Para/Textuelle Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie in der Frühen Neuzeit 9783110258974, 9783110258967

The Early Modern Period is increasingly perceived as a time of antagonism and conflict in different discursive fields. I

181 44 24MB

German Pages 452 Year 2011

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Table of contents :
L’Indagine Paratestuale
Istanze religiose ed esigenze filologiche nelle lettere di dedica alle traduzioni di Ambrogio Traversari
Von den Unabwägbarkeiten der Rezeption. Zum Schicksal der Dichtung der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios im 15. Jahrhundert
Vom guten Leben. Francesco Filelfo als Kommentator Petrarcas
„sotto legiardo et mirifico velamento poetico“ – Bernardo Ilicino und Petrarcas Trionfi
Lizenz zum Dichten. Der ‘velo giallo’ und seine paratextuellen Legitimationsstrategien in Tullia d’Aragonas Rime und Dialogo dell’ infinità d’amore
Henri II Estienne on Greek Philosopher Poets: An Epistle Dedicatory as a Model of Early Modern Paratextuality
Platón como amante de la poesía en las leyes y su influencia en los inicios de la edad moderna
Platons Dichterverbannung im frühhumanistischen Gewand
Poesia e filosofia in Marsilio Ficino
Philosophie, poésie et musique chez Pléthon
Ovid philosophischer als Aristoteles? Literarische und philosophische Methode bei Pierre-Daniel Huet
Poets as philosophers and philosophers as poets: Parmenides, Plato, Lucretius and Wordsworth
Dichtung und Philosophie in Lorenzo de’ Medicis Comento de miei sonetti
Dantes Campi Elisi. Von den glücklichen Feldern des Epitextes
Brüche im Gesamtsystem der Wissenschaften: Benedetto Varchis Konzept der gelosia
Petrarca filosofo platonico. Francesco Patrizi commentatore di un sonetto petrarchesco (RVF VII)
‘Would you check my edition please?’ Scaliger’s annotations to some poetical / philosophical texts
Index Nominum
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Para/Textuelle Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie in der Frühen Neuzeit
 9783110258974, 9783110258967

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Para/Textuelle Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie in der Frühen Neuzeit

Pluralisierung & Autorität Herausgegeben vom Sonderforschungsbereich 573 Ludwig-Maximilians-Universität München

Band 26

De Gruyter

Para/Textuelle Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von

Bernhard Huss · Patrizia Marzillo · Thomas Ricklin

De Gruyter

ISBN 978-3-11-025896-7 e-ISBN 978-3-11-025897-4 ISSN 2076-8281 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 2011 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/New York Druck: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ⬁ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Inhalt Marco Santoro L’Indagine Paratestuale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

Simona Iaria Istanze religiose ed esigenze filologiche nelle lettere di dedica alle traduzioni di Ambrogio Traversari . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

17

Manuela Kahle Von den Unabwgbarkeiten der Rezeption. Zum Schicksal der Dichtung der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios im 15. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

Florian Mehltretter Vom guten Leben. Francesco Filelfo als Kommentator Petrarcas . . . . . . . . . . . . . . . .

71

Catharina Busjan „sotto legiardo et mirifico velamento poetico“ – Bernardo Ilicino und Petrarcas Trionfi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

Angela Oster Lizenz zum Dichten. Der ‘velo giallo’ und seine paratextuellen Legitimationsstrategien in Tullia d’Aragonas Rime und Dialogo dell’ infinit d’amore . . . .

117

Oliver Primavesi Henri II Estienne on Greek Philosopher Poets: An Epistle Dedicatory as a Model of Early Modern Paratextuality

155

Mara Teresa Padilla Longoria Platn como amante de la poesa en las leyes y su influencia en los inicios de la edad moderna . . . . . . . . . . .

179

Christian Kaiser Platons Dichterverbannung im frhhumanistischen Gewand . . .

195

Francesca Lazzarin Poesia e filosofia in Marsilio Ficino . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

229

VI

Inhalt

Brigitte Tambrun-Krasker Philosophie, posie et musique chez Plthon . . . . . . . . . . . . . . .

249

Oleg Nikitinski Ovid philosophischer als Aristoteles? Literarische und philosophische Methode bei Pierre-Daniel Huet . . . . . . . . . . . . .

279

Anthony A. Long Poets as philosophers and philosophers as poets: Parmenides, Plato, Lucretius and Wordsworth . . . . . . . . . . . . . .

293

Bernhard Huss Dichtung und Philosophie in Lorenzo de’ Medicis Comento de’ miei sonetti . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

309

Thomas Ricklin Dantes Campi Elisi. Von den glcklichen Feldern des Epitextes. . . . . . . . . . . . . . . . . .

337

Carolin Hennig Brche im Gesamtsystem der Wissenschaften: Benedetto Varchis Konzept der gelosia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

359

Anna Laura Puliafito Petrarca filosofo platonico. Francesco Patrizi commentatore di un sonetto petrarchesco (RVF VII) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

379

Patrizia Marzillo ‘Would you check my edition please?’ Scaliger’s annotations to some poetical / philosophical texts . . . .

399

Index Nominum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

429

Vorwort der Herausgeber Der vorliegende Band verçffentlicht die Akten einer international besetzten Tagung mit dem Titel Para/Textuelle Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie in der Frhen Neuzeit, die der Sonderforschungsbereich 573 (Pluralisierung & Autoritt in der Frhen Neuzeit) vom 4. Mrz bis zum 6. Mrz 2010 in Mnchen abgehalten hat. Beteiligt waren federfhrend die Teilprojekte A4 / Italianistik (Pluralisierung und Hierarchisierung von Lyrikmodellen in der italienischen Frhen Neuzeit), A12 / Geschichte der Philosophie (Diogenes Laertius latinus zwischen ca. 1416 und 1533) und C16 / Grzistik (Verlegerische Strategie und humanistische Gelehrsamkeit: ‘Vorsokratiker-Fragmente’ im spten 16. Jahrhundert). Mit dem Fokus auf Phnomenen der Paratextualitt schloß sich die Tagung der Fragestellung einer bereits 2008 als fnfzehnter Band der Reihe Pluralisierung & Autoritt erschienenen, von Frieder von Ammon und Herfried Vçgel herausgegebenen Sammlung von Studien zur Pluralisierung des Paratextes in der Frhen Neuzeit an, deren Ansatz fortgefhrt und hin zu einer strkeren Bercksichtigung der einzelnen philosophischen und poetischen bzw. poetologischen Diskurse fortentwickelt werden sollte. Die Tagung hatte es sich – entsprechend der grundstzlichen Fragestellung in der aktuellen, dritten Forschungsphase des Sonderforschungsbereichs, die sich auf Austragung versus Stillstellung epochal relevanter Konflikte der Frhen Neuzeit konzentriert – zur Aufgabe gemacht, unter dem Aspekt des Antagonismus bzw. eines ihm entgegenwirkenden ‘Harmonismus’ die verschiedenartigen frhneuzeitlichen Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie (somit eines in der Epoche besonders heiklen Verhltnisses) in den Blick zu nehmen. Dabei wurde vorausgesetzt, dass sich solche Verhandlungen nicht zuletzt an Grenzbereichen und Rndern der Texte besonders gut beobachten lassen. Die Observation para/ textueller Phnomene sollte dazu dienen, das Verhltnis von Text-Innen und Text-Außen und die diversen Funktionen ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, die die Textgrenze selbst bei Verhandlungen zwischen verschiedenen mçglichen Autoritten innerhalb eines von Pluralitt geprgten Feldes bernehmen kann. Hinsichtlich des komplexen Wechselverhltnisses dichterisch und philosophisch relevanter Texte wird Para/ Textualitt zum Austragungsort verschiedenster Spannungen zwischen poetischen, poetologischen und philosophischen Konzepten, etwa im

VIII

Vorwort

poetologischen Diskurs oder bei der Rezeption, Edition und Verbreitung neuer philosophischer Autoritten. Peritexte wie Epitexte verlngern in Raum und Zeit die Wirkung eines Textes, richten ihn pragmatisch und leserorientiert je besonders zu und verleihen ihm ein spezifisches ‘ideologisches’, programmatisches Geprge. Inwiefern in dem hiermit erçffneten Feld Formen der philosophischen Poetiken und der poetischen Philosophien miteinander, gegeneinander oder freinander interagieren, galt es zu untersuchen. Die Tagung wie auch der vorliegende Band sind in drei Teile untergliedert worden, die ‘Paratext’, ‘Text’ und ‘Epitext’ berschrieben sind und sich damit grob an der Begrifflichkeit von Grard Genettes fundamentaler Theoretisierung der Paratextualitt in den Seuils orientieren (Paris 1987; dt.: Paratexte. Das Buch vom Beiwerk des Buches, 1989/2001). Schon die Tatsache, dass bei Genette der ‘Paratext’ nicht gleichauf mit dem ‘Epitext’ zu stehen kommt, sondern die Summe aus letzterem und dem ‘Peritext’ bildet,1 deutet freilich darauf hin, dass die hier gebotene Dreigliederung keine strikt Genettesche Organisation ist, sondern pragmatisch den jeweiligen sachlichen Schwerpunktsetzungen der Beitrgerinnen und Beitrger gerecht zu werden und sie entsprechend zu gruppieren sucht. Unter ‘Paratext’ werden hier Studien zusammengefasst, die sich zum einen mit dem formalen ‘Nebeneinander’ (para-) von handschriftlich oder gedruckt publizierten Textelementen und den Effekten dieses ‘para-’ befassen und die zum anderen das Zusammenwirken von Text-Außen und Text-Innen an der Textgrenze2 mit einem gewissermaßen synchronen Schwerpunkt beleuchten (bei denen es also nicht dezidiert um den Aspekt der ‘Nachtrglichkeit’ bspw. eines Kommentars zu seinem Hypotext geht). Die Sektion ‘Text’ konzentriert sich auf den Austrag unterschiedlicher Wechselwirkungen zwischen Dichtung und Philosophie innerhalb grçßerer Textverbnde, die als Gesamtgrçßen analysiert werden, was keineswegs ausschließt, dass hier ein ‘Haupttext’ von diversen ‘Nebentexten’ genetisch, strukturell oder funktional unterschieden werden kann. Unter der berschrift ‘Epitext’ schließlich sind Untersuchungen vereint, die das erwhnte Phnomen der Nachtrglichkeit, des Spter-Seins von Texten beleuchten, 1 2

Whrend fr Genette der ‘Peritext’ im Umfeld des (Haupt-)Textes mit diesem verçffentlicht wird, existiert der ‘Epitext’ ursprnglich losgelçst vom (Haupt-)Text, kann aber nachtrglich in den ‘Peritext’ integriert werden. Auf diesen Aspekt des Innen und Außen an der Grenze von Texten spielt Genette zu Beginn seines Werks insbesondere an, wenn er mit der Etymologie von ‘para-’ einsetzt.

Vorwort

IX

die ‘zu anderen Texten hinzugeschrieben’ (‘epi-’) werden.3 Ein Kommentar, der in synchroner Wechselwirkung mit seinem Objekttext betrachtet unter die Rubrik ‘Paratext’ fallen kçnnte, wird unter dem Aspekt exegetischer Nachtrglichkeit, des Aufoktroyierten, des mitunter gewaltsam Sinnverndernden in das Areal der Epitextualitt geraten. ‘Paratext’. Marco Santoros einfhrende grundstzliche Studie L’indagine paratestuale umreißt die zentralen paratextuellen Koordinaten des Systems ‘Buch’, auch hinsichtlich ihrer Materialitt. Die verschieden geschichteten Paratexte werden von Santoro als Kommunikationsmittel am Rande des Buches analysiert, die dieses in eine multimediale Realitt einbinden und funktional polyvalent sind. In den Fokus des Interesses geraten hierbei insbesondere das unterschiedliche editorial-typographische Gewerk (vom Verlagsprogramm bis zur Drucktype), das Paratexte produziert, sowie die diversen kulturellen und sozialen Strategien, die die paratextuellen Ausstattungsapparate zu bedienen suchen. Dazu gehçrt auch die Funktion der Paratexte in der verlegerischen Kommunikation und als Instrumente der Positionierung von Publikationen in institutionalisierten Machtgefgen. Dass paratextuelle Elemente ihre ‘Haupttexte’ nicht nur im engeren Sinn machtstrategisch-institutionell in Stellung bringen, sondern auch kulturprogrammatische Funktion haben kçnnen, zeigen die Beitrge von Simona Iaria und Manuela Kahle, die sich beide mit dem strategischen Einsatz von Widmungsbriefen befassen. Iaria geht in Istanze religiose ed esigenze filologiche nelle lettere di dedica alle traduzioni di Ambrogio Traversari grundstzlich auf die schematische Gestaltung der ‘Gattung’ des Widmungsbriefs ein (nach dem dreiteiligen Schema: 1. Rckfhrung der Arbeit auf fremde Bitte oder eigene Initiative; 2. Erklrung, dass die Fhigkeiten des Verfassers der Aufgabe nicht angemessen seien; 3. Betonung der Wichtigkeit des behandelten Themas) und untersucht dann, wie der Kamaldulensermçnch Ambrogio Traversari diese Textsorte strategisch als Paratext zu seinen humanistischen bersetzungen aus dem Griechischen einsetzt: Die Texte werden in einem Spannungsfeld zwischen christlicher Erbauung und klassischer Rhetorik angesiedelt, wobei Kirchenvter und lateinische Autoren der paganen Antike gleichermaßen als Meister der Eloquenz profiliert werden und gleichberechtigte Berufungs3

‘Epitext’ definiert sich hier also nicht, wie bei Genette, strikt drucktechnisch durch die ursprngliche Ausgeschlossenheit vom (Haupt-)Text, sondern eher durch den Aspekt des Zum-Haupttext-Hinzutretens, und zwar eines von außen erfolgenden Hinzutretens, dessen Nachtrglichkeit nicht nur zeitliche, sondern auch kulturellprogrammatische oder gehaltlich-konzeptionelle Differenz hervorrufen kann.

X

Vorwort

instanzen sein sollen. Zugleich propagiert Traversari seine bersetzungstechnik (nicht mehr „de verbo ad verbum“, sondern „ad sententiam“) als Novitt und sucht somit Autoritt zu beanspruchen. Kahle analysiert in Von den Unabwgbarkeiten der Rezeption. Zum Schicksal der Dichtung der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios im 15. Jahrhundert die komplexe Rezeptionsgeschichte der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios, wie Ambrogio Traversari sie ins Lateinische bersetzt hatte. Insbesondere der sptere Umgang mit den im Text enthaltenen Dichtungen steht dabei im Fokus. Kahle befasst sich mit den Widmungsschreiben der jeweiligen Editionen von Traversari selbst (1433, Manuskript), sodann von Francesco Elio Marchese (ca. 1472, zur editio princeps) und von Benedetto Brugnoli (1475). Interessant ist hierbei, dass Traversaris Geringschtzung und Nichtbeachtung der dichterischen Partien des Textes die nachfolgende Rezeption und Tradierung des Gesamttextes entscheidend beeinflusst zu haben scheinen: Die Dichtung wird berhaupt erst von Brugnoli in den Text integriert, bleibt aber im 15. Jahrhundert prinzipiell im Hintergrund, whrend die philosophischen Elemente und Schichten des Textes zunehmend Aufmerksamkeit und Anerkennung finden. Als ber paratextuelle Verfahren operierende interpretatorische Gesamtentwrfe fassen die folgenden Beitrge von Florian Mehltretter und Catharina Busjan ihre in Petrarca-Kommentierungen bestehenden Untersuchungsgegenstnde auf, weswegen sie in der Sektion ‘Paratext’ Platz finden kçnnen: Mehltretter wirft in Vom guten Leben. Francesco Filelfo als Kommentator Petrarcas einen genauen Blick auf Filelfos Interpretation der Rerum vulgarium fragmenta, in der systematisch kontrre Positionen zu Petrarcas Liebesleid bezogen werden. Aus der Warte eines christlichen Epikureismus wendet der Kommentator die Liebesdichtung des Canzoniere teils ins komisch-erotische Register, teils bedenkt er das lyrische Ich Petrarcas, das sich ‘ungeschickt’ anstelle, mit amsantem Spott. Nichtsdestotrotz setzt sich der Kommentar das programmatische Ziel moralphilosophischer Belehrung ber den ‘richtigen’ Gebrauch der fleischlichen Lste. Die Kommentierung ist darauf angewiesen, allegoretische Deutungsmçglichkeiten weitgehend außen vor zu lassen, und bindet statt dessen Petrarcas Gedichte an biographisch-anekdotische Situationen zurck. Einen hnlichen Bezug auf die Fragmenta im Sinne von Dokumenten biographischer Faktizitt weist Busjan („sotto legiadro et mirifico velamento poetico“ – Bernardo Ilicino und Petrarcas Trionfi) in Ilicinos Trionfi-Kommentierung nach: Das paratextuelle Arrangement lsst den Haupttext zu einer moralphilosophisch perspektivierten Darstellung des Weges der menschlichen Seele werden, und dennoch tritt die Textallegorese in den

Vorwort

XI

Hintergrund: Ilicinos deutliches Interesse an einer Auslegung ‘ad litteram’ ist nicht zu verkennen, und sie ist Voraussetzung einer Deutung, die die Trionfi zwischen moralphilosophischem Programm und biographischer Exemplarik ansiedelt. Auffllig ist, dass der kommentierende Paratext hier weitere Paratexte integriert, so beispielsweise ein aus Valerius Maximus inspiriertes Figurengedicht in Form einer Sanduhr, das vor den Triumphus Famæ gesetzt ist und auf den Triumphus Temporis verweist. Sind diese Werke in ihrer paratextuellen Apparatur auf die Ausdeutung und Perspektivierung eines frheren Autors gerichtet, so betreibt die gebildete Kurtisane Tullia d’Aragona mit den paratextuellen Instrumenten ihrer Werke (Rime und Dialogo) vor allem die Strategie einer Legitimation der eigenen ‘figura auctricis’ (als ‘donna onesta’ soll sie erscheinen) und ihres Dichtens, wie Angela Oster in Lizenz zum Dichten. Der ‘velo giallo’ und seine paratextuellen Legitimationsstrategien in Tullia d’Aragonas Rime und Dialogo dell’infinit d’amore dartun kann: Die Rime etwa wollen durch den Verlegerverweis, durch den autoritativen Werktitel, durch die dialogische und polylogische Anordnung der Gedichte eine Selbstautorisierung betreiben, die die sptere Ausgabe von 1891 vollkommen verkennt und durch makrotextuelle Umschichtungen zunichte macht. ‘Text’. Innerhalb von textuellen Gesamtverbnden finden die Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie zumeist in Form eines propositionalen Agons statt, so dass verschiedene Spielarten des konzeptionellen Austarierens der ‘Verhandlungsergebnisse’ hier ins Zentrum des Interesses treten. Oliver Primavesi zeigt in Henri II Estienne on Greek Philosopher Poets: An Epistle Dedicatory as a Model of Early Modern Paratextuality, wie die 1573 erstmals zusammengestellte Sammlung der PoiÞsis philosophos in ihrer Konfiguration und der im Widmungsbrief – also in Rckbindung an ein in der vorigen Sektion untersuchtes paratextuelles Verfahren – ausgedrckten Programmatik weder ein antiquarisch-sammlerisches Interesse noch ein humanistisch-moralphilosophisches Interesse in den Vordergrund stellt, sondern vielmehr v. a. die poetologische Frage nach der Legitimitt und der Poetizitt philosophischer Dichtung beurteilen will. Die Sammlung schreibt sich somit in den Kontext einer aktuellen poetologischen Debatte um lehrhafte Poesie ein, welche sich aus der Spannung zwischen der neu bekanntgewordenen Poetik des Aristoteles einerseits und andererseits der kanonischen Lehrepistel De arte poetica des Horaz ergab. Im ersten Teil der Sammlung sind als ‘Dichterphilosophen’ bes. Empedokles, Xenophanes und Parmenides von Interesse, der zweite Teil fasst orphisch-‘philosophische’ Dichtung zusammen und der dritte berrascht durch die Aufnahme von Heraklit und Demokrit als ‘dich-

XII

Vorwort

tenden’ Philosophen. Das sich hier ergebende Problem der Valorisierung philosophisch-lehrhafter Texte als Dichtung ruft das zeitgençssisch virulente Problem der Einschtzung des Lehrgedichts auf, dem Aristoteles den Status der ‘Dichtung’ verweigert hatte. Estienne versucht unter Verweis auf die sthetisch-poetische Qualitt und die dichterische Inspiriertheit der einschlgigen Texte die aristotelische Kritik am Lehrgedicht durch die poetische Selbstevidenz der dichterphilosophischen Originalfragmente zu entkrften. Der philosophischen Kritik Platons an den Dichtern und ihren Werken gelten die Beitrge von Mara Teresa Padilla und von Christian Kaiser. Padilla relativiert in Platn como amante de la poesa en las Leyes y su influencia en los inicios de la edad moderna das Klischee vom Dichterfeind Platon, indem sie die konstruktive Rolle betont, die Platon den wahren Dichtern beim Aufbau philosophisch organisierter Gemeinwesen zugeteilt habe. Dichter mit Expertise, so die These, seien ebenso sozial notwendig wie andere Berufe, und unter diesen Auspizien entpuppe sich Platon geradezu als ‘Liebhaber der Dichtung’. Wie schwer nicht nur diese Liebhaberrolle Platons den Spteren zu vermitteln war, vermag Kaisers Beitrag Platons Dichterverbannung im frhhumanistischen Gewand anschaulich zu machen: Er beschftigt sich mit den bersetzungen von Platons Politeia durch Manuel Chrysoloras und Uberto Decembrio, durch Pier Candido Decembrio und durch Antonio Cassarino sowie deren jeweiligem rezeptionssteuerndem Beiwerk. Dabei geht es nicht zuletzt um die Positionierungen der jeweiligen bersetzer und Herausgeber in den Fragen des Dichterverbots und des Platon realbiographisch zugeschriebenen Liebeslebens. Uberto Decembrio sucht sich mittels seiner bersetzung und seiner Ausfhrungen De re publica und durch eine Distanznahme von Platons Dichterverbannung als Kulturschçpfer selbst zu inszenieren, whrend Pier Candido eine Verteidigung Platons insbesondere in Kontrast mit Antonio Beccadellis (Panormitas) Hermaphroditus und Cassarino anzielt, welch letzterer ‘seinem’ Platon mittels Beifgung einer bersetzten Version der Platon-Vita des Diogenes Laertios eine Rezeptionsperspektive erschließt, die auf den als bisexuell gesehenen Autor geçffnet ist und sein Werk somit in sehr spezifischer Weise zugnglich macht. Francesca Lazzarin untersucht in Poesia e filosofia in Marsilio Ficino die grundlegenden Texte Ficinos zum Theorem des ‘furor poeticus’. Die Theorie des ‘furor poeticus’ erweist sich dabei als Instrument der Etablierung von Ficinos Doktrin einer ‘theologia poetica’: Der Dichter dem Philosophen analogisierbar und die Poesie wird zur Spur eines verborgenen Wissens, das durch Konzepte und Allegorien enthllt zu werden verlangt.

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Brigitte Tambrun-Krasker greift in Philosophie, posie et musique chez Plthon das Thema des platonistischen Staatsentwurfs, der der Dichtung insgesamt skeptisch gegenbersteht, am Beispiel von Georgios Gemistos Plethon wieder auf, der in der Endphase des byzantinischen Reichs ein radikales Reformprojekt im Sinne einer doktrinren Synthese von Politik, Religion und Philosophie betrieb: Der zuknftige Staat sollte sich in einer (vermeintlichen) Wiederbelebung der griechischen ‘politeia’ an platonischen, pythagoreischen und zoroastrischen Prinzipien orientieren und den christlichen Monotheismus durch eine polytheistische Theologie ersetzen, die sich statt auf die Bibel auf die Chaldischen Orakel zu berufen gehabt htte. Tambrun-Krasker stellt an Plethons Schriften insbesondere die Bandbreite der Zoroaster-Referenz in ihren intertextuellen, paratextuellen und metatextuellen Dimensionen heraus und betont Plethons deutliche Dichterkritik, die er im Rahmen seiner philosophisch perspektivierten Theologie entwickelt. Die Verschrnkung von Dichtungstheorie mit einem philosophischmathematischen Ansatz behandelt Oleg Nikitinski am Beispiel von PierreDaniel Huet (Ovid philosophischer als Aristoteles? Literarische und philosophische Methode bei Pierre-Daniel Huet): Huet bestreitet in paradoxer Weise philosophischen Grçßen wie Platon, Aristoteles oder auch Thomas von Aquin, in ihren Schriften tatschlich methodisch vorzugehen. Ovid sei demgegenber ein besserer Methodiker. Daran schließt sich das Postulat an, korrekte philosophische und theologische Beweisgnge mssten mit ‘geometrischer’ Przision durchgefhrt werden, um Gltigkeit beanspruchen zu kçnnen. Um Schriftsteller wie Ovid ‘geometrisch’ exakt erfassen und beurteilen zu kçnnen, sei die Anfertigung von peniblen Indices (wie Huet selbst sie bearbeitet hat) ein probates Mittel. Eine Perspektive auf die Moderne erçffnet der Beitrag von Anthony A. Long, Poets as philosophers and philosophers as poets: Parmenides, Plato, Lucretius and Wordsworth, ursprnglich der çffentliche Festvortrag der Tagung. Long behandelt die vier genannten Autoren unter der generellen Fragestellung nach der je spezifischen Verbindung von Philosophie und Poesie. Parmenides zeichne sich durch ein poetisch gefasstes, spekulatives Lehrgedicht aus, dessen philosophischer ‘Held’ unter vernderten Vorzeichen in geistiger Weise die physischen Fahrten des Odysseus nachzeichne; Platons mittlere Dialoge (Symposion, Politeia, Phaidros, Phaidon) wiesen einen hohen Grad an Poetizitt auf; Lukrez integriere in seinem episch anmutenden Text Poesie und Philosophie, und Wordsworth schließlich theoretisiere jene Verbindung ausfhrlich. Long bespricht die Autoren nach vier Kriterien (spekulative Kreativitt, kulturelle Autoritt, emotionale Intensitt, Pr-

XIV

Vorwort

gnanz der Phrasierung) und postuliert, es gebe keine kontinuierlich scharfe Trennlinie zwischen den beiden in Rede stehenden Bereichen. ‘Epitext’. Thomas Ricklins Untersuchung von Dantes Campi Elisi. Von den glcklichen Feldern des Epitextes fasst den Begriff der Epitexte in einer z. T. mit Genette auch sensu stricto konformen Weise: Es geht ihm nmlich nach einer eingnglichen Analyse von Dantes epitextuellen Beifgungen und Erweiterungen seiner eigenen Werke um Texte, die sich nachtrglich (kommentierend, interpretierend, retuschierend) an Dantes Werk und in der Folge auch aneinander reihen: Dabei geht die Untersuchung thematisch vom ‘Elysium’ aus, wie wir es im sechsten Buch der Aeneis vorgefhrt bekommen, wie es unter gnzlich anderen Vorzeichen bei Dante (Inferno 4 mit den Gruppen der heidnischen Schriftsteller und Philosophen im Limbo der Hçlle) neu figuriert und von Boccaccios Amorosa visione fortgeschrieben wird. Weitere Glieder der epitextuellen Kette sind u. a. Fazio degli Uberti, Francesco Petrarca, Antonio Pucci, Giovanni Girolamo Nadal und Christine de Pizan. Es erweist sich, dass Dante seit Boccaccios Amorosa visione in einem sich epitextuell konstituierenden Feld als Garant eines onirischen Ortes der philosophisch-poetischen Traditionsvergegenwrtigung fungiert. Auf diachron und thematisch engerem Terrain ergeben sich epitextuelle Effekte insonderheit dann, wenn an dichterische Texte im Nachhinein philosophische Explikationen herangetragen werden, die das Bedeutungsspektrum der Dichtung modifizieren: verschieben, verengen oder erweitern. Dies wird an den drei Untersuchungen von Bernhard Huss, Carolin Hennig und Anna Laura Puliafito mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung deutlich. Huss bespricht das Verhltnis von Dichtung und Philosophie in Lorenzo de’ Medicis Comento de’ miei sonetti. Der Gesamttext des Corpus der von Lorenzo autokommentierten Sonette wird als ein absichtsvoll auf mehrere mçgliche Deutungsperspektiven geçffnetes Werk interpretiert. Das Deutungsangebot, das die Verse ohne Kommentierung nur in eingeschrnkter Weise machen wrden, wird erst durch den spten auktorialen Selbstkommentar aufgefchert und umfasst erst durch ihn eine breite Palette philosophischer Positionen, von naturwissenschaftlich-physiologischen Erluterungen bis hin zur platonistischen Metaphysik der Schçnheit. Die multiplen Wege, auf denen der Leser des Comento wandeln kann und soll, werden ihm erst im Zusammenspiel der Lyrik mit dem Prosakommentar zur Gnze erçffnet. Hennig handelt ber Brche im Gesamtsystem der Wissenschaften: Benedetto Varchis Konzept der gelosia. Am Beispiel von Varchis Bemhungen, petrarkistische Sonette wie Giovanni Della Casas Eifersuchtsgedicht Cura che di timor ti nutri e cresci zeigt sie auf, wie es Varchi nicht gelingt, das in seinen wissenschaftlich-philosophischen Lezioni entwickelte Gesamtsystem der

Vorwort

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Wissensdiskurse bruchlos auf die Interpretation lyrischer Texte umzulegen. In Varchis System entstehen durch die Konfrontation mit der petrarkistischen Dichtung Friktionen: Varchi rekurriert in seinen exegetischen Anstrengungen auf mehrere widersprchliche Theoreme (aus der aristotelischen Philosophie, der platonischen Tradition und dem medizinischen Diskurs) gleichzeitig und verstrickt sich dadurch in argumentative Widersprche von epochaler Signifikanz. Nahezu gewaltsam nimmt sich die platonisierende (Um-)Deutung aus, die Francesco Patrizi in seinem Kommentar dem Petrarkischen Sonett La gola e’somno et l’otose piume angedeihen lsst: Puliafito demonstriert in ihrem Beitrag Petrarca filosofo platonico. Francesco Patrizi commentatore di un sonetto petrarchesco (RVF VII), wie der junge Patrizi seine ‘platonische Wende’ durch eine forcierte Lyrikexegese unter Beweis stellt, die bspw. die in Vers 1 genannten ‘Federn’ („piume“, eigentlich Federbetten als Symbol verurteilenswerter menschlicher Trgheit) als die Seelenflgel des Platonischen Phaidros deutet und auch sonst angestrengte Versuche einer Sinnverlagerung unternimmt: selbige wird untersttzt durch einen insgesamt auffallend selektiven Zugriff auf ‘passend’ ausgewhlte Verse Petrarcas. Patrizia Marzillos ‘Would you check my edition please’? Scaliger’s annotations to some poetical/philosophical texts schließt den Band ab und kommt dabei nochmals auf die Ausgabe der PoiÞsis philosophos von Estienne zu sprechen: Sie verfolgt anhand zweier Epitexte von Joseph Justus Scaliger, jeweils Aufzeichnungen zur Ausgabe der PoiÞsis von 1573, wie Scaliger die von Estienne zusammengestellten Fragmente – insbesondere die Texte von Empedokles, Parmenides und Orpheus – studiert, kommentiert, bersetzt, komplettiert und damit das Spektrum philosophischer Dichtung, das den Zeitgenossen verfgbar sein konnte, erweitert. Das Zustandekommen der Tagung und des vorliegenden Bandes wre ohne vielfltige Untersttzung nicht mçglich gewesen. Zuvçrderst sei dem Sonderforschungsbereich 573 in Gestalt seines Sprechers Andreas Hçfele fr Rat und Hilfe in vielerlei Details herzlich gedankt. Die Tagung war ein Erfolg nicht zuletzt aufgrund des unermdlichen engagierten Einsatzes von Uta Liebl, der wir dafr außerordentlich verbunden sind. Bei der Vorbereitung der Druckfassung des Bandes haben Maraike Di Domenica, M.A., Carolin Hennig, M.A., und Simona Oberto, M.A., dankenswerterweise geholfen. Die Endredaktion und Erstellung der Druckvorlage ist in bewhrter Verlsslichkeit und Przision vom Publikationsbro des Sonderforschungsbereichs erledigt worden: dafr sei, allen voran und stellvertretend, Eva Wilhelm nachdrcklich gedankt. Mnchen und Erlangen, im Januar 2011

Die Herausgeber

L’Indagine Paratestuale Marco Santoro 1. Sul tavolo in camera sua, visibile a chiunque entrasse, si trovava invariabilmente il libro che egli aveva scritto: un romanzo di non grandi proporzioni, con la copertina adorna d’un disegno intricatissimo, stampato su una specie di carta asciugante, e con certi caratteri che ogni lettera assomigliava a una cattedrale gotica.1

Cos Thomas Mann “presenta” lo scritto creativo del protagonista di uno dei suoi due racconti pi lunghi, pi importanti e pi famosi: Tristano (l’altro, per inciso, come si sa, Tonio Krçger), racconto dove l’influenza schopenhaueriana, che gi permeava di s I Buddenbrook, risulta approfondita e acutizzata. Ma non sul signor Spinell, il cui statuto di letterato in chiave grottesca sublima il modo e il mondo stessi del grottesco a validit universale, che qui ci si vuole soffermare. Ci che invece in questa sede interessa porre in adeguato rilievo la modalit con la quale lo scrittore tedesco descrive in prima battuta il romanzo di Spinell. Mann ne evidenzia subito le peculiarit materiali: il formato (di non grandi proporzioni), la legatura (copertina adorna d’un disegno intricatissimo), il materiale scrittorio (una specie di carta asciugante), il disegno del carattere (del quale ogni lettera assomigliava a una cattedrale gotica). Dunque Mann quale precursore di Genette? Quale anticipatore di sensibilit ermeneutiche che solo in tempi recenti hanno beneficiato di approcci e metodologie investigative sempre pi scaltrite? Chi ha sensibilit storica e consuetudine all’indagine filologica indubitabilmente non pu che escludere eventuali risposte affermative. E tuttavia non si potr negare che l’attenzione nei confronti delle componenti e delle implicazioni materiali dell’oggetto libro non alberga certamente solo negli animi, in certi animi, dei nostri contemporanei. La viscerale attrazione e il compiacimento del possesso del documento scritto infatti affondano le radici nel lontano passato e hanno provocato il non 1

Cfr. Mann, 21956, 379.

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Marco Santoro

casuale conio del termine composto “bibliofilia” nonch quello di “bibliomania”. Non occorre qui risalire a Cicerone, Attico o al vescovo di Cesarea, Areta, per enucleare quella straboniana “philobibl a” che in epoca umanistica benefici di rinnovato interesse grazie alla infaticabile attivit dei vari Petrarca, Coluccio Salutati, Poggio Bracciolini, ecc. Sar solo il caso di ricordare che il termine “bibliofilia” assume i connotati di fenomeno storico individuabile e caratterizzato da proprie regole e da orientamenti comportamentali precisi intorno al XVII – XVIII secolo, allorch il libro si impone anche come simbolo o, se si vuole, come monumento: diviene oggetto di consacrazione e, allo stesso tempo, fonte di prestigio sociale. Gli amatori del libro non si orientano, non sono pi affascinati e attirati dalla edizioni pi corrette sotto il versante filologico, ma sempre pi sono sensibili a fattori quali il materiale utilizzato per la stampa, la legatura, l’esibizione di tavole, illustrazioni, miniature e altre peculiarit materiali. Potremmo registrare, per tornare al XX secolo, numerose e autorevoli testimonianze letterarie che enfatizzano e disvelano ora il grottesco, ora l’assurdo, ora il paradosso presenti nelle forme pi retrive e patologiche legate alla bibliofilia trasfigurata in bibliomania. Penso, per fare solo un esempio, allo smodato e sofferto attaccamento nei confronti dei libri dell’enigmatico ed inquietante protagonista del canettiano Auto da f, al quale sembrano idealmente contrapporsi da un canto la profonda generosit intellettuale dell’Adriano rigenerato dalla Yourcenar e dall’altro il concreto e non retorico amore per il libro di Erry De Luca. Comunemente, anche se non sempre, il libro viene rispettato. Il rispetto ha assunto e assume gradazioni diverse a seconda dei casi: riguardo, deferenza, devozione, venerazione. Stadi differenti che misurano, per cos dire, la minore o maggiore passione con la quale ci si rapporta a questi straordinari prodotti della civilt. Annotava De Amicis: L’amore dei libri, crescendo a poco a poco, finisce per diventare un sentimento affatto distinto dall’amore della letteratura, e fonte, per s solo, di mille piaceri vivissimi, piaceri della vista, del tatto, dell’odorato. Certi libri, si gode a palparli, a lisciarli, a sfogliarli, a fiutarli […]. In una libreria, anche piccola, si gode disponendo i propri libri in un nuovo ordine che formi una nuova combinazione di colore; si lavora di mosaico; si fa ogni giorno un cambiamento […]. ð insomma un piccolo Stato da governare, nel quale si provano tutti i piaceri, tutti gli sconforti, tutte le insidie e anche tutte le gloriole di un piccolo re che non potendo allargare i propri confini quanto

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vorrebbe, si diverte e si consola rimestando continuamente quel po’ che possiede.2

2. Quanto finora detto pu costituire premessa ad una puntualizzazione necessaria ai fini del discorso sul paratesto. In effetti, sia pure con indubitabile dignit, le pulsioni bibliofiliche hanno suggestionato e, in vari casi, tuttora suggestionano gran parte degli approcci ermeneutici alla “storia del libro”. Se ne avessimo il tempo, potremmo rileggere insieme molteplici passi non solo di manuali legati alle scienze librarie ma anche di contributi settoriali, spesso per altro eccellenti, su tipografi, vicende editoriali, ecc. dove, in modo ora pi diretto e trasparente ora pi in filigrana, emerge l’inclinazione a soffermarsi maggiormente, se non prevalentemente o addirittura esclusivamente, su quelle edizioni considerate pi rappresentative e pi significative della tradizione tipografico-editoriale. Non quindi un caso se in Italia i vari Manuzio, Giunta e via via Bodoni, fino a giungere ai Forni agli Scheiwiller, ecc. hanno beneficiato di consistente e certamente scaltrita attenzione. Come di converso non un caso se per molto tempo diversificati scenari editoriali sono stati trascurati oppure talvolta sottostimati (e si pensi, ad esempio, alla realt secentesca, generalmente assunta come una realt di crisi, di decadimento, giacch segnata dall’impoverimento esteriore delle pubblicazioni, dall’incuria compositiva, dall’utilizzo di materiali pi scadenti). Tradizionalmente, dunque, in Italia, ma discorso analogo potrebbe essere formulato per altri paesi europei, prevalsa la tendenza ad “approfondire, con metodo in ogni caso puramente descrittivo singoli fenomeni esterni (i caratteri, l’illustrazione, la legatura)” o ad “approntare (per il settore pi

antico soltanto) inventari, annali di tipografi, cataloghi”3 (e non v’ chi non individui a riguardo significative sintonie col reiterato e persuasivo j’ accuse della celebre autrice de La rivoluzione inavvertita, Elizabeth Eisenstein). Ma, negli ultimi decenni anche in Italia si concretizzato un diverso modo di aggredire le problematiche legate al mondo del libro nei suoi molteplici aspetti. Si sono infatti attivati e hanno progressivamente scaltrito e affinato le proprie incursioni e le proprie consuetudini ricog2 3

Bandini Butti 1971, 130. Petrucci 1977, XIII.

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nitive sensibilit critiche inclini ad aggredire il documento (stampato e/o manoscritto) nelle sue diverse “identit” e nei suoi differenti “statuti” socio-economico-culturali. Il libro, nelle variegate vesti di veicolo di segni, di contenitore di messaggi, di espressione artistica, di testimone e artefice di procedure e tecniche aziendali e commerciali, di termometro e propulsore di costumi e comportamenti, stato “smontato”, sezionato, frazionato in lacerti talvolta sin troppo indipendenti, stato scomposto in testimonianza documentale gestita e gestibile secondo le pi diverse esigenze analitiche e le pi disparate metodologie.

3. Tuttora, per , una qualche necessit di chiarimento metodologico si avverte. Tuttora persistono incertezze e forse anche ambiguit ed equivoci sulle angolazioni in virt delle quali legittimo inquadrare il microcosmo librario per privilegiare poi di volta in volta pi o meno vigorose zoomate al fine di cogliere ed enfatizzare ora una questione ora un’altra. La duplice, e dialettica, finalit sovrana della storia del libro comprendere da un canto in che modo le idee siano state trasmesse attraverso la stampa e, dall’altro, come il contatto con la parola stampata abbia influito sul pensiero e sul comportamento dell’umanit. Compito arduo, estremamente arduo, quindi, quello dello storico del libro, che presuppone la non comune capacit sia di acquisire e governare diverse conoscenze (e per certi versi viene in mente l’onnisciente bibliografo di Jean FranÅois Ne de la Rochelle) sia di sapere sapientemente elaborare procedure di analisi organicamente finalizzate ad una ricostruzione coerente e complessiva della “galassia Gutenberg”. Non a caso Robert Darnton avvertiva: ð facile perdere di vista le dimensioni complessive dell’impresa, perch gli storici del libro si smarriscono spesso in strade secondarie e imperscrutabili o in specializzazioni prive di coerenza reciproca. Il loro lavoro pu essere cos frammentato […] da far perdere ogni speranza di poter concepire la storia del libro come un soggetto unitario […]. I libri, quando li si considera come oggetti di studio, rifiutano anche di lasciarsi relegare entro i confini di una singola disciplina. N la storia n la letteratura n l’economia n la sociologia n la bibliografia possono rendere giustizia di tutti gli aspetti della vita di un libro. Per sua natura, dunque, la storia dei libri deve avere una dimensione internazionale e seguire un metodo interdisciplinare. Non deve per perdere la coerenza concettuale, poich i libri appartengono a circuiti di comunicazione operanti su schemi che, per quanto complessi possano essere, hanno una loro intrinseca consequenzialit. Mettendo in luce tali circuiti, gli storici

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possono dimostrare che i libri non si limitano a raccontare la storia: la fanno.4

Il rischio di approcci speculativi eccessivamente unilaterali e poco o punto inclini a proporsi come uno dei possibili itinerari investigativi in vivificante sinergia con altri metodi stato opportunamente sottolineato da alcuni studiosi, compreso chi vi parla. E tuttavia si potr convenire che peculiare osservatorio dello storico del libro appunto l’oggetto-libro, la cui materialit non mai casuale, ma vistosamente incisiva in relazione ai messaggi semantici dei quali si fa vettore. Tutti i “testi”, in sostanza, acquisiscono una propria personalit, una propria identit “in relazione alle forme che ne regolano la trasmissione”:5 da qui non solo l’opportunit, ma addirittura la necessit di individuare, analizzare e valutare, come afferma Tanselle, “i segni fisici da cui sono costituiti i messaggi verbali provenienti dal passato”.6 D’altro canto, se vero che un testo, per dirla con Foucault, sempre “un nodo di un reticolo, un meccanismo di rimandi” e che, come sottolineava la Corti, “non cessa mai di essere fatto ma non cessa nemmeno di essere legato alla sua origine”, anche vero che “il mito del testo definitivo – secondo l’arguta e ironica puntualizzazione di Borges – appartiene unicamente alla religione o alla stanchezza”. Si vuol dire che se da un canto il messaggio semantico, in specie quello creativo, allorch affidato ad un documento, va certamente inquadrato, decodificato e colto come arte di attraversamento della complessit, per rifarci a Luhmann, o come mezzo di incontro con il possibile non realizzato o incompiuto, come sagacemente teorizza Kçhler, oppure, per adottare la formula lotmaniana, come gioco di simulazione, disposto, si potrebbe aggiungere, su un piano di connessioni storico-culturali pi o meno sapientemente ed estrosamente interfacciate, dall’altro il messaggio stesso acquisisce consistenza, il caso di dire, proprio in una specifica “forma”. L’autore, stato precisato da molti, non scrive ‘libri’, ma, possiamo dire, costruisce ‘testimonianze’, critiche o creative, le quali assumono lo statuto di ‘opere’ allorch vengono lette, allorch trovano un destinatario. In questo passaggio dalla scrittura alla lettura, il testo si moltiplica tante volte quante sono le fruizioni e assume cos molteplici e differenti sensi semantici, a seconda delle modalit, dei gusti, delle inclinazioni e degli interessi con i quali recepito. Insomma, per sintetizzare con Roland 4 5 6

Darnton 1994, 95 – 96. Chartier 1999, 9. Cfr. Tanselle 1996, 231.

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Barthes, potremmo affermare che la nascita del lettore richiede la morte dell’autore e che un testo comincia veramente ad esistere solo quando un lettore se ne appropria. Eppure, se il lettore edifica il proprio testo, rielabora e personalizza il messaggio secondo la propria sensibilit e le proprie pi o meno consapevoli esigenze, non si potr non aggiungere che in tale processo un ruolo indubitabilmente non secondario viene rivestito da colui o da coloro che propongono e traducono il messaggio al fruitore in “sistema libro”. Andr quindi debitamente sottolineato che oggi l’editore (e un tempo, per inciso, il tipografo o lo stampatore / editore nonch coloro che a vario titolo erano chiamati alla realizzazione fisica della pubblicazione) riveste il ruolo, come stato ben precisato, “di dare corpo materiale al passaggio dal ‘testo di uno scrittore’ al ‘libro di un lettore’, e pi precisamente di un lettore potenziale che deve inverarsi in un lettore reale”.7 Alla luce delle molteplici e argute sottolineature di vari studiosi, e mi piace ricordare almeno il gi menzionato Tanselle nonch Donald McKenzie,8 lecito riconoscere all’indagine sulla materialit dei libri vistosi orizzonti speculativi che, affrancati dal vincolo privilegiato, se non esclusivo, con la filologia, con la “lettura” dei segni nella prospettiva ecdotica, gratifica le molteplici componenti fisiche dei documenti di “significati” non occasionali, autonomi eppure interconnessi col complessivo valore testimoniale dei documenti stessi. Potremmo in sintesi annotare che la combinazione di simboli materiali partorisce sempre e comunque una “forma”, autosufficiente, autoreferenziale, autonoma e indipendente rispetto al significato semantico dei simboli e della loro combinazione; una forma che essa stessa “messaggio”, essa stessa documento, essa stessa testimonianza di un circuito di comunicazione, con un emittente e un destinatario, testimonianza che pu essere notomizzata, giacch scelta informativa di uno o pi produttori (talvolta anche inconsci) e nel contempo elaborazione reattiva individuale e / o collettiva (in questo caso, pi frequentemente inconscia). Alla luce di quanto detto anche il tradizionale modo di considerare il “libro” pu essere non modificato ma ampliato ed possibile non soltanto recepire ancor pi agevolmente il discorso tanselliano, ma anche attribuire alla “storia materiale del libro” una pi autonoma e pi incisiva funzione ermeneutica nonch riconoscerle una lezione di itinerari inter7 8

Cfr. Cadioli 1997, 156. Cfr. McKenzie 1999. Sulle questioni teoriche legate agli approcci metodologici inerenti alla storia del libro cfr. Santoro 2002, 11 – 34.

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pretativi assai pregnanti anche in rapporto alle istanze di lucida e spregiudicata decifrazione della realt multimediale che ci circonda e che, molto pi spesso di quanto comunemente si creda, ci assedia. Non solo. Ma altres legittimo recepire e assimilare il discorso genettiano, io credo, con una qualche non insignificante integrazione (o, se si vuole, rielaborazione).

4. Sono trascorsi, noto, pi di venti anni dall’apparizione di Soglie di Grard Genette9 e l’approfondimento speculativo sulle dinamiche dell’approccio paratestuale e soprattutto le ricognizioni su varie delle componenti che “presentano” ora il singolo libro ora un gruppo di documenti scritti si sono evoluti sensibilmente sia qualitativamente che quantitativamente. Ampio e opportuno risalto si dato alla funzione e al ruolo delle dediche, degli indici, dei frontespizi, delle pagine preliminari, delle legature, ed superfluo ora ricordare le numerose iniziative e i pregevoli contributi che negli ultimi tempi ci sono stati regalati. Andr comunque rimarcato che indubitabilmente l’approccio alle diverse componenti paratestuali stato duplice: da un canto ci si impegnati nel recupero dei diversi messaggi semantici enucleabili da pagine, carte, immagini e altro, posti a corredo del testo “principe”, dall’altro ci si soffermati sia sulle logiche sottese all’edificazione materiale del manufatto librario, edificazione segnata anche dall’impalcatura paratestuale extraeditoriale, sia sull’impatto con il quale lo specifico oggetto librario stato recepito e interpretato proprio in virt della sua materialit. Non v’ dubbio che dalle dediche agli “avvisi”, dai frontespizi ai componimenti encomiastici e via via fino agli apparati iconografici (comprendendovi per altro marche, stemmi, iniziali, ecc.) agevole desumere informazioni estremamente preziose su autori, personaggi, aziende tipografico-editoriali, motivazioni propulsive inerenti sia alla pubblicazione che all’opera stessa, strategie culturali, ecc. (e non un caso, per inciso, che spesso l’intervento censorio si accanito proprio su tali territori con espurgazioni, per noi, illuminanti). N d’uopo d’altro canto dimenticare che gli stessi apparati paratestuali meritano e, se si vuole, esigono decodificazioni congrue in relazione alle loro strutture, 9

Paris, ditions du Seuil, 1987; trad. ital. Torino, Einaudi 1989, a cura di Camilla Maria Cederna.

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giacch a mano a mano essi si sono emancipati con montanti peculiarit di veri e propri “generi”. Legittima, anzi pi che legittima, quindi, l’indagine che ci impone di immergerci nella registrazione e nell’interpretazione dei messaggi semantici presenti negli stessi apparati di corredo, apparati che non raramente, come ad esempio nel caso degli imponenti e pervasivi commenti rinascimentali, segnano la pubblicazione in modo cos incisivo da provocare un ribaltamento dei ruoli fra testo e paratesto. E ci vale non solo, naturalmente, per il libro di antico regime tipografico ma anche, e non dico soprattutto, per il libro moderno e contemporaneo: e non credo che occorra richiamare i risvolti di Sciascia, oppure la insistita ed icastica sensibilit paratestuale della Morante o, ancora, la nota polemica Pavese-De Martino in merito alle funzioni da attribuire alle prefazioni nella “Collana viola”.10 D’altro canto l’invito a considerare il paratesto sostanzialmente in questa chiave emerge anche in Genette che significativamente nel sottolineare la valenza “funzionale” del paratesto, sostiene: “il paratesto, in tutte le sue forme, un discorso fondamentalmente eteronomo, ausiliare, al servizio di qualcos’altro che costituisce la sua ragion d’essere, e che il testo”:11 e non v’ ragione per non concordare. Ma se ci vero, anche vero che il paratesto, come dire?, splende di luce autonoma, si materializza, si evolve, si autoregola e si impone per ci che e non soltanto per una sua, pur innegabile, funzione ausiliaria. Se, come credo si possa convenire, desideriamo accogliere i sapienti inviti elargiti, sia pure in una prospettiva ermeneutica diversa, da numerosi studiosi impegnati a rivendicare l’ortodossa ineludibilit dell’indagine imperniata sulla “forma” della quale si sostanzia il contenuto, e altres se accogliamo il concetto che non vi pu essere storia delle idee senza storia degli oggetti, ne consegue che tutto quanto concorre a materializzare un libro, allorch connota e “marchia” il libro stesso, sollecita, chiede, esige adeguata e puntuale esegesi, ben lungi da pretestuoso coonestamento. Il paratesto, si diceva, splende di luce autonoma e con ci si intende rimarcare che esso assolve funzioni e ruoli peculiari che travalicano o che si affrancano dai messaggi semantici che contiene, giacch ruoli e funzioni si materializzano in ossequio a strategie tipografico-editoriali che non possono e non devono sottostare al contesto autoriale dell’opera, visto che dette strategie si assumono il carico di divulgare la pubblicazione in 10 A riguardo cfr. Marco Santoro 2004a, 43 – 64. 11 Cfr. Genette 1987, 13.

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termini prevalentemente, se non esclusivamente di acquisto, pi che di lettura, anche se le due destinazioni spesso, pur se non sempre, si coagulano. Insomma il tipografo e/o l’editore (nelle sue molteplici configurazioni), chi in pratica si impegna nella realizzazione di un’edizione, ha istituzionalmente l’obiettivo, nella palese e sovrana implicazione economica insita nell’iniziativa, di fare assorbire dal mercato il numero pi alto possibile di copie, ora come nel passato. Nel contempo, chi realizza una pubblicazione con l’appoggio scientifico di consulenti o curatori o direttori di collana, deve prefigurare insieme a costoro la tipologia privilegiata dei destinatari e quindi studiare e valutare il modo pi adatto per fare breccia nei loro interessi, per rispondere alle loro aspettative, per assecondare e, perch no?, limare o addirittura modificare le loro consuetudini: e mi pare che richiamare in proposito la paradigmatica vicenda del binomio Bembo-Manuzio12, possa bastare. Oltre ad altri strumenti, che potrebbero coincidere in parte con l’epitesto genettiano13 e che con il passare del tempo hanno acquisito crescente rilevanza, coloro che “inventano” e “plasmano” una pubblicazione devono preoccuparsi dell’impatto del prodotto materiale, del modo in cui detto prodotto viene curato, corredato, impreziosito, in una parola confezionato, cos da presentarlo all’attenzione del pubblico con buone possibilit di catturarne il consenso. Su questo piano vanno “lette” le ragioni pi autentiche dell’evoluzione dei frontespizi, le accurate e talvolta smaliziate strategie 12 Mi sia consentito di rinviare a Marco Santoro 2004b, 103 – 126. 13 Sar opportuno dissipare ogni possibile dubbio sul concetto di “epitesto” inteso in senso genettiano e soprattutto nella prospettiva pi autentica dell’indagine paratestuale legata agli specifici interessi e ai peculiari territori della storia del libro. Scrive Genette: “Il criterio distintivo dell’epitesto – vale a dire, secondo le nostre convenzioni, a tutto il resto del paratesto – un principio puramente spaziale. ð epitesto qualsiasi elemento paratestuale che non si trovi annesso al testo nello stesso volume, ma che circoli in qualche modo in libert, in uno spazio fisico e sociale virtualmente illimitato. Il luogo dell’epitesto dunque anywhere out of the book”. Cfr. Genette 1987, 337. Non si pu pertanto condividere, se non su un piano di approccio metodologico diverso da quello genettiano, l’orientamento a considerare “epitesto” glosse, notabilia, ecc. presenti in libri manoscritti o a stampa e nemmeno eventuali annotazioni, autoriali o meno, in ogni caso “legate” strutturalmente ad un testo nella loro fisionomia sia semantica che estetico-ornamentale. Si vuole insomma dire che qualsiasi componente che in qualche modo incide “sul” testo, sulla fruizione pubblica e diretta di un messaggio non orale, suscettibile nel tempo anche di pi o meno corpose integrazioni da parte dell’autore o di altri, non pu non rientrare nello “spazio” del peritesto. Quanto detto risulta ancora pi evidente nell’ottica di un’integrazione dell’impostazione genettiana che si cerca di puntualizzare in queste pagine.

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delle intitolazioni, il progressivo sviluppo delle collane, la montante adozione di formati ridotti, la diligente attenzione destinata ai disegni dei caratteri, il costante rilievo attribuito all’apparato iconografico, il sapiente utilizzo dell’avviso ai lettori, ecc. Insomma, un libro, ogni libro emette segnali, intavola subito un dialogo con colui che lo prende fra le mani: il suo abito deve intrigare, affascinare, convincere e questo abito, a seconda del referente a cui deve essere esibito, pu essere ora sfarzoso ora dimesso, ora da lavoro ora da svago. In ogni caso, per , un abito dei propri tempi, un abito che denuncia i gusti non solo di chi lo confeziona ma anche di coloro che devono apprezzarlo e accettarlo. Fuor di metafora, non v’ dubbio che, per limitarci al libro stampato, sin dall’et degli incunaboli l’incidenza dei pi diversi corredi paratestuali ha segnato la biografia materiale dell’attivit tipografico-editoriale. Di questa biografia non possiamo non tenerne conto, giacch essa satura di codici estremamente significativi, che ci consentono di comprendere non solo la maggiore o minore fortuna delle pubblicazioni, come a dire delle opere e degli autori, non solo le logiche sottese alle attivit delle officine, non solo rapporti e collegamenti all’interno e fra diversi milieu culturali e politici in senso lato, ma anche l’evoluzione dei gusti, delle inclinazioni e degli interessi anche estetici oltre che culturali e sociali, sia dei promotori che dei destinatari stessi del prodotto editoriale.

5. Vorrei ora provare a schematizzare, forse pi del lecito e riprendendo in parte quanto gi da me esposto in altre sedi, i cardini dei presupposti dai quali occorre partire per sintonizzarsi sulle pi autentiche istanze e sugli obiettivi primari che albergano nell’indagine sul paratesto14 e nei suoi attuali sviluppi metodologici, limitatamente al tradizionale documento scritto: 1) ogni tracciato di segni su materiale scrittorio si sostanzia di un messaggio semantico decodificabile in virt di convenzioni condivise da una comunit pi o meno ampia; 14 Forse superfluo ribadire che in questa sede, per ragioni che ci auguriamo evidenti, con “paratesto” e “indagine paratestuale” si intende riferirsi a tutte quelle componenti indicate da Genette e ad altre che lo studioso francese ingloba nel settore del “peritesto”.

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2) qualsivoglia messaggio trasmesso su supporti atti a garantirne e a regolarne la fruizione acquisisce sempre una sua “forma” e una sua materialit; 3) la forma e la materialit acquisite dal messaggio sono condizione indispensabile ai fini della comunicazione non orale del messaggio stesso; 4) il messaggio autoriale pu essere di vario tipo: dal componimento poetico alla cronaca, dalla riflessione filosofica alla formula matematica, ecc., e pu esibire diverse fasi di elaborazione redatte dall’autore stesso; 5) i messaggi sin dall’origine sono stati trascritti e tramandati, oltre che dall’autore, da diversi e talvolta numerosissimi “riproduttori”, suggestionati da gusti e inclinazioni personali e ambientali; inoltre a mano a mano i messaggi sono stati elaborati da esegeti e commentatori che li hanno “integrati” e arricchiti con interventi propri; 6) con l’avvento della stampa a caratteri mobili, che comporta tra l’altro la “serialit” riproduttiva, sia pure segnata potenzialmente da fenomeni di diversificate tipologie di varianti in relazione al processo di stampa, intervengono altri artefici nella “confezione” del messaggio originario autoriale e nella realizzazione dei diversi “corredi” che lo integrano, lo interpretano, lo presentano; 7) la presentazione stessa del testo scritto che esibisce il messaggio autoriale pu variare, talvolta in modo estremamente incisivo, sia per scelta diretta dell’artefice dell’opera sia per opzione di colui o di coloro che ne curano la preparazione e la stesura; 8) le componenti di corredo del messaggio autoriale, pur se non sempre presenti in ogni documento, a mano a mano nel corso dell’itinerario della riproduzione a stampa aumentano di numero e la loro presenza fa registrare per alcune di esse un montante incremento. Ci posto, si possono puntualizzare almeno tre concetti: 1) due sono le componenti che concorrono a “materializzare” un messaggio, a rendere statico e fruibile un preciso documento al quale viene affidato il compito di tramandare un’opera: da un canto il suo contenuto, dall’altro la sua forma. 2) la “forma” acquisita da un documento, che determina la sua pi o meno rilevante differenza con altri contenenti il medesimo messaggio semantico, edificata su due possibili impalcature, quasi sempre compresenti: a) la disposizione, la figurazione grafica, lo schema dei segni (caratteri, impostazione della pagina, articolazione interna, ecc.)

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e la confezione (materiale scrittorio, formato, legatura), vale a dire quanto non pu non “vestire” un messaggio, un’opera destinata alla comunicazione; b) l’inserimento di uno o pi corredi che si accompagnano a vario titolo all’originario pilastro dell’opera autoriale. 3) i corredi di un testo-base, di natura molto diversa, si sono caratterizzati e tuttora si caratterizzano per continue trasformazioni strutturali, che li hanno caricati e li caricano di implicazioni e valenze che li qualificano come componenti vistosamente incisive sotto il versante sia formale che contenutistico. Sul manoscritto nelle sue diverse estrinsecazioni, noto, si tradizionalmente attivata l’indagine filologica, codicologia, paleografica, ecc., volta ad analizzare con la dovuta acribia anche le diverse componenti del documento (dalla scrittura alle glosse, dal materiale scrittorio all’apparato iconografico, ecc.) con procedure e sensibilit analoghe, ma non identiche, a quelle che possono essere attivate sistematicamente in rapporto al libro stampato. Non v’ ragione, dunque, di non riconoscere all’euristica legata al manoscritto una tradizionale attenzione nei confronti della confezione e delle soglie del testo. D’altro canto sar appena il caso di ricordare che gli stessi artefici dei codici, compresi gli autori ovviamente, erano ben attenti all’impatto che avrebbe dovuto provocare l’impalcatura complessiva del manufatto di propria creazione. Baster menzionare in proposito l’orientamento del Petrarca o del Valla.15 Con l’introduzione del libro a stampa, per , il quadro muta non marginalmente, giacch, come si sa, la riproduzione del messaggio scritto affidata ad un’edizione da un canto acquisisce fisionomia seriale e uniforme, dall’altro presuppone l’intervento indispensabile di nuovi “attori” (editori, tipografi, ecc.), che incidono sempre pi vistosamente e potentemente sulla confezione fisica del manufatto librario alla luce, va precisato, dei propri statuti e delle proprie istanze economico-professionali. Il libro tipografico, palesemente debitore nei confronti del manoscritto nella sua iniziale struttura formale, a mano a mano comincia ad emanciparsi e ad assumere autonome e sempre pi marcate e strategiche peculiarit. Ed qui che entrano prepotentemente in ballo le molteplici e diversificate componenti paratestuali, che contornano, vestono, personalizzano e promuovono un testo, dando senso compiuto alla trasformazione di un “messaggio” semantico

15 Riguardo al Petrarca cfr. Marco Santoro 2005, 55 – 70, in specie 56 – 58; in merito al Valla cfr. Regoliosi 2006, 9 – 33.

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di un autore ad un prodotto materiale fruibile nella sua forma organica e complessiva da qualsiasi lettore. L’imprenditoria tipografico-editoriale si sviluppa con discreta rapidit e diviene, per molti centri europei, un settore produttivo assolutamente non trascurabile, che necessita, al pari di tutti gli altri, di incrementare progressivamente la “clientela” (con tutte le derivate legate al rapporto governanti / governati): d’altro canto, per ragioni culturali, politiche, economiche, ecc., essa incrocia felicemente le crescenti istanze di lettura e di acquisizione libraria e si giova, pertanto, di terreno fertile sul quale operare. Domanda e offerta, in altri termini, dal secondo Quattrocento in poi, dopo una maggiore incisivit iniziale della prima, trovano un prospero equilibrio, che nel volgere del tempo non pu non fare registrare un inarrestabile e montante predominio della seconda che, per realizzare i propri vitali obiettivi di ampliamento o quanto meno di consolidamento del mercato, introduce continue modifiche nei manufatti che allestisce e diffonde, razionalizza e potenzia le procedure distributive, asseconda diversificate forme di finanziamento, favorisce il suo utilizzo per finalit politiche e di consenso sociale. Complesso, quindi, e non sempre lineare il coacervo di implicazioni culturali, economiche e socio-politiche che intervengono nelle diverse stagioni della “galassia Gutenberg” ed pertanto indispensabile attivare procedimenti interpretativi impostati sul ricorso e l’approfondimento di diversificate fonti documentarie. Una di queste, non lo si potr negare, proprio il manufatto librario che “traduce” l’opera in pubblicazione.

6. Chi di una generazione, come la mia, segnata gi a livello di studi universitari fra la fine degli anni sessanta e gli inizi del decennio successivo da confronti metodologici molto serrati, rinvigoriti da scaltrite e stimolanti riflessioni teoriche, ma talvolta anche inficiati da sommarie posizioni ideologiche e/o da arroccamenti di potere accademico e / o da velleitari snobismi culturali (ma sono “vizi” in certi casi tuttora duri a scomparire), sa bene che un rischio pericolosamente pervasivo quello di rivendicare quasi dogmaticamente, per la decodifica dei fenomeni presi in considerazione, una linea interpretativa non solo prioritaria ma addirittura esclusiva, e unica garante di risultati effettivi. Ben lungi da tale orientamento, la mia profonda convinzione che qualsiasi metodo investigativo, purch contrassegnato da probit intellettuale, da competenza

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scientifica e da sapiente e convincente utilizzo documentario, pu recare un contributo ai fini di una comprensione sempre pi approfondita del cammino dell’umanit. Lo storico del libro (giacch di questo specifico settore di studi stiamo parlando, e non vi possono essere incomprensioni o equivoci) al pari del bibliografo, del filosofo, dello storico, del letterato, ecc., pu e deve seguire diverse piste ermeneutiche per aggredire le problematiche di propria pertinenza, a seconda della tipologia documentaria sotto esame e degli specifici obiettivi investigativi che intende perseguire; ci comporta, per altro, la possibilit di ricorrere in itinere a pi di una pista, giovandosi delle potenziali risultanze che esse possono offrire. Ora, se il referente ineludibile per lo storico del libro appunto “il libro”, non v’ dubbio che, proprio per il senso e le conseguenze che lo strumento di comunicazione scritta stampata ha comportato e comporta per l’umanit, esso va sottoposto a scaltrite e puntuali indagini volte ad enuclearne la sua incisivit ora politica, ora culturale, ora economica, ora artistica, ecc. sul tessuto sociale, nella sua veste di mezzo privilegiato per attivare e incentivare il dialogo tra emittenti e riceventi e parimenti il suo vistoso ruolo “testimoniale” dei gusti, delle strategie, degli interessi a mano a mano evolutisi nel tempo. Ci implica diversificate ipotesi di ricognizioni, collegate nella prospettiva di ricostruzione di un quadro unitario e organico, eppure coltivabili anche separatamente. Fondamentale risulta acquisire dati sempre pi consistenti e attendibili sull’effettiva produzione editoriale; altrettanto importante il continuo e progressivo monitoraggio della circolazione libraria, in riferimento alle procedure e agli itinerari commerciali, alla nascita e allo sviluppo delle raccolte librarie, alle consuetudini di lettura, ecc.; indubbiamente necessario verificare le logiche e gli equilibri che hanno regolato e regolano i rapporti fra aziende tipografico-editoriali e “potere”, con sistematica attenzione nei confronti sia delle prassi e delle strategie di controllo censorio sia dei condizionamenti ambientali di autocensura. Non potranno certo essere ignorate le tecniche di stampa, le pi moderne tecnologie produttive e distributive, e tanto meno potranno essere trascurati gli statuti professionali di coloro che a vario titolo sono stati e sono gli artefici materiali, i promotori culturali e i finanziatori (anch’essi a vario titolo) delle pubblicazioni. In breve, un ventaglio di sollecitazioni investigative, tutte accattivanti e certamente foriere di montanti esiti persuasivi, come per altro hanno dimostrato e dimostrano numerosissimi contributi di eccellenti studiosi. In questo quadro si colloca anche l’indagine paratestuale che oggi, facendo tesoro della precipua lezione di Genette ma anche delle

L’Indagine Paratestuale

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preziose sollecitazioni di altre scuole e di vari studiosi (come non tenere presente, ad esempio, McLuhan?), consolida una pi matura fase di teorizzazione, adeguatamente confortata da concrete ricerche sul campo. Il negare o il ridimensionare l’utilit di approfondimenti basati sulla verifica diretta dell’esito materiale di attivit e tecniche professionali, scelte estetiche, tattiche di comunicazione, rapporti culturali, equilibri politici, valutazioni di mercato, disponibilit di materiali, ecc., non pu che configurarsi quale scelta scientifica miope e molto poco condivisibile. Al di l delle preziose informazioni deducibili dai “testi” presenti in alcuni corredi paratestuali, largamente e da tempo investigati da studiosi di differenti settori disciplinari, non si potr disconoscere che l’inserimento di un corredo, la scelta delle caratteristiche del corredo stesso, l’utilizzo di un formato o di un carattere, ecc., siano potenti e assolutamente non trascurabili segnali di strategie mai occasionali. Su questi segnali si deve concentrare l’indagine paratestuale per accertare le ragioni sottese ad un’iniziativa editoriale, ad una riedizione, alla complessiva produzione di un’azienda, all’attivit sviluppatasi in un centro o in un paese, cos da cogliere, opportuno ribadire, interessi, gusti, tecniche, rapporti, sensibilit comunicativa, ecc. coltivati non solo da tutti gli emittenti a vario titolo del “messaggio materiale” stampato ma anche dai destinatari, da un ambiente e da un’epoca.

Bibliografia Bandini Butti, Antonio (1971): Manuale di bibliofilia. Milano: Mursia. Cadioli, Alberto (1997): “Lettura e editorial”, in: Il futuro della lettura, a cura di Maurizio Vivarelli. Manziana (Roma): Vecchiarelli. Chartier, Roger (1999): Cultura scritta e societ. Milano: Sylvestre Bonnard. Darnton, Robert (1994): Il bacio di Lamourette. Milano: Adelphi. Genette, Grard (1987): Soglie. Paris: ditions du Seuil. Trad. ital.: Camilla Maria Cederna (a cura di) (1989). Torino: Einaudi, Mann, Thomas (21956). Novelle e racconti. Milano-Verona: Mondadori. McKenzie , Donald F. (2002): Bibliografia e sociologia dei testi. Milano: Sylvestre Bonnard. Petrucci, Armando (1977): “Per una nuova storia del libro”, introduzione a Lucien Febvre, in: Febvre, Lucien / Martin, Henri-Jean: La nascita del libro. Roma-Bari: Laterza, XIII. Regoliosi, Mariangela (2006): Il paratesto nei manoscritti, “Paratesto”, 9 – 33. Santoro, Marco (2002): “A proposito della ‘storia del libro’”, in: Libri edizioni biblioteche tra Cinque e Seicento. Con un percorso bibliografico. Manziana (Roma): Vecchiarelli, 11 – 34.

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Istanze religiose ed esigenze filologiche nelle lettere di dedica alle traduzioni di Ambrogio Traversari Simona Iaria 1. La lettera di dedica: dall’antichit e alle traduzioni umanistiche La dedica di un testo letterario ha origini lontane, affonda infatti le proprie radici nella letteratura greca e in quella latina. Dapprima costituita dal solo richiamo del nome nei preamboli del testo, raggiunse la struttura definitiva sotto forma di prefazione al testo in et imperiale, all’epoca dei Flavi, per pervenire poi alla massima diffusione nel tardo Impero. ð in particolare tra gli autori del IV e V secolo che prevalsero le dediche in forma epistolare, ossia il tributo offerto a un protettore o a un benefattore per acquisirne l’aiuto o la protezione, oppure per ringraziarlo di quanto ricevuto in determinate circostanze.1 L’epistola dedicatoria, composta usualmente al termine dell’opera che si intendeva rendere pubblica, corrisponde dunque a un genere impostato fin dalla tarda latinit: fornisce il nome di colui che offre il frutto del proprio lavoro, quello del dedicatario, l’occasione che ne ha generato il gesto e, in qualche caso, utili indicazioni temporali. Anche l’argomentazione sviluppata secondo un preciso schema: nelle prime battute l’elaborazione del testo ricondotta alla richiesta di colui che riceve l’opera oppure la dedica attribuita all’iniziativa di chi scrive; segue la dichiarazione di inadeguatezza dell’autore, che nello stesso tempo sottolinea l’importanza dell’argomento trattato e, talvolta, richiede l’assistenza del destinatario. L’esposizione pu essere inoltre corredata da frasi o espressioni, atte a sottolineare la modestia di chi scrive, e da citazioni di altri autori.2 1 2

Come ha mostrato Janson 1964, 113 – 116. Un’analisi accurata di questi aspetti condotta da Janson 1964, 116 – 157.

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L’offerta del proprio lavoro letterario non scomparve del tutto nel Medioevo; ma la lettera di dedica, intesa come enunciato autonomo separato dal testo (ossia appartenente al peritesto), venne ‘riscoperta’ solo agli albori dell’Umanesimo con Francesco Petrarca, che la premise ad alcune sue opere, e portata a perfezione da Leonardo Bruni. Le epistole di dedica quattrocentesche sono pertanto vicine nel contenuto e nello stile a quelle elaborate nel mondo antico. Il Bruni, in particolare, le antepose a un genere specifico dell’Umanesimo: le traduzioni dal greco.3 L’antichit non ignorava le traduzioni, anzi tra gli autori latini vi era gi stato un’ampia e profonda riflessione sulla metodologia a partire da Cicerone fino a san Girolamo, i quali, rifiutando l’impostazione “de verbo ad verbum”, si erano fatti portavoce di una modalit che rendesse pienamente l’articolazione del periodo armonizzata con l’espressione del contenuto.4 Nel corso del Medioevo, tuttavia, si erano persi i risultati concreti di questa riflessione e solo con i primi umanisti si riapr la discussione intorno ad essa. La chiamata a Firenze di Emanuele Crisolora nel 1397 segn , come noto, l’inizio del rinnovato interesse verso l’antichit greca.5 L’insegnamento della lingua ellenica agevol la conoscenza della letteratura, della filosofia e della teologia e di conseguenza il desiderio di accedere a quanto fino ad allora era rimasto del tutto o in parte inaccessibile. Fu cos che, agli inizi del Quattrocento, Leonardo Bruni, volgendo in latino il De utilitate studiorum di san Basilio, inaugurava una serie di traduzioni, nelle quali si distinsero pure altri allievi del Crisolora, che tra il 1403 e il 1435 aprirono la conoscenza della cultura greca e gettarono le basi per la difesa e il fondamento dell’interesse umanistico verso questa letteratura: in particolare per i testi di Aristotele, di Senofonte, di Plutarco e di Isocrate, alle quali sovente era premessa una lettera di dedica.6 3

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Per i proemi tardo antichi e medioevali e per l’influsso della cristianit su di essi cfr. Curtius 1948 (trad. it. 1992), 453 – 459; per il ruolo svolto dal Petrarca e dal Bruni si veda quanto osservato da Gualdo Rosa 1973, 70 – 71 e da Viti 2004, cui si aggiunga, per Guarino Veronese, Pade 1991, 559 – 560. Sul diverso approccio al testo da tradurre nella tarda Antichit e nel Medioevo cfr. Chiesa 1987 e Banniard 1988. Sul problema delle traduzioni nell’Umanesimo numerosi sono i contributi in questi ultimi anni: Gualdo Rosa 1985, 178 – 186; Cortesi 1995 e 2007b; Gentile 1997b; Botley 2004; Berti 2007, 3 – 15. Molti seguirono le lezioni del Crisolora: accanto al Bruni vi furono Niccol Niccoli, Palla Strozzi, Iacopo Angeli da Scarperia e inoltre Uberto Decembrio (a Pavia tra il 1401 e il 1403), Guarino Guarini (a Costantinopoli tra il 1403 e il 1408) e Cencio Romano (che lo accompagn nei suoi spostamenti tra il 1410 e il

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2. Le lettere di dedica di Ambrogio Traversari In questo contesto culturale, animato dagli interessi verso l’antichit non solo del Bruni, ma anche di Poggio Bracciolini, di Niccol Niccoli e di altri umanisti, si inserisce la figura di Ambrogio Traversari (1386 – 1439),7 monaco camaldolese, che era entrato nel 1400 nel monastero fiorentino di Santa Maria degli Angeli, l dove, proprio grazie al Niccoli, qualche anno dopo avrebbe preso vita un circolo culturale con uno spiccato interesse verso quella parte della letteratura greca che fino ad allora era rimasta quasi esclusa dall’accesso diretto: ossia i Padri della Chiesa.8 Proprio dal Niccoli il Traversari venne indirizzato alla lettura e alla traduzione, tra gli altri, degli scritti di Giovanni Climaco, di Giovanni Crisostomo, di Basilio di Ancira (confuso con san Basilio), Gregorio Nazianzeno, di Dionigi Areopagita e pure di Diogene Laerzio.9 Quasi met delle traduzioni furono compiute dal monaco tra il 1417 e il 1423, e le restanti entro il 1439, ossia prima della definitiva teorizzazione sul

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1415): cfr. Gualdo Rosa 1985, 178, 184 – 185; Cortesi 1995, 144 – 145; Eadem 1997, 63 – 64; Viti 2004, 11 – 14. La prima biografia completa del Traversari opera dell’abate Lorenzo Mehus (cfr. Mehus 1759, vol. 1). In tempi pi recenti: Dini-Traversari 1912, Appendice; Stinger 1977; Somigli / Bargellini 1986. Per un’analisi complessiva della personalit, dell’opera letteraria ed ecclesiastica nell’ambito del monachesimo camaldolese e della storia della Chiesa nel ‘400, si vedano i contributi editi in Garfagnini (a cura di) 1988, cui si aggiunga Caby 1999, 851 s.v. Innegabile e notevole fu l’influsso del Niccoli nelle scelte culturali del giovane monaco in relazione alla letteratura cristiana latina e greca, alla ricerca di manoscritti con opere fino ad allora ignote o trdite in versioni incomplete, e alle assidue sollecitazioni a tradurre proprio i Padri greci, attivit quest’ultima nella quale sistematicamente non si era cimentato ancora nessun umanista: cfr. Cortesi 1997, 63 – 75; Gentile 1997b, 45 – 62. Un elenco delle traduzioni, seppur impreciso, redatto da Caciolli 2000, 206 – 207. Tra i principali studi su di esse si segnalano per Atanasio: Sottili 1965, 4 – 7, 11 – 13 e Viti 1988; per Basilio di Cesarea: Sottili 1966, 45 – 49; Gain 1985 e Viti 2000; per Crisostomo: Sottili 1965, 7 – 8; Id. 1966, 45 – 49; Id. 1979, 69 – 77; Lorini 1999; Cortesi 2002, 131 – 132; Varalda 2004 – 2005; Id. 2006; per Diogene Laerzio: Sottili 1984; Gigante 1988, 367 – 459; Dorandi 2006 e 2009, 223 – 228; per Dionigi Areopagita: Stinger 1977, 158 – 161, 281 – 282 note 280 – 284; per Enea di Gaza: Sottili 1979, 76 – 77; Fioravanti 1988; Griggio 1988, 329 – 66; per Efrem: Stinger 1977, 133, 163 – 165, 271 nota 182, 283 nota 291; per Giovanni Climaco: Sottili 1981, 170 – 71; Varalda 2002, 107 – 144; Varalda 2004, 38 – 61 (in part. 50 – 61); per Gregorio Nazianzeno: Way 1961 e 1971, Stinger 1977, 147 – 148; per le Vitae patrum: Mioni 1950; Fyrigos 1988.

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metodo da seguire nella traduzione sancita dal Bruni nel De interpretatione recta. 10 Ma quanto all’approccio con il testo il Traversari si inser nella prospettiva bruniana, ben familiare nel circolo umanistico degli Angeli fin dal secondo decennio del secolo. Testimonianza del fervore che animava la cella monastica del Traversari e delle attese riposte nella sua attivit di traduttore sono l’Epistolario con oltre novecento lettere, risalenti al periodo 1416 – 1439, anno quest’ultimo della sua morte avvenuta mentre prendeva parte al concilio di Ferrara-Firenze, e l’Hodoeporicon, il diario delle visite ai monasteri compiute dal 1431, subito dopo l’elezione a generale del suo ordine, fino al 1435, allorch fu nominato legato pontificio al Concilio di Basilea.11 Anche il Traversari premise a molte sue traduzioni un’epistola di dedica, impostata secondo il modello codificato nella tarda latinit e riportato in auge dal Bruni, amplificando per la sezione sulle motivazioni che lo avevano indotto a scegliere proprio quell’opera. Queste lettere furono edite, come XXIII libro dell’Epistolario, nell’edizione curata da Lorenzo Mehus nel 1759. Sebbene nelle singole parti di tali dediche sia possibile riconoscere gli aspetti tradizionali, esse costituiscono un interessante documento sia per la codificazione del genere ‘epistola di dedica’ sia per il loro contenuto. Prima di procedere a esaminarle, indispensabile tuttavia premettere alcune osservazioni. La collezione canonica delle epistole, ossia quella pensata dal monaco e poi dai suoi collaboratori, non corrisponde – come noto – a quella edita dal Mehus: la tradizione manoscritta, infatti, mostra divergenze nelle redazioni delle lettere, propone diverse suddivisioni in libri e soprattutto non sempre include quelle di dedica.12 Inoltre, non tutte le traduzioni del Traversari sono accompagnate da una lettera dedica; anzi, di alcune di esse solo nota, attraverso altre epistole, l’intenzione del 10 Composto tra il 1424 e il 1426 secondo le indicazioni di Baron 1966, 554 nota 25; pi vicino al 1420 secondo Viti 2004, 69. Diversamente ritiene Thiermann 1993, 122 – 129, per il quale lo scritto del Bruni posteriore alla traduzione della Politica e quindi al 1437. 11 Le lettere sono edite in Mart ne / Durand 1724 (l’edizione si basa sul solo ms. di Firenze, Bibl. Naz. Centr., II I 101) e in Mehus 1759, vol. 2; l’Hodeporicon in Ambrosii […] Camaldulensis Hodoeporicon [1681] e in Dini-Traversari 1912, Appendice. 12 Sulla genesi dell’epistolario: Stinger 1977, XII–XIV; Caby 1999, 614 – 615; Favi 2001; Iaria 2004, 243 – 246. L’ordine cronologico stato ricostruito da Luiso 1898 – 1903, vol. 1 – 3.

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monaco di offrirle in dono, mentre di altre ancora non si ha notizia neppure di ci . Poi, la lettera di dedica, oltre ad essere luogo di discussione rivolto sia al dedicatario sia a tutti i lettori, pu in qualche caso trovare un parallelo in un manoscritto offerto allo stesso dedicatario o a un altro destinatario, come usuale nell’epoca precedente la stampa:13 ne sono esempio il Vat. Lat. 523 della Biblioteca Apostolica Vaticana (con la Scala Paradisi di Giovanni Climaco), che a c.1r reca una miniatura riproducente il Traversari nell’atto di offrire al suo priore un codice con il proprio lavoro; il Plut. 65, 21 della Biblioteca Medicea Laurenziana (con le Vitae philosophorum di Diogene Laerzio) donato a Cosimo dei Medici.14 Infine, si noti che nessuna dedica offre indicazioni precise per datare la traduzione o l’invio del codice, notizie che sono state desunte da quanti si sono finora occupati del Traversari grazie a elementi interni all’Epistolario e all’Hodoeporicon o a sottoscrizioni di copista presenti nei manoscritti. 3.1. La scelta del dedicatario Le dediche traversariane sono tutte rivolte a personaggi autorevoli e nel complesso si pu osservare tra costoro un crescendo di importanza. A differenza di altri umanisti che preferirono le loro traduzioni senza dedica, o le dedicarono molto tempo dopo, il Traversari in genere le offr subito.15 La prima persona scelta in ambito monastico con il priore degli Angeli, Matteo Cardinali, cui sono indirizzati l’Adversus vituperatores vitae monasticae di Giovanni Crisostomo nel 1417 (Epist. XXIII, 6) e la Scala Paradisi di Giovanni Climaco tra il 1419 e 1420 (Epist. XXIII, 7); segue

13 Occorre pertanto distinguere tra dedica del testo e dedica di una copia del testo (come osservato da Genette 1997, 117). 14 Per i due manoscritti indicati si veda Frigerio 1988, 38, 42 – 43. Altri manoscritti conservati presso la Biblioteca Vaticana riproducono invece la figura del Traversari: nel Vat. Lat. 394, c. 1r (Crisostomo, Expositio in epistolam Pauli ad Titum) ritratto allo scrittoio nell’atto del tradurre; nel Vat. Lat. 404, c. 2r (Crisostomo, Sermones contra Iudeos) Traversari raffigurato nelle vesti di un francescano mentre legge un codice (cfr. rispettivamente Frigerio 1988, 40, 45 e 52). 15 Guarino si rivolse a uomini eminenti in citt, ad altri umanisti e amici vicini o allievi e dedic alcune delle sue traduzioni molto tempo dopo averle realizzate: Pade 1991, 561 – 562.

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poi il cardinale protettore dell’ordine camaldolese Gabriele Condulmer,16 cui rivolta la seconda lettera di Basilio di Ancira nel 1417 (Epist. XXIII, 4). Nel decennio 1420 – 1430 il Traversari offr a papa Martino V la propria traduzione dell’Adversus errores graecorum (Epist. XXIII, 1), trattato composto nel 1410 da Manuele Caleca, un teologo bizantino che si era convertito al cattolicesimo; a Cosimo dei Medici quella dei Sermones di sant’Efrem (Epist. XXIII, 9); al cardinale Giuliano Cesarini la Vita Gregorii Nanzianzeni di Gregorio presbitero (Epist. XXIII, 5) e a don Pedro da Coimbra il De providentia ad Stagirium monachum di Crisostomo (Epist. XXIII, 8). In merito a quest’ultima traduzione giova in questo contesto ricordare che tradizione manoscritta indica in alcuni codici Roberto d’Angi quale dedicatario, come si legge anche nell’edizione del Mehus, ma che l’effettivo destinatario fu il portoghese, in visita al monastero fiorentino nel 1428, e non re Roberto, a Firenze solo nel 1442, quando il Traversari era gi morto, e che per di pi non si rec in visita a Santa Maria degli Angeli.17 Tra il 1430 e il 1439 il Traversari indirizz a papa Eugenio IV, ossia Gabriele Condulmer, le Vitae patrum (Epist. XXIII, 2) e la Vita Chrisostomi di Palladio (Epist. XXIII, 3); a Cosimo dei Medici le Vitae philosophorum di Diogene Laerzio (Epist. XXIII, 10).18 Il monaco manifest inoltre l’intenzione, poi non attuata, di dedicare le tre orazioni De pace di Gregorio Nazianzeno al vescovo di Milano Francesco Pizolpasso, che gli aveva promesso alcuni manoscritti, il De obitu patris ad Alonso Garcia, vescovo di Burgos, e gli scritti dello pseudo Dionigi al cardinale Niccol Albergati.19 Nonostante i numerosi contatti esterni all’ambito monastico-religioso un solo amico destinatario: Andreolo Giustiniani, governatore genovese dell’isola di Chio, che aveva procurato al Traversari numerosi manoscritti 16 Ossia al cardinale, al quale il pontefice aveva conferito il mandato di avere cura spirituale dell’ordine camaldolese. Il Condulmer divenne poi pontefice con il nome di Eugenio IV e affid al Traversari il compito di riformare l’ordine: Hay 1993 e 2000; Caby 1999, 720 – 734. 17 Si veda Sottili 1966, 47 – 48. 18 Per questa traduzione si conservano due dediche di carattere diverso: una di tipo familiare nell’autografo del Laerzio (Biblioteca Medicea Laurenziana, Strozzi 64: cfr. Epistolario, VII, 2) e una di tipo ufficiale nel codice di dedica (ibid., Plut. 65, 21: cfr. Epistolario, XXIII, 10): Gigante 1988, 389 – 400. 19 Per la prima traduzione cfr. Way 1961, 91 – 96 e Sottili 1966, 56; per la seconda: Stinger 1977, 147 – 148, 275 – 276; per la terza Id., 160 – 161, 281 nota 283.

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greci (a lui nel 1435 dedicato il Teofrasto o Dialogi de immortalitate animae di Enea di Gaza: Epist. XXIII, 11).20 Le occasioni che generano il gesto sono di natura diversa, cos che si deve distinguere tra destinatario che nello stesso tempo promotore della traduzione e, invece, interlocutore scelto in virt del rapporto con il monaco: queste figure coincidono nella persona del priore Matteo Cardinali. Le prefazioni all’Adversus vituperatores e alla Scala paradisi rivelano che, dopo gli anni di formazione nel monastero degli Angeli, il monaco accolse la richiesta del suo priore, dal quale era stato spinto a tradurre i padri greci. Infatti la dedica alla prima traduzione si apre con le parole “exegisti a me iure tuo […] ut exercitii causa aliquid sacrarum literarum ex graeco converti”, che riecheggiano il prologo del De ira senechiano (“Exegisti a me, Novate, ut scriberem quemadmodum posset ira leniri”: I, 1, 1); e la seconda con “hortatus es me”, parole che ricordano sia la prefazione al De oratore (“tibi vero frater neque hortanti deero neque roganti”: I, I, 4) e sia la prima epistola di Plinio il Giovane (“Frequenter hortatus es ut epistolas colligerem”: I, 1, 1). Committente e interlocutore coincidono pure nel caso dell’Adversus errores graecorum, tradotto per obbedire agli ordini di papa Martino V. L’espressione usata dal Traversari, “parui praeceptis tuis, beatissime pater”, riprende l’inizio della dedica ad Agostino delle Historiae adversus paganos di Orosio: “Praeceptis tuis parui, beatissime pater Augustine”. Per tutte le altre traduzioni le dediche non rivelano nessuna ‘richiesta’ esterna, ma l’epistolario lascia comprendere sia l’influenza che il Niccoli ebbe nelle letture patristiche del monaco, sia le pressanti richieste di altri umanisti affinch portasse a termine le traduzioni.21 Il Traversari offr il proprio lavoro semplicemente in dono per gratitudine (o per compiere un gesto gradito) a papa Eugenio IV, che nel 1431 lo aveva promosso generale dell’ordine camaldolese e gli aveva affidato il compito di visitare e riformare i monasteri; a Giuliano Cesarini in occasione della nomina a cardinale, inviandogli la traduzione di un testo del quale lo stesso Cesarini gli aveva procurato il manoscritto; a don Pedro di Coimbra, l’unico per il quale il monaco spende ampie parole di lode, per ricambiare la visita al monastero; al Giustiniani per ringraziarlo e a Cosimo dei Medici in nome della loro profonda amicizia.22 20 Cfr. Mercati 1939, 26 – 29; Stinger 1977, 77 – 79, 254 nota 179; Basso 2001. 21 Cfr. Gentile 1997b. 22 Con i fratelli Medici il monaco aveva stretto un’amicizia sia di carattere letterario, sostenuta dallo scambio di manoscritti e dalla realizzazione all’interno del suo

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Aspetto comune di tutte le prefazioni l’esaltazione della modestia dell’autore. Nel parlare di se stesso in quanto traduttore e del proprio dono il Traversari fa uso di alcuni termini ricorrenti: la traduzione definita con termini patristici “negocium laboriosissimum”, “munus” e soprattutto “munusculum” termine quest’ultimo tipico dell’epistole ciceroniane, ma ricorrente in quelle di Seneca e, in et medioevale, in Pier Damiani (ma si tenga presente Gen 33,10).23 Ma la scelta da parte del Travesari pu in modo pi diretto essere accostata al prologo del Commento di Girolamo al profeta Zaccaria: “cumque tibi cuperem ingenioli mei aliquod offerre munusculum”, dove il termine “munusculum” collegato a un’altra espressione tipica delle dediche in esame, ossia “ingenioli [nostri]”,24 con la quale il monaco si riferisce a se stesso, sminuendo nel contempo il frutto del proprio lavoro. In luogo di “ingeniolum” il Traversari ricorre pure all’ “ingenio tenui” di Quintiliano (inst. XII, 8, 1); e, per esprimere la propria fedelt, al ciceroniano “animo gratissimo tibi”,25 forse mediato da una lettera di Girolamo nella quale il santo usa queste parole per esprimere il proprio atteggiamento nei confronti del suo interlocutore (Epist. 127, 14: “brevi lucubratione dictavi non eloquii venustate, sed voluntate gratissimi in vos animi”). Il Traversari mostra, dunque, come lo sfondo culturale siano sia i padri sia i classici latini accuratamente letti in quanto maestri di eloquenza e di stile, nonch esempio per il lessico. 3.2 La scelta dell’opera e le motivazioni della traduzione Tranne quella premessa alle Vitae patrum di poche righe, le lettere di dedica sono in genere piuttosto lunghe e articolate. Al nome del dedicatario segue la presentazione dell’autore tradotto e la motivazione della scelta. Anche qui il Traversari adotta un lessico ricorrente e atto a esaltare l’autorevolezza dei santi padri, ciascuno dei quali presentato con propri monastero di apposite copie di codici, sia di carattere politico, come mostrano le vicende dell’esilio dei due fratelli da Firenze di cui offrono testimonianza l’Epistolario e l’Hodeoporicondo: Caby 1999, 855 s.v.; Iaria 2004, 95 entrambi con bibliografia precedente. 23 Per l’uso dei diminuitivi nelle dediche cfr. Gualdo 1973, 79. 24 L’espressione ricorre anche in Hier., in Ezech. I, 1, l. 89 ed epist. 85, 3: “et non debeas turbidos nostri ingenioli rivos quaerere”, in cui il santo si riferisce alle proprie traduzioni; cfr. anche Cassian. c. Nest., prol. 25 Cfr. ad es. Att. IX, 11 A, 3.

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aggettivi spesso al grado superlativo:26 Basilio detto “vir gravissimus”27; Giovanni Cristostomo “beatissimus”, “summus vir”, “vir eximius”,28 “summus ac santissimus”. Ampie sono le parole spese per Efrem: divinarum rerum peritissimum, flagrantem eximiae pietatis adfectu, ardore divinae charitatis29 incensum, solicitum, intentum, pervigilem, torporem atque desidiam omni sermone lacessentem;30

e per Gregorio presbitero: vir summus atque scientissimus et in nostris dogmatis adsertione celeberimus et sic probatus, ut nihil ex eius dictis unquam in quaestionem venerit.

Pi moderati sono, invece, gli aggettivi usati per i filosofi: Enea di Gaza “doctus et eruditus vir”, come l’apostolo Paolo per Girolamo.31 In Diogene Laerzio, nella lettera ufficiale, vi un’“egregia indagandae veritatis intentio”, l’opera “tam acris”, il lavoro compiuto dal Laerzio con “sudoris sui fructu”32 e con “diligentia”, che nella lettera personale a Cosimo unita alla “cura”. Quanto alle motivazioni si coglie fin da subito che per il Traversari non si tratta di semplice esercizio, ma – come ricorda il monaco sempre 26 L’uso degli aggettivi al grado superlativo usuale nelle lettere di dedica, in genere riferiti al dedicatario o allo scrivente e non all’autore tradotto: Gualdo 1973, 79. 27 Espressione frequente in Cicerone, Plinio il Giovane e Seneca (cfr. ad es. Cic., Att. V, 12, 2; Plin., epist. IV, 26, 2; Sen., epist. 11, 2) e Aug., bapt. II, 8, 13. 28 Per “vir eximius” cfr. Min. Fel., Octav. I, 3, 1, ma anche Guilbertus de Novigento, hist. II, 1, 19 e III, 10, 516 e Guillelmus de Tyro, chron. XV, 6, 81. 29 Per “eximiae pietatis” cfr. Liv., XXX, 30, 13; Beda, hist. III, 14, 3 e Paschas., de partu virginis I, l. 347; per “pietatis adfectu” cfr. Lact., inst. VI, 10, 3 (tra le qualit concesse da Dio all’uomo), ma altre sporadiche occorrenze in Ambrogio e altri autori cristiani; per “ardore divinae charitatis” cfr. Aug., praed. sanct. 6, col. 1669. 30 Per l’accostamento di “desidiam” e “torporem” cfr. Ruf. Orig., in psalm. 12, 5: “ingenii tui amovere desidiam et torporem cordis excutere”. I due termini sono frequenti in Pier Damiani: epist. 27 (vol. 1, 247), epist. 111 (vol. 3, 251), epist. 153 (vol. 4, 33). Per “sermone lacessentem” cfr. Auson., epist. 26, 1; Guillelmus de Tyro, Chron., XVI, 2, l. 36. 31 Hier., epist. 120, 11: “diximus apostolum Paulum virum fuisse doctissimum et eruditum”. Nella lettera il Traversari gioca anche sul ‘ritorno di Enea’: Fyrigos 1988, 461 – 462 nota 2. 32 Per “acris ingenii” cfr. Hier., ad Eph. II, col. 534 (detto dell’apostolo Paolo); Lact., epist. 24, 4 (per il filosofo Crisippo); Ruf., hist. X, 15 (riferito ad Atanasio); Marius Victorinus, Epistola ad Marium Victorinum, praef. 1 (detto di Ario) e in altri autori cristiani e medioevali. Per “sudoris fructu” cfr. Cassian., conl. 18, 7, 514 e Aug., serm. 180, col. 979; Ennodio, dict. 18, p. 476.

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nella dedica dell’Adversus vituperatores – del tentativo, richiesto dal suo priore, di compiere verso la sapienza cristiana quella stessa operazione gi svolta da alcuni illustri uomini nei confronti di quella pagana. Il Traversari, pur ritenendosi inferiore ai grecisti suoi contemporanei per “ingenio, doctrina et studio”,33 si inser cos nel dibattito tra letteratura cristiana e pagana. Sebbene l’intervento del Traversari fosse stato sovente richiesto da altri umanisti anche in ambito filologico, come evidente dall’Epistolario e dai numerosi manoscritti che recano traccia dei suo interventi,34 le traduzioni, nel momento in cui vennero rese pubbliche, non ebbero per il monaco un significato n esclusivamente n precipuamente filologicoletterario, a differenza di quelle proposte dai suoi contemporanei, ma da un lato rientrano a pieno titolo nella vita religiosa e in quella della Chiesa, erano cio coerenti con lo spirito originario dell’ordine camaldolese e inserite nel quadro della riforma della Chiesa e dei rapporti tra Oriente e Occidente,35 e dall’altro furono concepite come momento di apologetica cristiana: il Traversari ripropose al mondo occidentale testi che il recente contatto e contrasto con il mondo bizantino aveva reso attuali.36 La prospettiva religiosa, intesa come ritorno alle fonti del monachesimo, chiarita bene gi nella prefazione alla prima traduzione, che di ambito strettamente monastico: per assecondare la richiesta del priore il Traversari sceglie un testo come l’Adversus vituperatores che difende la vita monastica e che sia di esempio ai giovani professi, ai monaci e a quanti aspirano alla vita religiosa, ma sono ostacolati in questa loro scelta dalle famiglie. E in tale direzione si inserisce pure la Scala Paradisi, influente testo di ascetica e punto di riferimento per la vita monastica, portato a termine nel 1418.37 ð per la profonda valenza spirituale di questo testo che il priore invita il Traversari a compiere una nuova traduzione che vada sostituire quella di 33 Termini riferiti da Cicerone ai greci (de orat. I, 22) e ad Antonio e Crasso (ibid., II, 11; III, 16 e 230); cfr. anche Quint., inst. XII, 1, 9 e 10 e l’uso in Lact., inst. I, 1, 1: “Magno et excellenti ingenio viri, cum se doctrinae penitus dedidissent quicquid laboris poterat, contemptis omnibus et privatis et publicis actionibus, ad inquirendae veritatis studium contulerunt”. 34 A tale proposito si veda Pomaro 1979 e 1988. 35 Sui risvolti umanistici del ritorno all’Osservanza con riferimento pure al Traversari: cfr. Caby 2004, 118 – 143. 36 Come sottolinea Cortesi 2007b, XIV–XV. 37 Sul legame tra Umanesimo e riforma monastica si sofferma Caby 2000, 181 – 191. Per gli aspetti filologici della traduzione si veda Varalda 2002, 107 – 144.

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un vetus interpres, ossia di Angelo Clareno che aveva tradotto l’opera del Climaco parola per parola agli inizi del XIV secolo deturpandone – a giudizio del Traversari – il significato.38 Nell’epistola di dedica a questa traduzione, il camaldolese non ha certamente bisogno di giustificare la scelta di testo ben conosciuto, bens deve fondare la necessit di una nuova traduzione attraverso la critica al metodo versorio del Clareno.39 Il Traversari utilizza dunque la dedica per offrire una risposta anticipata alle obiezioni che gli sarebbero state mosse in difesa del francescano, da lui accusato di avventatezza, nonostante la tradizione sostenesse che avesse imparato il greco per opera dello Spirito Santo. Dichiara per questo di essersi assunto il compito di fornire una traduzione pi chiara della precedente, poich il fatto di esseri santi, come il precedente traduttore, non comporta che sia nello stesso tempo eruditi e in grado di tradurre. Anzi per compiere ci parola per parola, in modo peraltro oscuro, non occorre – a suo parere – una profonda conoscenza della lingua greca.40 Sulla linea della perfezione monastica si pongono altri testi greci per i quali il monaco sente il dovere di spiegare l’importanza di avere a disposizione una traduzione. Tra di esse vi il De vera integritate virginitatis (1423 – 1424), che si rivela come l’opera che meglio spiega e difende l’argomento per cui merita di essere trasposta in latino e letta. Gli esempi di vita monastica antica sono modelli per il presente: e per questo, in occasione della nomina a cardinale del Cesarini, la vita di un uomo santo un dono pi che appropriato. Allo stesso modo, la dedica della Vita Chrisostomi incentrata sulla santit come modello cristiano: la Vita merita di essere imitata, perch risolleva l’animo appesantito e indebolito dagli affanni e perch toglie la fuliggine che lo offusca. La biografia di un vescovo famoso, che non si preoccupato di se stesso, ma della pace nella Chiesa e non ha badato alle ingiurie, pu istruire persino un papa. E nessuno pi degno di un pontefice per la dedica: affine a Crisostomo per santit di vita pure 38 Controversa la datazione di questa traduzione: ricondotta agli anni 1300 – 1305 da Potest 1990, 23; dubbioso in proposito Varalda 2002, 107 sulla base di Rigo 1999, 59 – 62. 39 Su questa leggenda si veda Gain 1999, 331 nota 6; sull’ironia del Traversari nei confronti del Clareno: Sottili 1981, 168. 40 Lo stesso Bruni disprezza i traduttori medioevali, ritenendo che la santit e la piet non siano requisiti fondamentali del buon traduttore. Nella prefazione all’Etica aristotelica, il Bruni li tratteggia come carenti nella lingua greca e latina e competenti in nessuna dei due. Cfr. a tale proposito Botley 2004, 54 e 57 con ampia bibliografia precedente.

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Eugenio IV, che ancor prima di divenire papa si era impegnato nella riforma della Chiesa e il cui pontificato dava gi i primi segni di essere tribolato. Nella dedica del De providentia Dei il Traversari affronta il tema della Provvidenza e della sofferenza umana: se quest’ultima pu condurre a dubitare del giudizio divino, attraverso questa lettura l’uomo scoprir un nutrimento fondato sulla pietas cristiana. Si tratta, dunque, di un testo che rispondeva alle esigenze di spiritualit dell’epoca. E in tale prospettiva si inseriscono altre traduzioni, seppur di prefazione che ne diano giustificazione, compiute dal Traversari in quegli stessi anni.41 Dal punto di vista della Chiesa il monaco si pose nel 1423 quando papa Martino V lo incoraggi a proseguire nel suo lavoro sui Padri e sollecit il priore del monastero a favorirlo. A questo interessamento papale fece subito seguito nel 1424 la traduzione dell’Adversus errores graecorum di Manuele Caleca, un trattato che rientrava in un genere diffuso in Occidente dal XIII secolo volto a mostrare gli errori dei greci, e che, nella prospettiva papale di una riunificazione con la Chiesa greca, risultava di notevole interesse, poich mostrava a quest’ultima gli errori dottrinali in cui era incorsa. Nella sua dedica il Traversari, manifestando il proprio interesse verso la Chiesa ortodossa sulla cui posizione erronea non ha dubbi, si sofferma proprio su questi aspetti e senza far mistero della propria opinione sui greci: pur essendo costoro eccelsi non solo per saggezza ed eloquenza, ma anche nella fede e nella religione, la loro innata ricerca della sottigliezza e della speculazione li ha condotti in errore. Il monaco non pu quindi che approvare l’intenzione del papa di ricondurli sulla retta via, a imitazione del vero ed eterno Pastore, di cui il pontefice romano il rappresentante in terra, e auspicare la riunificazione prima che l’avvento dei barbari (ossia i Turchi) ponga fine alla Chiesa l dove era anticamente fiorita.42 41 Come le Vitae patrum, inviate nel 1431 a Eugenio IV e precedute da una brevissima lettera di dedica, i Sermones di Efrem, la Vitae Gregorii Nazianzeni di Gregorio presbitero, le omelie di Cristostomo: Stinger 1977, 124 – 166. 42 A Eugenio IV il Traversari invi anche un manoscritto con il De consideratione ad Eugenium III di Bernardo, un testo pensato dal suo autore per sottolineare i compiti del pontefice (Stinger 1977, 170 – 171). Il monaco si interess inoltre dell’omelia de Spiritu Sancto e al Contra Eunomium di Basilio d’Ancira nell’ambito delle controversie conciliari con occhio filologico, perch le dispute coinvolgevano singole lezioni testuali (Viti 2000, 35). Nella sua visione traversariana della Chiesa si inserisce pure la traduzione degli scritti attribuiti a Dionigi Areopagita, compiuta a pi riprese tra il 1424 e il 1431 e tra il 1436 e il 1437, e dei quali non nota la dedica, nonch l’interesse verso gli atti dei concili antichi.

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Di tenore diverso, ma non in contrasto con quanto affermato finora la riflessione sottesa alla traduzione delle Vitae philosophorum di Diogene Laerzio e dei Dialogi de immortalite animae del filosofo neoplatonico e cristiano Enea di Gaza. Nel rivolgersi a Cosimo dei Medici, il Traversari dichiara subito che l’importanza delle notizie storiche da un lato e le sollecitazioni degli amici dall’altro lo hanno convinto ad affrontare le Vitae philosophorum, un opus prolixum. 43 Non esplicita, tuttavia, i nomi degli amici, se non verso la fine quello di Cosimo che tra i primi lo avrebbe spinto a quel lavoro: gli altri sono, per , noti attraverso l’Epistolario. 44 Con le Vitae philosophorum si era di fronte a un’opera, la cui narrazione della storia della filosofia dai presocratici agli epicurei, poteva offrire agli uomini del Rinascimento maggiori conoscenze su alcune correnti filosofiche antiche di quante fino ad allora ne avessero potuto trarre da fonti indirette, costituite da citazioni presenti in altri autori soprattutto latini quali Cicerone, Lattanzio, Aulo Gellio e Macrobio.45 Insoddisfatti delle traduzioni medioevali correnti, gli umanisti ponevano grandi aspettative nel Traversari. Le vicende redazionali di questa traduzione sono gi state dettagliatamente illustrate sulla base dell’Epistolario e degli autografi da Agostino Sottili, da Marcello Gigante, da Denis Knoepfler e pi di recente da Tiziano Dorandi.46 Gigante, in particolare, si soffermato sulle due lettere di dedica, sottolineandone gli aspetti peculiari. Il Traversari le ha elaborate in forma speculare: in quella di tono pi familiare (Epist., VII, 2) affronta inizialmente la difficolt della traduzione e poi le motivazioni della traduzione, in quella ufficiale (Epist., XXIII, 10) il contrario. Nella prima, concepita come un ideale dialogo con Cosimo, in nome dell’ “amicitia” ciceroniana e ora umanistica che il monaco ha affrontato la traduzione, per lui un estremo sacrificio volto solo a giovare agli amici, 43 Su questa traduzione si vedano i contributi di Sottili 1984, 699 – 745; Gigante 1988, 367 – 450; Dorandi 2006 e 2009. Per l’uso di “opus prolixum” nel senso ‘testo o opera lunga’ si veda Gigante 1988, 394 – 395 cui si aggiunga il cfr. con Aug., retrac. I, 26 (riferito al suo De diversis quaestionibus) e Thomas de Aquino, Catena aurea, Ep. dedicatoria (riferito alla stessa Catena aurea). 44 Nel 1424 lo incoraggiarono l’arcivescovo di Genova Pileo de’ Marini e il generale dei francescani Antonio di Massa (il quale, tornando da Costantinopoli, aveva portato con s un manoscritto delle Vitae), e forse Niccol Niccoli; Stinger 1977, 71; Sottili 1984, 731 – 734. 45 Un testo che dovrebbe condurre – scrive il Traversari – “ad fontem veritatis” (per questa espressione cfr. Petrus Damianus, Epist. 40, vol. 1, 480). 46 Sottili 1984, Gigante 1988, Knoepfler 1991, Dorandi 2006 e 2009.

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perch un simile testo si pu rivelare in qualche modo utile. Queste parole possono essere considerate una sorta di premessa alle motivazioni offerte nella dedica ufficiale. Qui il Traversari osserva che quanto i grandi filosofi hanno argomentato sottilmente “et vere” in merito a Dio, al cielo, ai corpi celesti e alla natura, sono ad essa per la verit cristiana: poche sono, infatti, le argomentazioni filosofiche probabili e spesso in contraddizione tra loro; e cos la mente umana, infastidita da tanta variet di opinioni, non pu che guardare alla verit di fede. Non per le teorie filosofiche, ma per il fatto di essere di stimolo alla verit cristiana le Vitae sono degne di essere lette. D’altro canto sarebbe vergognoso per un cristiano non impegnarsi nella virt e nella “continentia” non solo perseguite dai pagani, ma anche precetto evangelico. La difficile, ma non per questo esclusa, compatibilit tra studi sacri e profani, che fecero inizialmente esitare il monaco nell’affrontare le Vitae philosophorum, al di l della mancanza di tempo e della sua preparazione intellettuale, manifestate nelle epistole che accompagnano la realizzazione di questa traduzione fin dal 1424, sono superate, nella riflessione finale confluita nella epistola dedicatoria, alla luce delle superiori osservazioni sull’utilit per i cristiani di conoscere i filosofi. La traduzione del Teofrasto di Enea di Gaza portata a termine tra il 1434 e il 1435, con l’intenzione di mostrare – come spiega nella rispettiva dedica – l’inadeguatezza della filosofia greca di fronte alla rivelazione cristiana in particolare per quanto concerne il problema dell’immortalit dell’anima. Nella visione traversariana pure il dialogo di Enea di Gaza non da studiare come fonte del pensiero filosofico antico, ma come testo di apologetica, in quanto preparazione alla verit cristiana.47 3.3 Osservazioni sul metodo da seguire nella traduzione Nelle dediche traversariane viene affrontato un ultimo aspetto: quello del metodo da seguire nel tradurre. La versione “ad sententiam”, sostenuta da Petrarca nella celebre lettera a Boccaccio in merito alla traduzione omerica di Leonzio Pilato e ripresa dagli umanisti, era una modalit non ignota ai secoli precedenti in quanto teorizzata da Girolamo nell’epistola a Pammachio (epist. 57). Per la prima generazione di umanisti, Traversari in47 In merito a questo testo si veda Stinger 1977, 77 – 78. Che il Traversari non avesse interessi solo patristici, lo mostra pure il desiderio, manifestato nel 1437 e non concretizzatosi, di tradurre l’aristotelica Etica Eudemia: Stingere 1977, 77.

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cluso, la novit fu, quindi, non tanto nella qualit delle nuove traduzioni non pi meccaniche (“de verbo ad verbum”) ma libere e interpretative (“ad sententiam”), quanto proprio nell’incontro dell’Occidente con la cultura greca. La modalit “ad verbum”, infatti, non scomparve con l’Umanesimo, ma venne usata nelle scuole per avviare alla comprensione del testo. Lo stesso Traversari afferma di aver appreso il greco da autodidatta seguendo questo sistema.48 Fu il Bruni nel De interpretatione recta a teorizzare in modo sistematico una metodologia che aderisse s “verbum ad verbum”, ma che, dove ci non fosse possibile perch dava vita a espressioni assurde, si volgesse a quella “ad sententiam”.49 Era inevitabile che anche il Traversari, partecipe del clima culturale, nel momento di rendere pubblicho il suo lavoro, sentisse la necessit di giustificare il metodo adottato, esigenza che in seguito si manifester solo per il Laerzio. Rispetto al termine con cui indicare l’atto del tradurre, il Traversari non ricorre al verbo coniato dal Bruni, ossia “traducere”,50 accolto invece da molti umanisti, ma predilige nelle lettere di dedica il termine “convertere (ex graeco)”, avendo ben presente il passo ciceroniano del De optimo genere oratorum relativo al traduttore, ripreso poi da Girolamo (epist. 57, 5). Nec converti ut interpres, sed ut orator, sententiis iisdem et earum formis tamquam figuris, verbis, ad nostram consuetudinem aptis. In quibus non verbum pro verbo necesse habui reddere, sed genus omnium verborum vimque servavi (14, l. 18).

In alternativa il Traversari usa i tradizionali “latinum facere”, “latina translatio”, “transferre”; mentre per indicare il risultato del proprio lavoro “nova traductione” e per una precedente traduzione “priore interpretatione”.51 Secondo il Bruni il traduttore deve conoscere a fondo sia il greco sia il latino, essere esperto della “doctrina rerum” e dello “scribendi ornatus” identificandosi per quanto possibile nello scrittore che sta traducendo, al quale deve rimanere fedele pure nelle eventuali trasformazioni (lecite nel 48 Sulle dichiarazioni teoriche e, invece, la prassi versoria utili indicazioni in Cortesi 1995, 148 – 150 (cenni a Poggio Bracciolini e Ambrogio Traversari), 151 – 156 (accurata analisi di Ognibene da Lonigo e Francesco Gonzaga); Berti 2007, 3 – 15 si sofferma sulla scelta dei testi tradotti e sulla nuova concezione della traduzione. 49 Cfr. Viti 2004, 53. 50 Cfr. Gualdo 1985, 178; Viti 2004, 29. 51 Sull’uso di questi termini da parte del Bruni e sulle corrispettive fonti classiche si veda Viti 2004, 23 – 24 e note 67 – 68, 40 – 42.

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caso in cui non sia possibile mantenere l’adesione al testo), guidato dal criterio della chiarezza e della fedelt allo spirito dell’originale.52 Non lontano da questa posizione si pone il Traversari. Nella prima dedica, quella all’ Adversus vituperatores accanto alla “immodica celeritas” del tradurre, in genere solo un mese, affermazione tradizionale, ma corrispondente al vero, il monaco si scusa per l’oscurit e la difficolt del testo latino dovute, oltre alla ragione appena esposta, alla natura del testo che implicava termini tecnici di tipo teologico. Ritiene infatti che un tal genere di argomentazioni vada resa con accuratezza (“accurate”) piuttosto che abbellita retoricamente (“ornate”) e che si debba tradurre fedelmente, senza identificare per ‘fedelmente’ con ‘letteralmente’. Nella prefazione al Contra errores graecorum il Traversari dichiara di avere operato con cautela, oltre che procedendo con sottigliezza, data l’importanza dell’argomento. I difetti da lui visti in questa sua traduzione sono il fatto che qualche termine sia rimasto oscuro e che si avverta la “inconcinnitas”, ossia quella certa mancanza di eleganza, di simmetria e di ricercatezza deprecata da Cicerone (de orat. II, 17). E questo perch l’argomento avvinto “in terminis angustis”, cos che per lui non stato sicuro allontanarsi dalle “vestigia auctoris”: il contenuto sviluppato con un periodare conciso e stringato ed per tanto arduo da rendere in modo accurato e ornato, tanto pi se riguarda temi, come quello della Trinit, che devono essere trattati con cautela. Il rischio di un eccessivo allontanamento sarebbe stato quello di sembrare aver compilato una nuova opera e non di aver tradotto quella di un altro.53 Va per tanto rispettato lo stile dell’originale sia che si tratti di un testo semplice, come ribadisce nelle dedica delle Vitae patrum, sia che si tratti di uno stile poco curato come nella Scala paradisi, sia che abbia una raffinatezza di stile come nel caso del De vera integritate. ð lecito, per , al traduttore intervenire sulla ripartizione del testo di partenza per aiutare il lettore: il Contra errores graecorum, sebbene non presentasse una suddivisione interna, venne riportato dal Traversari in quattro libri con la 52 Cfr. Cortesi 1997, 64; Viti 2004, 27 – 28, 47 – 49, 60 – 63. Si tenga tuttavia presente, in aggiunta, che il Bruni ritiene sia il latino ciceroniano quello pi

adatto alla filosofia, perch essa va comunicata con un bel linguaggio. E questo fu il fulcro della controversia con il vescovo di Burgos: Botley 2004, 52 – 55. Tuttavia, in alcuni casi questa posizione compromette nel Bruni la comprensione della filosofia stessa: Cortesi 1995, 158. 53 Pure il Bruni si sforz di essere fedele all’originale senza sovrapporvi i suoi pensieri: cfr. Cortesi 1995, 158.

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precisa intenzione – esposta nella dedica – di fornire al lettore delle ‘mete’. Fissati questi principi nelle prime traduzioni e ribaditi rapidamente in quelle appena indicate, l’unica altra che necessit di chiarimenti fu quella di Diogene Laerzio: un lavoro lungo e difficile, che in molti punti richiese il confronto di pi manoscritti; reso ancor pi lento per la difficolt dell’argomento in particolare nel libro X su Epicuro.54 Nella dedica personale, con la quale il monaco chiese a Cosimo l’approvazione, egli si sofferma con maggior dettaglio, rispetto alla dedica ufficiale, sugli aspetti che hanno reso arduo il lavoro: frasi tronche, oscure, stili diversi, termini non semplici da rendere. In alcuni punti essa risulta “insulsa et inconcinna” e per molte parole, egli non ritrovava l’equivalente latino, nonostante l’assidua frequenza dei testi di Cicerone e Boezio.55 Nella dedica ufficiale, invece, l’unico aspetto toccato quello delle parti in poesia, per le quali il Traversari sottolinea che la presenza di versi gi nel testo greco sarebbe contraria alla “gravitas” del genere storico. Per questo motivo le ha omesse volontariamente, preoccupandosi di non compromettere il senso e lasciando per alcuni versi, pur se imbarazzanti, perch indispensabili alla comprensione del contenuto.56 Ma a dispetto di questa dichiarazione, l’intenzione iniziale del monaco, come ha mostrato Sottili, era al contrario quella di tradurre anche i versi, ma dovette rinunciarvi per le difficolt incontrate.57 In altre lettere il Traversari si dichiara piuttosto restio a utilizzare abbellimenti retorici oltre il lecito, specie nelle traduzioni filosofiche e teologiche (a differenza del Bruni di cui non a caso critic la traduzione 54 Il Traversari si avvalse come testo greco dell’attuale Plut. 69, 35 della Biblioteca Medicea Laurenziana e di altri due codici: uno appartenuto ad Antonio di Massa e l’altro a Leonardo Giustiniani (cfr. Sottili 1984, 730 – 31). Richiede ulteriori indagini l’ipotesi di Knoepfler 1991, 43 – 44, secondo il quale il manoscritto appartenuto al Massa da identificare con il Marciano gr. 393 o con un codice ad esso vicino, mentre quello del Giustiniani con il Parisinus gr. 1758 o il Vat. Gr. 140. Knoepfler ritiene inoltre che il Traversari utilizz pure un manoscritto appartenuto a Giovanni Aurispa e identificabile nel Vat. Gr. 1392 o in un codice intermedio tra questo e il Vat. Urbin. Gr. 108. 55 Lo stesso riscontrabile nella traduzione del Teofrasto di Enea di Gaza, motivo per cui nel 1419 il Traversari ricercava un altro codice con cui ovviare al testo corrotto di quello in suo possesso: cfr. Griggio 1988, 339 – 341, 357 – 359; Varalda 2004, 58 – 59. 56 Per un’analisi approfondita si veda Gigante 1988, 392 – 394. 57 Cfr. Sottili 1984, 708, 713 – 730.

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del Fedro), mentre si mostra pi aperto per i testi storici e per l’oratoria.58 Ribadisce inoltre che non si deve aggiungere raffinatezza stilistica l dove non c’ , pur se in qualche caso il traduttore deve lasciare spazio alla “interpretatio” per non compromettere del tutto il senso.59 Gli studi condotti su alcune versioni traversariane mostrano come da questo punto di vista egli talvolta agisca su di una traduzione prossima alla letterale, bench non meccanica, rispettando il modello ma modificando il lessico e la sintassi per accentuare l’espressivit, e in altri casi vada oltre la traduzione “ad sententiam” e sia piuttosto un “expositor” con lo scopo di conferire “ornatus”: e cos colora retoricamente espressioni e periodi, inserisce frasi e incisi, opera trasposizione di parti.60 La lettera di dedica dunque, pure per il Traversari un’occasione ufficiale, attraverso la quale consegnare al mondo il risultato del proprio lavoro. In genere l’approvazione di una traduzione e, ancor prima, i dubbi erano chiariti dal monaco nel corso del lavoro, o comunque prima della diffusione, come mostra la dedica personale a Cosimo della Vitae philosophorum e pi in generale l’Epistolario: per la Scala Paradisi ad esempio si era rivolto al Bruni, manifestando tutta la propria perplessit di fronte alla “rusticitas” dell’originale, che andava apprezzato per la sua utilit piuttosto che per l’amenit.61 La dedica si configura per tanto come proemio e luogo della riflessione finale sul senso del suo operato: da un lato chiarire il significato di queste traduzioni, che, per chi guardava, come il lui, l’Umanesimo da una prospettiva religiosa, era l’accesso a una realt monastica e della Chiesa che riconduceva all’antichit cristiana; dall’altro giustificare il proprio approccio al testo, alla luce del dibattito in corso e della personale riflessione sulla retorica classica. Pur rigettando la traduzione medioevale letterale e adottando i principi di quella ciceroniana, il Traversari dovette fare i conti con i propri limiti. Ma il lungo lavoro intorno agli epigrammi del Laerzio, evidente nell’autografo, mostra quanto il monaco fosse convinto dell’importanza della retorica classica proprio nel tentativo non riuscito di renderli in versi, cos come, ancor prima, la traduzione della

58 Cfr. Stinger 1977, 113; Viti 2004, 50 e nota 164. 59 Epistolario VI, 21 – 22. 60 Come nell’omelia De statuis di Crisostomo (Varalda 2006, 224 – 225), nella Scala Paradisi (Varalda 2004, 56 – 57) e nel Teofrasto (Fioravanti 1988, 462 – 463). 61 Cfr. Varalda 2002, 109 e nota 9.

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Scala Paradisi costruita su quella del Clareno, era stata rielaborata con l’utilizzo di termini e stile propri del latino classico.62 Ma i passi su cui il monaco ag furono quelli che riteneva pi vicini all’apologetica cristiana, prorompente nelle dediche l dove giustificava la scelta del testo tradotto: un’operazione in definitiva generata dall’intenzione di accentuare gli aspetti pi in sintonia con il proprio convincimento e non per divulgare dottrine filosofiche, neppure quelle che potrebbero anticipare la Rivelazione. La maggior parte delle traduzioni traversariane godette di una fortuna immensa sia nella tradizione manoscritta sia in quella a stampa. Pi di venti sono i codici del De providentia Dei, una trentina quelli dell’Adversus vituperatores, ventinove quelli della Scala Paradisi, oltre cinquanta quelli di Basilio.63 Traversari inoltre fu il primo a porre l’attenzione su Gregorio Nazianzeno, poi ammirato nell’Umanesimo per l’ascetismo, lo stile e la cultura letteraria, e il maggior sostenitore di Crisostomo come modello di vita monastica.64 La traduzione di Diogene Laerzio conobbe una diffusione immensa, non paragonabile a quella successiva di Tommaso Aldobrandini, pubblicata postuma nel 1594. Numerosi sono i manoscritti, le edizioni a stampa (la editio princeps del 1472ca) e i volgarizzamenti in italiano, anche se non privi di omissioni e corruzioni ed emendamenti che li allontanano dall’autografo. Gli stessi componimenti poetici, ad esempio, vennero interpolati dall’editore Benedetto Brugnoli, nella sua edizione del 1475 poi pi volte ristampata.65 Il significato di questa fortuna per diverso: quelle dei Padri, non solo nelle versioni del Traversari, dopo la parentesi erudita del secondo Quattrocento, si tradussero dall’inizio del XVI secolo effettivamente in quanto auspicato dal religioso nelle sue dediche, ossia in letture di ca62 Sottili 1981, 176 – 177; Lorini 1999, 565 nota 87; Varalda 2002, 109 – 111. 63 Cfr. Varalda 2002, 112 – 113. Numerose le stampe pubblicate nel XVI secolo a partire dalla princeps (Toledo, 1505): Cortesi 2002, 132; Cortesi / Fiaschi 2008, 419 – 423. 64 La editio princeps usc a Venezia nel 1503 e fu pi volte ristampata con aggiunte e rimaneggiamenti. Vi comparivano traduttori di et medioevale e umanisti. Sovente sotto la voce ‘incerto autore’ si celano quelle del Traversari: Cortesi 2002, 133 – 135. 65 Gigante 1988, 371 – 404, soffermandosi anche sugli interventi degli editori, delinea la fortuna della “versio Ambrosii” nelle due versioni a stampa, quella di Francesco Elio Marchese (Roma, 1472ca) e quella, ben pi fortunata di Benedetto Brugnoli (Venezia, 1475); cfr. inoltre Cortesi / Fiaschi 2008, 419 – 423.

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rattere spirituale, modello di piet cristiana per edificare e istruire, senza che tuttavia venisse trascurato l’aspetto filologico.66 Per il Teofrasto e soprattutto per le Vitae philosophorum si verific il contrario di quanto atteso nelle rispettive dediche, nelle quali il monaco le indicava come utili letture non per trarre verit filosofiche, ma perch fossero di esempio per la piet e la virt cristiana. Fu invece proprio la scoperta di nuovi aspetti della filosofia greca a determinarne il successo.67

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66 Anche le singole lezioni dei codici divennero importanti per una pi precisa ricostruzione e conoscenza del pensiero antico, in particolare per i Padri nel XVI secolo (Cortesi 2000). 67 I pi recenti studi escludono la “versio Ambrosii” dall’apparato critico in quanto realizzata sulla base di “codices recentiores” conservati, ma ne sottolineano il valore come tappa importante nella diffusione del pensiero dei filosofi antichi: Dorandi 2006, 226 – 227.

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Von den Unabwgbarkeiten der Rezeption. Zum Schicksal der Dichtung der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios im 15. Jahrhundert Manuela Kahle Auch wenn eine umfassende Untersuchung der lateinischen Tradition des zu Beginn des 15. Jahrhunderts in Florenz eintreffenden griechischen Textes der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios noch fehlt, ist eine reiche handschriftliche berlieferung der von Ambrogio Traversari (1386 – 1439) ins Lateinische bersetzten Philosophenviten bereits absehbar. Die Rezeption des Textes, von seinem Eintreffen in Italien bis zur editio princeps des griechischen Textes im Jahr 1533, ist vielschichtig und die Einschtzung der Autoritt sowohl des Autors als auch seines Textes birgt Schwierigkeiten. Ein Grund fr diese wenig geradlinige Rezeption des Textes und der ihr entsprechenden Entwicklung des Autors zur Autoritt ist wohl die Vielgestaltigkeit und Komplexitt der Philosophenviten, deren Darstellung im Laufe ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung Lob erfuhr, aber auch und vor allem Kritik hinnehmen musste. Die vorliegende Untersuchung widmet sich einer Facette der Vielgestaltigkeit dieses Textes, der Dichtung. Anhand des Vorwortes der lateinischen, handschriftlichen berlieferung sowie der den lateinischen Frhdrucken beigefgten Widmungen soll die Bedeutung der Dichtung vor einem humanistisch-philosophischen Hintergrund betrachtet werden. Ein erster berblick der Rezeption der Dichtung des laertianischen Textes wird zeigen, inwieweit sich Tradierung und Rezeption bedingen und welche Unwgbarkeiten diesen zugrunde liegen. Die untersuchten Autoren, die lediglich eine erste Auswahl darstellen, jedoch einen guten Eindruck der Rezeption der Dichtung im 15. Jahrhundert vermitteln, wurden nach verschiedenen Kriterien gewhlt. Sie waren im Besitz einer Handschrift des griechischen Textes oder aber der lateinischen bersetzung und sie rezipieren deutlich den Text der Vitae philosophorum. Die untersuchten Schriften sind vornehmlich dem Genre der Biographie zuzuordnen, wenngleich sie vor einem aktuelle, philosophische Diskurse betreffenden Hintergrund verfasst wurden.

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1. Paratextuelle Vermittlung der laertianischen Dichtung Bereits 1419, das wissen wir aus einem Briefwechsel zwischen Ambrogio Traversari und Francesco Barbaro (1390 – 1494), war Traversari im Besitz des griechischen Textes der Vitae philosophorum. 1 Im Februar 1433, neun Jahre spter also, wurde das Dedikationsexemplar der lateinischen bersetzung des Textes mit einer Widmung Traversaris an Cosimo de Medici bergeben.2 Die Jahre bis zur bergabe des Textes sind geprgt von immerwhrenden Erinnerungen und Bitten Gelehrter und Freunde Traversaris, sich doch der bersetzung des Textes anzunehmen.3 Belegt ist ebenfalls, dass sich Traversari bemhte, Francesco Filelfo (1398 – 1481) fr die bersetzung der Verse und Epigramme der Vitae philosophorum zu gewinnen. Dieser sagte wohl zu, die bersetzung der Dichtung zu besorgen, lçste sein Versprechen jedoch nicht ein, denn der lateinische Text der Vitae philosophorum wurde 1433 ohne bersetzung der Dichtung an Cosimo bergeben.4 Die Widmung an Cosimo de Medici im Dedikationsexemplar der lateinischen bersetzung und dessen Begleitbrief zur bergabe des Textes sind die ersten offiziellen Einschtzungen zum Text und dessen bertragung durch Traversari. In seinem Widmungsschreiben ußert sich Traversari neben den Grnden fr die bersetzung bereits zu Beginn des Schreibens zu Struktur und Inhalt des Textes. Der Autor habe in dem weitlufigen Werk seine Mhe eher auf das Sammeln der Inhalte denn auf sorgfltiges Schreiben verwandt, aufgrund der vielfltigen und ntzlichen historischen Kenntnisse habe er – dennoch – beschlossen, die bersetzung vorzunehmen.5 1 2 3 4 5

Vgl. Traversari 1759, VI, xii, 289. Dazu ausfhrlich: Ricklin 2011, 129 f. Gigante 1988, 377. Vgl. Sottili 1984, 704. Vgl. Ricklin 2011, 130 – 135. Ricklin zeichnet einen Gesamtberblick der Quellen vom ersten Drngen zur bersetzung des Textes gegen 1424 bis zur bergabe des Textes an Cosimo de Medici. Vgl. Ricklin 2011, 139 f. Ricklin zitiert aus dem Briefwechsel von Traversari und Filelfo den Brief xliii aus dem Epistolarium: Traversari 1759, XLI, 1017. Traversari 1759, XXIII, x, 967 f: „Id et si auctori plus in legendo studii, quam in scribendo diligentiae fuisse, ex ipsa lectione deprehenderam, quia tamen varia erat historia, et plurima cognitu necessaria continere videbatur, latinum facere, amicis maxime id fieri orantibus, statui.“ Die Widmung Traversaris wird im Folgenden nach der Edition von Mehus, Traversari 1759, zitiert. Zu einer ausfhrlichen Einschtzung der Grnde: Vgl. Ricklin 2011, 136 – 139.

