrichs, BGB § 126 Rz 3; WieczoreklSchütze, ZPO, § 1027 (alt) Rz 10. In der Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 13/5274, S. 36f., zu § 1031, wird ausführlich dargelegt, welche Bestimmungen aus dem UNCITRAL-MG übernommen wurden und welche auf Vorschlag der Reformkommisssion in das Gesetz gekommen sind.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
gesondertes, nur die Schiedsvereinbarung selbst enthaltendes Dokument sein, !27 sofern nicht ein Verbraucher an der Schiedsvereinbarung beteiligt ist, § 1031 Abs. 5 ZPO. 128 § 1031 Abs. 2 ZPO adaptiert die Grundsätze des kaufmännischen Bestätigungsschreibens für das Schiedsrecht, indem auch bei Schweigen auf die Übermittlung eines die Schiedsvereinbarung enthaltenden Schriftstücks bei Bestehen einer entsprechenden Verkehrssitte die Schriftform gewahrt ist.!29 Dies war bereits nach dem alten Recht im vollkaufmännischen Bereich möglich, da dort gemäß dem bisherigen § 1027 Abs. 2 ZPO die strengen Formvorschriften des bisherigen Abs. 1 nicht anzuwenden waren. 130 Allerdings ist es durch die Abschaffung von § 1027 Abs. 2 ZPO (alt) auch nicht mehr möglich, einen Schiedsvertrag rein mündlich abzuschließen. Nach der Gesetzesbegründung haben hierfür Praktikabilitätserwägungen insbesondere bei internationalen Schiedsverfahren eine Rolle gespielt; zudem habe die Praxis gezeigt, daß hierfür kein echtes Bedürfnis bestehe.!3!
127 Vgl. § 1031 Abs. I ZPO. Nach dem bisherigen Recht durfte die Schiedsvereinbarung auch keine anderen Vereinbarungen als die sich auf das Schiedsverfahren beziehenden enthalten, wodurch ein Schutz vor ungewollten Schiedsabreden erreicht werden sollte, welche in Lieferbedingungen, AGB etc. verborgen sein können, vgl. zum bisherigen Recht SchwablWalter, Kap. 5, Rz 5. 128 Verbraucher sind nach § 1031 Abs. 5 S. 3 natürliche Personen, die bei dem Geschäft, das den Gegenstand der Streitigkeit darstellt, zu einem Zweck handeln, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständig beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. 129 In der Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 36, wird ausdrücklich die Erfassung der Fälle der rechtsgeschäftlichen Bedeutung des Schweigens auf ein konkretes, schriftliches Angebot im Sinne einer Annahme desselben erwähnt; vgl. auch Schütze, Rz 104. 130 Dies ermöglichte zwischen Vollkaufleuten auch das wirksame Zustandekommen einer Schiedsabrede durch mündliche oder konkludente Vereinbarungen sowie einen stillschweigenden Abschluß kraft Handelsbrauchs. Damit war die weitaus überwiegende Zahl von Fällen im Wirtschaftsverkehr ausgenommen, vgl. Böclcstiege/ in FS Bülow, S. I, 5f. Eine Ausnahme hierzu bildete allein § 91 Abs. 2 GWB, der für bestimmte wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten auch unter Vollkaufleuten die Einhaltung der Form des § 1027 Abs. I ZPO forderte. § 91 GWB wurde im Zuge der Schiedsrechtsreform jedoch gestrichen, vgl. zur Begründung BT-Drucksache 13/5274, zu Art. 2 § 19, S. 70f., sowie unten Fn 143. Für einen stillschweigenden Abschluß einer Schiedsvereinbarung nach bisherigem Recht wurden drei Voraussetzungen genannt, vgl. BGH NJW 1993, S. 1798 f.; SchwablWalter, S. 43: Es mußte I.) ein branchentypisches Geschäft vorliegen, 2.) die Beteiligten mußten regelmäßig im betreffenden Geschäftszweig tätig sein und 3.) der Abschluß einer Schiedsvereinbarung mußte den Gebräuchen der Branche entsprechen, vgl. WieczoreklSchütze, ZPO § 1027 (alt) Rz 22 m. w. N. zur Rspr. aus dem Getreide- oder Kartoffelhandel; ausführlich auch Böckstiegel in FS Bülow, S. I ff. 131 BT-Drucksache 13/5274, zu § 1031, S. 36.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
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Darüber hinaus ennöglicht § 1031 Abs. 3 ZPO aber den fonnwirksamen Abschluß einer Schiedsvereinbarung durch Bezugnahme auf ein anderes, die Schiedsklausel enthaltendes Schriftstück, sofern dieses zu einem Vertragsbestandteil gemacht wird. Den Gebräuchen des Seehandels entsprechend wird durch die Begebung eines Konnossements ein Schiedsvertrag begründet, wenn hierin ausdrücklich auf eine in einem Chartervertrag enthaltene Schiedsklausel bezug genommen wird, § 1031 Abs. 4 ZPO. Dies heißt aber zugleich, daß eine allgemeine Bezugnahme auf den Chartervertrag im Konnossement nicht ausreicht, um eine Schiedsvereinbarung fonnwirksam einzubeziehen. \32 Schließlich bestimmt 1031 Abs. 6 ZPO, daß die rügelose Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache Fommängel heilt. Damit ist festzustellen, daß die Fonnvorschriften der ZPO erheblich liberalisiert wurden. Das Schwergewicht der Bedeutung der Schriftfonn hat sich von der Schutz- und Warnfunktion in den Bereich der Beweisfunktion verlagert, wenn man von den Fällen der Beteiligung von Verbrauchern absieht. Die Abstufung der Schutzfunktion wird damit auch nicht mehr durch das Begriffspaar Vollkaufmann - Sonstiger, sondern durch das Begriffspaar Verbraucher - Sonstiger gekennzeichnet. Insofern wurde auch das Regel-Ausnahme-Verhältnis für die strengeren Fonnvorschriften umgekehrt, als daß diese nun nicht mehr grundSätzlich gelten, sondern nur noch, wenn ein Verbraucher beteiligt ist. 133 Beim Abschluß einer Schiedsvereinbarung ist die Einschaltung eines Vertreters möglich. Seine Bevollmächtigung bedarf nach § 167 Abs. 2 BGB grundSätzlich nicht der Schriftfonn. 134 Im Anwendungsbereich des UNÜ oder des EÜ verdrängen die dortigen Fonnvorschriften als unmittelbar anwendbare Sachnonnen entgegenstehendes deutsches Recht, es sei denn, die deutschen Vorschriften sind liberaler. 135 Demnach stand etwa Art. 2 Abs. I UNÜ hinsichtlich einer nach dem bisherigen § 1027 Abs. 2 ZPO mündlich wirksam abgeschlossenen Schiedsvereinbarung einer Anerkennung in Deutschland nicht entgegen. 136 132 Vgl. die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 37. Das bisherige Recht wird damit verschärft, da etwa BGHZ 29, 120, 122f.; BGH VersR 1967, 156, die Einbeziehung einer Schiedsklausel durch Bezugnahme des Konnossements auf die Bestimmungen des Chartervertrages im allgemeinen für wirksam erachtet haben, vgl. auch Abraham, S. 168. Anzumerken ist schließlich, daß vor dem 10.08.1937 § 651 Abs. 2 HGB eine derartige Bezugnahme ausdrücklich zugelassen hat. 133 Die bisherige Unterscheidung wurde damit in veränderter Form aufrecht erhalten, soweit der Gesetzgeber das entsprechende Schutzerfordernis noch für notwendig gehalten hat, vgl. auch Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 36. 134 Vgl. auch WieczoreklSchütze, ZPO, § 1027 (alt) Rz 11. \3S Schlosser, RipS, Rz 368-370.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Bei Ausnutzung der wirtschaftlichen oder sozialen Überlegenheit einer Partei zur Abnötigung einer übervorteilenden Schiedsvereinbarung enthielt die ZPO im bisherigen § 1025 Abs. 2 im Unterschied zu den zu untersuchenden Rechtsordnungen einen ausdrücklich geregelten Unwirksamkeitsgrund. 137 Dem eigentlichen Sinn der Vorschrift entsprechend wurde dies in § 1034 ZPO nunmehr so geregelt, daß bei Übergewicht einer Partei bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts die andere Partei bei Gericht eine von der Vereinbarung abweichende Ernennung durchführen lassen kann. 138 B. Schiedsrähigkeit
Die bisherigen Regelungen zur objektiven Schiedsfahigkeit sind für vermögensrechtliche Ansprüche ausgedehnt worden: Jeder vermögensrechtliche Anspruch kann nun nach § 1030 Abs. 1 S. 1 ZPO Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Verfügungs-, Vergleichs- oder Verzichtsverbote wie etwa in § 89 b HGB, §§ 50, 302 AktG oder §§ 9 bund 43 GmbHG stehen der Schiedsfahigkeit der dortigen Rechte künftig somit nicht mehr entgegen. 139 Für nichtvermögensrechtliche Ansprüche ist es dagegen bei der Anknüpfung an die Vergleichsfähigkeit geblieben, § 1030 Abs. 1 S. 2 ZPO. 140 Bestimmte Rechtsgebiete, wie etwa Ehe- oder Kindschaftssachen sowie einige Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sind nicht vergleichsfähig und damit auch weiterhin nicht objektiv schiedsfahig. 141 Darüber hinaus ist die objektive Schiedsfähigkeit auch im Mietrecht 142 eingeschränkt, der BGH nimmt auch im Patentrecht für Streitigkeiten im Rahmen des § 65 Abs. 1 S. 1 PatG eine objektive Schiedsunfahigkeit an. 143 136 OLG Köln RIW 1993, S. 499; BaumbachlLauterbachlAlbers, ZPO, SchlAnh. VI A 1 Rz 3; SchwablWalter, Kap. 44, Rz 12 m. w. N. 137 Zöller/Geimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 62; zum amerikanischen Recht siehe Teil 3 Kap. 2 § 2 A; zu Frankreich Teil 2 Kap. 2 § 2 A. 138 Vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 39. 139 Die vermögensrechtlichen Ansprüche können auch öffentlich-rechtlicher Natur sein; Schiedsverträge stehen weiterhin im Rahmen der Möglichkeiten, öffentlichrechtliche Verträge zu schließen, den Parteien offen. Vgl. weitergehend auch Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 34f. 140 Schlosser, RipS, Rz 287ff.; zu Frankreich vgl. Teil 1 Kap. 2 § 2 II und RipS, Rz 292f.; zu den USA: RipS, Rz 294-298. 141 Nachweise etwa bei Schwab/Walter, Kap. 4, Rz 4ff.; Schütze Rz 95. 142 § 1030 Abs. 2 ZPO, bisher § 1025 a ZPO, vgl. hierzu Zöller/Geimer, ZPO, § 1025 a (alt) Rz 1. 143 Etwa BGH BB 1984, S. 561; hiergegen Schlosser, RipS, Rz 317; ZöllerlGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 45. Der von der herrschenden Meinung gezogene Schluß aus der Zuständigkeitsnorm ist tatsächlich nicht zwingend. In der Gesetzesbegründung wird nun darauf abgestellt, daß ein Patent als Recht durch einen Verwaltungsakt entsteht, weswegen auch über dessen Fortbestand im Wege eines gegenüber je-
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Die bisherige Einschränkung der objektiven Schiedsfahigkeit durch § 91 GWB wurde dagegen ersatzlos gestrichen. 144 Aus § 1059 Abs. 2 Nr. 1 a ZPO ergibt sich, daß eine Partei auch in subjektiver Hinsicht zum Abschluß einer Schiedsvereinbarung fahig sein muß. Die subjektiv Schiedsfahigkeit entspricht weitestgehend der subjektive Geschäftsfähigkeit einer Partei. 145 Für eine Vertretung beim Abschluß des Schiedsvertrages gelten die §§ 164 ff BGB; eine standardisierte Prozeßvollmacht nach § 81 ZPO reicht insoweit nicht aus. 146
c.
Wirkungen der Schiedsvereinbarung, insbesondere gegenüber Dritten
Durch eine Schiedsvereinbarung entsteht die Einrede nach § 1032 Abs. 1 ZPO, auf deren erfolgreiche Erhebung hin das staatliche Gericht die Klage abweisen wird, sofern es nicht feststellt, daß die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist. Inhaltlich sind die Parteien verpflichtet, alles ihnen Mögliche für die Durchführung des Schiedsverfahrens zu unternehmen. 147 Aufgrund der Relativität der Vertragsbeziehungen entfaltet die Schiedsvereinbarung in subjektiver Hinsicht grundsätzlich nur Wirkungen zwischen den Vertragsparteien. Im Hinblick auf Dritte, welche zumindest ursprünglich nicht Parteien des Schiedsvertrages sind, hat dies nach traditionellem Verständnis im deutschen Recht folgende Auswirkungen: - Eine Berechtigung und Bindung Dritter wird angenommen, wenn diese aus dem Vertrag unmittelbar eigene Rechte herleiten können, wie beim dermann wirkenden richterlichen Gestaltungsurteils entschieden werden müsse, vgl. BT-Drucksache 13/5274, S. 35. 144 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sah mangels des heutigen Bedürfnisses nach einer derartigen Einschränkung die Streichung des § 91 GWB vor, vgl. zur Begründung, BT-Drucksache 13/5274, zu Art. 2 § 19, S. 70f. Der Änderungsvorschlag des Bundesrates, der an der Bestimmung festhalten wollte, wurde von der Bundesregierung zurückgewiesen, vgl. BT-Drucksache 13/5274, einerseits S. 74f., andererseits S. 76. 145 SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 31. Einschränkungen ergeben sich etwa insoweit, als daß ein Vormund zum wirksamen Abschluß eines Schiedsvertrages für sein Mündel gern. § 1822 Nr. 12 BGB der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf. Auch ist eine durch einen Schuldner nach Insolvenzeröffnung geschlossene Schiedsvereinbarung gern. § 81 Abs. 1 S. 1 InsO unwirksam; im Gegensatz zur Rechtslage nach der KO nicht nur den Konkursgläubigern gegenüber, sondern absolut unwirksam, vgl. WimmerIApp, InsO, § 81 Rz 12. Vgl. zudem § 28 BörsG, im übrigen Schütze, Rz 73, und SteinlJonaslSchlosser, a.a.O. 146 Lachmann, Rz 114. 147 Vgl. RGZ 33, 265; 74, 321; WieczoreklSchütze, ZPO, § 1025 (alt) Rz 65.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
Vertrag zugunsten Dritter bzw. wenn sie aus diesem unmittelbar belastet werden, wie etwa nach § 95 Abs. 3 HGB. 148 - Scheitert das Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung am Fehlen der Vertretungsmacht eines hieran beteiligten Vertreters, ist dieser nicht an die von ihm abgeschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. 149 - Bürgen, Garantieübernehmer, Pfandgläubiger, Hypothekare etc. müssen sich nach der herrschenden Meinung nicht zwischen Gläubiger und Hauptschuldner geschlossene Schiedsvereinbarungen entgegenhalten lassen, auch wenn ihre Rechte von diesem Rechtsverhältnis abhängen. 150 - Dagegen sind Gesamtrechtsnachfolger, Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker etc. regelmäßig an die von ihren Vorgängern geschlossenen Schiedsverträge gebunden. 151 - Im Fall einer Abtretung soll der Schiedsvertrag nach herrschender Meinung nach den Grundsätzen des § 401 BGB auch Zessionar und Schuldner binden,152 während nach anderer Auffassung dieses Ergebnis allenfalls im Wege der Auslegung oder über § 404 BGB erzielt werden kann. 153 - Hat eine OHG eine Schiedsvereinbarung geschlossen, sind deren Gesellschafter nach heute allgemeiner Auffassung hieran gebunden. 154 Während dies zum Teil als Folge der Haftung aus § 128 HGB betrachtet wird,155 soll sich dies anderer Auffassung zufolge allein aus einer ent148 Zu ersterem schon RGZ 108, 274; RG LZ 1925, S. 263; RG JW 1925, S. 2608; BGHZ 48,54 (= NJW 1967, S. 2059); zu letzterem etwa BGHZ 68, 356ff. (= NJW 1977, S. 1397; ZZP 91, S. 470); SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 38; StaudingerlJagmann, BGB, § 328 Rz 25. 149 BGHZ 68,356, 363ff. (= NJW 1977, S. 1397; ZZP 91, S. 470); SchwablWalter, Kap. 7, Rz 17. ISO Vgl. BGHZ 68,356,359; BGH VersR 1983, S. 776; SchwablWalter, Kap. 7, Rz 25; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 39 m. w. N. Als Grund hierfür wird meist genannt, daß sie ja in einem eigenständigen Rechtsverhältnis zum Gläubiger stünden, vgl. ZöllerlGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 51. ISI Vgl. ZöllerlGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 51; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 40 m. w. N.; WieczoreklSchütze, ZPO, § 1025 (alt) Rz 75; Lachmann, Rz 197. IS2 BGHZ 71, 162 (= NJW 1978, S. 1585); BGHZ 68, 356 (= NJW 1977, S. 1377, 1379); BGH NJW 1976, S. 852; ThomaslPutzo, ZPO § 1029 Rz 15; Schütze, Rz 80. IS3 Vgl. Schricker, FS Lorenz, S. 99ff., 102; SchwablWalter, Kap. 7, Rz 23; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 41 m.w.N. 154 Vgl. hierzu KG JZ 1961, 175f.; LG Berlin KTS 1965, S. 176f. Gleiches wird bei Schiedsvereinbarungen von Kommanditgesellschaften für Komplementäre angenommen, nicht hingegen für die Kommanditisten, vgl. BGH WM 1071, S. 308; Glossner/BredowlBühler, Rz 126.
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sprechenden Auslegung der Schiedsvereinbarung ergeben können. 156 Für die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts wird eine Bindung der Gesellschafter dagegen nur angenommen, wenn der die Schiedsvereinbarung für die GbR abschließende Gesellschafter über entsprechende Vertretungsmacht hierzu verfügte. 157 - Grundsätzlich sind auch die einzelnen Partenreeder an eine von der Partenreederei geschlossene Schiedsvereinbarung gebunden. 158 Der BGH hat jedoch im Wege der Auslegung der Schiedsvereinbarung eine Bindung eines Partenreeders für den Fall verneint, daß er nicht der Reederin zustehende oder von ihr abgeleitete Rechte geltend macht, sondern einen daneben ihm persönlich zustehenden Schadensersatzanspruch wegen einer Täuschung bei den Vertragsverhandlungen. 159 Bei juristische Personen ist eine Bindung von Dritten über den Bereich der soeben angeführten Fälle dagegen weitgehend abgelehnt worden, sofern man sich bislang überhaupt mit dieser Frage beschäftigt hat. 160 Das OLG München hat in einer soeben veröffentlichten Entscheidung den Geschäftsführern einer GmbH eine Berufung auf eine allein im Namen der Gesellschaft geschlossenen Schiedsvereinbarung gestattet. Auf diese Entscheidung soll in Teil 4 näher eingegangen werden. 161
D. Autonomie der Schiedsvereinbarung und kollisionsrechtliche Behandlung Wie in den weiter zu untersuchenden Rechtsordnungen 162 ist der Schiedsvertrag auch im deutschen Recht als eigenständige Vereinbarung unabhängig vom materiellen Hauptvertrag zu betrachten. 163 Der SchiedsverISS BGH NJW-RR 1991, S. 423, 424; OLG Köln NJW 1961, S. 1312; OLG Hamburg HansRGZ 1928, S. 453; RosenberglSchwablGottwald, § 172 VII; Glossner/BredowIBühler, Rz 125. IS6 SO Habscheid, KTS 1966, S. 2; Schmidt, DB 1989, S. 2317, 2319; Weberl v.Schlabrendorff, FS Glossner, S. 477, 485f.; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 39. IS7 Ausführlich Westennann, FS Baur, S. 723, 738 ff.; Weberlv.Schlabrendorff, FS Glossner, S. 477ff. 1S8 BGH NJW-RR 1991, S. 423ff. (= IPRax 1992, S. 240). IS9 BGH NJW-RR 1991,423, 424f. 160 Soweit ersichtlich, haben dies in erster Linie nur Sandrock, S. 635; Schlosser etwa im SteinlJonas, ZPO, § 1034 (alt) III Rz 26, und Holeweg in ihrer Dissertation. 161 OLG München, NJW-RR 1998, S. 198f. 162 Vgl. unten, Teile 2 und 3 jeweils Kap. 2 § 2 D. 163 ReithmannlMartinylHausmann, Rz 2300, 2459; WieczoreklSchütze, ZPO, § 1025 (alt) Rz 51.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
trag und der materielle Hauptvertrag sind auch nach deutscher Auffassung selbständige und voneinander unabhängige Verträge, was nun auch für die Schiedsklausel ausdrücklich in § 1040 Abs. 1 S. 2 ZPO festgehalten wurde. Damit ist auch ihre Wirksamkeit jeweils isoliert zu beurteilen, § 139 BGB ist unanwendbar. 164 Allerdings können unter Umständen dieselben Nichtigkeitsgründe beiden Verträgen entgegenstehen. 165 Dies ist insbesondere etwa bei Anfechtungslagen wegen arglistiger Täuschung oder Irrtums denkbar. Im Hinblick auf die kollisionsrechtliche Behandlung der Schiedsvereinbarung selbst zur Beurteilung ihres wirksamen Zustandekommens gilt bei Anwendbarkeit des UNÜ oder des EÜ in erster Linie das von den Parteien gewählte Recht, hilfsweise das des Schiedsortes. l66 Sofern internationale Verträge nicht anwendbar sind, bestimmt § 1051 ZPO nun die Maßgeblichkeit des von den Parteien gewählten materiellen Rechts (Abs. 1), hilfsweise das Recht, das die engste Verbindung zum Verfahrensgegenstand aufweist (Abs. 2).167 Dies entspricht zum einen Art. 28 Abs. 1 und 2 UNCITRALMG und zum anderen der bisher in Deutschland herrschenden Meinung. 168 Entsprechend Art. 28 Abs. 3 und 4 UNCITRAL-MG neu in das Gesetz gekommen sind die Regelungen des § 1051 Abs. 3 und 4 ZPO: Billigkeitsentscheide bedürfen einer ausdrücklichen Ermächtigung durch die Parteien. 169 Nach § 1051 Abs. 4 ZPO hat das Schiedsgericht in jedem Fall "in 164 BGH NJW 1991, S. 2216 m. w. N.; Böckstiegel. FS Bülow. S. 1, 3; Thomasl Putzo, ZPO § 1029 Rz 2; im übrigen SchwablWalter, Kap. 4, Rz 19-22. 165 Etwa BaumbachlLauterbachlAlbers. ZPO, § 1040 Rz 2; SchwablWalter, Kap. 4, Rz 20f.; ReithmannlMartinylHausmann, Rz 2459. 166 Entsprechend Art. 5 Abs. 1 lit. a UNÜ; Art 6 Abs. 2 EÜ, vgl. Schlosser, RipS, Rz 251 f., MüKo/Martiny, BGB, vor Art. 27 EGBGB Rz 86ff. 167 Der Gesetzgeber und die Reformkommission waren sich uneinig darüber, ob die Art. 27 ff. EGBGB nicht nur für staatliche Gerichte, sondern auch für Schiedsgerichte bindend seien, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, zu § 1051, S. 52f. Unabhängig davon, daß für die Auffassung der Reformkommision (Keine Bindung der Schiedsgerichte) gewichtige Gründe sprechen, werden sich wegen der ähnlichen Anknüpfung kaum Unterschiede ergeben. 168 Bislang war nach der h. M. in erster Linie das von den Parteien gewählten Recht, in zweiter Linie zu dem des Interessenschwerpunktes maßgeblich. Die Frage des anwendbaren Rechts war bisher umstritten, wobei sich der Streit weniger um das Ergebnis als um den richtigen Weg hierzu drehte, vgl. MüKolMartiny, BGB, vor Art. 27 EGBGB Rz 92-94; Schlosser, RipS, Rz 253 f., mit weiteren Nachweisen zu den verschiedenen Auffassungen. Zu bemerken ist hierzu, daß die Qualifikation des Schiedsvertrages als materiellrechtlicher oder prozessualer Vertrag keine Auswirkungen auf die Anwendbarkeit schuldrechtlicher Kollisionsgrundsätze hat, vgl. überzeugend Schlosser, RipS, Rz 250. 169 Vgl. insoweit die entsprechenden Bestimmungen samt Begründungen, BTDrucksache 13/5274, S. 9, 52f. Auf Vorschlag des Bundesrates kann die Ermächtigung zu einem Billigkeitsentscheid nun nach § 1051 Abs. 3 ZPO bis zur Entscheidung dem Schiedsgericht erteilt werden, vgl. ebenda, S. 73 und 76.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
61
Übereinstimmung mit den Bestimmungen des Vertrages zu entscheiden und dabei bestehende Handelsbräuche zu berücksichtigen." Damit erhalten die Parteien, wie bisher auch, die Möglichkeit, ihren Streit etwa auf der Grundlage von Rechtsvorschriften einer lex mercatoria entscheiden zu lassen. 170 Durchaus auch vor dem Hintergrund der insoweit ähnlichen Vorschriften des NCPC und der dortigen Praxis der Schiedsgerichte soll dies aber nur bei ausdrücklicher Partei vereinbarung möglich sein. Gerade im Hinblick auf § 1051 Abs. 4 ZPO wird in der Gesetzesbegründung der Vorrang zwingender nationaler Vorschriften vor den Handelsbräuchen deutlich hervorgehoben. 171
§ 3 Der Ablauf des Schiedsverfahrens A. Allgemeines Nach § 1025 Abs. 1 ZPO sind die Vorschriften der nachfolgenden Bestimmungen dann zwingend anzuwenden, wenn der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Deutschland liegt. 172 Die bisherige, den Parteien im Hinblick auf das anzuwendende Verfahrensrecht zustehende Wahlfreiheit wurde damit aus Gründen der Rechtsklarheit dem Territorialitätsgrundsatz des UNCITRAL-MG folgend abgeschafft. 173 § 1034 Abs. 1 S. 2 ZPO sieht bei Fehlen einer abweichenden Partei vereinbarung ein dreiköpfiges Schiedsgericht vor. 174 Das Verfahren um die Bildung des Schiedsgerichts betreffend wurde ausführlicher als bisher in den Vgl. Labes/Lörcher, MDR 1997, S. 420, 424 m.w.N. Vgl. BT-Drucksache 13/5274, zu § 1051, S. 53. 172 Vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 31. 173 So ausdrücklich die Begründung, a. a. 0., vorige Fn, wobei im Gegensatz zu Art. 1 Abs. 2 UNCITRAL-MG der Territorialitätsgrundsatz auf inländische Verfahren beschränkt bleibt: § 1025 Abs. 1 ZPO wurde nicht zur negativen Kollisionsnorm ausgebaut, so daß die Wahl deutschen Schiedsverfahrensrechts in ausländischen Verfahren kein Hindernis für die Anerkennung eines hierauf ergangenen Schiedsspruches in Deutschland bereitet. Nachdem eine ausdrückliche Wahl der anzuwendenden Verfahrensrechts eher selten war, wurde bisher aus der Bestimmung des Sitzes des Schiedsgerichts durch die Parteien häufig eine konkludente Wahl des dortigen Schiedsverfahrensrechts abgeleitet. Mit kollisionsrechtlich anderer Betonung wurde dieses Recht auch als das mit dem Schiedsverfahren die engste Verbindung aufweisende Recht betrachtet, vgl. Schlosser, RipS, Rz 243-245 m. w. N. Die bisherige Lösung ist international weit verbreitet; auch in Frankreich und den USA besteht weiterhin die grundsätzliche Freiheit zur Wahl eines bestimmten Verfahrensrechts, vgl. unten Teile 2 und 3 jeweils Kap. 2 § 2 D. 174 Der bisherige § 1028 ZPO ging dagegen bei fehlenden Parteivereinbarungen von einem zweiköpfigen Schiedsgericht aus. 170
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
§§ 1034-1039 ZPO geregelt, die sich weitgehend am Beispiel der Art. 1015 UNCITRAL-MG orientieren. 175
Der Ablauf des Schiedsverfahrens ist in den §§ 1042-1050 ZPO aus Gründen der Rechtssicherheit ausführlicher als bisher geregelt. 176 Bislang lag die Ausgestaltung weitgehend im Ermessen der Schiedsrichter. Die aus Art. 17-27 UNCITRAL-MG übernommenen Bestimmungen sehen etwa Regelungen über Ort und Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, die Verfahrenssprache und den Ablauf der schriftsätzlichen Auseinandersetzung vor. § 1048 ZPO regelt nun auch die Fälle der Säumnis: So wird das Verfahren etwa bei Säumnis des Beklagten fortgesetzt, ohne daß dies vom Schiedsgericht als Zugeständnis der klägerischen Behauptungen zu behandeln ist. 177 B. Schiedsrichterliche Entscheidung über die eigene Zuständigkeit?
