Die neuen Rechtsinstrumente zum IPR des Unterhalts auf internationaler und europäischer Ebene 9783161519437, 9783161518034

Mit der Europäischen Unterhaltsverordnung und den Übereinkommen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht sin

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Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Einleitung
A. Anlass der Arbeit
B. Ziel der Arbeit
C. Gang der Untersuchung
Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung
A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen
I. Vereinte Nationen
II. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht
III. Europäische Gemeinschaft
IV. Sonstige Übereinkommen
V. Innerstaatliches Recht
VI. Gesamtbetrachtung der bisher bestehenden Rechtsquellen
B. Neue Regelungswerke
I. Regelungen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht
1. Allgemeines
2. Entwicklung des Haager Unterhaltsübereinkommens und des Haager Unterhaltsprotokolls
3. Aufbau
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
b) Haager Unterhaltsprotokoll
4. Ziele
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
b) Haager Unterhaltsprotokoll
II. Europäische Regelung
1. Allgemeines
2. Entwicklung der Unterhaltsverordnung
3. Aufbau
4. Ziele
Kapitel 2: Anwendungsbereich
A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente
I. Haager Unterhaltsübereinkommen
1. Sachlicher Anwendungsbereich
2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich
3. Zeitlicher Anwendungsbereich
II. Haager Unterhaltsprotokoll
1. Sachlicher Anwendungsbereich
2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich
3. Zeitlicher Anwendungsbereich
III. Unterhaltsverordnung
1. Sachlicher Anwendungsbereich
2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich
3. Zeitlicher Anwendungsbereich
B. Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007
b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 64 Abs. 1 UnterhaltsVO
b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger
III. Zusammenfassung
C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 2 HUÜ 2007
b) Restriktiver „Kernanwendungsbereich“ mit flexibler Erweiterungsmöglichkeit
c) Kritische Anmerkungen
2. Haager Unterhaltsprotokoll
a) Überblick über Art. 1, 27 HUP 2007
b) Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten
3. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 1 UnterhaltsVO
b) Weiter Anwendungsbereich ohne Vorbehaltsmöglichkeiten
III. Zusammenfassung
D. Ergebnis
Kapitel 3: Zuständigkeit
A. Sog. „forum shopping“
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO
b) Ausschluss des „forum shopping“
III. Zusammenfassung
B. Zuständigkeiten für Unterhaltssachen
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO
2. Allgemeine Zuständigkeiten gem. Art. 3 UnterhaltsVO
C. Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO
2. Anknüpfungspunkt „gewöhnlicher Aufenthalt“ anstelle von „Wohnsitz“
D. Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Überblick über Art. 6 und Art. 7 UnterhaltsVO
2. Auffangzuständigkeit gem. Art. 6 UnterhaltsVO und Notzuständigkeit gem. Art. 7 UnterhaltsVO
E. Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 18 HUÜ 2007
b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 8 UnterhaltsVO
b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen
III. Zusammenfassung
F. Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
G. Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen ohne internationalen Bezug
I. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO
II. Kritik
H. Kritische Anmerkungen zum Anknüpfungspunkt des Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO
I. Überblick über Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO
II. Kritik
I. Kritische Anmerkungen zur völkerrechtlichen Problematik von Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO
I. Überblick über Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO
II. Kritik
J. Ergebnis
Kapitel 4: Anwendbares Recht
A. Anknüpfungspunkte
I. Anknüpfungsreihenfolge
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Überblick über Art. 3, 4 HUP 2007
b) Änderung der Anknüpfungsleiter in Bezug auf Unterhaltspflichten
aa) Beibehaltung der Grundanknüpfung
bb) Veränderte Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungen
II. Eingreifen der subsidiären Anknüpfungen der Art. 5 und 6 UStA
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
2. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
B. Einheitliches Kollisionsrecht
I. Akzeptanz der Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen in Staaten, die dem „common law“-Rechtskreis angehören
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Überblick über Art. 4 HUP 2007
b) Stärkere Einbeziehung der Staaten, die dem „common law“-Rechtskreis angehören
II. Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Überblick über Art. 15 UnterhaltsVO
b) Einheitliches Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union
aa) Grundsätzliche Entscheidung zur einheitlichen Regelung des Unterhaltskollisionsrechts auf europäischer Ebene
bb) Vorteile der Geltung des Haager Unterhaltsprotokolls für die Gemeinschaft
3. Zusammenfassung
C. Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Wegfall des Art. 8 UStA
D. Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Überblick über Art. 6 HUP 2007
2. Erweiterter Anwendungsbereich des Art. 6 HUP 2007
E. Rechtswahlmöglichkeiten
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Überblick über Art. 7 und Art. 8 HUP 2007
2. Einräumung von Rechtswahlmöglichkeiten in Art. 7 und Art. 8 HUP 2007
3. Kritische Anmerkungen zum Unterhaltsverzicht als Rechtswahlgrenze i.S.d. Art. 8 Abs. 4 HUP 2007
F. Vorbehaltsmöglichkeiten
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtinstrumente
1. Überblick über Art. 27 HUP 2007
2. Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten
G. Anknüpfung von Vorfragen
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
H. Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
I. Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007
I. Überblick über Art. 9 HUP 2007
II. Kritik
J. Ergebnis
Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit
A. Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
1. Keine einheitliche Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens in den Vertragsstaaten
2. Misstrauen der Antragsteller in die Effektivität der zuständigen Behörden
3. Sonderauffassung von England und Wales
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
B. Verfahrensdauer
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 12 HUÜ 2007
b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 58 UnterhaltsVO
b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens
III. Zusammenfassung
C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 8, 14 bis 17 HUÜ 2007
b) Grundsätzliche Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung
c) Kritische Anmerkungen
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 44 bis 47, 54 UnterhaltsVO
b) Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung
III. Zusammenfassung
D. Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen unterhaltsrechtlichen Rechtsinstrumente
I. Haager Unterhaltsübereinkommen
1. Überblick über Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007
2. Kritik
II. Unterhaltsverordnung
1. Überblick über Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. j UnterhaltsVO
2. Kritik
E. Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO
I. Überblick über Art. 55 UnterhaltsVO
II. Kritik
F. Ergebnis
Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung
A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen
I. Anwendungsbereich der Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
a) Haager Rechtsinstrumente
b) Europäische Rechtsinstrumente
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
aa) Überblick über Art. 19 HUÜ 2007
bb) Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung
b) Unterhaltsverordnung
aa) Überblick über Art. 16, 48 UnterhaltsVO
bb) Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung
3. Zusammenfassung
II. Indirekte Entscheidungszuständigkeiten
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Überblick über Art. 20 HUÜ 2007
b) Indirekte Entscheidungszuständigkeiten in Art. 20 HUÜ 2007
c) Kritische Anmerkungen
aa) Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007
bb) Bezugspunkt der Unterhaltsberechtigung in Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007
III. Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
a) Haager Rechtsinstrumente
b) Europäische Rechtsinstrumente
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
aa) Überblick über Art. 23, 24, 30 HUÜ 2007
(1) Verfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007
(2) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007
(3) Unterhaltsvereinbarungen gem. Art. 30 HUÜ 2007
bb) Weitgehende Harmonisierung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens
cc) Kritische Anmerkungen
(1) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007
(2) Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 30 Abs. 8 HUÜ 2007
b) Unterhaltsverordnung
aa) Überblick über Art. 17 UnterhaltsVO
bb) Verbesserungen infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens
cc) Kritische Anmerkungen
(1) Der „ordre public“-Vorbehalt
(a) Materiellrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt
(b) Verfahrensrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt
(2) Würdigung des Wegfalls der „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat
(a) Dauer des Exequaturverfahrens
(b) Risiko der „Doppelkontrolle“
(c) Bestätigung der Unterhaltsentscheidung als „Europäischer Unterhaltstitel“
(d) Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht und ggf. nationale verfassungsrechtliche Bedenken
(aa) Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht
(bb) Verfassungsrechtliche Bedenken aus deutscher Sicht
(e) Vertrauensdogma
(f) Vereinheitlichung des Kollisionsrechts
(3) Ergebnis
3. Zusammenfassung
IV. Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
a) Haager Rechtsinstrumente
b) Europäische Rechtsinstrumente
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
aa) Überblick über Art. 44, 45 HUÜ 2007
bb) Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten
b) Unterhaltsverordnung
aa) Überblick über Art. 28 UnterhaltsVO
bb) Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke
3. Zusammenfassung
V. Dauer des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens
1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
a) Haager Rechtsinstrumente
b) Europäische Rechtsinstrumente
2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
a) Haager Unterhaltsübereinkommen
aa) Überblick über Art. 23, 24 HUÜ 2007
bb) Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens
b) Unterhaltsverordnung
aa) Überblick über Art. 17, Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO
bb) Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens
(1) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind
(2) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind
3. Zusammenfassung
B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat
I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage
1. Haager Rechtsinstrumente
2. Europäische Rechtsinstrumente
II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente
1. Haager Unterhaltsübereinkommen
a) Überblick über Art. 32 bis 35 HUÜ 2007
b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat
c) Kritische Anmerkungen
2. Unterhaltsverordnung
a) Überblick über Art. 19, 20, 39 und 41 UnterhaltsVO
b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat
III. Zusammenfassung
C. Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer harmonisierten Regelung über die Zustellung in der Unterhaltsverordnung
D. Ergebnis
Schlussbetrachtungen und Endergebnis
A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse
B. Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene
I. Vorbehaltsmöglichkeiten
II. Gewährleistung des „freien Verkehrs“ von Unterhaltsentscheidungen
III. Ergebnis
C. Endergebnis
Literaturverzeichnis
Materialverzeichnis
Register
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Die neuen Rechtsinstrumente zum IPR des Unterhalts auf internationaler und europäischer Ebene
 9783161519437, 9783161518034

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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 271 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:

Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann

Franziska Bartl

Die neuen Rechtsinstrumente zum IPR des Unterhalts auf internationaler und europäischer Ebene

Mohr Siebeck

Franziska Bartl, geboren 1984; Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Lausanne und Würzburg; seit 2010 Rechtsreferendarin am Landgericht Darmstadt; 2011 Promotion.

e-ISBN PDF 978-3-16-151943-7 ISBN 978-3-16-151803-4 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. d-nb.de abrufbar. © 2012 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2011 von der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meiner Doktormutter, Frau Prof. Dr. Eva-Maria Kieninger, die bereits während meines Studiums mein Interesse am Internationalen Privat- und Zivilverfahrensrecht förderte und mein Dissertationsvorhaben mit fachlichem Rat betreute. Bedanken möchte ich mich auch bei Frau Prof. Dr. Panajotta Lakkis für die Erstellung des Zweitgutachtens. Dank schulde ich ferner Herrn Prof. Dr. Jürgen Basedow vom MaxPlanck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht in Hamburg für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Ebenso danke ich meinen Freunden Judith Begemann, Bernadette Koll und Jan Dyckmans für ihre wertvollen Hinweise bei der Ausarbeitung sowie Daniel Schäfer für seine Unterstützung bei technischen Schwierigkeiten. Zahlreiche hilfreiche Anregungen erhielt ich auch von Christian Vogler, der leider viel zu früh vor Vollendung dieser Arbeit verstorben ist. Ihm gebührt besonderer Dank. Ein herzlicher Dank geht auch an Herrn Thomas Mattern, der die mühevolle Aufgabe der orthographischen Durchsicht übernommen hat. In ganz besonderem Maße möchte ich meinen Eltern, meiner Schwester Friederike und meinem Freund Thomas Walter herzlich danken. Meine Eltern haben mein Dissertationsvorhaben stets vorbehaltlos und in jeglicher Hinsicht gefördert und durch ihr Vertrauen einen wichtigen Beitrag zum erfolgreichen Abschluss dieser Arbeit erbracht. Thomas hat durch seinen fortwährenden motivierenden Zuspruch und seine uneingeschränkte Unterstützung ganz wesentlich zum Gelingen meines Promotionsvorhabens beigetragen. Meinen Eltern und Thomas sei diese Arbeit gewidmet. Brüssel, im Februar 2012

Franziska Bartl

Inhaltsübersicht Vorwort...................................................................................................... V Inhaltsverzeichnis .....................................................................................XI Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... XXIII

Einleitung ................................................................................................. 1 A. Anlass der Arbeit .................................................................................. 1 B. Ziel der Arbeit....................................................................................... 3 C. Gang der Untersuchung......................................................................... 3

Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung ........................................................................ 5 A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen........................... 5 B. Neue Regelungswerke ......................................................................... 12

Kapitel 2: Anwendungsbereich ......................................................... 23 A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente............................ 23 B. Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger ................................................................................. 29 C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten ........................... 33 D. Ergebnis .............................................................................................. 43

Kapitel 3: Zuständigkeit ..................................................................... 46 A. B. C. D. E.

Sog. „forum shopping“........................................................................ 47 Zuständigkeiten für Unterhaltssachen ................................................. 52 Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“ ...... 54 Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“ .................................. 58 Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen.......................... 61

VIII

Inhaltsübersicht

F. Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO .............................................. 67 G. Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen ohne internationalen Bezug ...................................................... 67 H. Kritische Anmerkungen zum Anknüpfungspunkt des Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO ..................................................... 70 I. Kritische Anmerkungen zur völkerrechtlichen Problematik von Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO ....................................... 71 J. Ergebnis .............................................................................................. 72

Kapitel 4: Anwendbares Recht .......................................................... 74 A. B. C. D. E. F. G. H.

Anknüpfungspunkte ............................................................................ 75 Einheitliches Kollisionsrecht............................................................... 82 Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut ....................................... 91 Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“ ......... 97 Rechtswahlmöglichkeiten ................................................................. 100 Vorbehaltsmöglichkeiten................................................................... 110 Anknüpfung von Vorfragen .............................................................. 112 Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen ................................................................. 113 I. Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007.................... 114 J. Ergebnis ............................................................................................ 116

Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit ...................................... 118 A. B. C. D.

Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit....... 119 Verfahrensdauer ................................................................................ 122 Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung .............. 131 Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen unterhaltsrechtlichen Rechtsinstrumente ........................................... 144 E. Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO ........................................................................ 147 F. Ergebnis ............................................................................................ 147

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung .................................. 149 A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen ................................................................. 151 B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat ................................... 204

Inhaltsübersicht

IX

C. Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer harmonisierten Regelung über die Zustellung in der Unterhaltsverordnung .............................. 213 D. Ergebnis ............................................................................................ 215

Schlussbetrachtungen und Endergebnis ........................................ 218 A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse............................... 218 B. Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene ........................................................................... 222 C. Endergebnis....................................................................................... 227 Literaturverzeichnis ................................................................................ 229 Materialverzeichnis................................................................................. 239 Register................................................................................................... 245

Inhaltsverzeichnis Vorwort...................................................................................................... V Inhaltsübersicht....................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis ....................................................................... XXIII

Einleitung ................................................................................................. 1 A. Anlass der Arbeit................................................................................... 1 B. Ziel der Arbeit ....................................................................................... 3 C. Gang der Untersuchung ........................................................................ 3

Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung......................................................................... 5 A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen .......................... 5 I. Vereinte Nationen.................................................................................. 6 II. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ................................. 6 III. Europäische Gemeinschaft .................................................................... 7 IV. Sonstige Übereinkommen.................................................................... 10 V. Innerstaatliches Recht.......................................................................... 11 VI. Gesamtbetrachtung der bisher bestehenden Rechtsquellen .................. 11 B. Neue Regelungswerke ......................................................................... 12 I. Regelungen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht...... 13 1. Allgemeines ................................................................................... 13 2. Entwicklung des Haager Unterhaltsübereinkommens und des Haager Unterhaltsprotokolls .......................................................... 13 3. Aufbau .......................................................................................... 15 a) Haager Unterhaltsübereinkommen............................................ 15 b) Haager Unterhaltsprotokoll....................................................... 16

XII

Inhaltsverzeichnis

4. Ziele ........................................................................................... 16 a) Haager Unterhaltsübereinkommen............................................ 16 b) Haager Unterhaltsprotokoll....................................................... 16 II. Europäische Regelung ......................................................................... 17 1. Allgemeines ................................................................................... 17 2. Entwicklung der Unterhaltsverordnung.......................................... 17 3. Aufbau ........................................................................................... 20 4. Ziele ........................................................................................... 21

Kapitel 2: Anwendungsbereich ......................................................... 23 A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente ............................ 23 I. Haager Unterhaltsübereinkommen ...................................................... 23 1. Sachlicher Anwendungsbereich ..................................................... 23 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich .................................. 24 3. Zeitlicher Anwendungsbereich....................................................... 25 II. Haager Unterhaltsprotokoll ................................................................. 25 1. Sachlicher Anwendungsbereich ..................................................... 25 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich .................................. 26 3. Zeitlicher Anwendungsbereich....................................................... 26 III. Unterhaltsverordnung .......................................................................... 27 1. Sachlicher Anwendungsbereich ..................................................... 27 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich .................................. 27 3. Zeitlicher Anwendungsbereich....................................................... 29 B. Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger ...................................................................................... 29 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 29 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 30 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ................................................. 30 a) Überblick über Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007................................. 30 b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger ................. 31 2. Unterhaltsverordnung..................................................................... 32 a) Überblick über Art. 64 Abs. 1 UnterhaltsVO............................ 32 b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger ................. 32 III. Zusammenfassung ............................................................................... 33 C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten............................. 33

Inhaltsverzeichnis

XIII

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 33 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 35 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ................................................. 35 a) Überblick über Art. 2 HUÜ 2007.............................................. 35 b) Restriktiver „Kernanwendungsbereich“ mit flexibler Erweiterungsmöglichkeit .......................................................... 35 c) Kritische Anmerkungen ............................................................ 37 2. Haager Unterhaltsprotokoll ............................................................ 39 a) Überblick über Art. 1, 27 HUP 2007 ........................................ 39 b) Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten................................. 39 3. Unterhaltsverordnung..................................................................... 42 a) Überblick über Art. 1 UnterhaltsVO ......................................... 42 b) Weiter Anwendungsbereich ohne Vorbehaltsmöglichkeiten..... 42 III. Zusammenfassung ............................................................................... 42 D. Ergebnis .............................................................................................. 43

Kapitel 3: Zuständigkeit ..................................................................... 46 A. Sog. „forum shopping“ ....................................................................... 47 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 47 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 48 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ................................................. 48 2. Unterhaltsverordnung..................................................................... 50 a) Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO ......................................... 50 b) Ausschluss des „forum shopping“............................................. 51 III. Zusammenfassung ............................................................................... 52 B. Zuständigkeiten für Unterhaltssachen ................................................. 52 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 52 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 53 1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO .............................................. 53 2. Allgemeine Zuständigkeiten gem. Art. 3 UnterhaltsVO................. 53 C. Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“...... 54 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 54 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 56 1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO .............................................. 56 2. Anknüpfungspunkt „gewöhnlicher Aufenthalt“ anstelle von „Wohnsitz“..................................................................................... 56

XIV

Inhaltsverzeichnis

D. Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“ .................................. 58 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 58 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 59 1. Überblick über Art. 6 und Art. 7 UnterhaltsVO ............................. 59 2. Auffangzuständigkeit gem. Art. 6 UnterhaltsVO und Notzuständigkeit gem. Art. 7 UnterhaltsVO .................................. 60 E. Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen ......................... 61 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 61 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 62 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ................................................. 62 a) Überblick über Art. 18 HUÜ 2007............................................ 62 b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen .... 63 2. Unterhaltsverordnung..................................................................... 64 a) Überblick über Art. 8 UnterhaltsVO ......................................... 64 b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen .... 65 III. Zusammenfassung ............................................................................... 66 F. Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO ............................................... 67 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 67 II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .................. 67 G. Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen ohne internationalen Bezug ........................................................... 67 I. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO.................................................... 67 II. Kritik ................................................................................................. 68 H. Kritische Anmerkungen zum Anknüpfungspunkt des Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO............................................................ 70 I. Überblick über Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO ............................. 70 II. Kritik ................................................................................................. 70 I. Kritische Anmerkungen zur völkerrechtlichen Problematik von Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO ............................................. 71 I. Überblick über Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO ............... 71 II. Kritik ................................................................................................. 71 J. Ergebnis .............................................................................................. 72

Inhaltsverzeichnis

XV

Kapitel 4: Anwendbares Recht .......................................................... 74 A. Anknüpfungspunkte ............................................................................. 75 I. Anknüpfungsreihenfolge ..................................................................... 75 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................... 75 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente....................... 76 a) Überblick über Art. 3, 4 HUP 2007 .......................................... 76 b) Änderung der Anknüpfungsleiter in Bezug auf Unterhaltspflichten ................................................................... 77 aa) Beibehaltung der Grundanknüpfung .................................... 78 bb) Veränderte Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungen...... 79 II. Eingreifen der subsidiären Anknüpfungen der Art. 5 und 6 UStA....... 81 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................... 81 2. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............ 82 B. Einheitliches Kollisionsrecht............................................................... 82 I. Akzeptanz der Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen in Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören.................................. 82 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................... 82 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente....................... 83 a) Überblick über Art. 4 HUP 2007 .............................................. 83 b) Stärkere Einbeziehung der Staaten, die dem „common law“Rechtskreis angehören .............................................................. 83 II. Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union.............................. 85 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................... 85 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente....................... 86 a) Überblick über Art. 15 UnterhaltsVO ....................................... 86 b) Einheitliches Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union.................................................................. 86 aa) Grundsätzliche Entscheidung zur einheitlichen Regelung des Unterhaltskollisionsrechts auf europäischer Ebene ....... 86 bb) Vorteile der Geltung des Haager Unterhaltsprotokolls für die Gemeinschaft ................................................................. 88 3. Zusammenfassung .......................................................................... 91 C. Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut ....................................... 91 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 91 II. Wegfall des Art. 8 UStA...................................................................... 93 D. Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“ ........ 97

XVI

Inhaltsverzeichnis

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage.......................... 97 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ............................ 98 1. Überblick über Art. 6 HUP 2007.................................................... 98 2. Erweiterter Anwendungsbereich des Art. 6 HUP 2007 .................. 98 E. Rechtswahlmöglichkeiten .................................................................. 100 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 100 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .......................... 101 1. Überblick über Art. 7 und Art. 8 HUP 2007................................. 101 2. Einräumung von Rechtswahlmöglichkeiten in Art. 7 und Art. 8 HUP 2007..................................................................................... 103 3. Kritische Anmerkungen zum Unterhaltsverzicht als Rechtswahlgrenze i.S.d. Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 ........................ 108 F. Vorbehaltsmöglichkeiten ................................................................... 110 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 110 II. Veränderungen durch die neuen Rechtinstrumente............................ 111 1. Überblick über Art. 27 HUP 2007................................................ 111 2. Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten .................................... 111 G. Anknüpfung von Vorfragen ............................................................... 112 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 112 II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ................ 113 H. Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen....................................................................... 113 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 113 II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente ................ 113 I. Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007..................... 114 I. Überblick über Art. 9 HUP 2007 ....................................................... 114 II. Kritik ............................................................................................... 114 J. Ergebnis ............................................................................................ 116

Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit ....................................... 118 A. Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit ...... 119

Inhaltsverzeichnis

XVII

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 119 1. Keine einheitliche Anwendung des New Yorker UNÜbereinkommens in den Vertragsstaaten ..................................... 120 2. Misstrauen der Antragsteller in die Effektivität der zuständigen Behörden ...................................................................................... 121 3. Sonderauffassung von England und Wales................................... 121 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .......................... 122 B. Verfahrensdauer................................................................................ 122 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 122 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .......................... 124 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ............................................... 124 a) Überblick über Art. 12 HUÜ 2007.......................................... 124 b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens ....................................... 124 2. Unterhaltsverordnung................................................................... 128 a) Überblick über Art. 58 UnterhaltsVO ..................................... 128 b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens ....................................... 129 III. Zusammenfassung ............................................................................. 131 C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung ............. 131 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 131 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .......................... 133 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ............................................... 133 a) Überblick über Art. 8, 14 bis 17 HUÜ 2007 ........................... 133 b) Grundsätzliche Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung ...................... 135 c) Kritische Anmerkungen .......................................................... 138 2. Unterhaltsverordnung................................................................... 139 a) Überblick über Art. 44 bis 47, 54 UnterhaltsVO..................... 139 b) Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung .......................................................... 142 III. Zusammenfassung ............................................................................. 143 D. Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen unterhaltsrechtlichen Rechtsinstrumente ................................................ 144 I. Haager Unterhaltsübereinkommen .................................................... 144 1. Überblick über Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 ............... 144 2. Kritik ......................................................................................... 145 II. Unterhaltsverordnung ........................................................................ 145

XVIII

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1. Überblick über Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. j UnterhaltsVO......... 145 2. Kritik ......................................................................................... 146 E. Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO ........................................................................ 147 I. Überblick über Art. 55 UnterhaltsVO................................................ 147 II. Kritik ............................................................................................... 147 F. Ergebnis ............................................................................................ 147

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung ................................. 149 A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen....................................................................... 151 I. Anwendungsbereich der Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ...................................................................... 151 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................. 151 a) Haager Rechtsinstrumente ...................................................... 151 b) Europäische Rechtsinstrumente .............................................. 152 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente..................... 153 a) Haager Unterhaltsübereinkommen.......................................... 153 aa) Überblick über Art. 19 HUÜ 2007 .................................... 153 bb) Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ........... 154 b) Unterhaltsverordnung ............................................................. 155 aa) Überblick über Art. 16, 48 UnterhaltsVO.......................... 155 bb) Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ........... 156 3. Zusammenfassung ........................................................................ 157 II. Indirekte Entscheidungszuständigkeiten............................................ 157 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................. 157 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente..................... 159 a) Überblick über Art. 20 HUÜ 2007.......................................... 159 b) Indirekte Entscheidungszuständigkeiten in Art. 20 HUÜ 2007 .................................................................. 160 c) Kritische Anmerkungen .......................................................... 162 aa) Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 .................................................. 162 bb) Bezugspunkt der Unterhaltsberechtigung in Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 .................................................. 165

Inhaltsverzeichnis

XIX

III. Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen.................................................................. 166 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................. 166 a) Haager Rechtsinstrumente ...................................................... 166 b) Europäische Rechtsinstrumente .............................................. 166 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente..................... 168 a) Haager Unterhaltsübereinkommen.......................................... 168 aa) Überblick über Art. 23, 24, 30 HUÜ 2007......................... 168 (1) Verfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007 .............................. 168 (2) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 .......... 169 (3) Unterhaltsvereinbarungen gem. Art. 30 HUÜ 2007 ..... 170 bb) Weitgehende Harmonisierung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens .................................... 171 cc) Kritische Anmerkungen..................................................... 172 (1) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 .......... 172 (2) Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 30 Abs. 8 HUÜ 2007 ............................................ 173 b) Unterhaltsverordnung ............................................................. 173 aa) Überblick über Art. 17 UnterhaltsVO................................ 173 bb) Verbesserungen infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens.......................................................... 174 cc) Kritische Anmerkungen..................................................... 176 (1) Der „ordre public“-Vorbehalt....................................... 177 (a) Materiellrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt .........177 (b) Verfahrensrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt ......178 (2) Würdigung des Wegfalls der „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat .................................... 179 (a) Dauer des Exequaturverfahrens.................................180 (b) Risiko der „Doppelkontrolle“ ....................................181 (c) Bestätigung der Unterhaltsentscheidung als „Europäischer Unterhaltstitel“...................................182 (d) Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht und ggf. nationale verfassungsrechtliche Bedenken ...............................182 (aa) Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht................................... 183 (bb) Verfassungsrechtliche Bedenken aus deutscher Sicht .................................................................. 186 (e) Vertrauensdogma........................................................187 (f) Vereinheitlichung des Kollisionsrechts ....................189 (3) Ergebnis ....................................................................... 190 3. Zusammenfassung ........................................................................ 191

XX

Inhaltsverzeichnis

IV. Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten ........................................................................... 192 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................. 192 a) Haager Rechtsinstrumente ...................................................... 192 b) Europäische Rechtsinstrumente .............................................. 192 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente..................... 193 a) Haager Unterhaltsübereinkommen.......................................... 193 aa) Überblick über Art. 44, 45 HUÜ 2007.............................. 193 bb) Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten ........................................................... 194 b) Unterhaltsverordnung ............................................................. 195 aa) Überblick über Art. 28 UnterhaltsVO................................ 195 bb) Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke ................... 195 3. Zusammenfassung ........................................................................ 197 V. Dauer des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens ... 197 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage .................. 197 a) Haager Rechtsinstrumente ...................................................... 197 b) Europäische Rechtsinstrumente .............................................. 198 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente..................... 198 a) Haager Unterhaltsübereinkommen.......................................... 198 aa) Überblick über Art. 23, 24 HUÜ 2007............................... 198 bb) Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens .................................... 198 b) Unterhaltsverordnung ............................................................. 200 aa) Überblick über Art. 17, Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO ........ 200 bb) Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens .................................... 202 (1) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind . 202 (2) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind .............................................................. 202 3. Zusammenfassung ........................................................................ 203 B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat.................................... 204 I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage........................ 204 1. Haager Rechtsinstrumente............................................................ 204 2. Europäische Rechtsinstrumente.................................................... 205 II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente .......................... 205 1. Haager Unterhaltsübereinkommen ............................................... 205 a) Überblick über Art. 32 bis 35 HUÜ 2007 ............................... 205

Inhaltsverzeichnis

XXI

b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat................................................................. 206 c) Kritische Anmerkungen .......................................................... 208 2. Unterhaltsverordnung................................................................... 209 a) Überblick über Art. 19, 20, 39 und 41 UnterhaltsVO ............. 209 b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat................................................................. 211 III. Zusammenfassung ............................................................................. 212 C. Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer harmonisierten Regelung über die Zustellung in der Unterhaltsverordnung ................................... 213 D. Ergebnis ............................................................................................ 215

Schlussbetrachtungen und Endergebnis ........................................ 218 A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse ............................... 218 B. Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene ................................................................................................ 222 I. Vorbehaltsmöglichkeiten ................................................................... 223 II. Gewährleistung des „freien Verkehrs“ von Unterhaltsentscheidungen.................................................................. 225 III. Ergebnis ............................................................................................ 227 C. Endergebnis ...................................................................................... 227 Literaturverzeichnis ................................................................................ 229 Materialverzeichnis................................................................................. 239 Register................................................................................................... 245

Abkürzungsverzeichnis a.A. Abl. EG Abl. EU ! Abs. AEUV a.F. Alt. Anh. Anm. Art. AUG

BauR BGB BGH BGHZ BNotK BR-Drucks. Brüssel I-VO

Brüssel II-VO

BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. DAVorm

d.h. DIJuF Dok. Nr. ecolex EFTA

andere Ansicht Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Amtsblatt der Europäischen Union Absatz Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Alternative Anhang Anmerkung Artikel Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (Auslandsunterhaltsgesetz) vom 19.12.1986 Zeitschrift für das gesamte öffentliche und zivile Baurecht Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bundesnotarkammer Drucksachen des Bundesrates Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 Drucksachen des Deutschen Bundestages Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beziehungsweise Der Amtsvormund – Monatsschrift des Deutschen Instituts für Vormundschaftswesen e.V. und ab März 2000 des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. das heißt Deutsches Institut für Jugendhilfe und Familienrecht Dokument Nummer Fachzeitschrift für Wirtschaftsrecht European Free Trade Association

XXIV EG

EGBGB EG-UntVO

EGV Einf. Einl. EMRK EU EuBVO

EuEheVO

EuGH EuGVO

EuGVÜ

EuGVVO

EuMahnVO

EuR EUV EuVTVO

EuZVO

EWS f. FamRBint FamRZ

Abkürzungsverzeichnis Europäische Gemeinschaft(en); Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 7.2.1992 in der Fassung vom 2.10.1997 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 in der Fassung der Bekanntmachung vom 21.9.1994 Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 7.2.1992 in der Fassung vom 2.10.1997 Einführung Einleitung Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten vom 4.11.1950 Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen vom 28.5.2001 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27.11.2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1986 Verordnung (EG) Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22.12.2000 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens Europarecht Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 805/2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen vom 21.4.2004 Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten vom 29.5.2000 Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht – Betriebsberater für Europa folgend Der Familien-Rechts-Berater international Zeitschrift für das gesamte Familienrecht – Ehe und Familie im

Abkürzungsverzeichnis

ff. FF FLQ Fn. FPR FuR gem. GG ggf. HFR HKUnthVÜ

h.M. Hrsg. Hs. HUnthVÜ HUntStProt HUP 2007 HUÜ 2007

ICLQ i.d.R. iFamZ IFL IPR IPRax i.S.d. i.V.m. JAmt

JZ KOM lit. LugÜ

m.w.N.

XXV

privaten und öffentlichen Recht folgende Forum Familienrecht Family Law Quarterly Fußnote Familie, Partnerschaft, Recht Familie und Recht – Zeitschrift für die anwaltliche und gerichtliche Praxis gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 gegebenenfalls Humboldt Forum Recht Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. April 1958 herrschende Meinung Herausgeber Halbsatz Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 23. November 2007 Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23. November 2007 International and Comparative Law Quarterly in der Regel Interdisziplinäre Zeitschrift für Familienrecht. Beratung – Unterbringung – Rechtsfürsorge International Family Law Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Sinne des in Verbindung mit Das Jugendamt – Zeitschrift für Jugendhilfe und Familienrecht, Monatsschrift des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht e.V. Juristenzeitung Europäische Kommission litera Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 16. September 1988 bzw. das revidierte Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 30. Oktober 2007 mit weiteren Nachweisen

XXVI NedJur n.F. NJW NJW-RR Nr. OLG Prel. Doc. RabelsZ RIW RL Rn. Rom I-VO

Rom II-VO

Rs. s. S. Slg. Tz. u.a. UAbs. UIFSA UN UNIDROIT UnterhaltsVO

UnterhaltsVOE

UnthPflUeb UNUÜ UStA UStAK Var. verb. vgl. Vol. Work. Doc.

Abkürzungsverzeichnis Nederlandse Jurisprudentie neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht Nummer Oberlandesgericht Preliminary Document Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht der internationalen Wirtschaft, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Richtlinie Randnummer Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht Rechtssache siehe Seite Sammlung der Rechtsprechung des EuGH Textziffer unter anderem Unterabsatz Uniform Interstate Family Support Act United Nations International Institute fort he Unification of Private Law = Institut international pour l’unification du droit privé Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen Entwurf einer Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 Variante verbunden vergleiche Volume Working Document

Abkürzungsverzeichnis z.B. ZPO ZSR ZZP

zum Beispiel Zivilprozessordnung Zeitschrift für Schweizerisches Recht Zeitschrift für den Zivilprozess

XXVII

Einleitung A. Anlass der Arbeit Die Globalisierung 1, die weiter zusammenwachsende Europäische Union und die enorm gestiegene Mobilität der Bevölkerung führen dazu, dass immer mehr Menschen ihren Heimatstaat verlassen und in einen anderen Staat umziehen, beispielsweise um dort zu leben oder zu arbeiten2. Bedingt durch diese Veränderungen kommt es vermehrt zu Eheschließungen über die Staatsgrenzen hinweg. Während im Jahr 1960 von den in der Bundesrepublik Deutschland geschlossenen Ehen 96 % reine Inländerehen waren, ist diese Zahl im Jahr 2008 auf 87,1 % abgesunken3. Binationale Ehen, d.h. Ehen, die zwischen Angehörigen verschiedener Staaten geschlossen werden, nehmen hingegen zu. Gleichzeitig steigen im Durchschnitt weltweit aber insgesamt auch die Scheidungsraten für binationale Ehen sowie Ehen, die zwischen Angehörigen desselben Staates geschlossen wurden4. Entstehen infolge einer Scheidung Unterhaltsansprüche zwischen den von der Scheidung betroffenen Personen, müssen diese häufig gerichtlich durchgesetzt werden 5 , da in vielen Fällen der Unterhaltsschuldner nicht 1 Zum Begriff der Globalisierung, s. Duden Band 5 – Das Fremdwörterbuch (2007), Stichwort „Globalisierung“. 2 Nach Statistiken der Europäischen Kommission lebten im Jahr 2008 über 11 Millionen Bürgerinnen und Bürger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates, s. Vasileva, Citizens of European countries account for the majority of the foreign population in EU-27 in 2008, Eurostat – Statistics in Focus, 94/2009, S. 1. 3 Statistisches Bundesamt Deutschland, Eheschließungen (binational) (1960–2008). Diese Entwicklung ist beispielsweise auch in Österreich zu beobachten, s. Statistik Austria, Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung, Eheschließungen seit 1970 nach Staatsangehörigkeit. 4 Die Anzahl der Scheidungen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union lag im Jahr 2005 bei über einer Million, was etwa 42 Scheidungen je 100 Eheschließungen oder zwei Scheidungen pro 1000 Einwohner und pro Jahr entspricht, s. Europäische Gemeinschaften, Europa in Zahlen – Eurostat Jahrbuch 2009, S. 151. Auch außerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nehmen die Scheidungsraten zu, s. United Nations – Department of Economic and Social Affairs, 2007 Demographic Yearbook (2009). S. auch Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994), 131 (282 f.). 5 In äußerst seltenen Fällen werden sogar strafrechtliche Maßnahmen gegen den Unterhaltspflichtigen eingeleitet, s. Embassy of the Federal Republic of Germany (London),

2

Einleitung

bereit ist, seiner Unterhaltsverpflichtung freiwillig nachzukommen. Die gerichtliche Durchsetzung einer Unterhaltsforderung bereitet schon bei reinen Inlandsachverhalten zahlreiche Schwierigkeiten. Als Voraussetzung hierfür müssen beispielsweise die Vaterschaft festgestellt oder die Anschrift der verpflichteten Person ermittelt werden. Verzieht die unterhaltsberechtigte oder die unterhaltsverpflichtete Person nach der Scheidung oder, um die Scheidung zu betreiben, ins Ausland6, muss der Unterhaltsanspruch grenzüberschreitend durchgesetzt werden. Das hat in der Regel zur Folge, dass sich die Schwierigkeiten potenzieren7. Wie hoch die Zahl von grenzüberschreitenden Unterhaltsfällen ist, lässt sich nicht genau beziffern. Sie steigt aber kontinuierlich an, sodass die Geltendmachung von Unterhaltsforderungen im Ausland stetig an Bedeutung gewinnt8. Die Schwierigkeiten, die bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung entstehen können, haben bereits zur Schaffung zahlreicher Rechtsinstrumente auf internationaler und europäischer Ebene geführt9. Zu diesen Regelwerken sind jüngst drei neue hinzugetreten: zwei Übereinkommen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 10 Ende des Jahres 2007 11 sowie die Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen auf europäischer Ebene Ende des Jahres 200812.

Merkblatt – Zur Vollstreckung deutscher Titel in Zivil- und Handelssachen im Vereinigten Königreich und von Großbritannien und Nordirland (Stand: November 2009), S. 10; DIJuF, Länderbericht USA – Sieben Fragen zur Geltendmachung von Unterhalt, JAmt 2009, 15 (16). 6 Es sind zahlreiche Gründe denkbar, die dazu führen können, dass die unterhaltsberechtigte oder die unterhaltsverpflichtete Person nach einer Scheidung bzw. um die Scheidung zu betreiben ins Ausland verzieht. Haben beispielsweise die Ehegatten während ihrer Ehe nicht in dem Staat gelebt, der zugleich ihr Heimatstaat ist, wird der ausländische oder nicht erwerbstätige Ehegatte häufig zur Betreibung der Scheidung bzw. nach der Scheidung in sein Heimatland zurückkehren. 7 Lex Fori, Volume 1 – Rapport General – Le recouvrement des pensions alimentaires en Europe, S. 10; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, in: Recueil des Cours, Band 247 (1994), 131 (248). 8 Grotheer, Kindesunterhalt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (1998), 23; Paterson, Brussels Bulletin: Maintenance takes Centre Stage in Brussels, IFL 2007, 205. 9 Zu den Rechtsinstrumenten im Einzelnen, s. unten Kapitel 1 A. 10 Im Folgenden: Haager Konferenz. 11 Hierbei handelt es sich um das Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen sowie das Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht. 12 Zum Inkrafttreten bzw. zur Geltungserlangung des jeweiligen Rechtsinstruments, s. unten Kapitel 2 B. I. 1. c); Kapitel 2 B. II. 1. c); Kapitel 2 B. III. 1. c).

B. Ziel der Arbeit

B.

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Ziel der Arbeit

Ziel der Arbeit

Ziel der Arbeit ist es, zu analysieren, welche Veränderungen sich durch die zuvor erwähnten neuen Rechtsinstrumente hinsichtlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf internationaler und europäischer Ebene ergeben haben. Zu diesem Zweck ist es Aufgabe der Arbeit, die Schwierigkeiten darzustellen, die bislang bei der Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland bestehen, und zu untersuchen, ob bzw. inwieweit diese durch die neuen Regelungswerke gelöst werden konnten. Dabei ist neben den positiven Veränderungen auch auf die kritisch zu beurteilenden Neuerungen einzugehen. Maßgebliche Beurteilungskriterien sollen insbesondere die Vereinfachung, Beschleunigung und Effizienz der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bilden ebenso wie die Erhöhung der Rechtssicherheit für die Verfahrensbeteiligten sowie ein insgesamt verbesserter Schutz der unterhaltsberechtigten Personen. Außerdem sind bei der Analyse die jeweiligen Veränderungen, die sich durch die neuen Rechtsinstrumente ergeben haben, gegenüberzustellen und es ist aufzuzeigen, durch welches Regelungswerk die bestehenden Schwierigkeiten besser gelöst werden konnten. Bei dieser Betrachtung wird auch die Frage aufgeworfen werden, ob es auf europäischer Ebene überhaupt eines eigenständigen Rechtsinstruments für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung bedurfte.

C.

Gang der Untersuchung

Zu Beginn der Arbeit werden die Rechtsinstrumente dargestellt, die auf internationaler und europäischer Ebene für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung relevant sind (Kapitel 1). Hierzu erfolgt zunächst ein Überblick über die bisher bestehenden Regelungswerke (unter A.), an den sich die Darstellung der neuen Regelungswerke anschließt (unter B.). Der weitere Aufbau der Arbeit orientiert sich an den wesentlichen Prüfungsschritten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung. Hierbei handelt es sich um den Anwendungsbereich (Kapitel 2), die Zuständigkeit (Kapitel 3), das anwendbare Recht (Kapitel 4), die behördliche Zusammenarbeit (Kapitel 5) und die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen (Kapitel 6). Innerhalb dieser Kapitel werden jeweils die einzelnen Schwierigkeiten, die sich im Rahmen der Anwendung der bisherigen Rechtsinstrumente bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung stellen sowie die Veränderungen, die sich durch die Neuregelungen ergeben haben, näher erläutert. Dabei erfolgt im Rahmen der Untersuchung der Veränderungen im Hinblick auf den jeweils problemati-

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Einleitung

schen Aspekt eine Differenzierung zwischen den neuen Haager Rechtsinstrumenten und der Unterhaltsverordnung. Innerhalb dieser Unterpunkte findet des Weiteren eine Untergliederung in die Punkte Überblick über die Neuregelung(en), Lösung der bestehenden Probleme und kritisch zu bewertende Neuerungen statt. Den Abschluss eines Kapitels bildet die Gegenüberstellung der positiven und negativen Aspekte der einzelnen neuen Rechtsinstrumente, wobei auch analysiert wird, welches neue Regelungswerk die weiterreichenderen und gelungeneren Lösungen für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung bezogen auf den jeweiligen Untersuchungsgegenstand bietet, um Schlüsse auf die Erforderlichkeit der Unterhaltsverordnung ziehen zu können. Die Arbeit wird mit einer Schlussbetrachtung und einem Endergebnis abgeschlossen. Im Rahmen dessen erfolgt eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse. Ebenso wird in einer Gesamtbetrachtung der neuen Rechtsinstrumente auf internationaler und europäischer Ebene endgültig Stellung bezogen, ob durch das neue europäische Regelungswerk gegenüber den neuen Haager Rechtsinstrumenten derart wesentliche Verbesserungen erzielt werden konnten, die es rechtfertigten, ein eigenständiges, EU-internes Rechtsinstrument zu schaffen, das neben den Haager Rechtsinstrumenten steht, sodass auf internationaler Ebene verschiedene Rechtsinstrumente für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung gelten.

Kapitel 1

Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen

Bereits seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts strebt man das Ziel an, die Durchsetzung internationaler Ansprüche auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts zu vereinfachen1. Nachdem zunächst ein Anerkennungsund Vollstreckungsübereinkommen nur schwer praktikabel erschien, da in den meisten Rechtsordnungen ein Gerichtsstand am Wohnsitz des Unterhaltsberechtigten nicht vorgesehen war2, entschied man sich für ein Amtsund Rechtshilfeübereinkommen: das New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956. Darüber hinaus begann Mitte der sechziger Jahre eine Spezialkommission in Den Haag mit der Ausarbeitung eines Übereinkommens zur Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts. Kurze Zeit später widmete man sich ebenfalls einem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen3. In der Zwischenzeit sind zahlreiche Rechtsinstrumente auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene entstanden, die Vorschriften für grenzüberschreitende Unterhaltsstreitigkeiten enthalten. Alle Übereinkommen, die bisher für die Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs im 1 Beginn der Verhandlungen zum New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956, zurückgehend auf Vorarbeiten von UNIDROIT, s. Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB, Rn. 224; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, in: Recueil des Cours, Band 247 (1994), 131 (161); Mecke, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Nr. 794, 1; Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Rn. 97. 2 Finger, in: Finger, Das gesamte Familienrecht – Das internationale Recht (IntFamR), Band 5 (Stand: Mai 2005), Einf. 8.6; Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB Rn. 224. 3 Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. II zu Art. 18 EGBGB Rn. 10.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Ausland relevant sind, sollen im Folgenden in einem Überblick dargestellt werden. I. Vereinte Nationen Das New Yorker UN-Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland vom 20. Juni 1956 (UNUÜ/New Yorker UN-Übereinkommen von 1956) ist das älteste internationale Übereinkommen, das das Ziel verfolgt, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland zu erleichtern. Zu diesem Zweck sind die Vertragsstaaten verpflichtet, Übermittlungs- und Empfangsstellen 4 einzurichten, die alle geeigneten Schritte vornehmen, um in Vertretung des Unterhaltsberechtigten die Leistung von Unterhalt herbeizuführen. Seitdem genießt das Übereinkommen eine hohe Akzeptanz. Unter den 65 Vertragsstaaten5, darunter 22 EU-Mitgliedstaaten, finden sich sowohl Staaten aus dem Rechtskreis des „civil law“ als auch aus dem Rechtskreis des „common law“. Allerdings sind wichtige Staaten wie die USA und Kanada dem Abkommen noch nicht beigetreten6. II. Haager Konferenz für Internationales Privatrecht Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht hat einen ihrer Arbeitsschwerpunkte auf die Regelung grenzüberschreitender Unterhaltsstreitigkeiten gelegt7. In den sechziger Jahren wurden ein kollisionsrechtliches8

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Verzeichnis der Übermittlungs- und Empfangsstellen abrufbar auf der Website der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht unter http://www.hcch.net/upload/ wop/ny_conv.pdf (Stand: 10. November 2009). 5 Stand: 10. November 2009. 6 Thorn, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (2010), Anh. zu Art. 18 EGBGB, Rn. 7; Hohloch, in: Erman, BGB, Band 2 (2008), Art. 18 EGBGB Rn. 41; Katsanou, Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland – „New Yorker-Unterhaltsübereinkomen“, FPR 2006, 255 (256). Bereits Contini, The United Nations Draft Conventions on Maintenance Claims, The American Journal of Comparative Law, Vol. 3 (1954), 543 (515). Vgl. Cavers, International Enforcement of Family Support, Columbia Law Review,Vol. 81 (1981), 994 (1040 ff.). 7 Zum Rechtsgebiet „grenzüberschreitende Unterhaltsstreitigkeiten“ wurde mit den neuen unterhaltsrechtlichen Übereinkommen von 2007 (s. unten B. I. 2.) bereits die „dritte Generation“ an Übereinkommen ausgearbeitet. Soweit ersichtlich war das bislang in keinem anderen Rechtsgebiet der Fall. Vgl. auch: Pirrung, Internationales Privat- und Verfahrensrecht nach dem Inkrafttreten der Neuregelung des IPR – Texte, Materialien, Hinweise (1987), 222. 8 Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956 (UStAK/Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956).

A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen

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und ein international verfahrensrechtliches 9 Übereinkommen erarbeitet, deren Anwendungsbereiche sich auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, die unverheiratet sind und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, beschränken. Im Zuge der Erweiterung dieser beiden Konventionen wurden das Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973 (UStA/Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973) und das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973 (HUnthVÜ/Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1973) geschaffen. Ihr Anwendungsbereich erstreckt sich nunmehr auf alle gesetzlichen Unterhaltspflichten. Bedauerlicherweise ist die Anzahl der Ratifikationen dieser unterhaltsrechtlichen Übereinkommen gering geblieben10. Zudem finden sich unter den wenigen Vertragsstaaten viele EU-Mitgliedstaaten11, die bereits durch entsprechende europäische Regelwerke12, die gegenüber den internationalen Abkommen Vorrang beanspruchen, verbunden sind. III. Europäische Gemeinschaft Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaft gibt es derzeit kein geltendes Rechtsinstrument, das ausschließlich der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung gewidmet ist. Regelungen zur Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland finden sich vielmehr in verschiedenen europäischen Regelwerken. Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO/Europäische Gerichtsstand- und Vollstreckungsverordnung) 13 , die aus dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen (EuGVÜ/Europäisches Gerichtsstands- und Vollstre9 Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. April 1958 (HKUnthVÜ/Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958). 10 Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956: 14 Vertragsstaaten; Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958: 20 Vertragsstaaten; Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973: 14 Vertragsstaaten; Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1973: 22 Vertragsstaaten (Stand: 10. November 2009). 11 Beispielsweise finden sich unter den 14 Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 9 EU-Mitgliedstaaten (Stand: 9. Februar 2010). Hingegen zieht das Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1973 auch die Aufmerksamkeit anderer Staaten auf sich: Australien ist seit 1. Februar 2002 Beitrittsstaat und Kanada führt Beitrittsverhandlungen. 12 s. unten A. III. 13 Abl. EG 2001 vom 16. Januar 2001, Nr. L 12/1.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

ckungsübereinkommen)14 hervorgegangen ist, enthält Vorschriften zur internationalen Zuständigkeit und zur Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen. Sie geht vom „traditionellen Verständnis“ aus, wonach eine Unterhaltsentscheidung vor der Vollstreckung im Vollstreckungsmitgliedstaat im Exequaturverfahren für vollstreckbar erklärt werden muss. Hingegen ist die Vollstreckung nach der Europäischen Vollstreckungstitelverordnung (EuVTVO) 15 vereinfacht möglich. Handelt es sich danach um eine sog. unbestrittene Unterhaltsforderung, kann diese – ohne dass es eines Exequaturverfahrens bedarf – vollstreckt werden. Grenzüberschreitende Unterhaltsforderungen können auch durch einen sog. Europäischen Zahlungsbefehl im Rahmen der Europäischen Mahnverfahrensverordnung (EuMahnVO)16 beigetrieben werden. Keine Anwendung findet hingegen die Europäische Eheverordnung (EuEheVO) 17 , die nur für Ehesachen und die elterliche Verantwortung, nicht aber für Unterhaltspflichten gilt18. Auch die Verordnung über geringfügige Forderungen 19 ist auf das Unterhaltsrecht nicht anwendbar 20 . Das Europäische Schuldvertragsübereinkommen (EVÜ) 21 , das mittlerweile 14

Brüsseler EG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968. Das Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen galt bislang nur noch im Verhältnis der Mitgliedstaaten zu Dänemark, das an der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung nicht teilnimmt. Aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 19.10.2005 (Abl. EU vom 16. November 2005, Nr. L 299/62), das am 1. Juli 2007 in Kraft trat (Abl. EU vom 4. April 2007, Nr. L 94/70), ist das nunmehr auch obsolet geworden. 15 Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, Abl. EU vom 30. April 2004, Nr. L 143/15. 16 Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, ABl. EU vom 30. Dezember 2006, Nr. L 399/1. 17 Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (EuEheVO bzw. Brüssel IIa-VO), Abl. EU vom 23. Dezember 2003, Nr. L 338/1. 18 Unterhaltspflichten sind i.S.d. Art. 1 Abs. 3 lit. e EuEheVO ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Europäischen Eheverordnung ausgenommen. 19 Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen; Abl. EU 2007 vom 31. Juli 2007, Nr. L 199/1. 20 Das ergibt sich aus Art. 2 Abs. 2 lit. b der Verordnung. 21 Römisches EWG-Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht vom 19. Juni 1980.

A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen

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durch die Rom I-Verordnung 22 abgelöst wurde, und die Rom IIVerordnung 23 vereinheitlichen zwar auf europäischer Ebene die Bestimmungen über das anwendbare Recht; allerdings bleiben Unterhaltssachen in diesen Rechtsinstrumenten ausgespart. In den neunziger Jahren wurde das EG-Übereinkommen vom 6. November 1990 über die Vereinfachung der Verfahren zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen mit dem Ziel geschaffen, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zu vereinheitlichen und Irland, das zu diesem Zeitpunkt als einziger Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft weder das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 noch das Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1973 ratifiziert hatte, einzubinden 24 . Allerdings ist Irland mittlerweile dem New Yorker UNÜbereinkommen von 1956 beigetreten und eine Ratifizierung des Abkommens erscheint aufgrund der neueren Entwicklungen im europäischen Unterhaltsrecht – mit der Europäischen Unterhaltsverordnung25 – äußerst unwahrscheinlich26. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich auf europäischer Ebene drei Rechtsinstrumente finden, die derzeit die verfahrensrechtlichen Aspekte der grenzüberschreitenden Geltendmachung einer Unterhaltsforderung (zumindest teilweise) regeln: die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung 27 , die Europäische Vollstreckungstitelverordnung und die Europäische Mahnverfahrensverordnung. Hingegen sind keine Regelwerke vorhanden, die einheitliche Vorschriften für das Unterhaltskollisionsrecht enthalten.

22 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom IVO), ABl. EU vom 4. Juli 2008, Nr. 177/6. 23 Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-VO); Abl. EU 2007, Nr. L 199, 40 ff. 24 Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht (1994), 183. 25 Ausführlich hierzu s. unten B. II. 26 Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht (2007), § 13 Rn. 90; Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB Rn. 280; Kropholler/Blobel, Unübersichtliche Gemengelage im IPR durch EG-Verordnungen und Staatsverträge – Dargestellt am Beispiel des Internationalen Unterhaltsvollstreckungsrechts, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Einheit, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 453 (461 f.); Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994), 131 (282). 27 Bzw. das vorangegangene Europäische Gerichtsstand- und Vollstreckungsübereinkommen.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

IV. Sonstige Übereinkommen Das Luganer Übereinkommen (LugÜ) 28 , das als Parallelübereinkommen zum Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen konzipiert ist 29 , erlangt Bedeutung im Verhältnis zu Dänemark und den Nicht-EU-Mitgliedstaaten Island, Schweden und der Schweiz. Es ist in Zivil- und Handelssachen anzuwenden, wozu auch das Unterhaltsrecht zählt. Das Übereinkommen enthält Regelungen, die zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung notwendig sind und die internationale Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen betreffen. Die grenzüberschreitende Geltendmachung unterhaltsrechtlicher Ansprüche wird des Weiteren auch von einigen bilateralen Anerkennungsund Vollstreckungsverträgen erfasst30. Zu nennen sind hier beispielsweise das Niederlassungsübereinkommen zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien vom 17. Februar 1929 oder der Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen vom 20. Juli 1977. Darüber hinaus besteht die Konvention von Montevideo vom 15. Juli 1989 (Inter-amerikanische Konvention über Unterhaltspflichten)31, die für die Staaten auf dem amerikanischen Kontinent gilt und nur im Verhältnis zwischen ihren Vertragsstaaten Anwendung findet (Art. 1 der Konvention).

28 Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 16. September 1988 bzw. das revidierte Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007, Abl. EU 2007 vom 21. Dezember 2007, Nr. L 339/3, das am 1. Januar 2010 zwischen den EU-Staaten, Dänemark und dem Königreich Norwegen in Kraft trat. Die Ratifizierungen Dänemarks, Islands und der Schweiz stehen noch aus (Stand: 11. November 2009). 29 Schütze, in: Geimer, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblatt-Handbuch mit Texten, Kommentierungen und Länderberichten, Nr. 609 – Bericht von Paul Jenard und Gustaf Möller, 3; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Einl. Rn. 59; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Einl. Rn. 14. Es wird als Parallelabkommen bezeichnet, da es inhaltlich in Aufbau, Artikelfolge und Wortlaut nahezu vollständig dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen entspricht. 30 Näheres hierzu bei Hohloch, Grenzüberschreitende Unterhaltsvollstreckung, FF 2001, 147 (154); vgl. Wagner, Zur Vollstreckung dynamisierter Unterhaltstitel im Ausland, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 727 (733). 31 Text abgedruckt in RabelsZ 56 (1992), 157 ff.

A. Überblick über die bisher bestehenden Rechtsquellen

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Sie erlangt daher bei der Geltendmachung grenzüberschreitender Unterhaltsansprüche im Verhältnis zu Deutschland keine Bedeutung. V. Innerstaatliches Recht Eine kollisionsrechtliche Regelung familienrechtlicher Unterhaltspflichten in Deutschland enthält Art. 18 EGBGB. Vorschriften des internationalen Verfahrensrechts finden sich in der deutschen Zivilprozessordnung, beispielsweise in §§ 12, 23 a, 328, 723 f. ZPO. Daneben gilt das Gesetz zur Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Verkehr mit ausländischen Staaten (Auslandsunterhaltsgesetz – AUG) vom 19. Dezember 1986 32 . Dieses verfolgt im Verhältnis zu Staaten, die sich nicht dem New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 angeschlossen haben, ein ähnliches Ziel. Es soll die Verfolgung gesetzlicher Unterhaltsansprüche für die in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Unterhaltsberechtigten durch behördliche Zusammenarbeit erleichtern33. Allerdings ist zu beachten, dass die Regelungen des innerstaatlichen Rechts im Verhältnis zu den Staaten, mit denen internationale Übereinkommen bestehen oder für die europäische Rechtsinstrumente gelten, nachrangig sind. Sie sind daher im Rahmen der Arbeit nur von geringer Relevanz. VI. Gesamtbetrachtung der bisher bestehenden Rechtsquellen Der Überblick über die bestehenden Rechtsquellen zeigt, dass es zahlreiche Rechtsinstrumente gibt, die das Ziel verfolgen, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zu erleichtern. Vor allem im Hinblick auf das internationale Unterhaltsverfahrensrecht gab es zahlreiche rechtsvereinheitlichende Bemühungen. Neben die Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958 und 1973 traten drei europäische Verordnungen, die der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen dienen. Dem Bereich des anwendbaren Rechts hat sich hingegen bislang nur die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht gewidmet. Sie hat hierzu die Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 32 BGBl. 1986 I, 2563, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2006, BGBl. 2006 I, 3171. 33 Böhmer, Das Auslandsunterhaltsgesetz (AUG) vom 19.12.1986, IPRax 1987, 139 (139); Wicke, Der Gang des Verfahrens nach dem Auslandsunterhaltsgesetz, FPR 2006, 240 (241); Kropholler/Blobel, Unübersichtliche Gemengelage im IPR durch EGVerordnungen und Staatsverträge – Dargestellt am Beispiel des Internationalen Unterhaltsvollstreckungsrechts, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 453 (463); Andrae, in: Garbe/Ullrich, Prozesse in Familiensachen (2007) , § 11 Rn. 641 ff.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

1956 und 1973 geschaffen. Des Weiteren existieren mit dem New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 und dem Auslandsunterhaltsgesetz Regelungswerke, die die Erleichterung der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in Form von behördlicher Zusammenarbeit bezwecken. Für die Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland können damit mehrere Rechtsinstrumente in Betracht kommen. Ist das der Fall, sind sowohl ihre Anwendungsvoraussetzungen als auch ihr Verhältnis zueinander zu klären. Die Vielzahl der Rechtsquellen schafft einen regelrechten „Dschungel“34, in dem sich der Rechtsanwender zurechtfinden muss.

B.

Neue Regelungswerke

Neue Regelungswerke

In jüngerer Zeit wurde sowohl auf Ebene der Haager Konferenz als auch auf europäischer Ebene an neuen Rechtsinstrumenten speziell zum Unterhaltsrecht gearbeitet. Es handelt sich dabei um zwei Regelwerke aus Den Haag und ein europäisches Rechtsinstrument. Die neuen Haager Rechtsinstrumente sind das Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen (HUÜ 2007/Haager Unterhaltsübereinkommen) und das Protokoll vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht (HUP 2007/Haager Unterhaltsprotokoll). Auf europäischer Ebene wurde die Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (UnterhaltsVO/Unterhaltsverordnung) 35 neu geschaffen. Im Folgenden werden jeweils die Entwicklung, der Aufbau und die Ziele der neuen Rechtsinstrumente skizziert:

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Mankowski, Im Dschungel der für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Unterhaltsentscheidungen einschlägigen Abkommen und ihrer Ausführungsgesetze, IPRax 2000, 188 (189); Kropholler/Blobel, Unübersichtliche Gemengelagen im IPR durch EGVerordnungen und Staatsverträge – Dargestellt am Beispiel des Internationalen Unterhaltsvollstreckungsrecht, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 453 (471) sprechen von einer unübersichtlichen Gemengelage; Wagner, Zur Vollstreckung deutscher dynamisierter Unterhaltstitel im Ausland, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 727 (733). 35 Abl. EU vom 10. Januar 2009, Nr. L 7/1.

B. Neue Regelungswerke

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I. Regelungen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht 1. Allgemeines Das internationale Unterhaltskollisions- und -verfahrensrecht zählen zu einem der Schwerpunkte der Arbeiten der Haager Konferenz. Über 30 Jahre nach der letzten Überarbeitung der Übereinkommen zum Unterhaltsrecht hat sich die Haager Konferenz erneut diesem Thema zugewendet. Bei dem Haager Unterhaltsübereinkommen und dem Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 handelt es sich schon um die „dritte Generation“ von Übereinkommen, die die Haager Konferenz auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen geschaffen hat. 2. Entwicklung des Haager Unterhaltsübereinkommens und des Haager Unterhaltsprotokolls Die bestehenden unterhaltsrechtlichen Übereinkommen der Haager Konferenz 36 dienen bereits einer Vereinheitlichung des internationalen Unterhaltskollisions- und -verfahrensrechts 37 . Allerdings hat eine Spezialkommission der Haager Konferenz Mitte der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts im Rahmen einer kritischen Bestandsaufnahme dieser Übereinkommen festgestellt, dass sie einige Defizite aufweisen 38 . Diese Mängel wurden in einer weiteren Sitzung der Spezialkommission bestä-

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Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24. Oktober 1956; Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern vom 15. April 1958; Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973; Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vom 2. Oktober 1973. 37 So auch Duncan, Maintenance Obligations – Note on the desirability of revising the Hague Conventions on Maintenance Obligations and including in a new instrument rules on judicial and administrative co-operation, Prel. Doc. No 2 of January 1999, Rn. 69 zum Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln von 1973; Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, S. 72 zu dem Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltstiteln von 1973 und dem Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht von 1973. 38 Zu den Defiziten s. Special Commission, General Conclusions of November 1995 on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention of 20 June 1956 on the Recovery of Maintenance Abroad, Rn. 3 ff.; Duncan, The Hague Conference on Private International Law and its Current Programme of Work Concerning the International Protection of Children and Other Aspects of Family Law, Yearbook of Private International Law (2000), Vol. 2, 41 (43). Bei dieser kritischen Bestandsaufnahme wurde kaum auf Rechtsprechung zurückgegriffen.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

tigt 39 . Aufgrund der bestehenden Schwachpunkte und eines generellen Modernisierungsbedürfnisses der existierenden Regelungen entschied man sich im Jahre 1999 dazu, mit der Ausarbeitung eines neuen Rechtsinstruments auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts zu beginnen. Zu diesem Zweck trat die Spezialkommission ab Mai 2003 in regelmäßig stattfindenden Sitzungen zusammen. Ihre Arbeit wurde durch Arbeitsgruppen unterstützt, die sich mit speziellen Aspekten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung beschäftigten. Es wurden Fragebögen für die an den Verhandlungen teilnehmenden Staaten erarbeitet und zahlreiche Dokumente (sog. Working Documents und sog. Preliminary Documents) angefertigt, die unter anderem die Berichte der Arbeitsgruppen und die verschiedenen Entwürfe der neuen Übereinkommen dokumentieren40. An die Ausarbeitung eines ersten Entwurfs für ein Übereinkommen zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen im April 200441 schlossen sich Verhandlungen über vier Jahre hinweg an. In diese Verhandlungen waren mehr als 70 Staaten und die Europäische Gemeinschaft 42 eingebunden. Während man zu Beginn der Verhandlungen noch das Ziel verfolgte, ein einheitliches Rechtsinstrument zu schaffen, das Regelungen der behördlichen Zusammenarbeit und der Anerkennung und Vollstreckung mit Kollisionsnormen verbinden sollte, entschied man sich nach kontroversen Diskussionen43 letztlich dafür, das anwendbare Recht in einem gesonderten Übereinkommen zu regeln44. Nach weiteren Entwürfen und Veränderungen an den Texten mündeten die Verhandlungen schließlich im November 2007 in der endgültigen Festsetzung der Vertragstexte sowie deren formeller Verabschiedung durch die Mitglieder der Haager 39 s. Duncan, Information Note and Questionnaire concerning a new global instrument on the international recovery of child support and other forms of family maintenance, Prel. Doc. No 1 of June 2002, S. 4. 40 Diese sind auf der Website der Haager Konferenz unter www.hcch.net abrufbar. 41 Vgl. The Drafting Committee, Working Draft of a Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 7 of April 2004. 42 Die Europäische Gemeinschaft ist am 3. April 2007 durch die Hinterlegung der Beitrittsurkunde in Den Haag der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht beigetreten, s. Beschluss des Rates vom 5. Oktober 2006 über den Beitritt der Gemeinschaft zur Haager Konferenz, Abl. EU vom 26. Oktober 2006, Nr. L 297/1. 43 Permanent Bureau, Compilation of Responses to the 2002 Questionnaire Concerning a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Frage 33 (c), 254 ff; Zum Streitstand im Allgemeinen: Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (415 ff). 44 Diese Tendenz war schon seit Special Commission, Working Draft of a Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Work. Doc. No 34E of 17 June 2004 erkennbar.

B. Neue Regelungswerke

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Konferenz. Seit dem 23. November 2007 können das Haager Unterhaltsübereinkommen und das Haager Unterhaltsprotokoll unterzeichnet werden45. Obwohl der Titel „Protokoll“ eine Abhängigkeit vom Haager Unterhaltsübereinkommen indizieren könnte, sind beide Übereinkommen autark und können unabhängig voneinander unterzeichnet und ratifiziert werden46. 3. Aufbau a) Haager Unterhaltsübereinkommen Das Haager Unterhaltsübereinkommen ist in neun Kapitel unterteilt und enthält 65 Artikel. Nach einer Präambel folgt Kapitel I, das das Ziel und den Anwendungsbereich des Übereinkommens festlegt und Begriffsbestimmungen umfasst. Kapitel II und III betreffen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Zentralen Behörden 47 . In Kapitel IV werden Einschränkungen bei der Verfahrenseinleitung normiert. Die sich daran anschließenden Kapitel V und VI beziehen sich auf die Anerkennung und 45 Die Vereinigten Staaten von Amerika und Burkina Faso haben das Haager Unterhaltsübereinkommen bereits am 23. November 2007 bzw. am 7. Januar 2009 unterzeichnet. Die Unterzeichnung des Übereinkommens durch Norwegen erfolgte am 8. Juni 2010. 46 Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (336, Fn. 8); Bonomi, Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 15 f.; Hirsch, Neues Haager Unterhaltsübereinkommen – Erleichterte Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über Ländergrenzen hinweg, FamRBint 2008, 70. 47 Damit wurde im Unterschied zu den bisherigen Haager Rechtsinstrumenten erstmals ein System zur behördlichen Zusammenarbeit in das Haager Unterhaltsübereinkommen integriert, s. Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (526); Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ, Vol. 38 (2004), 663 (666); Hellner, The Maintenance Regulation: A Critical Assessment of the Commission’s Proposal, in: Boele-Woelki, European Challenges in Contemporary Family Law (2008), 343 (368); Long, The New Hague Maintenance Convention, International and Comparative Law Quarterly, Vol. 57 (2008), 984 (987). Den neuen Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit dient das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 als Ausgangspunkt. Viele Vorschriften weisen des Weiteren Ähnlichkeiten zu Bestimmungen aus anderen Haager Übereinkommen (Haager Kinderschutzübereinkommen oder Haager Kindesentführungsübereinkommen) auf, s. Janzen, Die neuen Haager Übereinkünfte zum Unterhaltsrecht und die Arbeiten an einer EG-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 218 (222); vgl. auch Drafting Committee, Working Draft of a Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 7 of April 2004, Fußnoten zu Art. 6 ff; Drafting Committee, Working Draft of a Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 13 of January 2005, Fußnoten zu Art. 4 ff.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und legen Regelungen für die Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat fest. Kapitel VII ist den öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen gewidmet. Schließlich folgen in Kapitel VIII allgemeine Bestimmungen, die sich auf das gesamte Haager Unterhaltsübereinkommen beziehen, sowie in Kapitel IX Schlussbestimmungen. b) Haager Unterhaltsprotokoll Das Haager Unterhaltsprotokoll umfasst 30 Artikel. Anders als das Haager Unterhaltsübereinkommen ist es nicht in Kapitel unterteilt; dennoch lassen sich die Vorschriften in drei Gruppen aufteilen48. Die Art. 1 und 2 HUP 2007 legen den Anwendungsbereich des Übereinkommens fest, die Art. 3 bis 14 HUP 2007 enthalten Regelungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts und legen dessen Geltungsbereich fest. Schließlich finden sich in den Art. 15 bis 30 HUP 2007 allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen. 4. Ziele a) Haager Unterhaltsübereinkommen Die Präambel und Art. 1 HUÜ 2007 legen als Ziel des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 die Sicherstellung der wirksamen internationalen Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen fest. Dieses Ziel soll insbesondere dadurch erreicht werden, dass ein System der behördlichen Zusammenarbeit in das Übereinkommen integriert wird (Art. 1 lit. a HUÜ 2007), die Möglichkeit geschaffen wird, Anträge zu stellen, um Unterhaltsentscheidungen herbeizuführen (Art. 1 lit. b HUÜ 2007), die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen sichergestellt wird (Art. 1 lit. c HUÜ 2007) und wirksame Maßnahmen hinsichtlich einer zügigen Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gefordert werden (Art. 1 lit. d HUÜ 2007). Aus der Präambel wird zusätzlich deutlich, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung in einem ergebnisorientierten Verfahren stattfinden soll, das zugänglich, zügig, wirksam, wirtschaftlich, fair und auf unterschiedliche Situationen abgestimmt ist. b) Haager Unterhaltsprotokoll Das Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 bezweckt seiner Präambel zufolge die Festlegung von gemeinsamen Bestimmungen über das auf Unter48

Bonomi, Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 18.

B. Neue Regelungswerke

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haltspflichten anzuwendende Recht und die Ergänzung des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 um Kollisionsnormen. Eine mit Art. 1 HUÜ 2007 vergleichbare Zielbestimmung findet sich im Haager Unterhaltsprotokoll nicht. II. Europäische Regelung 1. Allgemeines Europa verfolgt den Grundsatz „in varietate concordia“ („Einheit in Vielfalt“). Allerdings ist das europäische Unterhaltsrecht bislang eher von Vielfalt als von Einheit geprägt. In diesem Punkt soll die neue Unterhaltsverordnung eine Veränderung mit sich bringen 49 . Sie vereinheitlicht auf europäischer Ebene die Regelungen über die internationale Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen. Die Neuregelungen sollen es dem Unterhaltsberechtigten ermöglichen, grenzüberschreitende Unterhaltsansprüche einfach, schnell und effektiv durchsetzen zu können. 2. Entwicklung der Unterhaltsverordnung Die Unterhaltsverordnung hat ihre Ursprünge in einer Sondertagung des Europäischen Rates am 15. und 16. Oktober 1999 in Tampere. Aus den Schlussfolgerungen dieser Tagung geht hervor, dass der Europäische Rat die Freiheit innerhalb eines europäischen Raumes von Sicherheit und Recht stärken wollte 50 . Zu diesem Ziel zählen unter anderem Vereinfachungen auf dem Gebiet von grenzüberschreitenden Unterhaltsstreitigkeiten51. Der Europäische Rat hat hierzu den Rat der EU und die Kommission der EG aufgefordert, besondere gemeinsame Verfahrensregeln zu entwickeln, die die grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren bei Unterhaltsklagen vereinfachen und beschleunigen 52 und Regelungen aufzustellen, die eine Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen Mitgliedstaaten ermöglichen, ohne dass zuvor ein Vollstreckbarerklärungsverfahren durchlaufen werden muss53. 49

Martiny, Grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nach europäischem und internationalem Recht – Verfahrenseinleitung und –durchführung, Anerkennung und Vollstreckung, FamRZ 2008, 1681 (1689). 50 Vgl. Europäischer Rat von Tampere – Schlussfolgerungen, Nr. 2 und Nr. 5, vgl. www.europarl.eu.int/summits/tam_de.htm. 51 Der Wiener Aktionsplan (Text abgedruckt unter Abl. EG vom 23. Januar 1999, Nr. C 19/1) spart hingegen das internationale Unterhaltsrecht aus. 52 Europäischer Rat von Tampere, Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat (Tampere) 15./16.10.1999, Auszug in: NJW 2000, 1925, Nr. 30. 53 Europäischer Rat von Tampere, Schlussfolgerungen des Vorsitzes Europäischer Rat (Tampere) 15./16.10.1999, Auszug in: NJW 2000, 1925, Nr. 34.

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Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Die Kommission und der Rat verabschiedeten am 30. November 2000 ein gemeinsames Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen54. Darin wird bezugnehmend auf das Unterhaltsrecht festgestellt, dass es für das tägliche Leben eines Unterhaltsberechtigten unerlässlich sei, den ihm zustehenden Unterhalt zu erhalten55. Da das aber insbesondere bei Fällen mit Auslandsbezug Schwierigkeiten bereite, müsse die Wirksamkeit der Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Unterhaltsentscheidungen verbessert werden, beispielsweise durch erleichterte Feststellung der Vermögenswerte des Unterhaltsschuldners im Ausland56. Eine ganz entscheidende Leitlinie stellt dabei die Abschaffung des Exequaturverfahrens dar57, die mit der Vorschrift des Art. 5 EuVTVO bereits ihren Anfang gefunden hat, aber den freien Verkehr gerichtlicher Entscheidungen immer noch nicht vollständig gewährleistet. Innerhalb der fünf Jahre, auf die das Arbeitsprogramm von Tampere ausgerichtet war 58, gab die Kommission unter anderem eine Studie über die Geltendmachung von Unterhaltsforderungen in der Europäischen Union 59 in Auftrag. Diese war notwendig, um alle relevanten Informationen zur Umsetzung des Programms zusammenzutragen. Aus ihrem Abschlussbericht geht hervor, dass zusätzlich zur Abschaffung des Exequaturverfahrens weitere Maßnahmen notwendig sind, um letztlich alle Hindernisse für die Geltendmachung von Unterhaltsforderungen in den Mitgliedstaaten zu beseitigen. Die Studie diente der Kommission ebenso dazu, das Grünbuch Unterhaltspflichten 60 mit einem umfassenden Fragenkatalog zu entwi54

Abl. EG vom 15. Januar 2001, Nr. C 12/1; Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 (164ff.). 55 Abl. EG vom 15. Januar 2001 Nr. C 12/1, S. 4; Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 (165). 56 Abl. EG vom 15. Januar 2001 Nr. C 12/1, S. 6; Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 (166). 57 Abl. EG vom 15. Januar 2001 Nr. C 12/1, S. 4; Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 (165). 58 Abl. EG vom 15. Januar 2001 Nr. C 12/1, S. 8; Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 (165). 59 Studie von November 2003; Abschlussbericht der Studie abrufbar unter: http://ec.europa.eu/justice_home/doc_centre/civil/studies/doc/study_maintenance_claims _fr.pdf (Stand: 17. März 2010) . 60 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch Unterhaltspflichten, KOM(2004) 254 endgültig vom 15. April 2004.

B. Neue Regelungswerke

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ckeln. Zu diesem sind zahlreiche Stellungnahmen eingegangen 61 . Im Grünbuch wurden neben der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auch Fragen der internationalen Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts und der behördlichen Zusammenarbeit in Unterhaltssachen behandelt. Damit ging das Grünbuch über die Anforderungen der Schlussfolgerungen von Tampere hinaus. Als wesentliche Ziele der neuen Verordnung wies das Grünbuch bereits die Abschaffung des Exequaturverfahrens und die Aufnahme von Kollisionsnormen aus. Im Rahmen des Nachfolgeprogramms von Tampere, dem Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union 62 (nachfolgend: Haager Programm), wurde die Wichtigkeit der weiteren Umsetzung der bereits begonnenen Maßnahmen bestätigt und die Kommission ersucht, bis spätestens 2005 auf Grundlage des Grünbuchs ein Rechtsinstrument zur Lösung der bestehenden Probleme auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts auszuarbeiten63. Diese Forderung wurde im Aktionsplan des Rates und der Kommission zur Umsetzung des Haager Programms, den der Rat auf seiner Tagung vom 2. und 3. Juni 2005 annahm, festgeschrieben. Die Kommission nahm am 15. Dezember 2005 den Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten (UnterhaltsVOE)64, an. Im Rahmen des anschließenden Konsultationsverfahrens durchlief der Vorschlag den Rat und das Europäische Parlament, wobei zahlreiche Änderungen am Verordnungstext vorgenommen wurden65. Auf redaktioneller

61 Stellungnahmen abrufbar unter: http://europa.eu.int:8082/comm/justice_home /ejn/maintenance_claim_ec_en.htm 62 Abl. EG vom 3. März 2005 Nr. C 53/1. Das Programm baut auf das bereits Erreichte auf und setzt sich die „Weiterentwicklung der gegenseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen in Zivilsachen“ und die „Beseitigung rechtlicher und gerichtlicher Hindernisse bei Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Familiensachen mit grenzüberschreitenden Bezügen“ zum Ziel. S. auch Schlussfolgerungen des Vorsitzes – Brüssel, 4./5. November 2004, Bulletin 08/11/2004, Nr. 15, abrufbar unter http://www.europarl.europa. eu/ summits/pdf/bru1104_de.pdf (Stand: 17. März 2010). 63 Abl. EU 2005 vom 3. März 2007, Nr. C 53/13. 64 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2005) 649 endgültig vom 15. Dezember 2005, Abl. EU vom 28. Februar 2006, Nr. C 49/37. 65 Gang des Verfahrens abrufbar unter: http://ec.europa.eu/prelex/detail_dossier _real.cfm?CL=de&DosId=193665 (Stand: 17. März 2010).

