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German Pages 1052 Year 1994
Namenkundliche Studien zum Germanenproblem
Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde Herausgegeben von Heinrich Beck, Heiko Steuer, Dieter Timpe Band 9
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Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994
Namenkundliche Studien zum Germanenproblem von Jürgen Udolph
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G_ Walter de Gruyter · Berlin · New York 1994
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Die Deutsche Bibliothek —
CIP-Einheitsaufnahme
Reallexikon der germanischen Altertumskunde / begr. von Johannes Hoops. In Zusammenarbeit mit C. J. Becker ... Hrsg. von Heinrich Beck ... — Berlin ; New York : de Gruyter. Bis Bd. 4 hrsg. von Johannes Hoops Ergänzungsbände / hrsg. von Heinrich Beck ... NE: Hoops, Johannes [Begr.]; Beck, Heinrich [Hrsg.] Bd. 9. Udolph, Jürgen: Namenkundliche Studien zum Germanenproblem. - 1994 Udolph, Jürgen: Namenkundliche Studien zum Germanenproblem / von Jürgen Udolph. - Berlin ; New York : de Gruyter, 1994 (Reallexikon der germanischen Altertumskunde : Ergänzungsbände ; Bd. 9) ISBN 3-11-014138-8
© Copyright 1994 by Walter de Gruyter & Co., D-10785 Berlin. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Druck: Arthur Collignon GmbH, Berlin Buchbinderische Verarbeitung: Lüderitz & Bauer GmbH, Berlin
Meinen Kindern Susanne, Martin, Anja und Katja
Frühe Erkenntnisse . In einer vor mehr als 200 Jahren verfaßten Studie zur Herkunft der Germanen unter dem Titel Dissertatio de origine germanorum, seu Brevis Disquisitio, utros incolamm Germaniae citerions, aut Scandicae ex alteris initio profectos, verosimilius sit judicandum (in: Opera omnia, Bd. 4, Teil 2, Genevae 1768, S. 198-205) hat G.W. Leibniz zunächst die außerordentliche Bedeutung der geographischen Namen betont: „Et vetustissima linguarum vestigia supersunt in nominibus fluviorum atque sylvarum . . . " (S. 186). Nach einer ausführlichen Diskussion, der man heute natürlich nicht mehr in allen Punkten folgen wird, findet sich bei der Erörterung der schon zu Leibniz' Zeiten von skandinavischen Forschern vertretenen These des skandinavischen Ursprungs der Germanen die bemerkenswerte Äußerung: „mihi vero contrarium verisimilis videretur" (S. 198) und wenige Seiten später die Meinung: „ . . . suffecerit, Germanorum omne genus . . . sese in Scandinaviam ex Saxoniae infudisse". (S.205). Leibniz hat somit „entschieden die besonders von nordischen Forschern vertretene Hypothese abgelehnt, die . . . die Germanen des Festlandes aus Skandinavien herleitet", vielmehr „stellen ihm die Schweden, nicht das in seinen Sitzen erste germanische Volk, sondern einen der weitest vorgeschobenen Posten unserer Volksfamilie gegen den Norden vor".1 Ihm ist der Göttinger Historiker A.L. Schlözer gefolgt: da die Wiege der Menschheit in Kleinasien zu suchen sei (er folgt in diesem Punkt Leibniz), ist anzunehmen, daß „die . . . Skandinavier aus Deutschland ausgegangen wären, doch der Unabhängigkeit, Ehre und Würde, der deutschen Germanier, sowohl als der Skandinavischen, völlig unbeschadet".2 Bekannter sind die Erkenntnisse eines weiteren Göttinger Gelehrten. J. Grimm hat den seiner Ansicht nach entscheidenden Weg bei der Bearbeitung schwieriger Fragen der Vor- und Frühgeschichte wie folgt gewiesen: „Es gibt ein lebendigeres Zeugnis über die Völker, als Knochen, Waffen und Gräber, und das sind ihre Sprachen"3, und an anderer Stelle: „Ohne die eigennamen würde in ganzen frühen Jahrhunderten jede quelle der deutschen spräche versiegt sein, ja die ältesten Zeugnisse, die wir überhaupt für diese aufzuweisen haben, beruhen gerade in ihnen . . . eben deshalb verbreitet ihre ergründung licht über die spräche, sitte und geschichte unserer vorfahren".4
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S.v.d. Schulenburg, Leibniz als Sprachforscher, Frankfurt/Main 1973, S. 107,108. A . L . Schlözer, Allgemeine Nordische Geschichte, Halle 1771, S.338. J. Grimm, Geschichte der deutschen Sprache, Leipzig 1845, S. 5. J. Grimm, Kleinere Schriften, Bd. 5, Berlin 1871, S.297.
Vorwort Mit dieser Untersuchung habe ich im Sommer 1984 begonnen. Bedingt durch andere Aufgaben konnte ich nur einen Teil meiner Zeit dafür verwenden, jedoch hat mich die Aufgabe schon bald sehr gefesselt, und ich habe sie nie ganz aus den Augen verloren. Mit dieser Arbeit hat sich ein Kreislauf geschlossen, der schon im Februar 1962 seinen damals noch völlig undurchdachten Anfang genommen hat. Nach meinem Abitur äußerte ich den Wunsch, Germanistik zu studieren. Der dringende Rat meines damaligen Deutschlehrers hielt mich davon ab. Interesse am Russischen und an Osteuropa, wozu auch die Herkunft meiner Eltern aus Schlesien beigetragen hat, führte schließlich zu dem Studium der Slavistik und Finnougristik. Aber der Gedanke, sich der Germanistik intensiver zuzuwenden, hat mich nie ganz verlassen. So äußerte ich ihn auch im Jahr 1968, das mich als damaligen Heidelberger Studenten naturgemäß auch in anderer Hinsicht zum Nachdenken angeregt hatte, in einem Gespräch mit meiner späteren Frau auf einem Spaziergang auf dem Philosophenweg, ohne damals zu ahnen, daß es gegenüber einen Johannes-Hoops-Weg gibt, und ohne Kenntnis davon, daß in Heidelberg Friedrich Maurer gelehrt hatte. Nach meiner Rückkehr nach Göttingen fand ich unter der Anregung meines Lehrers W.P. Schmid zur Beschäftigung mit indogermanistischen Fragen und vor allem zur Welt der Namen und ihrer Erforschung. Erst heute wird mir bewußt, daß die Beschäftigung mit den osteuropäischen Sprachen unabdingbare Voraussetzungen für die Lösung der Probleme, die sich um die Heimat und Ethnogenese des Germanischen drehen, waren. Gerade der Blick von Osten her führt - so hoffe ich, in dieser Untersuchung zeigen zu können - zu entscheidenden Fortschritten. Dabei glaubte man in Deutschland kaum, z.B. vom Slavischen aus Licht auf die Entwicklung des Germanischen zu erhalten; so äußerte H. Hirt sehr nachdrücklich: „Das Betreten slawischen Sprachgebietes von germanischem Boden aus ist nur durch einen Sprung möglich, man kommt in eine ganz andere Welt".1 Vielleicht hat sich die Germanistik selbst dadurch wichtige Fortschritte verbaut; immer wieder sind bedeutende Arbeiten über das Verhältnis des Germanischen zum Keltischen publiziert worden 2 , jedoch wurde die andere Seite, die der Beziehungen nach Osten, bisher (auf die Arbeiten von
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Hirt, Idg. 155. Vgl. z.B. die Literaturhinweise bei W.P. Schmid in: Sprache und Recht, Festschrift f. R. Schmidt-Wiegand, Berlin-New York 1986, S.711, Anm. 1.
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Vorwort
W. P. Schmid wird noch verschiedentlich eingegangen werden) doch eindeutig vernachläßigt. Diese umfangreiche Arbeit ist nur mit Hilfe von verschiedenen Seiten möglich geworden. Mein Dank gilt vor allem meinem Lehrer W.P. Schmid, Göttingen, für seinen freundlichen Rat und die Erlaubnis, die Bibliothek des „Archivs der Gewässernamen Deutschlands" in Göttingen benutzen zu dürfen. Herrn H. Beck, Bonn, danke ich für die Aufnahme in die Reihe der Ergänzungsbände zum „Reallexikon der Germanischen Altertumskunde", dem Verlag Walter de Gruyter (und hier besonders Frau I. Neumann) sowie der Fa. Frohberg (Freigericht) für die Bewältigung des schwierigen Satzes und Herrn W. Meibeyer, Braunschweig, für wichtige Hinweise bei der Gestaltung der Karten. Geholfen haben mir auch Gespräche mit W. Kramer und U. Scheuermann (Göttingen). Die meisten Probleme mit diesem Buch hatte aber meine Familie: die gebückte Haltung des Ehemanns und Vaters am Schreibtisch war sicher nicht immer ein zufriedenstellender Beitrag zum Ehe- und Familienleben. Daher sei an dieser Stelle meiner Frau und meinen vier Kindern von Herzen für ihre Geduld gedankt. Sieboldshausen bei Göttingen, 19. Mai 1993
Inhalt Frühe Erkenntnisse Vorwort A. Geschichte der Forschung B. Alteuropäisch und Germanisch C. Baltisch, Slavisch und Germanisch 1. Dt. balge und Verwandtes a. Deutschland und Schweiz b. Belgien und Niederlande c. Frankreich d. England e. Skandinavien 2. *dhelbha. Deutschland b. Niederlande c. Belgien und Nordfrankreich d. England e. Skandinavien 3. *duk-l4. *pers5. *plt- und Verwandtes 6. *tain7. *%elp-/uolp-/i$lpZusammenfassung der Ergebnisse D. Konsonantenwechsel 1. Außergermanisch *-t- : germanisch '~-da. Nat-/Not- und Verwandtes 1. Bildungen mit germ. *-d- (< *-£-) in Gewässernamen . 2. Bildungen mit germ. *-d- (< *-t~) in Ortsnamen . . . . 3. Bildungen mit *-tb. Alt2. Außergermanisch *-d- : germanisch *-ta Wied und Verwandtes b. *skeud-/*skeut3. Außergermanisch : germanisch *-ba. *%eip-/*yeibb. Lippe, Lupentia und Verwandtes c. *-apa d. RipZusammenfassung
VII IX 1 11 16 17 17 19 20 20 21 25 26 27 28 29 31 32 34 39 43 45 48 50 51 53 54 57 59 61 68 69 71 74 76 79 83 87 99
Inhalt
XII 4.
Wechsel zwischen *-k- und *-ga. Wik b. Dukla c. Dt. Lache, mnd. lake „Pfütze" d. Rega, Regen und Verwandtes Zusammenfassung
102 104 111 112 113 115
E. Vrddhi-Bildungen 1.° Strut 2. bröka „Bruch, Sumpf, Sumpfboden" 3. Glom-/Gl5m4. mari- : "'mora5. *ρδΙ-, hdt. Pfuhl Zusammenfassung
119 120 130 132 134 134 136
F. Schwankungen in der Quantität des Wurzelvokals 1. *Mun-/*Mün2. My'sla - Mossel/Mosel 3. Nur-/Nür4. Stur-/StürZusammenfassung
138 140 142 143 145 145
G. Suffixbildungen 1. -ing-/-ung2. -ärja/-arja/-ra. Namen mit dem Lehnsuffix *-arja-/-ärja b. Namen, die anders zu erklären sind 3. -s4. -st5. -str6. -ithia. Bemerkungen zu einzelnen Namen b. Nachtrag zu den niederländischen Namen c. Englisches Material d. Skandinavien e. Zusammenfassung und Auswertung 7. Winithi Zusammenfassung
147 149 162 164 169 199 218 243 258 259 265 266 271 273 274 288
H. Germanische Appellativa Wasserwörter 1. Adel 2. aha 3. *baki-/*bakja4. fenn 5. hör 6. mar
292 294 295 299 300 300 318 330
Inhalt
I.
XIII
a. Deutschland b. Belgien, Niederlande und Luxemburg c. Frankreich d. England e. Skandinavien 7. *mar-iska. Deutschland b. Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordfrankreich . . . c. England d. Skandinavien 8. Riede a. Deutschland b. Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordfrankreich . . . c. England d. Skandinavien 9. skarn 10. jik Zusammenfassung: Germanische Wasserwörter (Verbreitung und Interpretation)
334 352 358 359 362 364 365 368 370 374 377 379 387 388 392 394 401
Grundwörter germanischer Siedlungsnamen 1. Borstel 2. Büttel Material aus England a. bodl-/bodl- < *bc$-lb. bold-/boltc. boti3. Dorf 4. Heim 5. Hude 6. (b)lar 7. leben/lev 8. loh a. Deutsches Sprachgebiet b. Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordfrankreich . . c. England d. Dänemark und Skandinavien 9. quem a. Deutschland b. Niederlande, Belgien und Nordfrankreich c. England d. Skandinavien 10. Thing a. Deutschland b. Niederlande, Belgien und Nordfrankreich
414 414 418 430 430 432 434 445 451 460 473 497 513 517 536 547 569 573 575 579 580 581 587 589 594
412
XIV
Inhalt
c. England d. Skandinavien 11. Tie 12. tun a. England b. Skandinavien c. Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordfrankreich d. Deutschland 13. werd(er) Zusammenfassung K. Beziehungen zwischen dem Zentrum und dem Westen (vor allem England) 1. borst 2. kreek 3. läge 4. Ufer 5. wapel Auswertung der Ergebnisse L. Beziehungen zwischen dem Zentrum und dem Norden 1. brink 2. -by 3. Elbe 4. haugaz 5. *blaiw 6. klint 7. malm8. Rhön 9. Wedel Zusammenfassung der Ergebnisse M. Beziehungen zwischen dem Zentrum und dem Osten N. Beziehungen zwischen dem Zentrum und dem Süden O. Ergebnisse der Untersuchung 1. Das Zentrum 2. Nordgermanisch-südgermanische Ubereinstimmungen 3. Vorgermanisches Substrat 4. Die Nordwest-Block-These 5. Beziehungen zu anderen indogermanischen Sprachen a. Baltisch (und Slavisch) b. Keltisch c. Griechisch 6. Lautverschiebung und Vernersches Gesetz Schlußwort Abkürzungs- und Literaturverzeichnis Wort- und Namenindex
. .
594 597 602 609 611 700 711 719 729 751 765 776 796 801 809 819 824 830 838 855 857 859 863 868 881 888 892 906 918 921 925 925 932 935 937 941 941 941 942 943 946 947 979
Inhalt
XV
KARTEN Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte
1: 2: 3: 4: 5: 6: 7: 8: 9: 10: 11: 12: 13: 14: 15: 16: 17: 18: 19: 20: 21: 22: 23: 24: 25: 26: 27: 28: 29: 30: 31: 32: 33: 34: 35: 36: 37: 38: 39: 40: 41: 42: 43:
*bholgh*dhelbh*persBildungen zu *pel- und *pel-t*tain-/toin*uelp-/*uolp-/*ulpBaltisch-Slavisch-Germanisch (Karten 1-6) *nat*ueit-/*ueid*skeud-/*skeut*ueib-/*ueipHub-/Hup*apa *reipWik *-k- : *-g-Wechsel * Strut-/StrodLänge und Kürze im Wurzelvokal -ing-/-ung- in Dänemark und Schweden -ing- in England -ing- in Nordfrankreich -«wg-Namen in Mitteleuropa -ärja/-arja -r-Bildungen -s-Bildungen -st-Bildungen -sîr-Bildungen -ithi Winithi Adel fenn *hör*marRiede *skarn *sïk *-borstel : borg-stal*böpl-, bold-/bolt-, -boti- in England *-büttel (+ Karte 38) Verbreitung der "'tborp-Namen -beim-'Nzmen in Westeuropa -heem im niederländisch-flämischen Gebiet -hêm- und -«m-Namen in Dänemark und Südschweden . . .
