Periodengewinn und Totalgewinn: Zum Einfluß des Totalgewinngedankens auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung [1 ed.] 9783428496839, 9783428096831

Der steuerliche Gewinn wird durch die drei Strukturelemente des Gewinnermittlungszeitraums, der Gewinnermittlungsart und

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German Pages 197 Year 1999

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Periodengewinn und Totalgewinn: Zum Einfluß des Totalgewinngedankens auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung [1 ed.]
 9783428496839, 9783428096831

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KLAUS-DIETER D R Ü E N

Periodengewinn und Totalgewinn

Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 64

Periodengewinn und Totalgewinn Zum Einfluß des Totalgewinngedankens auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung

Von Dr. Klaus-Dieter Drüen

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Driien, Klaus-Dieter:

Periodengewinn und Totalgewinn : zum Einfluß des Totalgewinngedankens auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung / von Klaus-Dieter Driien. Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Schriften zum Steuerrecht ; Bd. 64) Zugl.: Bochum, Univ., Diss., 1998 ISBN 3-428-09683-5

Alle Rechte vorbehalten © 1999 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 3-428-09683-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 1998 von der Juristischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Februar 1998 abgeschlossen, die Anmerkungen wurden für die Veröffentlichung auf den Stand Ende Juni 1999 gebracht. Mein besonderer Dank gilt meinem akademischen Lehrer, Herrn Professor Dr. Heinrich Wilhelm Kruse. Er hat mich zu dieser Arbeit ermuntert und sie vorbildlich betreut. Vor allem aber danke ich ihm für die wissenschaftliche Förderung, die er mir an seinem Lehrstuhl seit meiner Studienzeit zuteil werden ließ. Weiterhin danke ich Herrn Professor Roman Seer, der das Zweitgutachten trotz vielfältiger Verpflichtungen nach Übernahme des Lehrstuhls für Steuerrecht kurzfristig erstellt hat. Mein Dank gilt zudem Herrn Vorsitzenden Richter am Bundesfinanzhof Professor Dr. Walter Drenseck für seine Anregungen und seine stete Diskussionsbereitschaft. Ich danke der Studienstiftung des Deutschen Volkes e. V., Bonn, die mich nicht nur in materieller Hinsicht - durch ein Promotionsstipendium gefördert hat, sowie dem Verein der Freunde der Rechtswissenschaften e. V., Bochum, für die Beihilfe zu den Druckkosten. Die Esche-Schümann-Commichau ESC Stiftung, Hamburg, prämierte die Arbeit mit ihrem Förderpreis 1998. Für die Auszeichnung und den damit verbundenen großzügigen Druckkostenzuschuß bin ich zu Dank verpflichtet. Schließlich danke ich dem Verlag Duncker & Humblot und den Herausgebern, den Herren Professoren Dr. Joachim Lang und Dr. Jens Peter Meincke, für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Duisburg, im Juni 1999

Klaus-Dieter Driien

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Einleitung

§1

Gegenstand und Gang der Untersuchung

19

Zweiter Teil Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht § 2 Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht I. Der Gewinnermittlungszeitraum im System periodischer Ertragsbesteuerung II. Das Wirtschaftsjahr/Kalenderjahr als Gewinnermittlungszeitraum III. Gewinnermittlungszeitraum und Bemessungszeitraum § 3 Die Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht

22 23 25 26 28

I. Die Entwicklung der steuerrechtlichen Gewinnermittlung

29

1. Steuergesetzgebung der deutschen Staaten bis 1919

29

a) Das preußische Einkommensteuergesetz vom 1. Mai 1851

29

b) Das sächsische Einkommensteuergesetz vom 22. Dezember 1874

30

c) Das Bremer Einkommensteuergesetz vom 15. Dezember 1874

32

d) Das Hamburger Einkommensteuergesetz vom 7. März 1881

34

e) Die preußischen Einkommensteuergesetze vom 24. Juni 1891 und vom 19. Juni 1906

35

2. Reichseinheitliche Steuergesetzgebung

37

a) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 29. März 1920

37

b) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 10. August 1925

38

c) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1934

39

8

nsverzeichnis 3. Bundesrechtliche Steuergesetzgebung

40

a) Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954

40

b) Zweites Steueränderungsgesetz vom 10. August 1971

41

4. Quintessenz der Entwicklung der Gewinnermittlungsarten

42

II. Persönlicher Geltungsbereich der Gewinnermittlungsarten III. Die einzelnen Arten der Gewinnermittlung im Überblick

46 47

1. Der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG

47

2. Der Betriebs Vermögens vergleich nach §§5 i.V.m. 4 Abs. 1 EStG

48

3. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG

49

4. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte (§ 13a EStG)

52

5. Sonstige, Arten" der Gewinnermittlung

53

§ 4 Der Betrieb als Bezugspunkt der Gewinnermittlung im Steuerrecht

55

Dritter Teil Der Totalgewinngedanke

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

57

I. Der Totalgewinn auf der Ebene der Gewinnerzielung

58

II. Der Totalgewinn auf der Ebene der Gewinnermittlung

59

1. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit

61

a) Wechsel der Gewinnermittlungsart

61

b) Laufende Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG)

64

2. Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit III. Der Zusammenhang zwischen Totalgewinngleichheit und -richtigkeit

§ 6 Wurzeln und praktische Relevanz des Totalgewinngedankens I. Finanzwissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Wurzeln II. Praktische Relevanz des Totalgewinnes

66 69

70 70 72

Inhaltsverzeichnis Vierter

9

Teil

Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

§ 7 Prämissen des Totalgewinngedankens I. Prämisse der vollständigen Verlustkompensation II. Weitere Prämissen

§ 8 Rechtfertigung des Totalgewinngedankens in Rechtsprechung und Literatur I. Die einzelnen Argumente II. Qualifikation und Prüfungsfolge der Argumente

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente I. Verfassungsrechtliche Legitimation periodischer Ertragsbesteuerung

74 74 78

79 80 82

85 85

1. Die periodische Besteuerung als technisches oder materielles Prinzip

85

2. Zu den Lösungsansätzen der Literatur

87

3. Kollision verfassungsrechtlicher Prinzipien

88

4. Verfassungsrechtlicher Optimierungsauftrag

96

a) Grundlage des Optimierungsauftrages

96

b) Optimierungskorridor

99

c) Entscheidung des Gesetzgebers 5. Ergebnis II. Verfassungsrechtliche Legitimation der verschiedenen Gewinnermittlungsarten

103 106

106

1. Überschußrechnung und Betriebsvermögensvergleich

106

2. Besteuerung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG)

112

III. Verfassungsrechtliches Postulat der Totalgewinngleichheit?

116

1. Divergenz der Totalgewinne

117

2. Totalgewinngleichheit und Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)

121

3. Ergebnis

124

10

nsverzeichnis

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze I. Vorrang des Totalgegewinndankens vor dem Abschnittsprinzip?

125 126

1. Materielle und technische Prinzipien

126

2. Das Abschnittsprinzip als technisches und materielles Prinzip

128

II. Der Totalgewinngedanke als normkonzipierendes Prinzip?

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne)

130

133

I. Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung: Totalgewinn oder „voller" Gewinn? 134 II. Zweck der Überschußrechnung: Totalgewinn oder Vereinfachung?

138

§ 12 Argumente aus dem äußeren System

140

§ 13 Begriffliche Argumente

141

I. Gewinnbegriffe im Steuerrecht

142

1. Autonomie des steuerrechtlichen Gewinnbegriffes

142

2. Pluralismus steuerrechtlicher Gewinnbegriffe

145

II. Zur Überzeugungskraft der Argumente aus dem Gewinnbegriff

Fünfter

149

Teil

Abschied vom Totalgewinngedanken bei der steuerechtlichen Gewinnermittlung

§ 14 Konsequenzen für die steuerrechtliche Gewinnermittlung I. Konsequenzen für die Korrektur von Bilanzierungsfehlern II. Konsequenzen für die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG

152 152 156

1. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG als eigenständige Art der Gewinnermittlung 156 2. Zur Entbehrlichkeit des Totalgewinngedankens: Beispiel der Vermögensverluste im Betriebsvermögen III. Konsequenzen für den Wechsel der Gewinnermittlungsart

158 162

Inhaltsverzeichnis

11

Sechster Teil Schluß § 15 Zusammenfassung der Ergebnisse

165

Rechtsprechungsübersicht

169

Literaturverzeichnis

176

Sachverzeichnis

195

Abkürzungsverzeichnis a. Α.

anderer Ansicht

a. a. Ο.

am angegebenen Ort

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

AcP

Archiv für die civilistische Praxis

AfA

Absetzung für Abnutzung

AktG

Aktiengesetz v. 6.9 1965, BGBl. I 1965, 1089 mit Änderungen

ALR

Allgemeines Landrecht für die preußischen Staaten vom 1.6. 1794

Alt.

Alternative

Anm.

Anmerkung

AO

Abgabenordnung 1977 vom 16. 3. 1976, BGBl. I 1976, 613, berichtigt BGBl. I 1977, 269 mit Änderungen

AöR

Archiv für öffentliches Recht

arg.

Argumentum (Argument)

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

ausf.

ausführlich

Baden-Württ.

Baden-Württemberg

BAFöG

Bundesausbildungsförderungsgesetz

in

der

Fassung

vom

6. 6. 1983, BGBl. I 1983, 645 mit Änderungen BAG

Bundesarbeitsgericht

bayer.

bayerisch

BB

Betriebs-Berater

Bd.

Band

BdF

Bundesminister der Finanzen

Begr.

Begründung

Bern.

Bemerkung

BewG

Bewertungsgesetz in der Fassung vom 1.2. 1991, BGBl. I 1991, 230 mit Änderungen

BFH BFH/NV BFHE

Bundesfinanzhof Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

Abkürzungsverzeichnis

13

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch vom 18. 8. 1896, RGBl. 1896, 195 mit Änderungen

BGBl. I

Bundesgesetzblatt, Teil I

BGHZ

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesministerium der Finanzen

BMF BR-Drucks.

Drucksachen des Deutschen Bundesrates

BStBl. I bis III

Bundessteuerblatt, Teil I bis III

BT-Drucks.

Drucksachen des Deutschen Bundestages

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE bzw. D

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Digesten

DB

Der Betrieb

DBA

Doppelbesteuerungsabkommen

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

Diss.

Dissertation

DJT

Deutscher Juristentag

DM

Deutsche Mark

Dok.

Dokument / Dokumentation

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DSÜG

Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft e.V.

DSÜG 2 (1979)

Kruse, Heinrich Wilhelm (Hrsg.), Die Grundprobleme der Personengesellschaft im Steuerrecht, Köln 1979 Söhn, Hartmut (Hrsg.), Die Abgrenzung der Betriebs- oder Berufssphäre von der Privatsphäre im Einkommensteuerrecht, Köln 1980 Ruppe, Hans Georg (Hrsg.), Gewinnrealisierung im Steuerrecht, Köln 1981 Tipke, Klaus (Hrsg.), Grenzen der Rechtsfortbildung durch Rechtsprechung und Verwaltungsvorschriften im Steuerrecht, Köln 1982 Raupach, Arndt (Hrsg.), Werte und Wertermittlung im Steuerrecht, Köln 1984 Friauf, Karl Heinrich (Hrsg.), Steuerrecht und Verfassungsrecht, Köln 1989 Dorait, Werner (Hrsg.), Probleme des Steuerbilanzrechts, Köln 1991 Wassermeyer, Franz (Hrsg.), Grundfragen der Unternehmensbesteuerung, Köln 1994 Trzaskalik, Christoph (Hrsg.), Der Rechtsschutz in Steuersachen, Köln 1995

DSÜG 3 (1980)

DSÜG 4 (1981) DSÜG 5 (1982)

DSÜG 7 (1984) DSÜG 12 (1989) DSÜG 14(1991) DSÜG 17 (1994) DSÜG 18 ( 1995)

14 DStR

Abkürzungsverzeichnis Deutsches Steuerrecht (seit 1962/63, zuvor Deutsche SteuerRundschau)

DStRE

Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst

DStZ

Deutsche Steuer-Zeitung

DStZ / A

Deutsche Steuer-Zeitung Ausgabe A (von 1950 bis 1979)

DVB1.

Deutsches Verwaltungsblatt

EFG

Entscheidungen der Finanzgerichte

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fas-

EGHGB

EStG

Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche in der Fassung vom 10. 5. 1897, RGBl. 1897,437 mit Änderungen Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25. 3. 1957, BGBl. II 1957, 766 in der Fassung des Vertrags über die Europäische Union vom 7. 2. 1992, BGBl. II 1992, 1253/ 1256 mit Änderungen Einführung Einleitung Einkommensteuer-Durchführungsverordnung 1990 in der Fassung vom 28. 7. 1992, BGBl. I 1992, 1418 mit Änderungen Einkommensteuergesetz 1997 in der Fassung vom 16. 4. 1997,

EStR

Einkommensteuerrichtlinien 1998 vom 15. 12. 1998, BStBl. I

f., ff.

folgende, fortfolgende

FG

Finanzgericht

sung vom 21. 9. 1994, BGBl. I 1994, 2494 mit Änderungen

EGV

Einf. Einl. EStDV

BGBl. I 1997, 821 mit Änderungen 1998, 1518,1528

Fin Arch.

Finanzarchiv

FinMin.

Finanzministerium

Fn.

Fußnote

FR

Finanz-Rundschau

G

Gesetz

gem.

gemäß

GewStG

Gewerbesteuergesetz 1991 in der Fassung vom 21. 3. 1991,

GG

Grundgesetz

BGBl. I 1991, 814 mit Änderungen für

die

Bundesrepublik

Deutschland

vom

23. 5. 1949, BGBl. I 1949, 1 mit Änderungen ggf.

gegebenenfalls

gl. A.

gleicher Ansicht

GmbH

Gesellschaft mit beschränkter Haftung

GmbHG

Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung

GrS

Großer Senat

vom 20. 4. 1892, RGBl. 1892,477 mit Änderungen GS

Gesetzsammlung / Gesetzessammlung

GVB1.

Gesetz- und Verordnungsblatt

h.M.

herrschende Meinung

Abkürzungsverzeichnis

15

HFR

Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung

HGB

Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897, RGBl. 1987, 219 mit Änderungen

Hrsg., hrsg.

Herausgeber, herausgegeben

i.d.F.

in der Fassung

i.E.

im Ergebnis

i.S.

im Sinne

i.V.m.

in Verbindung mit

i.w.S.

im weiteren Sinne

IdW

Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland

Inf.

Die Information über Steuer und Wirtschaft

JbFSt.

Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht

JStG 1996

Jahressteuergesetz 1996 vom 11. 10. 1995, BGBl. 1 1995,1250

JStG 1997

Jahressteuergesetz 1997 vom 20. 12.1996, BGBl. 1 1996, 2049.

JuS

Juristische Schulung

Jura

Juristische Ausbildung

JZ

Juristenzeitung

KÖSDI

Kölner Steuer Dialog

krit.

kritisch

KStG

Körperschaftsteuergesetz 1999 in der Fassung der Bekanntgabe vom 22. 4. 1999, BGBl. 1 1999,461

lexinform

Datenbank lexinform - Steuerrecht der DATEV e.G., Nürnberg

Lfg.

Lieferung

m.E.

meines Erachtens

m. w. N.

mit weiteren Nachweisen

MDR

Monatsschrift für Deutsches Recht

n.F.

neue Fassung

n.v.

nicht veröffentlicht

Nds.

Niedersachsen / niedersächsisch

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

Nr.

Nummer

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

NW

Nordrhein-Westfalen

NWB

Neue Wirtschafts-Briefe

OFD

Oberfinanzdirektion

OHG

Offene Handelsgesellschaft

OVG

Oberverwaltungsgericht

OVGE

Sammlung der Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte

pr.

preußisch

PrOVG

Preußisches Oberverwaltungsgericht

PrOVGE

Sammlung der Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts

16 PrOVGSt

Abkürzungsverzeichnis Sammlung der Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen

RAO

Reichsabgabenordnung vom 22. 5. 1931, RGBl. I 1931, 161 mit Änderungen

RFHE

Reichsfinanzhof

RFHE

Sammlung der Entscheidungen des Reichsfinanzhofs

RG

Reichsgericht

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGZ

Amtliche Sammlung von Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen

Rn.

Randnummer(n)

Rspr.

Rechtsprechung

RStBl.

Reichssteuerblatt

Rz.

Randzahl

s.

siehe

seil.

scilicet

Sp.

Spalte

StÄndG

Steueränderungsgesetz

Stbg.

Die Steuerberatung

StbJb.

Steuerberater-Jahrbuch

StbKongrRep.

Steuerberaterkongreß-Report

StBp. StEK

Die steuerliche Betriebsprüfung Steuererlasse in Karteiform (Loseblattsammlung, hrsg. von Felix, Günther und Carle, Dieter, Köln) StEntlG 1999/2000/2002 Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. 3. 1999, BGBl. I 1999,402 StGB Strafgesetzbuch in der Fassung vom 10. 3. 1987, BGBl. I 1987, 945 mit Änderungen StPO str. StRK

Strafprozeßordnung vom 7. 4. 1987, BGBl. I 1987, 1074 mit Änderungen streitig Steuer-Rechtsprechung in Karteiform (Loseblattsammlung, hrsg. von Weiß, Eberhard, Köln)

StuW

Steuer und Wirtschaft

StVj.

Steuerliche Vierteljahresschrift

StWa.

Steuer-Warte

Tz.

Textzahl

u.

und

u. a.

und andere

u.ä. UmwStG

und ähnliche(s) Umwandlungssteuergesetz vom 28. 10. 1994, BGBl. 1 1994, 3267 mit Änderungen

Abkürzungsverzeichnis

17

UStDB

Umsatzsteuer Durchführungsbestimmungen 1951, BGBl. 11951, 796

UStG

Umsatzsteuergesetz 1993 i.d.F. vom 27. 4. 1993, BGBl. I 1993, 565, 1160 mit Änderungen

v.

von, vom

VerwArch.

Verwaltungsarchiv

Vfg.

Verfügung

VGH

Verwaltungsgerichtshof

vgl.

vergleiche

VJSchrStFR

Vierteljahresschrift für Steuer- und Finanzrecht

VO

Verordnung

Vorb.

Vorbemerkung

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGH

(österreichischer) Verwaltungsgerichtshof

VwVfG

Verwaltungsverfahrensgesetz vom 25. 5. 1976, BGBl. I 1976, 1253 mit Änderungen

wistra

Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht

WM

Wertpapier-Mitteilungen

ζ. B.

zum Beispiel

ZG

Zeitschrift für Gesetzgebung

Ziff.

Ziffer(n)

zit.

zitiert

zutr.

zutreffend

2 Driien

Erster Teil

Einleitung § 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung Der Gewinn ist eine zentrale Größe des Einkommensteuerrechts. Die Einkünfte bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit sind der Gewinn (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Sedes materiae der steuerrechtlichen Gewinnermittlung sind die §§ 4 bis 7k EStG1. Das Körperschaftsteuergesetz knüpft an diese Vorschriften des Einkommensteuergesetzes sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach an (§ 8 Abs. 1 KStG). Das Gewerbesteuergesetz knüpft ebenfalls an die Gewinnermittlung nach Maßgabe des Einkommensteuergesetzes an; der Gewinn ist die Ausgangsgröße, um den Gewerbeertrag zu berechnen (§ 7 GewStG). Diese Vorschriften regeln die Ermittlung des laufenden Gewinnes (Periodengewinnes) eines Betriebes. Der sog. Totalgewinn, also der Gesamtgewinn eines Betriebes von seiner Gründung bis zu seiner Veräußerung, Aufgabe oder Liquidation, taucht in keinem der genannten Gesetze auf. Das Gesetz schreibt keine „Totalgewinnermittlung"2 vor. Die steuerrechtliche Gewinnermittlung steht gleichwohl in einem Spannungsfeld zwischen dem Periodengewinn und dem Totalgewinn. Obwohl der Totalgewinn nur eine Denkgröße ist, wirkt er nachhaltig auf die Praxis der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ein. Die Rechtsprechung stellt den Totalgewinn neben den Periodengewinn. Das hat gravierende Auswirkungen auf die einzelnen Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht. Die Praxis orientiert sich bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) heutzutage kaum mehr am Gesetzeswortlaut, sondern vielmehr am sog. Prinzip der Totalgewinngleichheit3. Dieses soll ein Subprinzip des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit4 und Ausfluß des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) sein5.

ι Teil II, 3. Abschnitt EStG. 2 Vgl. Nds. FG, Urteil vom 22. 11. 1990, EFG 1991, 488. 3 Pars pro toto Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 10, 14; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 30 (Juni 1997); umfassende Nachweise in § 5 II der Arbeit. 4

Federmann, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht10, 1994, 161; Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 240; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993,501,610 f. 5 Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 504, 507, 531 (Juli 1998); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 5; Weber2*

20

1. Teil: Einleitung

Der Preis der Abkehr vom Gesetzeswortlaut liegt auf der Hand: Die an sich einfache Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist unsystematisch und zur Quelle zahlloser Einzelfallentscheidungen geworden6. Beim Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) kehren die gleichen Argumente wieder7: Der Bundesfinanzhof und eine Reihe von Autoren räumen dem Totalgewinn Vorrang vor dem Periodengewinn ein und messen dem Postulat der Ermittlung desrichtigenTotalgewinnes axiomatische Kraft zu8. Auf der anderen Seite wird der Bundesfinanzhof 9 unter Beifall der Literatur 10 nicht müde, den besonderen Wert des ,»richtigen" Periodengewinnes zu betonen. Argumente sind wiederum der verfassungsrechtliche Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, das Leistungsfähigkeitsprinzip und der „Sinn und Zweck" der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Die Argumentation scheint beliebig und durch den Blick auf das fiskalische Ergebnis bestimmt zu sein. Einige Autoren sind sogar der Ansicht, daß bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung die Grenzlinie zwischen lex lata und lex ferenda bereits überschritten werde11. Diese Arbeit untersucht das Verhältnis von Periodengewinn und Totalgewinn. Ausgangspunkt ist dabei die gesetzliche Regelung der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, die anhand der Strukturelemente des Gewinnes dargestellt wird 12 . Eine Bestandsaufnahme verdeutlicht den Einfluß des Totalgewinngedankens auf das Steuerrecht13. Die Wurzeln dieses Gedankens liegen in den WirtschaftswissenGrellet, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988); ähnlich Rombach, Das Maßgeblichkeitsprinzip im System einkommensteuerlicher Gewinnermittlung, 1988, 123; Tipke, Steuerrecht11, 1987, 296. 6 Das räumen auch einzelne Verfechter des Prinzips der Totalgewinngleichheit ein, nämlich Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 373 und Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 6. 7 BFH, Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650 zeigt ausdrücklich die Querverbindungen auf. β BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273 (275); BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143); BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (868); BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/ NV 1990, 630 (631); BFH, Urteil vom 4. 5. 1993, BStBl. II 1993, 661 (662 f.); Schmidt/ Heinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 14, 703; Hoffmann, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 519 ff. (Juli 1998); Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 642; Blümich/ Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juli 1997); a.A. FG Düsseldorf, Urteil vom 8. 5. 1996, EFG 1996,983. 9 BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 2. 1969, BStBl. II 1969, 291 (293); daran anknüpfend BFH, Urteil vom 21. 10. 1993, BStBl. II 1994, 176 (178). "> Kempermann, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. Β 115 (März 1996); Pezzer, DSÜG 14 (1991), 3 (18); Weber-Grellet, Festschrift L. Schmidt, 1993, 161 (171); DB 1994, 288 (290); Steuerbilanzrecht, 1996, 20; DB 1997, 385 (386); Schmidt ! Weber-Grellet, EStG 18 , 1999, § 5 Rn. 27,31. » Vgl. Crezelius, DB 1994, 689; Gelhausen/ Fey, BB 1994, 603 (604); Kruse, Festschrift Friauf, 1996, 793 (807); Festschrift Ritter, 1997,413 (420). »2 §§2 bis 4 der Arbeit.

§ 1 Gegenstand und Gang der Untersuchung

21

schaften 14. Das lenkt den Blick auf die Frage, ob das geltende Recht die Prämissen des Totalgewinngedankens erfüllt 15, und auf die Argumente, die nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur für den Totalgewinngedanken im Steuerrecht sprechen16. Im Zentrum steht dabei der verfassungsrechtliche Gehalt der periodischen Besteuerung, deren Annex die periodische Gewinnermittlung ist 17 . Auf der Grundlage der verfassungsrechtlichen Vorgaben ist zu fragen, wie tragfähig die Argumente für den Totalgewinngedanken de lege lata sind18. Am Ende werden die Konsequenzen der gewonnenen Erkenntnisse für die steuerrechtliche Gewinnermittlung exemplarisch aufgezeigt 19.

13 §5 der Arbeit, w § 6 der Arbeit. 15 §7 der Arbeit. 16 § 8 der Arbeit. 17 § 9 der Arbeit. 18 §§ 10 bis 13 der Arbeit. 19 § 14 der Arbeit.

Zweiter Teil

Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht Die steuerrechtliche Gewinnermittlung 20 erschließt sich am nachdrücklichsten anhand der Strukturelemente des Gewinnes. Drei Strukturelemente kennzeichnen den Gewinn 2 1 . Das Zeitelement legt den Zeitraum fest, für den der Gewinn zu ermitteln ist 2 2 . Das Verfahrenselement legt fest, nach welchem Verfahren der Gewinn zu ermitteln ist 2 3 . Das Bezugselement legt fest, für welche wirtschaftliche Einheit der Gewinn zu ermitteln ist 2 4 .

§ 2 Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht Das Einkommen ist eine zeitraumbezogene Stromgröße 25 . Darum ist auch der Gewinn eine zeitraumbezogene Stromgröße 26 . Diese Stromgröße kann für ver20 Der hergebrachte Ausdruck „Gewinnermittlung " ist m.E. unglücklich. Die Ermittlung des Gewinnes ist Rechtsanwendung, und es geht nicht darum, die für den Einzelfall bedeutsamen Tatsachen im Sinne von § 88 Abs. 1 Satz 1 AO zu ermitteln (in diesem Sinne aber Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 40). Die Gewinnermittlungsvorschriften legen erst fest, was Gewinn im Sinne der Steuergesetze ist. Sie dienen damit der Berechnung des Gewinnes. § 22 sächs. EStG 1874 und § 14 pr. EStG 1891 brachten das klar zum Ausdruck: " ... der Reingewinn ... (ist) ... zu berechnen". Die Gev/innberechnung ist ein Element des Berechnungstatbestandes, der die rechnerische Seite des Steuertatbestandes ausmacht (zum Berechnungstatbestand vgl. Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 1974, 49 ff., 52, 151). Der Terminus Gewinnberechnung hat sich hat sich indes nicht durchgesetzt. 21 Von Strukture lementèn spricht auch Brandis, StuW 1987, 289 (291) in Hinblick auf das Einkommen; Popitz, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3 4 , 1926, 400 (407) sprach demgegenüber von Grwndelementen. 22 § 2 der Arbeit „Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht". 23 § 3 der Arbeit,£>ie Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht". 24 § 4 der Arbeit,£>er Betrieb als Gegenstand der Gewinnermittlung im Steuenrecht". 25 Hackmann, Die Besteuerung des Lebenseinkommens, 1979, 44; Popitz, Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. 3 4 , 1926, 400 (406); Ruppe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einf. Rn. 33 (Febr. 1990). 26 Der Gewinn ist unabhängig von der Art seiner Ermittlung eine Stromgröße und keine zeitpunktbezogene Bestandsgröße. Das ist bei der Ermittlung des Gewinnes durch Überschußrechnung oder Gewinn- und Verlustrechnung unmittelbar einsichtig, weil mit den Einzahlungen und Auszahlungen beziehungsweise den Erträgen und Aufwendungen Stromgrößen gegenübergestellt werden (Wöhe, Die Handels- und Steuerbilanz3, 1996, 7). Das Ergebnis

§ 2 Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht

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schiedene Zeiträume ermittelt werden. Der Zeitraum kann sich auf einzelne Perioden (Jahre, Monate) erstrecken. Dieser Gewinn heißt Periodengemnn. Der Gewinn kann auch die Zeit von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebes oder vom Beginn bis zum Schluß aller steuerrechtlich relevanten Tätigkeiten27 oder gar von Geburt bis zum Tode des Steuerpflichtigen umfassen. Dieser für eine Totalperiode ermittelte Gewinn heißt 7bta/gewinn.

I. Der Gewinnermittlungszeitraum im System periodischer Ertragsbesteuerung Die steuerrechtliche Gewinnermittlung dient dazu, den Gewinn zu ermitteln, der bei den Ertragsteuern in die Bemessungsgrundlage eingeht. Der Gewinn ist Teil des zu versteuernden Einkommens und damit Teil der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 2 bis 5 EStG) 28 , und der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 EStG). Er ist die Ausgangsgröße, um den Gewerbeertrag zu berechnen (§ 7 GewStG)29, der (nunmehr) einzige Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer ist (§ 6 GewStG)30. Aus diesem Grunde muß der Gewinnermittlungszeitraum31 im Einklang mit den Sachgesetzlichkeiten des Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuerrechts stehen. Die Ertragsteuern sind periodische Steuern. Der Grundsatz der Jahresbezogenheit der Einkunfts- und Einkommensermittlung, das sog. Periodizitätsprinzip oder

der Differenz ist notwendigerweise eine Stromgröße. Auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich ist das Ergebnis eine Stromgröße. Es werden zwei Bestandsgrößen gegenübergestellt, um die Bestandsveränderung, mithin eine Stromgröße, zu ermitteln. 27 Im Inland sind die Tätigkeiten steuerrechtlich nur relevant, soweit sie der inländischen Besteuerungsgewalt unterliegen. Der Inlandsbezug während der Totalperiode wird in der Diskussion um den Totalgewinn stillschweigend vorausgesetzt. 28 Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ist das zu versteuernde Einkommen (§ 2 Abs. 5 Satz 1 2. Halbsatz EStG). Die Bemessungsgrundlage setzt sich aus den in § 2 Abs. 3 bis 5 genannten Teilgrößen zusammen, vgl. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 65 ff. Zur Unterscheidung zwischen Steuergegenstand und Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer nach der klassischen Lehre vom Steuertatbestand und der sog. Stufenbaulehre vgl. Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 15 (Mai 1990). Die Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) und Kürzungen (§ 9 GewStG) sollen den Gewinn verobjektivieren, um dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer (§ 3 Abs. 2 AO) entsprechend die objektive Ertragskraft des Unternehmens zu besteuern (BFH, Urteil vom 24. 10. 1990, BStBl. II 1991, 358; Glanegger/Güroff, GewStG4, 1999, § 7 Rn. 1; Lenski/ Steinberg, GewStG, § 7 Rn. 5 [April 1998]). 30 Die Gewerbekapialsteuer wurde durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. 10. 1997, BGBl. I 1997, 2590 ab dem Erhebungszeitraum 1998 abgeschafft. Der Gewinnermittlungszeitraum ist der Ermittlungszeitraum der Gewinneinkünfte.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Abschnittsprinzip, durchzieht nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts das gesamte Einkommensteuerrecht32. Das gilt auch für die übrigen Ertragsteuern. Die periodische Besteuerung hat zwei Seiten. Die verfahrensrechtliche Seite ist von der materiell-rechtlichen Seite zu trennen33. Die verfahrensrechtliche Seite kennzeichnet der Veranlagungszeitraum. Der Veranlagungszeitraum ist der Zeitraum, für den der Steueranspruch durch Steuerbescheid festgesetzt und erhoben wird 34 . Die materiell-rechtliche Seite der Abschnittsbesteuerung kennzeichnen Ermittlungs- und Bemessungszeitraum. Der Ermittlungszeitraum ist der Zeitraum, für den die Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln sind und der Bemessungszeitraum ist der Zeitraum, für den die Bemessungsgrundlage zwecks Anwendung des Steuertarifs zu berechnen ist 35 . Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer (§ 2 Abs. 7 Satz 1 EStG). Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln (§ 2 Abs. 7 Satz 2 EStG). Die Einkommensteuer wird nach Ablauf des Kalenderjahres, dem Veranlagungszeitraum, nach dem Einkommen festgesetzt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat (§ 25 Abs. 1 EStG). Der Steuertarif ist ein Jahrestarif (§ 32a EStG). Der Steueranspruch entsteht mit Ablauf des Kalenderjahres (§ 36 Abs. 1 EStG). Auch die Körperschaftsteuer ist eine Jahressteuer (§ 7 Abs. 3 Satz 1 KStG). Die Grundlagen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalendeijahr zu ermitteln (§ 7 Abs. 3 Satz 2 KStG). Veranlagungszeitraum ist das Kalenderjahr (§ 49 Abs. 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 1 EStG), mit dessen Ablauf der Steueranspruch entsteht (§ 48 Buchstabe c KStG) 36 . Schließlich ist die Gewerbesteuer eine Jahressteuer. Erhebungszeitraum der Gewerbesteuer ist das Kalenderjahr (§ 14 Abs. 2 Satz 1 GewStG)37. Der Gewerbeertrag ist für das Kalenderjahr zu ermitteln (vgl. §§ 7 Abs. 1, 10 i.V.m. § 14 Abs. 2 GewStG). Die Gewerbesteuer entsteht, soweit es sich nicht um Vorauszahlungen handelt, mit Ablauf des Kalenderjahres (§18 GewStG). Das Kalenderjahr ist bei den Ertragsteuern folglich sowohl der materiell-rechtliche Bemessungszeitraum als auch der verfahrensrechtliche Veranlagungszeitraum 38. Durch die Periodisierung des Bemessungszeitraumes ist zugleich die Periodisierung des Gewinnermittlungszeitraumes vorgegeben39. 32 BVerfG, Beschluß vom 14. 5. 1986, BVerfGE 72, 200 (252). 33 Vgl. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981 /88, 96 und in Tipke/Lang, Steuerrecht 16, 1998, § 9 Rn. 45 ff. 34

Vgl. Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 28; ähnlich Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985,43. 35 Vgl. Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985,40 ff. 36 Ausnahmen sieht § 48 Buchstabe a und b KStG vor. 37 Der Erhebungszeitraum tritt bei der Gewerbesteuer an die Stelle des Veranlagungszeitraums (Scholtz, DStZ 1982,487). 38 Vgl. Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985,40 ff.; Loritz, Einkommensteuerrecht, 1988, Rn. 143 ff.; Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht,

§ 2 Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht

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Π . Das Wirtschaftsjahr/Kalenderjahr als Gewinnermittlungszeitraum § 4a EStG legt den Gewinnermittlungszeitraum für die Einkommensteuer fest. Bei Land- und Forstwirten und Gewerbetreibenden ist der Gewinn nach dem Wirtschaftsjahr zu ermitteln (§ 4a Abs. 1 Satz 1 EStG). Wirtschaftsjahr ist bei Landund Forstwirten grundsätzlich der Zeitraum vom 1. Juli bis zum 30. Juni (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG) 4 0 . In das Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende können den Bilanzstichtag frei wählen und infolge dieser Wahl ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr haben (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 1 EStG) 4 1 . Bei anderen Gewerbetreibenden ist das Wirtschaftsjahr das Kalenderjahr. Das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr verändert nicht den Bemessungszeitraum. Bei abweichendem oder abgekürztem 42 Wirtschaftsjahr werden die Besteuerungsgrundlagen auf den Bemessungszeitraum, das Kalenderjahr, umgerechnet. Bei Land- und Forstwirten wird der Gewinn der Wirtschaftsjahre zeitanteilig auf die beiden Kalenderjahre aufgeteilt (§ 4a Abs. 3 Nr. 1 EStG), bei Gewerbetreibenden gilt der ganze Gewinn des Wirtschaftsjahres als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG) 4 3 . Der Gewinnermittlungszeitraum für Freiberufler 44 ist das Kalenderjahr (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG) 4 5 . 1977,28,49 ff. Anstelle des Bemessungszeitraumes spricht Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 96 und in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 45 ff. vom Ermittlungszeitraum und nennt den Ermittlungszeitraum der Einkünfte „Einkünfte-Ermittlungszeitraum". Die Unterschiede sind m.E. nur terminologischer Art. 39 In der Sache ebenso Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985,152. 40 Ausnahmen sieht § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 8c EStDV vor. 41 Der Steuerpflichtige kann das Wirtschaftsjahr auf einen vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum nur im Einvernehmen mit dem Finanzamt umstellen (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Satz 2 EStG). Dieses Erfordernis soll eine willkürliche Umstellung allein aus Gründen der Steuerersparnis (sog. Steuerpause) verhindern (vgl. Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4a Rn. Β 124 [März 1993]). Da das Wirtschaftsjahr der Zeitraum ist, für den der Steuerpflichtige zulässigerweise tatsächlich Abschlüsse macht, können (steuerrechtliches) Wirtschaftsjahr und (handelsrechtliches) Geschäftsjahr voneinander abweichen (FG Hamburg, Urteil vom 3. 12. 1996, EFG 1997,603 [605]). 42 Das Wirtschaftsjahr umfaßt regelmäßig einen Zeitraum von 12 Monaten (§ 8b Satz 1 EStDV). Es kann einen kürzeren Zeitraum umfassen (sog. Rumpfwirtschaftsjahr), wenn ein Betrieb eröffnet, erworben oder veräußert wird oder wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsjahr umstellt (§ 8b Satz 2 EStDV). 43 Diese gesetzliche Fiktion wurde durch das Steueränderungsgesetz vom 26. 7. 1957, BGBl. 1 1957, 848 (wieder)eingeführt. Sie erübrigt die zeitanteilige Aufteilung des Gewinnes eines Wirtschaftsjahres. 44 Genauer: Freiberufler (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), nichtgewerbliche Einnehmer einer staatlichen Lotterie (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und Steuerpflichtige mit Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG). 45 § 4a EStG sieht für Freiberufler keine von § 2 Abs. 7 Satz 2 EStG abweichende Regelung vor (vgl. § 4a Abs. 1 Satz 1 EStG: „Bei Land- und Forstwirten und bei Gewerbetreibenden ..."). Gewinnermittlungszeitraum ist daher das Kalenderjahr (h.M. Birtel, Die Zeit im

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Bei der Körperschaftsteuer ist der Gewinnermittlungszeitraum das Kalenderjahr (vgl. § 7 Abs. 3 Satz 2 EStG), bei Steuerpflichtigen, die nach dem Handelsgesetzbuch buchführungspflichtig sind, das Wirtschaftsjahr (§ 7 Abs. 4 KStG) 4 6 . Der Ermittlungszeitraum für den Gewerbeertrag ist das Kalenderjahr bzw. das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr (§ 7 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 GewStG) 4 7 . Der Gewinn ist im Steuerrecht danach für ein Wirtschaftsjahr bzw. ein Kalenderjahr zu ermitteln 48 .

I I I . Gewinnermittlungszeitraum und Bemessungszeitraum Der Gewinnermittlungszeitraum umfaßt wie der Bemessungsszeitraum in der Regel einen Zeitraum von zwölf Monaten 4 9 . Das geltende Recht kennt im Gegensatz zu vielen Einkommensteuergesetzen des 19. Jahrhunderts keine Besteuerung nach einem mehrjährigen Durchschnitt. In Preußen war der Gewinn aus Handel, Gewerbe, Pachtungen oder irgendeiner Art gewinnbringender Beschäftigung zunächst durch eine Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahre zu berechnen (§ 30 Abs. 2 Satz 1 pr. EStG 1851)50. An der Besteuerung nach einem dreijährigen Durchschnitt wurde auch festgehalten als bei der Gewinnermittlung an die handelsrechtlichen Grundsätze von Inventur und Bilanz (§ 14 Abs. 1 pr. EStG 1891 51 ) angeknüpft wurde (§ 10 Abs. 1 pr. EStG 1891). § 9 Nr. 3 pr.

Einkommensteuerrecht, 1985, 108; Bordewin, in Lademann / Söffing, EStG, § 4a Rn. 5 [Juli 1992]; Blümich / Dankmeyer, EStG, § 4a Rn. 11 [April 1984]; Bauer, in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 4a Anm. 4 [Juli 1997]; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 342; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4a Rn. Β 1 (März 1993); a.A. Frotscher/Fröif, EStG, § 4a Rn. 1 [Lfg. 12/81]; Lang, DStJG 4 (1981), 45 [52, Note 18]; Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 53: Wirtschaftsjahr). In der Sache divergieren die Ansichten nicht, weil Freiberufler nicht in das Handelsregister eingetragen werden können und damit nur das mit dem Kalenderjahr übereinstimmende Wirtschaftsjahr (§ 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 EStG) für sie in Betracht käme. § 7 Abs. 4 KStG verdrängt § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG, vgl. Streck, KStG5, 1997, § 7 Anm. 6. 47 § 7 GewStG knüpft an die Regelungen des § 4a EStG, § 7 Abs. 4 KStG und § 8b EStDV an (Blümich /Hofmeister, GewStG, § 10 Rn. 7 [Jan. 1998]). § 10 Abs. 2 GewStG hat daher im wesentlichen nur deklaratorische Bedeutung (Stäuber, in Lenski / Steinberg, GewStG, § 10 Anm. 3 [April 1998]). 48 Der Gewinnermittlungszeitraum deckt sich demnach nicht stets mit dem Bemessungszeitraum, dem Kalenderjahr. 49 Eine Besonderheit gilt für den Fall der Liquidation bestimmter Körperschaften, bei denen der ,3esteuerungszeitraum" maximal drei Jahre lang sein soll (§ 11 Abs. 1 Satz 2 KStG). Der Gewinnermittlungszeitraum ist in diesem Fall der Zeitraum vom Schluß des dem Liquidationsbeginn vorangehenden Wirtschaftsjahres bis zum Ende der Liquidation (Streck, KStG5, 1997, § 11 Anm. 5). 50 Pr. GS 1851, 193. 51 Pr. GS 1891, 175.

§ 2 Der Gewinnermittlungszeitraum im Steuerrecht

27

EStG 190652 bestimmte ausdrücklich, daß der Geschäftsgewinn nach dem Durchschnitt der drei dem Steuerjahr unmittelbar vorangegangenen Wirtschaftsjahre zu berechnen ist 53 . In Sachsen waren feststehende Einnahmen mit ihrem „vollen Betrage", Einnahmen, die nur durch Schätzung gefunden werden können, als Durchschnitt der „letztverflossenen drei Kalenderjahre" anzusetzen (§ 13 sächs. EStG 187454). Vergleichbare Regelungen galten in vielen norddeutschen Staaten. Dagegen war den Einkommensteuergesetzen süddeutscher Staaten eine Besteuerung nach dem Durchschnitt mehrerer Jahre fremd 55. Das Reichseinkommensteuergesetz 1920 56 rückte aus fiskalischen Gründen von der Besteuerung nach dem dreijährigen Durchschnitt ab. Die Last der Reparationszahlungen für den verlorenen Krieg ließ eine Minderung der Steuerlast durch eine Verlustverrechnung als unerwünschtes Ergebnis erscheinen, das infolge des Anstiegs der Steuersätze „geradezu unerträglich" werde 57. Die Wirtschaft forderte in der Folgezeit wiederholt die Rückkehr zur Besteuerung nach einem dreijährigen Durchschnitt. Die Reichsregierung hielt dies - wiederum aus fiskalischen Gründen - nicht für opportun, sagte jedoch eine Prüfung zu gegebener Zeit zu 58 . Auf Grund dieser Prüfung kam die Reichsregierung im Jahre 1928 zu dem Ergebnis, „daß es sich nicht empfiehlt, zu dem System des dreijährigen Durchschnitts zurückzukehren59. Der Wunsch nach einer Durchschnittsbesteuerung blieb auch nach Einführung eines zweijährigen Verlustvortrages im Jahre 1929 60 wach; er wurde aber auch bei Erlaß des Reichseinkommensteuergesetzes 193461 nicht erhört 62.

Die Finanzwissenschaft hat seither wiederholt das historische Vorbild der Besteuerung nach einem dreijährigen Durchschnitt aufgegriffen und Vorschläge für eine Durchschnittsbesteuerung gemacht63. Dennoch ist es bisher bei der Besteue-

52 Pr. GS 1906, 260. 53

Vgl. § 9 Nr. 6 pr. EStG 1906 für nichtphysische Personen. 54 GVB1. 1874,471. 55 Vgl. Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II/l, 1955, 152 unter Hinweis auf die Regelungen in Baden, Bayern, Coburg, Waldeck und Württemberg. 56 RGBl. I 1920,359. 57 Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz 1920, Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 340 (1920), Nr. 1624, 15 f.; kritisch zu dieser Begründung Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 116. 58 Regierungsbegründung des EStG-Entwurfes vom 23. 4. 1925, Verhandlungen des Reichstages, III. Wahlperiode 1924, Drucksache Nr. 795, 4; vgl. auch Strutz, Kommentar zum EStG 1925 (1927), 583 f., 588 ff. 59 Denkschrift über die Besteuerung nach einem dreijährigen Durchschnitt und über die Abzugsfähigkeit des Verlustvortrages bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, Verhandlungen des Reichstages, IV. Wahlperiode, 1928, Bd. 435, Drucksache Nr. 940,4. 60 Einkommen- und Körperschaftsteueränderungsgesetz vom 29. 6. 1929, RGBl. I 1929, 123. Dieser Verlustvortrag wirkte wie eine partielle Durchschnittsbesteuerung. Er wurde bereits 1934 wieder abgeschafft. Zur weiteren Entwicklung des Verlustabzug vgl. v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 132 ff. (Febr. 1995); Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § lOd Anm. 2 (Sept. 1983), zum StEntlG 1999/2000/2002 unten S. 75. 61 RGBl. I 1934, 1005. 62 Vgl. Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz, RStBl. 1935, 33 (36 f.). 63 Vgl. dazu § 6 I der Arbeit.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

rung nach dem Kalenderjahr geblieben. Auch der interperiodische Verlustabzug (§ lOd EStG) führt nicht zu einer echten Durchschnittsbesteuerung. Der Verlustabzug baut auf dem Bemessungszeitraum von einem Jahr auf und faßt nicht die Besteuerungsgrundlagen mehrerer Jahre zusammen 64 . § lOd EStG bewirkt lediglich, daß die (nicht ausgeglichenen) Verluste eines Jahres in ein anderes Jahr übertragen werden und führt damit insoweit nur zu einer partiellen Durchschnittsbesteuerung 65 .

§ 3 Die Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht Das Steuerrecht schreibt keine einheitliche Gewinnermittlungsart für alle Gewinneinkünfte vor. Je nach Zählweise gibt es drei 6 6 oder vier 6 7 verschiedene Arten der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Angesichts der verschiedenen Gewinnermittlungsarten sprechen einige Autoren cum grano salis vom „Pluralismus der Gewinnermittlung" 6*. Dieser Pluralismus ist gewachsenes Recht. Er läßt sich nur anhand der historischen Entwicklung nachvollziehen 69 .

Vgl. Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 17; Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § lOd Anm. 15 (Sept. 1983). 65 v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 12 (Febr. 1995). 66 Handzik/Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 106 (Aug. 1995); Kramer, StuW 1982, 35 (38); Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht2, 1995, 249 f.; Veigel, Inf. 1990, 1. 67 Alt, Das Überschußvermögen, 1994, 87 f.; Kanzler, FR 1998, 233 (234) und in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG Vor §§ 4 - 7 Anm. 1 (Febr. 1999); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 3 - 5 ; Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 100; ebenso - unter Ausklammerung von § 13a EStG Jakob, Einkommensteuer2, 1996, § 4 Rn. 50; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 11. 68 Feddersen, DStZ 1985, 443 (446); Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 100; Kruse, Festschrift Ritter, 1997, 413 (422). Unter Ausklammerung des § 13a EStG spricht Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993,610, vom,»Dualismus der Gewinnermittlung". 69 Der historische Rückblick spart die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen aus. Die Besteuerung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen geht zurück auf § 46 EStG 1925 und § 29 EStG 1934. Seit 1949 können nichtbuchführungspflichtige Land- und Forstwirte den Gewinn ausgehend von den im Ertragswertverfahren festgestellten Einheitswerten ermitteln. § 13a EStG wurde durch VStRG vom 17. 4. 1974, BGBl. I 1974, 949 eingefügt (zur Rechtsentwicklung vgl. Josten, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 13a Rn. 2 [Febr. 1983]; Schmidt/Seeger, EStG 18 , 1999, § 13a Rn. 1).

§

D e Gewinnermittlungsa

im Steuerrecht

29

I . Die Entwicklung der steuerrechtlichen Gewinnermittlung 1. Steuergesetzgebung der deutschen Staaten bis 1919 a) Das preußische Einkommensteuergesetz vom 1. Mai 1851 Preußen führte im Jahre 1851 mit der Klassensteuer bzw. klassierten Einkommensteuer als erster deutscher Staat eine selbständige Einkommensteuer nach dem Vorbild Englands 70 ein 7 1 . Diese beruhte auf der Quellentheorie 72 . Der Gewinn aus Handel, Gewerbe, Pachtungen oder irgendeiner Art gewinnbringender Beschäftigung war durch eine Einnahmen- und Ausgaben-Rechnung aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahre zu berechnen (§ 30 pr. EStG 1851) 7 3 . Bei der Einnahmenund Ausgabenrechnung waren Kapitalverluste, auch wenn sie aus dem Gewerbebetrieb entstanden waren, nur insoweit abzugsfähig, als sie die Verminderung des jährlichen Einkommens zur Folge hatten 74 . Die Gewinnermittlung nach dem preußischen Einkommensteuergesetz von 1851 basierte nicht auf der Bilanz 7 5 . Die Bi70 England führte im Jahre 1799 erstmals eine Einkommensteuer ein, die großen finanziellen Erfolg hatte (Großfeld, Die Einkommensteuer, 1981, 126) und deren Ruhm bis zum Kontinent drang (Lorenz von Stein, Lehrbuch der Finanzwissenschaft, Bd. 2, Teil 2 5 , 1886, 418 ff.). Pr. GS 1851, 193. 72 § 19 pr. EStG 1851 erfaßte das Gesamteinkommen, welches dem Steuerpflichtigen aus Grundeigentum, aus Kapitalvermögen oder aus Rechten auf periodische Hebungen oder auf Vorteile irgendwelcher Art, aus dem Ertrage eines Gewerbes oder irgendeiner Art gewinnbringender Beschäftigung zufließt.

73 Einnahmen waren zunächst die Geldeinnahmen. Zu den Einnahmen zählten auch noch ausstehende Forderungen, ferner der Geldwert aller Erzeugnisse, Waren, Vorräte usw., welche für den gesamten Unterhalt des Steuerpflichtigen und seiner Angehörigen und seines Haushalts in irgendeiner Weise aus dem Gewerbe verwendet worden sind (§ 18 der Instruktion vom 3. 1. 1877, IV, 45 betr. die Feststellung des der Klassen- bzw. klassierten Einkommensteuer unterliegenden Einkommens; abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II /1, 1955, Anhang, 49). Für die Ausgaben bestimmte § 30 Abs. 2 Satz 2 pr. EStG 1851: ,Als Ausgaben dürfen dabei außer den üblichen Absetzungen für jährliche Abnutzung von Gebäuden und Utensilien nur solche in Abzug gebracht werden, welche behufs der Fortführung des Handels oder des Gewerbebetriebs usw. in dem bisherigen Umfang gemacht worden sind, mithin nicht solche Ausgaben, welche sich auf die Bereitstellung des Haushalts des Steuerpflichtigen und des Unterhalts seiner Angehörigen beziehen oder welche in einer Kapitalanlage zur Erweiterung des Geschäfts oder zur Verbesserung aller Art bestehen." 74 § 17 der Instruktion vom 3. 1. 1877, a. a. O. 75 Auch die preußische Eisenbahnsteuer von 1853/67 (Gesetz vom 30. 5. 1853, Pr. GS 1853, 449; Gesetz vom 16. 3. 1867, Pr. GS 1867, 465), die Vorläuferin der Körperschaftsteuer, knüpfte für die Ermittlung des Reinertrages nicht an Bilanzen an, sondern sah eine eigenständige Ermittlung der Erträge nach Abzug der Verwaltungs-, Unterhalts- und Betriebskosten usw. vor (§ 2 des Gesetzes vom 30. 5. 1853). Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 (183), spricht bei dieser Gewinnermittlung von den „ersten Steuerbilanzen", macht aber deutlich, daß es sich um aus einer einfachen Buchführung abgeleitete „Ertragsbilanzen" und nicht um Vermögensvergleiche im heutigen Sinne handelte.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

lanz diente nur als Unterlage, um den Gewinn zu ermitteln. Die Gewinnermittlung auf Grund der Bilanz war um Vermögensverluste zu korrigieren 76.

b) Das sächsische Einkommensteuergesetz vom 22. Dezember 187477 Die Entstehungsgeschichte des sächsischen Einkommensteuergesetzes ist ein wesentlicher Teil der Geschichte der steuerrechtlichen Gewinnermittlung78. Das Gesetzgebungsverfahren war geprägt durch die Auseinandersetzung um die richtige Art der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Die Vorarbeiten für das sächsische Einkommensteuergesetz begannen im Jahr 1868 damit, daß der sächsische Landtag die sog. Revisionskommission bildete79. Diese Kommission erstattete 1869 ihren Bericht 80. Im Jahr 1872 beschloß die sog. Steuerdeputation beim sächsischen Landtag einstimmig, daß „beim Einkommen aus Handel und Gewerbe ... einerseits der Zuwachs und andererseits die Abnutzung ... des Anlagekapitals, ebenso Forderungen und Schulden und deren Zinsen nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung in Anschlag zu bringen sind, wie solche bei der Inventur im gemeingültigen Gebrauche sind"81. Im Jahr 1873 legte die Regierung dem Landtag eine Regierungsvorlage vor. Diese folgte

Vgl. dazu Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II /1, 1955, 180. 77 Das Bremer EStG wurde am 15. 12. 1874, das sächsische EStG am 22. 12. 1874 verkündet. Das sächsische EStG hat die längere Vorgeschichte und wird daher zunächst dargestellt. 78 Die preußische Klassensteuer bzw. klassierte Einkommensteuer war keine Einkommensteuer in heutigem Sinne. Für Strutz, Handbuch der Reichssteuergesetze3, 1927, Einkommensteuer, 233, war sie „zwar ein Fortschritt ... aber von einer wirklich brauchbaren Einkommensteuer noch weit entfernt". Die preußische Klassensteuer war noch mit vielen Mängeln behaftet (vgl. Großfeld, Die Einkommensteuer, 1981, 42 f.). Dennoch galt sie als Steuer der Zukunft. Erst Ende des 19. Jahrhunderts war die Zeit reif für eine Einkommensteuer heutigem Sinne. Die industrielle Revolution hatte auch Deutschland erfaßt. Sie löste einen Siegeszug der Einkommensteuer aus (vgl. Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 5 f.). In relativ kurzer Zeit reformierten die deutschen Staaten ihre Steuersysteme und schufen eine „moderne" Einkommensteuer (vgl. die Nachweise bei Huchatz/Daenner, in Herrmann / Heuer/Raupach, EStG, Dok. 1, Anm. 1 [Feb. 1990], zur Entwicklung der Gewinnermittlungsvorschriften ausführlich Mathiak, in Kirchhof/ Söhn, Einkommensteuergesetz, § 5 A 85 ff.; Plückebaum, in Kirchhof / Söhn, Einkommensteuergesetz, § 4 Rn. A 70 ff.) Am Anfang dieser Entwicklung standen die Einkommensteuergesetze Bremens und Sachsens im Jahre 1874. Diese markieren nicht nur die „Geburtsstunde" des Maßgeblichkeitsgrundsatzes (Robisch/ Treisch, WPg. 1997, 156 [157]; krit. Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 [190]), sondern zugleich die Geburtsstunde der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Nicht zu Unrecht erachtete Schanz, Fin Arch. 12 (1895), 751, das sächsische Einkommensteuergesetz als „bahnbrechend für ganz Deutschland". 79 Zur Entstehungsgeschichte Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / 1, 1955, 183 ff. 80 Gutachten der Kommission zur Revision der Gesetzgebung über die direkten Steuern, 1869. 81 Abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II/l, 1955, Anhang, 100; vgl. auch Gensei, Annalen des Deutschen Rechts, Bd. 7, 1874, Sp. 1374 (Sp. 1461).

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der Quellentheorie und verlangte auch für gewerbliche Einkünfte eine Überschußrechnung. Anstatt an die Grundsätze der kaufmännischen Buchführung und der Inventur anzuknüpfen, sollte „bei der Berechnung des steuerpflichtigen Reinertrages von Handel und Gewerbe ... außer den eigentlichen Betriebs- und Produktionskosten und der üblichen Absetzung für jährliche Abnutzung von Utensilien (Maschinen) und Gebäuden nur solche Ausgaben berücksichtigt und von dem Rohertrag in Abzug gebracht werden (dürfen), welche ... zur Sicherstellung der abgelegten Capitalien und der erzeugten gewerblichen und landwirtschaftlichen Producte gemacht worden sind"82. Die Regierung konnte sich mit diesem Vorschlag im Gesetzgebungsverfahren nicht durchsetzen. Die von der zweiten Kammer des sächsischen Landtages für die Steuerreform eingesetzte Kommission trat der Regierungsvorlage entgegen. Für die Kommission war die Frage, wie das Einkommen aus Handel und Gewerbe zu berechnen war, „von besonderer Wichtigkeit". Die Kommission knüpfte ausdrücklich an den Vorschlag der Steuerdeputation des Landtages an und hielt es „für den Inhaber eines größeren kaufmännisch betriebenen Handels- oder Fabrikgeschäftes als geradezu unausführbar, sein Einkommen auf andere Weise anzugeben, als unter Zugrundelegung der Inventur und Bilanz. Der durch das Handelsgesetzbuch sanctionierte kaufmännische Gebrauch beruht auf der Anschauung, daß das im Geschäftsbetrieb angelegte Kapital in seiner Gesamtheit sozusagen eine flüssige Masse, und daß der Betrag, um welchen im Laufe des Geschäftsjahrs der Wert dieses gesamten Kapitals gewachsen, zuzüglich der für den Privatbedarf entnommenen Beträge, als Jahresgewinn zu betrachten sei"83. Die Regierung stimmte schließlich dem Vorschlag der Kommission zu 84 .

Am Ende einer kontroversen Debatte zu Einzelfragen der Gewinnermittlung85 wurde die steuerrechtliche Gewinnermittlung mit der handelsrechtlichen verknüpft 86. Für die übrigen Hauptquellen87 sah § 17 Nr. 1 sächs. EStG 1874 demgegenüber eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung vor 88 . Der Dualismus der Einkunftsermittlung war geboren. Die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen 82 Abgedruckt bei Gensei, Annalen des Deutschen Rechts, Bd. 7, 1874, Sp. 1374 (Sp 1461). 83 Bericht der außerordentlichen Deputation der zweiten Kammer für die Steuerreformfrage, Sächs. Landtagsakten 1873/74, Berichte der 2. Kammer, Erster Band, 513; abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, II/l, 1955, Anhang 100. 84 Vgl. Gensei, Annalen des Deutschen Rechts, Bd. 8, 1875, Sp. 1519 f. 85 Vgl. Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, II/l, 1955, 187 f. 86 § 22 Nr. 1 sächs. EStG vom 22. Dezember 1874 (GVB1. 1874, 471; neugefaßt durch Gesetz vom 2. 7. 1878, GVB1. 1878, 129) bestimmte: „Beim Handels- und Gewerbebetrieb ist der Reingewinn nach den Grundsätzen zu berechnen, wie sie für Inventur und Bilanz durch das Handelsgesetzbuch vorgeschrieben sind und sonst den Gebräuchen eines ordentlichen Kaufmannes entsprechen." 87 Neben den Handels- und Gewerbebetrieben gab es folgende Hauptquellen: „Verpachtung von Grundstücken, Vermietung von Gebäuden,... Betrieb der Land- und Forstwirtschaft auf eigenen Grundstücken, Kapitalzinsen, ... Dividenden ... und andere Gerechtsame; Bekleidung einer ausschließlich oder zum Teile mit festem Gehalte oder Lohne verbundenen amtlichen oder sonstigen Stellung ..."(§ 18 sächs. EStG 1874). 88 Einkommen war danach „die Summe aller Güter in Geld oder Geldeswerth bestehenden Einnahmen ... abzüglich der auf Erlangung, Sicherung und Erhaltung dieser Einnahmen verwandten Ausgaben ...". Dieser Regelung entsprechen noch heute § 8 und § 9 EStG.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Rechnungslegung für die steuerliche Gewinnermittlung war in Sachsen nicht die Folge einer Diskussion um denrichtigenEinkommensbegriff. In den Beratungen wurden die Einkommenstheorien nicht erörtert, die Entwürfe standen auf dem Boden der Quellentheorie. Die Reinvermögenszugangstheorie wurde erst über zwanzig Jahre später von Schanz 89 entwickelt. Die Kommission führte zwar am Rande aus, daß „vom fiskalischen Standpunkte man in der Tat nur wünschen könne, daß jeder Staatsbürger verpflichtet wäre, in kaufmännischer Weise Bücher zu führen und sein Einkommen alljährlich festzustellen." 90 Gleichwohl ging es der Kommission nicht darum, einen von der Quellentheorie abweichenden Einkommensbegriff einzuführen. Die sächsische Kommission war sich wohl gar nicht bewußt, daß ihr Beschluß die Aufgabe des bisherigen Einkommensbegriffes bedeutete91. Dafür spricht, daß die Entscheidung für die Anknüpfung an die handelsrechtliche Rechnungslegung in eine Phase fallender Preise fiel 92. In Zeiten steigender Preise hätten die Folgen der Ausdehnung des Einkommensbegriffes auf der Hand gelegen und wären nicht nur am Rande93 beraten worden. Überdies waren die steuerliche Belastung mit etwa 2,5 v. H. des Einkommens94 zuzüglich der Gemeindezuschläge der Einkommensteuer vergleichsweise moderat. Schließlich wurde der Nachteil der Anknüpfung an das Handelsrecht durch den augenfälligen Vorteil, keine zweite Rechnung für steuerliche Zwecke aufmachen zu müssen95, aufgewogen 96.

c) Das Bremer Einkommensteuergesetz vom 15. Dezember 1874 In den Jahren 1873 und 1874 wurde über die Revision der sog. Schoßordnungen in der Bremer Bürgerschaft beraten97. Die bisherige Einnahmen- und Ausgaben89 V. Schanz, Fin Arch. 13 (1896), 1. 90

Bericht der außerordentlichen Deputation der zweiten Kammer für die Steuerreformfrage, Sächs. Landtagsakten 1873/74, Berichte der 2. Kammer, Erster Band, 513; abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, II/l, 1955, Anhang 100. 91 Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, 188 f.; Robisch/ Treisch, WPg. 1997, 156 (158); Schneider, BB 1978, 1577 (1579 f.); Festschrift Rose, 1991, 175 (185); Vogt, Die Maßgeblichkeit des Handelsbilanzrechtes für die Steuerbilanz, 1991, 81; vgl. auch Rombach, Das Maßgeblichkeitsprinzip im System einkommensteuerlicher Gewinnermittlung, 1988, 9. 92 Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, 188. 93 Bericht der außerordentlichen Deputation der zweiten Kammer für die Steuerreformfrage, Sächs. Landtagsakten 1873/74, Berichte der 2. Kammer, Erster Band, 513; abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, I I / l , 1955, Anhang 100 a. E. 94 Vgl. die Steuerklassen in § 15 sächs. EStG 1874. 95 Der Kaufmann muß keine neue Gewinnermittlungstechnik für steuerliche Zwecke erlernen, sondern kann an die ihm geläufige Technik und die ihm bekannten Begriffe anknüpfen. Diesen Vorteil betont auch heutzutage noch Mathiak, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 5 Rn. A 380 (April 1993). 96 Vgl. Barth, a. a. O., 189; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 306.

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rechnung für die Einkünfte aus Gewerbe und Handel 9 8 wurde in diesen Beratungen kritisiert. An ihre Stelle sollte das Ergebnis der kaufmännischen Bilanz treten 99 . Anders als in Sachsen war die Abkehr vom Einkommensbegriff Gegenstand der Verhandlungen in der Bremer Bürgerschaft 100 . Der Richter Carstens wies darauf hin, daß nach dem bisherigen Einkommensteuerrecht überhaupt „eine Bestimmung (fehle), welche diejenige Einnahme, die durch eine entstehende Werterhöhung des Kapitals sich ergebe, der Besteuerung unterwerfe" 101. Zudem wurden einzelne Fragen der Aktivierungspflicht, zum Beispiel fertiger und halbfertiger Erzeugnisse, und die Schwierigkeiten, die mit der Bewertung des Vermögens verbunden waren, erörtert. Trotz dieser Einwände wurde die Abkehr von der bisherigen Einnahmen- und Ausgabenrechnung und die Anknüpfung der steuerrechtlichen Gewinnermittlung an die handelsrechtliche Bilanz beschlossen102. Die Bremer Vorschriften knüpften im Gegensatz zu § 22 Nr. 1 sächs. EStG 1874 nicht an die handelsrechtlichen Grundsätze von Inventur und Bilanz, sondern direkt an die Bilanz an. Der Grund für die Anknüpfung an die Handelsbilanz lag in der damit verbundenen Vereinfachung 1 0 3 . Auch in Bremen hielt sich die Steuerbelastung mit 1 v.H. des Einkommens 1 0 4 in Grenzen.

97 Zur Entstehungsgeschichte Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / 1, 1955, 189 ff. 98 Bruttoerlöse abzüglich der Betriebsausgaben. 99 Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II/1, 1955, 190. 100 Verhandlungen der Bremer Bürgerschaft von 1874, 422 ff.; wiedergegeben bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, 188 ff. ιοί Verhandlungen der Bremer Bürgerschaft von 1874, a. a. O., 427.