20

Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Ebene wurden beispielsweise einige Begriffe konkretisiert66 oder ursprünglich vorgesehene Artikel ersatzlos gestrichen67. Nach Einarbeitung der Änderungen und weiteren Entwürfen des Rates vom 23. Juni 200868 und vom 21. Oktober 200869 für eine Unterhaltsverordnung, in denen nun eine starke Orientierung an die neuen Rechtsinstrumente der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht festzustellen ist, erfolgte am 18. Dezember 2008 die förmliche Annahme der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (UnterhaltsVO)70 durch den Rat71. Die Unterhaltsverordnung ist am 30. Januar 2009 in Kraft getreten (Art. 76 UAbs. 1 UnterhaltsVO) und findet voraussichtlich ab dem 18. Juni 2011 vollständig Anwendung (Art. 76 UAbs. 3 UnterhaltsVO). 3. Aufbau Die Unterhaltsverordnung ist in neun Kapitel unterteilt und enthält 76 Artikel. Auf die Erwägungsgründe folgt Kapitel I mit einer Regelung zum Anwendungsbereich und Begriffsdefinitionen. Kapitel II bestimmt die Zuständigkeit der Gerichte für Unterhaltsentscheidungen und umfasst eine Vorschrift zur Verfahrensbegrenzung, die auch für Entscheidungen aus Drittstaaten, die Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsübereinkommens sind, gilt. Das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht richtet sich nach Kapitel III für die Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind, nach jenem Protokoll. Zu diesem Zweck hat die Europäische Union das Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 am 8. April 2010 abgeschlossen, um die Anwendung der Unterhaltsverordnung zu ermöglichen 72. Kapitel IV betrifft die Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen. Es ist in drei Abschnitte unterteilt: Abschnitt 1 gilt für Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat er66 Vgl. beispielsweise Änderung 16, Art. 1 Absatz 1 von „einem Familienverhältnis“ zu „Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft“, Europäisches Parlament, Dok. Nr. P6_TA(2007)0620, S. 6. 67 Vgl. beispielsweise Änderung 40, Art. 15 entfällt, Europäisches Parlament, Dok. Nr. P6_TA(2007)0629, S. 12. 68 Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 10045/08 JUSTCIV 114. 69 Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 14066/08 JUSTCIV 216. 70 Abl. EU vom 10. Januar 2009, Nr. L 7/1. 71 Rat der Europäischen Union, Mitteilung an die Presse, Dok. Nr. 16916/1/08 REV 1 (Presse 361), S. 47. 72 Vgl. Erwägungsgrund 20 UnterhaltsVO; Rat der Europäischen Union, Beschluss des Rates vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, Abl. EU vom 16. Dezember 2009, Nr. L 331/17.

B. Neue Regelungswerke

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gangen sind, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, Abschnitt 2 für Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten ohne Bindung durch das Haager Unterhaltsprotokoll. In Abschnitt 3 finden sich gemeinsame Bestimmungen für die beiden vorausgehenden Abschnitte. Die Vorschriften des Kapitels V beziehen sich auf den Zugang zum Recht der an einer Unterhaltsstreitigkeit beteiligten Parteien. Für die Anwendung der Unterhaltsverordnung auf gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden enthält Kapitel VI eine Regelung. Kapitel VII normiert die Zusammenarbeit der Zentralen Behörden und Kapitel VIII bezieht sich auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen. In Kapitel IX sind schließlich allgemeine Bestimmungen und Schlussbestimmungen enthalten. 4. Ziele Die Unterhaltsverordnung enthält keine explizite Zielbestimmung oder Präambel. Jedoch geben im Hinblick auf die Ziele, die mit diesem neuen Rechtsinstrument verfolgt werden, die Erwägungsgründe der Verordnung und insbesondere die Beschreibung der Ziele in der Begründung des ersten Vorschlags für eine europäische Unterhaltsverordnung73 Auskunft. Sämtliche Hindernisse, die heute noch der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung in der Europäischen Union im Wege stehen, sollen ausgeräumt werden. Außerdem soll es durch die neuen Regelungen der Unterhaltsverordnung ermöglicht werden, einfach, schnell und größtenteils unentgeltlich einen Vollstreckungstitel zu erwirken, der im europäischen Rechtsraum ohne Weiteres durchgesetzt werden kann und regelmäßige Unterhaltszahlungen gewährleistet74. Zu diesem Zweck vereinheitlicht die Unterhaltsverordnung auf europäischer Ebene die Vorschriften zur Zuständigkeit, des anwendbaren Rechts, der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und der Zusammenarbeit in Fällen der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung. Mit der Schaffung der Unterhaltsverordnung als einem Rechtsinstrument, das die zusammenhängenden Materien des Kollisions- und Verfahrensrechts in einem einheitlichen Rechtsakt regelt, wird der Kritik an früheren europäischen Regelwerken

73

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2005) 649 endgültig vom 15. Dezember 2005, 1.2 (S. 3 ff.). 74 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2005) 649 endgültig vom 15. Dezember 2005, 1.2 (S. 4); Erwägungsgrund 9 UnterhaltsVO.

22

Kapitel 1: Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Rechnung getragen, die keine kollisionsrechtlichen Vorschriften enthielten75.

75

Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 979 (980).

Kapitel 2

Anwendungsbereich Durch den Anwendungsbereich wird festgelegt, wann ein Rechtsinstrument in sachlicher, räumlich-persönlicher und zeitlicher Hinsicht Geltung erlangt. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs ist unabdingbare Voraussetzung für die Anwendung eines Rechtsinstruments auf internationaler und europäischer Ebene. Im Folgenden werden die Anwendungsbereiche der bestehenden und der neuen Rechtsinstrumente auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung untersucht. Hierzu werden zunächst die Regelungen über die Anwendbarkeit der neuen Rechtsinstrumente dargestellt (unter A.). Im Anschluss daran werden jeweils – gegliedert nach Problempunkten – einige wichtige ungeklärte rechtliche Fragestellungen hinsichtlich der Anwendungsbereiche der bisher bestehenden Rechtsinstrumente betrachtet. Nach einem Überblick über die jeweils relevante(n) Neuregelung(en) erfolgt sodann eine Erörterung der Veränderungen, die sich durch die neuen Rechtsinstrumente ergeben haben.

A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente

I. Haager Unterhaltsübereinkommen 1. Sachlicher Anwendungsbereich Das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 erstreckt sich gem. Art. 2 Abs. 1 HUÜ 2007 in sachlicher Hinsicht verbindlich auf Unterhaltsansprüche von Kindern aus einer Eltern-Kind-Beziehung, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben1 und auf die Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung zum (Ex-)Ehegattenunterhalt, sofern der Antrag in Zusammenhang mit einem Unterhaltsanspruch eines Kindes gestellt 1

Art. 2 Abs. 1 lit. a HUÜ 2007. Ein Vertragsstaat kann jedoch i.S.d. Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 durch Einlegung eines Vorbehalts die Altersgrenze vom 21. Lebensjahr auf das 18. Lebensjahr herabsetzen. Allerdings kann der Vertragsstaat dann nicht verlangen, dass andere Vertragsstaaten ihm gegenüber das Übereinkommen auch auf Personen oberhalb dieser Altersgrenze anwenden (Prinzip der Gegenseitigkeit).

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

wurde2. Auf diese Unterhaltsansprüche finden alle Regelungen des Übereinkommens Anwendung. Hingegen zählen in Bezug auf andere Klagen in Zusammenhang mit dem (Ex-)Ehegattenunterhalt die Kapitel II und III des Haager Unterhaltsübereinkommens, die die juristische Unterstützung und die Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden betreffen, nicht zum verbindlich festgelegten Anwendungsbereich des Übereinkommens3. Das Haager Unterhaltsübereinkommen weist folglich einen sehr restriktiven Anwendungsbereich auf. Hierbei handelt es sich allerdings nur um einen „Kernanwendungsbereich“, der zwingend für alle Vertragsstaaten des Übereinkommens gilt. Dieser kann jedoch gem. Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 durch eine vertragsstaatliche Erklärung beliebig erweitert werden. Demnach ist es möglich, den Anwendungsbereich des gesamten Haager Unterhaltsübereinkommens oder eines Teils davon auf andere Unterhaltspflichten aus Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft, einschließlich der Pflichten gegenüber schutzbedürftigen Personen auszudehnen. Für diese Erweiterungen des Anwendungsbereichs gilt das Prinzip der Gegenseitigkeit. Verpflichtungen zwischen den Vertragsstaaten ergeben sich mithin nur insoweit, als entsprechende Erklärungen in übereinstimmendem Umfang abgegeben wurden. Art. 2 Abs. 4 HUÜ 2007 bestimmt schließlich, wie bereits Art. 1 Abs. 1 HUnthVÜ, dass der Familienstand der Eltern für die Anwendung des Übereinkommens auf Kindesunterhalt keine Rolle spielt. 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich Das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 ist wie die Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958 und 1973 ein Staatsvertrag, der nur im Verhältnis der Vertragsstaaten zueinander Geltung erlangt. Regelungen über die Unterzeichnung, Ratifikation und den Beitritt von Staaten finden sich in Art. 58 HUÜ 2007. Neben souveränen Staaten können i.S.d. Art. 59 HUÜ 2007 auch Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die von souveränen Staaten gebildet werden und mit supranationalen Kompetenzen ausgestattet sind, Vertragsstaat des Übereinkommens werden. Die Regelungen des Haager Unterhaltsübereinkommens sind in persönlicher Hinsicht, abhängig von den einzelnen Vorschriften, auf unterhaltsberechtigte oder unterhaltsverpflichtete Personen als Antragsteller anzuwenden, die beispielsweise ihren Aufenthalt (Art. 9 HUÜ 2007) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 20 HUÜ 2007) in einem Vertragsstaat haben. Auch öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen können in 2 3

Art. 2 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007. Art. 2 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007.

A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente

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bestimmten Fällen einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung stellen. Das richtet sich nach Art. 36 HUÜ 2007. 3. Zeitlicher Anwendungsbereich Der zeitliche Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens wird durch Art. 56, 60 und 64 HUÜ 2007 festgelegt. Art. 56 Abs. 1 HUÜ 2007 bestimmt, dass das Übereinkommen erst anzuwenden ist, nachdem es zwischen den betreffenden Staaten in Kraft getreten ist. Für zwei Sonderfälle enthalten Art. 56 Abs. 2 und Abs. 3 HUÜ 2007 spezielle Regelungen. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens wird durch Art. 60 HUÜ 2007 geregelt. Art. 60 Abs. 1 HUÜ 2007 bezieht sich auf das Inkrafttreten des Haager Unterhaltsübereinkommens in der internationalen Rechtsordnung, Art. 60 Abs. 2 HUÜ 2007 auf dessen Inkrafttreten in jedem einzelnen Vertragsstaat. Bisher ist das Haager Unterhaltsübereinkommen noch nicht in Kraft getreten. Die Vereinigten Staaten von Amerika, Burkina Faso und Norwegen haben das Abkommen bereits gezeichnet, jedoch noch nicht ratifiziert. Sobald zwei von ihnen eine Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde beim Verwahrer in Den Haag hinterlegt haben, tritt das Übereinkommen am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Hinterlegung der zweiten Urkunde folgt. Die Anwendung des Haager Unterhaltsübereinkommens auf einen Vertragsstaat ist ausgeschlossen, wenn er dieses durch eine schriftliche Notifikation beim Verwahrer gekündigt hat (Art. 64 HUÜ 2007). Gem. Art. 64 Abs. 1 HUÜ 2007 kann sich die Kündigung auf eine bestimmte Gebietseinheit beschränken. Sie wird i.S.d. Art. 64 Abs. 2 HUÜ 2007 nach Ablauf von mindestens 12 Monaten wirksam. II. Haager Unterhaltsprotokoll 1. Sachlicher Anwendungsbereich Art. 1 HUP 2007 legt den sachlichen Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls fest. Die Vorschrift entspricht inhaltlich Art. 1 und Art. 2 Abs. 2 UStA und bestimmt das anwendbare Recht für Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind, ungeachtet des Familienstandes seiner Eltern (Art. 1 Abs. 1 HUP 2007). Nach Art. 1 Abs. 2 HUP 2007 entfalten dabei Entscheidungen, die in Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls ergangen sind, keine Präjudizwirkung für das Bestehen einer der in Absatz 1 genannten Beziehungen. Der sachliche Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls ist folglich sehr weit. Er kann nicht wie im Haager Unterhaltsstatuts-

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

übereinkommen von 1973 durch die Einlegung von Vorbehalten eingeschränkt werden 4 , da im Haager Unterhaltsprotokoll gem. Art. 27 HUP 2007 Vorbehalte nicht zulässig sind5. 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich In räumlich-persönlicher Hinsicht ist das von den Kollisionsnormen des Haager Unterhaltsprotokolls berufene Recht unabhängig davon anzuwenden, ob es das Recht eines Vertragsstaates oder eines Nichtvertragsstaates ist. Das Haager Unterhaltsprotokoll gilt mithin unabhängig von der Gegenseitigkeit, was durch die in Art. 2 HUP 2007 normierte universelle Anwendung gewährleistet wird6. Es stellt eine sog. „loi uniforme“ dar. Für die Anwendung des Haager Unterhaltsprotokolls ist damit ebenso wie nach dem Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 in räumlichpersönlicher Hinsicht lediglich Voraussetzung, dass es sich um einen Sachverhalt handelt, der von einem Rechtsanwender in einem Vertragsstaat zu beurteilen oder von einer Behörde oder einem Gericht in einem Vertragsstaat zu entscheiden ist. Eine weitergehende Beziehung des Sachverhalts zu einem Vertragsstaat – wie beispielsweise die Staatsangehörigkeit oder der gewöhnliche Aufenthalt – ist nicht erforderlich7. Für die Unterzeichnung, Ratifikation und den Beitritt eines Staates zum Haager Unterhaltsprotokoll enthält Art. 23 HUP 2007 Regelungen. Dabei ist es gem. Art. 24 HUP 2007 auch einer Organisation der regionalen Wirtschaftsintegration, wie der Europäischen Union, möglich, Vertragsstaat des Haager Unterhaltsprotokolls zu werden. 3. Zeitlicher Anwendungsbereich Der zeitliche Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls wird durch die Art. 22 bis 25 und 29 HUP 2007 festgelegt. Art. 22 HUP 2007 bestimmt, dass das Haager Unterhaltsprotokoll erst auf Unterhalt Anwendung findet, der in einem Vertragsstaat verlangt wird, nachdem das Protokoll in diesem Staat in Kraft getreten ist. Der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Haager Unterhaltsprotokolls wird durch Art. 25 HUP 2007 geregelt: 4 Im Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 ergibt sich die Möglichkeit Vorbehalte einzulegen aus Art. 24 i.V.m. Art. 13 f. UStA. 5 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 25. 6 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 28, 34. 7 Vgl. Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 132; Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2006), Band 10, Einleitung UnthPflUeb, Rn. 8; Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 135.

A. Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente

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Abs. 1 HUP 2007 bezieht sich auf das Inkrafttreten des Haager Unterhaltsprotokolls in der internationalen Rechtsordnung, Abs. 2 HUP 2007 auf das Inkrafttreten in jedem einzelnen Vertragsstaat. Bisher ist das Haager Unterhaltsprotokoll noch nicht in Kraft getreten. Die Europäische Union hat das Protokoll zwar am 8. April 2010 gezeichnet und ratifiziert; jedoch bedarf es zum Inkrafttreten des Haager Unterhaltsprotokolls der Hinterlegung einer zweiten Ratifikations-, Annahme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde. Nach dem Inkrafttreten steht den Vertragsstaaten die Möglichkeit offen, das Protokoll i.S.d. Art. 29 HUP 2007 zu kündigen. Für die Ausgestaltung der Kündigung enthält Art. 29 Abs. 1 HUP 2007 nähere Regelungen, deren Wirksamwerden bestimmt sich nach Art. 29 Abs. 2 HUP 2007. III. Unterhaltsverordnung 1. Sachlicher Anwendungsbereich Art. 1 Abs. 1 UnterhaltsVO regelt den sachlichen Anwendungsbereich der Unterhaltsverordnung. Sie findet Anwendung auf Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen. Geregelt wird aber nicht, was unter dem Begriff der „Unterhaltspflicht“ zu verstehen ist. Aus Erwägungsgrund 11 der Unterhaltsverordnung ergibt sich jedoch, dass dieser Begriff autonom auszulegen ist8. Eine Einschränkung des weiten sachlichen Anwendungsbereichs durch Erklärungen oder Vorbehalte ist in der Unterhaltsverordnung nicht vorgesehen. 2. Räumlich-persönlicher Anwendungsbereich In räumlich-persönlicher Hinsicht gilt die Unterhaltsverordnung unmittelbar in allen Mitgliedstaaten. Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich beteiligen sich grundsätzlich nicht an der Annahme von Maßnahmen durch den Rat, die nach Titel IV des EG-Vertrages vorgeschlagen wurden. Das ist in den Protokollen Nr. 4 und Nr. 5 festgelegt, die dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt sind. Bei der Unterhaltsverordnung handelt es sich um eine Verordnung, die auf Grundlage von Art. 65 EG ergangen ist. Sie unterfällt damit dem Titel IV des EG-Vertrages. Folglich sind Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich nicht automatisch durch die Unterhaltsverordnung gebunden. Irland und das Vereinigte Königreich müssen gesondert mitteilen, dass sie die Verordnung annehmen und anwenden 8 Hierzu kann von der Kommission eingeholte und von Fucik, Unterhaltsansprüche in der Europäischen Union – Eine tabellarische Übersicht, iFamZ 2007, 97 publizierte Übersicht über Unterhaltsansprüche in der EU als Hilfe herangezogen werden.

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

möchten (sog. „opt-in“-Möglichkeit). Dänemark hat die Möglichkeit, nach Art. 3 Abs. 2 des Abkommens vom 19. Oktober 2005 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark9 mitzuteilen, ob es die Änderungen an der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung, die durch die Unterhaltsverordnung bewirkt werden, umsetzen möchte. Irland hat bereits während der Verhandlungen zur Unterhaltsverordnung gem. Art. 3 des Protokolls Nr. 4, das dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist, erklärt, dass es sich an der Annahme der Unterhaltsverordnung beteiligen möchte10. Das Vereinigte Königreich hat erstmals11 vorerst nicht von seiner „opt-in“-Möglichkeit Gebrauch gemacht, mit Schreiben vom 15. Januar 2009 aber der Kommission und dem Rat erklärt, dass es die Unterhaltsverordnung anzunehmen wünsche (Art. 4 des o.g. Protokolls). Die Kommission hat dies mit einer Entscheidung vom 8. Juni 2009 angenommen 12 . Dänemark hat der Kommission mit Schreiben vom 14. Januar 200913 mitgeteilt, dass „es die mit der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 vorgenommenen Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 umsetzen wird“14. Abhängig von den einzelnen Vorschriften, sind die Regelungen der Unterhaltsverordnung auf unterhaltsberechtigte oder unterhaltsverpflichtete Personen als Antragsteller anzuwenden, die beispielsweise ihren Aufenthalt (Art. 55 UnterhaltsVO) oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt (Art. 3 UnterhaltsVO) in einem Mitgliedstaat haben. Für die Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Entscheidungen ist es grundsätzlich Voraussetzung, dass es sich um eine Unterhaltsentscheidung handelt, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist (Art. 16 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UnterhaltsVO). Auch öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen 9

Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Abl. EU vom 16. November 2005, Nr. L 299/62. 10 Erwägungsgrund 46 UnterhaltsVO. 11 Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245. 12 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Entscheidung K(2009) 4427, ABl. EU vom 12. Juni 2009, Nr. L 149/73. 13 Danmarks faste repraesentation ved den Europæiske Union Bryssel, Gennemforelsen af Radets forordning (EF) nr. 4/2009 om kompetence, lovvalg, anerkendelse og fuldbyrdelse af retsafgorelser og samarbejde vedrorende underholdspligt. 14 Nach dieser Mitteilung beteiligt sich Dänemark aber nicht an Kapitel III und Kapitel VII der Unterhaltsverordnung, s. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Abl. EU vom 12. Juni 2009, Nr. L 149/80.

B. Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger

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können einen Antrag auf Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung stellen. Das richtet sich nach Art. 64 UnterhaltsVO. 3. Zeitlicher Anwendungsbereich Der zeitliche Anwendungsbereich der Unterhaltsverordnung ist in Art. 75 und Art. 76 UnterhaltsVO geregelt. Gem. Art. 75 Abs. 1 UnterhaltsVO findet die Verordnung vorbehaltlich der Abs. 2 und 3 dieses Artikels nur auf die Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen nach dem Datum ihrer Anwendbarkeit Anwendung. Die Unterhaltsverordnung ist gem. Art. 76 UAbs. 1 UnterhaltsVO am 30. Januar 2009 in Kraft getreten. Einzelne Vorschriften der Verordnung gelten ab dem 18. September 2010 (Art. 76 UAbs. 2 UnterhaltsVO), während die sonstigen Regelungen ab dem 18. Juni 2011 Anwendung finden werden15.

B.

Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger

Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Im Rahmen des Anwendungsbereichs des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 ist unklar, ob zu der „berechtigten Person“ i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UNUÜ auch ein Regressgläubiger, insbesondere eine öffentliche Einrichtung, zählen kann, auf die der Unterhaltsanspruch übergegangen ist16. Wäre das der Fall, könnte die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung ebenfalls auf die Erleichterungen zurückgreifen, die dieses Übereinkommen bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung 15 Rat der Europäischen Union, Beschlusses des Rates vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, Abl. EU vom 16. Dezember 2009, Nr. L 331/17. Gem. Art. 4 Abs. 1 dieses Beschlusses finden die Bestimmungen des Haager Unterhaltsprotokolls ab dem 18. Juni 2011, dem Datum des Beginns der Anwendbarkeit der Unterhaltsverordnung, vorläufig Anwendung, sofern das Protokoll zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Kraft getreten ist. 16 Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht (1994), 178 f.; Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 24; Katsanou, Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland – „New Yorker-Unterhaltsübereinkommen“, FPR 2006, 255 (256); Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Anh. III zu Art. 18 EGBGB, Rn. 236; Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 22.

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

bietet. Während das nach deutscher und österreichischer Auffassung aufgrund der Präambel des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 abgelehnt wird17, versteht man den Begriff des Unterhaltsberechtigten in Irland beispielsweise als so weit, dass davon auch Regressgläubiger umfasst sind18. Das hat zur Folge, dass der Rückgriff eines Regressgläubigers auf die Amts- und Rechtshilfe ausländischer Behörden im Rahmen des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 davon abhängig ist, ob in dem Staat, in dem sich der Unterhaltsberechtigte aufhält, der Begriff der „berechtigten Person“ eng oder weit ausgelegt wird. Wird der Begriff eng verstanden, ist der Anwendungsbereich des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 für eine regressnehmende öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung nicht eröffnet; etwas anderes gilt hingegen bei einem weiten Verständnis. Aufgrund dieser begrifflichen Unklarheit ist die Rechtsanwendung kompliziert und es besteht Rechtsunsicherheit. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007 Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007 regelt, dass der Begriff der „berechtigten Person“ für die Zwecke eines Antrags auf Anerkennung und Vollstreckung nach Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b HUÜ 2007 und in den von Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 erfassten Fällen, eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung einschließt, die für eine unterhaltsberechtigte Person handelt. Dasselbe gilt, wenn einer solchen Einrichtung anstelle von Unterhalt erbrachte Leistungen zu erstatten sind.

17 Nach der Präambel des Übereinkommens wurde das Übereinkommen in Anbetracht der Dringlichkeit einer Lösung des humanitären Problems geschlossen, das sich aus der Lage bedürftiger Personen ergibt, die für ihren Unterhalt auf Personen im Ausland angewiesen sind, s. Brückner, Unterhaltsregress im internationalen Privat- und Verfahrensrecht (1994), 179; Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery of Maintenance Abroad, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Rn. 118. 18 Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 22; Zingaro, Die Arbeit mit dem New Yorker-Übereinkommen vom 20. Juni 1956, in: Hangartner/Volken, Alimenteninkasso im Ausland: Die Schaffung und Vollstreckung schweizerischer Unterhaltstitel (1989), 31 (36 f.).

B. Öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger

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b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger Die im Anwendungsbereich des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 umstrittene Frage, ob der Begriff des „Berechtigten“ i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UNUÜ auch Regressgläubiger, insbesondere öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen, einschließt, hat im Haager Unterhaltsübereinkommen durch die Vorschrift des Art. 36 HUÜ 2007 eine klare Regelung gefunden. Für den Rückgriff einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung als Regressgläubiger auf die Vereinfachungen, die einer berechtigten Person bei der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen i.S.d. Art. 4 ff. HUÜ 2007 durch die behördliche Zusammenarbeit 19 gewährt werden, wird diese der „berechtigten Person“ gleichgestellt. Damit ist es einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, der anstelle von Unterhalt erbrachte Leistungen zu erstatten sind – ebenso wie einem Unterhaltsberechtigten – möglich, Unterstützung über die Zentralen Behörden bei der Anerkennung bzw. Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung (Art. 10 Abs. 1 lit. a HUÜ 2007) sowie bei der Vollstreckung einer im ersuchten Staat ergangenen oder anerkannten Entscheidung (Art. 10 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007) in Anspruch zu nehmen. Das wird in Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007 explizit klargestellt. Darüber hinaus kann die öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung aber keinen Antrag über die Zentralen Behörden stellen, wenn beispielsweise die Herbeiführung einer Entscheidung betroffen ist. Trotz dieser Einschränkungen20 stellt sich im Haager Unterhaltsübereinkommen aufgrund von Art. 36 HUÜ 2007 nicht mehr die in Art. 1 Abs. 1 UNUÜ auftretende Streitfrage, wie weitreichend der Begriff der „berechtigten Person“ im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Rechtshilfe zu verstehen ist. Art. 36 HUÜ 2007 schafft damit Klarheit für die Rechtsanwendung. Die Erleichterungen, die einem Unterhaltsberechtigten durch einen Antrag über eine Zentrale Behörde i.S.d. Art. 9 ff. HUÜ 2007 gewährt werden, finden im Rahmen des Art. 36 HUÜ 2007 auch auf eine Einrichtung Anwendung, die eine Leistung anstelle von Unterhalt an den Unterhaltsberechtigten erbracht hat und auf die der Unterhaltsanspruch übergegangen ist.

19

Ausführlich hierzu s. Kapitel 5. Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 590 f. 20

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 64 Abs. 1 UnterhaltsVO In Art. 64 Abs. 1 UnterhaltsVO ist in Anlehnung an Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007 bestimmt, dass für einen Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung oder für einen Antrag auf Vollstreckung eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung als „berechtigte Person“ gilt, wenn sie für eine unterhaltsberechtigte Person handelt oder ihr anstelle von Unterhalt erbrachte Leistungen zu erstatten sind. b) Eindeutige Regelung im Hinblick auf öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger Während es im Rahmen des Anwendungsbereichs des New Yorker UNÜbereinkommens von 1956 umstritten war, ob der Begriff des „Berechtigten“ i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UNUÜ auch Regressgläubiger, insbesondere öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen, einschließt, hat diese Frage durch Art. 64 UnterhaltsVO eine klare Regelung gefunden. Für den Rückgriff einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung als Regressgläubiger auf die Vereinfachungen, die einer berechtigten Person bei der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen i.S.d. Art. 49 ff. UnterhaltsVO durch die behördliche Zusammenarbeit21 gewährt werden, wird diese der „berechtigten Person“ gleichgestellt. Damit ist es einer öffentliche Aufgaben wahrnehmenden Einrichtung, der anstelle von Unterhalt erbrachte Leistungen zu erstatten sind, ebenso wie einem Unterhaltsberechtigten möglich, Unterstützung über die Zentralen Behörden bei der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung oder Vollstreckung von Entscheidungen in Anspruch zu nehmen22. Parallel zu Art. 36 HUÜ 2007 – der entsprechenden Vorschrift im Haager Unterhaltsübereinkommen – kann die Behörde aber darüber hinausgehend keinen Antrag über die Zentralen Behörden stellen, wenn es sich beispielsweise um die Herbeiführung einer Entscheidung im ersuchten Mitgliedstaat handelt. Eine diesbezügliche explizite Klarstellung, wie sie in Art. 36 Abs. 1 HUÜ 2007 mit der Bezugnahme auf Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b HUÜ 2007 erfolgt, findet sich in Art. 64 UnterhaltsVO nicht. Sie wäre aber zur Verdeutlichung wünschenswert gewesen23. Trotz dieses Mankos stellt sich in der Unterhalts21

Ausführlich hierzu unter Kapitel 5. s. auch Erwägungsgrund 14 UnterhaltsVO. 23 Vgl. Borrás/Degeling, Hague Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Draft Explanatory Report, Prel. Doc. No 32 of August 2007, Rn. 611; Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of Octo22

C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

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verordnung durch die Aufnahme von Art. 64 UnterhaltsVO nicht die im Rahmen des Art. 1 Abs. 1 UNUÜ auftretende Streitfrage, wie weitreichend der Begriff der „berechtigten Person“ im Hinblick auf die Inanspruchnahme von Rechtshilfe auszulegen ist. Dadurch wird Klarheit für die Rechtsanwendung und Rechtssicherheit geschaffen. Eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung als Regressgläubiger hat folglich Anspruch auf die gleichen Erleichterungen bei der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung wie ein Unterhaltsberechtigter, unabhängig davon, in welchem Staat sich der Unterhaltsberechtigte aufhält und ob dort der Begriff der „berechtigten Person“ eng oder weit ausgelegt wird. III. Zusammenfassung Während im Rahmen des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 noch umstritten war, ob ein Regressgläubiger, insbesondere eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, als eine „berechtigte Person“ i.S.d. Art. 1 Abs. 1 UNUÜ qualifiziert werden kann, stellt sich diese Frage im Haager Unterhaltsübereinkommen und in der Unterhaltsverordnung nicht mehr. In beide Rechtsinstrumente wurden Vorschriften eingefügt (Art. 36 HUÜ 2007 bzw. Art. 64 UnterhaltsVO), die klarstellen, dass öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen im Hinblick auf Regressansprüche vom Begriff der „berechtigten Person“ erfasst sind. Das bringt Klarheit für die Rechtsanwendung mit sich und stärkt die Rechtssicherheit.

C.

Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Auch in den Anwendungsbereichen der Haager Übereinkommen zum Unterhaltsrecht ergeben sich Probleme. Die beiden älteren Abkommen von 1956 und 1958 weisen einen sehr restriktiven Anwendungsbereich auf, da sie sich nur auf Unterhaltspflichten gegenüber Kindern beziehen, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und unverheiratet sind. Eine Erweiterung dieses Anwendungsbereichs durch eine vertragsstaatliche Erklärung ist nicht möglich. Im Gegensatz dazu beziehen sich die beiden ber 2007, Rapporteurs zu Art. 33 (S. 56). Hingegen gehen Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 64 EG-UntVO aufgrund der fehlenden Beschränkung auf Anträge nach Art. 56 Abs. 1 lit. a und lit. b UnterhaltsVO davon aus, dass die Gleichstellung der öffentlichen Aufgaben wahrnehmenden Einrichtungen für alle Anträge nach Art. 56 UnterhaltsVO gilt.

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

unterhaltsrechtlichen Übereinkommen von 1973 auf sämtliche Unterhaltspflichten, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflicht gegenüber einem nichtehelichen Kind. Dieser weite Anwendungsbereich kann durch die Einlegung von Vorbehalten durch die Vertragsstaaten eingeschränkt werden (Art. 26 HUnthVÜ bzw. Art. 13 und 14 UStA). Ein Vorbehalt gem. Art. 13 Nr. 2 UStA bewirkt, dass der sachliche Anwendungsbereich wieder auf denjenigen des Vorgängerübereinkommens von 1956 eingeschränkt wird24, während die Vorbehaltsmöglichkeiten des Haager Anerkennungsund Vollstreckungsübereinkommens von 1973 dessen wesentliche Erweiterungen gegenüber dem Übereinkommen von 1958 nicht in Frage stellen25. Dennoch sind Staaten wie Belgien, Liechtenstein und Österreich den Haager Übereinkommen von 1973 nicht beigetreten. Das hat zur Folge, dass im Verhältnis zu wenigen Staaten die älteren Übereinkommen weiter gelten, während die Mehrzahl der Staaten dem Abkommen von 1973 beigetreten ist. Für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland können damit mehrere Rechtsinstrumente Anwendung finden. Infolgedessen ist die Rechtsvereinheitlichung gehemmt und die Rechtsanwendung erschwert. Aber auch die Möglichkeit an sich, Vorbehalte einzulegen, bereitet Schwierigkeiten. Vorbehalte stellen eine einseitige Erklärung des betreffenden Vertragsstaates dar und binden in der Regel keinen anderen Vertragsstaat als denjenigen, der ihn erklärt hat26. Bestimmt das in Frage stehende Übereinkommen hingegen ausdrücklich etwas anderes, können Vorbehalte auch die Gegenseitigkeit bewirken27. Das hat zur Folge, dass ein Vertragsstaat, der einen Vorbehalt gegen eine bestimmte fremde Entscheidung eingelegt hat, nicht verlangen kann, dass das Übereinkommen auf Entscheidungen angewendet wird, die er durch seinen Vorbehalt ausgeschlossen hat. Es stellen sich daher Probleme im Hinblick auf die Rechtsanwendung. Da die Vertragsstaaten individuell entscheiden können, ob sie von einer Vorbehaltsmöglichkeit Gebrauch machen, sind die Anwen-

24 Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 407; Müller, Die Vorbehalte in Übereinkommen zur Privatrechtsvereinheitlichung (1979), 159. Ein entsprechender Vorbehalt wurde allerdings bislang von keinem Staat eingelegt. 25 Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 105 f. 26 Art. 2 Abs. 1 lit. d Wiener UN-Übereinkommen über das Recht der völkerrechtlichen Verträge vom 23. Mai 1969; s. auch Kühner, Vorbehalte zu multilateralen völkerrechtlichen Verträgen (1986), 22 ff. 27 Z.B.: Art. 26 Abs. 2 HUnthVÜ; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 11.

C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

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dungsbereiche der Übereinkommen unterschiedlich ausgestaltet 28 . Zur Anwendung eines Übereinkommens muss mithin durch den Rechtsanwender zunächst geprüft werden, ob bzw. welcher Vorbehalt vom jeweiligen Vertragsstaat eingelegt wurde und ob die eingelegten Vorbehalte die Gegenseitigkeit bewirken. Für ihn selbst kann das Schwierigkeiten bereiten und er muss unter Umständen fachkundige Unterstützung, beispielsweise durch einen Rechtsanwalt, in Anspruch nehmen, was mit Kosten verbunden ist. Zudem wird durch Vorbehalte die Rechtseinheit unter den Vertragsstaaten gefährdet, denn die Einlegung eines Vorbehalts nur durch einzelne Vertragsstaaten zerstört den Einklang zwischen den Vertragsstaaten, soweit der Vorbehalt sachlich reicht. Es droht die Gefahr, dass das Übereinkommen ausgehöhlt wird und seine praktische Bedeutung verloren geht29. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 2 HUÜ 2007 Der Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens ist in Art. 2 HUÜ 2007 festgelegt. Hierbei ist zwischen dem restriktiven „Kernanwendungsbereich“ gem. Art. 2 Abs. 1 HUÜ 2007 und den weiteren Einschränkungs- bzw. Erweiterungsmöglichkeiten in Art. 2 Abs. 2 und Abs. 3 HUÜ 2007 zu unterscheiden. Art. 2 Abs. 4 HUÜ 2007 regelt schließlich, dass das Haager Unterhaltsübereinkommen unabhängig vom Familienstand der Eltern auf ihre Kinder anzuwenden ist30. b) Restriktiver „Kernanwendungsbereich“ mit flexibler Erweiterungsmöglichkeit Der restriktive „Kernanwendungsbereich“ des Haager Unterhaltsübereinkommens gilt verbindlich für alle Vertragsstaaten. Er stellt den Bereich des Abkommens dar, auf den sich alle Staaten bei den Verhandlungen zum Haager Unterhaltsübereinkommen einigen konnten 31 . Infolgedessen können auch Staaten, die beispielsweise aufgrund der internen Kompetenzver28

Vgl. Hess/Mack, Der Verordnungsvorschlag der EG-Kommission zum Unterhaltsrecht, JAmt 2007, 229 (231). 29 Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 12; Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, 42, Rn. 50. 30 Ausführlich zur Regelung des Art. 2 HUÜ 2007, s. oben A. I. 1. 31 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (527).

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

teilung verfassungsrechtliche Schwierigkeiten hätten, das Übereinkommen auf Unterhaltsansprüche jeglicher Familienangehöriger anzuwenden, Vertragsstaat der Konvention werden32. Auch die USA, die bislang weder einem Haager Übereinkommen zum Unterhaltsrecht noch dem New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 angehören, werden das Haager Unterhaltsübereinkommen ratifizieren, das sie als erster Staat bereits am 23. November 2007 gezeichnet haben. Grund dafür ist, dass der restriktive „Kernanwendungsbereich“ des neuen Abkommens ein genaues Abbild des aktuellen Systems der USA für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung darstellt33. Die USA werden damit erstmals Vertragsstaat eines internationalen Rechtsinstruments sein, das auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung die Vorschriften über die Rechtshilfe und die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vereinheitlicht. Darüber hinaus führt auch die flexible Erweiterungsmöglichkeit des restriktiven „Kernanwendungsbereichs“, wie sie sich aus Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 ergibt, dazu, die Attraktivität des neuen Abkommens zu steigern. Staaten, die bei der Aushandlung des Übereinkommens einen weiten Anwendungsbereich befürwortet haben 34, können für sich einen solchen durch eine entsprechende Erklärung nach Art. 63 HUÜ 2007 schaffen. Der Anwendungsbereich kann beliebig erweitert werden. Für Staaten, die bereits Vertragsstaat des Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens von 1973 sind, besteht folglich die Möglichkeit, den Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 so zu erweitern, dass er dem des Vorgängerübereinkommens von 1973 entspricht35. Der Kompromiss, der mit Art. 2 HUÜ 2007 im Hinblick auf den Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 geschaffen wurde, vereinigt folglich die Auffassungen der Staaten, die einen engen Anwendungsbereich des Übereinkommens befürworten und derjeni32 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 51. 33 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsübereinkommen – Globale Kooperations- und Anerkennungsmechanismen, iFamZ 2008, 219 Fn. 4. 34 Ursprünglich war ein umfassender Anwendungsbereich auf alle familienrechtlichen Beziehungen nach dem Vorbild des Art. 1 Abs. 1 HUnthVÜ vorgesehen, vgl. Art. 2 Abs. 1 des Entwurfs der Arbeitsgruppe, Prel. Doc. No 7 of April 2004, 3. Ein solcher Anwendungsbereich war aber nicht konsensfähig gewesen, s. Drafting Committee, Tentative Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 16 of October 2005, Art. 2. 35 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (528).

C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

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gen, die einen weiten Anwendungsbereich favorisieren. Damit ist es wahrscheinlich, dass eine Vielzahl von Staaten das Übereinkommen ratifizieren bzw. diesem beitreten wird36. Die Regelungen der Rechtshilfe und der Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen würden folglich auf internationaler Ebene vereinheitlicht, was einen wichtigen Beitrag zu einer einfacheren Rechtsanwendung leisten würde. Außerdem könnte auf diese Weise der „Dschungel“ an Rechtsinstrumenten etwas gelichtet werden. Trotzdem darf nicht unbeachtet bleiben, dass mit der flexiblen Erweiterungsmöglichkeit des Anwendungsbereichs in Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 auch Schwierigkeiten verbunden sind. Diese werden im Folgenden betrachtet. c) Kritische Anmerkungen Obwohl durch den neu ausgestalteten Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens einige Schwierigkeiten gelöst werden konnten, bleibt das Problem bestehen, dass von den Vertragsstaaten gem. Art. 2 Abs. 2 HUÜ 2007 ein Vorbehalt angebracht werden kann. Der sachliche Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens kann demnach je nach Vertragsstaat unterschiedlich ausgestaltet sein37. In einem Fall zählen Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einer Person, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zum zwingenden Kernanwendungsbereich, in einem anderen Fall ist das Alter hingegen auf das 18. Lebensjahr beschränkt. Dadurch wird die Vereinheitlichungswirkung des neuen Abkommens geschmälert und die Unterhaltsberechtigten werden in den Vertragsstaaten unterschiedlich behandelt. Das gilt umso mehr, als für einen Vorbehalt nach Art. 2 Abs. 2 HUÜ 2007 gem. Art. 62 Abs. 4 HUÜ 2007 das Prinzip der Gegenseitigkeit gilt. Ein Vertragsstaat, der einen Vorbehalt in diesem Sinne angebracht hat, kann demnach nicht verlangen, dass andere Staaten ihm gegenüber das Übereinkommen auch über die Altersgrenze von 18 Jahren hinaus anwenden. Das hat zur Folge, dass die Anwendung des Haager Unterhaltsübereinkommens auf Unterhaltspflichten gegenüber einer Person, die das 18. bzw. das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, davon abhängig ist, im Verhältnis zu welchem Vertragsstaat eine Unterhaltspflicht geltend gemacht werden soll. Da es aber eines der vorrangigen Ziele des Haager Unterhaltsübereinkommens war, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung, vor allem von Kin36 Vgl. Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (14). 37 Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), § 7 V Rn. 99; Martiny, Grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nach europäischem und internationalem Recht – Verfahrenseinleitung und -durchführung, Anerkennung und Vollstreckung, FamRZ 2008, 1681 (1689).

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

dern, wesentlich zu verbessern 38 , ist es schwer nachvollziehbar, warum man sich in den Verhandlungen nicht auf eine Altersgrenze einigen konnte. Um den Schutz der Kinder bestmöglich zu wahren, wäre es sinnvoll gewesen, den Kernanwendungsbereich des neuen Übereinkommens auf Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einer Person, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ohne Vorbehaltsmöglichkeit festzulegen39. Ein ähnliches Problem, jedoch mit weiterreichenden Schwierigkeiten, ergibt sich im Hinblick auf die für die Vertragsstaaten in Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 eingeräumte Möglichkeit, durch eine Erklärung i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 den Anwendungsbereich des Übereinkommens beliebig auszudehnen. Grund dafür ist, dass die Erklärungen i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 jederzeit abgegeben und geändert werden können, während Vorbehalte spätestens bei der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder des Beitritts eines Vertragsstaates angebracht werden müssen. Ab diesem Zeitpunkt besteht damit bei Vorbehalten Rechtssicherheit. Obwohl Vorbehalte jederzeit zurückgenommen werden können 40 , sind die anderen Vertragsstaaten jedenfalls davor geschützt, dass einschränkende Vorbehalte nachträglich erklärt werden können41. Hingegen ist es den Vertragsstaaten i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 jederzeit möglich, den Anwendungsbereich durch Erklärungen auszudehnen, zu ändern oder Erklärungen zurückzunehmen, je nachdem, wie es zu den gegebenen Umständen am besten passt42. Es muss damit immer mit Veränderungen gerechnet werden. In Anbetracht dessen ist in jedem Fall der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung genau zu prüfen, ob bzw. inwieweit der Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsübereinkommens erweitert wurde. Da es zahlreiche Möglichkeiten gibt, nach denen eine Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs i.S.d. Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 stattfinden kann, ergeben sich aufgrund des 38

Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196. 39 Es ist richtig, dass auch Kinder, die das 21. Lebensjahr bereits vollendet haben, finanziell von Unterhaltszahlungen abhängig sein können. Allerdings wäre eine noch weiterreichende Altersgrenze, wie sie die Schweiz in Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of October 2007, zu Art. 2 (1) vorgeschlagen hatte, nicht konsensfähig gewesen. 40 Die Rücknahme von erklärten Vorbehalten in den Haager unterhaltsrechtlichen Übereinkommen ist selten. Bislang hat lediglich die Schweiz als einziger Staat den i.S.d. Art. 26 Nr. 2 HUnthVÜ erklärten Vorbehalt zurückgenommen. 41 Vgl. Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 456. 42 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 713.

C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

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Prinzips der Gegenseitigkeit nur dann keine zusätzlichen Schwierigkeiten, wenn die Erklärungen der Vertragsstaaten exakt übereinstimmen. Die Anwendung des Haager Unterhaltsübereinkommens wird jedoch sehr kompliziert, wenn sich die Erklärungen nicht entsprechen43. Das stellt einen großen Nachteil dar, der die Rechtanwendung erschwert und die Rechtssicherheit mindert. 2. Haager Unterhaltsprotokoll a) Überblick über Art. 1, 27 HUP 2007 Art. 1 Abs. 1 HUP 2007 regelt, dass das Haager Unterhaltsprotokoll das anzuwendende Recht für Unterhaltspflichten festlegt, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft ergeben, einschließlich der Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind, ungeachtet des Familienstands seiner Eltern. Darüber hinaus bestimmt Art. 27 UnterhaltsVO, dass Vorbehalte zum Haager Unterhaltsprotokoll nicht zulässig sind44. b) Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten Der Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls von 2007 ähnelt dem des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 sehr. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass der sachliche Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 durch die Anbringung von Vorbehalten eingeschränkt werden kann, während das nach dem Haager Unterhaltsprotokoll aufgrund von Art. 27 HUP 2007 nicht mehr möglich ist. Damit entfallen die Schwierigkeiten, die bislang mit der Möglichkeit, Vorbehalte einzulegen (Art. 24 i.V.m. Art. 13 und 14 UStA), verbunden waren. Art. 1 HUP 2007 legt nunmehr einheitlich für alle Vertragsstaaten das Kollisionsrecht für Unterhaltspflichten fest, die sich aus Beziehungen der Familie, Verwandtschaft, Ehe oder Schwägerschaft, einschließlich der Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind, ungeachtet des Familienstands seiner Eltern, ergeben. Das dient im Besonderen der Rechtvereinheitlichung der Vorschriften über das anwendbare Recht auf internationaler Ebene. Es ist nicht mehr zu befürchten, dass der Einklang unter den Vertragsstaaten durch die Einlegung von Vorbehalten einzelner Vertragsstaaten beeinträchtigt wird. Auch die Gefahr, dass das Haager Unterhaltsprotokoll durch die Einlegung von Vorbehalten ausgehöhlt wird und seine praktische Bedeutung verloren geht, droht nicht 43

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 53. 44 Ausführlich zu den Art. 1, 27 UnterhaltsVO, s. oben A. III. 1.

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

mehr. Der Wegfall der Vorbehaltsmöglichkeiten trägt zudem dazu bei, die Rechtsanwendung zu vereinfachen. Das anwendbare Recht kann nach den Regelungen des Haager Unterhaltsprotokolls bestimmt werden, ohne dass es einer vorherigen Prüfung dahingehend bedarf, ob bzw. welchen Vorbehalt ein Vertragsstaat eingelegt hat und ob für die Vorbehalte der Grundsatz der Gegenseitigkeit gilt. Allerdings ist zu beachten, dass die Vorbehaltsmöglichkeiten in Art. 13 und Art. 14 UStA zusammen mit der besonderen Verteidigungsregel in Art. 7 UStA einen Ausgleich für den weiten Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 bewirken 45 . Nur wenige Rechtsordnungen kennen Unterhaltsansprüche, die über Ehe- und Kindesunterhalt hinausgehen; Unterhaltsansprüche gegen Verwandte in der Seitenlinie, gegen Verschwägerte oder im Verhältnis zwischen Enkeln und Großeltern werden von der Mehrzahl der Staaten abgelehnt46. Dementsprechend haben fünf der 14 Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 einen Vorbehalt i.S.d. Art. 14 UStA eingelegt. Der Verzicht auf Vorbehalte im Haager Unterhaltsprotokoll wird dadurch aufgefangen, dass in das Haager Unterhaltsprotokoll mit Art. 6 HUP 2007 eine – gegenüber der Vorgängervorschrift des Art. 7 UStA weiter gefasste – besondere Verteidigungsvorschrift für den Unterhaltsverpflichteten aufgenommen wurde. Danach kann sich die verpflichtete Person, abgesehen von den zu Anfang der Vorschrift genannten Ausnahmefällen, gegen eine Unterhaltspflicht wehren, wenn weder nach dem Recht ihres gewöhnlichen Aufenthalts noch gegebenenfalls nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der beiden Parteien eine solche Unterhaltspflicht vorgesehen ist. Diese Einrede ist ausreichend, um die Auswirkungen des weiten sachlichen Anwendungsbereichs des Haager Unterhaltsprotokolls einzuschränken47. Das soll anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Der Unterhaltsberechtigte X (Enkel) klagt gegen den Unterhaltsverpflichteten Y (Großvater) auf Unterhalt. Nach dem Aufenthaltsrecht des X (Staat A) steht ihm ein solcher Anspruch zu, während das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Y (Staat B) einen entsprechenden Anspruch

45 Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3073; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 203. 46 Andrae, Internationales Familienrecht (2006), Kapitel 8 Rn. 61; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (377). 47 Bonomi, Hague Protocol on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 98; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (338).

C. Anwendungsbereiche mit Vorbehaltsmöglichkeiten

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nicht kennt. X und Y haben nicht dieselbe Staatsangehörigkeit. Ist Y gegenüber X zur Leistung von Unterhalt verpflichtet? Lösung nach dem Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973: Selbst wenn Staat B einen Vorbehalt i.S.d. Art. 13 UStA eingelegt und damit den Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 beschränkt hätte, wäre das für den Unterhaltsanspruch des X unbeachtlich, da der Vorbehalt nur den Staat B bindet. Gem. Art. 4 Abs. 1 UStA ist aber für die Unterhaltspflicht das Recht am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten (Staat A) maßgebend. Danach steht dem Unterhaltsberechtigten X ein Unterhaltsanspruch gegen den Unterhaltsverpflichteten Y zu. Y kann sich nicht auf die Einrede des Art. 7 UStA berufen, da die Vorschrift restriktiv ausgestaltet ist. Lösung nach dem Haager Unterhaltsprotokoll von 2007: Gem. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 ist für die Unterhaltspflicht das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person X maßgebend. Nach diesem Recht steht X ein Unterhaltsanspruch gegen Y zu. Art. 6 HUP 2007 ermöglicht jedoch der verpflichteten Person Y die Einrede, dass für sie eine solche Pflicht weder nach dem Recht ihres gewöhnlichen Aufenthaltes (Staat B) noch nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit bestehe. X und Y gehören nicht demselben Staat an und das Recht des Staates B kennt eine Unterhaltspflicht im Verhältnis zwischen Enkeln und Großeltern nicht. Folglich ist der Unterhaltsverpflichtete Y nicht verpflichtet, dem Unterhaltsberechtigten X Unterhalt zu leisten. Die Lösung des Beispielsfalls unter Zugrundelegung der beiden Rechtsinstrumente zeigt, dass auf die Vorbehalte aufgrund ihrer einseitigen Bindungswirkung nur für den Staat, der sie erklärt hat, problemlos verzichtet werden kann. Denn für ein Gericht eines Vertragsstaates, der selbst keinen entsprechenden Vorbehalt eingelegt hat, ist dieser bei der Beurteilung der Unterhaltspflicht unbeachtlich. Mithin können die Staaten, die Unterhaltsansprüche nur aufgrund enger familiärer Beziehungen kennen, ihre Interessen durch die Einlegung von Vorbehalten nicht vollständig durchsetzen. Eine bessere Beachtung dieser Interessen ermöglicht hingegen die Einrede des Art. 6 HUP 2007. Erhebt eine verpflichtete Person die Einrede des Art. 6 HUP 2007, werden darüber die Interessen der Staaten, die Unterhaltsansprüche nur auf Grundlage enger familiärer Beziehungen gewähren

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

wollen, mittelbar beachtet. Gleichzeitig kann auf Vorbehalte mit ihren negativen Auswirkungen verzichtet werden48. 3. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 1 UnterhaltsVO In Art. 1 Abs. 1 UnterhaltsVO ist festgelegt, dass die Unterhaltsverordnung Anwendung findet auf Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen49. b) Weiter Anwendungsbereich ohne Vorbehaltsmöglichkeiten Der Anwendungsbereich der Unterhaltsverordnung ist weit gefasst, da er sich auf sämtliche Unterhaltspflichten, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruhen, bezieht. Einschränkungsmöglichkeiten durch Erklärungen oder Vorbehalte sind nicht vorgesehen. Die Unterhaltsverordnung gilt zudem in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Dies ermöglicht es, dass Unterhaltsansprüche innerhalb der Mitgliedstaaten der Europäischen Union grenzüberschreitend einheitlich geltend gemacht werden können50. Alle Unterhaltsberechtigten in den EU-Mitgliedstaaten werden gleich behandelt, unabhängig davon, auf welchem familien- oder eherechtlichen Verhältnis die Unterhaltspflicht beruht51. Das leistet einen wichtigen Beitrag zur Rechtseinheit und zu einer einfacheren Rechtsanwendung52. III. Zusammenfassung Während das Haager Unterhaltsübereinkommen einen restriktiven „Kernanwendungsbereich“ aufweist, der durch die Abgabe vertragsstaatlicher Erklärungen flexibel erweitert werden kann, sind die Anwendungsbereiche des Haager Unterhaltsprotokolls und der Unterhaltsverordnung nicht variabel. Sie stehen von vornherein für alle Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten verbindlich fest. Dadurch wird die Rechtsanwendung vereinfacht und ein wichtiger Beitrag zur Rechtseinheit geleistet. Hingegen droht durch die im 48

Vgl. Hess/Mack, Der Verordnungsvorschlag der EG-Kommission zum Unterhaltsrecht, JAmt 2007, 229 (231). Zu den weiteren Vorteilen des Art. 6 HUP 2007 s. Kapitel 4 B. I. 2. d). 49 Ausführlich zu Art. 1 UnterhaltsVO, s. oben A. III. 1. 50 Das gilt im Hinblick auf Dänemark nicht für Kapitel VII, in dem die Zusammenarbeit der Zentralen Behörden geregelt ist. 51 Erwägungsgrund 11 UnterhaltsVO. 52 Auch Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Einl EG-UntVO Rn. 18.

D. Ergebnis

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Haager Unterhaltsübereinkommen eingeräumte Möglichkeit, den Anwendungsbereich flexibel festlegen zu können, insbesondere die Gefahr einer Rechtszersplitterung. Gleichzeitig ist aber zu beachten, dass der restriktive „Kernanwendungsbereich“ mit der flexiblen Erweiterungsmöglichkeit positive Auswirkungen auf die Attraktivität dieses neuen Rechtsinstruments hat. Das zeigt sich deutlich an den USA, die das Haager Unterhaltsübereinkommen bereits am 23. November 2007 gezeichnet haben und bislang keinem sonstigen Haager Rechtsinstrument zum Unterhalt angehören.

D. Ergebnis Ergebnis

Bei einer abschließenden Betrachtung der Anwendungsbereiche der neuen Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung lässt sich festhalten, dass die bisher bestehenden Schwierigkeiten teilweise gelöst wurden. Sowohl in das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 als auch in die Unterhaltsverordnung wurde eine Vorschrift aufgenommen, die ausdrücklich klarstellt, dass öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtungen als Regressgläubiger auf die Unterstützung durch die Zentralen Behörden zurückgreifen können (Art. 36 HUÜ 2007 bzw. Art. 64 UnterhaltsVO). Sie werden für die Zwecke eines Antrags auf Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung der „berechtigten Person“ gleichgestellt, wenn ihnen anstelle von Unterhalt erbrachte Leistungen zu erstatten sind. Damit stellt sich die im Rahmen des Anwendungsbereichs des Art. 1 Abs. 1 UNUÜ umstrittene Frage in den neuen Rechtsinstrumenten nicht mehr. Das leistet einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung der Rechtsanwendung und stärkt die Rechtssicherheit. Darüber hinaus ist die Frage des Anwendungsbereichs des neuen Haager Unterhaltsübereinkommens aber weiterhin problembelastet. Die im Rahmen des Anwendungsbereichs vorgenommenen Veränderungen – restriktiver Kernanwendungsbereich mit flexibler Einschränkungs- und Erweiterungsmöglichkeit (Art. 2 HUÜ 2007) – zeigen ein ambivalentes Ergebnis: die Flexibilität, die die Einschränkungsmöglichkeit in Art. 2 Abs. 2 HUÜ 2007 und die Erweiterungsmöglichkeit in Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 bietet, steigert die Attraktivität des Übereinkommens für eine weitestgehende Ratifikation. Insbesondere die USA, die bislang den Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen nicht beigetreten sind, haben mit der Unterzeichnung des Haager Unterhaltsübereinkommens am 23. November 2007 ihre Absicht, Vertragsstaat des neuen Übereinkommens zu werden, bekundet. Je mehr Staaten dem Beispiel der USA folgen und das Übereinkommen ratifizieren, desto mehr wird die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung im Verhältnis dieser Staaten zueinander verein-

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Kapitel 2: Anwendungsbereich

heitlicht. Allerdings wird dieser positive Aspekt durch die flexiblen Einschränkungs- und Erweiterungsmöglichkeiten, die den Anwendungsbereich für die Vertragsstaaten individuell veränderbar machen, konterkariert. Vorbehalte und Erklärungen i.S.d. Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 und i.S.d. Art. 2 Abs. 3 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 bergen die Gefahr, dass die Unterhaltsberechtigten in den Vertragsstaaten ungleich behandelt werden und das neue Übereinkommen ausgehöhlt wird. Die Rechtsanwendung wird erschwert und die Rechtssicherheit gefährdet. Dennoch ist insgesamt eine Verbesserung im Vergleich mit den Anwendungsbereichen der Vorgängerübereinkommen festzustellen. Im Haager Unterhaltsprotokoll bestehen diese Schwierigkeiten hingegen nicht mehr. Der weite Anwendungsbereich des Vorgängerübereinkommens von 1973 wird zwar beibehalten, allerdings wurde die Möglichkeit, Vorbehalte einzulegen, aufgegeben (Art. 27 HUP 2007). Zur Kompensation des weiten Anwendungsbereichs wurde stattdessen die Einredemöglichkeit des Unterhaltsverpflichteten gem. Art. 6 HUP 2007 erweitert. Auf diese Weise werden die Interessen der Staaten, die lediglich restriktive Unterhaltsansprüche kennen, ausreichend beachtet. Mit den vorgenommenen Änderungen im Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls sind mithin keine neuen Nachteile verbunden. Die Unterhaltsverordnung übernimmt den weiten Anwendungsbereich des Haager Unterhaltsprotokolls für die gesamte Verordnung, die neben dem anwendbaren Recht auch die Zuständigkeit, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen betrifft. Eine Einschränkung oder Erweiterung des Anwendungsbereichs der Unterhaltsverordnung durch die EU-Mitgliedstaaten ist – wie im Haager Unterhaltsprotokoll – nicht vorgesehen. Damit entstehen die Schwierigkeiten nicht, die ansonsten mit der Einräumung dieser Möglichkeiten verbunden sind. Durch die Festlegung eines einheitlichen Anwendungsbereichs für die gesamte Verordnung wird darüber hinaus sichergestellt, dass alle Unterhaltsberechtigten gleich behandelt werden, unabhängig davon, ob es sich um eine Unterhaltspflicht handelt, die auf einem Familien-, Verwandtschafts- oder eherechtlichen Verhältnis oder auf Schwägerschaft beruht und unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden soll. Diese weitreichende Vereinheitlichungswirkung und die damit verbundenen Vorteile im Hinblick auf die Vereinfachung der Rechtsanwendung und der Stärkung der Rechtssicherheit konnte nur dadurch erreicht werden, dass bei der Ausarbeitung der Unterhaltsverordnung keine Rücksicht auf abweichende Interessen, wie beispielsweise die der USA, genommen werden musste. Der Anwendungsbereich der Unterhaltsverordnung stellt mithin ein Beispiel dafür dar, dass die regionale Integration erfolgreich ist, wenn sie „das Bes-

D. Ergebnis

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te“ aus internationalen Übereinkommen übernimmt und in bestimmten Bereichen weitergehende Regelungen für diese Gebietseinheit trifft53.

53 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (528).

Kapitel 3

Zuständigkeit Die Abgrenzung der Jurisdiktionshoheit eines Staates zu der eines anderen erfolgt durch die Regelungen über die internationale Zuständigkeit. Sie bestimmen, ob die Gerichtsbarkeit eines Staates in ihrer Gesamtheit zur Entscheidung eines Rechtsstreits berufen ist1. Hierbei ist zwischen der direkten internationalen Zuständigkeit („compétence directe“) und der indirekten internationalen Zuständigkeit („compétence indirecte“) zu unterscheiden. Erstere betrifft die Entscheidungszuständigkeit, d.h. die Frage, ob ein Gericht den ihm unterbreiteten Rechtsstreit entscheiden muss, die zweite die Anerkennungszuständigkeit. Mit letzterer wird im Nachhinein überprüft, ob das ausländische Gericht für eine Entscheidung zuständig war 2 . Die Frage, welches konkrete Gericht innerhalb eines Staates eine Entscheidung treffen muss, wird hingegen durch die örtliche Zuständigkeit geregelt. Auf der Ebene der EU-Staaten ist es bereits vor mehr als 40 Jahren mit dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen gelungen, europaweit einheitlich direkte Zuständigkeitsregelungen zu schaffen3, die auch für das Unterhaltsrecht gelten. Diese Vereinheitlichung betrifft hauptsächlich die internationale Zuständigkeit, teilweise aber auch die örtliche Zuständigkeit. Dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen nachfolgend beinhalten auch das Luganer 1 Dörner, in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess (2009), 8.2 Rn. 6; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht (2009), Rn. 844; Linke, Internationales Zivilprozessrecht (2006), § 4 Rn. 102; Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozessrecht unter Einschluss des Europäischen Zivilprozessrechts (2005), Rn. 102; Schütze, Rechtsverfolgung im Ausland – Prozessführung vor ausländischen Gerichten und Schiedsgerichten (2009), Rn. 75. 2 Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 2 Rn. 1; Linke, Internationales Zivilprozessrecht (2006), § 4 Rn. 105 f.; Kropholler, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Band I (1982), Kapitel III Rn. 9; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht (2006), § 8, Rn. 187. 3 Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8, Rn. 4; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (379); Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht (2007), § 3 Rn. 8; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), vor Art. 2 EuGVVO Rn. 1.

A. Sog. „forum shopping“

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Übereinkommen und die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung vereinheitlichte direkte Zuständigkeitsvorschriften, die für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung relevant sind. Im Unterschied dazu sind auf internationaler Ebene in den Rechtsinstrumenten der Haager Konferenz zum Unterhaltsrecht keine vereinheitlichten Regelungen zur direkten Zuständigkeit aufgenommen4. Sie enthalten lediglich vereinheitlichte indirekte Zuständigkeitsregeln. Die direkte Zuständigkeit richtet sich hingegen nach dem autonomen nationalen Recht. Mit der folgenden Untersuchung werden ausschließlich die Regelungen der direkten Zuständigkeit betrachtet5. Differenziert nach den jeweils problematischen Aspekten (unter A. bis G.) wird aufgezeigt, welche tiefgreifenden Schwierigkeiten sich hinsichtlich der bisher geltenden Rechtsinstrumente stellen (jeweils I.). Nach einem Überblick über die jeweilige(n) Neuregelung(en) wird anschließend erörtert, welche Veränderungen sich durch die neuen Regelwerke ergeben haben (jeweils II.). Schließlich folgen unter den Punkten H., I. und J. kritische Anmerkungen zu einzelnen neuen Vorschriften der Unterhaltsverordnung.

A. Sog. „forum shopping“ Sog. „forum shopping“

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Unter „forum shopping“ versteht man die Ausnutzung eines positiven Kompetenzkonflikts in der Weise, dass von mehreren möglichen Zuständigkeiten diejenige gewählt wird, die die größte Chance zur Durchsetzung des eigenen Unterhaltsanspruchs bietet6. Ursache des „forum shoppings“ 4

Das bedeutet nicht, dass auf internationaler Ebene nicht auch vereinheitlichte Bestimmungen zur direkten internationalen Zuständigkeit gelten. Das Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern enthält in den Art. 5 ff. vereinheitlichte direkte Zuständigkeitsvorschriften. Nach Duncan, Jurisdiction to Make and Modify Maintenance Decisions – The Quest for Unifomity, in: Einhorn/Siehr, International Cooperation through Private International Law – Essays in Memory of Peter E. Nygh (2004), 89 (98 f.), Fn. 24 sind aber die sich dabei stellenden Fragen andere als beim Unterhalt, da die direkte Zuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes hier weitaus bessere Gründe hat. 5 Auf die indirekte Zuständigkeit wird unter Kapitel 6 A. II. näher eingegangen. Die örtliche Zuständigkeit spielt im Folgenden nur eine untergeordnete Rolle. 6 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht (2009), Rn. 1095; Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 58 VI 1; Schütze, Deutsches Internationales Zivilprozessrecht unter Einschluss des Europäischen Zivilprozessrechts (2005), Rn. 115; Schütze, Rechts-

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Kapitel 3: Zuständigkeit

ist die fehlende Vereinheitlichung der Regelungen des internationalen Privatrechts. Je nachdem, vor welchem Gericht der Kläger seine Klage erhebt, wird ein anderes Recht zur Anwendung berufen mit der Folge, dass das Klägerbegehren unterschiedlich beurteilt wird 7. Auf diese Weise können sich widersprechende Entscheidungen entstehen, die die Rechtssicherheit gefährden. Insbesondere dem Unterhaltsberechtigten, der in der Regel die schwächere Partei ist, fehlen zudem oft die notwendigen Mittel, um unter den möglichen Gerichtsständen denjenigen mit dem für ihn günstigsten Recht auszuwählen8. Das kann sich für ihn als sehr nachteilhaft erweisen. Die Probleme, die mit dem „forum shopping“ verbunden sind, treten sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene auf. Grund dafür ist, dass eine Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts bisher nicht stattgefunden hat und dem Kläger mehrere Gerichtsstände zur Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs zur Auswahl stehen. Auf internationaler Ebene liegt die Ursache für die Wahlmöglichkeit zwischen den verschiedenen Gerichtsständen in der Anwendung des autonomen nationalen Rechts zur Bestimmung der direkten Zuständigkeit, auf europäischer Ebene in den konkurrierenden Gerichtsständen des Art. 2 EuGVO (allgemeiner Gerichtsstand) und des Art. 5 Nr. 2 EuGVO (besondere Gerichtsstände). Art. 2 i.V.m. Art. 59 EuGVO ermöglicht eine Zuständigkeit der Gerichte des Mitgliedstaates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, Art. 5 Nr. 2 Var. 1 und Var. 2 EuGVO einen Klägergerichtsstand, sodass die Gerichte am Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Klägers zuständig sind. Darüber hinaus ist in Art. 5 Nr. 2 Var. 3 EuGVO eine Annexzuständigkeit vorgesehen. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen Die neue Haager Unterhaltskonvention von 2007 enthält ebenso wenig wie ihre Vorgängerübereinkommen Regelungen zur positiven direkten Zuständigkeit, die festlegen, ob ein Gericht den ihm unterbreiteten Rechtsstreit entscheiden muss. Mit Art. 18 HUÜ 2007 wurde aber eine sog. „negative Zuständigkeitsregel“ 9 in die neue Haager Unterhaltskonvention aufgeverfolgung im Ausland – Prozessführung vor ausländischen Gerichten und Schiedsgerichten (2009), Rn. 81. 7 Geimer, Internationales Zivilprozessrecht (2009), Rn. 1099. 8 Lipp, Die Europäisierung des Scheidungsverfahrens, in: Heun/Lipp, Europäisierung des Rechts (2008), 145 (157). 9 Borrás/Degeling, Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 419; Janzen, Die neuen Haager Übereinkünfte zum Unterhaltsrecht und die Arbeiten an einer EG-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 218 (220).

A. Sog. „forum shopping“

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nommen. Sie legt fest, dass sofern die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt noch in dem Vertragsstaat der Ursprungsentscheidung hat, eine Abänderungsentscheidung grundsätzlich 10 nur in diesem ergehen kann. Die Vorschrift bestimmt damit einen dauerhaften exklusiven Gerichtsstand. Sie ist die einzige direkte Zuständigkeitsbestimmung, die in der neuen Haager Unterhaltskonvention enthalten ist11. In den Vorarbeiten zum neuen Haager Unterhaltsübereinkommen erwog man zwar die Einführung umfassender direkter Zuständigkeitsregelungen12, verwarf diese Idee letztlich aber wieder13. Es gab zahlreiche Gründe, die gegen die Einführung einheitlicher Normen für die direkte Zuständigkeit im Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 sprachen. Insbesondere erschien ein Konsens zwischen den Staaten, die einen Klägergerichtsstand favorisierten (insbesondere die EG-Mitgliedstaaten) und solchen Staaten, die diesen ablehnten (insbesondere die USA), kaum möglich 14 . Die Einführung eines Gerichtsstands am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten bereite für das US-amerikanische Recht Schwierigkeiten, da sich aus dem im XIV. Amendment der US-Verfassung enthaltenen „due process of law“ ableite, dass der Beklagte eine gewisse Beziehung zum Urteilsstaat aufweisen müsse. Diese bestehe aber bei einem Klägerge10 Ausnahmen, in denen Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 nicht gilt, finden sich in Art. 18 Abs. 2 HUÜ 2007. 11 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (532). Ausführlich hierzu s. E. II. 1. 12 Zu diesem Zweck wurde im Anschluss an das erste Treffen der Spezialkommission sogar eine informelle Arbeitsgruppe (Leitung Michael Heger, Deutschland) eingerichtet, die neue Vorschläge erarbeiten sollte, s. Duncan, Maintenance Obligations – Note on the desirabiliy of Revising the Hague Conventions on Maintenance Obligations and including a new instrument rules on judicial and administrative co-operation, Prel. Doc. No 2 of January 1999, Rn. 62 ff. Eine Zusammenfassung der Diskussion um die Einführung direkter Zuständigkeitsregelungen findet sich bei Permanent Bureau, Report on the First Meeting of the Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (5–16 May 2003), Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 86 ff. 13 Innerhalb der Spezialkommision hatte man den Eindruck, dass die praktischen Vorteile, die aus der Einführung direkter internationaler Zuständigkeitsvorschriften resultieren würden, von den Kosten eines langen, komplexen und wohl aussichtslosen Versuchs überwogen würden, eine Übereinstimmung zu erreichen, Duncan, Jurisdiction to Make and Modify Maintenance Decisions – The Quest for Uniformity, in: Einhorn/Siehr, International Cooperation through Private International Law – Essays in Memory of Peter E. Nygh (2004), 89 (105). 14 Borrás/Degeling, Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 18; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (379).

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Kapitel 3: Zuständigkeit

richtsstand nicht in jedem Fall15. Zudem ergab die Auswertung des Fragebogens von 200216, der an die Staaten gerichtet war, dass keine zwingende Notwendigkeit zur Einführung direkter Zuständigkeitsregelungen bestand. Fast die Hälfte der befragten Staaten stufte die Vereinheitlichung der direkten Zuständigkeitsvorschriften als nicht wesentlich ein 17 . Neben den USA 18 haben sich ebenfalls einige andere Staaten gegen die Einführung direkter Zuständigkeitsvorschriften ausgesprochen 19 , sodass deren Aufnahme in die Haager Unterhaltskonvention von 2007 schließlich scheiterte. Die Bestimmung der direkten Zuständigkeit erfolgt damit zwischen den Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 weiterhin nach dem autonomen nationalen Recht. Das hat zur Folge, dass ein „forum shopping“ mit der Folge sich widersprechender Entscheidungen weiterhin möglich ist20. 2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO Art. 3 UnterhaltsVO regelt die allgemeinen Zuständigkeiten für Unterhaltsentscheidungen in den Mitgliedstaaten. Die Vorschrift enthält vier konkurrierende Gerichtsstände: den gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten (Art. 3 lit. a UnterhaltsVO), den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten (Art. 3 lit. b UnterhaltsVO), eine Annexkompetenz für Unterhaltsansprüche zur Erleichterung von Verbundverfahren für das nach nationalem Verfahrensrecht zuständige Gericht für Personenstandsklagen 15

Schack, Einführung in das US-amerikanische Zivilprozessrecht (2003), S. 25 ff.; Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 411 (415). Vgl. Kulko v. Superior Court of California, 436 U.S. 84 (1978). 16 Der Fragebogen von 2002 findet sich in Duncan, Information Note and Questionnaire Concerning a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No. 1 of June 2002. 17 Permanent Bureau, Compilation of Responses to the 2002 Questionnaire Concerning a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 2 of April 2003, Antworten zu Frage 33 d). 18 Permanent Bureau, Compilation of Responses to the 2002 Questionnaire Concerning a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (United States of America), Prel. Doc. No 2 of April 2003, Antwort zu Frage 33 d) (United States of America). 19 Z.B.: Luxemburg, Neuseeland, Norwegen, Schweden, Schottland, s. Permanent Bureau, Compilation of Responses to the 2002 Questionnaire Concerning a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (United States of America), Prel. Doc. No 2 of April 2003, Antworten zu Frage 33 d). 20 DIJuF, Internationale Geltendmachung von Kindesunterhalt und anderer Unterhaltsansprüche – Spezialkommission in Den Haag, JAmt 2004, 357 (358).

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(Art. 3 lit. c UnterhaltsVO) und für den Bereich der elterlichen Verantwortung (Art. 3 lit. d UnterhaltsVO)21. b) Ausschluss des „forum shopping“ Art. 3 UnterhaltsVO eröffnet dem Kläger eine Wahlmöglichkeit zwischen vier konkurrierenden Gerichtsständen. Die Wahl einer der vier konkurrierenden Gerichtsstände hat aber keine Auswirkungen auf das anzuwendende Recht, da das Kollisionsrecht in der Unterhaltsverordnung durch den Verweis auf die Vorschriften des Haager Unterhaltsprotokolls (Art. 15 UnterhaltsVO) vereinheitlicht ist22. Es findet vielmehr immer dasselbe Sachrecht Anwendung, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat ein Unterhaltsanspruch eingeklagt wird23. Folglich ist ein „forum shopping“ mit den daraus resultierenden Schwierigkeiten ausgeschlossen. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen besteht nicht mehr. Dadurch wird die Rechtssicherheit gestärkt. Zudem wird auch ein Unterhaltsberechtigter, dem die notwendigen Mittel fehlen, um unter den verschiedenen Gerichtsständen denjenigen mit dem für ihn günstigsten Recht auszuwählen, nicht mehr benachteiligt. Er kann sich vielmehr an ein zuständiges Gericht wenden, ohne dass das Auswirkungen auf das anwendbare Sachrecht hätte. Das gilt zumindest im Hinblick auf die Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind. Hierbei handelt es sich um alle EUMitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich24. Ist hingegen ein dänisches Gericht oder ein Gericht des Vereinigten Königreichs zur Entscheidung einer Unterhaltsstreitigkeit berufen, bleiben die Schwierigkeiten bestehen, die mit dem „forum shopping“ verbunden sind. Zwar gelten für Dänemark und das Vereinigte Königreich die vereinheitlichten Vorschriften über die Zuständigkeit in Art. 3 UnterhaltsVO, allerdings finden zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts die autonomen nationalen Regelungen Anwendung. Dennoch lässt sich festhalten, dass im Vergleich zu der bislang bestehenden Rechtslage, wonach durch ein „forum shopping“ unterschiedliches Sachrecht zur Anwendung gelangen konnte, infolge der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts in der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten wesentliche 21 Für Art. 3 lit. c und d UnterhaltsVO gilt: die Zuständigkeit des Gerichts darf nicht einzig auf der Staatsangehörigkeit einer der Parteien beruhen. 22 Ausführlich zum vereinheitlichten Kollisionsrecht unter Kapitel 4. 23 Vgl. Geimer, Internationales Zivilprozeßrecht (2009), Rn. 1099. 24 s. Rat der Europäischen Union, Beschluss des Rates vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2007 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, Abl. EU vom 16. Dezember 2009, Nr. L 331/17, Erwägungsgrund 10 ff.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

Verbesserungen im Hinblick auf die aus dem „forum shopping“ resultierenden Schwierigkeiten erzielt werden konnten. III. Zusammenfassung Im Unterschied zum Haager Unterhaltsübereinkommen finden sich in der Unterhaltsverordnung vereinheitlichte Zuständigkeitsregelungen. Diese tragen in Zusammenschau mit dem vereinheitlichten Kollisionsrecht in den EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich dazu bei, das „forum shopping“ auszuschließen. Lediglich bei einem Gerichtsstand in den zuletzt genannten Staaten besteht weiterhin die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen. Insgesamt betrachtet konnte durch die neuen Regelungen jedoch eine wesentliche Verbesserung im Vergleich zur bisherigen Rechtslage erreicht werden.

B.

Zuständigkeiten für Unterhaltssachen

Zuständigkeiten für Unterhaltssachen

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Nach Art. 5 Nr. 2 Var. 1 und Var. 2 EuGVO kann „eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, […] in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden: wenn es sich um eine Unterhaltsache handelt, vor dem Gericht des Ortes, an dem der Unteraltsberechtigte seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat […]“. Bedingt durch den weiten Wortlaut der Vorschrift ist umstritten, ob die besonderen Zuständigkeiten im Staat des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes des Unterhaltsberechtigten nur für Klagen des Unterhaltsberechtigten 25 selbst oder auch für Klagen des Unterhaltsverpflichteten 26 gelten. Diese 25

So: OLG Nürnberg, Internationale Zuständigkeit für Unterhaltsabänderungsklage, NJW 2005, 1054; OLG München, 15. 1. 2008 (2 UF 1747/07) – juris; Dörner, in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess (2009), 8.2, Rn. 15; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), § 6 II Rn. 60; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 5 Rn. 64; Lackmann, in: Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung mit Gerichtsverfassungsgesetz (2009), VO (EG) 44/2001 [EuGVO] Artikel 5 Rn. 17; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 65; Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3212; Mankowski, in: Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation (2007), Art. 5 Rn. 171; Riegner, Probleme der internationalen Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts bei der Abänderung deutscher Unterhaltstitel nach dem Wegzug des Unterhaltsberechtigten ins EU-Ausland, FamRZ 2005, 1799 (1800); Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht (2006), Rn. 380. 26 So: Auer, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band I (Stand: Oktober 2009), Art. 5 B Vor I 10 b Rn. 93; Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 5 Rn. 193; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung (2008), Art. 5 EuGVO Rn. 49; Na-

B. Zuständigkeiten für Unterhaltssachen

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Frage hat Auswirkungen auf die Fälle, in denen das Gericht seine Zuständigkeit von Amts wegen zu prüfen hat (Art. 26 Abs. 1 EuGVO). Denn abhängig davon, welcher Auffassung ein Gericht folgt, erklärt es sich für unzuständig, wenn ein Unterhaltsverpflichteter seine Klage gegen einen Unterhaltsberechtigten auf die besonderen Zuständigkeiten des Art. 5 Nr. 2 Var. 1 und Var. 2 EuGVO stützt. Die daraus resultierenden Folgen werden insbesondere in den Fällen deutlich, in denen eine Zuständigkeit am „gewöhnlichen Aufenthalt“ des Unterhaltsberechtigten begründet werden soll, da hier die beiden Auffassungen zu verschiedenen Ergebnissen führen. Während es einem Unterhaltsverpflichteten nach der engen Ansicht verwehrt ist, seine Klage gegen den Unterhaltsberechtigten auf den Gerichtsstand des „gewöhnlichen Aufenthalts“ zu stützen, ist das nach der weiten Auffassung möglich. Für die Begründung eines Gerichtsstands am „Wohnsitz“ des Unterhaltsberechtigten kann hingegen auch auf den Gerichtsstand des „actor sequitur forum rei actor“ gem. Art. 2 EuGVO zurückgegriffen werden, sodass sich hier keine entsprechend deutlichen Abweichungen ergeben. Dennoch führt die uneinheitliche Anwendung der besonderen Zuständigkeiten in Unterhaltssachen zu erheblicher Rechtsunsicherheit. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO Art. 3 UnterhaltsVO enthält wie bereits dargestellt 27 allgemeine Bestimmungen für die Zuständigkeit eines Gerichts in Unterhaltsstreitigkeiten. Die in der Vorschrift vorgesehenen vier konkurrierenden Gerichtsstände sind dem Wortlaut nach maßgeblich für „Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten“. 2. Allgemeine Zuständigkeiten gem. Art. 3 UnterhaltsVO Aus der Formulierung „zuständig für Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten ist […]“ ergibt sich, dass die Gerichtsstände der Vorschrift unabhängig davon Anwendung finden, ob es sich um eine Klage des Unterhaltsberechtigten oder des Unterhaltsverpflichteten handelt. Eine Unterscheidung zwischen Klagen des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltsverpflichteten findet demnach nicht statt. Hierfür spricht auch, dass in der Unterhaltsverordnung nicht zwischen allgemeinen und besonderen Gerichtsständen differenziert wird, sondern diese in Art. 3 UnterhaltsVO zusammengefasst sind. Hervorzuheben ist aber insbesondere, dass in Art. 3 gel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht (2007), § 3 Rn. 62; Schlosser, EUZivilprozessrecht (2009), Art. 5 EuGVVO Rn. 13. 27 s. oben A. II. 2. a).

