Neue Bilder Galerie für junge Söhne und Töchter: Band 6 [3., sehr verm. u. verb. Aufl., Reprint 2021] 9783112413920, 9783112413913


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German Pages 480 [575] Year 1803

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Neue Bilder Galerie für junge Söhne und Töchter: Band 6 [3., sehr verm. u. verb. Aufl., Reprint 2021]
 9783112413920, 9783112413913

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Sechster J3 an ä mit loO. JXbbücliiii^en . Tas. XXI.

Pfette verbesserte, -Auflage

□3 er Im Wy Wilhelm Oclmn^cke dem JiWern 1803 .

Neue

Bilderga lleri e SechsterBand. Mit

XXIII.

Kupfertafeln.

Don C. G. F. von Düben. Dritte sehr vermehrte u. verbesserte Ausgabe.

Nachricht für den Buchbinder

Tafel l> a. — I. b. — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

zur Seite -— —

i, 13.

n. — — 67. in. — — 108. IV. — — 183. V. — — 196. VI. — — 211. VII. — — 246. VIII— — 262. IX. — — 319. X. — — 333. XI. — — 343. XII. — — 36o. XIII. — — 3

32?

324

327

3,9 33i 333

334 33.6

34o

34i 343

34b

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3bo 362 369

3; 3

37/

3 4 387 393

397

4o5

409

Inhalt. Seite

Der Dubal

412

Der gc-hrlc Taucher

415

Die Seeschwalbe

4i6

Der Kämpfer

418

Der roscnfarbigc Löffclrcihcr . Der Ibis

422

425

Die Gartcnschncckc Der Blutigcl

43I

Die Göttin Isis . Anubis HarpokratcS Apis Die Lohgerberei . Der Töpfer Der Leuchtthurm zu PharoS Das Schiff des Hier»

Die Pcrlenfischcrei

43o

442 445

446 447 451

461

.

467 *

470 4/6

Ueber

die verschiedenen Menschenracen im Allgemeinen. (Tafel I. a.)

§^ek Mensch, weichet sich vor allen Thieren nkche

allein durch seinen besondern KskpekbaN, feint Ge­ stalt und mehrere äußere Merkmahle, sondern auch durch feint ytrvorleuchtenden Geisteskräfte, durch feine Vernunft, Kunstfähigkeiten und durch seine Merkwürdige Anlage zu immer förtwachsender Dervollkommnung (Perfertibilität) sehr auffallend ausjeichnet, unterscheidet fich auch dadurch von den Thie­ ren, daß er jedes Klima ertragen und unter allen Himmelsstrichen leben kann. Man findet Menschen tn allen GegeNdkn der Erde, selbst da, wio die rauhe Natur nur wenig Mittel zu ihrer Nahru ng Und Er­ haltung darbietet. Man findet fle auf den höchsten Gebirgen und in den tiefsten Thälern, in heißen und kalten Ländern. Der geschmeidige Und ausdauernde Körper des Menschen erträgt Hitze und Kälte, Lroks kenheit und Nässe, schwere und leichte Luft, die verschiedenartigsten Lebensweisen, die üppigsten aber Luch die ärmlichsten Nahrungsmittel. Zn dieser on dem weißen Menschen ver­ schiedene Rate hatte«. Der Naturforscher Pallast,

)

>4 (

dem wir in Ansehung der genaueren Keintniß dieser Völkerschaften sehr viel zu verdanken hoben, macht die Bemerkung, daß durch die Vermisching der Rus­ sen oder TatarN mit Kalmücken und andern Mon­ golen gemeiniglich Kinder mit angenthnen und oft sehr schönen (also europäischen) Gesichtern gebohren «erden, diese Vermischung mag von väterlicher oder mütterlicher Seite geschehen seyn. Diese Thatsache beweiset, daß man die Mongolen keinesweges als eine eigenthümliche Menschenrate, sondern nur als eine Spielart der europäischen fleischfarbenen Race ansehen darf. Die ausgezeichnet« eigenthümliche Bildung dieser Spielart wird dadurch erklärbar, daß sich' die1 dazu gehörigen Völker Jahrtausende lang lvon andern Stämme» getrennt» und ganz unvermifcht mit denselben erhalten haben, Weshalb auch ihre Sprache, ihre Schrift und ihre Religion ihnen eigenthümlich, und nur, so weit es ihre allmählig« Vermischung mit ihren Nachbarn begreiflich mache, mit der Sprache, Schrift und Religion verwandt find. Die mongolische Spielart unterscheidet sich von der weißen fleischfarbenen theils durch die Farbe, die ohngefähr der Farbe eine- reifen WeizenkorNeS gleicht, die aber wohl weniger eine angebohrne Ei­ genthümlichkeit, wie z. B. die Schwärze der Neger, als vielmehr eine Wirkung der freien Luft seyn möch­ te, indem die Weiber, welche fich der Luft und Sonne weniger ausfetzen, und die jungen Kinder sehr weiß find; theils durch Eigenthümlichkeiten der GtsichtSbildung und des Körperbaues» Das AuSgezeichnett der mongolisch«» Geflchtsbildung besteht

) 15 (

in den gegen die Nase hin etwas schief abwartS laufenden und flach ausgefülltcn Augenwinkeln, in den schmalen, fchwarjen wenig gebogenen Augen­ braunen, in einet besondern Bildung und Breite der, überhaupt kleinen und flachen Nase gegen die Stirn zu, und in den hervorragenden Backenknochen bei einem runden Gesichte und Kopfe. Ferner findet man allgemein schwarjbrauUe Augensterne, breite und fleischige Lippen, ein kurzes Kinn, sehr weiße bis ins Alter feste und gesunde Zahne und große weit vom Kopf abstehende Ohren. Das Haar ist allgemein schwarz, niemals braun; die Männer haben wenig Bart, auch kommt er später hervor. Diese Kennzei­ chen sind natürlich nicht bei jedem Einzelnen gleich scharf ausgeprägt und oft in einer vollkommenen Har­ monie. Obgleich einige wenige unter den Mongo­ len, und besonders unter den Kalmücken häßlich find; so hat doch im Allgemeinen, wie PallaS verflchert, die Gesichtsbildung aller mongolischen Völ­ ker etwas offenes, sorgloses, freimüthiges und ge­ selliges; ja es giebt so wohl unter Mannern als Weibern viele runde angenehme Gesichter, und un­ ter den letzten so reizende Bildungen, daß sie selbst in einer europäischen Stadt Liebhaber finden wür­ den. Diese angenehme Gesichtsbildung findet matt Indessen nur bei den Erwachsenen: die Kinder der Mongolen haben jung und oft bis ins zehnte Jahr ein unförmliches aufgedunsenes Gesicht von einem gleichsam kränklichen Ansehen, bis sie beim Aus­ wachsen nach europäischen Begriffen besser gebildet werben; denn in den Augen der Eltern find fie dieß von Anfang an, weil diese fast durchgängig dasje-

)

16 (

nige Gesicht ffir daS schönste halten, welches öle ei« genthümliche Nationalbildung, die dem Europäer Mißgestalt scheint, im höchsten Grade besitzt. Die Mongolen sind im Allgemeinen von mittels mäßiger Größe, und eS giebt wenige Leute von be­ trächtlicher Höhe unter ihnen; besonders sind dis Weiber säst durchgängig klein und ziemlich jart ge­ bildet. Gebrechliche und Krüppel findet man fast gat nicht unter ihnen;* so wie dieselben bei allen Völkern selten sind, wo die Erziehung Nielstens der Natur überlassen ist; nur haben die meisten gekrümmte Schen­ kel und Deine, weil fie den größten Theil ihres Le­ bens zu Pferde zubringen, schon als Kinder in. bet Wiege auf eine Akt von Löffel stets wie reitend sitzen, und, so bald sie nur gehen gelernt haben, sich zu Pferd zu reisen gewöhnen müssen. Einige mongoli­ sche Völkerschaften scheinen den übrigen än Vollkom­ menheit des Körperbaues etwa- nachzustehen. Voll den Burtten z. B. erzählt Pallas, daß sie fast f# unbärtig sind, wie die Tungusen, Und die übrigen östlich-sibirischen und nordamerikanischtU Völker, daß die Männer oft bis ins Alter am ganzen Kinne vollkommen glatt bleiben, daß sie nut selten viel vor dem fünfzigsten Jahre einen Bart bekommen, und am ganzen Leibe beständig glatt Und kahl blei­ ben. Auch ist der Schluß aus dem weibischen An­ sehen, welches fie hiedurch bekommen, auf ihre körperliche Schwäche keineswrgeS unrichtig; denfi fünf bis sechs Burätkn können oft mit vereinten Kräften nicht so viel ausrichtett, wie ein einziger Russe« Mit dieser Schwäche scheint auch die grö­ ßere Leichtigkeit des Körpers im Zusammenhänge zu stehn;

)

>7

(

stehn; indem man Knaben von einem Alter, worin man sie unter russischen Bauern kaum mit betten Handen aufheben könnte, unter dielen Völkern be­ quem mit einer Hand beim Halekragen in die Höhe heben und schwebend erhalten kann. Auch erwach­ sene Buraten sind gegen die Russen so beträchtlich leichter, daß ihre überhaupt nicht sehr starken Pfer­ de, wenn sie unter einem russischen Reiter völlig ermüdet sind, sich wieder erhöhten, wenn ein Burat sich darauf setzt. Pallas schreibt diese Leichtigkeit und Schwache, die man auch unter den Lapplän­ dern bemerkt haben will, der bloß animalischen Nah­ rung der Bürgten zu.

An Schärfe der körperlichen Sinne geben die Mongolischen Völkerschaften denen wenig nach, die bloß von der Jagd leben, weil die Lebensart wan­ dernder Hirtenvölker, die zugleich mit ihren Nach­ barn in häufigen Kriegen leben, fast eben so viele Veranlassung als die Lebensart der Jager zur Schär­ fung und Uebung der Sinne giebt. Die Kalmücken haben besonders einen feinen Geruch, ein gutes Ge­ hör und eine außerordentliche Schärfe des Gesichts, Der Geruch thut ihnen auf Reisen und bei Kriegs­ zügen gute Dienste, um Herbergen »der Beute zu finden. Auch auf der Jagd machen sie starken Ge­ brauch davon, indem viele Kalmücken, wenn sie in einen Fuchsbau oder in eine andere Thierhöhle rie­ chen, sogleich zu sagen wissen, ob das Thier abwe­ send oder gegenwärtig sey. Das Gehör entdeckt th­ uen in noch größerer Entfernung das Getöse von trabenden Pferden, und di« Gegend, wo ein Feind ($) B

)

18

(

jtt vermuthen, ober eine Heerde oder «in rinjelneS verirrtes Thier anzutreffen ist. Nichts aber ist mehr zu bewundern, als die Schärfe des Gesichts bei den Kalmücken, und die große Entfernung, in welcher sie von Anhöhen oft einen kleinen oder undeutlichen Gegenstand, z. B. den aufsteigenden Staub von Vieh oder Reitern erblicken können, der sich doch bei der sonderbaren Wallung der Erdoberfläche und der dar­ über schwebenden Dünste, die in diesen Gegenden del heiterer Luft und großer Hitze bemerklich ist, so schwie­ rig mit Bestimmtheit unterscheiden läßt. Es giebt Beispiele, daß ein Kalmück von einer Anhöhe den Rauch und Staub eines feindlichen Heeres über vier deutsche Meilen weit entdeckte, wo ihn der russische Anführer selbst mit einem guten Fernglas« noch nicht sehen konnte. Eben so wissen ihre geübten Augen die Spur des verlornen oder geraubten Viehes oder des gejagten Wildes viele Meilen weit durch freie Wüsteneien? aufjusuchen und ju verfolgen. Daß aber dieses scharfe Gesicht nicht so wohl eine Eigenthüm­ lichkeit der mongolischen Race als vielmehr «ine Folge der Lebensart im Freien ist, sieht man dar­ aus, daß nicht nur Kalmücken und Kirgisen sondern selbst die Russen in den wüsten Gegenden des Reichs gleiche Geschicklichkeit hierin besitze». Nicht nur auf weichem Boden und auf festem Schnee, welches freilich leicht ist, verfolgen sie die richtige Spur; sondern selbst auf verwehendem Schnee oder Sande, durch Sümpfe oder im tiefen Grase, wenn sich auch mehrere Spuren durchkreuzen, verlieren sie dieselbe nicht aus de» Augen, und wissen aus ihrer Schwä­ che im Schnee oder Sande, ja selbst aus der Nei-

)

-s (

gang, welche das Gras noch behalten hat, ihr Alter za unterscheiden. Man hat die Geisteskraft so wie die Gesinnung und die Handlungsweise der mongolischen Völker­ schaften so sehr verdächtig zu machen gesucht, daß man sie nebst mehreren Völkerschaften, z. B. de» Negern, für eine eigenthümliche, nicht bloß durch Himmelsstrich und Lebensart nach und nach an Kör­ per und Geist von den Weißen abweichend ausge­ bildete, sondern sogar für eine von einem ganj an­ dern ersten Stammvater herrührenbe Menschenrace erklärt hat. Ja man hat sich nicht gescheut, aus dieser Behauptung sogar ein Recht der Weißen herjuleiten, solche Völkerschaften als ihre Unterthanea anjusehn, und mit Strenge zu beherrschen. Offen­ bar könnte ein solches Recht jur Herrschaft von der Verschiedenheit der Abstammung, wenn sie auch er­ wiesen wäre, durchaus nicht hergeleitet werden; denn das dem Europäer zugestandene Recht der per­ sönlichen Freiheit würde doch ebenfalls auf sehe schwachem Grunde beruhen, wenn jeder von unS, um Angriffe darauf zu entkräften, erst seine Ab­ stammung von Adam darzuthun hätte. Der wahre Grund der menschlichen Freiheit, vermöge deren je­ der Mensch ein unbeschränktes Recht hat, nach eig­ ner Willkühr zu handeln, wofern er nicht die glei­ chen natürlichen Rechte Anderer oder derjenigen, die er ihnen durch einen stillschweigenden oder aus­ drücklichen Vertrag eingeräumt hat, durch seine Handlungen krankt, beruht keineswegeS auf angeerbtrn Stammvorzügen, sondern auf der zum We­ st» der Menschheit gehörige» Dernunftfähigkeit, verB 2

)

2V

(

möge deren jeder Mensch ein Gesetz für feine Hand, lungsweise in seinem Innersten in dem Heiligthume feines Gewissens mit stch fährt, «nd vermöge deren er im Stande ist, stch selbst Zwecke auszuwählen, die er durch seine Thaten zu erreichen sucht, so daß er nur durch Mißbrauch zu einem bloßen Mittel, durch welches Andere ihre persönlichen Zwecke zu er­ reichen streben, herabgewürdigk werden kann. Wenn also die Recht« eines Einzelnen oder einer Völker­ schaft mehr eingeschränkt werden sollen, als es das Naturrecht fordert, wenn man ihnen einen nur ge­ ringeren Grad von Freiheit zugestehen will, als für die gleiche Freiheit Aller erforderlich wäre; so darf man, um fie gegen die Anmaßungen eine- Herr­ schers vor dem Richterstuhle der Gerechtigkeit sicher zu stellen, nicht erst beweisen, daß fie mit ihm von einerlei Stamme, sondern bloß, daß fie Men­ schen, daß fie vernünftige Wesen find, eben so wohl wie Jener, und daß fie nicht etwa durch eine Beleidigung gegen ihn, also durch stebertretung des Sittengesetzes ln ihrem eignen Busen, einen Theil Ihrer ursprünglichen Menschenrechte verwirkt haben. Um indessen jene unstatthaften Ansprüche der Wei­ ßen auf die Oberherrschaft über ihre etwas dunkler gefärbten Brüder nicht bloß zu widerlegen, sondern auch die Behauptung, worauf fie beruht, durch Thatsachen zu entkräften, darf man nur die Nach­ richten des gewiß unparteiisch und genau beobach­ tenden Pallas über die Gemüthsart und Handlungs­ weise der mongolischen Völkerschaften zu Rathe ziehn, wovon ich meinen jungen Lesern hier das Wesentli­ che mittheile, nicht bloß um ihre Wißbegierde zu

)

21

(

vergnüge«, sondern auch um ihr sittliches Gefühl vor einer Ungerechtigkeit zu bewahren. Bei weitem die meisten mongolische« Völker­ schaften sind, so wie mehrere arabische und tatari­ sche Stämme, und die Patriachen des alten Testa­ ment- umherziehende Hirten oder Noma­ den, und Pallas fängt seine Schilderung von ihnen damit an, daß sie vor den tatarischen Nomaden, die doch zu den -Weißen gehören, viel Gutes vor­ aus haben. Sie haben eine« guten natürlichen Ver­ stand viel Gedächtniß und große Fähigkeit zum Ler­ nen. Daß es ihnen nicht an Erfindungsgeist fehlt, beweiset ihre anerkannte Verschlagenheit. Sie wür­ den längst eine regelmäßige bürgerliche Verfassung angenommen, und Städte erbaut haben, wenn sie nicht, so wie alle Nomaden und auch die alten Teut­ schen den Zwang einer vollkommenen bürgerlichen Vereinigung haßten, weshalb auch die Chineser bei ihnen Kitat (Knecht) heißen. Ungeachtet der Un­ gebundenheit, deren sie genießen, und ungeachtet ihrer leicht aufbrausenden und reizbaren Lebhaftig­ keit findet man unter ihnen große Eintracht, selten kommt es bei Zwistigkeiten, selbst unter Betrunke­ nen, zu Schlägen und fast nie zu blutigen Händeln. Geselligkeit Dienstfertigkeit und Gastfreiheit, so wohl unter einander als gegen Fremde, machen Haupt­ züge ihres Charakters aus. Alles Genießbare, Ta­ back, Speisen und Getränke wird gern und willig «itgetheilt. Nur mit Hausgeräth und Vieh, wel­ che- ihre« Reichthum eigentlich ausmacht, sind sie weniger freigebig, und verschenken es nur theils in Erwartung oder zur Erwiederung eines Geschenk-,

)

2-

(

theils m Verwandte, di« durch Diehsterben oder Raub das Ihrige verlohren haben. Ueberhaupt schei­ nen sie eben so viel Zuneigung gegen Freunde Wohl­ thäter und Verwandte als Haß gegen ihre Feinde zu empfinden. Die letzten besonders sind der Gegen­ stand ihrer Raubzüge oder vielmehr ihrer Diebstahle; denn sie suchen einen Ruhm darin, lieber durch List und Verschlagenheit als durch offenbare Gewalt dem Feinde sein Eigenthum zu entwenden. Dagegen ver­ greifen sie sich nie an den Besitzungen ihrer Freund« oder ihrer Gäste; sondern halten dies für das schanbLjchste Verbrechen. Selbst gegen Feinde Verschmitzt­ heit zu zeigen, ist nicht so wohl dem in unschuldi« -er Einfalt lebenden gemeinen Mann, als vielmehr denen, die sich bei den Fürsten aufhalten, und auch den Geistlichen eigen. Der Müßiggang, deu man bei allen in Ungebuydenheit lebenden Völkern findet, wo die Bedürf­ nisse des Lebens sich ohne eine ununterbrochene An­ strengung erwerben lassen, ist unter diesen Völkern weniger, als bei andern von ähnlicher Lebensart gewöhnlich. Sie sind mäßig im Schlaf, legen sich spät nieder, stehen mit Sonnenaufgang auf, und halten es für schändlich, wenn jemand, ohne betrun­ ken zu seyn, am Tage schlafen wollte. Diejenigen unter ihnen, welche kleine Handwerke treiben, oder sich bei den Russen aus Armuth vermiethet haben, arbeiten unermüdet. Schon das ist ein rühmlicher Beweis ihrer Thätigkeit, daß sie auch im äußersten Elende, worin man sie immer muthig und nicht selten bei hungrigem Mage» vergnügt findet, niemals betteln, sondern ßch licher zur Arbeit verdingen^

Treue gegen den Fürsten, dem sie durch Erb­ folge angehören, strenge Verschwiegenheit, Ehrfurcht und Dienstwilligkeit gegen das Alter, und eine frei­ lich ;u große Folgsamkeit und Achtung gegen die Geistlichkeit, die aber bei dem geringen Grade ihrer Bildung leichter, als in manchem europäischen Lan­ de, zu entschuldigen seyn möchte, gehören ebenfalls tu ihren hervorstechenden Zügen. Die Hauptfehl der mongolischen Völkerschaf­ ten, die fie aber großentheils mit allen unaufgeklär­ ten Menschen gemein haben, sind Sorglosigkeit, Leicht­ sinn, Hang zum Trunk und zur Wollust, eine Mi­ schung von Leichtgläubigkeit und Argwohn, und eine in die Augen fallende Unreinlichkett, die aber zum Theil noch damit zu entschuldigen ist, daß es in den Wüsten, wo sie umherschweifen, oft an Wasser zum Trinken für Menschen und Vieh fehlt, und daß sie es nach einer alten Sitte für unerlaubt halten, die meisten bei ihnen gebräuchlichen Hausgeschirre in Meßendem Wasser zu waschen; indessen waschen fie fich wenigstens alle Morgen doch die Hände. Die unflätigsten unter allen Mongolen sind die Buräten, die noch größtenthrils in kalten, gebirgigen Wildnis­ sen, von allem gesitteten Umgänge abgesondert leben, da die übrigen Stämme hingegen, theils mit den Russen theils mit den Chinesen in größerem oder geringerem Verkehr stehn. Eben daher sind jene überhaupt gröber und einfältiger: auch ist ihre Mund­ art die rauheste unter allen, und sehr reich an Mit­ lautern, die meistens durch die Kehle und durch die Rase ausgesprochen werden.