102 Für das Fabrikgewerbe bestimmte Anlage Β Nr. 6 zum Bremer EStG 1874, GBl. 1874, 121: „Zum reinen Einkommen sind zu rechnen: Die Einnahmen aus Gewerben, namentlich aus Fabrik-, Handwerks- und Transportgewerben, literarischen, artistischen und wissenschaftlichen Arbeiten, Unterrichts- und Heilanstalten, die Einnahmen mögen in barem Gelde oder in ausstehenden Forderungen bestehen. ... Wenn der Gewerbetreibende kaufmännische, den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches entsprechende Geschäftsbücher führt, so hat er das steuerpflichtige reine Einkommen nach der ordnungsgemäß aufgestellten Jahresbilanz zu berechnen". Für Handelsgeschäfte bestimmte Anlage Β Nr. 7 Bremer EStG 1874: „Zum reinen Einkommen sind zu rechnen: Der Gewinn aus Handelsgeschäften, so wie sich derselbe aus den nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches aufgestellten Jahresabschluß ergibt. Dabei muß der Handelstreibende die von ihm selbst und seiner Familie verbrauchten Vorräte, Waren und baren Beträge als Teile des zu besteuernden Einkommens berechnen". i°3 Der Abgeordnete Papendiek wies in den Verhandlungen der Bremer Bürgerschaft ausdrücklich auf diesen Vorteil hin. Es erscheine ihm „nicht zweckmäßig, daß der Kaufmann zwei Abschlüsse mache, einen für die Steuer und einen für die Buchführung" (Verhandlungen der Bremer Bürgerschaft von 1874, a. a. O., 426). 104 Anlage A zum Bremer EStG 1874. 3 Driien

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht d) Das Hamburger Einkommensteuergesetz vom 7. März 1881

Das Hamburger Einkommensteuergesetz vom 7. März 1881 1 0 5 veränderte die steuerrechtliche Gewinnermittlung in der Hansestadt grundlegend 106 . An die Stelle der bisherigen Einnahmen und Ausgabenrechnung 107, wurde auch in Hamburg an die Handelsbilanz angeknüpft 108 . Der Gesetzgeber erachtete die Abkehr von der Einnahmen- und Ausgabenrechnung „als notwendig . . . , da die bisherigen Bestimmungen über die Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens aus Handelsgewerbe den Verhältnissen nicht entsprechen und daher von den Steuerpflichtigen nicht befolgt werden ... Der Kaufmann muß nach dem geltenden Einkommensteuergesetz den Einkaufspreis des verkauften Handelsartikels von den im Laufe diesen Jahres erzielten Einnahmen, nicht aber Verluste, die ihn im Laufe des Jahres betroffen haben, in Abzug bringen und eine Berücksichtigung des bei Jahresabschlusses ergebenden Gewinnes oder Verlustes auf zurzeit noch unverkauften Waren, sowie auf die in Wertpapieren usw. angelegten Kapitalien sei dem Gesetze gänzlich fremd Aus diesen Gründen hat sich die Praxis nun so gestaltet, daß regelmäßig die kaufmännische Bilanz bei der Einkommensteuererklärung zugrunde gelegt wird, bei deren Aufstellung selbstverständlich in beiden soeben angedeuteten Richtungen nach anderen als den im Einkommensteuergesetz enthaltenen Grundsätzen verfahren wird" 109 . Der Gesetzgeber beabsichtigte „die Praxis, deren sachliche Berechtigung nicht verkannt werden kann, dadurch zu legalisieren, daß in dem Gesetze - in ähnlicher Weise wie dies auch in Bremen geschehen ist - ausgesprochen wird, daß der Gewinn aus allen Handelsgewerben auch für die Einkommensteuer aufgrund der ordnungsmäßig aufgestellten Bilanz zu ermitteln ist" 110 . In Hamburg waren mithin nicht nur Vereinfachungsgründe, sondern auch die Einsicht, daß eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung für ein Handelsgewerbe sachlich nicht angemessen ist 1 1 1 , dafür entscheidend, daß die Maßgeblichkeit eingeführt wurde. los FinArch. 7 (1890), Bd. 2, 203. 106 Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, 194. 107 Anhang zu § 4 Nr. 5 und 6 Hamburger EStG 1866, Gesetz vom 26. 3. 1866, GS Abt. I Nr. 7, 12; abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, Anhang 51. 108 Nr. 6 des Anhangs bestimmte, daß bei allen Handelsgewerben der Gewinn zu versteuern war, „wie sich derselbe aus den Bestimmungen des Handelsgesetzbuchs aufgestellten Jahresbilanz" ergab. Dies galt auch bei anderen Gewerben, insbesondere bei Fabrikgewerbe, sofern der Gewerbetreibende kaufmännische, der Bestimmung des Handelsgesetzbuchs entsprechende Bücher führte (Nr. 5 des Anhangs). 109 Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft im Jahre 1881, 1882, Nr. 6 vom 31. Ol. 1881, 11 (22 ff.); abgedruckt bei Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / l , 1955, 195. no Verhandlungen zwischen Senat und Bürgerschaft im Jahre 1881, 1882, Nr. 6 vom 31.01. 1881, 11 (23). m In den Hanseständen Bremen und Hamburg haben die Handelsbetriebe gegenüber den Fabrikbetrieben überwogen, vgl. Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I I / 1, 1955, 195. Zum Einfluß der Unternehmensart auf die Art der Gewinnermittlung näher

§ 3 Die Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht

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e) Die preußischen Einkommensteuergesetze vom 24. Juni 1891 und vom 19. Juni 1906 In Preußen wurde die erste Einkommensteuer im heutigen Sinne im Jahre 1891 durch die MiqueVsche Steuerreform eingeführt 112. Dabei wurde auch in Preußen die Wende zur vermögensorientierten Gewinnermittlung und zur Maßgeblichkeit der Handelsbilanzen erst im Zuge der Gesetzesberatungen vollzogen. Der Entwurf des Finanzministers Miquel 113 sah weiterhin eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung zur Ermittlung des Gewinnes aus Handels- und Gewerbebetrieb vor. Erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurde beantragt, bei der Gewinnermittlung nach dem Vorbild des § 22 Abs. 1 sächs. EStG 1874 an die handelsrechtlichen Grundsätze über Inventur und Bilanz anzuknüpfen 114. Dieser Antrag wurde in erster Lesung abgelehnt, in zweiter Lesung einstimmig angenommen115. Während der Beratungen wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß die vorgeschlagene Regelung in Sachsen, Bremen und Hamburg bereits geltendes Recht sei und der Vereinfachung diene 116 . In Preußen ging es ebensowenig wie in Sachsen, Bremen und Hamburg darum, die Reinvermögenszugangstheorie bewußt an die Stelle der Quellentheorie zu setzen 117 . Bei der Diskussion um die Neuregelung wurden die Auswirkungen auf den Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes nicht erkannt 118. Das Gesetz basierte auf der namentlich von Fuisting 119 geprägten Quellentheorie120. Die an die hanLoitlsberger, in Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, 1964,154 (158 ff.). Π2 Pr.GS 1891, 175(181). H3 Anlagen zu den Stenographischen Berichten über die Verhandlungen der Abgeordneten, 3. Session 1890/91, 7. Legislaturperiode, Bd. 1, Nr. 5. 114 Stenographische Berichte, Bd. 2, 859 ff.; eingehend dazu Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II/1, 1955, 198 ff. 115 § 14 Abs. 1 pr. EStG 1891 knüpfte nahezu wortgetreu an die sächsische Regelung an und bestimmte: „Das Einkommen aus Handel und Gewerbe einschließlich des Bergbaus besteht in dem in Gemäßheit der allgemeinen Grundsätze (§§ 6 bis 11) ermittelten Geschäftsgewinn. Mit dieser Maßgabe ist der Reingewinn aus dem Handel und Gewerbebetriebe nach den Grundsätzen zu berechnen, wie sie für Inventur und Bilanz durch das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch von 1861 vorgeschrieben waren und sonst den Gebräuchen eines ordentlichen Kaufmannes entsprechen. Insbesondere gilt dies einerseits von dem Zuwachse des Anlagekapitals und andererseits von den regelmäßigen jährlichen Abschreibungen, welche einer angemessenen Berücksichtigung der Wertverminderung entsprechen." 116 Stenographische Berichte, Bd. 2, 1264. 117 Vgl. Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 (186 f.). us Robisch/Treisch, WPg. 1997, 156(158). 119 Die preußischen direkten Steuern, Erster Band7, 1907, § 6 Anm. 1. Einkommen ist danach die „Gesamtheit derjenigen wirtschaftlichen Güter, welche alljährlich dem einzelnen aus dauernden Erwerbsquellen zufließen und hiermit ohne Minderung seines Vermögens zur Bestreitung des Lebensunterhaltes und mit dem ersparten Betrage zur Bildung von Vermögen zur Verfügung stehen." 3'

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

delsrechtlichen Grundsätze anknüpfende Gewinnermittlung stand dazu im Widerspruch 121 . Diesen Widerspruch konnte die Gesetzesformulierung „Mit dieser Maßgabe . . ( § 14 Abs. 1 Satz 2 pr. EStG 1891) nur vordergründig verdecken 122 . Der neugeschaffene Dualismus der Einkünfteermittlung beschäftigte schon bald das Preußische Oberverwaltungsgericht. Im Jahr 1893 hatte das Gericht zu entscheiden, wie Kapitalgewinne und -Verluste bei der Einnahmen- und Ausgabenrechnung und beim Vermögen s vergleich zu behandeln sind123. Das Preußische Oberverwaltungsgericht entschied, bei dem Einkommen aus Gewerbe und Handel (§ 14 pr. EStG 1891) sei jeder im Geschäftsbetrieb entstandene Verlust ein abzugsfähiger Geschäftsverlust, dagegen seien Kursverluste bei dem Einkommen aus Kapitalvermögen (§ 12 pr. EStG 1891) nicht abzugsfähig 124. 1895 ging es um die grundlegende Frage nach dem Verhältnis zwischen der auf der Quellentheorie fußenden Einnahmen- und Ausgabenrechnung (vgl. §§ 8, 9 pr. EStG 1891) und dem Vermögensvergleich (§14 Abs. 1 pr. EStG 1891). Der Gesetzeswortlaut „in Gemäßheit der allgemeinen Grundsätze (§§ 6-11)" legte es nahe, einen Vorrang der Einnahmen- und Ausgabenrechnung vor dem Vermögensvergleich anzunehmen. Das Preußische Oberverwaltungsgericht entschied diese Frage jedoch nicht in diesem Sinne. Es entschied, daß die an das Handelsrecht anknüpfende Gewinnermittlung in jedem Falle der Einnnahmen- und Ausgabenrechnung vorgehe. Aus diesem Grunde seien bei der Gewinnermittlung nach § 14 pr. EStG 1891 nicht nur Absetzungen für Abnutzung (§ 9 Abs. 1 Nr. 5 pr. EStG 1891), sondern jegliche Minderungen des Betriebsvermögens gewinnmindernd zu berücksichtigen125. Diese wegweisenden Urteile verdeutlichten den Schnitt zwischen Einnnahmenund Ausgabenrechnung einerseits und dem Vermögensvergleich andererseits. Der Dualismus der Einkünfteermittlung hatte die richterliche Taufe erhalten. Der Gesetzgeber nahm die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in § 13 pr. Einkommensteuergesetz vom 19. Juni 1 9 0 6 1 2 6 a u f 1 2 7 . 120 Vgl. §§ 7, 8, 9 Abs. 2 Nr. 1 pr. EStG 1891. Als Einkommen galten die gesamten Jahreseinkünfte aus Kapitalvermögen, Grundvermögen, Pachtungen und Mieten, Handel und Gewerbe, gewinnbringender Beschäftigungen und aus Rechten auf periodische Hebungen und Vorteile aller Art (§ 7 pr. EStG 1891). Außerordentliche Einnahmen aus Erbschaften, Schenkungen, Lebensversicherungen, aus dem nicht gewerbsmäßig oder zu Spekulationszwecken unternommenen Verkauf von Grundstücken galten als „Vermehrung des Stamm Vermögens" und blieben darum außer Ansatz (§ 8 pr. EStG 1891 ). 121 Strutz, Handbuch der Reichssteuerrechts3, 1927, Einkommensteuer, 391. 122 Vgl. Simon, Die Staatseinkommensteuer der Aktiengesellschaften in Preußen, 1892, 68 ff. 123 § 8 pr. EStG 1891 bestimmte, daß „Vermehrung(en) des Stammvermögens ... ebenso wie Verminderungen des Stammvermögens nur insoweit (als steuerpflichtiges Einkommen) in Betracht (kommen), als die Erträge des letzteren dadurch vermehrt oder vermindert werden". i 2 * PrOVG, Urteil vom 7. 3. 1893, PrOVGSt. Bd. I (1893), 247. PrOVG, Urteil vom 13. 12. 1895, PrOVGSt. Bd. IV (1895), 241. Pr. GS 1906, 260. 127 Zudem wurde die Konsequenz aus dem Inkrafttreten des Handelsgesetzbuchs vom 10. 5. 1897, RGBl. 1897, 219, zum 1. 1. 1900 (Art. 1 Abs. 1 EGHGB i.V.m. Art. 1 Abs. 2

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2. Reichseinheitliche

im Steuerrecht

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Steuergesetzgebung

a) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 29. März 1920 Das Reichseinkommensteuergesetz vom 29. März 1920 128 gab sich dem Neuen aufgeschlossen. Es bekannte sich zu der von Schanz entwickelten Reinvermögenszugangstheorie129. Schanz 130 ging davon aus, daß „der Geschäftsmann mit geordneter Buchführung ... seinen Jahresverdienst ... unter dem Gesichtspunkt des Vermögenszuwaches ansieht". Diese kaufmännische Berechnung sei auf die anderen Einkunftsarten auszudehnen. In der Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz 1920 heißt es im Anschluß an Schanz, daß die Gegenüberstellung von Vermögenszugängen und Vermögensabgängen der kaufmännischen Buchführung eigen sei. Steuerpflichtigen, die keine Handelsbücher führten, sei diese Berechnung fremd. Diese pflegten vielmehr von einer Ertragsberechnung auszugehen und ihr Einkommen durch Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben festzustellen. Aus diesem Grunde traf der Gesetzgeber eine differenzierende Regelung: Nichtbuchführungspflichtige Steuerpflichtige hatten den Geschäftsgewinn durch den Vergleich von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben unter Berücksichtigung der Bestands- und Wertveränderungen von Erzeugnissen, Waren, Vorräten und des beweglichen Anlagekapitals im Laufe des Geschäftsjahres zu ermitteln (§ 33 Abs. 1 Satz 2 EStG 1920). Buchführende Steuerpflichtige hatten dagegen den Gewinn nach den handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln (§ 33 Abs. 2 EStG 1920) 131 .

EGBGB) gezogen. § 13 Abs. 1 pr. EStG 1906 bestimmte: „Als Einkommen aus Handel, Gewerbe und Bergbau gilt der Geschäftsgewinn. Bei Steuerpflichtigen, welche Handelsbücher nach Vorschrift der §§ 38 flg. des Handelsgesetzbuchs führen, ist der Gewinn unter Beachtung der Vorschriften im § 7 und § 8 nach den Grundsätzen zu berechnen, wie solche für die Inventur und Bilanz durch das Handelsgesetzbuch vorgeschrieben sind und sonst dem Gebrauch eines ordentlichen Kaufmanns entsprechen. Insbesondere gilt dies einerseits von dem Zuwachse des Anlagekapitals und andererseits von den regelmäßigen jährlichen Abschreibungen, welche einer angemessenen Berücksichtigung der Wertverminderung entsprechen." Zu vergleichbaren Regelungen anderer deutscher Staaten vgl. Mathiak, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 5 Rn. A 123. 128 RGBl. I 1920, 359. 129 Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz 1920, Verhandlungen der Nationalversammlung, Bd. 340 (1920), Nr. 1624, 24; Hensel, Steuerrecht, 1924, 96; Lion , Das Bilanzsteuerrecht2, 1923, 95 f.; Mirbt, Grundriß des deutschen und preußischen Steuerrechts, Zweiter Teil, Bd. II 2 , 1929,69 ff. 130 v. Schanz, FinArch. 13 (1896), 1 (23). 131 Steuerrechtliche Abzugsverbote sah § 15 EStG 1920 vor.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht b) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 10. August 1925

Das Reichseinkommensteuergesetz vom 10. August 1 9 2 5 1 3 2 brach wieder mit der Schanz'schen Einkommenstheorie. Theoretische Richtigkeit und praktische Anwendbarkeit waren aufgrund der Inflation nicht zusammengekommen. Das Einkommensteuergesetz 1925 verschrieb sich keinem bestimmten finanzwissenschaftlichen Einkommensbegriff 133 ; stattdessen entschied es sich aus wirtschaftlichen Überlegungen für einen pragmatischen Einkommensbegriff 134 . Der Gesetzgeber übernahm trotz der Abkehr vom bisherigen Einkommensbegriff die Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes 1920 im wesentlichen unverändert in das Einkommensteuergesetz 1925. Nicht buchführende Steuerpflichtige hatten den Gewinn als Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben, erhöht oder vermindert um bestimmte Wertveränderungen, zu ermitteln (§ 12 Abs. 1 Satz 1 EStG 1925). Über Wertveränderungen von Erzeugnissen, Waren, Vorräten und des beweglichen Anlagekapitals, waren auch die der Betriebsgebäude nebst Zubehör anzusetzen135. Veräußerungsgewinne von Grund und Boden des Anlagevermögens blieben außer Betracht (§ 12 Abs. 1 Satz 2 EStG 1925). Eine Neuregelung enthielt § 12 Abs. 1 Satz 3 EStG 1925. Bei Steuerpflichtigen, deren Vermögen nach Art des Betriebs nicht wesentlichen Schwankungen unterlag und bei denen am Schluß des Steuerabschnitts Waren über das übliche Maß nicht vorhanden waren, war als Gewinn lediglich der Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben zugrunde zu legen. § 13 EStG 1925 schuf wiederum ein „Sonderrecht" 136 für buchführende Steuerpflichtige. Gewinn war der nach handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ermittelte Überschuß des Betriebsvermögens über das Betriebsvermögen, das am Schluß des vorangegangenen Steuerabschnitts der Veranlagung zugrundegelegen hatte137. Die Regierung rechtfertigte dieses Sonderrecht des § 13 EStG 1925 damit, daß „sog. Vollkaufleute ... ihre Buchführung nicht so einzurichten (pflegen), daß die Ausgaben von den Einnahmen abgezogen werden und daß dann der Mehrwert der Sachbestände hinzugerechnet oder der Minderwert abgezogen wird; in der kaufmännischen Buchführung ist es vielmehr üblich, jeden geschäftlichen Vorgang als 132 RGBl. I. 1925, 189 ff. 133 Regierungsbegründung des REStG-Entwurfes vom 23. 4. 1925, Verhandlungen des Reichstages, III. Wahlperiode 1924, Nr. 795, 1 (21 ff.). 134 Vgl. Enno Becker, StuW 1935, Sp. 1 (Sp. 4); Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 205 u. 213; Hensel, Steuerrecht2, 1927, 90; Steuerrecht3, 1933, 239. 135 Die Wertveränderungen von Forderungen und Schulden waren nach dem Gesetzeswortlaut nicht zu erfassen. Enno Becker, Handkommentar der Reichsteuergesetze, Bd. II, EStG 1925, 1928, § 7 Bern. 12 und 19, hielt „den Gewinnbegriff, so wie er sich bei wörtlicher Auslegung des § 12 Abs. 1, 2 ergibt", nicht für ausreichend und durchführbar. Der Reichsfinanzhof erweiterte kurzerhand den Vermögensvergleich um Forderungen und Schulden (vgl. nur RFH, Urteil vom 16. 2. 1927, RFHE 20, 244). Der Gesetzgeber ist dieser Rechtsprechung in § 4 Abs. 1 EStG 1934 gefolgt. 136 Enno Becker, Handkommentar der Reichsteuergesetze, Bd. II, EStG 1925, 1928, Vorbem. zu den §§ 12, 13, Bern. A 2. 137 Besondere steuerrechtliche Vorschriften über Entnahmen (§ 12 Abs. 2), abzugsfähige Ausgaben (§§ 15 bis 18) und die Bewertung (§§ 19 bis 21) waren nach § 13 Satz 2 EStG 1925 zu beachten.

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eine Veränderung des Vermögens zu betrachten und dementsprechend zu buchen. Hier ist der Gewinn also der nach den Grundsätzen geordneter Buchführung ermittelte Überschuß des Betriebsvermögens am Schluß des Wirtschaftsjahrs gegenüber dessen Stand am Anfang des Wirtschaftsjahrs. Dieser Art der Gewinnberechnung muß das Steuerrecht grundsätzlich fol-

c) Das Reichseinkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1934 Der Gesetzgeber faßte die Gewinnermittlungsvorschriften im Reichseinkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1 9 3 4 1 3 9 vollständig neu. In der Begründung zum Einkommensteuergesetz 1934 heißt es: „Der Gewinnbegriff ist in § 4 gegenüber dem § 12 in der bisherigen Fassung völlig verändert worden. Sachlich ist damit nichts Wesentliches geändert" 140 . An die Stelle des Vergleiches von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben unter Berücksichtigung bestimmter Wertveränderungen (§12 Abs. 1 EStG 1925) trat der Vergleich des Betriebsvermögens am Schluß des Wirtschaftsjahres mit dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 1934). Der Gesetzgeber bestätigte durch § 4 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 EStG 1934 die Rechtsprechung der Reichsfinanzhofs 141 , die im Gegensatz zum Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG 1925 einen allgemeinen, insbesondere auch Forderungen und Schulden umfassenden Bestandsvergleich verlangt hatte 142 . Steuerpflichtige, die verpflichtet waren, Bücher nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu führen, hatten bei dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG das Vermögen anzusetzen, das nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung anzusetzen war (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG 1934). Damit stimmt § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG noch heute fast wörtlich überein. Der Gesetzgeber entwickelte mit § 4 Abs. 2 EStG 1934 die Regelung des § 12 Abs. 1 Satz 3 EStG 1925 fort. Als Gewinn konnte der Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben angesetzt werden, sofern das Betriebsvermögen am Schluß des einzelnen Wirtschaftsjahres in der Regel nicht wesentlich von dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres abwich (§ 4 Abs. 2 Satz 1 EStG 1934). Ausnahmsweise auftretende Schwankungen im Betriebsvermögen, die wirtschaftlich ins Gewicht fielen, konnten durch Zuschläge oder Abschläge berücksichtigt werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG 1934). Die Gewinnermittlungsvorschriften erhielten durch das Reichseinkommensteuergesetz vom 16. Oktober 1934 eine neue Struktur. Diese gesetzliche Struktur ist im wesentlichen 143 beibehalten worden 1 4 4 und Teil des geltenden Einkommensteuerrechts. 138 Regierungsbegründung des REStG-Entwurfes vom 23. 4. 1925, Verhandlungen des Reichstages, III. Wahlperiode 1924, Nr. 795, 1 (46). 139 RGBl. I 1934, 1005 ff.

1 40 Begründung zum Reichseinkommensteuergesetz, RStBl. 1935, 33 (36 f.). 141 Vangerow, EStG, 1936, § 4 Anm. la. 142 RFH, Urteil vom 16. 2. 1927, RFHE 20, 244. Vgl. dazu oben die Erläuterungen zum EStG 1925.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht 3. Bundesrechtliche

Steuergesetzgebung

In der Nachkriegszeit wurden die Gewinnermittlungsvorschriften vielfach geändert 1 4 5 . Das Steuerrecht wurde zunehmend zum Mittel der Wirtschafts-, Sozialund Ordnungspolitik. Davon zeugen im Recht der Gewinnermittlung gerade die Vorschriften der sog. Siebenergruppe (§§ 7a - 7k EStG) und die Vorschriften, die die Abzugsfähigkeit von Betriebsausgaben beschränken (§ 4 Abs. 5, 6, 7 EStG). Besondere Beachtung verdienen hier die bundesrechtlichen Gesetze, die auf die Struktur der steuerrechtlichen Gewinnermittlung eingewirkt haben 1 4 6 .

a) Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 Der Gesetzgeber faßte die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1 9 5 4 1 4 7 neu. Der Steuerpflichtige kann seither den Gewinn durch Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben auch dann ermitteln, wenn das Betriebsvermögen wesentlichen Schwankungen unterliegt. Schwankungen des Betriebsvermögens werden seither nicht mehr durch Zu- und Abschläge berücksichtigt. Die Regierung begründete die Neufassung mit der angestrebten Vereinfachung der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung: „Da es sich bei den Steuerpflichtigen, die keiner Buchführungspflicht unterliegen, in der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle nur um Betriebe mit kleinen Betriebsvermögen han143 Zu den bedeutsamen Änderungen seit dem Einkommensteuergesetz 1934 sogleich im Text. 144 Das Gesetz zur Änderung des EStG vom 1. 2. 1938, RGBl. I 1938, 99 nahm in § 4 Abs. 2 EStG die Regelungen zur Bilanzberichtigung und -änderung (zuvor § 5 Abs. 2 EStG 1934) auf, so daß die Überschußrechnung seither in § 4 Abs. 3 EStG angesiedelt ist. 145 In Österreich wurde das deutsche Einkommensteuergesetz, das im Jahre 1938 im Zuge der Eingliederung Österreichs eingeführt worden war (§ 1 Nr. 1 der Siebenten Verordnung zur Einführung steuerrechtlicher Vorschriften im Land Österreich vom 17. 12. 1938, RGBl. I 1938, 1817), nach der Wiederbegründung der Republik Österreich im Jahre 1945 beibehalten (Rechtsüberleitungsgesetz vom 1. 5. 1945, StGBl. 1945 Nr. 6; Abgabenweitergeltungsgesetz vom 8. 5. 1945, StGBl. 1945 Nr. 12). Obwohl die steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften in Österreich damit ihre Wurzel im deutschen EStG 1938 haben, weicht die Gewinnermittlungspraxis - nicht zuletzt wegen unterschiedlicher Auslegungspraxis - in beiden Ländern voneinander ab (dazu näher Mathiak, StVj. 1991, 240 [241 ff.]), worauf im folgenden in den Anmerkungen hingewiesen wird. 146 Umfassende Nachweise zu Gesetzesänderungen seit 1945 bei Huchatz/Daenner, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Dok. 1, Anm. 1 (Feb. 1990); Metzger/Weingarten, Einkommensteuer und Einkommensteuerverwaltung in Deutschland, 1989, 196 ff. Zur weiteren Entwicklung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes Krieger, Festschrift Döllerer, 1988, 327 (332 ff.) Mathiak, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. A 135 ff.; Vogt, Die Maßgeblichkeit des Handelsbilanzrechts für die Steuerbilanz, 1991, 58 ff. Zum Bilanzrichtliniengesetz ausf. Biener/Berneke, Bilanzrichtliniengesetz, 1986. 147 BGBl. I 1954, 373.

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delt, bei denen deshalb auch keine ins Gewicht fallende Schwankungen vorkommen, bestehen keine Bedenken, die Anwendung der vereinfachten Gewinnermittlung nur von dem Nichtbestehen einer Buchführungspflicht abhängig zu machen. Dies ist auch deshalb zweckmäßig, wie die Entscheidung, ob das Betriebsvermögen in der Regel wesentlichen Schwankungen unterliegt, in der Praxis zu Schwierigkeiten führt. ... Ausnahmsweise auftretende Schwankungen im Betriebsvermögen konnten bisher im Fall der Anwendung der vereinfachten Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durch Zu- oder Abschläge berücksichtigt werden. Von dieser Möglichkeit ist in der Praxis nur wenig Gebrauch gemacht worden. Da die Zu- bzw. Abschläge in späteren Veranlagungszeiträumen wieder ausgeglichen werden müssen, führte die Anwendung dieser Vorschrift zu verwaltungsmäßiger Mehrarbeit, die häufig unproduktiv war, weil die durch die Zu- und Abschläge bewirkte Gewinnverlagerung keine große steuerliche und haushaltsmäßige Bedeutung hatte. Aus Vereinfachungsgründen soll deshalb künftig auf die Zu- und Abschläge verzichtet werden. Wenn im Einzelfall das Betriebsvermögen eine wesentliche Schwankung aufweist, so kann im Wege des § 131 AO abgeholfen werden, falls die Voraussetzungen dieser Vorschrift im Einzelfall vorliegen und sich die Schwankung infolge der Progression des Tarifs besonders belastend auswirkt" 148. Zur Klarstellung 149 führte der Gesetzgeber die Bestimmung ein, daß bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung die Vorschriften über Absetzungen für Abnutzungen oder Substanzverringerungen zu befolgen sind. Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 EStG 1955 stimmt insoweit bereits mit dem geltenden § 4 Abs. 3 EStG überein. Die Struktur der Gewinnermittlung durch Überschuß wurde in der Folgezeit nicht mehr angetastet.

b) Zweites Steueränderungsgesetz vom 10. August 1971 Von grundlegender Bedeutung für das Verhältnis der einzelnen Gewinnermittlungsarten zueinander war indes das Zweite Steueränderungsgesetz vom 10. August 1971 1 5 °, durch daß die Bodengewinnbesteuerung neu geregelt wurde. Auslöser war der Beschluß des Bundesverfassungsgerichtes vom 11. 5. 1 9 7 0 1 5 1 . Das Bundesverfassungsgericht erklärte § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1969 in einem Normenkontrollverfahren 152 für unvereinbar 153 mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil das Gesetz Land- und Forstwirte ohne sachlichen Grund privilegierte 154 . Der Gesetzgeber 148 Begr. zum StNOG 1954, BT-Drucksache 2/481, 1 (70, 75 f.). 149 Begr. zum StNOG, a. a. Ο., 1 (76). 150 BGBl. I 1971, 1266. 151 BVerfGE 28, 227. 152 Vgl. BFH, Beschluß vom 3. 8. 1967, BStBl. II 1967, 601. 153 Mit Rücksicht auf die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ausräumung der Ungleichbehandlung sah das BVerfG von der Feststellung der Nichtigkeit des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG ab (BVerfG, a. a. O., 242 f.) und führte damit die sog. Unvereinbarkeitserklärung als Entscheidungstenor ein (so Seer, NJW 1996, 285 f.). 154 Das BVerfG bildete allerdings die Vergleichgruppen bei der Gleichheitsprüfung Land- und Forstwirte einerseits und Gewerbetreibende andereseits - unpräzise, weil auch bei

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

strich durch das Zweite Steueränderungsgesetz 1971 § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1969 ersatzlos155. Damit dehnte er die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG auf den Grund und Boden des Anlagevermögens aus 156 . Da § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG 1969 auch für die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG galt, sind mit der Streichung der Vorschrift auch bei der Überschußrechnung realisierte Bodengewinne steuerpflichtig 157. Die Ausdehnung der Überschußrechnung auf den Grund und Boden des Anlagevermögens hätte zur Folge gehabt, daß auch die Anschaffungsoder Herstellungskosten für diese Wirtschaftsgüter im Zeitpunkt der Zahlung als Betriebsausgaben abzusetzen gewesen wären 158. Das hätte in vielen Fällen zu Verlusten geführt, die nach § lOd EStG in der damaligen Fassung nicht abzugsfähig waren 159 . Umgekehrt hätte der Abzug der Anschaffungs- und Herstellungskosten im Zeitpunkt der Zahlung zu „Progressionssprüngen" bei der Veräußerung oder Entnahme geführt, weil der Veräußerungspreis oder Entnahmewert nicht um die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu kürzen gewesen wäre. Aus diesen Gründen 160 führte der Gesetzgeber die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG ein.

4. Quintessenz der Entwicklung

der Gewinnermittlungsarten

Der historische Rückblick zeigt, daß am Anfang der steuerrechtlichen Gewinnermittlung eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung stand. Der Gewinn war wie die übrigen Einkünfte aus den anderen Quellen mit Hilfe einer Geldrechnung zu berechnen. Die kaufmännische Bilanz war „weder dazu bestimmt noch geeignet", Freiberuflern und nichtbuchführenden Gewerbetreibenden Gewinne aus der Veräußerung von Grund und Boden nach § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG nicht besteuert wurden. 15 5 Zum zeitlichen Anwendungsbereich der Neuregelung vgl. Pliickebaum, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 4 Rn. A 107 ff. und zu den Konsequenzen § 55 EStG. 156

In Österreich wurde dieser Schritt nicht nach vollzogen. Der Grund und Boden des Anlagevermögens bleibt bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 öEStG und der nach § 4 Abs. 3 ÖEStG außen vor (§ 4 Abs. 1 Satz 6 öEstG, § 4 Abs. 3 Satz 4 öEStG). Die Ungleichbehandlung wird nicht als verfassungswidrig angesehen (vgl. Dorait , EStG3, 1997, § 4 Rz. 114 m. w. N.). 157 Der Gesetzgeber war sich dieser Folgewirkung bewußt, vgl. Begr. der Bundesregierung vom 3. 3. 1971, BT-Drucks. 6/1901, 8. 158 Begr. der Bundesregierung vom 3. 3. 1971, BT-Drucks. 6/1901, 11. Dort heißt es ausdrücklich: „Zu den abzusetzenden Betriebsausgaben gehören grundsätzlich auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Nach der Streichung des § 4 Abs. 1 Satz 5 EStG wären daher auch die Anschaffungsoder Herstellungskosten für Grund und Boden, der zum Anlagevermögen gehört, im Jahr der Zahlung des Kaufpreises in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen". Ebenso Pliickebaum, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. A 11; a. Α. allerdings Β FH, Urteil vom 6. 12. 1972, BStBl. II 1973, 293 (294) m. w. N. 159 Der Verlustabzug nach § lOd EStG wurde erst durch das Einkommensteueränderungsgesetz vom 20. 4. 1976, BGBl. I 1976, 1054, auf die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgedehnt. im Begr. der Bundesregierung vom 3. 3. 1971, BT-Drucks. 6 /1901, 11.

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die für die Einnahmen- und Ausgabenrechnung erforderlichen Rechnungsfaktoren zu liefern 161. Sie war für die Art der Gewinnermittlung „völlig bedeutungslos" . Die Beratungen zum sächsischen Einkommensteuergesetz von 1874 und zum Bremer Einkommensteuergesetz von 1874 verdeutlichen, daß nur eine Vermögensrechnung zum kaufmännischen Denken paßt 163 . Das kaufmännische Denken in Vermögenswerten hat eine lange Tradition 164 und setzte sich auch für die steuerrechtliche Gewinnermittlung durch. Im Vordergrund standen der Wunsch der Kaufleute nach einer ihnen angemessenen steuerrechtlichen Gewinnermittlung und der Vereinfachungsgedanke 165. Die Anknüpfung an die handelsrechtliche Rechnungslegung bezweckte nicht die Abkehr vom Einkommensbegriff der Quellentheorie. Die Tragweite der Reform wurde in einigen Staaten gar nicht erkannt, in anderen nur am Rande behandelt. Es ging damals nicht darum, einen auf der Reinvermögenszugangstheorie beruhenden Gewinnbegriff zu schaffen. Am Anfang stand die kaufmännische Denkweise und Praxis. Schanz knüpfte daran ausdrücklich an und wollte sie auf alle Einkünfte ausdehnen166. Bei den Gesetzgebungsverfahren wurde primär an die Wertveränderungen im Umlaufvermögen gedacht167. Der Gesetzgeber hatte den Grundtyp des Warenkaufmanns 168 vor Augen 169 , der gerade in den Hansestädten Bremen und Hamburg das Bild der Kaufmannschaft bestimmte170, und dessen Vermögen weitgehend aus Umlaufvermögen besteht. Die Reform zielte nicht auf die Veräußerungsgewinne (oder -Verluste) des Anlagevermögens ab 1 7 1 . 161 PrOVG, Urteil vom 1.5. 1888, PrOVGE, Bd. 16, 95. 162 PrOVG, Entscheidung vom 1. 5. 1888, PrOVGE, Bd. 16, 93. 163 Vgl. Kruse, DStJG 18 (1995), 115 (133). 164 Vgl. nur Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I, 1953; Großfeld/ Diekmann, WPg. 1988, 419; Luttermann, Festschrift Ludewig, 1996,595. 165 Für Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rz. 184 wehrte sich eine „Unternehmer-Lobby". 166 v. Schanz, FinArch. 13 (1896), 1 (23 und 42). Dieser Generalisierung sind jedoch Grenzen gesetzt vgl. bereits Lion, Das Bilanzsteuerrecht, 1922, 98 ff.; Festgabe für Schanz, Bd. II, 1928, 273 ff. Die historische Entwicklung stellt Pezzer, DSÜG 14 (1991), 3 (13) nahezu auf den Kopf, wenn er den Betriebsvermögensvergleich als „geradezu idealtypischen Anwendungsfall der Rei η vermögenszugangstheorie" ansieht. Die Reinvermögenszugangstheorie ist vielmehr aus der kaufmännischen Vermögensrechnung abgeleitet worden und wird noch heutzutage als Grundlage des steuerrechtlichen Gewinnbegriffs angesehen (vgl. Lang, DSÜG 4 [1981], 45 [52 f.]; Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 25 [Sept. 1992]), obgleich wegen der Wertobergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten kein Reinvermögenszugang ausgewiesen und besteuert wird. 167 Gl. A. Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 (185). 168 Vg]. § ι Abs. 2 Nr. 1 HGB bis zur Neufassung durch das Handelsreformgesetz vom 22. 6. 1998, BGBl. I 1998, 1474. 169 Kruse, DSÜG 18 (1995), 115 (133). 170 Vgl. Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. II/l, 1955, 195. 171 Ähnlich Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 (186 f.). Das gerät bei der Kritik an der dualistischen Einkünfteermittlung (vgl. nur Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rz. 187, 597 f.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 646 ff.) oftmals aus dem Blick.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Fuisting versuchte noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die kaufmännische Gewinnermittlung mit der Quellentheorie in Einklang zu bringen 172; die Rechtsprechung folgte dieser Ansicht jedoch nicht 173 und dehnte den Begriff des steuerrechtDabei trägt auch das geltende Steuerrecht dem Gedanken der Beschränkung auf das Umlaufvermögen Rechnung. Das zeigen §§ 6b, 6c EStG, wonach der Austausch von bestimmten Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens ohne steuerliche Wirkung ist (vgl. Schön, Gewinnübertragungen bei Personengesellschaften nach § 6b EStG, 1989, 7). Der Gesetzgeber trägt dadurch dem Umstand Rechnung, daß das Anlagevermögen „seinem Wesen nach nicht zur Gewinnerzielung durch Veräußerung" bestimmt ist (BT-Drucksache IV/2400, 62). Durch wiederholte Anwendung des § 6b EStG (sog. § 6b-Kette) kann die Versteuerung der stillen Reserven bis zur Betriebsveräußerung oder -aufgabe aufgeschoben werden {Kruse, DStJG 2 [1979], 37 [66]; Thiel, DStJG 4 [1981], 183 [185]). Der ursprüngliche Veräußerungsgewinn unterliegt dem ermäßigten Steuersatz, in einigen Fällen kommt dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag zugute (§§ 16 Abs. 4, 18 Abs. 3 Satz 2, 14 Satz 2, 14a, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG, wobei der Gesetzgeber durch die sog. Fünftelung nach § 34 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/ 2000/2002 sowie die Eingrenzung der begünstigten Wirtschaftsgüter nach §§ 6b, 6c EStG n.F., die begünstigende Wirkung jüngst eingeschränkt hat). Das gilt auch im Fall der Einbringung eines Betriebes in eine Personen- oder Kapitalgesellschaft, sofern diese das eingebrachte Betriebsvermögen mit dem Teilwert ansetzt (§§ 24 Abs. 3 Satz 2, 20 Abs. 5 UmwStG). Schon aus diesem Grund sind Veräußerungsgewinne im Privatvermögen nicht mit Veräußerungsgewinnen im Betriebsvermögen vergleichbar (Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993, 100 ff.; Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 88 f., vgl. auch Kruse, DStJG 18 [1995], 115 [131 ff.]). Die Gewinne sind nur dann vergleichbar, wenn das Vermögen als Ware genutzt wird (vgl. Fischer, FR 1995, 803 [805]), wenn es zum Umlaufvermögen wird. Der Steuerpflichtige, der mit seinem Vermögen handelt (vgl. BFH, Beschluß vom 3. 7. 1995, BStBl. II 1995, 617 [619]), überschreitet die Grenze der Vermögensverwaltung, der Pflege des Anlagevermögens, und wird zum Gewerbetreibenden. »72 Vgl. Fuisting, Die preußischen direkten Steuern, Vierter Band, 1902, 173: „Diese bilanzmäßige Darstellung des kaufmännischen Vermögens hat zunächst nur für das Handelsrecht Bedeutung. Hier ist sie das Mittel zur Erkennung der Zahlungsfähigkeit, wobei nur der Stand des Vermögens in Betracht kommt. Sollte das Ergebnis der Vermögensbilanz durchweg den steuerlichen Ertrag darstellen, so würde die Einheit und Gleichmäßigkeit durchbrochen werden und die Besteuerung der Gewerbetreibenden nicht nach dem Ertrage, sondern nach dem Vermögenszuwachse erfolgen, also überhaupt keine Einkommen- sondern eine Vermögenszuwachssteuer sein. Wenn auch auf steuerlichem Gebiete der eigenthümlichen Natur des Gewerbebetriebes in sachlicher Hinsicht wie bezüglich der kaufmännischen Form der Gewinnermittlung in möglichst weitem Umfange Rechnung zu tragen ist, so darf dies doch nicht zu einer völligen Preisgebung des allgemeinen Einkommensbegiffes im Bereiche des Gewerbebetriebes führen. Der sich in den handelsrechtlichen Vermögensbilanzen darstellende Gewinn kann deshalb nur, soweit es mit dem allgemeinen Einkommensbegriffe vereinbar ist, als steuerlicher Ertrag gelten." Und Fuisting, Die preußischen direkten Steuern, Erster Band7, 1907, § 13 Anm. 14: „Die Wertminderungen der Anlagen infolge des Betriebes werden durch die Abschreibungen ausgeglichen. ... Dagegen berühren die nicht als unmittelbare Folge des Betriebes erscheinenden Änderungen in den Werten des Anlagekapitales nur das Vermögen. Dies gilt sowohl für den Verlust, als auch für den Zuwachs an Werten des Anlagekapitales. ... Den Zuwachs des Anlagekapitales schlechthin als Ertrag anzurechnen, wäre auch eine Vernunftwidrigkeit, die niemals beabsichtigt sein kann." 173 PrOVG, Urteil vom 7. 3. 1893, PiOVGSt., Bd. I (1893), 247; Sachs. OVG, Urteil vom 30. 12. 1901, Sächs. Jahrbücher 1902, 343; PrOVG, Urteil vom 12. 10. 1912, PrOVGSt., Bd. 16 (1915), 237. Entgegen Schneider (Festschrift Rose, 1991, 175 [190]) ist das PrOVG

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liehen Gewinnes auf Wertveränderungen des Anlagevermögens aus 174 . Bereits im 19. Jahrhundert wurde der Dualismus der Einkünfteermittlung geboren; die Taufe erhielt er allerdings erst durch das Preußische und das Sächsische Oberverwaltungsgericht175. Die kaufmännische Denkweise brachte nicht nur die an das Handelsrecht anknüpfende Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich hervor. Auf diese Denkweise ist auch zurückzuführen, daß bei der Gewinnermittlung durch Einnahmenund Ausgabenrechnung für mehrere Jahrzehnte die Bestands- und Wertveränderung des Umlaufvermögens und des beweglichen Anlagevermögens zu berücksichtigen waren (vgl. § 33 Abs. 1 Satz 2 EStG 1920; § 12 Abs. 1 Satz 1 EStG 1925). Die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung setzte bis 1955 voraus, daß das Betriebsvermögen nicht wesentlich von dem Vorjahresbetriebsvermögen abwich, und sah Zu- und Abschläge zum Ausgleich etwaiger Schwankungen vor (§ 4 Abs. 2 Satz 2 EStG 1934) 176 . Gleichwohl gehören zur primär zahlungsorientierten Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG auch heutzutage noch vermögensorientierte Elemente (§ 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG). Die gesetzliche Entwicklung hat - was die Struktur der Gewinnermittlungsarten angeht - bereits vor Jahrzehnten ihren (vorläufigen) Abschluß gefunden 177. De lege ferenda schlagen einige Autoren vor, das Rad der Geschichte zurückzudrehen: die Betriebsvermögensvergleich soll abgeschafft werden und der Gewinn soll für alle Gewinneinkünfte durch Überschußrechnung ermittelt werden 178.

nicht erst nach dem Tode Fuis tings von dessen Ansicht abgekehrt, vgl. Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. I M , 1955, 206. 174 Und schoß damit über das Ziel hinaus. Das zeigen die Fälle der gewohnheitsrechtlich anerkannten sog. Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 35 EStR 1998) und der Rücklage nach § 6b EStG. 175 Gl. A. Schneider, Festschrift Rose, 1991, 175 (190). 176

Erst durch das Gesetz zur Neuordnung von Steuern vom 16. 12. 1954, BGBl. I 1954, 373, wurden diese vermögensorientierten Tatbestandsmerkmale abgeschafft. 177 Daran ändern auch Randkorrekturen durch die Einführung neuer Subventionsnormen im Kleide von Gewinnermittlungsvorschriften wie § 13a EStG (dazu § 3 III 4 der Arbeit) und die neue Tonnagebesteuerung des § 5a EStG (eingeführt durch Gesetz vom 9. 9. 1998, BGBl. I 1998, 2860) nichts. Sie werfen nur die Frage der Verfassungsmäßigkeit dieser Normen auf (dazu § 9 II 2 der Arbeit exemplarisch zu § 13a EStG). i™ Schneider, StuW 1971, 326 (330); Festschrift Ludewig 1996, 921 (936 f.) und öfter. Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993, 172 schlägt eine reine cash-flow Rechnung vor; dem folgend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 616. Jüngst auch Weber-Grellet, DStR 1998, 1343 (1348 f.): „Königsweg" zur Reform des Bilanzsteuerrechts; dem aufgeschlossen auch Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 31 (Febr. 1999) mit Nachweis weiterer Reformvorschläge.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

II. Persönlicher Geltungsbereich der Gewinnermittlungsarten Steuerpflichtige, die gesetzlich verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen oder freiwillig Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, haben den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (arg. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Buchführungspflicht kann sich aus dem Steuerrecht selbst oder aus anderen Gesetzen ergeben. § 140 AO transformiert die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten aus einer Vielzahl von Gesetzen und Verordnungen ins Steuerrecht, § 141 AO begründet originäre steuerrechtliche Buchführungspflichten. Zu den wichtigsten abgeleiteten Buchführungs Vorschriften gehören die Vorschriften des Handelsrechts179. Daneben leitet § 140 AO zahlreiche Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten für bestimmte Gewerbezweige und Berufssparten ins Steuerrecht über 180 . Die originäre steuerrechtliche Buchführungspflicht knüpft an die Höhe der Umsätze, des Wirtschaftswerts selbstbewirtschafteter Flächen oder des Gewinnes an 1 8 1 . Ist der Steuerpflichtige buchführungs- und abschlußpflichtig oder führt er freiwillig Bücher und macht freiwillig Abschlüsse, ist die Einkunftsart für die Frage maßgebend, ob der Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG oder durch Betriebsvermögensvergleich nach § 5 Abs. 1 EStG i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln ist. Land- und Forstwirte und Freiberufler 182, die auf Grund gesetzlicher Pflicht oder freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen, haben den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG zu ermitteln. Gewerbetreibende, die auf Grund gesetzlicher Pflicht oder freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen, haben bei dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung anzusetzen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG) 183 . 179 Buchführungspflichtig ist der Kaufmann (§§ 238, 242, 262 HGB), sofern er Istkaufmann (§ 1 HGB i.d.F. des Handelsreformgesetzes vom 22. 6. 1998, BGBl. I 1998, 1474) oder eingetragener Kannkaufmann (§§2 und 3 Abs. 2 HGB: Kleingewerbetreibender oder Landund Forstwirt mit Eintragungsoption) ist. Buchführungspflichtig sind OHG und KG (§ 6 HGB i. V. mit §§ 238, 242 HGB), AG und KGaA (§ 3 AktG, § 6 HGB i. V. mit §§ 238, 242, 264 HGB), GmbH (§ 13 Abs. 3 GmbHG, § 6 HGB i. V. mit §§ 238, 242, 264 HGB) und Genossenschaften (§ 17 Abs. 2 GenG, §§ 238, 242 HGB). 180 Umfassende Nachweise bei Tipke/Kruse, AO, § 140 AO Tz. 7 (April 1994). 181 Die Anknüpfung an den Wert des Betriebsvermögens (§ 141 Abs. 1 Nr. 2 AO a. F.) ist durch das Art. 18 Nr. 3 JStG 1997 vom 20. 12. 1996, BGBl. I 1996, 2049, aufgehoben worden. 182 Genauer Freiberufler (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), nichtgewerbliche Einnehmer einer staatlichen Lotterie (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und Steuerpflichtige mit Einkünften aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG). 183 Es gibt Sonderfälle, in denen auch Gewerbetreibende ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln (ζ. B. bei Beteiligung eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an einer ausländischen Personengesellschaft, vgl. Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 5 [Juli 1997]).

§

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Ist der Steuerpflichtige nicht buchführungs- und abschlußpflichtig, kann er den Gewinn durch Vergleich der Betriebseinnahmen und der Betriebsausgaben ermitteln (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Der Steuerpflichtige hat ein Wahlrecht 184. Führt er freiwillig Bücher und macht freiwillig Abschlüsse, hat er den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 oder § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG) zu ermitteln 185 . Freiberufler unterliegen keiner Buchführungspflicht und können stets den Gewinn durch Überschußrechnung im Sinne des § 4 Abs. 3 EStG ermitteln 186. Land- und Forstwirte können sich unter bestimmten Voraussetzungen an Stelle der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a Abs. 1, 3 bis 6 EStG) für eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich oder Überschußrechnung (§ 13a Abs. 2 Satz 1 EStG 187 ) entscheiden188.

I I I . Die einzelnen Arten der Gewinnermittlung im Überblick 1. Der Betriebsvermögensvergleich

nach § 4 Abs. 1 EStG

Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ist das Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres gegenüberzustellen und um den Wert der Entnahmen zu vermehren und den Wert der Einlagen zu vermindern. Das Gesetz spricht von dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen an zwei Stichtagen. Das ist insoweit ungenau, als der Wert des Betriebsvermögens an zwei Stichtagen verglichen wird 189 . Der Vermögensvergleich kann auf der Grundlage einer einfachen Buchführung 190 erfol184

Zum Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts vgl. § 9 II 1 der Arbeit. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG formuliert diese negative Voraussetzung der Überschußrechnung. Dieser Regelung liegt die Ansicht zugrunde, daß die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich exakter ist und die Überschußrechnung nur der Vereinfachung dient (RFH, Urteil vom 24. 10. 1938, RStBl. 1939, 193; BFH, Urteil vom 24. 11. 1959, BStBl. III 1960, 188). Führt der Steuerpflichtige Bücher und macht er Abschlüsse, so ist der Gewinn auf dieser Grundlage durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (vgl. Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 27 [Jan. 1988]). 186 Vor Inkrafttreten der AO 1977 waren Freiberufler zur Führung von Büchern verpflichtet, sofern sie einen Gesamtumsatz von mehr als 250.000 DM oder ein Betriebsvermögen von mehr als 50.000 DM hatten (§ 161 Abs. 1 Nr. 1 a und b RAO). Die Mehrzahl der Angehörigen der freien Berufe war auch nach dieser Rechtslage nicht buchführungspflichtig und im übrigen sahen Verwaltungsanweisungen Erleichterungen vor (vgl. Tipktl Kruse, RAO, § 161 Tz. 5 [Juni 1973]). 187 I.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002, BGBl. I 1999,402. 188

Im Gegensatz zur Wahl des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG sind sie hieran für mindestens vier aufeinanderfolgende Wirtschaftsjahre (§ 13a Abs. 2 Satz 1 EStG) gebunden. ι 8 * Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 22 (Sept. 1992). Demgegenüber ist § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich der Einlagen und Entnahmen genau: Der Wert der Einlagen ist hinzuzurechnen, der Wert der Entnahmen ist abzurechnen. 19 Buchführung mit Bestandskonten, ohne Erfolgskonten; zur Praxis der einfachen Buchführung vgl. Winnefeld, Bilanzhandbuch, 1997, A 705-716.

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

gen 191 . Bei der Gewinnermittlung durch Vermögensvergleich sind die Vorschriften über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen (§ 4 Abs. 1 Satz 6 EStG) 192 . Die Literatur sieht die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG als Grundform der steuerrechtlichen Gewinnermittlung an 193 ; der Bundesfinanzhof spricht von der ,,Regel-Gewinnermittlungsart"194.

2. Der Betriebsvermögensvergleich

nach §§ 5 i. V.m. 4 Abs. 1 EStG

§ 5 EStG ergänzt die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die ohne eine solche Verpflichtung Bücher führen und regelmäßig Abschlüsse machen, ist für den Schluß des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), daß nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist (§ 5 Abs. 1 Satz 1 EStG). Steuerrechtliche Wahlrechte bei der Gewinnermittlung sind in Übereinstimmung mit der handelsrechtlichen Jahresbilanz auszuüben (§ 5 Abs. 1 Satz 2 EStG). In § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG ist der sogenannte Maßgeblichkeitsgrundsatz verankert, in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG der sogenannte Grundsatz der umgekehrten Maßgeblichkeit195. Diese Vorschriften bilden den nor191 Im Gegensatz zum Betriebsvermögensvergleich nach § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG bedarf es keiner doppelten Buchführung (Mathiak, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 5 Rn. A 36 [Okt. 1991], 38 [April 1989]). 192 Seit dem Zweiten StÄndG 1971 vom 10. 8. 1971, BGBl. I 1971, 373, ist der Wert des zum Anlagevermögen gehörenden Grund und Bodens in die Ermittlung des Gewinnes nach § 4 Abs. 1 EStG miteinzubeziehen (dazu § 3 I 3 der Arbeit). Der BFH läßt seit einem Urteil vom 12. 5. 1955, BStBl. III 1955, 205, zu, daß Steuerpflichtige bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG gewillkürtes Betriebsvermögen bilden. Dies gilt auch für Freiberufler, die ihren Gewinn aufgrund freiwilliger Buchführung und Abschlußerstellung nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln (vgl. BFH, Urteil vom 15. 7. 1960, BStBl. III 1960, 484; BFH, Urteil vom 22. 11. 1960, BStBl. III 1961, 97 [98]; BFH, Urteil vom 1. 12. 1960, BStBl. III 1961, 154; BFH, Beschluß vom 10. 6. 1998, BFH/NV 1998, 1477 [1478]). Auch diese Angleichung der Gewinnermittlungsarten wurde in Österreich nicht nachvollzogen: Nach der Rechtsprechung des österreichischen VwGH kann gewillkürtes Betriebsvermögen nach wie vor nur bei der Gewinnermittlung nach § 5 öEStG gebildet werden (Nachweise und Kritik bei Dorait , EStG3, 1997, § 4 Rn. 64 ff.; vgl. auch § 4 Abs. 10 Nr. 3b öEStG).

193 Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 25 (Sept. 1992); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 458; Mathiak, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. A 21 (April 1989); Blümich /Wacker, EStG, § 4 Rn. 5, 9 und 40 (Juni 1997); Wichmann, BB 1990, 1448. 194 BFH, Urteil vom 8. 3. 1989, BStBl. II 1989, 714; BFH, Urteil vom 13. 10. 1989, BStBl. II 1990, 287 (289) m. w. N. 195 Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH, Urteil vom 9. 8. 1989, BStBl. II 1990, 195; BFH, Urteil vom 21. 1. 1992, BStBl. II 1992, 958) schlägt die Maßgeblichkeit auch auf die Ermittlung des Gewerbeertrages (§ 7 GewStG) durch. Der Bundesfinanzhof geht

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mativen Rahmen des Bilanzsteuerrechts. Der Rahmen wird einerseits durch die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ausgefüllt, andererseits durch die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung (§ 5 Abs. 6 EStG). Die Gewinnermittlung nach § 5 EStG sehen einige Autoren als selbständige Gewinnermittlungsart a n 1 9 6 , für andere ist § 5 EStG nur eine Ergänzung zu § 4 Abs. 1 E S t G 1 9 7 : soweit § 5 EStG von § 4 Abs. 1 EStG abweicht, soll er als lex specialis die allgemeine Regelung des § 4 Abs. 1 EStG verdrängen 198 .

3. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG Steuerpflichtige, die nicht buchführungspflichtig sind und auch nicht freiwillig Bücher führen und Abschlüsse machen, können als Gewinn den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben ansetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG). Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 E S t G 1 9 9 ist eine vereinfachte Gewinnermittdabei von einer gestuften Bindung aus: Die Bilanzierung zur Ermittlung des Gewerbeertrages sei an die (einkommensteuerrechtliche) Steuerbilanz gebunden, die wiederum an die Handelsbilanz gebunden sei, so daß insoweit auch von der formellen Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Gewerbeertragsteuer gesprochen wird (Mathiak DStR 1990, 255 [257]). Seit dem Steueränderungsgesetz vom 25. 2. 1992, BStBl. I 1992, 146, sind bei Steuerpflichtigen, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln, grundsätzlich auch die Steuerbilanzwerte bei der Festellung des Einheitswerts für das Betriebsvermögen eines gewerblichen Betriebes anzusetzen (§ 109 Abs. 1 BewG). Die Maßgeblichkeit schlägt damit auch auf die Einheitsbewertung durch. Diese sog. verlängerte Maßgeblichkeit, hat aber auf Grund des Wegfalls der Vermögensteuer zum 1.1. 1997 an Bedeutung verloren. Zur Maßgeblichkeit im Umwandlungssteuerrecht, insbesondere zur sog. diagonalen Maßgeblichkeit bei Umwandlungsvorgängen vgl. Thiel, GmbHR 1997, 145; Robisch/Treisch, WPg. 1997, 156 (160). 196

Alt, Das Überschuß vermögen, 1994, 87 f.; Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Vor §§ 4 - 7 Anm. 1, 19, 23 (Febr. 1999); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 11 ; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 40 (Juni 1997). 197 Bericht der Einkommensteuerkommission, BMF-Schriftenreihe Heft 7 (1964), 86; Handzik/Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 106 (Aug. 1995); Kramer, StuW 1982, 35 (38); Nieland, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 16 (Okt. 1992). 198 Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 5, 9 und 40 (Juni 1997). 199 Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG wird weithin auch als Einnahme-Überschußrechnung bezeichnet. Diese Bezeichnung wird der Technik der Überschußrechnung nicht gerecht. Bei einer Überschußrechnung werden Einnahmen und Ausgaben (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG) oder Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben (§ 4 Abs. 3 EStG) gegenübergestellt. Das Ergebnis ist der Überschuß der Einnahmen (Betriebseinnahmen) über die Ausgaben (Betriebsausgaben) oder der Überschuß der Ausgaben (Betriebsausgaben) über die Einnahmen (Betriebseinnahmen). Dementsprechend ist es richtig, einfach von einer Überschußrechnung oder von einer Einnahmen-Ausgabenrechnung bzw. einer Betriebseinnahmen-Betriebsausgabenrechnung (so ζ. B. Handzik/Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 115 [Aug. 1995]) zu sprechen. Der Terminus „Einnahme-Über4 Driicn

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

lung, deren Anknüpfungspunkt nicht das Betriebsvermögen 200 , sondern der Überschuß von Zahlungen, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, ist. Entscheidend ist der Zufluß bzw. Abfluß (§ 11 E S t G ) 2 0 1 . Das ist der Grundsatz. Das Gesetz bestimmt die Ausnahmen von diesem Grundsatz in § 4 Abs. 3 Sätze 2 bis 5 EStG. § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG klammert durchlaufende Posten als Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben aus der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung aus 2 0 2 . Essentiell sind die Ausnahmen des § 4 Abs. 3 Sätze 3 bis 4 EStG. Bei der Überschußrechnung sind die Vorschriften über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung zu befolgen (§ 4 Abs. 3 Satz 3 E S t G ) 2 0 3 . Die Anschaffungsoder Herstellungskosten für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens 204

Schußrechnung" verquickt demgegenüber eine Rechengröße mit dem Ergebnis der Rechnung. 200 Der Bestand des Betriebsvermögens wird grundsätzlich nicht berücksichtigt (BFH, Urteil vom 23. 6. 1983, BStBl. II 1983, 723; BFH, Urteil vom 23. 2. 1984, BStBl. II 1984, 516 [518]) und jährliche Bestandsaufnahmen entfallen (Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 504 [Juli 1998]). Daraus folgt - entgegen Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 85a [2] [Dez. 1971] - jedoch nicht, daß es bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG keine Vermögensbestandssphäre gibt (gl. A. BFH, Urteil vom 12. 7. 1990, BStBl. II 1991, 13; Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 95). Das Gesetz selbst geht, wie § 4 Abs. 3 Sätze 3 bis 5 EStG und § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG zeigen, von einer betrieblichen Vermögenssphäre aus. Anders sind die Tatbestandsmerkmale „Anlagevermögen" und „Entnahme" nicht zu erklären. 2 i BFH, Beschluß vom 8. 9. 1988, BStBl. II 1989, 32 (34); BFH, Urteil vom 23. 8. 1995, BFH/NV 1996, 119; Birk, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 11 Rn. 4 (März 1992); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rz, 380, § 11 Rn. 3. 202 Der Gesetzgeber schaffte diese Ausnahme durch das Steueränderungsgesetz vom 14. Mai 1965, BGBl. I 1965, 377, als Reaktion auf ein Urteil des Bundesfinanzhofes vom 29. 3. 1961, BStBl. III 1961, 500, um sachlich nicht gerechtfertigte Gewinnverlagerungen zu unterbinden (Begründung, BT-Drucksache, 4/3189). Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich beeinflussen durchlaufende Posten die Höhe des Gewinnes nicht, weil Wertzugänge und Wertabgänge zeitgleich in gleicher Höhe angesetzt werden (BFH, Urteil vom 4. 12. 1996, BStBl. II 1997, 404; BFH, Urteil vom 13. 8. 1997, BStBl. II 1998, 161 [162] m. w. N.). 203 Nach herrschender Meinung ist auch die sog. Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 237) bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG anzuwenden (BFH-Urteil vom 27. 1. 1994, BStBl. II 1994, 638 [639]; Schmidt / Glanegger, EStG 18 , 1999, § 6 Rn. 456; Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 396; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 33 [Juni 1997]), obwohl § 6 EStG nach dem Einleitungsatz eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG voraussetzt. 204 Die Vorschriften über die Absetzungen für Abnutzung sind nur anzuwenden, wenn das Wirtschaftsgut zum Anlagevermögen gehört (BFH, Urteil vom 28. 7. 1993, BStBl. II 1994, 164 (165); Blümich/Brandis, EStG, § 7 Rn. 97 (Jan. 1996); SchmidtI Drenseck, EStG 18 , 1999, § 7 Rn. 14; Handzik, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 7 Rn. 64 [Juli 1998]). Diese Voraussetzung ist nicht unmittelbar aus § 7 Abs. 1 EStG, sondern aus § 6 Abs. 1 Nr. 1 EStG abzuleiten. Sie gilt auch für die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG (SchmidtIHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 392; BlümichIWakker, EStG, § 4 Rn. 33 [Juni 1997]; Wolff-Diepenbrock, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2197 [Jan. 1988]).

§ 3 Die Gewinnermittlungsarten im Steuerrecht

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können daher nicht bereits im Zeitpunkt der Verausgabung als Betriebsausgaben abgezogen werden. Sie sind vielmehr wie beim Betriebsvermögensvergleich im Wege der Absetzungen für Abnutzung abzugsfähig. Das gleiche gilt mutatis mutandis für die Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht abnutzbarer Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind erst bei der Veräußerung oder Entnahme dieser Wirtschaftsgüter als Betriebsausgaben zu berücksichtigen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Aus diesem Grunde sind die Wirtschaftsgüter des nicht abnutzbaren Anlagevermögens bereits bei ihrer Anschaffung oder Herstellung listenmäßig zu erfassen (§ 4 Abs. 3 Satz 5 EStG). Der Gesetzgeber hat die vereinfachte Gewinnermittlung nur unvollständig geregelt. Er hat den Begriff der Betriebseinnahme nicht definiert. Nach verbreiteter Ansicht ist die Betriebseinnahme unter Rückgriff auf § 8 EStG und § 4 Abs. 4 EStG als ein Zugang in Geld oder Geldeswert, der durch den Betrieb veranlaßt ist, zu definieren 205. § 4 Abs. 3 EStG setzt überdies voraus, daß der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter entnehmen kann (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG), ohne festzulegen, mit welchem Wert die Entnahme anzusetzen ist. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG unterscheidet sich vom Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 bzw. §§ 5 i.V.m. 4 Abs. 1 EStG) in Hinblick auf die Erfassung von Beständen, Forderungen, Rechnungsabgrenzungsposten, Kundenanzahlungen, Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Insbesondere Pensionsrückstellungen (§ 6a EStG) sind bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ausgeschlossen. Die §§ 6 und 6b EStG, § 6 FördG sind nach ihrem Wortlaut nur anzuwenden, wenn der Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt wird 206 . Auf der anderen Seite setzen § 6c EStG und der Ansatz pauschalierter Betriebsausgaben (§ 51 EStDV zu § 13 EStG; Ermächtigung des § 51 Abs. 1 Nr. lc EStG) eine Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG voraus. Die Rechtsprechung läßt nicht zu, daß der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, gewillkürtes Betriebsvermögen bildet 207 . Insgesamt weicht der nach dem Gesetzeswortlaut des § 4 Abs. 3 EStG er205 BFH, Urteil vom 22. 7. 1988, BStBl. II 1988, 995; Β FH, Urteil vom 18. 5. 1994, BStBl. II 1995,54; Schmidt/Heinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 420; a.A. Tiedtke, EinkommenSteuer- und Bilanzsteuerrecht2, 1995,429. 206 Vgl. § 6 Abs. 1 Einleitungssatz, § 6b Abs. 4 Nr. 1, § 6d Abs. 3 Nr. 2, EStG; § 6 Abs. 1 Satz 1 FördG. Auch die Sanierungsrücklage nach § 6d EStG setzt eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG voraus (§ 6d Abs. 3 Nr. 2 EStG); sie betrifft jedoch nur Altfälle (vgl. § 6d Abs. 1 Satz 1 EStG). Überdies setzen bestimmte Bewertungswahlrechte (§§ 80, 81 EStDV; vgl. auch § 82 f. EStDV i.d.F. des JStG 1997) eine Gewinnermittlung nach § 5 EStG voraus. Bis zur Aufhebung durch das JStG 1996 setzen auch §§ 7e und 10a EStG eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG voraus (§ 7e Abs. 1 und 2, § 10a Abs. 1 Satz 1 EStG a.F.). 207 BFH, Urteil vom 13. 3. 1964, BStBl. III 1964,455; BFH, Urteil vom 5. 8. 1965, BStBl. III 1965,650; BFH, Urteil vom 12. 2. 1976, BStBl. II 1976,663; BFH, Urteil vom 11. 3. 1976, BStBl. II 1976, 380; BFH, Urteil vom 23. 11. 1978, BStBl. II 1979, 109, BFH, Urteil vom 14. 1. 1982, BStBl. II 1982, 345; BFH, Urteil vom 7. 10. 1982, BStBl. II 1983, 101; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. 3. 1998, EFG 1998, 1047; vgl. auch BFH, Urteil vom 23. 5. 1985, BStBl. II 1985, 517; BFH, Urteil vom 24. 8. 1989, BStBl. II 1990, 17 (18); der 4*

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

mittelte Periodengewinn gravierend von dem durch Bestandsvergleich ermittelten Gewinn ab 2 0 8 . 4. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen für Land- und Forstwirte (§ 13a EStG) Land- und Forstwirte können unter bestimmten Voraussetzungen den Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln (§ 13a EStG) 209 . Diese Möglichkeit nutzt die Mehrzahl aller deutschen Landwirte 210. § 13a EStG enthält eine von den übrigen Gewinnermittlungsarten selbständige Art, den steuerrechtlichen Gewinn zu ermitteln 211 . Bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG wird nicht der tatsächlich erzielte Gewinn, sondern ein für die Größe und Struktur des Betriebes als typisch angesehener Gewinn ermittelt. Dieser Gewinn wird für die Besteuerung unwiderlegbar fingiert 212. Ausgangspunkt der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist der auf der Einheitsbewertung beruhende Grundbetrag (§ 13a Abs. 4 EStG) 213 , zu dem einzelne Positionen hinzuzurechnen (§ 13a Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 bis 4 EStG) und andere abzurechnen (§ 13a Abs. 3 Satz 2 EStG) sind. Die Gewinnermittlung nach § 13a EStG dient zwei Zwecken. Sie soll die Besteuerung land- und forstwirtschaftlicher Einkünfte vereinfachen und zudem Land- und Forstwirte mit kleineren Betrieben 214 steuerlich begünstigen215. restriktiven Rechtsprechung folgend R 17 Abs. 6 EStR 1998; Meurer, in Lademann / Söffing, EStG, § 4 Rn. 51 (Okt. 1993); Offerhaus, BB 1977, 1493 (1497, Note 49); Schoor, FR 1982, 505 (506); a.A. Flies, StBp. 1998, 17 (21); Söffing, StbJb. 1980/81, 415 (516 ff.), Wassermeyer, DStJG 3 (1980), 315 (328 ff.); Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 155 (Jan. 1988); Woerner, StbJb. 1989/90, 207 (230); Wolff-Diepenbrock, in Littmann/Bitz/ Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2196 (Jan. 1988). Krit. nunmehr auch BFH, Urteil vom 22. 9. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173); dem folgend Nds. FG, Urteil vom 15. 7. 1998, EFG 1999, 216 (217 f.); Bordewin, in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, §§ 4, 5 Rn. 157 (Juli 1995). 208 Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992, 44; Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 109 f.; Kalb-Arnold, Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 1969, 28. 209 Zum persönlichen Anwendungsbereich des § 13a EStG vgl. § 3 II der Arbeit. 210 Lcingärtncr/Kanzler, Besteuerung der Landwirte3, 1998, Kap. 26 Rn. 2; Kleeberg, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 13a Rn. A 77 (Jan. 1991) beziffert die Gruppe der Land- und Forstwirte, die ihren Gewinn nach § 13a EStG ermitteln, mit 500.000 oder 70 v.H. aller Betriebe. 2Π Blümich / Fischer, EStG, § 13a Rn. 3 (Febr. 1994); Kleeberg, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 13a Rn. A 37 (Jan. 1991); Leingärtner/Kanzler, Besteuerung der Landwirte3, 1998, Kap. 26 Rn. 15. Nach BFH, Urteil vom 23. 5. 1991, BStBl. II 1991, 798 (799) sind die allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des EStG bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen „grundsätzlich suspendiert". 212 BFH, Urteil vom 1.12. 1988, BStBl. II 1989, 234 (236); Blümich / Fischer, EStG, § 13a Rn. 3 (Febr. 1994); Lcingänncr/Kanzler, Besteuerung der Landwirte3, 1998, Kap. 26 Rn. 7. 213 Der aufgrund der Neufassung durch das StEntlG 1999/2000/2002 nunmehr nach Hektarsätzen gestaffelt ist.

§

D e Gewinnermittlungsa

im Steuerrecht

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5. Sonstige „Arten" der Gewinnermittlung Die genannten Gewinnermittlungsarten216 ergänzen besonders Vorschriften zur Ermittlung des Gewinns aus Mitunternehmerschaft und zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns. Bei der Ermittlung des laufenden Gewinns bei Personengesellschaften kommt § 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG zum Tragen 217. Der Gewinn eines Mitunternehmers wird seit Aufgabe der Bilanzbündeltheorie in zwei Stufen ermittelt. Auf der ersten Stufe wird der Gewinnanteil des Gesellschafters (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG), auf der zweiten Stufe werden die Sondervergütungen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG) ermittelt 218. Das Einkommensteuergesetz enthält neben den Vorschriften zur Ermittlung des Periodengewinns Vorschriften zur Ermittlung von Ve räuße rungs gewinnen. Auch die Gewinne, die der Steuerpflichtige bei der Veräußerung oder Aufgabe eines Betriebes, eines Teilbetriebes oder Anteils eines Mitunternehmers am Betriebsvermögen erzielt, gehören zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit (§§ 14, 16, 18 Abs. 3 EStG) 219 . Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist ein besonderer, vom laufenden Gewinn zu trennender Gewinn 220 . Die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes ist ein Annex zur Besteuerung des laufenden Gewinnes. §§ 14, 16 und 18 Abs. 3 EStG sind der „Schlußstein für eine konsequente Erfassung der betrieblich verursachten Vermögensmehrung als Einkommen"221. Sie sind die folgerichtige Konsequenz aller Vor214 Land- und Forstwirte, bei denen der Ausgangswert (§ 13a Abs. 4 Satz 2 EStG) je Betrieb nicht mehr als 32.000 DM beträgt. 215 Begr. zum Regierungsentwurf der Neufassung des § 13a EStG, BT-Drucks. 8/3239.

Ab 1.1. 1999 werden diese ergänzt durch die sog. Tonnagebesteuerung des § 5a EStG, eingeführt durch Gesetz vom 9. 9. 1998, BGBl. I 1998, 2860, die als Subventionsnorm den maritimen Standort Deutschland sichern soll (vgl. BT-Drucksache 13/10271, 2). Diese Subvention, die nur in das Kleid einer eigenständigen Gewinnermittlungsart gesteckt wurde (krit. auch Schmidt/Weber-Grellet, EStG , 1999, § 5a Rn. 1 m. w. N.), steht unter dem Vorbehalt der Genehmigung der EU-Kommission nach Art. 92, 93 EGV a. F. = Art. 87, 88 EGV n. F. 217 Die Vorschrift paßt mit den übrigen GewinnermittlungsVorschriften nur schlecht zusammen, vgl. Kruse, DSÜG 2 (1979), 37 (52). 218 Dabei ist umstritten, wie der Gewinn auf der zweiten Stufe zu ermitteln ist (vgl. Kruse, DSÜG 2 [1979], 37 [55 ff.]; Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 366 ff., 438 ff.). Nach herrschender Meinung ist die Höhe der Sondervergütung auf dieselbe Weise wie der Gewinnanteil zu ermitteln, vgl. nur Lang, in Festschrift L. Schmidt, 1993, 291 (303); ders., in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 533 und 543; Schmidt, EStG 18 , 1999, § 15 Rn. 404 f.). Zur additiven und korrespondierenden Gewinnermittlung auf beiden Stufen vgl. jüngst BFH, Urteil vom 2. 12. 1997, DStR 1998,482. 219 Der Veräußerungsgewinn ist unter bestimmten Voraussetzungen in bestimmter Höhe von der Steuer befreit (§ 16 Abs. 4 EStG). Im übrigen unterliegt der Veräußerungsgewinn einem begünstigten Tarif (sog. halber Steuersatz, § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG bzw. sog. Fünftelung ab dem Veranlagungszeitraum 1999 nach § 34 Abs. 1 Sätze 2, 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002). 22 0 BFH, Beschluß (GrS) vom 19. 7. 1993, BStBl. II 1993, 897 (902). 22

1 Treffend Reiß, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 16 Rn. A 25 (Mai 1991).

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Schriften, die dem Steuerpflichtigen es erlauben oder sogar vorschreiben, stille Reserven zu bilden 2 2 2 . Die Besteuerung des Veräußerungsgewinnes ist zwar konsequent, sie folgt jedoch nicht bereits aus der Gewinnermittlungstechnik durch Betriebsvermögensvergleich oder dem Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 E S t G 2 2 3 . Gewinnermittlungstechnik und Gewinnbegriff beziehen sich auf den laufenden Gewinn und setzen einen laufenden Betrieb voraus. §§ 14, 16, und 18 Abs. 3 EStG begründen erst die Steuerpflicht und stellen sie nicht lediglich k l a r 2 2 4 . § 16 Abs. 2 EStG enthält eine eigenständige GewinnermittlungsVorschrift 225. Ebenso enthält § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG eine „Gewinnermittlungsvorschrift eigener A r t " 2 2 6 zur Ermittlung von Gewinnen bei der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen an Kapitalgesellschaften. Schließlich werden die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften zur Ermittlung von Veräußerungsgewinnen ergänzt durch die Vorschriften des Umwandlungssteuerrechts 227.