22 29 37 41 44 47 49 60 70 73 78 81 84 95 106 114 128 144 151 152 153 160 168 191 212 240 256 272 287 298 315 328 375 393 400 409 415 436 438 448 455 456 459
XVI Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte Karte
Inhalt 44: 45: 46: 47: 48: 49: 50: 51: 52: 53: 54: 55: 56: 57: 58: 59: 60: 61: 62: 63: 64: 65: 66: 67: 68: 69: 70: 71: 72:
hude lar (auf dem Kontinent) und Les (in England) lar, las und lösa (in Skandinavien) -leben-/-lev*lauhaquem*thing Tie tunwerder (erweiterte Form) werd(er) (Gesamtverbreitung) Verbindungen mit England (synoptische Karte) hörst kreek läge Ufer, ôfer wapel brink brekka und Verwandtes Ortsnamen auf -by in Schweden Ortsnamen auf -sta(d) in Schweden Ortsnamen auf -säter in Schweden haugaz *hlaiwaz Klint Klit-/Klettmalm-/melmWedel Kartierung ausgewählter Ortsnamentypen in Norddeutschland Karte 73: Verbreitungskarte der Moore Niedersachsens Karte 74: Kartierung ausgewählter Ortsnamentypen nördlich der Elbe Karte 75: Besiedlung der älteren vorrömischen Eisenzeit
472 487 494 503 568 586 598 607 699 742 743 775 791 799 805 813 822 843 848 851 852 853 862 865 874 880 886 901 908 910 914 930
Α. Geschichte der Forschung Bereits 1854 wies P. Cassel „auf die Wichtigkeit kartenmäßiger Darstellung von O N . als Grundlage ihrer geschichtlichen und sprachlichen Deutung hin" 1 , noch konkreter äußerte P. Cassel selbst: „Es wäre in der Tat nicht ohne Interesse, von Deutschland eine Karte zu zeichnen, die statt politisch, statt oro- oder hydrographisch zu sein, die Ortsnamenendungen als Maßstab nähme". 2 Ganz ähnlich hatte der Altmeister der deutschen Namenforschung, E. Förstemann, betont: „ . . . von gröster Bedeutung . . . ist die Frage nach den geographischen Verbreitungskreisen einzelner Grundwörter von Namen". 3 Zwanzig Jahre später (1875) hat W. Arnold in seinem bekannten und umstrittenen Buch ähnlich argumentiert: „Ein für die Geschichte besonders wichtiger Bestandteil der Sprache sind die Ortsnamen, die wir in jedem Land finden". 4 Sie sind „die wichtigste und zuverlässigste Quelle für die historische Geographie, weit zuverlässiger als die oft widersprechenden Berichte späterer Schriftsteller".5 Wir werden auf diesen wichtigen Satz bei anderer Gelegenheit, z.B. bei dem Vergleich norddeutscher und englischer Ortsnamen, noch zurückkommen. Daß bei Fragen der Geschichte von Völkern und Wanderungen die Untersuchung der Sprache gegenüber der anderer Disziplinen vorrangig zu berücksichtigen ist, hat schon 100 Jahre vor Arnold der Göttinger Gelehrte A.L. Schlözer nachdrücklich betont. Er „zeigte, daß da, wo alle Quellen uns verlassen, die Ethnographie sich nur an die Sprachen zu halten habe . . . Selbst direkten Nachrichten der Alten gegenüber gebühre ihr der Vorzug". 6 Allerdings hat sich Schlözer für die Namenforschung nicht so stark erwärmen können7 wie W. Arnold. Dessen These, daß sich bei der Sammlung und Untersuchung der deutschen Ortsnamen „das Gebiet herausstellen [würde], in welchem innerhalb der beglaubigten Geschichte nur Deutsche gewohnt haben, und auch dasjenige, wo sie zuerst auftraten" hat man nach Arnolds eigenen Worten „sonderbarer Weise als unausführbar verworfen; doch wird man später ohne Zweifel darauf zurückkommen". 8 Und so „harren seit Wilhelm
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D. Berger, BNF. 9(1958)129. Zitiert nach J. Göschel, BNF. 16(1965)270. Förstemann, Dt. ONN. 269. Arnold 2. Ebda., S. 3. H. Wesendonck, Die Begründung der neueren deutschen Geschichtsschreibung durch Gatterer und Schlözer, Leipzig 1876, S. 103. S. J. Udolph, A.L. Schlözer und die slavische Namenforschung, Vortrag in Warschau 1987 (im Druck). Arnold 3.
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Geschichte der Forschung
Arnold zwei Fragestellungen in der Ortsnamenforschung bis auf den heutigen Tag noch immer einer zufriedenstellenden Beantwortung: einmal die Möglichkeit, bestimmte Namengruppen bestimmten germanischen Stämmen als besonders typisch zuweisen zu können, zum andern die Verteilung der verschiedenen Ortsnamengruppen auf verschiedene Sprachräume". 9 Die Kritik an Arnold war z.T. sehr herb. Ich führe hier nur E. Schröders Bemerkung an, daß W. Arnold mit der „Zuweisung einzelner Namengruppen an bestimmte germanische Stämme . . . vielfach in die Irre gegangen [ist] und als Nichtphilologe scheitern [mußte]". 10 Dabei ist allerdings zu bemerken, daß E. Schröder selbst mit seinen Thesen von einer nordischen Zuwanderung nach Mitteldeutschland viel Unheil angerichtet hat, das zum Teil bis heute nachwirkt und dem auch mit dieser Arbeit entgegen getreten werden soll. In einigen Verbreitungskarten meiner Arbeit wird zudem in der Tat versucht, der Forderung von W. Arnold nachzukommen. Damit verbunden ist auch die nur in Ansätzen mögliche Aufarbeitung von Problemstellungen, die „vor mehr als 100 Jahren gestellt wurden" und bis heute „nur zu einem Bruchteil erfüllt werden [konnten]". 11 J. Göschel hat mit dieser Äußerung Probleme angeschnitten, die auch von anderer Seite und aus anderem Blickwinkel nachhaltig vertreten worden sind. So wird in dem Resümee einer Untersuchung aus dem Südwesten Deutschlands mit Hinweis auf die Arbeit von P. Cassel geäußert: „Die Karten bildeten die unentbehrliche Grundlage der ganzen Untersuchung; sie ergänzten die Erörterungen und vermittelten einen Überblick für die Teilfragen und Gesamtentscheidungen, die auf andere Weise nicht zu erreichen sind. Die Forderungen nach brauchbaren ortsnamenkundlichen Karten ist schon sehr alt"12 und weiter: „In einem solchen Atlas würde sich die einzelne Ortsnamenvariante als sprachliches Gebilde und als Ausprägung eines Typus in ihrer Lage zu den anderen Varianten ihres Typs und denen anderer Typen von der Gesamtverbreitung her ablesen lassen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, aber diesem Ziel will diese Untersuchung dienen".13 Von Seiten der Archäologie 14 hat sich G. Kossinna in seinem bekannten Aufsatz aus dem Jahre 189615 auch zur Frage des Beitrags der Namenforschung geäußert: „Im Gegensatz zur Sprachvergleichung mit ihren unfruchtbaren Wörterstammbäumen steht die Geschichte der Einzelsprachen, die zwar nicht für die Urzeit, wohl aber für den Übergang von der Vorgeschichte zur
' G. Wrede, Osnabrücker Mitteilungen 67(1956)13. E. Schröder 160. 11 J. Göschel, BNF. 16(1965)272. 12 Engels 7. 13 Engels 8. 14 Ich gehe auf die Aussagemöglichkeiten anderer wissenschaftlicher Disziplinen nur am Rande ein. 15 G. Kossinna, Die vorgeschichtliche Ausbreitung der Germanen in Deutschland, Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 6(1896)1-14. 10
Geschichte der Forschung
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Geschichte von allerhöchstem Wert sind, wenn sie mit Hilfe von alten Völker-, Gebirgs- und Flussnamen vorhistorische Lautübergänge chronologisch und lokal derart festzulegen vermag, dass ethnographische Schlüsse gezogen werden können".16 Als ein von G. Kossinna vorgeführtes Beispiel aus dem Bereich der Onomastik, das zudem bis heute immer wieder auch von Namenkundlern herangezogen wird (zur Korrektur dieser Auffassung vgl. unten S.74ff.), soll hier genannt werden: „Die bis heute noch unverschobenen niederdeutschen Flussnamen, die auf -p auslauten . . . bezeugen neben manchen anderen Anzeichen das spätere Eindringen der Germanen in Westdeutschland".17 So strittig G. Kossinnas Thesen im übrigen auch sein mögen, so hat er doch mit diesen beiden Sätzen Punkte berührt, die meine Arbeit nicht unwesentlich betreffen. Meiner Intention kommt auch ein Zitat von K. Müllenhoff nahe, der um die Jahrhundertwende in seiner grundlegenden Deutschen Altertumskunde dezidiert geäußert hat: „Es kommt zuerst darauf an, den ältesten wohnsitz der Germanen mit hilfe der flussnamen etwas näher zu begrenzen".18 Die dazu von Müllenhoff vorgebrachten eigenen Beiträge können allerdings modernen Ansprüchen in keiner Weise genügen. Dabei ist es schon lange unstrittig, daß „sich nur an der Hand der Namen" z.B. die „ursprüngliche Verbreitung der Ligurer, Iberer und anderer Völker feststellen [läßt]"19, daß wir in Gallien „aus den Fluß- und Ortsnamen entnehmen [können], daß die Urbevölkerung beharrt hat"20 u. a. m. Umso mehr überrascht es, wenn die m.E. durchaus zutreffenden Bemerkungen von H. Hirt dann zu folgender Einschätzung einer Untersuchung von G. Kossinna21 führen: „Wenn sich auch über manche Annahme dieses Forschers streiten läßt, so ist dieser Aufsatz doch jedenfalls das Beste, was wir augenblicklich über unsere Frage besitzen".22 Ich möchte hier - wie schon oben betont wurde - in keiner Weise auf die Aussagemöglichkeiten der Ur- und Frühgeschichte näher eingehen23, sondern nur betonen, daß den Sprachwissenschaftlern mit den geographischen Namen ein wichtiges, vielleicht nur allzu oft unterschätztes Material in die Hand gegeben ist, das zu nutzen allerdings nicht geringe Probleme aufwirft. Wenn man an diese Aufgabe herangehen möchte, so ist es allerdings unerläßlich, die einzelnen germanischen Sprachen zu verlassen. Diese Meinung
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" 20 21 22 23
Ebda., S.6. Ebda., S.6. Müllenhoff II 207. Hirt, Idg. 7. Ebda., S. 13 f. Die ethnologische Stellung der Ostgermanen, IF. 7(1897)276-312. Hirt,Idg. 114. Vgl. etwa jetzt H. Ament, Der Rhein und die Ethnogenese der Germanen, Praehistorische Zeitschrift 59(1984)37-47; im wesentlichen identisch mit: ders., Die Ethnogenese der Germanen aus der Sicht der Vor- und Frühgeschichte, in: Ethnogenese europäischer Völker, Stuttgart usw. 1986, S. 247-256.
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Geschichte der Forschung
ist schon von verschiedenen Forschern unterstrichen worden. So hat Th. Frings dazu noch vor dem 2. Weltkrieg geäußert: „Auf die Dauer können wir der Frage nach den gesamtgermanischen Zusammenhängen in der Ortsnamenbildung nicht entgehen".24 Ahnlich heißt es bei E. Schwarz: „Auch auf die Zusammenhänge zwischen der Namengebung des Nordens und Südens ist nur gelegentlich geachtet worden, so bei der Diskussion über die Namen auf -leben. Es fehlt noch an Arbeiten, die die Ergebnisse der Forschungen zu verbinden trachten"25, und an anderer Stelle noch nachdrücklicher: „Es ist noch kaum versucht worden, die deutsche Namenkunde als Teil einer germanischen zu sehen und aus den ON der skandinavischen Länder und Englands die Deutschlands zu befruchten. Das ist natürlich nur bei den ältesten Schichten möglich. Die Vergrößerung des Blickfeldes von Deutschland auf die gesamte Germania ist dringend notwendig".26 Wie bei einer Untersuchung der geographischen Namen nicht anders zu erwarten ist, müssen in besonderem Maße die Arbeiten von H. Krähe beachtet werden. Dabei sind es nicht so sehr seine Beiträge zur Frage der alteuropäischen Hydronymie, als sein Versuch, die Ausgliederung des Germanischen aus dieser voreinzelsprachlichen Schicht näher zu fassen. Das wird aus folgenden Zitaten deutlich werden. In seinem Beitrag Eigennamen und germanische Lautverschiebung7 betont H. Krähe die Aufgabe, „die Wege und Geschehnisse zu erforschen, die aus dieser relativen Einheitlichkeit28 der Frühzeit heraus zu der Differenziertheit der sprachlichen Individuen historischer Epochen geführt haben".29 Weiter heißt es bei H. Krähe: „ . . . und so liegt es auf der Hand, daß es . . . von beträchtlichem Wert wäre, wenn es gelänge, gerade diese ,Germanische Lautverschiebung' räumlich und chronologisch genauer, als es bisher möglich war, zu fixieren. Bei einem derartigen Versuch wird man von vornherein . . . besonders wertvolle Hilfe von Seiten der Ortsnamen erwarten dürfen"30, und schließlich ist ein weiterer Satz für die vorliegende Untersuchung von großer Bedeutung: „Und damit stellt sich eine zweite große Aufgabe für die künftige Forschung: alle jene Appellativa, welche als solche nicht in der schriftlichen Überlieferung der germanischen Dialekte und Sprachen enthalten sind, sondern durch die einwandfreie Deutung alter Orts- und Flussnamen als einst im Germanischen vorhanden gesichert werden können, zu sammeln und gemäss ihrem lexikalischen und grammatischen Wert zu sichten und zu ordnen".31 „Die kartographische Erfassung der Grenze der
24 25 26 27 28 29 30 31
Th. Frings, AfdA. 58(1939)82. E. Schwarz, NoB. 37(1949)78. E. Schwarz in: Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., Berlin 1957, Bd. 1, S.1534Í. Mélanges de linguistique et de philologie, F. Mossé in memoriam, Paris 1959, S. 225-230. Auf die Problematik dieser Auffassung gehe ich hier nicht näher ein. J.U. H. Krähe, a.a.O., S.225. Ebda., S.226. Ebda., S.229.
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Germanischen Lautverschiebung und die Sammlung des in Namen erhaltenen alten Wortschatzes"32 bieten nach H. Krähe die größte Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung der Problematik, die mit Heimat und Genese des Germanischen verbunden sind. Er war nach den Worten von H. Walther33 der Meinung, „durch eine Kartierung verschobener und nichtverschobener Flußnamendubletten den geographischen Raum bestimmen zu können, welchen ,die Germanen' bis zum Abschluß der Ersten Lautverschiebung in Besitz genommen hatten". Wir werden in dieser Untersuchung noch erkennen können, daß dieses Netz, das sich ausschließlich an der Frage, ob ein Name die erste Lautverschiebung mitgemacht hat oder nicht, orientiert, zu große Maschen enthält. Aber ich möchte hier noch nicht vorgreifen, sondern auf ein recht typisches Beispiel sprachwissenschaftlicher Argumentations weis en aufmerksam machen, in dem Richtiges erkannt, aber nicht weiter verfolgt wird. In dem Sammelband Theorie und Praxis der Zusammenarbeit zwischen den anthropologischen Disziplinen, der 1961 in Horn erschienen ist, ist zu unserer Frage von zwei Indogermanisten Stellung genommen worden. Nach ziemlich radikaler Ablehnung der Versuche der Indogermanistik, mit Hilfe der linguistischen Paläontologie zu einer näheren Bestimmung der idg. Urheimat und der Ethnogenese der idg. Einzelsprachen zu gelangen, sagt H. Kronasser in seinem Beitrag Vorgeschichte und Indogermanistik·. „Es ist bezeichnend, daß jene sprachwissenschaftlichen Leistungen, die sich im Dienste der Vorgeschichte als brauchbar erwiesen haben, weit weniger von sich reden machen . . . Um den Abschnitt nicht negativ zu beschließen sei immerhin auf einiges verwiesen. Für die schriftlose Zeit vermag die Namenforschung mancherlei zu bieten, ins besondere mit geographischen Namen" 34 . Es verwundert nur, daß in seinen weiteren Ausführungen von der Namenforschung dann keine Rede mehr ist. In demselben Sammelband äußert W. Merlingen in seinem Referat Sprachwissenschaft und Urgeschichte: „Auf ähnliche Weise sind die alten geographischen Namen verwertbar: geographische Namen können sich . . . lange Zeit und über viele Sprachwechsel hinweg halten, und für unsere Zwecke bilden sie gegenwärtig den stärksten Aktivposten auf Seiten der Sprachwissenschaft".35 So sehr man dieser Meinung auch zustimmen möchte, so sehr überrascht es doch, daß auch bei diesem Beitrag im weiteren Verlauf der Darstellung auf die Aussagekraft der Namen keine Rücksicht genommen wird. Ein ganz anderes Bild zeigt die im gleichen Jahr erschienene profunde und bekannte Untersuchung von R. Wenskus.36 Für unsere Aufgabe sind in diesem Zusammenhang die folgenden Bemerkungen von besonderer Bedeutung: Auf-
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Ebda. H. Walther, DS. 26, S. 124. S. 127. Ebda., S. 156. R. Wenskus, Stammesbildung und Verfassung, Köln-Graz 1961.