Die Frage der Kompetenz-Kompetenz und die Beteiligung der staatlichen Gerichte wurde durch § 1040 ZPO neu geregelt: Wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts fristgerecht nach § 1040 Abs. 2 ZPO gerügt, entscheidet das Schiedsgericht zunächst selbst über seine Zuständigkeit, § 1040 Abs. 1 ZPO. Bejaht es seine Zuständigkeit, ergeht ein Zwischenentscheid nach § 1040 Abs. 3 S. 1 ZPO. 178 Die Parteien können dann gemäß § 1040 Abs. 3 S. 2 ZPO innerhalb eines Monats eine gerichtliche Entscheidung durch das nach § 1062 Abs. 1 Ziff. 2 Alt. 2. ZPO zuständige OLG herbeiführen. Damit ist es entgegen der bisherigen Rechtslage möglich, schon in einem recht frühen Verfahrensstadium die Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts klären zu lassen. 179 Das Vorliegen einer wirksamen Vgl. die Gesetzesbegründung in BT-Drucksache 13/5274, S. 39-43. Im wesentlichen werden die Art. 18-27 UNCITRAL-MG übernommen, wodurch bei fehlenden Partei vereinbarungen ein reibungsloser Verfahrensablauf gewährleistet und die Aufgabe des Schiedsgerichts erleichtert werden soll, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 46-51. 177 Vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S. 49f. 178 Der Fall der Entscheidung bei Annahme der Unzuständigkeit ist im Gesetz nicht geregelt. In der Gesetzesbegründung wird eine Entscheidung durch einen ,,Prozeßschiedsspruch" empfohlen. Letzterer soll in der Regel nur im Rahmen des Aufhebungsverfahrens anzufechten sein, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, S.44. 179 Das Schiedsverfahren kann nach § 1040 Abs. 3 S. 3 ZPO während dieses Verfahrens weitergeführt werden, so daß unnötige Verzögerungen vermieden werden. Bislang haben die staatlichen Gerichte das Vorliegen der die Zuständigkeit begründenden Schiedsvereinbarung grundsätzlich erst im Nachhinein überprüft. Allerdings konnte eine Partei, die das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung bestritt, Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Schiedsvertrages erheben, solange 175
176
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
63
Schiedsvereinbarung unterliegt im übrigen der gerichtlichen Kontrolle nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) und c) ZPO. Das Zusammenspiel der Schiedsgerichte und der staatlichen Gericht bei der Frage der Entscheidung über die Zuständigkeit entspricht im wesentlichen Art. 16 UNCITRAL-MG, unterscheidet sich damit aber von den Regelungen in Frankreich und den USA. 180 Zugleich geht aus § 1040 ZPO nunmehr hervor, daß es im deutsche Recht nun nicht mehr möglich ist, den Schiedsrichtern eine eigenständige Kompetenz-Kompetenz zu übertragen. Unter dem Begriff der KompetenzKompetenz wird im Unterschied zu Frankreich und den USA die Frage nach der Zulässigkeit einer Partei vereinbarung verstanden, derzufolge die Schiedsrichter mit bindender Wirkung für staatliche Gerichte endgültig über die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung entscheiden können. 181 Während ein Teil des Schrifttums eine derartige Vereinbarung bisher für unzulässig hält,182 bejahten der BGH und der Großteil der modemen Literatur eine entsprechende Dispositionsfreiheit der Parteien. 183 Eine derartige Übertragung der Kompetenz-Kompetenz auf die Schiedsrichter mit bindender Wirkung auch für staatliche Gerichte ist nach § 1040 ZPO nun nicht mehr möglich, da die Kontrollmöglichkeit des Abs. 3 zwingender Natur iSt. 184
noch kein Schiedsspruch unter Beachtung der Förmlichkeiten des § 1039 ZPO abgesetzt worden war, vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 55. Auflage 1997, Einf. v. §§ 1041-1044 (alt) Rz 1. Dies bleibt nach § 1032 Abs. 1 HS 2, Abs. 2 ZPO weiterhin möglich, allerdings nur noch vor der Bildung des Schiedsgerichts. 180 Zwar wird durch die OLG-Zuständigkeit nach § 1040 Abs. 3 ZPO eine Vorabentscheidung eines staatlichen Gerichtes geschaffen. Diese unterscheidet sich von einem order to stay proceedings eines amerikanischen Gerichtes aber schon insofern, als daß zunächst eine Entscheidung des Schiedsgerichts selber eingeholt werden muß, siehe zur bisherigen Rechtslage vergleichend Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, § 1037 (alt) Rz 1 m. W.N. 181 Vgl. unten Teil 2 Kap. 2 § 3 B und Teil 3 Kap. 2 § 3 C; umfassend Stein/ Jonas/Schlosser, ZPO, § 1037 (alt) Rz 3 m. w.N., rechtsvergleichend auch Park, Arb.Int. 1996, S. 137, 149ff. 182 Etwa Baur, FS Fasching, S. 81, 87; Schwab/Walter, Kap. 6, Rz 9 m. W.N. 183 BGH BB 1955, S. 552 (= KTS 1961, S. 26); BGHZ 68, 356 (= NJW 1977, S. 1397; ZZP 91, S. 470); BGH JZ 1989, S. 201; aus dem Schrifttum etwa Stein/ Jonas/Schlosser, ZPO, § 1037 (alt) Rz 3; ZölleriGeimer, ZPO, § 1025 (alt) Rz 57; Habscheid, zuletzt in FS Baur, S. 425 ff., wobei den Gegnern allerdings zuzugeben war, daß die Argumentation des BGH (Zweite Schiedsabrede zur Frage der Gültigkeit des Schiedsvertrages) tatsächlich nicht besonders überzeugen konnte, hierzu Schwab/Walter, Kap. 6, Rz 8 Fn 17. 184 § 1040 ZPO übernimmt insoweit die Regelung des Art. 16 UNCITRAL-MG, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274 S. 44, hierzu bereits Schlosser, RIW 1994, S. 724 f.
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
c.
Probleme mit mehreren Beteiligten
Das deutsche Recht enthält auch nach der Reform keine ausdrücklichen Bestimmungen über die Verbindung von Schiedsverfahren oder generell über Mehrparteienverfahren. 185 Eine Zwangskonsolidierung verschiedener Schiedsverfahren wurde bislang von keinem Gericht in Deutschland angeordnet. Umgekehrt hat allerdings das Kammergericht 1961 eine Schiedsvereinbarung für unwirksam erklärt, wenn wegen der Notwendigkeit einer gemeinsamen Rechtsverfo1gung eine Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 Al. 2 ZPO besteht, aber nur einer der Sachbefugten Partei des Schiedsvertrages ist. 186 In diesen Fällen müsse ein einheitliches Verfahren vor den staatlichen Gerichten durchgeführt werden. 187 Eine derartige Notwendigkeit besteht im Fall der Streitgenossenschaft nach § 62 Abs. 1 Al. 1 ZPO nicht. 188 Eine Nebenintervention wird unter den Voraussetzungen des § 66 ZPO allgemein für zulässig erachtet. Umstritten ist allerdings, ob hierzu die Zustimmung der Parteien und des Schiedsgerichts erforderlich ist,189 und ob durch den Beitritt die Interventionswirkung nach § 68 ZPO ausgelöst wird. 19o Für den Fall der Streitverkündung wird der Eintritt der Interventionswirkung davon abhängig gemacht, daß der Dritte sich dieser Wirkung ausdrücklich unterwirft. 191 In beiden Fällen haben derartige Nebenparteien aber keinen Einfluß auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts. 192 Anders ist dies jedoch bei der Beteiligung von mehreren Hauptparteien, was gravierende Folgeprobleme insbesondere für die Zusammensetzung des 18S Dies wird ausdrücklich der "Konturierung durch die Rechtsprechung überlassen", vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, s. 26. 186 KG JZ 1961, S. 175, vgl. auch die Kritik von Pohle in der anschließenden Besprechung S. 175 f. 187 So auch SchwablWalter, Kap. 16, Rz 12; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 39; Diesselhorst, S. 57f. 188 SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1025 (alt) Rz 39; SchwablWalter sprechen sich dagegen dafür aus, daß in einem derartigen Fall eine Trennung erfolgen "sollte", Kap. 7, Rz 18, und Kap. 16, Rz 15. 189 Dafür: BGHZ 85, 290; SchwablWalter, Kap. 16, Rz 14; Berger, S. 218f.; dagegen: SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1034 (alt) Rz 32; noch weiter Mark/ort, S. 70, der auch bei ausdrücklichem Widerspruch eine Nebenintervention zuläßt. 190 Dafür: SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1034 (alt) Rz 32; MüKolMaier, ZPO, § 1034 Rz 39; ebenfalls weitergehend Mark/ort, S. 70; dagegen etwa Baumbachl LauterbachlAlbers, ZPO, 55. Auflage 1997, § 1034 (alt) Rz 20; SchwablWalter, Kap. 16, Rz 14. 191 BGH LM § 68 Nr. 2, was nach BGH KTS 1965, S. 28 (= MDR 1965, S. 124) auch im Zusammenhang mit dem Beitritt geschehen kann. 192 Mohrbutter, KTS 1957, S. 34; SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1034 (alt) Rz 32; Laschet, FS Bülow, S. 111.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
65
Schiedsgerichts aufwirft. An der international lebhaft geführten Diskussion über Lösungsmöglichkeiten für Mehrparteienverfahren beteiligten sich auch zahlreiche deutsche Autoren. 193 Weitgehend anerkannt sind die beiden im wesentlichen von Fouchard 194 erarbeiteten Grundvoraussetzungen, nämlich zum einen, daß die Durchführung eines Mehrparteienverfahrens von den Vereinbarungen der Parteien gedeckt ist und zum anderen, daß alle beteiligten Parteien grundSätzlich gleichen Einfluß auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts haben müssen. 195 Abgezielt wird hierbei in erster Linie auf komplexe Konstellationen, die durch mehrere bilaterale Vereinbarungen begründet worden sind. Um die Arbeitsfähigkeit des Schiedsgerichts zu erhalten, sind jedoch verschiedene Modelle erarbeitet worden, in welchen sich Parteien auf die Ernennung eines gemeinsamen Schiedsrichters einigen müssen. Das KG hat 1966 anläßlich einer Auseinandersetzung innerhalb eines Konsortiums die Auffassung vertreten, daß die von einem Konsorten verklagten 20 anderen Konsorten einen gemeinsamen Schiedsrichter hätten ernennen müssen, da sie in ihrer Gesamtheit vom Feststellungsbegehren des Klägers betroffen gewesen seien und damit eine einheitliche Partei bildeten. 196 Hierauf aufbauend hat insbesondere Schlosser Fallgruppen entwickelt, in welchen er die Interessenlage der Parteien nach Entstehung des Streites analysiert und eine Pflicht zur Ernennung eines gemeinsamen. Schiedsrichters immer dann annimmt, wenn die Möglichkeit eines Interessenkonflikts etwa zwischen den bei den Beklagten ausgeschlossen werden kann. 197 Können sich die Parteien nicht auf einen gemeinsamen Schiedsrichter einigen, soll die bei Untätigkeit einer Schiedspartei zuständige Stelle den Schiedsrichter ernennen. 198
193 Vgl. die Literaturnachweise zu diesem Problem bei Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, § 1034 (alt) Rz 24, Fn 97; oder bei Markfort. 194 Multiparty Business Disputes, Institute of International Business Law and Practise (1980), ICC Doc No 359, S. 57 ff. 195 So etwa Nicklisch, FS Glossner, S. 221, 223; Schwab. FS Habscheid, S. 285, 288ff. 196 KG KTS 1966, S. 100: Da sie der Aufforderung zu einer derartigen Benennung nicht fristgerecht nachgekommen sei, habe das LG zu Recht einen Schiedsrichter für sie ernannt. 197 Ausführlich in RipS, Rz 559-584; und im Stein/Jonas, ZPO, § 1034 (alt) Rz 25ff.; ähnlich Nicklisch, FS Glossner, S. 221, 224ff. 198 Zum Teil wird auch vorgeschlagen, das gesamte Schiedsgericht durch die ernennende Stelle oder ein staatliches Gericht ersatzweise zu ernennen, vgl. Berger, S. 222f. 5 Frank
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1. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
§ 4 Der Schiedsspruch Für einen Schiedsspruch genügt bei einem mehrköpfigen Schiedsgericht nach § 1052 Abs. 1 ZPO grundsätzlich eine absolute Mehrheit der Stimmen. Bei der Abfassung sind die sich aus § 1054 ZPO ergebenden Vorschriften hinsichtlich der Unterzeichnung, der Begründung, der Datierung und der Übersendung zu beachten. 199 Ohne Erfüllung dieser Voraussetzungen ist das Schiedsverfahren noch nicht abgeschlossen, die Wirkungen des § 1055 ZPO, nämlich die eines rechtskräftigen Urteils unter den Parteien, können zuvor nicht eintreten. 2OO
§ 5 Gerichtliche Kontrolle der Schiedssprüche A. Anerkennung und Vollstreckbarkeit Um die Qualität eines Vollstreckungstitels zu erhalten, muß ein "inländischer" Schiedsspruch auch in Deutschland vom staatlichen Gericht im Verfahren nach §§ 1060 ZPO für vollstreckbar erklärt werden.2° 1 Eine zusätzliche, eigene Anerkennung ist dagegen nur für "ausländische" Schiedssprüche erforderlich, § 1061 ZPO: Deren Anerkennung und Vollstreckbarkeit richtet sich nunmehr generell nach den Bestimmungen des UNÜ von 1958. Als "ausländisch" galt ein Schiedsspruch bislang, wenn das Schiedsgericht seiner Entscheidung ausländisches Verfahrensrecht zugrunde gelegt hat. 202 Da durch die Änderung des § 1025 ZPO nunmehr bei allen im Inland ergangenen Schiedssprüchen deutsches Verfahrensrecht Anwendung finden muß, werden sie alle "inländisch" sein. Im Ausland nach deutschem Verfahrensrecht ergangene Schiedssprüche sollen dagegen fortan als "ausländisch" gelten.203 199 Damit wurde im Vergleich zum alten § 1039 ZPO auf die Erfordernisse der Zustellung und Niederlegung des Schiedsspruchs als Wirksamkeits- und Vollstreckbarerklärungsvoraussetzung verzichtet, vgl. Begründung, BT-Drucksache 13/5274, zu § 1054, S. 56; LabeslLörcher, MDR 1997, S. 420, 423. 200 BGH NJW-RR 1986, S. 61 f. Die Regelung ist zwingend, durch abweichende Vereinbarungen machen die Parteien den Schiedsspruch zu einem außergerichtlichen Vergleich, vgl. im einzelnen BaumbachlLauterbachlAlbers, ZPO, 55. Auflage 1997, § 1039 (alt) Rz 11 f. 201 Die Vollstreckbarkeitserklärung darf nur bei Vorliegen eines Autbebungsgrundes nach § 1059 Abs. 2 ZPO abgelehnt werden. Rechtskräftig bereits abgewiesene Aufhebungsgründe sowie präkludierte Autbebungsgründe sind nicht mehr zu berücksichtigen, vgl. § 1060 Abs. 2 S. 2 und 3 ZPO. 202 Std. Rspr., BGH NJW 1988, S. 3091, Geimer, IZPR, Rz 3895; es kommt dabei auf das tatsächlich angewendete, nicht auf das richtiger Weise anzuwendende Verfahrensrecht an, vgl. SteinlJonaslSchlosser, ZPO, § 1044 (alt) Rz 10 m. w. N.
2. Kap.: Schiedsrecht in Deutschland
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Sofern die Schiedsrichter ein Verfahren bisher auf der Grundlage der lex mercatoria entschieden haben, ohne von den Parteien hierzu ausdrücklich ermächtigt worden zu sein, hatten sie nach herrschender Meinung eine Billigkeitsentscheidung ohne Parteiermächtigung getroffen, was zu einer Aufhebung des Schiedsspruchs wegen eines Verfahrensfehlers oder eines ordre public- Verstosses führte. 204 B. Aufhebungsverfahren Gegen inländische Schiedssprüche steht den Parteien eine Aufhebungsklage nach § 1059 ZPO mit dem Ziel der rückwirkenden Vernichtung des Schiedsspruchs offen. 205 Bedeutsamste Änderung gegenüber dem bisherigen Recht ist, daß die Aufhebungsklage nunmehr fristgebunden ist, § 1059 Abs. 3 ZPO. Die in Abs. 2 genannten Aufhebungsgründe entsprechen im wesentlichen Art. 34 UNCITRAL-MG und enthalten einige Abweichungen zu den Regelungen des bisherigen § 1041 ZPO?06 Anders als im französischen Recht besteht damit keine Möglichkeit, den Schiedsspruch vollumfänglich durch ein staatliches Gericht überprüfen zu lassen?07 Während nach bisher herrschender Meinung eine Aufhebung des Schiedsspruch zur Folge hatte, daß der Streit durch staatliche Gerichte selbst entschieden werden mußte, weil die Schiedsvereinbarung "verbraucht" gewesen sei,208 sehen § 1059 Abs. 4 und 5 ZPO nun die Möglichkeit einer Aufhebung und Zurückverweisung an das Schiedsgericht vor, da der Schiedsvertrag in Zweifel wiederauflebt. 209 Ausgehend von dieser rechtlichen Situation in Deutschland soll in den folgenden beiden Teilen untersucht werden, in welchen Konstellationen und mit welchen Begründungen in Frankreich und den USA ein Durchgriff im Schiedsvertrag zugelassen wird. Bei den hierbei jeweils vorangestellten Einführungen in das Gesellschafts- und Konzernrecht sowie das Schiedsrecht dieser Länder wird in rechtsvergleichender Sicht bereits auf die maßgebli203
S.62.
