Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus: IT-Architekturmanagement am Behandlungspfad [1. Aufl.] 9783658267865, 9783658267872

Dieses Buch dient Ihnen als Leitfaden für die Digitalisierung im Krankenhaus Gesundheitsbetriebe wie Spitäler stehen in

235 119 3MB

German Pages X, 109 [110] Year 2020

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Table of contents :
Front Matter ....Pages I-X
Einleitung (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 1-6
Front Matter ....Pages 7-7
Was ist eigentlich Digitalisierung? (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 9-12
Die vier Pfeiler der digitalen Transformation (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 13-22
Rechtliche Rahmenbedingungen (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 23-25
Prozessmanagement und Prozesssicherheit (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 27-31
EMR Adoption Model (EMRAM) (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 33-39
Kunden und Patienten (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 41-43
Front Matter ....Pages 45-45
Grundmodell EAM (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 47-58
Schichten-Modell (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 59-85
Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 87-96
Fazit (Markus Mangiapane, Matthias Bender)....Pages 97-99
Back Matter ....Pages 101-109
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Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus: IT-Architekturmanagement am Behandlungspfad [1. Aufl.]
 9783658267865, 9783658267872

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Markus Mangiapane Matthias Bender

Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus IT-Architekturmanagement am Behandlungspfad

Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus

Markus Mangiapane · Matthias Bender

Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus IT-Architekturmanagement am Behandlungspfad

Markus Mangiapane ZwickRoell GmbH & Co KG Ulm, Deutschland

Matthias Bender Berner Fachhochschule Fachbereich Medizinische Informatik Biel, Schweiz

ISBN 978-3-658-26786-5 ISBN 978-3-658-26787-2  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung: Martin Börger Springer Vieweg ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Teil I  Konsequenz(en) der Digitalisierung 2

Was ist eigentlich Digitalisierung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

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Die vier Pfeiler der digitalen Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.1 Werkzeuge (Tools). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2 Führung/Leadership. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.3 Fähigkeit & Kompetenz/Skillset . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 3.4 Haltung & Einstellung/digital Mindset. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22

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Rechtliche Rahmenbedingungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.1 Datenschutzgesetz und EU-Datenschutzgrundverordnung. . . . . . 23 4.1.1 EU-Datenschutzgrundverordnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 4.2 Auszug von Anforderungen der neuen Gesetzgebung. . . . . . . . . . 24 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25

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Prozessmanagement und Prozesssicherheit. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.1 Prozessorientierte ganzheitliche Sicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 5.2 Die größten Erfolgsfaktoren im Prozessmanagement. . . . . . . . . . 29 5.3 Konkrete Potenziale des Prozessmanagements. . . . . . . . . . . . . . . 30 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31

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Inhaltsverzeichnis

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EMR Adoption Model (EMRAM). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 6.1 Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 6.2 Konkrete Beispiele für Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 6.2.1 Stage 3 – Erste direkte Kosteneinsparungen. . . . . . . . . . 36 6.2.2 Stage 4 – Sicherheit durch eine komplett geschlossene Arzneimittelverordnung. . . . . . . . . . . . . . . 36 6.2.3 Stage 5 – Optimierung der bildgebenden Diagnostik führt zu Kosteneinsparungen. . . . . . . . . . . . . 37 6.2.4 Stage 6 – Erhöhte Patientensicherheit durch IT. . . . . . . . 38 6.2.5 Stage 7 – Vollständig digitalisiertes Krankenhaus. . . . . . 38 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39

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Kunden und Patienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

Teil II  Praktische Umsetzung 8

Grundmodell EAM. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 8.1 EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten. . . . . . . . . . 49 8.1.1 Einfluss und Wirkung auf die Organisation. . . . . . . . . . . 54 8.1.1.1 Anzahl betroffene Benutzer – WK1. . . . . . . . . 54 8.1.1.2 Anzahl betroffene Bereiche – WK2 . . . . . . . . . 55 8.1.1.3 Betroffene Berufsgruppen – WK3 . . . . . . . . . . 55 8.1.2 Patientengefährdung – WK4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 8.1.3 Kennzahl Prozessschwäche – WK5. . . . . . . . . . . . . . . . . 57 8.1.4 Potenzial – WK6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

9 Schichten-Modell. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 9.1 Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer . . . . . . . . . 61 9.1.1 Prozessmodell – Prozess Layer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 9.2 Geschäftslogik – Business Layer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 9.2.1 Information Layer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 9.2.1.1 Informationsbereitstellung . . . . . . . . . . . . . . . . 66 9.2.1.2 Informationserfassung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 9.2.1.3 Informationsverarbeitung. . . . . . . . . . . . . . . . . 73 9.2.1.4 Informationsverteilung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 9.2.1.5 Applikationen/ESB/Archiv(e). . . . . . . . . . . . . . 75

Inhaltsverzeichnis

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9.3 Persistenzlayer. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 9.3.1 Informationssicherung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 9.3.1.1 Proprietäre Applikationsdatenbanken. . . . . . . . 77 9.3.1.2 Clinical Data Repository (CDR). . . . . . . . . . . . 78 9.3.2 Informationsarchivierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 9.3.2.1 Multimediaarchiv . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 9.3.2.2 DICOM-Archiv. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 9.3.3 eHealth-Anbindung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 9.4 IT-Bebauungsplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 10 Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM. . . . . 87 10.1 Prozessmanagement. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 10.2 Business Intelligence. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 10.3 Anforderung an den IT-Bebauungsplan. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 10.4 Innovationsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 10.4.1 Innovationszyklus I (Business) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 10.4.2 Innovationszyklus II (Technik) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 11 Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 Literatur. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

Über die Autoren

Markus Mangiapane  ist Führungskraft, Berater und Autor. In unterschiedlichsten Rollen, beispielsweise als CIO in einem Kantonsspital, in produzierenden Unternehmen oder als Partner einer Unternehmensberatung, hat er ein breites Know-how aus der Praxis. Damit konnte er bereits zahlreiche interne und externe Projekte in unterschiedlichen Branchen zu Themen des Informationsmanagements, der Digitalisierung, der  Informationssicherheit und des Risikomanagements erfolgreich abschließen. Er ist Dozent für die Themen IT-Management, Digitalisierung und Informationssicherheit sowie aktiver Auditor für ISO 27001.

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Über die Autoren

Matthias Bender  ist Medizininformatiker und derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Berner Fachhochschule für das Medizininformatiklabor Living Lab am Institut für Medizinische Informatik I4MI technisch und administrativ verantwortlich. Während seiner Tätigkeit in IT-Abteilungen von Krankenhäusern hat er als Projektleiter verschiedenste medizinische Informationssysteme eingeführt, als Application Manager deren Betrieb verantwortet und als Business Analyst versucht, die digitale Transformation von medizinischen Arbeitsprozessen in diesen Systemen abzubilden. Durch seine früheren Tätigkeiten in OP, Anästhesie/ Intensivstation und Rettungsdienst spricht er beide Sprachen, die der Medizin und der Informatik.

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Einleitung

Zusammenfassung

Einleitend wird kurz die zugrunde liegende Situation beschrieben, die Krankenhäuser dazu zwingt, eine umfassende Digitalisierung einzuleiten. Darauf aufbauend wird das Beispiel eingeführt, anhand dessen die Autoren ihr Modell beschreiben und dessen derzeitige Situation wahrscheinlich vergleichbar ist mit der Situation vieler Krankenhäuser ohne bzw. mit schlechter Basisdigitalisierung. Außerdem gibt dieses Kapitel eine kurze Übersicht darüber, was der Leser von dem vorliegenden Buch zu erwarten hat. Er klingt einfach und nach einem Allgemeinplatz. Aber die Konsequenzen aus diesem einen, einfachen Satz sind gerade in Zeiten der Digitalisierung für alle daran Beteiligten und den davon Betroffenen alles andere als „einfach“: Die Hauptaufgabe eines Krankenhauses ist die Behandlung der Patienten. Alle daraus schlussfolgernden Schritte, von der Aufnahme bis zur Entlassung des Patienten, tragen sowohl zur Qualität der Behandlung als auch zu deren Kosten bei. In diesem Kontext muss sich ein Gesundheitsbetrieb auf dem heutigen Markt, der einerseits von steigenden Qualitätsansprüchen der Patienten (freie Arzt- und Krankenhauswahl, „Dr. Internet“) und andererseits von der Forderung nach Kosteneffizienz geprägt ist, behaupten. Ein Weg zur Optimierung der Prozesse, sowohl in Qualität als auch in Effizienz, wird in der Digitalisierung gesehen [1]. In Krankenhäusern wird aus diesem Grunde durch die Einführung von Behandlungspfaden in Verbindung mit klinischen Informationssystemen versucht, Prozesse mit dem Ziel zu standardisieren, den Behandlungsablauf wirtschaftlicher zu gestalten und eine Steigerung der Qualität zu erreichen. Thiele und Greulich beschrieben diese Entwicklung schon 1997 [2]. Auch in der

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_1

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Schweiz ist dies, nicht erst seit der Einführung der Diagnosis Related Groups (DRG; deutsch: Diagnosebezogene Fallgruppen) [3] im Jahr 2012, ein Thema. Wir geben anhand eines aktuellen Beispiels einen Einblick in die Schwierigkeiten, aber auch in die Möglichkeiten der Krankenhausdigitalisierung. Ein fiktives Beispielkrankenhaus führt unsere Erfahrungen mit der Krankenhausdigitalisierung an einem Ort zusammen und gibt uns die Möglichkeit, einen Lösungsweg zu zeigen, der eventuell auch für reale Krankenhäuser Inspirationen geben kann und der vor allem die Kommunikation der kontextuellen Inhalte bezüglich der nötigen Investitionen und Umsetzungen zu allen Beteiligten und Betroffenen erleichtern soll. Unser fiktives Krankenhaus unterstützt die Geschäftsprozesse elektronisch seit Anfang der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts. Treiber dafür war die mit der Einführung des Personal Computers einhergehende, immer weiter um sich greifende elektronische Datenverarbeitung (EDV) in der Wirtschaft. Primär wurden vereinzelte Bereiche mit Personal Computern versorgt, ein organisationsübergreifender Informationsaustausch zeichnete sich noch nicht ab. Im Laufe der Jahre wurden weitere Komponenten für die Unterstützung der Geschäftsprozesse eingeführt. Diese Einkäufe waren aber immer dem punktuellen Bedarf geschuldet und wurden nicht im Kontext einer organisationsweiten, interprofessionellen und interdisziplinären Geschäftsprozessanalyse durchgeführt. Mit der wachsenden Anzahl an verschiedenen Applikationen und Systemen war das IT-Umfeld des Krankenhauses irgendwann eine hochkomplexe Umgebung und die fehlende, umfassende Vision und eine darauf aufbauende Strategie in Aufbau, Wartung und Umgang mit dieser Komplexität führte zu hohen Kosten, suboptimaler (Geschäfts-)Prozessunterstützung und – als Quintessenz aus allem – zu einer reduzierten bis nicht vorhandenen Akzeptanz bei den Prozessteilnehmern. Da immer noch die Anforderungen einzelner starker Berufsgruppen im Vordergrund standen, wurden bei Bedarf alte Applikationen ausgetauscht, um punktuell eine Verbesserung der Situation zu bewirken. Die digitale Unterstützung der Geschäftsprozesse wurde einzig auf der Ebene der Applikationen definiert. Die Anschaffungen von unterstützenden Systemen wurden am Bedarf und teilweise auch an den persönlichen Vorlieben einzelner Stakeholder ausgerichtet und oft wurde diesen dann auch die Führung bei Einkauf und Umsetzung überlassen. Die IT-Abteilung des Hauses diente in seiner Eingliederung als Anhängsel der unterstützenden Prozesse – eher als reaktives Umsetzungswerkzeug, denn als Treiber für die Umsetzung der gewünschten Digitalisierung. Der Organisation fehlte es an einer gemeinsamen Sprache zur Beschreibung der bestehenden Probleme und infolgedessen an einer gemeinsamen Sichtweise. Dem Management standen damit nicht die Werkzeuge zur Verfügung, um zu erkennen, warum

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­ ittlerweile das IT-Umfeld innerhalb der Organisation als ein großer Kostenm treiber empfunden wurde, ohne wirklich fühlbare Verbesserungen zu erzielen. Entsprechend konnten nicht die richtigen Entscheidungen getroffen werden, um eine Wende zum Besseren einzuleiten. 

Welche Probleme werden sichtbar?  fehlende Vision und Strategie in Bezug auf die Digitalisierung führt zu → fehlender gemeinsamer Sprache und damit zu einer fehlenden übergreifenden Sichtweise → dadurch können Probleme nicht organisationsweit gesehen werden → das führt zu punktuellen, auf Applikationen fokussierten Problemlösungsstrategien → diese führen zu ineffektiven Lösungen, fehlender oder mangelhafter Interoperabilität, fehlender interprofessioneller und interdisziplinärer Kommunikationsunterstützung → das erzeugt mangelnde Akzeptanz für einen digitalisierten Behandlungsprozess → und die Konsequenz aus den genannten Punkten ist eine schlechte digitale Transformation der Geschäftsprozesse.

Ziel des Buches Genau an diesem Punkt setzt das vorliegende Buch an. Wir haben das Ziel, die Grundlagen der Digitalisierung in einem Krankenhaus verständlich für alle Teilnehmer an diesem Prozess kurz und knapp so darzulegen, dass es zu einem Konsens aller daran Beteiligten und den Betroffenen kommen kann. Es wird dem geneigten Leser eine Idee an die Hand gegeben, wie man gemeinsam zu einer interprofessionellen, interdisziplinären und kostenstellenübergreifenden Wissensdatenbank kommt, die wir als einen Eckpunkt einer gemeinsamen Vision und damit einer erfolgreichen Digitalisierung sehen. Diese soll innerhalb des beschriebenen Kontextes und auf der Basis einer zu entwickelnden gemeinsamen Sprache die benötigten Schritte aufseiten der IT visualisieren und damit als Grundlage für ein allgemeines Verständnis innerhalb der Organisation dienen. Dieses Verständnis wird benötigt, um die richtigen Entscheidungen zu treffen und die daraus resultierenden Investitionen zu verstehen. Mit dieser Erarbeitung einer gemeinsamen Wissensbasis unter Nutzung des vorgeschlagenen Frameworks werden Artefakte erarbeitet, die nicht für die Ablage in irgendwelchen

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1 Einleitung

­ chreibtischschubladen oder Aktenordnern gedacht sind, sondern direkt als Basis S für die nötigen Umsetzungen genutzt werden können. Unter Artefakten versteht der IT- Fachmann in einem Projekt erarbeitete Arbeitsergebnisse, deren Ausprägung als Dokumente, Daten und/oder Prozessstrukturen erscheinen können und die unter diesem Oberbegriff zusammengeführt werden. Der hier gezeigte Ansatz basiert auf den Erfahrungen der Autoren, die während ihrer Tätigkeit feststellen konnten, dass die oben beschriebenen Voraussetzungen für eine erfolgreiche digitale Transformation der Arbeits- und Geschäftsprozesse selten erfüllt waren. Es basiert auf Praxiserfahrungen und zeigt Ansätze, die auch in der Praxis eingesetzt wurden. Für wen ist das Buch gedacht? Wir haben uns Mühe gegeben, nicht allzu viel IT-Fachvokabular in diesem Buch von uns zu geben. Wir möchten versuchen, allen Personen, die von der Digitalisierung im Krankenhausumfeld betroffen oder an ihr beteiligt sind, eine möglichst unkomplizierte Sichtweise auf die wichtigen Punkte zu eröffnen und dabei trotzdem die Gedanken von Verantwortlichen aus dem IT-Bereich so zu beleuchten, dass ein Verständnis für die Problemstellungen vermittelt wird [4]. Wir richten uns in erster Linie an das Management, aber auch an medizinisches Personal und an andere Verantwortliche für die Digitalisierung im Krankenhaus. Wir fassen hier den Begriff „Verantwortliche“ extra weit, weil wir glauben, dass jeder in der Organisation seinen Teil an Verantwortung in diesem Prozess trägt. Der IT-Manager wird in diesem Buch technisch nichts wirklich Neues finden. Wir zeigen einen Ansatz, der schon vielfach in anderen Industriezweigen genutzt wird, ja teilweise als Normalität verstanden wird. Der Bezug auf den Weg des Patienten durch seine Behandlung ist für ihn allerdings ungewohnt, stellt aber genau den Unterschied dar, der dem nicht medizinisch bewanderten Informatikfachmann bei seiner Betrachtung neue Aspekte eröffnet. Der Bezug zum erkrankten Menschen verändert das Umfeld, in welchem die Digitalisierung stattfindet, entscheidend. Im Gegensatz zu „normal“ produzierenden Industriezweigen müssen wir uns in diesem Umfeld mit Emotionen, mit zwischenmenschlichen Beziehungen im Arbeitsprozess befassen. Wir bitten, das nicht falsch zu verstehen, diese Beziehungen findet man auch an anderen Arbeitsplätzen, aber hier gehören sie unter anderem zu den Zielen der Arbeitsprozesse und sind unabdingbar mit deren Ergebnisqualität verknüpft. In diesem Umfeld wird sowohl der Informatiker als auch der Manager mit Berufsgruppen konfrontiert, für die ein Einsatz rund um die Uhr und ohne Rücksicht auf Sonn- und Feiertage die Normalität darstellt und die genau diesen Ein-

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satz nicht nur von allen anderen Mitarbeitern erwarten, sondern auch von der sie umgebenden Technik und deren Support. Diskussionen sind oft emotional eingefärbt, weil im Hinterkopf der erkrankte Patient präsent ist, und ohnehin die gerade geführte Diskussion, geschweige denn nicht oder schlecht funktionierende Software, Computer oder Netzwerke wertvolle Zeit für seine Behandlung kosten. Es gibt aber auch eine andere Seite, die man nicht negieren darf. Oft kann man beobachten, dass mangelnde Arbeitsorganisation oder der Unwillen, sich an neue Prozesse anzupassen, mit dem Totschlagargument „es gefährdet das Leben des Patienten“ kaschiert oder dass bspw. Projektsitzungen vorzeitig verlassen werden mit dem Argument „ich habe Dienst und gerade jetzt ist ein Notfall gekommen“. Hier hat der Projektverantwortliche nichts entgegenzusetzen und das macht klar, dass es hier unabdingbar eines Kulturwandels bedarf. Es ist allen Beteiligten verständlich, dass der Patient immer Vorrang hat. Die genannten Beispiele sind oft nur vorgeschobene Gründe eine langweilige Projektsitzung zu verlassen, die einen Hinweis auf schlechte (Selbst-)Organisation, schwaches Management und/ oder eine Durchmischung von Projekt und Linienorganisation geben und sie zeigen deutlich auf, dass der benötigte Kulturwandel von „oben nach unten“ vorgelebt werden muss. Es gilt eine Kultur einzuführen, um die Dinge gemeinsam und auf eine bestimmte Art und Weise zu sehen und zu erledigen. Dies wird uns später in diesem Buch noch beschäftigen. Das heißt am Ende, dass beide Seiten – die Behandelnden und die Patientenbehandlung Unterstützenden – lernen müssen, in diesem wichtigen und auch gesellschaftlich relevanten Umbruch aufeinander zuzugehen und die Anforderungen des jeweils anderen zu verstehen. Dazu möchten wir mit unserem Buch einen Beitrag leisten. Lesehinweis Im ersten Teil des Buches gehen wir auf die Ableitung der Digitalisierung ein. Bevor wir versuchen, Werkzeuge zu finden, die uns bei der digitalen Transformation unserer Prozesse helfen, müssen wir uns darüber klar werden, was denn eigentlich Digitalisierung ist. Durch diesen Prozess muss auch jede einzelne Organisation gehen, die eine umfassende digitale Transformation ihrer Arbeitsund Geschäftsprozesse durchführen will. In diesem Teil wollen wir nicht die technischen Zusammenhänge klären; an diesem entsprechenden Wissen fehlt es unserer Meinung nach im realen Geschäft auch nicht. Es sind aus unserer Sicht die fehlenden Vorstellungen über die Möglichkeiten, die nötigen Fähigkeiten und Voraussetzungen sowie vor allem die teilweise eklatanten Fehlinterpretationen einer digitalen Transformation von Verantwortlichkeiten in diesem Prozess, die eine damit einhergehende Beschäftigung nötig erscheinen lassen.

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Im zweiten Teil stellen wir unseren Weg vor, um eine gültige Abbildung der Organisation zu erzeugen, anhand derer wir mit allen Beteiligten die Vision und die Strategie abgleichen können. Dieses Modell ist ein zentraler Teil des Vorgehens, um eine gemeinsame Sprache und Sichtweise aller Beteiligten zu erzeugen. Es ist der Maßstab an dem sich sowohl die Anforderungserhebungen, die Prozessanalysen und auch die folgenden Innovationszyklen orientieren. Dies erzeugt eine gemeinsame Wissensbasis, die institutionelle Wissensdatenbank, die aus unserer Sicht die Voraussetzung für die erfolgreiche digitale Transformation der Geschäftsprozesse bildet. Wir haben das Buch mit Beispielen aus dem Alltag der Krankenhausinformatik angereichert. Diese Beispiele sollen dem Leser ein Gefühl dafür vermitteln, wie schwierig die realen Umsetzungen sich in der Tat gestalten oder welche Möglichkeiten sich durch gute digitale Transformation ergeben können. Wichtig ist es zu beachten, dass die Erfahrungen der Autoren mit der Digitalisierung im Umfeld von Krankenhäusern im Kontext des Schweizer Gesundheitswesens gemacht wurden. Die zur Diskussion gestellte Methodik sollte auf der Ebene der Prozesse und der, weiter unten behandelten Schichtenarchitektur, keinen Unterschied machen. Allerdings gibt es Unterschiede, beispielsweise bei der Interpretation des Begriffes „Klinisches Informationssystem“. Auch die gesetzlichen Vorgaben für den Bereich E-Health unterscheiden sich deutlich voneinander. Wenn diese Unterschiede einen Einfluss auf die beschriebenen Inhalte haben und Konsequenzen daraus andere Vorgehensweisen nötig erscheinen lassen, weisen die Autoren in ihrem Text daraufhin.

Literatur 1. Lux T et al (2017) Digitalisierung im Gesundheitswesen – zwischen Datenschutz und moderner Medizinversorgung. Wirtschaftsdienst Zeitschrift für Wirtschaftspolitik 97(10):687–703. https://archiv.wirtschaftsdienst.eu/jahr/2017/10/digitalisierung-im-gesundheitswesen-zwischen-datenschutz-und-moderner-medizinversorgung/. Zugegriffen: 7. Nov. 2018 2. Thiele G (Hrsg) (1997) Prozeßmanagement im Krankenhaus. With assistance of Andreas Greulich, Monika Thiex-Kreye. Heidelberg: v. Decker (Schriftenreihe zum Managementhandbuch Krankenhaus, 8) 3. Wikipedia (2018) Diagnosebezogene Fallgruppen. Edited by Wikipedia. https:// de.wikipedia.org/wiki/Diagnosebezogene_Fallgruppen. Updated on 5/6/2018, Zugegriffen: 7. Juli 2018 4. Thiele G (Hrsg) (1997) Prozeßmanagement im Krankenhaus. With assistance of Andreas Greulich, Monika Thiex-Kreye. Heidelberg: v. Decker (Schriftenreihe zum Managementhandbuch Krankenhaus, 8, S 21)

Teil I Konsequenz(en) der Digitalisierung

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Was ist eigentlich Digitalisierung?

Zusammenfassung

In diesem Abschnitt versuchen wir, für uns und den Leser eine gemeinsame Vorstellung davon zu erzeugen, was Digitalisierung sein könnte. Dieses Bild soll uns dann in dem vorliegenden Text begleiten. Dies ist der erste Versuch, ein gemeinsames Verständnis zu diesem Begriff zu erzeugen.

„Everyone wants to go digital. The first step is truly understanding what that is.“

Dörner und Edelman schrieben dies in ihrem Aufsatz für McKinsey&Company 2015 [1]. Und etwas später im Text: „…, we believe that digital should be seen less as a thing and more a way of doing things“.

Damit treffen sie genau die Intention dieses Buches, denn mit Dingen meinen die Autoren „… of doing business“, und geben uns im Prinzip einen Impuls für unser Vorgehen [1]. Karel Dörner wirkt auch im Buch von Petry et al. mit „Digital Leadership. Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy“. Dieses Werk beschäftigt sich mit den Herausforderungen, denen sich Firmen und Manager im Kontext moderner Datenverarbeitung und Digitalisierung stellen müssen. Dort leitet Petry seine Definition der Digitalisierung über zwei Verständnisebenen ab (gekürztes wörtliches Zitat) und bezieht sich im Anschluss auch auf oben erwähntes Zitat [2]:

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_2

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2  Was ist eigentlich Digitalisierung?