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fällig ist „die vom Standpunkt der modernen Dialektgeographie . . . fast völlige Ausnahmslosigkeit der germanischen Lautverschiebung. Sie erstreckt sich allgemein und ohne Abstufung über das gemeingermanische Gebiet. Dies deutet auf einen scharf umgrenzten, geschlossenen und in dieser Geschlossenheit lange bestehenden Kulturkreis der Sprachgemeinschaft". 37 Allerdings bleibt das Ausgangsgebiet der germanischen Lautverschiebung unklar: einige denken an den Norden, andere daran, daß sie im Norden erst später durchgeführt worden sei. Uberhaupt steht es mit der Sprachwissenschaft bei diesen Fragen nach Wenskus nicht zum besten, allerdings lassen sich wenigstens „einzelne Erscheinungen - die von der Namenforschung erfaßten - räumlich fixieren."38 In diesem Zusammenhang habe man schon lange bemerkt, „welche Ausnahmestellung Südskandinavien in seinem Namengut unter den Ländern Europas einnimmt: In keinem anderen Raum gehört das gesamte Namenmaterial nur einer einzigen Sprache an wie etwa in Süd- und Mittelschweden. Das deutet auf eine lange ungestörte Entwicklung". 39 Nach Durchsicht derjenigen skandinavischen Gewässernamen, die die Lautverschiebung mitgemacht haben, resümiert R. Wenskus: „Wir werden im Norden also eine kontinuierliche Entwicklung vom Idg. zum Germanischen annehmen dürfen. Die Frage ist nur: gilt dies allein für den Norden?" 4 0 Wenige Seiten später heißt es nämlich über das Gebiet der Jastorf-Kultur mit Recht: „Auch in diesem Gebiet ist also wie im Norden der germanische Charakter der alten Gewässernamen nicht zu bestreiten. Wo man verschobene Formen erwartet, sind sie auch vorhanden. Es gehört somit zum ältesten germanischen Sprachgebiet" 41 R. Wenskus meint aber, in Norddeutschland ein Nebeneinander von verschobenen und unverschobenen Namen ausfindig machen zu können; unverschoben sind seiner Ansicht nach z.B. Dremse, Lippe, Luppnitz, Dramme, Netze, verschoben dagegen Harste, Fuhse, Hase, Nethe u.a. Wir werden in unserer Untersuchung noch feststellen können, daß eine genauere Untersuchung der mutmaßlich unverschobenen Gewässernamen in Norddeutschland zu anderen Ergebnissen führt. Doch zunächst sollen weitere Arbeiten in aller Kürze vorgestellt werden. Die von R. Wenskus hervorgehobene gemeinsame Altertümlichkeit im Namenschatz Skandinaviens und im Gebiet der Jastorf-Kultur scheint auch in anderer Hinsicht von Bedeutung zu sein. So stellte W. Foerste fest: „Der älteste Wortschatz, der in gewissen Fluß-, Orts- und Flurnamen erhalten ist, läßt . . . deutlich alte west-östliche Unterschiede im norddeutschen Raum erkennen derart, daß die östliche Hälfte etwa das Gebiet östlich der Leine, einige Ortsnamenelemente und Geländebezeichnungen mit dem Norden teilt,
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Ebda., S. 155; z.T. zitiert nach H. Güntert, Ursprung der Germanen, S.35f. Ebda., S. 163. Ebda. 170. Ebda. 172. Ebda. 176.
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die weiter westlich nicht vorkommen. Hierzu gehören vor allem die Ortsnamen auf -leben",42 In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß „archäologische wie die sprachgeschichtliche Germanenforschung der letzten Jahrzehnte . . . immer mehr zu der Erkenntnis [gelangte], daß die Träger der germanischen' Volks- und Sprachentwicklung auf dem Kontinent vornehmlich die elbgermanischen Verbände . . . gewesen sein müssen".43 Umgekehrt standen aber nach W. Foerste die „norddeutschen Landschaften westlich der Weser in alten Beziehungen zum benachbarten hessischen und rheinisch-niederländischen Gebiet. Das läßt sich besonders klar an Hand der Flußnamen auf -apa erkennen".44 Es fragt sich hier erneut, ob es ausreicht, namenkundliche Arbeiten, die das Problem des Germanischen und seiner Ausgliederung zum Thema haben, auf einen germanischen Dialekt zu beschränken. J. Göschel hat dieses in seinem schon zitierten wichtigen Beitrag aus dem Jahre 1965 wie folgt ausgedrückt: „Wie stark der Deutsche Namenatlas im europäischen Rahmen gesehen werden muß, kann an vielen Beispielen gezeigt werden. Es sei an die Verbreitung solcher Namentypen wie -ingen, -heim, -leben, -lar, -apa usw. erinnert.. .".45 Die Diskussion um das Germanenproblem hat auch in den letzten Jahren nicht nachgelassen. So erschienen dazu kurz nacheinander zwei Sammelbände, die jeweils Vorträge einer internationalen Tagung enthalten. Der erste ist das Ergebnis einer Konferenz in Bad Homburg und wurde von H. Beck als erster Ergänzungsband zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde unter dem Titel Germanenprobleme in heutiger Sicht herausgegeben.46 Auf den m. E. wichtigsten Beitrag von W.P. Schmid47 werde ich weiter unten eingehen, da in ihm das Verhältnis Alteuropäisch : Germanisch behandelt wird. Aus den übrigen Beiträgen möchte ich - was angesichts der zahleichen Beiträge sehr gewagt ist - nur einen Satz auswählen. In seiner Abhandlung weist R. Wenskus auf eine These von H. Birkhan hin, nach dem es „sehr wahrscheinlich ist, daß syntaktische, morphologische Eigenheiten . . . und auch gewisse andere lautliche Entwicklungen . . . älter sind als die Lautverschiebung"48. Ich hoffe, die Bedeutung dieses Äußerung anhand der Gewässer- und Ortsnamen noch deutlich machen zu können. Der zweite hier anzusprechende Sammelband trägt den Titel Probleme der Namenbildung49 und basiert auf einer internationalen Tagung von Namenfor-
42 43 44 45 46 47 48 49
W. Foerste, Festschrift f. L. Wolff, Neumünster 1962, S.14. H. Walther, DS. 26, S. 122. Ebda., S. 15. BNF. 16(1965)296. Berlin-New York 1986. Alteuropa und das Germanische, S. 156-167. Ebda., S. 17. Probleme der Namenbildung. Rekonstruktion von Eigennamen und der ihnen zugrundeliegenden Appellative, hrsg. v. Th. Andersson, Uppsala 1988.
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Schern. Auch zu diesem Band werde ich unten noch Stellung nehmen; eingehender habe ich diese Publikation schon an anderem Ort besprochen.50 Die Skepsis gegenüber den Möglichkeiten der Namenforschung ist bis in die Gegenwart hinein weit verbreitet. So äußerte ein Rezensent über die Behandlung des Komplexes der Heimat der Germanen in dem großen Buch Geschichte der deutschen Sprache (5. Auflage, Berlin 1984): „Hervorzuheben ist dabei das Bemühen, die Eigennamen in angemessener Weise mit zu berücksichtigen . . . Allerdings ist dieses Bemühen vorerst noch schwach entwickelt und nutzt bei weitem nicht das hier inzwischen bereitstehende Potential".51 Andererseits finden sich aber auch sehr positive Äußerungen, auch von Vertretern anderer wissenschaftlicher Disziplinen. So kritisiert B. Krüger bei der Diskussion des gegenwärtigen Standes der Germanenforschung, daß heute „Zumindestens nicht alle Quellengruppen ihrem eigenen Aussagewert gemäß in der Reihenfolge der Behandlung an dem Platz stehen, den sie eigentlich einnehmen müßten. Das gilt vor allem für die sprachlichen Zeugnisse wie Flur- und Gewässernamen, aber auch Ortsnamen, die für die Spätphase germanischer Geschichte von Bedeutung sein könnten. Hervorzuheben ist jener Gesamtkomplex, der durch die Indogermanistik vertreten wird und der für die Herausbildung und für die Frühphase der germanischen Stämme von erheblicher Bedeutung ist".52 Dabei ist nach einem Wort von R. Schmidt-Wiegand53 „in dem Maße wie Wortforschung wieder auf die Germania in ihrer Gesamtheit bezogen und Namenforschung in einem gésamteuropäischen Rahmen betrieben wird, . . . das Verhältnis von Nord- und Südgermanisch, Skandinaviens zum Kontinent, erneut zu überdenken". Dieser Ansicht entgegengesetzt steht die traditionelle Auffassung, die an alter germanischer Namengebung in Skandinavien festhält. Stellvertretend dafür kann hier ein Passus aus einer der letzten Arbeiten zu unserem Problem54 von W. Laur, der sich dabei auf einen Aufsatz von O. Bandle55 stützt, angeführt werden: „Sonst sieht man ja allgemein im Norden mit seinen vielen einstämmigen Namen die ältere germanische Hydronymie im Gegensatz zum Süden mit einer abnehmenden Produktivität der alten Suffixe bei der Namengebung und dem Zunehmen der Zusammensetzungen, also einem Ubergang vom Synthetischen zum Analytischen. Auch auf dem Gebiet der Seenamen läßt sich ähnliches beobachten, bei denen wir im Norden einstämmige Namen wie zum Beispiel Vättern, Vänern, Mälaren oder Hjälmaren kennen, im Süden aber seit
50 51 52 53 54
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J. Udolph, Germanische Hydronymie aus kontinentaler Sicht, BNF.NF. 24(1989)269-291. H. Naumann, Zeitschrift für Germanistik 1987, S.248. B. Krüger, Das Altertum 35(1989)176. Studia Onomastica, Festskrift till Th. Andersson, Stockholm 1989, S. 357. W. Laur, Zur Frage nach frühen Unterschieden zwischen Nordgermanisch und Westgermanisch, Sprachwissenschaft 15(1990)197-225. Darauf werden wir noch zurückkommen müssen.
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der ältesten Überlieferung nur zusammengesetzte wie zum Beispiel . . . Ammersee, ...
Chiemsee ...
Tegernsee" .56
Diese knappe Ubersicht zeigt, daß namenkundliche Untersuchungen, die zu Heimat und Ausbreitung des Germanischen beitragen könnten, nicht sehr zahlreich sind. Die hier skizzierte Durchsicht der bisherigen Untersuchungen zum Germanenproblem aus onomastischer Sicht soll im folgenden im Hinblick auf die noch offenen Fragen und die Aufgabenstellung dieser Arbeit zusammengefaßt werden. Folgende Punkte sind m.E. von besonderer Bedeutung. Zunächst ist festzuhalten, daß zahlreiche Aufgaben, die seit hundert und mehr Jahren diskutiert werden, immer noch nicht zufriedenstellend erledigt worden sind. Zwar ist man sich der Bedeutung der Sprache für Fragen der Geschichte schon lange bewußt (Leibniz, Grimm, Schlözer), jedoch hat die Sprachwissenschaft durch eine gewisse Vernachlässigung der Möglichkeiten, die die Namenforschung bietet (zustimmend zur Aussagemöglichkeit der Onomastik: Kossinna, Müllenhoff, Hirt, Krähe, Kronasser, Wenskus u.a.), noch nicht den notwendig hohen Stand in der wissenschaftlichen Diskussion erreicht. Zudem wird die Onomastik immer noch unterschätzt (vgl. die Bemerkungen von H. Naumann, W.P. Schmid, Β. Krüger u.a.). Das liegt natürlich auch an der problematischen und schwierigen Materie, die Orts- und Siedlungsnamen und insbesondere die Gewässernamen für eine umfassende und verwertbare Deutung bieten. Besonders deutlich wird dieses an dem heiß umkämpften NordWest-Block und der Frage der Germanisierung Norddeutschlands. Aber auch in diesem Punkt sind die Möglichkeiten der Namenforschung noch lange nicht ausgeschöpft worden. Erst eine genauere Untersuchung der norddeutschen Topo- und Hydronyme wird eine endgültige Klärung der Kuhnschen Theorie erbringen können (s. dazu unten S. 935 ff.). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die schon von Cassel, Förstemann und Arnold geforderte kartographische Darstellung einzelner Namengruppen. Sie wird zeigen können, in welchen geographischen Bereichen altertümliche germanische Namentypen oder -bildungsmittel auftreten, wo es Häufungen gibt, wo entsprechende Namen fehlen, selten sind usw. Dabei wollen wir uns bei der Zuweisung von Namengruppen zu einzelnen germanischen Stämmen zunächst größte Zurückhaltung auferlegen (die Fehlgriffe von Arnold und E. Schröder sind als berechtigte Warnung aufzufassen). Allerdings ist den Namen doch mit Schlözer wesentlich mehr Aussagekraft als den äußerst problematischen Berichten späterer Schriftsteller zuzubilligen. Wir werden diesen Punkt sowohl bei der Frage, ob Skandinavien wirklich als Ausgangsgebiet der germanischen Expansion anzusehen ist, wie auch bei den Äußerungen Bedas über die Herkunft der germanischen Besiedler Englands noch genauer behandeln müssen. Zur Herkunft der Germanen aus Skandinavien werde ich am Schluß dieser Untersuchung zusammenfassend
56
Ebda., S.223.
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unter namenkundlichem Blickpunkt und unter Berücksichtigung der Ergebnisse dieser Arbeit Stellung nehmen (s. S. 830 ff.). Auf die Nennung von Einzelheiten soll hier zunächst verzichtet werden. Nur auf eine immer wieder diskutierte Erscheinung sei hier bereits kurz eingegangen: die Beziehungen und Verbindungen zwischen dem Norden und dem Mittelelbegebiet und die damit verbundene Bedeutung des Elbgermanischen sind in der Tat von besonderem Interesse. Dabei sind jedoch unbedingt die von Th. Frings, E. Schwarz und J. Göschel angemahnten gesamtgermanischen Zusammenhänge zu beachten. Weiterhin ist zu bedenken, daß Wortgleichungen innerhalb der germanischen Einzelgruppen nicht allzu viel aussagen; wichtiger ist vielmehr das Ergebnis, das sich bei einem Vergleich zwischen Appellativa und den in den Namen verborgenen Resten des germanischen Wortschatzes ergibt. Dadurch ist späterer Schwund im Wortschatz „auffangbar" und die ursprüngliche Verbreitung ist dadurch sicherer feststellbar. Ein letzter wichtiger Komplex ist das Verhältnis zwischen der alteuropäischen Hydronymie und dem germanischen Namenbestand. Dabei sind die schon erwähnten neueren Arbeiten von W.P. Schmid wegweisend (vgl. auch unten). Sie zeigen nämlich auch, daß das Zentrum der alteuropäischen Hydronymie im Baltikum für die Beurteilung der Entfaltung des Germanischen von entscheidender Bedeutung ist. Der „Blick von Osten" führt - so hoffe ich, auch in dieser Arbeit zeigen zu können - zu neuen Erkenntnissen. Es gilt, den Blick von den immer wieder behandelten keltisch-germanischen Beziehungen und Kontakten etwas abzuwenden und die germanisch-osteuropäischen Bindungen mehr als bisher zu beachten. Bei der Untersuchung dieser Probleme möchte ich mich auf Aussagemöglichkeiten der onomastischen und linguistischen Disziplin beschränken; es ist nicht beabsichtigt, Ergebnisse der Vorgeschichtsforschung, der Ethnologie, der Geschichtswissenschaft usw. einzubeziehen. Nachhaltig hat darauf u. a. N. Wagner hingewiesen und davor gewarnt, „unter dem Schlagwort der Zusammenarbeit die Befunde der Disziplinen zu vermengen, die Aufschlüsse anderer für die eigene zu übernehmen, ohne dessen beständig und scharf eingedenk zu sein, und die auf diese Weise zustande gekommenen Ergebnisse in Selbsttäuschung als eigenständige auszugeben"57. Nur in Ausnahmefällen soll daher im Rahmen dieser Arbeit darauf eingegangen werden. So wird gelegentlich die Aussage der für die Ortsnamenforschung wichtigen geographischen Erkenntnisse und Beobachtungen bei einzelnen Fragen berücksichtigt werden müssen.
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N. Wagner, Getica 139.
Β. Alteuropäisch und Germanisch Die Aufdeckung der alteuropäischen Hydronymie durch H. Krähe und ihre Weiterentwicklung durch W.P. Schmid haben der Untersuchung der Gewässernamen entscheidende und wegweisende Impulse verliehen. Ich will im folgenden auf diese voreinzelsprachliche Gewässernamenschicht nur insofern eingehen, als sie für die Frage der Entfaltung des Germanischen relevant sein könnte. Für den Stand der Untersuchungen zur alteuropäischen Hydronymie verweise ich nur in aller Kürze auf die neueren Arbeiten von W.P. Schmid1, A. Greule2, und J. Udolph. 3 Wie so oft bei linguistischen Theorien ist natürlich auch die Auffassung einer voreinzelsprachlich-indogermanischen Gewässernamenschicht heftig umstritten. Man kann vielleicht sogar sagen, daß sie in weiten Teilen der Sprachwissenschaftler (darunter auch der Indogermanisten) eigentlich nur bedingt akzeptiert wird. Besonders heftig war bzw. ist der Widerstand von Wissenschaftlern in zwei europäischen Bereichen, in denen man annimmt, daß sich unter der einzelsprachlichen Schicht der Namen kaum ein voreinzelsprachliches Substrat verbirgt: ich meine Polen und Skandinavien. Zur Diskussion um die vorslavischen Hydronyme in dem osteuropäischen Land habe ich an anderer Stelle ausführlich Stellung genommen4, zur Frage der alteuropäischen Hydronymie in Skandinavien wird schon seit einiger Zeit eine kontroverse Diskussion geführt. So äußert der jetzt in der Schweiz lehrende Nordist O. Bandle: „Auf Grund der in den letzten Jahrzehnten über Krahes ,Alteuropa' geführten Diskussion scheint mir die These heute nur noch in abgeschwächter Form vertretbar".5 Schon 1977 hatte T. Andersson die alteuropäische Hydronymie kritisiert6, und z.B. zu W.P. Schmids nordgermanischen Beispielen die Meinung vertreten: „Die Musterung der Namen, die als baltisch-nordische Parallelen genannt worden sind, führt zu keinem besonders positiven Ergebnis. Es stellt sich heraus, daß die Beurtei-
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(gemeinsam mit K. Rymut u. J. Udolph), Hydronymia Europaea, Einführung, Stuttgart o.J.; Die alteuropäische Hydronymie, Stand und Aufgaben ihrer Erforschung, B N E N F . 16(1981)1-12; Baltische Gewässernamen und das vorgeschichtliche Europa, IF. 77(1972)1-18. Schichten vordeutscher Namen im deutschen Sprachgebiet, in: Sprachgeschichte, 2. Halbbd., Berlin-New York 1985, S. 2088-2095; Überblick über Geschichte und Typen der deutschen Gewässernamen, ebda., S.2142-2148. Die Stellung der Gewässernamen Polens innerhalb der alteuropäischen Hydronymie, Heidelberg 1990, S. 28-60 (unter speziellem Bezug auf Osteuropa). Udolph, Stellung. O. Bandle, in: Florilegium Nordicum. Fs. f. S.Fries, Umeä 1984, S. 19. T. Andersson, Alteuropäische Hydronymie aus nordischer Sicht, NI. 30(1977)18-35.