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Kapitel 3: Zuständigkeit

lit. a und lit. b UnterhaltsVO ausschließlich auf den „gewöhnlichen Aufenthalt“ als Anknüpfungsmerkmal für die Zuständigkeit abgestellt wird. Damit ergeben sich bei einer Klage des Unterhaltsverpflichteten gegen den Unterhaltsberechtigten im Hinblick auf die Zuständigkeit keine Unterschiede. In beiden Fällen ist das Gericht des Ortes, an dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, für die Unterhaltsentscheidung zuständig. Hinsichtlich Art. 3 lit. a UnterhaltsVO folgt das aus der Anknüpfung an den „gewöhnlichen Aufenthalt“ des Beklagten, d.h. des Unterhaltsberechtigten, im Hinblick auf Art. 3 lit. b UnterhaltsVO aus der Bestimmung der Zuständigkeit bei dem Gericht des Ortes, an dem die berechtigte Person 28 , d.h. der Unterhaltsberechtigte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Mithin stellt sich die im Rahmen des Art. 5 Nr. 2 Var. 1 und Var. 2 EuGVO umstrittene Frage, ob deren besonderen Zuständigkeiten nur für Klagen des Unterhaltsberechtigten selbst oder auch für Klagen des Unterhaltsverpflichteten gelten, in der Unterhaltsverordnung nicht mehr. Der jeweilige Kläger, sei es der Unterhaltsberechtigte oder der Unterhaltsverpflichtete, kann vielmehr zwischen den in Art. 3 UnterhaltsVO zur Verfügung stehenden Gerichtsständen wählen 29 . Das erleichtert die Rechtsanwendung und stärkt die Rechtssicherheit. Ein Beklagter kann nunmehr sicher voraussehen, an welchen möglichen Gerichtsständen er verklagt werden kann und für den Kläger entfällt die Unsicherheit, dass sich das angerufene Gericht von Amts wegen für unzuständig erklären könnte.

C.

Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“

Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Problematisch ist, dass bei der Ausarbeitung der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung die Entscheidung des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens beibehalten wurde, als Anknüpfungsmerkmal für die Zuständigkeiten den „Wohnsitz“ und 28

Nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 10 UnterhaltsVO handelt es sich bei der „berechtigten Person“ um jede natürliche Person, der Unterhalt zusteht oder angeblich zusteht. 29 Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 3 EG-UntVO Rn. 5; Hau, Die Zuständigkeitsgründe der Europäischen Unterhaltsverordnung, FamRZ 2010, 516; Hess/Mack, Der Verordnungsvorschlag der EG-Kommission zum Unterhaltsrecht, JAmt 2007, 229 (230); etwas unklar Linke, Die Europäisierung des Unterhaltsverfahrensrechts, FPR 2006, 237 (238), demzufolge nur dem Unterhaltsberechtigten die vier Gerichtsstände des Art. 3 UnterhaltsVO offen stehen sollen.

C. Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“

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nicht den „gewöhnlichen Aufenthalt“ zu bestimmen. Das widersprach bereits in den sechziger Jahren dem Trend im internationalen Privatrecht und widerspricht diesem auch heute noch 30 . Aufgrund der Anknüpfung der Art. 2 ff. EuGVO an den „Wohnsitz“ sind folglich die Zuständigkeitsregelungen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung nicht mit denen der internationalen Rechtsinstrumente und der anderen Rechtsinstrumente auf europäischer Ebene kohärent31. Das erschwert die Rechtsanwendung, beispielsweise wenn es neben der grenzüberschreitenden Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs auch um das Sorgerecht für ein Kind geht; denn Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Gerichtsstandes für eine Sorgerechtsstreitigkeit ist gem. Art. 8 EuEheVO der „gewöhnliche Aufenthalt“ des Kindes. Zudem ist problematisch, dass die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung keine Definition des Begriffs des „Wohnsitzes“ enthält, sondern gem. Art. 59 EuGVO zur Bestimmung des Begriffs auf das nationale Recht verweist32. Damit sind die jeweils in den Mitgliedstaaten geltenden Normen maßgeblich, was zu erheblicher Uneinheitlichkeit im Hinblick auf die Begriffsbestimmung führt. Außerdem ergeben sich Schwierigkeiten im Hinblick auf die „common law“ Länder, da das englische Recht den Begriff des „Wohnsitzes“ nicht kennt und stattdessen auf das „domicile“ abstellt33. Es musste daher 30

Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 2 Rn. 20; vgl. Kropholler, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Band I (1982), Kapitel III Rn. 64. 31 Beispielsweise ist in den Art. 5 ff. des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996 der „gewöhnliche Aufenthalt“ als Anknüpfungspunkt für die direkte Zuständigkeit vorgesehen. Auch in den Art. 3 ff. der Europäischen Eheverordnung wird zur Bestimmung der Zuständigkeit an den „gewöhnlichen Aufenthalt“ angeknüpft. 32 Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 2 Rn. 23, A.1 Art. 59 Rn. 1; Kohler, Vom EuGVÜ zur EuGVVO: Grenzen und Konsequenzen der Vergemeinschaftung, in: Schütze, Einheit und Vielfalt des Rechts – Festschrift für Reinhold Geimer zum 65. Geburtstag (2002), 461 (474). Das nationale Begriffsverständnis von „Wohnsitz“ divergiert unter Umständen erheblich. Beispielsweise versteht man in Deutschland unter „Wohnsitz“ den Ort, den der Mensch zum räumlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse bestimmt hat, s. Bamberger, in: Bamberger/Roth, Beck’scher Onlinekommentar zum BGB (Stand: 01.05.2009), § 7 BGB Rn. 10 mit ausführlichen Nachweisen zu Literatur und Rechtsprechung. Hingegen hat eine Person in der Schweiz gem. Art. 20 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht ihren Wohnsitz in dem Staat, in dem sie sich mit der Absicht des dauerhaften Verbleibens aufhält. 33 Gottwald, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2008), Art. 59 EuGVO Rn. 4; Vlas, in: Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation (2007), Art. 59 Rn. 5.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

eigens für die Anwendung der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung ein „Wohnsitzbegriff“ geschaffen werden34. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO Art. 3 UnterhaltsVO legt die allgemeinen Zuständigkeiten fest35. Dabei ist gem. Art. 3 lit. a und lit. b UnterhaltsVO für die Bestimmung der Zuständigkeit das Anknüpfungsmerkmal des „gewöhnlichen Aufenthalts“ maßgeblich, während es sich bei den anderen beiden Zuständigkeiten (Art. 3 lit. c und lit. d UnterhaltsVO) um Annexzuständigkeiten handelt. 2. Anknüpfungspunkt „gewöhnlicher Aufenthalt“ anstelle von „Wohnsitz“ Während sich die Zuständigkeit in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung grundsätzlich nach dem „Wohnsitz“ bestimmt (Art. 2 Abs. 1 EuGVO), ist für die Festlegung des Gerichtsstands in der Unterhaltsverordnung das Anknüpfungsmerkmal des „gewöhnlichen Aufenthalts“ maßgeblich (Art. 3 lit. a und lit. b UnterhaltsVO)36. Diese Neuerung weist gegenüber der bisher bestehenden Rechtslage einige Vorteile auf, die im Folgenden dargestellt werden. Dabei wird gleichzeitig auf die von Gottwald37 gegen diese Veränderung vorgebrachte Kritik eingegangen. Die Anknüpfung an den „Wohnsitz“ zur Bestimmung der Zuständigkeit stellt nicht mehr die Anknüpfung dar, die für die kontinentaleuropäischen Mitgliedstaaten und die hier tätigen Anwälte üblich ist38. Während sich die Zuständigkeit nach dem nationalen Recht der Gründungsmitgliedstaaten überwiegend nach dem „Wohnsitz“ bestimmte 39 , ist auf internationaler 34

Der englische „Wohnsitzbegriff“ erfordert einen Aufenthalt (residence), der auf eine substantial connection hinweist. Er entspricht damit praktisch dem Begriff des „gewöhnlichen Aufenthalts“, s. von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 5 Rn. 65. 35 Zu Art. 3 UnterhaltsVO s. A. II. 2. a). 36 Die Notwendigkeit dieser rechtspolitischen Reform schildern Hess, Die allgemeinen Gerichtsstände der Brüssel I-Verordnung, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 53 (59) und A. Staudinger, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 59 Brüssel I-VO Rn. 9. 37 Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (14 f.). 38 A. A.: Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (14 f.). 39 Jenard, Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band II (Stand:

C. Anknüpfungspunkte „Wohnsitz“ und „gewöhnlicher Aufenthalt“

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Ebene die Bestimmung der Zuständigkeit nach dem „gewöhnlichen Aufenthalt“ im Vordringen 40 . Auch im europäischen Recht lässt sich eine Ausbreitung des Anknüpfungsmerkmals des „gewöhnlichen Aufenthalts“ erkennen. Das wird beispielsweise an den Art. 3 ff. EuEheVO deutlich41. Die Wahl des „gewöhnlichen Aufenthalts“ als Anknüpfungsmerkmal in der Unterhaltsverordnung zur Bestimmung der Zuständigkeit wahrt folglich die Kohärenz zu diesen Rechtsinstrumenten42. Das gilt insbesondere auch im Hinblick auf das neue Haager Unterhaltsprotokoll, auf dessen Vorschriften Art. 15 UnterhaltsVO zur Bestimmung des anwendbaren Rechts verweist. Denn Art. 3 HUP 2007 legt fest, dass das für Unterhaltspflichten maßgebende Recht grundsätzlich das Recht des Staates ist, in dem die berechtigte Person ihren „gewöhnlichen Aufenthalt“ hat. Dadurch wird insbesondere in Fällen, in denen ein Gericht infolge von Art. 3 lit. b UnterhaltsVO für eine Entscheidung in Unterhaltssachen zuständig ist, ein Gleichlauf zwischen internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht bewirkt. Folglich kann das zuständige Gericht sein eigenes nationales Recht zur Entscheidung der Unterhaltsstreitigkeit anwenden und muss nicht auf ein ausländisches Recht zurückgreifen. Das stellt eine Erleichterung für die Rechtsanwendung dar. Auch die Kritik, die im Rahmen der Zuständigkeitsvorschriften der Europäischen Eheverordnung im Hinblick auf das Anknüpfungsmerkmal des

Dezember 2008), B I 1a Nr. 601, S. 22. Vgl. Basedow, Europäisches Zivilprozeßrecht – Allgemeine Fragen des Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommens (GVÜ), in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Band I (1982), Kapitel II Rn. 33. 40 Z.B.: Art. 5 ff. des Haager Übereinkommens über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern vom 19. Oktober 1996. 41 Diese Entwicklung ist auch im europäischen Internationalen Privatrecht zu beobachten, z.B.: Art. 4 ff. Rom II-VO, Abl. EU vom 31. Juli 2007, Nr. L 199/40 oder Art. 4 ff. Rom I-VO, Abl. EU vom 4. Juli 2008, Nr. L 177/6. 42 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Erläuterungen zu den Artikeln des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2006) 206 endgültig, zu Artikel 3. Vgl. Geimer, Einige Bemerkungen zur Zuständigkeitsordnung der Brüssel IVerordnung, in: Heinrich, Festschrift für Hans-Joachim Musielak zum 70. Geburtstag (2004), 169 (173); Hess, Die allgemeinen Gerichtsstände der Brüssel I-Verordnung, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 53 (59); Gruber, Die neue EG-Unterhaltsverordnung, IPRax 2010, 128 (132); A. Staudinger, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 59 Brüssel I-VO Rn. 9.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

„gewöhnlichen Aufenthalts“ vorgebracht wurde43, lässt sich nicht auf die Zuständigkeitsvorschriften der Unterhaltsverordnung übertragen 44 . Denn der Umstand, dass (Ex-)Ehegatten und Kinder keinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ haben, führt nach der Unterhaltsverordnung nicht dazu, dass für sie kein Gerichtsstand zur Verfügung steht. Für diese Fälle greift vielmehr die Auffangzuständigkeit i.S.d. Art. 6 UnterhaltsVO und gegebenenfalls die Notzuständigkeit i.S.d. Art. 7 UnterhaltsVO45 ein. Damit ist sichergestellt, dass eine Zuständigkeit ermittelt werden kann46. Darüber hinaus entfallen durch die Anknüpfung an den „gewöhnlichen Aufenthalt“ zur Bestimmung der Zuständigkeit die Schwierigkeiten, die bislang im Hinblick auf das Anknüpfungskriterium „Wohnsitz“ bestanden. Das gilt vor allem in Bezug auf das englische Recht, das den „Wohnsitz“ – Begriff nicht kennt. Der Wechsel des Anknüpfungsmerkmals vom „Wohnsitz“ zum „gewöhnlichen Aufenthalt“ zur Bestimmung der Gerichtsstände trägt mithin dazu bei, die Rechtsanwendung zu vereinfachen.

D. Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“ Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Hat der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates, bestimmt sich gem. Art. 4 EuGVO die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaates nach dessen eigenen Gesetzen, vorbehaltlich der ausschließlichen Zuständigkeiten (Art. 22 EuGVO) und einer Gerichtsstandsvereinbarung (Art. 23 EuGVO). Mithin ist für diese, in Art. 4 EuGVO geregelte, sog. „Restzuständigkeit“47 das einzelstaatliche Recht der Mitgliedstaaten maßgeblich. Allerdings gefährdet das Fehlen einer harmonisierten 43

s. Gottwald, Probleme der Vereinheitlichung des Internationalen Familienverfahrensrechts ohne gleichzeitige Kollisionsrechtsvereinheitlichung, in: Freitag/Leible /Sippel/Wanitzek, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert, Symposium zum 65. Geburtstag von Ulrich Spellenberg (2006), 55 (67). 44 A. A.: Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (15). 45 s. hierzu D. II. 46 Auch die Neufassung des Art. 7 EuEheVO sieht eine Regelung vor, die den Ehegatten einen wirksamen Zugang zu einem Gericht gewährleistet, s. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich, KOM(2006) 399 endgültig vom 17. Juli 2006, zu Art. 7. 47 Nuyts, Study on Residual Jurisdiction, General Report (Final version dated 3 september 2007), Rn. 1.

D. Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“

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Regelung für die „Restzuständigkeit“ den gleichwertigen Rechtsschutz der EU-Bürger, insbesondere dadurch, dass einer Partei vor einem Gericht eines Drittstaates kein rechtliches Gehör oder kein angemessener Schutz gewährleistet wird 48 . Zudem wird durch den Verweis auf das autonome nationale Recht der Mitgliedstaaten in Art. 4 EuGVO der Gebrauch exorbitanter Gerichtsstände begünstigt. Diese sehr weit gefassten nationalen Gerichtsstandsregelungen, die die Rechtsverfolgung gegen im Ausland ansässige Unterhaltsschuldner erleichtern sollen und keine besondere Verbindung zum Forumstaat voraussetzen, sind von dritten Staaten regelmäßig unerwünscht49. Sie werden im internationalen Rechtsverkehr als besonders störend empfunden. Des Weiteren ist durch das Fehlen einer harmonisierten Regelung in Bezug auf die „Restzuständigkeit“ die rechtliche Vorhersehbarkeit beeinträchtigt, da die gerichtliche Zuständigkeit von den einzelstaatlichen Vorschriften eines Mitgliedstaates abhängig ist. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Überblick über Art. 6 und Art. 7 UnterhaltsVO Ergibt sich weder aus den Art. 3 bis 5 UnterhaltsVO eine Zuständigkeit eines mitgliedstaatlichen Gerichts noch aus den Vorschriften des Luganer Übereinkommens die Zuständigkeit eines Gerichts eines Staates, der nicht EU-Mitgliedstaat ist, so eröffnet Art. 6 UnterhaltsVO für diese Fälle den Rückgriff auf den Gerichtsstand der gemeinsamen Staatsangehörigkeit. Diese sog. Auffangzuständigkeit wird in Art. 6 UnterhaltsVO unmittelbar geregelt. Ein Rückgriff auf einzelstaatliche Zuständigkeitsnormen, wie in Art. 4 Abs. 1 EuGVO, ist hingegen nicht vorgesehen. Soweit auch i.S.d. Art. 6 UnterhaltsVO die Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaates nicht begründet wird, bestimmt Art. 7 UnterhaltsVO eine Notzuständigkeit („forum necessitatis“). Danach können die Gerichte eines Mitgliedstaates ausnahmsweise über einen Rechtsstreit entscheiden, wenn es nicht zumutbar bzw. unmöglich ist, ein Verfahren in dem betreffenden Drittstaat einzuleiten oder zu führen, beispielsweise aufgrund eines Bürgerkrieges im

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Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bericht der Kommission an das europäische Parlament, den Rat und den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM(2009) 174 endgültig, 5; Nuyts, Study on Residual Jurisdiction, General Report (Final version dated 3 september 2007), Rn. 112 ff. 49 Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 3 Rn. 10; Lackmann, in: Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung (2009), Art. 3 VO 44/2001 [EuGVVO] Rn. 4.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

Drittstaat50. Zudem muss der Rechtsstreit, etwa infolge der Staatsangehörigkeit einer der Parteien51, einen ausreichenden Bezug zu dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts aufweisen (Art. 7 UAbs. 2 UnterhaltsVO). 2. Auffangzuständigkeit gem. Art. 6 UnterhaltsVO und Notzuständigkeit gem. Art. 7 UnterhaltsVO Die Auffangzuständigkeit gem. Art. 6 UnterhaltsVO verweist nicht wie die „Restzuständigkeit“ des Art. 4 EuGVO zur Bestimmung der Zuständigkeit auf das einzelstaatliche Recht eines Mitgliedstaates, sondern legt einen Gerichtsstand bei den Gerichten des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien fest. Auch wenn diese Regelung deutlich restriktiver ist als der Verweis auf das autonome Recht eines jeden Mitgliedstaates 52 , ist sie dennoch zu befürworten. Durch die harmonisierte Auffangzuständigkeit in Art. 6 UnterhaltsVO ist der gleichwertige Rechtsschutz aller EU-Bürger sichergestellt. Dadurch wird verhindert, dass einer Partei vor einem Gericht eines Drittstaates kein rechtliches Gehör oder kein angemessener Schutz gewährt wird, wie dies hingegen der Fall sein kann bei einem Verweis auf das einzelstaatliche Recht. Gleichzeitig wird durch die einheitliche Festlegung einer Auffangzuständigkeit in der Unterhaltsverordnung dem Gebrauch exorbitanter Gerichtsstände in den Mitgliedstaaten entgegengewirkt. Darüber hinaus wird durch Art. 6 UnterhaltsVO die rechtliche Voraussehbarkeit gestärkt 53 , da klar festgelegt ist, dass die Gerichte des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien zuständig sind, wenn ein Gerichtsstand nach den vorangegangenen Bestimmungen nicht vorliegt. Mit der Einfügung der Auffangzuständigkeit in Art. 6 UnterhaltsVO konnte somit ein wesentlicher Fortschritt hinsichtlich einer einfacheren Rechtsanwendung im Vergleich zur bislang geltenden Vorschrift der „Restzuständigkeit“ in Art. 4 EuGVO erreicht werden. 50 Erwägungsgrund 16 UnterhaltsVO; Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (49). 51 Erwägungsgrund 16 UnterhaltsVO. 52 Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (16 f.), der dies mit einem Beispiel nach Art. 6 lit. a UnterhaltsVOEntwurf belegt; vgl. Nuyts, Study on Residual Jurisdiction, General Report (Final Version dated 3 September 2007), Rn. 166. 53 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Erläuterungen zu den Artikeln des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2006) 206 endgültig vom 12. Mai 2006, S. 3 (zu Artikel 6).

E. Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen

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Für die Fälle, in denen Art. 6 UnterhaltsVO aufgrund fehlender gemeinsamer Staatsangehörigkeit der Parteien nicht eingreift, kann sich in Ausnahmefällen, in denen es nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem der Rechtsstreit einen engen Bezug aufweist, einzuleiten oder zu führen, eine Notzuständigkeit („forum necessitatis“) gem. Art. 7 UnterhaltsVO bei den Gerichten eines Mitgliedstaates ergeben. Mit dieser harmonisierten Regelung wird ein effektiver Zugang zu einem Gericht gewährleistet und einer Rechtsverweigerung vorgebeugt54. Das ist hingegen nach Art. 4 EuGVO durch den Verweis auf das innerstaatliche Recht zur Bestimmung der Zuständigkeit nicht der Fall. Sieht demnach das nationale Recht in diesen Fällen keine entsprechende Notzuständigkeit vor, droht im Rahmen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung die Gefahr einer Rechtsverweigerung. Die Einführung einer Notzuständigkeit in Art. 7 UnterhaltsVO trägt insofern dazu bei, einer Rechtsverweigerung zu begegnen und damit die bislang bestehende Rechtslage zu verbessern.

E.

Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen

Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Wenn sich bei auslandsbezogenen Unterhaltsprozessen die Umstände ändern, auf deren Grundlage eine Unterhaltsentscheidung ergangen ist, wird in der Regel die Abänderung der Unterhaltsentscheidung begehrt. Es lassen sich zahlreiche Abänderungsgründe finden: beispielsweise veränderte Kaufkraftverhältnisse in dem Land, in das der Unterhaltsberechtigte zieht55 oder eine Bedarfssteigerung aufgrund des Alters des Kindes, wenn diese bei der Unterhaltsentscheidung unberücksichtigt blieb56. Für diese Abänderungsklagen findet sich weder auf internationaler noch auf europäischer Ebene eine ausdrückliche Regelung. Die Frage nach der direkten internationalen Zuständigkeit bei Abänderungsklagen stellt mithin ein großes praktisches Problem dar. Grund dafür ist die fehlende Einigkeit zwischen zwei Systemen, die für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit von verschiedenen Ausgangspunkten ausgehen. Während in Staaten, in denen das Konzept der „continuing jurisdiction“ verfolgt wird, die Abänderungsentscheidung in dem Staat ergehen muss, in dem auch die Ursprungsent54

Erwägunsgrund 16 UnterhaltsVO; vgl. Nuyts, Study on Residual Jurisdiction, General Report (Final Version dated 3 September 2007), Rn. 179. 55 OLG Karlsruhe, FamRZ 1998, 1531. 56 OLG Karlsruhe, FamRZ 1991, 600 (601).

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Kapitel 3: Zuständigkeit

scheidung ergangen ist57, wird in anderen Staaten die Frage der Zuständigkeit für die Abänderungsentscheidung nach den allgemeinen Regeln zur Zuständigkeit neu bestimmt 58 . Sie kann sich damit von dem für die ursprüngliche Unterhaltsentscheidung bestimmten Gerichtsstand unterscheiden 59 . Aus diesem Umstand resultieren Schwierigkeiten wie sich widersprechende Entscheidungen oder eine Lücke von Entscheidungszuständigkeit. Dadurch wird die Rechtssicherheit erheblich beeinträchtigt. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 18 HUÜ 2007 Durch Art. 18 HUÜ 2007 wird unter der Überschrift „Verfahrensbegrenzung“ eine „negative Zuständigkeitsregelung“ für die Änderung einer bestehenden Entscheidung oder die Herbeiführung einer neuen Unterhaltsentscheidung in das Haager Unterhaltsübereinkommen eingefügt. Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 legt fest, dass eine bestehende Unterhaltsentscheidung grundsätzlich nicht vor dem Gericht eines anderen Vertragsstaates geändert oder neu herbeigeführt werden kann, solange die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in dem Staat hat, in dem die ursprüngliche Entscheidung ergangen ist. Es handelt sich hierbei um einen dauerhaften exklusiven Gerichtsstand. Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 gilt aber nicht einschränkungslos. Vielmehr sind in Art. 18 Abs. 2 HUÜ 2007 Ausnahmen aufgezählt, in denen Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 nicht gilt. Dem57

Z.B. nach dem Uniform Interstate Support Family Act in den USA, s. Duncan, Jurisdiction to Make and Modify Maintenance Decisions – The Quest for Uniformity, in: Einhorn/Siehr, International Cooperation through Private International Law – Essays in Memory of Peter E. Nygh (2004), 89 (95 f.); Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ 2004, 663 (682). 58 Z.B. nach dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen, dem Luganer Übereinkommen oder der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung, s. OLG Thüringen, FamRZ 2000, 681; OLG Nürnberg, FamRZ 2005, 1691 (1692); Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 5 Rn. 195; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung (2008), Art. 5 EuGVO Rn. 51; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 5 Brüssel-I-VO Rn. 68; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (379 f.); Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Art. 5 EuGVVO Rn. 13. 59 Auer, in: Auer/Safferling/Wolf, Erläuterungen zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen und dem Luganer Übereinkommen, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band III (Stand: Dezember 2008), B I 1 e Art. 5 Rn. 84 ff.; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 5 Rn. 66 ff.

E. Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen

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nach kann eine Abänderungsentscheidung bzw. eine neue Entscheidung – trotz des unveränderten Aufenthalts der berechtigten Person – ergehen, wenn die gerichtliche Zuständigkeit jenes anderen Vertragsstaates auf Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung festgelegt wurde (Art. 18 Abs. 2 lit. a HUÜ 2007), sich die berechtigte Person rügelos auf das Verfahren jenes anderen Vertragsstaates eingelassen hat (Art. 18 Abs. 2 lit. b HUÜ 2007) oder es der verpflichteten Person in den Fällen des Art. 18 Abs. 2 lit. c und lit. d HUÜ 2007 nicht möglich wäre, eine Abänderung der Entscheidung bzw. eine neue Entscheidung erlangen zu können. b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen Gegenüber den Vorgängerübereinkommen hat sich im Haager Unterhaltsübereinkommen einzig im Hinblick auf die Zuständigkeit bei Abänderungsklagen durch die „negative Zuständigkeitsregel“ in Art. 18 HUÜ 2007 eine Verbesserung ergeben. Die Vorschrift löst zwar nicht das bestehende grundsätzliche Problem zwischen den Staaten, die das Konzept der „continuing jurisdiction“ verfolgen und den Staaten, die für Abänderungsklagen die Zuständigkeit neu bestimmen, steht aber mit diesen in Einklang 60 . Art. 18 HUÜ 2007 regelt für eine typische Fallkonstellation die Frage nach der internationalen Zuständigkeit bei Abänderungsentscheidungen und trägt damit dazu bei, zumindest einigen widersprüchlichen Entscheidungen vorzubeugen61. Das soll anhand des folgenden Beispielsfalls62 verdeutlicht werden: Die unterhaltsverpflichtete Person M und die unterhaltsberechtigte Person F haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Staat A. Von den Behörden des Staates A wird eine Unterhaltsentscheidung erlassen. Die unterhaltsverpflichtete Person M verzieht in den Staat B und verlangt vor den dortigen Behörden eine Abänderung der ursprünglichen Unterhaltsentscheidung, während die unterhaltsberechtigte Person F weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Staat A hat. 60

Für das Konzept der „continuing jurisdiction“, z.B.: im Hinblick auf Kindesunterhalt: Art. 2, Part 2, Section 205 (a) (1) i.V.m. Art. 6, Part 3, Section 609 ff. UIFSA; im Hinblick auf Ehegattenunterhalt: Art. 2, Part 2, Section 205 (f) UIFSA. Für die Staaten, die bei Abänderungsklagen die Zuständigkeit neu bestimmen, z.B.: Art. 2 und Art. 5 Nr. 2 EuGVO/LugÜ. 61 Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (50); Long, The New Hague Maintenance Convention, International and Comparative Law Quarterly, Vol. 57 (2008), 984 (989). 62 s. auch Borrás/Degeling, Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 417; Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 122 ff.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

Für diese Fallkonstellation bestimmt Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007, dass eine Abänderung der Entscheidung vor den Behörden des Staates B nicht möglich ist, solange die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin im Ursprungsstaat der Unterhaltsentscheidung hat und keine Ausnahme nach Art. 18 Abs. 2 HUÜ 2007 vorliegt 63 . Diese Neuregelung ist zu begrüßen. Sie bewirkt aufgrund ihres klaren Regelungsinhalts, dass nicht unnötig ein weiteres Unterhaltsverfahren eingeleitet wird, das zwar zu einer geänderten bzw. neuen Unterhaltsentscheidung führen kann, diese aber ohne Auswirkungen auf die bereits bestehende Unterhaltsentscheidung ist. Die Gefahr, dass sich widersprechende Entscheidungen entstehen, wird dadurch verringert. Zudem wird durch die Regelung des Art. 18 HUÜ 2007 dem Umstand vorgebeugt, dass Urteile in anderen Staaten großzügig abgeändert werden. Darüber hinaus ist auch die Aufnahme der Ausnahmen in Absatz 2 zu begrüßen. Art. 18 Abs. 2 lit. a und lit. b HUÜ 2007 sind notwendig, um die Parteiautonomie zu wahren. Diejenigen Ausnahmeregelungen in Art. 18 Abs. 2 lit. c und lit. d HUÜ 2007 dienen dazu, die verpflichtete Person nicht schutzlos zu stellen, sondern die Abänderung einer Entscheidung bzw. das Herbeiführen einer neuen Entscheidung in den darin genannten Fällen zu ermöglichen.  2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 8 UnterhaltsVO Art. 8 UnterhaltsVO enthält wie Art. 18 HUÜ 2007 eine „negative Zuständigkeitsregel“ für die Änderung einer bestehenden Entscheidung oder die Herbeiführung einer neuen Unterhaltsentscheidung. Eine derartige Vorschrift existierte bisher nicht in den europäischen Rechtsinstrumenten. Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO bestimmt, dass eine bestehende Unterhaltsentscheidung grundsätzlich nicht vor dem Gericht eines anderen Mitgliedstaates geändert oder neu herbeigeführt werden kann, solange die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin im Staat der Ursprungsentscheidung hat. Das gilt unabhängig davon, ob es sich um eine Entscheidung aus einem Mitgliedstaat oder einem Vertragsstaat des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 handelt64. Von dieser grundsätzlichen Regelung enthält Art. 8 Abs. 2 UnterhaltsVO Ausnahmen, in denen Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO keine Geltung erlangt. In Art. 8 Abs. 2 UnterhaltsVO ist in Parallele zu Art. 18 Abs. 2 HUÜ 2007 festgelegt, dass eine Abände63

Hingegen steht Art. 18 HUÜ 2007 nicht der Einleitung eines Verfahrens auf Abänderung einer Unterhaltsentscheidung bzw. Herbeiführung einer neuen Entscheidung durch den Unterhaltsverpflichteten in dem Staat entgegen, in dem die unterhaltsberechtigte Person weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. 64 s. auch Erwägungsgrund 17 UnterhaltsVO.

E. Internationale Zuständigkeit bei Abänderungsklagen

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rungsentscheidung bzw. eine neue Unterhaltsentscheidung ergehen kann, wenn die gerichtliche Zuständigkeit jenes anderen Mitgliedstaates aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 4 UnterhaltsVO festgelegt wurde (Art. 8 Abs. 2 lit. a UnterhaltsVO), sich die berechtigte Person i.S.d. Art. 5 UnterhaltsVO rügelos auf das Verfahren in jenem anderen Mitgliedstaat eingelassen hat (Art. 8 Abs. 2 lit. b UnterhaltsVO) oder es der verpflichteten Person in den Fällen des Art. 8 Abs. 2 lit. c und lit. d UnterhaltsVO nicht möglich wäre, eine Abänderung der Entscheidung bzw. eine neue Entscheidung erlangen zu können. b) „Negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen Obwohl in den Vorarbeiten zur Unterhaltsverordnung der Wunsch nach einer Regelung zur internationalen Zuständigkeit für Abänderungsklagen geäußert wurde65, wurde keine umfassende Bestimmung eingeführt. Stattdessen hat man mit Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO – in Anlehnung an Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 – eine „negative Zuständigkeit“ für Abänderungsklagen geschaffen66. Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO begründet einen dauerhaften exklusiven Gerichtsstand in dem Staat, in dem die Entscheidung ergangen ist, solange die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt weiterhin in diesem Staat hat. Diese Neuregelung ist zu begrüßen. Mit der eindeutigen Regelung des Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO wird verhindert, dass unnötig ein weiteres Unterhaltsverfahren eingeleitet wird, das zwar zu einer geänderten oder neuen Unterhaltsentscheidung führen kann, diese aber ohne Auswirkungen auf die bestehende Unterhaltsentscheidung ist. Auf diese Weise wird die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen verringert 67 . Zudem wird auch der vereinfachten Abänderung von Urteilen in anderen Staaten vorgebeugt. Dieselben Vorteile würden sich aber auch ohne die Vorschrift des Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO im Hinblick auf die Abänderung einer Entscheidung ergeben, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem sich die berechtigte Person weiterhin aufhält. Die Zuständigkeit für die Abänderungsklage des Unterhaltsverpflichteten würde in diesem Fall in Anwendung des 65 Deutscher Richterbund, Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch „Unterhaltspflichten“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 15.4.2004 KOM(2004) 254 endgültig (September 2004), zu Frage 2 b; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (380). 66 Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (249). 67 Vgl. Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (50); Hau, Die Zuständigkeitsgründe der Europäischen Unterhaltsverordnung, FamRZ 2010, 516 (518).

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Kapitel 3: Zuständigkeit

Art. 3 UnterhaltsVO neu bestimmt. Damit wäre sowohl i.S.d. Art. 3 lit. a UnterhaltsVO als auch i.S.d. Art. 3 lit. b UnterhaltsVO das Gericht des Ortes zuständig, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO legt zwar nicht ausdrücklich fest, welches Gericht für eine Abänderungsentscheidung zuständig ist. Im Umkehrschluss ergibt sich aber, dass für eine entsprechende Entscheidung das bzw. die Gerichte in dem Staat zuständig sein müssen, in dem die berechtigte Person weiterhin ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat68. Nach beiden Vorschriften wird damit zur Bestimmung der Zuständigkeit auf den gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person abgestellt. Insoweit kommt Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO lediglich eine klarstellende Funktion zu. Weitergehende Bedeutung hat die Regelung jedoch im Hinblick auf Entscheidungen, die in einem Vertragsstaat des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 ergangen sind und deren Abänderung durch die verpflichtete Person begehrt wird, da Art. 3 UnterhaltsVO auf solche Entscheidungen nicht anzuwenden ist. Zur Vermeidung sich widersprechender Entscheidungen ist Art. 8 Abs. 1 UnterhaltsVO daher erforderlich. Darüber hinaus stellen die Ausnahmeregelungen des Art. 8 Abs. 2 UnterhaltsVO eine gerechtfertigte Einschränkung des exklusiven Gerichtsstandes des Absatz 1 dar. Wie bereits bei Art. 18 Abs. 2 HUÜ 2007 dargestellt, wahren die Art. 8 Abs. 2 lit. a und lit. b UnterhaltsVO die Parteiautonomie, während Art. 8 Abs. 2 lit. c und lit. d UnterhaltsVO notwendig sind, um die verpflichtete Person nicht schutzlos zu stellen, sondern die Abänderung einer Entscheidung bzw. das Herbeiführen einer neuen Entscheidung zu ermöglichen. III. Zusammenfassung Art. 18 HUÜ 2007 und Art. 8 UnterhaltsVO entsprechen sich fast vollständig und enthalten eine „negative Zuständigkeitsregelung“ für Abänderungsklagen. Die Aufnahme der Vorschriften in die jeweiligen Rechtsinstrumente ist zu begrüßen, da durch die Festlegung eines dauerhaften exklusiven Gerichtsstands sich widersprechenden Entscheidungen vorgebeugt wird und die Neuregelungen der vereinfachten Abänderung von Unterhaltsentscheidungen in anderen Staaten entgegenstehen.

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s. auch Erwägungsgrund 17 UnterhaltsVO.

F. Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO

F.

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Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO

Rechtshängigkeit gem. Art. 27 EuGVO

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Die Regelung der Rechtshängigkeit in Art. 27 EuGVO bereitet Schwierigkeiten. Ruft beispielsweise eine der Parteien in Abweichung von einer bestehenden Gerichtsstandsvereinbarung zuerst ein anderes mitgliedstaatliches Gericht an, folgt aus Art. 27 Abs. 1 EuGVO, dass das später angerufene – das eigentlich durch die Gerichtsstandsvereinbarung gewählte – Gericht abwarten muss, bis sich das zuerst angerufene Gericht für unzuständig erklärt hat 69. Das bringt einen zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwand mit sich und hat erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge70. II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente Das Problem im Hinblick auf die Rechtshängigkeit in Art. 27 EuGVO wurde durch die Unterhaltsverordnung nicht gelöst. Art. 12 UnterhaltsVO übernimmt die Regelung des Art. 27 EuGVO fast wortgleich, sodass die Schwierigkeiten eines zusätzlichen Zeit- und Kostenaufwands und erheblicher Rechtsunsicherheit bestehen bleiben71.

G. Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen ohne internationalen Bezug Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit

I. Überblick über Art. 3 UnterhaltsVO Art. 3 UnterhaltsVO legt – wie bereits ausgeführt72 – vier konkurrierende Gerichtsstände für Unterhaltsentscheidungen fest. Dabei regelt Art. 3 UnterhaltsVO neben der internationalen Zuständigkeit auch die örtliche Zuständigkeit. Das ergibt sich aus der Formulierung „zuständig für Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Mitgliedstaaten ist das Gericht des Ortes73 […]“. In der Vorschrift ist jedoch nicht festgelegt, wo der Antrags69

Vgl. auch EuGH vom 9. Dezember 2003, Rs. C-116/02 (Gasser/MISAT), Slg. 2003, I-14693, Tz. 42 ff. 70 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bericht der Kommission an das europäische Parlament, den Rat und den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM(2009) 174 endgültig, S. 6; vgl. Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3244. 71 Linke, Die Europäisierung des Unterhaltsverfahrensrechts, FPR 2006, 237 (238). 72 s. oben A. II. 2. a). 73 Hervorhebung durch die Verfasserin.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

gegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt haben muss, wenn die örtliche Zuständigkeit bestimmt wird. Daher ist es denkbar, dass dieser in einem anderen Mitgliedstaat74, in demselben Mitgliedstaat75 oder in einem Drittstaat76 liegen kann. II. Kritik Wie Art. 3 UnterhaltsVO bestimmt auch Art. 5 Nr. 2 EuGVO sowohl die internationale Zuständigkeit als auch die örtliche Zuständigkeit 77 . Allerdings sind in letztgenannter Vorschrift durch die Formulierung „eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen78 Mitgliedstaat verklagt werden“ reine Binnensachverhalte unzweifelhaft ausgeschlossen 79 . Eine vergleichbare Formulierung findet sich in Art. 3 UnterhaltsVO nicht. Das erweckt den Eindruck, Art. 3 UnterhaltsVO regle die internationale und die örtliche Zuständigkeit unabhängig davon, ob eine Unterhaltsstreitigkeit mit internationalem Bezug vorliege oder nicht. Das kann aber nicht beabsichtigt gewesen sein80. Es ist unproblematisch, dass Art. 3 UnterhaltsVO die internationale und örtliche Zuständigkeit für die grenzüberschreitende Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs regelt. Ebenso unproblematisch ist die Festlegung der internationalen Zuständigkeit in reinen Inlandsfällen durch Art. 3 UnterhaltsVO, denn auch Art. 2 Abs. 1 EuGVO kann Grundlage für die inter74 Der Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates war bislang für die besondere Zuständigkeit nach Art. 5 Nr. 2 EuGVO Anwendungsvoraussetzung. 75 Dörner, Der Vorschlag für eine europäische Verordnung zum Internationalen Unterhalts- und Unterhaltsverfahrensrechts, in: Menckhaus/Sato, Japanischer Brückenbauer zum deutschen Rechtskreis, Festschrift für Koresuke Yamauchi zum 60. Geburtstag (2006), 81 (86). Dies war nach der besonderen Zuständigkeitsregelung des Art. 5 Nr. 2 EuGVO nicht möglich. 76 Erwägungsgrund 15 UnterhaltsVO. Dies entspricht der Tendenz des Europäischen Gerichtshofs, der die Anwendung der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung auf Drittstaatenfälle ausdehnt, vgl. Hess, Neue Rechtssetzungsakte und Rechtssetzungsmethoden im Europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 183 (205). 77 Dörner, in: Eschenbruch/Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess (2009), 8.2 Rn. 14; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 4; Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3214. 78 Hervorhebung durch die Verfasserin. 79 Czernich, in: Czernich/Tiefenthaler/Kodek, Kurzkommentar Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht (2003), Art. 5 Rn. 2; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 5 Brüssel I-VO Rn. 5. 80 Auch Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 3 EG-UntVO Rn. 15 ff.; Gruber, Die neue EGUnterhaltsverordnung, IPRax 2010, 128 (132 f.); Maue, Die Zerrüttungsscheidung im deutschen und französischen Recht unter Einschluss des Internationalen Privatrechts (2009), 171.

G. Kritische Anmerkungen zur Regelung der örtlichen Zuständigkeit

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nationale Zuständigkeit reiner Binnensachverhalte sein81. Jedoch ist auszuschließen, dass mit Art. 3 UnterhaltsVO auch die örtliche Zuständigkeit in Unterhaltsstreitigkeiten ohne jeglichen Auslandsbezug normiert werden sollte. Die Lösung dieses Problems könnte folglich in einer teleologischen Reduktion des Art. 3 UnterhaltsVO dahingehend liegen, dass die örtliche Zuständigkeit in reinen Inlandsfällen von der Regelung nicht erfasst ist. Ansonsten wäre Art. 3 UnterhaltsVO nicht mehr von der Kompetenzgrundlage des Art. 61 lit. c i.V.m. Art. 65 lit. b EG gedeckt, auf der die Unterhaltsverordnung basiert. Nach dieser kann der Gemeinschaftsgesetzgeber nur Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen erlassen, die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind und die Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten betreffen. Hierzu zählen auch Regelungen zur internationalen und örtlichen Zuständigkeit82. Für die Annahme, Art. 3 UnterhaltsVO regle auch die örtliche Zuständigkeit rein innerstaatlicher Fälle, fehlen folglich der für Art. 65 lit. b EG notwendige grenzüberschreitende Bezug und die Erforderlichkeit der Regelung für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes. Die Regelung wäre damit nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Sie würde einen gravierenden Eingriff in die Regelungskompetenz der Mitgliedstaaten im Bereich des Prozessrechts darstellen83. Das kann nur durch eine teleologische Reduktion des Art. 3 UnterhaltsVO verhindert werden.

81 Vgl. Aull, Der Geltungsanspruch des EuGVÜ: „Binnensachverhalte“ und Internationales Zivilverfahrensrecht in der Europäischen Union – Zur Auslegung von Art. 17 Abs. 1 S. 1 EuGVÜ (1996), 89 f.; Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 2 Rn. 102; Schulte-Beckhausen, Internationale Zuständigkeit durch rügelose Einlassung im Europäischen Zivilprozeßrecht (1994), 133. 82 Vgl. Bergmann, in: Lenz/Borchardt, EU- und EG-Vertrag, Art. 65 EGV Rn. 6; Röben, in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union (Stand: 38. EL 2009), Art. 65 Rn. 8; Rossi, in: Callies/Ruffert, EUV/EGV (2007), Art. 65 Rn. 16; Wiedmann, in: Schwarze, EU-Kommentar (2000), Art. 65 EGV Rn. 15. 83 Bundesrat, Beschluss des Bundesrates – Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, BR-Drucks. 30/06 vom 19. Mai 2006, 6; Rauscher, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einf. EG-UnterhaltsVO-E Rn. 11.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

H. Kritische Anmerkungen zum Anknüpfungspunkt des Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO Kritische Anmerkungen zu Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO

I. Überblick über Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO Art. 4 UnterhaltsVO enthält Regelungen, die bei der Vereinbarung eines Gerichtsstandes zu beachten sind. Dabei legt Art. 4 Abs. 1 UnterhaltsVO bestimmte Anknüpfungspunkte fest, anhand derer die Parteien den Gerichtsstand einvernehmlich bestimmen können84. Hierbei kann es sich im Hinblick auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten bzw. früheren Ehegatten unter anderem gem. Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO um das Gericht bzw. die Gerichte eines Mitgliedstaates handeln, in dem die Ehegatten mindestens ein Jahr lang ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. II. Kritik Bei wörtlicher Auslegung der Neuregelung ist es folglich Ehegatten, die über Jahre hinweg an einem Ort gelebt haben und anschließend elf Monate ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat hatten, nicht möglich, eine Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO zu treffen. Grund dafür ist, dass der letzte gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt das zeitliche Erfordernis der Vorschrift nicht erfüllt. Der diesem vorausgehende gemeinsame gewöhnliche Aufenthalt hätte zwar lange genug angedauert, hierbei handelt es sich aber eben nicht um den letzten Aufenthalt der Ehegatten85. Das gleichzeitige Abstellen auf das zeitliche Kriterium und den letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt der (Ex-) Ehegatten bereitet damit in diesen Fällen erhebliche Schwierigkeiten. Da es sich aber bei Art. 4 Abs. 1 lit. c UnterhaltsVO um eine Vorschrift handelt, die speziell auf (Ex-) Ehegatten zugeschnitten ist, ist ihnen für die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Gerichts ein Rückgriff auf die in Art. 4 Abs. 1 lit. a und lit. b UnterhaltsVO enthaltenen Kriterien, die für Gerichtsstandsvereinbarungen sonstiger Personen gelten, verwehrt 86 . Sie können damit in Fällen wie dem oben geschilderten keine Gerichtsstandsvereinbarung für das Gericht bzw. die Gerichte eines Mitgliedstaates treffen, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Das stellt eine ungerechtfertigte Benachteiligung der (Ex-)Ehegatten dar, da für sie ledig84

Erwägungsgrund 19 UnterhaltsVO. Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (249). 86 Anders Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 4 EG-UntVO Rn. 48; Gruber, Die neue EGUnterhaltsverordnung, IPRax 2010, 128 (133). 85

I. Kritische Anmerkungen zu Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO

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lich die Möglichkeit verbleibt, einen Gerichtsstand i.S.d. Art. 4 Abs. 1 lit. c i UnterhaltsVO bei dem Gericht zu vereinbaren, das für Streitigkeiten zwischen ihnen in Ehesachen zuständig ist. Im Rahmen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung stellt sich dieses Problem hingegen nicht. Denn nach Art. 23 EuGVO ist für eine entsprechende Vereinbarung lediglich Voraussetzung, dass mindestens eine der Parteien ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, ohne dass hierzu ein bestimmter zeitlicher Rahmen vorgeben ist. Nach dieser Regelung könnten die (Ex-)Ehegatten folglich auch in dem oben dargestellten Fall einen Gerichtsstand, beispielsweise an ihrem letzten gemeinsamen Wohnsitz, vereinbaren. Damit würden sie gegenüber den sonstigen Personen, die eine Gerichtsstandsvereinbarung abschließen können, nicht benachteiligt. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn eine entsprechende Möglichkeit ohne ein zeitliches Erfordernis in der Unterhaltsverordnung beibehalten worden wäre. Da das nicht der Fall ist, lässt sich konstatieren, dass Art. 4 Abs. 1 lit. c ii UnterhaltsVO gegenüber der bisherigen Rechtslage einen Rückschritt darstellt.

I.

Kritische Anmerkungen zur völkerrechtlichen Problematik von Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO

Kritische Anmerkungen zu Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO

I. Überblick über Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO Nach Art. 4 Abs. 4 UnterhaltsVO kann ein Gerichtsstand auch bei einem Gericht bzw. bei den Gerichten eines Staates, der dem Luganer Übereinkommen angehört, aber kein EU-Mitgliedstaat ist, wirksam begründet werden. Wurde eine entsprechende Vereinbarung getroffen, findet das Luganer Übereinkommen Anwendung 87 . Das gilt gem. Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO jedoch nicht für Streitigkeiten über Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. II. Kritik Im Rahmen einer Gerichtsstandsvereinbarung gem. Art. 4 Abs. 4 UnterhaltsVO ist der Ausschluss von Zuständigkeitsvereinbarungen gegenüber einem Kind, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, völkerrechtlich problematisch. Denn außer in Fällen, in denen die Zuständigkeit durch die rügelose Einlassung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen in das Verfahren vor dem vereinbarten Gericht i.S.d. Art. 5 Un87

Eine entsprechende Regelung findet sich hingegen in Art. 23 EuGVO, der die Vereinbarung über die Zuständigkeit betrifft, nicht.

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Kapitel 3: Zuständigkeit

terhaltsVO erfolgt, stellt sich das Problem, dass dieser Ausschluss Auswirkungen auf das Luganer Übereinkommen gegenüber Dänemark, Norwegen, Island und der Schweiz 88 hat. Die Ursache hierfür liegt darin, dass Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz Unterhaltsverordnung Einfluss auf eine Gerichtsstandsvereinbarung nimmt, auf die das Luganer Übereinkommen anwendbar ist 89 . Das Luganer Übereinkommen enthält bislang aber keine Art. 4 Abs. 4 letzter Halbsatz UnterhaltsVO entsprechende Regelung. Zur Lösung dieses Konflikts ist angedacht, Anfang 2010 mit der Ausarbeitung eines Zusatzprotokolls zum Luganer Übereinkommen zu beginnen90. Sollten die Verhandlungen hierzu jedoch nicht bis zum 18. Juni 2011 91 abgeschlossen sein, ergibt sich bei einer Gerichtsstandsvereinbarung bei einer Streitigkeit über eine Unterhaltspflicht gegenüber einem Kind, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, folgender Konflikt: entscheidet das angerufene Gericht aufgrund der Zuständigkeitsvereinbarung nach dem Luganer Übereinkommen (Art. 23 LugÜ), verstößt es im Verhältnis zur Europäischen Union gegen Art. 4 Abs. 4 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 UnterhaltsVO; erachtet das angerufene Gericht die Gerichtsstandsvereinbarung i.S.d. Art. 4 Abs. 4 UnterhaltsVO für unzulässig, handelt es entgegen der Regelungen des Luganer Übereinkommens92. Die Verhandlungen zu einem Zusatzprotokoll zum Luganer Übereinkommen sollten daher spätestens bis zum 18. Juni 2011 abgeschlossen sein.

J.

Ergebnis

Ergebnis

In das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 sind keine Regelungen zur direkten Zuständigkeit einbezogen, sodass für die Bestimmung der Zuständigkeit das autonome einzelstaatliche Recht maßgeblich ist. Die daraus resultierende Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen und eines „forum shoppings“ mit erheblichen Auswirkungen auf die Rechtssicherheit bleibt bestehen. Lediglich durch die neu aufgenommene „negative Zuständigkeitsregel“ in Art. 18 Abs. 1 HUÜ 2007 kann dadurch, dass ein dauerhafter 88

Das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen vom 30. Oktober 2007 (Luganer Übereinkommen) ist am 01. Januar 2010 zwischen den EU-Staaten, Dänemark und Norwegen in Kraft getreten. Für Island und die Schweiz wird es voraussichtlich am 01. Januar 2011 in Kraft treten. 89 Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 4 EG-UntVO Rn. 63. 90 Schöll, Schreiben an die Verfasserin vom 16. Dezember 2009. 91 Ab diesem Datum wird die Unterhaltsverordnung vollständig Anwendung finden (Art. 76 UAbs. 3 UnterhaltsVO). 92 Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (248).

J. Ergebnis

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exklusiver Gerichtsstand für eine typische Fallkonstellation bei Abänderungsklagen geschaffen wird, zumindest einigen widersprüchlichen Entscheidungen vorgebeugt werden. Dies stellt die einzige Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtslage im Hinblick auf die Bestimmung der Zuständigkeit dar. Im Unterschied dazu konnten durch die neuen Zuständigkeitsvorschriften in der Unterhaltsverordnung wesentliche Verbesserungen erzielt werden. Die tiefgreifenden Schwierigkeiten, die bei den bislang geltenden Rechtsinstrumenten bestanden haben, wurden überwiegend gelöst. Lediglich das Problem im Rahmen des Art. 27 EuGVO wurde aufgrund der fast wortgleichen Formulierung in Art. 12 UnterhaltsVO auf diese Vorschrift übertragen. Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass die neuen Zuständigkeitsbestimmungen in der Unterhaltsverordnung positiv zu bewerten sind. Das gilt trotz einiger kritisch zu betrachtenden Neuregelungen, die aber im Vergleich zu den positiven Aspekten nicht schwer wiegen. Die neuen Vorschriften zur Zuständigkeit in der Unterhaltsverordnung erleichtern die Rechtsanwendung und tragen zu größerer Rechtssicherheit bei.

Kapitel 4

Anwendbares Recht Für die grenzüberschreitende Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs kommen aufgrund des Auslandsbezugs mehrere Rechtsordnungen in Betracht, die auf eine Unterhaltssache anwendbar sein können. Da die einzelstaatlichen Vorschriften des Unterhaltsrechts zum Teil erheblich voneinander abweichen, kann es für die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs entscheidend sein, welches Recht auf die jeweilige Unterhaltssache anzuwenden ist. Diesen Konflikt der Rechtsordnungen löst das Kollisionsrecht, das bestimmt, welche Rechtsordnung für den konkreten Sachverhalt zur Anwendung berufen ist1. Hierbei dienen die Kollisionsnormen, d.h. Normen, die Verweisungs- oder Anknüpfungsregeln enthalten, der Auswahl einer von mehreren in Betracht kommenden materiellen Rechtsordnungen2. Im Bereich des Unterhaltsrechts finden sich bislang lediglich auf internationaler Ebene Rechtsinstrumente, die vereinheitlichte Kollisionsnormen enthalten. Dabei handelt es sich um die Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1965 und 1973. Auf europäischer Ebene fehlt hingegen ein entsprechendes Pendant, das die Bestimmungen über das anwendbare Recht vereinheitlichen würde. Im Rahmen der folgenden Untersuchung werden die Kollisionsnormen der bislang bestehenden Rechtsinstrumente und des neuen Haager Unterhaltsprotokolls, auch im Hinblick auf die EU-Mitgliedstaaten, betrachtet. Zu diesem Zweck erfolgt eine Untergliederung in wichtige ungeklärte rechtliche Fragestellungen, die sich im Rahmen der bisher geltenden Rechtsinstrumente stellen. Nach deren Darstellung erfolgt jeweils eine Untersuchung der Veränderungen, die sich die Neuregelungen ergeben haben. Diese Untersuchung beginnt mit einem Überblick über die jeweils relevante(n) neue(n) Vorschrift(en), dem sich die Erörterung der Frage anschließt, ob bzw. inwieweit die bestehenden Schwierigkeiten gelöst werden konnten. 1

von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 1 Rn. 34; Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 1 III 2; Rauscher, Internationales Privatrecht (2009), § 1 Rn. 1. 2 von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 4 Rn. 1; Rauscher, Internationales Privatrecht (2009), § 2 Rn. 157.

A. Anknüpfungspunkte

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Außerdem wird kritisch hinterfragt, ob und gegebenenfalls welche neuen Probleme durch die neuen kollisionsrechtlichen Regelungen auftreten können.

A. Anknüpfungspunkte Anknüpfungspunkte

I. Anknüpfungsreihenfolge 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Kann eine unterhaltsberechtigte Person nach dem an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt maßgeblichen innerstaatlichen Recht (Art. 4 UStA) keinen Unterhalt erhalten, greift gem. Art. 5 UStA subsidiär das Recht des Staates ein, dem die berechtigte und die verpflichtete Person gemeinsam angehören. Nach diesem Recht richten sich dann die in Art. 1 UStA genannten Unterhaltspflichten. Allerdings ergeben sich aufgrund dieser subsidiären Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien auf zweiter Stufe der Anknüpfungskaskade (Art. 4 bis 6 UStA) einige Schwierigkeiten. Zum einen kann die Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit im Hinblick auf den Kindesunterhalt in Fällen, in denen das außerhalb einer Ehe geborene Kind nicht dieselbe Staatsangehörigkeit wie sein Vater erwirbt – was nach vielen Rechtsordnungen der Fall ist3 – diskriminierend wirken4. Für dieses Kind ergibt sich mangels gemeinsamer Staatsangehörigkeit mit dem Vater keinerlei Unterhaltsanspruch aus Art. 5 UStA; hingegen steht einem ehelich geborenen Kind nach dieser Vorschrift ein Unterhaltsanspruch zu. Zum anderen stellt die Anknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht auch in sonstigen Fällen eine Privilegierung lediglich der Unterhaltsberechtigten dar, die dieselbe Staatsangehörigkeit wie die verpflichtete Person besitzen5. Alle anderen unterhaltsberechtigten 3 Z.B. in Österreich gem. § 7 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die österreichische Staatsbürgerschaft oder in der Schweiz gem. Art. 1 Abs. 1 lit. b des Bundesgesetzes über den Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts. 4 Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376); Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (418). 5 Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Work. Doc. No 13E, S. 6; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (343); Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 74. Bereits Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 144.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

Personen werden durch die subsidiäre sekundäre Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit benachteiligt. Darüber hinaus ist im Rahmen der Anknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht auf zweiter Stufe der Anknüpfungskaskade zu kritisieren, dass infolge dieser Regelung das zuständige Gericht in einigen Fällen ausländisches Recht anwenden muss, obwohl nach dem Recht des Gerichtsstandes möglicherweise unzweifelhaft ein Unterhaltsanspruch gegeben wäre 6 . Die Ermittlung ausländischen Rechts ist für ein Gericht in der Regel sehr aufwendig, beansprucht viel Zeit und ist kostenintensiv. Das wirkt sich für den Unterhaltsberechtigten nachteilhaft aus. Er ist unter Umständen dringend auf die Durchsetzung seines Unterhaltsanspruchs und damit den Erhalt von Unterhaltszahlungen angewiesen. Verzögerungen bei der grenzüberschreitenden Geltendmachung einer Unterhaltsforderung sollten daher möglichst vermieden werden. Diese können aber gerade über den „Umweg“ der sekundären Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit zur Bestimmung des anwendbaren Rechts entstehen. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Überblick über Art. 3, 4 HUP 2007 Die allgemeine Vorschrift in Bezug auf das anzuwendende Recht in Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 orientiert sich an Art. 4 UStA, ist aber restriktiver als letztere Regelung ausgestaltet. Gem. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 ist für Unterhaltspflichten das Recht des Staates maßgebend, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, „soweit in diesem Protokoll nichts anderes bestimmt ist“. Eine Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 vorrangige Bestimmung enthalten beispielsweise Art. 4 Abs. 3 HUP 2007 zugunsten bestimmter berechtigter Personen oder die Rechtswahlmöglichkeiten in Art. 7 und 8 HUP 2007. Des Weiteren legt Art. 3 Abs. 2 HUP 2007 fest, dass das grundsätzlich geltende Aufenthaltsstatut der berechtigten Person i.S.d. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 nicht starr, sondern durch einen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts wandelbar ist7. Zur Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts finden sich neben der allgemeinen Regel des Art. 3 HUP 2007 in Art. 4 HUP 2007 besondere Regeln zugunsten bestimmter berechtigter Personen. Für 6 Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (418). Zu den Schwierigkeiten s. auch Kammergericht, Urteil vom 23. Juli 1987, zitiert nach Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Fn. 27. 7 Diese Regelung findet sich ebenfalls in Art. 4 Abs. 2 UStA.

A. Anknüpfungspunkte

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diese in Art. 4 Abs. 1 HUP 2007 aufgezählten Personengruppen enthalten die Absätze 2 bis 4 des Artikels 4 HUP 2007 privilegierende Anknüpfungsmöglichkeiten. Hierbei ist zwischen den subsidiären Anknüpfungen der Art. 4 Abs. 2 und Abs. 4 Var. 2 HUP 2007 einerseits und denjenigen in Art. 4 Abs. 3 und Abs. 4 Var. 3 HUP 2007 andererseits zu unterscheiden. Kann die berechtigte Person von der verpflichteten Person nach dem in Art. 3 HUP 2007 vorgesehenen Recht keinen Unterhalt erhalten, bestimmt sich das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht sekundär nach Art. 4 Abs. 2 HUP 2007. Ist es der berechtigten Person auch nach dem Recht, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt („lex fori“, Art. 4 Abs. 2 HUP 2007), nicht möglich, Unterhalt zu erhalten, greift auf dritter Stufe Art. 4 Abs. 4 HUP 2007 ein. Der Unterhalt richtet sich dann nach dem Recht des Staates, dem die berechtigte und die verpflichtete Person gemeinsam angehören. Die Art. 3, 4 Abs. 2 und Abs. 4 HUP 2007 bilden damit eine Anknüpfungskaskade 8. Neben dieser Anknüpfungsleiter stellt die Sonderanknüpfung des Art. 4 Abs. 3 HUP 2007 den Ausgangspunkt einer weiteren Anknüpfungskaskade dar. Als Ausnahme zur allgemeinen Regel in Bezug auf das anzuwendende Recht des Art. 3 HUP 2007 bestimmt sich gem. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 HUP 2007 das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht primär nach der „lex fori“. Sollte die berechtigte Person danach keinen Unterhalt erhalten können, findet auf zweiter Stufe das Recht des Staates Anwendung, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 4 Abs. 3 Satz 2 HUP 2007). Steht ihr auch nach diesem Recht kein Unterhalt zu, greift schließlich das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien i.S.d. Art. 4 Abs. 4 HUP 2007 ein. b) Änderung der Anknüpfungsleiter in Bezug auf Unterhaltspflichten Die Grundanknüpfung zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts ist sowohl nach dem Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 als auch nach dem neuen Haager Unterhaltsprotokoll in der Regel 9 der gewöhnliche Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten (Art. 4 Abs. 1 UStA bzw. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007). Während das Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 in Fällen, in denen die Grundanknüpfung zu keinem Unterhaltsanspruch führt, subsidiär an das Recht der gemeinsamen Staats8 Auch die Art. 4, 5 und 6 des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 bilden eine Anknüpfungsleiter, allerdings mit einer umgekehrten Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungen in Art. 5 und Art. 6 UStA. 9 Eine Ausnahme hierzu ergibt sich im Haager Unterhaltsprotokoll aus Art. 4 Abs. 3. Nach dieser Regelung findet primär das Recht des Ortes Anwendung, an dem die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das gilt jedoch nur in dem besonderen Fall, dass die berechtigte Person die zuständige Behörde des Aufenthaltsstaates der verpflichteten Person angerufen hat.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

angehörigkeit (Art. 5 UStA), und sollte die berechtigte Person auch nach diesem Recht keinen Unterhalt von der verpflichteten Person erhalten, schließlich an das innerstaatliche Recht der angerufenen Behörde („lex fori“, Art. 6 UStA) anknüpft, wird die subsidiäre Anknüpfungsreihenfolge im Haager Unterhaltsprotokoll umgekehrt. Das Recht des Gerichtsstandes steht nunmehr an zweiter Stelle (Art. 4 Abs. 2 HUP 2007), das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit ist erst auf dritter Anknüpfungsstufe maßgeblich (Art. 4 Abs. 4 HUP 2007). Mit dieser Anknüpfungskaskade wird, wie bereits mit Art. 4 bis 6 UStA, das Ziel verfolgt, in Fällen, in denen das eigentlich zur Anwendung berufene Sachrecht einen Unterhaltsanspruch verneint, ein Ersatzrecht zur Verfügung zu stellen, nach dem der Unterhaltsanspruch möglichst bejaht werden kann10. Auf diese Weise wird der Unterhaltsberechtigte, der in der Regel die schwächere Partei einer grenzüberschreitenden Unterhaltsstreitigkeit ist, umfassend geschützt11. Ob die veränderte Anknüpfungsleiter im Haager Unterhaltsprotokoll insgesamt positiv zu bewerten ist, wird nachfolgend betrachtet. Dabei wird zunächst auf die Entscheidung eingegangen, die Grundanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts beizubehalten (unter aa)) und anschließend eine Bewertung hinsichtlich der umgekehrten Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungskriterien vorgenommen (unter bb)). aa)Beibehaltung der Grundanknüpfung Grund für die in Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 vorgesehene grundsätzliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts ist, dass auf diese Weise der Lebensbedarf, der durch den Unterhaltsanspruch gesichert werden soll und der wesentlich vom wirtschaftlichen und sozialen Umfeld des Unterhaltsberechtigten abhängig ist, am besten ermittelt werden kann12. Ein Unter10 Vgl. Beyer, Handlungsfelder der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Familienrecht – Die europäischen Verordnungsvorschläge zum internationalen Scheidungs- und Unterhaltsrecht, FF 2007, 20 (25); Henrich, Internationales Familienrecht (2000), § 5 II 1; von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 8 Rn. 91. 11 Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (375). 12 Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (198); Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 37; vgl. von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), Rn. 285; Hohloch, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch (2004), Art. 18 EGBGB Rn. 14; Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 1; S. Lorenz, in: Bamberger/Roth, Beck’scher Onlinekommentar (Stand: 01.02.2010), Art. 5 Rn. 13; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch

A. Anknüpfungspunkte

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haltsanspruch, der unter Berücksichtigung dieser Umstände bestimmt wurde, entspricht folglich in aller Regel bestmöglich den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten 13 . Gleichzeitig bewirkt die in Art. 3 HUP 2007 festgeschriebene Anknüpfung eine Gleichbehandlung aller Unterhaltsberechtigten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in demselben Staat haben. Unabhängig davon, welche Staatsangehörigkeit sie besitzen, findet aufgrund der Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort der berechtigten Person immer dasselbe Sachrecht Anwendung14. Ebenso korrespondiert in vielen Fällen das anwendbare Recht mit dem Recht, das am Ort des Gerichts gilt, das zur Entscheidung berufen ist. Das gilt zumindest im Hinblick auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union, da sich aus Art. 3 lit. b UnterhaltsVO die direkte internationale Zuständigkeit bei dem Gericht des Ortes ergibt, an dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat15. Für das zuständige Gericht bedeutet die Anwendung des eigenen Rechts eine Erleichterung, da ausländisches Recht nicht ermittelt und angewendet werden muss. bb)Veränderte Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungen Sollte der Unterhaltsberechtigte nach dem gem. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 maßgeblichen Recht von der verpflichteten Person keinen Unterhalt erhalten können, ist – sofern die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 1 HUP 2007 vorliegen – sekundär das Recht anzuwenden, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt („lex fori“, Art. 4 Abs. 2 HUP 2007). Erst auf dritter Stufe ist zur Bestimmung des anwendbaren Rechts auf das Recht des Staates zurückzugreifen, dem die Parteien gemeinsam angehören (Art. 4 Abs. 4 HUP

(2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 137. Bereits Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 138. 13 Vgl. von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 8 Rn. 89; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 136. 14 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 39; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (341); vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 1; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (175). 15 Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (342); Bonomi, Report of the Working Group on Applicable Law, Prel. Doc. No 22 of June 2006, Rn. 14; Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Rn. 14.

80

Kapitel 4: Anwendbares Recht

2007). Diese veränderte Anknüpfungsreihenfolge bewirkt eine Reduzierung der bisher vorhandenen Nachteile in der Anknüpfungskaskade des Vorgängerübereinkommens 16 . Durch die nunmehr in Art. 4 Abs. 2 HUP 2007 festgelegte subsidiäre Anknüpfung an die „lex fori“ auf zweiter Stufe werden mehrere positive Aspekte vereint: die Diskriminierung gegenüber den Unterhaltsberechtigten, die nicht dieselbe Staatsangehörigkeit wie die verpflichtete Person haben, wird durch die Verlagerung dieses Anknüpfungskriteriums auf die dritte Stufe geschwächt. Darüber hinaus entfällt vollständig das Problem, dass die zuständige Behörde ausländisches Recht anwenden muss, obwohl nach ihrem eigenen Recht unzweifelhaft ein Unterhaltsanspruch gegeben ist17. Infolge der Anknüpfung an die „lex fori“ kann der Rechtsanwender sein eigenes Recht anwenden und ist nicht zur Ermittlung und Anwendung ausländischen Rechts verpflichtet. Das stellt eine erhebliche Arbeitserleichterung für die zuständige Behörde dar, da oft die für die Auslegung des ausländischen Rechts notwendige Literatur nicht zur Verfügung steht. Die Anwendung des eigenen Rechts bedeutet mithin eine Verringerung des Zeit- und Kostenaufwands und ermöglicht dem Un16

Das entspricht auch der im internationalen Familienrecht zu beobachtenden Tendenz, nach der die Bedeutung der Staatsangehörigkeit zur Bestimmung des anwendbaren Rechts zurückgedrängt wird, vgl. Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (233); Hohloch, Kollisionsrecht in der Staatengemeinschaft – Zu den Strukturen eines internationalen Privat- und Verfahrensrechts in der Europäischen Union, in: Hohloch/Frank/Schlechtriem, Festschrift für Hans Stoll zum 75. Geburtstag (2001), 533 (549); Hohloch, Unterhaltsstatut und Rechtswahl, in: Coester/Martiny/SachsenGessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 401 (410); Mansel, Das Staatsangehörigkeitsprinzip im deutschen und gemeinschaftsrechtlichen Internationalen Privatrecht: Schutz der kulturellen Identität oder Diskriminierung der Person?, in: Jayme, Kulturelle Identität und Internationales Privatrecht (2003), 119 (123 f.). Teilweise wird sogar gefordert, die subsidiäre Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit gänzlich zu streichen, s. Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 980 (983); Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (418); Working Group on the Law Applicable, Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Rn. 20. Auch im Haager Unterhaltsprotokoll war nicht von Anfang an klar, ob eine Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit aufgenommen werden soll. Diese wurde zunächst von der Mehrheit der Staaten abgelehnt, s. Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Rn. 19. 17 Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Rn. 20; vgl. Andrae, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 4 HUntStProt Rn. 7.

A. Anknüpfungspunkte

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terhaltsberechtigten eine schnellere und kostengünstigere Unterhaltsentscheidung. Das leistet einen wichtigen Beitrag zu Praktikabilität und Rechtssicherheit18. Es lässt sich festhalten, dass durch die veränderte Reihenfolge der Anknüpfungskaskade im Haager Unterhaltsprotokoll die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung vereinfacht wird19. II. Eingreifen der subsidiären Anknüpfungen der Art. 5 und 6 UStA 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Im Rahmen der Art. 5 und 6 UStA ist umstritten, was unter der offenen Formulierung „kann der Berechtigte nach dem in Artikel […] vorgesehenen Recht vom Verpflichteten keinen Unterhalt erhalten“ zu verstehen ist. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass die in Art. 5 und 6 UStA vorgesehenen subsidiären Anknüpfungen nur eingreifen, wenn der berechtigten Person nach dem primär maßgeblichen Recht gegenüber der verpflichteten Person keinerlei Unterhalt zusteht20. Andere Autoren sehen hingegen die Voraussetzungen der Art. 5 und 6 UStA bereits als erfüllt an, wenn der Unterhaltsanspruch nach dem primären Anknüpfungsstatut beispielsweise geringer ausfällt oder die betreffende Art von Unterhalt nicht gewährt wird21. Diese Streitfrage hat zur Folge, dass nicht klar ist, wann die subsidiären Anknüpfungen der Art. 5 und 6 UStA anzuwenden sind. Auch dadurch wird die Rechtssicherheit beeinträchtigt.

18 Vgl. Dörner, Der Vorschlag für eine europäische Verordnung zum Internationalen Unterhalts- und Unterhaltsverfahrensrecht, in: Menkhaus/Sato, Japanischer Brückenbauer zum deutschen Rechtskreis, Festschrift für Koresuke Yamauchi zum 60. Geburtstag (2006), 81 (89 f.). 19 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 60; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (337); Bonomi, Report of the Working Group of Applicable Law, Prel. Doc. No 22 of June 2006, Rn. 19; Deutscher Richterbund, Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Gründbuch „Unterhaltspflichten“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 15.4.2004 KOM (2004) 254 endgültig (September 2004), zu Frage 12; vgl. Erwägungsgrund 14 zum UnterhaltsVO-Entwurf; Hess/Mack, Der Verordnungsvorschlag der EG-Kommission zum Unterhaltsrecht, JAmt 2007, 229 (231); Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 979 (983). 20 Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 45; Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3040; Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10 (2006), Art. 5 UnthPflUeb Rn. 117 ff.; Thorn, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (2010), Art. 18 EGBGB Rn. 9. 21 Jayme, Das neue IPR-Gesetz – Brennpunkte der Reform, IPRax 1986, 265 (268); Henrich, Internationales Familienrecht (2000), § 5 IV 2 c.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

2. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente Trotz der bestehenden Schwierigkeiten wurde die offene Formulierung der Art. 5 und 6 UStA in Art. 4 Abs. 2 bis 4 HUP 2007 übernommen. Man hätte stattdessen aber eher eine Formulierung wählen sollen, die klar zum Ausdruck bringt, unter welchen genauen Voraussetzungen die subsidiären Anknüpfungen der Art. 4 Abs. 2 bis 4 HUP 2007 Anwendung finden. Das hätte zur Stärkung der Rechtssicherheit beigetragen.

B.

Einheitliches Kollisionsrecht

Einheitliches Kollisionsrecht

Zwar finden sich auf internationaler Ebene mit den Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 Rechtsinstrumente, die das Kollisionsrecht vereinheitlichen, allerdings weisen diese Übereinkommen nur einen geringen Ratifikationsstand auf22. Zudem fällt auf, dass an das Übereinkommen keine Staaten gebunden sind, die dem „common law“– Rechtskreis zuzuordnen sind (dazu unter I. 1.). Auf europäischer Ebene bestimmt sich ebenfalls das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht nicht einheitlich (dazu unter II. 1.). I. Akzeptanz der Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen in Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Zwischen den Auffassungen der Staaten, die dem „civil law“–Rechtskreis angehören, und denjenigen des „common law“–Rechtskreises gibt es im Hinblick auf das anwendbare Recht beachtliche Unterschiede. Während in den Staaten, die dem „civil law“–Rechtskreis zuzuordnen sind, die Auffassung herrscht, dass die Anwendung fremden Rechts unproblematisch ist, besteht in den Staaten des „common law“–Rechtskreises23 die Ansicht, vor ihren eigenen Gerichten nur das nationale Recht anzuwenden24. Mit dieser 22 Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956: 14 Vertragsstaaten; Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973: 14 Vertragsstaaten (Stand: 7. Januar 2010). 23 Z.B.: in England und Wales, s. Europäisches Justizielles Netzwerk für Zivil- und Handelssachen, Unterhaltsansprüche, Frage 4, abrufbar unter http://ec.europa.eu /civiljustice/maintenance_claim/maintenance_claim_eng_de.htm#4 (Stand: 14. Januar 2010). 24 Patterson, Brussels Bulletin: Maintenance takes Centre Stage in Brussels, IFL 2007, 205 (206). Dies wird insbesondere durch die Antworten der einzelnen Staaten im Fragebogen deutlich, s. Special Commission, Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Annex 2 – Responses to the Questionnaire Relating to the Law Applicable to Maintenance Obligations, Fragen 1 und 2.

B. Einheitliches Kollisionsrecht

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elementar unterschiedlichen Grundhaltung lässt sich die geringe Anzahl an Vertragsstaaten in den Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen und insbesondere das Fehlen von Vertragsstaaten aus dem „common law“– Rechtskreis erklären. Aufgrund der Anknüpfungskaskade der Art. 4, 5 und 6 UStA, nach der für die Fälle, in denen der Unterhaltsberechtigte keinen Unterhalt nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts erlangen kann (Art. 4 UStA), zur Bestimmung des anwendbaren Rechts subsidiär auf das gemeinsame Heimatrecht der Parteien rekurriert wird (Art. 5 UStA), wird die Anwendung ausländischen Rechts begünstigt (s. A. II. 1.). Denn immer mehr Menschen haben ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat, der nicht mit dem Staat übereinstimmt, dem sie angehören. Folglich weichen häufig das eigene Recht des zuständigen Gerichts und das anwendbare Recht voneinander ab. Die Anwendung ausländischen Rechts ist aber für die Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, inakzeptabel. Sie bleiben daher den Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen fern, mit der Folge, dass das eigentliche Ziel dieser Rechtsinstrumente – eine möglichst weitreichende Vereinheitlichung des Kollisionsrechts – nicht erreicht werden kann. Vielmehr wird zur Bestimmung des anwendbaren Rechts auf internationaler Ebene auf autonome nationale Regelungen zurückgegriffen. Das Nebeneinander dieser verschiedenen einzelstaatlichen Vorschriften verkompliziert die Rechtsanwendung und beeinträchtigt die Rechtssicherheit, da nur schwer vorhersehbar ist, welches Recht Anwendung finden wird. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Überblick über Art. 4 HUP 2007 Wie bereits dargestellt25 enthalten Art. 4 Abs. 2 bis 4 HUP 2007 privilegierende Anknüpfungsmöglichkeiten für die in Art. 4 Abs. 1 HUP 2007 aufgezählten Personengruppen. b) Stärkere Einbeziehung der Staaten, die dem „common law“- Rechtskreis angehören Mit den Neuerungen im Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 sollen die Interessen der Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, stärker einbezogen und dadurch die Attraktivität des Übereinkommens gesteigert werden26. Diesem Ziel ist zumindest die Umkehrung der subsidiären Anknüpfungsreihenfolge zur Bestimmung des anwendbaren Rechts 25

s. oben A. I. 2. a). Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (52). 26

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

in Art. 4 Abs. 2 und Abs. 4 HUP 2007 in gewisser Hinsicht dienlich27. Für die Fälle, in denen die berechtigte Person nach der Grundanknüpfung gem. Art. 3 HUP 2007 von der verpflichteten Person keinen Unterhalt erhält, greift nunmehr subsidiär das Recht ein, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt (Art. 4 Abs. 2 HUP 2007). Die „lex fori“ ist damit unabhängig von der Staatsangehörigkeit an zweiter Stelle der Anknüpfungskaskade zur Bestimmung des anwendbaren Rechts zur Anwendung berufen. Diese Veränderung führt zu den bereits dargestellten Verbesserungen28. Sie bedingt insbesondere, dass das anwendbare Recht mit dem Recht, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt, übereinstimmt. Ein Gericht kann folglich sein eigenes Recht anwenden. Das entspricht genau der Auffassung der Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören. Durch diese Neuerung gewinnt das Haager Unterhaltsprotokoll mithin für diese Staaten an Attraktivität. Lediglich der in Art. 4 Abs. 4 HUP 2007 vorgesehene Rückgriff auf das Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der beiden Parteien auf dritter Stufe der Anknüpfungskaskade könnte die Attraktivität des neuen Übereinkommens schmälern. Diesem Umstand könnte aber nur durch einen Verzicht auf die Anknüpfung an das gemeinsame Heimatrecht der Parteien entgegengewirkt werden. Allerdings würde auf diese Weise dem Unterhaltsberechtigten eine Möglichkeit abgeschnitten, Unterhalt zu erhalten, sollte ihm dies nach dem zur Anwendung bestimmten Rechts der Anknüpfungen in Art. 3 und Art. 4 Abs. 2 HUP 2007 nicht möglich gewesen sein. Auch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 HUP 2007 trägt dem Ziel Rechnung, die Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, stärker in das Haager Unterhaltsprotokoll einzubeziehen und dadurch die Attraktivität des Übereinkommens zu erhöhen. Nach dieser Vorschrift ist in Abweichung von Art. 3 HUP 2007 primär die „lex fori“ zur Anwendung berufen, wenn die berechtigte Person die zuständige Behörde des Staates anruft, in dem der Unterhaltsverpflichtete seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Infolgedessen stimmt das anwendbare Recht mit dem Recht überein, das am Ort des angerufenen Gerichts gilt. Würde es diese Vorschrift nicht geben, müsste die angerufene Behörde das anwendbare Recht zunächst gem. Art. 3 Abs. 1 HUP 2007 bestimmen. Das hätte zur Folge, dass das Recht des Staates anzuwenden wäre, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Auf27 Eine Änderung der Grundanknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt gem. Art. 4 UStA stand nicht zur Disposition. Diese wurde vielmehr beibehalten und findet sich nunmehr in Art. 3 HUP 2007. Sie führt aber in vielen Fällen auch zur Anwendung der „lex fori“, da der Unterhaltsberechtigte zur grenzüberschreitenden Durchsetzung seiner Unterhaltsforderungen in den meisten Fällen das Gericht am Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes anrufen wird und dieses Gericht in der Regel auch international zuständig sein wird. 28 s. oben A. I. 2. b).