) 24 ( Von der Lebensart, Wohnung, Nahrungsart Und Verfassung der mongolischen Völkerschaften wer­ den wir unten noch Gelegenheit haben, das nöthig­ ste beizubringen. (zu Fig. 4.) Jetzt bemerken wir nur noch die Wichtigkeit dieses Völkerstammes Mr die Geschichte. Die Mongolen sind ein uraltes Volk. Was auch von den chinesischen Geschichtschreibern zu hal­ ten seyn mag, die ihrer schon zweitausend Jahr vor der jetzigen Zeitrechnung als der Bewohner der Mon­ golei erwähnen sollen; so ist es doch wahrscheinlich, daß der griechische Geschichtschreiber Herodot im fünften Jahrhundert vor der gewöhnlichen Zeitrech­ nung sie gemeint habe, wenn er von nordische« Völkern am Fuße hoher Gebirge spricht, die vo« Geburt an kahl waren, eine, geplatschte Nase und «in vorstehendes Kinn hätten, das ganze Jahr un­ ter Zelten wohnten und dieselben im Winter mit weißem Filze bedeckten. Gewisser ist es, daß sich die Mongolen den Chi­ nesen oft furchtbar gemacht, und etwa dreihundert Jahr vor der jetzigen Zeirechnung die Erbauung der großen chinesischen Mauer veranlaßt haben, und daß sie in Europa gegen Ende des vierten Jahrhunderts unter dem Namen der Hunnen bekannt geworden sind. Sie eroberten zuerst das ostgolhische Reich vom Don, der sich in die äußerste östliche Spitze des mit dem schwarzen Meere zusammenhängenden äsovischen Meers bis an den Dnieper, der sich weiter westlich in das schwarze Meer ergießt. Nachher bemächtig­ ten sie sich auch des westgothischen Reichs zwischen dem Dnieper und der Theis, die an der Gränze von

) 25 ( Ungarn und vom Bannst in die Donau fallt. Hier fingen sie an, an den römischen Angelegenheiten

Theil zu nehmen, indem sie in den Kriegen zwischen Gothen und Römern bald der einen, bald der an­

dern Partie beistanden. Am furchtbarsten für die Römer aber ward im vierten Jahrhundert der Hun-' nenkönig Attila, der seine Eroberungen nordwärts' bis an die Inseln der Ostsee, südostwärts bis gegen die Gränze des persischen Reichs ausbehnte,

und

westwärts als Sieger Italien,

und

Deutschland

Frankreich bis an die Marine durchzog, wo er in der Ebene von Chalons eine gänzliche Nieder­ lage erlitt. Gegen das Ende des sechsten Jahrhunderts kam

ein anderes Volk von mongolischer Abkunft, die Avaren, aus Asien nach Europa, eroberte Ungarn, und drang von der Wolga und dem kaspifchrn Meere bis an die Ens im Oesterreichischen, und bis an die Elbe in Thüringen vor. Im neunten Jahrhunderte zog abermals ein mongolisches Volk, die Magyaren (M ab scha­ ren) aus Asien nach Europa, setzte sich in Ungarn fest und that öfftere Heerzüge und Einfalle in

Deutschland Frankreich und Italien.

Die Ungarn,

denen Niemand eine Anlage zu allem Vortreffliche« absprechen wird, stammen von diesen Madscharen ab, und beweisen zur Genüge, daß die mongolische Spielart jeder europäischen Verfeinerung und Aus­ bildung empfänglich ist. Zu Anfänge des dreizehnten Jahrhunderts trat

wieder ein sehr großer Eroberer, Dschengiskan (T s ch i n g i sch a n) unter den Mongolen auf. Er un-

)

-6 (

tekwarf sich zuerst die übrigen mongolischen Horben, eroberte nachher im Osten derselben fast das ganze chinesische Reich, drang bann westlich mit seinen sieg­ reichen Zügen bis an den Dnieper fort, und machte im Süden eine» Versuch, Indien zu erobern. Sei» Sohn Oktai, ein nicht minder großer Krieger, er­ oberte an der Spitze eines Heers von anderthalb Millionen Mongolen den noch übrigen Theil von China, drang in Baschkirien, Kasan und Bulgarien «in, unterwarf sich Rußland, machte sich die russische« Großfürsten zinsbar; zog siegreich durch Pole» bis nach Krakau; plündert« und verbrannte Breslau, gewann «ine Schlacht bei Liegnitz, und verheerte Schlesien, Mähren, Bosnien, Servien, Bulgarien, nebst dem größten Theile von Klein-Asien, Gegen das Ende des vierzehnten Jahrhunderts setzte auf's 'neue ein mongolischer Eroberer, der be­ rühmte Timur oder Tamerlan, die drei Theile der alten Welt in Schrecken. Er eroberte Chorasi« ober Chorasan, an der Gränze von Persien und der Bucharei, Kaschgar, Persien, Armenien, Georgien, Rußland, Hindostan, Syrien, und zwang den Kai­ ser zu Constantinopel, ihm Tribut zu bezahlen. Sei­ ne Nachfolger waren nachher die Kaiser, die ma» in Europa unter dem Namen der große» Mogols kennt, und von deren Macht kaum noch eine entfernte Spur vorhanden ist. Alle diese Kriegszüge der Mongolen zeigen, daß es ihnen an der Weisheit fehlte, wodurch allein große Reiche erhalten werden könne«, daß aber der Bor­ wurf, den ma« ihnen jetzt macht, daß firiieber durch -ist, als dnrch offenbaren Angriff, ihrem Feinde Ab-

bruch thun, wenigstens nicht ihre Vorfahren trifft. Freilich möchte auch ihre vollkommenste Vereinigung zu unsern Zeiten, für Europa wenigstens, nicht sehr furchtbar seyn. Die neuere Kriegskunst wird uns hoffentlich eben so sicher vor einer Unterwerfung un­ ter die Barbaren stellen, als uns die Buchdruckerel gewiß vor dem Rückfälle in die Barbarei auf im­ mer bewahren wirb.

Die

Kirgisen.

(Taf. I. Fig. i u. 2.)

Die Kirgise« find ein nomadisches oder Hir­ tenvolk, das auch Kosakenhorde (Kasatschia Orda) heißt, und sich selbst Sara Kaisaki (Step­ penkosaken) auch Kergis - Chasak (Krieger des KergisChan) nennt. Eie theilen sich in die kleine, mitt­ lere und große Horde. Die große Horde, die auf dreißigtausend Krieger stark ist, besteht aus mehre­ ren Stämmen, die sich in der Nähe des Aralsees befinden, bis Turkestan umherziehn, und einen ei­ genen Chan haben, der von den Russen unabhängig ist. Die Steppe« der mittlere« und kleine« Horde, die in einiger Abhängigkeit von den Russen stehen, «erden im Westen von dem Fluß Ural oder Iaik, im Norden von dem Uil nebst der neuen sibirischen oder ischmtschea zwischen dem Lobol und dem Jrtisch gezogenen Linie, im Osten von dem Sarafluß, Chira, Turkestan, in Südosten und Süden von dem

bruch thun, wenigstens nicht ihre Vorfahren trifft. Freilich möchte auch ihre vollkommenste Vereinigung zu unsern Zeiten, für Europa wenigstens, nicht sehr furchtbar seyn. Die neuere Kriegskunst wird uns hoffentlich eben so sicher vor einer Unterwerfung un­ ter die Barbaren stellen, als uns die Buchdruckerel gewiß vor dem Rückfälle in die Barbarei auf im­ mer bewahren wirb.

Die

Kirgisen.

(Taf. I. Fig. i u. 2.)

Die Kirgise« find ein nomadisches oder Hir­ tenvolk, das auch Kosakenhorde (Kasatschia Orda) heißt, und sich selbst Sara Kaisaki (Step­ penkosaken) auch Kergis - Chasak (Krieger des KergisChan) nennt. Eie theilen sich in die kleine, mitt­ lere und große Horde. Die große Horde, die auf dreißigtausend Krieger stark ist, besteht aus mehre­ ren Stämmen, die sich in der Nähe des Aralsees befinden, bis Turkestan umherziehn, und einen ei­ genen Chan haben, der von den Russen unabhängig ist. Die Steppe« der mittlere« und kleine« Horde, die in einiger Abhängigkeit von den Russen stehen, «erden im Westen von dem Fluß Ural oder Iaik, im Norden von dem Uil nebst der neuen sibirischen oder ischmtschea zwischen dem Lobol und dem Jrtisch gezogenen Linie, im Osten von dem Sarafluß, Chira, Turkestan, in Südosten und Süden von dem

)

-s (

Gyr Darf», der aralischen und der kaspischen See -«gränzt; von dieser großen Ebene besitzt die kleine Horde den westlichen und südöstlichen, die Mittel­ horde den östlichen und nördlichen Theil. Obgleich die Kirgisen von Einigen zu der dunkelgelben Spielart der fleischfarbenen Mare gerechnet werden, wodurch fle zu Stammverwandten der Mon­ golen würden; so werden sie doch von den Meisten zu den tatarischen Stammen gezahlt; ein Streit, worüber man sich nicht wundern darf, da der Un­ terschied zwischen den tatarischen und mongolischen Stämmen überhaupt erst in spateren Zeiten bemerkt wird, indem man ehemals alle Mongolen für Latarn Hielt, und da also die genauere Bestimmung darüber, zu welchem dieser beiden weitläuftigen Stam­ me jede einzelne Völkerschaft gehöre, jedesmal eine neue nicht wenig schwierige Untersuchung fordert, die sich auf dir ganze Lebensart, Bildung, vorzüg­ lich auf die Sprache, und wo es angeht, auch auf die Geschichte jedes Stammes beziehen muß. Die letzte scheint einigermaßen bet den Kirgisen, wenig­ stens so wie sie selbst die Begebenheiten ihrer Stam­ me erzählen, für die tatarische Abkunft zu beweisen. Denn sie behaupten, ehemals mit den Türken (die mit den Tataren zu einem Hauptstamm gehören) ge­ meinschaftlich gewohnt, und sich bis an den Euphrat ausgebreitet zu haben; wobei freilich das gemein­ schaftlich Wohnen noch nicht Gleichheit der Abstammung beweisen, sondern im Gegentheil tlne Beimischung tatarischer oder türkischer Worte zu der KirgisenjHrache erklären, und dadurch eine nicht bloß oberflächliche, sondern sehr genaue Unter-

)

2- (

fuchung derselben zur Entscheidung der Streitfrage nöthig machen würde. Nachdem sie von den Tür­ ken, erzählen sie ferner, in deren Nachbarschaft sie stets unter eigenen Beherrschern gestanden hätten, wegen der ehrsüchtigen Frevel ihres Anführers, und nachher auch von ihren neuen Nachbarn, den nygaischen Tatarn vertrieben, und einem KergisChan, bei dem sie Schutz suchten, und der sie bloß ju Kriegsdiensten gebraucht habe, untreu geworden waren, hätten sie sich nach ihren jetzigen Wohnsitzen gezogen. Die Kirgisen wohnen, so wie die meisten asiatischen Nomaden, in beweglichen Filzzelten, dis bei ihnen sehr geräumig und reinlich sind, so daß oft mehr als zwanzig Menschen in einem solchen Zelte mit Bequemlichkeit sitzen können. Die Wohl­ habenden halten noch eigne Gezelte für Weiber und Kinder zum Kochen, zu Dorräthen und für krankes Vieh. Der Feuerplatz des Zeltes, oder der Jurte ist in der Mitte unter der offenen Dachfpitzer um derselben liegen Filze oder persische Teppiche, bis­ weilen auch Polster: umher stehen Schläuche und Kästchen, an der Wand hängen Waffen, Reitzeug, die besten Kleiber und dergl. Was sie von Geräthschaften, besonders zur Klei­ dung, nöthig haben, erhalten sie theils durch Raub, theils durch Tauschhandel von den russischen Kauf­ leuten und den asiatischen Karawanen, doch unter­ lassen sie jenen immer mehr und mehr, und legen sich auf diesen; theils verfertigen sie manche Dinge auch selbst, z. B. Lederwerk, Pelz, eine Art grober Kamelotte und Fiizdecken von Schaafwolle, die sie

)

So

(

artig mit bunter Wolle ju belegen wissen. Auch ha­ ben sie Schmiede und Silberarbeiter unter sich, de­ ren Arbeiten aber mit der Feinheit und Nettigkeit der europäischen gar nicht zu vergleichen sind: eine Nähenadel oder ein Fingerhut ist für sie ein durch­ aus unbegreifliches Kunstwerk. Beim Cinhandeln solcher Waaren, deren Verfertigung ihre Geschick­ lichkeit übersteigt, schätzen sie, da es ihnen an Münze gänzlich mangelt, Alles nach Pferden oder Schaafen und im Kleinen nach Wolfs» und Lämmerfellen. Das männliche Oberkleid der Kirgisen ist kurz und von dreierlei Art. Der Jirgak, die ge­ meinste Tracht der Sklaven, ist aus Sommerhäute» von Antilopen mit dem Haare auswärts zusammen­ genaht. Vornehmer und sehr gewöhnlich ist die D a. ka, aus Fellen ungrborner Füllen von verschiedener Farbe so zusammengenäht, daß mitten auf dem Räkken und auf beiden Schultern die Mähnen zur Zierde in die Rath gesetzt stad, (stehe Fig. i.) Einige end­ lich tragen auch die Kaspan aus wohl gegerbten haarlosen Ziegenfellea, die sehr weich und auch im Regen dauerhaft sind. Diese Ziegenfelle werden von den Kirgisen selbst gegerbt und braun gefärbt. Sie schneiden zu diesem Behufe zuerst die Haare von den Fellen, be­ feuchten sie dann mit Wasser, und lassen sie zusam­ mengerollt an einem warmen Orte liegen, bis ihr Geruch den Anfang der Fäulniß anzeigt, wo dann die Haarwurzeln sich aus der.Haut lösen. Diese werden alsdann mit stumpfen Messern ausgekratzt, das so gereinigte Fell wird nun in süße, oder wenn «S dick ist in saure Milch vier Tage lang gelegt.

) 5i

(

dabei aber täglich von neuem aufgekracht, tim dke Haut desto besser zu öffnen. Hierauf werden die Felle im Schatten getrocknet, mit Händen und FÜßen durchgearbeitet, bis sie ganz weich sind, her^ nach geräuchert, noch einmal durchgewirkt und dann endlich gefärbt. Dazu bedienen sie sich der Wurzeln entweder von Räbenrapunzel ober Rapuvtik (Oenotera biennis) oder von dem auf der ganzen Salz­ steppe häufigen tatarifchen Wiesenkraut (Statice tatarica), die sie in Alaunwasser, mit etwas Schaaffett sieden, bis sie beim Erkalten zu einer Art von Drei wird, womit beide Seiten der Felle einigemal bestrichen, jedesmal getrocknet, und zuletzt noch­ mals gewirkt und weich gemacht werden. Man kanN die so gefärbten Felle sehr oft waschen, ohne daß sie ihre schöne gelbbraune Farbe verlieren. Außer dem Oberkleibe tragen die Kirgisen ge­ wöhnlich baumwollene Unterkleider, nebst Hem­ den von blauer Leinwand, die von oben bis unten wie ein Schlafrock offen find, mit den Unterkleidern zusammrngeschlagen, und um den Leib fest gebun­ den werden. Ueber das Oberkleib gärten fie sich Mit einem Riemen, woran gemeiniglich einePulverflasche und Beutel mit Kugeln hangen, weil jetzt die meisten wohlhabenden Kirgisen Feuergewehr zu führen pflegen. Einige Kirgisen sollen sich selbst Pulver verfertigen, indem fie den Salpeter dazu auf alten Grabstätten in der Steppe sammeln, der so vortrefflich seyn soll, daß man ihn nur von der Erde waschen, und hernach mit Schwefel und Koh­ len vermischen darf. Den Schwefel aber bekommen sie so wie auch ihr Meistes Pulver von den «statt-

) 5-2 ( scher» Karawanen. Die Sommer mutzen der Kir­ gisen sind theils von Filz, oft mit Zeugen überzogen, bunt ausgenäht, und mit Sammet gefüttert oben

kegelförmig mit zwei breiten niederhangenden Klap­ pen, wovon sie die eine (wie in der Figur) aufzu­ schlagen pflegen. Wintermützen sind mit Pelz gefüttert, und haben vorn und hinten runde an den

Seiten aber spitze niederhängende Klappen.

Sonst

tragen sie noch, wie die Tatarn, «in schwarzes bunt# genährtes Untermützchen oder Kalottgen ans dem kahlgeschornen Kopfe.

Die Stiefeln, nur eine

Tracht der Reichen, werden ihnen von den Bucharen ziemlich theuer verkauft. Sie sind von körniger

Eselshaut sehr ungeschickt (wie die Figur zeigt) und nach einem sonderbaren Muster mit sehr verlänger­ ten Hacken gemacht, an den Sohle« mit Zwecken beschlagen, oder gar mit Eisen eingefaßt, und über­ haupt so unbequem, daß gewiß kein Europäer eine» Schritt damit thun könnte, ohne zu straucheln. Die Kirgisen treten wenig auf ihre Beine, sondern sitzen

beständig zu Pferde, daher sie sämmtlich auch schlech­ te Fußgänger sind, und krumme Beine haben. Uebrigens find die Kirgisen gewöhnlich von mitt­ lerer Größe, und sehen in der Jugend ziemlich an­

genehm aus; im Alter werden sie meistens, wegen der trägen Lebensart, dick und mißgestaltet. In der Jugend lasse« sie nur den Knrbelbart stehn; Alte Äer tragen Zipfelbärte am Kinn und den Mund­

winkeln auf allerlei Art, oder auch volle Bärte, wo­ bei aber die Unterlippe und bas Kinn stets glatt

gehalten werden.

Die

) 35 ( Die gewöhnliche Tracht der Kirgisinnen ist ein blaues Hemde, vorn zugemacht, worüber sie zi» Haufe weiter nichts anzirhn, ferner lange Beinklei­ der, Binden, womit sie die Füße umwickeln, platte Socken und weiße oder bunte baumwollene Tücher um den Kopf in dem tmmergleichen Kopfputz, Dschaulok genannt, rinzuhüllen. Um diesen zn verfertigen legen sie zuerst ein zwei bis drei Ellen langes Zipfeltuch über den Kopf, um welchen die Haare in zwei Flechten gewickelt sind. Die Zipfel dieses Tuchs tragen sie unterm Kian, und legen fit wieder über den Kopf, wodurch der Hals vorn be­ deckt wird, den hinten die herabhängende Ecke deTuchs ebenfalls bedeckt. Darauf wird noch ein vier bis fünf Ellen langer itt der Mitte fast zwei Hände ßkMd gefaltener Streif von eben dem Zeuge wie da- T«ch um den Scheitel des Kopfes so gewunden, daß fast ein walzenförmiger Turban daraus entsteht. Wenn sich die Kirgisinnen putzen (stehe Fig. 2) so ist dieser Dschaulok von feinerem und hellgestreif­ tem Zeuge. Ueber das blaue Hemde ziehn sie dann noch ein anderes von seidenen, und wohl gar reichen mit »nachten Blumen gezierten b,ucharischrn Zeugen an, legen eine Schärpe von eben dem Zeuge wie der Dschaulok um den Leib, und ziehen über das alles noch einen «eiten bucharischen Schlafrock oder Chalat an. Um den Busen sorgfältig zu verdecken, pflegen fie rin buntes oder ausgenahetes Tuch, wel­ ches den ganzen Oberleib bedeckt, über die Brust un­ ter das Oberhemde auszubreiten. Außerdem haben fie noch einen andern Schmuck, Dschadschbau ge­ nannt, der in einem vielfachen am Hinterkopf unter (F) C

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dem Dschaulok angehefteten Schweif besteht, woran vielerlei Schnurwerk nebst allerlei Quasten, Koral­ len, Fingerhüten und ähnlichen glänzenden Kleinig­ keiten herabhangt. Dqs Hauptgewerbe der Kirgisen ist die Vieh­ zucht und Vieh daher ihr eigentlicher und größter Reichthum. Rindvieh, Kameele, Pferde, Schaafe und Ziegen sind sämmtlich die Gegenstände ihrer Sorg­ falt und die Quellen ihrer Wohlhabenheit. Rind­ vieh besitzen sie erst seit kurzem und nur in gerin­ ger Anzahl, weil es sich im Winter nicht wohl ohne ordentliches Futter erhalten kann. Es wird eben so, wie die Kameele, sowohl zum Reiten, als zum Tragen des Hausgeräthes gebraucht, wenn die Kir­ gisen ihren Wohnplatz verlassen, um anderswo ein reichlicheres Futter für ihre Heerdrn aufzusuchen. Kameele sowohl mit einem als mit zwei Buckeln gehören unter die wichtigsten Thiere der Kirgisen; ob sie gleich nicht sehr zahlreich sind, weil sich das Kameel nur langsam fortpflanzt; denn es geht ein volles Jahr trächtig, wirft gewöhnlich nur ein Junges, und saugt es gegen zwei Jahre lang, fo baß es nur alle drei oder vier Jahr einmal wer­ fen kann. Die Befruchtung geschieht gewöhnlich im Februar. Wenn das Kameel ein Jahr alt ist, so Wird ihm die Nasescheide durchbohrt, und durch die­ ses Loch ein kleines Seil mit einem Riegel gezogen, um das Thier zu lenken. Beim Hornvieh wird eben so verfahren, um es zum Reiten brauchbar zu ma­ chen. Bei kurzen Reisen trägt das Kameel wohl gegen 1200, bei anhaltenden aber nur etwas über 600 russische Pfund. Die reichen Kirgisen pflegen

) 55 (

die Kameele auch $u melken; ihre Milch soll bläu­ lich, dick, und von angenehmem Geschmacke seyn, wird von den Kirgisen für sehr gesund gehalten, sie soll, wenn sie gegohren hat, noch mehr als die Pfer­ demilch rauschen, und einen bessern Branrewein als diese geben, aber keine Sahne (Rahm oder Schmant) setzen, obgleich andere Schriftsteller der Butter aus Kameelmilch erwähnen. Außer den Kräften und der Milch wird auch die Wolle dieser Thiere, wovon man etwa io Pfund auf jedes rechnet, theils zu Filzen oder zur Verfertigung der Kamelotte und Seile, theils zum Verkaufe, ferner das Fleisch zum Essen und die Haut zu großen Milchschläuchen von den Kirgisen benutzt. Diese mannigfaltige Brauch­ barkeit ersetzen sie den Kameelen durch eine vorzüg­ liche Sorgfalt, indem sie dieselben im Winter mit umgenäheten Filzen oder Schilfdrcken gegen die Kälte schützen, auch wohl bei strenger Kälte große Filze oder Schilfmatten zwischen den Zelten zum Schutze für sie ausspannen. Die Pferde der Kirgisen sind etwas größer, doch eben so wild und flüchtig als die Pferde der Kalmücken: auch sind sie so wie diese gewöhnt, ihr Futter den ganzen Winter hindurch unter dem Schnee hervorzuscharrt», wodurch zugleich dem übri­ gen Vieh das Weiden erleichtert wird; so daß die Kirgisen nur bei einem tiefen Schneefalle nöthig haben, den Schnee für das kleine Vieh mit Schau­ feln wrgzuräumen. Die sämmtlichen Pferde sind in kleine Haufen (Tabunen) vertheilt, deren jeder nur einen einzigen Hengst bei sich hat, welcher die Stuten »ach Art eines Hirten beisammen hält. C 2