222 Vgl. Begründung zum EStG 1925, RT-Drucksache 1924/25, Nr. 795,23. 223 § 4 Abs. 1 EStG sagt nichts über die Legung stiller Reserven aus, die sich erst aus den Bewertungsvorschriften (§§ 6, 6b EStG) ergibt (ebenso Lang, DStjG 4 [1981], 45 [59]) und schreibt umgekehrt auch nicht die Steuerverstrickung dieser Reserven vor. Zur Überzeugungskraft der Argumente aus dem Gewinnbegriff vgl. § 13 II der Arbeit. 224 Frotscher/Kauffmann, EStG, § 16 Rn. 10 (Lfg. 9/97); Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 777 f.; Reiß, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 16 Rn. A 24 (Mai 1991); in diese Richtung auch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 16 Anm. 4 (Juni 1982). Die Gegenansicht mißt den Vorschriften über die Steuerpflicht der Veräußerungs- und Aufgabegewinne bis auf Freibeträge, den ermäßigten Steuersatz (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG) und den Ansatz des gemeinen Wertes nach § 16 Abs. 3 EStG nur deklaratorische Wirkung zu, vgl. BFH, Urteil vom 16. 9. 1966, BStBl. III 1967, 70; BFH, Urteil vom 2. 3. 1989, BStBl. II 1989, 543 (544); Hörger, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 16 Rn. 2 (Mai 1996); Schmidt/Wacker, EStG 18 , 1999, § 16 Rz. 4 und 5; Söffing, in Lademann/Söffing, EStG, § 16 Rn. 11 (Jan. 1992); noch weitergehend Blümich/Stuhrmann, EStG, § 16 Rn. 2a (Juni 1994); offenlassend BFH, Urteil vom 26. 5. 1993, BStBl. II 1993, 710 (714). 225 BFH, Beschluß (GrS) vom 19. 7. 1993, BStBl. II 1993, 897 (903); Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG, § 16 Anm. 4 (Juni 1982). Der Veräußerungsgewinn wird ermittelt, indem vom erzielten Veräußerungspreis die Veräußerungskosten und der (Buch-) Wert des veräußerten Betriebsvermögens, ermittelt nach §§4 Abs. 1 oder 5 EStG, abgezogen werden (§ 16 Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG). Der Aufgabegewinn wird ermittelt, indem der Veräußerungspreis der einzelnen veräußerten Wirtschaftsgüter und die gemeinen Werte der in das Privatvermögen überführten Wirtschaftsgüter und die im Zuge der Aufgabe angefallenen sonstigen Erträge addiert werden. Von dieser Summe sind die Veräußerungskosten, die sonstigen Aufwendungen und der Buchwert des Betriebsvermögens im Zeitpunkt der Aufgabe abzuziehen (§16 Abs. 3 Sätze 2, 3 i.V.m. § 16 Abs. 2 EStG). Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn kann dabei negativ sein; statt eines Gewinns kann ein Veräußerungs- oder Aufgabeverlust entstehen. 226 BFH, Urteil vom 17. 10. 1957, BStBl. III 1957, 443; Schmidt/Weber-Grellet, EStG 18 , 1999, § 17 Rz. 131. 227 § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG für die Veräußerung einbringungsgeborener Anteile an einer Kapitalgesellschaft; § 24 Abs. 3 UmwStG für die Einbringung von Betriebsvermögen in eine Personengesellschaft.

§ 4 Der Betrieb als Bezugspunkt der Gewinnermittlung im Steuerrecht

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Die Schätzung des Gewinns anhand von Richtsätzen ist nur de facto eine besondere Gewinnermittlungsart 228 . De jure ist die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 A O keine eigenständige Art der Gewinnermittlung 229 , weil § 162 A O nicht an die Stelle der Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuergesetzes tritt und die Finanzbehörde den Gewinn vielmehr in Anlehnung an die Gewinnermittlungsvorschriften schätzt (sog. Akzessorietät der Gewinnschätzung) 2 3 0

§ 4 Der Betrieb als Bezugspunkt der Gewinnermittlung im Steuerrecht Für die Höhe des Gewinns ist die Abgrenzung in sachlicher Hinsicht entscheidend. Beim Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) ist das Betriebsvermögen an zwei Stichtagen zu vergleichen, bei der Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) sind Betriebseinnahmen und -ausgaben gegenüberzustellen. Der Bezugspunkt der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ist der einzelne Betrieb 2 3 1 . Der Steuerpflichtige, der mehrere selbständige Betriebe h a t 2 3 2 , kann den Gewinn für jeden Betrieb gesondert ermitteln 233 . Für jeden einzelnen Betrieb sind die Voraussetzungen der Gewinnermittlungsarten gesondert zu prüfen, so daß verschiedene Gewinnermittlungsarten bei mehreren Betrieben eines Steuerpflichtigen in Betracht kommen 2 3 4 . 228 Rose, Die Ertragsteuern, Bd. I 1 5 , 1997, 59. 229 Biergans, Einkommensteuer6, 1992, 691; Crezelius, Steuerrecht II 2 , 1994, § 8 Rz. 87; Handzik/Hellwig, in Littmann / Bitz / Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rz. 106a (Aug. 1995) unter Aufgabe der bisherigen Ansicht; Kanzler, FR 1998, 233 (238); Kramer, StuW 1982, 35 (38); Loritz, Einkommensteuerrecht, 1988, Rz. 938; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rz. 19 (Juni 1997); a.A. wohl Nieland, in Littmann / Bitz / Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rz. 16 f. (Okt. 1992). 230 Kramer, StuW 1982, 35 (38); Seer, in Tipke/Kruse, AO, § 162 Tz. 21 (April 1998). Die Finanzbehörde hat bei Steuerpflichtigen, die den Gewinn durch Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 oder § 5 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG) ermitteln müssen, und dieser Pflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen, den Gewinn so zu schätzen, daß sich die Schätzung dem Ergebnis eines auf Grund ordnungsmäßiger Buchführung ermittelten Bestandsvergleiches möglichst annähert (RFH-Urteil vom 5. 5. 1937, StuW 1937, Nr. 315; Seer, in Tipke/Kruse, AO, § 162 Tz. 21 [April 1998]). Hat der Steuerpflichtige zulässigerweise die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) gewählt, hat die Finanzbehörde den Gewinn nach dieser Gewinnermittlungsart zu schätzen. (BFH-Urteil vom 2. 3. 1982, BStBl. II 1984,504 [507]). 231 Da das Einkommensteuergesetz keine Legaldefinition enthält, ist der Begriff des Betriebs naturgemäß umstritten. Die Literatur unterscheidet zwischen dem weiten, dem mittleren und engen Betriebsbegriff, vgl. Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 126 (Juni 1997) m. w. N. 232 Zur Abgrenzung zwischen selbständigen und einheitlichen Betrieben, vgl. Schmidt/ Weber-Grellet, EStG 1 , 1999, § 15 Rn. 125 m. w. N. 233 Vgl. BFH, Urteil vom 30. 9.1960, BStBl. III 1960, 489. 234 Schmidt/Heinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 25; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 63; a.A. Würdinger, StuW 1966, Sp. 673 (686).

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2. Teil: Die Strukturelemente des Gewinnes im Steuerrecht

Der Betriebsbezug der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ergibt sich nicht bereits aus § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG 235 , er folgt vielmehr aus dem Pluralismus der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsarten und der Auslegung der §§ 140, 141 AO. Gewinn aus Gewerbebetrieb ist nach herrschender Ansicht zwar das Gesamtergebnis der gewerblichen Tätigkeit236, jedoch kann dieses Gesamtergebnis angesichts der differenzierten Regelungen der Gewinnermittlung für Einzelunternehmen, Mitunternehmerschaften und die Veräußerung wesentlicher Beteiligungen237 nicht einheitlich ermittelt werden 238. Überdies ist die originäre steuerliche Buchführungspflicht des § 141 AO betriebsbezogen, so daß der Steuerpflichtige bei verschiedenen Betrieben zur Anwendung verschiedener Gewinnermittlungsarten berechtigt oder verpflichtet sein kann. Dabei strahlt die Regelung des § 141 Abs. 1 Satz 1 AO auch auf die durch § 140 AO ins Steuerrecht transformierten Buchführungspflichten aus. Da die außersteuerrechtlichen Buchführungspflichten in das Steuerrecht durch § 140 AO „eingebettet" werden 239, sind die abgeleiteten Buchführungspflichten vor dem Hintergrund der originären steuerrechtlichen Pflichten zu sehen 240 . Ebenso wie der Kaufmann nach Handelsrecht für verschiedene Handelsgewerbe gesondert Bücher führen kann 241 , hat der Steuerpflichtige das Recht, den Gewinn für jeden einzelnen Betrieb gesondert zu ermitteln 242. Dabei ist er nicht verpflichtet, die einzelnen Bilanzen zu einer Gesamtbilanz zu konsolidieren243.

235

So aber Nieland, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 51 (Jan. 1993), der übersieht, daß auch beim Vergleich des gesamten, zu mehreren Betrieben gehörenden Betriebsvermögens eines Steuerpflichtigen dasselbe Betriebsvermögen an verschiedenen Zeitpunkten gegenübergestellt wird. 236 RFH, Urteil vom 3. 5. 1944, RStBl. 1944, 731; OFH, Urteil vom 4. 8. 1950, StuW 1951, Teil II, Sp. 11 (12); BFH, Urteil vom 25. 1. 1951, BStBl. III 1951, 68; Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 505 (Mai 1990); Würdinger, StuW 1966, Sp. 673 (686); a.A. Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 218. 237 Zu den einzelnen Gewinnermittlungsarten vgl. § 3 III der Arbeit. 238 Ebenso Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 63. 239 Trzaskalik, Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 140 Rn. 12 (März 1991). 240 Dadurch wird gewährleistet, daß abgeleitete und originäre Buchführungspfichten nicht nur gleichwertig sind (vgl. Tipke ! Kruse, AO, Vor § 140 Tz. 2a [April 1994]), sondern auch gleichermaßen auf die verschiedenen Gewinnermittlungsarten abgestimmt sind. 241 Baumbach IHopt, HGB 29 , 1995, § 238 Rn. 7. 242

Im Ergebnis ebenso Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 505 (Mai 1990). 243 Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 25; a.A. noch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 45 (Dez. 1970).

Dritter Teil

Der Totalgewinngedanke § 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme Die verschiedenen Gewinnermittlungsarten regeln die Ermittlung des laufenden Gewinnes (Periodengewinn) und die Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinnes244. Aus der Summe aller Periodengewinne und dem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn läßt sich ex post der Totalgewinn eines Betriebes berechnen. Der Totalgewinn ist ex ante jedoch keine feststehende Größe 245 , die auf die einzelnen Perioden zu verteilen ist 246 . Ex ante ist der Totalgewinn eine Denkgröße247 und ex post ist er nur der rechnerische Saldo aus Periodengewinnen und Veräußerungsoder dem Aufgabegewinn. Das Einkommensteuergesetz enthält keine eigenständigen Vorschriften zur Ermittlung dieses Totalgewinnes und die sogenannte Totalperiode ist nicht der steuerrechtliche Gewinnermittlungszeitraum248. Die Steuergesetze knüpfen an den Totalgewinn keine Rechtsfolgen; der Totalgewinn ist kein steuerrechtliches Tatbestandsmerkmal. De lege lata spielt der Totalgewinn für die Gewinnermittlung keine, in praxi spielt er jedoch eine beachtliche Rolle. Die Rechtsprechung zieht den Totalgewinn zur Auslegung der Vorschriften über die steuerrechtliche Gewinnermittlung heran. Zahlreiche Autoren folgen dieser Rechtsprechung. Der Totalgewinngedanke kommt auf zwei verschiedenen Ebenen zum Tragen 249 , der Ebene der Gewinnerzielung und der Ebene der Gewinnermittlung.

244 Vgl. § 3 III der Arbeit. 245 Demgegenüber sah Frotscher/Frost, EStG, Vor § 4 Rz. 19 (Dez. 1981), den Totalgewinn als feststellende Größe an. 246 So aber Federmann, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht10, 1994, 163 unter Übertragung des dynamischen Denkansatzes (dazu § 6 I der Arbeit) auf das Steuerrecht (vgl. dazu § 7 der Arbeit). 247 Vgl. Charlier, StbJb. 1977/78, 387 (393, 398): „Traumvorstellung von dem Totalgewinn44; Knobbe-Keuk, in Neuorientierung bei der Besteuerung der Personengesellschaften (Hrsg.: IdW), 1985, 123 (Diskussionsbeitrag): „ominöser, phantomhafter Totalgewinn44. 248 Vgl. § 2 der Arbeit. 249 Das übersieht beispielsweise Berti, Gedenkschrift Lechner, 1987, 39 (52); zutreffend demgegenüber Bauer, Festschrift Stoll, 1990, 31 (38 f.).

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

I. Der Totalgewinn auf der Ebene der Gewinnerzielung Auf der Ebene des Tatbestandes der Gewinnerzielung ziehen Rechtsprechung und Literatur den Totalgewinn zur Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht (§ 15 Abs. 2 EStG) heran. Gewinnerzielungsabsicht ist für den Großen Senat das Streben nach Betriebsvermögensmehrung in Gestalt eines Totalgewinnes250. Dieser Ansicht folgen Rechtsprechung und nahezu alle Autoren 251. Der Große Senat hat mit dem Begriff des Totalgewinnes „unausgesprochen an Vorstellungen der dynamischen Bilanztheorie angeknüpft" 252. Der Totalgewinngedanke soll eine Antwort auf die Frage liefern, ob der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist. Fehlt diese, ist die Tätigkeit des Steuerpflichtigen als sog. Liebhaberei irrelevant. Da die Gewinnerzielungstffos/c/ii festzustellen ist, ist nicht entscheidend, ob ex post ein Totalgewinn entsteht, sondern vielmehr, daß ex ante aus der Sicht des Steuerpflichtigen ein Totalgewinn entstehen kann 253 . Es geht um den vom Steuerpflichtigen erstrebten Totalgewinn und nicht um den tatsächlich erzielten Totalgewinn 254 . Auf der Ebene des Gewinnerzielungstatbestandes ist eine Prognose des erstrebten Totalgewinnes erforderlich 255. Der Blick ist in die Zukunft gerichtet. Die Frage, auf welche Weise der Totalgewinn zu prognostizieren ist 256 , steht in engem Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Die Totalgewinnprognose ist jedoch keine Art der Gewinnermittlung. Eine exakte Gewinnermittlung ist angesichts der Unwägbarkeiten der zukünftigen Entwicklung unmöglich, zumal die Lebensdauer eines Betriebes und demnach die Länge der Totalperiode ex ante unbekannt ist 257 . Den Rekurs auf den Totalgewinn sieht Groh nicht zu Unrecht nur als , Appell an die Rechtsanwender, den Gesamtablauf nach der Vor250 BFH, Beschluß (GrS) vom 25. 6. 1984, BStBl. II 1984, 751 (766). 251 Vgl. die Nachweise bei Kupfer, KöSDI (1/93), 9212 ff.; Schuhmann, StBp. 1994, 245; Schmidt / Weber-Grellet, EStG 18 , 1999, § 15 Rn. 29 ff.; Weber-Grellet, DStR 1992, 561 und 602; kritisch insbesondere Seeger, Festschrift L. Schmidt, 1993, 37; Vinzenz, DStR 1993, 550. 252 So ausdrücklich Groh, DB 1994, 2424 (2425). Zu der betriebswirtschaftlichen Wurzel des Totalgewinngedanken vgl. § 6 der Arbeit. 253 Groh, DB 1994, 2424 (2425). 254 Klarsichtig: Knobbe-Keuk, in Neuorientierung bei der Besteuerung der Personengesellschaften (Hrsg.: IdW), 1985, 123 (Diskussionsbeitrag): „es soll ja letztlich gar nicht auf den Totalgewinn ankommen, sondern auf die Absicht" (Hervorhebung vom Verf.). 255 Vgl. nur Bitz, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 15 Rn. 123 (Juli 1994); Federmann, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht10, 1994, 162; Kupfer, KöSDI (1 /93), 9212 (9214); Weber-Grellet, DStR 1992, 561 (564). 256 Dazu Kupfer, KöSDI (1 /93), 9212 (9214 ff.); Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Amn. 385 ff. (Mai 1990); Rose, StbJb. 1985/86, 177; Schmidt/Weber-Grellet, EStG 18 , 1999, § 15 Rn. 30 ff. m. w. N. 257 Knobbe-Keuk und Raupach, in Neuorientierung bei der Besteuerung der Personengesellschaften (Hrsg.: IdW), 1985, 124 (Diskussionsbeiträge); Weber-Grellet, DStR 1992, 561 (564); DStR 1993, 980(981).

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

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Stellung der Beteiligten im Auge zu behalten und vor allem die Kompensation der vorübergehenden Verluste zu beachten"258. Die Frage, ob der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielungsabsicht tätig ist, liegt nicht auf der Ebene der Gewinnermittlung. Die Gewinnerzielungsabsicht liegt auf der Ebene des Gewinnerzielungstatbestandes. Der Gewinnerz/e/wngstatbestand betrifft die Frage, ob der Steuerpflichtige Gewinneinkünfte erzielt hat. Einer Gewinnermittlung bedarf es nur, wenn der Steuerpflichtige mit Gewinnerzielugsabsicht tätig ist, die Tätigkeit mithin keine Liebhaberei ist. Der Gewinnerzielungstatbestand geht dem Gewinn^rm/ii/wngjtatbestand259, der Frage nach der Höhe des Gewinnes, voraus 260 und ist nicht Gegenstand dieser Arbeit.

II. Der Totalgewinn auf der Ebene der Gewinnermittlung Der Totalgewinngedanke hat auf der Ebene der Gemmermittlung in zwei Fällen Relevanz. Im ersten Fall geht es darum, bei den verschiedenen Gewinnermittlungsarten den gleichen Totalgewinn zu besteuern. Rechtsprechung261 und Literatur 262 258

Groh, in Neuorientierung bei der Besteuerung der Personengesellschaften (Hrsg.: IdW), 1985, 124 (Diskussionsbeitrag). 259 Besser: Gewinnfcerec/wMngjtatbestand, vgl. Vor § 2 der Arbeit. 2 60 Zu diesem Stufenverhältnis vgl. bereits BFH, Beschluß (GrS) vom 17. 2. 1972, BStBl. II 1972, 700 (702). 2

61 Ständige Rechtsprechung seit BFH, Urteil vom 17. 5. 1960, BStBl. III 1960, 306 (308); BFH, Urteil vom 23. 11. 1961, BStBl. III 1962, 199 (200); BFH, Urteil vom 25. 1. 1962, BStBl. III 1962, 366; BFH, Urteil vom 3. 7. 1968, BStBl. II 1968, 736 (737); BFH, Urteil vom 22. 5. 1969, BStBl. II 1969, 584 (585); BFH, Urteil vom 2. 9. 1971, BStBl. II 1972, 334 (335); BFH, Urteil vom 31. 8. 1972, BStBl. II 1973, 51; BFH, Urteil vom 6. 12. 1972, BStBl. II 1973, 293 (294); BFH, Urteil vom 16. 1. 1975, BStBl. II 1975, 526 (528); BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (867); BFH, Urteil vom 13. 12. 1979, BStBl. II 1980, 239 (240); BFH, Urteil vom 23. 2. 1984, BStBl. II 1984, 516 (518); BFH, Beschluß vom 8. 9. 1988, BStBl. II 1989, 32 (34); BFH, Beschluß (GrS) vom 4. 7. 1990, BStBl. II 1990, 830 (834); BFH, Urteil vom 15. 11. 1990, BStBl. II 1991, 228 (229); BFH, Urteil vom 22. 9. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173); BFH, Urteil vom 30. 3. 1994, BStBl. II 1994, 852 (853); einschränkend BFH, Urteil vom 26. 4. 1995, BFH/NV 1996, 130 (131); aus der Rechtsprechung der Finanzgerichte vgl. nur Nds. FG, Urteil vom 24. 8. 1978, EFG 1979, 62 (63); Hess. FG, Urteil vom 25. 9. 1980, EFG 1981, 243; FG Hamburg, Urteil vom 17. 11. 1989, EFG 1990, 624 (625); FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 8. 9. 1992, EFG 1993, 209 (210); FG Bremen, Urteil vom 28. 10. 1993, EFG 1994, 912; FG Köln, Urteil vom 17. 5. 1994, EFG 1994, 1083 (1084) und jüngst Nds. FG, Urteil vom 15. 7. 1998, EFG 1999, 216 (217 f.). 262 Alt, Das Überschuß vermögen, 1994, 88; Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 507 (Juli 1998); Biergans, Einkommensteuer6, 1992, 704; Bordewin, in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, §§ 4 - 5 Rn. 151 (Juli 1995); Crezelius, Steuerrecht II 2 , 1994, § 8 Rn. 80; F rotscher, EStG, § 4 Rn. 227, 244 (Lfg. 8/98); Groh, FR 1986, 393 (396 f.); Handzik/Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

gleichen die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG an die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich an, weil beide Gewinnermittlungsarten auf die Dauer zum gleichen Totalgewinn führen sollen. Dieses sog. Prinzip der Totalgewinngleichheit 263 wird vornehmlich beim Wechsel der Gewinnermittlungsart, aber auch bei der laufenden Gewinnermittlung herangezogen. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit ist gesetzlich nicht normiert. Das hat seinem Siegeszug nicht aufgehalten. Heutzutage werden Zweifelsfälle bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG weniger nach dem Gesetzeswortlaut als nach dem Prinzip der Totalgewinngleichheit entschieden 264 . Der zweite Anwendungsfall des Totalgewinngedankens betrifft die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG bzw. §§ 5 i.V.m. 4 Abs. 1 EStG). Hierbei soll mit Hilfe des Bilanzenzusammenhanges der richtige Totalgewinn besteuert werden. Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit 265 zielt auf die zutreffende Besteuerung des Totalgewinnes ab. Bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich wird der richtigen Besteuerung jedes einzelnen Geschäftsvorfalles und damit der Ermittlung des richtigen Totalgewinnes der Vorrang vor der Ermittlung des richtigen Periodengewinnes eingeräumt 266 .

Rn. 118 f. (Aug. 1995); SchmidtIHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 10 u. 14; Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992, 43; Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 36 (Sept. 1992); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 287, 449 f.; Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 453 f.; Meurer, in Lademann / Söffing, EStG, § 4 Rn. 39 (Okt. 1993); Nieland, in Littmann/Bitz/ Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4,5 Rn. 18 (Okt. 1992); Plückebaum, in Kirchhof /Söhn, EStG, § 4 Rn. A 3; Ritzow, in Dankmeyer/Giloy, EStG, § 4 Rn. 287 (Febr. 1992); Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 90; Schoor, FR 1982, 505 (506); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 3, 5, 6; Söhn, StuW 1991, 270 (276 f.); Speich, DStR 1972,743; Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 171 bis 177; Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht2, 1995, 428; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 611; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 30 (Juni 1997); WeberGrellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988); einschränkend Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 111; kritisch Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 95, 108 f.; Kruse, Festschrift Ritter, 1997, 413 (423); für die Geltung auch im österreichischen Steuerrecht Dorait, EStG3, 1997, § 4 Rn. 6, obgleich der Verlustabzug (als Sonderausgabe) bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 ÖEStG nur für Anlaufverluste gilt (§ 18 Abs. 7 ÖEStG; dazu Dorait, a. a. 0.,§ 18 Rn. 314 ff.). 263

Synonyme sind der Grundsatz der Totalgewinnidentität und der Grundsatz der Gesamtgewinngleichheit. 264 Treffend Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 373. 265 Diese Benennung bietet sich parallel zum oben genannten Prinzip der Totalgewinngleichheit an. 266 BFH-Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH-Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (868); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 10, 703; Hoffmann, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 519 ff., insb. 521 (Juni 1998); Blümich/ Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juni 1997).

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

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1. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit Für die Rechtsprechung stehen die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG und der Bestandsvergleich (§ 4 Abs. 1 bzw. §§ 5 i.V.m., 4 Abs. 1 EStG) nicht beziehungslos nebeneinander. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit soll beide Arten der Gewinnermittlung verbinden. Die Höhe des Totalgewinnes eines Betriebes soll nicht von der Gewinnermittlungsart abhängig sein. Die verschiedenen Arten der Gewinnermittlung sollen sich nur in der Höhe der jährlichen Gewinne und Verluste, nicht aber in der Höhe des Totalgewinnes unterscheiden. Für den Zeitraum von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebes, die sog. Totalperiode, soll sich bei jeder Art der Gewinnermittlung der gleiche Totalgewinn ergeben267. Dieser Ansicht folgen die Finanzverwaltung268 und zahlreiche Autoren 269. Sie wenden das Prinzip der Totalgewinngleichheit sowohl beim Wechsel der Gewinnermittlungsart als auch bei der laufenden Gewinnermittlung an.

a) Wechsel der Gewinnermittlungsart Bestimmte Steuerpflichtige haben das Recht, die Art der Gewinnermittlung zu wählen270. Das Recht des Steuerpflichtigen, die Art der Gewinnermittlung zu wählen, schließt das Recht, diese Wahl zu ändern 271, ein 272 . Das Einkommensteuergesetz setzt voraus, daß ein Wechsel der Gewinnermittlungsart zulässig ist (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 3 EStG). Das Gesetz schreibt einen Wechsel der Gewinnermittlungsart vor, wenn der Steuerpflichtige buchführungspflichtig wird (§§ 140, 141 AO), insbesondere wenn er die Grenzen des § 141 Abs. 1 AO überschreitet 273. Überdies hat der Steuerpflichtige bei einer Betriebsveräußerung bzw. -aufgabe den Wert des Betriebsvermögens nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG zu ermitteln (§ 16 Abs. 2 Satz 2 267

Vgl. die Nachweise in Note 261. 268 Vgl. R 17 EStR 1998. 269 Vgl. die Nachweise in Note 262. Dabei wird § 51 Abs. 1 Nr. lc EStG i.d.F. des JStG 1996 vom 11. 10. 95, BGBl. I 1995, 1250, (noch) keine Beachtung geschenkt. Die Vorschrift ermächtigt die Bundesregierung, einen pauschalen Abzug der Betriebsausgaben bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG einzuführen und steht im Widerspruch zum Grundsatz der Totalgleichheit. 2™ Vgl. § 3 I der Arbeit. 27

1 Zu den Möglichkeiten des Wechsels der Gewinnermittlungsart vgl. Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 744 ff. 272 Zur Wahlrechtsausübung vgl. Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruches, 1997, 22 ff. Zum Zeitpunkt der Wahlrechtsausübung und zu den Grenzen der Wahlfreiheit vgl. Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 6. Zu den Besonderheiten der Wahlrechtsausübung und der Bindung an diese bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen vgl. § 13a Abs. 2 EStG. 273 Die Buchführungspflicht tritt nach Hinweis des Finanzamtes ein (§ 141 Abs. 2 AO). Gleiches gilt für den Wegfall einer Voraussetzung des § 13a Abs. 1 Satz 1 EStG (§ 13a Abs. 1 Satz 2 EStG).

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

EStG). Steuerpflichtige, die ihren (laufenden) Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG oder § 13a EStG ermitteln, müssen zur Ermittlung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinnes fiktiv zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich übergehen 274 . Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart ist folglich zulässig, zum Teil sogar zwingend. Gleichwohl sind die Rechtsfolgen des Wechsels der Gewinnermittlungsart nicht gesetzlich normiert. Der Wechsel der Gewinnermittlungsart kann dazu führen, daß einzelne Geschäftsvorfälle nicht, andere doppelt erfaßt werden. Das hat seinen Grund darin, daß bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten die Zeitpunkte der Gewinnrealisation zum Teil divergieren. Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG knüpft nicht wie der Bestandsvergleich an Bestand und Wert des Betriebsvermögens an; vielmehr werden Zahlungen, Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, einander gegenüber gestellt. Beim Bestandsvergleich gilt stets das Realisationsprinzip, bei der Überschußrechnung ist der Zufluß entscheidend275. Das hat Folgen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart. Das verdeutlichen folgende Beispiele: Erbringt der Steuerpflichtige im Dezember eines Jahres eine Sach- oder Dienstleistung gegen Rechnung, hat er eine Forderung gegenüber dem Kunden. Diese wirkt sich bei der Überschußrechnung mangels Zuflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) noch nicht auf den Gewinn aus. Wechselt der Steuerpflichtige zu Beginn des folgenden Jahres zum Betriebsvermögensvergleich, wirkt sich der Eingang der Forderung bei der neuen Gewinnermittlungsart nicht mehr auf die Höhe des Gewinnes aus. Auf den Zufluß kommt es beim Betriebsvermögensvergleich nicht an (§ 11 Abs. 1 Satz 4 EStG) und der Forderungseingang ist als Aktivtausch276 erfolgsneutral. Damit wirkt sich dieser Geschäftsvorfall durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart weder im Jahr der Leistung noch im Jahr der Zahlung aus. Spiegelbildlich dazu wird ein Wareneinkauf doppelt erfaßt. Bei der Überschußrechnung führt die Zahlung der Ware zu Betriebsausgaben. Nach dem Wechsel zum Bestandsvergleich führt die Veräußerung der Ware zur Minderung des Warenbestandes und damit zu Aufwand. Der Geschäftsvorfall wird durch den Wechsel der Gewinnermittlungsart per Saldo doppelt berücksichtigt. Dieselbe Problematik tritt bei der Umsatzsteuer auf. Wechselt der Steuerpflichtige von der Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG, sog. Istbesteuerung) zum Regelfall, der Besteuerung nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 Satz 1 UStG, sog. Sollbesteuerung), kann die unterschiedliche zeitliche Anknüpfung der Besteuerung dazu führen, daß Umsätze nicht oder doppelt erfaßt werden. § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG bestimmt, daß der Wechsel der Art der Steuerberechnung nicht zur Folge haben darf, daß Umsätze unversteuert bleiben oder dop274 BFH, Urteil vom 23. 11. 1961, BStBl. III 1962, 199; BFH, Urteil vom 13. 12. 1979, BStBl. II 1980, 239; BFH, Urteil vom 15. 5. 1986, BFH/NV 1988, 84; BFH-Urteil vom 22. 09. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173); Schmidt / Wacker, EStG 18 , 1999, § 16 Rn. 330. 275 Ausnahmen sehen § 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG vor. 276 Per Kasse/Bank an Forderung.

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

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pelt erfaßt werden 277. Diese Vorschrift ist die Rechtsgrundlage für Korrekturen beim Wechsel der Art der Steuerberechnung278. Das Einkommensteuergesetz enthält keine vergleichbare Vorschrift 279. Insoweit unterscheidet sich das deutsche Einkommensteuergesetz vom österreichischen Einkommensteuergesetz, in dem die Rechtsfolgen eines Wechsels detailliert normiert sind (vgl. § 4 Abs. 10 ÖEStG)280. In Deutschland sehen nur die Einkommensteuerrichtlinien Zu- und Abrechnungen für den Fall des Wechsels der Gewinnermittlungsart vor 281 . Die Richtlinien sind norminterpretierende Verwaltungsanweisungen. Als solche haben sie keine Außenwirkung. Sie sind keine Rechtsnormen und binden weder das Finanzgericht282 noch den Steuerpflichtigen. Die Einkommensteuerrichtlinien sind folglich keine Rechtsgrundlage für Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart 283. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 26. Oktober 1973 zur Reform des Einkommensteuerrechts sah in § 23 Zu- und Abrechnungen im Falle eines Wechsels der Gewinnermittlungsart vor 284 . Die Reform der Gewinnermittlungsvorschriften wurde jedoch aus dem Reform vorhaben des Jahres 1975 ausgeklammert 285 und anschließend nicht mehr aufgegriffen. Rechtsprechung und zahlreiche Autoren versuchen, die Enthaltsamkeit des Gesetzgebers durch den Rekurs auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit zu kompensieren286. Dieses Prinzip soll gewährleisten, daß jeder einzelne Geschäftsvor277 § 69 UStDB 1951, BGBl. I 1951, 796, enthielt darüberhinaus einzelne Verfahrensvorschriften über den Wechsel der Art der Steuerberechnung. 278 Zu den einzelnen Korrekturen vgl. Geist, in Rau/Dürrwächter, UStG, § 20 Rn. 83 ff. (Jan. 1989); Plückebaum/Malitzky, UStG, § 20 Rn. 149 ff. (Okt. 1987). 279 Das bis Ende 1956 geltende saarländische Einkommensteuergesetz sah ausdrücklich Korrekturen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart vor (vgl. Aufermann, FR 1957, 6). Der Vorschlag der Einkommensteuerreformkommission, an dieses Vorbild anzuknüpfen (vgl. Bericht der Einkommensteuerkommission, BMF-Schriftreihe Heft 7 [1964], 97), ist nicht umgesetzt worden. 280 Zum österreichischen EStG s. Note 145. 281 R 17 EStR 1998 i.V.m. Anlage 1. 282 Tipke/Kruse, AO, § 4 Tz. 36 (Mai 1997) m. w. N. 283 Gl. A. Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985; 247; Peitz, Die Gewinnkorrektur beim Wechsel der Gewinnermittlungsart, 1969, 24 f. 284 Regierungsentwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes vom 26. 10. 1973, BT-Drucksache 7/1470, 21. 285 Bericht des Finanzausschusses vom 31.5. 1974, BT-Drucks. 7/2180,4. 286 Erstmals wohl BFH, Urteil vom 23. 11. 1961, BStBl. III 1962, 199 (200); BFH, Urteil vom 22. 5. 1969, BStBl. II 1969, 584 (585); BFH, Urteil vom 3. 7. 1968, BStBl. II 1968, 736 (737); BFH, Urteil vom 31. 8. 1972, BStBl. II 1973, 51; BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (867); BFH, Urteil vom 30. 3. 1994, BStBl. II 1994, 852 (853) und die ganz herrschende Meinung, vgl. Note 262. BFH, Urteil vom 3. 10. 1961, BStBl. III 1961, 565 knüpfte für das Streitjahr 1955 (zum StNOG 1954 vgl. § 3 I 3a der Arbeit) demgegenüber noch an das maßgeblich auf den früheren Schwankungsausgleich (§ 4 Abs. 2 EStG 1934 = § 4

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

fall richtig erfaßt wird. Droht ein Geschäftsvorfall in Folge des Wechsels der Gewinnermittlungsart nicht oder doppelt erfaßt zu werden, sind Zu- oder Abrechnungen vorzunehmen287. Demgegenüber lehnen einzelne Autoren die Zu- und Abrechnungen mangels Rechtsgrundlage ab 2 8 8 .

b) Laufende Gewinnermittlung durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) Nach Ansicht von Rechtsprechung und Literatur soll das Prinzip der Totalgewinngleichheit auch bei der Ermittlung des laufenden Gewinnes durch die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Tragen kommen. Charakteristisch sind die Ansichten von Heinicke und Wacker. Für Heinicke gebührt derrichtigenBesteuerung des einzelnen Geschäftsvorfalles und des zutreffenden Totalgewinns der Vorrang vor dem Vereinfachungszweck des § 4 Abs. 3 EStG. Daher seien auch Wertveränderungen im Vermögensbereich bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG zu berücksichtigen289. Wacker stellt fest, daß die Überschußrechnung „ausgehend von der systematischen Prämisse des Grundsatzes der Gesamtgewinnidentität ... über die ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen hinaus vielfältiger Korrektur" bedürfe 290. Durch die „Korrekturen" ist die Überschußrechnung unsystematisch und zur Quelle zahlloser, unüberschaubarer Einzelfallentscheidungen geworden 291. Einige Beispiele aus der Rechtsprechung bestätigen diesen Befund. Der Wert des Betriebsvermögens ist für die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung grundsätzlich292 irrelevant. Wertveränderungen des Betriebsvermögens wirken sich bei der Gewinnermittlung durch Überschußrechnung grundsätzlich nicht auf die Höhe des Gewinns aus 293 . Der Bundesfinanzhof macht von diesem Abs. 3 EStG 1938, dazu § 3 I 2c der Arbeit) abhebende RFH, Urteil vom 7. 12. 1938, RStBl. 1939, 172 an. 287 Zu den einzelnen Korrekturen vgl. R 17 EStR 1998; Fella, StWa. 1991, 81; Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985; Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992, 65 ff.; Kalb-Arnold, Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 1969, 175 ff.; Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Vor §§ 4 - 7 Anm. 64 ff. (Febr. 1999) und FR 1999, 225 (234 ff.); Peitz, Die Gewinnkorrektur beim Wechsel der Gewinnermittlungsart, 1969, 51 ff.; Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 776 ff. 288 Kassmer, Stbg. 1960, 189; Wächter, StbKongrRep. 1965, 104 (108 f.). 289 Schmidt / Heinicke, EStG 18 , 1999, §4 Rn. 14. 290 Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 30 (Juni 1997). 291 Das räumen auch Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 373 und Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 6 ein. Die Richtigkeit dieser Feststellung verdeutlichen die Übersichten von Ritzow, StWa. 1995, 126, 164 und 201. 292 Gesetzliche Ausnahmen sieht § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG vor. 293 BFH, Urteil vom 2. 9. 1971, BStBl. II 1972, 334; BFH, Urteil vom 23. 2. 1984, BStBl. II 1984,516(518); BFH, Urteil vom 23.5. 1991, BStBl. II 1991,796.

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

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Grundsatz zahlreiche Ausnahmen. In einem Urteil vom 2. 9. 1971 294 sah der Bundesfinanzhof den Verlust einer betrieblichen Darlehensforderung als Betriebsausgabe bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG an 2 9 5 , und begründete dies ausdrücklich mit dem Prinzip der Totalgewinngleichheit. Trotz des Prinzips der Totalgewinngleichheit sah der Bundesfinanzhof Geldverluste bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zunächst nicht als Betriebsausgaben an 296 . Später behandelte der Bundesfinanzhof Geldverluste durch Unterschlagung oder Diebstahl auch bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG als Betriebsausgabe 2 9 7 . Auch Kursschwankungen bei Fremdwährungsdarlehn sollen nach Ansicht des Bundesfinanzhofes bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG berücksichtigt werden. Kurssteigerungen sollen zu Betriebsausgaben, Kurssenkungen zu Betriebseinnahmen führen 298. Der Bundesfinanzhof stellt nicht auf den Zufluß bzw. Abfluß (§ 11 EStG) ab und begründet dies ausdrücklich mit dem Prinzip der Totalgewinngleichheit. Überdies soll das Prinzip auch bei betrieblichen Veräußerungsrenten zum Tragen kommen. Erwerbe der Steuerpflichtige Wirtschaftsgüter oder einen Betrieb/eine Freiberuflerpraxis gegen eine wertgesicherte Veräußerungsrente, so erhöhe sich der Barwert der Rentenverbindlichkeit, sobald die Wertsicherungsklausel eingreife. Die Erhöhung des Rentenbarwertes soll beim Erwerber auch den Gewinn mindern, wenn dieser den Gewinn durch Überschußrechnung ermittelt 299. Der Bundesfinanzhof spricht in diesem Zusammenhang davon, daß auch bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG der Rentenbarwert in einer Art „Schattenbilanz" zum Ende eines jeden Veranlagungszeitraums zu ermitteln sei 300 . Schließlich läßt das Finanzgericht Köln unter Berufung auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit eine Teilwertabschreibung bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu 3 0 1 .

294 BStBl. II 1972, 334. In diesem Sinne auch BFH, Urteil vom 6. 12. 1972, BStBl. II 1973,293 (295). 295 Anders noch BFH, Urteil vom 8. 10. 1964, BStBl. III 1965, 12 (13). 2% BFH, Urteil vom 25. 1. 1962, BStBl. III 1962, 366. 297 BFH, Urteil vom 6. 5. 1976, BStBl. II 1976, 560 (561) [Unterschlagung]; BFH, Urteil vom 28. 11. 1991, BStBl. II 1992, 343 (344) [Diebstahl]. 298 BFH, Urteil vom 15. 11. 1990, BStBl. II 1991, 228 (229); vgl. auch BFH, Urteil vom 9. 11. 1993, BStBl. II 1994, 289 (291). 299 BFH, Urteil vom 23. 2. 1984, BStBl. II 1984, 516 (518). Nach BFH, Urteil vom 23. 5. 1991, BStBl. II 1991, 796, ist die Erhöhung des Barwertes nur mittelbar gewinnmindernd dadurch zu berücksichtigen, daß die erhöhten Rentenzahlungen in voller Höhe Betriebsausgaben sind. 300 BFH, Urteil vom 23. 5. 1991, BStBl. II 1991, 796 (797). 301 Urteil vom 17. 05. 1994, EFG 1994, 1083; in diesem Sinne bereits zuvor Groh, FR 1986, 393 (396); Söhn, StuW 1991, 220 (227); zustimmend Blümich/Wacker, EStG, § 4 Rn. 33 (Juni 1997). 5 Drilen

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

2. Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit ist nicht gesetzlich normiert. Die Rechtsprechung hat auch dieses Prinzip entwickelt. Das Ziel, denrichtigenTotalgewinn einer Unternehmung unabhängig vomi einzelnen Periodengewinn zu erfassen, soll nach Ansicht des Großen Senates302 durch den sog. formellen Bilanzenzusammenhang erreicht werden 303. Handelsrechtlich ist der Grundsatz der Bilanzidentität in § 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB normiert 304. Die Wertansätze in der Eröffnungsbilanz des Geschäftsjahres müssen mit denen der Schlußbilanz des vorangegangenen Geschäftsjahres übereinstimmen. Im Steuerrecht kommt der Bilanzenzusammenhang in § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG zum Ausdruck. Gewinn ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Die Auslegung dieser Vorschrift ist eine klassische Streitfrage des Bilanzsteuerrechts305. Der Bundesfinanzhof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, daß das Betriebsvermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres grundsätzlich das Betriebsvermögen ist, das der Veranlagung tatsächlich zugrunde gelegen hat (formeller Bilanzenzusammenhang)306. Die Finanzgerichte folgen bis auf wenige Ausnahmen307 dem Bundesfinanzhof 308. Die Litera302 Beschluß vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143). 303 Die Steuerreformkommission 1971, BMF-Schriftreihe Heft 17 (1971), 446 f., schlug dies de lege ferenda vor. 304

Adler/Düring /Schmaltz, Rechungslegung und Prüfung der Unternehmen6,1995, § 252 HGB Rn. 8 f.; Budde/Geißler, in Beck'scher Bilanz-Kommentar4, 1999, § 252 HGB Rn. 3 f.; Baumbach IHopt, HGB 2 9 , 1995, § 252 Rn. 6. 305 Zur Entwicklung der Rechtsprechung eingehend Weber-Grellet, in Kirchhof / Söhn § 4 Rn. C 26 ff. (Jan. 1991). 306 BFH, Urteil vom 1. 12. 1950, BStBl. III 1951, 10; BFH, Urteil vom 1. 4. 1952, BStBl. III 1952, 144; BFH, Urteil vom 14. 1. 1960, BStBl. III 1960, 137; BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273; BFH, Urteil vom 9. 6. 1964, BStBl. III 1965, 48; BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143); BFH, Urteil vom 30. 11. 1967, BStBl. II 1968, 144; BFH, Urteil vom 21. 6. 1972, BStBl. II 1972, 874; BFH, Urteil vom 8. 3. 1973, BStBl. II 1973, 399; BFH, Urteil vom 13. 9. 1973, BStBl. II 1973, 846; BFH, Urteil vom 21. 10. 1976, BStBl. II 1977, 148; BFH, Urteil vom 19. 1. 1982, BStBl. II 1982, 456; BFH, Urteil vom 14. 12. 1982, BStBl. II 1983, 303; BFH, Urteil vom 2. 5. 1984, BStBl. II 1984, 695; BFH, Urteil vom 27. 3. 1985, BFH/NV 1986, 301; BFH, Urteil vom 4. 11. 1986, BStBl. II 1987, 333; BFH, Urteil vom 11. 2. 1988, BStBl. II 1988, 825; BFH, Urteil vom 8. 12. 1988, BStBl. II 1989, 407 (409); BFH, Urteil vom 16. 5. 1990, BStBl. II 1990, 1044 (1045); BFH, Beschluß vom 30. 3. 1994, BFH/NV 1995, 192; BFH, Beschluß vom 16. 2. 1996, BStBl. II 1996, 417; BFH, Urteil vom 26. 6. 1996, BStBl. II 1996, 601 (602); BFH, Urteil vom 11. 2. 1998, BFH/ NV 1998, 1308 (1309); BFH, Urteil vom 28. 4. 1998, BStBl. II 1998,443 (444 f.). 307 FG Düsseldorf, Beschluß vom 26. 10. 1987, EFG 1988, 239; Urteil vom 8. 5. 1996, EFG 1996,983. 308 Hess. FG, Urteil vom 20. 11. 1996, EFG 1997, 544; FG München, Urteil vom 23. 4. 1990, BB 1990, 1871 (1872); Urteil vom 19. 10. 1995, ll-K-1362/93, n.v., lexinform

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-η 1 Λ

tur ist in zwei Lager geteilt . Nach Ansicht der Kritiker ist nicht das der Veranlagung zugrunde gelegte, sondern vielmehr das tatsächliche Vermögen am Schluß des Wirtschaftsjahres für den Vermögensvergleich maßgeblich (materieller Bilanzenzusammenhang). Der Bundesfinanzhof hat in den wegweisenden Entscheidungen vom 25. 8. I960 3 1 1 , vom 27. 3. 1962 312 und vom 29. 11. 1965 313 Grundsätze zur Bilanzberichtigung aufgestellt 314, die noch heute angewendet werden. Unterlassene und unzutreffende Aktivierungen oder Passivierungen seien ungeachtet der Bestandskraft der früheren Veranlagung oder der Verjährung des früheren Steueranspruchs nachzuholen oder zu korrigieren. Der Grundsatz des Bilanzenzusammenhanges schließe hiernach die Möglichkeit der Verjährung eines Steueranspruchs, soweit dieser durch das einer Veranlagung zugrunde gelegte Betriebsvermögen nicht gedeckt sei, aus. Ausnahmen könnten sich aus der Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben ergeben. Die Gewinnermittlung verfolge primär das Ziel, den zutreffenden Totalgewinn zu erfassen. Hat der Steuerpflichtige beispielsweise im Jahr 1998 eine Verbindlichkeit zu Unrecht (gewinnwirksam) passiviert und ist die Veranlagung für das Jahr 1998 bestandskräftig, so ist die Verbindlichkeit nach Ansicht des Bundesfinanzhofes in der Schlußbilanz des Jahres 1999, der ersten noch „offenen" Bilanz, gewinnerhöhend aufzulösen 315. Durch die Korrektur wird der richtige Totalgewinn besteuert. Das hat freilich den Preis, daß ein weiterer unrich-

Dok. 132931; FG Münster, Urteil vom 18. 10. 1993, EFG 1996,901 (902); FG Nürnberg, Urteil vom 7. 11. 1995, DStRE 1997, 11 (12) wendet die Grundsätze zur Bilanzberichtigung „analog" auf den Fall an, daß Einkünfte aus Vermietung trotz einer Betriebsaufspaltung als Einkünfte gem. § 21 EStG behandelt wurden. 309 Dem BFH folgen Bordewin, in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, § 4, 5 Rn. 648 (Juni 1997); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 703; Hoffmann, in Littmann/ Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 520 ff. (Juli 1998) unter Aufgabe der bisherigen Ansicht; Mathiak, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 5 Rn. A 227 ff. (Jan. 1987); Plewka, in Lademann/Söffing, EStG, § 5 Rn. 447 ff. (Nov. 1991); Vangerow, StuW 1962, 553; Blümich/ Wacker, EStG § 4 Rn. 336 (Juni 1997); differenzierend Mühlberger, DStR 1977,45. 310 Biergans, Einkommensteuer6, 1992, 488; Chartier, StbJb. 1977/78, 378 ff., KnobbeKeuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 58 f.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 117 f.; TipktlKruse, AO, § 173 Tz. 101-103, § 176 Tz. 8 (April 1998); Mittelbach, DStR 1962/63, 262; /. Seeger, Festsetzungsverjährungsfolgen bei falschen Bilanzansätzen, 1982, 32 ff.; Stadie, StuW 1985, 101; Stapperfend, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 415 ff., insb. 417 (Juli 1998) und FR 1998, 822 (825 ff.); Tiedtke, Einkommensteuerund Bilanzsteuerecht2, 1995, 422; G. v. Wallis, DStZ 1991, 437; H. v. Wallis, Festschrift für Döllerer, 1988, 693 (700 ff.); Weber-Grellet, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 4 Rn. C 25 (Jan. 1991); Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 118 ff., 125 ff., 147 und DStR 1991, 1 (4 ff.). 311 312 313 314 315 5*

BStBl. III 1960,444. BStBl. III 1962, 273. (GrS) BStBl. III 1966, 142. Dem folgend R 15 Abs. 1 EStR 1998 mit Hinweis 15. BFH, Urteil vom 22. 1. 1985, BStBl. II 1985, 308; R 15 Abs. 1 EStR 1998.

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

tiger Periodengewinn der Besteuerung zugrunde gelegt wird. Der Periodengewinn 1999 ist zu hoch und damit falsch, um den zu niedrigen Periodengewinn 1998 zu kompensieren. Für den Bundesfinanzhof müssen die Grundsätze der zutreffenden Periodisierung und die gesetzlichen Vorschriften über Bestandskraft und Verjährung hinter dem Grundsatz, denrichtigenTotalgewinn zu besteuern, zurücktreten. Der Bundesfinanzhof läßt jedoch zahlreiche Ausnahmen von diesem Grundsatz zu. Eine Rückwärtsberichtigung bis zur Fehlerquelle sei geboten, wenn die den Fehler enthaltene Veranlagung verfahrensrechtlich noch korrigiert werden könne 316 oder wenn sich der Fehler auf die den Fehler enthaltene Veranlagung nicht ausgewirkt habe 317 . Von Anfang an zu Unrecht aktivierte Wirtschaftsgüter seien erfolgsneutral auszubuchen318. Unterlassene Absetzungen auf ein nicht aktiviertes entgeltlich erworbenes oder eingelegtes abnutzbares Wirtschaftsgut könnten nicht nachgeholt werden. Nach dem Grundgedanken der Fehlerberichtigung sei das Wirtschaftsgut mit dem Wert einzubuchen, mit dem es bei von Anfang an richtiger Behandlung anzusetzen sei 319 . Nicht berücksichtigte Entnahmen könnten nicht in späteren Jahren erfaßt werden und seien ergebnisneutral auszubuchen. Nicht erfaßte Einlagen seien mit dem Wert anzusetzen, wie es bei von Anfang an richtiger Behandlung der Fall sei 320 . Die Rechtsprechung hat aus der prima vista einfachen Regelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG ein „kompliziertes und labyrinthähnliches Regelungskonglomerat"321 mit mehreren Grundsätzen und ebenso vielen Ausnahmen gemacht. Kern der Rechtsprechung ist der Vorrang desrichtigenTotalgewinnes vor dem Periodengewinn. Diesen Vorrang hat der Bundesfinanzhof wiederholt betont322. Ein fehlerhafter Bilanzwert sei nicht stets, sondern nur dann zu korrigieren, wenn der Fehler Auswirkungen auf den Totalgewinn habe 323 .

316 BFH, Urteil vom 14. 4. 1953, BStBl. III 1953, 158. 3Π BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273. 318 BFH, Urteil vom 21. 6. 1972, BStBl. II 1972, 874; BFH, Urteil vom 26. 2. 1976, BStBl. II 1976, 378; BFH, Urteil vom 9. 9. 1980, BStBl. II 1981, 125. 319 BFH, Urteil vom 12. 10. 1977, BStBl. II 1978, 191 (192); BFH, Urteil vom 19. 1. 1982, BStBl. II 1982, 456. 320 BFH, Urteil vom 19. 1. 1982, BStBl. II 1982,456. 321 So treffend Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn EStG, § 4 Rn. C 39 (Jan. 1991). 322 BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273 (275); BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143); BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (868); BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/NV 1990, 630 (631); BFH, Urteil vom 4. 5. 1993, BStBl. II 1993, 661 (662 f.). 323 BFH, Urteil vom 4. 5. 1993, BStBl. II 1993, 661 (662 f.), ähnlich BVerfG, Beschluß vom 18. 2. 1993, BB 1993, 1054; FG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. 11. 1995, EFG 1996, 657 (658).

§ 5 Der Totalgewinn - Bestandsaufnahme

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III. Der Zusammenhang zwischen Totalgewinngleichheit und -richtigkeit Totalgewinngleichheit und Totalgewinnrichtigkeit stehen in einem engen Zusammenhang. Die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs zu den Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart und zum formellen Bilanzenzusammenhang beruhen auf derselben theoretischen Grundlage324. Schon Enno Becker hatte dies erkannt und formulierte schon vor über fünfzig Jahren den Grundsatz, daß „trotz der Grundlage des Kalender- oder Wirtschaftsjahres möglichst nichts der Besteuerung endgültig verloren gehen, nichts doppelt erfaßt werden (darf) 44325 . Prima vista scheint seit den Tagen Enno Beckers alles beim Alten geblieben zu sein, nur die Terminologie hat sich gewandelt326. Heutzutage ist vom Prinzip der Totalgewinngleichheit die Rede. Dies ist die eine Spielart des allgemeinen Totalgewinngedankens, dessen andere Spielart das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit ist. Oder anders gewendet: Die richtige Besteuerung des einzelnen Geschäftsvorfalls besitzt Vorrang vor dem Grundsatz derrichtigenPeriodenbesteuerung' . Prima vista liegt dem ein in sich geschlossener Ansatz zugrunde. Es gibt jedoch Kollisionsfälle zwischen den Prinzipien der Totalgewinngleichheit und der Totalgewinnrichtigkeit. Da der sogenannte automatische Fehlerausgleich auf dem formellen Bilanzenzusammenhang aufbaut und nur bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zum Tragen kommt, divergieren die nach beiden Gewinnermittlungsarten ermittelten Totalgewinne notwendigerweise328. 324 Das hat der BFH klar erkannt. Im Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650 führt der IV. Senat zum Wechsel der Gewinnermittlungsart aus: „Diese Regelung beruht auf demselben Grundgedanken wie der Grundsatz des Bilanzenzusammenhangs ...". 325

Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 46. 6 Enno Becker hat nicht versäumt, die Gewichte klarzustellen: Für ihn war es die „Regel, daß gerade die Einkünfte des bestimmten Steuerabschnittes zu ermitteln sind". Die „Grundsätze von Treu und Glauben, sei es für sich allein, sei es in Verbindung mit Folgerungen, die sich daraus ergeben, daß die Einkommensteuer eine laufende Steuer ist", könnten „dazu führen, daß die zeitliche Behandlung der Vorgänge zugunsten einer gewissen Stetigkeit in der Durchführung der Besteuerung etwas verschoben wird. Allein das sind Ausnahmen. Es bedarf eines besonderen Grundes, wenn so verfahren werden soll." Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer 1940, 84 (Hervorhebungen im Original). 32

327

Vgl. BFH, Urteil vom 14. 1. 1960, BStBl. III 1960, 137 (138); BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273 (275); BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143); BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (868); BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/NV 1990, 630 (631); BFH, Urteil vom 4. 5. 1993, BStBl. II 1993, 661 (662 f.); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 14, 703; Hoffmann , in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 519 ff. (Juli 1998); Klein I Rüsken, AO 6 , 1998, § 174 Anm. 4; Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 642; Blümich/Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juni 1997); a.A. FG Düsseldorf, Urteil vom 8. 5. 1996, EFG 1996, 983. 328

Näher dazu § 9 III 1 der Arbeit.

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

Der Bundesfinanzhof hat die Kollision der von ihm aufgestellten Prinzipien erkannt. Er versucht, diese Kollision auszuräumen, indem er das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit auf den Betriebsvermögensvergleich beschränkt. Die Differenz des gegenüber dem durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Totalgewinns sei als systembedingt anzusehen329. Diese Lösung hat freilich den Preis, daß sowohl das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit als auch das Prinzip der Totalgewinngleichheit eingeschränkt werden. Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit soll demnach nur für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich, das Prinzip der Totalgewinngleichheit nur vorbehaltlich der systematischen Besonderheiten der einzelnen Gewinnermittlungsvorschriften gelten. Trotz dieser Einschränkungen mißt die herrschende Ansicht dem Totalgewinngedanken axiomatische Kraft zu. Das lenkt den Blick auf die Wurzeln des Totalgewinngedankens.

§ 6 Wurzeln und praktische Relevanz des Totalgewinngedankens I. Finanzwissenschaftliche und betriebswirtschaftliche Wurzeln Die Wurzeln des Totalgewinngedankens liegen nicht im Steuerrecht, sondern in den Wirtschaftswissenschaften. Diefinanzwissenschaftliche Wurzel liegt in der Erkenntnis, daß die Abschnittsbesteuerung letztlich willkürlich ist. Für Neumark steht sie im Widerspruch zur Kontinuität des Wirtschaftsprozesses 330. Der ideale Besteuerungszeitraum ist demnach nicht das Kalenderjahr, sondern der Lebenszeitraum eines Steuerpflichtigen. Es entspricht verbreiteter Ansicht in der Finanzwissenschaft, daß die Einkommensteuer idealiter das während der gesamten Lebenszeit des Steuerpflichtigen erzielte Gesamteinkommen erfassen soll 331 . Das Konzept der Lebenszeitbesteuerung läßt sich auf die Besteuerung eines Betriebes übertragen. Die ideale Bemessungsgrundlage ist demnach nicht der einzelne Periodengewinn, sondern der Totalgewinn des Betriebes. In der Finanzwissenschaft haben namentlich Hackmann und Mitschke der Lebenszeitbesteuerung eingehende Untersuchungen gewidmet und Gesetzesentwürfe zur Integration eines generellen interperiodischen Verlustausgleiches in das bestehende Einkommensteuerrecht ausgearbeitet332. Bislang sind diese Vorschläge - nicht zuletzt der um329 BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/NV 1990, 630 (631); gl. A. Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992,46 f. 330 Neumark, Wirtschafts- und Finanzprobleme des Interventionsstaates, 1961, 48 f. 331 Vgl. Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 156 ff.; Hackmann, FinArch. 34 (1975), 1 ff.; Die Besteuerung des Lebenseinkommens, 1979, 47 ff.; StuW 1980, 318 ff.; StuW 1982, 173 ff.; Mitschke, StuW 1980, 122 ff.; StuW 1980, 252 ff.; StuW 1981, 255; kritisch Schneider, StuW 1974, 369 (370 ff.); FinArch. 42 (1984), 407 (408 ff.); Franke, Steuerpolitik in der Demokratie, 1993, 163.

§ 6 Wurzeln und praktische Relevanz des Totalgewinngedankens

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strittenen Fragen der Diskontierung und steuertariflichen Rückwirkung der Modelle 333 - nicht realisiert worden. Die betriebswirtschaftliche Wurzel liegt in der Erkenntnis, daß der Jahresabschluß eines Betriebs letztlich willkürlich und der ideale Zeitraum der Rechnungslegung der Zeitraum von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebs ist 334 . In der Betriebswirtschaftslehre wiesen schon früh Schmalenbach und Rieger auf die Unzulänglichkeit der Jahresbilanz hin. Schmalenbach setzte mit der dynamischen Bilanztheorie beim Totalgewinn einer Unternehmung an, der mit Hilfe einer Totalrechnung durch den Vergleich von Einnahmen und Ausgaben ohne größere Probleme zu ermitteln wäre 335 . Zur Information der Gesellschafter und der Geschäftsleitung und kraft steuerlicher und handelsrechtlicher Vorschriften wären jedoch periodische Erfolgsrechnungen aufzustellen. Die Lebensdauer einer Dauerunternehmung müßte in Perioden zerlegt werden. Dadurch reichten „schwebende Geschäfte" von einer Periode in eine andere hinein, was zahlreiche Probleme der periodischen Erfolgsrechnung hervorriefe. Schmalenbach sah die Periodenrechnungen als Abschnitte einer gedachten Totalrechnung an, die als „Kompaß" der Unternehmensführung dienen sollten. Der einzelne Periodengewinn war für ihn „ein Teilstück des Totalgewinns" und die Summe der Periodengewinne ergäbe den Totalgewinn (sog. Kongruenzprinzip) 336. Für Rieger war der „einzig wahre, organische Abschluß ... die Totalrechnung"337. Die Totalrechnung wäre „eine höchst einfache Sache". Jede Zwischenbilanz geriete dagegen in Konflikt „mit dem lebendigen Betrieb und seinen Rhythmen"338 und würfe das Problem der Bewertung des Vermögens auf. Aus diesem Grunde hielt er die Jahresbilanz für eine, wenn auch „unentbehrliche Fiktion" und „ein Gemisch von Wahrheit und Dichtung"339. Nur eine Totalrechnung verdiente den Namen Abschluß und könnte denrichtigenGewinn ermitteln 340. Schmalenbach und Rieger hoben übereinstimmend hervor, daß der Totalgewinn sehr einfach zu ermitteln wäre, während die Ermittlung des Periodengewinnes gerade bei der Bewertung des Betriebsvermögens zahlreiche Pro-

332 Mitschke, StuW 1980, 252 ff.; Hackmann, StuW 1982, 173 ff. 333 Vgl. die Kontroverse zwischen Hackmann und Mitschke zu Beginn der 80er Jahre, Hackmann, StuW 1980, 318; StuW 1982,51; Mitschke, StuW 1981, 255. 334 Hierzu auch Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 102 ff. 335 Schmalenbach, ZfhF 13 (1919), 1 ff.; Dynamische Bilanz13, 1962,64 ff. 336 Schmalenbach, Dynamische Bilanz4, 1926, 96. 337 Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre 3, 1964, 203 ff., 209. 338 Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre 3, 1964, 209 f. Dabei verwendet Rieger eine blutige Metapher: Die Zwischenrechnung „zertrennt rechnungsmäßig mit der Rücksichtslosigkeit einer Guillotine feinste betriebliche Zusammenhänge" (a. a. O., 210). 339 Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre 3, 1964, 209: „im besten Falle eine Wahrscheinlichkeitsrechnung", „ein Notbehelf 4, 212. 340 Rieger, Einführung in die Privatwirtschaftslehre 3, 1964, 207,209: „Wie kann man denn abschließen, solange man mitten im Leben steht!".

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3. Teil: Der Totalgewinngedanke

bleme hervorriefe. Diese Erkenntnis ist heute betriebswirtschaftliches Allgemein-

I I . Praktische Relevanz des Totalgewinnes Im Gegensatz zur theoretischen Bedeutung des Totalgewinngedankens steht allerdings die praktische Relevanz des Totalgewinnes. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hatte der Totalgewinn große praktische Relevanz. Nach römischen Recht wurde der Gewinn einer Gesellschaft erst nach deren Auflösung verteilt 342, so daß nur der Totalgewinn343 nicht aber der Periodengewinn berechnet werden mußte344. Pacioli führte zwar im Jahre 1494 aus: „Es ist aber immer gut, jedes Jahr abzuschließen, besonders für Gesellschaften, denn das Sprichwort sagt: ,Häufige Rechenschaft bringt lange Freundschaft/" 345. Er beschrieb damit aber nur eine Empfehlung und keine Tatsache346. Auch Savary forderte ein alljährliches Inventarium 3 4 7 . In Deutschland kehrte das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 von der gemeinrechtlichen Regelung ab, und verlangte ein jährliches „Inventarium" 348. Erst im Zeitalter der industriellen Revolution mit dem Aufkommen der großen Aktiengesellschaften setzte sich der Jahresabschluß gegenüber der Totalbilanz durch. Die Kapitalgeber verlangten eine jährliche Dividende und der Gesetzgeber erkannte die Jahresbilanz als Grundlage einer definitiven Gewinnverteilung an 3 4 9 . Der Totalgewinn büßte seine Rolle als Schlüssel für die Gewinnver341 Vgl. Baetge, Bilanzen4, 1996,20; Federmann, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht 10, 1994, 161, 163; Gottschalk, Der Grundsatz der periodengerechten Gewinnabgrenzung im Steuerrecht, 1972, 1 f.; Schmidlin, Das Prinzip der Periodizität in der Gewinnbesteuerung, 1956, 18; Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Bd. I / 2 7 , 1992, 6; Moxter, StuW 1983, 300 (304) geht sogar so weit, dem Periodengewinn nur einen fiktiven Charakter zuzuschreiben. 342 Vgl. Gaius, Institutionen, 3, 151. 343 Oder Totalverlust, vgl. Paulus, D 17. 2. 30: Gewinn ist erst nach Abzug alles Verlustes und Verlust erst nach Abzug alles Gewinns als vorhanden anzusehen. 344 Luttermann, Festschrift Ludewig, 1996, 595 (615); Schneider, in Handwörterbuch des Rechnungswesens3, 1993, Sp. 712 (715); Schön, ZHR 161 (1997), 133 (138). 345 Pacioli, Abhandlung über die Buchhaltung, 1494, Dt. Übersetzung von Penndorf, 1913, 138. 346 Vgl. Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962, 15, unter Hinweis auf die Abschlußpraxis der Fugger. Selbst im Hause Fugger wurde nur unregelmäßig bilanziert, nämlich im Jahre 1511 und insgesamt zehnmal im Zeitraum von 1527 bis 1579. 347 Savary, Le parfait négociant, 1676, 603, 605, 607: Savary wies auf die seit 1673 bestehende Pflicht hin, ein Inventarium zu erstellen, das alle zwei Jahre zu aktualisieren war. Er hielt jedoch ein jährliches - vorzugsweise im ruhigen August erstelltes - Inventarium für geboten, um sich selbst Rechenschaft abzulegen. 348 2. Teil, 8. Titel, 7. Abschnitt. §§ 642 bis 646 ALR. 349 Barth, Die Entwicklung des deutschen Bilanzrechts, Bd. 1, 1953, 51 ff.; Großfeld/ Diekmann, WPg. 1988,419 (423).

§ 6 Wurzeln und praktische Relevanz des Totalgewinngedankens

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teilung e i n 3 5 0 . De jure muß der Totalgewinn seit Beginn des 19. Jahrhunderts nicht mehr ermittelt werden. In der Betriebswirtschaftslehre ist der Totalgewinngedanke auch nur von theoretischer Bedeutung 351 . Der Totalgewinn ist nur eine Denkgröße und die Totalperiode ist nur eine Fiktion 3 5 2 . Theorie und Praxis klaffen auseinander. Schneider kommt nach einer Analyse der betriebswirtschaftlichen Funktionen des Totalgewinnes zu dem Ergebnis, daß „der Begriff des Totalgewinnes für keinen wirtschaftlichen Zweck benötigt (wird) 3 5 3 . Auf überflüssige Begriffe, wie Totalgewinn, verzichtet man besser ganz" 3 5 4 . Daher erstaunt es, daß dem Totalgewinngedanken im Steuerrecht praktische Relevanz zukommen soll 3 5 5 .

350 Vgl. §721 Abs. 2 BGB. 351 Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962, 15, 66; Rose, StbJb. 1985/86, 177 (188 f.). 352 Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 7, 1987, 188 (225); Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, Bd. I / 2 7 , 1992, 6; vgl. auch Rose, StbJb. 1985/86, 177 (188 f.); Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962,65. 353 Ausnahme ist der Sonderfall der Unternehmungen auf kurze Zeit ζ. B. Konsortien oder Arbeitsgemeinschaften. 354 Schneider, Investition und Finanzierung5, 1980, 202 ff., 204. Konsequenterweise verzichtet Schneider in der Neuauflage von 1992 - soweit ersichtlich - auf Ausführungen zum Totalgewinn. Demgegenüber weisen Bauer, Festschrift Stoll, 1990, 31 (39), Berti, Gedenkschrift Lechner, 1987, 39 auf die Bedeutung des Totalgewinnes für die Unternehmensbewertung und für Zukunftsprognosen hin. 355 Aus diesem Grund kritisiert Bitz, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 15 Rn. 123 (Juli 1994) den Totalgewinngedanken auf der Ebene des Gewinnerzielungstatbestandes, weil an eine Fiktion Steuerfolgen geknüpft werden.

Vierter

Teil

Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht Rechtsprechung und eine Reihe von Autoren leiten aus dem Totalgewinngedanken folgerichtig Rechtsfolgen ab 3 5 6 , obwohl dessen Wurzeln in den Wirtschaftswissenschaften liegen und ihm dort auch nur theoretische Relevanz zukommt357. Folgerichtigkeit bürgt jedoch nicht für Richtigkeit. Richtig ist ein Schluß nur, wenn die zugrunde gelegten Prämissen vollständig undrichtigsind 358 . Der Schwerpunkt der juristischen Argumentation liegt nicht im Syllogismus, sondern in der Herleitung der Prämissen359. Für die juristische Argumentation gilt also nichts anderes als für jede Argumentation auch. Schopenhauer stellte dazu pointiert fest: „Im Schließen wird Niemand fehlen.... Aber die Prämissen finden, das ist das Schwere: und da verläßt uns die Logik." 360 Das wirft die Frage auf, ob der Totalgewinngedanke eine tragfähige Prämisse für die Auslegung des Gesetzes ist. Dies wäre der Fall, wenn das Gesetz seinerseits die Prämisse des Totalgewinngedankens erfüllt.

§ 7 Prämissen des Totalgewinngedankens I. Prämisse der vollständigen Verlustkompensation Der Totalgewinngedanke geht (stillschweigend) von der Prämisse aus, daß sämtliche in der sogenannten Totalperiode erzielte, positive wie negative Ergebnisse ausgeglichen werden können; er setzt eine vollständige Kompensation von Gewinnen und Verlusten voraus 361. Diese Prämisse ist in der Betriebswirtschaftslehre er356

Vgl. die Bestandsaufnahme, § 5 der Arbeit. 57 Vgl. § 6 der Arbeit.

3 3

58 Entscheidend ist die sog. externe Rechtfertigung der Argumentation, vgl. Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, 1995, 18, 81; Theorie der juristischen Argumentation3, 1996, 273, 283 ff. 3 59 Vgl. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 2, 1991, 393 ff.; Engisch, Logische Studien zur Gesetzesanwendung3, 1963, 13; Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung2, 1972, 50 ff.; Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung2, 1976, 51; Tipke ! Kruse, AO, § 4 Tz. 71 (April 1997). 360 Vorlesung über die gesamte Philosophie, 1820, 361.