 „Der Begriff „Digitalisierung“ lässt sich grundsätzlich auf zwei Arten verstehen: • Rein technisches Verständnis: Unter Digitalisierung versteht man i. e. S. die Aufbereitung von Informationen zur Verarbeitung oder Speicherung in einem digitaltechnischen System. • Gesamthaftes Verständnis: Die Digitalisierung ist ein durch technologische Entwicklungen getriebener bzw. ermöglichter Transformationsprozess von Unternehmen bzw. ganzen Branchen, der weitreichende strategische, organisatorische sowie soziokulturelle Veränderungen mit sich bringt….“ Wir werden uns in diesem Buch dem Aspekt des gesamthaften Verständnisses über den Blickwinkel des technischen Verstehens nähern. Nur das Zusammenführen beider Sichtweisen erzeugt nach unserer Meinung ein umfassendes Verständnis für die Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung zur Digitalisierung eines Unternehmens ergeben. Mit diesem Vorgehen nehmen wir den Faden auf, den Dörner und Edelman für uns vorgesponnen haben und geben eine Vision davon ab, wie aus unserer Sicht die Dinge getan werden könnten, wobei unser Verständnis dieser „Dinge“ eben auf der digitalen Transformation von Arbeitsprozessen beruht. Was ist nun diese „digitale Transformation“? In Oswalds und Krcmars Buch „Digitale Transformation“ wird diese sehr detailliert als „unausweichlich, unumkehrbar, ungeheuer schnell und unsicher in der Ausführung“ charakterisiert [3]. Als Fazit ihrer Grundlagenanalyse zur digitalen Transformation sagen sie: Es handelt sich nicht um eine Modeerscheinung, sondern um einen dauerhaften Trend, der ständig durch neue Generationen digitaler Technologien erneuert wird. [3]

Wikipedia bietet eine Definition, die für unsere Zwecke plausibel und ausreichend erscheint. Die digitale Transformation wird dort als „…ein fortlaufender, in digitalen Technologien begründeter Veränderungsprozess.“

beschrieben [4]. Unsere Literaturauswertung legt also nahe, dass es sich bei der Digitalisierung oder der daraus schlussfolgernden digitalen Transformation um einen ständigen Veränderungsprozess handelt. Das führte uns zu einer Studie von Bohn et al.

2  Was ist eigentlich Digitalisierung?

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für die Capgemini Deutschland GmbH aus dem Jahr 2012, die sich mit Veränderungsmanagement beschäftigt [5]. Auf der Basis unserer Erfahrungen, angereichert mit den Erkenntnissen aus dieser Studie, konnten wir drei relevante Punkte herausarbeiten, die als Basis für Veränderungsprojekte gelten können: Veränderungsbedarf Der Veränderungsbedarf ist das Ausmaß der sachlichen Notwendigkeit. Dieser Veränderungsbedarf ist vom Management zu identifizieren und dann eindeutig zu kommunizieren, denn ohne erkennbare Notwendigkeit ist keine Bereitschaft zu wecken. Veränderungsbereitschaft Wenn der Veränderungsbedarf organisationsweit klar erkannt wurde, sollte sich eine Veränderungsbereitschaft abzeichnen. Diese spiegelt die Einstellung und das Verhalten der Betroffenen und der Beteiligten wider. Dafür müssen die Konsequenzen der nötigen Veränderung bezeichnet werden und ebenso klar und unmissverständlich allen Betroffenen kommuniziert werden. Das Topmanagement muss dafür sorgen, dass die Konsequenzen auch verstanden wurden. Dies ist die Basis dafür, dass die Veränderungsbereitschaft erzeugt wird und, infolgedessen, die Veränderungsfähigkeit der gesamten Organisation eingeschätzt werden kann. Die oben genannte Studie [5] erhebt auch Daten zur Veränderungsbereitschaft innerhalb der Führungsebenen, die nahelegen, ganz besonderes Augenmerk in diesem Kontext auch auf die Veränderungsbereitschaft des Kaderpersonals zu legen. Die Autoren der Studie [5] ziehen nämlich folgendes Fazit: Fest steht, dass der Erfolg von Transformationsprojekten heute in den Händen von Führungskräften liegt, die häufig nicht gewillt und nur teilweise adäquat auf diese Herausforderungen vorbereitet sind. Das ist eine große Hypothek für Veränderungsvorhaben [6].

Diese Aussage bestätigt Beobachtungen, die wir aus einigen IT-Projekten in Krankenhäusern mitgenommen haben und sie hat uns vieles klar gemacht hinsichtlich der Ursache(n) einiger Probleme, die wir erlebt haben. Bezugnehmend auf die Veränderungsbereitschaft sollte diese „Hypothek“ unbedingt abbezahlt sein, bevor man mit einem weitreichenden und mit hohen Investitionskosten behafteten Veränderungsprojekt wie der Digitalisierung eines Krankenhauses beginnt. Sicherlich eine Erkenntnis, die vielen nicht schmeckt, uns aber auch direkt zum nächsten Punkt führt.

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2  Was ist eigentlich Digitalisierung?

Veränderungsfähigkeit Zur Umsetzung einer Transformation ist die Veränderungsfähigkeit auf den Ebenen des Individuums, der organisatorischen Einheiten und der gesamten Organisation gefordert. Ohne die Fähigkeit sich verändern zu können, stößt Bereitschaft ins Leere. Die Bestimmung der Veränderungsfähigkeit basiert auf dem Verständnis der Konsequenzen einer sich anbahnenden Veränderung. Haas schrieb dazu schon 2004 über den Prozess der Auswahl, der Einführung und des Betriebes eines Informationssystems: Er erfordert aufgeklärte und motivierte Benutzer, die auch bis zu einem gewissen Maße von Wohlgewohntem Abstand gewinnen können [7].

Dieses „Abstand gewinnen von Wohlgewohntem“ ist aus unserer Sicht ein zentrales Problem im soziotechnischen Umfeld von Digitalisierung und dürfte natürlich auch auf die digitale Transformation der Arbeitsprozesse einer gesamten Organisation zutreffen. In dieser Ausführung von Haas in Zusammenhang mit den Erkenntnissen von Bohn et al in der oben erwähnten Studie sehen wir insofern einen eminent wichtigen Aspekt, dass auch hier sowohl das Management als auch das Kaderpersonal unabdingbar an sich arbeiten müssen, nicht nur die für die Durchführung der Geschäftsprozesse angestellten Mitarbeiter.

Literatur 1. Dörner K, Edelman D (2015) What digital really means – McKinsey-July-2015. Everyone wants to go digital. The first step is truly understanding what that is. McKinsey&Company. https://digitalstrategy.nl/wp-content/uploads/What_digital_really_ means-McKinsey-July-2015.pdf. Zugegriffen: 25. Mai 2019 2. Petry T (2016) Digital Leadership. Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy 3. Oswald G, Krcmar H (2018) Digitale Transformation. Springer Fachmedien Wiesbaden, Wiesbaden 4. Wikipedia (2019) Digitale Transformation. Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/ Digitale_Transformation. Updated on 4/1/2019. Zugegriffen: 25. Mai 2019 5. Bohn U (2012) Change Management Studie 2012. With assistance of Claudia Crummernerl, Nadja Mergenthal. Edited by Capgemini Deutschland GmbH. Capgemini Deutschland GmbH. https://www.capgemini.com/consulting-de/wp-content/uploads/ sites/32/2017/08/change_management_studie_2012_0.pdf. Zugegriffen: 25. Mai 2019 6. Bohn U (2012) Change Management Studie 2012. With assistance of Claudia Crummernerl, Nadja Mergenthal. Edited by Capgemini Deutschland GmbH. Capgemini Deutschland GmbH. https://www.capgemini.com/consulting-de/wp-content/uploads/sites/32/2017/08/ change_management_studie_2012_0.pdf, p. 37. Zugegriffen: 25. Mai 2019 7. Haas P (2005) Medizinische Informationssysteme und elektronische Krankenakten. Mit 22 Tabellen und 53 Merktafeln. Springer, Berlin

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Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Zusammenfassung

Das folgende Kapitel beschreibt die Voraussetzungen, die für die Durchführung eines jeden Veränderungsprojektes wie z. B. einer umfassenden Digitalisierung, nötig sind. Als Schlüssel für die erfolgreiche digitale Transformation werden die vier Eckpunkte eines solchen Projektes beschrieben (Abb. 3.1).

3.1 Werkzeuge (Tools) Für die Digitalisierung ist es elementar, die bestmögliche technische Unterstützung zu bekommen. Das klingt wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung und aus diesem Grunde nutzen wir Werkzeuge zur Erreichung der Ziele unserer Geschäftsprozesse. Das können Softwareprodukte genauso gut sein wie Hardware. Zu Zeiten des Papierprozesses war bspw. die Kurve des Patienten, die Aufzeichnung von Vitalwerten, Verordnungen und Durchführungen als Text oder Grafik, als Teil der Krankenakte zur Dokumentation der Krankengeschichte ein zentrales Werkzeug innerhalb des Behandlungsprozesses. Trotz der bekannten Einschränkungen, die der Papierprozess mit sich bringt, war es ein über Jahrzehnte wenn nicht Jahrhunderte optimierter Teil der interdisziplinären und interprofessionellen Dokumentation und Kommunikation im Behandlungsprozess. Nicht umsonst erkennt man auch in aktuellen, computergestützten Arbeitsplatzsystemen immer wieder die Kurve aus dem Papierprozess. Aus unserer Sicht ein Zeichen, welches die Vermutung nahelegt, dass die digitale Transformation in © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_3

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3  Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Abb. 3.1   Die 4 Grundpfeiler der digitalen Transformation

diesem Bereich noch nicht abgeschlossen ist. Das Werkzeug ist scheinbar noch nicht vollständig an die neuen Möglichkeiten der Technologie adaptiert. Jedoch sind Werkzeuge allein nicht wirkungsvoll. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sicherung und Verfügbarkeit des neu erworbenen Wissens für die gesamte Organisation. Das Stichwort heißt Wissensmanagement. Mit diesem Thema könnte man ein eigenes Buch füllen, und die Forschung ist derzeit auch noch dabei die Eckpfeiler festzulegen, die uns in Zukunft dabei helfen werden unser Wissen so zu strukturieren, dass alle davon partizipieren. Um erfolgreich an der Digitalisierung teilhaben zu können, gilt es natürlich auch für unsere Organisation, den entstandenen Graben zwischen der Technologie und den Nutzern zu schließen. Dies kann auf verschiedene Arten geschehen. Das Naheliegende ist der Aufbau von entsprechender Kompetenz, was allerdings relativ aufwendig ist und erst mittelfristig zum Erfolg führt. Ein erster Schritt ist, eine organisationsweit nutzbare Wissensdatenbank, ein Wikipedia für unser Krankenhaus einzuführen. Ansätze dafür gibt es bei verschiedenen Unternehmen, die Lösungen hierfür anbieten. Sowohl der Aufwand als auch die nötigen Investitionen für solche Umsetzungen sollten aber nicht unterschätzt werden. Das Einbinden dieser Hilfsmittel sollte gut durchdacht und für jeden Mitarbeiter möglichst einfach zugänglich sein. Auch dafür benötigen wir Werkzeuge, die eine ganze Organisation zur Mitwirkung und Teilhabe an diesem Veränderungsprozess befähigen. Dieser Wissensspeicher wird nicht von bestimmten Personen geführt, hier ist die gesamte Organisation dafür verantwortlich, erworbenes Wissen zu bündeln. So kommen wir ins Gespräch und

3.1  Werkzeuge (Tools)

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finden eine gemeinsame Sprache. Es ist jedem klar, dass es dafür in den meisten Organisationen eines Kulturwandels bedarf, der so schnell nicht zu erreichen ist. Gerade deshalb kommt der Benutzerfreundlichkeit von IT-Systemen eine immense Bedeutung zu. Eine hohe Benutzerfreundlichkeit führt Technologie und Nutzer innerhalb kurzer Zeit näher zusammen und senkt damit die Hemmschwelle bei der Einführung digitaler Tools. Mitarbeiter erhalten so schneller die Kontrolle über die Systeme, die sie tagtäglich nutzen. Auf agiler Optimierung basierende Systeme werden genau diesen Anforderungen gerecht, auch weil Interaktivität, neben Schnelligkeit und Planungsqualität, zu den Grundpfeilern des Konzeptes gehören. Benutzerfreundlichkeit bedeutet konkret: Entsprechende Bedienungselemente sind begreifbar gestaltet, sodass konkrete Handlungsempfehlungen einer ­IT-gestützten Strategie für Mitarbeiter sehr leicht und schnell umsetzbar sind. Treten etwa Störungen innerhalb der Betriebsabläufe auf, wird ein agiles Optimierungssystem durch diese Benutzerfreundlichkeit zu einem höchst effektiven Werkzeug für Entscheider, um schnell auf Änderungen zu reagieren und signifikante Ergebnisse zu erzielen. Beispiel Prozessoptimierung

Als perfektes Beispiel für Optimierungen innerhalb einer digitalen Prozesstransformation könnten die Fehlermeldung und Supportunterstützung bei Fehlern im Bereich mobiler medizinisch-technischer Geräte wie bspw. Spritzenpumpen dienen. Früher wurde die Medizintechnik angerufen, eine Seriennummer durchgegeben; der Techniker sah in den Papierlisten in seinem Aktenordner „Spritzenpumpen“ nach und wusste, um welche Pumpe es sich handelte und wo diese Pumpe zu finden sein sollte. Ja, sollte. Wenn er Pech hatte, wurde diese temporär auf eine andere Station gegeben, und diese Information ist bei der telefonischen Übermittlung leider unter den Tisch gefallen. Wenn dann noch das Dienstbuch mit der Information, wohin die Pumpe verborgt wurde, nicht sauber geführt wurde … Sie verstehen sicherlich, worauf wir hinauswollen. Dann wurde der Prozess digitalisiert. Heißt, die Übermittlung der Fehlermeldung fand am PC im Ticketsystem statt, der Techniker hatte die Pumpe in seinem Assetmanagement System gefunden … – hoffentlich! Das Problem allerdings mit der entliehenen Pumpe blieb vorerst bestehen, da es kein Assettracking gab, und die Behandelnden waren, durch die zusätzliche Tätigkeit am PC – das ist Zeit, die am Patienten verloren geht – und durch ein weiteres System welches sie bedienen mussten, genervt.

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3  Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Eine gute digitale Transformation dieses Prozesses nutzt ­ AssettrackingSensoren. Diese sind direkt an der Pumpe angebracht und verfügen über einen Druckknopf, der eine Supportmeldung erzeugt. Der Standort der Pumpe wird über das Assettracking direkt festgestellt. Damit muss die/der betroffene Behandelnde kein Telefongespräch mehr führen und auch keinen PC aufsuchen, um eine Fehlermeldung abzusetzen. Der Arbeitsprozess wird bis auf die Auswirkungen des Fehlers nicht weiter durch zusätzliche Tätigkeiten belastet. Die Technikverantwortlichen sehen am Arbeitsplatzrechner oder auch auf ihrem mobilen Endgerät, wo sich die defekte Medizintechnik befindet. Hier bilden sich die oben erwähnten Punkte sehr gut ab. Die Bedienelemente sind begreifbar gestaltet. Es ist keine intensive Schulung nötig, um den Sachverhalt zu erklären: „Knopf drücken, Hilfe kommt“. Sozusagen eine „fire and ­forget“-Funktionalität. Aber auch diese Umsetzung könnte noch perfektioniert werden, indem die (intelligente) Pumpe sich bspw. beim Auftreten von Fehlern selbst bei der Technik meldet und die Meldung sogar noch einen Fehlercode enthält. Der Status der Pumpe wird im Arbeitsplatzsystem der betroffenen Abteilung angezeigt und die Behandelnden werden so auf den Ausfall eines Medizingerätes hingewiesen, bevor sie dies vielleicht am Gerät selbst bemerken. Damit könnte auch eine höhere Patientensicherheit im Behandlungsprozess sicher gestellt werden. ◄ Es ist also wichtig, dass unsere Werkzeuge die „wirkliche“ Arbeit unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen Partner gefunden werden, die sich mit diesen „wirklichen“ Arbeitsprozessen zum einen auseinandersetzen und die zum anderen Werkzeuge bauen, die diese Prozesse in die digitale Welt transformieren und damit alle Unterstützung für die Betroffenen bieten, die solch ein Werkzeug der Digitalisierung bieten sollte. 

Auch die Anforderungen des erkrankten Patienten werden zukünftig noch stärker Teil digitalisierter Strategien sein, was wiederum bedeutet, dass bei der Wahl der Werkzeuge auch immer folgende Fragen beantwortet werden müssen: • Wie können wir effizienter mit dem Patienten als Kundenzusammenarbeiten? • Mit welchen Möglichkeiten können wir unsere Patienten (Kunden) langfristig an uns und unsere Produkte binden?

3.2 Führung/Leadership

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• Wie kann das Kundenerlebnis (Customer Experience) optimiert werden? Wie kann eine ganzheitliche Strategie dafür geschaffen werden? • Wie können Umsätze durch neue digitale Produkte unserer Services gesteigert werden?

3.2 Führung/Leadership Digitalisierung ist eine Führungsaufgabe. Die Führungskraft der digitalen Zukunft spricht neben dem Kopf der Mitarbeiter vor allem auch deren Herz an. Die Führungskräfte müssen mehr „Ermöglicher“ denn „Allwissende“ sein. Sie können gar nicht mehr sämtliche Lösungen selbst kennen. Vielmehr sehen sie sich in der Verantwortung, den Prozess zur Lösungsfindung unter Einbeziehung aller Beteiligter bestmöglich zu organisieren. Hierbei sind echtes Interesse und das Vermögen, exzellente Fragen zu stellen, die Kernkompetenz Nummer eins. Und Demut wird zur wichtigsten Tugend jenseits aller Hierarchien und Positionen. So entsteht soziale Dichte; der innerste Kern der Mitarbeiter wird erreicht und die Kultur einer Organisation auf authentische Art und Weise gestärkt. Culture eats strategy for breakfast.

Ein Zitat, welches Peter Drucker [1] zugeschrieben wird [2] und sehr treffend die Situation beschreibt. Kultur wird durch vorbildhaftes Verhalten untereinander geprägt. Vertrauen ersetzt hierbei Misstrauen oder gar Mikromanagement. Ehrlichkeit und Integrität werden wichtiger als Soll-Erfüllung und ­Null-Fehler-Toleranz. Plötzlich finden sich Mitarbeiter in einer Welt wieder, in der sie sich tatsächlich verwirklichen können. In dieser Welt ist querdenken nicht nur erlaubt, sondern auch gefordert und bereitet Spaß. Eine Welt, in der persönliche Weiterentwicklung selbstverständlich wird, um eine neue Aufgabe oder Rolle zu übernehmen, sobald der alte Job überflüssig geworden ist. Eine Welt, in der sich alle Beteiligten mit dem Unternehmenszweck identifizieren können, Motivation von Innen kommt und damit Sog erzeugt wird, statt Druck. Und nicht zuletzt in einer Welt, in der Freiheit herrscht, die in Verantwortung ausgeübt wird. In dieser Welt entstehen die Geschäftsmodelle, die die Kunden von morgen begeistern.

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3  Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Das Krankenhausmanagement muss die Organisation befähigen und den Wandel aktiv vorleben. Hierzu gehört unter anderem: • • • • •

Über eine Vertrauenskultur Kreativität und Kooperation stärken Menschen in der Organisation befähigen Orientierung finden und geben Kollektive Intuition stärken Ego-freies Vorbild sein

• Mit Mut zur Umsetzung gelangen

Im folgenden Beispiel haben wir ein Leitbild der „Digitalen Führungskraft“ von Simon Dückert aufgegriffen, welches uns sehr gefallen hat und recht genau beschreibt, was wir uns in diesem Kontext vorstellen. In diesem Text leitet Dückert die Blaupause für moderne Führungsfähigkeiten als Quintessenz mehrerer Managementtheorien ab, die er in den Kontext der digitalen Transformation gesetzt hat. Von Taylor [3] über Drucker [1] zu Malik [4] und Hamel [5] analysiert er Fähigkeiten, die gutes Management ausmachen und adaptiert diese in unsere Zeit. Aus den von ihm identifizierten „…zu bewahrenden Aspekten dieser Managementtheorien“ resultieren die folgenden 8 Punkte [6]: Das Leitbild der „Digitalen Führungskraft“ Offenheit und Vertrauen ‒ Ich vertraue meinen Mitarbeitern und bin offen. Offenheit bezieht sich dabei sowohl auf den offenen Umgang mit Informationen, als auch auf die Offenheit für Neues und die Freude am Experimentieren. Geschwindigkeit durch digitale Vernetzung ‒ Ich nutze und fördere digitale Medien, um in meiner Organisation Schnelligkeit, Agilität und Flexibilität zu ermöglichen. Das schließt die Vernetzung von Menschen mit Menschen (soziale Netzwerke), Menschen mit Informationen (Wikis, Blogs) und Informationen mit Informationen (Links, Tags) ein. Das beste Wissen einsetzen ‒ Ich sorge dafür, dass in allen Aktivitäten stets der weltweit bestmögliche Wissensstand angewendet wird. Das kann zum Beispiel durch flexible Dokumentation von Prozessen und Aufgaben in Wikis, die Anwendung der Methode „Working Out Loud“ oder die Anwendung des ­Plan-Do-Check-Act-Ansatzes erfolgen. Mitarbeiter entwickeln ‒ Ich begleite meine Mitarbeiter in ihrem selbstgesteuerten, lebenslangen Lernen. Das kann durch die Entsendung zu Trainings und

3.3  Fähigkeit & Kompetenz/Skillset

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Lernveranstaltungen (formelles Lernen), aber auch durch informelle Lernangebote wie Communities of Practice, Moocs, Barcamps, Onlinevideos etc. geschehen. Organisation als Community ‒ Ich begegne allen Mitarbeitern ‒ offline und online ‒ auf Augenhöhe und nie von oben herab. Visionen und Ziele werden gemeinsam und partizipativ entwickelt. In dieser Gemeinschaft zählen die besten Argumente und Ideen, nicht andere Faktoren wie Alter, Geschlecht, Herkunft oder Position. Soziale Netzwerke helfen uns, Zusammenhalt und Gemeinschaftssinn zu stärken. Wenn möglich, beschränken wir uns aber nicht darauf, sondern leben diesen Zusammenhalt auch in der analogen Welt. Transparenz bei Verantwortlichkeiten und Aufgaben ‒ Ich sorge dafür, dass die Verantwortlichkeiten und Aufgaben aller Beteiligten transparent sind. Das kann zum Beispiel durch die Abbildung von RACI-Matrizen (Responsible, Accountable, Consulted, Informed) in Wikis mit dezentraler Pflege geschehen. Statt auf Mikromanagement setze ich auf Autonomie der Wissensarbeiter. Leading Out Loud ‒ Ich mache meine eigene Arbeit sichtbar und erzähle kontinuierlich ‒ offline und online ‒ über meinen Führungs-, Arbeits- und Lernprozess. Dadurch kommuniziere ich Informationen in die Breite (weg vom Prinzip „need to know“, hin zu „open by default“), erhalte wertvolles Feedback und bin gleichzeitig Vorbild für das „Working Out Loud“ aller Mitarbeiter. High Tech und High Touch ‒ Ich steuere nicht den einzelnen Menschen, sondern kümmere mich um die Gestaltung des Gesamtsystems. Dazu gehören sowohl die physische Infrastruktur (Büros, Arbeitsplatz der Zukunft, Co-Working Space, Innovation Lab, Barcamps) als auch die digitale Infrastruktur (soziale Intranets, soziale Netzwerke, Enterprise 2.0, Wikis, Blogs, Podcasts, Videoportale). ◄

3.3 Fähigkeit & Kompetenz/Skillset Neben dem Wissen um die technischen Möglichkeiten, den unterschiedlichen Methoden von Zusammenarbeit und Führungsmöglichkeiten, den Tools für agiles Arbeiten und Lean Management müssen wir auch die Fähigkeit entwickeln, im Kontext des gesamten Unternehmens zu denken und Veränderungen als sinnvoll zu betrachten. Diese Kombination von unterschiedlichen personellen, fachlichen, methodischen, Aktivitäts- und Handlungskompetenzen zu entwickeln, ist eine der wesentlichen Aufgaben eines Unternehmens, das eine digitale Transformation seiner Arbeitsprozesse anstrebt. Das wird ohne den notwendigen Ermöglichungsrahmen einer lernenden Organisation kaum möglich sein.

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3  Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Das Management ist dafür verantwortlich, dass die Mitarbeiter eine digitale Kompetenz aufbauen. Es ist dringend notwendig, dass Investitionen in das digitale Know-how getätigt werden. Das wird nur funktionieren, wenn das Management diesen Prozess aktiv vorlebt. Um die Digitalisierung jedoch weiter vorantreiben zu können, müssen folgende Fragen in Bezug auf die Mitarbeitenden dringend geklärt werden: Beispielhafte Fragen für die digitale Transformation

Was verstehen wir unter Digitalisierung unserer Organisation? Welche Konsequenzen hat Digitalisierung für unsere Organisation? Welche Auswirkung wird die Digitalisierung unserer Organisation auf unsere externen Partner haben? Wie digitalisieren wir die Daten, die wir bisher im Papierprozess erfasst haben? Welche Routinetätigkeiten können wir automatisieren? Wie können wir mit neuen Kommunikationsmitteln effizienter zusammenarbeiten? Wie können die Behandelnden schnellere und trotzdem korrekte ­Entscheidungen treffen? Wie schaffen wir es, dass Mitarbeiter, wo möglich, flexibel und unabhängig arbeiten können? Wie können wir Führungskräfte und Mitarbeiter ausreichend qualifizieren? Wie können wir Talente identifizieren und halten? Wie können wir Innovationswillen und -fähigkeit fördern?