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Seine Bewertung der Inhalte ist von ausgesprochener Zurckhaltung geprgt. Aus der Vielfalt philosophischer Meinungen und jener Auseinandersetzungen um die verschiedenen Erkenntnisse der griechischen Philosophen und ihrer Schulen resultiere, so Traversari, lediglich eine Unsicherheit des Lesers, eine Ermdung, deren einziger Vorteil es sei, eine verstrkte Zuwendung zum christlichen Glauben zu erzeugen, das Verlangen nach gçttlichen Schriften und Bchern zu strken und eine Hinwendung zu Gott zu bewirken.6 Darber hinaus bçten die Philosophenviten reichlich exempla, welche der Vollkommenheit der christlichen Lehre (evangelica perfectio) sehr nahe kmen und damit dem Christenmenschen als Spiegel des eigenen Verhaltens und Anreiz dienten, es diesen Philosophen zumindest gleichzutun, wenn nicht gar diese zu bertreffen.7 Allerdings ist dieser Anreiz lediglich unter Vorbehalt zu wrdigen, da, so der bersetzer, bermßige Bewunderung der Alten von wahrhafter Tugend ablenke und lediglich einem vermeintlichen Bild von Tugend folge. Die Alten sollten den Vorbildern „unserer Philosophie“ weder gleichgestellt, noch diesen vorgezogen werden.8 Zwischen den antiken Philosophen und den modernen besteht fr Traversari ein gravierender Unterschied, der des christlichen Glaubens. Lediglich ein Mensch, der im Umgang mit heidnischen wie christlichen Autoren bzw. Philosophen gebt ist, sei in der Lage, diesen Unterschied zu erkennen und entsprechend zu beurteilen, in diesem Falle Cosimo de Medici.9 6

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Vgl. Traversari 1759, XXIII, x, 968: „Quando enim inter illos, qui sapientiae saecularis fuere principes, tanta de Deo, rebusque et divinis et humanis opinionum concertatio est, ut se invicem destruant, neque ubi consistas reperire possis, maiore profecto alacritate animus divinae dignitatis amplectitur gratiam, atque ad fontem veritatis adcurrens veteris squalorem miseratur erroris. Etsi enim apud illos sparsim probabilia quaedam, et veritati consona invenire est, mens tamen tanta opinionum varietate fatigata libentius et gratius intra cubicula veritatis se recipit, et divinis libris, ac litteris audiendis maiori deinceps desiderio inhiat.“ Vgl. Traversari 1759, XXIII, x, 968: „Pleraque exempla huiusque pene dixerim evangelicae perfectioni proxima sunt, ut pudendum vehemter, et erubescendum sit, si id minus exhibeat Christi, quam mundi Philosophus, plusque in pectore gentili possit amor gloriae inanis, quam in animo christiano religiosae pietatis adfectus.“ Vgl. Traversari 1759, XXIII, x, 968 f: „Nempe si quem forte plus aequo eiusce hominum admiratio rapiat, eorumque gesta nostrati philosphiae praeferre, seu conferre etiam exemplis velit (id quod solum ferme timemus) is leniter admonendus erit solidam potius virtutem, quam adumbratam virtutis imaginem admiretur.“ Traversari 1759, XXIII, x, 969: „Tibi itaque, Cosme vir humanissime, et christianae nobilitatis decus, hoc opus dedicandum fuit, qui et auctoritate tua in primis

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Traversaris Zurckhaltung in der Beurteilung des Textes wird auch in Bezug auf die Dichtung nicht aufgegeben, ganz im Gegenteil. Waren dem zusammengelesenen, sprachliche Sorgfalt missenden, heidnischen Text noch positive Wirkungen zuzugestehen, erscheint ihm die im Text enthaltene, umfangreiche Dichtung gnzlich berflssig. Mit der Begrndung, dass die vielen Verse des Laertios und anderer Autoren sich mit der Bedeutung des Berichteten nicht vertrgen, darber hinaus durch deren Abwesenheit, den im Text vermittelten Aussagen, keinerlei Sinn verloren ginge, habe er absichtlich unterlassen, diese zu bertragen. Nach reiflichem berlegen habe er auf deren bersetzung verzichtet, da sie mit der gravitas des Berichteten unvertrglich seien.10 Aus dem Begleitschreiben Traversaris an Cosimo erklren sich erhebliche Schwierigkeiten bei der bersetzung des Textes. Traversari spricht hier neben seinen inhaltlichen Einschtzungen explizit die sprachlichen Unwgbarkeiten der bersetzung an. So ließen sich, neben vielerlei Unverstndlichkeiten, diverse Begrifflichkeiten kaum im Lateinischen zum Ausdruck bringen, die Epigramme Traversari wenig vertrauter Dichter bleiben unbersetzt.11 Auch in diesem Schreiben stellt er noch einmal den fraglichen Nutzen einer vermehrten bzw. aufwendigen Sorge um das berwinden und Meistern dieser Schwierigkeiten heraus.12 nos ad illud impulisti, et gentilis, ac nostrae philosophiae peritissimus quanta sit utriusque differentia et dignoscere, et diudicare constanter consuesti. Neque id modo, verum et de labore ipse nostro iudicabis.“ 10 Traversari 1759, XXIII, x, 969: „Sane quoniam versus plurimos, et diversi generis tum alienos, tum suos Auctor interserit (quod abhorrere videtur a gravitate historiae) illos traducere consulto omisi, ita tamen ut nihil deesse ex sensu necessario sim passus.“ 11 Traversari 1759, VII, ii, 330: „Principio quidem summa operis ipsius difficultas, quam si initio animadvertissem, nunquam profecto id onus passus essem, quod modum excederet virium mearum. Putabam esse simplicem historiae narrationem, neque admixtas habere disciplinarum omnium, linguarumque varietates, quae, ausim dicere, nusquam minutius explicantur, atque ita ut iudicio meo reddi latine, nisi insulse, atque inconcinne non possint. Adde truncas plerumque sententias, in quibus plurimum obscuritatis est, intelligentiae minimum, terminos plurimos a consuetudine latina omnino abhorrentes. Epigrammatum congeriem mihi minime familiarem Þpopoan necessario indicentem, alia plurima tuo statim sagaci ingenio depraehendenda.“ 12 Traversari 1759, VII, ii, 330: „Sed ponamus sane, adhibita quantacumque diligentia, et cura huic elimando operi posse me aliquid efficere: quid tandem ex hoc studio, ac labore meo commodi, quid utilitatis, vel mihi ipsi, vel amicis ipsis nostris provenire poterit?“

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Der Briefwechsel mit Francesco Filelfo besttigt die genannten Probleme, besonders auch in Bezug auf die Dichtung. Sie drften wohl der eigentliche Grund fr die Unterlassung der bersetzung sein. Die hier von Traversari vertretene Irrelevanz der Dichtung gegenber der, bei entsprechender Verwendung mit Einschrnkungen durchaus bedeutsamen, vorchristlichen Philosophie ist von entscheidender Tragweite fr die weitere Texttradition. Sein Urteil ber die Dichtung verbleibt durchaus prominent vor Abschluss der Widmung und legt damit den Grundstein fr den weiteren Umgang mit dieser. Traversaris Widmung findet sich in der Mehrzahl der lateinischen Handschriften und ebenso in vielen der folgenden Drucke des 15. und 16. Jahrhunderts. Gegen 1472 wird in der Druckerei Georg Lauer (gest. n. 1481) in Rom die erste gedruckte Ausgabe der Vitae philosophorum publiziert, die editio princeps der lateinischen bersetzung Traversaris.13 Francesco Elio Marchese ist der Herausgeber dieser Druckausgabe. Er stellt dem Text ein Widmungsschreiben an den Erzbischof von Neapel Oliviero Carafa (1430 – 1511) voran, in welchem er bemerkt, auf Bitten des vornehmlich in Rom ttigen Gelehrten Pomponio Leto (1428 – 1498), den Text Traversaris emendiert zu haben. Zur Seite gestanden sei ihm der aus Griechenland stammende Theodoro Gaza (1408/1410 – 1476). Grund fr die erneute Bearbeitung des Textes sei die von Schreibern durch Nachlssigkeit und Unverstand vorgenommene fehlerhafte Verbreitung, die nun bereinigt werden solle.14 Marchese ußert sich in seiner Widmung an Carafa durchaus hingerissen ber das Werk des Laertios. Nicht nur, dass es ihm ausgesprochen großes Vergngen bereitet habe, dieses zu emendieren, selbst bei Krankheit. Auch hat Marchese eine etwas andere Sicht auf den Text als Traversari 13 Laertios um 1472. Der Herausgeber ist Francesco Elio Marchese, der Drucker Georg Lauer. Vgl. Gesamtkatalog der Wiegendrucke 1968, 432. Zitiert wird hier aus dem Druck Byw. D. 2. 11. der Bodleian Library. Die von Hand ergnzte Foliozhlung des Textes beginnt erst mit dem Proçmium. Die drei Folioseiten der Widmung Marcheses zu Beginn des Kodexes werden im Folgenden mit Ar, Av und Br zitiert. 14 Laertios um 1472, Ar : „Cum superioribus mensibus prestantissime presul Neapolitane Pomponius uir apprime eruditus mihique perquam familiaris me vehementer hortatus esset, rogassetque ut Laertii Diogenis de vitis philosophorum opus et quidem rarum, quod librariorum incuria atque inscitia mendosum satis circumferebatur, eadem qua se conditione impressoribus correcturum pollicitus esset, emendandum acciperem, diu id recusavi […]“. Die Widmung Marcheses ist ediert in: Bianca 1987, 240 – 242.

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vierzig Jahre zuvor.15 Kein anderes Buch sei ihm bekannt, dessen Lektre grçßeres Vergngen (maior voluptas) bereitet habe und gerade die von Traversari kritisierte Vielfalt der berlieferten Lehren der verschiedenen philosophischen Schulen wird von ihm lobend hervor gehoben.16 Anders als Traversari rhmt er die moralische Integritt (morum integritate), die Uneigenntzigkeit, Rechtschaffenheit (animi probitate et continentia) und gar Gottgeflligkeit (sanctimonium) der Philosophen.17 Keine Mahnung vor zu weit reichender Nachahmung und kein Hinweis auf einen entsprechenden Umgang mit dem Text ist zu finden, ganz im Gegenteil. Carafa solle sich, so Marchese, von dem Text geradezu zur Nachahmung entflammen lassen.18 Marchese weist darber hinaus die Vitensammlung als breve compendium aus, die all das enthalte, was herausragende Philosophen in vielen gewichtigen Bchern festgehalten htten.19 Diogenes Laertios’ Werk ist somit eine außerordentliche Anleitung zu tugendhaftem Leben und philosophiehistorisches Nachschlagewerk. Ebenso unterscheidet sich sein Blick auf den Autor und die Struktur des Werkes entscheidend von dem Traversaris. Laertios, der, so Marchese, von hçchster Bildung und großem Verstand ist, habe sich nicht nur auf das Zusammenlesen von Informationen beschrnkt, sondern, und hier bedient sich Marchese des bekannten Bienengleichnisses, diese verarbeitet und etwas durchaus Neues geschaffen.20 15 Laertios um 1472, Br : „[…] quicumque brevi compendio habere cupient que tot rerum scriptores clarissimique philosophi in tot tantisque voluminibus scriptitarunt, hunc sibi librum et minimo quidem pretio comparent, in quo ea omnia digesta apte breviter atque distincte invenient.“ 16 Laertios um 1472, Ar : „Nam et hunc unum librum tua tutela tuo que favore et eius te varia atque perutili lectione dignum iudicavi, presertim cum haud facile mihi persuaderi queat alium quem piam esse librum ex cuius lectione maiorem quam ex huius capere voluptatem possis, hoc igitur opus et ad tuas plurimas virtutes et ad animi probitatem admirabilem denique prudentiam maxime facturum, tibique ad plurimarum rerum cognitionem usui futurum spero.“ 17 Laertios um 1472, Av : „Opere pretium est etiam videre qua morum integritate, qua animi probitate et continentia, qua denique vite, ut ita dixerim, sanctimonia philosophie ipsi vixerint.“ 18 Laertios um 1472, Av : „Que quidem singula omni prorsus admiratione digna dum tecum perlegendo meditaris, illico tibi animus nescio quo pacto vehementer ad virtutem accendi videtur quo fit ut ea flamma paulatim crescens, eo procedat ut non prius sedari queat quam ad illorum imitationem tuam vitam moresque composueris.“ 19 Siehe Anmerkung 13. 20 Laertios um 1472, Av : „Equidem Diogenes ipse Laertius vir sane preter summam eruditionem magno ingenio summaque prudentia et doctrina, adeo pensitate

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Ein Hinweis auf die auch in dieser Druckausgabe nicht bersetzte Dichtung findet sich in der Widmung Marcheses nicht. Von ihm stillschweigend bergangen, bleibt sie nahezu unerwhnt. Nahezu unerwhnt deshalb, da diese Druckausgabe die Besonderheit aufweist, in wohl mehreren Versionen kursiert zu haben. Laut Gesamtkatalog der Wiegendrucke gibt es Ausgaben, denen jegliche Widmungen, einschließlich Index, fehlen. Ricklin weist hier zu Recht auf die „Kontextlosigkeit“ eines Teiles dieser Ausgabe hin, deren Anteil an der Gesamtpublikation er auf immerhin 40 Prozent schtzt.21 Bianca und Gigante untersuchten Drucke, denen lediglich die Widmung Marcheses einschließlich Index beigefgt ist.22 Fr den hier zitierten Druck ist dies ebenso.23 Lediglich von einem Druck, der sich heute in Wolfenbttel befindet, ist bislang bekannt, dass er sowohl die Widmung Traversaris an Cosimo als auch die Widmung Marcheses enthlt und somit in dieser einen Fassung zumindest die Einschtzung Traversaris zur Dichtung dem sonstigen Stillschweigen gegenber steht.24 Wenige Jahre spter, nmlich 1475, wird in Venedig erneut die lateinische bersetzung Traversaris in Druck gegeben.25 Benedetto Brugnoli (1427 – 1502) ist der Herausgeber dieser Edition, die er bei Nikolas Jenson (1430/1440 – 1480) zum Druck brachte und den venezianischen Patriziern Lorenzo Zorzi und Giacomo Baduario (1403 – 1445) widmete. Brugnoli scheint, so ußern sich Gigante und Ricklin, die Ausgabe von 1472 gekannt zu haben, dennoch ist kein Hinweis darauf in der Widmung zu finden.26 Er habe sich, so der Herausgeber, dem Werk aufgrund von Bitten der beiden

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enucleateque hec omnia que supra memoravimus in hoc unum opus digessit, ut non modo apes imitatus esse videatur, quas et in deligendis floribus et in operibus atque officiis distribuendis, in componendis cellulis, conficiendo demum melle, maiores nostri partem divinitatis habere arbitrati sunt. Verum ipsam quoque rerum naturam, que dei nutu ex inepto chao atque ex pluribus commixto partibus discretis et in suam naturam redactis hunc mundum qui omnibus admirationi esset, compositum ex quatuor elementis atque ethere confecerit […].“ Vgl. Ricklin 2011, 148. Vgl. Bianca 1987, 227 und Gigante 1988, 407. Es handelt sich um den Druck Byw. D. 2. 11. der Bodleian Library Oxford. Es handelt sich um den Druck HAB 887 der Herzog August Bibliothek Wolfenbttel. Laertios 1475. Der Herausgeber ist Benedetto Brugnoli, der Drucker Nikolas Jenson. Vgl. Gesamtkatalog der Wiegendrucke 1968, 432 – 433. Im Folgenden wird aus der Inkunabel 2 Inc. c. a. 366 der Bayerischen Staatsbibliothek Mnchen zitiert. Der Text wurde von Hand bis Folio 13r nummeriert, diese Zhlung wurde weitergefhrt und wird in dieser Form hier zitiert. Vgl. Gigante 1988, 411 und Ricklin 2011, 149.

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Widmungstrger, aber auch aus Interesse am Text zugewandt.27 Was Laertios geschrieben habe, sei sowohl fr ihn als auch fr sptere Leser, so mutmaßt der Herausgeber, von solcher Ergçtzlichkeit und ansprechend, zumal nun ohne stçrende Fehler und Korruptelen, dass ihn dies zu seiner editorischen Arbeit bewegt habe.28 Auch Brugnoli ergnzt die eigene Widmung um die Traversaris an Cosimo de Medici und tradiert somit die nachteilige Einschtzung des bersetzers weiter. Wirklich neu an der Edition Brugnolis ist die von ihm besorgte bersetzung und Ergnzung der seit vierzig Jahren fehlenden Dichtung des laertianischen Textes. Wer nun erwarten mçge, dass diese Dichtung, welche von Traversari als irrelevant bergangen wurde und von Marchese gnzlich unerwhnt blieb, eine Aufwertung erfahren und in ein gewisses Verhltnis zu den philosophisch-historischen Inhalten gebracht wrde, wird enttuscht. Der Text wurde, so die Widmung, wie Traversari ihn bersetzt habe, an den Drucker weiter gegeben, außer dass Epigramme und Verse ergnzt wurden.29 Wollte man einen weiteren Bezug zur Dichtung suchen, kçnnte man die Eingangsanekdote der Widmung hinzuziehen, in welcher, entsprechend der Vita in Buch neun, der Dichter Timon gefragt wurde, wie man einen zuverlssigen Homer-Text gewinnen kçnne und dieser antwortete: „Indem man die alten Abschriften benutze und nicht die bereits verbesserten.“30 Wenn man diese Stelle in Bezug auf die Ausgabe Brugnolis, 27 Laertios 1475, fol. 2r : „[…] illud tamen non dissimulabo tantae iocunditati mihi esse videre quae fuerit vita uniuscuiusque philosophi, quod diogenes dilucidissime tradidit, ut vel hac re sola facile potuerim persuaderi ut hunc librum recognoscerem, nedum cum hac in re eadem opera et meae possem et vestrae satisfacere voluntati, quos pro vestris meritis tanti facio quanti quos plurimi.“ 28 Laertios 1475, fol. 2v : „Quae omnia etiam aliis quicunque hunc librum accurate perlegerint non dubito cum summa iocunditate eventura, cum praesertim mendae sublatae fuerint et corruptiones, quibus plerunque lectores adeo graviter offenduntur ut vel eis solis a legendo prorsus detereantur, et omnia ita sint distincta ut ad ea intelligenda lecturis nulla difficultas sit futura.“ 29 Laertios 1475, fol. 1r : „Sed utcumque sit, quod ad me attinuit pro suscepti muneris officio illud arbitror me consecutum esse ut non aliter a fratre Ambrosio qui e graeco in latinum eum vertit, hoc enim maxime quaesitum est, traductus fuerit, quam magistro Nicolao a me traditus fuit imprimendus, exceptis tantummodo epigrammatibus et versibus quibusdam, quos ab illo praetermissos componendos curavimus eique addendos.“ 30 Laertios 1475, fol. 1r : „Timonem ferunt optimi iuvenes cum ex eo Aratus quae sisset quonam pacto opera Homeri quae sine menda essent comperare posset: respondisse si in aliaqua antiqua exemplaria incidisset: non autem in ea quae iam ab aliquo fuissent emendata: que videlicet aggressi castigare ea volumina volentes ipsa

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samt ergnzter Dichtung deuten mçchte, impliziert die Anekdote, dass Brugnoli auf einen originalen Text zurckgegriffen hat, um eine mçglichst reine Edition, ergnzt berdies um die Dichtung, vorlegen zu kçnnen. Das bedeutet wohl, dass sowohl der griechische Text als Vorlage fr die Dichtung hinzugezogen wurde, als auch Traversaris lateinische bersetzung, die als solche durchaus originr ist. Insgesamt bemerkt Brugnoli, dass er den Text zwar sehr gern lese, dennoch die Lehren der Philosophen mit Vorsicht betrachte. Nicht die Nachahmung des außergewçhnlichen Handelns der Philosophen, die zur Verbesserung des eigenen Handelns fhrten, stehe im Vordergrund seiner Einschtzung, sondern die Betrachtung der Fehler bzw. Fehleinschtzungen derselben. Auf der Vermeidung ebendieser Fehler basiere das weitere Handeln, welches eine deutlich andere Sichtweise darstellt als die Marcheses. Dem Druck des Textes von 1475 folgen fnf weitere Editionen. Jede dieser Editionen variierender Drucker und Druckorte folgt der Ausgabe Benedetto Brugnolis, des Textes einschließlich Dichtung. Keiner der ihm nachfolgenden Herausgeber des 15. Jahrhunderts hat seine Ausgabe mit einer eigenen Widmung versehen. Lediglich Variationen des Indexapparates unterscheiden diese.31 Fasst man die Darstellungen der Widmungen der Frhdrucke der Vitae philosophorum zusammen, ist zu vermerken, dass sich Verhandlungen zwischen Dichtung und Philosophie schlichtweg nicht realisieren, da die Irrelevanz der Dichtung mit Einsetzen der lateinischen Tradition im 15. Jahrhundert postuliert und deren Tradierung zumindest bis 1475 verweigert wird. Traversaris zurckweisende Einschtzung der Bedeutsamkeit der Dichtung innerhalb der Viten und Lehren wird weiter beschrieben. Die ergnzende bersetzung der Dichtung durch Benedetto Brugnoli wird von ihm lediglich erwhnt, ohne in irgendeiner Form positiv hervorgehoben zu werden. Die Beurteilung der philosophischen Inhalte wird aufgewertet, die der Dichtung jedoch geht ber die von Traversari beanspruchte Wertung kaum hinaus. So wird, zumindest bis 1475, ein Diogenes Laertios tradiert, dessen Dichtung fr den lateinischsprachigen corrigere depravassent.“ Vgl. Laertios 1998, IX.113, 454: „Arat soll ihn gefragt haben, wie man den zuverlssigen Homer-Text gewinnen kçnne, und er habe dazu gesagt: ‘Indem man die alten Abschriften benutzt und nicht die schon verbesserten.’“ 31 Folgende lateinische Inkunabelausgaben der Vitae et sententiae philosophorum des Diogenes Laertios sind belegt: Gesamtkatalog der Wiegendrucke 1968, Bd. VII, 433 – 336: 1485, Brescia, GW 8380; 1490, Venedig, GW 8381; 1493, Venedig, GW 8382; 1495, Bologna, GW 8383; 1497, Venedig, GW 8384.

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Gelehrten kaum existent ist. Bedenkt man, dass Marcheses Ausgabe von 1472 in einigen Redaktionen keinerlei Widmungen enthlt, so ist fr deren Leser die Existenz dieser Dichtung nur bei sehr sorgfltiger Lektre oder Zugang zum griechischen Text erkennbar. Die Ntzlichkeit der philosophischen Lehren des laertianischen Textes wird, wenngleich von Traversari lediglich zçgerlich, so von Marchese und Brugnoli durchaus anerkannt. Sie sind nicht nur neue, relevante Informationen, sondern wertvolle Handlungsanleitungen im alltglichen Leben.

2. Laertianische Dichtung und Dichtungspraxis Bei der von Traversari als irrelevant eingeschtzten Dichtung handelt es sich um ein Konglomerat von etwas ber 300 Dichtungssequenzen in Form von Epigrammen, Elegien, Inschriften, Incipits von Werken und Orakelprophezeiungen. Den thematischen Schwerpunkt dieser Dichtung bilden, im weiteren Sinne, Grab- und Gedenkrhetorik. Eine Vielzahl von Epigrammen und Versen sind einem weiteren Werk des Diogenes Laertios entnommen. Bereits im ersten Buch, in der Vita des Thales, bemerkt Laertios, dass das zitierte Gedicht aus dem ersten Buch seiner Epigramme entnommen sei.32 Er ergnzt in der Vita Solons, dass er in diesem Werk den Tod bedeutender Menschen in allen mçglichen Metren, Rhythmen, Epigrammen und Liedern behandelt habe.33 Bei den ca. fnfzig verschiedenen Versen des Laertios handelt es sich fast ausschließlich um Epigramme zum Tode der jeweiligen Philosophen.34 Sie beschreiben in der Regel die Todesart und kommentieren diese positiv, negativ oder aber auch in neutraler Form. Einige wenige Ausnahmen beziehen sich auf Besonderheiten aus dem Leben der jeweiligen Person.35 Unter diesen Epigrammen, berwiegend ehrenvolle Grab- und Gedenkrhetorik, finden sich einige Spottverse und Scherzgedichtchen, die in der Gesamtschau allerdings eher harmlos wirken. Ist der Ton der Verse gediegen und der be32 Vgl. Laertios 1999, I. 39, 28. 33 Vgl. Laertios 1999, I. 63, 43. 34 Laut Kolrˇ handelt es sich um 30 Epigramme in Form elegischer Distichen und 20 umfangreichere Verse in verschiedenen Versvarianten wie Trochaen, Iamben, Daktylen, Anapsten etc. Vgl. Kolrˇ 1955, 190 – 195. 35 So ußert sich Diogenes Laertios, um lediglich ein Beispiel zu nennen, in der Vita des Pythagoras mit vier Versdichtungen, von denen sich drei mit der Weigerung des Philosophen, Fleisch zu essen, in scherzhafter Weise auseinandersetzen. Vgl. Laertios 1998, VIII. 44 – 45, 386 – 387.

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schrieben Person gegenber in der Regel wohlwollend, zitiert Laertios durchaus auch Autoren wie Timon oder Aristipp, deren Ton bedeutend schrfer ist als der Seinige. Timon von Phlius ist bekannt fr seine Hohnund Spottgedichte in Hexametern auf smtliche Philosophen und ihre Lehren, ihm widmete Laertios eigens eine Vita.36 Mehr als dreißig seiner Verse sind in den Viten wieder gegeben, er ist damit neben Laertios selbst der am hufigsten zitierte Dichter. Zitate einer Vielzahl weiterer Autoren ergnzen die Dichtung. Auffllig ist darber hinaus, dass der Großteil der den Philosophen in den Mund gelegten Zitate in gebundener Sprache vor allem Homer, vornehmlich der Ilias und der Odyssee, oder aber Euripides entliehen sind, als solche aber nicht kenntlich gemacht werden. Die Dichtung nun, die, wie die Paratexte der Handschriften und Inkunabeln verdeutlichen, den Herausgebern vernachlssigbar erscheint, ist in zweifacher Hinsicht von Interesse. Zunchst steht deren Einschtzung durch die Herausgeber des Textes in scharfem Kontrast zur allgemein gngigen Dichtungspraxis im 15. Jahrhundert, andererseits jedoch in bemerkenswertem Einklang mit der Rezeption der laertianischen Dichtung. Um das Verhltnis zwischen laertianischer Dichtung, Dichtungspraxis des 15. Jahrhunderts und Rezeption laertianischer Dichtung entsprechend einschtzen zu kçnnen, ist vorauszuschicken, dass fr das 15. Jahrhundert eine enorme Neubelebung vor allem der epigrammatischen Dichtung belegbar ist. Die Bezeichnung Epigramm ist hier im weitest mçglichen Sinne zu verstehen, da gerade fr das 15. und 16. Jahrhundert Epigramme von ausgesprochener Vielfalt und abweichender Lnge zu finden sind.37 Die neu belebte epigrammatische Form der Darstellung und Beschreibung reicht in smtliche Lebensbereiche und wird in den verschiedensten Varianten umgesetzt. Karl Enenkel fasst dies folgendermaßen zusammen: The genre experienced spectacular development and growth from the midfifteenth century […]. From the end of the fifteenth century, we find hardly any humanist who did not write epigrams, and almost every writer who regarded himself a true ‘poeta’ had composed a respectable amount of epigrams or even had them published in attractive manuscripts or printed editions.38 36 Timon habe, so Laertios in seiner Vita, Epen, 30 Komçdien, 60 Tragçdien, besagte Sillen und obszçne Verse verfasst, ebenso Prosaschriften von etwa 20000 Zeilen. Als Skeptiker habe er die dogmatischen Philosophen in parodistischer Weise verspottet. Vgl. Laertios 1998, IX. 109 – 116, 452 – 453. 37 Vgl. Enenkel 2009, 14. 38 Enenkel 2009, 1.

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Bereits Burckhardt betont die Bedeutung des Epigramms fr die Renaissance als „konzentrierteste Form des Ruhmes“ und benennt deren enge Bindung zur Epigraphik.39 So ist, um nur einen Bereich von fr uns besonderer Relevanz zu nennen, ein Aufschwung der Grab- und Gedenkrhetorik, das heißt, sowohl der am Grab vorgebrachten Rede als auch der zum Lob des Verstorbenen verfassten Rhetorik und Dichtung zu beobachten.40 Diese Rhetorik integriert die sich zunehmend erschließenden antiken Quellen und rezipiert sie in einer der Zeit entsprechenden Weise. Von dem Interesse an epigrammatischer Dichtung zeugen die sehr frhen Sammlungen lateinischer Epigramme. So stellte bereits Guarino Guarini auf den 1441 verstorbenen Niccol III. d’Este Epigramme von zwçlf verschiedenen Autoren zusammen.41 Ebenso initiierte Agnolo Manetti auf seinen Vater Giannozzo Manetti (1396 – 1459) zwischen 1460 – 1465 mit Hilfe einer Vielzahl von Gelehrten wie Guarino Guarini, Antonio Beccadelli, Giovanni Pontano, Christoforo Landino, Francesco Griffolini u. a. eine umfangreiche Sammlung von Epitaphien.42 Der lteste bekannte Druck einer Sammlung lateinischer Lob-Epigramme und Epitaphien, Liber de epitaphiis, entstand gegen 1472.43 Vorbild und Quelle waren vornehmlich Autoren wie Martial und Catull. Doch auch die griechische Dichtung ist fr das Quattrocento von Interesse und wird, nicht zuletzt durch den Zulauf von Emigranten aus dem byzantinischen Raum, entsprechend ergnzt und, sich der byzantinischen wie italienischen Dichtungstradition bedienend, weiter entwickelt. Sowohl Kardinal Bessarion (1403 – 1472) als auch Janus Lascaris (1445 – 1534) verfassten, nach antiker byzantinischer Tradition, fr das eigene Grab jeweils ein Epitaph.44 Ebenso besorgte Janus Lascaris 1494 in Florenz die editio princeps der Anthologia Planudea, einer Sammlung antiker griechischer Dichtung, welche auch Epigramme des Diogenes Laertios enthlt. Lascaris ergnzt sie um eigene Beitrge.45 Bereits vor der Edition der Anthologia Planudea 39 Burckhardt 1999, 295. 40 Maßgebliche Arbeiten zur Funeral-Rhetorik in Italien: MacManamon 1989, Daub 1996. 41 Walz / Dchting 2008, 24. 42 Walz 2005, 151 – 174. Der Titel lautet Epigrammata pro clarissimo viro domino IannoÅio Manetto a pluribus doctissimis viris edita. 43 Bertalot 1975, 269 – 301. 1472 ist als Jahr der Rubrizierung angegeben. 44 Lauxtermann 2009, 42. 45 Lascaris’ editio princeps, gedruckt in der Druckerei von Lorenzo d’Alopa, geht zurck auf eine am Ende des 9. Jahrhunderts von Konstantinus Kephalas zusammengestellte Anthologie verschiedener Autoren wie Meleager, Philip, Agathias,

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durch Lascaris bezeugten die italienischen Humanisten Interesse an diesem Text und kopierten die ersten Handschriften bzw. ließen diese von byzantinischen Exilanten kopieren.46 Lauxtermann betont, dass das Interesse an der griechischen Dichtung nicht von den byzantinischen Exilanten ausging, sondern diese den italienischen Humanisten folgten.47 Das Interesse an Dichtung im 15. Jahrhundert, vor allem im Bereich des biographischen Genres, der Ruhmes-, Gedenk- oder Grabrhetorik ist groß und Quellen werden zunehmend zugnglich gemacht.

3. Prosa und Dichtung – Rezeption der Vitae philosophorum Die Suche nach Spuren der Rezeption, der in den laertianischen Viten enthaltenen Dichtung, in den Texten der Humanisten und Philosophen des 15. Jahrhunderts, ist, trotz nachweisbarer Rezeption der Viten, wenig erfolgreich. Eine Rezeption der laertianischen Dichtung ist lediglich vereinzelt zu finden. Eine Auswahl von Texten folgender Autoren des 15. Jahrhunderts wurden auf eine Rezeption der Dichtung hin befragt: Giannozzo Manetti (1396 – 1459), Leon Battista Alberti (1404 – 1472), Kardinal Bessarion und Marsilio Ficino (1433 – 1499). Giannozzo Manetti ist einer der ersten, der, durch seinen engen Kontakt zu Traversari, sowohl zum griechischen Text als auch zur lateinischen bersetzung der laertianischen Philosophenviten Zugang hatte und diese entsprechend frh rezipierte.48 Besonders intensiv ist diese Rezeption in den biographischen Schriften des Autors.49 In seiner VitenSammlung De illustribus longaevis, eine seiner frhen biographischen Schriften, welche in sechs Bchern Viten berhmter Mnner entsprechend

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Diogenes Laertios, Strato, aber auch christlicher Autoren wie Diogenianus und Gregor von Nazianz. Zusammengestellt wurde die Sammlung von dem Byzantiner Maximus Planudes (ca. 1260 – 1310) in Konstantinopel. Im Jahre 1606 wurde in der Palatina in Heidelberg ein weiteres Exemplar von Kephalas Sammlung gefunden, das ca. 3700 Epigramme enthlt (Anthologia Palatina). Vgl. Cameron 1991, 41 – 65. Vgl. Hutton 1935, 29 – 35. Lauxtermann 2009, 50. Manetti war Schler Ambrogio Traversaris. Im Camaldolenserkloster Santa Maria degli Angeli lernte er bei Traversari die griechische Sprache. Vgl. Bisticci 1970, 451 – 452, 487. Relevante Werke sind: De illustribus longaevis 1436; Vitae Socratis et Senecae 1440; Vitae Dantis, Petrarcae et Boccatii 1440; Contra Iudeos et Gentes bis 1459, unvollendet.

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hohen Alters vereint, finden sich im fnften Buch, De philosophis, sechsunddreißig Lebensbeschreibungen nahezu ausschließlich griechischer Philosophen.50 Diese orientieren sich stark an der laertianischen Vorlage, werden jedoch gerafft und fokussiert wiedergegeben. Ausnahmen sind lediglich die Viten Likurgs, Galens, Senecas und Hippokrates’, hier greift Manetti deutlich auf die entsprechenden Kapitel des Liber de vita et moribus philosophorum pseudo Walter Burleys zurck. Manetti beschrnkt sich in seinen Angaben vornehmlich auf rein biographische Informationen wie Herkunft, besondere Fhigkeiten, Familienstand, Besonderheiten wie Teilnahme an Feldzgen oder Reisen, verschiedene Werke und Alter der jeweiligen Person. Philosophische Lehrmeinungen werden nicht erwhnt, unter Umstnden werden einige wenige, treffende Sentenzen der jeweiligen Philosophen zitiert. Die Dichtung der laertianischen Vorlage wird von Manetti nicht rezipiert. In seiner umfangreichen Vita des Philosophen Sokrates, die, in Anlehnung an Plutarchs Parallel-Biographien, zusammen mit einer Vita Senecas verfasst wurde, geht Manetti weit ber die Angaben der Viten seiner Sammelbiographie hinaus. Diogenes Laertios ist nach wie vor Manettis Hauptquelle, dennoch zieht er ebenfalls Informationen anderer Autoren wie Augustinus, Aristoteles, Apuleius, Cicero, Aulus Gellius, Hieronymus, Platon, Quintilian und Valerius Maximus hinzu. Manetti fokussiert in seinem Text auf Sokrates den ‘Brger’ Athens und Sokrates den ‘Philosophen’. Unter diese beiden Rollenbilder werden alle fr Manettis Darstellung relevanten Betrachtungen und Aussagen subsumiert, welche in ein definiertes Bild des Sokrates mnden. Sokrates als vorbildlicher Philosoph und Begrnder smtlicher ihm nachfolgender philosophischen Schulen und Sokrates als Idealbrger im Sinne des beginnenden 15. Jahrhunderts. In dieser Vita werden einige Anekdoten und Sentenzen des Philosophen vornehmlich auch aus Diogenes Laertios wieder gegeben. Lediglich einer seiner Verse wird zitiert: „Der Silberschmuck und auch das Purpurkleid sind brauchbar fr die Bhne, nicht frs Leben“.51 Manetti hlt sich hier eng an die laertianische Vorlage und bernimmt die geschilderte Situation, in welcher sich Sokrates vor einer Warenauslage des Marktes 50 Folgende Viten sind Diogenes Laertios entlehnt: Thales von Milet, Solon, Pittakos, Pherekydes, Kleobulos, Periandros, Myson, Epimenides, Anaxagoras, Sokrates, Xenophon, Menedemos, Platon, Xenokrates, Arkesilaos, Karneades, Theophrast, Lykon, Zenon, Dionysios, Kleanthes, Diogenes von Sinope, Epikur, Chrysipp, Pythagoras, Empedokles, Epicharm, Xenophanes, Demokrit, Protagoras, Pyrrhon und Timon. Vgl. Manetti Vat. Urb. Lat. 387, fol. 124r–145v. 51 Laertios 1998, II. 25, 102.

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befindet und kund tut, wie wenig er all dieser Dinge bedrfe.52 Dieser kurze Vers hat eher Sentenzencharakter und fgt sich in eine von Manetti in Gnze bernommene Anekdote, sodass dieser von Manetti wohl als Dichtung wahrgenommen, jedoch nicht als einzelner Vers zitiert wird, sondern in seiner Funktion eine Sentenz innerhalb einer Anekdote ist. Auch fehlt diesem die, den epigrammatischen Versen eigene, Bezogenheit auf persçnliche Ausprgungen und deren zumeist kritische Einschtzung. Manetti gibt ebenfalls das Incipit eines angeblich von Sokrates verfassten Liedes fr Apoll wieder: „Heil euch, Apollon und Artemis! Heil den berhmten Geschwistern!“53 Jegliche weitere Rezeption von Dichtung unterbleibt. Dennoch ist die Bedeutung epigrammatischer Dichtung zur Sttzung und Verdeutlichung der Exemplaritt der von ihm beschriebenen Personen ersichtlich und Einbringungen in seinen Biographien nachweisbar. Es findet sich im Text De illustribus longaevis, in der Lebensbeschreibung Petrarcas zum Beispiel, im sechsten Buch des Textes, De oratoribus, historicis et poetis, durchaus die Ergnzung einer Grabinschrift.54 hnliches lsst sich auch in seiner Schrift Contra Iudeos et Gentes, welche ebenfalls Lebensbeschreibungen enthlt, feststellen. Auch dort findet sich im Buch De scriptoribus profanis, in verschiedenen Viten, die Ergnzung von Versdichtung.55 So sind den Viten des Statius’,56 Dantes,57 Petrarcas,58 Boc52 Der Text Manettis ist Folgender: Manetti 1979, 144: „Saepe enim, dum variam venalium rerum multitudinem intueretur, secum hilaris dicere solebat: ‘Quam multis ipse non egeo!’ Ac semper habebat in ore iambos illos, quibus argentum et purpura ceteraque id genus tragedis potius quam usui vite necessaria’ ostendebatur.“ Die lateinische bersetzung lautet im Druck 1475, fol. 52r : „Saepe cum eorum quae publice uendebantur multitudinem intueretur secum ista uoluebat: quam multis ipse non egeo: ac semper habebat in ore iambos illos: quibus argentum et purpura et cetera id genus tragoedis potius quam usui uitae necessaria docentur.“ 53 Laertios 1998, II. 42, 109. Der Text Manettis lautet: Manetti 1979, 164: „Apollinee laudis initium huiusmodi ferebatur: ‘Delie Apollo, salve! Simulque Diana!’“ 54 Manetti bis 1439, fol. 15: „Frigida Francisci lapis hic tegit ossa Petrarchae. Suscipe virgo parens animam, sate virgine parce, fessaque iam terris caeli requiescat in arce.“ 55 Ediert von: Gardenal 2008. 56 Der ergnzte Vers lautet: „Curritur ad vocem iocundam et carmen amice Thebaidos, letam cum fecit Statius urbem promisitque diem: tanta dulcedine captos afficit ille animos tantaque libidine vulgi auditur. Sed cum fregit subsellia versu, exurit intactam nisi Paridi vendat Agavem.“ Gardenal schreibt den Vers Juvenal zu. Vgl. Gardenal 2008, 43.

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caccios59 und Cino da Pistoias60 Grabepigramme und Verse zum Tode und zum Lob der jeweiligen Persçnlichkeiten eingefgt. Diese werden in den Parallelbiographien Vitae Dantis, Petrarcae et Boccatii erneut aufgenommen.61 Handelt es sich bei der zitierten Dichtung der sokratischen Vita eher um ein anekdotisch verwendetes, Authentizitt stiftendes Element, ist das Ziel Manettis beim Gebrauch von Dichtung in seinen Sammelbiographien ein in Bezug setzen der jungen, modernen Autoren zu den zunehmend an Bedeutung gewinnenden antiken Vorbildern, um letztlich eine Aufwertung, oder zumindest gleichwertige Beurteilung dieser modernen Autoren zu erreichen. Bereits Salutati, in dessen Tradition Manetti gesehen werden kann, versuchte Petrarca mit antiken Rhetoren, Dichtern und Philosophen zumindest gleichzusetzen.62 Manetti folgt ihm in gewisser Weise, indem er 57 Zwei Grabinschriften werden angegeben: Manetti bis 1459, fol. 113r–113v : „Theologus Dantes nullius dogmatis expers quod foveat claro philosophia sinu.“ und „Iura monarchia, superos, Phlegethonta lacusque Lustrando cecini, voluerunt fata quousque. Sed quia pars nostri melioribus edita castris auctoremque suum petit felicior astris, hic claudor Dantes patriis extorris ab oris quem genuit parvi Florentia mater amoris.“ 58 Hier wiederholt sich die Inschrift: Manetti Vat. Urb. Lat. 387, fol. 154v : siehe Anmerkung 52. 59 Manetti ergnzt eine Grabinschrift: Manetti bis 1459, fol. 113r–113v : „Hac sub mole iacent cineres atque ossa Ioannis. Mens sedet ante deum, meritis ornata laborum mortalis vitae. Genitor Boccacius illi, patria Certaldum, studium fuit alma poesis.“ und ein Gedicht Coluccio Salutatis: „Inclite cur, vates, humili sermone locutus, de te pertransis? Tu pascua carmine claro in sublime vehis, tu montium nomina tuque silvas et fontes, fluvios ac stagna lacusque cum maribus multo digesta labore relinquis, illustresque viros infaustis casibus actos in nostrum aevum a primo colligis Adam. Tu celebras claras alto dictamine matres, tu divos omnes ignota ab origine ducens per ter quina refers divina volumina nulli cessurus veterum. Te vulgo mille labores percelebrem faciunt, aetas te nulla silebit.“ 60 Manetti bis 1459, fol. 113r–113v : „Hic Cinus in cineres sua busta reliquit acuta cuius fama viri cunctas penetravit ad urbes; Nam valuit calamo leges reserare patenter. Quem merito populi tollunt ad sidera doctum sed pars interior celi remeavit ad alta mille sub annis trecentumque fluentibus orbe.“ 61 Es finden sich das Epigramm auf Petrarca: siehe Anmerkung 52, beide Dichtungen auf Boccaccio: siehe Anmerkung 58, beide Dichtungen auf Dante: siehe Anmerkung 56. 62 Salutati 1891 – 1905, I, 183, Z. 2 – 6: „[…] hunc Petrarcam, inquam, et divino illo Maroni ac Graiorum vatibus, quos ille victor emulatus est, opponere licet in carmine, Ciceroni atque Demostheni in libera metrorum et pedum regulis oratione ipsique Anneo in moralibus anteferre.“ Zur Einschtzung und Etablierung Petrarcas durch Salutati siehe ausfhrlich Ebbersmeyer 2010, 104 – 112.

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vor allem fr die modernen Autoren seiner biographischen Sammlungen, in durchaus laertianischer Tradition, Epigramme in die Lebensdarstellungen einfgt, darber hinaus Verse zeitgençssischer Gelehrter wie Salutati aufnimmt. Ebenfalls sind in verschiedenen Werken Leon Battista Albertis deutliche Bezge zum Diogenes Laertios Text aufzeigbar, so vor allem in der Autobiographie dieses so vielseitigen Gelehrten.63 Alberti stellt sich in seiner Vita als feinsinnigen, hçchst gebildeten Gelehrten dar, dessen Sinnen es ist, sich ohne Schonung umfassend zu bilden und ohne Mßiggang seinen verschiedenen Pflichten nachzugehen.64 Darber hinaus zeigt er sich als Quell reicher Tugenden. Neben seinem Fleiß und Eifer sind es vor allem sein mßiger Lebenswandel, seine Bescheidenheit und Friedfertigkeit, aber auch seine Selbstbeherrschung und Geduld, die ihn zu einem Idealbild eines Gelehrten, zu einem selbst kreierten exemplum machen.65 Alberti ergnzt seinen Text um eine Vielzahl ausdrucksstarker Anekdoten und Sentenzen, welche er sich selbst in den Mund legt, um die Eigendarstellung authentischer wirken zu lassen und diese zu sttzen. Fr einige dieser Sentenzen sind die Viten des Diogenes Laertios als Quelle nachweisbar.66 Dennoch nimmt Alberti keinerlei Dichtung, weder aus Diogenes Laertios noch aus anderen Quellen, in seinen Text auf. Eine ganz hnliche Verarbeitung der Quelle Diogenes Laertios findet sich spter, in Niccol Machiavellis (1469 – 1527) Biographie des Castruccio Castracani wieder. Machiavelli schildert zunchst Leben, Wirken und Charakter des Feldherren und fgt seiner Biographie ebenfalls eine Vielzahl Sentenzen und dicta aus verschiedenen Viten des Laertios Textes an. Auch in dieser Vita findet sich keinerlei Rezeption der Dichtung.67 Ein weiterer hier zu nennender Autor ist Kardinal Bessarion. Bessarion ußerte sich in der Kontroverse um Lebensweise und nicht zuletzt Glaubwrdigkeit Platons gegen die Anfeindungen Georg von Trapezunts in den gegen 1455 verfassten Comparationes philosophorum Aristotelis et Platonis. In dieser Schrift vergleicht Trapezunt, „von wissenschaftlicher Sachlichkeit […] weit entfernt“, so Mohler, Wissen und Kçnnen der beiden Philosophen und kreiert Aristoteles als den berragenden Philo63 64 65 66

Ediert von Tauber: Alberti 2004 und Fubini / Gallorini 1972, 21 – 78. Vgl. Alberti 2004, 36 – 39. Vgl. Alberti 2004, 44 – 47. So finden sich Sentenzen aus den Viten des Thales, Diogenes von Sinope und Sokrates. Vgl. Alberti 2004, 86 – 87. 67 Machiavelli 1986 und 1998.

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sophen, dem ein lediglich mittelmßiger Platon gegenber steht.68 Als Argumente fhrt Trapezunt unter anderem Platons lasterhafte Lebensweise und pderastischen Neigungen an, gegen die sich Bessarion in seiner Verteidigungsschrift auf Platon, In calumniatorem platonis, wendet.69 Diogenes Laertios ist fr die Autoren von besonderem Interesse, denn Laertios nimmt in seine Vita Platons durchaus kritische Stimmen und Thematiken wie das Liebesleben Platons auf. Die Mehrzahl der tradierten Verse sind Spottepigramme, Liebesgedichte oder aber Verse ber und auf Platons mnnliche wie weibliche Liebschaften.70 Lediglich einige wenige Epigramme sind neutral oder gar positiv deutbar. Dies sind vor allem die Grabepigramme auf Platon, fnf an der Zahl, zwei verfasste Diogenes Laertios selbst.71 In seiner Schrift zitiert Bessarion den Auszug eines dieser Grabepigramme aus der laertianischen Vita Platons: „Sol genuit terris Asclepion atque Platona, scilicet hic animam, corpus ut ille regat.“72 Eingefgt ist der Epigrammauszug in das vierte Buch seiner Schrift. Im Kapitel De amore et eius differentia behandelt er das kritische Thema der Laster Platons, speziell die Knabenliebe, und wendet sich strikt gegen eine solche Sichtweise auf Platon. Belege, die gegen eine solche Interpretation der platonischen Lebensweise sprechen, werden Autoren wie Hieronymus, Augustinus, Cicero, Quintilian, Macrobius und Seneca, aber auch Thomas von Aquin entnommen. Die einzige Quelle nun, die Gegenteiliges, also Negatives, ber Platon zu berichten wsste, sei, so Bessarion, Diogenes Laertios. Allerdings seien dessen ußerungen ber Platon, so der Kardinal, in ihrer Gesamtheit positiv zu deuten, was der Epigrammauszug wohl verdeutlichen soll.73 Platon, zur Rettung der Seele in die Welt gebracht, 68 Vgl. Mohler 1927, 352 – 355. 69 Die wahrscheinlich erste Bearbeitung in Reinschrift ist der griechische Text von 1463. Es folgen verschiedene Bearbeitungen, deren vierte Bearbeitung die lateinische bersetzung des Textes von 1469 ist. Vgl. Mohler 1927, 361 – 364. 70 Die bei Diogenes Laertios zitierten Komiker sind Timon, Theopomp, Anaxandrides, Alexis, Amphis, Kratinos, Aristipp, ebenso werden Platon einige Verse zugeschrieben. Vgl. Laertios 1998, III. 26 – 33, 159 – 163. 71 Vgl. Laertios 1998, III. 43 – 45, 166 – 167. 72 Mohler 1927, 493. 73 Bessarion 1927, IV. 2, 30: „Quodsi Diogenes Laertius Platonem in eo libro, quem de eius vita et moribus scribsit, adolescentulos quosdam dicit in deliciis habuisse, et epigrammata quaedam lasciviora adiungit, facile intellegi potest minime eum ex sua sententia ista scripsisse, sed ad comicos quosdam et Aristippum referri. Nam, quod ad ipsius Diogenis opinionem pertinet, non modo hoc vitium alienum a Platonis moribus arbitratur, verum etiam moleste admodum fert calumniam hanc in tantum virum et plane, quid ipse sententiat, exprimit.“

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nicht fr kçrperliche Belange, agiert somit jenseits dieser eher dem Kçrperlichen zuzuordnenden Laster und Lste. Bessarions Auswahl ist interessant, denn der Diogenes Laertios Text verzeichnet zwei Epigramme, jeweils Vierzeiler, welche, dies besttigt die Anthologia Graeca, von Diogenes Laertios selbst verfasst wurden.74 Beide Epigramme geben in ihrem zweiten Teil die genannte Aussage, dass Platon zur Rettung der Seele in die Welt gebracht wurde, Asklepius hingegen zur Rettung des Kçrpers, wieder. Sie besttigen, quasi auf zweifache Weise, die positive Meinung des Laertios ber Platon. Marsilio Ficinos Ausfhrungen zum Leben Platons entstanden im Rahmen der bersetzung und Kommentierung der platonischen Dialoge fr Cosimo de Medici.75 Seine Vita Platonis liegt in verschiedenen Fassungen vor, deren frheste aller Wahrscheinlichkeit nach in der ersten Hlfte des Jahres 1469 entstand.76 Sie ist mit ihren knapp sieben Folioseiten eine komprimierte und stark selektierte Zusammenstellung von Informationen zu Leben, Wirken und Werk Platons.77 Ihr folgte eine weitere Fassung, die, weitaus umfangreicher, dem vierten Buch von Ficinos Epistolae integriert wurde.78 Beide Viten sind passagenweise mit der lateinischen bersetzung Traversaris identisch, beiden liegt Diogenes Laertios als Hauptquelle zugrunde. In Anlehnung an diesen verfasste Ficino eine Lebensbeschreibung, die, ausgehend von Familie und Geburt des Philosophen, Ausbildung, Reisen, Charaktereigenschaften, von ihm verfasste Schriften, sein Denken und Handeln sowie seine Wirkung wiedergeben. Dennoch selektiert und ordnet Ficino die von Laertios gebotenen Informationen neu und schafft damit einen Platon, der frei von jeglicher gegen ihn vorgebrachten Kritik dargestellt wird. In der frhen, handschriftlichen Fassung der Vita findet sich lediglich ein Hinweis auf die zahlreiche, Platon zugedachte Versdichtung im laertianischen Text. Im letzten Abschnitt der Vita findet sich folgende Ausfhrung: „Epigrammata circa sepulchrum eius plurima sunt inscripta. Et Aristotelis precipum illud.“79 Ein Hinweis auf zahlreiche Epigramme ist somit zu finden, ebenso wird auf Aristoteles und dessen Widmung hingewiesen. Weitere Ausfhrungen finden sich nicht. 74 75 76 77

The Greek Anthology 1960, Bd. 2, VII, 108 und 109. Ricklin 2011, 105 f. Ebenfalls: Ficino 1979, 56 und Hankins 1990, 1, 301. Ricklin 2009, 106. Die Fassung liegt als Handschrift vor: Biblioteca Apostolica Vaticana, Vat. Lat. 5953, fol. 323r–326r. 78 Vgl. Ficino 1576. 79 Ficino 1469, fol. 325v.

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Ein etwas deutlicheres Bild zeichnet sich in der spteren, epistolaren Fassung ab. Hier sind Zitate und Sentenzen durchaus von Bedeutung fr die Glaubwrdigkeit der Darstellung Platons. Es finden sich gerade im Rahmen von Charakterbeschreibungen und den Darstellungen des Handelns und Wirkens Platons eine Vielzahl von Zitaten, die in der Mehrzahl dem laertianischen Text entnommen sind. Ein gesamter Abschnitt der Vita, Sententiae et proverbia Platonis, ist allein Platon zugewiesenen Sentenzen gewidmet. Zwei weitere Kapitel sind in diesem Zusammenhang von Interesse. Zum einen der dem Lob Platons gewidmete Abschnitt Reditus Platonis in patriam coelestem et laudes. Es sind zum Lobe Platons, so vermerkt der Autor, von Aristoteles in einem Tempel sowohl ein Altar als auch eine Statue errichtet worden, deren Epigramm besagt: „Aram Aristoteles hanc Platoni dicauit, uiro quem nephas est a malis laudari.“80 Auch andere weise Mnner htten, so Ficino, Verse zum Lob Platons verfasst. Hier greift Ficino auf drei Epigramme aus Diogenes Laertios zurck, allerdings, und das ist bemerkenswert, gibt er die Epigramme lediglich dem Sinn nach wieder, so zum ersten Epigramm: „Primi haec est sententia: Temperantia, iustitiaque excelluit omnibus, tantum uero sapientia superauit, ut omnem prorsus inuidiam superauit.“81 und zum zweiten: „Secundi hic est sensus: Plato in deorum numerum est translatus. Longinquae hunc nationes honorant. Quia diuinam uitam ipse nouit aliis que monstrauit.“82 Zum dritten heißt es: „Tertii sententia huiusmodi est, Phoebus Aesculapium genuit et Platonem, ut illo corporibus, hic animus mederetur.“83 Eine weitere Inschrift einer Statue Platons, geweiht vom Perserkçnig Mithridates, fhrt Ficino, wohl auch in Anlehnung an Bessarion, an.84 Auch diese ist dem Diogenes Laertios Text entnommen.85 Ficino gibt sie in dieser 80 Ficino 1576, fol. 800. 81 Ficino 1576, fol. 800. Der Text in Diogenes Laertius lautet: Laertius 1475, fol. 57r : „Mortales cunctos excedens moribus aequis. Diuus aristocles hoc iacet in tumulo. Si sophiae quisque praeconia magna secutus, hic sibi multa tulit liuor et omnis abest.“ 82 Ficino 1576, fol. 800. Der Text in Diogenes Laertius ist nicht exakt zuzuordnen. 83 Ficino 1576, fol. 800. Der Text ist in Diogenes Laertius zweimal angegeben und lautet jeweils: Laertius 1475, fol. 57r : „En animas hominum quonam curasset apollo, Lustrasset si non oppida graeca plato. Corporibus medicans huic et epydaurius aegris filius, ut sapiens et animaeque plato.“ und „Occidit ut titan epydaurion atque platonem Protulit, hunc animae, corporis hunc medicum. Coniugia et separans petit quam condidit urbem. In quo solo magni ponitur inde iovis.“ 84 Bessarion 1927, IV. 2, 30. 85 Laertios 1998, III. 25.

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Form nahezu identisch wieder: „Mithridates Rodobati filius Perses Musis, Imaginem Platonis dicauit, Sillaniani opus.“86 Einige Anmerkungen Ficinos zur Dichtung finden sich im erwhnten zweiten Abschnitt Apologia de moribus Platonis, sie runden seine Einstellung zur laertianischen Dichtung ab. Ficino wendet sich hier gegen gewçhnliche Verseschmiede, welche, ohne es verdient zu haben, sich selbst Dichter nennen und sich gegen Platon, aber auch Sokrates, wendeten.87 Diogenes Laertius wird hier als Autoritt ins Feld gefhrt, Unfhigkeit und Bosheit ebensolcher Verseschmiede erkannt und vor allem verabscheut zu haben.88 Aristippus von Kyrene, der einige anzgliche Verse auf Platon und dessen vielschichtige Liebschaften verfasst habe, gelte als Vorzeigebeispiel fr die verleumderische Dichtung auf Platon. Auch Aristoteles, so Ficino, habe dieses nicht tolerieren wollen und ihm, Platon, die oben genannten Worte verfasst.89 Das Ziel, welches Ficino hier verfolgt und das einen Schwerpunkt vor allem der zweiten Fassung der Vita darstellt, ist die Einfhrung und Besttigung Platons als philosophische Autoritt sowie die Darstellung der tadellosen Lebensweise des Philosophen. Ficino bezieht mit dieser Vita Position im bereits erwhnten Streit Bessarions und Trapezunts um Glaubwrdigkeit und Bedeutung Platons. Bessarion drfte Ficino, so Ricklin, zu jener zweiten Fassung seiner Vita inspiriert haben.90 Die Hauptquelle fr die verschiedenen Einschtzungen Platons, nmlich Diogenes Laertios, wird von Ficino thematisiert und, hnlich der Vorgehensweise Bessarions, positiv gedeutet. Hinzu kommt als weitere Autoritt Aristoteles, eben jener Autor, der von den Gegnern Platons stilisiert wird und damit auch hier als Autoritt eine doppelte Wirkung hat.

86 Ficino 1576, fol. 800. Der Text in Diogenes Laertius lautet: Laertius 1475, fol. 57r : „Mithrideates rhodobati filius perses musis imaginem platonis dicauit silanionis iopus.“ 87 Ficino 1576, fol. 800: „Sunt plebei quidam versificatores, qui immerito Potarum sibi nomen usurpant, hi tam morum dissimilitudine, quam malignitate invidiae provocati in optimum quemque impudentissime ludunt. […] Tales igitur olim Poticuli divum Platonem a Graecis Apollinis filium et Socratem ab pletatem Lartius Diogenes summopere detestatur.“ 88 Vgl. Ficino 1576, fol. 800. Siehe Anmerkung 84. 89 Vgl. Ficino 1576, fol. 800. 90 Vgl. Ricklin 2009, 115.

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4. Von den Unabwgbarkeiten der Rezeption Sprt man mçglichen Rezeptionen der laertianischen Dichtung vor dem hier angedeuteten humanistisch-philosophischen Hintergrund im 15. Jahrhundert nach, zeigt sich, dass diese lediglich in sehr engen Grenzen stattfinden. Die punktuell wiedergegebene laertianische Dichtung in den verschiedenen, hier untersuchten Schriften, steht in keinem Verhltnis zu der Flle der von Diogenes Laertios zitierten Verse, sodass durchaus von einer misslungenen Rezeption gesprochen werden kann, die wiederum in einem engen Zusammenhang zur Tradierung des lateinischen Textes steht. Betrachtet man das untersuchte Instrumentarium zusammenfassend, lassen sich, wie gezeigt wurde, durchaus Bezge zur Dichtung finden. So verweigert Manetti den antiken Autoren die Zitation von Epigrammen bewusst, um sie wiederum berlegt bei modernen Autoren zu ergnzen. Die Grnde wurden genannt. Er schließt sich damit der Grundhaltung Traversaris an und geht mit dessen Argumenten konform, wenn Traversari sich in seiner Widmung dahingehend ußert, seine Leser zu ermahnen und einer bermßigen Bewunderung dieser antiken Philosophen vorzubeugen.91 Manetti setzt diese Einschtzung in seinen Viten um, indem er zielgerichtet Dichtung einfgt, oder aber diese verweigert. Sowohl Traversaris Mahnung als auch Manettis praktische Bezugnahme kann als Versuch interpretiert werden, den sich etablierenden antiken Autoritten gleichsam zeitgençssische Gelehrte zur Seite zu stellen und somit die zunehmende Zahl antiker Autoritten und Lehrmeinungen in den bestehenden Kontext zu integrieren und einen Ausgleich sich ergebender Unausgewogenheiten zu versuchen. Im Rahmen der Diskussion um die Etablierung Platons in den philosophischen Kanon sind Bessarion und Ficino gezwungen, sich der laertianischen Dichtung zuzuwenden und deren kritische Stimmen zu bewerten. Dennoch wird, bis auf einige wenige Versfragmente, eine Aufnahme der Dichtung nahezu verweigert, dies schließt die Platon positiv beurteilende Dichtung ein. Zu beachten ist darber hinaus, dass es sich bei den vorgestellten Texten um durchaus unterschiedliche Genres handelt. ußert sich Bessarion zur laertianischen Dichtung in einer traktathnlichen Verteidigungsschrift auf Platon, greift Ficino, ein wenig spter, die von Bessarion eingebrachte Thematik im biographischen Genre noch einmal auf und schafft mit diesem Genrewechsel einen anderen, weiteren Zugang zu diesem Thema, der auf eine Ausweitung der Diskussion 91 Siehe Anmerkung 8.

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schließen lsst. Mçglich ist dies auch aufgrund der sich zunehmend realisierenden bersetzung der platonischen Schriften durch Ficino. Insgesamt ist ein deutliches Interesse an den laertianischen Sentenzen und Anekdoten festzustellen, deren reiche Rezeption mit der kaum vorhandenen Rezeption der Dichtung kontrastiert. Diese dicta weisen trotz ihrer ‘Unbestimmtheit’ ein hohes Maß an Authentizitt auf. So wird der in den Viten verzeichneten Dichtung in der Mehrzahl eine Quelle, das heißt ein Autor, ein Werk oder beides, zugeordnet. Die Quellenbestimmung der Sentenzen jedoch bleibt in der Regel offen, sie lassen sich in verschiedenen Viten, von verschiedenen Sprechern wiedergegeben, finden und bergen die Mçglichkeit einer freien Zuweisung, von der rege Gebrauch gemacht wird, wie deutlich in der Autobiographie Albertis zu sehen ist. Konfrontiert man bersetzungstradition und Rezeption der laertianischen Dichtung, zeigt sich deutlich, dass sich diese prozessualen Entwicklungen bedingen. Die anfnglich nicht realisierte lateinische Tradierung der Dichtung, samt Einschtzung des bersetzers, evoziert geradezu ein Verwehren der Rezeption. Dem wiederum liegen verschiedene Ursachen zugrunde. Zunchst ist ein deutliches Defizit in Umgang und Anwendung der griechischen Sprache, speziell der griechischen Dichtung, auszumachen. Traversari, dessen Bemhungen, sich der bertragung des Textes ins Lateinische zu entziehen, kein Erfolg beschieden war, war sich dieser Schwierigkeiten durchaus bewusst und versuchte, wie eingangs bereits angedeutet, wiederum erfolglos, Francesco Filelfo fr die bersetzung dieser Dichtung zu gewinnen. Die von ihm verfasste Widmung deutet die Problematiken der bersetzung bereits an, das Begleitschreiben an Cosimo offenbart diese noch einmal deutlich.92 Die lateinische Tradition der Philosophenviten des Diogenes Laertios beginnt demzufolge sowohl mit einer mhevollen bersetzung des Textes, dem Fehlen der im Text enthaltenen Dichtung als auch dem in Frage gestellten Nutzen des Textes samt Dichtung. Diese Grundhaltung begleitet die Textgeschichte mehr als vierzig Jahre. Auch wenn es 1475 zu einer Ergnzung der Dichtung kommt, wird deren Bedeutung bzw. deren von Traversari postulierte Irrelevanz nicht revidiert, sondern in abgeschwchter Form weiter tradiert. Lediglich in Grenzen lassen sich die sprachlichen Schwierigkeiten der rezipierenden Autoren einschtzen. Klar ist, dass Alberti eine Handschrift der lateinischen bersetzung Traversaris zur Verfgung stand, in welcher die Versdichtungen als Randbemerkungen in griechischer Originalsprache 92 Siehe Anmerkung 11 und 12.

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ergnzt sind.93 Manetti war im Besitz zweier griechischer Handschriften bzw. Teilhandschriften des Textes.94 Er war des Griechischen durchaus mchtig, dennoch orientiert sich Manetti in seinen Neuverschreibungen mehr an der lateinischen bersetzung Traversaris denn am griechischen Text, sodass gewisse Schwierigkeiten im Umgang mit griechischer Dichtung durchaus denkbar sind. Sprachliche Schwierigkeiten lassen sich fr Bessarion ausschließen, bei Ficino allerdings verwundert es, dass die fr ihn so relevante Dichtung lediglich in Anlehnung an Bessarion und dem Sinn nach wiedergegeben wird. Es stellt sich darber hinaus die Frage nach der Autoritt des Autors der Vitae philosophorum. Sowohl die handschriftliche Tradition als auch die Druckgeschichte des Textes zeugen von dessen immenser Bedeutung fr das 15. und 16. Jahrhundert. Dennoch lsst sich, sowohl im Hinblick auf berlieferte Dichtung als auch die Darstellung des Autors, die Autoritt des Diogenes Laertios nicht eindeutig bestimmen. Die Viten werden zahlreich und textnah rezipiert, Diogenes Laertios zunchst jedoch lediglich am Rande oder gar nicht erwhnt, selbst berblendungen des Autors mit bereits etablierten Autoritten sind zu beobachten, sodass fr die erste Hlfte des 15. Jahrhunderts eine deutliche Diskrepanz zwischen Text- und Autorautoritt erkennbar ist. Ein Wandel, zugunsten des Autors, ist in der zweiten Hlfte des 15. Jahrhunderts auszumachen. So erwhnen Bessarion und Ficino Diogenes Laertios nicht nur, sie nehmen explizit Bezug auf ihn und seinen Text, kçnnen ihn, auch aufgrund der tradierten Dichtung, nicht mehr außen vor lassen. Auch Nikolaus von Kues scheut sich in seinem 1463 entstandenen Text De venatione sapientia nicht mehr, Diogenes Laertios als inspirierende und textrelevante Quelle zu zitieren und deutlich zu benennen. Ebenso greift Erasmus von Rotterdam in seinen 1500 gedruckten Adagia auf Diogenes Laertios zurck und benennt seine Quelle, um lediglich zwei weitere Beispiele anzufhren. Diogenes Laertios wird, insofern er als Autoritt erwhnt wird, als Historiograph nicht jedoch als Dichter wahrgenommen. Auch die bertragung der Dichtung ins Lateinische, samt deren Drucklegung in der Ausgabe 1475, bewirkt keine signifikante Zunahme der Rezeption der Dichtung. Zurckzukommen ist in diesem Zusammenhang noch einmal auf Funktion und Bedeutung epigrammatischer Dichtung. Die neu-lateinische Epigrammatik ist, so man deren Anwendung genauer untersucht, 93 Die Handschrift ist Strozzi 64 der Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz. Vgl. Materazzi 2005, 439 – 440. 94 Die Handschriften sind: Leid.Bibl.Publ.Gr.75 und Vat.Pal.Gr.182.

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zunchst geprgt von dem Wunsch der pointierten Darstellung einer Person oder eines Sachverhaltes. So ist gerade im biographischen Genre, im Hinblick auf die Darstellung von Personen, der ausgeprgte exemplarische Charakter sprbar. Der Autor von Epigrammen formuliert Charakter- und Handlungsmuster, er veranschaulicht und bewertet diese und impliziert damit wiederum Normen fr Verhaltens- und Lebensweisen. Er schafft sozusagen exempla, die aktuellen Wertevorstellungen folgen oder diesen gewollt diametral gegenber stehen. Ferner stellt der Autor seine Fhigkeit, eine wie auch immer geartete Begebenheit komprimiert, pointiert, in metrischer Form, entsprechend witzig, ironisch zu formulieren, deutlich heraus. Er nimmt eine Position innerhalb der gewhlten Thematik ein und empfiehlt damit dem adressierten Leser sowohl sein Kçnnen als poeta als auch seinen persçnlichen Standpunkt. Epigrammatik ist nicht allein Darstellung einer Person oder Begebenheit, vielmehr Selbst-Darstellung des Autors. Die von Laertios zitierte Dichtung der Vitae philosophorum dient der Darstellung und Stilisierung der griechischen Philosophen und wird als solche aufgrund der mangelnden Tradierung nicht wahrgenommen oder aber bewusst außen vor gelassen. Andererseits ist sie, als antike, griechische Dichtung, Vorbild und Vorlage fr eigene dichterische Entfaltungen, wie Sammlungen wie die Anthologia Planudea eines Janus Lascaris und Entwicklungen des 16. Jahrhunderts zeigen. Die bersetzungs- und Rezeptionsgeschichte der Dichtung der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios unterliegt den Unbilden sprachlicher Defizite, aber auch einem sich im Wandel befindlichen Verstndnis der Autoritt des Autors Diogenes Laertios. Dieses zeigt sich in einem scharfen Kontrast zwischen Bedeutung und Rezeption des Textes, wobei die Rezeption der Dichtung deren Bedeutung quasi nachhinkt und im Laufe des 15. Jahrhunderts Laertios zunehmend als Historiker, nicht jedoch als Dichter wahrnimmt und rezipiert.

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Vom guten Leben. Francesco Filelfo als Kommentator Petrarcas Florian Mehltretter Am Ende von Petrarcas berhmter ‘Metamorphosen-Kanzone’ „Nel dolce tempo della prima etade“ (Rerum vulgarium fragmenta 23) steht eine Verwandlung, die, wie der Dichter sagt, niemals stattgefunden hat. Nach den Metamorphosen des Selbstverlusts und der dichterischen Selbstfindung, nach den Transformations-Mythen der Versteinerung und des Verstummens sowie der Wiederfindung einer dichterischen Stimme im stummen Medium des Buches – nach all diesen Verwandlungen sagt das Ich im Envoi sinngemß: Nur eines war ich nie; ich war niemals jener Goldregen, als der Zeus einst zu Danae hinab stieg. Der kçrperliche Besitz Lauras ist ihm nicht vergçnnt. Und in einem zweiten Jupiter-Mythos sagt uns Petrarca auch, was fr ihn an die Stelle dieses Besitzes tritt: Er erhebt in seinem Gesang die Geliebte so hoch wie nur der Adler fliegen kann. Als zwischen 1443 und 1447 der berhmte Humanist Francesco Filelfo Petrarcas Canzoniere fr seinen Dienstherrn, den Herzog Filippo Maria Visconti von Mailand, mit einem Kommentar versah,1 war naheliegenderweise die mit mythologischem Wissen gesttigte MetamorphosenKanzone einer der Texte, an denen er seine Antiken-Gelehrsamkeit am breitesten zur Schau stellen konnte. Erwartungsgemß behandelt Filelfo die im Text enthaltenen Mythen ausfhrlich, und man kçnnte zeigen, dass Filelfos Mythenreferate, die teils in Prosa, teils in eigenen Versen antike Prtexte italienisch nachbilden, den Kommentator unterschwellig auch als Dichter positionieren.2 Aber hier soll ein anderer Aspekt dieses Kom1

2

Editio princeps: Petrarca 1476; wir zitieren nach der uns zugnglichen Ausgabe Petrarca 1522; Abbreviaturen werden aufgelçst. Bessi 1987 gibt als Entstehungszeitraum fr den Kommentar mit guten Grnden 1443 – 1447, am wahrscheinlichsten 1443 – 1444, an. Filelfo brach den Kommentar bei RVF 136 ab. Gleichwohl hat der Kommentar eine gute Manuskripttradition (vgl. Bessi 1987, 252 – 267) und wurde ab 1476 hufig gedruckt. Zu Filelfos Nachdichtungen antiker Poeten vgl. Wilkins 1963. Man kçnnte zeigen, dass nicht nur die in Versen abgefassten volgarizzamenti antiker Quellen, sondern

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mentars untersucht werden. Filelfo sagt Folgendes ber das erwhnte Congedo der Canzone: CANZON io non: Finalmente in questa vltima stanza concludendo il nostro poeta dimostra che cosa obseruare si debbe dali inamorati che hanno del gentil et non sono simili alli asini: che pur che vsare possino il coito rimangano satij. Il che puo facilmente conseguire ciaschuno che ha di quel cauanzo a Mida et sia nello spendere non scarso perho che pochissime donne sono lequali per dinari non si corrumpino: il che manifesta per la favola di Iove: il quale come hora distesamente diremo essendo inamorato di Danne fiola del Re Acrisio: non potendola altrimente obtenere si transformo in vna piogia doro. Il che dice M.F. non hauer mai facto come quello che per non hauer potuto far altro ha sempre M.L. come fano li animi gentili amato: cioe damore cordiale et dolcesopra ogni altra donna et alla cossi inalzata con le sue commemorationi sopra ogni altra qual stata sia come laquila vola sopra ogni altro vccelo. (Filelfo 1522, XIXr) [KANZONE, ich war nie: Endlich zeigt in dieser letzten Strophe unser Dichter abschließend auf, was von den Verliebten zu beachten sei, die etwas Vornehmes haben und nicht den Eseln hnlich sind: dass sie (nmlich), wenn sie nur den Koitus zu gebrauchen wissen, gesttigt bleiben. Und dies kann jeder leicht erreichen, der von dem hat, an welchem Midas berfluss hatte, und beim Ausgeben nicht knausert, denn es sind wenige Frauen, die sich nicht fr Geld korrumpieren lassen: und dies zeigt er an der Fabel von Jupiter: der, wie wir gleich ausfhrlich sagen werden, in Danae, die Tochter des Kçnigs Acrisius, verliebt war: und, da er sie nicht anders erringen konnte, sich in einen Goldregen verwandelte. Und davon sagt Messer Francesco, er habe dies nie getan, denn er hat, da er nichts anderes tun konnte, immer Madonna Laura wie es die vornehmen Seelen tun geliebt: das heißt mit herzlicher und zrtlicher Liebe ber jede andere Dame, und er hat sie so erhoben mit seinen Preisungen ber jede andere, die es je gab, wie der Adler hçher als jeder andere Vogel fliegt.]3

Filelfo benutzt offenbar die semantische quivalenz ‘Gold = Geld’ dazu, um ber den Danae-Mythos eine ganz eigene und ziemlich frauenfeindliche Reflexion ber die Kuflichkeit der Liebe einzuflechten, deren Relevanz im Zusammenhang mit Petrarca aus heutiger Sicht mindestens

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auch die Prosaerzhlungen der darin enthaltenen Mythen sehr auf Anschaulichkeit und Effekt beim Leser zielen; insofern zeigt sich hier in Vers und Prosa ein (fr einen ansonsten dem Italienischen wenig zugeneigten Autor) erstaunlicher Ehrgeiz. Aber Filelfo wollte sich eben nicht nur (wie hier dargestellt werden wird) als Moralphilosoph und Philologe, sondern auch als Literat, sowie (wie Kennedy 1994 allzu einseitig herausarbeitet) als Untersttzer viscontischer Herrschaftsansprche darstellen. Alle bersetzungen: Florian Mehltretter.

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fragwrdig scheint. Francesco htte Laura Geld anbieten sollen, dann htte er sich seine schmerzvolle Liebesdichtung sparen kçnnen. Ich will von einem philologischen Detail dieses Passus ausgehen, um dann in einem kleinen Bogen durch andere Kommentierungen Filelfos folgende Thesen zur Diskussion zu stellen: 1. Filelfos Kommentar versucht dem poetischen Text einen bestimmten moralphilosophischen Sinn abzugewinnen, der aus heutiger Sicht nicht mit der moralphilosophischen Dimension von Petrarcas Canzoniere identisch ist. 2. Diese Zielsetzung verfolgt der Kommentator mit performativen und narrativen Verfahren, mit deren Hilfe er eventuell argumentativ noch nicht ausgereifte Philosopheme verdeckt erproben kann. 3. Durch die sptere Drucklegung wird dieser sehr auf eine individuelle Situation zugeschnittene Kommentar einer allgemeineren ffentlichkeit zugnglich gemacht, in der sich das moralphilosophische Projekt Filelfos verliert. Die zu seiner Durchfhrung eingesetzten Strategien prgen jedoch zusammen mit ganz anders gelagerten Beitrgen anderer Kommentatoren die scheinbar homogene, in ihrer historischen Tiefe aber heterogene Diskursformation des frhneuzeitlichen Petrarca-Kommentars.

1. Philologie und Fleischeslust Bei dem Textdetail, von dem ich ausgehen mçchte, handelt es sich um die zweimalige Verwendung des Adjektivs gentile, ‘artig’, ‘hçflich’, vielleicht auch ‘vornehm’ in dem zitierten Abschnitt, einmal im Kontext der Glosse zum Danae-Mythos, einmal im Zusammenhang mit Zeus als Adler. Im ersten Fall charakterisiert gentile die urbanen Liebenden, die sich nicht wie Esel benehmen, sondern den Gebrauch der Lste vermittels Gold zu beherrschen wissen. Raffinement und Lebenskunst charakterisieren diese Glcklichen, und zu diesen zhlt Messer Francesco nicht. Auch im zweiten Fall ist das Adjektiv positiv besetzt. Aber es charakterisiert hier just jene Liebenden, zu denen Francesco in der Tat zhlt, nmlich die Zurckhaltenden, die nur von weitem ihre Dame verehren und sie allenfalls durch Gesang erheben – so hoch wie Zeus als Adler fliegt, aber eben ohne dabei vom Gegenstand ihrer Sehnsucht Besitz zu ergreifen (wie es hingegen Zeus mit Ganymed tat). Filelfo versieht also zwei kontrre und letztlich einander ausschließende Haltungen mit dem gleichen positiven Begriff gentile, wobei er im ersten Falle sogar die gegenteilige Haltung zugleich verspottet. Der Paratext

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verwickelt sich mithin bei seinem Versuch, dem poetischen Text eine (diesem fremde) Bedeutung zuzuweisen, in einen Widerspruch: Filelfo kann sich nicht entscheiden, ob er Francescos erotische Zurckhaltung verspotten oder preisen will. Manche Forscher, etwa Luca Marcozzi, haben Filelfo denn auch Planlosigkeit vorgeworfen.4 Nun kçnnte man sagen: Ein Kommentar dieser Art zielt gar nicht auf Kohrenz, denn er bezieht sich immer nur auf einzelne Stellen. Wenn er zu kohrenten Positionen findet, ist dies allenfalls Effekt seiner Bezugnahme auf einen selbst kohrenten Haupttext; sein Zusammenhalt wre dann lediglich geborgt. Diskontinuitt wre demgemß sogar der Normalfall. Aber ich mçchte zeigen, dass genau diese Ambivalenz in Filelfos Kommentar zu hufig und zu systematisch auftritt, um lediglich Kollateralschaden der punktuellen Natur allen Glossierens sein zu kçnnen. Es ist vielmehr meine These, dass Filelfo hier an einem moralphilosophischen Problem arbeitet, das er erst spter in seiner Karriere einer Art Lçsung zufhren kann.5 Um dies zu przisieren, gilt es, einige weitere Kommentarstellen in den Blick zu nehmen. So zum gleichen Gedicht (RVF 23), Strophe 5. Laura weist Francesco ab mit den Worten: „I’ non son forse chi tu credi“ (Ich bin vielleicht nicht die, fr die du mich hltst).6 Dazu meint Filelfo: Il che per auentura dicto non haurebbe se M.F. hauesse lassato isuoi prohemij & venuto ai facti perho che le donne quantunque ne habino voglia sfrenata vogliono parere tal cosa dare a forza: accioche siano estimate honeste: & perche M. F. Petrarcha era molto piu vsato tra libri che in le bataglie veneree pertal parlar rimase sbigottito. (XVIIIr) [Das htte sie vielleicht nicht gesagt, wenn Messer Francesco seine Vorreden gelassen htte und zur Sache gekommen wre, denn die Frauen, mçgen sie auch entfesselte Begierde verspren, wollen den Anschein erwecken, sie gewhrten diese Dinge nur gezwungenermaßen: so dass sie ehrsam scheinen: und weil Messer Francesco Petrarca viel vertrauter mit Bchern war als mit den Schlachten der Venus, war er ber diese Worte entsetzt.]

Einige Gedichte weiter vorne betont er, Petrarca „auea si poco del pratico che non sapea ne torne ne dimandare de lacqua per spegnere il foco in che brugiaua.“ (XIIIv) (Petrarca war so wenig praxiserfahren, dass er das Wasser 4 5 6

Marcozzi 2004, 164 charakterisiert Filelfos Kommentar insgesamt als „mal saldate giustapposizioni di aneddotica e mitologia“. Auch Bessi 1995 insistiert zu Recht auf der moralphilosophischen Dimension von Filelfos Kommentar, blendet aber den komisch-erotischen Diskurs Filelfos (und mithin die epikureische Thematik) aus ihren berlegungen aus. Petrarca 1995, 98.

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weder zu nehmen noch zu erbitten wusste, das jenes Feuer gelçscht htte, in dem er brannte.) Ein offensichtlich komisches Register, das hier fr einen komischen Gegenstand, das Erotische, Verwendung findet – nur ist diese Perspektivierung des Redegegenstandes als eines komisch-erotischen ihrerseits dem Text Petrarcas nicht angemessen. Carlo Dionisotti hat daher sicher Recht mit seiner Diagnose, dass hier der Humanist spricht, der die Tradition der Minnelyrik nicht mehr versteht und stattdessen eine antikisierende Sicht der Erotik einbringt;7 in diesem Falle ergnzt durch eine vielleicht ebenfalls humanistische Misogynie. Aber ich glaube, man kann den Hintergrund dieser Bemerkungen noch genauer erfassen als es Dionisottis durchaus zutreffende Einordnung in das intellektuelle Profil Filelfos vermag: Man kçnnte versuchen, sie weniger als Symptom von etwas zu erklren als vielmehr darauf abzuklopfen, ob sie ein interessantes Sinnangebot machen. Dazu ist zunchst Folgendes festzuhalten: Die Stoßrichtung dieser Komik geht nicht auf den Eros allgemein, sondern hier wird das spezifische Verhalten des lyrischen Ich von Petrarcas Dichtungen ridiklisiert und letztlich – so meine ich – kritisiert: Htte er es doch geschickter angestellt! Zugleich wird der Eros als solcher implizit affirmiert (als das nicht hinterfragte Ziel, an dessen Erreichung Petrarca eben komisch scheitert). Dabei gert das Ich des Canzoniere (und damit auch indirekt der Autor Francesco Petrarca) ins Zwielicht: Er wird Objekt des Spottes, und dies kçnnte man im Zusammenhang mit dem Krieg von Filelfos Dienstherren, des Herzogs von Mailand, mit Florenz, dem kulturellen Vaterland Petrarcas, stellen: Wird hier also einfach nur ein Gegner erledigt? Dagegen sprechen allerdings drei Merkmale von Filelfos Kommentar: Erstens wird auf beinahe jeder Seite die Eleganz der Dichtung Petrarcas gerhmt; es wird also keineswegs eine kulturelle Ikone der Gegenseite demontiert. Zweitens wird – wie William J. Kennedy herausgearbeitet hat – Petrarca sogar fr den Visconti-Hof beansprucht; es wird nmlich immer wieder betont, dass Petrarca sich gerne in Mailand aufhielt und dort angeblich sogar htte bleiben wollen.8 7 8

Vgl. Dionisotti 1974, 80 f. Vgl. Kennedy 1994, 36 – 45. Die Feindschaft zu Florenz zeigt sich im Kommentar unter anderem in der berhmten Glosse zum letzten von Filelfo noch kommentierten Gedicht, RVF 136, Fiamma del ciel. Hier wird die Kurienkritik, die dieses Sonett auszeichnet, vçllig unterschlagen (obwohl sie im Zusammenhang mit anderen Gedichten unterstrichen wird) und stattdessen eine Geschichte ber eine

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Drittens steht der oben referierte komisch-erotische Diskurs, der wie gesagt impliziert, dass die fleischliche Lust erstrebenswert ist, in Opposition zu einem anderen Strang von Filelfos Kommentar, der Petrarcas eigener Problematisierung der Fleischeslust folgt und diese sogar noch theoretisch ausbaut. Von dieser zweiten Position aus wrde es gerechtfertigt erscheinen, die zurckhaltenden Liebenden als gentili zu preisen. So gibt zwar Filelfo anlsslich des Sonetts „Era il giorno“ zu, Laura msse von so exzeptioneller Schçnheit gewesen sein, dass das Innamoramento am Karfreitag sich quasi als kausale Notwendigkeit daraus ergeben habe. Aber er unterstellt doch Petrarca einen Mangel an „ragione e continentia“, dass er sich der Leidenschaft zu Laura berlassen habe; dieses Ungengen der Vernunft und der Mßigung tadelt er.9 Und anlsslich eines PetrarcaTextes, der besonders die Triebhaftigkeit problematisiert – „S traviato ’l folle mio desio“ (RVF 6) – bewertet Filelfo sogar die Lust selbst negativ: - AL LAVRO: allamata mia Madonna Laura. VNDE si coglie acerbo fructo: cioe cossi e acerbo e dispiaceuole il fructo damore che e nellatto Venereo: come quello del lauro (VIv). [- ZUM LORBEER: zu meiner geliebten Dame Laura. VON DEM man herbe Frucht erntet: das heißt, so herb und unangenehm ist die Frucht, die dem Liebesakt innewohnt, wie jene des Lorbeers.]

Auf diesen Passus komme ich noch einmal zu sprechen, will aber hier nur darauf hinweisen, dass der Liebesakt bitter sein soll wie die Frucht des Lorbeerbaums. Das ist eine durchaus nicht originelle Auffassung.10 Dass sie aber hier referiert wird, steht auf jedem Fall im Widerspruch zu der raffiniert-spçttischen Genießer-Attitde der zitierten Glossen zu Petrarcas ausgebliebenen Liebeserfolgen. Es wird klar geworden sein, dass Filelfos Kommentar von einer Ambivalenz zwischen einer positiven und einer negativen Bewertung der Liebeslust gekennzeichnet ist. Darin ist er dem zu kommentierenden Text parallel, aber eben auch nur parallel. Denn Petrarcas Dissidium funktioniert anders: Es beruht auf einem System unaufhebbarer Oppositionen: schamlose Florentinerin erfunden, die sich angeblich fr ihre Gunst von Petrarca ein Kleid bezahlen lassen wollte (LXVIIr). 9 Vgl. Filelfo in: Petrarca 1522, IVr. 10 Vgl. etwa Boethius, De consolatione philosophiae: „tristes vero esse voluptatum exitus, quisquis reminisci libidinum suarum volet intelleget“ (Boethius 1990, III, 7). Darber hinaus kçnnte das in seiner Originalgestalt nicht eindeutig zu bestimmende mittelalterliche Sprichwort „Post coitum omne animal triste“ hier im Hintergrund stehen. Vgl. hierzu Montero Cartelle 2001.

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zwischen der Anziehungskraft der Dame und ihrer tugendbedingten Unerreichbarkeit, zwischen edler Anbetung und sndhafter Begierde; die daraus resultierende Spaltung wird einerseits genossen, andererseits als sndhafte Unvernunft verdammt. Das Ergebnis ist ein Schwebezustand,11 in dem – unter zumeist negativen Vorzeichen – Differenzierungen des Innenlebens erprobt werden kçnnen, fr die es noch kein theoretisches Vokabular gibt. Dass Filelfo an dieser Komplexitt des Inneren nicht interessiert ist, sieht man schon daran, dass er Petrarcas dafr wesentliches Konzept der affetti contrari in Richtung auf den Wankelmut der Frauen umdeutet.12 Filelfo verfolgt ein formal hnlich gelagertes, aber inhaltlich ganz anderes Ziel. Auch er will etwas erproben, das noch nicht theoretisch abgesichert ist. Der entscheidende Unterschied zeigt sich aber darin, dass in seinem Kommentar das fleischliche Begehren nicht mehr selbst Snde ist, sondern Gegenstand weltmnnisch affirmativer Witze. Es wird allerdings dann zum Problem, wenn es sich nicht der Ratio und der Continentia unterordnet. Filelfo versucht, so meine ich, Lust, Sittlichkeit und Rationalitt auf neue Weise zusammenzubringen – und dabei ist er gerade nicht auf die fr Petrarca so typischen Schwebezustnde und Ambiguitten aus. Man weiß, dass Filelfo sich in jenen Jahren um so etwas wie einen christlichen Epikureismus bemhte. In einem Brief vom 8. Dezember 1450 an Andrea Alamanni preist er Epikur dafr, den ganzen Menschen gesehen zu haben, die Lust des Leibes wie der Seele.13 Die Beschftigung Filelfos mit Epikur beginnt jedoch schon deutlich vorher und gehçrt in ein Feld zunchst eher unsystematischer oder sogar verdeckter Erprobungen epikureischen Gedankenguts in Westeuropa. Solche Erprobungen hat krzlich Thomas Ricklin in einem Vortrag vorgestellt.14 Was den Epikureismus im Quattrocento allgemein und bei Filelfo im Besonderen angeht, verweise ich auf Arbeiten von Keßler, Kraye, Ferra und Giustiniani. Keßler zeigt allerdings, dass Filelfos Konzeption am Ende auf eine Stufenstruktur hinausluft, in der der Mensch von einer nur noch als Leidensfreiheit verstandenen diesseitigen Lust ber eine Hierarchie der Tugenden zu einer jenseitigen, seelischen Lust emporsteigt, wie sie Epikur 11 Regn 2003 fasst den Umgang mit diesem Schwebezustand, der erst in der Marienkanzone am Schluss des Zyklus scheinbar aufgehoben wird, unter den glcklichen Begriff einer „Poetik des Aufschubs.“ 12 Vgl. Petrarca 1522, LXIr, LXVIIr. 13 Filelfo 1502, 54v. 14 Vgl. Ricklin 2009 [Vortrag].

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selbst wohl nicht vorgesehen hatte.15 Kraye 1986 weist darauf hin, dass sich im Quattrocento nicht alle darber einig waren, ob Epikur eigentlich fr Lust oder doch nur fr Schmerzfreiheit und Seelenruhe steht – in welch letzterem Falle die Lust sogar mit Vorsicht zu genießen wre, da sie eventuell zu Schmerz fhren kann; und offenbar hat sich Filelfo auf letztere Konzeption zu bewegt.16 Mçglicherweise kann man dies in der gerade zitierten Glosse zu lauro, ‘Lorbeer’, sehen: Der Liebesgenuss ist einer bitteren Frucht vergleichbar. Als zustzliches Indiz fr die Pertinenz Epikurs in diesem Zusammenhang werte ich die unterschwellige Prsenz desjenigen in Filelfos Kommentar, der nicht zuletzt in der Aneignung epikureischer Philosophie einer der Hauptkonkurrenten Filelfos gewesen ist: Ich meine Poggio Bracciolini, welcher ja 1417 einen der Schlsseltexte des Epikureismus, Lukrezens De rerum natura wieder entdeckt hatte.17 Giacomo Ferra hat darauf hingewiesen, dass bereits in Filelfos wohl vor 1440 fertig gestellten18 Commentationes Florentinae de exilio Poggio als Vertreter eines krassen Vulgr-Epikureismus gezeichnet wird.19 Poggio, der auch ein persçnlicher Feind Filelfos war, taucht nun im Canzoniere-Kommentar mehrmals auf, meist unter verballhornenden Namen wie „Poggio Bambilione“ (XLVr), und zwar ohne dass dazu irgend eine inhaltliche Notwendigkeit im zu kommentierenden Text bestnde. Fast immer spottet Filelfo an diesen Stellen ber die angeblichen sexuellen Prferenzen Poggios, greifbar auch in dem Spottnamen „Poggio Babylione“.20 Das Thema des Gebrauchs der Lste ist durch diese unterschwellige 15 Zum Epikureismus bei Filelfo Keßler 2008, 71 und Kraye 1981; außerdem Ferra

1988 und Giustiniani 1988. Zum Epikureismus im Quattrocento allgemein Kraye 1986. 16 Vgl. Kraye 1986, 375 – 381. Dass Lust sogar zu Schmerz fhren kann, ist nach Krayes Angaben ein Gedanke, der ber Ciceros De finibus bis zu Dante (Convivio IV, 6, 12) gelangt ist. Auch hat Kraye 1981 darauf hingewiesen, dass Filelfos Moralphilosophie recht eklektisch ist und auch einen wichtigen peripatetischen Anteil aufweist. 17 Vgl. Keßler 2008, 70. 18 Vgl. Viti 1997, 622. Die Commentationes sind nicht im geplanten Umfang fertig geworden (10 Bcher), aber die drei Bcher, die vollendet wurden, waren wohl 1440 fertig. 19 Vgl. Ferra 1988, 375. 20 Letzteres im Kommentar zu RVF 105, LIIIv. Die brigen Stellen: VIIIr (zu RVF 8), XXIr (RVF 28) und XLVr (RVF 78). Im letzteren Fall suggeriert Filelfo (anlsslich des Sonetts auf Lauras Bildnis „Quando giunse a Simon“), Poggio htte sich anhand von Bildern befriedigt, in den brigen geht es um Homosexualitt.

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Polemik gegen den Konkurrenten hinsichtlich der Philosophie Epikurs bereits auf diese zugeschnitten. Ich werte mithin die Polemik gegen Poggio als Anzeichen fr die Relevanz des Themas ‘Epikur’.

2. Strategien des Durchspielens hedonistischer Denkmçglichkeiten Ich will aber gar nicht behaupten, Filelfos Kommentar spiegle einen bereits gefundenen wie auch immer ‘epikureischen’ philosophischen Standpunkt Filelfos. Vielmehr mçchte ich hier meine These 2 in den Raum stellen, dass der Kommentar teils argumentativ, vor allem aber narrativ und performativ berlegungen ber das Verhltnis von Lust und richtigem Handeln durchspielt. Argumentativ und narrativ zugleich ist das erste Verfahren, das ich in diesem Zusammenhang aufzeigen will. Filelfo betont immer wieder, gleichgltig ob der Text es hergibt oder nicht, die Rolle des Habitus, der Gewohnheit. Schon anlsslich von RVF 6 meint er: Era gia nel amore habituato che da esso ritrare non si poteua (VIv). [Er war schon so an die Liebe gewçhnt, dass er sich ihr nicht mehr entziehen konnte.]

Und zu RVF 21 bemerkt er: lusanza & la exercitatione in noi genera & conserua lhabito di virtu & anco per il simile il destrugie (XIVv). [Der Gebrauch und die bung erzeugt und erhlt in uns die Gewohnheit der Tugend und zerstçrt sie auch in hnlicher Weise.]

Nun macht die traditionelle Unterscheidung zwischen der Snde und ihrer Gewohnheitsform, dem Laster,21 die Einzeltat noch nicht ihrerseits zur akzeptablen Handlung. Genau dies scheint aber Filelfo suggerieren zu wollen, wenn er bei Petrarca einerseits die habituelle Verstrickung in die Begierde problematisiert, andererseits darber spottet, dass Petrarca seine Chancen nicht zu nutzen wusste.

21 Bei Thomas: „Peccatum comparatur ad vitium, sicut actus ad habitum“ (th. I. II. 71. 2 ob. 4); „vitium, id est habitus malus“ (ebd. 3 ob. 1). Zitiert nach: ThomasLexikon online http://www.corpusthomisticum.org/tlv.html. [Letzter Zugriff: 25. 02. 2010].

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Und insofern verwundert es nicht, dass in einem Kontext des Lasters als Habitus, wie ihn Petrarcas Sonett 7 „La gola e’l somno et l’otose piume“ bereitstellt, Filelfo die gleiche Verhaltensweise, die er am Ende der Metamorphosenkanzone dem schchternen Francesco nahe legt, verdammt: „chi ha dinari puo facilmÞte satisfare a suoi dishonesti appetiti“ (VIIr) (‘Wer Geld hat, kann leicht seine unehrenhaften Begierden befriedigen’). Die Kuflichkeit der Lust wird dann zum Problem, wenn man gewohnheitsmßig davon Gebrauch macht.22 Die besondere Betonung des Habitus leistet fr Filelfo also die Abgrenzung zwischen dem unproblematischen Gebrauch der Lste und dem vernunftbedrohenden Verfallensein an sie. Erst die Sucht macht das vitium. Und das gilt nicht nur fr den erfolgreichen Gebrauch der Lste, sondern auch fr das schwermtige Brten und den Wahn der unglcklich Liebenden, die Filelfo im Sinne des Amor-hereos-Konzepts, sowie – wohl als erster Petrarca-Kommentator – mit einem (wenngleich wenig ausgearbeiteten) Melancholie-Begriff negativiert.23 In beiden Fllen, im erfolgreichen wie im erfolglosen, muss die Ratio verhindern, dass aus einem gelegentlichen Auftreten Gewohnheit wird. Hat man sich der Sucht allerdings erst vollkommen ergeben, fhrt (wie Filelfo im Einklang mit Petrarcas Text aufzeigt) nur noch die gçttliche Gnade heraus.24 Um diesen fundierenden Unterschied zwischen punktuellem Lustgebrauch und habitueller Verstrickung allerdings schon fr die ersten Texte des Canzoniere ansetzen zu kçnnen, muss Filelfo das Geschichtssubstrat des Zyklus um-erzhlen: Er muss schon beim sechsten Gedicht betonen, dass all dies schon Gewohnheit geworden ist. Wo das Geschichtssubstrat, wie es sich aus der Anordnung der Gedichte ergibt, nicht in sein Schema passt, wird Filelfo darber hinaus immer wieder auch die berlieferte Anordnung in Frage stellen zugunsten seiner eigenen „cronologia favolosa“, wie Ezio Raimondi es nennt.25

22 Filelfo problematisiert an dieser Stelle wieder die „mali costumi“, aber auch so etwas wie die acedia, denn er kritisiert „loccio del vulgo“, bestehend aus „giacersi nel lecto etiamdio n dormendo ma vanegiando & pigendo in aere“ (VIIr). Zu diesem Sonett vgl. insbesondere Regn 1995. 23 Vgl. XVr–v, XXXVIIIv, XLVr, LXVv, zur Melancholie speziell XXIVr und XXXIXr. 24 Vgl. XLVv, XLVIr. 25 Raimondi 1950, 145. Filelfos Zweifel: Petrarca 1522, XIIv, XXIVr, XXVIIr, XXXVIv, XLIr. Bessi 1987, S. 237, macht allerdings plausibel, dass Filelfo keine Petrarca-Abschrift vorlag, aus der er htte entnehmen kçnnen, ob die dort vorgefundene Anordnung Petrarcas Urschrift entsprach oder nicht (in der Tat ent-

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Eine wichtige performative Rolle fr Filelfos Vorhaben spielen dagegen die bereits zitierten ,Herrenwitze‘ ber Petrarcas Ungeschicklichkeit bei den Frauen, denn sie frben Bezugsgegenstnde des Kommentars in spezifischer Weise ein, ohne dabei argumentativ eine bestimmte Position einnehmen zu mssen. Um nur ein letztes Beispiel zu nennen: Filelfo spottet darber, Messer Francesco habe nicht den Mumm besessen, sich auf die angeblich in der Diana-Szene der Metamorphosenkanzone als Badende dargestellte Laura zu strzen: „non basto lanimo dassaltarla“ (XVIIIv). Der Standpunkt, von dem aus dieser Spott vorgetragen wird, ist nicht der des asketischen Buchmenschen – dieser wird in Petrarca ja sogar verlacht. Der Standpunkt ist vielmehr der des urban-lssigen Womanizers, der diese Dinge beherrscht und ihnen ihren richtigen – niedrigen – Platz in seinem Leben zuweist. Das Lachen exkludiert Petrarca und inkludiert den Eros, wenngleich dieser, wie gesagt, einen komisch-niedrigen Index erhlt. Der Preis der Eingliederung der Fleischeslust in eine von der Ratio beherrschte Sittlichkeit ist also die komische Bagatellisierung des Eros. Das steht durchaus in Kontinuitt zu antiken und mittelalterlichen Vorgaben des Stil-Aptums.26 Aber es wird von Filelfos Text so auffllig betrieben, dass es als Strategie wirken muss. Das, was bei Petrarca in einer Schwebe der Unmçglichkeit gehalten wird, geht bei Filelfo in eine Hierarchie ein. Die Vernunft kann ber die Triebe herrschen, weil diese komisch sind; aber aus dem gleichen Grund kann sie diesen auch ihren Spielraum lassen, den (wenn man so will) karnevalistischen Raum des grotesken Kçrpers.27 Die Lizenz der Komik ermçglicht ein Durchspielen affirmativer Haltungen zur Lust des Leibes. Diesen Freiraum schafft Filelfos Kommentar, indem er mit Insistenz und Originalitt anzglichen Spott ber Petrarcas Liebesnçte ausgießt. Dadurch wird natrlich das Pathos, mit dem Petrarca die Bedrohung durch die Luxuria belegt, ausgehebelt. Was bei Petrarca eine Frage von Leben und Tod zu sein scheint, ist fr Filelfo eine Entscheidung fr die rechte Lebensfhrung – wichtig, aber durchaus machbar. Deshalb kann er es auch nicht stehen lassen, dass Petrarca in dem zitierten Sonett „S travato ’l folle mio desio“ (RVF 6) in der Tat vom Tod spricht. Petrarcas „a morte“ glossiert Filelfo so: spricht die von ihm verwendete Ordnung weitgehend, aber nicht ganz, der heute als authentisch angesehenen). 26 Darauf bezieht sich Filelfo, wenn er an einer Stelle gloria bzw. „cose graui“ einerseits, amore bzw. „cose leggieri et giouenili“ andererseits gegenberstellt (XLVr). 27 Vgl. zu diesem Begriffsgebrauch allgemein Bachtin 1990.

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Ben dice a morte perche come la morte e vno separamento che fa lanima dal corpo: Cossi separandosi lhomo dalla ragione per laquale solo lhomo e homo e non animale bruto si puo dire essere morto (VIv). [Richtig sagt er „zum Tode“, denn wie der Tod eine Trennung zwischen der Seele und dem Leib ist: so kann man sagen, dass der Mensch tot ist, der sich von der Vernunft trennt, durch die allein der Mensch Mensch ist und nicht dumpfes Tier.]

Filelfo muss allegorisieren, um zu ent-dramatisieren. Der Tod ist hier angeblich nur Metapher fr das Ausscheren der sinnlichen Begierden aus dem Regime der Vernunft. Aber meistens beschreitet Filelfo den umgekehrten Weg: Er ent-allegorisiert, und dabei kommt es wieder zu einer Betonung des Narrativen. Er muss vor allem Laura deallegorisieren. Denn seit Boccaccio steht Laura in dem Ruf, nur eine Allegorie der Dichterkrone oder der Poesie zu sein.28 Wrde Filelfo dieser Tradition folgen, so kçnnte er kaum die Geschichte von Francesco und Laura als Exempel fr den falschen versus den richtigen Gebrauch der fleischlichen Lste verwenden. Filelfos moralphilosophische Zielsetzung verbietet ihm also, Laura zugleich als die Lorbeerkrone der Poeten zu deuten. Dies vermeidet Filelfo denn auch in aufflliger Weise – obwohl er in seiner Vorrede betont, Petrarcas Dichtung weise eine allegorische Tiefendimension auf. Diese (mçglicherweise topische) Ankndigung des Vorworts wird zwar im Kommentar von Zeit zu Zeit eingelçst (etwa in der oben zitierten Glosse zu Lauro, ‘Lorbeer’), aber gerade nicht in Bezug auf die Herrin des Canzoniere selbst!29 28 Vgl. Boccaccio 1992, 908: „Prout ipsemet et bene puto, Laurettam illam allegorice pro laurea corona quam postmodum est adeptus accipiendam existimo.“ 29 Mit Bessi 1987, 267, ist zunchst festzuhalten, dass keine der 13 berkommenen Handschriften die Vorrede bzw. Widmung an Filippo Maria Visconti aufweist, und auch nicht die Editio Princeps! Erst die Ausgabe Venedig 1478 enthlt diesen Widmungstext. Insofern ist dessen Authentizitt durchaus zu diskutieren. Auf der anderen Seite scheint er stilistisch durchaus zum Kommentar zu passen; auch die Ankndigung eines vollstndigen Kommentars (die dann von Filelfo nicht eingelçst wurde) spricht dafr, dass der Text echt ist, sowie die fr Filelfo typische Bemerkung, er werde den Text gegen die Meinung des „vulgo“ und derer „li quali a pena sano oue sabiano il capo“ (IIv) erstmals korrekt auslegen. (Allerdings kçnnte die Dedica auch eine Amplifikation des Druckers aus anderen, nicht erhaltenen Texten Filelfos (etwa Briefen) sein, die dem Verkaufserfolg dienen soll; dafr spricht, dass der Kommentar ja eine Auftragsarbeit war und es kaum zu dieser Konstellation zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer passt, dass die Widmung an den Dienstherren das Unternehmen des Kommentars als solches zu rechtfer-

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Anlsslich der Texte RVF 41 und 42 betont Filelfo sogar, ein Gedicht kçnne sich immer nur entweder auf die Laurea, die Dichterkrçnung, oder auf die Dame Laura beziehen (XXVIIIr). Eine solche Disjunktion schließt insbesondere berlagerungen von wçrtlichem und allegorischem Sinn aus. Filelfo ußerst sich  propos RVF 78 grundstzlich zu diesem Problem: alchuni sciochi sforzandosi fare del sole tenebre, vogliono per Madonna Laura sintenda alchuni la poesia altri lanima et altri la virtu et mille altre frenetice e bizarre cose. (XLVr) [Einige Narren, die versuchen aus der Sonne Finsternis zu machen, wollen, dass man unter Laura die Poesie verstehe, andere die Seele und andere die Tugend und tausend andere rasende und bizarre Dinge.]

Bei dem Sonett „Apollo, s’anchor vive il bel desio“ (RVF 34) kehrt Filelfo die Deutungsrichtung sogar um: Der Lorbeer steht seinerseits fr Madonna Laura.30 hnliches fanden wir schon in der Glosse zur bitteren Frucht des Lorbeerbaums in RVF 6: Nicht die harte Arbeit an der Poesie ist bitter, sondern der kçrperliche Besitz der Dame kann mitunter einen bitteren Nachgeschmack wie den des Lorbeers hinterlassen. Dass auch diese Taktik wohlberlegt zum Einsatz kommt, belegt meines Erachtens ein kluger Schachzug Filelfos: Wohl um nicht die Dichtungsallegorie bei Petrarca gnzlich nihilieren zu mssen, verschiebt er sie woanders hin, nmlich in die Canzone „Una donna pi bella assai che’l tigen sucht!). Der Gestus der Vorrede ist insgesamt apologetisch: Es wird gerechtfertigt, dass ein volkssprachlicher Text kommentiert wird, und dies geschieht unter Hinweis auf dessen stilistische und inhaltliche Qualitt („limatissime parole et doctissime sententie“ II,v) – und eben auf den tieferen Sinn („sotto leggiera scorza graue medolla si nasconde“ IIv). Sowohl das Argumentationsziel als auch mçglicherweise generell die Textsorte der Widmungs-Vorrede scheinen hier den Hinweis auf eine allegorische Ebene und deren ‘Mehrwert’ zu determinieren – auch wenn der Kommentar dies dann kaum einlçst und sich sogar offen gegen eine Allegorese des Namens ,Laura’ ausspricht (s. o.). hnliche Verhltnisse finden sich auch im Trionfi-Kommentar von Bernardo Illicino (vgl. den Beitrag von Catharina Busjan in diesem Band). Insofern liegt die Hypothese nahe, der Hinweis auf allegorische Tiefe gehçre zur Topik der Dedica. 30 Vgl. Petrarca 1522, XXVr. Filelfo sieht durchaus die Suggestion einer Dreiecksbeziehung zwischen Apoll, Petrarca und Laura, schlachtet aber gerade nicht deren poetologische Dimension aus. En passant sei vermerkt, dass Filelfo an dieser Stelle darauf verzichtet, aus dem (ihm wahrscheinlich vorliegenden) Kommentar von Da Tempo dessen Fiktion ber den Lorbeerbaum, den Petrarca in seinem Garten gepflanzt habe, zu bernehmen – eine Fiktion, die dagegen in den Illustrationen von Antonio Grifo (Petrarca 1470) und im Kommentar Vellutellos (Petrarca 1525) weiterleben wird.

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sole“ (RVF 119): Diese Dame, die wir heute meist als die Gloria verstehen, ist fr ihn die Poesie (vgl. LVIIr). Als flankierende Maßnahme zu dieser Deallegorisierung kommt noch ein weiteres Verfahren ins Spiel, diesmal deutlich narrativer Natur: Filelfo konkretisiert wo immer mçglich die Aussagen der Gedichte auf biographisch-anekdotische Situationen hin. Korollar der Deallegorisierung ist die Biographisierung, denn nur so wird aus Laura eine Person aus Fleisch und Blut. So erfindet Filelfo ohne jeden Halt im zu kommentierenden Text in seinem Paratext Geschichten und Situationen, etwa anlsslich des recht abstrakten Sonetts 47 eine Begegnung zwischen Petrarca und Laura bei einem Diner, anlsslich dessen die Angebetete sogar neben dem Dichter gesessen haben soll.31 Filelfo deallegorisiert Laura also systematisch und umsichtig und kann so eine moralphilosophisch exemplarische Geschichte inszenieren, anhand derer er ber das Verhltnis zwischen Ratio und Trieb, zwischen beherrschbarem Akt und verwerflichem Habitus, zwischen Seelenheil und dem urbanen Gebrauch der Lste nachdenken kann: ber das richtige Leben. Dabei akzentuiert er aus strategischen Grnden die anekdotische Ebene des Canzoniere.

3. Homogene Oberflche, heterogene Tiefe: Zur Diskursformation des frhen Petrarca-Kommentars Es ist nun interessant, dass diese Erçffnung eines anekdotisch-biographischen Raums von spteren Kommentatoren weiter getrieben wurde, und zwar ohne dass sie Filelfos argumentative Zielsetzungen, ja nicht einmal seine generelle Interpretation des Canzoniere geteilt htten. Filelfo, zweifellos der prominenteste Petrarca-Kommentator des Quattrocento, trgt damit aus ihm ganz eigenen Grnden zu einer Tendenz zur Biographisierung bei, die von anderen Zeitgenossen, etwa pseudo-Antonio da Tempo, aus anderen Grnden ebenfalls befçrdert wurde. Da Tempo etwa ist eher an einer „biografia sentimentale“ interessiert (wie Marcozzi 2004 gezeigt hat); keineswegs reflektiert er ber eine Ethik 31 Vgl. Petrarca 1522, XXXv. Weitere Erfindungen von Filelfos Kommentar sind etwa eine sehr detaillierte Eifersuchtsgeschichte zwischen Francesco und Laura anlsslich von RVF 21 (XIIIv), sowie eine hçchst erstaunliche Fiktion anlsslich von RVF 105, der zu Folge Petrarca einen vom Papst an ihn herangetragenen Wunsch nach Kupplerdiensten empçrt zurckweist (LIIIr).

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der Fleischeslust.32 Wieder anders funktioniert der Biographismus in den Glossen und Illustrationen, die Antonio Grifo fr eine nicht mit Sicherheit zu bestimmende hochadelige Empfngerin eines Exemplars der Editio Princeps des Canzoniere anfertigte. Grifo betont ebenfalls das Biographische, bernimmt aber keineswegs Filelfos Umkreisen einer Ethik des Lustgebrauchs. Er arbeitet eine moraltheologische Dimension heraus, die nher an Petrarcas eigenen berlegungen im Secretum zu sein scheint,33 bettet aber alles in einen eleganten hçfischen Kontext ein. Dabei konkretisiert er besonders die Konstellation zwischen dem Dichter und seiner Dame zu einer Vertrautheit und einem raffinierten Umgang, wie ihn der poetische Text nicht kennt. Der Zug zum Biographismus im Petrarca-Kommentar der Frhen Neuzeit ist mithin ein synergetischer Effekt aus verschiedenen, durchaus heterogenen Initiativen, wirkt aber aus der Fernsicht unserer Beobachtung wie ein homogener. Zu dieser Homogenitt trgt etwas spter auch bei, dass der Buchdruck einen Homogenisierungsdruck auch auf den Lyrikkommentar der Frhen Neuzeit ausbt. Als nmlich der Bologneser Drucker Ugo Rugerius 1475 beschließt, Petrarcas Rime als kommentierte Quarto-Ausgabe im Sinne eines Studienbuches herauszubringen, whlt er als Paratext den zu diesem Zeitpunkt schon fast drei Jahrzehnte alten unvollendeten Filelfo-Kommentar. Filelfos sehr spezifische Zielsetzungen, sein ‘Flirt’ mit Epikur und der davon motivierte sehr freie Umgang mit Petrarcas Text gehen damit in eine entgrenzte, anonymisierte ffentlichkeit ber, werden anderen Kommentaren und anders motivierten Biographismen zur Seite gestellt, im Cinquecento brigens dann auch im synoptischen Abdruck mehrerer Kommentare: Was fr eine ganz bestimmte Situation gedacht war, muss nun allgemeingltig werden. Das ist zunchst kein Problem, denn wenige lesen anscheinend diesen Paratext wirklich; Grifos wohl kurz nach Erscheinen des Filelfo-Kommentars angefertigte Glossen folgen ihm nicht oder kaum. Der Teilkommentar des immer noch sehr bekannten Humanisten leistet vielmehr zunchst eher durch sein bloßes Vorhandensein die Autorisierung von 32 Vgl. Marcozzi 2004, besonders 176 f. 33 Petrarca 1470. Grifo betont immer wieder in seinen Illustrationen mit dem Bild der Schlange die Sndhaftigkeit der Liebe. En passant sei bemerkt, dass Filelfo seinerseits keineswegs in Unkenntnis des Secretum schreibt, sondern sogar verschiedentlich darauf anspielt (vgl. XXXIVv, XXXVIIIv). Zu Grifo vgl. auch Frasso / Mariani Canova / Sandal 1990 und Mehltretter 2009.

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Petrarcas volkssprachigen Dichtungen als eines kommentierenswerten, zu studierenden und also ‘gelehrten’ Textes, als dass einzelne Interpretamente darin den Sinnhorizont des Primrtextes in wirkmchtiger Weise zugeschnitten htten. Aber irgendwann beginnt man nachzulesen, was da wirklich steht,34 und nun mssen sich die eigentlich diskursbegrndenden Kommentare von Vellutello und Gesualdo an Filelfos Text abarbeiten, der jahrzehntelang immer wieder gedruckt wird. Insbesondere Filelfos ursprnglich moralphilosophisch motivierte Einspeisung des Anekdotischen in die Kommentartradition ist durch den Buchdruck ein Faktum geworden, an dem man nicht vorbei kann. Es bedarf mehrerer Generationen, bis seine Erfindungen getilgt sind. Vellutello hinterfragt sie bereits mit Hilfe dokumentarischer Quellen und Methoden, aber auch er folgt dabei eigenen, anders gelagerten moralphilosophischen Interessen.35 Er bringt sich gegen den Vorgnger in Stellung, indem er die Faktizitt der herangezogenen Exempla, die fr Filelfos Zwecke eher unwichtig schien, zum Thema macht.36 Erst Castelvetros Petrarca-Kommentar vom Ende des Cinquecento stellt Petrarcas Text dann (nach der Blte der biographistischen Kommentare) dezidiert als Sprachkunstwerk zur Diskussion. Als abschließende These ergibt sich mithin: Der Trend zum Biographismus im Petrarca-Kommentar der Frhen Neuzeit ergibt sich aus Verwerfungen, aber auch Anlagerungen zwischen durchaus heterogenen Strçmungen. Verschiedene Bestrebungen berhren sich in einem diesen nicht vorgngigen, sondern aus ihnen erwachsenden Verfahren; sie lagern sich aneinander an, weil sie etwas Oberflchliches, nicht unbedingt etwas Tiefes, gemeinsam haben; sie verbnden sich, ohne gleicher Herkunft sein zu mssen. Zumindest in diesem Falle kçnnte man daher sagen: Epochale Formationen mssen sich nicht unbedingt in einer epistemischen Tiefe bilden, sondern kçnnen an der Oberflche zusammenfließen; darum sind sie aber nicht weniger real. 34 Insbesondere Fortunio kritisiert 1516 Filelfos Textverstndnis (vgl. Fortunio 2001, 42 und 43). 35 Vgl. hierzu Busjan 2004 und Regn 2004. 36 Fr die Illustration einer philosophischen These ist die Faktizitt des verwendeten Exemplums nicht unbedingt wichtig. Man kçnnte argumentieren, dass die Frage nach der Faktizitt in der Auseinandersetzung von Vellutellos gleichfalls moralphilosophisch ausgerichteter Interpretation mit dem Kommentar Filelfos erst richtig Profil gewinnt: Sie ist die Waffe, mit der sich Vellutello durchsetzen will. Aber dadurch wird sie dann zu einem Thema eigenen Gewichts in der PetrarcaRezeption und -Forschung.

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„sotto legiardo et mirifico velamento poetico“ – Bernardo Ilicino und Petrarcas Trionfi Catharina Busjan Das Quattrocento bevorzugt – im Unterschied zum Cinquecento, das dann die Weichen fr alle nachfolgende Gewichtung stellt – unter den beiden volkssprachlichen Werken Petrarcas eindeutig die Trionfi gegenber dem Canzoniere: In schlichten Zahlen ausgedrckt schlgt sich diese Vorliebe wie folgt nieder: Wir verfgen ber 85 quattrocenteske Manuskripte, die nur die Trionfi enthalten; 79mal wurden die beiden Werke im volgare gemeinsam kopiert; den Canzoniere ohne die Trionfi berliefern 49 Manuskripte.1 Ediert werden die Trionfi also hufig, kommentiert jedoch – verglichen etwa mit der Kommentierung der Commedia – erst relativ spt, erst in der Ausbauphase des Buchdrucks im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Und auch wenn noch nicht alle Datierungsfragen geklrt sind, situieren sich die wegbereitenden expositioni doch in einem Intervall von wenigen Jahren:2 Andrea Portilia druckt 1473 in Parma die sogenannten Chiose Portilia, d. h. einen anonymen Teil-Kommentar der Trionfi; Iacopo di Poggio Bracciolinis ebenfalls partielle Kommentierung liegt zwischen 1475 und 1478 erstmals gedruckt vor; Bernardo Ilicinos Kommentar – der erste integrale Kommentar der Trionfi – zirkuliert im Manuskript ab circa 1468/1469, 1475 legt ihn Annibale Malpigli in Bologna fr den Druck auf. Es ist darber hinaus eine besondere Volte des Schicksals, dass die fama des Petrarca volgare – die sich zunchst eben auf das Terzinengedicht und nicht auf das Lyrikbuch grndet – im Quattrocento in die Hnde eines medicus gelegt ist: Bernardo Ilicino, der den Kommentar verfasst, der – aus noch zu erluternden Grnden – den Trionfi ihre weite Verbreitung sichert, beschreibt sich selbst in der dedicatio an Borso d’Este (also in der ersten 1

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Wilkins 1951, 379 – in den Details behandelt Wilkins die berlieferunsgeschichte ebd. in Kapitel xxiv „The Quattrocento Editions of the Canzoniere and the Triumphs“, 379 – 401 (stemma codicum, 399) und Kapitel xxv „The Separate Quattrocento Editions of the Triumphs“, 403 – 406. Die ltere Literatur zum censimento dei manoscritti listet Carnicelli 1969, 58 mit Anm. 1. Alessio 1990, 270 ff.; vgl. zur Datierung auch unten, Anm. 18.

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Zeile der Einleitung zum Kommentar) als „medicinae ac philosophie discipulo“;3 die Disziplinen Medizin und Jura sind in ihrer universitren Ausprgung in diesem Petrarca-Kommentar durchweg prsent. Ilicino – gebt in dementsprechenden zeitgençssischen Argumentationsstrategien – spricht im Inneren des Kommentars ohne zu zçgern davon, dass er an gebotener Stelle z. B. „la silogistica forma da li dialectici“ anwenden wolle. Immerhin gelte ja: „Logica est verborum libra omni utilis arti“.4 Bernardo Ilicino (dessen Namen in Varianten von ‘Olicino’ und ‘Glicino’ bis zu ‘Hyllicino’ und ‘Monte Alcino’ erscheint)5 wird um 1435 geboren und stirbt – so beklagen seine Freunde in Briefen aus dem Jahr 1476 – in ebendiesem Jahr.6 Er ist Sohn eines berhmten Arztes mit Namen Pietro Lapini, orientiert sich am Beruf des Vaters und unterrichtet auch: Ein Jahr verbringt er beispielsweise als lettore ordinario di medicina in Ferrara (1468 – 1469). In seiner Heimatstadt Siena ist er von 1458 – 1476 am studio verpflichtet, unterbricht seine Lehrttigkeit aber immer wieder und verzichtet z. B. am 15. 08. 1460 wegen universitrer Querelen, die er 3

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Ilicino 1522, Prologus, fol. A6v. Nach dem Erstdruck des Ilicino-Kommentars von 1475 sind 23 weitere Editionen bekannt (siehe dazu auch Anm. 19), ich zitiere weitgehend aus der letzten und schon weit in das Cinquecento hineinreichenden Ausgabe von 1522. Ilicino 1522, fol. cvir und Ilicino 1522, fol. cxixv. Dionisotti 1974 hat diese Grundzge des Kommentars erstmals herausgearbeitet und so den Ausgangspunkt aller weiteren Forschung markiert („masterly synthesis“ beurteilt etwa Alessio 1990, 269, die Studie). Ilicino lsst u. a. die jngsten Entwicklungen der Medizin in seinem Kommentar Revue passieren, erinnert bei dieser Gelegenheit an seine Lehrer Paulus Venetus und Paulus Pergolensis und erwhnt voll Stolz, dass Alessandro da Sermonetta ihm den Kommentar Super consequentiis Strodi gewidmet habe: „[…] il clarissimo preceptore Alexandro Senese; di cui quanto sia la subtilita: lo acume dello ingegno: la dexterita del parlare: la felicita della inventione assai chiaro si comprehende nel maraviglioso et sublime compendio della sua expositione sopra le consequentie di Strodo da lui a noi […] intitulata“. Ilicino 1522, fol. cxixv (zu TF iii 91 – 96 Vidivi alquanti, bei Ilicino Triumphus Famæ capitulo quarto). Eine medizinalgeschichtlich basierte, biographische Skizze zu Bernardo Ilicino und eine eher romanhafte Biographie seines Vaters Pietro Lapini legt Alcide Garosi (1958): Siena nella storia dell medicina. 1240 – 1555 vor. Ilicino unterzeichnet seine umfangreiche (und im Archivio di Stato di Siena dokumentierte) Korrespondenz stets mit „Bernardus Ilicinus senensis“; alle Varianten stammen von anderer Hand: Die meisten von ihnen finden sich in den Drucken des Trionfi-Kommentars bzw. in zeitgençssischen ußerungen zum Kommentar (vgl. Corso 1957, 3). Z.B. informiert der Senese Pietro Turamini am 20.07.1476 Benedetto Dei ber den Tod des gemeinsamen Freundes Ilicino (Cracolici 2000, 97/Corso 1957, 30 f.).

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wohl auch selbst heraufbeschworen hat, schriftlich auf diese Karriere, um sich statt dessen zeitweise in Mantua als Hofarzt der Gonzaga zu installieren. Ilicino bekleidet außerdem in Siena çffentliche mter: Er wird u.a. 1472 als capitano del popolo nominiert. Zweimal ist er auch Botschafter Sienas an der Kurie, insbesondere ber seinen diplomatischen Verkehr mit Sixtus IV. gibt der Archivio di Stato di Siena en detail Aufschluss (Conc. Del. 637).7 Dichtung ist fr Ilicino regelmßig gebte Praxis. Davon zeugen zahlreiche petrarkistische Sonette, die teils auch auf den politisch-lebensweltlichen Bereich zielen: Es ist etwa ein papstkritischer Sonettkranz von fnf Sonetten berliefert, die an Pius II. (Enea Silvio Piccolomini) gerichtet sind und diesen kurz nach dem glcklichen Konklave im Sinne des buon governo mahnen, gegenber seiner Heimatstadt Siena Recht, Gesetz und Anstand zu wahren.8 Im Zentrum der Liebeslyrik Ilicinos, die neben den Sonetten auch alle anderen von Petrarca gepflegten volkssprachlichen Gattungen umfasst, stehen vorzugsweise zwei Damen: einerseits Onorata Orsini, andererseits Ginevra Luti, ber deren Namen er (analog zu Laura–lauro) mit ginepro ein Geflecht paronomastischer Verweise errichtet.9 Ginevra ist zugleich auch die Protagonistin eines Prosimetrums mit dem

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Alle Aussagen zur Biographie fußen bis dato auf dem umfnglichen Artikel von Corso 1957 (Corso verçffentlicht im Anhang seiner Untersuchung auch eine Serie von acht lateinischen und volkssprachlichen Briefen Ilicinos aus den Jahren 1465 – 1476 und dessen lateinisches Testament (= „Documenti“, Corso 1957, 99 – 108. Viele Texte Ilicinos sind unverçffentlicht, mindestens ebenso viele gelten als verloren, vgl. P.O. Kristeller, Iter italicum vol 1, nr. 247, S. 170). Einen knappen Lebensabriss bietet der Artikel von Vasoli 1967, der ntzlicherweise auch die ltere Literatur verzeichnet (Crescimbeni 1698, Quadrio 1740, Tiraboschi 1790 etc.); Vasoli und Corso differieren allerdings in einigen Angaben. Ergnzt und przisiert hat die Lebensbeschreibung Ilicinos zuletzt Pozone 1974. Die bislang unverçffentlichten Texte finden sich bei Carrai 2006, 258 – 260 (Quelle: Palatino 187, Biblioteca Nazionale Centrale, Florenz), der im Anschluss an die Edition ihre Erluterungen mit der Kautele einleitet: „S’intende che non la qualit poetica del documento a indurre a sottrarlo all’oblio. ð piuttosto il riflesso che vi si coglie dei complessi rapporti venutisi ad instaurare tra il neo eletto papa e il governo di Siena“, ebd., 261 f. Vgl. z. B. „Una leggiadra, anzi immortale dea / Diva genevra […] // Dell’anima tu, amore, mi strugo in fiamma, / Dentro ad un foco di ginepri et mirti“ (Ilicino: Canzoniere; Biblioteca Comunale di Siena, cod. cart. i xi 24, fol. i; zitiert nach Glnisson-Delanne 1996, 710, Anm. 20). Zur Lyrik Ilicinos vgl. Carrai 1993, v. a. 130 – 132.

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Titel Somnium 10 und wird darin zur Urteilsfindung in einem olympischen, von Iris aufgeworfenen contrasto gebeten: Die Gçtter und Heroen sind uneins in der Frage nach dem Vorrang von Amor oder Pudicitia. In Gruppen organisiert tragen sie der donna Ilicinos, die nach einhelliger Meinung beide Positionen adquat vertreten kann und sich solcherart als Schiedsfigur qualifiziert, ihre jeweiligen Argumente in Form von ballate vor. Amor fhrt – neben seiner Mutter Venus – Caesar, Salomon, Agamemnon und Oktavian als campioni ins Feld; Pudicitia – untersttzt durch Minerva, Juno und Vesta – findet Mitstreiter in Scipio Africanus, dem biblischen Joseph, Hyppolitos und Spurinna. Das Urteil bleibt dann freilich unbekannt: Denn als Jupiter die Dame Ilicinos in all ihren Schçnheiten lobt, um ihren anstehenden Schiedsspruch zu sttzen, bewegt die weit ausholende laudatio des Gçttervaters den Dichter, der das Geschehen im Traum verfolgt hat, so sehr, dass er erwacht. Das Prosimetrum ist also ein heterogener Text, der zuallererst einen contrasto und eine Ethopoeia kombiniert; darber hinaus sind die „Auftritte“ der interlocutori und ihre ballate in der Tat an einen Tanz rckgekoppelt: Sie bertragen die rumlichen Figuren der bassadanza, eines hçfischen Seneser Tanzes, in einen Text.11 Entscheidend in Bezug auf meine Untersuchung ist indes ein Drittes: Hypotext des Somnium von Ilicino sind Petrarcas Trionfi. Es sind z. B. die Heroren und Gçtter dem Terzinengedicht direkt entlehnt (Caesar: TC i 89, TP 208, TF i 23; Salomon: TC iii 44; Agamemnon: TC iii 16; Oktavian: TC i 95 – Scipio: TP 99, TF i 23; Joseph: TP 193; Hyppolitos: TP 193; Spurinna TP 186); ihre respektiven Argumente korrespondieren in den Details in beiden Texten. Ilicino selbst ordnet außerdem seinen Petrarca-Kommentar explizit auf seine Traumvision zu: Den Kommentar bezeichnet er gleich mehrfach als Frucht der „vigilie“;12 sein Somnium ist ebenso explizit als Ertrag des „sonno“ ausgewiesen: „S come insegna la spirienzia etiandio demostrano le ragioni naturali, l’anima humana di tanta perfettione che non solamente opera ne la vigilia ma nel sonno […] ha cognitione“.13 10 Ilicino, Somnium, ediert bei Cracolici 2000, 127 – 141 (Quelle: Biblioteca Comunale di Siena, cod. cart. i xi 24, fol. 22r – 32r). 11 Vgl. grundlegend zum Somnium Carrai 2000: Die bassadanza – deren charakteristisches Merkmal die gravit ist – wird ausfhrlich im Quattrocento theoretisiert; Tanz spielt darber hinaus im gesellschaftlichen Leben Sienas eine große Rolle. 12 Ilicino 1522, Prologus, fol. A6v und Ilicino 1522, fol. cxlr. 13 Ilicino, Somnium, Incipit (zitiert nach der Edition Cracolici 2000, 127 [Biblioteca Comunale di Siena, cod. cart. i xi 24, fol. 22r]).

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Im brigen gesellt Ilicino seinen Liebesgedichte auch drei selbstverfasste Trionfi zu: den Trionfo della Frode, den Trionfo della Fortuna und den Trionfo per Giambattista Santi, einen concittadino. Die Trionfi Petrarcas sind also in mehr als einer Hinsicht Kardinaltext Ilicinos. Diese quasi lebenslange Auseinandersetzung mit dem Petrarca volgare rckt allerdings bei der Rezeption seiner Arbeit zeitweise ein wenig aus dem Fokus: Ab dem Cinquecento und bis ins 20. Jahrhundert hinein ist Ilicino vor allem anthologisch prsent. Insbesondere zwei Novellen gehen in „Bltenlesen“ ein.14 Dies sind zwar Texte, die fr Ilicino selbst nicht unbedingt das Zentrum seines Schaffens bilden. Aber sie vertreten nichts desto weniger exemplarisch ein charakteristisches Merkmal des Senesen. Denn es ist ja kurrente Mnze, dass er grundstzlich in seinem Schreiben – und so auch im Fall seines Petrarca-Kommentars – zum Erzhlen, zu narrativen Strukturen tendiert. Die beiden weitverbreiteten Novellen tragen die Titel: Vita di Madonna Onorata, 1469/1470 und Opera delettevole e nuova di gratudine e liberalit, 1471 (besser bekannt als Novella di Anselmo Salimbeni e Angelica Montanini). Beide Texte operieren mit der Spannung von cronaca Senese und literarischer Fiktion: Onorata Orsini aus Siena, verheiratet mit Iacomo Saracini, stirbt 1457 mit 22 Jahren. Ilicino formt daraus eine Novelle – eine Novelle in dem Sinne, dass der breite Erzhlrahmen das Leben der Onorata als unerhçrte Begebenheit prsentiert. Unverkennbarer Intertext der Vita di Madonna Onorata ist freilich die Vita nova Dantes. In den Prosatext eingelegte Gedichte – sie sind fiktionsimmanent whrend der Lebenszeit und auch nach dem Tod der Onorata entstanden – skandieren eine stilisierte Biographie, in die referenzierbares Alltagsgeschehen mit einfließt.15 In Struktur und situativer Einbettung verhlt es sich mit der Opera delettevole e nuova di gratudine e liberalit hnlich. Wiederum mit lebensweltlichem Hintergrund in Siena situiert, berbieten sich die drei Protagonisten (das Geschwisterpaar Carlo und Angelica, denen Anselmo zunchst als Feind der Familie, dann als amante der Angelica und 14 Vgl. z. B. Novelle di autori senesi, 2 Bde., a cura di Gaetano Poggiali, Livorno: Banchker 1796/1798 und Milano: Sivestri 1813/1815; Novelle amorose, Roma: Perino 1881; Novelle del Quattrocento, a cura di G. Fatini, Torino: UTET 1929/ 1944 (engl. bersetzung: Italian Novelists, bersetzt von T. Roscoe, London: Prowett 1825). 15 Vgl. zu den beiden Novellen neben den Erluterungen bei Corso 1957, 8 – 14, 36 – 61 (wobei Corso aber die Novellen, deren Personen ja lebensweltlich referenzierbar sind, fr biographische Quellen nimmt), die Ausfhrungen von Glnisson-Delanne 1996, v. a. 711 – 723.

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schließlich als ihr Ehemann gegenbergestellt ist) gegenseitig in edlen Taten. Eingefasst ist das Geschehen von einer Diskussion, wer am meisten zu loben sei: Das Schlusswort hat dabei Bianca, die schçne Tochter der Onorata. Auf diese Weise erscheinen die beiden Erzhltexte sogar verkettet; ihre gemeinsame Publikation ist dann vielfach ein logischer Schluss.16 Aber auch wenn die Novellen temporr in den Vordergrund rcken, drfte der Petrarca-Kommentar doch Ilicinos maßgebliches Werkstck sein, der – großzgig datiert – in den Jahren zwischen 1457 bis 1466 entsteht, ab 1466 oder 1469 im Manuskript zirkuliert (am Samstag, 29. 04. 1469 wurde er laut Inventarliste des herzoglichen Haushaltes an den camerlengo Anselmo Salimbeni verliehen)17 und 1475 (in Bologna, bei Annibale Malpigli & Sigismondo de Libris) als erster vollstndiger volkssprachlicher Trionfi-Kommentar im Buchdruck erscheint.18 Fr das darauffolgende halbe Jahrhundert wird dieser Text mindestens jedes zweite Jahr wieder aufgelegt,19 bevor ihn schließlich 1525 der Petrarca-Kom16 Anselmo liebt Angelica – zunchst aussichtslos, da beider Familien auf den Tod verfeindet sind. Er erhlt aber seine Gelegenheit, als Carlo, der Bruder Angelicas, unschuldig denunziert, hingerichtet werden soll. Anselmo bezahlt die horrende Geldstrafe, die alternativ zur Hinrichtung verhngt worden war. Carlo wiederum hatte eher den Tod auf sich nehmen wollen, als die Familie finanziell zu ruinieren und Angelica um die Mitgift zu bringen. Um seine Lebensschuld abzuzahlen, bietet der Bruder seine Schwester dem Gçnner an; Angelica akzeptiert den Handel unter der Bedingung, dass sie sich nach der Liebesnacht mit Anselmo tçten darf. Doch Anselmo rhrt die Geliebte nicht an; diese willigt daraufhin in eine Hochzeit ein; das Geld Anselmos restituiert beide Familien. (Ferrero / Doglio [Hrsg.] 1975, 669 – 689. Die Herausgeber prsentieren freilich eine um die „prolissa discussione […] sulla gara di cortesia“ gekrzte Fassung [ebd., 689]). – Es handelt sich brigens bei einem der Protagonisten um den camerlengo Anselmo Salembeni, der laut den Haushaltsbchern des duca (Nota delle robe della guarderoba dell Ill.mo Duca de Modena) 1469 den Kommentar Ilicinos im Manuskript entleiht: vgl. Cracolici 1999, 407 mit Anm. 11. 17 Cracolici 1999, 407 mit Anm. 11, siehe auch die vorhergehende Anm. 16. 18 Zur Datierung vgl. Belloni 21986, 23, der ausgesprochen vorsichtig datiert: „Bernardo Ilicino (post quem 1466 † di Francesco Sforza, ricordato a T.M. I, 92; ante quem 1471, † di Borso d’Este cui dedicato)“; zum Druck 1475 ebd., 27; vgl. auch Ley 2002, Nr. 0013, S. 23. Haywood 1997, 142 f. umreißt die Unsicherheiten der Datierung; flankierend dazu Tavoni 2004, 631. 19 Vgl. dazu die Liste der 24 Editionen bei Quarta 1905, 274 – 275; Merry 1986, 238 mit Anm. 7; Ley 2002, 23 – 123. Der Erstdruck ist vermutlich 1475 in Bologna erschienen (Ley 2002, Nr. 13, 23 – 25]); unter den Manuskripten ist Ital. 397 a H 32, Biblioteca Estense, zentral, da es sich nach gegenwrtiger Forschungsmeinung um das Borso d’Este gewidmete Exemplar handelt: vgl. Anm. 25.