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lung fast aller nordischer Namen zu schwach begründet ist".7 Die mehr traditionelle Auffassung geht davon aus, daß es eine Siedlungskontinuität in Skandinavien gegeben hat. So heißt es beispielsweise bei K. Haid: „There is no evidence for non-Indo-European elements in the Danish island names, an indication that there has been uninterrupted linguistic continuity in Denmark from the Indo-European period to our time".8 Ohne auf diese durchaus nicht unstrittige Meinung einzugehen (entscheidend ist in diesem Zusammenhang die fehlende Auseinandersetzung mit der alteuropäischen Hydronymie bzw. deren lückenhafte Existenz in Dänemark), verweise ich in aller Kürze auf die jüngsten kontroversen Stellungnahmen, so auf den oben schon erwähnten Sammelband Probleme der Namenbildung sowie die Beiträge von W.P. Schmid9 und meinen eigenen Rezensionsaufsatz zu dem oben genanntem Sammelband.10 Es muß allerdings auch erwähnt werden, daß es eine Stimme gegeben hat, die bei der Beurteilung der skandinavischen Namen zu ganz anderen Ergebnissen gekommen ist. Der streitbare H. Kuhn hat dezidiert die Meinung vertreten,11 daß auch Skandinavien ein vorgermanisches, ja sogar vorindogermanisches Substrat besitze, das vor allem durch die fehlende Lautverschiebung auffalle: „Wir müssen in den nordischen Ländern kaum weniger als in den andern germanischen mit vorgeschichtlichen Namen rechnen, die nicht allein nicht germanisch, sondern auch nicht indogermanisch sind", und wenige Seiten später: „Daß die meisten hergehörigen Namen, deren Konsonantenstand unverschoben erscheint, dorthin erst nach dem Abschluß der Lautverschiebung gelangt sind, ist von einzelnen Fällen vielleicht abgesehen, völlig unwahrscheinlich".12 H. Kuhns Material besteht allerdings im wesentlichen aus Namen seines so genannten -¿r-/-«r-Systems (Urk-, Burk-, Ort-, Murs-, Fur-, Dur-, Sir- u.a.), bei denen er allzu leichtfertig auf vorindogermanische Relikte geschlossen hat. Seine Folgerung „daß die -«r-Namen von nicht indogermanisch sprechenden Völkern gegeben sein müssen"13, ist abzulehnen.14 Für unsere Aufgabe ist ein Aspekt wichtig, der bei der Aufdeckung der alteuropäischen Hydronymie naturgemäß zunächst nicht im Blickpunkt der Namenforscher stand: die Frage, inwieweit es möglich ist, unter Einbeziehung der voreinzelsprachlich-indogermanischen Schicht zur Ausgliederung der einzelnen idg. Dialekte beizutragen. Immerhin hatte H. Krähe schon mehrfach und unter verschiedenen Aspekten darauf verwiesen, daß eine wesentliche
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Ebda., S.28. NoB. 59(1971)83. Alteuropa und Skandinavien, NI. 56(1989)14-28. J. Udolph, Germ. Hydronymie aus kontinentaler Sicht, BNF.NF. 24(1989)269-291. Die schon zitierten Aufsätze von W. Laur und O. Bandle sind hier anzuschließen. NoB. 59(1971)52. Ebda., S.58. Ebda., S.64. Vgl. z.B. J. Udolph, IF. 86(1981)30ff.
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Aufgabe der Forschung darin bestehen würde, die Vorgänge der allmählichen Aufgliederung des Alteuropäischen, seine schrittweise Auflösung in die historisch gegebenen Einzelsprachen nach Möglichkeit genauer zu präzisieren. Explizit hat er zu der Arbeit an der alteuropäischen Hydronymie am Beginn seiner Überlegungen geäußert: „Es handelt sich um ein Namengut, das als solches schon vor der Lautverschiebung in weiten Teilen Europas vorhanden und in Gebrauch war, und das in einem Teil seines Geltungsbereichs - vor allem eben durch die Verschiebung - germanisiert' wurde. Systematische und erschöpfende Sammlungen existieren für diese alte Hydronymie bisher nicht; sie zu schaffen, ist eine der wichtigsten Aufgaben für eine weitere Erhellung der Vorgeschichte des Germanischen. Dabei müßten dann die ermittelten Namen in einer Karte registriert werden, um möglichst genau die Grenze zwischen verschobenen und unverschobenen Formen festzulegen und so den geographischen Raum zu bestimmen, welchen die Germanen bis zum Abschluß der Ersten Lautverschiebung in Besitz (genommen) hatten". 15 Wie ich schon in der Einleitung erwähnt habe, wird auch aus diesem Zitat ersichtlich, daß man zunächst fast ausschließlich an diejenigen Möglichkeiten gedacht hat, die sich durch die Beobachtung der Namen hinsichtlich erfolgter oder nicht vollzogener Lautverschiebung ergeben können. So wird mit vollzogener germanischer Verschiebung z.B. gerechnet bei den Namen Volme, Valme16 und Fuhne17, mit unterbliebener Lautverschiebung dagegen z.B. im Anlaut von Pleis, denn „Namen mit p- im Anlaut sind Reliktnamen. Der vorgermanische Konsonantenstand blieb erhalten, weil die germanische Uberlagerung dieser verschollenen indogermanischen Gruppe erst nach der germanischen Lautverschiebung eintrat". 18 N u n enthält diese Verfahrensweise einige sehr unsichere Faktoren, denn es ist keineswegs ausgemacht, daß z.B. die mit P- anlautenden Namen nicht regelgerecht auf *B- zurückgeführt werden können. Schlüssige Beweise für oder gegen eine zufriedenstellende Etymologie wird man erst dann finden können, wenn der betreffende Name aus seiner Isolation gelöst ist und Anschluß an eine größere Sippe gefunden hat. Daß das nicht immer möglich sein wird, ist unbestritten. In letzter Zeit bieten sich nun allerdings neue und für Mitteleuropa entscheidende Fortschritte an. Sie liegen in der sich immer deutlicher herauskristallisierenden besonderen Bedeutung Osteuropas für die alteuropäische Hydronymie. Wenn man den Osten in die vergleichende Betrachtung einbezieht, ergeben sich neue Vergleichsmöglichkeiten, denn der „gesamte von den altgermanischen Sprachen bedeckte Bereich ruht auf einem Sockel alteuropäischer Sprachen, die überwiegend Anschluß an Gewässernamen in Ost-
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H. Krähe, Mélanges de linguistique et de philologie, F. Mosse in memoriam, Paris 1959, S.227. Barth 32. E. Ulbricht 183. Barth 32.
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Alteuropäisch und Germanisch
europa haben".19 Diese Feststellung ist nur eine logische Konsequenz aus der Tatsache, daß die alteuropäische Hydronymie im Baltikum ein unübersehbares Zentrum besitzt: „Zugehörigkeit zur alteuropäischen Hydronymie heißt . . . eine enge Beziehung zum Baltikum".20 Daß aber das Germanische mit den baltischen Sprachen in einem besonderen Verhältnis zu stehen scheint, hat schon E. Förstemann bei der zusammenfassenden Betrachtung der deutschen Ortsnamen vor mehr als hundert Jahren unterstrichen: „Kein Sprachgebiet ist uns, wenn wir unsere alte Sprach- und Volksgeschichte reconstruiren wollen, von grösserer Bedeutung, als das der sogenannten baltischen Sprachen, die . . . dem Germanischen besonders nahe stehn"21, und an anderer Stelle streicht er dieses noch deutlicher heraus, „weil in der That das Litauische unter allen Sprachen genealogisch der nächste Verwandte des Germanischen ist".22 Daraus ergibt sich als nicht zu umgehende Forderung, die Beziehungen des germanischen Namenschatzes zum europäischen Osten umfassender und genauer zu untersuchen. Dabei sind die neueren Arbeiten von W.P. Schmid23 von entscheidender Bedeutung. Mit Recht hat z.B. H. Reichert in der Rezension des Sammelbandes Germanenprobleme in heutiger Sicht W.P. Schmids Beitrag Alteuropa und das Germanische als eine „Notwendigkeit ersten Ranges" bezeichnet.24 Die für unsere Frage wichtigsten Punkte dieser Abhandlung möchte ich im folgenden kurz darlegen. Ausgangspunkt der Untersuchung ist die Frage, wie „die Brücke zwischen den voreinzelsprachlichen, von allen einzelsprachlichen Besonderheiten freien Namen und den eindeutig einer bestimmten Sprache zuzuordnenden Namen geschlagen werden [kann]".25 Möglichkeiten liegen in der ungleichen Verteilung „der Namen im alteuropäischen Kontinuum; ihre unterschiedliche Stetigkeit und Häufigkeit... bieten . . . die Möglichkeit, . . . gewisse Aussagen über das Germanische zu machen".26 Dabei ergibt sich, daß zwischen den alten Namen in den germanischen Siedlungsgebieten Skandinaviens und Mitteleuropas „gewichtige Unterschiede auf lautlichem, morphologischem Gebiet" bestehen, „die ein gemeinsames Ausstrahlungszentrum in Skandinavien ausschließen . . . Schleswig-Holstein und Jütland sind ein Treffpunkt nord- und westgermanischer, später auch friesischer Dialekte, nicht ihr Ausstrahlungszentrum".27 Die
" W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 163. Ebda., S. 160. 21 E. Förstemann, Die deutschen Ortsnamen, S.331. 22 Ebda., S. 258. 23 Alteuropa und Germ.; Bemerkungen zum Werden des „Germanischen", in: Sprache und Recht, Fs. f. R. Schmidt-Wiegand, Berlin-New York 1986, S. 711-721; ders., Alteuropa und Skandinavien, NI. 56(1989)14-28. 24 Kratylos 34(1989)119. 25 W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 156. 26 Ebda., S. 158. 27 Ebda., S. 163, 164. 20
Alteuropäisch und Germanisch
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wichtigsten Schlußfolgerungen des Beitrags sind m.E. die folgenden Sätze: „Welche Vorstellung man auch mit dem Gemeingermanischen verbindet, in Skandinavien darf dieses nicht angesiedelt werden", und: „Die Ausbildung der typisch germanischen sprachlichen Charakteristika muß in der Nachbarschaft des Baltischen erfolgt sein". 28 Mit Recht hat W.P. Schmid die Bedeutung der Namen, vor allem die der Gewässernamen, und das entscheidende Gewicht der alteuropäischen Hydronymie für diese Fragen unterstrichen. Ich möchte nun versuchen, durch eine eingehende Untersuchung des Namenmaterials Mitteleuropas unter besonderer Berücksichtigung des Ostens zu weiteren Aufschlüssen zu gelangen und vor allem der Frage nachgehen, ob sich dasjenige Gebiet, in dem sich das Germanische entwickelt und entfaltet hat, nicht enger eingegrenzt werden kann.
28
Ebda., S. 167.
C. Baltisch, Slavisch und Germanisch Die nähere Verwandtschaft des Baltischen, Slavischen und Germanischen innerhalb der idg. Sprachen ist schon lange bekannt. Ich will auf diese Tatsache nur mit einigen wenigen Zitaten hinweisen; wichtiger wird die Untersuchung der Frage sein, ob sich im Namenbestand dieser drei idg. Sprachzweige Besonderheiten nachweisen lassen. Ist dieses möglich, so könnten sich durch die dann mögliche Kartierung Aufschlüsse für das Problem, wo sich die Gemeinsamkeiten entwickelt haben, ergeben. Auf Grund der schon aufgefallenen Ubereinstimmungen wie den bekannten ,,-m-Kasus", den Zahlwörtern für „1000", „11" und „12" u.a.m. waren bereits J. Grimm dem „Germanischen nächstverwandt . . . das Baltische und Slawische. Er griff damit eine These von Caspar Zeuss 1 auf, die dann von August Schleicher weiter ausgebaut2, doch von der Mehrheit der Indoeuropäisten schließlich verworfen werden sollte." 3 Inzwischen wird aber deutlich, daß diese These, „die von Franz Bopp, der für eine arisch-baltoslawische Einheit eintrat, auf das schärfste bekämpft wurde, wieder zunehmend Anklang findet". 4 Jüngere Untersuchungen haben das erhärtet. Ich erwähne hier nur summarisch die Beiträge und Stellungnahmen von W. Porzig 5 , E. C. Polomé 6 und E. Seebold.7 Den Wortschatz hat C. S. Stang aufgearbeitet8 und zahlreiche Übereinstimmungen zwischen den drei Sprachgruppen festgestellt. In seiner Arbeit findet sich auch (S.5-9) ein Abriß der Geschichte der Forschung, auf die ich hier jetzt nicht mehr eingehe. Mein eigener Versuch wird darin bestehen, diejenigen appellativischen Gruppen auszuwählen, die nur in den drei genannten Sprachkreisen erscheinen und zugleich in onymischer Verwendung belegt werden können. Verbreitungskarten sollen die Untersuchung ergänzen. Den ersten Versuch einer Kartierung habe ich an anderer Stelle bereits unternommen9, zu den Überein-
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Die Deutschen und die Nachbarstämme, München 1837, S. 18 ff. Ausführlicher hierzu s. J. Dietze, August Schleicher als Slavist. Sein Leben und sein Werk aus der Sicht der Indogermanistik, Berlin 1966, S. 83 ff. R. Lötzsch, ZPSK. 38(1985)706. R. Lötzsch, ZPSK. 39(1986)522. Die Gliederung des indogermanischen Sprachgebiets, Heidelberg 1955, S. 140-145. In: Toward a Grammar of Proto-Germanie, Tübingen 1972, S. 51-55 (kritisch); ders., Kratylos 34(1989)115. In: Germanenprobleme aus heutiger Sicht, S. 177. Lexikalische Sonderübereinstimmungen zwischen dem Slavischen, Baltischen und Germanischen, Oslo usw. 1971. S. J. Udolph, ZfslPh. 45(1985)53.
balge
17
Stimmungen aus der Sicht der alteuropäischen Hydronymie wurde von mir auch schon an anderem Ort Stellung genommen.10
1. Dt. Balge und Verwandtes Als Appellativum ist die hier zu behandelnde Sippe nur im Germanischen belegt, vgl. ndt. (17. Jh.) ballje „Grube auff den Watten, darin das Wasser bestehen bleibet, wenn die Fluth Gantz gefallen und es Ebbe ist", späterer Zusatz: „oder ein Priel, darinnen das Wasser zu- und abfleußet"11, balge „niedriger, sumpfiger Ort, Wasserlauf"'2, ndt. balje oder balge „Graben oder Aushöhlung, darin noch etwas Wasser übrig bleibt, wenn gleich das andere abgelaufen"13, ndt. (veraltet) balje f., Mz. -n, „kleiner Graben, Rinnsal im Watt, Priel"14, ndt. dial, balge „Flußrinne, Arm eines größeren Flusses, tiefe Rinne zwischen Sandbänken an der Küste"15, mndt. balge, ballige „Wanne, Vertiefung im Watt, die auch bei der Ebbe voll Wasser bleibt", 1384 de balghe, 1512 vppe de verschen balligen, (1489) der balge langkib. Zur Abgrenzung von mnd. balge „Wanne, Bottich" und zu weiteren appellativischen Belegen s. Udolph, Stellung 71 f. In dieser Untersuchung hatte ich schon aus östlicher Sicht zu diesem Appellativum Stellung genommen, die weitere Aufarbeitung des mitteleuropäischen Namenmaterials hat jedoch zu Ergänzungen geführt, die eine erneute Präsentation notwendig machen. Folgende Namen sind mir bekannt geworden: a. Deutschland und Schweiz. An der Balge, FlurN. b. Dehringhausen (Jellinghaus 14); Balg, OT. von Baden-Baden, 1288 du dru Balge (Reg. Baden I 56; O. Heilig 34; Förstemann 11,1,350); Balgach, ON. bei St. Gallen, 890 Palgaa, 1166 Balga (Förstemann 11,1,350; vgl. G. Mürkens, Die Ortsnamen des Kreises Euskirchen, Euskirchen 1958, S. 19); Balge, Balje, Name eines Armes der Lune (H. Strunk, JMM. 24,1928/30, S. 11); Balge, ON. bei Nienburg/Weser, um 1080 (Κ. 12./13. Jh., Adam v. Bremen) Balga, 1179 (K. um 1300, Papsturkunde) curtem Baldige, um 1300 Bellinge, dort auch GN. Balger Ahe, 1530 An der Balger Aha sowie OT. Holtbalge, um 1300 u.ö. Holtbalge (Dienwiebel I 30f., 286; R. Möller 37 mit Deutung zu idg. *bhelgh- „schwellen"; verfehlt H. Strunk, JMM. 24(1928/30)11); Balge, ehem. Hafen in Bremen17, 1384 Iuxta Balgam (Stad. Cop. 14), 1384 supra Balgam (Stad. Cop. 15),
0 1 2 3 4 5 6 1
Udolph, Stellung 348-350. Krause, Stader Archiv 6(1877)20. F. Prüser, Gedächtsnisschrift für F. Rörig, Lübeck 1953, S. 178. G. Roth bei Pratje I 89. Teut I 160. W.O. Focke, Abhandlungen des Naturwissenschaftlichen Vereins zu Bremen 15(1901)50. Schiller-Lübben I 145; F. Prüser, a.a.O., S.178. S. ausführlich dazu F. Prüser, Die Balge - Bremens mittelalterlicher Hafen, in: Gedächtsnisschrift f. F. Rörig, Lübeck 1953, S. 477-488.