3.4 Haltung & Einstellung/digital Mindset Wie so manches englische Wortkonstrukt hat auch die allgemeine Auffassung „digital Mindset“ gleichzeitig mehrere Bedeutungen, was es uns erschwert, eine gleichwertige Übersetzung zu finden. Die Übersetzung von digital Mindset lautet nicht nur digitale Denkweise, sie ist bezüglich der Digitalisierung auch: Einstellung, Mentalität, Gedankengut, Denkart, Gesinnung und (geistige) Haltung. Obwohl dieses englische Wortpaar mittlerweile so oft genutzt wird, dass es teilweise schon als inhaltsloses „Buzzword“ empfunden wird, nutzen wir es doch, um einen ganz bestimmten Kontext zusammenzufassen. Digital Mindset bezeichnet im Kontext unseres Buches eine neugierige Haltung mit einer positiven Einstellung und einem Grundverständnis gegenüber den Veränderungen,

3.4  Haltung & Einstellung/digital Mindset

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die eine fortschreitende digitale Transformation von Arbeitsprozessen mit sich bringen. Ihr digital Mindset ist das, was Ihnen hilft, in erster Linie digitale Erfahrungen zu machen und digitale Zusammenhänge zu erkennen. Diese Denkweise und Einstellung ist die Basis, um die notwendigen ­(Umsetzungs-)Fertigkeiten zu entwickeln. Bestandteil der Definition eines digital Mindsets sind: • Prozesse mit dem Grundanspruch „digital first“, z. B. mit der Frage: „Geht das auch digital?“ • Neugierde und Offenheit für technische, digitale Entwicklungen • Interesse an „State-of-the-Art“-Prozessen • Verständnis für die Kraft und Macht, die von der digitalen Transformation ausgeht • Grundsätzlich positive Grundhaltung gegenüber der Digitalisierung und deren Auswirkungen • Verständnis und die Bereitschaft für die durch Digitalisierung hervorgerufenen Veränderungen; dies auch oder sogar insbesondere im eigenen Bereich und Umfeld Resümee digitale Transformation

Die digitale Transformation der Arbeitsprozesse ist ein Veränderungsprojekt. Wie alle o. g. Punkte deutlich aufzeigen, ist die digitale Transformation eines Krankenhauses nicht die Aufgabe einer Abteilung wie zum Beispiel der (Medizin-)Informatik, der Kardiologie oder des Managements, sondern ein Projekt im Rahmen eines unaufhaltbaren Veränderungsprozesses, welches die gesamte Organisation betrifft. Die größten Erfolgsfaktoren zum Gelingen der digitalen Transformation sind die Führungsfähigkeit und die Vorgaben der Geschäftsleitung. Diese müssen sicherstellen, dass eine definierte „digitale Vision“ des Krankenhauses in die Organisation übernommen und dort mit Leben gefüllt wird [7]. Die darauf basierende Strategie sollte für die gesamte Organisation als Konsens aller mit Führungsaufgaben betrauter Personen wahrgenommen werden und von diesen auch gelebt werden. Eine wichtige Lektion muss man in diesem Kontext wohl mitnehmen, dass der Kader ein Problem innerhalb der Organisation sein kann, aber nicht unbedingt sein muss. Die Digitalisierung ist also nicht nur als ein technologischer Wandel zu begreifen. Die digitale Transformation muss von allen als ein Kulturwandel begriffen werden, der es Wert ist, die mit den Veränderungen einhergehenden

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3  Die vier Pfeiler der digitalen Transformation

Ängste und Bedenken beiseitezuschieben, um gemeinsam neue Wege zu erschließen.

Literatur 1. Wikipedia (2019) Peter Ferdinand Drucker. Edited by Wikipedia. https://de.wikipedia. org/wiki/Peter_Drucker. Updated on 4/23/2019. Zugegriffen: 6. Apr. 2019 2. Cave A (2017) Culture eats strategy for breakfast. So what's for lunch? Edited by Forbes.com. https://www.forbes.com/sites/andrewcave/2017/11/09/culture-eats-strategyfor-breakfast-so-whats-for-lunch/. Zugegriffen: 25. Mai 2019 3. Wikipedia (2019) Frederick Winslow Taylor. Edited by Wikipedia. Updated on 3/16/2019, checked on 6/4/2019 4. Wikipedia (2019) Fredmund Malik. Edited by Wikipedia. https://de.wikipedia.org/wiki/ Fredmund_Malik. Updated on 4/12/2019. Zugegriffen: 6. Apr. 2019 5. Wikipedia (2019) Gary P. Hamel. Edited by Wikipedia. https://en.wikipedia.org/wiki/ Gary_Hamel. Updated on 1/30/2019. Zugegriffen: 6. Apr. 2019 6. Petry T (2016) Digital leadership. Erfolgreiches Führen in Zeiten der Digital Economy, S 117–121, 122–123 7. Bohn U (2012) Change management studie 2012. With assistance of Claudia Crummernerl, Nadja Mergenthal. Edited by Capgemini Deutschland GmbH. Capgemini Deutschland GmbH. https://www.capgemini.com/consulting-de/wp-content/uploads/ sites/32/2017/08/change_management_studie_2012_0.pdf. Zugegriffen: 25. Mai 2019

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Rechtliche Rahmenbedingungen

Zusammenfassung

Datenschutz ist in Europa ein oft diskutiertes Thema. Das nächste Kapitel bietet einen kurzen Exkurs in diese Thematik.

4.1 Datenschutzgesetz und EU-Datenschutzgrundverordnung Aufgrund der elektronischen Datenhaltung werden aktuell und in Zukunft noch mehr Daten erhoben und verarbeitet, resp. sind diese besser auswert- und analysierbar. Aus diesem Grund müssen auch die Krankenhaussysteme entsprechend auf diese Anforderungen ausgelegt werden. Diese Thematik gehört in die Hände eines Spezialisten, nachfolgend nur kurz die wichtigsten Eckpunkte zur Orientierung.

4.1.1 EU-Datenschutzgrundverordnung Mit dem 25. Mai 2018 trat die neue EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) [1] in Kraft. Viele Schweizer Unternehmen, auch Spitäler, sind von der Einführung betroffen. Grundsätzlich unterliegen Unternehmen der DSGVO, wenn sie: • eine Niederlassung in der EU haben, • als Schweizer Unternehmen auch auf dem europäischen Markt tätig sind, • Verhalten von Personen in der EU beobachten. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_4

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4  Rechtliche Rahmenbedingungen

Mögliche Konsequenzen für die Nichtumsetzung der Anforderungen sind: • Klagen von betroffenen Personen • Reputationsverlust • Auferlegung korrigierender Maßnahmen durch Aufsichtsbehörden • Bußgelder bis zu 4 % des globalen Jahresumsatzes Eine Besonderheit im Zusammenhang mit der DSGVO ist, dass im Falle der Klage einer Person das Krankenhaus beweisen müsste, alles Erdenkliche unternommen zu haben, um die Daten des Patienten zu schützen. Nach einer ersten oberflächlichen Einschätzung kann gesagt werden, dass unser fiktives Krankenhaus aktuell nicht der DSGVO unterliegt, da es nicht aktiv auf dem europäischen Markt auftritt und dort seine medizinischen Dienstleistungen bewirbt. Um hier aber abschließend und hundertprozentig sicher zu sein, muss eine juristische Abklärung erfolgen.

4.2 Auszug von Anforderungen der neuen Gesetzgebung Nachfolgend ein Auszug der wesentlichen Neuerungen aus der DSGVO. Diese Anforderungen können auch 1:1 für das deutsche und das schweizerische Datenschutzgesetz übernommen werden. Informationspflichten  Firmen müssen aktiv und detailliert über die Bearbeitung von Personendaten informieren müssen (z. B. in einer Datenschutzerklärung). Persönliche Rechte Betroffene Personen (z. B. Patienten) werden umfassende Rechte bezüglich ihrer Daten zuteil, sodass der Datenschutz bestmöglich eingehalten wird (d. h. Einhaltung der Prinzipien der Transparenz, Datensparsamkeit, Verhältnismäßigkeit etc.). Einwilligung in die Datenbearbeitung Falls die Einwilligung von Nutzern zur Verwendung ihrer persönlichen Daten erforderlich ist, wird sie wesentlich schwerer zu erhalten sein. Die Einwilligung muss auch jederzeit zurückgezogen werden können. Wird eine Einwilligung zurückgezogen, hat dies weitreichende Konsequenzen auf die bereits erhobenen Daten.

Literatur

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Dokumentation  Unternehmen müssen ihre Datenbearbeitung umfassend dokumentieren, um nachweisen zu können, dass sie den Datenschutz einhalten. Datenschutzfolgeabschätzung  Sollen gewisse Kategorien von Daten (z. B. über Gesundheit, Rasse und Ethnie, politische Meinung etc.) bearbeitet werden oder allgemein beim Profiling ist vorab eine Analyse der möglichen Auswirkung auf die betroffenen Personen vorzunehmen. Technische und organisatorische Sicherheitsmaßnahmen  Unternehmen müssen Vorkehrungen zum Schutz von Personendaten treffen (z. B. Einführung von Datenschutzprozessen mit entsprechenden Kontrollen und Anwendung und Verschlüsselung). Datenschutzbeauftragter  Werden sensible Daten bearbeitet (z. B. Gesundheitsdaten) oder auch bei der systematischen Überwachung natürlicher Personen ist ein Unternehmens-Datenschutzbeauftragter zu benennen. Datenschutzverletzung  Bei Verlust oder unbefugter Publikation von Daten etc. ist der Vorfall nach Möglichkeit innerhalb von 72 h der zuständigen Aufsichtsbehörde und gegebenenfalls der betroffenen Personen zu melden. Outsourcing  Sollen Aufgaben ausgelagert werden, existieren neue Verantwortlichkeiten sowie strenge und weitreichende Anforderungen an Auftragsdatenverarbeiter (z. B. IT-Outsourcing, Buchhaltungs-Outsourcing etc.)

Literatur 1. EUROPÄISCHES PARLAMENT UND DER RAT (4/27/2016) VERORDNUNG (EU) 2016/679 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES – vom 27. April 2016 – zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/ EG ­(Datenschutz-Grundverordnung), DSGVO. Amtsblatt der Europäischen Union, checked on 6/19/2019

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Prozessmanagement und Prozesssicherheit

Zusammenfassung

Da Prozesse eine zentrale Rolle in dem von den Autoren vorgestellten Modell spielen, wird im folgenden Kapitel der Fokus auf das Prozessmanagement und die Prozesssicherheit gerichtet. Es werden sowohl Erfolgsfaktoren als auch mögliche Verbesserungspotenziale illustriert.

5.1 Prozessorientierte ganzheitliche Sicht Resultierend aus den Ausführungen von Greulich und Thiele von 1997 können wir schlussfolgern, dass die betrieblichen Strukturen im Krankenhaus durch funktionsorientierte Sichten geprägt sind. Unsere Erfahrungen zeigen, dass das durchaus auch heute noch so ist, mehr als 20 Jahre später. Die einzelnen Bereiche konzentrieren sich auf die Erbringung ihrer Leistungen, eine Sicht auf den gesamten Geschäftsprozess, die trotz aller Gesamtkomplexität der Materie den Blick auf den Patienten nicht verliert, fehlt. Das daraus resultierende fehlende Verständnis für die komplexen Umsetzungen, die für eine umfassende digitale Transformation der Geschäftsprozesse nötig wären, führen zu suboptimaler Optimierung die, wenn überhaupt, nur bezogen auf die einzelne Organisationseinheit stattfinden und oft schon beim Übergang zwischen den Bereichen enden. Die Kernprozesse des Krankenhauses, die ambulante und stationäre Behandlung von Patienten, erfahren daraus folgernd keine integrierte und durchgängig digitalisierte Unterstützung bei der Planung, Durchführung und Überwachung ihrer Arbeitsprozesse. Dasselbe gilt für das digitalisierte Zusammenspiel zwischen medizinischen und © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_5

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5  Prozessmanagement und Prozesssicherheit

administrativen Prozessen. Die Folgen sind mangelnde Prozesstransparenz, fehlendes Kostenbewusstsein und teilweise massive organisatorische Probleme bei der bereichsübergreifenden Kommunikation und Kooperation. Im Rahmen ihrer Betrachtungen zur Kostenoptimierung in Krankenhäusern beschrieben Greulich und Thiele damals die Prozessoptimierung als Lösungsansatz für eine Prozesskostenrechnung, der ermöglicht, ..., dass erstmals nicht aus der Sicht des Ärztlichen Dienstes und Pflegedienstes eine willkürliche und kaum nachvollziehbare Budgetierung bestimmter Aufgaben erfolgt, sondern eine Betrachtung der Ausgaben gewählt wird, die nachvollziehbar ist, nämlich die visuell dargestellten Arbeitsabläufe [1].

Diese Aussage kann man im Kontext der nötigen Prozessanpassungen für die digitale Transformation insofern adaptieren, dass die visuell dargestellten Arbeitsabläufe es den Betroffenen ermöglichen, ein Verständnis zu erlangen und den Umbruch transparent darzustellen. Und wir stehen auch vor dem Problem, dass die von den betroffenen Berufsgruppen erwarteten Anpassungen nicht allein basierend auf ihren Vorstellungen durchgeführt werden können, sondern die Sichtweise anderer Fachlichkeit zu berücksichtigen sind. Das heißt, dass im Bereich der Digitalisierung die Prozesse und Abläufe im Einzelnen teilweise vollständig neu zu bewerten und zu analysieren sind. Dies ist notwendig, da es absolut unsinnig ist die Papier- oder schlecht transformierten Prozesse 1:1 auf die neuen Systeme zu übernehmen und es muss unbedingt die Chance genutzt werden, die einzelnen Prozesse im Kontext digitaler Transformation völlig neu zu interpretieren. Allerdings stehen die digitalisierungswilligen Gesundheitseinrichtungen hier oft vor einem Dilemma, da das dafür nötige Knowhow meist nicht innerhalb der Organisation zu finden ist und teuer eingekauft werden muss. Die in diesem Buch aufgeführten Beispiele für mögliches „Return of Investment“, basierend auf den HIMMS Daten der EMRAM zertifizierten Krankenhäuser, zeigen aber, dass darin investiertes Geld gut angelegt ist [2]. Die von uns gemachten Erfahrungen zeigen überdies, dass ein externer und unabhängiger Blick auf die Organisation Probleme sichtbar machen kann, die von den etablierten Spielern eventuell nicht mehr gesehen werden. Einen weiteren Problempunkt stellen die unterschiedlichen Ansätze der Anbieter von Digitalisierungswerkzeugen dar. Dabei ist nicht die Qualität der angebotenen Werkzeuge das Problem, sondern die fehlende Fähigkeit der Akteure in der eigenen Organisation, in die Zukunft zu schauen. Es ist schwierig zukünftige Prozesse zu gestalten, wenn man die Möglichkeiten und die Funktionsweise der Werkzeuge nicht kennt. Wir beschreiben die Prozesse deshalb möglichst abstrakt, ohne den Bezug zu Lösungen herzustellen.

5.2  Die größten Erfolgsfaktoren im Prozessmanagement

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5.2 Die größten Erfolgsfaktoren im Prozessmanagement Die Maßnahmen zur Prozessoptimierung müssen strukturiert, nachhaltig und systematisch durchgeführt werden. Die nachfolgenden Maßnahmen haben sich als Erfolgsfaktoren für ein nutzenoptimiertes Prozessmanagement etabliert: Strategische Prozessausrichtung Die Entwicklung einer am Prozessdenken ausgerichteten Strategie legt den Grundstock eines ganzheitlichen Business Prozess Management (BPM)-Ansatzes. Dabei steht die Integration von Menschen, Prozessen und ­ Systemen über die Bereichsgrenzen hinweg im Fokus. Auch die Festlegung von Rollen und Verantwortlichkeiten muss berücksichtigt werden. Mit der Vereinbarung von Zielen, Prozesskennzahlen und Methoden werden die nötigen Rahmenbedingungen für ein erfolgreiches Prozessmanagement geschaffen. Ziele Die Prozessmanagement-Ziele leiten sich aus der strategischen Planung ab. Neben den Zielen der funktionalen Organisation werden auch Prozessziele für die verschiedenen Geschäftsprozesse definiert und mit der Unternehmensstrategie in Einklang gebracht. Unterstützung durch Management Für ein erfolgreiches BPM ist eine hohe Aufmerksamkeit des Managements unabdingbar. Die Verantwortung für die Kernprozesse sollte möglichst in der Unternehmensleitung angesiedelt werden. Um diese Prozesse nachhaltig zu identifizieren und zu managen, müssen unterschiedliche BPM-Methoden und -Techniken eingesetzt werden. Die feste Verankerung der notwendigen Methoden und Techniken fallen in die Verantwortung der Geschäftsleitung. Im Rahmen einer umfassenden digitalen Transformation eines ganzen Krankenhauses muss eventuell selbst eine Anpassung der Strukturen in den höchsten betrieblichen Leitungsgremien bewertet werden. So könnte bspw. eine Umstrukturierung von einer disziplinären Fachbereichs – in eine Prozessstruktur zielführend sein. In jedem Falle sollten die Konsequenzen eines solchen Vorgehens allen Führungskadern klar sein, um nicht von den Auswirkungen überrascht zu werden.

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5  Prozessmanagement und Prozesssicherheit

Prozessverantwortung Der Prozessverantwortliche (Prozesseigner) übernimmt die Verantwortung für einen End-to-End-Prozess. Er ist sowohl für die Steuerung wie auch für die Weiterentwicklung des Prozesses zuständig. Damit der Prozesseigner seine Rolle erfolgreich wahrnehmen kann, müssen die Kompetenzen für die finanziellen und andere den Prozess betreffenden Entscheidungen zugesichert werden. Prozess-Monitoring Um wirklich einschätzen zu können, ob ein Prozess die gewünschte Prozessleistung erbringt, ist es notwendig, verschiedene Kennzahlen zu erheben und diese laufend zu überwachen (Monitoring). Die kontinuierliche Messung der Prozesse liefert die Informationen, um die Prozessleistung weiter zu analysieren und die kontinuierliche Prozessverbesserung (KVP) zu gewährleisten. In der digitalen Transformation der Prozesse sollte dieser Punkt von Anfang an berücksichtigt werden. BPM-Methoden und -Techniken Neben den Kompetenzen der Mitarbeitenden sind auch fundierte Kenntnisse in den BPM-Methoden und -Techniken für ein erfolgreiches BPM eine Voraussetzung. Der Ausbildung der Mitarbeitenden und dem Einbeziehen von ­BPM-Experten sind also eine große Beachtung zu schenken.

5.3 Konkrete Potenziale des Prozessmanagements Nachfolgend der Auszug einer Studie der Unternehmensberatung KMPG von 2017, die zeigt, dass sich bei einem vollständigen Durchlaufen der Behandlungskette über fünf Stationen (Hausarzt, Spezialist, Akutkrankenhaus, Rehabilitationsklinik, Hausarzt) ein Einsparpotenzial von 87  min ergibt (Abb.  5.1). Das entspricht einer Kosteneinsparung von CHF 59 pro Fall.

Literatur

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Abb. 5.1   Zeitaufwand und Einsparpotenzial über fünf Behandlungsstationen (BFS = Schweizer Bundesamt für Statistik)

Literatur 1. Thiele G (Hrsg) (1997) Prozeßmanagement im Krankenhaus. With assistance of Andreas Greulich, Monika Thiex-Kreye. Heidelberg: v. Decker (Schriftenreihe zum Managementhandbuch Krankenhaus, 8) 2. HIMSS Europe (2013) Experiences and Metrics for Calculating Return on Investment. With assistance of Ángel Blanco Rubio, Miguel Cabrer, Julio Díaz Ojeda, Vicent Moncho Mas, Manuel Pérez Vallina, Carlos Piqueras Picón et al Edited by HIMSS Europe. HIMSS Europe. https://www.himss.eu/education/white-papers?page=3. Zugegriffen: 7. Juli 2019

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EMR Adoption Model (EMRAM)

Zusammenfassung

Es wird eine Roadmap (EMRAM) vorgestellt, die als ein Reifegradmodell für die Digitalisierung von Krankenhäusern dienen kann. Dieses stellt eine gute Vergleichsmöglichkeit im Kontext der Krankenhausdigitalisierung dar und wurde von der Healthcare Information and Management Systems Society (HIMSS) erarbeitet. Die aus der Arbeit der HIMSS mit unterschiedlichsten Krankenhäusern in den USA, Kanada und Europa auf der Basis dieses Reifegradmodells gewonnenen Daten untermauern die Refinanzierungspotenziale digitaler Transformation eindrucksvoll. Das Elektronic Medical Record Adoption Model (oder EMRAM) wurde 2005 von der HIMSS, der Healthcare Information and Management Systems Society ins Leben gerufen und ist eine Methodik, mit der sich die Akzeptanz von ITSystemen unter anderem in den USA, Kanada und mittlerweile auch in Europa im Gesundheitswesen bestätigen lässt [1]. Dazu wird eine Stufeneinteilung genutzt, um den zunehmenden Grad des Fortschrittes im Bereich der klinischen Informatik widerzuspiegeln (Abb. 6.1). Alle Kriterien einer Stufe müssen erfüllt sein, um die Stufe zu „verdienen“. Damit kann ein Krankenhaus also den Reifegrad seiner eigenen digitalen Transformation ins Verhältnis zu anderen Krankenhäusern setzen. Wir beziehen uns auf das bis 2018 gültige EMRAM-Modell, da hier bereits empirische Daten vorliegen und auf dieser Basis eine große Anzahl von Projekten weltweit durchgeführt wurden. Seit 2018 gilt ein neues, etwas strenger ausgelegtes EMRAM-Modell, welches aber nahezu die gleichen Nutzenpotenziale aufzeigt.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_6

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6  EMR Adoption Model (EMRAM)

Abb. 6.1   EMRAM-Einstufungen

6.1 Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe Das EMRAM-Modell bewertet den Nutzen der IT für die Anwender. Dies ist das entscheidende Kriterium für das Erreichen der internen Ziele im Bereich Effizienz und Ergonomie. Hierzu muss die klinische Dokumentation von Ärzten, Pflegekräften und anderen Behandelnden und Therapeuten in einem Informationssystem abgebildet sein und die Berufsgruppen auf ein klinisches System zur Entscheidungsunterstützung (CDSS → Clinical Decision Support System) zurückgreifen können [1]. Darüber hinaus wird eine Closed Loop Medication, also ein IT-gestützter, geschlossener Medikationsprozess verlangt, der von der Verordnung der Medikamente durch den Arzt, der pharmazeutischen Kontrolle der Verordnung durch die Apotheke, über das Richten, der elektronischen Patientenidentifikation und der Überprüfung des Patienten zur Medikamentenverordnung, bis zum Austeilen am,

6.2  Konkrete Beispiele für Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe

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Abb. 6.2   Nutzen EMRAM-Modell

natürlich korrekt elektronisch identifizierten Patienten, lückenlos dokumentiert wird. Sie stellt die Einhaltung der 5-R-Regel sicher:

 Richtiger Patient Richtiges Arzneimittel Richtige Dosierung oder Konzentration Richtige Applikation Richtiger Zeitpunkt Eine komplette Übersicht ist der Abb. 6.2 zu entnehmen.

6.2 Konkrete Beispiele für Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe Die strukturierte Überarbeitung und Optimierung der jeweiligen Arbeitsprozesse und IT-Infrastruktur der klinischen Infrastruktur benötigt den Einsatz von Personal und Zeit.

36

6  EMR Adoption Model (EMRAM)

Jedoch ist der Return on Invest (ROI) durchaus, ab dem Erreichen der 3 Stufen, klar ausweisbar. Die folgenden Beispiele von Krankenhäusern zeigen deren direkten realisierten Nutzen ab der dritten Stufe auf [2].