Vgl. insoweit die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 13/5274, zu § 1061,
204 Schlosser, RipS, Rz 863; v. Bar, Rz 113; TriebellPetzold, RIW 1988, S. 245ff.; Sandrock, RIW 1992, S. 785ff., aA wohl Berger, S. 483ff. 205 Die Parteien können auch die Zuständigkeit eines Oberschiedsgerichts vereinbaren, was jedoch selten vorkommt, vgl. Schütze, Rz 219. 206 So wurden etwa die Aufhebungsgründe des alten § 1041 Abs. 1 Nr. 5 und 6 ZPO nicht übernommen, vgl. im einzelnen die Gesetzesbegründung, BT-Drucksache 13/5274, zu § 1059, S. 58ff. 207 Glossner/Bredow/Bühler, Rz 539ff. 208 Schwab/Walter, Kap. 25, Rz 15 m. w. N. 209 Vgl. Schütze, Rz 272.
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I. Teil: Die rechtliche Ausgangslage in Deutschland
chen Unterschiede zur soeben geschilderten Ausgangssituation in Deutschland eingegangen: Die dortigen Lösungen für das eigentliche Thema der Arbeit werden zum Teil nur vor diesem Hintergrund verständlich. Auf der Grundlage der dort gewonnenen Erkenntnisse sollen im abschließenden Teil dann Lösungsansätze für das deutsche Recht erarbeitet werden.
Zweiter Teil
Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich Im zweiten Teil soll nun zunächst das Gesellschafts- und Konzernrecht (Kapitell) sowie das Schiedsrecht (Kapitel 2) Frankreichs dargestellt werden, bevor die wesentlichen Durchgriffsfälle zum Schiedsvertragsrecht aufgezeigt und im Hinblick auf die dort verwendete Argumentation hin analysiert werden (Kapitel 3): Erstes Kapitel
Gesellschafts- und Konzernrecht in Frankreich Um das eigentliche Thema der Arbeit nicht aus den Augen zu verlieren, kann an dieser Stelle keine umfassende Darstellung des französischen Gesellschafts- und Konzernrechts erfolgen. Es soll daher zunächst ein Überblick über die Gesellschaftstypen des französischen Rechts gegeben (§ 1) und sodann auf speziell konzernrechtliche Bestimmungen eingegangen werden (§ 2), bevor schließlich das Problem des Durchgriffs dargestellt wird (§ 3):
§ 1 Überblick über die Gesellschaftsformen Die verschiedenen Gesellschaftstypen des privaten Sektors 1 lassen sich einerseits in die Bereiche der bürgerlichen Gesellschaften und der Handelsgesellschaften, andererseits in Personen- und Kapitalgesellschaften unterteilen. Das gesamte Gesellschaftsrecht Frankreichs wurde in den letzten dreißig Jahren grundlegend überarbeitet: Das Recht der Handelsgesellschaften wurde durch das Gesetz vom 24.7.1966 reformiert. Für alle Gesellschaftstypen wurde 1978 durch die Reform der Art. 1832-1844-17 C.civ. eine Art allgemeiner Teil des Gesellschaftsrechts geschaffen? Im Januar 1996 wurde der Senator Marini von der Regierung beauftragt, einen Bericht mit VorI Zum Bereich der öffentlichen und halböffentlichen Unternehmen und ihren Organisationsformen vgl. Sonnenberger, III, Rz 1-5. 2 Reform durch das Gesetz Nr. 78-9 vom 4. Januar 1978. Die dortigen Bestimmungen sind nach Art. 1834 C.civ. auf alle Gesellschaften anwendbar, sofern das
70
2. Teil: Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich
schlägen für eine erneute Modernisierung des Gesellschaftsrechts zu erstellen. Der Bericht wurde im Juli 1996 fertiggestellt, derzeit berät das Parlament über die entsprechenden Änderungsvorschläge. 3 Nach der Grunddefinition des Art. 1832 S. I C.civ. wird eine Gesellschaft errichtet durch den Vertrag von zwei oder mehr Personen, aufgrund dessen sie in ein gemeinsames Unternehmen Güter oder Dienstleistungen einbringen mit dem Ziel, die Gewinne zu teilen oder Nutzen aus den möglichen Einsparungen zu ziehen, die hieraus entstehen können. 4 Während im deutschen Recht nur Kapitalgesellschaften über den Status der juristischen Person verfügen, erhalten im französischen Recht nach Art. 1842 C.civ. alle Gesellschaften bis auf die socihe en participation 5 kraft ihrer Eintragung eine eigene Rechtspersönlichkeit, die personne morale, wobei das wirksame Zustandekommen des Gesellschaftsvertrages vorausgesetzt wird. 6 Im Unterschied etwa zur Lage in Deutschland kennt das französische Recht eine wesentlich größere Anzahl von Gesellschaftstypen, welche für bestimmte Einzelsektoren eigens geschaffen wurden. 7 Im folgenden werden allein zum Verständnis der Arbeit die wichtigsten Formen der Personen- (I.) und der Kapitalgesellschaften (11.) dargestellt. 8 Gesetz keine anderweitigen Bestimmungen wegen der Form oder dem Zweck der jeweiligen Gesellschaft trifft. 3 Vgl. Paillusseau, D.S. 1996, Chr., 287-300, Editorial-Notiz in EuZW 1997 Heft 4: Auf die Vorschläge soll im folgenden soweit wie möglich an den jeweiligen Punkten hingewiesen werden. 4 Eine Gesellschaft kann nach Art. 1832 S. 2 C.civ. auch durch einseitiges Rechtsgeschäft einer Person errichtet werden. Gern. S. 3 verpflichten sich die Gesellschafter, an den Verlusten teilzuhaben. Sofern ein Gesellschafter in die Gesellschaft seine Arbeitskraft, einen apport en industrie, einlegt, wird dieser Beitrag aber nicht in die Berechnung des Gesellschaftskapitals miteinbezogen, Art. 1843-2 C.civ. s Art. 1871-1872-2 C.civ. Die sociere en participation ermöglicht eine Beteiligung vergleichbar der in einer stillen Gesellschaft i. S. d. HGB, aber auch eine Außengesellschaft; vgl. Sonnenberger, III, Rz 11; Guyon I, S. 537-548. 6 Infolgedessen verfügt auch eine societe creee de fait über keine Rechtspersönlichkeit. Die societe creee de fait ist keine willentlich ins Leben gerufene Gesellschaft. Verhalten sich Personen, ohne einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen zu haben, aber wie Gesellschafter, so nehmen die Gerichte eine faktische Gesellschaftsgründung an: Der Abschluß eines schriftlichen Vertrags ist nach Art. 1844-10 C.civ. im Umkehrschluß nicht Voraussetzung für die Annahme einer Gesellschaft. Der bürgerlichen Gesellschaft hatte die Cour de cassation schon bereits 1891 eine eigene Rechtspersönlichkeit zugestanden, obwohl nach damaliger Rechtslage die Gesellschaft nach Art. 1832 C.civ. ein rein schuldrechtlicher Vertrag war, Urteil vom 23.2.1891, D.P. 1891, I, S. 337ff. Für die Handelsgesellschaften wird dies in Art. 5 Abs. I S. I des Gesetzes vom 24.7.1966 noch einmal klargestellt, wobei diese hiermit zugleich auch die Kaufmannseigenschaft erhalten; vgl. auch Ripert/Roblot I, Rz 783. 7 V gl. Überblick bei Sonnenberger, III, Rz 12-17.
1. Kap.: Gesellschafts- und Konzernrecht in Frankreich
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A. Die Personengesellschaften Die eingetragene bürgerliche Gesellschaft ist im C.civ. in den Art. 1845ff. geregelt. Als solche gelten nach Art. 1845 Abs. 2 C.civ. alle Gesellschaften, welchen das Gesetz nicht wegen ihrer Form, ihrer Natur oder ihrem Gegenstand einen anderen Charakter zuweist.9 Ihre Errichtung setzt eine Unterzeichnung der Statuten durch die Gesellschafter, sowie eine Eintragung ins Handelsregister und eine entsprechende Veröffentlichung voraus. 10 Wie in §§ 705 ff. BGB ist die Autbringung eines Mindestkapitals nicht erforderlich. Im Unterschied zur Lage in Deutschland ist die Gesellschaft als eigene Rechtspersönlichkeit zwar Trägerin ihres Vermögens und haftet für rechts geschäftliche und andere Handlungen ihrer Organe. Jedoch wird die Haftung ihrer Gesellschafter nach Art. 1857 C.civ. hierdurch nicht ausgeschlossen. Diese haften Dritten gegenüber unbeschränkt in der Höhe ihrer Anteile am Gesellschaftskapital, wobei ein Vorgehen gegenüber den Gesellschaftern voraussetzt, daß der Gläubiger die Forderung zuvor erfolglos bei der Gesellschaft geltend gemacht hat, Art. 1857, 1858 C.civ. ll Nach außen wird die bürgerliche Gesellschaft durch einen oder mehrere Geschäftsführer vertreten, welche gesetzlich weitgehende Befugnisse innerhalb des objet social ihrer Gesellschaft eingeräumt wurden, Art. 1848 C.CiV. 12 Diesem droht nach Art. 1850 Abs. 1 C.civ. bei Verstößen gegen das Gesetz oder die Gesellschaftsstatuten oder bei schuldhaften Geschäftsführungsmaßnahmen auch eine unmittelbare Haftung gegenüber Dritten. 13 Die sociite en nom collectif (SNC) entspricht funktional weitgehend der OHG: sie ist eine Handelsgesellschaft i. S. d. Gesetzes vom 24.7.1966. Ihre 8 Im übrigen wird auf die Spezialliteratur verwiesen, etwa die ausführlichen Darstellungen bei Ripert/Roblot, Guyon, oder im Dictionnaire Permanent de Droit des Affaires, aus deutscher Sicht bei Sonnenberger, Kapitel III. 9 Neben der Grundform der bürgerlichen Gesellschaft gibt es eine ganze Reihe von Sonderformen für verschiedene Tätigkeitsbereiche wie etwa im Bereich der Land- und Forstwirtschaft oder der Gesellschaften der freien Berufe, welche abweichenden Bestimmungen unterliegen, vgl. die Darstellung etwa im Dictionnaire Permanent de Droit des Affaires, Teil 2, Droit des Societes (im folgenden DPDA 11), S. 2769-2794 B; bei Guyon I, Rz 223; oder Ferid/Sonnenberger, FrzZR, Bd 2, Rz 2 L 8-16. 10 Zum Ablauf des Eintragungsverfahrens und den möglichen Folgen bei formellen und inhaltlichen Fehlern vgl. Ferid/Sonnenberger, FrzZR, Bd 2, Rz 2 L 113123. II Guyon I, Rz 228; Cass. 3e civ., 6.7.1994, Bull.civ. II1, n° 140; Rev.soc. 1995, S.39. 12 Satzungsmäßige Beschränkungen seiner Vertretungsmacht können Dritten nicht entgegengehalten werden; Guyon I, Rz 240; zu den einzelnen Modalitäten DPDA 11, socihe civile, Rz 16-20. \3 Vgl. Ferid/Sonnenberger, FrzZR, Bd 2, Rz 2 L 212; Guyon I, Rz 242.
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Errichtung setzt nicht das Aufbringen eines bestimmten Mindestkapitals voraus, notwendig ist neben der Unterzeichnung eines Statuts mit dem Inhalt des Art. 2 G 24.7.1966 die Eintragung im Handelsregister und eine entsprechende Veröffentlichung. Hierdurch erhält sie wie die societe civile die personne morale. Die Gesellschafter haften gegenüber Dritten für die Schulden der zuvor außergerichtlich in Verzug gesetzten Gesellschaft unbeschränkt und gesamtschuldnerisch, Art. 10 G 24.7.1966. 14 Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft unterliegen dem/ den Geschäftsführern. Enthalten die Statuten hierzu keine Bestimmungen, sind vergleichbar § 125 HGB alle Gesellschafter einzeln zu Geschäftsführung und Vertretung ermächtigt, Art. 12 Abs. 1 G 24.7.1966. 15
B. Die Kapitalgesellschaften Von den verschiedenen Formen von Kapitalgesellschaften des französischen Rechts ragen die socihe responsabilire limitee (A.) und die societe anonyme (B.) als wichtigste Erscheinungsformen heraus. 16
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I. Die societe a responsabilite limitee Nach dem Vorbild der deutschen GmbH wurde durch das Gesetz vorn 7.3.1925 in Frankreich die socihe responsabilite limitee (SARL) eingeführt. 17 Sie hat sich seitdem zum weitaus verbreitetsten Gesellschaftstyp entwickelt. 18 Ihre Errichtung erfordert ein Gründungskapital von nur 50.000
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14 Vgl. etwa Ripert/Roblot I, Rz 831-834, oder Merle, Rz 148-153. Die Gesellschafter sind kraft dieser Norm auch Kaufleute i. S. d. Gesetzes. IS Vgl. im übrigen die Darstellungen bei Ripert/Roblot I Rz 820-859; Guyon I, Rz 244-275, oder Sonnenberger, III, Rz 138-142. Auf die sociere en commandite simple soll wegen ihre geringen praktischen Bedeutung nicht weiter eingegangen werden. Sie entspricht in weiten Bereichen der Kommanditgesellschaft des HGB, vgl. etwa Lamy Socieres Commerciales (Lamy soc.), Rz 2560-2600. Bemerkenswert ist allenfalls, daß ein Kommanditist, welcher sich in die gestion externe einmischt, bezüglich der Haftung den Komplementären gleichgestellt werden kann, entweder beschränkt auf das jeweilige Geschäft oder weitergehend nach Wichtigkeit und Häufigkeit derartiger Einmischungen bis zur völligen Gleichstellung für alle Verpflichtungen, Art. 28 Abs. 2 G 24.7.1966; auch Merle, Rz 168. 16 Die daneben etwa noch existierende Kommanditgesellschaft auf Aktien ist in den Art. 251-261 G 24.7.1966 geregelt. Sie spielt in der Praxis eine eher untergeordnete Rolle, weswegen auf eine genauere Darstellung hier verzichtet wurde. 17 Derzeit ist sie in Art. 34-69 G 24.7.1966 und in Art. 20-53 des Dekrets vom 23.3.1967 geregelt. 18 So bestanden am 1.1.1993 in Frankreich rund 591.000 SARL gegenüber knapp 170.000 SA und nur 30.000 SNC, Zahlen nach Merle, Rz 173.
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FF. 19 Sie kann seit 1985 auch durch eine einzelne Person errichtet werden, wobei dann allerdings bestimmte Sonderregeln Anwendung finden?O Die Gesellschaft erlangt die Rechtspersönlichkeit nach der Eintragung ins Handelsregister mit der Veröffentlichung einer entsprechenden Mitteilung im Bulletin officiel des annonces civiles et commerciales. 21 Die SARL selbst verfügt unabhängig vorn Gegenstand ihrer Tätigkeit über die Kaufmannseigenschaft, wohingegen weder ihre Gesellschafter noch der Geschäftsführer allein aufgrund dieser Funktionen Kaufleute werden. Geschäftsführung und Vertretung der SARL obliegen einern von den Gesellschaftern ernannten Geschäftsführer. 22 Eine unmittelbare Haftung der Gesellschafter für Schulden der SARL ist angesichts ihres Charakters als Kapitalgesellschaft grundsätzlich ausgeschlossen. 23 ß. Die societe anonyme
Das französische Recht kennt zwei Erscheinungsformen der Aktiengesellschaft, für die zum Teil unterschiedliche Bestimmungen gelten: 24 Kennzei19 Das Kapital muß anders als bei der SA nicht nur vollständig gezeichnet, sondern auch sofort voll eingezahlt sein, Art. 38 Abs. 1 G 24.7.1966; Guyon I, Rz 476.1, 477. Die geringe Höhe wird seit geraumer Zeit heftig kritisiert. Im Bericht des Senators Marini zur Reform des Gesellschaftsrechts wird ein Anhebung auf 100.000 FF gefordert, für die EURL soll es allerdings bei 50.000 FF bleiben, vgl. Paillusseau, D.S. 1996, Chr., S. 287, 299. Aufgrund des Charakters einer Kapitalgesellschaft sind Einlagen in Form von Dienstleistungen grundsätzlich nicht möglich; allerdings Ausnahmen für Unternehmen von Ehepartnern in Form der SARL, vgl. Art. 38 Abs. 2 G 24.7.1966; Merle, Rz 181. Zum Schutz der Gläubiger müssen Sacheinlagen von einem unabhängigen Sachverständigen, dem commissaire aux apports bewertet werden, vgl. etwa RibertlRoblot I, Rz 930; anderenfalls haften die Gesellschafter u. U. gegenüber Dritten gesamthänderisch für den von ihnen angegebenen Wert, Art. 40 Abs. 2 und 3 G 24.7.1966; Lamy soc., Rz 2630. 20 Es handelt sich dann um eine entreprise unipersonnelle cl responsabilite limitee (EURL), hierzu Lamy soc., Rz 2959-2998; Sonnenberger, III, Rz 189-194. Allerdings verbietet Art. 36-2 G 24.7.1966, daß der einzige Gesellschafter einer SARL in einer anderen SARL besteht, welche wiederum nur über einen einzigen Gesellschafter verfügt. Einmann-Konzerne sollen demnach unterbunden werden. Nach Art. 36 G 24.7.1966 ist die Zahl der Gesellschafter auf maximal 50 begrenzt; danach muß die SARL in eine SA umgewandelt werden. Auch diese Bestimmung soll nach dem Marini-Bericht abgeschafft werden, Paillusseau, D.S. 1996, Chr., S. 287, 299. 21 Die Gründungsvoraussetzungen sind naturgemäß etwas aufwendiger als bei Personengesellschaften; vgl. Guyon I, Rz 149-152. 22 Vgl. hierzu im einzelnen RipertlRoblot I, Rz 956-973, DPDA 11, Girant de SARL, S. 2479-2488B; Lamy soc., Rz 2647-2790; Sonnenberger, III, Rz 180-186. 23 Zu den möglichen Ausnahmen wegen einer immixtion dans la gestion vgl. unten § 3 C IV. 24 Durch das Gesetz vom 3.1.1994 wurde zudem die sociite par actions simpliflies (SAS) geschaffen, eine vereinfachte AG. Die Bestimmungen wurden als
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chen einer Publikumsgesellschaft i.S.d. Art. nff. G 24.7.1966 ist, daß ihre Anteile zum notierten Börsenhandel oder zur Wertpapierbörse 25 zugelassen sind bzw. für die Plazierung ihrer Titel öffentlich geworben wird. Einfachen Aktiengesellschaften dagegen ist das öffentliche Werben, faire publiquement appel a l'epargne, untersagt. 26 Vereinfacht dargestellt gelten für erstere SA strengere Vorschriften. Für ihre Errichtung ist ein Kapital von 1.500.000 FF erforderlich, während bei der SA simple bereits 250.000 FF ausreichen. 27 Zur Errichtung beider Formen der SA sind mindestens sieben Gesellschafter erforderlich. 28
Art. 261-1 bis 261-20 ins G 24.7.1966 eingefügt. Die SAS soll vor allem eine flexible Form für die Zusammenarbeit von Gesellschaften, insbesondere für Joint Ventures und gemeinsame Tochterunternehmen bieten. Gesellschafter können nur Gesellschaften mit einem Kapital von mindestens 1.500.000 FF oder staatliche Unternehmen sein, die SAS ist damit ausschließlich eine "Gesellschaft der Gesellschaften" und befindet sich damit an der Grenze zum Konzernrecht, vgl. Guyon I, Rz 471-2. Da sie aber nur eine Organisationsform durch einen eigenen Gesellschaftstyp darstellt, zu den Folgen und möglichen Problemen der Unternehmenskonzentration aber keine Regelungen trifft, soll sie hier kurz skizziert werden: Sie selbst benötigt ein Mindestkapital von 250.000 FF, ihre Errichtung regelt sich im wesentlichen nach den Vorschriften für die SA, allerdings kann sie selbst keinen appel public cl I' epargne unternehmen. Geschäftsführung und Vertretung der SAS sind nur fragmentarisch geregelt, den Gesellschaftern ist hier weitgehende Dispositionsfreiheit eingeräumt worden. Zum president einer SAS kann auch eine personne morale ernannt werden, vgl. Ripert/Roblot I, Rz 16263. Dieser Gesellschaftyp soll die Vorzüge einer personenorientierten Gesellschaft mit denen einer Kapitalgesellschaft verbinden: So sind im Gegensatz zur SA etwa Statuten erlaubt, die die Übertragbarkeit der Anteile von der vorherigen Genehmigung durch die Gesellschaft abhängig machen oder diese für bis zu zehn Jahren ganz verbieten, Art. 262-14 und 262-15 G 24.7.1966, Ripert/Roblot I, Rz 1626/8. Im Hinblick auf die SAS bleibt mangels praktischer Erfahrungen mit diesem Typ zunächst abzuwarten, ob diese Organisationsform in der Praxis angenommen wird oder ob die Unternehmensverbindungen weiterhin in den bisherigen Erscheinungsformen fortbestehen werden, vgl. hierzu auch die ersten Besprechungen des Gesellschaftstyps von Guyon, leantin und Le Cannu in Rev.soc. 1994, 205ff.; Germain, JCP 1994, I, 3749; DPDA 11, sociite par actions simplijiies, S. 2746-2746 Q mit ausführlichen Nachweisen zum Schrifttum; Lamy soc., Rz 3780-3837. Im Marini-Bericht wird eine Öffnung dieses Gesellschaftstyps für einen weiteren Kreis von Gesellschaftern gefordert, Paillusseau, a. a. 0., Fn 20, S. 292. 2S Der Bourse de valeurs oder dem second marche. 26 Zum Begriff des appel public cl l'epargne vgl. etwa Guyon I, Rz 282; Ripert/ Roblot I, Rz 1040; zu den Vorschlägen im Marini-Bericht, die auf eine Lockerung dieser Vorschriften abzielen, vgl. Paillusseau, a. a. 0., Fn 20, S. 292. 27 Die Publikumsgesellschaft unterliegt dazuhin den Kontroll- und Regelungskompetenzen der Commission des Operations de Bourse; zu deren unterschiedlichen Funktionen vgl. etwa Ripert/Roblot 11, Rz 1853-1856, Merle, Rz 525f. m.w.N. Für die genauen Unterschiede muß auf die ausführlichen Darstellungen etwa bei Ripert/ Roblot I, Guyon I oder Merle verwiesen werden.