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mentar von Alessandro Vellutello ablçst.20 Nichts desto weniger jedoch erscheint – sozusagen als ein verspteter Nachzgler – noch 1552 eine letzte Edition von Ilicinos Kommentar.21 So bleibt Ilicino, ungeachtet des Sensationserfolges, den Vellutello fr sich verbucht, im Cinquecento weiterhin prsent – auch wenn er kaum etwas zu den neuen philologischen Fragestellungen und nur sehr wenig zu Petrarcas Funktion als modello di lingua und di poesia beizutragen hat. – Immerhin bilden ja ab 1501 die Aldinen unter der Kuratel von Pietro Bembo den Diskussionshintergrund aller Petrarca-Kommentare.22 Ilicino verdankt sein fortdauerndes Bestehen in diesem Umfeld nicht zuletzt der Tatsache, dass er im 16. Jahrhundert internationale Fortune fr sich verbuchen kann und prominent bersetzt wird: In Frankreich ist er ab 1503 in der Landesprache vertreten (die bersetzung wird auf Wunsch des Kardinals George d’Ambroise gefertigt); auf der iberischen Halbinsel kann er in der Fassungen von z. B. Antonio de Obregn, 1512, oder Hernando de Hozes, 1554, gelesen werden; ins Englische wird er 1585 von William Fowler bertragen.23 Ilicinos vollstndiger Kommentar zu einem volkssprachlichen Text Petrarcas ist also eine maßstabsetzende Pionierarbeit;24 der Text ist ferner ein epochemachender Schwellentext, da er sich auf der Schwelle zwischen Druck- und Manuskriptkultur ansiedelt. Parallel zu den gedruckten Editionen sind nmlich mindestens acht Handschriften in buona copia bekannt; diejenige der Biblioteca Estense in Modena, die auf dem Deckblatt das herzogliche Wappen trgt, ist vermutlich das persçnliche Exemplar des 20 Ab 1485 kombinieren die Herausgeber Ilicinos Text mit einem Kompositkommentar zum Canzoniere, dessen Autoren „Antonio da Tempo“, Francesco Filelfo und Girolamo Squarciafico sind. Vgl. grundstzlich zum Kommentar Ilicinos – neben Dionisotti 1974, v. a. 70 – 78, – Quarta 1905, insbes. 301 – 316; Carrara 1959, 97 – 98; Belloni 1986, 23 f. und 27 – 29. 21 Ley 2002, 215. 22 Trotz des Paradigmenwechsels, den die Aldinen einleiten, bedienen sich die nachfolgenden Kommentatoren ausgiebig aus dem Kommentar von Ilicino (dies gilt insbesondere fr Alessandro Vellutello und Giovan Andrea Gesualdo); selbst Leopardis Kommentierung des Petrarca volgare weist noch nachvollziehbare Spuren des quattrocentesken Kommentars auf: Dies belegt u. a. Carnicelli 1969 (zu Leopardi: 59, zu Vellutello und Gesualdo: 61 f.). 23 Zu den katalanischen bersetzungen vgl. Francalani 2006, 2008 und 2009; zu Ilicinos Kommentar in Frankreich Simone 21965, 177 – 222; zu England Carnicelli 1969, 63 v. a. mit Anm. 24 und 25. 24 Einen Canzoniere-Kommentar hatte Ilicino offensichtlich noch geplant, aber wohl nicht erstellt: vgl. dazu seine Erluterung zu TF III 100 – 110: „Narreremo, concedendoli Dio, nella expositione de sonetti dove mostraremo […]“. Ilicino 1522, fol. cxx r.

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Widmungstrgers Borso d’Este – auch wenn sie kein Autograph ist (so zeigt es die Geschftskorrespondenz Ilicinos im Archivio di Stato di Siena).25 Der Kommentar weist brigens im Druck eine instabile Textgestalt auf, die – nicht positiv noch negativ – in keiner Edition je vermerkt wrde (dagegen ist es cinquecentesker Usus, stets berdeutlich einzelne Auflagen zu markieren: „riveduto“, „di nuovo ristampato con pi aggiunte a […]“ oder „di nuovo dato alla luce e arrichito di“). Bereits an dieser Kleinigkeit lsst sich das andere Textverstndnis festmachen, das mit dem Jahrhundertwechsel auch die Petrarca-Kommentierungen grundlegend voneinander scheidet. Mit kriminalistischen Gespr wird daher rezent versucht, die Reihe der Ilicino-Editionen zu ordnen und zu datieren.26 Dieses Unterfangen ist mhsam, denn die Instabilitt betrifft nicht nur den Text des Kommentars, sondern auch den Text Petrarcas: Ilicino revidiert sein Schreiben mehrfach und fgt in den petrarkischen Text, den wir heute als anerkannt betrachten, zustzlich die drei Fragmente Triumphus Mortis i a und Famæ i a und ii a in verschiedenem Umfang ein. Mindestens zwei Stufen der Redaktion sind im Druck besonders markant: Der erste der Trionfi, der Triumph Amors (oder lateinisch Triumphus Cupidinis), hat vier capitoli, die Ilicino in die Reihenfolge 1, 3, 4, bringt; das capitolo 2 fehlt in den lteren Auflagen zunchst: Poggio Bracciolini weist darauf in seinem Kommentar hin. Kurze Zeit spter erscheint dann der Kommentar von Ilicino mit der Abfolge 1, 3, 4, 2.27 25 Zum Wappen des Herzogs auf dem Deckblatt vgl. Francalani 2006, 145, Anm. 11. Merry 1986, 239 Anm. 8, fhrt die folgenden MSS auf: Modena, Biblioteca Estense, Ital. 397, a H. 32; Firenze, Biblioteca Nazionale, Fondo Conventi Soppressi, G 2, 1638; Firenze, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Fondo Strozzi 177; Firenze, Biblioteca Medicea-Laurenziana, Plut. XC inf. 101; Firenze, Biblioteca MediceaLaurenziana, Plut. XC inf. 102 ; Roma, Biblioteca Nazionale Centrale, Fondo Vittorio Emanuele 797; Parigi, Biblioth que Nationale, Ital. 553 (7773); Privatsammlung Schweiz, datiert 16.09.1478 (ehemals Bodleiana Oxford und beschrieben in Alexander, Jonathan J. G. / De La Mare, Albinia C. (1969): The Italian Manuscripts in the Library of Major J. P. Abbey, London: Faber & Faber, 153 – 154). Eine zweite, leicht differierende Liste der Manuskripte, die parallel zu den frhen Drucken zirkulieren, bei Alessio 1990, 287, Anm. 2. 26 Tavoni 2007. 27 Mit diesen Vernderungen und mit dem Einfluss, den Poggio Bracciolini und Ilicino wechselseitig ausben, hat sich die Forschung immer wieder befasst; Cracciolini 1999, 405 – 408 fasst die Sache konzis zusammen; bleibt jedoch jegliche Erklrung schuldig. – Vielleicht lsst sich Iliciono auch hier von Gesichtspunkten leiten, die dem Bereich des Narratologischen zugehçren: Nach der Erçffnung des Triumphzuges TC i erscheint bei Ilicino Laura (heute TC iii mit dem Incipit „Era s pieno il cor di meraviglie“); daran schließen sich die Dichter an,

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Dass sich Ilicino jahrelang in seinen „vigilie“ mit den Trionfi befasst, mutet aus heutiger Warte ungewçhnlich an, bearbeitet er doch eine verhltnismßig sprçde Materie: Petrarca konzipiert sechs lateinisch betitelte Triumphzge,28 die steigernd aufeinander folgen. Vor den Augen eines autobiographisch stilisierten Ich erçffnet den Reigen der Triumphus Cupidinis – „Amor vincit omnia“; Amor berwindet alles und jeden auf dieser Welt. Nichts desto weniger skizziert Petrarca unmittelbar an die Prsentation der Macht Amors das Thema des „vincitore vinto“: Or di lui si triumpha. Ed ben dritto, s’e’ vinse ’l mondo, ea altri  vinto lui, che del suo vincitor sia gloria il vitto. (TC I, 91 – 93)29 deren Arbeits-Schwerpunkt die Liebesdichtung ausmacht (TC iv), den Schluss bilden bei Ilicino die Gesprche des „Francesco“ mit Massinissa / Sofonisba und Seleukos / Antiochos/Stratonike (TC ii). Setzt man die vier Kapitel-Anfnge hintereinander, lsst sich die narrative Linie gut erkennen: „Al tempo che rinova i mie’ sospiri / per la dolce memoria di quel giorno“ [TC i] – „Era s pieno il cor di meraviglie / ch’i’ stava come l’uom che non p dire“ [TC iii] „Poscia che mia fortuna in forza altrui / m’ebbe sospinto“ [TC iv] – „Stanco gi di mirar, non sazio ancora, / or quinci, or quindi mi volgea“ [TC ii]. Dem Canzoniere vergleichbar beginnt die Terzinendichtung bei Ilicino mit einem erçffnenden Rckblick; es schließt sich daran das innamoramento an; der Beginn der Liebe ist zugleich auch der Beginn des Dichtens (der TC iv gehçrt in der Hauptsache den Dichtern). Nebenbei bemerkt arbeitet Ilicino sofort an dieser Stelle eine Verbindung ins Secretum heraus und verweist auf den dort von Augustinus inkriminierten Zusammenhang von Liebe und Dichtung, die als zu welthaltige Interessen das Ich von seinem ureigenen Ziel abbringen: „‘Non est veritas & non est misericordia ubi non est scientia dei in terra’ [modifiziert Osee 4.1, CB]: la qual cosa etiamdio Misser Francesco dimostra nel lib. de secreto conflictu curarum suarum: la dove se reprehendo di cotal opera biasma anchora chi quelle siegue con la sopradetta intentione. Volendo adunque il poeta in questi triumphi si come religioso christiano biasimare ogni obgetto excepto idio quale s’appetisca come principale fine: per questo il desiderio delle scientie mondane & maximamente dello studio poetico sottomette al sensitivo appetito. […] prima de poesia & poi de philosophia, oltre al disio di Laura dice esser stati inamorato“ (Ilicino 1522, fol. xxiiiir). Mit TC ii ist Petrarca schließlich selbst Teil des Triumphzuges geworden und dadurch mehr denn je befhigt, mit den Figuren des corteo zu sprechen. 28 Wie im Fall des Canzoniere trgt auch hier das volkssprachliche Werk einen lateinischen Titel. 29 Hier ist das Motiv des besiegten Siegers auf Caesar bezogen, der – Sieger auf dem Schlachtfeld – Cleopatra in der Liebe unterlag. Zu dieser Allusion des strukturell bestimmenden Thema vgl. Leo Spitzer: „La struttura dei Trionfi di Petrarca“, in: ders.: Studi italiani, hrsg. von Claudio Scarpati, Milano: Vita e pensieri 1976, 240 – 250. Etabliert ist der superamento mit dem TP, wenn Laura Amor berwindet.

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Petrarca prludiert also von Anfang an, d. h. schon in TC i, das grundlegende Strukturmerkmal der Trionfi, den superamento. Im Triumphus Pudicitiae muss sich Amor folgerichtig der Keuschheit geschlagen geben. Ihr Sieg wiederum ist nicht von Dauer, da – so zeigt es der Triumphus Mortis – alles Irdische dem Verdikt des Todes unterliegt. Einzig der Ruhm vermag den Tod zu berdauern; im Triumphus Famæ ziehen berhmte Mnner und Frauen am schauenden Ich vorbei. Doch die Zeit zernichtigt alles – in dieser Weise schreibt Petrarca im Triumphus Temporis seine besondere Obsession aus. Die Schau endet im Jenseits – mit dem Triumphus Eternitatis versucht Petrarca ein Eschaton zu umreißen, indem er das Aussetzen von Zeit in der ewigen Gegenwart Gottes als Charakteristikum ausfhrt (vor allem TE 67 – 72). Parallelen zu Dantes Divina Commedia sind in Petrarcas Terzinengedicht beabsichtigt (nur ein Beispiel: TE hat ebensoviele Verse – nmlich 145 – wie Paradiso xxxiii).30 Im Unterschied zu Dante handelt es sich bei Petrarca dagegen ganz eindeutig um Traumvisionen, die durch eine Jenseitsskizze, die ihre eigene Unzulnglichkeit thematisiert, komplettiert werden. Questi trionfi, i cinque in terra giuso avem veduto, et a la fine il sesto, Dio permettente, vederem lassuso; (TE 121 – 123)

Ilicino beginnt seinen Kommentar mit einer umfangreichen Einleitung. Diese Prolegomena unter dem Titel „Prologus“ sind – wie schon gesehen – ebenso wie der Kommentar selbst in der universitren Praxis des medicus verankert; demgemß entwirft Ilicino einen Textzugang, der an den accessus ad auctorem geschult ist. Ilicino verhandelt vier Rubriken; er mçchte die „materia“ des Buches, dann seine „utilit“, drittens den Titel des Buches ebenso wie den Namen des Autors, und schließlich die dispositio des kommentierten Werkes vorstellen.31 Dies sind, so sagt es der Autor, „quatro 30 Oft zitiertes Beispiel fr die Bezugnahme der Trionfi auf die Commedia sind die Ermahnungen des „Fhrers“ an das Ich, z. B. „infin che mi fu detto: – Troppo stai / in un penser a le cose diverse; / e ’l tempo ch’ brevissimo ben sai. –“ (TC ii, 133 – 135). Petrarca berspielt an dieser Stelle die Warnungen, die Vergil an den schauenden Wanderer Dante richtet, damit dieser sein Ziel nicht aus den Augen verliere, in die Trionfi. (Die Forschung ist sich freilich einig, dass diese Bezugnahme eine besondere und nicht unproblematische ist: Denn der Weg des pellegrino durch die drei Jenseitsreiche Inferno, Purgatorio, Paradiso ist zielgerichtet, mit der Schau der Triumphzge verbindet sich dagegen ein in Zeit und Raum weit schweifender Weg, vgl. die Erluterungen zur Stelle in Petrarca 22000, 120 f.). 31 Vgl. dazu Carnicelli 1969, 59 mit Anm. 12: Carnicelli setzt sich mit Ilicinos Anspruch auseinander, der explizit Servius als Modellautor heranzieht, um die

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solamente“ und damit nur ein Ausschnitt der blicherweise zu behandelnden Kategorien; er operiert also mit einer pragmatisch gekrzten Version des regulren accessus. 32 Im Kern schlgt Ilicino im Prologus eine moralphilosophische Lektre vor: Considerando adunque il preclarissimo nostro poeta questo dell’anima transito con artificiosa leggiadria et erudito velamento poetico, statui et compose sei triumphi. El primo pertinente a l’anima qual era per la forte inclinazione del corpo, condescende secondo il dominio di sentimenti operare, fingendo amore per lo quale intende lo appetito sensitivo triumphare de gli huomini nel tempo della gioventu. El secondo introduce la ragione triumphare d’amore; la quale intende sotto il velame de Madonna Laura: la qual cosa naturalmente interviene al tempo della virilta et vechiezza; et quando le sensitive delectationi insieme col caldo naturale di quello instrumento sono declinate. El terzo sogiunge la morte triumphare di Laura: cioe di la ragione operare. Nel quarto loco triumpha la fama di morte: perche quantunque non piu per se operi l’huomo si sforza nientedimeno et commove per suo exempio gli altri virtuosamente operare, onde continuo si celebra in laude, continuo il suo nome ne diventa piu chiaro. Triumpha et quinto el tempo della fama, conciosiacosa che suo longhezza corrumpi ogni cosa mortale. Triumpha ultimamente la eternita del tempo: La quale noi non potendo distintamente comprehendere: ma dovendo quella seguitare al iuditio universale per lo suo principio il glorioso poeta lo demostra nel sexto triumpho. Explanato adunque qual sia universale suggetto del libro, conveniente cosa condescendere ormai a vedere quale sia utilita che ne contribuisce la presente doctrina. Se vera la sententia di tutti li morali che le operationi virtuose ovvero essa virtu sia summo bene; et quello si difinisce essere utile: che per destra via si conduce alla

„chiareza del libro“ zu befçrdern: „Servio honorato al principio de la opera et dilucidatione di Virg[ilio]“ (Ilicino 1522, Prologus, fol. A7r) und belegt, dass hier eher Boethius das Modell ist. Vgl. dazu auch Minnis 21988, 15 – 28: Minnis stellt als gngigste Formen des akademischen Prologs drei Typen vor, einen relativ knappen, der auf Servius zurckzufhren ist („Type A“), einen zweiten, der sich an den rhetorischen cirumstantiae orientiert („Type B“) und einen dritten, der in der Nachfolge von Boethius’ In Isagogen Porphyrii commenta entwickelt wurde („Type C“). Bercksichtigt man, dass Ilicino das Paradigma eines accessus nur gekrzt ausfhrt, kommen zwei der drei, Minnis’ „Type A“ oder „Type C“, in Frage. 32 Ilicino 1522, Prologus, fol. A6v : „Universal sententia et da gli antichi et optimi expositori aprovata doversi nei principij de libri piu cose diligentemente considerare: Le quale se noi tutte volessimo nella presente opera riferire piu presto in superfluita et obscurita correremo che chiareza del libro. Et imperho di quelle molte quatro solamente al proposito ci sforcieremo di explanare. La prima quale sie subgetto et materia del libro. La seconda la utilita di esso. La terza il nome del libro et auctore. La quarta et ultima la sua divisione.“

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possessione di tal bene. Certamente niuna cosa a noi pu dimostrarsi pi utile che la presente doctrina.33

Die sechs Trionfi – so Ilicino – stellen also, wenn man sie von ihren poetischen figmenta entkleidet, den Weg der Seele vor: Dabei habe „la anima humana sotto consideratione di transito“ „antiqui e moderni“ beschftigt; Petrarca zeige nun einen Weg der Seele, der zum einen durch Alterstypologie und Ethik in einer Kopplung bestimmt ist und zum anderen durch Antagonismen beherrscht wird: Die Seele wird von zwei kontrastierenden Prinzipien gesteuert, den appetiti sensuali und der ragione. Alles menschliche Handeln hngt von diesen beiden ab; eine der beiden Krfte gewinnt dabei stets die berhand. Dergestalt ist der Mensch in seiner Jugend, wenn die „appetiti sensuali“ mit ungebremster Macht wirken, leichte Beute Amors. Dabei steht Amor fr Ilicino – so wie dies im Secretum prformuliert ist – als Abbreviatur alles Mundanen, nicht nur kçrperlicher Begierden.34 Mit zunehmendem Alter „nella virilt“ kann sich die „ragione“ durchsetzen, der Mensch berwindet den schdlichen Hang, sich viel zu sehr im Diesseits zu engagieren. Die utilit des Terzinengedichts liegt also darin, praecepta fr einen gelungenen Lebenswandel vorzustellen. Freilich ist Ilicinos Moral meist eine friedlich umgngliche Moral, insofern sie einen Ermessensspielraum zulsst und die stete Wendung zum Besseren optimistisch prsupponiert. Den beschriebenen „transito“ der anima unterstellt Ilicino zunchst dem antiken „Nosce te ipsum“,35 wendet ihn dann aber dezidiert nichtantik: Denn eine Besonderheit Ilicinos – die ihn etwa von den cinquecentesken Kommentatoren unterscheidet – ist seine Distanz zum Ruhmstreben und Ruhmgedanken. Der Ruhm gehçrt zu den glorie mundane, von denen sich zu lçsen dem Menschen aufgegeben ist. Ein Nachleben nach dem Tod, so es sich im Lob tugendhafter Taten realisiert und im Werk berhmter Schriftsteller seinen Niederschlag findet, ist bestenfalls eine ‘Durchgangsstation’, strenggenommen aber ein zu meidendes vitium. Ilicino verdeutlicht dies in der Einleitung zum Triumphus Temporis: Havendo adunque il poeta nel precedente triumpho assai apertamente demonstrato per la morte del corpo gli homini pi dignamente vivere con gloria mediante la fama infra le genti del mondo: a ci che nessuno per questo si persuade che la fama sia l’ultimo fine da desiderarsi per lo animo humano, 33 Ilicino 1522, Prologus, fol. A7v. 34 Siehe dazu auch vorne, Anm. 27. 35 Der Anspruch ist christlich dabei auch begrndet: Paulus (Rçmer 7, 14 – 23) trifft sich z. B. mit diesen Angaben.

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imperho nel presente triumpho et capitulo descrive tal fama et mondana gloria s come l’altre cose terrene comprese et circonvolute dal cielo dovere per longheza di tempo manchare. Et imperho intende per universale argumento et subgetto di questo triumpho trattare de la vanit de la fama, quinto stato de l’anima, la quale da gli homini s’acquista per le operationi virtuose, le quale se extendano a gli obgetti mondani; et perche questo effecto interviene per la risolutione diuturna di tempi, imperho il poeta se ingegna in esso dimostrare tanta celerit, successione et defluxo, che quasi: anci veramente di ciaschuna cosa insieme pare che sia il principio et il suo fine.36

Er gestaltet damit in seiner Auslegung der Trionfi quasi eine parallele Bewegung: Amor ist ein errore, der vor allem einer Deviation des Kçrpers geschuldet ist; fama hingegen ist ein errore der Seele, der gleichfalls berwunden werden muss, ehe der Mensch auf das Paradies hoffen kann. Amor und Fama erscheinen inhaltlich aufeinander zugeordnet; darber hinaus entsprechen sich beide in Strukturen der Textgestalt. Nach den ersten Versuchen prsentiert Ilicino beide im Druck mit einer Unterteilung in vier capitoli: TC erscheint – wie bekannt – mit der Abfolge i, iv, iii, ii; TF weist bei Ilicino die viergliedrige Abfolge ia, i, ii, iii auf.37 Und nicht zuletzt sind die Trionfi von Amor und Fama auch die beiden raumgreifenden Abschnitte der Trionfi, die Ilicino am ausfhrlichsten kommentiert. Ilicino formuliert nun seine kritische Aussagen zu den miteinander verschrnkten Grçßen von Welt, Ruhm und Liebe nicht nur grundlegend fr den Triumphus Temporis; er vertraut sie vielmehr ebenso einem Paratext an, den er dem Triumphus Famæ zustzlich vorschaltet. Dieser hat nmlich ein eigenes Vorsatzblatt (zustzlich zur allflligen Illustration), auf dem ein 36 Ilicino 1522, fol. cxxir. 37 Cracolici 2000, 405, erlutert nher, welche Indizien die nachgetragene Kommentierung TF ia verraten bzw. ihre Datierung ermçglichen. Recht offensichtlich ist etwa aus einer frheren Bearbeitungsschicht folgende Aussage ‘stehengeblieben’: „cossi pare che sia intentione del poeta quando nel .lij. cap. et ultimo di questo triumpho dice […]“ (Ilicino 1522, fol. lxxiiir). Darber hinaus unterstreicht Poggio Bracciolini (Sopra il Trionfo della fama di messer Francesco Petrarcha, Firenze: Francesco Bonaccorsi per Alessandro Varrochi, 1486, fol. aiii) in seiner Einleitung, dass Ilicino das Fragment TF ia zunchst ausgelassen habe: „sendomi pervenuto alle mani un comento di maestro Bernardo da Montalcino sopra e Triomphi del Petrarcha, opera degna e della sua philosophia e cognitione varia, e da essere diligentemente lecta da ciascuno amatore delle virt e del Petrarcha, legendola diligentemente trovai haver pretermesso d’exporre un capitulo del Triompho della Fama, el quale in vero a me pare contenga in s tutta l’intelligentia de Triomphi.“ (zitiert nach Cracolici 2000, 406). Beide Kommentatoren haben also die Arbeit des Anderen kritisch im Blick und passen ihre sposizioni jeweils dem aktuellen Stand der Diskussion an, vgl. Alessio 1990, 287, Anm. 2.

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berhmtes Exemplum aus Valerius Maximus inszeniert ist. Der Text per se ist bereits eindeutig und geißelt Ruhmstreben: De quodam qui propter gloriam incendere volvit templum Dianae. Illa vero gloriae cupiditas sacrilega: inventus est enim, qui Dianae Ephesiae templum incendere vellet, ut opere pulcherrimo consumpto nomen eius per totum terrarum orbem dissiceretur, quem quidem mentis furorem eculeo inpositus detexit. Ac bene consuluerant Ephesii decreto memoriam taeterrimi hominis abolendo, nisi Theopompi magnae facundiae ingenium historiis eum suis conprehendisset. (Valerius Maximus, Facta e dicta memorabilia 8.14 ext. 5)

Diesen antiken Text berfhrt der Kommentator in ein Figurengedicht und schreibt ihm damit eine weitere Bedeutungsdimension zu. Denn in der unkommentierten Prsentation auf einer ansonsten weißen Seite drngt sich die emblematische Form der Sanduhr auf. ber ihren ikonischen Wert lsst sich spekulieren; die unaufhaltsam verrinnende Zeit drfte aber durchaus ein kleinster gemeinsamer Nenner sein; das ‘Staub zu Staub’ zumindest implizit mitschwingen. Ilicino unterstellt also im Vorgriff Fama seiner Interpretation von Tempo. Dass das Gesagte seinen Kommentar nicht berstrapaziert, belegt der Schluss der Kommentierung des Triumphus Temporis: Ilicino greift an dieser Stelle Brutus noch einmal auf, der ja mit einem Vers im Triumphus Famæ als Exemplum figuriert: „e ’l primo Bruto li sedea da lato“ (TF ia 33; L. C. Brutus [Valerius Maximus 5.8 1]) lautet der knappe Hinweis. An dieser Stelle setzt Ilicino nochmals an, wenn er TT 140 – 141 kommentiert: Ma per la turba, a’ grandi errori avezza, dopo la lunga et sia ’l nome chiaro: che questo per che s s’apprezza. (TT 140 – 141) Deh pensi un poco con maturo examine a questa saggia e gentile adimanda chi pi avido et desideroso di questo fume & et tenue nebbia del mondo, quello che assai in verit et con giustitia lui poter respondere, et veder chiaramente essere s constretto a confessare la fama non essere altro che una facile et expedita via a perdizione et cos responder che la gloria mondana non altro che uno mezo spessissime volte da farsi infelice quando disordinatamente si appetisca s come intervenne a Bruto, che per la gloria del giusto governo uccise li figlioli.38

Freilich wird gerade im bewegten Gestus der Stelle deutlich, dass Ilicino die prominent platzierte und poetisch eingekleidete Philosophie der Seele 38 Ilicino 1522, fol. cxxxr. [Hervorhebung durch die Autorin].

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Abb. 1: Ilicino 1522, fol. lxvir

nicht als einzige oder generelle Deutungsmçglichkeit der Trionfi behandelt. Der velamen poetico und das denudare einer zweitsinnigen Wahrheit sind an vielen Stellen von untergeordneter Bedeutung; „a piu chiara notitia“, „per la intelligentia di precendenti versi“ oder auch „a piu chiara evidentia“ sind zwar wiederkehrende Syntagmata, aber Ilicino befragt durchaus nicht durchgngig Textoberflchen auf dahinter liegende Wahrheiten. Damit ist an der oben zitierten Stelle Brutus – wie zahlreiche andere Figuren auch – vor allem tatschlich als Brutus prsentiert. Der Kommentator meint die historische Figur, er macht nicht unter dem ‘schçnen Schleier’ eine weitere Bedeutungsdimension sichtbar. Auf diese Weise tritt eine Allegorese an vielen Stellen des Kommentars in den Hintergrund. Um ein Beispiel ex negativo zu fhren: Der Kampf Lauras mit Amor, bei dem sie eine Schar von Anhngerinnen ins Feld fhrt, deren Namen eindeutig auf den Rosenroman referieren – und damit den Mus-

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tertext fr allegorische Auslegung in Spiel bringen – ist Ilicino kaum eine Zeile wert: Armate eran con lei tutte le sue chiare Virtuti – o gloriosa schiera! – e teneansi per mano a due a due. Honestate et Vergogna a la fronte era, nobile par de le vert divine che fan costei sopra le donne altera; Senno e Modestia a l’altre due confine, Habito con Diletto in mezzo ’l core, Perseveranza e Gloria in su la fine; Bella-Accoglienza, Accorgimento fore, Cortesia intorno intorno e Puritate, Timor-d’infamia e Desio-sol-d’onore, Penser canuti in giovenile etate, e – la concordia ch’ s rara al mondo, – v’era con Castit somma Beltate. (TP 76 – 90)

Das heißt, wenn Ilicino sich anschickt, Petrarcas Text im einzelnen zu kommentieren, berwiegt den „transito dell’anima“ hufig ein anderes Interesse, nmlich die Erklrung ad litteram. Mit viel historiographischem Aufwand erlutert Ilicino den Hintergrund zu den oft nur mit einem Namen oder einer Geste von Petrarca bezeichneten Personen. Ja, Ilicino nimmt stellenweise sogar explizit Abstand von seinem grundlegenden Projekt: „secondo le forze mie solo seguendo la litera in terra abasso intendo di procedere“ lautet seine Begrndung fr eine weitgehend ausschließlich literalsinnige Deutung der Laura.39 Dieses Changieren zwischen literalund mehrsinniger Auslegung – das der moralphilosophische Sinn im besonderen Maße befçrdert – kommt dabei nicht „schleichend“ in den Kommentar. Schon in der Einleitung zeichnet sich diese Drift ab; bereits im Prologus spricht Ilicino einerseits von „cose […] necessarie alla chiara intelligenzia del libro“ und stellt dem andererseits „[la] particulare expositione della littera“ gegenber.40 Gewissermaßen wie mit Karteikarten zu einem Lexikon unterfttert Ilicino Petrarcas Text mit reichen Angaben aus Mythologie, Geschichte, Philosophie, Ethik, Theologie, Astrologie, Geographie, die auch verschiedener berlieferung Rechnung tragen.41 Warum also der große Erfolg? Der erste Abschnitt der Erklrung ist simpel: Ilicinos (Para-)Text 39 Ilicino 1522, fol. xxr. 40 Ilicino 1522, Prologus, fol. A8r. 41 Eine bersicht der zitierten Prtexte bei Merry 1986 und bei Haywood 1997, 157.

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macht den (Haupt-)Text Petrarcas berhaupt lesbar – Petrarcas Abbreviaturen wurden erstmals mit einem Schema von Informationen hinterlegt; Ilicino erstellt ein Kompendium der großen Gestalten des klassischen Altertums im volgare und erschließt damit dieses Feld fr eine breite Leserschicht: „generalmente secondo il mondano intendere“. Dass die Stellenkommentierungen dabei tatschlich als Einzelstcke fungieren kçnnen und sollen, verdeutlichen die Editionen selbst. Schon der Erstdruck ist nmlich mit einer Tavola fr den ‘Schnellzugriff ’ ausgestattet. Die paratextuelle Anweisung des Kommentators fr die Trionfi liest sich wie 1475 folgt: Questa ser la tavola de li triumphi e suo comento per aconcio de lo lectore che desiderasse legiere pi in un luocho che nell’altro e pi una historia che un’altra come nel dicto comento: si contiene o vero qualche auctorit de Sancti o de li propheti o de historici che ve n’ numero grandissimo come vedere si pu per li lectori che del tutto o di parte legiere il piacesse a ci che ad uno tracto se trovi quello che lo lectore desiderasse vedere senza affaticarsi e rimescolare tutto lo libro. 42

Dieser Hinweis verndert im Laufe der Zeit mehrfach seine Form – er nimmt z. B. mit der letzten Ausgabe 1522 eine sehr viel technischere Form an: Ilicino erlutert nun das System der Marginalbezeichnung, die die Pagina ergnzt und das Auffinden der Information im dichten Text erleichtert. Aber grundstzlich bleibt immer die Mçglichkeit eines schnellen, am Schlagwort und am partikulren Interesse orientierten Zugriffs auf den Kommentar. So heißt es etwa in der letzten Ausgabe von 1522: „Et in questo modo [= mit der Kombination aus Pagina und Marginalie] con mirabile facilita e presteza troverai tutto quello che a te sara in piacimento.“43 Petrarcas Text, der so hufig als purer Katalog gescholten wird, bekommt bei Ilicino also ein Sttz-Gerst, wird durch zahlreiche kleine 42 Zit. nach Merry 1986, 241, die Seite im Faksimile auch in Tavoni (2004, 640: Fig. 6: Commento ai Trionfi di Francesco Petrarca, Bologna: Annibale Malpigli, 27.04.1475); vgl. dazu auch die Erluterungen bei Tavoni 2004, 639 – 641. Die erlutertenden Hinweise zur Tabula verschwinden teils in den spteren quattrocentesken Ausgaben, um im Cinquecento wieder aufzutauchen: Tavoni 2004, 644. 43 „Per informatione et declaratione di questa tabula questo sie l’ordine sito che chi vol trovare qualche cosa contenuta in dicta tabula guardi in fine della linea de la cosa che ’l cercha: et quello numero li notato significa el numero de le charte dove la cosa cerchata. Item guardi in principio della dicta linea: et quella littera: la quale li signata in margine significa el loco dove la cosa cherchata in quella charta dove prima te ha mandato el numero signato in fin della linea come ho di sopra dechiarato. Et in questo modo con mirabile facilita e presteza troverai tutto quello che a te sara in piacimento.“ Ilicino 1522, Tabula, fol. A2r.

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Erzhlungen ‘ausgekleidet’ – ja, zum Teil schreibt die Forschung sogar Ilicinos erzhlerischem Talent Anteil am Erfolg der Trionfi im Quattrocento zu: Novellista egli stesso, traduce volontieri in novella […]44 Il modo con cui l’Ilicino ritrae i vari personaggi costituisce indubbiamente una delle ragioni sia della fortuna dei Trionfi sia di quella del suo commento.45

Ilicino selbst prsentiert sein Schreiben, das eine Tendenz zur novellistischen Zuspitzung aufweist, gnzlich unaufgeregt, ja, er leitet es sogar von Petrarca her und setzt ihm die Historiographie der antiken, lateinischen Schriftstellern dezidiert entgegen: Ein Schreiben, das Petrarca angemessen sein will, setzt Selektion voraus, sein Ziel ist das Herausarbeiten des charakteristischen Merkmals; diese interessante Stelle gilt es – wenn mçglich – umstandslos zu erreichen: […] da intendere: che volendo Misser Francesco in questo triumpho solo descrivere i gesti de virt : non necessario ogni atto riferire de la historia, si come per ordine descriveno li scrittori de la lingua latina. Conciosiacosa che loro observano ogni minimo gesto, de quali molti non sono n di laude degni, n di fama, n comendatione: et imperh quegli ne solo bastino a referire: de quali habiamo havuto noticia essere provenuti dalla virt , o dalla luce […]. Et medesimamente conveniente essere brevi per conformarsi allo ordine del poeta: el quale spesse volte solo il nome: & talvolta uno solo gesto infra molti ha connumerato.46

Dass Ilicino seinen Kommentar partienweise absichtlich ins Novellistische hinbergleiten lsst, zeigt auch die Verbindung, die er zu seinen Novellen herstellt. Er flankiert etwa Penelope durch Madonna Onorata, die bei Licht betrachtet die antike Heldin ebenso wie die moderne Laura berbietet:

44 Carrara 1959, 97. Vgl. dazu auch Ilicino selbst; der mehrfach die Brcke zum großen Erzhler Boccaccio schlgt: „[…] la donde stimando certamente che il Boccaccio nel libro Decameron narasse con gentile velamento questa verit quando compose la novella di Alibech et del Rustico giovene romito.“ (Ilicino 1522, fol. xlviiv, zu TP 160 – 162, heute blicherweise auf Piccarda Donati bezogen, vgl. Petrarca 22002, 257). Boccaccio erscheint als Gewhrsautor fr Petrarca ebenso im Fazit des Kommentars: „Da poi l’autorita di Giovane da Certaldo di M.F. discipulo observantissimo el quale a esso poeta tanto attribuisce che in ogni parte giudico per me stesso essere diminuito.“ (Ilicino 1522, fol. cxlr). Zur hohen Frequenz eines Lexikons (etwa „il poeta narra“), das auf den fiktiven Prosatext verweist und mit dem der Kommentar durchsetzt ist, vgl. Haywodd 1997, 147 f. 45 Merry 1986, 241. 46 Ilicino 1522, fol. lxxiiir.

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[…] la degna et excellente Madonna Honorata Ursina donna che fu d’uno gentilhuomo da Siena; veramente di animo, e di costumi gentile: el quale si nomina Iacomo di Saracini. Costei adunque essendo piccolina fanciulla, rimasta doppo la morte del padre chiamato Danese sotto il governo e erudizione della madre tale in verso di lei fu di piet exemplo che certamente a Claudia inverso al triumphante padre, et all’altra romana fanciulla verso la madre sua imprigionata si pu iudicare; tacer lo amore coniugale quale in lei fu superiore a quello di […] e qualunque altro pi celebrato nella lingua latina. Era appresso in costei tale eloquentia che facilmente superava […] Unde certamente non dubito che se nata era al tempo di Misser Franscesco Madonna Honorata: lei era honorata di questo trimpho. Morta dunque questa al suo tempo unica et excellentissima donna […]47

Zustzlich zu den narrativ basierten schede stellt Ilicino umfangreiche Zitatsammlungen von auctoritatis zusammen – dies sind aber eben nicht nur der Aristoteles der Nikomachischen Ethik oder Cicero mit den Tuskulanen oder De officiis, vielmehr deckt Ilicinos Florilegium humanistische Erudition in – fast – allen Bereichen ab. Im Ergebnis schließlich entsteht ein massiver Kommentar, dessen Umfang die jngsten Zahlen der Forschung verdeutlichen mçgen: Jedem Vers Petrarcas stellt Ilicino ein Minimum von 20 Zeilen Kommentar gegenber.48 – Auch an diesem Punkt setzten der Trionfo d’Amore wie der Trionfo della fama die Maßstbe. – Ilicino zielt demzufolge in der Diskussion des Petrarca volgare mit seinem Kommentar nicht so sehr im strengen Sinne auf einen Dichter und sein literarisches oder sprachliches Rstzeug, sondern auf einen auctor. Unverkennbar offenbart dies sein Vorgehen: Erluterungen, Glossen, Kommentierungen rhetorischen Inhalts, zu Vers, Stil, Lexik, Syntax, Bildlichkeit fehlen so gut wie vçllig. Diesbezglich begngt sich Ilicino ber weite Strecken mit dem einem Adjektiv leggiadro, das spter bei Pietro Bembo in der Beschreibung der Sprache Petrarcas so große Karriere macht: „nostro legiadro poeta“ heißt Petrarca im Resme des Ilicino-Kommentars,49 leggiadro ist daneben etwa der dichterisch fixierten Moment des innamoramento: „con legiadro modo il poeta descrive la forma dello inamorarsi“.50 Vor diesem Hintergrund lassen sich nun die in der Forschung oft als Charakteristikum Ilicinos benannten quaestiones etwas schrfer facettieren. Denn gerade diese – etwa 10 grçßere sind auf den Kommentar verteilt51 –, 47 48 49 50 51

Ilicino 1522, xlvr – f. In dieser Weise rechnet Francalani 2006, 143. Ilicino 1522, fol. cxlr. Ilicino 1522, fol. xviiiv. Drei davon werden sehr geschtzt und z. T. sogar separat verçffentlicht: die quaestio um Laura, die quaestio, ob Penelope amante oder casta sei (TP 133) und die so-

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die meist dem Bereich einer mittelalterlich verorteten Universitt zugeschlagen werden, kombinieren ein ehrwrdiges Procedere mit lebensweltlich verankerten Inhalten. Im Fall von Laura ist dies die von da an diskutierte Frage nach ihrer Faktizitt (nachdem das Trecento und auch das beginnende Quattrocento – vertreten etwa durch Giovanni Boccaccio oder Pier Paolo Vergerio – fr eine Laura als Allegorie optiert hatten). So lautet die vorgelegte Frage: „[…] lamanza di Misser Francesco essere stata Laureta donna vera: et mortale“. Ilicino prsentiert sofort die dem entgegenstehenden „contrarie ragioni“: genannte disputa delle arme e delle lettere. – Um alle drei mit Schlaglichtern zu erhellen: Die berhmte quaestio um Laura etwa endet mit folgenden Worten: „Adunque non pi dilatando il parlare conchiudiamo la pura fanciulla la quale apresso il nostro Misser Francesco esser stata Madonna Laura, donna vera mortale, naturalmente in questo mondo produta. Ma se in questo loco alchuno me iudicasse insolente ingrato et protervo figliolo, a esser difforme et quasi contrario alla sententia della veneranda memoria dello eximio doctore Maestro Piero da Montalcino, nostro padre, el quale nella expositione di sonetti de M. Francesco a Philippo Maria Preterito felice duca de Milano dice & afferma lamanza del nostro poeta essere stata madonna Poesia, rispondo a questo che troppo sarei degno di grave censura […], unde, confirmando io la sua imaginatione dignissima, dico infra la sua & mia opinione non essere alchuna contraditione, imperh che, si come lui era conveniente alla sua gravita, alla doctrina, al suo claro ingegno, volse in ello exponere seguire il sentimento morale. Ma non reze la basseza dello intellecto mio assai alto volare; imperh , lassando a lui assedere sopra dei monti al cielo, secondo le forze mie solo seguendo la lettera in terra a basso intendo di procedere.“ (Ilicino 1522, fol. xxr ; die gesamte quaestio erstreckt sich ber fol. xixr – xxr [Kommentar zu TC iii 85 – 93 Era si pieno]; die Tabula des Kommentars verzeichnet diesen Passus als „Probation che Laura sia stata donna mortale“ [1522, fol. A5r]) – Die quaestio um Penelope (TP 133) beginnt wie folgt: „Occurere nientedimeno in questo loco una ragionevole dubitatione: quale e per che cagione pi presto Penelope introdutta dal poeta nel triumpho della pudicitia che o Portia, o Artemisia, o Argia, o Ipsicratea: delli quali ciaschuna di sopra stata introdutta nel triumpho d’amore. N perh meno dilectione port ciascuna di queste al suo dilecto marito, n meno castamente vissero che facesse Penelope con Ulyxe: di cui Licophronte poeta anchora fa sospecta la causa. La donde pare che overo Penelope debbi essere ascritta al triumpho d’amore overo quelle altre debiano annumerarsi al triumpo della pudicitia, in modo che infra loro et Penelope non pare che acader debbi questa distinctione: maximamente per l’auctorita di Valerio Maximo: el quale tute quelle descrive in uno medesimo capitulo ‘de fide aut amore uxorum erga viros’. Alle quale dubitationi si risponde […]“ (Ilicino 1522, fol. xlvv). – Die querelle of arms and letters legt als moderne Einzelverçffentlichung Garin vor: „Dal commento ai Trionfi di Bernardo Ilicino“ (Garin [Hrsg.] 1947, 103 – 107); ausfhrlich untersucht hat sie Haywood 1981 im Rahmen seiner Dissertation (zu Ilicino: ebd., Teil I: 103 – 123; Teil II: 36 – 50).

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Et imperho dicono alchuni lamata essere stata la religione christina, alchuni la penitentia: et alchuni altri la scientia in genere: alchuni solo la poesia: alchuni la philosophia morale: alchuni lanima: et alchuni altri la madre Maria.

Er legt daraufhin seine Beweisgrnde nach Punkten geordnet vor: „Persuponiamo adunque quatro fundamenti dei quali el primo e che Messer Francesco […]“. Beweiskrftig ist fr Ilicino dabei vor allem der Canzoniere – dieser Text gilt ihm als Dokument der experientia und eben nicht des sonno, wie dies die Trionfi nach Petrarcas eigener Aussage sind (TC i 11: „vinto dal sonno […]“). Dass Ilicino damit aus heutiger Sicht zirkulr argumentiert, da er aus einem literarischen Text lebensweltliche Informtionen gewinnt und diese dann verwandten Texten als vorgngig wieder unterschiebt, muss hier gar nicht weiter interessieren. Relevant ist das argumentative Stratagem. Denn mit dieser Prmisse kann Ilicino ber eine Folio-Seite hinweg zahlreiche Stellen aus dem Lyrikbuch anfhren und und die Gegenmeinungen realempirisch widerlegen. Adunque [..] il parlare conchiudiamo […] esser stata Madonna Laura donna vera mortale naturalmente in questo mondo produta […].52

Dass bei Ilicino solcherart der eruditio die experientia zur Seite tritt, lsst sich prgnant in einem Schlaglicht fassen: Scrive etiamdio Aristotile nella Iconomica circa lo essere dello huomo ne la vita activa: Nihil enim homini potest esse melius quam si vir uxor pari concordia domum gubernent. La quale vera et excellente sententia non solo io al presente per le ragioni intendo, ma per experientia il cognosco et affermo, mediante la modestia ingenita, castissima benivolentia, diligentia lieta, pudica et giocunda conversatione della carissima et amata consorte Marianna Ilicino.53

Neben die philosophische Erluterung tritt ganz selbstverstndlich ein Rckbezug auf Lebensumstnde, die dezidiert privat sind – die aber in einem neuen diskursiven Umfeld, das lebensweltliche Erfahrung und Empirie auch ohne ausgewiesene Exemplarik als beweiskrftig wertet, Eckpunkte der Diskussion setzen kçnnen. Auch dies drfte zu Ilicinos Erfolg beigetragen haben, spiegelt es doch mit der Vielfalt einen das Quattrocento auszeichnenden Zug wieder und macht ihn zugleich fr die

52 Ilicino 1522, xxr. 53 Ilicino 152, fol. cviiiv – „l’animo nostro e si suoi obgetti degni“; [Hervorhebung durch die Autorin]. Auch sein Beruf und die Erfahrung als Mediziner fließen in die Kommentierung mit ein: So gibt der Tod Lauras Ilicino die Gelegenheit, ausfhrlich modernes medizinisches Wissen ber den Tod darzulegen.

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Kommentatoren des Cinquecento kompatibel, die ihm mehr oder weniger offen Anerkennung zollen.54 Denn Ilicino mag Arzt gewesen sein und der von Petrarca inkriminierten Logik durchaus nahe stehen, aber gerade seine Position in Bezug auf die Exempla rcken ihn an genuin rinascimentale Diskussionen heran. Eine davon betrifft die komplexe Relation zwischen moralphilosophischer Reflexion und Einzelfall, die in der Renaissance grundstzlich neu ausgehandelt wird.55 Schon mit Petrarcas Aktualisierung der Facta et dicta memorabilia von Valerius Maximus, insbesondere aber mit seinem „Glcksbuch“, De remediis utriusque fortune, wird die Frage danach akut: Kann nmlich zum ersten ein zweites, drittes oder viertes Exempel treten, birgt allein die Vielheit die Mçglichkeit, dass eines dem anderen zuwiderlaufen mçchte; dann impliziert die Vermehrung relevanter Modelle die Gefahr, dass Mannigfaltigkeit die Eindeutigkeit – auf die Exempla ja angewiesen sind – ins Unerreichbare verschiebt. Vielgestaltigkeit trgt immer einen Keim zur weiteren Ausdifferenzierung und schlimmstenfalls zur dispersiven Auflçsung in sich. Ilicinos Kommentar ist etwa in Bezug auf die großen Gestalten der klassischen Mythologie ausgesprochen variantenreich. Auf diese Weise destabilisieren seine schede die Eindeutigkeit, die den Figuren unmittelbar augenfllige moralphilosophische Aussagen hinterlegen wrde. Die mehrfachen Traditionsstrnge, die Ilicino beispielsweise aufschlsselt, machen eine schulgerechte exemplarische Lektre, die ohne Rest aufgehen msste, diffizil. Der mit Moralphilosophie verpflichtend verbundene Gedanke der Kohrenz lsst sich auf einen solcherart prsentierten Mythos nicht mehr komfortabel applizieren. Freilich ist zu Ilicinos Zeit (und auch spter) die Idee des Exemplum nicht per se unterminiert. Noch berwiegt die Ansicht, dass sich Menschen auf anthropologische Gewissheiten verlassen kçnnen, und dass sich – aufs Ganze gesehen – im menschlichen Verhalten relational mehr bereinstimmungen als Unterschiede ausmachen lassen. Der ungeklrte Einzelfall ist die Ausnahme in einem Feld, das generell durch Verrechenbarkeit von menschlichen Handlungen geprgt ist. 54 Vgl. dazu Carnicelli 1969. 55 Der sogenannten „Renaissance Crisis of Exemplarity“ hat die Universitt Princeton 1994 in Zusammenarbeit mit dem damaligen Center for French Excellence ein grundlegendes Kolloquium gewidmet: Ein Teil der Dokumente des Kolloquium wurde im Journal of the History of Ideas 1998 gebndelt verçffentlicht; der wirkmchtigste Artikel aus dieser Sammlung ist wohl Stierle 1998.

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Das hier angerissene Problem kommt eher an anderer Stelle zum Tragen: bei Ilicinos grundstzlicher Tendenz zur Narrativisierung. Ein Exemplum ist weitgehend durch demonstrative Zge ausgezeichnet, es kann dahingehend pragmatisiert werden, dass es auch rein elokutionell verwendet wird, es ist aber in jedem Fall in engere Zielsetzungen eingespannt, denen in der Hauptsache argumentativ pointierenden Zge Rechnung tragen. Ein Erzhlmedium hingegen macht sich immer in Fokusverschiebungen bemerkbar. In der doppelten Kommunikationssituation narrativer Texte neigt das Erzhlmedium dazu, die Autoritt des Exemplum zu schwchen. Man kann vielleicht sogar sagen, dass, je deutlicher ein Erzhler konturiert ist, umso uneindeutiger das Exempel wird. Ilicinos Kommentar deckt also genau dieses Feld ab – ohne je in extremis zu geraten; sein Wechsel von praecepta einerseits und favole andererseits macht deutlich, das fr den medico aus Siena die aufziehende cultura della lettera noch ein ganz bewegliches System darstellt. Ilicino kann zwischen einem moralischen und einem buchstblichen Sinn problemlos ausgleichen. Das analytische Rstzeug, das unschwer einem lteren Textzugang zuzuordnen ist, und die mittelalterlichen Formen des Argumentierens (die aber darum mit der Praxis der Exegese umso vertrglicher sind) kommen hier ein letztes Mal prominent zur Geltung; die neueren Fragestellungen, die etwa die experientia stark machen, bleiben dennoch nicht außen vor. In einer entspannten Heterogenitt des Quattrocento ist Ilicino selbst eine emblematische Figur auf der Schwelle zwischen den Zeiten.

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„sotto legiardo et mirifico velamento poetico“

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Lizenz zum Dichten Der ‘velo giallo’ und seine paratextuellen Legitimationsstrategien in Tullia d’Aragonas Rime und Dialogo dell’ infinit d’amore Angela Oster 1. Faktische Paratexturen: „Fasseli gratia per poetessa“ Die Schriftstellerinnenkarriere Tullia d’Aragonas beginnt am 1. Mai 1547 in Florenz mit einem kleinen paratextuellen Paukenschlag.1 Ihr wird in einem herzoglichen Bescheid – ausgestellt von der Magistratsbehçrde – mitgeteilt, dass Cosimo I. de’ Medici angesichts ihrer sowohl dichterischen als auch philosophischen Verdienste einem Bittschreiben stattgegeben habe, dass Tullia an seine Ehefrau Eleonora gerichtet hatte. Die Petition hatte folgenden Text zum Inhalt: Ill.ma ed Ecc.ma Sig.ra Duchessa, Tullia Aragona, umilissima servitrice di V. E. Ill.ma, essendo rifugiata a Firenze per l’ultima mutazione di Siena, e non facendo i portamenti che l’altre fanno anzi non uscendo quasi mai da una camera non che di casa, per trovarsi male disposta cos dell’animo come del corpo, prega V. E. affine che non sia costretta a partirsi, che si degni d’impetrare tanto di grazia dall’Eccell.mo et Ill.mo S.or Duca suo consorte, che ella possa se non servirsi di quei pochi panni che le sono rimasi per suo uso, come supplica nel suo capitolo, almeno che non sia tenuta

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Die Daten zur Vita der Autorin sind nur bedingt gesichert. Tullia d’Aragona war die Tochter der Ferrareser Kurtisane Giulia Campana und wahrscheinlich des Kardinals Luigi d’Aragona. Offiziell als Vater angegeben wurde Costanzo Palmieri d’Aragona. Verbrgt ist Tullias Heiratsurkunde vom 8. 1. 1543, welche die Braut Silvestro Guicciardis als „Tullia Palmiera de Aragonia“ ausweist. Außerdem wird sie in einem Gerichtsdokument der Stadt Siena vom 5. 2. 1544 als „nobilis domine Tullie filie quondam Constantii de Palmeriis de Aragona“ aufgefhrt. Geboren wurde Tullia zwischen 1508 – 1510; gestorben ist sie 1556. Tullia wuchs in relativem Wohlstand auf und genoss als Frau eine fr damalige Verhltnisse vergleichsweise gute Ausbildung. Einen guten berblick mit vielen Quellen und Zitaten bietet Bongi 1890. Vgl. außerdem Russel 1994 und Neumeister 1999.

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all’osservanza del velo giallo. Ed ella, ponendo questo con gli altri obblighi molti e grandissimi che ha con S. E., pregher Dio che la conservi sana e felice.2

In eben diesem Bittschreiben selbst notiert Cosimo, dessen Autograph im Anschluss von einem Notar („Lelio T[orelli]“) amtlich besttigt wird, am Seitenrand die Worte: „Fasseli gratia per poetessa.“3 Damit war der Ruf Tullia d’Aragonas in der Kommune von Florenz aufgrund ihrer „rara scienzia di poesia et filosofia“ vorerst salviert,4 und der Spruch Cosimos ist zu einem geflgelten Wort in Hinblick auf Tullia d’Aragona avanciert. Was war diesem kleinen, aber spektakulren Paratext in Form von nur vier Worten jedoch voraus gegangen? Das Bild Alessandro Morettis [Abb. 2], welches Tullia d’Aragona vorstellen soll (die Identitt bzw. Zuschreibung des Gemldes ist nicht genau gesichert), zeigt den zugrunde liegenden Sachverhalt in aller Deutlichkeit an. Tullia d’Aragonas Hauptprofession war die einer Kurtisane, und damit gewinnt Genettes viel zitiertes Diktum bezglich des Paratextes – ein „Text prsentiert sich jedoch selten nackt“5 – in diesem Fall eine nicht nur 2 3 4

5

Zitiert nach Celani 1891, XXXVIII. Celani 1891, XXXIX und Bongi 1886, 90. Die offizielle „carta di deliberazione“ im Archivio di stato di Firenze, dokumentiert in den „Luogotenenti e Consiglieri di S. Eccelenza il Duca di Firenze“, weist folgenden Wortlaut auf (zit. nach Bongi 1886, 90): „Die prima Maii MDXLVII. Volendo l’Ill.mo et Ecc.mo S.or Duca di Firenze, et per S. Ex.a e magnifici S.ri Luogotenenti et Consiglieri, con special dono ricognoscer la rara scienzia di poesia et filosofia [Hervorhebung AO], che si ritrova con piacere de’ pregiati ingegni la dotta Tullia Aragona che al presente habita in la citt di S. Ecc.za, et provedere, che come ell’ intra l’altre donne per tali scienzie riguardevole, la venga ancora in tra esse, per particolare et nuovo privilegio, fatta exente da tutto quello che a che ell’ obligata quanto al suo habito, vestire et portamenti per la leggie sopra ci fatta sotto di XIX d’Ottobre prossimo passato 1546; et perci , mosse le S. Loro da simili cause legittime, et per satisfare alle preci d’essa Tullia, a fine massimamente che ciascuna persona di Firenze et di qual si voglia qualit che s’adorni di virt , si possa fermamente promettere la gratia del Magistrato loro on l’honeste domande sua, servatis etc., et ottenuto il partito etc., deliberarono et deliberando la S.a Tullia Aragona feciono et esser volsono libera, esempta et immune dall’osservantia della legge soprascritta. Talch l’effetto sia che in l’avvenire ella possa et gli sia lecito, et cos in virt del presente partito et deliberatione gli permessono el portare quelli vestimenti, habiti et ornamenti che gli parr et piacer. Et similmente la liberorono da tutto quello a che per dispositione della prenarrata legge ella venisse obligata. Alla quale, quanto alle cose soprascritte, per questa volta derogorono et derogato esser volsono in ogni miglior modo. Mandantes, etc.“ (Hier wie im Folgenden Rechtschreibung, Interpunktion u. . nach den Originalen im Cinquecento). Genette 2001, 9.

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Alessandro Bonvicino detto il Moretto [Pinacoteca Tosio Martinengo, Brescia]: Abb. 1: Kurtisane [wahrscheinlich Tullia d’Aragona] (ca. 1500). Abb. 2: Tullia d’Aragona come Salome (1537).

bertragene Bedeutung. Der Berufsstand der Kurtisane, darber darf das moderne Verstndnis nicht hinweg tuschen, genoss allerdings im 16. Jahrhundert ein respektables Ansehen.6 Du Bellay berichtet 1558 in 6

Die Quellen fr die folgenden Angaben zum Kurtisanentum sind: Kurzel-Runtscheiner 1995; De Maio 1987; Servadio 2005; Larivaille 1975.

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seiner Gedichtsammlung Les Regrets ber das Kurtisanentum, welches – so die erstaunten Beobachtungen des lyrischen Ichs – die Rçmer Bevçlkerung weitgehend akzeptiert und in ihr soziales Leben integriert hatte.7 Die Konsolidierung des Berufsstands der Kurtisane konnte auf einen pragmatischen Konsens zhlen, da sich bedingt durch den Sitz der Kurie in Rom ein berschuss an mnnlichem Personal angestaut hatte, der darber hinaus durch Pilger, Kaufleute und Soldaten zahlenmßig weiter aufgestockt wurde. Was nun wiederum im Kontext der hçfischen Gesellschaften wie Ferrara oder Urbino ganz selbstverstndlich war, nmlich dass Frauen das kulturelle Leben wesentlich prgten – eben diese anderenorts vorhandene Selbstverstndlichkeit musste die (heterosexuell orientierte) mnnliche Klientel Roms zunchst entbehren. Als Ersatz florierte ab dem letzten Drittel des 15. Jahrhunderts das rçmische Kurtisanenwesen in verhltnismßig großer Anzahl.8 Die Bezeichnung der „Cortegiana“ ist bereits sprechend, erwchst sie doch aus dem illustren Kontext der Curialitas.9 Bekanntlich ist das mnnliche Namenspendant – der Cortegiano – nicht erst seit Castigliones gleichnamigem Text (Il Cortegiano, 1528) eine ohne Frage nobilitierte Instanz. Und eine Kurtisane, die etwas auf sich und ihren Ruf hielt, titulierte sich ausdrcklich als cortegiana onesta, um ihre Ttigkeit von der einer gewçhnlichen Prostituierten zu unterscheiden. Das ebenfalls ungesicherte Portrt Tullias in Abb. 1 zeigt die abgebildete Figur als gesellschaftlich nobilitierte, gleichwohl mit der anrchigen Fama der „Salome“ [Abb.2] konnotierte Dame. Was Tullia in der ffentlichkeit zu sein intendierte, war eine donna onesta, und die ußerliche Unterscheidung zu einer „Nobile ornata alle feste“ [Abb. 3] war – wie auf den Abbildungen aus Vecellios Habiti antichi et moderni di tutto il mondo aus dem Jahr 1598 zu sehen ist – denn in der Regel auch kaum erkennbar. Neben der „Nobile“ sind „Meretrici publiche“ 7

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9

Vgl. exemplarisch Les Regrets, CXXXI: „Celuy qui par la rue a veu publiquement / La courtisanne en coche, ou qui pompeusement / L’a peu voir  cheval en accoustrement d’homme / Superbe se monstrer: celuy qui de plein jour / Aux Cardinaux en cappe a veu faire l’amour, / C’est celuy seul, Morel, qui peut juger Rome.“ Die Angaben zu den Zahlen schwanken zwischen 6800 (so die berlieferung in Stefano Infessuras Diario della citt di Roma, der sich auf eine Liste Prostituierter bezieht, die Papst Innozenz VIII. im Jahr 1490 erstellen ließ) und 11654 „femene de partido“ (so die Angaben bei Marino Sanuto [auch: Sanudo] in dessen I Diarii). Vgl. dazu die Angaben bei Bassanese 1988. Auf die generelle Relativitt bzw. Unzuverlssigkeit von Statistiken und Zahlenangaben in der Renaissance weisen Gnoli 1941 und Pecchiai 1948 hin. Vgl. zu Begriff und Konzept der Curialitas: Fleckenstein 1990.

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Abb. 3 – 5: Vecellio (1598): Habiti antichi et moderni di tutto il mondo.

[Abb. 4] und daneben „Donne la Vernata, et massime cortegiane“ [Abb. 5] eintrchtig neben einander abgebildet. Zwischen der ‘donna normale’ und der ‘donna cortegiana’ ist, was ihre Aufmachung angeht, in den zeitgençssischen ikonographischen Quellen kaum ein Unterschied festzustellen. Zumindest waren die Grenzen fließend. So gibt es in den Steuerakten der italienischen Stdte im Cinquecento, in den Kartographierungen der Stadtviertel und den juristischen Dokumenten der Stadtarchive, eine akribische Inventarisierung der Kurtisanen, die dort eingeteilt sind in „cortesane honeste, cortesane putane, cortesane da candella, da lume, e de la minor sorte“.10 Diese nchterne Einteilung eines Statistikers der ppstlichen Kurie im ersten Drittel des Cinquecento wird in der Folge kurzfristig unterbrochen; es findet sich folgender, offenkundig sich dem eigenen Augenschein zu verdankender (Zu)Satz: „La casa di Leonardo Bertini habita Madonna Smeralda cum 3 figlie piacevoli cortegiane.“11 Im Großen und Ganzen entsprach das Niveau der Kurtisane dem, was man ab der Mitte des 20. Jahrhundert einen gehobenen Begleitservice zu nennen pflegt. Die Damen sollten nicht einfach nur sexuell verfgbar sein, sondern die Prostitution durch intellektuell angehauchte Gesprchskultur 10 Zit. nach Celani 1891, XII. 11 Zit. nach Celani 1891, XII. Vgl. zur Statistik und Inventarisierung der damaligen Bevçlkerungsschichten allgemein Beloch 1937 – 1961; Delumeau 1957; Battara 1935.

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und knstlerischen Dilettantismus ergnzen. Darber hinaus war die Cortegiana ein Statussymbol fr wohlhabende Mnner. Vor allem aber war sie im Kontext der frhneuzeitlichen Urbanitt ihrerseits eine wirtschaftliche Profitgarantie fr weitere Teile der Gesellschaft. Denn die Kurtisanen, die (sicherlich nicht immer, aber oftmals) vergleichsweise berdurchschnittlich gut verdienten, zahlten große Summen in die Steuertçpfe ein und konnten, je nach Willkr der Machtpotentaten, zu betrchtlichen Abgaben gezwungen werden. Außerdem beschftigten die Kurtisanen eine ansehnliche Anzahl von Bediensteten in ihren Haushalten und waren zahlungskrftige Kundinnen bei Hndlern. Bezeichnend ist, dass die unterschiedlichen Reaktionen der Ppste auf das Kurtisanenwesen wiederum in der Bevçlkerung einen deutlichen Widerhall fanden. So war Papst Pius V. Ghislieri der Erste im 16. Jahrhundert, der das Kurtisanentum offen bekmpfte, was große Unruhen auslçste, und zwar nicht vorrangig bei der bedrftigen mnnlichen Klientel, sondern vor allem bei der allgemeinen Bevçlkerung, in deren Augen die Kurtisanen die Stabilitt des sozialen und wirtschaftlichen Gefges wesentlich sttzten. Pius lenkte damals missmutig ein. Allerdings verfgte er, dass die Kurtisanen in einem allein fr sie reservierten Stadtviertel leben mussten. Diese Vorstçße der Stigmatisierung und Ghettoisierung wiederholten sich in der Folge und stellten fr Frauen wie Tullia d’Aragona eine stndige Bedrohung oder Einschrnkung ihrer alltglichen Lebensgewohnheiten dar. Die soeben skizzierte kulturdiagnostische Problemlage ist nun im Kontext des vorliegenden Aufsatzes nicht an sich von Belang. Die ungefhre Kenntnis des kulturhistorischen Hintergrunds des Kurtisanentum stellt vielmehr die Voraussetzung dar, um die aufwendigen paratextuellen Apparaturen Tullia d’Aragonas nachvollziehen zu kçnnen, mit denen sie im Jahr 1547 ihre Verçffentlichungen Rime und Dialogo dell’ infinit d’amore ausgestattet hat. Kehren wir noch einmal an den philologisch bedeutsamen Ausgangspunkt unserer Ausfhrungen zurck – nmlich zum Bittschreiben Tullias und den Autographen „Fasseli gratia per poetessa“ – und rekonstruieren die Paratextur, die den literarisch-philosophischen Texten Tullias voran gegangen ist. Man kçnnte hier einwenden, dass es sich dabei um eine dem eigentlichen Text vorgeschalteten Ebene handle. Allerdings verhlt es sich so, dass die Elemente der hier beleuchteten Phnomene nicht allein in Bezug auf eine wie auch immer geartete Außenwelt von Belang sind, sondern vor allem fr die Konstitution der Text- und Paratextstrukturen. Es handelt sich hierbei um das, was Genette die faktischen Paratexte genannt hat, also um bestimmte Informationen ber einen Autor, die aus expliziten Botschaften bestehen, aber auch einfach Tatsachen sein

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kçnnen, und welche – wenn sie denn dem Publikum bekannt sind – in die Rezeption eines Textes maßgeblich mit hineinspielen.12 Im Fall Tullias ist dies zunchst das Verdikt des so genannten ‘velo giallo’ (des gelben Prostitutionsschleiers), dessen Skandalositt die Autorin um jeden Preis entkommen wollte: „ch’io non sia tenuta alla osservaza del segno giallo“.13 Diese Aversion hat Tullia zu ausgeklgelten Maßnahmen der sprachlichen Verschleierung inspiriert, in denen die Paratexte konstituierende Eckpfeiler der Editionsstrategie darstellen. In der Abfolge der Paratexte stellte die bereits eingangs zitierte Petition Tullias an Cosimo den faktischen Paratext Nummer drei in der realhistorischen Abfolge der Ereignisse dar. Daneben hatte Cosimo den kleinen, aber mit performativer Wirkung fungierenden Paratext Nummer vier – „Fasseli gratia per poetessa“ – amtlich notarisiert an den Rand geschrieben. In ihrem Bittschreiben ersuchte Tullia, von der Pflicht des Tragens eines ‘velo giallo’ befreit zu werden. Sie hatte Cosimo das Bittschreiben ber dessen Ehefrau Eleonora zukommen lassen. Der Rat, dieses Vorgehen zu whlen, wurde Tullia von Don Pietro di Toledo gegeben, dem Neffen Eleonoras. Dem an Eleonora adressierten Brief beigefgt hatte Tullia Kostproben ihres schriftstellerischen Kçnnens, welche die Basis fr ihre im Anschluss herausgegebenen Rime darstellten. Das herrschaftliche Paar, 12 Genette 2001, 14 f. 13 So Tullia in einem Brief an Varchi, zit. nach Bongi 1886, 90. Der Brief, der sich im Codice Magliabechiano befindet, sei hier in voller Lnge wiedergegeben, da die (in der Forschung wenig zitierten) Briefquellen ebenfalls Teil des paratextuellen Apparates der Texte Tullias sind: „Patron mio Oss.mo. ð parere del Sig. Don Pietro ch’io facci presentare pi presto che sia possibile i sonetti alla Sig. Duchessa, et con essi una suplica, pregando Sua Eccell. che sia col Sig. Duca che mi concedino gratia almeno ch’io non sia tenuta alla osservanza del segno giallo; et brevemente narrare quanto io vivi ritirata, et che non ottenendo da loro Eccell. questa gratia sono forzata lasciare Firenze. Hor io, in tanto mio bisogno, non so dove possi ricorrere per aiuto, meglio che da V.S., et sapendolo et possendolo havere n llo voglio, perch mi sono eletta quella per mia protettrice et guida in ognia mia inportante cosa, perch cos vuole il suo giuditio perfetto, il suo saper ragionevole, la sua vera bont, e la ferma fede ch’io ho nella sua da benezza d’animo. Adunque, se ma V.S. si affatic per me volentieri, se mai pens giovarmi et farmi benefitio, adesso mi aiuti et soccorri del suo sapere in esporre questa supplica, che a V.S. sar facile non altrimenti che se ragionase familiarmente; et a me far gratia tale che maggiore non ne spero o desio; et essendogli gi ubligata, dir che lo faci per sua bont et per la fede ch’io in Ella. Et quanto pi presto, maggiore sar il benifitio ricerver . Gli resto servitrice, et gli bacio le mani. V.S. mi faci sapere quello ch’io habbia da rispondere al Sig. Don Pietro. Di V.S.“ – Vgl. zum Konnex Paratext und Skandal Reichwein 2007.

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Cosimo und Eleonora, zeigte sich dem Anliegen Tullias gewogen: „Fasseli gratia per poetessa“. Tullia wiederum bezieht sich in ihrem Schreiben auf den faktischen Paratext Nummer eins im Ablauf der Geschehnisse, nmlich auf ein Gesetz, das Cosimo I. am 19. Oktober 1546 erlassen hatte. (Eine hnliche Gesetzesverordnung, die in Venedig im Jahr 1582 erlassen wurde, findet sich in Abb. 6). Cosimo erließ eine Kleiderordnung, die sogenannten leggi sugli ornamenti et habiti degli huomini e delle donne, nach denen eine „meretrice“ verpflichtet wurde, ihre Profession mindestens durch das Tragen eines gelben Details an ihren Kleidern klar und fr jedermann deutlich sichtbar zu machen. Gelb indizierte bereits seit dem Mittelalter die Farbe der Ausgrenzung, was sich zum Teil auch auf jdische oder christlich-hretische Teile der Bevçlkerung richtete. In dem Gesetz wird unter Androhung von Repressalien bei Nichteinhaltung der Forderungen benannt, was eine „meretrice“ auf der Straße zu tragen habe: Le meretrici non possino portare vesti di drappo e seta d’alcuna ragione, ma sibbene quante gioie e quanto oro e argento esse vorranno, et sia tenuta portare un velo, o vero sciugatoio o fazzoletto o altra peza in capo che habbi una lista larga un dito d’oro o di seta o d’altra materia gialla e in luogo che ella possa essere veduta da ciascuno; et tal segno debbia portare a fine che elle sien conosciute dalle donne da bene e di honesta vita, sotto pena se la mancheranno di scudi dieci in oro di oro di sole per ciascheduna volta che le trasgrediranno e sian sottoposte al Magistrato delli spettabili Otto di Balla, alli spettabili Conservatori di Legge, et alli Offitiali dell’Honest intra li quali magistrati habbi luogo la preventione da distribuirsi come l’altre pene che di sotto si dichiareranno.14

Das Verdikt des gelben Schleiers als stigmatisierendes Signal fr Status und Stand illustriert ein weiteres Bild aus Vecellios Habiti antichi et moderni di tutto il mondo [Abb. 7], nmlich eine in weite Umhnge gehllte „Cortegiana fuori di casa“ (also eine Kurtisane außerhalb des staatlich sanktionierten und damit offiziell geschtzten Wirkungsbereiches), die schtzend ihren linken Arm vor ihr Gesicht und damit vor das Auge des (zudringlichen) Betrachters hlt. Tullia d’Aragona hatte nun dem soeben zitierten herrschaftlichen Gesetz „sugli ornamenti et habiti“ keine Beachtung geschenkt und sich in der Nichtbeachtung desselben auf ihren Ruf als respektable ‘cortegiana onesta’ verlassen. Die Behçrden hatten ihr aber dieses, in den Augen der Administration eine Anmaßung darstellendes, Betragen nicht durchgehen 14 Zit. nach Cantini 1800 – 1808, hier: Bd. 1 (1800), 332.

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Abb. 6: „Ordeni delli clarissimi Signori Proueditori della Sanita, in proposito de Cortesane“

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Abb. 7: „Cortegiana fuori di casa“, aus: Vecellio (1598): Habiti antichi et moderni di tutto il mondo.

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lassen und sie zwecks Ausstellung einer Abmahnung, welche den faktischen Paratext Nummer zwei vorstellt, vorstellig werden lassen.15 Da half Tullia auch der Umstand wenig, dass sie mit vielen namentlichen Grçßen der Kulturszene Italiens auf die eine oder Weise bekannt war: Bernardo Tasso, Benedetto Varchi, Girolamo Muzio, Sperone Speroni, Francesco Maria Molza, Ippolito de’ Medici, Ercole Bentivoglio, Filippo Strozzi, Claudio Tolomei sind hier nur einige prominente Beispiele.16 Tullia wurde gleichwohl wiederholt auf den çffentlichen Listen der steuerpflichtigen Kurtisanen gefhrt (ihr Name ist in der Abb. 8 der fnfte von unten). Es waren schließlich erst die eigenen Schriftdokumente – nmlich eine Auswahl von Gedichten nebst dem bereits genannten Begleitschreiben –, die Tullia wieder gesellschaftlich rehabilitierten. Damit htte die ‘poetessa’ sich zufrieden geben kçnnen; was sie allerdings nicht tat. Denn sie wollte ihren Ruf als Dichterin und Philosophin nicht nur temporr sanktioniert wissen, sondern nahm ihre ‘gloria’ als langfristig zu sicherndes Denkmal in Angriff. Das Stigma des ‘velo giallo’ – das sich in den nach Genette klassifizierten faktischen Paratexten dokumentiert – sollte, so Tullias Bestreben, auf Dauer getilgt werden. Und so verçffentlichte Tullia 1547 ihre beiden Hauptwerke: die Rime und den Dialogo dell’ infinit d’amore. ber diese Texte ist in der Forschung viel Substantielles angemerkt worden.17 Ihre Verankerung im petrarkistischen Literatursystem und in der renaissance-platonistischen Philosophie ist evident.18 Im vorliegenden Beitrag werden sowohl die petrarkistischen als auch renaissance-platonis15 Vgl. Celani 1891, XXXVII. 16 Einen berblick gibt Masson 1975 in dem entsprechenden Kapitel zu Tullia d’Aragona. 17 Im Verlauf des vorliegenden Aufsatzes wird auf einschlgige Untersuchungen sukzessive hingewiesen werden. 18 „Operating within the boundaries of Renaissance imitatio, D’Aragona’s poems are conventional, occasional, utilitarian, and easy to codify.“ (Bassanese 1988, 300). Der Aufsatz von Bassanese reflektiert den Zusammenhang zwischen „cultural codes“ und „ideological systems“ (Bassanese 1988, 301) auf berzeugende Weise. – ber Tullias Petrarkismus hat sich zeitnah niemand Geringeres als Pietro Aretino geußert. Dieser gehçrte zu den prominentesten Verchtern Tullias und sieht sich in seiner Reserve von den Venezianern, in deren Stadt Tullia angeblich aus gutem Grund nicht lange verweilen konnte, besttigt. Der langweilige Petrarkismus Tullias in Kombination mit der Vorliebe der venezianischen Freier fr den Kçrperbau sehr junger Mdchen – so Aretinos bissiger Seitenhieb –, habe konsequenterweise den Misserfolg der alternden Kurtisane in der Lagunenstadt vorprogrammiert: „I Viniziani hanno il gusto fatto a lor modo; e voglino culo e tette e robbe sode, morbide, e di quindici o sedici anni e fino in venti, e non de le petrarchescarie“ (Aretino 1975, 192).

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Abb. 8: Liste steuerpflichtiger Kurtisanen der Stadt Florenz

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tischen Filiationen der Dichtung Tullias allerdings weitgehend ausgespart, um sogleich auf die Paratextur der Quellen berzugehen, die in der Forschung bislang nahezu unbeachtet geblieben sind.

2. Weibliche Autorschaft und Paratextur Tullia d’Aragona war bei Weitem nicht die einzige literarisch ambitionierte Kurtisane des 16. Jahrhunderts. Neben ihr ist vor allem Veronica Franco zu Berhmtheit gelangt, die anders als Tullia aus ihrer Profession allerdings nie einen Hehl gemacht hat.19 Nun verhlt es sich in der Perspektive einer ‘longue dure‘ derart, dass der Vorwurf des Unmoralischen die Tradition weiblichen Schreibens sptestens seit dem Mittelalter begleitet hat.20 Deshalb wurden ber die Jahrhunderte hinweg spezielle rhetorische Strategien bemht, um weibliche Autorschaft allererst zu legitimieren bzw. berhaupt glaubhaft zu machen. Eine dieser Strategien bestand beispielsweise darin, Genealogien weiblichen Schreibens zu rekonstruieren. Beliebt waren außerdem Verweise auf berhmte Dichterinnen wie Sappho, die denn auch in den Referenzen von Tullia d’Aragonas Texten nicht fehlen. Und nicht umsonst war die Legitimierung des Dialogo ein fast noch prekreres Unterfangen als die der Rime, konnte sich Tullia mit ihrer Dichtkunst doch zumindest in das von Dionisotti so genannten Phnomen des „le donne fanno gruppo“ einordnen, was ihr die illustre Gesellschaft von Autorinnen wie Vittoria Colonna oder Gaspara Stampa sicherte.21 Die 19 Gender-technisch sind die Texte Tullia d’Aragonas denjenigen ihrer venezianische Kollegin Veronica Franco unterlegen, die allerdings auf Grund ihres offensiven Umgangs mit der Profession der Prostitution wiederum einen weniger elaborierten ‘Kurtisanen-Code’ in Anschlag bringt. Die komplexen Strategien und Vernetzungen der Paratexturen, die im Zusammenhang des vorliegenden Sammelbandes interessieren, sind nicht zuletzt das Resultat der Verschleierungstaktiken Tullias in Hinblick auf ihre Prostitutionsaktivitten. 20 Das Verdikt zum weiblichen Schreiben hat eine lange vor Tullia beginnende, mnnlich-homosoziale Tradition, die bis zur Bibel und Antike zurckreicht. Beliebt war die biblische Referenz 1. Kor. 14, 34 – 35: „Lasset eure Weiber schweigen in der Gemeinde; denn es soll ihnen nicht zugelassen werden, daß sie reden, sondern sie sollen untertan sein, wie auch das Gesetz sagt. Wollen sie aber etwas lernen, so lasset sie daheim ihre Mnner fragen.“ hnlich ußert sich Aristoteles, der den Frauen Huslichkeit empfiehlt (vgl. Politik I, 13). berblicke zur problematischen Situation weiblicher Autorschaft finden sich bei Fietzsche 1991, Gramatzki 2005 und Vollmer 2005. 21 Dionisotti 1967, 238. Vgl. außerdem Schneider 2007.

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1559 von Lodovico Domenichi verçffentlichte Anthologie Rime diverse d’alcune Nobilissime e Virtuosissime Donne ist ein anschauliches Beispiel fr die Prsenz von Lyrikerinnen im Literatursystem des Cinquecento. Was hingegen die Liebestraktatistik angeht, bewegt sich Tullia vergleichsweise allein auf weiter weiblicher Flur. Der philosophische Dialog war ein Gattungsprivileg mnnlicher Autoren. Und so wurde denn auch im zeitgençssischen Literatursystem die Authentizitt der Autorschaft Tullias massiv angezweifelt. Diese Zweifel wurden auch bereits in Hinblick auf die kurz vorher erschienenen Gedichte Tullias geußert, und sie verstrkten sich im Laufe der Literaturgeschichte eher, als dass sie sich verflchtigten. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass es Briefe von Tullia d’Aragona an den fr sie wahrscheinlich wichtigsten Inspirator Benedetto Varchi gibt, in denen sie diesen gleichsam um eine Politur ihrer Werke bittet. Auch diese Briefe sind als Teile der Paratextur zu den Rime und dem Dialogo zu werten. In einem Brief d’Aragonas an Varchi vom 28. Januar 1546 (oder 1547) ist zu lesen: [G]li mando una bozza de un sonnetto et la prego, per quella sua verso di me solita cortesia, mi faci gratia dargli quella perfettione che gli manca, et, pi

presto che possa, mandarmelo.22

Es muss allerdings darauf hingewiesen werden, dass die gegenseitige Lektre und Korrektur von Texten im Vorfeld ihrer Verçffentlichung fr die damalige Zeit eine gngige Praxis darstellte und keineswegs eine geschlechtsspezifische Dimension markiert. Fragen der gesicherten Autorschaft verlieren im Fokus der Paratextualitt insofern an Bedeutung, als ‘vorklassische’ Schriften die moderne Auffassung von Originalitt nicht kennen, sondern die Zuschreibung von Texturen als Spiel mit den ‘Rndern‘ bzw. mit dem System von Rahmungen und Zitationen auffassen. (Dazu wird im Folgenden noch Genaueres anzumerken sein.) berhaupt verdankt sich das ‘Tullia-Autorinnenprojekt’ einer Vorform der Salon22 Die Briefe Tullias an Varchi befinden sich in der Biblioteca Nazionale di Firenze und werden hier zitiert nach Biagi 1897, 139 – 146. Einen editionsphilologischen berblick ber die Briefe gibt Bausi 1994. Benedetto Varchi (1502 – 1565) war als bedeutender Historiker und Dichter der Zeit im Wirkungskreis der Medici aktiv und stand mit vielen Geistesgrçßen des Cinquecento im intellektuellen Austausch. Tullia d’Aragona hat von der Bekanntschaft mit Varchi, hnlich wie mit der Bernardo Tassos, stark profitiert. Varchi war u. a. aktiv in der Questione della lingua, was sein umfangreicher Dialog L’Ercolano (1560 – 1565) dokumentiert. Vgl. dazu Pirotti 1971, vor allem 43 ff.

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kultur, wie sie der Dialogo in seinen Gesprchssequenzen zu imitieren versucht. Diese Form der frhen Salonkultur wird von dem Zeitzeugen Domenichi anschaulich referiert: Ragionavasi in casa della Tullia d’Aragona in una raunanza di alcuni gentiluomini virtuosi che il Petrarca, come persona destra, s’avea saputo valere de’ suggetti d’alcuni rimatori antichi provenzali e toscani e avevasene fatto onore: et eravi alcuno che per non lasciare s tosto mancare il ragionamento, mostrava di creder atrimenti.23

Tullia tftelte mit ihren Gçnnern und Freunden eine komplexe Taktik aus, um dem Argwohn der Inauthentizitt ihres Schreibens seitens der Zeitgenossen vorzubeugen. Die philologische Glanzleistung der Autorin sollte mit einer Reihe paratextueller Autorisierungsstrategien plausibel gemacht werden. Editionsphilologisch betrachtet gehçrt dieser Aspekt der faktischen Paratextualisierung zum Bereich des „edere“, dem handschriftlichenVerbreiten eines ebenfalls handschriftlich verfassten Textes durch den Autor in die Hnde Dritter. Diese formieren eine kleine, dem Autor gut bekannte Gruppe von Personen und damit eine (wenn auch zahlenmßig beschrnkte) ffentlichkeit. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Tullia nicht einfach nur verschiedene Arten und Inhalte von Poesie und Philosophie zum Thema ihrer zunchst ‘halb-çffentlichen’ Texte machte sondern vielmehr den poetischen und philosophischen Diskurs an sich reflektiert und hinterfragt.

23 Die entsprechende Passage lautet bei Domenichi weiter: „E dicea che non era vero. Per , stando su questa contesa, giunse quindi l’Humore da Bologna, il quale subito giunto, come molto libero e domestico, ch egli era uomo di poche cerimonie, pose gi la capa e misesi a sedere fra gli altri, e, avendo inteso l ragionamento, fu domandato del parer suo. Disse costui: Signori, a me pare che il Petrarca, essendo persona molto accorta e ingegnosa, facesse dei versi dei poeti antichi, s come sogliono fare gli Spagnoli dalle cappe, che essi rubano la notte: i quali acciocch elle non siano riconosciute et essi puniti, l’ornano di qualche nuova e bella guernizione e cos le portano“. (Domenichi 1588, 332 f.). Vgl. zu Tullias Einbindung in die literarischen Zirkel und Gruppenbildungen des Cinquecento: Basile 2001 und Jones 1990. Als „intellectual queen of a literary salon“ wird Tullia von Masson gezeichnet (Masson 1975, 88). Vgl. hnlich Campbell 2006.

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3. Rahmungswissen und Paratexte in den Rime Im Folgenden sollen zunchst die Rime und ihre paratextuellen Elemente untersucht werden. Was in der Abb. 9 zu sehen ist, ist das Frontispiz der ersten Ausgabe der Rime Tullia d’Aragonas aus dem Jahr 1547, die bei Gabriele Giolito de’ Ferrari in Venedig erschienen ist.24 Schon allein die Kooperation mit dem Verleger stellte einen gelungenen Coup dar, denn Giolito de’ Ferrari war ein ußerst renommierter Buchproduzent, der seine Texte seitens des venezianischen Senats „con privilegio“ (wie auch auf dem Frontispiz zu lesen ist) auf den Markt bringen durfte. Sein Druckerzeichen (rechts in der Abbildung zu sehen) war ein Phçnix, der mit geçffneten Flgeln und im Zeichen des lateinischen Mottos „Semper eadem“ den Flammen entsteigt. Dieses Druckerzeichen war ein Zeichen fr die Qualitt der Produkte, und als solches wird es auch am Ende der Texte Tullias zum Stolz der Autorin ausgestellt [Abb. 10]. Die Semantik des Titels ist ebenfalls wichtig; sie betont den signorilen Status der Schriftstellerin und lautet: „Rime della Signora [!] Tullia di Aragona et di diversi a lei“. Die Titelseite nennt daneben auch den Verçffentlichungsort, nmlich Venedig, sowie das Jahr des Erscheinens: 1547. Der trichterfçrmig auslaufende Titel mndet in eine Variante des PhçnixDruckerzeichens.25 Danach folgt in der Erstausgabe von 1547 als weiterer Paratext die Zueignung an die „Donna Eleonora di Toledo, Duchessa di Firenze“ (Abb. 11), die gemß den Usancen der Zeit in devotem Tonfall verfasst ist und als ikonographischen Paratext eine Kopfvignette im Druckbild integriert. Die folgenden Gedichte stellen dann, wie es bereits der Titel annonciert, eine Art Gedicht-Anthologie dar. Der erste Teil der Rime umfasst 38 Gedichte Tullias, die (neben der Herzogin Eleonora und den Herzog Cosimo) an illustre Mnner der Zeit gerichtet sind, u. a. an die spanischen Prinzen Pedro und Luis von Toledo, Pietro Bembo, Benedetto Varchi, Girolamo Muzio, Ippolito de’ Medici oder Ugolino Martelli.26 Dem folgen im zweiten Teil „Sonetti della Signora Tullia, con le risposte“ und analog im dritten Teil die „Sonetti di diversi alla Sig. Tullia, con le risposte di lei“. 24 Textgrundlage bildet die Ausgabe der Tbinger Universittsbibliothek ([Tullia d’Aragona 1547a] Signatur: Dk III 556). Außerdem wurde zustzlich die zweite Ausgabe der Rime aus dem Jahr 1549 frequentiert (Staatsbibliothek Mnchen: Signatur P.o.it. 938 k-240). 25 Vgl. allgemein zur literarischen Funktion des Titels Rothe 1986. 26 Vgl. zu weiteren historisch belegbaren Figuren Hairston 2003.

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Abb. 9: Tullia D’Aragona (1547): Rime: Frontispiz.

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Abb. 10: Tullia D’Aragona (1547): Rime: Druckerzeichen.

Diese Teile zwei und drei weisen eine dialogische Anordnung der Gedichte auf. Der vierte Teil prsentiert Muzios Ekloge „La Tirrhenia“, und die fnfte und letzte Abteilung umfasst rund 55 an Tullia gerichtete Gedichte, bevor die Sammlung in „Il Fine“ mndet. Die paratextuellen Anordnungsschemata der Rime sind stark dialogisch bzw. polylogisch ausgerichtet, und diese Dialogizitt resp. Polylogizitt wird paratextuell kunstvoll in Szene gesetzt. So schreibt, um reprsentative Beispiele anzufhren, zunchst Tullia, und Ugolino Martelli antwortet ihr. Dann wird der paratextuell indizierte Dialog in Variation fortgefhrt, indem der berschrift gemß „Il Mutio“ das lyrische Wort ergreift, und es antwortet ihm anschließend Tullia [Abb. 16 und 17]. Die paratextuelle Apparatur ist vorrangig einem singulren Ziel untergeordnet: nmlich dem exzeptionellen Self-fashioning Tullia d’Aragonas, was sich auch an der fast exzessiven Nennung ihres Namens in vielen Gedichten in nuce ablesen lsst. Abb. 18 zeigt, wie der Name Tullias in Kapitlchen typographisch gleich mehrfach aus der Seite hervor sticht (so in der zweiten Zeile von oben und mittig rechts im zweiten Gedicht unten). Das Self-fashioning vollzieht sich angesichts des gesellschaftlich ldierten Ansehens Tullia d’Aragonas in

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Abb. 11: Tullia D’Aragona (1547): Rime: Dedikation an die Herzogin Eleonora. [Der Text lautet: „Io so bene nobilissima e virtuosissima Signora Duchessa, che quanto la bassezza della condition mia men degna della altezza di quella di V. Eccell. tanto la rozzezza de’ componimenti miei minore dello ingegno e giudicio suo; e per questa cagione, sono stata in dubbio gran tempo se io dovessi indirizzare a cos grande e cos onorato nome quanto quello di V. Eccell., cos picciola e cos ignobile fatica, come quella de’ sonetti composti da me pi tosto per fuggir l’otio molte volte, o per non parer scortese a quelli che i loro mi aveano indirizzati, che per credenza di doverne […].“]

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Abb. 12 – 15: Tullia D’Aragona (1547): Rime: Kapitelberschriften und „Fine“.

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Abb. 16 – 18: Tullia D’Aragona (1547): Rime: Einzelne Gedichtseiten.

der ‘velo giallo’-Affre aber – und dies ist das eigentlich Interessante – vor allem im Zeichen eines imposanten paratextuellen Aufwandes und weniger vermittels expliziter thematischer Expositionen.27 Dass auch die binnenliterarische Funktion der Rime – die Lizenz zum Dichten – stark von den peritextuellen Legitimationsstrategien der Autorin abhngig ist, zeigt im Vergleich die bis auf den heutigen Tag einschlgige Ausgabe von Enrico Celani aus dem Jahr 1891, die in Bologna unter dem Titel Le rime di Tullia d’Aragona, cortigiana del secolo XVI erschienen ist. Celanis Vorwort zu Tullias Rime, dies sei vorweg betont, stellt eine verdienstvolle und wichtige Quellensammlung dar, die seltene Dokumente zu Tullia in den Originalarchiven erschlossen hat. Bereits aus diesem Grund ist und bleibt die Ausgabe Celanis einschlgig. Seine Interpretation der Gedichte Tullias wird allerdings korrumpiert durch eine unzeitgemße 27 Eben diese Dominanz des Paratextuellen ist in der Forschung bislang ausgeblendet geblieben zugunsten expliziter semantischer Strukturen; vgl. exemplarisch fr die inhaltliche Interpretationsausrichtung Bassanese 1988, 302: „The male presence is pervasive in texts by courtesans, as it was in their lives. Poetry, in particular, becomes the extension of preexsisting rapports or the continuation of an on-going converstaion made public. This verse reveals an intrinsically communicative function, for most of it is written as direct adress, the format being either epistolary or encomiastic.“

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Abb. 19: Celani (1891): Le rime di Tullia d’Aragona, cortigiana del secolo XVI., Frontispiz.

Sicht des Cinquecento als „et piu feconda di turpi vizii“,28 und Tullia scheint dem Herausgeber als Vertreterin eben dieser verderbten Epoche einzustehen. Dass eigentlich Fragwrdige der Edition Celanis ist aber die kapitale Umschichtung, ja nahezu komplette Missachtung der paratextuellen Anordnung der Rime, welche die Autorin und ihre editorischen Ratgeber ursprnglich realisiert haben. Diese peritextuell genau konstruierte Ausgestaltung der Rime bricht Celani mit der von ihm gewhlten Anordnung des Textes nahezu vçllig auf. Er rumt die von Tullia sorgsam platzierten Peritexte gleichsam mit einem editorischen Schlag aus dem Weg 28 Celani 1891, IV. Eine allgemeine kritische Einschtzung ber diese Ausgabe der Rime, die allerdings auf die Paratexte nur am Rande eingeht, findet sich bei Jones 2005.

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Abb. 20 und 21: Celani (1891): Le rime di Tullia d’Aragona, cortigiana del secolo XVI., berschriften

und schreibt in einem ersten Schritt die von Tullia verschleierte Latenz der Prostitution offen auf die Fahnen der Titelei: Le rime di Tullia d’Aragona, cortigiana [!] del secolo XVI. Das den Lesern vormals lediglich gefiltert vermittelte Rahmungswissen der ersten Ausgaben des Cinquecento – nmlich dass Tullia eine Kurtisane war – prangt nun offen ausgestellt auf dem Frontispiz. Doch damit nicht genug. Auch die weiteren paratextuellen Vorrichtungen werden in Celanis Ausgabe planiert. So kmmert ihn die sorgsam peritextuell inszenierte Polylogizitt der Rime wenig. Aus der kunstvoll durchgestalteten Anordnung der Gedichte fabriziert Celani kurzerhand zwei grobschlchtige Rubriken: „Rime di Tullia d’Aragona“ und „Rime a Tullia d’Aragona“. Diese makrotextuelle Umschichtung setzt sich auf der Ebene der einzelnen Gedichtsequenzen weiter fort. Beispielsweise wird eine Reihe frei stehender Gedichte Tullias plakativ einem vermeintlichen Liebhaber Tullias zugewiesen, nmlich Ugolino Martelli, womit einer unter editorischen Gesichtspunkten haltlosen biographistischen Interpretation Vorschub geleistet wird. Ein besonders komplexer Fall paratextueller Verschleierungstaktiken stellt der vierte Teil der Rime dar: „La Tirrhenia“. Die bukolische Lyrik stellt eine besondere Form der Maskerade vor, denn Tirrhenia ist ein Pseudonym fr Tullia, die in den Gedichten in der Folge auch als Thalia auftritt, whrend Muzio sich selbst als Mopsa in den Text einbringt. Zusammen gefasst lsst sich sagen, dass Celani mit seiner eindimensionalen Anordnung der Rime Tullia d’Aragonas nichts weniger unternimmt, als die rinascimentale Grundfigur der epistemologischen Pluralisierung zu neutralisieren. Dies ließe sich, was an dieser Stelle nicht geleistet werden kann, besonders pointiert an der bukolischen Diskursfolie

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der Rime aufzeigen, welche im Cinquencento einen forcierten Kunstwillen und eine gesteigerte Fiktionalitt signalisiert.29

3. Binnen-peritextuelle und epitextuelle Strategien im Dialogo della infinit di Amore Wie stark Tullia D’Aragona bereits vor ihren eigenen Verçffentlichungen im Literatursystem des Cinquecento verankert war, zeigt der Umstand, dass sie in dem im Jahr 1537 entstandenen und 1542 erschienenen Werk von Sperone Speroni, dem Dialogo di Amore, als Gesprchspartnerin Bernardo Tassos und Nicol Grazias zu Wort kommt.30 Dieser Text stellt bereits in gattungstypologischer Hinsicht eine wichtige Referenzquelle fr Tullias Dialogo dell’ infinit d’amore dar. Dialoge ber die Liebe waren in der Renaissance besonders beliebt, und die Autoren kannten und reagierten auf die Texte ihrer Kollegen mit eigenen Beitrgen. Neben Speroni seien hier nur stellvertretend fr die breite Phalanx von Dialogautoren der Zeit die Namen von Bembo, Ebreo, Castiglione oder Aretino genannt. In Speronis Dialog vertritt Grazia eine aristotelische Naturauffassung, der die Figur der Tullia widerspricht. Sie beruft sich ihrerseits auf eine Meinung Francesco Molzas, die im Wesentlichen auf die Positonen Platons und Ficinos rekurriert. Die Textgrundlage der folgenden Analysen bildet wie bei der Behandlung der Rime die Originalausgabe aus dem Jahr 1547, dessen Frontispiz in Abb. 22 zu sehen ist. Der bereits in den Rime stark ausgeprgte Bezug zu philosophischen Liebeslehren wird in diesem Text als eine Art systematisierender Epitext zustzlich zu den Rime nachgereicht. Dass Tullia, wie bereits erwhnt, auf dem Feld der Dialogliteratur keine weiblichen Kolleginnen hatte und sich auf dem mnnlichen Feld des philosophischen Diskurses noch viel strker als auf dem der Poesie bewhren musste, machte wiederum einen speziellen paratextuellen Aufwand nçtig. In diesem Fall ist es Tullias Mentor Muzio Iustinopolitano, der das Werk mit guten Grnden, wie er in seinem im Dialogo dell’ infinit d’amore verçffentlichten Vorwort an Tullia (Abb. 21) betont, nicht auf eine beschrnkte ffentlichkeit reduziert sehen mçchte.31 29 Vgl. zur Diskursfolie des Bukolischen Iser 1993, 52 – 157. 30 Vgl. dazu Smarr 1998. 31 Das Verhltnis zwischen Muzio und Tullia soll, fingiert, in Francesco Ponas La Lucerna (1625), nachgezeichnet worden sein, was fr den vorliegenden Aufsatz

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Abb. 22: Tullia D’Aragona (1547): Dialogo della infinit di Amore, Frontispiz.

Muzio hebt seine Bemhungen um die Drucklegung des Dialoges hervor, von der Tullia – so die natrlich fingierte Behauptung – zunchst nichts keiner nheren Prfung unterzogen worden ist. In dem Buch schildert der Geist einer Kurtisane deren vergangene Liebegeschichten im realen Leben, u. a. diejenige mit einem jungen Dichter.

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Abb. 23: Vorwort Muzios im Dialogo della infinit: Alla Valorosa Signora Tullia.

gewusst haben soll. Diese htte vielmehr, so fabuliert Muzio weiter, ihren Text in keinem Fall in den Druck geben wollen. Muzio habe sich gegen den Willen der Autorin aufgelehnt, da er es nicht htte ertragen kçnnen, das exzellente Werk „sepolto in tenebre“ zu sehen. Deshalb habe er es aus der schattigen Gruft ans Licht geholt („mandato in luce“). Mit Muzios Vorwort wird das Element der Allographie, der nicht-auktorialen, von außen

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Abb. 24: Vorwort Tullias im Dialogo della infinit: Allo Illustriss. S. Signor Cosimo

kommenden Rede also besonders prominent an den Beginn des Textes gestellt, whrend es sich in den Rime erst sukzessiv im Gesamtbild des Anthologischen entfaltet hatte. Erst nach diesem ersten legitimierenden Peritext meldet sich dann die Autorin in einem zweiten Vorwort selbst zu Wort (Abb. 24).

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Dort bemht Tullia die bliche Hyperbolik der humanistischen Enkomiastik, in der die gçttliche Gnade und das Wohlwollen des Frsten Cosimo I. gelobt und dem gegenber die eigene Defizienz betont werden – was im Verlauf des Dialoges spter im brigen durch zahlreiche Verweise auf die Exzeptionalitt der Dame mehr als ausgeglichen wird. Ins Gesprch kommen im folgenden Dialogo die Figuren Benedetto Varchi, Tullia d’Aragona und M. Lattanzio Benucci. Daneben scheinen noch weitere Personen den Reden zuzuhçren, denn Tullia begrßt eingangs „altri signori e gentiluomini“. Diese treten in der Folge nicht explizit in den Vordergrund, sondern bilden gleichsam gemeinsam mit dem Lesepublikum das anonyme Publikum, vor dem der Dialogo die Bhne betritt. Die çffentliche Konstellation und die Apostrophierung Tullias durch Varchi als „signora Tullia nobilissima“ haben vor dem Menetekel des ‘velo giallo’ programmtische Funktion, weisen sie doch die Gastgeberin als satisfaktionsfhige ‘nobil donna’ bzw. ‘puella docta’ im gesellschaftlichen Kontext der Zeit aus. Wichtig ist, dass die theoretische Argumentation des Dialogo – auch oder gerade weil sie Realitt simuliert – eine letztlich stark literarisierte Fiktion darstellt. Dass dies so ist, daran lassen sowohl die textuellen als auch die paratextuellen Darstellungsebenen des Dialogs keinen Zweifel, auch wenn man dem gegenber bercksichtigen muss, dass der Literatur- und mit ihm der Fiktionsbegriff im 16. Jahrhundert ein anderer ist als in der modernen Auffassung. Das ‘ragionamento’des Dialogs soll sowohl eine real plausible Argumentationsfolge als auch eine fingierte Gesprchsebene evozieren. Auf die gattungsspezifischen Komponenten der Dialogform zwischen Faktualitt und Fiktion kann an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden,32 doch sind die dialogisch nachgeahmten Figuren der „Tullia“ und des „Benedetto Varchi“ in jedem Fall nicht mit den realen Personen zu verrechnen. Dass es eventuelle Teilpropositionen in den vorgetragenen Replikenfolgen gibt, die Passgenauigkeiten mit den Ansichten der Realfiguren aufweisen, bedeutet nicht, dass die kommunizierten Sachverhalte verbindliche Meinungen der genannten Autoren darstellen. Mndliche Kommunikation tritt im literarischen Dialog stets in Form einer schriftlichen Faktur vor das Auge des Lesers. Und so gibt es folgerichtig einen betrchtlichen Anteil an szenischer Ironie und performativen Widersprchen im Dialogo, die strukturell bereits in den Vorworten mit 32 Grundlegend informieren zur Gattung des Dialogs im Cinquecento Ordine 1990 sowie Hempfer 2004; Hempfer 2006; Hempfer / Traninger 2010 und zur Interaktion der Gattungen in der Renaissance Mazzacurati / Plaisance 1987.

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ihren paratextuellen Maskierungen und Dissimulationen in nuce vorgegeben worden sind. Somit liegt eine Quintessenz der Dialogstrategie gerade darin, dass die Imitationspraxis als Spiel angesehen wird. Tullia kannte natrlich Sperone Speronis Ausfhrungen zum Thema: „e se imitare giuocare, giuoco dunque la opinione, la qual si genera nel dialogo.“33 Demnach erhebt der Dialog keinen absoluten Wahrheitsanspruch, sondern prsentiert ein Panorama von wahrscheinlichen bzw. unterschiedlichen Meinungen. Diese werden in einem Argumentationsspiel vorgefhrt, wobei es nicht ausschlaggebend ist, ob dieses Spiel dann letztlich beispielsweise doch in einen Konsens mndet oder in die Aporie widerstreitender Meinungen entlassen wird. Wichtig ist, dass allein schon durch die Wahl der Dialogform ein paratextuelles Signal gesetzt wird, nmlich das einer Komplexittspotenzierung, die Tullia d’Aragona fr ihre Verschleierungstaktik im Dienste einer Lizenz zum Dichten instrumentalisiert. Die dialogisch nachgeahmten Figuren der Tullia und des Benedetto Varchi sind demnach mit den realen Personen nicht umstandslos zu verrechnen. Vielmehr liegt eine Quintessenz der Dialogstrategie gerade darin, dass die im Rahmen des Rinascimento basale Kategorie der imitatio als Spiel angesehen wird. Der Dialog erhebt keinen absoluten Wahrheitsanspruch, sondern prsentiert ein Panorama von wahrscheinlichen Meinungen. Damit findet die paratextuelle Komplexittspotenzierung, die Tullia in ihren Rime auf den Weg gebracht hatte, im Gattungswechsel eine weitere Steigerung. Die Polyperspektivik und die Replikenfolgen bringen im Dialog Tullias (hnlich wie in demjenigen Bembos, Speronis oder Ebreos) aristotelische, scholastische und platonische Positionen in Anschlag, auf deren jeweilige inhaltliche Positionen hier im Rahmen der Paratextualitt nicht intensiver eingegangen zu werden braucht.34 In Hinblick auf den im vorliegenden Kontext interessierenden Fokus der Paratextualitt ist vor allem von Interesse, dass Gegenstand des Dialogs ist, ob die Liebe Grenzen habe. Die Figur der Tullia pocht auf den Stellenwert der Empirie in der Liebe, rumt aber in der Folge der seelischen Transformation in das geliebte Gegenber den Vorrang ein. D’Aragonas Text stellt sicherlich auch eine Replik auf Speronis Text dar, und er ist nicht ohne Unterhaltungswert. Whrend Varchi im Text aristotelische Logik und 33 Speroni 1989, hier: Bd. 1, 281. – Vgl. zum Konnex ‘Spiel und Kurtisanentum’ Finzi / Giacobone 1990. 34 Vgl. zu den wesentlichen inhaltlichen Referenzen und Argumentationsstrngen Curtis-Wendlandt 2004; Volmer 2007; Ebbersmeyer 2002, 192 – 207 und Cescutti 2004.

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scholastische Argumentation hochhlt, pocht Tullia auf die Unhintergehbarkeit der Erfahrung in der Liebe. So fragt Varchi nach dem Unterschied zwischen dem Verb ‘amare’ und dem Substantiv ‘amore’, was Tullia zunchst als rhetorische Spitzfindigkeit ansieht. Sie untermauert ihrerseits ihre Meinungen mit renaissance-platonistischen Diskursstrngen, wobei sie, anders als beispielsweise Ficino, nicht der gçttlichen Liebe den Vorzug einrumt, sondern dem Begehren nach Transformation in das geliebte Gegenber. Diese sei aber nur fr die Seelen, nicht fr die Kçrper erreichbar. Auf die Nachfragen Varchis hin przisiert sie ihre Meinung. Nicht die sinnliche Liebe an sich sei verwerflich, sondern diese nur insofern, als sie sich unkontrolliert und maßlos generiere oder sich nur auf den vordergrndigen Genuss oder die Erzeugung von Nachkommenschaft richte. Das alles habe, so Tullia, mit dem ‘amore onesto’ nichts zu schaffen. Im Agon konkurrierender Autoritten – das Wort „autorit“ kommt im Dialog besonders gehuft vor – resultiert die Valenz der Dichtung aus ihrer im Dialog unter Beweis zu stellenden Kompatibilitt mit der Philosophie. Neben den binnen-peritextuellen Referenzen stellt der Dialogo also einen Epitext zu den kurz zuvor erschienenen Rime dar.35 Die literalen Reprsentationen der Liebesaffekte der Rime werden im Dialogo philosophisch salviert, und umgekehrt verhalten sich die Gedichte zum Dialog supplementr – was aber nur dann evident wird, wenn die Texte verstrkt in ihren paratextuellen Strategien betrachtet werden. Diese Kombination traf augenscheinlich auf große Resonanz beim Lesepublikum des Cinquecento, denn in der Folge wurden die Rime 1549, 1557 und 1560 und der Dialogo 1549, 1552 und 1560 neu aufgelegt.36 Sptestens im Jahr 1560 war damit der ‘velo giallo’ aus der Personalakte Tullias zunchst weitgehend getilgt, die somit nicht nur, aber auch als ‘donna colta e raffinata, scrittrice e ispiratrice’ in die Annalen der Literaturgeschichte eingehen konnte.

35 Diese Funktion ist weitaus wichtiger als die in der Forschung immer wieder proklamierte Stellung des Dialogs als ,Antwort’ auf Speronis Dialogo di Amore. Oder anders formuliert: Paratextualitt spielt in Hinblick auf Tullias Poetologie eine exzeptionellere Rolle als Intertextualitt. Auf den intertextuellen Stellenwert legen ihr Augenmerk hingegen die Beitrge von Robin 2003 und Smarr 2005. 36 Vergleichsweise wenig Erfolg war hingegen Tullias 1569 posthum erschienenem Werk Il Meschino beschieden, das nur 1839 eine weitere Neuauflage erlebte.

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4. Paratextualitt und Parergonalitt Abschließend lsst sich festhalten, dass im Fall Tullia d’Aragonas die Genettesche Definition, wonach Paratexte „zutiefst heteronome[.] Hilfsdiskurs[e]“ sind und zwar „im Dienst […] des Textes“, nur bedingt zutrifft. Wenn man den Paratext als Phnomen erkennt, welches den ‘eigentlichen’ Text nicht einfach nur komplementiert, sondern diesen in seiner medialen Erscheinung sowie in seinen Rezeptionsvoraussetzungen in hohem Maße prgt – dann kann von einer Marginalitt des paratextuellen Konzepts kaum mehr die Rede sein. In Hinblick auf die Schriften Tullias ist es in jedem Fall hochgradig problematisch, allzu schematisch zwischen Hauptund Nebentextbereichen unterscheiden zu wollen. Zwischen Text und Paratextur besteht bei Tullia keine feste Grenze, sondern eine stetige Verweisfunktion mit fließender Randung bzw. Rndern. In diesem Fall tragen Derridas Begrifflichkeiten der ‘bordure’ und der ‘marges’ dazu bei, die Terminologie Genettes zu ergnzen.37 Allerdings ist bei Tullia, und hier findet die Untersttzung durch das Konzept Derridas wiederum seine Grenzen, kein ‘differentielles Netz’ im ‘Gewebe von Spuren, die endlos auf anderes verweisen’ auszumachen. Die Randzonen von Text und Paratext bewegen sich vielmehr – was ihre intertextuellen Bezge angeht – in einem klar berschaubaren Korpus von Referenzen.38 Was sich jedoch – bei aller Vorsicht, die hinsichtlich einer prekren Vermengung womçglich inkompatibler Theorien angemeldet werden kann – festhalten lsst, ist, dass es bei Tullia ein paradoxales Spiel zwischen Text und Paratext gibt, welches einen Prozess der Legitimierung in Szene setzt, der sich als permanenter Rahmungsprozess – aber nicht als fixes ‘framing’ – vollzieht. Vor dem Hintergrund dieser performativen Rahmung betrachtet, ist das Problem der Paratextualitt bei Tullia d’Aragona durchaus mit dem Problem der Parergonalitt im Sinne Derridas verknpft, welche den bei Genette eher unspezifisch bleibenden Bereich der faktischen Paratexte genauer umreißen helfen kann. Denn letztlich sind die Texte Tullias – und diesen Aspekt spart das Schema Genettes aus – gerade darum bemht, in der komplexen Rahmung von Widmungen, Zuschreibungen und dialogisch angeordneten Textpassagen den faktischen Paratext des ‘velo giallo’ auf eine sthetische Ebene 37 Vgl. zur entsprechenden Terminologie Derrida 1994 und Derrida 1972. 38 Die Bibliothek Tullias, die nach ihrem Tode inventarisiert wurde, umfasste rund dreißig Bcher, wobei natrlich bercksichtigt werden muss, dass Tullia viel von ihrem Wissen aus mndlichen Gesprchen bezogen haben wird.

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zu heben. Der vorgngige faktische Rahmen soll zwar nicht gnzlich zum Verschwinden gebracht werden, er soll aber das çffentliche Ansehen der Dame nicht als offen ausgestellter Personalausweis begleiten. Darauf deuten die unterschwelligen Anspielungen im Dialogo und in den Rime immer wieder hin. In den Gedichten lsst sich die Metaphorik des Schleiers wie ein roter Faden nachverfolgen. Der „velo“ ist in den Rime omniprsent und wird in Variationen in seinen ansprechenden Funktionen („bel velo“) bis hin zu seinen obskuren Funktionen („velo oscuro“; „mortal caduco velo“¸ „corporeo velo“, „tenebroso velo“, „cieco velo“) semantisch durchgespielt, bis die Schleierinszenierungen in der Ekloge im vierten Teil im „inimico velo“, „varo velo“ und „crudo velo“ gipfeln und schließlich die wiederholte Aufforderung des „leva ‘l velo omai“ bzw. „allarga il velo“ deutlich den Bezug zum faktischen Paratext des „velo giallo“ herstellt. Damit steht die Paratextur Tullia d’Aragonas im Zeichen des gelben Schleiers im Spannungsfeld widerstrebender Wirkungskrfte: Nach außen hin wird eine parergonale Kraft der Legitimation der ‘donna onesta’ suggeriert, nach innen hin entfaltet sich die ‘Lizenz zum Dichten’ als Spiel mit den Reizen des Kurtisanentums. Streng genommen haben wir es also mit einer doppelten Rahmung zu tun, wie sie Niklas Luhmann in Die Kunst der Gesellschaft als ein „Modell durchschaubarer Tuschungen“ proklamiert hat, bei der „das Medium durch eine Doppelrahmung konstituiert [wird]: durch eine Tuschung, die zugleich auf Grund besonderer Anhaltspunkte als solche durchschaut wird“.39 Auch bei Genette findet sich die Doppelung von phnomenalen und funktionalen Aspekten des Paratextes, und er nennt den Ort dieses doppelten Spiels die „Schwelle“: Dabei handelt es sich weniger um eine Schranke oder eine undurchlssige Grenze als um eine Schwelle […]; um eine ,unbestimmte Zone‘ zwischen innen und außen, die selbst wieder keine feste Grenze nach innen (zum Text) und nach außen (dem Diskurs der Welt ber den Text) aufweist.40

Jacques Derrida greift einen hnlichen Gedanken auf, wenn er schreibt: Das Parergon tritt dem Ergon, der gemachten Arbeit, der Tatsache, dem Werk entgegen, zur Seite und zu ihm hinzu, aber es fllt nicht beiseite, es berhrt und wirkt, von einem bestimmten Außen her, im Inneren des Verfahrens mit; weder einfach außen noch einfach innen; wie eine Nebensache, die man verpflichtet ist, am Rande, an Bord aufzunehmen.41 39 Luhmann 1999, 178. 40 Genette 1992, 33. 41 Derrida 1992, 74.

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Damit wiederum der Text in der Interaktion mit seinen Paratexten einen gesellschaftlichen Widerhall finden konnte – und genau darum war es ja Tullia nicht zuletzt zu tun – werden Markierungen gesetzt, die das Spiel der Texturen als Rahmung ausweisen, die mit der Außenwelt nicht verwechselt werden darf. Es ist also das Menetekel des ‘velo giallo’, das sozusagen als parergonale Latenz, als unsichtbare Rahmung sowohl das textuelle als auch das paratextuelle Schreiben Tullias motiviert und begleitet.42 Die parergonalen Rahmungsfunktionen von Paratexten in Hinblick auf jene Phnomene, die – verkçrpert durch Kontexte, Vorworte, Titel u. . – die diskursiven Rnder eines Textes bilden, kçnnen so gesehen manchmal gute Argumente dafr liefern, dass der Haupttext dem Paratext nicht zwangslufig vorgeordnet sein muss.

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Henri II Estienne on Greek Philosopher Poets: An Epistle Dedicatory as a Model of Early Modern Paratextuality1 Oliver Primavesi 1. Introduction “One day”, writes Nietzsche looking back at the winter of 1865/1866 when he studied Classics at the University of Leipzig—“one day I found this book in the second-hand bookshop of old Rohn, I picked it up because it was completely unknown to me and skimmed through it. I do not know which demon whispered to me: ‘take this book home with you’ […] When I got home I sank into the corner of my sofa, with my newly acquired treasure in my hands, and let the gloomy vigour of that genius affect me”.2 Nietzsche is talking about his first encounter with Schopenhauer’s The World as Will and Representation, and the effect of this encounter was to be a lasting one: in his famous essay Schopenhauer as Educator (1874) Nietzsche still describes himself as “one of those readers of Schopenhauer who, having read the first page of him, know for sure that they will read all pages and listen to every word he

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The following essay is a considerably revised version of the main part of my “Henri II Estienne ber philosophische Dichtung: Eine Fragmentsammlung als Beitrag zu einer poetologischen Kontroverse” in: Primavesi / Luchner (edd.) The Presocratics from the Latin Middle Ages to Hermann Diels (forthcoming). My thanks for help with the English translation go to Cordula Bachmann and Andreas Hçfele. Friedrich Nietzsche (1966), Autobiographisches aus den Jahren 1856 – 1869, in: Schlechta (ed.), vol. III, 133: “Eines Tages fand ich nmlich im Antiquariat des alten Rohn dies Buch, nahm es als mir vçllig fremd in die Hand und bltterte. Ich weiß nicht welcher Dmon mir zuflsterte: ‘Nimm dir dies Buch mit nach Hause’ […] Zu Hause warf ich mich mit dem erworbenen Schatze in die Sofaecke und begann jenen energischen dsteren Genius auf mich wirken zu lassen”.

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ever spoke”.3 We need not choose between classifying this anecdote as a historical source, as an autobiographical fiction, or as both. What matters in the present context is that early modern scholarship on the Greek philosopher poets is reported to have been triggered in a strikingly similar way: by the fortuitous discovery of a great philosophical text and by the ensuing enthusiasm. The text in question is an extended quotation, in Aristotle, from the Greek philosopher poet Empedocles (483/2 – 424/3 BC).4 The quotation was hit upon in 16th century Geneva by Henri II Estienne (1531 – 1598), the scion of a famous Parisian family of scholar-printers, who had emigrated with his father from catholic Paris to Calvinist Geneva for religious reasons.5 Estienne was so impressed by the Empedoclean fragment that he embarked on a systematic search for more quotations from Empedocles and, eventually, also from other Greek philosopher poets. The result of this search was the first ever anthology of fragments from Greek philosophical poems in their original language,6 the Poiesis philosophos, which Estienne printed in 1573. The Poiesis philosophos constitutes a special type of anthology in that it is, up to a certain point, an intervention in a critical debate: it is designed to permit a better evaluation of the vexed question of whether philosophical poems should be regarded as true poetry. Estienne expounds this theoretical problem in an epistle dedicatory which combines disclosure and self-restraint in a way which makes it a model of paratextuality: notwithstanding its considerable intrinsic interest, Estienne’s argument is 3

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Friedrich Nietzsche (1966), Unzeitgemße Betrachtungen, Drittes Stck: Schopenhauer als Erzieher, in: Schlechta (ed.) vol. II, 295: “Ich gehçre zu den Lesern Schopenhauers, welche, nachdem sie die erste Seite von ihm gelesen haben, mit Bestimmtheit wissen, daß sie alle Seiten lesen und auf jedes Wort hçren werden, das er berhaupt gesagt hat”. Aristotle, De respiratione 7, p. 473b9 – 474a6 (Bekker) quotes twenty-five Empedoclean hexameter lines (31 B 100 Diels-Kranz). On the Stephenses in general see Renouard 1843, Mark Pattison’s classical essay (1865), and Armstrong 1954. The fundamental work of reference on Henri II Estienne is now Kecskemti et al. 2003, see also Widmann 1970, 7 – 17 and Pfeiffer 1982, 138 – 140. On Estienne’s Po¸gsir vikºsovor there is a sketch by Reverdin 1999. Latin source material on Greek philosopher poets had been collected already from the early 13th century onwards; see my “Vorsokratiker im lateinischen Mittelalter I: Parmenides und Empedokles bei Helinand, Vincenz, im Liber de vita et moribus und in den Parvi flores”, in: Primavesi / Luchner (eds.), The Presocratics from the Latin Middle Ages to Hermann Diels (forthcoming).

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meant to leave something to be desired, and it makes it clear that this desire cannot be fulfilled but by a perusal of the main body of Estienne’s book. While going a long way towards bringing out the poetological interest of the fragments which he has collected, Estienne nevertheless carefully and consistently avoids anticipating too much of the final result: a fuller insight into the poetic quality of Greek philosophical poems, or so he is suggesting, will only be gained from first hand experience of the extant fragments themselves, not from a purely deductive argument.

2. The contents of the Poiesis philosophos Estienne’s collection contains more than its main title7 suggests. The tripartite subtitle announces that, after the fragments of genuine pre- and post-Platonic philosopher poets,8 there will follow a second part comprising fragments from the poems by the legendary theologian ‘Orpheus’,9 and a third part with fragments and letters by the two Presocratic prose writers Heraclitus and Democritus.10 The first part begins with fragments from Empedocles.11 Empedocles is followed by both his predecessors Xenophanes 12 and Parmenides,13 then 7 “Po¸gsir vikºsovor. Poesis Philosophica”. 8 “Reliquiae poesis philosophicae, Empedoclis, Parmenidis, Xenophanis, Cleanthis, Timonis, Epicharmi”. 9 “Adiuncta sunt Orphei illius carmina qui a suis appellatus fuit b heokºcor”. 10 “Item, Heracliti et Democriti loci quidam, & eorum epistolae”. 11 Empedocles (! Diels / Kranz 1951, Nr. 31). Estienne 1573 pp. 17: B 100 DielsKranz.– p. 18: Physika I, 269 – 272a.– p. 19: B 30.– B 109 + B 2, 1 – 8a + 8b–9 + B 3.– p. 21: B 6 + B 17, 7 – 8 + B 17, 18 – 21.– B 8.– p. 22: B 11 + B 15.– B 111.– p. 23: B 112, 1 – 2+4 – 11 + B 113.– p. 24: B 117.– B 136 + B 137.– B 35, 14 – 15.– B 115, 9 – 12.– p. 25: B 122.– B 115, 1 + 3 + 5 + 6 + 13.– B 21, 3+5.– p. 26: B 76.– B 81.– B 67.– p. 27: B 130.– B 145.– B 146.– B 114.– B 4.– p. 28: B 38.– B 133.– B 147.– B 132.– p. 29: B 118 + B 125 + B 124.– B 119.– B 128.– p. 30: B 139.– B 134.– B 129, 1 – 2.– B 33.– B 83.– p. 31: B 13.– B 90.– B 1.– B 156.– B 157.– The four lines (Physica I, 269 – 272a) quoted by Aristotle and printed by Estienne on p. 18 can exactly be localized by means of P. Strasb a(i) 9 – a(ii) 2a in the first book of the Empedoclean Physica (the structure of which has been reconstructed in Primavesi 2008a). The traditional identification of those lines with the lines quoted by Simplicius B 21, 9 – 12 D.-K. has thus been shown to be wrong. 12 Xenophanes (!Diels / Kranz 1951, Nr. 21). Estienne 1573 p. 35: B 34.– ibid. p. 36: B 23 + B 14 + B 15.– B 27.– B 33.– B 11.– p. 37: B 12.– B 18.– B 2.– p. 38: B 1.– p. 39: B 6.– B 7.

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by two Hellenistic philosophers of the early 3rd century BC: the Stoic Cleanthes of Assos 14 and the Sceptic Timon of Phlius. 15 The second part mainly consists of quotations from three poets who, from our point of view, belong rather to the realm of myth than of literary history: ‘Orpheus’16 (and the Chaldean oracles closely associated with him),17 ‘Musaeus’,18 and ‘Linus’.19 This section is rounded off by a number of lines from poems ascribed to Pythagoras.20 13 Parmenides (!Diels / Kranz 1951, Nr. 28). Estienne 1573 p. 41: B 1, 1 – 30 + B 7, 2 – 5 + B 8, 1 – 2a.– ibid. p. 43: B 10.– p. 44: B 4.– B 8, 3 – 4.– B 8, 43 – 45.– B 13.– p. 45: B 15.– B 14.– p. 45: B 1, 29 – 30 + B 2.– p. 46: B 16. 14 Cleanthes (! v. Arnim 1905, Nr. 5). Estienne 1573 p. 49: SVF I 537.– p. 51: SVF I 559.– SVF I 562.– SVF I 557 + SVF I 560.– p. 52: SVF I 570. This material will be enriched further down by some iambic quotations: p. 124: SVF I 586.– SVF I 573.– SVF I 583.– SVF I 527.– p. 126: SVF I 529. 15 Timon (! Diels 1901, Nr. 9). – Estienne 1573 p. 60: Fr. 66.– Fr. 21 + Fr. 22.– p. 61: Fr. 10 + 11, Fr. 65, Fr. 12, Fr. 1.– Fr. 59 + 60.– p. 62: Fr. 61.– p. 63: Fr. 5, Fr. 58.– Fr. 16, Fr. 13, Fr. 3.– Fr. 23.– p. 64: Fr. 24.– p. 65: Fr. 25, Fr. 27.– Fr. 28.– p. 66: Fr. 29, Fr. 30, Fr. 19, Fr. 31 + 32 + 33.– p. 67: Fr. 34, Fr. 35, Fr. 36, Fr. 38, Fr. 39.– p. 68: Fr. 40, Fr. 41, Fr. 57, Fr. 42, Fr. 60, 1.– p. 69: Fr. 44, Fr. 45, Fr. 46, Fr. 47.– p. 70: Fr. 48, Fr. 50, Fr. 69.– p. 71: Fr. 51, Fr. 7, Fr. 9, Fr. 8.– Fr. 67, 5 – 7.– p. 72: Fr. 67, 1 – 2 + 5, Fr. 67, 2b–4.– Fr. 68.– p. 74: Fr. 54. 16 Orphic poetry (! Bernab 2004 – 2005). Estienne 1573 p. 78: Fr. 372 + 378.– p. 80: Fr. 543 (II).– Fr. 620 (I) + 377, Vers 5.– Fr. 241 (II) + 243 (III + I).– p. 82: Fr. 691.– p. 83: Fr. 540 (I).– p. 84: Fr. 542.– Fr. 538 + 541.– p. 85: Fr. 539 (I).– Fr. 544.– Fr. 363.– Fr. 126 (II) + 125 + 152.– p. 86: Fr. 241 (I).– Fr. 81 + 80 (III) + 85.– p. 87: Fr. 123 (II).– Fr. 179 (I).– p. 88: Fr. 178 (I).– Fr. 186 (I) + 191 (I).– p. 89: Fr. 232 (I).– Fr. 1141 (III) + 75 (II) + 76 (II) + 79 (II) + 80 (II) + 82 (I) + 83.– p. 90: Fr. 269 (I).– Fr. 271 (III).– Fr. 263 (I).– p. 91: Fr. 258.– Fr. 155 (I).– Fr. 144 (I).– p. 92: Fr. 300 (I).– Fr. 237 (IV).– Fr. 237 (V).– p. 93: Fr. 242.– Fr. 160.– Fr. 399 (I).– Fr. 386 (I).– p. 94: Fr. 851.– Fr. 641 (I), Verse 1 – 2.– Fr. 25 (II).– p. 95: Orphei Lithica Vers 63 Abel.– Fr. 773 + 759 (I).– p. 96: Fr. 762.– Fr. 731 (I).– p. 97: Fr. 775 (I).– Fr. 771 (II).– Fr. 777 (I).– Fr. 22 (I).– p. 98: Fr. 706.– Fr. 392 (III) + 391 (II) + 394 (I) + 395 (I).– p. 99: Fr. 306 (I).– Fr. 330 + 223.– p. 100: Fr. 846.– Fr. 438.– p. 101: Fr. 357.– Fr. 437.– Fr. 690.– Orac. Sibyll. 3, 624 – 25 Geffcken.– p. 102: Fr. 237 (I) + 239 (II) + 243 (XXXII). 17 Chaldean Oracles (! Des Places 1971). Estienne 1573 p. 105: Fr. 146, 2 – 8.– p. 106: Orph. Fr. 296 Bernab + Orac. Chald. Fr. 53 + 94 des Places.– Fr. 54 + 70.– p. 107: Orph. Fr. 300 (I) Bernab + Orac. Chald. Fr. 25 des Places.– Fr. 121.– Fr. 140. 18 Musaei Carmina (! Bernab 2006, 1 – 53). Estienne 1573 p. 109: Fr. 96 + 97.– Fr. 99.– p. 110: Fr. 71.– Fr. 94.– Fr. 98 (I). 19 Lini Carmina (!Bernab 2006, 54 – 104). Estienne 1573 p. 112: Fr. 89.– Fr. 78 (II).– Fr. 83 (I) + 84 (I) + 85 (I) + 86 (I).

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The third part of the anthology is devoted in its entirety to two prose writers, namely Heraclitus 21 and Democritus. 22 Whereas the status of the 20 Ps.-Pythagorean Poetry (! Thesleff 1965), Estienne 1573 p. 114: Carm. Aur.; pp. 160 ff. Thesleff.– p. 118: Poem. monoth.; 174,21 – 24 Th.– Hymn. ad num. 1; 173,11 – 12a Th.– Hymn. ad num. 1; 173,11 – 14 Th.– p. 119: Hymn. ad num. 2; 173,17 Th. + Iusiur.; 170,15 – 16 Th.– p. 120: Hier. log. hex. 2; 158,19 Th.– Hier. log. hex. 8; 159,26 Th.– Empedokles B 141 D.-K. + Hier. log. hex. 5; 159,14 Th.– p. 121: Carm. aur. Vers 48a ; 161 Th.– Carm. aur. 17 – 18; 160 Th.– Carm. aur. 42; 161 Th.– p. 122: Carm. aur. 44; 161 Th.– Carm. aur. 40 – 44; 161 Th.– Ausonius XIV, Ecl. 20, 14 – 26.– Cicero, Cato maior 11, 38.– Horaz, Serm. 1, 4, 133 – 136. 21 Heraclitus (! Marcovich 1967). Estienne 1573 p. 129: Fr. 13 (a) + Fr. 116 (a) (§§ 127 + 129).– p. 130: Fr. 13 (b).– Fr. 116 (a) (§ 131) + 1(a) + 23 (a) (text 2: AM VII § 133).– p. 131: Fr. 66 (a) as a plagiarism from Orph. Fr. 437 Bernab [= Fr. 66 (a1)], with reference to Fr. 66 (d5) and 66 (b) § 111, as well as to Clem. Alex. VI 2, 27, 1.– Fr. 51 (a) + 53 (a).– p. 132: Fr. 86 (c).– p. 133: Fr. 3 (a).– Fr. 11(a), with an emendation supported by Fr. 11 (a1).– Fr. 99 (a).– Fr. 49 (a).– p. 134: Fr. 2 (a) / 2 (a1).– Fr. 97 (a), with rejection of the variant in Fr. 97 (a1), from the context of which 96 (a1) is quoted additionally.– Fr. 74 (a1).– Fr. 16 (a) + 85 (a) + 30 (a) + 102 (a) + 103 (a).– p. 135: Fr. 105 (b) + (c1), with reference to ep. II (below p. 154).– Fr. 47 (b1) + 47 (c).– Fr. 40 (c2) + 40 (b1) + 40 (c3).– p. 136: Fr. 83 (a) + Fr. 110 (b) / 110 (a2), with reference to 110 (a1), (a3) and (a4).– Fr. 71 (a).– Fr. 44 (a) + 23 (f ) + 23 (d1) + 23 (a).– p. 137: Fr. 13 (b), with reference to Fr. 13 (a) (above p. 129).– Fr. 23 (e) + 69 (a) + 68 (a2).– Fr. 66 (e1), with reference to Fr. 66 (a) (above p. 131).– Fr. 41 (a).– Fr. 27 (e2) + 27 (e3) + 9 (b).– Fr. 75 (a).– Fr. 14 (a).– Fr. 60 (b).– p. 138: Fr. 109, with quotation of both contexts 109 (a1) and (a2).– p. 139: Fr. 22 (a).– Fr. 68 (a5) + 68 (a4), both being emended with regard to 68 (a2) (above p. 137).– Fr. 24 (a).– Fr. 29 (b) + 28 (c3) + 52 (a2).– p. 140: Fr. 28 (e). 22 Democritus (! Luria 2007). Estienne 1573 p. 156 : Fr. 55.– p. 157: Fr. 48.– Fr. 49.– Fr. 50.– Fr. 83.– p. 158: Fr. 316.– Fr. 581.– p. 159: Fr. 472a (ii).– Fr. 51. For the repercussions of Fr. 51: Cicero, Academici lib. I, 12, 44, Lucullus 10, 32; Lactantius, Div. Inst. 3, 28, 13.– p. 160: Test. XIV. – Fr. 580.– p. 161: Fr. 784.– Fr. 657.– p. 162: Fr. 671.– Fr. 743 (i).– Fr.734 (ii).– Fr. 609.– Fr. 788.– Parallel to Fr. 34.– Test. CXIII.– p. 163: Fr. 765.– Fr. 798 (i).– Fr. 761.– Fr. 796.– Fr. 793.– Fr. 794.– Fr. 797 (iii).– Fr. 795 (i).– Fr. 797 (ii).– p. 164: Fr. 637.– Test. CXI.– Fr. 599.– Fr. 748.– Fr. 493a (iv).– Fr. 759.– Fr. 687.– Fr. 751.– Fr. 706 (i) sub fine.– Fr. 801b.– Fr. 804a; cf. Fr. 527.– p. 165: Fr. 764.– Fr. 706 (i).– Fr. 602.– Fr. 603.– p. 1284 [17].– Fr. 642.– Test. CIX.– Fr. 631.– Fr. 640.– p. 166: Fr. 641.– Fr. 626.– Fr. 598.– Fr. 677 (i).– Fr. 597.– Fr. 670.– Fr. 627.– Fr. 629.– p. 167: Fr. 760.– Fr. 718.– Fr. 644.– Fr. 753.– Fr. 593.– Fr. 750 (i).– p. 168: Plato, Alcibiades I; 131b sub fine.– Fr. 762.– Fr. 679 (i).– Fr. 645a.– Fr. 791.– Fr. 772.– Fr. 684.– p. 169: Fr. 775.– Fr. 771.– Fr. 604 (i).– Test. CX.– Fr. 649.– Fr. 752.– Fr. 769.– Fr. 679 (ii).– Fr. 570.– p. 170: Fr. 732.– Fr. 730.– Fr. 608.– Fr. 712.– Fr. 713.– Fr. 655 (ii).– Fr. 601.– Fr. 620.– p. 171: Fr. 621.– Fr. 622.–

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two authors as philosophers is self-evident, their admission into an anthology of philosopher poets stands in need of explanation. Estienne justifies his choice in his epilogue to the reader. He considers Heraclitus’ sayings as a kind of indirect transmission of Orphic poetry since he supposes Heraclitus to have plagiarised poems by ‘Orpheus’.23 The justification for including Democritus turns out to be much more cursory: Estienne simply states that Heraclitus and Democritus are often mentioned together,24 by which he must allude to the famous contrast between Heraclitus the weeping philosopher and Democritus the laughing philosopher.25

3. The Epistle Dedicatory 3.1 The Background: A Poetological Debate The Poiesis philosophos is introduced by an epistle dedicatory to Reichart Streun von Schwarzenau (1538 – 1600), then president of the Imperial Treasury at Vienna.26 Given the heterogeneous contents of the Poiesis, it is all the more remarkable that the dedicatory epistle exclusively deals with the legitimacy of philosophical poems, an issue vividly dis-

23 24 25 26

Fr. 623.– Fr. 614 (ii).– Fr. 624.– Fr. 615.– p. 172: Fr. 619.– Fr. 604 (iii).– Fr. 616.– Fr. 613.– p. 173: Fr. 614 (iv).– Fr. 610.– Fr. 710.– Fr. 707.– Fr. 705.– Fr. 703 (i).– Fr. 704.– Fr. 721.– Fr. 722.– p. 174: Fr. 724.– Fr. 562.– Fr. 715 (i).– p. 175: Fr. 691.– Fr. 783.– Fr. 632.– Fr. 642.– Fr. 636 (i).– p. 176: Fr. 638.– Fr. 652.– Fr. 653.– Fr. 33b (ii).– Fr. 646.– Fr. 651, cf. Fr. 739 (ii).– p. 177: Fr. 737 (ii).– Fr. 647.– Fr. 12a.– Fr. 763.– Fr. 766.– Fr. 768; cf. Fr. 654 (ii).– Fr. 654 (i).– Fr. 799 (ii).– p. 178: Fr. 799 (iii).– Fr. 678 (i).– Fr. 700 (i).– Fr. 700 (ii).– Fr. 702 (i).– VS 19 (Democedes) Test. 3 D.-K.– Fr. 466 (iii).– p. 179: Fr. 776 (ii) sub fine.– Fr. 790 sub fine.– Fr. 581a (i). Estienne 1573, 222: “Orphei porr et Pythagoreorum versibus Heracliti locos ideo potissim m adiunxi, qu d Heraclitus ex Orpheo bonam suorum dogmatum sumpsisse partem feratur”. Estienne 1573, 222: “Iam ver quum Democriti una cum Heraclito saepe fieri mentionem viderem, placuit huius quoque locos et epistolas addere”. Stobaeus III, 20, 53 (from Sotion On Anger): to?r d³ sovo?r !mt· aqc/r Jqajke¸tyi l³m d²jqua, Dglojq¸tyi d³ c´kyr 1p¶iei. On Streun v. Schwarzenau see Großmann 1927 and Großmann 1929. As early as 1559, Henri II Estienne had published Streun’s first book Gentium et familiarum Romanarum stemmata.