§ 7 Prämissen des Totalgewinngedankens

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füllt. Gewinne und Verluste werden ohne Einschränkungen miteinander verrechnet. Darauf baut das sogenannte Kongruenzprinzip 362 wie selbstverständlich auf. Eine Reihe von Betriebswirtschaftlern hat sich de lege ferenda für die Einführung vollständiger Kompensation und damit des Totalgewinngedanken in das Steuerrecht ausgesprochen363. De lege lata erfüllt das Gesetz diese Prämisse nur eingeschränkt364. Verluste werden im Wege des horizontalen Verlustausgleiches zunächst mit Einkünften derselben Einkunftsart und anschließend im Wege des vertikalen Verlustausgleiches zwischen verschiedenen Einkunftsarten ausgeglichen. Den vertikalen Verlustausgleich hat der Gesetzgeber ab dem Veranlagungszeitraum 1999 durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000 /2002 3 6 3 beschränkt: nunmehr können negative Einkünfte aus einer Einkunftsart bis zur Höhe von 100.000 DM (bzw. 200.000 DM bei zusammenveranlagten Ehegatten) unbeschränkt, darüberhinausgehende Verluste nur bis zur Hälfte der übersteigenden positiven Einkünfte ausgeglichen werden (§ 2 Abs. 3 EStG n.F.) 366 . Der intraperiodische Verlustausgleich wird zudem durch die Ausgleichsverbote der §§ 2a, 15 Abs. 4, 15a EStG beschränkt367. Abzugsfähige Verluste, die nicht im Wege des Verlustausgleiches kompensiert werden können, können im Wege des Verlustabzuges nach § lOd EStG bei der Einkommensermittlung in einem anderem Jahr abgezogen werden. Der Steuerpflichtige kann seit dem Veranlagungszeitraum 1994 368 zwischen dem Verlustrücktrag und dem Verlustvortrag wählen (§ lOd Abs. 1 und 2 EStG). Der Verlustrücktrag war bisher zeitlich auf zwei Jahre und quantitativ auf den Betrag von 10 Millionen DM begrenzt (§ lOd Abs. 1 Satz 1 EStG) 369 . Durch das Steuer361

Aufermann, Einkommensteuerbilanz und Verlust-Kompensation, 1959, 31 f., 74 ff.; Lutz Fischer, DStZ/A 1966, 169 (171); Helpenstein, ZfhF 22 (1928), 177 (184 ff.); Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § lOd Anm. 15 (Sept. 1983); Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 111; DStR 1991, 1 (7). 362 Vgl. Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962,65 f. 363 Aufermann, Einkommensteuerbilanz und Verlust-Kompensation, 1959, 32; Helpenstein, ZfhF 22 (1928), 177 (179); ebenso Lutz Fischer, DStZ/A 1966, 169 (171 f.). 364 Die Prämisse der vollständigen Kompensation von Verlusten hätte zur Konsequenz, daß die Gesamtsteuerbelastung eines Betriebes 0,- DM sein müsse, wenn der Totalgewinn 0,- DM beträgt oder der Betrieb einen Totalverlust erwirtschaftet hat. 365 Vom 24. 3. 1999, BGBl. I 1999,402. 366 Zum verwirrenden „Konzept" der Mindestbesteuerung vgl. Raupach/Böckstiegel, FR 1999, 487 (491 ff.) mit Berechnungsbeispielen, wobei die Autoren die Neuregelungen für verfassungswidrig halten, a. a. O., 617 ff. 367 Zudem sehen die §§ 22 Art. 3 S. 3 (dazu Note 372), 23 Art. 3 S. 4, 50 Abs. 2 S. 1 EStG bestimmte Ausgleichsverbote vor. 368 § ] Od EStG i.d.F. des Standortsicherungsgesetzes vom 13. 9. 1993, BGBl. I 1993, 1569. 369 i m Zuge der Steuerreform 1998/99 war geplant, den Verlustrücktrag auf ein Jahr zu beschränken und den Verlustvortrag durch Obergrenzen zeitlich zu strecken, vgl. dazu Sarrazin, Stbg. 1997, 295 f. und Ott, Stbg. 1997, 337 mit zum Teil divergierenden Berechnungen. Das im Gesetzgebungsverfahren zum StEntlG 1999/2000/2002 zunächst vorgesehene Mindestbesteuerungskonzept mit Verlustverrechungsverbot zwischen sog. aktiven und passiven

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

entlastungsgesetz 1999/2000/2002 sind die Rücktragsmöglichkeiten nochmals begrenzt worden: der Rücktrag ist ab dem Veranlagungszeitraum 1999 auf 2 Millionen DM, ab dem Veranlagungszeitraum 2001 auf 1 Million DM begrenzt, wobei Verluste nur noch auf das Vorjahr zurückgetragen werden können (§§ lOd Abs. 1, 52 Abs. 25 EStG n.F.). Der Verlustvortrag ist zeitlich 370 und betragsmäßig unbegrenzt zulässig371. Der interperiodische Verlustabzug nach § lOd EStG wird jedoch wiederum durch die Sonderregelung der §§ 2a, 15 Abs. 4, 15a, 50 Abs. 1 Satz 3 EStG 372 eingeschränkt. Das geltende Recht sieht demnach aus fiskalischen und lenkungspolitischen Gründen 373 keine vollständige Kompensation von Verlusten vor 374 . Der Gesetzgeber strebt dieses Ziel auch gar nicht an: durch die Beschränkungen des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 hat sich das Steuerrecht noch weiter von der Kardinalprämisse des Totalgewinngedankens entfernt. Doch auch aus strukturellen Gründen erfüllt das geltende Recht nicht die Prämisse des Totalgewinngedankens, wonach Gewinne und Verluste eines Betriebs verrechnet werden 375. Dem geltenden Recht liegt kein einheitliches System der Unternehmensbesteuerung zugrunde; die Besteuerung ist vielmehr rechtsformabhängig376. Der einzelne Betrieb ist zwar Bezugspunkt der Gewinnermittlung377, er ist jedoch nicht das Steuersubjekt378. Schon im Ausgangspunkt gehen daher beEinkünften, wurde nicht umgesetzt (dazu näher Raupach/Böckstiegel, FR 1999, 487 [488 f.]). 370 Durch das Steuerreformgesetz 1990, vom 25. 7. 1988, BGBl. I 1988, 1093 ist die Begrenzung des Verlustvortrages auf einen Zeitraum von 5 Jahren entfallen. Nicht ausgeglichene Verluste aus Veranlagungszeiträumen vor 1985 sind spätestens mit Ablauf des Jahres 1989 verfallen (SchmidtIHeinicke, EStG 18 , 1999, § lOd Rn. 20). BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 hat die Beschränkung des Verlustvortrags nach altem Recht für verfassungsgemäß gehalten. 371 v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 88 ff. (Febr. 1995). 372 Bei bestimmten Überschußeinkünften ist der Verlustabzug aufgeschlossen, vgl. § 22 Nr. 3 S. 3, 2. Halbsatz EStG (wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG nichtig, so jüngst BVerfG, Beschluß vom 30. 9. 1998, DStR 1998, 1743), § 23 Abs. 3 S. 4, 2. Halbsatz EStG, §50 Abs. 2 S. 2 EStG. 373 Zu den Gründen der Beschränkung des Verlustausgleichs und -abzugs und ihrer Tragfähigkeit vgl. Mössner, DSÜG 17 (1994), 231 (247 ff.). Zur unzureichenden Begründung der neuen Mindestbesteuerung nach § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 vgl. Raupach/Böckstiegel, FR 1999,487 [489 f.]. 374 Vgl. auch die Rechenbeispiele von Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 110 f.; DStR 1991, 1 (7), der seine Analyse jedoch auf den VerlusXabzug beschränkt. Verfügt der Steuerpflichtige in Verlustjahren über andere Einkünfte in ausreichendem Maße, so daß ein horizontaler und/oder vertikaler Verlus {ausgleich möglich ist, greifen die zeitlichen und quantitativen Beschränkungen des Verlustrücktrags nach § lOd EStG dagegen nicht. Allerdings kann ab 1999 der vertikale Verlustausgleich durch § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 begrenzt sein, dazu S. 75. 375 Dies vernachlässigt Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 109 ff. 376 Vgl. Reiß, DSÜG 17 (1994), 3 ff.; Seer, StuW 1993, 114 mit umfassenden Nachweisen. 377 Vgl. § 4 der Arbeit.

§ 7 Prämissen des Totalgewinngedankens

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triebswirtschaftliche Theorie und die steuerrechtliche Realität auseinander. Der Totalgewinngedanke wäre in Reinform nur durch eine Betriebssteuer umzusetzen 379 . De lege lata führt der synthetische Charakter der Einkommensteuer 380 dazu, daß Verluste eines Betriebes mit anderen positiven Einkünften des Steuerpflichtigen ausgeglichen werden. Neben dem Verlustausgleich ist auch der Verlustabzug des § lOd EStG nicht betriebsbezogen, sondern personenbezogen ausgestaltet 381 . Dies gilt gleichermaßen bei der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 K S t G ) 3 8 2 . Der Kreis der positiven Einkünfte, mit denen die Verluste kompensiert werden, ist rechtsformabhängig 383 . Die Folge dieser Rechtslage ist die steuerliche Kompensation betrieblicher Verluste mit betriebsfremden Einkünften, die sogenannte Fremdkompensation von Verlusten 384. Diese Fremdkompensation ist allein bei der Gewerbesteuer ausgeschlossen, weil der Abzug eines Fehlbetrags nach § 10a GewStG neben der Unternehmeridentität 385 auch die Unternehmensidentilät 3* 6 voraussetzt. Die Möglich-

378 Steuersubjekt der Einkommensteuer sind natürliche Personen (§ 1 EStG), Steuersubjekt der Körperschaftsteuer sind Körperschaften (§ 1 Abs. 1 KStG). Dies gilt trotz des Wortlauts des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG auch für Betriebe gewerblicher Art juristischer Personen des öffentlichen Rechts (§ 4 KStG). Subjekt der Körperschaftsteuer ist die Körperschaft selbst (BFH, Urteil vom 13. 3. 1974, BStBl. II 1974, 391 [393]; Seer, DStR 1992, 1790; Streck, KStG5, 1997, §4 Anm. 3). Steuersubjekt der Gewerbesteuer ist der Unternehmer, mithin derjenige, für dessen Rechnung das Gewerbe betrieben wird (§ 5 Abs. 1 Sätze 1 und 2 GewStG). 379

Klarsichtig Aufermann, Einkommensteuerbilanz und Verlust-Kompensation, 1959, 32 Note 1, 176 f. 380 Dazu Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 1. Die Tarifbegrenzung des § 32c EStG bedeutet allerdings einen partiellen Rückschritt zur Schedulensteuer (Seer, StuW 1993, 114 [137] m. w. N.). 38 1 Es gilt der Grundsatz der Personenidentität, d. h. zwischen der Person, die den Verlust erlitten hat und der, die den Verlust ausgleichen oder abziehen will, muß Identität bestehen (vgl. nur Blümich / Stuhrmann, EStG, § 2 Rn. 17 [März 1995] und Blümich ! Horlemann, EStG, § lOd Rn. 26 [Okt. 1994] m. w. N.). Ein vom Erblasser nicht ausgenutzter Verlustvortrag geht dabei nach h. M. auf den Erben über (BFH, Urteil vom 22. 6. 1962, BStBl. III 1962, 386; BFH, Urteil vom 17. 5. 1972, BStBl. II 1972, 621; zweifelnd Hessisches FG, Urteil vom 12. 6. 1995, EFG 1997, 736; a.A. Strnad, Zur Vererbung des Verlustabzuges [§ lOd EStG 1997], 1998, 39 ff.; Trzaskalik, StuW 1979, 97 [102 f.]). 38 2 § 8 Abs. 4 KStG stellt nur erhöhte Anforderungen an die Personenidentität: Erforderlich ist die wirtschaftliche Identität; die bloße rechtliche Identität reicht nicht aus. 383 Verluste aus einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) werden mit positiven Einkünften des Mitunternehmers kompensiert, Verluste einer Kapitalgesellschaft dagegen nicht mit Einkünften des Gesellschafters. 3χ

4 Aufermann, Einkommensteuerbilanz und Verlust-Kompensation, 1959, 176 f.; Lutz Fischer, DStZ/A 1966, 169(171 f.). 3K5 BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 5. 1993, BStBl. II 1993, 616 (620); Lenski/Steinberg, GewStG, § 10a Rn. 61 ff. (Okt. 1994); krit. Glanegger/Güroff, GewStG4, 1999, § 10a Rn. 12 m. w. N. 3

86 Allgemeine Ansicht statt vieler BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 5. 1993, BStBl. II 1993, 616 (620); Glanegger ! Güroff, GewStG4, 1999, § 10a Rn. 6. Dies führt indes nicht zu einer Ermittlung des Totalgewinns aus einzelnen (ζ. B. steuerbegünstigten) Einkunftsquellen eines Betriebs (vgl. BFH, Urteil vom 15. 7. 1986, BStBl. II 1986, 860 [862]).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

keit der Fremdkompensation von Verlusten im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht steht jedoch der Kongruenz von Periodengewinnen387 und Totalgewinn entgegen388. Die betrieblichen Verluste werden durch die Kompensation mit fremden Einkünften aus der gedanklichen Totalrechnung eliminiert, sie werden - wie Aufermann treffend bemerkte - „abgetötet"389. Das geltende Recht entzieht damit einer gedanklichen Totalrechnung von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebes die Grundlage. Es erfüllt die Kardinalprämisse des Totalgewinngedankens damit nicht.

II. Weitere Prämissen Der Totalgewinngedanke basiert auf einer Rechnung über die sogenannte Totalperiode, die Jahre, Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte umfassen kann. Jede Rechnung über eine längere Zeitspanne wirft Probleme auf. Zunächst stellt sich das Problem der Inflation. Eine stetige Geldentwertung läßt sich die Jahrhunderte zurückverfolgen und gehört offenbar zu den wirtschaftlichen Grundbedingungen390. Die Inflations Wirkungen dürfen bei einer Totalrechnung nicht ignoriert werden 391. Hinzu kommen die Zinseffekte. Je länger die Zeitspanne der Totalrechnung ist, um so entscheidender ist der Zeitpunkt, in dem die Ein- und Auszahlungen auftreten 392. Eine einfache Addition der Zu- und Abflüsse verfälscht das Bild, weil sie den Zinseffekt ausblendet. Eine betriebswirtschaftliche Totalrechnung kann versuchen, beide Probleme zu bewältigen. Der Inflation kann durch eine Preisindexierung Rechnung getragen werden. Die Zinseffekte sind durch eine Diskontierung in den Griff zu bekommen. Ohne diese technischen Hilfsmaßnahmen hat eine Totalrechnung jedoch keinen Aussagewert393. Das Steuerrecht verfügt demgegenüber über kein Instrumentarium, um die genannten, strukturellen Probleme einer Totalrechnung zu bewältigen. Es ist auf eine Periodenrechnung ausgerichtet und ignoriert Inflations- und Zinseffekte. Das Steuerrecht beruht aus gesamtwirtschaftlichen Gründen auf dem Nominalwertprin387

Plus Veräußerungs- oder Aufgabegewinn. «8 Lutz Fischer, DStZ/A 1966, 169 (171 f.) erkennt dies an und versucht den Totalgewinngedanken durch den Vorschlag zu retten, daß der Verlustabzug vor dem Verlustausgleich durchgeführt wird. Dadurch ist indes de lege lata nichts gewonnen, weil auch der Verlustabzug wegen des synthetischen Charakters der Einkommensteuer nicht auf die Kompensation betrieblicher Verluste mit betrieblichen Gewinnen beschränkt ist. 3g 9 Aufermann, Einkommensteuerbilanz und Verlust-Kompensation, 1959, 76. 590 Kruse, DSÜG 7 (1984), 1 (5). 391 Vgl. Rose, StbJb. 1985/86, 177 (203). 3 92 Berti, Gedenkschrift Lechner, 1987, 39 (50 ff., 57); Rose, StbJb. 1985/86, 177 (201 f., 206 f.). 3 93 Vgl. Berti, Gedenkschrift Lechner, 1987, 39 (50 ff., 57). 3

§ 8 Rechtfertigung des Totalgewinngedankens in Rechtsprechung und Literatur

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zip 3 9 4 und läßt de lege lata keinen Raum für eine Preisindexierung 395. Dies ist verfassungsgemäß396. Die in Kauf genommene Geldentwertung führt bei unverändertem Gesetzestext kontinuierlich zu Steuererhöhungen (sogenannte kalte Progression) 397 . Zudem sieht das Gesetz keine allgemeine Diskontierung vor, um den Zeitfaktor und Zinseffekte zu berücksichtigen398. Damit schlagen Inflations- und Zinseffekte auf ein steuerrechtliche Totalrechnung ungebremst durch und nehmen ihr jegliche Aussagefähigkeit. Schließlich setzt eine Totalrechnung eine Beständigkeit des Rechts voraus. Änderungen der Gesetze im Laufe der Totalperiode nehmen der Totalrechnung ihre intersubjektive Vergleichbarkeit 399. Der Totalgewinngedanke setzt daher ein beständiges Steuerrecht voraus. Ein beständiges Steuerrecht ist jedoch - wie der Blick in § 52 EStG zeigt - eine Illusion400. Das alles spricht dafür, den Totalgewinngedanken nicht unbesehen auf das Steuerrecht zu übertragen 401.

§ 8 Rechtfertigung des Totalgewinngedankens in Rechtsprechung und Literatur Das geltende Steuerrecht erfüllt - wie gezeigt402 - die den Totalgewinngedanken tragenden Prämissen nicht. Gleichwohl führen Rechtsprechung und eine Reihe 394 Vgl. nur Kirchhof, Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 38; Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht , 1998, § 9 Rn. 56 f. m. w. N. Das Nominalwertprinzip gilt für die Gewinnermittlung auch nach Einführung des Euro durch Gesetz zur Einführung des Euro (EuroEG), BGBl. I 1998, 1242 (1253), unverändert fort (Bordewin, in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, § § 4 - 5 Rn. 50 ff., 53 [April 1999]). 395 Beisse, StuW 1981, 1 (14). Das das Nominalwertprinzip absichernde Verbot von Wertsicherungsklauseln (§ 3 WährG a.F.) wurde durch Gesetz zur Einführung des Euro (EuroEG), a. a. O., aufgehoben und als § 2 Preisangaben- und Preisklauselgesetz neugefaßt. 396 So BVerfG, Beschluß vom 19. 12. 1978, BVerfGE 50, 57 (76 ff., 92), wonach das Nomi nalwertprinzip tragendes Ordnungsprinzip der geltenden Wirtschaftsordnung und Wirtschaftspolitik ist. 397 Vgl. Hensel, Steuerrecht2, 1927, 90; Kirchhof, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 2 Rn. A 102 f.; Kruse, DSÜG 7 (1984), 1 (5 f.), m. w. N., der sogar der Ansicht ist, dem Problem der Inflation sei mit juristischen Mitteln nicht beizukommen. 398 Weber-Grellet, Festschrift L. Schmidt, 1993, 161 (162 ff., 175); vgl. auch Clemm, Festschrift L. Schmidt, 1993, 177 ff. 399 Vgl. Kirchhof in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. A 362; Schneider, StuW 1974, 369 (370 f.) zum Grenzsteuersatz. 400 § 52 EStG regelt (in derzeit annähernd 60 Absätzen) den zeitlichen Anwendungsbereich der einzelnen Vorschriften des EStG. Ergänzend regelt § 84 EStDV den zeitlichen Anwendungsbereich der Vorschriften der EStDV. 401 Zum Verhältnis zwischen Totalgewinn und steuerlichem Belastungserfolg s. § 9 III 2 der Arbeit. 402 § 7 der Arbeit.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

von Autoren verschiedene Argumente für den Totalgewinngedanken im Steuerrecht an. Diese sind im folgenden darzustellen und anschließend auf ihre Tragfähigkeit hin zu untersuchen403.

I. Die einzelnen Argumente Das Prinzip der Totalgewinngleichheit soll aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folgen, weil es keinen sachlichen Grund dafür gäbe, allein auf Grund verschiedener Methoden der Gewinnermittlung einen unterschiedlichen Totalgewinn zu besteuern404. Auch der Vorrang materieller Prinzipien vor technischen Prinzipien soll für das Prinzip der Totalgewinngleichheit sprechen. Namentlich Tipke 405 und Lang406 unterscheiden technische und wertende Prinzipien und stellen eine Prinzipienhierarchie auf. Materielle oder (ethisch) wertende Prinzipien sollen danach zu den Prinzipien der Gerechtigkeit gehören. Demgegenüber sollen technische Prinzipien lediglich der Vereinfachung oder Praktikabilität dienen und infolgedessen Prinzipien der Zweckmäßigkeit sein. Zu den materiellen Prinzipien rechnet Tipke das Leistungsfähigkeitsprinzip mit seinen Subprinzipien407. Technische Prinzipien sollen nicht die gleiche Wertigkeit wie wertende Prinzipien haben. Die vereinfachte Technik der Gewinnermittlung soll über die unterschiedliche Periodenabgrenzung hinaus keine materiellen Konsequenzen haben. Daher soll das Prinzip der Totalgewinngleichheit aus dem materiellen Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit folgen 408. Ebenso läßt sich das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit als materielles Prinzip verstehen. Da die Besteuerung des Periodengewinnes auf dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung beruht, das nach herrschender Meinung ein technisches Prinzip 4 0 9 ohne Wertungsgehalt ist, liegt es nahe, dem Totalgewinn den Vorrang vor 403 §§9 bis 12 der Arbeit. 404 Bergkemper, in Herrmann/ Heuer /Raupach, EStG, § 4 Anm. 504, 507, 531 (Juli 1998); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rz. 5; Weber-Grellet, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 4 Rz. D 10 (Jan. 1988); in diesem Sinne auch Rombach, Das Maßgeblichkeitsprinzip im System einkommensteuerlicher Gewinnermittlung, 1988, 123. 405 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 116. 406 Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 4 Rz. 13 ff., insb. Rz. 18. 407 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 116 sowie Übersicht, a. a. O., 501. 408 Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 449 f.; Sachse, Die Abschnittbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 240; ähnlich Federmann, Bilanzierung nach Handels- und Steuerrecht10, 1994, 161 (Subprinzip); Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rz. 171 bis 177; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 501, 610 f.; gegen die Ableitung aus dem Gleichheitssatz oder dem Leistungsfähigkeitsprinzip indes Kanzler, FR 1998, 233 (242). 409 Friauf, DStJG 12 (1989) 3 (13); v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 12 (Feb. 1995); Festschrift Haas, 1996, 149 (156); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkorn-

§ 8 Rechtfertigung des Totalgewinngedankens in Rechtsprechung und Literatur

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dem letztlich willkürlichen Periodengewinn einzuräumen 410 . In diesem Sinne ist der Beschluß des Großen Senats vom 29. 11. 1965 zu verstehen, der den Charakter der Einkommensteuer als laufende Steuer hervorhebt 411 . Der Bundesfinanzhof begründet den Vorrang der Ermittlung des richtigen Totalgewinnes vor der Ermittlung des richtigen Periodengewinnes 412 damit, daß es nicht nur dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, sondern auch seinem Sinn und Zweck entspreche, fehlerhafte Bilanzierungen in der Weise auszugleichen, daß frühere Einnahmen in einer späteren Gewinnperiode und früher eingetretene Verluste in einem späteren Bilanzzeitraum steuerlich berücksichtigt werden 4 1 3 .

mensteuer, 1981/88, 92, 188 ff.; Die einfache und gerechte Einkommensteuer, 1987, 29, in Tipke/Lang, Steuerrecht 16, 1998, § 9 Rz. 44; Loritz, Einkommensteuerrecht, 1988, Rz. 143 ff.; Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § lOd Anm. 18 (Sept. 1983); Raupach, in Raupach/Tipke/Uelner, Niedergang oder Neuordnung des Deutschen Einkommensteuerrechts?, Bd. I, 1985, 113; Ruppe, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Einf. ESt, Anm. 33 (Febr. 1990), Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 313; StuW 1996, 323 (335); Strnad, Zur Vererbung des Verlustabzuges (§ lOd EStG 1997), 1998, 34 ff.; Tipke, StuW 1971, 2; Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 115; Bd. II, 1993, 502, 668 ff.; a.A. Crezelius, Steuerrecht2, 1994, § 5 Rn. 32; Giloy, FR 1979, 133 (133 f., 136 f); Kirchhof, StuW 1985, 319 (329); Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 75 f., in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. A 136, A 362; Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 12 ff.; Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 92; differenzierend /. Seeger, Festsetzungsverjährungsfolgen bei falschen Bilanzansätzen, 1982, 76, 80; schwankend Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 20 ff., 105 und 136 ff., 138 f., 148, 240. Nds. FG, Urteil vom 22. 11. 1990, EFG 1991, 488 sieht das Abschnittsprinzip einerseits als „staatstragendes Prinzip" und anderereits als technisches Prinzip an und erkennt im Ergebnis die Gewichtung des Gesetzgebers an. BFH, Urteil vom 31.7. 1990, BStBl. II 1990, 1083 (1085) läßt die Frage dahinstehen. 410 Deutlich Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rz. 642; ähnlich Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 136 ff., 138 f., 148, 240. 411

BStBl. III 1966, 142 (143): „Der Regelung der abschnittsweisen steuerlichen Erfassung des Einkommens, das ein Steuerpflichtiger im Kalenderjahr bezogen hat, in § 1 Abs. 2 EStG kann nicht das Gewicht beigemessen werden, das sich insbesondere nach den Verjährungsvorschriften bei den Verkehrssteuern ergibt. Bei diesen handelt es sich jeweils um die Besteuerung eines abgeschlossenen Vorganges, an den sich die Leistungspflicht knüpft. Die Einkommensteuer stellt dagegen eine laufende Steuer dar. Soweit das zu versteuernde Einkommen den Gewinn erfaßt, ist oft eine absolut richtige Ermittlung für den einzelnen Veranlagungsabschnitt nicht möglich." 412 Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143); BFH, Urteil vom 4. 8. 1977, BStBl. II 1977, 866 (868); BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/NV 1990, 630 (631); BFH, Urteil vom 4. 5. 1993, BStBl. II 1993, 661 (662 f.); vgl. indes BFH, Urteil vom 26. 6. 1996, BStBl. II 1996, 601 (602 f.), das das Prinzip der Abschnittsbesteuerung dem der Totalgewinnrichtigkeit vorzieht. 413 So ausdrücklich BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273 (275); in der Sache ebenso FG München, Urteil vom 23. 4. 1990, BB 1990, 1871 (1872); FG München, Urteil vom 19. 10. 1995, ll-K-1362/93 n.v., lexinform Dok. 132931; Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rz. 10, 703; Hoffmann, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rz. 519 ff. (Juli 1998); Blümich/ Wacker, EStG, § 4 Rz. 336 (Juni 1997). 6 Driien

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Beide Spielarten des Totalgewinngedankens lassen sich demnach als Fortentwicklung des Gedankens der Ertragsteuern als laufende Steuern verstehen. Bereits Enno Becker 414 und ihm folgend der VI. Senat des Reichsfinanzhofes 415 hatten das „ Wesen der Einkommensteuer als laufende Steuer" betont. Enno Becker wies da auf hin, daß es bei der Einkommensteuer nicht ausschließlich auf das einzelne Kalender- oder Wirtschaftsjahr ankomme. Die Einkommensteuer sei eine laufende Steuer, deren Zeitabschnitte nur „Glieder einer Kette" seien. Auf längere Zeit gesehen werde das Gesamteinkommen nur dann richtig erfaßt, wenn die Erfassung der einzelnen Zeitabschnitte in gewissen Grenzen aufeinander abgestimmt sei 416 . Für Enno Becker fand dieser „Rechtsgedanke" freilich seine Grenze in den Vorschriften über die Verjährung 417. Zu guter Letzt werden systematische und begriffliche Argumente ins Feld geführt: Das Prinzip der Totalgewinngleichheit soll auf dem systematischen Verhältnis der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zum Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und zugleich auf einem „allgemeingültigen Gewinnbegriff 4 beruhen 418.

II. Qualifikation und Prüfungsfolge der Argumente Die Argumente für den Totalgewinngedanken im Steuerrecht lassen sich anhand der Kanones der juristischen Argumentation einordnen419. Die Argumente sind primär teleologischer Art. Die auf Prinzipien beruhenden Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze sind teleologische Argumente in weiterem Sinne 420. Demgegenüber beziehen sich teleologische Argumente in engeren Sinne auf den „Sinn und Zweck" des Gesetzes421. Beim Wechsel der Gewinnermittlungsart treten systematische und begriffliche Argumente hinzu 422 . In die teleologische Argumentation fließen verfassungsrechtliche Argumente ein. Verfassungsrechtliche Argumente sind allgemein zur Kontrolle des Auslegungsergebnisses als sogenannte verfassungskonforme Auslegung anerkannt423. 414 Enno Becker, EStG 1925, 1928, § 11 Bern. 10; Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940,45,69 ff., 75, 389 et passim. 415 Urteil vom 16. 12. 1931, RStBl. 1932, 528 (530). 416

Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940,45, 75. 417 Vgl. Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 86, 390. 418 BFH, Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650; BFH, Urteil vom 23. 8. 1995, BFH/NV 1996, 119; Ritzow, in Dankmeyer/Giloy, EStG, § 4 Rn. 202 (Juli 1995). 419 Die einzelnen Argumente werden in der Regel nicht systematisch eingeordnet, sondern verknüpft dargebracht, damit sich ihr Gewicht wechselseitig verstärkt. 420 Dazu § 10 der Arbeit.

421 Dazu § 11 der Arbeit. 422 Dazu §§ 12 und 13 der Arbeit.

§ 8 Rechtfertigung des Totalgewinngedankens in Rechtsprechung und Literatur

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Die verfassungskonforme Auslegung kommt dann - und nur dann - in Betracht, wenn eine Rechtsnorm nach den Auslegungskanones mehrere Auslegungen zuläßt. In diesem Fall ist diejenige Auslegung, die mit dem Grundgesetz in Einklang steht, vorzuziehen. Die Kanones bestimmen daher den Weg der Auslegung, die verfassungskonforme Auslegung kontrolliert ihr Ergebnis424. Darin erschöpft sich die Rolle der verfassungsrechtlichen Argumentation jedoch nicht. Das folgt aus der Reichweite der teleologischen Argumente. Die (objektiv-)teleologische Auslegung umfaßt, weil der Begriff des Zweckes elastisch und vieldeutig ist 425 , neben konkreten Normzwecken auch abstrakt-ideelle Ziele und Werte, Rechts- und Verfassungsprinzipien 426. Im Steuerrecht soll sogar die gerechte Verteilung der Gesamtsteuerlast auf die Bürger, die sogenannte Verteilungsgerechtigkeit427, ein Zweck im Sinne der teleologischen Auslegung sein 428 . Diese Extension hat dazu geführt, daß die teleologische Auslegung zu einem Sammelbecken für „Wertungen verschiedenster Herkunft" geworden ist 4 2 9 und weit ins Verfassungsrecht übergreift. Der Rechtsanwender hat jedoch keine freie Wahlmöglichkeit430 zwischen verschiedenen Auslegungen des Gesetzes. Die verfassungsrechtlichen Prinzipien der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 GG) und der Gesetzesbindung des Richters (Art. 20 Abs. 3 GG) setzen der Auslegung Grenzen. Der Rechtsanwender darf eine de lege ferenda erwünschte Regelung nicht zum Maßstab der Auslegung des geltenden Rechts machen431. Er darf nicht sein subjektives-teleologisches Verständnis des Gesetzes zum Rechtsanwendungskriterium machen432. Er ist an die gesetzgeberische Zwecksetzung gebunden433, solange er 423 Ständ. Rechtsprechung vgl. nur BVerfG, Beschluß vom 7. 4. 1997, NJW 1997, 2230; Tipke /Kruse, AO, § 4 Tz. 86 (April 1997); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaften6, 1991, 339; Sachs, GG 2 , 1999, Einführung Rn. 52 ff.; Starck, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII, 1992, § 164 Rn. 31 f., jeweils m. w. N. 424

Ähnlich Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht2, 1986, 317. 425 Treffend Engisch, Einführung in das juristische Denken8, 1983, 80. 426 Brugger, AöR 1994, 1 (28 f.) m. w. N.; Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff 2, 1991, 453 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6, 1991, 333 f. Kritisch dazu Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. III, 1966, 679: Auslegungsmittel und ziel würden vertauscht. 427 Birk, StuW 1990, 300 (305, 307); Weber-Grellet, DStR 1991,438 (443 f.), StuW 1993, 97 (102 ff.). 428 Tipke, Festschrift v. Wallis, 1985, 133 (135); Die Steuerrechtsordung, Bd. III, 1993, 1263. Nach Vogel, DStZ/A 1977, 5 (9); JbFSt. 1978/79, 34 (48), Gedächtnisschrift Martens, 1987, 265 (271), Festschrift Döllerer, 1988, 677 (687 f.) erfaßt der Zweckbegriff die „angestrebten Wirkungen des Gesetzes in der außerrechtlichen Wirklichkeit", so daß im Steuerrecht „unvermittelt auf die Erfordernisse der austeilenden Gerechtigkeit" abgestellt werden könne (so explizit Vogel, DStZ/A 1977,5 [9]; krit. Woerner, FR 1992,226 [228, Note 22]). 429 Kritisch insbesondere Friedrich Müller, Juristische Methodik6, 1995, 84 und Herzberg, NJW 1990, 2525. 430 So aber Brugger, AöR 1994,1 (28). 431 Gl. A. Kruse, Festschrift Friauf, 1996, 807; Festschrift Ritter, 1997, 413 (420, 424); Tipke ! Kruse, AO, § 4 Tz. 105 c (April 1997). 6*

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

das Gesetz nicht für verfassungswidrig hält. Das gleiche gilt für die teleologischen Argumente im weiteren Sinne: Der Rechtanwender darf kollidierende Prinzipien nicht anders gewichten als der Gesetzgeber, soweit dessen Entscheidung in Einklang mit der Verfassung steht. Ebensowenig darf er auf Prinzipien abstellen, die im Widerspruch zu der verfassungsmäßigen Entscheidung des Gesetzgebers stehen. Das zeigt, wie eng verfassungsrechtliche Argumente mit der teleologischen Argumentation verzahnt sind. Die teleologische Argumentation birgt eine Gefahr in sich, auf die Höhn bereits hingewiesen hat: Einzelne verfassungsrechtliche Argumente werden aus dem Gesamtzusammenhang gerissen und aus ihnen werden isoliert Folgerungen gezogen, ohne gegenläufige und begrenzende Prinzipien zu beachten434. Die teleologische Argumentation stößt deshalb an verfassungsrechtliche Grenzen. Der Gefahr, daß der Rechtsanwender diese Grenzen unbedacht überschreitet, ist dadurch Rechnung zu tragen, daß der teleologischen Argumentation eine verfassungsrechtliche vorzuschalten ist. Erforderlich ist eine verfassungsrechtliche Auslegung auf der Ebene der Auslegungskanones 435. Um ein mögliches Mißverständnis gegenüber diesem Ansatz auszuschließen: Es geht bei der verfassungsrechtlichen Argumentation nicht darum, Rechtsfolgen für die Behandlung von Bilanzierungsfehlern oder des Wechsels der Gewinnermittlungsart direkt aus der Verfassung abzuleiten436. Die Verfassung ist Grundlage und Rahmen für den Gesetzgeber; sie enthält verfahrensmäßige und inhaltliche Vorgaben für den Gesetzgeber, bestimmt seine Entscheidung allerdings nicht bis ins Detail vor 437 .

432 Vgl. Friedrich Müller, Juristische Methodik6, 1995, 208; Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985,93. 433 Hassold, Festschrift Larenz, 1983, 211 (232 f.). Koch/Rüßmann, Juristische Begründungslehre, 1982, nUZippelius, Festschrift Larenz, 1983, 739 (748). 434 Höhn, Festschrift Tipke, 1995, 213 (231); ebenso kritisch Herzberg, NJW 1990, 2525 (2530): „verkürzend und verzerrend". 435 Der Unterschied zur verfassungskonformen Auslegung liegt darin, daß die verfassungsrechtliche Auslegung Zweck und Prinzipien, die der Gesetzgeber - verfassungsrechtlich zulässig - nicht dem Gesetz zugrunde gelegt hat, bereits aus dem Kreis der tragfähigen Argumente verbannt. Die verfassungskonforme Auslegung unterbindet demgegenüber nur das Abstellen auf verfassungswidrige Zwecke und Prinzipien. Die verfassungsrechtliche Auslegung bestimmt daher - aus Respekt vor einer verfassungsmäßigen Entscheidung des Gesetzgebers - das Auslegungsergebnis mit, während die verfassungskonforme Auslegung nur dessen Kontrolle dient. 436 Gegen ein solches Vorgehen zu Recht Wolff/ Βachof/S/ober, Verwaltungsrecht I, 1994, § 28 Rn. 74. Zutreffend weist Isensee, StuW 1994, 3 (6), daraufhin, daß das Grundgesetz nicht das »juristische Weltenei" sei, in dem das komplette Steuerrecht angelegt ist. 437 Starck, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII, 1992, § 164 Rn. 21, allgemein zur Verfassung als „Rahmenordung" Rn. 5; differenzierend Lerche, Festschrift Stern, 1997, 187 (203 f.) m. w. N.

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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Daraus folgt zweierlei: Der Gesetzgeber ist, soweit es an einer konkreten verfassungsrechtlichen Vorgabe fehlt, in seiner Entscheidung frei 438 und der Rechtsanwender ist an die Entscheidung des Gesetzgebers gebunden. Gerade darauf zielt die hier vorgeschlagene verfassungsrechtliche Argumentation ab: Sie wirft die Frage nach dem verfassungrechtlichen Vorgaben für den Gesetzgeber auf und mißt seine Entscheidung an diesem Vorgaben, um anschließend der Entscheidung Rechnung tragen zu können. Diese Erkenntnisse machen deutlich, daß der Blick zunächst auf die verfassungsrechtlichen Vorgaben für eine periodische Besteuerung und eine periodische Gewinnermittlung zurichtenist 439 .

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente I. Verfassungsrechtliche Legitimation periodischer Ertragsbesteuerung Der Totalgewinngedanke ist auf die sogenannte Totalperiode ausgerichtet und kollidiert aus diesem Grunde mit der periodischen Ertragsbesteuerung. Die Ertragsteuern sind periodische Steuern, bei denen Ermittlungs-, Bemessungs- und Veranlagungszeitraum periodisch ausgestaltet sind 440 . Das wirft die Frage nach dem verfassungsrechtlichen Gehalt der periodischen Ertragsbesteuerung auf, der in der steuerrechtlichen Literatur umstritten ist.

1. Die periodische Besteuerung als technisches oder materielles Prinzip Zahlreiche Autoren vertreten die Ansicht, daß die Abschnittsbesteuerung bei den Ertragsteuern nicht Ausdruck einer vorgegebenen Sachgesetzlichkeit sei, sondern auf technischen und fiskalischen Notwendigkeiten beruhe 441. Das sogenannte Abschnittsprinzip sei lediglich ein technisches Prinzip ohne Wertungsgehalt und stehe in Widerspruch zur Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip 442. Der Bemessungszeitraum von einem Jahr sei mehr oder weniger willkürlich gewählt 443 . Die Abschnittsbesteuerung zerteile inhaltliche Zusammenhänge willkürlich und führe, insbesondere bei Steuerpflichtigen mit schwankenden Einkommen 438 Deutlich Starck, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Bd. VII, 1992, § 164 Rn. 21. 439 §9 der Arbeit. 440 Vgl. § 21 der Arbeit. 441 Nachweise in Note 409. 442 So insbesondere Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 44; Raupach/ Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 601 (Mai 1990); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 115; Bd. II, 1993, 502, 668 ff. 443 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 116.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

und solchen, die ihr Lebenseinkommen in verhältnismäßig kurzer Zeit erzielen, zu überproportionalen Belastungen. Diese Autoren sind - in Einklang mit den Erkenntnissen der Finanzwissenschaft 444 - der Ansicht, daß der ideale Bemessungszeitraum für die Ertragsteuern das Leben des Steuerpflichtigen und die ideale Bemessungsgrundlage sein Lebenseinkommen ist. Die Besteuerung werde nur abschnittsweise durchgeführt, um das Besteuerungsverfahren technisch bewältigen zu können und um den Staatshaushalt periodisch wiederkehrend mit Einnahmen auszustatten. Diese Ansicht übertragen einzelne Autoren in Anknüpfung an die Erkenntnisse der Betriebswirtschaftslehre 445 auf den Gewinn als Teilgröße der Bemessungsgrundlage. Das Wirtschafts- bzw. Kalenderjahr zerteile den Totalgewinn eines Betriebes willkürlich und die Ermittlung der einzelnen Periodengewinne werfe zwangsläufig das Problem der Periodisierung auf 446 . Die Besteuerung nach dem Wirtschafts- bzw. Kalenderjahr lasse sich nur aus Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit rechtfertigen. Der ideale Bemessungszeitraum für den Gewinn sei der Totalgewinn eines Betriebes 447. Diesen Standpunkt hat auch die Bundesregierung im Jahre 1976 bei der Einführung des Verlustrücktrages 448 vertreten: „Der richtige Gesamtgewinn eines Unternehmens wäre an sich der Gewinn, der von Anfang bis zum Ende des Bestehens eines Unternehmens erzielt wird. Die Unterteilung in Teilperioden für Zwecke der Besteuerung ist nur mit Zweckmäßigkeitserwägungen zu begründen."449 Demgegenüber messen namentlich Kirchhof und Schick der Abschnittsbesteuerung einen materiellen Gehalt zu. Kirchhof leitet aus der Formulierung des Art. 14 Abs. 2 Satz 2 G G 4 5 0 nicht nur die Obergrenze der Besteuerung bis zu einer annähernd hälftigen Teilung ab 4 5 1 . Aus Art. 14 Absatz 2 Satz 2 GG folge auch, daß der Eigentumsgebrauch zeitgleich für die private Nutzung und die Besteuerung zur Verfügung stehe452. Staatlicher Steuerzugriff und private Einkommensnutzung sei444 Vgl. § 61 der Arbeit. 445 Näher § 6 I der Arbeit. 446 Plastisch Boettcher, StuW 1949 (Teil I), Sp. 951 (953): „Zur Ermittlung des Gewinns kürzerer Perioden, insbes. der Ermittlung des in einem Wirtschaftsjahr erzielten Gewinns, muß durch eine Bilanz der Fluß des Unternehmens unterbrochen werden". 447 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 303 f.; Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 199; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, 1996, 30. Gesetz zur Änderung des EStG vom 20. 4. 1976, BGBl. I 1976, 1054. 449 Regierungsentwurf, BT-Drucksache 7 / 3667,6. 450 Der Gebrauch des Eigentums soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. 451 Kirchhof, VVDStRL 39 (1981), 215 ff.; Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 19 f., 82 f.; Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV, 1990, § 88 Rn. 98; Stbg. 1995, 68 (71). Dem ist das BVerfG bekanntlich im Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 gefolgt. 452 Kirchhof, Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 75 f. und in Kirchhof/ Söhn EStG, § 2 Rn. A 136. In gewissen Widerspruch dazu steht wohl die Formulierung von

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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en aufeinander abgestimmt. Die abschnittsweise Besteuerung diene dem staatlichen Interesse an ständig fließenden Steuererträgen, um den kontinuierlichen Finanzbedarf der öffentlichen Hand zu decken, und zugleich einer zeitgerechten Verteilung der individuellen Steuerlast453. Der Π. Senat des Bundesverfassungsgericht führt im Beschluß vom 25. 9. 1992 ganz im Sinne Kirchhofs aus 454 : „Die Einkommensteuer dient als periodisch wiederkehrende Belastung gegenwärtiger Einkommen der Ausstattung des Staates mit Finanzmitteln für das jeweilige Haushaltsjahr. Wie die Einkommensteuer auf das jeweilige Jahreseinkommen des Steuerpflichtigen (§ 2 Abs. 7 EStG) zugreift, so stattet das Aufkommen aus der Einkommensteuer die öffentlichen Haushalte für das jeweilige Kalenderjahr aus."455 Für Schick fordern der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Grundsatz der Steuergerechtigkeit eine abschnittsweise Besteuerung456. Steuerliche Gleichheit und Gerechtigkeit setzten eine Vergleichbarkeit in der Sache und in der Zeit voraus. Nur zeitlich überschaubare Sachverhalte könnten miteinander verglichen werden. Bei diesem Vergleich müßte der Vergleichszeitraum für alle Steuerpflichtigen gleich lang sein. Die Besteuerung einer Totalperiode sei nicht nur unrealisierbar, sie verstoße auch gegen elementare Besteuerungsgrundsätze.

2. Zu den Lösungsansätzen der Literatur Die Frage nach dem verfassungsrechtlichen Gehalt der periodischen Besteuerung läßt sich nicht auf die Frage verkürzen, ob die Abschnittsbesteuerung Ausdruck eines technischen oder eines materiellen Besteuerungsprinzips ist. Das folgt zunächst daraus, daß technische und materielle Prinzipien nicht in einem antithetischen Verhältnis zueinander stehen, sondern sich vielmehr ergänzen. Überdies darf eine - verfassungsrechtlich zulässige - Entscheidung des Gesetzgebers nicht mit der Begründung revidiert werden, ihr liege nur ein technisches Prinzip zugrunde. Schließlich illustriert der Streit um den Charakter der Abschnittsbesteuerung, wie fragwürdig die Abgrenzung von technischen und materiellen Prinzipien ist 457 . Kirchhof Stbg. 1995, 68 (71): „Dieses „Zugleich" ist kein Zeitbegriff, sondern ein Wertungsbegriff, der die Gleichwertigkeit von Gemeinwohldienlichkeit und Privatnützigkeit konstitutiert" (Hervorhebung vom Verf.). 453 Dabei hält Kirchhof nur die abschnittsweise Besteuerung des Einkommens für einen wesentlichen Teil des materiellen Einkommensteuerrechts, nicht dagegen das Annuitätsprinzip (StuW 1985, 319 [329]). Kirchhof übersieht, daß auch eine Durchschnittsbesteuerung den kontinuierlichen Finanzbedarf der öffentlichen Hand decken kann (vgl. den Vorschlag von Mitschke, StuW 1980, 122 [133]). 454 BVerfG, Beschluß vom 25. 9. 1992, BVerfGE 87, 153 (179). Das BVerfG spricht von der „Aufgabe des Einkommensteuerrechts, den Gegenwartsbedarf der öffentlichen Haushalte durch Teilhabe am jeweiligen Gegenwartseinkommen der Steuerpflichtigen zu decken". 455 Ebenso wieder BVerfG, Beschluß vom 10. 4. 1997, BVerfGE 96, 1 (7). 456 Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 12 ff. 457 Eingehend zu den genannten Gegenargumenten § 91 1,2 und § 101 der Arbeit.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Der Rekurs auf das Prinzip der Besteuerung der Leistungsfähigkeit führt auch nicht weiter. Das Leistungsfähigkeitsprinzip sagt nichts darüber aus, worin sich die Leistungsfähigkeit äußert und mit welchen Maßstäben sie gemessen w i r d 4 5 8 . Das Leistungsfähigkeitsprinzip ist ein unbestimmtes Prinzip 4 5 9 , das der Konkretisierung bedarf 4 6 0 . Die Konkretisierung eines Prinzips ist nicht bloße Deduktion, sie beruht auf einem Werturteil des Rechtsanwenders 461. Vor diesem theoretischen Hintergrund erstaunt es nicht, daß der Konkretisierungsspielraum 462 unterschiedlich ausgefüllt wird und die Leistungsfähigkeit einerseits auf die Totalperiode 463 und andererseits auf die einzelne Periode 4 6 4 bezogen wird. Die Frage, welche Konkretisierung des Leistungsfähigkeitsprinzips den Vorrang verdient 465 , verstellt nur den Blick auf die Frage nach den verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen, die der periodischen Besteuerung zugrunde liegen.

3. Kollision verfassungsrechtlicher

Prinzipien

Die periodische Besteuerung hat zwei Seiten 4 6 6 . Die verfahrensrechtliche Seite kennzeichnet der Veranlagungszeitraum. Der Veranlagungszeitraum hat zunächst eine Ordnungsfunktion 467 , indem er das technische Verfahren der Besteuerung be«8 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 52 m. w. N. 459

Vgl. aus finanzwissenschaftlicher Sicht Mitschke, StuW 1980,122: die Leistungsfähigkeitsdoktrin sei „kontrovers interpretierbar, ihr Handlungsgebot ohne fest umrissenen materiellen Gehalt". Ähnlich Kurt Schmidt, JbFStR 1995/96, 31 (35 ff.), beide mit umfassenden Nachweisen zur finanzwissenschaftlichen Literatur. 460 Eingehend Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I 1993, 493 ff. m. w. N.; Bd. III, 1263. Demgegenüber soll das „Postulat der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit" nach Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts für die Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV, 1990, § 88 Rn. 115 nicht lediglich eine weiterer Konkretisierung bedürfige Rechtswertungsquelle, sondern sogar Erkenntnisquelle für die konkrete Steuerrechtsfindung sein. Der Streit um die Abschnittsbesteuerung widerlegt diese Ansicht. Larenz, Richtiges Recht, 1979, 24; Methodenlehre der Rechtswissenschaften6, 1991, 474 f.; ähnlich Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz2, 1983, 57. So plastisch Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 4 Rn. 16. «a Friauf, DSÜG 12 (1989), 3 (18); v. Groll, Festschrift Haas, 1996, 149 (156); Helpenstein, ZfhF 22 (1928), 177 (179); Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 44; Schmidlin, Das Prinzip der Periodizität in der Gewinnbesteuerung, 1956, 198, 234; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II 1993, 660 ff.; vgl. bereits Wacke, StuW 1947 (Teil I) Sp. 21 (60): „Zustand von einiger Dauer". Feddersen, DStZ 1985,443 (447); Giloy, FR 1979, 133 (136 f.); Kirchhof, StuW 1985, 319 (322); Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 13; Schneider, StuW 1974, 369 f.; nur mit Vorbehalten Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 75. 465 Und welche Konsequenzen für einzelne Rechtsfragen hieraus zu ziehen sind, vgl. Wassermeyer, DSÜG 17 (1994), 339 gegen Mössner, a. a. O., 231 (234 ff.). * * Vgl. bereits § 2 I der Arbeit. Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 192, weist zu Recht daraufhin, daß die Argumente der Literatur bisweilen nicht überzeugen, weil beiden Seiten der periodischen Besteuerung vermischt werden.

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stimmt468. Überdies hat der Veranlagungszeitraum eine Budgetfunktion. Mit Ablauf des Veranlagungszeitraums kann die Steuer festgesetzt werden 469 und damit die Grundlage für die Verwirklichung des Steueranspruchs (vgl. § 218 Abs. 1 AO) gelegt werden. Der Veranlagungszeitraum ist daher auch Ausdruck des fiskalischen Interesses an einem kontinuierlichen Steueraufkommen zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs 470. Die technische und die bugdetäre Funktion sprechen für kurze Veranlagungszeiträume, die es der Finanzverwaltung erlauben, die Vielzahl der Veranlagungen zeitnah und abschließend durchzuführen und die zugleich gewährleisten, daß dem Staatshaushalt periodisch wiederkehrend Einnahmen zufließen. Die materiell-rechtliche Seite der Abschnittsbesteuerung kennzeichnen Ermittlungs- und Bemessungszeitraum. Je kürzer beide Zeiträume sind, um so größer sind die „Verzerrungen und Zufälligkeiten" 471 des steuerlichen Belastungserfolges. Der progressive Einkommensteuertarif (§ 32a EStG) führt bei schwankenden und akkumulierten Einkommen zu ungerechten Ergebnissen472. Kurze Ermittlungs- und Bemessungszeiträume kollidieren mit dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit473. Dieser Ansicht widersprechen namentlich Kirchhof und Schick. Gegen Kirchhof der auf das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern abstellt474, spricht, daß der staatliche Steuerzugriff und die private Einkommensnutzung keineswegs „zeitgleich " sind 475 . Die Ertragsteuern werden für die Vergangenheit veranlagt und er467 Scholtz, DStZ 1982,487 (488). 468 Der Steuerpflichtige hat Steuerklärungen (vgl. § 149 Abs. 1 S. 1 AO) für den einzelnen Veranlagungszeitraum (§ 25 Abs. 3 S. 1 EStG, § 49 Abs. 1 KStG i.V.m. § 25 Abs. 3 EStG) abzugeben. Die Steuer wird für den Veranlagungszeitraum festgesetzt (§ 25 Abs. 1 EStG; § 7 Abs. 3 S. 2 KStG). Der Steueranspruch entsteht grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahres (vgl. § 36 Abs. 1 EStG; § 48 Buchstabe c KStG). Bei der Gewerbesteuer tritt der Erhebungszeitraum (§ 14a i.V.m. § 14 Abs. 2 GewStG) an die Stelle des Veranlagungszeitraumes. 469 Die Veranlagung kann vor Ablauf des Kalenderjahres vorgenommen werden, wenn die Steuerpflicht vor Ablauf des Kalenderjahres endet. Das bestimmte § 25 Abs. 2 S. 2 EStG a.F. ausdrücklich, gilt aber auch noch nach der Neufassung durch das JStG 1996, BGBl. I 1995, 1250 (gl. A. Schmidt/Seeger, EStG 18 , 1999, § 25 Rn. 16). 470 Ebenso Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 192; Hackmann, FinArch. 34 (1975/76), 1 (7), die zutreffend darauf hinweisen, daß der staatliche Finanzbedarf nur die formelle Seite der periodischen Besteuerung betrifft. 471 Vgl. BFH, Urteil vom 28. 7. 1961, BStBl. III 1961, 436; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981 /88, 189. 472 So zu Recht die h.M., vgl. Nachweise in Note 409. 473 BVerfG, Beschluß 3. 11. 1982, BVerfGE 61, 319 (343) m. w. N. spricht im Steuerrecht von dem Gebot der Steuergerechtigkeit, das aus Art. 3 Abs. 1 GG zu „entnehmen" sei, vgl. dazu Kruse, Festschrift Friauf, 1996,793 (795). 474 Kirchhof, Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 75 f. und in Kirchhof/ Söhn EStG, § 2 Rn. A 136. 475 Da Vorauszahlungen auch bei einer Lebenszeitbesteuerung „zeitgleich" zu leisten sind (vgl. die Gesetzesentwürfe von Mitschke, StuW 1980, 252 ff. und Hackmann, StuW 1982, 173 ff.), geht Kirchhof wohl beim staatlichen Steuerzugriff nicht von Vorauszahlungen aus.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

hoben476. Der Zeitraum, für den die Steuerpflicht besteht, und der Zeitpunkt, in dem die Steuer erhoben wird, fallen auseinander. Zwischen beiden können Jahre 4 7 7 , nimmt man etwaige Rechtsbehelfs- und Gerichtsverfahren hinzu, sogar Jahrzehnte liegen. Bereits Strutz hatte erkannt 478, daß die Steuer erst im Zeitpunkt der Erhebung als Opfer empfunden wird und erst aus dem in diesem Zeitpunkt vorhandenen Einkommen entrichtet werden kann. Zeitgleich und zeitgerecht ist demnach der staatliche Zugriff, der auf aktuelles Einkommen zugreift und sich nach dem Einkommen im Zeitpunkt der Steuererhebung bemißt479. Ein zeitgerechter staatlicher Zugriff ist zudem nicht gerecht, wenn der zugrundegelegte Zeitabschnitt zu Ungerechtigkeiten führt 480. Zeitgerecht bedeutet noch nicht gerecht. Demgegenüber geht der Ansatz von Schick 4* 1, der auf das Verhältnis der Steuerpflichtigen untereinander abstellt, in dierichtigeRichtung. Schick weist daraufhin, daß Gerechtigkeit Gleichheit voraussetzt und Gleichheit der Steuerpflichtigen untereinander einen gleichen Vergleichszeitraum, mithin „Vergleichbarkeit in der Zeit" bedingt. Das ist richtig. Inflations- und Zinseffekte einerseits und Änderungen des Steuertarifs andererseits sprechen gegen verschieden lange Bemessungsund Ermittlungszeiträume, die zu einer interperiodischen Belastungswngleichheit unter den Steuerpflichtigen führen. Denn für alle muß das gleiche Maß gelten. Ein Durchschnittsbesteuerung nach dem Lebenseinkommen knüpft an die individuelle Lebenszeit des Menschen oder Betriebs und damit an ungleiche Zeiträume an. Sie bedarf daher besonderer Vorkehrungen, um Inflations-, Zins- und Tarifänderungseffekte zu begenzen482 und eine Vergleichbarkeit in der Zeit herzustellen. Ob die Die Behauptung von Kirchhof, StuW 1985, 319 (329); Gutachten F zum 57. Deutschen Juristentag, 1988, 76, der Erwerbstätige suche nicht ein möglichst großes Lebenseinkommen anzusammeln, sondern erwerbe sein Einkommen zur Deckung seines jeweils gegenwärtigen Bedarfs, dürfte allenfalls für die Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen gelten, Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, § 2 Anm. 601 (Mai 1990) halten die Ansicht Kirchhofs sogar für „lebensfremd". Empirische Studien deuten auch auf das Gegenteil: Die privaten Haushalte haben im Jahr 1996 ihr Geldvermögen um 241 Milliarden DM auf fast fünf Billionen DM aufgestockt, so daß jeder Haushalt im Durchschnitt ein Geldvermögen von 135.000 DM besaß (vgl. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Süddeutsche Zeitung vom 31. 7. 1997, 23). 1997 betrug das Geldvermögen bei einer Sparquote von 12,1% bereits 5,34 Billionen DM (vgl. Die Welt vom 30. 10. 1998, 13). 476 Vgl. Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 192, 197 ff.; 210; Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 29 ff. 477

Von dieser Realität geht auch der Gesetzgeber aus und trägt ihr durch die sog. Vollverzinsung nach § 233a AO Rechnung. 4 ™ Strutz, Kommentar zum EStG 1925 (1929), § 10 Anm. 6. 479 Strutz, Handbuch des Reichssteuerrechts3, 1927, Einkommensteuer, 216. 480 Kritisch zur „Zeitgerechtigkeit" bereits Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 670 Note 375 mit anschaulichem Beispiel. 4 «i Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 12 ff. 4

*2 Vgl. einerseits Mitschke, StuW 1980, 122 (124 ff.); StuW 1981, 255 und andererseits Hackmann, StuW 1980, 318; StuW 1982, 51 jeweils m. w. N.

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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vorgeschlagenen Ausgleichsmechanismen de lege ferenda eine interperiodische Vergleichszeit gewährleisten, ist allerdings zu bezweifeln 483. Die Forderung Schicks nach vergleichbaren Besteuerungszeiträumen ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen. Gleichwohl können die Belastungsfolgen trotz gleicher Besteuerungszeiträume für den einzelnen Steuerpflichtigen ungerecht sein 484 . Der Hinweis auf die Gleichheit räumt den Vorwurf der Ungerechtigkeit nicht aus. Gerechtigkeit ist zwar immer Gleichheit485, aber Gleichheit nicht immer Gerechtigkeit. Das liegt daran, daß Gleichheit nur eine Komponente der Gerechtigkeit ist, deren andere Komponente der Satz des suum cuique tribuere ist 486 . Zur „Gleichgerechtigkeit" muß stets noch die „Sachgerechtigkeit" hinzukommen487. Ist die Gleichheit notwendige, nicht aber zugleich hinreichende Bedingung der Gerechtigkeit, läßt sich aber aus der Gleichheit des Besteuerungszeitraums nicht auf gerechte Belastungserfolge der periodischen Besteuerung schließen. Die Argumente von Kirchhof und Schick zur Rechtfertigung der periodischen Besteuerung ändern demzufolge nichts daran, daß das Gebot der materiellen Gerechtigkeit gegen kurze Bemessungs- und Ermittlungszeiträume spricht. Technisch-budgetäre Zwänge sprechen daher für kurze Veranlagungszeiträume, die materielle Gerechtigkeit spricht gegen kurze Ermittlungs- und Veranlagungszeiträume. Das Bild ist jedoch komplexer, weil noch das Prinzip der Rechtssicherheit hinzutritt 488. Das Prinzip der Rechtssicherheit hat eine objektive und eine subjektive Ausprägung 489 . Das Prinzip der Rechtssicherheit verlangt in objektiver Hinsicht Überschaubarkeit und Klarheit, sowohl für den Steuerpflichtigen als auch für die Verwaltung490. Es verlangt einerseits überschaubare Besteuerungszeiträume und ver483 Zweifel - insbesondere an der Durchführbarkeit - äußert auch Franke, Steuerpolitik in der Demokratie, 1993, 163. 484 Das ist Folge des Spannungsverhältnisses zwischen generalisierender und individualisierender Gerechtigkeit, vgl. dazu Engisch, Auf der Suche nach Gerechtigkeit, 1971, 163; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977, 416. Dieses Spannungsverhältnis hat bereits Wacke, StuW 1947 (Teil I) Sp. 21 (60 ff.), im Zusammenhang mit der Abschnittsbesteuerung erkannt. 485 Vgl. Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977, 395 ff.; Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. 1,43; Radbruch, Rechtsphilosophie8, 1973, 121, 142 ff., 166 ff. 486 Vgl. Arthur Kaufmann, Über Gerechtigkeit, 1993, 29; Grundprobleme der Rechtsphilosophie, 1994, 139 ff.; Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977, 395; Radbruch, Rechtsphilosophie8, 1973, 125. 487 Vgl. Fikentscher, Methoden des Rechts IV, 1977, 188 ff.; Larenz, Richtiges Recht, 1979, 39 f. 488 Bereits BVerfG, Beschluß vom 8. 3. 1977, StRK, AO 1977, § 169 R 1, betrachtet den Zusammenhang zwischen der Abschnittsbesteuerung und der Rechtssicherheit. 489 Pieroth, JZ 1984, 971 (977 f.); Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 305 m. w. N.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

bietet andererseits tatbestandliche und tarifliche Rückwirkung 491 . Die subjektive Ausprägung der Rechtssicherheit ist der Vertrauensschutz 492. Das Prinzip des Vertrauensschutzes verlangt Vorhersehbarkeit und Verläßlichkeit des Rechtszustandes. Im Steuerrecht gebietet das Vertrauensschutzprinzip zum Schutze der Freiheitsgrundrechte des Steuerpflichtigen, insbesondere der Eigentümerfreiheit aus Art. 14 GG und der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG, einen freiheitsichernden Dispositionsschutz 493. Der Steuerpflichtige bedarf einer Planungs- und Entscheidungssicherheit. Objektive wie subjektive Ausprägung der Rechtssicherheit lassen sich nicht auf eine Seite der periodischen Besteuerung beschränken 494 . Die Rechtssicherheit greift sowohl auf der formellen als auch auf der materiell-rechtlichen Seite der Abschnittsbesteuerung ein. Die Rechtssicherheit fordert kurze Veranlagungszeiträume, damit zeitnah für einen überschaubaren Zeitabschnitt Klarheit geschaffen wird. Sie fordert zugleich kurze Ermittlungs- und Bemessungszeiträume und verbietet Rückwirkungen auf beiden Seiten. Das aus dem Vertrauensschutzprinzip abzuleitende Gebot des Dispositionsschutzes verlangt, daß die Steuerlast vergangener Steuerabschnitte - zumindest nach der Festsetzung 495 - eine feststehende Kalkula490 BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 (169); Schick, Der Verlustrücktrag, 1976, 15. 491 Zur Zulässigkeit von rückwirkenden Gesetzen vgl. Tipke IKru se, AO § 4 Tz. 7 ff. (April 1997) m. w. N. Die tarifliche Rückwirkung infolge von Tarifänderung ist ein Kernproblem der Lebenseinkommensbesteuerung durch interperiodischen Verlustausgleich, vgl. Hackmann, StuW 1982,51 \Mitschke, StuW 1980, 122 (130 ff.); StuW 1981, 255 (256). 492 Das BVerfG leitet das Vertrauensschutzprinzip vor allem aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Rechtssicherheit in der Kette: Rechtsstaat - Rechtssicherheit - Vertrauensschutz ab (vgl. Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 305 mit Nachweis der Rechtsprechung). Nach BVerfG, Beschluß vom 9. 2. 1983, BVerfGE 63, 152 (175); BVerfG, Beschluß vom 13. 5. 1986, BVerfGE 72, 175 (196) bedeutet Rechtssicherheit „für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz". Dabei ist der Vertrauensschutz nicht bloßer Reflex der objektiven Seite der Rechtsrichtigkeit. Das Vertrauensschutzprinzip hat vielmehr seinen Ursprung auch in den Grundrechten (vgl. nur Kisker, VVDStRL 32 (1974), 149 (161 ff.). Das BVerfG hat die grundrechtsorientierte Sicht des Vertrauensschutzprinzips in einigen Entscheidungen aufgenommen (vgl. die Nachweise bei Pieroth, JZ 1984, 971 (974 ff.) und Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 306 Noten 406 und 407). Das Vertrauensschutzprinzip ergibt sich folglich aus dem Zusammenwirken von Rechtsstaatsprinzip sowie Grundrechten und letztlich, weil auch die Grundrechte das Rechtstaatsprinzip mitkonstituieren (vgl. Art. 1 Abs. 3 GG), aus der Gesamtkonzeption des Grundgesetzes. 493 Grundlegend Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 306 ff.; vgl. Kirchhof, Stbg. 1997, 193 (197). Das Bedürfnis nach Dispositionsschutz besteht retrospektiv für vergangene Zeiträume, die zwar abgeschlossen, aber noch nicht abgerechnet sind, und prospektiv für zukünftige Zeiträume (Seer, a. a. Ο., 312 f.). Hier geht es in erster Linie um den retrospektiven Dispositionsschutz, der mit einer Besteuerung nach den Lebenseinkommen kollidiert, dazu sogleich im Text. 494 Das übersieht Birtel, Die Zeit im Einkommensteuerrecht, 1985, 192. Im Ergebnis gl. A. Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 189, der formelle und materielle Seite jedoch nicht trennt und für den die Rechtssicherheit per se einer Besteuerung des Lebenseinkommens entgegensteht.

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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tionsgröße ist, an der der Steuerpflichtige künftige Planungen und Entscheidungen ausrichten kann. Bei einer Besteuerung nach dem Lebenseinkommen hängt die endgültige Steuerlast vergangener Steuerabschnitte jedoch von dem zukünftigen Einkommen des Steuerpflichtigen bis an seine Lebensende ab 496 . Das zukünftige Einkommen kann zu einer Änderung des interperiodischen Durchschnittstarifes und folglich zu Steuernachforderungen oder -erstattungen auf die Einkommen abgelaufener Veranlagungszeiträume, mithin zu einer „positiven oder negativen Nachsteuer" führen 497. Eine derart ausgestaltete Besteuerung nach dem Lebenseinkommen macht die Steuerlast zur fortlaufend variablen Größe. Sie bietet - dem Steuerpflichtigen keine Planungs- und Entscheidungssicherheit und wird den Anforderungen eines freiheitssicheren Dispositionsschutzes nicht gerecht. Das zeigt, daß die Rechtssicherheit, gerade durch ihre subjektive Ausprägung, beide Seiten der Abschnittsbesteuerung untrennbar miteinander verbindet. Der Gesetzgeber muß folglich Veranlagungszeitraum einerseits und Ermittlungs- und Bemessungszeitraum andererseits aufeinander abstimmen498. Der Gesetzgeber steht bei der Auswahl der Besteuerungszeiträume vor einer Kollision verfassungsrechtlicher Prinzipien 499. Das Prinzip der Rechtssicherheit einerseits und das Prinzip der materiellen Richtigkeit andererseits sind wesentliche Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips500. Beide Prinzipien haben Verfassungsrang 501 . Sie stehen abstrakt gleichwertig nebeneinander, so daß es der Abwägung 495 Für einen umfassenden Dispositionsschutz Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 312 ff. Eine Durchschnittsbesteuerung nach dem Lebenseinkommen kann zwar an jährlichen Veranlagungszeiträumen festhalten (vgl. den Vorschlag von Mitschke, StuW 1980, 122 [133]), schafft allerdings trotz jährlicher Steuerfestsetzung noch nicht endgültig Klarheit über die Höhe der Steuerlast. 496 Dies gilt jedenfalls, wenn der Besteuerungszeitraum wie beim Vorschlag von Mitschke, StuW 1980, 122 (133) die Lebenszeit des Steuerpflichtigen ist. 497 Mitschke, StuW 1981, 255 (256 und 260), Hervorhebung vom Verf.; vgl. demgegenüber Hackmann, Die Besteuerung des Lebenseinkommens, 1979, 133 ff. 498 Die Zeiträume müssen indes nicht deckungsgleich sein und sind es auch nicht, vgl. bereits § 2 der Arbeit. 499 Vgl. BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 (169); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 189; ähnlich - freilich in anderem Kontext - BVerfG vom 8. 3. 1977, StRK, AO 1977, § 169 R 1. Wenn das Bundesverfassungsgericht bisweilen von einem Spannungsverhältnis anstatt vor einer Prinzipienkollision spricht, so ist der Unterschied nur terminologischer Art, vgl. Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994, 80. 500 BVerfG, Beschluß vom 8. 5. 1973, BVerfGE 35, 41 (47); BVerfG, Beschluß vom 14. 1. 1987, BVerfGE 74, 129 (152); BFH, Urteil vom 29. 11. 1988, BStBl. II 1989, 259 (262); v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 1, 70 (März 1997); Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII, Rn. 61 (Sept. 1980); Leibholz/Rinck/ Hesselberger, GG, Art. 20 Rn. 641 (März 1990); Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 284; Tipke/Kruse, AO, vor § 172 Tz. 2 (April 1998); Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I 2 , 1984, 796 ff. m. w. N. soi Kruse, JbFSt. 1976/77, 47 (49); Seer, DStR 1993, 307 (308) und die Nachweise in Note 500.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

zwischen beiden Prinzipien im Einzelfall bedarf 5 0 2 . Es obliegt dem Gesetzgeber, diesen Prinzipien Widerspruch zu entscheiden 503 . Bei dieser Entscheidung hat der Gesetzgeber auch das staatliche Finanzinteresse zu beachten 504 . Das staatliche Finanzinteresse enthält zwar kein Maß für die Auslegung und den Vollzug des Gesetzes und ist daher auf der Ebene der Rechtsanwendung irrelevant 505 . Auf der Ebene der Rechtsetzung darf der Gesetzgeber das staatliche Fiskalinteresse dagegen mit in die Abwägung einbeziehen, weil es ebenso wie Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit - ein Rechtsgut von Verfassungsrang i s t 5 0 6 . Ungeachtet der Frage, ob bereits aus Gesetzgebungskompetenz (Art. 105 GG) und Ertragshoheit (Art. 106 GG) der Status des Fiskalinteresses als Verfassungsgut 507 folgt 5 0 8 , ergibt sich dieser aus der Gewährleistungsfunktion des Staatsbudgets. Der Staat des Grundgesetzes ist ein Steuerstaat 509 . Er deckt seinen Finanzbedarf grundsätzlich durch die steuerliche Teilhabe am Erfolg privaten Wirtschaftens 510 . Dadurch wird der Staat in die Lage versetzt, seine sozialstaatlichen Aufgaben 5 1 1 und die Leistungsansprüche seiner Bürger 5 1 2 zu erfüllen. Das 502 Zwischen beiden Prinzipien besteht kein „unüberbrückbarer Gegensatz" (so zu Recht BVerfG, Beschluß vom 20. 4. 1982, BVerfGE 60, 253 [269]). Auch Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977, 454, weist darauf hin, daß auch bei der Kollision von Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit ein „Ausgleichsdrang" bestehe und eine „weitgehende Harmonisierungsmöglichkeit" vorhanden sei. 503 BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168; ähnlich BVerfG, Beschluß vom 9. 5. 1989, BVerfGE 80, 103 (108). 504 Der staatliche Finanzbedarf ist Motiv der Steuergesetzgebung und kennzeichnet die finanzpolitische Aufgabe der Steuergesetze (vgl. § 3 Abs. 1 S. 1 AO). 505 Tipke / Kruse, § 4 AO, Tz. 95a (April 1997); Vogel, Festschrift Döllerer, 1988, 677 (687); Seer, FR 1997, 553 (559 und 561). 506 Seer, FR 1997, 553 (559) spricht dem Fiskalinteresse zwar den Charakter eines „eigenständigen Rechtsguts" ab, begrenzt die Aussage jedoch ausdrücklich auf die Ebene der Rechtsanwendung. 507 in diesem Sinne wohl Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III/ 2, 1994, 824. 508 Nach BVerfG, Urteil vom 24. 4. 1985, BVerfGE 69, 1 (21 f.) können bereits Kompetenzregelungen, Ermächtigungsnormen und Organisationsvorschriften Ausdruck einer verfassungsrechtlichen Grundentscheidung sein und Rechtsgüter in den Status eines Verfassungsguts erheben. Dagegen abweichende Meinung der Richter Mahrenholz und Böckenförde, BVerfGE 69,57 (59 ff.).

509 Friauf,

DSUG 12 (1989), 3 m. w. N.

510 BVerfG, Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 (134); Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. IV, 1990 § 88 Rn. 2 ff. und in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 2 Rn. A 1 ff.; Kruse, Festschrift Friauf, 1996, 793 (794). 511 Als Ausfluß des Sozialstaatsprinzips, vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland20, 1995, Rn. 213. 512 Die zum Teil aus - gesetzlich konkretisierungsbedürftigen - Leistungsgrundrechten folgen, vgl. /.v. Münch, in v. Münch/Kunig, GG 4 , 1992, Vorb. Art. 1 - 1 9 Rn. 20 m. w. N. und der Budgethoheit des Parlaments Grenzen setzen (dazu Jarass /Pieroth, GG 4 , 1997, Vorb. vor Art. 1 Rn. 7 m. w. N.).

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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staatliche Budget ist damit nicht nur Folge des steuerlichen Eingriffs, sondern zugleich Grundlage staatlicher Gewährleistungen. Die allgemeine und zugleich drittbegünstigende Gewährleistungsfunktion des staatlichen Budgets macht das Fiskalinteresse zum Rechtsgut von Verfassungsrang. Das Bundesverfassungsgericht sieht das Fiskalinteresse ebenfalls als Verfassungsgut an. Dies belegt die Rechtsprechung zur Unvereinbarkeitserklärung mit sogenannter pro-futuro-Reformpflicht 513. Das Bundesverfassungsgericht argumentiert mit den „Erfordernissen verläßlicher Finanz- und Haushaltsplanung" und reklamiert damit einen staatlichen Vertrauensschutz als Ausprägung des Prinzips der Rechtssicherheit. Dieser budgetäre Dispositionsschutz legitimiert keine verfassungswidrige Besteuerung514, er erlaubt dem Gesetzgeber allerdings, sich durch die Wahl kurzer Besteuerungszeiträume Planungssicherheit zu verschaffen 515. Diese Planungssicherheit würde durch eine Besteuerung nach den Lebenseinkommen, bei der künftige Einkommen der Steuerpflichtigen die Steuer vergangener Veranlagungszeiträume modifizieren 516, empfindlich gestört. Budgetärer Dispositionsschutz des Staates und freiheitssichernder Dispositionsschutz der Bürger sind folglich kein Gegensatz, sondern ziehen insoweit - freilich spiegelbildlich517 - auf dasselbe ab: Die Steuer vergangener Zeiträume muß eine feststehende Kalkulationsgröße sein. Der budgetäre Dispositionsschutz sichert folglich die Gewährleistungsfunktion des Staatsbudgets ab. Dabei gibt das Verfassungsgut Fiskalinteresse weder eigenständige Konturen noch ein Maß für den Ausgleich zwischen den kollidierenden Verfassungsgütern der Rechtssicherheit und der materiellen Gerechtigkeit vor. Die Forderung eines budgetären Dispositionsschutzes unterstreicht vielmehr die Forderungen des Prinzips der Rechtssicherheit (in seiner subjektiven Ausprägung).