6.2.1 Stage 3 – Erste direkte Kosteneinsparungen Betroffene Prozesse • Pflegedokumentation • Zentrale Verordnungskommunikation • Elektronisches Medikationsadministrationsprotokoll Realisierbarer Nutzen • Verringerung von Medikationsfehlern durch die elektronische Dokumentation und Nachverfolgung der Medikationsgabe

Klinikum Nürtingen

Deutschland

• Einsparungen von 15 min/Tag für jede Entlassung durch eine erhöhte Systemintegration; ergeben insgesamt 2932 h/Jahr

Marin Salud HoKrankenhaus de Dénia

Spanien

Onkologikoa San Sebastian Spanien • Reduktion der Durchschnittszeit zwischen Cancer Institute Ersterhebung und Biopsie um 43 % • Verkürzung der Durchschnittszeit bis zu OPBerichterstellung um 15 % • Verkürzung der Durchschnittszeit zwischen Diagnose und Behandlung um 4 %

6.2.2 Stage 4 – Sicherheit durch eine komplett geschlossene Arzneimittelverordnung Betroffene Prozesse • Elektronische Arzneimittelverordnung

6.2  Konkrete Beispiele für Nutzenpotenziale pro EMRAM-Stufe

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Realisierbarer Nutzen • Reduzierung von schweren Medikationsfehlern um 11 %, 4 Monate nach der Einführung elektronischer Verordnungen

Chelsea & Westminster Hospital Trust

Großbritannien

•E  insparung von 635 Mio. € in 7 Jahren durch Anstieg der Arbeitseffizienz und Umplanung von Ressourcen

Marin Salud Hospital de Dénia

Spanien

• Ein-Klick-Verordnungen für Labor, Radiologie University Children’s Hospital Ljubljana oder Medikation ermöglichen das einfache Versenden elektronischer Verordnungen • Reduktion unerwünschter Nebenwirkungen um 9,1 % • Reduktion unerwünschter Arzneimittelinteraktionen um 28,7 % • Zunahme der Behandlungs-Compliance um 18 %

Badalona Healthcare Services

Slowenien

Spanien

6.2.3 Stage 5 – Optimierung der bildgebenden Diagnostik führt zu Kosteneinsparungen Betroffene Prozesse • PACS/Bildmanagement • Vendor Neutral Archive Realisierbarer Nutzen • Vermeidung von 541 unnötigen postoperativen Röntgenuntersuchungen des Brustkorbes (52.000 € Einsparungen)

Marina Salud Hospital de Dénia

• Verbesserung des Zugriffs auf Labor-/Röntgenergeb- Máxima Medisch nissen und des Managements von Herzinsuffizienz- Centrum Patienten • Verbesserte Planung führte zu Anstieg der Durchführungshäufigkeit verschiedener Dienstleistungen, Bsp.: Anstieg der CT-Untersuchungen von 4336 auf 6698 nach 12 Monaten (54 % Erhöhung)

Hospital de Luz

Spanien

Niederlande

Portugal

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6  EMR Adoption Model (EMRAM)

Spanien • Verringerung von Duplikaten bei Röntgenbildern um Badalona Healthcare Services 99,6 % • Reduktion der Abteilungskosten für Archivierung um 85 %

6.2.4 Stage 6 – Erhöhte Patientensicherheit durch IT Betroffene Prozesse • Geschlossener Medikationskreislauf • Fortgeschrittene klinische Entscheidungsunterstützung (Clinical Decision Support Systems – CDSS) • Umfassende Arztdokumentation Realisierbarer Nutzen • Verringerungen von Krankenhaus-Infektionen und eine um 32 % verringerte Sepsis Sterblichkeit (4 Leben/Monat gerettet)

Marin Salud Hospital de Spanien Dénia

• Reduzierung der Patienten, die sedierende Medika- Galway Clinic mente erhalten von 22 % auf 13 % • Reduktion der Häufigkeit Medikationsverschreibungen gegenzeichnen zu lassen von 461 auf 390. Das entspricht rund 15 % der Pflegezeit • CDSS verkürzt die Zeitspanne zwischen Krebsdiagnose und Behandlung um 57 % • Verringerung von Arzneimittelwechselwirkungen um 28,7 % • Verringerung von Arzneimittelnebenwirkungen um 9,1 %

Badalona Healthcare Services

6.2.5 Stage 7 – Vollständig digitalisiertes Krankenhaus Betroffene Prozesse • Vollständige elektronische Patientenakte • Alle klinisch relevanten Informationen sind digital verfügbar

Irland

Spanien

Literatur

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Realisierbarer Nutzen • Effiziente Nutzung von Mitarbeiter-Ressourcen • Jährliche Einsparungen von 324.000 € • Die papierlose Umgebung reduziert die Kosten für das manuelle Kodieren, Scannen und Anfügen von Dokumenten zur Patientenakte • Das Abarbeiten von Patientenanfragen (Kopien, Dokumente) wird erleichtert

Marin Salud Hospital de Dénia

Spanien

Literatur 1. HIMMS Analytics (2017) The journey to value-based healthcare. Redefining the way healthcare providers work, collaborate on medical records and connect with their patients. Edited by HIMMS Europe. HIMMS Europe. HIMSS Europe Webpräsenz. https://www.himss.eu/education/white-papers?page=1. Zugegriffen: 7. Juli 2019 2. HIMSS Europe (2013) Experiences and Metrics for Calculating Return on Investment. With assistance of Ángel Blanco Rubio, Miguel Cabrer, Julio Díaz Ojeda, Vicent Moncho Mas, Manuel Pérez Vallina, Carlos Piqueras Picón et al Edited by HIMSS Europe. HIMSS Europe. https://www.himss.eu/education/white-papers?page=3. Zugegriffen: 7. Juli 2019

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Kunden und Patienten

Zusammenfassung

Auch die Einbindung des Patienten in die kommende Digitalisierung hat einige Herausforderungen zu bieten. Dieses Kapitel stellt einen kurzen Exkurs dar, welche das sein könnten, und es beleuchtet eine neue Sichtweise auf den Patienten als Kunden des Krankenhauses.

Zukünftig wird sich die Sicht auf den Patienten ändern. Das Krankenhaus muss stärker mit dem Patienten direkt kommunizieren, um ihn als Kunden anzuwerben und langfristig zu binden. So kann der Patient bspw. nach der Hausarztkonsultation mit einer entsprechenden Mobilapplikation selbst im Krankenhaus mit dem entsprechenden Spezialisten Kontakt aufnehmen und einen Arzttermin vereinbaren. Der Patient lässt sich von dort die Verschreibung für das benötigte Medikament direkt auf sein Handy senden und findet, wenn er am Abend nach Hause kommt, das von der Apotheke gelieferte Medikament bereits im Briefkasten. Damit nicht genug, der Patient erhält via App eine Erinnerung an den nächsten Arzttermin und einen Hinweis darauf, dass er eine neue Medikamentenbestellung aufgeben sollte. Auch könnten Patienten mit ihrer Einwilligung dank eines „Wearables“, eines am Körper tragbaren (Klein-) Computersystems, hinsichtlich der Wirkung eines kritischen Medikaments für eine bestimmte Zeit permanent überwacht werden und der Arzt könnte, bei Auftreten einer unerwünschten Nebenwirkung, seinen Patienten direkt kontaktieren oder ihm Hilfe senden.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_7

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7  Kunden und Patienten

Beispiel

Apple hat im Frühjahr 2019 mit der neuesten Version seiner Apple Watch eine EKG-App veröffentlicht, die es ermöglicht, die Herzstromkurve des Trägers zu überwachen. Mit der EKG-App* kann die Apple Watch Series 4 ein EKG machen, vergleichbar mit einem Ableitung I-EKG. Das ist eine bedeutende Technologie für ein tragbares Gerät, die Ärzten kritische Daten liefern kann – und dir ein beruhigendes Gefühl. … … Die in die Digital Crown und den Gehäuseboden integrierten Elektroden liefern Daten an die EKG-App, um elektrische Herzsignale zu lesen. Berühre einfach die Digital Crown und erstelle in nur 30 Sekunden ein EKG. Die EKG-App kann erkennen, ob es Anzeichen von Vorhofflimmern gibt, eine Art ernstzunehmender Herzrhythmusstörung, oder ob das Herz im normalen Sinusrhythmus schlägt. (Zitat Apple Website) ◄

Hintergrundinformation Laut einer Studie der PWC Schweiz [1] mit 300 Direktoren von Schweizer Kliniken hat vor allem der stärkere Fokus auf den Patienten einen signifikanten Einfluss bei der Nutzung von digitalen Technologien. 71 % der befragten CEOs nehmen an, dass die Patienten in Zukunft einen höheren Komfort erwarten. Die Studienteilnehmer sind sich einig: Die Ansprüche der Patienten werden sich in den nächsten fünf Jahren verändern. Dabei ragen drei Themen besonders heraus: Neun von zehn der befragten CEOs gehen von einer leichten bis starken Zunahme der Erwartungshaltung der Patienten in Bezug auf Komfort, Transparenz und kürzere Wartezeiten aus. Jedoch gehen 53 % der CEOs davon aus, dass sich die Patientenerwartungen im Bereich Datenschutz nicht erhöhen werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die Bedürfnisse je nach Patient und Patientengruppe unterschiedlich sind [1].

Ein weiteres Beispiel zur Unterstützung des steigenden Kundenbedürfnisses nach Information und durchgängigen Prozessen ist die Verwendung von elektronischen Patientenaufklärungsbogen. Ein standardisierter elektronischer Aufklärungsbogen kann teilweise vom Patienten selbst ausgefüllt werden. Dieser Prozess kann durch Aufklärungsfilme und ergänzendes Bild- und Tonmaterial unterstützt werden. Ein digitaler Aufklärungsbogen unterstützt bei der digitalen Anamnese, befriedigt den gestiegenen Informationsbedarf der Patienten und stellt den Prozess bis hin zur elektronischen Unterschrift und der rechtssicheren Archivierung sicher. Mit Einwilligung des Patienten können Ärzte direkt auf alle Vorbefunde anderer Kliniken

Literatur

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zugreifen. Ärzte, Pflegepersonal und Patienten werden gleichermaßen entlastet, da eine mehrfache Befragung der Patienten wegfällt. Im Gegensatz zu seinem Papierpendant ist die elektronische Version kostensparender und auch ökologisch nachhaltig. Auch liegt sie in allen Sprachen vor, sodass auch Sprachbarrieren kein Hindernis für eine ausreichende Aufklärung der Patienten mehr sind. Die hier aufgeführten Argumente stützen die These, dass der Patient stärker in den Fokus der Entscheidungen gerückt werden muss, um in Zukunft konkurrenzfähig bleiben zu können.

Literatur 1. Sommer P, Bieri B, Shulthess M (2017) CEO Survey Spitalmarkt Schweiz 2017. Trends und Herausforderungen für Schweizer Spitäler und Kliniken. Edited by PWC. PWC. https://www.pwc.ch/de/publications/2017/ceo-survey-spitalmarkt-schweiz-2017-deweb.pdf. Zugegriffen: 26. Nov. 2019

Teil II Praktische Umsetzung

8

Grundmodell EAM

Zusammenfassung

Mit diesem Abschnitt beginnt der zweite Teil, in dem die Autoren ihr Modell in den Kontext der praktischen Umsetzung bringen. Als erstes wird im folgenden Kapitel das Grundmodell auf der Basis seiner Herkunft aus dem Enterprise Architecture Management (EAM) erläutert und seine Anwendung in den Kontext der Patientenprozesse gebracht.

Zu Beginn dieses Buches haben wir uns mit den Problemen unseres fiktiven Krankenhauses auseinandergesetzt. Wir haben festgestellt, dass es keine gemeinsame Sprache und Sichtweise für unsere Organisation gibt, anhand derer das Management eine allen bekannte, von allen getragene und damit gemeinsame Vision sowie – daraus schlussfolgernd – eine gemeinsame Strategie entwickeln könnte. In Teil 2, der praktischen Umsetzung, wollen wir uns nun damit beschäftigen, was wir wirklich für unser Management tun können, um die geforderten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalisierung schaffen zu können. Wir hatten festgestellt, dass die IT unseres fiktiven Krankenhauses nur ein reaktives Umsetzungswerkzeug ist mit wenig bis keinem Einfluss auf eine gesamtheitliche Digitalisierung der Organisation. Das möchten wir jetzt ändern. Wir wollen nun zu einem proaktiven Innovationstreiber für unsere Organisation werden. Dafür müssen wir einen Weg finden, wie wir allen Mitstreitern innerhalb des Krankenhauses möglichst einfach ein Modell zur Verfügung stellen können, mit dessen Hilfe es uns möglich wird, die Anforderungen einer erfolgreichen digitalen Transformation von Geschäftsprozessen zu visualisieren. Unser Ansatz wird die benötigten Informationen in Form von schematischen Zeichnungen und Diagrammen darstellen. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_8

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8  Grundmodell EAM

Abb. 8.1 zeigt ein einfaches Grundmodell, welches die Unternehmensarchitektur des Krankenhauses in einzelne Schichten unterteilt. Basierend auf bestens erbrobten Methoden, die andere Industriezweige schon seit längerer Zeit im Rahmen der Digitalisierung nutzten, soll die geforderte organisationsweite, interprofessionelle und interdisziplinäre Sichtweise für die Analyse erreicht werden. In unserem Ansatz wird das Enterprise Architecture Management (ab jetzt auch: EAM) das Mittel der Wahl sein, um in unserer Organisation die Teile des Puzzles zu beleuchten. Enterprise Architecture Management (EAM) liefert das inhaltliche Fundament für die Planung und Steuerung der IT. In der Unternehmensarchitektur werden die wesentlichen fachlichen und IT-Strukturen eines Unternehmens grobkörnig gesammelt und miteinander in Beziehung gesetzt. Auf dieser Basis können das vielfältige Informationsbedürfnis der verschiedenen Stakeholdergruppen befriedigt und fundierter Input für Entscheidungen bereitgestellt werden.

Abb. 8.1   Grundmodell EAM

8.1  EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten

49

Das EAM bietet Frameworks für die Erarbeitung und Einführung der benötigten Veränderungen innerhalb der gesamten IT-Organisation [1]. Allerdings sind diese Frameworks sehr umfangreich und mächtig, sodass eine detaillierte Beschäftigung damit den Rahmen dieses Buches sprengen würde. Auch würde es diejenigen Leser überfordern, welche sich lediglich einen Überblick über die Kernpunkte der Digitalisierung verschaffen wollen und die sich nicht täglich mit IT- oder Managementprozessen beschäftigen. Wir haben uns deshalb einen Bereich des EAM ausgesucht, der sich nach unserer Meinung für die in diesem Buch angestrebten Ziele am besten eignet. Das von uns erarbeitete Modell ist eine gute Grundlage für die allgemein verständliche Visualisierung und damit ein Werkzeug für eine gemeinsame Sicht der Dinge. Auf dieser Basis wird solch eine Herangehensweise zur Lösung der oben genannten Probleme beschrieben und zur Diskussion gestellt, die den Weg des Patienten durch das Krankenhaus im Fokus hat. Das Modell soll möglichst einfach einen Überblick über die komplexen Zusammenhänge der digitalen Behandlungs- und Geschäftsprozessunterstützung geben, sodass auch den Beteiligten außerhalb der Informatik das benötigte Wissen zur Verfügung steht, um korrekte Entscheidungen treffen zu können. Allerdings sehen wir damit nicht nur die Möglichkeit das Management ins Bild zu setzen, ebenso wichtig ist es innerhalb der gesamten Mitarbeiterschaft ein Verständnis für die kommenden Veränderungen zu erzeugen, da es die Mitarbeiter in den einzelnen Basisprozessen sind, die die Konsequenzen als Erste zu spüren bekommen. Deshalb sind wir für eine erfolgreiche Digitalisierung auf sinnvolle und zielorientierte Rückmeldungen von dort angewiesen. Wir nennen diesen Prozess den Innovationszyklus II und werden später noch darauf eingehen.

8.1 EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten Grundsätzlich sind alle Versuche der Prozessänderung oder -verbesserung am Hauptzweck einer Unternehmung auszurichten. In unserem Fall eines Krankenhauses sollte unser Bestreben also auf allen Ebenen nach dem Patienten ausgerichtet werden. Dieser Ansatz ging schon als Grundidee in das Prozessdesign mit ein. Das Ziel der Umstellung auf elektronisch unterstützte Prozesse in einem Krankenhaus ist aus unserer Sicht die Digitalisierung des Behandlungsprozesses, dies immer im Zusammenhang mit den ihn umgebenden administrativen Geschäftsprozessen. Der Behandlungsprozess eines Patienten ist und bleibt der Kerngeschäftsprozess eines Krankenhauses. Hier steht die Erfassung, die Aufbereitung, die Darstellung und Verteilung von Informationsartefakten aus der Behandlung im Mittelpunkt. Um

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8  Grundmodell EAM

aber auch der geforderten Wirtschaftlichkeit im Umfeld fremdfinanzierter Dienstleistungen Rechnung zu tragen, müssen die aufbereiteten Daten auch den betriebswirtschaftlichen Geschäftsprozessen effizient zur Verfügung gestellt werden, da sie für die Verrechnung der erbrachten Dienstleistungen essenzielle Bedeutung haben. Unterstützt wird unser Ansatz auch in einer schon erwähnten Untersuchung von PWC aus dem Jahr 2017, dort heißt es „Der Behandlungspfad kann in mehrere Abschnitte eingeteilt werden. Vom ersten Kontakt mit dem Spital bis zur Genesung oder Linderung existieren noch immer viele «Schmerzpunkte», die nichts mit dem eigentlichen Leiden, sondern vielmehr mit den administrativen Prozessen und Fragen der Patienten zu tun haben…“ [2]

und weiter „… Auch die Kommunikation und die Interaktion entlang des gesamten Behandlungsprozesses spielen zunehmend eine Rolle. Nach unserer Einschätzung kann sich das Schweizer Gesundheitswesen in dieser Hinsicht noch wesentlich verbessern.“ [2]

Hier kommt der Bezug auf die Schweiz zustande, da die Umfrage sich explizit darauf bezieht. Wir sind sicher, dass die Situation auch auf andere Länder abbildbar ist. Am Ende ihrer Vision schreiben die Autoren: „Wichtig: Diese Vision konzentriert sich nicht auf die Technologie. Sie stösst eine Prozessveränderung in Richtung Patientenzentrierung an, die digital unterstützt wird.“ [2]

Diese Prozessanpassungen gipfeln in der oben zitierten Vision in einer mobilen Applikation für den Patienten. Für uns ist die Kernaussage aber die Prozessanpassung, denn ohne diesen Schritt läuft die Bemühung um eine Unterstützung für den Patienten mangels fehlenden Informationsangebots ins Leere. Es gibt aber auch noch andere Aspekte, die unbedingt beachtet werden sollten. In der Schweiz wurde im Jahr 2012 mit der Umstellung der Vergütung von medizinischen Dienstleistungen auf Basis der Diagnosis Related Groups (DRG, zu deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) ein bedeutender Wandel eingeleitet. Leistungen werden anhand von medizinischen und demografischen Daten, die über ein Kriterium (englisch: cost weight) bewertet werden, pauschal pro Fall abgegolten. Dieser Veränderung im Bereich der Krankenhausfinanzierung wird aktuell noch durch die Neugestaltung des TARMED Leistungskataloges, der die

8.1  EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten

51

Berechnung der ambulanten, nichtstationären Dienstleistungen regelt, weitergeführt. Das zwingt die Krankenhäuser, ihre Leistungen immer effektiver zu erbringen, ohne dabei die Sicherheit der Behandlung zu gefährden. Auf der einen Seite heißt das, medizinische Daten sind also nicht nur für die Behandelnden essenziell. Auch für die Berechnung des Entgeltes für erbrachte Leistungen ist es wesentlich, dass diese Daten effektiv zur Verfügung stehen. Auf der anderen Seite steht mit diesen Abrechnungsmodi die Prozessoptimierung der nichtmedizinischen Tätigkeiten innerhalb des Behandlungsprozesses im Fokus. Beispielsweise ist die Behandlung einer komplikationslosen Blinddarmentzündung evidenzbasiert standardisiert und wird sich im Vergleich der Häuser nur marginal unterscheiden. Die Bewertung der Pauschale für dieses Beispiel lässt also keinen Spielraum zu und die Möglichkeiten, um mit der Behandlung zusätzlichen Ertrag zu generieren, hält sich ergo in sehr engen Grenzen. Hier kann die Organisation nur gewinnbringend arbeiten und sich Vorteile am Markt verschaffen, wenn die umgebenden Prozesse optimal abgestimmt und auf Effizienz getrimmt wurden. Aus diesem Grund darf die digitalisierte Unterstützung der medizinischen Behandlungsprozesse auf keinen Fall getrennt gesehen werden von den unterstützenden Prozessen. Für Optimierungen außerhalb der medizinischen Dienstleistungen bieten sich Analysen der einzelnen Geschäftsprozesse an. Unser Ansatz stellt den Weg des Patienten und seiner Daten durch den administrativen und medizinischen Behandlungsablauf in den Mittelpunkt. Hier läuft die Prozesskette ab, die das reale Kerngeschäft eines Gesundheitsbetriebes abbildet. Auch die Kostenbewertung der Beteiligten an den Prozessen ist hier am höchsten, befinden sich doch in diesem Umfeld die meisten Mitarbeiter mit einem akademischen Hintergrund. Aus diesem Grund kann das größte Optimierungspotenzial bei Arbeitszeiteinsparungen erwartet werden und man könnte deshalb genau hier ansetzen. Der Behandlungszeitstrahl illustriert den Zeitvektor des Aufenthaltes eines Patienten in einem Krankenhaus. Alle Prozesse verteilen sich entlang dieses Vektors. In der Tat spielt die Zeit eine entscheidende Rolle im Gesamtablauf unserer Leitprozesskette. Seien es zeitkritische Behandlungsmaßnahmen, für deren Erbringung die gesammelten Informationen zur Verfügung gestellt werden müssen, oder etwa Organisationsvorgaben, die abrechnungsrelevante Zeitspannen für einzelne Geschäftsprozesse vorgeben. Mit der Leistungsabgeltung nach DRG finden sich auf dem Behandlungszeitstrahl relevante DRG-Marker wie bspw. die minimale und maximale Grenzverweildauer eines Patienten, geregelt im jeweils gültigen Falpauschalenkatalog der zuständigen Institution, die bei Unter- oder Überschreiten signifikanten Einfluss auf die Abgeltung der erbrachten Leistung haben. Am Behandlungszeitstrahl richten sich deshalb relevante Steuerungs-

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8  Grundmodell EAM

variablen aus. Unter anderem aus diesem Grund haben wir unser Prozessmodell entlang des Behandlungszeitstrahls ausgerichtet. Ein entsprechendes Bild (Abb. 9.4 Prozessschicht in Abhängigkeit zum Behandlungszeitstrahl) finden Sie im Abschn. 9.1 „Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer“ im weiteren Verlauf des Buches. Beispiel Prozesskostenrechnung

In einem Projekt haben wir versucht, die nötigen Veränderungen durch eine einfache Prozesskostenrechnung zu initiieren. Im Beispiel haben wir bei den Betroffenen Messungen durchgeführt und den Arbeitsprozess genau protokolliert. Aus dem Controlling haben wir die entsprechenden Kostenfaktoren je Minute erhoben und konnten dann aus der Prozessaufzeichnung des neuen Prozesses die benötigten Prozessschritte erheben. Die dabei ermittelten Ergebniszahlen haben wir mehrfach gegengerechnet, denn wir konnten es selbst kaum glauben, welches Potenzial in einer verbesserten Transformation der Arbeitsprozesse lag. Allerdings war der Ist- Zustand auch eine Umsetzung, die für sehr viel Unruhe sorgte und zu einem hohen Akzeptanzverlust für digitale Lösungen geführt hatte. Das folgende Bild (Abb. 8.2) zeigt das hohe Potenzial, welche die Verbesserungen schlechter digitaler Prozesstransformationen in sich bergen. Die gezeigten Zahlen stammen aus dem Jahr 2017 und beleuchten das Einsparpotenzial eines analysierten Prozesses, hier die Erstellung eines Austrittsberichtes. ◄ Die ermittelten Prozesskosten sind aber nur ein Aspekt für die Bewertung des Optimierungspotenzials. Am Ende gibt es viele Vektoren, die den Einfluss von Arbeitsprozessen auf die Ergebnisqualität der übergeordneten Geschäftsprozesse beeinflussen und tlw. weitreichende Auswirkungen auf die Organisation haben. Entsprechend unseres Ziels dient die Reise des virtuellen Patienten durch die Prozesslandschaft des Krankenhauses als Startpunkt für die Erarbeitung einer Matrix zur Priorisierung der durchzuführenden Maßnahmen. Das Ergebnis muss mit den betroffenen Managementbereichen und der Krankenhausleitung abgeglichen und an die wahren Bedürfnisse und Ziele angepasst werden. Die Ergebnisse können in unterschiedlichen Organisationen deutlich voneinander abweichen, was aber unerheblich ist. Das Ziel ist, zu einer für die jeweilige Organisation gültigen Prozesskennzahl zu kommen, die zu einer Priorisierung zum Zwecke der Prozessoptimierung führt. Jetzt stellt sich die Frage, mit welchen Variablen man den Zustand der einzelnen Prozesse bewertet und festlegt, welcher Prozess eine Überarbeitung

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Abb. 8.2   Prozesskostenvergleich

8.1  EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten

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8  Grundmodell EAM

am nötigsten hat? Wir haben uns an diesem Punkt für eine Matrix entschieden, weil wir uns damit den besten Überblick über die nötigen Kriterien erhoffen. Bei der Beantwortung dieser Frage sollte man also die Lesbarkeit und die Verständlichkeit der einzelnen Punkte nicht außer Acht lassen, da die Konsequenzen, die aus der Bewertung als Ergebnis der Matrix resultieren, nicht allein der puren Priorisierung dienen, sondern der gesamten Organisation den Veränderungsbedarf aufzeigen und damit die Bereitschaft zur Veränderung erzeugen soll. Erinnern Sie sich an Kap. 2? Lassen Sie uns doch einmal gemeinsam Schritt für Schritt die von uns entwickelten Vorschläge durchgehen. Diese Vorschläge sollen die Vorgehensweise beleuchten und basieren auf unseren Erfahrungen aus den realen Projekten in Krankenhäusern. Im Prinzip lässt sich die Ermittlung der Priorisierungskennzahl aus folgender Formel ermitteln: 

Formel zur Ermittlung der Priorisierungskennzahl  Wichtungskategorie Anzahl betroffene Nutzer → WK1 Wichtungskategorie Anzahl betroffene Bereiche → WK2 Wichtungskategorie betroffene Berufsgruppen → WK3 Wichtungskategorie Patientengefährdung → WK4 Wichtungskategorie Prozessschwäche → WK5 Wichtungskategorie Potenzial → WK6 Jede Wichtungskategorie geht mit der Wichtungsbewertung ihrer Unterpunkte in die Berechnung der Prozesskennzahl ein. Priorisierungskennzahl = (WK1 + WK2 + WK3) * WK4 * WK5 * WK6

8.1.1 Einfluss und Wirkung auf die Organisation Die Summe der Ergebnisse von Einfluss und Wirkung auf die Organisation erzeugt die Basiszahl zur Berechnung der Prozesskennzahl. Hier nehmen wir drei Vektoren an, die einen Einfluss auf die Ergebnisse der Prozessoptimierungen haben können. Die Bewertungen der aufgeführten Unterkapitel werden in einer Summenformel in die Kennzahlberechnung eingefügt.