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Für die SA kann sowohl die "klassische" Organisationsfonn mit Verwaltungsrat und Hauptversammlung29 als auch die nach deutschem Vorbild gebildete Organisation mit Direktorium, Aufsichtsrat und Hauptversammlung gewählt werden. 30 Zentrales Organ der Geschäftsführung und Vertretung der SA in ihrer klassischen Fonn ist der President, dem Art. 113 G 24.7.1966 hierzu weitreichende Befugnisse verleiht. Der Verwaltungsrat entscheidet eher über grundliegende Fragen der Leitung sowie in Fällen, in welchen das Gesetz ihn ausdrücklich für zuständig erklärt?' Die Aufgabenverteilung bei einer SA Cl directoire ähnelt weitgehend der Organisation der deutschen AG. 32
§ 2 Konzernrechtliche Bestimmungen Verflechtungen von Gesellschaften existieren in Frankreich ebenso wie in jedem anderen Land mit einer freien Wirtschaftsordnung. Die Entstehung von Konzernen 33 ist fast unvenneidbare Konsequenz der Einführung der 28 Im Marini-Bericht wird die Abschaffung dieser Vorschrift und die Zulassung der Einmann-AG gefordert. Hierzu wird auf eine entsprechende Empfehlung der EG-Komrnission sowie auf die seit 1994 geänderte Rechtslage in Deutschland (§ 2 AktG) verwiesen, vgl. Paillusseau, a. a. 0., Fn 20, S. 292 f. 29 Conseil d'administration und die Assemblee des actionnaires. An der Spitze des Verwaltungsrates führt der president allein die täglichen Geschäfte. Er kann zu seiner Unterstützung einen directeur general ernennen oder aber diese Funktion auch selbst ausüben, was ihm vor 1966 den monumentalen Titel des president-directeur general verlieh. Diese Kumulationsmöglichkeit wurde durch Gesetze von 1940 und 1943 ins Gesellschaftsrecht eingeführt; nach Guyon wurde zur Leitung der SA hierdurch das Führerprinzip eingeführt, Guyon I, Rz 340. Die Praxis hat am Titel des P-DG trotz historisch zweifelhafter Herkunft aber auch nach der Gesetzesänderung von 1966 unverändert festgehalten. 30 Vgl. Guyon I, Rz 351-356. Von der Praxis wurde letztere aber kaum angenommen, vgl. Sonnenberger, III, Rz 146. 31 Eigentlich räumt auch ihm Art. 98 G 24.7.1966 weitreichende Handlungsbefugnisse für die Gesellschaft ein, was aus deutscher Sicht einen bestimmten Widerspruch zu den Aufgaben des president bedeutet, hierzu Sonnenberger, III, Rz 159. Ein grundlegender Konflikt zwischen dem president und dem conseil wird durch das Recht des conseil gelöst, den president jederzeit abberufen zu können, Art. 110 Abs. 3 G 24.7.1966, vgl. hierzu Ripert/Roblot I, Rz 1305; allg. zur Abgrenzung der Zuständigkeiten etwa Guyon I, Rz 343-346, Merle, Rz 402 f., 424 f. Im Vergleich mit dem deutschen Aktienrecht liegt der Verwaltungsrat aufgrund der Kombination von Geschäftsführungs- und Kontrollaufgaben zwischen Vorstand und Aufsichtsrat. 32 Sonnenberger, III, Rz 162. 33 Der in Frankreich benutzte Begriff der «groupe de socieres», der Gesellschaftsgruppe, ist begrifflich weiter gefaßt als der des Konzerns i. S. v. § 18 Abs. I S. I AktG: Er umfaßt nicht nur die einheitliche Leitung mehrerer Unternehmen durch ein herrschendes Unternehmen, sondern auch weitergehende Verflechtungsverhältnisse und die hieran angeknüpften Rechtsfolgen, vgl. hierzu Schmidt, ZGR 1982,
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Rechtsfigur der personne morale gewesen. 34 Die Zahl der Verflechtungen von Gesellschaften hat nach dem zweiten Weltkrieg, vor allem seit den sechziger Jahren dieses Jahrhunderts sprunghaft zugenommen. Nach Angaben der Handelskammer in Paris bestand 1975 etwa der Konzern "SaintGobain-Pont-a Mousson" aus ca. 508 einzelnen Gesellschaften. 35 Durch die Reform von 1966 wurden im Gesetz der Handelsgesellschaften keine speziellen konzernrechtlichen Bestimmungen geschaffen. Durch die Gerichtsverfahren Fruehauf 36 und Cassegrain 37 wurde die Aufmerksamkeit auf die besonderen Probleme von Gesellschaftsverflechtungen geweckt. Die hierdurch entfachte Diskussion und der Blick auf die gerade erfolgte Konzerngesetzgebung in Deutschland führten Mitte der siebziger Jahre zur Erstellung einer Studie durch die Industrie- und Handelskammer Paris darüber, ob auch Frankreich ein einheitliches Konzernrecht nach deutschem Vorbild benötige. Die Gutachter sprachen sich in diesem Gutachten aber gegen eine umfassende Konzerngesetzgebung aus. Sie empfahlen statt dessen, daß der Gesetzgeber nur konkret an Einzelpunkten eingreifen solle, an denen ein wirkliches Regelungsbedürfnis bestehe, welches auf die Existenz von Konzernen zurückgehe: Für Gesellschafter, Arbeitnehmer und Gläubiger konzernangehöriger Unternehmen sei der Schutz in bestimmten Situationen gesetzlich zu verbessern. 38 Infolgedessen wurde vor allem im Steuer-, Gesellschafts- und Arbeitsrecht auf die Folgen des vermehrten Erscheinens von Konzernen durch Einzeländerungen gesetzlicher Bestimmungen oder deren erweiterte Anwendung durch die Rechtsprechung reagiert?9 Im Unterschied zur Rechtslage in Deutschland gibt es in Frankreich kein einheitliches Konzept zur Erfassung des Phänomens der Gesellschaftsverflechtungen. Im Gesellschaftsrecht S. 277 ff., Lutter, ZGR 1982, S. 245 ff. Ohne diese Unterschiede zu mißachten, soll der leichteren Verständlichkeit wegen der Begriff der «groupe de socieres» im folgenden dennoch mit "Konzern" übersetzt werden; so auch Sonnenberger, III, Rz 112; Bejot in MestmäkerlBehrens, S. 169ff. 34 Vgl. schon Demontes, Les socieres de socieres; Rev. crit. leg. et juris. 1928, S.37ff. 3S Zitiert nach Guyon I, Rz 580. 36 Trib. COIT. Paris, 22.5.1965, JCP 1965, II, 14274bis. 37 Cass.com. 21.1.1970, JCP 1970,11, 16541. 38 Der Abgeordnete Couste brachte in der Folgezeit 1970, 1975 und 1978 dennoch Entwürfe für ein Konzerngesetz ins französische Parlament ein, welche jedoch alle scheiterten. Zu diesen teilweise von den Bestimmungen des AktG inspirierten Vorschlägen Paillusseau, JCP 1971, Doc., 2401bis; Bejot, in MestmäkerlBehrens, S. 171. Das Vorhaben, das Konzernrecht in einem Gesetz zu erfassen, wurde 1981 zunächst gänzlich fallengelassen. 39 Einen Überblick bieten Guyon, ZGR 1991, S. 218ff.; und Bejot in Mestmäkerl Behrens, S.169ff.
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wurden etwa zur Regelung von Spezialproblemen die Gesetze Nr. 85-705 vom 12.07.1985,87-416 vom 17.6.1987 und 89-531 vom 2.8.1989 erlassen: Dabei hat der Normgeber immer von einer umfassenden gesetzlichen Definition des Konzernbegriffs abgesehen, sondern sich nur die konkreten Probleme herausgegriffen, die er für regelungsbedürftig erachtete und einen Ausschnitt des Konzerns als Anknüpfungspunkt für die Regelung gewählt. Meistens wird dann noch angefügt, daß diese Bestimmungen nur im dortigen Gesetzesabschnitt oder bei ausdrücklichem Verweis hierauf anwendbar seien. 4o Hinzu kommt, daß das Verständnis für den Begriff des Konzerns je nach Rechtsbereich variiert: Im Steuerrecht ist etwa für die Möglichkeit der eventuell günstigeren Veranlagung der graupe de sacietes als ganzes eine Kapitalbeteiligung von mindestens 95 % erforderlich. 41 Geht es dagegen im Arbeitsrecht um die Frage, ob die Bestimmungen über ein camite du graupe anwendbar sind, so verweist Art. L 439-1 Abs. 1 C. du travai142 zunächst auf Art. 354 G 24.7.1966: Ausreichend ist somit eine Beteiligung, die im Ergebnis die Kontrolle über die Gesellschaft sichert, wozu nicht unbedingt die Mehrheit der Stimmen gehalten werden muß. 43 Auf Verlangen des camite d'entreprise können nach Art. 439-1 Abs. 2 c.trav. auch Gesellschaften im Sinne des Art. 355 G 24.7.1966 in den Anwendungsbereich der arbeitsrechtlichen Vorschriften miteinbezogen werden, also solche, an denen die Muttergesellschaft zwischen 10 und 50% der Kapitalanteile hält. 44 Im Marini-Bericht wird neben einigen Änderungen auch für den Bereich der graupe de sacietes unter anderem ein dem deutschen Vertragskonzern entliehenes Modell einer cantr61e ren/arce vorgeschlagen: Ein Aktionär, der über weit mehr als die Hälfte des Kapitals oder der Stimmrechte verfügt, soll die Möglichkeit haben, seinen Einfluß auf das beherrschte Unternehmen durch die Wahl der cantr61e ren/arce auszubauen. Die Gläubiger des beherrschten Unternehmens sollen im Gegenzug eine Garantie ihrer Forderungen erhalten. Die Anwendbarkeit dieses Systems soll eine ausdrückliche Erklärung des herrschenden Unternehmens voraussetzen. 45 40 Beispielsweise Art. 355-1 G 24.7.1966, dessen Anwendbarkeit gleich im Einleitungssatz auf die folgenden Absätze beschränkt wird. 41 Art. 68 G. 87-1060 vom 30.12.1987; Gaz. Pal. 6-7.1.1988, I; Dekret vom 28.3.1988; vgl. hierzu auch DPDA 11, Groupe de societes, Rz 83 ff. 42 Ripert/Roblot I, Rz 1608 1°; Sonnenberger. III, Rz 112-120; zu den Auswirkungen von Konzernen auf das Arbeitsrecht insgesamt leantin Rz 847, 848; Plantamp. D.S. 1991, Chron., S. 69ff.; DPDA 11, Groupes de societes, Rz 66ff.; Lamy soc., Rz 1916-1922. 43 Vgl. hierzu sogleich unter B I. 44 Lyon-Caen/Pilissier. Rz 661, 733; Supiot. RTD com. 1985, S. 621 ff.
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Die Bedeutung des Konzernrechts für das eigentliche Thema der Arbeit liegt darin, daß durch die Verflechtung von Gesellschaften diese häufig trotz rechtlicher Eigenständigkeit in der wirtschaftlichen Praxis als Einheit erscheinen oder zumindest in nächster Nähe operieren und sich zudem aufgrund der Zusammengehörigkeit der Gesellschaften Möglichkeiten der Vermögensverlagerung zum Nachteil der Gläubiger eröffnen. Das Konzernrecht kann Mittel zur Verringerung der Diskrepanz zwischen rechtlicher Eigenständigkeit und wirtschaftlicher Zusammengehörigkeit bieten, die auch für die Reichweite der Bindungswirkungen eines Schiedsvertrages bzw. den Durchgriff von Bedeutung sein können. Im folgenden soll der für das Thema der Arbeit in erster Linie maßgebliche Konzernbegriff des Gesellschaftsrechts (I.) sowie die Konzernsachverhalte betreffenden Bestimmungen des Gesellschaftsrechts (11.) dargelegt werden.
A. Der KonzernbegrifT im Gesellschaftsrecht Wie bereits ausgeführt wurde,46 kennt das französische Recht nur den Begriff der groupe de soc;etes. Ein engerer, juristisch definierter und umfassend geltender Terminus vergleichbar dem Konzernbegriff des § 18 Abs. 1 S. 1 AktG existiert nicht. Die Definitionsansätze eine groupe de societes betreffend sind von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise geprägt und mehr beschreibender Natur: Eine groupe de socieres ..... ist eine Gesamtheit von rechtlich selbständigen Gesellschaften, die tatsächlich einheitlichen wirtschaftlichen Entscheidungen unterworfen sind,,;47 ... .. wird errichtet durch mehrere juristisch selbständige Gesellschaften, die im Bezug zu anderen sich aber im Zustand wirtschaftlicher Abhängigkeit befinden, welche ihre juristische Selbständigkeit beeinträchtigen kann".48 Weder der Gesetzgeber noch die Literatur halten eine Präzisierung der Definition für notwendig, um sie etwa als Ansatzpunkt für normative Beschränkungen zu nehmen. Dahinter steckt auch die Vorstellung, so auf rechtstatsächliche Erscheinungen flexibler reagieren zu können. 49 Beschränkungen, die spezifisch an die Existenz eines Konzerns anknüpfen, würden etwa nach Auffassung von Guyon in nüchterner Einschätzung der vorherrschenden Rechtsethik allein 4S Die bislang hierzu vorliegenden Infonnationen sind leider zu spärlich für eine detailliertere Darstellung, vgl. Paillusseau, a. a. 0., Fn 20, S. 300. 46 Vgl. oben, Fn 33. 47 Guyon I, Rz 580; und ZGR 1991, S. 218, 219. 48 Ripert/Roblot. Rz 1608 2 ; für den Unterordnungskonzern (groupe de subordination) im Unterschied zum Gleichordnungskonzern (groupe de coordonation). 49 Jeantin, S. 423f., Rz 849.
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"die Bildung von Gruppen herausfordern, die nur faktisch bestehen, deren Existenz praktisch nicht nachweisbar ist, und deren einziges Ziel es ist, die Bestimmungen des Konzernrechts zu umgehen ...50
B. Die gesetzlichen Regelungen Ausgangspunkt ist zunächst das Gesetz vom 24.7.1966. 1985 und 1989 wurde es ergänzt, wobei die Änderungen auch auf typische Konzernprobleme abzielen. Grund für die Reformen dürfte neben europäischen Bemühungen um Transparenz auf dem Markt unter anderem die sich aus den USA verbreitende Welle der Gesellschaftsübernahmen gewesen sein. Durch höhere Transparenz wollte der Gesetzgeber Take-over-Schlachten und nachfolgende Zerschlagungen wirtschaftlich eigentlich gesunder Gesellschaften vermeiden. Der gesetzgeberische Ansatzpunkt zielt deswegen vor allem auf die Errichtung eines Konzerns ab. Die Bestimmungen, welche auf konzerntypische Probleme angewendet werden, lassen sich gesetzestechnisch in zwei Bereiche unterteilen: - Zum einen werden Regelungen, welche auf einfache innergesellschaftliche Sachverhalte Anwendung finden, für die Ebene des Konzerns zum Teil leicht variiert angewendet. Beispielsweise gelten auf Konzernebene Erleichterungen hinsichtlich der Vorschriften, welche die gesetzlich erlaubte Höchstzahl von Mandaten beschränken. 51 Nach Art. 101 Abs. 3 G 24.5.1966 werden die Bestimmungen über die Genehmigungspflicht von Verträgen zwischen der Gesellschaft und den sie leitenden Personen auch auf vergleichbare Konfliktsituationen auf der Konzernebene angewendet. 52 - Zum anderen sieht das Gesetz spezielle Vorschriften für Konzernsachverhalte im Kapitel über gemeinsame Vorschriften über Gesellschaften mit juristischer Person im Abschnitt "Tochterunternehmen, Beteiligungen und kontrollierte Gesellschaften" vor, Art. 354 bis 359-1 G 24.7.1966. Die dortigen Bestimmungen gelten meist nur in diesem Gesetzesabschnitt oder bei ausdrücklicher Verweisung hierauf, vgl. etwa Art. 355-1 Abs. 1 S. 1 G 24.7.1966. Der Kernbereich der gesetzgeberischen Regelung im Konzernrecht befindet sich in Art. 354ff. G 24.7.1966. Der dortige Abschnitt ist seinerseits in vier Unterabschnitte gegliedert: Definitionen, Bekanntmachungen und Informationen, gemeinsame Bilanz und wechselseitige Beteiligungen. Zunächst Guyon, ZGR 1991, S. 218, 227. Vgl. Art. 92 Abs. 2, Art. 111 Abs. 2, Art. 127 Abs. 4 und Art. 136 Abs. 3 G 24.7.1966. 52 Vgl. Guyon I, Rz 420; Bejot in MestmäkerlBehrens, S. 179f. m.w.N. 50
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sollen nun die Begriffe der filiale, participation und der controle dargelegt werden (A.), bevor auf die gesetzlichen Folgen derartiger Verflechtungen eingegangen wird (B.). I. Die Begriffe der filiale, participation und controle
Zentrale Begriffe dieser Regelung sind die der filiale und der participation: Nach Art. 354 G 24.5.1966 wird eine Gesellschaft als filiale, als Tochter einer anderen Gesellschaft betrachtet, wenn letztere mehr als die Hälfte der Anteile der ersteren erhält. Davon zu unterscheiden ist die participation im Sinne des Art. 355 G 1966: Eine Beteiligung in diesem Sinne liegt bei einem Kapitalanteil zwischen 10 und 50% der Anteile vor. Diese Definitionen gelten seit 1966 unverändert, wobei ihr Anwendungsbereich auf den betreffenden Abschnitt des Gesetzes, Art. 354 bis 359 G 24.7.1966, sowie auf ausdrückliche Verweisungen, etwa in Art. 208-4, Art. 220 Nr. 1 und Art. 229 Abs. 2 G 24.7.1966, beschränkt ist. Diese Vorschriften wurden 1985 ergänzt durch den Begriff der controle des Art. 355-1 Abs. 1 G 24.7.1966, welcher nur für die Unterabschnitte zwei und vier Geltung hat. Unterschieden werden demnach drei Stufen der Kontrolle: 53 - Verfügt eine Gesellschaft mittelbar oder unmittelbar über einen Kapitalanteil, welcher ihr die Mehrheit der Stimmen in der Hauptversammlung einer anderen Gesellschaft sichert, so übt sie eine controle de droit 54 aus. - Anders ist es dagegen, wenn eine Gesellschaft über die Stimmenmehrheit in einer anderen Gesellschaft nur aufgrund einer mit anderen Gesellschaftern oder Aktionären geschlossenen Vereinbarung verfügt, welche nicht im Widerspruch zum Interesse dieser Gesellschaft steht. Diese Form wird als controle conjoint, als gemeinsame Kontrolle, bezeichnet. - Als faktische Kontrolle, controle de fait, wird im Gesetz eine Situation bezeichnet, in welcher eine Gesellschaft durch ihre verfügbaren Stimmrechte Entscheidungen der Hauptversammlung der anderen Gesellschaft tatsächlich bestimmt. Der Gesetzgeber zielt hierbei auf Minderheitsbeteiligte ab, welche in Gesellschaften mit breiter Anteilsaufsplitterung größere Blöcke innehaben. Art. 355-1 Abs. 2 G 24.7.1966 ergänzt dies um 53 Ausführlich hierzu Storck, Rev.soc. 1986, S. 385 ff.; J.-Cl. soc. VII, Groupes de sociites, Fasc. 165-2 Rz 5-23, kritisch zum Begriff der controle Hannoun, S. 112-122, der ihn für unpräzise und unzureichend hält. Rechtsvergleichend ist bemerkenswert, daß der deutsche Gesetzgeber seinerseits bewußt darauf verzichtet hat, den Begriff der "einheitlichen Leitung" i. S. d. § 18 AktG zu definieren, vgl. oben, Teil I Kap. I § 5 A I. 54 Lamy soc., Rz 1794ff.; Ripert/Roblot I, Rz 1608 3 •
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die Vermutung der Ausübung einer derartigen Kontrolle, wenn eine Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar einen Stimmenanteil von über 40% hält und kein anderer Aktionär oder Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar über einen höheren Anteil verfügt. Ergänzt werden diese Bestimmungen durch den Begriff der indirekten Kontrolle des Art. 355-2 G 1966: Jede Beteiligung auch unter 10%, welche von einer selber kontrollierten Gesellschaft gehalten wird, gilt als von der kontrollierenden Gesellschaft mittelbar gehalten. 11. Die gesetzlichen Folgen der Verflechtung
Die Art. 356 bis 359-1 G 24.7 1966 enthalten besondere Vorschriften für die Errichtung von Konzernen und später für deren Bilanzierung; außerdem beschränken sie die Möglichkeiten wechselseitiger Beteiligungen: Um die Transparenz auf dem Kapitalmarkt zu erhöhen, werden in den zehn Art. 356 G 24.7.1966 folgenden Gesetzesartikeln Käufern von Unternehmensbeteiligungen besondere Bekanntgabe- und Informationspflichten auferlegt, die naturgemäß insbesondere für den Bereich der Aktiengesellschaften bedeutsam sind. 55 55 Merle, Rz 659ff.; RipertlRoblot I, Rz 1608/5ff.; Bejot in MestmäkerlBehrens, S. 174: Jede natürliche oder juristische Person, die Anteile einer Publikumsgesellschaft mit Sitz in Frankreich erwirbt, muß diese nach Art. 356-1 Abs. 1 G 24.7.1966 bei Überschreiten der dort genannten Beteiligungsschwellen innerhalb von zwei Wochen nach Erwerb hierüber in Kenntnis setzen. Der Erwerber muß darüber hinaus mitteilen, wieviel Anteile er nun insgesamt hält. Entsprechende Mitteilungen haben auch zu erfolgen, wenn die genannten Schwellenwerte später wieder unterschritten werden, Art. 356-1 Abs. 3 G 24.7.1966. Das Gesetz will der Gesellschaft, weIche das Ziel des Aufkaufs ist, hierdurch die Möglichkeit eröffnen, eventuell Abwehrmaßnahmen gegen eine Übernahme zu ergreifen. Außerdem ist nach Art. 356-1 Abs. 2 G 24.7.1966 der conseil des bourses de valeurs innerhalb von fünf Tagen nach Überschreiten der Schwellenwerte entsprechend zu informieren, vgl. DPDA, II, Franchissement de seuils, Seite 2460 C-K; Gennain, Rev. de droit bancaire 1990, S.20 ff. Die Einhaltung dieser Benachrichtigungspflichten ist durch die Sanktionsnorm des Art. 356-4 G 24.7.1966 abgesichert. Bei Nichtbeachtung werden für zwei Jahre die Stimmrechte der Anteile suspendiert, welche den Schwellenwert überschreiten. Auf Antrag nach Art. 356-4 Abs. 3 G 24.7.1966 kann das Handelsgericht eine Verlängerung der Suspendierung der Stimmrechte bis auf maximal fünf Jahre aussprechen. Darüber hinaus sind bei wissentlicher Mißachtung verschiedener Bestimmungen dieses Gesetzesabschnitts in Art. 481, 481-1 G 24.7.1966 Geldbußen bis zu 120.000 FF für die geschäftsführenden Personen der jeweiligen Gesellschaften vorgesehen. Nach Art. 356-2 G 24.7.1966 treffen auch die kontrollierte Gesellschaft Informationspflichten gegenüber einer sie kontrollierenden Aktiengesellschaft dahingehend, wie hoch die ihrerseits gehaltenen Beteiligungen an der kontrollierenden Gesellschaft ist. 6 Frank
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Insbesondere zum Schutz von Minderheitsaktionären gibt es darüber hinaus börsenrechtliche Vorschriften,56 denen zufolge eine Erhöhung der Beteiligung ab einer bestimmten Schwelle nur noch mittels eines offre publique d'achat oder eines offre publique d'echange, eines öffentlichen Übernahmeangebotes zu bestimmten Preisen, erfolgen darf. 57 In Art. 357-1 bis 357-11 G 1966 finden sich Vorschriften über die Errichtung einer Konzernbilanz und einen Geschäftsbericht des Konzerns. 58 Um die Kontrollmechanismen innerhalb der Gesellschaften aufrecht zu erhalten und eine autocontrole zu vermeiden, schränken die Art. 358 bis 359-1 G 24.7.1966 die Möglichkeiten wechselseitiger Beteiligungen ein. 59 Besitzt eine Gesellschaft mehr als zehn Prozent des Kapitals einer anderen Aktiengesellschaft, ist es letzterer durch Art. 358 Abs. 1 G 24.7.1966 untersagt, überhaupt Aktien der ersteren Gesellschaft zu halten. Können beide Gesellschaften keine Einigung zur Beseitigung dieser Situation erzielen, schreibt Art. 358 Abs. 2 und 3 G 24.7.1966 i. V.m. Art. 249, 251 D 67-236 vom 23.3.1967 der Gesellschaft mit der geringeren Beteiligung vor, diese innerhalb eines Jahres nach Bekanntgabe des Erwerbs zu verkaufen. 6o
§ 3 Der Durchgriff Das französische Recht bietet hinsichtlich der Frage, wann außer der juristischen Person andere Rechtssubjekte für deren Verbindlichkeiten einstehen müssen, zum Teil andere Lösungsmöglichkeiten als das amerikanische und das deutsche Recht. Im folgenden soll zunächst ein Blick auf das Ver56 Art. 15 G 2.8.1989; Verordnung 89/03 der Commission des Operations de Bourse vom 28.9.1989 und Bestimmungen des Conseil des Bourse de valeurs vom
15.5.1992. 57 Ausführlich Guyon I, Rz 592ff.; Merle, Rz 649ff, beide mit zahlreichen weiterführenden Verweisen. 58 Voraussetzung hierfür ist, daß eine Handelsgesellschaft ein oder mehrere andere Unternehmen allein oder gemeinsam mit anderen kontrolliert (controle exclusif, controle conjoint) oder in diesen einen bedeutsamen Einfluß (influence notable) ausübt. Diese Begriffe sind gesetzlich in Art. 357 Abs. 2 bis 4 G 24.7.1966 definiert, sind aber vor allem für Bilanzierungsfragen von Bedeutung, vgl. Cozian/Viandier Rz 1966, ausführlicher Lamy soc., Rz 1811-1832; Feuillet, Rev.soc. 1985, S. 599ff. 59 Ripert/Roblot I Rz 1608 13 ; Lamy soc., Rz 1800--1810. 60 Die Stimmrechte der Aktien können während der Zeit der gesetzes widrigen Beteiligung nicht ausgeübt werden. Wird von mehr als zwei Gesellschaften ein kreisfönnig angelegtes Beteiligungsverhältnis so aufgebaut, daß sich die Gesellschaften jeweils unmittelbar oder mittelbar kontrollieren, können nach Art. 359-1 G 24.7.1966 die aus den Beteiligungen folgenden Stimmrechte in den Hauptversammlungen nicht ausgeübt werden, vgl. hierzu Guyon I, Rz 587 ff. Bei Verstößen gegen diese Bestimmungen drohen den geschäftsführenden Personen der jeweiligen Gesellschaften nach Art. 482 G 24.7.1966 Geldbußen bis zu 120.000 FF.