513 Vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 (148) und BVerfGE 93, 165 (178); kritisch zu dieser Rechtsprechung Seer, NJW 1996, 285 (288 ff.). 514 Und zwar weder eine dauerhafte Verfassungswidrigkeit (so auch BVerfG, Beschluß vom 25. 9. 1992, BVerfGE 87, 153 [172]; Kirchhof, Stbg. 1995, 68 [70]) noch eine temporäre Verfassungswidrigkeit (so zu Recht Seer, NJW 1996, 285 [289] gegen die Rechtsprechung des BVerfG). Bei der potentiellen Verfassungswidrikeit eines Steuergesetzes kann - insbesondere nach einem Vorlagebeschluß (Art. 100 GG) - dem budgetären Dispositionschutz bereits präventiv durch (punktuelle) Aussetzung der Vollziehung der angefochenen Steuerbescheide (§ 361 Abs. 2 AO) Rechnung getragen werden. Die potentiell verfassungswidrigen Steuern werden dadurch der Disposition des Staates entzogen und das Problem der Unvereinbarkeitserklärung mit pro-futuro-Reformpflicht wird an der Wurzel entschärft (näher Drüen, FR 1999,289). 515 Der so verstandene budgetäre Dispositionsschutz liegt auf einer anderen Ebene als die Frage, ob das Fiskalinteresse Verfassungsverstöße legitimieren kann. 516 Vgl. wiederum Mitschke, StuW 1981, 255 (256 und 260). 517 Dispositionsschutz des Staates und des Bürgers sind konträr: Nachträgliche Steuererstattungen schränken die Dispositionen des Bürgers nicht rückwirkend ein, sondern eröffnen ihm vielmehr eine neue Dispositionsfreiheit. Für den Staat gilt dasselbe unter umgekehrten Vorzeichen.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, daß der Gesetzgeber bei der Auswahl der Besteuerungszeiträume kollidierende Verfassungsgüter und -prinzipien in Einklang bringen muß.

4. Verfassungsrechtlicher

Optimierungsauftrag

Bei dem Ausgleich kollidierender verfassungsrechtlicher Prinzipien darf der Gesetzgeber kein Prinzip auf Kosten eines anderen als vorrangig behandeln, es sei denn, die Verfassung ordnet die Rangfolge selbst an 5 1 8 . Das Prinzip der Rechtssicherheit und das der materiellen Gerechtigkeit sind gleichwertige Bestandteile des Rechtsstaatsprinzips. Da die Verfassung keinen Vorrang eines dieser Prinzipien und auch keinen Vorrang des Fiskalinteresses anordnet, muß der Gesetzgeber einen Ausgleich der Prinzipien suchen, bei dem kein Prinzip völlig geopfert werden darf 519 . Der Gesetzgeber steht vor einem Optimierungsauftrag.

a) Grundlage des Optimerungsauftrages Es gibt verschiedene Begründungsansätze für diesen Optimierungsauftrag. Hesse spricht vom Prinzip praktischer Konkordanz, das er wie folgt beschreibt: „verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter müssen in der Problemlösung einander so zugeordnet werden, daß jedes von ihnen Wirklichkeit gewinnt. Wo Kollisionen entstehen, darf nicht in vorschneller „Güterabwägung" oder gar abstrakter „Wertabwägung" eines auf Kosten des anderen realisiert werden. Vielmehr stellt das Prinzip der Einheit der Verfassung die Aufgabe einer Optimierung: beiden Gütern müssen Grenzen gezogen werden, damit beide zu optimaler Wirksamkeit gelangen können. Die Grenzziehungen müssen daher im jeweiligen konkreten Falle verhältnismäßig sein; sie dürfen nicht weiter gehen als es notwendig ist, um die Konkordanz beider Rechtsgüter herzustellen"520. Lerche sieht im Falle des unmittelbaren Zusammentreffens kollidierender Verfassungsgüter das Gebot eines „nach beiden Seiten möglichst schonenden Ausgleichs" als Bestandteil des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit an 5 2 1 . Der beid518 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I 2 , 1984, 133. 519 v. Arnim, Gemeinwohl und Gruppeninteressen, 1977, 58 ff.; Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, 1984, 213, 232 ff.; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland20, 1995, Rn. 72; Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, 153; Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd.V, 1992, § 122, Rn. 5 f.; Friedrich Müller, Juristische Methodik6, 1995, 220 f.; Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I 2 , 1984, 133; Bd. III/2, 1994, 625 ff.; 834 ff. 520 Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland20, 1995, Rn. 72 (Hervorhebung im Original), vgl. auch a. a. O., Rn. 317 f. 521 Lerche, Übermaß und Verfassungsrecht, 1961, 152; Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, 1992, § 122, Rn. 5. Lerche, Festschrift Stern, 1997, 197

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seitig schonende Ausgleich solle zu einem angemessenen, verhältnismäßigen Ausgleich der betroffenen Verfassungsgüter führen, sei aber nicht notwendigerweise ein „Ideal-Ausgleich"522. Namentlich Stern und Seer betonen, daß zwischen der praktischen Konkordanz und dem Prinzip des schonenden Ausgleichs kein Gegensatz, sondern vielmehr ein innerer Zusammenhang bestehe523. Der Optimierungsauftrag zur Herstellung praktischer Konkordanz gehe jedoch über den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hinaus und praktische Konkordanz könne als Optimierungspunkt, Verhältnismäßigkeit als Erträglichkeitsgrenze verstanden werden 524. Demgegenüber hebt Lerche in jüngster Zeit hervor, daß Optimierungsvorstellungen nicht dazu führen dürfen, den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gänzlich einzuschränken525. Selbst bei grundrechtsrelevanten Verfassungsinhalten werde eine Verpflichtung zum „Höchsterreichbaren", dem Optimierungspunkt, der primären Gestaltungskraft des Gesetzgebers nicht gerecht 526. Dem ist zuzustimmen. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers darf nicht derart verengt werden, daß die Verfehlung des Optimierungspunktes zur Verfassungswidrigkeit führt. Aus diesem Grunde ist zwischen dem Optimierungsauftrag des Gesetzgebers und der gerichtlichen Kontrolle auf der anderen Seite zu unterscheiden. Der Gesetzgeber ist zur Optimierung der betroffenen Verfassungsgüter verpflichtet 527. Das Bild vom Optimierungspwnfo charakterisiert das Ziel dieses Optimierungsauftrages treffend. Die gerichtliche Kontrolle hat jedoch Grenzen. Dem Gesetzgeber steht nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ein Gestaltungsspielraum zu, den die Judikative zu achten hat. Die Judikative hat keinen eigenen Gestaltungsauftrag und darf ihre Vorstellungen über den optimalen Ausgleich von kollidierenden Verfassungsgütern nicht an die Stelle der Entscheidung des Gesetzgebers setzen528. Sie darf nur kontrollieren, ob der Gesetzgeber die „Erträglichkeitsgrenze" eines noch angemessenen (schonenden) Ausgleichs der Verfassungsgüter eingehalten hat 529 . Die gerichtliche Kon(198), Note 10 räumt ein, daß er zunächst mißverständlich vom Prinzip des „schonendsten Ausgleichs44 gesprochen habe und verwendet in jüngerer Zeit den Ausdruck „schonender Ausgleich44. 522 Lerche, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd.V, 1992, § 122, Rn. 5. 523 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd III/2, 1994, 626, 835; Seer, Verständigung in Steuerverfahren, 1996, 297. 524 Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd III/2, 1994, 835, in Anschluß an Jakobs, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 1985, 85 f. 525 Lerche, Festschrift Stern, 1997, 197 (199). 526 Lerche, Festschrift Stern, 1997, 197 (208). 527 Demgegenüber erkennt Lerche, Festschrift Stern, 1997, 197 (206) nur eine Verpflichtung des Gesetzgebers an, sich in vorgegebener Richtung „nach besten Kräften 44 zu bemühen. 528 Vgl. nur BVerfG, Beschluß vom 8. 5. 1973, BVerfGE 35,41 (47) und aus jüngerer Zeit in anderem Kontext BVerfG, Beschluß vom 9. 3. 1994, BVerfGE 90, 145 (173). 7 Driien

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trolle ist demnach nicht auf einen Optimierungspunkt gerichtet, sondern darauf beschränkt, ob die gesetzliche Lösung der Kollision innerhalb eines Optimierungskorridors liegt 530 . Der Optimierungsauftrag des Gesetzgebers läßt sich demnach gleichermaßen auf das Prinzip praktischer Konkordanz und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stützen. Beide Prinzipien sind auf einen angemessenen, verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den kollidierenden Verfassungsgütern gerichtet 531. Die dritte Begründung steht im engen Zusammenhang mit den ersten beiden Ansätzen. Alexy sieht Prinzipien stets als Optimierungsgebote an 5 3 2 . Prinzipien seien Normen, „die gebieten, daß etwas in einem relativ auf die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten möglichst hohen Maße realisiert wird" 533 . Prinzipien zeichnen sich für Alexy dadurch aus, daß sie keine definitiven Gebote, sondern nur prima facie-Gebote sind und bei kollidierenden Prinzipien eine Abwägung erforderlich ist 534 . Diese Abwägung habe nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfolgen, so daß Prinzipientheorie und Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in einem wechselseitigen untrennbaren Zusammenhang stünden535. Bei einem Prinzip gehe es nicht um eine ,AHes-oder-Nichts-Frage", sondern stets um eine Optimierungsaufgabe, so daß die Prinzipientheorie insoweit dem Prinzip der praktischen Konkordanz entspreche536. Die Begründungsansätze haben unterschiedliche Ausgangspunkte, kommen aber zu demselben Ergebnis. Der Gesetzgeber muß zu einem schonenden Ausgleich der betroffenen Verfassungsprinzipien gelangen. Er darf keines auf Kosten eines anderen überproportional derart gewichtet werden, daß letzteres praktisch geopfert wird 537 . Dieses Optimierungsgebot gilt nicht nur bei der Kollision von Grundrechten, sondern bei der Kollision jeglicher Verfassungsprinzipien 538. 529 Seer, Verständigung in Steuerverfahren, 1996, 297 (Hervorhebung im Original); ähnlich Lerche, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd.V, 1992, § 122, Rn. 6 „angemessener, schonender und in diesem Sinne verhältnismäßiger Ausgleich". 530 Lerche, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd.V, 1992, § 122, Rn. 5 f. führt aus, daß der Gesetzgeber nicht auf eine bestimmte, gerichtlich voll kontrollierbare Linie des Optimalen" festgelegt werde. Dem wird m.E. das Bild des Optimierungskorridors als Rahmen gerichtlicher Kontrolle gerecht.

531 Für Seer, Verständigung in Steuerverfahren, 1996, 297, beschreiben beide Prinzipien „zwei Seiten derselben Medaille". 532 Alexy, Rechtsregeln und Rechtsprinzipien, ARSP Beiheft 25 (1985), 13 (19 ff); Theorie der Grundrechte2, 1994, 75 ff.; Recht, Vernunft, Diskurs, 1995, 203 ff. 533 Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994,75 f. 534 Alexy, Theorie der Grundrechte 2,1994, 78 ff., 88. 535 Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994, 100: „Der Prinzipiencharakter impliziert den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, und dieser impliziert jenen". Kritisch zur Begründung und nur im Ergebnis gl. A. Penski, JZ 1989, 105 (110). 536 Alexy, Theorie der Grundrechte2 , 1994, 152. 537 Vgl. die Nachweise in Note 519.

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b) Optimierungskorridor Der Optimierungsauftrag legt das Ziel nicht positiv fest, sondern läßt sich nur negativ benennen539. Da kein Prinzip ganz geopfert werden darf, legt jedes der kollidierenden Prinzipien eine Untergrenze fest, die nicht unterschritten werden darf. Aus dem Zusammenwirken der Verfassungsprinzipien ergibt sich ein Optimierungskorridor, innerhalb dessen die Entscheidung des Gesetzgebers liegen muß. Das Prinzip der Rechtssicherheit verlangt in seiner objektiven Ausprägung Überschaubarkeit und Klarheit. Der Sachverhalt muß zeitnah ermittelt werden, weil die anspruchsbegründenden Tatsachen im Laufe der Zeit aus dem Gedächtnis schwinden, Bücher und Belege nicht unbegrenzt aufbewahrt werden können und die Erweisbarkeit von Ansprüchen im Laufe der Zeit immer schwieriger wird 540 . Aus der Sicht des Steuerpflichtigen und des Staates muß zeitnah Klarheit über die verwirklichten Tatbestände und die Höhe der Steuerschuld geschaffen werden. Der Steuerpflichtige muß die Höhe der Steuerlast kennen, um künftige Dispositionen daran ausrichten zu können. Er bedarf eines freiheitssichernden Dispositionsschutzes in Form einer Entscheidungs- und Planungssicherheit, die den Vertrauensschutz als subjektive Ausprägung der Rechtssicherheit Rechnung trägt. Das gilt mutatis mutandis für den budgetären Dispositionsschutz des Staates541. Schließlich bedarf auch die Verwaltung ihrerseits zeitnaher bestandskräftiger Entscheidungen, um nicht handlungsunfähig zu werden 542. Als Untergrenze ist aus dem Prinzip der Rechtssicherheit zunächst abzuleiten, daß der Gesetzgeber zeitlich überschaubare Besteuerungszeiträume festlegen muß, die zeitnah Klarheit schaffen. Dies gilt sowohl für die Veranlagungszeiträume als formelle Seite der Abschnittsbesteuerung als auch für die Bemessungs- und Ermittlungszeiträume als materiell-rechtliche Seite der Abschnittsbesteuerung543. Dabei sind sowohl einjährige als auch mehrjährige Zeiträume zulässig544. Eine Besteuerung nach dem Lebenseinkommen dagegen, bei der die Steuerlast durch einen lebenslangen Bemessungszeitraum zur fortlaufend variablen Größe 538 Vgl. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland20, 1995 Rn. 72; Zippelius, Juristische Methodenlehre6, 1994, § 10 III c; Lerche, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd.V, 1992, § 122, Rn. 5 , Note 16, weist zutreffend daraufhin, daß der Gedanke des schonenden Ausgleichs „seine hauptsächliche Heimstatt" im Grundrechtsfeld hat, jedoch nicht auf dieses beschränkt ist. 539 Friedrich Müller, Juristische Methodik6, 1995, 221. 540 BFH, Beschluß vom 9. 9. 1994, BStBl. II 1995, 385 (387); Tipke ! Kruse, AO, Vor § 169 Tz. 5 (April 1998). 541 Vgl. bereits § 91 3 der Arbeit sowie Drüen, FR 1999, 289. 542 BVerfG, Beschluß vom 20. 4. 1982, BVerfGE 60, 253 (270); BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 (169). 543 Zum untrennbaren Zusammenhang beider Seiten bereits § 91 3 der Arbeit. 544 Gl. A. Friauf, DSÜG 12 (1989), 3 (13 f.); Kirchhof, StuW 1985, 319 (329); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 189 m. w. N. 7*

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wird, bietet weder Dispositionsschutz dem Steuerpflichtigen noch dem Staat545. Eine Besteuerung, die Steuernachforderungen für abgelaufene Besteuerungszeiträume vorsieht, unterschreitet infolgedessen die durch das Prinzip der Rechtssicherheit festgelegte Untergrenze. Eng mit Rechtssicherheit verbunden ist das Gebot des Rechtsfriedens 546. Es ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, daß das Recht zur Ruhe kommen muß 547 . Rechtssicherheit und Rechtsfrieden dienen gleichermaßen die Vorschriften über Bestandskraft und Verjährung 548. Bestandskraft und Verjährung dienen wiederum gleichermaßen dem Steuerpflichtigen und der Verwaltung 549. Aus diesem Grunde verstößt eine gesetzliche Regelung, die weder Bestandskraft noch Verjährung vorsieht, gegen das Prinzip der Rechtssicherheit550. Als Untergrenze ist demnach aus dem Prinzip der Rechtsicherheit auch abzuleiten, daß das Gesetz Vorschriften über Bestandskraft und Verjährung vorsehen muß. Der Gesetzgeber muß zeitliche Grenzen für die Korrektur von Steuerbescheiden festsetzen, nach deren Ablauf Rechtsfrieden eintreten soll. Demgegenüber scheint es schwer, eine konkrete Untergrenze aus dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit abzuleiten. Das liegt daran, daß jede gesetzgeberische Entscheidung durchförmliches Gesetz in der Regel Ausdruck der materiellen Gerechtigkeit ist, weil sie durch kompetentielle, formelle und materielle Verfassungsnormen gebunden ist und kontrolliert werden kann 551 . Unter der Herrschaft des Grundgesetzes verbürgt Legalität zugleich Legitimität552. Der Gesetzgeber hat demnach einen sehr weiten Spielraum, mit dem er der materiellen Gerechtigkeit Rechnung tragen kann. Daraus ist jedoch nicht abzuleiten, daß dieses Prinzip keine Untergrenze aufstellt. Das Bundesverfassungsgericht prüft im Falle einer Kollision von Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit, ob die Entscheidung des Gesetzgebers willkürlich ist 553 . Diese Willkürprüfung spricht nur auf den ersten Blick 545 Dazu bereits § 9 I 3 der Arbeit. 546 Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977,443. 547 Vgl. Tipke/Kruse, AO, Vor § 169 Tz. 5 (April 1998); ähnlich v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 1, 70 (März 1997). 548 v. Groll, Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 1 (März 1997); Tipke/Kruse, AO, Vor § 169 Tz. 5 (April 1998); Vor § 172 Tz. 2 (April 1998); Ruban, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor § 169 Rn. 4 (Juni 1994) m. w. N.; Wolff/ Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 1994, § 51 Rn. 92. 549 BVerfG, Beschluß vom 20. 4. 1982, BVerfGE 60, 253 (260); Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, Bd. I 1 0 , 1973, 254. Zum freiheitssichernden Aspekt der Bestandskraft, vgl. Seer, Verständigung in Steuerverfahren, 1996, 310. 550 Zudem dürfen die Steuergesetze nicht rückwirkend erlassen werden, dazu statt aller Tipke / Kruse, AO, § 4 Tz. 8 ff. (April 1997). 551 Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I 2 , 1984, 799. 552 Vgl. nur Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland20, Rn. 197; Stern, Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. I 2 , 1984, 799. 553 BVerfG, Beschluß vom 8. 5. 1973, BVerfGE 35, 41 (47), BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 (169); weitere Nachweise bei Uibho\z/Rinck/Hesselberger,

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gegen einen Optimierungsauftrag des Gesetzgebers. Das Bundesverfassungsgericht geht davon aus, daß der Gesetzgeber Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit im Einzelfall gewichten muß. Das bringt das Bundesverfassungsgericht mit den Worten zum Ausdruck, daß es „in erster Linie Sache des Gesetzgebers (ist), einen solchen Widerspruch bald nach der Seite der Rechtssicherheit, bald nach der Seite der materiellen Gerechtigkeit hin zu entscheiden"554. Die Grenze der Willkür spricht dabei nicht gegen einen Optimierungsauftrag, sondern vielmehr für eine niedrige Untergrenze und folglich für einen breiten Optimierungskorridor 555. Die Rechtsprechung läßt zugleich die Untergrenze erkennen, die aus dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit abzuleiten ist. Der Gesetzgeber darf nicht willkürlich gegen die Gebote der Gerechtigkeit verstoßen, bezogen auf das Steuerrecht dürfen die steuerlichen Belastungserfolge nicht willkürlich sein. Daraus folgt zweierlei: das Verbot der Gleichheitswillkür und das Verbot der Sachwillkür. Der Gesetzgeber muß vergleichbare Besteuerungszeiträume festlegen. Eine interperiodische Besteuerung mit der Bemessung der Steuer nach dem Lebenseinkommen führt infolge der Inflation, der Zinseffekte und der Änderungen des Steuerrechts zu unvergleichbaren und letztlich willkürlichen Belastungserfolgen. Deshalb muß der Gesetzgeber, wenn er eine Besteuerung nach dem Lebenseinkommen einführen will, wirksame Ausgleichsmechanismen schaffen, die eine Vergleichbarkeit der Belastungserfolge herstellen. Eine Lebenszeitbesteuerung eines Menschen oder eines Betriebes ohne solche Ausgleichsmechanismen wäre gleichheitswillkürlich. Die Untergrenze, die die materielle Gerechtigkeit aus dem Blickwinkel der „Gleichgerechtigkeit" stellt, sind somit nicht identische, aber zumindest vergleichbare Besteuerungszeiträume. Der Gesetzgeber muß dafür Sorge trage, daß die Besteuerungszeiträume die Lebensperiode eines Menschen oder eines Betriebes nicht sachwidrig zertrennen. Das heißt nicht, daß sich die Steuerlast nach dem Lebenseinkommen eines Menschen oder Betriebes bemessen muß. Entscheidet er sich aber für eine periodische Besteuerung, muß er, da eine starre periodische Besteuerung zu willkürlichen Belastungserfolgen führen kann, gesetzliche Durchbrechungen und Abmilderungen der Abschnittsbesteuerung normieren. Die Untergrenze, die das Prinzip der materiellen Gerechtigkeit aus dem Blickwinkel der „Sachgerechtigkeit" an den Gesetzgeber stellt, sind daher Regelungen, die gewährleisten, daß ein sachlicher Zusammenhang zwischen interperiodischen Vorgängen nicht

GG, Art. 20 Rn. 641 (März 1990). Das BVerfG verwendet dabei die Termini „materielle" und „materiale" Gerechtigkeit synonym. 554 BVerfG, Beschluß vom 18. 12. 1953, BVerfGE 3, 225 (237); BVerfG, Beschluß vom 8. 5. 1973, BVerfGE 35, 41 (47) m. w. N. 555 BVerfG, Beschluß vom 9. 5. 1989, BVerfGE 80, 103 (108) spricht von der dem Gesetzgeber „eingeräumten Gestaltungsfreiheit"; BVerfG, Beschluß vom 20. 4. 1982, BVerfGE 60, 253 (268) sogar von dem gesetzgeberischen Vorrang, zwischen Rechtssicherheit und „materialer" Gerechtigkeit abzuwägen. Auch Herzog, in Maunz/Dürig, GG, Art. 20, VII, Rn. 61 (Sept. 1980) bleibt nicht beim Willkürverbot stehen, sondern spricht von einem Abwägungsproblem.

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willkürlich durch die Besteuerungszeiträume zertrennt wird. Hierzu gehört ein periodenübergreifender Verlustabzug556. Eine starre Abschnittsbesteuerung ohne substantielle, gesetzliche Durchbrechungen und Abmilderungen liegt daher außerhalb des Optimierungskorridors 557. Dabei darf sich der Gesetzgeber zur Milderung von Härten der Abschnittsbesteuerung nicht auf Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall beschränken. Die Möglichkeit einer Billigkeitsfestsetzung (§ 163 AO) oder eines Billigkeitserlasses (§ 227 AO) reicht nicht aus. Beide Vorschriften sind zwar Ausdruck des allgemeinen Rechtsgedankens, Gerechtigkeit sei im Einzelfall durch Billigkeitsmaßnahmen herbeizuführen 558. Sie sind Konsequenz der Einsicht Piatons 559 und Aristoteles 56°, daß Gerechtigkeit nicht auf reine Gesetzmäßigkeit reduziert werden kann. Die „Gesetzes-Gerechtigkeit" ist durch Billigkeit zu berichtigen, um dem Einzelfall gerecht zu werden 561. §§ 163, 227 AO setzen jedoch voraus, daß die Erhebung bzw. Einziehung „nach Lage im einzelnen Fall" unbillig ist. Billigkeitsmaßnahmen sind daher auf atypische Fälle oder ungewöhnliche Fallkonstellationen beschränkt562. Die periodische Besteuerung führt jedoch nicht nur in atypischen Fällen, sondern in einer Vielzahl von Fällen zu willkürlichen Belastungserfolgen 563. Sie wirkt strukturell und nicht individuell unbillig564. Billigkeitsmaßnahmen sind nicht dasrichtigeMittel zum Ausgleich von Härten, die alle Fälle gleichermaßen treffen 565. Aus diesen Gründen unterschreiten Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall die Untergrenze, die aus dem Prinzip der materiellen Gerechtigkeit abzuleiten ist. 556 Ebenso v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 70 (Febr. 1995), m. w. N., für den § lOd EStG ein Verfassungsgebot konkretisiert. Zur Beschränkungsmöglichkeit des Verlustabzugs aufgrund des staatlichen Fiskalinteresses vgl. sogleich in Text. 557 Ebenso - freilich mit anderem Ansatz und anderer Begründung - Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 189. 558 y. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 35 (April 1998); Tipke/ Kruse, AO, § 227 Tz. 2 (Okt. 1996). 559 Vgl. Politikos, St. 294. 560 Nikomachische Ethik, Buch V, 1137b. 561 Vgl. v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 31 (April 1998); Tipke/ Kruse, AO, § 227 Tz. 7 (Okt. 1996). 562 v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 45 (April 1998); Tipke/ Kruse, AO, § 227 Tz. 7, 11, 37 (Okt. 1996). Deshalb sprengt die vom BVerfG vorgeschlagene Berücksichtigung von angemessenen Kinderfreibeträgen in einer Vielzahl offener Fälle im Billigkeitswege die materiellen (und verfahrensmäßigen) Grenzen steuerrechtlicher Billigkeitsmaßnahmen (dazu Drüen, FR 1999, 289 [292 f.]). 563 Davon zeugt die Höhe der Verlustvorträge. Diese haben am Ende des Veranlagungszeitraumes 1992 bei der Einkommensteuer ca. 20 Milliarden DM, bei der Körperschaftsteuer ca. 250 Milliarden DM betragen (vgl. Sarrazin, Stbg. 1997, 295). 564 Ähnlich v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 43 (Febr. 1995): „im System der Abschnittsbesteuerung liegende Ungerechtigkeiten". 565 Vgl. Enno Becker, RAO 7 , § 108 Anm. 4a; v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 45, 141 (April 1998); Tipke/Kruse, AO, § 227 Tz. 11 (Okt. 1996); Seer, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 22 Rn. 329 f.

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Das staatliche Fiskalinteresse schließlich gibt - wie bereits dargelegt566 - keine eigenständigen Konturen für den Optimierungsauftrag des Gesetzgebers vor. Allein der budgetäre Dispositionsschutz des Staates erlaubt dem Gesetzgeber den Verlustrücktrag zeitlich und betragsmäßig zu beschränken567, um eine verläßliche Fiskalund Haushaltsplanung zu sichern und die Erstattung bereits verplanter Steuermittel auszuschließen568. Das Fiskalinteresse festigt daher - aus umgekehrtem Blickwinkel 5 6 9 - die Untergrenze, die bereits die subjektive Ausprägung des Rechtssicherheitsprinzips festlegt.

c) Entscheidung des Gesetzgebers Die gesetzgeberische Lösung der Prinzipienkollision muß innerhalb des aufgezeigten Optimierungskorridors liegen 570 . Der Gesetzgeber hat sich für einen einjährigen Ermittlungs,- Bemessungs- und Veranlagungszeitraum entschieden. Gegenstand der Ertragsteuern ist damit nicht der Totalgewinn eines Betriebes. Die Ertragsteuern sind keine Lebenszeitsteuern571. Aus ökonomischer Sicht mag man den Periodengewinn als Abschlagzahlung auf den Totalgewinn begreifen 572, de jure ist er das nicht. Gegenstand der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ist nicht die gesamte Wertveränderung der betrieblichen Wirtschaftsgüter während ihrer Zugehörigkeit zu einem Betriebsvermögen oder die Differenz aller Betriebseinnahmen und -ausgaben, sondern der Gewinn bzw. Verlust im jeweiligen Besteuerungszeitraum 573 . Damit hat sich der Gesetzgeber primär für die Rechtssicherheit entschie566 § 91 3 der Arbeit. 567 Dagegen tangiert der Verlustvortrag regelmäßig nicht den budgetären Dispositionsschutz. Ausnahmefälle sind denkbar, wenn ζ. B. aufgrund einer Betriebsprüfung erst viele Jahre später ein Verlust erstmals festgesetzt wird - ein in praxi wohl äußerst seltener Fall. Daher erstaunt, daß das BVerfG, Beschluß vom 22. 7. 1991, NJW 1992, 168 (169) ohne nähere Begründung bei der zeitlichen Beschränkung des Verlustvortrages (durch § lOd S. 4 EStG a. F.) auf das Prinzip der Rechtssicherheit abstellt. 568 Noch weiter geht freilich BFH, Urteil vom 31. 7. 1990, BStBl. II 1990, 1083 (1085), das den Ausschluß eines Verlustvortrages im Gewerbesteuerrecht (vgl. § 10a GewStG) als verfassungsmäßig ansieht. 569 Zum konträren Verhältnis von budgetärem und freiheitssicherndem Dispositionsschutz vgl. bereits § 91 3 der Arbeit. 570 Eine gerichtliche Kontrolle ist darauf beschränkt, ob die gesetzliche Lösung innerhalb des Optimierungskorridors liegt, vgl. § 914b der Arbeit. 571 Demgegenüber ist Seeger, Festschrift L. Schmidt, 1993, 37 (42) der Ansicht, die Einkommensteuer sei -systematisch gesehen- eine Lebenszeitsteuer. Das wird weder dem Gesetz noch der Ansicht des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucksache 7/1470, 239: ,Jahressteuer") gerecht. Dagegen weist Seer, StuW 1996, 323 (335) zu Recht daraufhin, daß der Gesetzgeber trotz der Entscheidung für die periodische Besteuerung nicht gehindert ist, „inhaltliche Zusammenhänge über die Veranlagungszeiträume hinweg zu bilden" und dies de lege ferenda (gerade bei Altersvorsorgeaufwand und Alterseinkünften) auch wünschenswert ist. 572 So bereits Helpenstein, ZfhF 22 (1928), 177 (186) und wieder Euler, StuW 1998, 15 (23).

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den und zugleich zahlreiche Durchbrechungen und Abmilderungen normiert, um der materiellen Gerechtigkeit Rechnung zu tragen. Nach Ablauf des Veranlagungszeitraums darf der Gesetzgeber nur noch unter besonderen Umständen an die verwirklichten Tatbestände anknüpfen 574. Das dient der Rechtssicherheit. Die Festsetzung des Steueranspruches ist nicht mehr zulässig, wenn die Festsetzungsfrist abgelaufen ist (§ 169 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Änderung von Einkommen-, Körperschaft- oder Gewerbesteuerbescheiden, die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen oder vorläufig erlassen worden sind, ist nur zulässig, soweit dies gesetzlich zugelassen ist (vgl. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO 5 7 5 ). Der Gesetzgeber hat die Prinzipienkollision zwischen Rechtssicherheit und Rechtsrichtigkeit durch die gesetzlichen Korrekturvorschriften mit Rücksicht auf die Dauer der Verjährungsfrist abschließend gelöst. Damit erfüllt er sowohl die Untergrenze, die sich aus der Rechtssicherheit (und dem Vertrauensschutz) ergibt, als auch jene, die die materielle Gerechtigkeit postuliert576. Der Gesetzgeber hat substantielle Durchbrechungen und Milderungen der periodischen Besteuerung angeordnet. Die wichtigste Durchbrechung ist der Verlustabzug nach § lOd EStG 577 bzw. § 10a GewStG 578 . Überdies ermöglichen die §§ 6b, 6c EStG, die Versteuerung stiller Reserven des Anlagevermögens praktisch bis zur Betriebsveräußerung oder -aufgabe hinauszuschieben579. Die Übertragung stiller 573 Gl. A. Schön, BB 1997, 1333 (1335), der allerdings das Wertaufholungsgebot nach Teilwertabschreibungen (§§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4, 52 Abs. 16 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/ 2000/2002 als Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot ansieht (a. a. O., 1344). M.E. ist die Einführung eines neuen Realisationstatbestandes kein Fall der Rückwirkung. Aus der Tatsache, daß der Totalgewinn nicht Gegenstand der Ertragsteuern ist, folgt nicht, daß der Gesetzgeber nicht frei ist, die Gewinnrealisationstatbestände im voraus für jeden Besteuerungszeitraum neu festzulegen. 574 BVerfG, Beschluß vom 14. 5. 1986, BVerfGE 72, 200 (252); Schön, BB 1997, 1333 (1335) m. w. N., der von einer „strengen Sperrwirkung" spricht; noch weitergehend Friauf, DSÜG 12 (1989), 3(13 ff.); Kruse, Festschrift Tipke, 1995, 277 (284); Tipke /Kruse, AO, § 4 Tz. 8 (April 1997) m. w. N. 575 Ein Steuerbescheid, der andere Steuern als Zölle und Verbrauchsteuern festsetzt, darf nur unter den Voraussetzungen des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 a bis d AO geändert werden. § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO führt dabei die Korrekturmöglichkeiten nicht abschließend auf, sondern verweist auf die weiteren, gesetzlichen Korrekturmöglichkeiten (Tipke I Kruse, AO, § 172 Tz. 2 [April 1998]). 576 Die differenzierende Regelung der Korrekturen wird allgemein als verfassungsgemäß angesehen vgl. v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 1 (März 1997); Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 284; Tipke/Kruse, AO, Vor § 172 Tz. 2 (April 1998). 577 im Körperschaftsteuerrecht nach § 8 Abs. 1 KStG anzuwenden, jedoch nachhaltig eingeschränkt durch § 8 Abs. 4 KStG i. d. F. des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 5. 8. 1997, BGBl. I 1997, 2590. 578 Dazu BFH, Urteil vom 15. 7. 1986, BStBl. II 1986, 860 (862). 579 Kruse, DSÜG 2 (1979), 37 (66); Thiel, DSÜG 4 (1981), 183 (185). Zum Zweck dieser Vorschriften und zur Eingrenzung der begünstigten Wirtschaftsgüter durch das StEntlG 1999/2000/2002 vgl. bereits § 3 I 4 der Arbeit.

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Reserven auf Ersatzwirtschaftsgüter in Fällen höherer Gewalt oder auf Grund behördlichen Eingriffs (Rücklage für Ersatzbeschaffung) ist gewohnheitsrechtlich anerkannt 580. Der ermäßigte Steuersatz (§ 34 EStG) bezweckt, erhöhte Steuerbelastungen infolge einer Zusammenballung von Einkünften in einem Jahr abzumildern 581 . Schließlich durchbrechen weitere gesetzliche Vorschriften die starre periodische Besteuerung582. Das Gesetz mildert willkürliche Belastungserfolge 583 durch zahlreiche Einzelnormen ab. Zudem kommen Billigkeitsmaßnahmen in atypischen Fällen in Betracht. § 163 Abs. 1 Satz 2 AO sieht die Möglichkeit vor, einzelne Besteuerungsgrundlagen zu einer früheren oder späteren Zeit zu berücksichtigen. Progressionswirkungen, die auf bloßen Zufälligkeiten beruhen, rechtfertigen einen Erlaß wegen sachlicher Unbilligkeit 584 . Damit wird der materiellen Gerechtigkeit Rechnung getragen585. Bei der gebotenen Zusammenschau erfüllen die Durchbrechungen und Milderungen der periodischen Besteuerung die (niedrige) Untergrenze, die die materielle Gerechtigkeit statuiert. Damit liegt die Entscheidung des Gesetzgebers innerhalb des aufgezeigten Optimierungskorridors. Die Tatsache, daß Detailregelungen nicht optimal sind 586 , ist verfassungsrechtlich irrelevant, weil die verfassungsrechtliche Kontrolle - wie bereits dargelegt587 - nicht auf das Erreichen eines Optimierungspunktes gerichtet ist. 580 Vgl. Tipke/Kruse, AO, § 4 Tz. 42 (April 1997); Knobbe-Keuk, Festschrift RFH/BFH, 1993, 308 (315); R 35 EStR 1998. 581 BFH, Urteil vom 6. 9. 1995, BFH/NV 1996, 204; BFH, Urteil vom 21. 3. 1996, BStBl. II 1996, 416 (417); Schmidt / Seeger, EStG 18 , 1999, § 34 Rn. 17 m. w. N. zur alten Gesetzesfassung. Vgl. auch die Tarifvorschriften der §§34 Abs. 3, 34b EStG und die Steuerbefreiungen des § 3 Nr. 9,10 EStG. Die Freibeträge bei Betriebsveräußerung und -aufgabe (§§ 14 S. 2, 14a, 16 Abs. 4, 18 Abs. 3 EStG) mildern zwar auch die Steuerbelastung ab, die durch die Realisierung über Jahre angesammelter stiller Reserven entsteht; sie dienen jedoch in erster Linie sozial- bzw. lenkungspolitischen Zwecken (Reiß, in Kirchhof/Söhn, EStG § 16 Rn. A 17 [Mai 1991]; Schmidt/ Wacker, EStG 18 , 1999, § 16 Rn. 577). 582 §§ lia, IIb EStG und § 82b EStDV räumen dem Steuerpflichtigen Verteilungswahlrechte bei größerem Erhaltungsaufwand ein. § 11 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 S. 2 EStG beseitigen zudem Zufälligkeiten bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben. Nach § 10e Abs. 3 S. 1 EStG können nicht ausgenutzte Abzugsbeträge bis zum Ende des Abzugszeitraums (§ 10e Abs. 1 S. 1 EStG) nachgeholt werden. 583 Vgl. Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 116. 584 BFH, Urteil vom 26. 10. 1994, BStBl. II 1995, 297 [299]; v. Groll, in Hübschmann/ Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 141, 287 (April 1998); Tipke/Kruse, AO, § 227 Tz. 36 (Okt. 1996); Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 606 (Mai 1990). 585 Da die Billigkeitsvorschriften Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens sind, müßte der Gerechtigkeit im Einzelfall auch ohne gesetzliche Normierung Rechnung getragen werden (vgl. v. Groll, in Hübschmann /Hepp /Spitaler, AO, § 227 Rn. 35 [April 1998]; Tipke/Kruse, AO, § 227 Tz. 2 [Okt. 1996]). 586 Vgl. die Kritik von Tipke /Kruse, AO, Vor § 169 Tz. 5 f., § 176 Tz. 1 (April 1998). 587 Vgl. § 9 14b der Arbeit.

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5. Ergebnis Die periodische Besteuerung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung steht in Einklang mit den Vorgaben des Verfassungsrechts. Die Besteuerung des Totalgewinnes ist demgegenüber verfassungsrechtlich nicht geboten. Im Gegenteil: Eine Besteuerung des Totalgewinnes ist verfassungsrechtlich nur in engen Grenzen zulässig. Der Gesetzgeber muß wirksame Mechanismen einführen, die geeignet sind, die verzerrenden Inflations-, Zins- und Tarifänderungseffekte einer individuellen Langzeitbesteuerung zu begrenzen. Er muß eine Vergleichbarkeit der einzelnen Steuerpflichtigen trotz verschiedener Bemessungszeiträume gewährleisten. „Nachsteuern" für abgeschlossene Besteuerungszeiträume höhlen den freiheitssichernden Dispositionsschutz des Steuerpflichtigen aus und sind verfassungsrechtlich nicht zulässig.

II. Verfassungsrechtliche Legitimation der verschiedenen Gewinnermittlungsarten Ist die periodische Besteuerung verfassungsgemäß, stellt sich die Frage, ob die unterschiedliche Ausgestaltung der Gewinnermittlungsarten verfassungsgemäß ist. Der Gesetzgeber hat die Gewinnermittlungsarten unterschiedlich ausgestaltet, so daß die einzelnen Periodengewinne erheblich voneinander abweichen588. Der ungleiche steuerliche Belastungserfolg ist am Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) zu messen.

1. Überschußrechung und Betriebsvermögensvergleich Die unterschiedliche Ausgestaltung der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG könnte gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoßen. Dieser ist nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten589. Das Bundesverfassungsgericht betont stets, daß sich für den Gesetzgeber aus dem Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche 588 Vgl. § 3 der Arbeit. 589 Sog. Neue Formel, erstmals im Beschluß vom 7. 10. 1980, BVerfGE 55, 72 (88); umfassende Nachweise bei Herzog in Maunz/Dürig, GG, Art. 3 Anh. Rn. 6 Note 10 (Mai 1994); Kruse, Festschrift Ritter, 1996, 793 (796 Noten 24 und 25) und Sachs /Osterloh, GG 2 , 1999, Art. 3 Rn. 13 ff.; aus jüngerer Zeit BVerfG, Urteil vom 8. 4. 1997, NJW 1997, 1975 (1979).

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Grenzen ergeben. Die Bindung des Gesetzgebers ist bei personenbezogenen Ungleichbehandlungen strenger als bei sachbezogenen Ungleichbehandlungen. Zwei Personengruppen, nämlich Freiberufler, bestimmte Land- und Forstwirte 590 und nichtbuchführungspflichtige Gewerbetreibende einerseits und die übrigen Gewerbetreibenden andererseits, werden ungleich behandelt. Der ersten Personengruppe wird ein Wahlrecht zwischen zwei Gewinnermittlungsarten eingeräumt, der zweiten Personengruppe nicht. Die Ungleichbehandlung betrifft zwar Personengruppen, knüpft jedoch nicht an personenbezogene Merkmale an. Sie hängt vielmehr von der Art der Einkünfte und der Höhe von Umsatz und Gewinn (§141 Abs. 1 A O ) 5 9 1 und damit von sachbezogenen Kriterien ab 5 9 2 , so daß nicht die strengeren Maßstäbe der personenbezogenen Ungleichbehandlung anzulegen sind. Die Ungleichbehandlung hat ihren Grund in der Verschiedenheit der Lebensverhältnisse. Eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich paßt zum kaufmännischen Denken, das durch den Blick auf den Warenumsatz geprägt wird. Wird das Vermögen eingesetzt, um durch seine Umschichtung Gewinn zu erzielen, ist eine Vermögensrechnung angemessen593. Insbesondere zum Freiberufler paßt eine Vermögensrechnung dagegen nicht, weil er sein Vermögen nicht einsetzt, um es umzusetzen594. Eine Vermögensrechnung wäre für diesen Kreis der Steuerpflichtigen sachlich nicht angemessen595. Das Gebot freiheitsschonender Besteuerung begrenzt nicht nur die Höhe der Steuerlast, sondern zugleich den Umfang steuerlicher Verfahrenspflichten 596. Aus diesem Gebot folgt, daß der Gesetzgeber 590 Vgl. § 13a Abs. 1 und 2 EStG. 591 Vgl. § 3 II der Arbeit. 592 Persönliche Merkmale der Angehörigen einer Personengruppe, wie beispielsweise der Umstand, daß Freiberufler aufgrund ihrer persönlichen beruflichen Qualifikation die Art der Einkünfte bestimmen, begründen keine personenbezogene Ungleichbehandlung. Der Personenbezug als Abgrenzungsmerkmal darf nicht überspitzt werden, weil hinter jedem sachlichen Differenzierungskriterium letztlich Personen stehen, die dieses verwirklichen (Sachs, JuS 1997, 124 [128 f.]; ebenso Jarass, NJW 1997, 2545 [2547] und jüngst Bryde/Kleindiek, Jura 1999, 36 [40 f.]). Derartige persönliche Merkmale sind vielmehr im Rahmen der Rechtfertigung zu prüfen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 14. 12. 1994, BVerfGE 91, 346 [362 f.]). 593 Diese Einsicht hat den historischen Gesetzgeber dazu bewogen, eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich einzuführen. Dabei hat er mehrfach ausgeführt, daß diese Art der Gewinnermittlung den Steuerpflichtigen, die keine Handelsbücher führen, fremd sei; eingehend dazu § 3 I 1,2 und 4 der Arbeit. 594 Dabei kann auch sein Betriebsvermögen einen beachtlichen Wert haben - man denke an die Praxisausstattung eines Radiologen mit eigenen Computertomographen. 595 Eine Vermögensrechnung paßt auch bei gewerblichen Dienstleistern nicht richtig, weil auch diese kein Vermögen zur Umschichtung einsetzen. Das spricht jedoch nicht gegen den Dualismus der Gewinnermittlung, sondern gegen die Zuordnung zum persönlichen Geltungsbereich der Gewinnermittlungsarten. Allerdings muß man dem Gesetzgeber auch in dieser Frage das Recht einer gesetzlichen Typisierung zubilligen. 596 Das Gebot freiheitsschonender Besteuerung gilt für das gesamte Steuerrechtsverhältnis. Es vermittelt dem Steuerpflichtigen Schutz in vermögensrechtlicher Hinsicht und auch

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dem Steuerpflichtigen keine unverhältnismäßigen Buchführungs- und Abschlußpflichten auferlegen darf. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist weniger zeit- und kostenintensiv als der Betriebsvermögensvergleich und zudem wesentlich einfacher, weil der Steuerpflichtige von den Problemen, die eine Bewertung des Vermögens und eine Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen nach der Maßgabe wirtschaftlicher Verursachung mit sich bringt 597, entlastet wird. Stattdessen kann der Steuerpflichtige den Gewinn durch eine einfach handzuhabende, primär zahlungsorientierte Überschußrechnung ermitteln. Bei Freiberuflern und Kleingewerbetreibenden und Land- und Forstwirten wäre eine Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich nicht angemessen und würde den Steuerpflichtigen nur übermäßig belasten598. Der Gesetzgeber trägt durch das Wahlrecht der Verschiedenheit der vorgefundenen Lebenssachverhalte Rechnung. Ein Wahlrecht des Steuerpflichtigen rechtfertigt 599 für sich genommen allerdings die ungleichen steuerlichen Belastungserfolge von Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG noch nicht. Das Wahlrecht muß formelle und materielle Anforderungen erfüllen. In formeller Hinsicht muß das Wahlrecht dem Steuerpflichtigen eine echte Entscheidungsfreiheit einräumen, so daß der Belastungserfolg dem Steuerpflichtigen als Folge seiner eigenverantwortlichen Wahl zugerechnet werden kann 600 . Der Bundesfinanzhof sieht diese Voraussetzung in einem Urteil vom 30. März 1994 als erfüllt an 6 0 1 : „Überläßt es der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen, zwischen verschiedenen ... Gewinnermittlungsarten zu wählen, entscheidet sich dieser - aus Kostengründen oder aus Unkenntnis der steuerrechtlichen Auswirkungen - für eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, so ist eine Schlechterstellung nicht durch das Gesetz, sondern durch eigenverantwortliches Handeln des Steuerpflichtigen begründet". Ein eigenverantwortliches Handeln setzt jedoch voraus, daß der Steuerpflichtige die Folgen seiner Wahl absehen kann. Nach herrschender Meiim sog. Verfahrenspflichtenverhältnis (zum Begriff Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 6 Rn. 3) als dem nicht vermögensrechtlichen Teil des Steuerrechtsverhältnisses. 597

Zum Erfordernis von Schätzungen und Prognosen beim Betriebs Vermögens vergleich und der damit einhergehenden Scheingenauigkeit dieser Gewinnermittlungsart vgl. Clemm, Handelsbilanz und Steuerbilanz, 1989, 57 (58 ff.); DStR 1990, 780; Festschrift Klein, 1994, 715 (735) und öfter. 598 Ähnlich Hensel, Steuerrecht3, 1933, 242; Kruse, Festschrift Tipke, 1995, 277 (291); Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 1974, 151; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993,610 f. 599 in der Grundrechtsdogmatik ist umstritten, ob eine sachgerechte Differenzierung schon eine Ungleichbehandlung ausschließt (Podlech, Gehalt und Funktionen des verfassungsrechlichen Gleichheitssatzes, 1971, 48; Sachs, JuS 1997, 124 [129]) oder diese nur rechtfertigt (so Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994, 372 ff., der jeden Verstoß gegen die „schematische" Gleichbehandlung als rechtfertigungsbedürftig ansieht). Gegen beide Ansätze konstruktiv differenzierend Huster, JZ 1994,541 (547). 600 in diese Richtung wohl auch Birk, NJW 1984, 1325 (1327). 601 BStBl. II 1994, 852 (854).

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nung muß der Steuerpflichtige allerdings sein Wahlrecht bereits zu Beginn des Wirtschaftsjahres ausüben602, so daß er die Tragweite der Entscheidung mangels Voraussehbarkeit zukünftiger Entwicklungen noch nicht absehen kann 603 . Bei einer Entscheidung „ins Blaue hinein" kann jedoch vom eigenverantwortlichen Handeln des Steuerpflichtigen nicht die Rede sein 604 . Dabei schreibt das Gesetz diesen frühen Zeitpunkt der Ausübung des Wahlrechts nicht vor: Nach dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG scheidet eine Überschußrechnung aus, wenn der Steuerpflichtige Bücher führt und Abschlüsse macht. Das legt nahe, daß der Steuerpflichtige das Wahlrecht nicht zu Beginn des Wirtschaftsjahres, sondern erst durch den Abschluß der Buchführung ausübt605. Diese Auslegung steht in Einklang mit dem Gesetzeswortlaut und eröffnet dem Steuerpflichtigen zugleich die erforderliche Entscheidungsfreiheit, ohne die Interessen der Finanzverwaltung zu tangieren. In materieller Hinsicht muß die inhaltliche Ausgestaltung der Wahlmöglichkeiten verfassungsgemäß sein. Dabei gebietet Art. 3 Abs. 1 GG nicht, daß Wahlmöglichkeiten, die das Steuerrecht dem Steuerpflichtigen einräumt, in jeder Hinsicht gleichwertig sind 606 . Erforderlich und ausreichend ist, daß jede Möglichkeit für sich genommen verfassungsgemäß ist und die Vorteile bei generalisierender Betrachtungsweise annähernd gleichwertig sind 607 . Es ist eine Gesamtwürdigung aller Vor- und Nachteile beider Optionen anzustellen608, weil ein selektiver Vergleich den Belastungserfolg eines einheitlichen Regelungskomplexes auf einzelne Vor- oder Nachteile reduzieren würde 609 .

602 BFH, Urteil vom 31. 8. 1994, BFH/NV 1995, 390; BFH, Urteil vom 12. 10. 1994; BFH/NV 1995, 587 (588); BFH, Urteil vom 1. 10. 1996, BFH/NV, 1997, 403 (404); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 6. 603 Kritisch auch Trzaskalik, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor § 140 Tz. 41 (März 1991). 604

Der Steuerpflichtige wird den Hinweis des BFH, er könne ja die Gewinnermittlungsart wechseln (ζ. B. BFH, Urteil vom 16. 2. 1995, BStBl. II 1995, 635 [636]), als zynisch erachten, weil auch der Wechsel der Gewinnermittlungsart nur zum Beginn des Wirtschaftsjahres zulässig sein soll. Kritisch zur „eigenverantwortlichen Entscheidung" auch Kanzler, FR 1998, 233 (246). 605 Genau genommen mit der Abgabe der Steuererklärung, durch die er seine Wahl dem Finanzamt erklärt, wie hier Gluth, Der Einfluß von Wahlrechten auf die Entstehung des Steueranspruchs, 1997, 22 ff., 26 f. diesem folgend Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 EStG Anm. 552 (Juli 1998); Kanzler, FR 1998, 233 (245). 606

Das folgt daraus, daß es nicht um die Gleichbehandlung zweier Grundrechtsträger, sondern um den Vergleich eines Verhaltens (Wahlrechtsausübung in eine Richtung) mit einem hypothetischen Alternativverhalten (Wahlrechtsausübung in die andere Richtung) desselben Grundrechtsträgers geht. 607 BVerfG, Beschluß vom 8. 10. 1991, BVerfGE 84, 348 (361): „Der Bürger habe von Verfassungs wegen kein Recht darauf, aus jeder ihm zur Auswahl angebotenen Regelung die für ihn günstigsten Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen."; dem folgend BFH, Urteil vom 30. 3. 1994, BStBl. II 1994, 852 (854). 608 Zum Erfordernis der Gesamtwürdigung der Vor- und Nachteile zweier Regelungskomplexe vgl. BVerfG, Beschluß vom 10. 4. 1997, BVerfGE 96, 1 (8).

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Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG bietet gegenüber dem Betriebsvermögensvergleich Vor- und Nachteile. Die Überschußrechnung nimmt im Gegensatz zum Betriebsvermögensvergleich Rücksicht auf die Liquidität: Gewinne sind nicht bereits im Zeitpunkt der Realisation, sondern erst bei Zufluß der Betriebseinnahmen zu versteuern. Bei der Überschußrechnung kann der Steuerpflichtige die Zahlungsströme steuern und dadurch auf einfache Art Gewinne vor- oder nachverlagern 610. Durch den Kauf von Umlaufvermögen auf Vorrat können Betriebsausgaben vorverlagert werden und Betriebseinnahmen können nachverlagert werden, indem Forderungen erst in späteren Jahren eingezogen werden 611. Darin liegt kein Gestaltungsmißbrauch612. Der Bundesfinanzhof weist ausdrücklich auf diese Vorteile der Überschußrechnung hin 613 . Demgegenüber ist die Überschußrechnung insoweit nachteilig, als erhebliche Schwankungen von Einnahmen und Ausgaben nicht geglättet werden. Der Glättungseffekt durch die Periodisierung von Erträgen und Aufwendungen ist der Überschußrechnung fremd, was infolge des progressiven Einkommensteuertarifs zu einer höheren Gesamtsteuerlast führen kann 614 . Ein häufiger Fall ist der Verkauf eines Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens am Ende des Jahres. Fließt der Veräußerungspreis erst im Folgejahr zu, fallen die durch den Geschäftsvorfall ausgelöste Betriebsausgabe und Betriebseinnahme auseinander. Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens sind im Zeitpunkt der Veräußerung als Betriebsausgabe anzusetzen (§ 4 Abs. 3 Satz 4 EStG). Der Verkaufspreis ist erst im Zeitpunkt des Zuflusses zu erfassen (§11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Dadurch werden die wirtschaftlich zusammengehörenden Einnahmen und Ausgaben getrennt 615, was infolge der Progressi609 Wer selektiv vergleicht, wird immer nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung feststellen. Selektiv und verkürzend vergleichen ζ. B. Ursula Müller, DB 1996, 689 (695); Weber-Grellet, BB 1994, 30; DB 1994, 289 die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und die Überschußrechnung nach §§ 8, 9 EStG, dagegen zu Recht Schön, StuW 1995, 366 (371); Söffing, Festschrift Budde, 1995, 635 (663 f.); Wichmann, Stbg. 1996, 107 (109). Kruse, Festschrift Ritter, 1997, 413 (425) spricht sogar von einem „laienhaften Verständnis des Gleichheitssatzes". 610 Zu den Möglichkeiten der Gewinnvor- und -nachverlagerung bei Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung vgl. die nach einzelnen Geschäftsvorfällen differenzierende Darstellung von Pickert, DB 1994, 1581. Vgl. auch Clemm, DStR 1990, 780 (781 ff.); Festschrift Budde, 1995, 135 (147).

611 Vgl. nur Kirchhof, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 2 Rz. C 35 (Sept. 1992). 612 Tipke/Kruse, AO, § 42 Tz. 27 (Okt. 1996); Seer, DStR 1987,603 (606 f.). 613 BFH, Urteil vom 12. 7. 1990, BStBl. II 1991, 13 (14). 614 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 611. Zu Billigkeitsmaßnahmen vgl. Schmidt /Heinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 373 m. w. N. 615 FG Bremen vom 28. 10. 1993, EFG 1994, 912; FG Köln vom 14. 12. 1993, EFG 1994, 789; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rz. 33 a.E. (Juni 1997) und Weber-Grellet, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 4 Rz. D 166 (Jan. 1988) wenden aus diesem Grunde § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG im Fall der Veräußerung von Anlagevermögen nicht an. Der Veräußerungserlös soll im Jahr der Veräußerung Betriebseinnahme sein; a.A. BFH-Urteil vom 16. 2. 1995, BStBl. II 1995, 635 (636); Wolff-Diepenbrock, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rz. 2183 (Jan. 1988).

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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on zu Steuermehrbelastungen führen kann. Gravierende Zinsnachteile ergeben sich bei der Überschußrechnung dadurch, daß keine Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen (§ 6a EStG) gebildet werden können und erst die tatsächlichen Rentenzahlungen Betriebsausgaben sind. Auch die Steuerstundungs- und Zinsvorteile bestimmter Rücklagen616 und sonstiger Rückstellungen können bei der Überschußrechnung nicht in Anspruch genommen werden. Demgegenüber kann der Überschußrechner die liquiditätsfördernde Ansparabschreibung nach § 7g EStG auch bei größerem Betriebsvermögen in Anspruch nehmen617. Einen nur scheinbaren Belastungsunterschied bringt indes die inflationsbereinigende Wirkung der Bilanz mit sich. Es ist zwarrichtig,daß das Festhalten am Nominal wertprinzip 618 zu einer Scheingewinnbesteuerung auf der Aktivseite der Bilanz und zu einer gegenläufigen Nichterfassung realer Geldentwertungsgewinne auf der Passivseite führt 619 . Diese inflationsbereinigende Wirkung kommt allerdings auch der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zu 6 2 0 . Dies resultiert aus der Gleichbehandlung mit dem Bestandsvergleich hinsichtlich der Anschaffungsund Herstellungskosten des Anlagevermögens einerseits621 und der Verbindlichkeiten andererseits 622. Infolge dieser Gleichbehandlung entstehen bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in vergleichbarem Maße Scheingewinne bei der Veräußerung von Anlagevermögen und nicht besteuerte Realgewinne bei den Verbindlichkeiten wie bei dem Betriebsvermögensvergleich 623. 616 Insbesondere ist der Kreis der Wirtschaftsgüter, bei deren Veräußerung aufgedeckte stille Reserven nach § 6c EStG übertragen werden können, enger als bei der Rücklage nach § 6b EStG. 617 § 7g Abs. 2 Nr. la EStG fingiert, daß das Betriebsvermögen den Grenzwert von 400.000 DM nicht übersteigt. 618 Dazu bereits § 7 II der Arbeit. 619 Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993, 82 f., 102 ff.; Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht 16,1998, § 9 Rn. 56. 620 Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993, 171 f. weist zu Recht daraufhin, daß entgegen verbreiteter Ansicht- nicht nur die bilanzielle Gewinnermittlung, sondern gerade auch eine reine Überschußrechnung den Einfluß der Inflation neutralisieren kann. Gleichwohl ist die Bilanz einer Bank das Paradebeispiel der Kompensation von aktiven Scheingewinnen und realen Schuldgewinnen (vgl. Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993,104).

621 § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG für abnutzbare, Satz 4 für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens. 622 Nach allgemeiner Ansicht führt die Darlehnsaufnahme nicht zu einer Betriebseinnahme, weil infolge der Rückzahlungspflicht keine Vermögensmehrung eintritt (SchmidtIHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 383; Söhn, StuW 1991, 270 [276]; BlümichI Wacker, EStG, § 4 Rn. 35 [Juni 1997]; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 63 [Jan. 1988] jeweils m. w. N.). Aufgrund dieses vermögensorientierten Saldierungsgedankens (dazu § 14 II 2 der Arbeit) wird die Darlehnsschuld de facto passiviert. 623 Würden hingegen aktive und passive Auswirkungen voneinander abgekoppelt und bereits die Darlehnsaufnahme -rein zahlungsorientiert- als Betriebseinnahme angesehen, was in Anbetracht der fehlenden Legaldefinition der Betriebseinnahme möglich wäre, könnten aktive Scheingewinne nicht durch passive Realgewinne kompensiert werden. Dadurch würde

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Insgesamt hat jede der beiden Gewinnermittlungsarten nach der gesetzlichen Ausgestaltung Vor- und Nachteile624, so daß keine Gewinnermittlungsart einseitig privilegiert wird. Das Wahlrecht des § 4 Abs. 3 EStG ist demnach nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht verfassungsgemäß. Der „Dualismus der Gewinnermittlung" mit Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG und Betriebsvermögensvergleich verstößt folglich nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

2. Besteuerung nach Durchschnittssätzen

(§ 13a EStG)

Besonders fraglich ist, ob die Besteuerung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) in Einklang mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) steht. Die Verfassungsmäßigkeit wird seit langem in Frage gestellt625. Der Wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister der Finanzen626 hat sich schon 1967 gegen eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ausgesprochen. Auch die Steuerreformkommission 197 1 6 2 7 wandte sich gegen diese Art der Gewinnermittlung, weil sie auf eine zutreffende Gewinnberechnung verzichte. Im Jahre 1995 schlug der Bundesrechnungshof vor, die Gewinnermittlung nach § 13a EStG abzuschaffen oder zumindest an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen628. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bewirkt, daß erheblich niedrigere als die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne besteuert werden 629. Nach Ansicht des Gesetzgebers sollen ca. 50 bis 80 v.H. der durchschnittlichen tatsächlidie Legitimation der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen, soweit sie Scheingewinne sind, in Frage gestellt werden (vgl. dazu Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993, 104 ff.). 624 Faktische Vor- bzw. Nachteile der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG bringt die höchstrichterliche Auslegung, ζ. B. die Rechtsprechung zum Bilanzenzusammenhang und zum gewillkürten Betriebsvermögen mit sich (dazu § 9 III 1 der Arbeit). Einige Autoren sehen insbesondere in der Rechtsprechung zum formellen Bilanzenzusammenhang einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. /. Seeger, Festsetzungsverjährungsfolgen bei falschen Bilanzansätzen, 1982, 98 ff.; Söffing, DB 1969, 185 [187 ff.]). 625 Dazu Vorlagebeschluß des FG Nürnberg, Beschluß vom 13. 10. 1978, EFG 1979, 28. Das Bundesverfassungsgericht mußte diese Frage wegen vorzeitiger Erledigung des Verfahrens nicht entscheiden. § 13a EStG wurde durch Gesetz vom 25. 6. 1980, BGBl. I 1980, 732 neugefaßt, um eine höhere Erfassungsquote des tatsächlichen Gewinnes zu gewährleisten, vgl. dazu Kutscher, FR 1980,449 und öfter. 626 Gutachten zur Reform der direkten Steuern, BMF-Schriftenreihe Heft 9 (1967), 22. 627 Gutachten der Steuerreformkommission 1971, BMF-Schriftenreihe Heft 17 (1971), 91. 628 Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof, Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drucks. 13/2600, 108 ff. 629 Zu den intendierten Erfassungsquoten im einzelnen Kutscher, FR 1980, 449 (454 f.). Die Tarifbegünstigung nach § 34e EStG für Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft, die nicht nach § 13a EStG ermittelt werden, ist auf 2.000 DM per annum begrenzt (§ 34e Abs. 2 Satz 1 EStG) und gleicht die Entlastungswirkungen des § 13a EStG nicht aus.

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

113

chen Gewinne erfaßt werden 630. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen rechnet zu den zwanzig größten Steuersubventionen und führte im Rechnungsjahr 1994 zu (erwarteten) Steuermindereinnahmen von insgesamt 470 Millionen D M 6 3 1 . § 13a EStG fallt damit aus dem Rahmen der Gewinnermittlungsvorschriften 632 . Die Vorschrift ist vielmehr ein Beispiel dafür, daß eine Norm mehrere Zwecke verfolgen und zu verschiedenen Normgruppen gehören kann 633 . Als Teil des Berechnungstatbestandes ist § 13a EStG zunächst eine Fiskalzwecknorm. Daneben verfolgt § 13a EStG als Subventionsnorm für Land- und Forstwirte Lenkungszwecke und soll der Vereinfachung der Gewinnermittlung dienen (Vereinfachungsz wecknorm). Die ungleiche Behandlung zweier Personengruppen, nämlich Land- und Forstwirten, die ihren Gewinn nach Durchschnittssätzen ermitteln dürfen, auf der einen Seite und übrigen Steuerpflichtigen mit Gewinneinkünften auf der anderen Seite, folgt nicht aus der Verschiedenheit der Lebenssachverhalte. Anders als das Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG verfolgt das Wahlrecht nach § 13a EStG neben Vereinfachungszwecken auch gezielt Lenkungszwecke634. Vereinfachungs- und Lenkungszwecke könnten den ungleichen steuerlichen Belastungserfolg rechtfertigen 635. Der Vereinfachungszweck legitimiert eine Ungleichbehandlung nicht. Ein Blick in § 13a EStG zeigt, daß der gesetzgeberische Versuch einer Vereinfachung gescheitert ist 636 . So erstaunt es nicht, daß der Bundesrechnungshof im Jahr 1995 637 630 Begr. zum Regierungsentwurf der Neufassung des § 13a EStG, BT-Drucks. 8/3239. Im Fördergebiet ist bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG zusätzlich bis 1998 ein Gewinnabzug bis zu 4.000 DM zulässig (§ 5 FördG), der einen Ausgleich dafür schaffen soll, daß bei der Gewinnermittlung nach § 13a EStG keine Sonderabschreibungen zulässig sind (Schmidt /Drenseck, EStG 18 , 1999, § 7a Rn. 50). 631 Bericht der Bundesregierung über die Entwicklung der Finanzhilfen des Bundes und der Steuervergünstigungen gemäß § 12 des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft (StWG) vom 8. Juni 1967 für die Jahre 1991 bis 1994 (Vierzehnter Subventionsbericht), BT-Drucks. 12/5580, Übersicht 11, Nr. 17. Der Subventionscharakter ist demnach offensichtlich; das verkennt Loritz, Einkommensteuerrecht, 1988, 358. 632 s. dazu bereits § 3 III 4 der Arbeit. 633 Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 4 Rn. 19 spricht von Doppel- oder Mehrfachzwecknormen. 634 Die bei dem Wahlrecht nach § 4 Abs. 3 EStG aufgeworfene Frage, ob der Schutzbereich des Gleichheitssatzes bei einer sachlich angemessenen Ungleichbehandlung gar nicht eröffnet ist, oder der Eingriff in den Schutzbereich lediglich gerechtfertigt ist (vgl. Note 599), stellt sich bei dem Wahlrecht nach § 13a EStG nicht. 635 Allgemein zur Frage der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen durch Vereinfachungs- und Lenkungszwecke Birk, Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Maßstab der Steuernormen, 1983, 232 ff.; in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, § 3 Rn. 43 ff. (August 1993); Steuerrecht I 2 , 1994, 11 ff.; Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. A 567; Tipke/Lang, Steuerrecht 16, 1998, § 4 Rn 124 ff. Krit. zum Lenkungszweck des § 13a EStG Kanzler, FR 1998, 233 (247).

636 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II 1993, 607 sieht §§ 13a, 34e EStG zu Recht als die längsten und kompliziertesten Vorschriften des EStG an. Kritisch zur Vereinfachungs8 Driien

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

zu dem Ergebnis kam, daß § 13a EStG nicht die erwartete Arbeitsentlastung und Vereinfachung geschaffen hat. Der Gesetzgeber hat zwar die Vorschrift durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/ 2000 /2002 6 3 8 vereinfacht 639; sie ist gleichwohl nicht ernsthaft als Vereinfachungsnorm einzustufen 640. Fraglich ist, ob der Lenkungszweck die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen in der geltenden Fassung legitimiert. Der Gesetzgeber darf mit der Steuergesetzgebung auch Lenkungszwecke verfolgen 641. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts können volkswirtschaftliche und sozialpolitische Erwägungen eine steuerrechtliche Ungleichbehandlung rechtfertigen 642. Eine Gewinnermittlungsart, die aus lenkungspolitischen Gründen nicht an die tatsächlich erwirtschafteten Gewinne anknüpft, ist demnach nicht eo ipso verfassungswidrig643. Die Gewinnermittlungstechnik des § 13a EStG, die nicht auf den Ist-Ertrag, sondern auf einen typisierten Soll-Ertrag gerichtet ist, fällt bewußt aus dem System der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsarten644. Ein Verstoß gegen die Systemrichtigkeit begründet nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts noch keinen Verfassungsverstoß, sondern ist allenfalls ein Indiz für einen Verfassungsverstoß 645 , der jedoch durch den Lenkungszweck gerechtfertigt werden könnte. Allerdings kann der Lenkungszweck nicht jede Ungleichbehandlung legitimieren. Darüber besteht inzwischen wohl Einigkeit, auch wenn die Grenzen der lenkungspolitischen Gestaltungsfreiheit des Steuergesetzgebers umstritten sind 646 .

Wirkung auch Kleeberg, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 13a Rn. A 57 (Jan. 1991). Ist § 13a EStG ist schon nicht geeignet, den Vereinfachungszweck zu erfüllen, so bedarf es keiner mehrstufigen Verhältnismäßigkeitsprüfung (dazu Tipke, Festschrift Stoll, 1990, 228 [242] und Note 649). 637

Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof, Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drucks. 13/2600,108 ff. 638 Vom 24. 3. 1999, BGBl. I 1999,402. 639 So ist die Abzugsbeschränkung für Pachtzinsen (Abs. 6 a.F.) weggefallen, der Wert der eigenen Arbeitsleistung des Betriebsinhabers (Abs. 5 Nr. 5 a.F.) ist nicht mehr anzusetzen und der Wert der Sondernutzung ist beschränkt worden (vgl. Abs. 5 n.F.). 640 So auch Kanzler, FR 1999,423 (424). 641 Das geht mittlerweile auch aus dem verfassungsrechtlichen und steuerrechtlichen (§3 Abs. 1 Satz 1 AO) Begriff der Steuer hervor, zur Entwicklung Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 34 f. 642 Ständige Rechtsprechung vgl. BVerfG, Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 (148); BVerfG, Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 165 (173). 643 Ähnlich Kleeberg, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 13a Rn. A 37 (Jan. 1991); Mitterpleininger, in Littmann/Bitz/Hellwig, § 13a Rn. 4 (Okt. 1998). 644 Dies rügen namentlich Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 179; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II 1993, 606; vgl. auch Burger, Der Einkommensbegriff im öffentlichen Schuldrecht, 1991, 98 f. 645 BVerfG, Urteil vom 23. 1. 1990, BVerfGE 81, 156 (207). 646 Vgl. Kirchhof, Stbg. 1995, 68 (76 ff.); Stbg. 1997, 193 (196 f.); Tipke, FR 1989, 186 (188 ff.).