18
Baltisch, Slavisch und Germanisch
1383 iuxta Balgam (Stad. Cop. 67), usw., dazu GN. Klosterbalge, Große Balge, Kleine Balge, StraßenN. Hinter der Balge, Balgeinsel, Balgebrückstraße u.a.m. 18 ; Balge, Sielbalje, bei Oerichsheil, 1375 Züllebalghe usw. (HG. 16,23 und 318); 15. Jh. tor Balgen, Haus bei Engter (Jellinghaus 14; Förstemann 11,1,350); Balgen, ON. im Kt. Thurgau, 854 ad alveum Balgahe (Förstemann 11,1,350); 12. Jh. (?) in Balgen, Lokalisierung unsicher, Nähe Rastede?, n.k. (Wigand 11/1,142); Balgenort, FlurN. bei Scharrel (TK. 25:2912); 1375 Balghede, unbek. in Westfalen (Jellinghaus 14), offenbar *Balg-ithi 1 9 , n.k.; Balg(e)sweg, FlurN. bei Weddewardener Büttel und in Cappel (G.v.d. Osten, Geschichte des Landes Wursten, 2. Aufl., Bremerhaven 1930-32, S. 16; H. Strunk, JMM. 24,1928/30, S. 11); die Balget, Ebene bei Brilon, nach Jellinghaus 60 zweifelhafter -ithi-Name20, wahrscheinlich besteht eine Beziehung zu dem ON. Baigert bei Brilon, unklar, n.k.; Balgheim bei Nördlingen, 1147 Balgeheim, ca. 1149 Balchaim (Förstemann 11,1,350); Balgheim, Kr. Tuttlingen (Müllers Ortsbuch 64); Balghem bei Nievenheim, 1155 (K. 18. Jh.) Balghem (MGH. Reg. Germ. X 198), 1232 Balchem, 1280 Balcheim, 1316 Balcheym (Dittmaier, -dorf 123; Förstemann 11,1,350); Balgstädt in Thüringen, 9. Jh. (Balgestat), 943 Balgesteti (H. Walther 274), um 970 Balgestede (Förstemann 11,1,350), 1051 (Spurium 12. Jh.) Balgestat (MGH. Reg. Germ. V 610) usw.; Balje, Baljerdorf, Baljer Loch, ON., FlurN. und GN. bei Freiburg/Elbe, 1384 (Hs. 15. Jh.) Balghe, Balga (HG. 16,24 mit weiteren Belegen); Balje = Norder Wallsgraben (G.v.d. Osten, Geschichte des Landes Wursten, 2. Aufl., Bremerhaven 1930-32, S. 16); Balje, Baljer Loch an der Saalemündung (Udolph, Stellung 72); Balje, Rißbalje, unbekannt in Schleswig-Holstein, n.k., um 1500 Up dem Riße ... aver de Ballie ... darvan noch de Rißballie tho unsern Tiden (Neocorus I 217f.); Baijen bei Lunden (H. Jellinghaus, ZGSHG. 29,1899,213); Balkhausen, Kr. Hattingen, 10.-11. Jh. (K. Mitte 12. Jh.) Balghuson (Gysseling I 96f., vgl. Förstemann 11,1,350); Ballum, ehem. Ksp. auf Nordstrand, 1214 balghum (SHRU. I 140), 1216 balghum (SHRU. I 147), 1240 Balghum (SHRU. I 269), 1241 Balughum (SHRU. I 276), 1298 Balgum (SHRU. II 382), umstritten (vgl. Laur, ONLexikon 63 und Udolph, Stellung 72), auf Grund dieser alten Belege und unter Einbeziehung von Baijen bei Lunden (s. o.) wohl doch zu unserer Sippe zu stellen; Beigenbach, Beigenbacher Mühle im Kr. Monschau (G. Mürkens, Die Ortsnamen des Kreises Euskirchen, Euskirchen 1958, S. 19: zu *bhalg- „glänzen"?); Beller, ON. bei Brakel, ca. 993-996 in Balgeri (Honselmann 151; zur Identifizierung s. Dürre 1,3 und jetzt Schütte, Corvey), zur Wortbildung s. Bach 11,2,278 und unten bei der Behandlung von ONN. mit -r-Suffix; Billig, Zufluß z. Erft (heute Flutgraben), auch ON. im Kr. Euskirchen, gehen nach G. Mürkens, Die Ortsnamen des Kreises Euskir-
S. etwa A. Lonke, Das älteste Lassungsbuch von 1434-1558 als Quelle für die Topographie Bremens, Bremen 1931, S. 122f. " Vgl. unten Balget und zu den zahlreichen -¿(¿¿-Bildungen Udolph, -ithi, speziell S. 129 20 S. auch Udolph, ithi 129. 18
balge
19
chen, Euskirchen 1958, S. 19 auf eine Grundform *Balga < *bhalg- „glänzen" zurück; Breedenbalge an der Wesermündung (Schiller-Lübben I 145; Prüser 178); Dänenbalge, unbekannte Lage, in Dithmarschen?, 1381 in de Denebalghe (KR. 1318, n.k.); Deerens-Balje (HG. 12,35; Kvaran 48); Dörenbalgen, FlurN. im Kr. Uelzen (Matthies 129); Grüner Balgesweg, in der Balje, FlurN. bei Dingen (G.v.d. Osten, Geschichte des Landes Wursten, 2. Aufl., Bremerhaven 1930-32, S. 16); Huntebalje bei Neuwerk, um 1585 De Hondt balch usw. (HG. 16,172); Kinder-Balje, Elbetief bei Neuwerk, 1594 Kinderballye usw. (HG. 16,187); Ossenbalge, zwischen Langeoog und Spiekeroog, 1496 in der Ossenbalge (Ostfries. UB. III 183); Riekbalje, FlurN. in Osterstade (H. Strunk, JMM. 24,1928/30, S. 11); Steertbalge an der Wesermündung (SchillerLübben I 145; Prüser 178); Werkbalje, Elbetief bei Neuwerk, 1382 Balghe, 1385 Balghe usw. (HG. A 16,359); Wischbalge, 4 FlurN. in Imsum (H. Strunk, JMM. 24,1928/30, S. 11). Schließlich könnte ein germanischer Name auch in dem slavisierten ON. Pobles bei Hohenmölsen, 1269 Poblos usw., Grundform evtl. *Po-blogè > *Pobloze (s. E. Eichler, H. Walther, DS.35, S.246) vorliegen. Die hier angeführten Namen sind ihrer Entstehung nach sicher verschiedenen Zeiten zuzuordnen. Offensichtlich jungen Namen - vor allem an der Nordseeküste - wie Sielbalje, Bredenbalge, Balgesweg, Ossenbalge stehen bildungsmäßig oder überlieferungsgeschichtlich ältere Typen wie Balgach, Balga bei Nienburg, Balge in Bremen, *Balgithi und Balgeri gegenüber. Dabei lassen sich die beiden unterschiedlich alten Gruppen im großen und ganzen auch geographisch ordnen: die jüngeren Namen liegen an der Küste, die älteren im Binnenland, im Rheinland, in Westfalen, Niedersachsen und Thüringen. Es wird für die Gesamtbeurteilung wichtig sein, welche Streuung in den angrenzenden Ländern zu beobachten ist. b. Belgien und Niederlande. Im Niederländischen erscheint balg als Gewässerbezeichnung, zumeist in der Bedeutung „zandplaat" oder „geul" (Schönfeld 34). Schönfeld meint auf Grund der Etymologie von einer Grundbedeutung „anschwellen" ausgehen zu können. Einige Namen weisen aber auf eine andere, oben bei den deutschen Appellativen bereits angesprochene Bedeutung „Vertiefung, Fahrrinne", d.h. norddeutsche und niederländische Namen sind eng miteinander verwandt21. Mir sind bekannt geworden: Baelgebeilck, 1556 baelge beile, bei Thielt-Buiten (de Flou I, Sp. 422); Bailly, Kt. Frasnes-lez-Buissenal, 1061 Allodium de Balgiis (Petri 145); Balg, Fahrwasser bei Texel, dort auch Balgzand (Moerman 31; Schönfeld 34); Balg in Noordholland (J. de Vries 24); Balgerijt, GN. bei Alkemade (Moerman 31); Balghe, 1648 Balghe, bei Wytschaet, (de Flou I, Sp. 483); Balghemeersch bei Denterghem (de Flou I, Sp. 483); Balgooi in Gelderland, 1172 in pago 'qui Balgoie nuneupatur (Gysseling I 96: zwelling + agwjö, s. auch J. de Vries 24,
21
Man vergleiche jetzt auch die Ausführungen von R. Rentenaar, Balgen in de Waddenzee, Naamkunde 24(1992)5-13.
20
Baltisch, Slavisch und Germanisch
Förstemann 11,1,350 und LNT. 77); 1532 die Bocbalige (R. Rentenaar, a.a.O. 6); Dorre Balg (Schönfeld 34); Dove Balg bei Afsluitdijk (Moerman 31); Hollebalg bei Wieringen (R. Rentenaar, a. a. O. 7); Kromme Balg bei Ameland (Moerman 31); Memmert Balje bei Eemsmond, 1585 Memerbalch (R. Rentenaar, a.a.O. 8); Scholbalg bei Schiermonnikoog, 1309 Sculdbalwe (R. Rentenaar, a.a.O. 8; Moerman 31); 1584 Swaenbalcb, um 1450 der Vleblage, der Vlibalge (R. Rentenaar, a.a.O. 7); Wierbalg bei Afsluitdijk (Moerman 31), um 1450 na der Wirger balgen (ident.?) (R. Rentenaar, a.a.O. 6). Wie in Deutschland gibt es auch in den Niederlanden und in Belgien unterschiedlich alte Namen. Neben jungen Typen (Kromme Balg, Dove Balg, Scholbalg), die wie in Norddeutschland vornehmlich an der Nordseeküste erscheinen, gibt es einige wenige alte Namen (Bailly, Balgoot). Dabei ist die Verteilung derjenigen in Deutschland genau entsprechend: die jüngeren Typen finden sich an der Nordseeküste, vor allem auf und bei den Inseln, die älteren dagegen im Binnenland. c. Frankreich. Hier gibt es nur einen einigermaßen sicheren Namen: Baigau bei Colmar, 896 Palgouua, 1110 Palcove (Förstemann 11,1,350). d. England. Vor allem aufgrund des in England nachweisbaren Namenmaterials, zu dem ich unten Stellung nehmen werde, ist für das Angelsächsische für den appellativischen Bereich mehrfach verwandtes Material zu dt. Balg, Ball u.a.m. vorausgesetzt worden. Semantisch ergeben sich jedoch für diesen Vergleich durch den auffallend starken onymischen Nachweis Schwierigkeiten. Hinzu kommt, daß z.B. das germanische Material um dt. Balg wegen des höchstwahrscheinlich anzusetzenden -¿-Stammes22 ausscheidet (s.u.). Zieht man das von mir oben zusammengestellte kontinentalgermanische Material heran, ergeben sich ganz andere Vergleichsmöglichkeiten! Doch zunächst soll die appellativische Seite des Englischen betrachtet werden. Nach A.H. Smith I 18 findet sich „"balg OE (Angl), *bealg (Kt, WSax), adj., ,rounded, smooth'" schon im Mittelenglischen, in Ortsnamen liegt im allgemeinen eine Bedeutung „,a rounded hill', as in ME a bal$ berz" vor. Ähnlich argumentiert J. Dodgsen, EPNS. 48,95. Die mit dt. Balg (Blasebalg) verwandten englischen Wörter sind nach A.H. Smith I 27 in toponymischer Verwendung ähnlich zu beurteilen: „belg OE (Angl, Kt), balg (Merc), bielg (WSax), ,a bag, a sack' in a transferred sense such as ,rounded, bag-like hill' or even ,sack-like valley'". Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang die Diskussion um den englischen FlN. Belah: „I explain as ,roaring river'. Cameron objects that the stream is small and suggests that the source is O E belg ,a sack'. He evidently forgets that belg is from *bal%i-, which would give ME beli... (Ekwall, Etym. Notes 7). An anderer Stelle geht E. EkwalP von
22 23
S. z . B . Woordenboek der Nederlandse Taal 11,1,914. Ekwall, Lane. 7.
balge
21
einem altenglischen Adjektiv balg aus. Die meisten Probleme der appellativischen Grundlage der englischen Namen lassen sich lösen, wenn man die Zusammenhänge mit dt. Ball und Balg aufgibt, und die oben angeführten, bisher nicht berücksichtigten Namen aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden und Frankreich heranzieht. Man vergleiche: Bagshill, Kent (Α. H. Smith I 18); 704-9 in balgandun, in Lancaster, „O.E. balg adj." (Ekwall, Lane. 7); Balham, Surrey (Α. H. Smith I 18); (1448) Balham, Gloucestershire (Α.Η. Smith, EPNS.41,100); Balham, 957 Bœlgenham, 1255 Balgham (Field, London 26 mit der Bemerkung: „the first element may be OE bealg, possibly used to describe a convex conformation"; Balladen, Lancaster (A.H. Smith I 18; Ekwall, Lane. 7); Ballam, Lancaster (Ekwall, Lane. 7); Ballidon, Derby (A.H. Smith I 27); um 1200 Baishabe, bei Ainsworth (Ekwall, Lane. 7); 1246 de Balsagh, bei Ditton (Ekwall, Lane. 7); Baishaw, bei Spotland (Shropshire), „lost name, 1296 de Balghschae, 1311 de Balschagh" (Ekwall, Lane. 7; A.H. Smith I 18); Belah, FIN. in Westmorland, 1292 Belewe, 1576 Below, evtl. ,,*Belge, obi. *Belgan (from *Belgan)" (Ekwall, ERN. 32; vgl. auch die oben angeführte Replik mit D. Cameron); Boscar, enthält ae. sceaga, Yorkshire (A.H. Smith I 18); Bardon Hill, Warwickshire (A.H. Smith I 18); Belluton, bei Pensford (Somerset), 1086 Belgetona (Hill, Somerset 319; hierzu nach A.H. Smith I 27); Berridge, Kent (A.H. Smith I 18). Die hier zusammengestellten Namen Englands sind im Vergleich zu den bisher behandelten kontinentalgermanischen in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert: zum einen durch ihre Häufigkeit, zum zweiten durch ihren frühen Belege (704-9 in balgandun; 957 Bœlgenham-, 1086 Belgetona) und drittens aufgrund ihrer Verbreitung, die eine m.E. deutliche Beziehung zu den Verwandten in Flandern und Belgien (s. Karte 1, S.22) erweist.24 Es darf natürlich nicht übergangen werden, daß nicht alle angeführten englischen Namen zweifelsfrei zu ndt. balge „Priel, Vertiefung, Fahrrinne, Ausbuchtung usw." zu stellen sind, jedoch ist diese Verbindung mit Sicherheit semantisch weniger anfechtbar als das doch künstliche wirkende Benennungsmotiv „rundes Tal, sackähnliche Vertiefung, sackähnlicher Canyon" usw. Weiterreichende Schlüsse sollen im Augenblick noch nicht gezogen werden; sie werden sich erst aus einer synoptischen Analyse ergeben. Zuvor ist noch die wichtige Frage zu klären, ob Skandinavien Entsprechungen zu ndt. balge „Priel, Vertiefung, Graben" besitzt. e. Skandinavien. Im Nordgermanischen gibt es mehrere Wörter, die auf eine Basis *balg- zurückgeführt werden können. Man vergleiche:
14
Es muß nochmals betont werden, daß die ebenfalls gegenüber England liegenden westfriesischen iWge-Namen auf den Inseln junge Typen sind. Höheres Alter besitzen zweifelsfrei die Belege aus Flandern und Belgien.
22
Baltisch, Slavisch und Germanisch
1.) Dän. balle < altdän. balgh m. „sanft ansteigender, langgestreckter Hügel, Erhöhung"25, gehört zu altnord. belgja „schwellen", vgl. dt. Balg. 2.) Ballig, dän. Balle, nd. Balli, in Angler Ortsnamen Ballig, „hat hier wie in Nordschleswig, im südlichen Ostjütland, auf Fünen und in Südseeland die Bedeutung ,Teil eines Dorfes'".26 M. Hinrichsen, Die Entwicklung der Sprachverhältnisse im Landesteil Schleswig . . . , Neumünster 1984, S.294 nimmt mit anderen Forschern an, daß von einer Grundbedeutung „Scheide" auszugehen ist, was zunächst zu einer Bedeutung „sanft ansteigende Erhebung im Gelände" geführt habe und später zu „offener, bebauter Platz in einem Wald" oder „Einteilung eines Dorfes". Zur Diskussion s. z.B. auch Maribo Amts Stednavne, Kjabenhavn 1954, S.XVIIf. und Svendborg Amts bebyggelsesnavne, K0benhavn 1958, S.XIf. 3.) Schwed. balja, balle, ballie, dial, bal „Holzgefäß,Trog" (Falkman 21), „Bierkessel" (Laur, ON. 302 nach G. Knudsen).