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ständnis der personne morale geworfen (1.), sodann die Durchgriffssituationen dargestellt werden, die unabhängig vom Vorliegen eines Konzemsachverhaltes angenommen werden (11.), bevor schließlich auf konzerntypische Fallgestaltungen eingegangen wird (III.). Diese Problematik wird an dieser Stelle zunächst ohne die speziellen Fragestellungen im Schiedsrecht erörtert. Unten wird dann näher untersucht, ob die hier gesellschaftsrechtlichen Lösungen auch in Fällen von Schiedsvereinbarungen angewendet werden oder welche Modelle das französische Recht dort anbietet: A. Die personne morale In Übereinstimmung mit deutschen Vorstellungen wird die personne morale als künstliche Schöpfung betrachtet, welcher die Rechtssubjektsqualität zuerkannt wird. 61 Die Auseinandersetzungen über die richtige dogmatische Grundlage zwischen der Fiktionstheorie62 und der Realitätstheorie,63 in jüngerer Zeit bereichert um die Theorie der technique d'affectation patrimoniale,64 haben nachgelassen, nachdem der Gesetzgeber für das Gesellschaftsrecht das Entstehen der personne morale an die Eintragung ins Handelsregister geknüpft hat. 65 In anderen Rechtsgebieten wird allerdings den 61 Goubeaux, S. 199ff.; Ferid/Sonnenberger, FrzZR, Bd 111, Rz 1 D 10, sicherlich lebhafter als manche deutsche Abhandlung Cozian/Viandier, Rz 240: «La personne morale n'est pas une personne; ni souffrante, ni aimante, sans chair, sans os, la personne est un erre artificiel. Et Casanova le sait bien, qui poursuivit nonnes et nonnettes, mais ne tenta jamais de seduire une congregation.» 62 In Frankreich wird neben v. Savigny vor allem Ihring als ihr Hauptvertreter genannt, vgl. Malaurie, Les personnes, Rz 454; Guyon I, Rz 128. 63 Als Hauptvertreter dieser auch durch die Schriften v. Gierkes beeinflußten Theorie gilt in Frankreich Geny, vgl. etwa Terre!Fenouillet, Droit civil, Rz 246 oder Malaurie, Rz 455. Der Kassationshof schien in einer Entscheidung aus dem Jahre 1954 dieser Theorie zuzuneigen, Cass.civ. 2, 28.1.1954, Comite d'itablissement des forges et acieries de la marine, JCP 1954, 11, 7958; Dalloz 1954, J., S. 217, da die Richter die These ausdrücklich zurückgewiesen haben, daß für das Entstehen einer personne morale außer einem entsprechenden Willen verschiedener natürlicher Personen das Gesetz ausdrücklich diese Möglichkeit vorsehen müsse: «La personnalite civile n'est pas une creation de la loi, qu'elle appartient, en principe, atout groupement pourvu d'une possibilite d'expression collective pour la defense d'interers licites, dignes, par suite, d'erre juridiquement reconnus et proteges.» Vgl. hierzu Malaurie, Rz 422; Cozian/Viandier, Rz 242 m.w.N. 64 Nachweise zu den Vertretern der verschiedenen Linien innerhalb dieses Ansatzes bei Guyon I, Rz 128; Malaurie, Rz 457; Terre!Fenouillet, Rz 247. 65 Art. 1842 Abs. 1 C.civ. Darstellung der dogmatischen Auseinandersetzungen mit Nachweisen zur Literatur etwa bei Goubeaux, a.a.O., Fn 61, oder bei Teyssie, Rz 481-495. Merle, Rz 75, sieht darin eine Hinwendung des Gesetzgebers zur Fiktionstheorie.
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unterschiedlichsten Personenmehrheiten unabhängig von einer vergleichbaren Eintragung der Status einer personne morale zuerkannt. 66 Die personne morale verfügt über den Status eines Rechtssubjekts, sie hat ein eigenes Vennögen, einen eigenen Namen und eine eigene Nationalität und kann auch strafrechtlich verantwortlich sein. 67 Das Verständnis ist dennoch zweckorientierter und die zuerkannte Position relativer als die der juristischen Person im deutschen Recht: 68 Nach dem Spezialitätsprinzip kann eine personne morale nur insoweit Trägerin von Rechten und Pflichten sein, als es ihr in der Satzung festgelegter Zweck erfordert; zudem muß dieser Zweck für den jeweiligen Gesellschaftstyp gesetzlich anerkannt sein. 69 Das Spezialitätsprinzip der Rechtsfahigkeit der personne moral unterscheidet sich insoweit vom weitergehenden Verständnis der Rechtsfähigkeit der juristischen Person des BGB; es ähnelt aber der ultra vires-Lehre aus den USA. 70 Der maßgebliche Unterschied zum deutschen Verständnis wurde bereits erwähnt: Im französischen Recht folgt aus der Zuerkennung der personne morale gerade nicht, daß diese allein, nicht aber ihre Gesellschafter für ihre Verbindlichkeiten einzustehen haben. 71 Letztlich läßt sich die personne morale damit vereinfacht auf folgende Charakteristika zurückführen: Sie hat ein eigenes Vennögen, kann Trägerin von Rechten und Pflichten sein, und diese auch als eigenes Subjekt vor Gericht geltend machen. 72 Damit liegt sie im Vergleich zum deutschen Recht zwischen der juristischen Person und der beschränkten Rechtsfähigkeit, die etwa einer OHG zuerkannt wird. 66 So etwa im Arbeitsrecht einem comite du groupe, Cass.soc. 23.l.l990, Rev.soc. 1990, S. 444, Note Vatinet; vgl. auch Savaux, RTD civ. 1995, S. 1, 15ff. Dessen Darstellungen zur personne morale im Zivilprozeß legen die Vermutung nahe, daß entsprechend zuerkennende Urteile im wesentlichen auf Erwägungen beruhen, welche im deutschen Recht für Fragen der Partei- und Prozeßfahigkeit von Bedeutung wären, nicht aber den Status der juristischen Person selbst beträfen. Die aus deutscher Sicht häufig überraschenden Zuerkennungen der personne morale basieren auf einem Verständnis, das an diesen Status weniger Folgen knüpft, hierzu sogleich. 67 Vgl. etwa Mazeaud, Les personnes, Rz 779f. 68 Typisch vielleicht hierzu Cozian/Viandier: «La personnalite morale institue un ecran qui interdit de voir ou de prendre en consideration les autres sujets de droit vivant ou travaillant a l'interieure de la sociite personnalisee.» S. 85 Rz 244. 69 Vgl. Mazeaud, Les personnes, Rz 779; Malaurie, Rz 426. Entscheidungen hierzu sind relativ selten, vgl. etwa Cass. Req., 03.04.1912, D.P.1912, 13.1.71, eine Gewerkschaft betreffend. 70 Vgl. zu Deutschland oben Teil I Kap.1 § I; zu den USA unten Teil 3 Kap. I § 3 A. 7\ Vgl. oben, Teil I Kap. I § I. 72 Vgl. insbesondere Savaux, RTD civ. 1995, S. I, 15ff.
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Für die hier interessierende Problematik bedeutet dies vor allem, daß das Vorliegen einer personne morale den Zugriff auf die dahinter stehenden Subjekte nicht grundsätzlich ausschließt. Auf der Grundlage dieser Erkenntnis soll im folgenden dargelegt werden, unter welchen Voraussetzungen das französische Recht den Durchgriff auf unmittelbar hinter der personne morale stehende Personen im allgemeinen zuläßt (11.) und ob bei Vorliegen eines Konzernsachverhaltes besondere Maßstäbe für den Durchgriff gelten (III.).
B. Der Durchgriff im allgemeinen Ausgehend vom deutschen Verständnis der Mißachtung der Eigenständigkeit der juristischen Person lassen sich die Fälle einer unmittelbaren Verantwortlichkeit der dahinterstehenden Personen in die Gruppen der Organhaftung (A.), des Mißbrauchs der Gesellschaftsform (B.) und des Einzelrnißbrauchs der juristischen Person (c.) klassifizieren. 73 I. Organhaftung der leitenden Personen
Für Geschäftsführungsfehler der leitenden Personen einer personne morale sieht das Gesetz eine unmittelbare Haftung während des regulären Geschäftsablaufs (1.) und im Falle des Konkurses eine verschärfte Haftung vor (2.). Darüber hinaus können bestimmte Übergriffe auch zu einer Ausdehnung eines über das Vermögen der Gesellschaft eröffneten Konkursverfahrens auf das Privatvermögen der betroffenen leitenden Personen führen (3.): 1. Das französische Recht enthält ausgeprägte Regelungen zur Haftung der Leitungsorgane der Gesellschaft gerade für fehlerhafte Geschäftsführungsmaßnahmen sowohl gegenüber der Gesellschaft oder den Gesellschaftern als auch gegenüber Dritten. Diese Bestimmungen sind nach französischem Verständnis nicht dem Bereich eines Durchgriffs zuzuordnen, da sie allein persönliches Fehlverhalten sanktionieren: 74 Nach den Art. 1850 C.civ. und 52 G 24.7.1966 haften die Geschäftsführer einer societe civile 73 Auf das deutsche Verständnis wird insofern verwiesen, weil die Fälle der Organhaftung nach französischem Verständnis nicht in den Bereich des Durchgriffs im engeren Sinne gezählt werden. 74 Grund hierfür ist die Doppelnatur der Haftung im französischen Recht, vgl. im einzelnen Sonnenberger, III, Rz 97. Begrifflich liegt damit eigentlich kein Durchgriff, sondern eine parallel einsetzende Haftung der Leitungsorgane vor. Da ein vergleichbares Haftungsinstitut in Deutschland nicht existiert, müßte ein Durchgriffsfall konstruiert werden. Insofern soll die Organhaftung des französischen Rechts an dieser Stelle kurz angeführt werden.
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und einer SARL für ihre faute de gestion ebenso wie die administrateurs einer SA nach Art. 244 G 24.7.1966. 75 Ein Großteil der Literatur hält diese Vorschriften auch gegenüber Personen für anwendbar, die die Geschäfte der Gesellschaft führen, ohne hierzu berufen worden zu sein. Derartige Personen, die sich in die Geschäftsführung einmischen, müßten als dirigeant oder girant de fait ebenso wie die satzungsgemäß ernannten Personen haften. 76 Dagegen hat die Cour de cassation zu Art. 52 G 24.7.1966 ausdrücklich entschieden, daß diese Bestimmung auf den girant de fait nicht anwendbar sei. 77 2. Im Fall des Konkurses der Gesellschaft ist die Haftung der Organe 1985 per Gesetz erweitert worden: 78 So ermöglichen Art. 180 i. V. m. 179 G 25.1.1985 einem Gericht, einen dirigeant de droit ou de fait 79 im Fall der Unzulänglichkeit der Aktiva, für die ein Geschäftsführungsfehler, eine faute de gestion,80 mitursächlich war, ganz oder teilweise für den hieraus 75 Für den Geschäftsführer einer SNC existieren keine gesonderten Bestimmungen, seine Haftung für faute de gestion soll sich nach dem droit cornrnun richten: Guyon verweist hierzu auf die Vorschriften der bürgerlichen Gesellschaft, Rz 268; nach Lamy soc., Rz 2486, findet dagegen Art. 1382 C.civ. Anwendung. Unabhängig von der konkreten Rechtsgrundlage besteht aber Einigkeit, daß der girant der SNC ebenso für derartige Fehler haftet, vgl. RipenlRoblot I, Rz 847 oder CozianlViandier, Rz 1460. Die faute de gestion muß von den Klägern bewiesen werden. Eine Verurteilung der entsprechenden Organe allein wegen fehlerhafter Geschäftsführung ist anscheinend eher selten, vgl. Guyon I, Rz 497. Zum Begriff der faute de gestion siehe im übrigen etwa Cass.com. 4.5.1982, Rev.soc. 1983, S. 573; Sonnenberger, GmbHR 1973, S. I ff.; und die Rechtsprechungsbeispiele in DPDA 11, Rz 62. 76 Guyon I, Rz 496; RipenlRoblot I, Rz 971; aus der Rechtsprechung auch CA Rouen, 23.5.1978, JCP 1979, 11, 19235, Note Notte. Der Begriff des gerant de fait hat vor allem im Konkursrecht eine besondere Bedeutung, hierzu sogleich. 77 Cass.com. 6.10.1981, D.S. 1983, J., S. 133, Note Soinne (= JCP 1982, 11, 19891, Note Notte'); Cass.com 21.3.1995, Bull. Joly 1995, S. 682; ebenso CA Paris, 17.10.1991, D.S. 1991, IR, S. 281; (= RTD com. 1992, 396, Obs. CharnpaudlDanet). 78 Im folgenden sollen hier nur die vermögensrechtlichen Konsequenzen zivilrechtlicher Natur betrachtet werden, zu den weiteren persönlichen und strafrechtlichen Folgen vgl. RipenlRoblot 11, Rz 3302ff. und 3321 ff.; Lamy corn., Rz 3469ff. und 3489ff. 79 Der dirigeant de fait ist eine natürliche oder juristische Person, die sich in die Geschäftsführung eingemischt hat, ohne zum Geschäftsführer berufen worden zu sein. Er führt die Geschäfte der Gesellschaft ungebunden und souverän, muß sich demnach hinsichtlich der Haftung wie ein rechtlich bestellter Geschäftsführer behandeln lassen, vgl. zum Konkursrecht Cass.com. 25.1.1994, RJDA 1994, Nr. 457; Cass.com. 9.11.1993, Bull. civ. IV, Nr. 390 (= Rev.soc. 1994, S. 321); lauffretl Mestre, Rz 1125, RipenlRoblot 11, Rz 3281; ausführlich Lamy corn., Rz 34083411. 80 Zu diesem gesetzlich nicht definierten Begriff Guyon 11, Rz 1389; zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung in Lamy soc., Rz 2304f.
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entstandenen Schaden der juristischen Person mithaften zu lassen. 81 Die Höhe der Haftung entspricht nicht zwangsläufig dem Fehlbetrag der Gesellschaft, sondern wird vom Gericht unter Berücksichtigung der Einzelumstände festgesetzt. 82 Der dirigeant hat im Falle seiner Verurteilung die entsprechende Summe an die Masse zu zahlen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, droht ihm die Eröffnung einer Jaillite personelle nach Art. 188 G 25.1.1855,83 die unter anderem auch die übrigen Folgen der Eröffnung des Konkursverfahrens, wie etwa den Verlust der Verfügungsbefugnis nach sich zieht. 3. Darüber hinaus kann ein Konkursverfahren über das Vennögen der Gesellschaft auch auf das Privatvennögen von leitenden Personen ausgedehnt werden, die einen der Mißbrauchstatbestände des Art. 182 Nr. 1-6 G 25.1.1985 als dirigeant de droit ou de Jait verwirklicht haben. Die Nonn zielt gleichennaßen auf Verstöße von natürlichen Personen wie beherrschenden Unternehmen ab, Art. 179 G 25.1.1985. 84 Im Unterschied zur action en comblement handelt es sich hierbei um eine Sanktion, die unabhängig vom Nachweis eines kausal verursachten Schadens verhängt werden kann. 85 Sie kommt etwa in Betracht, wenn ein Leitungsorgan über Güter der personne morale in eigenem Interesse verfügt hat oder unter ihrem Deckmantel Handelsgeschäfte im persönlichen Interesse durchgeführt hat, wenn ein verlustbringendes Unternehmen im persönlichen Interesse mißbräuchlich bis zur Zahlungsunfahigkeit fortgeführt wurde oder Aktiva unterschlagen wurden. 86 Unter Nr. 3 wird auch der Gebrauch von Vennögensgütern oder eines Kredits der personne morale entgegen deren Interesse zu persönlichen Zielen erfaßt, ebenso wie eine entsprechende Verwendung mit dem Ziel, eine andere personne morale oder ein anderes Unternehmen zu begünstigen, an welchem die betreffende Person ein direktes oder indirektes Interesse hat. 87 1994 wurde das Führen einer offensichtlich unvollständigen oder gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßenden Buchhaltung als Ausdehnungsgrund ergänzt. 81 Action en cornblernent, vgl. Lamy corn., Rz 3424ff.; Guyon ll. Rz 1371-1394. Nach Art. 183 G 25.1.1985 kann das Gericht das Verfahren von Amts wegen oder auf Klage der dort abschließend genannten Personen eröffnen. Einzelne Konkursgläubiger sind aber nicht klagebefugt, vgl. Ripert/Roblot 11, Rz 3288. 82 Guyon 11, Rz 1371 ff., insbesondere 1381: Die Höhe der festgesetzten Mithaftung variiert; im Urteil der CA Paris vom 18.6.1991, Rev.soc. 1991, S. 827, ist bei einem Fehlbetrag von über 2 Milliarden Francs eine Mithaftung in Höhe von 400.000 Francs ausgesprochen worden! 83 Ripert/Roblot 11, Rz 3303f., Lamy corn., Rz 3469ff. 84 Vgl. Didier. III, S. 349f.; Derrida/Gode/Sortais. Rz 584, 586ff. 85 Zur Rechtsnatur etwa Lamy corn .. Rz 3449. 86 Art. 182 Nr. 1,2,4,6 AU, G 25.1.1985, vgl. die Rechtsprechungsbeispiele in Lamy soc., Rz 2317-2320; im übrigen auch Sonnenberger. VII, Rz 38. 87 Vgl. hierzu etwa Cass.com. 28.5.1991, BuH. Joly 1991, S. 840, Note Jeantin.
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2. Teil: Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich 11. Mißbrauch der Gesellschaftsform
Außerhalb der gesetzlichen Regelungen hat die Rechtsprechung das Modell der societe fictive entwickelt. Ansatzpunkt dieser Lehre ist das Verständnis des Gesellschaftsvertrages: Neben einem entsprechenden Willen zum Vertrags schluß und der Leistung eines Beitrags durch die beteiligten Personen ist nach französischem Verständnis der Wille zur aktiven, partnerschaftlichen und dauerhaften Zusammenarbeit im gemeinsamen Interesse, die affectio societatis, notwendig. 88 Fehlt eine derartiges Element, ist die Gesellschaft nulle (nichtig), wobei dies durch ein entsprechendes gestaltendes Gerichtsurteil festgestellt werden muß. 89 Bis zur Einführung der EURL hatte dies insofern besondere Brisanz, da bei Fehlen oder Ausscheiden des zweiten Gesellschafters in jedem Fall eine Nichtigerklärung mit der Begründung drohte, daß die Gesellschaft nur die Geschäftstätigkeit einer einzigen natürlichen Person verschleiern solle. 9o Die Gefahr ist durch die nun gegebene Möglichkeit von Einpersonengesellschaften mit beschränkter Haftung erheblich entschärft worden. Grundsätzlich wurde aber an dieser Rechtsprechung festgehalten. Wenn in einer Mehrpersonengesellschaft in Wahrheit nur ein einziger Gesellschafter vorhanden ist, die anderen dagegen nur auf dem Papier bestehen, kann die Gesellschaft für nichtig erklärt werden. Neben eindeutig bewiesenen Fällen91 hat die Rechtsprechung eine Reihe von Indizien entwickelt, welche für die Annahme der fictivite sprechen würden, wie beispielsweise Gesellschaftsgründungen eines Elternteils mit minderjährigen Kindern. 92 Auch wenn kein bestimmtes Minimum an Gesellschaftsanteilen für die GesellschaftersteIlung gesetzlich bestimmt sei, müsse vor allem dann genau untersucht werden, ob die affectio societatis der übrigen Gesellschafter tatsächlich gegeben sei, wenn einer der Gesellschafter über nahezu alle Anteile verfüge. 93 In Einzelfällen hat die Rechtsprechung eine Gesellschaft auch zulasten eines Außenstehenden für fiktiv erklärt, da dieser aufgrund seiner Einmischung in die Geschäftsführung allein wahrer Geschäftsherr gewesen sei. 94 Die Rechtsfolge der Nichtigkeit 88 Vgl. Art. 1832 C.civ.; zum Begriff leantin, Rz 35-38; Merle, Rz 43 f., Sonnenberger, III Rz 35. 89 Vgl. etwa zuletzt Cass.com. 16.6.1992, RJDA 1992, S. 40 (= Bull. Joly 1992, S. 875): Die sociite fictive sei nulle. Ein Teil der Rechtsprechung tendiert dagegen dazu, die Gesellschaft für nichtbestehend zu erklären, Nachweise bei Ripert/Roblot I, Rz 686. 90 Lamy soc., Rz 439f. 91 Etwa Cass.com. 10.10.1953, Sirey 1954, I, S. 149 oder Cass.com. 2.1.1967, Bull.civ. I1I, Nr. 1 S. 1: Alle Mitgesellschafter hatten bei Errichtung der Gesellschaft bereits Blankoformulare für die Zession ihrer Anteile unterschrieben. 92 Cass.com. 11.6.1974, Bull.civ. IV, Nr. 188, S. 151; weitere Nachweise bei Lamy soc., Rz 441. 93 Lamy soc., Rz 443.