8.1.1.1 Anzahl betroffene Benutzer – WK1 Vorschlag Kriterienbewertung Anzahl Benutzer

bis 10 Benutzer je Abteilung/Bereich → Bewertung 1

8.1  EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten

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11 bis 99 Benutzer je Abteilung/Bereich → Bewertung 2 100 bis 249 Benutzer je Abteilung/Bereich → Bewertung 4 ab 250 Benutzer je Abteilung/Bereich → Bewertung 8 ◄ Wir haben die Anzahl der betroffenen Benutzer als ein Kriterium für die Auswirkungen schlechter Prozesse identifiziert. Das heißt, schlecht umgesetzte Prozesse haben eine signifikante Erhöhung des Arbeitsaufwandes zur Folge. Daraus kann man ableiten, dass die Summe der Benutzer, die von schlecht umgesetzten Prozessen betroffen sind, einen direkten Einfluss auf die Menge des dadurch erzeugten Mehraufwandes hat. Aber auch die Akzeptanz innerhalb der Organisation in Bezug zu den gelebten Arbeitsprozessen und deren Umsetzungen steht und fällt mit der Anzahl der Benutzer, die sich eine Meinung darüber bilden.

8.1.1.2 Anzahl betroffene Bereiche – WK2 Vorschlag Kriterienbewertung Anzahl betroffene Bereiche

1 Bereich → Bewertung 1 2 bis 3 Bereiche → Bewertung 2 ab 3 Bereichen → Bewertung 3 ◄ Die Anzahl der betroffenen Bereiche ist deshalb wichtig aus unserer Sicht, da sich hier der Umfang der abteilungsübergreifenden Daten- und Informationsflüsse und damit die Komplexität der Schnittstellenlandschaft abzeichnet. Hier manifestiert sich die Notwendigkeit der Orchestrierung einer der wichtigsten Variablen innerhalb einer daten- und informationsgetriebenen Organisation.

8.1.1.3 Betroffene Berufsgruppen – WK3 Vorschlag Kriterienbewertung Anzahl betroffene Berufsgruppen

Verwaltung → 1 Pflege/MTRA/MTLA/Therapeuten → 2 Ärzteschaft → 3 Interprofessionell → 4 ◄ In diesem Punkt wird es politisch. Die Vergabe der Wichtungen für einzelne Berufsgruppen ist sicherlich nicht eine der einfachsten Aufgaben innerhalb unseres Veränderungsprojektes. Spätestens hier trennt sich die Spreu vom Weizen der Kollaborationskultur innerhalb der Organisation. Wir sind das aber

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8  Grundmodell EAM

ganz pragmatisch angegangen und haben versucht, uns diesem Thema von der kaufmännischen Seite zu nähern, indem wir Kostenkennziffern der einzelnen Berufsgruppen in den Prozesskostenrechnungen zu Hilfe genommen und die Berufsgruppen danach geordnet haben. Allerdings können hier auch andere Maßstäbe zurate gezogen werden. Bspw. sind die Konsequenzen des Akzeptanzverlustes einer oder mehrerer Berufsgruppen durchaus ein bedenkenswertes Kriterium, welches in die Bestimmung der Kennzahl mit einbezogen werden kann. Wir haben aus Gründen der vereinfachten Darstellung unseres Ansatzes darauf verzichtet. Am Ende kann auch jede Organisation für sich, mittels der hinterlegten Wichtungszahl, die Abstände der Wertungen bestimmen. Den höchsten Wert in dieser Betrachtung sollte die interprofessionelle Auswirkung haben. Wenn Arbeitsprozesse professionsübergreifende Schnittstellen haben, sind die Konsequenzen aus Schwächen in der Prozessumsetzung deutlich weitreichender und deshalb höher zu bewerten.

8.1.2 Patientengefährdung – WK4 Vorschlag Kriterienbewertung Patientengefährdung

Keine Patientengefährdung → 1 Patientengefährdung → 6 ◄ Mit diesem Kriterium beginnen die Kapitel der Multiplikatoren. Wir haben diese als wichtige Einflussfaktoren identifiziert, weshalb sie in die Berechnung der Priorisierungskennzahl auch mit einem deutlich höheren Einfluss eingehen. Eines der „einfachsten“ Kriterien innerhalb der Prozessbetrachtung ist die Frage, ob die Umsetzung des Prozesses zu einer Patientengefährdung führen könnte. Zur Auswahl stehen hier nur ja oder nein, Patientengefährdung ist nicht zu steigern. Wenn es im Ablauf eines Arbeitsprozesses zu einer Patientengefährdung kommen kann, muss zwangsläufig eingegriffen werden. Das hat zur Konsequenz, dass auch die Kennzahl der Prozessschwäche und des Potenzials auf das Maximum gesetzt werden muss. Die Auswirkungen, die ein Schadensersatzprozess für das jeweilige Krankenhaus hat, sind nicht nur im Kontext monetärer Betrachtungen immens. Der Reputationsverlust, entstanden durch einen Schaden aufgrund eines nachweisbaren Organisationsverschuldens im Falle eines festgestellten Fehlers im Behandlungsprozess, lässt sich prospektiv nur sehr schlecht in Zahlen ausdrücken. Jedenfalls haben wir keine Literaturbeispiele für eine Berechnung gefunden.

8.1  EAM konsequent ausgerichtet am Weg des Patienten

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8.1.3 Kennzahl Prozessschwäche – WK5 Vorschlag Kriterienbewertung Prozessschwäche

keine Prozessschwäche → 1 nachweisliche Prozessschwäche → 2 bspw. bidirektionale Weiterleitung von Informationen; elektronisch und ausgedruckt gravierende Prozessschwäche → 6 bspw. Medienbrüche an den Schnittstellen einzelner Abteilungen oder Applikationen wie PDMS und KAS und/oder Patientengefährdung, Prozesskosten über einem Wert oder abteilungsübergreifend ◄ Diese Kennzahl ist ein Maßstab für die Qualität der bisherigen Prozessumsetzung. Wir haben die Auswahl für unser Beispiel betont einfach gehalten und uns dafür entschieden, einzig die Abwesenheit von, das nachweisliche Vorhandensein von und die gravierende Prozessschwäche zu bewerten. Auch für dieses Kapitel kann jede Organisation ihre eigene Wichtung für die Ergebnisse aus den Prozessüberprüfungen festlegen. Eine sensiblere Skala führt am Ende aber auch zu weniger signifikanten Ergebnissen, was dann wiederum den Wert der Entscheidungshilfe beeinträchtigt. Wie schon im Kapitel vorher angemerkt, setzt die Möglichkeit einer Patientengefährdung diesen Multiplikator auf das Maximum. Eine Frage stellt sich noch: Warum setzen wir die Abwesenheit von Prozessschwächen in der Bewertung nicht gegen Null? In unserem Ansatz geht es um die digitale Transformation von Arbeitsprozessen. Das heißt, nur, weil eine bisherige Prozessumsetzung und deren gelebte Ausführungen keine Schwächen haben, können sie trotzdem das Potenzial für weitere Verbesserung in sich bergen. Und das führt uns direkt zum letzten Punkt.

8.1.4 Potenzial – WK6 Vorschlag Kriterienbewertung Potenzial

Einführung neuer Methoden → 1 Aufbau von Mitarbeiterzufriedenheit → 2 Verhindern von finanziellen und/oder rufschädigenden Konsequenzen → 6 kein Potenzial → 0 ◄

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8  Grundmodell EAM

Das (voraussichtliche) Potenzial illuminiert die Möglichkeiten, die sich aus den Analysen, Bereinigungen und/oder Optimierungen der Arbeitsprozesse ergeben. Wir haben hier mögliche Punkte genannt, die für die Organisation wichtige Marker in der Entwicklung sein könnten. Erfreulich in diesem Kontext ist es, wenn neue Methoden oder Technologien gefunden werden, deren Einführung durch die Wahrnehmung und Identifikation von Prozessschwächen angeschoben werden können. Aber auch Ideen für neue, innovative Ansätze zur weiteren Verbesserung von Prozessumsetzungen könnten das Potenzial haben, deutliche Fortschritte für die Organisation darzustellen. Aus diesem Grunde haben wir in unserem Ansatz auch die beiden Innovationszyklen berücksichtigt. Als Beispiel kann man hier die Einführung von ­Lean-Management-Methoden nennen. Es ist aber auch kein Geheimnis, dass Prozessschwächen die Mitarbeiterzufriedenheit empfindlich stören können. Das kann weitreichende Konsequenzen haben. Die schlimmsten Szenarien für ein Krankenhaus sind am Ende aber finanzielle Verluste oder Entwicklungen, die den fachlichen Ruf der Einrichtung im Bild der Öffentlichkeit beschädigen. Das gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Deshalb setzt auch hier die Möglichkeit einer Patientengefährdung diesen Multiplikator auf das Maximum. Aber auch folgendes Szenario ist denkbar: Wenn in der Analyse durch die daran beteiligten Spezialisten festgestellt wird, dass ein Prozess entweder keine oder solche Prozessschwächen aufweist, deren Kosten für die Beseitigung den zu erwartenden Nutzen deutlich übersteigen, ist es möglich, die Kennziffer für das Potenzial gleich Null zu setzen. Damit wird dieser Prozess mit einer Prioritätskennzahl von 0 in der Matrix erscheinen. 

Auf der Produktseite des Buches unter springer.com findet der geneigte Leser eine Exceldatei mit einer entsprechenden Priorisierungsmatrix entsprechend der o. g. Erklärungen. Keine hochkomplexe, bis ins Kleinste programmierte Excelanwendung, aber durchaus brauchbar, um verschiedene Bewertungsszenarien durchzuspielen.

Literatur 1. Hanschke I (2016) Enterprise Architecture Management – ein praktischer Leitfaden für die Einführung von EAM. Hanser, München 2. Sommer P, Bieri B, Shulthess M (2017) CEO Survey Spitalmarkt Schweiz 2017. Trends und Herausforderungen für Schweizer Spitäler und Kliniken. Edited by PWC. PWC, S. 16. https://www.pwc.ch/de/publications/2017/ceo-survey-spitalmarkt-schweiz-2017-deweb.pdf. Zugegriffen: 26. Nov. 2019

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Schichten-Modell

Zusammenfassung

Aus der Sicht der Autoren ist das Schichtenmodell die zentrale Form der Visualisierung zur Darstellung von Zusammenhängen im Kontext der Digitalisierung. Das Ziel dieses Kapitels ist es, durch die Visualisierung der einzelnen Schichten die Zusammenhänge zwischen Arbeitsprozessen und der IT-Architektur so zu illustrieren, dass sich die komplexen Verknüpfungen für alle Beteiligten am Prozess der digitalen Transformation öffnen. Um das Schichtenmodell ein wenig besser und detaillierter darzustellen, haben wir im nächsten Bild (Abb. 9.1) das oben dargestellte Grundmodell etwas differenzierter gezeichnet. Anhand dieser Darstellung werden wir die jeweiligen Schichten in den folgenden Kapiteln noch konkreter erläutern. Die Abb. 9.1 zeigt die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Schichten und Prozessen. Die Organisation des Hauses ist nicht am Behandlungszeitstrahl entlang gebaut, auch wenn diese Darstellung das vermuten lässt. Die Zeitlinie spielt aber für den Ablauf der Prozesse eine entscheidende Rolle. Eine etwas ruhigere Sichtweise sollte das nächste Bild in Abb. 9.2 bieten. Der Behandlungszeitstrahl fehlt in dieser Abbildung, allerdings ergibt er sich aus der Ordnung der Prozesse. Diese sind hier von Aufnahme zur Entlassung hin geordnet, ohne den detaillierten Prozessablauf abzubilden. Für diese Abbildung sind die Schichten im Modell maßgebend. Damit nähern wir uns der prozessorientierten Sicht, die wir für unser Model einer digitalen Transformation anstreben. In dieser detaillierten Darstellung werden die einzelnen Schichten illustriert und es wird aufgezeigt, dass zwischen diesen noch Kommunikationsebenen tätig sind, die den Datenfluss und -austausch sicherstellen. Für einen IT-Experten ist

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_9

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9 Schichten-Modell

Abb. 9.1   Detailliertes Schichtenmodell EAM 1

Abb. 9.2   Detailliertes Schichtenmodell EAM 2

diese Darstellung kein Problem, wir wollen aber auch eine Darstellung für den Laien bieten und haben versucht, die Fachbegriffe zu übersetzen (Abb. 9.3). Wir haben jetzt eine Sprache gefunden, mit der auch diejenigen Menschen umgehen können, die das IT-Fachvokabular nicht beherrschen. Das ist für uns ein

9.1  Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer

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Abb. 9.3   Detailliertes Schichtenmodell EAM 3

wichtiger Punkt. Eine verständliche Sprache, um zu einem gemeinsamen Bild zu kommen, welches ein organisationsweites Verständnis für die Komplexität der zu erwartenden Umsetzungen vermittelt.

9.1 Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer Digitalisierung steht und fällt mit der Qualität der Führungsprozesse. Das ist nichts Neues, kann aber nicht oft genug betont werden, da es scheinbar noch nicht in allen Managementetagen angekommen zu sein scheint. Als Dienstleister innerhalb der Organisation stellen wir mit unserem Modell dem Management die Komplexität der Aufgabe möglichst einfach dar, um ihm das Wissen für die nötigen Entscheidungen zur Verfügung zu stellen. Digitalisierung funktioniert unserer Erfahrung nach hauptsächlich „top down“ und nur bedingt, siehe unten, „bottom up“. Das heißt, die zugrunde liegenden Ideen und Visionen müssen über das Management in die Organisation getragen und vorgelebt werden. Deshalb zeichnen wir auch kein „big picture“ unseres Unternehmens, keine Weltkarte unserer Unternehmensarchitektur, sondern wir versuchen, die benötigten Teile für das Funktionieren der Hauptprozesse miteinander so effektiv in Verbindung zu setzen, dass alle verstehen, worum es geht.

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9 Schichten-Modell

9.1.1 Prozessmodell – Prozess Layer Nimmt man die Studie der HIMMS aus dem Jahr 2015 (HIMMS 2015) zur Hand und betrachtet den Ansatzpunkt dieser Studie, dann fällt auf, dass die dort beschriebenen Zeitdiebe sich in den Prozessen verstecken. Wir haben zwar bezüglich der möglichen Einsparungen durch Spracherkennung andere Erfahrungen gemacht, die Basisbewertung der Ergebnisse stimmt allerdings vollständig mit unseren Beobachtungen aus der Praxis überein. Die Arbeitszeit der Behandelnden wird nicht am Patienten verschwendet, sondern in suboptimal designten Begleitprozessen. Bei der Suche nach diesen Zeitdieben, um bei dieser treffenden Umschreibung der Thematik zu bleiben, verwenden wir optimalerweise den Weg des Patienten durch das Haus mit all seinen umgebenden Prozessen als Leitlinie für die Architektur unseres Applikationsumfeldes, da die Anforderungen eng an die Geschäftsprozesse gebunden sind. Auf hoher Abstraktionsebene werden ca. 31 Hautprozesse in 9 Leitprozessstränge aufgeteilt (Abb. 9.4). Diese 9 Hauptprozessstränge bilden den Leitpfad für die Analyse der Geschäftsprozesse und sind für uns der zentrale Ansatzpunkt für die Entwicklung eines gemeinsamen Bildes innerhalb der Organisation. Anhand dieses Pfades können die verschiedenen Schichten des EAM so auf die realen Prozesse projiziert werden, dass sich sämtliche Berufsgruppen innerhalb der Kette wiederfinden und damit auch die Identifizierung der eigenen Stellung innerhalb der Organisationsprozesse klar wird.

Abb. 9.4   Prozessschicht in Abhängigkeit zum Behandlungszeitstrahl

9.1  Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer

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Das sollte zu einem gemeinsamen Bild und einem gemeinsamen Verständnis führen. Die folgende Tabelle (Tab. 9.1) erklärt die Abkürzungen der Hauptprozessstränge in Abb. 9.4. Es laufen verschiedene Pfade am Behandlungszeitstrahl entlang. Der einfachste Pfad führt immer über elektive Zuweisungen des Patienten in die Behandlungseinrichtung. Hier wird ein linearer Prozessstrang verfolgt, der ohne eine Verschlechterung des Zustandes des Patienten keine optionalen Verzweigungen benötigt. Eine Besonderheit der Zuweisung oder des Erstkontaktes mit dem Patienten ist die Notfallzuweisung über die Notfallstation. Je nach Zustand des Patienten stehen hier mehrere Wege offen, die der Prozessablauf des Behandlungspfades nehmen kann. Der ACLS-Pfad ist ein Behandlungspfad, der den akut lebensbedrohten Patienten thematisiert. Er überspringt die administrativen Aufnahmeprozesse und geht direkt in die Vitalwerte-Sicherung und die Triage. Über die iterative Erfolgskontrolle wird die Prozessschleife so oft wiederholt, bis der Patient in einem unkritischen Zustand ist. Erst dann verzweigt der Ablauf über die Triage in die Patientendatenerfassung. In der Prozessdarstellung ist es sehr schwer, eine unerwartete Verschlechterung des Patienten darzustellen, ohne sowohl das abstrakte Leitmodell als auch die Detailmodelle vollständig zu überladen. Es ist als Konvention zu hinterlegen, dass jederzeit ansatzlos in die Vitalwerte-Sicherung und die Triage gesprungen werden kann und damit der ACLS-Pfad aktiviert wird. Welcher Pfad auch immer zutreffend ist – die unter dem Leitprozess aufgeführten Teilprozesse enthalten die in gewünschter Granularität vorliegenden Detailprozesse. Oft hat man schon von Prozessanalysesitzungen gehört, deren Ergebnisse ganze Wände bedeckt haben sollen. Jedenfalls lassen das die Fotos Tab. 9.1  Abkürzungserklärung der 9 Hauptprozessstränge

NOTAUF

Notaufnahme

ADMAUF

Administrative Aufnahme

MEDAUF

Medizinische Aufnahme

DIAGN

Diagnostik

THERES

Therapieentscheidung

MAD

Maßnahmendurchführung

EFKON

Erfolgskontrolle

ENTMAN

Entlassungsmanagement

FAAB

Fallabschluss

FAFAKT

Fallfakturierung

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9 Schichten-Modell

solcher Sitzungen erahnen. Eine detaillierte Prozessdarstellung sollte maximal eine gut lesbare DIN-A3-Seite benötigen. Besser wäre eine DIN-A4-Seite. Diese Prozessdarstellungen gehören in unsere Wissensdatenbank. Dort sollten sie in sinnvoller Unterteilung möglichst so dargestellt werden können, dass der Nutzer ohne visuelle Überforderung schnell die gewünschten Informationen zu dem gesuchten Prozess erhält. In der Prozessvisualisierung lassen sich die Prozessstränge als vordefinierte Standardsubprozesse in die Detailprozessvisualisierung einbringen. Den Vorteil einer derartigen Darstellung zeigt das nächste Bild (Abb. 9.5). Das dargestellte Bild zeigt die Visualisierung eines Teils der Prozessanalyse einer Patientenaufnahme während des Designprozesses. Auf der rechten Seite des Bildes, im Austrittsprozedere nach Notfallbehandlung, sieht man zwei standardisierte Subprozesse, Entlassungsmanagement und Fallabschluss, sowie den finalisierenden Prozess der Fallfakturierung. Die gleichen Standardimplementierungen findet man auch am Ende der aus Platzgründen hier nicht dargestellten ambulanten und stationären Zweige. Dieses Vorgehen ist zu empfehlen, da die standardisierten Hinterlegungen es nicht nur ermöglichen, gleiche (Sub-) Prozesse austauschbar in die Grafiken einzufügen. Man kann diese Vorgänge auch auf die realen Arbeitsprozesse ausdehnen. Das heißt bspw. der Aufwand für die Schulungen der einzelnen Prozessteile verringert sich, die Flexibilität der Organisation steigt, da standardisierte Arbeitsprozesse eine Austauschbarkeit der Mitarbeiter bei Ausfall von Kollegen ermöglichen. Für das Design und die Darstellung der Prozesse ist das Werkzeug nicht erheblich. Man könnte problemlos die Prozesse auf Papier erfassen. Im Rahmen unseres Vorsatzes zu prüfen, ob das nicht auch digital geht, werden wir aber recht bald auf eine computerunterstützte Prozessvisualisierung wechseln. Die Vorteile liegen auf der Hand und sollen hier nicht Thema sein. Es gibt einfache digitale Werkzeuge, teilweise auch im Bereich freier Software, die für die benötigten Prozessvisualisierungen ausreichende Funktionalitäten bereitstellen. Am Ende ist es nicht wichtig, welches Werkzeug gewählt wird. Wichtig ist, dass es organisationsweit genutzt wird und an die Fähigkeiten der Nutzer angepasst ist. So ist es im Grunde ein Unsinn, völlig unbedarfte Nutzer mit Werkzeugen oder Methoden wie bspw. „Business Prozess Model and Notation“ (BPMN) zu behelligen. Es wird sie ohne eine umfassende Einführung überfordern. Allerdings kann man mit dieser Methode recht detailliert sämtliche Anforderungen abdecken, die für ein so umfangreiches Projekt wie dem Reengineering der Geschäfts- und Arbeitsprozesse im Rahmen der digitalen Prozesstransformation nötig sind. Damit macht sich dann auch die Investition in das entsprechende Know-how bezahlt. Entweder in Form des Einkaufs externer Experten oder der Schulung der eigenen Mit-

9.1  Management und Geschäftsprozesse – Domain Layer

65

Abb. 9.5   BPMN-Prozessdesign einer Patientenaufnahme. (Eigene Darstellung)

arbeiter im Rahmen von Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen. Die letztgenannte Maßnahme ist auch unter dem Gesichtspunkt zukünftiger Entwicklungen zu sehen. Die Digitalisierung wird nie abgeschlossen sein. Für digitale Organisationen heißt das, ein lebenslanges Lernen umzusetzen. Im Prozessdesign und -reengineering geschulte Mitarbeiter, die in den einzelnen Bereichen über das nötige medizinische Wissen verfügen und die Sprache der Behandelnden sprechen, können wahrscheinlich nicht mit Gold aufgewogen werden. Der eingekaufte Experte geht wieder, das erworbene Wissen wird ohne Gegenleistung mitgenommen und muss im Falle einer erneuten Beauftragung externer (anderer) Berater wieder eingekauft oder neu erworben werden.

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9 Schichten-Modell

9.2 Geschäftslogik – Business Layer Innerhalb der Schicht der Geschäftslogik werden wichtige, zentrale Dienstleistungen erbracht, die für die Erfüllung der Anforderungen zur Befriedigung der Geschäftsprozesse seitens der digitalen Unterstützung nötig sind. Zentrale Elemente werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert.

9.2.1 Information Layer 9.2.1.1 Informationsbereitstellung Was macht die Arbeit in einem Krankenhaus aus? Bei der Behandlung von Patienten wird versucht, eine möglichst breite Entscheidungsgrundlage zu schaffen, um eine definitive und sichere Entscheidung zur Diagnose, den Arten der Behandlung und dem Behandlungsverlauf treffen zu können. Hierzu ist es notwendig, sichere und wiederholbare Prozesse zu entwickeln, alle behandlungsunterstützenden Systeme innerhalb des Krankenhauses anzubinden und das medizinische Wissen und Know-how zu verknüpfen, um es allen Behandelnden zur Verfügung zu stellen (Abb. 9.6). Innerhalb des Krankenhauses gibt es grundsätzlich vier große Blöcke, die Daten erzeugen: • Patientenstammdaten • Allgemeine Stammdaten für Hinterlegungen wie bspw. Leistungen oder Auswahlfelder etc. • Behandlungsdaten • Abrechnungsdaten Patientenstammdaten können neu erfasste Daten oder auch persistente Daten aus vorhergehenden Behandlungsepisoden eines Patienten sein. Als Beispiel können uns hier seine Erkrankungshistorie und natürlich auch Risiken, bestehende Allergien und Medikamentenunverträglichkeiten dienen, natürlich ließe sich diese Liste noch weiter fortsetzen. Auf der anderen Seite umfasst dieser Block auch die historischen Behandlungsdaten, auch aus anderen Einrichtungen der Behandlungskette, bspw. in Form alter Arztberichte. Man könnte den Begriff auch weiter fassen und den Inhalt seiner archivierten elektronischen Patientenakte als Patientenstammdaten bezeichnen.

9.2  Geschäftslogik – Business Layer

67

Abb. 9.6   Metaebene der Informationsverarbeitung

Allgemeine Stammdaten bezeichnen persistente Informationen, die der Prozessunterstützung dienen. Beispiele hierfür sind vorkonfiguriert hinterlegte Leistungen zur automatisierten Leistungserfassung, Daten von Beteiligten des Behandlungsprozesses, Kataloge zur standardisierten Informationserfassung in Steuerelementen oder Medikamentendaten für die Verordnung, Abgabe und Verrechnung und einiges andere mehr. Die Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sie soll nur den Kontext versinnbildlichen. Behandlungsdaten sind Daten, die während des aktuellen Behandlungsprozesses erhoben, gesichert und zur Verfügung gestellt werden. Die Abrechnungsdaten setzen sich aus Patientendaten sowie Behandlungsdaten zusammen und werden angereichert mit den Informationen aus den kaufmännisch-administrativen Bereichen wie der Leistungserfassung, der ­ Codierung oder der Buchhaltung. Obwohl die Daten in verschiedenen Orten und Bereichen des Krankenhauses erzeugt werden, müssen sie aber zu jeder Zeit die gleichen Merkmale erfüllen. Sie müssen jederzeit vollständig, sicher und schnell zur Verfügung stehen. Wir zeigen bspw. Daten für die Betriebssteuerung nicht als eigenständigen Datenblock auf, da diese Daten nur eine Verdichtung und Darstellungsvariante aus den o. g. Datenblöcken sind und entsprechend aufgearbeitet zur Verfügung gestellt werden. Im Detail heißt das, die Daten müssen vor allem folgende Merkmale aufweisen:

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9 Schichten-Modell

Daten müssen vollständig vorhanden sein  Der Verlust gespeicherter Daten hat erhebliche Auswirkungen auf den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung und somit erhebliche Auswirkungen auf Geschäftsprozesse und damit wiederum auf das gesamte Krankenhaus.