25
26
N . Á . Nielsen, Dansk etymologisk ordbog: Ordenes historie, 3. Aufl., Kebenhavn 1976, S. 18; Laur, O N . 302. Laur, O N . 302; Sydslesvigs Stednavne VII 435.
balge
23
Alle drei Sippen lassen sich mit den oben genannten norddeutschen Appellativen („niedriger, sumpfiger Ort, Wasserlauf, kleiner Graben, Rinnsal im Watt, Priel usw.") nur schwer, m.E. nicht unmittelbar verbinden. Wir haben es offenbar mit verschiedenen homonymen Wurzeln und Wortsippen zu tun, wie schon ein Blick in J. Pokornys Wörterbuch (man vergleiche etwa S. 122 f., 125 f.) deutlich macht. Dennoch wollen wir noch einen Blick in den skandinavischen Namenbestand werfen, um zu prüfen, ob sich nicht dort noch Relikte verbergen, die mit den norddeutschen und niederländischen Toponymen verbunden werden können. Die Durchsicht des nordgermanischen Namenmaterials bleibt ohne sichere Anknüpfungen. Alle hier in Erwägung zu ziehenden onymischen Belege bleiben mit einiger Sicherheit fern: Balg bei Torpa, 1546 Balg, aus ''balgh „förhöjning i terrängen" (NoB. 1948,141 ff. und Haid 1965, Vore Stednavne, 2. Aufl. K0benhavn 1965, S.190), Balgö, (1308) und Balgöe (Ortnamnen i Hailands Län 111,17); Baijan, ON. in Jonstorp (Falkman 21: zu balja „Trog, Holzgefäß"); Baljered, „är möjligen urspr. av ett f.ö. ökant fsv. mansnamn *Balghe" (Ortnamnen i Skaraborgs Län XV,30); FlurN. Ballbek, 1710 Bollbeck usw. (v. Rohden 194: dän. balle < altdän. balgh m. „sanft ansteigender, langgestreckter Hügel"); Ballebxk, mehrere GN. in Dänemark, zu dän. balle, altdän. balgh „ein gleichmäßig ansteigender Hügel" (Kvaran 62 mit Hinweis auf ebenso zu erklärende schwed. SN. wie Järnbälgen, Smedebälgen und norweg. SN. Belgetjern u.a.m.); Langballe, um 1450 Langeballech, 1483 Langkballie, 1543 Lanngbalge (Sydslesvigs Stednavne VII 116); Sonderballe, 1494 Süderbarch, 1519 Suderbalge, zu balle „del af Landsby" (Sydslesvigs Stednavne VII 435); 1397 Sudaerbalgh, nuv. Suderballe, Arninge S., Laalands Sonder-Herred (Sams0s Stednavne VI); Waestaertbaligb, Ribe Oldemor (SamS0S Stednavne VI); die „Angler Ortsnamen Langballig, 1450 Langballech, Norderballig, 1621 Nordballie, Süderballig, 1671 Dollrup Südert, 1740 Sünderballie, Suterballig in Gelting, 1491 Suderbarch, 1519 Suderbalge, Danckwerth Sönderballe, oder Kiusballig. Unechte ballig-Namen, nämlich ursprüngliche büll-Namen sind Torsballig und Wackerballig" (Laur, ON. 302). Allein am Ringkebing Fjord findet sich vielleicht eine Entsprechung in dem Toponym 1650 Ballie Sandt, 1695 Balge Hagen11. Daraus ergibt sich für unsere Untersuchung: zwischen den nord- und mitteldeutschen Appellativen und Namen, die in enger Verbindung zu den Namen in den Niederlanden, Belgien und England stehen, und den skandinavischen iWg-Namen und -Appellativen gibt es keinen Zusammenhang. Das wird noch deutlicher, wenn wir jetzt den germanischen Bereich verlassen, und uns dem östlichen Europa zuwenden. Die in diesem Zusammenhang wichtigen Namen hatte ich schon an anderer Stelle28 ausführlich behandelt und die Verbindung mit den offenbar nordsee-
27 28
R. Rentenaar, a.a.O. 8. Udolph, Stellung 70-74.
24
Baltisch, Slavisch und Germanisch
germanischen Appellativen und Namen diskutiert. Hier sollen sie nur noch einmal in aller Kürze genannt werden: Btoga, Nfl. d. Pilica, mit O N . Blogie Stare, Szlacheckie; Blogie, Sumpf im ehem. Kreis Radom; Bolozivka, Bolozivka, FIN. in der Ukraine, mit ON. Bolozivka, Blozev; Blozyn, Sumpf in Großpolen (fraglich, n.k.); hinzu kommt jetzt wahrscheinlich noch der SN. Bluj, dt. Bluggen See, bei Miastko/Pommern (s. Hydr. Europ. 7, S. 14), vielleicht besteht auch eine Beziehung zu dem slovak. FIN. Blh, ungar. Balog, 1244/1410 Balogh usw.29; aus dem baltischen und ostslavischen Gebiet (dazu ausführlich Udolph, Stellung 74 f.) vgl.: Balge, ON. und Name eines Teils des Frischen Haffs (dt. Herkunft allerdings nicht ausgeschlossen, s. aber E. Blesse, Β NF. 4,1953,290f.); Balga, FIN. in Lettland, dort auch ON. Piêbalga; Bologoe, ON. im ehem. Kr. Valdaj, dort auch SN. Bologoe, Bologovskoe; Bologoe, auch Balagoj, ON. im ehem. Kr. Cholm; Balagoe, auch Bologovo, ON. im ehem. Kr. Velikie Luki, dort auch SN. Balagoe·, schließlich vermute ich einen Ansatz *bolg- auch in dem FIN. Osobloga/Hotzenplotz (s. Udolph, Stellung 229f.). Dabei hatte ich erwogen, ob das Element *bolg- < *bholgh- „ursprünglich als Adjektiv fungierte" (Ebda., S.231), dafür jedoch noch keine Bestätigung gefunden. Von hier aus ist es bemerkenswert, daß E. Ekwall, Lane. 7 bei der Erörterung des um 705 erwähnten O N . in balgandun (in Lancaster) ein altenglisches Element balg als Adjektiv ansetzt. Aus Osteuropa läßt sich unter Umständen noch weiteres Material gewinnen, das ich an anderem Ort 30 bei der Untersuchung der slavischen Sippe um ukrain. bevz, beuz „tiefe, dunkel verwachsene Schlucht mit steilen Abhängen, tiefes Flußbett" behandelt hatte. Man geht dabei im allgemeinen von einem Ansatz *bblg- und einer Verbindung mit der bekannten „schwellen"-Wurzel aus. Die Semantik der slavischen Appellativa und der Nachweis in den Namen31 spricht eher für einen Zusammenhang mit dt. Balge usw. Im Slavischen wäre dann mit Satemisierung zu rechnen, die im Baltischen {Balga, Piêbalga, Bologoe usw.) unterblieben ist, was bekanntlich kein Einzelfall ist. Wir sind am Ende der Namensammlung. Folgende Punkte sind nach meiner Ansicht von besonderer Bedeutung (man vergleiche dazu auch Karte 1, S. 22): läßt man die slavische Sippe beiseite, so ist appellativisches Material nur im Germanischen, genauer: im Niederdeutschen, nachweisbar. Selbst die frühen ON.-Belege des Englischen können keineswegs sicher mit entsprechenden englischen Wörtern verbunden werden, so daß die auch aus der Karte ersichtliche Beziehung zu Belgien und Flandern und allgemein zum nordseegermanischen Bereich auch von hier aus ein Stütze erfährt. Die hier behandelten Namen gehören nur mit wenigen strittigen Belegen zu dt. dial, balge (auch im Nordgermanischen belegt, s. o.) „Wanne, Bottich", Dieses muß auch nicht
29
30 31
B. Varsik, Slovanské (slovenské) názvy riek na Slovensku, Bratislava 1990, S. 101 ff., vgl. meine Ergänzung in NI. 61/62(1992)169. Udolph, Studien 471 ff. Vgl. ebda., Kane 73.
*dkelbh-
25
zuletzt auf Grund der starken Verankerung im Namenbestand Osteuropas konstatiert werden. Es kann nach dem gegenwärtigen Stand des Wissens mit hoher Wahrscheinlichkeit angenommen werden, daß die hier zugrunde liegende Wortsippe auf den balt.-slav.-germ. Bereich beschränkt ist (so schon Stang 14 in anderem Zusammenhang). Die in den einleitenden Bemerkungen dieser Arbeit betonte besondere Bedeutung der osteuropäischen, speziell der baltischen Toponymie, liegt im vorliegenden Fall auf der Hand. Von hier aus ergibt sich für die Verbreitung der Namen eine Art Schiene im Binnenland, die von England über Belgien und die Niederlande bis zu den deutschen Mittelgebirgen und Polen und darüber hinaus bis in die Ukraine reicht. Daneben gibt es einen Schwerpunkt im Baltikum. Dabei fällt die Lücke in dem Bereich, der bisher für die Entfaltung des Germanischen besondere Bedeutung zu haben schien, in Skandinavien (wo ZWg-Namen offenbar zu anderen Wortsippen gehören), besonders auf. Allem Anschein nach ist auch eine spezielle und deutliche Verbindung zwischen den osteuropäischen Namen und Skandinavien nicht möglich. Vor weiteren Überlegungen und Vermutungen soll hier noch Abstand genommen werden. Es wird zu prüfen sein, ob die unter dem Aspekt einer besonders engen baltisch-slavisch-germanischen Verwandtschaft ausgewählten weiteren Namenverbreitungen unsere Beobachtungen stützen können. Zur Etymologie der hier vorgestellten Sippe um dt. Balge s. Udolph, Stellung 75, Punkt 4 32 .
2.
*dhelbh-
Die Erkenntnis, daß Reflexe einer idg. Wurzel *dhelbh- nur in einem begrenzten Bereich der idg. Sprachen vorkommen, ist schon Allgemeingut. Es handelt sich um eine Sippe, die nach bisherigem Wissen nur im Baltischen, Slavischen und Germanischen belegt werden kann. Ihre Grundbedeutung kann etwa mit „vertiefen, aushöhlen" beschrieben werden33. Ich meine, auf eine Auflistung der in Frage kommenden Appellativa verzichten zu können, zumal ich darauf auch schon an anderer Stelle ausführlicher eingegangen bin34. Dort hatte ich allerdings auch angemerkt, daß eine weitere Aufarbeitung des Materials notwendig ist. Das gilt vor allem für den Nachweis in Orts- und Gewässernamen, insbesondere im germanischen Bereich. Zuvor müssen jedoch einige ergänzende Bemerkungen zum Nachweis der Reflexe eines Ansatzes * d h e l b h - in den germanischen Sprachen gemacht werden. Bei der von mir an anderer Stelle vorgenommenen Untersuchung hatte ich auf germanischer Seite das Vorkommen von Appellativen und Namen in
32 33 34
Zum mutmaßlich verwandten slav. Material ders., Studien 471 ff. S. etwa Pokorny, IEW. 246; Stang 17. S. Udolph, Stellung 94 ff.
26
Baltisch, Slavisch und Germanisch
England kaum berührt. Gerade hier sind jedoch wichtige Ergänzungen zu machen. So lassen sich im Angelsächsischen appellativisch schon früh Nachweise erbringen, vgl. ae. (ge)delf, „digging", später „quarry" (A. Mawer, EPNS. 1,2,21), stángedelf „stone quarry", auch leádgedelfe (nach Kemble bei H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)277; vgl. auch A.H. Smith 1,128). Auch die englischen Dialekte kennen es, man vergleiche z.B. „In the district around Halifax delf is the usual name for a quarry. The word ist derived from late O E dœlf, ME delf, a trench, ditch, quarry" (Goodall 118). Auch im Niederländischen ist unser Wort gut bezeugt: dolf, delf, dilf „gracht, sloot" (Mnl. Wb. II 120; s. besonders W d. Vries, NGN. 11,1938,100103, vgl. auch Loon 46f. und Schönfeld 175). Im Friesischen tritt meist Verlust des -/- auf: deel (Schönfeld 176). Von weit größerer Bedeutung als eine Auflistung der appellativischen Belege ist der Blick in die davon abgeleiteten Namen. Anders als bei dem vorigen Fall um dt. balge gibt es bei dem vorliegenden Wort keine Probleme bei der Zuordnung der Namen zu den Appellativen. Umso wichtiger wird die Verbreitung sein, zumal das Nordgermanische unser Wort nicht zu kennen scheint. a. Deutschland: Delf, Ortlichkeit bei Hamburg-Ochsenwerder, 1328 in loco Delf nominato35; ''Delf- bei Itzehoe, 1238 locum qui Delue dicitur36, dort auch Delftor, 1303 delue (pons)37, 1354 vor dem Delffdore38, StraßenN. Vor dem Delf tor'9, und Delfbrücke, 1392 twischen der Delffbruggen40; Delf, OT. von Finnentrop, Kr. Olpe41; Delfen, FlurN. bei Laßrönne42; Delfs Auwisch, bei Neumünster43; Delft, Delftheide, FlurN. bei Evendorf44; Der klein Delft, GN. an der Unterelbe bei Cuxhaven, evtl. = Delftstrom, 1511 van den Wiiscbdelve vletbe usw.45; Delf(t), Entwässerungsgraben in Neuenkirchen, auch Wasserloch in Westerwanna46; Delfweg mit Huckemeltendelve, Grotemertendelve, Lage unsicher, n.k.47; Dellau, auch Harrie Au, im Gebiet der Eider48; Dellbrückau (z. Süder Miele)49; Delve, ON. in Schleswig-Holstein, 1281 in ...
35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49
HG. 16,74. SHRU. I 260. Dohm 72. SHRU. 1 X 1 4 9 . M. Hofmann, ZGSHG. 83(1959)38. SHRU. VI 702; s. auch Detleffsen I 45; H. Jellinghaus, Holst. O N N . 234. Müller 145. FlurN.-Sammlung Göttingen. Prien 59. FlurN.-Sammlung Göttingen. HG. 16,74. Teut I 380. Nach Neocorus bei H. Jellinghaus, Holst. O N N . 234. Kvaran 54. Kvaran 54.