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Die überflüssigen Hengstfüllen «erben verschnitten» Die Stuten werfen gewöhnlich vom Februar biS zum May. Die kirgiflschen Schaafe gehören zu den größ­ ten und ungestaltestea Thieren ihrer Art. Sie sind höher als ein nrugebohrnes Kalb, und die ausge­ wachsenen wiegen bei guter Jahreszeit gewöhnlich 4 biS 5 Pud (160 biS 200 Pfund); sie sind den indi­ schen Schaafen in ihrer Gestalt etwas ähnlich, ha­ ben sehr krumme Ramsköpfe, hervorragende Unter­ lippen, große niederhängende Ohren, und oft War­ zen oder sogenannte Haarlocken einzeln oder dop­ pelt am Halse. Statt deS Schwanzes trage» sie ungeheure runde polsterartige und von unten, fast ganz kahle Fettklumprn, dir bei starken Schaafen oft 30 bis 40 Pfund wiegen, und 20 bis 30 Pfund Talg geben; durch diese vorzüglich unterscheiden sie sich von den indischen Schaafen. Ihre Wolle ist filzicht, ziemlich lang, aber mit Haaren besonders am Hinterthril sehr vermischt. Gewöhnlich sind sie braun oder braungefleckt, häufig auch weiß; doch findet man sie auch schwarz, bläulich-grau und schekkicht. Die männlichen Schaafe oder Widder sind sämmtlich, die Hämmel meistens gehörnt; einige Widder bekommen auch wobl vier, fünf bis sechs Hörner, wie die isländischen. Di« Widder werde» stets bei der Heerde gelassen, aber vom April bis Oktober bindet man ihnen einen Filz um den Leib, damit sie die Schaafe nicht belegen können, wo­ durch man den Vortheil erhält, daß alle Lämmer im Frühlinge grbohren «erden. Eben desselben Mittels soll man sich dort anch bei den Stieren

) 5/ ( bedienen. Den ganzen Winter hindurch suchen die Schaafe sich selbst ihr Futter unter dem Schnee, der ihnen zugleich statt des Getränkes dient, wobei sie wenig abnehmen, und im Frühlinge schnell wie­ der zu ihrer, vorigen Fettigkeit gelangen. Dieses Verfahren, die Schaafe int Winter sich selbst zu überlassen, wird bei den Kirgisen theils dadurch möglich, daß der Winter in ihrem milden Himmels­ striche nur kurze Zeit währt, und theils dadurch, daß der Schnee auf den häufigen Salzstellen der Steppe sehr schnell vergeht: auch ist das Lecken die­ ses salzigen Erdreichs für die Schaafe sehr heilsam. Vielleicht kommt es eben daher, weil man die Schaafe so ganz de Natur überläßt, daß keine Seuchen und gar keine tödliche Krankheiten dieser Thiere bei den Kirgisen bekannt sind; da man bei uns hingegen das Schaaf für das weichlichste Hausthier halten muß, und die Beispiele nicht sel­ ten sind, daß große Heerden fast gänzlich aussterben. Daß sich dieses dieses Thier bei der Behandlungs­ art der Kirgisen, die freilich unser Himmelsstrich uns nicht erlaubt, sehr wohl befindet, zeigt es auch durch seine große Fruchtbarkeit; denn gemeiniglich wirft ein kirgisisches Schaaf zwei Lämmer zugleich. Daher können diese Nomaden, obgleich Schaaffleisch ihre gewöhnlichste, und zuweilen ihre einzige Nah­ rung ist, nicht nur eine große Anzahl von Lämmern schlachten, sondern auch eine überaus beträchtliche M?nge von Schaafen nach Rußland und China verkaufen, welche daselbst sehr geliebt werden, weil ihr Fleisch süßer als anderes Schaaffleisch ist, und einen balsamischen Geschmack hat. Auch die Läm-

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nut sind ft> wohlschmeckend, daß deswegen jährlich eine Anzahl nach Petersburg fär die kaiserliche Kü­ che geschickt wird. Die Felle der Lämmer machen einen Hauptartikel des kirgisischen Handels aus, weil sie wohlfeiler als die bucharischen find, denen sie an Güte saft gleich kommen. Die besten haben einen angenehmen Glanz, und find damastähnlich geblümt; die mittleren sind fein gekräuselt; die schlechteren mit geraderen Haaren. Um feine und geblümte Felle zu erhalten, werben die neugebornen Lämmer mit Leinwand übernäht, und dann ge­ schlachtet, wenn dieselbe vom Wachsen der Lämmer zerplatzt. Unter den Schaafheerden der Kirgisen befinden sich auch viele Ziegen, die man nur der Milch und der Felle wegen hält: sie haben, wie die Schaafe, ei» auffallendes Ansehn, sind meistens nngehörnt, an den Gliedern sonderbar mit langen Haaren behangen, gemeiniglich buntfleckig, und haben nieberhängende Ohren. Die Jagd macht neben der Viehzucht bas Hauptgeschäft' der Kirgisen aus. Auf ihren Step­ pen befinden sich Wölfe, Füchse, Dachse, Rothwild, Gemsen, Schakale, wilde Esel, und andere jagd­ bare Thiere, deren fie sich theils durch Fallen und Schlingen zu bemächtigen suchen, die fie aber auch auf ihren weiten Ebenen zu Pferde verfolgen, um fie mit ihren schweren Peitschen zu erlegen, wobei fie sich der Hülfe sowohl ihrer Hunde als auch der Adler bedienen, welche so abgerichtet find, daß sie den gejagten Thieren mit deu Klauen in die Augen greifen, und sie dadurch aufhaltrn. Um die Anti-

) 59 ( loprn zu erlegen, bedienen sich die Kirgisem eines besondern Kunstgriffs.

Diese Thiere halten stich des

Winters meistens in schilfigen Gegenden auff, man stutzt deshalb,

und

da diese Thiere sehr l«icht zu

verwunden sind, in einer kleinen Strecke das Schilf so hoch ab, daß dessen Spitzen die springenden An­

tilopen stechen mässen.

Nach solchen Gegenden jagt

man dann diese Thiere hin, und bemächtigt sich ih­

rer daselbst ohne Schwierigkeit. Aus diesen Beschäftigungen der Kirgisen erge­ ben sich ihre Nahrungsmittel von selbst. Ihre

Hauptspeise ist Fleisch,

besonders

von Schaafen,

sonst auch von Antilopen, Hirscharten und anderem Wildpret, doch fangen sie an, sich auch allmählig

an Mehl- und Grützwerk zu gewöhnen, das sie von den Russen eintauschrn. Ihr Hauptgetränk ist saure Milch, oder gegorne klare Pferdemvlken (Kumyß), woraus sie ein berauschendes Getränk bereiten. Zn den Genüssen des Wohllebens gehört vorzüglich der Tabak, den beide Geschlechter sowohl zum Rauchen als zum Schnupfen gebrauchen. Bei dieser geringen Anzahl der Bedürfnisse in

Wohnung, Kleidung und Nahrung, bei der Gleich­ förmigkeit derselben unter allen Mitgliedern des Volks, und bei der durch Fruchtbarkeit des Bodens

und Milde des Himmelsstrichs so sehr erleichterten

Befriedigung derselben, kann man schon vermuthen, daß es keinen scharfen Abstich in der Verschie­

denheit der Stände unter den Kirgisen gebe« wird.

In der That leben ihre Großen und Rei­

ch en völlig nach der allgemeinen Weise, man er­ kennt ihre Lager nur an mehreren Iurtey für

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(

Weiber, Kinder und Sklave», so wie sie selbst nur an einer zahlreichen Begleitung auf ihren Ritten. Sie begegnen dem Volke brüderlich, und da alle Kirgisen gleich frei sind, und ein jeder, so bald er reich ist, auch vornehm wird; so ist das Ansehen der Reichen nicht überwiegend. Dabei zeigt sich un­ ter den reichen und armen Kirgisen ein höherer Grad von wechselseitiger Zuneigung, als man in Europa unter verschiedenen Ständen zu finden ge­ wohnt ist. Wenn sich die Heerdev eines Kirgisen schnell vermehren; so halt er das für eine Auffor­ derung zur Wohlthätigkeit, und verschenkt beträcht­ liche Haufen Vieh an die Aermeren, zum Theil da­ mit sie nach seinem Vieh sehen helfen, zum Theil aber auch oft ohne den geringsten Dienst dafür von ihnen zu fordern. Trifft es sich etwa hernach, baß solch ein wohlthätiger Mann durch Seuchen, Räu­ ber oder durch irgend einen Unfall seine Heerden wieder verliert; so finden sich die beschenkten Frmnde ein, um ihm feine Geschenke oft auch noch ver­ mehrt zurückzugeben, wenn sie selbst gleich durch diese Zurückgabe fast ihr ganzes Vermögen einbüßea sollten. Die Verfassung und die Rechtspflege ist so, wie man sie bei Hirtenvölkern gewöhnlich fin­ det. Jeder Stamm oder Aimak hat sein Stamm­ haupt, welchem die ganze Familie freiwillig Gehor­ sam leistet. Streitigkeiten werden auf drei jährlichen Versammlungen von Aeltesten und Stanmchäuptern entschieden. Indessen findet man auch hier, wie bei den meisten ungebildeten Völkern, daß die Be­ griff« von Pflicht und Recht nur auf die Volksge-

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(

«offen eingeschränkt find. Obgleich freundllich gegen Fremde, sind sie doch in ihrem ganzen Betragen schlau und eigennützig. Sie beschenken z. B. wenn sie russische Oerter besuchen, ihren Wirth wohl mit einer Kleinigkeit, bloß damit sie sich dadurch das Recht erwerben, sich ein wichtigeres Gegengeschenk auszubitten. Doch beobachten sie, wo sie es unge­ straft thun zu dürfen glauben, nicht immer auch nur den Schein des Rechts. In kleinen Rotten auf Raub in das benachbarte russische Gebit zu streifen, um eine Pferde-Labun wegzutreiben, oder einzelne Menschen zu stehlen, die zwar bei ihnen Eklavenbienste verrichten müssen, aber sonst, so lan­ ge sie treu bleiben, recht gut gehalten werden, ist bei ihnen so gewöhnlich, daß sie es wohl nicht für unerlaubt halten. Sie sind indessen so behutsam mit diesen Raubzügen, daß sie sie nur nach solchen Gegenden unternehmen, von wo sie sich mit ihren Heerdrn schon weggezogen haben, damit nicht, wen« die Räuber von den Beraubte» verfolgt werden, ihre unschuldigen Landesleute, die mit ihrem Vieh nicht so schnell flächten können, ihre Schuld büßen dürfen. Gewöhnlich wissen sie sich auf diesen Streissereira so schlau zu benehmen, daß die Räuber nicht «ertappt werden. Das Bestreben, ihre Gewandheit und ihren Muth zu zeigen, scheint fast noch mehr «als der Eigennutz die Quelle dieser Raubzüge zu seyn. Die asiatischen Karawanen, die durch die Kirgisen-Steppen nach den russischen Hanjdelspätzen ziehn, würden auf diesem Wege wenig Sicherheit isinden, wenn sie sich nicht die Häupter der Stäm­ me, durch welche sie ziehen, durch einen Vertrags-

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mäßiget» Loh», der etwa io bis 12 Rubel für jedes Kameel beträgt, zu Freunden machten. Diese geben ihnen sicheres Geleit, und sie haben von den An­ fällen der umherschwärmenben Kirgisen gar nichts zu besorgen, so bald dieser ihr Begleiter versichert, daß sie seine Begleiter sind. Die ganze Lebensart der Kirgisen läßt schon er, warten, daß Krankheiten und Schwächlichkeiten bei ihnen nicht sehr gewöhnlich sind. In der That gelangen sie auch häufig zu einem hohen Alter, und behalten bis in ihre spätesten Jahre ihre Munter, fett. Bon bösartigen hitzigen Fiebern wissen -e nichts; leider sind ihnen die gefährlichsten und an­ steckendsten Krankheiten durch die Europäer zuge, fährt. Bor den Verwüstungen der Blattern habe« sie so viel Furcht, daß sie diejenigen, welche damit befallen werden, gänzlich verlassen, ihnen nur aus der Ferne Speise und Getränke hinsetzen, und sie durchaus selbst durch Pfeilschüsse hindern, sich ihrs« Wohnungen zu nähern. Don der Religion eine- solchen Volks darf man sich natürlich keine hohen Begriffe machen. Die Kirgisen bekennen sich zwar zur muhamedanische» Religion; doch fast nur in so weit, daß sie ihre Speisen nach de« Vorschriften derselben rinrichten, Indem sie kein unoeines oder fehlerhaftes oder vev, alteteS Thier esse», und daß sie der Erlaubniß MuHameds gemäß mehrere Weiber nehmen, die sie theils von ihren Nachbarn stehlen, theils aber auch nach morgenländischer Weise sich kaufen, wobei der PreiS desto höher ist, jemehr Frauen der Freier schon vorher und jemehr Reichthum er besitzt.

) 'l7'

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Die muhawebanischen Geistlichen sind unter derr Kirgisen sehr selten; aber wenn sie auch häufiger waren, so würde« sie ein so ungebildetes Volk doch schwerlich hindern können, daß es nicht an feine Wahrsager und Zauberer glauben sollte, deren es unter den Kirgisen mehrere Arten giebt, die theils aus den Gestirnen theils aus den Knochen und dem Blute geopferter Thiere theils aus der Flamme des verbrannten Opferfettes weissagen, theils durch Be­ schwörung und Zauberformeln auf vyrgelegte Fragen Antwort ertheilen.

Die Mokschaner, oder Mokschad. (Taf. I. Fig. Z.)

*Oie Mokschaner, noch mehr als die Kirgisen der russischen Herrschaft unterworfen, und eben so wie diese von ungewisser Abstammung, machen mit den Ersen und mit den Karatajen einen ganz kleinen Stamm in der kasanischen Statthalterschaft, zusammengenommen die morduiNische Völker­ schaft ans. Die Ersen sind vorzüglich an derPjana und sonst in der Statthalterschaft Niznri Now­ gorod, also etwa vom zzten bis ;7sten Grade der Breite und zwischen 60 bis 64 Grad der Lange anfaßig. Südlich von hier in der Statthalterschaft Pensa wohnen die Mokschaner, die dem aus die­ ser Statthalterschaft nordwestlich fließenden in die Oka sich ergießenden Flusse Mokscha wahrscheinlich

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Die muhawebanischen Geistlichen sind unter derr Kirgisen sehr selten; aber wenn sie auch häufiger waren, so würde« sie ein so ungebildetes Volk doch schwerlich hindern können, daß es nicht an feine Wahrsager und Zauberer glauben sollte, deren es unter den Kirgisen mehrere Arten giebt, die theils aus den Gestirnen theils aus den Knochen und dem Blute geopferter Thiere theils aus der Flamme des verbrannten Opferfettes weissagen, theils durch Be­ schwörung und Zauberformeln auf vyrgelegte Fragen Antwort ertheilen.

Die Mokschaner, oder Mokschad. (Taf. I. Fig. Z.)

*Oie Mokschaner, noch mehr als die Kirgisen der russischen Herrschaft unterworfen, und eben so wie diese von ungewisser Abstammung, machen mit den Ersen und mit den Karatajen einen ganz kleinen Stamm in der kasanischen Statthalterschaft, zusammengenommen die morduiNische Völker­ schaft ans. Die Ersen sind vorzüglich an derPjana und sonst in der Statthalterschaft Niznri Now­ gorod, also etwa vom zzten bis ;7sten Grade der Breite und zwischen 60 bis 64 Grad der Lange anfaßig. Südlich von hier in der Statthalterschaft Pensa wohnen die Mokschaner, die dem aus die­ ser Statthalterschaft nordwestlich fließenden in die Oka sich ergießenden Flusse Mokscha wahrscheinlich

feinen Name» gegeben haben. Südöstlich läng- der Wolga dem Sock, Tscheremschan und in den be­ nachbarten Strecken des kasanischen und orenburgifchen Gebiets findet man beide Stämme vermischt, oft in einem Dorfe beisammen, indem sie mit an­ dern Bauern als Colonisten dahin verlegt worden sind. Beide Stamme haben sehr viel mit einander gemein: fast einerlei Sprache, obgleich in der Aus­ sprache verschieden, ähnliche Sitten und Gebräuche so wie ähnlicher Aberglaube jeichneten sie ehemals von den übrigen russischen Völkerschaften aus. Da sie jetzt aber sämmtlich ;u der griechischen Kirche über­ gegangen sind, so werden sie nach und nach den ge­ meinen Russen immer ähnlicher, und haben von ih­ ren Dolkseigenthämlichkeiten wenig mehr, alS die ausgezeichnete weibliche Tracht übrig behalten, die untere Leser hier abgebildet sieht, und die ich so­ gleich näher beschreiben will. Sie behaupten, auch ehemahls weder Götzen «och untergeordnete Gottheiten sondern bloß ein un« sichtbares höchstes Wese» durch Opfer verehrt z« haben, zu welchem sie, gegen Morgen gekehrt, ihr Gebet verrichteten, so wie auch deshalb die alten morduanischen Häuser sämmtlich mit der Thür ge­ gen Morgen gekehrt find, und ihren Ofen in dem südwestlichen Winkel haben; dagegen ihre Häuser, je nachdem Russe» oder Tatar» ihre nächsten Nachbarn sind, nach russischer und tatarischer Weise gebauet werden. Sie hatten ihre Opferplätze an entlegenen Orte» im Walde, und opferten daselbst nicht nur kleines Vieh sonder» auch Ochsen und Pferde. Auch über dem Begräbnisse der Todten wurde von deren

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Verwandten geopfert, und durch Weiber wurde» die Verstorbene» beweint. Ehen wurden oft unter den Kindern gestiftet und noch jetzt verlobt man nicht selten erwachsene Mädchen mit unmündige» Knaben, um mehr Arbeiterinnen zu bekommen. Ei­ ne Brautgabe, welche dem Vater bezahlt wird, war bei ihnen so wie bei allen östlichen Völkern ge­ bräuchlich. Noch werden manche ihrer ehemalige» Hochzeitgebräuche von ihnen beibehalten , ob sie gleich in der russischen Kirche getrauet werden. Uebrigens sind die Ersen und die Mokschane» fleißige Ackersleute, und halten viele Bienen in den Waldern, so daß einige gegen 200 Stöcke davon besitzen. Die Mokschad sind etwas reinlicher als die Ersen, auch haben jene weniger helles oder töthliches Haar, obgleich die meisten braun von Haaren sind. Die Weiber sind bei beiden Stam­ men selten angenehm von Gesicht, aber sebr arbeit­ sam. Die Mokschanerinnen, deren Feierputz hier abgebildet ist, zeigen in demselben etwas mehr Zier­ lichkeit und Geschmack als die Weiber der Ersen. Die Weibermütze (.Panga) ist bei diesen nur leicht ausgenäht, und mit einer daran befestigten Binde hinten im Nacken festgebunden, da sie hingegen bei den Erfanerinnen hoch ausgrstopft und mit Klap­ perwerk behängt ist. Diele tragen nur einen Streif Leinwand um den Kopf, dessen hinken znsainmengenahete Enden mehr oder weniger über den Rücke» herabhängen; diese Tracht ist besonders an der Wol­ ga üblich. A» dem mokschanischen Schmuck unter­ scheiden sich besonders die auf jeder Seite an die Mütze angehefteten bis auf die Brust herabhangen-

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den Riemen, die mit alten silbernen Kopeken besetzt und am Ende mit kleinen Ketten und Klapperwerk quer über die Brust zusammenhängend find. An den Drustspangen ist ein Schild befestiget,

da6 bei den

Mokschanerinnen von Korallen und Klapperwerk noch

schwerer ist als bei den Ersanerinnen. Um den Hals tragen viele einen netzförmigen Kragen aus bunt

zusammengereihrten kleinen Glaskorallen von aller­ sei Farben. Vom Gürtel hängt vorn ein breiter in vier Streifen zertheilter und ausgenäheter Schurz

herunter, dessen Theile mit kleinen Spangen anein­

ander geheftet, und am Ende mit langen Quasten Glaskorallen und kleinen meistens aus Indien kom­ menden Schnecken, die man Schlangenköpfe nennt, verziert sind. Hinten hängen vom Gürtel statt ei­ nes Schurzes viele Quaste aus schwarzer Wolle an Schnüren von verschiedener Länge hinab. In das Hemde pflegen sowohl auf der Brust als am Rü­ cken noch verschiedene kleine Spangen mit Schellen und Zahlpfennigen befestiget zu seyn, die das Ge­ raffel noch vermehren. Ehemals pflegten dir mokschanischen Weiber noch große flatternde Haarzöpfe zu tragen, die mit einem kurzen hölzernen Stiel zwischen den in viele kleine Schnüre geflochtenen Haaren eingeschlungen und befestigt wurden. Jetzt

findet man diese Tracht nur noch Jbtt alten Wei­ bern, die sich aber ihn zu zeigen schämen. Noch ist zu merken, daß sich die Mokschanerinnen, wenn sie gut gekleidet seyn wollen, ihre Füße nicht mit leinenen Binden sondern mit ledernen Riemen um­ wickeln.

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(

Die einzige Art von Kenntnissen, die trnoatt wis­ senschaftlich nennen könnte, besstzen dir Wokkschaner in Ansehung deS Gebrauchs der Krauler,, sowohl zum Färben als zur Arznei, und man finidett daher io allen Dorhausern eine oder die ander«« Wflanze zum Trocknen aufgrhängt.

Die Lat. Mongoli.

Mongolen^ Franz, les Mongoles.

(Tafel I. Fig. 4.) Unter den mongolischen Völkerschaften, von denen

wir im Anfänge dieses Landes eine allgemeine Nachricht geliefert haben, befindet sich eine, welche den Namen der Mongolen in engerer Bedeutung führt; fie bildet, so wie die Orats oder Kal­ mücken und die Buräten, einen der drei Haupt­ zweige der mongolischen Spielart, welche von ihr den Namen bekommen hat, weil sie in früheren Zeiten ;ene beide anderen ihr verwandten Stämme beherrschte. Auch hat sie einer großen kandstrecke kn'Mittelasien, worin sie ihre Besitzungen hat, die sich von dem tosten bis zum i4oten Grave der Länge, und vom 35(len bis zum Sofien Grave der Breite erstreckt, 'und von China Tibet der Sumgarei und Sibirien begränzt wird, den Namen der Mon­ golei gegeben. Bei dieser Lage zwischen den bleiben Hauptmächten des obern Asiens ist es sehr matür-

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Die einzige Art von Kenntnissen, die trnoatt wis­ senschaftlich nennen könnte, besstzen dir Wokkschaner in Ansehung deS Gebrauchs der Krauler,, sowohl zum Färben als zur Arznei, und man finidett daher io allen Dorhausern eine oder die ander«« Wflanze zum Trocknen aufgrhängt.

Die Lat. Mongoli.

Mongolen^ Franz, les Mongoles.