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cussed in the cinquecento. 27 The debate had been provoked—just like other, similar controversies—by what was perceived as the contradictions between Aristotle’s Poetics, which had been made available in published form at the beginning of the 16th century,28 and Horace’s Ars poetica, which until then had been the only canonical text on the matter.29 On the theoretical level, the controversy on philosophical poems in particular and on didactic poems in general could draw on the corresponding discussion in Antiquity; the status quo reached by 1561 can be gathered from Julius Caesar Scaliger’s posthumously published Poetices libri septem. 30 Yet to a certain extent, the whole dispute seemed doomed to lead nowhere: those early Greek poems on natural philosophy for the sake of which the ancient discussion had been primarily conducted had gone missing in what Poliziano aptly called the literarum naufragium. This holds especially for the poems by Empedocles who was regarded as the paradigm case in the ancient discussion from Aristotle onwards. It is precisely the fragments from the Presocratic philosopher poets, and in particular from Empedocles, which Estienne places at the front of his anthology. He introduces his collection as the indispensable, but as yet unknown evidence for the work of those controversial authors, as the contribution by a learned collector of fragments and scholar printer to a poetological debate. 3.2 The overall structure of Estienne’s argument Estienne first presents the two options, each backed by first rank authorities: the Horatian point of view according to which poetry is distinguished either by the usefulness of its contents, or by the pleasantness of its form, or on both counts (3.3), and the Plutarchean point of 27 The 16th century controversy on whether philosophical verse in general and the poems of Empedocles and Lucretius in particular can count as poetry has been reconstructed by Weinberg 1961, Hathaway 1962, and Fabian 1968. 28 The Latin translation by Georgio Valla had been published in 1498, whereas the Greek text was printed for the first time in 1508 by Aldo Manuzio as part of his Rhetores Graeci. 29 For the conflict between Horatian and Aristotelian poetics between 1531 and 1555 see Herrick 1946. 30 Buck’s 1964 facsimile edition of the Poetices libri septem, unlike his thoughtful introduction, has been superseded by the five volume edition of Deitz / VogtSpira 1998 – 2003.

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view according to which verse texts without mythos are no poetry at all (3.4). Then the problematic genre is identified: it is the didactic poems that lack mythos (3.5). A sub-genre of the didactic poem, however, the philosophical poem, seems to be both useful and pleasant, thereby fulfilling both functions as defined by Horace (3.6). And yet according to Plutarch we would have to deny that a philosophical poem can be regarded as poetry: Estienne’s book title (“Philosophical Poetry”) would then be a misnomer. (3.7). The solution of the dilemma cannot be based on further argument but only on a first hand experience of the extant fragments of Greek philosophical poems themselves (3.8). Estienne, for one, was so moved by his first encounter with an Empedoclean fragment that it was this experience which caused him to collect the fragments of Greek philosophical poems (3.9). Therefore, Estienne joins Lucretius in praising Empedocles as a divinely inspired poet (3.10). In a sense, Empedocles is not even lacking mythos: the famous legend of his suicide in Mt. Etna is based on claims to divinity which Empedocles himself made in lines still extant. The true meaning of these claims, however, is that the adequate means of expounding physics is an epic in praise of the divine entities of the universe the author of which must be divinely inspired (3.11). 3.3 Horace on poetry and the problem of poetical usefulness As a starting point of his argument, Estienne quotes the famous sentence from Horace’s Ars poetica on usefulness (prodesse) and pleasure (delectare) as two possible functions of poetry that might also be combined.31 This quotation will remain fundamental for Estienne’s arguments throughout: his ultimate aim is to show that the Greek philosophical poems of the 5th century BC qualify as poetry precisely because they fulfill both poetical functions as defined by Horace; but in order to reach that aim, he must defend Horace against a rival approach to poetry which, if left unrefuted, would undermine both Horace’s identification of usefulness as one out of two main functions of poetry in general, and the status of philosophical poems as poetry in particular. The problem of poetical usefulness is introduced by Estienne without delay. He first points out the desideratum of determining for each of Horace’s two poetical functions the 31 Horace, Ars poetica 333 – 334: “Aut prodesse uolunt aut delectare poetae, / Aut simul et iucunda et idonea dicere uitae”.

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poetical genre by which it is fulfilled, and of identifying a genre which fulfills both at the same time.32 He then restricts, for the time being, the field of inquiry to the first function, i. e. usefulness. 33 For it is this case which is, according to Estienne, the problematic one: all of a sudden, he surprises his readers by affirming that the most useful poems tend to be those which are in fact no poems at all.34 3.4 Plutarch’s criterion: mythos What those most useful poems tend to lack is a feature which, according to Estienne, has been identified by more than one author as the very ‘soul of poetry’: the mythos (fabula).35 From the assumption that mythos is the soul of poetry Estienne infers that we should deem all poems which do not contain a mythos either unworthy of the name ‘poetry’—or at least call them ‘dead poetry’ (poesis mortua).36 Yet on further reflexion even this rather damning label seems too generous. For calling a body ‘dead’ implies that it used to be occupied by a soul before, whereas poems lacking a myth did never possess a soul. In other words: such poems cannot be called ‘dead poetry’ after all, since they were never alive in the first

32 Estienne 1573, 3: “His versibus Horatianis omnes quidem assentiuntur: sed vereor ne grammatici certent et adhuc sub iudice lis sit, qudnam poematum genus utilitatem afferat, qudnam delectet: qudnam sit tertium illud quod utilitatem cum delectatione coniunctam habet”. 33 Estienne 1573, 3: “Qu d si mihi in ista quaestione (quae difficilior est qum prima fronte videatur) meam ex tempore proferre de utilibus poematis sententiam licet”. 34 Estienne 1573, 3: “quemadmodum inter carnes, eas esse suauissimas dicit apud Plutarchum Philoxenus, quae minim sunt carnes, ita profect ex poematis ea plerunque esse dixerim utilissima quae poemata non sunt”. The quotation in Plutarch (Plutarch, De audiendis poetis 1; i 28 Paton-Wegehaupt) is Philoxenus Leucadius Fr. 836 (f ) Campbell: eQ l´m, ¢r Vikºnemor b poigtμr 5kecem, t_m jqe_m t± lμ jq´a Fdist² 1sti ja· t_m Qwh¼ym oR lμ Qwh¼er, […]. 35 Estienne 1573, 3 – 4: “Quaenam ver sunt vel potius dicuntur poemata, quum tamen ver poemata non sint? Quae illa re carent quam nonnulli poeseys animam appellarunt: id est fabulis”. 36 Estienne 1573, 4: “Si enim poesi fabulae sunt instar animae, versus quorum corpori infusae illae non sunt, aut poeseys nomine ne dignemur, aut poesin mortuam (ut mortuum est corpus  quo abest anima) appellemus”.

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place.37 So the one option we are left with is that poems lacking mythos must not be labelled as ‘poetry’ at all: the presence of mythos seems to be a necessary condition to be fulfilled by any poem which is to be classified as poetry. Estienne’s authority for this criterion is Plutarch. For it is in Plutarch’s De audiendis poetis 38 that the concept of poetry without myth and fiction is condemned as mistaken—even more mistaken than, say, the concept of sacrificial ceremonies unaccompanied by chorus and double-oboe (aulos): of this kind of ceremonies, there may be some isolated examples, whereas that kind of poetry is in any case totally unheard of.39 In calling mythos the ‘soul’ of poetry, however, Estienne is referring not to Plutarch but to Aristotle himself: in the sixth chapter of the Poetics, Aristotle states his famous doctrine according to which mythos, which Aristotle uses in the sense of ‘plot’, is “the principle and, so to speak, the soul of tragedy”. 40 But even so it was only Plutarch who made the presence of a mythos a requirement not only of tragedy, but of all true poetry,41 thereby preparing the way for the extension of the Aristotelian metaphor which we find in Estienne and which was quite popular with sixteenth century authors on poetics.42 This allusion to the Aristotelian concept of mythos in the sense of ‘plot’ is reinforced, in what follows, by a qualification of Plutarch’s criterion: according to Estienne, Plutarch is not referring to mythos in the basic sense of ‘traditional tale, myth’, but in the sense of a ‘story adapted

37 Estienne 1573, 4: “sic tamen ut illo vocabulo nos abuti sciamus. Nam  mortuo corpore abest anima, sed antequam mortuum esset, non aberat: at poesis %luhor, et est et semper fuit %xuwor : ideoque numquam vixisse dici potest”. 38 Plutarch, De audiendis poetis 2, 16C (= Vol. I, p. 31,26 – 27 Paton-Wegehaupt). 39 Estienne 1573, 4: “Siquis autem mihi fidem adhibere non vult, dicenti non posse appellari poesin quae fabulis careat, audiat Plutarchum: hus¸ar l³m c±q !wºqour ja· !ma¼kour Uslem, oqj Uslem d³ %luhom oqd³ !xeud/ po¸gsim”. 40 Aristotle, Poetics 6, 1450a 38 – 39: !qwμ l³m owm ja· oXom xuwμ b lOhor t/r tqac\d¸ar ; for the metaphor see the parallels noted by Ingram Bywater, Aristotle on the Art of Poetry, Oxford 1909, 170. 41 Plutarch, De audiendis poetis 2, 16C (= Vol. I, p. 31,26 – 27 Paton-Wegehaupt), already quoted. 42 Herrick 1946, 70: “Sixteenth-century scholars extend Aristotle’s statement that ‘plot is the soul of tragedy’ to read ‘plot is the soul of poetry,’ and this phrase becomes an accepted maxim”.

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to the purpose of poetic representation’.43 At first glance, this qualification looks like a further restriction, but it may in fact amount to a concession intended to avoid the unwelcome consequence of having to exclude comedy from poetry: later in his epistle, Estienne will point out that to insist on mythos (in the sense of ‘traditional tale, myth’) as a prerequisite of poetry does injustice to the undoubtedly poetic genre of comedy,44 since comic poets do not normally employ myths of gods and heroes, whereas they do, of course, offer a plot. In all probability, Estienne was well aware of the fact that Aristotle’s own general criterion for deciding whether a text is poetry or not differed from Plutarch’s: for Aristotle, the criterion is not mythos, but mimesis,45 i. e. the imitation of human action.46 In particular, it is precisely the absence of mimesis in Empedocles on which Aristotle bases his preference for labelling Empedocles a natural philosopher rather than a poet in the very first chapter of the Poetics. 47 This comes so close to the position Estienne will be presently dealing with that we cannot avoid the question of why Estienne has nevertheless replaced the well known Aristotelian criterion (mimesis) by the Plutarchean one (mythos). We will, on more than one occasion, come to realize that this replacement plays a special rle in the architecture of Estienne’s argument. 3.5 The problematic genre identified: the didactic poem No matter whether we take mythos to mean ‘myth’ or ‘plot’, there is one genre which will be found to contain no mythos at all and that genre consists of the didactic poems written by Empedocles and others.48 This verdict is again supported with a sentence from Plutarch’s De audiendis poetis 43 Estienne 1573, 4: “Ubi tamen %luhom non simpliciter dicit illam quae fabulis careat, sed illam, ut opinor, quae fabulas poeticas, id est poesi conuenientes, non habeat”. 44 Estienne 1573, 6: “fortassis enim quod de fabulis dixi, eiusmodi est ut refelli possit: ac c m plerique alii versuum scriptores, tum ver comici in eo sibi iniuriam fieri querentur”. 45 Aristotle, Poetics 1, 1447a 13 – 16: 1popoi¸a dμ ja· B t/r tqac\d¸ar po¸gsir, 5ti d³ jyl\d¸a ja· B dihuqalbopoigtjμ ja· t/r aqkgtij/r B pke¸stg ja· jihaqistij/r, p÷sai tucw²mousim owsai lil¶seir t¹ s¼mokom. 46 Aristotle, Poetics 2, 1448a 1: liloOmtai oR lilo¼lemoi pq²ttomtar. 47 Aristotle, Poetics 1, 1447b 13 – 20. 48 Estienne 1573, 4: “Utrocunque autem modo interpretari %luhom velimus, haec Empedoclis et caeterorum scripta, talia esse comperiemus […]”.

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where it comes immediately after the text already quoted:49 whether we are dealing with the philosophical hexameter poems of Empedocles and Parmenides, Nicander’s hexameter poem on venomous creatures, or the gnomic elegies of Theognis—all of these poets, says Plutarch, merely borrowed both the majestic style and the metre of genuine poetry and employed it as a carriage which relieved them of the necessity of walking, as it were, as prose-pedestrians.50 At this point of the argument, Estienne might well jump to the general conclusion that didactic poems are no poetry at all. But without precautionary measures—and no such measures have been taken so far—, the transition from premises backed by Plutarch to a conclusion denying that didactic poems are poetry might well create the unwelcome impression that the conclusion is true. Therefore, Estienne postpones the presentation of the conclusion in question to a point where it will appear much less plausible than it would appear right now. By then he will have returned to the two poetical functions as defined by Horace (prodesse and delectare), and he will have suggested that one sub-genre of didactic poems, i. e. the philosophical poem, manages to combine both functions. In other words, Estienne is preparing something like a reductio ad absurdum: if the conclusion is drawn only after it has been shown, on independent grounds, to be implausible at least in the case of Greek philosophical poems, then its premises will also appear dubious, in spite of the authority supporting them. 3.6 Philosophical poems are both useful and beautiful Among the poems which fail to meet the Plutarchean criterion of mythos (fabula), there may be many which also fail to fulfill the Horatian function of usefulness (prodesse): this could be illustrated by numerous examples. Yet when it comes to the Greek philosophical poems from the 5th century BC, usefulness is beyond doubt: Empedocles and Parmenides

49 Plutarch, De audiendis poetis 2, 16C (= Vol. I, p. 32,1 – 4 Paton-Wegehaupt). 50 Estienne 1573, 4 – 5: “[…] eorfflmque autores carmen, tanquam vehiculum, ab arte poetica mutuatos esse, ne pedestri oratione uti cogerentur. Ac Plutarchum hic quoque testem laudabo: Empedoclis carmina (inquit) et Parmenidis, necnon Theriaca Nicandri, et Theognidis gnomologiae, kºcoi eQs· jewqgl´moi paq± poigtij/r, ¦speq ewgla, t¹m ecjom ja· t¹ l´tqom, Vma t¹ pef¹m diav¼cysim”.

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are universally labelled as ‘natural philosophers (physici)’, and the usefulness of natural philosophy seems to be obvious per se. 51 Empedocles, for one, has even achieved a poem which is distinguished not only by its usefulness but also by its pleasantness. Estienne’s somewhat circumstantial argument to that effect is primarily based on the authority of M. Tullius Cicero. While it is true that Cicero, in his De oratore, held that Empedocles should not be called a poet, it is equally true that he maintained this view not for the reason which was to be adduced later by Plutarch (namely the lack of mythos), but because, in his opinion, the label of ‘natural philosopher (physicus)’ suits Empedocles—and other Greek authors of poems on natural philosophy—even better than that of ‘poet’.52 In the relevant passage from the De oratore, Cicero ascertains that it must not affect our concept of a given discipline if we observe that an individual representative of that discipline does outstandingly well also in other fields of human endeavour. The eminent Roman lawyer P. Mucius Scaevola, for instance, is known to have been an excellent ball player and board gamer in addition to being extremely skilled in his proper profession. This combination of skills in an individual, however, does of course not entail for ball or board games to be considered part of jurisprudence. Similarly, there is no reason to call natural philosophers ‘poets’ just because one individual natural philosopher, Empedocles, has composed an outstandig poem.53 Cicero’s comparison may seem somewhat exaggerated: in the case of Empedocles, expounding natural philosophy and composing a poem were two aspects of one and the same literary activity, whereas in the 51 Estienne 1573, 5: “Verumenimuero quum plurima inueniri possint et fabularum eiusmodi et simul omnis utilitatis expertia carmina, haec contr long utilissima esse, nemo est qui negare queat: nisi eadem opera inutilem philosophiae naturalis cognitionem dicere ausit. Empedocles enim, Parmenides, et reliqui, ut physica tractant, ita physici et possunt et debent nominari: sicut  veteribus vocari passim videmus”. 52 Estienne 1573, 5: “Et san M. Tullius non ob eam quam dixi causam, Empedoclem appellandum poetam non censet: sed potius qu d physici nomen magis illi, sicut et caeteris qui idem argumentum versibus tractarunt, conueniat”. 53 Estienne 1573, 5: “Haec enim esse videtur eius sententia in isto loco libri De oratore primi, Nam si, ut quisque in aliqua arte et facultate excellens aliam quoque artem sibi adsumpserit, is perficiet, ut quod praeterea sciet, id eius, in quo excellet, pars quaedam esse videatur, licet ista ratione dicamus pila bene et duodecim scriptis ludere proprium esse iuris civilis, quoniam utrumque eorum P. Mucius optim fecerit; eademque ratione dicantur et, quos Vusijo»r Graeci nominant, idem poetae, quoniam Empedocles physicus egregium poema fecerit”.

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case of Scaevola being a lawyer and playing games were quite distinct occupations which he could certainly not perform simultaneously. And yet it is precisely this element of exaggeration which serves Estienne’s purpose exceedingly well, since it clearly shows that Cicero attributed to Empedocles a poetic skill which he took to be quite independent of the usefulness granted by the physical contents of his work: thus, Estienne can suggest with plausibility that it is the beauty of Empedocles’ poem which Cicero had in mind.54 In other words, Cicero appreciated the poem of Empedocles as a text which is not only useful (qua natural philosophy), but also pleasant (qua beautiful). Even more notable is the fact that Estienne is able to quote, very much to the same effect, a passage from Aristotle himself. According to Diogenes Laertius, in Aristotle’s dialogue “On poets” (which has not been transmitted through the Middle Ages) Empedocles was credited with an almost Homeric power of expression and, more generally, with a mastery of all the devices which make for success in poetry.55 It is hard to escape the impression that this quotation is meant to speak against excluding Empedocles from the realm of poetry. In any case, the quotation illustrates the power of collecting philosophical fragments: it is precisely his knowledge of an Aristotelian fragment that has enabled Estienne to present Aristotle as one of the defenders of philosophical poems—not as one of their opponents, as everybody would have expected in view of Aristotle’s well known verdict in the first chapter of the Poetics. 56 There was, however, a price to be paid for winning Aristotle over to the favourable party: Estienne needed a substitute for Aristotle in the rle of a detractor of philosophical poetry. The only available substitute was Plutarch, and that is why Estienne presents the hostile point of view as based not on the Aristotelian criterion of mimesis, but on the Plutarchean criterion of mythos, as we have seen.

54 Estienne 1573, 5: “[…] hic Cicero pulcherrimum Empedoclis poema esse dicit”. 55 Estienne 1573, 5 – 6: “[…] videmus ab Aristotele jlgqij¹m ja· deim¹m peq· tμm vq²sim appellari: quinetiam t± peq· poigtijμm 1pite¼clata illi tribui” (we had to correct a printing error here: in Estienne, the Aristotelian phrase peq· poigtijμm has been replaced by a thoughtless repetition of peq· tμm vq²sim, the purely mechanical nature of this error being revealed by the introductory ‘quinetiam’). The Aristotelian fragment (Peq· poigt_m fr. 70 Rose3 = Diogenes Laertius 8, 57) was known to Estienne, because he had edited Diogenes Laertius in 1570. 56 Aristotle, Poetics 1, 1447b 13 – 20.

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3.7 Facing the implications of Plutarch’s criterion Now that two impeccable authorities in favour of philosophical poems have been marshalled, the unwelcome implications of Plutarch’s criterion can be intrepidly faced: if it were true without qualification that mythos is the ‘soul of poetry’, the poems of Empedocles ought to be downgraded from the status of poetry to the status of bare versification,57 a similar verdict having already been brought in by more than one critic against two extant masterpieces of Latin literature—the philosophical poem On Nature by Lucretius and the historical epic Pharsalia by Lucanus.58 Furthermore, Estienne’s own book title, Poiesis philosophos, would come under fire as well, since it would then appear as an abuse of the term poiesis. Faced with this charge, Estienne would not take shelter with the venerable Clement of Alexandria who designates the art of Empedocles as a philosophical art of poetry (philosophos poietike).59 At the very outside, he would perhaps try to justify his book title by appealing to the assessments of Empedocles’ poetical qualities by Cicero and Aristotle which he has already quoted.60 What he would like best, however, is to plead guilty and to admit frankly that he has indeed abused the term poiesis, but that he has done so in a way receiving credit from many authors.61 And he would add that his title Poiesis philosophos is a concession to the terminology of ordinary people, whereas he has kept knowledge about the true meaning of poiesis to himself, thus transferring to the 57 Estienne 1573, 6: “sed tamen quandiu fixum manebit id quod dixi, nimirum fabulas esse poeseys velut animam, carmina illius versificatio potius qum poesis dicenda erunt”. 58 Estienne 1573, 6: “sicut etiam de Lucretii carminibus in eodem argumento, et de Lucani, in valde diuerso, iudicatum  plerisque fuit”. 59 Estienne 1573, 6: “Iam ver siquis obiiciat, me, quanuis hoc dicam, inscripsisse tamen hos versus Vikºsovom po¸gsim, non me Clementis Alexandrini autoritate tuebor, qui eos ita nominat”. Clement, however, did not use the term vikºsovor po¸gsir, but rather the term vikºsovor poigtij¶: Estienne is referring to Clement Strom. 5, 14, 122, 3 (p. 409,13 Sthlin / Frchtel) where the quotation of Empedocles B 147 D.-K., as printed by Estienne on p. 28, is rounded off with the phrase: B vikºsovor 9lpedojk´our k´cei poigtij¶. See also Strom. 5, 3, 17, 6 (p. 337,15 – 16 Sthlin / Frchtel = Cleanthes SVF I 559) where B Jke²mhour d³ toO StyzjoO vikosºvou poigtij¶ (quoted by Estienne p. 51) has been emended by Wachsmuth to B Jke²mhour d³ toO StyzjoO vikºsovor poigtij¶. 60 Estienne 1573, 6: “[…] potius enim illis Aristotelis et Ciceronis quos attuli locis hunc titulum defendere conarer”. 61 Estienne 1573, 6: “[…] sed poeseys appellatione sic abusum esse fatebor, ut multos huius abusus defensores habere possim”.

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realm of semantics Cicero’s method for coming to terms with popular errors of pronunciation.62 3.8 The self-imposed limitations of a paratext For the nonce, these sulky consequences are only hypothetical: in fact, the crucial criterion of mythos would be rejected as inappropriate by many poets, and especially by comic poets.63 One might think here of a famous fragment from Antiphanes’ comedy Poiesis that Estienne could find, for instance, in Jacob Hertel’s collection of comic fragments of 156064 and in which it is pointed out that comic poets, unlike tragic poets, cannot work with traditional stories, but have to invent everything themselves from scratch.65 Antiphanes, however, clearly refers to ‘traditional tales’, not to mythoi in the special sense which was, according to Estienne, envisaged by Plutarch. Be that as it may, the credentials of Plutarch’s criterion do not seem strong enough to banish philosophical poems from the realm of poetry. Even less so if one keeps in mind the quotations from Cicero and Aristotle which suggested that philosophical poems are capable of combining both poetical functions as defined by Horace. And yet this promising line of argument is now summed up by Estienne, to the disappointment of his reader, only in much weaker terms than the quotations would have warranted: poems on natural philosophy are capable of being very 62 Estienne 1573, 6: “Atque ut Cicero se usum loquendi populo concessisse, scientiam sibi reseruasse dicebat, ita me contentum eo esse respondebo, qu d sciam me illa voce hc abuti, qua vulgus se uti existimat”. Estienne is quoting Cicero, Orator 48, 160; p. 53,10 – 14 Westman: “Quin ego ipse, cum scirem ita maiores locutos ut nusquam nisi in vocali aspiratione uterentur, loquebar sic ut ‘pulcros, Cetegos, triumpos, Cartaginem’ dicerem; aliquando, idque sero, convicio aurium cum extorta mihi veritas esset, usum loquendi populo concessi, scientiam mihi reservavi.” 63 Estienne 1573, 6: “fortassis enim quod de fabulis dixi, eiusmodi est ut refelli possit: ac c m plerique alii versuum scriptores, tum ver comici in eo sibi iniuriam fieri querentur”. 64 Hertel 1560, 506 – 509; Antiphanes Fr. 64 (peq· tqac\d¸ar / De Tragœdia). 65 Antiphanes, Po¸gsir, Fr. 189 Kassel-Austin. Compare, in particular, lines 1 – 5 on tragedy (laj²qiºm 1stim B tqacyid¸a / po¸gla jat± p²mt(, eU ce pq_tom oR kºcoi / rp¹ t_m heat_m eQsim 1cmyqisl´moi, / pq·m ja¸ tim( eQpe?m7 ¦sh( rpolm/sai lºmom / de? t¹m poigt¶m) with lines 17 – 18 on comedy (Bl?m d³ taOt( oqj 5stim, !kk± p²mta de? / erqe?m jtk).

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useful to everybody—and pleasant for the small group of those readers who enjoy the investigation of nature anyway.66 That is to say that the pleasure derived from philosophical poems is no longer ascribed to a poetical quality which goes beyond the philosophical contents—as was suggested above—, but merely to the fact that certain readers derive pleasure from the philosophical contents itself. It seems obvious that Estienne is avoiding any clear conclusion based exclusively on secondary authorities and on his own considerations. The Horatian criterion of a combination of usefulness and pleasantness on the one hand and the Plutarchean criterion of mythos on the other have led to contradictory results as far as the status of Greek philosophical poems as poetry is concerned. Consequently, this question can be decided only by an authority defining an order of precedence between the two criteria in order to clarify which one is to weigh more in a conflict. Such an authority is indeed being introduced by Estienne at this point; it is, however, no further voice on poetological matters which had as yet not been mentioned, but the fragments of the Greek philosophical poems themselves: bringing the aporetical discussion to a close, Estienne suggests, in a modest qualification, that “these things” (haec), i. e. the fragments of philosophical poems that are contained in the present book, are, at the same time, fragments of the utility and pleasantness that were formerly inherent in the works.67 3.9 Estienne’s encounter with an Empedoclean fragment Estienne owes his rediscovery of Greek philosophical poems to Aristotle who quotes a large fragment from Empedocles. Estienne encountered this quotation while reading Aristotle’s works in toto with the intention of preparing a new Greek-Latin edition.68

66 Estienne 1573, 6 – 7: “Ver m siue indigna siue digna nomine poeseys haberi debent haec carmina […] hoc saltem constat, ex eorum illa numero esse quae omnibus multum prodesse, eos autem quibus iucunda est naturae rerum inuestigatio, simul delectare queant”. 67 Estienne 1573, 7: “Nisi potius, ut haec sunt poematum illorum fragmenta duntaxat et reliquiae, ita etiam reliquias tantum huius utilitatis pariter et delectationis esse dicamus”. 68 Estienne 1573, 7: “Haec autem (ut verum fatear) cur nunc ederem in causa fuit Aristoteles. Quum enim de huius philosophi operibus Graec simul et Latin

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The identity of the fragment quoted by Aristotle is not disclosed within the epistle dedicatory itself. It is, however, strongly suggested by the appendix to the epistle. There, Estienne prints four testimonies on Empedocles by Cicero, and then two different translations into Latin of Empedocles’ fragment B 100 D.-K. which is quoted by Aristotle in his treatise De respiratione. 69 This must be the fragment which formed the beginning of Estienne’s occupation with Greek philosophical poems; it is meant to do the same for the reader of Estienne’s collection. The topic of these Empedoclean verses quoted by Aristotle is the process of breathing in and out and its illustration by an epic simile describing a girl playing with a clepsydra. The regulation of breathing air in and out, performed by the rhythmic scaling up and down of the blood within the body, is compared to the regulation of water flowing in and out of a clepsydra, administered by the going in and out of air caused by a girl playing with a clepsydra. This fragment shows very well for what reason Empedocles adapted the genre of epic poetry: the battles between heroes and gods are transformed into conflicts between basic physical substances or even, as in the simile, between the elements themselves. Natural philosophy does not claim to abolish the traditional gods and heroes, but rather to reveal who the real gods and heroes are who had, as it were, been hiding all the time behind the personae of epic poetry. Empedocles’ simile makes it immediately obvious that the poetical strength of his works goes far beyond the scope of a mere versification of physical doctrines. It is the supreme beauty of the fragment in question which motivated Estienne to compile his collection: he was reminded of other quotations by Empedocles in Sextus Empiricus (whose works had not yet been printed) and of even more Empedoclean material in other authors; finally, he decided to compile not only Empedocles’ fragments, but also fragments from the poems by other natural philosophers.70 Even so, Empedocles has retained pride of place in Estienne’s collection, regardless of any chronological restrictions.71 edendis cogitarem, atque hoc animo ea euoluerem, incidi in illud Empedoclis fragmentum, quod omnium est longe pulcherrimum”. 69 Aristotle, De respiratione 7, p. 473b9 – 474a6 Bekker. 70 Estienne 1573, 7: “Quum ver et apud Sextum philosophum (qui nondum Graec editus est) habere me quaedam simffllque apud alios, recordarer, colligenda omnia, deinde idem in aliorum physicorum carminibus faciendum curaui”. 71 Estienne 1573, 7: “Empedocli autem primum locum, non tanquam omnium antiquissimo, sed tanquam praestantissimo, tribuendum censui”.

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3.10 Lucretius on Empedocles’ poetical inspiration In his preference for Empedocles, Estienne follows in the footsteps of the Roman philosopher poet Lucretius (1st century BC). In the first book of his De rerum natura, Lucretius singles out Empedocles among the thinkers who—unlike Lucretius’ leading authority Epicurus—accept a very limited number of qualitatively different material principles.72 Although Lucretius criticizes Empedocles’ physical theory he launches into praise of Empedocles’ divine inspiration as a poet.73 Lucretius’ point of view amounts to the oppositite of the anti-Empedoclean position which Estienne has been dealing with so far: whereas Empedocles is unreservedly accepted as a natural philosopher even by authors who, for one reason or another, do not regard his poem On Nature as poetry, Lucretius sees the Empedoclean physics of the four elements far more critically than Aristotle did, but he accords Empedocles’ poem a degree of poetical inspiration far beyond normal human standards. The testimony quoted by Estienne is underpinned by Lucretius’ own practice: notwithstanding the depreciation which the Epicurean school displays towards any artistic shaping of philosophical texts, Lucretius decided to put Epicurus’ inartificial gospel into the poetical shape of an epic in the Empedoclean style. 3.11 Ex ungue leonem The notion of Empedocles’ divine inspiration, however, is burdened by a begrudging tale, which Estienne quotes from Horace:74 the legend according to which Empedocles tried to simulate an apotheosis by secretly 72 Estienne 1573: 7 – 8: “In qua honoris velut praerogatiua sum etiam Lucretii sequutus iudicium, qui magnis eum laudibus potius qum caeteros dignatus est. Scribit enim lib.I, Adde etiam, qui conduplicant primordia rerum, / Ara iungentes igni, terramque liquori, / Et qui quattuor ex rebus posse omnia rentur, / Ex igni, terra atque anima procrescere, et imbri. / Quorum Acragantinus cum primis Empedocles est, / Insula quem triquetris terrarum gessit in oris”. 73 Estienne 1573, 8: “Et aliquot versibus interiectis, quibus praedicat nonnulla quae in ea visenda sunt, subiungit, Quae quum magna modis multis miranda videtur / Gentibus humanis regio visendaque fertur, / Rebus opima bonis, multa munita virm vi, / Nil tamen hoc habuisse viro praeclarius in se, / Nec sanctum magis et mirum carumque videtur. / Carmina quinetiam divini pectoris eius / Vociferantur et exponunt praeclara reperta, / Vt vix humana videatur stirpe creatus”. 74 Horace, Ars poetica 464 – 466.

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leaping into Mt. Etna.75 In what is easily one of the most skilful and surprising moves of his entire epistle Estienne declares the story to be a mythos (fabula): in a sense, the legend generally used for anti-Empedoclean slander is quoted by him as evidence that Empedocles does not lack mythos after all. And this mythical element in Empedocles is by no means unrelated to his poem. On the contrary: the legend about his death can be traced back to an Empedoclean fragment. According to Estienne, the unknown author of the legend has attributed to Empedocles the wish to appear as an immortal god because he has trivially misunderstood the claim to divinity made by Empedocles in fr. B 112 D.K.76 Yet even if fr. B 112 D.-K. is taken to somehow explain the origin of the legend about the jump into Mt. Etna it stands itself in need of an explanation—one that frees Empedocles from the charge of blasphemous self-exaltation. For this, Estienne introduces a defense of the fragment by Sextus Empiricus77 which he quotes from an as yet unpublished mediaeval manuscript. According to Sextus, Empedocles’ theory that sense perception and thought are based on the principle “like by like” implies that the divine nature of the universe can be understood only by a thinker who has kept his own divine nature unpolluted.78 Sextus’ interpretation 75 Estienne 1573, 8: “Sed huius viri mors (dicet quispiam) vitam eius atque ade sapientiam dedecorat […] deus immortalis haberi / Dum cupit Empedocles, ardentem frigidus Ætnam / Insiluit”. 76 Estienne 1573, 8 – 9: “At ego ne ipsum quidem Horatium hoc quod scribebat credidisse existimo: ac, siquis attente locum illum consideret, factum hoc, non tanquam certum, sed tanquam ita vulgatum fama ut obiici possit, ab eo recitari animaduertet. Scio quidem et alios quosdam scriptores idem de Empedoclis obitu memoriae prodidisse: sed fuisse vicissim qui eos mendacii arguerent, non ignoro. Occasionem autem huic rumori seu fabulae praebuisse existimo haec illius verba, Wa¸qet(7 1c½ d( rl?m he¹r %lbqotor, oqj´ti hmgtºr, / pykeOlai let± p÷si tetil´mor. Ad quae Horatium respexisse suspicor dum illa scriberet […] deus immortalis haberi / Dum cupit Empedocles. Ac fortassis ille ipse scriptor unde istam (ut quidem appello) fabulam sumpsit, hoc addebat, eum ita occultando suam mortem, voluisse confirmare quod de se iactauerat, 1c½ d( rl?m he¹r %lbqotor”. 77 Sextus Empiricus, Adversus mathematicos I (= Adversus grammaticos), 302 – 303; III 78,6 – 22 Mau. 78 Estienne 1573, 9 – 10: “Verum, ut docte et prudenter scribit Sextus philosophus, non ita debent accipi illa verba, sed aliud quiddam subesse illis putandum est. Qui Sexti locus (quod nondum liber eius editus sit) visus est dignus qui proferretur, b l³m c±q cqallatij¹r ja· b Qdi¾tgr rpok¶xomtai jat± !kafome¸am ja· tμm pq¹r to»r %kkour !mhq¾pour rpeqox¸am taOt( !mevh´cwhai t¹m vikºsovom. fpeq

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of B 112 D.-K. strongly suggests that he has understood perfectly well what is behind the mythos of Empedocles’ jump into Mt. Etna, even though he does not expressly refer to it.79 Thus, the characterisation of the Empedoclean poem as carmina divini pectoris by Lucretius has touched the heart of the matter: since the ultimate aim of physics is to convey an insight into the divine nature of the basic entities of the universe,80 the proper way of expounding physics is to compose an epic in praise of these divine entities, and only a poet who has not contaminated his own divine patrimony will be able to compose such an epic. That is to say that the criterion of mythos has to be replaced by the criterion of divine inspiration, which is fulfilled by a successful poem On Nature better than by anything else. At the end of the epistle dedicatory, the reader must feel grateful that Estienne has enabled him to gather from the extant Empedoclean fragments the force of the original poem, so that he may know the lion by his claw.81 Estienne’s anthology enjoyed lasting success: the poesis philosophos took front rank for more than 200 years and it secured the fragments of the philosopher poets a permanent place in our consideration of Greek philosophy.

!kkºtqiºm 1sti toO j#m letq¸am 6nim 1m vikosov¸ai 5womtor, oqw fti ce toO toso¼tou !mdqºr. b d³ !p¹ vusij/r bql¾lemor heyq¸ar, sav_r cim¾sjym fti !qwa?om fkyr t¹ dºcla 1st¸, to?r blo¸oir t± floia cicm¾sjeshai, (fpeq !p¹ Puhacºqou dojoOm jatekgkuh´mai je?tai l³m ja· paq± Pk²tymi 1m t_i Tila¸yi, eUqgtai d³ pok» pqºteqom rp( aqtoO 9lpedojk´our […]) sum¶sei fti b 9lpedojk/r he¹m 2aut¹m pqosgcºqeusem, 1pe· lºmor jahaq¹m !p¹ jaj¸ar tgq¶sar t¹m moOm ja· !mepihºkytom, t_i 1m aqt_i he_i t¹m 1jt¹r he¹m jate¸kgvem”.

79 Estienne 1573, 10: “Equidem non dubito quin idem Sextus talem de morte illius sparsam famam pro nugacissima fabula habendam censuerit. Verum hoc in incerto relinquendum est”. 80 On this concept of physics in Empedocles see further Primavesi 2008b. 81 Estienne 1573, 10: “At illius summum acumen summaque in rebus naturalibus perspicacia, vel ex iis quas habet hic libellus reliquiis patere potest, si (ut est in prouerbio) ex ungue leonem aestimare libeat”. Estienne is alluding here to Alcaeus Fr. 438 Campbell (1n emuwor t¹m k´omta).

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Oliver Primavesi

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Platn como amante de la poesa en las leyes y su influencia en los inicios de la edad moderna Mara Teresa Padilla Longoria Resumen: es innegable que la postura de Platn frente a la poesa y los poetas ha sido motivo de controversia desde su tiempo hasta la actualidad. No obstante, la mayora de los estudiosos sobre el tema no han reparado en el papel central que finalmente la poesa desempeÇar para la realizacin de sus ciudades ideales y, muy en particular de Magnesia, la ciudad ideal de las Leyes. En esta ponencia me propongo mostrar cmo Platn piensa que los poetas, al igual que todos los ciudadanos, deben ejercitarse como expertos de su profesin a fin de permitirles un desarrollo pleno en la as denominada clase productiva. Asimismo, haremos ver cmo, con base en lo anterior, Platn ponderar tanto los elementos positivos como los negativos de la poesa con vistas a la realizacin prctica y ms concreta de sus ciudades ideales y con ello poder afirmar que el filsofo ateniense fue un amante de la poesa. Cerraremos con la influencia que dicha actitud platnica ejerci en los inicios de la Edad Moderna.

Plato als Liebhaber der Dichtkunst in den Gesetzen und sein Einfluss auf den Beginn der Moderne Zusammenfassung: Es ist unbestreitbar, dass die Stellungnahme Platons zur Dichtkunst und zu den Dichtern schon immer Kontroversen ausgelçst hat. Die meisten Gelehrten haben jedoch nicht die zentrale Rolle gesehen, die die Dichtkunst letzten Endes bei der mçglichen Verwirklichung der idealen Stdte und ganz besonders von Magnesia, der idealen Stadt, in den Gesetzen spielt. Mit diesem Vortrag mçchte ich zeigen, dass Platon der Meinung ist, die Dichter sollten, wie alle anderen Brger auch, ihren Beruf wie Experten ausben, um ihnen so eine weitreichende Entwicklung in der so genannten arbeitenden Schicht zu ermçglichen. Wir werden ebenfalls zeigen, wie Platon schlieblich in diesem Zusammenhang die positiven und negativen Seiten der Dichtkunst abwgte, mit Blick auf die praktische und konkrete Verwirklichung der idealen Stdte,

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und so behaupten konnte, dass er ein Liebhaber der Dichtkunst war. Wir beschlieben den Vortrag, in dem wir den Einfluss darstellen, den diese platonische berzeugung auf den Beginn der Moderne ausbte. ***** Es innegable que la postura de Platn frente a la poesa y frente a los poetas a lo largo de sus escritos es ambivalente. Tenemos, por una parte, el caso del Gorgias en donde Scrates en su conversacin con Calicles hace equivalentes tanto a la poesa como a la retrica con la demagogia. Asimismo, all, la creatividad del poeta es denigrada al ser calificada como mera adaptacin de palabras a las creencias y gustos pueriles del auditorio.1 Por otra, se nos muestra el ejemplo del Simposio, en donde Platn se prodiga en elogios hacia los poetas llegando incluso a otorgarles una posicin equiparable a la de los filsofos.2 No obstante esta ambivalencia, Platn, al igual que algunos de los sofistas,3 fue consciente del poder que el discurso (kºcor) ejerca en las almas de su auditorio y, en particular, de la efectividad de la poesa para moldear las almas de quienes la escuchaban. En el caso particular de las Leyes, Platn resalta la importancia de la palabra como va constitucional para refundar y construir la ciudad4 y el carcter educativo de la poesa en cuanto es ejercida por el poeta experto.5 Dicha impronta reside en que sta implica una t´wmg,6 misma que, a su vez, comporta inspiracin divina,7 mmesis y creatividad. De forma que Platn se nos presenta como un amante de la poesa por la ejemplaridad que todo ejercicio profesional irradia a los ciudadanos y por la forma en la que integra al poeta y 1 2 3 4 5 6

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Vase Gorgias, 501d – 503b. Vase Simposio, 210d – e. Vase, en particular, el caso de Gorgias en el Encomio a Helena. Vanse Leyes III. 702d – e. Vale la pena notar que en la Repfflblica (II. 373 – d374a) el papel que los poetas desempeÇarn en Calpolis es introducido en el contexto de la educacin de los guardianes. Asimismo, aunque en la Repfflblica (III. 398b) Platn restringe la mmesis del poeta y del narrador a expresiones ms austeras en donde se imite el lenguaje mesurado de personas decentes y acorde con los patrones establecidos para la educacin de los soldados, nunca la suprime completamente, porque la t´wmg del poeta sigue siendo beneficiosa. De hecho, el respeto que Platn muestra por los poetas, particularmente por Homero y Hesodo, al menos en algunos de sus dilogos, parte de la premisa de que stos estn realmente inspirados por las Musas.

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promueve su ejercicio profesional dentro de la clase productiva. El acto de crtica y de ponderacin que el filsofo ateniense realiza de la actividad potica ser fundamental para la concrecin de las ciudades ideales y, muy particularmente, de Magnesia, en las Leyes. Si planteamos la interrogante de fondo, a saber, por qu Platn no acaba por prohibir definitivamente a la poesa en sus ciudades ideales8 y, muy particular y claramente, en Magnesia, la respuesta es porque sta ha representado un papel tanto tico – y, especficamente, axiolgico – como esttico fundamentales: el poeta genera, innova y transmite valores9 y a la poesa le son inherentes el canto, la danza y la mfflsica que son partes constitutivas de la naturaleza humana. La t´wmg del poeta es indispensable e insustituible, puesto que incluye elementos didcticos y mnemotcnicos tales como el metro, el ritmo y la meloda. No en vano, en la ciudad ideal de las Leyes habr festivales y competencias poticas todos los das del aÇo.10 Como podemos observar, filosficamente hablando, los fundamentos y razonamientos que Platn presenta para mostrarnos la indispensabilidad del poeta son de ndole ontolgico-epistemolgica, tico-psicolgica y esttica y antropolgico-poltica; a saber, el primero reside en la naturaleza misma de la t´wmg que comporta la poesa que finalmente ser tambin una forma de generar conocimiento y el segundo y tercero radican en la naturaleza humana y en el carcter educativo de la poesa misma que conduce a la excelencia moral que hace de los individuos mejores los ciudadanos. He aqu el meollo de nuestra tesis que trataremos de hacer explcita. En primer lugar, cabe destacar, que es precisamente en estos elementos filosficos, que se despliegan en el proceso creativo de la t´wmg del poeta, que las Leyes se conectan con el resto de los dilogos platnicos y con la figura socrtica misma. Me explico: las preocupaciones acerca de la naturaleza y las fuentes del obrar humanos que son una constante de los as etiquetados dilogos tempranos y medios – y en donde Scrates tiene un papel fundamental – siguen estando presentes en los dilogos tardos y muy especficamente en las Leyes como condiciones necesarias para la 8 Es patente que tanto en el libro III como en el X de la Repfflblica Platn sustentar que la poesa que debe prevalecer es la dramtica rehabilitada en sus representaciones de dioses, hroes y hombres buenos por el realismo de los filsofos que har que aqullos sean presentados poticamente como en realidad son. 9 Vase Asmis: “Plato on poetic creativity” en: Kraut (ed.) (1996): The Cambridge Companion to Plato, 339. 10 Vase Naddaf 2007, 331 – 332.

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realizacin de Magnesia. Ms affln: el proceso de generacin y discusin sobre las leyes y el sentido tico de las mismas en Magnesia es concebido por el Ateniense en un Consejo Nocturno en donde se hace manifiesto el tpico mtodo socrtico-platnico del 5kecwor (examen y puesta prueba) y la dialctica y la unidad de propsito del proyecto filosfico de Platn. Asimismo, el Ateniense concibe al legislador como un promotor de la creatividad por la procreacin. Esto evidentemente conecta a las Leyes con el Simposio y completa as el argumento, un tanto flojo del legislador a este respecto, con toda la remisin que hace Ditima sobre los orgenes, potencial, ascenso y realizacin de la creatividad humana desde la simple procreacin y el herosmo hasta la poesa, las artes y su culminacin en la dialctica y la filosofa. La presencia viva de Scrates en las Leyes se manifiesta en la tesis platnica que permea toda esta obra, a saber, cmo sera una ciudad conformada por la filosofa con base en los requerimientos socrticos.11 ¿Qu tipo de poesa ser entonces la que se podr desplegar en Magnesia? Es a propsito de la decadencia musical de su tiempo que Platn lanza una de sus muchas crticas a los que osan hacer himnos12 en la ilegalidad y, por ende, ignorancia de la t´wmg que comporta su elaboracin y con miras al placer indiscriminado de quien los escucha.13 En las Leyes, precisamente, Platn inaugura el uso del trmino r4lmor para hacer referencia a un gnero especfico de cantos o poemas a los dioses, mismos que eran acompaÇados por la lira.14 Si nosotros nos remitimos a la gnesis y evolucin de la poesa que tanto Platn como Aristteles abordarn temticamente, ambos coinciden en sostener que sta surge de manera natural. Platn lo refiere en las Leyes (III. 700d4) poigta· 1c¸cmomto v¼sei l³m poigtijo¸, y Aristteles hace su recuento en el captulo 4 de la Potica. Aristteles sostiene que la poesa se debe, fundamentalmente, a tres causas inherentes a la naturaleza hu11 Como sustento de esta tesis vanse los dos muy sugerentes artculos de Rowe, C. J., “Socrates in Plato’s Laws in Hermann / Karasmanis / Patterson (eds.): Presocratics and Plato. A Festschrift in Honor of Charles Kahn, Parmenides Publishing (forthcoming) y “The Relationship of the Laws to Other Dialogues: A Proposal” en Bobonich (ed.): Plato’s ‘Laws’: A Critical Guide, CUP (forthcoming). Vanse tambin, Simposio 206e5 – 207a3; 207c – 212a y Leyes, IV. 721b6-c8 y Asmis 1996, 344 – 346. 12 El vocablo r4lmor aluda a todas las diferentes clases de composiciones poticas que incluan los cantos religiosos. 13 Vanse Leyes, III. 700a – 701b. 14 Vanse ibid., 669c y 801d – 802a.

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mana: 1a. a la manera connatural en la que el hombre mimetiza y gracias a lo cual adquiere sus primeros conocimientos; 2a. al hecho de que todos los hombres experimentan naturalmente placer en las obras de imitacin, y 3. al aprendizaje que se deriva de la contemplacin de lo que estas imgenes representan la cual es agradable, de manera particular, a los filsofos. Por aÇadidura, tanto Platn como Aristteles presentan a la armona y al ritmo como connaturales al ser humano.15 Todos estos elementos condujeron a las adaptaciones mtricas y a las improvisaciones y, con ello, al nacimiento de la poesa. Platn afirma a este respecto lo siguiente: Clinias.– No entiendo, extranjero, cmo otra vez intentas denigrar a nuestros legisladores. Ateniense.– No hago eso, buen hombre, con esa intencin, si es que realmente lo hago. Pero marchemos, por favor, all adonde nos lleve el argumento. En efecto, si tenemos una mfflsica ms bella que la de los coros y la que se hace en los espectculos pfflblicos, intentemos drsela a esos que decimos que se avergenzan de esta fflltima, si bien intentan participar de la que es la ms bella. Clinias.– S. Ateniense.– ¿No es entonces necesario, en primer lugar, que, para todo aquello a lo que se sigue un cierto deleite se d, o bien que sea eso slo lo esencial en l, o que lo sea una cierta correccin o, en tercer lugar, un beneficio? Por ejemplo, sostengo que a la comida y la bebida y a la alimentacin en general sigue el deleite que podramos denominar placer. Afirmo, adems, que esa correccin y utilidad, lo que denominamos en cada caso lo saludable de los alimentos administrados, eso mismo es en ellos tambin lo ms correcto. Clinias.– Sin duda. Ateniense.– Y, adems, que el deleite, el placer, es concomitante del aprendizaje, mientras que la verdad es la que produce la correccin y el beneficio as como el estar bien o el estar mal. Ateniense.– ¿Pero qu pasa con todas las artes que son imitativas porque producen objetos que se asemejan a otros? ¿En caso de que hagan que surja un placer concomitante, cuando se produce, no sera lo ms justo denominarlo su deleite? Clinias.– S. Ateniense.– Mientras que la igualdad en cantidad y en calidad producira primero, la correccin de tales semejanzas, pero no el placer. Clinias.– Bien dicho, Ateniense.– ¿Entonces, con el criterio del placer se podra juzgar correctamente slo aquello que, cuando se realiza, no produce ni un beneficio, ni una verdad, ni una semejanza, ni, por cierto, tampoco daÇo, sino que surgira slo por eso mismo que acompaÇa a los otros, por el deleite, al que uno denominara de la manera ms hermosa placer, cuando 15 Vanse ibid., 653e – 654a; Aristteles, Potica, 4. 1148b20 – 24

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ninguna de aquellas cosas se sigue de l? Clinias.– Te refieres a un placer inofensivo fflnicamente. Ateniense.– S, y digo que el mismo es juego cuando ni daÇa ni beneficia en nada serio ni digno de mencin. Clinias.– Tienes toda la razn. Ateninese.– ¿Acaso no sostendramos que, a partir de lo que acabamos de decir, lo menos conveniente es juzgar por medio del placer y de la opinin no verdadera cualquier imitacin –y, especialmente, cualquier igualdad, pues si le parece a uno o si alguien se deleita con algo, jams lo igual sera igual o lo proporcionado, proporcionado– sino sobre todo por lo verdadero y por ninguna otra cosa en lo absoluto? Clinias.– Totalmente. Ateniense.– ¿No afirmamos pues que al menos la mfflsica en su totalidad es un arte de copia e imitacin? Clinias.– En efecto. Ateniense.– En absoluto, por tanto, cuando alguien sostiene que la mfflsica se juzga con el criterio del placer, hay que aceptar esa afirmacin y en absoluto hay que buscar esa mfflsica como si fuera seria, incluso si existiera alguna en algffln lugar, sino aquella que tiene la semejanza con la copia de lo bello. Clinias.– Muy cierto. Ateniense.– Y los que buscan el canto y la mfflsica ms bellos deben buscar, as parece, no la que es placentera, sino la que es correcta. Pues la correccin de la imitacin se daba, as decamos, si se reproduca lo imitado en cuanto y tal cual era posible. Clinias.– S. Ateniense.– Adems, en lo que respecta a la mfflsica cualquiera estara de acuerdo en que todas sus composiciones son imitacin y copia. Y en esto, al menos, ¿acaso no estaran de acuerdo todos, poetas, oyentes y actores? Clinias.– Lo estaran y mucho.16 {JK.} Oqj oWda Bl_m, § n´me, fp, p²kim aw to»r moloh´tar vauk¸feir. Ç {AH.} Oqj, ¡cah´, pqos´wym to¼t\ t¹m moOm dq_ toOto, eUpeq !kk’ b kºcor fp, v´qei, ta¼t, poqeu¾leha, eQ bo¼keshe. eQ c±q 5wolem loOsam t/r t_m woq_m jakk¸y ja· t/r 1m to?r joimo?r he²tqoir, peiq¾leha !podoOmai to¼toir ovr valem 1je¸mgm l³m aQsw¼meshai, fgte?m d´, Ftir jakk¸stg, ta¼tgr joimyme?m. {JK.} P²mu ce. {AH.} OqjoOm pq_tom l³m de? tºde ce rp²qweim ûpasim fsoir sulpaq´peta¸ tir w²qir, C toOto aqt¹ lºmom aqtoO t¹ spoudaiºtatom eWmai, E tima aqhºtgta, C t¹ tq¸tom ¡vek¸am ; oXom dμ k´cy 1dyd0 l³m ja· pºsei ja· sulp²s, tqov0 Ç paq´peshai l³m tμm w²qim, Dm Bdomμm #m pqose¸poilem Dm d³ aqhºtgt² te ja· ¡vek¸am, fpeq rcieim¹m t_m pqosveqol´mym k´colem 2j²stote, toOt’ aqt¹ eWmai 1m aqto?r ja· t¹ aqhºtatom. {JK.} P²mu l³m owm. {AH.} Ja· lμm ja· t0 lah¶sei paqajokouhe?m l³m tº ce t/r w²qitor, tμm 16 Leyes, II. 667a6 – 668c3 (trad. F. Lisi). Vase tambin Repfflblica III. 395d, V. 475d – e.

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Bdom¶m, tμm d³ aqhºtgta ja· tμm ¡vek¸am ja· t¹ ew ja· t¹ jak_r tμm !k¶heiam eWmai tμm !potekoOsam. {JK.} 7Estim ovtyr. {AH.} T¸ d³ t0 t_m blo¸ym 1qcas¸ô fsai t´wmai eQja stija¸; üq’ oqj, #m toOto 1neqc²fymtai, t¹ l³m Bdomμm 1m aqto?r c¸cmeshai paqepºlemom, 1±m c¸cmgtai, w²qim aqt¹ dijaiºtatom #m eUg pqosacoqe¼eim ; {JK.} Ma¸. {AH.} Tμm d´ ce aqhºtgt² pou t_m toio¼tym B Qsºtgr %m, yr 1p· t¹ p÷m eQpe?m, 1neqc²foito toO te toso¼tou ja· toO toio¼tou pqºteqom, !kk’ oqw Bdom¶. {JK.} Jak_r. {AH.} OqjoOm Bdom0 jq¸moit’ #m lºmom 1je?mo aqh_r, d l¶te tim± ¡vek¸am l¶te !k¶heiam l¶te bloiºtgta !peqcafº lemom paq´wetai, lgd’ aw ce bk²bgm, !kk’ aqtoO to¼tou lºmou 6meja c¸cmoito toO sulpaqepol´mou to?r %kkoir, t/r w²qitor, Dm dμ j²kkist² tir amol²sai #m Bdom¶m, ftam lgd³m aqt0 to¼tym 1pajokouh0 ; {JK.} )bkab/ k´ceir Bdomμm lºmom. {AH.} Ma¸, ja· paidi²m ce eWmai tμm aqtμm ta¼tgm k´cy tºte, ftam l¶te ti bk²pt, l¶te ¡vek0 spoud/r C kºcou %niom. {JK.} )kgh´stata k´ceir. {AH.} 8Aq’ owm oq p÷sam l¸lgsim va?lem #m 1j t_m mOm kecol´mym Fjista Ç Bdom0 pqos¶jeim jq¸meshai ja· dºn, lμ !kghe?–ja· dμ ja· p÷sam Qsºtgta oq c±q eU t\ doje? C l¶ tir wa¸qei t\, tº ce Usom Usom oqd³ t¹ s¼lletqom #m eUg s¼lletqom fkyr–!kk± t` !kghe? p²mtym l²kista, Fjista d³ bt\oOm %kk\; {JK.} Pamt²pasi l³m owm. {AH.} OqjoOm lousij¶m ce p÷s²m valem eQjastij¶m te eWmai ja· lilgtij¶m ; {JK.} T¸ l¶m ; {AH.} GGjist’ %qa ftam tir lousijμm Bdom0 v0 jq¸meshai, toOtom !podejt´om t¹m kºcom, ja· fgtgt´om Fjista ta¼tgm yr spouda¸am, eU tir %qa pou ja· c¸cmoito, !kk’ 1je¸mgm tμm 5wousam tμm bloiºtgta t` toO jakoO lil¶lati. {JK.} )kgh´stata. Ç te fgtoOsi ja· loOsam fgtg{AH.} Ja· to¼toir dμ to?r tμm jakk¸stgm ád¶m t´om, yr 5oijem, oqw Ftir Bde?a !kk’ Ftir aqh¶ lil¶seyr c±q Gm, ¦r valem, aqhºtgr, eQ t¹ lilgh³m fsom te ja· oXom Gm !poteko?to. {JK.} P_r c±q ou ; {AH.} Ja· lμm toOtº ce p÷r #m blokoco? peq· t/r lousij/r, fti p²mta t± peq· Ç aqt¶m 1stim poi¶lata l¸lgs¸r te ja· !peijas¸a ja· toOtº ce l_m oqj #m s¼lpamter blokoco?em poigta¸ te ja· !jqoata· ja· rpojqita¸; {JK.} Ja· l²ka.

De igual manera, Platn y Aristteles vinculan a los himnos y encomios con las fases iniciales de la evolucin de la poesa.17 Ms importante affln es que, con base en estas evidencias textuales, podemos inferir que los himnos y encomios estn subsumidos en el mbito de la poesa imitativa de la cual se pueden obtener muy diversos beneficios educativos. La razn 17 Vanse Leyes, III. 700a – 702e; VII. 810e – 811a; VIII. 829c; Potica, 4. 1448b25 – 27.

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fflltima por la cual los poetas son imprescindibles en la comunidad es porque ellos son maestros de una t´wmg especial. El que se estimule a los niÇos a aprender y recitar de memoria poemas es debido a que en ellos se encuentran diversas admoniciones, narraciones, panegricos y encomios de hombres ejemplares. El propsito tico-pedaggico es que los infantes emulen, por va mimtica de este ritmo y armona tan necesarios para la vida humana, a estos hroes del pasado.18 En las Leyes 19 Platn – al igual que Aristteles en la Retrica – confieren encomios e himnos, exclusivamente, a los hombres que ya han efectuado hazaÇas o acciones sobresalientes. De tal forma que la celebracin peridica de festivales poticos encomisticos sigue teniendo un papel fundamental para la realizacin de las ciudades ideales. El ejemplo clave se halla al inicio del Timeo (19a ss.) – y con resonancias fundamentales en las Leyes mismas – pues el relato de la Atlntida, a propsito de la celebracin de los festivales panatenienses, concentra la historia encomistica de la ciudad en donde los ciudadanos ideales de la Repfflblica son equiparados con los ciudadanos de la antigua Atenas. Lo que resulta claro y fundamental en las Leyes es, por tanto, que la educacin de los ciudadanos en la emulacin de los hombres virtuosos y en la constitucin del tipo ideal de hombre se realiza gracias a que la t´wmg del poeta – en particular en la celebracin de himnos que implican el canto, la representacin y la versificacin potica – comporta, no slo inspiracin divina, sino mmesis como conditio sine qua non. Esta mmesis no es exclusivamente representativa, sino tambin creativa. De hecho, como bien lo indica E. Asmis, la disputa de Platn en contra de la poesa se debe al papel central que los poetas griegos tuvieron en la generacin, creacin y transmisin de valores. En las Leyes – como en la Repfflblica – a quien Platn expulsa es al poeta meramente mimtico, ya que imita todo sin discriminacin, sin conocimiento y sin originalidad alguna. En contraposicin, la verdadera produccin potica debe ser como el amor del kºcor del filsofo, es decir, desinteresado y verdaderamente creativo.20 De forma que el amor del poeta creativo se constituye en Magnesia como el paradigma de la creacin intelectual que ha de ser tambin modelo a seguir por el legislador y para la formacin del ciudadano. Hagamos notar que la ciudad ideal de la Repfflblica – tal y como tambin se nos relata de la antigua Atenas al comienzo del Timeo – requiere, para su realizacin, 18 Muy ilustrativo a este respecto es el Protgoras, 325e – 326b. 19 Vanse Leyes, VII.801e – 802b; VII.822b; VIII.829c – d, XII.958e. 20 Vase Asmis 1996, 3350 – 351; supra p. 3 y nota 9.

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todava esa especializacin y divisin del trabajo y, por ende, la t´wmg particular del poeta. En la ciudad ideal de las Leyes, Platn nos presentar algo distinto, pues el legislador es, al mismo tiempo, el poeta,21 y el as denominado demiurgo poltico por antonomasia.22 Pero, ms affln, la ligazn entre poesa y paide¸a se torna fundamental en Magnesia, ya que la representacin potica y, por tanto, la poesa dramtica, sern requisitos indispensables para formar a los futuros ciudadanos como hombres virtuosos en una sociedad sin clases en donde todos sus miembros han de tener, como parte de su trabajo y propsito fundamental, el cultivo de la excelencia. Prueba de esto es que Platn se prodiga en elogios para Homero23 y para Hesodo24 a lo largo de las Leyes. Los muy numerosos pasajes que aluden a ellos se refieren a la narrativa histrica, pero por lo que ms los exalta es por ser arquetipos de la mejor forma de didacticismo.25 ¿Y qu hay, por tanto, de la relacin entre el poeta y la sociedad? Evidentemente, hay un contraste entre el tono disputador y la diatriba que Platn lanza en contra de la poesa en la Repfflblica – y que tambin se muestra claramente al inicio del Timeo – y el proceso de seleccin y, a su modo, admisin de la misma en las Leyes. Pero no por eso se deja de reconocer en una y otra la admiracin por el gran nfflmero de poemas legados por los antiguos. Es as como el Ateniense sustenta, sin tituberar que, en Magnesia, ha de hacerse una seleccin entre los poemas que se consideren ms apropiados y adecuados para la sociedad que ha de establecerse: Ateniense.– No es una cosa segura honrar a los que todava viven con odas laudatorias e himnos, antes de que la hayan coronado con un buen fin el transcurso completo de su vida. A nuestro parecer, todas las honras deben ser tanto para los hombres como para las mujeres que han llegado a ser clara21 Vanse Leyes, II.671c. 22 Vanse ibid., XII.965b. Vale la pena notar que el calificativo de demiurgo poltico es el mismo que ya Platn haba empleado en Repfflblica, X.599d3 para caracterizar a Homero. Asimismo, en este pasaje aludido de las Leyes, Platn identifica al legislador-poeta con el dialctico que debe tener la capacidad de una visin sinptica o de conjunto. Vanse tambin Leyes, I.632c; VII.817d – e; 23 Las referencias a Homero son Leyes: I.624a; II.658c; III.681e – 682a; IV.706; VI.776e – 777a; VII.803e; IX.858d – e; X.904e; XII.941b; XII.944a 24 Las referencias a Hesodo son Leyes: II.658c; III.677e; III.690e; IV.718d – e; X.886c; X.991a; XII.941b. 25 Vanse Leyes, II.769d – e. No podemos dejar de seÇalar que hay dos referencias negativas a Homero y Hesodo una en IV.706d y la otra, ms flagrante affln, en IX.858d – e.

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mente buenos. Las canciones y las danzas deben estatuirse de la siguiente manera. Hay muchas composiciones musicales antiguas y bonitas y, asimismo, danzas de semejante calidad, de las que sin problemas se seleccionara lo conveniente y adecuado para el orden poltico instituido. Una vez elegidos los censores, no ms jvenes de cincuenta aÇos, deben hacer la seleccin y han de admitir la composicin de la poca anterior que les pareciere adecuada. Cuando una les parezca deficiente o totalmente impropia, en este fflltimo caso rechcenla de plano y, en el primero, tras reconsiderarla y enmendarla, deben tomar poetas y mfflsicos y utilizar su capacidad para la poesa, pero sin dejarla al arbitrio de sus placeres o deseos, excepto en el caso de unos pocos placeres y deseos en los que s pueden determinar. Interpreten as las intenciones del legislador y organicen segffln su entendimiento la danza, el canto y toda la mfflsica coral hasta donde sea posible. Toda la prctica musical desordenada que ha recibido un orden, aunque no la acompaÇe la mfflsica dulce, es mucho mejor. El placer es comffln a todo tipo de mfflsica. Pues si uno vive desde niÇo hasta la edad adulta e inteligente criado en un tipo de mfflsica sobria y ordenada, al escuchar la contraria, la odia y la llama servil, pero si se ha criado en la popular y dulce, dice que la contraria a ella es fra y desagradable. Por tanto, como acabamos de decir, el placer o displacer no son mayores en ninguno de los dos casos, pero uno hace a los hombres educados en l mucho mejores, mientras que el otro los hace peores. Clinias.– Has hablado bien.26 {AH.} To¼r ce lμm 5ti f_mtar 1cjyl¸oir te ja· vlmoir til÷m oqj !svak´r, Ç

pq·m #m ûpamt² tir t¹m b¸om diadqalym t´kor 1pist¶sgtai jakºm taOta d³ p²mta Bl?m 5sty joim± !mdq²sim te ja· cumain·m !caho?r ja· !caha?r diavam_r cemol´moir. t±r d³ ád²r te ja· aqw¶seir ortys· wqμ jah¸stashai. pokk± 5stim pakai_m pakai± peq· lousijμm ja· jak± poi¶lata, ja· dμ ja· to?r s¾lasim aqw¶seir ysa¼tyr, ¨m oqde·r vhºmor 1jk´nashai t0 jahistal´m, Ç pokite¸ô t¹ pq´pom ja· "qlºttom dojilast±r d³ to¼tym 2kol´mour tμm 1jkocμm poie?shai lμ meyt´qour pemt¶jomta 1t_m, ja· fti l³m #m Rjam¹m eWmai dºn, t_m pakai_m poigl²tym, 1cjq¸meim, fti d’ #m 1mde³r C t¹ paq²pam !mepit¶deiom, t¹ l³m !pob²kkeshai pamt²pasim, t¹ d’ 1pameqºlemom 1piqquhl¸feim, poigtijo»r ûla ja· lousijo»r %mdqar paqakabºmtar, wqyl´mour aqt_m ta?r dum²lesim t/r poi¶seyr, ta?r d³ Bdoma?r ja· 1pihul¸air lμ 1pitq´pomtar !kk’ E tisim ak¸coir, 1ngcoul´mour d³ t± toO moloh´tou bouk¶lata, fti l²kista eqwgs¸m te ja· ádμm ja· p÷sam woqe¸am sust¶sashai jat± t¹m aqt_m moOm. p÷sa d’ %tajtºr ce t²nim kaboOsa peq· loOsam diatqibμ ja· lμ paqatiheÇ l´mgr t/r ckuje¸ar lo¼sgr !le¸mym luq¸\ t¹ d’ Bd» joim¹m p²sair. 1m Ø c±q #m 1j pa¸dym tir l´wqi t/r 2stgju¸ar te ja· 5lvqomor Bkij¸ar diabi`, s¾vqomi l³m lo¼s, ja· tetacl´m,, !jo¼ym d³ t/r 1mamt¸ar, lise? ja· !meke¼heqom aqtμm pqosacoqe¼ei, tqave·r d’ 1m t0 joim0 ja· ckuje¸ô, xuwq±m ja· Ç !gd/ tμm ta¼t, 1mamt¸am eWma¸ vgsim ¦ste, fpeq 1qq¶hg mumd¶, tº ce t/r Bdom/r C !gd¸ar peq· 2jat´qar oqd³m pepkeom´jtgjem, 1j peqittoO d³ B l³m

26 Ibid., VII.802a1 – d7.

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bekt¸our, B d³ we¸qour to»r 1m aqt0 tqav´mtar 2j²stote paq´wetai. {JK.} Jak_r eUqgjar.

En sntesis: queda claro que habr una seleccin de poemas de la tradicin antigua, se conservarn la mayor parte de los poemas de Homero y Hesodo y se har uso de algunos textos de la poesa dramtica, de estos fflltimos, algunos podrn ser adoptados en su estado actual, otros debern ser sometidos a un proceso de revisin y, otros ms, sern definitivamente descartados. El Ateniense es explcito y reiterativo en relacin con lo antedicho. Nos hace ver que as como a lo largo de la tradicin potica se han compuesto obras del ms alto refinamiento y, por ende, educativas, igualmente se ha escrito gran cantidad mala poesa, que aunque erudita, carece de t´wmg y, por tanto, es peligrosa para los niÇos.27 El proceso de seleccin de la poesa ha de llevarse ha cabo por los propios poetas quienes han de escogerla siguiendo los modelos que imiten el procedimiento de generacin y composicin de las nuevas leyes. Es as que las leyes son el paradigma seguir en Magnesia para realizar la as denominada nueva composicin literaria. Es digno de resaltar que el Ateniense hace un parangn entre el discurso de las leyes y las fases de composicin de un poema, pues ambos requieren inspiracin divina. De ah la analoga del legislador como poeta trgico.28 Asimismo, el Ateniense hace unas distinciones sutiles entre dos clases de poetas, a saber, los poetas tradicionalmente inspirados y los poetas contemporneos – estos fflltimos poseedores de una prctica que implica un arte enseÇable –.29 Finalmente, y en repetidas ocasiones, Platn se refiere a los poetas como profesionales quienes sern los admitidos en Magnesia como empleados extranjeros asalariados, ya que su ejercicio profesional refflne los dos requisitos tico-pedaggicos indispensables de una t´wmg : el ser un arte enseÇable y el estar dotada de un alto contenido moral.30 Aunque Platn establece en la ciudad de Magnesia una clara jerarquizacin entre los poetas profesionales o tcnicos – quienes tambin tienen que conocer acerca de la armona el ritmo y el arte de la representacin – y los maestros que poseen un elevado conocimiento de la mfflsica – pues saben juzgar si la representacin es noble o innoble, 27 28 29 30

Vanse Vanse Vanse Vanse

ibid., ibid., ibid., ibid.,

VII.810a – 811b. VII.811e – 812a y VII.817a – e. II.669a – 671b, 935e – 936a. II.662b – 663e; VII.802b – c; VII.811a – d; VII.816d – e.

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adems de ser miembros del coro dionisaco y personificar, propiamente, las acciones del hombre bueno –, aqullos son constantemente aludidos como para pensar que se puede prescindir de ellos.31 En relacin con el elemento de la inspiracin divina, Platn nos indica desde el inicio de las Leyes cmo dicho eficaz y singular estmulo creativo se halla presente en los cdigos legales dorios. De hecho la crtica lanzada por el Ateniense contra Minos y Licurgo es por la insuficiencia de sus respectivos cdigos los cuales estn a la espera de un mejor entretejimiento proveniente de la inspiracin. Si bien el legislador platnico se halla bajo el influjo de la inspiracin divina, la t´wmg con la que trabaja slo se despliega de manera paulatina a lo largo de la historia. Dicha t´wmg, aunque arraigada en la razn (de los dioses) tambin est expuesta a la eventualidad de diversos factores como el ambiente, la contingencia azarosa, la necesidad imperiosa y el sometimiento a prueba a base de ensayo y error. La investigacin dialctica iniciada por el Ateniense desde el principio del libro III seÇala la preocupacin por buscar y averiguar las diferentes causas que originan los cambios y la variabilidad de los asuntos y las relaciones humanas.32 Platn, al tratarnos de mostrar la trabazn progresiva que requiere la elaboracin del cdigo legal para lo que l concibe ser la fundacin de Magnesia, hace nuevamente una comparacin entre las explicaciones que da el poeta y las que da el legislador. Destaca el carcter variable de las explicaciones poticas que, bajo el influjo de la inspiracin divina, frecuentemente dan en el blanco y nos dicen cmo sucedieron las cosas en realidad y algunas otras veces no. Asimismo, la impronta imitativa de carcter representativo que despliega el poeta, al presentarnos sus diferentes personajes, quienes sostienen opiniones diversas e incluso contradictorias entre s, no puede darnos razones de cul de ellas es verdadera. Las explicaciones del legislador deben ser, no slo consistentes, sino concordantes, precisas y dar razones, puesto que se sustentan en la razn divina que, a su vez, fundamentar el cuerpo de las leyes. Por tanto, el legislador – cuando legisla – jams deber verter dos afirmaciones distintas sobre un mismo asunto, sino que ha de decir una y fflnica cosa sobre el mismo.33 31 Vase ibid., II.669a – 671a, VII.812b – 813b. 32 Vase Naddaf 2007, 346. 33 Vanse ibid., III.682a; III.689a – e, IV.719a – e. Aqu Platn alude al muy espinoso y controvertido tema – que ya haba tratado con anterioridad en Apologa 22a – c, Menn 99c – e e In 533d – 534d, 535e – 536d – de que el poeta no puede

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Platn concluye con esto que el comffln denominador entre el legislador de Magnesia y el poeta tradicional, propiamente dicho, es que ambos son conscientes de que toda legislacin es un sistema persuasivo o un arte de conduccin del alma (xuwacoc¸a). De tal forma que el Ateniense considera que la mejor forma de convencer a los ciudadanos de Magnesia sobre el carcter paradigmtico del cdigo legal que se les presenta es empleando la t´wmg persuasiva de la poesa y mostrando, con ello, que dicho cdigo comporta el mayor bien. El consenso ciudadano ha de ser preservado por va potica en los cantos, narraciones y doctrinas. El reto socrtico ya lanzado con anterioridad en la Repfflblica 34 sobre las condiciones para el retorno de la poesa en la ciudad, a saber, siempre y cuando aqulla mostrara, no slo que entraÇa placer, sino que tambin es benfica para la ciudad y la vida humana, aparece de nueva cuenta en las Leyes. Aqu el legislador mismo nos hace ver que l es tambin “poeta dramtico” quien compite sanamente con los poetas mismos con vistas a la realizacin del ms bello drama o drama por antonomasia: el que se efectffla en la ciudad.35 Clinias.– La verdad es bella, extranjero, y firme; mas en verdad no parece que sea fcil de hacer creer. Ateniense.– Sea. ¿El cuento fabuloso del sidonio es fcil de creer, aunque es tan increble, y otros innumerables relatos? Clinias.– ¿Cules? Ateniense.– Que una vez de unos dientes que haban sido plantados nacieron hoplitas. Un legislador tiene precisamente un gran ejemplo de persuasin en aquello en lo que alguien puede tratar finalmente de persuadir a las almas jvenes, de modo que l slo debe observar y descubrir de qu tendra que convencer a la ciudad para hacer el mayor bien y encontrar todos los medios para ello: de qu manera la comunidad entera se expresara en eso todo lo unitariamente que fuera posible a lo largo de su existencia, en canciones, cuentos y discursos. Pero si os parece que se debe actuar en otra forma dar razones acerca de su inspiracin divina. Scrates hace ver que el poeta habla, y dice cosas muy bellas, efectivamente, por inspiracin divina y/o por talento natural, pero es incapaz de dar una explicacin con conocimiento de lo que dice. Vale la pena hacer la distincin fina de que Platn se refiere al hecho de que el poeta no da cuenta, racionalmente, de lo que es la esencia de la poesa. sta es una actividad propia del filsofo. No por ello, se har caso omiso de los grandes poetas que han tratado sobre la teora potica en cuyos escritos nos hacen manifiesto diversos elementos del proceso de generacin de la poesa. Ejemplos preclaros son Dante, Boccaccio y Petrarca. 34 Vase Repfflblica X. 607a – e. 35 Vanse Leyes, VII. 817a – d. Esto es, adems, otra prueba ms de la presencia de Scrates en la Leyes.

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diferente de sta, nada nos impide mostrar nuestro desacuerdo con el argumento en esto. Clinias.– No me parece que ninguno de nosotros dos pueda nunca poner esto en cuestin. Ateniense.– Por consiguiente, me correspondera decir lo que sigue. Sostengo, pues, que todos los coros, que son tres, deben encantar las almas jvenes y tiernas de los niÇos, contando todas las cosas hermosas que hemos referido y que todava podramos referir, pero de las que lo principal sea lo siguiente: cuando digamos que los dioses afirman que la vida ms placentera y la mejor son la misma, diremos tambin la verdad ms absoluta y convenceremos ms a los que debemos convencer que si hablamos de otra manera. Clinias.– Es imposible no estar de acuerdo con lo que dices.36 {JK.} Jak¹m l³m B !k¶heia, § n´me, ja· lºmilom : 5oije lμm oq Nõdiom eWmai pe¸heim. {AH.} EWem : t¹ l³m toO Sidym¸ou luhokºcgla Nõdiom 1c´meto pe¸heim, ovtyr !p¸hamom em, ja· %kka luq¸a ; {JK.} Po?a ; {AH.} T¹ spaq´mtym pot³ adºmtym bpk¸tar 1n aqt_m vOmai. ja¸toi l´ca c’ 1st· moloh´t, paq²deicla toO pe¸seim fti #m 1piweiq0 tir pe¸heim t±r t_m m´ym xuw²r, ¦ste oqd³m %kko aqt¹m de? sjopoOmta !meuq¸sjeim C t¸ pe¸sar l´cistom !cah¹m 1qc²saito #m pºkim, to¼tou d³ p´qi p÷sam lgwamμm erq¸sjeim fmtim² pote tqºpom B toia¼tg sumoij¸a p÷sa peq· to¼tym 4m ja· taqt¹m fti l²kista vh´ccoit’ !e· di± b¸ou pamt¹r 5m te áda?r ja· l¼hoir ja· kºcoir. eQ d’ owm %kk, p, doje? C ta¼t,, pq¹r taOta oqde·r vhºmor !lvisbgt/sai t` kºc\. {JK.} )kk’ ou loi va¸metai pqºr ce taOta d¼mashai Bl_m !lvisbgt/sa¸ pot’ #m oqd´teqor. {AH.} T¹ let± toOto to¸mum 1l¹m #m eUg k´ceim. vgl· c±q ûpamtar de?m 1põdeim tqe?r emtar to»r woqo»r 5ti m´air ousair ta?r xuwa?r ja· "paka?r t_m pa¸dym, t² te %kka jak± k´comtar p²mta fsa diekgk¼hal´m te ja· 5ti di´khoilem %m, t¹ d³ jev²kaiom aqt_m toOto 5sty : t¹m aqt¹m Fdistºm te ja· %qistom rp¹ he_m b¸om k´ceshai v²sjomter, !kgh´stata 1qoOlem ûla, ja· l÷kkom pe¸solem otr de? pe¸heim C 1±m %kkyr pyr vhecc¾leha k´comter. {JK.} Sucwyqgt´om $ k´ceir.

Platn es reiterativo a este respecto: puesto que toda la mfflsica es esencialmente imitativa y representativa, las leyes de Magnesia deben ser compuestas, tratadas, celebradas y representadas poticamente y establecidas conforme a los cnones musicales y dancsticos. Esto es, las leyes deben ser poetizadas y musicalizadas.37 De ah que nuestras vidas deban ser modeladas por lo divino a travs de la va por exelencia para hacerlo:

36 Ibid., II.663e3 – 664c3 (trad. F. Lisi, con modificaciones). 37 Vanse ibid., VII.802a – 803c.

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por el canto y la danza de la ms bella y verdadera “poesa trgica” de cuya imitacin procede el sistema poltico de las Leyes. 38 Si la poesa en la antigua Grecia implica la danza y el canto, entonces el hombre bien educado (con educacin superior) de las Leyes es aquel que es capaz de cantar y danzar bien.39 Asimismo, si a la mfflsica le es inherente el ritmo y la armona y, en esta acepcin, los poetas dramticos – con su t´wmg que incluye una mmesis imitativa, representativa y creative –, son mfflsicos (lousij¾lator) por excelencia, entonces stos son os modelos dados a los legisladores-filsofos. Por lo tanto, el trabajo de los legisladores debe hacerse en conjuncin con las habilidades de los poetas, pues, como mostramos, stas son imprescindibles para la realizacin de la ciudad ideal. Hay as una correlacin entre poetas y legisladores-filsofos: se legisla “poticamente” y se poetiza “legalmente”. Es as que Platn se nos presenta como un amante de la poesa en las Leyes. Si nuestra interpretacin del Platn de las Leyes es correcta, es totalmente explicable por qu en el Comentario a las Leyes de Marsilio Ficino – particularmente al libro tercero – ste afirma la correlacin indispensable entre el legislador y el poeta para alcanzar la prosperidad del Estado. El legislador ha de tener finalidades eminentemente ticas, es decir, buscar la felicidad de todos los ciudadanos por medio del cultivo de la prudencia para templar los deseos por la razn. El proceso legislativo ha de llevarse a cabo “poetizando”, es decir, de manera sutil e imitando el divino canto de los poetas: En estos asuntos los poetas son instados a cantar canciones divinas, pues se ha dicho que la raza de los poetas es divina y es promovida por Dios. Los legisladores tambin, son instados a no imponer leyes que sean duras o agresivas, sino leyes que sean ligeras, en la medida de lo posible, y agradables.40

A partir de este pasaje Ficino ser reiterativo en su Comentario a los libros subsiguientes de las Leyes en donde lo fundamental ser formar las almas de los ciudadanos. Ficino nos mostrar, por tanto, un Platn que ama la poesa, porque contiene la t´wmg psicaggica por excelencia, es decir, la que educa a los ciudadanos en la virtud. De ah que podramos aseverar que Ficino tambin vio en las Leyes de Platn al filsofo que am la poesa por su impronta tico-pedaggica bsica. 38 Vanse ibid., VII. 817a – e. 39 Vanse ibid., II passim. 40 Ficino 2009, Libro III [la traduccin es ma].

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Platons Dichterverbannung im frhhumanistischen Gewand Christian Kaiser 1. Einleitung Platons Dialog Politeia (im Folgenden aufgrund historisch berlieferten Gebrauchs auch Respublica, Republik und Staat genannt) war dem lateinischen Mittelalter nicht aus direkter Anschauung bekannt. Dennoch war er immer wieder Gegenstand gelehrter Debatten, was der indirekten berlieferung einiger Passagen und Sentenzen etwa durch Cicero, Augustinus, Hieronymus, Apuleius, Macrobius und Laktanz zu verdanken ist.1 Anfang des 15. Jahrhunderts erfolgte die erste lateinische bersetzung in Mailand durch Manuel Chrysoloras und Uberto Decembrio, womit der kontinuierlichen Prsenz und Wirkung dieses Buchs im Abendland eine neue Stoßrichtung gegeben wurde. Die in der Republik entwickelten berlegungen Platons stellen allerdings eine nicht unerhebliche Herausforderung dar, wenn man dem dort propagierten Vernunftgemßen mit einem gewissen Implementierungsinteresse begegnet. Vor allem die Philosopheme, welche der jeweils vorherrschenden Moral oder Sitte am meisten widersprechen, fhren nicht selten zu einem mindestens wachsamen Verhltnis der Rezipienten zu dem großen Entwurf des Atheners. Aus dem idealen Staat Platons sollten z. B. die Dichter vom Schlage eines Homer oder eines Hesiod hinausgewiesen werden. Zwar bedrfe es gemß den platonischen berlegungen zur Erziehung der knftigen Wchter neben der Leibesertchtigung auch einer musischen Bildung. Aber die traditionelle Poesie bediene die niederen Lste der Seelen, behindere damit die gesunde Entwicklung des hçchsten 1

Eine Liste der (wenigen) bersetzten Passagen, die in der lateinischen Welt bekannt waren, liefert Boter 1986, 340 – 341, dort auch zusammengefasst Rckbezge der genannten lateinischen Autoren auf die Republik. Ausfhrliche Hinweise zu den direkten Platon-Referenzen bei Gersh 2002, 3 – 21. Zur Abwesenheit des Werkes im abendlndischen Mittelalter siehe de Libera 2005, 15; Marenbon 2006, 125; Hankins 1994, 4 – 5; Hege 1997, 236.

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Seelenteils, der Vernunft, des logistikon, und verderbe dadurch die heranwachsende Elite des Staates (Rep. 376c – 378e; 598d – 608b). Alle Dichtung, die auf das Empfinden von Lust oder Schmerz bei den Lesern oder Zuhçrern zielt, wird als gefhrlich gebrandmarkt. Als Heilmittel lsst Platon seinen Sokrates eine Poetik skizzieren, die stets und ausschließlich Exempla tugendhaften Verhaltens vorzufhren hat, um das junge Publikum fortwhrend zu einem Leben in der Liebe zu den Gçttern bzw. zu Gott, zur Weisheit und Gerechtigkeit zu animieren (378e – 398b). Das bedeutet, dass man sich fr eine gerechte und fromme Lebensfhrung von delektierender Dichtung mçglichst fernzuhalten habe.2 Es steht zu vermuten, dass man in einem Umfeld wie demjenigen zu Beginn des 15. Jahrhunderts, in welchem unter den Gebildeten hçchster Wert sowohl auf Poesie also auch auf antike Philosophie gelegt wird, ein Text wie Platons Staat nicht gerade auf bedingungslose Gegenliebe stçßt. Zu groß erscheinen die Diskrepanzen zwischen den Ansprchen der frhneuzeitlichen Bildungselite und den Idealen einer altehrwrdigen Autoritt. Die Geschichte der Entstehung und Rezeption der ersten lateinischen Versionen der Politeia wurde schon einige Male erzhlt.3 Es lassen sich jedoch noch interessante, bisher vernachlssigte Beobachtungen hinzufgen, wenn man gezielt auf paratextuelle Aspekte achtet. Zwar hat man auch bisher schon die Wichtigkeit etwa der von den beiden Decembrio selbst angefertigten Marginalien herausgestellt oder natrlich Aussagen aus dem den bersetzungsprozess begleitenden Briefwechsel gewrdigt.4 Neben den Briefen und Notierungen am Rand des handschriftlichen Textes kann man aber noch eine Vielzahl anderer Elemente, die Grard Genette zu den Paratexten zhlt, in den Blick nehmen. Am interessantesten erweist sich in vorliegendem Untersuchungsfeld die Bercksichtigung des sogenannten ‘faktischen’ Paratextes. Darunter versteht Genette „[…] einen Paratext, der nicht aus einer ausdrcklichen (verbalen oder nichtverbalen) Mitteilung besteht, sondern aus einem Faktum, dessen bloße Existenz, wenn diese der ffentlichkeit bekannt ist, dem Text irgendeinen Kommentar hinzufgt oder auf seiner Rezeption lastet.“5 Die Tatsache, dass ein Codex, der den platonischen Text enthlt, nicht in jedem Fall nur allein diesen, sondern 2 3 4 5

Vgl. Halliwell 1997, 316; Moss 2007, 438 – 442. Boter 1986, 314 – 334; Bottoni 1984, 75 – 91; Garin 1955, 339 – 374; Gentile 2002, 151 – 173; Hankins 1994, 105 – 160; Resta 1959, 251 – 271. Vor allem Garin, Bottoni und Hankins (s. Anm. 3) bemhen sich um die gewissenhafte Darstellung dieser Gesichtspunkte. Genette 2001, 14.

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mitunter auch ein paar andere zwischen den Buchdeckeln beherbergt, scheint in diesem Sinne durchaus einer Betrachtung wert zu sein. Das Hauptanliegen wird im Folgenden darin bestehen, die in den Handschriften der Respublica mitberlieferten Texte als eben solche nicht ausdrcklichen Mitteilungen auszuweisen, welche die Rezeption des Platontextes entscheidend steuern kçnnen oder sogar sollen.6 Natrlich ist es bei Weitem nicht immer der Fall, dass die in einem Codex versammelten Texte aufeinander bezogen sind, ja einander in einer bestimmten Aussage verstrken. Bei den wichtigsten Handschriften der ersten lateinischen Politeia kann aber von einer solchen Reziprozitt ausgegangen werden, wie zu zeigen sein wird. Die hier relevanten bersetzungen (Chrysoloras / U. Decembrio, P.C. Decembrio, Cassarino; Ficinos Text wird als der nachfolgenden Generation angehçrig nicht in die Untersuchung miteinbezogen) geben den griechischen Text, zumindest soweit es um die Dichter geht, ohne nennenswerte Verluste wieder.7 Natrlich ist jede bersetzung anders, und ber die jeweilige Qualitt wurde schon gleich nach deren Entstehung vehement diskutiert.8 Fr die Dichterverbannung spielt dies jedoch keine große Rolle: Smtliche bersetzungen fhren die explizite Zurckweisung Homers und hnlicher Dichter vor, und alle Versionen beinhalten die zugrunde liegende Mimesis-Theorie, welche letzten Endes fr das harte Abschiebungsurteil Platons verantwortlich ist. Die wichtigsten Aussagen 6

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Genette 2001, 15 selbst geht zwar nicht explizit auf die Mitberlieferung in handschriftlichen Codices ein (was daran liegen mag, dass er sich generell kaum mit der Zeit vor den ersten gedruckten Bchern beschftigt), weist aber auf das Prinzip hin, dass „jeder Kontext als Paratext wirkt. Die Existenz dieser Fakten kann, wie bei allen Arten des faktischen Paratextes, der ffentlichkeit durch eine Erwhnung, die selbst wieder unter den textuellen Paratext fllt, zur Kenntnis gebracht werden oder nicht“. Zu den von Versuch zu Versuch immer nher sich am griechischen Original orientierenden bersetzungen siehe Boter 1986, 314 – 333; Resta 1959, 264 – 268. Leonardo Bruni etwa hlt den bersetzer der ersten lateinischen Version fr ‘ineptissimus’ (Garin 1955, 345). Zu den Auseinandersetzungen zwischen P. C. Decembrio und Cassarino s. Bottoni 1984, 78 ff.; Garin 1955, 355 ff.; Resta 1959, 268 ff. Den Grund fr die (anhaltende) Kritik am allerersten Text von Uberto Decembrio und Manuel Chrysoloras fasst Daniela Mugnai Carrara prgnant zusammen: „[…] le sue peculiari caratteristiche, la sua tecnica di versione letterale con la conseguente mancanza di eleganza, il suo procedere talvolta compendioso, in altri casi parafrastico, la frequenza di omissioni, l’uso di un lessico e di tecniche proprie delle traduzioni medievali, la resa incongruente di termini chiave del pensiero platonico, hanno attirato le critiche dei contemporanei e degli storici“ (Mugnai Carrara 2005, 178).

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werden somit nicht beschçnigt, geschweige denn weggelassen. Die unterschiedlichen Lesarten erschließen sich folglich nur ber die Paratexte.

2. Uberto Decembrios philosophische Inszenierung Die erste frhneuzeitliche lateinische bersetzung der Politeia entsteht um 1402 als Kooperation des griechischen Grammatik- und Rhetoriklehrers Manuel Chrysoloras (1353 – 1415) und seines Schlers Uberto Decembrio (ca. 1370 – 1427) whrend ihrer gemeinsamen Zeit am Hofe der Visconti in Mailand.9 Nach einhelliger Meinung der Forschung stellt die Handschrift B 123 sup. (Biblioteca Ambrosiana) als Archetyp der berlieferung den wichtigsten Textzeugen dar.10 Dieser Autograph enthlt neben der Republik Platons einen von Uberto im Jahr 1420 selbst verfassten Dialog De re publica in vier Bchern, der nur in dieser einen Handschrift berliefert ist. Eine geistige Verwandtschaft der beiden identisch betitelten Dialoge drngt sich berdeutlich auf, so dass fr den Philosophiehistoriker ein Vergleich naheliegt. James Hankins, der eine solche Gegenberstellung unternommen hat, gelangt nach eingehender Untersuchung zu dem Schluss, dass Uberto in seinem eigenen Dialog einen eklektischen, ja ausbeuterischen Gebrauch von Platons Werk an den Tag lege, indem er platonische Sentenzen aus ihrem Kontext lçse, um damit seine eigenen, voreingenommenen Meinungen scheinbar zu untermauern – und das, obwohl diese Meinungen denjenigen Platons manchmal sogar entgegengesetzt seien.11 Auch wenn Uberto oft Gebrauch von platonischen Gedanken mache, sei er nicht als Platoniker anzusehen, denn er beweise, dass er Platons metaphysische und epistemologische Grundlagen bei Weitem nicht ausreichend durchdrungen habe.12 In der Tat lsst sich eine Art und Weise des Umgangs mit Platon als Autoritt ausmachen, die sich weigert, sich ihm ganz und gar zu verschreiben. Uberto fhrt im Laufe seiner Argumentation viele verschiedene klassische Autoritten als Quellen seiner philosophischen und politischen 9 Die Entstehung und Entwicklung dieses kollaborativen Projekts ist ausfhrlich beschrieben bei Hankins 1994, 105 – 117; Mugnai Carrara 2005, 177 – 235. 10 Bottoni 1984, 75 – 76; Gentile 2002, 152; Mugnai Carrara 2005, 177. 11 Hankins 1994, 117: „Throughout his ‘De republica’, Uberto’s use of Plato remains fundamentally eclectic and exploitative. Platonic ‘sententiae’ are wrenched from their context in order to reinforce beliefs that Uberto already holds, sometimes beliefs which are precisely the opposite of Plato’s own views.“ 12 Ebd. 108; 116 – 117; ausfhrlicher bei Hankins 1987, 150 – 161.

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Ansichten ein.13 Unter diesen Altvorderen finden sich die blichen Geisteshelden wie Cicero, Cato, Seneca, Valerius Maximus, Aristoteles und Platon, aber auch und bemerkenswerterweise am hufigsten die rçmischen Dichter Ovid, Vergil, Horaz und Juvenal. Hankins’ Beobachtung trifft durchaus zu: Uberto Decembrio greift mehrmals kommentierend auf platonische Thesen zurck, entweder in den Vorworten zu den einzelnen Bchern oder indem er sich (als wichtigsten Interlocutor) die Worte selbst in den Mund legt. Das Werk Platons, welches nie im Mittelpunkt des Dialoges steht, wird – wie dasjenige der anderen antiken Autoren auch – auseinandergenommen, Sentenzen und Dicta werden extrahiert, der argumentative Gesamtzusammenhang interessiert wenig bis gar nicht. Das Interessante an dieser Feststellung ist aber nicht der damit einhergehende und etwas berheblich anmutende Vorwurf, Uberto wrde mit seiner unverstndigen Herangehensweise platonischen Ansprchen nicht gerecht.14 Viel spannender ist doch die Frage, auf welche Weise die Konstruktion vonstatten geht und wie sie begrndet wird: In ein und demselben Codex ist einer der berhmt-berchtigtsten Texte der Philosophiegeschichte in neuer (lateinischer) bersetzung neben – genauer gesagt nach – einem Werk angeordnet, welches etwa 18 Jahre spter entsteht und den gleichen Titel trgt, sich aber im Großen und Ganzen von seinem offenkundigen Vorbild abzugrenzen bemht ist. Sucht man nach Grnden fr diese Vorgehensweise, darf man besten Gewissens den Erklrungen Beachtung schenken, die Uberto selbst in den Paratexten gibt. In 13 Eine konzise Zusammenfassung des Dialogs unter Einbeziehung des politischen Kontextes und ein paar Hinweisen auf zitierte Autoritten liefert Ferra 2005, 437 – 439. 14 Daniela Mugnai Carrara will zwar die anachronistische Erwartungshaltung einer akribischen philosophischen Interpretation explizit vermeiden, aber nur aus dem Grund, weil die beiden bersetzer in ihrer Epoche nicht die dazu notwendigen Mittel gehabt haben kçnnten (Mugnai Carrara 2005, 181). Mit dieser Einschtzung gibt sie jedoch Hankins’ Meinung Recht (s. a. ebd., 178: „Eppure, nonostante che gli appunti sollevati, dalla feroce stroncatura di Cassarino ai giudizi di inadeguatezza della comprensione filosofica di Hankins, siano in larga misura fondati, non rimane offuscato il grande valore di questo primo approccio all’opera platonica […]).“ Nun steht aber zu vermuten, dass auch die beste philosophische Durchdringung Platons den Leser beileibe nicht unwillkrlich dazu zwingt, die Konzeption des Atheners in jeder literarischen Eigenleistung ausfhrlich wrdigen zu mssen – sei es nun im 15. oder im 21. Jahrhundert. Wenn Autoren einen ‘nur’ exemplarischen Gebrauch platonischen Gedankenguts pflegen, dann hat das vielleicht mehr mit dem Charakter eben dieses Denkens selbst und weniger mit der Inkompetenz der Rezipienten zu tun (vgl. Feyerabend 1998, 33 – 48).

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der Einleitung zum zweiten Buch seiner Respublica macht er keinen Hehl daraus, dass sich ihm die eingehende Auseinandersetzung mit den platonischen Philosophemen wirklich nicht aufdrnge, wenn sie den mores so beraus deutlich widersprchen, wie dies etwa bei der Kinder- und Frauengemeinschaft oder der Dichterverbannung der Fall sei: Ich war aber der Meinung, dass ich in meinen Bchern ‘ber die Republik’ […] Platon nicht nachahmen drfe, wo er dem Anstand und dem Glaubhaften nicht zu entsprechen schien. In seinen Bchern, welche er ber die Republik sehr scharfsinnig und redegewandt zusammengestellt hat, sttzt er sich auf einiges, was man vielleicht als Mçglichkeit ansehen kçnnte, was aber dennoch von den çffentlichen Sitten und Gebruchen weit entfernt ist. […] Denn er machte zum Gesetz, dass die Ehefrauen sowie alle Besitztmer allen gemeinsam gehçrten, damit unter ihnen die Liebe durch das eheliche Zusammensein erhalten bleibe. Gleichzeitig sollten die Frauen selbst gemeinsam mit den Mnnern die Feinde angreifen und dazu noch die Wlle und Befestigungsanlagen der Lager beisammen halten. Hinzu kommt noch, dass er sogar der Meinung war, dass die Dichter aus seiner Stadt weggeschickt werden sollten, damit das Gemeinwesen nicht durch schlechte Sitten befleckt werde. Es scheint mir nun aber besser zu sein, sich an die ehrenhaften und anstndigen Gebruche zu halten, damit die Einzelnen ihre Gefhrten sowie ihre Nachkommen auch erkennen. […] Die Frauen sollen aber Sorge tragen fr die Aufsicht des Hauses sowie fr die unverletzliche und ehrbare Familie. Dennoch hielte ich es aber fr wnschenswert, wrden die Poeten, die die Lste und Laster lenken und die durch ihre Lockungen die Jugend leicht einfangen kçnnen, abdanken.Welch ein Wahnsinn (dementia) wre es jedoch, die gçttlichen und beraus berhmten Dichter, durch die uns Strçme erhabener Worte und blhender Beredsamkeit fortbestehen, aus den Staaten zu vertreiben!15 15 Angefhrt bei Hankins 1994, 116 – 117; berprft an der Handschrift (gelesen auf Mikrofilm) Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 87r, aus der hier und im Folgenden zitiert wird: „ego autem in his de re publica libris quos duxi alicuius exercicii mei causa his temporibus conscribendos, non censui platonem. nisi quantum decorum probabileque uisum fuerit imitari. libris enim suis quos de re publica subtilissime facundeque composuit, nonnulla disserere nixus est, que licet possibilia iudicentur, a publicis tamen moribus longe distant. […] Mulieres enim resque omnes suorum Civium in comunione constituit, ut inter eosdem amorem iugis concordia conseruaret, mulieresque ipsas simul cum viris. hostes inuadere. eodemque valle castrorumque munimine contineri. ad hec etiam ab urbe sua poetas omnes censuit ablegandos, ne malis moribus rem publicam inquinarent. Satius mihi igitur visum est honestis decorisque consuetudinibus inherere. vt singuli suas consortes gnatosque cognoscerent […] mulieres autem domus custodie ac familie sancte ac pudice curam agitent. poetas attamen libidinis uitiorumque ministros, quorum delinimentis iuuenes faciliter capi possent abdicandos opereprecium arbitrarer. Rerum autem gestarum diuinos celeberrimosque vates, a quibus electorum vo-

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Diese Rechtfertigung erinnert an die frhhumanistische Auseinandersetzung zwischen Philosophie und Poetik, die zwei Generationen vor Uberto einflussreiche Stellungnahmen hervorgebracht hatte. Insbesondere Boccaccios berhmte Apologie ist hier zu nennen: Der Florentiner war sich in seiner Argumentation in den Genealogie deorum gentilium sicher, dass Platon (dessen Republik er ja noch nicht gekannt hatte) Dichter vom Schlage eines Homer niemals aus seinem idealen Gemeinwesen verbannt htte. Die allgemeine Verehrung Homers durch die Nachkommenden und nicht zuletzt durch Platon selbst beweise, dass er als Vater der Tugenden angesehen worden sei. Hçchste Torheit sei es, Platon zu unterstellen, er befehle die Abschiebung eines solchen Poeten.16 Die mores spielen in Boccacios Reverenz gegenber Homer eine große Rolle, ebenso wie bei Ennius, Solon, Vergil, Horaz, Persius und Juvenal, welchen das Verbannungsedikt nach Meinung des Florentiners auch nicht gegolten haben konnte.17 Vielmehr htte Platon diese Mnner wohl zu Fhrern und Lehrer der Brger seines Staates ernannt.18 Dies gelte ebenso fr den letzten Vertreter der illustren Dichterriege, Petrarca, den auszuweisen eine ausgesprochene dementia wre. In der Darstellung von Petrarcas Tugenden prsentiert Boccaccio die ideale Gestalt des Dichterphilosophen, in dessen Ingenium sich alle dem Menschen nur mçgliche Erkenntnis und in dessen Werk sich blhender Ornat und sß fließende Worte finden ließen und der sich außerdem durch seine hohe Sittlichkeit auszeichne.19 Nur eine Aus-

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cabulorum et florentis eloquii fluenta manarunt, Que dementia a rebus publicis abrogare. pace igitur viri tanti dixerim. si a statutis sue rei publice in aliquibus forsitan aberrauero, illud profecto non agam, ut plus intelligere me ostentem, nephas enim foret tanti phylosophi damnare sententiam. Sed ut consuetudini moribusque vrbium diutissime conseruatis sanctarumque legum regula stabilitis temerario quodammodo non uidear contraire.“ Boccaccio 1997,134 – 136 (Gen. deor., XIV,xix,6 – 10): „Vellem ego tamen ab istis audire nunquid existiment Platonem, dum librum sue ‘Rei publice’ scripsit, in quo hoc mandatur, quod isti aiunt, intellexisse de Homero, scilicet si urbs illi placuisset, eum urbe fuisse pellendum. Nescio quid responsuri sint; ego autem non credo, cum de eo multa laudanda iam legerim. […] Si igitur virtutum pater a legibus habitus est [i.e. Homerus], si legum decus, si tot civitatum civis etiam repetitus, si a preceptore ipso Platone testis assumptus, stultissimum est arbitrari Platonem eundem prudentissimum virum, talem poetam urbe pellendum iussisse!“ Ebd., 136 – 138 (Gen. deor., XIV,xix,11 – 14). Ebd., 138 – 140 (Gen. deor., XIV,xix,18). Ebd., 138 (Gen. deor., XIV,xix,15 – 17): „Credam ne igitur ego tante dementie fuisse Platonem, ut Franciscum Petrarcum urbe pellendum censuerit? […] Est et insuper, poetice gloria facultatis, orator suavis atque facundus, cui, cum omnis pateat phylosophie sinus, est illi ingenium preter humanum perspicax, memoria

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nahme macht Boccaccio: Den vermeintlichen Bodensatz der Poesie, die meisten Komçdiendichter nmlich, kçnne man nur verabscheuen und tadeln.20 Ausdrcklich nimmt er in die Reihe derer, die durch unanstndige Dichtung die entsprechend unmoralisch veranlagten Leser zu allerlei Schandtaten anleiteten, Catull, Properz und Ovid hinein.21 Die Argumente Boccaccios werden von Uberto Decembrio in erstaunlicher Vollstndigkeit bernommen. Wie oben aus dem Vorwort zum zweiten Buch seiner Respublica zitiert, weist auch der Mailnder Humanist auf die Sitten und Gebruche hin, wonach den „gçttlichen und beraus berhmten Dichtern“ Ehre zukomme, eine Verbannung derselben aber dementia wre – und dies, nachdem er als erster Lateiner der Renaissance Platons Invektive wortwçrtlich nachgelesen und bersetzt hatte. Auch Uberto leugnet mçgliche Missstnde und Verlockungen, welche durch Lustpoeten verursacht werden kçnnten, nicht und fgt dementsprechend wie sein Vorgnger eine Kritik dieser vermeintlich fehlgeleiteten Phnomene hinzu. Wer diese Verfhrer sein sollen, sagt er jedoch nicht. Zu guter Letzt wird auch Petrarca eine besondere Wrdigung zuteil, wovon spter noch zu sprechen sein wird. Uberto lsst seiner Distanzierung von Platon gegen Ende seines Dialogs einige berlegungen folgen, welche darlegen, wie in einem idealen Gemeinwesen die Bildung auszusehen habe. Von den Dichtern meint er, sie tenax, et rerum omnium, prout homini potest esse, notitia plena. Ex quo opera eius tam prosaica quam metrica, que plura extant, tanto splendore refulgent, tanta suavitate redolent, tanto florido ornatu spectabilia sunt, et lepore sonantium verborum melliflua, et sententiarum succo mirabili sapida, ut celestis ingenii artificio potius quam humani fabrefacta credantur. […] Tanta enim morum maiestate, tanta suavis eloquentie facundia, tanta etiam urbanitate et composita senectute conspicuus est, ut de eo, quod apud Senecam moralem phylosophum de Socrate legitur, dici possit: auditores scilicet eius plus ex moribus quam ex verbis traxisse doctrine.“ Zu Boccaccios Theorie der ‘fabula’, in welche der Dichter seine (auch philosophische) Erkenntnis einkleidet, s. Hege 1997, 193 – 196; Ricklin 2008b, 198 – 206; Schwertsik 2010. 20 Ebd., 104 (Gen. deor., XIV,xiv,3): „Actus vero deorum illecebres, quocunque modo a poetis, comicis potissime, descriptos, nec laudo nec commendo, quin imo detestatus sum, et tam scriptores in hoc quam ipsos actus vituperandos existimo.“ 21 Ebd., 106 – 108 (Gen. deor., XIV,xv,1 – 2) u. 114 – 116 (Gen. deor., XIV,xvi,6): „Hinc Catuli, Propertii et Nasonis volumina evolvunt [i.e. accusatores], et ab ineptis talium suasionibus, lepidis descriptis carminibus, et verborum facili exornatis contextu, tanquam in hoc toto inclinati pectore, volentes trahuntur, seducuntur atque tenentur; hinc poetarum illecebras cognovere; hinc ingrati preceptores accusant suos, eosque seductores mentium dicunt, quos ipsi, non rogati, sponte sua secuti sunt.“

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seien nun wirklich nicht aus der ffentlichkeit zu vertreiben, sondern vielmehr wie gçttliche Mnner zu verehren, weil aus der ihnen eigenen hçchsten Beredsamkeit erhabene Worte und wrdevolle Stze entsprngen und sie unter der Hlle der Fiktion die anmutigsten Gedanken auf allegorische Weise hervorbrchten. Vergils gçttliche Poesie beispielsweise werde von den anderen Dichtern imitiert, und es wre Ausdruck der nun schon wohlbekannten dementia, die Satiriker – die Tadler aller Laster – aus seiner Stadt hinauszuwerfen.22 Gleichzeitig mit der Poesie betont Uberto die Wichtigkeit der Malerei. Es ist sicher richtig, mit Ferra festzustellen, dass dieser Entwurf mit Platon wenig zu tun hat und sich vielmehr an den bestehenden Verhltnissen und damit an der herausragenden Rolle der bildenden Knste in der rinascimentalen Zivilisation orientiert.23 Bliebe man hier stehen, kçnnte man durchaus behaupten, Uberto sei es darum zu tun, mit seinem eigenen literarischen Staatsentwurf einen Epitext zur platonischen Republik vorzulegen, der die darin vorkommenden anstçßigen Thesen neutralisieren soll. Es kçnnte den Anschein haben, Uberto statte den von ihm und seinem Lehrer bersetzten Text mit einer Art Schutzmntelchen aus, in welchem er sich dadurch moralisch integer gibt, dass er sich – zumindest partiell – von Platon absetzt. In der hier untersuchten Handschrift gibt es aber noch einige Dinge mehr zu entdecken. Und diese Anhaltspunkte lassen auf einen anders ausgeprgten Autorenwillen schließen. Uberto Decembrio behauptet selbstbewusst, er habe den Pfad der Philosophie eingeschlagen.24 Und seine Philosophie kennt durchaus ein Vorbild, nur heißt dieses eben nicht Platon, sondern Aristoteles. Uberto erklrte ja im Prolog zum zweiten Buch, dass ihm die platonischen Thesen aufgrund ihrer Distanz zu den berkommenen Sitten und dem Wahrscheinlichen als nicht zur Nachahmung geeignet erschienen; in demselben Prolog hlt er genau diese Orientierung am Glaubhaften (probabile) dem 22 De re publica, 102v – 103r : „rerum gestarum poete celeberrimi a quibus uocabulorum electorum grauiumque sententiarum facundia latissime prosiliuit fictionumque tegmenta alegorice sepenumero pulcerrimas sententias efferunt, non sunt profecto a rebus publicis expellendi. Quinymo peromnibus tamquam divini homines venerandi. Quid enim virgilio subtilius facundius, pulcrius ne excogitari potuit. ceterisque poetis qui fuerunt diuinam eius poesim imitati. Satiricos preterea viciorum omnium reprehensores ab urbe nostra expellere, que dementia diceretur.“ 23 Ferra 2005, 459: „Una prospettiva certo lontana dal modello platonico, e tuttavia segno di una et in cui le arti erano ormai elemento e valore centrale della civilizzazione.“ 24 De re publica, 95v : „sed viam phylosophicam sum secutus“.

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Aristoteles zu Gute. Platon und vor ihm Pythagoras htten mehr durch Meinung als durch Wahrheit geglnzt, whrend Aristoteles wahres Wissen lehrte, indem er alles der Glaubhaftigkeit nach mit einbezog.25 Uberto reagiert also schon aus methodischen Grnden reserviert auf Platon.26 Decembrio hat nun aber immerhin trotz seiner Vorbehalte die Republik mitbersetzt, wofr es – nachdem die Unterschiede zum platonischen Denken genannt sind – doch noch einen triftigen Grund geben muss. Diesen liefert Decembrio im Vorwort zu seiner Platon-bersetzung: Die Einleitung beginnt mit dem Hinweis, Macrobius habe von den Bchern ber die Republik, die sowohl Platon als auch Cicero verfasst hatten, gesagt, dass Platon seinen Staat so angeordnet habe, wie er seinen berlegungen gemß sein sollte, whrend Cicero den Staat erçrterte, wie er von den Vorfahren (a maioribus) eingerichtet worden sei. Uberto kommt zu dem Schluss, dass in frheren (d. h. antiken) Zeiten ohne Zweifel jeder in Griechisch und Latein Unterrichtete beurteilen konnte, wo Platon von Cicero nachgeahmt wurde, auf welche Weise dieser sein Werk ergnzte, berichtigte und vernderte. Das sei in Decembrios eigener Zeit nicht mçglich, und so habe er es zusammen mit seinem Griechischlehrer Chrysoloras zum ersten Mal in ihrem eigenen Zeitalter unternommen, Platons Politica sichtbar werden zu lassen.27 Platonisches Gedankengut als 25 Ebd., 86v – 87r : „Inter ceteros gravissimi autoritatis philosophos Dux eximie Aristotiles excellentissimi vir ingenii gratior eo potissimum mihi uisus est, quod ea que probabili quiuit ratione colligere disserenda proposuit diuinoque est ingenio prosecutus. illa autem que vaticinii cuiusdam loco, nonnullis verisimilia videbantur, ceu opinabilia ac prorsus ambigua pretermisit. notum est quot et quanta de ydeis, de celestibus, aereisque spiritibus, de demonibus de immortalitate animorum plato et ante eum pythagoras disputauit, multique multa que opinione magis quam veritate preciperent crebrisque horum diceptationibus actum est. ut dubietatibus hinc inde emersis secte quamplurime discrepantesque sententie promulgentur. Quo fit ut illud publii verum efficiatur. vt nimium alterando nonnunque veritas amittatur verissimumque quod dictissimus varro scribit. nulla esse egrorum insomma tam dissona tamque varia que aliquorum philosophorum sententie non existant. ex quo latum est. quot homines totidem extare sententias. Aristotiles uero cuius ingenium omnes pariter admirantur qui vulgo philosophus nominatur. rectiori ut mihi uidetur via noticiam veritatis edocuit, cuncta probabiliter complectendo. Enim uero pythagoras suique discipuli Gorgias item Leontinus Socrates Theophrastus Democritus ceterique Sequaces pleraque uti possibilia sed probatione ambigua reliquerunt.“ 26 Vgl. Ferra 2005, 443 – 444. 27 Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 132v : „Platonis Ciceronisque libros, quos ambo de Re publica conscripsere, in hoc dixit diferre Macrobius somnii commentator Scipionis, quod plato Rem publicam ordinavit, quo ordine tractandam esse cen-

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Desiderat an sich steht also nicht von Anfang an im Vordergrund. Vielmehr weiß Uberto aus der berlieferung, dass Ciceros Republik, dessen Verlust den Humanisten unertrglich erschien,28 eine Nachahmung des Platonschen Klassikers sein musste. Und weil die eigentlich herbeigesehnte Staatskonzeption Ciceros verschollen blieb, musste der literarisch Gebildete den gleichen Umweg wie sein Vorbild nehmen und aus der Quelle schçpfen, d. h. Platon lesen, imitieren und – wie Macrobius tradiert29 – gemß den von Alters her berkommenen Institutionen auf ciceronianische Weise von abstrakten Wunschvorstellungen zu glaubhafter, wirklichkeitsgemßer Theorie umwandeln. Dass Uberto fast zwei Jahrzehnte nach seiner bersetzung eine eigene Abhandlung De re publica vorlegt, erscheint somit als konsequente Kulturleistung. Aristoteles und Cicero sind seine Gewhrsmnner, dass er sich auf dem richtigen Weg, der phylosophica via befindet, wenn er sich dabei von Platon entfernt.

seret. Cicero autem qualiter a maioribus foret instituta disseruit. Hoc quidem vnus decem, sex vero reliquus distinxit operibus. In quo autem platonem cicero fuerit imitatus, quidque operi suo addiderit correxerit vel mutaverit, maioribus nostris grece latineque lingue doctis esse poterat non ambigo manifestum. nunc vero hisque temporibus penitus est ignotum. Siue enim scriptorum inopia atque desidia. seu latine lingue copia fortassis atque splendore, grece discipline peritia paulatim desierit. platonis volumina nisi alicuius ingenio translata visa sint, quod edquidem me antehac vidisse aut audisse non memini. neque legi. neque nostris oculis subici potuere. Que si etiam videri potuissent, non supererat tamen de Ciceronis operibus iudicare. que, quod ad rem spectat politicam, somnii Scipionis particula excepta multo iam exacto tempore periere. Nostra autem nunc primum etate fiet platonis politica manifesta opere atque industria viri conspicui atque eruditissimi Emanuelis chrysolore. meique in grecis litteris preceptoris celeberrimi.“ 28 Zur Bedeutung der cicerionianischen Schriften fr den Humanismus s. Regg 1983, 2063 – 2072. Ciceros De Republica wurde erst 1819 wieder entdeckt und war bis dahin nur durch die berlieferung einiger Exzerpte sowie aus dem ausfhrlichen Kommentar Macrobius’ zum im Original im zehnten Buch enthaltenen ‘Somnium Scipionis’ bekannt; s. George 1989, xxv; Bchner 1988, 382. 29 Comm. in Somn. Scip., I,1 – 2: „Inter Platonis et Ciceronis libros, quos de re publica uterque constituit, Eustachi fili, vitae mihi dulcedo pariter et gloria, hoc interesse prima fronte perspeximus, quod ille rem publicam ordinavit, hic rettulit; alter qualis esse deberet, alter qualis esset a maioribus instituta disseruit. in hoc tamen vel maxime operis similitudinem servavit imitatio quod, cum Plato in voluminis conclusione a quodam vitae reddito, quam reliquisse videbatur, indicari faciat qui sit exutarum corporibus status animarum, adiecta quadam sphaerarum vel siderum non otiosa descriptione, rerum facies non dissimilia significans a Tulliano Scipione per quietem sibi ingesta narratur.“ (Macrobius 1970, 1 – 2).

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Sehr oft verwendet Decembrio bei der Umschreibung seiner Unternehmung den Begriff imitari: So hat etwa Cicero Platon imitiert, Uberto imitiert ihn ebenso, sie alle aber gelangen zu gnzlich anderen Staatsentwrfen. Haben sie vielleicht einen Fehler bei ihrer Nachahmung begangen, etwa weil sie – wie Uberto unterstellt wird – die platonische Philosophie nicht verstanden hatten? Eine solche Behauptung hieße zu vernachlssigen, wie folgenreich Petrarcas Definition der imitatio fr seine Epigonen war. In seinem Brief an Tommaso Caloiro greift er das Gleichnis Senecas auf, man solle „die Bienen bei ihrem Sammeln nachahmen; sie tragen die besuchten Blten nicht als solche mit sich fort, sondern verfertigen daraus Wachs und Honig in einer wunderbaren Mischung.“30 Petrarca rt, es mit den Schriftstellern ebenso zu halten „und in ihnen die reichsten und schçnsten Gedanken heraussuchen und auch rings um weiße Lilien [zu] schwrmen.“31 Dabei sei es aber wichtig, die gesammelten Gedanken durch die eigene Leistung zu verwandeln, auf „dass bei Dir nichts auf lngere Zeit so verbleibe, wie Du es gepflckt hast. Denn nur damit verdienen die Bienen sich Lob, dass sie alles Gesammelte ins Bessere verwandeln.“32 Diese doch recht freie Nachahmung intendiert nicht die mçglichst genaue Rekonstruktion der Quelle, sondern richtet den Blick vielmehr auf die Tauglichkeit eben dieses Vorbilds, kreativ verarbeitet zu werden.33 Ist Petrarca fr das Verstndnis des Werkes Ubertos wichtig? Zur Beantwortung dieser Frage sei nun endlich auf die brigen Texte verwiesen, die in der hier untersuchten Handschrift gesammelt sind. Der Mailnder Codex Ambros. B 123 sup. vereint eine Sammlung unterschiedlicher Texte, die zu einem großen Teil von Uberto Decembrio stammen und von seinem Sohn Pier Candido in mehreren Phasen zusammengestellt wurden.34 In dem Konvolut befinden sich: die Bcher eins bis sieben und ein Teil des 17. Buchs der Res seniles Petrarcas (ff. 1r – 74v), welche Uberto selbst kopiert 30 31 32 33

Fam. I,8,2; bersetzung v. Berthe Widmer in: Petrarca 2005, 43. Fam. I,8,19; ebd., 45. Fam. I,8,23 – 24; ebd., 46. Form und Wirkprinzip der petrarkischen Imitation beleuchten u. a. Gmelin 1932, 98 – 173; Kessler 1978, 73 – 76; Suerbaum 2005, 26 – 29; Huss / Regn 2007, 178 – 192. 34 Nach Zanella 1962, 89, wurden die Werke 1459 in einem „clima di polemica col Cassarino“ (der da allerdings bereits 12 Jahre tot ist) von Pier Candido Decembrio zusammengestellt. Bottoni 1984, 76 – 79, erkennt zwei Phasen (1427 – 1430 und ca. 1459) und gibt die Arbeitsschritte bei der Zusammenstellung sowie Kommentierung der Texte wieder.

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hat,35 ein ‘Epitaphium Uberti Decembrij P. Candidi patris (f. 79r)’, die Bcher ‘de republica’ von Uberto (ff. 80r – 103r), desselben ‘moralis philosophiae dialogi duo’ (ff. 104r – 117v), ‘Uberti Decembrij ad Modestum filium de modestia liber’ (ff. 120r – 125v), ‘Eiusdem ad P. Candidum filium de candore liber (ff. 126r – 130r)’, ‘Uberti Decembrij traductio librorum Platonis de republica’ (ff. 132v – 215v), ‘Eiusdem epistolae’ (ff. 216v – 237r), d. h. Briefe von und an Uberto Decembrio, sowie einige andere Stcke mehr, die alle mit Uberto oder seinen Sçhnen Pier Candido und Modesto zu tun haben. Es lohnt sich, diese Werke ein wenig genauer zu betrachten, soweit sie fr die vorliegende Fragestellung relevant erscheinen. Das Epistolarium Petrarcas in dieser Handschrift ist reich annotiert und beweist ein reges Interesse des Rezipienten – wie auch Petrarcas selbst – an den Dikta der antiken Autoritten. Diese werden von Petrarca als Zeugen herangezogen, um eine im Brief zu formulierende Erkenntnis zu untermauern. Wichtig ist jedoch, dass der Autor sich zuvor natrlich all der Blten bedienen konnte, um dann zu einer berzeugenden, eigenen Denkleistung zu gelangen. Petrarca fhrt also seine ‘bienenfleißige’ Ttigkeit in ungefhr jedem Brief selbst vor. Hierbei hlt er sich an dieselben Geistesgrçßen – Dichter, Philosophen, Staatsmnner –, die auch fr Ubertos eigene Werke eine essentielle Rolle spielen. Zur exemplarischen Verdeutlichung sei eine Stelle im ersten Brief im zweiten Buch der Res seniles erwhnt. Petrarca will erklren, dass auch Heiden, vor allem die antiken Philosophen und Poeten, ein Bewusstsein der eigenen Snden gehabt und in diesem gewissenhaften, zur Nachahmung zu empfehlenden Status gelebt haben. Er zitiert dabei nicht nur Cicero, Terenz, Cato und Seneca, sondern auch und vor allem den lustvollsten (lascivissimus) Dichter, nmlich Ovid, sowie den schlpfrigsten (levissimus) Philosophen, nmlich Epikur, um gleich darauf Salomon und David zu Wort kommen zu lassen; und das alles, um zu zeigen, dass sich diese hçchst unterschiedlichen, aber allesamt weisen Mnner in dieser Hinsicht einig seien.36 brigens bezieht 35 Bottoni 1984, 76. 36 Sen. II,1,113 – 123, in: Petrarca 2006, 124 – 126: „Potest errorem ac peccatum suum recognoscere et perinde erubescere ac dolere homo etiam non cristianus, fructu quidem impari, penitentia autem pari. Quod nisi sic esset, nunquam in ‘Phormione’ terentianus hoc diceret adolescens: ‘Egomet me novi et peccatum meum’. Quod si sospes atque integer fatetur, quid egrotum posita ante oculos morte facturum credimus? De qua rursum cognitione et confessione ac penitentia peccati opereprecium est non quid Anaxagoras aut Cleantes seu ex nostris Cato vel Cicero, sed quid lascivissimus poetarum Naso quid ve philosophorum, ut perhibent, levissimus Epycurus senserit audire. Ille enim ait: ‘penitet, o siquid mi-

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sich Petrarca an anderer Stelle beilufig auf Cicero, indem er eine Phrase des Rçmers wiedergibt, welche dieser als junger Mann im sechsten Buch seiner Republik verçffentlicht, im Alter aber nichtsdestotrotz in den Tusculanen erneuert habe.37 Er erzeugt so die Zusammenfhrung einer Vielzahl diverser Stimmen, aus deren intellektuellem Bltenstaub mittels des eigenen Denkens der Honig der Weisheit zu generieren sei. Ciceros De republica ist auch eine solche Blte, die es mçglichst anzufliegen gelte. Und indem Petrarca diesen Weg çffentlich sichtbar beschreitet und die selbstndig entwickelten Resultate auch als Eigenes prsentiert, empfiehlt er sich selbst als neues Vorbild zur imitatio. 38 Unter zahllosen Nachfolgern greift unter anderen auch Uberto Decembrio diese Empfehlung gerne auf. Der Mailnder orientiert sich bei der Komposition seiner Briefe, die gleichzeitig privaten, staatsmnnischen und philosophischen Charakter haben und an seine Freunde und seine Sçhne adressiert sind, deutlich an Petrarca. Auch ihm ist daran gelegen, viele Autoritten bei der Erçrterung einer im praktischen Leben relevanten Frage ins Feld zu fhren und seine Gelehrsamkeit und Umsicht unter Beweis zu stellen. Auf die Episteln ausfhrlich einzugehen bleibt zwar einer anderen Arbeit vorbehalten, genauso wie die detaillierte Auseinandersetserorum creditur ulli, penitet et facto torqueor ipse meo.’ Iste autem ‘Initium’ inquit ‘est salutis notitia peccati’. Quod verbum non immerito Senece video placuisse. Itaque illud excutiens ‘Qui peccare’ ait ‘se nescit corrigi non vult; deprehendas te oportet antequam emendes’. Et post statim ‘Ideo’ inquit ‘quantum potes te ipse coargue, inquire in te, accusatoris primum partibus fungere’. Quid hic tibi aliud dicere videtur quam quod in ‘Proverbiis’ Salomon: ‘Iustus prior est accusator sui’? Aut quid aliud Seneca idem ad Lucilium ubi ait: ‘Somnium narrare vigilantis est et vitia sua confiteri sanitatis indicium est’, quam quod in psalmo David: ‘Dixi: confitebor adversum me iniustitiam meam Domino’ (en confessio) ‘et tu remisisti impietatem peccati mei’ (en sanitas confitentis)? Quamvis ergo cui et qualiter confitendum sit nemo nisi cristianus noverit, tamen peccati notitia et conscientie stimulus, penitentia et confessio comunia sunt omnium ratione pollentium.“ Die Passage findet sich in der vorliegenden Handschrift auf Seite 13r. 37 Sen. I,5,51 – 52, in: Petrarca 2006, 66: „Quamvis igitur hec, ut dixi, ab ingentibus viris disputata atque firmata sint, sic ut non tantum rationibus sed autoritate etiam premant sua, non alienum fuerit fortasse quid de his ipsis alii senserint audire. Sunt autem duo hec: unum, quod hec nostra que dicitur vita mors est. Hoc iuvenis Cicero ‘Reipublice’ libro scripsit; idem senex ‘Tusculanarum questionum’ prima luce repetiit.“ s. Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 5r. 38 Zur Verwendung von ‘exempla’ durch Petrarca sowie dessen eigene Vorbildfunktion s. Ebbersmeyer 2006, 355 – 374. Fr ein weiteres Beispiel der beschriebenen Vorgehensweise Petrarcas in den Seniles vgl. die ausfhrliche Analyse des zweiten Briefes im fnften Buch bei Bert 1998, 26 – 31.

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zung mit den ‘moralphilosophischen Dialogen’. Ein besonderes Merkmal sei aber doch kurz herausgegriffen: In einem dieser Dialoge legt der Hauptredner – natrlich ‘Ubertus’ selbst – die Lehrmeinungen verschiedener Philosophen und deren Schulen ber das hçchste Gut dar. Dabei hlt er sich im Großen und Ganzen an das, was er bei Cicero in De finibus bonorum et malorum findet. Hinsichtlich der Bewertung Epikurs, dessen hçchstes Gut auch Uberto als „voluptas“ einfhrt, weicht er aber deutlich von Ciceros negativer Meinung ab. Zunchst wird der Lustbegriff Epikurs ein wenig genauer erlutert, wobei die materielle bzw. kçrperliche Enthaltsamkeit in den Vordergrund rckt, dann wird berichtet, Seneca habe Epikurs Sentenzen gerne in seine Briefe eingefgt, damit er imitiert werde, wohl – so Ubertos vermeintlich eigene Schlussfolgerung (opinionem meam) – weil Epikur ein solcher Freund der Armut und des einfachen Lebens gewesen sei.39 Diese nchterne Wrdigung Epikurs ist zwar nichts Neues,40 aber doch insofern bemerkenswert, als sie die Methode Ubertos demonstriert, die Pluralitt der Quellen zu sehen und deren Dissens auszuhalten. Diesen nimmt er als der Philosophie eigentmlich hin.41 Seine Vorgehensweise aber erlaubt es ihm, mit Epikur eine philosophische Figur zu rehabilitieren, deren Stimme – wie vorher gesehen – bereits fr Petrarca nicht unerheblich war. Die zweite geschmhte Gestalt, der lascivissimus Ovid, den ja Boccaccio zu den verzichtbaren Dichternaturen gezhlt hatte, findet ber einen anderen Kunstgriff Ubertos Eingang in den Reigen der Autoritten, wie ihn Petrarca in den Seniles auftreten lsst. Im Prolog des ersten Buches der decembrischen Republik richtet der Verfasser seine Worte an den Herzog Filippo Maria Visconti, und es ist kaum verwunderlich, dass gleich in den 39 Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 108r : „quam enim uoluptatem corpori tradidit Epicurus quam morte cruciatibusque contemptis et pro nihilo habitis, pane aqua et crudis oleribus auidum corpus nutrit. […] non est mirum Si Seneca licet, Stoicos imitetur Epicuri sententias epistulis suis libenter interserat, quem amatorem noverat paupertatis, ut opinionem igitur meam de hoc viro prestantissimo sentiatis persuadeo mihi frugalitatem quomaxime et temperantissimum viuendi ordinem coluisse.“ 40 Uberto kçnnte die Anordnung der von ihm knapp gehaltenen Informationen z. B. in den in ebenso konziser Weise und hnlichen Worten prsentierten Ausfhrungen zu Epikurs Leben und Lehre bei Pseudo-Burley oder Vinzenz von Beauvais gelesen haben; vgl. (pseudo)-Burlaeus 1886, 272 – 278; Bellovacensis 1965, 127 – 128. 41 Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 108r : „Quibus omnibus circumspectis, uidemus opiniones verbis tam uariis exphratas [sic] multo magis ut diximus uarietate uerborum quam rerum sententia discrepare.“

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ersten Zeilen ein Lob auf die Herzogsstadt Mailand deklamiert wird. Diese sei Herrscherin und Spiegel ganz Liguriens, und zwar schon seit den Zeiten der Altvorderen. In ihr habe das Studium der freien Knste, der Philosophie und aller gçttlichen und menschlichen Weisheit ihre gefeierte Heimstatt gehabt, und es gelangten in ihr die großen Redner, Philosophen und die berhmtesten Dichter zur Blte ihres Schaffens, wenn man der tradierten Geschichte Glauben schenken wolle. Uberto benennt den Kreis dieser illustren Mnner ziemlich eindeutig: gemeint sind Vergil, Catull, Ovid und Augustinus.42 Ausgerechnet zwei der drei von Giovanni Boccaccio getadelten Dichter finden sich in der Ehrenriege der Heimatstadt Uberto Decembrios wieder. Das ist keineswegs inkonsequent, denn obwohl Uberto der Argumentation Boccaccios hinsichtlich der Bewertung der Poeten – wie oben gezeigt – ziemlich nahe steht und ebenfalls ber die Entfernung der jugendgefhrdenden Dichtung nachdenkt, vermeidet er es doch stets, konkret zu werden und die unerwnschten Verseschreiber zu benennen. Ovid jedenfalls wird, wie zuvor schon Epikur, einer rehabilitierenden Maßnahme unterzogen, so dass beide schlussendlich in keinem Widerspruch zu ihrer Anerkennung, wie sie ihnen durch Petrarca zuteil wird, stehen mssen. Der Hintergrund der kultur- wie machtpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Florenz und Mailand mag fr Ubertos Konstruktion der ligurischen rhetorico-philosophico-poetica familia durchaus eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben, wenngleich in dem hier vorgestellten Zusammenhang eine individuellere Interpretation denkbar wre (die der politisch-polemischen Erklrung aber nicht widersprechen muss). In der Handschrift Ambros. B 123 sup. ist neben besagter Stelle die prgnante Aussage an den Rand gesetzt, dass Mailand auch von Francesco Petrarca das Haupt Liguriens genannt worden sei.43 Die entsprechende Textstelle findet sich in den Res seniles (Sen. III,1,69),44 und sie ist natrlich auch in 42 Ebd., 80r : „Maiorum nostrorum temporibus et etate nostra, hec urbs Mediolani ligurie totius dominatrix et speculum. […] fuit olim in hac urbe liberalium artium et phylosophie, totiusque divine ac humane Sapientie studium celeberrimum si antique fidem damus hystorie, in quo magni rhetores phylosophi et poete famosissimi floruerunt. Virgilius maxime mantuanus, Catulus veronensis et pelignus Naso, Ambrosiique temporibus Aurelius Augustinus.“ 43 Ebd. 80r, Marg.: „Mediolanum ligurie caput a francesco petrarca etiam appellata.“ 44 Petrarca 2006, 192: „Mediolanum, urbem Ligurum caput ac metropolim, usque ad invidiam hactenus horum nesciam laborum et celi salubritate ac clementia et populi frequentia gloriantem, sexagesimusprimus annus et vacuam fecit et squalidam.“

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demselben Codex auf Seite 22r zu lesen, wo die Passage durch eine Annotation hervorgehoben ist: „Mediolanum Ligurum caput.“ Die zuvor gelobten altrçmischen Autoritten verbindet nach der im Vorwort artikulierten Ansicht Ubertos ihr produktives Wirken in Mailand. Auch Petrarca kann dazugerechnet werden, wobei es nicht notwendig erscheint, ihn durch ausdrckliche Erwhnung in den Text mit aufzunehmen. Der paratextuelle Hinweis gengt, dem Leser den Vorschlag zu machen, im selben Band selbstndig auf die Suche nach Petrarcas Aussagen zu gehen und der so konstruierten Geistesgemeinschaft auf ligurischem Grund ansichtig zu werden. Hatte Uberto also schon dem Stil nach unverdeckte Anleihen bei Petrarca gemacht, so prsentiert er sich selbst nun vollends (und dies wiederum im Sinne Petrarcas) als derjenige, der in die Fußstapfen der ruhmreichen Mailnder Geschichte zu treten gedenkt.45 Die gesammelten Texte der Handschrift Ambros. B 123 sup. verfolgen ganz offensichtlich das Ziel, Uberto Decembrios kulturelles und intellektuelles Schaffen so zu inszenieren, dass das Bild des humanistischen Weisheitssuchers entsteht, wie es Petrarca als sein Vorbild definiert hat.46 Die einzigen Schriften in diesem Codex, welche nicht in direktem Zusammenhang mit Uberto stehen, sind ja eben die kopierten Res seniles, und diese befinden sich quasi programmatisch am Anfang. Durch die Ausfhrungen in den brigen Texten legt der Mailnder recht deutlich an den Tag, wie sehr ihm an der Imitation seines großen Vorgngers gelegen ist. Uberto wird als Schreiber politischer und philosophischer Briefe und Dialoge sowie als bersetzer profiliert, sogar Verse werden von ihm berliefert (s. unten). Dichter und Philosophen werden im decembrischen Werk auf eine Art und Weise behandelt, wie sie Petrarca in seinen Briefen kultiviert hat. Und das bedeutet auch, dass Uberto Decembrio kein vorrangiges Interesse daran hat, als Platoniker zu gelten – auch das kann als eine Anlehnung an Petrarca angesehen werden.47 Whrend seine Zeitgenossen irritiert auf die in der Respublica kolportierten Philosopheme Platons reagieren, von denen sie nun dem

45 Weitere Belegstellen fr Uberto Decembrios Beeinflussung durch Petrarca liefern Ferra 2005, 445, und Mugnai Carrara 2005, 214 – 217, 224. 46 Zanellas Bemerkung, Pier Candido konstruiere „un’assurda amicizia del padre col poeta aretino“ (Zanella 1962, 94) kann nach den vorgetragenen Argumenten nicht mehr zugestimmt werden. 47 Dass Petrarca der pulcerrima philosophia Homers den Vorzug vor Platon gibt, zeigt Ricklin 2008a, 41 – 62.