"dhelbh-
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Delf*0, 1326 Arneken de DelveSÍ; Delvenau, heute Stecknitz bzw. Elbe-Lübeck-Kanal, Anf. 9. Jh. Delbende (ON.), um 1075 in fluvium Delvundam usw.52; Delventhal bei Visselhövede, 1327 in cuña Delvendale53; 1178 Delvervorde, Elbfurt bei Bergedorf54, 1180 Delueruorde55; Dölbau, ON. östl. Halle, seit dem 14. Jh. Tolben, Tolbe usw., schwundstufige Bildung56; Dölbe, Nfl. d. Innerste, 1355 (K. 1570) ein holt, gehethen de Deine57; Fresendelf bei Schwabstedt, 1463 Delve™·, Thulba, Fluß in der Rhön, seit dem 9. Jh. Tulba(m), Dulba, schwundstufige Bildung59. Die hier zusammengestellten Namen lassen sich leicht in zwei ungleich große Gruppen einteilen: bei den meisten handelt es sich um junge Bildungen. Sie finden sich vornehmlich in Schleswig-Holstein und an der Unterelbe. Ihr relativ junges Alter ist leicht erkennbar. Anders sieht es bei den wenigen älteren Namen, ausschließlich Hydronyme (!), aus: hierzu zähle ich Delvenau (Wortbildung), Dölben und Thulba (schwundstufige Bildungen). Von diesen drei Namen liegen zwei {Dölben, Thulba) im Binnenland. Die Übereinstimmung mit dem oben behandelten Fall um Balge ist auffällig. Vor weiteren Folgerungen sollte jedoch die Untersuchung außerhalb Deutschlands abgewartet werden. b. Niederlande: Assendelft, Nordholland, 1063 (K. 11. Jh.) Ascmannedilf'0, 1063 (K. 12. Jh.) Ascmannedelf1, 1083 Escmundedelf usw.62; Deel bei Middelstum; It Deel, It Lang-Deel, „naast de Delft" in Friesland63; Delf, Hafen von Stávoren: 1384 in unseme depe, dat wi Delf heten64, 1412 unse diep, dat wi hieten den Deelff65; 1252 de Delf, Groningen66; Delfgauw"; Delfsterhuyssen, Delfstrahuizen, Delfstrahuzen, bei Skoatterlân68; 1177 Delf strine, FlurN. bei Oostende69; Delft in Zuidholland, 1083 (F. 12. Jh.) Delf, 1130-57 (K. um 1420)
50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69
Hans. UB. I 302. HUB. II 597; s. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 234; Udolph, Stellung 97. HG. 16,74 ff., ausführlich hierzu: Udolph, Stellung 98. St. Mich. 221; vgl. aber auch U. Scheuermann, Rotenburger Schriften 24(1966)56. HUB. I 220. SHRU. 1 7 3 . E. Eichler, Die Orts- und Flußnamen der Kreise Delitzsch und Eilenburg, Halle 1958, S.26. Kettner 45; Udolph, Stellung 97. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 234. s. Udolph, Stellung 98 f. mit Hinweisen auf weitere Literatur. M G H . Reg. Germ. VI 154; J . de Vries 21. M G H . Reg. Germ. VI 154. Förstemann 11,1,228; s. auch Moerman 49. Schönfeld 176. Hans. UB. IV 334. Hans. UB.V 549. Schönfeld 176. J. de Vries 44. Beetstra 37. Gysseling I 261.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
de Delf7°, dort auch Gewässer Oudedelft, 1125-1130 (K. um 1420) iuxta Delf usw.71; Delft bei Warkum72; Delfzijl, ON. an der Ems bei Groningen73; Delte, anderer Name d. Uskwerdermaar (Gr.), < -'Delfta; Mema buta Delve, buppa Delve, bei Delfzijl; Dolte, Diepe Dolte, Ablautformen, in ON. Frieslands; Dulf, Reedulf bei Aksel; Meesen dilve, bei Duiveland; 1268 Reddelf nahe „palude de Sassenhem"; Sceedilven auf Tolen; 1229 Tbanquines delve in Voorne; 1292 Ymmendilve in den Niederlanden, Lokalisierung unsicher, n. k.74. Die zahlreichen Namen in den Niederlanden sind keine Überraschung, da unser Appellativum im niederländischen Wortschatz fest verankert ist. Allerdings fehlen ältere Typen wie die oben behandelten Thulba, Dölben und Delvenau. Zahlreiche niederländische Namen sind offenbar recht junge Bildungen, aber immerhin reicht die Uberlieferung bei einigen Namen bis in das 11./12. Jh. zurück. Vielleicht erbringt der Blick in die belgischen und nordfranzösischen Belege weiteren Aufschluß. c. Belgien und Nordfrankreich: 1239 Biggbendilve, abgegangener Name75; Delf strine bei Zonnebeke, 1178 Delf strine, Delft bei Hazebrouck, 1328 Delft-, 1489-1681 Delfthove, bei Meteren; 1544 delf ν e stick, bei Zevekote; Dilf GN. bei Avekapelle, 1667 dilf; Dilf, GN. b. Gijverinkhove, 1576 den dilf, Dilf, GN. bei Bulskamp, 1620 dilft; Dilf GN. bei Dixmuiden, 1494 dilf, Dilf, GN. bei Houthem, 1620 den dilf, Dilf, GN. bei Alveringhem, 1494 dilf; Dilf, GN. bei Polincove, 1494 de dilf, Dilf GN. bei Sint-Joris (V.); Dilf, GN. bei Vlisseghem, 1211 dilf, Dilft, GN. bei Merckem76; Gedelfd, 1929 op de Delft77; Mordilve bei Nieuwenbos78; Nieuw gbedelf79; Rietdolf ON., 1400 vpten riedilf 1412 den riedolf usw.80; 1201 Westdilf bei Brügge81. In Belgien sind offenbar nur ganz bestimmte Bereiche betroffen. Häufungen sind vor allem in Flandern erkennbar (hier konnte aus Platzmangel nur etwa 2/3 der Namen kartiert werden, s. Karte 2, S. 29). Dabei fällt auf, daß einige der Namen recht früh belegt sind, die Ortsnamen erscheinen seit dem 12. Jh. (Delf strine), die im allgemeinen später belegten Namen kleinerer Flüsse begegnen bereits im 13. Jh. {Dilf bei Vlisseghem, 1211 dilf). Die Streuung der Namen auf Karte 2 zeigt eine Ausrichtung zum Kanal hin, so daß auch von hier die Vertretung der verwandten Namen in England von besonderem Interesse ist.
70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81
Gysseling I 261; LNT. 108. LNT. 108. Beetstra 37. Schönfeld 175. Schönfeld 175 f. Gentse Naamkunde 353. De Flou III, Sp. 168,169,272 f. Helsen, Noorderwijk 86. Gentse Naamkunde 464. Pollet-Helsen 99. M. Gysseling, Toponymie van Oudenburg, Den Haag 1950, S. 197. Gysseling II 1064.
*dhelbh-
29
d. England: Branston Delph, ON. in Lincolnshire82; Cole-delves, FlurN. im Wald von Dene83; The Delf in Kent, 1382 WaterdelfeM; Delf Spinney, ON. in Northamptonshire, 1587 The Delf e close*5; Delgate in Licolshire86; Delph, ON. bei Ν. Staffs und Rochdale, Staffordshire87; 972 Kingesdelf in Yorkshire88 = King's Delph89; Delph bei Saddleworth, Südost-Yorkshire90; Delves bei Wednesbury nahe Birmingham91; (The) Delves, Delves Green, alt Delves, in Staffordshire92; The Delves, ON. in Berkshire93; The Delves, ON. in Glouce-
82 83 84 85 86 87 88 89 90 91 92 93
K. Cameron, EPNS. 58,197. Baddeley, Gloucester 53. Wallenberg 590; A.H. Smith I 128. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 10,86. A.H. Smith 1,128. Duignan, Staff. 50; Johnston, PNE. 230. H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,277. A. Mawer, EPNS. 1,2,21; Johnston, PNE. 230; Goodall 118. Goodall 118. Johnston, PNE. 230. Duignan, Staff. 49 f.. M. Gelling, EPNS. 51,863.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
ster, 1669 The Delves94; Delves Ho in Sussex, alt Northdelve95; Dilhorne bei Stoke-on-Trent, 1086 u.ö. Dulverne13. Jh. Grovestanidelve, in Goucestershire97; King's Delph Gate, Huntingdonshire98; 883 in lead gedelf, in Gloucestershire99; Standhill in Oxfordshire100; um 1300 Standelf, ON. in Wiltshire101; zwei FlurN. in Gloucestershire, 1374 Standelf bzw. 12. Jh. Stanidelf, 1279 Stanydelfesmede102; Stonydelph in Warwickshire, 1202 Stanidelf 03. Weitere Namen wie Delve, Delph Bridge, Delphs, Delver End, East und King's Delph, Spaindelf, Swasedel sowie mehrere FlurN. sind in Cambridgeshire belegt104, etwa 10 Namen weist A.H. Smith, EPNS. 37,178 für den Westen der Gf. York nach, 3 Namen verzeichnet K. Cameron, EPNS. 29,724 für Derbyshire, je zwei FlurN. sind in Nottinghamshire Q.E.B. Gover u.a., EPNS. 17,279) und Warwickshire (J.E.B. Gover, EPNS, 13,324) belegt. Weitere FlurN. nennt A.H. Smith I 128 (so für Northamptonshire, Surrey, Wiltshire). Die englischen Namen überraschen wie im oben behandelten Fall um dt. Balge. Bei der Zusammenstellung der Balge-Namen, die aufgrund der nicht sicheren Zuordnung der Namen zu dem behandelten Appellativum mit einigen Unsicherheiten behaftet war, hatten wir für England unterstrichen: 1. Auffallende Häufigkeit, 2. frühe Belege, 3. Beziehungen zu Flandern. Für die vorliegende Sippe um *delf- gilt Entsprechendes: 1. England besitzt zahlreiche Namenbelege, in manchen Grafschaften konnte nur ein Teil der Namen kartiert werden; 2. frühe Belege liegen z.B. vor in 972 Kingesdelf, 1086 Dulverne, 883 in lead gedelf, 3. die Verbindung mit Flandern und Nordfrankreich unterliegen keinem Zweifel. Bevor wir uns nun Osteuropa zuwenden, lassen sich aufgrund der Kartierung schon einige Aussagen machen, die im Gegensatz zu manchen weit verbreiteten Meinungen stehen. So hatte H. Jellinghaus bei der Untersuchung der Verbreitung des Appellativums delf(t) gefolgert: „Das dt. Appellativum ist an der Küste von Flandern bis Holstein heimisch, im Binnenlande unbekannt". 105 Es sind zwar nur wenige Namen in Westfalen, Hessen, Südniedersachsen und Thüringen zu belegen, aber diese ( D e l f Thulba, Dölbau, Dölbe) zeigen zumeist hohes Alter, z.T. eine andere Ablautstufe und sind somit eher Ausgangspunkt als Ergebnis einer Expansion germanischen Wortgutes.
94 95 % 97 98 99 100 101 102 103 104 105
A.H. Smith, EPNS. 40,221. A.H. Smith 1,128. Johnston, PNE. 232. A.H. Smith, EPNS. 38,204. A.H. Smith 1,128. A.H. Smith, EPNS. 40,144. A. Mawer, EPNS. 1,2,21; A.H. Smith I 128. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 16,429. A.H. Smith, EPNS.41,118. J.E.B. Gover, EPNS, 13,26; A.H. Smith I 128. P.H. Reaney, EPNS. 19,300,319; nur ein geringer Teil konnte kartiert werden. H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,277.
*dhelbh-
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Häufig wird auch die Meinung geäußert, das „gemeindeutsche Wort [sei] in Holstein und Nordwestdeutschland früh ausgestorben . . . So scheint doch Herkunft aus den Niederlanden, wo es von jeher ein geläufiges Wort gewesen ist, eine sehr wahrscheinliche Annahme".106 Ahnlich hat sich H. Jellinghaus geäußert: „Das Wort ist vielleicht durch westfriesische Kolonisten wieder eingeführt".107 Ich meine, man kann dieser Meinung durchaus widersprechen. Nicht zuletzt die oben genannen hochaltertümlichen germanischen Namen (wozu noch die Delvenau kommt) sprechen dafür, daß das Wort im Niederdeutschen heimisch gewesen und doch wohl auch geblieben ist. Die von fast allen Forschern vertretene Annahme, die germanischen Siedler Englands seien aus Schleswig-Holstein und Dänemark gekommen, hat bei H. Teuchert108 zu einer bemerkenswerten Äußerung hinsichtlich der Beurteilung der ndt. Belege von Delf „Graben" und delwen „graben" in Schleswig-Holstein geführt: „Altes Vorkommen in Schleswig und Holstein beweist das ags. delfan und Belege aus Neocorus für Dithmarschen bei Schiller-Lübben 1,502". Oder mit anderen Worten: von der Existenz der Sippe im Angelsächischen wird auf altes Vorkommen in Schleswig-Holstein geschlossen. Wir werden diese These am Schluß dieser Arbeit wieder aufgreifen und anhand der untersuchten Namentypen kommentieren müssen. Schon jetzt sei angemerkt, daß Äußerungen dieser Art von Voreingenommenheit zeugen und sehr bedenklich sind. Es bleibt die Frage, ob auch Skandinavien Reflexe von *dhelbh- in der Toponymie kennt. Es sei vorausgeschickt, daß wie bei Balge die Ausbeute sehr gering ist. e. Skandinavien: Verschiedentlich wurden dafür nordgermanische Wörter und Namen herangezogen, von denen ich hier nennen möchte: schwed. GN. wie Dolpan, Dölpan (Hellquist 93,100), die zu schwed. dial, dulpa „Vertiefung, Loch", gestellt werden. Genaueres findet sich in den Bänden über die Ortsnamen Värmlands, wo auf schwed. dial, dulp, dolp, dulpa „Grube, Loch, Vertiefung im Boden", auch „Vertiefung auf einem Weg, großes oder kleineres Wasserloch; kleiner, tiefer Teich" verwiesen wird109, wie auch auf norweg. dial. dulpe (dulp) „kleine, feuchte Senke" und auf zahlreiche Namen in Värmland.110 Ich sehe aber keine Möglichkeit, diese Appellativa und Namen mit *dhelbh- zu verknüpfen. Die semantische Nähe der nordgermanischen Appel-
106
107 108
109 110
H. Teuchert, Die Sprachreste der niederländischen Siedlungen des 12. Jahrhunderts, 2.Aufl., Köln-Wien 1972, S.43. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 234. Die Sprachreste der niederländischen Siedlungen des 12. Jahrhunderts, 2.Aufl., Köln-Wien 1972, S.43. Ortnamnen i Värmlands län I 85; s. dort auch die Hinweise auf entsprechende Ortsnamen. Ortnamnen i Värmlands län IX 79.
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lativa ist zwar nicht zu verkennen, aber wie ist das auslautende -p gegenüber ndt., ndl., engl. -/bzw. -v zu erklären? Hinzu kommt, daß Dänemark offenbar keine entsprechenden Namen kennt, so daß es sich allem Anschein nach um eine im Nordgermanischen isolierte Sippe handelt, die vielleicht mit den germanischen Reflexen um idg. *dhelbh- verbunden ist, jedoch eine eigenständige Entwicklung durchgemacht hat. Eine unmittelbare Verbindung mit dt. delf usw. möchte ich daher ablehnen. Viel sicherer sind die Parallelen in Osteuropa, sowohl im appellativischen Wortschatz (dazu wurde schon Stellung genommen), wie auch in den Namen. f. Osteuropa: Aus dem baltischen und slavischen Siedlungsgebiet lassen sich mehrere Namen anführen: 1423 Delbenen, Kr. Heiligenbeil 111 ; Dübas, Dilbi, Dilbene p¡., Dilbçni in Lettland112; Dilbès km., Dilbikiy km., Dilbiy km., Dilbiny km., Dilbirieliy km., Dilbyciy km., Dilbsiy km. in Litauen113; Dlubnia, GN. bei Krakau; Dlubina, ON. in Böhmen; Dtubaia, FlurN. bei Giuszyna, Polen; Dlubowo, ON. im unteren Weichselgebiet; *Dolobsk-, Orts- und Gewässername bei Kiev; Dulbanu, Orts- und Talname in Rumänien, hierzu?; Dulbis, SN. in Litauen114. Die Streuung der Namen entspricht im wesentlichen derjenigen von *bholgb- (vgl. Karte 1, S.22). Erneut läßt sich eine Verbreitung von England über Flandern und die Niederlande hinweg, entlang der deutschen Mittelgebirge bis hin zur Ukraine feststellen; daneben ist das Baltikum an der Verbreitung beteiligt, Skandinavien jedoch bleibt erneut ausgespart. Diese Verteilung ist insofern von Bedeutung, als bei der Sippe um idg. * d h e l b h - keine Zweifel an der Zuordnung der Namen auftauchten und die appellativische Verankerung im Baltischen, Germanischen und Slavischen unzweifelhaft ist. Dadurch gewinnt die Streuung der balge-Belege an Gewicht. Wir wollen die bisher schon gewonnenen Erkenntnisse an weiteren Beispielen überprüfen. 3.
*duk-l-
Ausgangspunkt einer seit einiger Zeit heftig geführten Diskussion um einen vorslavischen Ansatz *duk-l- ist der bekannte Paßname Dukla in den Beskiden. Die bisherige Auseinandersetzung 115 hat trotz aller Kontroversen doch dazu geführt, daß der Paßname nicht isoliert betrachtet werden darf und daß
1,1 112 113 114 115
Gerullis 27. Endzelïns 1,1,212. Toporov I 326. W.P. Schmid, BNF. 16(1965)208; Udolph, Stellung 94 ff. Vgl. J. Udolph, Zu Deutung und Verbreitung des Namens Dukla, BNF.NF. 23(1988)83-102; H. Kunstmann, Der Dukla-'Name und sein Weg von Montenegro über die Karpaten nach Nordwestrußland, Die Welt der Slaven 34(1989)70-88; W.P. Schmid, Zum Namen der Dosse, NI. 58(1990)1-6; P. Simunovic, Istocnojadranska toponimija, Split 1986, S. 98.
*duk-l-
33
neben anderen Parallelen im appellativischen und onymischen Bereich ein Zusammenhang mit folgenden Wörtern anzunehmen ist: slovak. dùcei, clúcela „Röhre", poln. dial, duczal, duczala, ducola „Wuhne im Eis", sloven, dukelj, duklja „hoher, oben verengter Topf, großer Trinkbecher, Humpen" (im wesentlichen -/-Ableitungen zu einer Basis *duk-). Hier anzuschließen sind m.E. der Paß- und Ortsname Dukla, der slovak. Talname Dykula und zahlreiche weitere slavische Namen, die hier nicht nochmals wieder aufgeführt werden sollen.116 Die slavische Sippe wurde der Entlehnung verdächtig, was angesichts der Verankerung im onymischen Bereich mehr als zweifelhaft ist. Strittig ist die Beziehung zu dem montenigrinischen O N . Duklja (bei Ptolemäus Δόκλεα). Das Baltische hat offenbar nur in Namen Anteil an der Sippe: Dukeli, Dukiele, O N . in den ehem. Gouv. Kaunas und Wilna (Zuordnung nicht ganz sicher, zu PN. zu stellen?), wichtig sind aber auch die Namen Dukulevo/Dukulava und Dukuli. Für unsere Frage nach den Beziehungen des Germanischen nach Osten sind die innerslavischen und -baltischen Verhältnisse nur bedingt wichtig. Entscheidend allerdings ist die Tatsache, daß das slavische Dukla im Germanischen eine Entsprechung besitzt, die auch im Namenbestand des Deutschen ihren Niederschlag gefunden hat. Die Heranziehung ist allerdings nur unter Annahme eines stammauslautenden Wechsels *-k- > *-g- (zu dem im folgenden Kapitel noch ausführlich Stellung genommen werden wird) möglich. Gemeint ist das in oberdeutschen Dialekten bekannte Wort Teichel, Teuchel u.ä. „Röhre, Rinne, Föhrenstamm zur Wasserleitung u.a.m.", dem eine Grundbedeutung „tief, hohl, ausgehöhlt" zugrunde liegen wird. Es verlangt einen Ansatz *dheu-g-ila, in dem eine Variante zu der weit verbreiteten Sippe um idg. *dheu-b-, *dheu-p- „hohl, tief" gesehen werden kann.117 Hier kann unter Umständen auch das bisher immer noch nicht sicher geklärte Dinkel (mit -«-Infix) angeschlossen werden. Von besonderer Bedeutung ist darüber hinaus die Tatsache, daß die germ.dt. Sippe auch im Namenbestand nachgewiesen werden kann und daß erneut Skandinavien daran keinen Anteil zu haben scheint. Zwar läßt sich bisher nur ein Name relativ sicher anschließen, dieser jedoch enthält das hochaltertümliche germ. -ziÄz-Suffix und besitzt daher besonderes Gewicht. Gemeint ist der O N . Teichel bei Rudolstadt, 1076 usw. Tucheldi, Tucheide }n Als Ergebnis läßt sich festhalten: die osteuropäische Wort- und Namensippe um slavisch Dukla geht auf einen Ansatz *dhouk-üla zurück, der auf germanischer Seite Appellativa und der Name Teichel gegenüber stehen, die auf *dheu-g-ila basieren dürften. Damit läßt sich erneut zeigen, daß Osteuro-
116 117
118
S.J. Udolph, a.a.O., S.92-96, zu -/-Bildungen s. ebda., S.94f. Zu dem dt. Wort s. vor allem H.-G. Maak, ZfdtPh. 94,1975,367-371, sowie ders., in: Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S.477-480, vgl. auch J. Udolph, a.a.O. R. Fischer, K. Elbracht, Die Ortsnamen des Kreises Rudolstadt, Halle 1955, S.48; zu dem O N . und dem Suff, -ithi- allgemein s. J. Udolph, -ithi.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
pa für germanische Appellativa und Namen entscheidende Parallelen zu bieten hat. Auf eine Kartierung wurde hier zunächst verzichtet; bei der Erörterung des im Stammauslaut zu beobachtenden Wechsels zwischen -g- und -k- (s. unten) wird allerdings unser Ortsname Teichel in die entsprechende Karte aufgenommen werden. 4.