(Tafel I. Fig. 4.) Unter den mongolischen Völkerschaften, von denen

wir im Anfänge dieses Landes eine allgemeine Nachricht geliefert haben, befindet sich eine, welche den Namen der Mongolen in engerer Bedeutung führt; fie bildet, so wie die Orats oder Kal­ mücken und die Buräten, einen der drei Haupt­ zweige der mongolischen Spielart, welche von ihr den Namen bekommen hat, weil sie in früheren Zeiten ;ene beide anderen ihr verwandten Stämme beherrschte. Auch hat sie einer großen kandstrecke kn'Mittelasien, worin sie ihre Besitzungen hat, die sich von dem tosten bis zum i4oten Grave der Länge, und vom 35(len bis zum Sofien Grave der Breite erstreckt, 'und von China Tibet der Sumgarei und Sibirien begränzt wird, den Namen der Mon­ golei gegeben. Bei dieser Lage zwischen den bleiben Hauptmächten des obern Asiens ist es sehr matür-

) 48 ( lich, daß die Mongolen theils der chinesischen theils der russischen Oberherrschaft unterworfen sind. Die Gesichtsbildung der Mongolen ist der kalmückischen, die oben beschrieben ist, vollkommen ähnlich. Zwar giebt es unter ihnen mehr wohlge» bildete Gesichter, als unter den ander» mit ihnen verbrüderten Völkerschaften; doch haben sie ein mehr weibisches Ansehen als die Kalmücken, indem sich die Eigenthümlichkeit ihrer Spielart, wenig Haar ju haben, bei ihnen noch starker als bei btt# ser zeigt, und sie also sehr wenig Batt und sehr dünnes Haupthaar haben. In Ansehung der Gemüthsart ist die Aehnlichkeit zwischen Mongolen und Kalmücken eben so un# erklärbar. Sie sind eben so aufmerksam scharfstnnig und munter aber weniger betrügerisch als dirsz Sie sind zwar etwas feiger, dafür aber auch gesit­ teter, weil ihr Umgang mit den Chinesen und mit den gutartigen Russen in Daurien nähern Einfluß auf sie als auf die weit westlicher wohnenden Kal­ mücken gehabt hat. Eben dieselbe Nachbarschaft mit China verur­ sacht auch den Unterschied zwischen der kalmücki­ schen und mongolischen Kleidung. Die Mongolen nämlich kleiden sich in mongolische Zeuge, und pfle­ gen ihre Mützen so wie die daran gewöhnlichen Quäste nebst den Sommerhüten und andern zum Anzüge nöthigen Kleinigkeiten von den Chinesen zu kaufen. Die Männer pflegen am Gürtel außer dem Tabaksbeutel Feuerzeug und Messer auch einen zier­ lichen faltigen Beutel von Seide zu tragen, worin sie beständig eine hölzerne gedrechselte Lrinkfchaale bei

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Bei sich führen. Ihre Tabakspfeifen find ebenfalls chinesisch, und der Kopf nicht größer als ein Fin­ gerhut; desto öfter haben sie das Vergnügen, sie zu füllen. Die Mongolinnen (flehe Fig. 4) tragen durchgängig, auch beim gewöhnlichen Anzüge, über dem Unterkleide oder Pelze das bei den Kal­ mücken nur zum Putz gewöhnliche Obergewand ohne Ermel. Meistens ist es von dunkelblauem Kitaika oder Seidenzeuge, dessen Farbe man aber oft vor Schmutz kaum mehr unterscheidet. Es wird vorn der Lange nach mit Knöpfchen zugeheftet, unten herum aber etwa eine Spanne vom Saum durch einige Stiche etwas in Falten gezogen, welchenicht nur bei den Mongolen und Buräten sondern auch bei den sibirischen Tatarn an allen Weiberpelzrn gewöhnlich ist. Am Schooße des ObergewandeS pflegen sie zur Zierde einige Reihen Korallen zu befestigen, auch ihr kleines Nähezeug Nebst einem Messerchen daran zu hängen. Beim Schmuck ist die Kleidung, die größere Sauberkeit ausgenommen, fast eben dieselbe; nur zieren sie sich zugleich mit Stirnbändern, die mit Korallen besetzt find, und dicht unter der Mütze um den Kopf gebunden wer­ den. Um den Hals hängt ein vielfaches Geschmei­ de von Korallen, unter welchen ihnen die von den Chinesern aus keim bereiteten und mit Oel getränk­ ten rothen Korallen die angenehmsten find. An eben dieses Halsgeschmeide hängen fie auch wohl einige messingene Kapseln, worin gewöhnlich von ihren Priestern geweiht« abergläubische Kleinigkeiten befindlich find, die fie auch bei der alltägliche« Tracht ($) D

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an 6ttt Hals hänge». Die Haarflechte« lassen fie vom Kopf an mit einem hohlen Bausch loser Haare spielen, die «in darin befestigter Knopf von einander hält; die Flechten selbst werden in Scheiden von schwarzem Taffet oder Kitaika verwahrt. Die Füße find mit Hatbstiefeln bedeckt, die fie von selbstgegerbttm mit Erlenrinde braungelb gefärbten samischen Leder verfertigen, und mit zierlichen Streifen aus­ nähen. Die Mädchen pflegen in den Haarflech­ ten , die an den Seiten des Kopfes fitzen, noch Ko­ rallen zu befestigen, die bis auf die Schulter Her­ abhängen. Der größte Theil brr Mongolen, die unter chinefischrr Herrschaft stehn, so wie die sämmtlichen den Russen unterworfenen Stämme dieser Völker­ schaft wohnen in Filzhütten. Die Bauart, die innere Ordnung, das Hausgeschirr und die Geräthschaft derselben sind völlig eben so wie bei den kal­ mückische», welches theils aus dem gemeinschaftli­ chen Ursprung« beider Völker theils aus ihrer ähn­ lichen Lebensart, da sie beide zu den wandernden Hirtenvölkern gehören, begreiflich wird. Von dieser allgemeinen Bauart des mongolischen Volks macht Indessen die Geistlichkeit desselben durch ihre Tem­ pel, so wie der ärmste Theil der chinesischen Mon­ gole», einige Ausnahme.

Die Geistlichen unter den Mongolen nämlich haben seit vielen Jahren angefangen, ihre Götzen und abergläubigen Versammlungen nicht mehr in wandelbaren Hütten, wie die unruhigeren Kalmükkrn, sondern in Trmpeln, die an bestimmten -e-

)

5i

(

wöhnkich sehr angenehmen «nd fruchtbaren Orten

erbauet sind, zu halten. Bei diesen Tempeln sind für die höhere Geist-lichkeit und für die Stammhäupter gewöhnlich feste Wohnungen erbauet, wo sie sich zu den gewöhnli­ chen monatlichen Bettagen und zu andern Festen versammeln. Oie geringern Geistlichen wohnen in der Nahe mit ihren Filzgezelten, die innerhalb eig­ ner eingefaßter Gehöfte, um über der Erde trocken zu stehn, auf erhöheten Bretterboden aufgeschlagen sind. Einige Geistliche finden sich nicht nur zu den

Festzeiten bei ihren Kapellen ein, fonderu haben ih­ re steten Wohnungen dabei aufgeschlagen, weil sie in der Nahe hinreichende Weide für ihre Heerden zu allen Jahrszeiten finden. Das Hoflager der chi­ nesischen Mongolen und ihres geistlichen Oberhaupt-

ist zu einem solchen unveränderlichen Wohnplatze ge­ worden, und man sieht leicht ein, daß auf diesem Wege mit dem Verlaufe der Zeit, wenn gleich nur sehr langsam, in der Mongolei Städte entstehen

müssen, so wie auf eine ähnliche Weise durch die Anlegung von Kirchen, Klöstern und Bisthümer» in den mittleren Jahrhunderten manche europäische und die meisten ältesten deutschen Städte entstan­ den find. Dieser Uebergang aus dem wandernden Hirtenleben zu der ruhigeren Lebensart des Land­ bauers hat bei manchen mongolischen Stämmen schon merklich genug angefangen. Im südöstlichen Theile der Mongolei nämlich, wo sie den Chinesen unter­

worfen sind, welche die Fortschritte des Ackerbaues möglichst unter ihnen zu befördern suchen, sind meh­ re Stämme durch Mangel an Weibe oder Vieh ge-

D r

) 52 (

zwuage« worden, sich mehr mit dem kandbau ju beschäftigen. Diese haben natürlich ihre wandern­ de Lebensart aufgegeben, und wohnen bei ihrem Ackerlande in schlechten von Flechtwerk und Holz erbauten und mit Erde beworfenen Hütten. Sie bauen Weizen, Roggen, Gersten, und sammeln ei­ nen freilich nur unbedeutenden Heuvorrath für de« Winter. In der Nähe der chinesischen Mauer sind viele arme Mongolen, zum Theil mit Dauren ver­ mischt, kolonirnweise jum Ackerbau angefttzt wor­ den. Sie «erden auf Kosten der chinesischen Regie­ rung nicht nur mit Arbeitsvieh und Saatgetreide un­ terstützt, sondern es werden auch VorrathShäuftr i« diesen Gegenden unterhalten, woraus man dem Vol­ ke in Jahren des Mißwachs zu Hülfe komme« kann. Im Ganzen genommen bleibt indessen die Vieh­ zucht jetzt- noch bei weitem die Hauptbeschäftigung der Mongole». Doch hat sich auch diese, so wie die Heerden selbst, nach der größeren Kalte deS mongolische» Landes bequemen müssen, welches theils von feiner östlicheren Lage (denn die östlichen Län­ der sind sowohl in Asien wie in Amerika beträcht­ lich kälter alS die westlichen, die mit jenen gleich weit von dem Nordpol entfernt find) theils von sei­ nen hohen Bergen herrührt. Dieser Unterschied deS Himmelstrichs ist eine von den Hauptursachen, wes­ wegen die Mongole» bei ihrem Hirtenleben viel we­ niger Reichthum erwerben als die westlicheren in milderen Gegenden lebenden Kalmücken. Während deS langen und strengen Winters müsse« sich ihre Heerden sehr kümmerlich behelfen; und dennoch wer­ den sie gänzlich der Natur, überlassen, indem maa

)

55

(

bloß für die Lämmer einigen Heuvorrath zu besor­ gen pflegt. Brmerkenswerth ist es, daß das zweibuckelige Kameel bei so geringer Pflege in diesem ungün­ stigen Himmelsstriche aushalten kann. Diese Thiere, von welchen die Mongolen eine ziemliche Anzahl be­ sitzen , und die hier etwas kleiner als in den wär­ meren westlicheren Gegenden zu-seyn pflegen, gehe» den ganzen Winter ohne alle Bedeckung und War­ tung auf den Inseln und Niedrigungen der Flüsse umher, und nähren sich bloß von Weidenruthen, die sie bis auf's Hol; abfrrssen. Natürlich sieht man dann im Frühlinge die mit bloßer Haut be­ deckten Knochen allenthalben hervorstehen: ihre Bu­ ckel werden zu niederhängenden mit langen Zotte« bewachsenen Hautlappen, und sie stellen gegen En­ de des Aprils, wenn noch keine Pflanzen zum Vor­ schein gekommen sind, das lebendige Bild des Hun­ gers dar. Am meisten haben sie von der im April und May gewöhnlich noch einfallenden Kälte und Schneeluft zu leiden, da sie schon in der Mitte des Aprils ihr gefilztes Haar zu verlieren anfangen, und gegen Ende desselben so wie den ganzen Mai hin­ durch einige Zotten am Halse und an den Gelenke« ausgenommen ganz kahl gehn. Obgleich die Ertra­ gung alles dieses Ungemachs ein härteres Naturell des Kameels beweiset, als man ihm fast zutrauen möchte; so zeigt doch ein anderer Umstand, daß eS gegen diese beiden keinesweges ganz unempfindlich ist, und sich bewußt zu seyn scheint, das volle Maaß von Unannehmlichkeit zu erdulden, daS seine Natur, ohne zu erliegen, nur übernehmen kann. Die Ka-

)

54 (

mrelmütter nämlich, die sonst alle Übrigen Hausthie­ re an Liebe zu ihren Jungen übertreffen, verstoßen in der Mongolei zuweilen ein Junges früher von ihrer Vrust, als es fich selbst zu ernähren im Stan­ de ist, welches in wärmeren Gegenden, wo sie bes­ sere Nahrung finden, niemals geschiehet, und also deutlich genug ein Gefühl von übergroßer Schwäche beweiset. Wenn dieser Einfluß des Himmelsstrichs auf den Instinkt der Kameelmutter einige Aufmerk­ samkeit verdient; so verdient sie das Mittel noch weit mehr, dessen sich die Mongolen bedienen, um der mütterlichen Zärtlichkeit des Kameels wieder das Uebergewicht über den Trieb der Selbsierhaltung zu verschaffen. Sie binden zu diesem Zwecke das junge Kamerl an einen eingeschlagenen Pflock, und die Mutter einige Klafter davon an einen an­ dern. Dann stimmt jemand, der des Spiels auf der mit Haarseiten versehenen Geige, Chur, kun­ dig ist, die kläglichste Melodie an, die er vermag, und deren Stinmie mit der Klagestimme eines jun­ gen Kameels viele Aehnlichkeit hat. Das alte Kameel wird zuerst aufmerksam, blickt unablässig nach seinem Füllen, laßt endlich große Thränen aus den Augen fallen, und sucht sich loszureißen. Wird es alsdann befreit, so säugt es das Füllen, und wird es nicht leicht wieder verlassen. So fabel­ haft diese Wirksamkeit der Musik scheinen mag; so ist die Thatsache selbst doch durch viele glaubwür­ dige Personen bezeugt worden, und verliert durch die schon alte auch jetzt bei den Karawanen bekann­ te Bemerkung, daß die Kameele durch Mufik zu

) r,5 ( größerer Anstrengung ermuntert werben, einen Theil ihrer Unwahrscheinlichkeit. Die Pferde der Mongolen sind zwar klein, mager und im Frühlinge noch abgemergelter als die

Kameele, weil diejenigen, welche nicht in warmen Thälern und Flächen zwischen kahlen, sonnigen Ge­ birgen überwintern können, wahrend des Winters sich bloß von der im nordöstlichen Asien überall vor­ kommenden Strauchbirke nähren können;

dennoch

sind diese Thiere sehr flüchtig und beherzt, leicht zur Arbeit zu zähmen, und bis auf das letzte Urberbleibsel ihrer Kraft zur Anstrengung willig. stens sind sie von Heller Farbe.

Mei­

Das Rindvieh der Mongolen ist von mäßi­ ger Größe, sehr gedrungen und dauerhaft. Die überflüssigen Stiere werden nicht nur zum Ziehen und Tragen der Hütten und der Geräthschaften bei Veränderung der Lagerplätze, sondern auch zum Reiten gewöhnt. Dazu dienen sie vorzüglich für Weiber und für Kinder, welche die Heerden hüten,

weshalb sie auch mit besondern, auf ihren scharfen Rücken paffenden Sätteln belegt, und mit einem, durch die Nase gezogenen Strickchen regiert wer­ den.

Die mongolischen Sch Nase sind eben so wie die kirgisischen von der großen mit polsterförmigen

Fettschwänzen versehenen Art;

doch ist bei dersel­

ben der Einfluß des Himmelsstrichs sehr merklich.

Am Selenga und in allen Gegenden, wo der Schnee­ fall ziemlich stark, und die salzigen Gründe nicht häufig sind, findet man nur kleinere Schaafe, die an Größe wenig die russischen übertreffen, mit

) 56 ( -«ringe« unansehnlichen Fettschwänzrn. Auf de« schönen Steppen Dauriens hingegen, wo sich fast in allen Gründe«, zum Beweise für die Salzigkeit des Bodens, Salzkräuter zeigen, wo auch so wenig Schnee fällt, daß die Schaafe den ganzen Winter hindurch reichliche Weide finde«, sieht man diese Thiere zu einer Größe emporgewachsen, wodurch sie die größten kirgisische« Widder fast übertreffen, und für die ansehnlichsten ihrer Art gelten können. Doch wachsen auch diesen die Fettschwänze nicht so groß, wie bei de« kirgisischen und kalmückischen, vermuth­ lich weil sie mehr auf Bergen, als so wie diese in Salzgründe« und auf Wermuthflächen weiden, viel­ leicht auch, «eil die kalte Bergluft der Erzeugung des Fettes und der dabei nothwendig vorausgehrnden Erschlaffung und Ausdehnung der Theile hin­ derlich ist. Die Wolle der mongolischen Schaafe, Deren Farbe meistens «eißfcheckig, ober weiß, mit schwarze«, braunen, gefleckte» oder gesprenkelte« Köpfe« ist, wirb mit scharfen Messern abgeschoren, und wegen ihrer geringen Feinheit nur zur Berei­ tung ihrer Filze gebraucht. Unter den schwarze« Lämmern giebt 20 ( Äoge» und Pfeile verfertige« fie selbst. Dl« Panzerhemde« find Netzwerke von Stahldrathringen, aber viel zu schwer und viel zu kostbar, um allge­ mein im Gebrauch zu seyn. Sie besitzen schöne Pfer­ de, und find gute beherzte Reiter und Bogen schäzzen, weshalb auch immer ein geringer baschkirischer Haufe unbezweifelt über einen zahlreichen kirgisischen siegt. Auch find sie sich dieser Uebrrlegenheit so sehr bewußt, daß zuweilen einzelne Baschkiren lange Zeit in der kirgisischen Horde herumschweifen. Deshalb werden die Baschkiren vorzüglich von den russischen Befehlshabern an der Grenze gebraucht, wenn man die Kirgisen wegen begangener Räubereien züchti­ gen will. Ein baschkirischer Heereszug hat viel seltsames. Jeder Reiter kleidet sich nach Belieben; nur gehn sie sämmtlich in langen Kleidern. Jeder hat auch rin zweites Handpferd, das er für den Streit schont, und nur mit seinem Mundvorrath belastet, der zum Theil in stark gedörrtem Getreide besteht, weshalb fie auch einige Handmühlen auf den Pferden bei sich führen. Meistens hat jeder Haufe von ioo eine klei­ ne bunte Standarte, die eben so verschieden von einander find wie ihre Waffen. Sie reiten ohne Ordnung durcheinander, und stellen sich nur, wenn sie anhalten, einigermaßen in Reihen. Die baschkirische Weibertracht (Fig. 2.) ist we­ nig von der schuwaschischen (Fig. i.) unterschieden. Der wesentlichste Unterschied des Kopfputzes ist, daß de» lange mit kleinen Silbermüazen versehene Riemen, der über den Rücken hinab geht, nicht an der Mä­ tze sondern an einer kleinen tUilden und kugelför-

) 121

(

mtg erhabene« Kappe befestigt ist, die man oben über der Oeffnung der Mütze durch einige Knöpfe und durch eine» nach der Wange herablaufenden Korallenstrang angeheftet hat. Dieser ganje Kopf­ putz mit seinen Anhängsel«, die eben so wie bei den tschuwaschischen Weibern an einem breiten Schweif auf dem Rücken herabhängen, ist mit klei­ nen silbernen Münzen oder Platten dicht besetzt. Auch wird die Mütze, eben so wie bei jenen, über den Schleier gesetzt, und mit einem Riemen unter -em Kinn befestigt, so wie das unter dem Kinn aus­ gebreitete Brustgrhänge beiden Völkerschaften gemein ist. Ihr grobes Leinenzeug zur Kleidung verferti­ gen die Baschkirinnen selbst, indem sie nicht nur den Hanf, der zum Theil wild und sehr hoch bei ihren Sommerwohnungen wachst, theils auch grsäet wird, sondern auch die gemeine große Nessel zu Garn spinnen. Diese Nessel wächst in dem fetten Boden bei den Wohnung» ebenfalls häufig, und wird eben so wie der Hanf im Herbste ausgerauft, getrocknet, dann etwas eingewäffert, hierauf der Bast vorzüglich mit den Händen durch das Brechen der Stengel abgezogen, und zuletzt in hölzernen Mörsern gestampft, bis nichts als der innere wei­ che und fadenartige Theil übrig bleibt. Da sich die Baschkiren den Russen unterwarfen, und noch lange nachher führten sie die nomadische Lebensart. Nach und nach haben sie sich von dem vmhrrstreifenden Hirtenlrbea entwöhnt, oder es viel­ mehr mit dem an beständigere Wohnungen gebunde­ nen Ackerbau vereinigt. Im tsetischen Kreise woh­ nen sie dts Winters in Jurten des Sommers in

)

*22

(

freiem Felde; die ufische« hingegen wohne« in Fle­ cken und Dörfern. Bei dem Anbau der Winterhärten sehen die Baschkiren mehr auf Fruchtbarkeit der Platze als auf deren Vorrath an Wasser, da es ihnen im Win­ ter nicht an Schnee fehlt. Ein solches Dorf ent­ hält io bis 50 Hätten. Diese find von Blockwetk schlecht und leicht gebauet, und bestehn mehrentheils aus vier kleinen Stuben mit einem flachen Dache. Die innere Einrichtung ist tatarisch aber ziemlich schlecht. Die breite Ruhebank ist oft zugleich ein Behältniß des jungen Viehes. Statt des tatari­ schen Ofens legen die Baschkiren bei der Thür zur Rechten einen walzenförmigen Kamin an, der sich gegen den Rauchfang verengert, unten aber etwa auf Mannes Höhe ganz offen und gleichsam ausge­ schnitten ist. Das Gerippe dieses Kamins besteht aus hölzernen Staben und Reisig, die aber mit Lehm gut ausgefchlagen werden. Das Brennholz wird darein- in langen Scheiten aufrecht gestellt. Neben dem Kami« ist ein kleiner Feuerraum, worauf der Kessel zum Kochen der Speise steht, und gn diesem ist gewöhnlich eine besondere Röhre zur Ableitung des Rauchs. Diese baschkirischen Kamine haben einen sehr guten Luftzug, und wärmen sehr gut. Aber das gar zu Helle Flammfeuer scheint den Au­ gen »och schädlicher zu seyn als der Rauch, den« die Baschkiren find sehr mit Augenkrankheiten ge­ plagt. So gut indessen auf diese Weise für Wär­ me gesorgt ist, so kann man doch von dem Lichte der baschkirischen Hütten nicht eben dasselbe rüh­ men, weil die Thüren oft nur so klein find, daß.

)

123

(

man hineinkriechen muß, und die kichtlöcher in den Wanden, die statt des Glases mit Thierblasen, Fisch­ häuten oder in Oel getränkten Lappen überspannt sind, nicht viel Licht durchlassen. Wenn aber die Baschkiren schlecht wohnen, so wohnen sie doch um nichts schlechter als ihre Gottheit; denn die Kapel­ len selbst in den ansehnlichsten Dörfern sind eben so armseelige Hütten. Der geringe Aufwand an Materialien und Mähe, den ihnen der Bau ihrer Hauser macht, verstattet ihnen dieselben unbe­ denklich zu verlassen und das ganze Dors nach ei­ ner andern Stelle ihres Gebiets zu verlegen, so bald ihnen die neue Gegend besser gefallt. Große Wintrrdövfer theilen sich in mehrere Som­ merdörfer, indem ein Sommerlager nur aus 5 bis 20 Jurten besteht. Eine solche Jurte ist rund, und halt 3 bis 5 Klaftern im Durchmesser. Oie Sei­ tenwand ist ein Gitterwerk etwa 4 Fuß hoch, wor­ auf die Dachstangen liegen, die sich in einem Rin­ ge an etwa 2 Fuß im Durchmesser vereinigen. Die Jurte bildet also beinahe einen abgestumpften Ke­ gel. Wände und Dach sind mit Filzen belegt, die mit Seilen von Pferdshaaren daran befestigt sind.