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gilt allerdings nur für die Zukunft, für die Vergangenheit wird sie allen gutgläubigen Dritten gegenüber als Gesellschaft in Auflösung betrachtet. 95 Folge der Nichtigkeit ist regelmäßig die persönliche Haftung des wahren maftre de l'ajfaire. 96 III. Einzelrnißbrauch der personne morale
Versucht etwa ein Rechtssubjekt durch Zwischenschaltung einer Gesellschaft eine gesetzliche Bestimmung oder eine vertragliche Verpflichtung zu umgehen, betrachtet die Rechtsprechung dies als Mißbrauch der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft und verweigert der dahinterstehenden Person das von ihr beabsichtigte Ergebnis der Anerkennung. Beispiel hierfür ist etwa die gezielte Umgehung eines vertraglichen Wettbewerbsverbotes oder einer clause de nonretablissement nach Verkauf eines Unternehmens. 97 Auf den Bestand der Gesellschaft selbst hat die Verweigerung der Anerkennung des Rechtserwerbs aber keine Auswirkungen, die Sanktion bleibt auf das konkrete Rechtsgeschäft beschränkt. 98 C. Konzernspezifische Durchgriffstatbestände I. Der Grundsatz der Einzelverantwortung
Die Idee des Konzerns beruht auf der Prämisse, daß jede zu ihm gehörende Gesellschaft eine eigene juristische Person mit einem eigenen Gesellschaftsvermögen ist. 99 Trotz der wirtschaftlichen Abhängigkeit geht auch das französische Recht zunächst von völliger Unabhängigkeit der Gesellschaften und ihrer Güter aus. In Außenbeziehungen wird nur diejenige Gesellschaft berechtigt oder verpflichtet, die mit dem jeweiligen Dritten in Kontakt gestanden hat und mit ihm Verträge abgeschlossen hat. 100 Dieser Grundsatz folge aus der "Verschmelzung des Begriffs der juristischen Person, des Prinzips der Einheit des Vennögens und dem der Relativität von Vertragsbeziehungen ... 101 94 Cass.com. 3.11.1980, BuH.civ. IV, Nr. 358, S. 288; CA Paris, 13.7.1993, BuH. Joly 1993, S. 1250. 95 Lamy SOG., Rz 448 f. 96 Vgl. etwa CA Versailles, 14.2.1991, BuH. Joly 1991, S. lO38. 97 Cass.com. 3.11.1972, BuH.civ. IV, Nr. 268, S. 255; Cass.com. 13.2.1990, BuH.civ. IV, Nr. 38. S. 26. 98 Vgl. Lamy SOG., Rz 451 f. 99 Lamy SOG., Rz 1757, 1888. 100 Art. 1842 C.civ, Art. 5 G 24.7.1966, Guyon I, Rz 613; Cozian/Viandier Rz 1968; Cass.com. 13.7.1948, JCP 1949 H, 4928; Cass. com 4.1.1982, Rev.soc. 1983, S. 95 mit Note J. J. Burst, S. 96-99.
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Gerade in jüngster Zeit ist in Theorie und Praxis versucht worden, das Prinzip der Einzelverantwortung immer mehr aufzuweichen. 102 Auch wenn Gerichte den Durchgriff in Einzelfällen zugelassen haben, legt die höchstrichterliche Rechtsprechung großen Wert auf die Aufrechterhaltung des Grundsatzes, daß eine Konzernzugehörigkeit grundsätzlich nichts an der rechtlichen Eigenständigkeit der jeweiligen Einzelgesellschaften ändere. Ansätzen, welche eine Gesamtverantwortung wegen der Konzernzugehörigkeit bejaht haben, ohne außergewöhnliche Umstände zur Rechtfertigung hierzu darlegen zu können, ist zumeist deutlich widersprochen worden: - Solange etwa ein Tochterunternehmen tatsächlich einer Geschäftstätigkeit nachgeht, die vom Mutterunternehmen zu unterscheiden ist, wird durch Verträge der Tochter nur sie selbst, nicht aber das Mutterunternehmen verpflichtet. Auch eine sehr hohe Beteiligung der Konzernmutter am Kapital des Tochterunternehmens und die Tatsache gemeinsamen Führungspersonals kann nicht dazu führen, den Grundsatz der Einzelverantwortlichkeit zu durchbrechen, soweit beide Gesellschaften ihre Identität bewahrt haben und gegenüber Dritten keine Vermögenseinheit gebildet wurde. 103 - Es besteht auch kein Grundsatz der handelsrechtlichen Solidarität zwischen Gesellschaften eines Konzerns, demzufolge einem Tochterunternehmen die Schulden der Konzernmutter oder umgedreht entgegengehalten werden können. 104 - Allein daraus, daß eine Konzernmutter alle Anteile ihres Tochterunternehmens hält oder aus der Identität der sie leitenden Personen allein folgt noch nicht, daß die jeweilige Tochtergesellschaft eine societe fictive ist. 105 - Der Kassationshof hat im Myson-Urteil vom 24.5.1982 eine Entscheidung der Cour d'appel Lyon wegen Verletzung von Art. 1842 C.civ. aufgehoben, da das Gericht verkannt habe, daß Mutter- und Tochterunternehmen verschiedene juristische Personen seien. 106 Gegenstand des Streites war ein Exklusivvertriebsvertrag, welchen eine später von einem Konzern aufgekaufte Gesellschaft mit einem Dritten geschlossen hatte. Calais-Auloy, Note zu CA Aix-en Provence, 18.6.1975, Rev. Jur. 1976, S. 95. Vg!. etwa die Nachweise bei Schmidt, Rev.soc. 1981, S. 725-738. 103 Sehr deutlich CA Paris, 3e Ch. B, 31.5.1989, Gaz. Pa!. 1989, J., S. 611, 6\3; Schlußfolgerungen des avocat general Tulli, S. 603ff.; Note Marchi. S. 614f.; Cass.com. 6.4.1993, BuH. Joly 1993, S. 677. 104 CA Paris, 4.5.1990, D.S. 1990, IR, S. 156. 105 Cass.com. 5.5.1982, Bul!.Civ. IV, Nr. 156, S. 139; CA Colmar, 21.3.1972, RTD com. 1973, S. 357; zuletzt auch Cass.com. 25.6.1996, Quot.jur. 16.7.1996, S.2. 106 Cass.com. 24.5.1982, Rev.soc. 1983, S. 361 mit Note Beguin, S. 362-368. 101
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Die in derselben Branche wie ihre neue Tochter tätige Konzernmutter unterlief den Zweck dieses Vertrages, indem sie selbst alle Produkte des Konzerns, damit auch die des Tochterunternehmens, an jedermann verkaufte. Der Dritte verklagte daraufhin die Konzernmutter auf Schadensersatz und bekam solchen noch von der Cour d'appel Lyon zugesprochen. 11. Die Ausnahmen des Durchgriffs
Ausnahmen vom Grundsatz der Einzelverantwortung und damit ein Durchgriff durch die juristische Person wurden in der Rechtsprechung in verschiedenen Fällen zugelassen. Systematisiert lassen sich hierbei vier Begründungsmodelle erkennen, welche von den Richtern teilweise kumulativ, teilweise auch unter Berufung auf die fictivite der betroffenen Gesellschaft verwendet werden: \07 1.) Durchgriffe, die mit apparence (Rechtsscheinhaftung) begründet wur-
den, 2.) Fälle reiner Fassadengesellschaften und sonstiger Täuschung, 3.) Fälle der Vermögensvermischung und 4.) Einmischung in die Geschäftsführung des Tochterunternehmens. 1. Die Fälle der apparence Erwecken Konzernmütter den Eindruck, ihre Tochterunternehmen seien keine selbständigen Gesellschaften, müssen sie auch für deren Schulden haften. 108 Anschauliches Beispiel hierfür ist das Urteil des Kassationshofes vom 5.2.1991:\09 Eine Gesellschaft hatte einen ihrer bisherigen Geschäfts107 Ob und wie die Durchgriffsfälle einzuteilen sind, wird von den verschiedenen Autoren unterschiedlich beurteilt: So unterscheidet Beguin, Rev.soc. 1983, S. 362, 363 ff. nur zwei Gruppen, welche sich auf die theorie de fraude und die theorie de fictivite zurückführen lassen, während sie Burst in apparence und faute einteilt, Rev.soc. 1983, S. 96, 97. In Lamy soc., Rz 1888 werden die drei Fallgruppenfaute. apparence und immixtion dans la gestion unterschieden; Berr unterscheidet im lCl. SOC., VII, Fasc. 165-4, Rz 59-66 die Gruppen apparence und communaute des interets; während Gegout im Rep. soc. Dalloz, filiales et participations. Rz 219 ff. auf eine klare Gruppierung ganz verzichtet. Eine wirklich scharfe Abgrenzung hat sich auch in Frankreich noch nicht herauskristallisiert: Die Literatur scheint sich mit der Erarbeitung einer klaren Klassifizierung weniger zu beschäftigen; von der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist sie wegen der Rolle und dem Eigenverständnis als reines Kassationsgericht kaum zu erwarten. In Urteilen und Besprechungen finden sich häufig Bemerkungen, die eine Zuteilung in mehrere Gruppen zulassen. Kritisch hierzu mit neuem Ansatz der theorie de l'apparence Hannoun in seiner these. Die hier gewählte Einteilung stützt sich auf die Darstellung im DPDA. 11. Filiale. Rz 52ff.
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2. Teil: Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich
bereiche ausgegliedert und hierfür eine eigene, neue Gesellschaft gegründet. Die formal-juristisch einwandfreie Selbständigkeit war nach außen aber kaum erkennbar: Die Produktionsstätte blieb völlig unverändert und die neue Tochtergesellschaft bezog ihren Sitz im Gebäude des Gesellschaftssitzes ihrer Mutter. Die Schilder mit der Geschäftsbezeichnung auf dem Gebäude blieben allerdings unverändert; Briefkopf und Logo llO bei der Gesellschaften waren fast identisch, es wurden dieselben Telefon- und Faxnummern verwendet. Darüber hinaus war die Kundschaft durch das Mutterunternehmen dahingehend unterrichtet worden, daß trotz der Veränderungen "in den Strukturen" die Ansprechpartner dieselben wie in der Vergangenheit seien. Die Richter ließen die Konzernmutter daraufhin für die Schulden der Tochter haften, weil sie den Eindruck erweckt habe, eng an der Geschäftstätigkeit des Tochterunternehmens teilzunehmen, dessen Unselbständigkeit (absence d'autonomie) sie so hervorgehoben habe. 11) 2. Fassadengesellschaften
Ein genau entgegengesetztes Interesse am Eindruck Außenstehender liegt in der zweiten Gruppe der Fassadengesellschaften vor: Soeben wollte das Mutterunternehmen bei jedem Außenstehenden zunächst den Eindruck erwecken, die filiale sei nicht mehr als ein verlängerter Arm. Auf deren juristische Selbständigkeit beruft sie sich erst, wenn diese in Schwierigkeiten geraten ist; die Ausgliederung sollte ja gerade auch der Risikoverringe108 Etwa Cass.req. 20.11.1922, ,,Lambom", Sirey 1926, I, S. 305 mit Note Rousseau: Die Richter ließen eine in Frankreich gegründete Tochtergesellschaft für die Schulden ihrer amerikanischen Konzernmutter haften, die noch vor ihrer Errichtung begründet worden waren, weil die Gesellschaft in Paris eine emanation (wörtlich: Ausdünstung) der New Yorker Gesellschaft sei. Ausführliche Analyse der Entscheidung und ihrer Bedeutung bei Hannoun, S. 49ff. Vgl. auch Berr, 1.-CI. soc. VII; Partieipations et jiliales, Rz 59-62 mit aber vorwiegend älteren Rechtsprechungshinweisen; Burst, Rev.soc. 1983, S. 96-99; Cass.civ., sect.com. 29.10.1957, Gaz. Pa!. 1958,1., S. 150 (als rechtliche Begründung wird allerdingsjictivite angegeben); Cass.com. 2.4.1979, Bull.civ. IV, S. 93-95; weitere Nachweise im DPDA, 11, Filiale, Rz 52; Lamy soc., Rz 18884.,2. Spiegelstrich. 109 Cass.com. 5.2.1991, D.S. 1992, J, 27 mit Note Chartier; Bull. Joly April 1991, S. 391 mit Note Delbecque; hierzu auch d'Hoir-Lauprerre, D.S. 1993, Chron., S. 248, 250. \10 Die Soeiite-Chevannes-Maceron-Ballery benutzte das Logo "CMB", die Soeiete Diesel Marine Bretagne das Logo "DMB". 1\1 In Cass.com. 4.3.1997, JCP 1997, IV, Nr. 910, S. 141 (= Rev.soc. 1997, S. 554ff., Note Didier), wurde die Durchgriffsentscheidung der Cour d'appel Paris vom 19.10.1994 u. a. damit wie folgt bestätigt: «En effet, les diverses soeiites se presentaient a leur clientele comme une entite unique, ayant les memes locaux, le meme telephone, le meme logo et minimisant leurs designations propres.»
1. Kap.: Gesellschafts- und Konzernrecht in Frankreich
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rung dienen. Bei Fassadengesellschaften oder sonstigen Täuschungen herrscht dagegen eine andere Interessenlage vor: Die wahren Herrschaftsverhältnisse sollen von vornherein auf Dauer verborgen bleiben, weil die vermeintliche Selbständigkeit zur Umgehung konkreter Pflichten benutzt werden soll. So haben die Richter des Kassationshofes eine Konzerntochter zum Schadensersatz wegen Verletzung einer vertraglichen Wettbewerbsklausel verurteilt, welche auf ein Verhalten ihrer Konzernmutter zurückgeht. 112 Das Tochterunternehmen hatte seinen Geschäftsbetrieb an einen Erwerber verkauft und sich einer räumlich und zeitlich begrenzten Wettbewerbsunterlassungsklausel unterworfen. Die Konzernmutter hat zugleich mit diesem Erwerber einen Franchisevertrag abgeschlossen, wobei sie hierbei durch dieselbe Person vertreten wurde, die schon für die Tochter gehandelt hatte. Später hat die Konzernmutter mit einer anderen Person einen weiteren Franchisevertrag abgeschlossen, durch welchen der Schutzzweck der Wettbewerbsunterlassungsklausel unterlaufen wurde. Wurde ein Tochterunternehmen zu dem Zweck gegründet, in dieses ein Vermögensgut einzulegen, welches man dem Zugriff der Gläubiger des Mutterunternehmens entziehen wollte, hat die Rechtsprechung einen Durchgriff der Gläubiger zugelassen. I 13 3. Vermögensvermischung Eine Unternehmensvermischung erfordert eine Verschachtelung beider Gesellschaften von gewisser Dauer. Scharfe Konturen hat der Begriff der confusion des patrimoines allerdings bislang nicht erlangt. Die Rechtsprechung stellt hierbei auf ein Sammelsurium verschiedener Indizien ab, ohne daß exakte Kriterien herausgearbeitet worden sind. I 14 Die Identität der leitenden Personen, des Gesellschaftszwecks und -sitzes, eine gemeinsame Kundschaft und engste, vertraglich detailliert geregelte Zusammenarbeit reichen nicht aus, solange die Gesellschaftsvermögen nicht vermischt werden. 115 Zumeist scheinen die Gerichte einerseits auf nach außen wahrnehmbare Indizien abzustellen, wie etwa gemeinsame Konten, TelefonnumCass.com. 6.4.1993, RJDA Nov. 1993, Nr. 871, S. 757. Cass.com. 29.10.1957, Gaz. Pa!. 1958, 1., S. 150; besser noch: Cass.com. 2.6.1987, Bull. civ. IV, Nr. 132, S. 101: Reine Gesellschaftsgründung, um den Gläubigem Vermögen zu entziehen; vg!. für weitere Beispiele DPDA, 11, societes fictives et frauduleuses, S. 2865-2868 B. Abgelehnt wurde der Durchgriff dagegen trotz verschiedener typischer Indizien in Cass.com. 4.1.1982, Rev.soc. 1983, S. 95 f., wobei Motive hierfür nicht erkennbar werden; vg!. auch die anschließende Besprechung von Burst, S. 96-99. 114 Zur ebenfalls hierbei verwendeten Begründung der societe fictive und dem Verhältnis der verschiedenen Begründungen und einem Abgrenzungsversuch an hand der neuesten Rechtsprechung vg!. Savaux, RTD civ. 1995, S. 1,26-29. 112
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2. Teil: Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich
mern, Gesellschaftssitze, ähnliche Geschäftsbezeichnungen etc. Andererseits verlangen sie daneben häufig auch Merkmale aus dem internen Bereich der Gesellschaften, ohne daß dies aber klar zum Ausdruck kommt. Indizien hierfür sind etwa, daß eine Muttergesellschaft die Durchführung von Hauptversammlungen oder die Benachrichtigung der Gesellschafter und Abstimmungen innerhalb ihrer Tochtergesellschaft vernachlässigt l16 sowie eine Identität der leitenden Personen bei der Gesellschaften mit nicht mehr klar trennbaren Geschäftsführungsbereichen. 117 Als unzureichend für die Annahme einer Vermischung hielt ein Gericht dagegen die Mitteilung einer Gesellschaft, man möge sich zur Vereinbarung des Preises, des Vertriebs der Waren sowie der Erstellung und Bezahlung der Rechnungen doch an "unser Haus in Pforzheim" wenden. 118 Ebenso ungenügend waren nach Auffassung des Kassationshofes l19 die Feststellungen der Cour d'appel d' Aix-en-Provence, welche einen Durchgriff auf Vermögensvermischung und fictivite unter anderem darauf gestützt hatte, daß die Statuten der Gesellschaft es nicht erlaubten, die Identität der Anteilseigner preiszugeben 120 und daß die leitenden Personen weitgehend identisch gewesen seien. 115 Vgl. etwa Cass.com. 11.5.1993, Bull. Joly 1993, S. 1050 mit Note Pilel; RJDA 1993, S. 806; Quot. Jur., 5.8.1993; allgemein auch RipertlRoblot II, Rz 2862ff. 116 Etwa CA Paris, 11.5.1964, D.S. 1965, J, S. 179; Hannoun, S. 247-251 mit zahlreichen Nachweisen. 117 Ein anschaulicher Fall ist beispielsweise Cass.com. 17.12.1991, Ste IRA cl Madonna es qual, JCP M. E. 1992 I, 365, 166 Nr. I mit Note Pitel; RJDA 1992, Nr. 187, siehe auch Cabrillac!Pilel, JCP ed E 1992, I, S. 365f.: Die Gesellschafter einer GmbH französischen Rechts gründeten in identischer personeller Besetzung eine societe civile immobiliere mit einem Kapital von 10.000 FF, deren einziger Zweck es war, ein Gebäude zu erwerben, um dieses umgehend an die GmbH zu vermieten. Für den Erwerb wurde ein Darlehen in Höhe von fünf Millionen Francs aufgenommen, dessen Raten durch deutlich überhöhte Mietzahlungen der Handelsgesellschaft finanziert wurden. Darüber hinaus verschuldete sich die GmbH, um verschiedene Umbauarbeiten im Gebäude durchzuführen, für welche nach dem Mietvertrag keinerlei Ablöse von der sociile civile zu zahlen war. Die Richter nahmen aufgrund dieser Konstellation an, daß die sociile civile allein auf Kosten der GmbH Eigentümerin der Immobilie wurde. Sie dehnten deshalb das über das Vermögen der GmbH eröffnete Konkursverfahren im Wege des Durchgriffs auch auf das Vermögen der sociile civile aus. Weitere Beispiele in Rep. soc. Dalloz, Mise au Jour 1996, Filiales et Participations, Rz 228ff.; Lamy soc., Rz 1924; DPDA, II, Groupe de societes, S. 2512 A; RipertlRoblot 11, Rz 2862/1. 118 Cass.com. 28.5.1991, Rev.soc. 1991, S. 764. 119 Cass.com. 19.3.1996, Rev.soc. 1996, S. 267-270, Note Le Cannu, S. 270-273. 120 Die Cour d'appel hatte argumentiert, daß dieser Mangel an Transparenz den Willen zur Verschleierung offenbare, aus dem die Vermutung abzuleiten sei, die beiden Gesellschaften seien fiktiv; a. a. 0., S. 269.
1. Kap.: Gesellschafts- und Konzernrecht in Frankreich
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4. Erhebliche Einmischung in die Geschäftsführung Auch bei immixtion dans la gestion, bei erheblicher Einmischung in die Geschäftsführung des Tochterunternehmens, hat die Rechtsprechung den Durchgriff auf die dahinterstehende Gesellschaft zugelassen: Die Einmischung an einem einzelnen Punkt soll hierfür noch nicht ausreichen; nötig ist vielmehr, daß die Geschäfte umfassend aktiv geführt werden. Schließen Gesellschaften für andere konzernangehörige Unternehmen wiederholt Verträge, tätigen sonstige Handelsgeschäfte oder greifen regelnd in Geschäftsbeziehungen ein, so laufen sie Gefahr, wegen dieser gestion de fait für die Folgen dieser Tätigkeit vor Gericht einstehen zu müssen. 121 Ein Unternehmen, welches sich etwa in Abschluß und Erfüllung eines Mietvertrages bis hin zu dessen Kündigung einmischt, welchen seine Tochtergesellschaft mit einem Dritten abgeschlossen hat, soll wahrer Vertragspartner des Mietvertrages sein. 122 Ebenso kann eine Konzernmutter unmittelbar in Anspruch genommen werden, die sich unter Ausnutzung ihrer Machtposition in die Geschäftsführung der Tochter eingemischt und für diese Geschäfte getätigt hat, welche dem Interesse des Tochterunternehmens zuwider liefen. 123 Darüber hinaus wurde in einzelnen Entscheidungen darauf abgestellt, daß die verschiedenen Konzernunternehmen eine entite economique seien. 124 Derartige Begründungen sind aber auf erhebliche Kritik gestoßen, 121 Pariente, Urteilsanmerkung zu CA Paris, 19.10.1994, Rev.soc. 1995, S. 85ff., Note S. 91, 93: Im dortigen Fall waren gleich fünf Gesellschaften wegen erheblicher Einmischung in die Geschäftsführung zur Haftung für Schulden eines anderen Konzernunternehmens verurteilt worden. Zum Begriff des dirigeant de fait vgl. bereits oben Fn 79, Lamy soc., Rz 1888 a.E. 122 Cass.com. 15.6.1993, Bull.civ. IV, Nr. 253, S. 179f. (= Rev.soc 1994, S. 730; RJDA 1993, S. 776), wo der Kassationshof zunächst die einen Durchgriff auf eine Konzernmutter bejahende Begründung der Cour d'appel Douai mangels base legale aufhob. Diese hatte einerseits die Eigenständigkeit der jeweiligen personne morale von Tochter und Mutter festgestellt, letztere aber ohne weitere Begründung trotzdem für die Verpflichtungen aus einem Mietvertrag der Tochter mithaften lassen. Angesichts der eigenen Feststellungen könne die Cour d'appel ohne Nachweis von Vermögens vermischung oder fictivite die Mutter nicht mithaften lassen. Sodann stützte die Cour de cassation das richterliche Ergebnis aber auf eine immixtion dans la gestion, da die Vertrags verhandlungen ohne nähere Aufklärung durch die MuttergeseIlschaft von deren Sitz aus geführt worden seien. 123 CA Versailles 27.10.1988, JCP ed E; 1989,11, 15423; de Juglart/lppolito, Rz 925-3. Vgl. hierzu auch Cass.com., Urteil vom 4.3.1997, Fn 111, in welchem die Durchgriffsentscheidung der CA Paris auch hinsichtlich einer immixtion dans la gestion bestätigt wurde: Diese war darauf gestützt, daß sich verschiedene dirigeants anderer Konzerngesellschaften in die Geschäftsführung eingemischt hatten und die Kündigung des streitgegenständlichen Vertrages der anderen Seite gegenüber als eine «decision du groupe» begründet worden war. 124 Etwa T.com. Paris, 13.2.1986, Gaz.Pal. 1986, J. S. 220; mit ähnlicher Begründung CA Versailles, 16.12.1987, Rev.soc. 1988, S. 434; der Kassationshof hat ein
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2. Teil: Durchgriff im Schiedsvertrag in Frankreich
der Kassationshof hat einige der so begründeten Entscheidungen auch ausdrücklich aufgehoben. 125
§ 4 Zwischenergebnis Trotz aller Ähnlichkeiten zur Lage in Deutschland, was etwa einzelne Gesellschaftstypen angeht, ist deutlich geworden, daß sich sowohl das Konzept der personne morale als auch die in Frankreich anerkannten Durchgriffstatbestände von der deutschen Rechtslage unterscheiden: Die personne morale schließt insbesondere eben gerade nicht eine persönliche Haftung der dahinterstehenden Subjekte aus. Bevor nun untersucht wird, in welchen Fällen in Frankreich ein Durchgriff im Schiedsvertrag angenommen wird, sind zunächst die Grundzüge des französischen Schiedsrechts darzustellen.