B. Einheitliches Kollisionsrecht

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enthalt hat. Das anwendbare Recht und die „lex fori“ würden mithin divergieren. Da die Anwendung ausländischen Rechts aber der Auffassung der Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, widerspricht, ist es zu begrüßen, dass Art. 4 Abs. 3 Satz 1 HUP 2007 in das Haager Unterhaltsprotokoll aufgenommen wurde. Allerdings wird die dadurch gewonnene Attraktivität des Übereinkommens wiederum durch die subsidiären Anknüpfungen in Art. 4 Abs. 3 Satz 2 HUP 2007 und Art. 4 Abs. 4 HUP 2007 geschwächt, da sie zur Anwendung fremden Rechts führen können. Diese subsidiären Anknüpfungen sind aber gleichzeitig notwendig, damit gesichert ist, dass der Unterhaltsberechtigte möglichst Unterhalt vom Verpflichteten erhalten kann. Insgesamt betrachtet, führen die Umkehrung der Anknüpfungskaskade in den Art. 3, 4 Abs. 2 und 4 HUP 2007 und die neue Regelung in Art. 4 Abs. 3 HUP 2007 dazu, dass die angerufene Behörde in mehr Fällen als bisher ihr eigenes Recht anwenden kann. Allerdings stimmen trotz dieser Veränderungen das anwendbare Recht und die „lex fori“ des angerufenen Gerichts eben nicht immer überein. Aufgrund der Beibehaltung der Grundanknüpfung an das Recht des Staates, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 3 HUP 2007), bleibt die Möglichkeit bestehen, dass die angerufene Behörde ausländisches Recht anwenden muss. Ebenso kann auch die Anknüpfung an die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Parteien (Art. 4 Abs. 4 HUP 2007) zur Anwendung fremden Rechts führen. Durch die Veränderungen wurde aber zumindest ein Beitrag dazu geleistet, die Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, stärker in die Kollisionsrechtsvereinheitlichung durch das Haager Unterhaltsprotokoll einzubeziehen. Inwieweit infolgedessen tatsächlich mehr Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis zuzuordnen sind, das Haager Unterhaltsprotokoll ratifizieren werden, bleibt abzuwarten. II. Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht bestimmt sich derzeit innerhalb der Europäischen Union nicht einheitlich, da ein entsprechendes Rechtsinstrument nicht besteht. Zur Bestimmung des anwendbaren Rechts finden daher im Verhältnis zu einigen EU-Mitgliedstaaten die Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 Anwendung, gegenüber anderen Mitgliedstaaten das autonome nationale Kollisionsrecht. Das führt unvermeidlich zu Divergenzen bei der Rechtsanwendung, sodass die Frage nach dem anwendbaren Recht rechtlich kaum vorhersehbar ist und daher für den Rechtsanwender in der Praxis Schwierigkeiten aufwirft.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Überblick über Art. 15 UnterhaltsVO Die Unterhaltsverordnung enthält keine eigenständigen, EU-internen Regelungen, die das anwendbare Recht betreffen, sondern verweist in der einzigen Bestimmung des Kapitels III – Art. 15 UnterhaltsVO – zur Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anwendbaren Rechts für die Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind 29 , auf jenes Protokoll. Inwiefern infolge dieser Neuerung die bestehenden Schwierigkeiten gelöst werden konnten, ist Gegenstand der folgenden Betrachtung. b) Einheitliches Kollisionsrecht innerhalb der Europäischen Union In den EU-Mitgliedstaaten bestimmt sich derzeit das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht nicht einheitlich (s. oben). Um den daraus resultierenden Schwierigkeiten entgegenzuwirken, hat man sich bei der Ausarbeitung der Unterhaltsverordnung dazu entschieden, das Unterhaltskollisionsrecht auf europäischer Ebene nach einheitlichen Regelungen zu bestimmen30. aa)Grundsätzliche Entscheidung zur einheitlichen Regelung des Unterhaltskollisionsrechts auf europäischer Ebene Das Unterhaltskollisionsrecht bestimmt sich auf europäischer Ebene nunmehr einheitlich nach den Vorschriften des Haager Unterhaltsprotokolls. Diese werden bereits durch den Abschluss des Haager Unterhaltsprotokolls durch die Union geltendes Gemeinschaftsrecht31. Dem Verweis in Art. 15 UnterhaltsVO auf das Haager Unterhaltsprotokoll kommt folglich nur eine deklaratorische Wirkung zu32. 29 Hierbei handelt es sich um alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich. Irland wird durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sein, s. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Abl. EU vom 12. Juni 2009, Nr. L 149/80; Erwägungsgrund 10 des Beschlusses des Rates vom 30. November 2009 über den Abschluss des Haager Protokolls vom 23. November 2009 über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, Abl. EU vom 16. Dezember 2009, Nr. L 331/17. 30 Erwägungsgrund 10 UnterhaltsVO. 31 Unter anderem EuGH vom 30. April 1974, Rs. 181/73 (Haegeman/Belgischer Staat), Slg. 1974, 449, Tz. 2/6; EuGH vom 16. Juni 1999, Rs. C-321/97 (Andersson/Schwedischer Staat), Slg. 1999, I-3551, Tz. 26; Tomuschat, in: von der Groeben/Schwarze, Kommentar zum EU-/EG-Vertrag (2003), Art. 300 EG Rn. 66 mit weiteren Nachweisen. 32 Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 15 EG-UntVO Rn. 15; Gruber, Die neue EG-

B. Einheitliches Kollisionsrecht

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Die Entscheidung dazu, auf europäischer Ebene das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht einheitlich zu regeln, ist umfassend zu begrüßen33. Für die EU-Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind, gilt infolgedessen ein einheitliches Unterhaltskollisionsrecht. Das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht wird mithin berechenbarer 34 . Aufgrund der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts können die Parteien des Unterhaltsverfahrens nunmehr in voller Kenntnis der Umstände des anwendbaren Rechts handeln, ohne sich mit unterschiedlichen nationalen Rechtssystemen oder internationalen Rechtsinstrumenten auseinandersetzen zu müssen. Zudem werden durch die Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts auf europäischer Ebene weitere Probleme vermieden. Das Fehlen einheitlicher Regelungen zum Unterhaltskollisionsrecht hätte insbesondere Auswirkungen auf die reibungslose Anwendung der Unterhaltsverordnung selbst, wenn das anwendbare Recht, als Teilaspekt der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung, gemeinschaftsrechtlich nicht geregelt wäre, während die sonstigen Bereiche (Zuständigkeit, behördliche Zusammenarbeit, Anerkennung und Vollstreckung) Bestandteil des Gemeinschaftsrechts wären35. Denn wenn das internationale Unterhaltskollisionsrecht in der nationalen Regelungskompetenz verblieben wäre, könnte die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nicht schnell, einfach und effektiv ablaufen, da je nach zuständiger Behörde unterschiedliches Recht anzuwenden gewesen wäre. Die Beschleunigung, die Vereinfachung und die Steigerung der Effektivität der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsforderungen stellen aber wesentliche Ziele dar, die mit der Schaffung der Unterhaltsverordnung verfolgt wurden. Diesen Zielen kann nur dadurch Rechnung getragen werden, dass auch das Unterhaltskollisionsrecht auf europäischer Ebene einheitlich geregelt ist.

Unterhaltsverordnung, IPRax 2010, 128 (129); Wagner, Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zehn Jahre nach der Vergemeinschaftung der Gesetzgebungskompetenz in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen – mit einem Rückblick auf die Verhandlungen zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen, RabelsZ 73 (2009), 215 (232). 33 Hingegen sieht Hellner, The Maintenance Regulation: A Critical Assessment of the Commission’s Proposal, in: Boele-Woelki/Sverdrup, European Challenges in Contemporary Family Law (2008), 343 (359; 377) die Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts auf europäischer Ebene eher kritisch. 34 Vgl. Boele-Woelki, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (233). 35 Vgl. Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 5936/08 JUSTCIV 20, Rn. 33.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

Neben diesen Aspekten ist zu beachten, dass die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts auf europäischer Ebene unabdingbare Voraussetzung für die Abschaffung des Exequaturverfahrens ist 36 . Allein die einheitliche Festlegung des Unterhaltskollisionsrechts führt zu der Sicherheit, dass unabhängig davon, welches Gericht zur Entscheidung über eine Unterhaltsdurchsetzung im Ausland berufen ist, immer dasselbe Recht zur Anwendung gelangt. Das leistet einen wichtigen Beitrag für die Vollstreckung einer in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat, ohne dass zuvor eine inhaltliche Prüfung dieser Entscheidung vorgenommen wird37. Für die Abschaffung des Exequaturverfahrens auf europäischer Ebene ist aber neben der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts auch dessen einheitliche Auslegung wichtig. Diese kann dadurch, dass das Haager Unterhaltsprotokoll durch den Abschluss durch die Gemeinschaft38, Bestandteil des Gemeinschaftsrechts wird und damit der Auslegungskompetenz des Europäischen Gerichtshofs gem. Art. 267 AEUV unterfällt39, für die Unterhaltsverordnung bestmöglich gewährleistet werden. bb)Vorteile der Geltung des Haager Unterhaltsprotokolls für die Gemeinschaft Im Entwurf zur Unterhaltsverordnung war zunächst vorgesehen, das Unterhaltskollisionsrecht durch eigenständige, EU-interne Regelungen festzulegen 40 . Das hätte aber zu Abgrenzungsproblemen zwischen der Unterhaltsverordnung und dem Haager Unterhaltsprotokoll geführt. Denn die 36

Vgl. Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 979 (980). 37 s. unten Kapitel 6 A. III. 2. b). 38 Erwägungsgrund 20 UnterhaltsVO. Zum „Werdegang“ des Vorschlags für einen Beschluss des Rates über den Abschluss des Protokolls über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht durch die Europäische Gemeinschaft, s. Kommisson der Europäischen Gemeinschaften, Stellungnahme der Europäischen Kommission zu, Antrag des Vereinigten Königreichs, sich der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen anzuschließen, KOM(2009) 181 vom 21. April 2009. 39 Wagner, Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zehn Jahre nach der Vergemeinschaftung der Gesetzgebungskompetenz in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen – mit einem Rückblick auf die Verhandlungen zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen, RabelsZ 73 (2009), 215 (232). 40 s. z.B.: Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2005) 649 endg. vom 15. Dezember 2005, Art. 12–21 UnterhaltsVO-Entwurf.

B. Einheitliches Kollisionsrecht

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meisten Vorschriften der beiden Rechtsinstrumente wären weitgehend deckungsgleich gewesen 41 . Zudem wären beide Rechtsinstrumente als „loi uniforme“ ausgestaltet gewesen mit der Folge, dass sie universelle Anwendbarkeit beansprucht hätten. Insbesondere dieser Umstand hätte dazu geführt, dass unklar gewesen wäre, wann welches Rechtsinstrument Anwendung gefunden hätte42. Dadurch wäre die Rechtsanwendung zusätzlich erschwert worden. Darüber hinaus hätte das Nebeneinander zweier nahezu identischer Rechtsinstrumente keinen Beitrag dazu leisten können, den „Dschungel“ an Rechtsinstrumenten, die für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung relevant sind, zu „lichten“. Auch die wörtliche Übernahme der Vorschriften des Haager Unterhaltsprotokolls in die Unterhaltsverordnung wäre mit Nachteilen verbunden gewesen. Die Gemeinschaft hätte hierzu den gleichen Text zweimal annehmen müssen, einmal im Rahmen der Unterhaltsverordnung und einmal im Rahmen des Haager Unterhaltsprotokolls. Konsequenz dieses Ansatzes wäre es gewesen, dass künftige Änderungen in den Bestimmungen im anwendbaren Recht, sei es in der Unterhaltsverordnung oder im Haager Unterhaltsprotokoll, zugleich in beiden Rechtsinstrumenten hätten erfolgen müssen, da sich anderenfalls wiederum Abgrenzungsprobleme hätten ergeben können. Mithin wären Änderungen in den kollisionsrechtlichen Vorschriften sehr schwierig und langwierig gewesen43. Aufgrund dieser Nachteile entschied man sich letztlich dazu, in der Unterhaltsverordnung zur Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts auf die Regelungen des Haager Unterhaltsprotokolls zurückzu-

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Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (52). Das lag daran, dass die Europäische Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten an den Verhandlungen der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zum Haager Unterhaltsprotokoll teilnahmen und die Haager Working Group on Applicable Law bei ihren Arbeiten die kollisionsrechtlichen Regelungen im Rahmen des Unterhaltsverordnungsentwurfs berücksichtigte, s. Bonomi, Report of the Working Group on Applicable Law, Prel. Doc. No 22 of June 2006, Rn. 6. 42 Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (198); Hellner, The Maintenance Regulation: A Critical Assessment of the Commission’s Proposal, in: Boele-Woelki/Sverdrup, European Challenges in Contemporary Family Law (2008), 343 (352); Maue, Die Zerrüttungsentscheidung im deutschen und französischen Recht unter Einschluss des Internationalen Privatrechts (2009), 205 f.; Paterson, Brussels Bulletin: Maintenance takes Centre Stage in Brussels, IFL 2007, 205 (206); Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 979 (986). Vgl. Fucik, Habemus Conventionem Protocollumque! Unterhaltsübereinkommen und –protokoll in Den Haag gezeichnet, iFamZ 2008, 56 (57). 43 Vgl. Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 5936/08 JUSTCIV 20, Rn. 20.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

greifen44. Diese finden durch den Abschluss des Haager Unterhaltsprotokolls durch die Europäische Union für die EU-Mitgliedstaaten Anwendung, sodass dem Verweis in Art. 15 UnterhaltsVO auf die Vorschriften des Haager Unterhaltsprotokolls insoweit nur deklaratorische Wirkung zukommt45. Diese Lösung vereint mehrere Vorteile in sich: aufgrund der identischen Regelungen werden Abgrenzungsprobleme vermieden und es wird eine nach außen wirkende Rechtseinheit geschaffen46. Das Kollisionsrecht bestimmt sich nunmehr in allen Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsprotokolls und den EU-Mitgliedstaaten (mit Ausnahme Dänemarks und des Vereinigten Königreichs) nach identischen Rechtsvorschriften. Damit ist bereits ein gewisser Schritt in Richtung der weltweiten Vereinheitlichung des Internationalen Privatrechts im Bereich der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung getan. Für die Parteien des grenzüberschreitenden Unterhaltsverfahrens bedeutet das eine vereinfachte Rechtsanwendung. Unabhängig davon, ob in einem Vertragsstaat des Haager Unterhaltsprotokolls oder einem Mitgliedstaat der Europäischen Union eine Behörde zur Entscheidung über eine grenzüberschreitende Unterhaltsforderung berufen ist, bestimmt sich das anwendbare Recht immer nach denselben Vorschriften. Auf diese Weise wird das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht vorhersehbarer, was auch zur Rechtssicherheit beiträgt. Darüber hinaus stellt sich bei dieser Lösung nicht das Problem, dass bei einer Änderung der Vorschriften in einem Rechtsinstrument diese zugleich auch in dem anderen Regelwerk vorgenommen werden müssten. Die Änderung einer Vorschrift des Haager Unterhaltsprotokolls führt vielmehr dazu, dass diese unmittelbar auch für die Bestimmung des anwendbaren Rechts im Rahmen der Unterhaltsverordnung gilt.

44 Das stand erstmals im Textvorschlag vom Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 10700/08 JUSTCIV 123 vom 23. Juni 2008, S. 14 fest. Zuvor wurde bereits in der Literatur gefordert, dass der europäische Gemeinschaftsgesetzgeber in der Unterhaltsverordnung keine eigenständigen Vorschriften zum anwendbaren Recht festsetzen sollte, s. z.B.: Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (202); Wagner, Der Wettstreit um neue kollisionsrechtliche Vorschriften im Unterhaltsrecht, FamRZ 2006, 979 (986); Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (420). 45 Wagner, Die Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zehn Jahre nach der Vergemeinschaftung der Gesetzgebungskompetenz in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen – mit einem Rückblick auf die Verhandlungen zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen, RabelsZ 73 (2009), 215 (232). 46 Rauscher, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einf. EGUnterhaltsVO Rn. 19; Roth/Egger, EU-Unterhaltsverordnung, ecolex 2009, 818 (819).

C. Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut

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3. Zusammenfassung Die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts, das für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene relevant ist, ist umfänglich zu begrüßen. Dabei ist insbesondere die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers hervorzuheben, auf eigenständige, EU-interne Regelungen zu verzichten und stattdessen das Haager Unterhaltsprotokoll abzuschließen. Durch den Beitritt der Gemeinschaft werden die Regelungen des Haager Unterhaltsprotokolls Bestandteil des Gemeinschaftsrechts. Infolge der nunmehr einheitlich geltenden Vorschriften zum Unterhaltskollisionsrecht auf europäischer und internationaler Ebene werden Abgrenzungsprobleme vermieden. Das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht wird zudem durch die Vereinheitlichung der Kollisionsnormen vorhersehbarer, was einen Beitrag zu einer höheren Rechtssicherheit leistet. Darüber hinaus ist die Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts unabdingbare Voraussetzung für die Abschaffung des Exequaturverfahrens auf europäischer Ebene.

C.

Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut

Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Art. 8 UStA enthält eine Sonderregelung im Hinblick auf das anzuwendende Recht für Ehegatten nach der Scheidung. Die Vorschrift legt fest, dass für die Unterhaltspflichten zwischen geschiedenen Ehegatten und für die Änderung von Entscheidungen über diese Pflichten das auf die Ehescheidung angewandte Recht maßgebend ist. Art. 8 UStA wird in vielerlei Hinsicht kritisiert47 und als „problematischste Vorschrift des Haager Un47

Zur Kritik s.: von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), Rn. 294; Boele-Woelki, Artikel 8 Haager Unterhaltsübereinkommen steht einer Rechtswahl nicht entgegen, IPRax 1998, 492 (494); Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (347); Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 80; Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376); Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 233; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194 ff.); Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (673 ff.); Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10 (2006), Art. 8 UnthPflUeb Rn. 163; Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525; Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 153; Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Über-

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

terhaltsstatutsübereinkommens von 1973“ 48 oder als „particular source of concern“ 49 bezeichnet. Dabei wird vor allem kritisiert, dass die Regelung nicht selten dazu führt, dass für eine in Deutschland lebende berechtigte Person ein Anspruch auf Unterhalt ausgeschlossen ist50. Grund dafür ist, dass dem Unterhaltsberechtigten, der nach dem Scheidungsstatut keinen Unterhalt erhalten kann, ein Rückgriff auf ein anderes Recht verwehrt ist, da die Sonderregelung des Art. 8 UStA die Art. 4 bis 6 UStA vollständig verdrängt 51 . Des Weiteren bedingt Art. 8 UStA, dass für den Unterhalt während der Ehe und der Zeit des Getrenntlebens einerseits und für den Unterhalt nach der Scheidung andererseits unterschiedliches Recht anwendbar sein kann. Für erstere Unterhaltspflichten ist i.S.d. Art. 4 bis 6 UStA primär das Recht am gewöhnlichen Aufenthaltsort des Unterhaltsberechtigten maßgeblich, während sich das Recht der Unterhaltspflichten nach der Scheidung gem. Art. 8 UStA nach dem Scheidungsstatut bestimmt52. Das hat auch zur Folge, dass das Recht, das dem Unterhaltsaneinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (419). A.A.: Bundesrat, Beschluss des Bundesrates, BR-Drucks. 361/04, zu Frage 12 (S. 9); von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 8 Rn. 93; Hohloch, in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Band II (2004), Art. 18 EGBGB, Rn. 20; von Overbeck, Obligations „alimentaires“ entre époux après divorce: autonomie ou rattachement objecitf ?, in: Le rôle de la volonté dans les actes juridiques: études à la mémoire du professeur Alfred Rieg (2000), 839 (848); Rauscher, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einf. EGUnterhaltsVO-E Rn. 26; Rauscher, Internationales Privatrecht (2009), § 8 Rn. 885. 48 Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention of 20 June 1956 on the Recovery Abroad of Maintenance, Actes et documents de la Dix-huitième session 1996, Tome I (1999), 135 (145). 49 Permanent Bureau, Report on the First Meeting of the Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 98. 50 Vgl. Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 83; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (347). 51 BGH, Urteil vom 27. März 1991 – XII ZR 113/90, IPRax 1992, 101 (103); OLG Karlsruhe, FamRZ 1989, 748 (749); OLG Zweibrücken: Geschiedenenunterhalt nach pakistanischem Recht und deutscher ordre public, NJW-RR 1997, 1367; Special Commission on the International Recovery of Child Support and other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Work. Doc. No 13E, S. 8; Dörner, in: Eschenbruch/ Klinkhammer, Der Unterhaltsprozess (2009), 7.3.3.4 Rn. 73; Hausmann, Der Unterhaltsbegriff in Staatsverträgen des internationalen Privat- und Verfahrensrechts, IPRax 1990, 382 (384). 52 Civil Court of Luxembourg, No 105/86 (20 February 1986), in: T.M.C. Asser Instituut, Les novelles conventions de La Haye – jurisprudence – situation actuelle – bibliographie, Vol. IV (1994), S. 48; von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), § 2 Rn. 294; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of

C. Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut

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spruch eines Ehegatten zugrunde liegt, von dem Recht divergiert, das für den Unterhaltsanspruch eines Kindes maßgeblich ist 53 . Durch das unterschiedliche Recht, das auf die jeweiligen Unterhaltspflichten anzuwenden ist, verkompliziert sich die Rechtsanwendung für die angerufene Behörde. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass aufgrund von Art. 8 UStA das Unterhaltsstatut nach der Scheidung der Ehegatten nicht wandelbar ist. Verzieht daher der unterhaltsberechtigte Ehegatte in einen anderen Staat, besteht die Gefahr, dass durch die Unwandelbarkeit des Unterhaltsstatuts der Unterhalt nicht mehr den Bedürfnissen des Unterhaltsberechtigten in seinem jeweiligen Umfeld entspricht 54 . Das wirft insbesondere Probleme auf, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte in einen Staat mit einem höheren Lebensstandard verzieht und daher auf höhere Unterhaltszahlungen angewiesen wäre. Darüber hinaus schafft das unwandelbare Unterhaltsstatut des Art. 8 UStA einen Anreiz zum „forum shopping“. Der unterhaltsverpflichtete Ehegatte kann sich unter Umständen erhebliche Vorteile im Hinblick auf die von ihm geschuldeten Unterhaltsleistungen sichern, indem er bei der Auswahl des Forums für die Scheidungsklage indirekt über das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht mitbestimmt55. Das kann für die berechtigte Person unter Umständen mit erheblichen Nachteilen verbunden sein. II. Wegfall des Art. 8 UStA Aufgrund der Schwierigkeiten, die sich durch die Regelung des Art. 8 UStA ergeben, verwundert es nicht, dass man sich bei der Ausarbeitung des Haager Unterhaltsprotokolls entschieden hat, keine dem Art. 8 UStA

Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194); Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (675 f.); Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525. 53 Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376); Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194). 54 Vgl. Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (201); BoeleWoelki, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234); Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376); Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (673); Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525. 55 Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

vergleichbare Vorschrift in das neue Rechtsinstrument aufzunehmen 56 . Stattdessen wird nunmehr das für Unterhaltspflichten von (Ex-)Ehegatten maßgebende Recht nach Art. 3 HUP 2007 bestimmt57, sofern nicht eine der Parteien die Einrede der „engeren Verbindung“ der Ehe zu einem anderen Recht gem. Art. 5 HUP 2007 geltend macht. Das Abstellen auf die allgemeine Regel des Art. 3 HUP 2007 zur Bestimmung des anwendbaren Rechts für (Ex-)Ehegatten bringt zahlreiche Vorteile mit sich. Diese Neuerung bewirkt, dass die Unterhaltspflichten nach dem Haager Unterhaltsprotokoll kollisionsrechtlich eigenständig bestimmt werden. Die Abkoppelung des Unterhaltsstatuts vom Scheidungsstatut entspricht der aktuellen Tendenz im Scheidungsrecht, wonach in einer immer größer werdenden Anzahl von Staaten dem Unterhalt keine Entschädigungsfunktion mehr zukommt. Der Unterhaltsanspruch nach der Scheidung und die Scheidungsgründe hängen folglich nicht so eng zusammen, wie das vor einigen Jahren noch angenommen wurde. Vielmehr ist das ausschlaggebende Kriterium für einen Unterhaltsanspruch nach der Scheidung die Bedürftigkeit der berechtigten Person58. Der Wegfall von Art. 8 UStA bewirkt zudem, dass sowohl der Unterhalt während des Bestehens der Ehe als auch nach der Scheidung in der Regel demselben Statut unterliegt. Hierbei handelt es sich gem. Art. 3 HUP 2007 um das Recht des Staates, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dem geschiedenen Ehegatten werden mithin nach der Scheidung grundsätzlich alle kollisionsrechtlichen Begünstigungen weitergewährt, die ihm auch während der Zeit des Getrenntlebens zugute ka56 Aus den Antworten zum Fragebogen der Working Group on the Law Applicable ergibt sich, dass zahlreiche Staaten die Streichung von Art. 8 UStA befürworteten, während nur wenige Staaten für eine Beibehaltung votierten, s. Special Commission, Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Annex 2 – Responses to the Questionnaire Relating to the Law Applicable to Maintenance Obligations, Frage 10. Eine Abschaffung des Art. 8 UStA wurde bereits vorher befürwortet von Brudermüller/Schürmann, Empfehlungen des 15. Deutschen Familiengerichtstages, FamRZ 2003, 1906 (1909) unter C IX. 57 Dies entspricht auch Art. 6 der inter-amerikanischen Unterhaltskonvention (abgedruckt in RabelsZ 56 (1992), 157 ff.), wonach nachehelicher Unterhalt auch nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person bestimmt wird; s. auch Samtleben, Neue interamerikanische Konvention zum Internationalen Privatrecht, RabelsZ 56 (1992), 1 (43). 58 Boele-Woelki, Artikel 8 Haager Unterhaltsübereinkommen steht einer Rechtswahl nicht entgegen, IPRax 1998, 492 (494); Henrich, Ehescheidung und nachehelicher Unterhalt in Europa, in: Hofer/Schwab/Henrich, Scheidung und nachehelicher Unterhalt im europäischen Vergleich (2003), 421 (428); Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB, Rn. 232; Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht (2007), 10.04; Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (674).

C. Sonderanknüpfung für das Scheidungsstatut

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men59. Aufgrund des Wegfalls der Sonderanknüpfung für Unterhaltspflichten von Ehegatten nach der Scheidung unterstehen darüber hinaus auch der Unterhaltsanspruch eines Ehegatten und derjenige eines Kindes grundsätzlich demselben anzuwendenden Recht60. Diese kollisionsrechtliche Gleichberechtigung der Unterhaltsberechtigten stärkt die „unterhaltsrechtliche Familieneinheit“61 und vereinfacht die Rechtsanwendung für die angerufene Behörde. Sie kann für den Trennungs- und Scheidungsunterhalt des Berechtigten dasselbe Recht zugrunde legen, sofern er seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht gewechselt hat62 und keine der Parteien die Einrede des Art. 5 HUP 2007 geltend macht. Der Verzicht auf die Übernahme des Art. 8 UStA in das Haager Unterhaltsprotokoll hat des Weiteren zur Folge, dass auch das Unterhaltsstatut für den Unterhalt nach der Scheidung wandelbar ist. Wechselt die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt, ist vom Zeitpunkt des Aufenthaltswechsels an das Recht des Staates anzuwenden, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet hat (Art. 3 Abs. 2 HUP 2007). Damit ist zwar die Vorhersehbarkeit des anzuwendenden Rechts, wie sie Art. 8 UStA gewährte63, eingeschränkt, allerdings ist das Unterhaltsstatut nunmehr am besten auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten in seinem jeweiligen Umfeld zugeschnitten64. Die Wandelbarkeit des Unterhaltsstatuts für Unterhaltspflichten nach der Scheidung wirkt des Weiteren einem „forum shopping“ entgegen. Während sich der Unterhaltsverpflichtete aufgrund von Art. 8 UStA unter Umständen erhebliche Vorteile im Hinblick auf die von ihm geschuldete Unterhaltsleistung 59

Vgl. von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), § 2 Rn. 294; Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194); Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (675 f.); Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525. 60 Vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376). 61 Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194). 62 Vgl. Martiny, Maintenance Obligations in the Conflict of Laws, Recueil des Cours, Band 247 (1994 III), 131 (194). 63 von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 8 Rn. 93. 64 Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (201); BoeleWoelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234); Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 47 II 3; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376); Schwarz/Scherpe, Nachehelicher Unterhalt im internationalen Privatrecht, FamRZ 2004, 665 (673); Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

sichern konnte, indem er bei der Auswahl des Forums für die Scheidungsklage indirekt über das auf die Unterhaltspflicht anzuwendende Recht mitbestimmte 65 , ist ihm diese Möglichkeit nunmehr verwehrt. Das verdeutlicht, dass der Wegfall von Art. 8 UStA im Haager Unterhaltsprotokoll und stattdessen die grundsätzliche Anwendung der allgemeinen Regel des Art. 3 HUP 2007 zur Bestimmung des anwendbaren Rechts zu begrüßen ist. Denn der geschiedene Ehegatte ist im Hinblick darauf, einen Unterhaltsanspruch zu erhalten, ebenso schutzwürdig wie jeder andere Unterhaltsberechtigte66. Um aber dennoch den Besonderheiten, die sich in Bezug auf Unterhaltspflichten zwischen Ehegatten und frühere Ehegatten ergeben können, ausreichend Rechnung zu tragen, wurde die neue Vorschrift des Art. 5 in das Haager Unterhaltsprotokoll aufgenommen. Diese Regelung gewährt beiden Parteien des Unterhaltsverfahrens eine Einrede, wenn anstelle des Rechts am gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person das Recht eines anderen Staates zu der betreffenden Ehe eine engere Verbindung aufweist. Eine entsprechende engere Verbindung kann beispielsweise zum Staat des letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Ehegatten bestehen, wie die Vorschrift selbst festlegt. Bei Art. 5 HUP 2007 handelt es sich folglich um eine Ausweichklausel. Die Notwendigkeit einer solchen Bestimmung wird an folgendem Beispiel deutlich67: Ein Ehepaar (beide Staatsangehörige des Staates A), das während seiner Ehe in Staat A gelebt hat, lässt sich scheiden. Das Recht des Staates A gewährt Scheidungsunterhalt grundsätzlich nur in sehr geringem Umfang68. Verzieht einer der früheren Ehegatten nach der Scheidung in Staat B, in dem in der Regel höherer Scheidungsunterhalt zugesprochen wird als in Staat A und verlangt vor den dortigen Behörden die Zahlung von Unterhalt, kann der andere frühere Ehegatte die Einrede des Art. 5 HUP 2007 geltend machen. Das ist deshalb möglich, weil die betreffende Ehe zum Recht des Staates A, in dem das Ehepaar während seiner Ehe gelebt hat, eine engere Verbindung aufweist als zum Recht des Staates B. Für die Unterhaltspflichten zwischen den früheren Ehegatten ist mithin nach der Einrede gem. Art. 5 HUP 2007 das Recht des Staates A maßgebend. Eine andere Lösung würde den Missbrauch des Wechsels des gewöhnlichen Aufenthalts zur Erlangung einer höheren Unterhaltsleistung begünstigen. Sie wäre gegenüber dem Ehepartner, der im Staat des ursprünglich gemeinsa65

Steinbach, Anm. zu OLG Hamm, Urteil vom 19.9.2000 – 9 UF 26/00, FamRZ 2001, 1525. 66 Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (376). 67 Beispiel nach Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 78. 68 Das ist z.B. nach dem Recht der skandinavischen Staaten der Fall.

D. Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“

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men Aufenthaltsstaates verblieben ist, unredlich und würde den Erwartungen widersprechen, die sich während der Ehe gebildet hatten. Es ist insgesamt festzuhalten, dass der Wegfall von Art. 8 UStA positiv zu bewerten ist. Gleichzeitig ist die Aufnahme von Art. 5 HUP 2007 in das Haager Unterhaltsprotokoll zu begrüßen, da die Vorschrift einen Ausgleich für die Fälle schafft, in denen die betreffende Ehe zum Recht eines anderen als des Staates, in dem die berechtigte Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 3 HUP 2007) hat, eine engere Verbindung aufweist. Da es sich hierbei um eine Einrede handelt, muss eine der Parteien diese Vorschrift im Unterhaltsverfahren geltend machen.

D. Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“ Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Art. 7 UStA ermöglicht es der verpflichteten Person bei Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder bei Verschwägerten dem Anspruch des Unterhaltsberechtigten entgegenzuhalten, dass nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der beiden Parteien oder, mangels einer gemeinsamen Staatsangehörigkeit, nach dem innerstaatlichen Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts, eine solche Unterhaltspflicht nicht besteht. Die Möglichkeit diese Einrede zu erheben, wird vor allem aufgrund des Wertungswiderspruchs, der sich aus dem Zusammenspiel von Art. 6 UStA und Art. 7 UStA ergibt, kritisiert. Dieser hat seine Ursache darin, dass Art. 6 UStA den Schutz der berechtigten Person bezweckt, während Art. 7 UStA den Schutz der verpflichteten Person zum Gegenstand hat69. Das kann zur Folge haben, dass bei wertungsmäßig eng zusammenliegenden Unterhaltspflichten in einem Fall die berechtigte, im anderen Fall die verpflichtete Person bevorzugt wird70. Beispielsweise wird bei einer Unterhaltsforderung des Enkels gegenüber dem Großvater aufgrund der Art. 4 bis Art. 6 UStA der Enkel geschützt. Der Großvater kann in diesem Fall die Einrede des Art. 7 UStA nicht geltend machen, da es sich um eine Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in gerader Linie handelt, während Art. 7 UStA aber das Vorliegen von Unterhaltspflichten zwischen 69

von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), § 2 Rn. 291; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 197 f., 209. 70 Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 198.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten voraussetzt. Im Unterschied dazu kann ein Onkel bei einer Unterhaltsforderung seines Neffen gegen ihn die Einrede des Art. 7 UStA geltend machen, da in dieser Konstellation eine Unterhaltspflicht zwischen Verwandte in der Seitenlinie besteht. Mithin wird hierbei der Onkel geschützt, obwohl diese Unterhaltspflicht bei wertender Betrachtung sehr eng mit der Unterhaltspflicht des Enkels gegen seinen Großvater zusammenliegt, denn in beiden Fällen handelt es sich um entferntere Verwandtschaftsverhältnisse. Dieser Wertungswiderspruch erschwert die Rechtsanwendung und führt zu Rechtsunsicherheit. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Überblick über Art. 6 HUP 2007 Art. 6 HUP 2007 normiert eine Einredemöglichkeit, die ausschließlich von der verpflichteten Person geltend gemacht werden kann. In Anlehnung an Art. 7 UStA dient die Vorschrift dem Schutz der verpflichteten Person. Die neue Regelung weist aber gegenüber der älteren Vorschrift des Art. 7 UStA einen weiteren Anwendungsbereich auf. Sie gilt nicht mehr nur bei Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten, sondern bei allen Unterhaltspflichten außer denen gegenüber einem Kind, die sich aus einer Eltern-Kind-Beziehung ergeben und den in Art. 5 HUP 2007 vorgesehenen Unterhaltspflichten. Abgesehen von diesen Fällen ermöglicht es Art. 6 HUP 2007 der verpflichteten Person, einem gegen sie gerichteten Unterhaltsanspruch entgegenzuhalten, dass für sie weder nach dem Statut ihres gewöhnlichen Aufenthalts noch nach dem Statut der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien eine solche Unterhaltspflicht besteht. 2. Erweiterter Anwendungsbereich des Art. 6 HUP 2007 Art. 6 HUP 2007 beinhaltet wie Art. 7 UStA eine Sonderregelung, die der verpflichteten Person eine Einrede gegen das Nichtbestehen einer Unterhaltspflicht eröffnet. Im Unterschied zu Art. 7 UStA ist der Anwendungsbereich der Vorschrift erweitert worden. Die Einredemöglichkeit besteht – wie bereits erwähnt – nicht mehr nur bei Unterhaltspflichten zwischen Verwandten in der Seitenlinie oder Verschwägerten, sondern bei allen Unterhaltspflichten, außer denen gegenüber einem Kind, die sich aus einer Eltern-Kind-Beziehung ergeben und den in Art. 5 HUP 2007 vorgesehenen Unterhaltspflichten. Der Unterhaltsverpflichtete kann die Einrede des Art. 6 HUP 2007 geltend machen, wenn der Anspruch der berechtigten Person weder nach dem Recht des Staates seines gewöhnlichen Aufent-

D. Anwendungsbereich der „besonderen Mittel zur Verteidigung“

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halts noch gegebenenfalls nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit beider Parteien besteht71. Die Erweiterung des Anwendungsbereichs des Art. 6 HUP 2007 bewirkt einen gewissen Ausgleich zu der weitgehenden Begünstigung des Unterhaltsberechtigten aufgrund der Anknüpfungskaskade in Art. 3 und Art. 4 HUP 2007. Durch diese Regelung wird es der verpflichteten Person ermöglicht, Unterhaltsansprüche abzuwehren, die nicht auf einem gemeinhin akzeptierten Unterhaltsverhältnis, beispielsweise zwischen Geschwistern, beruhen72. Der Berechtigte soll vom Unterhaltsverpflichteten nur das verlangen können, was die jetzige verpflichtete Person in der umgekehrten Situation auch von ihm verlangen könnte73. Damit wird das Interesse daran, einseitige Unterhaltspflichten zu vermeiden, geschützt 74 . Hiervon ausgenommen sind einzig Kinder, da sie besonders schutzwürdig sind und (frühere) Ehegatten 75 aufgrund der für sie in Art. 5 HUP 2007 bestehenden Sonderregelung. Zwar bezwecken auch die Art. 3, 4 HUP 2007 den Schutz der berechtigten Person, während Art. 6 HUP 2007 den Unterhaltsverpflichteten schützen soll. Der aus der vergleichbaren Konstellation der Art. 6 und 7 des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 resultierende Wertungswiderspruch, wird jedoch durch die erweiterte Vorschrift des Art. 6 71

Das hat zur Folge, dass in Fällen, in denen zwar das gewöhnliche Aufenthaltsstatut der verpflichteten Person eine konkrete Unterhaltspflicht nicht kennt, eine solche jedoch nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der beiden Parteien bekannt ist, sich der Verpflichtete nicht auf Art. 6 HUP 2007 berufen kann. Die Einrede des Art. 6 HUP 2007 steht der verpflichteten Person nur zur Verfügung, wenn kumulativ weder nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Verpflichteten noch nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit eine entsprechende Unterhaltspflicht besteht, s. Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, October 2009, Rn. 105. 72 Janzen, Die neuen Haager Übereinkünfte zum Unterhaltsrecht und die Arbeiten an einer EG-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 218 (220); vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Begründung zum Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2005) 649 endgültig, 1.2.2. 73 Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (377); vgl. Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3074; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 204. 74 Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 61; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (377). 75 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsprotokoll – Globales Einheitskollisionsrecht gezeichnet, iFamZ 2008, 90 (94) empfindet hingegen den Verzicht auf die Anwendung des Art. 6 HUP 2007 bei früheren Ehegatten als zu weitgehend.

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Kapitel 4: Anwendbares Recht

HUP 2007 erheblich gemindert76. Grund dafür ist, dass bei wertungsmäßig eng zusammenliegenden Unterhaltspflichten die Gefahr, dass einmal die berechtigte und einmal die verpflichtete Person bevorzugt wird, kaum mehr besteht. Überträgt man das im Rahmen der bestehenden Schwierigkeiten geschilderte Beispiel (Unterhaltsanspruch Enkel-Großvater und Unterhaltsanspruch Neffe-Onkel) auf die neuen Vorschriften des Haager Unterhaltsprotokolls, ergibt sich Folgendes: Die verpflichtete Person kann aufgrund der Erweiterung des Art. 6 HUP 2007 nunmehr allen Unterhaltspflichten77 die Einrede entgegenhalten, dass für sie eine solche Unterhaltspflicht nach dem Recht des Staates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, und gegebenenfalls nach dem Recht der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien nicht besteht. Eine Unterscheidung danach, in welchem Verhältnis die berechtigte und die verpflichtete Person zueinander stehen (z.B.: Verwandte in der Seitenlinie, Verwandte in gerader Linie), findet im Hinblick auf die Einredemöglichkeit nicht mehr statt. Das vereinfacht die Rechtsanwendung und trägt zu einer höheren Rechtssicherheit bei. Darüber hinaus bewirkt die Erweiterung der Einrede des Art. 6 HUP 2007, dass das Haager Unterhaltsprotokoll trotz der Unzulässigkeit von Vorbehalten (Art. 27 HUP 2007) für eine Vielzahl von Staaten attraktiv ist. Denn durch Art. 6 HUP 2007 werden auch die Interessen der Staaten beachtet, die Unterhaltsansprüche nur auf enge familiäre Beziehungen begrenzen möchten78.

E.

Rechtswahlmöglichkeiten

Rechtswahlmöglichkeiten

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage In den Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 findet sich keine Regelung, die die Wahl des auf eine Unterhaltspflicht anzuwen76 Konsequenter, in sich stimmiger und für die Rechtsanwendung einfacher wäre es allerdings gewesen, wenn für Unterhaltsansprüche, die auf einem nicht allgemein akzeptierten Unterhaltsverhältnis beruhen, zur unabdingbaren Voraussetzung gemacht worden wäre, dass diese dem Berechtigten nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts zustehen müssen, s. Andrae, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 6 HUntStProt Rn. 3; Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (419); vgl. von Bar, Internationales Privatrecht, Zweiter Band – Besonderer Teil (1991), § 2 Rn. 291; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 210. 77 Das gilt abgesehen von den in Art. 6 HUP 2007 ausgenommenen Unterhaltspflichten. 78 Vgl. Hess/Mack, Der Verordnungsvorschlag der EG-Kommission zum Unterhaltsrecht, JAmt 2007, 229 (231). Ausführlich hierzu s. oben B. I. 2. d).

E. Rechtswahlmöglichkeiten

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denden Rechts betrifft. Die Rechtswahl ist aber auch an keiner Stelle der Konventionen ausdrücklich ausgeschlossen79. Daraus resultiert die Streitfrage, ob im Rahmen der Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 eine Rechtswahl zulässig ist80 oder nicht81. Diese Frage hat erhebliche Auswirkungen auf die Klarheit der Rechtsanwendung und die Rechtssicherheit. Denn für die berechtigte und die verpflichtete Person, die eine Rechtswahl treffen, besteht eine Ungewissheit darüber, ob die zuständige Behörde das gewählte Recht tatsächlich anwenden wird oder die Rechtswahl als unbeachtlich ansieht. Darüber hinaus ist aufgrund einer fehlenden Regelung zur Rechtswahl problematisch, dass diese, sofern man sie als zulässig betrachtet, frei von jeglichen Rahmenbedingungen erfolgen kann. Es ist mithin nicht gewährleistet, dass die schwächere Partei hinreichend geschützt ist und sie von der stärkeren Partei nicht zu einer Rechtswahl gezwungen wird, die ausschließlich den Interessen der letzteren zugute kommt. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Überblick über Art. 7 und Art. 8 HUP 2007 Während sich die Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 lediglich auf objektive Anknüpfungen zur Bestimmung des anwendbaren Rechts beschränken, wurden in das Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 Vorschriften zur Wahl des anzuwendenden Rechts aufgenommen. Diese finden sich in Art. 7 und Art. 8 HUP 2007. 79 Auch die Materialien äußern sich nach Mankowski, Wahl des auf den Scheidungsunterhalt anwendbaren Rechts, FuR 1997, 316 ff. 80 Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Niederlande (Hoge Raad) vom 21. Februar 1997, Nr. 16216, NedJur 1998, Nr. 416, 2352 (2356 f.); dem folgend: BoeleWoelki, Artikel 8 Haager Unterhaltsübereinkommen steht einer Rechtswahl nicht entgegen, IPRax 1998, 492 (494 f.); Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234); Kropholler, Internationales Privatrecht (2004), § 47 II 3. 81 Obergericht des Kantons Zürich, Entscheidung vom 14. April 1975, zitiert nach Pelichet, Note on the opertation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Fn. 40; Dörner, in: Finger, Das gesamte Familienrecht – Das internationale Recht (IntFamR), Band 3 (Stand: Oktober 2006), 6.10 Rn. 17; Hohloch, Unterhaltsstatut und Rechtswahl, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 401 (403 f.); Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3061; Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (377); Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 15 f.; Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (413).

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Art. 7 HUP 2007 betrifft die Wahl des anzuwendenden Rechts für die Zwecke eines einzelnen Verfahrens. Nach dieser Vorschrift können die berechtigte und die verpflichtete Person für die Zwecke eines einzelnen Verfahrens in einem bestimmten Staat ausschließlich das Recht dieses Staates als das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht bestimmen. Sie müssen diese Wahl ausdrücklich treffen. Es ist nicht ausreichend, dass die Parteien die „lex fori“ allgemein wählen, der Gerichtsstaat muss vielmehr konkret bezeichnet sein 82 . Haben die Parteien eine entsprechende Rechtswahl getroffen, hat diese nur Auswirkungen auf ein konkretes Verfahren und entfaltet darüber hinaus keine Geltung 83 . Das anzuwendende Recht kann sowohl vor als auch nach der Einleitung des Verfahrens gewählt werden. Erfolgt die Rechtswahl vor Verfahrenseinleitung müssen die Formvorgaben des Art. 7 Abs. 2 HUP 2007 eingehalten werden, d.h. es muss sich um eine von beiden Parteien unterschriebene Vereinbarung in Schriftform oder erfasst auf einem Datenträger handeln, dessen Inhalt einer späteren Einsichtnahme zugänglich ist. Wird die Rechtswahlvereinbarung nach Einleitung des Verfahrens geschlossen, richten sich die Formerfordernisse nach dem Recht des von den Parteien bestimmten Staates84. Im Unterschied zu Art. 7 HUP 2007 ermöglicht Art. 8 HUP 2007 die Bestimmung des anzuwendenden Rechts nicht nur für ein einzelnes Verfahren; eine Rechtswahl gem. Art. 8 HUP 2007 ist vielmehr solange gültig, bis die Parteien eine andere Entscheidung getroffen haben85. Dabei kann die Wahl der anzuwendenden Rechtsordnung „jederzeit“, d.h. vor und nach Begründung des zur Unterhaltspflicht führenden Rechtsverhältnisses erfolgen. Allerdings kann das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht nicht völlig frei gewählt werden. Art. 8 Abs. 1 HUP 2007 legt eine Einschränkung der wählbaren Rechtsordnungen auf diejenigen Rechtsordnungen fest, zu denen bereits eine auf objektiven Kriterien beruhende Bindung 82 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 120; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (352). 83 Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (199); Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (352). 84 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsprotokoll – Globales Einheitskollisionsrecht gezeichnet, iFamZ 2008, 90 (94). 85 Die ursprüngliche Rechtswahlvereinbarung wird obsolet, wenn die Parteien gemeinsam eine andere Vereinbarung über das Unterhaltsstatut getroffen haben. Der Unterhaltsverpflichtete ist wie der Unterhaltsberechtigte an die Rechtswahlvereinbarung gebunden und kann sich nicht einredeweise auf Art. 6 HUP 2007 berufen.

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der Vertragsparteien besteht86. Danach kann das Recht des Staates gewählt werden, dem eine der Parteien im Zeitpunkt der Rechtswahl angehört (Art. 8 Abs. 1 lit. a HUP 2007), oder in dem eine der Parteien im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 8 Abs. 1 lit. b HUP 2007). Es ist zudem möglich, das Recht des Güterstatuts (Art. 8 Abs. 1 lit. c HUP 2007) oder des Ehescheidungs- oder Trennungsstatuts (Art. 8 Abs. 1 lit. d HUP 2007) zu wählen. In formaler Hinsicht bestimmt Art. 8 Abs. 2 HUP 2007, dass eine Rechtswahlvereinbarung schriftlich zu erstellen oder auf einem Datenträger zu speichern ist und von beiden Parteien unterschrieben sein muss. Da es sich hierbei lediglich um Mindesterfordernisse handelt, sind die Vertragsstaaten darüber hinausgehend frei, strengere Formerfordernisse (z.B.: notarielle Beurkundung) zu normieren87. Weitere Einschränkungen der freien Rechtswahlmöglichkeit ergeben sich aus den Art. 8 Abs. 3 bis Abs. 5 HUP 2007. Art. 8 Abs. 3 HUP 2007 untersagt eine Rechtswahl, wenn es sich um eine Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind oder einem schutzbedürftigen Erwachsenen handelt. Des Weiteren legt Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 fest, dass sich die Frage eines Unterhaltsverzichts nach dem Recht des Staates richtet, in dem die berechtigte Person im Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Eine für diese Frage dennoch getroffene Rechtswahl ist unbeachtlich. Schließlich normiert Art. 8 Abs. 5 HUP 2007, dass das gewählte Recht nicht anzuwenden ist, wenn es zu offensichtlich unbilligen oder unangemessenen Ergebnissen führen würde. In diesem Fall findet stattdessen das nach den objektiven Kriterien der Art. 3 bis Art. 6 HUP 2007 zu bestimmende Recht Anwendung. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Parteien über die Folgen ihrer Rechtswahl umfassend informiert wurden und sich dieser bewusst waren (Art. 8 Abs. 5 letzter Halbsatz HUP 2007). 2. Einräumung von Rechtswahlmöglichkeiten in Art. 7 und Art. 8 HUP 2007 Das Haager Unterhaltsprotokoll enthält in den Art. 7 und 8 HUP 2007 Regelungen, die es den Parteien ermöglichen, das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht zu wählen. Damit entfällt die im Rahmen der Haager 86 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsprotokoll – Globales Einheitskollisionsrecht gezeichnet, iFamZ 2008, 90 (94) erklärt das damit, dass im Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 erstmals eine Rechtswahlmöglichkeit eingeräumt wurde und die Zurückhaltung einiger Staaten (z.B.: Deutschland, Spanien) groß war. 87 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 119; Fucik, Das neue Haager Unterhaltsprotokoll – Globales Einheitskollisionsrecht gezeichnet, iFamZ 2008, 90 (94); vgl. BNotK-Intern Ausgabe 5/2008, 7.

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Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1956 und 1973 umstrittene Frage, ob sich aus dem Umstand, dass die Konventionen weder Bestimmungen zur Rechtswahl der Parteien enthalten noch die Rechtswahl ausdrücklich ausschließen, die Zulässigkeit einer Rechtswahl ergibt oder nicht. Die Lösung dieses Streitpunktes durch die Aufnahme von Art. 7 und Art. 8 HUP 2007 in das Haager Unterhaltsprotokoll stellt eine positiv zu bewertende Veränderung dar. Es besteht nunmehr Klarheit darüber, dass die Wahl des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts generell möglich ist und welchen Voraussetzungen eine Rechtswahl durch die berechtigte und die verpflichtete Person unterliegt. Der große Raum für Spekulationen und die Unsicherheit darüber, ob die zuständige Behörde im Falle einer Rechtswahl das gewählte Recht tatsächlich anwenden würde, sind entfallen. Das führt zu einer klaren Rechtsanwendung und stärkt die Rechtssicherheit. Darüber hinaus ist festzustellen, dass auch die grundsätzliche Entscheidung dafür, Vorschriften zur Wahl des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts in das Haager Unterhaltsprotokoll aufzunehmen, eine zu begrüßende Veränderung darstellt88. Die Möglichkeit, das anzuwendende Recht wählen zu können, stärkt die Parteiautonomie. Nunmehr können die berechtigte und die verpflichtete Person zusammen frei entscheiden, ob sie eine Rechtswahl treffen möchten oder stattdessen die Anknüpfung an die objektiven Kriterien der Art. 3 ff. HUP 2007 zur Bestimmung des anwendbaren Rechts vorziehen. Treffen sie eine Rechtswahl, so können sie im Rahmen der in Art. 7 und 8 HUP 2007 festgelegten Anknüpfungen das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht festlegen 89 . Die Einräumung einer Rechtswahlmöglichkeit im Haager Unterhaltsprotokoll trägt des Weiteren dem Umstand Rechnung, dass die Parteiautonomie im internationalen Privatrecht deutlich im Vordringen ist90. Art. 3 Rom I-Verordnung, Art. 14 88 Hierfür spricht auch, dass sich aus den Antworten zum Fragebogen, der das auf Unterhaltspflichten anwendbare Recht betrifft, ergibt, dass eine größere Anzahl von Staaten einer Rechtswahlmöglichkeit für Ehegatten positiv gegenübersteht als diese ablehnen, s. Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (7–18 June 2004), Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Annex 2, Frage 12. 89 Vgl. Basedow, Das Internationale Privatrecht in den Zeiten der Globalisierung, in: Hohloch/Frank/Schlechtriem, Festschrift für Hans Stoll zum 75. Geburtstag (2001), 405 (413); Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234). 90 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 109; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/ Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (351); Henrich, Parteiautonomie, Privatautonomie und kulturelle Identität, in: Mansel/Pfeiffer/Kronke/ Kohler/Hausmann, Festschrift für Erik Jayme, Band I (2004), 321 (327 f.); Hohloch, Unter-

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Rom II-Verordnung und Art. 20 a des Rom III-Verordnungsvorschlags 91 sehen beispielsweise die Wahl des anzuwendenden Rechts vor92. Darüber hinaus kann durch die Wahl eines Unterhaltsstatuts durch die Parteien eine Übereinstimmung des anzuwendenden Rechts mit dem Recht erreicht werden, das am Ort des zuständigen Gerichts gilt. Das ist zum einen dadurch möglich, dass die Parteien nach Einleitung des Unterhaltsverfahrens das Recht als anwendbar vereinbaren, das am Ort des zuständigen Gerichts maßgeblich ist. Zum anderen können die Parteien der Unterhaltsstreitigkeit aber beispielsweise gem. Art. 4 UnterhaltsVO auch die internationale Zuständigkeit wählen. Damit können sie bereits vor Einleitung des Unterhaltsverfahrens Einfluss auf die Übereinstimmung des anwendbaren Rechts zu dem Recht, das am Ort des Gerichtsstandes gilt, nehmen93. Treffen die Parteien eine entsprechende Wahl, bringt die Anwendung der „lex fori“ durch die zur Entscheidung berufenen Behörde für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zahlreiche Vorteile mit sich: sie kann einfach, schnell und kostengünstig ablaufen94. Ein weiterer positiver Gesichtspunkt ist, dass die Einräumung einer Rechtswahlmöglichkeit vor allem einer höheren Mobilität der (früheren) Ehegatten auf kollisionsrechtliche Weise Rechnung trägt 95 . Unabhängig haltsstatut und Rechtswahl, in: Coester/Martiny/Sachsen-Gessaphe, Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision, Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 401 (411 f.); Mansel, Das Staatsangehörigkeitsprinzip im deutschen und gemeinschaftsrechtlichen Internationalen Privatrecht: Schutz der kulturellen Identität oder Diskriminierung der Person?, in: Jayme, Kulturelle Identität und Internationales Privatrecht (2003), 119 (142); Rauscher, Internationales Privatrecht (2009), § 1 Rn. 70. Vgl. Hellner, The Maintenance Regulation: A Critical Assessment of the Commission’s Proposal, in: Boele-Woelki/Sverdrup, European Challenges in Contemporary Family Law (2008), 343 (353). 91 Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 im Hinblick auf die Zuständigkeit in Ehesachen und zur Einführung von Vorschriften betreffend das anwendbare Recht in diesem Bereich, KOM(2006) 399 endgültig vom 17. Juli 2006. 92 Auch Art. 6 des Haager Übereinkommens über das auf Trusts anzuwendende Recht und ihre Anerkennung vom 1. Juli 1985 sieht eine Rechtswahl vor. 93 Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (351). 94 s. oben A. I. 2. b) bb). 95 Andrae, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 8 HUntStProt Rn. 2; Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234); Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 113, 125; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333

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davon, wie oft oder wohin die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt verlegen, ist für die Unterhaltspflichten das Statut maßgebend, das sie gewählt haben. Das leistet einerseits einen Beitrag zur Vereinfachung der Rechtsanwendung. Für die Unterhaltspflichten dieser (früheren) Ehegatten müssten ansonsten zahlreiche Rechte zugrunde gelegt werden, wenn das (frühere) Ehepaar häufig seinen gewöhnlichen Aufenthalt gewechselt hat. Aufgrund der Wahl des auf die Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts kann der Unterhalt nunmehr aber auf einer konstanten Grundlage geleistet werden. Die privatautonome Festlegung des Unterhaltsstatuts führt andererseits bei einem (früheren) Ehepaar mit einer Lebensführung, die mit einem häufigen Wechsel des gewöhnlichen Aufenthalts verbunden ist, dazu, dass das anwendbare Recht vorhersehbar ist. Solche Ehegatten können beispielsweise das Recht ihrer gemeinsamen Staatsangehörigkeit als maßgebliches Statut fixieren. Damit unterliegen ihre Unterhaltsansprüche keinen fremden Rechtsvorstellungen, die ohne eine Rechtswahl gem. Art. 3, 4 HUP 2007 Anwendung finden und unter Umständen zu sehr überraschenden Ergebnissen führen könnten96. Es wäre etwa denkbar, dass einem (früheren) Ehegatten aufgrund der Anwendung des ausländischen Rechts nur ein Unterhaltsanspruch in sehr geringem Umfang zustehen würde97. Dies wird hingegen durch eine Vereinbarung über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht vermieden. Die Rechtswahl ist stabil und gilt entweder solange, bis ein einzelnes Verfahren abgeschlossen ist (Art. 7 HUP 2007) oder bis die Parteien etwas davon Abweichendes vereinbart haben (Art. 8 HUP 2007). Das trägt zu einer höheren Rechtssicherheit bei. Die Möglichkeit, das Unterhaltsstatut wählen zu können, wurde während der Vorarbeiten zum Haager Unterhaltsprotokoll jedoch nicht von allen teilnehmenden Delegierten befürwortet. Anlass zu Bedenken gab insbe(353); Dörner, Der Vorschlag für eine europäische Verordnung zum Internationalen Unterhalts- und Unterhaltsverfahrensrecht, in: Menkhaus/Sato, Japanischer Brückenbauer zum deutschen Rechtskreis, Festschrift für Koresuke Yamauchi zum 60. Geburtstag (2006), 81 (94); Henrich, Parteiautonomie, Privatautonomie und kulturelle Identität, in: Mansel/Pfeiffer/Kronke/Kohler/Hausmann, Festschrift für Erik Jayme, Band I (2004), 321 (328); Hohloch, Unterhaltsstatut und Rechtswahl, in: Privatrecht in Europa – Vielfalt, Kollision und Kooperation, Festschrift für Hans Jürgen Sonnenberger zum 70. Geburtstag (2004), 401 (412); Mansel, Das Staatsangehörigkeitsprinzip im deutschen und gemeinschaftsrechtlichen Internationalen Privatrecht: Schutz der kulturellen Identität oder Diskriminierung der Person?, in: Jayme, Kulturelle Identität und Internationales Privatrecht (2003), 119 (143). Vgl. Hellner, The Maintenance Regulation: A Critical Assessment of the Commission’s Proposal, in: Boele-Woelki/Sverdrup, European Challenges in Contemporary Family Law (2008), 343 (354). 96 Vgl. Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234). 97 Z.B. in den skandinavischen Staaten.

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sondere die Frage, wie bei der Rechtswahl auch der Schutz der schwächeren Partei umfassend gewährleistet werden kann. Die Rechtswahl dürfe nicht dazu führen, dass die schwächere Partei von der stärkeren Partei zu einer bestimmten Rechtswahl gezwungen werde98. Diese Bedenken konnten im Hinblick auf Art. 7 HUP 2007 nicht ausgeräumt werden. In dieser Vorschrift liegt weiterhin die Gefahr begründet, dass die stärkere Partei gegenüber der schwächeren Partei dominiert, da ein Schutzvorbehalt wie er in Art. 8 Abs. 3 und Abs. 5 HUP 2007 vorgesehen ist, fehlt99. Die Wahl des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts ist damit aufgrund von Art. 7 HUP 2007 auch gegenüber Kindern und schutzbedürftigen Erwachsenen möglich, obwohl diese Personengruppen eines besonderen Schutzes bedürfen. Dagegen können die gegen die in Art. 8 HUP 2007 vorgesehene Rechtswahl vorgebrachten Einwände entkräftet werden. Zum einen wird die Gefahr einer missbräuchlichen Rechtswahl dadurch eingeschränkt, dass die wählbaren Rechtsordnungen begrenzt sind100. Art. 8 Abs. 1 HUP 2007 ermöglicht lediglich die Wahl der Rechtsordnungen, zu denen bereits eine auf objektiven Kriterien beruhende Verbindung der Vertragsparteien besteht. Eine willkürliche Festlegung des Unterhaltsstatuts ist folglich ausgeschlossen. Auf diese Weise wird die Gefahr vermindert, dass zuungunsten der schwächeren Partei ein für sie nachteiliges Recht durchgesetzt wird101. Zum anderen dienen insbesondere die Art. 8 Abs. 3 und Abs. 5 HUP 2007 dem Schutz der schwächeren Partei. Art. 8 Abs. 3 HUP 2007 untersagt eine Rechtswahl von Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben sowie von schutzbedürftigen Erwachsenen. Die Vorschrift des Art. 8 Abs. 5 HUP 2007 trägt dazu bei, offensichtlich unbilligen oder unangemessenen Folgen einer Rechtswahl entgegenzuwirken. Daher ist eine darüber hinausgehende Forderung, vor der Rechtswahl eine unabhängige Beratung in Anspruch nehmen zu müssen, die den effektiven Schutz der schwächeren Partei sicherstellen soll102, zu weitgehend. Sie würde Zeit und 98 Vgl. Bundesrat, Beschluss des Bundesrates, BR-Drucks. 30/06, zu Art. 14 UnterhaltsVO-Entwurf (S. 9); Bundesrat, Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drucks. 30/1/06, zu Art. 14 UnterhaltsVO-Entwurf (S. 9); Deutscher Richterbund, Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch „Unterhaltspflichten“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 15.4.2004 KOM (2004) 254 endgültig, zu Frage 18 c. 99 Andrae, Zum Verhältnis der Haager Unterhaltskonvention 2007 und des Haager Protokolls zur geplanten EU-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 196 (199). 100 Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (377); Wagner, Ein neues unterhaltsrechtliches Übereinkommen aus Den Haag, FamRZ 2005, 410 (417). 101 Vgl. Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (234). 102 So aber Bundesrat, Beschluss des Bundesrates, BR-Drucks. 30/06, zu Art. 14 UnterhaltsVO-Entwurf (S. 9); Bundesrat, Empfehlungen der Ausschüsse, BR-Drucks. 30/1/06, zu Art. 14 UnterhaltsVO-Entwurf (S. 9).

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Kosten beanspruchen, was für eine schnelle und kostengünstige grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nicht förderlich wäre. Es ist mithin festzuhalten, dass die Rechtswahl zahlreiche Vorteile vereint, und die Bedenken, die gegen die Einräumung einer Rechtswahlmöglichkeit in Art. 7 und Art. 8 HUP 2007 vorgebracht wurden, zumindest im Hinblick auf Art. 8 HUP 2007 widerlegt werden können. 3. Kritische Anmerkungen zum Unterhaltsverzicht als Rechtswahlgrenze i.S.d. Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 Haben die Parteien gem. Art. 8 HUP 2007 eine Rechtswahl über das auf eine Unterhaltspflicht anzuwendende Recht getroffen, könnte die berechtigte Person durch die Regelung in Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 benachteiligt werden. Grund dafür ist, dass nach dem Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 für die Frage des Unterhaltsverzichts immer das Recht des Staates maßgeblich ist, in dem die berechtigte Person zum Zeitpunkt der Rechtswahl ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das gilt dem Wortlaut zufolge ungeachtet dessen, ob das Recht, das anwendbar wäre, wenn keine Rechtswahl getroffen worden wäre, den Unterhaltsberechtigten umfassender schützen würde als das Recht seines gewöhnlichen Aufenthaltes. Es stellt sich daher die Frage, ob – abweichend vom Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 – eine teleologische Auslegung dahingehend vorzunehmen ist, dass für die Frage des Unterhaltsverzichts dasjenige Recht maßgeblich ist, das ohne eine Rechtswahl auf die Unterhaltspflicht Anwendung finden würde103. Zur Verdeutlichung dieses Gedankens soll das von Bonomi 104 angeführte Beispiel dienen: Ein Sohn (gewöhnlicher Aufenthalt in Staat A) vereinbart mit seinem Vater (gewöhnlicher Aufenthalt in Staat B) dessen Schulden zu tilgen, sofern letzterer auf seine Unterhaltsansprüche verzichtet. Die Parteien legen dabei als das auf die Unterhaltspflicht anzuwendende Recht das Recht des Staates B fest. Nach dem Recht des Staates B, d.h. dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Vaters (Art. 8 Abs. 4 HUP 2007), ist ein Unterhaltsverzicht möglich. Einige Zeit später ist der Vater verarmt und klagt in Staat A gegen seinen Sohn auf Unterhalt. Wendet die dort zuständige Behörde Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 seinem Wortlaut gemäß an, führt das dazu, dass der Vater keinen Unterhalt erhält, da er nach dem Recht seines gewöhnlichen Aufenthalts zum Zeitpunkt der Rechtswahl (Staat B) wirksam auf den Unterhalt verzichtet hat. Findet 103 s. nur Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X – 2008, 333 (357), wonach sich diese Ansicht durchzusetzen scheint. 104 Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X – 2008, 333 (356 f.).

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hingegen eine teleologische Auslegung der Vorschrift statt und wird deshalb das Recht zugrunde gelegt, das anzuwenden wäre, wenn keine Rechtswahl getroffen worden wäre, ergibt sich folgendes Ergebnis: aufgrund der Klage des Vaters gegen seinen Sohn in Staat A würde sich gem. Art. 4 Abs. 3 HUP 2007 die Unterhaltspflicht, mithin auch der Unterhaltsverzicht, nach der „lex fori“, d.h. dem Recht des Staates A richten. Nach diesem Recht ist ein Unterhaltsverzicht nichtig. Dem Vater würde folglich im vorliegenden Fall Unterhalt zustehen. Diese teleologische Auslegung des Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 bringt aber Schwierigkeiten mit sich. Abhängig davon, ob die berechtigte Person, die ursprünglich in der Rechtswahlvereinbarung auf ihren Unterhalt verzichtet hat, den Unterhaltsanspruch bei der zuständigen Behörde des Staates einklagt, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder bei der zuständigen Behörde des Staates, in dem die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, richtet sich der Unterhaltsverzicht nach unterschiedlichem Recht. Im ersten Fall ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts der berechtigten Person (Art. 3 Abs. 1 HUP 2007) maßgeblich, im zweiten Fall das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Unterhaltsverpflichteten (Art. 4 Abs. 3 HUP 2007). Da die berechtigte Person bei der Klage gegen die verpflichtete Person wählen kann, an welchem der beiden Gerichtsstände sie ihren Unterhaltsanspruch geltend macht, kann sie Einfluss auf das Recht nehmen, das auf den Unterhaltsverzicht anwendbar wäre, wenn keine Rechtswahl getroffen worden wäre. Sie wird die Klage dort erheben, wo das anwendbare Recht die Möglichkeit eines Unterhaltsverzichts nicht vorsieht. Die verpflichtete Person kann darauf keinen Einfluss ausüben; sie wird benachteiligt. Dieses „forum shopping“ bringt aber erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich. Selbst wenn sich die Parteien in einer Rechtswahlvereinbarung darauf einigen, dass die berechtigte Person auf ihren Unterhalt verzichtet, beispielsweise weil bereits eine entsprechende Gegenleistung gewährt wurde, kann sich die verpflichtete Person aufgrund der teleologischen Auslegung niemals sicher sein, dass dieser Unterhaltsverzicht auch tatsächlich wirksam ist. Das widerspricht dem Gedanken der Parteiautonomie, die Art. 8 HUP 2007 gewährleisten soll. Lässt sich die berechtigte Person bei einer Rechtswahlvereinbarung darauf ein, auf Unterhalt zu verzichten, kann sie den Verzicht später nicht wieder einseitig rückgängig machen. Ansonsten würde die Parteiautonomie leer laufen und die Wahrscheinlichkeit, dass die berechtigte und die verpflichtete Person einen Unterhaltsverzicht im Rahmen einer Rechtswahl vereinbaren, würde sinken. Bei einer teleologischen Auslegung wird die berechtigte Person folglich „übergeschützt“. Es ist daher unumgänglich, Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 wörtlich auszulegen. Dafür spricht auch, dass sich aus den „Preliminary Documents“, die im Rahmen der Vorarbeiten zum Haager Unterhalts-

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protokoll erstellt wurden105, keine Hinweise auf die Notwendigkeit einer teleologischen Auslegung der Vorschrift entnehmen lassen. Nur durch eine wörtliche Auslegung ist von Beginn der Rechtswahlvereinbarung an gewährleistet, dass der Unterhaltsverzicht tatsächlich wirksam ist. Die unterhaltsberechtigte Person wird dabei durch die Anknüpfung an ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zeitpunkt der Rechtswahl hinreichend geschützt, da dieses Recht am besten ihre Bedürfnisse in diesem Zeitpunkt widerspiegelt. Allein die Wortlautauslegung des Art. 8 Abs. 4 HUP 2007 ermöglicht des Weiteren eine stetige Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person bei der Frage des Unterhaltsverzichts. Diese ist notwendig, um einen großen Beitrag zur Erhöhung der Rechtssicherheit zu leisten.

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Vorbehaltsmöglichkeiten

Vorbehaltsmöglichkeiten

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Art. 15 UStA erlaubt als „Ausdruck des kollisionsrechtlichen Näheprinzips“ 106, d.h. der Anknüpfung an eine noch engere Verbindung, den Vertragsstaaten das Anbringen eines Vorbehalts mit der Folge, dass innerstaatliches Recht angewendet wird, wenn sowohl die berechtigte als auch die verpflichtete Person Staatsangehörige dieses Staates sind und der Verpflichtete dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das bringt zahlreiche Schwierigkeiten mit sich107. Wie in jedem internationalen Übereinkommen bedingt die Einräumung von Vorbehaltsmöglichkeiten, dass die eigentlich beabsichtigte Rechtseinheit zersplittert wird. Das liegt darin begründet, dass die Vertragsstaaten teilweise von der Möglichkeit, einen Vorbehalt einzulegen, Gebrauch machen, teilweise aber auch nicht. Der Vorbehalt gem. Art. 15 UStA wurde beispielsweise von allen Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 mit Ausnahme von Estland, Frankreich und Japan eingelegt 108. Das hat zur Folge, dass sich das anwendbare Recht in den Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 für den Fall, den Art. 15 UStA normiert, nach unterschiedlichen Vorschriften bestimmt. In den Staaten, die den Vorbehalt des Art. 15 UStA eingelegt haben, ist das innerstaatliche Recht 105

Abrufbar unter http://www.hcch.net/index_en.php?act=conventions.publications &dtid=35&cid=131. 106 Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 410. 107 Zu den Schwierigkeiten, die Vorbehalte im Anwendungsbereich internationaler Übereinkommen aufwerfen können, s. Kapitel 2 C. I. 108 Stand: 15. September 2009.

F. Vorbehaltsmöglichkeiten

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maßgeblich, während sich in den anderen Vertragsstaaten das auf die Unterhaltspflichten anzuwendende Recht nach den Bestimmungen des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 richtet. Folglich ist abhängig davon, welches Gericht über das anwendbare Recht zu entscheiden hat, unterschiedliches Recht zur Anwendung berufen 109 . Das verkompliziert und erschwert die Rechtsanwendung. Es begünstigt zudem die Möglichkeit des „forum shoppings“ mit seinen negativen Auswirkungen110. II. Veränderungen durch die neuen Rechtinstrumente 1. Überblick über Art. 27 HUP 2007 In Art. 27 HUP 2007 ist festgelegt, dass Vorbehalte zum Haager Unterhaltsprotokoll nicht zulässig sind. 2. Ausschluss von Vorbehaltsmöglichkeiten Aufgrund von Art. 27 HUP 2007 findet sich im Haager Unterhaltsprotokoll keine mit Art. 15 UStA vergleichbare Regelung, die den Staaten eine Vorbehaltsmöglichkeit einräumt. Das führt zu grundsätzlichen Verbesserungen gegenüber dem Vorgängerübereinkommen. Die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts auf internationaler Ebene, die das Haager Unterhaltsprotokoll zum Ziel hat, kann nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass ein Vertragsstaat einen Vorbehalt einlegt. Es ist damit immer dasselbe Recht anwendbar, unabhängig davon, welche Behörde in einem beliebigen Vertragsstaat über das anzuwendende Recht zu entscheiden hat. Dadurch wird die Vereinheitlichungswirkung des Haager Unterhaltsprotokolls vollumfänglich erreicht. Gleichzeitig bewirkt die Anwendung dieses sog. Einheitskollisionsrechts auch den Ausschluss des „forum shoppings“ mit seinen negativen Auswirkungen, da sich das anwendbare Recht immer nach denselben Vorschriften bestimmt. Die einheitlich geltenden Regelungen vereinfachen des Weiteren die Rechtsanwendung, da das anzuwendende Recht ausschließlich nach den Regelungen des Haager Unterhaltsprotokolls zu bestimmen ist. Eine vorherige Prüfung dahingehend, ob ein Vertragsstaat

109

Ein Beispiel hierzu findet sich bei Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10 (2006), Art. 15 UntPflUeb Rn. 368. Auch KG, Urteil vom 03.April 2007, Az.: 13 UF 46/06, IPRspr. 2007, Nr. 71; BGH, Urteil vom 26. November 2008, Az.: XII ZR 65/07. 110 Martiny, Objectives and Values of (Private) International Law in Family Law, in: Meeusen/Pertegás/Straetmans/Swennen, International Family Law for the European Union (2007), 69 (84); Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10 (2006), Art. 15 UntPflUeb Rn. 368. Zu den negativen Aspekten des „forum shoppings“ s. Kapitel 3 A. I.

112

Kapitel 4: Anwendbares Recht

einen Vorbehalt eingelegt hat und damit eine Vorschrift anzuwenden bzw. nicht anzuwenden ist, entfällt. Obwohl das Haager Unterhaltsübereinkommen Vorbehalte gem. Art. 27 HUP 2007 ausschließt, büßt es gleichwohl nicht an Attraktivität ein. Grund dafür sind insbesondere die neu gefassten Vorschriften der Art. 3 und 4 HUP 2007 und die Möglichkeit, das anzuwendende Recht i.S.d. Art. 7 und 8 HUP 2007 wählen zu können. Infolge dieser Veränderungen ist in vielen Sachverhaltskonstellationen auf die Unterhaltspflichten die „lex fori“ der zuständigen Behörde anwendbar. Das macht das Haager Unterhaltsprotokoll insbesondere auch für Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören, attraktiver. Der Wegfall der Vorbehaltsmöglichkeit des Art. 15 UStA ist mithin umfassend zu begrüßen.

G. Anknüpfung von Vorfragen Anknüpfung von Vorfragen

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Unterhaltsansprüche basieren in der Regel auf einer bestimmten Beziehung zwischen der unterhaltsberechtigten und der unterhaltsverpflichteten Person, beispielsweise einer verwandtschaftlichen Beziehung. Wenn sich im Rahmen des Tatbestandes einer Kollisionsnorm die Frage stellt, ob ein solches Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht, handelt es sich um eine kollisionsrechtliche Vorfrage 111 . Wie diese Vorfragen anzuknüpfen sind, ist im Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 nicht geregelt. Es ist umstritten, ob Vorfragen vom Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 überhaupt erfasst sind oder ob dafür das nationale Recht maßgeblich ist. Darüber hinaus kommen verschiedene Anknüpfungen in Betracht (z.B.: selbstständige oder unselbstständige Anknüpfung), sodass zu dieser Frage mehrere Auffassungen vertreten werden112. Das führt zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem, welcher Ansicht man folgt. Bei der Anknüpfung von Vorfragen besteht folglich Rechtsunsicherheit.

111

Junker, Internationales Privatrecht (1998), Rn. 234; Kegel/Schurig, Internationales Privatrecht (2004), § 9 I 1; Linke, in: Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht (2008), Rn. 3026. 112 Zum Streitstand: Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 68; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 18 ff.; Siehr, in: Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 10 (2006), Art. 10 UnthPflUeb Rn. 241; Thorn, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (2010), Art. 18 EGBGB Rn. 14.

H. Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen 113

II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente Auch im Haager Unterhaltsprotokoll findet sich keine Norm, die die Anknüpfung von Vorfragen einheitlich regelt. Im Rahmen der Vorarbeiten zum Haager Unterhaltsprotokoll hatte man sich zwar mit dieser Thematik beschäftigt, ohne allerdings zu einer Lösung zu kommen113. Folglich bleibt die Klärung dieser Frage weiterhin der nationalen Rechtsprechung und Literatur überlassen. Die Einführung einer solchen Regelung wäre aber wünschenswert gewesen, da dadurch ein weiterer Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet hätte werden können.

H. Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen Kollisionsrechtliche Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Wird die Abänderung einer Unterhaltsentscheidung begehrt, stellt sich die Frage, welches Recht für die Abänderung der Entscheidung maßgeblich ist. Im Hinblick auf die Änderung von Entscheidungen über Unterhaltspflichten von Ehegatten nach der Scheidung legt Art. 8 UStA fest, dass sich diese nach dem Ehescheidungsstatut richtet. Für die Abänderung sonstiger Unterhaltsentscheidungen findet sich im Haager Unterhaltsstatutsübereinkommen von 1973 hingegen keine Regelung. Es ist daher umstritten, welches Recht auf die Abänderung einer Unterhaltsentscheidung Anwendung findet 114 . Das erschwert die Rechtsanwendung und führt zu Rechtsunsicherheit. II. Keine Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente In das Haager Unterhaltsprotokoll wurde keine Regelung aufgenommen, die die Frage der kollisionsrechtlichen Anknüpfung der Abänderung von Unterhaltsentscheidungen einheitlich regelt. Ebensowenig findet sich Art. 8 UStA im Haager Unterhaltsprotokoll wieder115. Die Aufnahme einer Bestimmung, die die kollisionsrechtliche Anknüpfung von abzuändernden Unterhaltsentscheidungen einheitlich festlegt, wäre aber wünschenswert gewesen. Sie hätte dazu beitragen können, die Rechtsanwendung zu er113

s. Permanent Bureau, Report on the First Meeting of the Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (5– 16 May 2003), Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 124. 114 OLG Köln, Urteil vom 20. Juli 2004, Az.: 25 UF 24/04; Zum Streitstand: Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 145 ff.; Mankowski, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. I zu Art. 18 EGBGB Rn. 43. 115 Zu den Vorteilen infolge des Wegfalls des Art. 8 UStA, s. C. II.

114

Kapitel 4: Anwendbares Recht

leichtern und die Rechtssicherheit zu stärken. Darüber hinaus hätte eine solche Regelung insbesondere kollisionsrechtlich die neue Vorschrift des Art. 18 HUÜ 2007 ergänzen können.

I.

Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007

Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007

I. Überblick über Art. 9 HUP 2007 Art. 9 HUP 2007 wurde neu in das Haager Unterhaltsprotokoll aufgenommen. Die Vorschrift ermöglicht es einem Staat, der als Anknüpfungspunkt in Familiensachen den Begriff des „Wohnsitzes“ anstelle der „Staatsangehörigkeit“ verwendet, die in Art. 4 und Art. 6 HUP 2007 vorgesehene Anknüpfung an die „gemeinsame Staatsangehörigkeit“ durch die Anknüpfung an den „Wohnsitz“ zu ersetzen. Der Begriff des „Wohnsitzes“ ist dabei so zu verstehen, wie er im betreffenden Staat definiert wird. II. Kritik In einigen ausländischen Staaten, insbesondere in denen, die dem „common law“–Rechtskreis zuzuordnen sind, aber beispielsweise auch in der Schweiz116, ist im Familienrecht das Anknüpfungsmoment des „domicile“ bzw. des „Wohnsitzes“ anstelle der „Staatsangehörigkeit“ maßgeblich117. Art. 9 HUP 2007 ermöglicht es diesen Staaten, die Anknüpfung an den „Wohnsitz“ in den Fällen der Art. 4 und Art. 6 HUP 2007 beizubehalten. Hierzu müssen sie lediglich gem. Art. 9 HUP 2007 das Ständige Büro der Haager Konferenz davon unterrichten, dass für die Fälle, die den Behörden des betreffenden Staates vorgelegt werden, der Anknüpfungspunkt der „Staatsangehörigkeit“ durch den des „Wohnsitzes“ ersetzt wird. Der Begriff des „Wohnsitzes“ ist dabei so zu verstehen, wie er in dem betreffenden Staat definiert wird (Art. 9 a.E. HUP 2007). Die Einräumung der Möglichkeit, das Anknüpfungsmoment der „Staatsangehörigkeit“ in den Art. 4 und 6 HUP 2007 durch den „Wohnsitz“ zu ersetzen, trägt dazu bei, die Attraktivität des Haager Unterhaltsprotokolls zu steigern. Für die Staaten, die im Familienrecht an das „domicile“ bzw. den „Wohnsitz“ anknüpfen, ist es gem. Art. 9 HUP 2007 ohne großen Aufwand 116 s. Art. 20 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht vom 18. Dezember 1987. 117 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 153 f.; von Hoffmann/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 5 Rn. 65; Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 37 I 2a; Rauscher, Internationales Privatrecht (2009), § 3 Rn. 281.

I. Kritische Anmerkungen in Bezug auf Art. 9 HUP 2007

115

möglich, diese Anknüpfung als die in Art. 4 und 6 HUP 2007 maßgebliche zu bestimmen. Folglich ist damit zu rechnen, dass auch Staaten, die eine entsprechende Anknüpfung befürworten, das Haager Unterhaltsprotokoll ratifizieren werden. Trotz dieses positiven Umstandes sind aber die deutsche Übersetzung des Art. 9 HUP 2007 und die grundsätzliche Aufnahme der Vorschrift in das Haager Unterhaltsprotokoll kritisch zu sehen. Die deutsche Übersetzung ist deshalb problematisch, weil der Begriff des „domicile“ der englischen und französischen Originalfassung lediglich als „Wohnsitz“ in die deutsche Textfassung Eingang gefunden hat. „Domicile“ und „Wohnsitz“ stimmen allerdings im Hinblick auf das englische Recht nicht überein, da das englische Recht den Begriff des „Wohnsitzes“ nicht kennt. Da sich aber Art. 9 HUP 2007 nicht nur auf Staaten bezieht, die dem „common law“Rechtskreis angehören, sondern auch Staaten wie die Schweiz, die in Familiensachen an den „Wohnsitz“ anknüpfen, einbezieht, wäre es wünschenswert gewesen, wenn in der deutschen Übersetzung der Vorschrift sowohl der Begriff des „Wohnsitzes“ beibehalten als auch zusätzlich der Begriff „domicile“ aufgenommen worden wäre. Das hätte dazu beitragen können, eine unklare inhaltliche Ausgestaltung dieser beiden unterschiedlichen Begriffe zu vermeiden. Darüber hinaus ist kritisch anzumerken, dass man sich bei der Ausarbeitung des Art. 9 HUP 2007 dazu entschieden hat, keine einheitliche Definition des Begriffs „Wohnsitz“ zu schaffen, sondern stattdessen das jeweils nationale Begriffsverständnis für maßgeblich erklärt hat. Der Begriff des „Wohnsitzes“ divergiert aber von Land zu Land, was dem internationalen Entscheidungseinklang entgegenwirkt. Es lässt sich daher in den letzten Jahren die Tendenz erkennen, auf internationaler und europäischer Ebene keine Anknüpfung an den „Wohnsitz“ mehr vorzusehen 118 , während Art. 9 HUP 2007 hingegen gerade die Anwendung dieses national geprägten Begriffs begünstigt. Wollte man den Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsprotokolls dennoch im Rahmen des Art. 9 HUP 2007 die Möglichkeit gewähren, das Anknüpfungskriterium der „Staatsangehörigkeit“ durch das des „Wohnsitzes“ zu ersetzen, wäre im Sinne des internationalen Entscheidungseinklangs zumindest eine einheitliche Begriffsdefinition von „Wohnsitz“ wünschenswert gewesen, wobei zuzugeben ist, dass eine solche nicht einfach zu schaffen wäre. Schließlich ist problematisch, dass Art. 9 HUP 2007 zu einem in verschiedenen Forumstaaten unterschiedlichen Anknüpfungsergebnis führt. Dieses ist davon abhängig, ob ein Vertragsstaat in Art. 4 und Art. 6 HUP 2007 an die „gemeinsame Staatsangehörigkeit“ anknüpft oder diese durch die Anknüpfung an den „gemeinsamen Wohnsitz“ ersetzt hat. Infolgedes118

Vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht (2006), § 37 I 2a.

116

Kapitel 4: Anwendbares Recht

sen können abhängig davon, in welchem Staat Klage erhoben wird, unterschiedliche Rechte anwendbar sein. Das bietet wiederum einen Anreiz zum „forum shopping“119. Ein Anreiz zum „forum shopping“ sollte aber durch das Einheitskollisionsrecht des Haager Unterhaltsprotokolls gerade vermieden werden. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass durch die Möglichkeit den Anknüpfungspunkt „Staatsangehörigkeit“ gegen „Wohnsitz“ in den Art. 4 und 6 HUP 2007 austauschen zu können, letztlich mit Art. 9 HUP 2007 eine Vorschrift geschaffen wurde, die vorbehaltsähnliche Wirkungen hat. Das ist aufgrund des Umstandes, dass Art. 27 HUP 2007 Vorbehalte ausdrücklich als unzulässig erklärt, in sich inkonsequent. Damit lässt sich konstatieren, dass bei der Vorschrift des Art. 9 HUP 2007 die Nachteile deutlich die Vorteile überwiegen.

J.

Ergebnis

Ergebnis

Abschließend ist zu konstatieren, dass die Neuerungen zu begrüßen sind. Das betrifft sowohl die Veränderungen, die im Hinblick auf die Regelungen des Haager Unterhaltsprotokolls gegenüber den Vorgängerübereinkommen vorgenommen wurden, als auch die Entscheidung des Gemeinschaftsgesetzgebers, für das europäische Unterhaltskollisionsrecht die Bestimmungen des Haager Unterhaltsprotokolls für maßgeblich zu erklären. Betrachtet man die inhaltliche Ausgestaltung der neuen Regelungen zum anwendbaren Recht, fällt eine Orientierung an die bereits bewährten Vorschriften des Haager Unterhaltsstatutsübereinkommens von 1973 auf. Darüber hinaus enthalten die Bestimmungen des Haager Unterhaltsprotokolls aber auch notwendig gewordene Änderungen120, die zu einer nahezu vollständigen Lösung der bislang bestehenden Probleme führen. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Abschaffung des Art. 8 UStA, den Wegfall der Vorbehaltmöglichkeit in Art. 15 UStA oder die Einräumung der (wenn auch nur beschränkten) Rechtswahlmöglichkeit in Art. 7 und 8 HUP 2007. Infolge dieser Verbesserungen gegenüber der bisherigen Rechtslage wird die Rechtsanwendung bei der Frage danach, welches Recht auf eine Unterhaltspflicht anzuwenden ist, vereinfacht. Darüber hinaus wird etwa durch die Aufnahme des Art. 8 HUP 2007, der ausdrücklich die Wahl des 119 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsprotokoll – Globales Einheitsrecht gezeichnet, iFamZ 2008, 90 (92). 120 Bonomi, Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations – Explanatory Report, October 2009, Rn. 5; Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/ Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (334).

J. Ergebnis

117

auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts zulässt, die Rechtssicherheit erhöht. Es steht nunmehr fest, dass eine Rechtswahl möglich ist und welchen Voraussetzungen diese unterliegt. Zudem wird durch die veränderte subsidiäre Anknüpfungsreihenfolge in Art. 4 HUP 2007 zumindest ein kleiner Beitrag dazu geleistet, die Attraktivität des Haager Unterhaltsprotokolls auch für den Beitritt von Staaten zu erhöhen, die dem „common law“–Rechtskreis angehören 121. Es ist mithin zu hoffen, dass eine große Anzahl von Staaten das Haager Unterhaltsprotokoll ratifizieren werden, sodass das vereinheitlichte Unterhaltskollisionsrecht einen weiten Geltungsbereich haben wird. Der Abschluss des Haager Unterhaltsprotokolls durch die Europäische Union führt dazu, dass dieses Übereinkommen Gemeinschaftsrecht wird. Das bringt den Vorteil mit sich, dass dadurch bereits 25 Mitgliedstaaten (alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich) gebunden sind122 und folglich für diese Staaten das vereinheitlichte Unterhaltskollisionsrecht gilt. Außerdem stimmen dadurch auf europäischer und internationaler Ebene die Vorschriften des auf Unterhaltspflichten anwendbaren Rechts überein. Aufgrund dieser Entscheidung werden zahlreiche Probleme, die aufgetreten wären, wenn zwei unterschiedliche Rechtsinstrumente mit Regelungen zum Unterhaltskollisionsrecht geschaffen worden wären, vermieden. Darüber hinaus wird durch den Abschluss des Haager Unterhaltsprotokolls durch die Europäische Union auch der Kritik an früheren europäischen Rechtsinstrumenten Rechnung getragen, wonach die Kollisionsrechtsvereinheitlichung vernachlässigt würde. Diese ist aber unabdingbare Voraussetzung für die Abschaffung des Exequaturverfahrens. Die Vereinheitlichung der Vorschriften zum Unterhaltskollisionsrecht ist folglich insgesamt positiv zu bewerten.

121 Bedauerlicherweise haben bislang noch keine Staaten, die dem „common law“– Rechtskreis angehören, ihr Interesse am Haager Unterhaltsprotokoll bekundet. Allerdings haben bereits einige außereuropäische Staaten wie China, Japan, die Schweiz sowie einige zentral- und südamerikanische Staaten angedeutet, das Haager Unterhaltsprotokoll abschließen zu wollen, s. Bonomi, The Hague Protocol of 23 November 2007 on the Law Applicable to Maintenance Obligations, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 333 (334 f.). 122 Das ergibt sich aus Art. 216 Abs. 2 AEUV.

Kapitel 5

Behördliche Zusammenarbeit Bei der grenzüberschreitenden Durchsetzung von Unterhaltforderungen ist es in vielen Fällen für die berechtigte und die verpflichtete Person schwierig, ihre Rechte in einem anderen Staat geltend zu machen. Es stellen sich zahlreiche Hürden, unter anderem das Problem, dass die Person, die ihre Unterhaltsansprüche in einem anderen Staat durchsetzen möchte und sich unmittelbar an die dort zuständige Behörde wendet, der Sprache dieses Staates nicht mächtig ist und mithin mit den dortigen Behörden nicht kommunizieren kann. Aber auch die Ermittlung von Aufenthalt, Anschrift oder den wirtschaftlichen Verhältnissen der jeweils anderen Partei in einem anderen Staat kann zu Schwierigkeiten führen. Um bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in einem anderen Staat Erleichterungen zu schaffen, finden sich im New Yorker UNÜbereinkommen von 1956 Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit. Durch diese Vorschriften werden die berechtigte (und die verpflichtete) Person durch Behörden darin unterstützt, ihre Rechte in einem anderen Staat geltend zu machen. Sie können die Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung bestehender Unterhaltsentscheidungen oder die Änderung oder Herbeiführung einer solchen Entscheidung bei der Behörde ihres Aufenthaltsstaates beantragen. Die Behörde bemüht sich dann in Vertretung der berechtigten (oder verpflichteten) Person um die grenzüberschreitende Durchsetzung der Unterhaltsforderungen. Zu diesem Zweck arbeitet sie mit einer Behörde in dem Staat, in dem der Unterhaltsanspruch geltend gemacht werden soll, zusammen. Der Antragsteller muss hingegen keine weiteren Maßnahmen mehr ergreifen. Allerdings zeigte eine Untersuchung, die im Rahmen der Arbeiten an den neuen Haager Rechtsinstrumenten zum Unterhaltsrecht durchgeführt wurde, dass die bestehenden Vorschriften zur behördlichen Zusammenarbeit im New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 die grenzüberschreitende Geltendmachung von Unterhaltsforderungen bislang nicht zufriedenstellend erleichtern 1 . Die Schwierigkeiten, die bei der Anwendung dieses 1

Zur Untersuchung s. Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of

A. Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit

119

Übereinkommens bestehen, führen dazu, dass das New Yorker UNÜbereinkommen von 1956 kaum genutzt wird 2 . Stattdessen greifen Antragsteller auf Organisationen wie den International Social Service (ISS) in Genf zurück, um ihre Unterhaltsforderungen grenzüberschreitend geltend zu machen3. Im Folgenden sollen die Probleme, die bislang im Rahmen der behördlichen Zusammenarbeit bestehen – jeweils isoliert betrachtet – aufgezeigt werden. Anschließend werden die Veränderungen erörtert, die sich durch die neuen Rechtsinstrumente ergeben haben. Zu diesem Zweck erfolgt zunächst jeweils ein Überblick über die betreffende(n) Neuregelung(en), dem sich eine Auseinandersetzung mit der Frage anschließt, ob und inwieweit die bestehenden Schwierigkeiten durch die Neuregelungen gelöst werden konnten. Des Weiteren wird kritisch betrachtet, ob bzw. welche neuen Schwierigkeiten durch die neuen Vorschriften der behördlichen Zusammenarbeit im Haager Unterhaltsübereinkommen und der Unterhaltsverordnung auftreten können.

A. Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 ist zwar bislang das einzige Rechtsinstrument, das Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit und damit Erleichterungen bei der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsforderungen enthält, es wird aber nur in wenigen Fällen an-

April 2003, Rn. 24 ff.; auch Permanent Bureau, Report on the First Meeting of the Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (5–16 May 2003), Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 10. 2 Grotheer, Kindesunterhalt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (1998), 156; Katsanou, Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland – „New Yorker Unterhaltsübereinkommen“, FPR 2006, 255. Statistiken über die Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 abgedruckt bei Special Commission, Extracts from the Responses to the Questionnaire on Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 3 of April 1999, Frage 21 (S. 43 ff.). 3 Der International Social Service (www.iss-ssi.org) in Genf spielt eine wichtige Rolle bei der Eintreibung von Unterhalt im Ausland. Die Organisation kann auf ein Netzwerk von ca. 100 Staaten zurückgreifen und hat bei der Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen größere Erfolge vorzuweisen als das durch die behördliche Zusammenarbeit auf Grundlage des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 der Fall ist. s. Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention of the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Do. No 1 of September 1995, Rn. 117.

120

Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

gewendet4. Die geringe Anwendung dieses Übereinkommens liegt vor allem in drei Umständen begründet: die nicht einheitliche Anwendung des Übereinkommens in den Vertragsstaaten (unter 1.), dem Misstrauen der Antragsteller in die Effektivität der zuständigen Behörden (unter 2.) und die Sonderauffassung von England und Wales im Hinblick auf das Verhältnis des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 zu den Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958 und 1973 (unter 3.). 1. Keine einheitliche Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens in den Vertragsstaaten Die Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 variiert von Vertragsstaat zu Vertragsstaat. Teilweise wird das Übereinkommen überhaupt nicht angewendet, in anderen Fällen nur einseitig oder unzureichend5. Grund dafür sind die teilweise erheblich divergierenden wirtschaftlichen Gegebenheiten und der Lebensstandard in den einzelnen Vertragsstaaten6. Sie führen dazu, dass Unterhaltsgesuche aus Vertragsstaaten mit einem hohen Lebensstandard, die in einem Vertragsstaat mit einem niedrigeren Lebensstandard geltend gemacht werden sollen, kaum Aussicht auf Erfolg haben werden. Denn die dort lebende verpflichtete Person wird 4

Zur Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens in einzelnen Staaten, s. Special Commission, Extracts from the Responses to the Questionnaire on Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 3 of April 1999, S. 43 ff. Aufgrund der geringen Anwendung des Übereinkommens findet sich hierzu auch kaum Rechtsprechung, s. Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Rn. 103 ff. 5 Eine Studie der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht über die Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 hat ergeben, dass das Übereinkommen in den Ländern Afrikas, Südamerikas oder Asiens entweder nicht oder nur einseitig (d.h. nur bei Ersuchen ins Ausland) angewendet wird und bei der Anwendung des Übereinkommens in den Ländern rund um das Mittelmeer Schwierigkeiten auftreten, während die Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 in Mittel- und Nordeuropa weitgehend komplikationslos verläuft. s. Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 1 of September 1995, Rn. 109 ff. Für Italien s. BayLJA, Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen in Italien, DAVorm 1982, 241; mittlerweile hat sich die Kooperation der italienischen Empfangsstelle offenbar deutlich verbessert, s. Boehm, Vollstreckung deutscher Unterhaltsentscheidungen in Italien, DAVorm 2000, 1053 (1057 f.). 6 General Conclusions of the Special Commission of November 1995 on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention of 20 June 1956 on the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Doc. No 10 of May 1996, Rn. 6.

A. Anwendung der Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit

121

wirtschaftlich kaum in der Lage dazu sein, der Unterhaltsforderung nachzukommen. Aus diesem Grund erscheint ein Handeln für die dortigen Behörden in diesen Fällen sinnlos7. Das hat zur Folge, dass das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 kaum angewendet wird. 2. Misstrauen der Antragsteller in die Effektivität der zuständigen Behörden Die geringe Anwendung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 beruht auch auf dem Misstrauen der betroffenen Personen gegenüber der Effektivität der zuständigen Behörden8. Entscheidet sich ein Antragsteller dazu, seine Unterhaltsforderungen grenzüberschreitend durchzusetzen, gibt er dies in vielen Fällen aufgrund der Ineffektivität der zuständigen Behörden frühzeitig wieder auf. Denn wenn für ihn kein Fortschreiten bei der Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche erkennbar ist, fühlt er sich verunsichert und darin bestärkt, dass keine wirksamen Durchsetzungsmechanismen gegen den Unterhaltsverpflichteten im Ausland bestehen9. 3. Sonderauffassung von England und Wales Auch durch die Sonderauffassung von England und Wales wird die Anwendbarkeit des Übereinkommens geschmälert, denn diese besagt, dass das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 und die Haager Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen von 1958 und 1973 nicht kumulativ, sondern nur alternativ angewendet werden können 10 . Folglich kann ein Antragsteller bei der grenzüberschreitenden Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen entweder nur auf die Erleichterungen des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 zurückgreifen oder die Anerkennung und/oder Vollstreckung seiner Unterhaltsentscheidung nach den Haager Anerkennungs- und Vollstreckungskonventionen von 1958 und 1973 begehren. 7

Pelichet, Note on the operation of the Hague Conventions relating to maintenance obligations and of the New York Convention of the Recovery Abroad of Maintenance, Prel. Do. No 1 of September 1995, Rn. 110. 8 Katsanou, Übereinkommen über die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland – „New Yorker Unterhaltsübereinkommen“, FPR 2006, 255. 9 Vgl. Grotheer, Kindesunterhalt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (1998), 156. 10 Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 24; Volken, Das internationale Unterhaltsrecht der Schweiz, in: Hangartner/Volken, Alimenteninkasso im Ausland: Die Schaffung und Vollstreckung schweizerischer Unterhaltstitel (1989), 9 (19); Volken, Die internationale Rechtshilfe in Zivilsachen (1996), Kapitel 5 Rn. 71.

122

Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente Im Hinblick auf die Frage, ob die Vorschriften über die behördliche Zusammenarbeit künftig einheitlich angewendet werden, lässt sich bislang noch keine Aussage treffen. Das Haager Unterhaltsübereinkommen enthält zwar in den Art. 4 ff. HUÜ 2007 eine „vollständige modernere Neuregelung des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956“11; um aber die einheitliche Anwendung beurteilen zu können, bleibt die Rechtsanwendung durch die autonomen vertragsstaatlichen Gerichte abzuwarten. Hingegen ist von einer einheitlichen Anwendung der Regelungen über die behördliche Zusammenarbeit in der Unterhaltsverordnung auszugehen. Diese Annahme ist insbesondere aufgrund des Umstandes möglich, dass dem Europäischen Gerichtshof gem. Art. 267 AEUV die Auslegungskompetenz für die Vorschriften der Unterhaltsverordnung zusteht. Darüber hinaus ist es ebenso wahrscheinlich, dass durch die Neuregelungen im Bereich der behördlichen Zusammenarbeit auf internationaler und europäischer Ebene das Vertrauen in die Effektivität der zuständigen Behörden gestärkt wird. Denn durch die neuen Vorschriften konnten zahlreiche Verbesserungen erreicht werden, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels näher geschildert werden. Schließlich ist festzustellen, dass die Sonderauffassung von England und Wales im Hinblick auf die Anwendung der Regelungen über die behördliche Zusammenarbeit und derjenigen, die die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen betreffen, nicht mehr aufrecht erhalten werden kann. Grund dafür ist, dass das Vereinigte Königreich durch die Unterhaltsverordnung gebunden ist12 und die Unterhaltsverordnung neben Bestimmungen zur behördlichen Zusammenarbeit auch Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen erhält.

B.

Verfahrensdauer

Verfahrensdauer

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Im New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 sind verfahrensrechtlich Verzögerungen bei der Antragstellung und im Verfahren der behördlichen Zusammenarbeit zu bemängeln 13 . Außer Art. 6 Abs. 2 UNUÜ findet sich 11

Gottwald, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 3 (2008), UNUÜ 1956 Vorbemerkung Rn. 2. 12 Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), § 7 V Rn. 98. 13 Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 25.

B. Verfahrensdauer

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im Übereinkommen keine Regelung, die sich auf die Kommunikation zwischen den Behörden der Vertragsstaaten bezieht. Art. 6 Abs. 2 UNUÜ sieht lediglich vor, dass die Empfangsstelle die Übermittlungsstelle laufend unterrichtet (Art. 6 Abs. 2 Satz 1 UNUÜ) und diese im Falle eines Nichttätigwerdens über die Gründe in Kenntnis setzt und die Vorgänge an sie zurücksendet (Art. 6 Abs. 2 Satz 2 UNUÜ). Es ist aber nicht vorgeschrieben, welche Informationen auszutauschen sind und was unter einer „laufenden Unterrichtung“ zu verstehen ist. Das hat zur Folge, dass den Behörden in vielen Fällen nur unzureichende Informationen über den Stand des Antrags zur Verfügung stehen. Sie können diese Informationen aber auch, wenn sie sich darum bemühen, nur schwierig erhalten. Das liegt zum einen an unzureichenden oder falschen Kontaktinformationen, die den zuständigen Behörden vorliegen, zum anderen auch an der Schwierigkeit für die inländischen Behörden, mit den ausländischen Behörden Kontakt aufzunehmen. Auch eine Verwendung von standardisierten Formblättern, die den Informationsaustausch erleichtern und beschleunigen würden, ist nicht vorgesehen 14. Ebenso fehlen genau definierte Fristen, die die Weiterleitung von Informationen betreffen. Die zuständige Behörde kann sich damit zunächst für die Informationserlangung und deren anschließende Weitergabe beliebig viel Zeit lassen, mit der Folge, dass ein Verfahren erst nach Jahren abgeschlossen ist. In manchen Ländern kommt es frühestens nach zwei bis drei Jahren zur ersten Unterhaltszahlung an den Unterhaltsberechtigten15. Das ist in Anbetracht dessen, dass er im Zweifelsfall dringend auf den Unterhalt angewiesen ist, unzumutbar. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verzögerungen ihren Ursprung nicht unbedingt nur in der schlechten Zusammenarbeit zwischen den Behörden haben müssen. Sie können auch auf der Arbeitsbelastung der Gerichte oder dem Einfallsreichtum eines Unterhaltsverpflichteten beruhen, der die Verzögerung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung durch geschicktes Taktieren herbeizuführen versucht16.

14 Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ, Vol. 38 (2004), 663 (666); Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 26. 15 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch Unterhaltspflichten, KOM(2004) 254 endgültig vom 15. April 2004, Punkt 7.3. (S. 51); Lex Fori, Volume 1 – Rapport General – Le recouvrement des pensions alimentaires en Europe, S. 33 ; vgl. Strohtmann, Die Verfolgung Unterhaltspflichtiger ins EU-Ausland und in die Türkei, 106. 16 Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 27.

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II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 12 HUÜ 2007 Art. 12 HUÜ 2007 enthält Bestimmungen zur Übermittlung, Entgegennahme und Bearbeitung der Anträge und Fälle durch die Zentralen Behörden. Gem. Art. 12 Abs. 1 HUÜ 2007 ist die Zentrale Behörde des ersuchenden Staates verpflichtet, den Antragsteller darin zu unterstützen, dass der Antrag alle erforderlichen Unterlagen und Angaben umfasst. Hat sich die Zentrale Behörde anschließend davon überzeugt, dass der Antrag den Erfordernissen des Übereinkommens entspricht (Art. 12 Abs. 2 HUÜ 2007), leitet sie diesen an die Zentrale Behörde des ersuchten Staates weiter. Die Antragsübermittlung ist ebenso wie der Empfang und die Bearbeitung des Antrags durch die Zentrale Behörde in Art. 12 Abs. 2 bis Abs. 9 HUÜ 2007 detailliert ausgestaltet. Nach diesen Vorschriften unterliegen die Tätigkeiten der Zentralen Behörden Bearbeitungsfristen sowie Informationspflichten. Zur Erfüllung letzterer ist im Rahmen von Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 HUÜ 2007 die Nutzung spezieller Formblätter vorgesehen und gemäß Art. 12 Abs. 4 HUÜ 2007 ist ein Sachstandsbericht erforderlich. Im Hinblick auf die Kommunikation zwischen den Zentralen Behörden bestimmt Art. 12 Abs. 7 HUÜ 2007 die Verwendung der schnellsten und effizientesten Kommunikationsmittel, die ihnen zur Verfügung stehen. Des Weiteren normieren Art. 12 Abs. 8 17 und Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007 die Voraussetzungen, unter denen eine Zentrale Behörde die Bearbeitung eines Antrags ablehnen kann. Das ist nicht alleine deshalb möglich, weil Schriftstücke oder Angaben fehlen. In diesen Fällen kann die Zentrale Behörde vielmehr nachträglich zu deren Übermittlung innerhalb einer bestimmten Frist auffordern (Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007). b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens Im Unterschied zum New Yorker UN-Übereinkommen von 1956, in dem lediglich in Art. 6 Abs. 2 eine Informationspflicht der Empfangsstelle gegenüber der Übermittlungsstelle vorgesehen ist, finden sich im Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 in Art. 12 zahlreiche Bestimmungen, die den Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden betreffen 18 . Das weist gegenüber der pauschalen Bestimmung in Art. 6 Abs. 2 17

Art. 12 Abs. 8 HUÜ 2007 orientiert sich an Art. 27 Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung. 18 Hierbei handelt es sich um: Art. 12 Abs. 2 HUÜ 2007 i.V.m. Anlage 1; Art. 12 Abs. 3 Satz 1 HUÜ 2007 i.V.m. Anlage 2; Art. 12 Abs. 3 Satz 2 HUÜ 2007; Art. 12

B. Verfahrensdauer

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Satz 1 UNUÜ, wonach die Empfangsstelle die Übermittlungsstelle laufend unterrichtet, zahlreiche Vorteile auf. Die neuen Regelungen des Haager Unterhaltsübereinkommens enthalten detaillierte Regelungen über die Weitergabe von Informationen durch die jeweils zuständigen Behörden19. Dabei sind die Informationspflichten in den einzelnen Vorschriften genau beschrieben. Art. 12 Abs. 3 Satz 2 HUÜ 2007 verpflichtet beispielsweise die ersuchte Zentrale Behörde dazu, der ersuchenden Zentralen Behörde den Namen und die Kontaktdaten der Person oder Dienststelle mitzuteilen, die Fragen im Hinblick auf den Stand des Verfahrens beantwortet. Auf diese Weise wird sowohl die Kontaktaufnahme mit den ausländischen Behörden erleichtert als auch die Möglichkeit geschaffen, direkt bei der zuständigen Stelle Auskunft über das Verfahren zu erhalten. Ein weiterer Vorteil ergibt sich daraus, dass für den Informationsaustausch im Rahmen der behördlichen Zusammenarbeit die Verwendung von Formblättern vorgesehen ist. Art. 12 Abs. 1 Satz 2 HUÜ 2007 bestimmt, dass einem Antrag ein Übermittlungsformular nach Anlage 1 beizufügen ist und Art. 12 Abs. 3 Satz 1 HUÜ 2007 regelt, dass der Eingang des Antrags durch ein Formblatt nach Anlage 2 bestätigt wird20. Die neu geschaffene Möglichkeit, Informationen durch die Verwendung von Formblättern weiterzuleiten, ist sehr zu begrüßen, da sie dazu beiträgt die Rechtsanwendung zu vereinfachen. Die Formblätter sind einfach aufgebaut und enthalten dennoch alle notwendigen Informationen in einer komprimierten Darstellung. Es sind verschiedene Angaben zu den Parteien des Unterhaltsverfahrens sowie zur ersuchenden bzw. ersuchten Zentralen Behörde zu machen und zutreffende Kästchen anzukreuzen. Ergänzende individuelle Erläuterungen sind hingegen nicht möglich. Das erleichtert es sowohl der ersuchenden als auch der ersuchten Zentralen Behörde schnell, alle notwendigen Informationen erfassen zu können. Durch die Verwendung von Formblättern wird ebenso eine vollständige Übersetzung aller Dokumente obsolet, obwohl die Übersetzung wichtiger Dokumente nicht ausbleibt21. Jedenfalls aber entfällt die Übersetzung der Formblätter. Sie sind dem Haager Unterhaltsübereinkommen als Anlagen beigefügt, sodass sie mit Abs. 4 HUÜ 2007; Art. 12 Abs. 5 HUÜ 2007; Art. 12 Abs. 8 HUÜ 2007; Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007. 19 Auch Fucik, Habemus Regulationem! – Europäische Unterhaltsverordnung beschlossen, iFamZ 2009, 126 (127). 20 Des Weiteren ist in Art. 11 Abs. 4 HUÜ 2007 die Möglichkeit vorgesehen, Anträge nach Art. 10 HUÜ 2007 anhand eines von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht empfohlenen und veröffentlichten Formblatts zu stellen. Hiervon ist zwar nicht direkt der Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden betroffen; die Vorteile der Verwendung von Formblättern lassen sich aber auch hierauf übertragen. 21 Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 18.

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dem Übereinkommen übersetzt und auf der Website der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht zur Verfügung stehen22. Da die Formblätter ohne ergänzende individuelle Erläuterungen ausgestaltet sind, kann die Zentrale Behörde das übermittelte Formblatt mit dem Formblatt in der eigenen Sprache vergleichen, sodass ersteres damit aus sich heraus verständlich wird. Auf diese Weise wird ein erheblicher Beitrag zur Kostenreduktion bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung geleistet23. Hierzu trägt auch die Möglichkeit bei, die Formblätter schnell und einfach, beispielsweise per E-Mail, an die zuständige Zentrale Behörde zu versenden. Durch die Wahl dieses Übermittlungsweges werden Portokosten eingespart. Die Übermittlung der Formblätter per E-Mail bringt den weiteren Vorteil mit sich, dass das grenzüberschreitende Unterhaltsverfahren beschleunigt wird. Da die Formblätter am Computer ausgefüllt und innerhalb kürzester Zeit an die zuständige Zentrale Behörde verschickt werden können, ist es ebenso schnell möglich, fehlende Angaben oder Schriftstücke nachzufordern und diese nachzureichen. Dadurch wird die Bearbeitung der einzelnen Gesuche beschleunigt und Verzögerungen vermieden. Eine Beschleunigung wird aber insbesondere dadurch erreicht, dass Art. 12 HUÜ 2007 verschiedene Bearbeitungsfristen und Begriffe enthält, die dazu dienen das Verfahren der behördlichen Zusammenarbeit zu beschleunigen. Gem. Art. 12 Abs. 3 HUÜ 2007 ist nach Eingang des Antrags innerhalb von sechs Wochen eine Empfangsbestätigung durch die ersuchte Zentrale Behörde sowie eine Benachrichtigung über die getroffenen bzw. zu treffenden Maßnahmen und gegebenenfalls über die zusätzlich für notwendig erachteten Schriftstücke oder Angaben auszustellen. Innerhalb derselben Frist ist die ersuchte Zentrale Behörde außerdem verpflichtet, über den Namen und die Kontaktdaten der Person oder Dienststelle zu informieren, die Fragen im Hinblick auf den Stand des Antrags beantwortet. Des Weiteren legt Art. 12 Abs. 4 HUÜ 2007 fest, dass die ersuchte Zentrale Behörde innerhalb von drei Monaten nach der Empfangsbestätigung die Zentrale Behörde im ersuchenden Staat über den Stand des Antrags zu unterrichten hat. Eine Frist von drei Monaten gilt in der Regel ebenfalls, wenn Schriftstücke oder Angaben fehlen und die ersuchende Zentrale Behörde dazu aufgefordert wurde, diese nachzureichen. Hierzu kann von der ersuchten Zentralen Behörde aber auch eine längere Frist gesetzt werden 22 Bislang handelt es sich hierbei um die spanische und die deutsche Übersetzung (Stand: 26. Oktober 2009). 23 Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ, Vol. 38 (2004), 663 (669); Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 18; vgl. Permanent Bureau, Draft Practical Handbook for Caseworkers under the 2007 Child Support Convention, Prel. Doc. No 4 of August 2009, Rn. 192.

B. Verfahrensdauer

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(Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007). Neben diesen expliziten Bearbeitungsfristen enthalten die Regelungen in Art. 12 Abs. 5, Abs. 6 und Abs. 8 HUÜ 2007 Begriffe, die der Beschleunigung dienen (z.B.: „rechtzeitig“, „so zügig, wie …“, „umgehend“)24. Den größten Beitrag zu einer schnelleren grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung leisten zweifelsohne die klar festgelegten Bearbeitungsfristen, die in besonderem Maße die Schnelligkeit betonen, die in jedem Verfahrensabschnitt notwendig ist25. Durch die Aufnahme von Fristen in die Regelungen der behördlichen Zusammenarbeit steht nunmehr fest, innerhalb welchen Zeitraums die Zentralen Behörden welche Maßnahmen zu erbringen haben. Art. 12 Abs. 3 und Abs. 4 HUÜ 2007 kommt dabei gewissermaßen die Aufgabe als „Qualitätskontrolle“ zu. Durch die Bearbeitungsfristen in diesen Vorschriften ist sichergestellt, dass die ersten Schritte der behördlichen Zusammenarbeit tatsächlich beginnen und es ist garantiert, dass der Antrag weiterbearbeitet wird. Besonders zu Beginn der Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden ist es wichtig, dass die Bearbeitungsfristen klar definiert sind. Denn damit wird verhindert, dass sich die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung bereits dadurch verzögert, weil die Zentralen Behörden nicht mit der Bearbeitung des Antrags beginnen. Außerdem kann auf diese Weise schnell festgestellt werden, welche Dokumente oder Angaben fehlen und nachzufordern sind. Werden diese Unterlagen allerdings nicht innerhalb einer bestimmten Frist übermittelt, kann die Zentrale Behörde die Bearbeitung des Antrags beenden (Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007). Das gewährleistet, dass das Verfahren der behördlichen Zusammenarbeit effektiv bleibt und eine Zentrale Behörde nicht unbegrenzt lange mit der Bearbeitung eines unvollständigen Antrags befasst und „belastet“ bleibt. Die frei werdenden Kapazitäten der Zentralen Behörde können vielmehr für die Bearbeitung vollständig vorliegender Anträge der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung eingesetzt werden. Des Weiteren tragen auch die in den Vorschriften aufgenommenen Begriffe wie „so zügig, wie …“ oder „umgehend“ zur Beschleunigung des Verfahrens bei, allerdings in geringerem Maße als die klar definierten Bearbeitungsfristen. Grund dafür ist, dass es sich bei diesen Begriffen um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt und damit ein Spielraum für die Auslegung verbleibt. Diese Flexibilität ist aber in bestimmten Fällen erforderlich. Bei24 Vgl. Permanent Bureau, Report on the First Meeting of the Special Commission on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (5– 16 May 2003), Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 42 ff. 25 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 317.

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

spielsweise wäre es nicht denkbar in Art. 12 Abs. 6 HUÜ 2007 eine starre Fristenregelung zur Behandlung des Falls zu treffen. Die Behandlung des Falls nimmt vielmehr abhängig vom Umfang des Falls eine längere oder kürzere Zeitspanne in Anspruch. Jedenfalls ist aber festzuhalten, dass die Übermittlung, Entgegennahme und Bearbeitung der Anträge und Fälle durch die Bearbeitungsfristen und die neu eingefügten Begriffe, die zur Beschleunigung des Verfahrens beitragen, schneller ablaufen wird als es nach den Regelungen des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 der Fall ist. Damit werden Verfahren, die keine besonderen Schwierigkeiten aufweisen, innerhalb einer angemessenen Zeit bearbeitet und es wird dem Umstand vorgebeugt, dass ein Verfahren erst nach Jahren abgeschlossen ist. Das kommt beiden Parteien des grenzüberschreitenden Unterhaltsverfahrens zugute, im Besonderen aber dem Unterhaltsberechtigten, der dringend auf die Unterhaltsleistung angewiesen ist. 2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 58 UnterhaltsVO In Art. 58 UnterhaltsVO ist festgelegt, dass nach Prüfung eines Antrags26 auf Vorliegen der Voraussetzungen der Unterhaltsverordnung, die Zentrale Behörde des ersuchenden Mitgliedstaates den Antrag der Zentralen Behörde des ersuchten Mitgliedstaates (Art. 58 Abs. 1 und Abs. 2 UnterhaltsVO) übermittelt. Für den Empfang und die Bearbeitung des Antrags durch die ersuchte Zentrale Behörde, ebenso wie für dessen Ablehnung sowie über wechselseitige Pflichten der Zentralen Behörden, finden sich in den folgenden Absätzen (Art. 58 Abs. 3 bis Abs. 9 UnterhaltsVO) detaillierte Regelungen. Darin sind teilweise Bearbeitungsfristen für den Antrag und die Verwendung von Formblättern vorgesehen. Letztere sind im Anhang der Unterhaltsverordnung angefügt. Darüber hinaus wurden in Art. 58 UnterhaltsVO Begriffe wie „so zügig, wie“ oder „umgehend“ aufgenommen, die der Beschleunigung des Unterhaltsverfahrens dienen sollen. Art. 58 Abs. 7 UnterhaltsVO legt des Weiteren die Nutzung der schnellsten und effizientesten Kommunikationsmittel fest, die den Zentralen Behörden zur Verfügung stehen. In vielen Aspekten orientiert sich Art. 58 UnterhaltsVO an Art. 12 HUÜ 2007, weist aber gegenüber dieser Vorschrift auch Unterschiede auf, die vor allem kürzere Bearbeitungsfristen und die häufigere Verwendung von Formblättern betreffen, was sich im Folgenden zeigen wird.

26

Es handelt sich hierbei um einen Antrag nach Art. 56 UnterhaltsVO mit den inhaltlichen Anforderungen gem. Art. 57 UnterhaltsVO.

B. Verfahrensdauer

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b) Aufnahme von Bestimmungen zum Informationsaustausch und Beschleunigung des Verfahrens In der Unterhaltsverordnung finden sich in Art. 58 UnterhaltsVO detailliert ausgestaltete Bestimmungen, die den Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden betreffen. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu den Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens (Art. 12 HUÜ 2007) weisen sie dieselben Vorteile auf 27 : die Informationspflichten durch die jeweils zuständige Behörde sind genau beschrieben (Art. 58 Abs. 3 und Abs. 4 UnterhaltsVO), der ersuchenden Zentralen Behörde steht im ersuchten Mitgliedstaat ein Ansprechpartner zur Verfügung, der damit beauftragt ist, Fragen im Hinblick auf den Stand des Antrags zu beantworten (Art. 58 Abs. 3 Satz 2 UnterhaltsVO) und die Zentralen Behörden unterrichten einander über den Stand des Verfahrens (Art. 58 Abs. 5 UnterhaltsVO). Mithin haben die Zentralen Behörden immer ausreichende Kenntnis über den jeweiligen Bearbeitungsstand des Antrags bzw. des Falls. Ebenso ergeben sich auch in der Unterhaltsverordnung Vorteile durch die Verwendung von Formblättern. Diese stellen komprimiert die wichtigsten Informationen dar und ermöglichen eine schnelle und einfache Weiterleitung, bestenfalls per E-Mail. Im Unterschied zum Haager Unterhaltsübereinkommen, in dem nur für die Übermittlung und Entgegennahme des Antrags die Verwendung von Formblättern vorgesehen ist, hat in der Unterhaltsverordnung auch die Unterrichtung der ersuchenden Zentralen Behörde durch die ersuchte Zentrale Behörde darüber, dass die Bearbeitung des Falls abgelehnt wird, anhand eines Formblatts zu erfolgen28. Dadurch wird die Rechtsanwendung in der Unterhaltsverordnung noch weitergehend vereinfacht. Des Weiteren enthält Art. 58 UnterhaltsVO wie Art. 12 HUÜ 2007 genau definierte Bearbeitungsfristen und Begriffe, die dazu bestimmt sind, der Beschleunigung des grenzüberschreitenden Unterhaltsverfahrens zu dienen. Damit ergeben sich aus dieser Vorschrift dieselben Verbesserungen gegenüber der bisherigen Rechtslage wie aus der entsprechenden Regelung im Haager Unterhaltsübereinkommen.

27 Ausführlich hierzu s. oben B. II. 1. b). Zu den Vorteilen von Art. 58 UnterhaltsVO im Speziellen, s. Andrae/Schimrick, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – EuZPR/EuIPR (2010), Art. 58 EG-UntVO Rn. 1 f. 28 Zwar ist in Art. 58 Abs. 2 UnterhaltsVO im Unterschied zu Art. 12 Abs. 2 Satz 2 HUÜ 2007 nicht vorgesehen ist, dass dem Antrag ein Übermittlungsformular nach Anlage 1 des Haager Unterhaltsübereinkommens beizufügen ist; das ist aber unbeachtlich, da dieselben Informationen bereits in dem Formblatt enthalten sind, das für Anträge nach Art. 56 UnterhaltsVO zu verwenden ist (Art. 57 Abs. 1 UnterhaltsVO).

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

In der Unterhaltsverordnung ergeben sich jedoch durch die deutlich kürzeren Bearbeitungsfristen 29 in Art. 58 UnterhaltsVO weitergehende Vorteile. Eine Eingangsbestätigung des Antrags durch die ersuchte Zentrale Behörde hat gem. Art. 58 Abs. 3 Satz 1 UnterhaltsVO innerhalb von 30 Tagen ab dem Tag des Eingangs zu erfolgen, während in Art. 12 Abs. 3 Satz 1 HUÜ 2007 hierfür sechs Wochen vorgesehen sind. Dieselbe kürzere Frist gilt im Hinblick auf die Verpflichtung, der ersuchenden Zentralen Behörde einen Ansprechpartner mitzuteilen (Art. 58 Abs. 3 Satz 2 UnterhaltsVO im Vergleich zu Art. 12 Abs. 3 Satz 2 HUÜ 2007). Auch für den Sachstandsbericht der ersuchten Zentralen Behörde, der auf die Empfangsbestätigung folgt, ist anstelle der Drei-Monatsfrist des Art. 12 Abs. 4 HUÜ 2007 in der Unterhaltsverordnung eine kürzere Frist von 60 Tagen vorgesehen (Art. 58 Abs. 4 UnterhaltsVO). Lediglich bezüglich der Zeitspanne, die grundsätzlich für die Nachforderung zusätzlicher Schriftstücke oder Angaben maßgeblich ist, ist zwischen der 90-Tages-Frist in Art. 58 Abs. 9 UnterhaltsVO und der Frist von drei Monaten in Art. 12 Abs. 9 HUÜ 2007 nur ein geringer Unterschied auszumachen. Die verkürzten Bearbeitungsfristen in der Unterhaltsverordnung führen dazu, dass die Zentralen Behörden den Antrag noch schneller als nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen zu bearbeiten beginnen. Der ersuchenden Zentralen Behörde liegt folglich spätestens 90 Tage nach Eingang des Antrags ein Bericht über den Stand des Antrags vor, während sie nach Art. 12 Abs. 2 und Abs. 3 des Haager Unterhaltsübereinkommens darauf bis zu viereinhalb Monate warten muss. Damit wird die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Zentralen Behörden in der Unterhaltsverordnung bereits zu Beginn des Verfahrens erheblich beschleunigt. Hingegen wäre die Einführung weiterer Fristen für das Verfahren auch in der Unterhaltsverordnung kaum möglich gewesen, da mehrere Phasen zu durchlaufen sind, die sich nur schwer in einem klar bestimmten zeitlichen Rahmen festlegen lassen30. Neben der Verkürzung der Bearbeitungsfristen in der Unterhaltsverordnung erweist sich auch deren taggenaue Bestimmung als vorteilhaft. Zwar ergeben sich im Hinblick auf die Wochenfristen gegenüber den Tagesfristen keine Unterschiede; etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich der Monatsfristen in Art. 12 Abs. 4 und Abs. 9 HUÜ 2007. Abhängig davon, ob ein Monat 28, 29, 30 oder 31 Tage hat, kann die Frist von drei Monaten um bis 29 Es ist jedoch kein einheitlicher Prozentsatz erkennbar, nach dem die Bearbeitungsfristen in der Unterhaltsverordnung im Vergleich zum Haager Unterhaltsübereinkommen reduziert wurden; jedenfalls beträgt die Verkürzung der Fristen mit Ausnahme von Art. 58 Abs. 9 UnterhaltsVO jedoch mindestens ein Drittel. 30 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Grünbuch Unterhaltspflichten, KOM(2004) 254 endgültig vom 15. April 2004, Punkt 7.3. (S. 52).

C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

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zu drei Tage variieren. Das nimmt ihr Klarheit, die hingegen nach der Unterhaltsverordnung gewährleistet ist. Durch die genaue Festlegung der Fristen auf eine bestimmte Anzahl von Tagen und die insgesamt kürzeren Bearbeitungsfristen in der Unterhaltsverordnung wird eine weitergehende Beschleunigung der behördlichen Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung erreicht als nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen. Das leistet einen Beitrag dazu, die Länge des grenzüberschreitenden Unterhaltsverfahrens zu reduzieren. III. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Aufnahme von Vorschriften zur behördlichen Zusammenarbeit in das Haager Unterhaltsübereinkommen und die Unterhaltsverordnung zu begrüßen ist. Die Neuregelungen der Unterhaltsverordnung orientieren sich in vielerlei Hinsicht an den Regelungen des Haager Unterhaltsübereinkommens, sodass sich dieselben positiven Veränderungen im Hinblick auf die Schwierigkeiten zeigen, die bislang im Rahmen der behördlichen Zusammenarbeit auf Grundlage des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 bestanden haben. Teilweise gehen die Vorschriften zur behördlichen Zusammenarbeit in der Unterhaltsverordnung aber auch über die entsprechenden Bestimmungen des Haager Unterhaltsübereinkommens hinaus. Daraus ergeben sich zusätzliche Vorteile. Zum einen wird durch die häufiger vorgesehene Verwendung von Formblättern in Art. 58 UnterhaltsVO die Rechtsanwendung weitergehend vereinfacht. Zum anderen wird durch die Einführung (erheblich) kürzerer Bearbeitungsfristen ein weiterer Beitrag zur Beschleunigung des Verfahrens der Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden geleistet. Das trägt auch dazu bei, dass sich das grenzüberschreitende Unterhaltsverfahren insgesamt verkürzen wird. Für den Unterhaltsberechtigten, der unter Umständen dringend auf Unterhaltszahlungen angewiesen ist, ist das von großem Vorteil.

C.

Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Das unkalkulierbare Kostenrisiko, respektive die unverhältnismäßig hohen Kosten, können für den Antragsteller, der seine Unterhaltsforderungen grenzüberschreitend durchsetzen möchte, zu Problemen führen 31 . Zwar 31

Duncan, The Hague Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Comments on its Objec-

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

enthält das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 in den Art. 4 Abs. 3 Hs. 2, Art. 7 lit. d und in Art. 9 Abs. 1 und Abs. 3 UNUÜ Regelungen, die Gebühren und Kosten betreffen; diese sind aber nicht ausreichend, um ein Verfahren ohne finanzielle Hürden zu gewährleisten, das von vielen Antragstellern genutzt wird. Einer der Gründe dafür ist, dass im New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 angemessene Vorschriften zur juristischen Unterstützung fehlen32. Nicht alle Staaten haben ein so gut ausgebautes System der Prozesskostenhilfe wie die Bundesrepublik Deutschland, nach dem jeder weniger bemittelten Partei i.S.d. § 114 ff. ZPO Prozesskostenhilfe gewährt wird 33 . Ebenso gelten in den Nicht-EUMitgliedstaaten nicht die national umgesetzten Vorschriften der europäischen Richtlinie über die Prozesskostenhilfe 34 . Die Durchsetzung einer Unterhaltsentscheidung im Ausland kann daher mit erheblichen Kosten verbunden sein35. Zudem findet sich im New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 keine Regelung darüber, in welcher Sprache ein Gesuch und die erforderlichen Schriftstücke abgefasst sein müssen, mit dem die Unterstützung durch die Behörden bei der Unterhaltsdurchsetzung begehrt wird. Im Zweifel ist es folglich angebracht, eine Übersetzung aller Unterlagen beizufügen, um Verzögerungen bei der Bearbeitung zu vermeiden 36 . Das bringt aber gleichzeitig das Problem mit sich, dass dadurch erhebliche Kosten entstehen können, die der Antragsteller zu tragen hat37. Diese fitives and some of its Special Features, in: Bonomi/Volken, Yearbook of Private International Law, Vol. X-2008, 313 (322); Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (14); Grotheer, Kindesunterhalt im grenzüberschreitenden Rechtsverkehr (1998), 47; Hirsch, Neues Haager Unterhaltsübereinkommen – Erleichterte Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über Ländergrenzen hinweg, FamRBint 2008, 70 (72 f.); Zingaro, Die Arbeit mit dem New Yorker-Übereinkommen vom 20. Juni 1956, in: Hangartner/Volken, Alimenteninkasso im Ausland: Die Sicherung und Vollstreckung schweizerischer Unterhaltstitel (1989), 31 (33 f.). 32 Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 10. 33 Vgl. Fischer, in: Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung (2009), § 114 ZPO Rn. 1 f. 34 Richtlinie 2008/3/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen, ABl. EG vom 31. Januar 2003, Nr. L 26/41, berichtigt Abl. EG vom 7. Februar 2003, Nr. 32/15. 35 Marx, Wege zur Realisierung von Kindesunterhalt in Europa, Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 1993, 374 (376). 36 Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB, Rn. 252. 37 Marx, Wege zur Realisierung von Kindesunterhalt in Europa, Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge 1993, 374 (375).

C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

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nanziellen Hindernisse können einen Antragsteller davon abhalten, seine Unterhaltsforderungen grenzüberschreitend geltend zu machen. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 8, 14 bis 17 HUÜ 2007 Bei der internationalen Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen ist es für den Antragsteller besonders wichtig zu wissen, welche Kosten er zu tragen hat. Daher entschied man sich dazu mit Art. 8 HUÜ 200738 eine Regelung über die Kostentragung der Zentralen Behörde in das neue Haager Unterhaltsübereinkommen einzufügen. Gem. Art. 8 Abs. 1 HUÜ 2007 trägt die Zentrale Behörde die Kosten, die ihr durch die Anwendung des Übereinkommens entstehen selbst. Für den Antragsteller sind die erbrachten Dienstleistungen grundsätzlich gebührenfrei, wobei es i.S.d. Art. 8 Abs. 2 HUÜ 2007 im Ermessen der Zentralen Behörde steht, den Antragsteller mit außergewöhnlichen Kosten, die sich aus einem Ersuchen um besondere Maßnahmen nach Art. 7 HUÜ 2007 ergeben, zu belasten. Voraussetzung hierfür ist es allerdings, dass zuvor die Zustimmung des Antragstellers eingeholt wurde (Art. 8 Abs. 3 HUÜ 2007). Art. 8 Abs. 2 HUÜ 2007 gilt jedoch nicht für Übersetzungskosten, die der Antragsteller unter Umständen i.S.d. Art. 45 HUÜ 2007 zu tragen hat39. Des Weiteren stellt es ein „Grundprinzip“ des neuen Haager Unterhaltsübereinkommens dar, dass der ersuchte Staat den Antragstellern für Anträge über die Zentralen Behörden effektiven Zugang zum Recht in einem anderen Staat, einschließlich im Rahmen von Vollstreckungs- und Rechtsmittelverfahren, zu gewähren hat 40 . Zu diesem Zweck leistet der ersuchte Staat unentgeltliche juristische Unterstützung41 nach den Art. 14 38 Art. 8 Abs. 1 HUÜ 2007 orientiert sich an Art. 36 Abs. 1 Haager Kinderschutzübereinkommen (1996) und an Art. 26 Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (1980). 39 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 222. 40 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 356. 41 Der Begriff der „juristischen Unterstützung” ist in Art. 3 lit. c HUÜ 2007 legaldefiniert. Danach versteht man unter „juristischen Unterstützung“ die Unterstützung, die erforderlich ist, damit die Antragsteller ihre Rechte in Erfahrung bringen und geltend machen können und damit sichergestellt werden kann, dass ihre Anträge im ersuchten Staat in umfassender und wirksamer Weise bearbeitet werden. Diese Unterstützung kann

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

bis 17 HUÜ 2007, wenn und soweit es die Verfahren im ersuchten Mitgliedstaat dem Antragsteller nicht erlauben, seine Sache ohne eine solche Unterstützung zu führen und soweit die Zentrale Behörde die nötigen Dienstleistungen kostenfrei erbringt (Art. 14 Abs. 2 und Abs. 3 HUÜ 2007). Es muss jedenfalls sichergestellt sein, dass der Antragsteller nicht aufgrund von finanziellen Barrieren von der grenzüberschreitenden Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche abgehalten wird. Diesem Ziel dient neben dem Diskriminierungsverbot gegenüber ausländischen Antragstellern in Art. 14 Abs. 4 HUÜ 2007 auch Art. 14 Abs. 5 HUÜ 200742. Nach dieser Vorschrift soll vermieden werden, dass der Antragsteller infolge finanzieller Bürden in Form von Sicherheiten, Kautionen oder Rücklagen jeglicher Art seine Unterhaltsansprüche grenzüberschreitend nicht geltend macht43. Im Rahmen der Regelungen zur unentgeltlichen juristischen Unterstützung verdeutlicht Art. 15 HUÜ 2007 den besonderen Schutz von Kindern unter 21 Jahren. Diese erhalten grundsätzlich unentgeltliche juristische Unterstützung, wenn es sich um Unterhaltspflichten aus einer Eltern-KindBeziehung handelt und der Antrag über die Zentralen Behörden gestellt wurde (Art. 15 Abs. 1 HUÜ 2007). Der ersuchte Staat kann jedoch, außer in Bezug auf Anträge nach Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b HUÜ und die von Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 erfassten Fälle, die Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung i.S.d. Art. 15 Abs. 2 HUÜ 2007 ablehnen, wenn er den Antrag oder das Rechtsmittel als offensichtlich unbegründet erachtet. Die grundsätzliche Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung gem. Art. 15 Abs. 1 HUÜ 2007 kann gem. Art. 16 HUÜ 2007 dadurch eingeschränkt werden, dass ein Staat erklärt, er mache die Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung von einer auf die Mittel des Kindes beschränkte Prüfung abhängig. Eine solche Einschränkung ist jedoch nicht möglich in Bezug auf Anträge nach Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b und die von Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 erfassten Fälle (Art. 16 Abs. 1 HUÜ 2007). Wird ein Antrag nach Abs. 1 an einen Staat gerichtet, der eine entsprechend einschränkende Erklärung abgegeben hat, muss der Antrag i.S.d. Art. 16 Abs. 3 HUÜ 2007 eine förmliche Bestätigung des Antragsteller darüber enthalten, dass die finanziellen Voraussetzungen des Art. 16 Abs. 2 HUÜ 2007 erfüllt sind. Gegebenenfalls können darüber hinaus zusätzliche Nachweise angefordert werden. Art. 16 Abs. 1 bis Abs. 3 HUÜ gegebenenfalls in Form von Rechtsberatung, Hilfe bei der Vorlage eines Falles bei einer gerichtlichen Behörde, gerichtlicher Vertretung und Befreiung von den Verfahrenskosten geleistet werden. 42 Art. 14 Abs. 5 HUÜ 2007 orientiert sich an Art. 9 UNUÜ und Art. 16 HUnthVÜ. 43 Borrás/Degeling, Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 378.

C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

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2007 finden allerdings keine Anwendung, wenn die günstigste juristische Unterstützung nach dem Recht des ersuchten Staates geleistet werden kann (Art. 16 Abs. 4 HUÜ 2007). Für die sonstigen Anträge, die nicht unter Art. 15 oder Art. 16 HUÜ 2007 fallen 44 , kann unter den Voraussetzungen des Art. 17 HUÜ 2007 ebenfalls unentgeltliche juristische Unterstützung gewährt werden. Dabei kann es sich sowohl um Anträge handeln, die über eine Zentrale Behörde gestellt wurden, als auch um Anträge, bei denen sich der Antragsteller unmittelbar an die zuständige Behörde gewendet hat 45 . Für diese Anträge schreibt Art. 17 lit. a HUÜ 2007 im Hinblick auf die Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung eine Prüfung auf Bedürftigkeit und Würdigkeit vor (sog. „means or merits test“), während Art. 17 lit. b HUÜ 2007 in Anlehnung an Art. 15 HUnthVÜ die kontinuierliche Fortführung der unentgeltlichen juristischen Unterstützung für einen Antragsteller festlegt, der bereits im Ursprungsstaat eine solche erhalten hatte. b) Grundsätzliche Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung Die hohen und oft unkalkulierbaren Kosten, die bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung entstehen können, halten einen Antragsteller in vielen Fällen davon ab, seinen Unterhaltsanspruch im Ausland geltend zu machen. Daher war es eines der wichtigsten Ziele bei der Ausarbeitung des Haager Unterhaltsübereinkommens, einen möglichst kostenfreien Zugang zur internationalen Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen sicherzustellen46. Zu diesem Zweck wurden in das Haager Unterhaltsübereinkommen die bereits dargestellten neuen Vorschriften integriert: Art. 8 HUÜ 2007, der die Kosten der Zentralen Behörden betrifft und Art. 14 HUÜ 2007, der dem Antragsteller effektiven Zugang zu Verfahren gewährt, insbesondere in Verbindung mit Art. 15 bis 17 HUÜ 2007, die Regelungen zur unentgeltlichen juristischen Unterstützung enthalten. 44

Z.B.: Unterhalt für ein Kind über 21 Jahren; Unterhalt in Bezug auf andere Formen von Familienunterhalt oder Ehegattenunterhalt nur, wenn zwischen den Vertragsstaaten eine entsprechende Erklärung i.S.d. Art. 2 Abs. 3 HUÜ 2007 abgegeben wurde. 45 Art. 17 lit. a HUÜ 2007 gilt aber nicht für unmittelbar bei den zuständigen Behörden gestellte Anträge, die sich auf die Anerkennung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung beziehen. Das ergibt sich aus Art. 37 Abs. 2 HUÜ 2007. 46 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 210; Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (14); Hirsch, Neues Haager Unterhaltsübereinkommen – Erleichterte Geltendmachung und Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen über die Ländergrenzen hinweg, FamRBint 2008, 70 (72 f.).

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

Die Zentrale Behörde trägt i.S.d. Art. 8 HUÜ 2007 die Kosten, die ihr durch die Anwendung dieses Übereinkommens entstehen, grundsätzlich selbst. Gebühren dürfen von ihr nur erhoben werden, wenn es sich um außergewöhnliche Kosten handelt, die sich aus einem Ersuchen um besondere Maßnahmen nach Art. 7 HUÜ 2007 ergeben. Die ersuchte Zentrale Behörde kann sich diese Kosten vom Antragsteller aber nur erstatten lassen, sofern er im Voraus dem Kostenaufwand in der betreffenden Höhe zugestimmt hat (Art. 8 Abs. 3 HUÜ 2007). Der Antragsteller kann mithin abwägen, ob er die Dienstleistungen der Zentralen Behörde zu den bereits im Voraus feststehenden Kosten in Anspruch nehmen möchte. Hat er sich für deren Inanspruchnahme entschieden, sind die Kosten, die er nach dieser Vorschrift zu tragen hat, kalkulierbar. Das trägt dazu bei das Vertrauen des Antragstellers in das Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung zu stärken, da für ihn ein hohes Kostenrisiko minimiert wird. Eine ähnliche Zielsetzung kommt auch Art. 14 HUÜ 2007 zu. Diese Vorschrift gewährleistet einem Antragsteller effektiven Zugang zu den Verfahren, die sich aus Anträgen, die über Zentrale Behörden gestellt wurden, ergeben. Der effektive Zugang zu den Verfahren stellt ein vorrangiges Prinzip dar, das nicht durch die Erhebung von Gebühren eingeschränkt werden darf47. Infolgedessen leistet der ersuchte Staat grundsätzlich unentgeltliche juristische Unterstützung48 nach Art. 14 bis 17 HUÜ 2007, wenn und soweit es die Verfahren in diesem Staat dem Antragsteller nicht gestatten, die Sache ohne eine solche Hilfe zu betreiben und die Zentrale Behörde die nötigen Dienstleistungen nicht unentgeltlich erbringt (Art. 14 Abs. 3 HUÜ 2007). Dennoch steht, selbst wenn letzteres nicht der Fall sein sollte, nicht allen Personengruppen für sämtliche Arten von Anträgen gem. Art. 14 bis 17 HUÜ 2007 unentgeltliche juristische Unterstützung zu. Hierbei ist wie folgt zu differenzieren: Vollständige unentgeltliche juristische Unterstützung wird berechtigten Personen gewährt, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, wenn ein Antrag nach Art. 10 Abs. 1 lit. a oder lit. b HUÜ 2007 oder ein von Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 erfasster Fall vorliegt und es sich um eine Unterhaltspflicht aus einer Eltern-Kind47

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 219; Permanent Bureau, Draft Practical Handbook for Caseworkers under the 2007 Child Support Convention, Prel. Doc. No 4 of August 2009, Rn. 209. 48 „Juristische Unterstützung” bedeutet i.S.d. Art. 3 lit. c HUÜ 2007 die Unterstützung, die erforderlich ist, damit die Antragsteller ihre Rechte in Erfahrung bringen und geltend machen können und damit sichergestellt werden kann, dass ihre Anträge im ersuchten Staat in umfassender und wirksamer Weise bearbeitet werden. Diese Unterstützung kann gegebenenfalls in Form von Rechtsberatung, Hilfe bei der Vorlage eines Falles bei der Behörde, gerichtlicher Vertretung und Befreiung von den Verfahrenskosten geleistet werden.

C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

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Beziehung handelt (Art. 15 HUÜ 2007)49. Das lässt sich mit der besonderen Schutzbedürftigkeit der Kinder erklären, die die Anerkennung oder Anerkennung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung (Art. 10 Abs. 1 lit. a HUÜ 2007), die Vollstreckung einer im ersuchten Staat ergangenen oder anerkannten Entscheidung (Art. 10 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007) oder eine Titelneuschaffung (Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007) begehren. In diesen Fällen liegt bereits eine Unterhaltsentscheidung vor, die in einem ausländischen Staat durchgesetzt werden muss, bevor tatsächlich Unterhaltsleistungen realisiert werden können. Kinder können ihren Lebensunterhalt kaum selbst bestreiten, sodass sie in vielen Fällen dringend auf Unterhaltszahlungen angewiesen sind. Mithin müssen von der juristischen Unterstützung alle Kosten gedeckt sein, die bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung entstehen können und sie davon abhalten könnten ihre Unterhaltsansprüche zu realisieren. Das ist durch Art. 15 Abs. 1 HUÜ 2007 weitgehend für die eben beschriebenen Anträge gewährleistet50. Handelt es sich hingegen um andere Anträge nach Art. 10 HUÜ 2007, kann ein Staat i.S.d. Art. 16 Abs. 1 HUÜ 2007 erklären, dass er die unentgeltliche juristische Unterstützung auf Grundlage der Prüfung der Mittel des Kindes leisten wird. Einem Kind, dem ausreichende Mittel zur grenzüberschreitenden Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche zur Verfügung stehen, wird mithin nur teilweise bzw. keine unentgeltliche juristische Unterstützung gewährt. Jedenfalls wird aber auch durch diese Regelung sichergestellt, dass mittellose Kinder nicht aufgrund finanzieller Hürden davon abgehalten werden, ihre Unterhaltsansprüche im Ausland durchzusetzen. Alle sonstigen Anträge, die nicht unter Art. 15 oder 16 HUÜ 2007 fallen, werden von Art. 17 HUÜ 2007 erfasst. Diese Vorschrift findet sowohl Anwendung auf Anträge von berechtigten als auch verpflichteten Personen und gilt unabhängig davon, ob der Antrag über eine Zentrale Behörde oder unmittelbar bei den zuständigen Behörden (Art. 37 HUÜ 2007) gestellt wurde. Die Frage, ob eine Person, die einen Art. 17 HUÜ 2007 unterfallenden Antrag gestellt hat, tatsächlich unentgeltliche juristische Unterstützung erhält, ist von verschiedenen Kriterien abhängig. Sie sind in lit. a und lit. b aufgezählt. Die Gewährung von unentgeltlicher juristischer Unterstützung kann im Rahmen eines sog. „means or merits test“ von der Prüfung der Mittel des Antragstellers oder der Begründetheit des Antrags abhängig gemacht werden. Mittellose Antragsteller erhalten folglich umfas49 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (516 f.) sieht Art. 15 HUÜ 2007 als den bedeutesten Erfolg der Haager Unterhaltsübereinkommen an. Die Vorschrift wurde auf Betreiben der USA in die Konvention aufgenommen. 50 Zu den Problemen im Hinblick auf die Übersetzungskosten s. Kapitel 6 A. IV. 1. a).

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send unentgeltliche juristische Unterstützung, wenn ihr Antrag große Aussichten auf Erfolg hat 51 . Des Weiteren gewährleistet Art. 17 lit. b HUÜ 2007 eine andauernde unentgeltliche juristische Unterstützung für Antragsteller, denen diese bereits im Ursprungsstaat gewährleistet wurde. Damit ist sichergestellt, dass Antragsteller nicht schlechter gestellt werden, nur weil es sich um einen Unterhaltsanspruch mit grenzüberschreitendem Bezug handelt. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass neben Personen, die den Voraussetzungen des Art. 15 Abs. 1 HUÜ 2007 genügen, allen mittellosen Personen unentgeltliche juristische Unterstützung gewährt wird. Die grundsätzliche Kostentragungspflicht durch die Zentrale Behörde gem. Art. 8 HUÜ 2007 und die Regelungen in Art. 14 bis 17 HUÜ 2007 tragen mithin dazu bei finanzielle Hürden, die bislang bei der Unterhaltsdurchsetzung im Ausland bestanden haben, fast vollständig abzubauen. Damit werden im Vergleich zur bisherigen Rechtslage unter dem New Yorker UNÜbereinkommen mehr Antragsteller ihre Unterhaltsansprüche grenzüberschreitend durchsetzen. c) Kritische Anmerkungen Die Einführung einer Regelung zu Übersetzungskosten ist grundsätzlich zu begrüßen, da sie Klarheit darüber schaffen kann, wer welche Kosten zu tragen hat und damit einem unkalkulierbaren Kostenrisiko vorbeugen kann. Auf die Vorschrift zu Übersetzungskosten im Haager Unterhaltsübereinkommen (Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007) trifft das allerdings nicht zu52. Mit dieser Regelung sind mehrere Unsicherheitsfaktoren und Nachteile verbunden, sodass sie einer kritischen Betrachtung unterliegt. Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007 ermöglicht es der Zentralen Behörde, dem Antragsteller die Kosten für die Übersetzung eines Antrags und der damit verbundenen Schriftstücke aufzuerlegen, es sei denn, diese Kosten können durch ihr System der juristischen Unterstützung gedeckt werden. Die Frage danach, ob die Zentrale Behörde die Übersetzungskosten auf den Antragsteller übertragen kann, hängt mithin vom jeweiligen System der juristischen Unterstützung der ersuchenden Zentralen Behörde ab. Dieses variiert von Staat zu Staat. Da der Antragsteller den Antrag über die Zentrale Behörde des Vertragsstaates stellen muss, in dem er seinen Aufenthalt hat (Art. 9 HUÜ 2007), kann er darauf keinen Einfluss ausüben. Mithin hängt die Möglichkeit, ob dem Antragsteller die Kosten für die Übersetzung auferlegt werden können, willkürlich von seinem Aufenthaltsort ab. 51

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 405. 52 Zu den Übersetzungskosten s. auch unten Kapitel 6 A. IV. 1. a).

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Aber auch für den Fall, dass die Kosten für die Übersetzung nicht durch das System der juristischen Unterstützung der Zentralen Behörden gedeckt werden können, besteht keine Rechtssicherheit. Es liegt vielmehr im Ermessen der ersuchenden Zentralen Behörde („kann“), dem Antragsteller die Kosten für die Übersetzung des Antrags und der damit verbundenen Schriftstücke aufzuerlegen. Anhand welcher Kriterien und zu welchem Zeitpunkt dieses Ermessen auszuüben ist, ist nicht geregelt. Das ist der jeweils handelnden ersuchenden Zentralen Behörde selbst überlassen. Allerdings ist diese Rechtsunsicherheit in Anbetracht des Umstandes, dass gegenwärtig einige Antragsteller, unter anderem aufgrund eines unkalkulierbaren Kostenrisikos, von der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung abgehalten werden, sehr bedenklich. Eines der wichtigsten Ziele des Haager Unterhaltsübereinkommens war es, einen möglichst kostenfreien Zugang zur internationalen Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen zu gewährleisten. Diesem Ziel dienen Art. 8 HUÜ 2007 und die Art. 14 ff. HUÜ 2007; es wird aber durch die Regelung in Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007 in Frage gestellt. Da Art. 44 Abs. 1 HUÜ 2007 festlegt, dass Anträge und die damit verbundenen Schriftstücke von einer Übersetzung in eine Amtssprache des ersuchten Staates begleitet sein müssen, können folglich für den Antragsteller hohe Übersetzungskosten anfallen. Dieses unkalkulierbare Kostenrisiko kann ihn davon abhalten, seinen Unterhaltsanspruch grenzüberschreitend geltend zu machen. Der effektive Zugang zu den Verfahren der Durchsetzung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland ist folglich gefährdet. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn zumindest eine Differenzierung im Hinblick auf die Übertragung der Übersetzungskosten, ähnlich der Art. 16 und 17 lit. a HUÜ 2007, eingeführt worden wäre. Demnach hätte die ersuchende Zentrale Behörde die Übersetzungskosten erst aufgrund eines positiven Mitteltests des Antragstellers übertragen können. Auf diese Weise wäre gewährleistet gewesen, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung insbesondere von mittellosen Personen vollständig kostenlos erfolgen könnte. 2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 44 bis 47, 54 UnterhaltsVO In die Unterhaltsverordnung wurden mit den Art. 44 bis 47 UnterhaltsVO Vorschriften zur Prozesskostenhilfe aufgenommen, da man in den Mitgliedstaaten festgestellt hatte, dass die Vorschriften der RL 2003/8/EG 53 53 Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen,

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

im Hinblick auf Unterhaltsansprüche von Kindern nicht weit genug gehen54. Art. 44 UnterhaltsVO stellt in Anlehnung an Art. 14 HUÜ 2007 den effektiven Zugang zum Recht in einem anderen Mitgliedstaat, einschließlich im Rahmen von Vollstreckungsverfahren und Rechtsbehelfen, sicher. Zu diesem Zweck ist Prozesskostenhilfe zu gewähren, sofern es den Parteien nicht möglich ist, die mitgliedstaatlichen Verfahren ohne diese Unterstützung zu führen und die Zentralen Behörden die erforderlichen Dienstleistungen nicht unentgeltlich erbringen (Art. 44 Abs. 2 und 3 UnterhaltsVO). Die Voraussetzungen für den Zugang zur Prozesskostenhilfe dürfen dabei nicht enger sein als diejenigen, die für vergleichbare innerstaatliche Fälle gelten. Das wird durch das Diskriminierungsverbot i.S.d. Art. 44 Abs. 4 UnterhaltsVO bestimmt. Art. 44 Abs. 5 UnterhaltsVO schließt des Weiteren Sicherheiten für die Bezahlung von Verfahrenskosten, die Unterhaltsansprüche betreffen, aus. Welche Leistungen vom Gegenstand der Prozesskostenhilfe umfasst sind, ist in Art. 45 UnterhaltsVO festgelegt. Diese Vorschrift orientiert sich an Art. 3 lit. c HUÜ 2007, normiert aber über diesen Artikel hinausgehend weitere Leistungen, die nach der Unterhaltsverordnung von der Prozesskostenhilfe erfasst werden. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Übersetzung von Schriftstücken, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind (Art. 45 lit. f UnterhaltsVO) oder um Reisekosten, sofern die Voraussetzungen des Art. 45 lit. g UnterhaltsVO erfüllt sind. Bei Anträgen auf Unterhaltsleistungen für Kinder55, die über die Zentralen Behörden gestellt werden, wird i.S.d. Art. 46 UnterhaltsVO in jedem Fall freie Prozesskostenhilfe gewährt, es sei denn, die zuständige Behörde erachtet den Antrag oder einen Rechtsbehelf für offensichtlich unbegründet. Kinder haben mithin kostenfreien Zugang zum Recht. Eine mit Art. 16 HUÜ 2007 vergleichbare Einschränkungsmöglichkeit, wonach ein Staat die unentgeltliche juristische Unterstützung von der Prüfung der Mittel des Kindes abhängig machen kann, ist in der Unterhaltsverordnung nicht vorgesehen. Sie wurde bewusst nicht in die Unterhaltsverordnung übernommen56. Für alle sonstigen Anträge, die nicht von Art. 46 UnterhaltsVO erABl. EG vom 31. Januar 2003, Nr. L 26/41, berichtigt Abl. EG vom 7. Februar 2003, Nr. 32/15. 54 Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (518 f.). 55 Davon erfasst sind Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber einer Person, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 56 Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (252).

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fasst werden, gilt Art. 47 UnterhaltsVO. Nach dieser Vorschrift kann die Gewährung von Prozesskostenhilfe gemäß dem innerstaatlichen Recht insbesondere von den Voraussetzungen der Bedürftigkeit des Antragstellers oder der Würdigkeit des Antrags (sog. „means or merits“–Test) abhängig gemacht werden (Art. 47 Abs. 1 UnterhaltsVO). Darüber hinaus legt Art. 47 Abs. 2 UnterhaltsVO, vergleichbar mit Art. 17 lit. b HUÜ 2007, die Kontinuität der Prozesskostenhilfe fest. Wurde demnach einer Partei im Ursprungsmitgliedstaat Prozesskostenhilfe gewährt, genießt sie hinsichtlich der Prozesskostenhilfe oder der Kosten- und Gebührenbefreiung im Vollstreckungsmitgliedstaat die günstigste oder umfassendste Behandlung, die dessen Recht vorsieht. Da diese Regelung jedoch nicht greift, wenn eine Partei im Ursprungsmitgliedstaat ein unentgeltliches Verfahren vor einer Verwaltungsbehörde in Anspruch genommen hat, sieht die Sonderregelung des Art. 47 Abs. 3 UnterhaltsVO Voraussetzungen vor, nach denen die im Ursprungsmitgliedstaat nicht notwendige Prozesskostenhilfe dennoch im Vollstreckungsmitgliedstaat gesichert und in Anspruch genommen werden kann. In Anlehnung an Art. 8 HUÜ 2007 legt Art. 54 UnterhaltsVO fest, wer die Kosten der Zentralen Behörde zu tragen hat. Die Kosten sind in der Regel von der Zentralen Behörde selbst zu tragen (Art. 54 Abs. 1 UnterhaltsVO). Allerdings können außergewöhnliche Kosten, die sich aufgrund eines Ersuchens um besondere Maßnahmen i.S.d. Art. 53 UnterhaltsVO ergeben haben, dem Antragsteller auferlegt werden. Voraussetzung hierfür ist aber, dass zuvor die Zustimmung des Antragstellers für die Dienstleistungen mit einem Kostenaufwand in der betreffenden Höhe eingeholt wurde (Art. 54 Abs. 2 und Abs. 3 UnterhaltsVO). Im Unterschied zu Art. 8 HUÜ 2007 bestimmt Art. 54 Abs. 2 UAbs. 2 UnterhaltsVO ausdrücklich, dass Kosten im Zusammenhang mit der Feststellung des Aufenthaltsortes der verpflichteten Person nicht als außergewöhnlich gelten. Sie können mithin nicht dem Antragsteller übertragen werden. Unbeschadet des Art. 54 UnterhaltsVO erlaubt es jedoch Art. 67 UnterhaltsVO von der unterliegenden Partei, die nach Art. 46 UnterhaltsVO unentgeltlich Prozesskostenhilfe erhalten hat, in Ausnahmefällen und wenn deren finanziellen Verhältnisse es zulassen, die Erstattung der Kosten zu verlangen57.

57 s. auch Erwägungsgrund 36 UnterhaltsVO. Danach könnte die Erstattung der Kosten insbesondere bei einer vermögenden Person verlangt werden, die wider Treu und Glauben gehandelt hat.

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

b) Reduzierung der Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung Im Hinblick auf die Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung, die der Antragsteller zu tragen hat, ergeben sich aus den Regelungen der Unterhaltsverordnung weitergehende Erleichterungen als nach den entsprechenden Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens. Art. 54 UnterhaltsVO leistet aufgrund der Maßgabe, dass außergewöhnliche Kosten auf einen Antragsteller nur übertragen werden können, wenn dieser im Voraus einem Kostenaufwand in bestimmter Höhe zugestimmt hat, ebenso wie Art. 8 HUÜ 2007 einen Beitrag zu kalkulierbaren Kosten für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung. Die Vorschrift der Unterhaltsverordnung bestimmt aber darüber hinaus, dass Kosten im Zusammenhang mit der Feststellung des Aufenthaltsortes der verpflichteten Person nicht als außergewöhnlich gelten (Art. 54 Abs. 2 UAbs. 2 UnterhaltsVO). Damit ist gewährleistet, dass der Unterhaltsberechtigte bereits vor Antragsstellung die Unterstützung der Zentralen Behörden bei der Feststellung des Aufenthaltsortes der verpflichteten Person kostenfrei in Anspruch nehmen kann. Er wird um diese Information eher ersuchen, als wenn ihm hierfür Kosten auferlegt werden könnten. Auch die Art. 44 ff. UnterhaltsVO weisen weitere Vorteile gegenüber den entsprechenden Bestimmungen des Haager Unterhaltsübereinkommens auf. Art. 45 lit. f UnterhaltsVO regelt explizit, dass die Prozesskostenhilfe auch die Übersetzung der vom Gericht oder der zuständigen Behörde verlangten und vom Empfänger der Prozesskostenhilfe vorgelegten Schriftstücke umfasst, die für die Entscheidung des Rechtsstreits erforderlich sind. Hingegen schließt die Prozesskostenhilfe nach Art. 3 lit. c des Haager Unterhaltsübereinkommens die Übersetzungskosten nicht ein. Diese können dem Antragsteller vielmehr i.S.d. Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007 durch die ersuchende Zentrale Behörde auferlegt werden, sofern sie nicht durch ihr System der juristischen Unterstützung gedeckt werden können. Wie bereits herausgearbeitet58, erwächst daraus ein unkalkulierbares Kostenrisiko mit der Folge, dass Kinder und bedürftige Personen von der grenzüberschreitenden Geltendmachung ihrer Unterhaltsansprüche abgehalten werden. Ein solches Risiko besteht in der Unterhaltsverordnung aufgrund von Art. 45 lit. f UnterhaltsVO nicht. Die Vorschrift stellt sicher, dass einem Antragsteller, dem Prozesskostenhilfe gewährt wird, keine Kosten für die Übersetzung von Schriftstücken entstehen. Da Art. 46 UnterhaltsVO des Weiteren bestimmt, dass in Bezug auf Unterhaltspflichten aus einer ElternKind-Beziehung gegenüber Kindern, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, unentgeltliche Prozesskostenhilfe geleistet wird, ist si58

s. oben C. II. 1. c).

C. Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung

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chergestellt, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung für diese Personengruppe vollständig kostenlos erfolgt. Für Kinder ist damit der Zugang zum Recht bestmöglich gewährleistet. Dies ist für sie besonders wichtig, da sie ihren Lebensunterhalt kaum selbst bestreiten können und daher dringend auf die grenzüberschreitende Durchsetzung ihrer Unterhaltsansprüche angewiesen sind. Deshalb ist es auch zu begrüßen, dass in die Unterhaltsverordnung eine mit Art. 16 HUÜ 2007 vergleichbare Einschränkungsmöglichkeit, die es einem Staat ermöglicht, die Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung von der Prüfung der Mittel des Kindes abhängig zu machen, bewusst nicht aufgenommen wurde. Eine entsprechende Prüfung der Mittel des Kindes beansprucht Zeit, die bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung aufgrund dringender Bedürftigkeit des Kindes in vielen Fällen nicht vorhanden ist. Durch die Ermöglichung von Kostenfreiheit und Schnelligkeit schaffen die Art. 44 ff. UnterhaltsVO mithin eine wesentliche Erleichterung für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung von Kindern. Aber auch für die sonstigen Antragsteller, denen gem. Art. 47 UnterhaltsVO ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe gewährt wird, legt Art. 45 lit. f UnterhaltsVO eindeutig fest, dass ihnen keine Übersetzungskosten übertragen werden können. Das leistet einen wichtigen Beitrag dazu, das Vertrauen der Antragsteller in das Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung zu stärken und führt zu mehr Rechtssicherheit. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die grundsätzliche Kostentragungspflicht durch die Zentrale Behörde i.S.d. Art. 54 UnterhaltsVO und die Regelungen in Art. 45 und Art. 46 UnterhaltsVO dazu beitragen, die finanziellen Hürden, die bislang bei der Unterhaltsdurchsetzung im Ausland bestanden haben, in Bezug auf Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber Kindern, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, vollständig abzubauen. Für sie fallen bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung keinerlei Kosten, auch keine Übersetzungskosten, an. Auch den anderen Antragstellern, denen gem. Art. 47 UnterhaltsVO ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe gewährt wird, können Übersetzungskosten nicht auferlegt werden. Diese weitergehenden Erleichterungen führen dazu, dass im Vergleich zum Haager Unterhaltsübereinkommen noch mehr Antragsteller ihre Unterhaltsansprüche grenzüberschreitend durchsetzen werden. III. Zusammenfassung Die Neuregelungen im Haager Unterhaltsübereinkommen (Art. 8, 14 bis 17 HUÜ 2007) und in der Unterhaltsverordnung (Art. 44 bis 47, 54 UnterhaltsVO), die die Kosten der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchset-

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

zung betreffen, sind zu begrüßen. Sie führen dazu, dass die Zentrale Behörde ihre Kosten grundsätzlich selbst trägt und ein effektiver Zugang zu den Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung sichergestellt wird. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass ein Antragsteller von der Durchsetzung seiner Unterhaltsansprüche abgehalten wird, weil er unverhältnismäßig hohe Kosten oder ein unkalkulierbares Kostenrisiko fürchtet. Allerdings wird dieses Ziel durch Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007, der der ersuchenden Zentralen Behörde die Möglichkeit eröffnet, die Übersetzungskosten dem Antragsteller zu übertragen, in Frage gestellt. Hingegen bestimmt Art. 45 lit. f UnterhaltsVO bestimmt eindeutig, dass Übersetzungskosten von der Prozesskostenhilfe umfasst sind und daher dem Antragsteller nicht auferlegt werden können. Damit entfällt in der Unterhaltsverordnung das im Rahmen des Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007 bestehende unkalkulierbare Kostenrisiko für alle Antragsteller, denen ganz oder teilweise Prozesskostenhilfe gewährt wird. Das bewirkt Klarheit für die Rechtsanwendung und stärkt die Rechtssicherheit. Des Weiteren wird durch Art. 45 und Art. 46 UnterhaltsVO in Bezug auf Unterhaltspflichten aus einer Eltern-Kind-Beziehung gegenüber Kindern, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ein vollständig kostenfreies grenzüberschreitendes Unterhaltsverfahren gewährleistet. Sie erhalten einschränkungslos Prozesskostenhilfe. Diese kann auch nicht von einer auf die Mittel des Kindes beschränkten Prüfung abhängig gemacht werden, wie das hingegen im Haager Unterhaltsübereinkommen (Art. 16 HUÜ 2007) der Fall ist. Das trägt zur Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bei. Kinder werden mithin nach der Unterhaltsverordnung bestmöglich geschützt und es ist sichergestellt, dass sie ihre Unterhaltsansprüche zügig grenzüberschreitend durchsetzen können, ohne davon aufgrund finanzieller Hürden abgehalten werden zu können.

D. Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen unterhaltsrechtlichen Rechtsinstrumente Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen Rechtsinstrumente

I. Haager Unterhaltsübereinkommen 1. Überblick über Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 Die Zentralen Behörden bzw. die sonstigen Stellen gem. Art. 6 Abs. 3 HUÜ 2007 treffen gem. Art. 6 Abs. 2 lit. g HUÜ 2007 in Bezug auf Anträge nach Kapitel III (Art. 9 ff. HUÜ 2007) „alle angemessenen Maßnahmen, um die Beweiserhebung, sei es durch Urkunden oder durch andere Beweismittel, zu erleichtern“. Nach Art. 6 Abs. 2 lit. j HUÜ 2007 treffen

D. Kritische Anmerkungen zur Abgrenzung der neuen Rechtsinstrumente

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sie darüber hinaus auch „alle Maßnahmen, um die Zustellung von Schriftstücken zu erleichtern“. 2. Kritik Bei wörtlichem Verständnis der Regelungen in Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 können sich Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem Haager Unterhaltsübereinkommen und den sonstigen Rechtsinstrumenten zur Beweiserhebung und Zustellung ergeben. Denn die neuen Vorschriften im Haager Unterhaltsübereinkommen normieren, dass die Zentralen Behörden im Rahmen ihrer besonderen Aufgaben alle angemessenen Maßnahmen treffen, um die Beweiserhebung oder die Zustellung von Schriftstücken zu erleichtern. Da aber auch das Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme59 und das Haager Zustellungsübereinkommen60 zum Ziel haben, die Beweisaufnahme und die Zustellung zu erleichtern61, stellt sich die Frage, wie weitreichend Maßnahmen nach Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 sein können, um Kollisionen zu vermeiden. Fucik schlägt zur Abgrenzung vor, dass sich der Beweismittelimport, d.h. die Beschaffung von Urkunden und sonstigen Beweismitteln aus dem Ausland zur Vorlage an das inländische Gericht, nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen bestimme, während Maßnahmen der internationalen Rechtshilfe oder die gerichtliche Zustellung nicht von Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 erfasst seien. Für letztere seien die sonstigen Rechtsinstrumente relevant62. Zur Klarstellung und um Abgrenzungsprobleme vermeiden zu können, wäre es wünschenswert gewesen, wenn in den Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 eine entsprechend deutliche Abgrenzung getroffen worden wäre. II. Unterhaltsverordnung 1. Überblick über Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. j UnterhaltsVO Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. j UnterhaltsVO normieren – vergleichbar mit den Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j des Haager Unterhaltsübereinkommens –, dass die Zentralen Behörden bei Anträgen nach Art. 56 UnterhaltsVO alle angemessenen Maßnahmen zur Erleichterung der Beweiserhebung bzw. der Zustellung unbeschadet der jeweiligen europäischen Verordnungen treffen können. 59

Übereinkommen über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 18. März 1970. 60 Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher oder außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen vom 15. November 1965. 61 Das ergibt sich bereits aus der Präambel des jeweiligen Übereinkommens. 62 Fucik, Das neue Haager Unterhaltsübereinkommen – Globale Kooperations- und Anerkennungsmechanismen, iFamZ 2008, 219 (221).

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

2. Kritik Wie bereits im Rahmen des Haager Unterhaltsübereinkommens dargestellt 63 , können sich aufgrund von Art. 51 Abs. 2 lit. g bzw. lit. j UnterhaltsVO Abgrenzungsschwierigkeiten64 zwischen der Unterhaltsverordnung und der Europäischen Beweisverordnung 65 bzw. der Europäischen Zustellungsverordnung 66 ergeben. Denn sowohl die Art. 51 Abs. 2 lit. g bzw. lit. j UnterhaltsVO als auch die europäischen Verordnungen haben zum Ziel die Beweisaufnahme bzw. die Zustellung im europäischen Rechtsraum zu erleichtern 67 . Um Kollisionen mit diesen europäischen Rechtsinstrumenten zu vermeiden, stellt sich daher auch hier die Frage, wie weitreichend die Maßnahmen nach Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. h UnterhaltsVO sein können. Es wäre denkbar, die Abgrenzung in Parallele zu den Art. 6 Abs. 2 lit. g und lit. j HUÜ 2007 vorzunehmen. Demnach würden sich Aktionen, die dem Beweismittelimport dienen, d.h. Urkunden oder sonstige Beweismittel, die aus dem Ausland zur Vorlage bei einem inländischen Gericht beschafft werden, nach der Unterhaltsverordnung richten, während für die internationale Rechtshilfe oder die gerichtliche Zustellung die Regelungen der Europäischen Beweisverordnung bzw. der Europäischen Zustellungsverordnung gelten werden 68 . Es wäre wünschenswert gewesen, wenn in den Art. 51 Abs. 2 lit. g und lit. j UnterhaltsVO eine entsprechend deutliche Abgrenzung getroffen worden wäre, um Abgrenzungsprobleme zu vermeiden. 63

s. oben D. I. 2. Vgl. Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (250). 65 Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen, Abl. EG vom 27. Juni 2007, Nr. L 174/1. 66 Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten („Zustellung von Schriftstücken“) und zur Aufhebung der Verordnung EG Nr. 1348/2000 des Rates, Abl. EU vom 10. Dezember 2007, Nr. L 324/79. 67 Zur Europäischen Beweisverordnung: von Hein, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Art. 1 EG-BewVO Rn. 18; Huber, in: Gebauer/ Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kapitel 29 EuBVO, Überblick Rn. 2 f.; zur Europäischen Zustellungsverordnung: Heiderhoff, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einl. EG-ZustellVO Rn. 8; Jastrow, in: Gebauer/ Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kapitel 28 EuZVO, Überblick Rn. 2. 68 Fucik, Die neue Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Zuständigkeits- und Kooperationsmechanismen, iFamZ 2009, 245 (250); vgl. auch Huber, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kapitel 29 EuBVO, Überblick Rn. 4 und Art. 1 Rn. 35 ff. 64

E. Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO

E.

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Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO

Kritische Anmerkungen zur Ausgestaltung des Art. 55 UnterhaltsVO

I. Überblick über Art. 55 UnterhaltsVO In Art. 55 UnterhaltsVO ist festgelegt, dass der Antragsteller für die Inanspruchnahme der Erleichterungen durch die behördliche Zusammenarbeit bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung in Anlehnung an Art. 9 HUÜ 2007 einen Antrag bei der Zentralen Behörde des Mitgliedstaats einzureichen, in dem er seinen Aufenthalt hat (Art. 55 UnterhaltsVO). II. Kritik Art. 55 UnterhaltsVO kann Verwirrung stiften, da sich die Vorschrift zwar an Art. 9 HUÜ 2007 orientiert, aber in der Regelung kein Art. 9 HUÜ 2007 entsprechender Satz 2 angefügt ist, in dem festgelegt ist, dass die bloße Anwesenheit nicht als Aufenthalt im Sinne der Vorschrift gilt. Die ansonsten identische Formulierung der Regelungen könnte zu der Annahme verleiten, dass ein Antrag i.S.d. Art. 55 UnterhaltsVO auch über die Zentrale Behörde des Mitgliedstaates gestellt werden kann, in dem der Antragsteller lediglich anwesend ist. Erwägungsgrund 32 der Unterhaltsverordnung legt jedoch fest, dass das Kriterium des „Aufenthalts“ die bloße Anwesenheit ausschließt. Somit unterscheidet sich die Vorschrift der Unterhaltsverordnung nicht von der des Haager Unterhaltsübereinkommens. Es wäre daher wünschenswert gewesen, wenn in Art. 55 UnterhaltsVO ein entsprechender Satz 2 aufgenommen worden wäre und die Festlegung, dass das Kriterium des „Aufenthalts“ die bloße Anwesenheit ausschließt, nicht nur in einem Erwägungsgrund, an einer ganz anderen Stelle der Unterhaltsverordnung, festgeschrieben worden wäre. Das hätte die Anwendung der Unterhaltsverordnung, vor allem für einen juristischen Laien, erleichtert.

F.

Ergebnis

Ergebnis

Leitlinie der Arbeiten an dem neuen Haager Unterhaltsübereinkommen und der Unterhaltsverordnung war die Lösung der bislang bestehenden Schwierigkeiten. Dabei wurde besonderer Wert auf die Förderung einer effektiven und effizienten behördlichen Zusammenarbeit gelegt, um Unterhaltsansprüche grenzüberschreitend einfach, schnell und kostengünstig

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Kapitel 5: Behördliche Zusammenarbeit

durchsetzen zu können 69. Durch die neuen Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit im Haager Unterhaltsübereinkommen und in der Unterhaltsverordnung konnten die meisten Probleme, die bislang im Rahmen der Vorschriften des New Yorker UN-Übereinkommens von 1956 bestanden haben, zufriedenstellend gelöst und die gesetzten Ziele erreicht werden. Der Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden und die Kontaktaufnahme wurden verbessert, ebenso wie Bearbeitungsfristen für die Weiterleitung der Informationen von einer Zentralen Behörde zur anderen eingeführt wurden. Das führt zu einer Beschleunigung der behördlichen Zusammenarbeit und zu einer Beschleunigung der Durchsetzung grenzüberschreitender Unterhaltsforderungen insgesamt. Es wird folglich nicht mehr Jahre in Anspruch nehmen, bis ein Unterhaltsberechtigter seine Unterhaltszahlungen tatsächlich enthält. Darüber hinaus ermöglichen die neuen Vorschriften zur Kostentragung ein weitgehend kostenfreies Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung. Die vollständige Kostenfreiheit ist aber nur durch die Unterhaltsverordnung gewährleistet, denn nach Art. 45 Abs. 3 des Haager Unterhaltsübereinkommens können einem Antragsteller, dem Prozesskostenhilfe gewährt wird, dennoch die Übersetzungskosten auferlegt werden. Folglich bleibt ein unkalkulierbares Kostenrisiko bestehen. Es ist zu bedauern, dass der Antragsteller aufgrund dieses finanziellen Hindernisses von der Geltendmachung seiner Unterhaltsansprüche abgehalten werden kann. Da dieses Problem nach der Unterhaltsverordnung nicht besteht und zudem die Bearbeitungsfristen in Art. 58 UnterhaltsVO im Vergleich zu Art. 12 HUÜ 2007 deutlich kürzer gefasst sind, ergeben sich aus der Unterhaltsverordnung weitergehende Vorteile als aus dem Haager Unterhaltsübereinkommen. Es ist mithin zu begrüßen, dass in der Unterhaltsverordnung selbstständige Regelungen zur behördlichen Zusammenarbeit getroffen wurden und diesbezüglich nicht ein Verweis auf die Bestimmungen des Haager Unterhaltsübereinkommens erfolgte oder diese vollständig übernommen wurden. Denn die grenzüberschreitende Durchsetzung von Unterhaltsforderungen wird durch die Vorschriften zur behördlichen Zusammenarbeit in der Unterhaltsverordnung in weitaus größerem Maße erleichtert. Dieser Vorteil wird auch nicht durch die kritisch zu würdigenden Neuerungen geschmälert, da sie nur von sehr geringem Gewicht sind. 69

Boehm, Reformbestrebungen im internationalen Unterhaltsverfahrensrecht, KindPrax Spezial 2004, 14 (16); Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 79; Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ, Vol. 38 (2004), 663 (667); Permanent Bureau, Report on and Conclusions of the Special Commission on Maintenance Obligations of April 1999, Rn. 13.

Kapitel 6

Anerkennung und Vollstreckung Die Anerkennung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung stellt einen der wesentlichen Schritte der grenzüberschreitenden Geltendmachung einer Unterhaltsforderung dar, wenn bereits eine ausländische Unterhaltsentscheidung vorliegt. Sie ist von elementarer Bedeutung, denn oft ist es nicht möglich, einen Unterhaltstitel in dem Staat zu erlangen, in dem letztendlich die Vollstreckung erfolgt. Das kann seine Ursache beispielsweise darin haben, dass die berechtigte Person die Unterhaltsforderung im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthalts einklagt, die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt aber in einem anderen Staat hat oder der Unterhaltsverpflichtete während des Unterhaltsverfahrens seinen gewöhnlichen Aufenthalt wechselt. Da aber Entscheidungen staatlicher Behörden Hoheitsakte sind und sich ihre Wirkungen nur auf das Hoheitsgebiet des Entscheidungsstaates beschränken 1 , ist es notwendig, diese Entscheidungen vor der Vollstreckung im Vollstreckungsstaat anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären. Dabei bewirkt die Anerkennung, dass dem Unterhaltstitel im Vollstreckungsstaat dieselben Wirkungen zugesprochen werden, die ihm in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet er ergangen ist, zukommen (sog. Wirkungserstreckung) 2. Die sich an die Anerkennung anschließende Vollstreckbarerklärung (sog. Exequatur) ist grundsätzlich erforderlich, da auch die Vollstreckungswirkung, die einem Unterhaltstitel 1 Unter anderem Martiny, Grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nach europäischem und internationalem Recht – Verfahrenseinleitung und -durchführung, Anerkennung und Vollstreckung, FamRZ 2008, 1681 (1687). 2 Für eine grundsätzlich vollumfängliche Wirkungserstreckung: Andrae, Internationales Familienrecht (2006), § 8 Rn. 102; Linke, Internationales Zivilprozessrecht (2006), Rn. 349 ff. Für eine Wirkungserstreckung nur bis an die Grenze der Wirkungen eines entsprechenden inländischen Urteils: EuGH vom 4. Februar 1988, Rs. 145/86 (Hoffmann/Krieg), Slg. 1988, 645, Tz. 11; Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen (1989), 118 f.; Gottwald, Grundfragen der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Zivilsachen, ZZP 103 (1990), 257 (261 ff.); von Hoffman/Thorn, Internationales Privatrecht (2007), § 3 Rn. 154–155; Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Band III/2 (1984), Kapitel II Rn. 63; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht (2006), § 17, Rn. 791 ff.; Schack, Widersprechende Urteile: Vorbeugen ist besser als Heilen, IPRax 1989, 139 (142).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

im Ursprungsstaat zukommt, sich nur auf den Ursprungsstaat erstreckt 3 . Sobald eine ausländische Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt worden ist, sind die Voraussetzungen erfüllt, um die Entscheidung in diesem Staat vollstrecken zu können. Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung4 von Unterhaltstiteln finden sich in zahlreichen Rechtsinstrumenten. Auf internationaler Ebene wird diese Materie durch die Haager Unterhaltsübereinkommen von 1958 und 1973 geregelt, auf europäischer Ebene finden sich die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung, die Europäische Vollstreckungstitelverordnung, das Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen sowie dessen Parallelübereinkommen von Lugano. Bei Anwendung dieser Regelwerke ergeben sich allerdings einige Schwierigkeiten im Hinblick auf die grenzüberschreitende Durchsetzung einer Unterhaltsforderung, die im Anschluss näher dargestellt werden. Aufgrund dieser Probleme hat man sich dazu entschieden, im Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 und in der Unterhaltsverordnung neue Vorschriften zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung auszuarbeiten. Dabei wurde auf die Materie der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung großes Gewicht gelegt, da sie in den neuen Rechtsinstrumenten eine Schlüsselfunktion einnehmen soll 5 . Durch die Neuregelungen versucht man, die Freizügigkeit von Unterhaltsentscheidungen weitgehend herzustellen. Inwieweit dies gelungen ist und ob die bislang bestehenden Schwierigkeiten gelöst wurden, ist Gegenstand der nachfolgenden Darstellung. Diese schließt sich – bezogen auf das jeweils betrachtete Problem – an dessen Darstellung unter bisheriger Rechtslage und einem Überblick über die relevante(n) Neuregelung(en) an. Im Rahmen der Untersuchung der Veränderungen wird zum einen erörtert, ob bzw. inwieweit durch die Neuregelung(en) die jeweilige Schwierigkeit hinsichtlich der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung 3

Martiny, Grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nach europäischem und internationalem Recht – Verfahrenseinleitung und –durchführung, Anerkennung und Vollstreckung, FamRZ 2008, 1681 (1687); Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht (2007), 01.52. 4 In den Rechtsinstrumenten wird vielfach terminologisch missverständlich von „Vollstreckung“ gesprochen. Damit gemeint ist die Vollstreckbarerklärung (Exequaturverfahren) bzw. die beispielsweise im Vereinigten Königreich als Vorstufe der Vollstreckung notwendige Eintragung des Unterhaltstitels in ein Register (Registrierung). Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird im Folgenden auf die Nennung beider Begriffe verzichtet und nur der Begriff Vollstreckbarerklärung verwendet. Hiervon soll auch die Registrierung des Unterhaltstitels umfasst sein. 5 Duncan, The Development of the New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, FLQ 2004, 663 (671).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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gelöst werden konnte. Zum anderen wird kritisch hinterfragt, ob bzw. welche neuen Probleme durch die Neuregelungen auftreten können.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

I. Anwendungsbereich der Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage a) Haager Rechtsinstrumente Das Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 weist einige ungeklärte Fragen im Hinblick auf den Anwendungsbereich der Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen auf. Gem. Art. 1 Abs. 1 HUnthVÜ ist das Übereinkommen „anzuwenden auf Entscheidungen über Unterhaltspflichten […], die von Gerichten oder Verwaltungsbehörden eines Vertragsstaates erlassen worden sind“. Das Übereinkommen enthält aber keine Definition des Begriffs der „Entscheidung“. Eine Entscheidung im Sinne des Übereinkommens könnte sich nur auf feststehende Unterhaltszahlungen beziehen, sie könnte aber auch eine automatische Anpassung durch Indexierung 6 umfassen 7 . Ebenso ist fraglich, ob die Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens auch auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsvereinbarungen Anwendung finden können8. Diese Frage wird bereits seit dem Haager Unterhaltsübereinkommen von 1958 diskutiert, in dem sich ebenfalls keine diesbezügliche Regelung findet. Zudem ist zu kritisieren, dass Art. 1 Abs. 1 HUnthVÜ zwar normiert, dass das Übereinkommen sowohl auf Gerichtsentscheidungen als auch auf verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen anwendbar ist 9 , ohne 6 Eine Unterhaltsentscheidung, die eine automatische Anpassung durch Indexierung umfasst, liegt vor, wenn die Höhe der Unterhaltsleistungen nicht feststeht, sondern beispielsweise abhängig ist von der Erhöhung bzw. Minderung der Lebenshaltungskosten. 7 Zum Streitstand Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen (1989), 19 f. 8 Zum Streitstand Kropholler, in : J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB, Rn. 142; Henrich, Internationales Familienrecht (2000), § 5 V 3 a) (1). 9 Die Bezugnahme auf verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen ist notwendig, da beispielsweise in einigen nordischen Staaten, in Neuseeland und in Australien Unterhaltsentscheidungen, insbesondere im Hinblick auf Kindesunterhalt, von Verwaltungsbehörden getroffen werden.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

aber festzulegen, was unter einer Verwaltungsbehörde zu verstehen ist bzw. welchen Voraussetzungen verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen unterliegen. Das wirft insbesondere für die Staaten Schwierigkeiten auf, die mit verwaltungsbehördlichen Unterhaltsentscheidungen nicht vertraut sind10. Diese ungeklärten rechtlichen Fragestellungen führen zu Problemen bei der Rechtsanwendung, da sich beispielsweise die Parteien, die eine Unterhaltsvereinbarung getroffen haben, nicht sicher sein können, ob diese in einem anderen Staat anerkannt und für vollstreckbar erklärt wird, wodurch die Rechtsicherheit erheblich beeinträchtigt wird. b) Europäische Rechtsinstrumente Auch im Bereich der europäischen Rechtsinstrumente, die für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen relevant sind, stellen sich in Bezug auf den Anwendungsbereich dieser Vorschriften ungeklärte Fragen. Zwar findet sich in Art. 32 EuGVO 11 und Art. 4 Nr. 1 EuVTVO eine Bestimmung des Begriffs der „Entscheidung“, allerdings sind von dieser Definition nur Entscheidungen erfasst, die von einem Rechtsprechungsorgan eines Mitgliedstaates erlassen worden sind. Hingegen zählen Entscheidungen von Verwaltungsbehörden nicht zum Anwendungsbereich der Art. 32 ff. EuGVO bzw. der Art. 1 ff. EuVTVO12. Folglich können verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat nicht anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Das führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit, da in diesen Fällen ein im Ursprungsstaat bereits abgeschlossenes Unterhaltsverfahren erneut im Vollstreckungsstaat durchgeführt werden muss, um eine Unterhaltsforderung grenzüberschreitend durchsetzen zu können. Darüber hinaus sind in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung zwar gem. Art. 57 und 58 EuGVO öffentliche Urkunden und Prozessvergleiche von den Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung erfasst, allerdings gelten für diese teilweise abweichende Bestimmungen im Vergleich zu Entscheidungen. Beispielsweise ist die Versagung oder Aufhebung der Vollstreckbarerklärung darauf beschränkt, dass die Zwangvoll10 Vgl. Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 431. 11 Dasselbe gilt für Art. 25 EuGVÜ und Art. 32 LugÜ. 12 Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 32 Rn. 47; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 32 Rn. 9; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 32 Brüssel I-VO Rn. 19; Stadler, in: Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung (2008), Art. 32 EuGVVO, Rn. 6. Eine Ausnahme gilt jedoch gem. Art. 62 EuGVO bezüglich den summarischen Mahn- und Beistandsverfahren im schwedischen Recht.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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streckung aus der Urkunde bzw. dem Vergleich offensichtlich dem „ordre public“ des Vollstreckungsmitgliedstaates widersprechen würde (Art. 57 Abs. 1 Satz 2 EuGVO bzw. Art. 58 Satz 1 EuGVO). Außerdem enthält die Verordnung keine Definition des Begriffs „öffentliche Urkunde“. Stattdessen wird auf die Begriffsbestimmung im Bericht zu Art. 50 LugÜ 13 zurückgegriffen14. Dieser Umstand erschwert die Rechtsanwendung. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Haager Unterhaltsübereinkommen aa)Überblick über Art. 19 HUÜ 2007 Der Anwendungsbereich des Kapitels V, das die Regelung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zum Gegenstand hat, ist in Art. 19 HUÜ 2007 festgelegt. Art. 19 Abs. 1 Satz 1 HUÜ 2007 bestimmt, dass die Regelungen zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Art. 20 ff. HUÜ 2007 für Unterhaltsentscheidungen gelten, die von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde erlassen wurden. Der Begriff der „Entscheidung“ erfasst dabei auch Vergleiche oder Vereinbarungen, die vor einer solchen Behörde geschlossen oder von einer solchen Behörde genehmigt worden sind (Art. 19 Abs. 1 Satz 2 HUÜ 2007). Neben Entscheidungen über den laufenden Unterhalt sind die Vorschriften über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ebenso auf Entscheidungen über die automatische Anpassung durch Indexierung, Zahlungsrückstände, rückwirkenden Unterhalt, Zinsen sowie über die Festsetzung der Verfahrenskosten anwendbar (Art. 19 Abs. 1 Satz 3 HUÜ 2007). Art. 19 Abs. 3 HUÜ 2007 definiert, was unter einer „Verwaltungsbehörde“ zu verstehen ist 15 . Des Weiteren bestimmt Art. 19 Abs. 4 HUÜ 2007 die Anwendbarkeit der Art. 20 ff. HUÜ 2007 auf Unterhaltsvereinbarungen i.S.d. Art. 30 HUÜ 2007; Art. 19 Abs. 5 HUÜ 2007 legt fest, dass die Art. 20 ff. HUÜ 2007 ebenso für Direktanträge auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung gelten. 13

Jenard/Möller, Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Band 3 (Stand: Dezember 2008), B I, 2 b, 609, Art. 50 LugÜ, Nr. 72 14 Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 57, Rn. 3; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 57 Brüssel I-VO Rn. 3. 15 „Verwaltungsbehörde“ i.S.d. Art. 19 Abs. 1 HUÜ 2007 bezeichnet demnach eine öffentliche Aufgaben wahrnehmende Einrichtung, deren Entscheidungen nach dem Recht des Staates, in dem sie begründet ist, a) vor Gericht angefochten oder von einem Gericht nachgeprüft werden können und b) vergleichbare Kraft und Wirkung haben wie eine Entscheidung eines Gerichts zur gleichen Angelegenheit.

154

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

bb)Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung Das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 enthält zwar ebenso wie seine Vorgängerübereinkommen keine Definition des Begriffs „Unterhaltsentscheidung“16; die ausführliche Vorschrift des Art. 19 Abs. 1 HUÜ 2007 kommt einer Begriffsbestimmung jedoch sehr nahe. Aus ihr geht klar hervor, dass das Kapitel V auf Unterhaltsentscheidungen einer Behörde, sei es eines Gerichts oder einer Verwaltungsbehörde, anwendbar ist. Vom Begriff der „Entscheidung“ sind gem. Art. 19 Abs. 1 Satz 2 HUÜ 2007 auch Vergleiche oder Vereinbarungen erfasst. Nach Satz 3 schließt der Begriff der „Entscheidung“ ebenso eine automatische Anpassung durch Indexierung, die Verpflichtung Zahlungsrückstände, Unterhalt für die Vergangenheit oder Zinsen zu zahlen und die Festsetzung der Verfahrenskosten ein. Damit ist die im Rahmen des Vorgängerübereinkommens umstrittene Frage, ob gesetzliche Unterhaltsanpassungen des Entscheidungsstaates bei indexierten Unterhaltstiteln im Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, gelöst. Das bringt Klarheit für die Rechtsanwendung mit sich und stärkt die Rechtssicherheit. Des Weiteren führt auch der neu eingefügte Art. 19 Abs. 3 HUÜ 2007 zu einer vereinfachten Rechtsanwendung, da in der Vorschrift festgelegt ist, was unter einer „Verwaltungsbehörde“ zu verstehen ist. Diese Definition ermöglicht es den Staaten, die genauen Voraussetzungen, die an eine solche Entscheidung zu stellen sind, zu erkennen und die verwaltungsgerichtlichen Unterhaltsentscheidungen bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung anhand dieser zu überprüfen17. Als weitere zu begrüßende Neuerung stellt Art. 19 Abs. 4 HUÜ 2007 klar, dass die Vorschriften der Art. 20 ff. HUÜ 2007 neben gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen auch für vertragliche Unterhaltsvereinbarungen nach Art. 30 HUÜ 2007 anzuwenden sind. Damit wird ein fast 50 Jahre lang währender Meinungsstreit (endlich) beigelegt und die Rechtssicherheit erheblich gesteigert18.

16

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 430. 17 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 431. 18 Zur Kritik an der Regelung des Art. 30 HUÜ 2007 s. A. III. 2. a) aa) (1).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Anwendungsbereich der Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen durch die Vorschrift des Art. 19 HUÜ 2007 genauer abzugrenzen ist, was einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung der Rechtsanwendung und zur Erhöhung der Rechtssicherheit leistet. b) Unterhaltsverordnung aa)Überblick über Art. 16, 48 UnterhaltsVO Die Vorschriften zur Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen finden auf Entscheidungen Anwendung, die unter die Unterhaltsverordnung fallen (Art. 16 Abs. 1 UnterhaltsVO). Das ist bei mitgliedstaatlichen19 Unterhaltsentscheidungen der Fall. Der Begriff der „Entscheidung“ ist in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UnterhaltsVO legaldefiniert. Eine „Entscheidung“ liegt demnach vor, wenn sie von einem Gericht eines Mitgliedstaates in Unterhaltssachen erlassen wurde, ungeachtet ihrer Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten. Gem. Art. 2 Abs. 2 UnterhaltsVO schließt der Begriff „Gericht“ zudem Verwaltungsbehörden ein, wenn diese bestimmte Voraussetzungen erfüllen20. Damit unterfallen der Unterhaltsverordnung auch verwaltungsbehördliche Entscheidungen, die vor Gericht angefochten oder von einem Gericht nachgeprüft werden können (Art. 2 Abs. 2 lit. i HUÜ 2007) und eine mit einer Entscheidung eines Gerichts zu der gleichen Angelegenheit vergleichbare Rechtskraft und Wirksamkeit haben (Art. 2 Abs. 2 lit. ii HUÜ 2007). Neben Entscheidungen gelten gem. Art. 48 Abs. 1 UnterhaltsVO die Art. 16 ff. UnterhaltsVO auch für im Ursprungsmitgliedstaat vollstreckbare gerichtliche Vergleiche21 und öffentliche Urkunden22, von denen unter anderem Unterhaltsvereinbarungen erfasst sind. Es ist des Weiteren unerheblich, ob es sich um eine bereits rechtskräftige Entscheidung handelt, da auch vorläufig vollstreckbare Entscheidungen vom Anwendungsbereich erfasst sind23. Art. 16 UnterhaltsVO bestimmt des Weiteren, dass die in Art. 17 bis 43 UnterhaltsVO enthaltenen Regelungen zur Anerkennung, Vollstreckbarkeit und Vollstreckung nicht für alle Unterhaltsentscheidungen gleichermaßen gelten. Es wird vielmehr danach differenziert, ob es sich um eine Unter19 Nach Art. 1 Abs. 2 UnterhaltsVO bezeichnet der Begriff „Mitgliedstaat“ alle Mitgliedstaaten, auf die diese Verordnung anwendbar ist. 20 Die betreffenden Verwaltungsbehörden sind in Anhang X aufgelistet. 21 Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 UnterhaltsVO. 22 Legaldefinition in Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 UnterhaltsVO. 23 s. Art. 39 UnterhaltsVO und Erwägungsgrund 22 UnterhaltsVO.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

haltsentscheidung handelt, die in einem durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Mitgliedstaat ergangen ist oder nicht. Abschnitt 1 (Art. 17 bis 22 UnterhaltsVO) gilt für Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, ergangen sind (Art. 16 Abs. 2 UnterhaltsVO), während Abschnitt 2 (Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO) auf Unterhaltsentscheidungen Anwendung findet, die in einem nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Mitgliedstaat ergangen sind (Art. 16 Abs. 3 UnterhaltsVO). Der dritte Abschnitt (Art. 39 bis 43 UnterhaltsVO) enthält gemeinsame Bestimmungen und gilt gem. Art. 16 Abs. 4 UnterhaltsVO für alle Entscheidungen. bb)Eindeutig festgelegter Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung Gem. Art. 16 Abs. 1 UnterhaltsVO regelt das Kapitel IV die Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Entscheidungen, die unter die Unterhaltsverordnung fallen. Was unter einer „Entscheidung“ im Sinne der Unterhaltsverordnung zu verstehen ist, ist in Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 UnterhaltsVO legaldefiniert. Demnach sind sowohl gerichtliche als auch verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen erfasst (Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 UnterhaltsVO). Im Unterschied zur Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung (Art. 32 EuGVO) ist damit der Anwendungsbereich um verwaltungsbehördliche Unterhaltsentscheidungen erweitert worden. Das bringt den Vorteil mit sich, dass nunmehr auch Unterhaltsentscheidungen aus skandinavischen Ländern, die gewöhnlich von Verwaltungsbehörden erlassen werden24, in anderen Mitgliedstaaten anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können. Dadurch wird die Rechtssicherheit erhöht, da grundsätzlich abgeschlossene Unterhaltsverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat mangels Anerkennungs- und Vollstreckungsfähigkeit nicht nochmal neu aufgenommen werden müssen. Des Weiteren bestimmt Art. 48 Abs. 1 UnterhaltsVO, dass nunmehr gerichtliche Vergleiche und öffentliche Urkunden wie Entscheidungen nach den Art. 17 ff. UnterhaltsVO anzuerkennen, für vollstreckbar zu erklären und zu vollstrecken sind 25 . Damit entfallen die teilweise für öffentliche Urkunden und Vergleiche geltenden Sonderbestimmungen, die in den Art. 57 und 58 EuGVO normiert sind. Das stellt für den Rechtsanwender 24

Z.B.: Schweden, s. http://ec.europa.eu/civiljustice/maintenance_claim/maintenance _claim_swe_de.htm#16. 25 Eine entsprechende Gleichstellung war auch im geänderten Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO), KOM (2000) 689, 32 vom 26. Oktober 2003, zu Art. 54 und 55 vorgesehen, wurde aber wieder verworfen, wie die Art. 57 EuGVO und Art. 58 EuGVO zeigen.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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eine Vereinfachung dar, denn unabhängig davon, ob es sich um eine Entscheidung, eine öffentliche Urkunde oder einen Vergleich handelt, finden immer dieselben Vorschriften Anwendung26. Eine weitere Vereinfachung wurde durch die Einführung der Legaldefinition der „öffentlichen Urkunde“ in Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. a UnterhaltsVO geschaffen. Sie stimmt mit der Begriffsbestimmung im Bericht zu Art. 50 LugÜ überein, jedoch muss nicht mehr auf letztgenannte zurückgegriffen werden. Daneben wurde die Definition des „gerichtlichen Vergleichs“ in Art. 2 Abs. 1 Nr. 2 UnterhaltsVO im Unterschied zur Vorgängerregelung des Art. 58 UnterhaltsVO weiter gefasst, sodass neben einem von einem Gericht im Laufe des Verfahrens geschlossenen Vergleich auch ein von einem Gericht gebilligter Vergleich vom Begriff erfasst ist. 3. Zusammenfassung Der Anwendungsbereich der Regelungen über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen kann nunmehr aufgrund von Art. 19 HUÜ 2007 genauer eingegrenzt werden. Das dient ebenso der Rechtssicherheit wie die Art. 16 und 48 UnterhaltsVO, die den Anwendungsbereich des Kapitels über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen in der Unterhaltsverordnung eindeutig festlegen. II. Indirekte Entscheidungszuständigkeiten 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage Wie bereits erläutert, enthält das Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 keine Regelungen, die die direkte Zuständigkeit eines Gerichts festlegen27. Art. 7 und 8 HUnthVÜ normieren jedoch indirekte Entscheidungszuständigkeiten. Diese indirekten Zuständigkeiten stellen eine Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsstaat dar 28 , die von der Zweitbehörde, d.h. von der Behörde, die über die Anerkennung und Vollstreckbarkeit einer Unterhaltsentscheidung entscheidet, überprüft werden. Eine ausländische Unterhaltsentscheidung kann demnach anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wenn die Behörde, die die ursprüngliche Entscheidung er26

Vgl. auch Conférence des Notariats de l’Union Européenne, Stellungnahme zum Grünbuch „Unterhaltspflichten“, KOM (2004) 254 (September 2004), 1 (2). 27 s. oben Kapitel 3 A. II. 1. 28 Linke, Internationales Zivilprozessrecht (2006), Rn. 105 f.; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht (2006), Rn. 829; Verwilghen, Erläuternder Bericht zum Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen, BTDrucks. 10/258, 41, Rn. 47.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

lassen hat, aus Sicht der Zweitbehörde gem. Art. 7 oder 8 HUnthVÜ als zuständig anzusehen ist. Dabei ist zu beachten, dass die ursprünglich entscheidende Behörde ihre direkte Zuständigkeit nicht auf die Regelungen der Art. 7 und 8 HUnthVÜ stützt29, sondern diese in der Regel dem autonomen nationalen Recht entnimmt. Die geringe Anzahl an indirekten Entscheidungszuständigkeiten in den Art. 7 und 8 HUnthVÜ bewirkt, dass die Erstbehörde aus Sicht der Zweitbehörde nur in wenigen Fällen als zuständig angesehen werden kann. Somit können wenige Unterhaltsentscheidungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Kann demnach eine ausländische Unterhaltsentscheidung nicht anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, muss die unterhaltsberechtigte Person erneut auf Unterhalt im Vollstreckungsstaat klagen, denn eine anderweitige Möglichkeit, die Unterhaltsforderung grenzüberschreitend durchzusetzen, besteht nicht. Dieser Umstand führt zu erheblichen Verzögerungen bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung und beeinträchtigt die Rechtssicherheit. Ein weiteres Problem besteht darin, dass gem. Art. 7 Nr. 1 Alt. 2 HUnthVÜ eine Behörde des Ursprungstaates als zuständig anzusehen ist, wenn die unterhaltsberechtigte Person zur Zeit der Einleitung des Verfahrens ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte. Ursächlich für dieses Problem ist, dass diese indirekte Entscheidungszuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten dem Rechtsverständnis einiger Staaten widerspricht. Das gilt vor allem für die USA, denn aus dem im XIV. Amendment der US-Verfassung enthaltenen „due process of law“ leitet sich ab, dass die beklagte Person eine gewisse Beziehung zum Urteilsstaat aufweisen muss. Diese besteht aber bei einem indirekten Klägergerichtsstand nicht in jedem Fall. Im Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 ist jedoch keine Möglichkeit vorgesehen, gegen diese indirekte Entscheidungszuständigkeit einen Vorbehalt anzubringen 30 , was die Attraktivität dieses Übereinkommens bei den Staaten schmälert, die einen indirekten Klägergerichtsstand aufgrund ihrer Rechtsauffassung nicht akzeptieren können. Der vorbehaltslose indirekte Klägergerichtsstand in Art. 7 Nr. 1 Alt. 2 HUnthVÜ bedingte unter anderem wohl auch, dass die USA nicht Vertragsstaat des Haager Unterhaltsübereinkommens von 1973 geworden sind.

29

Baumann, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen in Unterhaltssachen (1989), 25; Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB Rn. 177. 30 s. hierzu auch Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 50.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Überblick über Art. 20 HUÜ 2007 Eine in einem Vertragsstaat ergangene Entscheidung wird gem. Art. 20 Abs. 1 HUÜ 2007 in einem anderen Vertragsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt, wenn eine der in der Vorschrift abschließend genannten indirekten Entscheidungszuständigkeiten (compétence indirecte) erfüllt ist31. Das ist der Fall, wenn der Antragsgegner bzw. der Unterhaltsberechtigte im Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ursprungsstaat hatte (Art. 20 Abs. 1 lit. a bzw. lit. c HUÜ 2007) oder sich der Antragsgegner der Zuständigkeit der Behörde unterworfen hatte (Art. 20 Abs. 1 lit. b HUÜ 2007). Eine indirekte Entscheidungszuständigkeit liegt gem. Art. 20 Abs. 1 lit. d HUÜ 2007 auch vor, wenn es sich um Kindesunterhalt handelt und zwischen dem gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes im Ursprungstaat zum Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung und dem Antragsgegner eine Verbindung besteht. Diese kann entweder darin liegen, dass die verpflichtete Person dort mit dem Kind zusammenlebte oder sie in diesem Staat ihren Aufenthalt hatte und für das Kind dort Unterhalt geleistet hat. Darüber hinaus ist die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung möglich, wenn eine schriftliche Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde, sofern dem Rechtsstreit keine Unterhaltspflichten gegenüber einem Kind zugrunde lagen (Art. 20 Abs. 1 lit. e HUÜ 2007) oder die Entscheidung in Ausübung der Zuständigkeit für eine Frage des Personenstands oder der elterlichen Verantwortung gem. Art. 20 Abs. 1 lit. f HUÜ 2007 ergangen ist. Dabei ist allerdings zu beachten, dass den Vertragsstaaten durch Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 die Möglichkeit eingeräumt ist, zu den Art. 20 Abs. 1 lit. c, e oder f HUÜ 2007 einseitig32 einen Vorbehalt anzubringen33. Hat ein Vertragsstaat einen entsprechenden Vorbehalt angebracht, muss dieser Staat eine Unterhaltsentscheidung gem. Art. 20 Abs. 3 HUÜ 2007 31

Diese Vorschrift orientiert sich an Art. 7 HUnthVÜ, ist aber weiter als diese ge-

fasst. 32

Gem. Art. 62 Abs. 4 HUÜ 2007 bewirken die Vorbehalte, die i.S.d. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 angebracht wurden, nicht die Gegenseitigkeit. 33 Eine Vorbehaltsmöglichkeit für Art. 20 Abs. 1 lit. d HUÜ 2007 ist im Haager Unterhaltsübereinkommen nicht vorgesehen, da die Vorschrift sowohl für Staaten, die dem „civil law“-Rechtskreis zuzuordnen sind als auch für die Staaten, die dem „common law“-Rechtskreis angehören, akzeptabel erscheint, s. Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 454; vgl. Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of October 2007, S. 40 zu Art. 17 Abs. 1 lit. d.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

anerkennen und für vollstreckbar erklären, wenn nach seinem innerstaatlichen Recht bei vergleichbarem Sachverhalt seine Behörden zuständig wären oder gewesen wären, eine solche Entscheidung zu treffen (sog. Spiegelbildprinzip)34. Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 legt des Weiteren fest, dass für die Fälle, in denen die Anerkennung einer Entscheidung aufgrund eines nach Abs. 2 angebrachten Vorbehalts in einem Vertragsstaat nicht möglich ist und die verpflichtete Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Staat hat, dieser Staat alle geeigneten Maßnahmen treffen muss, damit eine Unterhaltsentscheidung zugunsten der berechtigten Person ergeht. Eine weitere Sonderregelung für die Staaten, die einen Vorbehalt nach Abs. 2 eingelegt haben, enthält Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007. Nach dieser Vorschrift gilt eine einzig aufgrund eines Vorbehalts nicht anerkannte Unterhaltsentscheidung zugunsten eines Kindes, das das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, als Nachweis für die Unterhaltsberechtigung des betreffenden Kindes im Vollstreckungsstaat. Art. 20 Abs. 6 HUÜ 2007 bestimmt schließlich, dass nur solche Unterhaltsentscheidungen im Vollstreckungsstaat anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können, die im Ursprungsstaat wirksam und vollstreckbar sind. b) Indirekte Entscheidungszuständigkeiten in Art. 20 HUÜ 2007 Die bereits in Art. 7 Nr. 1, Nr. 3 und Art. 8 HUnthVÜ enthaltenen indirekten Entscheidungszuständigkeiten werden in Art. 20 Abs. 1 HUÜ 2007 beibehalten und um weitere ergänzt. Hierbei handelt es sich um eine indirekte Entscheidungszuständigkeit ausschließlich im Hinblick auf Kindesunterhalt (Art. 20 Abs. 1 lit. d HUÜ 2007) und im Hinblick auf eine schriftliche Zuständigkeitsvereinbarung zwischen den Parteien (Art. 20 Abs. 1 lit. e HUÜ 2007). Infolge der Erweiterung der Anzahl an indirekten Entscheidungszuständigkeiten im Haager Unterhaltsübereinkommen kann aus Sicht der Zweitbehörde künftig die Erstbehörde häufiger als zuständig angesehen werden als bisher, sodass mehr ausländische Unterhaltsentscheidungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden können. Art. 20 Abs. 1 HUÜ 2007 schafft mithin eine weiterreichende Grundlage 34

Duncan, Towards a New Global Instrument on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 3 of April 2003, Rn. 84 ff; Fucik, Das neue Haager Unterhaltsübereinkommen – Globale Kooperations- und Anerkennungsmechanismen, iFamZ 2008, 219 (225); Permanent Bureau, Report on the First Meeting on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance (5–16 May 2003), Prel. Doc. No 5 of October 2003, Rn. 68 ff. Nach Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 463 hat die US-amerikanische Delegation erklärt, dass die Aufnahme dieser Vorschrift in das Haager Unterhaltsübereinkommen dazu führen wird, dass sehr viele ausländische Unterhaltsentscheidungen in den USA anerkannt werden.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen im Unterschied zu den Vorgängerregelungen in Art. 7 und 8 HUnthVÜ. Neben diesem positiven Effekt wird durch die in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 eingeräumte Möglichkeit, Vorbehalte zu Abs. 1 lit. c, e oder f einzulegen, die Attraktivität des Haager Unterhaltsübereinkommens gesteigert35. Insbesondere die USA werden einen Vorbehalt gegen den indirekten Klägergerichtsstand des Art. 20 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007 erklären, da diese indirekte Entscheidungszuständigkeit ihrem Rechtsverständnis widerspricht 36 . Damit konnte im neuen Haager Unterhaltsübereinkommen ein Hindernis, das einem Beitritt der USA zu den Haager Unterhaltsübereinkommen von 1958 und 1973 bislang entgegenstand, beseitigt werden 37 . Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass Vorbehalte, wie bereits erwähnt, auch immer Schwierigkeiten mit sich bringen und deshalb kritisch zu betrachten sind38. Trotz der Vorbehalte ist aber durch Art. 20 Abs. 3 bis 5 HUÜ 2007 weitgehend sichergestellt, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung nicht scheitert, wenn ein Vertragsstaat einen Vorbehalt eingelegt hat. Das liegt zum einen darin begründet, dass mit Art. 20 Abs. 3 HUÜ 2007 zusätzlich eine weitere indirekte Entscheidungszuständigkeit geschaffen wurde. Zum anderen wird durch die in Art. 20 Abs. 4 HUÜ 2007 vorgesehene Verpflichtung der Staaten, alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, um eine Entscheidung herbeizuführen, für die berechtigte Person die Chance erhöht, Unterhalt zu erhalten. Darüber hinaus führt die Schutzvorschrift des Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 dazu, dass in einem erneuten Unterhaltsverfahren im Vollstreckungsstaat nicht wiederholt überprüft werden muss, ob das Kind unterhaltsberechtigt ist39. Mithin ist festzuhalten, dass die Art. 20 Abs. 3 bis 5 HUÜ 2007 dazu beitragen, 35 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 461. 36 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 462. 37 Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (14); Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (382). Das große Interesse der USA am Haager Unterhaltsübereinkommen zeigt sich, wie bereits dargestellt, vor allem dadurch, dass die USA das Übereinkommen am 23. November 2007, dem Tag seiner Verabschiedung, bereits unterzeichnet haben. Eine Ratifikation des Übereinkommens steht noch aus (Stand: 25. Januar 2010). 38 Ausführlich zu den Problemen aufgrund der Vorbehalte in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 s. unten A. II. 2. c) aa). 39 Zum Begriff „Unterhaltsberechtigung“ s. A. II. 2. c) aa).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

die Wirkungen der nach Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 möglichen Vorbehalte abzuschwächen. Aufgrund dieser innovativen Regelungsweise können möglichst viele Unterhaltsentscheidungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden. Das entspricht auch einem der Ziele des Haager Unterhaltsübereinkommens, das mit dessen Schaffung verfolgt wurde40. c) Kritische Anmerkungen aa)Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 Die Einräumung von Vorbehaltsmöglichkeiten ist differenziert zu betrachten: einerseits steigern Vorbehalte die Attraktivität eines Übereinkommens für die Vertragsstaaten, da diese einzelne Vorschriften flexibler handhaben können. Andererseits ist jedoch die Möglichkeit, Vorbehalte einzulegen, wie bereits angesprochen, mit Nachteilen verbunden41. Sie können insbesondere die mit einem internationalen Übereinkommen intendierte Rechtseinheit gefährden. Mit der Attraktivitätssteigerung eines Übereinkommens lässt sich begründen, warum im Haager Unterhaltsübereinkommen wiederum eine Vorbehaltsmöglichkeit gegen die indirekte Entscheidungszuständigkeit des Klägergerichtsstands (Art. 20 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007) aufgenommen wurde, nachdem man sich im Vorgängerübereinkommen von 1973 bewusst42 gegen eine solche Aufnahme entschieden hatte. Dabei bewirkt ein i.S.d. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 angebrachter Vorbehalt nicht die Gegenseitigkeit 43 , sondern wirkt einseitig. Die Einräumung einseitiger Vorbehalte führt aber zu einem Ungleichgewicht, das an zwei von Janzen44 entlehnten Beispielen verdeutlicht wird: Beispiel 1: Ein unterhaltsberechtigtes Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Staat A, der unterhaltspflichtige Elternteil in Staat B. Staat B hat gegen die indirekte Entscheidungszuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person (Art. 20 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007) gem. 40 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 463; Long, The New Hague Maintenance Convention, ICLQ Vol. 57 (October 2008), 984 (990). 41 Ausführlich hierzu s. oben Kapitel 2 C. I. 42 Während im Haager Unterhaltsübereinkommen von 1958 eine Vorbehaltsmöglichkeit gegen den indirekten Klägergerichtsstand des Art. 3 Nr. 2 HKUnthVÜ eingeräumt wurde (Art. 18 HKUnthVÜ), wurde die Aufnahme einer Vorbehaltsmöglichkeit gegen den indirekten Klägergerichtsstand des Art. 7 Nr. 1 Alt. 2 HUnthVÜ bei der Ausarbeitung des Haager Unterhaltsübereinkommens von 1973 mit großer Mehrheit abgelehnt, s. Verwilghen, Erläuternder Bericht, BT-Drucks. 10/258, Rn. 50. 43 Zur Gegenseitigkeitswirkung von Vorbehalten s. Kapitel 2 C. I. 44 Janzen, Die neuen Haager Übereinkünfte zum Unterhaltsrecht und die Arbeiten an einer EG-Unterhaltsverordnung, FPR 2007, 218 (221).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 einen Vorbehalt eingelegt. Das hat zur Folge, dass eine in Staat A auf Grundlage des Klägergerichtsstands ergangene Unterhaltsentscheidung in Staat B nicht anerkannt und vollstreckt werden kann. Mithin muss das unterhaltsberechtigte Kind in Staat B erneut auf Unterhalt klagen oder die unterhaltsverpflichtete Person dazu bewegen, die Zuständigkeit des Gerichts des Staates A anzuerkennen. Beispiel 2: Ein unterhaltsberechtigtes Kind hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Staat B, der unterhaltspflichtige Elternteil in Staat A. Staat B hat, wie in Beispiel 1, gegen die indirekte Entscheidungszuständigkeit am gewöhnlichen Aufenthalt der berechtigten Person (Art. 20 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007) gem. Art. 20 Abs. 2 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 einen Vorbehalt eingelegt. Ein Gericht des Staates B nimmt fälschlicherweise seine Zuständigkeit an und erlässt, obwohl die einzige Verbindung des Sachverhalts zum Staat B der gewöhnliche Aufenthalt des unterhaltsberechtigten Kindes ist, eine Unterhaltsentscheidung zugunsten des unterhaltsberechtigten Kindes. Diese Entscheidung wird in Staat A, der seinerseits keinen Vorbehalt angebracht hat, anerkannt und für vollstreckbar erklärt, da der gem. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 eingelegte Vorbehalt nur einseitig gilt. Staat A kann der Anerkennung der Entscheidung nicht entgegenhalten, dass das Gericht des Staates B seine Zuständigkeit fehlerhaft angenommen hat. Die Beispiele zeigen, dass aufgrund der einseitigen Wirkung des Vorbehalts die Behörden des Staates B keine Unterhaltsentscheidung anerkennen, die auf Grundlage eines Klägergerichtsstandes in Staat A ergangen sind. Hingegen erkennen die Behörden des Staates A eine entsprechende Unterhaltsentscheidung an, auch wenn sie unter Verstoß der Regelungen zur internationalen Zuständigkeit des Staates B erlassen wurde und auf einem Klägergerichtsstand beruht. Das liegt insbesondere in Art. 27 HUÜ 2007 begründet, denn nach dieser Vorschrift kann der Richter im Vollstreckungsstaat nur überprüfen, ob die indirekte Entscheidungszuständigkeit der Erstbehörde nach Art. 20 HUÜ 2007 vorliegt, nicht aber, auf welche Grundlage diese ihre direkte internationale Zuständigkeit gestützt hat 45 . Das auf diese Weise bewirkte Ungleichgewicht könnte alleine dadurch vermieden werden, dass den Vorbehalten eine Gegenseitigkeitswirkung zugesprochen würde. Denn in diesem Fall würde die Behörde des Staates A die Anerkennung der Unterhaltsentscheidung verweigern. Das hätte aber zur Folge, dass das unterhaltsberechtigte Kind in beiden Beispielsfällen erneut auf Unterhalt klagen müsste – im ersten Beispiel in Staat B, im 45

Vgl. Bellet, Les nouvelles conventions de La Haye en matière d’obligations alimentaires, Journal du Droit International 101 (1974), 5 (21).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

zweiten Beispiel in Staat A. Diese Lösung würde aber einem der Ziele des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 – die Anerkennung und Vollstreckung möglichst vieler Unterhaltsentscheidungen sicherzustellen 46 – entgegenwirken. Zudem führte die Gegenseitigkeit bei Vorbehalten dazu, dass in einem multilateralen Übereinkommen hinsichtlich einzelner Punkte bilaterale Beziehungen entstünden 47 . Das würde den Bedeutungsgehalt eines internationalen Übereinkommens schwächen, mit dem grundsätzlich die Schaffung einheitlicher Regelungen für alle Vertragsstaaten bezweckt wird. Zwar ist auch die einseitige Wirkung von Vorbehalten, wie gezeigt, problembehaftet; die Schwierigkeiten halten sich aber in einem geringeren Rahmen, als wenn man den Vorbehalten Gegenseitigkeitswirkung zusprechen würde. Sie führt zwar zu einem Ungleichgewicht hinsichtlich der Anerkennung von Unterhaltsentscheidungen, gleichzeitig hat eine einseitige Vorbehaltsmöglichkeit, wie in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007, aber auch zur Folge, dass beispielsweise eine deutsche Behörde ausländische Unterhaltsentscheidungen stets anerkennt, wenn sie auf Grundlage eines Klägergerichtsstandes ergangen sind. Die Anerkennung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung ist folglich nicht davon abhängig, aus welchem Vertragsstaat die Unterhaltsentscheidung stammt. Das vereinfacht die Rechtsanwendung und trägt zu einer höheren Rechtssicherheit bei. Es ist daher zu konstatieren, dass die in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 vorgesehene einseitige Vorbehaltsmöglichkeit eine gemeinsame Grundlage für alle Vertragsstaaten darstellt und die Vorschrift die Vor- und Nachteile von Vorbehalten in einer ausgewogenen Weise kombiniert sowie den mit der Schaffung des Haager Unterhaltsübereinkommens verfolgten Zielen Rechnung trägt. Darüber hinaus sorgen die Art. 20 Abs. 3 bis 5 HUÜ 2007 dafür, dass eine Unterhaltsentscheidung trotz eines Vorbehalts gem. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 möglichst anerkannt und vollstreckt werden kann. Sie schaffen damit auch einen Ausgleich für das mit dem einseitigen Vorbehalt in Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 bewirkte Ungleichgewicht48. 46 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 477. 47 Die Art. 21 Abs. 1 und Abs. 2 des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge vom 23. Mai 1969, BGBl. vom 13. August 1985, Teil II, 927 legen dies grundsätzlich fest. Art. 21 Abs. 1: „Ein gegenüber einer anderen Vertragspartei […] bestehender Vorbehalt a) ändert für den den Vorbehalt anbringenden Staat im Verhältnis zu der anderen Vertragspartei die Vertragsbestimmungen, auf die sich der Vorbehalt bezieht, in dem darin vorgesehenen Ausmaß und b) ändert diese Bestimmungen für die andere Vertragspartei im Verhältnis zu dem den Vorbehalt anbringenden Staat in demselben Ausmaß“; Art. 21 Abs. 2: „Der Vorbehalt ändert die Vertragsbestimmungen für die anderen Vertragsparteien untereinander nicht“. 48 Janzen, Die neuen Haager Übereinkünfte zum Unterhaltrecht und die Arbeiten an einer EG-Unterhaltsverordnung, FPR 2008, 218 (221), Fn. 29, stimmt dem im Hinblick

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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bb)Bezugspunkt der Unterhaltsberechtigung in Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 ist im Hinblick auf die Frage, was unter der „Unterhaltsberechtigung“ zu verstehen ist, nicht eindeutig. Der Wortlaut lässt eine enge und eine weite Deutung zu. Legt man ein enges Verständnis zugrunde, unterfällt lediglich das Alter des Kindes der „Unterhaltsberechtigung“ 49, während bei einem weiten Verständnis neben dem Alter auch andere Merkmale, wie etwa die Feststellung der Vaterschaft, einbezogen sind 50. Die Merkmale, die vom Begriff der „Unterhaltsberechtigung“ erfasst sind, unterliegen in einem neuen Unterhaltsverfahren im Vollstreckungsstaat keiner erneuten Prüfung. Sie werden dort als feststehend vorausgesetzt. Aufgrund des Charakters als Schutzvorschrift ist es Ziel des Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007, ungerechte Ergebnisse zu verhindern, die ansonsten für ein Kind aufgrund der Einlegung eines Vorbehalts gem. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 durch einen Vertragsstaat entstehen könnten. Denn dann drohte die Gefahr, dass für eine unterhaltsberechtigte Person, die aufgrund eines Vorbehalts gem. Art. 20 Abs. 2 HUÜ 2007 im Vollstreckungsstaat erneut auf Unterhalt klagen müsste, die „lex fori“ weniger günstig wäre als das Recht, das an ihrem gewöhnlichen Aufenthalt gilt51. Der Begriff der „Unterhaltsberechtigung“ in Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 muss aufgrund des Schutzcharakters der Norm weit verstanden werden. Denn auf diese Weise wird der Schutz der berechtigten Person bestmöglich sichergestellt, da im neuen Verfahren nicht mehr in Frage steht, ob dem Kind Unterhalt zuzusprechen ist, sondern nur noch bezüglich Teilaspekten wie beispielsweise der Höhe der Unterhaltszahlungen zu entscheiden ist. Das Verfahren im Vollstreckungsstaat kann mithin zügig abgewickelt werden. Gleichzeitig wird durch die Regelung des Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 verhindert, dass einem Staat, dessen Recht Unterhalt nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt, die Anerkennung eines Unterhaltsanspruchs für ein

auf Art. 20 Abs. 4 und 5 HUÜ 2007 zu. Auch Long, The New Hague Maintenance Convention, ICLQ Vol. 57 (October 2008), 984 (990). 49 Für ein enges Verständnis der Formulierung „die Unterhaltsberechtigung […] im Vollstreckungsstaat begründend“ sprechen sich die USA aus, s. Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of October 2007, S. 41 f. (Art. 17 Abs. 5 United States of America). 50 Nach Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 470 obliegt die Beantwortung dieser Frage der zuständigen Behörde des Vollstreckungsstaates, da im Rahmen der Ausarbeitung des Übereinkommens hinsichtlich dieses Punktes keine Einigung möglich war. 51 Special Commission, Proposal by the Working Group on the Law Applicable to Maintenance Obligations, Prel. Doc. No 14 of March 2005, Rn. 62 f.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Kind über 18 Jahren „aufgedrängt“ wird52. Aufgrund der Unklarheiten, die sich aus der Formulierung des Art. 20 Abs. 5 HUÜ 2007 hinsichtlich der Frage der „Unterhaltsberechtigung“ ergeben, wäre es wünschenswert gewesen, die Vorschrift klarer zu formulieren und explizit die Merkmale aufzuzählen, die der „Unterhaltsberechtigung“ unterfallen. III. Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage a) Haager Rechtsinstrumente Im Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 finden sich kaum harmonisierte Regelungen zum Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung. Art. 13 HUnthVÜ schreibt fest, dass für das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich ist, sofern das Übereinkommen nicht etwas anderes bestimmt. Harmonisierte Vorschriften in Bezug auf das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung sind in den Art. 14 bis 17 HUnthVÜ normiert. Diese Regelungen vereinheitlichen das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren aber nur sehr bruchstückhaft53, beispielsweise im Hinblick auf die einem Antrag beizufügenden Unterlagen (Art. 17 HUnthVÜ), nicht aber in Bezug auf den Verfahrensablauf selbst. Mithin ist es für den Rechtsanwender bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung sehr aufwendig festzustellen, welche Schritte im jeweiligen Verfahrensabschnitt nach dem Recht des Vollstreckungsstaates vorgenommen werden, welche Fristen für die einzelnen Verfahrensschritte einzuhalten sind oder welche Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung bestehen. Dadurch wird die Rechtsanwendung erschwert und die Rechtssicherheit beeinträchtigt. b) Europäische Rechtsinstrumente Die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung enthält im Unterschied zum Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 eigene Regelungen für ein einheitliches Anerkennungs- und Vollstreckbarerklä52

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 471. 53 Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB Rn. 193 spricht davon, dass nur einzelne Probleme, die im Rahmen des Exequaturverfahrens zu Schwierigkeiten führen können, in den Art. 14 bis 17 HUnthVÜ einheitlich geregelt werden.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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rungsverfahren in den Mitgliedstaaten54. Diese finden sich in den Art. 33 ff. EuGVO. Gem. Art. 33 Abs. 1 EuGVO ist ein Verfahren zur Anerkennung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung grundsätzlich entbehrlich. Jedoch bedarf es gem. Art. 38 EuGVO als Vorstufe zur Vollstreckung einer Entscheidung im Vollstreckungsstaat der Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens. Dieses Exequaturverfahren beschränkt sich gem. Art. 41 EuGVO auf eine formale Überprüfung der ausländischen Unterhaltsentscheidung. Trotz der sich daraus ergebenden geringen Anforderungen an die Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung kann das Vollstreckbarerklärungsverfahren zeit- und kostenintensiv sein. Denn aufgrund der Möglichkeit, einen Rechtsbehelf gem. Art. 43 EuGVO gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einzulegen, besteht die Gefahr, dass das Unterhaltsverfahren in die Länge gezogen wird. Beispielsweise kann eine unterhaltsverpflichtete Person durch Einlegung eines Rechtsbehelfs, etwa der Rüge eines „ordre public“-Verstoßes das Unterhaltsverfahren in die Länge zu ziehen versuchen, obwohl dem Unterhaltsanspruch inhaltlich nichts entgegensteht 55 . Dadurch wird der Eintritt der Rechtssicherheit verzögert. Daneben muss in den Fällen, in denen die Vollstreckung einer Unterhaltsforderung in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union erfolgen soll, in jedem einzelnen Vollstreckungsmitgliedstaat das Vollstreckbarerklärungsverfahren durchlaufen werden 56 . Auch hierdurch wird die Rechtsanwendung erschwert und es kann zu Verzögerungen und Verfahrenskosten kommen. Neben der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung enthält auch die Europäische Vollstreckungstitelverordnung einheitliche Regelungen zur Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung. Gem. Art. 5 EuGVO ist das Vollstreckbarerklärungsverfahren entbehrlich; die Europäische Vollstreckungstitelverordnung setzt allerdings voraus, dass die Entscheidung eine unbestrittene Forderung zum Gegenstand hat und sie im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde. Für die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel sind die in Art. 12 bis 19 EuVTVO festgelegten Mindestvorschriften einzuhalten. Problematisch ist jedoch, dass es sich nach der Europäischen Vollstreckungstitelverordnung – wie bereits erwähnt – um eine Unterhaltsent54 Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1. Art. 38 Rn. 62. 55 Vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 5 EuVTVO Rn. 5; Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa, IPRax 2004, 2 (10). 56 Vgl. Leible/Freitag, Forderungsbeitreibung in der EU (2008), § 5 Rn. 2; Rauscher/Pabst, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einl. EGVollstrTitelVO Rn. 20.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

scheidung handeln muss, die über eine unbestrittene Forderung ergangen ist. Auf „bestrittene Forderungen“ findet die Europäische Vollstreckungstitelverordnung hingegen keine Anwendung, wodurch die Rechtsanwendung erschwert wird. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Haager Unterhaltsübereinkommen aa)Überblick über Art. 23, 24, 30 HUÜ 2007 Während für das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 grundsätzlich das Recht des Vollstreckungsstaates maßgeblich ist, finden sich im Haager Unterhaltsübereinkommen weitgehend harmonisierte Verfahrensregeln. Nur wenn keine einheitlichen Bestimmungen vorliegen, ist gem. Art. 23 Abs. 1 HUÜ 2007 auf das Recht des Vollstreckungsstaates zurückzugreifen. Für das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren stehen im neuen Haager Unterhaltsübereinkommen zwei Alternativen zur Verfügung: das Verfahren richtet sich nach Art. 23 HUÜ 2007, sofern der Vollstreckungsstaat nicht gem. Art. 24 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 erklärt hat, dass er das alternative Verfahren anwenden möchte. (1) Verfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007 Nach Art. 23 Abs. 2 bis 4 HUÜ 2007 erfolgt die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung, ohne dass im Verfahren die Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung überprüft werden. Insbesondere findet keine Nachprüfung der Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungshindernisse des Art. 22 HUÜ 2007 statt. Ausgenommen hiervon ist der „ordre public“-Vorbehalt (Art. 22 lit. a HUÜ 2007), der gem. Art. 23 Abs. 4 Satz 1 HUÜ 2007 von Amts wegen in das Prüfverfahren einbezogen ist. Ebenso wenig ist in diesem Verfahrensstadium eine Beteiligung der Parteien in der Weise vorgesehen, dass diese Einwendungen vorbringen könnten (Art. 23 Abs. 4 Satz 2 HUÜ 2007). Antragsteller und Antragsgegner haben vielmehr erst im Anschluss an die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Unterhaltsentscheidung 57 die Möglichkeit, diese in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht anzufechten oder ein Rechtsmittel einzulegen (Art. 23 Abs. 5 HUÜ 2007). Dazu steht ihnen gem. Art. 23 Abs. 6 Satz 1 HUÜ 2007 in der Regel nur eine begrenzte Zeitspanne von 30 Tagen, unter den besonderen Umständen des Satzes 2 von 60 Tagen, zur Verfügung. Im Rahmen der 57

Die Parteien werden gem. Art. 23 Abs. 5 HUÜ 2007 umgehend über die Erklärung, Eintragung oder die Verweigerungsgründe informiert.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Anfechtung oder des Rechtsmittelverfahrens können die Parteien nur die in Art. 23 Abs. 7 HUÜ abschließend aufgezählten Gründe geltend machen. Demnach können ihre Rechtsbehelfe auf die Gründe der Versagung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach Art. 22 HUÜ 2007 (Art. 23 Abs. 7 lit. a HUÜ 2007), auf die Grundlagen für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung des Art. 20 HUÜ 2007 (Art. 23 Abs. 7 lit. b HUÜ 2007) oder auf die Echtheit oder Unversehrtheit gewisser, dem Antrag nach Art. 25 HUÜ 2007 beizufügender Schriftstücke gestützt werden. Diese Gründe werden im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens ausführlich überprüft. Allein dem Antragsgegner steht darüber hinaus i.S.d. Art. 23 Abs. 8 HUÜ 2007 die weitere Möglichkeit zu, die Anfechtung oder das Rechtsmittel auf die Erfüllung der Schuld stützen, soweit sich die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung auf bereits fällige Zahlungen beziehen. Des Weiteren bestimmt Art. 23 Abs. 9 HUÜ 2007, dass dem Antragsteller und dem Antragsgegner unverzüglich die Entscheidung über die Anfechtung oder das Rechtsmittel bekannt zu geben ist. Zudem darf einem weiteren Rechtsmittel, das nach dem innerstaatlichen Recht des Vollstreckungsstaates zulässig ist, gem. Art. 23 Abs. 10 HUÜ 2007 nur unter außergewöhnlichen Umständen aufschiebende Wirkung zukommen. Schließlich sieht Art. 23 Abs. 11 HUÜ 2007 vor, dass die zuständige Behörde über die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung, einschließlich eines etwaigen Rechtsmittels, zügig zu entscheiden hat. (2) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 Anstelle eines Verfahrens nach Art. 23 HUÜ 2007 kann ein Staat gem. Art. 24 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 erklären, dass er das alternative Verfahren des Art. 24 HUÜ 2007 für Anträge auf Anerkennung und Vollstreckung anwenden wird. Das alternative Verfahren unterscheidet sich von dem in Art. 23 HUÜ 2007 normierten Verfahren wesentlich. Zum einen ist es der zuständigen Behörde i.S.d. Art. 24 Abs. 4 Satz 1 HUÜ 2007 bereits im Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung möglich, von Amts wegen neben dem „ordre public“-Vorbehalt auch die Versagungsgründe des Art. 22 lit. c und lit. d HUÜ 2007 zu überprüfen. Zum anderen legt Art. 24 Abs. 4 Satz 2 HUÜ 2007 fest, dass die zuständige Behörde alle in den Art. 20, 22 und 23 Abs. 7 lit. c HUÜ 2007 genannten Gründe prüfen kann, wenn sie vom Antragsgegner geltend gemacht werden oder wenn im Hinblick auf das äußere Erscheinungsbild der nach Art. 25 HUÜ 2007 vorzulegenden Schriftstücke diesbezüglich Zweifel bestehen. Eine Verlagerung der Nachprüfung dieser Gründe, wie das hingegen in Art. 23 HUÜ 2007 vorgesehen ist, findet folglich nicht statt.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Art. 24 Abs. 5 HUÜ 2007 legt des Weiteren fest, dass die Verweigerung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung auch auf die Erfüllung einer Schuld gestützt sein kann, soweit sich die Anerkennung und Vollstreckung auf bereits fällige Zahlungen beziehen. Abschließend bestimmt Art. 24 Abs. 6 HUÜ 2007, dass ein innerstaatlich zulässiges Rechtsmittel nur zur Aussetzung der Vollstreckbarerklärung der Entscheidung führen darf, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Zudem hat die zuständige Behörde bei der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und den etwaigen Rechtsmitteln gem. Art. 24 Abs. 7 HUÜ 2007 zügig zu entscheiden. (3) Unterhaltsvereinbarungen gem. Art. 30 HUÜ 2007 Art. 30 HUÜ 2007 betrifft die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsvereinbarungen, die in einem Vertragsstaat getroffen worden sind. Sie können gem. Art. 30 Abs. 1 HUÜ 2007 wie eine Entscheidung anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden, wenn sie im Ursprungsstaat wie eine Entscheidung vollstreckbar sind. Auch i.S.d. Art. 10 Abs. 1 lit. a und lit. b, Abs. 2 lit. a HUÜ 2007 schließt der Begriff der „Entscheidung“ eine Unterhaltsvereinbarung ein (Art. 30 Abs. 2 HUÜ 2007). Im Rahmen eines Antrags auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsvereinbarung sind jedoch im Unterschied zu sonstigen Unterhaltsentscheidungen die in Art. 30 Abs. 3 bis 8 HUÜ 2007 festgelegten Sonderregelungen zu beachten. Einem Antrag ist demnach der vollständige Wortlaut der Unterhaltsvereinbarung (Art. 30 Abs. 3 lit. a HUÜ 2007) und ein Schriftstück beizufügen, mit dem nachgewiesen wird, dass die betreffende Unterhaltsvereinbarung im Ursprungsstaat wie eine Entscheidung vollstreckbar ist (Art. 30 Abs. 3 lit. b HUÜ 2007). Diese Sonderregelung ist erforderlich, da Art. 25 Abs. 1 und 3 HUÜ 2007 hier keine Anwendung findet. Ebenso wenig sind die Art. 20, 22 und 23 Abs. 7 HUÜ 2007 auf Unterhaltsvereinbarungen anwendbar, während die sonstigen Regelungen des Kapitels V (Art. 20 bis 31 HUÜ 2007) entsprechend angewendet werden (Art. 30 Abs. 5 HUÜ 2007). Allerdings sind die weiteren Einschränkungen des Art. 30 Abs. 5 lit. a bis lit. c HUÜ 2007 zu beachten. Demnach kann eine Erklärung oder Eintragung nach Art. 23 Abs. 2 und 3 HUÜ 2007 nur aufgrund der offensichtlichen Unvereinbarkeit mit dem „ordre public“ des Vollstreckungsstaates verweigert werden (Art. 30 Abs. 5 lit. a HUÜ 2007) und die Anfechtung oder Beschwerde nach Art. 23 Abs. 6 HUÜ 2007 kann nur auf die Versagungsgründe des Art. 30 Abs. 4 HUÜ 2007 oder auf die Echtheit oder Unversehrtheit eines nach Art. 30 Abs. 3 HUÜ 2007 übermittelten Schriftstücks gestützt werden (Art. 30 Abs. 5 lit. b i bzw. ii HUÜ 2007). Hat ein Staat erklärt, dass er das alternative Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 für Anträge auf Anerkennung und

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Vollstreckbarerklärung anwenden möchte, bestimmt Art. 30 Abs. 5 lit. c HUÜ 2007 im Hinblick auf Unterhaltsvereinbarungen, dass die zuständige Behörde von Amts wegen prüfen kann, ob die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung gegen den „ordre public“ des Vollstreckungsstaates (Art. 30 Abs. 4 lit. a HUÜ 2007) verstößt. Alle übrigen in Art. 30 Abs. 4 HUÜ 2007 aufgeführten Versagungsgründe und die Echtheit oder Unversehrtheit eines übermittelten Schriftstücks kann die zuständige Behörde erst überprüfen, wenn diese vom Antragsgegner vorgebracht wurden oder wenn sich aufgrund der äußeren Erscheinung dieser Schriftstücke Zweifel in Bezug auf diese Gründe ergeben. Schließlich legt Art. 30 Abs. 6 HUÜ 2007 fest, dass in den Fällen, in denen ein Anfechtungsverfahren in Bezug auf eine Unterhaltsvereinbarung vor einer zuständigen Behörde eines Vertragsstaates anhängig ist, das Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausgesetzt wird. Des Weiteren kann jeder Vertragsstaat gem. Art. 30 Abs. 7 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 erklären, dass Anträge auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsvereinbarungen nur über die Zentralen Behörden gestellt werden können. Ein Vertragsstaat kann sich nach Art. 30 Abs. 8 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 auch vorbehalten, Unterhaltsvereinbarungen nicht anzuerkennen oder für vollstreckbar zu erklären. bb)Weitgehende Harmonisierung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens Mit den Art. 23 und 24 HUÜ 2007 – und hinsichtlich der Unterhaltsvereinbarungen mit Art. 30 HUÜ 2007 – wurden in das Haager Unterhaltsübereinkommen Vorschriften aufgenommen, die für einige Aspekte des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens von Unterhaltsentscheidungen einheitliche Regelungen enthalten. Diesbezüglich muss und darf demnach nicht mehr auf das nationale Recht der Vertragsstaaten zurückgegriffen werden. In den Art. 23 und 24 HUÜ 2007 ist eindeutig festgelegt, welche Verfahrensschritte zu durchlaufen sind58. Dabei unterscheiden sich die Art. 23 und 24 HUÜ 2007 aber vor allem im Hinblick auf die Möglichkeit, Einwendungen im Vollstreckbarerklärungsverfahren vorzubringen und hinsichtlich des Rechtsbehelfsverfahrens 59 . Während gem.