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Wortlaut nach unterrichtet sind,48 kann Uberto Decembrio angesichts der textuellen Komposition innerhalb der den Autographen berliefernden Handschrift auf seine philosophische Unabhngigkeit verweisen. Wo immer er in seinen Schriften auf den Vorgang des imitari zu sprechen kommt – und das tut er, wie gezeigt, hufig – ist dieser stets positiv konnotiert. Uberto kann also ohne Weiteres die verchtlichen Ausfhrungen des platonischen Sokrates ber den weit von der Wahrheit entfernten ‘nachahmenden Dichter’ und dessen unheilvolle Allianz mit der ‘lustvollen Muse’ (Platon: Bdusl´mg LoOsa ; Chrysoloras / Decembrio: voluptuosa musa), die den niederen Seelenteil der Zuhçrer bediene und dadurch die vernnftige Seele schwche (Rep., 606d–607b), wiedergeben, ohne etwas verheimlichen oder zensieren zu mssen.49 Der bersetzer selbst wird denn auch als hçchst imitativer Autor inszeniert, der sich an andere, ‘unplatonische’ poeto-philosophische Konzepte hlt, welche es ihm wiederum ermçglichen, die Dichter in einer nie konkret eingegrenzten Breite als Vorbilder zu verehren (und dabei sogar den in den Genealogie deorum zumindest offiziell empfohlenen Kanon zu sprengen). Platon ist fr ihn eine ehrenwerte Quelle – aber auch nicht mehr. Diese Quelle nun bersetzt zu haben, um aus ihr schçpfen zu wollen, auf diese Weise gleichzeitig Cicero nachzuahmen (dem Uberto intellektuell viel nher steht), war ja auch sein im Vorwort zur bersetzung ausdrcklich erklrtes Ziel, welches in der Handschrift in bemerkenswerter Weise zustzlich noch in poetischer Form dargestellt wird.50 48 Vgl. z. B. Leonardo Brunis Schmhung platonischer Moralvorstellungen in der Vita Aristotelis (Bruni Aretino 1928, 45) oder Giovanni Dominicis Verspottung der Dichterapologie Boccaccios, nachdem er die Worte Platons selbst kennengelernt hatte (Ricklin 2008a, 61 – 62). Weitere, hnliche Beispiele bei Rabassini 2005, 418 – 420. 49 Decembrio / Chrysoloras bersetzen: „de venereis igitur et iracundia, ac omnibus appetibilibus et dolorosis et uoluptuosis in anima, quae omnes nostrum actum sequi dicimus, imitatio in nobis operatur poetica. […] conveniet concedere que homerum ualde esse poeticum et tragedorum summum. Si vero uoluptuosam musam in canticis et carminibus acceptauis, Voluptas et dolor pro lege et pro illo quod semper optimum uisum est, nonne uidelicet, in ciuitate regabunt. Verissime inquit. Hec igitur nobis inquam dicta sint, ex quo fuimus de poetica recordati. Quod conuenienter tunc equidem ipsam ex tam ciuitatem silicet mittebamus.“ (Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 211r.) Das zehnte Buch der platonischen Respublica leiten sie mit folgendem ‘argumentum’ ein: „Incipit decimus feliciter, in quo Socrates disputat contra Poetas, Pictoresque et omnes Imittatiuos, probans ipsos nimium a ueritate discedere. […]“ (Ebd., 207r). 50 Ms. Milano, Ambros. B 123 sup., 132v ; (davor publiziert u. a. bei Garin 1955, 341):

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Dieser Zusammenhang kann nach den Hinweisen zum frhhumanistischen, von Boccaccio und Petrarca geprgten Philosophieverstndnis nun nicht mehr verwundern. Petrarca hatte in den Seniles die Republik Ciceros, die ja nicht unmittelbar greifbar war, als Weisheitsquelle vorgefhrt. Nicht zuletzt wird sein poetisches Meisterstck Africa vom Autor selbst unverhohlen als Imitation des ciceronianischen Somnium Scipionis prsentiert,51 welcher die (Platon imitierende) Abschlusserzhlung der Respublica ist. Wenn man nun also die Aussagen des Macrobius mit einbezieht und schlussfolgert, dass man zur Generierung eines dem Geiste Ciceros entsprechenden literarischen Staates aus Platons Quelle trinken msse, wird die ganze Unternehmung Uberto Decembrios, mit der eigenen Respublica eine stolze Imitation vorzulegen, hçchst plausibel. Betrachtet man nun die in der Handschrift Ambros. B 123 sup. gesammelten vermeintlichen Paratexte in einer Gesamtschau, stellt sich die Republik Ubertos nicht mehr als Schutzmntelchen zur Sicherung der moralischen Integritt des Verfassers dar. Um im Bilde zu bleiben, kann man behaupten, Uberto Decembrio lege sich mit den vorgestellten Schriften ein wrdevolles, mit vielfltigen Mustern und Farben verziertes Weisheitskleid an, in dem die bersetzung Platons zwar ein wichtiges, aber beileibe nicht das essentielle Teilstck ist. Eine Kritik, die willkrlich Fetzen aus diesem Gewand reißt, um sie gesondert zu analysieren und dem Autoren dann mangelndes Platonverstndnis vorzuwerfen, kann ihr Ziel so nur verfehlen. Denn der faktische Paratext fhrt vor Augen, dass die authentizittsheischende Rekonstruktion des Gedankengebudes eines einzigen Philosophen, welche aus humanistischer Sicht immer eine Beschneidung des kulturellen Reichtums bedeutet, nie den Intentionen Uberto Decembrios entsprochen hatte. VERSUS EDITI AB UBERTO DECEMBRIO VIRO GRECUS LATINISQUE LITTERIS ERUDITISSIMO IN TRADUCTIONE LIBRORUM PLATONIS DE RE PUBLICA. QUAM NERVIO QUIDAM ANTONIUS CASSARINUS NIXUS EST REDARGUERE QUADAM SICULA LOQUACITATE SUA. Postquam nulla libros concessa licentia nobis, Cernere politicos ciceronis Lege notatos. Platonis speculemur opus: quo fonte bibisse Tullius asseritur: latio sermone relatum. Principio pater alme tuum, pie christe juuamen Esse velis: dextramque meo suppone labori. Zu der in der berschrift angesprochenen Fehde mit Antonio Cassarino s. u. 51 Siehe Huss / Regn 2007, 180 – 185.

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3. Antonio Cassarino: Platons Leben vs. Platons Lehre Pier Candido Decembrio (1399 – 1477) zeichnet nicht nur fr die Ausgestaltung des Codex mit den gesammelten Schriften seines Vaters Uberto verantwortlich, sondern er unternimmt Ende der 1430er Jahre auch eine neue bersetzung der Respublica. 52 Davor und danach ist er viel damit beschftigt, sowohl die bersetzung Ubertos zu rechtfertigen als auch Platons Lehre selbst zu verteidigen. Der jngere Decembrio legt sehr viel Wert darauf, bei den Rezipienten eine seriçse, wertschtzende Haltung gegenber dem nun anrchigen Text zu erzeugen: Er verfasst Begleitbriefe, liefert ein Vorwort, leitet die einzelnen Bcher mit Argumenta ein, gliedert die Sinnabschnitte in Kapitel und versieht diese mit berschriften. Darber hinaus annotiert er seine eigenen Manuskripte wie auch diejenigen, welche die bersetzung seines Vaters und Chrysoloras’ enthalten, um sie danach an befreundete Humanisten weiterzugeben.53 Die vorliegende Untersuchung fokussiert nun aber nicht auf diese Art Paratexte, sondern konzentriert sich auf die Dichtervertreibung und die Verhandlungen darber, wie sie in den Mitberlieferungen tradiert sind und in der Einleitung als ‘faktische Paratexte’ definiert wurden. Zwar produziert Pier Candido Decembrio eine Flle von Epitexten zur platonischen Republik, die hier relevant sein kçnnten – so wird der umfangreiche Briefwechsel des Mailnder bersetzers mit Duke Humphrey of Gloucester und Francesco Pizolpasso, in denen Decembrio Stellung bezieht, tatschlich oft mit berliefert.54 Was etwa die moralischen Bedenken betrifft, so verteidigt er insbesondere die Gter- und Frauengemeinschaft, indem er eine missverstndliche Lektre auf Seiten der Kritiker suggeriert und die wahre Intention Platons in die Nhe der frhen Kirche rckt.55 Allerdings wird die Dichterproblematik in Decembrios Textstcken kaum angesprochen. Den Grund fr diese Zurckhaltung kennen wir nicht.56 Interessanter als 52 Hankins 1994, 117 – 153; Resta 1959, 256 – 257. 53 Die genannten Paratexte sind grçßtenteils bei Hankins 1994, 527 – 577, ediert. Vgl. dazu dessen Ausfhrungen ebd., 132 – 135. 54 So z. B. in der Brixener Kopie des Nikolaus von Cues, s. Santinello 1969, 118 – 119. Hankins 1994, 669 – 737 liefert eine Zusammenstellung aller Handschriften der lateinischen Respublica mitsamt Hinweisen zur Autorschaft vorhandener Marginalien sowie zur Mitberlieferung der Vorworte und ‘letters of transmission’ Pier Candido Decembrios. 55 Siehe Hankins 1994, 151 – 153. 56 James Hankins’ Spekulation weist in eine interessante Richtung, wenn er berlegt: „The fact that Decembrio’s chief opponents were poets may help explain his relative

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die Platonapologetik Decembrios sind jedoch dessen Querelen mit seinen Rivalen, den beiden gebrtigen Sizilianern Antonio Beccadelli, genannt Panormita, und Antonio Cassarino.57 Panormita (1394 – 1471) provoziert mit seinem Erstlingswerk Hermaphroditus, das 1425 erscheint, aufgrund der in ihm enthaltenen explizit pornographischen Lyrik im Laufe der nachfolgenden Jahre heftige Konflikte, in denen sich vor allem seine Gegner Lorenzo Valla und Antonio da Rho lautstark zu Wort melden. Cosimo de Medici gewidmet, findet die Sammlung lasziver Verse zunchst wohlwollende Aufnahme etwa bei Guarino Veronese und Poggio Bracciolini, die der von Panormita prtendierten Anlehnung an antike Klassiker durchaus eine gewisse Legitimitt einrumen. Dennoch gibt Poggio dem jungen Poeten die Einschtzung mit auf den Weg, dass der Hermaphrodit zwar ein vergngliches Werk sei, dass Panormita sich aber in Zukunft wohl besser ernsteren Dingen zuwenden solle. Vergil habe sich ja auch mit zunehmender Reife von seinen jugendlichen Spielereien in den Priapeia entfernt. Und berhaupt sei dasselbe Verhalten nicht gleichzeitig schicklich fr Christen und diejenigen, welche Gott nicht kannten.58 Panormita antwortet, dass sich lack of embarrassment at Plato’s attacks on poetry in the ‘Republic’.“ (Ebd., 129, Fn. 42.) Diese Vermutung bleibt aber nichtsdestotrotz holzschnittartig, denn man muss Pier Candido Decembrio mit Sicherheit ebenfalls zu den Dichtern zhlen, schließlich hat er sich nicht nur so sehr fr Homer interessiert, dass er diesen – neben anderen griechischen Versen etwa von Pindar und Aischylos – bersetzt hat (eine Leseprobe gibt Fabiano 1949, 50 – 51), sondern er verfasste neben einer Vita Homeri noch Biographien von Vergil, Ovid und Juvenal und dichtete selbst eine Vielzahl von Epigrammen, metrischen Episteln und sogar italienischen ‘carmina’. (Eine Werkliste liefert Zaccaria 1956, 65 – 74.) Viel wahrscheinlicher ist, dass die Poesie eine Arena markiert, wo Decembrio seinen Platon, den er sonst gegen Anfeindungen aller Art verteidigt, durch sorgsames Schweigen lieber aus einem von vornherein nicht zu gewinnenden Kampf heraushlt (was aber auch noch zu beweisen wre). 57 Zu den Rivalitten s. Resta 1959, 268 – 269; Hankins 1994, 131 – 134; Parker 2010, xiii; s. a. oben Anm. 8. 58 Die Briefe Guarinos und Poggios sowie die Antwort Panormitas sind kritisch ediert von Donatella Coppini (Panormita 1990, 145 – 159). Poggios Ratschlag ebd., 149: „Laudo igitur doctrinam tuam, iocunditatem carminis, iocos ac sales tibique gratias ago, pro portiuncula mea, qui latinas musas, quae iam diu nimium dormierunt, a somno excitas. Pro caritate tamen qua omnes debitores sumus omnibus, unum est quod te monere et debeo et volo, ut scilicet deinceps graviora quaedam mediteris; haec enim quae adhuc edidisti vel aetati concedi possunt vel licentiae iocandi: ita et Virgilius adolescens lusit in ‘Priapeia’ et multi praeterea qui post lascivos versus severioribus vacarunt; ut enim Terentius noster refert, ‘haec aetas aliam vitam, alios mores postulat’. Itaque tuum est iam missam facere lasciviam et

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sein Stil und seine Inhalte stets an den grçßten Dichtern der Antike orientierten, nmlich Catull, Properz, Juvenal, Martial, Ovid und anderen. Er gibt damit darber Auskunft, wie er seine hçchstpersçnliche Antikenverehrung zu betreiben gedenkt. Und was die Ignoranz Gottes angeht, so kçnne man unbesorgt sein; schließlich biete ihm noch ein anderer Klassiker Anreiz zur Nachahmung: Denn es ist Tatsache, dass selbst der Frst der Philosophen, Platon (der zwar selbst kein Christ war, dem aber Gott dennoch nicht unbekannt war, sondern der vielmehr dem einen Gott diente und von Engeln und Dmonen sprach), fr die Knaben Aster, Alexis und Phaidros Verse schuf – und zwar neckische -, auch ber Dion von Syrakus. […] Hçre Platon, den allerliebsten Dichter; hçre, sage ich, den allerliebsten Dichter Platon: […]59

Es folgt ein lateinisches Epigramm, in dem Platon die zrtliche Zweisamkeit mit seinem ‘puellus’ feiert und das aus Aulus Gellius stammt (Noctes Att., XIX,11). Im Anschluss daran argumentiert Panormita, dass selbst der ‘verus philosophus’ Solon, ein ernster Mann und einer der Sieben Weisen, beraus laszive Verszeilen geschaffen habe, und neben ihm noch so gewichtige Philosophen wie Diogenes der Kyniker und der Stoiker Zenon.60 So will der Vertreter der ‘voluptuosa musa’ zustzliche Autoritten als

res serias describere, ne arguatur vita impura libelli obscenitate: scis enim non licere idem nobis, qui christiani sumus, quod olim poetis qui deum ignorabant.“ Zu der Beliebtheit der dem jungen Vergil zugeschriebenen ‘Priapeia’ in der Renaissance und weiteren Imitiationsversuchen anderer Humanisten s. O’Connor 1997, 990 – 991. 59 Panormita 1990, 152 – 153: „[…] libello autem quia in doctissimorum hominum manus tandem pervenerit, quos certus equidem eram minime reprehensuros fore lasciviam eius, quippe cum plurimos norint viros doctos, graves, sanctos, et graecos et nostros, talia scriptitasse, atque inter manus adhuc versari Catullum, Albium Tibullum, Propertium, Iunium Iuvenalem, Marcum Valerium Martialem, et prius Publium Virgilium, Publium Nasonem, poetas egregios et latinos, qui plerumque verba adeo nuda proferunt et dictu foeda ut haud scias scaenane magis an lupanari digna sint. Ego, vir humanissime, tot summos oratores, tot summos viros memoriae proditum comperio se hoc generis studio et oblectasse et exercuisse, ut ignorem mediusfidius qui se non oblectarint et exercuerint. Nam ipsum philosophorum principem, Platonem (non quidem christianum hominem, sed qui deum non ignoraverit, imo unum deum servaverit, ceteros vero angelos vel daemones dixerit), constat versus, et quidem petulantes, fecisse in Astera, in Alexim, in Phaedrum pueros, item et de Dione syracusano, […] tu lepidissimum poetam audi; audi, inquam, Platonem poetam lepidissimum: […].“ 60 Ebd., 153 – 154: „Solonem quoque et unum ex septem sapientibus habitum et severum virum et verum philosophum fuisse nemo est qui nesciat; attamen eum

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Zeugen der Legitimitt seiner Poesie anrufen, wohingegen in Wirklichkeit die von Boccaccio der Untauglichkeit bezichtigten ‘comici’ die entscheidende Messlatte Panormitas darstellen. In seiner Antwort auf diese Apologie weist Poggio den jungen Dichter, dem er alles andere als feindlich gesonnen ist, noch einmal in die Schranken: In einer ausfhrlichen Erçrterung ber den Anstand der Altvorderen, mit Cicero, Brutus und Cato als Exempla tugendhaften Verhaltens, wirft er Panormita vor, Dichter, Redner und Philosophen mutwillig auf Unanstndigkeiten zu verkrzen, wo doch gerade die Stoiker Vorschriften fr das gute Leben und das anstndige Sprechen tradiert htten. Platon aber, wie auch Cato oder Sokrates, sei trotz ihrer mitunter lssigeren Lebensfhrung die hçchste Weisheit und Autoritt eigen, weshalb man sich bloß nicht herausnehmen solle, sich mit ihnen zu vergleichen. Zwar habe Platon in seiner Jugend eine Komçdie geschrieben, die das zitierte Liebesgedicht enthalte und das tatschlich schlpfrig sei, jedoch sei die Liebe zu einem Knaben damals weder durch die Sitten noch durch die Gesetze geahndet worden. Die Art und Weise, wie Platon und andere solches thematisiert htten, sei keineswegs unanstndig gewesen.61 Poggios Ausfhrungen und Ermahnungen weisen darauf hin, dass Platon, solange er als Exemplum verstanden wurde, durchaus eine ambivalente Gestalt war, der man ehrfrchtig begegnen und als Quelle der Weisheit und Eloquenz preisen, aber sicher nicht bedingungslos folgen musste. Das war ja auch bei Uberto Decembrio zu beobachten, dessen Vorwort zur eigenen Respublica ungefhr zur gleichen Zeit entsteht wie Poggios brieflicher Ratschlag an Panormita. Ganz nchtern weist der Florentiner auf die andersartigen sozialen Gebruche hin, die zu Platons und der anderen antiken Geistesgrçßen Zeiten gegolten htten. Die Knabenliebe, die im 14. und zu Beginn des 15. Jahrhunderts zumindest dem Gesetz nach tatschlich als schweres

similiter versus lascivissimos edidisse palam est; item Diogenem cinicum, Zenonem stoicum, […].“ 61 Beccadelli 2010, 136: „Multa illos ingentes viros decuere quae nos dedecent. Si quid aliquando Catoni licuit, cuius legitur saepe mero caluisse virtus, aut Platoni aut Socrati summae sapientiae et auctoritatis viris, non itidem licet nobis, nulla auctoritate, sapientia, gloria, virtute praeditis. Scripsit adolescens comoediam Plato, in ea posuit versiculos quos refers, qui ita lascivi sunt, ut salva honestate et audiri possint et referri. Dixit in puerum, quod tum neque moribus neque legibus prohibebatur: hoc et multi fecere, tum ex Graecis, tum ex nostris, sed tamen ut scurrilitate vacarent.“

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Verbrechen geahndet wurde,62 wird in Poggios Augen somit der Nachahmungsfhigkeit beraubt (was wohl fr all die anderen Lustbarkeiten genauso gilt, die Panormita vor den Augen seiner Leser ausgebreitet hatte, fr die aber nicht unbedingt die Autoritt Platons hat Pate stehen mssen). Nun ist es aber so, dass Panormita die ostentative Bisexualitt seiner poetischen Vereinigung von Hermes und Aphrodite nicht nur in aller literarisch nur mçglichen Ausschweifung zelebriert,63 sondern in gewissem Maße selbst lebt. Obwohl zweimal verheiratet – natrlich jeweils mit einer Frau – und Vater zweier Kinder, hindert ihn das nicht daran, seine Liebhaber, Enrico da Napoli alias ‘Hylas’, und Tommaso Tebaldi, nach einem von Pindar besungenen Olympioniken ‘Ergoteles’ genannt, in der hçfischen Gesellschaft um sich zu haben.64 Fr letzteren schreibt Panormita ein Liebesgedicht,65 dessen Vorbild nun nicht mehr ausdrcklich genannt werden muss. Dem Hermaphroditus und seinem Verfasser sind in der Folgezeit noch heftige Auseinandersetzungen beschieden, deren Hçhepunkt Antonio da Rhos ‘Philippica in Antonium Panormitam’ (1431/ 1432), adressiert an Pier Candido Decembrio, darstellt. In dieser heftigen Invektive erinnert Antonio da Rho an die Platonsche Vertreibung der Dichter – wahrscheinlich seien die schndlichen gemeint – quasi als Feinde der rational geformten Stadt.66 Was die Imitierung antiker Laszivpoesie betrifft, so greift er die Mahnung Poggios auf, dass sich die Zeiten und 62 Dahm 1931, 439 – 443, fhrt die Statuten verschiedener italienischer Stdte (u. a. Mailand und Rom) an, wo Homosexualitt als ‘crimen sodomiticum’ oder ‘peccato sodomitico contra la natura’ mit der Hresie auf eine Stufe gestellt und wie diese mit dem Tod auf dem Scheiterhaufen, in Florenz seit 1325 mit dem Verlust der Geschlechtsteile bestraft wurde. 63 Das dritte Gedicht im ersten Buch des Hermaphroditus erklrt seinem Adressaten Cosimo, das Buch habe seinen Titel daher, weil es gleichzeitig ein weibliches und ein mnnliches Geschlechtsteil habe:“Si titulum nostri legisti, Cosme, libelli / marginibus primis, ‘Hermaphroditus’ erat. / Cunnus et est nostro, simul est et mentula, libro: / conveniens igitur quam bene nomen habet!“ (Panormita 1990, 12.) 64 Zu Panormitas Leben s. Parker 2010, viii–xxii; zu Ergoteles s. ebd., xi; Rutherford 2005, 34. Dass es sich bei Panormitas wiederkehrenden Beteuerungen, seine Dichtung sei von seinem Leben zu trennen, um einen schon von den antiken Poeten gerne gebrauchten Topos und somit um eine konsequente Imitationsbemhung des Sizilianers handelt, zeigt O’Connor 1997, 985 – 1010. 65 Panormita 2010, 165. 66 Raudensis 2005, 92: „Non Plato, cum ratione formaret qualis esse res publica deberet, tamquam adversarios ciuitatis, poetas – credo de turpibus dixerit – censuit urbe pellendos?“

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damit die Sitten gendert htten.67 Nach der nochmaligen Zitierung der anstçßigen Liebesverse Platons fordert da Rho, Panormita solle anstatt des irrenden und anzglichen Platon lieber den philosophierenden Platon nachahmen; doch Panormita sei ausweichend und wertlos. Schme der sich denn nicht, einen solch berhmten Philosophen mit dem Schaum und Speichel seines stinkenden, schmutzigen Mauls zu bedecken?68 Mindestens bis zum Jahr 1435 ist eine solche Scham nicht sehr augenfllig, denn bis dahin streitet der mittlerweile zum Hofdichter der Visconti aufgestiegene Lustpoet redegewandt fr seine Auffassung von vorbildlicher Imitation klassischer Grçße.69 Platon bietet sich Panormita dabei jedenfalls in mancher Hinsicht zur Nachahmung an. Interessanterweise hat Genette ein Beispiel aus neuerer Zeit (weil er sich der Renaissance ja kaum zuwendet) fr seine Vorstellung davon angefhrt, wie biographische Fakten als Paratext wirken (kçnnen). Interessant deshalb, weil es in besagtem Fall – es handelt sich um Proust – die halbjdische Abstammung und die Homosexualitt seien, die unweigerlich als Paratext zu thematisch nahestehenden Werkpassagen desselben Autors stnden.70 Die Vita Platonis muss in diesem Sinne als das entsprechende Pendant fr die Platon-bersetzungen der Renaissance angesehen werden. Die essentielle Textgrundlage hierfr ist das dritte Buch der Vitae philosophorum des Diogenes Laertios, die Ambrogio Traversari 1433 nach neunjhriger bersetzungsttigkeit in lateinischer Sprache Cosimo de Medici widmete, allerdings ohne die darin enthaltenen Epigramme bertragen zu haben.71

67 Ebd., 102: „Pulchre itaque ipse Poggius ‘Alia,’ inquit, ‘fuere Vergilii et Homeri tempora omnisque illius siluae poetarum philosophorumque,’ quos in testis hic poeta raucus [i. e. Panormita] asciuit, ‘alia nos uero tempora percurrimus.’“ 68 Ebd., 120 – 122: „Aeque et huic Platonis abortiuo discipulo dicamus licebit: ‘Si Platonem errantem illum lasciuientemque ad hunc diem prosecutus es, ipsum nunc aemulare philosophantem.’ Sed Panormita homo istic ambagiosus est et nihili. […] Non pudet per os foetidum suum spurcumque philosophum tam illustrem et sputo et spuma sui oris inuoluere?“ 69 Eugene O’Connor 1997, 987, fasst den Forschungsstand so zusammen: „After 1435, however, once the condemnation of the ‘Hermaphroditus’ had become widespread and damaged his reputation, Panormita, effectively abandoning the ‘defensio’ as a legitimation of his poetic purpose, assumed a far more apologetic, even self-effacing, attitude before his detractors.“ 70 Genette 2001, 15. 71 Zu den Umstnden und der Verbreitung der lateinischen bersetzung siehe Ricklin 2010.

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Die Details zu Platons Leben, die Poggio in seiner Warnung anzufhren weiß – neben den amourçsen Vorlieben des Atheners ist dies ja auch seine Vergangenheit als Komçdiendichter – haben auch andere Humanisten beschftigt. Dass Platon offen mit Pderastie in Verbindung gebracht wurde, hat schon Guarino Veronese zu schaffen gemacht, weshalb er seine eigene Version der Vita von 1430 reichlich geglttet und homoerotische Anspielungen unterdrckt hatte.72 Ficinos zweimal umgeschriebenes Remake der laertianischen Biographie Platons, die nach Ansicht Thomas Ricklins „der zentrale Paratext der lateinischen Gesamtausgaben der Werke Platons“ ist,73 verzichtet ebenfalls auf fr den bersetzer unangenehme Aspekte des Platonschen Lebenslaufs. Ausgespart werden dort z. B. die von Poggio gegenber Panormita herangezogenen Fakten zu den komçdiantischen Ursprngen und die androphile Lyrik Platons.74 Mitten in der aufgeheizten Debatte um ein ußerst erfolgreiches Buch mit pornographischer Dichtung bittet Antonio Cassarino († 1447) seinen Freund Beccadelli alias Panormita darum, ein gutes Wort bei Kçnig Alfonso von Aragon und Neapel einzulegen, um ihm eine Anstellung zu verschaffen, und der nun bei diesem kulturliebenden Kçnig als Vertrauter und Berater hoch angesehene Dichter rt seinem Landsmann sehr wahrscheinlich dazu, Platons Respublica aufs Neue zu bersetzen und sie Alfonso zu widmen.75 Auf wessen Intervention Cassarino auch immer die bersetzung unternimmt, jedenfalls fgt er seiner lateinischen Version (Mitte der 1440er Jahre) noch eine Arbeit hinzu: Er bersetzt die laertianische Vita Platons neu und stellt sie in all ihrer Vollstndigkeit dem Hauptstck mitsamt seiner als ‘Isagogicon’ bezeichneten Vorrede voraus. Die Texte sind zusammen berliefert in der Handschrift Vat. lat. 3346, deren erster Eigentmer niemand anderer als Panormita war.76 In seiner Vorrede behauptet Cassarino, dass er die bersetzung der Respublica auf sich genommen habe, weil die vorhergehenden Versionen schlicht und ergreifend zu schlecht seien; die ‘Vita Platonis’ habe er hinzugefgt, nicht weil sie nicht bereits bersetzt sei, sondern weil diese bersetzung noch nicht bis in die ‘Stadt’ gelangt sei.77 Er htte auch sagen kçnnen, sie sei noch nicht in die 72 73 74 75 76 77

Vgl. Hankins 1987, 166 – 170. Ricklin 2009, 106. Vgl. ebd., 108 – 109. Resta 1959, 217. Ebd., 258. Das ‘Isagogicon’ (Vat. lat. 3346, f. 1r – 4v) ist ediert bei Resta 1959, 258 – 262. Cassarino schreibt: „Sed ut istud non me turbat, nec illud item vereor ne qui me putent, ut aiunt, rem actam agere, quod a graeco quodam liber conversus dicatur,

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Debatte um den Hermaphroditus vorgedrungen. Die Intention Cassarinos bleibt einigermaßen dunkel;78 allerdings entspricht die neue Prsentation in einem solchen Maß den Bedrfnissen seines Freundes Panormita, dass sich zumindest Zweifel ber die Aussagekraft dieser bescheidenen Selbsterklrung Cassarinos ergeben. Nach dem vorher Gesagten ist nun klar, dass die ‘Vita Platonis’ bei Cassarino als faktischer Paratext zur Respublica wahrgenommen werden muss. Interessant ist dies vor allem aufgrund der nicht wenigen inhaltlichen Widersprche. Das fngt einmal damit an, dass Platon in der Biographie vielleicht nicht unbedingt als Theoretiker, wohl aber als Praktiker der Politik in Frage gestellt wird angesichts seines gescheiterten Versuches, seine Philosophie in Sizilien umzusetzen, sowie seines anschließenden Rckzugs aus der Politik (DL III,21 – 23/ in Panormitas Handschrift Vat. lat. 3346, f. 9r – 9v).79 Diogenes Laertios weiß noch anderes ber Platon zu berichten: Dikaiarch erzhle, dass Platon in seiner Jugend Dithyramben und Tragçdien geschrieben habe (DL III,4 – 5/f. 6v); nach Alkimos habe er dem tanquam Chrisoluram illum graece magis quam latine scivisse non constet, aut maioris non sit operis latine bene dicere quam graeca satis intelligere. Subsecutus est inde semigraecus quidam, homo sane, ut audio, non malus, qui ideo se eius discipulum professus est, ut quod a magistro factum esset ita iure sibi ascriberet, quemadmodum postea filius quod a patre; […] Libuit et ‘Platonis Vitam’ addere, non quod traducta non esset, sed quia in urbem hanc nunquam venit, ut, cum ad libri isagogem necessariam duxissem, maluerim transferendi laborem suscipere quam aliunde, quia facile in praesentia non erat expectare“ (Ebd., 261 – 262). Resta identifiziert die ‘urbs’ mit Genua (ebd., 262). 78 Resta meint, es sei wahrscheinlich, dass Cassarino mit der Beifgung der ‘Vita’ ein Werk ‘pi completo’ prsentieren wollte, vielleicht auch den Vergleich mit Traversari herausforderte (ebd.). Den zweiten Teil dieser Spekulation unbeschadet, gilt fr die Biographie Platons sicherlich, dass sie den griechischen Gesamtausgaben der platonischen Schriften oft vorangeht (siehe z. B. Ricklin 2009, 117). Nur handelt es sich bei der bersetzung Cassarinos nicht um die gesammelten Werke, sondern um ein einzelnes Buch Platons, um dessen Bedeutung noch dazu gerade hçchst polemisch verhandelt wurde. Fr eine der Vollstndigkeit oder zumindest grçßeren Flle verpflichtete Ausgabe htte der Sizilianer doch schon ein paar Titel mehr integrieren mssen. 79 Uberto Decembrios Ablehnung gewisser platonischer Philosopheme hatte erinnerlicherweise ja auch etwas mit deren fehlender Praxistauglichkeit zu tun (s. o.). Dass man im brigen die Anekdote der gescheiterten Sizilienmission Platons je nach Intention desjenigen lesen kann, der die Paratexte komponiert – entweder als Aufforderung, die Philosophie Platons endlich zu verwirklichen, oder aber im Gegensatz dazu als Rechtfertigung fr den eigenen Defaitismus – legt Thomas Ricklin anhand Ficinos Neuverschriftlichungen der laertianischen ‘Vita Platonis’ plausibel dar (Ricklin 2009, 112 u. 116 – 119).

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Komçdiendichter Epicharm nachgeeifert, und Platon habe von ihm seine wichtigsten philosophischen Grundberzeugungen, z. B. die Ideenlehre, bernommen (DL III,9 – 17/f. 6v – 8r); die Politeia finde sich nach Auskunft des Aristoxenos und des Favorinos fast gnzlich schon in den ‘Antilogika’ des Sophisten Protagoras (DL III,37;57/f. 12r – 12v ;16r); und nicht zuletzt werden die Liebesepigramme an Alexis, Dion, Aster, Agathon, Phaidros und sogar an eine Frau, Archeanassa, bermittelt (DL III,29 – 32/ f. 10v – 11r), die fr so viele Leser der Renaissance anregend bzw. problematisch werden sollten.80 Schließlich werden die philosophischen Werke Platons auch noch nach Art und Weise der Tragçdien in Tetralogien gruppiert (DL III,56 – 61/f. 16r – 17r).81 Nach den Referenzen des Diogenes Laertios lsst sich das Biogramm Platons rekonstruieren als das eines zutiefst lustvoll-pderastischen, beidgeschlechtlich agierenden Mannes, der zudem hçchst imitativ von Komçdiendichtern und Sophisten abgekupfert hat.82 Wer die unzensierte Biographie liest, rezipiert die folgenden Ausfhrungen in der Respublica wegen des nun bereitgestellten Hintergrundwissens unweigerlich anders, vor allem die Passagen, in denen Philosophie und Poesie aneinandergeraten. 80 Siehe den Beitrag von Manuela Kahle in diesem Band. 81 Gigon 1986, 146 – 147, bemerkt hierzu: „Die Gesamtsituation ist einigermaßen paradox. Platon hat die Tragçdie verworfen, doch seine philosophischen Werke werden gruppiert, als ob sie Tragçdien wren. Wer dies getan hat, muss der Meinung gewesen sein, dass Platon ‘malgr lui’ als Schriftsteller der Tragçdie nher gestanden sei, als er als Philosoph htte zugeben wollen.“ 82 Alice Swift Riginos, die smtliche berlieferten Anekdoten zu Platons Leben gesammelt hat, fhrt die Unterteilung in proplatonische, antiplatonische und neutrale Anekdoten ein, wobei sie die Erzhlung der Herkunft Platons aus der Dichtung als proplatonisch bewertet, schließlich habe er die Poesie lediglich als Propdeutikum genossen und diese dann berwunden, um sich stattdessen der Philosophie zu verschreiben – genau so, wie es Sokrates im platonischen ‘Staat’ fordere, weshalb es nicht auszuschließen sei, dass die Anekdote spter nach diesem literarischen Vorbild geformt wurde (Swift Riginos 1976, 43 – 51 u. 202). Diese Bewertung gelingt ihr freilich leicht, weil sie den Zusammenhang bei Diogenes Laertios in kleine ‘Themen’ auftrennt, diese einzeln bewertet und berdies noch ziemlich zentrale Fundstcke wie die Liebesepigramme kurzerhand als ‘unauthentisch’disqualifiziert (ebd., 48, Fn. 37). Wer sich aber auf die laertianische ‘Vita Platonis’ vollstndig und unkommentiert (wie in Cassarinos lateinischer bersetzung) einlsst, wird vielleicht zu einer anderen Einschtzung gelangen, was Platon wohl berwunden habe oder nicht. Das befrchtet offensichtlich Swift Riginos selbst, wenn sie konstatiert, dass Diogenes Laertios in Kontrast zu anderen antiken Biographen Platons eine ganze Reihe unvorteilhafter Anekdoten einwebt (ebd., 1).

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Obwohl Cassarino es, wie gesagt, unterlsst, die Umstnde der Integration der Vita Platonis oder deren isagogischen Wert nher auszufhren, lassen sich aus der gerade aufgezeigten Textkomposition vor dem Hintergrund der erregten Debatte ber die polysexuelle Lustdichtung Panormitas Verbindungslinien ziehen. Im Vortext zur Respublica Platons wird letztlich ein Bild des Philosophen skizziert, wie Panormita es stets fr seine eigenen Freudengedichte als Legitimierungsinstanz herangezogen hatte. Man kann davon ausgehen, dass die Widersprchlichkeit der aneinandergefgten Texte eine konfrontative Wirkung ausben sollte. Poggio und – dessen Argumente in berspitztem Eifer wiederholend – Antonio da Rho sorgten sich ja um die Integritts Platons und schrieben diesem einen autoritativen Status zu, dessen Nobilitt aufgrund intellektueller Leistungen als zeitlos, gewisse ‘Jugendsnden’ jedoch als kontingent erscheinen sollten. Cassarinos faktischer Paratext macht die Sache allerdings komplizierter: Eine klare biographische Trennung zwischen jugendlichem Leichtsinn und spterer Hinwendung zu ehrwrdiger Philosophie lsst sich bei Diogenes Laertios nicht ausmachen. Eher das Gegenteil wird kolportiert: Bereits in der Jugend sei Platon absolut sittsam (und humorlos) gewesen, wie Herakleides berichte (DL III,26/f. 10r), whrend die gerhmten Erzeugnisse seines philosophischen Wirkens einen bitteren Geschmack bekommen, wenn berliefert wird, Platon lge in seinen Dialogen und lege dem Sokrates eigene Erfindungen in den Mund (DL III,35/f. 11v – 12r). Diese Angaben, deren Richtigkeit oder Unrichtigkeit man nicht beweisen konnte oder kann, geben einem entsprechend geneigten Leser gefllige Argumente in die Hand, um Platons allzu einseitig konstruierte Autoritt zu untergraben. Kurz nach der bersetzung der Vita Platonis und der Respublica verunglckt der junge und vielversprechende Cassarino tçdlich. Parallel dazu hat es der mit neuerworbener Gravitt ausgestattete Panormita zur Zeit der Erstellung der bersetzung nicht mehr nçtig, mit seinen Gegnern ber die Legitimitt lustvoller Lyrik oder die Bedingungen der Vorbildhaftigkeit Platons zu streiten. Die Anstrengungen Cassarinos zeitigen daher keinen direkten Einfluss. Es bleibt aber zu betonen, dass er die erste unzensierte lateinische Version der laertianischen Biographie Platons vorgelegt hat. Angesichts der Interessen, aufgrund derer andere, namhaftere Gelehrte diesen Text glaubten verstmmeln oder auseinandernehmen zu mssen, lsst sich feststellen: Zumindest die Humanisten sizilischer Herkunft waren zu wissen gewillt, dass selbst die mit hçchster Autoritt gesegneten Philosophen wirklich keine gotthnlichen Wesen, sondern auch nur Menschen waren.

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Poesia e filosofia in Marsilio Ficino Francesca Lazzarin L’argomento che mi propongo di sviluppare, cio il rapporto tra poesia e filosofia nel pensiero di Marsilio Ficino, comporter l’analisi diacronica dei testi in cui l’umanista ha affrontato la tematica del furore poetico e ha riflettuto sul ruolo da assegnare alla poesia nel percorso di elevazione verso la verit. Com’ noto, la teoria ficiniana dei furori basata sull’interpretazione di tre opere platoniche: lo Ione, il Simposio e il Fedro, che per Ficino erano rispettivamente i dialoghi “de furore poetico”, “de amore” e “de pulchro”.1 ð altrettanto noto che la prima elaborazione compiuta del concetto di “furor” viene presentata da Ficino nell’epistola De divino furore, indirizzata a Pellegrino degli Agli e risalente al I dicembre 1457.2 L’umanista, per , tratter della questione in varie occasioni e in contesti diversi, a partire dagli anni del Platone latino per arrivare all’ultimo periodo della sua vita, in cui l’interesse sar rivolto prevalentemente ai grandi commentatori neoplatonici: Plotino, Proclo, Dionigi Areopagita.

1

2

Questi i sottotitoli dei dialoghi che compaiono nella Tabula librorum Platonis a Marsilio Ficino traductorum, premessa alle versioni latine dei medesimi nella “princeps” degli Opera omnia di Platone, uscita a Firenze nel 1484: cfr. Kristeller 1973, vol. II: 106. Per la storia di questa edizione, ivi, vol. I: LX–LXI e CLIV– CLV; Kristeller 1966, 41 – 54 (rist. in: Kristeller, Studies in Renaissance Thought, vol. III: 93 – 108); Kristeller 1978, 25 – 35 (rist. in: Kristeller, Studies in Renaissance Thought, vol. III: 135 – 146); Gentile / Niccoli / Viti 1984, 116 – 119 (schede nn. 90 – 91). Ficino, Opera, vol. I: 612 – 615. Cfr. Kristeller 1973, vol. I: XCIV; Gentile 1983, 33 – 77; Gentile / Niccoli / Viti 1984, 62 – 63 (scheda n. 47, e riferimenti alle altre schede ivi contenuti). Questa lettera stata edita in: Ficino, Lettere, 19 – 28 (ep. I, 6); la versione volgare dell’epistola si pu leggere in: Ficino, Le divine lettere, vol. I: 39 – 49, disponibile anche on line nel sito: http://bivio.signum.sns.it. Si tratta della ristampa anastatica dell’edizione veneziana del 1546 – 1548, uscita per i tipi di Gabriel Giolito de’ Ferrari. Su Pellegrino degli Agli, cfr. Miccoli 1960, 401 – 402; Ficino, in una lettera del 1492, lo nomina tra i “familiares (ut ita loquar) confabulatores, atque ultro citroque consiliorum disciplinarumque liberalium communicatores” (Ficino 31983, 936).

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1. L’epistola De divino furore “[…] quid furor sit, quot in partes deducatur et quis cuique furori deus praesit […]”:3 cosa sia il furore, in quante specie si suddivida e quale divinit presieda a ciascun furore: cos Ficino si propone di articolare il discorso nella lettera a Pellegrino degli Agli, definendo il furore divino come una forma di rapimento (“abstractio”) e di slancio (“nixus”)4 che mette l’uomo in contatto diretto con Dio. Da un lato il moto violento dell’anima, che viene distolta (“abs-tracta”) dalle proprie occupazioni per dirigere l’attenzione altrove, ad un altrove di verit e di beatitudine; dall’altro l’impulso e l’aspirazione del soggetto, che si sforza (“nititur”) di giungere alla m ta prestabilita: il furore diventa l’esito della convergenza fra l’illuminazione che proviene dall’alto, per intercessione divina,5 e un’attivit generatasi in basso, a livello umano, allo scopo di comprendere le realt superiori. Il punto d’incontro tra i movimenti ascendente e discendente , dunque, l’anima umana. Nel delineare le quattro tipologie di furore – l’amoroso, il poetico, il sacerdotale e il profetico, in base alla sequenza offertaci dall’epistola – Ficino ammette di essersi dilungato a parlare delle prime due, che ascrive entrambe a Pellegrino degli Agli.6 Ci che qui interessa, per , l’accostamento del furore amoroso e del poetico, che assumono la medesima funzione nel processo di reminiscenza delle essenze ideali.7 “Amor” e “poesis”, stimolati, nella loro origine, dai sensi pi elevati, cio vista e udito,8 permettono, tramite il ricordo dell’idea di Bellezza e dell’Armonia 3 4 5

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Ficino 2001, 20. “Quam quidem abstractionem ac nixum Plato divinum furorem nuncupat, eumque quatuor in partes distribuit” (ivi, 21). Come dichiarer Ficino nell’Argumentum in ‘Ionem’: “Est autem furor divinus illustratio rationalis animae, per quam Deus animam, a superis delapsam ad infera, ab inferis ad supera retrahit” (Argumentum Marsilii Ficini Florentini in Platonis ‘Ionem’ de furore poetico ad Laurentium Medicem virum magnanimum, in: Megna 1999, 169 – 175: 169). Il testo dell’“argumentum” (accompagnato dalla traduzione ficiniana dello Ione) attualmente disponibile nei siti: http://www. bibliotecaitaliana.it e http://www.classicitaliani.it. “Caeterum in eo furore qui ad amorem divinum poesimque pertinet describendo, duabus de causis longior esse malui, quod videlicet utroque te affici vehementer agnovi […]” (Ficino 2001, 28). Gentile 1983, 54. At vero pulchritudinis divinae similitudinem oculis cernimus, harmoniae vero imaginem auribus annotamus, quos Plato sensus omnium, qui per corpus fiant, perspicacissimos arbitratur” (Ficino, Lettere, 22). Platone afferma che la vista il

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celeste, di concepire opere di pari dignit, anche se di forma diversa. Ma se il furore amoroso quel genere di alienazione che trascina l’anima, ormai emancipata dalla schiavit della vita corporea, alla contemplazione dei principi intelligibili,9 come avviene, sul piano gnoseologico, che l’imitazione della musica interna alla mente di Dio, prerogativa dei poeti ispirati e conseguenza del “furor” poetico,10 rappresenti una “mimesis” equiparabile all’intuizione filosofica? A fare di questa poesia una sorta privilegiata di imitazione, che sfugga alla condanna infertale da Platone nel X libro della Repubblica,11 l’oggetto sublime del suo considerare, finalizzato a riprodurre non una realt materiale, copia sbiadita del rispettivo paradigma ideale, ma un’entit divina, ontologicamente vera e dotata di potere causativo. A ci bisogna aggiungere la disposizione mentale di coloro che si possono definire autentici poeti: come scrive Ficino, essi, imitando la divina e celeste Armonia con un ragionamento pi rigoroso e stabile (“graviori quodam firmiorique iudicio”), traducono ordinatamente (“digerunt”) nei piedi dei versi il significato dell’intima riflessione (“intimae rationis sensum”) e i concetti (“notiones”). Sono costoro che, senso pi acuto in Phaedrum 250d1 – 4; la accosta all’udito nell’essere superiore agli altri sensi in Phaedrum 65b1 – 6 e in Timeo 47a1–e2. Per le fonti utilizzate da Ficino – che, a quest’altezza temporale, non conosceva ancora il greco – nell’associare vista e udito, cfr. Gentile 1983, 54 – 56: si tratta, in particolare, della traduzione del passo platonico del Timeo realizzata da Calcidio (Plato Latinus, vol. IV: 44 – 45) e del commentario relativo (ivi, § CCLXVII). Ficino aveva copiato di sua mano e postillato il commento di Calcidio al Timeo nel manoscritto Ambrosiano S.14 sup.: cfr. Gentile / Niccoli / Viti 1984, 7 – 8 (scheda n. 6). 9 “At quibus ingenium a corporis luto abstractum est atque absolutum eiusmodi sunt, ut, cum corporis cuiuspiam forma venustasque obicitur, eius primo aspectu utpote divinae pulchritudinis similitudine delectentur; verum ex hac imagine statim in memoriam divinam illam reducant, quam imprimis admirentur ac vere desiderent, cuiusve ardentissimo desiderio ad supera rapiantur. Atque hunc primum evolandi conatum divinam Plato alienationem furoremque nuncupat” (Ficino 2001, 24). 10 “Est autem haec apud homines imitatio duplex: alii nanque vocum numeris variorumque sonis instrumentorum caelestem musicam imitantur, quos certe leves ac paene vulgares musicos appellamus; nonnulli vero graviori quodam firmiorique iudicio divinam ac caelestem harmoniam imitantes intimae rationis sensum notionesque in versuum pedes ac numeros digerunt. Hi vero sunt qui divino afflati spiritu gravissima quaedam ac praeclarissima carmina ore, ut aiunt, rotundo prorsus effundunt. Hanc Plato graviorem musicam poesimque nominat efficacissimam harmoniae caelestis imitatricem” (ivi, 25). 11 Platone, Resp. X, 595a1 – 608b10.

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ispirati dal furore divino (“divino afflati spiritu”), producono canti della massima profondit e bellezza, esprimendosi in maniera perfetta (“ore rotundo”).12

Varr la pena di evidenziare il modo in cui i poeti si accingono a conoscere l’Armonia divina: sollecitati dall’aver udito un insieme concorde e armonico di voci o suoni, che la loro anima (quindi non il mero senso corporeo) ascolta con avidit (“haurit”) accogliendolo nel profondo, sono incitati a riflettere sulla musica divina – il verbo utilizzato “consider” – con un’attitudine mentale assai acuta e riposta (“acriori quodam mentis et intimo sensu”).13 Sembra dunque che il furore poetico debba passare per un momento di lucida consapevolezza razionale, in cui la visione dell’idea di Armonia non raggiunta tramite lo spossessamento delle proprie facolt, ma con il concorso dell’individuo, che, provocato dalle immagini sensibili, spinto a risalire fino al mondo intelligibile. E se la vera musica non pu diventare, in questa vita, un bene acquisito, ma solo l’oggetto di un’imitazione temporanea,14 ci non toglie che il linguaggio umano, espressione della razionalit umana, sia in grado, sotto ispirazione, di manifestarla degnamente, “ore rotundo”.15 Pertanto, la poesia detta “efficacissima harmoniae caelestis imitatrix”16 e il poeta riveste, in terra, il ruolo del Demiurgo platonico: guardando all’esemplare eterno – nella fattispecie, all’idea di Armonia – egli genera e ordina il mondo;17 e lo fa servendosi ‘con saggezza’ (non in preda ad un furore accecante) dell’aiuto

12 Cfr. supra, nota 10. 13 “Per aures vero concentus quosdam numerosque suavissimos animus haurit, hisque imaginibus admonetur atque excitatur ad divinam musicam acriori quodam mentis et intimo sensu considerandam” (Ficino 2001, 24). 14 “[…] totusque [scil. animus noster] desiderio fervet cupitque, ut vera musica rursus fruatur, ad sedes proprias revolare. Cumque id se quandiu tenebroso corporis habitaculo circumsaeptus est adipisci nullo modo posse intelligat, eam, cuius hic possessione frui nequit, nititur saltem pro viribus imitari” (ibid). 15 Cfr. supra, nota 10. Scrive Ficino: “[…] poesis autem, quod divinae quoque harmoniae proprium est, vocum ac motuum numeris gravissimos quosdam et, ut poeta diceret, Delphicos sensus ardentius exprimit” (Ficino, Lettere, 25). 16 Cfr. supra, nota 10. 17 Plato Latinus 21975, 28b3 – 29b1 (Plato Lat., vol. IV: 20 – 21); 30a2 – 6 (Plato Lat., vol. IV: 22 – 23). Sulla poesia come ‘ri-creazione’ del mondo a imitazione dell’opera divina, cfr. Chastel 2001, 247; in generale, sul poeta come immagine del Fattore (poigt¶r) dell’universo nel pensiero umanistico-rinascimentale, cfr. Steppich 2002, 127 – 145.

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delle Muse:18 da un lato perch il paradigma ideale pu essere colto solo a livello noetico,19 dall’altro perch l’armonia non ci stata donata – come dichiara Platone – per un piacere irrazionale, ma allo scopo di ricondurre all’ordine, ovvero di razionalizzare, i movimenti scomposti della nostra anima.20 Continua Ficino: Ne viene che non si limiti a solleticare gli orecchi, ma procuri alla mente un nutrimento dolcissimo, di gran lunga affine all’ambrosia celeste; perci sembra essere prossima al divino.21

Che Ficino non insista esclusivamente sugli elementi irrazionali del “furor” un aspetto che, a suo tempo, era gi stato notato, tra le righe, da Andr Chastel;22 piuttosto, grazie all’esperienza dell’entusiasmo divino, l’intelletto umano viene portato a potenziare le proprie capacit al massimo grado. Come spiegare, allora, il caso di quei poeti che, esauritosi lo stato di alienazione, non sanno interpretare le parole che hanno pronunciato?23 La questione verr dibattuta nell’Argumentum in ‘Ionem’, ri18 Plato Latinus 21975, 47d3 (Plato Lat., vol. IV: 45: “Harmonia vero, id est modulatio, utpote intentio modificata, cognatas et velut consanguineas habens commotiones animae nostrae circuitionibus, prudenter utentibus Musarum munere temperantiaeque causa potius quam oblectationis satis est commoda, quippe quae discrepantes et inconsonantes animae commotiones ad concentum exornationemque concordiae Musis auxiliantibus revocet”. Il corsivo mio). 19 Plato Latinus 21975, 27d6 – 28a4 (Plato Latinus 21975, vol. IV: 20). 20 Plato Latinus 21975, 47d2– e2 (Plato Lat., vol. IV: 45: cfr. supra, nota 18). Si riporta qui di seguito il relativo commento di Calcidio: “Medelam huius vitii [scil. carentia harmoniae] dicit esse in musica positam, non in ea qua vulgus delectatur quaeque ad voluptatem facta excitat vitia non numquam, sed in illa divina, quae numquam a ratione atque intellegentia separetur; hanc enim censet exorbitantes animas a via recta revocare demum ad symphoniam veterem” (Plato Lat., vol. IV: § CCLXVII). E ancora: “Procul dubio musica exornat animam rationabiliter ad antiquam naturam revocans” (ibid.). Come dir Ficino nel suo commento al Timeo: “Tum confirmat [scil. Plato] iterum hominem esse natum ad caelestia contemplanda, immo vero ad ipsum caeli motorem pro viribus imitandum. Et quemadmodum dixerat visum, sic et auditum contemplationis et disciplinae gratia nobis esse tributum, item ut per sensibilem harmoniam animi quoque motus harmonice componamus” (Ficino: Commentarium in ‘Timaeum’, in: Ficino 31983, vol. II: 1463v [cap. XLII]). 21 “Quo fit ut non solum auribus blandiatur, verum etiam suavissimum et ambrosiae caelestis similimum menti pabulum afferat, ideoque ad divinitatem propius accedere videatur” (Ficino 2001, 25). 22 Chastel 2001, 243; ma cfr. anche Steppich 2002, 154 – 155. 23 “[…] eosque poetas qui caelesti inspiratione ac vi rapiuntur adeo divinos saepenumero Musis afflatos sensus expromere, ut ipsimet postmodum extra furorem positi quae protulerint minus intelligant” (Ficino 2001, 25).

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salente agli anni 1464 – 1466, in cui Ficino era occupato a tradurre i dialoghi platonici, corredandoli dei rispettivi “argumenta”.24

2. L’Argumentum in ‘Ionem’, de furore poetico25 Nella prefazione a questo scritto l’umanista ribadisce che i poeti non si esprimono in virt di un’abilit umana (“ars”), ma per ispirazione divina (“divina quadam infusione”) e che molti di essi, trascorsa la fase del furore, non comprendono bene ci che hanno affermato: ne prova il fatto che anche uomini rozzi e impreparati possono diventare, improvvisamente, buoni poeti.26 In tal modo – sottolinea Ficino – Dio rivela con chiarezza che questa conoscenza (“intelligentia”) viene infusa per sua volont […].27

L’insistenza sulla scelta di uomini “rudes”, “inepti” e “insani” per trasmettere, a guisa di “tubae”, il messaggio divino28 non deve far trascurare le motivazioni che – secondo Ficino – stanno alla base della preferenza accordata loro: se Dio si servisse soltanto di uomini perspicaci e saggi, gi predisposti a ricevere l’illuminazione, si finirebbe per pensare che la 24 Kristeller 1973, vol. I: CXLVII– CLV (in particolare, per lo Ione, ivi, CIL– CLI); Gentile / Niccoli / Viti 1984, 113 – 115 (scheda n. 89); Megna 1999, 63, nota 2. 25 Per il testo dell’ “argumentum” (Ficino 31983, vol. II: 1281 – 1284) cfr. le indicazioni fornite supra, alla nota 5. 26 “Praeterea saepe videmus rudem hominem et ineptum subito in poetam bonum evadere et aliquid magnificum divinumque cantare; magna vero in momento assequi non humani ingenii est, sed divinitus inspirati. Qua in re perspicue Deus ostendit nutu suo intelligentiam hanc infundi, utque ita esse demonstret, saepe ineptos quosdam potius quam urbanos, insanos potius quam prudentes rapit, ne, si acutis prudentibusque viris ad haec uteretur, humana subtilitate et industria fieri haec existimarentur. Cum ergo non sit a fortuna nec ab arte poesis, a Deo et a Musis tribuitur” (Ficino: Argumentum in ‘Ionem’, 173). 27 Cfr. supra, nota precedente. 28 Questo concetto viene affermato in maniera esplicita in una lettera del 4 marzo 1474, intitolata Poeticus furor a Deo est: “Plato de furore divino in Phaedro et Ione disputat, cuius tria potissimum affert signa. Primum […]. Secundum, quod multa furentes canunt, et illa quidem mirabilia, quae paulo post defervescente furore ipsimet non satis intelligunt, quasi non ipsi pronuntiaverint, sed Deus per eos ceu tubas clamaverit. Tertium […]”. (Ficino, Lettere, 103 – 104: 103 [ep. I, 52]). La lettera ripresa quasi integralmente, con delle lievi variazioni, nel paragrafo del XIII libro della Teologia platonica destinato da Ficino ai poeti: cfr. Ficin: Thologie platonicienne, vol. II, lib. XIII, cap. 2, 203 – 204. Cfr. anche Ficino: Platonic Theology, vol. IV, lib. XIII, cap. 2 (§ 5), 126 – 127.

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poesia frutto dell’ingegno e dell’industria umana.29 D’altro canto, se persone ignoranti e prive di senno fossero l’unico ricettacolo della musica divina, vi sarebbe una certa incoerenza con quanto specificato da Ficino, sulle orme del commento di Ermia al Fedro, a proposito della definizione platonica di furore poetico: ‘il furore poetico una sorta di invasamento proveniente dalle Muse che, occupata un’anima delicata e pura [“insuperabilis” l’aggettivo con cui Ficino traduce il greco %bator = inaccessibile, sacro, puro (n.d.a.)], la risveglia e la scuote attraverso canti e una poesia di natura diversa, allo scopo di istruire il genere umano’.30 “occupatio” [= presa di possesso, invasamento] significa il rapimento dell’anima e la conversione al volere delle Muse. chiama “lenem” [= delicata, leggera] – per cos dire – mobile e plasmabile dalle Muse: infatti, se non preparata , non pu nemmeno essere posseduta. “insuperabilem” [inaccessibile, invincibile] perch, una volta tratta fuori , superiore ad ogni cosa e non pu essere macchiata n vinta da nessuna tra le realt inferiori.31

N va ignorato il discorso di Ermia nelle righe che introducono la spiegazione del passo del Fedro che si sta discutendo: se Platone, in questo luogo, ha assegnato alla poesia una funzione pedagogica, mentre altrove ne vieta la pratica,32 la ragione che qui sta parlando della poesia ispirata, mentre, nel secondo caso, della poesia che scaturisce dalla perizia umana.33 Ficino non accenna a tale distinzione, pur ammettendo, poco 29 Cfr. supra, nota 26. 30 Platone, Phaedrum, 245a1 – 5. 31 “‘poeticus furor est occupatio quaedam a Musis, quae, sortita lenem et insuperabilem animam, exsuscitat eam atque exagitat per cantilenas aliamque poesim ad genus hominum instruendum’. Occupatio significat raptum animae et conversionem in Musarum numina; lenem dicit quasi agilem a Musisque formabilem: nisi enim praeparata sit, non occupatur; insuperabilem quia, postquam rapta est, superat omnia et a nulla rerum inferiorum inquinari vel superari potest” (Ficino: Argumentum in ‘Ionem’, 172). Come segnalato da Paola Megna ibid. (nell’apparato critico), fonte dell’interpretazione ficiniana del succitato brano del Fedro (cfr. nota precedente) il commento di Ermia al medesimo: cfr. Hermia, in Phaedrum, 98.4 – 6. Questo commentario disponibile anche on line nel sito: http://www.archive.org. Sull’importanza di Ermia per la dottrina ficiniana dei furori, cfr. Sheppard 1980, 97 – 109. Sulla traduzione ficiniana del commento di Ermia al Fedro, pervenutaci nel cod. Vaticano lat. 5953 (Gentile / Niccoli / Viti 1984, 32 – 35 [schede nn. 24 – 25]), cfr. Allen 1980, 110 – 129 (ora in: Allen 1995, n. V); Allen / White 1981, 39 – 47 (ora in: Allen 1995, n. VI). 32 Cfr. supra, nota 11. 33 Hermia, in Phaedrum, 97.31 – 98.2.

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dopo, che la poesia composta senza il favore di Dio vana e vuota di contenuti (“inanis”), semplice forma priva di sostanza.34 Non tutti i poeti, pertanto, sono uomini incolti e in preda al delirio, che, d’un tratto (“subito”), si trasformano in casse di risonanza dell’armonia e della bellezza divine: ne testimonianza l’accostamento tra il summenzionato commento di Ermia alla definizione platonica di furore poetico e l’utilizzo che ne fa Ficino. Scrive Ermia: chiama "p²kgm [= delicata, morbida] facile a plasmarsi e sensibile [il termine greco eqpah¶r, che potremmo tradurre con ‘ben disposta’ (n.d.a.)] ad accogliere il divino;35

mentre Ficino, come si visto prima: chiama “lenem” – per cos dire – mobile (“agilem”) e plasmabile dalle Muse: infatti, se non preparata , non pu nemmeno essere posseduta (“nisi enim praeparata sit, non occupatur”).36

Egli d rilievo, nella sua interpretazione del brano, alla ‘preparazione’, alla predisposizione dell’anima che, se non si trova nello stato psicologico adatto, non pu ricevere l’invasamento. Ancora, Ermia continua cos : %batom [= inaccessibile, pura] < detta l’anima> che non si fa sedurre dalle

opinioni altrui e non contaminata dalle sciocchezze umane.37

E Ficino: “insuperabilem” perch, una volta tratta fuori , superiore ad ogni cosa e non pu essere macchiata n vinta da nessuna tra le realt inferiori.38

Varr la pena di sottolineare le differenze rispetto al commento di Ermia: se quest’ultimo pone l’accento sulla relazione, che potremmo definire orizzontale, tra l’anima dell’ispirato, inaccessibile come la parte pi sacra di un tempio, e le anime degli uomini comuni, agitate da opinioni ingannevoli e incapaci di stabilit, Ficino sposta l’attenzione sul rapporto, di tipo verticale, tra l’anima dell’invasato e la gerarchia ontologica, ri34 “Post definitionem addit eum qui sine furore Musarum poeticas ad fores accedit, inanem esse ipsum atque eius poesim, quasi tanti sit poesis ut absque summo Dei favore comparari nequeat” (Ficino 21999, 172). 35 “‘Ap²kgm d³ k´cei tμm eupkastom ja· eqpah_r 5wousam pq¹r rpodowμm toO he¸ou” (Hermia 1901, 98.4 – 5). 36 Cfr. supra, nota 31. 37 “%batom d³ tμm lμ diastqave?sam !p¹ !kkotq¸ym donasl²tym ja· !mapkgshe?sam !mhqypij/r vkuaq¸ar” (Hermia 1901, 98.5 – 6). 38 Cfr. supra, nota 31.

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guardo ai cui gradi inferiori, e alle lusinghe che ne derivano, essa appare ormai inespugnabile. Protagonista diventa allora la natura divina dell’anima umana che, in maniera consapevole o meno, ha il potere di liberarsi dai lacci della vita sensibile per ritornare alla sua unit originaria.

3. Il Commentarium in ‘Phaedrum’39 Tralasciando, per ora, il pi conosciuto Commentarium in ‘Convivium’, dove, all’interno della VII orazione, i capitoli dal tredicesimo al quindicesimo sono dedicati espressamente ai quattro generi di furore divino (poetico, sacerdotale, profetico e amatorio)40 – considerati nella prospettiva di un percorso graduale di ascesa verso la verit e non come momenti alternativi di accesso alla medesima –41 mi soffermer invece sul commento al Fedro, dialogo che Ficino tradusse e interpret dopo il Simposio, negli anni fra il 1466 e il 147442 (anche se con rivisitazioni e ampliamenti posteriori, che giungono fino agli anni Novanta del secolo).43 All’inizio del cap. IV, che riprende la distinzione fra i quattro furori, l’umanista annuncia di voler discutere alcuni argomenti che ha trascurato altrove44 e di dare spazio, in particolare, al tema della poesia.45 Se questa 39 Il testo del commento al Fedro (Ficino 31983, vol. II: 1363 – 1386) stato pubblicato da Michael Allen: cfr. Allen 1981, 65 – 215 (alla cui edizione far riferimento). L’opera uscita recentemente anche all’interno di Ficino: Commentaries on Plato, 38 – 193. 40 Cfr. Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Marcel), “oratio” VII, capp. 13 – 15, 257 – 260; Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Laurens), “oratio” VII, capp. 13 – 15, 238 – 245. Per l’edizione critica della versione volgare del De amore, cfr. Ficino: El libro dell’amore, 211 – 216. 41 La parte del Commentarium in ‘Convivium’ destinata alla gradazione dei furori (“oratio” VII, capp. 13 – 14) ripresa dalla prima sezione dell’Argumentum in ‘Ionem’: cfr. Megna 1999, 121; Ficino 21999, 169.6 – 171.31. Sul cammino ascensionale che va dal furore poetico a quello amoroso, cfr. Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Marcel), 101 – 104 (‘Introduction’). 42 Per la traduzione e l’argumentum” del dialogo cfr. Kristeller 1973, vol. I: CIL e CLII; Allen 1981, 15 – 17; Gentile / Niccoli / Viti 1984, 113 – 115 (scheda n. 89). Per il Commentarium in ‘Phaedrum’ cfr. Kristeller 1973, vol. I: CXXI – CXXII; Allen 1981, 19 – 21; Gentile / Niccoli / Viti 1984, 155 – 156 (scheda n. 120). 43 Kristeller 1973, vol. I: CXXII. 44 “Operae pretium vero post haec fore videtur mysteria quaedam huius libri praecipua paulo latius explicare, ac primo quae de poesi caeterisque furoribus hic

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sorta di rapimento chiamata, non a torto, ‘furore’ e ‘alienazione’, colui che ne posseduto non si limita a produrre un semplice discorso, ma sente l’impellente necessit di esprimersi in versi, componendo carmi e liriche.46 Prosegue Ficino: Perci , qualsiasi tipo di furore, che profetico, del sacerdotale o dell’amoroso, prendendo forma attraverso carmi e liriche, sembra attuarsi e compiersi (“absolvi” nel furore poetico. E poich la composizione e il verso poetico esigono un accordo di suoni, ed ogni armonia perfettamente inclusa in una scala di nove unit – lo dimostro in rapporto alla musica di il Timeo – a buon diritto hanno consacrato il numero nove alle Muse.47

La poesia diviene qui il mezzo privilegiato per rivelare i misteri divini, e il furore poetico, che la ispira, l’elemento comune a tutti i furori: non il primo livello di elevazione psichica che – seppur indispensabile – nel commento ficiniano al Simposio risultava insufficiente a portare a termine il ricongiungimento con Dio,48 ma la voce di Dio, o meglio, dell’uomo fattosi dio. Non a caso, in una delle “summae capitulorum” allegate al commentario al Fedro, Ficino arriva ad affermare che

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et in Phaedro praetermisi, nec alibi declaravi” (Ficino: Commentarium in ‘Phaedrum’, 83). “Sed iuvat poetis paulo ulterius indulgere” (ivi, 85). “Itaque occupatio haec sive raptus furor quidam et alienatio non iniuria nominatur. Furens autem nullus est simplici sermone contentus, sed in clamore prorumpit et cantus et carmina” (ibid.). “Quamobrem furor quilibet, sive fatidicus sive mysterialis seu amatorius, dum in cantus procedit et carmina, merito in furorem poeticum videtur absolvi. Quoniam vero poeticus cantus atque versus exigit concentus harmonicos, harmonia vero omnis intra novenarium prorsus includitur – quod in Timaei musica declaramus – merito novenarium Musis numerum consecravisse videntur” (ibid.). Cfr. Plato Latiunus 21975, 47c6 – e2; Ficino: Commentarium in ‘Timaeum’, in: Ficino 31983, vol. II: 1459 (cap. XXXIII): “Nam in sesquioctava, inter novem et octo, proportione progenuit [scil. Deus] tonum Musis novem obtemperantem”. Cfr. supra, nota 41. ð Ficino stesso a spiegare l’apparente contraddizione in un brano del commento al Fedro: “In Convivio quidem et Ione furorum quatuor ordinem quantum pertinet ad reductionem animae disposuimus, hic autem quantum spectat ad ipsam furoris originem” (Ficino, Commentarium in ‘Phaedrum’, 85). Per un’interpretazione del brano in questione, cfr. Allen 1984, 48 – 49.

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Platone antepone siffatta poesia, che ci infusa per volont divina, alla stessa filosofia, mentre bandisce dallo Stato dell’arte umana.49

Qualche riga prima, Ficino richiamava la distinzione fra intelletto e volont, che nel commento al Simposio aveva rappresentato con l’immagine dell’anima alata: un’ala quella che ci conduce alla ricerca del vero, e raffigura la facolt intellettiva; l’altra ala, che simboleggia la volont umana, ci fa desiderare il bene in virt di una specie di istinto naturale.50 Nel commentario al Fedro si precisa che all’intelletto bisogna associare i furori profetico e poetico, mentre, alla volont, i furori sacerdotale e amoroso:51 tenendo conto che, per ammissione di Ficino, nel commento al Fedro il furore esaminato sotto il profilo della genesi,52 potremmo concludere che il “furor” poetico non nasce in uno stato di dissennatezza totale, ma con il concorso della parte razionale dell’anima. Quest’ipotesi trova parziale conferma in una pagina del X libro della Teologia platonica, dove Ficino, per provare come l’anima sia stata creata da Dio senza l’aiuto di intermediari e possa riunirsi a Dio perch capace di Dio (“capax Dei”),53 descrive le due potenze psichiche primarie e il modo in cui l’uomo si accosta all’oggetto che desidera, quindi al suo bene: “la volont desidera il bene nella misura in cui l’intelletto ad offrirglielo”.54 Insomma, non si desidera qualcosa se prima non lo si 49 “Eiusmodi poesim divinitus nobis infusam Plato etiam philosophiae praeponit, humanam vero procul ex urbe propulsat (Ficino: Commentarium in ‘Phaedrum’, 145). Si tratta della “summa” XIV. 50 “Alas animo tribuit, per quas in sublime feratur, quarum alteram putamus esse indagationem illam qua mens assidue ad veritatem adnititur, alteram boni desiderium, quo nostra voluntas semper afficitur” (Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ [d. Marcel], 259; Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ [d. Laurens], 243). Cfr., sull’allegoria delle due ali e sul significato che assume in Ficino, la nota 67 alla VII orazione dell’In Convivium nell’edizione del medesimo curata da Pierre Laurens, Ficin: Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Laurens), 312 – 313. 51 “In nobis denique intelligentia voluntasque sunt germanae. Ad illam quidem vaticinium cum poesi, ad hanc autem mysteriale votum pertinet cum amore” (Ficino: Commentarium in ‘Phaedrum’, 145). 52 Cfr. supra, nota 48. 53 “Habet [scil. animus] ergo vim aliquam absque medio Dei capacem. Haec autem a solo tributa est Deo” (Ficin, Thologie platonicienne, vol. II, lib. X, cap. 8, 86; Ficino, Platonic Theology, vol. III, lib. X, cap. 8 [§ 5], 186). 54 “Eousque enim affectat [scil. voluntas] bonum quousque ipsi bonum porrigit intellectus. […] Si voluntas eousque affectat bonum quousque intellectus offert, hic autem offert infinitum bonum et infinita bona, sequitur ut totidem voluntas affectet. Ergo solius infiniti boni impletur possessione” (ibid.).

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conosciuto o, quantomeno, considerato grazie alla facolt del discernimento.55 L’antecedenza del momento intellettivo rispetto a quello volitivo pu forse spiegare, da un certo punto di vista, la scala dei furori presentata all’interno del Commentarium in Convivium:56 se il furore poetico occupa il grado pi basso e va inteso come ‘preparazione’ all’ascesa dell’anima,57 perch ha la funzione di placarne le passioni e di riportarla ad una dimensione armonica, nell’allegoria platonica della biga alata,58 che Ficino cita poco dopo per illustrare meglio il concetto, lo stesso furore poetico permette di distinguere – con un’operazione che ha tutto l’aspetto di essere razionale – il buon cavallo, immagine della conoscenza chiara, dal cavallo cattivo, immagine della conoscenza oscura; in termini etici, permette di discernere il bene dal male. ð solo con il furore sacerdotale, per , che l’anima comincia a dirigersi verso l’unit della mente; e lo pu fare servendosi di un atto di volont, con cui sottomettere il cavallo cattivo a quello buono ed acquistare autonomia nei confronti della sfera sensibile. Ancora, il furore profetico che conduce l’anima a raggiungere l’uno che in essa e che la presiede, dandole la capacit di intuire gli eventi futuri e di aguzzare lo sguardo della mente: la visione del Bene sommo ormai vicina e la biga sulla strada dell’Uno al di l dell’anima. Sar il desiderio della Bellezza divina, scorta da un occhio fattosi acuto e perfetto, a compiere, attraverso il furore amoroso, il cammino ascensionale e a portare la biga davanti alla mensa della beatitudine. Sulla base di questi presupposti risulterebbe comprensibile l’affermazione del commento al Fedro, secondo la quale i furori poetico e profetico dipendono dall’intelletto, mentre il sacerdotale e l’erotico dalla volont,59 pur essendo tutti – come dice Ficino – strettamente congiunti fra loro.60 55 Sulla dinamica intelletto-volont e sull’evoluzione che ha subito negli scritti di Ficino, che inizialmente subordinava la volont all’intelletto, ma che in seguito sembra far prevalere la volont (e l’amore che le congiunto) sul momento conoscitivo, cfr. Kristeller 1953, 274 – 296. 56 Ficin, Commentaire sur ‘Le banquet’ (d Marcel), 258 – 259; Ficin, Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Laurens), 240 – 243. 57 Ficin, Commentaire sur ‘Le banquet’ (d. Marcel), 103 (‘Introduction’). 58 Platone, Phaedr. 246a6–b4. 59 Cfr. supra, nota 51. 60 “Non immerito in furore quolibet describendo furorem quemlibet quodam pacto commemorat. Sunt enim invicem coniugati” (Ficino: Commentarium in ‘Phaedrum’, 143).

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4. Il Commentarium in ‘Parmenidem’, de Uno rerum omnium principio61 Nell’avviare il discorso sul Fedro, si accennato al fatto che Ficino, pur essendovisi dedicato negli anni fra il ’66 e il ’74 del Quattrocento, vi ritorn successivamente e fino agli anni Novanta. Nell’edizione dei Commentaria in Platonem del 1496, infatti, i primi tre capitoli del Commentarium in ‘Phaedrum’ corrispondono all’Argumentum in ‘Phaedrum’, pubblicato come introduzione al dialogo all’interno della “princeps” degli Opera omnia di Platone, uscita nel 1484; i capitoli dal quarto (che abbiamo analizzato) all’undicesimo e le 53 “summae capitulorum” saranno aggiunte in seguito e, probabilmente, dopo il 1492, dati i riferimenti al Commentarium in ‘Parmenidem’ (composto fra il 1492 e il 1494).62 Sorte analoga, per un certo riguardo, avr quest’ultimo, perch, se la traduzione e l’Argumentum in “Parmenidem” datano al 1463 – 1464,63 l’ampio e complesso commentario al dialogo verr steso dopo il 1492 e pubblicato anch’esso nell’edizione del 1496.64 Il commento al Parmenide costituito di due grandi sezioni: nella prima, che arriva fino al cap. LII dell’opera,65 Ficino, seguendo la struttura del Parmenide, ne interpreta la prima parte,66 che tratta la teoria delle idee e le difficolt che tale dottrina comporta; nella seconda, che copre altri 59 capitoli,67 Ficino interpreta la seconda parte del dialogo68 ispirandosi all’esegesi teologica degli antichi Neoplatonici e, in particolare, a Proclo: di qui l’ulteriore suddivisione in nove sottosezioni, corri-

61 Per il testo del commento al Parmenide, cfr. Ficino: Opera, vol. II: 1136 – 1206. Utilizzer la “princeps” dei Commentaria in Platonem, unico testimone quattrocentesco per il commento al Parmenide: Ficino: Commentarium in ‘Parmenidem’, in: Ficino: Commentaria in Platonem, cc. a.2r – i.4v. 62 Kristeller 1973, vol. I: CXXI– CXXII; Allen 1981, 15 – 21. 63 Kristeller 1973, vol. I: CXLVII– CIL; Gentile / Niccoli / Viti 1984, 113 – 115 (scheda n. 89). 64 Kristeller 1973, vol. I: CXX; Gentile / Niccol / Viti 1984, 155 – 156 (scheda n. 120). 65 Ficino, Commentarium in ‘Parmenidem’, cc. a.2v–d.4r. 66 Cfr. Platone, Parm. 126a1 – 137c3. 67 Ficino, Commentarium in ‘Parmenidem’, cc. d.4r–i.2v. 68 Platone, Parm. 137c4 – 166c5.

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spondenti alle nove ipotesi del Parmenide (le prime cinque positive e le altre negative).69 Iniziando a commentare la VI ipotesi, che introduce il gruppo delle ultime quattro, volte a dimostrare quante assurdit deriverebbero dalla negazione del Principio della realt, Ficino chiarisce in che senso il Parmenide sia un dialogo ‘poetico’70 e perch Parmenide sia, nel contempo, filosofo e poeta divino: da un lato, infatti, ha cantato in versi i misteri della filosofia (l’allusione al poema Sulla natura di Parmenide); dall’altro, nel Parmenide, svolge anche il ruolo del poeta.71 Una prima considerazione gi possibile: in questo passo Ficino sovrappone il filosofo eleate, vissuto fra il VI e il V secolo a.C. e autore del suddetto poema, e il vecchio Parmenide, protagonista del dialogo platonico e portavoce dello stesso Platone; in poche parole, identifica il Parmenide storico con il Parmenide fittizio, che fa da maschera al proprio creatore, Platone. D’altronde, per , all’interno del Parmenide, il protagonista, “venerando e terribile”,72 innanzitutto filosofo, e poi poeta: “Parmenides […] in hoc dialogo agit quoque poetam”,73 cio fa anche la parte del poeta (tenendo presente che “agere aliquem” significa ‘rappresentare un personaggio, una parte’, che si tratti della scena o della vita, che si tratti di cosa seria o di simulazione). Che il Parmenide, inoltre, sia un dialogo poetico, testimoniato dal fatto che vi si celebra il numero nove: le nove ipotesi in cui strutturata la 69 Per un’esposizione sintetica delle varie interpretazioni del Parmenide nell’Antichit si veda: Gritti 2008, 154 – 165. Proclo condivide, per molti aspetti, l’interpretazione di Plutarco di Atene, portata a compimento da Siriano: ivi, 162 – 164. 70 Il primo dei cinque capitoli destinati alla VI ipotesi intitolato: “Sexta suppositio: sextae suppositionis intentio. Et quomodo Parmenides poeticus […]” (Ficino: Commentarium in ‘Parmenidem’, c. h.5v). Per un’interpretazione di questo capitolo cfr. Allen 1986, 445 – 448 (ora in: Allen 1995, n. X). 71 “Parmenides non philosophus tantum, sed etiam poeta divinus, carminibus philosophica mysteria cecinit atque in hoc dialogo agit quoque poetam” (Ficino: Commentarium in ‘Parmenidem’, c. h.5v). 72 L’espressione omerica viene utilizzata da Platone per qualificare Parmenide in Teeteto 183e5 – 6; il luogo viene ripreso da Ficino, per esempio, all’interno del cap. II del commento al Parmenide: “Neque vero Peripateticorum quorundam recipiendae sunt calumniae, quibus suspicemur Parmenidem, ubi dicit omne ens unum esse, omnem penitus ex universo multudinem auferre; alioquin Plato, in Thaeeteto, ubi de uno immobili ente fit mentio, Parmenidem non reveritus quidem esset, sed potius insecutus” (Ficino, Commentarium in ‘Parmenidem’, cc. a.2v–a.3r). 73 Cfr. supra, nota 71.

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seconda parte del dialogo, infatti, sono come le nove Muse, protettrici – in questo ambito – della conoscenza e non pi , o non solo, della poesia; l’ascesa progressiva verso la comprensione dell’Uno, oggetto del Parmenide, , sotto il profilo poetico, la via che ci porter fino ad Apollo.74 Non un caso – continua Ficino – che, con il nome ‘Apollo’, Pitagorici e Platonici designassero proprio l’Uno assoluto, usando il linguaggio tipico dei misteri (“ipsum simpliciter Unum mystice designare”):75 il rimando implicito alla V Enneade, nel luogo in cui Plotino si interroga sull’informit dell’Uno, che, esistendo al di l dell’essere e dell’intelletto, potr essere contemplato solo lasciandosi alle spalle gli strumenti della conoscenza e del linguaggio umano, che ne espressione.76 Plotino afferma che il nome ‘Uno’ indica la negazione della molteplicit e che i Pitagorici lo chiamarono simbolicamente (sulbokij_r) ‘Apollo’ per tale motivo (da a-privativo e [t±] pokk± = le realt molteplici).77 Allo stesso modo, Ficino pu aggiungere che Apollo “absolutor”, perch svincolato dai lacci della molteplicit.78 L’estro poetico di Parmenide (e quindi di Platone) si ravvisa soprattutto nella sua abilit a ‘giocare’ con i nomi: basti pensare ai diversi significati che attribuisce al termine uno nel contesto del dialogo. Se non fosse in grado di dissimulare il vero, non potrebbe neanche farci immaginare l’esistenza di ci che non pu essere, servendosi di paradossi validi a livello logico, ma inaccettabili da un punto di vista ontologico,79 come avviene con le quattro ipotesi negative del Parmenide in cui, posta la non 74 “Novenarium enim quasi poeta colit numerum, Musis (ut dicitur) consecratum; per novem sane suppositiones, quasi per novem Musas, scientiae duces, ad veritatem Apollinemque nos ducit: dum enim ad ipsum provehit simpliciter Unum, ad Apollinem promovere videtur” (Ficino, Commentarium in ‘Parmenidem’, c. h.5v). 75 “Quo nomine [scil. Apollo] Pythagorici sui solent ipsum simpliciter Unum mystice designare, quippe cum Apollon – ut Platonici quoque cum Platone docent – absolutorem significat simplicem a multitudine segregatum” (ibid.). 76 Plotino 2000, V, 5, 6. 77 Ivi, V, 5, 6.26 – 30. 78 Cfr. supra, nota 75. 79 “Interea, ut exactius poetam agat, nominum sensus variat, hoc nomen ‘unum’ alibi aliter introducens, ac passim varia sentit; in caeteris plerunque simili quadam ratione versutus, fingit etiam nonnunquam, ut poeta. Non enim sola quae sunt asserit, sed etiam quae non sunt saepe confingit, illa quinetiam quae esse non possunt; poetica sane licentia frequenter aggreditur paradoxa; alia frequenter aliorum nominibus occulit; delectatur saepe methaphoris, quibus aliena significanter ad alia transfert” (Ficino, Commentarium in ‘Parmenidem’, c. h.5v).

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esistenza dell’Uno, prova quante assurdit ne conseguirebbero.80 Grazie al rigore della dialettica confutatoria e a quella che Ficino chiama ‘licenza poetica’81 – “quasi lice¯re omnia poetis existimans” –82 il filosofo-poeta parla della verit alla maniera di Socrate, che intorpidiva gli interlocutori con le sue incessanti domande e metafore non allo scopo di polemizzare, ma per far germinare la virt nella loro anima. Per questo – conclude Ficino – il filosofo e il poeta condividono svariate cose: Entrambi ed essi soli riflettono sui propri concetti (“conceptus”) ed espedienti (“machinamenta”); entrambi sono considerati divini ed hanno un non so che di furore.83

La dialettica platonica, scienza delle realt divine, diventa, in Ficino, ‘teologia poetica’ e il Parmenide funge, in tal senso, da esempio paradigmatico:84 il poeta l’altra faccia del filosofo e la poesia la traccia di un sapere riposto, che esige di essere svelato combinando insieme concetti ed allegorie, sul modello dello stile platonico.85

Bibliografia Fonti Ficin, Marsile (1964 – 1970): Thologie platonicienne de l’immortalit des mes. Texte critique tabli et traduit par Raymond Marcel. Paris: Les Belles Lettres, I–III: II.

80 “Post haec [scil. post quinque primas suppositiones], quasi licere omnia poetis existimans, non solum fingit non esse unum, quod quidem necessario esse putat, sed etiam postquam non esse finxit, quaeritat quidnam accidat uni, perinde ac si ei, quod non est, aliquid possit accidere; sed interea nihil temptat inepte” (ibid.). 81 Cfr. supra, nota 79. 82 Cfr. supra, nota 80. 83 “Verum quidnam dialectico cum poeta commertii? Certe quam plurimum. Utrique enim atque soli circa suos, ut aiunt, conceptus et propria machinamenta versantur, habentur utrique divini et habent nescio quid furoris” (Ficino: Commentarium in ‘Parmenidem’, c. h.5v). 84 Allen 1986, 454 – 455. 85 Si veda, in proposito, l’epistola proemiale con cui Ficino dedica a Lorenzo de’ Medici il suo Platone latino: Ficino: Opera, vol. II: 1128 – 1130. Sul ‘gioco serio’ come ideale platonico (e umanistico) di vita, mi permetto di rimandare a: Lazzarin 2005, 61 – 78.

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Philosophie, posie et musique chez Plthon Brigitte Tambrun-Krasker Le philosophe grec Georges Gmiste surnomm Plthon (ca. 1360 – 1452 ou 1454), n et lev  Constantinople, a suivi le cursus complet des tudes byzantines, le Trivium et le Quadrivium. A son tour il a dispens un enseignement; mais suite  une protestation manant de l’Eglise orthodoxe et portant sur les ides qu’il dveloppait, Plthon a t envoy, par l’empereur Manuel II, dans le Ploponn se,  Mistra pr s de l’antique Sparte, pour devenir le conseiller politique du jeune Thodore II que le basileus venait de nommer despotÞs de Mistra. Or, bien qu’il ait enseign les disciplines littraires comme les disciplines scientifiques – et nous en avons la preuve par diffrents manuels ou traits qui sont conservs1 – le savant Gmiste Plthon porte dans son ouvrage majeur mais secret, le Trait des lois, un jugement tr s ngatif sur la posie. Il refuse d’y voir la source de la philosophie et de la thologie. Ne fait-il l que reprendre  son compte la distinction classique  Byzance entre la «sagesse du dehors» (thurathen), autrement dit, les disciplines profanes, et la thologie?

1. A la source de toute saine doctrine: les Oracles magiques en vers Pour comprendre la dmarche intellectuelle de Plthon, il faut rappeler qu’ son poque, l’Empire des Romains, que nous appelons l’Empire byzantin, est rduit  quelques places fortes et  quelques petites les.2 C’est un empire qui se dit toujours universel, mais qui est presque devenu un empire en Ide, sans territoire, c’est--dire sans ralisation terrestre. Le grand probl me pour Plthon qui, install dans le Ploponn se, a une famille et deux fils – et mÞme un domaine d’Etat  grer (une pronoia)3 –, est de faire en sorte que les Grecs puissent continuer  vivre 1 2 3

Voir les rfrences dans Tambrun 2006, 49 – 50. Plthon 1930, 129, 13 – 17. Voir les rfrences dans Tambrun 2006, 41.

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sur leur territoire menac par les invasions turques et les occupations latines, et qu’ils puissent transmettre leur patrimoine  la fois familial et hellnique. Or un patrimoine suppose une origine qui est toujours la ralisation dans le temps d’une Ide, et un ancrage dans le sol, sur un territoire. La pense de Plthon est donc une pense de la gnalogie, de la rgnration, du retour du mÞme, mais il s’agit toujours de relier l’origine et sa ritration,  un lieu terrestre. Le projet de Plthon est donc d’accompagner une rgnration de l’Empire des Romains, par des rformes politiques, conomiques, religieuses et philosophiques. Son programme comporte: premi rement, la reconquÞte, puis la conservation, des territoires occups par les Latins et les Turcs,  commencer par le Ploponn se qu’il faut fortifier au niveau de la muraille d’Hexamilion sur l’Isthme de Corinthe,4 deuxi mement, le redmarrage de la politeia hellnique  partir de la rgion de Sparte (Mistra). Tout ceci ncessite une restructuration de la socit et la mise en place d’une politique d’autarcie conomique et d’autonomie militaire, mais aussi une nouvelle lgislation qui elle-mÞme suppose une saine doctrine religieuse et philosophique, et notamment le retour  la philosophie platonicienne. Seule celle-ci permet de comprendre que l’origine est archtypale, et qu’elle doit Þtre ritre dans le temps et l’espace. Il faut en effet, explique Plthon, qu’il y ait un accord entre la doctrine religieuse, la philosophie, et les ides qui concernent l’organisation politique. Or une saine doctrine religieuse ne peut selon lui se fonder que dans un texte inspir – mais philosophique et en vers –, qui doit faire concurrence  la Bible. Plthon consid re en effet que le monothisme – celui des chrtiens, qui est trinitaire, comme celui des Juifs et des Arabes qui pose un dieu seul et unique –, n’est pas favorable  la conservation des empires. Le monothisme est une forme d’athisme, comme l’avait dj soulign l’empereur Julien au IVe si cle, et dj – avec humour – un auteur dont Plthon copie des extraits: Lucien de Samosate.5 Il s’agit donc de trouver un texte extrÞmement ancien qui puisse faire concurrence au Pentateuque,  ce que l’on appelle les «Oracles de Mose».6 Or, le Mnippe de Lucien 4 5 6

Sur la reconquÞte du Ploponn se au dbut du XVe si cle, voir Zakythinos 1953 (reprint 1975), et un bref rsum dans Tambrun 2006, 39 – 41. Sur les recueils de textes copis par Plthon et conservs  la Biblioteca Marciana de Venise, voir Tambrun 2006, 50. Voir par exemple le prologue du Dialogue avec Tryphon de Justin; cf. Tambrun 2006, 91 – 92.

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de Samosate ne se disait-il pas avec humour, dans l’Icaromnippe, «accabl par une telle pnurie de Dieux»? Au texte inculte – non philosophique –, du Pentateuque, Plthon entend substituer une rfrence concurrente: des «Oracles» beaucoup plus anciens. Lucien de Samosate indique la voie sur le ton de la plaisanterie: pour chapper aux contradictions des philosophes qu’il avait frquents, Mnippe allait consulter un personnage qui devait le guider dans les enfers pour interroger le devin Tirsias. Or ce guide que Mnippe allait rencontrer  Babylone, tait un mage disciple de Zoroastre7. Lucien s’amuse en dcrivant ce mage sous les traits d’un «chalden», c’est--dire d’un magicien qui pratique la gotie. Plthon pense sans doute qu’il y a un fond, une trace, de vrit, dans ce que dit Lucien: il faut seulement «dtordre» son discours. Mais o retrouver les Oracles des mages disciples de Zoroastre qui pourraient faire concurrence aux «Oracles de Mose»?8 Dans sa jeunesse, Plthon a vcu en milieu ottoman,  la cour d’Andrinople, chez un Juif lettr nomm Elisha (Elissaios), bon connaisseur des commentaires persans d’Aristote, et donc de traditions orientales sur Zoroastre.9 Or ce savant met Plthon sur la piste des «Oracles des mages disciples de Zoroastre»: ce seraient les oracles que l’on appelle improprement «chaldaques»; ils sont exprims dans une langue littraire et non vulgaire, crits en grec, en hexam tres dactyliques. Plthon poss de une collection de ces Oracles que Michel Psellos a constitue au XIe si cle.10 Il n’ajoute aucun des oracles du mÞme type conservs par les noplatoniciens, ce qui montre qu’il consid re que la collection est compl te. Comme ces Oracles ont t selon lui contamins par le chaldasme, c’est--dire par la magie vulgaire – dont parle Lucien –, Plthon retranche tous ceux qui peuvent voquer la gotie ou des pratiques thurgiques. En outre, il restaure les hexam tres et trouve des solutions mtriques qui anticipent celles que Kroll proposera dans son dition des Oracles. 11 Il donne un nouveau titre  la collection: il ne parle jamais d’«Oracles chaldaques», mais des «Oracles magiques des mages disciples

7 Tambrun 2006, 63. 8 Tambrun 2006, 92. 9 Comme l’a montr M. Tardieu, Elisha tait un bon connaisseur, sinon un adepte de l’cole de Sohraward: voir les rfrences dans Tambrun 2006, 36 – 37 (et note 10); 92 – 93. 10 Publie dans des Places 1971, 162 – 186 et O’Meara 1989, 126 – 146. 11 Voir Tardieu 1987, 141 – 164.

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de Zoroastre»,12 indiquant ainsi qu’il faut comprendre le terme de «mage» au sens de «sage» comme l’indiquent bien les sources grecques. Enfin, il rorganise compl tement la collection transmise par Psellos, de telle sorte que le plan du recueil suit dsormais une progression qui va de la psychologie (le devenir de l’me)  la thologie, en passant par la pratique religieuse. Cette œuvre philosophique en vers qui a, en ralit, t compose  l’poque du moyen-platonisme, est appele  concurrencer les «Oracles de Mose», car selon les sources grecques, et notamment Plutarque (De Iside 369 D), Zoroastre aurait vcu 5000 ans avant la guerre de Troie13. Pythagore, Platon, puis les platoniciens et enfin Georges Gmiste dit Plthon, seraient les hritiers fid les de la doctrine des mages perses disciples de Zoroastre. Si l’on fait un calcul – car Plthon est fru de tables d’astronomie14 –, on s’aperÅoit que ce Zoroastre ancien est antrieur de 674 ans  la cration du monde par le dieu biblique,15 ce qui disqualifie videmment la tradition monothiste d’un seul coup. Les Oracles magiques dont Plthon propose un Commentaire 16 – parce qu’ils sont crits dans des vers difficiles  comprendre –, prsentent videmment une thologie polythiste, mais tr s strictement hirarchise: un premier dieu, le P re, un dieu issu du premier (le Nous ou l’Intellect paternel) qui lui-mÞme produit un monde de ralits divines idales que les Oracles dsignent par le terme d’«Iynges» (Uuccer) c’est--dire de «charmes». Or, il faut bien comprendre que cette thologie des Oracles magiques – donc de ce texte en vers –, sert de fondement  tout le syst me philosophique de Plthon et de base  toutes ses rformes religieuses et politiques. C’est la matrice de la thologie dveloppe du Trait des lois, 17 ouvrage ouvertement polythiste de Plthon, qui n’tait connu que d’un petit cercle tr s restreint de disciples srs. Ainsi, c’est un texte philosophique crit dans une langue savante tr s pure – en hexam tres –, et qui serait lui-mÞme la traduction grecque d’une oeuvre de tr s haute antiquit, exprime dans une langue tr s 12 Lacij± kºcia t_m !p¹ Fyqo²stqou l²cym. Ceyqc¸ou CelistoO Pk¶hymor 9n¶cgsir eQr t± aqt± kºcia : voir mon dition critique de ce texte: Plthon 1995. 13 Plthon 1995, 19, 20 – 22. 14 Voir Plthon 1998. 15 Tambrun 2006, 85. 16 Voir ci-dessus n. 12. 17 Plthon 1858.

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ancienne (celle des M des ou des Perses), qui doit servir de rfrence ultime et de source  la «saine doctrine». Tout ceci prsuppose une certaine ide de la sagesse: les origines de l’humanit sont des origines tr s savantes; les hommes des temps anciens disposent de l’intgralit de la sagesse; celle-ci n’a pas t acquise progressivement dans l’histoire. Mais en ralit, elle a deux sources: elle se trouve soit sous forme de logia exprims dans une langue pure, et issus de rvlations divines,18 soit dans l’intellect humain sous forme de sumbola que les dieux ont inscrits en nous.19 Ces rvlations comme ces symboles, sont tous parfaitement rationnels. La sagesse est surtout concentre; elle est tout enti re dans l’origine qui est pleine, et il faut la dployer par le commentaire; il faut aussi la rpter, la ritrer. D’un pays  l’autre, d’un genos  l’autre, d’une langue  l’autre, il existe donc des quivalences linguistiques, qui se rf rent toutes  la mÞme sagesse divine.

2. Condamnation de la posie On pourrait s’attendre  ce que Plthon, qui est platonicien, consid re – comme les noplatoniciens –, les po tes grecs comme des thologiens. Or, ce n’est pas du tout le cas. Rappelons que les philosophes noplatoniciens, confronts  la monte du christianisme qu’ils considraient comme une doctrine inculte et athe, taient soucieux de conserver et de sauver toute la culture hellnique. Ils devaient contrer les attaques des chrtiens, qui depuis les P res apologistes, cherchaient  prouver la fausset de la philosophie, d’une part, en montrant le dsaccord des philosophes entre eux et, d’autre part, en expliquant que les rcits des po tes sur les dieux grecs taient immoraux, puisqu’ils comportaient, entre autres horreurs, des meurtres et des adult res. Les philosophes se dfendaient d’une part en s’efforÅant de montrer qu’il y avait accord, et non dissension, entre les philosophes (Aristote et Platon)20, et d’autre part en expliquant que les mythes tra18 Plthon 1858, 32, 5; 42, 14; 86, 14; cf. Plthon 1989, 392; voir aussi le commentaire de Plthon sur l’Oracle 11 de sa collection (Plthon 1995, 2 et 9). 19 Conformment  l’enseignement des Oracles magiques des mages disciples de Zoroastre: commentaire de l’Oracle 27, dans Plthon 1995, 16, 6 – 9. 20 Pour oprer ce sauvetage, Syrianus, par exemple, proposait une sumph nia, un «Accord entre Orphe, Pythagore, Platon et les Oracles chaldaques» (Porphyre tant le premier philosophe noplatonicien  avoir propos un commentaire sur les Oracles chaldaques): voir Proclus 1968, LVII (Introduction).

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ditionnels, vhiculs par la culture grecque n’taient pas monstrueux, car il fallait dpasser leur signification littrale et vulgaire, populaire, pour montrer par une interprtation philosophique, leur sens profond parfaitement pur et saint, concordant avec la philosophie. C’taient mÞme les invraisemblances des mythes des po tes qui indiquaient qu’ils dissimulaient des vrits et des dogmes divins cachs.21 Ainsi, selon Orig ne,22 le paen Celse recommandait de prendre pour guides (hodÞgoi), les «sages ou philosophes», entre autres Platon «matre plus efficace en mati re de thologie», et les anciens po tes, Hom re, Orphe, Hsiode. Pour satisfaire au double besoin de concordisme et d’interprtation philosophique des mythes, les noplatoniciens accordaient et hirarchisaient entre eux les textes philosophiques: l’œuvre d’Aristote tait devenue, dans le cursus noplatonicien des tudes, comme une propdeutique  l’œuvre de Platon. Quant aux po tes, Orphe, Hom re, Hsiode, ils taient considrs comme des thologiens qui faisaient autorit,  l’instar de Platon.23 Les Oracles chaldaques possdaient un statut tout  fait minent et spcial puisque c’tait dans l’tude de cette œuvre de posie philosophique, contemporaine des mdio-platoniciens, et commente pour la premi re fois par Porphyre, que culminait le long cursus des tudes noplatoniciennes. Les Oracles, les Logia, constituaient mÞme une autorit qui permettait de rsoudre les probl mes exgtiques lorsqu’il y avait conflit entre plusieurs interprtations.24 Dans l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re attribu  Plutarque, et que Plthon connat,25 Hom re est considr comme la source de toute la philosophie et mÞme des diffrentes sectes philosophiques (Pythagore, Platon, Aristote, les stociens). Les philosophes, comme les historiens et les orateurs, auraient trouv dans ses po mes pour ainsi dire des germes de 21 I. Hadot dans Simplicius 1990, 108 – 122 et 117. 22 Contre Celse VII, 41 et 42. 23 Proclus 1968, LVII (Introduction). Sur l’exg se d’Hom re, voir l’In Rempublicam de Proclus (Kroll 1899, I, 60 – 205); Friedl 1936; Buffi re 1956, 21973, 25 – 31; 531 – 540; 541 – 558. 24 Communication de Ph. Hoffmann, lors du colloque international sur «Les oracles chaldaques», dir. Lucia Saudelli et Adrien Lecerf, Paris, EPHE/CNRS (UMR 8584)/ENS, 27 juin 2009 ( paratre). 25 Dans la Rplique  Scholarios (Plthon 1989, 476 – 477), c’est au ch. CXXVIII de l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re, que Plthon se rf re lorsqu’il dit que la thorie du pneuma vhicule de l’me est attribue (sans doute  tort) par Plutarque  Aristote; cette source a chapp  B. Lagarde, L.G. Benakis et E.V. Maltese: voir la note 251 de B. Lagarde (dans Plthon 1989). Pour l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re du Pseudo-Plutarque, voir (Pseudo-) Plutarque 1996.

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discours et de toutes sortes de traits (ch. VI). S’il y a parmi les philosophes une grande varit d’opinions, elles sont presque toutes puises dans Hom re (ch. CXXII). Les erreurs d’Epicure ou d’Aristippe proviendraient d’ailleurs d’une mauvaise interprtation de certains de ses textes: ces philosophes se seraient laiss garer par des discours qu’Hom re aurait insrs dans ses po mes sans les approuver mais seulement pour s’accorder  certaines circonstances (ch. CL). L’œuvre d’Hom re est prsente comme une sorte d’immense encyclopdie  laquelle tous les auteurs des si cles suivants auraient fait des emprunts. Or, l’attitude de Plthon est tr s diffrente. Il prend mÞme le contre-pied de l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re. Rappelons qu’Aristote (Potique, 1447 b 17 – 23) prf re appeler «naturalists» (vusiokºcoi) plutt que «po tes», ceux qui exposent en vers des sujets de mdecine ou de physique. Si Hom re est appel un po te, Empdocle qui s’exprime lui aussi en vers, est plutt un naturaliste. En effet, les textes scientifiques ne sont pas des textes d’imitation, alors que la posie, selon Aristote, rside avant tout dans l’imitation. Plthon dissocie lui aussi les œuvres philosophiques en vers (les Oracles magiques; les Vers d’or des pythagoriciens), de la posie (Hom re, Orphe, etc.), mais pour des raisons un peu diffrentes. Selon lui, les po tes, comme les «sophists» – c’est--dire toute l’apologtique chrtienne –, auraient dform la vrit originelle dlivre, comme on l’a vu, par les dieux.26 Dans la doctrine originelle, le sens et la forme sont en parfaite correspondance, en harmonie. La vrit s’exprime dans une langue pure, dans les formes mtriques qui conviennent, c’est--dire en hexam tres dactyliques.27 Les po tes conservent bien la forme mtrique initiale, mais comme leur but est de divertir et de «charmer» le public, ils dforment la doctrine originelle en proposant des «fictions» plaisantes;28 ils lui font 26 De Plthon, il existe un texte indit de quelques pages Sur Hom re et son Iliade. Il est prsent par exemple dans le manuscrit de Le Barbier (coll. prive) dont je poss de un microfilm, aux folios 66r – 68r, et dans le manuscrit grec C.F.2.11 (folio 240r–v), de la Biblioteca dei Girolamini (Naples). 27 La perfection de l’hexam tre dactylique est classiquement souligne par le Pseudo-Plutarque, dans l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re (VII) que Plthon semble avoir en tÞte, comme par Aristide Quintilien 1963, 47 (Aristide Quintilien 1999, 106). 28 Plthon semble ainsi corriger  dessein la th se de l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re (ch. VI) attribu  Plutarque.

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subir des «distorsions» (diastqov²r).29 Quant aux «sophists», c’est--dire aux thologiens chrtiens avec qui les po tes sont constamment mis en parall le, ils font passer pour des rvlations originelles, des doctrines compl tement corrompues; ce sont des illusionnistes. De plus, il faut comprendre que la langue dans laquelle ils s’expriment est vulgaire: c’est une langue dcadente du point de vue de Plthon qui s’exprime toujours en grec classique (attique): «En effet, les po tes et les sophistes malfaisants, si nombreux  ne donner manifestement ni les uns ni les autres aucune raison valable de ce qu’ils avancent en toute occasion, prtendent les uns comme les autres que c’est par une inspiration des dieux, qui soidisant leur vient souvent, qu’ils sont instruits de ce qu’ils dissent».30 Les po tes ne doivent donc pas Þtre considrs comme des guides fiables pour la thologie; et contrairement  ce que tente de dmontrer le pseudo-Plutarque dans l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re,31 Hom re n’est pas la source de toute la philosophie grecque.32 Au contraire, dans la recherche – entre des opinions contradictoires –, de la doctrine vraie, les po tes comme les «sophistes» (les chrtiens) sont de bien mauvais guides: «Les po tes, d’une part, sont souvent des flatteurs et ont commerce avec les gens pour le plaisir, mais ils ne se soucient absolument pas de la vrit et de ce qui est le meilleur».33 Les po tes comme les «sophists», «rabaissent les affaires des dieux  un niveau plus humain, l vent les affaires humaines  un niveau plus divin que ce qui convient  l’homme, mettent tout sens dessus dessous, causant le plus grand tort  ceux qui se fient  eux».34 La posie doit donc Þtre rserve au seul divertissement: «Ainsi les po tes, d’une part, colorant ce qu’ils disent, par l’lgance des noms et du rythme, et sduisant ainsi ceux qui les coutent, trompent ceux qui ne 29 Plthon 1858, 2, traduction [Pellissier] modifie; voir Couloubaritsis 1997, 139. 30 Plthon 1858, 34: « Poigt_m l³m c±q ja· sovist_m bpºsoi dμ jajoOqcoi, kºcom l³m oqd´ma oqd´teqoi aqt_m, ftou ti evekor, peq· to¼tym ¨m dμ 2j²stote k´cousi, va¸momtai !podidºmter, lamte¸ô d´, 1j he_m d/hem sv¸si voit¾s,, peq· t_m kecol´mym eQd´mai 2j²teqoi pqospoioOmtai »: 31 Voir ci-dessus, n. 25. 32 Sur cette question largement dbattue dans l’antiquit tardive, voir Droge 1989. 33 Plthon 1858, 28: « Poigta· l³m jokaje¸ô te t± pokk± wq¾lemoi ja· pq¹r w²qim pqosolikoOmter !mhq¾poir, !kghe¸ar d³ ja· toO bekt¸stou oq p²mu ti vqomt¸fomter ». 34 Plthon 1858, 28: « -lvy c±q to¼ty t½ c´mg t± l³m t_m he_m pq²clata jahaiqoOmter eQr t¹ !mhqypim¾teqom, t± d’!mhq¾pima aUqomter eQr t¹ heiºteqom C jat± t¹ !mhq¾pimom l´tqom, p²mta te %my j²ty jimoOmter, t± l´cista to?r sv¸si pqos´wousi kula¸momtai ».

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sont pas capables de faire la part entre le charme des noms et du rythme, et la beaut ou l’insanit de ce qu’ils disent. A vrai dire, le probl me pour eux ne serait pas tant de persuader, mais seulement de charmer les auditeurs, qu’ils les persuadent ou non; mais ils semblent agir sur certaines personnes plus qu’ils ne le voudraient».35 En ralit,  l’poque de Plthon, personne n’est dupe de la thologie homrique! La posie est clairement considre comme faisant partie de la «sagesse du dehors» (de la sagesse profane). Le but de Plthon est donc ici de dnoncer la thologie chrtienne, en assimilant systmatiquement les thologiens chrtiens  des po tes! Toute cette rflexion sur la posie s’inscrit en fait dans une tactique anti-monothiste.

3. Dtordre la posie: le cours sur Hom re et son Iliade Plthon condamne donc clairement la posie, au profit des doctrines philosophiques originelles, transmises en vers et restaures. Pourtant, selon lui, la posie conserve des traces, des vestiges de la vrit philosophique et si l’on recueille ces traces, on peut «dtordre» ce que les po tes ont tordu:36 on peut remonter de ce qui est corrompu  une doctrine saine. C’est ce qui se passe avec un vers orphique que Plthon consid re comme juste d’un point de vue philosophique, et cite  deux reprises dans la Rplique  Scholarios:37 «car dans l’opinion commune des Grecs dominait surtout cette croyance que ‘de Zeus toutes choses ont surgi’»;38 «et aussi ce que je cite d’Orphe, bien antrieur [ Aristide Aelius]: ‘de Zeus, dit-il, toutes choses ont surgi’».39Plthon a d’ailleurs lui-mÞme copi dans 35 Plthon 1858, 34: « Ja· poigta· l³m t0 t_m amol²tym te ja· NuhloO w²qiti t± kecºlema 1piwqymm¼mter, ta¼t, te jgkoOmter to»r !jo¼omtar, pe¸housi to»r oq dumal´mour diajq¸meim amol²tym te ja· NuhloO [w²qim] toO t_m kecol´mym j²kkour C aUswour. Ja¸toi oqd³ toO pe¸heim #m aqto?r pok»r eUg tir kºcor, toO d³ t´qpeim lºmo[m] to»r !jo¼omtar, %m te dμ pe¸hysim, %m te ja· l¶7 oV c’ 1o¸jasi paq’ 1m¸oir ja· pk´om ti C bo¼koimt’ #m diapq²tteshai ». 36 Voir ci-dessus, note 29. 37 Rappelons que pour Diog ne Larce (Vitae philosophorum, Prooemium, 5), ceux qui veulent attribuer aux trangers l’invention de la philosophie, prsentent Orphe comme le plus ancien philosophe. 38 Plthon 1989, 397: «[…] (1m c±q :kk¶mym t` joim` avtg B dºna l²kista 1jq²tei ¢r ‘Di¹r 1j p²mta t´tujtai’)». 39 Plthon 1989, 421: «[…] ja· 5ti pok» pqºteqom 1n iqv´yr, ‘1j Di¹r t± p²mta’ v²sjomtor ‘tet¼whai’».

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ses cahiers personnels conservs dans le manuscrit grec 406 de la Biblioteca Marciana, des hymnes orphiques et une «Thologie orphique sur Zeus » extraite du De Mundo attribu  Aristote; ils accompagnent son Trait de musique. 40 Mais dans la Rplique  Scholarios, Plthon prend soin aussitt de rappeler qu’il faut user de prudence avec les po tes:41 «Les Grecs avaient de l’indulgence pour les po tes, lorsque leurs chants comportaient quelque chose de choquant envers les dieux (ce qui tait frquent), car les po tes glissent dans les fictions42 ; mais contre les sages qui se permettaient le mÞme cart, ils s’irritaient fortement. Anaxagore courut le danger d’Þtre accus pour impit»43. C’est sans doute dans le petit trait indit de Plthon Sur Hom re et son Iliade 44 que l’on trouve le meilleur exemple de «redressement» philosophique d’une histoire transmise par un po te. Cet opuscule comporte tout d’abord une «Vie d’Hom re» qui servait manifestement d’introduction  un cours que Plthon dispensait.45 Elle est suivie d’une «Division des dieux»: il s’agit d’une classification dans laquelle Plthon tantt justifie, tantt corrige, les fonctions des dieux  l’gard des Grecs et des Troyens, d’un point de vue philosophique. Les r gles de son interprtation se trouvent dans le Trait des lois. 46 Ainsi, Posidon, le dieu «le plus puissant apr s Zeus», dieu de la forme et de la limite (peras) dans le Trait des lois, impose des limites  la guerre entre les Grecs et les Troyens. Hra, desse de la mati re prsidant  la multiplication des Þtres, pouse de Posidon (non de Zeus) dans le Trait des lois, veille sur les lois du mariage 40 Voir la description de ce manuscrit dans Mioni 1985, 159. 41 Voir Plthon 1989, 421 et Plthon 1858, 29, 35 et surtout 131. 42 Plthon 1989, 421. Le terme de huponoia est employ par Platon, Rpublique, II, 378 d 6. 43 Plthon 1989, 421: « OR d³ þkkgmer poigta?r l´m, eU t¸ pou !pgw³r Õdeto 1r to»r heo¼r (pokk± d’ Õdeto), succm¾lgm 5melom 1r t±r rpomo¸ar jataduol´moir7 to?r d³ sovo?r poioul´moir eWmai ja· svºdqa 1wak´paimom. Ja· )manacºqar l³m 1jimd¼meusem 1p’ !sebe¸ô 1cjako¼lemor […]»; traduction de huponoia modifie. Cf. Diog ne Larce: Vies et doctrines des philosophes illustres, II, 12 – 13; art. «Anaxagoras» (n81981; Harpocration et Hsychius), in: Suidas 21971,178, 1 – 14. 44 Voir ci-dessus, note 26. 45 On sait que Plthon avant d’Þtre envoy  Mistra enseignait  Constantinople et qu’il a eu par exemple pour l ve Marc Eugnikos, le futur Marc d’Eph se: voir les rfrences dans Tambrun 2006, 37 – 38. Sur le genre littraire des «Vies d’Hom re», voir par exemple Homeric Hymns 2003. 46 Tambrun 2006, 145 – 172.

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et tend, dans L’Iliade,  les faire respecter. Hphastos, dfini comme le dieu de l’immobilit et du repos (stasis) dans le Trait des lois, veille sur ce qui est tabli: il pousse  observer les lois du mariage et celle de l’hospitalit pendant la guerre de Troie; il apporte son secours, lorsque les lois sont transgresses, en vue de leur rtablissement. Dans le Trait des lois, Athna est prpose  l’htro-mouvement (oppos  l’auto-mouvemement). Elle meut vers autrui, et pousse les Grecs  attaquer les Troyens. Herm s, dans le Trait des lois, rgit les dmons qui sont des messagers. Pendant la guerre de Troie il s’occupe donc des ambassades, r gle les demandes et les changes. Il pousse les Grecs  rclamer Hl ne et les biens drobs. Apollon et Artmis sont dans le cours Sur Hom re et son Iliade, comme dans le Trait des lois, respectivement prposs  l’identit (tautotÞs) et  l’altrit (heterotÞs). Apollon favorise la concorde entre les peuples divers, tandis qu’Artmis pousse  leur distinction,  leur sparation, ce qui est facteur de dissension. Lto se trouve dans le Trait des lois, prpose  l’ther qui est la partie la plus brillante de l’lment du feu.47 C’est donc elle – et non Zeus – qui aide les Troyens  mettre le feu aux navires des Grecs48 pour les dtruire. Dans le Trait des lois, Aphrodite fait partie de la famille btarde – et non de la famille lgitime – des dieux issus de Zeus; cette famille rgit le domaine du vivant mortel. Aphrodite est prpose  la mati re des vivants mortels. Dans L’Iliade elle procure le plaisir et favorise ainsi la relation entre Hl ne et Alexandre, ce qui dclenche la guerre de Troie. Ar s est absent du panthon du Trait des lois. 49 Selon l’empereur Julien, il ne peut s’agir que d’un dieu ethnarque. De mÞme, selon Plthon, Ar s ne poss de, lors de la guerre de Troie, qu’un rle particulier: celui de protecteur de la ville de Troie. Plthon fait remarquer qu’Hphastos est au contraire un dieu protecteur gnral qui rtablit les lois pour tous. Le cours Sur Hom re et son Iliade se termine par une mise en garde du professeur Plthon: il a «redress» L’Iliade d’Hom re en supprimant les mythes franchement absurdes; mais pour ce qui reste encore dans ce texte et qui, sans Þtre aussi absurde, n’est pourtant pas correct, il ne faut pas tout tudier  la suite avec prcipitation; mais c’est en analysant chacune des choses de ce genre au moyen de la droite raison, qu’il faut aussi y prÞter l’oreille, attendu qu’il n’est pas facile de les supprimer. Ainsi, pour le reste du texte, Plthon demande de faire preuve d’esprit critique! 47 Voir Tambrun 2006, 150. 48 Comparer avec L’Iliade, XVI. 49 Voir Tambrun 2006, 148.

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4. Remplacer les mythes potiques par des mythes corrects Ce n’est pas parce qu’elle fournit des mythes, que Plthon condamne la posie. Suivant Platon (Rpublique II, 377 b), il estime en effet que la forme mythique peut avoir une utilit pdagogique pour tous ceux qui ne sont pas capables de spculations philosophiques difficiles, et donc notamment pour le peuple. Il prconise de remplacer les mythes dforms des po tes, par des mythes philosophiques. Dans sa Dfense d’Aristote (Contre les difficults de Plthon au sujet d’Aristote),50 Georges Scholarios soutient que «l’obscurit d’Aristote convient  un sage, le langage color de Platon davantage  un po te, pour ne pas dire  un genre encore infrieur».51Plthon rtorque alors: «La forme mythique peut avoir quelque fondement. Si les mythes, en effet, n’taient remplis de bavardage dans la mesure o ils viennent des po tes, ils fournissent  la foule, qui ne peut atteindre la profondeur de la pense, une comprhension qui soit  sa porte;52 c’est ce  quoi Platon aussi s’appliqua, par philanthropie,  la suite d’autres thologiens. Dtournant des mythes pervers des po tes la foule prise de mythes, lui-mÞme, par d’autres mythes bienfaisants,53 donna  cette foule aussi de comprendre quelque chose du divin, qui ne lui ft pas trop tranger, afin que les sages et la foule puissent ensemble y accder quelque peu.54 De l’obscurit du style, les sages retireront un effort supplmentaire, l o il tait possible de penser avec moins de peine, la foule, elle, n’en recueillera pas le moindre avantage».55 C’est 50 51 52 53

Dans Scholarios 1928 – 1936, IV, 1 – 116. Texte cit par Plthon dans sa Rplique  Scholarios: Plthon 1989, 382. Voir Grgoras 1975, 965 – 967. Comparer notamment avec les Prolgom nes  la philosophie de Platon, 7, 24 – 8, 2 (Prolgom nes 1990, 11 – 12); Proclus 1899 (In Rempublicam, VIe dissert.), I, 71 – 86; 159 – 163; Proclus 1968 (Thologie platonicienne, I, 4), 21, 1 – 22, 7; Ammonius 1895, 249, 1 – 25; Philopon 1897, 69, 30 – 70, 2; 116, 23 – 26; Olympiodore 1970, 237, 24 – 239, 30; 242, 18 – 243, 15. 54 Voir Couloubaritsis 1997, 135 – 140. 55 Plthon 1989, 382 – 385: « T¹ l³m c±q luh_der 5woi %m tima kºcom. EQ c±q lμ oR lOhoi jat± to»r t_m poigt_m vkuaq¸ar eWem !m²lestoi, paq´wous¸ ti to?r pokko?r ja· b²hour mogl²tym oq dumal´moir 1vij´shai moe?m pqºweiqom7 d ja· Pk²tym pq¹r ja· %kkoir heokºcoir 1pet¶deusem rp¹ vikamhqyp¸ar. )p²cym c±q t¹ t_m pokk_m vikºluhom t/r t_m poigtij_m l¼hym lowhgq¸ar, aqt¹r 2t´qoir l¼hoir eqac´si tis·m 5dyj´ ti 1mmoe?m ja· to¼toir t_m he¸ym oq p²mu toi !kkºtqiom, Vm’ oV te sovo· bloO ja· oR pokko· !pºmaimtº ti aqtoO. 9j d³ toO t/r k´neyr !savoOr oR l³m sovo· ja· pºmom pqosk¶xomtai, 1v’oXspeq !pom¾teqom moe?m 1m/m, oR d³ pokko· oqd³ slijq¹m ¡vek¶somtai ».

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ainsi que Plthon restaure et transforme, par exemple, le mythe des Cour tes,56 des Gants,57 ou encore d’Hracl s, des Hraclides, ou de Dionysos.58

5. Conserver les noms divins mÞme souills par les po tes Dans la prface du Trait des lois, Plthon indique que «Cet ouvrage contient la thologie d’apr s Zoroastre et aussi d’apr s Platon, en dsignant les dieux reconnus par la philosophie par des noms traditionnels propres aux Grecs, et en ramenant chacun d’eux, du sens moins conforme  la philosophie, pris  cause des distorsions (diastqov²r) accomplies par les po tes, au sens qui est le plus conforme  la philosophie».59 Dans un chapitre conserv «Sur les noms des dieux»,60 il justifie  nouveau l’utilisation des noms traditionnels grecs des dieux:61 ils ont t transmis par les philosophes, mais dtourns par les po tes. On peut nanmoins les utiliser apr s les avoir dbarrasss des souillures ajoutes par les po tes. Ainsi, il s’agit de procder  un nettoyage, comme pour les Oracles chaldaques: «Cependant, pourrait-on dire, ces noms ont t compl tement salis par les po tes qui ont fabriqu les mythes discordants  partir des discours philosophiques sur les dieux, et il ne fallait donc plus les utiliser. Mais en ralit, la nature des noms des dieux n’est pas telle que mÞme si un nom est compl tement sali, il le demeure  jamais […], mais si quelqu’un d’autre emploie le mÞme nom dans une acception saine et sainte, le nom lui aussi devient alors pur pour lui».62 En ralit, il ne s’agit pas tant de corriger les noms divins, que les attributs des dieux. 56 Sur l’utilisation du mythe des Cour tes chez Plthon, voir Tambrun 2006, 86 – 87; 109; 149; 188. 57 Sur l’utilisation du mythe des Gants chez Plthon, voir Tambrun 2006, 87 – 88. 58 Plthon 1858, 30 – 32 et 252 – 256. Sur Hracl s, les Hraclides et Dionysos, on peut se reporter  l’index dans Tambrun 2006, 294 – 295. 59 Plthon 1858, 2: « J b¸bkor Fde peqi´wei, heokoc¸am l³m tμm jat± Fyqo²stqgm te ja· Pk²tyma, amolafol´mym t_m di± vikosov¸ar !macmyqifol´mym he_m to?r patq¸oir to?r þkkgsi he_m amºlasim, 2kjol´moir 2j²stoir 1j toO oq p²mu toi sum\doO vikosov¸ô, di± t±r rp¹ t_m poigt_m diastqov²r, 1p· t¹ ¢r l²kista dμ vikosov¸ô sum\dºm », traduction dans Couloubaritsis 1997, 139. 60 Plthon 1858, 130 – 133: « Peq· t_m t_m he_m amol²tym ». 61 Sur les noms et les attributions des dieux dans le panthon de Plthon, voir Tambrun 2006, 146 – 153. 62 Plthon 1858, 130 – 132: « )kk± va¸g %m tir, ¢r jataj´wqamtai taOta t± amºlata rp¹ t_m to»r l¼hour t_m 1j vikosov¸ar peq· he_m kºcym !p\do»r pkasal´mym

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Mais la correction s’applique aussi  des textes philosophiques: en effet, il faut ajouter que Plthon se permet tout de mÞme – et sans le signaler – de corriger dans son dition des dialogues de Platon, tout ce qui lui parat incorrect d’un point de vue thologique.63 (On peut alors se demander s’il consid re qu’il restaure les dialogues authentiques de Platon dforms au cours de leur transmission, ou bien s’il proc de  une censure  l’encontre de Platon lui-mÞme.) En fait, si les noms des dieux corrompus par les po tes grecs (et parfois par les philosophes!) mritent d’Þtre restaurs, c’est parce qu’ils tmoignent d’un lien des Grecs avec le sol de l’Hellade. Le projet sousjacent est politique: il faut rappeler aux Grecs qu’ils sont «Hell nes de genos» (þkkgmer t¹ c´mor), le genos ayant un sens gnalogique et non gnrique: il associe la ligne au sol, c’est  dire  la patrie.64 Les noms des dieux sont des noms patriotiques.65

poigt_m, ja· oqj´ti dμ 1wq/m aqto?r jewq/shai. )kk± lμ oq toia¼tg B t_m amol²tym v¼sir ×, oVa d¶, Cm ja· ûpam btioOm emola wqamh0, ja· jewqall´mom aqt¹ l´meim 1r !e¸ […]7 Cm d’ 6teqor t` aqt` 1v’ rcioOr te ja· eqacoOr wq¶sgtai dºngr, %wqamtom to¼t\ Edg ja· toumola c¸cmeshai.»

63 Voir Pagani 2009. 64 Voir Porphyre 1998, 2: « ja· c±q B patq·r !qw¶ t¸r 1sti t/r 2j²stou cem´seyr, ¦speq ja· b pat¶q » («et de fait, la patrie est une sorte de principe de la naissance de chacun, tout comme le p re»). Sur la diffrence entre le genos au sens gnrique et au sens gnalogique, voir Tambrun 2006, 175 – 185. 65 Ainsi, Plthon crit  l’empereur Manuel II Palologue (Plthon 1926, 247, 14 – 248, 5): «[…] nous, que vous gouvernez et dont vous Þtes l’empereur nous sommes Hell nes de genos, comme l’attestent notre langue et la culture de nos p res. Et pour les Grecs il n’est pas possible de trouver un pays qui leur soit plus propre et qui leur convienne mieux que le Ploponn se et toute la partie de l’Europe qui lui est contigu ainsi que les les adjacentes. En effet, c’est manifestement le pays que les Grecs eux-mÞmes ont toujours habit, du moins d’apr s les souvenirs que les hommes ont conservs; personne d’autre ne l’avait habit avant eux et aucun tranger ne l’a occup» (« 9sl³m c±q owm ¨m Bce?sh´ te ja· basike¼ete þkkgmer t¹ c´mor, ¢r F te vymμ ja· B p²tqior paide¸a laqtuqe?7 þkkgsi d³ oqj 5stim erqe?m Ftir %kkg oQjeiot´qa w¾qa oqd³m l÷kkom pqos¶jousa C Pekopºmmgsºr te ja· fsg dμ ta¼t, t/r Eqq¾pgr pqosewμr t_m te aw m¶sym aR 1pije¸lemai. Ta¼tgm c±q dμ va¸momtai tμm w¾qam þkkgmer !e· oQjoOmter oR aqto· 1n ftou peq %mhqypoi dialmglome¼ousim, oqd´mym %kkym pqoem\jgjºtym oqd³ 1p¶kuder jataswºmter […]».

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6. Emploi pdagogique de citations de textes en vers Pour terminer sur ce point, il faut faire mention de deux citations de textes en vers, qui se trouvent dans la Rplique  Scholarios. Elles sont toutes les deux employes dans un but pdagogique: la courte citation d’un texte en vers est ici utilise comme une maxime ou un aphorisme qui fait autorit: on doit suivre le mot d’ordre ou l’exemple, lorsque l’on n’est pas encore capable de raisonner philosophiquement et que l’on s’entÞte dans des prjugs. Cet usage pdagogique de la citation, qui nous montre l’un des aspects de l’enseignement littraire  Byzance, est d’ailleurs dj recommand par Plutarque dans le cadre d’un enseignement prparatoire  la philosophie.66 Dans la Rplique  Scholarios, la premi re citation est constitue de trois Vers d’or pythagoriciens. 67 La seconde,  la fin de l’ouvrage, est une citation d’Euripide:68 il s’agit de montrer que l’homme qui se plat en mauvaise compagnie est semblable  ceux qu’il frquente;69 Plthon veut faire comprendre  Scholarios qui s’entÞte dans l’aristotlisme et le thomisme, qu’en compagnie d’Aristote, il se trouve en fort mauvaise compagnie. C’est le coup de bton final d’un vieux matre agac,  l’arrogant born qui aurait pu Þtre son l ve!

66 Voir par exemple Brechet 2005. 67 Plthon 1989, 422 – 423; B. Lagarde (Plthon 1989) cite les Vers d’or (vers 40 – 42) attribus  Pythagore, dans l’dition d’A. Farina (Pythagore 1962, 23): « Lμ d’vpmom lakajo?sim 1p’ellasi pqosd´nashai, pq·m t_m Bleqim_m 5qcym tq·r 6jastom 1pekhe?m7 p0 paq´bgm ; t¸ d’5qena ; t¸ loi d´om oqj 1tek´shg ;«

N’accueillez pas le sommeil sur vos yeux assoupis, avant d’avoir parcouru trois fois chacune des actions de la journe. En quoi ai-je transgress ? Qu’ai-je fait ? Que n’ai-je pas accompli ce qui devait l’Þtre ? Par ailleurs, signalons que Plthon a copi des Vers d’or dans ses cahiers personnels, conservs dans le Marcianus graecus 406, aux folios 121v-122v: voir Mioni 1985, 159. 68 Plthon 1989, 498 – 499; Euripide, Phoenix 1964, 623 (fr. 812, 7 – 9): nstir d’blik_m Fdetai jajo?r !m¶q, oq p¾pot’ Aq¾tgsa cicm¾sjym fti toioOtºr 1stim oXspeq Fdetai num¾m

Un homme qui se plat en mauvaise compagnie, Je ne me suis jamais enquis de lui, sachant qu’il est tel que ceux qu’il se plat  frquenter 69 Plthon 1989, 499, n. 306.

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7. Composition d’Hymnes aux dieux Plthon compose pour sa part des Hymnes aux dieux strictement philosophiques. Ils font concurrence  ceux de Proclus que Plthon a copis dans ses cahiers personnels.70 Ils sont au nombre de 27 (soit 3 X 3 X 3). Chacun comporte neuf vers, que l’on doit scander «dans le ton de l’hexam tre»,71 le m tre hroque tant «le plus beau des rythmes».72 La justification est rythmique: le m tre hroque ne comporte que deux pieds: le dactyle (une longue pour le temps frapp, deux br ves pour le temps lev) et le sponde (une longue pour le frapp, une longue pour le lev): «Ainsi ces deux pieds commenÅant tous deux par une longue et se terminant au temps lev, tant de plus gaux pour la mesure, donnent  ce rythme un caract re de noblesse dont nul autre n’approche».73 Le temps fort se situe donc sur la premi re syllabe de chaque m tre. A la suite de ces Hymnes en vers, Plthon donne dans le Trait des lois, des «Instructions pour l’usage des allocutions et des hymnes»74 (les «Allocutions aux dieux» ne sont pas en vers). Il donne pour l’anne enti re un emploi du temps extrÞmement prcis et tr s contraignant qui varie en fonction de l’heure de la journe, des jours ordinaires et des jours consacrs (Reqolgm¸ai). De ce long expos tr s dtaill, nous retiendrons que les Hymnes sont tantt seulement scands, tantt chants. Lorsqu’ils sont chants, ils le sont selon les harmonies musicales dfinies par Platon dans la Rpublique (III, 398 – 399). Ces «harmonies» ont comme chez Platon un caract re thique: elles sont propres  favoriser un comportement vertueux. Il faut comprendre qu’en accordant les parties de l’me comme les cordes d’une lyre, elles accordent la cit humaine au monde et  la communaut des dieux. Il est clair pour Plthon qu’elles n’ont aucune

70 Conservs dans le Marcianus graecus 406, f. 133 – 135v : voir Mioni 1985, 159. 71 Plthon 1858, 228: «[…] 1m 2nal´tq\ Ádºlemoi tºm\ ». 72 Plthon 1858, 228; cf. par exemple, Aristide Quintilien 1963, 47 (Aristide Quintilien 1999, 106). 73 «[…] B 1j l³m lajq÷r !lvo?m to?m podo?m to¼toim !qw¶, 1r d³ %qsim tekeut¶, ja· ûla !kk¶koim Qsºtgr, cemmaiºtgtºr ti to¼t\ dμ l÷kkom C %kk\ bt\oOm Nuhl` peqipoie? », Plthon 1858, 228 – 229, traduction [Pellissier] lg rement modifie. Sur la vertu de «noblesse» (cemmaiºtgr) qui est l’une des parties du courage, voir le trait Des vertus: Plthon 1987, 4, 7, 15, 21, 23, 28. Plthon semble ici suivre l’Essai sur la vie et la posie d’Hom re (VII) du Pseudo-Plutarque. 74 Plthon 1858, 228 – 241: « Pqosq¶se¾m te ja· vlmym wq¶seyr di²tanir ». Le chapitre ne nous est pas parvenu en entier.

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efficacit sur les dieux qui sont parfaitement immuables: elles nous accordent aux dieux. Le trait de musique de Plthon intitul Sur quelques points des rapports musicaux, se trouve  la fin de l’dition du Trait des lois. 75 C’est ce texte qui a d’ailleurs donn  A. J.-H. Vincent qui menait des recherches sur la musique grecque antique, l’ide de s’intresser aux fragments du Trait des lois prsents dans les mÞmes manuscrits.76 Il comporte classiquement des lments d’harmonique (commenÅant par la phonologie), de rythmique et de mtrique. Il s’agit comme le petit trait Sur Hom re et son Illiade, d’un ouvrage de Plthon destin  l’enseignement.77 Pour l’harmonique, Plthon dfinit les intervalles selon une approche strictement pythagoricienne, par des rapports mathmatiques de proportion se rapportant  la longueur des cordes.78 Rappelons qu’un rapport harmonique est un rapport superpartiel (ou pimore): le numrateur y est suprieur d’une unit au dnominateur: (n+1)/n. L’intervalle fondamental (juqi¾tatom) est, rappelle Plthon, le ton (tºmor) de rapport (kºcor) 9/8 (epogde ou «au dessus du huit»). Plthon dfinit ensuite dans l’ordre: le syst me pitrite 4/3 (la quarte), compos de deux tons et d’un intervalle infrieur  un demi-ton – ce qui montre  nouveau que Plthon s’inscrit dans le courant pythagoricien et non aristoxnien. Il dfinit le plus petit intervalle perceptible, la diesis (d¸esir), par le rapport 33/32 (ou 35/34 selon d’autres manuscrits).79 Il consid re l’pitrite 4/3 (quarte), comme le «syst me» (intervallique) premier (pq_tom). Tout syst me (intervallique) se rsout en pitrite 4/3 (quarte) et hmiole 3/2 (quinte), l’hmiole surpassant l’pitrite d’un ton. Pour la composition de l’octave qui est, explique Plthon, de six tons, ou mieux de cinq tons et deux 75 Plthon 1858, 459 – 465: « Jevakai’ %tta kºcym lousij_m »; le texte ne se trouve pas dans la rimpression de 1982 (Paris: Vrin). 76 Voir la notice prliminaire au Trait des lois (Plthon 1858, I–IV). 77 Sur l’enseignement universitaire  Byzance voir en gnral Fuchs 1926; pour les XIIIe et XIVe si cles, voir la prface de Vitalien Laurent  l’dition du Quadrivium de Georges Pachym re (Pachym re 1940, XVII–XXXIII); pour le XVe si cle, voir notamment Cacouros 1996 et Cacouros 1997. 78 Sur les deux principaux courants, pythagoricien (s’intressant exclusivement aux rapports mathmatiques) et aristoxnien (privilgiant l’approche par l’coute), et la tentative de conciliation effectue par Claude Ptolme, voir la synth se de Blis 1996. Les traits de musique les plus importants dans la derni re priode de Byzance sont ceux de Georges Pachym re (deuxi me partie du Quadrivium, voir ci-dessus, note 77) et de Manuel Bryennios (Bryennios 1970); voir aussi Mtochite 2007. 79 Voir Plthon 1858, 465 – 466 (note f ).