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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Aus den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts vom 22.6.1995 zur Vermögen- und Erbschaftsteuer lassen sich Kriterien für die Rechtfertigung steuerrechtlicher Lenkungsmaßnahmen ableiten: das Gebot einer realitätsgerechten steuerlichen Bemessungsgrundlage 647 einerseits und das Gebot der Subventionsklarheit andererseits648. Beide Gebote wirken zusammen und begrenzen sich gegenseitig. Der Gesetzgeber ist zunächst verpflichtet, eine realitätsgerechte Bemessungsgrundlage für die Besteuerung zu schaffen. Er darf allerdings aus lenkungspolitischen Gründen auf eine realitätsgerechte Bemessungsgrundlage verzichten, sofern er den Lenkungszweck klar zum Ausdruck bringt. Damit fordert das Bundesverfassungsgericht vom Gesetzgeber die Angabe eines Kontrollmaßstabes. An diesem Kontrollmaßstab, dem zum Ausdruck gebrachten Lenkungszweck, muß sich der Gesetzgeber festhalten lassen. Der Gesetzgeber liefert den Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Geeignetheit der lenkungspolitischen Maßnahme649: Ist diese Maßnahme nicht geeignet, den intendierten Lenkungszweck zu erfüllen, so ist ungleiche Behandlung nicht gerechtfertigt und verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen erfüllt nicht das Erfordernis einer realitätsnahen steuerlichen Bemessungsgrundlage650. Der Gesetzgeber gibt als Grund den Lenkungszweck an, daß Land- und Forstwirte mit kleineren Betrieben steuerlich begünstigt und nur etwa 50 bis 80 v.H. der durchschnittlichen tatsächlichen Gewinne erfaßt werden sollen651. Die derzeitige Ausgestaltung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen verfehlt diesen Lenkungszweck. Nach den neueren Berechnungen des Bundesrechnungshofes erfaßt die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bei mehr als zwei Dritteln der untersuchten Fällen weniger als 50 v.H. der geschätzten oder auf Grund der Buchführung ermittelten Gewinne 652 . Damit wird bei der Besteuerung nach Durchschnittssätzen nur ein gerin647 BVerfG, Beschluß vom 22.6. 1995, BVerfGE 93, 165 (173). 648 BVerfG, Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 (148). 649 Demgegenüber verlangt Tipke, FR 1989, 186 (188 ff., 191) nicht nur eine Prüfung der Geeignetheit, sondern auch die Prüfung der Erforderlichkeit und der Angemessenheit, demnach eine komplette Verhältnismäßigkeitsprüfung. Das liegt auf der Linie der neueren Grundrechtsdogmatik, die eine Ungleichbehandlung am Verhälnismäßigkeitsgrundsatz mißt (eingehend Huster, Rechte und Ziele, 1993, 125 ff., 225 ff.; JZ 194, 541 [542 ff.]; kritisch dazu Dreier IHeun, GG, 1996, Art. 3 Rn. 24 ff.; vgl. auch Rüfner, in Bonner Kommentar zum GG, Art. 3 Rn. 92 [Okt. 1992]). Dieser Ansatz ist sehr weitreichend. Insbesondere die von Tipke aufgeworfene Kontrollfrage, ob eine Steuervergünstigung aus Gemeinwohlgründen erforderlich ist, setzt der Einschätzungsprägogative des Gesetzgebers zu enge Grenzen. Demgegenüber achtet die hier vorgeschlagene Prüfung der Geeignetheit anhand des vom Gesetzgeber selbst gesetzten Kontrollmaßstabs dessen Entscheidungsprägrogative. Im konkreten Fall bedarf es zudem keiner strengeren Kriterien, so daß die Frage der Verhältnismäßigkeitsprüfung hier offen bleiben kann. 650 Das ist auch dem Gesetzgeber bewußt. Dies zeigt § 21 Abs. la BAFöG, der die Bundesregierung ermächtigt, abweichend von § 13a EStG die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Pauschsätze zu ermitteln, „um sicherzustellen, daß auch insoweit Einkünfte in wirklichkeitsnaher Weise auf den Bedarf angerechnet werden". 651 Begr. zum Regierungsentwurf der Neufassung des § 13a EStG, BT-Drucks. 8/3239. 8·

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gerer Anteil der Gewinne steuerlich erfaßt, als der Gesetzgeber angestrebt hat. Zudem werden nicht nur Land- und Forstwirte mit kleineren Betrieben, sondern vor allem größere Betriebe (überproportional) begünstigt. Tatsächlicher und vom Gesetzgeber intendierter Lenkungserfolg fallen nach Ansicht des Bundesrechnungshofes auseinander, weil die Struktur der Land- und Forstwirtschaft erheblich von der im Jahre 1980 vorausgesetzten Struktur abweiche. Die gesetzliche Typisierung wird damit der zu typisierenden Wirklichkeit nicht mehr gerecht. Da jede gesetzliche Typisierung unter dem Vorbehalt der realitätsgerechten Erfassung der Wirklichkeit steht653, rechtfertigt auch die Befugnis des Gesetzgebers zur Typisierung 654 ihrerseits nicht die Verfehlung des Lenkungszweckes. § 13a EStG ist mithin in seiner derzeitigen Ausgestaltung nicht geeignet, die vom Gesetzgeber intendierten Lenkungszwecke zu erfüllen. Dies gilt trotz der Neufassung durch das StEntlG 1999/2000/2002, weil die zunächst angestrebten Gewinnpauschalen im Gesetzgebungsverfahren noch erheblich gesenkt wurden 655 und die neue Staffelung des Grundbetrages nach Hektarsätzen mangels Bezuges zum tatsächlichen Gewinn keine Gewähr für eine größere Zielgenauigkeit der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bietet 656 . Demnach legitimiert auch der Lenkungszweck die derzeitige Ausgestaltung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) nicht, so daß die Regelung wegen Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig ist.

I I I . Verfassungsrechtliches Postulat der Totalgewinngleichheit? Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG stehen in Einklang mit der Verfassung, die derzeitige Ausgestaltung der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen dagegen nicht 657 . Dieses Ergebnis leitet über zu der Frage, ob die beiden verfassungsmäßigen Gewinnermittlungsarten materielle Auswirkungen auf die Höhe des Totalgewinnes haben bzw. haben dürfen. Die verschiedenen Gewinnermittlungsarten sollen nur einen formell-rechtlichen, nicht aber einen materiell-rechtlichen Charakter haben658. Der Totalgewinn eines Betrie652 Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof, Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 1995 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, BT-Drucks. 13/2600, 108 ff. 653 BVerfG, Beschluß vom 25. 9. 1992, BVerfGE 87, 153 (173 ff.); Kirchhof Stbg. 1995, 68 (71); Seer, StuW 1996, 323 (329); Drüen, StuW 1997, 261 (270) m. w. N. 654 Vgl. nur BVerfG, Beschluß vom 10. 4. 1997, BVerfGE 96, 1 (7 ff.). 655 Aus diesem Grunde weiterhin krit. Schmidt ! Seeger, EStG 18 , 1999, § 13a Rn. 1. 656 Ähnlich Kanzler, FR 1999,423 (424).

657 Die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bleibt aus zwei Gründen bei den folgenden Betrachtungen außen vor: erstens genügt sie in ihrer derzeitigen Ausgestaltung nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben (s. zuvor § 9 II 2 der Arbeit) und zweitens soll mit ihrer Hilfe ein fiktiver Gewinn „ermittelt44 werden, so daß sie dem Postulat der Totalgewinngleichheit nicht unterfällt (so auch Kanzler, FR 1998, 233 [242]).

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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bes soll nach ganz herrschender Meinung unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder durch Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt, gleich hoch sein 659 . Dieser Satz enthält zwei Aussagen. In empirischer Hinsicht sagt er aus, daß der Totalgewinn gleich hoch ist. In normativer Hinsicht sagt er aus, daß der Totalgewinn gleich hoch sein muß?60. 1. Divergenz der Totalgewinne Der empirischen Aussage über die Gleichheit der Totalgewinne liegt ein auf den ersten Blick einleuchtender Gedankengang zugrunde. Bei der Überschußrechnung werden nur Betriebseinnahmen und -ausgaben gegenübergestellt. Änderungen des Wertes des Betriebsvermögens, die sich beim Betriebsvermögensvergleich als Ertrag oder Aufwand niederschlagen, haben dagegen keinen Einfluß auf die Höhe des Gewinnes. In dem Zeitraum von der Öffnung bis zur Schließung des Betriebes, der sog. Totalperiode, verliert sich die Differenzierung zwischen den Gewinnrealisierungszeitpunkten. Jede Betriebseinnahme bzw. -ausgabe führt zu irgendeinem Zeitpunkt zu Ertrag bzw. Aufwand und umgekehrt661. Dieser Gedankengang ist richtig. Der Gewinn wird bei den verschiedenen Gewinnermittlungsarten zu verschiedenen Zeitpunkten erfaßt. Während beim Betriebsvermögensvergleich das Realisationsprinzip gilt, ist bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG der Zu- bzw. Abfluß entscheidend662. Bei einer periodenübergreifenden Sicht lösen sich die Unterschiede zwischen Vermögens- und zahlungsorientierter Gewinnermittlung auf. Aus diesem systematischen Konnex allein läßt sich jedoch nicht ableiten, daß die Totalgewinne beim Betriebsvermögensvergleich und bei der Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) gleich hoch sind. Der systematische Konnex zwischen Vermögens· und zahlungsorientierter Gewinnermittlung ist eine notwendige, aber keine hinreichende Prämisse für die Totalgewinngleichheit. Er alleine rechtfertigt den Schluß auf die Totalgewinngleichheit nicht. Der Satz von der Gleichheit der 658 So Alt, Das Überschußvermögen, 1994, 88 f.; StuW 1994, 138 (143). 659 Vgl. § 5 II der Arbeit. 660 Beide Aspekte betont zu Recht Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 287. Beide Aspekte vermischt Alt, Das Überschußvermögen, 1994, 88 f., wenn er das Prinzip der Totalgewinnidentität als Postulat ansieht und daraus „zwingend" folgert, daß „die Berechnungsart nicht ausschlaggebend für den Umfang des Gewinns sein (kann)". 661 Vgl. Jakob, Einkommensteuer2, 1996, § 4 Rn. 121; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988); ausführlich Kalb-Arnold, Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 21 ff., 25 ff. Vgl. dazu schon Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962, 65 ff. 662 Ausnahmen vom Zufluß bzw. Abfluß legt das Gesetz selbst fest: Die Anschaffungsund Herstellungskosten für Anlagevermögen werden bei der Überschußrechnung kraft Gesetzes zum selben Zeitpunkt wie beim Betriebsvermögensvergleich gewinnwirksam (§ 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Totalgewinne ist nur dann empirisch richtig, wenn zwei weitere Prämissen erfüllt sind. Die zweite Prämisse besagt, daß bei beiden Gewinnermittlungsarten dieselben Geschäftsvorfälle im selben Umfang besteuert werden. Die dritte Prämisse besagt, daß für keine Gewinnermittlungsart im Zeitraum von der Eröffnung des Betriebes bis zu seiner Schließung eine Sonderregelung gelten darf, die Einfluß auf die Höhe des Totalgewinnes hat 663 . Bereits die zweite Prämisse ist nicht erfüllt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs darf der Steuerpflichtige, der seinen Gewinn durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, kein gewillkürtes Betriebsvermögen bilden 664 . Gewinne und Verluste, die bei der Veräußerung oder Entnahme von gewillkürtem Betriebsvermögen entstehen, erhöhen bzw. mindern daher nur den durch Betriebsvermögensvergleich ermittelten Gewinn. Diese Gewinne und Verluste gehen dagegen nicht in die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ein. Dadurch divergieren insoweit die nach den beiden Vorschriften ermittelten Totalgewinne665. Das hat auch der Bundesfinanzhof eingeräumt666. Die dritte Prämisse ist - gerade bei über Jahrzehnte existierenden Betrieben nur in Ausnahmefällen erfüllt 667 . Der Verlustabzug nach § lOd EStG wurde erst durch das Einkommensteueränderungsgesetz 1976 668 auf die Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ausgedehnt. Bei Betrieben, bei denen Verluste vor dem Veranlagungszeitraum 1975 nicht im Wege des horizontalen und vertikalen Verlustausgleiches ausgleichsfähig waren, hängt die Höhe des Totalgewinnes daher von der Gewinnermittlungsart ab. Da der Verlustabzug seit dem Einkommensteueränderungsgesetz vom 1. 2. 1938 669 systematisch verfehlt 670 in den Vorschriften über Sonderausgaben geregelt ist, stand die ungleiche Ausgestaltung des Verlustabzuges dem Bundesfinanzhof bei der Entwicklung des Prinzips der Totalgewinngleichheit vordergründig nicht im Wege. Für den Bundesfinanzhof stimmt der Totalgewinn bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG auch ohne Verlustabzug mit dem nach § 4 Abs. 1 EStG ermittelten Totalgewinn überein; der fehlende Verlustabzug sei der Preis der „Einfachheit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG" 671 . 663 Diese (dritte) Prämisse vernachlässigt Alt, Das Überschußvermögen im Einkommensteuerrecht, 1994, 89 und wohl auch Weber-Grellet, DStR 1998, 1343 (1349). 664

Umfassende Nachweise in § 3 III 3 der Arbeit. 665 Vgl. nur Pickert, DB 1994, 1581 (1587); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 75; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988). 666 BFH, Urteil vom 22. 9. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173). 667 Da die sog. Totalperiode bei jedem Betrieb verschieden ist und erst ex post feststeht, sind absolute Aussagen zur dritten Prämisse nur schwerlich möglich. 668 Vom 20. 4. 1976, BGBl. I 1976, 1054, für nicht ausgeglichene Verluste ab dem Veranlagungszeitraum 1975. 669 RGBl. I 1938, 99. 670 Vgl. v. Groll, in Kirchhof/Söhn, EStG, § lOd Rn. A 40 (Feb. 1995); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 190.

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

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Das verdeckt, daß für den Totalgewinngedanken eine vollständige Verlustverrechnung essentiell ist 672 . Das Wahlrecht des § 51 EStDV zur Pauschalierung der Betriebsausgaben gilt nur für forstwirtschaftliche Betriebe, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und den Gewinn nicht nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln. Betriebe, die diese Voraussetzungen erfüllen, können 65 bzw. 40 v.H. der Betriebseinnahmen aus der Holznutzung als Betriebsausgaben abziehen, auch wenn die tatsächlichen Betriebsausgaben niedriger sind. Da andere forstwirtschaftliche Betriebe die Betriebsausgaben nicht pauschalieren können, divergieren die jeweilige Totalgewinne insoweit, als die Pauschsätze die tatsächlichen Betriebsausgaben eines Betriebes übersteigen. Auch die Ermächtigung an die Bundesregierung, Betriebsausgaben-Pauschbeträge bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb und selbständiger Tätigkeit einzuführen (§ 51 Abs. 1 Nr. lc EStG), ist auf die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG begrenzt (§ 51 Abs. 1 Nr. lc Satz 2 EStG). Die Einführung von Betriebsausgaben-Pauschbeträgen für eine einzelne Gewinnermittlungsart führt dazu, daß Steuerpflichtige, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, unabhängig von der Höhe der tatsächlichen Betriebsausgaben die nach einem Vomhundertsatz der umsatzsteuerlichen Umsätze bemessenen Pauschbeträge (vgl. § 51 Abs. 1 Nr. lc Satz 1 EStG) in Anspruch nehmen können. Da dieses Wahlrecht an die Gewinnermittlungsart gekoppelt ist, können die Totalgewinne bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten insoweit divergieren, als die Pauschbeträge die tatsächlichen Betriebsausgaben übersteigen. Neben den genannten Vorschriften gibt es weitere gesetzliche Sonderregelungen, die Einfluß auf die Höhe des Totalgewinns haben673. Weiterhin führt auch die Auslegung einiger gesetzlicher Vorschriften durch die Rechtsprechung zu einer Divergenz der Totalgewinne. Neben der ständigen Rechtsprechung zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört hierher die Rechtsprechung zum formellen Bilanzenzusammenhang. Diese führt zum sog. automatischen Fehlerausgleich bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Die Gewinnermittlung durch Überschußrechnung knüpft nicht an das Betriebsvermögen am Schluß des vorangegangenen Wirtschaftsjahres an 6 7 4 . Der Bilanzenzusammenhang ist ihr ebenso fremd wie ein automatischer Fehlerausgleich auf Grund dieses Zusammenhanges. Der Bundesfinanzhof geht mit dem Gedanken der Totalgewinngleichheit nicht soweit, den Fehlerausgleich auch auf die Überschußrechnung nach 671 BFH, Urteil vom 3. 7. 1968, BStBl. II 1968, 736 (737). 672 Vgl. dazu § 7 der Arbeit. 673 Vgl. BFH, Urteil vom 30. 3. 1994, BStBl. II 1994, 852 (854); BFH, Urteil vom 26. 4. 1995, BFH/NV 1996, 130 (131), beide zu § 51 DMBilG. 674 Die typischen Bilanzierungs- und Bewertungsfehler des Betriebsvermögensvergleiches können bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht auftreten, weil diese Gewinnermittlung keine jährlichen Bestandsaufnahmen erfordert. Infolge der gesetzlichen Gleichstellung (§ 4 Abs. 3 Satz 3 EStG) können allerdings die praktisch häufigen AfA-Fehler auch bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG auftreten (vgl. Koschmieder, FR 1997, 130 [132]).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

§ 4 Abs. 3 EStG auszudehnen. In einem Urteil vom 23. Mai 1991 675 stellt er klar, daß ein Fehlerausgleich in späteren Veranlagungszeiträumen bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG „nicht statthaft" sei und nur eine Korrektur der Veranlagung des Fehlerjahres in Betracht komme, sofern dies nach den Vorschriften der Abgabenordnung noch zulässig sei. Kommt der sogenannte automatische Fehlerausgleich nur bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zum Tragen, divergiert der durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte Totalgewinn notwendigerweise von dem durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Totalgewinn. Der Bundesfinanzhof hat erkannt, daß die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich sich infolge des Fehlerausgleichs „in den Auswirkungen erheblich von der Besteuerung derjenigen Steuerpflichtigen (unterscheidet), die ihren Gewinn oder ihre Einkünfte durch Überschußrechnung ermitteln" 676 . Die Divergenz der Totalgewinne sei jedoch als systembedingt anzusehen 677 Die empirische Aussage, die Totalgewinne seien unabhängig von der zugrundegelegten Gewinnermittlungsart stets gleich, ist danach nicht richtig. Das räumt auch der Bundesfinanzhof ein 6 7 8 . De facto stimmen die Gewinne nur in Ausnahmefällen überein 679. Allerdings ist zuzugeben, daß die empirische Aussage über die Gleichheit der Totalgewinne im Laufe der Jahrzehnte an Plausibilität gewonnen hat 680 , gerade weil die Rechtsprechung beide Gewinnermittlungsarten unter Rekurs auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit aneinander angeglichen hat 681 . 675 BStBl. II 1991,796(798). 676 BFH, Urteil vom 25.4. 1990, BFH/NV 1990,630 (631). 677 BFH, Urteil vom 25. 4. 1990, BFH/NV 1990, 630 (631); gl. A. Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992, 46 f.; vgl. auch bereits BFH, Urteil vom 13. 5. 1959, BStBl. III 1959, 270 (271), das in der Sache durch BFH, Urteil vom 7. 10. 1971, BStBl. II 1972, 271 (272 f.) überholt ist. 678 BFH, Urteil vom 26. 4. 1995, BFH/NV 1996, 130 (131): „eine Totalgewinngleichheit (hat sich) noch nicht in vollem Umfang durchgesetzt". 679 Vgl. Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 110 ff.; Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 75; Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 108 f.; Wolff-Diepenbrock, in Littmann /Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2161 (Jan. 1988) und jüngst Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Vor §§ 4 - 7 Anm. 32 (Febr. 1999). 680 Vgl. Plückebaum, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 4 Rn. Β 140 (Jan. 1988), der auf Divergenzen hinweist, die der Bundesfinanzhof unter Änderung der Rechtsprechung inzwischen ausgeräumt hat. 681 Als Beispiel sei die Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesfinanzhofes zum Abzug von Schuldzinsen genannt. Diese führte zur Divergenz der Total gewinne (vgl. einerseits BFH, Urteil vom 23. 6. 1983, BStBl. II 1983, 723, und andererseits BFH, Urteil vom 23. 6. 1983, BStBl. II 1983, 725). Aus diesem Grunde hat der IV. Senat durch Beschluß vom 8. 9. 1988, BStBl. II 1989, 32 (34), die Frage dem Großen Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung vorgelegt. Nach BFH, Beschluß (GrS) vom 4. 7. 1990, BStBl. II 1990, 817 (830) ist bei allen Gewinnermittlungsarten die Frage des Abzugs von Schuldzinsen einheitlich nach dem Veranlassungsprinzip ( § 4 Abs. 4 EStG) zu beantworten. Dadurch hat der Große Senat

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

121

Das leitet zu der normativen Frage über, ob die Totalgewinne unabhängig von der Gewinnermittlungsart gleich hoch sein müssen und zu der weiteren Frage, ob der Bundesfinanzhof beide Gewinnermittlungsarten angleichen durfte.

2. Totalgewinngleichheit

und Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)

Das Prinzip der Totalgewinngleichheit soll verfassungsrechtlich geboten sein. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) soll es gebieten, daß der Totalgewinn eines Betriebes trotz verschiedener Gewinnermittlungsarten gleich hoch ist. Es soll keinen sachlichen Grund dafür geben, allein auf Grund verschiedener Methoden der Gewinnermittlung einen unterschiedlichen Totalgewinn zu besteuern682. Diese Ansicht überzeugt nicht. Der Schutzbereich des Gleichheitssatzes ist auf der einen Seite eröffnet, wenn der Gesetzgeber zwei Sachverhalte gleich oder ungleich behandelt (aktbezogene Gleich- bzw. Ungleichbehandlung)683. Der Gesetzgeber behandelt zwei Sachverhalte gleich, wenn auf beide die identische Rechtsfolge angewendet wird 684 und ungleich, wenn auf beide verschiedene Rechtsfolgen angewendet werden. Der Totalgewinn ist nur die rechnerische Summe der einzelnen Periodengewinne zuzüglich des Veräußerungs- oder Aufgabegewinnes. Der Gesetzgeber knüpft an den Totalgewinn keine Rechtsfolgen. Der Totalgewinn geht insbesondere nicht in die steuerliche Bemessungsgrundlage ein und hat keinen Einfluß auf die Höhe der Steuerlast. Damit fehlt es an einer aktiven Gleich- oder Ungleichbehandlung. Demnach könnte der Schutzbereich des Gleichheitssatzes nur eröffnet sein, wenn der Gesetzgeber verpflichtet wäre, die Totalgewinne gleich zu behandeln. Eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers zum Handeln besteht allerdings nur unter engen Voraussetzungen, wenn konkrete Schutzpflichten des Staates oder Zugangsrechte des Bürgers bestehen685. Ansatzpunkte für eine verfassungsrechtliche Pflicht des Gesetzgebers zur Gleichbehandlung des Totalgewinnes sind jedoch nicht ersichtlich. Auch die Autoren, nach deren Ansicht das Prinzip der Totalgewinngleichheit verfassungsrechtlich geboten ist, können eine solche Pflicht nicht begründen. Sie behaupten vielmehr eine Ungleichbehandlung, ohne der Fradie Divergenz der Totalgewinne insoweit ausgeräumt, ohne allerdings auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit zu rekurrieren. 682 Bergkemper, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 504, 507, 531 (Juli 1998); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 5; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988); in diesem Sinne auch Graf, FR 1990, 324 (328); Nieland, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 18 (Okt. 1992); Rombach, Das Maßgeblichkeitsprinzip im System einkommensteuerlicher Gewinnermittlung, 1988, 123; Tipke, Steuerrecht11, 1987, 296. 683 Alexy, Theorie der Grundrechte 2,1994, 377. 684 Huster, Rechte und Ziele, 1993, 21; ähnlich Sachs/Osterloh, GG 2 ,1999, Art. 3 Rn. 83. 685 Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994, 377 ff. m. w. N.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

ge nachzugehen, worin eine Gleich- oder Ungleichbehandlung im Steuerrecht liegt 686 . Vor der Frage einer Rechtfertigung steht bei der Prüfung des Gleichheitssatzes jedoch die Frage der Gleich- oder Ungleichbehandlung. Gleichbehandlung bedeutet, daß die an einen Sachverhalt geknüpften Rechtsfolgen identisch oder austauschbar sind 687 . Rechtsfolgen sind dabei alle unmittelbaren rechtlichen Folgen, die auf den Sachverhalt angewendet werden 688. Der steuerrechtliche Gewinn ist Teil der Bemessungsgrundlage, auf die ihrerseits der Steuertarif anzuwenden ist, um die tarifliche Steuer zu berechnen. Die Bemessungsgrundlage erfüllt die Meßfunktion, der Steuertarif die Belastungsfunktion 689. Beide sind voneinander untrennbar und begründen erst in ihrem Zusammenwirken die Steuerbelastung des Bürgers. Eine steuerrechtliche Gleichbehandlung der Totalgewinne würde bedeuten, daß die Totalgewinne auf der Ebene der Bemessungsgrundlage und zugleich auf der Ebene des Steuertarifs gleichbehandelt werden, weil nur in diesem Fall die Rechtsfolgen identisch wären. Die Gesamtsteuerbelastung des Gewinnes kann indes trotz des gleichen Totalgewinnes unterschiedlich hoch sein 690 . Aus dem Prinzip der Totalgewinngleichheit läßt sich keine Gleichheit der „Totalsteuer" ableiten691, weil dieses Prinzip nur auf die Meßfunktion der Bemessungsgrundlage fixiert ist. Es blendet die Belastungsfunktion des Steuertarifs aus. Diese führt jedoch dazu, daß trotz gleichen Totalgewinnes die unterschiedlichen Periodengewinne wegen des progressiven Steuertarifs (§ 32a Abs. 1 EStG) und mehrfacher Änderungen des Tarifes 692 unterschiedlich belastet werden 693. 686 Vgl. insbesondere FG Hamburg, Urteil vom 17. 11. 1989, EFG 1990, 624 (625), das das Prinzip der Totalgewinngleichheit zum Maßstab des Gleichheitssatzes erhebt und behauptet, Unterschiede in der Höhe der Periodengewinne würden nicht zu einer Ungleichbehandlung führen! 687 Huster, Rechte und Ziele, 1993, 21; ähnlich Sachs ! Osterloh, GG 2 , 1999, Art. 3 Rn. 83. 688 Huster, Rechte und Ziele, 1993, 19 Note 23. 689 Seer, StuW 1997, 283 (286 f.); Tipke, GmbHR 1996, 8 (10). 690 Deshalb kann die Einführung internationaler Bilanzierungsstandards (wie IAS und USGAAP, dazu statt vieler Ordelheide, WPg. 1996, 545), obwohl sie zum selben Totalgewinn wie die herkömmlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung führen (Schön, ZHR 161 [1997], 133 [156]), eine andere (wegen antizipierter Gewinnrealisation tendenziell höhere) steuerliche Gesamtbelastung auslösen. 691 Nds. FG, Urteil vom 24. 8. 1978, EFG 1979,62 (63); Merkenich, Die unterschiedlichen Arten der Einkünfteermittlung im deutschen Einkommensteuerrecht, 1982, 111; Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, 47 f.; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988); Wolff- Diepenbrock, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2161 (Jan. 1988). 692 Signifikantes Beispiel ist die sog. Steuerreform 1990, bei der der Einkommensteuertarif in drei Stufen (1986, 1988 und 1990) abgesenkt wurde (BGBl. 1985 I 1153; 1987 I 1629 und 1988 I 1093) sowie die stufenweise Tarifreform durch das StEntlG 1999/2000/2002 (vgl. § 52 Abs. 41 bis 45 EStG n.F.). 693 Zudem kann die Auflösung von Rücklagen und Rückstellungen aus Anlaß einer Betriebsveräußerung oder -aufgabe bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich zum begünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zählen (vgl. Schmidt/ Wacker,

§ 9 Verfassungsrechtliche Argumente

123

Das Prinzip der Totalgewinngleichheit stellt folglich nicht auf sämtliche an den Sachverhalt zu knüpfenden Rechtsfolgen ab. Es trennt Meßfunktion und Belastungsfunktion, obwohl die Meßfunktion der Bemessungsgrundlage allein nichts aussagt. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit führt infolgedessen nur auf den ersten Blick zu einer Gleichbehandlung. Das räumen einige Verfechter dieses Prinzips ein und rechtfertigen die fehlende Totalsteuergleichheit mit Vereinfachungserwägungen694. Das ist verfehlt. Die Totalsteuerlast ist eine reale Größe, welche die gesamte Steuerbelastung des Steuerpflichtigen ausdrückt. Die faktische Ungleichheit der Totalsteuer resultiert nicht aus Vereinfachungserwägungen, sondern ist die notwendige Folge der periodischen progressiven Besteuerung einerseits und der unterschiedlichen Ausgestaltung der Gewinnermittlungsarten andererseits. Sind die Grundentscheidungen des Gesetzgebers verfassungsgemäß, so sind es auch die notwendigen Folgewirkungen. Verstößt jedoch die Ungleichheit der realen Größe „Totalsteuer" nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wie kann dann die Ungleichheit der Denkgröße „Totalgewinn" gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen? Die Verfechter des Prinzips der Totalgewinngleichheit bleiben eine Antwort auf diese Frage schuldig. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit dividiert mit der Meßfunktion der Bemessungsgrundlage und der Belastungsfunktion des Steuertarifs sachlich Untrennbares auseinander. Der Gleichheitssatz ist im Steuerrecht darauf gerichtet, ein Besteuerungsgleichmaß in der Form der Gleichheit des Belastungserfolges herzustellen 695 . Der Belastungserfolg, das Ergebnis der Anwendung von Bemessungsgrundlage und Steuertarif, ist die einzig entscheidende Größe; nur sie gibt an, in welchem Umfang der Staat in die Freiheitsrechte des Bürgers eingreift. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit verschließt die Augen jedoch vor dem Belastungserfolg. Es zielt nicht auf eine rechtliche oder tatsächliche Gleichbehandlung ab, sondern auf die Gleichbehandlung von Denkgrößen. Art. 3 Abs. 1 GG verlangt indes eine rechtliche oder tatsächliche, aber keine virtuelle Gleichbehandlung. Behandelt der Gesetzgeber den Totalgewinn weder gleich noch ungleich und ist er hierzu auch nicht verpflichtet, so ist der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG gar nicht eröffnet. Demgegenüber stellt Graf bei der Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht auf die fiktive Größe des Totalgewinnes ab. Er fordert, Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG in Hinblick auf die Tarifvorschrift des § 34 EStG 696 gleich zu behandeln697. Das zielt auf Meßfunktion und BelaEStG 18 , 1999, § 16 Rn. 295, 318, 324), so daß insoweit eine Tarifbegünstigung gegenüber der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG eintritt. 694 Vgl. Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 64; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 10 (Jan. 1988). 695 BVerfG, Beschluß vom 27. 6. 1991, BVerfGE 84, 239 (268, 272 f.); BVerfG, Beschluß vom 22. 6. 1995, BVerfGE 93, 121 (146 f.). 6% Neugefaßt durch das StEntlG 1999/2000/2002, BGBl. I 1999, 402.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

stungsfunktion und damit auf eine echte steuerliche Gleichbehandlung ab. Beide Gewinnermittlungsarten werden steuerlich ungleich behandelt, wenn eine tarifbegünstigte Entschädigung (§§ 24 Nr. 1, 34 Abs. 2 EStG) in Raten über mehrere Jahre hinweg gezahlt wird. Beim Betriebsvermögensvergleich wird der Gewinn durch das Entstehen des Anspruchs „auf einen Schlag" realisiert. Auf Grund dieser „Zusammenballung" ist die Entschädigung auch dann tarifbegünstigt, wenn der Schuldner in Raten zahlt. Bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG kommt es dagegen auf den Zufluß (§ 11 Abs. 1 EStG) der Raten an, so daß die Entschädigung peu â peu mit dem regulären Steuertarif belastet wird 698 . Diese tarifliche Ungleichbehandlung sieht Graf als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG an. Das überzeugt nicht, weil die Tarifbegünstigung bezweckt, erhöhte Steuerbelastungen infolge einer Zusammenballung von Einkünften abzumildern und § 34 Abs. 1 EStG aus diesem Grunde voraussetzt, daß die Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum steuerlich zu erfassen sind 699 . Da die Raten bei der Überschußrechnung nicht in einem Veranlagungszeitraum zufließen, bleibt die Progressionsbelastung aus 700 . Daher ist es sachgerecht, § 34 Abs. 1 EStG nicht anzuwenden und beide Gewinnermittlungsarten ungleich zu behandeln. Eine steuerliche Gleichbehandlung ist durch Art. 3 Abs. 1 GG nicht geboten. Das Beispiel von Graf ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert. Auf der einen Seite zeigt es, daß das Prinzip der Totalgewinngleichheit die Gefahr in sich birgt, den Blick auf die eigentlichen Probleme eines Falles - im Beispiel den Normzweck des § 34 EStG - zu verstellen. Auf der anderen Seite illustriert das Beispiel, daß das Prinzip der Totalgewinngleichheit nur zu einer scheinbaren Gleichbehandlung führt, weil die Steuerlast trotz gleichen Totalgewinnes ungleich ist.

3. Ergebnis Die unterschiedlichen Gewinnermittlungsarten können zu unterschiedlichen Totalgewinnen führen. Das ist kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Prinzip der Totalgewinngleichheit ist von Verfassungs wegen nicht geboten. Der Gesetzgeber verletzt den Gleichheitssatz nicht dadurch, daß er steuerrechtliche Sonderregelungen schafft, die zu verschiedenen Totalgewinnen bei den 697 Graf, FR 1990, 324 (328 f.), der (wohl unbewußt) mit dem herkömmlichen Verständnis der Totalgewinngleichheit bricht und in einer unterschiedlichen Tarifbelastung „eine substanzielle Durchbrechung der Erfassung des gleichen Totalgewinnes" sieht. 698 Schmidt ! Seeger, EStG 18 , 1999, § 34 Rn. 20. 699 BFH, Urteil vom 21. 3. 1996, BStBl. II 1996, 416 (417); BFH, Urteil vom 4. 3. 1998, BStBl. II 1998, 787 (788 f.); Sàmiàll Seeger, EStG 18 , 1999, § 34 Rn. 17; ebenso Borggreve, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 34 Rn. 15, 15a (April 1998), unklar allerdings a. a. O. Rn. 22 f. 700 Die Progression wird zudem bereits durch die Verteilung der Entschädigung auf mehrere Jahre gemildert.

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze

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einzelnen Gewinnermittlungsarten führen. § 51 Abs. 1 Nr. 1 c EStG, der die Bundesregierung ermächtigt, besondere Betriebsausgaben-Pauschbeträge für Steuerpflichtige einzuführen, die den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, verstößt aus diesem Grunde nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG 7 0 1 .

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze Mehrere Autoren ziehen den Totalgewinngedanken im Wege der Argumentation aus dem inneren System der Steuergesetze heran. Argumente aus dem inneren System gehören zu den teleologischen Argumenten (im weiteren Sinne)702. Sie orientieren sich an Prinzipien und Wertungen, die einem oder mehreren Steuergesetzen gemeinsam zugrunde liegen 703 . Den Totalgewinngedanken fassen einige Autoren als Prinzip auf 704 . Diesem Totalgewinnprinzip soll als materiellem Prinzip und als Subprinzip des Leistungsfähigkeitsprinzips der Vorrang vor dem technischen Prinzip der Abschnittsbesteuerung gebühren705. Gegen diese Argumentation bestehen zwei Einwände. Der erste betrifft den Vorrang materieller Prinzipien vor technischen Prinzipien und der zweite die Qualifikation des Totalgewinngedankens als (normkonzipierendes) Prinzip.

701

Eine andere - zur Zeit noch hypothetische - Frage ist, ob die Bundesregierung bei der Ausfüllung der Ermächtigung die Grenzen der Typisierungsfreiheit des Verordnungsgebers einhält. 70 2 Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz2, 1983, 91 und ihm folgend Tipke ! Kruse, AO, § 4 Tz. 93b (April 1997) bezeichnen die Argumentation aus dem inneren System als höhere Stufe innerhalb der teleologischen Auslegung. 703 Tipke / Kruse, AO, § 4 Tz. 98 (April 1997). Die Differenzierung zwischen innerem und äußerem System geht auf Heck, Begriffsbildung und lnteressenjurisprudenz, 1932, 142 f., zurück, der zwischen der immanenten Ordnung einer Materie aufgrund sachlichen Zusammenhangs (inneres System) und der ordnenden Darstellung (äußeres System) differenziert. Die Differenzierung hat sich auch im Steuerrecht, nicht zuletzt auf Grund des Einflusses von Canaris, Systembegriff und Systemdenken in der Jurisprudenz2, 1983, 35 ff. et passim, durchgesetzt. 704 Die Literatur verwendet den Terminus Prinzip nicht einheitlich und versteht darunter sehr heterogene Erscheinungen, vgl. Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 1994, 272. 7 05 in diese Richtung Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 449 f.; Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 136 ff., 138 f., 148, 240; Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rz. 171 bis 177; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993,611.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

I. Vorrang des Totalgewinngedankens vor dem Abschnittsprinzip? 1. Materielle und technische Prinzipien Die Konstruktion einer Prinzipienhierarchie von materiellen und technischen Prinzipien führt nicht weiter. Der im aristotelischen Denken wurzelnde Dualismus von Inhalt und Form läßt sich nicht für die Qualifikation von Prinzipien fruchtbar machen. Gegen eine solche Hierarchie spricht zunächst, daß die Einordnung eines Prinzips vom Werturteil des Rechtsanwenders anhängt. Abstrakt besteht wohl in vielen Fällen Einigkeit darüber, ob ein Prinzip als materielles Prinzip der Gerechtigkeit oder aber als technisches Prinzip der Vereinfachung oder Praktikabilität dient. Im konkreten Einzelfall allerdings ist die Einordnung dagegen kontrovers. Das zeigt der Streit um das Periodizitätsprinzip 706. Ein weiteres eindrucksvolles Beispiel aus dem Bereich der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ist der in § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG normierte Maßgeblichkeitsgrundsatz707. Überdies verdeutlicht die Judikatur zum Abschnittsprinzip, daß die Einordnung eines Prinzips durchaus wechselhaft sein kann und vielfach durch den Blick auf das Ergebnis bestimmt wird. So relativiert der Bundesfinanzhof in seiner Rechtsprechung zum formellen Bilanzenzusammenhang die Bedeutung der periodischen Besteuerung, um einen »fehlerausgleich" in einem späteren Jahr zu ermöglichen 708 . Beruft sich der Steuerpflichtige demgegenüber auf einen durch langjährige Verwaltungsübung geschaffenen Vertrauenstatbestand, betont der Bundesfinanzhof gerade die Bedeutung der periodischen Besteuerung: Das Finanzamt müsse den steuerlich relevanten Sachverhalt in jedem Veranlagungszeitraum erneut prüfen, rechtlich würdigen und eine als falsch erkannte Rechtsansicht zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben 709. Dadurch versagt die Rechtsprechung dem Steuerpflichtigen unter Hinweis auf die periodische Besteuerung praktisch jeglichen Vertrauensschutz710. In Einzelfällen zieht der Bundesfinanzhof das Prinzip der Abschnittsbesteuerung auch dem ansonsten hochgeschätzten Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit vor 711 . Die Bedeutung des Abschnittsprinzips schwankt von Fall zu Fall; der Steuerpflichtige hat stets das Nachsehen. 706 Nachweise in § 9 11 der Arbeit. 707

Als technisches Prinzip sehen insbesondere Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 286; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3 (18); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 611; Blümich/Schreiber, EStG, § 5 Rz. 32 u. 164 (Okt. 1997) den Maßgeblichkeitsgrundsatz an. Demgegenüber sehen Crezelius, JbFSt. 1984/85, 425 (428); M oxter, BB 1997, 195 (198); Söffing, Festschrift Budde, 1995, 635 (666) den Maßgeblichkeitsgrundsatz als materielles Prinzip an. 7 08 Deutlich BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143). 7 09 BFH, Urteil vom 16. 7. 1964, BStBl. III 1964, 634 (635); BFH, Urteil vom 15. 12. 1988; BStBl. II 1989, 363 (364); BFH, Urteil vom 5. 9. 1990, BFH/NV 1991, 217 (218) und öfter. 710

Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 453 f. und in Tipke/Kruse, AO, Vor §204 Tz. 31 (April 1997).

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze

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Der Streit um die Einordnung in materielle und technische Prinzipien macht nicht nur klar, wie schwer es ist, konsensfähige Lösungen zu finden, er offenbart zugleich ein grundlegendes Problem dieses Ansatzes. Die Trennung von materiellen und technischen Prinzipien verkennt den inneren Zusammenhang beider Arten von Prinzipien 712. Es besteht kein antithetischer Gegensatz zwischen materiellen und technischen Prinzipien. Das liegt daran, daß auch die Differenzierungkriterien zwischen beiden Arten von Prinzipien, Gerechtigkeit einerseits und Zweckmäßigkeit andererseits, nicht in einem antithetischen Gegensatz zueinander stehen713. Gerechtigkeit und Zweckmäßigkeit ergänzen sich vielmehr. Ohne den Rückgriff auf technische Prinzipien wäre die Besteuerung nicht praktikabel. Das räumen auch Tipke und Lang ein 7 1 4 . So hat der Gesetzgeber die theoretische Richtigkeit einer Totalgewinnbesteuerung erkannt, aber gleichwohl aus praktischen Gründen an einer periodischen Besteuerung festgehalten 715. Das Erfordernis der Praktikabilität hat dabei zwei Seiten: Es gewährleistet einerseits den Verwaltungsvollzug und schützt andererseits den Steuerpflichtigen 716. Technische Prinzipien haben folglich nicht rein technische, sondern auch materielle Wirkungen. Das spricht jedoch gegen einen scharfen Schnitt zwischen technischen und materiellen Prinzipien. Schließlich ist das theoretische Fundament der behaupteten Prinzipienhierarchie in sich nicht geschlossen. Die Hierarchie von materiellen und technischen Prinzipien baut auf dem absoluten Vorrang materieller Prinzipien auf. Zugleich versteht Lang Prinzipien als Optimierungsgebote717. Damit knüpft er ausdrücklich an die insbesondere von Alexy vertretene Prinzipientheorie an. Diese kennzeichnet, daß eine Prinzipienkollision nicht durch absolute Vorrangrelationen aufgelöst werden kann 718 . Die Konstruktion einer absoluten Prinzipienhierarchie, in der materielle 711 Vgl. BFH, Urteil vom 26. 6. 1996, BStBl. II 1996, 601 (602), das die auf das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit gestützte Revision unter Hinweis auf die Abschnittsbesteuerung zurückwies. 712 Vgl. auch Esser, Grundsatz und Norm in der rechtlichen Fortbildung des Privatrechts4, 1990, 151 ff., 153, der die Aufteilung in „materielle" Rechtsprinzipien und formale Ordnungsprinzipien als „oberflächig" ansieht. 713 Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie2, 1977, 445 ff.; ähnlich Brandis, StuW 1987,289 (297). 714 Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 4 Rn. 130 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 116, 497 ff. De lege ferenda hält auch Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993, Rn. 536, aus technischen und fiskalischen Gründen an der Abschnittsbesteuerung fest und mildert diese durch einen Verlustabzug und ein Cash-flow-Element ab. 715 Vgl. § 91 1 der Arbeit. 716 Ähnlich Brandis, StuW 1987, 289 (298). 717 Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 4 Rn. 12; a.A. noch Lang, StuW 1989, 201 (208 Note 44). 718 Das widerspricht jedoch absoluten Vorrangrelationen für Prinzipien, vgl. Alexy, ARSP Beiheft 25 (1985), 13 (24 ff.); Theorie der Grundrechte2, 1994, 75 ff., 79 ff., 81: „Der ... Begriff der bedingten Vorrangrelation ist für das Verständnis der Prinzipienkollision und

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Prinzipien a priori Vorrang genießen, widerspricht jedoch der Grundprämisse, daß Prinzipien Optimierungsgebote sind 7 1 9 . Der Optimierungsansatz steht gerade im Gegensatz zu einer materialen Wertethik, in der es eine strikte Rangordnung der Werte oder Prinzipien g i b t 7 2 0 . Eine Optimierung setzt vielmehr die abstrakte Gleichwertigkeit der kollidierenden Prinzipien voraus 721 .

2. Das Abschnittsprinzip

als technisches und materielles Prinzip

Ungeachtet dieser Bedenken gegen die Konstruktion einer Prinzipienhierarchie führt diese bei der Frage der periodischen Besteuerung auch nicht weiter. Die Abschnittsbesteuerung ist weder ein rein technisches noch ein rein materielles Prinz i p 7 2 2 . Sie hat vielmehr technische und materielle Gründe und Wirkungen. Die gesetzgeberische Belastungsentscheidung, das im Kalenderjahr bezogene zu versteuernde Einkommen einem progressiven Steuertarif (§ 32a EStG) zu unterwerfen, ist eine materielle Entscheidung 723 : sie bestimmt die Höhe der Steuerlast des Bürgers 7 2 4 . Die Entscheidung für eine periodische Besteuerung ist die Grundlage für zahlreiche Folgeentscheidungen im materiellen Recht 7 2 5 und im Verfahrens-

damit für die Prinzipientheorie von grundlegender Bedeutung"; gegen absolute Prinzipien, a. a. O., 1994, 94 f.; Penski, JZ 1989, 105 (108 ff.) deutet Prinzipien demgegenüber nicht als Optimierungsgebote; auch er geht jedoch nicht von einer absoluten, sondern vielmehr von einer relativen Rangfolge von Prinzipien aus, die nach den Kriterien der Erforderlichkeit und Angemessenheit zu bestimmen ist. 719 Diesen Widerspruch hat Lang, StuW 1989, 201 (208 Note 44) klar erkannt. Gleichwohl hat er sich in der Folge den Ansatz Alexys zu eigen gemacht. 720 Vgl. dazu in anderem Kontext Alexy, AöR 121 (1996), 155 (156); ähnlich v. Arnim, Staatslehre der Bundesrepublik Deutschland, 1984, 213. 721 Vgl. Bartelsberger, DVB1. 1996, 1 (2). 722 Ähnlich Wieczorek, Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, 1989, 92; schwankend dagegen Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 20 f., 105 und andererseits 148, 150 f., 240. 723 Der Gesetzgeber war sich durchaus bewußt, daß der Steuerabschnitt zu den Schlüsselvorschriften eines Steuergesetzes zählt, vgl. Begründung zum EStG vom 16. 10. 1934, RStBl. I 1935,9(10). 724 Steuertarif und Steuerlast sind die Fragen, die den Bürger primär interessieren (ebenso Lang, Entwurf eines Steuergesetzbuches, 1993, 147), aus der Sicht des Bürgers sind dies die wichtigsten materiellen Entscheidungen des Steuergesetzgebers. Auch Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 343, erkennt die materiellen Wirkungen des Jahressteuertarifs an. Diese Wirkungen sind jedoch vom Gesetzgeber intendiert und damit Ausdruck einer materiellen Entscheidung. 725 Bei der Einkommensteuer sind die zahllosen Frei- und Pauschbeträge, die zumutbare Eigenbelastung (§ 33 Abs. 3 EStG) u.v.m. jahresbezogen, der Periodengewinn bestimmt die Höhe des negativen Eigenkapitals i. S. d. § 15a EStG. Bei der Körperschaftsteuer sind Höhe und Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals (§ 30 Abs. 1 KStG) sowie seine Feststellung (§ 47 KStG) jahresbezogen. Das gleiche gilt für die Freibeträge und Hebesätze (§§ 11 und 16 GewStG) bei der Gewerbesteuer.

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze

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recht 726. Der Straftatbestand der Steuerhinterziehung (§ 370 AO) macht das gesamte materielle Steuerrecht zum Maßstab einer strafbewehrten Steuerverkürzung: Ob eine Steuer verkürzt worden ist (§ 370 Abs. 4 AO),richtetsich bei den Ertragsteuern folglich nach dem Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum727 und nicht nach der sogenannten Totalperiode728. Schließlich hängen auch staatliche Transferzahlungen von den steuerrechtlichen Jahresgrößen ab 7 2 9 . Das Argument, dem Totalgewinnprinzip gebühre als materiellem Prinzip und als Subprinzip des Leistungsfähigkeitsprinzips der Vorrang vor dem technischen Prinzip der Abschnittsbesteuerung, überzeugt daher nicht. Überdies führt auch der Hinweis auf das „Wesen" der Ertragsteuern als laufende Steuern nicht weiter. Die Überzeugungskraft von Wesensargumenten leidet daran, daß die Deduktion aus dem Wesen einer Sache nur Erkenntnisse hervorbringen kann, die zuvor in die Definition des Wesens hineingelegt wurden. Das Wesen einer Sache hängt folglich von den Eigenschaften ab, die der Interpret in die Sache hineinlegt730. Wesensargumente sind Scheinargumente731. Deshalb überzeugt es nicht, Rechtsfolgen aus dem Wesen der Einkommensteuer als einer laufenden Steuer abzuleiten732. Eine Steuer hat kein überpositives „Wesen". Der Gesetzgeber hat die Einkommensteuer durch das Einkommensteuergesetz geschaffen und ausgestaltet733. Das „Wesen" einer Steuer erschöpft sich in der gesetzlichen Ausgestaltung der Steuer 734. Aus dem Wesen der Einkommensteuer ist folglich nicht mehr ableitbar, als aus dem Gesetz selbst. Das gilt gleichermaßen für die anderen Ertragsteuern. In keinem Fall rechtfertigt es das „Wesen der Ertragsteuern als laufende Steuern", die gesetzlichen Vorschriften der Abgabenordnung über Bestandskraft und Verjährung zu verletzen. Wenn man überhaupt von einem „Wesen" der Ertragsteuern sprechen will, so wird dieses durch die materiellen und die verfahrensrechtlichen Vorschriften konstitu726

Ζ. B. Buchführungs- und Steuererklärungsvorschriften (§141 AO und § 149 AO i.V.m. § 25 Abs. 3 EStG, § 49 Abs. 1 KStG, § 14 Abs. 2 GewStG), Vollverzinsung (§ 233 a AO). 727 BGH, Urteil vom 4. 5. 1984, wistra 1984, 181; Engelhardt, in Hübschmann/Hepp/ Spitäler, AO, § 370 Rn. 17d (Nov. 1987). 728 Eine strafbewährte Steuerverkürzung tritt auch dann ein, wenn die Steuerverkürzung infolge des Bilanzenzusammenhanges in einem späteren Jahr „ausgeglichen" wird (so schon RG, Urteil vom 20. 9. 1943, RStBl. 1944, 26). 729 Z. B. § 21 BaFöG. Der Steuergesetzgeber ist sich dieser Maßstabsfunktion bewußt vgl. § 2 Abs. 5 Satz 2 EStG. ™> Eingehend Scheuerle, AcP 163 (1964), 429,430 f., 450 ff. 7

31 Ähnlich kritisch Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 1994, 37 f.; 64 ff.; Rüthers, NJW 1996, 1249 (1252); Vogel, JbFSt. 1978/79, 34 (50). 732 Vgl. demgegenüber Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 243; ähnlich Mathiak, in Kirchhof/Söhn, EStG § 5 Rn. A 227 (Jan. 1987) und in umgekehrter Zielrichtung /. Seeger, Festsetzungsverjährungsfolgen bei falschen Bilanzansätzen, 1982, 78. 7 33 Der (jüngere) Gesetzgeber geht zudem davon aus, daß die Einkommensteuer „ihrem Wesen nach" eine Jahressteuer ist, so Begründung, BT-Drucksache 7/1470, 239. 734 Ähnlich zum „Wesen" der Gewerbesteuer Braun, BB 1993, 1122(1124).

9 Driien

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

iert, weil materielles Recht und Verfahrensrecht sich gegenseitig ergänzen735. Demnach läßt sich auch aus dem „Wesen" der Ertragsteuern nicht ableiten, daß die periodische Besteuerung nur ein technisches Prinzip ist. Vielmehr hat der Gesetzgeber bei der Auswahl der Besteuerungszeiträume die Kollision der verfassungsrechtlichen Prinzipien entschieden und damit auch eine materielle Entscheidung getroffen 736. Der Streit um die prinzipientheoretische Einordnung des Abschnittsprinzips ist daher verkürzt; er verdeckt zudem die gesetzgeberische Entscheidung.

II. Der Totalgewinngedanke als normkonzipierendes Prinzip? Der Totalgewinngedanke läßt sich nicht als normkonzipierendes Prinzip auffassen, auf das der Rechtsanwender bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzes zurückgreifen kann. Normkonzipierende Prinzipien gewinnt der Rechtsanwender durch Induktion aus einer Mehrzahl von Gesetzesvorschriften 737. Die normkonzipierenden Prinzipien folgen jedoch nicht logisch aus den einzelnen Gesetzesvorschriften, die dem Induktionsschluß zugrunde liegen738. Kruse hat das Problem der Gewinnung von Prinzipien anschaulich beschrieben739: Die im Gesetz angelegten Ansätze würden nach einer Gewichtung zu langen Linien ausgezogen. Die Gewichtung werde vom Rechtsgefühl (mit-)gesteuert. Der Rechtsanwender möge meinen, dem geltenden Recht auf der Spur zu sein, doch verfolge er bereits sein eigenes Rechtsideal, indem er „seine" Linie besonders lang und kräftig ausziehe. In die gleiche Richtung geht der Einwand von Esser, nicht die Prinzipien würden agieren, sondern der Rechtsfinder selbst740. 735 Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, 1986, 220 ff.; zur Notwendigkeit dieser Ergänzung vgl. auch Bachof, DÖV 1982, 757. 736 Dazu § 9 I 3 - 5 der Arbeit. Im übrigen ist zu bedenken, daß der Gesetzgeber mit jeder Einschränkung eines materiellen Prinzips durch ein technisches zugleich eine materielle Entscheidung über die Reichweite des materiellen Prinzips trifft, die - innerhalb der von der Verfassung gesetzten Grenzen - für den Rechtsanwender bindend ist. Das erkennt ζ. B. Nds. FG, Urteil vom 22. 11. 1990, EFG 1991,488 ausdrücklich an. Wenn man überhaupt an der Unterteilung in technische und materielle Prinzipien festhalten will, so sollte man sie auf die rechtspolitische Diskussion beschränken, weil ein technisches Prinzip durch eine gesetzliche Normierung auch materiell wirkt. 737

Tipke/Kruse, AO, § 4 Tz. 98 (April 1997); Festschrift Ritter, 1997, 413 (417); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 114. Kruse, a. a. O., weist zudem zutreffend daraufhin, daß manche Prinzipien erst im nachhinein konstruiert werden. 738

Vgl. Alexy, Theorie der juristischen Argumentation2, 1991, 21 und 299. Alexy, a. a. Ο., 22, zieht daraus den Schluß, daß die Stringenz einer Argumentation aus einem System begrenzt ist. 73 * Kruse, BB 1985, 1077(1083). 740 Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung2, 1972, 100. Aus anderem Blickwinkel hat Kriele, Theorie der Rechtsgewinnung2, 1976, 98, festgestellt, daß die

§ 10 Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze

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Diese grundlegenden Einwände gelten auch für das sogenannte Totalgewinnprinzip. Aus den einzelnen Vorschriften, die eine starre Abschnittsbesteuerung durchbrechen und abmildern 741, kann nicht im Wege der Induktion ein Totalgewinnprinzip hergeleitet werden. Der Gesetzgeber hat die Prinzipienkollision zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit entschieden und die periodische Besteuerung nur punktuell durchbrochen. Der Rechtsanwender darf nicht aus diesen Ausnahmevorschriften 742 ein dem gesetzlichen Grundsatz widersprechendes - normkorrigierendes - Prinzip induzieren. Er darf die Wertungen des Gesetzgebers nicht durch Rekurs auf das sogenannte Totalgewinnprinzip revidieren. Er ist an die verfassungsmäßige Entscheidung des Gesetzgebers gebunden. An dieser Stelle offenbart sich eine strukturelle Gefahr der prinzipiengeleiteten Argumentation. Die Argumente aus dem inneren System stoßen an die Grenze des - verfassungsmäßigen - Gesetzes743. Dem wertungsjuristischen Systemdenken ist dabei die Tendenz immanent, die Grenze des Gesetzes zu überwinden. Gunther Arzt hat vor einigen Jahren diesen Prozeß aus dem Blickwinkel des Strafrechts untersucht. Er unterscheidet drei Phasen. Die erste Phase habe „im Zeichen des wissenschaftlichen Systemdenkens gestanden, das sich nicht ans Gesetz anpassen will, sondern das Gesetz zur Anpassung an das schöne System zwingen möchte". In dieser Phase sei wiederholt die Verfassung gegen das geltende Recht mobilisiert worden. In der zweiten Phase seien Argumente zur lex ferenda in die Auseinandersetzung de lege lata eingesickert. In der dritten Phase sei die Bindung des geltenden Rechts so gering geschätzt und eingeschränkt worden, daß die rechtspolitisch für richtig gehaltene Lösung vielfach schon durch Interpretation der lex lata erreichbar schien744. Dabei ist die Grenzlinie zwischen der Argumentation de lege lata und de lege ferenda für die Rechtsanwendung in einem Rechtsstaat, zu dessen tragenden Organisationsprinzipien die Gewaltenteilung zählt 745 , essentiell. Der Rechtsanwender darf eine de lege ferenda erwünschte Regelung nicht zum Maßstab der Auslegung des geltenden Rechts machen746. Er darf seine rechtspolitische Entscheidung nicht an die Stelle des demokratisch legitimierten Gesetzgebers setzen747. Deduktion aus einem System, das aus dem Gesetz schlicht entnommen wird, „nichts Neues" bringt. 741 Vgl. die Nachweise in § 9 14 der Arbeit. 742 Damit wird nicht der Maxime „singularia non sunt extendenda" das Wort geredet (dagegen zu Recht Tipke ! Kruse, AO. § 4 Tz. 79 [April 1997] m. w. N. sowie Kühn /Hofmann, AO 1 7 , 1995, Anhang zu § 4 Anm. la). Es geht nicht darum, diese Vorschriften eng auszulegen, sondern um die Frage, ob aus ihnen ein allgemeines Prinzip abgeleitet werden kann (beides verwechselt Strnad, Zur Vererbung des Verlustabzuges [§ lOd EStG 1997], 1998, 36 f., Note 191). 743

Das räumt auch Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 116 ein. Arzt, in Gedächtnisschrift für Armin Kaufmann, 1989, 839 (869 ff.). ™ Vgl. BVerfG, Urteil vom 18. 12. 1953, BVerfGE 3, 225 (247); BVerfG, Urteil vom 17. 7. 1984, BVerfGE 67, 100 (130); Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, 535 ff., 546. 744

™ Tipke / Kruse, AO, § 4 Tz. 105 c (Mai 1997). 9*

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Die rechtspolitischen Erwägungen des Gesetzgebers zeigen, daß er durchaus die theoretische Richtigkeit einer Totalgewinnbesteuerung erkannt hat, aber gleichwohl aus praktischen Gründen an einer periodischen Besteuerung festhalten wollte 748 . Der Totalgewinngedanke ist infolgedessen im geltenden Recht bewußt nur ansatzweise verwirklicht. Er hat seine Grenzen in den Vorschriften der Ertragsteuergesetze zur periodischen Besteuerung einerseits und in den Vorschriften der Abgabenordnung über Bestandskraft und Verjährung, andererseits. De lege lata ist das Totalgewinnprinzip kein systemtragendes Prinzip der steuerrechtlichen Gewinnermittlung. Es ist daher kein normkonzipierendes Prinzip, sondern partiell sogar ein normkorrigierendes Prinzip. Es gilt - wie stets - die Ebenen der Rechtssetzung und der Rechtsanwendung auseinander zu halten. Die verfassungsmäßige Entscheidung dieser Prinzipienkollision durch den Gesetzgeber läßt keinen Raum für einen eigenen Optimierungsauftrag des Rechtsanwenders. Der Rechtsanwender hat nur die Optimierungsentscheidung des Gesetzgebers umzusetzen. Rechtsprechung und manche Autoren erwecken daher zu Unrecht den Eindruck, zum Ausgleich der Prinzipienkollision berufen zu sein. Darauf deuten Formulierungen, wonach der Grundsatz derrichtigenBesteuerung des Totalgewinnes Vorrang vor dem Grundsatz derrichtigenPeriodenbesteuerung genieße749. Dieser Ansatz gibt vor, daß es Aufgabe des Rechtsanwenders sei, verschiedene Prinzipien gegeneinander abzuwägen750. Tatsächlich wird jedoch das Gesetz gegen ein partiell normkorrigierendes Prinzip abgewogen. Das Gesetz wird als Prinzip mißverstanden und seine Anwendung unter die Bedingung gestellt, daß ihm im konkreten Fall kein gegenläufiges Prinzip vorgeht: Das ist der Sache nach aber die Nichtanwendung des Gesetzes. Dieser Einwand gilt gleichermaßen für das Prinzip der Totalgewinngleichheit. Rechtsprechung und Literatur wägen die gesetzliche Regelung des § 11 EStG gegen das Prinzip der Totalgewinngleichheit ab 7 5 1 . Dabei ist § 11 EStG - entgegen verbreiteter Ansicht - nicht als normative Heimstatt eines Zuflußprinzips mißzuverstehen. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG ist stets anwendbar, sofern die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind und nicht die Ausnahmen der Sätze 2 bis 4 EStG ein747 Zippelius, Festschrift Larenz, 1983,747. 7 48 S. § 9 I 1 der Arbeit sowie zu den verfassungsrechtlichen Grenzen einer Totalbesteuerung § 9 14, 5 der Arbeit. 749 S. Nachweise in § 5 II 2 der Arbeit. Deutlich Schmidlin, Das Prinzip der Periodizität in der Gewinnbesteuerung, 1956, 202, 207, 209 f.: „klare Überordnung des Prinzips der Kongruenz über das der Periodizität". 750 So ausdrücklich Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 243. In diesem Sinne auch Koschmieder, FR 1997, 130 (131) sowie Dorait, EStG3, 1997, § 4 Rn. 171 f.; Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, I 6 , 1998, 95, zum österreichischen Recht. 751 Zahlreiche Beispiele in § 5 II 1 der Arbeit, insbesondere die Behandlung von Kursschwankungen bei Fremdwährungsdarlehen und betrieblichen Veräußerungsrenten bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne)

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greifen 7 52 . Weitere Ausnahmen sieht das Gesetz nicht vor. Greift keine gesetzliche Ausnahme ein, bleibt es bei der Regel, daß der Zufluß maßgeblich i s t 7 5 3 . § 11 EStG darf jedoch nicht unter Hinweis auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit beiseite geschoben werden. Das Totalgewinnprinzip ist nach alledem kein normkonzipierendes Prinzip und demnach für die Auslegung und Anwendung des Gesetzes irrelevant. Unbilligkeiten, die die periodische Besteuerung im Einzelfall hervorruft, rechtfertigen einen Billigkeitserlaß 754 . Das folgt aus dem allgemeinen Rechtsgedanken der Billigkeit, und dazu bedarf es keines Totalgewinnprinzips. Argumente aus dem inneren System der Steuergesetze kommen nur zum Tragen, wenn sie der Wertung des Gesetzgebers nicht widersprechen 755 . Da der Totalgewinngedanke jedoch in weiten Teilen nicht in Einklang mit den gesetzlichen Wertungen steht, kann er nicht im Wege der Argumentation aus dem inneren System herangezogen werden.

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne) Teleologische Argumente im engeren Sinne beziehen sich auf den Zweck einer Norm oder einer Normgruppe 756 . Im folgenden ist den in Rechtsprechung und Li752 Solange die Bezeichnung Zuflußprinzip nur das zum Ausdruck bringen soll, ist gegen sie nichts einzuwenden. Soweit § 11 EStG als Prinzip im rechtstheoretischen Sinne gemeint ist, ist dem zu widersprechen. Ein Prinzip gilt nicht ohne Ausnahmen und kann durch ein gegenläufiges Prinzip zurückgedrängt werden (Canaris , Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz2, 1983,53). Im Gegensatz zur Regel (vgl. Penski, JZ 1989, 105 (109); Alexy, Theorie der Grundrechte2, 1994, 72) steht ein Prinzip damit unter der zusätzlichen Bedingung, daß kein anderes Prinzip im konkreten Fall vorgeht. § 11 Abs. 1 EStG ist demgegenüber stets anzuwenden, sofern nicht Sätze 2 bis 4 EStG die Anwendung ausschließen. 7 53 So zu Recht BFH, Urteil vom 16. 2. 1995, BStBl. II 1995, 635 (636). 754 BFH, Urteil vom 26. 10. 1994, BStBl. II 1995, 297 [299]; v. Groll, in Hübschmann/ Hepp/Spitäler, AO, § 227 Rn. 287 (April 1998); Tipke/Kruse, AO, § 227 Tz. 36 (Okt. 1996); Raupach/Schenking, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 2 Anm. 606 (Mai 1990); Seer, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 22 Rn. 336. 7 « Tipke / Kruse, AO, § 4 Tz. 98 (April 1997); vgl. auch Lang, Festschrift Höhn, 1995, 159 (173 f.). 756 Der Begriff „teleologische Auslegung" geht auf das griechische Wort „τέλος" (Ziel / Zweck) zurück. Die Lehre vom Zweck müßte korrekt „Telologie" heißen, jedoch hat sich das von Christian Wolff zu Beginn des 18. Jahrhundert gebildete Kunstwort „Teleologie" eingebürgert (Fikentscher, Methoden des Rechts, Bd. IV, 1977, 365). In der positivistischen Methodenlehre Savignys (zu dessen Vorläufern Raisch, Juristische Methoden, 1995) war für die teleologische Auslegung noch wenig Raum. Der Rückgriff auf den Gesetzeszweck lag für Savigny außerhalb der Grenzen der Auslegung, sofern der Gesetzgeber die Normzwecke nicht positiviert hat (Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd. I, 1840, 213 f., 220). Demgegenüber begründete Jhering die Notwendigkeit teleologischer Auslegung damit, „daß der Zweck der Schöpfer des gesamten Rechts ist, daß es keinen Rechtssatz gibt, der nicht einem Zweck, d.i. einem praktischen Motiv seinen Ursprung verdankt" (Jhering, Der Zweck im Recht, Bd. I 5 , 1916, V).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

teratur behaupteten Zwecken der steuerrechtlichen Gewinnermittlung im allgemeinen und der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nachzugehen.

I . Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung: Totalgewinn oder „voller" Gewinn? Der Große Senat des Bundesfinanzhofes sieht bekanntlich den „Sinn und Z w e c k " 7 5 7 der steuerrechtlichen Gewinnermittlung darin, den „vollen" Gewinn zu besteuern 758 . Dies ist - entgegen Federmann 75 9 - nicht der Totalgewinn, sondern wie der Bundesfinanzhof im Urteil vom 21. Dezember 1993 deutlich macht, der „volle Periodengewinn" 760 . Das Ziel der periodengerechten Gewinnermittlung betont der Bundesfinanzhof in zahlreichen Entscheidungen 761 . Auf der anderen Seite führt der Bundesfinanzhof aus, daß es nicht nur dem Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG, sondern auch seinem „Sinn und Zweck" entspreche, fehlerhafte Bilanzierungen in der Weise auszugleichen, daß frühere Einnahmen in einer späteren Gewinnperiode und früher eingetretene Verluste in einem späteren Bilanzzeitraum steuerlich berücksichtigt werden 7 6 2 . Danach bezweckt die steuerrechtliche Gewinnermittlung nicht ausschließlich, den richtigen Periodengewinn zu ermitteln 763 . 757 Gegen die Formel „Sinn und Zweck" zu Recht Höhn, Praktische Methodik der Gesetzesauslegung, 1993, 218 f.; Tipke/Kruse, AO, § 4 Tz. 76b und 88a (April 1997). 758 BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 2. 1969, BStBl. II 1969, 291 (293). 759 Bilanzierung nach Handels- und Steuerecht10, 1994, 161. 760 BStBl. II 1994, 176; zustimmend Bordewin, DStZ 1994, 513; krit. demgegenüber Kating/Lorson, DStR 1994, 729; Stobbe, FR 1994, 105. 761 Insbesondere BFH (GrS), Beschluß vom 7. 12. 1967, BStBl. II 1968, 268 (270): „Grundsatz( ) periodengerechter Gewinnermittlung"; darauf aufbauend BFH, Urteil vom 26. 7. 1991, BStBl. II 1992, 1000 (1004): „für alle Einkunftsarten geltende(s) Prinzip der periodengerechten Ermittlung der Einkünfte". Bereits BFH, Gutachten vom 25. 3. 1954, BStBl. III 1954, 195 (196) sah die Aufgabe der Buchführung „nicht lediglich darin, den Totalgewinn eines Unternehmens von seiner Gründung bis zu seiner Liquidation festzustellen, sondern die Ergebnisse bestimmter Wirtschaftsjahre" und betonte daher das Erfordernis der „Abgrenzung der Periodengewinne". Auch der Bundesrechnungshof sieht den Grundsatz der periodengerechten Gewinnermittlung als gesetzlich vorgegeben an (Bericht über die Entwicklung und den Stand der steuerlichen Betriebsprüfung 1995, zitiert bei NWB vom 6. 7. 1998, Meinungen-Stellungnahmen S. 2213 mit Angabe der Ergebnisse der Betriebsprüfung 1996, a. a. O., S. 2216) und verneint das Erfordernis, auf reinen Gewinn Verlagerungen beruhende Mehrergebnisse gesondert in den Statistiken auszuweisen (Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof, Bemerkungen 1996, BT-Drucksache 13/5700, 1 (135). 762 So ausdrücklich BFH, Urteil vom 25. 8. 1960, BStBl. III 1960, 444; BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962,273 (275) in der Sache ebenso Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143) und die darauf aufbauenden Judikate, Nachweise in § 5 II 2 der Arbeit. 763 Vgl. BFH, Urteil vom 30. 1. 1986, BStBl. II 1986, 399 (400), das von der Finanzverwaltung eingeräumte Aktivierungswahlrechte akzeptierte, weil sie „allenfalls zu geringfügigen Gewinnverlagerungen (führen), wegen ihres neutralisierenden Wiederholungseffektes

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne)

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Einzelne Autoren sehen den Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung auch darin, denrichtigenTotalgewinn zu ermitteln 764. Die Argumentation mit dem Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung erscheint beliebig. In den erstgenannten Urteilen betont der Bundesfinanzhof die Notwendigkeit, den zutreffenden Periodengewinn zu ermitteln. In den letztgenannten Urteilen hebt er dagegen die Unzulänglichkeiten des Periodengewinnes hervor und betont den Zweck, denrichtigenTotalgewinn zu erfassen. Beide Zwecke, richtiger Periodengewinn undrichtiger Totalgewinn, stehen sich nicht antinomisch gegenüber 765. Bei der Fehlerkorrektur kollidieren beide Zwecke jedoch 766 und der Bundesfinanzhof nimmt im Jahr der Fehlerkorrektur eine Besteuerung des falschen Periodengewinns in Kauf, um den richtigen Totalgewinn zu erfassen 767. Nimmt man beide Entscheidungsstränge zusammen, soll der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung darin liegen, denrichtigenPeriodengewinn, jedenfalls aber den richtigen Totalgewinn zu besteuern768. Die genannten Ansichten überzeugen nicht. Der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung besteht zunächst nicht darin, denrichtigenTotalgewinn zu ermitteln. Die teleologische Argumentation darf - wie gezeigt769 - den verfassungsrechtlichen Kontext einer Norm oder Normgruppe nicht ausblenden. Selbst wenn man teleologischen Argumenten die größte Überzeugungskraft zumißt und die anderen Argumente in ihren Dienst stellt 770 , muß sich diese Argumentation (jedoch) ohne Einfluß auf den Totalgewinn (sind)". Auch BFH, Urteil vom 24. 10. 1979, BStBl. II 1980, 186 (187) erkennt das Ziel der Erfassung des Totalgewinnes an. 764 So Bühler/Scherpf Bilanz und Steuer7, 1971, 146 „Die Einkommensbesteuerung will den Totalgewinn des Unternehmens erfassen, d. h. den gesamten Gewinn, der während der Lebensdauer, d. h. von der Gründung bis zur Liquidation, erwirtschaftet worden ist. Dieser Gewinn soll zudem, nach dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit, ein möglichst wahrer Gewinn sein . . . " (Hervorhebung im Original); vgl. auch das Revisionsvorbringen des Finanzamtes, mitgeteilt im BFH, Urteil vom 9. 2. 1972, BStBl. II 1972, 455 (456), dem der I. Senat nicht gefolgt ist; a.A. Jakobs, Das Bilanzierungsproblem, 1971, 16; Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht2, 1995, 302: Das Ziel der Gewinnermittlung liegt darin, den periodengerechten Gewinn zu ermitteln; ebenso Wöhe, Die Handels- und Steuerbilanz3,1996, 24, 92. 765 Richtig erkannt von /. Seeger, Festsetzungsverjährungsfolgen bei falschen Bilanzansätzen, 1982, 78 f. 766 Bereits klar erkannt von RFH, Urteil vom 16. 12. 1931, RStBl. 1932, 528 (530). 767 Demgegenüber gibt der österreichische Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich dem richtigen Periodengewinn den Vorrang, macht indes auch Ausnahmen, dazu Dorait, EStG3, 1997, § 4 Rn. 171 f. und Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, I 6 ,1998, 95 m. w. N. 768 Ausdrücklich in diesem Sinne Kempermann, FR 1996, 454. In der Sache ebenso die neuere Rechtsprechung, die betont, daß die Frage nach dem ersten „offenen" Jahr unter Ausschöpfung aller gesetzlichen Korrekturmöglichkeiten zu beantworten ist, vgl. BFH, Urteil vom 16. 5. 1990, BStBl. II 1990, 1044 (1046 f.); BFH, Urteil vom 3. 6. 1992, BFH/NV 1992, 741 (743). 769 § 8 II der Arbeit.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

an den Vorgaben des Verfassungsrecht messen lassen. Teleologische Argumente im engeren Sinne unterscheiden sich von teleologischen Argumenten im weiteren Sinne nicht kategorisch, sondern nur graduell; die Argumentation aus dem inneren System ist nur eine höhere Stufe innerhalb der teleologischen Argumentation 771 . Ist der Totalgewinngedanke kein normkonzipierendes Prinzip 772, folgt daraus zugleich, daß der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nicht darin liegt, den Totalgewinn zu besteuern. Dieser ist - wie gezeigt - eine irrelevante Denkgröße, an die der Gesetzgeber weder Rechtsfolgen knüpft, noch knüpfen muß. Scheidet der Totalgewinn als Zweck der steuerechtlichen Gewinnermittlung aus, so folgt daraus nicht bereits, daß der „volle" Gewinn der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung ist. Diese Vokabel sagt nicht aus, was der „volle" Gewinn sein soll 773 . Wenn damit nur die vollständige Erfassung des Betriebsvermögens gemeint sein soll, würde die Vokabel nur die Anforderungen des Vollständigkeitsgebots (§ 246 HGB) unterstreichen 774. Der Große Senat des Bundesfinanzhofes hat diese Größe indes eingeführt, um handelsrechtliche Wahlrechte aus dem Kreis der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften zu verbannen, damit sich der Kaufmann nicht ärmer rechnen kann, als er ist 775 . Die Frage ist jedoch gerade, wie arm oder reich der Kaufmann ist 776 . Die vielbeschworene Bilanzwahrheit sagt darüber nichts aus 777 : Die Bilanzwahrheit ist, das wußte schon Hermann Veit Simon77*, ein unerreichbares Ziel. Daraus lassen sich indes keine inhaltlichen Maßstäbe ableiten779. Buchführung und Bilanz genügen den Anforderungen der Bilanzwahrheit, wenn sie die Wirklichkeit mit Hilfe der für die Abbildung geltenden Normen darstellen780. Überdies hilft auch der Rekurs auf die Leistungsfähigkeit

770 So Tipke, Festschrift v. Wallis, 1985, 133 (135); Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, 1255 ff. in Anschluß an Staudinger f Coing, BGB 13 , 1995, Einl. Rn. 198. 771 Vgl. bereits § 10 der Arbeit. 772 Vgl. § 10 II der Arbeit. 773 Zur Frage, ob aus dem Gewinnbegriff überhaupt Rechtfolgen ableitbar sind, vgl. § 13 II der Arbeit. 774 Schön, StuW 1995, 366 (375 f.). 775 BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 2. 1969, BStBl. II 1969, 291 (293). 776 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht9, 1993, 23; ähnlich Kruse, Festschrift Leffson, 1976,65 ff.; StbJb. 1976/77, 113; Maaßen, DB 1970, 1285 ff. 777 Einige BFH-Richter sehen die Rechtsprechung zum „vollen" Gewinn bestätigt durch das EuGH, Urteil vom 27. 6. 1996, DB 1996, 1400 mit Berichtigungsbeschluß vom 10. 7. 1997, DStR 1997, 1416 (Tomberger) zur phasengleichen Aktivierung von Dividenden, so ζ. B. Kempermann, DStZ 1996, 570 f.; Weber-Grellet, DB 1997, 385 (387); dagegen Hoffmann, BB 1997, 1679 (1680); Kessler, DB 1997, 1 ff. 778 Die Bilanzen der Aktiengesellschaften und der Kommanditgesellschaften auf Aktien4, 1910,474. 779 Eingehend Kessler, DB 1997, 1 ff.; ähnlich Beisse, DStZ 1998, 310 (313). 780 Leffson, Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 7, 1987, 196.