Der Verlust gespeicherter Daten kann neben dem „Produktionsausfall“ und den Kosten für die Wiederbeschaffung der Daten zu langfristigen Konsequenzen wie Vertrauenseinbußen bei Kunden und Patienten führen. Weiter ist das Krankenhaus nicht nur moralisch und betriebswirtschaftlich auf die korrekte Datenhaltung angewiesen, sondern es ist auch gesetzlich verpflichtet, entsprechende Aufbewahrungspflichten für die Daten zu gewährleisten. 

Daten müssen integer sein  Die Integrität bezeichnet die Sicherstellung der Korrektheit (Unversehrtheit) von Daten und der korrekten Funktionsweise von Systemen. Vor allem im medizinischen Umfeld müssen Informationen vollständig und unveränderlich sein.

Gerade bei der Beurteilung von medizinischer Situation und Ausgangssituationen sowie der daraus resultierenden medizinischen Maßnahme muss sich das medizinische Personal zu 100 % auf die Informationen verlassen können. Der Verlust der Integrität von Informationen kann bedeuten, dass diese unerlaubt verändert, Angaben zum Autor oder der Wert selbst verfälscht oder Zeitangaben zur Erstellung manipuliert wurden. Für die Entscheidungsfindung können veränderte Mengenangaben oder Messdaten in Behandlungsfehlern gipfeln, die hohe finanzielle Belastungen aus resultierenden Schadensersatzansprüchen sowie einen Reputationsverlust des Hauses zum Ergebnis haben können. 

Daten müssen sicher sein  Datensicherheit ist der Schutz von Informationen vor unbefugter Preisgabe. Patientendaten und Behandlungsdaten sind vor dem Datenschutzgesetz besonders schützenswerte Daten; Informationen dürfen ausschließlich denjenigen zugänglich sein, die sie für die Erfüllung ihrer Aufgaben unabdingbar benötigen. Unautorisierte Dritte haben dagegen keinen Zugriff auf übertragene Nachrichten oder gespeicherte Informationen. Um die Verarbeitung und

9.2  Geschäftslogik – Business Layer

69

Kommunikation elektronischer Informationen möglichst sicher und effektiv durchführen zu können, ist die daraus schlussfolgernde Vertraulichkeit unabdingbar.

Als eine Konsequenz aus den oben genannten Punkten zur Informationsbereitstellung kommen wir nicht daran vorbei, die Problematik der Medienbrüche zu diskutieren. Vermeidung von Medienbrüchen Ein Medienbruch entsteht, wenn innerhalb eines Informationsbeschaffungsoder Verarbeitungsprozesses die automatische Datenverarbeitung durch einen manuellen Eingriff ergänzt werden muss oder der Informationsfluss durch mangelnde Interoperabilität der beteiligten Systeme gestört wird. So werden unter anderem die Mitarbeitenden eines Krankenhauses immer wieder gezwungen, im Verlauf der diversen Prozesse Daten manuell zu erfassen, obwohl diese Daten in irgendeinem System schon elektronisch vorliegen. Manuelle Erfassung beansprucht Zeit und die Fehleranfälligkeit wird drastisch erhöht. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass durch einen Medienbruch in der Informationskette der Beschaffungs- oder Verarbeitungsprozess für Daten, Informationen und Inhalte verlangsamt und i. d. R. auch in seiner Qualität gemindert wird. Im Rahmen einer durchdringenden digitalen Informationsverarbeitung sind Medienbrüche durch Integration der Geschäftsfunktionen entlang der Wertschöpfungskette zu vermeiden. Dadurch werden unter anderem die Transaktionskosten reduziert, um die Prozesse effizienter und wettbewerbsfähiger zu gestalten. Wir unterschieden drei Arten von Medienbrüchen: A. Systemische Medienbrüche  Diese kommen vor allem dann vor, wenn zwei oder mehr verschiedene IT-Systeme Daten verarbeiten, diese jedoch nicht oder nur teilweise miteinander kommunizieren und Daten austauschen. Beispiel hierfür ist unter anderem die Entgegennahme von Daten externer Akteure. Die bisher fehlenden, verbindlichen Standards für einen organisationsübergreifenden Datenaustausch innerhalb der Behandlungskette von primären (Hausarzt) zu sekundären (Krankenhaus) Leistungserbringern unter Einbezug des Patienten sorgten bisher dafür.

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9 Schichten-Modell

Beispiel Systemischer Medienbruch

Ein gutes Beispiel für einen systemischen Medienbruch ist die (Daten-) Übertragung von ärztlichen Verordnungen zwischen PDMS und KAS bei der Patientenübergabe innerhalb von Bereichen, die mit unterschiedlichen Systemen dieser Kategorien arbeiten. In vielen Krankenhäusern erzeugt diese Schnittstelle Medienbrüche, die teilweise mittels manueller Tipparbeit korrigiert werden. ◄ B. Technologische Medienbrüche Diese Art von Medienbruch ist Teil einer stetigen Weiterentwicklung und des technologischen Wandels. Digitalisierung kann auch als ein Umbruch bei der Nutzung von Werkzeugen gesehen werden. In einem Umfeld, in welchem noch Werkzeuge beider Welten, der Welt vor und der nach der Umstellung, zur Bearbeitung der Geschäftsprozesse genutzt werden, sind Medienbrüche die Konsequenz. Gerade das Krankenhaus ist großen Herausforderungen ausgesetzt, um verschiedenste Welten und Evolutionsstufen der digitalen Welt zusammenzuführen. In der Regel ist das Zusammenführen immer mit einem großen manuellen Aufwand verbunden. Beispiele hierfür sind Fax- und IT-Systeme; Papier vs. Applikation. Beispiel technologischer Medienbruch

Hier kann vor allem die immer noch gern genutzte Fax-Übertragung von Briefen und Anmeldungen zwischen Krankenhäusern und Hausarztpraxen als Paradebeispiel für einen technologischen Medienbruch herhalten. ◄

C. Prozessbedingte Medienbrüche  Die prozessbedingten Medienbrüche basieren auf schlecht designten Prozessen oder auf mangelnder Führung in der Durchsetzung der Digitalisierung. Hier werden Prozessschritte, gerade an Schnittstellen zu anderen Bereichen, suboptimal umgesetzt oder die Beteiligten finden kollaterale Umgehungsprozesse, die ihnen subjektiv die Arbeit erleichtern. Beispiel prozessbedingter Medienbruch

Im Rahmen eine Prozessanalyse untersuchten wir den Prozess einer Patientenanmeldung zur Operation. Das Sekretariat einer Disziplin hatte darüber geklagt, dass die Anmeldung einer Operation einmal elektronisch und auch einmal als Papierdokument zu ihnen kommt und dadurch ein Mehraufwand an Arbeit erzeugt würde. Grundsätzlich hat der weitestgehend digitalisierte

9.2  Geschäftslogik – Business Layer

71

Prozess keinen Ausdruck der OP-Anmeldung vorgesehen. Die Analyse brachte zutage, dass an einem Prozesspunkt die Teilnehmer einen Papierausdruck generiert haben, da sie so besser lesen und die Daten übernehmen konnten. Den Ausdruck hat man irgendwann für einen vorgegebenen Teil des Prozesses gehalten und an die Sekretariate weitergeleitet, da man den eigentlichen Workflow im Hintergrund nicht mehr bewusst wahrgenommen hat und es keine für alle verständliche und zugängliche Dokumentation dafür gab. Dies ist ein interessantes Beispiel, da die Ursache dieses prozessbedingten Medienbruches durch einen technologischen Medienbruch verursacht wurde. Die externe Anmeldung einer Operation lag zwar elektronisch als ­PDF-Dokument vor, per Mail gesendet, die Daten mussten allerdings manuell in die Krankenhaussysteme übernommen werden. Ein Klassiker geradezu. Funfact: Gelöst wurde das Problem übrigens mittels Multimediatechnologie, einem zweiten Monitor für eine bessere Lesbarkeit der PDF-Dokumente an diesem Arbeitsplatz … finden Sie den Fehler! ◄ Informationsdarstellung Die Informationsdarstellung ist aus unserer Erfahrung einer der emotionalsten Punkte des Informationsmanagements. Kaum ein Thema polarisiert so wie die Darbietung von Informationen im Kontext von Geschäftsprozessen. Und bei kaum einem Thema reden Businessanalysten, Anforderungsingenieure und beteiligte Nutzer so gern aneinander vorbei. Es kann ein signifikanter Unterschied darin liegen wie einerseits die Arbeit wahrgenommen und beschrieben wird und auf der anderen Seite, wie die Arbeit wirklich geleistet wird. Deshalb muss hier große Sorgfalt in der Erhebung der Anforderungen an den Tag gelegt werden. Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang wieder die gemeinsame Auffassung der zu erreichenden Ziele. Auch diese Ziele müssen unabdingbar für alle verbindlich im Business-Know-how hinterlegt sein, möglichst messbar, als „smarte“ Ziele und das alles, bevor die Umsetzungen stattfinden. Das verhindert im Rahmen der Projekte „never ending stories“, die durch immer wieder zugelassene Nachspezifikationen noch in der Umsetzungsphase sowohl die IT-Abteilung als auch die Hersteller als Partner in den Wahnsinn treiben. Die Informationsdarstellung muss aber letztendlich nicht nur subjektiv gefallen, sondern erfüllt auch im Kontext der Entscheidungsunterstützung wichtige Funktionen im Gesamtsystem. So sind bspw. die Gestaltung von Hinweismeldungen zur Unterstützung der Qualitätsprozesse im Sinne der Sicherheit des Patienten ausgesprochen wichtige Funktionalitäten. Hier müssen die

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9 Schichten-Modell

Hersteller von Software oft einen vernünftigen Mittelweg zwischen zu hohen Darstellungsfrequenzen solcher Meldungen und zu wenig auffälligen Warnmeldungen finden. Beispiel Informationsdarstellung

Der Hersteller eines klinischen Arbeitsplatzsystems hatte viel Mühe in die Art und Weise gesteckt, wie bspw. Informationen über durchgeführte Medikamentenverordnungen oder Warnungen bei Vitalwerten außerhalb des Normbereiches im System angezeigt werden können. Nach nicht allzu langer Nutzungszeit des Systems mussten die meisten dieser unterstützenden Funktionalitäten abgestellt werden, da die Häufigkeit des Auftretens zu einer mangelnden Aufmerksamkeit der Nutzer gegenüber den Warnungen geführt hat. Infolgedessen wurden die ständigen Meldungen dann als störend empfunden, was zu einem Verlust an Akzeptanz geführt hat. ◄ Das Beispiel illustriert gut die Herausforderungen, denen Softwarehersteller in diesem Bereich gegenüberstehen, die weit über subjektive Wahrnehmungen einzelner Nutzer hinausgehen und signifikante Auswirkungen auf den Behandlungserfolg haben können. Die Erhebung der Anforderungen für die Darstellung der Informationen sollte möglichst losgelöst von einzelnen Individuen, strikt ergebnisorientiert erfolgen. Auch hier erfolgt die Beschreibung frei von Lösungen. Einzig der zu erreichende, sinngebende Zweck der Anforderung zählt.

9.2.1.2 Informationserfassung Die Informationserfassung stellt Funktionalität zur Verfügung, Daten jeder benötigten Art im System zu erfassen. An diesem Punkt werden nicht nur die Erfassung der Daten aus dem Behandlungsprozess und der Patientendaten behandelt, sondern auch die Erfassung externer Informationen, wie bspw. von Stammdaten. Für eine sinnvolle Planung muss die Organisation sich bewusst sein, welche Arten von Daten anfallen und/oder benötigt werden. Dazu gehören auch Strategien, wie und vor allem welche Daten von medizin-technischen Geräten in die Applikationen übertragen werden sollen. In diesem Zusammenhang muss man im Rahmen einer sinnvollen Digitalisierung gewohnte Vorgehensweisen kritisch hinterfragen. Informationserfassung meint bspw. nicht unbedingt tippen. Daten und Informationen können gesprochen oder gescannt werden und führen damit eventuell zu deutlich verminderten Fehlerraten und effektiveren Arbeitsprozessen.

9.2  Geschäftslogik – Business Layer

73

Und auch hier, wie schon so oft vorher … Dieses Wissen fließt in die zentrale Vorhaltung des Geschäftswissens (Business-Know-how) ein, da die organisationsweite Bereitstellung essenziell ist. Diese Betrachtungen sollten völlig unabhängig von bekannten oder gewünschten Lösungen gemacht werden, um am Ende freie Auswahl bei den Lösungen zu haben und sich nicht schon während der Analysen Optionen zu nehmen. Beispiel Informationserfassung

Beispielsweise gibt es für die Erfassung von Patientendaten unterschiedliche Basisanforderungen. Es sollte möglich sein, einen Notfall- und einen Normdatensatz zu bestimmen. Der Notfalldatensatz erfasst Informationen zum Patienten, die es ermöglichen, ihn im weiteren Verlauf einer Notfallbehandlung im System wiederzufinden und ihn möglichst eindeutig zu identifizieren und dem richtigen Patienten zuzuweisen. Das könnte dann auch im Zusammenhang mit einem Master Patient Index (MPI)) und dem Ausdruck eines Patientenarmbandes stattfinden, welches über einen im ganzen Haus gültigen und auch einlesbaren (Scanning) QR-Code verfügt. Der Normdatensatz wiederum deckt den größten Teil der Anforderungen ab, die für die Erfassung von Patientendaten in einem Krankenhaus nötig sind. Darüber hinaus benötigen bestimmte Disziplinen noch Informationen über den Normdatensatz hinaus. Diese Unterschiede in den Anforderungen müssen identifiziert und dokumentiert werden. ◄

9.2.1.3 Informationsverarbeitung Wichtiges von Unwichtigem zu trennen, ist eine der Herausforderungen im Datenmanagement. Gerade bei so heterogenen Prozessen wie der Beurteilung und Behandlung von Menschen. Wobei die Unterschiede nicht unbedingt in den Behandlungstechniken zu finden sind. Der Patient als heterogenes System gesehen, stellt die Behandelnden und damit auch die Unterstützer ihrer Arbeitsprozesse vor große Herausforderungen. Die gleiche Erkrankung kann bei jedem Menschen einen völlig anderen Verlauf nehmen, dem sich das Informationsmanagement anpassen muss. Im Weiteren müssen die Daten auch zueinander ins Verhältnis gesetzt werden. Bspw. ist in bestimmten Fällen die Nierenfunktion ein entscheidender Faktor bei der Verordnung von Medikamenten. Zu diesem Zweck müssen Laborergebnisdaten mit Patientenstammdaten wie dem Alter und dem Geschlecht sowie Medikamentenstammdaten zueinander ins Verhältnis gesetzt, verdichtet und im Kontext der Medikation als Teil einer klinischen Entscheidungsunterstützung (decision support) ausgewertet werden.

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9 Schichten-Modell

9.2.1.4 Informationsverteilung Die Informationsverteilung ist gleichzusetzen mit der Erarbeitung und Einführung von Schnittstellen. An diesem Punkt müssen wir aufpassen, unsere Sprache nicht zu technisch erscheinen zu lassen. Wir werden hier keine Erörterung der derzeitigen Standards durchführen. Das würde dieses Buch sprengen. Allerdings kommen wir nicht umhin darüber zu reden, welche Probleme dieser Punkt aufwerfen kann, wenn man ihn ignoriert. Mit den oben diskutierten Teilen des Informationsmanagements konnten wir hoffentlich den Stellenwert dieses zentralen Punktes der digitalen Transformation verständlich darlegen. Hierfür haben wir uns den Information Layer ausgesucht. Das heißt, wir haben die Schnittstelle zu den Nutzern beleuchtet. Jetzt versuchen wir zu illustrieren, wie die Informationen zu den einzelnen Teilen des Information Layers kommen und beschreiben damit den Weg, den die Daten durch unsere Systeme nehmen müssen. Im Prinzip stellt die Informationsverteilung Funktionalitäten eines Navigationssystems zur Verfügung. Die Grundlage eines jeden Navigationssystems ist die hinterlegte Landkarte, auf deren Basis die Routenberechnungen durchgeführt werden. Wir gehen im Prinzip genauso vor. Wir benötigen eine Landkarte unserer Informations-(System-)landschaft. Und das meinen wir durchaus auch wörtlich. Eine Visualisierung dieses Umfeldes ist aus unserer Sicht zwingend notwendig. Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass ein Fehlen dieser Unterstützung negative Auswirkungen auf die Gesamtumsetzung hat. Ohne die Aufzeichnung der Informationswege innerhalb der Systemlandschaft ist kaum eine sinnvolle Diskussion unter Experten über Anpassungen oder Änderungen möglich. Die wichtigsten Hilfsmittel in diesem Bereich sind aber (Kommunikations-)Standards. Welche das im Einzelnen sind, muss uns hier gar nicht interessieren, da es dafür Spezialisten gibt, die das umsetzten, wenn es denn ernst wird. Wichtig ist, dass wir Wert darauf legen, dass unsere gesamte Applikationslandschaft mittels dieser Standards kommuniziert. Aus den Erfahrungen der bisherigen Projekte wissen wir, dass wir damit schon vor einigen Herausforderungen stehen. 

Es reicht bei Ausschreibungen für Applikationen nicht aus, die Hersteller auf die Unterstützung bestimmter Standards zu verpflichten. Sie sollten darauf achten, möglichst eine Zertifizierung aus einem Connectathon oder ähnlichen Quellen zu verlangen. Alle Hersteller unterstützen die gängigen Standards im Bereich Austausch medizinischer Daten. Leider reichert der eine oder andere Hersteller diesen Standard mit eigenen Erweiterungen an, die dann in der Umsetzung von Schnittstellen zu

9.2  Geschäftslogik – Business Layer

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anderen Systemen umfangreiche Anpassungen mit gehaltvollen Dienstleistungsabrechnungen zur Folge haben können.

 Definition  Ein Connectathon ermöglicht es Herstellern von Software im medizinischen Umfeld, ihre Applikationen gegen andere Hersteller auf der Basis der aktuellen Kommunikationsstandards zu testen. Eine internationale Organisation (IHE Europe) richtet diese Veranstaltungen aus und die Hersteller, die einen Connectathon erfolgreich absolvieren, können diese Ergebnisse veröffentlichen und die IHE gibt dann sogenannte „Integration Statements“ heraus, die einen transparenten Vergleich mit anderen Anbietern ermöglichen. Diese Statements dürfen die Hersteller dann auch auf ihren eigenen Websites bewerben. Funfact: Die Stimmung auf diesen Events erinnert immer ein wenig an eine LAN-Party für Erwachsene … Sie können diesen Problemen nur begegnen, wenn Sie genau wissen, wann Sie welche Daten an welchem Ort und zu welcher Zeit benötigen. Das muss am Ende mit dem/den Hersteller(n) erarbeitet, klar kommuniziert und verbindlich geregelt werden. Aber vorher müssen wir uns innerhalb unserer Organisation klar sein, welche Daten wir wann und wo benötigen. Und wir müssen das visualisieren, um zu unserer Kommunikationslandkarte zu kommen. Diese Kommunikationslandkarte gewinnen wir aus den Prozessanalysen. Deshalb müssen wir also genau wissen, warum, wie und wann die einzelnen Prozesse Daten untereinander austauschen und in welcher Form. Nur mit diesem Wissen, das, Sie ahnen es sicherlich schon, in unserer organisationsweit zur Verfügung stehenden Wissensdatenbank gesichert ist, können wir auch die digitale Transformation unserer Geschäftsprozesse sicherstellen und ebenso garantieren, dass unsere Partner uns die richtigen Werkzeuge (Software) zur Verfügung stellen.

9.2.1.5 Applikationen/ESB/Archiv(e) Dieser Bereich des Businesslayers steht wahrscheinlich im Fokus des unternehmensweiten Interesses, da er den Berührungspunkt zu den Nutzern darstellt. Oft wird die gesamte Arbeit einer IT-Organisation innerhalb eines Unternehmens am Erfolg dieser Umsetzungen gemessen. In sogenannten KIS-Projekten führt das in Krankenhäusern dazu, dass die digitale Transformation der Geschäfts- und Arbeitsprozesse als Softwareanschaffungsprojekte umgesetzt werden. Es scheint innerhalb verschiedener Nutzergruppen und auch im Managementbereich von

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9 Schichten-Modell

Krankenhäusern die Meinung vorzuherrschen, mit der Anschaffung neuer Software löse ich meine bestehenden Prozessprobleme. Das ist irgendwie so, als würde ich versuchen, meine Probleme als Laie einen Dachstuhl gerade zu bauen, mit der Anschaffung neuer Hammer zu beseitigen. Wir müssen also wegkommen von dieser Applikationszentrierten Sicht auf die Digitalisierung. Die Softwaresysteme sind „nur“ die Werkzeuge, die dem Zweck der Unterstützung eines Arbeitsprozesses dienen. Diese Ausführungen sollen kurz den politischen Part der Diskussionen bezüglich der Architektur der Systemumgebung in einem Krankenhaus beleuchten. Denn mit solchen Begriffsgefäßen wie bspw. KIS, KAS oder PDMS sind wir noch lange nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Die große Menge an Spezialisten-Systemen für die Unterstützung des Behandlungsablaufs in einem Krankenhaus, die jeweils einen Bereich der Behandlung und die Anforderungen seiner Teilnehmer am Arbeitsprozess abbilden, können nur von den wenigsten Teilnehmern der Behandlungskette und den verantwortlichen Entscheidern überblickt werden. Haas beschrieb 2005 in Deutschland Angebote von „ca. 10 gesamtheitlichen Lösungen, ca. 50 Speziallösungen für die unterschiedlichsten medizinischen Fachabteilungen in Krankenhäusern, ca. 200 Arztpraxissystemen und weiteren Speziallösungen für Gesundheitsämter, arbeitsmedizinische Dienste, Krankenkassen, Kassenärztliche Vereinigungen, Rehabilitationsklinken, ambulanten Pflegediensten“. (Haas 2005, S. 4) An der DMEA (früher CONHIT) 2019 in Berlin haben sich Stand 05.08.2018 444 Softwarehersteller gemeldet. Davon für den Bereich Informationssysteme 240, medizinische Informationssysteme 229, administrative Informationssysteme 114 sowie 113 im Bereich elektronische Krankenakte/digitale Patientenakte, 82 klinische Arbeitsplatzsysteme/Befundmanagement/Mobile Visite. (Website DMEA Berlin 2019) Der Vergleich mit den Ausführungen von Haas 2005 macht klar, dass der Markt nicht unbedingt übersichtlicher geworden ist und dass die Entwicklung sehr schnell voranschreitet. Wichtig in diesem Zusammenhang ist für uns weiterhin, dass die meisten Softwarehersteller im Bereich medizinischer Geschäftsprozesse immer noch Software verkaufen. Was wir hier schreiben erscheint etwas sinnfrei, stellt aber aus unserer Sicht ein Paradoxon dar, weil wir fest daran glauben, dass wir eigentlich keine Software benötigen, sondern sinnvoll digitalisierte Arbeitsprozesse. Aus diesen Gründen werden Komponenten des Businesslayers in der Diskussion zur Strategie einen zentralen Platz einnehmen und deshalb ist eine möglichst lesbare und vereinfachte Darstellung als gemeinsame Wissensbasis entscheidend für eine erfolgreiche Digitalisierung. Besonderes Augenmerk muss auf die dafür benötigte strategische Planung gelegt werden, weil hier die Grund-

9.3 Persistenzlayer

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lage für die Applikationsorchestrierung im Unternehmen gelegt wird. Zu diesem Zweck bedarf es aber als Grundvoraussetzung einer Vision der zu erreichenden Ziele, womit der Bogen zur Managementschicht des Domainlayers gespannt werden kann. Denn erst das Verständnis der Zusammenhänge auf der Ebene Businesslayer ermöglicht es, aus der digitalen Vision für das Unternehmen eine plausible strategische Planung zu erstellen.

9.3 Persistenzlayer Aus unserer Sicht und anders als in der unternehmensweiten Wahrnehmung beherbergt der Persistenzlayer die zentralen Applikationen eines Krankenhauses. Die Sicherung der Datenartefakte aus dem Behandlungsprozess spielt sowohl forensisch als auch für die Flexibilität des Unternehmens eine essenzielle Rolle. Regulatorische Vorgaben müssen genauso beachtet werden, wie effektive Strategien für die Bereitstellung der Daten. Eine vorausschauende Strategie im Aufbau der Archivsysteme kann bei einem Systemwechsel den Unterschied machen zwischen Migrationskonzepten, deren Kosten leicht einen 6-stelligen Bereich erreichen können, oder einer problemlosen Ablösung ungenügender Systeme, da sämtliche relevanten Daten unabhängig von der auszutauschenden Systemkomponente vorliegen. Die wichtigsten Teile möchten wir deshalb kurz an diesem Punkt beleuchten. Im Rahmen einer strategischen Ausrichtung müssen bei der Beschaffung auch Architekturen in Betracht gezogen werden, die neue, innovative Konzepte bieten, die mit dem zu erwartenden Datenanfall umgehen können.