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demi-tons, et de rapport 2, il existe deux possibilits: soit l’pitrite et l’hmiole (quarte et quinte), soit deux pitrites et un ton (deux quartes et un ton). Le ton est classiquement considr comme la diffrence entre la quarte et la quinte; il est donc, conformment  l’enseignement des pythagoriciens, le pivot central du syst me que constitue l’octave compos de deux quartes et d’un ton central.80 Notons ici que les intervalles dfinis par ces rapports mathmatiques, ne sont pas ceux du temprament galis du piano: la quarte juste 4/3 dont parle Plthon est un peu plus basse que celle de nos instruments modernes, et la quinte juste 3/2, un peu plus haute; le ton 9/8 est plus haut galement.81 Malheureusement, Plthon ne donne pas de prcisions techniques sur les «harmonies» qu’il prconise pour leur caract re thique (hypodorienne et dorienne, hypophrygienne et phrygienne) et dans lesquelles il demande de chanter les Hymnes aux dieux. Comme Platon, il emploie des adverbes signifiant «en dorien» (dyqist¸), «en phrygien» (vqucist¸), etc., et non des noms en -om ou des adjectifs en -or, d’un usage plus tardif; de plus, il emploie le terme d’«harmonie» ("qlom¸a) utilis  l’poque de Platon ou par les auteurs archasants, et non celui de «ton» (tonos), d’«aspect [d’octave]» (eidos) ou encore de «lieu de la voix» (topos ph nÞs), c’est--dire de clef, utiliss par la suite. On peut donc se demander si Plthon cherche simplement  employer un vocabulaire de type platonicien, ou bien s’il parle vritablement des «harmonies» telles qu’elles taient dfinies  l’poque de Platon. On se souvient que de toutes les harmonies antiques, Platon n’en retient que deux qui seraient propres  conduire les gardiens de la cit, respectivement au courage dans les combats, et  la sagesse en temps de paix: l’harmonie dorienne et la phrygienne. Par le pythagoricien Aristide Quintilien qui a vcu entre le Ier et le IIIe si cle de notre re, et qui commente le fameux passage de la Rpublique (III, 398 – 399),82 nous connaissons ces modes tr s anciens et leur structure.83 Le dorien des «tr s anciens» poss de la structure suivante (du grave  l’aigu): ton-disis-disisditon-ton-disis-disis-diton (dpassant ainsi d’un ton l’intervalle d’octave); leur phrygien poss de la structure suivante: ton-disis-disis-diton80 Sur l’origine de ce syst me musical, voir Wersinger 2008, 130 – 131 et 294 – 296. 81 Je renvoie  Reznikoff 1981 et Reznikoff 1988: ces deux articles sont en ligne sur le site Internet de l’association Ecoledelouange. 82 Voir aussi Platon, Lach s 188d, 193d. 83 Le texte se trouve, avec la structure des chelles dans Aristide Quintilien 1963, 18 – 19 (Aristide Quintilien 1999), 51 – 54. Voir aussi West 1992, 174 – 175.

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ton-disis-disis-ton (octave parfaite). Mais Plthon parle de deux harmonies supplmentaires qui ne se trouvent pas chez Platon: l’hypodorien et l’hypophrygien, ainsi que de leur ethos. On suppose que les deux modes nomms  la fin du Ve si cle ou au dbut du IVe, «hypodorien» et «hypophrygien», taient obtenus par des modulations introduites dans le dorien et le phrygien, en remplaÅant les ttracordes disjoints par des ttracordes conjoints; mais leur structure ne nous est pas connue avec precision.84 Comme Aristide Quintilien ne parle pas de ces deux modulations, Plthon doit plutt se rfrer aux dorien, phrygien, hypophrygien et hypodorien, tels qu’ils ont t dfinis ultrieurement par Aristox ne de Tarente, par divers thoriciens de l’poque hellnistique et par Claude Ptolme. Ils sont alors considrs comme des «aspects d’octave» de forme rguli re et compatibles avec le «syst me parfait», mais en fait dnaturs,85 surtout lorsqu’ils en viennent  Þtre employs simplement comme «tons» ou comme clefs (topoi ph nÞs) permettant les transpositions – et c’est encore en ce sens qu’ils sont employs dans les traits de musique de l’poque byzantine. Aristide Quintilien explique comment ils sont engendrs.86 Dans le genre diatonique, le dorien est constitu de deux ttracordes doriens («demi-ton»-ton-ton)87 spars par un ton entier disjonctif, et l’hypodorien est constitu de deux ttracordes doriens conjoints, et d’un ton entier au grave; de mÞme, le phrygien est constitu de deux ttracordes phrygiens (ton-«demi-ton»-ton) spars par un ton entier disjonctif, et l’hypophrygien est constitu de deux ttracordes phrygiens conjoints, et d’un ton entier au grave. S’appuyant sur cette conception de l’«harmonie» en fait dfinie comme «aspect d’octave», Plthon propose son propre syst me de valeurs thiques.88 Ainsi, on chante, explique-t-il, en hypodorien (rpodyqist¸) lorsqu’on s’adresse  Zeus et  tous les dieux ensemble: cette harmonie 84 Voir West 1992, 183. 85 Comme le montre West 1992, 185: «It became difficult to speak of mode except in terms of key. But in being interpreted as a function key, the modes were denaturated. They lost all idiosyncrasy». 86 Aristide Quintilien 1963, 17 (Aristide Quintilien 1999, 44 – 46). 87 Du grave  l’aigu. Comme nous l’avons vu, pour Plthon, comme pour les pythagoriciens, l’intervalle qui compl te le diton pour former la quarte, est infrieur  la moiti d’un ton. 88 Voir l’expos comparatif de F. Duysinx dans Aristide Quintilien 1999, 46 (n. 2). Les grands traits de musique de l’poque byzantine, celui de Georges Pachym re (Quadrivium, IIe partie), et celui de Manuel Bryennios (Bryennios 1970) ne parlent plus de l’ethos du dorien, du phrygien, etc. (car ce ne sont plus que des clefs), mais seulement de l’ethos des mlodies.

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("qlom¸a) est la plus importante par la grandeur et elle est d’un ethos (Ghor) confiant et hroque (haMNak´\ te ja· Bqyzj`).89 Les Hymnes  la louange des dieux de l’Olympe seront chants en hypophrygien (rpovqucist¸), harmonie qui tient le second rang pour la grandeur et dont l’ethos convient  l’admiration des belles choses. Les Hymnes aux dieux infrieurs  ceux de l’Olympe seront chants en phrygien (vqucist¸), harmonie de rang «pour ainsi dire intermdiaire» (di± t¹ lec´hour te l´syr pyr 5weim) et d’un ethos propre  donner du courage (eqhuloul´m\ […] Ehei). Le cinqui me Hymne ( Hra) et tous les Hymnes quotidiens se chanteront en dorien (dyqist¸), harmonie ("qlom¸a) qui est assigne aux hommes, et  la divinit qui prside aux destines humaines; elle est d’un ethos particuli rement combatif (1macym¸\ […] Ehei) et adapt aux combats que la faible et fragile nature humaine doit toujours livrer.90 Plthon dfinit donc l’ethos des harmonies en fonction du panthon qu’il tablit dans le Trait des lois, tout en conservant au dorien (harmonie prsidant  l’humain), l’ethos reconnu par Platon; le dorien prsente d’ailleurs un caract re patriotique: rappelons que Platon le consid re dans le Lach s (188d cf. Lettre VII, 336c), comme l’harmonie typiquement grecque! Le phrygien est bien une harmonie «intermdiaire», mais traditionnellement plutt parmi les trois harmonies primitives, c’est--dire entre le dorien (grave) et le lydien (aigu).91 Pour des raisons thologiques, chez Plthon, l’hypodorien et le dorien encadrent, d’un point de vue thique, l’hypophrygien et le phrygien qui forment un groupe intermdiaire entre les deux extrÞmes. Proclus92 dans la Chrestomathie groupait lui aussi l’hypophrygien et le phrygien pour en faire des harmonies propres au dithyrambe chant en l’honneur du dieu Dionysos et inspirant l’enthousiasme divin.93 Selon Plthon, la premi re harmonie (l’hypodorien) est ddie au dieu suprÞme, p re de tous les dieux et (par diffrents intermdiaires) des hommes, la quatri me (le dorien), se rapporte  l’humain. 89 Plthon 1858, 234. 90 Plthon 1858, 234. 91 Voir Ptolme 1930, 19, 62; Pachym re 1940, 19, 198; Bryennios 1970, 118, 23 – 120,1. 92 Il s’agit probablement de Proclus de Sicca, le grammairien du IIe si cle. 93 Tandis que le lydien tait propre au nome, ddi au dieu Apollon et inspirant l’ordre et la magnificence. Mais le lydien est exclu par Platon pour l’ducation des gardiens; en bon platonicien, Plthon ne peut donc pas l’utiliser. Le texte se trouve dans Photius 1967, 161 (cod. 239).

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Les indications de Plthon sur la mtrique comme sur l’harmonique sont seulement lmentaires. En effet, s’il accorde une grande importance  toute la diversit de la paideia, donc au Trivium et au Quadrivium, il n’est pas question de perdre de vue le but qui est politique: il ne s’agit pas de former des musiciens ou des po tes professionnels, mais plutt des citoyens vertueux et courageux. Rappelons que les Byzantins ont redcouvert la mtrique au dbut du XIVe si cle. C’est Dmtrius Triclinius94 qui fut le premier Byzantin  comprendre l’intrÞt de la mtrique pour l’tude de la posie ancienne,95 et il l’appliqua aux œuvres thtrales en corrigeant les vers ambiques (on lui doit la dcouverte d’un manuscrit contenant neuf tragdies d’Euripide qui tait auparavant peu connu des Byzantins). On peut considrer que Plthon continue le travail de correction mtrique que Triclinius avait engag pour le thtre, en l’appliquant aux Oracles chaldaques pour retrouver derri re cette collection les Oracles magiques des mages disciples de Zoroastre. Pour conclure sur ce point, nous dirons que Plthon refuse de voir dans la posie une source fiable pour la thologie qu’il restaure. La posie n’est qu’un divertissement. Nanmoins, comme Plthon veut rappeler  ses contemporains leur lien au sol de l’Hellade, leur demandant de le dfendre et de le reconqurir, il attache finalement de l’importance aux noms divins transmis en langue grecque par les po tes. Il conserve donc ces noms mais rectifie les attributs des dieux dforms par les po tes. Ceux-ci  partir d’une thologie originelle juste au dpart, auraient forg des fables dans le but de plaire  leur public; les «sophistes» ou thologiens chrtiens leur sont associs. Nanmoins, dans un but pdagogique, lorsque l’on s’adresse  une foule non rudite, le genre du mythe ou de la fable peut Þtre utilis, mais il doit toujours s’agir comme chez Platon, de mythes philosophiques, non de mythes potiques. Il faut souligner que la dissociation entre posie et versification est facilite par le fait que la mtrique fait partie des disciplines musicales,  l’instar de l’harmonique, et donc des disciplines scientifiques (du Quadrivium ou S¼mtacla t_m tess²qym lahgl²tym) qui labellisent le philosophe ou le savant de bon aloi96. La posie, quant  elle, ne rel ve que des disciplines littraires (du Trivium). 94 Il enseigna  Thessalonique d’environ 1305  1320. 95 Reynolds / Wilson 31991, 51 – 52. 96 Voir la prface de V. Laurent, dans Pachym re 1940, XVIII.

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Enfin, il est clair que si Plthon attache tant d’importance  la musique qui comporte la mtrique, la rythmique et l’harmonique, c’est parce qu’il se soucie de ses effets thiques, c’est--dire des mouvements qu’elle produit sur le pneuma thr. Ce pneuma est le corps tr s subtil auquel l’me est toujours unie; il est le si ge des perceptions et de l’imagination, et il sert  l’me de vhicule dans sa descente dans le corps mortel et lors de sa remonte vers sa patrie cleste. La musique doit disposer  la vertu et  la mise en harmonie de la socit humaine avec la communaut de dieux.

8. Les ractions des contemporains de Plthon Les ractions des contemporains de Plthon sont tr s contrastes. Du ct des Grecs, quelques annes apr s la mort de Plthon, Georges Scholarios, devenu patriarche de Constantinople, brle le manuscrit autographe de Plthon, tout en conservant, comme preuve  charge, les Hymnes et les Oracles! Il interdit d’en prendre copie, ce qui a pour effet d’intriguer la cour ottomane qui fait traduire les restes du manuscrit en arabe ! C’est ainsi que nous possdons une traduction arabe des Oracles et du reste du Trait des lois.97 Du ct occidental, on assiste aussi  quelques ractions passionnes. Rappelons que Sigismond Pandolfe Malatesta est un admirateur de Plthon, au point qu’ la suite d’une campagne militaire vnitienne contre les Turcs dans le Ploponn se, en 1464 – 1465, il rapporte le corps de Plthon et le fait dposer dans un sarcophage qui se trouve toujours sur un mur extrieur du «Tempio Malatestiano». (Le pape Pie II disait que c’tait non un temple de chrtiens, mais d’infid les adorant des dmons.)98 Georges de Trbizonde, un grand ennemi de Plthon, lie la mort de Sigismond Malatesta  la prsence dans le «Tempio», du corps de Plthon et de l’Apollon qui vit dedans!99

97 Voir Tardieu / Nicolet 1980. L’dition critique de la traduction arabe des Oracles (La recension arabe des Magika logia) par Michel Tardieu, se trouve dans Plthon 1995, 157 – 171. 98 Piccolomini 1614, 51 – 52, texte cit par Masai 1956, 365, note 1; voir Bertozzi 2003a, 164 (et la note 41). 99 Voir le texte et les rfrences dans Monfasani 1976, 214 (et la note 85); voir aussi Garin 1989, 10; Bertozzi 2003b, 184 – 185.

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9. Cosme de Mdicis et les mages Mais revenons un peu en arri re, au concile de Ferrare-Florence sur l’union des Eglises (1438 – 1439). Plthon qui y a particip  titre de conseiller laque, a t amen  s’exprimer en marge du concile, sur un sujet  la mode en Italie, la supriorit de Platon sur Aristote (ou d’Aristote sur Platon).100 Cosme de Mdicis, selon Marsile Ficin, allait couter Plthon et en aurait conÅu le projet «d’une sorte d’Acadmie».101 Or, Plthon a ncessairement rencontr Ambrogio Traversari au concile. Le camaldule avait traduit en latin les Vies et sentences des philosophes illustres de Diog ne Larce pour faire plaisir  Cosme et  Nicoll Niccoli. Il tait surtout partisan d’un platonisme chrtien.102 Mais Plthon ne parle pas de Traversari. Il mentionne seulement Ugo [Benzi] et Pierre de Calabre (Pietro Vitali, abb de Grottaferrata).103 Qu’est-ce qui a pu intresser Cosme qui ne parlait pas le grec et qui n’tait pas un philosophe professionnel, dans ce que disait Plthon, et qui tait d’une grande technicit philosophique? Ce qui est certain c’est qu’ils avaient un intrÞt commun pour les mages. Le Platon dont parle Plthon est, comme Pythagore, l’hritier de la tradition des mages disciples de Zoroastre. Cosme de Mdicis, pour sa part, avait trouv chez les mages un mod le permettant de justifier aux yeux des Florentins, son activit de banquier international et la magie bancaire que constitue le prÞt  intrÞt. Il patronnait une confraternit, la Compagnia de’ Magi qui organisait des processions pour la fÞte de l’Epiphanie (et de la Saint-Jean) au cours desquelles il dfilait habill en mage. Il avait fait reprsenter les mages dans sa cellule du couvent de San Marco o il faisait priodiquement des retraites. Il commanda  Benozzo Gozzoli la fresque du Voyage des mages 100 Voir Bertozzi 2003b, 180 – 181. 101 «Magnus Cosmus, senatus consulto patrie pater, quo tempore concilium inter Graecos atque Latinos sub Eugenio Pontifice Florentiae tractabatur, philosophum graecum, nomine Gemistum cognomine Plethonem, quasi Platonem alterum de mysteriis Platonicis disputantem frequenter audivit, e cuius ore ferventi sic afflatus est protinus, sic animatus, ut inde academiam quandam alta mente conceperit, hanc oportuno primum tempore pariturus». Ficin 1576, 1537. Je cite le texte latin collationn par James Hankins avec le manuscrit Plut. LXXXII, 10, conserv  la Biblioteca Laurenziana de Florence: voir Hankins 1970, 160 (Appendix II). 102 La question de l’attitude de Traversari par rapport  la philosophie platonicienne est rexamine par Arthur Field; je renvoie  sa communication: «Florentine Platonism before the Academy (ca. 1400 – 1450)»: voir Field 2010, cf. Hankins 2 1991, 64 (note 79), 59 et 130. 103 Masai 1956, 334 – 336; 344; 358; Woodhouse 1986, 163 – 164.

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pour dcorer la chapelle de son palais de la Via Larga, voulant sans doute montrer que les Mdicis assumaient l’hritage de la sagesse ancienne des mages, transmise aux Grecs, puis aux Latins. Comme je l’ai montr dans Plthon. Le retour de Platon 104 et dans «Pourquoi Cosme de Mdicis a fait traduire Platon»,105 c’est sans doute cet intrÞt bancaire pour les mages, et pour sa propre image, qui explique que Cosme de Mdicis ait demand  Marsile Ficin de traduire Platon – l’hritier des mages – en latin. De mÞme, c’est pour les marchands, que Tommaso Benci traduit en 1463 Herm s Trismgiste (le Pimander) en italien,  partir de la traduction latine de Ficin, termine quelques mois auparavant106. Les Oracles magiques des mages disciples de Zoroastre ont eu du succ s en Occident, puisque ce texte a t traduit plusieurs fois en latin avant d’Þtre imprim en grec.107 Il existe par exemple une traduction latine des Oracles que S. Gentile attribue  Giano Lascaris (ca. 1445 – 1535).108 Marsile Ficin poss de lui aussi la collection d’Oracles de Psellos et celle de Plthon avec leurs commentaires respectifs, dans un manuscrit contenant plusieurs œuvres de Plthon, l’actuel Riccardianus graecus 76, comme en tmoigne l’index grec. Mais ces copies ont t dtaches par la suite et on ne sait pas ce qu’elles sont devenues. Ficin traduit les vers en latin et les utilise en tant qu’autorit fondamentale, dans sa Thologie platonicienne, en incorporant aussi des morceaux du Commentaire de Plthon et de l’Exegesis de Psellos.109 Mais les Oracles sont dsormais mis sous des autorits qui n’auraient pas du tout plu  Plthon: les mages, Zoroastre, les Chaldens et mÞme les magiciens! Pic de la Mirandole possdait lui aussi la collection des Oracles magiques des mages disciples de Zoroastre. Un mythe s’est forg autour de sa copie, de sorte que lorsque Thomas Stanley redcouvre la collection  la fin du XVIIe si cle, il croit que Pic possdait l’original des Oracles en langue chaldenne, et Jean Le Clerc qui est arminien mais aussi tr s proche des ides no-ariennes, rp te la mÞme information en franÅais et la diffuse en latin  travers l’Europe.110 Le propos, videmment, inqui te les milieux «orthodoxies», dans le contexte des querelles trinitaires de la 104 105 106 107

Tambrun 2006, 9 – 33. Voir Tambrun 2009. Voir les rfrences dans Tambrun 2006, 30. L’editio princeps du texte grec, faite par Joannes Lodoicus Tiletanus (Jean Loys de Thielt)  Paris, date de 1538. 108 Plthon 1995, lxxii (note 9), Stausberg 1998, 127 – 129; voir aussi Seng 2010. 109 Voir Tambrun 1999a et Tambrun 1999b. 110 Voir Tambrun 2010.

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fin du XVIIe si cle, et Pierre-Daniel Huet rplique en affirmant que la collection de Plthon rimprime en 1689  Amsterdam, est un faux! Bayle enregistre l’information dans son Dictionnaire,  l’article «Zoroastre». Ce qui est intressant, c’est que cette œuvre de philosophie versifie que constituent les Oracles, est largement diffuse  la Renaissance et que ceux-ci sont considrs comme des Oracles «de Zoroastre» qui redevient le matre des Chaldens (il n’est plus aussi ancien que chez Plutarque bien qu’il fasse partie des prisci). Pour suivre la diffusion des Oracles, on dispose d’un remarquable instrument de travail: le livre de Michael Stausberg, Faszination Zarathushtra. Zoroaster und die Europische Religionsgeschichte der Frhen Neuzeit. En effet, en suivant les mentions du nom de Zoroastre dans la littrature religieuse ou philosophique de l’poque moderne, rpertories par M. Stausberg, on retrouve facilement la collection des Oracles de Plthon, dans la mesure o elle continue  Þtre mise sous le nom de Zoroastre. Mais cette collection est aussi volutive: Francesco Patrizi da Cherso (1529 – 1597) en organise une nouvelle,111  partir de celle de Plthon, de Psellos, et des oracles qui se trouvent dans les œuvres des noplatoniciens.112

10. Postrit des Hymnes: Michel Marulle Les Hymnes en vers de Plthon ont t pieusement recueillis et diffuss par ses amis et disciples. Il faut imaginer que l’interdiction, prononce par le patriarche de Constantinople, de copier le reste du livre de Plthon, jet au feu, n’a pas dcourag tous les partisans du philosophe, puisque des copies du reste du Trait des lois, et donc des Hymnes en vers, ont circul en Italie d s le XVe si cle. Michel Marulle (ca. 1453 – 1500), fils de rfugis grecs, qui a frquent le cercle de Ficin et de Pic de la Mirandole, compose des Hymnes naturels 113 aux dieux, qui font pour ainsi dire concurrence  ceux de Plthon. Marulle tait un soldat toujours prÞt  prendre les armes et  partir en croisade pour dlivrer sa patrie de la domination ottomane. Contrairement aux Hymnes de Plthon, ceux de Marulle constituent vritablement une oeuvre de posie, crite en tr s beaux vers latins, qui 111 Patrizi 1593. Sur l’dition de cette collection, voir Stausberg 1998, 321 – 324. 112 Voir Stausberg 1998, 291 – 395. 113 Marulle 1995.

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inspirera d’ailleurs Pierre de Ronsard. La thologie paenne et no-platonicienne des Hymnes de Marulle concorde dsormais dans un esprit ficinien, avec le christianisme.114 Ainsi, la posie mprise par Plthon qui, refusant de «fuir d’ici-bas»,115 cherchait  restaurer l’hellnisme (et donc les sciences) et  l’ancrer dans son terroir, fait retour chez cet hell ne migr qui ne peut plus aspirer qu’ un retour dans une patrie cleste.

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Ovid philosophischer als Aristoteles? Literarische und philosophische Methode bei Pierre-Daniel Huet1 Oleg Nikitinski Huetiana ist ein einzigartiges Werk seiner Gattung und  neben der Autobiographie2  wohl das persçnlichste Werk Huets.3 Er ließ das Buch erst posthum erscheinen.4 Die bedeutendsten Anas  man denke etwa an Scaligerana oder Menagiana  sind meistens in Form knapper Notizen verfasst. Bei Huetiana finden wir aber kleine bis vielseitige Abhandlungen, welche in dieser Form eher an Montaigne erinnern, dessen Essais Huet gut kannte, in ihrer stilistischen Eigenart schtzte5 und zugleich wegen der Selbstverliebtheit des Autors kritisierte.6 Im Vergleich zu Montaigne ist Huet weniger selbstbezogen und ausschweifend. Er ist im Sinne der Erudition offenbar weit gelehrter, ohne deswegen unpersçnlich zu wirken. Beide haben Ovid in ihrer Kindheit intensiv gelesen,7 und bei beiden lsst das Interesse an Ovid im Laufe des Lebens nach.8 1

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Dieser Aufsatz entstand im Rahmen meines Heisenberg-Stipendiums und eines Forschungsprojekts der Arbeitsgruppe ‘Autorschaft’ des Exzellenzclusters ‘Religion und Politik’, Westflische Wilhelms-Universitt Mnster, sowie als Teilprojekt des ‘SYMPOSION eleutheron’ Mnchen. Vgl. Huet 1718. Pierre-Daniel Huet 1630 – 1721. In der Basse-Normandie, der Heimat Huets, spricht man diesen dort ziemlich verbreiteten Familiennamen oft mit „t“ aus. Das Motiv dieser Entscheidung ist wohl dasselbe wie bei seinem Traktat De imbecillitate mentis humanae, den er ebenfalls erst posthum erscheinen ließ: Der betagte Huet wollte seine Ruhe haben und sich vor den Angriffen der Gegner  nicht zuletzt der Cartesianer  schtzen, vgl. Pierre-Joseph Thouilier d’Olivet, in: Huet 1738, IV. Huet 1722, 17. Huet 1718, 426. Die allgemeine Meinung des Freundeskreises von Huet ber Montaigne scheint eher positiv zu sein. Vgl. Desmarests 1687, 94 – 97. (Roland Desmarests lobt Montaigne in einem Brief an Jean Chapelain). Montaigne 1906, 227 f.; Huet 1722, 86. Montaigne, 1906, 104; Huet 1722, 86. Immerhin gibt es in den Essais 72 Ovidzitate, s. Stroh 1969, 45 f.

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Im Kapitel ber den ‘Mangel an Methode bei den Alten’ („Les Anciens manquent de mthode“) vertritt Huet die Meinung, dass die meisten antiken Autoren, darunter Platon, Aristoteles und Panaitios, in ihren Schriften gar nicht methodisch verfahren. Denselben Vorwurf verdiene auch Thomas von Aquin. Platon wirft er vor, Dialoge geschrieben zu haben, die ihn dabei hinderten, in seiner Synthese und Analyse methodisch vorzugehen.9 Aristoteles sei zwar viel methodischer, weil er von allen uns bekannten antiken Autoren der erste war, der zu teilen und zu definieren verstanden habe, aber, obwohl er der erste Methodiker war, entbehre seine Methode sozusagen der Methode; er sei sehr weit entfernt von der exakten und ausgefeilten Przision, zu welcher ‘unser Jahrhundert’ die philosophische Spekulation gebracht habe.10 Panaitios habe in seinem Werk ber die Pflichten vergessen (wie es schon Cicero bemerkte), dieselben zu definieren.11 Thomas von Aquin12 liefere in seiner anscheinend so methodischen Summa theologica keine Definitionen von Begriffen, mit denen er dann doch operiert.13 9 „Mais au moins devoit-il garder quelque ordre, qui conduisit l’esprit selon la subordination et la disposition naturelle des mati res, lui qui entendoit si-bien les deux voies par lesquelles on prtend conduire la raison  la vrit: la Synthse et l’Analyse, de laquelle on dit qu’il fut l’inventeur“. Huet 1722, 24 f., vgl. ebd. 221. 10 „Aristote est bien plus regl. Il est le premier des Anciens qui nous sont connus, qui ait sÅ diviser et dfinir; en quoi consiste tout le secret de la mthode. Mais quoiqu’il soit le premier auteur de la mthode, on peut dire neanmoins que sa mthode manque de mthode, et qu’il est encore bien loign de cette exacte et fine prcision, o notre si cle a port les spulations philosophiques“. Huet 1722, 25. 11 „Il faut donner la louange a Ovide d’avoir propos au commencement de son art d’aimer, et d’avoir suivi dans cet ouvrage, une division fort rguli re et fort mthodique“. Huet 1722, 25. 12 Dass hier Thomas von Aquin nicht weit von Aristoteles erwhnt wird, entbehrt nicht einer gewissen, vielleicht unfreiwilligen Ironie. Huet hat bei den Jesuiten (Coll ge du Mont) studiert, welche bekanntlich in ihrem Unterricht Aristoteles als Grundlage der Philosophie (vgl. Huet 1738, 3, Anm.4, bzw. Huet 1723, 1) und Thomas von Aquin als Grundlage der Theologie benutzen. Vgl. Regulae professoris scholasticae theologiae: „S. Thomas sequendus. Sequantur nostri omnino in scholastica theologia doctrinam Sancti Thomae, eumque ut doctorem proprium habeant; ponantque in eo omnem operam, ut auditores erga illum optime afficiantur“ (152) und in Regulae professoris philosophiae: „Sequendus Aristoteles, sed quatenus […]“. Zitiert nach Bianchi 2002, 194. 13 Huet 1722, 25. Gemeint ist wahrscheinlich, dass Thomas von Aquin mit Begriffen operiert, welche er vorher nicht definiert hat. Vgl. auch Kapitel „Defectuosit de la Somme de S. Thomas“ ebd. 121 f. und Anm. 18. Im thematischen Zusammenhang zu diesem Kapitel wird das vorige Kapitel (23 f.), wo Augustinus’ Werk De civitate dei zwar als sehr informativ, jedoch als „sans ordre et de mthode“ cha-

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Im Gegensatz zu all diesen Autoren wird Ovid als der bessere Methodiker gelobt:14 Er habe sich schon am Anfang seiner „Liebeskunst“ (Ars amatoria) einer sehr methodischen Verfahrensweise fr sein Lehrgedicht verschrieben („une division fort rguli re et fort mthodique“)15. Gemeint sind offensichtlich folgende Verse: Principio, quod amare velis, reperire labora, Qui nova nunc primum miles in arma venis. Proximus huic labor est placitam exorare puellam: Tertius, ut longo tempore duret amor. Hic modus, haec nostro signabitur area curru […]. Erstens trachte danach, was lieben du mçchtest, zu finden, Der du zum ersten Mal Waffen als Neuling ergreifst Nchstes Bestreben dann ist, die gefallen dir hat, zu erbitten. Drittens, daß lange Zeit habe die Liebe Bestand. Diesen Bereich, dies Feld wird unser Wagen befahren Ovid: Ars amatoria 1, 35 – 39.16

Das Programm enthlt also drei Punkte: 1. Wo kann man eine Frau kennenlernen? 2. Wie kann man ihre Liebe gewinnen? 3. Wie hlt man das Liebesverhltnis lebendig? – Es leuchtet wohl ein, dass diese Dreiereinteilung des Liebesverlaufs perfekt logisch ist, weil es gar nicht anders gehen kann. Man kann nicht dasselbe von dem bekannten Schema von Andreas Capellanus der fnf Gradus amoris (1. aspectus, 2. colloquium, 3. tactus, 4. osculum, 5. factum) behaupten, da es z. B. mçglich ist, unter Umstnden auch ohne colloquium zum factum berzugehen. So gesehen ist die dreiteilige Abstufung der Liebesangelegenheiten evidenter als alle spekulativen Syllogismen der Philosophen, zumal man sich vergegenwrtigen muss, dass sich Huet in der Philosophie dem Skeptizismus verschrieben hatte.17 Dieses dreistufige Schema wirkte so berzeugend, dass die meisten Autoren di-

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rakterisiert wird. Die thematische bereinstimmung beider Kapitel ist ein Beispiel der Abweichung von dem Grundprinzip thematischer Buntheit (poikilia) in der Struktur der Huetiana. Hier die komplete Liste der (meistens paarweise geordneten) thematischen Assoziationsketten: Kapitel 2 – 3; 10 – 11; 24 – 25; 34 – 35; 43 – 44; 47 – 48; 75 – 76; 85 – 87 (hier ein Beispiel der Dreierkette: „Jugement de Tacite“, „Jugement de Petrone“, „Jugement de Platon“); 117 – 118; 123 – 125. Dass man Dichter mit Philosophen auf der Ebene der Weisheit vergleichen kann, ist an sich nicht neu. Vgl. Plut. de stoic. rep. 1057C –1058D. Huet 1722, 25. Vgl. Lindemann 1861. ber die philosophischen Ansichten Huets vgl. Juillard 1993. Bd. 2, 142 – 153.

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daktischer Werke ber die Liebe mehr oder weniger davon beeinflusst sind.18 Die oben referierte paradox anmutende Gegenberstellung von Ovid und den philosophischen Autoren war fr Huet nicht nur ein amsantes Paradoxon, das sich gut in die unterhaltende Gattung der Ana fgt, sondern auch – und vor allem – ein wohlberlegter Denkanstoß. Huetiana ist zwar ein sptes, vermutlich sogar das letzte Werk des hochbetagten Huets, welches er – nach der Auskunft des Abtes d’Olivet, seines Freundes im letzten Abschnitt des Lebens19 – wegen der Altersschwche unfhig zu lngeren Ausfhrungen in Form einer Sammlung von Essays schrieb. Doch die Meinungen, die er in diesem Sptwerk vertritt, stehen in keinem grundstzlichen Widerspruch zu seinen frheren berzeugungen,20 – allerdings mit einer wesentlichen Ausnahme: In seiner Jugend war Huet leidenschaftlicher Anhnger der Cartesianischen Philosophie, spter aber ist er zum bedeutendsten Anticartesianer Frankreichs geworden.

18 Allerdings finden wir bei dem sptantiken Autor Fulgentius ein Schema, das nicht weniger logisch ist: „amoris tres modi sunt, hoc est incipere, perficere et finire“ Fulg. myth. 3, 1, vgl. Anm. 59. Es ist auch zu bemerken, dass in der Nachfolge Ovids die didaktische Behandlung der Materie sich oft auf die drei Bcher beschrnkte, ohne unbedingt diesem Schema zu folgen. Man denke etwa an Andreas Capellanus’ (12. Jh.) De amore libri III, wo dem Ovidischen Schema in den ersten zwei Punkten gefolgt wird (Liber I. Acessus ad amoris tractatum; Liber II. Qualiter amor retineatur; Liber III. De reprobatione amoris). Als Beispiele fr das 18. Jh. bieten sich L’art d’aimer. Po me en trois chants. Par Monsieur d’Allegre. Paris 1737 und besonders Gentil-Bernards (Pierre-Joseph Bernard 1708? – 1775) L’Art d’aimer (1761 verfasst, ebenfalls in drei Bchern) an. Erst bei Stendhal, der in De l’amour (erschienen 1822) gerne schematisiert, findet unser Schema keinen Platz mehr. Im Lichte der Vorwrfe gegen Thomas von Aquin (s. Anm. 13) sollte kurioserweise Huet auch Ovid missbilligen, der doch undefiniert lsst, was eigentlich unter Amor zu verstehen ist. Anders bei Andreas Capellanus und Bernard. Die beiden liefern – natrlich auf sehr unterschiedliche Weise – ihre Definitionen der Liebe gleich am Anfang ihrer Werke. Vielleicht hielt Huet solche Definitionen fr unwissenschaftlich, zumal sein Gegner Descartes sich um solche Dinge theoretisch bemhte, vgl. Kapitel „Les dfinitions de l’amour et de la haine“ in: Descartes 1984, Art. 79. 19 Huet 1722, XVIII. 20 Z.B. wertete Huet Platons Methode schon frher als mangelhaft: „nihil in eo (sc. Platone) reperi, cui posset animus insistere; non fixa aliqua et rata principia; non aptam ex iis, consertamque, ac cohaerentem disciplinam usw.“ Huet 1738, 6, Anm. 4, vgl. ebd. 145.

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Es besteht – zu Unrecht – eine lange Tradition, Huet als Skeptiker und paradoxalen Geist zu betrachten.21 Huet bekannte sich in der Philosophie zwar zur Methode der Skeptiker,22 aber er vertrat das katholische Glaubensbekenntnis und seinen gesunden Menschenverstand kleidete er gerne in paradox anmutende Ansichten. Das 17. Jahrhundert war auch sonst reich an paradoxalen Geistern. Denken wir etwa an Hardouin,23 der die meisten Klassiker der lateinischen Antike den Mçnchen des 13. Jahrhunderts zuschrieb. Derartigen Extremismus in der Wissenschaft mochte Huet nicht. Daher seine Kritik an Joseph Scaligers voreiligen Erkenntnissen ber die antike Astrologie und an seinen khnen textkritischen Vorschlgen zu Manilius.24 Huet hegte eine ausgesprochene Antipathie zu Athanasius Kircher, dessen geistlose, oft nichtsbringende Erudition und angeberisches Gehabe ihm lcherlich schienen.25 Sein Ideal in der Philologie war Johann Friedrich Gronovius (1611 – 1671).26 Er schtzte aber

21 Vgl. Sainte-Beuve 1882, 473. Huets De imbecillitate mentis humanae libri tres hat weder Bouhier noch Marais gefallen: „Quoi qu’on veuille dire […], ce livre m ne tout droit  l’incrdulit. Je veux croire que c’est contre l’intention de l’auteur. Mais cela n’y m ne pas moins. Car si nous n’avons aucuns motifs de crdibilit sur rien, comment en aurons-nous sur les choses lesquelles est fonde notre foi?“ Correspondance Littraire du prsident Bouhier, Nr. 8. Lettres de Mathieu Marais II (1726 – 1728). Prsentes et annotes par Henri Duranton. Universit de Saint tienne 1981, 73. (Bouhier  Marais 15. 08. 1726). vgl. 78. hnliches ber Demonstratio (Demonstratio evangelica, Paris 1679) „non demonstrative“ s. in tude sur Daniel Huet […] par l’abb Flottes […]. Montpellier – Avignon 1857, 92 und 96. 22 Bei den antiken Philosophen gibt er Arkesilaos, Karneades und Pyrrhon den Vorzug. Huet 1738, 7, Anm. 4. 23 Jean Hardouin 1646 – 1729. Seine Plinius-Ausgabe erschien in der von Huet betreuten Reihe ad usum Serenissimi Delphini. 24 Vgl. Huet 1718, 38 f., 424. 25 „Neque profecto postquam facti sumus eorum [die Rede ist von gyptischen Altertmern] compotes, tantum reperimus contulisse eum doctrinae atque salis, ad id explicandum atque exhauriendum argumentum, quantum pompae et jactantiae“. Huet 1718, 157. Die von Johann Burchard Mencke erzhlte Anekdote (vielleicht kannte Huet sie auch) ber die Leichtglubigkeit Kirchers htte Huet amsiert. (Burchard 1726, 92 f.). 26 ber Gronovius: „quo neminem j acutius et felicius, neque etiam cautius ac moderatius criticam artem post ornatas literas exercuisse puto. Quod certe raro nanciscaris inter literatos homines recentioris aevi, cum summum sibi jus in prisca Auctorum scripta sibi fere vindicare soleant, atque ea saepe refingere pro captu suo et adulterinis emendationibus a nativa sinceritate detersos corrumpere“. Huet 1718, 135 – 136.

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auch Du Cange.27 In den Sachen der Erudition war Huet fr seine Abneigung der ehrgeizigen Gesten bekannt. Im 18. Jahrhundert galt er als Erudit par excellence, zugleich aber betonte man, dass Huet mehr auf Gelehrsamkeit denn auf Originalitt setze.28 Bei all dem kçnnen wir nicht bestreiten, dass Huet an provokativen Thesen Gefallen fand. In Huetiana finden wir Ansichten, z. B. aus dem alltglichen Bereich, die paradoxal anmuten kçnnen: die Wohnung mit Fenstern nach Norden sei bequemer als eine nach Sden gerichtete.29 Es sei ein Irrtum, dass das fleißige Gelehrtenleben ungesund sei.30 Darauf folgt seine These ber die Verwandschaft der deutschen und persischen Sprache.31 Sicher unerwartet fr viele seiner Zeitgenossen war seine gegen den Dilettanten Boileau gerichtete Meinung,32 dass der Anfang des Alten Testaments kein Beispiel des sublimen Stils sei.33 Im 18. Jahrhundert konnte man nicht viel mit Huet anfangen. Lessing referiert zustimmend die Auffassung von Jean Baptiste Rousseau:34 „Was die Huetiana anbelangt, spricht Rousseau, so kçnnen sie ganz gute Sachen enthalten, nur frchte ich mich ein wenig vor den gelehrten Erscheinungen des Verfassers. Seine Demonstratio evangelica, das betrchtlichste von seinen Werken, ist davon voll, und sein Vorsatz, den Moses zum Urbilde aller Gçtter und Helden des Heidentums zu machen, hat ihn eine Menge Ungereimtheiten sagen lassen, die man fr die grçbste Unwissenheit bei einem anderen ansehen wrde, welcher auf allen Seiten seines Buchs nicht mit dem Hebrischen prahlen kann.“35 In Italien wurde Huet stets in Ehren gehalten (s. z. B. das Vorwort zur Ausgabe: Petri Danielis Huetii: […] De optimo genere interpretandi […]. Venedig 1757). In Deutschland und Holland war er damals wenig bekannt, mit Ausnahme des sehr engen 27 Huet 1718, 249 f. 28 Vgl.: „nor would Huetius himself condemn me, as refusing the trouble of research for the ambition of alteration“Johnson 1965, 286. Johnson schließt sich in seinen Prinzipien der Textkritik Huet an. 29 Huet 1722, 65 f. 30 Huet 1722, 8. 31 Huet 1722, 102 f. 32 brigens eine wohlbegrndete: Huet war ein guter Kenner des Hebrischen. 33 Huet 1722, 80 f.; Huet 1718, 360. Selbst Mabillon (den Huet sonst hoch schtzte) fand den Anfang von Genesis „sublime“. Mabillon 2007, 551 f. 34 Vgl. Rousseau 1750. 35 Lessing 1972, 31. Die Ignoranz stieg noch mehr im zwanzigsten Jahrhundert: die Herausgeber der o. g. Lessing-Ausgabe kommentieren Huetiana als „Werke (!) des zum Katholizismus konvertierten Religionsapologeten Pierre Daniel Huet […], der besonders den cartesianischen Rationalismus bekmpfte“, ebd. 705 f.

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gelehrten Kreises (dazu zhlen v. a. J. M. Gesner, D. Ruhnkenius und der berhmte Mediziner H. Meibom, der Huets Censura philosophiae Cartesianae edierte).36 D’Alembert spricht Huet philosophische Fhigkeiten, Logik und literarischen Geschmack gnzlich ab.37 Huet schrieb viel mehr in Latein als in Franzçsisch. Man gewinnt den Eindruck, er fhle sich im Lateinischen sicherer als in seiner Muttersprache.38 Als Theologe und Philologe stand er europaweit in der ersten Reihe der Gelehrten und als Meister lateinischer Prosa war er wahrscheinlich der Beste seiner Zeit (fr Frankreich bleibt er bis heute der letzte große Autor lateinischer Prosa),39 die so reich an ausgezeichneten Lateinern war. Mit seiner Poesie sieht die Situation jedoch anders aus. Als lateinischer Dichter40 war er zwar hochangesehen, doch in Frankreich konnten ihm solche Dichter wie Nol- tienne Sanadon, Ren Rapin, Jean de Santeul, Jean Commire und Charles de La Rue den ersten Platz streitig machen. Huets lateinische Gedichte galten zwar als perfekt; sie sind aber bei all ihrer Eleganz etwas kalt41 und es fehlt ihnen jene facilitas, welche den besonderen Charme Ovids ausmacht.42 Immerhin, im Unterschied zu den oben genannten Dichtern, hatte Huets Verhltnis zu Frauen den Vorteil, dass er die schçnsten und die geistreichsten Pariser Damen seiner Zeit persçnlich gut kannte und von ihnen (sei es auch nicht zuletzt als ein Mann mit der 36 Vgl. Huet 1690. 37 „[…] plusieurs articles [der Huetiana] ne donnent pas non plus une grande ide de la philosophie du prlat, de sa logique, ni mÞme de la justesse de son got dans les jugemens littraires. On y verra qu’il fait assez peu de cas de Montaigne, de La Rochefoucauld, de Tacite; mais qu’en revanche il estime beaucoup la Pucelle de Chapelain“. D’Alembert 1821, 544. Die Abhandlung Huets ber die Frage, was ist natrlicher: stehen, sitzen liegen, gehen? (Huet 1722 275 – 278) ist von d’Alembert als purilit (ib.) abgetan. Allerdings hat sich auch Schopenhauer nicht lange vor seinem Tod zu einem hnlichem Thema geußert, mit dem Schluss: „Sitzen ist besser, als stehen, und liegen ist besser, als sitzen: Besser, als liegen, ist schlafen, und besser, als schlafen, ist todt seyn“. (April 1858), vgl. Wander 1876, 580. 38 Auch im Briefverkehr mit seinen franzçsischen Freunden bediente er sich lieber des Lateinischen, es sei denn, sie hatten den ausdrklichen Wunsch, franzçsisch zu kommunizieren, vgl. Plissier 1889, 7. 39 Nikitinski, 2000, 97 ff. Eine vergleichbare Meisterschaft der lateinischen Prosa erreichen in Frankreich spter nur ein paar Jesuiten, v. a. Charles Pore (1675 – 1741). 40 Zur franzçsischen Dichtung Huets s. Plissier, 12 ff., Anm. 38. 41 Nikitinski 2000, 104, Anm. 39. 42 Vgl. Scaligers Urteil: „Ovidii facilitas est inimitabilis“. In: Scaligerana 1740, 481.

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schçnen weißen Gesichtsfarbe und außerordentlich feiner Haut)43 hoch geschtzt wurde. In Fondo Ashburnam (1866) der Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz, befinden sich die meisten erhaltenen Briefe an Huet. Dort, neben den langen gelehrten Briefabhandlungen von Samuel Bochart und schçner epistolarischen Prosa von Bossuet, findet man auch elegante Billets (manchmal in Versen) von Mme. de La Fayette, Mme. de Montespan und Mme. de Scudery. Huets galante Verse an einige Damen sind gleichfalls erhalten.44 Schon in der Jugend studierte Huet fleißig Geometrie, die fr das ganze Leben seinen Geist ‘geometriesierte’.45 Huet glaubte, dass die richtige Beweisfhrung in der Philosophie nur dann erreicht sei, wenn sie so sicher wre wie die geometrische, obwohl auch diese zu keiner absoluten Wahrheit fhrt.46 In der Theologie kann man die Wahrheit der christlichen Religion nur dann beweisen, wenn die Argumentationsweise so przise ist wie in der Geometrie, vorausgesetzt, die fides ist vorhanden.47 Die ‘geometrische’ Verfahrensweise bei Huet in seiner Demonstratio Evangelica besteht darin, dass er mit den Definitiones beginnt und dann zu den Postulata, Axiomata und Propositiones bergeht.48 Huet leistet also in der Theologie hnliches, was frher in der Philosophie Spinoza mit seinem nach ‘geometrischer Methode’ angeordneten System von Defnitionen, Axiomen, Propositionen (Lehrstzen), Explikationen, Demonstrationen und Corollarien (Folgerungen), geleistet hat, denen oft noch Scholien 43 So die Einschtzung der btissin de Rohan, s. Poulouin 1996, 13 f. 44 Z.B. Huets Gedicht an Marie du Pr: „Odimus horridulas adducta fronte puellas: / Quae miscere jocos noverit, illa placet usw.“ Huet 1718, 205, vgl. Ovid: Ars 3, 518 f. 45 Tolmer 1949, 29 ff. 46 Huet 1738, Anm. 4 passim. 47 „Verum quantum ab eorum barbarie absumus, qui suam dignitatem detrahunt Geometriae, cujus dignitatem nec intelligunt, tantum ab iis recedimus, qui veritatem ejus extollunt in immensum, plusque ipsi habendum est fidei, quam caeteris rebus humanis, sensuumque adeo suorum testimonio, aut experientiae magistrae, aut evidentiae denique cuilibet et perspicuitati morali“. Huet 1679, 16. Huet ist eindeutig gegen die cartesianische Richtung in der Theologie, deren bedeutendster Sympathisant war damals sein Freund Bossuet. 48 „Quod in principio facere Geometrae solent, ut rerum de quibus sunt acturi notitiam defeniendo aperiant et circumscribant, deinde ut concedi sibi postulent nonnulla, quae ab omnibus conceduntur vulgo, nec sine injuria negari posse putant; tum ut manifesta quaedam et confessa omnibus effata proponant; idem mihi faciendum est, ut ordine procedat nostra Demonstratio, et concludatur episte¯moniko¯s“. Huet 1679, 6.

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(nhere Erklrungen) folgen.49 Und wenn es die geometrische Methode in der Philosophie (auch Philosophiegeschichte),50 Theologie, und Philologie gibt, warum dann nicht in der Dichtung? Huet und Herzog Montausier51 wurden von Ludwig XIV mit der Herausgabe der Reihe Ad usum Serenissimi Delphini beauftragt. Huet war dabei vor allem fr die philologische Seite des Unternehmens verantwortlich. Er las aufmerksam alle Kommentare der von ihm einberufenen Herausgeber,52 und wenn nçtig, stand er wissenschaftlich tatkrftig zur Seite. Einige Kommentare (etwa zu Manilius) hat er besonders aufmerksam durchgelesen und ergnzt. Ovid wurde von dem Schweizer Daniel Cre-

49 Ob Spinozas ‘geometrische Methode’ Huet in der Demonstaratio Evangelica beeinflusst hat (so Juillard 1993, 146) ist fraglich: Huet konnte auch direkt aus den Elementen von Euklid schçpfen. Spinoza ist in Huets Augen ein Ungebildeter mit niedriger Intelligenz („hominem […] non solum Scripturae Sacrae, omnisque Theologiae ac sincerae Philosophiae, meliorumque literarum plane rudem, sed permediocris etiam ingenio, et ad ratiocinandum, caussasque et consequentias rerum videndas satis obtusum“. Huet 1690, 78). Auffallend ist, dass Huet es womçglich meidet, Spinoza zu erwhnen. In Huets intellektueller Biographie (gemeint ist Comm.) kommt er berhaupt nicht vor. Der Tractatus TheologicoPoliticus wird als ‘abscheulich, gottlos, dumm und wahnwitzig’ abgetan (Kap. 76). Spinozas Doktrin ber das Verhltnis zwischen Glauben und Vernunft wird jedoch kritisiert (Kap. 77 f.); Immerhin ist Spinoza fr Huet, anders als Descartes, nicht noch zustzlich ein Schwindler. In Huets engem Freundeskreis scheint die feindliche Gesinnung gegenber solchen ‘Gottlosen’ wie Bodin und Spinoza selbstverstndlich zu sein, vgl. Pierre-Joseph Thouilier d’Olivet in: Huet 1738, XXXV. Zur Huets ablehnender Haltung gegenber den anderen novatores (darunter Cartesianer und Malebranche) vgl. Rapetti 2003, 54. 50 L’ordre de la nature ist das oberste Prinzip in Huets Auffassung der Geschichte der griechischen Philosophie: Am Anfang musste man seinen Platz in der Natur sichern, so entstand die Physik, dann war es nçtig die Sitten der Gesellschaft zu ordnen, so entstand die Moral, und schließlich – im Prozess der Verfeinerung des menschlichen Geistes – entstand die Logik. Vgl. Huet 1722, 359 f., mit dem Titel: „La Philosophie a eu son progrez suivant l’ordre de la nature“. 51 Charles de Sainte-Maure, duc de Montausier 1610 – 1690. Bei allen Unterschieden im literarischen Geschmack teilten Huet und Montausier die Hochachtung vor Chapelains la Pucelle. Vgl. dazu eine sehr kaustische Notiz von Tallemant: „Il [Montausier] s’entÞte, et d’assez mchant got; il aime mieux Claudien que Virgile. Il lui faut du poivre et de l’pice. Cependant, comme nous dirons ailleurs, il gote un po me qui n’a ni sel ni sauge: c’est la Pucelle, par cela seulement qu’elle est de Chapelain“. Tallemant des Raux 1834, 185 ff. 52 Dieser Aspekt seiner philologischen Ttigkeit ist bis heute noch nicht gengend erfoscht.

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spin53 in dieser Reihe herausgegeben54 – dem einzigen auslndischen Gelehrten, den Huet fr seine Reihe gewinnen konnte. Huet wollte auch Johann Georg Graevius und Leibniz heranziehen, ohne dass es zu praktischen Ergebnissen kam. Wahrscheinlich schtzte er neben den philologischen Fhigkeiten Crespins auch dessen Interesse an theoretischen Grundlagen der Wiedervereinigung aller Christen. hnliches galt auch fr Leibniz, welcher von allen Werken Huets vor allem Demonstratio Evangelica schtzte,55 wo Huet mit staunenswerter Erudition ‘geometrisch’ beweisen wollte, die Heiden htten all ihre Wahrheiten aus dem Alten Testament geschçpft. Wie groß der Anteil Huets in der Ovid-Ausgabe der Reihe Ad usum Delphini ist, bleibt vorerst noch ungeklrt. Jedenfals bedankt sich Crespin fr seinen gelehrten Beistand, was allerdings auch die anderen Autoren der Reihe tun.56 Diese Reihe ist mit fr die lateinische Lexikographie noch heute ntzlichen Indices ausgestattet.57 Der beste – auch der einzige in dieser Reihe, der den ganzen Band (Bd. 4) beansprucht – ist der Index zu Ovid.58 Es ist sehr wahrscheinlich, dass Huet seine przisen Direktiven zur Erstellung dieses Index gab. Fr Huets philologisches Programm waren die Indices als unentbehrliches Hilfsinstrument fr die przisere Erfassung der Latinitt gedacht. Also geht es auch hier um eine kompromisslose ‘geometrische’ Methode. Ovid bezeichnet seine Verfahrensweise als „modus“ (Ars 1, 39) und zu unserer Zitatstelle finden wir im Crespins Kommentar folgende Erklrung der ‘Methode’ („modus“) Ovids: „scribendi modum sibi ponit Poeta, ex 53 D. Crespin 1641 – 1716. 1666 – 1670 war er Lehrer (rgent) in Saumur. 1697 – 1698 wurde er wegen Verbreitung des Arminianismus in Lausanne angeklagt. Als Anhnger des Pietismus musste er 1702 sein Lehramt abgeben. Vgl. VolpilhacAuger 2000, 315. 54 Vgl. Ovid 1689. 55 S. etwa seinen Brief an Huet vom 01. 08. 1679 in: Leibniz 1926, 481. Auch Graevius interessierte sich fr die Demonstratio Evangelica; vgl. seinen Brief an Huet vom 1. 10. 1679 in der Biblioteca Medicea Laurenziana, Florenz: Fondo Ashburnam 1866, Nr. 502 (Graevius begrßt vor allem Huets Kritik an Spinoza). In der Bayerischen Staatsbibliothek Mnchen befindet sich ein Exemplar des Werkes (Pariserausgabe 1679: Sign. 2 Exeg. 267), das Huet Graevius geschenkt hat (keine Marginalien). 56 Ovid 1689, f. ¯ıv (= f. Xv). Vgl. Volpilhac-Auger 2000, 48, Anm. 53. 57 Die Idee der Indices stammte von Huet (Huet 1718, 289; Huet 1722, 91). Auch Montausiers Verdienst ist nicht zu unterschtzen, vgl. Volpilhac-Auger 2000, 319, Anm. 53. 58 Vgl. Radford, 1927, 80 ff.

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triplici Amantis, aut certe Tironis cura“.59 Es wre jedoch falsch zu denken, dass Huet in der Dichtung vor allem das Methodische hochhielt. Ovid war auch nicht unbedingt sein Lieblingsautor. Huet schtzt – im Anschluss an Quintilian60 – Tibull und Properz hçher ein;61 und bei Ovid selbst gab er der Liebeskunst 62 und den Heroiden den Vorzug vor den Metamorphosen, und zwar nicht nur, weil die letzteren chaotisch strukturiert sind, sondern weil sie weniger Eleganz, Geist und Feuer haben.63 Wenn man bedenkt, dass Huet dieselben Kriterien fr die neulateinische Dichtung anwandte, wird klar, dass der bis heute noch nicht aufgegebene Ansatz, neulateinische Dichtung htte keine dichterische, sondern literarische Bedeutung,64 nicht haltbar ist. Huet meinte, dass gute Kritiker selten als gute Dichter gelten.65 Malherbe und Corneille seien zwar gute Dichter gewesen, hatten aber einen miserablen literarischen Geschmack. Es war ein Skandal fr Huet, dass Malherbe allen guten lateinischen Klassikern den nachklassischen Statius voranstellte. Und dass Corneille den Lukan hçher als Vergil66 eingestuft 59 Ovidii 1659, 397, Anm. 56. Das Wort „modus“ wird sonst auch im Sinne „Stufe“ (= „gradus“ ThLL 8,2, 1259, 79) verwendet, vgl. Anm. 18. 60 „Elegia quoque Graecos provocamus, cuius mihi tersus atque elegans maxime videtur auctor Tibullus. sunt qui Propertium malint. Ovidius utroque lascivior, sicut durior Gallus“ Quint. inst. 10, 93. Diese Stelle kannte Huet sicher; auch sein Freund Mnage macht ihn auf sie aufmerksam: Mnage 1993, 269. 61 Huet 1722, 86. 62 Auch die Frivolitt Ovids reizte Huet nicht. In der Reihe Ad usum Delphini sind bei Ovid wie bei den anderen Autoren alle frivolen Passagen entfernt (das philologische Gewissen Huets verlangte, dass der Text dennoch vollstndig bleibt: so sind alle Obszçnitten sorgfltig gesammelt und als Appendix am Ende des Bandes bequem zu lesen). Vgl. Volpilhac-Auger 2000, 37, Anm. 53. 63 „Les livres d’amour et particulirement les ptres des Hroides, sont plus chties, plus tudies, crites mÞme avec plus d’esprit et plus d’art; soit que la mati re lui plus davantage, et que le coeur aidt l’esprit dans la composition; soit que le feu de la jeunesse sotint davantage et animt la beaut de son gnie“. Huet 1722, 87. Ovid selbst definierte sich als „tenerorum lusor amorum“ (trist. 4, 10, 1; 3, 3, 73). 64 Diesen Ansatz hat Walter Benjamin inauguriert. „Diese [d.h. die Funktion der neulateinischer Dichtung] war keine dichterische, sondern im strengsten Sinne literarisch: bildungs-, staats- oder religionspolitisch“. Benjamin 1991, 400. Huet z. B. kritisiert lateinische Poesie von Denis Petau (1583 – 1652) als „des vers sans posie“, Petaus Versifikation „n’tait point anime par l’invention, par la fiction, et par cette sublimit, qui seule mrite le nom de posie“. Huet 1722, 72. 65 „Dans mon petit Trait De l’origine des Romans, j’ai avanc un paradoxe […]. J’ai dit que les bons Juges de la porsie sont plus rares que les bons Portes“. Huet 1722, 174. 66 Allerdings sei auch Vergil nicht fehlerfrei. Huet 1722, 108.

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hatte!67 Die Deutung hierfr ist im Sinne des Huetschen Klassizismus zu suchen, welcher klassizistischer68 war als der franzçsische Klassizismus des 17. Jahrhunderts. Andererseits war sein Klassizismus weniger gezwungen als der von Boileau.69 Und so in der Beurteilung der Dichtung: Einerseits, fehlt es Huet durchaus nicht an Sensibilitt fr die rein dichterischen Eigenschaften, andererseits vertritt er den ‘geometrischen’ Geist. Wegen der ersteren bevorzugt er Tibull und Properz,70 wegen des letzteren lobt er Chapelain.71 Die Ars amatoria von Ovid war fr Huet vor allem wegen des ‘geometrischen Geistes’, der von Logik und clart bestimmt war, wichtig und erhaltenswert: in einer Zeit da dieser Stil und Geist aus der Mode gekommen war und nichts mehr galt.

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Poets as philosophers and philosophers as poets: Parmenides, Plato, Lucretius and Wordsworth Anthony A. Long When I was invited to deliver this conference’s public lecture, I had a strong feeling of what Lucretius (3. 28 – 9) calls voluptas atque horror. The pleasure was keen, especially the prospect of revisiting Munich and its great university where, as a young man, I had taught for a semester as Gastprofessor fr klassische Philologie. I have many happy memories of my previous time here, but it was the horror that came most immediately to mind. Such ability to speak German as I once had has declined from rarity of use, and I have no expertise in die Kultur der Frhen Neuzeit, the period investigated by this conference. So what could I say and how could I say it? My fears on the linguistic score abated when I learned that my conference colleagues would largely speak in their own languages. But how could I circumvent my deficiency in knowledge of the literary and scholarly culture of the early modern era? I hit upon the chronological expedient of selecting three of my favourite ancient authors – Parmenides, Plato, and Lucretius – and one favourite modern, the English Romantic poet William Wordsworth, leaving it to the other speakers to cover everything in between! It goes without saying that one of these four figures, Plato, is so gigantic and so central to this conference’s agenda that he understandably features in more speakers’ topics than any other single author. Would I not have done better, then, to devote my remarks exclusively to Plato? That may well be so. But I hope that my choice of these four authors proves to be more than an evasive eccentricity. By discussing them conjointly, I aim to provoke thought about general aspects of the connections and relationships between poetry and philosophy, which is this conference’s challenging theme. Setting aside the differences between the freedom of prose rhythm and the strictness of metrical form for ancient verse, I propose that each one of my chosen authors, in his own distinct way, combines philosophy and poetry. My point in saying this is neither the truism that Parmenides composed philosophy in verse form, nor the fact that Plato’s

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philosophic prose can be highly imaginative in tone and content, but the substantive claim that their medium and their message are inherently reflective and poetic, and so engage both reason and feeling. So too, I will argue, in the case of Lucretius and Wordsworth. I also propose that my collective focus on Plato, Parmenides, Lucretius, and Wordsworth can underscore the difficulty of precisely differentiating poetry from philosophy.1 That issue in turn raises the question of whether there are poetic and philosophic universals, or whether these literary practices are irreducibly particular and various in time and culture. I will give a brief response to this question at the end of my paper. Now I turn to some introductory remarks about my chosen four, taking them in chronological order. ***** Parmenides of Elea, thanks to his pioneering metaphysics and novel method of deductive argument, was Plato’s most influential and illustrious predecessor as a writer of philosophy in the early years of the fifth century BC. Yet, unlike Plato’s limpid Attic prose and dialogue style, Parmenides composed in the dactylic hexameter form practised by the hallowed epic poets Homer and Hesiod. Why did Parmenides choose this verse medium? Is he a poet in any sense other than in rhythm and diction? What does his poetry contribute, if anything, to his thought and his manner of engaging listeners or readers? Plato is notorious for holding that poetry is the enemy of philosophy, and that the mimetic influence of Homer and the tragedians is extremely dangerous to people’s characters and intellects.2 Yet, in the view of numerous interpreters Plato, notwithstanding his prose dialogues, sometimes writes in a manner that is supremely poetic. To quote the English poet 1

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I am not suggesting that it is generally difficult to distinguish philosophy from poetry, but the other way round, and only in the case of certain types of poetry. Most philosophy, because it is discursive and eschews linguistic artifice for its own sake, is evidently not poetry. On the difficulty of distinguishing philosophy from literature in general, see Cascardi 1987, x. Standard discussions include Murdoch 1977, Ferrari 1989, and Asmis 1992. All too often Plato’s alleged hostility to poetry is treated as a blanket condemnation of all poetic forms and abstracted from the political contexts of the Republic where the critic of the poets is Socrates and not Plato in propria persona. Contrast Fr. Schlegel, Athenaeum Fragments 450, who says: “Plato is more against poets than he is against poetry; he thought of philosophy as the most daring dithyramb and the monodic music”, translated in Bernstein 2003, 260.

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and critic Samuel Coleridge: “Plato’s writings furnish undeniable proofs that poetry of the highest kind may exist without metre, and even without the contradistinguishing objects of a poem.”3 Actually, in spite of the absence of any original verse from his dialogues, except for a possible line or two, Plato was credited in antiquity with writing several epigrams, and some of these, including a beautiful poem mourning the death of Dion of Syracuse, may well be genuine.4 Creative writers (we may think of Jos Saramago’s novel The Cave) frequently draw inspiration from Plato even when the context of their indebtedness is quite remote, as when John Milton draws on the concluding myth of the Republic in describing Satan’s journeys in book 3 of Paradise Lost. 5 As Teresa Padilla has observed in her paper to this conference (“Platn como amante de la poesa en las Leyes”), Plato writes positively about poetry in the Laws where the Athenian Stranger calls the discussions about the Cretan city “the most beautiful and finest tragedy.”6 Plato’s Socrates drops dialectic and adopts a poetic style in his second speech in the Phaedrus (249d–253c), a passage he prefigures by declaring that he is breaking into verse (241e). Shortly after that, Socrates attributes the “madness” of true love to divine inspiration, and likewise the “madness” that enables poets to glorify past achievements and teach them to future generations.7 A comparably lyrical passage is the “ladder of love”, told to Socrates by the wise woman Diotima in Symposium (210a–212b), who 3

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Coleridge [1817] 1960, ch. 14; cf. Shelley [1821] 1975. Such judgments were standard in Britain throughout the nineteenth and early twentieth centuries, and can be extravagant: for instance Pater 1883, 127: “He [Plato] breaks as it were visible colour into the very texture of his work; his vocabulary, the very stuff he manipulates, has its delightful aesthetic qualities; almost every word, one might say, its figurative value;” and Adam 1911, 9: “We realize that the high quality of the language is not due to a clever manipulation of imagery or a felicitous choice of words, but rather to an intensely vital and even exuberant creative impulse taking everything in its stride, and expressing itself with an ease that comes naturally only to one who is a poet at heart.” I take these quotations from Hartland Swann 1951. For the twentieth century, see Nussbaum 1986, 227. See Bowra 1938. See Bennett 1939. See Plato, Laws 817b2 – 3, in contrast with the actual genre of tragedy; see Nightingale 1995, 88. See Hackforth 1952, 61: “Plato himself is a compound of rationalist and poet […] in the Phaedrus the poet definitely gets the upper hand [and] is exceptionally conscious of the value of the imaginative, as against the rational, power of the human soul.”

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praises the poetic offspring of Homer and Hesiod (ibid. 209d). The remarkable discourse Plato assigns to Socrates in the erotic and psychological contexts of the Phaedrus anticipates Wordsworth’s romantic evocations of nature and subjective responses to visual beauty. From Aristotle onward Plato’s most sensitive readers have found it impossible to place him in a single literary category.8 Yet no one, reading the current periodicals for ancient philosophy, will find any treatment of Plato the poet. This omission says a lot about Plato’s present location within academic discourse rather than the general culture where he was at home in the nineteenth century.9 Lucretius, with his theme of instructing the Roman statesman Memmius in Epicurean physics, is often called a didactic poet, but didactic is a false modern category. Lucretius’ literary genre is hexameter epic, and Epicurus’ salvational discoveries are a heroic theme throughout the De rerum natura, making Epicurus virtually a deus, as Lucretius calls him (5.8). Because we have lost so much of Epicurus’ writings, modern historians of philosophy turn to Lucretius as a doctrinal source of paramount importance for Epicureanism. Yet Cicero, who knew and admired the work of Lucretius, never mentions him in any of his many books of philosophy, even though he includes in them detailed accounts of Epicurean philosophy. For his Roman audience, Lucretius was not a philosopher but an inspired poet through and through.10 On the other hand, many modern readers find him only intermittently and contingently poetic, as if his imagery and other stylistic qualities were merely the “honey”, as he called it (4. 22), to sweeten his faithful and austere reproduction of Epicurean physics, and make it more palatable to his less scientific readers. As with Parmenides, so in the case of Lucretius there is a strong tendency to think that he alternates between poetry and philosophy but does not satisfyingly integrate them. Wordsworth, my fourth author to consider, wrote poetry in many styles, but he is most renowned for the poems in which he conveys his own feelings about nature and humanity. He was also strongly affected 8 See Diogenes Laertius 3.37. 9 The only such study known to me is Hartland-Swann 1951. I find his work chiefly valuable for the literary assessments of Plato that he quotes from others and for his observation that “Plato still had one foot in the semi-myth world of the Presocratics” (139). 10 Note especially the assessment of Statius, docti furor arduus Lucreti, Silvae 2.7.76, where furor “certainly refers to poetic inspiration,” M.F. Smith 1975, xx.

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by Plato’s notions of ideal Forms, recollection of forgotten knowledge, and the soul’s immortality. Unlike my other three authors, Wordsworth wrote at length about his conception of poetry and philosophy and also about his own aims as a poet.11 A few quotations will show the relevance of his observations to my lecture’s theme, especially his conviction that poetry and philosophy, so far from being at variance, are intimately related: Poetry is the breath and finer spirit of all knowledge; it is the impassioned expression which is in the countenance of all Science.12

In a different context Wordsworth set out his notion of an authentic philosopher: The true province of the philosopher is not to grope about in the external world, and when he has perceived or detected an object [with] such or such a quality or power, to set himself to the task of persuading the world that such is a sublime or beautiful object, but to look into his own mind and determine the law by which he is affected. . . To talk of an object as being sublime or beautiful in itself, without reference to some subject by whom that sublimity or beauty is perceived, is absurd.13

Wordsworth defines poetry as “the spontaneous overflow of powerful feelings” arising from “emotion recollected in tranquillity.”14 His criteria for poetry are psychological rather than formal or literary, as when he explains his use of everyday language: There neither is, nor can be, any essential difference between the language of prose and metrical composition. What is a poet? […] He is a man speaking to men but one endowed with more lively sensibility, more enthusiasm and tenderness, who has a greater knowledge of human nature, and a more comprehensive soul, than are supposed to be common among mankind.15

Wordsworth’s focus on the poet’s internal world and the necessary connection he draws between what is “beautiful in itself ” and the perceiving 11 See Abrams 1953, 103 – 114, and Eldridge 2001. 12 Preface to the Lyrical Ballads, in Hutchinson, 938. Cf. Fr. Schlegel, Athenums Fragment, 255: “Je mehr die Poesie Wissenschaft wird, je mehr wird sie auch Kunst. Soll die Poesie Kunst werden, soll der Knstler von seinen Mitteln und seinen Zwecken, ihren Hindernissen und ihren Gegenstnden grndliche Einsicht und Wissenschaft haben, so muss der Dichter ber seine Kunst philosophieren”. 13 “The sublime and the beautiful”, in: W.J.B. Owen and J.W. Smyser, (eds.): The Prose Works of William Wordsworth, 1974, 357. 14 Preface to the Lyrical Ballads, 935. 15 Preface to the Lyrical Ballads, 937.

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subject recall the two Platonic dialogues I have mentioned before – the Symposium, where Diotima reveals to Socrates “the higher erotic mysteries”, culminating in the vision of Beauty Itself, and the philosophical lover of the Phaedrus, who by observing the visual beauty of his beloved recollects the ideal Form of Beauty. Although Wordsworth’s context (early nineteenth century) was utterly remote from Plato’s Athens, the Romantic poets of his time saw no difficulty in imagining themselves to be Plato’s companions. Shelley, Wordsworth’s younger contemporary, spoke in absolutist terms about poetry, as if there were a Platonic form of authentic versification.16 I have the impression that German critics of this period such as Friedrich Schlegel had a similar view. Not so Wordsworth himself. He was acutely aware of composing a quite different kind of poetry from that which had been fashionable in the eighteenth century, and of having to defend himself from critics who found his style and subject matter unrefined. Rather than bowing to convention, Wordsworth took himself as a poet to be doing something fresh, philosophical or universal in its general message, but intensely personal in its expression and appeal to the emotions. Was it the same, mutatis mutandis, in the case of Parmenides, Plato, and Lucretius? I will try to establish this thesis. Underlying my argument will be the assumption that there is nothing that intrinsically connects philosophy and poetry, but nothing either, that intrinsically separates them. In the rare cases where the two creative practices are fully combined, that is a very deliberate choice by the writer. If the outcome is successful, we get a product that seeks to combine the objective truths and appeals to reason, that we associate with philosophy, and the subjective tone and emotive power of poetry that is more than mere versification. After this brief introduction of my four poet philosophers I now turn to each of them in more detail, starting with a few comments on early Greek conceptions of poetry.

16 For instance: “A poem is the very image of life expressed in its eternal truth. […] A story of particular facts is as a mirror which obscures and distorts that which should be beautiful: poetry is a mirror which makes beautiful that which is distorted,” cited in Shawcross 1909, 155, 128, and poetry “strips the veil of familiarity from the world and lays bare the naked and sleeping beauty, which is the spirit of its forms”, cited in Abrams 1953, 127.

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**** The English words for poet, poem and poetry are taken directly from the Greek poietes, poiema, and poiesis. These are not the earliest Greek terms for poet, poem, and poetry. For Homer the epic poet is a singer (aoidos), but by the fifth century the poet – poietes – is the quintessential “maker”. As Plato says at Symposium 205bc: “All the productions of every craft are makings (poieseis) […], but we have marked off one part, the part the Muses give us, with melody and rhythm alone as poetry”. For the Greeks of this period, and thereafter, the poet, or the poet’s muse, is the quintessential maker or creator. We can see the etymological significance of this linguistic usage by a contrast with Latin, where the corresponding agent noun for the verb facio is the humble word factor, which, to the best of my knowledge, is never associated with poetry. I cannot prove that Parmenides, my earliest philosopher poet, was already familiar with the Greek use of poiesis for poetry specifically. But we can confidently assume that his poem was designed to strike his hearers as a supremely creative production, inspired by the unnamed goddess who instructs “the man who knows” in the respective “ways” of Truth and Opinion. It is often assumed that Parmenides wrote in verse because prose at this date (about 500 BC) was not yet an established form of composition, but I find this proposal unconvincing. Heraclitus and other early “scientific” writers composed in prose. Parmenides’ choice of verse was clearly deliberate and not continued by his Eleatic successor Zeno. Diogenes Laertius (9.22) couples Parmenides as a philosophical poet with Hesiod, Xenophanes, and Empedocles, but the association obscures big differences between these four authors. Hesiod, whether or not we call him a philosopher, was an epic poet at a time when epic poetry was the only literary genre. Xenophanes was a professional rhapsode, who recited his poems at symposia. Empedocles’ hexameter poetry alludes to Parmenides, but, unlike Parmenides, Empedocles also wrote poems on non-philosophical themes; and his choice of verse for his great poem on nature may well have been influenced by his strong sympathies with Orphism and Orphism’s use of hexameter poetry. We need to explain Parmenides’ choice of verse through his particular intention and message. I propose to examine his work as a philosopher poet by reference to four criteria – speculative creativity, cultural authority, emotional intensity, and memorable phraseology. Once I have done that, I shall proceed to apply these criteria to my other three philosopher poets.

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Parmenides begins his poem with a 32-line prologue that pictures him travelling rapidly on a horse-drawn chariot, guided by divine maidens, daughters of the sun, to the house of Night. This journey fulfils his heart’s desire. It will bring him eventually through the mighty gates of Day and Night, which are guarded, high in the sky, by “inexorable Justice”. To secure his passage, the sun maidens must first soothe Justice, personified as a divine figure, and persuade her to open the great doors secured by double bolts. Once Parmenides has passed through, he continues his journey until the goddess meets him, and addresses him as follows: Greetings, young man, escorted by immortal charioteers. who have brought you with their horses to my dwelling. No evil fate has summoned you to make this journey – far from the path of human beings –but Right and Justice. You are to learn all things, both the stable mind of well-rounded Truth, and the opinions of mortals that contain no true assurance.

This double agenda, the Way of Truth and the Way of Opinion, announces the poem’s philosophical theme. Before recounting the antithetical ways the goddess instructs Parmenides to “bring her words back” to his human starting place, where people are characterized in uncompromisingly negative terms: they “know nothing,” because they are utterly confused about the stark difference between “what is” and “what is not”. Indeed, so great is their confusion that they “wander, two-headed, helpless, bemused, deaf and blind, identifying being and not-being, and yet also distinguishing them from one another.” Parmenides, in contrast, characterizes himself, the privileged acolyte of the goddess, as “the knowing man.” In short, the poem he has composed describes a spiritual journey from the domain of human error to enlightenment, truth, and knowledge. This spiritual journey is divinely sanctioned and supported by Justice, who, as a controlling divinity, ensures that reality is utterly stable – subject to neither becoming nor perishing nor any change or motion whatsoever. Parmenides is to receive not only this absolute truth about nature, but also an account of the deceptive appearances of the phenomenal world. Then he is to convey the news back to his fellow mortals. The narrative of Parmenides’ miraculous journey to the goddess is a remarkable piece of writing. It draws on Homeric and Hesiodic mythology and vocabulary, to create something entirely new in Greek literature – the speculative experience of a philosophical hero, whose spiritual journey mimics the physical travels that taught Odysseus on his visits to the cities

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of mortal men. Other early Greek philosophers were acutely aware of the need to distance their findings from traditional myth and poetic authority. Rather than denouncing the lies of Homer and Hesiod directly, as Heraclitus did, Parmenides marginalizes his poetic predecessors in a richly symbolic parody of traditional epic style and diction.17 Parmenides the poet has been completely overshadowed by Parmenides the philosopher, but that is because many readers have poetic expectations of imagery and colour that he does not, to their satisfaction, fulfil. I disagree. It would be difficult to imagine a more intense and imaginatively phrased prologue to his work, as I hope my summary conveyed. In the limits of time I can do no better than quote Werner Jaeger’s comments on Parmenides’ salvational notion of rationality: Parmenides was a natural poet, because he was carried away by his conviction that he must preach his discovery, the discovery which he believed to be in part at least a revelation of the truth […] he feels that he is only the instrument and servant of a power far higher and more worthy than himself […]. Parmenides considers thought and the truth which it apprehends to be something very like religion. It was the consciousness of his high mission which left him. . .to draw the first real picture of a philosopher.18

Traditionally the Greek poets had seen themselves as merely the vocal instruments of divine inspiration, who might, for all they knew, deliver falsehoods as well as truths, and be unable to distinguish the one from the other. Parmenides’ goddess, by contrast, puts him in the privileged position of not only knowing the difference but also understanding why one account is true and the other account deceptive. We can interpret Parmenides’ philosophy without reference to its poetic form and tone. Most readers do that, but the price for doing only that is high. What we chiefly lose is a feeling for his work’s extraordinary intensity and density, which is as much emotional as it is cognitive. Heraclitus had told his audience to listen not to him but to his logos – which we may take to mean the objective rationale of nature. Parmenides, much more boldly, registers his own subjective identity by imagining that he himself – a mere mortal – is the privileged addressee of a goddess whom he has visited on a transcendental journey to learn the truth about reality. Thus, each one of us, as we read and work through his poem, is invited to take our own place on the chariot journey to meet 17 See Mourelatos 2008, ch. 1. “epic form”. 18 Jaeger 1947, vol. 1, 177.

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the goddess and have the privilege of hearing her disquisition about reality. Greek poets at this date wrote to be heard by a group and not for private reading. Even prose writers typically delivered their work in this way, as Plato imagines Zeno doing at the beginning of his dialogue Parmenides. Poetry was a performance. Are we, then, to imagine Parmenides delivering his poem in a sympotic gathering? Hard though that is to believe, it may well have been the case; and if so, this occasion will have contributed to impressions of the author’s authority, solemnity, and intensity. Plato characterizes Parmenides as speaking in both verse and prose (Sophist 237a). To follow chronology, I should now proceed to Plato himself, but, because Wordsworth’s philosophy is Platonism, I want to conclude my paper with these two writers; so I turn next to the question of how Lucretius integrates poetry and philosophy in his Epicurean epic. As I already said, modern readers tend to find Lucretius alternating between dry argument (versified prose in effect) and powerful images such as Epicurus’ heroic conquest of the monster superstition (De rerum natura 1.62 – 79, his shattering the moenia mundi, so as to disclose atoms moving through the void (3.14 – 17), and analogies of the atoms’ behaviour like motes of dust fighting, as virtual armies, in a sunbeam’s illumination (2.112 – 24). As I also said, Lucretius’ own figuration of his verse as honeying the scientific medicine may seem to lend credence to such disjointed assessment of his work. I don’t question that such alternations occur and recur throughout the immense poem; by the same token I don’t claim that Parmenides continues the personifications of his prologue throughout all the rest of his work. What I do want to resist, in the case of both philosopher poets, is that their poetic identity is present or evident only in purple passages, as it were, and in abeyance elsewhere. Lucretius, of course, is an immensely more complex writer than Parmenides. For that reason his poetic qualities are far more various, and they are amenable to analysis by reference to local features of rhythm, sound, and imagery. But, as with Parmenides, I want to focus our attention on Lucretius’ work as a whole. I will ask what, apart from versification, makes the entire De rerum natura (and not just its most memorable passages) a great poem in addition to its detailed exposition of Epicurean physical theory. Actually, I think even this question is not entirely well formed; for my response to it, in essence, is that what confers greatness on the poem in its entirety as a poem is precisely Epicurean philosophy, as presented and in-

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terpreted by Lucretius. Form and content are integrated in all manner of ways, whether at the very outset where Lucretius invokes Aeneadum genetrix (as if he were writing Rome’s national epic), or where we are promised to learn how Epicurus, superstition’s triumphing hero, has made his journey into outer space (3.14 – 17) and brought back the scientific gospel to liberate us from fear of death and superstition (recall Parmenides’ spiritual journey), or where we learn how Epicurus has outdone the labours of Hercules (5.23 – 54) by conquering the much more grievous internal enemies constituted by such vices as envy, sloth, and pride. Still, is such integration of form and content sufficient to make Lucretius’ poetic voice, brilliant though that often is, indispensable to the poem’s subject matter and total effect? What Lucretius has added to Epicurus is powerful rhetoric, variety, readability, and colour. But he has hardly contributed important semantic content that you could not have found in the voluminous works of Epicurus himself. Is there something else that the poetry essentially contributes? I think there is, but how does one articulate that additional feature? Words that come to mind include vision and intensity, but for now I repeat Wordsworth’s saying that the philosopher’s task is “to look into his own mind and determine the law by which he is affected.” Philosopher’s or poet’s task? For Wordsworth, as we have already seen, you cannot truly have the one without the other, and I think his dictum is peculiarly apt for understanding Lucretius. The De rerum natura is the record of Lucretius’ inspection of his own mind, as mediated by the philosophy of Epicurus, and of determining how he the poet has been affected. What he has been affected to create was far more than an Epicurean text book or treatise, even though Lucretius has extraordinary command of that material and displays great intelligence in his representation of its most recondite details. Let us pause over the word “affected”; for I take it to be crucial to Wordsworth’s critical stance, given his preoccupation with emotion and enthusiasm. Lucretius has not simply versified Epicurus. He has used poetry to convey two things in particular – first to show how he has been affected by his internalization of Epicurean philosophy, and second, how he can affect us his readers, rather than just his official addressee Memmius. He affects us, works on us, by his peremptory use of the second person singular imperative (nunc age) and by other ways of marking the urgency of his message, taking us into his confidence, with such words as vidimus, nonne vides, and treating us as grown-ups who will accept his science in place of childish fictions. We do not need Lucretius in

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order to assess the cogency of Epicurean doctrine and argument. We can get the logic and evidence he presents elsewhere. What we cannot get elsewhere is the personal affect. It could also be called “vision”, and vision in turn recalls Jaeger’s observation about Parmenides’ religious mentality. Lucretius was hostile to all traditional forms of religion, but the awe in which he voices his feelings about the divine Epicurus is Roman pietas in full. At this point, I need to raise a question that I have concealed so far. Must the poet as philosopher or the philosopher as poet be a visionary, whose words transport us out of our everyday selves in order to sense a non-mundane reality? If that is so, does it help to explain why poets and philosophers have completely parted company in the modern world? A few concluding words about Plato and Wordsworth may help us respond to these questions. Ask anyone who knows Plato where, in his prolific works, he is at his most poetic and they will almost certainly respond: in certain contexts of the Phaedo, Symposium, Republic and Phaedrus. Scholars have traditionally and rightly dated these dialogues to Plato’s middle period – later than the early so-called Socratic dialogues and prior to the most analytically sophisticated works Theaetetus, Sophist, Statesman and Philebus. Plato’s Socrates is no enemy of poetry in general – not in the least – but it is in the middle period dialogues, where the philosophy appears to have gone well beyond anything historically Socratic, that we find the ideas that became the hallmark of Platonism – the soul’s immortality, recollection of truths we learned before birth, the identity of Reality, Truth, Goodness, and Beauty, and the philosopher’s desire to transcend embodied life and experience the immaterial, changeless and perfect Forms.19 Does Plato attempt to prove these doctrines? In the case of immortality and recollection, certainly. But he is notoriously reticent in justifying the Forms – his most famous doctrine – by explicit arguments. Moreover, the ways he talks about the Forms are too varied and imprecise to settle their exact nature to the satisfaction of modern interpreters, leaving unresolved such questions as: Are the Forms universals or ideal particulars? How do they cause or explain everyday objects? Is our knowledge of them propositional or intuitive? Plato talks of everyday objects 19 Socrates in Plato’s Apology declares that he found the poets at Athens “inspired” but incapable of understanding their “fine sayings” (23c). He also looks forward to the possibility of encountering Orpheus, Musaeus, Hesiod and Homer after death (ibid. 41a).

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“imitating” Forms, and “participating” in or “striving after” Forms. How does imitation relate to participation or striving? Plato leaves it to us to figure out as best we may. Aristotle decisively rejected Plato’s transcendent Forms. Even Plato himself raised cogent logical objections to the doctrine in his dialogue Parmenides, but, to the best of our knowledge, he never abandoned it altogether. Could he not prove it to his own satisfaction? Did he never settle all its details? My response to these questions brings us back to Plato the poet. His theory of Forms is a doctrine of metaphysics and epistemology, but it is much more than just that. It is also a doctrine about value, especially beauty, the objects of desire, and an intuition that human life here and now is only a transient phase in the soul’s millennial journeys. How could anyone prove these things? Clearly not by discursive reasoning. Hence, I take it, the great poetic passages – Diotima’s ladder of love in the Symposium, the allegory of the Cave in the Republic, and the soul’s celestial journey, loss and recovery of wings in the Phaedrus. These passages are poetic because they appeal to our imagination, and they appeal to our imagination because they invite us to transcend our present existence by picturing our encounter with a better and more desirable reality. If this is right, Plato’s poetry, at least in these passages, is not a mere embellishment of what could be said in prosaic philosophical language. The poetry is the indispensable means of expression. Plato will not have thought that the soul literally grows and loses wings, but how could he better express the idea that human beings are capable of both identifying with their bodily desires and identifying, alternatively, with their longing for spiritual truth and beauty? The image of the soul’s wings is unforgettably potent. It enables Plato’s philosophical thoughts about transcendence to lodge in the mind as an ever-living presence, as all true poetry does. These few remarks on Plato can convey only a hint of his extraordinary integration of philosophy and poetry. Fortunately I can now turn again to Wordsworth, to show you how a poetic genius with a philosophical mind was able to capture the Platonism I have briefly characterized and do so in splendid verse. Wordsworth romanticizes Plato by his focus on the innocence and ideals of youth as contrasted with the drab conventionality of maturity, and with nostalgic talk of Nature; but I need not go on about that. Wordsworth’s Platonic themes are too obvious to need detailed discussion – immortality, recollection of truths we

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learned before birth, the Cave or prison allegory, extra-mundane reality and beauty, and the vision of Sun or light as the source of all goodness. All of these heady ideas are packed into the fifth stanza of Wordsworth’s Ode: Intimations of Immortality from Recollections of Early Childhood. 20 Our birth is but a sleep and a forgetting: The Soul that rises with us, our life’s Star, Hath had elsewhere its setting, And cometh from afar: Not in entire forgetfulness, And not in utter nakedness, But trailing clouds of glory do we come From God, who is our home: Heaven lies about us in our infancy! Shades of the prison-house begin to close Upon the growing Boy, But he beholds the light and whence it flows, He sees it in his joy; The youth, who daily farther from the east Must travel, still is Nature’s Priest, And by the vision splendid Is on his way attended; At length the Man perceives it die away, And fade into the light of common day.

The philosopher poet or the poet philosopher is a rare bird. When such birds appear, we need to ask, in each case, why they take on this hybrid identity rather than compose in a single way. Do Parmenides, Plato, Lucretius, and Wordsworth share anything that can throw light on this question? I think they do. Each of them is a visionary with a message that they take to be supremely important to us. They seek to communicate that message in ways that will impress us imaginatively and emotionally as well as rationally. We can abstract from their poetic images and discuss their stripped-down philosophical content – Parmenides’ Way of Truth (forgetting its being a journey), Plato’s immortal soul (forgetting its wings), Epicurus’ atoms moving in the void (forgetting the motes dancing in the sunbeam), and Wordsworth’s intimations of immortality (forgetting the nostalgic evocation of childhood). But I hardly need to convince you that such abstraction would rob the original context of all its personality. 20 If, as has been argued, Wordsworth had no direct acquaintance with any work by Plato at the time he composed this poem (1802 – 1804), his Platonic intuitions were quite remarkable: see Price 1994.

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***** For better or worse today’s philosophy and poetry proceed on separate tracks and largely address quite different audiences. The principal goal of modern philosophy, at least in the Anglo-American tradition, is to get as clear as possible about the concepts we use in order to negotiate language and experience of the everyday world. Nothing could be further from that agenda than Platonism’s transcendental ambition. As to modern poetry, Wordsworth’s visionary style has been largely superseded by miniature poems that treat experience in a fractured, impressionistic way. There are, then, no poetic or philosophical universals, nor is there a determinate formula for combining or connecting poetry and philosophy. Just occasionally, though, a philosopher has also been a poet, and a poet has been a philosopher – Parmenides, Plato, Lucretius, and Wordsworth. No doubt there are others in other languages, but these four must suffice for now.

References Abrams, Meyer H. (1953): The Mirror and the Lamp. Oxford: Oxford University Press. Adam, James (1911): The Vitality of Platonism. Cambridge: Cambridge University Press. Asmis, Elizabeth (1992): “Plato on poetic creativity”, in: Richard Kraut, (ed.): The Cambridge Companion to Plato. Cambridge: Cambridge University Press., 338 – 64. Bennett, Janet W. (1939): “Milton’s use of the vision of Er”, in: Modern Philology 36.4, 351 – 8. Bernstein, Jay M. (ed.) (2003): Classic and Romantic German Aesthetics. Cambridge: Cambridge University Press. Bowra, C.M. (1938): “Plato’s epigram on Dion’s death”, in: American Journal of Philology 59, 394 – 404. Cascardi, Anthony J. (ed.) (1987): Literature and the Question of Philosophy. Baltimore: John Hopkins University Press. Coleridge, Samuel Taylor (1960): Biographia Literaria, ed. G. Watson. London / New York: Oxford University Press. Eldridge, Richard Thomas (2001): The Persistence of Romanticism. Cambridge: Cambridge University Press. Ferrari, G.R.F. (1989): “Plato and Poetry”, in George A. Kennedy, (ed.): The Cambridge History of Literary Criticism. Cambridge: Cambridge University Press, 92 – 148. Hackforth, Reginald (1952): Plato’s Phaedrus. Cambridge: Cambridge University Press.

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Dichtung und Philosophie in Lorenzo de’ Medicis Comento de’ miei sonetti Bernhard Huss Lorenzo de’ Medici hat in zahlreichen literarischen Genera Werke geschrieben, die durch ihre Vielschichtigkeit erhebliche Interpretationsprobleme aufwerfen. Wohl kein Werk des Magnifico ist aber so komplex geschichtet und tritt zugleich mit so hohem Anspruch auf wie der Comento de’ miei sonetti. Lorenzo hat in diesem Werk 41 seiner eigenen Sonette ausgewhlt und sie mit ausfhrlichen Prosakommentierungen versehen. Das Werk ist erkennbar unvollendet: Es fehlt nicht nur ein Schlusswort, sondern die Sonette „Chi ha la vista sua cos potente“ (Canzoniere no. 95) und „Della mia donna, om , gli ultimi sguardi“ (Canzoniere no. 133), deren Interpretation der Comento an mehreren Stellen verspricht,1 werden im Verlauf des uns erhaltenen Textes weder zitiert noch kommentiert. Dieser also nicht an sein Ende gekommene Text segmentiert sich in drei unterschiedlicher Lnge: (1.) Dem eigentlichen Werkcorpus stellt Lorenzo eine ausfhrliche Vorrede mit programmatischer (und leserlenkender) Intention voran.2 In diesem Proçm wird das Fr und Wider der Abfassung eines Selbstkommentars detailliert erwogen. Insbesondere geht es dabei um die Fragen, ob ein solches Vorhaben nicht den Verdacht solipsistischer Selbstberschtzung des Autors nahelege, ob ein politisch ttiger Autor wie Lorenzo nicht Wichtigeres zu bearbeiten habe als die in lyrische Form gegossenen Ma1 2

Comento Kap. 14 § 19, 16 § 19, 17 § 1. Hier und im Folgenden wird der Comento durch Angabe von Kapitel und Paragraph gemß der kritischen Edition von Tiziano Zanato zitiert. Vgl. grundstzlich zu diesen „fonctions de la prface originale“ das so betitelte Kapitel in Genette 1987, 182 – 218. Genette streicht insgesamt fr den Paratext eine autorintentionale Funktion heraus, weist ihm also auktorial intendierte Rezeptionssteuerung als Aufgabe zu (Genette 1987, 374 – 377). Lorenzos Vorwort ist in Genettes Terminologie ein auktoriales Vorwort, berhrt sich aber mit dem Typus des aktorialen Vorworts (‘prface actoriale’, dazu Genette 1987, 254 f.): Denn der hier sich selbst kommentierende Autor tritt innerhalb der kommentierten Sonette auch in einer textinternen Rolle als lyrischer Sprecher, Dichter und Liebender auf.

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nifestationen einer amorosa passione und ob schließlich die Verwendung der Volkssprache – der Comento ist im volgare verfasst – statt des Lateinischen fr ein solches Werk angemessen sei. Lorenzo widerlegt alle diesbezglichen Einwnde und stilisiert die Kommentierung der eigenen Liebeslyrik als einen gesellschaftlich relevanten Akt, der sich mit einem moralischen Belehrungsanspruch verbindet (dementsprechend wird auch die Liebe im Proçm als moralisch produktive, gesellschaftstragende und zugleich demographisch unverzichtbare Kraft gezeichnet).3 Die Ausdrucksstrke und gehaltliche Belastbarkeit des volgare, die bereits durch Dante, Cavalcanti, Petrarca und Boccaccio belegt sei (§§ 89 – 102), im Verein mit seiner Perfektibilitt (§§ 105 f.), lassen es nach Lorenzos Meinung durchaus gerechtfertigt erscheinen, sich um „quello stile che appresso e vulgari pi

excellente“ zu bemhen (§ 127). Und dieser ‘exzellente’ volkssprachliche Stil entspricht seinerseits dem Anspruch, den Lorenzo gleich zu Beginn des Proçms ungeachtet mancher Kautele erhebt, wenn er zum Genus des Kommentars anmerkt: „e comenti sono reservati per cose teologiche o di filosofia e importanti grandi effetti, o a edificazione e consolazione della mente nostra o a utilit della umana generazione“ (§ 6). (2.) Dem Proçm folgt ein erster Block kommentierter Gedichte, der durch ein Argumento eingeleitet wird. Dieser einfhrende Text stellt als Anlass der Abfassung der ersten vier Sonette des Comento den Tod einer jungen Frau – sie wird aufgrund eines einschlgigen Gedichts von Naldo Naldi mit Simonetta Cattaneo identifiziert, der frheren Turnierdame von Lorenzos Bruder Giuliano, die am 26. April 1476 im Alter von 23 Jahren starb – dar, deren Verscheiden ganz Florenz zu Trnen gerhrt und viele Autoren (darunter Lorenzo selbst) zu Trauergedichten inspiriert habe.4 Das erste Sonett ußert die Vermutung, die Tote habe einen am Himmel sichtbaren Stern zu hellerem Leuchten gebracht als zuvor, die folgenden drei Sonette thematisieren nacheinander (no. 2) den durch Simonettas Tod verlassenen Liebenden und die nchtens von ihrem ‘Geliebten’, der Sonne, verlassene Blume Clyzia / Heliotrop, (no. 3) das Motiv der morte gentile in Verbindung mit den Leiden und Klagen des Liebenden, und (no. 4) das Motiv der trista memoria, die den Sprecher berall hin begleitet. Die kommentierenden Prosapassagen, die sich hier wie im weiteren Verlauf des 3 4

Insbesondere in §§ 24 – 51. An anderer Stelle hoffe ich hierzu ausfhrlicher Stellung nehmen zu kçnnen. Zu diesen Autoren gehçrten historisch nebst Lorenzo und Naldo Naldi u. a. Angelo Poliziano, Bernardo Pulci und Pietro Dovizi da Bibbiena; vgl. Rochon 1963, 246; Walter 2003, 138.

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Comento den lyrischen Texten stets unmittelbar anschließen5 und sehr inhaltslastig sind,6 erlutern neben der bellezza und gentilezza der Verstorbenen sowie dem rechten Verstndnis des Phnomens morte insbesondere die Empfindungen von Trauer und Melancholie, denen der lyrische Sprecher ebenso wie der Kommentator (die Ich-Identitt beider Rollen ist Prmisse von Lorenzos Kommentierung) sich ausgesetzt sieht, nachdem er die Dame in ihren Qualitten7 erst zu spt kennengelernt hat. (3.) Der weitaus umfangreichste Teil des Comento umfasst die Sonette nos. 5 – 41 nebst Kommentaren. Sie behandeln die Liebeserfahrung des lyrischen Sprechers und prosastischen Interpreten mit einer ‘neuen Dame’ – in der Forschung ungeachtet ihrer Anonymitt gern mit Lucrezia Donati identifiziert –, die nach Ausweis des Nuovo argumento, das diesen Teil mit einem Neueinsatz einleitet, in ihrem Strahlen der Simonetta entgegentritt wie eine ‘neue Sonne’ („questo mio novello sole“, § 50) dem zuvor leuchtenden Morgenstern (Luzifer bringt durch sein Erlçschen der neuen Sonne das Licht). Inklusive der etymologisierenden Erklrung (‘Luci-fer’) ist die Ausgestaltung dieser typologischen Relation eine manifeste Anlehnung an die Paarung von Giovanna / Primavera („Prima-verr“) und Beatrice aus Dantes Vita nova,8 neben dem Convivio einem der beiden zentralen dantesken Referenztexte des Comento, die ja beide ihrerseits eine je spezifische Verbindung von Lyrik und kommentierender Prosa bieten.9 Die Liebesgeschichte zwischen der ‘neuen Dame’ und dem Liebenden zeigt deutliche Anstze zu einer narrativen Linie, die freilich immer wieder durch die paradigmatische Serialisierung einzelner Themenblçcke gebrochen wird und auch den Eindruck diachroner Brche und Verschiebungen erwecken kann. Die Geschichte ist durch einige zentrale Motive geprgt: Unter anderem ist dies das aus dem Stilnovismus weiterentwickelte Motiv 5 6

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Eine Ausnahme bilden nur die Sonette nos. 27 und 28, die von einem gemeinsamen Kommentar interpretiert werden. Die Kommentare sind ausnahmslos der Lyrik nach-, nie vorangestellt. Formale, stilistische und etymologische Aspekte der lyrischen Texte spielen bei der Kommentierung nur eine sehr nachgeordnete Rolle. Der Kommentar ist teils situativ-aitiologisch, zumeist philosophisch-konzeptuell ausgerichtet und hat keine nennenswert ‘philologischen’ Erkenntnisinteressen. Diese Qualitten sind im „Argumento“ beschrieben und rekurrieren intertextuell manifest auf die Beatrice aus Dantes Vita nova; vgl. de’ Medici / Zanato 1992, 592 (Kommentar zu „Argumento“ § 19). Dante, Vita nova Kap. 15 § 4 Gorni (Kap. 15 Gorni = Kap. 24 traditionelle Zhlung). Zu „Dantes Convivio im Comento von Lorenzo“ vgl. die so betitelte Zusammenschau bei Maaß 2002, 179 – 193.

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von der veredelnden Wirkung (ingentilimento) der Augen der geliebten Dame auf das Herz und die Seele des Liebenden sowie von der Hand der Geliebten, die in erneut veredelnder Weise das Herz des Liebenden ergreift und an sich zieht. Außerdem geht es immer wieder um die augenscheinlich negativen Emotionen, die das Liebesverlangen im Sprecher hervorruft. Eingelagert sind neben zahlreichen Stellen, an denen der ‘lebensweltliche’ Kontakt (bzw. die Entfernung) zwischen Liebendem und Geliebter durch situative Ausgestaltung plastisch werden soll, auch allgemeine Verweise auf real referenzierbare Situationen (etwa die Bedrohung des Sprechers durch finstere Machenschaften politischer Gegner in Kap. 10, was allgemein als Hinweis auf die Congiura de’ Pazzi und ihre Nachwirkungen in den Jahren 1478 bis 1480 verstanden wird) und ‘wirklichkeitsnahe’ Szenerien (des fteren Natursettings unter freiem Himmel, beispielsweise nos. 27/28). Ungeachtet des teils plakativen, von Lorenzos Proçm auch ganz explizit gemachten Anschlusses an den sich selbst kommentierenden Dante der Vita nova und des Convivio 10 ist das Genre des ‘autocomento’ im 15. Jahrhundert ausgesprochen ungewçhnlich. Lorenzo inszeniert sich damit in unmittelbarem Anschluss an Dante, den insbesondere Ficino und seine platonistischen Gefolgsleute zeitgençssisch zu einer neuen metaphysisch-philosophischen Berufungsinstanz zu stilisieren versuchten,11 als Ausnahmeautor: „in epoca laurenziana […], quasi sommersa da commenti di ogni tipo a testi disparatissimi, l’autointerpretazione’ un esempio quasi unico, isolato. Nel gran pelago dei volumi chiosati, tipici degli ultimi anni del sec. XV, il disegno mediceo di applicare alla propria produzione poetica un personale commento

10 Proçm § 60: „N io sono stato il primo che ho comentato versi importanti simili amorosi subietti, perch Dante lui medesimo coment alcuna delle sue canzone [sc. Convivio] e altri versi [sc. Vita nova].“ Im Weiteren verweist Lorenzo auf die Kommentartradition zu Cavalcantis Canzone „Donna me prega“: „e io ho letto il comento di Egidio romano e Dino Del Garbo, excellentissimi filosofi, sopra a quella subtilissima canzona di Guido Cavalcanti, uomo al tempo suo riputato primo dialettico che fussi al mondo, e inoltre in questi nostri versi vulgari excellentissimo, come mostrano tutte le altre sue opere e maxime la sopra detta canzona, che comincia Donna mi prega etc., la quale non importa altro che il principio come nasce ne’ cuori gentili amore e gli effetti suoi“ (§ 61). 11 Vgl. Huss 2007, 68 f. Auch Cavalcantis von Lorenzos Proçm genannte Canzone „Donna me prega“ (vgl. die vorherige Anm.) hatte der Ficinianismus durch eine forciert platonistische (Um-)Deutung als Berufungstext in Dienst nehmen wollen; vgl. im Detail Huss 2007, 111 – 121.

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risulta operazione assolutamente fuori norma, una delle ultime del genere nel Rinascimento“.12

Dass die Prosakommentierung mit den lyrischen Texten, auf die sie sich bezieht, eine paratextuelle Relation eingeht, liegt auf der Hand. Allerdings wre zu fragen, ob es sich beim Kommentar genuin um (in loser Anknpfung an Genette gesprochen) einen ‘Peritext’ oder einen ‘Epitext’ der Sonette handelt.13 Im ersteren Fall htten wir entstehungsgeschichtlich von vornherein ein vom Autor intendiertes, in dieser Form zur Verçffentlichung bestimmtes,14 als Konglomerat aus Vers (den Sonetten) und Prosa (den Kommentaren) entstandenes Textgebilde vorliegen. Im letzteren Fall wren die Sonette insgesamt oder zumindest innerhalb des jeweiligen Einzelkapitels vor der bzw. unabhngig von der Kommentierung entstanden. Ein Argument dafr kçnnte sein, dass smtliche Sonette des Comento sich im Verein mit zahlreichen weiteren Gedichten im (unkommentierten) Canzoniere Lorenzos finden, und dass außerdem fnf der Sonette, die der Comento bietet, auch in der (unkommentierten) Raccolta aragonese figurieren, einer Sammlung toskanischer Lyrik, die Lorenzo 1477 aus politischen Grnden an Friedrich von Aragn, den Herrscher von Neapel, bersandt hat.15 Fr eine ‘epitextuelle’ Einschtzung des Kommentars spricht auch das Faktum, dass jene beiden weiteren zur Aufnahme in den Comento vorgesehenen Sonette, „Chi ha la vista sua cos potente“ und „Della mia donna, om , gli ultimi sguardi“, bekannt und als Bestandteile des Laurentianischen Canzoniere berliefert sind, dagegen ihre 12 Zanato 1979, 16. 13 Beide Kategorien scheidet Genette zumeist deutlich (vgl. zu ihrer Abgrenzung auch das hier im Weiteren Gesagte), rumt aber durchaus ein, dass nicht nur ‘Paratext’ ein pragmatisch flexibler und definitionsbedrftiger Begriff ist (Genette 1987, 315), sondern insbesondere die Grenze zwischen Epitext und Peritext, die zusammen den Paratext bilden, fließend ist. Hufig tritt beispielsweise im Verlauf der Publikationsgeschichte eines Werks der ursprngliche Epitext in den Status des Peritexts ein; Genette 1987, 370 betrachtet hier insbesondere den Fall der posthumen Peritextualisierung des Epitextes, was aber nicht zwingend ist (vgl. in diesem Sinn Genette 1987, 316: „Le lieu de l’pitexte est donc anywhere out of the book, n’importe o hors du livre – sans prjudice bien sr d’une inscription ultrieure au pritexte, toujours possible“) und gerade fr den instabilen Manuskriptcharakter von Lorenzos Textkonglomerat nicht so sein muss. 14 Dass der Comento zumindest zur Zeit der Abfassung des Proçms als ein Werk fr die ffentlichkeit gedacht war, macht dessen Text explizit: „parendomi, massimamente publicando questa interpetrazione, sottomettermi pi tosto al giudicio degli altri“ (Proçm § 23; Hervorhebung B. H.). 15 Canzoniere nos. 84 und 87 – 90 = Comento nos. 7 und 1 – 4.

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jeweilige ‘paraphrasis’ in Prosa nicht vorliegt. Lorenzo htte in diesem Fall nach der Abfassung der Sonette etwas geschrieben, das bei Genette als eine Form des ‘çffentlichen auktorialen Epitexts’ figuriert, nmlich einen ‘spten auktorialen Selbstkommentar’.16 Dieser spte auktoriale Selbstkommentar als nachtrglich den Sonetten beigegebene Deutung ginge auch mit der prsumptiven ‘Schreibtechnik’ Lorenzos konform: Mario Martelli hat mehrfach wahrscheinlich machen kçnnen, dass Lorenzo die einzelnen Kapitel des Comento nicht in einem fortlaufenden Manuskript notiert, sondern auf einzelne Karten (‘schede’ oder ‘fogli staccati’) aufgetragen hat17 – auf die womçglich die einzelnen Sonette aus einem anderen Textkonvolut (etwa dem Manuskript des Canzoniere) vorab bertragen worden waren. Mit der Frage ‘genuiner Peritext’ oder ‘Epitext als spter auktorialer Selbstkommentar’ haben wir unmittelbar die Problematik der Werkgenese und der Entstehungsdiachronie berhrt – ein Hauptfeld der Forschung zum Comento seit jeher.18 Trotz der sehr eingehenden Beschftigung damit 16 Genette 1987, 316 – 318, 322 – 325, 337 – 340. Hier kann man sich nur annherungsweise an Genette orientieren, weil er in seiner Studie fast ausschließlich Paratexte aus der Zeit des Buchdrucks untersucht (1987, 152) und weil er ferner die Praxis des spten Selbstkommentars zum einen genetisch als weitgehend von der Textstruktur selbst abgelçst denkt – sich Lorenzos ‘autocomento’ aber mit den Sonetten zu einem eng verwobenen Gebilde verbindet –, und zum anderen glaubt, aufgrund des „tabou de biensance“ und des „tabou de comptence sur l’interprtation auctoriale“, die vor dem 19. Jahrhundert kaum durchbrochen worden seien, sei der ‘spte auktoriale Selbstkommentar’ eine relativ moderne Praxis (Genette 1987, 337). Tatschlich aber widerlegt Lorenzo in seinem Proçm, wie gesehen, beide Tabuvorschriften als mçgliche Hinderungsgrnde ganz explizit. Dass der spte auktoriale Selbstkommentar ein entschiedenes Interesse des Autors an der Interpretationshoheit ber den Text transportiert – wie man fr Lorenzo sicher wird sagen kçnnen –, gilt Genette als ausgemacht: „l’auteur y prend rsolument l’initiative, et garde la matrise de son commentaire“ Genette 1987, 339. 17 Martelli 1965, 72 f., vgl. Martelli 1966, 254. 18 Vgl. zu den Datierungsversuchen den kurzen berblick der wichtigsten Anstze bei de’ Medici / Orvieto 1992, 325 – 328 sowie die einleitenden Bemerkungen in de’ Medici / Zanato 1991b, 123 – 129 und in de’ Medici / Zanato 1992, 555 – 563, ferner Leporatti 1987. Sicher ist in der Frage der Datierung allenfalls, dass die in die Raccolta aragonese aufgenommenen Sonette (siehe Anm. oben) vor 1476/1477 verfasst sein mssen. Dass Zanato in seiner kritischen Ausgabe des Comento S. 123 das Sonett Comento no. 9 (= Canzoniere no. 80) auf zwischen 1474 und 1477 datieren kçnnen will, womit die frheste fixe Datierung eines Sonetts des Comento gegeben wre, liegt an der irrtmlichen Annahme einer Anordnung der Texte im Sinne der Diachronie ihrer Genese sowie an Zanatos Datierung des entsprechenden Textumfelds aus dem Canzoniere, die ich an anderer Stelle als weitgehend

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ist man, nicht zuletzt angesichts etlicher biographistischer Fehlschlsse beim Datieren der einzelnen Texte und angesichts der extrem spinçsen Materie, kaum ber folgende grobe Ergebnisse hinausgelangt:19 Die zu frheren Zeiten von Emilio Bigi und von Andr Rochon vertretene These, der Comento habe einen einheitlichen Entstehungscharakter und sei in einem relativ kurzen Zeitraum zwischen 1476/1477 oder 1481/1482 und 1484 abgefasst worden,20 ist berholt. Der Comento hat eine lang hingezogene und komplexe Genese. Lorenzos frheste datierbare Arbeitsschritte haben sich irgendwann vor 1476/1477 vollzogen. Erheblich spter, 1486, existiert eine heute weitgehend rekonstruierbare Fassung, die so genannte ‘redazione Nutricia’ im Umfang von etwa 17 bis 21 Sonetten (bezeugt durch die Nutricia Polizianos, Vers 752 – 762).21 Aus derselben Zeit datiert ein Brief von Giovanni Pico della Mirandola an Lorenzo de’ Medici, in dem er den Comento thematisiert (er nennt ihn Paraphrasis) und Lorenzo zur Weiterarbeit an dem Text auffordert.22 Lorenzo scheint die Arbeit am Comento sehr lange fortgefhrt zu haben, vermutlich bis 1489/1490 oder gar bis zu seinem Tod 1492. Zumeist wird in der Forschung die Meinung vertreten, die Sonette seien in der Regel vor der Prosakommentierung entstanden23 – wobei der genaue zeitliche Abstand zwischen Dichtung und Kommentar kaum je zu ermitteln ist. Das Verfahren Lorenzos bestand, wie

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irrtmlich erwiesen habe: siehe Huss 2007, 249 – 253. Martellis Annahme (u. a. 1965, 64, 120 f.; 1992, 47 f.) eines sehr frhen Beginns planmßiger Arbeit am Comento ist unbewiesen. Wahrscheinlich ist, dass Lorenzo am Comento sehr lange gearbeitet hat, womçglich bis zu seinem Tod (Zanato; Martelli 1965) oder doch bis ca. 1489/1490 (Martelli 1980b, 1065, 1069 m. Anm. 109 f.). Mit Recht skeptisch gegen die kleinteilige Phaseneinteilung einzelner Entstehungsschritte und dementsprechend sezierbarer Werkschichten durch Martelli und andere: Maaß 2002, 172 – 174. Gegen die biographistischen Fehlschlsse der italienischen Forschung zur Laurentianischen Lyrik: Huss 2007, 149–159, 249 – 253. Vgl. Bigi 1952/1953, 162 f. (siehe dann die Zusammenfassung in Bigi 1967, 56); Rochon 1963, 140. Vgl. den berblick ber die verschiedenen Versuche, die ‘redazione Nutricia’ zu rekonstruieren, bei de’ Medici / Zanato 1991b, 127. Leporattis Rekonstruktion kommt auf 17 kommentierte Sonette, whrend Martelli und Zanato auf jeweils unterschiedlichem Weg insgesamt einen Bestand von 21 Gedichten ermitteln wollen. Der Brief Picos wurde traditionell auf den 15. Juli 1484 datiert, dagegen lautet die neue, auf handschriftlichen Befunden beruhende Datierung von Bausi 1998 auf 15. Juli 1486. Beispielsweise bei Lipari 1936, 78; Bigi 1952/1953, 120 f.; Martelli 1965, 102 f.; Ponte 1967, 246.

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schon erwhnt, vermutlich darin, die vorab existierenden Sonett-Texte auf ‘schede’ zu bertragen und sie dann nachtrglich zu kommentieren, um die Karten danach in den Comento zu integrieren. Bezglich jedes einzelnen Sonetts wre der Kommentar also in der Tat Epitext, und insgesamt lge ein Gebilde vor, dessen einzelne Prosaschichten ebenso wie die Sonette zu unterschiedlichen Zeiten entstanden sein kçnnen – wobei im Werkganzen durchaus manche Teile der Prosa-Paraphrase lter sein kçnnen als manche in jeweils anderen Kapiteln untergebrachte Sonette. Die epitextuelle Relation der Kommentare zu ihren jeweiligen Sonetten zeigt sich vor allem an Passagen, an denen eine deutliche nachtrgliche Sinneserweiterung des sonettistischen ‘sensus litteralis’ vorliegt. Dafr nur ein Beispiel. Das erste Quartett des Sonetts no. 15 erscheint einigermaßen konventionell, wenn dort der Sprecher sein eigenes Herz dafr beneidet, von der Hand der Geliebten liebkost und somit veredelt zu werden: Quanta invidia ti porto, o cuor bato, che quella man vezzosa or mulce or stringe, tal che ogni vil durezza da te spinge! E poi che s gentil sei diventato… (Sonett no. 15, Vers 1 – 4)

Daran schließt sich im Kommentar eine geradezu systematische Tugendlehre an, die die rhetorische, ursprnglich petrarkische Antithese aus Vers 2 („or mulce or stringe“)24 und den in Vers 3 und Vers 4 implizierten Gegensatz von durezza und gentilezza zu einem Programm ausfaltet, das den Text des Sonetts berschießt: Narra […] il modo che tenne quella mano a riducere il mio cuore dalla durezza e vilt sua naturale alla perfezzione della gentilezza, cio mulcendolo e stringendolo: che si pu interpetrare [sic] che quella mano usasse qualche volta seco cose piacevoli e dolce, qualche volta aspre e forte. Perch, avendo a combattere con due inimiche, cio durezza e vilt, bisogna opporre due virt contrarie, cio forza contro alla durezza e dolcezza contro alla vilt. Perch, chi pensa bene che cose obstano a qualunque vuole andare alla perfezzione, troverr essere solamente due. Prima una naturale inezzia e contraria disposizione alla beatitudine che si cerca; e questo nasce e per difetto di complessione e di organi del corpo e per le naturali concupiscienzie e inclinazione a molti errori, conciosiacosa che la via della perfezzione sempre fu laboriosa e difficile. E per queste cose contrarie sono spesso di tale impedimento, che non lasciono, non che altro, qualche volta conoscere la beatitudine; e questa si pu chiamare ‘durezza’. L’altro obstaculo che, ancora che qualche volta questa beatitudine in confuso si conosca, e conoscendosi si desideri, gli uomini hanno una naturale 24 Vgl. Petrarca, Rerum vulgarium fragmenta 363.9: „Fuor di man di colui che punge et molce“. Hinweis von Martelli 1983/1984, 64, vgl. auch den Stellenkommentar in de’ Medici / Orvieto 1992.

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vilt e diffidenzia, per la quale spesso si disperono di conseguirla; n tentando la via per andarvi, possono gi mai adiungervi. Bisogna adunque, contro a quella prima durezza la forza, contro alla vilt la mollificazione e dolcezza, usando or l’una e or l’altra secondo che si truovono potenti gli inimici, perch l’una rompe la durezza, l’altra contro alla vilt d speranza. Questi due affetti mostra il presente sonetto dicendo or mulce or stringe, e con queste due cose trae del cuore ogni durezza e vilt, le quali remosse si fa gentile, cio diventa subietto atto a ricevere ogni degna forma e gentile impressione. (Kap. 15 §§ 7 – 14)

Bei dieser exegetischen Verschiebung des Sonetts geht Lorenzo von einer Umdeutung des Zentralbegriffs „durezza“ aus: Whrend die „durezza“ im dritten Vers des Gedichttextes soviel heißt wie ‘Unreinheit’ (impurit) oder ‘Unvollkommenheit’ (imperfezione), wird sie im Prosakommentar in die Nhe der biblischen duritia cordis gerckt, wie sie im Neuen Testament und dann bei den Kirchenvtern, insbesondere bei Augustinus, thematisiert wird.25 Die Verbindung der sanft wirkenden Hand, die die durezza mildert, kann Lorenzo direkt aus den Confessiones des Augustinus bezogen haben, wo es heißt: „[…] nec manum tuam repellit duritia hominum, sed solvis eam, cum voles, aut miserans aut vindicans“ (Conf. 5.1.1).26 Auch Lorenzos Bemerkung „la via della perfezzione sempre fu laboriosa e difficile“ lsst sich auf patristische, insbesondere augustinische Konzepte zurckfhren.27 Was die „vilt“ betrifft, lsst sich hnliches feststellen: Whrend das Adjektiv „vil“ in Vers 3 soviel bedeutet wie ‘niedrig’ im Sinn von ‘unedel’, ‘minderwertig’, ‘verurteilenswert’, verschiebt der Kommentar die Bedeutung von „vilt“ hin zu ‘Feigheit’ oder ‘Verzagtheit’ (besonders gegen Ende: „vilt“ als Gegensatz zu „speranza“, zuvor die Koppelung von „vilt“ und „diffidenza“). Diese Sinnverschiebung, die herkçmmliche Motive des Stilnovismus ins Philosophisch-Theologische weitet, drfte genetisch am ehesten als spter(er) auktorialer Selbstkommentar, sprich: Epitext zum Sonett, erklrbar sein. Eine eher peritextuelle als epitextuelle Relation der Paraphrase zum jeweiligen Gedicht (zumindest eine große zeitliche Nhe zwischen der Abfassung des Sonetts und der Erstellung des Kommentars) wird man mit Martelli allenfalls dort annehmen kçnnen, wo die Relation des Kommentars zur Dichtung tatschlich ‘paraphrastisch’ im engeren Wortsinn ist. Auch Martelli rechnet in solchen Fllen aber mit einer spteren berar25 So der erhellende Stellenkommentar in de’ Medici / Zanato 1992, 657 (zu § 7). Zanato verweist zum Neuen Testament auf Mt. 19.8 und Mk. 10.5, 16.14. 26 So Martelli 1983/1984, 64. 27 Vgl. Zanato 1979, 102 f.

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beitung und Erweiterung der Exegese, also mit einer ex post gegebenen Umdeutung.28 Dass wahrscheinlich der Comento in der Tat wiederholt berarbeitet und erweitert wurde (und dass dieser Prozess vermutlich auf ‘fogli staccati’ bezglich einzelner Gedichte getrennt und diskontinuierlich verlief ), dass also die epitextuellen Beifgungen Lorenzos in einem vielschichtigen Verfahren zustande kamen, liefert eine aufschlussreiche – wenn auch nicht hinreichende – Erklrung dafr, dass der Comento interpretierte Dichtung und exegetische Philosophie in ein komplexes Verhltnis bringt. Die Deutungsangebote, die der Gesamttext fr die Laurentianische Liebeslyrik macht, sind multipel, und die Prosapartien in sich genommen weisen eine Vielheit philosophischer Optionen auf. Wohl nirgends drfte das deutlicher werden als beim hçchst umstrittenen Punkt, ob die philosophische Erklrungsschicht im Comento eine dominant platonistische sei oder nicht – und ob die Sonette, die durch eine solche mçglicherweise platonistische Philosophie expliziert werden sollen, fr sich genommen eine platonistische Bedeutungsdimension haben oder nicht. So gibt es in der Forschung zunchst die Position, den Comento als im wesentlichen rhetorisch-petrarkistisches Erzeugnis mit politischen Unterstrçmungen zu begreifen, in dem Philosophie und besonders der Renaissanceplatonismus keine grçßere Rolle spielen.29 Ist dies eine Minderheitenmeinung, so ist sich die Forschung dort, wo sie mit platonistischficinianischen Dimensionen des Comento rechnet, keineswegs einig, wo diese Dimensionen eigentlich auffindbar sein sollen. Paolo Orvieto vertritt in der Einleitung zu seiner Ausgabe des Comento und in seiner abundanten Kommentierung von Lorenzos Text die Auffassung, es gebe einen deutlichen ‘distacco’, der das philosophische Profil der Sonette von dem der Paraphrase scheide: Whrend die Sonette sich mit sehr wenigen Ausnahmen30 auf einer „piattaforma unitaria, platonica neoplatonica scritturale 28 Vgl. Martelli 1965, 102, 125, 127. 29 Kennedy 1989, vgl. dort besonders 54 („Lorenzo’s attraction to the Vita nuova and especially to its prose commentary is […] unusual, but […] the aims of his own commentary only superficially resemble those of Dante’s. Lorenzo’s major concerns border on the differences between philosophy and rhetoric as do Dante’s, but unlike the latter they advocate the primacy of rhetoric. The Comento’s philosophical statements receive both less intensive and less extensive treatment than they require as vehicles of systematic thought“) und 67 (Lorenzo „set Dante aside and followed Petrarch. Through the Petrarchan mode Lorenzo represents service to the beloved as an act of sacrifice that allows him to exploit the political implications of his own service to the state as an act of sacrifice“). 30 Genauer gesagt: Mit Ausnahme der Sonette nos. 21, 27 und 28, „che per il loro tono narrativo, lirico (petrarchesco si potrebbe dire) disegnano una scenografia

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ficiniana e agostiniana“ ansiedelten und ihre „tramatura“ bezeichnet werden kçnne als „tutta imbastita […] della sostanza teologico-filosofica del sincretismo neoplatonico-cristiano (ma anche ermetico, orfico e iniziatico) di Ficino“,31 gelte fr den Prosakommentar nahezu das Gegenteil: „la dimensione di tale sincretismo ficiniano si fa nelle parafrasi estremamente rarefatta“. Dadurch mache der Leser, den die Sonette ficinianisch konditionierten, eine berraschende und geradezu enttuschende ExegeseErfahrung: „Addirittura la parafrasi spesso frustra il lettore che non trova quel che si aspettava di trovare, dopo aver letto con lente neoplatonica (la giusta lente) il sonetto“. Statt einer ficinianischen Kommentierung stoße der Leser auf eine Mixtur aus Aristotelismus („Aristotele sorprendentemente sopravanza Platone“), „fisiologia naturale“ (fr die man bei Ficino allenfalls auf De vita von 1489 verweisen kçnnte) und „‘filologia’ polizianea“. Der Abbau der Ficinianischen Liebeslehre, die die Sonette voraussetzten, durch den Prosakommentar sei der vielleicht berraschendste Aspekt in dieser philosophisch kontrren Stellung von Dichtung und Paraphrase: „Ma ci che sorprende di pi […] la riduzione dell’amore teologico di Ficino alla misura e dimensione ‘passionali’ e terrene“.32 Ein ganz anderes Buch Lorenzos scheint Tiziano Zanato gelesen zu haben. Fr ihn sind nicht die Sonette platonistisch (ficinianisch), der Kommentar dagegen aristotelisierend-naturwissenschaftlich (antificinianisch). Vielmehr vertritt er geradezu das Gegenteil von Orvietos Position: Die Liebeslehre Ficinos sei den Sonetten gerade fremd, dagegen gebe eine ficinianische Dimension der philosophischen Exegese des Kommentars der von Lorenzo vermittelten Liebesgeschichte eine platonistische Basis, ein culturale decisamente afilosofica e ateologica, quindi con ogni probabilit giovanile“ (de’ Medici / Orvieto 1992, 351). Der letzte Zusatz ist ein gutes Beispiel fr die oben bereits angesprochenen biographistischen Datierungsfehler der LorenzoForschung. 31 de’ Medici / Orvieto 1992, 351. Dort auch die oben folgenden Zitate. Vgl. zu Orvietos Position bezglich der Sonette Martelli 1965, 59: „il fatto che le rime attualmente comprese nel Comento siano per lo pi di maniera stilnovistico-platonica“. 32 Dies erklrt Orvieto im Anschluss an Martelli rein werkgenetisch durch die Annahme einer „tarda revisione da parte dell’autore, in un’et segnata“ (de’ Medici / Orvieto 1992, 351): Lorenzo soll aus orthodox-christlicher, besonders savonarolianischer Perspektive in den letzten Jahren seines Lebens seinen ursprnglich ficinianischen Comento umgeschrieben haben, um die platonistische Hresie einer Gotteserkenntnis zu beseitigen, die letztlich aus einem irdischen Affekt erwachse – „il Comento ‘platonico’ (del quale permangono estese traccie), se pur vi fu, doveva essere stata ben altra cosa“ (de’ Medici / Orvieto 1992, 352).

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philosophisches Gewand und mache den Comento insgesamt zu einer philosophischen Erzhlung: „ð invece la teoria erotica ficiniana, per la parte non strettamente stilnovistica, a risultare estranea ai versi: essa raccoglie e racchiude entro una cornice di pensiero unitaria, compatta, l’oratio soluta del Comento, d veste platonica all’‘amorosa istoria’, proiettandola nel pi vasto scenario scientifico della ‘fabula philosophica’“.33 Freilich sei dieser platonisierende Unterbau nicht die reine Lehre des Ficinianismus; vielmehr erzhle der Comento eine im Wesentlichen ‘irdische’ Liebesgeschichte, in der der Ficinianismus abgeblasst und der Begriff der ‘contemplatio’ sozusagen ‘deplatonisiert’ sei.34 Eine Liebesgeschichte sieht auch Martelli im Comento, und zwar in Gestalt einer „allegorica fabula d’amore“ in ficinianischem Verstndnis.35 Martelli ist allerdings der Ansicht, diese platonistische Liebesgeschichte sei von Lorenzo nicht fertiggestellt worden. Die Introduktionssequenz (Kap. 1 – 4 mit den Gedichten auf die tote Simonetta) sei spt beigefgt worden, und zwar mit dem Ziel, fr die gesamte Narration des Comento eine kontemplative Aszendenz festzuschreiben.36 Allerdings bezeuge schon die ‘redazione Nutricia’, dass die platonische Stufenleiter des Comento unfertig geblieben, weil auf der zweiten Stufe (der vita activa im Anschluss an die vita sensuale) abgebrochen worden sei, und Picos Ermahnungen in jenem 33 Zanato 1979, 73. Vgl. zum prsumptiven Ficinianismus des Comento auch Tanturli 1982, besonders 348, der in Lorenzos Text ab ovo ein ficinianisch-platonistisches Gesamtprojekt sieht, und – nher an Zanatos Position – Mazzacurati 1989, 65, der auch die ‘petrarkistischen’ Sonette des Comento von einer ‘stilnovistischen’ Kommentierung umfangen sieht. 34 Vgl. Zanato 1979, besonders 47 – 49, 57 f., 61 f., 64 – 67, 71 – 73, 98 f. 35 Martelli 1980b, 1049; vgl. Martelli 1980a, 123: „Un mistero filosofico e religioso – dalla morte procedere la vita […] – veniva avvolto, nelle pagine del Comento, col bel velo di una storia d’amore, onde non fosse comunicato se non a pochi, ed ai pochi che fossero puri. Nel libro, narrazione, interpretazione morale e verit religiosa riproponevano a diversi livelli, lo stesso messaggio e, in definitiva, quel significato che […] non pu essere che uno. E Ficino, leggendo le pagine del Comento, aveva di che compiacersi […]“. 36 Vgl. u. a. Martelli 1996, 67: „nella storia del proprio amore, Lorenzo non altro fa se non rappresentare le due ultime fasi di quell’itinerarium mentis in Deum, che, sulla scia di una grande invenzione del pensiero cristiano […] postula tre successivi gradini che l’anima, entro i limiti segnatile finch essa prigioniera del corpo, deve superare per avvicinarsi a Dio: la vita sensuale, che si propone fini terreni ed individuali; la vita attiva (o politica), che si propone fini non pi individuali, ma pur sempre terreni; la vita contemplativa, che esplica la sua propria attivit terrena in vista dell’esperienza celeste ed eterna, e non mai prescindendo da essa.“ Vgl. dazu besonders Martelli 2003, 187.

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Brief an Lorenzo zielten auf den ‘Weiterbau’ der scala d’amore bis hin zur dritten Stufe (vita contemplativa), der Stufe der kontemplativen Gottesliebe und der Erkenntnis des Einen.37 Freilich findet Martelli die von ihm postulierte ficinianische Erzhlung in den Prosapartien des Werkes kaum berall wieder. Vielmehr muss er z. B. zum Sonett no. 23 („S dolcemente la mia donna chiama“) einrumen: „La prosa in cui Lorenzo aveva interpretato il sonetto non dichiara certo l’allegoria“.38 Der Comento fhrt ab no. 5 keine einlinige Darstellung einer vita contemplativa vor, die sich an eine vita civile der nos. 1 – 4 anschlçsse. Aber ebensowenig verharrt er eindeutig auf der Stufe einer solchen vita civile. Vielmehr sind bei der kommentierenden Rede von der Liebe weltlich-diesseitige und platonistisch-abstraktive Argumentationsschemata in einer sehr komplexen Weise ineinander verwoben. Zunchst distanziert sich Lorenzos Proçm augenscheinlich vom amor divinus der Platoniker, wenn Lorenzo im Rahmen seiner extensiven Diskussion des Phnomens Liebe dort sagt: E mettendo per al presente da parte quello amore el quale, secondo Platone, mezzo a tutte le cose a trovare la loro perfezzione e riposarsi ultimamente nella suprema bellezza, cio Dio; parlando di quello amore che s’extende solamente ad amare l’umana creatura, dico che, se bene questa non quella perfezzione d’amore che si chiama ‘sommo bene’, almanco veggiamo chiaramente contenere in s tanti beni et evitare tanti mali, che secondo la comune consuetudine della vita umana tiene luogo di bene: […] (Proçm §§ 29 f.)

Damit scheint der ficinianische Liebesbegriff verabschiedet zugunsten einer Konzentration auf den weltlichen Amor der vita activa, der sozial notwendig und gesellschaftsbegrndend wirkt – und eben ein solcher Amor wird ber weite Strecken des Proçms hinweg auch entworfen. Mit 37 Vgl. Martelli 1965, 75, 106 f.; Martelli 1980a, 123; Martelli 1992, 56; Martelli 1996; Martelli 2003. 38 Martelli 1980b, 1052. Die Rettung des von ihm angenommenen Platonismus sucht Martelli in einem platonistischen velamen: „in obbedienza ai dettami platonici e ficiniani, che imponevano di nascondere la verit sotto il velo della poesia affinch essa non fosse comunicata se non ai pochi puri degni d’intenderla, si era limitato a descrivere piffl minutamente il fatto, precedendo semmai in senso opposto a quello di una scoperta decriptazione [!], e risalendo, al contrario, verso la supposta occasione storica donde il sonetto era nato“ (ebd.). Dass die platonistische Annahme der allegoretischen Auslegbarkeit ‘verhllender’ Verstexte sich auch auf Kommentare zu beziehen hat, die den Sinn dieser Texte eigentlich entbergen sollen, und dass diese Kommentare ungeachtet platonistischer Sinnpotentiale ihrer Objekttexte noch antiplatonistische Ablenkungsmançver vollziehen drfen, steht allerdings nicht im von Ficino gefhrten Stammbuch der Platoniker vermerkt.

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dieser Verabschiedung im Einklang zu stehen scheint eine Selbstdistanzierung von einer platonistisch verstandenen Kontemplation, die nicht allen Menschen dienstbar gemacht werden kçnne, sondern in ihren wohlttigen Effekten wenigen vorbehalten sei: […] perch ognuno non nasce atto o disposto a potere operare quelle cose che sono reputate prime nel mondo, da misurare s medesimo e vedere in che ministerio meglio si pu servire all’umana generazione, e in quello essercitarsi, perch e alla diversit delli ingegni umani e alla necessit della vita nostra non pu satisfare una cosa sola, ancora che sia la prima e pi excellente opera che possino fare gli uomini: anzi, pare che la contemplazione, la quale sanza controversia la prima e pi excellente, pasca minore numero delli uomini che alcuna delle altre. (Proçm §§ 16 f.)

Wird der Ficinianismus an diesen Stellen von Lorenzo distanziert, so ist er dennoch nicht gnzlich entfernt. Platonisierende Argumentationsmuster werden zunchst dementiert, im weiteren Verlauf des Werkes aber wiederholt vollzogen.39 Besonders auffllig in Kap. 38, wo mit einem Mal die platonistisch verstandene „somma bellezza“ als oberstes Ziel ausdrcklich festgeschrieben wird, obwohl Lorenzo sich mit der auf das Eine Schçne hinfhrenden kontemplativen Liebe gerade nicht befassen wollte: E a provare questa verit, che la vita delli gentili cuori proceda da questa infinita bellezza, bisogna presuporre la bellezza essere sanza fine: e per sarebbe non solo la maggiore bellezza, ma quanta bellezza pu essere, perch ogni cosa infinita tale; et essendo una medesima cosa somma bellezza e somma bont e somma verit, secondo Platone, nella vera bellezza di necessit la bont e la verit, in modo annesse che .ll’una con l’altra si converte. E intendendosi per li cuori gentili gli animi elevati […] e perfetti, bisogna sia vero che ogni gentile cuore viva d’infinita bellezza, perch el bello, buono e vero sono obietto e fine d’ogni ragionevole desiderio, dando vita a quelli che gli appetiscono: perch chi si parte dal bello, dal buono e dal vero si pu dire non vivere, perch fuora di queste perfezzioni non si dice essere cosa alcuna. (Kap. 38 § 4 – 8)

Obwohl also ficinianisch-platonistische Deutungsoptionen im Proçm an sich zurckgedrngt werden, bietet Lorenzo sie dem Leser an anderen Stellen seines Werks mehrfach an. Ein gleicher Befund lsst sich erstellen, wenn man einzelne Motive aus der Liebeslyrik oder dem philosophischen 39 Vgl. beispielsweise Kap. 21 §§ 24 – 27 (dort besonders: „[…] la dolcezza della inmaginazione ha qualche similitudine con la vera beatitudine, cio quella che consegue l’anima a cui data la gloria etterna, la quale in altro modo non si fruisce che inmaginando e contemplando la bont divina“), Kap. 33 §§ 10 – 12 und 18 (platonisierende Harmonielehre und der platonistische Topos der beiden aufeinander eingestimmten Lyren, vgl. Huss 2007, 328 – 334 zu Lorenzo, Canzoniere no. 82: „Se con dolce armona due instrumenti“).