Die Baschkiren im hohen Uralgrbirge geben ih­ ren Sommerjurten eine länglich viereckige unsern Häusern ähnliche Gestalt, und bekleiden sie, weil sie nicht Schaafe genug halten um Filze zu bekommen, mit Birkenrinde. In der Mitte befindet sich der Feuerplatz mit einem Dreifuß, oder mit einer herabhangenden Kette, woran man den Kessel beftsiigt.

) ^-4

(

In Permien befinden fich im kungurischen Di­ strikte unter den dortigen kafantschen Tatarn ein Paar kleine baschkirische Stämme, die bei dem Man­ gel offner Gefilde in beständigen hübschen Dörfern, ganj nach der Weise der tatarischen Wohnungen ein­ gerichtet, stch aufhalten. Der vornehmste Hausrath der unreinlichen baschkirischen Hütten ist ein hoher lederner auf einem hölzernen Gestelle befindlicher flaschenähnli­ cher Schlauch, der stetS voll saurer Milch ist. Da die Baschkiren nicht gern ein Geschirr rein machen, so kann man sich denken, welch einen Geruch di« Milch in diesen Gefäßen annehmen muß. Ueberhaupt ist die ganze Lebensart der Baschkiren viel schmutziger und ihr Hauswesen weit armseliger ein­ gerichtet, als man bei einem so reichen Volke er­ warten sollte. Die Ruhebänke und die Fußböden der Kapellen find mit Filzen belegt; selten findet man bei ihnen Teppiche und Polster. Ihre Gefäße find meistens von Holz, Birkenrinde oder Ledert selten fieht man irdeneS oder metallenes Geräth. In den meisten Häusern find auch hölzerne Mörsel, die bei Verfertigung von Grütze und Mehl die Mühlen ersetzen auch zum Stampfen des Han­ fes und zu anderm Gebrauche dienen. Manche Dör­ fer haben indessen auch eigentliche höchst einfache Wassermühlen, die als eine eigenthümliche Erfin­ dung der Baschkiren hier eine nähere Anzeige ver­ diene«. Um nicht viele Mühe zu habe«, sucht man zu der Anlage dieser Wassermühlen die kleinsten Bäche ans, flicht «inen Jan« von Korbwerk, der mit Erde

) beworfen wirb,

"6

(

und sucht den Dach,

indem man

ihn dadurch oder durch einen ordentlichen Damm von Reisern und Erde zuräckhält, zum Anschwellen zu bringen. An diesem Damme zimmern nun die Baschkiren eine kleine auf Pfählen ruhende Hütte,

worin auf einer Zimmerung, die wie ein Tisch in der Mitte frei steht und eine Einfassung hat, die Mählrnsteine ruhn. Diesen kann man nur wegen der Aehnlichkeit des Gebrauchs den Namen der Müh­ lensteine geben; denn niemals sind sie von Stein, sondern es sind runde, aus einer harten Wurzel

oder einem harten Klotz gehauene Teller, in welche eine Menge von platten eiserne« Nageln ohne alle

Ordnung, aber so eingeschlagen sind, daß sie alle mit der Länge ihres hervorragenden Theils vom Mittel­ punkte nach dem Umkreise gerichtet find. Die unte­ re dieser beiden hölzernen Scheiben liegt auf der erwähnten Zimmerung unbeweglich; die obere kann

aufgehoben werden, und wird durch die Achse des Mühlenrades bewegt, die durch den Mittelpunkt der untern Scheibe hervorragt, und mit einer ei­ sernen Winde in einen Einschnitt des durchlöcherten Mittelpunkts der obern Scheibe greift.

Diese Ach­

se ist gemeiniglich aus einem Baume so gezimmert,

daß der unterste Theil aus der Wurzel wie ein Kol­ ben rund und dick gehauen ist, so daß darin viele platte an einer Seite etwas ausgeholte Flügel oder

Schaufeln, wie Speichen an einem Wagenrade ein­ gekeilt werden können, die das Wasserrad vorstellen. Unter dem Kolben ist eine eiserne Spindel einge-

fchlagen, vermittelst deren die senkrecht stehende Ach­ se uriten im Bache auf einem Bakken ruht und ihr

) i->6 ( rett Umlauf hat. Das Wasser wird bürd) eine höl­ zerne Rinne aus einem kleinen Durchschnitte des Dammes auf die eine Hälfte dieses Rades gerich­ tet, so daß es an die hohle Seite der Schaufeln steigt, und also das Rad die Achse und die oben in der Mühlenhütte befindliche obere Mühlscheibe kreisförmig bewegt. Will man die Mühle hemmen, so darf nur eine lange Stange zwischen die Schau­ feln des Rades eingesetzt werden; oder das Wasser wird auch von andern durch eine bewegliche Rinne auf das Rad geleitet, der man eine andere Rich­ tung geben und dadurch die Mühle zum Stillstände dringen kann. Das Getreide, welck)es man zu Grü­ tze oder grobem Mehle bereiten will, wird in einen auch in unsern Mühlen gewöhnlichen Trichter von Brettern geschüttet, dessen Oeffnung unten eine kur­ ze waagerecht liegende Rinne hat, die auf die Mit­ telöffnung der obern Mählscheibe gerichtet ist. Der Kornbehälter ist an den Querbalken des Mühlen­ gehäuses beweglich aufgehängt, und ein daran ge­ bundener Stock, der mit einem Ende die obere Müh­ len scheibe berührt, theilt ihm die nöthige erschüt­ ternde Bewegung mit, um das Korn zwischen die Mühlscheiben auszuschütten. Will man verhindern, daß fein Korn auf die Mühle falle, so nimmt man nur diesen Stock weg. Wo solche Wassermühlen fehlen, hat jede Hüt­ te so wie auch die zu Felde ziehenden Baschkiren eine Handmühle. Sie besteht ebenfalls aus zwei Scheiben eines Eichenstammes, zede etwa andert­ halb Fuß im Durchmesser und fünf Finger breit hoch. Die beiden innern Flächen dieser Scheiben

)

127

(

find mit Stücken von eisernem Geräthe häufig so besetzt, daß sie nicht über zwei Linien weit'hervor­ ragen. Im Mittelpunkte der Unterscheide ist einausstehender Zapfen und in der obern ein größeres Loch, als hierzu nöthig ist, auch oben am Rande ein ausstehender Zapfen zur Handhabe. Beim Mah­ len legt man unter diese Mühle eine Decke, und schüttet von Zeit zu Zeit Getreide ttt das Loch der obern Scheibe, worauf sie dieselbe um den Zapfen als um ihre Achse bewegen. Das Zermalmte fällt in beiden Arten von Mühlen um die untere Schei­ be auf die Decke, und ist, wenn es Grütze werden soll, sogleich gut; wenn es aber Mehl werden soll, so siebt man es durch Haarfiebe, und mahlt den Rückstand öfter, bis nur Kleie zurückbleibt. Das Hauptgewcrbe der Baschkiren ist die Vieh­ zucht. Sie sind geübte glückliche und reiche Vieh­ hirten, und rechnen noch so wie die nomadischen Völkerschaften ihr Vermögen nach der Größe ihrer Heerden. Die Anzahl ihrer Pferde gleicht bei Rei­ chen etwa der Anzahl der Schaafe, Rindvieh macht bei Reichen etwa die Hälfte von der Anzahl der Pferde aus, die meisten haben kleine Ziegenheerben, reiche Leute einige Kameele. Die Pferdezucht ist bei den Baschkiren dke Hauptsache, weil sie fast von den Pferden allein die Befriedigung ihrer meisten Bedürfnisse erhalten; denn sie benutzen sie nicht nur zum Reiten, sondern essen auch ihr Fleisch, machen Kleider und Gefäße aus ihren Häuten, Seile aus ihren Haaren, und bedienen sich ihrer Milch zum Getränk. Die Basch­ kiren, welche östlich vom Ural und durch den größ-

)

128

(

fett Theil der isettischen Provinz zerstreut wohnen, und die überhaupt am wohlhabendsten find, haben auch die besten Pferde. Die schönen Steppen, die sich von hier über den südlichen Theil der ifetskifchen Provinz erstrecken, geben ihnen zur Pferde­ zucht die vortrefflichste Gelegenheit, indem sie eine Menge von gesunden und nahrhaften Futterkräutern enthalten. Daher hat nicht leicht ein gemeiner Baschkire weniger, als 20 bis 50 Pferde; Besitzer von einigen hundert Pferden find nicht selten; ja es giebt reiche Baschkiren, die zwischen zweitausend und viertausend Pferden befitzen. In diesen Ge­ genden werden die größten und besten Pferde der ganzen Daschkirei gezogen, so wie auch die mittlere Kirgifenhorde, deren Steppe der isettischen vollkom­ men ähnlich ist, weit größere und bessere Pferde befitzt, als die in trockneren und schlechteren Gegenden wohnende kleine Horde der Kirgisen. Die Baschki­ ren selbst wissen den Werth der Weide in den schö­ nen isettischen Gefilden wohl zu schätzen. Dena wenn fie im Junius wegen der Mücken und Brem­ sen, die alsdann in diesen Gegenden die Luft fast verdunkeln, mit ihren Heerden nach den kühleren Thalern der Gebirge zieh«, so werden die Pferde augenscheinlich magerer und kraftloser; kaum aber erreichen sie am Ende des Julius die Steppe wie­ der, so nehmen fie an Muth und Fälle des Fleisches sehr schnell wieder zu, bis fich die Baschkiren iiy August nach und nach zu ihren Winterdörfern hegeben. Eme Menge der mildesten Gräser, Klee-Ar­ ten, Schotengewächse und kräftiger Beifußarten, so wie die Sglzpfütztn, falzhaste Kräuter und bittere Stern-

)

!-9

(

Sternblumenpflanzrn tragen sämmtlich zu 6kf«tp glücklichen Erfolge bei. Diese vortreffliche Weide würde die baschkirischen Pferd? noch weit mehr ver­ edeln, wenn nicht die baschkirische Lebensart dieser Veredlung höchst hinderlich wäre. Denn theils ent­ liehen sie den jungen Füllen ihre erste und wohl­ thätigste Nahrung, indem sie dieselben den ganzen Lag hindurch an ein Seil gebunden von der Mut­ ter getrennt halten, weil sie di« Stutenmilch lieber zu ihrem Lieblingsgetränke, dem berauschenden Ku-Myß, gebrauchen. Theils ist es den Pferden, die durch jene Behandlung schon im ersten Wachsthums zurückgehalten werden, äußerst nachtheilig, daß die Baschkiren zu träge find, uw für einen hinlängli­ chen Heuvorrath auf den Winter zu sorgen, und ihre Pferde fast bloß von dem Kraute leben lassen, Welches sie sich unter dem Schnee hrrvorfcharren. Wenn nun etwa nach dem ersten Schnee Thauwetter einfällt, und die Felder dann durch einen dazu gekommenen Frost mit einer Eisriyde überzogen wer­ den oder wenn sogleich beim ersten Anfänge des Winters ein tiefer Schnee fällt; so bleiben die beklagenswerthen Thiere fast gänzlich ohne Nahrung, und fallen zu bloßen Gerippen zusammen. Unter diesen Umständen wäre eS nicht möglich, daß die Baschkiren so tüchtige und gute Pferde hätten, wen» sich dieselben nicht auf einer sehr nahrhaften Weibe im Frühlinge wieder schnell erhohlen könnten. Die Schäffereien der Baschkiren enthalten meistens die kalmückische Art von Schassen mit Fettschwänzen, Ramsköpfen und Hangenden Ohren. Einige haben der bessern Wolle wegen auch russische fich in den Wäldern von Cello« auf, ist sehr lebhaft, behende, und in seinem Betra-

) gtn

den Affen ähnlich.

Sag

(

Er hat ein scharfes Ge­

hör, und einen feinen Geruch;

feine Nahrung te»

steht vorzüglich in Früchten.

Der MonguS. tat. Lemur Mongoz.

Franz. Mongous.

( TafelIX. F t

5.)

Von den Mongus, die ebenfalls zu der Gattung der Makis gehören, giebt es mehrere Abarten, indem fie

bald ganz grau und braun, bald braun mit weißer Nase und weißen Händen,

bald braun mit einem

schwarzen Flecke um die Augen,

bald eben so und

zugleich mit hellgrauen Händen,

bald dunkelbraun

mit schwarzem Gesichte und schwarzen Händen, bald -rau

mit schwarzer Schnauze und gelben Hände»

gefunden werden.

Sie unterscheiden sich von de»

übrigen Arten der Maki- dadurch,

daß daS Haar

um den Kopf herum nicht länger ist als die Ohren,

und daß der Schwanz der ganzen Länge nach eine gleicht Farbe hat.

Die Hauptfarbe ist bei ihne»

ein ziemlich dunkles Aschgrau, welche- in das Brau­

ne oder Gelbe spielt;

denn jedes Haar ist unten

-ran, an der Spitze aber braun, oder braungelb.

An Größe gleicht der Mongus einer Katze, doch

Ist er hochbeini-rrz

Fuß lang.

fein Körper ist etwa anderthalb

) gtn

den Affen ähnlich.

Sag

(

Er hat ein scharfes Ge­

hör, und einen feinen Geruch;

feine Nahrung te»

steht vorzüglich in Früchten.

Der MonguS. tat. Lemur Mongoz.

Franz. Mongous.

( TafelIX. F t

5.)

Von den Mongus, die ebenfalls zu der Gattung der Makis gehören, giebt es mehrere Abarten, indem fie

bald ganz grau und braun, bald braun mit weißer Nase und weißen Händen,

bald braun mit einem

schwarzen Flecke um die Augen,

bald eben so und

zugleich mit hellgrauen Händen,

bald dunkelbraun

mit schwarzem Gesichte und schwarzen Händen, bald -rau

mit schwarzer Schnauze und gelben Hände»

gefunden werden.

Sie unterscheiden sich von de»

übrigen Arten der Maki- dadurch,

daß daS Haar

um den Kopf herum nicht länger ist als die Ohren,

und daß der Schwanz der ganzen Länge nach eine gleicht Farbe hat.

Die Hauptfarbe ist bei ihne»

ein ziemlich dunkles Aschgrau, welche- in das Brau­

ne oder Gelbe spielt;

denn jedes Haar ist unten

-ran, an der Spitze aber braun, oder braungelb.

An Größe gleicht der Mongus einer Katze, doch

Ist er hochbeini-rrz

Fuß lang.

fein Körper ist etwa anderthalb

)

(

55o

Sein Vaterland ist Madagaskar und andre In­ seln in der Nahe von Südafrika, wo er sich meistens in starken Sehaaren in den Wäldern aufhält.

nährt sich von Obst, Salat,

Rosinen,

Er

Brod und

Milch, soll auch Fische und Vögel fressen. Er nimmt die Speise theils mit dem Munde,

theils mit der

einen Vorderhand, und bringt sie entweder mit die­ ser, auf den drei übrigen stehend, zum Munde, oder

verzehrt sie, auf dem Hintern sitzend, mit einem klei­ nen Schmatzen.

Hunde,

Flüssige Dinge leckt er,

chen, und dann sehr schmeichelhaft.

er seine scharfen

liebt,

wie die

Er ist leicht zahm zu ma­

mit der Zunge. Hauer.

Selten braucht

Er leckt denen,

die er

mit seiner glatten sanften Zunge die Hand.

Er ist in steter Bewegung; wenn man ihn einsperrt, so nagt er an feinem ^Schwänze,

an der Spitze ganz ist.

der daher fast nie

Er springt sehr ungezwun­

gen und ohne das mindeste Geräusch auf eine Höhe

von mehreren Ellen. Er geht stets auf Vieren et­ was schleppend. Er schläft oft aber sehr leise, sitzend mit auf die Brust gelegtem Kopfe

und über die

Schultern geschlagenem Schwänze, ober auch liegend am liebsten an einem dunkeln Orte. gemein reinlich.

Er hält sich un­

Die Kälte ist ihm zuwider, und sel­

ten überlebt ein Mongus in Europa einen Winter.

) 531 (

Der A g u t i. tat Cavia Aguti.

Franz. Agouti.

(Tafel IX. Fig. 6.)

Dieses zu den Savken gehörige Thier hat eine« länglichrunden etwas zusammengedrückren oben plat­ ten Kopf, «ine lange spitzige Schnauze, längliche Nasenlöcher bloße kippen, wovon die obere gespal­ ten tfl, schwarz« kurze Bartborsteo und ähnliche Borsten über den Augen, auf den Backen und unter dem K-nn auf einer Warze. Die Unterkinnlabe ist sehr kurz, die Ohren find rund, breit, ganz kahl und viel langer als die Haare am Kopfe. Der Hals ist lang, der Leib gestreckt, der Rücken etwas gewölbt. Der ganze Leib ist mit sehr kleinen Warzen bestreuet, die Alts dem Rücken dichter, auf der Brust und dem Bauche seltener der Queere nach stehn, und mehr -reit als hoch find. Auf jedem solchen Wärzchen fitzen drei Haare, steif wie Schweinsborsten, und hinten auf dem Rücken vier bis fünfmal länger und firaubichter als hinten am keibe, auf dem Rücken schwarz und blaßgelb geringelt, auf dem Halse, de» Brust und dem Bauche über und über blaßgelb. Der Schwanz ist sehr kurz, kegelförmig und ganz kahl. An den medrigrn Beinen find vorn vier, hinten drei

)

551

(

Zehe«, nicht ganz mit eiaander verbunden, mit stum­ pfen länglichen Klauen. DaS Thier ist anderthalb Fuß lang. Die AgutiS sind, so wie die Savke« sämtlich, Eingebohrne der neuen Welt. Ihre Aufenthaltsör­ ter find Brasilien, Guinea und die antillischen In­ seln, wo fi« in den Wäldern, an trocknen und feuch­ ten Orten, in selbstgegrabenen Banen oder in hohlen Bäumen häufig leben. In jedem koche findet man nur einen oder «ine kleine auS der Mutter und ih­ ren Jungen bestehende Familie. Während des größten Theils des Tages und selbst beim Mondschein, gehen sie außerhalb ihrer Wohnung ihrer Nahruag nach, die in Wurzelwerk, Blättern und allerlek Früchten besteht, wovon sie auch Dorräthe sammel«, die zuweilen ein halbes Jahr lang vnverzehrt in der Erde liegen. Sie bringen ihre Speise auf de» Hinterfüßen fitzend mit den Dorderfüßrn zum Munde. Ihr Gang ist hüpfend doch ziemlich geschwinde. Sie vermehren fich das ganze Jahr hindurch. DaS Weibchen wirft drei bis vier Junge, die schnell wachsen, nur kurze Zeit saugen, und die eS erforder­ lichen Falles wie die Katze ihre Jungen weiter trägt. Das Fleisch der Agutis ist weiß und wohl­ schmeckend. Daher fängt man sie tu Fallen, schießt fie, und hetzt fie mit Hunden. Auf der Flucht gehen sie in der Noth auch ins Wasser. Man kann die AgutlS zahm machen: fie gewöh­ ne« fich «egzulaufen und wieder zu kommen, und fressen dann alle Arte« von Wurzeln, Körner, Brodt, Gavat, Kohl und andere Blätter aber kein Fleisch. Eie find sehr begierig, und fressen und betteln her-

)

555

(

um, indem fie an den Menschen hknanstekge«, npd ihm die Hände lecken. Gemeiniglich sitzen sie auf den Hinterfüßen, die Vorderfüße auf die Erde gestützt, und putzen sich oft. Sie schlafen wenig, mit offenen Augen, sitzend oder liegend. Wenn fie böse werden, so sträuben fie die Haare von der Mitte des Rücken bis Hinte« empor, und stampfen mit de» Hinterfüßen stark gegen die Erde. Sie beißen nicht, einen kaut hört man selten von ihnen; fie grunzen wie ein Ferkel; zuweilen, besonders wenn fie zu fres­ sen bekommen, schnurren fie wie eine Katze. Man kann diese Thiere ohne Schwierigkeit in dem gemä­ ßigten Europa halten, wenn man ihnen nur im Winter einen warmen Aufenthalt anweiset.

Der rothköpfige Bienenfresser. tat. Merops erythro.o ephalus. ä tete rouge-

Fr. Guepier

(Tafel X. Fig. i.)

Die Bienenfresser gehören nebst den Spechten, Eis­ vögeln, Wiedehöpfen, Baumläufern und Kolibri'zu einer gemeinschaftlichen Ordnung, die fich durch kurze Füße und einen meistens geraden nicht dicke» Schnabel von den übrigen Ordnungen der Vögel unterscheiden. Bei der Gattung der Dienenfreffer ist der Schnabel etwas gekrümmt und zusammeu-edrückt.

)

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(

um, indem fie an den Menschen hknanstekge«, npd ihm die Hände lecken. Gemeiniglich sitzen sie auf den Hinterfüßen, die Vorderfüße auf die Erde gestützt, und putzen sich oft. Sie schlafen wenig, mit offenen Augen, sitzend oder liegend. Wenn fie böse werden, so sträuben fie die Haare von der Mitte des Rücken bis Hinte« empor, und stampfen mit de» Hinterfüßen stark gegen die Erde. Sie beißen nicht, einen kaut hört man selten von ihnen; fie grunzen wie ein Ferkel; zuweilen, besonders wenn fie zu fres­ sen bekommen, schnurren fie wie eine Katze. Man kann diese Thiere ohne Schwierigkeit in dem gemä­ ßigten Europa halten, wenn man ihnen nur im Winter einen warmen Aufenthalt anweiset.

Der rothköpfige Bienenfresser. tat. Merops erythro.o ephalus. ä tete rouge-

Fr. Guepier

(Tafel X. Fig. i.)

Die Bienenfresser gehören nebst den Spechten, Eis­ vögeln, Wiedehöpfen, Baumläufern und Kolibri'zu einer gemeinschaftlichen Ordnung, die fich durch kurze Füße und einen meistens geraden nicht dicke» Schnabel von den übrigen Ordnungen der Vögel unterscheiden. Bei der Gattung der Dienenfreffer ist der Schnabel etwas gekrümmt und zusammeu-edrückt.

) 556 (

D i e Wandertaube. idf« Columba macroura et nrigratoria. Fr. Pigeon de paflage ou le pigeon sauvage de 1‘Amerique. (Tafel X.