9.3.1 Informationssicherung 9.3.1.1 Proprietäre Applikationsdatenbanken Jeder Hersteller eines Informationssystems bringt seine eigene Datenbank mit. Dort werden unter Zuhilfenahme verschiedenster Technologien die Daten gesichert, die der Nutzer erhebt und in das System einpflegt. Diese Datenbanken sind rein technologisch nicht eindeutig dem Persistenzlayer, sondern eher dem Businesslayer zuzuordnen, da sie oft engste Bindungen zwischen Frontend (Informationlayer) und Backend (Datenbank) haben. Sie sind von ihren Eingabemasken kaum zu trennen. Dies macht sich dann auch im Zugriff auf die Daten bemerkbar, wenn man bspw. versucht, über ein WLAN mit dem Client auf die Daten zuzugreifen. Schwere Performance-Einbrüche können die Folge

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9 Schichten-Modell

sein, die eine Arbeit mit dem System per WLAN zu einer Zumutung machen. Hier gilt es darauf zu achten, dass eine lose Koppelung zwischen Frontend und Backend vorliegt. Oft sieht man das dann in Form von Webanwendungen, die über einen Browser aufgerufen werden. Aber das ist nur eine Möglichkeit. Es gibt auch Desktop-Applikationen die von vornherein auf eine lose Koppelung zwischen Frontend, Business-Logik und Backend geachtet haben, sodass die oben genannten Probleme keine Rolle spielen. In diesem Zusammenhang spielen Services und Microservices eine immer größere Rolle. Proprietäre Datenbanken haben aber noch einen anderen Nachteil. Die Migration der Daten könnte sich sehr schwierig gestalten, wenn sich die Organisation von einem solchen System trennen möchte. Erfahrungen aus verschiedenen Projekten lehren, dass leicht 6-stellige Kosten für eine umfassende Datenmigration entstehen können. Aus diesem Grunde macht es sich bezahlt, wenn man die Sicherung der anfallenden Daten aus dem Behandlungsprozess umfassend durchdenkt. Das sollte möglichst unter Zuhilfenahme von Experten aus diesem Bereich stattfinden. Das in diese Expertise investierte Geld zahlt sich im Nachhinein aus.

9.3.1.2 Clinical Data Repository (CDR) Um den vorher besprochenen Schwierigkeiten aus dem Wege zu gehen, sollte ein Krankenhaus möglichst einen klinischen Datenablageplatz wählen, in welchem alle erhobenen Daten unabhängig vom Quellsystem gesichert werden. Einen solchen Datenlagerplatz bezeichnet man als Clinical Data Repository, im folgenden CDR genannt. Es soll die Behandelnden in die Lage versetzen, einen zusammenfassenden Überblick über die Daten eines Patienten, unabhängig von den jeweiligen Quellsystemen zu bekommen. Üblicherweise befinden sich folgende Datenarten in einem CDR: • Demografische Patientendaten • Vitalwerte • Laborresultate • Befunde bildgebender Diagnostik und die entsprechenden Bilder • Ergebnisse pathologischer Untersuchungen • Diagnosecodes und -texte • Aufnahme- und Entlassungsdaten • Behandlungs- oder Entlassungszusammenfassungen

9.3 Persistenzlayer

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Der Zugriff auf diese Daten muss sinnvollerweise die gängigen Standards für die Datenkommunikation wie HL7 V2, HL7 V3, HL7 CDA(-CH), HL7-FHIR, DICOM und auch die aktuellen Terminologie-Standards wie ICD-10, LOINC, SNOMED-CT, (CH-)OPS, UMLS unterstützen. Gerade HL7-FIHR ist derzeit ein wirklich faszinierendes Werkzeug, bspw. auf dem Weg zu einem denkbaren Medical-App-Store, das für die Zukunft einiges erwarten lässt. Wie auf der letzten Ausgabe der DMEA in Berlin 2019 zu sehen war, fangen verschiedene Hersteller derzeit schon an, auf der Basis von HL7-FIHR Lösungen zu implementieren, die der Kunde dann nach dem Vorbild von Apple-, Google- oder Microsoftstore nutzen kann, um sich seine Anwendungen im KIS „zusammenzukaufen“ und um das System nach seinen Anforderungen zu gestalten. Die Daten für diese Anwendungen sollten aus einem möglichst unabhängigen CDR kommen. Nur dann bin ich als Kunde frei in meiner Auswahl und nicht mehr dediziert an einen Hersteller gebunden. Das heißt, die Daten werden nicht von einem bestimmten Hersteller importiert und in sein Datenbankformat gepresst. Verliert man dann den Support des Herstellers, bspw. bei Ersatz der Software durch eine andere, kommt man meist an die Daten in der Datenbank sonst nur noch unter großem Aufwand heran. Im Jahre 2019 stellt sich außerdem die Frage, ob man einen solchen Datenablageort nicht weiterdenken muss, bspw. als Clinical Data Warehouse. Aus unserer Sicht ist diese Frage eindeutig mit „Ja“ zu beantworten. Allerdings ist der Wunsch nur die eine Seite der Medaille; was derzeit möglich ist, ist die andere. Nicht einmal das „einfache“ Clinical Data Repository lässt sich derzeit mal so eben umsetzen. Nur wenige Hersteller bieten spezifisch auf Krankenhäuser zugeschnittene Datenbanklösungen an, die auch in der Lage sind, medizinische Daten nach bestimmten Kriterien auszuwerten und zu verdichten. Für ein wirkliches Data Warehouse sind weitere technische Umsetzungen nötig, die ein erhebliches Know-how seitens des Softwareherstellers und/oder des Betreibers voraussetzen. Ein Hinweis auf die möglichen Hindernisse mögen die Schwierigkeiten sein, vor denen die Hersteller bei der Implementierung von Decision Support Systemen stehen. Seien es technologische Herausforderungen oder auch rechtliche Anforderungen des Gesetzgebers, die man erfüllen muss und deren Umsetzung nicht trivial ist. Ein solches Data Warehouse, das als Grundlage für medizinische Entscheidungen dienen könnte, muss dann unabdingbar als Medizinprodukt zertifiziert werden. Dies erzeugt einen deutlichen Mehraufwand in der Softwareherstellung und treibt die Kosten in die Höhe. Ein Punkt, der den Kunden nicht immer so geläufig ist und oft Fragen aufwirft, warum eine umfassende Digitalisierung so teuer ist. Hier offenbart sich einer der Gründe dafür. Eventuell steigt die Bereitschaft der Hersteller in Technologien zu investieren, wenn auch die

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9 Schichten-Modell

Bereitschaft der Kunden steigt, für gute Produkte Geld auszugeben. Aber das ist nur eine Vermutung. Warum also thematisieren wir diesen Punkt? Weil er aus unserer Sicht wichtig ist und es eben schon Hersteller gibt, die Ähnliches anbieten. Wer sein Krankenhaus vollständig und sinnvoll digitalisieren will, kommt zumindest um ein CDR nicht herum. Im weiter oben erwähnten EMRAM-Modell ist es bspw. ein Punkt auf dem Weg zu Level 7.

9.3.2 Informationsarchivierung 9.3.2.1 Multimediaarchiv Das Multimediaarchiv (MMA) enthält alle Non-DICOM-Dokumente und Datenartefakte aus dem Behandlungsprozess. Für die kommenden ­eHealth-Anforderungen muss das MMA in der Lage sein, sämtliche benötigten Metadaten mit den Dokumenten zu erfassen, die benötigt werden, um einen möglichst komplikationslosen Datentransfer mit den eHealth-Portalen zu gewährleisten. In den frühen Schritten sind das meist PDF/A-Dokumente. Zukunftsorientiert müssen aber auch XML-Artefakte zur Unterstützung von IHEProfilen in Betracht gezogen werden. Das wiederum hat Auswirkungen auf die Strategie der Systembeschaffung, da diese Daten innerhalb des Businesslayers entsprechend formatiert und exportiert werden müssen.

9.3.2.2 DICOM-Archiv Das DICOM-Archiv „Picture Archiving (and) Communication System“ (PACS) beherbergt alle Ergebnisse bildgebender Diagnostik aus dem Behandlungsprozess. Trotz eines vorhandenen Multimediaarchivs entscheiden sich die meisten Spitäler zur Anschaffung dieser „Spezialisten“-Archive, da die meisten bekannten reinen Multimediaarchive diese korrespondierenden Funktionalitäten von DICOMStandard und speziellen PACS-Funktionalitäten oft gar nicht bieten können. Diese Punkte müssen als wichtige Basisinformationen in das EAM einfließen. Allerdings gehen derzeit viele PACS-Hersteller den Weg, ihre Applikationen als Multimediaarchive anzubieten. Eine Entwicklung, die für die Entscheider in den Krankenhäusern ein Problem von der Entscheidungstafel nimmt.

9.3 Persistenzlayer

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9.3.3 eHealth-Anbindung Obwohl die eHealth-Anbindung über unseren Enterprise Service Bus und unser eHealth-Gateway Daten nach extern leitet, sehen wir die logische Verbindung zur Datensicherungsschicht gegeben. Denn wir versenden Daten nicht nur für B2B (Business to Business) Prozesse. Patienten sichern ihre Daten, hoffentlich, auch im EPD (elektronisches Patientendossier). Deshalb integrieren wir den Kontext eHealth hier unter diesen Abschnitt. Auf der Basis des Bundesgesetzes über das elektronische Patientendossier (EPDG) [1] zwingt das Bundesgesetz über die Krankenversicherung im Paragraf 39 f. [2] die Schweizer Spitäler, bis 2020 Behandlungsdaten unter bestimmten Voraussetzungen innerhalb eines eHealth-Konzeptes (EPD) zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde muss die eHealth-Anbindung in Schweizer Krankenhäusern essenzieller Teil der Strategie sein. Damit geht die Schweiz einen anderen Weg als Deutschland, das in seinem Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) von 2015 [3] primär die Gesundheitskarte als Ersatz für die Krankenversichertenkarte ins Zentrum des Datenaustausches stellt. Der neueste Vorstoß des Bundesministeriums für Gesundheit ist das am 14.03.2019 vom Bundestag beschlossene Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) [4]. Damit verpflichtet die deutsche Regierung die Krankenkassen ab dem 1. Januar 2021, ihren Versicherten eine elektronische Patientenakte (ePA) zur Verfügung zu stellen. Es ist zudem verbindlich geregelt, dass die Versicherten bei Bedarf auch per Tablet und Smartphone auf diese ePA zugreifen können. Derzeit werden in der ganzen Schweiz Projekte durchgeführt, deren Ziel es ist, Stammgemeinschaften einzurichten, die die nötigen Voraussetzungen für eine eHealth-Landschaft schaffen, und denen sich Krankenhäuser anschließen müssen [5]. Auf der Basis einer Regierungsinitiative ist damit ein Prozess in Gang gekommen, der wahrscheinlich ein eHealth-Umfeld schaffen wird, das endlich den elektronischen Datenaustausch organisationsübergreifend realisiert. Für die Krankenhäuser werden damit aber die Anforderungen innerhalb des Digitalisierungsumfeldes nicht geringer, die Komplexität und die Abhängigkeiten werden größer. Auch die Anbieter der Lösungen sind derzeit, Stand Frühjahr 2019, etwas auf den Boden der Tatsachen zurückgekommen, und die Euphorie sowie die Begeisterung, mit der die Umsetzungen gestartet sind, haben etwas an Schwung verloren. Nichtsdestotrotz werden die Krankenhäuser 2020 liefern müssen. Nachtrag August 2020: Trotz SARS-CoV-2 wird in 2020 Schweizweit weiter unter Hochdruck an den beschriebenen Lösungen gearbeitet. Allerdings

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9 Schichten-Modell

zeigt es sich, dass die Umsetzungen nicht so trivial sind. Derzeit sind immer noch die Zertifizierungsprozesse o.e. Stammgemeinschaften im Gange. Damit ist der Zeitplan etwas in Verzug geraten. Geplant sind die ersten Einführungen aktuell zwischen Herbst 2020 und Frühjahr 2021. (Quelle: https://www.e-health-suisse. ch/fileadmin/user_upload/Dokumente/D/factsheet-epd-einfuehrung.pdf / letzter Zugriff 13.08.2020) Wie geht ein Krankenhaus mit dieser Anbindung und der damit wachsenden Komplexität um?

Eine Möglichkeit besteht darin, die einzelnen Systeme innerhalb des klinischen Informationssystems mit der Stammgemeinschaft zu verdrahten. In den Empfehlungen von eHealth Swiss werden die Möglichkeiten für die Anbindung der sogenannten Primärsysteme genannt. Es stellt sich die Frage, ob ein Gesundheitsbetrieb das möchte. Bei der Fülle an Applikationen innerhalb des KIS möchten wir möglichst nicht einzelne Applikationen mit den Repositorien der Stammgemeinschaften verdrahten. Das schafft zusätzliche Abhängigkeiten, die sowohl in Wartung wie auch unternehmerischer Flexibilität enormen Einfluss auf die Möglichkeiten des Unternehmens haben können. Man muss bspw. bei den Wartungsszenarien nur die Menge an Akteuren bedenken, die bei Fehlern zu deren Beseitigung koordiniert und vor allem motiviert werden müssen. Es gibt auch Hersteller, die ihre Software schon seit Jahren mit dem Label „eHealth-ready“ verkaufen. Im Zuge der Schweizer eHealth-Initiative und den daraus resultierenden Anforderungen stellte sich dann aber des Öfteren heraus, dass es wohl schon technische Komponenten gab, die mit IHE-Profilen umgehen konnten. Leider war die Anbindung nach Außen dann aber doch noch eine ganz andere Nummer, und oft musste das Krankenhaus dafür noch spezifisch auf das eHealth-Konzept programmierte Komponenten einkaufen. Drum prüfe, wer sich ewig bindet … In unserem Beispielkrankenhaus sind wir als „Lessons learned“ den Weg gegangen, ein eHealth-Gateway einzukaufen und damit die Verantwortung für unsere Anbindung an das EPD und für die Funktionalitäten der im Fahrwasser dieser Gesetzesinitiative mitschwimmenden Möglichkeiten für B2B-Prozesse an andere weiterzureichen. Auch diese Variante hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Allerdings haben wir eine gute Lösung bekommen, nicht zufällig vom Distributor unseres Enterprise Service Bus, die uns auch noch bei anderen Problemstellungen helfen konnte. Beispielsweise konnten wir so auch die Anmeldung von interessierten Patienten an das EPD lösen; die Überprüfung des EPD-Status eines

9.4 IT-Bebauungsplan

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Patienten und auch verschiedene Abbildungen von B2B-Prozessen unterstützte die Lösung. Diese wurden als zentraler Service zur Verfügung gestellt und musste nicht in jedem System abgebildet werden. Wir mussten auch keine Schnittstellen bauen, da das Gateway technologisch auf unserem Enterprise Service Bus basiert. Das heißt, die Schnittstellen zum ESB hatten wir schon. Damit haben wir die Komplexität der gesamten Umsetzung deutlich verringert.1 Aus unserer Sicht insgesamt ein guter Deal, der auf einer Open Source Lösung basierte und damit auch noch betriebswirtschaftlich angemessen und im besten Sinne nachhaltig ist. ◄ Das oben beschriebene Beispiel zeigt zwei Punkte auf: Einerseits die Probleme, die man bekommt, wenn man versucht, Digitalisierung einzig auf der Ebene Applikationen zu lösen. Nimmt man den Faden auf, der im Beispiel gesponnen wird, bekommt man eine Vorstellung davon, welche Probleme man mit Anbindung jeder einzelnen Komponente bekommen kann. Auf der anderen Seite ist der zweite, oben beschriebene Weg nur möglich, wenn es eine flexible Strategie gibt, die nicht nur auf einzelnen Applikationen basiert, sondern auch das Umfeld außerhalb des Krankenhauses im Blick hat. Der Einkauf der Werkzeuge orientiert sich dann daran, größtmögliche Flexibilität für die Organisation zu erzeugen.

9.4 IT-Bebauungsplan Das letzte Element unseres Grundmodells ist der IT-Bebauungsplan. Mit diesem schaffen wir es, Komplexität der technischen IT-Infrastruktur abzubilden und zu managen. Wir reden hier auf der einen Seite vom klassischen IT-Assetmanagement mit rollierender Investitionsplanung, auf der anderen Seite aber auch über die Optimierung der Business-Unterstützung durch den Einsatz optimaler, auf das Haus ausgelegte technische Services. Für Bereiche, in welchen Flexibilität strategisch angestrebt wird, muss dies bei der Planung der technischen ­IT-Infrastruktur in unserem IT-Bebauungsplan berücksichtigt werden.

1Ob wir wirklich die erhofften Resultate erzielen konnten, ist noch abzuwarten, da die eHealthumsetzungen in der Schweiz derzeit noch in Bearbeitung sind (Stand 09/2019).

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9 Schichten-Modell

Übergeordnete Ziele hierbei bestehen darin, Lösungsideen und Planungsszenarien zu entwickeln und zu analysieren. Diese bieten den Input für die Bewertung bezüglich des strategischen und Business Alignments, der Kosten und des Nutzens, des technischen Zustandes, der Risiken sowie der Abhängigkeiten und Auswirkungen. Um die Geschäftsarchitektur, aber auch die IT-Landschaft strategisch weiterzuentwickeln, muss das Geschäft im Kontext der IT ständig optimiert oder sogar befähigt werden, damit die IT-Landschaft zukunftsfähig, kosteneffizient und flexibel weiterentwickelt wird. Innerhalb des IT-Bebauungsplans ist das Technologiemanagement ein wesentlicher Bestandteil, um zukunftsfähige und agilitätsunterstützende technische Standards zu entwickeln. Die Umsetzung muss anschließend über die Businessund Investitionsplanung sowie insbesondere im Rahmen von Projekten, Wartungsmaßnahmen und dem laufenden Betrieb erfolgen. Folgende Visualisierung bietet sich uns jetzt wie im nächsten Bild (Abb. 9.7) dargestellt. Abb. 9.7 zeigt neben den einzelnen Schichten der Infrastruktur auch deren Verknüpfung mit den beiden Innovationszyklen.

Abb. 9.7   Ableitung Digitalisierung

Literatur

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Mit diesem letzten Baustein unseres Modelles schließt sich unsere ­ AM-Sicht. Wichtig für uns ist, dass das Enterprise Architecture Management E ein Werkzeug ist, mit dem man Rückschluss auf Investitions- und Strategieentscheidungen bekommt. Dies ist in der Realität nicht immer einfach. Denn wesentliche Entscheidungen, z. B. über die Standardisierung von Geschäftsprozessen und damit einhergehend notwendiger IT-Unterstützung, werden im Business getroffen. Aus diesem Grund ist es auch zwingend notwendig, die Verantwortlichen aus der Informatik ebenso in den Gremien zu platzieren, die die businessrelevanten Entscheidungen treffen.

Literatur 1. Wikipedia (2019) Künstliche Intelligenz. Edited by Die freie Enzyklopädie. Wikipedia (192427319). https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=K%C3%BCnstliche_Intellige nz&oldid=192427319. Updated on 9/20/2019UTC, checked on 9/22/2019 2. Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft (3/18/1994) Bundesgesetz über die Krankenversicherung. KVG, revised 1/1/2018. https://www.admin.ch/ opc/de/classified-compilation/19940073/201801010000/832.10.pdf. Zugegriffen: 6. Juni 2019 3. Bundestag der Bundesrepublik Deutschland (12/21/2015) Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen sowie zur Änderung weiterer Gesetze. EGKuaÄndG, revised 12/21/2015, checked on 6/6/2019 4. Bundestag der Bundesrepublik Deutschland (5/6/2019): Terminservice- und Versorgungsgesetz. TSVG. file:///C:/Users/matti/OneDrive/Dokumente/Fachartikel/Buchprojekt%20Springer/Literatur%20Buchprojekt/Gesetze/TSVG_BGBL.pdf. Zugegriffen: 6. Juni 2019 5. eHealth Swiss (2018) Roadmap EPD. Edited by eHealth Swiss. https://www.e-healthsuisse.ch/gemeinschaften-umsetzung/umsetzung/roadmap-einfuehrung-epd.html. Updated on 12/5/2018. Zugegriffen: 6. Juni 2019

Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

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Zusammenfassung

Im folgenden Kapitel gehen die Autoren darauf ein, wie die gewonnenen Erkenntnisse aus den vorhergehenden Kapiteln helfen können, das zu Beginn dieses Buches gesetzte Ziel zu erreichen, eine Digitalisierungsstrategie einzuführen, die innerhalb der Organisation getragen wird und einer gemeinsamen Vision folgt. Aus Sicht der Autoren lässt sich das beschriebene Modell sehr gut einsetzen, um die Verantwortlichkeiten, inklusive der dazugehörenden Methoden und Arbeitsweisen, abzubilden. Speziell im Rahmen der Digitalisierung müssen vom Management Visionen und vor allem möglichst messbare Ziele für eine digitale Zukunft vorgegeben werden. Das Management hat im Rahmen der Digitalisierung noch eine wesentlich wichtigere Aufgabe, als „nur“ Vorgaben und Visionen für das gesamte Unternehmen zu entwickeln. Das Management muss eine kulturelle Veränderung initiieren und diese aktiv unterstützen. Digitalisierung ist eine Führungsaufgabe.

10.1 Prozessmanagement Ein Grund von vielen, um die Digitalisierung im Verantwortungsbereich des Managements ganz oben anzusiedeln, ist die Optimierung der Arbeitsabläufe unter Einbindungen aktueller technologischer Möglichkeiten. Dies bedeutet nicht die Ablösung bestehender aktuell verwendeter Papierprozesse mit deren 1:1-Abbild auf die elektronischen Systeme, sondern ein komplettes „business

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_10

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10  Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

process reengineering“. Nur so kann ein Mehrwert für die komplette Organisation geschaffen werden. Hier bieten vor allem die Methoden des Lean Management/Six Sigma einen ausgezeichneten Methodenbaukasten [1], damit die Prozessoptimierung dort stattfinden kann, wo sie tatsächlich notwendig und deshalb auch sinnvoll ist. Bei der Ablösung der bestehenden Papierprozesse auf eine digitale Infrastruktur können unterschiedliche Synergien genutzt werden: • Signifikante Erhöhung der Prozesssicherheit durch die Verwendung von lesbaren Dokumenten und Daten wie Verordnungen oder Behandlungsanweisungen. • Einmal erhobene Daten stehen allen Prozessteilnehmern für die vor- und nachgelagerten Arbeitsschritte zur Verfügung. • Durch den Einsatz von elektronischen Workflows werden wiederkehrende Arbeitsabläufe standardisiert, vereinfacht und sind dank digitaler Unterstützung besser zu kontrollieren. • Durch den Einsatz von elektronischen Dokumenten können papierbasierte Datenarchive sukzessive aufgelöst werde. Die dabei entstehende Kostenreduktion muss man gegen die Investitionskosten rechnen. Parallel hierzu kann damit auch die Einhaltung der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen transparenter dargelegt werden. • Indem sichergestellt wird, dass ausnahmslos alle Daten des Patienten strukturiert und in einwandfreier Datenqualität erfasst werden, können hier auch Rahmenbedingungen zur Einhaltung des gesetzlichen Datenschutzes geschaffen werden. • Standardisierte Datenerfassung sollte langfristig auch der Forschung zugutekommen, da Daten mit deutlich reduziertem Aufwand für diese Zwecke zur Verfügung gestellt werden könnten.

10.2 Business Intelligence Mit dem Business Layer kann ein erheblicher Mehrwert für das gesamte Krankenhaus geschaffen werden – und zwar dann, wenn digitalisierte und strukturiert abgelegte Daten vorhanden sind. Mit diesen Möglichkeiten kann die Organisation mit ergänzenden Informationen von elektronischen Systemen unterstützt werden. Informationssysteme sind im Bereich „Decision Support“ bereits reif für den

10.2  Business Inelligence

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produktiven breitgefächerten Einsatz in den Krankenhäusern. Nachfolgend ein paar Beispiele für Informationssysteme und spezielle Funktionalitäten: „Clinical Decision Support“ bei der Abgabe von Medikamenten. Hier werden bei der elektronischen Verordnung von Medikamenten automatisch mehrere Checks durchgeführt. Diese Checks prüfen den aktuellen medizinischen Zustand des Patienten gegen die verordneten Medikamente, indem beispielsweise Wirkstoffe, Dosierung, Unverträglichkeiten, Doppelmedikation, Beeinträchtigungen zum Führen von Fahrzeugen, Leber- und/oder Niereninsuffizienz oder Arzneimittelinteraktionen ausgewertet werden. Ein weiteres Beispiel sind Patientendatenmanagementsysteme (PDMS). Ein PDMS ist eine komplexe Spezialsoftware, die zur Unterstützung und Dokumentation des Behandlungsprozesses eingesetzt wird. Der Hauptfokus des PDMS liegt unter anderem in der Datenerfassung von medizin-technischen Geräten und deren Verdichtung zum Zwecke der Behandlungsentscheidung. Dabei wird traditionell in Anästhesie-Management-Systeme (AMS) und Intensiv-Management-Systeme (IMS) unterschieden. Neuere Systeme sind ­ modular aufgebaut und decken die Abbildung eines Großteils an Geschäftsprozessen des Krankenhauses ab. So werden Notfallstationen oder auch schon normale Pflegestationen unterstützt. Im Zuge der Lean-Management-Entwicklungen im Bereich des Pflegemanagements kommt der automatischen Werteerfassung direkt aus den medizin-technischen Geräten und deren Übertragung in die Abteilungssysteme zur Behandlungsdokumentation ein immer höherer Stellenwert zu. Durch diese Systeme können die Ärzteschaft und das pflegende Fachpersonal besser unterstützt werden, indem sie elektronisch aufbereitete Informationen zum Patienten bekommen. Beispiele sind hier unter anderem: • Prämedikation und die präoperative Anästhesie-Dokumentation sowie ein elektronisches Narkoseprotokoll. • Automatische Datenübernahme aus allen angeschlossenen Medizingeräten wie Beatmungsmaschinen, Infusions- und Spritzenpumpen, Dialysegeräten, Patienten Monitoring und vielen mehr. • Entscheidungsunterstützung durch Expertenfunktion, die unter anderem Voraussagen und Wahrscheinlichkeiten berechnen können. • Automatisiertes Fluidmanagement regelt die automatisierte Abgabe von Medikamenten, so könnte das PDMS auch über „Machine Learning“ neue Abgabemodi „lernen“ und die Abgabe dann autark an die Bedürfnisse des Patienten anpassen.