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Im Hinblick auf Unterhaltsvereinbarungen sind die in Art. 30 Abs. 5 HUÜ 2007 normierten Sonderregelungen zu beachten. 59 Grund für die Aufnahme des alternativen Verfahrens gem. Art. 24 HUÜ 2007 in das Haager Unterhaltsübereinkommens war, dass einige Delegierte bei der Ausarbeitung des Übereinkommens der Ansicht waren, dass das Verfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007 mit einigen einzelstaatlichen Systemen der Vollstreckbarerklärung inkompatibel sei, s. Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Art. 23 Abs. 4 HUÜ 2007 weder dem Antragsteller noch dem Antragsgegner im Vollstreckbarerklärungsverfahren eine Einwendungsmöglichkeit zusteht, kann der Antragsgegner im Rahmen des alternativen Verfahrens der Vollstreckbarerklärung i.S.d. Art. 24 Abs. 4 HUÜ Einwendungen vorbringen. Außerdem normieren die Art. 23 Abs. 6 und 7 HUÜ 2007 eine Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs und die Gründe, auf die ein Rechtsbehelf gestützt werden kann. Im Unterschied dazu finden sich hinsichtlich dieses Punktes in Art. 24 HUÜ 2007 keine einheitlichen Bestimmungen. Dennoch lässt sich auch für Art. 24 HUÜ 2007 konstatieren, dass im Vergleich zum Verfahren nach den Art. 13 ff. HUnthVÜ nunmehr die einzelnen Verfahrensschritte einheitlich festgelegt sind. Besonders hervorzuheben ist aber Art. 23 HUÜ 2007, wodurch ein großer Beitrag zur Vereinfachung der Rechtsanwendung geleistet wird. Denn diese Vorschrift schafft ebenso Klarheit über die einzelnen Verfahrensschritte, aber auch über die Gründe, auf die ein Rechtsbehelf gestützt werden kann und über die bei der Einlegung eines Rechtsbehelfs zu beachtenden Fristen. Auf diese Weise trägt die Vorschrift auch zu einer höheren Rechtssicherheit bei. Die weitgehende Vereinheitlichung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens in Art. 23 HUÜ 2007 und partiell auch in Art. 24 HUÜ 2007 stellt mithin einen wesentlichen Fortschritt gegenüber den älteren Haager Unterhaltsübereinkommen von 1958 und 1973 dar60. cc) Kritische Anmerkungen (1) Alternatives Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 Die in Art. 24 Abs. 1 HUÜ 2007 vorgesehene Möglichkeit, dass ein Staat nach Art. 63 HUÜ 2007 erklären kann, dass er anstelle des in Art. 23 HUÜ 2007 festgelegten Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens das alternative Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 anwenden wird, ist kritisch zu würdigen. Diese Möglichkeit führt zwar einerseits für die Staaten, deren Vollstreckungssystem mit dem Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren nach Art. 23 HUÜ 2007 inkompatibel ist, zu einer höheren Attraktivität des Haager Unterhaltsübereinkommens. Andererseits ist damit aber gleichzeitig auch eine Nivellierung der Vereinheitlichung verbunden, die mit dem Haager Unterhaltsübereinkommen auf internationaler Ebene intendiert ist. Denn aufgrund der im Rahmen des Art. 24 Abs. 1 i.V.m. Art. 63 HUÜ 2007 eingeräumten Erklärungsmöglichkeit wird für Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 516. 60 Boehm, Reformbestrebungen im internationalen Unterhaltsverfahrensrecht, KindPrax Spezial 2004, 14 (20); Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (15).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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einige Staaten das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007 Anwendung finden, während sich dieses für andere Staaten nach Art. 24 HUÜ 2007 richten wird61. Damit droht die Gefahr einer Rechtszersplitterung, welche die Rechtsanwendung erschwert. Zudem wird die Rechtssicherheit insbesondere dadurch erheblich beeinträchtigt, dass eine Erklärung i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 jederzeit abgegeben, geändert oder zurückgenommen werden kann62. (2) Einräumung einer Vorbehaltsmöglichkeit in Art. 30 Abs. 8 HUÜ 2007 Wie bereits erwähnt, wurde den Vertragsstaaten in Art. 30 Abs. 8 i.V.m. Art. 62 HUÜ 2007 eine Vorbehaltsmöglichkeit gegen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsvereinbarungen eingeräumt. Grund dafür war, dass nicht alle Staaten der Erstreckung der Art. 20 ff. HUÜ 2007 auf Unterhaltsvereinbarungen zustimmten 63 . Die Möglichkeit Vorbehalte einzulegen, führt einerseits zu einer Steigerung der Attraktivität des Haager Unterhaltsübereinkommens. Gleichzeitig entstehen andererseits im Hinblick auf die Unterhaltsvereinbarungen neue Schwierigkeiten, die grundsätzlich mit der Einlegung von Vorbehalten verbunden sind64. b) Unterhaltsverordnung aa)Überblick über Art. 17 UnterhaltsVO Art. 17 UnterhaltsVO normiert, dass eine in einem Mitgliedstaat, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden kann, ohne dass es zuvor einer Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung bedarf. Die Abschaffung des Exequaturverfahrens stellt die grundlegendste Neuerung in der Unterhaltsverordnung dar. Sie findet sich bislang in dieser Form in keinem anderen europäischen Rechtsinstrument, das für die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Unterhaltsentscheidungen relevant ist. In der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung ist zwar bereits ein Anerkennungsverfahren für Entscheidungen entbehrlich (Art. 33 Abs. 1 61

Aus Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of October 2007, S. 44 f. (Art. 20 Abs. 4) ist zu entnehmen, dass die USA wohl das Verfahren nach Art. 23 HUÜ 2007 anwenden werden, während Japan die Anwendung des alternativen Verfahrens gem. Art. 24 HUÜ 2007 favorisiert. 62 Zur Problematik von Erklärungen i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 s. Kapitel 2 C. II. 1. c). 63 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 566. 64 Ausführlich hierzu s. unten A. III. 2. a) cc) (2).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

EuGVO), gem. Art. 38 EuGVO ist jedoch eine Vollstreckbarerklärung als Vorstufe der Vollstreckung erforderlich. Durch die Europäische Vollstreckungstitelverordnung wurde zwar das Vollstreckbarerklärungsverfahren abgeschafft (Art. 5 EuVTVO), die Verordnung setzt allerdings voraus, dass die Entscheidung eine unbestrittene Forderung zum Gegenstand hat und sie im Ursprungsmitgliedstaat als Europäischer Vollstreckungstitel bestätigt wurde (Art. 6 EuVTVO) 65 . Hingegen ist für die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung gem. Art. 17 UnterhaltsVO einzige Voraussetzung, dass es sich um eine Entscheidung handelt, die in einem durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Mitgliedstaat ergangen ist. Eine entsprechende Entscheidung ist in einem anderen Mitgliedstaat automatisch ohne weitere Formalitäten vollstreckbar66. Im Hinblick auf die Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, der nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, haben sich im Unterschied zu dem Verfahren nach der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung weniger weitreichende Veränderungen ergeben. Das Vollstreckbarerklärungsverfahren bleibt aufrecht erhalten (Art. 26 UnterhaltsVO), sodass auf diese Neuregelungen erst im Rahmen der Betrachtung der Dauer des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens näher eingegangen wird67. bb)Verbesserungen infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens Die „revolutionärste“ Neuerung in der Unterhaltsverordnung stellt die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 UnterhaltsVO dar. Infolgedessen ist nunmehr die Durchführung eines Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens für Unterhaltsentscheidungen entbehrlich, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, der durch das Haager Protokoll von 2007 gebunden ist. Eine ausländische Unterhaltsentscheidung kann damit einschränkungslos in den Mitgliedstaaten frei zirkulieren, ohne dass der Vollstreckungsmitgliedstaat eine inhaltliche Kontrolle ausüben könnte68. Das führt im Vergleich zur Europäischen Gerichtsstands- und Voll65

Darüber hinaus wurde das Exequaturverfahren auch in der Europäischen Mahnverordnung (Art. 19 EuMahnVO) und in der Europäischen Bagatellverordnung (Art. 20 EuBagatellVO) abgeschafft. Diese Rechtsinstrumente sind aber für die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen irrelevant, da die Europäische Mahnverordnung eben Genanntes nicht zum Gegenstand hat und die Europäische Bagatellverordnung aufgrund von Art. 2 Abs. 2 EuBagatellVO nicht auf das Unterhaltsrecht anwendbar ist. 66 Erwägungsgrund 9 UnterhaltsVO. 67 s. unten A. V. 68 Erwägungsgrund 24 UnterhaltsVO; Rat der Europäischen Union, Mitteilung an die Presse, Dok. Nr. PRES/2008/299 (Presse 299), 20; Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, ILF 2009, 47 (51).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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streckungsverordnung zu einer Beschleunigung des Unterhaltsverfahrens, denn das unter Umständen zeit- und kostenintensive Vollstreckbarerklärungsverfahren und die damit einhergehenden Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegen die Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsmitgliedstaat entfallen. Folge des Wegfalls dieser zusätzlichen Verfahrensschritte ist, dass eine unterhaltsverpflichtete Person das Unterhaltsverfahren nicht mehr widerrechtlich durch die Einlegung eines Rechtsbehelfs in die Länge zu ziehen kann, obwohl dem Unterhaltsanspruch inhaltlich nichts entgegensteht. Auch gegenüber der Europäischen Vollstreckungstitelverordnung, derzufolge bereits das Vollstreckbarerklärungsverfahren und eine etwaige Rechtsbehelfsmöglichkeit entbehrlich sind, ergeben sich durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens in der Unterhaltsverordnung Verbesserungen. Während Art. 6 EuVTVO eine Unterhaltsentscheidung voraussetzt, die über eine unbestrittene Forderung i.S.d. Art. 3 EuVTVO ergangen ist, kann es sich nach der Unterhaltsverordnung auch um eine „bestrittene Forderung“ 69 handeln. Zudem entfällt das für einen Europäischen Vollstreckungstitel erforderliche Bestätigungsverfahren im Ursprungsmitgliedstaat sowie die Möglichkeit gem. Art. 10 EuVTVO auf Antrag an das Ursprungsgericht, die Bestätigung als Europäischer Vollstreckungstitel berichtigen oder widerrufen zu lassen. Darüber hinaus sind in den Art. 17 ff. UnterhaltsVO keine Mindestvorschriften festgeschrieben, die wie die Art. 12 bis 19 EuVTVO zur Bestätigung einer Entscheidung als Europäischer Vollstreckungstitel eingehalten werden müssten. Derartige Mindestvorgaben waren zwar im ursprünglichen Entwurf der Unterhaltsverordnung70 vorgesehen, wurden aber wieder verworfen. In der geltenden Unterhaltsverordnung findet sich nur das Recht auf Nachprüfung der Entscheidung (Art. 19 UnterhaltsVO) wieder 71 . Diese weitreichende „Verschlankung“ bewirkt eine Beschleunigung des Verfahrens zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung und leistet einen wichtigen Beitrag zur Vereinfachung des Unterhaltsverfahrens. Die unterhaltsberechtigte Person kann nunmehr die Vollstreckung der Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat beantragen, ohne dass zuvor Verfahrensschritte durchlaufen werden müssten. Das ist insbesondere in den Fällen vorteilhaft, in denen der Unterhaltsberechtigte die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union begehrt. Denn musste der Unterhaltsberechtigte nach der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung in jedem Mitgliedstaat, in 69

Looschelders/Boos, Das grenzüberschreitende Unterhaltsrecht in der internationalen und europäischen Entwicklung, FamRZ 2006, 374 (382). 70 Art. 22–24 UnterhaltsVOE, s. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM(2005) 649 vom 15. Dezember 2005, 23 f. 71 Zur Frage, inwieweit diese Entwicklung kritisch zu sehen ist, s. unter C.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

dem die Vollstreckung der Entscheidung erfolgen sollte, das Exequaturverfahren durchlaufen, entfällt diese zusätzliche Bürde für ihn in der Unterhaltsverordnung aufgrund von Art. 17 UnterhaltsVO. Die Unterhaltsverordnung stellt damit den rechtlichen Rahmen für den „freien Verkehr“ von Unterhaltsentscheidungen her 72 . Infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens entfällt auch die Gefahr, dass eine unterhaltsberechtigte Person aufgrund eines lange andauernden und kostenintensiven Unterhaltsverfahrens von der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung abgehalten wird73. Außerdem führt der Verzicht auf die Vollstreckbarerklärung in der Unterhaltsverordnung zu schnell eintretender Rechtssicherheit. Für die unterhaltsberechtigte Person besteht damit die Sicherheit, dass – abgesehen von den Fällen des Art. 21 UnterhaltsVO – die Vollstreckung der Unterhaltsentscheidung tatsächlich und ohne Verzögerungen stattfindet. Es lässt sich abschließend festhalten, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens mit zahlreichen Vorteilen gegenüber den Vorgängerregelungen verbunden ist74: sie führt zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung, erhöht die Rechtsicherheit und gewährleistet letztlich die „Freizügigkeit“ 75 von Unterhaltsentscheidungen in der Europäischen Union. cc) Kritische Anmerkungen Neben den soeben beschriebenen positiven Aspekten führt die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 UnterhaltsVO auch dazu, dass eine ausländische Unterhaltsentscheidung ohne weiteres Verfahren und ohne jegliche Kontroll- und Eingriffsmöglichkeit seitens der zuständigen 72 Begründung in Kommission der Europäischen Gemeinschaften, KOM(2005) 649 endgültig vom 15. Dezember 2005, 5 unter 1.2.1; Andrae, Internationales Familienrecht (2006), Kapitel 8, Rn. 133; vgl. Gebauer, in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kapitel 26, EuGVVO Rn. 196. 73 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Commission staff working document – Annex to the proposal for a Council Regulation on jurisdiction, applicable law, recognition and enforcement of decisions and cooperation in matters relating to maintenance obligations, SEK/2005/1629, unter 2.1.; Vgl. Heß, Neues deutsches und europäisches Zustellungsrecht, NJW 2002, 2417 (2425); Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel I-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75; zu den Kosten des Exequaturverfahrens Feige, Die Kosten des deutschen und französischen Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach dem GVÜ (1988), 33 ff. 74 Eine kritische Auseinandersetzung mit der Abschaffung des Exequaturverfahrens erfolgt unter A. III. 2. b) cc). 75 Bereits Jenard, Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BTDrucks. 6/1973, 52 (86). Kritisch zum Begriff der „Freizügigkeit“ von Entscheidungen: Kohler, Einheit, Vielfalt und Relativität im Kollisionsrecht der Mitgliedstaaten, IPRax 1992, 277 (282 f.).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Behörden des Vollstreckungsmitgliedstaates anerkannt und vollstreckt wird76. Das bedeutet auch, dass eine „ordre public“-Kontrolle der ausländischen Unterhaltsentscheidung, wie sie im Rahmen des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens der Europäischen Gerichtsstandsverordnung vorgesehen ist (Art. 34 Nr. 1 EuGVO bzw. Art. 45 Abs. 1 i.V.m. Art. 34 Nr. 1 EuGVO), entfällt. Um beurteilen zu können, wie der Wegfall des „ordre public“-Vorbehalts infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens zu bewerten ist, wird zunächst die Funktion, die dem „ordre public“-Vorbehalt zukommt, dargestellt. (1) Der „ordre public“-Vorbehalt Der „ordre public“-Vorbehalt soll die grundlegenden und unverzichtbaren Werte der Rechtsordnung des Vollstreckungsmitgliedstaates bei der Anerkennung und Vollstreckung einer Entscheidung wahren77. Die „ordre public“-Kontrolle greift dabei als „ultima ratio“ ein und unterliegt restriktiver Handhabung. Vom Begriff des „ordre public“-Vorbehalts sind sowohl der materiellrechtliche „ordre public“ als auch der verfahrensrechtliche „ordre public“ erfasst, die unterschieden werden müssen78. (a) Materiellrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt Der materiellrechtliche „ordre public“-Vorbehalt greift in Fällen ein, in denen die Anerkennung einer auf dem Sachrecht des Ursprungsmitgliedstaates beruhenden Entscheidung zu schwerwiegenden, materiellrechtlichen Verstößen gegen die Rechtsordnung des Vollstreckungsmitgliedstaates führen und sich daher in Widerspruch zu den elementaren Grundsätzen eines Staates setzen würde79. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn Gegenteiliges die tragenden Grundsätze des deutschen staatlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebens angreifen würde 80 und nach den Wertungen 76

Erwägungsgrund 9 UnterhaltsVO. Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrenrecht (2010), A.1 Art. 34 Rn. 14. 78 Jayme, Nationaler ordre public und europäische Integration – Betrachtungen zum Krombach-Urteil des EuGH (2000), 10; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 34 Rn. 12; Leible/Freitag, Forderungsbeitreibung in der EU (2008), § 5 Rn. 132; Martiny, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, Band III/1 (1984), Rn. 1039 ff., 1094 ff.; Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel IVerordnung zur Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 (90). 79 Leible/Freitag, Forderungsbeitreibung in der EU (2008), § 5 Rn. 132; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (184). 80 BGHZ 140, 395 (398 f.). 77

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der Rechtsordnung des Vollstreckungsmitgliedstaates schlechthin untragbar wäre81. Nicht ausreichend ist hingegen, dass ein deutsches Gericht, das über das Verfahren entschieden hätte, offensichtlich hätte anders entscheiden müssen, selbst wenn es sich dabei um deutsches zwingendes Recht handelte82. Aufgrund des zuvor erläuterten Maßstabes wird deutlich, dass die Hürde für einen „ordre public“-Verstoß mittlerweile so hoch angesetzt ist, dass eine besonders gravierende Grundrechtsverletzung erforderlich ist. Eine solche ist allerdings kaum wahrscheinlich. Das liegt darin begründet, dass die Charta der Grundrechte der Europäischen Union83 als ein „europäischer Grundrechtskatalog“ infolge des Vertrags über die Europäische Union 84 in allen Mitgliedstaaten 85 rechtsverbindlich gilt und die europäischen Grundrechte einheitlich gewährleistet. Mithin ist dem materiellrechtlichen „ordre public“ hinsichtlich der praktischen Relevanz und der politischen Bedeutung nur noch eine untergeordnete Rolle zuzusprechen86. (b) Verfahrensrechtlicher „ordre public“-Vorbehalt Der verfahrensrechtliche „ordre public“-Vorbehalt greift ein, wenn das Ausgangsverfahren im Ursprungsmitgliedstaat fundamentale Grundprinzi-

81 EuGH vom 28. März 2000, Rs. C-7/98 (Krombach/Bamberski), Slg. 2000, I-01935, Tz. 37; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung (2009), § 328 Rn. 16; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 34 Rn. 18; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (182). 82 BGHZ 140, 395 (398 f.); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland (1995), 60; Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 34 Brüssel I-VO Rn. 20. 83 Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Europäische Grundrechtecharta) vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung, Abl. EU vom 14. Dezember 2007, Nr. C 303/1. 84 Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union, Abl. EU vom 9. Mai 2008, Nr. C 115/13. 85 Für Polen und das Vereinigte Königreich gelten Ausnahmeregelungen, s. Protokoll Nr. 30 über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf Polen und das Vereinigte Königreich, ABl. EU vom 9. Mai 2008, Nr. C 115/313. Zur Kritik über das Protokolls über die Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auf Polen, das Vereinigte Königreich und Tschechien, s. Pache/Rösch, Die neue Grundrechtsordnung der EU nach dem Vertrag von Lissabon, EuR 2009, 769 (783 ff.). 86 Vgl. Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehalts im Europäischen Zivilprozessrecht (2006), 105; Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2006), 83; Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2004), Rn. 19 ff.; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Art. 34–36 EuGVVO Rn. 2; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (184).

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pien eines fairen Verfahrens verletzt87. Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen „ordre public“ kann dabei sowohl in einer ausländischen nationalen Vorschrift selbst als auch in einer krassen Missachtung der eigenen prozessualen Regelungen durch den Richter im Ausgangsverfahren begründet sein 88. Hingegen ist es nicht ausreichend, dass das ausländische Verfahren gegen hypothetisch gedachtes, zwingendes deutsches Verfahrensrecht verstoßen hätte89. Ein Urteil, das unter Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen „ordre public“ ergeht, wird als nicht in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen90. Dem verfahrensrechtlichen „ordre public“-Vorbehalt kommt, verglichen mit dem materiellrechtlichen „ordre public“, eine größere Relevanz zu91. Diese wird jedoch dadurch geringer werden, dass in Kapitel IV der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die i.S.d. Art. 6 Abs. 1 des Vertrags über die Europäische Union verbindlich ist, justizielle Rechte festgeschrieben sind. Das Recht auf ein faires Verfahren vor einem unparteiischen Gericht ist dabei in Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte geregelt. (2) Würdigung des Wegfalls der „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat In der Literatur stehen einige Stimmen dem Wegfall der „ordre public“Kontrolle infolge der Abschaffung des Exequaturverfahrens in der Unterhaltsverordnung ablehnend entgegen und befürchten nachteilige Konsequenzen für den Schutz prozessualer Rechte der betroffenen Parteien 92 . 87

EuGH vom 28. März 2000, Rs. C-7/98 (Krombach/Bamberski), Slg. 2000, I-1935, Tz. 36 ff.; EuGH vom 11. Mai 2000, Rn. 38/98 (Renault/Maxicar), Slg. 2000, I-2973, Tz. 29 f.; Francq, in: Magnus/Mankowski, Brussels I Regulation (2007), Art. 34 Rn. 29; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 34 Rn. 13; Leible/Freitag, Forderungsbeitreibung in der EU (2008), § 5 Rn. 132. 88 Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 34 Rn. 14; Schlosser, EUZivilprozessrecht (2009), Art. 34–36 EuGVVO Rn. 2; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (185). 89 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Art. 34–36 EuGVVO Rn. 2. 90 BGH: Zulassung der Rechtsbeschwerde bei Streit um Vollstreckbarerklärung, NJW 1990, 2201 (2202 f.); OLG Hamm, Beschluss vom 27. Juni 1996, IPRax 1998, 202 (203). 91 Vgl. Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (185). 92 Linke, Die Europäisierung des Unterhaltsverfahrensrechts, FPR 2006, 237 (239); vgl. Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehalts im Europäischen Zivilprozessrecht (2006), 143 ff.; Gerling, Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen im Vergleich zum bisherigen Recht und zur Rechtslage in den USA (2006), 256 f.; Laptew, Abschaffung der anerkennungsrechtli-

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Andere sind hingegen der Ansicht, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens, einschließlich des Wegfalls der „ordre public“-Kontrolle, die notwendige Konsequenz des Maßnahmenprogramms von Tampere ist und nur auf diese Weise der „freie Verkehr“ gerichtlicher Entscheidungen vollumfänglich gewährleistet werden kann93. Wie der Wegfall der verfahrensrechtlichen „ordre public“-Kontrolle rechtlich zu bewerten ist, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Anknüpfungspunkte sind dabei die Dauer des Exequaturverfahrens (a), das Risiko der „Doppelkontrolle“ (b), die Bestätigung der Unterhaltsentscheidung als „Europäischer Unterhaltstitel“ (c), der ausreichende Schutz durch das europäische Primärrecht und ggf. nationale verfassungsrechtliche Bedenken (d), das Vertrauensdogma (e) sowie die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts (f). (a) Dauer des Exequaturverfahrens Wie sich aus der allgemeinen Studie ergibt, die über die praktische Anwendung der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung erstellt wurde, beansprucht das Exequaturverfahren derzeit in den Mitgliedstaaten zwischen wenigen Tagen bis zu sieben Monaten, sofern der Antrag auf Vollstreckbarerklärung vollständig vorliegt 94 . Unvollständige Anträge sind häufig, da insbesondere Übersetzungen nachgefordert werden müssen, sodass sich das Vollstreckbarerklärungsverfahren entsprechend verlängert. Gegen Entscheidungen über die Vollstreckbarerklärung wird in einem bis fünf Prozent der Fälle ein Rechtsbehelf eingelegt, wobei der „ordre public“-Vorbehalt immer wieder geltend gemacht wird, aber nur selten zum Erfolg führt. Diese Rechtsbehelfsverfahren dauern in der Regel

chen Ordre public-Kontrolle in Osteuropa: Vorbild für die EU?, IPRax 2004, 495 (498); Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 (7 ff.); Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel IVerordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 (90). 93 Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (18); vgl. Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2007), 86 f.; Laborde, Abschaffung des Exequaturverfahrens im Europäischen Internationalen Familienverfahrensrecht?, in: Freitag/Leible/Sippel/ Wanitzek, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert, Symposium zum 65. Geburtstag von Ulrich Spellenberg (2006), 77 (79); Raum/Lindner, Rechtsangleichung im Delikts- und Vollstreckungsrecht mit Blick auf die EU-Osterweiterung – Erkenntnisse aus der „Zweiten Internationalen Dresdner Prozeßsimulation“, NJW 1999, 465 (470); Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (187). 94 Hess/Pfeiffer/Schlosser, Study JLS/C4/2005/3 – Report on the Application of Regulation Brussels I in the Member States (September 2007), Rn. 514.

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zwischen einem Monat und drei Jahren 95. In Anbetracht der Zeitspanne, die die Vollstreckbarerklärung, einschließlich eines etwaigen Rechtsbehelfsverfahrens, in Anspruch nehmen kann (im denkbar schlimmsten Fall über dreieinhalb Jahre) und der Tatsache, dass lediglich in einer geringen Anzahl von Fällen ein Rechtsmittel gegen die Vollstreckbarerklärung eingelegt wird und dabei ein Verstoß gegen den „ordre public“ nur selten erfolgreich geltend gemacht wird, ist die Abschaffung des Exequaturverfahrens mit dem damit verbundenen Wegfall der „ordre public“-Kontrolle zu rechtfertigen. Es ist nicht einzusehen, warum aufgrund der geringen Anzahl an Rechtsmitteln, die gegen Entscheidungen über die Vollstreckbarerklärung eingelegt werden, alle Unterhaltsberechtigten teilweise sehr lange auf die endgültige Feststellung der Vollstreckbarerklärung und damit auf Rechtssicherheit warten müssen. Durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens und den Wegfall der „ordre public“-Kontrolle wird sich die Zeitspanne des „Wartens“ auf die tatsächliche Vollstreckung der Entscheidung deutlich verkürzen. Der Verzicht auf das Vollstreckbarerklärungsverfahren in der Unterhaltsverordnung führt auch nicht zu einer Verkürzung des Beklagtenschutzes. Durch den Wegfall der „ordre public“-Kontrolle wird dem Unterhaltsberechtigten lediglich ein Rechtsbehelf genommen, der ohnehin geringe Erfolgsaussichten hat, aber dazu beitragen kann, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zu verzögern. Unterstellt man in einigen Fällen eine beabsichtigte Verzögerung der Unterhaltsdurchsetzung durch den Unterhaltsverpflichteten aufgrund der Rüge eines „ordre public“-Verstoßes im Rechtsbehelfsverfahren nach der Vollstreckbarerklärung, so ist dies nun nicht mehr möglich. (b) Risiko der „Doppelkontrolle“ Neben der Gefahr einer Verzögerung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung entfällt durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens auch das Risiko, das sich aus einer „zweiten Kontrolle“ der Unterhaltsentscheidung durch das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Vollstreckungsmitgliedstaat ergibt. Denn dieses, für den Unterhaltsberechtigten nur schwer abschätzbare Risiko, hat seine Ursache darin, dass die Unterhaltsentscheidung vor der Vollstreckung doppelt überprüft wird: zunächst anhand der Maßstäbe des Ursprungsmitgliedstaates und anschließend anhand denjenigen des Vollstreckungsmitgliedstaates. Das kann zur Folge haben, dass die unterhaltsberechtigte Person zwischen dem abgeschlossenen Unterhaltsverfahren im Ursprungsmitgliedstaat und einer fehlgeschla95 Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, KOM(2009) 174 endgültig vom 21. April 2009, S. 4.

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genen Vollstreckbarerklärung im Vollstreckungsmitgliedstaat „gefangen“ ist. Wird eine Entscheidung aus dem Ursprungsmitgliedstaat im Vollstreckungsmitgliedstaat beispielsweise aufgrund eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen „ordre public“ nicht für vollstreckbar erklärt, ist die weitere Durchsetzung der Unterhaltsforderung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Denn die bereits ergangene Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat ist mangels der Möglichkeit der Vollstreckung praktisch wertlos, entfaltet aber im Ursprungsmitgliedstaat Rechtskraft, sodass ein erneutes Unterhaltsverfahren grundsätzlich ausscheidet 96 . Diese Schwierigkeiten entfallen durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO und den damit verbundenen Wegfall der „ordre public“-Kontrolle. (c) Bestätigung der Unterhaltsentscheidung als „Europäischer Unterhaltstitel“ Man könnte argumentieren, dass wenn schon auf die Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung in der Unterhaltsverordnung verzichtet werde, wenigstens eine Bestätigung der Entscheidung vergleichbar mit der in Art. 6 EuVTVO normierten Bestätigung als „Europäischer Unterhaltstitel“ einzuführen sei, die das Vorliegen der einzuhaltenden Kriterien dokumentiere. Eine solche Bestätigung ist allerdings kritisch zu sehen, da für die Bestätigung i.S.d. Art. 6 Abs. 1 EuVTVO das Gericht des Ursprungsmitgliedstaates zuständig ist und sich damit letztlich jeder Mitgliedstaat selbst bescheinigt, dass sein Verfahren den europäischen Vorgaben entspricht97. Die Einführung einer Bestätigung der Unterhaltsentscheidung als „Europäischer Unterhaltstitel“ ist daher abzulehnen. (d) Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht und ggf. nationale verfassungsrechtliche Bedenken Im Rahmen der Diskussion um den Wegfall der „ordre public“-Kontrolle als Folge der Abschaffung des Exequaturverfahrens besteht Uneinigkeit über die Frage, ob aufgrund der Abschaffung der „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat durch das europäische Primärrecht ein ausreichender Schutz gewährleistet ist und ob ggf. nationale verfassungsrecht96 Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa – Darstellung und Entwicklung, Vergleich, Bewertung (2008), 422. 97 Brand, Aktuelle Probleme bei Zivilrechtsstreiten mit Auslandsbezug – Zuständigkeit, Zustellung, Vollstreckung, HFR 2007, 228 (238); Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht – Bestimmung der Grenzen für die Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels (2004), 43; Kohler, Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung in Zivilsachen im europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 263 (287).

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liche Bedenken dem Verzicht auf das Vollstreckbarerklärungsverfahren entgegenstehen. (aa)

Ausreichender Schutz durch europäisches Primärrecht

Das europäische Primärrecht hat durch den Vertrag von Lissabon98 Veränderungen erfahren; denn während sich bislang kein ausformulierter Grundrechtekatalog fand, ist ein solcher mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingefügt worden. Gem. Art. 6 Abs. 1 EUV (n.F.) erkennt die Union die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegt sind. Außerdem gelten die Europäische Grundrechtecharta und die Verträge als rechtlich gleichrangig. Damit gilt auch das Recht auf ein faires Verfahren gem. Art. 47 Abs. 2 der Europäischen Grundrechtecharta rechtsverbindlich in den Mitgliedstaaten99. In dieser Vorschrift ist festgeschrieben, dass „jede Person ein Recht darauf [hat], dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird“. Das Recht auf ein faires Verfahren beinhaltet dabei auch den Anspruch auf rechtliches Gehör als einen elementaren Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Aufgrund der rechtsverbindlichen Geltung der Europäischen Grundrechtecharta für die Mitgliedstaaten und die Europäische Union ist sichergestellt, dass bereits im Erkenntnisverfahren die Prinzipien gewahrt werden, die sich aus dieser Bindung ergeben und ein effektiver Schutz im Staat des Erkenntnisverfahrens besteht. Eine „Doppelung“ dieses Schutzes im Wege der Durchführung des Exequaturverfahrens durch die Gerichte des Vollstreckungsmitgliedstaates ist somit nicht erforderlich100. Neben der rechtsverbindlichen Geltung der Grundrechte, die durch die Europäische Grundrechtecharta gewährleistet werden, ist die Union auch unmittelbar an die Garantien gebunden, die sich aus der Europäischen 98 Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Europäische Union, Abl. EU vom 9. Mai 2008, Nr. C 115/13 und Konsolidierte Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Abl. EU vom 9. Mai 2008, Nr. C 115/50. 99 Art. 6 Abs. 1 EMRK, der ebenfalls das Recht auf ein faires Verfahren festschreibt, wurde in Form des Art. 47 Abs. 2 in die Charta der Grundrechte der Europäischen Union übertragen, s. Eser, in: Meyer, Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2006), Art. 47 Rn. 20; Alber, in: Tettinger/Stern, Kölner Gemeinschaftskommentar zur Europäischen Grundrechte-Charta (2006), vor Art. 47 Rn. 5. 100 Vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 5 EuVTVO Rn. 13; Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (186 f.); Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel I-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 (87 f.). Zu den Gefahren einer „Doppelkontrolle“ s. B. II. 3. a) aa) (2).

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Menschenrechtskonvention 101 ergeben, da sie dieser gem. Art. 6 Abs. 2 EUV (n.F.) beitritt102. Art. 6 Abs. 1 EMRK schreibt das Recht auf ein faires Verfahren für jede Person vor, das auch den Anspruch auf rechtliches Gehör vor einem Gericht beinhaltet. Allerdings kann sich der Vollstreckungsschuldner nach gefestigter Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Hinblick auf die Vollstreckung einer Entscheidung nicht aufgrund einer eigenen Verletzung auf Art. 6 Abs. 1 EMRK berufen 103. Art. 6 EMRK ist vielmehr dadurch verletzt, dass sich der Vollstreckungsstaat den fundamentalen Verstoß gegen elementare rechtsstaatliche Verfahrensprinzipien im Erkenntnisverfahren im Urteilsstaat zurechnen lassen muss, da eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung vor der Vollstreckung nicht stattfindet 104 . Für Fälle, in denen Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention verletzt sind, sieht Art. 34 EMRK eine Individualbeschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte vor. Damit ist ein umfassender Schutz der betroffenen Parteien, auch ohne Vollstreckbarerklärungsverfahren und der Möglichkeit einen „ordre public“-Verstoß geltend zu machen, möglich. Einzig problematisch ist die Dauer, die ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte beanspruchen kann und die fehlende aufschiebende Wirkung eines solchen Verfahrens105, da die Gefahr besteht, dass die Vollstreckung des ausländischen Urteils bereits stattfindet, obwohl eine Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt wurde 106 . Die Effizienz der verfahrensrechtlichen Kon101 Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950, zuletzt geändert durch Protokoll Nr. 11 vom 11. Mai 1994 m.W.v. 1. Januar 1998 (Europäische Menschenrechtskonvention/EMRK). 102 Zu den Beitrittsvoraussetzungen s. Pache/Rösch, Die neue Grundrechtsordnung der EU nach dem Vertrag von Lissabon, EuR 2009, 769 (780 f.) m.w.N. 103 Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention (2009), § 9 Rn. 2; MeyerLadewig, Europäische Menschenrechtskonvention – Handkommentar (2006), Art. 6 Rn. 2. 104 Stein, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen tritt in Kraft – Aufruf zu einer nüchternen Betrachtung, IPRax 2004, 181 (186 f.). 105 Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte gegen das französische Strafurteil im Fall Krombach datiert sieben Monate nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Vollstreckbarerklärung, s. Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel I-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 (92). Kritisch zur Dauer des Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Gundel, Die Krombach-Entscheidung des EGMR: Europäischer Menschenrechtsschutz mit (Durchsetzungs-)Schwächen, NJW 2001, 2380 (2382). 106 Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2004), Rn. 28 f. schlägt zur Lösung dieses Problems vor, dass eine Aussetzung der Vollstreckung erfolgen sollte, wenn eine Beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingelegt wurde. In der Unterhaltsverordnung ist zwar in Art. 21 Abs. 3

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trollmöglichkeit erscheint damit fraglich. Trotz dieses Mangels hinsichtlich Art. 6 EMRK ist an der Abschaffung des Exequaturverfahrens festzuhalten. Die Mitgliedstaaten und die Union sind unmittelbar an die Europäische Menschenrechtskonvention gebunden und haben die sich daraus ergebenden Garantien zu achten. Damit ist gewährleistet, dass bereits im Erkenntnisverfahren ein effektiver Schutz besteht und mithin ein Rückgriff auf ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nur selten notwendig sein wird. Ergänzend kann für die Begründung eines ausreichenden Schutzes durch das europäische Primärrecht auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in der Krombach-Entscheidung herangezogen werden107. In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall war ein deutscher Arzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung mit Todesfolge eines von ihm behandelten französischen Mädchens in Frankreich strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt worden. Im zivilrechtlichen Adhäsionsverfahren, das in Frankreich eingeleitet worden war, erschien der deutsche Arzt Krombach nicht, obwohl er persönlich geladen worden war und wollte sich stattdessen anwaltlich vertreten lassen. Den erschienenen Anwälten wurde in der mündlichen Verhandlung der Auftritt verwehrt. Der daraufhin im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens angerufene Europäische Gerichtshof stellte eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs durch das französische Gericht fest. Dabei schuf er unter Rückgriff auf Art. 6 EMRK einen „ordre public communautaire“108, der einen gemeineuropäischen Mindeststandard der Elemente eines fairen Verfahrens sichert und über Art. 6 Abs. 2 EUV (a.F.) auf das Gemeinschaftsrecht einwirkt109. Dieser „gemeineuropäische ordre public“ wirkt als „Notbremse“ für Entscheidungen, die im Vollstreckungsmitgliedstaat ohne vorherige Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten vollstreckt werden und gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstoßen. UnterhaltsVO die Möglichkeit der Aussetzung vorgesehen, nicht aber aufgrund einer Beschwerde an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. 107 Das ergibt sich aus Art. 6 Abs. 3 EUV (n.F.); zu den drei verschiedenen Kategorien von Unionsgrundrechten, s. auch Pache/Rösch, Die neue Grundrechtsordnung der EU nach dem Vertrag von Lissabon, EuR 2009, 769 (785 f.). 108 Gundel, Der einheitliche Grundrechtsraum Europa und seine Grenzen: Zur EMRKkonformen Interpretation des Ordre-public-Vorbehalts des EuGVÜ durch den EuGH, EWS 2000, 442 (446). Dass sich bereits die Auffassung eines „ordre public communautaire“ durchgesetzt hat, zeigt sich auch an der erheblichen Kritik der Folgeentscheidung des BGH im Anschluss an das Urteil Krombach, in dem der „ordre public“–Verstoß auf Art. 103 Abs. 1 GG und nicht auf Art. 6 EMRK gestützt worden ist, s. Anm. Gross zu BGH-Beschluss vom 29.06.2000 – IX ZB 23/97, JZ 2000, 1068; Hess, Urteilsfreizügigkeit und ordre public-Vorbehalt bei Verstößen gegen Verfahrensgrundrechte und Marktfreiheiten, IRPax 2001, 301 (303). 109 EuGH, Urteil vom 28. März 2000, Rs. C-7/98 (Krombach/Bamberski), Slg. 2000, I-1935, Tz. 42 ff.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Es ist festzuhalten, dass aufgrund von Art. 47 Abs. 2 der Europäischen Grundrechtecharta und Art. 6 Abs. 1 EMRK ein ausreichender Schutz in den Mitgliedstaaten zur Wahrung eines fairen Verfahrens einschließlich des rechtlichen Gehörs bereits im Erkenntnisverfahren besteht. Eine erneute Überprüfung der Einhaltung dieser Prinzipien im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens ist nicht erforderlich. Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof den „ordre public communautaire“ geschaffen hat, der eingreift, wenn beim Ergehen einer Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat wesentliche Verfahrenskriterien missachtet worden sind und diese Entscheidung ohne Überprüfung im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstreckt wird. (bb)

Verfassungsrechtliche Bedenken aus deutscher Sicht

Die unmittelbare Vollstreckung ausländischer Unterhaltsentscheidungen in Deutschland, ohne dass dem zuständigen Gericht Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten zustehen, wirft aus deutscher Sicht verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG auf110. Diesen Bedenken liegt eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1983111 zugrunde, die einen Rechtshilfevertrag mit Österreich betrifft. Darin konstatierte das Bundesverfassungsgericht, dass der wirkliche Gehalt der Entscheidung der richterlichen Überprüfung nicht beliebig dadurch entzogen werden könne, dass die gerichtliche Überprüfung der in Deutschland zu vollstreckenden ausländischen Titel auf wenige, unter Umständen nur formelle Punkte beschränkt werde112. Überträgt man diese Entscheidung auf die Unterhaltsverordnung, ergibt sich Folgendes: Die Überprüfung der ausländischen Unterhaltsentscheidung wird in der Unterhaltsverordnung nicht nur auf wenige formale Gründe beschränkt, sondern infolge des Wegfalls des Exequaturverfahrens vollständig abgeschafft. Es wird daher argumentiert, dass die Vollstreckung einer ausländischen Unterhaltsentscheidung ohne jegliche Kontroll- und Eingriffsmöglichkeiten in Deutschland im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kaum mit Art. 19 Abs. 4 GG vereinbar 110

Vgl. Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilverfahrensrecht – Bestimmung der Grenzen für die Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels (2004), 80 ff.; Kohler, Systemwechsel im europäischen Anerkennungsrecht: Von der EuGVVO zur Abschaffung des Exequaturs, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht (2002), 147 (159 ff); Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 (8 f.). 111 BVerfGE 63, 343 ff. 112 BVerfGE 63, 343 (376).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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werden könne113. Allerdings tragen diese Bedenken spätestens seit der Geltung des Vertrages von Lissabon nicht mehr, denn durch Art. 47 Abs. 2 der Europäischen Grundrechtecharta ist das Recht auf ein faires Verfahren in den Mitgliedstaaten explizit rechtsverbindlich gewährleistet. Diese Garantie ergibt sich auch durch die unmittelbare Bindung der Union an Art. 6 Abs. 1 EMRK. Damit sind auf europäischer Ebene die Grundrechte im gerichtlichen Verfahren gesichert. Das hat zur Folge, dass das Bundesverfassungsgericht, sollte es aufgrund der Verletzung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG nun angerufen werden, die Klage als unzulässig ansehen wird, da auf europäischer Ebene ein ausreichender Grundrechtsstandard für ein faires Verfahren gewährleistet ist114. (e) Vertrauensdogma Die Ausgestaltung des Vollstreckungsrechts obliegt weitgehend den nationalen Gesetzgebern der einzelnen Mitgliedstaaten, da die europarechtliche Harmonisierung in diesem Bereich noch am Anfang steht. Infolgedessen sind bei der Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung zahlreiche nationale Besonderheiten zu beachten. Trotzdem entschied man sich im Rahmen der Ausarbeitung der Unterhaltsverordnung dazu, das Exequaturverfahren für die Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind, abzuschaffen. Begründet wird dies damit, dass aus rechtspolitischer Perspektive bereits ein hoher Stand an Integration erreicht sei, der einen solchen Schritt rechtfertige. Als weiterer Grund wird das ausreichende Vertrauen in die Rechtssysteme der anderen Mitgliedstaaten, insbesondere in die Gleichwertigkeit des Rechtsschutzes, angeführt 115 . Dieses Vertrauen ermögliche es, jegliche Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten im Vollstreckungsmitgliedstaat entfallen zu lassen, da der Schutz des Unterhaltsberechtigten vollumfänglich durch das Ursprungsgericht gewährleistet werde116. Allerdings werden Zweifel geäußert, ob die Gleichwertigkeit der 113 Vgl. Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 (8 f.). 114 Das ergibt sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angefangen mit dem Solange I-Beschluss (BVerfGE 37, 271 (insbes. 285) über den Solange IIBeschluss (BVerfGE 73, 375 (insbes. 387) bis hin zum Bananenmarktordnung-Beschluss (BVerfGE 102, 147 (insbes. 164). Vgl. auch Hess, Die Integrationsfunktion des Europäischen Zivilverfahrensrechts, IPRax 2001, 389 (394); Wagner, Vom Brüsseler Übereinkommen über die Brüssel I-Verordnung zum Europäischen Vollstreckungstitel, IPRax 2002, 75 (87). 115 Vgl. Pfeiffer, Europa als einheitlicher Vollstreckungsraum – Die Verordnung über den europäischen Vollstreckungstitel, BauR 2005, 1541 (1542); Schmidt, Europäisches Zivilprozessrecht in der Praxis (2004), Rn. 180. 116 Vgl. Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2004), Rn. 15. Das ergibt sich auch aus Erwägungsgrund 18 der Europäischen Vollstre-

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Rechtspflege in den Mitgliedstaaten tatsächlich der Realität entspricht und nicht nur ein erklärtes Ziel sei, das bislang noch nicht erreicht wurde117. Die Kritik, die an diesem Punkt ansetzt, ist sehr bedacht zu äußern, da sie letztlich die Rechtsstaatlichkeit der Zivilrechtspflege in den anderen Mitgliedstaaten anzweifelt118. Teilweise wird das „gegenseitige Vertrauen in die Rechtssysteme der anderen Mitgliedstaaten“ sogar als Leerformel aufgefasst, mit der die Abschaffung des „ordre public“-Vorbehalts überspielt werde 119 . Solange eine vollständige Harmonisierung der prozessualen Normen auf europäischer Ebene nicht stattgefunden hat, lässt sich die Gleichwertigkeit der Zivilrechtspflege in den Mitgliedstaaten nur schwierig beurteilen. Jedenfalls wird künftig das gegenseitige Vertrauen in die rechtsstaatlichen Verfahren der anderen Mitgliedstaaten aufgrund des Art. 6 Abs. 1 EUV (n.F.), der auch die justiziellen Rechte der Art. 47 ff. Charta der Grundrechte der Europäischen Union für rechtsverbindlich erklärt, gestärkt werden. Diese rechtsverbindlichen Vorschriften bilden damit einen wichtigen Grundstein für die Gleichwertigkeit und das gegenseitige Vertrauen in die Zivilrechtspflege der anderen Mitgliedstaaten. Nichtsdestotrotz stellt die vollständige Abschaffung des Exequaturverfahrens und der damit verbundene Wegfall einer „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat ein Wagnis dar, das der Gemeinschaftsgesetzgeber mit der Unterhaltsverordnung eingegangen ist. Zu diesem Schritt ckungstitelverordnung, während sich in der Unterhaltsverordnung ein Erwägungsgrund, der auf das gegenseitige Vertrauen abstellt, nicht findet. 117 Vgl. Brand, Aktuelle Probleme bei Zivilrechtsstreiten mit Auslandsbezug – Zuständigkeit, Zustellung, Vollstreckung, HFR 2007, 228 (238); Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2007), 87; Kohler, Systemwechsel im europäischen Anerkennungsrecht: Von der EuGVVO zur Abschaffung des Exequaturs, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht (2002), 147 (156); Kohler, Europäisches Kollisionsrecht zwischen Amsterdam und Nizza, in: Reichelt, Vorlesungen und Vorträge, Heft 9 (2001), 17; Kohler, Von der EuGVVO zum Europäischen Vollstreckungstitel – Entwicklungen und Tendenzen im Recht der Anerkennung ausländischer Entscheidungen – , in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht (2004), 63 (75 f.); Mankowski, Entwicklungen im Internationalen Privat- und Prozessrecht 2003/2004 (Teil 2), RIW 2004, 587 (588); Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2004), Rn. 15; Rauscher, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 40 Brüssel IIa-VO Rn. 4; Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 (7). 118 Vgl. Laborde, Abschaffung des Exequaturverfahrens im Europäischen Internationalen Familienverfahrensrecht?, in: Freitag/Leible/Sippel/Wanitzek, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert, Symposium für Ulrich Spellenberg (2006), 77 (82); Stadler, Das Europäische Zivilprozessrecht – Wie viel Beschleunigung verträgt Europa?, IPRax 2004, 2 (7). 119 Kohler, Das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung in Zivilsachen im europäischen Justizraum, ZSR 124 (2005) II, 263 (285); Linke, Die Europäisierung des Unterhaltsverfahrensrechts, FPR 2006, 237 (239).

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blieb ihm keine andere Wahl als auf das gegenseitige Vertrauen in die ordnungsgemäße Rechtspflege in den Mitgliedstaaten zu bauen120. (f) Vereinheitlichung des Kollisionsrechts Im Unterschied zu den europäischen Rechtsinstrumenten, in denen bisher auf das Exequaturverfahren einschließlich der „ordre public“-Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat verzichtet wurde (s. Art. 5 EuVTVO; Art. 41 Abs. 1 und Art. 42 Abs. 1 EuEheVO), geht die Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens in der Unterhaltsverordnung mit der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts einher121. Damit bildet die Unterhaltsverordnung erstmals in der Rechtssetzung des Gemeinschaftsgesetzgebers ein in sich geschlossenes System für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung, einschließlich Regelungen zum anwendbaren Recht 122 . Es stellt sich daher die Frage, ob die Kollisionsrechtsvereinheitlichung das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander derart stärkt, dass es gerechtfertigt ist, eine ausländische Unterhaltsentscheidung ohne weiteres Verfahren und ohne inhaltliche Überprüfung im Vollstreckungsmitgliedstaat vollstrecken zu können. Infolge der Vereinheitlichung des Kollisionsrechts greift nunmehr jede Behörde bzw. jedes Gericht eines EU-Mitgliedstaates 123 bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts in grenzüberschreitenden Unterhaltsfällen auf einheitliche Vorschriften zurück und wendet nicht mehr ihr bzw. sein nationales Kollisionsrecht an, das im Vergleich mit anderen nationalen Rechten stark divergieren kann124. Dadurch werden nationale Unterschiede nivelliert, was das Vertrauen der

120

Vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 5 EuVTVO Rn. 14. Vgl. Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (233). Den Zusammenhang des Kollisionsrechts mit dem internationalen Zivilverfahrensrecht hebt auch das Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom November 2000 hervor (Text in: Abl. EG vom 15. Januar 2001, Nr. C 12/1 und Rat der Europäischen Union, Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, IPRax 2001, 163 ff.). 122 Das gilt trotz des Umstandes, dass die Unterhaltsverordnung keine eigenständigen, EG-internen Kollisionsnormen enthält, sondern die kollisionsrechtlichen Bestimmungen des Haager Unterhaltsprotokolls auf europäischer Ebene Anwendung finden. 123 Hiervon ausgenommen sind Dänemark und das Vereinigte Königreich, da für sie das Haager Unterhaltsprotokoll nicht gilt. 124 Boele-Woelki/Mom, Europäisierung des Unterhaltsrechts – Vereinheitlichung des Kollisionsrechts und Angleichung des materiellen Rechts, FPR 2006, 232 (233); Gottwald, Probleme der Vereinheitlichung des Internationalen Familienverfahrensrechts ohne gleichzeitige Kollisionsrechtsvereinheitlichung, in: Freitag/Leible/Sippel/Wanitzek, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert (2006), 55 (55 f.). 121

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

Mitgliedstaaten untereinander stärkt 125 . Diesem Ziel dient auch die Vorschrift des Art. 12 HUP 2007, der die Rückverweisung ausschließt. Damit ist eine Verweisung des zur Anwendung bestimmten Rechts auf ein anderes Recht ausgeschlossen, sodass eine unerwartete Rechtsanwendung nicht zu befürchten ist. Die Vereinheitlichung des Kollisionsrechts stellt vielmehr sicher, dass der ausländischen Unterhaltsentscheidung, die im Vollstreckungsmitgliedstaat ohne jegliche Eingriffs- und Kontrollmöglichkeit vollstreckt wird, das Recht zugrunde liegt, das die Gerichte des Vollstreckungsmitgliedstaates hätten zugrunde legen müssen, wenn sie in der Sache selbst entschieden hätten. Demgemäß erfolgt die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung immer nach denselben Vorschriften, unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat zuerst geklagt wird 126. Auf diese Weise wird die Wahrscheinlichkeit, dass die Parteien mit einem überraschenden Ergebnis in der Rechtsanwendung konfrontiert werden, erheblich verringert. Diese Tatsache trägt in entscheidendem Maße dazu bei, das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander zu stärken. Sie stellt wohl die wichtigste Veränderung dar, die die Abschaffung des Exequaturverfahrens einschließlich des Wegfalls der „ordre public“-Kontrolle rechtfertigt. Darüber hinaus trägt auch der Umstand zur Stärkung des Vertrauens zwischen den Mitgliedsaaten bei, dass das vereinheitlichte Kollisionsrecht von nun an, wie bislang bereits das vereinheitlichte Verfahrensrecht, einer Kontrolle durch den Europäischen Gerichtshof zugänglich ist und damit eine einheitliche Rechtsanwendung gewährleistet werden kann. (3) Ergebnis Abschließend lässt sich festhalten, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens und des damit einhergehenden Wegfalls der „ordre public“Kontrolle im Vollstreckungsmitgliedstaat zu begrüßen ist. Denn trotz des Verzichts auf eine Vollstreckbarerklärung als Voraussetzung der Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat ist spätestens seit dem Inkrafttreten des neuen Vertrages über die Europäische Union ausreichend gewährleistet, dass die Unterhaltsentscheidung in jedem Mitgliedstaat nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ergeht. Die Verein125 Vgl. Gerling, Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (2006), 243. 126 Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (50); vgl. Gottwald, Probleme der Vereinheitlichung des Internationalen Familienverfahrensrechts ohne gleichzeitige Kollisionsrechtsvereinheitlichung, in: Freitag/Leible/Sippel/Wanitzek, Internationales Familienrecht für das 21. Jahrhundert (2006), 55 (73).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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heitlichung des Kollisionsrechts trägt des Weiteren besonders dazu bei, das gegenseitige Vertrauen der Mitgliedstaaten untereinander zu stärken. Aufbauend auf dieser Grundlage ist die Abschaffung des Exequaturverfahrens und der Wegfall der „ordre public“-Kontrolle gerechtfertigt, ebenso wie der „freie Verkehr“ von Unterhaltsentscheidungen in der Europäischen Union umfänglich gewährleistet ist. 3. Zusammenfassung Mit den Art. 23 und 24 HUÜ 2007 wurden in das Haager Unterhaltsübereinkommen Regelungen aufgenommen, die das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen weitgehend vereinheitlichen. In diesen Vorschriften ist nunmehr eindeutig festgelegt, welche Verfahrensschritte jeweils zu durchlaufen sind. Bei einem Vergleich der beiden Neuregelungen fällt jedoch auch auf, dass durch Art. 23 HUÜ 2007 der größere Beitrag zu einer einfacheren Rechtsanwendung und einer höheren Rechtssicherheit geleistet wird. Das liegt zum einen darin begründet, dass Art. 23 HUÜ 2007 detailliertere Vorgaben hinsichtlich der Einlegung eines Rechtsbehelfs enthält, zum anderen daran, dass das alternative Verfahren zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen gem. Art. 24 Abs. 1 HUÜ 2007 nur Anwendung findet, wenn dies ein Vertragsstaat i.S.d. Art. 63 HUÜ 2007 erklärt hat. Diese Erklärungsmöglichkeit ist mit Nachteilen verbunden; es droht insbesondere die Gefahr der Rechtszersplitterung unter den Vertragsstaaten. In der Unterhaltsverordnung ist im Hinblick auf das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ein wesentlich weitergehendes Ziel erreicht worden. Durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO ist nunmehr die freie Zirkulation von Unterhaltsentscheidungen, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, der durch das Haager Protokoll von 2007 gebunden ist, gewährleistet. Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung wird damit automatisch in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, ohne dass der zuständigen Behörde im Vollstreckungsmitgliedstaat eine inhaltliche Kontrollmöglichkeit zustehen würde. Diese „revolutionäre“ Neuerung in der Unterhaltsverordnung ist sehr zu begrüßen. Sie führt dazu, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung insgesamt beschleunigt wird und schneller Rechtssicherheit eintritt. Diese positiven Veränderungen überwiegen die Kritik, die gegen die Abschaffung des Exequaturverfahrens vorgebracht wird. Denn trotz der Abschaffung des Exequaturverfahrens besteht ein ausreichender Schutz im Hinblick auf die prozessualen Rechte der Parteien.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

IV. Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage a) Haager Rechtsinstrumente Trotz der Regelung in Art. 17 Abs. 1 Nr. 5 HUnthVÜ kann die Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke Schwierigkeiten bereiten. Art. 17 Abs. 1 Nr. 5 HUnthVÜ schreibt zwar eindeutig vor, dass eine beglaubigte Übersetzung der in Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HUnthVÜ genannten Urkunden beizufügen ist, wenn die Behörde des Vollstreckungsstaates nicht darauf verzichtet hat. Allerdings findet sich keine Regelung darüber, in welche Sprache die Unterlagen zu übersetzen sind, wenn die Unterhaltsentscheidung in einem Staat anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden soll, in dem es mehrere Amtssprachen gibt. Des Weiteren führt das Erfordernis, die Übersetzung der einzureichenden Urkunden beglaubigen zu lassen, zu hohen Kosten für den Antragsteller, für welche das Übereinkommen keine Erstattung vorsieht. Dies könnte den Antragsteller davon abhalten, seine Unterhaltsforderung grenzüberschreitend durchzusetzen. Zudem kann die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung durch das Beglaubigungserfordernis unter Umständen verzögert werden. b) Europäische Rechtsinstrumente In der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung treten ähnliche Schwierigkeiten auf. Zwar findet sich keine Regelung dahingehend, dass die dem Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung beizufügenden Schriftstücke stets einer Übersetzung bedürfen. Art. 55 Abs. 2 EuGVO127 schreibt vielmehr fest, dass nur auf Verlangen eines Gerichts oder der sonst befugten Stelle eine beglaubigte Übersetzung der Urkunden vorzulegen ist128. Allerdings ist es stets ratsam, dem Antrag unmittelbar beglaubigte Übersetzungen der geforderten Schriftstücke beizufügen129, um Verzögerungen bei der Bearbeitung zu vermeiden. Hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Übersetzungskosten findet sich auch in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung keine Regelung, sodass diese zunächst vom Antragsteller selbst zu tragen sind. Ob diese Kosten im Nachhinein erstattungsfähig sind, bestimmt sich nach dem 127

Dasselbe gilt für Art. 48 Abs. 2 EuGVÜ und Art. 55 Abs. 2 LugÜ. Zur Erforderlichkeit von Übersetzungen s. Hess, in: Hess/Pfeiffer/Schlosser, Study JLS/C4/2005/03, Report on the Application of Regulation Brussels I in the Member States (September 2007), Rn. 505. 129 Embassy of the Federal Republic of Germany (London), Merkblatt – Zur Vollstreckung deutscher Titel in Zivil- und Handelssachen im Vereinigten Königreich und von Grossbritannien und Nordirland (Stand: November 2009), S. 3. 128

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates130. Zudem besteht auch im Rahmen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung das Problem, dass sich keine Regelung darüber findet, welche Sprache in einem Staat, in dem es mehrere Amtssprachen gibt, für die Übersetzung der Urkunden maßgeblich ist. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Haager Unterhaltsübereinkommen aa)Überblick über Art. 44, 45 HUÜ 2007 Die Art. 44 und 45 HUÜ 2007 legen die sprachlichen Erfordernisse, die Art und Weise der Übersetzung sowie die Übersetzungskosten bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen fest. Art. 44 HUÜ 2007 bezieht sich auf die sprachlichen Anforderungen an eine Übersetzung, während Art. 45 HUÜ 2007 bestimmt, wie die in Art. 44 HUÜ 2007 normierten Anforderungen zu erreichen sind131, wenn es sich um einen Antrag handelt, der über die Zentralen Behörden nach Kapitel III gestellt wurde. Die Anträge und damit verbundenen Schriftstücke müssen gem. Art. 44 Abs. 1 HUÜ 2007 in der Originalsprache abgefasst und von einer Übersetzung begleitet sein. Art. 44 Abs. 2 HUÜ 2007 enthält des Weiteren eine Regelung im Hinblick auf die Sprache, die für die Übersetzung der Schriftstücke in einem Vertragsstaat mit mehreren Amtssprachen maßgeblich ist. Nach dieser Regelung hat ein solcher Staat eine Erklärung nach Art. 63 HUÜ 2007 abzugeben, in der festgelegt ist, in welcher Sprache die Schriftstücke abgefasst bzw. übersetzt sein müssen, damit sie im jeweils bezeichneten Teil seines Hoheitsgebietes eingereicht werden können. Darüber hinaus findet sich in Art. 45 HUÜ 2007 unter anderem in Absatz 3 die Bestimmung, dass die ersuchende Zentrale Behörde ungeachtet des Art. 8 HUÜ 2007 dem Antragsteller die Kosten für die Übersetzung eines Antrags und der damit verbundenen Schriftstücke auferlegen kann, es sei denn, dass diese Kosten durch ihr System der juristischen Unterstützung gedeckt werden können.

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Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 56 Rn. 16; Gottwald, in: Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 3 (2008), Art. 55 EuGVO Rn. 4; A. Staudinger, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band I (2006), Art. 56 Brüssel I-VO Rn. 3. 131 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 626.

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bb)Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke und Übersetzungskosten Bei der Übersetzung, die den Anträgen und damit verbundenen Schriftstücken in der Originalsprache beigefügt sein müssen, muss es sich gem. Art. 44 Abs. 1 HUÜ 2007 nicht um beglaubigte Übersetzungen handeln. Im Unterschied zu der Vorgängerregelung des Art. 17 Abs. 1 Nr. 5 HUnthVÜ sind vielmehr einfache Übersetzungen ausreichend. Das führt zu einer erheblichen Kostenersparnis, da die Übersetzung nun gegebenenfalls vom Antragsteller selbst angefertigt werden kann. Das Entfallen des Erfordernisses einer beglaubigten Übersetzung ist insbesondere auch deshalb zu begrüßen, weil die Übersetzungskosten nach den Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens von 2007 nicht unbedingt von einer staatlichen Einrichtung getragen werden. Vielmehr kann die Zentrale Behörde dem Antragsteller die Kosten für die Übersetzung des Antrags und der damit verbundenen Schriftstücke i.S.d. Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007 auferlegen, sofern diese Kosten nicht durch ihr System der juristischen Unterstützung gedeckt werden können132. Je höher aber die Kosten sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller seine Unterhaltsforderung im Ausland nicht durchsetzen wird. Des Weiteren ist die Regelung des Art. 44 Abs. 2 HUÜ 2007 positiv hervorzuheben. Denn sie schafft dadurch, dass ein Vertragsstaat mit mehreren Amtsprachen festlegen muss, in welcher Sprache die Schriftstücke abgefasst bzw. übersetzt sein müssen, damit sie im jeweils bezeichneten Teil seines Hoheitsgebietes eingereicht werden können, Klarheit für die Rechtsanwendung. Art. 44 Abs. 2 HUÜ 2007 führt zudem zu einer Vereinfachung, da die maßgebliche Sprache nunmehr ausdrücklich festgeschrieben ist. Außerdem können auf diese Weise Verzögerungen vermieden werden, etwa da die Schriftstücke zunächst in die falsche Amtssprache übersetzt werden und daher eine erneute Übersetzung angefertigt werden muss. Darüber hinaus führt die den Vertragsstaaten in Art. 25 Abs. 3 lit. b HUÜ 2007 eingeräumte Möglichkeit, anzugeben, unter welchen Umständen der betreffende Staat anstelle des vollständigen Wortlauts der Entscheidung eine von der zuständigen Behörde im Ursprungsstaat erstellte Zusammenfassung oder einen von ihr erstellten Auszug der Entscheidung akzeptiert, zur Ersparnis von Übersetzungskosten. Die Vorteile der Regelung werden insbesondere im Hinblick auf lange Entscheidungen in Scheidungssachen

132

Zur Kritik an Art. 45 Abs. 3 HUÜ 2007, s. oben Kapitel 5 C. II. 1. c).

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deutlich, in denen beispielsweise nur ein kleiner Abschnitt Unterhaltsfragen betrifft133. b) Unterhaltsverordnung aa)Überblick über Art. 28 UnterhaltsVO In Art. 28 Abs. 1 UnterhaltsVO sind die Schriftstücke aufgeführt, die einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizufügen sind, wenn es sich um eine Entscheidung handelt, die nicht in einem durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Staat ergangen ist. Dabei regelt Art. 28 Abs. 1 lit. c UnterhaltsVO, dass gegebenenfalls eine Transskript oder eine Übersetzung des Inhalts des in Buchstabe b genannten Formblatts in der Amtssprache des Mitgliedstaates134 zusammen mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung einzureichen ist 135 . Die Unterhaltsentscheidung selbst ist grundsätzlich nicht zu übersetzen. Eine Übersetzung der Entscheidung kann jedoch im Rahmen eines Rechtsbehelfs nach Art. 32 oder Art. 33 UnterhaltsVO verlangt werden (Art. 28 Abs. 2 UnterhaltsVO). Diese ist i.S.d. Art. 28 Abs. 3 UnterhaltsVO von einer Person zu erstellen, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem Mitgliedstaat befugt ist. Die gleiche Vorgabe gilt im Hinblick auf die Übersetzung der Schriftstücke, wenn der Auszug gem. Art. 28 Abs. 1 lit. b UnterhaltsVO nicht vorlegt wird und sich das Gericht oder die zuständige Behörde mit einem gleichwertigen Schriftstück nicht begnügt oder von der Vorlage des Auszuges befreit (Art. 29 UnterhaltsVO). bb)Übersetzung der beizufügenden Schriftstücke Da dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung gem. Art. 28 Abs. 1 lit. c UnterhaltsVO gegebenenfalls eine Transskript oder eine Übersetzung des in Art. 28 Abs. 1 lit. b UnterhaltsVO genannten Formblatts beizufügen ist, die von einer Person zu erstellen ist, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt ist, bleibt das Problem – wenn auch in abgeschwächter Form – bestehen, dass dadurch Kosten entstehen. Grund dafür ist, dass der Antragsteller die Übersetzung(en) nicht selbst 133

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 543. 134 Sofern es in einem Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen gibt, hat der Mitgliedstaat anzugeben, welche Amtssprachen er für das Ausfüllen des Formblattes zulässt. 135 Dasselbe gilt im Hinblick gilt im Hinblick auf die Schriftstücke zum Zwecke der Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung, die in einem Staat ergangen ist, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist. Eine diesbezügliche Regelung findet sich in Art. 20 Abs. 1 lit. d UnterhaltsVO. Ausführlich hierzu s. B. II. 2.

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anfertigen kann, sondern sich dazu fremder Hilfe bedienen muss. Der Antragssteller hat die Übersetzungskosten jedoch nicht zu tragen, wenn er gem. Art. 44 ff. UnterhaltsVO Anspruch auf Prozesskostenhilfe hat. Denn die Übersetzungskosten werden von der Prozesskostenhilfe erfasst (Art. 45 lit. f UnterhaltsVO). Darüber hinaus ist aufgrund von Art. 28 Abs. 1 lit. c HUÜ 2007 nunmehr sichergestellt, dass in Mitgliedstaaten mit mehreren Amtssprachen die Übersetzung in die richtige Sprache erfolgt. Denn jeder Mitgliedstaat kann angeben, welche Amtssprache oder Amtssprachen er neben seiner bzw. seinen eigenen für das Ausfüllen des Formblatts zulässt (Art. 28 Abs. 1 lit. c Satz 2 HUÜ 2007). Jedoch wird selbst bei Sprachverschiedenheit zwischen Ursprungs- und Vollstreckungsmitgliedstaat eine Übersetzung des Formblatts kaum notwendig sein, da sich das Formblatt in Anhang II zur Unterhaltsverordnung findet. Es liegt folglich bereits in allen Amtssprachen der Mitgliedstaaten vor. Die vollstreckende Behörde kann das eingereichte Formblatt daher mit dem Formblatt in der eigenen Sprache vergleichen, sodass ersteres hinsichtlich Namen, Anschriften, Zahlen oder angekreuzter Kästchen verständlich wird136. Das kann allerdings in den Fällen Schwierigkeiten bereiten, in denen das Formblatt individuelle Erläuterungen enthält137, wie beispielsweise bei den Sachleistungen unter Punkt 5.2.1.7 oder der sonstigen Zahlungsart unter Punkt 5.2.1.8. Gleiches gilt im Hinblick auf Formblätter, die aus Bulgarien, Griechenland oder Zypern stammen oder für eine dortige Behörde bestimmt sind. Sie bedürfen einer Transskript aus dem kyrillischen bzw. griechischen Alphabet in das lateinische. Aber selbst wenn eine Übersetzung bzw. eine Transskript des Formblatts gem. Art. 20 Abs. 1 lit. d UnterhaltsVO erforderlich ist, ist mit dieser im Vergleich zur Übersetzung einer vollständigen Unterhaltsentscheidung bzw. sämtlicher Urkunden gem. Art. 55 Abs. 2 EuGVO ein wesentlich geringerer Aufwand verbunden. Die Anfertigung der Transkriptionen bzw. Übersetzungen beansprucht damit einen geringeren Zeit- und Kostenaufwand. Auf diese Weise wird ein Beitrag zur Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung geleistet, ebenso wie dazu, dass eine unterhaltsberechtigte Person nicht aufgrund 136

Vgl. Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa (2008), § 4 IV 1; Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2006), 128; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Art. 20 VTVO Rn. 5. 137 Vgl. Hüßtege, Der europäische Vollstreckungstitel, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union (2004), 113 (134); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung (2009), § 1083 ZPO, Rn. 1; Klippstein, Verordnung über den Europäischen Vollstreckungstitel (EuVTVO), in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss (2005), Kapitel 31 Rn. 61; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht (2005), Art. 20 EuVTVO Rn. 7; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht (2009), Art. 20 VTVO Rn. 5; a.A.: Rauscher/Pabst, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Art. 20 EG-VollstrTitelVO Rn. 14.

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hoher Kosten von der Geltendmachung ihrer Unterhaltsforderung im Ausland abgehalten wird. 3. Zusammenfassung Im Unterschied zur Unterhaltsverordnung weisen die Vorschriften zur Übersetzung von Anträgen und Schriftstücken im Haager Unterhaltsübereinkommen den deutlichen Vorteil auf, dass einfache Übersetzungen ausreichend sind. Diese kann der Antragsteller unter Umständen selbst anfertigen. Hingegen haben die Übersetzungen, die im Rahmen der Unterhaltsverordnung erforderlich sind, durch Personen zu erfolgen, die zur Anfertigung von Übersetzungen in einem der Mitgliedstaaten befugt sind. Ansonsten findet sich sowohl im Haager Unterhaltsübereinkommen als auch in der Unterhaltsverordnung eine Regelung bezüglich Übersetzungen in Staaten mit mehreren Amtsprachen. Das leistet einen wichtigen Beitrag zur Klarheit bei der Rechtsanwendung und stärkt die Rechtssicherheit. V. Dauer des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens 1. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage a) Haager Rechtsinstrumente Das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung kann eine lange Zeitspanne beanspruchen. Grund dafür ist zum einen, dass sich dieses Verfahren – wie bereits dargelegt – gem. Art. 13 HUnthVÜ weitgehend nach dem nationalen Recht richtet und die Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen einschließlich der Verweigerungsgründe im Verfahren vollständig überprüft werden müssen 138 . Zum anderen findet sich in den harmonisierten Vorschriften der Art. 14 bis 17 HUnthVÜ keine Regelung, die einheitliche Fristen für das Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren vorsieht. Die Länge des Verfahrens ist mithin kaum abschätzbar und häufig ungewöhnlich lange. Ein Unterhaltsverfahren, beispielsweise vor dem District und dem Supreme Court auf Zypern, kann bis zu fünf Jahre dauern139. Ein solches Unterhaltsverfahren bringt hohe Verfahrenskosten mit sich und führt zudem dazu, dass erst spät Rechtssicherheit eintritt. Mithin besteht für die unterhaltsberechtigte Person über einen langen Zeitraum hinweg Unsicherheit, ob ihre Unterhaltsforderung grenzüberschreitend durchgesetzt werden kann. Das ist insbesondere in den Fällen problematisch, in denen der Unterhaltsberechtigte dringend auf die Unterhaltszahlung angewiesen ist. 138

Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht (2007), § 13 Rn. 26 ff. DIJuf, Länderbericht Zypern – Sieben Fragen zur Geltendmachung von Unterhalt, JAmt 2009, 123 (124). 139

198

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

b) Europäische Rechtsinstrumente Die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung enthält zwar eigene Regelungen für ein einheitliches Anerkennungs- und Exequaturverfahren in den Mitgliedstaaten, allerdings sind darin nur vereinzelt Fristen für die Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung enthalten. Es stellen sich mithin ähnliche Probleme wie im Rahmen des Haager Unterhaltsübereinkommens von 1973. Art. 41 EuGVO sieht vor, dass die Entscheidung unverzüglich140 für vollstreckbar erklärt wird, sobald die in Art. 53 EuGVO vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Ebenso schreibt Art. 42 EuGVO eine unverzügliche Mitteilung an den Antragsteller über die Entscheidung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung vor. Des Weiteren regelt Art. 43 Abs. 5 EuGVO, dass der Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung innerhalb eines Monats nach ihrer Zustellung einzulegen ist bzw. innerhalb von zwei Monaten, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates hat als dem, in dem die Vollstreckbarerklärung ergangen ist. Dennoch kann ein Unterhaltsverfahren auch im Rahmen der Regelungen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung Jahre in Anspruch nehmen. Grund dafür ist, dass neben den fast vollständig fehlenden Fristen, der unbestimmte Rechtsbegriff „unverzüglich“ nicht näher definiert ist. Es obliegt mithin der jeweils zuständigen Behörde selbst über die Auslegung des Begriffs „unverzüglich“ zu entscheiden. 2. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente a) Haager Unterhaltsübereinkommen aa)Überblick über Art. 23, 24 HUÜ 2007 Wie bereits dargestellt 141 , finden sich im Haager Unterhaltsübereinkommen mit den Art. 23 und Art. 24 HUÜ 2007 nunmehr Vorschriften, die das Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung weitgehend einheitlich regeln. bb)Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens Während bisher die Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen einschließlich der Verweigerungsgründe im Verfahren vollständig überprüft werden müssen, wird diese Prüfung im Haager Unterhaltsübereinkommen in Art. 23 HUÜ 2007 auf das Rechtsbehelfsverfahren verlagert. 140 141

Hervorhebungen im Folgenden durch die Verfasserin. s. oben A. III. 2. a) aa).

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

199

Die Verlagerung der Prüfung der Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen auf das Rechtsbehelfsverfahren findet ihr Vorbild in dem in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung normierten Exequaturverfahren 142 . Sie bewirkt eine Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens für Unterhaltsentscheidungen. Mithin ist auch die Vollstreckung der Entscheidung im Vollstreckungsstaat schneller möglich als bisher. Neben der Straffung des Exequaturverfahrens im Haager Unterhaltsübereinkommen trägt ebenso die Einführung der Frist von 30 bzw. 60 Tagen zur Anfechtung oder Einlegung eines Rechtmittels (Art. 23 Abs. 6 HUÜ 2007) zur Beschleunigung bei. Die Partei, die einen Rechtsbehelf geltend machen möchte, muss diese Frist einhalten, um sich aufgrund der in Art. 23 Abs. 7 HUÜ 2007 aufgezählten Gründe gegen die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung bzw. deren Verweigerung zu wehren. Auch die beispielsweise in Art. 23 Abs. 2 oder 3 HUÜ 2007 verwendeten Begriffe „umgehend“ oder „unverzüglich“ können zu einer Beschleunigung des Verfahrens beitragen, auch wenn deren beschleunigende Wirkung geringer ausfällt als durch exakt definierte Fristen. Grund dafür ist, dass es sich hierbei um unbestimmte Rechtsbegriffe handelt, deren Interpretation der zuständigen Behörde obliegt. Dennoch wirken auch sie grundsätzlich beschleunigend. Somit liegen innerhalb eines kürzeren Zeitraums die Voraussetzungen vor, die für die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung in einem anderen Vertragsstaat notwendig sind. Das bringt sowohl für die unterhaltsberechtigte als auch die unterhaltsverpflichtete Person Rechtssicherheit mit sich. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass ein kürzer dauerndes Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren auch zur Einsparung von Kosten führt. Im Besonderen wird aber durch ein gestrafftes Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren im Haager Unterhaltsübereinkommen dem Umstand Rechnung getragen, dass der Unterhaltsberechtigte in vielen Fällen existentiell auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen ist. Die Veränderungen, die im alternativen Verfahren nach Art. 24 HUÜ 2007 vorgenommen wurden, sind weniger weitgehend 143 . Denn eine Verlagerung der Prüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung auf das Rechtsbehelfsverfahren findet nicht statt. Damit ähnelt das alternative Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 in seiner Ausgestaltung eher dem „bisherigen Verfahren“ nach den Art. 13 142

Boehm, Reformbestrebungen im internationalen Unterhaltsverfahrensrecht, KindPrax Spezial 2004, 14 (20); Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (15). 143 Hague Conference on Private International Law, Outline Hague Child Support Convention, September 2008, 3.

200

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

ff. HUnthVÜ. Dennoch führen die überwiegend vereinheitlichten Vorschriften des Art. 24 HUÜ 2007 zu einer gewissen Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens, vor allem durch die Verwendung der Begriffe „umgehend“ und „zügig“ 144. Damit bleibt festzustellen, dass durch die Verlagerung der Prüfung der Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen einschließlich der Verweigerungsgründe auf das Rechtsbehelfsverfahren in Art. 23 HUÜ 2007 das Verfahren insgesamt beschleunigt wurde. Aufgrund der daraus resultierenden Vorteile ist es zu wünschen, dass möglichst wenige Staaten das alternative Verfahren nach Art. 24 HUÜ 2007 für anwendbar erklären145. b) Unterhaltsverordnung aa)Überblick über Art. 17, Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO Für Unterhaltsentscheidungen, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, bestimmt Art. 17 UnterhaltsVO, dass es für die Vollstreckung dieser Entscheidungen in einem anderen Mitgliedstaat weder der Anerkennung noch der Vollstreckbarerklärung bedarf146. Hingegen orientieren sich die Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO, die die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen betreffen, die in einem nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Mitgliedstaat ergangen sind, weitgehend an den Regelungen der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung147. Art. 23 UnterhaltsVO bezieht sich auf die Anerkennung von Unterhaltsentscheidungen. Diese findet in einem anderen Mitgliedstaat grundsätzlich statt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf148. Des Weiteren bestimmt Art. 26 UnterhaltsVO, der die Vollstreckbarkeit einer Entscheidung betrifft, in Anlehnung an Art. 38 UnterhaltsVO, dass eine Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, der nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist, in einem anderen Mitgliedstaat erst vollstreckt werden kann, wenn sie dort auf Antrag des Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden ist. Für das Verfahren der Vollstreckbarerklä144

Zur Problematik der unbestimmten Rechtsbegriffe wie “zügig”, s. Kapitel 5 B. II.

1. b). 145

Zur Kritik hinsichtlich des alternativen Verfahrens gem. Art. 24 HUÜ 2007 s. A. III. 2. a) cc (1). 146 Ausführlich zu Art. 17 UnterhaltsVO s. A. III. 2. b) aa). 147 s. auch Erwägungsgrund 26 UnterhaltsVO. 148 Die Vorschrift des Art. 23 UnterhaltsVO orientiert sich an Art. 33 EuGVO.