Fig. z.Z

Die -roße Menge der Taubeaarten theilt man in

zwei Familien ab, in diejenige«, die einen geraden Schwa«; mit gleich langen Ruderfedern, und in die Keilschwänze, deren großer Schwanz wie ein langer spitziger Keil ausläuft. Zu den letzten gehört die (bei Fig. 3) hier abgebildete Wandrrtaube. Ihr Vaterland ist Amerika, und fle ist in An­ sehung drS Halses und Kopfes etwa- kleiner als die Tauben in Karolina. Ihr Schnabel ist schwarz; der Augenstern brennend roth; Kopf, Hintertheil und Seilen des Halse- schieferblau; an jeder Seite deHalses befindet fich ein großer, glänzender goldner Fleck. Dir Deckfedern der Flügel find dunkelbläu­ lich grau mit einigen schwarzen Flecken; die Kielfe­ dern braun; der Schwanz ist sehr lang und kreis­ förmig. Ihr Gewicht beträgt etwas über ein halbes Pfund. Die Provinzen der vereinigten nordamerikanischrn Staaten find «S vorzüglich, welche bei der Wan»

) 337 ( Wanderung dieser Vögel in jedem strenge« Win­

ter in ganz ungeheurer Menge von ihnen besucht werden»

Nach der Strenge oder Gelindigkeit des Ist das

Winters richtet sich jedesmal ihre Anzahl.

Wetter gelinde, so kommen wenige oder keine bis in die südlichen Provinzen. Bloß die Noth zwingt sie, ihren Aufenthalt zu ändern, um Eicheln, Beeren und andere Früchte in den wärmeren Provinzen zu su­ chen. Ihre liebste Nahrung sind die kleinen Eicheln Pukereicheln genannt. Wo sich dieses Taubenheer niederläßt, richtet es mehr Schaden an als eine

Heuschreckenschaar. Der Boden wird auf einmal von allen eßbaren Früchten so rein, daß alle übrigen Thiere nichts mehr für sich finden. Ist auf der Erde alles

verzehrt, so stiegen sie auf, machen große senkrechte Säulen, schwingen sich zwischen die Zweige derBäu-

me, und schlagen mit den Flügeln die Eicheln ab. Dann kehren sie zur Erde zurück, und verzehren, was sie hinabgeworfen haben. In Kanada richten sie un­ ter dem Getreide große Verwüstungen an, ehe sie weiter gegen Mittag in die vereinigten Staaten fliegen. Man weiß jetzt mit Gewißheit, daß fie in de« nördlichen Gegenden an der Hudsonsbay und in den Wäldern um den Fluß Onandago brüten; einige

behaupten, es geschehe auch am St. Laurenzflusse. Die Nester bauen sie in Bäume, und legen zwei Eier. Während der Brütezeit, und so lange sie ihre

fressen sie im May den Saamen des rothen Ahorns, und hernach den Saamen der

Jungen futtern,

amerikanischen Ulme. Nach genauen Beobachtungen verschiedenerNatnrforscher bleiben fie auf ihrenBrü(F)

N

)

558

(

«Plätzen bis in die Mitte des Juli, und kn den in­ nern Theilen der Hudsonsbay bis zum December, Ist der Boden mit Schnee bedeckt, so fressen sie die Knospen der Wacholderstaude. So bald sie Mangel an Nahrung spüren, er­ wacht ihr Wanderungstrieb. Sie versammeln sich in großen Schaaren und ziehen nach Gegenden, wo sie Nahrung finden. Ihre Menge bei strengen Win­ tern übersteigt allen Glauben. Millionenweise flie­ gen sie beisammen, und verdunkeln im eigentlichen Sinne die Sonne in einer beträchtlichen Strecke. Ist eine Schaar vorüber, so folgt sogleich eine neue, und der Vorüberzug jedes Haufens währt über eine Viertelstunde. Zuweilen dauert es so drei Lage nach einander, daß man sie niemals aus dem Gesichte verliert, sondern stets den fortziehenden und den ankommenden Schwarm zugleich wahrnimmt. Man kann hieraus den Schluß auf ihre unglaub­ liche Menge machen. Wo sie sich niederlassen, fitzt eine der andern auf dem Rücken. Setzen sie fich auf Bäumen zur Ruhe, so brechen oft die Zweige der stärksten Eichen unter ihrer Last, und der Boden unter ihrem Sitze wird in einer Nacht Fuß hoch mit ihrem Unrath bedeckt. In Neuyork und Penfilvanien halt man um diese Zeit eine sehr leichte Jagd mit ihnen, indem man sie mit Stangen von den Balkons oder Dächern herabschlagt. Die In­ dianer lauern ihnen auf ihren Ruheplatzen auf, und schlagen sie dann in der Nacht zu Taufenden her­ unter. Auch setzt man unter die Baume, worauf sie sich niedergelassen haben, Gefäße mit brennendem Schwefel, dessen Dampf sie so betäubt, daß sie hau-

)

55g

(

fenweise herabfallen. Außerdem werden sie in Schlag« netzen zu Hunderten gefangen. Ehe sie durch di« Bevölkerung in Amerika zu sehr gestört wurden, waren sie in noch größerer Menge. Man will von ih­ nen im Jahr i6;8 Züge in Neuengland gesehen ha­

ben, die vier bis fünf Meilen lang und zugleich so

dick waren, daß man die Sonne völlig aus den Au­ gen verlor. Im Frühlinge sollen sie zuräckkehreN, in den Wäldern Nesi an Nest bauen, und viele Mei­

len weit Baum an Baum zu einem einzigen Geheck« machen. Sie sind auf ihren Zügen durch die amerikani­

schen Freistaaten sehr fett und geben eine sehr an­ genehme Speise. Ehemals konnte man in keine kleine Stadt der innern Theile von Karolina kom­ men, ohne einige hundert Kannen von Taubenöl oder von dem statt der Butter gebrauchten Fette der Wandertauben vorzufinden. Nach Tages Anbruch geht der Zug der Wandertauben an, und dauert gewöhnlich bis gegen zehn, so wie nachmittags von drei bis gegen sechs Uhr, Ihr Strich geht immerdar gerade gegen Westen. In Neuyork fliegen sie im Frühlinge am Ende des

Februars oder im Anfang« des Märzes, Und dieß wahrt acht bis zehn Lage. Am Ende des Ju­

lius oder Anfänge des Augusts fangen sie wieder aufs neue an» Mit Locktauben werden sie unter Netzen in ungeheurer Menge gefangen, und ganze Säcke voll davon auf den Markt gebracht. AuH werden sie auf einer Menge um eine Hätt« errichteter

Pfahle, auf denen die Locktauben sitzen, häufig ge­ schossen; über hundert fallen zuweilen auf einen ein-

)

54o

(

zlgen Schuß. Sonderbar ist es, daß man, obgleich jedermann zu diesen Zeiten auf die Taubenjagd aus­ geht, an manchem Tage kein einziges Weibchen und den andern Tag kein einziges Männchen schießt, da -och beide Geschlechter einerlei Zug gegen Westen halten. In einem solchen Fall weiß man gewiß, -aß ihr Besuch in diesem Jahr sehr zahlreich seyn wird.

Die Turteltaube von Jamaika. Lat, Tortur Jainaicensis. Fr. La tourterelle de la Jamaique. (Tafel X. Fig. 4.)

Neben den allgemeinen Eigenschaften der Turtel­ taube, die im vorigen Bande angeführt sind*), zeich­ net sich die Turteltaube von Jamaika besonders -urch ihren dunkelblauen Kopf aus, weshalb sie auch zuweilen der Blaukopf genannt wird. Ihr Rücken ist hellbraunröthlich, der Unterleib rostfarbig inS Röthliche spielend, die Kehle blau. Die Augen wer­ den von unten mit einem halben weißen Ringe um­ geben, die Brust ist hellroth; der Schnabel nur an -er Wurzel, aber Füße und Krallen durchaus roth gefärbt.

•) Siche daselbst Seite 56 «. f.

)

54o

(

zlgen Schuß. Sonderbar ist es, daß man, obgleich jedermann zu diesen Zeiten auf die Taubenjagd aus­ geht, an manchem Tage kein einziges Weibchen und den andern Tag kein einziges Männchen schießt, da -och beide Geschlechter einerlei Zug gegen Westen halten. In einem solchen Fall weiß man gewiß, -aß ihr Besuch in diesem Jahr sehr zahlreich seyn wird.

Die Turteltaube von Jamaika. Lat, Tortur Jainaicensis. Fr. La tourterelle de la Jamaique. (Tafel X. Fig. 4.)

Neben den allgemeinen Eigenschaften der Turtel­ taube, die im vorigen Bande angeführt sind*), zeich­ net sich die Turteltaube von Jamaika besonders -urch ihren dunkelblauen Kopf aus, weshalb sie auch zuweilen der Blaukopf genannt wird. Ihr Rücken ist hellbraunröthlich, der Unterleib rostfarbig inS Röthliche spielend, die Kehle blau. Die Augen wer­ den von unten mit einem halben weißen Ringe um­ geben, die Brust ist hellroth; der Schnabel nur an -er Wurzel, aber Füße und Krallen durchaus roth gefärbt.

•) Siche daselbst Seite 56 «. f.

) 541 (

Die Fasanente. Der Pfeilschwanz. Lat. Anas acuta.

Franz, le canard faisan,

(Tafel X. F i g. 5.) Ente hat ihren Namen davon, baß der Schwanz bei ihr lang und spitzig ausläuft, wie ein Fasanenfchwanz, obgleich dieß nur bei dem Männ­

chen der Fall ist. Der Hinterkopf hat an beiden Seiten eine weiße Linie; der Rücken ist wellenför­ Die Flügel haben einen Spiegel, der vorn bei einer Spielart violett und nach hinten schwarz und weiß, bei einer andern hellroth. Die Flügel find braun, die mittleren Schwanzfedern sehr lang und schwarz, Schnabel und Füße schwärzlich.

mig aschgrau.

Sie ist gegen zwei Fuß lang, wohnt an den Seekü­ sten Europa's, und überwintert im Oestreichischen. Die Fasanente gehört, so wie alle Enten, in die Ordnung der Schwimmvögel, die sämtlich einen et­ was stumpfen mit einer dünnen Haut überzogenen,

unterhalb der Wurzel etwas höckerigen, an der Spitze dickeren oder aufgeworfenen, inwendig gezahnelten Schnabel, eine fleischige Zunge und eine Schwimmhaut an den Füßen haben, die bgld einige, bald alle Zehen ganz oder halb oder wenig oder gar nicht verbindet, und entweder in runden Lappen oder Frangrn oder Streifen an den Zehen sitzt. Die

)

54s

(

Gattung der Enten hat außer jenen allgemeinen Kennzeichen ihrer Ordnung einen oben gewölbten, vorn stumpfen Schnabel, der bei einigen Arten, wie bei den Schwänen an der Wurzel höckerig ist, bei andern findet man ihn flach, wie bei den Gänsen und Enten, und einige Arten haben einige Federn verkehrt,' oder Büsche auf den Köpfen, wonach die große Anzahl der zu dieser Gattung gehörigen Arten, die sich gegen fünfzig beläuft, in vier Familien ab­ getheilt wird. Die Fasanente hat, so wie die zahme und wilde Ente und die Pfeifente (Anas Penelops) an der Luftröhre einen knöchernen Lustbehalter von der Grö­ ße und Gestalt eineö Fingerhuts; vor der Theilung in den Lungenröhren wird die Luftröhre knöchern, und inwendig sitzt eine knöcherne Scheidewand. Der knöcherne Luftbehäjter sitzt auf der linken Seite und hat von dieser Seite Gemeinschaft mit der Luftröhre und der Lungenröhre; bei der wilden Ente ist er et­ was größer, als bei der zahmen, und bei der Fasan­ ente hat die Luftröhre nach unten zu eine kleine Er­ weiterung. Dieser besondere Bau, der sich nur bek den Männchen findet, enthält die Ursache des ver­ schiedenen Geschreies bei beiden Geschlechtern.

)

343

(

Der Schiffshalter. Lat. Echeneis Neucrates, vel Reinora. Fr. Remote ou Arrete-neuf. (Tafel

XL

F k g.

i.)

Der Schiffshalter gehört nebst andern,

worunter

die Butten, der Spritzfisch und die Baarsche die be­

kanntesten sind,

in diejenige Ordnung der Fische,

deren Bauchflvffen gerade unter den Brustflossen fitzen. Die S ch i l d fi sch e, zu deren Gattung er gehört, unterscheiden sich durch das auf ihrem Kopfe befind­ liche Schild, welches von mehreren in die Queere gehenden rauhen Linien gebildet wird, die von einer der Länge nach laufenden durchschnitten werde«. Wenn man diese rauhen Linien mit einem Vergrö­

ßerungsglas« betrachtet, so sieht man, daß sie lauter Dorsten zusammengesetzt sind; wenn nun Fisch seinen Kopf gegen einen rauhen, ober feinen Löchern versehenen Körper andrückt, so

auS der mit tre­

ten die Borsten in denselben hinein, und er bleibt dadurch an demselben hängen. Hieraus läßt fich er­ klären,

warum sich dieser Fisch vorzüglich an die

Hayfische festzusetzen pflegt. Die Meinung aber ist unrichtig, daß er sich an die Fische und Schiffe deswegen ansauge, um sich daran zu sättigen; noch un-

)

544

(

gegründeter ist es, daß diese Fische die Kraft haben sollen, Schiffe fest ju halten. Die Anzahl jener rauhen Linien beträgt i$ bis 24. Der Kopf ist oben breit und endigt sich in eine Spitze: von den beiden mit Zähnen besetzten Kinnladen ist die unterste die bängste. Die Mundöffnung ist weit, die Zunge breit, die Kiemenöffnung groß, und die Kiemenhaut mit neun Strahlen versehen. Der Körper ist gestreckt und dick. Die Seitenlinie läuft über die Mitte des Körpers. Sämtliche Flossen sind klein, und scheinen zur Bewegung des ziemlich dicken Körpers nicht hinreichend, weshalb ihm wohl das Schild am Kopfe verliehen ist, um sich an mehrere bewegliche Körper anzuhängen, und durch deren Hülfe im Was­ ser herum zu schwimmen. Die Schilbfische wohne» im mittelländische» Meere und im großen Weltmeere. Sie gehören zu den fleischfressenden Thieren, und erreichen die Grö­ ße von 2 bis 7 Fuß. Bis jetzt sind zwei Arten die­ ser Gattung bekannt, nämlich außer dem Schiffs­ halter noch der Ansauger (Echeneis Remora). Der Schiffshalttr hat, wie die Figur zeigt, einen abgerundeten Schwanz. In der Kiemenhaut zählt man neun, in der Brustflosse zwanzig, in der Bauchflosse vier, in der Afterflosse fünf und dreißig, in der Schwanzflosse achtzehn und in der Rücken­ flosse vierzig Strahlen. Der Körper ist gestreckt, die untere Kinnlade endigt sich in eine Spitze und ragt vor der obern weit hervor; beide sind wegen der kleinen Zähne wie eine Raspel anzufählen. Die Zunge ist dünn, schmal, frei und rauh, auch der Gaum ist mit vielen kleinen Zähnen besetzt; unweit

)

->45

(

der Oberlippe nahe am Schilde erblickt man die Oeffnungm des Geruchs und Gehörs. Die Augen sind klein und haben einen schwarzen Stern in einem goldgelben Ringe. Die Backen sind fleischig und silberfarben. Der Kiemendcckel besteht aus einem Blättchen; die Kiemenhaut und die Kiemenöffnung sind weit; die Haut ist schuppenlos und voll von zarten Oeffnungen. Rücken und Schwanz sind grün, die Seiten unterhalb der Seitenlinie weiß, und der After befindet sich beinahe in der Mitte des Kör­ pers. Die Seitenlinie ist weiß, und hat eine gera­ de Richtung. Sämtliche Flossen, nur die am Schwänze ausgenommen, haben einen gelben Grund und eine breite violette Einfassung. Die Brust - und Bauch­ flossen find kurz, die Rücken - und Afterflosse von der Schwanzflosse weit entfernt. Der,Schiffshalter bewohnt so wohl die kalten, als die heißen und gemäßigten Gegenden. Man hat ihn in Norwegen, bei den moluckischen Inseln, bei Alexandrien, Konstantinopel und Smirna, bei Ara­ bien und Brasilien, bei den Antillen und bei Ja­ maika, von anderthalb zwei bis drei und von sieben Fuß Länge angetroffen. Aus den Ueberbleibseln, die man in seinem Magen findet, ergiebt sich, daß er von Muscheln und Krebsen lebt. Ec hat ein zähes, mageres Fleisch, das nur von Armen genossen wird. Man erhält ihn gemeiniglich beim Fange der Hayfische, an welchen er sich anzusaugen pflegt.

)

546

(

Der schwimmende Kopf. iat.

Diodon Mola.

(Tafel

XL

Franz, la Lune.

F i g.

Dieser sonderbar gebildete Fisch,

a)

den man,

wie

auch der lateinische Name anzeigt, auch im Deut­ schen den Mühlensteinfisch nennt, gehört zu der Ord­

nung derjenigen,

die zwar eigentliche Flossengraten

haben, denen aber doch ein anderes, sonst allgemei­ nes Merkmal der Fische, nämlich der Kiemrndrckel oder die Kiemenhaut oder beides fehlt, und von de­ nen wir schon ein Paar, nämlich das Seepferdchen und den Nadelfisch den Lesern im vorigen Bande

bekannt gemacht haben.*) Wenn man den schwimmenden Kopf nicht nebst

ein Paar ähnlichen Fischen, die den abgestumpften Schwanz mit ihm gemein haben, zu einer eigenen Gattung rechnen will; so gehört er in die Gattung der Jgelfische, die fich durch die über das Zahn-

fieisch hervorragenden in eine Schneide fich endigen­ den Kinnladen unterscheiden, und deren Körper mit langen, starken, weiß und schwarz gefleckten Stacheln

besetzt ist,

die inwendig hohl,

nach oben zu rund

*) S. daselbst Tafel XL Fig. i. und 3. S. 3ai u. 5i4 f.

)

3V

(

find, und sich am Grunde in drei Wurzeln endigen, welches ihnen eine dreieckige Gestalt giebt. Diese Stacheln sind bis an die Spitze mit der den Fisch umgebenden Haut überzogen, und der Fisch kann sie, wie das Stachelschwein und der Igel die ihrigen, «ach Willkür bewegen: er richtet sie bei seiner Ver­

theidigung in die Höhe.

Die Kinnladen dienen den

Jgelfischen statt der Zahne, und laufen in eine scharfe Schneide aus. Ihr Körper ist nur mit fünf Flossen versehen, mit zweien an der Brust, mit einer am Rücken, After und Schwänze. Die Jgelftsche halten sich beim Vorgebirge der guten Hoffnung, im west­

indischen und arabischen Meere auf, werden einen bis zwei Fuß groß, und nähren sich von Fischen, Krebsen und Muscheln. Bis jetzt sind vier Arten dieser Gattung bekannt, der lange Stachelfisch, der

runde Stachelfifch, die Stachelkugrl und der schwim­ mende Kopf. Den schwimmenden Kopf erkennt man leicht an seiner ausgezeichneten, breiten, hinten ab­

gestumpften Gestalt. In seiner Brustflosse findet man dreizehn, in der Oberflosse sechszehn, in der Schwanzflosse vierzehn und in der Rückenflosse sieb­ zehn Strahlen. Sein breiter Körper endigt sich oben und unten in eine Schneide, welche durch eine hervorragende Haut gebildet wird: die Oberfläche ist rauh anzufäh-

len, und der Kopf läßt sich vom Rumpfe nicht un­ terscheiden. Die Mundöffnung ist klein, und die ent­

blößten, in der Mitte gebogenen Kinnladen gleichen einem Vogelschnabel.

Die großen unweit des Schei-

)

5*8

(

tels stehenden Augen haben einen schwarzen Stern

von einem weißgelben Ringe umgeben. Die Nasen­ löcher sind einfach, zwischen der Mundöffnung und dem Auge befindlich. Der Röcken ist grau, Rücken und Bauch silberfarben.

Die Bauchfiossen und die

Seitenlinien mangeln. Die Brustflossen sind klein, vielzweigig gestrahlt, und haben eine ganz ungewöhn­

liche Richtung,

indem sie nicht senkrecht, sondern

waagrecht stehn, nicht nach der Breite, sondern nach der Lange des Fisches am Rumpfe befestigt sind. Sie dienen daher nicht zum Fortbewegen, sondern nur, um den dünnen und breiten Körper im Gleich­

gewicht zu erhalten, oder auf die eine Seite zu le­ gen. Das letzte geschieht, wenn er die eine Flosse an sich zieht, und mit der andern fortfahrt,

daS Wasser zu schlagen.

gegen

Diese Stellung nimmt der

Fisch an, wenn er ruhen will, und man kann sich seiner dann leicht bemächtigen. Seine Rücken-und Afterflossen find lang, sitzen am Ende des Körpers, und sind mit der kürzeren Schwanzflosse verwachsen.

Die Strahlen der beiden ersten theilen sich am Ende

in so sehr viele kleine Nebenzweige, daß sie gleichsam

eine zottige Haut vorstellen, die statt der Brustflosse zum Fortstoßen des Körpers dient; denn die sehr kurze Schwanzflosse kann der Fisch bloß zum Lenken,

nicht zum Fortbewegen gebrauchen. Die Haut, wel­ che die Schwanzflosse einschließt, ist dick, und ihre Strahlen find einfach. Vermittelst der Rücken-und Afterflosse ist der Fisch im Stande, zur Aufsuchung seiner Nahrung fich in die Tiefe des Meeres zu be­ geben «nd wieder hinaufzukommen. Jenes geschieht,

wenn er die Afterflosse an sich zieht, «nd mit der

)

54g

(

Rückenflosse gegen das Wasser stoßt, dieses durch den entgegengesetzten Gebrauch beider Flossen. In der Nordsee hat man diesen Fisch bei Ply­ mouth 500 Pfund schwer angetroffen; auch im mit­ telländischen Meere wird er acht bis zehn Fuß lang gefunden. Er halt sich an der Küste von Dalma­ tien und am Vorgebirge der guten Hoffnung auf. Er hat ein schneeweißes Fleisch, das durch Kochen in einen jähen Schleim aufgelvset wird, aber wegen -es thranigen Geschmacks unangenehm, und so fest an die Haut angewachsen ist, daß man es kaum durch ein scharfes Messer davon trennen kann. Es ist mit Fett durchwachsen, das beim Kochen ein Oel giebt, welches seines Übeln Geruchs wegen nur zur Lamp? gebraucht werden kann. Außer diesem Oel nützt man noch seine Leber, die mit Nelken gespickt und in Wein gestobt ein wohlschmeckendes Gericht giebt. Die Leber ist groß, getheilt, di? Gallenblase Mit, und der Gallengang öffnet sich im Magen nahe bei dejstn oberer Oeffnung. Die Nieren find weit und die Harnleiter endigen sich am Grunde der Harnblase; der Harngang hat eine besondere Oeff­ nung hinter dem After; der Darmkanal ist weit mit vielen Windungen, wie bei den vierfüßigen Thieren, versehen.