Zweites Kapitel
Schiedsrecht in Frankreich Zum Verständnis der Arbeit sollen nach einem Überblick über Entwicklung und Rechtsgrundlagen die Grundzüge des heutigen französischen Schiedsrechts dargestellt werden, wobei insbesondere auf die hier interessierenden Fragen der Wirkungen von Schiedsverträgen im Hinblick auf Dritte eingegangen wird.
§ 1 Entwicklung und Rechtsgrundlagen Die Geschichte des Schiedsrechts in Frankreich ist gekennzeichnet durch Höhen und Tiefen der Akzeptanz dieses Streitbeilegungsverfahrens. Im ancien regime ordnete beispielsweise das königliche Edikt von Franrois JI. vom August 1560 die obligatorische Durchführung eines Schiedsverfahrens entsprechend begründetes Urteil einer Cour d'appel in Cass.com. 17.12.1991, JCP ed E 1992, I, S. 365 zumindest nicht aufgehoben. 125 Cass.com. 20.10.1992, Rev.soc. 1993, S. 449 oder Cass.com. 11.5.1993, Bull.civ. IV, Nr. 187, S. 133; vgl. zur Kritik auch CabrillaclNtel, JCP ed E 1993, I, S. 365 u.a. Lamy soc., Rz 1925. In Cass.com. 4.3.1997, JCP 1997, IV, Nr. 910, S.141, rallt zwar auch der Begriff der entite economique, jedoch führt das Gericht ihn dort im Zusammenhang mit dem entsprechenden, von den Konzerngesellschaften gegenüber den Kunden erweckten Rechtsschein an. Darüber hinaus stellt die Cour auch auf die erhebliche Einmischung in die Geschäftsführung ab, um die dortige Durchgriffsentscheidung der Cour d'appel Paris zu bestätigen.
2. Kap.: Schiedsrecht in Frankreich
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etwa für Streitigkeiten zwischen Kaufleuten über Handelswaren an. 126 Gegen Schiedssprüche konnte zu dieser Zeit allerdings in vollem Umfang Berufung zu den staatlichen Gerichten eingelegt werden. 127 Der Gesetzgeber der französischen Revolution erweiterte den Anwendungsbereich der Schiedsgerichtsbarkeit erheblich und beschnitt die Rechtsbehelfsmöglichkeiten vor den staatlichen Gerichten: Die Schiedsvereinbarung mußte die Berufungsmöglichkeit ausdrücklich vorsehen; anderenfalls bestand nur die Möglichkeit, wegen Nichtigkeit der Vereinbarung bzw. Überschreitung der schiedsrichterlichen Befugnisse die staatlichen Gerichte anzurufen. 128 In den napoleonischen Gesetzen waren sowohl im Code civil,129 als auch im Code de procedure civil 130 Bestimmungen über Schiedsverträge enthalten: Sie betrafen allerdings allein den compromis, nach noch heute geltender französischer Vorstellung eine Schiedsvereinbarung, welche erst nach der Entstehung eines Streits abgeschlossen wird. Da während des ancien regime aber auch Vereinbarungen im Hinblick auf mögliche künftige Streitigkeiten als wirksam betrachtet wurden, wurde die Gültigkeit derartiger Abreden auch nach Erlaß der napoleonischen Gesetzgebung zunächst nicht bezweifelt, bis der Kassationshof in einer Entscheidung vom 10.6.1843 Schiedsklauseln 131 im Zivilrecht schlicht für nichtig erklärte. 132 Schiedsklauseln wurden in der Folgezeit nur in einigen Bereichen des Handelsrechts für wirksam betrachtet. 133 Mit der aufkommenden industriellen Revolution gegen Ende des 19. Jahrhunderts wuchs im Bereich des Handels das Bedürfnis nach der Möglichkeit, Schiedsvereinbarungen auch für künftige Streitigkeiten wirksam abschließen zu können. Für eine entsprechende Reform sprach sich neben dem von Louis Dreyfus bereits 1907 vorgelegten Gesetzesentwurf die Kommission zur Gesetzgebung für das Zivil- und Strafrecht aus. 134 Auch die Vgl. J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 1010, Rz 1 Iff.; Robert, Rz 2 m.w.N. J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 1010, Rz 9ff. 128 Artikel 1 des ersten Titels des Gesetzes vom 16. und 24.8.1789: «L'arbitrage etant le moyen le plus raisonnable de tenniner les contestations entre les citoyens, les legislateurs ne pourront faire aucune disposition qui tendrait a diminuer soit la faveur, soit l'efficacite des compromis.» Vgl. J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 1010 Rz 14ff.; Robert, Rz 2. 129 Im folgenden C.civ. 130 Im folgenden CPC. 131 Zu dieser Unterscheidung des französischen Rechts sogleich unter § 2 A I. 132 Sirey 1843, I, S. 561; Dalloz 1843, I, 343; ausführlich J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 10 10 Rz 25 ff. 133 So sah Art. 332 des Code de commerce (im folgenden c.com.) im Bereich von Schiffs versicherungs geschäften die Möglichkeit der Vereinbarung von Schiedsklauseln vor, vgl. de Boissesson, Rz 12. 134 Nachweise in J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 1010 Rz 30f. 126 127
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1921 in Paris errichtete internationale Handelskammer startete eine Kampagne für die Anerkennung der Wirksamkeit von Schiedsklauseln. A. Überblick über die Kodifikationen und die wichtigsten internationalen Verträge Spätestens nachdem Frankreich das Genfer Protokoll vom 24.9.1923 über Schiedsvereinbarungen gezeichnet hatte, in welchem auch die Wirksamkeit von Schiedsklauseln anerkannt wurde, mußten die französischen Gesetze entsprechend geändert werden: Durch Art. 631 C.com. wurden 1925 Schiedsklauseln im Handelsrecht zugelassen,135 während sie im allgemeinen Zivilrecht weiterhin für unwirksam betrachtet wurden. Erst durch die Reform des Art. 2061 C.civ. von 1972 wurde überhaupt eine Öffnungsmöglichkeit für Schiedsklauseln außerhalb des kaufmännischen Bereichs geschaffen. Die heutigen Bestimmungen über das Schiedsrecht sind verstreut geregelt in Art. 2059-2061 C.civ, Art. 632ff. c.com., vor allem aber in den Vorschriften der Art. 1442-1507 des Nouveau Code de Procedure Civil. 136 Bei den umfassenden Reformen des französischen Zivilprozeßrechts in den Jahren 1980/1981 wurde auch das Schiedsrecht erheblich umgestaltet und modernisiert. Frankreich ist auf dem Gebiet der Schiedsgerichtsbarkeit verschiedenen internationalen Abkommen beigetreten, unter anderem auch dem UNÜ und dem Europäischen Übereinkommen von 1961. 137 Weitere Änderungen des Schiedsrechts im Hinblick auf eine Anpassung des 1985 vorgestellten UNCITRAL-Mustergesetzes sind bislang nicht erfolgt. 138 B. Die Unterscheidung zwischen arbitrage interne und arbitrage international Das vierte Buch des NCPC enthält die wesentlichen Bestimmungen zur Schiedsgerichtsbarkeit. Es ist unterteilt in sechs Titel, von denen der fünfte mit arbitrage international überschrieben ist. Anders als das deutsche und unter anderen Prämissen als das amerikanische Recht 139 differenziert das de Boissesson, S. 23 f., Rz 14. Im folgenden NCPC. 137 Guter Überblick der entsprechenden Verträge bei Fouchard in J.-Cl. Proc.civ., Fase. 1052, Rz 64-176. 138 Vgl. hierzu aus französischer Sicht Fouchard/Gaillard/Goldman, Rz 200205. 139 In den USA ergeben sich grob vergleichbare Differenzierungen in erster Linie aus der Abgrenzung zwischen bundes- und einzelstaatlichen Kompetenzen, hierzu unten, Teil 3 Kap. 2 § 1 A II. l3S
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2. Kap.: Schiedsrecht in Frankreich
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französische Recht auch danach, ob der Schiedsvertrag rein nationalen, oder ob er internationalen Charakter hat. Im internationalen Bereich sind die Vorschriften des französischen Rechts liberaler, weil die Gründe für die Abwahl der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte leichter akzeptiert werden als im rein internen Bereich; zudem wird der Geltungsanspruch der nationalen Rechtsordnung als weniger wichtig empfunden. Nach französischer Auffassung verliert die Unterscheidung nach den Kriterien der Handelssache bzw. der Kaufmannseigenschaft, welche sich beispielsweise auch im UNÜ findet, international zunehmend an Bedeutung. Dies zeige sich etwa daran, daß das UNCITRAL-MG eine entsprechende Differenzierung nicht mehr ausdrücklich enthalte. 140 Nach Art. 1492 NCPC ist ein Schiedsverfahren international, wenn es die Interessen des internationalen Handels berührt. 141 Diese Definition ist zunächst wenig konkret, da der Begriff der Internationalität kaum scharfe Konturen hat. 142 Im konkretem Bezug auf das Schiedsverfahren entschied der Kassationshof erstmals im Gosset-Urteil. 143 daß das Merkmal der Internationalität weder vom Ort des Schiedsverfahrens noch von der Staatsangehörigkeit der Schiedsrichter abhänge, sondern allein von der Tatsache, daß die den Schiedsrichtern unterbreitete Angelegenheit international sei, also die Interessen des internationalen Handels berühre, wie etwa beim Export. 144 In der Rechtsprechung wird die Internationalität nach der Reform von 1981 zumeist sehr großzügig beurteilt: So wurde ein Streit zwischen zwei italienischen Gesellschaften mit Sitz in Italien allein deshalb als international eingestuft, weil eine der Gesellschaften von einer ausländischen Gesellschaft kontrolliert wurde. Da für diese Beteiligung zuvor eine Bewegung von Kapital und Gütern stattgefunden habe, seien notwendigerweise Interes140 Robert, Rz 257-259; de Boissesson, Rz 518, m.w.N.; Fouchard/Gaillard/ Goldman Rz 61-63. Die Reform in Deutschland scheint diese Auffassung bestätigt zu haben, vgl. oben Teil 1 Kap. 2 § 2 A. 141 Art. 1492 NCPC: «Est international l'arbitrage qui met en cause des interets du commerce international.» 142 Sie geht zurück auf eine lange Reihe von Urteilen zu dieser Unterscheidung, welche zum ersten Mal 1927 in den Schlußanträgen des Generalanwaltes Matter auftauchte und vom Kassationshof in seinem Urteil vom 17. Mai 1927 übernommen wurde, Cass.civ., 17.5.1927, D.P. 1928, I, S. 25, concl. Matter. Dort wurde ein Vertrag als international bezeichnet, wenn er die Bewegung von Gütern, Dienstleistungen oder Kapital über eine Grenze zum Gegenstand hat. 143 Cass.civ., 7.5.1963, Rev.crit. DIP 1963, S. 615. 144 Was hier nur angeklungen ist, hat die Cour de cassation in den lmpex-Entscheidung in der erwähnten Weise ausdrücklich festgestellt, Cass.civ., 18.5.1971, Rev.arb. 1972, S. 2 (= D.S. 1972, S. 37; Rev.crit. DIP 1972, S. 172; JDI 1972, S. 62).
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sen des internationalen Handels berührt. 145 Ein anderes Gericht bejahte die Internationalität mit der Begründung, daß, wenn ein Vertrag zwischen zwei französischen Gesellschaften im Ausland erfüllt werden solle, aus diesem Grund die Interessen des internationalen Handels berührt seien. 146 Während die Bestimmungen der ersten vier Titel zur internen Schiedsgerichtsbarkeit 50 Artikel umfassen, wird die internationale Schiedsgerichtsbarkeit in nur sechs Artikeln geregelt. Art. 1495 NCPC enthält hierbei eine Pauschalverweisung auf die Bestimmungen des internen Rechts, sofern französisches Recht gewählt ist, und die Parteien bis auf Art. 1493 und 1494 NCPC keine anderweitigen Bestimmungen getroffen haben. C. Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, insbesondere die IHK 1921 wurde die Internationale Handelskammer in Paris in Form eines Vereins als internationale Organisation gegründet. Mitglieder dieses Vereins sind in erster Linie die verschiedenen Comites nationaux. 147 Bereits 1923 wurde dort als dauerhafte Einrichtung die Cour d'arbitrage gegründet, welche seit dem 1.7.1990 die Bezeichnung Cour international de l'arbitrage führt. 148 Die IHK administriert Schiedsverfahren nach ihrer Schiedsordnung, ihr Schiedsgerichtshof ist hierbei aber nicht als Schiedsgericht tätig. 149 Die unter ihrer Ägide verhandelten Verfahren stammen zu mehr als 95 % aus dem Bereich der arbitrage international. 150 Sie werden keineswegs zwangsläufig in Paris durchgeführt, die Parteien und hilfsweise der Schiedsgerichtshof können den Ort des Schiedsverfahrens im Einzelfall festlegen. 151 Im Bereich der arbitrage interne ist die Chambre arbitrale Paris die bei weitem wichtigste Institution der Schiedsgerichtsbarkeit in Frankreich, darüber hinaus bestehen weitere institutionalisierte Schiedsgerichte in speziellen Bereichen des Handels. 152 CA Paris, 26.4.1985, Aranella, Rev.arb. 1985, S. 311. CA Paris, 8.12.1988, Ste Chantiers Modemes eiSte CMGC, Rev.arb. 1989, S. 111; vgl. im übrigen die Darstellungen bei de Boissesson, Rz 520 und bei FouchardlGaillardlGoldman Rz 107 ff., zur Rechtslage seit 1981 ab Rz 119. 147 Vgl. Amaldez, Rev.arb. 1990, S. 249, 250; zur Bedeutung der Landesgruppen und des Sekretariats auch Schlosser, RipS, Rz 164-165 m. w. N.; Kuckenberg. FS Glossner, S. 177 ff. 148 Vgl. hierzu die Ausführungen von CraiglParklPaulsson; Amaldez. Rev.arb. 1990, S. 249ff.; Crepin. S. 3lf. m.w.N. 149 Vgl. Art. I IHK-SchiedsO in der zum 01.01.1998 überarbeiteten Fassung. ISO Vgl. Crepin. S. 32. 151 Art. 14 IHK-SchiedsO. 145
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§ 2 Die Schiedsvereinbarung A. Allgemeine Wirksamkeitsvoraussetzungen I. Die Unterscheidung zwischen cUluse compromissoire und compromis im Bereich der arbitrage interne
Auch das französische Recht geht davon aus, daß Grundlage für ein Schiedsverfahren der entsprechende Wille der Parteien ist, welcher in einer Schiedsvereinbarung festgehalten wurde. Anders als im deutschen Recht unterscheiden die Franzosen aber nach dem Zeitpunkt des Zustandekommens der Vereinbarung zwischen eompromis. Art. 1447-1450 NCPC und clause eompromissoire, Art. 1442-1446 NCPC: Ersterer 153 ist nach der Definition des Art. 1447 NCPC ein Vertrag, durch welchen die Parteien einen entstandenen Streit der Schiedsgerichtsbarkeit einer oder mehrerer Personen zuweisen. Dagegen zielt die clause eompromissoire. die Schiedsklausel, auf mögliche künftige Streitigkeiten aus einem bestimmten Vertrag ab. Für beide Vereinbarungen gelten die allgemeinen Voraussetzungen des
Art. 1108 C.civ. für Verträge: Damit müssen eapacite (Geschäftsfahigkeit),
eonsentement (Übereinstimmung der Willenserklärungen), objet eertain (hinreichend bestimmter Vertragsgegenstand) und cause lieite (erlaubte Geschäftsgrundlage) gegeben sein. 154 Um einen Schiedsvertrag in Vertretung eines anderen abschließen zu können, muß der Vertreter hierzu gesondert bevollmächtigt worden sein, da eine allgemeine Vollmacht regelmäßig nicht zum Abschluß eines Schiedsvertrages ermächtigt, Art. 1989 C.civ. 155 Für die Vertretung von Gesellschaften durch ihre Organe wurde bis Mitte der fünfziger Jahre von der Rechtsprechung eine gesonderte Vertretungsmacht für den Abschluß von Schiedsverträgen gefordert. 156 152 So etwa die Chambre arbitral maritime de Paris; vgJ. im übrigen den Überblick bei Crepin. S. 27-35; ausführlicher in Rev.arb. 1990, S. 227-438 mit Beiträgen verschiedener Autoren. 153 Compromis kann mit Schiedsabrede, clause compromissoire mit Schiedsklausel übersetzt werden. Da diese Begriffe nach der Reform des deutschen Schiedsrechts nun aber mir einer abweichenden Bedeutung belegt sind, vgJ. § 1029 Abs. 1 S. 2 ZPO, oben Teil 1 Kap. 2 § 1 A, sollen im folgenden die leicht verständlichen französischen Begriffe verwendet werden. Die Begriffe Schiedsvertrag oder Schiedsvereinbarung sollen neutral beide Möglichkeiten erfassen. 154 VgJ. hierzu ausführlich Ancel. l-CJ. Proc.civ., Fasc. 1022, allgemein aus deutscher Sicht etwa Sonnenberger/Schweinberger S. 53 ff. 155 Malaurie/Aynes. Cts spec, Rz 1222; mit Verweis bereits auf Cass.civ., 18.5.1942, D.A. 42.105: de Boissesson. Rz 176.
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1. Besonderheiten der clause compromissoire Während im Handelsrecht - wie bereits erwähnt - Schiedsklauseln bereits seit der Reform von 1925 wirksam sind, wurde dies im allgemeinen Zivilrecht erst durch die Änderung des Art. 2061 C.civ. von 1972 zumindest auf dem Papier erreicht: Nach dessen Wortlaut sind Schiedsklauseln außer im Fall anderweitiger Bestimmungen des Gesetzes nichtig. Wichtigste Bestimmung in diesem Sinne ist aber weiterhin Art. 631 c.com: Schiedsklauseln sind demzufolge zulässig in Verträgen zwischen Kaufleuten, soweit es um Geschäftsangelegenheiten geht, zwischen Gesellschaftern einer Handelsgesellschaft sowie bei Meinungsverschiedenheiten aus allen actes de commerce, selbst wenn es sich hierbei um Privatleute handelt. 157 Da es im Bereich des allgemeinen Zivilrechts bislang keine anderweitigen Gesetzesbestimmungen gibt, ist die clause compromissoire hier im Gegensatz zum compromis grundsätzlich nichtig. 158 Art. 1443 NCPC enthält zwei Wirksamkeitsvoraussetzungen: Zum einen wird in Abs. 1 zur Vermeidung der Nichtigkeit Schriftform gefordert,I59 zum anderen müssen die oder der Schiedsrichter entweder benannt oder die Modalitäten ihrer Benennung geregelt sein, Abs. 2.
2. Der compromis Art. 1448 NCPC bestimmt, daß der compromis den Gegenstand des Streites bestimmen, die Schiedsrichter oder ihre Bestimmungsmodalitäten benennen muß sowie seine Ungültigkeit, wenn ein benannter Schiedsrichter die ihm anvertraute Mission ablehnt. Gemäß Art. 1449 NCPC bedarf der compromis der Schriftform, die hier allerdings nur Beweisfunktion hat und bei Verstoß keine Nichtigkeit auslöst. 160 156 Der Wandel beginnt mit CA Paris, 7.6.1955, Rev.arb. 1957, S. 91; zur Entwicklung der Rechtsprechung und zur heutigen Situation vgl. Cohen, Rz 413 ff., 419ff.; de Boissesson, Rz 179f. 157 Dagegen geht die Cour de cassation bei sogenannten actes mixtes von einer absoluten Nichtigkeit aus, Vincent/Guinchard Rz 1641-1. Diese Einschätzung einer absoluten statt einer relativen Nichtigkeit ist allerdings in der Literatur umstritten, vgl. de Boissesson, Rz 51-57; Sonnenberger, Rz 11 45. Außer in Art. 631 C.com. erklärt Art. 3 Abs. 5 G 27.6.1972 Schiedsklauseln auch im Bereich der cooperatives agricoles für zulässig, vgl. hierzu Robert, Rz 78. 158 Ausführlich hierzu Rubellin-DechivilLoquin, J.-Cl. Proc.civ., Fasc. 1020 Rz 74ff. Zu den möglichen Änderungen des insoweit Fragen der Vereinbarkeit mit Art. 2061 C.civ. aufwerfenden Gesetzes Nr. 95-96 vom 1.2.1995 vgl. Rubellin-DechivilLoquin, a.a.O., Rz 75; und Vincent/Guinchard, Rz 1641-1. 159 Die Schriftform bezieht sich auf den sie enthaltenden Hauptvertrag oder das Dokument, auf welche sie Bezug nimmt, Vincent/Guinchard, Rz 1643.