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Diskurs heranzieht und ihre Applikation im Comento untersucht. Dafr nur einige wenige ausgewhlte Beispiele: (1.) Das Motiv des ‘toccare la donna amata’.40 Mehrfach thematisiert der liebende Sprecher und in seinem Gefolge der Sprecher als Kommentator das Verlangen, die geliebte Dame nicht nur zu sehen und sie zu hçren, sondern sie auch mit der Hand zu berhren. So verspricht der Liebende Amor als Ausgleich fr die ersehnte amourçse ‘Waffenruhe’ in Sonett no. 19: […] ti prometto ne’ sonni sol veder quello amoroso viso, udir le parole ch’ella dice, toccar la bianca man che il cor m’ha stretto. (Sonett no. 19, Vers 9 – 12)

Die Konkretheit dieses Wunsches, der hier in den Traum verschoben ist, wird von der Prosaparaphrase konkret belassen und mitnichten ins Metaphorische transformiert: […] promissi ad Amore che, ancora che io dormissi, non mi rebellerei dal suo regno e ne’ sonni miei vederei el viso della donna mia, udirei le sue dolce parole e toccherei quella candidissima mano; e i pensieri miei, dormendo, sarebbono amorosi come erano nella vigilia, solamente con questa differenzia: che, vigilando, o per gelosia o per desiderio, e pensieri erono molestissimi e duri; dormendo, sarebbono dolci e suavi, perch adempierei quello desiderio che avevo di vedere, udire e toccare la donna mia. (Kap. 19 §§ 30 – 32)

Eine ganz kçrperliche Berhrung ist es hier also, die der Sprecher sowohl im Gedicht wie in dessen Exegese ersehnt. In eben diese Richtung geht das Motiv des ‘toccare’ auch in Kap. 33. Dort heißt es am Schluss des Sonetts, das als Topos die unerhçrte, ‘fertilisierende’ Wirkung der Geliebten auf die Natur behandelt, die durch ihre Prsenz erblht: Or qui lingua o pensier non par che basti a intender ben quanta e qual grazia abonde, l dove quella candida man tocca. (Sonett no. 33, Vers 12 – 14)

Die Paraphrase des Kommentars steigert die in Kap. 19 schon erhebliche Bedeutung der physischen Berhrung mit der Hand: E per conclude il sonetto […] mostrando che dove tocca la sua candida mano abonda tanta grazia e virt , che non si pu n referire n imaginare. E cos , delle cose manco efficace per gradi si procede a quelle che sono efficacissime. Perch, presuponendo che Amore muova tutti li atti che abbiamo detto della donna mia, cio il vedere, il cantare, il parlare, il ridere e sospirare, e ulti40 Vgl. dazu besonders Martelli 1983/1984, Leporatti 1987.

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mamente il toccare, manco affezzione mostra il vedere che il cantare, manco il cantare che il parlare, e cos dico di tutti gli altri, insino al tatto. Perch, presuponendo essere uno amante innamorato di questa donna, credo che, se lei lo guarda amorosamente, li sar molto grato; se la sente cantare versi amorosi, li parr ancora maggior segno d’amore; se la ode parlare seco, lo giudicher ancora pi efficace testimonio dello amore suo; se la vede o ridere o sospirare per amore, li parr maggiore augumento della grazia sua; e molto maggiore di tutti se la toccassi. (Kap. 33 §§ 24 – 28)

Trotz Paolo Orvietos angestrengter Versuche, diese Passage zu platonisieren,41 die Ficinos professionellen Umdeutungen literarischer Texte alle Ehre machen, ist ganz eindeutig, dass der tatto hier keine metaphorischphilosophische oder mystische Bedeutungsdimension hat, sondern dass wir es mit einem „capitolo in direzione sensuale“ zu tun haben.42 Eben dieser hedonistisch positivierte Sensualismus wird durch Lorenzos nachfolgenden Verweis unterstrichen: „Sono adunque comprese nel presente sonetto quelle linee, cio gradi di amore, che pone Ovidio, poeta ingeniosissimo, in quel libro ove d gli amorosi precetti“ (Kap. 33 § 30).43 Der tatto figuriert fr Lorenzo hier also auf der obersten Stufe einer sehr unplatonischen Stufenleiter der Liebe, und diese Position wird an anderer Stelle des Comento ausdrcklich bekrftigt: Ebbono grazia gli occhi miei, prima, di conoscere la bellezza degli occhi suoi, e poi, come spesso adviene, o ballando o in altro simile onesto modo fui fatto ancora degno di toccare la sua sinistra mano: perch sulla scala d’amore si monta di grado in grado. (Kap. 13 § 24)

Die Feier der kçrperlichen Berhrung ist dem Platonismus diametral entgegengesetzt. Ficinos Kommentar zu Platons Symposion verkndet dementsprechend streng: Verus enim amor nihil est aliud quam nixus quidam ad diuinam pulchritudinem euolandi, ab aspectu corporalis pulchritudinis excitatus. Adulterinus autem ab aspectu in tactum precipitatio.44

Die Begierde nach Berhrung ist also Ausweis des amor adulterinus, mit anderen Worten der verdammenswerten Abklatschform der wahren Gçttlichen Liebe, die nach dem Sinnlichen giert und ins Verderben fhren muss. Unmissverstndlich hlt Ficino schon gleich zu Beginn des Sympo41 Vgl. den Stellenkommentar zum obigen Zitat in de’ Medici / Orvieto 1992, 502. 42 So der Stellenkommentar in de’ Medici / Zanato 1992, 740. 43 Dazu Zanato in der Fußnote seiner kritischen Edition: „Ars amandi: il riferimento indefinito, e solo per i ‘gradi di amore’ riconducibile propriamente a I, 482“. 44 Ficino / Laurens 2002, 245 (Kap. 7.15).

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sion-Kommentars in einer Formulierung fest, die in der Renaissance zu den meistzitierten aus seinem gesamten Œuvre zhlen sollte: Triplex igitur pulchritudo: animorum, corporum atque uocum. Animorum mente cognoscitur; corporum oculis, uocum auribus solis percipitur. Cum ergo mens, uisus, auditus sint, quibus solis frui pulchritudine possumus, amor uero sit fruende pulchritudinis desiderium, amor semper mente, oculis, auribus est contentus. Quid olfactu? Quid gustu? uel tactu opus est? […] Amor tamquam eius finem fruitionem respicit pulchritudinis. Ista ad mentem, uisum, auditum pertinet solum. Amor ergo in tribus his terminatur; appetitio uero, que reliquos sequitur sensus, non amor sed libido rabiesque uocatur. […] Voluptates itaque gustus et tactus, que usque adeo uehementes furioseque sunt, ut mentem e suo statu dimoueant hominemque perturbent, amor non modo non cupit, sed abhominatur et fugit, utpote que propter intemperantiam pulchritudini sint contrarie. Rabies uenerea ad intemperantiam trahit, ideoque ad inconcinnitatem. Quare ad deformitatem similiter uidetur allicere; amor autem ad pulchritudinem. Deformitas et pulchritudo contraria sunt.45

Im Einklang damit sagt Ficino spter: Ex his patere cuique potest sex illarum anime uirium, tres ad corpus et materiam potius, tactum, gustum et odoratum, tres autem alias, rationem, uisum et auditum ad spiritum pertinere.46

Nur die Vermçgen von ratio, visus und auditus gehçren tatschlich zur Liebe, wie aus den folgenden Erçrterungen des zweiten Kapitels der fnften Rede von Ficinos De amore ebenso klar hervorgeht wie aus der apodiktischen Aussage des neunten Kapitels der zweiten Rede: Cum uero amor nihil aliud sit nisi fruende pulchritudinis desiderium, hec autem solis oculis comprehendatur, solo aspectu amator corporis est contentus. Tangendi uero cupido non amoris pars est nec amantis affectus, sed petulantie speties et seruilis hominis perturbatio.47

Wenn Lorenzo das Motiv des ‘tatto’ in unzweideutig physischer Bedeutung positiviert, so liegt ohne Zweifel eine a(nti)ficinianische Perspektivierung des Themas vor. Allenfalls ließe Lorenzos oben zitierte Betonung der ‘Anstndigkeit’ seiner Berhrung („o ballando o in altro simile onesto modo fui fatto ancora degno di toccare la sua sinistra mano“) an eine durch Schicklichkeitsnormen domestizierte weltliche Liebe denken, wie sie dem ‘zivilen’ und ethisch korrekten Amor des Proçms entsprche.

45 Ficino / Laurens 2002, 17 (Kap. 1.4). 46 Ficino / Laurens 2002, 89 (Kap. 5.2). 47 Ficino / Laurens 2002, 49 (Kap. 2.9).

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Es scheint also, als kennte der Comento statt der ficinianischen nur eine ovidianische Hierarchie von Liebesformen und Sinnesvermçgen. Aber weit gefehlt: Schon im achten Kapitel erlutert Lorenzo das Sonett „Quel che il proprio valore e forza excede“, das explizit Themen des Ficinianismus verarbeitet,48 und insbesondere dessen Sextett49 unter Rekurs auf die oben zitierte Nobilitierung von ratio, visus und auditus durch Ficino: Pare molto conveniente alla presente materia fare intendere la cagione per che si fa solamente menzione del pensiero, degli occhi e degli orecchi, e non d’altra forza o senso; e per diremo apresso da che cagione mossi abbiamo fatto questo. Secondo li Platonici tre sono le spezie della vera e laudabile bellezza, cio bellezza d’anima, di corpo e di voce. Quella dell’anima pu solamente conoscere e appetire la mente, quella del corpo solamente diletta gli occhi, quella della voce gli orecchi; e diletti degli altri sensi fuora di questi, come vili e non convenienti ad animo gentile, sono repudiati. (Kap. 8 §§ 12 – 14)50

Hier liegt also eine ficinianisch korrekte Version der Sinneshierarchie vor. Lorenzo macht mithin in den kontrastiv zitierten Passagen einmal ein ovidianisches und a-ficinianisches, das andere Mal dagegen ein plakativ ficinianisches Interpretationsangebot. In der obigen Weise nebeneinandergestellt, ergeben die Stellen aus dem Comento einen logisch-argumentativen Widerspruch, der sich kaum dadurch wird heilen lassen, dass man den ‘ovidianischen’ Positivierungen des tatto die Bedeutung eines mystischunkçrperlichen ‘Berhrens’ im Sinne eines ekstatischen Kontaktes mit Gott51 unterschiebt.52 Die Koprsenz der beiden kontrastiven Deutungsangebote ist nicht zu bestreiten, fllt dem zeitgençssischen Leser aber mitnichten so deutlich auf wie der wissenschaftlichen Analyse: Die Ein48 Vgl. zu diesem Sonett (in Lorenzos Canzoniere die no. 81) und seinem ostentativen Rekurs auf den Ficinianismus ausfhrlich Huss 2007, 296 – 309. 49 „Ah, folle mio pensier!, perch pur vuole giugner pietate alle bellezze oneste della mia donna, agli occhi, alle parole. Suo parlar men che l’armonia celeste non vince, o il guardo offende men che il sole: or pensa se piet si aggiugne a queste!“ (Sonett no. 8, Vers 9 – 14) 50 Vgl. in Kap. 8 auch die folgenden Ausfhrungen in §§ 15 – 20. 51 Diesen mystischen ‘tatto’ kennt Ficino (mit Augustinus und anderen) durchaus, vgl. Huss 2007, 214 f. m. Anm. 689 – 691 (mit weiterfhrender Literatur) sowie den Stellenkommentar in de’ Medici / Zanato 1992, 649 (zu § 24). 52 So der Stellenkommentar in de’ Medici / Orvieto 1992, 502, der zur Rettung des im Comento vermeintlich omniprsenten Platonismus Lorenzos Kap. 33 gegen alle Evidenz als Aussage ber Ficinos ‘gustus tactusque intellectu superior’ (aus der Platonica Theologia, vgl. dort 12.3.9 sowie 12.2.3 und 12.3.3, ferner 18.8.10) interpretieren will.

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bettung beider Exegesen in den jeweiligen unmittelbaren Kontext der Argumentation erfolgt glttend, die Widersprche werden nicht explizit herausgestellt. (2.) Die Behandlung von ‘opinio’/dºna. Bei der Kommentierung von Sonett no. 30 („Lasso!, che sento io pi muover nel petto?“) bringt Lorenzo einen gnzlich unplatonischen Begriff von ‘Meinung’ („oppinione“) ein. Das Sonett thematisiert die topische ‘Flucht des Herzens’: Der Liebende ist von seinem Herzen verlassen worden, welches zur geliebten Dame ‘geflohen’ ist53 und wofr der Liebende in der gleichfalls topischen conmutazione di cuori, dem ‘Tausch der Herzen’, das Herz der Dame erhalten habe. Um nun die Bedeutung des der Dame geschenkten Herzens herauszustreichen, deutet Lorenzo – der den Wortlaut des Sonetts mit seinem liebeslyrischen, besonders stilnovistischen, Topos rationalisierend ausdeutet und weit berschießt – den Terminus ‘cuore’ als Metonymie fr „oppinione e volunt nostra“ (Kap. 30 § 9). Er betont, mit dem so verstandenen ‘Herzen’ habe der Liebende der Dame alles gegeben, was er besitze, denn: „nessuna cosa possiamo chiamare nostra al mondo se non la oppinione, perch tutte l’altre cose o sono della fortuna o sono della natura“ (Kap. 30 § 3).54 Die Begrenzung des Menschen auf eine Lebensumwelt, die von ‘fortuna’ und von ‘natura’ bestimmt ist, sowie die Reduktion der menschlichen Erkenntnis auf den Bereich der ‘opinio’ (griechisch dºna) mag mit der Perspektive rinascimentaler Anthropologie und der epochenspezifischen, neuen Erfahrung von Kontingenz und menschlicher Gottesferne ausgezeichnet harmonieren – ein ‘interpretamentum platonicum’ ist sie sicherlich nicht. Fr Platon (Politeia 5.478a – 480a) markiert die dºna einen schwierigen und prekren Bereich des Halbwissens, dem Unwissen (%cmoia) zwar vorgeordnet, dem wahren Wissen (1pist¶lg oder cm_sir) aber deutlich nachgeordnet und gerade wegen seines ‘Wissensanscheins’ beraus gefhrlich. (Wo nur dºna herrscht, da kann es nach Platons unmittelbar anschließenden Ausfhrungen am Anfang von Buch 6 der Politeia – 484a-b – auch keine Philosophenkçnige geben, die selbstverstndlich ber das wahre Wissen verfgen und sich dadurch vor der 53 Vgl. aus dem Sonett besonders das erste Quartett: „Lasso!, che sento io pi muover nel petto? Non gi il mio cor, che s’ da me fuggito. Questi spessi sospir’, s’ei se n’ gito, a cui dan refrigerio, a cui diletto?“ (Sonett no. 30, Vers 1 – 4) 54 Zur Verbindung mit der ‘volunt’ vgl. ebd. § 6: „chi fa menzione della oppinione, di necessit presuppone la volunt, la quale non altro che desiderio di quello bene che alla oppinione pare bene“.

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Masse der Menschen auszeichnen, vor den ‘nicht Philosophierenden’, die nur ber dºna verfgen.) Lorenzo sind die einschlgigen Stellen aus Platons Politeia sehr gut bekannt. An anderer Stelle des Comento ordnet er die dºna geradezu schulmßig korrekt in Platons Hierarchie des Wissens ein: Platone, filosofo excellentissimo, pone dua extremi, cio scienzia e ignoranzia: la scienzia, quasi uno lume che ci mostra quello che veramente e perfettamente, e la ignoranzia come una tenebrosa obscurit, la quale ci priva della cognizione di quelle cose che sono e resta solamente in quello che non . E perch sempre tra gli extremi debba essere il mezzo, mette la oppinione tra .lla scienzia e ignoranzia, la quale, per essere qualche volta vera e qualche volta non vera, pare che in un certo modo participi qualche volta della scienzia, qualche volta della igoranzia: non che possa essere mai scienzia, ancora che la oppinione sia vera, delle cose che sono, ma ignoranzia pu bene essere quella oppinione die quello che non . La scienzia comprende le cose che sono certe e chiare, la ignoranzia comprende nulla, la oppinione quelle che qualche volta sono, qualche volta non sono, e che possono essere e non essere. E per questa cagione la oppinione sempre ansia e inquieta, perch, non si contentando l’animo nostro se non di quello che vero, e non ne potendo avere la oppinione alcuna certezza, non si quieta, ma giudica le cose pi presto per comparazione e respective, che secondo el vero. (Kap. 39 §§ 1 – 5)

Damit ist die ‘aristotelische’ Orientierung an Probabilitt bei der Weltwahrnehmung und an der jeweils wahrscheinlichsten opinio zugunsten eines orthodoxen Platonismus verabschiedet, der der korrekten Legitimation platonischer Philosophenkçnige durch autoritatives Wissen vom Wahren kompatibel ist. Die Liste der Beispiele fr unterschiedliche philosophische Deutungsoptionen lyrischer Texte im Comento ließe sich noch um vieles verlngern. So wre es noch einige Worte wert, dass auch der Topos der ‘fuga del cuore’ oder ‘lontananza del cuore’, wie er u. a. in den Sonetten nos. 30, 31 und 36 vorkommt, einmal platonisierend im Sinne eines ficinianischen wechselseitigen ‘amor mutuus’ verhandelt wird (Kap. 30 § 2855 mit Kap. 31 § 14), ein anderes Mal dagegen aristotelisierend unter Rckgriff auf die in De anima 2.2 formulierte Lehre von den drei Seelenvermçgen (potenza vegetativa, potenza sensitiva, potenza razionale) erlutert wird (Kap. 36 §§ 21 – 25).56 Fr denselben lyrischen Topos werden also bewusst divergierende exegetische Mçglichkeiten erçffnet. 55 Vgl. dazu Zanato 1979, 60 mit Anm. 32 und den Stellenkommentar in de’ Medici / Zanato 1992, 728 (zu § 28). 56 Auch andernorts stellen sich vulgraristotelische, physiologisch-‘naturwissenschaftliche’ und ‘naturalistische’ Erklrungsmuster zu den platonistischen Deu-

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Die hier feststellbare philosophische Vielschichtigkeit, ja augenscheinliche Heterogenitt des Comento hat die Forschung vor große Probleme gestellt. Man hat diese Vielschichtigkeit als Ausweis einer von Lorenzo angestrebten wissensmßigen Integralitt des Gesamtprojekts, also im Sinne einer bloßen Datenanhufung, fassen wollen,57 oder man hat die epistemische und propositionale Heterogenitt des Comento pauschal zum Epochenmerkmal erklrt.58 Beides ist auch richtig, und doch scheint im Comento ein mçglicher pluraler Positionsbezug der Lyrikexegese im Sinne einer beabsichtigten Strategie mehrfacher Interpretabilitt installiert zu sein. Lorenzos Proçm hat, wie gesehen, den amor divinus der Platoniker zwar distanziert, aber nicht entfernt. Der platonistische Gestus wird zunchst dementiert, dann im Verlauf des Werkes auch immer wieder einmal vollzogen. Wenn man diese Bewegung von Angebot und Rcknahme, von Behauptung und Durchstreichung, strategisch interpretieren kann, so nur im Sinn eines mit der Affirmation unmittelbar verbundenen evasiven ‘so war es nicht gemeint’, eines impliziten Dementi, das die Kritik an allzu forcierten Bedeutungsansprchen Lorenzos abfedern konnte. Solche Abfederung war in Sachen Platonismus besonders nçtig: Die kundige Applikation platonistischer Philosopheme verband sich im Laurentianischen Florenz des Secondo Quattrocento mit dem impliziten Anspruch auf den Rang eines platonischen Philosophenkçnigs.59 Der platonische Philosophenkçnig, stilisiert als unhinterfragbare Autoritt, die in ihrer all-umfassenden Wissensmacht den Niederungen der vita activa weit entrckt ist und totalitr zu handeln berechtigt ist, steht auf der hçchsten denkbaren tungsoptionen, vgl. z. B. Kap. 17, Kap. 23, Kap. 25, Kap. 29. Diese schließen z. T. direkt an petrarkistische Topoi an, wie z. B. an die paradoxale Widerstrebigkeit der Empfindungen des Liebenden (vgl. Kap. 21 §§ 1 f., Kap. 22 §§ 5 – 17: Hier werden Konflikt und Kontrariett geradezu zum Prinzip menschlichen Lebens stilisiert) oder an den affektiven berhang von Liebesschmerz ber Liebesfreude (Kap. 22 § 43 – 46 mit Kap. 24 § 1). 57 Vgl. Mazzacurati 1989, 60, 64 mit dem weiteren argumentativen Kontext. 58 Vgl. Zanato 1979, 136: „l’asistematicit filosofica della paraphrasis, oltre a essere connaturata al genere stesso dell’opera, si ritrova in tutta la temperie culturale dell’epoca.“ 59 Vgl. dazu ausfhrlich, mit weiterfhrender Literatur, Huss 2007, 127–131; vgl. Martelli 1992, 53 sowie, zur vorgngigen entsprechenden Stilisierung von Cosimo il Vecchio, Brown 1992, 17, 21 f., 26. Sehr erhellend zur politischen Ausbeutung platonistischer ‘Politologie’ durch die legitimationsbedrftigen Medici ist die Studie von Brown 1992, 215 – 245 (Kap. „Platonism in fifteenth-century Florence and its contribution to early modern political thought“).

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Stufe der Legitimation weltlicher Herrschaftsausbung. Im schwankenden Umfeld des politischen Florenz seiner Zeit konnte Lorenzo diesen Anspruch nie einlinig, ungebrochen und dauerhaft ußern – von daher die Verhlltheit seiner platonistischen lyrischen Texte,60 und von daher im Comento zugleich Angebot und Rcknahme einer ficinianischen Interpretabilitt, die sich in dichte Schichten heterogener Philosopheme61 einlagert. Der Platoniker, der in seinem Wissen ber die dºna hinausragt, wird sicherheitshalber durch die Intonation eines ‘alles ist nur oppinione’ dementiert. Das im Comento betriebene Vorzeigen und Zurckziehen platonistischer Erklrungsmuster wre also zu deuten als Doppelheit von Anspruch und vorsorglichem Dementi. Anderswo habe ich diese Doppelbewegung als ‘Gozzoli-Effekt’ bezeichnet und damit auf das berhmte Fresco des ‘Zuges der Kçnige’ angespielt, mit dem Benozzo Gozzoli die Hauskapelle (Cappella dei Magi) des Palazzo Medici 1459 bis (ca.) 1461 ausmalte.62 Whrend die maßgebliche jngere Forschung den etwa zehnjhrigen Lorenzo in dem Zug hinter Kaspar, dem jngsten der Drei Heiligen Kçnige, ausmacht, hat man frher geglaubt, Lorenzo im Kçnig Kaspar selbst zu erkennen. Diese letztere Identifikation brchte einen hochfahrenden Anspruch mit sich: Dieser Kçnig Lorenzo-Kaspar wre der in die Zukunft projizierte monarchische Ideal-Herrscher in Gestalt eines Medici. Dadurch, dass dieser Lorenzo-Kaspar einen solchen Anspruch implizit erhebt, der Anspruch aber umgehend durch einen Verweis auf den ‘realen’ jungen Lorenzo dementiert werden kann, der hinter dem Kçnig im Zug reitet, ist ebendieselbe Strategie von Anspruch und Dementi bedient, die Lorenzo im Comento eine fuga del cuore einmal mit hochfahrendem platonistischem Gestus interpretieren (Anspruch) und dann wieder bescheiden auf die Erklrungsmuster einer aristotelisierenden Physiologie zurckfhren lsst (Dementi). Die politisch-literarische Strategie von Anspruch und Dementi ist erklrbar als Versuch, den gefhrlichen Weg nach oben gewissermaßen mit einer Sicherheitsleine zu beschreiten – der hochtrabende Verweis des herrschenden Florentiners auf den platonischen Philosophenkçnig war

60 Vgl. insgesamt nochmals Huss 2007. 61 Vgl. dazu noch Zanato 1979, 88. 62 Vgl. meinen demnchst erscheinenden Aufsatz ber „Literarische Kulturpolitik bei Lorenzo de’ Medici“ mit weiterfhrenden Hinweisen. Dort ist nachgewiesen, dass die Strategie von Anspruch und potentiellem Dementi von den Medici schon seit sptestens Cosimo il Vecchio grundstzlich angewandt wurde.

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nicht risikofrei in einer Zeit der politischen Unsicherheit und Angst, als die man den Secondo Quattrocento neuerdings berzeugend beschreibt.63 Vor dem epochalen Hintergrund politischer anxiety und eines dadurch notwendig gewordenen aktiven image making ist es kaum bertrieben zu sagen, dass Lorenzo in einem Umfeld agierte, in dem er innenpolitischgesellschaftlich wie außenpolitisch gezwungen war, sich stets mçglichst viele Optionen offen zu halten. Das Offenhalten von Optionen bedingt im literarisch-philosophischen Text zugleich die Aufrechterhaltung multipler Deutungsangebote fr den Leser. Ntzlich konnte dies gerade dann sein, wenn es um die epitextuelle Zurichtung der eigenen Lyrik ging, und wenn diese Zurichtung im Rahmen eines Werkes erfolgte, das immer schon nicht nur literarischen, sondern auch allgemein kulturpolitischen Zwecken dienen sollte: „Ravvisabile pressoch in tutta la produzione di Lorenzo, il connubio fra politica e cultura e arte raggiunge con il Comento l’acme, il vertice: il sigillo, d’impronta medicea, a tutta una vita, un’attivit spese per una politica culturale che intendeva rilanciare la citt delle ‘tre corone’ a capitale d’Europa“.64 So ist nicht nur erklrbar, dass der monolithischautoritre Ficinianismus im Comento mit anderen philosophischen Optionen gekoppelt erscheint. Sondern es wird auch besser verstndlich, dass der Comento insgesamt ein dichtes intertextuelles Konglomerat mit Rekursen auf unterschiedliche literarische und philosophische Traditionen darstellt. Lorenzo dilettiert keineswegs unwissend mit allerhand unvereinbaren Versatzstcken, und er vollzieht auch nicht einfach einen bestndig neue ungewollte Widersprche provozierenden, weil in seiner zeitlichen Ausdehnung sachlich gewissermaßen unkontrollierten Schreibprozess – er hlt dem zeitgençssischen Publikum schlicht mehrere Tren zugleich auf. Das scheint funktioniert zu haben, da praktisch zur selben Zeit (1486) Pico und Poliziano im Comento ganz unterschiedliche Aspekte sehen: Pico ein philosophisch-gelehrtes Werk mit hohem Bildungsanspruch, Poliziano eine anspruchsvolle lyrisch-literarische Gesamtstruktur.65

63 Bullard 1994, 43 – 79 (Kap. 2: „Anxiety, image making, and political reality“). 64 Zanato 1979, 137. 65 Die Rede ist nochmals von Picos Brief an Lorenzo und von Polizianos ‘Gesamtaufnahme’des Comento in den schon zitierten Nutricia-Versen; vgl. die Einfhrung von Paolo Orvieto in de’ Medici / Orvieto 1992, 328, die in den unterschiedlichen Reaktionen der beiden Lorenzo-Intimi freilich eine Art unerklrlichen Widerspruch sieht („non riusciamo bene a comprendere come, se la ‘redazione Nutricia’ essenzialmente ‘letteraria’ e scevra di approfondimenti speculativi, sia possibile che nel 1484 [richtiger: 1486, siehe oben] Pico (nella citata lettera) del Comento celebri

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Um mit Umberto Eco zu sprechen: Der Comento ist eine opera aperta, die unterschiedliche interpretatorische Mançver unterschiedlicher Leser bewusst hervorrufen will66 und in der Multiplizitt der Interpretationsergebnisse allenthalben noch den Autor der Verse (als Dichter) wie der Prosa (als Kommentator) autorisiert und abgesichert sehen will. Die performativen Mçglichkeiten einer pluriperspektivischen Selbstdarbietung sind es ganz offensichtlich, auf die es diesem Text ankommt, und Lorenzo ‘bietet’ textstrategisch ‘jedem Leser etwas’ – eine Grundhaltung, die verblffend daran erinnert, dass Lorenzo keineswegs nur platonische Philosophen und Textausgaben von Platonikern fçrderte, sondern in seiner ‘Universittspolitik’ die Fçrderung eines breiten Spektrums zeitgençssischer philosophischer Optionen betrieb.67 Das Deutungsangebot, das die Verse ohne Kommentierung nur in eingeschrnkter Weise machen wrden (sie sind bei nherem Hinsehen zu einem recht geringen Prozentsatz der petrarkistischen Tradition verpflichtet, die Mehrzahl der Sonette verfhrt neo-stilnovistisch und ist insofern dem Interesse der Ficinianer an Dante und dem Stilnovismus affin) wird erst durch den spten auktorialen Selbstkommentar aufgefchert und umfasst erst durch ihn eine breite Palette philosophischer Positionen, von naturwissenschaftlich-physiologischen Erluterungen bis hin zur platonistischen Metaphysik der Schçnheit. Zustzliche platonisierende Allegoresen eines nicht-allegoretischen Kommentars, wie sie die heutige Forschung teils vollzogen hat, um einen durchgngigen Ficinianismus im Comento nachzuweisen, sind nicht nur unnçtig, sondern verfehlen das Ziel: Sie reduzieren ein Werk auf Einlinigkeit, das seine Mehrschichtigkeit absichtsvoll ausstellt wie kaum ein zweites. Die multiplen Wege, auf denen der Leser des Comento wandeln kann und soll, werden ihm erst im Zusammenspiel der Lyrik mit der Paraphrase zur Gnze erçffnet – ohne einer Bachtinschen Verdchtigung der Lyrik als Monologie zu verfallen, darf man behaupten, dass die vernnftigerweise vorstellbaren interpretatorischen Aktualisierungsmçglichkeiten der 41 Sonette ohne ihr paratextuelles soprattutto la straordinaria competenza filosofica di Lorenzo, che avrebbe letto e assimilato le principali opere di Platone e di Aristotele“). 66 Vgl. Eco 2006: passim; zur vom offenen Werk (das ich hier mit vielen Stellen Ecos als transhistorische Konstante nehme, statt mit anderen Stellen Ecos – z. B. 40 f. – zu behaupten, bewusst offene Werke gebe es erst seit dem 19. Jh.) zu unterscheidenden regellosen Beliebigkeit von Interpretation dort u. a. 59. Auch ein Text, der multiple Interpretierbarkeit bewusst vorsieht, versucht das Spektrum der Deutungsmçglichkeiten, die der Leser hat, zu beeinflussen. 67 Vgl. Hankins 1994.

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Beiwerk (seien die Paraphrasen nun Peritexte oder doch eher Epitexte) bei weitem enger geblieben wren.

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Dantes Campi Elisi. Von den glcklichen Feldern des Epitextes. Thomas Ricklin Dante Alighieri (1265 – 1321) lsst sich auf viele Weisen charakterisieren, nicht zuletzt als wahrer Virtuose epitextueller Schriftlichkeit. Epitextuelle Schriftlichkeit ist vor allem fr einige von Dantes Opere minori bezeichnend1. So verdankt die Vita Nova ihre eigenwillige Gestalt bekanntlich dem Umstand, dass ihr Autor, von den provenzalischen razos und vidas inspiriert, aus einem deutlich markierten Nachhinein 31 seiner Gedichte mittels der Schilderung des biographischen Ortes ihres jeweiligen Anlasses zu einer Narration verbindet.2 Nicht minder epitextuell ist das Convivio angelegt. Nicht nur, dass es dazu ausersehen ist der Vita Nova zu helfen,3 es dem Jugendwerk gegenber also eine epitextuelle Position einnimmt. Vor allem soll es in deutlicher Anlehnung an die gelehrten Techniken der Auslegung paganer Dichter und biblischer Bcher, die vera intenzione von vierzehn Kanzonen Dantes aufzeigen.4 Entsprechend bezeichnet Dante selbst das Convivio immer wieder als comento. 5 Folgerichtig charakterisiert Giovanni Villani († ca. 1348), der aktuellem Kenntnisstand zufolge den ersten biographischen Abriss von Dantes Leben verfasst hat, das Werk, dessen

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Zum Folgenden siehe fr die Darstellung des Forschungsstandes Ascoli 2008, 175 – 226 zuzglich Hollander 2009, 548 – 550. Siehe dazu Gorni 2008, 123 f. Dante, Conv. I, I, 16: „E se nella presente opera, la quale Convivio nominata e vo’ che sia, pi virilmente si trattasse che nella Vita Nuova, non intendo per a quella in parte alcuna derogare, ma maggiormente giovare per questa quella; veggendo s come ragionevolemente quella fervida e passionata, questa temperata e virile essere conviene.“ Dante, Conv. I, I, 18: „E con ci sia cosa che la vera intenzione mia fosse altra che quella che di fuori mostrano le canzoni predette, per allegorica esposizione quelle intendo mostrare, appresso la litterale istoria ragionata; s che l’una ragione e l’altra dar sapore a coloro che a questa cena sono convitati.“ Vgl. Dante, Conv. I, ii, 15 und çfters. Siehe dazu ausfhrlich Cheneval in Dante 1996, xv–xxxviii sowie Ricklin 2006, 355 – 357.

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Titel er nicht zu kennen scheint, in der ersten Redaktion seiner Nuova cronica als „comento sopra xiiii delle […] sue canzoni morali“.6 Als Epitext ist auch die Ep. xiii, das so genannte ‘Schreiben an Cangrande’ konzipiert, wenn der Autor sub lectoris officio, d. h. in der Rolle des universitren Auslegers eines Lehrtextes, dem Cangrande della Scala von Verona eine introductio zur dritten cantica der Commedia, die er ihm mit demselben Brief schenkt, darbringen will.7 Trotz der eine Einleitung ankndigenden Formulierung „(i)taque […] ad introductionem oblati operis aliquid sub lectoris officio compendiose aggrediar“8 handelt es sich bei der Ep. xiii nicht um einen Peritext etwa im Sinne eines dem Paradiso vorangestellten Vorwortes. Das Schreiben an Cangrande hat im Zuge seiner handschriftlichen berlieferung nie mit der Commedia zusammengefunden. Als eine jener „Mitteilungen, die zumindest ursprnglich außerhalb des Textes angesiedelt sind“,9 ist es ohne Zweifel Grard Genettes Gattung Epitext zuzurechnen. Entsprechend wird das Schreiben, wie es sich fr wahre Epitexte laut Genette gehçrt, „von der Kritik und der Literaturgeschichte seit langem fr die Kommentierung“,10 in diesem Fall der Commedia, versteht sich, herangezogen. Doch ist sogleich zu nuancieren. Es ist vor allem die moderne Dantistik, die sich der Ep. xiii ausgiebig bedient. Im 14. Jahrhundert fhrt dieser Epitext ein Schattendasein. Davon zeugt allein schon seine handschriftliche berlieferung.11 Seine drei ltesten Zeugen stammen aus dem 15. Jahrhundert, zudem berliefern sie nur den so genannten epistolaren Teil des Schreibens (§ 1 – 13). Erst die sechs Handschriften aus dem 16. Jahrhundert bezeugen den Text in der uns heute vertrauten Gestalt, d. h. bestehend aus dem epistolaren Vorspann (§ 1 – 13), der gelehrten introductio (§ 14 – 87) und einem knappen, wiederum epistolaren Schlussabsatz (§ 88 – 90). Nicht viel besser steht es um die Zitierung der Epistola. Zwar gibt es bei den ltesten Dantekommentatoren, d. h. bei 6 Villani 1991, 337. Siehe dazu auch Azzetta 2005, 4 f. 7 Siehe dazu ausfhrlich Ricklin in Dante 1993, xviii–lxvi. 8 Dante, Ep. xiii, 13: „daher […] will ich mich beeilen, zur Einfhrung des dargebrachten Werkes in der Rolle des Auslegers einiges zusammenfassend darzulegen“. So nicht anders vermerkt stammen alle bersetzungen vom Verfasser. Die Commedia wird in der deutschen bersetzung von Gmelin in Dante 1949 – 1957 zitiert. 9 Genette 2001, 12. 10 Genette 2001, 330. 11 Siehe dazu die Beschreibung der Handschriften von Cecchini in Dante 1995, xxv–xxix.

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Kommentatoren, die whrend der ersten 25 Jahren nach Dantes Ableben in der Nacht vom 13. auf den 14. September 1321 ttig sind, eine Reihe wçrtlicher Echos des Schreibens. 12 Doch nur Andrea Lancia zitiert in seinem 1341 vollendeten, autograph erhaltenen Commedia-Kommentar zu Beginn der Ausfhrungen zum Paradiso die Ep. xiii, 43 unter ausdrcklicher Angabe „[…] secondo che scrisse l’autore medesimo a messer Cane della Scala […]“.13 Nach Lancias Zitat vergehen nochmals gut 60 Jahre, ehe mit Filippo Villani wieder ein Kommentator mit der Wendung „[n]oster vero poeta, in quodam introductorio suo super cantu primo Paradisi ad dominum Canem de la Scala destinato […]“14 den Paragraphen 18 der Ep. xiii anfhrt. Dies sind die beiden einzigen ausgewiesenen Zitierungen der Ep. xiii im 14. Jahrhundert. Selbst wenn im Rahmen der kritischen Edition weiterer Dante-Kommentare des 14. Jahrhunderts einige zustzliche stumme oder explizite Zitate aus der Ep. xiii auftauchen sollten, oder, noch schçner, wenn ein wahrer Glcksfund sogar eine Handschrift des Schreibens aus dem 14. Jahrhundert zu Tage fçrdern sollte, fhrt nichts an der Einsicht vorbei, dass die Spezialisten des 14. Jahrhunderts dem Schreiben an Cangrande wenig Interesse entgegen gebracht haben. Ganz offensichtlich hat der Epitext die frhen Spezialisten der Commedia zudem nur ausnahmsweise im Sinne einer auktorialen ußerung zum eigenen Werk15 beeindruckt. Wenn sie sich des Schreibens bedienen, tun sie dies in den allermeisten Fllen, ohne diese Indienstnahme auszuweisen. Sie verzichten folglich so gut wie durchgehend darauf, eigens zu betonen, dass sie einen im Nachgang zur Commedia von Dante selbst verfassten Text bentzen. Wie wenig Aufmerksamkeit die Ep. xiii als Text, dessen Adressant sich unberprfbar als Dante ausgibt,16 im ersten Jahrhundert nach Dantes 12 13 14 15 16

Siehe dazu Hollander 1993. Azzetta 2003, 38 und 40 f. Villani, Expositio, Praef., 32. Vgl. Genette 2001, 328 f. Die eigentliche Crux der Ep. xiii besteht weniger in der spten und mitunter partiellen handschriftlichen berlieferung. Diese ist zwar nicht dazu angetan, Vertrauen zu erwecken, doch wirklich untergraben wird der Status des Schreibens dadurch, dass Dante selbst an keiner Stelle seines gesicherten Oeuvres darauf verweist. Angesichts der fehlenden Authentifizierung wird es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit immer mehr oder weniger ausgewiesene Spezialisten geben, die das Schreiben fr eine Flschung halten und die diese These um den Preis einer hçchst partiellen Bercksichtigung der entsprechenden Forschung, – als Beispiel aus jngster Zeit sei hier auf Ginzburg 2005 verwiesen –, sogar beweisen zu kçnnen glauben, siehe dazu auch Hollander 2009.

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Ableben auf sich zieht, wird noch deutlicher, wenn wir uns einem anderen Strang des epitextuellen Feldes zuwenden, der neben den Kommentaren zur Commedia mit einer Verzçgerung von vielleicht 20 Jahren entsteht. Dieser gemeinhin weniger beachtete epitextuelle Traditionszusammenhang bedient sich auf den ersten Blick zwar eher der Techniken, die Grard Genette in Palimpseste analysiert hat.17 Indes finden sich in den entsprechenden Werken auch eine ganze Menge wichtiger Hinweise zu Dantes „Gewohnheiten und seinen Begegnungen und seinem Umgang (zum Beispiel mit anderen Autoren)“, so dass sie in ihrer Gesamtheit als einer jener „Orte“ gelten drfen, „an denen (mitunter ußerst bedeutsame) Brocken des Paratextes entstehen“, wie Genette in Paratexte in Bezug auf die Bestimmung des Epitextes formuliert.18 Im Falle Dantes mssen wir diese Brocken, entgegen Genettes Hinweis, allerdings nicht mit „der Lupe suchen oder herausfischen“.19 Wir kçnnen sie einfach von den Prsentiertellern pflcken, auf denen sie von Autoren, die sich mindestens zeitweilig als Epigonen Dantes versucht haben, dargereicht werden. Der erste Autor, der in diesem epitextuellen Feld aufwartet, ist Giovanni Boccaccio (1313 – 1375). In seiner in einer ersten Version zwischen 1342 und 1345 entstandenen Amorosa visione gibt ein Ich-Erzhler vor, im Traum ein Gebude besucht zu haben, dessen imposant ausgemalten Sle er in einer Reihe von Ekphrasen schildert. Die fnf visionren Bildbeschreibungen haben die Weisheit, den Ruhm, den Reichtum, die Liebe und Fortuna zum Gegenstand. Das Wandgemlde der Weisheit ist offenkundig als Remake der bella scola und der filosofica famiglia von Inf. IV, 86 – 86 und 130 – 144 konzipiert. Auf einer blhenden Wiese sind mehr als 60 Philosophen und Poeten versammelt.20 Wie bei Dante erçffnet Aristoteles den Philosophenkatalog,21 whrend Averroes, der die Aufzhlung bei Dante beschließt, den Platz mit Avicenna getauscht hat,22 der bei Boccaccio am Ende der von 21 auf 35 Namen angewachsenen Philosophenschar steht. Whrend bezglich Boccaccios Philosophenkatalog der Zugang der arabischen Philosophen Tebith, Abracis und Ambepece auffllt, sticht im von 4 auf 29 Namensnennungen noch deutlicher erwei-

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Vgl. Genette 1993. Genette 2001, 330. Genette 2001, 330. Siehe Boccaccio, Amorosa visione (A), iv–vi. Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 40 – 44. Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 83.

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terten Katalog der Poeten als „bell’uom tornato d’asino“ vor allem Apuleius heraus.23 Mitten in dieser Mnnerschar tanzen die Musen.24 Im Zentrum des Musenreigens befindet sich eine donna piacente. 25 Sie hlt, wie die „Frau mit hçchst ehrwrdigem Antlitz“, die zu Beginn der Consolatio Philosophiae erscheint.26 in der rechten Hand ein Buch, in der linken ein Zepter,27 ist also eindeutig als Philosophie vorgestellt. Entsprechend sind die Musen ihres Gefolges, wie es sich fr die artes liberales gehçrt, denn auch nur sieben. Diese gran donna mansueta 28 hat einem gran poeta,29 den der IchErzhler nicht zu identifizieren weiß, „d’alloro una corona in su la testa / posta“,30 weshalb die Begleiterin des Ich-Erzhlers kommentierend erklrt: „Costui Dante Alighieri fiorentino, / il qual con eccellente stil vi scrisse, / il sommo ben, le pene e la gran morte: / gloria fu delle Muse mentre visse, / n qui rifiutan d’esser sue consorte.“31 So ich recht sehe, ist Dante hier zum ersten Mal in der Literatur berhaupt als gekrçnter Dichter vorgestellt. Unmittelbarer Anlass zu dieser visionren Krçnung drfte, worauf Vittore Branca in seinem Kommentar zur Stelle gebhrend hingewiesen hat,32 die Dichterkrçnung Petrarcas am 8. April 1341 auf dem rçmischen Capitol gewesen sein. Dieses Ereignis hatte Boccaccio bereits in seiner kleinen, im Wesentlichen wahrscheinlich vor der Amorosa visione redigierten Schrift De vita et moribus Domini Francisci Petracchi de Florentia verarbeitet.33 Wie Carlo Paolazzi gezeigt hat, hat Boccaccio im Dichterkrçnungsfresko der Amorosa visione zudem Bilder und Syntagmen aus Giovanni del Virgilios berhmtem Dante-Epitaph 23 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 37: „[…] schçner Mann wieder aus dem Esel geworden […]“. Siehe dazu auch Ricklin 2004, 33 – 37. 24 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 67 – 75. 25 Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 36. 26 Vgl. Boethius, Consolatio Philosophiae, I, p. i, 1 – 6. 27 Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 28 f. 28 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 76: „[…] eine große sanftmtige Frau […]“. 29 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 74. 30 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 77 f.: „[…] von Lorbeer eine Krone auf das Haupt / gesetzt […]“. 31 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 86 – 89: „Dies ist Dante Alighieri, der Florentiner / der euch in erhabenstem Stil geschrieben / das hçchste Gut, die Strafen und den großen Tod, / Ruhm der Musen war er Zeit seines Lebens / nicht weigern sie sich hier, ihn zu begleiten.“ 32 Vgl. Branca in Boccaccio 1974, 313. 33 Zur Datierung siehe Villani in Boccaccio 2004, 20 – 26.

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Theologus Dantes, nullius dogmatis expers aufgegriffen.34 Was die ungewçhnliche Siebenzahl der Musen betrifft, kçnnte zudem Pietro Alighieris Canzone Quelle sette arti liberali, in versi beruhigend gewirkt haben.35 In dieser Canzone gestaltet Dantes zweitgeborener Sohn Pietro wahrscheinlich in den 30-er Jahren eine „nuova visone / in sette stanze di nuova canzone“.36 Darin trgt jede der als sieben Schwestern personifizierten freien Knste eine eigene Klage ber den Tod ihres maestro sovrano 37 Dante vor. Von Grund auf nachempfunden ist Boccaccios Szenerie der „molte genti / sopra un fiorito e pien d’erbette prato“38 dennoch primr dem „primo cerchio che l’abisso cigne“39 des Inferno. Dort sind jene versammelt, deren „onrata nominanza / che di lor suona s ne la tua vita / graza acquista in ciel che s li avanza“.40 Hier stoßen die beiden Jenseitswanderer in der Commedia zuerst auf die vier Vertreter der bella scola der Dichter, erblicken dann auf einem „prato di fresca verdura“41 die spiriti magni 42 der griechisch-rçmischen Geschichte und werden schließlich der filosofica famiglia gewahr. Dantes Schilderung dieses frischen, der eigentlichen Hçlle vorgelagerten Ortes ist allerdings ihrerseits ‘nur’ eine Neu- und Ausgestaltung der Wanderung durch das unterirdische Elysium in Aeneis vi. In deren Verlauf gelangt Aeneas schließlich auch zu den „locos laetos et amoena virecta / fortunatorum nemorum sedesque beatas“.43 Hier erkennt er allerlei Gestalten der Vergangenheit wieder und sieht, von Anchises instruiert, jenseits der Lethe die Großen der Zukunft Roms auf ihr knftiges Leben warten. Nur en passant evoziert Vergils Vers „inventas aut qui vitam ex34 Vgl. Paolazzi 1984. 35 Die Canzone, die gern mit der Verurteilung der Monarchia im Jahr 1329 in Bologna in Zusammenhang gebracht wird, ist ediert in De Robertis 1959, 196 – 205. 36 De Robertis 1959, 200, 5 f.: „[…] eine neue Vision / in sieben Stanzen eines neuen Gesangs […]“. 37 De Robertis 1959, 202, 64. 38 Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 31: „[…] viele Menschen / auf einem blhenden Rasen voller Kruter […]“. 39 Dante, Inf. iv, 24: „[…] zum ersten Kreis, der den Abgrund grtet […]“. 40 Dante, Inf. iv, 76 – 78: „[…] Der ehrenvolle Name, / den sie in deinem Leben tragen, / erwirbt im Himmel ihnen solche Gnade.“ 41 Dante, Inf. iv, 111: „Dann kamen wir auf eine grne Wiese.“ 42 Dante, Inf. iv, 119. 43 Vergil, Aeneis vi, 638 f.: „[…] zum Orte der Freude, zu lieblich-leuchtender Grnung / glckgesegneter Haine sie hin, zu der Seligen Wohnsitz.“

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coluere per artis“44 die Anwesenheit jener Spezialisten, die es Dante als Poeten und Philosophen in Inf. IV besonders angetan haben und die den exklusiven Gegenstand des ersten Gemldes der Amorosa visione Boccaccios bilden. Das deutlich gesteigerte Interesse an Philosophen und Dichtern findet bei Boccaccio seinen Hçhepunkt in der Lorbeerkrçnung Dantes. Etwas Vergleichbares fehlt sowohl in Vergils Elysium als auch in Dantes primo cerchio. Und dennoch verfgt auch diese erste Dichterkrçnung Dantes ber ihr Gegenstck in der Commedia. Denn schon deren Autor hat im Paradiso mit den Worten „e in sul fonte / del mio battesmo prender ’l cappello“45 mindestens fr den verstndigeren Teil der Leserschaft nicht nach einer unspezifischen Kopfbedeckung sondern nach der Dichterkrone gegriffen. Wie wenig selbstverstndlich es dennoch selbst fr ausgewiesene Dante-Epigonen in den 40-er Jahren des 14. Jahrhunderts ist, Dante mit dem literarischen Lorbeer zu krçnen oder auch nur seine bella scola der Dichter am Leben zu erhalten, belegt der Dittamondo des Fazio degli Uberti (ca. 1301 – 1367).46 In seiner um 1345 im Rhythmus von Dantes Terzinen und in Begleitung des Solinus begonnenen Traumweltreise besucht Fazio degli Uberti auch den Parnass. Dieser erweist sich als der mittlerweile weitgehend verlassene Aufenthaltsort der Musen, der allerdings damals, „quando vivean queste vergini sante, / dir si potea il terzo paradiso“47. Jetzt liegt er çde da. Nur bei Sonnenaufgang ist ein Vogelgesang zu hçren, der die Verse dieser Welt als schieres Geschrei erscheinen lsst: „Quivi udio versi, ma gli uccei non vidi, / con tanta melodia, ch’io potrei dire / che quei di qua fra lor parrebbon gridi“.48 Doch Fazios leerer Parnass fhrt nicht nur vor Augen, dass Boccaccios poetische Dichterkrçnung Dantes allemal ein mutiger Akt der Nobilitierung der eigenen Epoche ist. Im Vergleich mit Fazios leerem Parnass wird zugleich deutlich, dass in der Amorosa visione zwar eindeutig gesagt ist, dass es sich bei der Philosophen- und Dichterversammlung um ein Wandgemlde handelt, dessen nur Giotto fhig 44 Vergil, Aeneis vi, 663: „[…] hier, die das Leben durch Kunst und Erfindungen bildend bereichert […]“. 45 Dante, Par. xxv, 8 f.: „[…] und werde an dem Brunnen, / wo ich getauft, den Dichterkranz empfangen.“ 46 Zu Fazio degli Uberti siehe Goffis 1970 – 1978. 47 Fazio degli Uberti, Dittamondo III, xxi, 62 f.: „[…] als diese heiligen Jungfrauen lebten, / konnte man ihn das dritte Paradies nennen.“ 48 Fazio degli Uberti, Dittamondo III, xxii, 16 – 18: „Hier hçrte ich Verse, auch wenn ich die Vçgel nicht sah, / die derart melodisch waren, dass ich sagen kçnnte, / dass unsere hier im Vergleich mit ihnen Schreie schienen.“

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wre,49 dass der Ort dieser Versammlung aber nie ausdrcklich benannt wird. Sehen wir uns Dantes primo cerchio, Vergils Elysium oder Fazio degli Ubertis Parnass gegenber? Boccaccio bleibt ußerst vage. Die Frau, die Dante krçnt, whrend sich die sieben Musen um sie herum vergngen und die Philosophen zu ihrer Rechten und die Dichter zu ihrer Linken gruppiert sind, befindet sich schlicht „in mezzo di quel loco ove facieno / li savi antichi contento soggiorno“.50 In hnlicher çrtlicher Unbestimmtheit prsentiert sich in Petrarcas Triumphus Famæ iii die schiera 51 der Geistesheroen. Zwar schaut Petrarca (1304 – 1374) zu Beginn des Triumphus Famæ i noch „intorno su per l’erba“52 aber bereits eingangs des Triumphus Famæ ii stehen dann hçchstens noch die antiche carte 53, die alten Papiere, fr den Ort des Geschehens, der sich im dritten Ruhm-Triumph schließlich ganz verflchtigt und nur noch in der Wendung des betrachtenden Kçrpers nach links aufscheint. Dieses „Volsimi da man manca“54 nimmt nicht nur die Wendung aus Triumphus Famæ i, 22 „Da man destra […]“ wieder auf, das die Schau der Staatsmnner einleitet, sondern auch Boccaccios Betrachtung des Wandgemldes der Weisheit. Auch in der Amorosa visione schildert der Ich-Erzhler, wie er zuerst „a man destra […] / di questa donna“55 die Philosophen wahrnimmt, um dann mit „(i)o dico che dalla sinistra mano / di quella donna vidi un’altra gente“56 fr die Beschreibung der Dichter neu einzusetzen. Trotz dieser und einer ganzen Reihe weiterer Stellen der Triumphi, an denen Wendungen der Amorosa visione anklingen, tut sich die PetrarcaPhilologie schwer, fr diese letzte große Dichtung Petrarcas eine Abhngigkeit von Boccaccios doch eher mittelmßigen Versen einzurumen. Diese Zurckhaltung mag nicht zuletzt darin begrndet sein, dass Vittore Branca und vor allem Giuseppe Billanovich sich beim Nachweis dieser 49 Vgl. Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 13 – 18: „Humana man non credo che sospinta / mai fosse a tanto ingegno quanto in quella / mostrava ogni figura l distinta, / eccetto se da Giotto, al qual la bella / Natura parte di s somigliante / non occult nell’atto in che suggella.“ 50 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 71 f.: „[…] mitten jenes Ortes, wo die alten / Weisen glcklichen Aufenthalt hatten […]“. 51 Petrarca, Triumphus Famæ iii, 5. 52 Petrarca, Triumphus Famæ i, 7: „[…] ringsum ber den Rasen […]“ 53 Petrarca, Triumphus Famæ ii, 4. 54 Petrarca, Triumphus Famæ iii, 4: „[…] ich wandte mich nach zur Linken […]“ 55 Boccaccio, Amorosa visione (A), iv, 40: „[…] zur Rechten dieser Frau […]“ 56 Boccaccio, Amorosa visione (A), v, 1 f.: „Ich sage, dass ich linkerhand / dieser Frau eine andere Menschenart sah […]“.

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Abhngigkeit etwas zu enthusiastisch haben forttragen lassen und zuerst der große Petrarca-Forscher und in der Folge dann auch der verdiente Boccaccio-Editor, ohne dafr einen wirklichen Beleg vorweisen zu kçnnen, behauptet haben, Boccaccio habe seine Amorosa visione dem Petrarca Ende 1351 zugeschickt.57 Diese Sendung entbehrt jeder materiellen Grundlage, es sei denn, man schließt sich Billanovich an und identifiziert Boccaccios Gabe mit jenem Exemplar der Amorosa visione, das im Jahr 1426 in der Bibliothek der Visconti in Mailand bezeugt ist.58 Zwingend ist diese Identifizierung nicht. Fest steht hingegen, dass Boccaccio seinem Freund Petrarca zwischen Sommer 1351 und Mai 1353 eine Handschrift der Commedia und sein Dedikationsgedicht Ytalie iam certus honus hat zukommen lassen,59 so dass sich sptestens ab diesem Zeitpunkt die zahlreichen Anklnge in Petrarcas Triumphi an Dantes poema unschwer erklren und die Gemeinsamkeiten mit der Amorosa visione darber eher verblassen. Fest steht weiterhin, dass Petrarca am 19. Januar 1364 den Beginn des Triumphus Famæ in der Handschrift Harley 3264 annotiert hat: „[…] dum invitus Patavii ferior, quartus Triumphus“.60 Zusammen mit anderen Datumseintrgen in derselben Handschrift belegt diese Notiz, dass Petrarca zu diesem Zeitpunkt whrend einer erzwungenen Muße in Padua intensiv an den Triumphen des Ruhmes gearbeitet hat. Wahrscheinlich im Januar 1364, also gut 20 Jahre nachdem Boccaccio die erste Version seiner Amorosa visione redigiert hat, greift Petrarca mit dem Trimphus Famæ iii ein Motiv wieder auf oder gibt ihm einen zustzlichen Schliff, das Boccaccio inauguriert hatte. Wie sein Freund schildert Petrarca eine 49 Persçnlichkeiten umfassende Serie von Philosophen und Mnnern des Wortes, wie bei seinem Freund bleibt unklar, wo genau sich diese Heroen des Geistes aufhalten. Anders als bei Dante und Boccaccio erçffnet bei Petrarca allerdings Platon die Aufzhlung61 und anders als in der Commedia und in der Amorosa visione finden sich in Petrarcas Triumphus Famæ III keine Vertreter der Philosophie aus der arabischen Welt. Durch den behendenen Ausschluss der arabischen Denker kehrt unter den Philosophen allerdings nicht eitler Friede ein: „Vidivi 57 Vgl. Billanovich 1946, 7 und Branca 1975, 313. Noch deutlich vorsichtiger argumentiert Branca 1941. 58 Vgl. Billanovich 1946, 33 f. 59 Vgl. Boschi Rotiroti 2003. 60 Weiss 1950, 71. 61 Petrarca, Triumphus Famæ iii, 4 – 7: „Volsimi da man manca, e vidi Plato, / che ’n quella schiera and piffl presso al segno / al qual aggiunge cui dal cielo dato; / Aristotele poi, pien d’alto ingegno […].“ Siehe dazu Ricklin 2008, 42 – 44.

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alquanti c’han turbati i mari / con venti adversi e con ingegni vaghi, / non per saver, ma per contender chiari, / urtar come leoni, e come draghi / co le code avincharsi […].“62 Der Vorstellung einer lieblichen Versammlung nicht minder abtrglich als dieses Philosophengeznk ist mindestens aus der Perspektive Dantes und Boccaccios zudem die Tatsache, dass in der Vision Petrarcas auch Epikur, – der Antiphilosoph schlechthin –, zugegen ist: „Contra ’l buon Siro, che l’umana speme / alz ponendo l’anima immortale, / s’arm Epicuro, onde sua fama geme, / ardito a dir ch’ella non fusse tale […].“63 Ob Boccaccio Petrarcas Triumphi je in ihrer Gesamtheit zu Gesicht bekommen hat, ist nicht sicher. Nach dem Ableben Petrarcas in der Nacht zum 19. Juli 1374 erkundigt er sich bei dessen Schwiegersohn Francesco da Brossano jedenfalls brieflich nach dem Verbleib des libellum Triumphorum, von dem das Gercht ging, es sei aufgrund des bereinstimmenden Urteils der Gelehrten verbrannt worden.64 Falls Boccaccio in der Folge noch Gelegenheit gehabt haben sollte, die Triumphi in ihrer letzten Version zu lesen, drfte ihm aufgefallen sein, dass Petrarca all seinen Anleihen an der Commedia zum Trotz deren Dichter im Triumphus cupidinis IV bei jenen Poeten belassen hat, die volgarmente, 65 die populr ber die Liebe rsonieren. Zwar haben ihn mittlerweile Zweifel beschlichen bezglich des eigenen „glorioso ramo / onde forse anzi tempo ornai le tempie / in memoria di quella ch’io tanto amo“,66 Dantes Dichterkrçnung aber hat Petrarca bis zum Schluss nicht anerkannt. Die Autoren der folgenden Generationen haben sich von Petrarcas Versuch, Dantes Lorbeer vergessen zu machen, nicht beeindrucken lassen. Antonio Pucci († 1388), der wahrscheinlich in den 70-er Jahren Giovanni 62 Petrarca, Triumphus Famæ iii, 91 – 95: „Ich sah da einige, die die Meere aufgewhlt haben / mit widrigen Winden und unstetem Verstand, / nicht fr ihr Wissen sondern fr ihr Streiten berhmt, / wie Lçwen kmpfen und wie Drachen / sich mit den Schwnzen umschlingen […].“ 63 Petrarca, Triumphus Famæ iii, 106 – 109: „Gegen den guten Syrius, der die menschliche Hoffnung / aufrichtete, indem er die Seele fr unsterblich erklrte, / wappnete sich Epikur, worber sein Ruhm klagt, / sich anmaßend zu behaupten, sie sei nicht solcher Art […].“ Bezglich des buon Siro siehe Cicero, Tusculanae disputationes I, 38: „[…] litteris exstet, Pherecydes Syrius primus dixit animos esse hominum sempiternos, antiquus sane.“ 64 Vgl. Boccaccio, Ep. xxiv, 38. 65 Petrarca, Triumphus Cupidinis iv, 30. 66 Petrarca, Triumphus Cupidinis iv, 79 – 81: „[…] den ruhmreichen Zweig, / mit dem ich vielleicht vor der Zeit die Schlfen geschmckt, / in Erinnerung an jene, die ich so sehr liebe.“

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Villanis Nuova cronica unter dem Titel Centiloquio in Terzinen berfhrt, belsst dem Dichter nicht nur die „corona in testa dell’alloro“.67 Pucci erlaubt sich zudem, und sei es auch nur im Traum, Dantes Unsterblichkeit und Fortleben zu behaupten. Im Rahmen einer mçglicherweise durch Pietro Alighieris Dichtung Quelle sette arti liberali, in versi provozierten selbstndigen Erweiterung von Villanis Nuova cronica sieht er in einer onirischen Vision sieben gran donne ganz aufgelçst um den toten (?) Dante herum stehen. Schnell wird deutlich, dass es sich um die sieben freien Knste handelt, deren eine jede mit ihm verheiratet war. Jetzt beklagen sie ihr Schicksal in einem wahren Lamento, wobei jede ihrem Dante klagend gesteht, dass er den bisherigen exemplarischen Vertreter ihrer Disziplin bei weitem bertrifft. So bekennt etwa die Logik: „Prima di te Aristotile m’amava; / Ma poich avesti tu di me vaghezza, / Quasi di lui piffl non mi ricordava.“68 Getrçstet werden die sieben, die auch fr Dantes Lorbeerkrone verantwortlich sind,69 schließlich von der Theologie: „Onde vi vien tanta viltade? / Deh non piangete, Dante non morto; / E per noi viver ancor lungamente, / Bench ricever ce ne paja torto.“70 Aus dem Traum erwacht bewertet Pucci selbst Dantes çffentliche Reputation deutlich zuversichtlicher: „Or chi ci oggi ch’abbia sentimento, / Eziandio il Papa e li Cardinali, / Che non faccia per Dante ogni argomento?“71 Inwieweit der Papst und die Kardinle sich Dantes argumentativ bedient haben, ist angesichts der Quellenlage schwer zu ermitteln.72 Einfacher ist es, Dantes Wirken unter den Dichtern weiter zu verfolgen. Hier ist er um 1380 ein weiteres Mal aktiv geworden, als ein gewisser Giovanni Girolamo Nadal († 1382) dabei war, die Geschichte von Hero und Leander, die Ovid in den Heroides xviii und xix gestaltet hatte, unter dem Titel 67 Pucci, Centiloquio lv, 31. 68 Pucci, Centiloquio lv, 66 – 68: „Vor dir hat Aristoteles mich geliebt, / aber nachdem du an mir gefallen gefunden hast, / hab ich mich seiner fast nicht mehr erinnert.“ 69 Pucci, Centiloquio lv, 118 f. 70 Pucci, Centiloquio lv, 125 – 128: „Woher kommt euch all diese Verzagtheit an? Auf, weint nicht, Dante ist nicht tot; Und mit uns wird er noch lange leben, / auch wenn ihm, wie uns scheint, Unrecht widerfhrt.“ 71 Pucci, Centiloquio lv, 283 – 285: „Wer ist denn heute bei Verstand, / ja selbst der Papst und die Kardinle, / der nicht jedes Argument mit Hilfe Dantes vortragen wrde?“ 72 Mindestens erwhnt seit allerdings der Dialogus de somnio quodam, den Enea Silvio Piccolomini im Jahr 1453 verfasste, als der sptere Papst Pius II. noch als Bischof von Siena amtete und worin er, erschttert durch den „Fall“ Konstantinopels Motive der Commedia beraus kreativ verwendet. Siehe dazu jetzt Piccolomini 2004.

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Leandreride in Terzinen zu berfhren. Ganz wohl scheint dem Venezianer Nadal, ber den so gut wie nichts bekannt ist, bei der Redaktion dieses offenkundigen Remakes nicht gewesen zu sein. Mitten in seiner Nachdichtung des ovidianischen Stoffes erscheint ihm jedenfalls Amor und verwundet ihn mit einem seiner Pfeile. Als der Autor dann langsam wieder zu sich kommt, erscheint ihm sein Herr Amor erneut, diesmal von einem großen Gefolge begleitet, in dem sich auch Dante befindet, der von Amor angehalten wird, dem derart Heimgesuchten darzulegen, was der ganze Aufzug zu bedeuten hat. Nach einer kurzen Selbstvorstellung, die das berraschende Bekenntnis formuliert, er htte, wre nicht der unerwartete Tod dazwischen gekommen, „cum altro stile / cantato, pi famoso e trumphante“,73 erklrt Dante in Anwesenheit Ovids den Grund ihres Kommens. Nadal mçge, so lautet die Botschaft, davon Abstand nehmen, die Geschichte von Leander und Hero weiter zu bearbeiten, denn „famoso il libro, non strano, n ignoto“.74 Anschließend bernimmt es Dante, dem zutiefst beschmten Nadal darzulegen, wer genau sich in Amors lorbeerbekrnztem Gefolge tummelt. Da sind vorerst die versammelten Dichter der griechischen und lateinischen Welt. Diese lsst Nadal, der die ursprngliche Mahnung, „troppo vilan cosa ad usurpare / l’onore altrui“,75 bereits wieder vergessen zu haben scheint, in enger Abhngigkeit von Guglielmo da Pastrengos De viris illustribus Revue passieren. Darauf folgt eine weitere Gruppe von zwçlf Dichtern „addorna / de girlande fiorite a lauro, fresca, / de la cui novitate ora si addorna / il vostro mondo“.76 In dieser Gruppe befinden sich nebst Lovato Lovati, Albertino Mussato und Petrarca, auch Giovanni del Virgilio, von dem Dante bemerkt, er habe mit grsslichem Gesang seine cithra vulgar 77 kritisiert, und Boccaccio, dessen Gebeine, so Dante, in Florenz „mia patria, anzi non mia“78 lgen. Die Ausknfte ber die eigene Person verdichten sich anlsslich der Vorstellung der Dichter, die ausschließlich in lingua vulgar79 gesungen haben, zuse73 Nadal, Leandreride IV, ii, 62 f.: „[…] mit anderem Stil / htte ich gesungen, berhmter und triumphierender […]“. 74 Nadal, Leandreride IV, iii, 27: „[…] das Buch ist berhmt, nicht fremd, noch unbekannt […]“. 75 Nadal, Leandreride IV, iii, 19 f.: „[…] es ist eine zu verchtliche Sache ist das Ausntzen / der Ehre eines anderen […]“. 76 Nadal, Leandreride IV, vi, 1 – 4: „[…] geschmckt / mit Girlanden von blhendem Lorbeer, frisch, / mit deren Neuheit sich jetzt schmckt / eure Welt […]“. 77 Nadal, Leandreride IV, vi, 21. 78 Nadal, Leandreride IV, vi, 58. 79 Nadal, Leandreride IV, vii, 9.

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hends. Dante bekennt, dass Cecco d’Ascoli ihm schwer zu schaffen gemacht habe,80 und er besttigt selbstbewusst, was nach Purg. xi, 97 – 99 kaum berrascht: „Quivi si vede l’uno e l’atro Guido, / e Guinicelli e Cavalcanti, cui / cum gloria del parlar cacciai del nido.“81 Weiter nennt er Cino da Pistoia seinen Freund, fhrt stolz seine beiden Sçhne Jacopo und Pietro vor und diktiert dem Verfasser der Leandreride gar eine Terzine ber den ansonsten eher verkannten Commedia-Kommentator Gasparo Squaro de’ Broapini in die neu gespitzte Feder: „Gaspar Scaro, la cui lingua bona / gi lesse in tua citate il libro mio, / che via pi piace quanto pi si expona.“82 Nachdem er dann auch noch die Gruppe der Dichter der Lagunenstadt vorgestellt hat, berlsst es Dante, der die lingua provenzale nicht wirklich beherrscht, seinem fratello Arnauld de Provence83 in Entsprechung zu Petrarcas Triumphus cupidinis IV, 40 – 57 die Provenzalischen Dichter vorzustellen. Arnauld tut dies auf Provenzalisch und erçffnet dem Venezianer Nadal so die Mçglichkeit, in Sachen Fremdsprachen Dante und Petrarca in einem Streich zu berbieten. Das letzte Traumwort hat indes wieder Dante, der den Dichter der Leandreride nochmals ermahnt, von „cosa gi per Ovidio recitata“84 abzulassen. Anschließend krçnt er ihn aber doch zum Dichter, so dass der wieder zu sich gekommene Autor, nach einer Musenanrufung sein Werk wieder aufnimmt und zum Abschluss bringt. Der Leandreride des Giovanni Girolamo Nadal ist kein durchschlagender Erfolg beschieden gewesen. Nur drei Handschriften des 15. (und zwei Abschriften des 18.) Jahrhunderts berliefern das Werk.85 Dennoch bleibt es ein wichtiges Zeugnis des beraus artikulierten Interesses, das man Dante in jenem Venedig entgegenbringt, aus dem der Astrologe und Arzt Tommaso Benvenuto de Pizzano im Jahre 1365 an den Pariser Hof Karls V. bersiedelt, wohin er einige Jahre spter auch seine Familie nachkommen lsst. Dank Tommasos Tochter, der 1364 in Venedig geborenen Christine de Pizan, die ihre ersten Lebensjahre noch in Italien verbracht hat86, findet 80 Nadal, Leandreride IV, vii, 21. 81 Nadal, Leandreride IV, vii, 10 – 12: „Hier sieht man den einen und den anderen Guido, / sowohl Guinizzelli als auch Cavalcanti, die / ich mit dem Ruhm der Sprache aus dem Nest vertrieb.“ 82 Nadal, Leandreride IV, vii, 61 – 63: „Gasparo Squaro, dessen flinke Zunge / in deiner Stadt bereits ber mein Buch gelesen hat, / das zunehmend mehr gefllt je mehr man es kommentiert.“ 83 Vgl. Nadal, Leandreride IV, vii, 120 – 123. 84 Nadal, Leandreride IV, ix, 8: „[…] Dinge, die bereits Ovid berichtet hat […]“. 85 Siehe Lippi in Nadal 1996, xli–xlviii. 86 Fr Christine de Pizans Biographie siehe Zimmermann 2002.

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der Autor der Commedia den Weg in den franzçsischen Sprachraum. Ihre in neun Handschriften erhaltene,87 in den Jahren 1402 – 1403 verfasste Himmelsreise Le chemin de longue tude ist das erste Werk in franzçsischer Sprache, das in Auseinandersetzung mit der Commedia entstanden ist.88 Im Unterschied zu den bisher evozierten Autoren macht Christine, die „le livre que on appelle le Dant“ auch im so genannten Streit um den Rosenroman als vorbildlich anfhrt,89 diese Abhngigkeit selbst zum Thema. ber der Lektre der Consolatio Philosophiae des Boethius ins Grbeln gekommen, fllt Christine in den Schlaf. Kaum hat sie die Augen geschlossen, hat sie eine estrange vision. 90 Es erscheint ihr die Sybille, „qui mena jadis / Eneas, l’exill Troyen; / Sans autre conduit ne moyen / Par mi enfer“.91 Die Sybille verkndet der Trumerin, sie „(e)n autre monde plus parfaict“92 fhren zu wollen. Ehe sie gemeinsam zu einer Weltumrundung und dann in den Himmel aufbrechen, wo Christine die fnf Damen raison, noblesse, chevalerie, richesse und sagesse treffen wird, lsst sie sich von der Sybille – „Alez devant! G’iray derriere“93 – auf eine champaigne 94 fhren, wo man sich im irdischen Paradies glaubt95 und wo eine „fontaine clere et vive“96 steht, in der neun nackte Damen baden, whrend ein geflgeltes Pferd um sie herum fliegt.97 Die Trumerin mçchte diese seltsame Szenerie erklrt haben. Die Sybille kommt der Bitte nach und erlutert, dass es sich um den Parnass bzw. Helikon mit dem Brunnen der Weisheit handle98 und 87 Vgl. Tarnowski in Christine de Pizan 2000, 59 – 61. 88 Vgl. Farinelli 1908, 150 – 192. 89 Vgl. Christine de Pisan 1996, 141 f.: „Mais se mieulx vuelz or descripre paradis et enfer, et par plus subtilz termes plus haultement parl de theologie, plus prouffitablement, plus poetiquement et de plus grant efficasse, lis le livre que on appelle le Dant, ou le te fais exposer pour ce que il est en langue florentine souverainnement dict: la oyras autre propos mieux fond plus subtilment, ne te desplaise, et ou tu purras plus prouffiter que en ton Romant de la Rose, – et cent fois mieux compos; ne il n’y a comparison, ne t’en courouces ja.“ 90 Christine de Pizan 2000, 453. 91 Christine de Pizan 2000, 596 – 599: „[…] die einst fhrte / neas, den exilierten Trojaner, / ohne andere Begleitung oder Hilfsmittel / durch die Hçlle […]“. 92 Christine de Pizan 2000, 650: „[…] in eine andere Welt, die vollkommener ist […]“. 93 Christine de Pizan 2000, 698: „Gehen Sie vor! Ich werde folgen.“ 94 Christine de Pizan 2000, 717. 95 Vgl. Christine de Pizan 2000, 761 f. 96 Christine de Pizan 2000, 799: „[…] ein klarer und lebhafter Brunnen […]“. 97 Vgl. Christine de Pizan 2000, 813 – 822. 98 Vgl. Christine de Pizan 2000, 977 – 988.

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dass „celle place flourie / de ces haulx arbres en lorie“99 einst von der philosophique gent 100 bewohnt gewesen sei. Die Sybille nennt Aristoteles, Sokrates, Platon, Demokrit und eine Reihe weiterer Philosophen, wobei die Commedia als Hypotext bis in die Wortwahl prsent ist. Nach dem Hinweis, dass auch Christines Vater diesen Ort besucht habe101 und unweit davon Vergil, Homer, Ovid und Horaz zu spazieren pflegten,102 erklrt die Sybille schließlich, der Weg, auf dem sie zu diesem Ort gelangt seien, heiße der Weg der Lonc Estude. 103 Nach diesen detaillierten Erklrungen lsst Christines Reaktion nicht auf sich warten:104 „Ja spinn’ ich, hl. Muttergottes, / eine der Khe Barbariens bin ich, / die ihre eigenen Klber nicht erkennen! / Ich habe diese kçniglichen Orte schon einmal gesehen, / ohne mich fr sie zu erwrmen, / denn ich hielt sie fr unbedeutend. / Doch niemand hatte mir den Namen / dieses hbschen Ortes genannt, / es sei denn, ich erinnere mich daran, / dass Dante aus Florenz daran erinnert / in dem Buch, das er geschrieben / und in einem sehr schçnen Stil verfasst hat, / als er in den Wald geraten / vor Angst ganz verzweifelt / ihm Vergil erschien, / der ihm die Rettung war / und Dante sehr gelehrt / die Worte sprach: ‘Mçgen mir die langen Studien helfen, / die mich dein Werk suchen ließen, / wodurch wir Gemeinschaft haben.’ / Jetzt erkenne ich aus diesen Worte, / die weder dumm noch leichtsinnig waren, / dass Dante, der mutige Dichter, / aufgrund langer Studien / auf diesen Weg geraten war, / wo er Vergil begegnete, / der ihn durch die Hçlle fhrte, / wo er Fesseln hrter als Stahl sah.“

99 Christine de Pizan 2000, 1015 f.: „[…] dieser Ort blht / von hohen Lorbeerbumen […]“. 100 Christine de Pizan 2000, 1024. 101 Vgl. Christine de Pizan 2000, 1045 – 1048. 102 Vgl. Christine de Pizan 2000, 1049 – 1069. 103 Christine de Pizan 2000, 1103. 104 Christine de Pizan 2000, 1119 – 1146: „Suis je fole? Sainte Marie! / Des vaches suis de Barbarie / Qui ne recongnoit ses vaulx! / Autrefois vi ces lieux royaux, / Mais je n’y pris tel appetit, / Ains les consideray petit; / Mais le nom du plaisant pourpris / Oncques mais ne me fu appris, / Fors en tant que bien me recorde / Que Dante de Florence recorde / En son livre qu’il composa / Ou il moult beau stile posa, / Quant en la silve fu entrez / Ou tout de paour ert oultrez, / Lors que Virgile s’aparu / A lui dont il fu secouru, / Adont lui dist par grant estude / Ce mot: ‘Vaille moy lonc estude / Qui m’a fait chercher tes volumes / Par qui ensemble accointance eumes.’ / / Or congnois a celle parole / Qui ne fu nice ne frivole / Que le vaillant poete Dant, / Qui a lonc estude ot la dent / Estoit en ce chemin entrez, / Quant Virgile y fu encontrez / Qui le mena par mi enfer, / Ou plus durs lens vid que fer.“

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Im Original lauten die beiden Verse, die der Dante Christines aus seinem eigenen Werk zitiert.105 „vagliami ’l lungo studio e ’l grande amore / che m’ha fatto cercar lo tuo volume.“ Hier hat Christine den Titel ihres Chemin de longue tude gefunden, der damit wie kein anderer der Commedia-Palimpseste die Mçglichkeiten benennt, die der Dichter Dante seinen Epigonen erçffnet. Selbstverstndlich kommt die Reihe der Autoren, die von diesen Mçglichkeiten Gebrauch gemacht haben, mit Christine de Pizan nicht an ihr Ende. Mindestens der Florentiner Giovanni Gherardi da Prato, der in seiner vor 1389 begonnenen und nach 1406 weitergefhrten Philomena ebenfalls eine Parnassbesteigung schildert, an deren Ende Dante die Rolle zugewiesen wird, die Vertreter der freien Knste zu prsentieren, wre hier noch zu nennen.106 Doch wrden die holprigen Verse Gherardis nur nochmals unterstreichen, was bereits so deutlich geworden sein sollte: Sptestens seit Boccaccios Amorosa visione fungiert Dante in einem sich epitextuell konstituierenden Feld immer wieder als Garant eines onirischen Ortes der philosophisch-poetischen Traditionsvergegenwrtigung. Diesem Ort, zu dem Dante mit Inf. IV die Tr aufgestoßen hat und zu dessen Inbegriff er im Verlauf eines reichen epitextuellen Nachlebens wird,107 ist bei allen Differenzen der poetischen Nachbearbeitungen durchgehend ein gemeinsamer Zug eigen. Mit Ausnahme von Nadal, der nebst Dante auch Arnauld de Provence zu Wort kommen lsst, fhren smtliche Autoren stumme Dichter und Philosophen vor. Der einzige, der zu neuem Leben erwacht und spricht, ist 105 Dante, Inf. i, 82 f.: „Es helfe mir der Eifer und die Liebe, / die mich in deinem Buche forschen ließen.“ 106 Vgl. Giovanni Gherardi da Prato 1891. Zur Datierung siehe Lanza in Giovanni Gherardi da Prato 1975, lv. 107 Noch reichhaltiger nhme sich dieses Nachleben aus, wenn auch jene Remakes einbezogen wrden, die sich der von Dante geschaffenen Mçglichkeit im Anschluss an Petrarcas Triumphus Famæ iii bedienen, weshalb Dante selbst in diesen Versionen nicht auftaucht. Als Beispiele dieser Tradition wren z. B. die Citta di Vita des Florentiners Matteo Palmieri († 1475) zu nennen (vgl. Palmieri 1928, III, iv) oder La vita e le gesta di Federico di Montefeltro Duca d’Urbino des Giovanni Santi. In diesem, nach 1482 abgeschlossenen Text lsst Santi, Vater jenes Raffael, der an die dreissig Jahre spter die sogenannte Schule von Athen schaffen wird, auch einen kleinen Philosophen-Triumph aufziehen (vgl. Santi 1985, Praeambulo, vi, 106 – 111). Dass das Motiv auch den Weg in den Norden gefunden hat, belegt etwa die circa 1497 gedruckte Oratio de studio humanarum disciplinarum et laude poetarum extemporalis Jakob Lochers, in deren Verlauf Apoll den Redner im Traum mit mehreren Philosophenschulen sowie der secta der Dichter, „quorum in pectore deus sedet et furor divinus“ (Locher 1497, ohne Paginierung), bekannt macht. Siehe dazu auch Heidloff 1975, 205 – 222.

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Dante.108 Ohne dass es mit ihnen je zu einem Gesprch kme, darf Dante die Philosophen und Dichter nur prsentieren. Es ist, als komme ihm ausschließlich die Rolle zu, die durch keinerlei Kautelen beeintrchtigte Existenz der spiriti magni des Wortes im visionren Gesamtgefge der Welt zu garantieren. Der erste, der unverblmt auf die Problematik dieser Funktion Dantes aufmerksam gemacht hat, ist, soweit ich sehe, Antonio Pierozzi, der von 1446 bis zu seinem Tod im Jahr 1459 als Bischof Antonino von Florenz geamtet hat. In seinem Chronicon, an dem er ab 1440 arbeitet, findet sich ein Kapitel Dantes poeta florentinus et eius errores. Darin wird dem Dichter eingangs die Urheberschaft an der Commedia als einem „opus egregium, cui simile in vulgari non habetur“ attestiert.109 Doch danach kommt Antonino unverzglich auf die Fehler dieses opus zu sprechen. Dass Dante den limbus puerorum nicht behandelt, scheint er ihm „propter variam opinionem status et conditionis animarum illarum“110 noch nachzusehen. Nicht wenig, non parum, habe sich Dante indes geirrt, die antiken unglubigen Weisen, Philosophen, Dichter und Rhetoren wie Demokrit, Pythagoras, Anaxagoras, Platon, Sokrates, Aristoteles, Homer, Vergil, Cicero und andere zu beschreiben, als seien sie in den campi Elysii, wo sie, wenn auch nicht in der Herrlichkeit, doch ohne Strafe wren. Denn dem katholischen Glauben zufolge gebe es einen solchen Ort fr solche, die dieses Leben im Zustand des Vernunftgebrauchs verlassen haben, im anderen Leben nicht. Entweder wrden sie nmlich als im Tod bereits von jedem Vergehen Gereinigte in den Himmel fliegen oder als der Strafe Verfallene nach der Reinigung ins Paradies steigen. Die anderen aber wrden in die Hçlle hinuntersteigen, wo keine Ordnung herrsche sondern ewiges Entsetzen unermesslicher Strafen, wovon es keine Erlçsung gebe und keine Minderung und keine Erleichterung. Und an diesem Ort 108 Entsprechend berrascht drfte denn auch Petrarca gewesen sein, als jener in der Unterwelt (apud inferos) verfasste, in lateinischer Sprache redigierte Brief Homers bei ihm einging, auf den er mit der Ep. fam. XXIV, 12 vom 9. Oktober 1360 ausfhrlich antwortete (siehe dazu Petrarca 1999). So weit ich sehe, hat es sich in der Folge nur Cicero erlaubt, es dem Homer gleichzutun. Wahrscheinlich im Jahr 1394 hat er „(i)n campis elisiis ad latus orientis“ (Vergerio 1934, 445) einen Brief verfasst, von dem zwar nicht bekannt ist, ob und wo er Petrarca erreicht hat, der aber in den Papieren des Pier Paolo Vergerio berliefert ist. 109 Antonino da Firenze 1904, 152: „[…] ein erhabenes Werk, das in der Umgangssprache nichts seinesgleichen hat […]“. 110 Antonino da Firenze 1904, 152: „[…] wegen der verschiedenen Meinungen ber den Stand und die Bedingung jener Seelen […]“.

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wrden, so befnden die grçßten heiligen Lehrer Hieronymus, Augustinus und andere, jene Weltweisen ob ihrer berheblichkeit und ihres Unglaubens geqult, die Dante in die elysischen Felder setze.111 Und damit sich niemand darauf hinausreden kann, es handle sich bei dieser Schilderung ja nur um die Erfindung eines Dichters, erklrt Antonino zu Guter letzt ausdrcklich.112 „Jene, die sagen, er habe dies nicht gesagt, sondern als Dichter der Meinung anderer entsprechend erfunden, die verteidigen ihn nicht ausreichend. Denn da dieses Buch in der Umgangssprache verfasst ist und seine Lesung vom Volk gepflegt wird und die Illiteraten ob der Lieblichkeit des Rhythmus und der Eleganz der Worte nicht zwischen der Erfindung und der Wahrheit der Worte zu unterscheiden wissen, verfallen sie leicht darauf zu glauben, dass es im anderen Leben einen solchen Zustand gibt, den der Glaube der Kirche verwirft.“ Da Dante in der Umgangssprache gedichtet hat, lsst sich sein Inf. IV nicht mit dem Hinweis rechtfertigen, es handle sich um eine poetische Fiktion. Es lsst sich umso weniger retten, als die von Antonino angerufenen lateinischen Kirchenvter tatschlich anders ber das Jenseitsschicksal der Philosophen geschrieben haben. Zwar sind Antoninos Verweise auf die Kirchenlehrer sehr allgemein gehalten, dennoch steht außer Frage, dass Hieronymus in der Ep. xiv, 11 jenen Tag des Gerichts des Herrn beschwçrt, wo der dumme Platon und der spitzfindige Aristoteles abgeurteilt werden.113 Nicht minder gewiss ist, dass Augustinus in seinen En111 Antonino da Firenze 1904, 152: „Verum in hoc videtur errasse non parum, quia antiquos sapientes, philosophos, poetas, rhetores infideles, ut Democritum, Pythagoram, Anaxagoram, Platonem, Socratem, Aristotelem, Homerum, Virgilium, Ciceronem et alios, describit esse in campis Elisiis, ubi, etsi non in gloria, tamen sine pena existant, cum secundum fidem catholicam non sit dare talem statum in alia vita quam ad illos qui habentes iam usum rationi de hac luce migrarunt. Sed aut ad celum evolant iam purgati ab omni reatu in exitu suo, aut obnoxii post purgationem ad paradisum ascendunt. Ceteri vero ad inferna descendunt, ubi nullus ordo, sed sempiternus horror inhabitat penarum immensarum; ex quibus nulla est redemptio vel diminutio vel alleviatio. Et huiusmodi loco summi cruciatus sancti antiqui doctores, Hieronymus, Augustinus et alii, asserunt esse illos saeculi sapientes propter errorum elationem et infidelitatem, quos Dantes ponit in campis Elisiis.“ 112 Antonino da Firenze 1904, 152 f.: „Nec sufficienter defendent eum qui dicunt istud non sentisse, sed ut poetam finxisse secundum opinionem aliquorum. Quia cum liber ille sit in vulgari compositus et a vulgaribus frequentata lectio eius et idiotis propter dulcedinem rythmorum et verborum elegantiam, nec sciant discernere inter fictionem et veritatem rei: de facili possunt credere esse talem statum in alia vita quem improbat fides Ecclesiae.“ 113 Vgl. Hieronymus 1949, 45.

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arrationes in Psalmos cxl, 19 festhlt, dass Aristoteles in der Hçlle zittert und mit ihm Pythagoras und Platon.114 Und natrlich steht, wie Antonino ebenfalls anfhrt, im Rçmerbrief I, 22, dass die, die sich Weise nannten, stulti facti sunt. Dass es trotz dieser Aburteilungen der Philosophen, die autoritativer nicht sein kçnnten, eine beachtliche Serie kultureller Zeugnisse gibt, die nichts von den Hçllenqualen der Philosophen und Poeten wissen wollen, ist zu einem guten Teil diesem Dante zuzuschreiben, der seinen Autoren die Mçglichkeit erçffnet hat, es anders zu sehen. In ihren ortlosen Visionen haben sie, angefangen mit Boccaccio, ausgehend von Dantes Inferno unter epitextueller Indienstnahme seiner Person und ohne jede Rcksichtnahme auf die orthodoxe Topographie des christlichen Jenseits den Geisteshelden der Antike einen literarischen Raum geschaffen, in dem diese tatschlich glcklich walten.

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114 Vgl. Augustinus 1956, 2040. Sie dazu auch Imbach 1994.

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Brche im Gesamtsystem der Wissenschaften: Benedetto Varchis Konzept der gelosia Carolin Hennig 1. Varchis Wissenssystematik Benedetto Varchi (1503 – 1565) entwirft in seinen Lezioni, die er an der Accademia Fiorentina und an der Paduaner Akademie der Infiammati hlt, ein Gesamtsystem der Wissensdiskurse von scienze, arti und facolt. Die Gedichtinterpretationen, die er im Rahmen dieser Vorlesungen anstellt, sind meist mit gesamtwissenschaftlichen Erçrterungen verknpft. Nahezu jeder Auslegung eines literarischen Textes geht eine wissenschaftlich-philosophische Einfhrung voraus. Die zeitgençssische Dichtung wird von Varchi daher nicht nur ausgedeutet, sondern fungiert gleichsam als literarischer Beleg fr die von ihm erstellte ganzheitliche Ordnung smtlicher Disziplinen. Es ist Varchis Anliegen als Systematiker, alle Wissenschaften, Knste sowie alle brigen menschlichen Bettigungsfelder in einen geordneten, strukturierten Zusammenhang zu bringen. Auf Brche und interne Widersprche, die bei diesem Unterfangen immer wieder auftreten, ist bereits mehrfach hingewiesen worden.1 So stehen z. B. Philosophie und Theologie hufig in Opposition zueinander, wenn sie zu divergierenden Schlussfolgerungen gelangen. Da Varchi die Erkenntnisse der Philosophie jedoch verteidigen will und gleichzeitig vor dem Hintergrund der einsetzenden Gegenreformation die Dogmen der Religion nicht anzweifeln kann, rumt er in seiner Systematik beiden Disziplinen denselben Stellenwert ein.2 Zwangslufig stellt sich die Frage, wie Varchi die unterschiedlichen Maximen der jeweiligen Diskurse miteinander vereinbart. Sein Lçsungsversuch fr dieses Problem ist die Trennung des so genannten 1 2

Vgl. Huss 2001; Huss 2004a; Huss 2004b; Pirotti 1963. Neben argumentativen Lçsungsversuchen will Varchi auch ber rhetorische Verfahren die eigentlich gegenstzlichen Disziplinen kompatibilisieren. So bezeichnet er die Philosophie als „santissima f/Filosofia“ (Varchi 1859, 599; Varchi 1590, 670). (Um die Rezeption der Textstellen aus Varchi 1590 zu erleichtern, werden die Sonderzeichen im Folgenden aufgelçst und in den Zitaten mit markiert.)

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philosophischen lume naturale und des theologischen lume soprannaturale: Varchi unterscheidet die jeweiligen Zugriffsweisen der Disziplinen auf den Gegenstand – eine rationale und eine religiçs-metaphysisch rckgebundene – und behauptet trotz ihrer unterschiedlichen Methoden die Gleichberechtigung der Herangehensweisen, die durchaus zu gleichwertigen Schlussfolgerungen gelngen.3 Wie es allerdings sein kann, dass die beiden Disziplinen hinsichtlich desselben Gegenstandes zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, ist damit nicht erklrt. Genau dieser Fall tritt nmlich ein, wenn es um die Frage nach der Entstehung der Welt geht: Whrend von der aristotelischen Philosophie die Unendlichkeit des Seins ohne Anfang und Ende angenommen wird, steht dieser Lehre die christliche Vorstellung von der Schçpfung des Kosmos durch Gott entgegen. Ein weiteres Beispiel fr die Brche in Varchis Systematik ist die von ihm immer wieder affirmierte platonische Liebe Petrarcas, die in Kontrast zu solchen ußerungen des Dichters steht, an denen durchaus ein kçrperliches Begehren nach Laura deutlich wird.4 Dem Systematiker Varchi kann die Salvierung seiner Behauptung von der platonischen Liebe Petrarcas nur durch eine Modifikation des ficinianischen amor-Systems gelingen, auf das er sich grundstzlich sttzt. Varchi verndert Ficinos Lehre dahingehend, dass er die mittlere Kategorie der menschlichen Liebe, die zwischen der tierischen und gçttlichen Liebe steht, noch einmal unterteilt und auf diesem Wege eine zustzliche Liebesart quasi „erfindet“, die zwar kçrperlich orientiert, aber dennoch anstndig ist. Durch Varchis Abwandlung des ficinianischen Liebessystems bleibt die Mçglichkeit gewahrt, Petrarca als platonisch Liebenden zu beschreiben.5 Um einen letzten Beleg fr Varchis notgedrungene Vernderungen etablierter Axiome zu nennen, sei auf die Erweiterung der aristotelischen Dichtungsdefinition verwiesen: Um auch die Gattung der Lyrik in Aristoteles’ Mimesiskonzept aufnehmen zu kçnnen, muss Varchi (hnlich wie andere Dichtungstheoretiker der Zeit) den Bereich der menschlichen Handlungen auf affetti und costumi ausdehnen.6 Nicht ohne Grund spricht 3 4 5 6

„Bisogna sapere, che la scienza de’ Filosofi umana, e naturale, e quella de’ Teologi sopranaturale, e diuina“ (Varchi 1590, 610). Man denke z. B. an die Canzone 22 der Rerum vulgarium fragmenta „A qualunque animale alberga in terra“, in der Petrarca in Vers 33 den Wunsch nach „sol una nocte“ (Petrarca 2006, 88) mit Laura ußert. Vgl. hierzu Varchis Vorlesung zu Petrarcas Sonett „Se amor non “ (Varchi 1590, 318 – 342) und deren Diskussion in Huss 2004a und Huss 2004b. „Ma perche i poeti non hanno  imitare gli huomini, ma le cose da gli huomini fatte, diremo, che tutti i Poeti debbeno imitare, cio imitando, e contraffaccendo

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Enrico Pirotti daher von Varchis „aristotelismo eterodosso“,7 der sich an vielen Stellen in dessen Systematik ußert.

2. Das Konzept der gelosia Den meisten Vorlesungen, die Varchi an den Akademien in Florenz und Padua ber diverse Dichtungsinterpretationen hlt, ist ein theoretischer Teil vorangestellt, der das zu behandelnde Thema in einen gesamtwissenschaftlichen Zusammenhang integriert. In Varchis Auseinandersetzung mit Giovanni Della Casas Gedicht „Cura, che di timor ti nutri e cresci“8 werden das Wesen und die Beschaffenheit der Eifersucht erlutert. Wie so viele der Vortrge weist auch dieser Widersprche und argumentative Spannungen auf. Sie sind Beleg dafr, dass Varchis Wissenssystematik und die in der Semantik lyrischen Sprechens aufscheinenden Konzepte nicht vollkommen bereinstimmen und den Systematiker daher in Erklrungsnotstand bringen. Das untersuchte Sonett Della Casas war bereits in der Renaissance ein hufig sowohl imitiertes als auch ausgedeutetes Gedicht. So wurde es z. B. von Torquato Tasso in dessen Discorso della gelosia kommentiert und von Sforza Pallavicino im Trattato dell’arte dello stile zitiert. Varchi prsentierte seine Deutung von „Cura, che di timor“ im Jahre 1540 im Rahmen einer Paduaner Vorlesung. In der modernen Forschung wiederum hat Ulrich Schulz-Buschhaus eine bekannte Interpretation vorgeschlagen. In seiner Auslegung wird auf Della Casas Streben nach der „Erschwerung des petrarkistischen Sonetts“ abgehoben.9 Schulz-Buschhaus zeigt, wie sich Della Casa vom kurzen, pointierten und dadurch schnell lesbaren Epigramm-Sonett seiner Vorgnger (Sannazzaro mit „O gelosia d’amanti orribil freno“ und Tansillo mit „O d’invidia e d’amor figlia s ria“) distanziert und durch Verkomplizierung der Syntax und asymmetrische Anordnungen der Satzteile fr eine

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rappresentare l’operazioni de gli huomini, ma perche gl’huomini non operano senza affetti, e ciascuno opera secondo l’vso, grado, et e natura sua. Quinci , che ogni buon poeta deue tre cose senza piu imitare: l’azzioni, ouero operazioni, gli affetti, ouero passioni, e i costumi di chi che sia.“ (Varchi 1590, 602 f.) Pirotti 1963, 297. Der vollstndige Titel der Vorlesung (Varchi 1590, 290 – 317) lautet: Lezzione del Varchi, nell’Academia di Padova, sopra la gelosia. Vgl. Schulz-Buschhaus 1991.

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intendiert erschwerte Lektre sorgt. Ziel dieser Verkomplizierung sei es, die Gattungsanhebung der lyrischen Dichtung zu bewerkstelligen. Varchi hingegen geht in seinem Kommentar zu „Cura, che di timor“ nicht auf Satzbau oder Textorganisation ein. Er hebt in dieser Lezzione nicht auf die Diskussion von Fragen einer rhetorisch perspektivierten Stillagenpoetik ab, sondern zielt vielmehr darauf, anhand des Sonetts zu exemplifizieren, was unter Eifersucht zu verstehen sei.10 Varchi erklrt, Della Casas Anliegen sei es „di volere insegnare, e dichiarare non meno secondo il vero, e da Filosofo, che Poeticamente, che cosa Gelosia“.11 Es wird mir im Folgenden darum gehen, aufzuzeigen, wie Varchi die gelosia auf der Grundlage mehrerer Wissensdiskurse (der aristotelischen und platonischen Philosophie sowie der Medizin) erçrtert und allem Anschein nach ein funktionierendes System errichtet, in dem diese Diskurse aufeinander beziehbar gemacht werden und sich gegenseitig besttigen. Bei genauerer Betrachtung wird jedoch offenkundig, dass auch in dieser Lezzione Widersprche entstehen, die Varchi gerade durch seinen Willen zum System erst hervorruft. In seinem Vortrag hlt Varchi fest, dass sich die lateinischen und griechischen Dichter hufig ber das Thema der gelosia geußert htten. Die toskanischen Poeten hingegen seien von einer wesentlich keuscheren Liebe als jene ergriffen gewesen und htten daher auch frommer geschrieben.12 Es scheint also ein gewisser Rechtfertigungsbedarf zu bestehen, wenn ein italienischer Dichter wie Della Casa ein ganzes Sonett ausschließlich dem Gegenstand der Eifersucht widmet. Die gelosia stellt offensichtlich eine prekre Gefhlsregung dar, da sie, wie Varchi selbst feststellt, mit der invidia verbunden sei: „Hora non dubbio niuno, che la gelosia vna spezie d’inuidia“.13 Da Neid allerdings eine Snde bedeutet und die gelosia eine bestimmte Ausformung dessen ist, kann sie vom christlichen Standpunkt aus nicht ohne weiteres als menschliches Gefhl akzeptiert werden. Zudem ist fr eine derartige Regung auch im Konzept der neoplatonisch-ficinianischen Liebe kein Platz. Wahrhaft platonisch zu lieben meint 10 Zu diversen Parallelen von Varchis Argumentation in der Lezzione sopra la gelosia und Juan Luis Vives’ De anima et vita vgl. Cerchi 1988. 11 Varchi 1590, 292. 12 „I Poeti Toscani, amando piu castamente, scrissero ancora pi santamente“ (Varchi 1590, 304). 13 Varchi 1590, 294. Vgl. außerdem: „Et perche, come s’ detto, la gelosia spezie d’inuidia, che d’altrui bene quasi suo mal si duole, eleggono i gelosi di mancare essi d’alcuna commodit, pur che non l’habbiano ancora gl’altri“ (Varchi 1590, 304).

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ja, vom Individuum zu abstrahieren, um sich auf das Schçne in seiner Essenz zu konzentrieren und nicht am konkreten Subjekt festzuhalten. Eifersucht und platonische Liebe sind also im Grunde genommen einander ausschließende Empfindungen. Varchis Ziel muss es demnach sein, die gelosia, die im Zentrum von Della Casas Gedicht steht, als dichterischen und philosophischen Gegenstand zu legitimieren. Varchi gibt das Sonett folgendermaßen wieder: 1 Cura, che di timor ti nutri, e cresci, E tosto fede a’ tuoi sospetti acquisti, E mentre colla fiamma il gelo mesci, Tutto il regno d’Amor turbi, e contristi. 5 Poi che’n breue hora entro’l mio dolce hai misti Tutti gl’amari tuoi, del mio cor esci; Torna  Cocito,  lagrimosi, e tristi Ghiacci d’inferno; iui  te stessa incresci. 9 Iui senza riposo i giorni mena Senza sonno le notti, iui ti duoli Non men di dubbia che di certa pena, 12 Vattene;  che piu fera, che non suoli, Se ’l tuo venen m’ corso in ogni vena, Con nuoue larve,  me ritorni, & voli?14

Der erste Vers des Gedichts ist Varchi Anlass fr eine Definition der gelosia. Er beschreibt sie als eine spezielle Angst, die den Menschen befalle, da er nicht wolle, dass ein anderer Schçnheit genießt. Eifersucht sei „vna paura, sospetto, che alcuno, il quale noi non vorremo ne goda alcuna bellezza, e questo per due cagioni, per goderla noi soli, perch la goda solo quelli, cui volemo noi“.15 Aus diesem Grunde meint Varchi, habe Della Casa mit dem Begriff „Cura“ einen sehr treffenden Ausdruck gewhlt, denn er bedeute „pensiero e passione, che si nutre e pasce di timore, cio paura, e 14 Varchi 1590, 292. 15 Varchi 1590, 294. Varchi nimmt anschließend eine verfeinerte Unterteilung der Arten der gelosia vor: „ragionando solamente di quella [gelosia, Anm. der Autorin] de gl’amati, dico, che in tre modi potemo hauere gelosia; cio , quando noi no vorremo che vn’altro conseguisse quello, che hauemo conseguito noi, quello, che disideriamo di conseguire, quello che hauemo cercato di conseguire, e non l’hauemo potuto ottenere. Et nasce questa gelosia, dalla cupidigia nostra propia, la quale di quattro maniere. Di piacere, Di poßessione, Di propriet, D’honore“ (Varchi 1590, 295).

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sospetto“.16 Vers 11 weist fr Varchi in dieselbe Richtung: Sowohl unsicherer Zweifel als auch offensichtliche Tatsachen lçsen im eiferschtig Liebenden Schmerzen aus. Dass diese beiden gegenstzlichen Ursachen gleichermaßen fr Qual sorgen,17 ist nach Varchi das eigentmliche Kriterium der Eifersucht, welches sie von den anderen Leidenschaften unterscheidet.18 Als spezifische ‘Angst’ fllt die Eifersucht in den Bereich der perturbazioni 19 der menschlichen Seele und, genauer, natrlich in die Kategorie des timore. Die Angst gehçrt zu denjenigen Empfindungen, die sowohl eine gute als auch eine schlechte Ausrichtung haben kçnnen, wie Varchi in seiner Vorlesung zu Pietro Bembos Gedicht „A questa fredda tema“20 konstatiert: „Di questi quattro affetti, & passioni dell’anima nostra [Disiderio, Allegrezza, Timore, Dolore, Anm. der Autorin], i tre primieri si diuidono, perche possono essere, & buoni, & rei“.21 Demzufolge kann die Eifersuchtsangst zumindest potentiell auch eine gute Empfindung sein. Ganz im Gegensatz zu dem ihr verwandten, aber nicht mit ihr identischen Neid. Dieser wird von Varchi nmlich in einem ihm eigens gewidmeten Vortrag22 als das schndlichste aller Laster23 verurteilt und folgendermaßen 16 Varchi 1590, 296. 17 An dieser Stelle sei schon ein Vorgriff auf die unten verhandelten Widersprche in Varchis Ausfhrungen getan: Varchi behauptet hier, dass sowohl Zweifel (d. h. Nichtwissen) als auch Tatsachen (d. h. sicheres Wissen) fr Schmerzen sorgen. Dies steht aber im Gegensatz zu seinem philosophischen Grundsatz, dass Gegenteiliges nicht Identisches bedingen kann: „niuna cagione medesima pu produrre effetti contrarii, cos due cagioni contrarie non possono produrre effetti medesimi, ma al tutto diversi“ (Varchi 1859, 587). 18 „Ma no se ne ritrover giammai niuna [cura o passione, Anm. der Autorin], che io creda, che si dolga cosi del dubbio, come del certo, essendo questo il propio di questa infermit“ (Varchi 1590, 305). 19 Es gibt vier perturbazioni: desiderio, allegrezza, timore und dolore (vgl. Varchi 1590, 273). Die Ursprnge dieser in der Renaissance verbreiteten und von Varchi bernommenen Einteilung der Leidenschaften liegen in der stoischen Philosophie, wie sie z. B. in Ciceros Tusculanae disputationes (vgl. 3.11.24 f., 4.6.11 f.) bermittelt wird. 20 Der volle Titel des Vortrags (Varchi 1590, 271 – 274) lautet: Lettvra di Benedetto Varchi Fiorentino, letta la seconda domenica di Settembre dell’Anno M.D. XL. nella fioritiss. Accademia Padouana, de gli Infiammati. Essendo secondo prencipe il Mag. M. Giouanni Cornaro, detto da M. Giouann’Andrea dell’Anguillara, Sopra la dispositione del sonetto del Reuerendiss. Monsig. M. Pietro Bembo, che comincia A qvesta fredda tema;  questo ardente. &c. 21 Varchi 1590, 273. 22 Der Titel dieses Vortrags (Varchi 1859, 582 – 611) lautet in der Ausgabe von 1859: Sopra l’invidia. Lezione una.

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definiert: „Onde invidia non sar altro che dolersi degli altrui beni, e rallegrarsi degli altrui mali.“24 Der Affekt des Schmerzes, durch den die invidia gekennzeichnet ist, stelle allerdings ausnahmslos eine verwerfliche Regung dar. Wiederum in der Bembo-Lektion heißt es: „Il dolore non si diuide, percioche i saggi, & costanti huomini no deono ne attristarsi, ne affligersi giammai, essendo superfluo, & del tutto vano ogni dolore […].“25 Durch die Einordnung der gelosia in die Kategorie des timore, wie sie in der Eifersuchtsvorlesung erfolgt, ist zum einen die reine Schlechtigkeit, die dem dolore anhaften wrde, gebannt. Zum anderen empfindet der Eiferschtige dieses Gefhl nicht willentlich, sondern ist eben seiner Furcht als irrationale perturbazione 26 ausgeliefert. Invidia-Schmerz und gelosia-Angst scheinen in gebhrenden Abstand zueinander gesetzt, sodass die Eifersucht nicht Gefahr luft, mit einer Todsnde in Verbindung gebracht zu werden. Doch Varchi will die gelosia noch stichhaltiger als ein angemessenes Gefhl bzw. als einen akzeptablen Dichtungsgegenstand legitimieren. Er bezeichnet die Eifersucht als eine natrliche Regung, die folglich nichts mit einem charakterlichen Defizit des empfindenden Subjekts zu tun habe. Zur Besttigung seiner Behauptung erinnert Varchi an Aristoteles’ Grundsatz, dass ein Begehren nach Selbstreproduktion nicht getadelt werden kçnne und verknpft die Natrlichkeit dieses Wunsches mit dem Eifersuchtsempfinden: „Oltra questo pare, che tanto sia naturale l’esser geloso, quanto il disiderare di generare simile  se; la qual cosa piu naturale (come dice Aristotile nel secondo dell’anima) che possono fare i viuenti; e questo […] per participare dell’esser diuino, quanto, & in quel modo, che possono“.27 ber einen weiteren Rckbezug auf Aristoteles belegt er, dass natrlichen Regungen kein Laster anhaftet: „per la regola di Aristotile, nessuno deue esser lodato ne biasimato per quelle cose, che sono da natura; si risponde,

23 „Perch l’invidia non pure il pi brutto vizio che si ritrovi e il pi abbominevole, ma ancora il pi universale, essendo ella sola opposta a tutte quante le virt , e il pi

dannoso“ (Varchi 1859, 586). 24 Varchi 1859, 589. 25 Varchi 1590, 273. 26 Die leidenschaftlichen Regungen sind in den irrationalen Teil der Seele einzuordnen: „queste perturbazioni, vero passioni, le quali hanno il loro essere nella parte irrazionale dell’anima nostra“ (Varchi 1590, 291). 27 Varchi 1590, 307.

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che non si biasima la gelosia, ma l’eccesso, & il troppo“.28 Ein bermaß an Eifersucht sei also zu tadeln, nicht jedoch das Gefhl an sich. Schließlich treibt Varchi seine Rechtfertigungsbemhungen auf die Spitze, indem er behauptet, wahre Liebe kçnne ohne Eifersucht berhaupt nicht bestehen. Der Grund dafr sei, dass tatschlicher amor nur einem einzigen Menschen gelten kçnne, wie schon Aristoteles behaupte,29 und dass man stets danach strebe, sich mit diesem Menschen zu einer Einheit zu verbinden, wie es Platon verdeutlichen wrde.30 Varchi macht die Eifersucht zur conditio sine qua non der echten Liebe, wenn er Folgendes klarstellt: „amare veramente non si puo senza gelosia“,31 „douunque vero Amore, quiui necessariamente gelosia, e doue non gelosia, quiui di 28 Varchi 1590, 307. Im weiteren Verlauf der Lezzione betont Varchi aber nicht, dass er stets ein ‘bermaß’ an Eifersucht im Sinn hat, wenn er die negativen Seiten dieser Regung schildert (bis auf eine einzige weitere Textstelle, s. Anm. 42). Es macht eher den Anschein, dass Varchi in seiner Diskussion des Gegenstandes durchaus von der gelosia ganz allgemein spricht und hier, eigentlich nebenbei, den Zusatz vom Exzess einbringt. Um einige Widersprchlichkeiten seiner Argumentation zu vermeiden, msste Varchi diesen wesentlichen Punkt aber exponierter einbringen. 29 „E la ragione , perche come dice Arist. nell’ottauo dell’Etica, l’amore d’vn solo, e l’amicitia di pochi“ (Varchi 1590, 306). 30 „Ne si desidera altro, che diuentare di due vn solo, come racconta Platone“ (Varchi 1590, 307). Hier spielt Varchi offenkundig auf den Mythos vom Kugelmenschen an, wie er in der Aristophanes-Rede des Symposion (189c–193d) vorgebracht wird. Dieser steht jedoch in vollkommenem Gegensatz zur tatschlich platonischen Theorie vom abstrahierenden Seelenaufstieg, welche auch Varchi eigentlich vertritt: „Mi potrebbe alcuno dimandare, quale quello strumento, che n’ha dato la natura, mediante il quale possiamo ridurre  l’atto questa potenza, cio salire al Cielo colla terrena soma, e diuenire d’huomini, Dij. Alla costui, e dotta dimanda, e ragioneuole si risponde, che questo strumento (oltra le scienze) senza alcu dubbio l’Amore: […] mediante l’Amore non solo potemo, ma deuemo ancora leuarci da queste nebbie mortali, e saliti d’una in altra sembianza  quegli splendori oltramondani, poggiare sopra il Cielo, e quiui contemplando visibilmente la prima cagione  faccia  faccia, diuentare lei, e per questo significare furono aggiunte (secondo, che io stimo) l’ali ad Amore, non per dimostrare l’inconstanza sua, o la leggerezza […] Ne sia chi reputi questa salita, e cotal visione impossibile, percioche & alcuni de i Teologi l’affermano e molti de’ Filosofi la contestano, e quel grandissimo Arabo, il quale […] fu solo, o con pochissimi vero Filosofo dopo Aristotile, pone il sommo bene, e l’ultima felicit humana in qsta cosi fatta coteplazione, la quale egli chiama intuitiua, percioche no si fa col discorso della ragione, ma psenzialmete coll’occhio dell’intelletto.“ (Varchi 1590, 158). 31 Varchi 1590, 306.

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necessit non Amore“.32 Varchi wandelt hier den zunchst legitimationsbedrftigen Gegenstand der Eifersucht in eine unverzichtbare Bedingung der wahren Liebe. Um endgltig alle Zweifel an der Integritt des Eiferschtigen aus dem Wege zu rumen, setzt Varchi auf eine weitere Strategie: Immer wieder streut er in seiner Rede Termini aus dem medizinischen Diskurs ein. Er baut gleichsam eine Krankheitsisotopie auf, durch die die gelosia nunmehr in den Begriffshorizont einer psychosomatischen Stçrung gerckt wird. So bezeichnet Varchi die Eifersucht als „malattia“,33 „infermit“,34 in Anlehnung an Ariost als „piaga incurabile“,35 als „peste & veneno“36 und schließlich gar als „pessimo veneno“.37 Mit direkter Bezugnahme auf das Sonett Della Casas setzt Varchi das Krankheitsbild dieser Dysfunktion auseinander. Ausgehend von Vers 3 des Gedichts, erlutert Varchi die spezifische Symptomatik der gelosia. ‘Flamme’ und ‘Eis’ werden dabei der heißen Liebe bzw. dem typischen Angstgefhl des Eiferschtigen zugeordnet. Die Angst habe zur Folge, dass der Betroffene nicht nur erkalte, sondern auch erblasse. Varchi fhrt diese Zusammenhnge weiter aus und schildert die physiologischen Beziehungen von Herz, Blut und Gesichtsfarbe: Bei Angst ziehe sich das Herz zusammen. Um es aus seiner Verkrampfung zu lçsen, schicke der Kçrper sein gesamtes Blut in diese Richtung und bedinge somit die Blsse im Gesicht.38 Der Leidende werde außerdem vollkommen von der Qual der Eifersucht eingenommen, wie Vers 4 belege. Varchi veranschaulicht diese Wirkungsweise: „tanto diventa amaro [amore, Anm. d. Vf.], meschiato con la gelosia, non altramente che se con una medicina si mescolasse uno amarissimo veneno“.39 Anlass zu

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Varchi 1590, 307. Varchi 1590, 297, 303, 307. Varchi 1590, 305. Varchi 1590, 307. Varchi 1590, 291. Varchi 1590, 301. „La cagione, perche chi teme, diuenti pallido, e freddo, , perche la paura contrae, e debilit [sic] il cuore. Onde la natura per soccorrerlo (essendo il cuore il piu nobile membro dell’huomo) come quello, che secondo i Peripatetici, il primo  nascere, e l’vltimo  morire, vi manda il sangue della parte di sopra: e non bastando questo, vi manda anco in suo aiuto di quello di sotto, e di qui nasce la pallidezza, e ‘l gielo“ (Varchi 1590, 300). 39 Varchi 1859, 574. (An dieser Stelle wird ausnahmsweise aus der spteren Werkedition zitiert. In der Ausgabe von 1590 heißt es: „[…] non altramente, che se con vno medesimo si mescolasse vno amarissmo veneno“ (Varchi 1590, 301). Da dieser

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einer weiteren medizinischen Erluterung bieten die Verse 9 – 10. Der Eiferschtige verbringt seine Nchte in Schlaflosigkeit, die durch eine psychosomatische Hypersensibilitt bedingt ist: „Percioche questa malattia genera ne gl’animi vna perpetua, e continoua inquietudine, che mai non posa, ma sempre sta attenta, e con gl’orecchi tesi, ad ascoltare ogni voce, ogni romore, ogni vento, e tutte le piglia, & accresce  mal suo pr “.40 Wie am letzten Terzett des Sonetts deutlich gemacht wird, wirkt die Eifersucht nicht nur wie ein ‘Gift’, das vom gesamten Kçrper des Betroffenen Besitz ergreift, sondern bedingt auch halluzinogene Effekte auf psychischer Ebene. Eifersucht sei eine Bestie, „alla quale non basta hauere appestato, & ammorbato vno col suo veneno tutto quanto, che ancora con varie larue“41. Diese berreiztheit und berempfindlichkeit, wie sie Della Casa thematisiert, wird von Varchi nicht metaphorisch verstanden, sondern durchaus als ernst zu nehmende Diagnostik beurteilt. Er geht davon aus, dass die gelosia nachlassen bzw. zunehmen kçnne, sich also wie eine tatschliche Krankheit mit den richtigen Maßnahmen durchaus kurieren lasse.42 Wenn Varchi die eiferschtige Angst als Krankheit auffasst, ist dies vor dem Hintergrund des medizinischen Diskurses seiner Zeit nicht berraschend.43 Bis in die Frhe Neuzeit hat sich das Konzept des morbus amatorius, das bereits in der Antike belegt ist, tradiert. Insbesondere die Zusammenhnge von Liebe und Humoralpathologie sind im medizinischen Diskurs zu Varchis Zeit noch immer virulent und stellen offenkundig einen Bezugshorizont seiner Ausfhrungen zur Eifersucht dar. Varchi bedient sich in der Lezzione sopra la gelosia mehrerer Strategien gleichzeitig, um die Eifersucht als ein dichtungsakzeptables Thema zu entwerfen. Es sind drei argumentative Hauptlinien, die er verfolgt: Die

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Wortlaut wenig sinnvoll erscheint, wird hier der jngeren Version der Vorzug gegeben.) Varchi 1590, 303. Varchi 1590, 305. [Hervorhebung durch die Autorin]. Denn „come scemate, e cresciute le cagioni, che la fanno scemare, e crescere, essa scema, e cresce; cosi tolto via le medesime affatto, si leuerebbe anco affatto la gelosia, quella intendo, la quale per eccesso oltra il douere“ (Varchi 1590, 307 f.). Der letzte Zusatz ist nicht von geringer Bedeutung, wird aber, wie oben bereits erwhnt, in seiner Relevanz fr die Gesamtargumentation nicht stark genug herausgestellt. Aus der umfangreichen Literatur zur Entstehung und Nachwirkung des Konzepts der Liebeskrankheit vgl. z. B. Ciavolella 1976; Haage 1990; Kpper 1999; Lowes 1913/1914; Schadewaldt 1985; Wack 1990. Vgl. weiterhin Varchis Ausfhrungen zur Qvistione decimaterza „Se l’Amore puo sanarsi in alcun modo“ der Lezzione d’Amore (Varchi 1590, 398 – 400).

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Zuordnung der gelosia in den Bereich der perturbazioni und zwar zu denjenigen, die auch gut gerichtet sein kçnnen, orientiert sich am aristotelisch-stoizistischen Schema der Leidenschaften. Damit entlastet Varchi die Eifersucht von ihrer reinen Schlechtigkeit und rckt sie gleichzeitig von der sndigen invidia ab. Außerdem schlussfolgert er aus der ber einen Aristoteles-Rekursbelegten Natrlichkeit des Wunsches nach Selbstreproduktion die Natrlichkeit der gelosia. Unter der aristotelischen Prmisse, dass natrliche Regungen jeder Verwerflichkeit entbehren, kann die gelosia wiederum salviert werden. Sein Postulat von der Untrennbarkeit des wahrhaftigen amor und der gelosia, sttzt Varchi mit Verweisen auf Platon und erneut auf Aristoteles. Schließlich macht sich Varchi den medizinischen Diskurs zunutze und beschreibt die Eifersucht als Krankheit, welcher mit adquaten Mitteln Linderung verschafft werden kçnne. Varchis Kommentar leistet also nicht nur eine Interpretation des Sonetts von Della Casa, sondern auch einen Beitrag zur Rechtfertigung der Eifersucht als eine natrliche, fr wahre Liebe notwendige, pathologische Angstempfindung. Diese Synthese der von Varchi diskutierten Eigenschaften der gelosia macht bereits deutlich, was im nchsten Abschnitt dieses Beitrags zutage treten soll: Dass nmlich, wenn man die Strategien der Rechtfertigung genauer betrachtet, Widersprche und Ungereimtheiten auftreten. Was die unabdingbare Verknpfung von Eifersucht und wahrer Liebe betrifft, so ist auf zwei Umstnde hinzuweisen, die das Argument schwchen oder gar ad absurdum fhren. Varchi belegt zwar mit Aristoteles und Platon, dass wahrhaftige Liebe nur auf einen einzigen Menschen gerichtet sein kçnne und dass man die Verschmelzung zu einer Einheit mit dem Geliebten ersehne.44 Doch wie und warum diese beiden Argumente nun 44 „Et chi credesse, che si potesse amare veramente piu d’vn solo in vn medesimo tepo, erra di grandissma lunga“ (Varchi 1590, 306 f.). Diskrepant hierzu erscheint Varchis Bemerkung in der Qvistione nona „Se si puo amare piu d’uno in un tempo medesimo“ der Lezzione d’Amore (Varchi 1590, 385 – 389). Varchi weist in dieser Lektion auf die Trennung von zwei verschiedenen Liebesaffekten hin. Whrend sich der eine auf kçrperliche Schçnheit fixiere, wende sich der andere dem Seelischen zu. Im Bereich des seelischen amor sei Liebe zu mehreren Personen durchaus mçglich; ‘kçrperlich’ hingegen kçnne man nur einen einzigen Menschen lieben: „ora, se alcuno amasse l’anima, e ’l corpo insieme egualmete, o piu il corpo, che l’anima, impossibile che ami piu d’vno; ma chi amasse l’anima sola, cioe, le virt , e la sapieza, o uero piu l’anima, che il corpo, potrebbe amare piu d’vno“ (Varchi 1590, 388).

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ausgerechnet die Eifersucht rechtfertigen sollen, wird nicht klar. Als seien die Verweise auf die beiden Philosophen ausreichender Beleg, zieht Varchi sein Fazit: „Conchiudendo adunque, diciamo, che douunque vero Amore, quiui necessariamente gelosia“.45 Zudem steht die Koppelung von amor und gelosia der von Varchi eigentlich postulierten neoplatonischen Liebeslehre vollkommen entgegen. Die tatschliche Liebe hat dort zunchst einmal auf die Seelenschçnheit gerichtet zu sein bzw. erfasst auf einem hçheren Niveau das Schçne in seiner Essenz. In ihrer Letztstufe ist die wahrhaftige Liebe vollkommen vom Individuum, das den ersten Liebesimpuls ausgelçst hatte, abstrahiert. Die eiferschtige Angst, ein anderer kçnnte die absolute bellezza genießen, ist vollkommen unangebracht im platonischen Kontext.46 Auch die systematisierende Relationierung der Affekte Eifersucht und Neid bleibt in den verschiedenen Erklrungsanstzen Varchis nicht ohne Reibungspunkte. Insbesondere wenn die Aussagen zu diesem Gegenstand aus mehreren Vortrgen miteinander abgeglichen werden, zeigen sich Varchis Wille zur Gesamtsystematik und das Nichtgelingen dieses Projekts gleichermaßen. Die Darlegungen in der Lezzione sopra la gelosia und in der Lektion zu Bembos Sonett sowie die Erçrterungen in Sopra l’invidia sind, ganz entgegen Varchis Intention, nicht widerspruchsfrei aufeinander beziehbar. 45 Varchi 1590, 307. 46 Es wre allenfalls denkbar, auf der untersten Stufe der Liebesleiter Eifersucht zu akzeptieren. Eine solche – wichtige – Einschrnkung nimmt Varchi in der Lezzione sopra la gelosia aber nicht vor. (Im Gegenteil: „amare veramente non si puo senza gelosia“ (Varchi 1590, 306)). Wrde Varchi diese Einschrnkung allerdings tatschlich ußern, wren der eiferschtig liebende Della Casa und v. a. Petrarca (vgl. z. B. Sonett 115) dazu verurteilt, nicht auf hçherer Stufe lieben zu kçnnen, sondern lediglich auf niederer Ebene, wo man dem Weltlichen verhaftet ist. In der Qvistione settima der Lezzione d’Amore „Se Amore puo essere senza gelosia“ (Varchi 1590, 378) scheint Varchi das Problem der Zulssigkeit der gelosia auf ausschließlich unterer Liebesstufe zwar zu erkennen, rumt aber nicht den Widerspruch zum „platonischen Petrarca“ aus dem Weg: „quato piu grande l’amore, tanto ancora maggiore la gelosia, fauellando nell’amor volgare; non che ancora nel virtuoso, e contemplatiuo non si truoui gelosia, ma d’vn altra spezie, tanto piu nobile, quanto piu nobile detto Amore“ (Varchi 1590, 378). Nun kann aber nach Varchis eigener Aussage der amor volgare nicht fr Petrarca gelten, denn er stellt die unterste Ausprgung des amor razionale dar, bei der der Kçrper mehr als die Seele geliebt wird (vgl. Huss 2004b). Wie genau allerdings die erwhnte „altra spezie“ definiert ist, erschließt Varchi nicht. Außerdem klingt seine Bemerkung wie eine Besttigung der Devise ‘Je mehr, desto besser’, whrend im Vortrag ber die gelosia doch vor einem bermaß an Eifersucht gewarnt wird.

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In der Vorlesung zur Eifersucht richtet Varchi seine Diskussion nicht einlinig auf eine einzige Definition der gelosia zu. Die beiden Phnomene Eifersucht und Neid tatschlich eindeutig und berzeugend voneinander abzugrenzen, gelingt ihm nicht. Er verhandelt eingehend die Eigenschaften der gelosia als ngstliche Passion, muss an anderer Stelle jedoch ihre Verwandtschaft mit dem sndhaften Neid einrumen. Varchi behauptet nmlich in diesem Vortrag nicht nur, dass Eifersucht ein besonderes Angstgefhl sei, sondern auch: „Gelosia vna spezie d’inuidia“.47 Die detailliertere Differenzierung der vier verschiedenen Untergattungen des Neides,48 die dem Vortrag Sopra l’invidia zu entnehmen ist, stellt die Widersprchlichkeiten in Varchis Argumentation noch deutlicher aus. In den definitorischen Erluterungen zu diesen „quattro modi“49 greift Varchi immer wieder den Begriff des dolore auf. Aus der Lektion zu Bembos Sonett geht hervor, dass es sich bei der Leidenschaft des Schmerzes um eine nichtige Regung handelt. Auffllig an Varchis Klassifizierung des Neides in der invidia-Lektion ist nun, dass einzig bei der Charakterisierung der Spezies Eifersucht der dolor-Begriff nicht zur Anwendung kommt.50 Die erste Unterart bezeichne denjenigen Neid, der entsteht, wenn das Gute eines anderen uns selbst daran hindert, Ntzliches oder Ehrenvolles zu erlangen. Dabei handle es sich eher um eine Angst, die „essendo cosa naturale non solo il dolore di perdere i beni acquistati, ma il dispiacere che si piglia di non potere acquistare de’ nuovi“,51 nicht tadelnswert erscheint. Die zweite Art – eher ein Appetit oder Begehren – „c’incresce e duole che non avemo ancor noi quegli beni, i quali hanno gli altri“.52 Auch diese Art des Neides sei aufgrund ihrer Natrlichkeit nicht zu verurteilen. „La terza spezie dell’invidia quando 47 Varchi 1590, 294. 48 In der Renaissance wurde die ursprnglich stoische Systematik der vier Leidenschaften hufig mit aristotelischen Theoremen verflochten. Auch Varchis Erluterungen zu den Rahmenbedingungen und Begleitumstnden des Neides orientieren sich an Aristoteles’ Ausfhrungen zu Mitleid, gerechtem Unwillen, Neid und Rivalitt in der Rhetorik. 49 Varchi 1859, 589. 50 Wie schon im Falle des amor razionale, der noch einmal in amor honesto, humano und volgare aufgesplittet wird, um Petrarcas Liebe zu Laura im System unterbringen zu kçnnen (vgl. Huss 2004a; Huss 2004b), wird auch hier mit der invidia nach demselben Muster verfahren: Durch die Unterteilung der Gattung des Neides wird Raum fr verschiedene Ausformungen geschaffen, die Varchi mit den gewnschten Definitionen fllen kann. 51 Varchi 1859, 589. [Hervorhebung durch die Autorin]. 52 Varchi 1859, 589. [Hervorhebung durch die Autorin].

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noi non vorremmo che gli altri conseguissero o quei beni che avemo conseguito noi, o quei che noi desideriamo, o desiderammo gi di conseguire: e questa si chiama zelo, o gelosia, della quale […] non diremo altro, se non che non vero, che l’amore, parlando del dilettevole, possa stare senza gelosia“.53 Hier fllt kein Wort ber einen ‘Schmerz’. Die letzte Art des Neides jedoch wird wiederum mit diesem Terminus in Verbindung gebracht. Sie meint das Unlustgefhl, das man empfindet, wenn ein anderer Gter besitzt, oder die Freude darber, dass einem anderen bles widerfhrt. „Aristotile diffin l’invidia essere un dolore preso per lo vedere, che alcuni pari, o simiglianti a noi abbiano bene“.54 Diese Ausformung „ la pessima di tutte le altre, e donde nascono infinite cagioni d’infiniti mali“.55 Der Neid wird also aufgeteilt in vier Untergattungen, wobei die Eifersucht erstens zu einer der drei Arten zhlt, die nicht per se lasterhaft sind,56 und zweitens als einzige nicht mit dem verwerflichen dolor-Begriff in Verbindung gebracht wird. Was also auf den ersten Blick als eine weitere Strategie zur Rechtfertigung der Eifersucht erscheint, stellt sich bei genauerer Analyse als Ungereimtheit heraus. Denn Varchi nimmt in seinen Vorlesungen zu Eifersucht und Neid verschiedene Kategorisierungen der gelosia vor. In der Lezzione sopra la gelosia ist sie, wie gesehen, zum einen als ngstliche Leidenschaft definiert, im selben Vortrag wird außerdem angedeutet – jedoch nicht eingehender diskutiert – dass es sich um eine Unterart des Neides handle. Die Lezzione Sopra l’invidia bespricht die Eifersucht hingegen ausschließlich als eine jener vier Spezies der invidia. Varchi erstellt in zwei Vorlesungen zwei Systematisierungen. Deren Unvereinbarkeit wird dort erkennbar, wo Varchi in seiner Lektion ber den Neid die Eifersucht zwar vom verwerflichen, vierten Neidtypus abgrenzt, aber eben gerade nicht als Angst (d. h. als die erste Neid-Art, die „sia pi tosto una certa paura o timore che invidia“)57 bestimmt, was doch den Kern der Begriffsbe53 54 55 56

Varchi 1859, 589. Varchi 1859, 589. [Hervorhebung durch die Autorin]. Varchi 1859, 589. Aus der Natrlichkeit der ersten beiden Spezies des Neides leitet Varchi deren Untadeligkeit ab. Zur ersten Neid-Art ußert er: „[N]on giudico che questa prima spezie dell’invidia, non passando oltra il dovuto modo e misura, sia biasimevole“ (Varchi 1859, 589). Dasselbe gilt fr den zweiten Modus: „E perch anch’esso naturale, desiderando ogni uno il suo bene, non si deve biasimare.“ (Varchi 1859, 589). Die dritte Unterart ist aufgrund ihrer Unabdingbarkeit fr wahre Liebe ber jeden Zweifel erhaben. 57 Varchi 1859, 589.

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stimmung im Della Casa-Vortrag ausmacht. In der Eifersuchtslektion heißt es außerdem, dass „nasce questa gelosia, dalla cupidigia nostra propia“.58 Im Vortrag zur invidia wird die gelosia aber ebenso wenig der zweiten NeidArt, die „pi tosto uno appetito, o vero desiderio“59 ist, zugewiesen. Widersprchlich ist außerdem Folgendes: Auf der Grundlage der Bembo-Lektion, in der die Verwerflichkeit jedes Schmerzes behauptet wird, mssten alle mit diesem Terminus belegten Neid-Arten durch Lasterhaftigkeit genkennzeichnet sein. Allerdings bedingt in der invidiaLektion die Zuordnung des Merkmals Schmerz zum Neid gerade keine durchgehende Negativierung der jeweiligen Neid-Arten. Denn dort ist keineswegs jede Ausprgung des Neides die als Schmerz bezeichnet wird (vgl. die ersten beiden Spezies), schlecht und verwerflich.60 War in der Bembo-Lektion noch von einem ausschließlich negativen dolore die Rede, so zeigt sich im Vortrag zur invidia, dass es doch auch spezielle Schmerzempfindungen gibt, die akzeptabel zu sein scheinen. Des Weiteren steht die Klassifizierung der gelosia als Krankheit dem ficinianisch-platonisch ausgerichteten Legitimationsverfahren entgegen. Eifersucht kann kaum Krankheit und notwendige Liebesbedingung gleichzeitig sein.61 Und noch ein weiterer Aspekt schwcht das malattiaArgument: Ganz hnlich wie es Joachim Kpper fr den Zusammenhang von amor hereos und Humoralpathologie bemerkt hat, wrde auch fr den hier verhandelten Sachverhalt der gelosia Folgendes gelten: Die Verknpfung von Liebesleid und Krankheit steht in Opposition zur katholischen Lehrmeinung. Dies wird offenkundig, „wenn man sich die Konsequenzen der humoralpathologischen Anthropologie fr die christlich zentrale Kategorie der Verantwortlichkeit vergegenwrtigt. Wo die offizielle Theologie auf der grundstzlich mçglichen Entscheidung insistiert (liberum arbitrium), tritt hier ein Syndrom von Kontingenz und Akzidenz 58 Varchi 1590, 295. 59 Varchi 1859, 589. 60 Widersprchlich bleibt daher, dass die erste und zweite Art des Neides trotz ihrer Tendenz zum lasterhaften Schmerz keine anstçßigen Regungen darstellen. 61 Auf die Inkompatibilitt von platonischem amor und Liebeskrankheit hat Joachim Kpper im Falle Petrarcas hingewiesen: „Die Kollokation von Trnen und Begehren gehçrt zum Basisinventar des hereos-Diskurses […]. Die Laura-Liebe ist schwerlich als platonisierend zu fassen.“ (Kpper 1999, 202). Ferner passen die ber den gesamten Text verstreuten negativierenden Umschreibungen der Eifersucht nicht recht in das Bild einer ‘guten’ gelosia: „questo sozzo mostro, & infernal furia“ (Varchi 1590, 293), „questo maligno spirito“ (Varchi 1590, 298), „questa furia maluagia“ (Varchi 1590, 304), „questa fera insaziabile“ (Varchi 1590, 305).