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

201

rung einer Unterhaltsentscheidung finden sich in den Art. 24 bis 38 UnterhaltsVO detailliert ausgestaltete Regelungen. Die Vollstreckbarerklärung einer Unterhaltsentscheidung erfolgt gem. Art. 30 UnterhaltsVO in Anlehnung an Art. 41 EuGVO ohne eine Überprüfung der Anerkennungsverweigerungsgründe des Art. 24 UnterhaltsVO, sobald die in Art. 28 UnterhaltsVO vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind. Hierzu ist eine Frist von 30 Tagen149 vorgesehen, es sei denn, dies erweist sich aufgrund außergewöhnlicher Umstände als nicht möglich. Die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, hat in diesem Verfahrensabschnitt keine Gelegenheit eine Erklärung abzugeben. Sie wird gem. Art. 31 Abs. 2 UnterhaltsVO über die Vollstreckbarerklärung und gegebenenfalls über die Entscheidung benachrichtigt. Auch der Antragsteller erhält nach Art. 31 Abs. 1 UnterhaltsVO eine unverzügliche Mitteilung über die Entscheidung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung150. Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen. Die Voraussetzungen hierzu sind in Art. 32 UnterhaltsVO, der sich an Art. 42 EuGVO orientiert, geregelt. Gem. Art. 32 Abs. 5 UnterhaltsVO ist der Rechtsbehelf gegen die Vollstreckbarerklärung innerhalb von 30 bzw. 45 Tagen nach ihrer Zustellung einzulegen, sofern die Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll, in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Vollstreckbarerklärung ergangen ist, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Die über einen Rechtsbehelf ergangene Entscheidung kann nur durch ein Rechtsmittel angefochten werden, das der betreffende Mitgliedstaat der Kommission nach Art. 71 UnterhaltsVO notifiziert hat (Art. 33 UnterhaltsVO). Als Verweigerungs- und Aufhebungsgründe der Vollstreckbarerklärung aufgrund eines Rechtsbehelfs gem. Art. 32 und 33 UnterhaltsVO kommen nur die in Art. 24 UnterhaltsVO aufgeführten Versagungs- und Aufhebungsgründe in Betracht (Art. 34 Abs. 1 UnterhaltsVO). Für diese Entscheidung stehen dem mit dem Rechtsbehelf gem. Art. 32 UnterhaltsVO befassten Gericht nach Art. 34 Abs. 2 UnterhaltsVO 90 Tage zur Verfügung, es sei denn, dies erweist sich aufgrund außergewöhnlicher Umstände als nicht möglich; die Entscheidung über einen Rechtsbehelf nach Art. 33 UnterhaltsVO ist unverzüglich zu treffen (Art. 34 Abs. 3 UnterhaltsVO).

149 Im Unterschied dazu normiert Art. 41 EuGVO, dass die Entscheidung „unverzüglich“ für vollstreckbar zu erklären ist. 150 Art. 31 UnterhaltsVO entspricht weitgehend der Regelung des Art. 42 EuGVO.

202

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

bb)Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens (1) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind Die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO bewirkt, dass eine Unterhaltsentscheidung in einem anderen Mitgliedstaat zeitnah vollstreckt werden kann. Damit trägt der Verzicht auf die Vollstreckbarerklärung der Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat zu einer enormen Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bei151. (2) Unterhaltsentscheidungen aus Mitgliedstaaten, die nicht durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind Bei Betrachtung der Art. 23 bis 38 UnterhaltsVO fallen einige Veränderungen in Bezug auf die zeitlichen Vorgaben des Handelns der zuständigen Behörde und der Parteien im Vollstreckbarerklärungs- und Rechtsbehelfsverfahren auf. Während Art. 41 EuGVO normiert, dass die Entscheidung unverzüglich152 für vollstreckbar erklärt wird, sobald die in Art. 53 EuGVO vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, bestimmt Art. 30 UnterhaltsVO, dass die Vollstreckbarerklärung unverzüglich, spätestens aber 30 Tage nachdem die Förmlichkeiten des Art. 28 UnterhaltsVO erfüllt sind, zu erfolgen hat. Auch im Hinblick auf die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Vollstreckbarerklärung fallen Unterschiede auf. In der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung beträgt die Frist einen bzw. zwei Monate nach Zustellung der Vollstreckbarerklärung (Art. 43 Abs. 5 Satz 1 bzw. Satz 2 EuGVO). Hingegen ist die Frist für die Einlegung eines Rechtsbehelfs in Art. 32 Abs. 5 UnterhaltsVO auf 30 Tage (Satz 1) bzw. 45 Tage (Satz 2) beziffert. Darüber hinaus wurde die Vorschrift des Art. 34 Abs. 2 UnterhaltsVO neu in die Unterhaltsverordnung aufgenommen, in der festgelegt ist, dass ein Gericht, das mit einem Rechtsbehelf nach Art. 32 UnterhaltsVO befasst ist, seine Entscheidung grundsätzlich153 innerhalb von 90 Tagen zu erlassen hat. Die Begrenzung des unbestimmten Rechtsbegriffs „unverzüglich“ mit einer taggenau festgelegten Zeitspanne in Art. 30 UnterhaltsVO, der Austausch längerer Fristen gegen kürzere und die Verwendung taggenau bezifferter Fristen anstelle von Monatsfristen in Art. 32 Abs. 5 UnterhaltsVO tragen dazu bei, das Vollstreckbarerklärungsverfahren und ein etwaiges Rechtsbehelfsverfahren 151

Ausführlich hierzu s. oben A. III. 2. b) bb). Hervorhebungen im Folgenden durch die Verfasserin. 153 Das gilt vorbehaltlich des Art. 32 Abs. 4 UnterhaltsVO und dass sich die Einhaltung der 90-Tagesfrist aufgrund außergewöhnlicher Umstände als nicht möglich erweist. 152

A. Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen

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zu beschleunigen. Dasselbe gilt für die in Art. 34 Abs. 2 UnterhaltsVO definierte Frist, die für die Entscheidung eines Gerichts über einen Rechtsbehelf nach Art. 32 UnterhaltsVO maßgeblich ist. Folglich kann eine unterhaltsberechtigte Person zügiger als bisher eine Vollstreckbarerklärung der Entscheidung erlangen, die Voraussetzung für die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat ist. Daneben tragen die taggenau festgelegten Fristen im Vollstreckbarerklärungs- und Rechtsbehelfsverfahren zu einer höheren Rechtssicherheit bei. Denn wie bereits dargestellt154 kann eine Monatsfrist abhängig davon, ob ein Monat 28, 29, 30 oder 31 Tage hat, variieren. Durch die Neuregelung in Art. 32 Abs. 5 UnterhaltsVO wird hingegen sichergestellt, dass in jedem Fall die gleichen Fristen gelten. Darüber hinaus ist es dem Unterhaltsberechtigten nach der Unterhaltsverordnung nunmehr möglich, sich auszurechnen, wann die Vollstreckung der Entscheidung spätestens beginnen wird. Dabei ist jedoch zu beachten, dass von den Fristen ausnahmsweise, beispielsweise aufgrund des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände gem. Art. 34 Abs. 2 UnterhaltsVO, abgewichen werden kann. Dennoch lässt sich festhalten, dass die Veränderungen, die im Hinblick auf die Fristen in der Unterhaltsverordnung im Vergleich zur Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung stattgefunden haben, zu begrüßen sind. Sie leisten einen wichtigen Beitrag dazu, das Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung zu beschleunigen und führen folglich zu schneller eintretender Rechtssicherheit. 3. Zusammenfassung Im Haager Unterhaltsübereinkommen ist bezüglich der Beschleunigung des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens insbesondere Art. 23 HUÜ 2007 hervorzuheben, der das Exequaturverfahren nach dem Vorbild der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung strafft. Aber auch durch Art. 24 HUÜ 2007 wird eine gewisse Beschleunigung des Unterhaltsverfahrens erreicht, vor allem durch die Verwendung der Begriffe „umgehend“ und „zügig“. Die neuen Regelungen der Unterhaltsverordnung zur Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen sind im Hinblick auf ihre Beschleunigungswirkung insgesamt als gelungen anzusehen. In Bezug auf die Reichweite der Verbesserungen muss jedoch unterschieden werden zwischen den Regelungen, die für die durch das Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 gebundenen Mitgliedstaaten maßgeblich sind und jenen, die für die Mitgliedstaaten gelten, bei denen eine entsprechende Bindung nicht vorliegt. Die Abschaffung des Exequaturverfahrens in Art. 17 Abs. 2 Un154

s. oben Kapitel 5 B. II. 2. b).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

terhaltsVO führt dazu, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung gegenüber den Vorgängerregelungen in der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung sowie der Europäischen Vollstreckungstitelverordnung deutlich beschleunigt wird. Der Beschleunigungseffekt kann unter Umständen über drei Jahre betragen, was auch Sicht der unterhaltsberechtigten Person in Bezug auf die Auszahlung der Unterhaltsleistungen einen enormen Vorteil darstellt. Auf diese Weise trägt die Abschaffung des Exequaturverfahrens auch den positiven Effekt in sich, dass schneller Rechtssicherheit eintritt. Daneben bewirken ebenfalls die Veränderungen, die im Rahmen des Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens für Unterhaltsentscheidungen aus den Mitgliedstaaten vorgenommen wurden, die keiner Bindung durch das Haager Unterhaltsprotokoll unterliegen, eine Beschleunigung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens. Denn es werden klar definierte Fristen sowohl für die zuständigen Behörden als auch die Parteien des Unterhaltsverfahrens eingeführt.

B.

Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

I. Reformbedarf hinsichtlich der bisherigen Rechtslage 1. Haager Rechtsinstrumente Im Haager Unterhaltsübereinkommen von 1973 finden sich keine harmonisierten Regelungen zur Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen im Vollstreckungsstaat. Vielmehr richtet sich die Vollstreckung ausschließlich nach dem nationalen Recht des Vollstreckungsstaates155. Das hat zur Folge, dass je nach Vollstreckungsstaat unterschiedliche Vorschriften zur Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung gelten156. Durch die teilweise stark divergierenden einzelstaatlichen Vollstreckungsbestimmungen wird die Rechtsanwendung erschwert und zudem besteht die Gefahr, dass die Vollstreckungsmethoden in einzelnen Staaten ineffektiv sein können 157 . Das kann zu Verzögerungen bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung führen und außerdem negative Auswirkungen auf die Rechtssicherheit haben.

155

Gottwald, Die internationale Zwangsvollstreckung, IPRax 1991, 285 (288); Kerameus, Enforcement in the International Context, Recueil des Cours 264 (1997), 181 (378), Rn. 126; Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht (2007), § 17 Rn. 3 ff. 156 Zum Einzelzwangsvollstreckungsrecht ausländischer Staaten s. Baur/Stürner, Sachenrecht (2009), § 64. 157 Eames, Maintenance Enforcement: The 2007 Hague Convention and the EC Regulation, IFL 2009, 47 (51).

B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

205

2. Europäische Rechtsinstrumente Auch die Europäische Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung enthält keine Vorschriften zur Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen im Vollstreckungsstaat. Sie findet auf die Zwangsvollstreckung als solche keine Anwendung 158 . Das Vollstreckungsverfahren richtet sich vielmehr vollständig nach dem autonomen mitgliedstaatlichen Recht. Damit treten auf europäischer Ebene dieselben Schwierigkeiten auf, die bereits im Rahmen des Haager Unterhaltsübereinkommens von 1973 beschrieben wurden159. II. Veränderungen durch die neuen Rechtsinstrumente 1. Haager Unterhaltsübereinkommen a) Überblick über Art. 32 bis 35 HUÜ 2007 Mit den Art. 32 bis 35 HUÜ 2007 wurde in das Haager Unterhaltsübereinkommen erstmals in der Geschichte der Haager Übereinkommen ein eigenständiges Kapitel aufgenommen, das die Vollstreckung durch den angerufenen Staat betrifft160. Kapitel VI enthält zwar kein in sich geschlossenes System von Vollstreckungsmaßnahmen, aber einige Regelungen, die den nationalen Vollstreckungsregelungen, die gem. Art. 32 Abs. 1 HUÜ 2007 grundsätzlich anwendbar sind, vorgehen. Art. 32 Abs. 2 HUÜ 2007 bestimmt, dass die Vollstreckung zügig zu erfolgen hat. Zudem ist gem. Art. 32 Abs. 3 HUÜ 2007 ein weiteres Handeln des Antragstellers im Hinblick auf die Vollstreckung nicht erforderlich, wenn der Antrag auf Anerkennung und Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung über eine Zentrale Behörde gestellt worden ist. Des Weiteren ist zu beachten, dass für die Dauer der Unterhaltspflicht gem. Art. 32 Abs. 4 HUÜ 1007 die im Ursprungsstaat der Entscheidung maßgeblichen Vorschriften gelten. Im Hinblick auf die Verjährungsfrist für die Vollstreckung von Zahlungsrück-

158

Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), Einl. A.1 Rn. 232; Mayr/Czernich, Europäisches Zivilprozessrecht (2006), Rn. 304. Hingegen enthalten die Art. 20 ff. EuVTVO teilweise harmonisierte Verfahrensregelungen im Hinblick auf die Vollstreckung eines Europäischen Vollstreckungstitels, s. Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2006), 127 ff.; Lackmann, in: Musielak, Kommentar zur Zivilprozessordnung (2008), Art. 20 EuVTVO Rn. 2. 159 Vgl. Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht (2010), A.1 Art. 32 Rn. 49. 160 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 570.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

ständen legt Art. 32 Abs. 5 HUÜ 2007 fest, dass diese nach dem Recht des Staates bestimmt wird, das die längere Frist vorsieht161. Außerdem sind gem. Art. 33 HUÜ 2007 für die vom Haager Unterhaltsübereinkommen erfassten Fälle im Vollstreckungsstaat Vollstreckungsmaßnahmen vorzusehen, die mindestens gleichwertig sind mit denjenigen, die auf innerstaatliche Fälle Anwendung finden. Die Vorschrift legt damit das Gebot der Nichtdiskriminierung fest. Im Hinblick auf die Ausgestaltung der Vollstreckungsmaßnahmen normiert Art. 34 Abs. 1 HUÜ 2007 verbindlich, dass die Vertragsstaaten nach ihrem innerstaatlichen Recht wirksame Maßnahmen zur Verfügung zu stellen haben. Um welche Maßnahmen es sich dabei handelt, bleibt dem innerstaatlichen Recht überlassen. Art. 34 Abs. 2 HUÜ 2007 enthält lediglich eine Liste an möglichen Vollstreckungsmaßnahmen, die aber weder abschließend noch verpflichtend ist. Darüber hinaus bezweckt Art. 35 Abs. 1 HUÜ 2007 einen raschen Transfer der Geldbeträge, die zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen bestimmt sind. Hierzu sind die Vertragsstaaten aufgefordert, den Einsatz der kostengünstigsten und effektivsten verfügbaren Mittel – auch durch internationale Übereinkommen – zu fördern. Gem. Art. 35 Abs. 2 HUÜ 2007 gewähren die Vertragsstaaten, nach deren Recht Beschränkungen für die Überweisung von Geldbeträgen bestehen, dem Transfer der Geldbeträge, die zur Erfüllung von Unterhaltsansprüchen bestimmt sind, größtmöglichen Vorrang. Diese sanktionslose Verpflichtung, die sich an Art. 22 HUnthVÜ orientiert, soll es dem Unterhaltsberechtigten ermöglichen, die aus der Vollstreckung einer ihm günstigen Entscheidung erlangten Geldbeträge zügig ins Inland zu überführen162. b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat Sehr gut ausgearbeitete und harmonisierte Verfahren für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen sind faktisch wertlos, wenn sich auf nationaler Ebene keine effektiven Maßnahmen für die Vollstreckung finden163. Die Vollstreckung einer ausländischen Unter161

Art. 32 Abs. 4 und Abs. 5 HUÜ 2007 beinhalten Regelungen über das anzuwendende Recht. Obwohl das Haager Unterhaltsübereinkommen grundsätzlich keine Kollisionsnormen enthält, war es notwendig, in diesen beiden Fällen Vorschriften über das anzuwendende Recht aufzunehmen, s. Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family MaintenanceExplanatory Report, November 2009, Rn. 574. 162 Vgl. Kropholler, in: J. von Staudingers Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch (2003), Anh. III zu Art. 18 EGBGB, Rn. 211; Verwilghen, Erläuternder Bericht, BTDrucks. 10/258, Rn. 100. 163 Borrás/Degeling, Convention of on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn.

B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

207

haltsentscheidung richtete sich bislang ausschließlich nach dem nationalen Recht des jeweiligen Vollstreckungsstaates. Nunmehr wird das einzelstaatliche Vollstreckungsrecht durch die Art. 32 bis 35 HUÜ 2007 ergänzt. Während sich der Antragsteller bisher beispielsweise mit einer in Deutschland anerkannten und für vollstreckbar erklärten ausländischen Unterhaltsentscheidung zur Vollstreckung in einem separaten Antragsverfahren an die inländischen Vollstreckungsorgane wenden musste 164 , entfällt dieses Erfordernis gem. Art. 32 Abs. 3 HUÜ 2007 bei Anträgen, die über die Zentralen Behörden gestellt wurden. Das stellt für den Antragsteller eine Erleichterung dar165. Die Vollstreckung erfolgt vielmehr ohne sein weiteres Zutun. Dieser Umstand wirkt sich zudem positiv auf die Beschleunigung des Verfahrens der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung aus. Dem Ziel, Unterhaltsforderungen im Ausland schneller geltend machen zu können, dient ebenfalls Art. 32 Abs. 2 HUÜ 2007, da dieser eine zügige166 Durchführung der Vollstreckung anordnet167. Die Art. 32 Abs. 2 und 3 HUÜ 2007 leisten mithin einen wichtigen Beitrag dazu, dass der Unterhaltsberechtigte, der unter Umständen dringend auf die Unterhaltszahlungen angewiesen ist, diese auch zeitnah erhält. Darüber hinaus dient Art. 34 Abs. 1 HUÜ 2007 aufgrund der Verpflichtung der Vertragsstaaten, in ihrem innerstaatlichen Recht wirksame Vollstreckungsmaßnahmen für Unterhaltsentscheidungen zur Verfügung zu stellen, der Sicherstellung einer effektiven Vollstreckung. Die konkrete Ausgestaltung der Vollstreckungsmaßnahmen bleibt dabei aber dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber überlassen168. Art. 34 Abs. 2 HUÜ 2007 zählt lediglich einige mögliche Vollstreckungsmaßnahmen auf. Neben der Schaffung wirksamer Vollstreckungsmaßnahmen ist für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung des Weiteren wichtig, dass 570; Duncan, The New Hague Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, IFL 2008, 13 (15). 164 Gottwald, Die internationale Zwangsvollstreckung, IPRax 1991, 285 (288). 165 Hague Conference on Private International Law, Outline Hague Child Support Convention, September 2008, 4. 166 Zur Problematik der unbestimmten Rechtsbegriffe wie „zügig“, s. Kapitel 5 B. II. 1. b). 167 Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 572. 168 Die Schweiz hat beispielsweise deutlich gemacht, dass die Ausgestaltung der Vollstreckungsmethoden dem nationalen Recht überlassen bleiben sollte, sodass Art. 34 HUÜ 2007 überflüssig sei, s. Permanent Bureau, Consolidated List of Comments on the Revised Preliminary Draft Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 36 of October 2007, S. 55 (zu Art. 30).

208

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

die Überweisung von Geldbeträgen vereinfacht wird 169 . Denn die Geltendmachung einer Unterhaltsforderung im Ausland ist erst erfolgreich abgeschlossen, wenn der Unterhaltsberechtigte die Unterhaltszahlungen tatsächlich erhält. Diesem Ziel dient die Vorschrift des Art. 35 Abs. 1 HUÜ 2007. Da aber für die Nichtbefolgung der in Art. 35 Abs. 1 HUÜ 2007 festgeschriebenen Forderung keine Sanktionsmechanismen vorgesehen sind, ist zu hoffen, dass die Vertragsstaaten den Appell befolgen. In einer Zusammenschau betrachtet, bewirken somit die Art. 34 und 35 HUÜ 2007, dass die Vollstreckung grenzüberschreitender Unterhaltsforderungen effektiver und die Überweisung von Geldbeträgen aus dem Ausland einfacher wird. c) Kritische Anmerkungen Der Formulierung des Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007, dass für die Dauer der Unterhaltspflicht „die im Ursprungsstaat der Entscheidung geltenden Vorschriften“ maßgeblich sind, ist nicht klar zu entnehmen, ob davon das nationale Recht unter Einschluss der Regelungen des Internationalen Privatrechts erfasst ist170 oder ob es sich nur um eine Sachnormverweisung handelt. Für die Einbeziehung der Regelungen des Internationalen Privatrechts zur Bestimmung der Dauer der Unterhaltspflicht spricht der weitgefasste Wortlaut des Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007 („im Ursprungsstaat […] geltenden Vorschriften“). Dieser kommt in der englischen bzw. französischen Textfassung des Übereinkommens noch deutlicher zum Ausdruck („any rules applicable“ bzw. „á toute règle […] applicable“171). Allerdings findet sich in dem parallel zum Haager Unterhaltsübereinkommen ausgearbeiteten Haager Unterhaltsprotokoll eine Regelung, in der festgelegt ist, dass der Begriff „Recht“ im Sinne des Protokolls das in einem Staat geltende Recht mit Ausnahme des Kollisionsrechts bezeichnet (Art. 12 HUP 2007). Das Haager Unterhaltsprotokoll ist ausschließlich der Bestimmung des anwendbaren Rechts gewidmet, während das Haager Unterhaltsübereinkommen nur vereinzelt Kollisionsnormen enthält. Es stellt sich daher die Frage, ob es angebracht ist, das Begriffsverständnis von „Recht“ im Haager Unterhaltsprotokoll auf die „geltenden Vorschriften“ in Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007 zu übertragen. Das wäre möglich, da es sich bei „Recht“ und „geltenden Vorschriften“ um Synonyme handelt. Zwar gelten das Haager 169

Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 584. 170 Dieser Ansicht sind Borrás/Degeling, Convention of 23 November 2007 on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance – Explanatory Report, November 2009, Rn. 575. 171 Hervorhebung durch die Verfasserin.

B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

209

Unterhaltsübereinkommen und das Haager Unterhaltsprotokoll unabhängig voneinander, dennoch bilden sie zusammen betrachtet ein „Gesamtwerk“ für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung172. Wenn folglich ein Staat Vertragsstaat beider Übereinkommen sein wird, was relativ wahrscheinlich ist, ist ein einheitliches Verständnis der Kollisionsnormen in Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007 und Art. 12 HUP 2007 wünschenswert, um die Anwendung der Übereinkommen nicht zu verkomplizieren. Denn zum einen würde sich sonst das anwendbare Recht in jedem Übereinkommen unterschiedlich bestimmen, zum anderen wäre für die Festlegung der Dauer der Unterhaltspflicht nicht in jedem Fall das nationale Recht des Ursprungsstaates maßgeblich. Die Dauer der Unterhaltspflicht könnte sich beispielsweise aufgrund der Regelungen des Internationalen Privatrechts auch nach dem Recht eines Drittstaates richten. Dadurch würde aber einer klaren und einfachen Rechtsanwendung entgegengewirkt. Man könnte zwar einwenden, dass sich Art. 12 HUP 2007 ausdrücklich auf das „Recht im Sinne dieses Protokolls“ bezieht. Allerdings wäre es regelungstechnisch auch nicht möglich gewesen, in der Formulierung des Art. 12 HUP 2007 Bezug auf das Haager Unterhaltsübereinkommen zu nehmen, da es sich beim Haager Unterhaltsprotokoll und beim Haager Unterhaltsübereinkommen um voneinander unabhängige Regelungswerke handelt. Es ist daher die Regelung des Art. 12 HUP 2007 ergänzend bei der Auslegung der „geltenden Vorschriften“ in Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007 heranzuziehen. Die Dauer der Unterhaltspflicht in Art. 32 Abs. 4 HUÜ 2007 bestimmt sich somit im Ergebnis nach dem nationalen Recht des Ursprungsstaates unter Ausschluss der Regelungen des Internationalen Privatrechts173. 2. Unterhaltsverordnung a) Überblick über Art. 19, 20, 39 und 41 UnterhaltsVO Die Unterhaltsverordnung enthält keine umfassend vereinheitlichten Regelungen zur Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung im Vollstreckungsmitgliedstaat. Vielmehr finden sich für Unterhaltsentscheidungen, die in einem durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebundenen Mitgliedstaat ergangen sind, in den Art. 18 bis 22 UnterhaltsVO einige harmonisierte Vorschriften, die das nationale Vollstreckungsverfahren ergänzen, 172

Dieser Gedanke lässt sich der Präambel des Haager Unterhaltsprotokolls entnehmen, in der es heißt, dass in diesem Protokoll „allgemeine Regeln in Bezug auf das anwendbare Recht“ entwickelt werden sollen, „die das Haager Übereinkommen vom 23. November 2007 über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen ergänzen können“. 173 Dieselben Überlegungen lassen sich auch auf Art. 32 Abs. 5 HUÜ 2007 im Hinblick auf die Verjährungsfrist für die Vollstreckung von Zahlungsrückständen übertragen.

210

Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

das ansonsten für die Vollstreckung maßgeblich ist174. Darüber hinaus enthalten die Art. 39 bis 43 UnterhaltsVO Bestimmungen, die für alle Mitgliedstaaten gelten und teilweise vereinheitlichte Vorschriften zur Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen enthalten. Art. 19 UnterhaltsVO normiert die Voraussetzungen für das Recht auf Nachprüfung einer Unterhaltsentscheidung auf Antrag des Antragsgegners. Hinsichtlich der Frist, innerhalb der die Nachprüfung der Entscheidung zu beantragen ist, legt Art. 19 Abs. 2 Satz 2 UnterhaltsVO fest, dass der Antragsgegner „unverzüglich […], in jedem Fall aber innerhalb einer Frist von 45 Tagen“ tätig wird. Des Weiteren bestimmt Art. 20 Abs. 2 Satz 1 UnterhaltsVO in Bezug auf die Schriftstücke, die zum Zwecke der Vollstreckung einer Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat vorzulegen sind, dass die zuständige Behörde nicht verlangen kann, dass der Antragsteller eine Übersetzung der Unterhaltsentscheidung vorlegt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Vollstreckung der Entscheidung angefochten wird (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 UnterhaltsVO). Gegebenenfalls ist aber eine Transskript oder eine Übersetzung der in Art. 20 Abs. 1 lit. b UnterhaltsVO vorgesehenen formalisierten Kurzfassung vorzulegen (Art. 20 Abs. 1 lit. d UnterhaltsVO). Darüber hinaus ist in den gemeinsamen Bestimmungen, die für alle Mitgliedstaaten einheitlich gelten, festgelegt, dass das Ursprungsgericht eine Entscheidung für vorläufig vollstreckbar erklären kann (Art. 39 UnterhaltsVO). Das gilt ungeachtet eines etwaigen Rechtsbehelfs und unabhängig davon, ob das innerstaatliche Recht eine Vollstreckbarkeit von Amts wegen vorsieht. Schließlich regelt Art. 41 Abs. 1 Satz 1 UnterhaltsVO, dass sich das Vollstreckungsverfahren nach dem Recht des Vollstreckungsmitgliedstaates richtet, sofern hierfür in der Unterhaltsverordnung keine einheitlichen Bestimmungen vorgesehen sind. Harmonisierte Vorschriften zur Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung finden sich, wie oben dargestellt, in den Art. 19 und 20 UnterhaltsVO. Zudem schreibt Art. 41 Abs. 1 Satz 2 UnterhaltsVO für alle Mitgliedstaaten einheitlich fest, dass eine ausländische Unterhaltsentscheidung im Hinblick auf die Vollstreckungsbedingungen mit einer inländischen Unterhaltsentscheidung gleichzustellen ist. Art. 41 Abs. 2 UnterhaltsVO entbindet des Weiteren von dem – hingegen in Art. 40 Abs. 2 EuGVO statuierten – Erfordernis, dass die Partei, die die Vollstreckung beantragt, im Vollstreckungsmitgliedstaat über eine Postanschrift oder einen bevollmächtigten Vertreter verfügen muss. Das gilt jedoch nur für Personen, die nicht im Bereich der Vollstreckungsverfahren zuständig sind.

174

s. Art. 41 Abs. 1 UnterhaltsVO.

B. Vollstreckung durch den Vollstreckungsstaat

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b) Verbesserungen im Hinblick auf die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat Die Regelung in Art. 19 Abs. 2 Satz 2 UnterhaltsVO, wonach der Antragsgegner im Hinblick auf sein Recht zur Nachprüfung „unverzüglich […], in jedem Fall aber innerhalb einer Frist von 45 Tagen“ tätig werden muss, bewirkt, dass die Beantragung der Nachprüfung der Unterhaltsentscheidung nur begrenzt verzögert werden. Gleichzeitig dient die Einführung dieser taggenau bestimmten Frist auch als Höchstbegrenzung für den unbestimmten Rechtsbegriff „unverzüglich“ 175. Mithin kann die Unterhaltsentscheidung zügig vollstreckt werden. Das gilt trotz des Umstandes, dass gem. Art. 21 Abs. 3 UAbs. 1 UnterhaltsVO die verpflichtete Person die Aussetzung der Vollstreckung beantragen kann, wenn das zuständige Gericht des Ursprungsmitgliedstaates mit der Nachprüfung der Entscheidung i.S.d. Art. 19 UnterhaltsVO befasst ist. Mit der Einführung der Frist für die Antragstellung in Art. 19 Abs. 2 UnterhaltsVO wird folglich ein Beitrag dazu geleistet, dass schneller Rechtssicherheit eintreten kann. Außerdem ist bemerkenswert, dass die Abschaffung des Exequaturverfahrens über Art. 19 UnterhaltsVO nicht wieder aufgeweicht werden kann, da es sich hierbei um einen restriktiven Ausnahmetatbestand handelt. Im Hinblick auf die Schriftstücke, die zum Zwecke der Vollstreckung einer Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat vorzulegen sind, ist Folgendes hervorzuheben: eine Übersetzung der Unterhaltsentscheidung können die zuständigen Behörden vom Antragsteller nur dann verlangen, wenn die Vollstreckung der Entscheidung angefochten wird (Art. 20 Abs. 2 UnterhaltsVO). Ansonsten ist es gegebenenfalls erforderlich, eine Transskript oder eine Übersetzung der in Art. 20 Abs. 1 lit. b UnterhaltsVO vorgesehenen formalisierten Kurzfassung vorzulegen. Jedoch wird selbst bei Sprachverschiedenheit zwischen Ursprungs- und Vollstreckungsmitgliedstaat eine Transskript bzw. eine Übersetzung kaum notwendig sein, da sich das Formblatt in Anhang I zur Unterhaltsverordnung findet. Es liegt mithin bereits in allen Amtssprachen der Mitgliedstaaten vor. Daraus ergeben sich die bereits beschriebenen Vorteile176. Mithin wird durch diese Neuregelung ein wichtiger Beitrag dazu geleistet, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zu beschleunigen und weniger kostenintensiv auszugestalten. Darüber hinaus trägt die Möglichkeit, eine Unterhaltsentscheidung gem. Art. 39 UnterhaltsVO vorläufig für vollstreckbar zu erklären, dazu bei, eine Unterhaltsforderung im Ausland rasch und wirksam durchzusetzen 175

Fucik, Die Europäische Unterhaltsverordnung – Gemeinschaftsrechtliche Anerkennungs- und Vollstreckungsmechanismen, iFamZ 2009, 305 (306) bedauert, dass es sich hierbei nicht um eine starre Frist handelt. 176 s. oben A. IV. 2. b) bb).

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

und wirkt dem missbräuchlichen Einsatz von Rechtsmitteln entgegen 177 . Grund dafür ist, dass infolge der vorläufigen Vollstreckbarerklärung der Unterhaltsentscheidung die Möglichkeit, dass die verpflichtete Person die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung durch die Einlegung eines Rechtsmittels im Ursprungsmitgliedstaat zu verzögern versucht, entfällt. Mithin wird durch Art. 39 UnterhaltsVO eine Beschleunigung des Unterhaltsverfahrens bewirkt. Das führt zu der zu begrüßenden Folge, dass der Unterhaltsberechtigte die Unterhaltsleistungen schneller als bisher erhält178. Schließlich ist auch die Neuregelung des Art. 41 UnterhaltsVO zu begrüßen, die das Vollstreckungsverfahren und die Bedingungen für die Vollstreckung betrifft. Indem in Art. 41 Abs. 1 Satz 2 UnterhaltsVO festgeschrieben ist, dass eine ausländische Unterhaltsentscheidung im Hinblick auf die Vollstreckungsbedingungen einer inländischen Unterhaltsentscheidung gleichzustellen ist, können die Mitgliedstaaten für die Vollstreckung ausländischer Unterhaltsentscheidungen keine zusätzlichen Voraussetzungen in ihr nationales Vollstreckungsrecht aufnehmen. Das trägt zu einer einfacheren Rechtsanwendung bei. Außerdem ist auf diese Weise die freie Zirkulation von Unterhaltsentscheidungen in der Europäischen Union sichergestellt, denn inländische und ausländische Unterhaltsentscheidungen werden hinsichtlich der Bedingungen für die Vollstreckung gleich behandelt. Des Weiteren entbindet Art. 41 Abs. 2 UnterhaltsVO von dem – hingegen in Art. 40 Abs. 2 EuGVO statuierten – Erfordernis, dass die Partei, die die Vollstreckung beantragt, im Vollstreckungsmitgliedstaat über eine Postanschrift oder einen bevollmächtigten Vertreter verfügen muss. Das gilt jedoch wie bereits ausgeführt nur für Personen, die nicht im Bereich der Vollstreckungsverfahren zuständig sind. Für diese Personengruppe entfällt aufgrund von Art. 41 Abs. 2 UnterhaltsVO mithin eine zusätzliche, zeit- und kostenintensive Hürde bei der Vollstreckung. III. Zusammenfassung Während sich in den bisher geltenden Rechtsinstrumenten weder auf internationaler noch auf europäischer Ebene harmonisierte Vorschriften zur Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen im Vollstreckungsstaat finden, ist es zu begrüßen, dass sowohl in das Haager Unterhaltsübereinkommen als auch in die Unterhaltsverordnung teilweise vereinheitlichte Regelungen zur Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen aufgenommen 177

Erwägungsgrund 22 UnterhaltsVO. Vgl. Deutscher Richterbund, Stellungnahme des Deutschen Richterbundes zum Grünbuch „Unterhaltspflichten“ der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 15.4.2004 KOM (2004) 254 endgültig (September 2004), zu Frage 4. 178

C. Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer Regelung über die Zustellung

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wurden. Diese partiellen Vereinheitlichungen bewirken, dass das Verfahren der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung beschleunigt wird und weniger Kosten entstehen. Ebenso wird dadurch die Rechtsanwendung erleichtert, da nicht mehr ausschließlich das unter Umständen divergierende nationale Vollstreckungsrecht maßgeblich ist.

C. Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer harmonisierten Regelung über die Zustellung in der Unterhaltsverordnung Kritische Anmerkungen zum Fehlen einer Regelung über die Zustellung

Während Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurf und die Art. 13 bis 15 EuVTVO eine Regelung über die Zustellung des verfahrenseinleitenden oder gleichwertigen Schriftstücks enthalten, findet sich eine entsprechende Vorschrift in der geltenden Fassung der Unterhaltsverordnung nicht179. Das führt zu Bedenken, wenn man die Mindestvorschriften in Art. 22 UnterhaltsVOEntwurf und in Art. 12 ff. EuVTVO als Ausgleich für die Abschaffung des Exequaturverfahrens sieht, um die Einhaltung der Verfahrenserfordernisse zu gewährleisten180. Die Bedenken sind jedoch unbegründet, wenn sich das Fehlen einer harmonisierten Vorschrift über die Zustellung in der Unterhaltsverordnung rechtfertigen lässt. Zum einen warf die Vorschrift des Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurf zahlreiche rechtliche Probleme auf, da die darin vorgesehenen Bestimmungen teilweise strenger ausgestaltet waren 179

Von den „Gemeinsamen Verfahrensvorschriften“ der Art. 22 bis 24 UnterhaltsVOEntwurf ist Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurf in der geltenden Fassung der Unterhaltsverordnung entfallen, während sich Art. 23 UnterhaltsVO-Entwurf in Art. 11 UnterhaltsVO und Art. 24 UnterhaltsVO-Entwurf in Art. 19 UnterhaltsVO wiederfindet, s. Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 8467/08 JUSTCIV 69, 23; Rat der Europäischen Union, Dok. Nr. 14066/08 JUSTCIV 216, 15. 180 Zur Unterhaltsverordnung: Nach Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Erläuterungen zu den Artikeln des Vorschlags für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten, KOM(2006) 206 vom 12. Mai 2006, 6 gehen die Normen der Art. 22 ff. UnterhaltsVOEntwurf zwingend mit der Abschaffung des Exequaturverfahrens einher. Linke, Die Europäisierung des Unterhaltsverfahrensrechts, FPR 2006, 237 (238 f.) erachtet eine Harmonisierung der Zustellungsvorschriften für erforderlich, da die Kontrolle der Effektivität der Zustellung im Vollstreckbarerklärungsverfahren mit der Abschaffung entfalle. Zur Europäischen Vollstreckungstitelverordnung: Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2007), 89; Rauscher/Pabst, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Art. 12 EG-VollstrTitelVO Rn. 1; Rauscher, Der Europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen (2004), Rn. 102 bezeichnet die Regelungen als entscheidende Grundlage für den anschließenden Verzicht auf die Kontrolle der Zustellung als Anerkennungshindernis.

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

als die Regelungen der europäischen Zustellungsverordnung. Für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung hätte damit ein eigenständiges Zustellungsverfahren gegolten. Dieser Umstand wäre für die Praxis mit zusätzlichen Belastungen verbunden gewesen, obwohl derartige Änderungen zum Schutz des Unterhaltsberechtigten nicht erforderlich gewesen wären181. Zum anderen wurden die in Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurf vorgeschriebenen Zustellungsarten kritisiert 182 . Der Bundesrat hatte daher bereits im Jahre 2006 in einem Beschluss vorgeschlagen, im Interesse der größeren Übersichtlichkeit der Rechtsmaterie zu überprüfen, ob anstelle des Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurfs nicht in vollem Umfang auf die europäische Zustellungsverordnung verwiesen werden und unabdingbare Ausnahmen in einer Sondervorschrift in der Unterhaltsverordnung geregelt werden könnten 183 . Eine ähnliche Lösung wurde schließlich im Rahmen der endgültigen Fassung der Unterhaltsverordnung getroffen. Die Zustellung von Schriftstücken bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung nach der europäischen Zustellungsverordnung. Den notwendigen Ausgleich für die Abschaffung des Exequaturverfahrens im Hinblick auf die Zustellung des verfahrenseinleitenden oder gleichwertigen Schriftstücks schafft Art. 19 UnterhaltsVO, der die Einhaltung spezieller Verfahrensgarantien gewährleistet. Eine weiterreichende Harmonisierung, beispielsweise der Zustellungsarten, wie dies in Art. 22 UnterhaltsVOEntwurf vorgesehen war, ist nicht erforderlich. Die Unterhaltsverordnung stellt zusammen mit den vereinheitlichten Regelungen der europäischen Zustellungsverordnung und den Gewährleistungen des Rechts auf Nachprüfung in Art. 19 UnterhaltsVO ein hohes Schutzniveau für den Unterhaltsverpflichteten sicher. Darüber hinaus bewirkt diese Lösung Übersichtlichkeit für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung, die für die Rechtsanwendung wünschenswert ist.

181 Vgl. Bundesrat, Beschluss des Bundesrates, BR-Drucks. 30/06 vom 19. Mai 2006, Rn. 20. 182 Nach Gottwald, Prozessuale Zweifelsfragen der geplanten EU-Verordnung in Unterhaltssachen, in: Hau/Schmidt, Facetten des Verfahrensrechts – Liber amicorum Walter F. Lindacher (2007), 13 (18) schränkt Art. 22 Abs. 1 UnterhaltsVO-Entwurf das Verfahren der Zustellung derart ein, dass es kaum noch praktikabel erscheint. Besonders Rauscher, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozeßrecht, Band II (2006), Einf. EGUnterhaltsVOE, Rn. 36 nimmt eine sehr kritische Haltung ein und bezeichnet die Regelungen in Art. 22 UnterhaltsVO-Entwurf als „so schuldnergünstig, wie die internationalen Rechtsbeziehungen letztmals im 19. Jahrhundert waren“. 183 Bundesrat, Beschluss des Bundesrates, BR-Drucks. 30/06 vom 19. Mai 2006, Rn. 20.

D. Ergebnis

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D. Ergebnis Ergebnis

Abschließend lässt sich konstatieren, dass die Neuregelungen zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen im Haager Unterhaltsübereinkommen sowie in der Unterhaltsverordnung sowohl auf internationaler als auch auf europäischer Ebene zu Verbesserungen bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung geführt haben. Aufgrund der neuen Rechtsinstrumente konnten zahlreiche der bislang bestehenden Schwierigkeiten gelöst werden. Das ist schon für sich betrachtet positiv zu bewerten. Betrachtet man nun das Haager Unterhaltsübereinkommen und die Unterhaltsverordnung im Vergleich zueinander, kann festgestellt werden, dass die Veränderungen, die sich im Rahmen der Unterhaltsverordnung ergeben haben, in vielerlei Hinsicht weitergehend sind als diejenigen, die durch die neuen Vorschriften zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung im Haager Unterhaltsübereinkommen erreicht wurden. Das betrifft im Besonderen die Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene, die hauptsächlich auf die Abschaffung des Exequaturverfahrens zurückzuführen ist. Aus Sicht der unterhaltsberechtigten Person ist es sehr vorteilhaft, dass ihre Unterhaltsentscheidung in einem anderen Mitgliedstaat unmittelbar und ohne jedwede Überprüfung anerkannt und vollstreckt wird. Einschränkend ist allerdings anzumerken, dass dies nur für Unterhaltsentscheidungen gilt, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, der durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden ist (Art. 16 Abs. 2 i.V.m. Art. 17 ff. UnterhaltsVO). Für Entscheidungen, die im Vereinigten Königreich oder in Dänemark ergangen sind, ist hingegen ein gegenüber der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung leicht abgeändertes Exequaturverfahren mit einigen zeitlichen Beschränkungen für die Vollstreckbarerklärung und ein etwaiges Rechtsbehelfsverfahren maßgeblich. Dieses Vollstreckbarerklärungsverfahren und dasjenige des Haager Unterhaltsübereinkommens gem. Art. 23 HUÜ 2007 sind sehr ähnlich ausgestaltet, denn in beiden Fällen wird die Möglichkeit, Einwendungen vorzubringen, auf das Rechtsbehelfsverfahren verlagert. Darüber hinaus ermöglicht das Haager Unterhaltsübereinkommen jedoch den Vertragsstaaten anstelle des Verfahrens i.S.d. Art. 23 HUÜ 2007 das alternative Verfahren gem. Art. 24 HUÜ 2007 für anwendbar zu erklären. Damit richtet sich die Vollstreckbarerklärung von Unterhaltsentscheidungen weder nach dem Haager Unterhaltsübereinkommen noch nach der Unterhaltsverordnung nach einer einheitlichen Regelung. In beiden Rechtsinstrumenten sind vielmehr zwei Verfahren maßgeblich. Die Vereinheitlichungswirkung des jeweiligen Regelungswerkes ist folglich

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Kapitel 6: Anerkennung und Vollstreckung

beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung fällt aber in der Unterhaltsverordnung im Unterschied zum Haager Unterhaltsübereinkommen geringer aus. Grund dafür ist, dass die Unterhaltsverordnung den Mitgliedstaaten keine „Wahlmöglichkeit“ zwischen zwei alternativen Verfahren bietet, sondern ausschließlich für Dänemark, das Vereinigte Königreich und Irland eine gesonderte Regelung zur Vollstreckbarerklärung aufgenommen werden musste, da ihnen kraft Primärrechts die Möglichkeit zusteht, zu entscheiden, ob sie durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sein möchten184. Entscheiden sie sich gegen eine Bindung durch das Haager Unterhaltsprotokoll, ist die Abschaffung des Exequaturverfahrens aufgrund der fehlenden Vereinheitlichung des Unterhaltskollisionsrechts kaum zu rechtfertigen. Auf internationaler Ebene ist ein Verzicht auf die Vollstreckbarerklärung als Voraussetzung für die Vollstreckung im Vollstreckungsstaat bislang nicht denkbar. Zum einen ist das Kollisionsrecht nicht für alle Staaten, die durch das Haager Unterhaltsübereinkommen gebunden sind, einheitlich geregelt. Das Haager Unterhaltsübereinkommen und das Haager Unterhaltsprotokoll gelten vielmehr unabhängig voneinander. Zum anderen sind auf internationaler Ebene Unterschiede hinsichtlich der Gewährung der rechtsstaatlichen Garantien im Unterhaltsverfahren in den Vertragsstaaten wahrscheinlicher. Das liegt darin begründet, dass insbesondere ein durch Art. 47 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 6 EMRK gewährter, vergleichbarer Schutz für die Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsübereinkommens fehlt. Außerdem wäre die Abschaffung des Exequaturverfahrens auf internationaler Ebene kaum konsensfähig. Es ist mithin erforderlich, dass die zuständige Behörde des Vollstreckungsstaates vor der Vollstreckung überprüfen kann, ob die Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung vorliegen. Mit Art. 23 HUÜ 2007 wurde im Haager Unterhaltsübereinkommen ein Verfahren gewählt, das die weitestgehende Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen auf internationaler Ebene ermöglicht. Schließlich ist festzuhalten, dass die Vorteile, die sich aus der Abschaffung des Exequaturverfahrens für die EU-Mitgliedstaaten 185 durch Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO ergeben, den einzigen Vorteil deutlich überwiegen, den der Verzicht auf eigenständige, EU-interne Regelungen zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung mit sich bringen würde. 184

Wie bereits ausgeführt hat sich Irland für eine Bindung durch das Haager Unterhaltsprotokoll entschieden. 185 Die Abschaffung des Exequaturverfahrens gilt für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Dänemark und dem Vereinigten Königreich.

D. Ergebnis

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Hierbei würde es sich um die Anwendung einheitlicher Regelungen auf internationaler und europäischer Ebene handeln. Das deutliche Überwiegen lässt sich damit begründen, dass nur durch den Verzicht auf die Vollstreckbarerklärung bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung eine enorme Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden kann. Diese ist notwendig, da der Unterhaltsberechtigte in vielen Fällen dringend auf die Auszahlung von Unterhalt angewiesen ist. Außerdem ist zu bedenken, dass die Staaten der Europäischen Union fortwährend weiter zusammenwachsen, sodass auf Grundlage einheitlicher Garantien für ein rechtsstaatliches Verfahren die freie Zirkulation von Unterhaltsentscheidungen innerhalb des europäischen Rechtsraumes gewährleistet sein muss. Diese „Freizügigkeit“ von Unterhaltsentscheidungen kann nur durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens in der Unterhaltsverordnung sichergestellt werden. Es ist mithin gerechtfertigt, dass auf europäischer Ebene eigenständige, EU-interne Regelungen zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen gelten.

Schlussbetrachtungen und Endergebnis Im Rahmen einer abschließenden Betrachtung werden zunächst die wichtigsten Erkenntnisse dargestellt, die sich aufgrund der durch die neuen Rechtsinstrumente bewirkten Veränderungen im Bereich der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung ergeben haben (unter A.). Auf Grundlage dieser Feststellungen kann die bereits zu Beginn der Arbeit aufgeworfene Frage beantwortet werden, ob die Schaffung der Unterhaltsverordnung – als ein eigenständiges, EU-internes Rechtsinstrument – erforderlich war oder ob sich nicht weitergehende Vorteile ergeben hätten, wenn die Europäische Union ausschließlich die neuen Haager Rechtsinstrumente abgeschlossen hätte (unter B.). Schlussendlich werden alle Ergebnisse, die sich im Verlauf der Arbeit ergeben haben, in einem Endergebnis aufgezeigt (unter C.).

A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

Die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung erlangt aufgrund der Globalisierung und der wachsenden Mobilität der Bevölkerung eine stetig zunehmende Bedeutung. Welche Bedeutung ihr zukommt, zeigen die zahlreichen Rechtsinstrumente, die bereits auf internationaler und europäischer Ebene für dieses Gebiet existieren. Diese Regelungswerke verfolgen das Ziel, die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland zu erleichtern. Allerdings ist die Effektivität dieser Rechtsinstrumente häufig nur beschränkt. Mit der Schaffung des Haager Unterhaltsübereinkommens und dem Haager Unterhaltsprotokoll von 2007 und der Unterhaltsverordnung aus dem Jahre 2008 versuchte man die bestehenden Schwierigkeiten zu lösen und damit die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung insgesamt zu verbessern. Zu diesem Zweck werden in der Arbeit die Veränderungen, die sich durch die neuen Rechtsinstrumente in Bezug auf die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung ergeben haben, dargestellt, analysiert und bewertet. Die dabei erzielten, wichtigsten Erkenntnisse lassen sich, differenziert nach den einzelnen Regelungswerken, wie folgt festhalten:

A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

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1. Haager Unterhaltsübereinkommen Das Haager Unterhaltsübereinkommen von 2007 enthält Vorschriften zur behördlichen Zusammenarbeit und zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen, während Regelungen zur direkten Zuständigkeit nicht aufgenommen wurden. Durch die Neuregelungen konnten zahlreiche Schwierigkeiten gelöst werden, die bislang im Rahmen der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bestehen: Infolge der Aufnahme von Bestimmungen zur Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden in das Haager Unterhaltsübereinkommen muss dafür nicht mehr, wie bisher, auf ein weiteres Rechtsinstrument – das New Yorker UN-Übereinkommen von 1956 – zurückgegriffen werden. Außerdem weisen auch die neuen Vorschriften weitere Vorteile gegenüber ihren Vorgängerregelungen auf. Zum einen wird besonderer Wert auf einen verbesserten Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden gelegt. Das zeigt sich insbesondere durch die zum Teil sehr detaillierten Regelungen über die Weitergabe von Informationen zwischen den Zentralen Behörden. Zum anderen wird ein Beitrag geleistet, Kosten bei der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung zu senken. Diesem Ziel dienen die Verwendung von Formblättern im Rahmen der behördlichen Zusammenarbeit sowie die Sicherung eines effektiven Zugangs zum Recht durch die Möglichkeit, unentgeltliche juristische Unterstützung zu erhalten. Darüber hinaus wird die behördliche Zusammenarbeit durch die Neuregelungen im Haager Unterhaltsübereinkommen beschleunigt, da klar definierte Fristen eingeführt und Begriffe wie „zügig“ oder „umgehend“ verwendet werden, denen eine beschleunigende Wirkung zuzuschreiben ist. Dieselben Veränderungen tragen ebenfalls im Rahmen der Vorschriften zur Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen zur Beschleunigung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bei. Hinsichtlich der Beschleunigung und der Vereinfachung der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung ist insbesondere das weitgehend harmonisierte Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren gem. Art. 23 HUÜ 2007 hervorzuheben. Die positiven Veränderungen infolge der Einführung dieses Verfahrens liegen darin begründet, dass die Einwendungsmöglichkeiten der Parteien nunmehr – nach dem Vorbild der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung – auf das Rechtsbehelfsverfahren verlagert wurden. Damit kann die Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen schneller stattfinden. Neben weiteren begrüßenswerten Veränderungen werfen einige neue Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens aber auch problematische Aspekte auf. Das betrifft insbesondere die teilweise in den Regelungen eingeräumten Vorbehalts- und Erklärungsmöglichkeiten. Aufgrund der ihnen zugrunde liegenden Ambivalenz droht einerseits die Gefahr der Rechtszersplitte-

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Schlussbetrachtungen und Endergebnis

rung und der Aushöhlung des Haager Unterhaltsübereinkommens, andererseits wird durch diese aber auch die Attraktivität des neuen Übereinkommens gesteigert. Ihre Aufnahme zeigt deutlich den Kompromisscharakter des Übereinkommens. Eindeutig negativ zu bewerten ist, dass die Übersetzungskosten dem Antragsteller, in der Regel die unterhaltsberechtigte Person, – selbst im Falle der Gewährung unentgeltlicher juristischer Unterstützung – auferlegt werden können und damit die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen im Ausland gefährdet ist. Nichtsdestotrotz lässt sich in einer Gesamtschau konstatieren, dass mit dem Haager Unterhaltsübereinkommen wesentliche Verbesserungen hinsichtlich einer einfacheren, kostengünstigeren, schnelleren und effektiveren grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung erreicht werden konnten. 2. Haager Unterhaltsprotokoll Im Haager Unterhaltsprotokoll finden sich ausschließlich Regelungen, die die Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts betreffen. Diese Kollisionsnormen führen zu zahlreichen Verbesserungen gegenüber denjenigen der Vorgängerübereinkommen. Dabei ist insbesondere die Vorschrift des Art. 27 HUP 2007 hervorzuheben. Nach dieser Regelung sind Vorbehalte zum Haager Unterhaltsprotokoll unzulässig. Somit ist gewährleistet, dass für alle Vertragsstaaten einheitliche Vorschriften zur Bestimmung des anwendbaren Rechts gelten. Zugleich trägt die veränderte Reihenfolge der subsidiären Anknüpfungsleiter in den Art. 3, 4 HUP 2007 dazu bei, das Interesse der Staaten, die dem „common law“–Rechtskreis angehören und die Anwendung der „lex fori“ bevorzugen, besser einzubeziehen. Außerdem führt die Anwendung der „lex fori“ durch das zuständige Gericht zu einem verringerten Zeit- und Kostenaufwand und ist ebenso der Praktikabilität und der Rechtssicherheit dienlich. Darüber hinaus gibt es zwei weitere begrüßenswerte Veränderungen: den Wegfall des Art. 8 UStA und die Aufnahme von Art. 7 und 8 HUP 2007. Durch den Wegfall des Art. 8 UStA wird die Rechtsanwendung wesentlich vereinfacht. Infolge der nunmehr kollisionsrechtlich eigenständigen Anknüpfung der Unterhaltspflichten stimmen in vielen Fällen das anwendbare Recht für Unterhaltspflichten von geschiedenen Ehegatten und Kindern überein. Ebenso ist das Unterhaltsstatut wandelbar, sodass der Unterhaltsanspruch bestmöglich auf die Bedürfnisse der unterhaltsberechtigten Person in ihrem jeweiligen Umfeld zugeschnitten ist. Auch die Möglichkeit, das anwendbare Recht gem. Art. 7 und 8 HUP 2007 wählen zu können, ist zu begrüßen, da dadurch die Rechtsanwendung klarer und einfacher und die Parteiautonomie gestärkt wird. Allerdings finden sich im Haager Unterhaltsprotokoll auch Regelungen, die Schwierigkeiten bereiten können. Hierbei handelt es sich beispielsweise um die Auslegung des Art. 8 Abs. 4 HUP 2007, der die

A. Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse

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Frage des Unterhaltsverzichts betrifft oder die durch Art. 9 HUP 2007 wahrscheinliche Uneinheitlichkeit hinsichtlich des Begriffs „Wohnsitz“ zwischen den Vertragsstaaten. Diese negativen Seiten des Haager Unterhaltsprotokolls wiegen jedoch nicht so schwer, als dass sie der Annahme entgegenstehen würden, dass durch das Haager Unterhaltsprotokoll wesentliche Verbesserungen im Vergleich zur bisherigen Rechtslage erzielt werden konnten und die Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts nunmehr einheitlicher, einfacher und schneller möglich ist. 3. Unterhaltsverordnung Die Unterhaltsverordnung enthält eigenständige, EU-interne Regelungen für die Bereiche Zuständigkeit, Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden und Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen. Hingegen finden sich keine auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränkten Vorschriften zur Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts. Diesbezüglich gelten vielmehr unmittelbar die Normen des Haager Unterhaltsprotokolls, das die Europäische Union abschließen wird. Diese Entscheidung ist zu begrüßen, da sie zur Folge hat, dass auch gegenüber Nicht-EU-Staaten einheitliche Normen zur Bestimmung des auf Unterhaltspflichten anzuwendenden Rechts gelten. Darüber hinaus stellt die Unterhaltsverordnung im Vergleich zu den ihr vorausgegangenen Rechtsinstrumenten erstmals auf EU-Ebene ein Regelungswerk dar, das ausschließlich für die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs im Ausland bestimmt ist. Das gewährleistet, dass sich die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union nach einheitlichen Vorschriften richtet. Neben diesen begrüßenswerten Veränderungen führt die Unterhaltsverordnung zu weiteren Verbesserungen: Trotz der im Rahmen des Art. 3 UnterhaltsVO eingeräumten Möglichkeit, zwischen mehreren Gerichtsständen wählen zu können, ist ein „forum shopping“ aufgrund des vereinheitlichten Kollisionsrechts ausgeschlossen. Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen droht nicht mehr, was einen erheblichen Beitrag zur Stärkung der Rechtssicherheit leistet. Des Weiteren wird durch die harmonisierte Auffangzuständigkeit gem. Art. 6 UnterhaltsVO, wonach die Gerichte des Mitgliedstaates der gemeinsamen Staatsangehörigkeit der Parteien zuständig sind, ein gleichwertiger Rechtsschutz für alle EUBürger sichergestellt. Auch im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden konnten wesentliche Fortschritte erzielt werden. Zum einen ist aufgrund der größtenteils detaillierten Beschreibung der Informationspflichten ein effektiverer Informationsaustausch zwischen den Zentralen Behörden gewährleistet. Zum anderen werden die Kosten der

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Schlussbetrachtungen und Endergebnis

grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung durch die Möglichkeit, unentgeltliche juristische Unterstützung zu erhalten, reduziert. Dabei gilt es hervorzuheben, dass von der unentgeltlichen juristischen Unterstützung auch die Übersetzungskosten erfasst sind, die nicht – wie im Haager Unterhaltsübereinkommen – auf den Antragsteller übertragen werden können. Das stellt insbesondere für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung von Kindern einen enormen Fortschritt dar. Darüber hinaus wird die Zusammenarbeit zwischen den Zentralen Behörden durch die Einführung klar definierter Fristen und Begriffen, die einen zügigen Verfahrensablauf bezwecken, beschleunigt. Die am weitesten reichende Beschleunigung erfährt die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung jedoch durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens in den Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind. Diese „revolutionäre“ Neuerung führt neben einer Beschleunigung auch zu einer Vereinfachung und Effektivitätssteigerung des Unterhaltsverfahrens. Dennoch finden sich, trotz dieser zu befürwortenden Neuerungen, in den Vorschriften der Unterhaltsverordnung auch Aspekte, die neue Schwierigkeiten aufwerfen können. Beispielhaft sei hier die Frage angeführt, ob Art. 3 UnterhaltsVO auch eine Regelung der örtlichen Zuständigkeit in Fällen ohne internationalen Bezug enthält. Diese Unklarheiten lassen sich allerdings im Rahmen der Rechtsanwendung durch Auslegung lösen. Mithin ist festzustellen, dass die neuen Vorschriften der Unterhaltsverordnung im Gesamten betrachtet, die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung wesentlich verbessern.

B.

Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene

Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments auf europäischer Ebene

Die Analyse der durch die neuen Rechtsinstrumente bedingten Veränderungen in den Kapiteln 2 bis 6 hat gezeigt, dass die neuen Regelungswerke zahlreiche Gemeinsamkeiten, aber auch Unterschiede aufweisen. Infolge der Gemeinsamkeiten bestehen auf internationaler und europäischer Ebene teilweise ähnliche Regelungen. Das wirft die Frage auf, ob es für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene überhaupt eines eigenständigen, EU-internen Rechtsinstruments bedurfte. Alternativ hätte der europäische Gemeinschaftsgesetzgeber – wie das für das Unterhaltskollisionsrecht geschehen ist – auf entsprechende Regelungen verzichten und die Europäische Union stattdessen das Haager Unterhaltsübereinkommen abschließen können. Diese Entscheidung hätte den Vorteil mit sich gebracht, dass der bislang bestehende „Dschungel“ an

B. Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments auf europäischer Ebene 223

Rechtsinstrumenten auf „zwei Bäume“ (Haager Unterhaltsübereinkommen und Haager Unterhaltsprotokoll) hätte reduziert werden können, vorausgesetzt alle „alten“ Vertragsstaaten der bestehenden Haager Unterhaltsübereinkommen wären auch solche der beiden neuen Konventionen geworden. Auf diese Weise hätte ein erheblicher Beitrag zur Erleichterung der Rechtsanwendung geleistet werden können. Diesem Zweck wäre ebenfalls dienlich gewesen, dass sich damit die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung auf internationaler und europäischer Ebene nach vollständig einheitlichen Regelungen gerichtet hätte. Trotz dieser Vorteile können allerdings die Schwierigkeiten, die sich bei einem ausschließlichen Abschluss der Haager Rechtsinstrumente durch die Europäische Union ergeben hätten, nicht außer Acht gelassen werden. Denn damit wäre insbesondere eine Änderung dieser Regelungswerke nur schwer möglich gewesen. Das hätte zur Folge gehabt, dass die Innovationsmöglichkeit auf europäischer Ebene beschränkt worden wäre. Darüber hinaus sind auch die Unterschiede, die zwischen den einzelnen Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens im Vergleich zu denjenigen der Unterhaltsverordnung bestehen, bei der Beantwortung der oben aufgeworfenen Frage zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Unterschiede soll in der folgenden Analyse auf die Vorbehaltsmöglichkeiten (unter I.) und die Gewährleistung des „freien Verkehrs“ von Unterhaltsentscheidungen (unter II.) näher eingegangen werden. I. Vorbehaltsmöglichkeiten Während in vielen Vorschriften des Haager Unterhaltsübereinkommens die Möglichkeit eingeräumt ist, gegen sie Vorbehalte einzulegen oder Erklärungen abzugeben, gelten die Bestimmungen der Unterhaltsverordnung für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union vorbehaltlos. Einzig der Differenzierung im Rahmen der Anerkennung, Vollstreckbarerklärung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten, die durch das Haager Unterhaltsprotokoll gebunden sind und den Mitgliedstaaten, die keiner Bindung unterliegen, könnte man eine vorbehaltsähnliche Wirkung zusprechen. Denn auch diese hat zur Folge, dass die Vollstreckung ausländischer Unterhaltsentscheidungen auf Ebene der Mitgliedstaaten an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft wird. Allerdings ist diese Differenzierung primärrechtlich bedingt, denn Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich sind nicht automatisch an Rechtsakte gebunden, die auf Grundlage des Dritten Teils Titel IV des EG-Vertrags1 ergangen sind. Irland und das Vereinigte Königreich haben die Möglich1

Bzw. auf Grundlage des Dritten Teils Titel V des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

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Schlussbetrachtungen und Endergebnis

keit eines „opt-in“. Dänemark kann auf Grundlage des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark erklären, dass es die Änderungen, die sich durch die Unterhaltsverordnung ergeben haben, umsetzen wird. Das Vereinigte Königreich hat, wie erwartet, von seiner „opt-in“-Möglichkeit Gebrauch gemacht, möchte aber durch die Kollisionsnormen des Haager Unterhaltsprotokolls nicht gebunden sein 2 . Irland hat dagegen sein „opt-in“ zur Unterhaltsverordnung einschließlich der Regelungen zum anwendbaren Recht erklärt. Das ist bemerkenswert, denn auch bei Irland handelt es sich um einen Staat, der dem „common law“–Rechtskreis zuzuordnen ist. Dänemark wird die durch die Unterhaltsverordnung an der Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsverordnung bewirkten Änderungen mit Ausnahme der Regelungen in Kapitel III und VII umsetzen. Es ist damit festzuhalten, dass durch die Unterhaltsverordnung die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung unter 25 Mitgliedstaaten vollständig, gegenüber Dänemark und dem Vereinigten Königreich zumindest teilweise vereinheitlicht wurde. Darüber hinaus bewirkt der Verzicht auf Vorbehalte in der Unterhaltsverordnung, dass eine Aushöhlung dieses Regelungswerkes ebenso wenig stattfindet wie der Verlust seiner praktischen Bedeutung. Vielmehr wird die Rechtssicherheit erhöht und die Rechtsanwendung vereinfacht. Die Geltung einheitlicher Rechtsvorschriften hätte sich grundsätzlich auch durch den Abschluss des Haager Unterhaltsübereinkommens durch die Europäische Union ergeben. Denn der Europäischen Union steht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Kompetenz zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge in dem Ausmaße zu, in dem sie innergemeinschaftlich die Befugnis zum Regelungserlass durch Sekundärrecht besitzt3, was hinsichtlich der Unterhaltsverordnung der Fall ist. Die Europäische Union hätte damit verbindlich für die Mitgliedstaaten das Haager Unterhaltsübereinkommen abschließen und gegebenenfalls Vorbehalte anbringen oder Erklärungen abgeben können, während die EUMitgliedstaaten diesbezüglich keine Möglichkeit gehabt hätten. Mithin wäre auch auf diese Weise gewährleistet gewesen, dass für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union einheitliche Vorschriften für die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung gegolten hätten. Daraus ergibt sich, dass die Unterschiede, die hinsichtlich der Vorbehaltsmöglichkeiten im Haager Unterhaltsübereinkommen und der Unterhaltsverordnung bestehen, für sich betrachtet kein geeignetes Kriterium darstellen, das die Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments zur grenzüberschrei-

2

Hess, Europäisches Zivilprozessrecht (2010), § 7 V Rn. 98. EuGH vom 31. März 1971, Rs. 22/70 (AETR), Slg. 1971, 263, Tz. 15/19; EuGH vom 15. November 1994, Gutachten 1/94, Slg. 1994, I-5267, Tz. 76 f. 3

B. Erforderlichkeit eines eigenständigen Rechtsinstruments auf europäischer Ebene 225

tenden Unterhaltsdurchsetzung auf europäischer Ebene rechtfertigen könnte. II. Gewährleistung des „freien Verkehrs“ von Unterhaltsentscheidungen Im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist für die Unionsbürger die Freizügigkeit sowie der freie Kapital- und Zahlungsverkehr primärrechtlich verankert (Art. 21 Abs. 1 AEUV; Art. 45 AEUV; Art. 63 AEUV). Das gewährleistet sowohl für die Bürger als auch für das Kapital ein hohes Maß an Flexibilität. Ein Bürger der Europäischen Union kann problemlos seinen Aufenthalt von einem Mitgliedstaat in einen anderen Mitgliedstaat verlegen oder sein Vermögen von einem Mitgliedstaat in einen anderen transferieren. Mithin kann bei der Durchsetzung einer Unterhaltsforderung ohne Weiteres ein Auslandsbezug entstehen, auch wenn der Sachverhalt zuvor keinerlei grenzüberschreitenden Bezug aufgewiesen hat. Diese aufgrund des Primärrechts gewährte Flexibilität darf aber nicht dadurch missbraucht werden, dass die unterhaltsverpflichtete Person die Unterhaltsdurchsetzung verzögern kann, weil sie beispielsweise in einen anderen Mitgliedstaat verzieht oder ihr Vermögen, in das vollstreckt werden soll, in einen anderen Mitgliedstaat verlagert. Um einem derartigen Missbrauch vorzubeugen, müssen Unterhaltsentscheidungen in den Mitgliedstaaten frei zirkulieren können. Dieser „freie Verkehr“ von Unterhaltsentscheidungen wird primär durch die Abschaffung des Exequaturverfahrens gem. Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO gewährleistet. Auf internationaler Ebene fehlt hingegen eine entsprechende Regelung. Grund dafür ist, dass eine derart weitreichende Vorschrift bei der Ausarbeitung des Haager Unterhaltsübereinkommens schlichtweg nicht durchsetzbar gewesen wäre4. Die Abschaffung des Vollstreckbarerklärungsverfahrens auf internationaler Ebene würde unter anderem daran scheitern, dass in absehbarer Zukunft eine Vereinheitlichung der Zuständigkeitsregelungen nicht stattfinden, eine verbindliche Harmonisierung des Unterhaltskollisionsrechts für die Vertragsstaaten des Haager Unterhaltsübereinkommens nicht erfolgen wird und ebenso wenig gemeinsame Mindeststandards wie einheitliche Grund4

Beaumont, International Family Law in Europe – the Maintenance Project, the Hague Conference and the EC: A Triumph of Reverse Subsidiarity, RabelsZ 73 (2009), 509 (545); Duncan, Procedures for Recognition and Enforcement Abroad of Decisions Concerning Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 8 of May 2004, Rn. 23 sieht allenfalls die Möglichkeit, dass man bei der Schaffung des Haager Unterhaltsübereinkommens hätte darüber nachdenken können, ob den Vertragsstaaten nicht die Möglichkeit eingeräumt hätte werden können, untereinander selbstständig das Exequaturverfahren abzuschaffen. In diese Richtung tendiert Art. 20 eines Entwurfs der Haager Unterhaltskonvention, s. Drafting Committee, Working Draft of a Convention on the International Recovery of Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 13 of January 2005, Art. 20, S. 13.

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Schlussbetrachtungen und Endergebnis

rechte gewährleistet werden. Der im Haager Unterhaltsübereinkommen eingeschlagene Mittelweg zwischen einer vollständigen Abschaffung des Exequaturverfahrens und einer umfassenden vorherigen Kontrolle von Amts wegen (Art. 23 HUÜ 2007) 5 stellt hingegen aus europäischer Sicht keinen wesentlichen Fortschritt gegenüber dem Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren der Europäischen Gerichtsstandsverordnung dar. Hätte der europäische Gemeinschaftsgesetzgeber folglich auf ein eigenständiges Regelungswerk zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung verzichtet und wäre die Europäische Union stattdessen dem Haager Unterhaltsübereinkommen beigetreten, hätten im Vergleich zur bisherigen Rechtslage hinsichtlich Effektivität und Schnelligkeit bei der Durchsetzung einer Unterhaltsforderung im Ausland kaum Verbesserungen erreicht werden können. Der „status quo“ wäre vielmehr, in ein anderes Gewand gekleidet, erhalten geblieben. Die überschaubare Anzahl an Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Gegensatz zu den zahlreichen Staaten, die über das Haager Unterhaltsübereinkommen verhandelt haben, bietet allerdings auch eine ganz andere Grundlage für die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und die „Freizügigkeit“ von Unterhaltsentscheidungen als auf internationaler Ebene. Diese gemeinsame Grundlage bezieht sich insbesondere auf den einheitlichen europäischen Wirtschaftsraum und die geistigen und kulturellen Gemeinsamkeiten zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Damit wird deutlich, dass die Unterhaltsverordnung als ein EU-internes Rechtsinstrument erforderlich ist6. Denn nur so kann gewährleistet werden, dass die grenzüberschreitende Unterhaltsdurchsetzung zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union einfacher, schneller und effektiver ablaufen kann und der „freie Verkehr“ von Unterhaltsentscheidungen umfassend sichergestellt ist. Gleichzeitig trägt die Unterhaltsverordnung aber auch dazu bei, einem Missbrauch der durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union gewährten Grundfreiheiten durch Wegzug oder Vermögensverschiebung vorzubeugen.

5 Duncan, Procedures for Recognition and Enforcement Abroad of Decisions Concerning Child Support and Other Forms of Family Maintenance, Prel. Doc. No 8 of May 2004, Rn. 21. 6 Auch Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht in Unterhaltssachen, die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen und die Zusammenarbeit im Bereich der Unterhaltspflichten – Begründung, KOM(2005) 649, S. 3; Grabowska, Bericht vom 20. November 2008, Dok. Nr. A6–0456/2008, S. 6 nimmt sogar an, dass vereinheitlichte Vorschriften für die grenzüberschreitende Unterhaltsverordnung wie diejenigen der Unterhaltsverordnung längst überfällig gewesen waren.

C. Endergebnis

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III. Ergebnis Der bedeutendste Unterschied zwischen dem Haager Unterhaltsübereinkommen und der Unterhaltsverordnung besteht in der Abschaffung des Exequaturverfahrens gem. Art. 17 Abs. 2 UnterhaltsVO. Aufgrund dieser Neuregelung ist nunmehr die freie Zirkulation von Unterhaltsentscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union umfassend sichergestellt. Da eine derart weitreichende Regelung auf internationaler Ebene nicht möglich gewesen wäre, ist die Unterhaltsverordnung als eigenständige, EU-interne Regelung des europäischen Gemeinschaftsgesetzgebers erforderlich. Der Abschluss des Haager Unterhaltsübereinkommens durch die Europäische Union wäre nicht ausreichend gewesen, um den Anforderungen gerecht zu werden, die der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union an den Binnenmarkt aufstellt und um die daraus resultierenden Wirkungen aufzufangen. Denn aufgrund der Flexibilität, die durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union innerhalb der Europäischen Union hinsichtlich eines Aufenthaltswechsels oder einer Verlagerung von Kapital besteht, muss auch der „freie Verkehr“ von Unterhaltsentscheidungen umfassend gewährleistet sein. Ansonsten könnte sich eine unterhaltsverpflichtete Person aufgrund der Freizügigkeit und des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs auf sehr einfache Weise der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung zu entziehen versuchen und diese damit erschweren. Dies zu vermeiden, kann nur durch ein auf die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschränktes Rechtsinstrument – die Unterhaltsverordnung – sichergestellt werden.

C.

Endergebnis

Endergebnis

Aufgrund der Veränderungen, die sowohl durch das Haager Unterhaltsübereinkommen und das Haager Unterhaltsprotokoll als auch die Unterhaltsverordnung eingetreten sind, konnten zahlreiche Schwierigkeiten, die bislang im Rahmen der grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung bestanden haben, gelöst werden. Die Veränderungen tragen insbesondere zu einer schnelleren, einfacheren, kostengünstigeren und effektiveren Geltendmachung von Unterhaltsforderungen im Ausland bei. Sie unterscheiden sich allerdings im Hinblick auf ihre Intensität. Durch die gemeinsame Grundlage des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, der für die Bürger der Europäischen Union die Freizügigkeit gewährleistet, konnten auf europäischer Ebene mit der Unterhaltsverordnung wesentlich ambitioniertere Ziele erreicht werden als das auf internationaler Ebene möglich gewesen war. Zu nennen sind hier insbesondere die einheitlichen Zuständigkeitsregelungen und die Abschaffung des Exequaturverfahrens

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Schlussbetrachtungen und Endergebnis

als bisher notwendiger Voraussetzung für die Vollstreckung einer Unterhaltsentscheidung in einem anderen Mitgliedstaat. Etwas anderes gilt hingegen in Bezug auf die Regelungen des anwendbaren Rechts. Hier hat man sich bei der Ausarbeitung der Unterhaltsverordnung bewusst gegen eigenständige, EU-interne Regelungen entschieden; stattdessen wird die Europäische Union das Haager Unterhaltsprotokoll abschließen. Diese Regelungstechnik zeigt – in einer Zusammenschau betrachtet –, dass man sich auf europäischer Ebene in den Bereichen, in denen weitergehende EU-interne Regelungen geschaffen werden konnten, bewusst und berechtigterweise für solche entschieden hat, und in dem Bereich, in dem ursprünglich fast identische Vorschriften auf internationaler und europäischer Ebene vorgesehen waren, auf eine eigenständige Regelung verzichtet wurde. Damit ist zu konstatieren, dass die Unterhaltsverordnung erforderlich war, auch wenn damit einhergeht, dass damit ein weiterer „Baum“ im „Dschungel“ der Rechtsinstrumente zur grenzüberschreitenden Unterhaltsdurchsetzung neben den Regelungswerken auf internationaler Ebene „wächst“. Zudem steht für die Unterhaltsverordnung fest, welche Mitgliedstaaten durch sie gebunden sein werden, während auf internationaler Ebene bislang Ungewissheit darüber besteht, wer Vertragsstaat der neuen Regelungswerke werden wird und ob bzw. wie viele Staaten von den im Haager Unterhaltsübereinkommen eingeräumten Vorbehalts- und Erklärungsmöglichkeiten Gebrauch machen werden. Damit ist die Wirkung dieses Rechtsinstruments fraglich.

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Register Abänderungsentscheidung 49, 61 ff., 66 Anknüpfungs– regel 74 – kaskade 75 ff., 80 f., 83 ff., 99 Anwendung – universelle 26, 89 Aufenthalt – gewöhnlicher 24, 26, 28, 40 f., 48 ff., 62 ff., 70, 75 ff., 83 ff., 92, 94 ff., 103, 106, 108 ff., 150, 156, 158 ff., 165, 169 f., 197, 201, 203 – Statut 76, 99 Ausweichklausel Beschleunigung 87, 126 ff., 131, 144, 148, 175 f., 196, 199 f., 202 ff., 207, 215, 217 ff. „civil law“ – Rechtskreis 6, 82 „common law“ – Rechtskreis 6, 82 ff., 112, 114 f., 117, 159, 220, 224 „domicile“ 55, 114 f. Doppelkontrolle – Risiko der 180 f., 183 Einrichtung – öffentliche 29 – öffentliche Aufgaben wahrnehmende 16, 21, 24, 28 ff., 43, 153 Empfangsstelle 6, 123 ff. Erstbehörde 158, 160, 163 „Europäischer Unterhaltstitel“ 180, 182 Exequaturverfahren 8, 167, 176, 180, 187 ff., 198 f., 203 f., 211 – Abschaffung 18 f., 88, 91, 117, 173 ff., 190 f., 202, 213 ff. 222, 225 ff.

Formblatt 123 ff., 128 f., 131, 195 f., 211, 219 „forum shopping“47 f., 50 ff., 72, 93, 95, 109, 111, 116, 221 Gegenseitigkeit 26, 34 f., 40, 162 ff. – Prinzip der 24, 37, 39 Gerichtsstandsvereinbarung 58, 65, 67, 70 ff., 159 Informationsaustausch 123 ff., 129, 148, 219, 221 Klägergerichtsstand 48 f., 158, 161 ff. Kompetenzkonflikt 47, 69 „lex fori“ 77 ff., 84 f., 102, 105, 109, 112, 165, 220 „loi uniforme“ 26, 89 Luganer Übereinkommen 10, 46 f., 59, 71 f., 150 „means or merits“-Test 135, 137, 141 Notzuständigkeit 58 f., 61 Öffentliche Urkunde 21, 152 f., 155 ff. „opt-in“- Möglichkeit 28, 224 „ordre public“ 153, 170, 177 ff., 181 f. – communautaire 185 f. – Kontrolle 177, 179 ff. 188 ff. – Verstoß 167, 171, 178 ff. 184 – Vorbehalt 168, 177 ff., 188 Organisation – der regionalen Wirtschaftsintegration 24, 26 Parteiautonomie 64, 66, 104, 109, 220 Präjudizwirkung 25

246 Prozesskostenhilfe 132, 139 ff., 148, 196 Rechtshilfe 30 f., 33, 36 f., 145 f. Rechtswahl 76, 101 ff., 116 f. Regressgläubiger 29 ff., 43 Sorgerecht 55 Spiegelbildprinzip 160 Staatsangehörigkeit 26, 40 f., 59 ff., 75 ff., 84 f., 97 ff., 106, 114 ff., 221 Transskript 195 f., 210 f. Übermittlungsstelle 123 ff. Übersetzung 115, 125, 132, 139 ff. 142, 180, 192 ff., 210 f. – Kosten 133, 138 f., 142 ff., 148, 192 ff., 220, 222 Unterhaltsverzicht 103, 108 ff., 221 Unterstützung – unentgeltliche juristische 133 ff., 140, 143, 219 f., 222 Verwaltungsbehörde 141, 151 ff. Verwandtschaft – Seitenlinie 40, 97 f., 100 – gerade Linie 98, 100 Vollstreckungstitel 8 f., 21, 175 – Verordnung 150, 167 f., 174 f., 204

Register Vorbehalt 26 f., 29, 33 ff., 58, 110 ff., 116, 158 ff., 168 f., 173, 219 f., 223 f., 228 – Schutz- 107 Vorfrage 112 f. Wohnsitz 5, 48, 52 ff., 68, 71, 114 ff., 198, 221 Zentrale Behörde 31, 124 ff., 133 ff., 142 ff., 147, 193 f., 205 Zusammenarbeit – behördliche 11, 31 f., 87, 122, 147, 219 Zuständigkeit – Anerkennungs- 46 – Annex- 48, 56 – Auffang- 58 ff., 221 – direkte 46 ff., 62, 72, 79, 157 f., 219 – Entscheidungs- 46, 62, 162 f. – indirekte (Entscheidungs-) 46 f., 157 ff. – Not- 58 f., 61 – örtliche 46, 67 ff., 222 – Rest- 58 ff. Zuständigkeitsregel 46, 49, 55, 59, 62, 73, 225, 227 – negative 48, 63 ff., 72 Zweitbehörde 157 f., 160