)

55o

(

Der Sonnenfisch. lat Zeus Faber.

Fr. la Doree.

(Taf. XI. Fkg. 3).

2D er

Sonnenfisch gehört in eben dieselbe Ordnung,

wo^u der Schiffshalter zu rechnen ist, weil er eben­ falls feine Dauchflossen gerade unter den Brustflossen hat. Die Gattung der Spiegelfische, wovon et

eine Art aus macht, hat einen auf beiden Seiten zu­ sammengedrückten Körper, und haarenähnliche Strah­

len oder vielmehr Strahlenfortsatze, in der ersten Rü­ ckenflosse, bei einigen auch in der Bauchflosse; der Kopf ist so abschüssig, wie bei den vierfüßigen Thie­ ren, der Körper so flach wie ein Brett urzd dabei glänzend wie Metall, Woher auch der Name entstan­ den ist.

Drei Arten dieser Gattung findet man in

Europa, eine vierte in Amerika. Den Sonnenfisch erkennt man an den zwei Afterfiossen. In der Kiemenhaut hat er sieben, in der Brustflosse zwölf, in der Dauchflosse neun, in der ersten Afterflosse neun, in der zweiten ein und zwanzig, in der Schwanzflosse dreizehn, in der ersten Rückenflosse zehn, in der zweiten ein und zwanzig

Strahlen.

Der Kopf ist groß und die Mundöffnung

weit. Die untere Kinnlade steht vor der obern weit hervor, am Kinn befinden fich zwei Spitzen, und an

jeder Ecke der Kinnladen eitet.

Der Sonnenfisch

kann die obere Kinnlade hervorstoßen und wieder ein#

ziehn: beide Kinnladen sind mit spitzen, einwärts gebogenen Zähnen reihenweise besetzt, und an den Seiten mit einem breiten kippenknochen versehn. Die großen Augen mit schwarzem Sterne in gelbem Ringe stehen am Scheitel nahe beisammen, gleich vor denselben sind die Nasenlöcher sichtbar. Der

große Kiemendeckel besteht aus zwei Plättchen, die Strahlen in der Kiemenhaut sind breit und lang, und die Kiemenöffnung ist sehr weit. Die Farbe

der Backen und der Seiten ist eine Mischung von grün und gelb, die dem Fische ein goldähnliches An­ sehen giebt. Diese an sich lebhaften Farben werden durch den schwarzbraunen Rücken, und durch einen eben so gefärbten an jeder Seite sichtbaren Fleck noch mehr erhöhet. An dem Schulterknochen, welcher der Brustflosse zur Unterstützung dient, stehen zwei Spizzen hervor eine kürzere, die nach dem Rücken zu,

eine längere, die nach dem Bauche zu gekehrt ist. Die Seitenlinie entspringt hinter dem Auge, läuft in einer Krümmung mit dem Rücken, und macht dann eine Beugung, nach welcher sie sich in der Mitte der Schwanzflosse verliert. Der Rücken ist, so wie der Bauch, stachelig; jener hat bis zum Ende der zweiten Rückenflosse nur eine Reihe einfacher, von dort aber bis an die Schwanzflosse eine Reihe

doppelter Spitzen von ungleicher Länge. Jene sind Fortsätze der Strahlen von der Rückenflosse, diese

aber die Enden der Schilder, welche den Rücken bedecken. Die Schuppen am Rumpfe sind klein und dünn. Die Brustflossen sind kurz, rundlich, grau

)

55a

(.

gefärbt, mit einer gelben Einfassung versehen und vielstrahlig, so wie die Strahlen der Bauchflossea. Die Strahlen der ersten Afterflosse endigen fich in harte Spitzen, und die Verbindungshaut zwischen ihnen ist wie bei der ersten Rückenflosse schwärzlich; die zweite Rückenflosse ist so wie die zweite After» flösse grau, und in beiden stnd die Strahlen einfach; die Schwanzflosse ist rund und gelb gestrahlt. Den Sonnenfisch findet man in der Nordsee, sel­ tener im mittlandtschen Meere. Er wird einen big anderthalb Fuß lang und zehn bis zwölf Pfund schwer. Sein großer und bewaffneter Mund zeigt schon, baß er ein Raubfisch sey, und seine Raubbegierde macht, daß er fast durch jede Lockspeise gefangen wird. Man bekommt ihn an Ufern und Küsten, wo er den daselbst lauschenden Fischen nachsteflt. Er hat ein wohlschmeckendes Fleisch. Sein Magen ist klein, der Darmkanal hat mehrere Biegungen, die Leber ist blaßgelb, die Milz röthlich, Milch und Rogen find doppelt.

)

555

(

Der SchildkrLtenfisch» lat, Tetroden testudineus. tortue.

Fr. Tete de la

(Tafel XL F i g. 4.) tiefer Fisch gehört mit dem schwimmenden Kopfe

zu der Gattung der Stach elbauche, die man au den zwei breiten Zähnen, womit jede Kinnlade ver­

sehen ist, von den übrigen Gattungen dieser Ord­ nung unterscheidet. Bei genauerer Untersuchung findet man, daß diese Zahne eigentlich der schnei­

dende Rand der Kinnlade selbst sind, womit die Fi­ sche dieser Gattung Muscheln und Krrbsschaalru zerbrechen. Die Stachelbäuche haben statt den Schup­ pen kurze, borstenartige Stacheln, womit bei einigen der Bauch, bei andern der ganze Körper besetzt ist. Sie haben einen sehr weiten Bauch, den sie so weit aufblasen können, daß ihr Körper nur als ein ge­

ringer Theil des Ganzen erscheint. Dieser Sack, der zwischen dem Darmfell und den Eingeweiden liegt, von der innern Haut des erstern gebildet wird, und sich nicht durch den Mund wohl aber durch die Kiemenöffnung aufblasen läßt, dient ihnen nebst jh, ren vielen kleinen Stacheln zur Schutzwehr gegen ihre Feinde; denn sie machen sich durch bas Auf-

dlafen so groß, ($)

daß nur ein sehr mächtiger Raub3

)

554 (

ffd) sie verschlingen kann. Der Kopf der Stachel­ bäuche ist groß, die Mundöffnung am Ende dessel­ ben nur klein, die kippen sind dick, die Zunge kurz, unbeweglich und mit kleinen Warjen besetzt. Der Gaum ist rauch, und im Schlunde stehen zwei be­ wegliche raspelartige Knochen. Die runden Augen nahe am Scheitel find mit einer Nickhaut bedeckt. Die Nasenlöcher find klein und nahe bei den Augen. Die Kiemenöffnungen find einfach, schmal, kurz, und bilden einen flachen Dogen. Die Kiemendeckel find klein, und bestehen aus einem knorpelichen Blätt­ chen. Der Rücken und die Seiten find größtentheils mit Flecken und Streifen geziert, und ihr After ist unweit der Schwanzflosse befindlich. Ihr Fleisch ist zähe, und wird nicht gern genossen, da man es für giftig hält. Die Fische sind mit fünf Fassen versehen, wovon zwei an der Brust dicht hinter den Kiemen, eine hinten am Rücken, «ine am Schwänze und eine am After fitzen; ihre Strah­ len sind stark, vielzweigig und mit einer dicke« Haut umgeben. Die Stachelbäuche leben im mittelländischen, im ostindischen und westindischen Meere, eine Art auch im Nordmeere. Sie «erden nicht groß, lebe« von Muscheln, Schnecken, Krebsen und andern klei­ nen Wasserbewohnern. Die Weibchen habe« zwei Eierstöcke.

Der Schildkrötenfisch unterscheidet fich von den übrigen Stachelbäuchen durch seine« gestreckten Kör­ per und den hervorstrhenden Oberkiefer. Ja der Brustflosse findet man zwanzig, in der After # und

)

555

(

Schwanzflosse acht und in der Rückenflosse

zehn

Strahlen. Der Kopf ist ungemein groß, oben breit , ab« schüffig, und lauft stumpf aus, die Mundöffnung ist sehr klein und die Lippen stark. Die Zunge ist kurz, glatt und knorpelartig; die Nasenlöcher stehen den Auge» nah, welche klein sind und einen schwarzen Stern in einem rothen Ringe haben. Der ganze Körper ist durchaus von kleinen Stacheln rauh, und keine Seitenlinie duran zu entdecken. Die Grund­ farbe ist braun ins Rothe spielend, es wechseln nach der Länge laufende blaue und braune unregelmäßige Streifen mit einander darauf ab, die zuweilen auch nach der Breite des Körpers gehn. Außer dem fin­ det man nach dem Schwänze zu schöne, hellblaue, runde Flecke, der Bauch aber ist weiß, Rücken und Schwanz find rund, und die mondförmige Kiemen­ öffnung ist sehr weit vom Munde entfernt. Sämt­ liche Flossenstrahlen sind röthlich mit brauner Ein­ fassung, uud dir Schwanzflosse besonders ist mit ei­ ner dicken Haut umgeben. Der Schildkrötenfisch lebt in den Gewässern von Jamaika und Ostindien von Krebsbrut und andern hartschaligen Insekten und Wärmer», und wird ei­ nen bis zwei Fuß lang.

3 2

)

356

(

Der Seefcorpion. tat. Cottus scorpius. (Tafel

Fr. Scorpion marin.

XL

S t fr

5).

Die Lage der Dauchflossen gerade unter den Brüste

flössen, die man in der Abbildung dieses Fisches ge­ wahr wird, zeigt, daß er mit dem Schiffshalter und Sonnenfische zu einerlei Ordnung gehört. Mau nennt die Gattung, zu welcher man ihn rechnet, die Groppen, und erkennt fie an den starken Köpfen, die den Rumpf an Dicke übertreffen. Die Groppe» find schuppenlos, die Köpfe aber mit Höckern und Stacheln besetzt und vorn abgerundet. Die Mund­ öffnung ist weit, und jede Kinnlade in derselben be­ waffnet, die am Scheitel stehenden Augen mit einer Rickhaut versehen. Rahe dabei fitzen die doppelte» kaum sichtbaren Nasenlöcher. Die Kiemendeckel sind groß und bei einigen gezähnt; die unterwärts fitzen­ de Kiemenhaut hat sechs Strahlen. Oer länglich­ runde Körper verdünnt sich gegen die Schwanzflosse zu. Von den acht Flossen befinden sich zwei an der Brust, eben so viele am Bauche und Rücken, eine hinter dem After und eine am Schwänze. Der Kopf ist dick und der After meistens dem Kopfe näher als der Schwanzflosse. Die Seitenlinie ist ge­ rade, dem Rücken näher als dem Bauche. Von den

) 5j7 ( ttetttt bis

jetzt bekannten Arten von Groppen find

vier in Europa, und acht im Meere ;u Hause. Der Seeskorpion unterscheidet fich von den übri­

gen Arten der Groppen durch den hervorstehenden

Oberkiefer und die einfachen Strahlen in der Brust­ flosse. In der Kiemenhaut finden fich sechs, in der

Brustflosse siebzehn, in der Bauchflosse drei, in der Afterflosse zwölf, in der Schwanzflosse achtzehn, in der ersten Rückenflosse zehn und in der zweiten sechs­ zehn Strahlen. Die vielen hervorragenden in einer Spitze aus­ laufenden Höcker und die Stacheln an den Backen­

knochen geben dem Kopfe eine vieleckige Gestalt und dem Fische ein fürchterliches Ansehen. Zwei von diesen Stacheln sitzen vor den Augen, und sind be­ weglich; drei oder vier unbewegliche außerdem auf jeder Seite. Die Mundöffnung ist ungewöhnlich weit; die Kinnladen, welche der Fisch vorwärts und rückwärts ziehen kann, sind eben so wie der Gaum mit einer Menge spitzer Zahne bewaffnet. Auf jeder Seite befindet sich ein breiter Lippenknochen, der zur Unterstützung jener Bewegung dient. Die Zunge ist

kürz, dick und hart; am Gaume fitzen hinten zwei längliche rauhe raspelahnliche Knochen; die Nasen­ löcher find einfach, klein, und stehen nahe bei den Augen. Diese befinden fich am Scheitel, find groß, länglichrund, und haben einen weißen Stern in ei­ nem gelbwrißen Ringe; die Knochen der Augenhöh­ len ragen oben stark hervor, und bilden dadurch eine Furche, die bis an den Rücken geht; die Backen find zusammengedräckt, und der Kiemendeckel besteht aus

zwei Plättchen.

Die Kiemenöffnung ist weit, und

)

die Kiemenhaut versehen.

553

(

mit breiten knöchernen

Strahlen

Die Grundfarbe des Kopfes und Rückens

ist schwarjbraun, und wird durch mehrere weiße Punkte und Flecken unterbrochen. Der Rumpf ver­

dünnt sich gegen den Schwanz zu, und ist statt der Schuppen mit vielen kleinen stachelichen Warzen be­ setzt, die bei dem Weibchen viel kleiner als bei dem Männchen find, daher fich jenes glätter dieses rau­ her anfählen läßt. An den Seiten ist der Leib zusammengedrückt, über der Linie braun, unter dersel­ ben aber weiß marmorirt. Oie gerade Seitenlinie ist dem Rücken am nächsten. Der Bauch ist dick, breit, bei dem Weibchen weiß, bei den Männchen aber weiß und gelb gefleckt, und soll im Frühjahr

so gelb seyn, daß er wie Gold glänzt. Auch find die Brustflossen beim Männchen größer als beim Weibchen, so baß man beim ersten Anblicke sogleich beide Geschlechter unterscheiden kann. In der Mitte des Bauchs befindet fich der After; die Strahlen in

den Brustflossen find an den Spitzen weich und oran­ gegelb gefärbt, die Bauchflosse lang, und die Schwanz­

flosse rund. Sie find insgesammt bei dem Weibchen weiß und schwarz gestreift; bei den, Männchen hin­ gegen find die Brustflossen karmoifinroth und weiß gefleckt. Sämtliche Strahlen außer denen in der

Schwanzflosse find ungetheilt. Der Seeskorpion findet fich sowohl in der Ost­ see als auch in dem nördlichen und amerikanischen

Meere, besonders aber an den grönländischen Kästen und dem Gestade von Newfoundland (Terrr neuve) sehr häufig. Er hält fich gewöhnlich in der Tiefe

auf, und kommt nur in die Höhe, wenn er vom

)

559

(

Hunger getrieben auf Raub ansgeht. Wenn man ihn angreift, so läßt er einen murrenden Laut von fich hören, weshalb er auch in Pommern Seemurrer oder Knurrhahn heißt; er reißt dabei den Mund auf, sperrt die Flossen auseinander, und soll der Hand eine zitternde Bewegung mittheilen, so daß er zu den elektrischen Fischen zu gehören scheint, wen» nicht diese Erschütterung durch «in schnelles Heraus­ stoßen des eingefogenen Wassers und der Luft an­ der Schwimmblase, durch eine plötzliche Zusammen­ ziehung des Körpers verursacht wird. Er schwimmt sehr schnell, wozu ihm seine großen Brustflossen behülflich find. In der Ostsee wird er nicht leicht über einen Fuß lang, in Norwegen aber in der Größe von zwei Ellen angetroffen. In Pommern wird der Seeftorpion nicht geges­ sen, sondern nur den Schweinen vorgeworfen, ver­ muthlich weil man ihn für giftig halt, weil die Ver­ letzung durch seine Stacheln zuweilen gefährliche Zu­ fälle verursacht hat- In Dänemark hält man sein Fleisch für unverdaulich, und daher genießen es nur die Armen, ob man ihn gleich als ein Heilmittel ge­ gen die Blasenkrankheit betrachtet. In Norwegen wird nur seine Leber zum Thran brennen benutzt. Die Grönländer hingegen finden an ihm großen Wohl­ geschmack, und reichen ihn ihren Kranken als eine gesunde Speise. Im Sommer besticht der Seefkorpion die Kästen; im Winter aber geht er tiefer ins Meer hinein. Le ist sehr kühn und lebhaft, wegen seiner Gefräßigkeit auch «nvorfichtig, und wird daher leicht durch Lock­ speise an der Angel gefangen. Er ist ein großer

)

56o

(

Räuber, und bezwingt auch Fische, die größer sind

als er selbst; besonders stellt erden Rotzfischen (Blennius), den kleinen Lachsen und . den Heringen sehr nach. Überhaupt verschont er kein Thier, selbst nicht

den rauhen Krebs. Er wird mit dem Dorsch und andern Seefischen desto leichter gefangen, da er fle bis ins Netz verfolgt. Seine Laichzeit fallt in den December und Januar, wo er seine röthlichen Eier

in Menge Sein versehn; entspringt

zwischen den Seetang absetzt. Schlund ist weit und mit vielen Falten der Magen ist lang, und der Darmkanal nicht unterwärts sondern in der Mitte

desselben; er ist kurz, und macht nur eine Beugung. Am Anfänge dieses Kanals fitzen vier Blinddärme. Die Leber ist groß, und besteht aus einem großen und kleinen Lappen. Milcher und Rogner find dop­ pelt. Die Nieren liegen an beiden Seiten des Rück­ grads, und endigen fich in der weiten Harnblase, die fich hinter dem Nabelloche öffnet. Auf jeder Seite des Bauches find zehn Ribben, und im Rück­ grade fünf und dreißig Wirbelknochen vorhanden.

Der siegende Maki. Lat. Lemur volans. (Tafel XII.

F i g. i.)

Name dieses Thieres zeigt an,

daß ihm die

oben angegebenen Merkmale der Gattung der Ma­ kis zukommen; obgleich dieses noch nicht mit völli-

)

56o

(

Räuber, und bezwingt auch Fische, die größer sind

als er selbst; besonders stellt erden Rotzfischen (Blennius), den kleinen Lachsen und . den Heringen sehr nach. Überhaupt verschont er kein Thier, selbst nicht

den rauhen Krebs. Er wird mit dem Dorsch und andern Seefischen desto leichter gefangen, da er fle bis ins Netz verfolgt. Seine Laichzeit fallt in den December und Januar, wo er seine röthlichen Eier

in Menge Sein versehn; entspringt

zwischen den Seetang absetzt. Schlund ist weit und mit vielen Falten der Magen ist lang, und der Darmkanal nicht unterwärts sondern in der Mitte

desselben; er ist kurz, und macht nur eine Beugung. Am Anfänge dieses Kanals fitzen vier Blinddärme. Die Leber ist groß, und besteht aus einem großen und kleinen Lappen. Milcher und Rogner find dop­ pelt. Die Nieren liegen an beiden Seiten des Rück­ grads, und endigen fich in der weiten Harnblase, die fich hinter dem Nabelloche öffnet. Auf jeder Seite des Bauches find zehn Ribben, und im Rück­ grade fünf und dreißig Wirbelknochen vorhanden.

Der siegende Maki. Lat. Lemur volans. (Tafel XII.

F i g. i.)

Name dieses Thieres zeigt an,

daß ihm die

oben angegebenen Merkmale der Gattung der Ma­ kis zukommen; obgleich dieses noch nicht mit völli-

)

(

561

ger Gewißheit anzunehmen ist, da dir meisten Thiere dieser Art jung, so daß man die Beschaffenheit der Zahne daran nicht gut erkennen kann, nach Europa

kommen, weshalb es auch an einer genauen nach einem erwachsenen Thiere gemachten Beschreibung bis jetzt mangelt. Der Kopf ist vorwärts gestreckt, die Schnauze kurz, die Nasenlöcher weit von einander abstehend, das Maul wenig geöffnet;

kurze Bartborsten stehen

über und unter dem Maule;

die Ohren sind rund­

lich. Zwischen dem Halse, den Beineu und dem Schwänze ist eine Haut ausgespannt, die bis an die Spitze der Finger und des Schwanzes reicht, und vermittelnderen das Thier fliegen kann. An dem Gelenke des vorderen Fußes steht eine große Warze. Die Nagel sind spitze Klauen. Die Farbe des Thie­ res ist oben schwärzlich grau, unten gelbbräunlich. Auf der Brust hat es zwei Säugewarzrn.

Es ist

ohngefähr drei Fuß lang. Sein Vaterland ist Ostindien, Gusuratto, die

philippinischen und die moluckischen Inseln. Es nährt sich von Daumfrüchtrn und fliegt haufenweise besonders des Abends.