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne)

137

nicht weiter 781 : er verlagert die Frage nur dahin, ob und in welchem Maße der Kaufmann leistungsfähig ist 782 . Der Große Senat versucht letztlich - wie in anderen Fällen auch 783 - den Fiskalzweck der Besteuerung im Wege teleologischer Auslegung fruchtbar zu machen. Der Fiskalzweck der Besteuerung gibt jedoch kein Maß für die Auslegung der Steuergesetze vor 784 . Ebensowenig wie es der Zweck des Einkommensteuergesetzes ist, die öffentliche Hand mit einem möglichst hohen Steueraufkommen auszustatten, ist es der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung, einen möglichst hohen Gewinn zu ermitteln 785. Dagegen spricht schon, daß der Gesetzgeber die steuerrechtliche Gewinnermittlung zunehmend zu lenkungspolitischen Zwekken nutzt 786 . Das Normengefüge der §§ 4 bis 7k EStG ist ein Konglomerat aus Fiskalzweck-, Lenkungs- und Vereinfachungszwecknormen 787. Die einzelnen Zwecke gehen nicht in dem behaupteten Gesamtzweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung auf, den „vollen" Gewinn zu besteuern788. Damit ist der Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung aufgezeigt: Er liegt darin, den nach Maßgabe des Gesetzes periodengerechten Gewinn zu ermitteln. Angesichts der konfligierenden Normzwecke läßt sich kein anderer Gesamtzweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung abstrahieren. Aus diesen allgemeinen Zwecken läßt sich zugegebenermaßen wenig Konkretes für die Rechtsanwendung ableiten. Allenfalls negativ läßt sich daraus ableiten, daß periodenfremde Erträge 781 Vgl. auch Gail, Festschrift Havermann, 1995,109 (116 ff.), der sich aus diesem Grunde auch de lege ferenda gegen die Abkopplung der steuerlichen Gewinnermittlung von der Handelsbilanz ausspricht; ebenso P. J. Schmidt, Festschrift Ludewig, 1996, 901 (905 ff.); grundsätzlich a.A. freilich Schneider, BB 1978, 1577 (1578 ff.) sowie Weber-Grellet, DB 1997, 385 und öfter. 782 Vgl. bereits Lang, DStJG 4 (1981), 45 (75). Lang in Tipke/Lang, Steuerrecht14, 1994, § 9 Rn. 376 wandte gegen das sog. Gemeinkostenurteil des BFH (Note 760) zutreffend ein, daß Überwertungen zu einem Verstoß gegen die Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit führen können und billigte dem Kaufmann auch steuerrechtlich zu, den „für ihnrichtigenPeriodengewinn zu bestimmen" (a. a. Ο. Note 70). Entgegen Weber-Grellet, DB 1994, 288 (290); DB 1994, 2405 (2406); StbJb. 1994/95, 97 (104 ff.) verstoßen ökonomisch notwendige Ermessensspielräume nicht gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip (vgl. Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993, 509 f.). 783 Vgl. BFH, Beschluß (GrS) vom 25. 6. 1984, BStBl. II 1984, 751 (766); BFH, Urteil vom 25. 6. 1996, BStBl. II 1997,202 (207). 784 Kruse, StuW 1980, 226 (230); Tipke/Kruse, § 4 AO, Tz. 95a (April 1997); Vogel, Festschrift Döllerer, 1988, 677 (687); Seer, FR 1997, 553 (559 und 561). 785 Ebenso Schön, StuW 1995, 366 (376). 786 Schaffung neuer Mietwohnungen (§ 7c EStG); Umweltschutz (§ 7d EStG); Investitionserleichterungen (§§ 7f und 7g EStG); städtebauliche Sanierungsmaßnahmen (§ 7h EStG); Denkmalschutz (§ 7i EStG) und sozialer Wohnungsbau (§ 7k EStG) pp. 787 Zu letzteren gehört insbesondere § 4 Abs. 3 EStG. Weiteres Beispiel ist die Sofortabschreibung nach § 6 Abs. 2 EStG, die (auch) der Arbeitserleichterung für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung dient (vgl. Schmidt /Glanegger, EStG , 1999, § 6 Rn. 455). 788 Ähnlich Kruse, Festschrift Leffson, 1976,65 (69 f.); StbJb. 1976/77, 114 (128).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

und Aufwendungen, die nach dem Gesetz zu einem anderen Gewinnermittlungszeitraum gehören, nicht in die Ermittlung des Periodengewinnes eingehen dürfen 789 . Positive Festlegungen können demgegenüber nicht aus dem Gesamtzweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlungsvorschriften abgeleitet werden. Diese können sich nur aus dem Zweck der jeweiligen Norm ergeben790. Bei der Ermittlung des Periodengewinnes kann der Blick in die Zukunft zurichtensein, soweit der Normzweck eine Prognose vorschreibt 791. Dieser Blick mag auf den Totalgewinn schielen792. Das macht indes nicht den Totalgewinn zum Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung.

II. Zweck der Überschußrechnung: Totalgewinn oder Vereinfachung? Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG dient zunächst cler Vereinfachung der Gewinnermittlung793. Dieser Normzweck ist allgemein anerkannt794. Daneben soll die Vorschrift nach verbreiteter Ansicht dem Zweck der Totalgewinngleichheit dienen795. So führt Hansch aus: „Durch die Normierung nur einer Vereinfachungsform der Gewinnermittlung in § 4 Abs. 3 EStG ist zugleich ihr Zweck angedeutet: der Zweck, bei der Überschußrechnung den gleichen Totalgewinn zu erreichen wie beim Betriebsvermögensvergleich" 796. Diese Ansicht verdient keine Zustimmung. Zunächst ordnet sie dem vom Gesetzgeber verfolgten Vereinfachungszweck einen weiteren Zweck zu. Eine derartige objektiv-teleologische Auslegung überzeugt jedoch nur, wenn der Rechtsanwender den behaupteten Zweck anhand objektiver Kriterien belegen kann 797 . Diese Belege kann Hansch allerdings nicht bieten. Sie beschränkt sich auf Ausfüh789

Soweit die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung gelten (zum Umfang vgl. Tipke /Kruse, AO, § 145 Tz. 3 [April 1994]; Mathiak, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 5 Rn. A 38 (April 1989); Picken, DStR 1989, 374), folgt der Zweck der periodengerechten Gewinnermittlung zudem aus § 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB (zum genannten Zweck dieser Norm vgl. Selchert, in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung, Bd. Ia, 1995, § 292 Rn. 92). 7 *> Zum Erfordernis der Differenzierung zwischen Normzweck und Gesetzeszweck vgl. auch Höhn, Festschrift Tipke, 1995, 213 (221 ff.). 79 1 Ζ. B. bei der Bewertung § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB: going-concern-Prinzip; § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG: Fortführungsprämisse beim Teilwert pp. 792 Vgl. Moxter, StuW 1983, 300 (304). 793 Begründung zum Steuerneuordnungsgesetz 1954, BT-Drucksache 11/481, 58 (70, 75 f.); Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, BT-Drucksache II/961, 8. 794 Vgl. nur Kruse, Festschrift Tipke, 1995, 277 (291); Lang, Systematisierung der Steuervergünstigungen, 1974, 151; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993,610 f. 795 79

Vgl. die Nachweise in § 5 II der Arbeit. 6 Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985, 54.

797

Friedrich 1985,93.

Müller, Juristische Methodik6, 1995, 208; Wank, Juristische Begriffsbildung,

§ 11 Teleologische Argumente (im engeren Sinne)

139

rungen wie diese: „Das Ziel, Totalgewinngleichheit... zu erreichen, ist folglich in der Formulierung „als Gewinn" in § 4 Abs. 3 S. 1 EStG angedeutet, ist diesen Worten immanent ... " 7 9 8 und „Die historische Auslegung des § 4 Abs. 3 EStG führt ebenfalls zu dem Ergebnis, daß die Überschußrechnung ... nur eine vereinfachte Technik zur Ermittlung der Abschnittsgewinne darstellt, und daß die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG demzufolge darauf abzielt, den gleichen Gewinn zu erreichen wie der Bestandsvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG" 799 . Die erste Aussage geht offenkundig fehl. § 4 Abs. 3 Satz 1 EStG regelt die Ermittlung des Periodengewinnes. Der nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Periodengewinn kann „als Gewinn" angesetzt werden. Das infolge dieser Formulierung dem Gesetz der Zweck der Totalgewinngleichheit immanent ist, ist eine petitio principii 8 0 0 . Das Gesetz schweigt zum Totalgewinn und erst recht zum Verhältnis verschiedener Totalgewinne zueinander. Die zweite Aussage erweckt zu Unrecht den Eindruck, daß aus dem Vereinfachungszweck der Zweck der Totalgewinngleichheit folge 801 . Beide Gewinnermittlungsarten führen indes nicht ohne weiteres zu dem gleichen Totalgewinn802. Allein aus der Schaffung einer vereinfachten Gewinnermittlung folgt noch keine Totalgewinngleichheit. Tatsächlich sind Vereinfachungszweck und der Zweck der Totalgewinngleichheit nicht deckungsgleich, sondern kollidieren vielmehr. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit führt zu einer starken Verkomplizierung der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG, die selbst die Verfechter dieses Prinzips beklagen803. Der an das Gesetz herangetragene Zweck läuft dem Vereinfachungszweck der Norm zuwider. Diese Kollision läßt sich nicht mit der Behauptung entkräften, daß der Gesetzgeber nur eine Vereinfachung, jedoch keine materielle Privilegierung oder Diskriminierung der Überschußrechnung beabsichtigt habe 804 . Das Argument des rein formell-rechtlichen Charakters der Gewinnermittlungsart ist ebenfalls eine petitio principii. Das belegt die „Begründung" von Kalb-Arnold anschaulich: „§ 4 Abs. 3 EStG soll zwar der Vereinfachung dienen, nicht aber einzelne Personenkreise steuerlich besser oder schlechter stellen, denn das Steuerrecht wird vom Gedanken steuerlicher tigkeit und Gleichheit getragen. " 805 798 Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985,45. 799 Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985, 53. «00 Auch BFH, Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650 räumt ein, daß die Zu- und Abrechnungen nicht im Gesetzeswortlaut angedeutet sind. 801 Allgemein zur Gefahr der suggestiven Bestimmung des Normzwecks Herzberg, NJW 1990, 2525 (2529 f.). 802

Dazu eingehend bereits § 9 III 1 der Arbeit. 803 Vgl. § 5 II 1 der Arbeit. 804 Zu den nicht zu leugnenden materiellen Unterschieden zwischen dem Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG und der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG s. bereits § 9 II 1 der Arbeit. 805 Kalb-Arnold, Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 1969, 29 (Hervorhebung vom Verfasser).

Gerech

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Der Gesetzgeber hat überdies in jüngster Zeit 8 0 6 durch die Ermächtigung an die Bundesregierung, Betriebsausgaben-Pauschbeträge nur bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG einzuführen (§ 51 Abs. 1 Nr. lc EStG), den Vereinfachungszweck der Überschußrechnung bekräftigt. Dadurch hat er zugleich die Überzeugungskraft des behaupteten Zweckes der Totalgewinngleichheit relativiert. Der Rechtsanwender darf jedoch einen subjektiv für wünschenswert gehaltenen Zweck nicht an die Stelle des vom Gesetzgeber verfolgten Zweck setzen807, so daß der mit dem Vereinfachungszweck kollidierende Zweck der Totalgewinngleichheit als Normzweck des § 4 Abs. 3 EStG ausscheidet. Die teleologische Argumentation im engeren Sinne bestätigt demnach das im Wege der Argumentation aus dem inneren System gewonnene Ergebnis.

§ 12 Argumente aus dem äußeren System Argumente aus dem äußeren System sind formaler Natur. Sie knüpfen wie die grammatische Auslegung an das äußere Erscheinungsbild des Normtextes an und sollen Rückschlüsse aus der Stellung einer Vorschrift im Gesetz ermöglichen808. Einzelne Autoren stützen das Prinzip der Totalgewinngleichheit (auch) auf das systematische Verhältnis, beider Gewinnermittlungsarten, daß im Gesetzesaufbau zum Ausdruck kommen soll 809 . Aus dem Umstand, daß die Überschußrechnung in Absatz 3, der Betriebsvermögensvergleich dagegen in Absatz 1 des § 4 EStG normiert ist, lassen sich indes keine Rechtsfolgen ableiten. Der Gesetzesaufbau legt zwar den Schluß nahe, daß der Betriebsvermögensvergleich die Regel und die Überschußrechnung eine Ausnahme ist. Das rechtfertigt jedoch nicht den Rückschluß auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit. Das Gesetz schweigt zum Totalgewinn. Der Regel-Ausnahme-Aufbau sagt zudem noch nichts über das Verhältnis von Regel und Ausnahme aus. Eine gesetzliche Ausnahme kann die Regel modifizieren, ergänzen oder ganz verdrängen. § 4 EStG läßt diese Frage mit der Formulierung „als Gewinn ... ansetzen" im Dunkeln. Daher läßt sich aus dem Gesetzesaufbau nicht zwingend schließen, daß die Überschußrechnung eine untergeordnete Art der Gewinnermittlung ist. Dieses Verständnis hat der Rechtsanwender bereits zuvor mit Blick auf das erwünschte Ergebnis in das Gesetz hineingelegt. Das illustriert die Ansicht von Kalb-Arnold: Die Überschußrechnung sei eine selbständige eoe Vgl. Begründung zum JStG 1996, BT-Drucksache 13/901, 128. 807 Vgl. Nachweise in § 8 II der Arbeit. eoe Vgl. Tipke /Kruse, AO, § 4 Tz. 93b (April 1997); Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993,1253. 809 Vgl. Ritzow, in Dankmeyer/Giloy, EStG, § 4 Rn. 202 (Juli 1995) und in der Sache auch viele andere Vertreter des Prinzips der Totalgewinngleichheit (Nachweise in § 5 II der Arbeit).

§ 13 Begriffliche Argumente

141

Gewinnermittlungsart, beim Wechsel der Gewinnermittlungsart gelte sie jedoch „zugleich" als Unterart des Betriebsvermögensvergleiches 810. Dies ist ein nachvollziehbarer, aber letztlich untauglicher Versuch, die Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsarten zu legitimieren811. Es zeigt sich, daß die Überzeugungskraft der Argumente aus dem äußeren System nicht zu hoch zu veranschlagen ist 812 . Die Rechtsprechung sieht dies wohl ähnlich und führt das systematische Argument stets im Verein mit dem Argument aus dem Gewinnbegriff an 8 1 3 . Das leitet über zu den begrifflichen Argumenten.

§ 13 Begriffliche Argumente Rechtsprechung und eine Reihe von Autoren leiten aus dem Gewinnbegriff Rechtsfolgen ab. Einzelne Autoren sind der Ansicht, der Gewinnbegriff der dynamischen Bilanztheorie präge den steuerrechtlichen Gewinnbegriff und verhelfe dem Totalgewinngedanken im Steuerrecht zum „Durchbruch" 814. Das Verhältnis der verschiedenen Arten der steuerrechtlichen Gewinnermittlung soll (auch) aus einem „allgemeingültigen Gewinnbegriff* 815 ableitbar sein. Nach herrschender Meinung soll der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG kein von § 4 Abs. 1 EStG abweichender Gewinnbegriff zugrunde liegen816. Der einheitliche Gewinnbegriff soll, die Rechtsgrundlage für die Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der βίο Kalb-Arnold,

Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 1969, 29.

su Vgl. dazu § 14 III der Arbeit. 812 Aus anderen Erwägungen ebenso Berschel, BB 1966,791 (793); Tipke/Kruse, AO, § 4 Tz. 93b (April 1997). 813 Aus jüngerer Zeit BFH, Beschluß vom 23. 8. 1995, BFH/NV 1996, 119. 814 Vgl. Sachse, Die Abschnittsbesteuerung im deutschen Ertragsteuerrecht, 1977, 136, 243; in dieser Richtung bereits Helpenstein, ZfhF 22 (1928), 177 (178); Schmidlin, Das Prinzip der Periodizität in der Gewinnbesteuerung, 1956,7 ff.; nur mit Vorbehalten Aprath, StbJb. 1950, 135 (148); a.A. Gottschalk, Der Grundsatz der periodengerechten Gewinnabgrenzung im Steuerrecht, 1972, 6 f. 815 So ausdrücklich BFH-Urteil vom 24. 1. 1985, BStBl. II 1985, 255. «'β Vgl. BFH, Urteil vom 23. 11. 1961, BStBl. III 1962, 199 (200); BFH, Urteil vom 25. 1. 1962, BStBl. III 1962, 366; BFH, Urteil vom 3. 7. 1968, BStBl. II 1968, 736 (737); BFH, Urteil vom 16. 1. 1975, BStBl. II 1975, 526 (528); BFH, Urteil vom 23. 8. 1995, BFH/ NV 1996, 119; Hess. FG, Urteil vom 25. 9. 1980, EFG 1981, 243; FG Hamburg, Urteil vom 17. 11. 1989, EFG 1990, 624 (625); FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 11. 5. 1988, EFG 1988, 622; F rotscher, EStG, § 4 Rn. 227 (Lfg. 8/98); Handzik/Hellwig, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 117 (Aug. 1995); Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981/88, 449; DSÜG 4 (1981), 45 (51) und in Tipke/Lang, Steuerrecht 16, 1998, § 9 Rn. 181 i.V.m. 453; Nieland, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, 1992, §§ 4, 5 Rn. 7 (Okt. 1991); Ritzow, in Dankmeyer/Giloy, EStG, § 4 Rn. 11 (Juni 1996), Rn. 202 (Juli 1995); Wolff- Diepenbrock, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2161 (Jan. 1988); a.A. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 85 a [2] [Dez. 1971].

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

Gewinnermittlungsart sein 817 . Überdies argumentieren Rechtsprechung und einige Autoren mit dem „richtigen" oder „vollen" Gewinn 818 . Diese begriffliche Argumentation zielt darauf ab, „den vollen Periodengewinn ... zu erfassen und besteuern Das lenkt den Blick auf zwei Fragen. Die erste Frage zielt auf den Gewinnbegriff im Steuerrecht ab, die zweite auf die rechtlichen Folgerungen, die aus dem Gewinnbegriff abzuleiten sind.

L Gewinnbegriffe im Steuerrecht 1. Autonomie des steuerrechtlichen

Gewinnbegriffes

Der steuerrechtliche Gewinnbegriff 820 steht seit jeher unter dem Einfluß betriebswirtschaftlicher Anschauungen821. Der Streit in der Betriebswirtschaftslehre zwischen statischer und dynamischer Bilanztheorie wurde über die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ins Steuerrecht hineingetragen822. Dieser Streit ist mittlerweile abgeebbt823. Die Rechtsprechung ist seit Ende der fünfziger Jahre wieder schrittweise von der dynamischen Bilanztheorie abgerückt824. Heutzutage ist allgemeine Erkenntnis, daß sich betriebswirtschaftliche Theorien nicht ohne

817 So jüngst wieder Kanzler, FR 1999, 225 (227). 818 Vgl. BFH, Beschluß (GrS) vom 3. 2. 1969, BStBl. II 1969, 291; Moxter, StuW 1983, 300 (301); Tipke, StuW 1981, 189 (197); Weber-Grellet, FS Schmidt, 1993, 161 (171); DB 1994, 288 (290); DB 1994, 2405 (2406); ähnlich Mathiak, in Kirchhof / Söhn, EStG, § 5 Rn. A 84; Pezzer, DStJG 14 (1991), 3 (18); vgl. demgegenüber Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 5 Anm. 49 a (6) (Nov. 1972): „Es gibt keinen ,»richtigen" und auch keinen „vollen" Gewinn". 819 So ausdrücklich BFH, Urteil vom 21. 10. 1993, BStBl. II 1994, 176. 820 Zur Differenzierung zwischen den verschiedenen Gewinnbegriffen im Steuerrecht sogleich sub § 13 II der Arbeit. 821 Für den Obersten Finanzhof war der steuerliche Gewinnbegriff teils statisch, teils dynamisch geprägt (OFH, Urteil vom 28. 2. 1948, StuW 1948 (Teil II), Sp. 9 [10 f.]). Näher zum Einfluß der Betriebswirtschaftslehre auf den steuerrechtlichen Gewinnbegriff Loitlsberger, Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft Soziologie und Statistik, 1964, 156 ff. 822 Ausführlich dazu Kruse, Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung 3, 1978, 81 ff. 823 Das bedeutet nicht, daß die dynamischen Bilanzzwecke heutzutage keinen Einfluß mehr haben: Im Zuge der Internationalisierung der Rechnungslegung, bewirkt durch den Druck an den Finanzmärkten, treten dynamische Bilanzzwecke erneut in den Vordergrund (vgl. Schön, ZHR 161 [1997] 133 [148] m. w. N.). 824 Vgl. nur Kruse, JbFSt. 1987/79, S. 172 f. mit Nachweis der Rechtsprechung. Nachwirkungen der dynamischen Bilanztheorie sind allerdings in Teilbereichen noch festzustellen. Ein Beispiel ist die Rechtsprechung zu Mietereinbauten (vgl. jüngst BFH, Urteil vom 15. 10. 1996, BB 1997, 1356 m. w. N.; dagegen schon Kruse, a. a. Ο.; Lang, Die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer, 1981 / 88, 367.

§ 13 Begriffliche Argumente

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weiteres auf die „Bilanz im Rechtssinne"825 übertragen lassen826. Sie sind für das Bilanzsteuerrec/if und die steuerrechtliche Gewinnermittlung nur insoweit von Interesse, als sie im Gesetz ihren Niederschlag gefunden haben827 oder als Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung anerkannt sind 828 . Damit ist zugleich gesagt, daß sich der steuerrechtliche Gewinnbegriff nicht mit einem betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriff deckt. Das hat zwei Gründe. Vordergründig knüpft das Steuerrecht nicht an den Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinne an, weil es infolge der divergierenden betriebswirtschaftlichen Bilanzauffassungen in der Betriebswirtschaftslehre keinen einheitlichen Gewinnbegriff, sondern eine Vielzahl von Gewinnbegriffen 829 gibt 830 . Diese Begründung besagt jedoch nur, daß das Steuerrecht nicht an den betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriff anknüpft. Das Steuerrecht knüpft aber auch nicht an irgendeinen Gewinnbegriff der Betriebswirtschaftslehre an, weil die Begriffsbildungen der Betriebswirtschaftslehre nicht ohne weiteres auf das Steuerrecht übertragen werden können. Da die Begriffsbildung vom Erkenntnisinteresse der einzelnen Wissenschaft abhängig ist, kann ein Begriff nicht aus dem Bezugsrahmen einer Wissenschaft entnommen und ohne Transformation 831 in den Bezugsrahmen einer anderen Wissenschaft übernommen werden 832. Dabei kommt es nicht auf eine abstrakte Definition der Erkenntnisinteressen der Rechtswissenschaft und der Wirtschaftswissenschaften 833,

825 Döllerer, JbFSt. 1979/80, 195. 826 Provokant BFH, Urteil vom 17. 7. 1974, BStBl. II 1974, 684, wonach die Bilanz keine Kostenrechnung ist. 827 Dazu im einzelnen Gottschalk, Der Grundsatz der periodengerechten Gewinnabgrenzung im Steuerrecht, 1972,7 ff., 21 ff. 828 Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmensteuerrecht 9,1993,13; Großfeld, Bilanzrecht3, 1998, Rn. 72; Weber-Grellet, Steuerbilanzrecht, 1996, 14; vgl. auch Thiel, Bilanzrecht4, 1990, Rn. 5, 350; Baetge, Bilanzen4,1996, 13. 829 Ebenso Berti, Gedenkschrift Lechner, 1987, 39 (42); Gröschner, StuW 1986, 315 (316). Im Ergebnis auch Wöhe, Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, I/2 7 ,1992,11 ff. m. w. N. zu den verschiedenen Gewinnbegriffen in der Betriebswirtschaftslehre. 830 Diese Begründung geben Cagianut/Höhn, Unternehmenssteuerrecht3, 1993, 143, für das Schweizer Recht. 831 Im Kartellrecht umschreiben mehrere Autoren das Erfordernis einer Transformation mit der Notwendigkeit der „Übersetzung (wirtschaftswissenschaftlicher Begriffe) in die Denkkategorie des Rechts" (Immenga/Mestmäcker, GWB 2 , 1992, Einleitung, Rn. 29 m. w. N.; Lukes, Festschrift Böhm, 1965, 199 [212 f.]). 832 Plastisch Wank, Die juristische Begriffsbildung, 1985, 141 einerseits: „Der Blick über den Gartenzaun ist förderlich, doch muß man sehen, wann man den eigenen Garten verläßt" und andererseits - im umgekehrter Zielrichtung - Schmalenbach, Dynamische Bilanz13, 1962, 57: „Es ist darum auch nichts als flüchtige Neugier, ein Blick über den Zaun, wenn wir (seil, die Betriebswirtschaftler) zusehen, wie sich die Steuerlehre und die Volkwirtschaftslehre bemühen, den Einkommensbegriff zu definieren". 833 Vgl. dazu Coing, Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, 1964, 1 ff.; Raisch/Karsten Schmidt, Rechtswissenschaft und Nachbarwissenschaften, Bd. I 2 , 1976, 143 (144).

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

sondern vielmehr auf das Verhältnis des einzelnen wirtschaftswissenschaftlichen Begriffes zu dem korrespondierenden Rechtsbegriff an 8 3 4 . Der Gewinnbegriff im Steuerrecht ist zweifellos ökonomisch geprägt 835. Ihm liegen ökonomische Phänomene zugrunde, die auch zum Erkenntnisinteresse der Wirtschaftswissenschaften gehören. Das darf jedoch den funktionalen Unterschied zwischen dem Gewinnbegriff im Steuerrecht und den Gewinnbegriffen der Betriebswirtschaftslehre nicht verdecken. Dieser liegt in der Normativität, die nur Rechtsbegriffen eigen ist 836 . Der Gewinn im Steuerrecht ist ein /tecAtebegriff 837, 38 er ist ein sog. s teuerrechtlicher Wirtschaftsbegriff . Als Rechtsbegriff ist er weder Teil deskriptiver ökonomischer Modelle noch die Dispositionsgrundlage unternehmerischer Entscheidungen. Der Gewinn im Steuerrecht ist vielmehr Tatbestand im Sinne des § 38 AO und damit Teil eines normativen Konditionalprogrammes. Verschiedene Gesetze knüpfen Rechtsfolgen 839 an den Begriff des Gewinnes. Der Gewinn im Steuerrecht wird durch diesen normativen Konnex zwischen Tatbestand und Rechtsfolge gekennzeichnet. Im Gegensatz zu betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriffen ist er ausschließlich normativ determiniert. Er muß sich nur an normativen Vorgaben 840, nicht dagegen an empirischen Tatsachen messen lassen. Die betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriffe haben andere Funktionen und dienen anderen Zwecken als der steuerrechtliche Gewinnbegriff 841. Steuerrechtliche Gewinnermittlung ist Rechtsanwendung. Sie ist allein ein /tecAttproblem842, auch wenn der juristische Sachverstand allein nicht ausreicht, dieses Problem zu lö834

Ähnlich Wank, Die juristische Begriffsbildung, 1985, 122; lmmenga/Mestmäcker, GWB 2 , 1992, Einleitung, Rn. 29. 835 So zu Recht Groh, StuW 1989, 227 (230). 836 Vgl. Coing, Das Verhältnis der Wirtschaftswissenschaft zur Rechtswissenschaft, Soziologie und Statistik, 1964, 1 f.; Lukes, Festschrift Böhm, 1965, 199 (214); Wank, Die juristische Begriffsbildung, 1985, 122; im Ergebnis ebenso Beisse, StuW 1981, 1 (3 f.); StuW 1984, 1 (10 f.); vgl. auch BFH, Beschluß (GrS) vom 17. 2. 1972, BStBl. II 1972, 700 (703). 837 Littmann, Das Einkommensteuerrecht13, 1981, §§ 4, 5 Rn. 42; ähnlich Kramer, StuW 1982, 35 (42). 838 Es gibt steuerrechtliche Wirtschaftsbegriffe im engeren Sinne, also Rechtsbegriffe, die ausschließlich in Steuergesetzen vorkommen (Lion, VJSchrStuVR 1927, 132 [133 f.]; Kruse, Steuerrecht I 3 , 1973, 102), und steuerrechtliche Wirtschaftsbegriffe im weiteren Sinne, also Begriffe, die für das Steuerrecht erst geschaffen oder umgeformt werden müssen (Beisse, StuW 1981, 1 [8]). Der Gewinnbegriff muß in das Steuerrecht transformiert werden und ist daher steuerrechtlicher Wirtschaftsbegriff im weiteren Sinne. 839 Der Gewinn ist Teil der Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer (§ 2 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 bis 5 EStG) und der Körperschaftsteuer (§ 8 Abs. 1 KStG). Er ist zugleich die Ausgangsgröße, um den Gewerbeertrag zu berechnen (§ 7 GewStG). wo Nämlich den Vorgaben der Verfassung, dazu § 9 der Arbeit. 841 Ebenso Gröschner, StuW 1986, 315 (316); ähnlich Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, 1250, Note 74. 842 in diese Richtung bereits Beisse, StuW 1984, 1 (10 ff.); Groh, StuW 1989, 227 (230). Demgegenüber sieht Lechner, Festschrift Hämmerle, 1972, 205 (209) die rechtliche Gewinnermittlung gleichmaßen als rechtliches und betriebswirtschaftliches Problem an.

§ 13 Begriffliche Argumente

145

sen 843 . Der steuerrechtliche Gewinnbegriff ist das Ergebnis der Rechtsanwendung. Aus diesem Grunde ist er nicht inhaltsgleich mit einem betriebswirtschaftlichen Gewinnbegriff. Der steuerrechtliche Gewinn ist eine eigenständige, formal ermittelte Größe, die sich nicht mit einem betriebswirtschaftlichen Gewinn deckt 844 . Der Pragmatismus des steuerrechtlichen Einkommensbegriffs 845 setzt sich bei den Bestandteilen fort. Der steuerrechtliche Gewinnbegriff ist ein pragmatischer Saldenbegriff* 46. Ebensowenig wie der Einkommensbegriff einer finanzwissenschaftlichen Theorie folgt, folgt der Gewinnbegriff einer betriebswirtschaftlichen Theorie. Der Gewinnbegriff der dynamischen Bilanztheorie liegt dem steuerrechtlichen Gewinnbegriff nicht zugrunde und macht demnach den Totalgewinngedanken auch nicht zum Bestandteil des steuerrechtlichen Gewinnbegriffs.

2. Pluralismus steuerrechtlicher

Gewinnbegriffe

Dem Steuerrecht liegt zudem kein einheitlicher Gewinnbegriff zugrunde. Das Einkommensteuergesetz enthält den Begriff „Gewinn" an verschiedenen Stellen in verschiedenen Zusammenhängen847. Da der Inhalt eines Begriffes sich in erster Linie aus dem Sinn- und Funktionszusammenhang und dem Normzweck ergibt, müssen gleichlautende Begriffe auch in ein- und demselben Gesetz nicht notwendigerweise inhaltsgleich sein 848 . Die Übereinstimmung der Gesetzesbegriffe läßt nicht darauf schließen, daß auch der Gesetzessinn gleich ist. Den Vorschriften über die Ermittlung des laufenden Gewinnes (§§ 4 Abs. 1,4 Abs. 3, 13a EStG) kommt eine andere Funktion als denen zur Ermittlung des Veräußerungsgewinnes (§§ 14, 16, 18 Abs. 3 EStG) zu. Der Inhalt des Gewinnbegriffes ist in beiden Normgruppen infolgedessen nicht gleich 849 . Das erscheint unmittelbar einsichtig. Dagegen bedarf der Inhalt des Begriffes „Gewinn" in § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG einer Klarstellung. Einzelne Autoren nehmen an, daß § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG einen allgemeinen Gewinnes Vgl. Kruse, DStJG 7 (1984), 1 (5). 844 Döllerer, Festschrift Geßler, 1970, 93 (96), kommt aus ganz ähnlichen Erwägungen zu demselben Ergebnis für das Verhältnis zwischen Bilanzgewinn und betriebswirtschaftlichem Ergebnis. es Vgl. § 3 I 2a, b, 4 der Arbeit. 846 Nämlich der Saldo des Betriebsvermögens an zwei Stichtagen einerseits (§ 4 Abs. 1 S. 1 EStG) und der Saldo von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben andererseits. 847 §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, 4 Abs. 1 S. 1, 4 Abs. 3, 6b, 6c, 13a, 14 S. 1, 16, 17, 18 Abs. 3, 23 Abs. 3 EStG. 848 Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 22; Tipke I Kruse, AO, § 4 Tz. 91, 107a (April 1997); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft6, 1991, 312; Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985, 110 ff., 122. 849 Dasselbe gilt für die §§ 6b, 6c EStG. § 23 Abs. 3 EStG verwendet den Begriff Gewinn, obwohl die Einkünfte aus Spekulationsgeschäft (§§22 Nr. 2, 23 EStG) zu den Überschußeinkünften im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG gehören.

10 Drüen

146

4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

begriff für alle Gewinneinkünfte definiert 850 , für andere Autoren ist der Gewinnbegriff der § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG und § 4 EStG inhaltsgleich 851 . Beide Annahmen gehen fehl. Das liegt an den unterschiedlichen Funktionen, die das Einkommensteuergesetz beiden Vorschriften zuweist. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind die Einkünfte bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit der Gewinn ( § § 4 bis 7g E S t G ) 8 5 2 . Diese Vorschrift bestimmt inwieweit die in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG genannten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer eingehen. Dazu verweist § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG auf die Quantifikationsvorschriften der §§ 4 bis 7g E S t G 8 5 3 . Damit legt § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht fest, auf welche Weise der Gewinn zu ermitteln ist. Ebensowenig definiert § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG einen allgemeinen Gewinnbegriff für alle Gewinneinkünfte 854 . 850 Wolff- Diepenbrock, in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2161 (Jan. 1988) und wohl auch Nieland, ebd., §§ 4,5 Rn. 7 (Okt. 1991). 851 Würdinger, StuW 1966, Sp. 673 (Sp. 684 ff.). Dieser geht von der mittlerweile überholten Prämisse aus, daß jedesmal, wenn ein bestimmter Rechtsbegriff verwendet wird, „genau und vollständig dasselbe gemeint ist" (a. a. O., Sp. 673). 852 Der Klammerzusatz in § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG muß seit 1990 richtigerweise § 7k statt § 7g lauten. 853 Dieser Verweis ist unvollständig, weil überdies die §§ 2a, 3 bis 3c, 9b, 11, 12, 13 bis 18, 24 EStG bei der Gewinnvermittlung anzuwenden sind. 854 Das bestätigt auch ein vergleichender Blick auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG, der auf die §§ 8 bis 9a EStG verweist, aber keinen „allgemeinen Überschußbegriff 4 definiert. Das wird - soweit ersichtlich - auch nicht vertreten. Einen einheitlichen „Überschußbegriff ' für die Überschußeinkünfte ( § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG) gibt es trotz der einheitlichen Berechnungsmethode nicht, weil die Einnahmen, die in die Überschußrechnung eingehen, bei den §§ 19 bis 23 EStG nicht einheitlich sind (vgl. z. B. § 8 Abs. 3 EStG; Veräußerungserträge gehören nur in Ausnahmefällen z. B. §§ 20 Abs. 2 Nr. 2 bis 4, 23 EStG zu den Einnahmen). Es gibt mithin nur eine gemeinsame Struktur für die Quantifizierung der Überschußeinkünfte, aus der jedoch m.E. keine Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Insbesondere begrenzt § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG nicht den Besteuerungsgegenstand der Überschußeinkünfte. Die Vorschrift ist kein Ausdruck eines „materiellen Dualismus" (in diesem Sinne aber Kirchhof, in Kirchhof/ Söhn, EStG, § 2 Rn. C 6 [Sept. 1992]). Die Diskussion um den Dualismus der Einkunftsarten segelt - wie Meincke (in Littmann/Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 101 [Sept. 1990], übernommen von Handzik/Hellwig, a. a. O., § 2 Rn. 11 [Aug. 1995]) treffend bemerkt hat, „unter falscher Flagge". Die materielle Ursache der Steuerfreiheit bestimmter Veräußerungsgewinne liegt in den §§ 19 bis 23 EStG (vgl. Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 81 f.) und die Streichung oder Verlängerung der Spekulationsfristen des § 23 EStG reicht aus, um die aus dem Dualismus abgeleiteten Konsequenzen wesentlich abzumildern (vgl. Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993, 30 ff.). Auch eine Herabsetzung der Beteiligungsquoten des § 17 EStG hat zur Folge, daß die Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen gegenüber dem status quo ausgedehnt wird, was zeigt, daß die „materiellen" Wirkungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu hoch veranschlagt werden. Beide Maßnahmen hat der Gesetzgeber Anfang 1999 ergriffen (vgl. §§ 17 Abs. 1 S. 4, 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.d.F. StEntlG 1999/2000/ 2002) und damit die These vom lediglich „formellen Dualismus" unterstrichen. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG zeigt zudem anschaulich, daß eine Überschußrechnung nicht bereits ihrer Struktur nach der Erfassung von Veräußerungsgewinnen entgegensteht (gl. A. Uhländer, a. a. Ο., 87). Das alles spricht jedoch dafür, den Aussagewert der Quantifikationsvorschriften nicht zu überschätzen.

§ 13 Begriffliche Argumente

147

Konkrete inhaltliche Aussagen dieser Art lassen sich § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG nicht entnehmen855. Da die §§ 4 bis 7g EStG und zudem § 13a EStG 856 differenzierte Regelungen über die Gewinnermittlung enthalten, lassen sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG keine Aussagen ableiten, die für alle Gewinnermittlungsarten gelten. Angesichts dieser differenzierten Regelungen erschöpft sich § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG darin, eine Brücke zwischen den Qualifikationsvorschriften des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 EStG 857 und den Quantifikationsvorschriften (insbesondere §§ 4 bis 7g EStG) zu schlagen. § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist eine reine Verweisungsnorm. Da § 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf verschiedene, den Gewinn definierende Rechtssätze verweist, kann der Begriff „Gewinn" in dieser Vorschrift weder als ein allgemeiner Gewinnbegriff definiert werden noch den gleichen Inhalt haben wie die Rechtssätze, auf die er verweist. Dem Steuerrecht liegt eben kein einheitlicher Gewinnbegriff für alle Gewinnermittlungsarten zugrunde. Die einzelnen Grundvorschriften der Gewinnermittlungsarten, also § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG einerseits und § 4 Abs. 3 EStG andererseits 858, definieren die einzelnen Gewinnbegriffe. § 4 EStG definiert nach seiner Überschrift den „Gewinnbegriff im allgemeinen"859, § 4 Abs. 3 EStG definiert den besonderen Gewinnbegriff für die Überschußrechnung860. Der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 1 EStG ist durch den Vergleich des Betriebsvermögens an zwei Stichtagen geprägt, der Gewinnbegriff des § 4 Abs. 3 EStG ist geprägt durch den Überschuß der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben. Die Gewinnbegriffe haben unterschiedliche Anknüp855 Allein aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG läßt sich auch nicht das sog. objektive oder erwerbssichernde Nettoprinzip (vgl. nur Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. A 127 ff.; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. II, 1993, 591) ableiten, weil diese Vorschrift nicht festlegt, wie der Gewinn zu ermitteln ist. Dies ergibt sich erst aus den genannten Quantifikationsnormen (vgl. BVerfG, Beschluß vom 23. 1. 1990, BVerfGE 81, 228 (237), unter Hinweis auf § 4 Abs. 1 und 4 EStG). 856 Zur Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Wertsätze im Rahmen der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen vgl. bereits § 9 II 2 der Arbeit. S57 I.V.m. §§ 13 bis 24 EStG (§ 2 Abs. 1 S. 2 EStG). 858

§ 5 EStG modifiziert nur die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG und definiert keinen eigenen Gewinnbegriff. Der nach § 5 EStG ermittelte Gewinn rückt durch die Anknüpfung an die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (§ 5 Abs. 1 S. 1 EStG) und die umgekehrte Verknüpfung (§ 5 Abs. 1 S. 2 EStG) in die Nähe des handelsrechtlichen Gewinnbegriffes (zu weitgehend allerdings Vogt, Die Maßgeblichkeit des Handelsbilanzrechts für die Steuerbilanz, 1951, 337 f.), deckt sich aufgrund der gesetzlichen Sondervorschriften nicht mit diesem. Dies gilt für den Periodengewinn und gleichermaßen für den Totalgewinn. Die Gegenansicht (Groh, DB 1984, 2424 [2426]) vernachlässigt die steuerrechtlichen Vorschriften, die nicht nur zu Gewinnverlagerungen, sondern zu einer endgültigen Divergenz führen (z. B. § 4 Abs. 5 EStG). Die Überschrift ist seit 1934 unverändert Teil des Gesetzes und wurde als Bestandteil des Gesetzeswortlautes im Reichssteuerblatt (RStBl. 1 1935,1005) verkündet und damit nicht nur editorischer Zusatz. 8 60 Gl. A. Kramer, StuW 1982, 35 (38) und wohl auch Kirchhof, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 2 Rn. C 34 (Sept. 1992); a.A. die ganz herrschende Meinung, vgl. Note 816. 10*

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

fungspunkte 861. Beide Gewinndefinitionen sind freilich nicht abschließend; sie sind vielmehr Gewinnformeln oder Rahmenbegriffe 862, die der Ausfüllung durch weitere gesetzliche Vorschriften (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 6 EStG) und Prinzipien (wie das Realisationsprinzip) bedürfen 863. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG enthalten Definitionen, obwohl sie unvollständig sind und nur das Procedere der Gewinnermittlung vorschreiben. Dagegen wendet Peitt 864 ein, es fehle an einer Definition des Gewinnbegriffs „im Sinne einer Wesensumschreibung". Dieser Einwand überzeugt nicht. Es ist zwar richtig, daß die genannten Vorschriften nicht im Stile einer Realdefinition 865 das „Wesen des Gewinns" definieren 866. Das liegt daran, daß es ein solches Wesen nicht gibt, weil der Gewinn nur das Ergebnis der Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften ist. Er ist eine bloße Saldogröße867. Die Qualität des Gewinns geht nicht über seine Quantität hinaus, oder anders gewendet: Qualität und Quantität fallen beim Gewinnbegriff zusammen868. Daher kann die Definition des Gewinnes nicht mehr festlegen als das Procedere der Gewinnermittlung. Dennoch handelt es sich um eine Definition des Gewinns, weil die moderne Begriffslehre längst über den Satz der klassischen Definitionslehre „Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam" hinausgeht869. Der Kanon der Definitionen erschöpft sich nicht in derart gebildete Realdefinitionen, sondern umfaßt auch prozedurale und teleologische Definitionen 870. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG und § 4 Abs. 3 EStG enthalten prozedurale und zugleich teleologische Definitionen verschiedener Gewinnbegriffe. Jeder Gewinnermittlungsart liegt folglich ein eigener Gewinnbegriff zugrunde. 861 Damit ist nichts über eine Gleichheit oder Ungleichheit des nach beiden Gewinnermittlungsarten ermittelten Totalgewinns gesagt. Zu den Prämissen der Totalgewinngleichheit vgl. § 9 III 1 der Arbeit. 862

Die Gewinnformel des § 4 Abs. 1 S. 1 EStG war stets unvollständig und ist im Laufe der Zeit noch unvollständiger geworden. Sie besteht unverändert seit dem EStG 1934 und ist nicht an nachfolgende Änderungen der Gewinnermittlungsvorschriften angepaßt worden. Zur Unvollständigkeit des § 4 Abs. 3 EStG vgl. bereits § 3 III 3 der Arbeit. 863 Gl. A. Lang, DStJG 4 (1981), 45 (59 f.) mit Aufzählung der „Ausfüllungsvorschriften". 864 Die Gewinnkorrektur beim Wechsel der einkommensteuerlichen Gewinnermittlungsart, 1969, 15 ff., 18 ff. 865 Zur Abgrenzung von Real- und Nominaldefinitionen in der Rechtswissenschaft vgl. Klug, Juristische Logik4, 1982, 88 f.; Wank, Die juristische Begriffsbildung, 1985,60 ff. 866 Gl. A. Gröschner, StuW 1986, 315 (316). 867 Ähnlich BFH, Urteil vom 16. 3. 1994, BStBl. II 1994, 941 (943): Der Gewinn ist „bloße Rechnungsdifferenz". 868 Ob für den Einkommensbegriff des EStG etwas anderes gilt, wie Durchlaub, Zur Steuerpflicht der Gewinne aus der Veräußerung von Privatvermögen, 1993, 49 Note 44 andeutet, bezweifle ich, weil das Einkommen nur ein pragmatischer Summenbegriff ist, vgl. § 3 I 4 der Arbeit. 869 Drüen, StuW 1997, 261 (265) m. w. N. 870 Vgl. Gröschner, StuW 1986, 315 (316).

§ 13 Begriffliche Argumente

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II. Zur Überzeugungskraft der Argumente aus dem Gewinnbegriff Enthält das Steuerrecht verschiedene Gewinnbegriffe, stellt sich die Frage, ob aus dem Begriff des Gewinns Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Nach der Überwindung der Begriffsjurisprudenz wird begrifflichen Argumenten heute keine große Überzeugungskraft mehr zugemessen871. Gleichwohl argumentieren Rechtsprechung und zahlreiche Autoren mit dem allgemeinen Gewinnbegriff und dem „vollen" oder „richtigen" Gewinn. Dem liegt die Vorstellung eines apriorischen Gewinnbegriffes zugrunde. Aus diesem werden Rechtsfolgen abgeleitet. Damit wird der Begriff „Gewinn" als Erkenntnisquelle für die Rechtsanwendung mißverstanden. Nach diesem Verständnis ist der Gewinn eine absolute und vorgegebene Größe, die es „zu ermitteln" gilt. Die Vorstellung eines apriorischen Gewinnbegriffes wird dem Charakter der steuerrechtlichen Gewinnermittlung nicht gerecht. Die Gewinnermittlung im Steuerrecht dient nicht dem Erkennen einer faktisch vorhandenen wirtschaftlichen Größe 8 7 2 . Das Steuerrecht knüpft weder an dem Gewinn im betriebswirtschaftlichen Sinne an noch gibt es einen dem gesetzlichen Gewinnbegriff des Einkommensteuergesetzes übergeordneten wirtschaftlichen Gewinnbegriff 873. Was Gewinn ist und wie der Gewinn zu ermitteln ist, bestimmt sich nach den §§ 4 bis 7k EStG 874 . Gewinn ist danach der Betrag, der sich nach Anwendung der Gewinnermittlungsvorschriften ergibt. Die Gewinnermittlungsvorschriften sind damit für die Festlegung des Gewinnes konstitutiv. Ein Blick über die Grenzen hinweg verdeutlicht die Relativität des Gewinnbegriffs: Die nationalen Gewinnermittlungsvorschriften divergieren zum Teil so stark 875, daß der gleiche steuerliche Sachverhalt im Extremfall in einem Land zu einem Gewinn, in einem anderen dagegen zu einem Verlust führen kann 876 . Deshalb sieht die Europäische Kommission die Harmonisierung der Gewinnermittlungsvorschriften als Vorbedingung für die Harmonisierung der direkten Steuern an 8 7 7 . Das unterstreicht die Abhängigkeit des Gewinnbegriffs von den Gewinner871 Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1993, 1237. 872 Gl. A. Kramer, StuW 1982, 35 (42). Vgl. allgemein Kirchhof, Festschrift RFH/BFH, 1993, 285 (294) zum Realbezug der Anknüpfungspunkte für die Besteuerung. 873 Moxter, StuW 1983, 300; vgl. auch Luckey, DStJG 4 (1981), 141 (Diskussionsbeitrag), der zutreffend darauf hinweist, daß das Einkommensteuergesetz nicht nur Gewinnrealisierungstatbestände, sondern auch „Gewinnausweistatbestände" kennt, bei denen ein Gewinn ausgewiesen werden müsse, obwohl er wirtschaftlich nicht realisiert worden sei. Nicht zu Unrecht spricht Orth, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § lOd Anm. 163 (Sept. 1983) vom „formalen" Gewinnbegriff. 874 Diese Erkenntnis hat sich auch der Bundesfinanzhof in einigen Urteilen zu eigen gemacht, vgl. BFH, Urteil vom 12. 3. 1969, BStBl. II 1969, 381 (383), damals noch §§ 4 bis 7e EStG; BFH, Urteil vom 29. 3. 1979, BStBl. II 1979, 412 (414), damals noch §§ 4 bis 7e EStG.

875 Vgl. die Beiträge in Lang (Hrsg.) DSÜG 16 (1994). 876 Vogel, DBA 3 , 1996, Art. 7 Rn. 22.

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4. Teil: Die Tragfähigkeit des Totalgewinngedankens im Steuerrecht

mittlungsvorschriften und widerspricht einem apriorischen Gewinnbegriff. Es gibt demnach keinen absoluten, das heißt von den Gewinnermittlungsvorschriften losgelösten Gewinn. Der Gewinn ist keine den Gewinnermittlungsvorschriften vorgelagerte Größe, sondern das Ergebnis ihrer Anwendung. Aus diesem Grunde überzeugt es nicht, den nach den Gewinnermittlungsvorschriften ermittelten Periodengewinn unter Hinweis auf den „richtigen" Gewinn zu modifizieren 878 . Es gibt keinen „richtigen" Gewinn, nur einen richtig oder falsch errechneten Gewinn 8 7 9 . Im Steuerrecht geht es demnach um die richtige Erfassung des Gewinnes 8 8 0 , nicht um die Erfassung des ,»richtigen" Gewinns. Das sind zwei Paar Stiefel. Angesichts des steuerrechtlichen Bewertungsproblems bei der Gewinnermittlung ist der „richtige Gewinn" ohnehin eine Illusion. Hermann Veit Simon erkannte bereits Ende des 19. Jahrhunderts, daß es keine objektiv richtigen Werte gibt: Der Wert einer Sache ist objektiv, er ist keine Tatsache, sondern Meinungssache 881 . Daran hat sich bis heute nichts geändert 882 . Diese Einsicht spricht jedoch dafür, die Vorstellung vom ,»richtigen Gewinn" aufzugeben 883 . 877 Zum unveröffentlichten Vorentwurf für eine Richtlinie über die Harmonisierung der Gewinnermittlungsvorschriften vgl. Kreile, DB 1988, Beilage 18; zur weiteren Entwicklung vgl. Saß, DB 1993, 113 (120 ff.). 878 Es gibt einen absolut,»richtigen" Gewinn ebensowenig wie einen absolut „richtigen" Jahresabschluß. Die „Richtigkeit" ist relativ, nämlich abhängig von den gesetzlichen Vorschriften. Das zeigen §§ 321 Abs. 1 S. 1 und 2, 322 Abs. 1 S. 1 HGB: Der Abschlußprüfer hat im Prüfungsbericht festzustellen, ob die Buchführung, der Jahresabschluß, der Lagebericht, der Konzernabschluß und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen und bestätigt mit seinem Bestätigungsvermerk, daß Buchführung und Jahresabschuß nach pflichtgemäßer Prüfung den gesetzlichen Vorschriften entsprechen. Der Abschlußprüfer hat nicht zu prüfen und zu bestätigen, ob Buchführung und Jahresabschluß absolut, d. h. losgelöst von den gesetzlichen Vorschriften, richtig sind. Daran ändert auch die Vorschrift des § 322 Abs. 1 S. 2 HGB nichts. Diese Vorschrift nimmt auf § 264 Abs. 2 HGB Bezug. Der Abschlußprüfer hat danach zu bestätigen, daß der Jahresabschluß unter Beachtung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Kapitalgesellschaft vermittelt (Prinzip des true and fair view). Unter den tatsächlichen Verhältnissen im Sinne dieser Vorschrift sind jedoch nicht absolut bestehende tatsächliche Verhältnisse zu verstehen. Tatsächliche Verhältnisse sind nur die nach den gesetzlichen Bestimmungen relevanten tatsächlichen Verhältnisse (Budde/Karig, in Beck'scher Bilanz-Kommentar4, 1999, § 264 Rn. 47). Das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Unternehmens ist „durch die Brille" der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung und der gesetzlichen Vorschriften zu betrachten (vgl. Adler/Düring /Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen6, 1997, § 264 Anm. 94; Beisse, Festschrift Moxter, 1994, 3 (5 f.); DStZ 1998, 310 (313); Clemm, Festschrift Budde, 1995, 135 [138]; gegen diese sog. Abkopplungsthese indes Weber-Grellet, DB 1996, 2089 [2090]). 879 Vgl. die Formulierung von Walb, Finanzwissenschaftliche Bilanz3, 1966, 99; ,.richtig errechneter Gewinn". 880 Dies sollen die Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten der §§ 140 ff. AO gewährleisten, Tipke I Kruse, AO, § 140 Tz. 1 (April 1994). 881 Simon, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften und der Kommanditgesellschaft auf Aktien2, 1898, 293.

§ 13 Begriffliche Argumente

151

Die Gewinnermittlungsvorschriften legen den Gewinnbegriff fest. Legen erst die Gewinnermittlungsvorschriften den Gewinnbegriff fest, so kann der Gewinnbegriff kein tragfähiges Argument bei der Auslegung der Gewinnermittlungsvorschriften sein. Der Rekurs auf den Gewinnbegriff bei der Auslegung der Gewinnermittlungsvorschriften ist folglich ein Zirkelschluß. Das gilt unabhängig davon, welche Spielart des Gewinnbegriffs bemüht wird, also gleichermaßen für den „richtigen" Gewinn, den „vollen" Gewinn und den „allgemeingültigen" Gewinn. Infolgedessen lassen sich weder die Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart noch die restriktive Auslegung des § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG aus dem steuerrechtlichen Gewinnbegriff ableiten.

882 BFH, Urteil vom 7. 11. 1990, BStBl. II 1991, 342 (344) sieht den Teilwert gleichwohl als „objektiven" Wert an. Das ist reine Fiktion. 883 Gerade Wahlrechte räumen als Ausfluß ökonomisch erforderlichen Ermessens oder zur Vereinfachung Ansatz- und Bewertungsspielräume ein und erweitem dadurch die Bandbreite des ,»richtigen" Gewinnes, vgl. Lang, in Tipke/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 328 f.; ähnlich Crezelius, ZGR 1987,1 (5).

Fünfter

Teil

Abschied vom Totalgewinngedanken bei der steuerrechtlichen Gewinnermittlung § 14 Konsequenzen für die steuerrechtliche Gewinnermittlung Der Totalgewinngedanke ist kein normativ geltender Rechtssatz und die Argumente für die Übertragung dieses Gedankens auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung884 überzeugen nicht 885 . Das lenkt den Blick auf die Konsequenzen dieser Erkenntnis.

I. Konsequenzen für die Korrektur von Bilanzierungsfehlern Der auf dem Totalgewinngedanken basierende sogenannte formelle Bilanzenzusammenhang ist keine Rechtsgrundlage, um Bilanzierungsfehler „automatisch" in anderen Jahren zu korrigieren. Es ist richtig, daß die Bilanz ein auf Kontinuität angelegtes Rechenwerk ist, bei dem Fehler in andere Jahre „transportiert" werden können. Aber schon die Rede vom Schieraus gleich " ist irreführend. Die sogenannte Zweischneidigkeit der Bilanz gewährleistet nur, daß eine Korrektur zu einer spiegelbildlichen Gewinnauswirkung im Kompensationsjahr gegenüber dem Fehlerjahr führt. Aufgrund des progressiven Einkommensteuertarifs (§ 32a EStG) ist die Annahme, der Fehler werde „ausgeglichen", mehr als gewagt886. Auf den tatsächlichen steuerlichen Belastungserfolg kommt es nach Ansicht des Bundesfinanzhofes nicht an, weil er die Denkgröße Totalgewinn zum Maßstab nimmt.

884

Zum Totalgewinngedanken auf der Ebene der Gewinn erzielung s. bereits § 5 I der Ar-

beit. 885

Vgl. §§9 bis 13 der Arbeit. Auch bei der Körperschaftsteuer ist die Annahme eines Fehlerausgleiches trotz des linearen Steuersatzes (§23 Abs. 1 KStG) gewagt, weil die Höhe der Körperschaftsteuer im Falle einer Gewinnausschüttung von Bestand und Gliederung des verwendbaren Eigenkapitals abhängt (§ 27 Abs. 1 i.V.m. §§ 28 bis 38 KStG). Ein Fehlerausgleich setzt zudem voraus, daß die relevanten steuerlichen Vorschriften im Fehlerjahr und im Kompensationsjahr unverändert sind, vgl. zum sog. Fehlerausgleich auch v. Beckerath, DStJG 14 (1991), 63 (95). 886

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Indes führt die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes nicht stets dazu, daß der richtige Totalgewinn eines Betriebes besteuert wird. Das zeigen die Fälle, in denen Wirtschaftsgüter erfolgsneutral ein- oder ausgebucht werden sollen. So sollen von Anfang an zu Unrecht aktivierte Wirtschaftsgüter erfolgsneutral auszubuchen887 und von Anfang an zu Unrecht nicht aktivierte Wirtschaftsgüter erfolgsneutral einzubuchen sein 888 . Dasselbe gilt für nicht berücksichtigte Entnahmen und Einlagen. Diese sollen nicht in späteren Jahren erfaßt werden können, so daß entnommene Wirtschaftsgüter nach Ansicht des Bundesfinanzhofes erfolgsneutral auszubuchen und eingelegte Wirtschaftsgüter erfolgsneutral einzubuchen sind 889 . Die Rechtsprechung ist folglich nicht frei von inneren Widersprüchen 890. Zudem wird die Rechtsprechung den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht gerecht. Das Prinzip der Rechtssicherheit fordert - wie gezeigt891 - als nicht unterschreitbare Untergrenze Grenzen für die Korrektur von Steuerbescheiden. Eine unbegrenzte Korrekturmöglichkeit würde nicht zu einem schonenden, angemessenen Ausgleich der kollidierenden Verfassungsgüter führen und damit dem Optimierungsauftrag des Gesetzgebers nicht gerecht werden. Aus diesem Grunde würde eine zeitlich und sachlich unbegrenzte Fehlerkorrektur 892 die verfassungsrechtlichen Vorgaben mißachten, weil die Rechtssicherheit bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich in jedem Falle zugunsten der materiellen Rechtsrichtigkeit opfern würde. Der Gesetzgeber hat diesen Vorgaben Rechnung getragen und der Korrektur durch die Vorschriften der Abgabenordnung über Bestandskraft und Verjährung Grenzen gesetzt. Die Rechtsprechung zum Bilanzenzusammenhang setzt sich über diese Grenzen hinweg893. Der Bundesfinanzhof räumt (mittlerweile) ein, daß seine Rechtsprechung zum Bilanzenzusammenhang dem Prinzip der periodengerechten Besteuerung widerspricht und die Wirkung der Verjährung beseitigt894. Die Vorschriften über Bestandskraft und Verjäh887 BFH, Urteil vom 21. 6. 1972, BStBl. II 1972, 874; BFH, Urteil vom 26. 2. 1976, BStBl. II 1976, 378; BFH, Urteil vom 9. 9. 1980, BStBl. II 1981, 125. 888 Die Wirtschaftsgüter sollen mit dem Wert einzubuchen sein, der bei von Anfang an richtiger Behandlung anzusetzen ist, vgl. BFH, Urteil vom 12. 10. 1977, BStBl. II 1978, 191 (192); BFH, Urteil vom 19. 1. 1982, BStBl. II 1982,456 (459). 889 Vgl. BFH, Urteil vom 19. 1. 1982, BStBl. II 1982,456. 890 Ebenso H. v. Wallis, Festschrift Döllerer, 1988, 693 (704). Dies untermauern die Fallgruppen bei Wuttke, DStR 1982,607 (608 ff., 612). 891 §9 der Arbeit. 892 wie sie die Bundesregierung im Reformentwurf vom 26. 10. 1973, BT-Drucksache 7/ 1470 vorgeschlagen hat. 893 im Gegensatz zum österreichischen Verwaltungsgerichtshof, der - bei vergleichbarer Rechtslage - nicht auf den Totalgewinn abhebt und keine gewinnwirksame Korrektur nach Eintritt der Bestandskraft mehr zuläßt dazu Doralt/Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechts, I 6 , 1998, 95; Dorait , EStG3, 1997, § 4 Rz. 177 f. mit Nachweis der Rechtsprechung, einschließlich ihrer Ausnahmen. 894 So ausdrücklich BFH-Beschluß vom 30. 3. 1994, BFH/NV 1995, 192 in Abkehr vom BFH, Urteil vom 27. 3. 1962, BStBl. III 1962, 273 (275); BFH, Urteil vom 7. 6. 1988, BStBl.

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rung sind jedoch kein bloßes „Formalrecht" 895. Das Verfahrensrecht regelt die Art und Weise der Verwirklichung des materiellen Rechts, setzt diesem Grenzen und erfüllt damit auch eine Schutzfunktion für den Bürger 896 und hat nicht nur dienende Funktion897. Die Vorschriften über Bestandskraft und Verjährung sind zudem Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung der Prinzipienkollision zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit und damit zugleich materielles Recht. Allein die Tatsache, daß die Bilanz auf Grund der sog. Zweischneidigkeit einen Fehlertransport ermöglicht, ist jedoch kein sachlicher Grund, der eine unbegrenzte Fehlerkorrektur rechtfertigt 898. Aus der Möglichkeit einer „Korrektur" folgt noch nicht ihre Zulässigkeit. Diese Bilanz ist kein Selbstzweck; sie hat nur dienende Funktion899. Die Frage der Berichtigung der Bilanz ist von der Frage der Korrektur des Steuerbescheides zu trennen. Änderungen der Bemessungsgrundlage und Korrekturen des Steuerbescheides liegen auf verschiedenen rechtlichen Ebenen. Die Änderung der Bemessungsgrundlage ist ein materiellrechtliches, die Korrektur des Steuerbescheides ein verfahrensrechtliches Problem 900. Ob der Steuerbescheid korrigiert werden kann, richtet sich nach den Vorschriften über die Verjährung (§§ 169 ff. AO) und die Bestandskraft (insbesondere den §§ 172 ff. AO). Es ist richtig, daß die Korrekturvorschriften der §§ 172 ff. AO „nur ein unvollständiges Instrumentarium zur Durchsetzung materiell periodengerechter Steuerfestsetzungen" sind 901 . Der Gesetzgeber hat mit den Korrekturvorschriften und den Vorschriften über die Festsetzungsveqährung jedoch eine Abwägung in dem Prinzipienwiderspruch zwischen Rechtssicherheit einerseits und materieller Richtigkeit andererseits getroffen, die keinen Raum für einen Optimierungsauftrag des Rechtsanwenders läßt. Der Gesetzgeber hat dem Rechtsanwender keinen Raum für ein Wahlrecht zwischen demrichtigenPeriodengewinn und demrichtigenTotalgewinn gelassen902. Die Korrekturvorschriften eröffnen bewußt nur punktuell die II 1988, 886 (888) und öfter, die schlicht behaupten, der Grundsatz des formellen Bilanzenzusammenhangs schließe die Verjährung aus. Der VIII. Senat hält indes an dieser Auffassung fest, vgl. jüngst BFH, Urteil vom 28. 4. 1998, BStBl. II 1998, 443 (445). Demgegenüber räumt Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 700, 701 den Verstoß gegen das Verfahrensrecht und das Prinzip der Abschnittsbesteuerung ein. 895 So aber Opel, FR 1998, 41 (49); gegen diese Sichtweise bereits Mühlberger, DStR 1977,45. 896 Vgl. Schmidt-Aßmann, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 1988, § 70 Rn. 15 ff.; Schoch, Die Verwaltung 25 (1992), 21 (24 f.); Seer, Verständigungen in Steuerverfahren, 1996, 138 f. 897 Hill, Das fehlerhafte Verfahren und seine Folgen im Verwaltungsrecht, 1986, 220 ff.; im Ergebnis wohl auch Hufen, Fehler im Verwaltungsverfahren 2, 1991, 372 f.

S9S Ähnlich Weber-Grellet, StuW 1993,195 (208). S99 Vgl. Schick, BB 1987, 133. 900 Tipke / Kruse, AO, § 176 Tz. 8 (April 1998); Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. C 40 (Jan. 1991); FG Düsseldorf, Urteil vom 8. 5. 1996, EFG 1996,983. 901 Das kritisiert Blümich ! Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juni 1997).

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Durchbrechung der Bestandskraft von Steuerbescheiden. Sie sind planmäßig lükkenhaft 903, weil der Gesetzgeber bewußt keine weitere Korrekturmöglichkeiten geschaffen hat und diese auch nicht vom Richter gefunden werden sollen. Die Korrekturvorschriften sind auf Vollständigkeit angelegt und keiner Analogie zugänglich 904 . Das hat auch der Große Senat des Bundesfinanzhofs jüngst ausgeführt 905, ohne jedoch zu offenbaren, daß seine Rechtsprechung zum formellen Bilanzenzusammenhang den Kreis der Korrekturvorschriften um eine verdeckte Korrekturvorschrift erweitert. Der Gesetzgeber hat indes in Kauf genommen, daß nicht immer der zutreffende Totalgewinn besteuert wird. Er hat bewußt keine Besteuerung des Totalgewinns geschaffen 906. Der Rechtsanwender ist an diese Entscheidung gebunden. Aus diesem Grunde kann der Bilanzenzusammenhang de lege lata nicht als gesetzliche Korrekturvorschrift im Sinne des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d AO gesehen werden 907. Die Rechtsprechung ist zudem widersprüchlich und führt zu einer unüberschaubaren Kasuistik bei der Korrektur von Bilanzierungsfehlern. Von einer gelungenen Rechtsfortbildung kann keine Rede sein. An dieser gefestigten Rechtsprechung ist auch nicht aus Gründen der Rechtssicherheit festzuhalten 908, weil eine ständige Rechtsprechung nur solange überzeugt, wie die sie tragenden Gründen überzeugen 909 . Daß es daran mangelt, zeigt die nachhaltige Kritik der Literatur 910, die der Bundesfinanzhof freilich beharrlich ignoriert 911. Schließlich dient ein Festhalten an dieser Rechtsprechung nur vordergründig der Rechtssicherheit. Indem die Rechtsprechung eine zeitlich und sachlich unbegrenzte Fehlerkorrektur ermöglicht, opfert sie vielmehr die Rechtssicherheit völlig der materiellen Gerechtigkeit. Das lenkt den Blick auf die Korrekturmöglichkeiten von Bilanzierungsfehlern nach den Vorschriften der Abgabenordnung. Einzelne Autoren erwecken zu Unrecht den Eindruck, daß eine Korrektur von Bilanzierungsfehlern nach diesen Vorschriften nur in wenigen Fällen zulässig sei 912 . Durch den Erlaß der Abgabenord902 Vgl. bereits § 10 II der Arbeit. 903 Zum Begriff der Gesetzeslücke ausführlich Tipke ! Kruse, AO, § 4 Tz. 113 f. (April 1997). 904 BFH, Urteil vom 26. 1. 1994, BStBl. II 1994, 597 (598); BFH, Urteil vom 20. 9. 1995, BFH/NV 1996, 288 (289); v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 25 (März 1997). 905 BFH (GrS), Beschluß vom 10. 11. 1997, BStBl. II 1998, 83 (85). 906 Vgl. bereits § 9 I 1 der Arbeit. 907 v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 127 (März 1997). 908 So aber BFH, Urteil vom 28. 4. 1998, BStBl. II 1998, 443 (444); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rz. 10, 703; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juni 1997). 909 Tipke /Kruse, AO, vor § 4 Tz. 104b (April 1997); Wieczorek, DStR 1991, 1. 910 Umfassende Nachweise in § 5 II 2 der Arbeit. 911 Das zeigt einmal mehr BFH, Beschluß vom 22. 3. 1994, BFH/NV 1994, 781. 912 So Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 336 (Juni 1997), in dessen Beispielsfall (zu Unrecht gebildete Rückstellung) allerdings regelmäßig eine Berichtigung der Veranlagung nach

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nung 1977 hat sich das Bild gegenüber dem Jahre 1965 entscheidend verändert 913. Der Große Senat hat seine Deutung des Bilanzenzusammenhanges damals damit begründet, daß ansonsten „bei der Veranlagung jedes Jahr die Bilanzen der Steuerpflichtigen auf das genaueste überprüft werden (müßten), weil ein fehlerhafter Ansatz zu einem Ausfall von Steueransprüchen oder einem Zuviel an Steuern führen müßte und weil nach Rechtskraft der Veranlagung, der eine solche Bilanz zugrunde gelegen hat, deren Berichtigung nicht mehr möglich ist" 914 . Diese Problematik hat erheblich an praktischer Bedeutung verloren 915, weil inzwischen die Steuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) festgesetzt werden und der Steuerbescheid geändert werden kann, solange der Vorbehalt wirksam ist. Die Mehrzahl der Fälle von Bilanzierungsfehlern kann heutzutage nach § 164 Abs. 2 AO oder nach § 173 AO geändert werden 916. In jüngerer Zeit haben einige Autoren versucht, § 174 AO für die Korrektur von Bilanzierungsfehler fruchtbar zu machen917. De lege ferenda mag es sinnvoll sein, gerade § 174 AO auf weitere Fälle des Widerstreits auszudehnen918. De lege lata ist dafür kein Raum 919 .