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ein“.62 Die Kategorisierung der Eifersucht als physisch-psychischer Mangel bedeutet nicht weniger, als dass man von der eigenen Entscheidungsfreiheit entlastet werden wrde und damit das Vergehen nicht mehr Snde, sondern nur noch Krankheit wre. Noch deutlicher treten die Friktionen in Varchis System hervor, wenn man einen weiteren Autor, auf den Varchi hufig in seiner Lezzione sopra la gelosia rekurriert, in die Argumentation mit einbezieht: Petrarca. Varchi ruft das Gedicht „Amor, che ’ncende il cor d’ardente zelo“ auf, das sich ebenfalls mit der Thematik der Eifersucht befasst. In diesem Sonett behauptet der Sprecher, von jeglicher gelosia frei zu sein.63 Petrarcas Gedicht dient Varchi zunchst zur Konsolidierung seiner eigenen Erçrterungen, wenn er die verschiedenen Faktoren, die ein Abflauen oder Anwachsen der Eifersucht bewirken kçnnen, diskutiert. Einer dieser Faktoren sei die Wesensart des geliebten Individuums.64 Behauptet Petrarca im Sonett, nicht eiferschtig zu sein, da Laura solch sittsamen Charakters sei, dass kein Anlass zu derartigen Gefhlen bestehe,65 kann Varchi diese Aussage auf affirmierende Weise fr die eigene Argumentation heranziehen. Dieselbe Behauptung des Dichters birgt aber fr die weiteren Ausfhrungen in der Lezzione eine gewisse Schwierigkeit. Wenn sich Petrarca nmlich von jeder Form der gelosia freispricht, fgt sich dies nicht in das zuvor dargelegte Konzept, in dem Eifersucht ja gerade Bedingung fr die wahre Liebe war. Empfindet Petrarca also keine gelosia, dann msste man annehmen, dass er nicht wahrhaftig liebte. Petrarcas ußerung ist an dieser Stelle nicht mehr mit den von Varchi aufgestellten Prinzipien kompatibel.

62 Kpper 1999, 185. 63 In den Versen 9 – 14 aus Petrarcas Sonett 182 heißt es: „Di queste pene mia propia la prima, / arder d et notte […] l’altra non gi: ch ’l mio bel foco tale, / ch’ogni uom pareggia; et del suo lume in cima / chi volar pensa, indarno spiega l’ale“ (Petrarca 2006, 807). 64 Der Faktor Person bezieht sich außerdem auf den Eiferschtigen selbst und auf den Beneideten. Die brigen Einflussgrçßen sind luoghi, tempi und faccende (vgl. Varchi 1590, 296 f.). 65 „Onde il Petrarca, essendo M. Laura, santa, saggia, cortese, onesta, e bella, dice di non essere stato geloso nel fine di quello, non men bello, che malageuole sonetto: Amor ch’ncende’l cor d’ardente zelo „ (Varchi 1590, 298). In „Se Amore puo essere senza gelosia“ wird Petrarcas Sonett 182 ebenfalls erwhnt und auch dort heißt es, der Dichter habe in den Versen 12 – 14 behauptet, nicht eiferschtig zu sein, „per mostrare maggiormente la castit di Madonna Laura“ (Varchi 1590, 378).

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Der Ausweg, den Varchi nimmt, um sein System aufrechtzuerhalten, ist die Trennung zwischen philosophischer und poetischer Rede.66 Er legt dar, dass auch Petrarca sehr wohl der berzeugung gewesen sei, Liebe und Eifersucht bildeten eine Einheit, wie es der Beginn des Sonetts belege.67 Varchi geht offenkundig davon aus, dass Petrarca zunchst ganz als Philosoph spreche, wenn er schildert, wie Amor die Eifersucht entfacht und diese den Liebenden alsdann beeintrchtigt.68 Sobald Petrarca hingegen jede Eifersucht abstreitet, sei er wohl einer rein dichterischen Intention gefolgt, die darauf abziele, die geliebte Dame in ihrer Tugendhaftigkeit und Keuschheit zu lobpreisen.69 Um die von Varchi in seinen Vorlesungen immer wieder behauptete platonische Liebe Petrarcas zu retten, ist eine Trennung der Redeweisen die einzig gangbare Strategie. Nur sie ermçglicht noch ein Festhalten an den zuvor aufgestellten philosophischen Grundstzen. Varchi muss dem von gelosia freien Petrarca eine Eifersucht nahezu aufzwingen, um ihn noch im 66 Bereits zu Beginn der Vorlesung hatte Varchi erklrt, dass es Della Casa darum gegangen sei, „non meno secondo il vero, e da Filosofo, che Poeticamente“ (Varchi 1590, 292) auseinanderzusetzen, um welches Phnomen es sich bei der Eifersucht handle. Wenn Varchi auf Lauras narzisstische Selbstverliebtheit und Eifersucht auf sich selbst (vgl. Sonett 125) eingeht, scheint auch hier die einzige Lçsung fr den Widerspruch der Verweis auf das poetische Sprechen: „egli fa alcuna volta poeticamente M. Laura innamorata di se medesima,  guisa di Narciso“ (Varchi 1590, 294). Denselben argumentativen Weg schlgt Varchi in „Se si puo amare piu d’uno in un tempo medesimo“ ein, wenn er zu rechtfertigen versucht, dass Ovid und Alamanni von der Liebe zu zwei verschiedenen Frauen sprechen: „fauellarono Poeticamente, o non intesero di quello amore; del quale da noi si fauella“ (Varchi 1590, 389). 67 „Conchiudendo adunque, diciamo, che douunque vero Amore, quiui necessariamente gelosia, e doue non gelosia, quiui di necessit non Amore. Et di questa sentenza fu il Petrarca, come si vede nel principio di quel sonetto“ (Varchi 1590, 307). 68 Vgl. die Verse 1 – 6 des Sonetts 182: „Amor, che ’ncende il cor d’ardente zelo, / di gelata paura il t n costretto, / et qual sia pi fa dubbio a l’intellecto, / la speranza o l’ temor, la fiamma o ’l gielo. // Trem’al pi caldo, ard’al pi freddo cielo, / sempre pien di desire et di sospetto“ (Petrarca 2006, 807). 69 „Se ben nel fine per essaltare M. Laura disse come Poeta, che in lui non era gelosia, la quale confessa essere in tutti gl’altri amanti sempre“ (Varchi 1590, 307). In „Se Amore puo essere senza gelosia“ wird dieselbe widersprchliche Interpretation des Gedichts angestellt: Petrarca habe in Vers 1 zunchst den philosophischen Grundsatz besttigen wollen, dass es keine Liebe ohne gelosia geben kçnne, „che come senza speranza non si pu amare, cos senza gelosia amare non si pu “ (Varchi 1590, 378), sei dann aber zugunsten einer lobenden berhçhung der Dame dichterisch von der Eifersucht abgerckt.

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Rahmen der entworfenen gelosia-amor-Relation halten zu kçnnen. Ausgerechnet an der Stelle, wo Petrarcas Liebe aufgrund seiner eigenen Aussagen problemlos als eine platonische – nmlich eifersuchtsfreie – Liebe bezeichnet werden kçnnte, ist sie mit Varchis System, in dem Eifersucht und Liebe bedingungslos zusammengehçren, nicht mehr verrechenbar.

3. Die Funktion der Dichtung Varchi versucht, ein stabiles System von Philosophie, wissenschaftlichem Diskurs und Dichtung zu entwerfen, in dem die Aussagen der jeweiligen Disziplinen reibungslos ineinandergreifen. Dabei treten jedoch interne Widersprche auf, die Varchi zu beheben bemht ist. Drastische Vernderungen an etablierten, traditionellen Konzepten sind hufig die Konsequenz seines Versuchs, alle Wissensbereiche zu homogenisieren. Varchis nachtrglicher Kommentar zu poetischen Texten will aus systematischen Grnden die Dichtung zu einer Aussageform machen, die anderen Teilen des Wissensystems analogisierbar ist. Interessanterweise kommt durch diese Strategie der Systematisierung, die auf den ersten Blick einer Nobilitierung der Dichtung zuzuarbeiten scheint, der Dichtung eine autonome Dimension eher abhanden: Sie wird mit der Aufgabe befrachtet, lediglich Aussagen zu treffen, die auf das gesamtwissenschaftliche System beziehbar sind. Am Beispiel der Lezzione ber Della Casas Eifersuchtsgedicht wird deutlich, dass Varchi auf mehreren Wegen versucht, die gelosia, die weder mit der christlichen Religion noch mit der heidnischen Philosophie verrechenbar ist, zu rechtfertigen. Dass seine Ausfhrungen nicht ohne Ungereimtheiten sind, scheint Varchi dort zu bemerken, wo er auf einen bestimmten Einwand selbst hinweist: Wenn Liebe und Eifersucht unlçsbar verquickt sind, msste sich dann nicht auch konsequenterweise in der Liebe Gottes Eifersucht zeigen? Varchi geht nicht weiter auf diese Frage ein, sodass sie ungeklrt bleibt. Er belsst es bei einem Tadel all jener, die diesen Schluss zu ziehen wagen und weist lediglich darauf hin, dass in Gott alle Dinge eben ganz anders seien als unter den Menschen.70 Und lakonisch 70 „Sono bene da riprendere acramente coloro, i quali conoscendo, che in DIO amore […], credono, che in lui sia gelosia, come in noi, non sapendo, che tutte le cose, che sono, s’attribuiscono  DIO, sono i lui in diuersissimo modo dal nostro; percioche l’Amore in DIO non presuppone mancamento, come l’humano“ (Varchi 1590, 308). Hier nun ist die menschliche Eifersucht nun doch ein ‘Mangel’.

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schließt Varchi seinen Vortrag mit den Worten: „ma troppo alta questa materia al basso, e poco sauer mio, e per ringraziando lui, che tutto s, e tutto puo, far fine.“71

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71 Varchi 1590, 308.

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Petrarca filosofo platonico. Francesco Patrizi commentatore di un sonetto petrarchesco (RVF VII) Anna Laura Puliafito 1. Patrizi e la poesia Quando offre a Ercole Strozzi la sua lettura del sonetto La gola, e’l sonno, e l’ociose piume,1 Patrizi un giovane studioso che, come ricorder molti anni dopo, ha da poco voltato le spalle agli studi di medicina a Padova per dedicarsi alla filosofia platonica, ed ora alla ricerca di una collocazione fissa.2 Quello che egli promette fin dall’inizio nella breve operetta pubblicata di seguito alla Citt felice un saggio del suo modo di intendere la poesia in generale, e la poesia petrarchesca in particolare, uno strumento molto esplicito per valutare il peso della ‘svolta’ platonica patriziana.3 1

2

3

Cfr. Patrizi 1553, 54r–69v. Lo stesso volume contiene altri brevi scritti patriziani: La citt felice, cc. [2r–3v]; 4r–19r ; Dialogo dell’honore il Barignano, cc. 20r – 43v ; Discorso della diversit dei furori poetici, cc. 44r – 54v. (In nota, d’ora in poi, si far riferimento solo alla sigla e alle rispettive carte). Il testo del sonetto petrarchesco corrisponde a RVF VII, per il quale, tra le edizioni moderne, faccio riferimento a Petrarca 2000, 35 – 40. La dedica a Ercole Strozzi datata «di Padova, alli XIII di Gennaio 1552». L’argomento trattato in questo saggio riprende alcuni dei temi sviluppati nel contribuito di chi scrive in occasione del convegno Platonismo, Neoplatonismo, Ermetismo fra Umanesimo e Controriforma, in onore di Cesare Vasoli (Torino, Fondazione Firpo, ottobre 2004). Si tratta della celebra lettera a Baccio Valori del 1587 in cui Patrizi certamente vuole comporre un quadro ideale della sua formazione umana e intellettuale, ma che nella sostanza riflette davvero alcuni dei capisaldi della sua esperienza. Sulla lettera, conservata presso la Biblioteca Nazionale di Firenze, Filze Rinuccini, scatola I, f. 27 e pubblicata nel 1886 da Angelo Solerti (Solerti 1886, 276 – 280), cfr. Vasoli 1981, 527 – 557, in particolare 529. Al luglio 1551 risale la dedica della Citt felice «Al molto reverendo et illustre Signor Urbano Vigerio dalla Rovere, Eletto di Sinigaglia. Et all’illustre Signor Girolamo dalla Rovere» (Patrizi 1553, [2r–3v]). All’incontro con «il frate di S. Francesco» (frate Andrea Fiorentino, alias Andrea Pillolini, correttore presso i Giunti) che l’avrebbe convertito a Platone, Patrizi fa

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Il riconoscimento di Petrarca come poeta platonico significa per Patrizi non solo una selezione tematica e un’interpretazione filosofica, ma anche una specifica scelta stilistica: Per la qual cosa io vorrei che chiunque volesse far giudicio di lei [i.e. spositione], si ponesse inanzi questo Poeta esser stato Platonico, et havere Platonicamente l’amor suo cantato. E chi non sapesse quali / fussero i secreti della filosofia di Platone, et quale fusse il modo usato da’ Platonici in iscrivergli, lasciassero la censura a i dotti et intendenti, et tanto di sincerit d’animo, quanto di scienza ornati; il candido voler de’ quali, causato, et accompagnato, dalla chiarezza dell’intelletto, non potr, n vorr, oscurare la luce della verit di questa spositione […].4

L’occasione d modo al giovane Patrizi di esplicitare ampliamente che cosa egli intenda per ‘maniera platonica’ e quale sia la sua posizione pregiudiziale nei confronti della produzione petrarchesca.

2. Poesia e finzione Nell’introdurre il commento Patrizi sottolinea come Petrarca si sia allineato al modo con cui «gli antichi Poeti, Greci, e Latini, cantarono le cose mistiche; ci sotto velamenti o delle proprie finzioni o delle favole antiche». Mito e finzione poetica vengono subito equiparati dunque, riconoscendo in essi sistemi metaforico-simbolici che solo un’attenta indagine filosofica in grado di ricostruire. In tal senso Patrizi proclama di distaccarsi dalla maggioranza degli espositori che banalmente muovono seguendo gli uni le orme degli altri: Questa Signor Hercole mio gentile, l’opinione et l’espositione mia, intorno a questo Sonetto. La quale sono certo, che parr nuova et strana alla maggior parte di quelli, che veramente si credono di intendere il Petrarca, et caminano per la via trita et commune. Ma voi seguendo i dotti et giuditiosi, et sinceri di animo, i quali sempre sono minori in numero crediate ella esser vera, et alla mente di cos divino et elevato Poeta.5

In generale, attraverso Petrarca il Chersino offre un saggio applicato del suo modo di intendere la poesia come fonte di conoscenza, cos quella

4 5

riferimento nella sua lettera autobiografica (Solerti 1886, 277), poi discussa in Vasoli 1981. Patrizi 1553, 54r–v. Patrizi 1553, 69r–v. Sulle pi diffuse interpretazioni cinquecentesche del sonetto – che vi leggono in genere un’esortazione a non farsi trascinare dalle passioni e ad agire secondo ragione – cfr. Muccillo 1986, 615 – 679, in particolare 632n.

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antica come quella moderna e contemporanea, quella di Orfeo e Esiodo come quella di Dante e di Ariosto. Egli ha modo al tempo stesso di dare una dimostrazione teorica di come ci possa avvenire, di quali cio siano i presupposti metafisico-ontologici di tale peculiarit, rifacendosi alla dottrina dei furori e degli influssi astrali gi sviluppata nel Discorso della diversit dei furori poetici: grazie alla sua scientia, il filosofo l’interprete privilegiato di una verit rivelata che si tramanda lungo un’ininterrotta tradizione sapienziale. Come si rilevato all’inizio, la Lettura del sonetto va iscritta nella produzione giovanile patriziana. Va tuttavia rilevato che quell’originaria attitudine di filosofo/commentatore e interprete destinata ad avere grande rilevanza nell’economia generale dell’opera del Chersino, spingendolo da un lato verso l’impegno filologico del «leggere e rileggere», «cucire e scucire» – per usare le parole di Bruno -6 che caratterizza le Discussiones Peripateticae, 7 ponendo dall’altro le basi concettuali e argomentative per il grande progetto della Nova de Universis Philosophia,8 vero punto d’arrivo di una radicale riforma del sapere.

3. Poesia e crisi dei costumi La lettura che Patrizi offre ricostruisce nel sonetto petrarchesco una sorta di fisiologia della decadenza intellettuale e morale dei suoi tempi, rintracciandone le cagioni «umane» e «divine» e valutandone gli effetti. L’analisi si sofferma a considerare il destino dell’uomo, che nella dialettica tra volont e inclinazione naturale si trova a scegliere la direzione del suo «pellegrinaggio» terreno, verso una trasformazione che vede ai suoi estremi da un lato l’‘indiamento’, dall’altro la pi degradante bestialit. Proprio il tema della trasformazione e del percorso umano verso Dio assumono un particolare rilievo nell’economia del ragionamento patriziano, che segue l’anima umana nelle possibili modalit del suo destino, attingendo a materiali diversi e a celebri favole poetiche. Il punto di partenza del commento al sonetto l’individuazione del suo soggetto proprio, secondo il procedimento che Patrizi applicher di l a qualche anno nel commento alle Rime di Luca Contile, e che egli stesso cos descrive: 6 7 8

Bruno 1584a, ora in Bruno 1999, II, [556]–[557]. Patrizi 1571; Patrizi 1581. Patrizi 1591.

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Et al presente io dar di ci un brieve saggio negli amorosi sonetti del Contile, et massimamente ne tre primi. Ma prima io dir , che sempre in vece di seme, in ogni ragionamento humano, vi un soggetto semplice, o levato dalle cose, o pure fintosi dal favellatore; dal quale n’esce quasi radice o tronco, un concetto principale: sopra ‘l quale si distenda poi il parlare altrui quasi in rami principali. E poi da questi in altri men principali, e in foglie, e in fiori, et in ultimo nei frutti del fin propostosi. […] La qual cosa io dimostro brevemente in fatti di questa guisa.9

Come in uso tra i commentatori, Patrizi suddivide pregiudizialmente i componimenti di Petrarca in due gruppi, quelli che ‘raccontano’ il suo amore per Laura, e gli ‘altri’, che non sono «di materia amorosa», ma in cui sembra che il poeta abbia voluto trasmettere verit ancor pi profonde, «tessuto altri concetti e di maggior segretezza, che gli amorosi non sono». «Per consentimento commune di tutti gli spositori», il sonetto scelto da Patrizi costituisce un accorato ammonimento ad un non meglio identificato amico che «sforzato dalla povert mostrava voler abbandonare lo studio della filosofia».10 Il «vero proponimento» del poeta sta dunque nei due ultimi versi Tanto ti prego, pi gentile spirto, Non lassar la magnanima tua impresa,11

mentre tutto il resto non , secondo Patrizi, che la ricerca delle cause di un tale stato di cose:

9 Contile 1560, 24v. Va notato che le affermazioni di Patrizi si inseriscono anche in un pi ampio discorso sul numero degli ordini topici (ivi, 24r). 10 Patrizi 1553, 55v. Sull’identit dell’amico Patrizi non prende posizione. La critica attuale tende ad identificarlo con «il frate domenicano Giovanni Colonna, del ramo di Gallicano, compagno di Petrarca in ricerche filologiche, soprattutto intorno a Livio, negli anni a cavallo fra il ’20 e il ‘30» (Petrarca 2000, 35n). In alternativa, l’anonimo personaggio viene identificato con Boccaccio, come nel caso della lettura del Varchi, cfr. Varchi 2004, 62. 11 Per comodit di citazione riporto qui di seguito (normalizzando gli accenti e l’uso di ‘u’ e ‘v’) l’intero sonetto, che compare alla c. 55r. del volume: «La gola e’l sonno, e l’otiose piume, / Hanno del mondo ogni virt sbandita; / Ond’ dal corpo suo quasi smarrita / Nostra natura, vinta dal costume. // Et si spento ogni benigno lume / Del Ciel, per cui s’informa humana vita; / Che per cosa mirabile s’addita, / Chi vuol far d’Helicona nascer fiume. // Qual vaghezza di Lauro, e qual di Mirto! / Povera, e nuda vai Filosofia / Dice la turba al vil guadagno intesa. // Pochi compagni havrai per l’altra via: / Tanto ti prego, pi gentile spirto, / Non lassar la magnanima tua impresa».

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Et questo pare  me, che sia in questo Sonetto il vero proponimento del Poeta. Il quale egli conchiude solamente ne due ultimi versi; gli altri tutti si spendono, nel rendere le cagioni, che avevano generato, ne gli animi umani un tanto disprezzo della sacra filosofia; et in raccontare gli effetti, che da cotale cattiva impressione, o in fatti, o in parole nascevano.12

Dall’analisi dei motivi che hanno reso e rendono cos difficile l’esercizio della filosofia, Patrizi prende lo spunto per presentare in sintesi una sua prima riflessione sulla dottrina dell’anima umana, una sorta di saggio in cui egli fa i conti con la tradizione aristotelica e l’esegesi platonica ficiniana. Da qui egli idealmente muover e prender le distanze per elaborare una propria dottrina dell’anima, che in et matura prometter pi

volte per la sua Nova de Universis Philosophia, 13 ma che in realt riterr sempre pi opportuno ritardare o omettere.14

4. L’uomo e il mondo Occasionato dunque da un evento dell’esperienza biografica di Petrarca estraneo alla sua passione per Laura e attraverso quella che in fondo una riflessione sul vizio, l’«alto e misterioso» sonetto si spinge a considerare la posizione dell’uomo nell’universo creato e la sua relazione con il principio supremo, muovendo dal piano della riflessione filosofica a quello pi

prettamente teologico: Il presente Sonetto adunque non di materia amorosa, e l’intento suo non secreto. Ma nel rendere le predette cagioni, pieno di secreta e profonda Platonica filosofia e theologia.15 12 Patrizi 1553, 56r. 13 Patrizi 1591. All’analisi della natura dell’«animus» riservato il terzo dei trattati, la Pampsychia, cinque libri dedicati al cardinale Scipione Gonzaga. Quest’ultima cos veniva presentata nella lettera di Patrizi a Johann Beyer del 20 marzo 1590: «Pampsychia. Per quam isterum ad Deum revertemur, ut in eo mansionem faciamus», ora in Purnell 1978, 135 – 149. Sull’argomento Patrizi ritorna, facendo qualche ulteriore riflessione sull’anima umana, nelle riscritture conservate nel ms. Palatino 665 della Biblioteca Palatina di Parma, ora in Patrizi 1993, 45 – 66. 14 Qualche testimonianza rintracciabile nel ‘trattato’ De humana philosophia individuato alcuni anni or sono tra i manoscritti greci della raccolta Barberini, cfr. Muccillo 1990, 281 – 307, in particolare 285. Sul progressivo allontanamento del Patrizi dalla posizione canonica ficiniana vd. Muccillo 1986, 637. 15 Patrizi 1553, 56r.

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La «gola», il «sonno» e le «ociose piume» con cui il sonetto si apre permettono a Patrizi una vera e propria sintomatologia della decadenza dei costumi. Ciascuna delle tre voci viene infatti a simboleggiare lo stato di impotenza delle tre «parti» o «potenze» dell’anima: «la vegetativa, la sensitiva, et la ragionevole»:16 All’intendimento del primo verso, da sapere, che i filosofi platonici, col consenso de i Peripatetici fanno nell’huomo tre anime, ovvero tre potenze dell’anima. La vegetativa , la sensitiva, et la ragionevole.

La vegetativa, «la ultima in dignit e prima in tempo a generarsi in noi», ha tre funzioni principali, che sono, come noto, quelle di nutrire, far crescere, rendere atti a generare. Strumento per il mantenimento di tali funzioni l’assunzione di cibo, loro «cagion materiale»: Conciosiacosa che il cibo, che per la gola discende nello stomaco, e quivi smaltito, passa al fegato; nel quale fatto sangue, si trasfonde per le vene, a tutte le parti del corpo. Et lo nutrisce, col restituire la sostanza per lo caldo naturale consumata. L’aumenta poi con l’aggiungere pi di quella che era dal calore fatta esalare. Et ultimamente fa il seme atto alla generazione del suo somigliante.17

In un linguaggio quasi settoriale l’ex-studente di medicina descrive quelle che riconosce come funzioni proprie delle piante, ma, per le caratteristiche di compenetrazione delle parti via via superiori dell’anima, proprie anche di animali e uomini. Per questo – spiega Patrizi – disse il gran platonico Plotino, che l’huomo che troppo a lei si inchina, corre pericolo di inarborire, e di diventare pianta. E per finsero alcuna volta i Poeti, certi huomini essersi cangiati in piante.18

Sono appunto gli esempi dei poeti, Ariosto e Dante, a risultare pi

interessanti. Nel primo caso il riferimento alla trasformazione di Astolfo da parte di Alcina in mirto, pianta sacra alla dea dell’amore.19 Nel secondo si tratta di una pi lunga analisi dell’episodio della selva dei suicidi,20 in cui Patrizi rileva che Dante pi filosoficamente havrebbe per aventura fatto, se avesse detto, che in quella si fossero mutati i lussuriosi, et i golosi, pi tosto che coloro, che a se stessi si toglievano la vita. 16 17 18 19 20

Patrizi 1553, 56v. Cfr. De anima, II, 413 a sgg. Patrizi 1553, 56v. Patrizi 1553, 56v–57r ; cfr. Enneades III, 4.2 (ed. cons. Plotinus 1981, 65). Cfr. Orlando Furioso, VI, 32 (ed. cons. Ariosto 1999). Cfr. Inf., XIII.

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Ma il poeta presto riabilitato: poich il nutrimento vita, chi si priva di vita si priva di nutrimento, ed per tale ragione che finse Dante, la selva non essere verde, come l’altre c’hanno nutrimento; ma fosca, et pallida; che dinota mancamento di nutritione e privation di vita.21

5. Conoscenza e virt

Il secondo, pericolosissimo stadio della decadenza umana viene simboleggiato dal sonno, da intendersi «secondo Aristotele e i Medici» come «legamento de i sensi», proprio dell’anima sensitiva, che comune ad animali e uomini.22 Sulle caratteristiche di questa parte dell’anima Patrizi si sofferma per sottolineare come essa sia intesa anche come anima «irrazionale, per non esser capace di ragione sendo per conoscente».23 In essa si riconoscono infatti due potenze, l’una «conoscitiva», l’altra «appetitiva». Se quest’ultima la sede degli affetti «i quali conturbano spesse volte per l’irregularit loro la mente» e vanno dunque regolati secondo un principio di mediet e «moderatione», l’altra prefissa al discernimento delle cose utili dalle dannose alla vita e alla conservazione del corpo. Tuttavia quest’anima ancora principio alla specolatione. Conciosia, che secondo i filosofi, ogni nostra cognizione interiore, ha cominciamento da i sensi esteriori.24

Se da un lato l’anima appetitiva dunque sede delle virt attive e morali, dall’altro l’anima conoscitiva la fonte e il principio di quella cognizione in cui «consistono le virt contemplative, quali sono la scienza, la sapienza e l’intelletto». Il sonno quindi, «remissione e legamento dell’anima irrazionale», simbolo della rinuncia – anzi della «cacciata» di tutte le virt attive e contemplative, «civili et intellettuali». L’accento sulla funzione dei sensi particolarmente evidente, ed caratteristico di una gnoseologia che metter sempre in primo piano l’indagine del mondo 21 Patrizi 1553, 57r. Va rilevato che «fosca» il termine dantesco (Inf. XIII, v. 4), e che anche nel De humana philosophia si legge di come le piante esteriorino il loro stato di sofferenza attraverso il colore sbiadito: «consumptionis sensum plantae squalore indicant. / Animalia indicant mestitia», cfr. Muccillo 1990, 304. 22 Cfr. De somnio et vigilia, 454 b – 455 b 20 sgg. 23 Cfr. Eth. Nic., I 13, 1102a – b. 24 Patrizi 1553, 58r. Per la formulazione tomista del noto principio cfr. Summa Theologiae, Quaest. 78, Art. 4, Ob. 4, 1 – 1; De anima, 427 b; cfr. anche Marsilii Ficini Theologia platonica, XVIII, 4 (ed. cons. Ficino 2001 – 06, VI, 102 sgg.).

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sensibile come momento fondamentale della conoscenza umana, ci che sar ampiamente testimoniato nella sezione dedicata al mondo materiale della Nova de Universis Philosophia. Ma gi in questo primo intervento, muovendo dai testi ficiniani, Patrizi insiste sulla conoscenza sensibile e, rifacendosi ancora al principio del ‘giusto mezzo’, sottolinea come, se da un lato la «troppa agitatione dell’appetito» genera in noi il vizio, nondimeno vizio , «per remissione», anche l’opposto. Infatti la essercitatione de’ sensi, non pu mai cagionare in noi ignoranza, vitio contrario alle virt et abiti contemplativi; ma si bene il pu fare, il non adoperarli.

ð questa la situazione in cui, rinunciando all’esercizio conoscitivo proprio dell’anima irrazionale, l’uomo si «converte» in bestia, e ci «pi dal canto dell’ignoranza, che dell’appetito». Per esemplificare le proprie affermazioni, Patrizi si rif alla Repubblica platonica e all’immagine della Chimera, «busto di leone con molti capi diversi», scelta a «denotare» che l’irascibile potenza, che fonte degli affetti, et ha luogo nel cuore, figurata per il leone, si lasciava reggere et trasportare da diverse perturbationi degli affetti […] quali tal’hora, facevano l’huomo troppo inclinato a quelli, parer un’animal senza ragione.25

E poi a Circe, quella di Omero, ma anche quella trasfigurata in Alcina di Ariosto.26 Ed significativo che Patrizi ricolleghi le origini del mito alle dottrine della metempsicosi (o metasomatosi) egizie e poi pitagoriche. Gli egizi infatti hebbero opinione che l’anima di un’huomo vissuto viziosamente doppo la morte passasse ne gli animali brutti, et questa opinione fu poi tra i Greci a Pitagora attribuita.27

6. Le ali dell’anima Per la discussione del terzo punto, quello che reca con s il «maggiore e pi alto sentimento», Patrizi si richiama pi incisivamente che altrove al Canzoniere, per mostrarne la piena corrispondenza con l’insegnamento platonico. Il significato attribuito alle «piume» non quello «che co25 Patrizi 1553, 58v. Il riferimento a Rep., IX, 588b –589b. 26 Sull’attribuzione delle caratteristiche di Circe ad Alcina in Ariosto, e in generale sulla fortuna letteraria di questa figura mitica nel Cinquecento, cfr. Kuhn 2003, in particolare pp. 233 sgg. 27 Patrizi 1553, 58v.

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munemente si espone» e fa riferimento al «letto» e quindi al sonno – ci che sarebbe un’inutile ripetizione – ma quello di «ali», quelle che Platone nel Fedro attribuisce all’anima umana, distinguendo tra «il lume naturale, et il soprannaturale, de quali l’anima nella sua creatione dal suo fattore ornata et fatta lucida»;28 quelle che in Petrarca liberano l’intelletto dal «carcere mortale», elevando l’intelletto al cielo, «penna d’ingegno», «amor che a suoi le piante, e i cor impenna / per farli al terzo Ciel volando ir vivi».29 In particolare quest’ultima citazione permette di insistere sulla collaborazione di intelletto e volont, «guidata et governata da lui», dove le «piante» assumono il significato di passioni e i «cuori» quello di logos, nella duplice valenza di intelletto e discorso.30 Le ali sono i «lumi» dell’anima ragionevole, quella che «come pi

conforme a sua natura» pu portare a compimento la conoscenza di se stessa e delle cose inferiori, ma che al tempo stesso pu «alzarsi a contemplare le cose, all’essenza sua superiori, et pi pure et eccellenti».31 Ozio e «negligenza dell’intelletto, et de’ suoi lumi» hanno per privato l’uomo, microcosmo e quindi «mondo» nei versi del poeta, della sua virt , «sbandita» perch scacciata dal luogo dove essa «naturalmente alberga», quell’animo umano che, solo, capace di esercitare la propria volont, di contro ai bruti che infatti non hanno capacit di essere virtuosi, ma di contro anche agli Angeli in cui non si trovano luogo «accidenti, et potenze, come in noi, ma sostanze, et parti dell’essenza loro».32 La virt quindi peculiarit umana, e costituisce anzi parte integrante della sua natura. Essa fine e bene dell’uomo secondo i peripatetici, ma lo in modo ancor pi significativo per i platonici che hanno riconosciuto il Sommo Bene in Dio. Si apre qui un significativo excursus, 28 Phaedr., 246 a sgg. Patrizi nota come alcuni commentatori leggano in «piume» il significato di «pensieri», come nel commento al sonetto RVF, CCCVII, v. 10. 29 Rispettivamente RVF, CCLXIV, vv. 6 – 8; CCCVII, vv. 1 – 9; CLXXVII, v. 3. Si aggiunge a queste la citazione della canzone CCCLX, v. 137. 30 «Dove partitamente mostr [i.e. Petrarca], quali potenze dell’anima si impennano, ci l’intelletto, et la volont, guidata et governata da lui. Perci che dicendo piante, intese la volont governante gli affetti nostri, pi volte significati per i piedi, si nelle profane come nelle divine scritture. E dicendo i cuori, intese l’intelletto e il discorso. Il quale secondo il detto della scrittura, ha proprio luogo nel cuore, perch ex corde exeunt cogitationes», Patrizi 1553, 59v. La citazione scritturale da Mt, 15, 19. 31 Patrizi 1553, 59r. 32 Patrizi 1553, 60v. A sostegno del concetto ermetico dell’uomo microcosmo Patrizi si rif non solo ai «pi secreti theologi antichi», ma anche al Vangelo di Giovanni (Gv, 1, 10).

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supportato da una strategica scelta di versi petrarcheschi per presentare brevemente i capisaldi della dottrina neoplatonica della produzione del molteplice, e dell’uomo in particolare. I platonici, afferma Patrizi, attribuiscono a Dio tre operazioni, l’una del produrre le cose; l’altra del rivolgerle a s loro principio, et la terza di farle perfette, quando a lui sono arrivate. E di tutte queste operazioni in diversi luoghi fece mentione il Petrarca.33

Prodotte secondo queste modalit, non solo le anime, ma tutte le cose non possono che essere buone, «per il detto di Mos (dal quale pochissimo differente Platone)», perch tutte «secondo che sono poi rivolte da lui [i.e. Dio]» desiderano il bene e conseguono il proprio fine nel momento in cui il principio stesso le unisce in ultimo a s. Ci avviene naturalmente secondo la «dignit» di ogni singola natura, e secondo gli strumenti che il Dio ha concesso a ognuno: Et non le produce Dio tutte [i.e. le cose], o rivolge, o fa perfette, immediatamente, ma ad ognuna ha dato un mezzo, et strumento, da poter far in loro, qual si voglia, di queste operazioni. Et tutte naturalmente obediscono al loro fattore, et rivolgitore, et perfettore Dio.

Nel quadro di una natura perfettamente consona all’atto della produzione divina, solo l’uomo, in forza di quegli stessi strumenti di cui Dio lo ha dotato, resiste e disobbedisce: Solo l’huomo atto a disobedire, et a resistere a lui. Et questo perch gli istromenti, che [sic] l’intelletto, et la volont, non hanno sciolte le forze loro; anzi l’hanno legate, et avinte con i sentimenti corporali, et con la materia. La quale sempre, secondo la natura sua imperfettissima, tira ad imperfettione, tutte le cose che con lei si mischiano. Et per i sensi, non solo si lasciano facilmente trasportare alle inclinazioni di lei; ma tirano seco l’intelletto e la volont, et non acconsentono le pi volte al rivolgimento a Dio.34

La riunione con il principio primo possibile solo attraverso il consentimento del soggetto che deve tendere al suo corso naturale di uomo ed esercitare le sue virt proprie, tanto attive che contemplative: 33 Patrizi 1553, 60v – 61r ; cfr. anche 67v. I versi petracheschi citati sono rispettivamente RVF IV, v. 3; XXIII, v. 121; XXV, v. 5; CCCXXVII, vv. 9 – 11. Di fatto Patrizi ricostruisce all’interno della produzione del poeta una dottrina platonica organica, ribadendo, in questo caso, che «non solo in questi, ma in molti altri luoghi si vede il Petrarca far mentione di queste tre operazioni, non solo intorno all’anima, ma a tutte le altre cose», 61r. 34 Patrizi 1553, 61r–v.

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Et per vinta la nostra natura da si reo et cattivo costume smarrita dal corso suo, che doveva essere al bene, delle virt attive e speculative; beni che sono propri di nostra natura: per mezzo de’ quali siamo tirati a Dio. Appo il quale ultimamente ci godiamo il vero et sommo bene.35

Ancora una volta viene qui evocata l’immagine dell’anima umana che si innalza al cielo per ricongiungersi a Dio e trovare in esso riposo.

7. Conoscenza e volont Sull’immagine del volo che porta l’uomo al cielo e lo fa «heroe o dio» Patrizi si sofferma lungamente nel suo commento, e il motivo del volo pi volte ripetuto e legato a quello della ricongiunzione e del raggiungimento della quiete nel pieno appagamento del proprio fine. L’immagine del volo al cielo ritorna anche in altri luoghi del volumetto del ’53, in particolare nella Citt felice, in cui il Chersino promette ai due dedicatari di offrire loro in futuro un’artificio, di poter comporre a guisa di Dedalo due ale, con le quali, senza temere che il sole habbia la cera loro a liquefare, elle possano levarsi a volo dietro al divino Platone, il quale da queste penne portato, a questo monte sal , et quindi sopra terra alzato vol al Cielo; et per la porta del Capricorno entrando, fra le altre anime de beati ripos .36

Resta fermo che, se motore proprio del volo certamente l’intelletto, la volont ha una grande parte in questo innalzamento e anzi si pu affermare che senza il suo contributo il volo sia impossibile. Nell’analisi del sonetto il problema che diviene centrale l’assenso della volont umana alla innata ‘bont’ delle cose prodotte da Dio. Se queste ultime, anche quelle materiali, sono in origine ‘buone’, ci vale a maggior ragione per le anime, che infatti nella loro discesa ricevono l’impronta delle anime planetarie. Il problema dell’«imperfettione» degli animi umani si traduce allora nel riconoscimento delle cause che possono 35 Patrizi 1553, 61v. 36 Patrizi 1553, 4v. Il passo discusso in Bolzoni 1980, 42. Il monte cui viene fatto riferimento quello «nella cima del quale, la felicit ha posto il paradiso delle sue delitie; al quale pochissimi huomini arrivarono giamai, o arriveranno, se non con questa, o altra somigliante guida», ibid. Anche nel Discorso Patrizi si rivolge al dedicatario affermando che «intender meglio» lo scritto «se prese l’ale di Platone, con esso meco voler infino in Cielo, per poter quivi, pi di vicino et quasi presentialmente contemplare, la cagione di questa cos alta difficolt», Patrizi 1553, 45r.

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avvicinare o allontanare l’anima individuale dalla sua natura divina per giungere a sostenere la necessit dell’uomo savio di percorrere la strada impervia e solitaria della virt . Riprendendo la dottrina degli influssi astrali – pi tardi esplicitamente rinnegata –37 Patrizi afferma che non solo i corpi celesti agiscono sul mondo elementare in termini di luce e moto, secondo l’insegnamento aristotelico,38 ma, e soprattutto, che le anime che li guidano esercitano «certe impressioni» sul «vehicolo etereo» di cui le anime umane si vestono nella loro discesa verso il corpo materiale: Per intendimento della qual cosa da sapere, che l’anime nostre, secondo l’opinion de gli Accademici pi famosi, sono immediatamente create dall’intelletto primo, o vogliamo dire mondo intelligibile. Et tosto che sono prodotte, vestono un corpicello, colto dall’ottava sfera, che si addimanda poi vehicolo etereo. Et con questo poi discendono tra gli elementi et prendono questo corpo materiale composto di quelli.39

Tra le diverse inclinazioni impresse dai pianeti spiccano gli influssi di Saturno e di Giove, preposti rispettivamente alla contemplazione e alla vita attiva. Sarebbero soprattutto questi due pianeti, i pi «alti» e i pi

«benigni» ad essere spenti, non perch veramente fussero estinti, ma perch avendo i cattivi costumi vinta la nostra natura, non si viveva pi , secondo la loro informatione.40

Da qui, spiega Patrizi, il lamento di Petrarca di fronte alla meraviglia suscitata da chi voglia far «d’Helicona nascer fiume». Si incrociano in questa immagine due motivi particolarmente significativi: da un lato la corrispondenza tra le anime dei pianeti e le Muse; dall’altro quello dell’ispirazione e del furore che discende dalle regioni sublimi delle acque celesti. Gi nel Discorso Patrizi aveva fatto largamente riferimento al possibile riconoscimento delle Muse nelle anime dei pianeti: 37 Patrizi 1586 (ed. cons. Patrizi 1969, II, 23 – 24); cfr. Muccillo 1986, 637n. 38 La dottrina aristotelica verr discussa nella Nova Philosophia gi nel titolo «non per motum, sed per lucem et lumen»; parimenti Patrizi si soffermer sul problema «An stellae aliquid agant» nel libro XXI della Pancosmia (c. 114v). In proposito cfr. anche Muccillo 1986, 674 – 675. 39 Patrizi 1553, 62r. Il riferimento alla Theologia platonica, XVIII, 4.3 (Ficino 2001 – 06, VI, 104). Sulla discesa dell’anima e il suo «corpicello» oggetto degli influssi astrali Patrizi si sofferma anche nel Discorso, cfr. Patrizi 1553, 46v. 40 Patrizi 1553, 62v. Gli stessi versi petrarcheschi (vv. 5 – 6) vengono citati nel Discorso come indicazione del fatto che tutte le attivit umane sono in qualche modo sotto l’egida di un pianeta, illustrato nel passo tanto con il nome greco e latino che con quello ebraico (cfr. Patrizi 1553, 47r – 48r).

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avertiremo prima, che tutto questo universo corporeo, animato, et retto da un’anima ragionevole, et eterna. Et che parimenti i bassi elementi, sono mossi, et agitati da simili anime. Et che questo Ciel della Luna sia del medesimo modo animato, et anche quello di Mercurio, et quel di Venere, del Sole, di Marte, di Giove, di Saturno, et finalmente lo Stellato, habbiano ciascuno l’anima sua ragionevole, appartata da quella degli altri. Le quali otto anime, delle otto sfere celesti, et quella dell’universo, chiamarono gli huomini savi del nostro mondo Muse; prendendo cotal nome dalla Musica, et dall’armonia soavissima, che causavano i cieli mossi, dalle predette anime, et dalla universale, la quale tutte l’altre governa, et tempera.41

Il motivo di una tale identificazione viene riconosciuto nel fatto che gli antichi hanno voluto dare un nome e riconoscere come divini i contenuti della nostra mente, che sappiamo a questo punto originariamente sotto l’influsso degli astri.42 Per questo sono state definite Muse le sette arti liberali, «aggiuntaci la Fisica, et la Teologia, […] come effetti in noi, prodotti dalle vere, et divine Muse». L’identificazione viene corroborata dall’etimologia del nome «Helicona», premessa ad un breve scorcio di genealogia sapienziale, da Cadmo agli «Hebrei» e ai «Gentili», dalle origini pi antiche alla filosofia greca: «Helicona, dal verbo 2k_tty, che aggiro, et rivolgo, viene a significare»: Et perch il Cielo, il vero luogo, et il vero albergo delle vere Muse, il quale ad imitatione, dell’operationi loro, s’aggira continuamente in cerchio, fu dai simbolici Theologi, detto Helicona, dal verbo 2k_tty, che aggiro, et rivolgo, viene a significare. Cos il luogo delle cognizioni, et delle Muse dell’animo nostro, che fu stimato essere il cervello, si chiam Helicona. Con questo nome, significarono parimente un monte in Beozia, nel quale finsero che habitassero le Muse. Et questo perch in Beozia, prima che in niun’altro luogo della Grecia, si incominci a filosofare. Perci che Cadmo, che primo di tutti, loro port le lettere, arriv quivi, et ci edific Thebe. Il quale Cadmo con le lettere, si dee credere, che portasse ancor’assai della cognizione, delle cose naturali et matematiche, et divine. Perci che allora in Fenicia donde egli era venuto, et ne’ luoghi circonvicini, come in Caldea, in Giudea, in Armenia fiorivano molto; et era ancora molto fresca la memoria di No , il 41 Patrizi 1553, 46r. Segue l’elenco di tutte le muse. Lo stretto legame tra muse e anime delle sfere viene riproposta in un’opera dei tardi anni ’70, L’amorosa filosofia, a Tarquinia Molza (Patrizi 1963), analizzata in Vasoli 1998, 419 – 441, in particolare 428 – 431. Fonte primaria dell’identificazione anime celesti-muse, come della dottrina degli influssi astrali cui sottoposta l’anima nella sua discesa il commento di Macrobio al Somnium Scipionis (ed. cons. Macrobius 1963, in part. Comm. 1, 12, 13 – 15, 17 – 24 e Comm. 2, 3, 1 – 3) come indicato in Muccillo 1986, 629 – 630. 42 Patrizi 1553, 63r.

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quale, insieme con il mondo, rinov le discipline, et le scienze. Le quali vennero in Grecia d’altri paesi, et non vi ci nacquero, come assai a lungo, di ci , nel nostro Rovere, si ragiona. Per haver adunque Cadmo portato queste Muse, prima che in alcuno altro luogo in Beotia, si finse, che quivi elle abitassero sopra un monte. Conciosia che appo gli antichi, et Hebrei, et Gentili, le cose divine, et che superano l’ingegno, et la capacit del volgo, si figurano sopra a’ monti. I quali si sollevano dalle cose terrene et basse, et al Cielo si inalzano, et si fanno vicini.43

Petrarca dunque nel suo sonetto lamenta la meraviglia suscitata ai suoi tempi dall’esercizio della filosofia, «e massimamente specolativa», sottolineando come in fondo quella morale, se anche non affrontata nei suoi principi teorici, sia comunque diffusa nell’esercizio dei giureconsulti.44 Ricostruito sulla scorta dei testi di Omero ed Esiodo,45 il significato del fiume mitico nato dal «fonte Caballino» diviene occasione per sottolineare che si come ogni fiume si deriva dal suo fonte, cos lo scrivere, et il parlare delle cose alte, nasce come fiume, da questo fonte della cognitione. Era dunque meraviglia […] se alcuno faceva nascer fiume di eloquenza dal fonte Caballino, cio dal fonte della cognitione, che l’ingegno che nasce in Helicona, ci nel capo, o in altro luogo, dove stanno le Muse, ci le scienze, et le cognizioni nostre.46

43 Patrizi 1553, 63v. Ritorna in questi brani il rimando alle due opere giovanili a noi sconosciute, il Narciso e la Rovere. Facendo riferimento alle due diverse invocazioni (v. 1) che introducono rispettivamente la Teogonia e le Opere e i giorni (ed. cons. in Esiodus 2007), Patrizi accentua una distinzione tra le Muse Eliconie e le Pierie, le une preposte alle virt contemplative, le altre alle virt attive: «Et cos si vede di continuo osservato da tutti i miglior Poeti, di invocare quelle di Helicona, come quasi per eccellentia; nelle cose contemplative. Et nell’attive, all’incontro, quelle di Pierio, che mote pi basso che Helicona non », 64r. 44 «[…] come cosa rara et meravigliosa, veniva mostrato a dito, qualunque o diceva, o scriveva alcuna cosa di filosofia, et massimamente speculativa: Perci che la morale, come pi facile et come trattata in certo modo da i leggisti, che assai in buon numero allora, non era cos nuova», Patrizi 1553, 64r. 45 Cfr. rispettivamente Iliade, I, v. 249; Teogonia, v. 39. 46 Patrizi 1553, 64v. Nel Discorso l’ingegno era stato definito come un’«attitudine, et una prontezza della nostra mente all’imparare, et al ritrovare […]; et di questo pare a me, che intenda Alessandro, che sia l’intelletto in potenza», Patrizi 1553, 45v.

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8. Poesia e conoscenza L’ultima parte della Lettura, riservata al commento delle terzine, permette a Patrizi di specificare modalit e contenuti del «fiume di eloquenza». Il riferimento tanto al «lauro», sacro ad Apollo, che al «mirto», sacro a Venere, lo spingono ad ampliarne il dominio, per accogliervi non solo la poesia, ma, e soprattutto, la filosofia («povera, e nuda vai Filosofia», recita il sonetto): questo «studio delle scienze» che spinge alla solitudine, alla contemplazione, al disprezzo di ogni agio e di ogni «guadagno». Viene cos tratteggiata una sorta di pazzia, uno «strano humore» che la «feccia degli uomini» interpreta come segno di devianza e giudica con disprezzo, ma che in realt reca in s il seme di ogni pi alta conoscenza: Et per si meravigliava il pazzo volgo, della pazzia di costoro, et diceva quasi per disprezzo, che tanta filosofia? che tanta dottrina? voi filosofi anderete sempre con i panni stracciati, et non harrete che mangiare, seguendo questi vostri studi et queste vostre lettere.47

A questa interpretazione volgare della pazzia fa riscontro una pazzia di significato pi profondo, da intendersi nei termini di vero e proprio ‘furore’, che nel Discorso Patrizi definiva appunto come un «fiume» che scaturisce dal primo «rivo dell’ingegno e dell’attitidine»: Il furore poi, che a guisa di rapido fiume corre, da questo rivo ha principio; et s’accresce quando dalle Muse, gli piovuta acqua in pi abondante copia.48

Non mi soffermer in particolare sulla declinazione patriziana della dottrina del furore – gi affrontata dalla critica –49 se non per ripercorrerla brevemente nei termini in cui viene delineata nell’ultima parte della Lettura a giustificazione del carattere divino e conoscitivo della poesia. 47 Patrizi 1553, 65r. Sul tema della povert e dell’abbandono delle ricchezze da parte del filosofo si ritorna alla c. 67r. Ci troviamo anche qui di fronte ad un tema molto diffuso, quello del disprezzo, della solitudine e della povert che caratterizza i veri filosofi. Un esempio simile ed incisivo dato dalla caratterizzazione dei filosofi nell’Antiprologo del Candelaio di Giordano Bruno (Bruno 1582, ora in Bruno 1999; I; il riferimento a p. [19]). Gi Giovanni Aquilecchia aveva inoltre notato l’influsso del testo petrarchesco sul sonetto proemiale che introduce la commedia, cfr. Aquilecchia 1993, 327 – 366. In proposito mi permetto di rimandare a Puliafito 2007, in particolare 21 – 22. 48 Patrizi 1553, 49r. Tra i molti altri autori che adottano tale metafora vale la pena di citare di nuovo Bruno, Cena delle ceneri (Bruno 1984b), ora in Bruno 2000, 22 – 23; 982n. 49 Cfr. Bolzoni 1980, 26 – 52; 57 – 61; Muccillo 1986, 626 – 632.

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«Dio, et capitano delle Muse», Apollo viene letto come la parte pi

alta dell’anima mondana, la cui conoscenza, come nel caso dell’intelletto partecipato di Simplicio, non discorsiva, ma immediata e indivisibile: Apollo, inteso per la mente, et intelletto di questa anima mondana. Et quando io dico anima, voglio che si intenda, una sostanza mezzana, tra le cose corporali et incorporali, il cui proprio, et natural ufficio sia l’intendere con discorso. Ma partecipi dell’intelletto, dal mondo intelligibile, col quale intenda indivisibilmente, et in momento. Et questo sia l’intelletto partecipato, da Simplicio tanto celebrato.50

Apollo per anche il dio della profezia, una conoscenza infusa negli uomini talora «senza alcun lor apparecchio, o di costumi, o di dottrina», talora «non senza ambedue questi apparecchi», talora in maniera diretta, talora per tramite di qualche intermediario. Nella lunga catena dei «prisci theologi» ci sembra essere avvenuto per le Sibille «ispirate per mezzo di alcun Demonio», ma anche per Ermete, la cui conoscenza profetica, ricorda Patrizi, avallata dallo stesso Lattanzio.51 ð tuttavia il riferimento a Esiodo, che permette di collegare poesia e profezia. A lui le Muse hanno porto il ramo d’alloro, facendolo dapprima poeta, poi profeta secondo la descrizione che egli stesso d della propria ispirazione nella Teogonia. 52 Da qui Patrizi trae spunto per ripercorrere la successione dei quattro furori divini, di cui «il primo sempre il Poetico, il secondo il ministeriale, il terzo profetico, et l’ultimo amoroso». Poeti furono dunque le Sibille, ed Esiodo, ed Orfeo, e i profeti ebrei che scrissero in verso; ma se, nota Patrizi, «il charattere, et forma del Poeta non il verso, ma la favola, et la fittione», ‘poeti’ furono anche i profeti ebrei che del verso non fecero uso, e poeta fu Mercurio Trismegisto «che scrisse ne i geroglifici […], precedendo sempre per la disposizione dei gradi la Poesia, alla Profetia».53 Sono per proprio Mercurio, Esiodo ed Orfeo a mostrare come il furore che porta alla profezia possa essere raggiunto anche «per lo studio della filosofia, et per la cognizione delle cose che da lei appariamo». Sono dunque i poeti-teologi a mostrare 50 Patrizi 1553, 65v. Sull’argomento Patrizi dichiara di essersi dilungato nel suo Narciso. Sulla natura discorsiva dell’anima si ritorner in particolare nella Pampsychia V, De animis irrationalibus (Patrizi 1591, 57r – 59v). 51 Patrizi 1553, 66r. Cfr. Divinae institutiones, I. 6. 52 Patrizi 1553, 66r ; cfr. Teogonia, vv. 31 – 32. 53 Patrizi 1553, 66v. Sulla centralit del verso nella poesia, a partire dalla Poetica aristotelica (1451 b), cfr. Deca disputata, VI: Se la favola pi che il verso sia propria del poeta (Patrizi 1969, II, 117 – 128). Su questi argomenti in particolare Patrizi afferma di essersi soffermato nella Rovere.

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il frutto preziosissimo, et il ricchissimo acquisto di questa cos grande, et lodevole fatica, stimata vana dal volgo ignorante

e significata da Petrarca sotto la vaghezza et desiderio del Lauro. Alludendo insieme al dio donatore della profetia […] et a quel lauro, che fu ad Hesiodo donato dalle Muse; et anco simplicemente al Lauro, il quale nel sonno sottopost’al capo fa i sogni veri riuscire.54

Ad un livello ancora superiore il tipo di conoscenza significata dal mirto, poich esso dedicato a Venere e viene dunque a significare il grado pi alto del furore, quello amoroso, grazie al quale amando la bellezza di Dio, ci uniamo a lui et quasi in lui ci convertiamo; et acquistiamo l’ultima nostra perfettione, et beatitudine.

Strumento primario dell’ascesa resta la «sacra filosofia», che allontana dalle inutili e «volgari» ricchezze terrene per condurci alla vera felicit. Infatti il guadagno, secondo l’insegnamento platonico nell’Ipparco,55 di due specie: l’uno porta alla perdizione, l’altro alla felicit. Se il primo va identificato nel «vile guadagno» del sonetto petrarchesco, ricercato dalla maggior parte degli uomini, l’altro il bene supremo riservato a quegli spiriti che riescono ad aderire fino in fondo all’impronta divina che in loro. Patrizi si sente obbligato a definire con precisione il significato del termine ‘spirto’ adottato da Petrarca, e confrontando altri luoghi del Canzoniere in cui esso compare,56 ne traccia l’evoluzione dall’uso medico (che indica il «vehicolo aereo» quasi incorporeo dell’anima e suo «primo instrumento», «generato nel core, dell’aere tirato per respiratione, et della pi sottile parte del sangue», da cui il corpo trae il calore necessario alla vita), all’uso «trasferito […] alle sostanze veramente incorporee», come quelle dello spirito santo e degli angeli, fino a prenderlo come sinonimo di uomo – nella fattispecie l’amico non meglio identificato – cio come «il composto tutto, denominandolo per dalla migliore, et pi nobil parte di lui, che l’anima».57 Si ritorna cos a quello che era stato indicato come il soggetto fondamentale del sonetto: l’appello a non abbandonare la «magnanima impresa», che ricerca di elevazione e di ricongiungimento a Dio. Due 54 Patrizi 1553, 66v. 55 Ipparco, 230 b sgg. 56 RVF XLVII, vv. 1 – 2; CCCXXVII, v. 10; CCXLIII, v. 3; CCCLII, vv. 1 – 2; LIII, v. 1; cfr. Patrizi 1553, 69r. 57 Patrizi 1553, 68v – 69r.

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sono infatti le strade che si presentano all’uomo: quella impervia della virt , il «destro sentiero» del poeta,58 che riconduce al bene e alla perfezione ricevute originariamente da Dio, e quella larga, facile e «trita», perch frequentatissima, del vizio. Gli strumenti di cui l’uomo stato dotato dal principio supremo per scegliere sono l’intelletto e la volont «acci che noi potessimo a lui pi facilmente rivolgerci, et caminare alla nostra perfettione».59 Sono queste le due «potenze» con cui l’uomo chiamato a «governare» la propria vita, i «piedi» che guidano il «pellegrinaggio»: quello che riconduce alla «patria» o condanna a «eterno, et miserabile esilio». L’uomo potr farsi realmente uomo solo in quanto riuscir a ritrovare il barlume di divinit che insito in lui e ad aderire con fermezza alla perfezione concessagli dal principio primo, secondo l’insegnamento «che da Poeti antichissimi, et da Pitagora, et da Christo finalmente ci stato insegnato».60 Non si tratta di un’esperienza mistica, ma comunque di un distacco dalla dimensione corporea e molteplice che permetta, «vestiti, et calciati di virt et di habiti contemplativi», di coronare la propria ricerca di elevazione e di conoscenza, come quelli che, «a guisa di nuovo Mercurio, o di Perseo» – afferma Patrizi – sanno l’arte «di adattarsi a’ piedi, cos pretiose, et aurate penne».61

Bibliografia Fonti mss. Citt del Vaticano, Biblioteca Apostolica Vaticana, ms. Barberiniano greco 180. Firenze, Biblioteca Nazionale Centrale, Filze Rinuccini, scatola I. Parma, Biblioteca Palatina, ms. Palatino 665.

Testi a stampa Aquilecchia, Giovanni (1993): „Saggio di un commento letterale al testo critico del Candelaio”, in: id.: Schede bruniane. Roma: Vecchiarelli, 327 – 366. Ariosto, Ludovico (1999): Orlando furioso, a cura di Cesare Segre. Milano: Mondadori, vol. 2. 58 59 60 61

RVF, XIII, v. 12. Patrizi 1553, 67v. Patrizi 1553, 68r. Ibid.

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Bolzoni, Lina (1980): L’universo dei poemi possibili: studi su Francesco Patrizi da Cherso. Roma: Bulzoni. Bruno, Giordano (1582): Candelaio. Comedia del Bruno Nolano Academico di nulla Academia detto il Fastidito. In tristitia hilaris, in hilaritate tristis. Pariggi: Appresso Guglielmo Giuliano, Al segno de l’Amicizia. Bruno, Giordano (1584a): Giordano Bruno Nolano, De la causa, principio et Uno, A l’Illustrissimo Signor di Mauvissiero. Venezia. Bruno, Giordano (1584b): La cena de le Ceneri. Descritta in cinque dialogi, per quattro interlocutori, con tre considerationi, circa doi suggetti, s.l., s.e. Bruno, Giordano (1999): Opere italiane. Ristampa anastatica delle Cinquecentine, a cura di E. Canone. Firenze: Olschki, voll. 4. Bruno, Giordano (2000): Dialoghi filosofici italiani, a cura e con un saggio introduttivo di M. Ciliberto. Milano: Mondadori. Contile, Luca (1560): Le Rime di Messer Luca Contile, divise in tre parti, con discorsi, et argomenti di M. Francesco Patritio, et M. Antonio Borghesi. Nuovamente stampate con le sei canzoni dette le sei Sorelle di Marte. In Venetia: Appresso Francesco Sansovino, et compagni. Esiodus (2007): Opere. Testi introdotti, tradotti e commentati da G. Arrighetti. Testo greco a fronte. Milano: Mondadori. Ficino, Marsilio (2001 – 2006): Platonic Theology. English translation by M. J. B. Allen, with J. Warden. Latin text edited by J. Hankins, with W. Brown. Cambridge (Mass.) – London: I Tatti Renaissance Library / Harvard University Press, voll. 6. Kuhn, Barbara (2003): Mythos und Metapher. Metamorphosen des Kirchen-Mythos in der Literatur der italienischen Renaissance. Mnchen: Fink. Macrobius (1963): Commentarii in Somnium Scipionis, curavit I. Willis. Lipsiae: in aedibus Teubneri. Muccillo, Maria (1986): “Marsilio Ficino e Francesco Patrizi da Cherso”, in: Garfagnini, Gian Carlo (ed.): Marsilio Ficino e il ritorno di Platone. Firenze: Olschki, II, 615 – 679. Muccillo, Maria (1990): „Il ‘De humana philosophia’ di Francesco Patrizi da Cherso nel codice Barberiano greco 180”, in: Miscellanea Bibliothecae Apostolicae Vaticanae, IV. Citt del Vaticano: Biblioteca Apostolica Vaticana, 281 – 307. Patrizi da Cherso, Francesco (1553): La citt felice. Dialogo dell’honore il Barignano. Del medesimo, Discorso della diversit dei furori poetici. Lettura sopra il sonetto del Petrarca. La gola, e’l sonno, e l’ociose piume. In Venetia: per Giovanni Griffio. Patrizi da Cherso, Francesco (1571): Discussionum peripateticarum, tomi primi, libri XIII. In quorum lectione, innumera sane inuenient studiosi, non solum in Aristotelica philosophia, tironibus: sed etiam, et in ea, et in reliqua literatura veteranis, mirabiliter, tum vtilia, tum rerum veteri nouitate, iucundussima. Librorum argumenta, pagina versa indicat. Venetijs: apud Dominicum de Franciscis. Patrizi da Cherso, Francesco (1581): Discussionum Peripateticarum Tomi IV. Quibus Aristotelicae philosophiae vniuersa historia atque dogmata cum veterum

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placitis collata, eleganter & erudite declarantur. Basileae: ad Pernam Lecythum. Patrizi da Cherso, Francesco (1586): Della poetica di Francesco Patrici, la deca disputata nella quale e per istoria, e per ragioni, e per autorit de’ grandi antichi, si mostra la falsit delle pi credute vere opinioni, che di poetica a d nostri vanno intorno. Et vi aggiunto il Trimerone del medesimo, in risposta alle oppositioni fatte dal signor Torquato Tasso al parer suo scritto in diffesa dell’Ariosto. In Ferrara: per Vittorio Baldini stampator ducale. Patrizi da Cherso, Francesco (1591): Nova de universis philosophia in qua Aristotelica methodo, non per motum sed per lucem, & lumina, ad primam causam ascenditur. Deinde propria Patricii methodo; tota in contemplationem venit Divinitas: Postremo methodo Platonica, rerum universitas, a conditore Deo deducitur. Ad Sanctiss. Gregorium XIIII. Pont. Max. Et eius successores futurus Pontt. Maxx. Omnes. Opus rerum copia, et vetustissima novitate, Dogmatum varietate, et veritate, Methodorum frequentia et raritate, Ordinis continuitate, Rationum firmitate, Sententiarum gravitate, Verborum brevitate, et claritate, maxime admirandum. Ferrariae: Apud Benedictum Mammarellum, Superiorum Concessu. Patrizi da Cherso, Francesco (1963): L’ amorosa filosofia, a cura di John Charles Nelson. Firenze: Le Monnier. Patrizi da Cherso, Francesco (1969): Della Poetica, a cura di D. Aguzzi Barbagli. Firenze: Olschki, voll. 3. Patrizi da Cherso, Francesco (1993): Nova de Universis Philosophia. Materiali per un’edizione emendata, a cura di A.L. Puliafito Bleuel. Firenze: Olschki (= Quaderni di Rinascimento, 16). Petrarca, Francesco (2000): Canzoniere. Edizione commentata a cura di M. Santagata. Milano: Mondadori. Plotinus (1981): Ennades. Texte tabli et traduit par E. Brhier. Quatri me tirage. Paris: Les Belles Lettres. Puliafito Bleuel, Anna Laura (2007): Comica pazzia. Vicissitudine e destini umani nel Candelaio di Giordano Bruno. Firenze: Olschki (= Studi e testi per la storia religiosa del Cinquecento, 13). Purnell, Frederick (1978): „An addition to Francesco Patrizi’s correspondence“, in: Rinascimento n.s. 18, 135 – 149. Solerti, Angelo (1886): „Autobiografia di Francesco Patricio”, in: Archivio storico per Trieste, l’Istria e il Trentino 3/3 – 4, 276 – 280. Varchi, Benedetto (2004): „Zu RVF 7 La gola e ‘l somno et l’otose piume”, in: Huss, Bernhardt / Neumann, Florian / Regn, Gerhard (Hrsg.): Lezioni su Petrarca. Die Rerum Vulgarium Fragmenta in Akademievortrgen des 16. Jahrhunderts. Mnster: LIT (= P & A, 3), 57 – 85. Vasoli, Cesare (1981): „Un mito storiografico: l’adolescenza di Francesco Patrizi“, in: id.: Immagini umanistiche. Napoli: Morano, 527 – 557. Vasoli, Cesare (1998): „L’amorosa filosofia di Francesco Patrizi“, in: Rivista di Filosofia 43/3, 419 – 441.

‘Would you check my edition please?’ Scaliger’s annotations to some poetical / philosophical texts* Patrizia Marzillo 1. Introduction: Scaliger and Estienne 28 July 1584: Henri Estienne (Paris) to Scaliger [Agen]1 Monsieur, […] C’est qu’il vous plaise me donner vostre advis touchant l’edition d’Aristote, car je suis fort sollicit de la faire par colomnes avec le latin vis  vis du grec, soit de la mesme forme du Platon,2 soit de plus petite lettre. Je suis en doute quels interpretes je doys choisir, se trouvans plusieurs interpretations d’un mesme livre, comme vous sÅavez. Mais principalement je me trouve en peine touchant ce qui est de la logique. J’adjousterois les difficultz qui m’empeschent de me resouldre, si je ne m’asseurois que vous pouvez bien vous en aviser incontinent. […] Vostre affectionn amy et serviteur, Henry Estienne

The Humanist Joseph Justus Scaliger (Agen 1540 – Leiden 1609) was regarded as an authority on Greek and Latin and also Arabic and Hebrew, thus his letters from friends and colleagues are full of questions on philological matters. Those who sought Scaliger’s advice were not only students, disciples and young admirers, but also included major names of sixteenth-century philology:3 Joannes Woverius, Bonaventura Vulcanius, Gerardus Vossius, Justus Lipsius, Claudius Salmasius, Isaac Casaubon and, above all, Henri Estienne. *

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This article contains the results of my research in Leiden and Oxford in 2009. Special thanks go to Dirk van Miert who allowed me to read his forthcoming edition of Scaliger’s Epistles and both to the Leiden University Library and to the Bodleian Library. Botley / van Miert I, 346 – 348. Plato, Opera, 3 vols., Paris 1578, the page numbers and letter references of which have acted as a standard means of reference to Plato’s works ever since. A complete list of Scaliger’s correspondents can be found in Botley / van Miert, vol. 6.

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With the Parisian printer Estienne, Scaliger seems to have had what Grafton calls «a working partnership».4 In his letter of 28 July 1584 (reproduced above), Estienne asked him for help with a complete edition of Aristotle (which never appeared) and they worked together on the so-called philosopher poets. In fact, in 1573 Estienne published the PoiÞsis philosophos, which contains a translation into Latin of Empedocles’ de respiratione5 (printed on p. 13) and also some philological comments (printed on pp. 216 – 219) by Scaliger. As the name itself indicates, Estienne’s PoiÞsis philosophos is an edition of ‘philosophical poetry’. The list of philosopher poets is basically the same as in Diogenes Laertius’ Lives and Opinions of Eminent Philosophers. It includes, after the dedicatory epistle, fragments from Empedocles, Xenophanes, Parmenides, Cleanthes, Epicharmus, Timon, Critias, Orpheus, Musaeus, Linus, Pythagoras, and, although they wrote in prose, from Heraclitus and Democritus and their collected letters. For each fragment an indication is given of the source from which Estienne took it, e. g. «ex Diogene Laertio», «ex Clemente Alexandrino», «ex Plutarcho», or «ex eodem» when a quotation comes from the same author as the previous fragment. At the end we find the biographies (taken from Diogenes Laertius) of Empedocles, Xenophanes, Parmenides, Cleanthes, Epicharmus and Timon followed by Scaliger’s notae and Estienne’s final remarks.6 In the case of Estienne’s PoiÞsis Philosophos Scaliger’s involvement took place before the book was published, whereas on other occasions his philological and exegetical work began when the books were already printed. Indeed, he made many notes by hand both in the books belonging to him and in manuscripts he compiled. Most of these ‘epitext examples’ are preserved in the University Library of Leiden, to which Scaliger bequeathed all his foreign-language books.7 Of course, among these there are not only books concerning ‘philosophical poetry’,8 but I would like to focus my attention only on the ones dealing with ancient philosophy directly or indirectly. Three of the annotated books in Leiden, for instance, contain biographies of philosophers which also quote passages from their work and 4 5 6 7 8

Grafton 1983, 126 f. Emped. Fr. 100 D.-K. On Estienne’s PoiÞsis see Primavesi, (forthcoming): «Henri II Estienne ber philosophische Dichtung: Eine Fragmentsammlung als Beitrag zu einer poetologischen Kontroverse». Books and manuscripts in Latin, Greek, Hebrew, Syrian, Arabic and also Ethiopian, see van Ommen / Vrolijk 2009, 27. A complete list can be found in Biblioteca Universitatis Leidensis, Codices manuscripti II.

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therefore pass on elements of their teaching: Henri Estienne’s 1570 edition of Diogenes Laertius (a copy which is abundantly annotated), the posthumous reprint of Eunapius’ De vitis philosophorum by Hadrianus Junius (Hoorn 1511–Middelburg 1576) of 1596 and the 1598 edition of Jamblichus’ De vita Pythagorae by Johannes Arcerius. All these editions are full of Scaliger’s comments: on the one hand he corrects the Greek text; on the other he provides further passages by other authors that may cast light on the interpretation of the text. One might ask at this point if Scaliger owned a personal copy of Estienne’s PoiÞsis philosophos and if he annotated it. The answer to this question is yes, but Scaliger’s copy of Estienne’s PoiÞsis philosophos is not in Leiden but in Leiden’s sister city, Oxford. On the other hand, the manuscript Scal. 25, which is preserved in Leiden, can be considered a further epitext to the PoiÞsis philosophos. I am now going to present the Oxford epitexts in order to illustrate common points and differences between them and Scal. 25 and attempt to draw some conclusions.

2. Oxford epitexts Scaliger’s own copy of Estienne’s PoiÞsis philosophos is preserved in the Bodleian Library.9 The volume bears the words «Ex Bibliotheca I. Scaligeri» and contains besides Estienne’s PoiÞsis also Estienne’s edition of The contest between Homer and Hesiod likewise printed in 1573. Scaliger’s annotations go up to p. 179. They were written at different stages, as we can establish not only from the different inks used, but also from the evolution in his handwriting. In order to mark a correction or add his observations on a word or expression he would usually underline the point at issue and write his comments in the margin, and those comments were sometimes also underlined. Scaliger added further notes, mostly in Greek and Latin and once in Hebrew,10 on the pages left blank by Estienne, between the lines, at the top and bottom and in the side margins. 9 Under BOD 88 C 238(2) Art. I would like to thank again the Bodleian Library, University of Oxford, that allowed me to print. 10 This is the case of PoiÞsis philosophos p. 86, where Scaliger, commenting on the first line of: =sti c±q (eQ wqμ diaMN¶dgm t± toO jahgcelºmor k´ceim) b pa-/q± t` (Oqve? pqytºcomor he¹r, jat± t¹ p´qar t_m mogt_m Q-/dqul´mor paq± t` Pk²tymi t` aqtof]\. di¹ ja· aQ¾miºm/ 1sti ja· t_m mooul´mym j²kkistom7 ja· toOtº 1stim 1m mogto?r, fpeq b /Fe»r 1m moeqo?r. p´qar d³ 2j²teqor t_mde t_m t²neym. ja· b/ l³m, t_m paqadeiclatij_m aQt¸ym t¹ pq¾tistom, b d³, t_m dg-/liouqcij_m t¹ lomadij¾tatom.

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It must be reminded at this point that these marginalia by Scaliger are still unpublished. The critical comments on the individual fragments and all quotations added by Scaliger have been collated in the edition of the PoiÞsis that our research project «Verlegerische Strategien und Humanistische Gelehrsamkeit. Vorsokratiker-Rezeption im spten 16. Jahrhundert» is preparing in the framework of the SFB 573 «Pluralisierung und Autoritt». In this paper, I would like instead to show the ‘new’ texts Scaliger added to the philosopher poets most heavily annotated by him: Empedocles, Parmenides and Orpheus11. These are, in fact, the authors that we will meet in Scal. 25 too. 2.1. Empedocles The fragments Scaliger added are sometimes texts that Estienne cites as well, but quoted from a different author. An example of this is on p. 20 (fig. 1): Scaliger added to B 3 D.–K., B 4.1 – 2,12 B 146 and B 147. He must have thought at first that the text of these three fragments (Fr. 4.1 – 2 «but bad men are strongly inclined to disbelieve the strong./ And [you], know in the way that the assurances given by our muse urge, by dividing up the discourse in your heart» and Fr. 14613 + 147.1a «And finally they become prophets and singers and doctors / and leaders among men who dwell on di¹ ja· 2moOtai pq¹r 1je?-/mom b Fe»r di± l´sgr t/r mujt¹r, ja· pkgqyhe·r 1je?hem, c¸-/ cmetai jºslor mogt¹r, ¢r 1m moeqo?r. ªr tºte pqytocºmoio wam¹m l´mor Eqije paiom T_m p²mtym d³ d´lar eWwem 1m· cast´qi jo¸k,, L?ne d³ oXr lek´essi heoO d¼mal¸m te ja· !kjμm, Toumeja s»m t` paq± Di¹r p²kim 1mt¹r 1t¼whg (fr. 241 Bernab) «ex Proclo», wrote

on the left-hand side of the first line: ;DFH NDHJ. «Zafnat-Paneach» (in Greek Xomholvamgw) is the epithet given by the Pharaoh to Joseph in Gen. 41.45: «And Pharaoh called Joseph’s name Zaphenathpaneah». 11 A few quotations have also been added to Xenophanes, Timon, Linus and Pythagoras. 12 Theodoret. Sermone I [Graec. aff. cur. 1.71]: !kk± jajo?r l³m j²qta p´kei jqat´ousim !piste?m7 ¨de c±q Blet´qgr j´ketai pist¾lata Lo¼sgr. Sermone VIII [Graec. aff. cur. 8.36]: eQr d³ t´kor l²mteir te ja· rlmopºkoi ja· Qgtqo¸ ja· pqºloi !mhq¾poisim 1piwhom¸oisi p´komtai7 5mh( !mabkast²mousi heo· til0si v´qistoi. )ham²toir %kkoisim.

13 B 146 is also quoted, slightly differently, by Clem. Strom. IV 150 II 314, 27 – 29 Sthlin/Frchtel.

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Fig. 1: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 20.

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earth; / thence they sprout up as gods, first in their prerogatives. / With other immortals») accorded well with Fr. 3, which also deals with gods and the muse: («But gods! Turn aside their madness from my tongue / and channel a pure stream from holy mouths. / And you, maiden muse of the white arms, much-remembering, / I beseech you: what it is right for ephemeral creatures to hear, / send [to me], driving your well-reined chariot from [the halls of] piety. / And do not be forced to take from mortals / the flowers of fair-famed honour, on condition that you say more than is holy, / in boldness, and then to sit on the peaks of wisdom. / But come, consider, by every device, how each thing is clear / not holding any vision as more reliable than what you hear, / not the echoes of hearing than the clarities of the tongue, / and do not in any way curb the reliability of the other limbs by which there is a passage for understanding, / but understand each thing in the way that it is clear»). Then he changed his mind and erased the two fragments, probably because they are in Estienne too (pp. 27 – 28), quoted from Clement Alexandrinus. All these fragments are also in Scal. 25, whereas B 4.1 – 3 and B 146 are from Clem. Alex. Strom. V 18,4 II 338, 1 – 3 Sthlin/Frchtel as in Estienne, B 147 is quoted from Clement and Eusebius,14 B 3 from Sextus Empiricus and not from Aristotle as in Estienne. Further loci paralleli are introduced not only from Greek literature but also from Latin. On p. 24 (fig. 2) Scaliger adds to B 117, B 136 and B 137 the corresponding Latin texts from Chalcidius, In Timaeum CXCVII Moreschini. At the top of the page we can see: Namque ego iam dudum vixi puer, et solida arbos. ales et ex undis animal, tum lactea virgo. (B 117, «ex Athenaeo et aliis», says Estienne); in the spaces between )kk¶kour d²ptomter !jgde¸,si mºoio. «Will you not desist from harsh-sounding bloodshed? Do you not see / that you are devouring each other in the heedlessness of your understanding?»15 and Loqvμm d( !kk²namta patμq v¸kom uR¹m !e¸qar, «A father lifts up his dear son, who has changed his form, / and prays and slaughters him, in great folly, and they are at loss / as they sacrifice the suppliant. But he, on the other hand, deaf to the rebukes, / sacrificed him in his halls and prepared himself

14 From Clem. Alex. Strom. V 122.3 II 409,11 Sthlin / Frchtel and from Eusebius Praep. Ev. 13.13.49 II 220,19 Mras. 15 Emped. B 136 = Sext. 9.127. All translations into English of Empedocles’ fragments are by Inwood.

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Fig. 2: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 24.

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an evil meal. / In the same way, a son seizes his father and the children their mother, / and tearing out their life-breath devour their own dear flesh16»: Comprimite o gentes homicidia. Nonne videtis mandere vos proprios artus, ac viscera vestra?

And at the bottom of the page: Mutatos subolis mactat pater impius artus. Dis epulum libans saeva prece. territa menti hostia. Luctifica funestatur dapi mensa. Natus item ut pecudes caedit matremque, patremque nec sentit, caros mandens sub dentibus artus17.

All these fragments are in Greek in Scal. 25, but B 117 is quoted according to Clement Strom. VI 24,3 II 441,7 – 8 Sthlin / Frchtel. At the end of the Empedocles section (p. 31, fig. 3) and in the following three pages left empty by Estienne, Scaliger adds further Empedoclean passages. First, he connects Tertull. De anima 15.5 and 20.3 to Fr. 105.3 quoted from John of Stobi not in Estienne, but in Scal. 25: Ex Tertulliano de anima18 ille19 versus / Orphei, inquit, vel Empedoclis: Namque hominis sanguis circuncordialis est sensus. Puto: 5sti c±q aUshgsir peqij²qdior, !m´qor aXla. (In the margin here, added in a darker red ink: aXla c±q !mhq¾poir/ peqij²qdiºm 1sti/ mºgla, B 105,3: «For men’s understanding is blood around the heart»). IS20.

Second, he annotates from Tertull. de anima XX: Empedocles caussam argutae indolis et obtusae in sanguinis / qualitate constituit: perfectum ac profectum de doctrina / disciplinaque deducit.

Then he inserts texts that are not in Estienne but in the manuscript Scal. 25. We have two passages from Aristotle’s De caelo: 1) – !pe¸qoma c/r te b²hg, ja· daxik¹r aQhμq

¢r di± pokk_m dμ ck¾ssgr Ngh´mta lata¸yr 1jj´wutai stol²tym, ak¸com toO pamt¹r Qdºmtym. Arist. 28 de caelo21

(not in Estienne, but in Scal. 25); 2) Ex lib. 3. de caelo22 (not in Estienne, but in Scal. 25). 16 17 18 19 20 21 22

Emped. B 137 = Sext. 9.129. Emped. B 137. Book 15.5. The Latin not printed in italics are Scaliger’s words. IS = Ioannes Stobaeus. 13, 294a 25 – 28 = B 39 D.-K. 2, 300b 27 = B 57.1 D.-K.

‘Would you check my edition please?’

Fig. 3: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 31.

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Patrizia Marzillo

pokk_m l³m c±q jºqsai !ma¼wemer 1bk²stgsam

and one passage from Plutarch23 Ex Plut. peq· pqys¾pou 1lv. 1m j¼jk\ sek. 5mh( out’ Aek¸oio ded¸ttetai !cka¹m eWdor oqd³ l³m oqd( aUgr k²siom c´mor, oqd³ h²kassa. (not in Estienne, but in Scal. 25 from Plutarch and Simplicius).

From Simplicius [In de caelo CAG VIII 529.1 – 530.15; 236b-237a] come the fragments appearing on the blank page 32 (fig. 4): B 35.1 – 15;24 B 86;25 B 95;26 B 71;27 B 73;28 B 75.29 At this point it must be remembered that Scaliger read not the standard version of Simplicius’ commentary on Aristotle’s De caelo, edited in the CAG, but the editio princeps by Aldo Manuzio of 1526 (pp. 128,46 – 129,15) which is actually a retranslation into Greek from the Latin version by William of 23 De facie in orbe lunae 12, 926D = Emped. B 27. 24 t¸g d( 1c½ rpostq´xar 1qwolai pq¹r bd¹m, aQm´ym t¹m pq·m / jateikgll´mom pqos²ptym l¼h\ lOhom 1je?mo me¸jez l´m te / teke¾tatom rpe¸jei b²hor, dim´ei d³ l´sg stoqcμ peqistqov/m / cemol´mgr eQr ta¼tgm taOh( ûpamta s¼meisim, 4m lºmom / eWmai, oqj bq²a. !kk± stq´vousa Rst÷sa %kkohem %kka t_md( / aw liwh´mtym 1jwe?tai luq¸a 5hmg bqot_m. pokk± d( bloO / sum´stg deslo?sim !loiba?a. fsa d( 5ti t¹ me?jor 5juqsem eQr / 6teqom, oqj !l´lptyr p²mtg di´stgsem pq¹r 1swat¾omta pe¸qata / j¼jkou. !kk± t± l´m 5leime lek´ym, t± d( ¥womto. fsom d( / 5lemai rpen´dqale. tºsom 5lemai rp/khom leik¸wior / stoqc/r !l´lptou !h²mator bql². myhq± d( 5hmg p´vujem / fsa pq·m da/mai %bqota eWmai f_² te, pq·m !di²jqita / diajosl´ousim !cui²r. 1m to¼toir 1lva¸metai, fti 1m t0 "pk0 / diah´sei rpowakø l³m t¹ me?jor, B d³ Vik¸a rpeqisw¼ei, ft( / 1m l´s, t0 stqov0 c¸metai. ¦ste t/r vik¸gr 1pijqato¼sgr 5sti / d¸mg jtk. ultima verba sunt ipsius Simplicii. 25 !kk± ja· peq· avhakl_m t_m sylatij_m to¼tym/ k´cy pqost¸hgsim 1n ¨m avhaklo»r di´cqaxem kalpqot²tour di( !vqod¸tgm. 26 ja· let( ak¸com peq· to»r vikijo»r Fkour t/r !vqod¸tgr poud( %cym, ja· t¹ aUtiom k´cym di± t¸ oR l³m l´h( Bl´qam oR d³ mujt¹r b´ktiom bq_si vgs·m, 1m ta?r !qwa?r !vqod¸tgr, ft( 1m pq¾toir 1v¼omto. 27 fti d³ peq· t_m 1m to¼t\ t` jºsl\ vgs·m, %jousom t_m st¸wym to¼tym eQ d´ t¸ soi peq· to¼tym Rleqt¹r 1lp¸lpkgsi p¸stir, p_r vdator, ca¸gr !ek¸ou te lelicl´mym, eUdea t( 1c´momto, wq¾lat² te, hmgt_m toiaOta fsa mOm va¸metai "qlosh´mt( !vqod¸t,. 28 ja· let( ak¸ca ¤r d³ ca¸gm j¼pqir 2ne¸gr 1d¸mgmem 1m dieq`, B d( 1lvus¶sas( ak¸c\ puq· d_jem 1pijqat´eim. 29 ja· awhir7 to¼tym d³ lu¸ta (on the word Scaliger puts something like a cross +) 1mt¹r l³m pujm± 5jtoshem d³ !qai± di´cqaxem 1m ta?r !qwa?r !vqod¸tgr rcqºtgta toia¼tgm /kawºmta.

‘Would you check my edition please?’

Fig. 4: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 32.

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Moerbeke.30 A table representing B 35.1 – 15 can show the differences between the two versions. Aldina (William of Moerbeke)

CAG

t¸g d( 1c½ rpostq´xar 1qwolai pq¹r bd¹m, aQm´ym t¹m pq·m / jateikgll´mom pqos²ptym l¼h\ lOhom 1je?mo me¸jez l´m te / teke¾tatom rpe¸jei b²hor, dim´ei d³ l´sg stoqcμ peqistqov/m / cemol´mgr eQr ta¼tgm taOh( ûpamta s¼meisim, 4m lºmom / eWmai, oqj bq²a. !kk± stq´vousa Rst÷sa %kkohem %kka t_md( / aw liwh´mtym 1jwe?tai luq¸a 5hmg bqot_m. pokk± d( bloO / sum´stg deslo?sim !loiba?a. fsa d( 5ti t¹ me?jor 5juqsem eQr / 6teqom, oqj !l´lptyr p²mtg di´stgsem pq¹r 1swat¾omta pe¸qata / j¼jkou. !kk± t± l³m 5leime lek´ym, t± d( ¥womto. fsom d( / 5lemai rpen´dqale. tºsom 5lemai rp/khom leik¸wior / stoqc/r !l´lptou !h²mator bql². myhq± d( 5hmg p´vujem / fsa pq·m da/mai %bqota eWmai f_² te, pq·m !di²jqita / diajosl´ousim !cui²r. 1m to¼toir 1lva¸metai, fti 1m t0 "pk0 / diah´sei rpowakø l³m t¹ me?jor, B d³ Vik¸a rpeqisw¼ei, ft( / 1m l´s, t0 stqov0 c¸metai. ¦ste t/r vik¸gr 1pijqato¼sgr 5sti/ d¸mg.

Aqt±q 1c½ pak¸moqsor 1ke¼solai 1r pºqom vlmym, t¹m pqºteqom jat´kena, kºc\ kºcom 1nowete¼ym je?mom· 1pe· Me?jor l³m 1m´qtatom Vjeto b´mhor d¸mgr, 1m d³ l´s, Vikºtgr stqov²kicci c´mgtai, 1m t0 dμ t²de p²mta sum´qwetai 4m lºmom eWmai, oqj %vaq, !kk± hekgl± sumist²lem’ %kkohem %kka. t_m d´ te liscol´mym we?t’ 5hmea luq¸a hmgt_m· pokk± d’ %liwh’ 6stgje jeqaiol´moisim 1makk²n, fss’ 5ti Me?jor 5quje let²qsiom· oq c±q !lelv´yr p½ p÷m 1n´stgjem 1p’ 5swata t´qlata j¼jkou, !kk± t± l´m t’ 1m´lilme lek´ym, t± d´ t’ 1nebeb¶jei. fssom d’ aQ³m rpejpqoh´oi, tºsom aQ³m 1p-ei Apiºvqym Vikºtgtor !lelv´or %lbqotor bql¶. aWxa d³ hm¶t’ 1v¼omto, t± pq·m l²hom !h²mat’ eWmai, fyq² te t± pq·m %jqgta diakk²namta jeke¼hour.

B 35.1 – 15, B 73 and B 75 are also in Scal. 25; in Estienne we have only B 35.14 – 5 quoted from Athenaeus on p. 24. At the end of p. 32, introduced by «et», we have two more fragments from Simplicius: B 17.16 – 7 (also in Scal. 25) and B 57.2 – 3. B 17.16 – 7 also has some marginal corrections here: %kkote l³m stoqc0 sumeqc/ sumeqwºlem( eQr 4m ûpamta.

%kkote d³ wyq·r 6jasta pqozºmta me¸jeor 1whq². For sumeqc/ Scaliger proposes sum´qcei and for 1whq² 5whei in the margin; in Scal. 25 5whei is 30 Cf. Heiberg 1892, 74 – 75.

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accepted and no trace remains of sumeqc/ and stoqc0 has been replaced by vikºtgti. The reason for this is very probably that Scaliger took the text not from the commentary on De caelo, but from Simplicius’ commentary on Aristotle’s Physics. It can not be excluded that he noticed the Aldina edition was useless and so he did not quote anymore the passages coming from the commentary on the De caelo. B 57.2 – 331 from the third book of De caelo 32 is not in Scal. 25. On p. 33 (fig. 5) there is B 141 (deiko· p²mdeikoi ju²lym %po we?qar 5weshe) quoted from Aulus Gellius iv.11.9 and also present in Scal. 25. The following annotation baub½, joik¸a. vel baub½, p±q( 1lpedojke?. Hesychius (from Hesychius b 356 = B 153 D.-K) is not in Scal. 25. Likewise Plutarch, de facie in orbe lunae 16, 929C (= B 42.2 – 3) is not in Scal. 25: 1r t( aWam jah¼peqhem, !pesjm¸vyse d³ ca¸gr tºssom, fsom l¶mgr c´meto ckauj¾pidor ewqor.

All other fragments on Empedocles are also in Scal. 25: B 48 D.-K. from Plutarch, Platonicae quaestiones 3, 1006F (m¼jta d³ ca?a t¸hgsim rvistal´mg va´essi), B 84 from Aristotle peq· aQsh¶seyr ja· aQshgt_m (2, 437b 23): ¢r d( fte tir pqºodom mo´ym ¢pk¸sato k¼wmom weileq¸gm di± m¼jta, puq¹r s´kar aQhol´moio ûxar, pamto¸ym !m´lym kalpt/qar !louqco¼r33, oV t( !m´lym l³m pmeOla diasjidm÷sim !´mtym. v_r d( 5ny diahq_sjom, fsom tama¾teqom Gem k²lpesjem jat± bgk¹m !teiq´sim !jt¸messim. ¢r d³ tº, t( 1m l¶micnim 1eqcl´mom ¡c¼ciom pOq kept0sim ahºm,si 1we¼ato j¼jkopa jo¼qgm aR d( vdator l³m b´mhor !p´stecom !lvim²omtor, pOq d( 5ny di²hqysjem, fsom tama¾teqom Gem.

Here Scaliger adds a remark on the last verse «fire shot forth outside only so far as it was finer»: Subintelligo fsom, fsom di´hqysjem, tºsom. «I imply to fsom so much of it as much shot forth».

31 culmo· lelºqvymtai oR bqaw¸omer wyq·r ¥lym. avhaklo· d³ toioOtoi 1pk²shgsam ptywo· let¾pym (Aldina 144, 32 – 33). 32 587.1 – 2. 33 Supra lineam Scaliger writes !loqbo¼r (= dark lanterns) instead of lanterns «which protect the fire against the wind».

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Patrizia Marzillo

Fig. 5: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 33.

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The last fragment on the page (also in Scal. 25) is B 105 from John of Stobi I (49.53 p. 424, 14 Wachsmuth): aVlator 1m pek²cessi tehqall´mom !mtihq_mtor t0 te mºgla l²kista jijk¶sjetai !mhq¾poisi. aXla c±q !mhq¾poir peqij²qdiºm 1sti mºgla.

On p. 34 (fig. 6) fragment 129 D.-K. is quoted from Jamblicus, de Pythagora (15.67). 129.1 – 2 is in Estienne (p. 30) from Diogenes Laertius 8.54. The fragment appears in Scal. 25 but is quoted differently. The last verse is ja¸ te d´j( !mhq¾pym ja¸ t( eUjosim aQ¾messi although eUjosim and aQ¾messi are written without accent. Perhaps Scaliger has this version from Porphyry, Vita Pythagorae 30: Gm d´ tir 1m je¸moisim !mμq peqi¾sia eQd½r, dr dμ l¶jistom pqap¸dym 1jt¶sato pkoOtom, pamto¸ym te l²kista sov_m 1pi¶qamor 5qcym. bppºte c±q p²saisim aq´naito pqap¸dessi, Ne?² ce t_m emtym p²mtym ke¼ssesjem 6jastom7 ja¸ t( eWd( !mtyp_r, ja· t( eUjashem oQymo?si7 ja¸ t( oWd( %mhqypom, ja¸ t( eUjosim oQ¾mise.

2.2. Parmenides On p. 47 (fig. 7) Scaliger adds some fragments of Parmenides from Simplicius:34 1) B 8.4 from De caelo: 35 owkom loumocem³r wyq·r tqºlou, Ad( !c´mgtom which is also in Estienne, but from Clement and Plutarch36 and in Scal. 25; 2) B 1.28 – 32: oR d( %mdqer 1je?moi (L´kissor, ja· Paqlem¸dgr) / dipk/m rpºhesim 5hemto, tμm l³m toO emtyr emtor / dgkomºti toO mogtoO, tμm d³ toO cemmgtoO, dgkomºti / toO aQshgtoO. fpeq oqj An¸ysam jake?m "pk_r. / !kk± donast¹m em. di( d peq· l³m t¹ dm tμm !k¶heiam / eWma¸ vgsi. peq· d³ t¹ cemmgt¹m tμm dºnam. / vgs· c±q b Paqlem¸dgr. diece¸qy se p²mta koc¸feshai, t0 l³m !kghe¸ar jujkij/r !vºb\ xuw0/ t0 d³ t/r t_m hmgt_m dºngr oqj 5sti p¸stir !kgh¶r, !kk( !p²tg ja·/ taOta l²hete, p_r t± dojoOmta de? dojil²feim eWmai di± pamtºr./ p²mta bq¸fomta. The verse 32 is missing in Scal. 25 that quotes it from Sextus Empiricus; 3) B 8.50 – 2: !kk± ja· sulpkgq_m t¹m peq· toO emtyr emtor kºcom, ja· did²neim l´kkym peq· t_m aQshgt_m, pqost¸hgsim, 1m to¼t\ so· pa¼solai pist¹m kºcom, Ø sume¸kgptai ta?r diºdoir t/r !kghe¸ar. 34 Aldina 138,52; 138,54 – 139,9. 35 CAG VII 557.18 – 558.11; 250a. 36 Adv. Col. 13, 1114C.

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Patrizia Marzillo

Fig. 6: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 34.

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Fig. 7: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 47.

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dºnar d( !p¹ toOde hmgt±r l²mhame jºslom 1l_m Ngl²tym !pat¾mtym/ !jo¼ym. (not in Estienne, but in Scal. 25); 4) B 19 paqadido»r d³ tμm t_m aQshgt_m diajºslgsim, pqos´hgjem awhir· ovty jat± dºnam taOta ja· mOm 1st·, ja· 5peita !p¹ toO mOm tekeut¶sei t¹m/ cq²vomta. 1mtaOta d³ emola 1p¸sglom oR %mhqypoi 5hemto 2j²st\ (neither in Estienne

nor in Scal. 25).

Then, he adds in darker red after a blank line Empedocles B17.21 from, I presume, Clement Alexandrinus37 drawing a parallel between the two philosophers: in Estienne the fragment is quoted from Plutarch on p. 21, in Scal. 25 from Simplicius In Phys.: Dm s» mº\ d´qjeu, lμ d( ellasim Hso tehgp¾r. 2.3. Orpheus On p. 92 (fig. 8) Scaliger adds to the line from Proclus (Fr. 237.7 Bernab) a locus parallelus coming from Porphyry De antro nymph. 16:38 ewt( #m d¶ lim Udgai rp¹ dqus·m rxijºloisim / 5qcom toi di´pomta lekiss²ym 1qibºlbym, / d/s( aqtºm (Fr. 220 Bernab, in Scal. 25, but not in Estienne). On p. 99 (fig. 9) Scaliger adds to Baubo pa?r d( Gm together with Arnobius’ words39 Quas cava succutiens Baubo manu. nam / puerilis Olli voltus erat, plaudit, contrectat amice (Fr. 395 Bernab), quoted in Estienne from Clement Alexandrinus on pp. 98 – 99 and in Scal. 25 from Gregory of Nazianzus. On the same page, Scaliger also enriches Fr. 306 Bernab (J_mor ja· Nºlbor ja· pa¸cmia jalpes¸cuia) with the corresponding Latin passage from: Arnob. lib. V (5.19). Talos, speculum, turbines, volubiles rotulas, / et teretes pilas, et virginibus aurea assumpta ab Hesperidibus / mala erat nobis praeterire. He uses here a special sign (^) as an inner reference.

37 V 15 II 335,22 Sthlin / Frchtel. 38 Next to the line from Proclus there is a sign; the same sign also appears before the quotation from Porphyry and can be understood as an inner reference which connects the two passages. 39 Adv. Nat. 5.25.

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Fig. 8: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 92.

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Patrizia Marzillo

Fig. 9: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 99.

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Fig. 10: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 103.

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Patrizia Marzillo

Fig. 11: PoiÞsis philosophos, Bodleian Library Oxford, p. 104.

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On p. 103 (fig. 10) Scaliger adds two new Orpheus’ fragments (Fr. 102 and 337 Bernab) from Cedrenus 46 (101 – 103), both of them in Scal. 25, not in Estienne: Tilºheor b wqomocq²vor. aqve»r b Hq±n b kuqij¹r adq¼sior 1n´heto heocom¸ar / ja· jºslou jt¸sim, ja· !mhq¾pym pkastouqc¸am, eQqgj½r 1m !qw0 toO sumt²clator / aqtoO, fti 1j Qd¸ar 1mhul¶seyr oqj 1n´hetº ti peq· heoO, C t/r joslij/r / jt¸seyr. !kk( aQtgsal´mou aqtoO lahe?m paq± toO Vo¸bou Tit÷mor Bk¸ou tμm / heocom¸am, ja· tμm toO jºslou jt¸sim, ja· t¸r 1po¸gsem aqt¶m. 1jv´qetai c±q 1m / t0 aqtoO 1jh´sei di± poigtij_m st¸wym ovtyr7 § %man KgtoOr uR³ 2jatgbºke Vo?be jqatai´. § d´spota Bl´qar uR´, / b t± p²mta pºMNyhem 1m ta?r !jt?s¸ sou tone¼ym. !l¸amte, ja· dumat´, / pamdeqj´r, hmgto?si, ja· !ham²toisim !m²ssym, b t± p²mta 1pibk´pym,/ hmgt_m, ja· !ham²tym basike¼ym. Ekie wqus´oisim !eiqºleme pteq¼cessim./ Fkie til¸air eQr t¹m !´qa rxo¼leme pt´quni. dydej²tgm dμ t¶mde peq· soO/ 5jkuom alv¶m, se?o val´mou. s³ d( aqt¹m 2jgbºke l²qtuqa he¸gm. ja·/ %kkour d³ pokko»r peq· to¼tym eWpe st¸wour b aqt¹r (Oqve¼r. 5vqase / d³ 1j to¼tym t_m pqoeiqgl´mym st¸wym, ¢r 1j t/r eqw/r !jo¼sar peq· heocom¸ar,/ ja· jt¸seyr jºslou sumecq²xato. k´cei d³ pq¹r to?r %kkoir ja· taOta, fti 1n / !qw/r !mede¸whg t` jºsl\ b aQhμq rp¹ toO heoO dgliouqcghe¸r, / 1mteOhem d³ jÁje?hem toO aQh´qor Gm w²or, ja· m»n foveq². p²mta d’ 1j²kupte/ t± rp¹ t¹m aQh´qa. sgla¸mym tμm m¼jta pqoteqe¼eim. eQqgj½r 1m t0 aqtoO / 1jh´sei, !jat²kgptºm tima, ja· p²mtym rp´qtatom eWmai, pqocem´steqºm te ja·/ dgliouqc¹m "p²mtym, ja· aqtoO toO aQh´qor, ja· p²mtym t_m rp( aqt¹m t¹m/ aQh´qa7 tμm d³ c/m eWpem rp¹ toO sjºtour !ºqatom owsam. 5vqase d³/ fti t¹ v_r N/nam t¹m aQh´qa, 1v¾tise p÷sam tμm jt¸sim, eQp½m 1je?mo / eWmai t¹ v_r t¹ N/nam t¹m aQh´qa, t¹ pqoeiqgl´mom t¹ rp´qtatom p²mtym/ ox emola aqt¹r (Oqve»r !jo¼sar 1j t/r lamte¸ar 1ne?pe7 l/tir, fpeq/ 2qlgme¼etai bouk¶, v_r, fyodot¶q. eWpem 1m t0 aqtoO 1jh´sei, ta¼tar t±r/ tqe?r he¸ar t_m amol²tym dum²leir, l¸am eWmai d¼malim, ja· jq²tor/ to¼tym he¹m, dm oqde·r bqø· Hr tim¹r dum²leyr oqde·r d¼matai cm_mai/ Qd´am, C v¼sim. 1n aqt/r d³ dum²leyr t± p²mta cecem/shai, !qw±r/ !syl²tour, ja· Fkiom, ja· sek¶mgm, ja· 1nous¸am, ja· %stqa p²mta, c/m, ja·/ h²kassam, ja· t± bq¾lema 1m aqto?r p²mta, ja· t± !ºqata. t¹ d³ t_m / !mhq¾pym c´mor eWpem, rp( aqtoO toO he¸ou40 pkash³m 1j c/r ja· xuwμm/ rp( aqtoO kabe?m kocij¶m, jah½r Ly{s/r 1n´heto. b d³ aqt¹r (Oqve»r/ 1m t0 aqtoO b¸bk\ sum´tanem, fti di± t_m aqt_m tqi_m amol²tym / li÷r heºtgtor t± p²mta 1c´meto, ja· aqtºr 1sti t± p²mta. peq· d³ toO/ takaip¾qou c´mour t_m !mhq¾pym b aqt¹r (Oqve»r 1n´heto poigtij_r st¸wour / pokko¼r, !v( ¨m eQs·m oxtoi7 h/q´r t( oQymo¸ te bqot_m t( !kit¾sia vOka/ hgq¸a, eqmea, t_m !mhq¾pym t± jatamakisjºlema 5hmg. %whea c/r,/ eUdyka tetucl´ma * eQdºter oute jajo?o pqoseqwol´moio mo/sai· / vq²dlomer oute po?om l²k( !postq´xai jajºtgtor, oqd( !cahoO/ paqeºmtor 1pistq´xai, ja· 6qnai. !kk± l²tgm !da¶lomer, !pqomºgtoi / p. 104 (fig. 11) h/q´r t( oQymo¸ te, bqot_m t( !kit¾sia vOka7/ %whea c/r, eUdyka tetucl´ma * /eQdºter, oute jajo?o pqo-

40 Here, in the margin is proposed heoO as varia lectio.

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Patrizia Marzillo

seqwol´moio mo/sai, / vq²dlomer. oute poi¹m l²k( !postq´xai jajºtgtor./ oqd( !cahoO paqeºmtor 1pistq´xai te, ja· 6qnai7/ * !kk± l²tgm !da¶lomer.

From Tzetzes41, Fr. 750 Bernab is added (not present in Estienne, but in Scal. 25): Pokka· d( oqqamºhi ja· 1paqt´er 1j mevek²ym t/lor 1pºqmumtai vgco?r, ja· d´mdqesim %kkoir, ouqes¸ te sjop´koir te, ja· !mhq¾pym 1qih¼loir pgcuk¸der ja· 5somtai !leib´er. aR d³ c±q emtyr tq¼fousi ja· h/qar 1m ouqesim7 oqd´ tir !mdq_m pqobk¾sjeim lec²qym d¼matai jat± cu?a dalashe·r x¼wez keucak´\· p²wm, d( vpo cu?a j´jlgje.

To summarize, we can see in the table below how many texts Scaliger cites compared to Estienne: Estienne

Scaliger in the Oxf. PoiÞsis

Scaliger in Scal. 25

Empedocles Fr. 4.1 – 2 D.– K.

Clement Al.

Theodoretus, later erased

Clement Al.

B 17.21

Plutarch

Simplicius

Simplicius

B 146

Clement Al.

Theodoretus, later erased

Clement Al.

B 147

Clement Al.

Theodoretus, later erased

Clement and Eusebius

B 117

Athenaeus and Chalcidius (Latin) others

Clement Al.

B 136

Sextus

Chalcidius (Latin)

Sextus

B 137

Sextus

Chalcidius (Latin)

Sextus

B 105.3



Tertullianus (Latin) John of Stobi

B 39



Aristotle

Aristotle

B 57.1



Aristotle

Aristotle

B 27



Plutarch

Plutarch and Simplicius

B 35.1 – 15

35.14 – 5 from Simplicius Athen.

41 In Op. 502 p.308,25 – 309,3 Gaisford.

Simplicius

423

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Estienne

Scaliger in the Oxf. PoiÞsis

Scaliger in Scal. 25

B 86



Simplicius



B 95



Simplicius



B 71



Simplicius



B 73



Simplicius

Simplicius

B 75



Simplicius

Simplicius

B 17.16 – 7



Simplicius (de cael.)

Simpl. (in Phys.)

B 57.2 – 3



Simplicius



B 141



Aulus Gellius

Aulus Gellius

B 153



Hesychius



B 42.2 – 3



Plutarch



B 48



Plutarch

Plutarch

B 84



Aristotle

Aristotle

B 105



John of Stobi

John of Stobi

B 129

129.1 – 2 from Jamblichus D.L.

Jamblichus

Parmenides Fr. B 8.4 Clem. and D.-K. Plutarch

Simplicius

Simplicius

B 1.28 – 32



Simplicius

From Sextus

B 8.50 – 2



Simplicius

Simplicius

B 19



Simplicius



Orpheus Fr. 220 Bernab



Porphyry

Porphyry

Fr. 395

Clem. Al.

Arnobius (Latin)

Gregory of Naz.

Fr. 306

Clem. Al.

Arnobius (Latin)

Clem. Al.

Fr. 102



G. Cedrenus

G. Cedrenus

Fr. 337



G. Cedrenus

G. Cedrenus

Fr. 750



Tzetzes

Tzetzes

424

Patrizia Marzillo

3. Another epitext to the PoiÞsis: Scal. 25 In this paper, I have often mentioned Scal. 25:42 This manuscript is preserved in the University Library of Leiden. It was an exercise book written entirely by Scaliger between 1597 and 1600 according to Cordero.43 It contains miscellaneous works: Greek inscriptions, dictionaries, historical writings and some poems by Scaliger himself. Contents Scal. 25 Folia 1 – 2: Inscriptiones Graecae. 3 – 73: Glossarium latino-graecum. 74 – 76: Vocabula descripta ex diversis veteribus Glossariis LatinoGraecis. 77 – 80: Romanae voces a Graecis explicatae. 81: Decretum Spartanorum de Timotheo Milesio. 82 – 92. Victoris Tunnunensis et Ioannis Biclarensis Chronica. 93 – 96: Blank. 97 – 120: Fragmenta Hesiodi (97 – 101), Empedoclis (102 – 109), Parmenidis (110 – 112), Orphei (113 – 120). 121 – 123: Blank. 124 – 128: Theophylacti Bulgariae Archiepiscopi Epistolae. 129 – 133: Blank. 134 – 141: Scaligeri poemata. The most interesting thing for us is that on folia 97 – 120 there are fragments of the philosopher poets. Some fragments are taken directly from Estienne’s PoiÞsis and most of them were already annotated, as we have seen, in Scaliger’s copy of Estienne’s PoiÞsis, with the exception that in Scal. 25 Scaliger prefers to quote the ‘new’ texts from Greek authors44. What may at first surprise us with reference to the epitexts we have analysed is that in Scal. 25 fragments of Hesiod are quoted too. This, however, is only apparently a novelty. On the one hand, Estienne had included four fragments of Hesiod (Fr. 239; 274; 271; 272) in his edition of the Greek Epic Poets in 1566, on p. 59: -kka 1n %kkym tim_m

42 For a more detailed description of this manuscript, see Marzillo 2010, 38. 43 Cordero 1982, 392 – 394. 44 We have only one text in Latin: Parmenides B 18 quoted from Caelius Aurelianus Chron. IV at fol. 112v.

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425

Jsiºdou poigl²tym 5pg (these fragments are also in Scal. 25);45 on the

other hand, it must not be forgotten that Diogenes Laertius, who was the primary source for the philosopher poets, regarded Hesiod as a philosopher poet together with Xenophanes and Empedocles.46

4. Conclusions As we have seen, Scaliger’s first contact with the philosopher poets came about through Henri Estienne. In order to help his friend, Scaliger studied those texts and wrote the philological notes printed in Estienne’s PoiÞsis. Later, the PoiÞsis gave him the opportunity to indulge his innate enthusiasm for translation and comparative studies; thus he often translated fragments of the philosopher poets from Latin into Greek and vice versa, and added passages from other works, other authors, and even other literatures. Not least, his genius as a philologist and interpreter inspired him to try his own hand in what was for him an unusual field: ancient philosophy. We know, indeed, thank Grafton’s monograph, Scaliger as a scholar of chronography and not of ‘philosophical poetry’. But if we consider the year of publication of Estienne’s PoiÞsis (1573) and the likely date proposed by Cordero for Scal. 25, it follows that Scaliger dedicated himself to the philosopher poets for about 30 years, or half of his life. Most of the fragments he added to his own copy of Estienne’s PoiÞsis preserved in Oxford are also contained in Scal. 25. Accordingly, we can see a close connection between the two compilations. I would like to argue that Scaliger’s annotations in his copy of the PoiÞsis are a preliminary to Scal. 25. We can deduce that not only from the layout (Scal. 25 is a very neatly written manuscript, whereas Scaliger’s annotations in the Oxford PoiÞsis look like rushed notes, often erased), but also from the authors chosen. By concentrating his attention on fragments (from Greek literature) of Hesiod, Empedocles, Parmenides and Orpheus, Scaliger expanded the scope of ‘philosophical poetry’. However you look at it, his epitexts enriched and improved Estienne’s work to a remarkable degree.

45 Fr . 239 and 274 on the fol. 100r ; fr. 271 on the fol. 97r and fr. 272 on the fol. 97v. 46 Diogenes Laertius 9.22.11 – 12: Ja· aqt¹r d³ di± poigl²tym vikosove?, jah²peq gGs¸odºr te ja· Nemov²mgr ja· (Elpedojk/r.

426

Patrizia Marzillo

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Index Nominum Aeneas von Gaza 19 Anm. 9, 23, 25, 29, 30, 33 Anm. 55 Agathias von Myrina 54 Anm. 45 Agli, Pellegrino degli 229–231 Aischylos 215 Anm. 56 Alamanni, Andrea 77 Albergati, Niccol 22 Alberti, Leon Battista 55, 59, 65 Aldobrandini, Tommaso 35 Alessandro Bonvicino detto il Moretto (siehe Moretti) Alexis 216 Alighieri, Dante 57f., 95, 100, 191 Anm. 33, 309–330, 332–334, 340 Anm. 29, 354, 381, 384f. Alighieri, Jacopo 321 Alighieri, Pietro 314, 321 Alkimos 221f. Ambroise, George 97 Ambrosius von Mailand 25 Anm. 29 Ammonios 260 Anm. 53 Anaxagoras 56 Anm. 50, 207 Anm. 36, 258, 325 Angeli, Iacopo da Scarperia 18 Anm. 6 Angi , Roberto 22 Antiphanes 170 Antonino von Florenz (s. Pierozzi, Antonio) Antonio da Rho 215, 218f., 223 Antonio di Massa 29 Anm. 44, 33 Anm. 54 Apuleius 56, 195 Aragon, Alfonso von 220 Aragon, Friedrich von 335 Aragon, Luigi von 117 Anm. 1 Aragona, Costanzo Palmieri 117 Anm. 1 Aragona, Tullia 117–153 Arcerius, Johannes 401

Aretas von Caesarea 2 Aretino, Pietro 140, Ariosto, Ludovico 367, 381, 384, 386 Aristipp von Kyrene 53, 255 Aristoteles 18, 56, 59f. 61–63, 109, 111, 140, 145, 156, 157 Anm. 11, 161, 164f., 168–173, 182f., 185f., 199, 203f., 251, 253f., 255, 258, 263, 271, 279–292, 296, 305, 312, 319, 323, 325–327, 341, 360f., 365f., 369, 371 Anm. 48, 385, 390, 399, 400, 404, 406, 408, 411, 422f. Aristoxenos von Tarent 222, 267 Arkesilaos 56 Anm. 50 Arnauld de Provence 13, 16, 321, 324 Arnobius 416, 423 Athanasios 19 Anm. 9 Athenaios 404, 410, 422 Augustinus 23, 25 Anm. 27, 56, 60, 195, 210, 326f., 339, 341 Augustus 94 Aulus Gellius 29, 56, 216, 411, 423 Aurispa, Giovanni 33 Anm. 54 Ausonius 159 Anm. 20 Averroes 312 Avicenna 312 Baduario, Giacomo 49 Barbaro, Francesco 44 Barthes, Roland 5f. Basilius der Große 18, 19, 25, 35 Basilius von Ankara 19, 22, 28 Anm. 42 Beccadelli, Antonio 54, 215–222 Bembo, Pietro 6 f., 9, 97, 140, 145, 364f., 370f., 373 Benci, Tommaso 272 Bentivoglio, Ercole 127 Benucci, Lattanzio 144

430

Index Nominum

Benzi, Ugo 271 Bernard, Pierre-Joseph 282 Anm. 18 Bernardo da Montalcino 103 Anm. 37 Bessarion 54, 55, 59–63, 64, 66 Boccaccio, Giovanni 30, 57f., 82, 108 Anm. 44, 110, 191 Anm. 33, 201f., 209f., 212 Anm. 48, 213, 217, 312–318, 320, 324, 327, 332, 382 Anm. 10 Bodoni, Giambattista 3 Boethius 33, 76 Anm. 10, 100f. Anm. 31, 322 Bracciolini, Poggio 2, 19, 31 Anm. 48, 78f., 91, 98, 103 Anm. 37, 215, 217–220, 223 Brugnoli, Benedetto 35, 49–52 Bruni, Leonardo 18–20, 27 Anm. 40, 31–34, 197 Anm. 8, 212 Anm. 48 Bruno, Giordano 381, 393 Anm. 47 und 48 Bryennios, Manuel 265 Anm. 77, 267 Anm. 88, 268 Anm. 91, f. Caelius Aurelianus 424 Anm. 44 Caesar, Julius 94, 99 Caloiro, Tommaso 206 Campana, Giulia 117 Anm. 1 Canetti, Elias 2 Capellanus, Andreas 281f. mit Anm. 18 Carafa, Oliviero 47f. Cardinali, Matteo 21, 23 Casaubon, Isaac 399 Cassarino, Antonio 197, 206 Anm. 34, 214–223 Castelvetro, Lodovico 86 Castiglione, Baldassarre 120, 140 Cato 23, 199, 207, 217 Cattaneo, Simonetta 332f., 342 Catull 54, 202, 210, 216 Cavalcanti, Guido 321, 332, 334 Anm. 10 und 11 Cecco d’Ascoli 320f. Cedrenus, Georgius 421–423 Celani, Enrico 137–139, Cesarini, Giuliano 22, 23, 27 Chalcidius 231 Anm. 8, 404f., 422

Chapelain, Jean 279 Anm. 6, 285 Anm. 37, 287 Anm. 51, 290 Charles de Sainte-Maure 9 Chrysipp 56 Anm. 50 Chrysoloras, Manuel 18, 195, 197f., 204f., 212, 214 Chrysostomos, Johannes 19, 21, 22, 25, 27f., 34 Anm. 60, 35 Cicero 2, 18, 25 Anm. 27, 26 Anm. 33, 29, 31, 32, 33, 56, 58 Anm. 62, 60, 109, 159 Anm. 20 und 22, 167–172, 195, 199, 204–209, 212f., 217, 296, 318 Anm. 63, 325, 364 Anm. 19 Cino da Pistoia 58, 321 Clareno, Angelo 27, 35 Claudianus 287 Anm. 51 Clement Alexandrinus 159 Anm. 21, 169, 400, 402 Anm. 13, 404, 406, 413, 416, 422f. Coimbra, Pedro 22f. Coleridge, Samuel 295 Colonna, Giovanni 382 Anm. 10 Colonna, Vittoria 129 Commire, Jean 285 Condulmer, Gabriele 22, 23, 28 Contile, Luca 381f. Corneille, Pierre 289 Crespin, Daniel 287f. Damiani, Pier 24, 25 Anm. 30, 29 Anm. 45 Dante (s. Alighieri, Dante) Darnton, Robert 4 f. David (Kçnig von Israel) 207f. De Amicis, Edmondo 2f. Decembrio, Modesto 207, 208 Decembrio, Pier Candido 196f., 206f., 208, 211 Anm. 46, 214f., 217 Decembrio, Uberto 18 Anm. 6, 195–213, 214, 221 Anm. 79 Dei, Benedetto 92 Anm. 6 Del Garbo, Dino 334 Anm. 10 Della Casa, Giovanni 361–363, 367–370, 373, 375 Anm. 66, 376 Della Scala, Cangrande 319f. De Luca, Erry 2

431

Index Nominum

De Martino, Ernesto 8 Demokrit 56 Anm. 50, 157, 159, 160, 323, 325, 400 Demosthenes 58 Anm. 62 Derrida, Jacques 147f. Descartes, Ren 282, 284, 286f. Desmarests, Roland 279 Anm. 6 Dikaiarch 221 Diogenes Laertius 19, 21, 22, 25, 29, 31, 33f., 35, 43–70, 168 Anm. 55, 219, 222f., 257 Anm. 37, 271, 299, 400f., 413, 425 Diogenes von Sinope 56 Anm. 50, 59 Anm. 66, 216 Diogenianus 55 Anm. 45 Dion von Syrakus 216, 295 Dionysios Areopagitas 19, 22, 28 Anm. 42, 56 Anm. 50, 229 Domenichi, Lodovico 130f. Dominici, Giovanni 212 Anm. 48 Donati, Lucrezia 333 Donati, Piccarda 18 Dovizzi da Bibbiena, Pietro 332 Anm. 4 Du Bellay, Joachim 119f. Du Cange, Charles du Fresne 284 Ebreo, Leone 140, 145 Eco, Umberto 354 Eisenstein, Elizabeth 3 Empedocles 56 Anm. 50, 156–175, 299, 400, 402–413, 416, 422, 424f. Ennius 201 Enrico da Napoli 218 Ephrm der Syrer 19 Anm. 9, 22, 25 Epicharm 56 Anm. 50, 157 Anm. 8, 222, 400 Epikur 33, 56 Anm. 50, 77–79, 173, 207, 209, 255, 296, 302–304, 306, 318 Epimenides 56 Anm. 50 Erasmus von Rotterdam 66 Este, Borso 91f., 98 Este, Niccol III 54 Estienne, Henri II 155–178, 399–427

Eugen IV (s. Condulmer, Gabriele) Eugenikos, Markos 258 Anm. 45 Eunapios 401 Euripides 53, 263 Eusebios 404, 422 Favorinos 222 Ferrari, Gabriel Giolito de’ 132f., 229 Anm. 2 Ficino, Marsilio 55, 61–66, 140, 193, 220, 221 Anm. 79, 229–247, 271f., 273, 334, 341–348, 350, 353f., 360, 385 Anm. 24 Filelfo, Francesco 44, 47, 65, 71–89, 97 Anm. 20 Forni, Arnaldo 3 Foucault, Michel 5 Fowler, William 97 Francesco da Brossano 318 Franco, Veronica 129 Galen 56 Garcia, Alonso 22 Genette, Grard 1, 7–10, 14, 118f., 147–149, 196f., 219, 310–312, 331 Anm. 2, 335f. Georg von Trapezunt 59f., 270 Gesualdo, Andrea 86, 97 Anm. 22 Gherardi, Giovanni 324 Giotto 315f. Giunta, Filippo 3 Giustiniani, Andreolo 22f. Giustiniani, Leonardo 33 Anm. 54 Gozzoli, Benozzo 271f., 352 Graevius, Johann Georg 288 Grazia, Nicol 140 Gregor von Nazianz 19, 22, 25, 35, 55 Anm. 45, 416, 423 Griffolini, Francesco 54 Grifo, Antonio 83 Anm. 30, 85f. Gronovius, Johann Friedrich 283 Guarini, Guarino 18 Anm. 6, 21 Anm. 15, 54 Guicciardi, Silvestro 117 Anm. 1 Guillelmus de Tyro 25 Anm. 28 und 30 Guinizelli, Guido 321 Hardouin, Jean

283

432

Index Nominum

Herakleides 223 Heraklit 157, 159, 160, 299, 301, 400 Hermeias 235–237 Hesiod 180 Anm. 7, 187–189, 195, 254, 294, 296, 299–301, 304 Anm. 19, 381, 392, 394f., 401, 424f. Hesychios 411, 423 Hieronymus 18, 24, 25, 30, 31, 56, 60, 195, 326 Hippokrates 56 Homer 50, 53, 168, 180 Anm. 7, 187 –189, 195, 201, 211 Anm. 47, 215 Anm. 56, 254–261, 265, 294, 296, 300f., 304 Anm. 19, 323, 325, 386, 392, 401 Horaz 159 Anm. 20, 161–167, 170f., 173–175, 199, 201, 209, 323 Hozes, Hernando 97 Huet, Pierre-Daniel 273, 279–292 Humphrey, Herzog von Gloucester 20, 214 Ilicino, Bernardo 91–116 Isokrates 18 Iustinopolitano, Muzio 140–143 Jamblich 413, 423 Jenson, Nikolas 49 Joseph (biblische Figur) 94, 402 Anm. 10 Johannes Biclarensis 424 Julian (Kaiser) 250, 259 Junius, Hadrianus 401 Juvenal 199, 201, 215 Anm. 56, 216 Kadmos 391f. Kalekas, Manuel 22, 28 Karl V. 13 Karneades 56 Anm. 50 Kephalas, Konstantinos 54f. Anm. 45 Kircher, Athanasius 5 Kleanthes 56 Anm. 50, 157 Anm. 8, 158, 169 Anm. 59, 207 Anm. 36, 400 Kleobulos 56 Anm. 50

Klimakos, Johannes 19, 21, 27 Kçhler, Wolfgang 5 Kritias 400 Kues, Nikolaus von 66 La Rue, Charles 285 Laktanz 29, 159 Anm. 22, 195, 394 Lancia, Andrea 311 Landino, Christoforo 54 Lapini, Pietro 92 Lascaris, Janus 54f., 67, 272 Lauer, Georg 47 Leclerc, Jean 272f. Leibniz, Gottfried Wilhelm 288 Leopardi, Giacomo 97 Anm. 22 Leto, Pomponio 47 Likurg 56, 190 Linos 158, 400, 402 Anm. 11 Lipsius, Justus 399 Locher, Jakob 324 Anm. 107 Lorenzo d’Alopa 54 Anm. 45 Lotman, Jurij Michajlovicˇ 5 Lovati, Lovato 320 Ludwig XIV 287 Luhmann, Niklas 5 Lukan 169, 289 Lukian 250f. Lukrez 161 Anm. 27, 169, 173, 175, 293–308 Luti, Ginevra 93f. Lykon 56 Anm. 50 Machiavelli, Niccol 59 Macrobius 29, 60, 195, 204f., 213, 391 Anm. 41 Malatesta, Sigismondo Pandolfo 270 Malherbe, FranÅois de 289f. Malpigli, Annibale 91, 96 Manetti, Agnolo 54 Manetti, Giannozzo 54–59, 64–66 Manilius 283, 287 Mann, Thomas 1 Manuel II 249, 262 Anm. 65 Manuzio, Aldo 3, 9, 97, 161 Anm. 28, 408–411 Marchese, Francesco Elio 35 Anm. 65, 47–52 Marini, Pileo 29 Anm. 44

Index Nominum

Martelli, Ugolino 139 Martial 54, 216 Martin V 22, 23, 28 Marullus, Michael 273f. Massa, Antonio 17 McLuhan, Marshall 15 Medici, Cosimo de’ 21, 22f., 29, 33, 34, 44–46, 49f., 61, 65, 117f., 123f., 132, 143f., 215, 218 Anm. 63, 219, 271–273, 351 Anm. 59, 352 Anm. 62 Medici, Eleonora de’ 117f., 123f., 132, 135 Medici, Giuliano de’ 332 Medici, Ippolito de’ 127 Medici, Lorenzo de’ 244 Anm. 85, 331–357 Mehus, Lorenzo 19 Anm. 7, 20f., 22 Meleager 54 Anm. 45 Mencke, Johann Burchard 5 Menedemos 56 Anm. 50 Milton, John 295 Minos 190 Minucius Felix 25 Anm. 28 Mirandola, Pico della 272f., 337, 342f., 353 Mithridates 62f. Moerbeke, Wilhelm von 408–411 Molza, Francesco Maria 127, 140 Molza, Tarquinia 391 Anm. 41 Montaigne, Michel de 279, 285 Anm. 37 Montausier, Herzog von 287f. Morante, Elsa 8 Moretti, Alessandro 118f. Moses 251f., 255, 388 Musaios 158, 304 Anm. 19, 400 Mussato, Albertino 320 Muzio, Girolamo 127, 134, 137, 139 Myson 56 Anm. 50 Nadal, Giovanni Girolamo 319f., 321 Naldi, Naldo 332 Ne de la Rochelle, Jean FranÅois 4 Niccoli, Niccol 18 Anm. 6, 19, 23, 29 Anm. 44, 271 Nietzsche, Friedrich Wilhelm 155f.

433

Nikander 166 Noah (biblische Figur) 391f. Novigento, Guilbertus 25 Anm. 28 Obregn, Antonio 97 Olympiodoros 260 Anm. 53 Origenes 254 Orosius 23 Orpheus 157, 158, 160, 253 Anm. 20, 254f., 257f., 304 Anm. 19, 381, 394, 400, 401 Anm. 10, 402, 406, 416–425 Orsini, Onorata 93, 95, 108f. Ovid 199, 202, 207, 209f., 215 Anm. 56, 216, 279–292, 319f., 321, 323, 375 Anm. 66 Pachymeres, Georgios 265 Anm. 77, 268 Anm. 91, 269 Anm. 96 Pallavicino, Sforza 361 Palmieri, Matteo 324 Anm. 107 Pammachius 30 Panaitios von Rhodos 280 Panormitas (s. Beccadelli, Antonio) Parmenides 157, 166, 242f., 293–308, 400, 402, 413–416, 423–425 Pastrengo, Guglielmo da 320 Patrizi, Francesco 273, 379–398 Paulus (Apostel) 25, 102 Anm. 35 Pavese, Cesare 8 Pergola, Paolo 92 Anm. 4 Periandros 56 Anm. 50 Persius 201 Petau, Denis 289 Anm. 64 Petrarca, Francesco 2, 12, 18, 30, 57f., 71–89, 91–116, 191 Anm. 33, 201f., 206–211, 213, 313, 316–318, 320f., 324 Anm. 107, 325 Anm. 108, 332, 338 Anm. 24, 340 Anm. 29, 360, 370 Anm. 46, 371 Anm. 50, 373 Anm. 51, 374–376, 379–398 Pherekydes 56 Anm. 50, 318 Anm. 63 Philip von Thessaloniki 54 Anm. 45 Philoponos 260 Anm. 53 Photios 268 Anm. 93

434

Index Nominum

Piccolomini, Enea Silvio 93, 270, 319 Anm. 72…11, 22 Pierozzi, Antonio 325–327 Pilato, Leonzio 30 Pillolini, Andrea 379f. Anm. 3 Pindar 215 Anm. 56, 218 Pittakos 56 Anm. 50 Pius V. 122 Pizan, Christine de 321–324 Pizolpasso, Francesco 22, 214 Pizzano, Tommaso Benvenuto da 321 Planudes, Maximos 55 Anm. 45 Platon 56, 59–63, 64, 140, 145, 159 Anm. 22, 179–194, 195–227, 229–247, 253f., 260, 262, 264, 266f., 268, 271f., 274 Anm. 115, 280f. mit Anm. 13, 293–308, 317, 323, 325f., 341, 343f., 346, 349f., 366, 369, 379f. Anm. 3, 380, 387, 389, 399 Plethon, Georgios Gemistos 249–278 Plinius der Jngere 23, 25 Anm. 27 Plotin 229, 243, 384 Plutarch 18, 56, 161f., 163–171, 252, 400, 408, 411, 413, 416, 422f. Poliziano, Angelo 161, 332 Anm. 4, 337, 353 Pona, Francesco 140 Anm. 31 Pontano, Giovanni 54 Pore, Charles 285 Anm. 39 Porphyrios 100f. Anm. 31, 253 Anm. 20, 254, 262 Anm. 64, 413, 416, 423 Portilia, Andrea 91 Proklos 229, 241, 253 Anm. 20, 254 Anm. 23, 260 Anm. 53, 264, 268, 402 Anm. 10, 416 Proklos von Sicca 268 Properz 202, 216, 289f. Protagoras 56 Anm. 50, 222 Proust, Marcel 25 Psellos, Michael 251f., 272f. Pseudo-Burley 56, 209 Anm. 40 Pseudo-Plutarque 254 Anm. 25, 255 Anm. 27, 256 Ptolemaios 267, 268 Anm. 91

Pucci, Antonio 318f. Pulci, Bernardo 332 Anm. 4 Pyrrhon 56 Anm. 50 Pythagoras 52 Anm. 35, 56 Anm. 50, 158f. mit Anm. 20, 204, 253 Anm. 20, 254, 263, 265f., 271, 325, 327, 396, 400, 402 Anm. 11 Quintilianus, Aristides 24, 56, 60, 255 Anm. 27, 264 Anm. 72, 266f., 289 Rabelais, FranÅois 290 Anm. 69 Raffael (s. Sanzio, Raffaello) Rapin, Ren 285 Romano, Cencio 18f. Anm. 6 Romano, Egidio 334 Anm. 10 Ronsard, Pierre 274 Rousseau, Jean Baptiste 284 Rugerius, Ugo 85 Salmasius, Claudius 399 Salomon (King of Israel) 94, 207 Salutati, Coluccio 2, 58f. Sanadon, Nol- tienne 285 Sannazzaro, Iacopo 361 Santeul, Jean de 285 Santi, Giambattista 95 Santi, Giovanni 324 Anm. 107 Sanzio, Raffaello 324 Anm. 107 Sappho 129 Saramago, Jos 295 Scaliger, Joseph Justus 283, 285 Anm. 42, 399–427 Scaliger, Julius Caesar 161 Scarron, Paul 290 Anm. 69 Scheiwiller, Vanni 3 Schlegel, Friedrich 294 Anm. 2, 298 Scholarios, Georgios 260, 263, 270 Schopenhauer, Arthur 1, 155f. Sciascia, Leonardo 8 Scipio Africanus 94 Seneca 23, 24, 25 Anm. 27, 56, 60, 199, 202 Anm. 19, 206, 209 Senese, Alessandro 92 Anm. 4, 94 f. Servius 100f. Anm. 31 Sextus Empiricus 172, 174, 404, 413, 423

435

Index Nominum

Sforza, Francesco 2, 6, 11 Shelley, Percy Bysshe 298 Simplikios 157 Anm. 11, 408–411, 413–416, 422f. Sixtus IV. 93 Sokrates 56, 57, 59 Anm. 66, 63, 180f., 191 Anm. 33, 196, 212, 217, 223, 244, 294 Anm. 2, 295f., 298, 304, 323, 325 Solon 52, 56 Anm. 50, 201, 216 Speroni, Sperone 127, 140, 145 Spinoza, Baruch de 286–288 Squarciafico, Girolamo 97 Anm. 20 Squaro, Gasparo 321 Stampa, Gaspara 129. Stanley, Thomas 272 Statius 57, 289, 296 Anm. 10 Stephanus, Henricus (s. Estienne, Henri) Stobaios 406, 413, 422f. Strato 55 Anm. 45 Streun, Reichart von Schwarzenau 160f. Strozzi, Ercole 379f. Strozzi, Filippo 127 Strozzi, Palla 18 Anm. 6 Syrian 253 Anm. 20 Tacitus 285 Anm. 37 Tansillo, Luigi 361 Tasso, Bernardo 127, 130 Anm. 22, 140 Tasso, Torquato 361 Tebaldi, Tommaso 218 Terenz 207 Tertullian 406, 422 Thales von Milet 52, 56 Anm. 50, 59 Anm. 66 Theodoret 402 Anm. 12, 422 Theodoros II 249 Theodoros von Gaza 47 Theognis 166 Theophrast 56 Anm. 50 Theophylaktos aus Bulgarien 424 Thomas von Aquin 29 Anm. 43, 60, 280, 282 Anm. 18 Tibull 216 Anm. 59, 289f.

Timon von Phlius 50, 53, 56 Anm. 50, 157 Anm. 8, 158, 400, 402 Anm. 11 Timotheus Milesios 424 Toledo, Luis 7, 16, 19 Toledo, Pedro 123 Tolomei, Claudio 127 Traversari, Ambrogio 17–41, 43–48, 50–52, 55, 61, 64, 65f., 219, 271 Triklinios, Demetrios 269 Trismegistos, Hermes 272, 394 Turamini, Pietro 92 Anm. 6 Tzetzes, Johannes 422f. Uberti, Fazio

315f., 321

Valerius Maximus 56, 104, 109f. Anm. 51, 112, 199 Valla, Georgio 161 Anm. 28 Valla, Lorenzo 12, 215 Valori, Baccio 379 Anm. 2 Varchi, Benedetto 123 Anm. 13, 127, 130f., 144f., 359–377 Vecellio, Cesare 124 Vellutello, Alessandro 83 Anm. 30, 86, 97 Veneto, Paolo 92 Anm. 4 Vergerio, Pier Paolo 110 Vergil 100f. Anm. 31, 199, 201, 203, 210, 215 Anm. 56, 287 Anm. 51, 289, 314–316, 323, 325 Veronese, Guarino 18 Anm. 3, 215, 220 Victor Tunnunensis 424 Victorinus, Marius 25 Anm. 32 Villani, Filippo 311 Villani, Giovanni 309, 318f. Vincent, Alexandre Joseph Hidulphe 265 Vinzenz von Beauvais 209 Anm. 40 Virgilio, Giovanni 313, 320 Visconti, Filippo Maria 71, 75, 82f. Anm. 29, 209 Vitali, Pietro 271 Vossius, Gerardus 399 Vulcanius, Bonaventura 399

436

Index Nominum

Wordsworth, William 293–308 Woverius, Joannes 399 Xenokrates 56 Anm. 50 Xenophanes 56 Anm. 50, 157, 299, 400, 402 Anm. 11, 425 Xenophon 18, 56 Anm. 50

Yourcenar, Marguerite

2

Zacharias 24 Zenon der Stoiker 56 Anm. 50, 216 Zenon von Elea 299, 302 Zoroaster 251–253, 261, 269, 271, 273 Zorzi, Lorenzo 49