)

362

c

Der Zwerghase. Lat. Lepus minutus, vel Lepus pufillus(Tafel XII. Fig. 2.) -Oie Hasen gehören in die Ordnung der Nagethiere, und machen mit einigen ihnen ähnlichen Gat­ tungen, vorzüglich den Savien, von welchen unsere Leser in diesem Bande einige kennen gelernt haben, «ine besondere Familie aus. Die zu dieser Gattung gehörigen Thiere haben oben zwei vordere und zwei Hintere Schneibezähn e. Die vorder» sind gleich breit, der Länge nach durch eine tiefe Furche gleichsam in zwei Theile ge­ theilt, keilförmig zugeschärft, mit einem Einschnitte an der Schärfe. Die Hintern, die unmittelbar hin­ ter jenen liegen, und mit ihrer vorder» Fläche an sie anstoßen, find kleiner, mit einer nicht tiefen Furche an der Hintern Fläche. Unten befinden sich zwei etwas schmälere Dorderzähne, mit einer sehr schmalen Furche nahe am innern Rande und zugeschärft. Backenzähne finden sich bei dieser Gattung in der obern Kinnlade auf jeder Seite sechs, wovon der hinterste sehr klein ist. Sie find kurz und breit, meistens mit zwei engen Vertiefungen auf der Ober­ fläche der Krone, und mit zarten Furchen an jeder Seite. Unten find ihrer fünf auf jeder Seite, wo-

) ™ (

ton der vorderste der größte ist. An der Algern Seite ragen sie in der obern Kinnlade, den vor­ dersten ausgenommen, kaum aus dem Zahnfleische hervor. Zehen haben die Zwerghafen vorn vier, hin­ ten fünf, wovon die innere ein kürzerer Daumen ist, also etwas von den übrigen absteht. Die Fuß­ sohlen sind behaart. Die Ohren sind entweder lanzettenförmig, und alsdann lang,-oder länglichrund, und dann gewöhn­ lich kurz. Sie stehen meistens nahe bei einander. Der Schwanz ist kurz und zurückgebogen, oder fehlt ganz. Der Kopf ist flach gewölbt, der Leib dick hinter­ wärts stärker. Die Hinterfüße sind beträchtlich län­ ger als die vorder». Die Zwerghasen wohnen theils auf theils in dec Erde; jene scharren nur wenig, diese graben tief in die Erde, auch in die Spalten der Steinfelsen. Sie klettern nicht, leben von Gewächsen, deren Blätter, Stengel und Blumen sie fressen. Sie gehen theils bei Tage, theils bei Nacht ihrer Nahrung nach. Merkwürdig ist es, daß der Magen durch eine Queerfalte gleichsam in zwei Theile getheilt, und also auf eine ähnliche Art wie in den wiederkäuenden Thie­ ren abgesondert ist. Einige Naturforscher behaup­ ten auch, daß sie wirklich zu den wiederkäuenden Thieren gehören. Vielleicht geschieht dies beim Ge­ nusse trockner und harter Nahrungsmittel, dagegen saftige Blätter und Stängel ohne Wiederkauen von ihnen verdauet werden; vielleicht ist diese Eigenschaft

)

564 (

auch nicht bei alle» Arten in gleichem' Grate anzutreffen. Der Zwerghase scheint den Uebergangvon den Savien ju den Hasen zu machen. Er hat de Größe einer Wasserratte. Sein Kopf ist langer als bei an­ dern Hasen und stark behaart. Die Scheauze ist hasenartig, die Nase fast ganz behaart, die Ober­ lippe tief gespalten. Beide kippen schließ« genau an einander. Die obern Vorderzahne sind doppelt und weiß; die äußern nähern sich einander nach un­ ten, sind mit einer tiefen Rinne ausgefurcht und an der Schneide gekerbt, die innern aber klein und stumpf. Die untern Schneidezähne sind äußerlich rundlich, schief, abgestumpft. Er hat viele in fünf

Reihen geordnet« Bartborsten, davon die untern rveiß und besonders die hintersten zwei sehr lang sind, drei kürzere Augen - und einzelne Backenbor­ sten. Die Augen sind ziemlich klein und dunkel draungelb. Die Ohren sind rund und kurz, mit ei­ nem breiten Rande. Der Körper von durchgängig beinahe gleicher Dicke ist ohne Schwanz. Die an den Zehen befindlichen dünnen, gebogenen und spitzen Klauen find meist unter den Haaren versteckt. An dem stark behaarten weichen und glatten Felle ist das Wollhaar dicht, lang, zart und bräunlich lichtgrau, eben so die übrigen fast einen Zoll langen Haare; doch werden diese stärker und blaßgrau, und ende« sich in eine schwärzliche Spitze. Im Ganze« ist die Farbe am Kopfe, Rücken und außen an de« äußeren Gliedern der Farbe an unsern jungen Ha­ sen ähnlich, nur schwärzer, weiter an den Seiten und Füßen herab blaßgrlb, .unterhalb graulichweiß,

) an der Kehle,

565

(

Nase und den Lippen weißlich,

die

Ohren sind braun mit einem weißen Rande ver­ brämt, Das Thier ist sechs und drei viertel Zoll lang, und wiegt im Sommer sieben bis neun, im Winter fünf Loth,

Der Zwerghase findet sich kn den Wäldern am Ural, dann ziemlich häufig zwischen den Flüs­

sen Kama und Samara, zwischen diesen und dem Ura'flussr, hie und da auch längs der Wolga und

biö zur Jlowla und dem Don herab, nirgends aber häufiger als in der bergigen Gegend zwischen de» Quellen des Uralflusses und des Ui. Auch kommt

er noch westlicher am Jrtisch vor; noch westlicher aber über dem Ob, und gegen Norden über dem ;;sten Grade der nördlichen Breite findet man ihn nicht

mehr.

Außer Rußland wohnt er auch in der Du-

charei. Er hält sich gern in grasreichen Thälern, auf

buschigen Hügeln und an den Wäldern auf, zumal in schattigen Gegenden, wo gewisse Bäume, z. B. .wilde Aepfel und Zwergbirnen vorkommen, deren Blüthen, Laub und Rinde ihm zur Nahrung die­ nen. Hier sucht er sich zu seinem Wohnplatze ge­ wöhnlich einen niedrig ebenen oder etwas abhängi­

gen mit dichtem Rasen bewachsenen und von Ge­ sträuch beschatteten Ort aus, wozu er an den Anhö­ hen gern die Abendseite wählt. Die Höhlen, welche sich die Erdhasen an den Wurzeln deS Gesträuchs in

die Erde graben, und deren etwa drei Finger breite Oeffnungen sich durch die davor aufgeworfene Erde verrathen, sind von ungleicher Bauart. Die frisch­ gegrabenen für die Männchen und jungen Thiere ha-

)

566

(

bei» nur einen Zugang, der zu einer einfachen oder doppelten zwei bis vier Fuß unter der Erde fortlau­ fenden Röhre fährt, und sich in eine wenig weitere Höhle endigt, von dieser Art find die meisten. Zu­ weilen findet man aber auch zwei, drei und mehrere Höhlen unter nahen Gesträuchen, die durch gekrümmte Röhren zwischen den Wurzeln unter sich zusammen­ hängen, und so vielleicht besonders den Weibchen und älteren Thieren immer Wege genug zur Flucht lassen. Im Frühjahr findet man an Orten, wo sse überwintert haben, in den Rasen eingegrabene Rinnen als die Ueberbleibsel ihrer Gänge unter dem Schnee. Nie aber hat man in ihren Höhlen einen Heuvorrath für den Winter angetroffen. Das fichersie Kennzeichen, daß eine solche Höhle noch bewohnt sey, ist der kleine den Pfefferkörnern ähnliche Un­ rath, den sie aber nicht einzeln zerstreuen, sondern an bestimmten Orten in besondern kleinen Gruben unter dem Gesträuche verbergen. Sie entfernen fich niemals weit von ihren Höhlen, und verrathe» fich daselbst noch vorzüglich durch ihren kaut. Dieser besteht aus einfachen aber sehr durchdringenden drei »ter bis sechsmal wiederholten Tönen, fast wie der Schlag einer Wachtel, so daß er von Unkundigen leicht für die Stimme eines VogelS gehalten wer­ den kann. Männchen und Weibchen geben einerlei kaut, doch wie es scheint nach Verschiedenheit deS Alters und Geschlechts von ungleicher Stärke. Ei­ nige haben eine so starke Stimme, daß man fie eine halbe deutsche Meile weit hören kann. Gewöhnlich lassen fie fich um die Zeit der Morgen-und Abend­ dämmerung hören, den Vormittag hindurch und

)

36;

(

Nachmittags von vier Uhr an bis Abends hört man

sie seltener.

Am Tage rufen sie nie, außer bei Re­

gen unt^ Gewittern. Im Winter sind sie ganz still; in den übrigen Jahrszeiten hört man sie oft, auch wenn schon int September die Kälte einfällt.

Diese Thiere sind wegen ihrer Lebensart im Verborgenen schwer zu fangen; doch gerathen sie zuweilen in die Hermelinfallen der Jäger. Wenn sie gefangen sind,

so lassen sie sich sogleich in die

Hand nehmen und find sehr sanft und ruhig. Wenn man Männchen beisammen verschloß, so fie­

len sie einander an, und grunzten vor Zorn. Auch in derß Gefangenschaft schreien sie Morgens und Abends, wobei sie den Kopf wie ein bellender Hund hervonirecken. Die ganze Nacht sind sie wach, strei­ fen herum, suchen Schlupfwinkel, und klettern andenhalb Fuß hoch und höher die Wände hinan. Sie schlafen wenig, aber ruhen am Tage zwischen ihren

Augen. Kaum blinzeln sie dann «her, als bis das Auge selbst be­ rührt wird; dabei liegen sie mit ausgestrecktem Kör­ Mahlzeiten nyd zwar mit offenen

per,

in welcher Lage der Kopf der dickste Theil an

ihnen zu seyn scheint.

Im Sitzen ziehen sie sich zu­

sammen wie «ine Kugel, und legen die Ohren an den Kopf; in dieser Lage füllen sie gerade eine hohle Hand aus. Ihr Gang ist etwas lähm und hüpfend. Wegen Kürze der Füße, vorzüglich der Hintern, die sonst gewöhnlich bei den übrigen Arten dieser Gat­

tung länger sind,

können sie weder schnell laufen,

noch geschwind springen. Selten raffen sie sich auf die Hinterfüße auf, aber oft putzen sie sich den Kopf mit den Vorderpfoten,

das Fell mit dem Maule,

)

568

(

und kratzen flch mit den Füßen. Sie werden von kleinen weißen Läusen geplagt. Sie find leicht mit den Gesträuche», wovon fie gewöhnlich leben, zu füttern. Sie pflücken und kauen das Laub, eben so wie andere Hasen, besonders bei Nacht. Sie trin­ ken fleißig, sind aber im Freien oft von Wasser ent­ fernt mit dem bloßen Thaue zufrieden. Ihr Harn, den fie häufig lassen, ist klar, und so wie das ganze Thier ohne Geruch; ja selbst ihren trocknen Unrath, dessen fie flch nur in der Dämmerung und bei Nacht entledigen, kann man reinlich nennen. Das oben angefäbrte trächtige Weibchen wurde im Mai in einem mit weichem Grase angefällten Neste gefunden, wozu vier Gänge führten. In fei­ nem Gefängniß bereitete es sich sogleich mit Hurtig­ keit auS hineingelegter Baumwolle ein Nest, und gebahr darin seine sechs Junge, denen es selbst die Nabelschnur bis an den Nabel abbiß. Die Jungen waren im Verhältniß gegen die Mutter groß nackt schwärzlich und blind. Mit dem sechsten Tage fin­ gen fie an, Haare zu bekommen, nach dem achten fingen fie an, zu sehen und herum zu laufen. Sie pipten wie junge Vögel bei Annäherung der Mutter, welche fie am Tage oft säugte, fie dann sehr artig mit Baumwolle zudeckke, und abgesondert in einem Winkel des Behältnisses ruhte.

Die

Taf. X/f

) 56g (

Die Fledermaus mit der Hasenscharte, tat» Vespertilio leporinus. Fr. Chause - souris de la Valtee l'Yls.

er Füße um den Kopf, wie eine Mütze zugebunden jvird. Auch werden von dieser Wolle Faden, so dick wir ein Rohrhalm, gesponnen und dazwischen die langen krausen Flocken der Wolle so eingewebt, daß sie an einer Seite frei hängen, und einen Pelz vor­ stellen, der, weil er ohne eiye Lederhaut ist, weder von der Nasse noch von der Hitze am Ofen so leicht Schaden leidet. Dieses Pelzzeug ist gewöhnlich schwarz,

A ns.

) 4o9 ( Man glaubt in Ungarn, daß diese Wallachischen Schaafe mit langen und gewundenen Hörnern bes­ ser im flachen Lande, die gewöhnlichen weichwolligen aber besser in Gebirgsgegenden fortkommen. Man hält in Ungarn und selbst in Oestreich große von den gemeinen Schaafheerden getrennte Heerden von die­ sen Schaafen, und schlachtet fle häufig in Wien. Sie find größer, als die gewöhnlichen Schaafe, und werden sehr fett. Die Hörner find bei den Weib­ chen wie bei den Männchen gerade und schrauben­ förmig gedreht, wie bei den Männchen, aber nicht so lang, wie bei diesen, wo sie volle zwei Fuß lang find.

Der Karakal. lat. Felis Caracal. (Tafel XIV.

Franz. Caracal.

F i g. -.)

Unter de» Raubthieren in der Klasse der Säuge-

thiere macht die Gattung der katzenähnlichen Thiere, wozu auch der Karakal gehört, eine der zahlreichsten aus.

Diese Thiere haben in beiden Kinnbacken fecht Dorderzähne, welche in die Queere abgeschnitten find; doch übertreffen die beiden äußern oben und unten die vier in der Mitte befindlichen und die in der obern Kinnlade überhaupt die unter« an Größe.

) 4o9 ( Man glaubt in Ungarn, daß diese Wallachischen Schaafe mit langen und gewundenen Hörnern bes­ ser im flachen Lande, die gewöhnlichen weichwolligen aber besser in Gebirgsgegenden fortkommen. Man hält in Ungarn und selbst in Oestreich große von den gemeinen Schaafheerden getrennte Heerden von die­ sen Schaafen, und schlachtet fle häufig in Wien. Sie find größer, als die gewöhnlichen Schaafe, und werden sehr fett. Die Hörner find bei den Weib­ chen wie bei den Männchen gerade und schrauben­ förmig gedreht, wie bei den Männchen, aber nicht so lang, wie bei diesen, wo sie volle zwei Fuß lang find.

Der Karakal. lat. Felis Caracal. (Tafel XIV.

Franz. Caracal.

F i g. -.)

Unter de» Raubthieren in der Klasse der Säuge-

thiere macht die Gattung der katzenähnlichen Thiere, wozu auch der Karakal gehört, eine der zahlreichsten aus.

Diese Thiere haben in beiden Kinnbacken fecht Dorderzähne, welche in die Queere abgeschnitten find; doch übertreffen die beiden äußern oben und unten die vier in der Mitte befindlichen und die in der obern Kinnlade überhaupt die unter« an Größe.

)

410 (

Dke Seitenzähne, (Eckzähne, Hundszähne) stehen ein­ zeln, die obern von den vorder», die untern von den Backenzähnen abgesondert. Sie sind kegelförmig, viel länger als die übrigen, die untern ebenfalls kürzer als die obern. Backenzähne findet man oben und unten drei auf jeder Seite, die Hinteren größer und zackiger als die vorderen. Die Vorderfüße haben fünf, die Hinterfüße vier Zehrn, auf welchen diese Thiere gehen. Sie find unten mittelst einer kurzen Haut zusammen verbunden. Die fünfte an den VorDerfüßen ist, nach Art eines Daumens, von den übri­ gen vieren getrennt. Die Klauen sind krumm, und können von den Thieren willkürlich ausgestreckt, oder in eine ihnen eigne Scheide zum Theil zurückgebogen werde». Der Kopf aller dieser Thierarten ist rund­ lich, platt, zwischen den Augen etwas erhabener als vor * und hinterwärts. Die Schnauze ist kurz und dick, so daß die Augen der Spitze derselben näher stehn als den Ohren. Die Zunge ist st-chelich; der Leib der ganzen Länge nach gleich dick. Die sämtli­ chen katzenartigen Thiere sind leicht uyd behende i« Laufen, Springen und Klettern, und nähren sich von andern Thieren, denen sie auflauern, und die sie, um sie zu fressen, oder um ihnen das Blut auSzusaugen, gewöhnlich im Sprunge mit den Klauen erwischen. Freiwillig essen sie keine Pflanzenfpeife. Die Weib­ chen werfen mehrere Junge zugleich, und nähren sie an den längs dem Leibe in zwei Reihe» stehende» Säugewarzen, wovon vier an der Brust, und vier am Bauche befindlich sind. Zu den Thieren dieser Gattung gehört, außer der gemeinen zahmen und wilden Katze, der Löwe, der Lieger, der Leopard, das

) 4" c Panterthier, der Luchs, der Pardel nebst einigen an­ dern weniger bekannten Arten.

Der hier (bei Fig. 2.) abgebitdete Karakal kommt in feinem äußern Ansehen nahe mit dem Luchse über­ ein, doch ist der Kopf etwas länger, und der brim Luchs kürzere Schwanz reicht bis an die Fersen hin­ ab. Der Kopf ist zimmetfarbig. Die vorn an den Mundwinkeln weißliche Oberlippe hat an der Seite einen schwärzlichen Fleck, auf.welchem die Barthaare in etlichen Reihen stehn. Die obersten stob ganz schwarz, die mittlern schwarz, an der Spitze weiß, die untersten ganz'weiß. Von jeder Ecke der Nase geht ein schwärzlicher Schatten nach dem innern Augenwinkel und einer gerade unter dem Auge hin, der sich auf den Backen verliert. Die Augen um# giebt ein weißlicher, gegen den Hintern Augenwin­ kel durch eine kleine Schwärze unterbrochener Fleck. Die spitzen Ohren sind auswendig mit schwarzen und untermengten weißen, glatt anliegenden Haaren be­ deckt. Der vordere Rand ist brau», mit Schwarz vermengt. Die Haare in den Ohren sind weiß. Die Borsten auf den Spitzen der Ohren bestehn auS langen schwarzen nnd weißen Haaren. Hals, Leib und die auswendige Seite der Bein« ist hell zimmtfarbig, weiß überlaufen, doch längs des Rückgrats dunkler. Jedes Haar ist unten bräunlich oder weiß, die Spitze selbst aber schwarz. Unten ist das Thier weißlich, hat aber auf der Brust und am Bauch« runde, zimmtfarbige Flecke. Der Schwanz ist an der äußersten Spitze schwarz. Die Haare find här­ ter und kürzer als brim Luchse.

)

4l2

(

Der Karakal wohnt i» den wärmeren Theilen »ott Afrika und Asien, in der Barbarei, Persien und Indien, und ist etwa so groß wie ein Fuchs. Ec «ährt sich von allerlei Thieren, raubt bei Nacht, und sättigt sich bisweilen von dem, was der Löwe übrig läßt; daher ist die Sage entstanden, als sei er ein Spion des Löwen, und jage ihm Thiere zu, wovon ihm dieser hernach etwas zur Belohnung übrig lasse. In Oüirdien pflegt man ihn zahm zu machen, und zur Iigd auf Hasen, Kaninchen und große Vögel abzurichten.

Der Bubal. Lat. Antilope Bubalis.

Franz, le Bubale.

(Tafel XIV.) Der Bubal gehört unter die Antilopen mit leier­ förmigen oder in der Mitte gebogenen Hörnern. Don den übrigen Arten dieser Familie in der An­ tilopen - Gattung unterscheidet er sich dadurch, daß seine leierförmige Hörner dick, gedreht, runzelig und an der Spitze rückwärts gebogen sind, so wie durch die größere Lange seines Kopfes und Schwanzes. Der Bubal ist in mancher Rücksicht zugleich dem Hirsche, den Antilopen und dem Rindvieh ähnlich. Dem Hirsche gleicht er in der Größe und Gestalt des Leibes, vorzüglich in der Bildung der Beine, auch durch die unter den Angen befindliche Thranenhöhle.

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4l2

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Der Karakal wohnt i» den wärmeren Theilen »ott Afrika und Asien, in der Barbarei, Persien und Indien, und ist etwa so groß wie ein Fuchs. Ec «ährt sich von allerlei Thieren, raubt bei Nacht, und sättigt sich bisweilen von dem, was der Löwe übrig läßt; daher ist die Sage entstanden, als sei er ein Spion des Löwen, und jage ihm Thiere zu, wovon ihm dieser hernach etwas zur Belohnung übrig lasse. In Oüirdien pflegt man ihn zahm zu machen, und zur Iigd auf Hasen, Kaninchen und große Vögel abzurichten.

Der Bubal. Lat. Antilope Bubalis.

Franz, le Bubale.

(Tafel XIV.) Der Bubal gehört unter die Antilopen mit leier­ förmigen oder in der Mitte gebogenen Hörnern. Don den übrigen Arten dieser Familie in der An­ tilopen - Gattung unterscheidet er sich dadurch, daß seine leierförmige Hörner dick, gedreht, runzelig und an der Spitze rückwärts gebogen sind, so wie durch die größere Lange seines Kopfes und Schwanzes. Der Bubal ist in mancher Rücksicht zugleich dem Hirsche, den Antilopen und dem Rindvieh ähnlich. Dem Hirsche gleicht er in der Größe und Gestalt des Leibes, vorzüglich in der Bildung der Beine, auch durch die unter den Angen befindliche Thranenhöhle.

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415

(

Dageaen weicht er darin von ihm ab, baß er ein« Gallenblase hat, dre den Hirschen fehlt- daß er sein« Hörner immer behalt, ohne sie jährlich wie der Hirsch sein Geweih abzuwerfen. Durch diese Dauer so rote durch die Gestalt der Hörner nähert er sich den An­ tilopen. Er gleicht endlich den Ochsen in Ansehung des langen Mauls und der Lage der K^pfknochen, Indem die Hirnschale bei ihm, eben so wie bei je­ nem, nicht nach hinten zu über den Stirnkuochen geht. Er steht gleichsam an der Grenze zwischen mehrer« Thieren und scheint ein merkliches Verbin­ dungsglied in der Mitte derselben ausznmachen. Der Bubal ist sehr sanft, bat einen stärker» Körperbau und keine so schöne Gestalt als die übri­ gen Antilopen. Er hat sogar in der Größe des Kopfes, in der Lange des Schwanzes und in dem Baue des Körpers eine ziemlich große Aehnlichkeit mit einer jungen Kuh. Er ist etwas höher als ei» Estl und an dem vorder» Theile etwas höher als an dem Hintern. Seine Zähne sind alle breit abgestutzr und gleich doch sind die mittleren größer; die Unterlippe ist schwarz, und hat einen Knebeibart oder vielmehr ein kleines Bündel schwarzer Haare an jeder Seite. Sie hat an der Schnauze und längs des Vorderkopfes einen schwarzen Slreifen, der sich an der Stirn in einem an den Hörner» sitzenden Büschel von Haaren endigt, der sich wir­ belförmig kräuselt. Die Hirnschale ragt zwischea den Ohren hoch hervor, und an dieser Stelle ent­ springen die Hörner, die an ihrem Grunde sehr breit find, und vorwärts gerichtet sich fast überall berüh­ ren, die aber nach Art einer Leier, bald nach ihrem

)

Ursprünge auswärts

414

(

gekrümmt ober vielmehr ge­

wunden, am Ende aber ganz gerade, zugespitzt und zum Kampfe geschickt sind, bet welchem sich der Du.

bal,

um sie bequem brauchen zu können,

auf die

Kniee legt, und den Kopf niederbeugt. Die Farbe fällt aus dem Grauen ins Dunkelgelbe, am Kopfe

und Halse ist sie mehr dunkelroth, auf dem Rücken dunkelröthlich, an den Hinterbacken und Füßen bleich. Am Halse ist ein länglicher, schwärzlicher

Strich, und an den Schultern find nach vorn läng, liche Streifen. An der Biegung der Schenkel findet man einen dreieckigen, vertriebenen Fleck. Der Schwanz ist ziemlich lang, schwarz, rauch von Bor­ sien und fleckig, nähert sich daher dem Schwänze

der Kühe.

Er ist oben mit einer Reihe von Haaren

versehen, die beinahe in der Ordnung wie die Zahne

eines Kammes stehn.

Der Bubal ist in dem innern Afrika einheimisch. Don dem bewohnten Theile des Vorgebirges der guten Hoffnung hat er sich nebst mehreren Antilo­ penarten in's Innere des Landes begeben, wo Man ihn so wie auch in der Barbarei und im nördlichen

Afrika in großen Heerden auf den Ebenen antrifft. Ob er gleich wegen des hohen Vordertheils, wegen der langen Eselsohren und wegen des Kuhschwanzes, nicht zu den schönen Antilopen gehört, so lauft er doch in einem schwerfälligen Galoppe eben so schnell

wie irgend eine der größeren Arten,

so daß kein

Pferd ihn einholen kann. Wenn er einigen Vorsprung vor seinem Verfolger bekommen hat, so pflegt er mehr als sonst eine Antilope, wahrend deö Flie­ hens selbst sich umzukehren, und den Jager anzu«

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