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10  Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

Ein letztes Beispiel aus vielen weiteren Möglichkeiten ist das automatische Befunden von Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT). Für den Laien sieht ein digitales Bild aus der Radiologie wie ein abstraktes Gemälde aus. Für jemanden mit medizinischer Ausbildung ist es als Computertomografie (CT) erkennbar und ein Radiologe ist in der Lage, daraus eine Diagnose zu erstellen. In der modernen Medizin gilt es heute jedoch als unstrittig, dass „Künstliche Intelligenz“ (KI) die Bilder von Magnetresonanztomografie (MRT) und Computertomografie (CT) bald schneller und zuverlässiger befunden wird als erfahrene Radiologen. Gerade die Analyse abstrakter Muster wie in einem CToder MRT-Bild ist eine Stärke der KI [2]. Ein konkretes Beispiel für den Einsatz von KI findet sich im Bereich der Diagnoseverfahren bei Brustkrebs. Knapp 30 % aller Krebserkrankungen bei europäischen Frauen entfallen auf Brustkrebs. Erste Tests, bei denen künstliche Intelligenz eingesetzt wurde, kommen nun zu bemerkenswerten Ergebnissen. So führten die KI-Anwendungen bei einer Studie dazu, dass Mammografie-Resultate 30-mal schneller ausgewertet wurden als durch einen Arzt – und das bei einer Fehlerrate von nur einem Prozent [2, S. 15]. Nicht nur bei der Diagnose winken große Fortschritte. So war künstliche Intelligenz bei einer Pilotstudie in der Lage, mit mehr als 7­ 0-prozentiger Genauigkeit vorherzusagen, wie eine Patientin auf zwei herkömmliche Chemotherapie-Verfahren reagieren würde. Angesichts der Verbreitung von ­ Brustkrebs geht die PWC-Untersuchung davon aus, dass der Einsatz von künstlicher Intelligenz immense Kostensenkungen für das Gesundheitssystem brächte. So könnten über die nächsten zehn Jahre kumuliert schätzungsweise 74 Mrd. EUR eingespart werden [2]. Der Einsatz von KI, respektive „deep learning“-Verfahren beschäftigt die Medizin und es wird intensiv auf dieser Ebene geforscht. Dies bestätigen auch die regelmäßigen Publikationen auf dem Gebiet, welche den konkreten Einsatz dieser Verfahren in weiteren konkreten Anwendungsszenarien erforschen [3–4]. So gibt es Hinweise in der Literatur, dass der Einsatz dieser digitalen Verfahren zu Veränderungen im Gesundheitswesen führen werden. Allerdings gibt es auch noch Begrenzungen und Anforderungen, die einen baldigen flächendeckenden Einsatz dieser Methoden erschweren. Beispielhaft für diese noch bestehenden Beschränkungen stehen (Zitat): … die Datenvorbereitung, die Trainingsszenarien für die Algorithmen mit ausreichend großen Datensätzen oder die iterative Verfeinerung einzelner Algorithmen in Bezug auf das eigentliche klinische Problem [6].

10.2  Business Inelligence

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Was ist/sind eigentlich … Deep Learning?

Deep Learning (frei übersetzt: „tiefgehendes Lernen“) bezeichnet eine Klasse von Optimierungsmethoden künstlicher neuronaler Netze (KNN), die zahlreiche Zwischenlagen (englisch: hidden layers) zwischen Eingabe- und Ausgabeschicht haben und dadurch eine umfangreiche innere Struktur aufweisen. In Erweiterungen der Lernalgorithmen für Netzstrukturen mit sehr wenigen oder keinen Zwischenlagen wie beim einlagigen Perzeptron ermöglichen die Methoden des Deep Learnings auch bei zahlreichen Zwischenlagen einen stabilen Lernerfolg [7]. Künstliche neuronale Netzwerke? Künstliche neuronale Netze, auch künstliche neuronale Netzwerke, kurz: KNN (englisch: artificial neural network, ANN), sind Netze aus künstlichen Neuronen. Sie sind Forschungsgegenstand der Neuroinformatik und stellen einen Zweig der künstlichen Intelligenz dar. Künstliche neuronale Netze haben, ebenso wie künstliche Neuronen, ein biologisches Vorbild. Man stellt sie natürlichen neuronalen Netzen gegenüber, die eine Vernetzung von Neuronen im Nervensystem eines Lebewesens darstellen. Bei KNNs geht es allerdings mehr um eine Abstraktion (Modellbildung) von Informationsverarbeitung, weniger um das Nachbilden biologischer neuronaler Netze und Neuronen, was eher Gegenstand der Computational Neuroscience ist [8]. Maschinelles Lernen? Maschinelles Lernen ist ein Oberbegriff für die „künstliche“ Generierung von Wissen aus Erfahrung: Ein künstliches System lernt aus Beispielen und kann diese nach Beendigung der Lernphase verallgemeinern. Dazu bauen Algorithmen beim maschinellen Lernen ein statistisches Modell auf, das auf Trainingsdaten beruht. Das heißt, es werden nicht einfach die Beispiele auswendig gelernt, sondern es „erkennt“ Muster und Gesetzmäßigkeiten in den Lerndaten. So kann das System auch unbekannte Daten beurteilen (Lerntransfer) oder aber am Lernen unbekannter Daten scheitern (Überanpassung; englisch: overfitting) [9, 10]. Aus dem weiten Spektrum möglicher Anwendungen seien hier genannt: automatisierte Diagnoseverfahren, Erkennung von Kreditkartenbetrug, Aktienmarktanalysen, Klassifikation von Nukleotidsequenzen, Sprach- und Texterkennung sowie autonome Systeme. Das Thema ist eng verwandt mit „Knowledge Discovery in Databases“ und ­„Data-Mining“, bei dem es jedoch vorwiegend um das Finden von neuen Mustern und

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10  Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

Gesetzmäßigkeiten geht. Viele Algorithmen können für beide Zwecke verwendet werden. Methoden der „Knowledge Discovery in Databases“ können genutzt werden, um Lerndaten für „maschinelles Lernen“ zu produzieren oder vorzuverarbeiten. Im Gegenzug dazu finden Algorithmen aus dem maschinellen Lernen beim Data-Mining Anwendung [11].

Künstliche Intelligenz? Künstliche Intelligenz (KI, auch: artifizielle Intelligenz [AI bzw. A. I.], englisch: artificial intelligence, AI) ist ein Teilgebiet der Informatik, welches sich mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen befasst. Der Begriff ist insofern nicht eindeutig abgrenzbar, als es bereits an einer genauen Definition von „Intelligenz“ mangelt. Dennoch wird er in Forschung und Entwicklung verwendet. Im Allgemeinen bezeichnet künstliche Intelligenz den Versuch, bestimmte Entscheidungsstrukturen des Menschen nachzubilden, indem z. B. ein Computer so gebaut und programmiert wird, dass er relativ eigenständig Probleme bearbeiten kann. Oftmals wird damit aber auch eine nachgeahmte Intelligenz bezeichnet, wobei durch meist einfache Algorithmen ein „intelligentes Verhalten“ simuliert werden soll, etwa bei Computerspielen. Im Verständnis des Begriffs künstliche Intelligenz spiegelt sich oft die aus der Aufklärung stammende Vorstellung vom „Menschen als Maschine“ wider, dessen Nachahmung sich die sogenannte starke KI zum Ziel setzt: eine Intelligenz zu erschaffen, die das menschliche Denken mechanisieren soll [9] bzw. eine Maschine zu konstruieren und zu bauen, die intelligent reagiert oder sich eben wie ein Mensch verhält. Die Ziele der starken KI sind nach Jahrzehnten der Forschung weiterhin visionär [12].

10.3 Anforderung an den IT-Bebauungsplan Die technologischen Rahmenbedingungen zur Umsetzung der oben beschriebenen Maßnahmen müssen in der technischen Infrastruktur geschaffen werden. Diese stellt dann den Bereich Informatik vor große Herausforderungen. In der ersten Stufe muss die Konnektivität vieler neuer Endgeräte sichergestellt werden. Hier handelt es sich beispielsweise um die Anbindung von mobilen Ultraschallgeräten, Aufzeichnungsgeräten für Herz- und Hirnstromkurven, Spritzenpumpen bis hin zu Blutzuckermessgeräten. Die Konnektivität muss durch die bestehende Netzwerkinfrastruktur gemanagt werden. Ein weiteres wichtiges Puzzleteil für einen stabilen und funktionierenden Datenaustausch sind Standards wie HL7, DICOM, IEEE, die gerade auf Prozessebene eine Interoperabilität ermöglichen und sicherstellen.

10.3  Anforderung an den IT-Bebauungsplan

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Ein wichtiges Themengebiet, welches in diesem Kontext immer mehr Relevanz bekommt, ist die Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus. Hierbei sind mindestens zwei grundlegende Themen zu betrachten. Zum einen muss die Flexibilität gewahrt sein, schnell neue Endgeräte einzuschließen, zum anderen muss sichergestellt sein, dass durch die offene Infrastruktur sich nicht unkontrolliert Endgeräte verbinden können. Außerdem muss der Zugriff auf diese Daten besonders geschützt sein, damit diese nicht absichtlich oder unabsichtlich verändert werden können. Denn veränderte Daten können falsche Schlussfolgerungen und dadurch eine falsche Behandlung nach sich ziehen und sich am Ende gravierend auf den Patienten auswirken. Der Datenaustausch ist ein weiteres zentrales Element. Die angeschlossenen Geräte erzeugen fortlaufend Daten, die, wenn entgegengenommen, gegebenenfalls in ein allgemein lesbares Format konvertiert und an die Zielsysteme weitergeleitet werden müssen. Dieser Teil einer Integrationsarchitektur liefert unternehmensspezifische Vorgaben für die serviceorientierte Umsetzung von Geschäftsanforderungen. Hierzu zählen Technologie-, Softwarearchitekturund Infrastrukturaspekte für Entwicklung, Betrieb und IT-Governance der involvierten Einzelsysteme und deren Zusammenspiel (End-to-end). Beispiele hierfür sind Architekturvorgaben für die lose Kopplung von Komponenten über einen ESB (Enterprise Service Bus) oder aber die Herauslösung der Geschäftsregeln und Ablaufsteuerung aus dem Programmcode und die Hinterlegung dieser in einer Rules Engine und einem BPMS (Business Process Management System) (Hanschke 2016). Dies ist eine Aufgabe, die der Enterprise Service Bus (Blokdyk 2018) dank der Funktionalitäten eines EAI (Enterprise Application Integration) übernimmt. Unter der in diesem Abschnitt erwähnten IT- Governance verstehen wir alle nötigen Führungsprozesse um die Interoperabilitäts-, Ablauf- und Prozesssteuerungen im genannten Kontext sicher zu stellen. Zu diesem Zweck gibt es ausreichend international anerkannte Standards und Best Practices wie ISO 2000, ITIL, ISO/IEC 38500:2008 und einiges mehr. Ein vertieftes Eingehen auf dieses Themengebiet würde den Rahmen dieses Abschnitts sprengen. Der Interessierte findet unter den oben genannten Stichworten genügend Material in Literatur und Internet. Im Unterschied zur reinen Schnittstellenadaption durch klassische Middleware bietet EAI auch die Möglichkeit, Geschäftsprozesslogik abzubilden. Dies ist ein elementarerer Baustein, Prozesse optimal durch die Informatik zu unterstützen, und erfordert wesentliche Kenntnisse der krankenhausinternen Abläufe und Routinen.

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10  Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

10.4 Innovationsmanagement Im Kontext der Digitalisierung ist ein Begriff nicht mehr wegzudenken: Innovation. In unserem Modell sehen wir grundsätzlich zwei Innovationszyklen vor, denn wir erleben in der täglichen Arbeit immer wieder, dass ein bipolarer Innovationsansatz bereits genutzt wird. Bipolar bedeutet in diesem Kontext, dass Innovationen sowohl über das Business/Management als auch von der Informatik/ Technologie getrieben werden.

10.4.1 Innovationszyklus I (Business) Wie bereits im Modell beschrieben, ist der wahre Hebel für ein effektives und effizientes Arbeiten in den Prozessen verankert. Somit sollten die Optimierung oder die Innovationen auch dort erarbeitet werden. So kommen oftmals die besten Ideen und Anforderungen aus den Organisationseinheiten, welche direkt mit dem Patienten zu tun haben. Das medizinische Personal arbeitet tagtäglich mit den Patienten zusammen und es kennt, wie keine andere Stelle in der Organisation, deren Bedürfnisse und Wünsche. Somit lassen sich auch Optimierungen für das Patientenerlebnis erarbeiten. Bedingung hierfür ist allerdings, dass man diese Berufsgruppen aktiv in die Innovationsprozesse einbindet und fördert. Ein weiteres zentrales Thema, welches in diesen Innovationszyklus fällt, ist das der Prozessoptimierung und vor allem der Prozesssicherheit. Besonders innerhalb eines Krankenhauses sind schnelle und sicher ablaufende Prozesse elementar im Hinblick auf Patientensicherheit, aber auch die Optimierung der Wertschöpfung. Viel Zeit wird aktuell noch in manuelle Handgriffe oder Doppelerfassungen verschwendet. Ebenso hier müssen die bereits oben genannten Berufsgruppen in den Prozess eingebunden werden und es muss der interdisziplinäre und interprofessionelle Austausch gefördert werden. Nur so können erhebliche Prozessschwächen zügig eliminiert werden. Schließlich ist auch das Management in den Innovationszyklus miteinzubeziehen. Hier liegt letztlich die Verantwortung dafür, das Wertschöpfungsnetz tatsächlich zu optimieren und neue Geschäftsmodelle, dies auf Basis der neuen digitalen Möglichkeiten, zu entwickeln.

10.4 Innovationsmanagement

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10.4.2 Innovationszyklus II (Technik) Diese Innovationen sind zum Teil erst möglich, wenn beispielsweise neue Technologien marktreif geworden sind. Oftmals werden diese neuen Entwicklungen getrieben aus den Informatik- oder Technologieabteilungen. Ein Beispiel ist das Thema „Speech to Text“. Das digitale und in den Workflow eingebundene Diktieren ist aktuell in allen größeren Krankenhäusern im Einsatz. Um noch größere Entlastung für die Organisationen und ihre Geschäftsprozesse – vor allem in den Sekretariaten – zu bringen, ist mittlerweile der Einsatz der automatischen, direkten Transkription mittels Spracherkennung in einer zweiten Stufe möglich. Dies ist aber erst realisierbar, seit die Handhabung der Diktatsoftware die nahtlose Einbettung der Technologie in die eingesetzten medizinischen Applikationen erlaubt und eine exzellente Worterkennungsrate von weit über 98 % standardmäßig vorhanden ist. Gerade die Erkennung von stark dialektgeprägter Sprache stellte die Hersteller bisher vor große Probleme, die in den neueren Versionen ihrer Lösungen mit überraschend guten Ergebnissen gelöst scheinen. Ein weiteres Beispiel, welches aktuell den Einzug in vor allem größere Häuser schafft, ist „Track and Trace“. Hierbei geht es grundsätzlich darum, mobile medizintechnische Untersuchungsgeräte mit Sensoren auszustatten, damit diese in den Labyrinthen der Krankenhäuser, Behandlungszimmer und Abstellräume jederzeit geortet werden können. Der Hauptzweck hier ist die optimale Auslastung der zum Teil sehr teuren Medizingeräte und vor allem die Zeitersparnis beim Auffinden der Geräte. Auch diese Technologie ist mitsamt dem Einsatz der Sensorik, Ortung und Auswertung mittlerweile marktreif und schafft die Basis für viele mögliche Use Cases. Sie kann auch verwendet werden, um den Patienten auf seinem Weg durch das Krankenhaus zu unterstützen. Um die Sicherheit von demenz- oder psychisch kranken Patienten zu erhöhen, könnte man diese Möglichkeiten bspw. auch nutzen, um bestimmte Bereiche für diese Patientengruppen zu sperren oder sie innerhalb des Krankenhausareals wiederzufinden. Selbstverständlich sind die Beispiele nur der obere Teil des Eisbergs und wir sind erst am Anfang, die Arbeitsprozesse durch den optimalen Einsatz der neuen technologischen Möglichkeiten zu unterstützen und so auch zu verbessern. Um Innovationen möglichst optimal generieren zu können, benötigt es einen Innovationszyklus „bottom-up“: nur so gelingt es, relativ schnell aus dem technologischen Fortschritt einen Mehrwert für das gesamte Krankenhaus zu realisieren.

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10  Implementierung einer Digitalisierungsstrategie mittels EAM

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Fazit

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Zusammenfassung

Das schließende Kapitel zieht ein Fazit aus den bisher besprochenen Abschnitten und versucht, in einfachen Sätzen die Lektionen zu beschreiben, die sich daraus ergeben. Teilweise sind EAM-Frameworks sehr mächtig und ohne die Beteiligung von Spezialisten kaum umsetzbar. Wir verfolgten einen Ansatz EAM „light“, ohne bei uns den Anspruch absoluter Korrektheit in der Umsetzung zu erheben. Es ist wichtig, mit dem Ansatz „so wenig wie möglich, so viel wie nötig“ die anstehenden Digitalisierungsaufgaben zu bewältigen. Wir müssen innerhalb unserer Organisationen zunächst das Bewusstsein dafür schaffen, dass Digitalisierung nicht nur Kostentreiber ist, sondern eine Chance bedeutet, den Arbeitsprozess in einen höheren Reifegrad zu überführen. Hierfür benötigen wir einfach lesbare Visualisierungen, die eine erste gemeinsame Wissensbasis darstellen, ohne die Komplexität kleinreden zu müssen. Wir benötigen einen Wissenskonsens über Möglichkeiten und Abhängigkeiten, die zu klugen, vorausschauenden Investitionen und damit am Ende zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung unserer Mitbürger führen. Der oben beschriebene Ansatz muss aber auch klarmachen, dass ohne Prozessanpassungen eine sinnvolle digitale Transformation nicht möglich ist. Die als logische Konsequenz immer umfassendere Durchdringung der Arbeitsprozesse mit Informationstechnik findet in einem Umfeld mit hohen ethischen Ansprüchen wie der medizinischen Behandlung eines Menschen oft keinen großen Anklang. Argumente wie schwindende Menschlichkeit in der Gesundheitsfürsorge durch die immer stärkere IT-Abhängigkeit sind oft zu hören. Dieser Argumentation darf man in diesem Zusammenhang nicht folgen, da eine perfekte digitale Unter© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 M. Mangiapane und M. Bender, Patientenorientierte Digitalisierung im Krankenhaus, https://doi.org/10.1007/978-3-658-26787-2_11

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11 Fazit

stützung einzig die Ablösung des bisherigen Papierprozesses oder suboptimal digitalisierter Arbeitsabläufe zum Ziel hat und damit zu höherer Patientensicherheit, besserer Zugänglichkeit von (kritischen) Informationen und somit zu besserer interprofessioneller und interdisziplinärer Kommunikation führt. Digitalisierung verbietet keineswegs den menschlichen Kontakt zu den Patienten und Kollegen. Ganz im Gegenteil. Gute digitale Unterstützung macht für die Beteiligten am Behandlungsprozess Zeitfenster frei, die der Betroffene für den direkten Patientenkontakt nutzen könnte. Deshalb darf man nicht die Digitalisierung an sich infrage stellen, sondern muss immer auch die Qualität der Umsetzungen und die daraus schlussfolgernden Konsequenzen in den Organisationen genau unter die Lupe nehmen. Infolgedessen kann man sagen, dass die Digitalisierung eine der großen Herausforderungen für Kaderpersonal und Manager ist. Prozessveränderungen, deren Konsequenzen vielleicht noch die Ursache für Personalkürzungen sind, erfordern außerordentliche Kommunikationsfähigkeiten und absolute Führungskompetenz. Um erfolgreich an der digitalen Transformation teilhaben zu können, gilt es weiterhin Akzeptanz aufzubauen und bereits verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Dies ist vor allem im Innovationszyklus I notwendig, denn hier sind die Verantwortlichen für die Umsetzung der Digitalisierung wesentlich auf das Feedback von und die Zusammenarbeit mit den Behandelnden, Pflegenden und Therapierenden angewiesen. Auch die Konsequenzen, die die Organisation aus den Ergebnissen der digitalen Transformation der Prozesse zieht wie bspw. entweder dem Personal mehr Zeit am Patienten zu geben und damit die Behandlungsqualität zu steigern oder andererseits mit Stellenkürzungen die von verschiedenen Stakeholdern gewünschten Einsparungen zu erzielen, kann man dann durchaus kontrovers diskutieren. Aber Grundlage dafür sind ein gemeinsames Verständnis und ein Konsens innerhalb der Organisation, was Digitalisierung bedeutet. Daraus entsteht eine gemeinsame Vision, eine allen verständliche Planung, die transparente und messbare Ziele zur Folge hat. Aus unserer Sicht bleibt die digitale Transformation von Geschäftsprozessen im Umfeld medizinischer Dienstleistungen aber nicht nur Aufgabe der Behandelnden, Krankenhäuser oder Arztpraxen. Die Industrie muss sich in diesem Kontext großen Herausforderungen stellen. Es wird zukünftig nicht mehr ausreichen, Software zu verkaufen, um zu hoffen, dass der Kunde diese dann schon irgendwie in seine Arbeits- und Patientenprozesse pressen wird. In Zukunft werden nur diejenigen Hersteller erfolgreich sein, die in das Design von digitalen Geschäfts- und Arbeitsprozessen investieren – nicht, um dem Kunden Software, sondern vielmehr die digitale Transformation seiner Prozesse am Patienten zu verkaufen. Beispielsweise ist der „neue“ Standard FHIR, eine Initiative von

Literatur

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Health Level Seven (HL7), eine durchaus zukunftsweisende Entwicklung im Kontext des Datenaustausches zwischen Softwaresystemen im Gesundheitswesen. Hier werden die älteren Produktlinien HL7 Version 2 und HL7 Version 3 mit neuen Webtechnologien und aktuellen Webstandards zusammengeführt [1]. Damit werden endlich Konfigurationen möglich, die dem Sexappeal der technisch-mobilen Welt der „smarten“ Endgeräte Rechnung tragen. Haben wir bisher oft mobile Anwendungsfälle in den Krankenhäusern eher als verkrampfte Versuche, auf dem Erfolg von Apple, Microsoft und Google mitzuschwimmen wahrgenommen, so können wir mit dieser Technologie endlich einen Schritt in Richtung weiter oben beschriebener Architekturen wie dem des Clinical Data Repository als eine Grundvoraussetzung für einen „Clinical App Shop“ machen. Software ist dann „nur“ noch ein austauschbares Werkzeug. Für uns ist es genau das, was den mobilen Applikationen und den damit einhergehenden Technologien einen solchen Hype verschafft hat. Wenn man mit einem mobilen Endgerät arbeitet und ein Problem zeichnet sich ab, dann findet sich mit Sicherheit eine App, die einem dabei hilft, dieses Problem zu lösen. Das wird im Krankenhaus nicht so einfach sein, da der Kontext eine strenge Qualitätsprüfung erfordert. Die Art und Weise der nötigen Qualitätsprüfungen sind in Medizinproduktgesetzen (D) oder -verordnungen (CH) niedergelegt und erfordern strikte Befolgung der dort geforderten Kriterien. Aber dem Traum solcher Leichtigkeit erliegen nicht nur wir in der IT als zukünftige Innovationstreiber, auch unsere Kunden träumen davon und fordern diese immer öfter ein. Mit der allseits immer wieder geforderten Digitalisierung und neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz, Deep Learning, Erweiterter und Virtueller Realität, FHIR oder den eHealth-Initiativen der Regierungen sowie Fragen nach dem Umgang mit den durch die Umsetzung dieser Technologien anfallenden Daten und deren Schutz, zeichnen sich am Horizont der Gesundheitsinformatik auch schon die sich anbahnenden Veränderungen ab, die nicht nur die Gesundheitsbetriebe durchrütteln werden. Veränderungen, die einschneidende gesellschaftliche Konsequenzen und neue Herausforderungen zur Folge haben. Wir dürfen diesen nicht reaktiv gegenüberstehen und uns von ihnen überraschen lassen.

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