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ß. Besonderheiten der arbitrage internatioTUlI
Die Unterscheidung zwischen clause compromissoire und compromis wird im fünften Titel zur internationalen Arbitrage nicht mehr aufrecht erhalten. Dort spricht das Gesetz allein von der convention d'arbitrage. Hierin wird zumeist eine Bestätigung der größeren Dispositionsfreiheit im internationalen Bereich gesehen. Nicht eindeutig ist die Rechtslage im Hinblick auf die Frage der zu beachtenden Form: Einerseits findet sich im fünften Titel keine spezielle Formvorschrift, andererseits wird bei fehlender Parteivereinbarung auf die Vorschriften zur internen Schiedsgerichtsbarkeit verwiesen, so daß deren Formvorschriften anwendbar sein könnten. Haben die Parteien keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen, so werden die denkbaren Kollisionsnormen von verschiedener Seite als willkürlich und unpassend bezeichnet. 161 In der Literatur wurde zum Teil ohne nähere Auseinandersetzung mit diesem Problem zumeist angenommen, daß das französische Recht für die arbitrage international keine Formvorschriften aufstelle. 162
160 Vgl. Formulierungsunterschiede « ••• doit, a peine de nullite, etre stipulee par ecrit» gegenüber «... est constate par ecrit», auch GavaldalLucas de Leyssac, S. 33. 161 Gaillard, J-Cl. Proc.civ., Fasc. 1060, Rz 8 ff. So hat die Cour d'appel Paris in der Entscheidung Bomar Oil eine Vermutung der Anknüpfung der Schiedsvereinbarung an die lex fori ausdrücklich abgelehnt, Bomar Oil, 20.1.1987, Rev.arb. 1987, S. 482 ff., Note Kessedjian; JDI 1987, S. 934 ff., Note Loquin; das Urteil wurde später aus anderen Gründen von der Cour de cassation aufgehoben, Cass.civ. 11.9.1989, Rev.arb. 1990, S. 134f., Note Kessedjian; JDI 1990, S. 934f.; Note Loquin. 162 Etwa de Boissesson, Rz 572 und 609, der zudem auf den Unterschied zwischen der bloßen Existenz einer schriftlichen Fassung und der Notwendigkeit einer Unterzeichnung derselben hinweist, BelletlMezger, Rev.crit. DIP 1981, S. 611, 622, anders dagegen Cadiet, Rz 1651 und Robert, Rz 270, die das gewählte Recht und hilfsweise die allgemeine Kollisionsregel locus regit actum anwenden wollen. Aus der Entscheidung Cass.civ, 9.11.1993, Bomar Oil 11, Rev.arb. 1994, S. 108f. liest Kessedjian in ihrer anschließenden Urteilsanmerkung S. 109, 113 heraus, daß Art. 1443 NCPC mittels Art. 1499 NCPC in der arbitrage international gelte; Gaillard dagegen entnimmt dieser Entscheidung in seiner Anmerkung im JDI 1994, S. 494, genau das Gegenteil. Der abgeschwächte Formvorbehalt nach Art. 2 UNÜ soll über Art. 7 des UNÜ an Geltung verlieren, demzufolge sich eine betroffene Partei auf Schiedssprüche berufen kann, die den Anforderungen des Landes genügen, in welchem ihre Anerkennung beantragt wird. Diese Bestimmung sei auch auf die Schiedsvereinbarungen selbst anwendbar, de Boissesson, a. a. 0., mit Nachweisen zum Streitstand.
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B. Schiedsfähigkeit Im Hinblick auf die objektive Schiedsfähigkeit einer Angelegenheit finden sich Einschränkungen in Art. 2059, 2060 C.civ.: Ähnlich der Lage in Deutschland vor dem 01.01.1998 können Schiedsverträge nur bezüglich frei verfügbarer Rechte geschlossen werden, Art. 2059 C.civ. Darüber hinaus verbietet Art. 2060 C.civ. Schiedsverträge in den dort aufgezählten Bereichen, etwa der Geschäftsfähigkeit oder der Scheidung sowie generell für alle Materien, die den ordre public betreffen, wenn also Interessen übergeordneter Art einer Abwahl der staatlichen Entscheidungszuständigkeit entgegenstehen. 163 Einschränkungen dieser Art gibt es etwa im Bereich des Konkurs- oder des Arbeitsrechts. l64 Im Bereich der gewerblichen Schutzrechte findet sich eine dem deutschen Recht vergleichbare Einschränkung der objektiven Schiedsfähigkeit: Nach Art. 50 des Gesetzes vom 13.7.1978 wird aus der absoluten Wirkung der Nichtigerklärung eines Patentes geschlossen, daß diese Entscheidung nicht durch ein Schiedsgericht ergehen kann. 165 In subjektiver Hinsicht bedürfen Rechtssubjekte des öffentlichen Rechts für den Abschluß von Schiedsverträgen einer Genehmigung, Art. 2060 Abs. 2 C.CiV. 166 C. Wirkungen der Schiedsvereinbarung gegenüber Dritten Bevor entsprechend dem eigentlichen Thema der Arbeit Durchgriffsfälle untersucht werden, ist zunächst darzustellen, unter welchen Voraussetzungen Schiedsvereinbarungen nach allgemeinen Grundsätzen insbesondere des Vertragsrechts Wirkungen gegenüber Dritten entfalten. Grundsätzlich haben Schiedsverträge nur für die ursprünglichen Parteien Geltung, Dritte werden hierdurch nicht berührt. 167 Dies ergibt sich unmittelbar aus dem Grundsatz der Relativität von Vertragsbeziehungen gern. Art. 1165 C.Civ. 168 Folglich entfalten Schiedsvereinbarungen keine Wirkungen etwa gegenüber Vertretern bei einer representation parfaite,169 gegen163 Konzeptionell überrascht der ordre public- Vorbehalt bereits im Bereich der Frage der Schiedsfahigkeit etwas, zumal er auch als Kriterium bei der Inhaltskontrolle der Schiedssprüche verwendet wird. Zu den hierdurch entstehenden Problemen vgl. Schlosser, RipS, Rz 292; ausführlich Ancel, l-Cl. Proc.civ., Fasc. 1024. 164 Robert, Rz 20, 33-36; Vincent/Guinchard, Rz 1637, 1642; ausführlich hierzu de Boissesson, Rz 502-513; Ancel, l-Cl. Proc.civ., Fasc. 1024; Moreau, Arbitrage (Dt Interne) D. Rep.proc.civ., Rz 61 ff. 165 Ausführlich hierzu de Boissesson, Rz 494-501; Robert, Rz 42-47. 166 Robert, Rz 31 f.; Ancel, l-Cl. Proc.civ., Fasc. 1024, Rz 25-49. 167 Vgl. etwa CA Paris, 19.12.1986, Rev.arb. 1987, S. 359.
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über Dritten, die ihr Recht aus einem allein materiellen Vertrag zu ihren Gunsten herleiten können l70 oder gegenüber einem Geschäftsführer im Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag. 171 Hat dagegen einer von mehreren Gesamtschuldnern eine Schiedsvereinbarung geschlossen, sind hierdurch auch die anderen gebunden. In Als Ausnahme zu diesem Grundsatz bindet eine Schiedsvereinbarung aber wie im deutschen Recht auch Gesamtrechtsnachfolger wie einen Universalerben,173 oder im Falle einer Verschmelzung von Gesellschaften die "überlebende Gesellschaft." 174 Auch bei einer Einzelrechtsnachfolge wird weitgehend eine Bindung des Nachfolgers an eine Schiedsklausel angenommen; 175 im Fall eines Vertrages zugunsten Dritter erfolgt wegen der Selb168 Art. 1165 C.civ.: «Les conventions n'ont d'effet qu'entre les parties contractantes; elles ne nuisent point au tiers, et elles ne lui profitent que dans le cas pn!vu par l'art 1121.» Vgl. etwa MalaurielAynes, Obligations, Rz 650ff. und Cts spec. Rz 1247; Benabent, Rz 243 ff. Angesichts der zum Teil erheblichen Schwierigkeiten, Parteien und Dritte sauber abzugrenzen und eine einleuchtende Begründung hierin zu finden, hat Ghestin einen Vorschlag für ein neues Verständnis der Begriffe erarbeitet, vgl. Traite de droit civil, III, Rz 329ff. Eine ausführliche Darstellung seiner Theorie kann an dieser Stelle nicht erfolgen: Kurz zusammengefaßt will er unter dem Begriff der Partei zum einen die Rechtssubjekte verstehen, welche diesen Status beim Abschluß des Vertrages innehatten, zum anderen diejenigen, die über diesen Status im Augenblick der Erfüllung verfügen. Zur Kritik an der nicht recht überzeugenden Systematik vgl. Aubert, RTD civ. 1993, S. 263ff.; MalaurielAynes, Obligations, Rz 657ff. 169 Vgl. etwa Veaux, l-Cl. civ. Art 1165, Fasc 10 Rz 55ff., Goutal, Rev.arb. 1988, S. 439, 443. Die representation parfaite entspricht dem wirksamen Vertretungsgeschäft i. S. d. §§ 164 ff. BGB. Anders ist dies aber im Fall der verdeckten Stellvertretung, einem Fall einer representation imparfaite, vgl. hierzu Goutal, S. 444; FeridlSonnenberger, Bd 1, Rz F 1028, oder wenn der Vertreter neben der Erklärung im Namen des Vertretenen zugleich eine im eigenen Namen abgegeben hat, vgl. etwa Cass.civ., 14.10.1987, Rev.arb. 1988, S. 288. 170 Cass.com., 4.6.1985, Rev.arb. 1987, S. 139f., Note Goutal. 171 Im Unterschied zum deutschen Recht verfügt der gerant einer gestion d'affaires über Vertretungsbefugnis; seine Handlungen gegenüber Dritten haben nach Art. 1375 C.civ. unmittelbar Wirkung für und gegen den Geschäftsherrn, vgl. auch FeridlSonnenberger, Bd 2, Rz K 322. Er muß allerdings offenlegen, nicht für sich selbst zu handeln, vgl. Goutal, Rev.arb. 1988, S. 439, 443 m. w.N. 172 Vgl. etwa Cass.com., 13.11.1967, Rev.arb. 1967, S. 116; Goutal, Rev.arb. 1988, S. 439,443. 173 Robert, Rz 119 VincentlGuinchard, Rz 1644 für die clause compromissoire. 174 CA Paris, 13.6.1963, Rev.arb. 1964, S. 125. 175 Auch in Frankreich kann sich der Altschuldner sicherlich auf den Schiedsvertrag mit dem Zedenten berufen, der Zessionar kann hieraus aber nur unter Umständen eigene Rechte ableiten, vgl. CA Paris, 15.3.l966, Rev.arb. 1966, S. 100; im einzelnen Goutal, Rev.arb. 1988, S. 439, 444-447.
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ständigkeit der Schiedsvereinbarung eine Auslegung, ob dem Dritten ein Recht allein aus dem materiellen Vertrag oder auch aus dem Schiedsvertrag entstehen sollte. 176 Beim Bürgen wird in der neueren Literatur eine Bindung an den Schiedsvertrag des Hauptschuldners abgelehnt. 177 Grundsätzlich werden auch die Gesellschafter einer Gesellschaft mit personnalite morale ebenso wenig durch deren Schiedsvereinbarungen gebun176 Die stipulation pour autrui ist dem Vertrag zugunsten Dritter vergleichbar: Sie ist nach Art. 1121 C.civ. eigentlich nur in zwei Fällen zulässig: Zum einen, wenn die Leistung an den Dritten Bedingung für die Leistung des Versprechensempfangers ist, zum anderen bei einer Schenkung unter Auflage, vgl. Malaurie/Aynes, Obligations, Rz 669 ff. Das Bedürfnis der Praxis nach einem entsprechenden Institut hat jedoch infolge einer großzügigen Auslegung dieser Voraussetzungen und eigenständiger Regelungen (Etwa für Lebensversicherungen in Art. L.112-1 et s. Code des Assurances) dem Vertrag zugunsten Dritter einen weiteren Anwendungsbereich eröffnet, vgl. etwa die Nachweise bei Starck/Roland/Boyer, Obligations, Rz 13131321. Wie auch in Deutschland hat die Rechtsprechung über die Annahme eines Vertrages zugunsten Dritter teilweise Unzulänglichkeiten und Unbilligkeiten des Deliktsrechts versucht abzumildern, was durch einige gesetzliche Reformen in der Zwischenzeit nicht mehr notwendig ist, vgl. beispielsweise bei Ghestin, Rz 652655. In Cass.civ. Ire, 14.6.1989, Bull.civ. I, Nr. 243, S. 162, hat die Cour de cassation anerkannt, daß Verträge zugunsten Dritter ausnahmsweise auch stillschweigend vereinbart werden können. Der Begünstigte einer stipulation pour autrui erhält jedenfalls ein eigenes, unmittelbares Leistungsrecht gegenüber dem Versprechenden, Starck/Roland/Boyer, Rz 1339, wobei ihm dieser allerdings Mängel des Grundvertrages entgegenhalten kann. Bei Schiedsvereinbarungen schwankt die Rechtsprechung in ihrer Auffassung über Zulässigkeit einer Schiedsvereinbarung zugunsten Dritter, da hierdurch auch Pflichten entstehen können, ohne daß die Tragweite der jeweiligen Urteile geklärt ist; eher ablehnend Cass.com., 4.6.1985, Bisutti clSefimo, Rev.arb. 1987, S. 139f. mit Anmerkung Goutal, ab S. 140 (= Bull.civ. IV, Nr. 178); ders., Rev.arb. 1988, S. 439, 447.-t49 m. w.N., dem wohl zustimmend Benabent, Rz 251; Malaurie/Aynes, Obligations, Rz 680; dagegen eher befürwortend Cass.civ., 20.10.1987, Rev.arb. 1988, S. 559; Robert, Rz 120-2. Der Kassationshof scheint in diesem Urteil anzudeuten, daß eine stipulation pour autrui bei einem Schiedsvertrag nur das Recht des Begünstigten erzeugen kann, sich auf diesen berufen zu können, er seinerseits aber nicht gegen seinen Willen in ein Schiedsverfahren gezwungen werden kann. Weitergehend zulassend Jarrosson, Bull.ASA 1994, S. 202; 223f; der die Schiedsvereinbarung von ihrem Charakter her für neutral hält: ein Nachteil könne hieraus nicht entstehen, da auch der Schiedsrichter Recht spreche. Zum Modell des Vertrags zugunsten Dritter mit einer Pflicht, deren Auferlegung der Dritte zugestimmt hat, vgl. Cass.civ., 1.12.1987, Bull.civ. I, Nr. 353; Venandet, JCP 1989, I, 3391 ff. 177 Allerdings muß er einen bereits gegenüber dem Hauptschuldner ergangenen Schiedsspruch gegen sich gelten lassen, vgl. hierzu CA Paris, 4.1.1960, Rev.arb. 1960, S. 122; und CA Paris, 21.5.1964, Dalloz 1964, S. 602; Urteilsanmerkung Goutal, Fn 176, S. 140, 142 m.w.N., Robert, Rz 120-2. Der Bürge kann sich aber umgedreht auch nicht auf eine Schiedsvereinbarung aus dem Verhältnis GläubigerHauptschuldner berufen, vgl. Cass.com. 22.11.1977, Rev.arb. 1978, S. 461; Cass.com. 20.12.1982, Rev.arb. 1984, S. 477.
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den wie die Gesellschaft durch solche der Gesellschafter; die Annahme eines gegenseitigen Vertretungsverhältnisses wurde von· der höchstrichterlichen Rechtsprechung abgelehnt. 178 Inwieweit hiervon Ausnahmen zugelassen werden, ist Gegenstand der weiteren Untersuchung. Zusammenfassend ist damit festzuhalten, daß das französische Recht eine Bindung Dritter an Schiedsverträge ausnahmsweise entsprechend den aufgezeigten allgemeinen Rechtsinstituten zuläßt, im übrigen aber eine Ausdehnung der Bindung den Grundsätzen des Vertragsrechts widerspricht. D. Autonomie der Schiedsvereinbarung und kollisionsrechtliche Behandlung
Wie eingangs bereits erwähnt, ist sowohl die Qualifikation der Schiedsvereinbarung als eigenständiger Vertrag als auch ihre kollisionsrechtliche Behandlung von Bedeutung, insbesondere bezüglich der Wirksamkeit bei Wirksamkeitsmängeln des materiellen Hauptvertrages gerade auch im Hinblick auf die Anwendbarkeit internationaler Handelsbräuche zur Überwindung als zu streng empfundener nationaler Regelungen. Hinsichtlich der internen Schiedsgerichtsbarkeit wird überwiegend die Auffassung vertreten, die clause compromissoire sei kein selbständiger Schiedsvertrag, sondern nur eine akzessorische Vereinbarung zu einem Hauptvertrag, da nur die Beilegung möglicher Streitigkeiten aus jenem geregelt werden SOll.179 Anderer Meinung zufolge stellt sie einen selbständigen Vertrag im Vertrag dar. 180 Einigkeit besteht aber darüber, daß im Bereich der internen Schiedsgerichtsbarkeit die Unwirksamkeit des Hauptvertrages auch auf die Schiedsklausel durchschlägt, welche dessen Schicksal teilt. 181 Ist allerdings allein die Schiedsklausel unwirksam, betrachtet sie Art. 1446 NCPC als nicht vereinbart, so daß dies keine Auswirkungen auf den Hauptvertrag hat. Schiedsvereinbarungen im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit werden dagegen einheitlich als autonome Verträge betrachtet. So hat die Cour de cassation 1963 in der Entscheidung Gosset auch die Selbständigkeit der clause compromissoire im internationalen Bereich anerkannt. 182 178 Cass.com., 9.1.1979, Rev.arb. 1979, S. 478, Note Fouchard, Cass.com., 15.11.1978, Bull.civ. IV, S. 217 (= Rev.arb. 1980, S. 69; Gaz.Pal. 1979, J, S. 1, somm. 138); Note Goutal, Fn 176, S. 140, 142f. 179 Etwa Cadiet, Rz 1518. 180 de Boissesson S. 73, Rz 75, der sie als "Vertrag im Vertrag" bezeichnet. Wegen der Einigkeit im Hinblick auf das Durchschlagen von Unwirksamkeitsgründen hat die Unterschiedlichkeit der Auffassungen aber kaum praktische Relevanz. 181 Vgl. Cadiet, de Boissesson, a.a.O., Fn 179 und 180.
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Hieraus wurden zunächst zwei Folgerungen gezogen: Zum einen hat die Unwirksamkeit des Hauptvertrages keine auf die Schiedsklausel durchgreifende Wirkung. Zum anderen können die Parteien für die Schiedsklausel die Geltung eines anderen Rechts vereinbaren als für den Hauptvertrag und auch das anzuwendende Verfahrensrecht frei bestimmen. 183 In der Literatur wurde diese Autonomie von einigen Autoren dahingehend weiterentwickelt, daß sich im internationalen Bereich die Schiedsvereinbarung auch von jeder staatlichen Rechtsordnung loslösen könne. 184 Die Frage des Vorliegens einer wirksamen Schiedsvereinbarung soll danach nicht mehr anhand einer bestimmten nationalen Rechtsordnung überprüft werden, welche durch Anwendung von Kollisionsnormen einer staatlichen Rechtsordnung bestimmt werde, sondern unmittelbar mittels materieller Normen aus dem internationalen Bereich. Hintergrund dieser Auffassung ist zum einen, daß es für Schiedsrichter keine vergleichbare Rechtfertigung gebe wie für staatliche Richter, die Kollisionsnormen einer bestimmten Rechtsordnung anzuwenden. Zum anderen werden die bislang verwendeten Anknüpfungspunkte, etwa an das Recht des Ortes des Vertragsschlusses oder das des Sitzes des Schiedsgerichts als wenig gerechtfertigt empfunden. 18S In der Entscheidung Galakis wies die Cour de cassa ti on den pourvoi gegen ein Urteil der Cour d'appel Paris zurück, in welcher diese die subjektive Schiedsfähigkeit einer personne morale des öffentlichen Rechts ohne Bezug zu einer nationalen Rechtsordnung angenommen hatte. 186 1975 hat 182 Cass.civ., 7.5.1963 Gosset; Dalloz 1963, 545 (= JDI 1964, S. 82; Rev. crit. DIP 1963, S. 645): "Im Bereich der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit ist der ,accord compromissoire' immer, sei er getrennt vereinbart oder in einem Rechtsgeschäft enthalten, auf welches er sich bezieht, außer in Ausnahmefällen, welche nicht vorgetragen wurden, juristisch völlig autonom, was ausschließt, daß er von einer möglichen Unwirksamkeit des Rechtsgeschäftes berührt wird." 183 Vgl. etwa Cass.civ., 14.12.1983, Rev.arb. 1984, S. 483f., Note Rondeau River; CA Paris, 25.1.1972, Rev.arb. 1973, S. 158ff., Note Fouchard. 184 Motulsky, Rev.arb. 1959, S. 3ff. und Rev.arb. 1963, S. 110; Goldman, Rec. des cours 1963, H, S. 361ff.; Fouchard Rz 471ff., 515ff. 185 Hierzu bereits Fouchard, S. 84f.; insbesondere Fouchard/Gaillard/Goldman, Rz 420ff.; Gaillard, J.-Cl. Proc.civ., Fasc 1054, Rz 34ff., siehe auch Sandrock, RIW 1992, S. 785 ff. 186 Cass.civ., 2.5.1966, Galakis, JDI 1966, S. 648f. Note Level (= JCP 1966, H, 14406, Note Ligneau; Rev.crit. DIP 1967, S. 553f. Note Goldman; D.S. 1966, S. 575, Note Robert): Deren subjektive Schiedsfahigkeit war nach dem internen Recht Frankreichs ausgeschlossen. Die Richter hatten die entsprechende Bestimmung bei internationalen Verträgen für unanwendbar gehalten, welche nach den Bedürfnissen und Bedingungen der Bräuche des Seehandels geschlossen wurden, und bejahten die subjektive Schiedsfahigkeit allein auf dieser Grundlage. Goldman,
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der Appelationshof Paris in der Entscheidung Menicucci diese Autonomie ausdrücklich so ausgelegt, daß eine Schiedsklausel auch unabhängig von jedem internen staatlichen Recht sein kann. 187 Ein solches Verständnis war schon der Entscheidung Hecht des Kassationshofes von 1972 angeklungen, ohne daß die Richter dies in derartiger Deutlichkeit ausgedrückt haben. 188 In der Folge ergangene Entscheidungen bestätigten des öfteren die Unabhängigkeit der Schiedsklausel von jedem nationalen Recht; die Cour d'appel Paris stellte sie 1990 allein unter den Vorbehalt des ordre public international. 189 Einigen Autoren zufolge muß ein Schiedsgericht überhaupt keine kollisionsrechtliche Anknüpfung mehr vornehmen, sondern könne bei fehlender Rechtswahl durch die Parteien das von ihm für anwendbar gehaltene Recht anwenden. 190 Im Fall Cassia haben dagegen sowohl die Cour d'appel Paris als auch die Cour de cassation die Auffassung vertreten, das anwendbare Recht sei kollisionsrechtlich zu bestimmen. 191 Dagegen hat sich die Cour de cassation später in der Angelegenheit Dalico l92 eindeutig auf die Seite derer gestellt, die die methode conjlictuelle für überholt halten: a. a. 0., sah hierin bereits den Abschied von der methode conjlictuelle im internationalen Bereich und die Bestätigung der lex mercatoria. 187 CA Paris, 13.12.1975, JDI 1977, S. 106; Note Loquin; Rev.crit. DIP 1976, S. 507, Note Oppetit: «Si la loi fran