II. Konsequenzen für die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 1. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG als eigenständige Art der Gewinnermittlung Der Gesetzgeber hat in die zahlungsorientierte Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 Satz 1 EStG) vermögensorientierte Elemente (§ 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG) implantiert. Diese Ausnahmen vom Grundsatz der reinen Geldrechnung führen dazu, daß die rechtliche Einordnung der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG umstritten ist. Loritz weist der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Zwi§ 173 Abs. 1 Nr. 1 AO möglich ist (vgl. BFH, Urteil, vom 16. 5. 1990, BStBl. II 1990, 1044 [1046]; FG Düsseldorf, Urteil vom 27. 11. 1986, BB 1987, 1987 [1988]). 91 3 Allgemein zum Einfluß gesetzlicher Änderungen auf die Auslegungspraxis Kruse, Festschrift RFH/BFH, 1993, 239 (245 f.). 914 BFH, Beschluß (GrS) vom 29. 11. 1965, BStBl. III 1966, 142 (143). 915 Vgl. Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 287; Tipke/Kruse, AO, Vor § 172 Tz. 5, 9 (April 1998). 916 Gl. A. v. Beckerath, DStJG 14 (1991), 65 (100). 917 v. Beckerath, DStJG 14 (1991), 65 (101 ff.); Flies, DStZ 1997, 135 (138 f.); dazu eingehend und (zum Teil) krit. Stapperfend, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 376 ff. (Juli 1998). 918 Weber-Grellet, DStR 1992, 1511 schlägt eine Generalklausel vor. 919 BFH, Beschluß (GrS) vom 10. 11. 1997, BStBl. II 1998, 83 (85); v. Groll, in Hübschmann/Hepp/Spitäler, AO, Vor §§ 172-177 Rn. 25 (März 1997). Zu den Konsequenzen einseitiger Eingriffe in die Entscheidung des Gesetzgebers über die Prinzipienkollision zwischen Rechtssicherheit und Rechtsrichtigkeit vgl. Kruse, Steuerrecht, Bd. I , 1973, 226 ff.; JbFSt. 1976/77,47 (60).

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schenstellung zwischen dem Bestandsvergleich und der Überschußermittlung des § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG zu 9 2 0 . Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG hat Gemeinsamkeiten mit beiden Ermittlungsarten. Mit der Überschußrechnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG hat sie gemein, daß der Überschuß von Zahlungen besteuert wird. Mit dem Bestandsvergleich hat sie gemein, daß Veränderungen im Bestand des Betriebsvermögens als Veräußerungs- oder Entnahmegewinne erfaßt werden. Deshalb mag man von einer Zwischenstellung sprechen, auch wenn damit mehr verdeckt als erhellt wird 921 . Eine Reihe von Autoren sehen in der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG eine „Abart" der Gewinn- und Verlustrechnung922. Diese Bezeichnung betont die Gemeinsamkeit der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG mit der Gewinn- und Verlustrechnung. Bei beiden Regelungen werden gleichermaßen Strömungsgrößen saldiert; bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG werden Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben, bei der Gewinnund Verlustrechnung Erträge und Aufwendungen saldiert. Der Unterschied liegt darin, daß bei der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben auf eine ökonomisch zutreffende Periodisierung verzichtet wird. Der Streit um die rechtliche Charakterisierung der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist indes müßig. Der Gesetzgeber hat mit der Überschußrechnung eine selbständige Gewinnermittlungsart geschaffen 923. Er hat die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG durch die Regelungen des § 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG partiell, nämlich hinsichtlich der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, dem Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 bzw. §§5 i.V.m. 4 Abs. 1 EStG) gleichgestellt. Aus diesem Grunde ist die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG keine reine Geldrechnung924. 920 Loritz, Einkommensteuerrecht, 1988, Rn. 921. 921 Verfehlt ist es, die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG mit der Überschußrechnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG gleichzusetzen (so aber Bericht der Einkommensteuerreformkommission, BMF-Schriftenreihe Heft 7 (1964), 86 und noch Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, § 4 Anm. 85a [2] [Dez. 1971]). Das verdeckt einen wichtigen Unterschied. Bei den Gewinneinkünften ist das zur Gewinnerzielung eingesetzte Vermögen, das Betriebsvermögen, stets steuerverhaftet. Das gilt auch, wenn der Gewinn durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt wird (vgl. § 4 Abs. 3 S. 4 EStG). Bei den Überschußeinkünften, die durch Überschußrechnung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 EStG ermittelt werden, ist das eingesetzte Vermögen nur in den Fällen der §§ 17, 23 EStG, § 21 UmwStG steuerverhaftet. 922 Groh, FR 1986, 393 (395); Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 10 (Juni 1997); ebenso Tiedtke, Einkommensteuer- und Bilanzsteuerrecht2, 1995, 428: modifizierte Gewinn- und Verlustrechnung. 923 Ebenso BMF-Schriftenreihe Heft 7, 1964, 85 f.; Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 3 (Jan. 1988); deutlich jüngst Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Vor § § 4 - 7 Anm. 13 (Febr. 1999): „Eigenständigkeit und Gleichwertigkeit der Gewinnermittlungsarten". 924 Bordewin, in Hartmann/Böttcher/Nissen/Bordewin, EStG, §§ 4 - 5 Rn. 153 (Juli 1995); Schmidt / Heinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 421; Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 30 (Juni 1997); Weber-Grellet, in Kirchhof/Söhn, EStG, § 4 Rn. D 9 (Jan. 1988); vgl. aber FG Hamburg, Urteil vom 17. 11. 1989, EFG 1990, 624; F rotscher, EStG, § 4 Rn. 227 (Lfg. 8/

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Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist kein Notbehelf, sondern eine gegenüber dem Betriebsvermögensvergleich gleichwertige Art der Gewinnermittlung. § 4 Abs. 3 EStG definiert einen besonderen, vom allgemeinen Gewinnbegriff (§ 4 Abs. 1 EStG) abweichenden Gewinnbegriff 925. § 4 Abs. 3 EStG ist gesetzestechnisch nach dem Regel-Ausnahme-Prinzip aufgebaut: Satz 1 bestimmt die Regel und die Sätze 3 und 4 regeln die Ausnahmen926. Die gesetzlichen Ausnahmen sind dabei abschließend. Soweit sie nicht eingreifen, gilt die Regel: Der Zufluß bzw. Abfluß (§ 11 EStG) ist maßgebend. Die These, die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG bedürfe aufgrund des Prinzips der Totalgewinngleichheit „vielfältiger Korrektur" 927, verdient keine Zustimmung. Es ist nicht Aufgabe des Rechtsanwenders, anstelle des Gesetzgebers eine Totalgewinngleichheit einzuführen. Weder teleologische, systematische noch begriffliche Argumente rechtfertigen de lege lata einen Rekurs auf den Totalgewinngedanken. Dieses Ergebnis spricht dafür, daß der Rechtsanwender sich auf die gesetzliche Regelung der Überschußrechnung in § 4 Abs. 3 EStG zurückbesinnt. Nur dadurch trägt er dem Wortlaut des Gesetzes und zugleich dem Zweck der Vereinfachung 928 Rechnung. Dann bleibt jedoch für „Schattenbilanzen" und ähnliche Kunstgriffe bei der Überschußrechnung kein Raum mehr. Das heißt indes nicht, daß sämtliche Rechtsfolgen, die herkömmlicherweise mit dem Prinzip der Totalgewinngleichheit begründet werden, obsolet werden. Vermögensverluste im Betriebsvermögen bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG sind ein Beispiel dafür, daß der Totalgewinngedanke entbehrlich ist.

2. Zur Entbehrlichkeit des Totalgewinngedankens: Beispiel der Vermögensverluste im Betriebsvermögen Vermögensverluste im Betriebsvermögen sollen nach herrschender Ansicht aufgrund des Prinzips der Totalgewinngleichheit auf die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durchschlagen. Dies soll nach allgemeiner Ansicht für vollständige Vermögensverluste infolge von Diebstahl, Unterschlagung pp. und nach einer im Vordringen befindlichen Ansicht sogar für partielle Vermögensverluste (Vermögensminderungen) gelten929 . Nach der Gegenansicht führen demgegenüber Vermögensverluste bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht zu Betriebs-

98); Uhländer, FR 1996, 301 (307). Vgl. auch BFH-Urteil vom 19. 2. 1975, BStBl. II 1975, 441 (442): ,4m wesentlichen reine Geldrechnung"; so auch Söffing, DStZ/A, 1970, 17 f. 925 Vgl. § 131 der Arbeit. 926 s. 2 grenzt nur den Kreis der relevanten Zahlungen ein, vgl. bereits § 3 III 3 der Arbeit. S. 5 sichert die Ausnahme des Satzes 4 durch Aufzeichnungspflichten verfahrensmäßig ab. 927 Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 30 (Juni 1997). 928 Eingehend § 11 der Arbeit. 929 Nachweise in § 5 II 1 b der Arbeit.

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ausgaben, weil sie weder Veräußerung noch Entnahme im Sinne von § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG sind 930 . Der Rekurs auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit überzeugt nicht. Darin ist den Kritikern zuzustimmen. Ihnen ist auch einzuräumen, daß ein Vermögensverlust weder Veräußerung noch Entnahme ist und seine betriebliche Veranlassung (§ 4 Abs. 4 EStG) allein nicht ausreicht. Dadurch ist indes noch nichts über den Abzug des Vermögensverlustes als Betriebsausgabe gesagt. Der Blick darf nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts des Vermögensverlustes verengt werden. Das Beispiel des Darlehnsverlustes zeigt, daß das Problem seinen Ursprung bereits in der Darlehnshingabe hat. Die Darlehnshingabe ist eine Zahlung, ein Abfluß von Gütern in Geld und damit eine Ausgabe. Da es an einer Legaldefinition der »Aufwendungen" als Tatbestandsmerkmal der Betriebsausgabe im Sinne des § 4 Abs. 4 EStG fehlt, ist naturgemäß umstritten931, ob die Darlehnshingabe Betriebsausgabe ist 932 . Einigkeit besteht nur darüber, daß die Darlehnshingabe keine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe ist 933 . Diese Auslegung ist jedoch nicht denknotwendig. Es ist genauso möglich, die Darlehnshingabe als Aufwendung und damit als Betriebsausgabe anzusehen934. Bei dieser Deutung wäre die Darlehnshingabe Betriebsausgabe und die Darlehnsrückzahlung Betriebseinnahme. Ein späterer Darlehnsausfall hätte keinen Einfluß auf die Gewinnermittlung935. Das macht deutlich, daß es bei der gewinnmindernden Behandlung von Darlehnsverlusten bei Lichte besehen nicht um das Prinzip der Totalgewinngleichheit geht. Es geht mehr darum, die folgerichtigen Konsequenzen aus der Behandlung der Darlehnshingabe zu ziehen. Die herrschende Ansicht nimmt nur dann eine sofort abzugsfähige Betriebsausgabe an, wenn eine Vermögensminderung eintritt 936. Dadurch wird der vermögens930 Kruse, DStJG 18 (1995), 115 (133); Festschrift Ritter, 1997, 413 (422 f.); Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996,108 ff. 931 Eingehend zum Aufwendungsbegriff Ruppe, DStJG 3 (1980), 103 (118 ff.). 932 Pars pro toto Söhn, StuW 1991, 270 (276) [bejahend] m. w. N.; Offerhaus, BB 1977, 1493 (1497) [verneinend]. 933 BFH, Urteil vom 23. 11. 1978, BStBl. II 1979, 109 (111); BFH, Urteil vom 14. 1. 1982, BStBl. II 1982, 345 (347); Schmidt IHeinicke, EStG 18 , 1999, § 4 Rn. 383; Groh, FR 1986, 393 (395); Blümich / Wacker, EStG, § 4 Rn. 33, 35, 251 (Juni 1997) und die in Note 932 genannten Autoren, jeweils m. w. N. 934 Im Grundsatz so Söffing, DStZ/A 1970, 17 (18 f.). 935 Es ergäbe sich die gleiche Behandlung wie bei Vermögensverlusten im Umlaufvermögen, die auf die Gewinnermittlung keinen Einfluß mehr haben. Zu letzteren vgl. Offerhaus, BB 1977, 1493 (1497); Segebrecht, Die Einnahme-Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG9, 1996, Rn. 693; Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 110. 936 Dabei hat Söhn, StuW 1991, 270 (273 ff.), überzeugend dargelegt, daß zwischen der Betriebsausgabe einerseits und dem Zeitpunkt der Abzugsfähigkeit andererseits zu unterscheiden ist (in der Sache ebenso Kruse, FR 1981, 473 [478] und die übrigen Vertreter der sog. Aufwandsverteilungsthese zur Erklärung des Zwecks der AfA, vgl. Schmidt/Drenseck, EStG 18 , 1999, § 7 Rn. 2 f. m. w. N.). Folglich ist eine zweistufige Prüfung erforderlich: Die Darlehnshingabe ist Betriebsausgabe (1. Stufe), die mangels Vermögensminderung nicht

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5. Teil: Abschied vom Totalgewinngedanken

orientierte Saldierungsgedanke937 in die primär zahlungsorientierte Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG implantiert 938. Diese Auslegung dient zunächst dem Vereinfachungszweck des § 4 Abs. 3 EStG. Sie macht die Frage obsolet, ob die Darlehnshingabe willkürlich und ohne wirtschaftlichen Hintergrund allein zum Zwecke der Steuerminderung erfolgt ist und infolgedessen als Gestaltungsmißbrauch im Sinne des § 42 AO anzusehen ist 9 3 9 . Sie steht zudem in Einklang mit der gesetzlichen Wertung des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG. Der Gesetzgeber wollte Gewinnschwankungen und damit Progressionssprünge bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG dadurch vermeiden, daß beim nicht abnutzbaren Anlagevermögen Betriebsausgaben und Betriebseinnahmen im selben Jahr erfaßt werden 940. Dieses gesetzgeberische Ziel kann für das Problem der Darlehnshingabe allein durch Auslegung der gesetzlichen Begriffe „Aufwendungen" (§ 4 Abs. 4 EStG) und „leisten" (§ 11 Abs. 2 Satz 1 EStG) erreicht werden 941. Führt die Darlehnshingabe demnach noch nicht zu einer abzugsfähigen Betriebsausgabe, ist es nur folgerichtig, im Falle des späteren Darlehnsausfalles die Konsequenzen aus der vermögensorientierten Saldierungsbetrachtung zu ziehen: Im Zeitpunkt des Darlehnsausfalls tritt die Vermögensminderung ein, die im Zeitpunkt der Darlehnshingabe (noch) fehlte. Dadurch entfällt das Hindernis, das dem Abzug der Betriebsausgabe entgegenstand, so daß mit dem Darlehnsausfall die Betriebsausgabe abzugsfähig wird. Daß dadurch eine Gleichbehandlung mit der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG erreicht wird und insoweit die nach beiden Gewinnermittlungsarten ermittelten Totalgewinne gleich hoch sind, ist zwar Folge, nicht aber Grund der gewinnmindernden Behandlung des Darlehnsausfalls. Grund ist vielmehr die konsequente Behandlung des gesamten Darlehnsgeschäfts. Das gleiche gilt für andere Verluste im Betriebsvermögen. Das Gesetz geht von einer Vermögensbestandssphäre bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG aus. Insoweit stellt das Gesetz selbst Überschußrechnung und Betriebsvermögensvergleich gleich. Bei Verlust eines abnutzbaren Wirtschaftsgutes des Anlagevermögens, beispielsweise beim Totalschaden eines betrieblichen Kraftfahrzeuges während einer betrieblichen Fahrt, zählt der Restbuchwert nach § 7 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 3 EStG 9 4 2 zu den Betriebsausgaben. Beim nicht abnutzbaren geleistet (§ 11 Abs. 2 S. 1 EStG) und daher noch nicht abzugsfähig ist (2. Stufe). Dagegen überzeugt es nicht, von einer Betriebsausgabe zu sprechen, die nicht als Betriebsausgabe berücksichtigt werden darf (so aber Söffing, DStZ/A 1970, 17 [19]). 937 Aktivtausch Geld an Forderung. Ausdrücklich in diesem Sinne BFH, Urteil vom 6. 12. 1972, BStBl. II 1973, 293; dem folgend Schmidt IHeinicke, EStG18,1999, § 4 Rn. 383; Blümich I Wacker, EStG, § 4 Rn. 35, 251 (Juni 1997) m. w. N., die die Darlehnshingabe als Anschaffung des nicht abnutzbaren Wirtschaftsguts „Darlehnsforderung" ansehen. 938 Deutlich Groh, FR 1986, 393 (394 f.). 939 Vgl. allgemein Tipke I Kruse, AO, § 42 Tz. 27 (Okt. 1996) zum Problem der willkürlichen Zahlung bei der Überschußrechnung. 940 Begründung der Bundesregierung vom 3. 3. 1971, BT-Drucksache 611901, 11, vgl. bereits § 3 I 3 b der Arbeit mit Wiedergabe der Gesetzesbegründung. 941 Grundlegend Söhn, StuW 1991, 270.

§ 14 Konsequenzen für die steuerrechtliche Gewinnermittlung

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Anlagevermögen (Beteiligungsverluste) gilt dasselbe: Soll § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG nach der Intention des Gesetzgebers943 den Betriebsausgabenabzug nicht einschränken, sondern nur den Abzug auf einen späteren Zeitpunkt verschieben, so zählt der Buchwert des Wirtschaftsgutes im Zeitpunkt des Verlustes zu den Betriebsausgaben. Das folgt nicht aus dem Prinzip der Totalgewinngleichheit als vielmehr daraus, daß das Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen der letztmögliche Zeitpunkt ist, auf den der Betriebsausgabenabzug verschoben werden kann. § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG zählt mit der Veräußerung und der Entnahme typische Fälle des Ausscheidens eines Wirtschaftsgutes aus dem Betriebsvermögen exemplarisch auf, ohne den Betriebsausgabenabzug in anderen Fällen auszuschließen. Darum ging es dem Gesetzgeber auch gar nicht. Schließlich können auch Geldverluste 944 und Verluste von Wirtschaftsgütern des sogenannten gewillkürten Betriebsvermögens zu Betriebsausgaben führen 945. Das folgt daraus, daß die Art der Gewinnermittlung nicht den Umfang des Betriebsvermögens bestimmt. Die Gewinnermittlungsvorschriften sind Quantifikationsvorschriften. Die Frage, welche Wirtschaftsgüter zum Betriebsvermögen gehören, beantwortet weder § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG noch § 4 Abs. 3 EStG. Beide Gewinnermittlungsarten gehen vielmehr nur von einer Vermögensbestandssphäre aus 946 . Deren Umfang ergibt sich aus den Vorschriften über die Einkunftsarten, den Qualifikationsvorschriften. Der Umfang des Betriebsvermögens hängt von der Tätigkeit des Steuerpflichtigen ab: Der Kreis der Wirtschaftsgüter ist bei Gewerbetreibenden tendenziell weiter als bei Freiberuflern 947. Davon geht auch der Bun942 Allgemeine Ansicht, vgl. nur Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 109. 943 Vgl. Nachweis in Note 940. 944 Geld ist bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Berechnungsgrundlage. Daraus folgt jedoch entgegen Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 110 noch nicht, daß Geldbestände außerhalb der Gewinnermittlungsart stehen. Lediglich Geldverschiebungen zwischen betrieblicher, beruflicher und privater Sphäre müssen nicht aufgezeichnet werden und haben keinen Einfluß auf die Höhe des Gewinns. Mehr ist aus der Technik dieser Gewinnermittlungsart nicht abzuleiten, insbesondere nicht der Umstand, daß Geld mit der Vereinnahmung zu Privatvermögen wird (so indes noch BFH, Urteil vom 22. 2. 1973, BStBl. II 1973,480). Über den Umfang des Betriebsvermögens sagt die Technik der Gewinnermittlung nichts aus. Dazu sogleich im Text.

945 Die Frage der Zugehörigkeit zum sog. gewillkürten Betriebsvermögen stellt sich ja insbesondere, wenn der Steuerpflichtige den Verlust eines Wirtschaftgutes gewinnmindernd gelten machen will, vgl. nur den Fall, der BFH, Urteil vom 22. 9. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173) zugrundeliegt. Der BFH hält trotz der von nur Wassermeyer, DSÜG 3 (1980), 315 (317 ff.) eingeleiteten Kritik unbeirrt an der Dreiteilung des Vermögens fest vgl. nur BFH, Urteil vom 19. 2. 1997. BStBl. II 1997, 399 (402). 946 Zur Vermögensbestandssphäre bei der Überschußrechnung bei § 4 Abs. 3 EStG vgl. bereits § 3 III 3 der Arbeit. Uhländer, Vermögensverluste im Privatvermögen, 1996, 95 geht von der Existenz einer Vermögensbestandssphäre bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG aus, begrenzt diese jedoch ohne nähere Begründung, a. a. Ο., 110. 947 So bereits Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 447; Oswald, StuW 1962, Sp. 619 f. 11 Driien

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5. Teil: Abschied vom Totalgewinngedanken

desfmanzhof in zahlreichen Urteilen aus 948 . Über den Kreis der Wirtschaftsgüter, die zum Betriebsvermögen eines Freiberuflers gehören können, kann man geteilter Meinung sein 949 . Allein der Umstand, daß eine große Zahl von Freiberuflern den Gewinn durch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, macht diese Frage indes nicht zum Problem der Gewinnermittlungsart. Der Kreis der Wirtschaftsgüter, die beim Freiberufler zum Betriebsvermögen gehören können (objektives Element der Zuordnung zum Betriebsvermögen), wird allein durch die Prägung des Berufsbildes eingeschränkt950. Er hängt dagegen nicht von der Art der Gewinnermittlung ab, weil der Akt der Widmung (subjektives Element der Zuordnung zum Betriebsvermögen) nicht nur in einer Buchführung, sondern auch in einem Bestandsverzeichnis dokumentiert werden kann 951 . Erkennt man jedoch an, daß die Frage des Umfanges des Betriebsvermögens eine Frage der Einkunftsart 952 und keine Frage der Gewinnermittlungsart ist, so erübrigt sich auch insoweit ein Rekurs auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit953. Die (partielle) Totalgewinngleichheit ist wiederum bloßer Reflex.

I I I . Konsequenzen für den Wechsel der Gewinnermittlungsart Die Frage nach der Rechtsgrundlage der Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsarten war bereits Gegenstand zahlreicher Untersuchungen 954 . Alle erdenklichen Konstruktionen wurden erwogen: Neben dem Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit, dem Wesen der Einkommensteuer als laufende Steuer 9 5 5 und dem allgemeinen Gewinnbegriff werden die Zu- und Abrechnungen auf 948 Aus jüngerer Zeit BFH, Urteil vom 24. 4. 1997, BStBl. II 1997, 567 (568); BFH, Beschluß vom 10. 6. 1998, BFH/NV 1998, 1477 (1478); umfassende Nachweise aus der älteren Rechtsprechung bei Söffing, StbJb. 1980/81,451 (455 ff.). 949 Vgl. einerseits BFH, Urteil vom 12. 7. 1990, BStBl. II 1991, 13; BFH, Urteil vom 26. 5. 1994, BStBl. II 1994, 750 und andererseits Tipkt/Lang, Steuerrecht16, 1998, § 9 Rn. 454. 950 So auch Wassermeyer, DStJG 3 (1980) 315 (328 f.) und Woerner, StbJb. 1989/90, 207 (220, 230), die trotz dieser Erkenntnis auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit rekurrieren. 951 So schon Merten, FR 1979, 365 (366); Söffing, StbJb. 1980/81, 451 (518). Ausdrücklich nunmehr BFH, Urteil vom 22. 9. 1993, BStBl. II 1994, 172 (173). 952 So daß sich die Frage stellt, ob das Gebot der Gleichbehandlung der Einkunftsarten (dazu jüngst BVerfG, Beschluß vom 30. 9. 1998, DStR 1998, 1743 [1745]) verletzt ist, die m.E. indes wegen der Unterschiede der Lebenssachverhalte zu verneinen ist. 953 Daraufstellt indes Nds. FG, Urteil vom 15. 7. 1998, EFG 1999, 216 (217 f.) ab. 954 Hansch, Rechtsmethodische Probleme des § 4 Abs. 3 EStG, 1985; Holler, Der Wechsel der Gewinnermittlungsart im Einkommensteuerrecht, 1992; Kalb-Arnold, Die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG, 1969; Peitz, Die Gewinnkorrektur beim Wechsel der Gewinnermittlungsart, 1969. 955 RFH, Urteil vom 7. 12. 1938, RStBl. 1939, 172; Enno Becker, Die Grundlagen der Einkommensteuer, 1940, 45.

§ 14 Konsequenzen für die steuerrechtliche Gewinnermittlung

163

Richterrecht, auf Gewohnheitsrecht oder eine Analogie zu § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG 956 gestützt957. Aus allen Konstruktionen werden nahezu identische Konsequenzen abgeleitet. Alle Ansätze lassen sich letztlich auf den gleichen Grundgedanken zurückführen: Das Gesetz setzt den Wechsel der Gewinnermittlungsart als zulässig voraus (§ 4 Abs. 1 Satz 3 EStG) und schreibt ihn bei der Betriebsveräußerung oder -aufgabe (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG) und der Begründung einer Buchführungspflicht sogar vor 958 . Wenn der Gesetzgeber den Wechsel der Gewinnermittlungsart aber zuläßt oder vorschreibt, so müssen daraus auch die Konsequen gezogen werden 959. Hierin liegt der Schlüssel zur Rechtsgrundlage der Zu- und Abrechnungen: Es geht um das konsequente „Zuende-Denken" der vom Gesetzgeber statuierten Sachgesetzlichkeit960. Die vom Gesetzgeber statuierte Sachgesetzlichkeit961 liegt darin, daß bei den Gewinneinkünften jeder betriebliche Geschäftsvorfall steuerrechtlich erfaßt wird und die Gewinnermittlungsarten sich lediglich im Zeitpunkt der Erfassung unterscheiden962. Das Gesetz knüpft bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zu verschiedenen Zeitpunkten (Realisation/Zu- bzw. Abfluß) an dieselben Lebenssachverhalte an. Jede Gewinnermittlungsart ist ein in sich geschlossenes System. Innerhalb dieses Systems wird jeder Geschäftsvorfall genau einmal erfaßt. Ein Wechsel der Gewinnermittlungsart greift in das geschlossene System ein. Diese Störung bedarf eines Ausgleiches, weil ansonsten der Sachverhalt doppelt oder nicht erfaßt wird 963 . 956 in diese Richtung bereits RFH, Urteil vom 17. 12. 1930, RStBl. 1931, 448 (451); zur sog. zweischneidigen Lückenausfüllung Beisse, StuW 1981, 1 (9). 957 Insbesondere Kassmer, Stbg. 1960, 189 (90) und Wächter, StbKongr.Rep. 1965, 104 (108) waren der Ansicht, daß die Rechtsgrundlage für die Zu- und Abrechnungen mit Wegfall des Schwankungsausgleiches bei der Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG im Jahre 1954 (vgl. dazu § 3 I 3a der Arbeit) weggefallen ist. Sie übersehen dabei, daß § 4 Abs. 2 EStG 1934 und seine Vorläufer nur die Rechtsgrundlage für die Korrekturposten zum Schwankungsausgleich, nicht aber die für den Wechsel der Gewinnermittlungsart war (BFH, Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650 [651]). Dieser war zu keinem Zeitpunkt gesetzlich normiert. 958 Vgl. § 3 II der Arbeit. 959 Kruse, DSUG 5 (1982), 160 (Diskussionsbeitrag). 960 So auch Woerner, Gedächtnisschrift Knobbe-Keuk, 1997, 967 (978). 961 Statt vieler Wolff- Diepenbrock, in Littmann /Bitz/Hellwig, Einkommensteuerrecht, §§ 4, 5 Rn. 2255 (Juni 1988). Von der umstrittenen Frage der Sachgesetzlichkeit der Steueranknüpfung (dagegen Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 45 ff. m. w. N.), ist die Frage der Sachgesetzlichkeit der Steuerausgestaltung zu trennen. Selbst wenn man der Ansicht ist, daß der Gesetzgeber bei der Steueranknüpfung frei ist, folgt daraus nicht, daß dem Steuerrecht jegliche Sachgesetzlichkeiten fehlen. Das Gesetz kann Sachgesetzlichkeiten statuieren (Kruse, StuW 1990, 322 [328 f.]). 962 Von dieser Sachgesetzlichkeit geht auch das Prinzip der Totalgewinngleichheit aus. Sie ist indes keine hinreichende Prämisse für eine Totalgewinngleichheit (vgl. bereits § 9 III 1 der Arbeit). Deshalb ist es verfehlt, diese Sachgesetzlichkeit mit dem Prinzip der Totalgewinngleichheit gleichzusetzen. 11

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5. Teil: Abschied vom Totalgewinngedanken

Daß diese Rechtsfolge vom Willen des Gesetzgebers umfaßt sein soll, vertritt - soweit ersichtlich - niemand. Der Fall der Doppelerfassung einer Einnahme gilt sogar als klassischer Fall eines zwingenden Widerstreits, der eine Korrektur des fehlerhaften Bescheides nach § 174 Abs. 1 AO eröffnet 964. Auch wenn beim Wechsel der Gewinnermittlungsart eine dem § 20 Abs. 1 Satz 3 UStG vergleichbare Vorschrift fehlt, ist evident, daß der Sachverhalt „nur einmal hätte berücksichtigt werden dürfen". Die von der Rechtsprechung entwickelten Zu- und Abrechnungen verhindern präventiv; daß es durch den Wechsel zu einer positiven oder negativen Periodenkollision kommt 965 . Sie vervollständigen lediglich die im Gesetz angelegte Besteuerung der Lebenssachverhalte, die ohne den Wechsel selbstverständlich wäre 966 . Die Zu- und Abrechnungen lassen sich damit auf eine Belastungsentscheidung des Gesetzgebers zurückführen. Die Frage der Zulässigkeit einer steuerlastschaffenden Analogie967 stellt sich deshalb nicht. Die Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart sind demnach Ausdruck der inneren Sachgesetzlichkeit des Gesetzes. Eines Rekurses auf das Prinzip der Totalgewinngleichheit bedarf es auch insoweit nicht, zumal dieses Prinzip einzelne Nuancen des Übergangs nicht befriedigend erklären kann 968 .

963 Soweit der Gesetzgeber die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG mit dem Betriebsvermögensvergleich gleichgestellt hat (§ 4 Abs. 3 Sätze 3 und 4 EStG), ist kein Ausgleich erforderlich, weil insoweit keine Doppel- oder Nichterfassung droht. 964 Brüning, Die widerstreitende Steuerfestsetzung (§ 174 AO), 1989, 3, 40, 44; Beermann/v. Wedelstädt, AO, § 174 Rn. 9; SchwarzIFrotscher, AO, § 174 Rn. 26 (Lfg. 6/98); Tipke ! Kruse, AO, § 174 Tz. 16 (April 1998) nennen den Wechsel der Besteuerungsart einen „typischen Fall" der Periodenkollision. 965 Laut Peter Fischer, StVj. 1992, 3 (27) eine „rechtstechnische Petitesse". 966 Insoweit verdient BFH, Urteil vom 28. 5. 1968, BStBl. II 1968, 650 Zustimmung: Die Zu- und Abrechnungen sind eine „nach den Grundsätzen des EStG notwendige systemgerechte Regelung".

967 Vgl. zum Streitstand Kruse, Lehrbuch des Steuerrechts, Bd. I, 1991, 45 ff.; Tipke/ Kruse, AO § 4 Tz. 121 ff. (April 1997); Koch/Scholtz, AO 5 , 1996, § 4 Rn. 18; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. I, 1993,202 ff. 968 in diesem Sinne jüngst auch Kanzler, in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, Vor §§ 4 7 Anm. 41 (Febr. 1999).

Sechster Teil

Schluß § 15 Zusammenfassung der Ergebnisse I. Der Gewinn wird durch drei Strukturelemente konstituiert. Das Zeitelement legt den Zeitraum fest, für den der Gewinn zu ermitteln ist. Das Verfahrenselement legt fest, nach welchem Verfahren der Gewinn zu ermitteln ist. Das Bezugselement legt fest, für welche wirtschaftliche Einheit der Gewinn zu ermitteln ist. Π. Der steuerrechtliche Gewinn ist für das Wirtschafts- bzw. das Kalenderjahr zu ermitteln. Der für diesen Zeitraum ermittelte Gewinn geht in die Bemessungsgrundlage der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer ein. Bemessungszeitraum für diese Steuern ist das Kalenderjahr. Eine Besteuerung nach einem dreijährigen Durchschnitt gibt es seit dem Reichseinkommensteuergesetz 1920 nicht mehr. Der Gewinn ist nach geltendem Recht nicht für den Zeitraum von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebes (sog. Totalperiode) zu ermitteln; der in diesem Zeitraum erzielte Totalgewinn ist nicht Gegenstand der Besteuerung. ΠΙ. Der Totalgewinngedanke ist kein normativ geltender Rechtssatz. Er folgt nicht aus dem „Wesen" der Ertragsteuern als laufende Steuern. Rechtsprechung und Literatur haben ihn an das Gesetz herangetragen. IV. Der Totalgewinngedanke hat zwei Seiten. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit besagt, daß der Totalgewinn eines Betriebes trotz verschiedener Gewinnermittlungsarten gleich hoch ist. Das Prinzip der Totalgewinnrichtigkeit besagt, daß bei einem Betrieb von der Eröffnung bis zur Schließung derrichtigeTotalgewinn zu besteuern ist. Auf einen Nenner gebracht, besagt der Totalgewinngedanke, daß jeder steuerrechtlich erhebliche Sachverhalt unabhängig von der Gewinnermittlungsart (genau) einmal zu besteuern ist. V. Die Wurzeln des Totalgewinngedankens liegen nicht im Steuerrecht, sondern in den Wirtschaftswissenschaften. Die finanzwissenschaftliche Wurzel liegt in der Erkenntnis, daß eine Abschnittsbesteuerung letztlich willkürlich und der ideale Besteuerungszeitraum der Lebenszeitraum eines Steuerpflichtigen ist. Die betriebswirtschaftliche Wurzel liegt in der Erkenntnis, daß der Jahresabschluß eines Betriebs die Geschäftsvorfälle willkürlich zertrennt und der Gewinn willkürfrei nur für den Zeitraum von der Eröffnung bis zur Schließung eines Betriebs ermittelt werden kann.

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6. Teil: Schluß

VI. Der Totalgewinngedanke kann nicht kurzerhand auf die steuerrechtliche Gewinnermittlung übertragen werden. Das geltende Recht wird dem Totalgewinngedanken nur partiell gerecht. Dieser setzt eine umfassende betriebsbezogene Verlustkompensation voraus. Das geltende Recht sieht dagegen einen personenbezogenen Verlustausgleich und -abzug vor, der zudem durch zahlreiche Vorschriften beschränkt wird. Überdies beruht der Totalgewinngedanke auf der unrealistischen Prämisse der Beständigkeit des Steuerrechts. Er ignoriert, daß das Steuerrecht über kein geeignetes Instrumentarium verfügt, um die eine Totalrechnung verfälschenden Inflations- und Zinseffekte zu eliminieren. VII. Der Totalgewinngedanke gilt als verfassungsrechtlich geboten und ist darum an den Vorgaben des Verfassungsrechts zu messen. Der Gesetzgeber muß bei der Auswahl der Besteuerungszeiträume kollidierende Verfassungsgüter in Einklang bringen. Dabei hat er von Verfassungs wegen einen Optimierungsauftrag. Er muß im Wege praktischer Konkordanz zu einem schonenden Ausgleich der Verfassungsgüter kommen und darf nicht ein Verfassungsgut zugunsten eines anderen einseitig opfern. Der Gesetzgeber hat sich für eine periodische Besteuerung mit substantiellen Durchbrechungen und Milderungen entschieden. Diese Entscheidung liegt innerhalb des breiten Optimierungskorridors, den Rechtssicherheit und materielle Gerechtigkeit konstituieren, und wird daher den verfassungsrechtlichen Vorgaben gerecht. VIII. Die unterschiedliche Ausgestaltung der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Der Gesetzgeber verzichtet aus sachlichen Gründen bei bestimmten Steuerpflichtigen auf eine zeit- und kostenintensive Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich. Dadurch wird eine ungleiche Besteuerung der Periodengewinne gerechtfertigt, zumal sowohl Betriebsvermögensvergleich als auch Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG dem Steuerpflichtigen Vor- und Nachteile eröffnen. Die derzeitige Ausgestaltung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) verfehlt den vom Gesetzgeber intendierten Lenkungszweck und verstößt gegen den Gleichheitssatz. IX. Die unterschiedlichen Gewinnermittlungsarten können zu unterschiedlichen Totalgewinnen führen. Der Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, daß der Totalgewinn eines Betriebes trotz verschiedener Gewinnermittlungsarten gleich hoch ist. Da die Steuergesetze an den Totalgewinn keine Rechtsfolgen knüpfen und die Höhe der Steuerlast vielmehr von der Höhe der einzelnen Periodengewinne abhängt, behandelt der Gesetzgeber den Totalgewinn weder gleich noch ungleich. Dazu ist er auch von Verfassungs wegen nicht verpflichtet. Die Verfechter des Prinzips der Totalgewinngleichheit dividieren die Meßfunktion der Bemessungsgrundlage und die Belastungsfunktion des Steuertarifs auseinander und plädieren für eine scheinbare Gleichbehandlung der erzielten Gewinne. Der Totalgewinn ist indes eine Denkgröße und Art. 3 Abs. 1 GG verlangt keine virtuelle Gleichbehandlung. Der Gesetzgeber verletzt den Gleichheitssatz nicht dadurch,

§ 15 Zusammenfassung der Ergebnisse

167

daß er steuerrechtliche Sonderregelungen schafft, die bei den einzelnen Gewinnermittlungsarten zu verschiedenen Totalgewinnen führen. X. Der Rechtsanwender darf die Wertungen des Gesetzgebers nicht durch Rekurs auf das sog. Totalgewinnprinzip revidieren. Aus den einzelnen Vorschriften, die eine starre Abschnittsbesteuerung durchbrechen und abmildern, kann nicht im Wege der Induktion ein Totalgewinnprinzip hergeleitet werden. Dieses Prinzip ist kein normkonzipierendes, sondern ein partiell normkorrigierendes Prinzip. Das Argument, dem Totalgewinnprinzip gebühre als materiellem Prinzip und als Subprinzip des Leistungsfähigkeitsprinzips der Vorrang vor dem technischen Prinzip der Abschnittsbesteuerung, überzeugt nicht. Der Gesetzgeber hat die Kollision der verfassungsrechtlichen Prinzipien entschieden und damit eine materielle Entscheidung getroffen, die in Einklang mit der Verfassung steht. Für den Rechtsanwender verbleibt kein eigener Optimierungsspielraum. Der Streit um die prinzipientheoretische Einordnung des Abschnittsprinzips ist daher verkürzt. XI. Der „Sinn und Zweck" der steuerrechtlichen Gewinnermittlung besteht weder darin, denrichtigenTotalgewinn zu ermitteln, noch darin, den „vollen" Gewinn zu ermitteln. Das Normengefüge der §§ 4 bis 7k EStG ist ein Konglomerat aus Fiskalzweck-, Lenkungs- und Vereinfachungsnormen, aus dem kein einheitlicher Zweck abstrahiert werden kann. XII. § 4 Abs. 3 EStG verfolgt nicht den Zweck, den gleichen Totalgewinn wie beim Betriebsvermögensvergleich zu besteuern. Dieser Zweck läuft dem vom Gesetzgeber verfolgten Vereinfachungszweck der Norm zuwider. XIII. Der Totalgewinngedanke ist kein Bestandteil des steuerrechtlichen Gewinnbegriffs. Gewinnermittlung im Steuerrecht ist Rechtsanwendung. Die steuerrechtliche Gewinnermittlung hat nicht die Aufgabe, eine faktisch vorhandene wirtschaftliche Größe zu ermitteln. Das Steuerrecht folgt keinem übergeordneten wirtschaftlichen Gewinnbegriff, sondern definiert einen eigenständigen juristischen Gewinnbegriff. Dieser deckt sich nicht mit dem Gewinnbegriff der dynamischen Bilanztheorie, so daß dem Totalgewinngedanken nicht auf diesem Wege zum „Durchbruch" verholfen wird. XIV. Das Prinzip der Totalgewinngleichheit läßt sich auch nicht aus einem „allgemeingültigen" Gewinnbegriff ableiten. Dem Steuerrecht liegt kein einheitlicher Gewinnbegriff für alle Gewinnermittlungsarten zugrunde. Im Steuerrecht gibt es keinen absoluten, von den Gewinnermittlungsvorschriften losgelösten Gewinn. Der Gewinn ist keine den Gewinnermittlungsvorschriften vorgelagerte Größe, sondern das Ergebnis ihrer Anwendung. Legen die Gewinnermittlungsvorschriften den Gewinnbegriff erst fest, ist der Gewinnbegriff kein tragfähiges Argument für die Auslegung der Gewinnermittlungsvorschriften. Es gibt weder einen „allgemeingültigen" noch einen „vollen" Gewinn. XV. Die Rechtsprechung zum formellen Bilanzenzusammenhang baut auf dem Totalgewinngedanken auf. Sie überzeugt nicht, weil sie die gesetzlichen Vorschrif-

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6. Teil: Schluß

ten über Verjährung und Bestandskraft für die Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich außer Kraft setzt. Die Frage der Berichtigung der Bilanz ist von der Frage der Korrektur des Steuerbescheides zu trennen. Ob der Steuerbescheid korrigiert werden kann, richtet sich nach den Vorschriften über die Verjährung (§§ 169 ff. AO) und die Bestandskraft (insbesondere den §§ 172 ff. AO). XVI. Die Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG ist eine selbständige Art der Gewinnermittlung. Sie bedarf keiner Korrektur durch das Prinzip der Totalgewinngleichheit. Dieser behauptete Zweck läuft dem Vereinfachungszweck zuwider und ist zudem in zahlreichen Fällen entbehrlich, wie das Beispiel der Vermögensverluste im Betriebsvermögen zeigt. XVQ. Das Gesetz knüpft bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich und Überschußrechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) zu verschiedenen Zeitpunkten (Realisation/Zu- bzw. Abfluß) an dieselben Lebenssachverhalte an. Das Gesetz setzt den Wechsel der Gewinnermittlungsart als zulässig voraus und schreibt ihn bei der Betriebsveräußerung oder -aufgabe sogar vor (§ 16 Abs. 2 Satz 2 EStG). Die von der Rechtsprechung entwickelten Zu- und Abrechnungen beim Wechsel der Gewinnermittlungsart vervollständigen lediglich die im Gesetz angelegte Besteuerung der Lebenssachverhalte, die ohne den Wechsel selbstverständlich wäre. Die Zu- und Abrechnungen lassen sich auf eine Belastungsentscheidung des Gesetzgebers zurückführen.

Rechtsprechungsübersicht I. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Urteil vom 27. 6. 1996

Rs. C 234/94

DB 1996, 1400

Beschluß vom 10. 7. 1997

Rs. C 234/94

DStR 1997, 1416

II. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Beschluß vom 18. 12. 1953

1 BvL 106/53

BVerfGE 3, 225

Beschluß vom 11.5. 1970

l B v L 17/67

BVerfGE 28, 227

Beschluß vom 8. 5. 1973

2 BvL 5, 6,7,13/72

BVerfGE 35,41

Beschüß vom 8. 3. 1977

1 BvR 1001/76

StRK AO 1977 § 169 R 1

Beschluß vom 19. 12. 1978

1 BvR 335,427,811/76

BVerfGE 50,57

Beschluß vom 7. 10. 1980

1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79

BVerfGE 55,72

Beschluß vom 20. 4. 1982

2 BvL 26/81

BVerfGE 60,253

Beschluß vom 3. 11. 1982

1 BvR 620/78, 1335/78, 1104/79 und 363/80

BVerfGE 61, 319

Beschluß vom 9. 2. 1983

1 BvL 8/80, 16/81; 1 BvR 257/80, 890/80, 1357/81

BVerfGE 63, 152

Urteil vom 17. 7. 1984

2 BvE 11, 15/83

BVerfGE 67, 100

Urteil vom 24. 4. 1985

2 BvF2, 3,4/83 und 2/84

BVerfGE 69, 1

Beschluß vom 13. 5. 1986

1 BvR 99,461/85

BVerfGE 72, 175

Beschluß vom 14. 5. 1986

2 BvL 2/83

BVerfGE 72, 200

Beschluß vom 14. 1. 1987

1 BvR 1052/79

BVerfGE 74,129

Beschluß vom 9. 5. 1989

1 BvL 35/86

BVerfGE 80, 103

Beschluß vom 23. 1. 1990

1 BvL 4, 5,6, 7/87

BVerfGE 81,228

Urteil vom 23. 1. 1990

1 BvL 44/86 und 48/87

BVerfGE 81, 156

Beschluß vom 11.4. 1991

2 BvR 196/91

NJW 1992, 168

Urteil vom 27. 6. 1991

2 BvR 1493/89

BVerfGE 84, 239

Beschluß vom 22. 7. 1991

1 BvR 313/88

NJW 1992, 168

Beschluß vom 8. 10. 1991

1 BvL 50/86

BVerfGE 84, 348

Beschluß vom 25. 9. 1992

2 BvL 5, 8, 14/91

BVerfGE 87, 153

Rechtsprechungsübersicht

170 Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Beschluß vom 18. 2. 1993

2 BvR 1196/88

BB 1993, 1054

Beschluß vom 9. 3. 1994

2 BvL 43,51,63, 64, 70,

BVerfGE 90, 145

80/92; 2 BvR 2031/92 Beschluß vom 14. 12. 1994

1 BvR 720/90

BVerfGE 91, 346

Beschluß vom 22. 6. 1995

2 BvL 37/91

BVerfGE 93, 121

Beschluß vom 22. 6. 1995

2 BvR 552/91

BVerfGE 93, 165

Beschluß vom 7. 4. 1997

1 BvL 11/96

NJW 1997, 2230

Urteil vom 8. 4. 1997

1 BvR 48/94

NJW 1997, 1975

Beschluß vom 10. 4. 1997

2 BvL 77/92

BVerfGE 96, 1

Beschluß vom 30. 9. 1998

2 BvR 1818/91

DStR 1998, 1743

I I I . Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Entscheidung vom 1.5. 1888 Urteil vom 1.5. 1888

H C 236/87

PrOVGE, Bd. 16, 89

H C 15/88

PrOVGE, Bd. 16, 93

Urteil vom 7. 3. 1893

V 622/92

PrOVGSt. Bd. 1(1893), 247

Urteil vom 13. 12. 1895

V 5/95

PrOVGSt. Bd. IV (1895), 241

Urteil vom 12. 10. 1912

V A 3/12

PrOVGSt. Bd. 16(1915), 237

IV. Entscheidungen des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Urteil vom 30. 12. 1901

188 I I S

Sächs. Jahrbücher 1902, 343

V. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Urteil vom 16. 2. 1927

VI A 547/26

RFHE 20, 244

Urteil vom 17. 12. 1930

VI A 863/28

RStBl. 1931,448

Urteil vom 16. 12. 1931

VI A 1963/29

RStBl. 1932,528

Urteil vom 5. 5. 1937

VI A 278

StuW 1937, Nr. 315

Urteil vom 24. 10. 1938

VI 129/38

RStBl. 1939, 193

Urteil vom 7. 12. 1938

VI 774/37

RStBl. 1939, 172

Urteil vom 3. 5. 1944

VI 74/44

RStBl. 1944, 731

Rechtsprechungsübersicht

171

VI. Entscheidungen des Obersten Finanzgerichtshofs Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Urteil vom 28. 2. 1948

I 10/47

StuW 1948, Teil II, Sp. 9

Urteil vom 4. 8. 1950

IV 69 / 50

StuW 1951, Teil II, Sp. 11

VII. Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Aktenzeichen

Fundstelle

Urteil vom 1. 12. 1950

IV 302/50 S

BStBl. III 1951, 10

Urteil vom 25. 1. 1951

I D 4/50 S

BStBl. III 1951,68

Urteil vom 1. 4. 1952

I23/52U

BStBl. III 1952, 144

Datum

Urteil vom 14. 4. 1953

I44/53U

BStBl. III 1953, 158

Gutachten vom 25. 3. 1954

IV D 1/53 S

BStBl. III 1954, 195

Urteil vom 12. 5. 1955

IV 19/55 U

BStBl. III 1955, 205

Urteil vom 17. 10. 1957

IV 64/57 U

BStBl. III 1957,443

Urteil vom 13. 5. 1959

IV 171/58 U

BStBl. III 1959, 270

Urteil vom 24. 11. 1959

I47/58 U

BStBl. III 1960,188

Urteil vom 14. 1. 1960

IV 108/58U

BStBl. III 1960, 137

Urteil vom 17. 5. 1960

135/37 S

BStBl. III 1960, 306

Urteil vom 15. 7. 1960

VI 10/60 S

BStBl. III 1960,484

Urteil vom 25. 8. 1960

IV 185/58U

BStBl. III 1960,444

Urteil vom 30. 9. 1960

IV 137/59U

BStBl. III 1960,489

Urteil vom 22. 11. 1960

I 103/60 S

BStBl. III 1961,97

Urteil vom 1. 12. 1960

IV 305/59 U

BStBl. III 1961, 154

Urteil vom 29. 3. 1961

IV 427/60U

BStBl. III 1961,500

Urteil vom 28. 7. 1961

IV 2 5 / 6 1 U

BStBl. III 1961,436

Urteil vom 3. 10. 1961

I236/60U

BStBl. III 1961,565

Urteil vom 23. 11. 1961

IV 98/60 S

BStBl. III 1962, 199

Urteil vom 25. 1. 1962

IV 221/60 S

BStBl. III 1962, 366

Urteil vom 27. 3. 1962

I 136/60 S

BStBl. III 1962, 273

Urteil vom 22. 6. 1962

VI 49/61 S

BStBl. III 1962, 386

Urteil vom 13. 3. 1964

IV 158/61 S

BStBl. III 1964,455

Urteil vom 9. 6. 1964

I 287/63 U

BStBl. III 1965,48

Urteil vom 16. 7. 1964

BStBl. III 1964,634

Urteil vom 8. 10. 1964

V 92/62 S IV 365/62U

Urteil vom 5. 8. 1965

IV 42/65 U

BStBl. III 1965,650

Beschluß vom 29. 11. 1965

Gr. S. 1 /65 S

BStBl. III 1966, 142

Urteil vom 16. 9. 1966

IV 118/65 und VI119/65

BStBl. III 1967, 70

Beschluß vom 3. 8. 1967

IV R 47/65

BStBl. II 1967, 601

Urteil vom 30. 11. 1967

IV R 96/97

BStBl. II 1968, 144

BStBl. III 1965, 12

172

Rechtsprechungsübersicht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Beschluß vom 7. 12. 1967

Gr. S 1/67

BStBl. II 1968, 268

Urteil vom 28. 5. 1968

IV R 202/67

BStBl. II 1968, 650

Urteil vom 28. 5. 1968

IV R 28/68

BStBl. II 1968, 651

Urteil vom 3. 7. 1968

I 113/65

BStBl. II 1968, 736

Beschluß vom 3. 2. 1969

Gr. S. 2/68

BStBl. II 1969, 291

Urteil vom 12. 3. 1969

197/65

BStBl. II 1969, 381

Urteil vom 22. 5. 1969

IV 31/65

BStBl. II 1969, 584

Urteil vom 2. 9. 1971

IV 342/65

BStBl. II 1972, 334

Urteil vom 7. 10. 1971

IV R 181/66

BStBl. II 1972, 271

Urteil vom 9. 2. 1972

I R 205/66

BStBl. II 1972,455

Beschluß vom 17. 2. 1972

Gr. S. 10/70

BStBl. II 1972, 700

Urteil vom 22. 2. 1972

IV R 69/69

BStBl. II 1973,480

Urteil vom 17. 5. 1972

I R 126/70

BStBl. II 1972, 621

Urteil vom 21. 6. 1972

I R 189/69

BStBl. II 1972, 874

Urteil vom 31. 8. 1972

IV R 93/67

BStBl. II 1973,51

Urteil vom 6. 12. 1972

IV R 4 - 5 / 7 2

BStBl. II 1973, 293

Urteil vom 8. 3. 1973

IV R 77/72

BStBl. II 1973, 399

Urteil vom 13. 9. 1973

IV R 5/70

BStBl. II 1973, 846

Urteil vom 13. 3. 1974

I R 7/71

BStBl. II 1974, 391

Urteil vom 17. 7. 1974

I R 195/72

BStBl. II 1974, 684

Urteil vom 16. 1. 1975

IV R 180/71

BStBl. II 1975, 526

I R 154/73

BStBl. II 1975,441

IV R 188/74

BStBl. II 1976, 663

Urteil vom 19. 2. 1975 Urteil vom 12. 2. 1976 Urteil vom 26. 2. 1976 Urteil vom 11. 3. 1976 Urteil vom 6. 5. 1976 Urteil vom 21. 10. 1976 Urteil vom 4. 8. 1977 Urteil vom 12. 10. 1977 Urteil vom 23. 11. 1978 Urteil vom 29. 3. 1979 Urteil vom 24. 10. 1979 Urteil vom 8. 11. 1979 Urteil vom 13. 12. 1979 Urteil vom 9. 9. 1980 Urteil vom 14. 1. 1982 Urteil vom 19. 1. 1982 Urteil vom 2. 3. 1982 Urteil vom 7. 10. 1982 Urteil vom 14. 12. 1982 Urteil vom 23. 6. 1983

I R 150/74

BStBl. II 1976, 378

IV R 185/71

BStBl. II 1976, 380

IV R 79/73 IV R 222/72

BStBl. II 1976, 560 BStBl. II 1977, 148

IV R 119/73

BStBl. II 1977, 866

I R 248/74

BStBl. II 1978, 191

IV R 146/75

BStBl. II 1979, 109

IV R 1/75

BStBl. II 1979,412

VIII R 49/77

BStBl. II 1980, 186

IV R 145/77

BStBl. II 1980, 146

IV R 69/74

BStBl. II 1980, 239

V I I I R 64/79

BStBl. II 1981, 125

IV R 168/78 V I I I R 21/77

BStBl. II 1982, 345

VIII R 225/80 IV R 32/80

BStBl. II 1984, 504 BStBl. II 1983, 101

VIII R 53/81

BStBl. II 1983, 303

I V R 185/81

BStBl. II 1983, 723

BStBl. II 1982,456

Rechtsprechungsübersicht Datum

Aktenzeichen

173 Fundstelle

Urteil vom 23. 6. 1983

IV R 192/80

BStBl. II 1983, 725

Urteil vom 23. 2. 1984

IV R 128/61

BStBl. II 1984,516

Urteil vom 2. 5. 1984

VIII R 239/82

BStBl. II 1984, 695

Beschluß vom 25. 6. 1984

GrS 4/82

BStBl. II 1984, 751

Urteil vom 22. 1. 1985

V I I I R 29/82

BStBl. II 1985, 308

Urteil vom 24. 1. 1985

IV R 155/83

BStBl. II 1985, 255

Urteil vom 27. 3. 1985

I R 290/83

BFH/NV 1986, 301

Urteil vom 23. 5. 1985

IV R 198/83

BStBl. II 1985,517

Urteil vom 30. 1. 1986

IV R 130/84

BStBl. II 1986, 399

Urteil vom 15. 5. 1986

IV R 146/84

BFH/NV 1988, 84

Urteil vom 15. 7. 1986

V I I I R 269/81

BStBl. II 1986, 860

Urteil vom 4. 11. 1986

V I I I R 322/83

BStBl. II 1987, 333

Urteil vom 22. 11. 1987

I V B 174/86

BStBl. II 1988, 234

Urteil vom 11.2. 1988

IV R 19/87

BStBl. II 1988, 825

Urteil vom 7. 6. 1988

V I I I R 296/82

BStBl. II 1988, 886 BStBl. II 1988, 995

Urteil vom 22. 7. 1988

IHR 175/85

Beschluß vom 8. 9. 1988

IV R 66/87

BStBl. II 1989, 32

Urteil vom 29. 11. 1988

V I I I R 226/83

BStBl. II 1989, 259

Urteil vom 1. 12. 1988

IV R 72/87

BStBl. II 1989, 234

Urteil vom 8. 12. 1988

IV R 33/87

BStBl. II 1989,407

Urteil vom 15. 12. 1988

IV R 36/84

BStBl. II 1989, 363

Urteil vom 2. 3. 1989

IV R 128/86

BStBl. II 1989, 543

Urteil vom 8. 3. 1989

X R 9/86

BStBl. II 1989,714

Urteil vom 9. 8. 1989

X R 110/87

BStBl. II 1990, 195

Urteil vom 24. 8. 1989

IV R 80/88

BStBl. II 1990, 17

Urteil vom 13. 10. 1989

IHR 30-31/85

BStBl. II 1990, 287

Urteil vom 25. 4. 1990

I R 78/85

BFH/NV 1990,630

Urteil vom 16. 5. 1990

X R 72/87

BStBl. II 1990, 1044

Beschluß vom 4. 7. 1990

GrS 2 - 3 / 8 8

BStBl. II 1990,817

Beschluß vom 4. 7. 1990

GrS 1/89

BStBl. II 1990, 830

Urteil vom 12. 7. 1990

IV R 137-138/89

BStBl. II 1991, 13

Urteil vom 31. 7. 1990

I R 62/86

BStBl. II 1990, 1083 BFH/NV 1991,217

Urteil vom 5. 9. 1990

X R 100/89

Urteil vom 24. 10. 1990

X R 64/89

BStBl. II 1991,358

Urteil vom 7. 11. 1990

I R 116/86

BStBl. II 1991,342

Urteil vom 15. 11. 1990

IV R 103/89

BStBl. II 1991,228

Urteil vom 23. 5. 1991

IV R 48/90

BStBl. II 1991,796

Urteil vom 23. 5. 1991

IV R 58/90

BStBl. II 1991,798

Urteil vom 26. 7. 1991

V I R 82/89

BStBl. II 1992, 1000

Urteil vom 28. 11. 1991

XIR35/89

Urteil vom 21. 1. 1992

VIII R 72/87

BStBl. II 1992, 343 BStBl. II 1992, 958

174

Rechtsprechungsübersicht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Beschluß vom 3. 5. 1993 Urteil vom 4. 5. 1993 Urteil vom 26. 5. 1993 Beschluß vom 19. 7. 1993 Urteil vom 28. 7. 1993 Urteil vom 22. 9. 1993 Urteil vom 21. 10. 1993 Urteil vom 9. 11. 1993 Urteil vom 26. 1. 1994 Urteil vom 27. 1. 1994 Urteil vom 16. 3. 1994 Beschluß vom 22. 3. 1994 Urteil vom 30. 3. 1994 Beschluß vom 30. 3. 1994 Urteil vom 18. 5. 1994 Urteil vom 26. 5. 1994 Urteil vom 31.8. 1994 Beschluß vom 9. 9. 1994 Urteil vom 12. 10. 1994 Urteil vom 26. 10. 1994 Urteil vom 16. 2. 1995 Urteil vom 26. 4. 1995 Beschluß vom 3. 7. 1995 Urteil vom 23. 8. 1995 Urteil vom 6. 9. 1995 Urteil vom 20. 9. 1995 Beschluß vom 16. 2. 1996 Urteil vom 21. 3. 1996 Urteil vom 25. 6. 1996 Urteil vom 26. 6. 1996 Urteil vom 1. 10. 1996 Urteil vom 15. 10. 1996 Urteil vom 4. 12. 1996 Urteil vom 19. 2. 1997 Urteil vom 24. 4. 1997 Urteil vom 13. 8. 1997 Beschluß vom 10. 11. 1997 Urteil vom 2. 12. 1997 Urteil vom 11.2. 1998 Urteil vom 4. 3. 1998 Urteil vom 28. 4. 1998 Beschluß vom 10. 6. 1998

GrS 3/92

BStBl. II 1993, 616

V I I I R 14/90 X R 101/90

BStBl. II 1993, 661

GrS 2/92

BStBl. II 1993, 897

BStBl. II 1993,710

I R 88/92

BStBl. II 1994, 164

X R 37/91

BStBl. II 1994, 172

IV R 87/92 IX R 81/90

BStBl. II 1994, 176 BStBl. II 1994, 289 BStBl. II 1994, 597

X R 57/89 IV R 101/92 I R 146/93

BStBl. II 1994, 638 BStBl. II 1994, 941

IV Β 82/93

BFH/NV 1994, 781

I R 124/93

BStBl. II 1994, 852

I Β 81/93

BFH/NV 1995, 192

I R 59/93

BStBl. II 1995, 54 BStBl. II 1994, 750 BFH/NV 1995, 390

IV R 101/93 X R 110/90 III Β 78/94 X R192/93 Χ R104/92 IV R 29/94

BStBl. II 1995, 385 BFH/NV 1995, 587

I R 49/94

BStBl. II 1995, 297 BStBl. II 1995, 635 BFH/NV 1996, 130

GrS 1/93 IV Β 78/94 XIR71/94

BFH/NV 1996, 119 BFH/NV 1996, 204

X R 9/93 I R 150/94

BFH/NV 1996, 288 BStBl. II 1996,417

XIR51/95 V I I I R 28/94

BStBl. II 1997, 202

XI R41/95 V I I I R 40/94

BStBl. II 1996, 601 BFH/NV 1997,403

V I I I R 44/94 I R 99/94

BB 1997, 1356 BStBl. II 1997,404

XI R 1 / 9 6 IV R 60/95

BStBl. II 1997, 399 BStBl. II 1997, 567

I R 85/96

BStBl. II 1998, 161

BStBl. II 1995,617

BStBl. II 1996,416

GrS 1/96

BStBl. II 1998, 83

V I I I R 15/96 I R 150/94

DStR 1998,482 BFH/NV 1998, 1308

XIR46/97

BStBl. II 1998, 787

VIII R 46/96

BStBl. II 1998,443 BFH/NV 1998, 1477

I V B 54/97

Rechtsprechungsübersicht

175

VIII. Entscheidungen der Finanzgerichte Finanzgericht

Datum

Aktenzeichen

Fundstelle

Nds. FG

Urteil vom 24. 8. 1978

VII 279/78

EFG 1979, 62

FG Nürnberg

Beschluß vom 13. 10. 1978

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- Resümee der Jahrestagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft e.V., DSÜG 17 (1994), 329 Weber-Grellet, Heinrich: Auf den Schultern von Larenz: Demokratisch - rechtsstaatliche Rechtsanwendung und Rechtsfortbildung im Steuerrecht, DStR 1991,438 - Wo beginnt die Grenze zur „Liebhaberei"?, DStR 1992, 561 (Teil I) und 602 (Teil II) - Die Qual der Wahl - Zur steuerrechtlichen Behandlung von Wahlrechten, DStR 1992, 1416 - Die leidige Gewinnerzielungsabsicht - Erwiderung auf Vinzenz, DStR 1993, 980 - Die Bedeutung der Rechtsnatur des Steuerrechts für dessen Anwendung und Auslegung, StuW 1993, 97 - Tendenzen der BFH-Rechtsprechung, StuW 1993, 195 - Zeit und Zins im Bilanzsteuerrecht, in Raupach, Arndt / Uelner, Adalbert (Hrsg.), Ertragsbesteuerung, Festschrift für Ludwig Schmidt, München 1993, 161 - Adolf Moxter und die Bilanzrechtsprechung, BB 1994, 30 - Maßgeblichkeitsschutz und eigenständige Zielsetzung der Steuerbilanz, DB 1994, 288 - Handelsrechtliche Bewertungswahlrechte in der Steuerbilanz, DB 1994, 2405 - Handelsrechtliche Bewertungswahlrechte in der Steuerbilanz - Reichweite des steuerechtlichen Bewertungsvorbehalts, StbJb. 1994/95, 97 - Europäisiertes Steuerrecht?, StuW 1995, 336 - Steuerbilanzrecht, München 1996 - Bilanzrecht im Lichte, Bilanzsteuerrecht im Schatten des EuGH, DB 1996, 2099 - Maßgeblichkeitsgrundsatz in Gefahr?, DB 1997, 385 - Bestand und Reform des Bilanzsteuerrechts, DStR 1998, 1343 Wichmann, Gerd: § 4 Abs. 1 EStG als Gewinnermittlungsvorschrift, BB 1990, 1448 - Das Maßgeblichkeitsprinzip in der Diskussion, Stbg. 1996, 107 Wieczorek, Kai: Die Berichtigung von Bilanzen nach Bestandskraft der Veranlagung, Diss. jur. Gießen 1989 - Bilanzberichtigung - Verjährung - Totalgewinn, DStR 1991, 1 Winnefeld,

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Wöhe, Günther: Betriebswirtschaftliche Steuerlehre, 7. Auflage, München 1992 - Die Handels- und Steuerbilanz, 3. Auflage, München 1996 Woerner, Lothar: Notwendiges und gewillkürtes Betriebsvermögen - eine überholte Unterscheidung?, StbJb. 1989/90, 207 - Verfassungsrecht und Methodenlehre im Steuerrecht, FR 1992, 226 - Spielraum der Rechtsanwendung im steuerlichen Eingriffsrecht, in Schön, Wolfgang (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Brigitte Knobbe-Keuk, Köln 1997, 967 Wolff, 13 Driien

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Zippelius, Reinhold: Juristische Methodenlehre, 6. Auflage, München 1994 - Auslegung als Legitimationsproblem, in Canaris, Claus-Wilhelm/Diederichsen, Uwe (Hrsg.), Festschrift für Karl Larenz, München 1983,739

Sachverzeichnis Akzessorietät der Gewinnschätzung 55 Argumente aus dem - inneren System 125-133 - äußeren System 140 f. Auslegung von Steuergesetzen 82-85, 133 Belastungsfunktion des Steuertarifs 122 f. Bemessungszeitraum 24-28 Betrieb als Bezugspunkt der Gewinnnermittlung 55 f. Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG 47 f. Betriebsvermögensvergleich nach §§ 5 i.V.m. 4 Abs. 1 EStG 48 f. Betriebswirtschaftlicher Gewinnbegriff 142-145 Bilanzenzusammenhang 66 f., 152 f.

Gleichheitssatz und Pluralismus der Gewinnermittlung 106-116 Gleichheitssatz und Totalgewinn 116, 121 124 Grenzen der periodischen Besteuerung 101 f. Grenzen teleologischer Argumentation 82 85, 131 f., 135 f. Historische Entwicklung der Gewinnermittlung 29-42 Inflation 78 f., 111 Korrektur von Bilanzierungsfehlern 66-68, 152-156 Leistungsfähigkeitsprinzip 80, 85, 88 Lenkungsnormen 113-116

Durchschnittsbesteuerung 26-28 Einkommensteuer als laufende Steuer 82, 129 f.

Meßfunktion 122 f.

der

Bemessungsgrundlage

Nominalwertprinzip 78 f., 111 Gewinnbegriff 141-151 Gewinnbegriff und GewinnermittlungsVorschriften 147-151 Gewinnbegriffe im Steuerrecht - „Voller" Gewinn 134-137, 151 - „Richtiger" Gewinn 150 f. Gewinnermittlung - Begriff der Gewinnermittlung 22 - als Quantifizierungstatbestand 146 f. Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a EStG) 52, 112-116 Gewinnermittlungsarten 28-55 Gewinnermittlungstatbestand 59 Gewinnermittlungszeitraum 22-28 Gewinnerzielungsabsicht 58 f. Gewinnerzielungstatbestand 59 13*

Optimierung bei Prinzipienkollision 96-98 Optimierungskorridor 98 f. Persönlicher Geltungsbereich der Gewinnermittlungsarten 46 f. Periodische Besteuerung 85-106 Pluralismus der Gewinnermittlung 28 Prämissen des Totalgewinngedankens 7 4 79 Prinzipien - Materielle und Formelle 80 f., 126-130 - Prinzipienkollision 93, 96-98,132 - Prinzipienhierarchie 126-128 „Prinzip der Abschnittsbesteuerung" 8588, 126-130

196

Sachverzeichnis

Qualifikationsvorschriften des EStG 147 Schätzung des Gewinnes 55 Selbst- und Eigenständigkeit der Gewinnermittlungsarten 157 Steuerrechtlicher Gewinnbegriff 142-148 Strukturelemente des Gewinnes 22 Subventionsvorschriften im Kleide von Gewinnermittlungsnormen 45, 53 Teleologische Argumente - im engeren Sinne 133-140 - im weiteren Sinne 125 Totalgewinn als Fiktion 73 Totalgewinn - in der Betriebswirtschaftslehre 71 f. - in der Finanzwissenschaft 70 f. Totalgewinngleichheit 61-65, 69 f., 116125 Totalgewinnprognose 58 Totalgewinnrichtigkeit 6 6 - 7 0 Totalperiode 23 Überschußrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG 49-52,64 f., 156-162 Veräußerungsgewinne 44,53 f., 146 Vereinfachungsnormen 107 f., 113 f., 138 Verfahrensrecht als Schutzrecht 154

Verfassungsrechtliche Grenzen einer Totalgewinnbesteuerung 99-106 Verfassungsrechtlicher Optimierungsauftrag 96-98 Verfassungswidrigkeit des § 13a EStG 112-

116 Verlustabzug 75 f. Verlustausgleich 75 f. Verlustkompensation 74-78 Vermögensverluste im Betriebsvermögen 65, 158-162 Virtuelle Gleichbehandlung 123 Wahl der Gewinnermittlungsart 46 f., 108 f. Wechsel der Gewinnermittlungsart 61-64, 162-164 Wesensargumente 129 f. Wirtschaftsjahr als Gewinnermittlungszeitraum 25 f. Wurzeln des Totalgewinngedankens 70-72 Zeitpunkt der Wahl der Gewinnermittlungsart 108 f. Zu- und Abrechnung beim Wechsel der Gewinnermittlungsart 61-64 Zweck der steuerrechtlichen Gewinnermittlung 134-138 Zweck der Überschußrechnung 138-140