*pers-
Die appellativischen Reflexe eines idg. Ansatzes *pers- sind weit verbreitet. Nach J. Pokorny, IEW. 823 u.a. gehören hierzu heth. pappavi- „spritzen, sprengen", altind. pfsat „Tropfen", avest. parsuya- „vom Wasser", lit. purslas, pursla „Schaumspeichel", lett. parsla, pçrsla „Flocke", slav. *porsa- „Staub" in altkirchenslav. prach- usw., toch. Α, Β pars- „besprengen" und im Nordgermanischen (dän., norw., anord.) foss, fors „Wasserfall". Dieses Wort „ist ausschließlich nordisch, indem mnd. forsch ,Wasserfall' aus dem Nord, entlehnt ist" 119 . Man ist sich einig, daß eine Erweiterung einer Wurzel per„sprühen, spritzen" vorliegt. Von einer balt.-slav.-germ. Eigentümlichkeit kann daher vom appellativischen Standpunkt aus nicht gesprochen werden. Das Bild verändert sich jedoch, wenn man die hiervon abgeleiteten Namen (es handelt sich vor allem um Gewässernamen, was angesichts der Bedeutung der anzunehmenden Wurzel nicht überrascht) einbezieht. Dabei wollen wir uns vor allem mit dem Befund im germanischen Sprachgebiet befassen. Da aber bisher zu einer Verbindung von Namen aus Deutschland und anderen germanischen Sprachgebieten mit der oben angeführten Sippe um *pers- nur sporadisch Stellung genommen worden ist (zumeist wurde eher an eine Verbindung mit dt. frisch usw. gedacht), empfiehlt sich auch ein Blick in die Namenlandschaft Osteuropas. Diese besitzt nämlich recht sichere Entsprechungen, deren Existenz auch neues Licht auf bisher wenig gedeutete Parallelen in Mitteleuropa werfen kann. Aus Osteuropa lassen sich folgende Namen heranziehen120: Ρarsçta/Ρersante, Zufluß ζ. Ostsee; Pereseja/Përse, Stromschnelle der Westl. Düna; Perschein, Persem, Perses, Persink, Orts- und Flurnamen im ehem. Ostpreußen, dort auch Promo, dt. Pörschken See, 1486 Persk, sowie die SN. Persk und Perszk121; Peresuta, GN. in der Ukraine; Pirsna, abgeg. GN. im Gebiet der Pilica; Pirsna, Landschaft an der unteren Weichsel; Porosna, Fluß im Gebiet des Donec; Presnja, linker Nfl. d. Moskva sowie FlN. im Gebiet der Oka; Prosna, linker Nfl. der Warthe. Neben einigen strittigen Namen enthält diese Auflistung
119 120
121
Falk-Torp 1,270. Auf Einzelheiten gehe ich hier nur am Rande ein, s. die ausführlichere Darstellung bei Udolph, Stellung 234 ff. M. Biolik, Hydronimia dorzeca Pregoty ζ terenu Polski, Olsztyn 1987, S. 159 bzw. 169, auch A. Pospiszylowa, Toponimia pohidniowej Warmii. Nazwy terenowe, Olsztyn 1990, S. 152 mit anderer Deutung.
35 Hydronyme wie Persante, Peresuta, Pirsna, Prosna, die zweifellos zu den oben genannten Appellativen zu stellen sind. Es wird sich jedoch zeigen, daß auch Mitteleuropa, und hier vor allem das deutsche Sprachgebiet, durchaus gleichwertiges zu bieten hat. Mit Recht hat H. Kuhn, Kleine Schriften I 382 unter Hinweis auf den idg. Stamm "'fers- „sprühen, spritzen", „zu dem als gut germanisch altn. fors ,Stromschnelle, Wasserfall' gehört", einige deutsche Namen anschließen wollen. Seine Beispiele Persebeck, Pfer(d)sbach, Pfersbach, Pfirschbach, Pfersee, die dokumentieren sollen, daß es sich um Namen handelt, die der germanischen Lautverschiebung entzogen wurden, sind jedoch sämtlich anders zu erklären. So ist Pferdsbach bei Lauterbach, wüst bei Biedenkopf, 1301 Persbach, 1444 Perdisbach, 1462 Perdißbach, 1570 Pfersbach, 1580 Pferdtsbach (Hist. Ortslexikon v. Hessen IV 99), fernzuhalten wie Persebeck bei Dortmund, 820 (K. Anf. 10. Jh.) Perricbeci usw. (Gysseling II 792) und auch Pferdsbach bei Alsfeld, 1366 czu Perdisbach, 1369 (K. 1452, unleserlich), 1505 zu Pherdißbach, 1589 Pferdtsbach}22 Schon E. Förstemann hatte aber (11,1,874) notiert: „Vers. In Flussnamen" und dazu gestellt Versta, Verse, Veers, Varseveld u.a.m. H. Jellinghaus, JVNS.28(1902)36 hat die meisten dieser Namen zu mnd. verse „junge Kuh, Färse", nl. vaars, got. sfarsi, gestellt, was nicht überzeugt. Eine zusammenfassende, bisher fehlende Auflistung aller hier in Frage kommenden Namen des germanischen Sprachgebietes soll im folgenden vorgenommen werden. Sie wird bestätigen, daß der Anteil der Gewässernamen hoch ist und der Auffassung von H. Jellinghaus auch aus lautlichen Gründen (die Namen zeigen durchweg -e- und kein altes in den allermeisten Fällen nicht zugestimmt werden kann. Einzelne Namen mögen allerdings zu der germanischen Tierbezeichnung zu stellen sein (sie werden entsprechend gekennzeichnet und bei der Kartierung nicht berücksichtigt). Man vergleiche: Ferscha, FIN., 1196 genannt, unbestimmt123; Fersenberg in Waldeck124; Fersloh bei Helmern, Kr. Paderborn, 9. Jh. Versithi125; Fletsee, ON. in Dithmarschen126, um 1140 (T. 1168) Versenflete127; Varsel bei Hengelo, 18. Jh. Varssaleus; Varsseveld an der Slingerbeck, Prov. Gelderland, 1152 Versnevelde, Vernsneveldem, 1284 in parochia Verseveldeuo; Veerse und Veersebrück, ON. an der Veerse bei Scheeßel, um 1290 in Versene, mit -«-Suffix „zum idg.
122
123 124 125 126 127 128 129 130
S.L. Reichardt, Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen, Göppingen 1973, S.286 mit überzeugender Deutung zu dt. Pferd. Förstemann 11,1,875; nicht kartiert. H. Jellinghaus, JVNS.28,1902,36; wohl zum Tiernamen, n.k. Förstemann 11,1,875; s. Udolph, ON. auf -ithi, S. 121. Zu Lokalisierungsversuchen s. HG. A 16,351. HG. 16,351; s. auch Förstemann 11,1,875. H. Jellinghaus, JVNS.28,1902,36; wohl zur Tierbezeichnung, n.k. Förstemann 11,1,874. Westf. UB. III 651.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
Wasserwort *pers- ,sprühen, spritzen'"131; Veerßen, ON. an der Ilmenau bei Uelzen, 1296 Versene, 1306 Versena usw.132; Alten-, Kirchvers, ON. an der Vers, Fluß im Einzugsbereich der Lahn bei Marburg, 1196 Verse133, 1260 Virse134, 1261 in Vers (? sub Verne)135, 1271 Verse (ebda. 55), zur Deutung s. Förstemann 11,1,874 und Barth 135; Versbach, O N . bei Würzburg, 1184 in Versbach, 1265 Heroldum de Verspach, 1281 Conradus de Versbach136; Verse, Nfl. d. Lenne, ON. Verse, Versevörde, 1254 in Versevurdhe, 1255 Verse, 1284 de Verse137, nach E. Barth, a.a.O. *-¿j¿i-Bildung zu einer Grundform *Farisa, wobei der „Stamm ''far- . . . mit der idg. Wurzel *per- ,sprühen, spritzen' verwandt sein könnte"138, m.E. in Anbetracht der übrigen Namen eine zu komplizierte Annahme; Verse, Bachname in Westsachsen139, sonst unbekannt, nicht zu verifizieren, n.k.; Versede, Wg. zwischen Dalheim und Helmern im Sindfeld, 1282 in Versede (2mal)140; Versen (liegt an einer Schleife der Ems, s. TK. 3209), Versenerfeld, OT. von Meppen, 9./10. Jh. Firsni141, 1000 Fersne142, Mitte 12. Jh. Versnen143, Jellinghaus, Osnabrück 13 stellte den Namen zunächst zu fersch, dt. frisch „frisch, munter", später (Jellinghaus 173) reihte er den Namen unter den Typen mit „für sich stehenden, meist unerklärbaren Grundwörtern" ein; Versenberg bei Plantlünne, Kr. Emsland144; FIN. Versia (bei Dodewaard, Prov. Gelderland?), 8. Jh. super fl. Versiam, 875 Versia,A5; Versmar, ON. im Kr. Warendorf (Jellinghaus 174 mit der Bemerkung: „Ein Bachname in Westsachsen ist Verse"); Versmold, O N . an der Aa, Kr. Gütersloh, 1068 (F.) Versmeie, 1096 Fersmel, 1088 Fersmelle146, alt auch Versmule, Versmeie, Versmelle147; Viersen, alter Name des Dorper Baches, auch O N . im Reg.-Bez. Düsseldorf, 12. Jh. Virschen, 1185 Versene usw.148. Damit können wir die Liste der sichersten Entsprechungen schließen. Unsicher ist die Zugehörigkeit der österreichischen FINN. Perschitz, Perschling, Perschenbach.w Fern bleiben z.B. Namen wie Versvliet, alter Name 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149
P. Hessmann, in: Name und Geschichte, Festschrift f. H. Kaufmann, München 1973, S. 64. HG. 16,350; Förstemann 11,1,875. Barth 135; D. Schmidt 111. Reg. Landgr. Hessen I 22. Reg. Landgr. Hessen I 23, Identifizierung unsicher. MB. 37,123,428,538. Förstemann 11,1,874; Barth 135. Ähnlich D. Schmidt l l l f . Jellinghaus 174 nach Lohmeyer. Westf. UB. IV 784, 786; vgl. Udolph, Ortsnamen auf -ithi, S. 121. Hellfaier-Last 33; Gysseling II 1006. Jellinghaus, Osnabrück 13. Gysseling II 1006. H. Jellinghaus, JVNS.28,1902,36; wohl zum Tiernamen zu stellen, n.k. Förstemann 11,1,874. Förstemann 11,1,875. Westf. UB. III, passim. Gysseling II 1010; vgl. Udolph, Stellung 242. Vgl. dazu H. Schelesniker, ÖNf. 17(1989)16ff.
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von 's-Heer-Abtskerke, 1208 Verschenuliet, den Gysseling II 1006 mit Recht zu germ, friskan, dt. frisch usw. stellt. Entsprechend dürfte der Viersbach, ein Zufluß der Dhün, zu interpretieren sein. Eine gesonderte Kartierung wurde für die zahlreichen, im einzelnen hier nicht genannten nordgermanischen Foss- und i-orc-Namen vorgenommen (s. Karte 3, s. oben). Sie sind im Gegensatz zu Typen wie Verse, Versithi, Veerse, Veerßen Sekundärableitungen von einem in einem germanischen Dialekt belegten Wort (nordgerm. foss, fors „Wasserfall"), das etymologisch zwar mit der appellativischen Sippe um idg. *pers- und den zahlreichen oben zusammengestellten deutschen Namen verwandt ist, aber eindeutig jüngeren, eher einzelsprachlichen Ursprungs ist. Das zeigt sich vor allem in der Verbreitung der verschiedenen Ablautstufen innerhalb der geographischen Namen, worauf noch zurückzukommen ist. Zuvor sei darauf verwiesen, daß natürlich einige der oben zusammengestellten deutschen Namen auch auf den innerhalb der alteuropäischen Hydronymie gut vertretenen Ansatz ''uers- zurückgehen können. So hat D. Schmidt 111 einige dieser Namen anders eingeordnet und bemerkt: „Aufgrund vergleichbarer germ, und außergerm. Entsprechungen kann für Verse von anlautend W- (und nicht F-) ausgegangen werden, obwohl die Graphie V- des N. nicht eindeutig ist". Was jedoch vor zwanzig Jahren weniger bekannt war, ist der eindeutige Nachweis von osteuropäischen Na-
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
men, die auf altes anlautendes verweisen (Persante, Peresuta, Prosna, Pirsna u. a. m.), die dadurch für Mitteleuropa zu neuen Vergleichsmöglichkeiten führen. Das zeigt sich vor allem auch in den bereits angesprochenen verschiedenen Ablautstufen innerhalb der Namen. Es ist notwendig, darauf nochmals zusammenfassend einzugehen. Appellativisch lassen sich in den idg. Sprachen die Vollstufe *pers-, die Abtönung *pors- und die Schwundstufe *prs- nachweisen. Die Verteilung innerhalb des Namenmaterials zeigt jedoch geographisch deutlich geschiedene Gebiete: Osteuropa kennt alle drei Stufen, zu *pers- gehören Persante, Persem, Perses, Peresuta, Prosna u. a., zu *pors- die Porosna, die Schwundstufe schließlich liegt in Pirsna vor. Die zahlreichen deutschen Namen gehen sämtlich auf die *pers-Stufe zurück (Versithi, Versenflete, Veerse, Veerßen u.a.m.), die Abtönung und die Schwundstufe lassen sich nicht belegen. Letztere erscheint dagegen in Dänemark und Skandinavien, allerdings nicht als Primärbildung (Ableitung von der Wurzel wie etwa Persante, Peresuta, Prosna, Versithi, Veerse usw.), sondern als Sekundärbildung (Ableitung von einem Wort). Ich sehe zwischen den deutschen Namen und den skandinavischen Bildungen erhebliche Differenzen. Die deutschen Namen sind alter Herkunft, es sind zum größten Teil Ableitungen von der Wurzel, sie gehören weiterhin mit den -ithi- und -mar-Bildungen zu den älteren germanischen Namentypen und spiegeln daher m. E. eine ältere Schicht wider. Wenn wir uns jetzt noch die geographische Verbreitung der hier zusammengestellten Namen näher betrachten (Karte 3, S. 37), so läßt sich erkennen, daß im Vergleich zu den Belegen um *bholgh- und *dhelbh- (abgesehen von Skandinavien) ein kleinerer Bereich Anteil an der Streuumg hat: Namen in England, Nordfrankreich, Flandern und Belgien fehlen. Ansonsten decken sich die beteiligten Gebiete im wesentlichen; einen Sonderfall stellen die fofrJs-Namen in Skandinavien dar. Wie jedoch oben schon ausgeführt wurde, handelt es sich bei diesen um jüngere Bildungen, die offenbar auf eine jüngere Expansion zurückgehen dürften (darauf wird noch in anderem Zusammenhang ausführlich einzugehen sein). Sieht man von den skandinavischen Namen ab, so sind von der Verbreitung betroffen: das Rheinland, Westfalen, Hessen, Niedersachsen und das südliche Schleswig-Holstein. Es erhebt sich schon hier die Frage, ob diese Verbreitung ein Zufall ist oder ob dieser Raum für die Entfaltung des Germanischen von besonderer Bedeutung ist. Natürlich ist es viel zu verfrüht, darauf jetzt schon eine Antwort geben zu wollen, aber wir werden im Auge behalten müssen, daß das Germanische bei der hier behandelten Sippe appellativisch nur mit der Abtönung Anteil hat (nordgerm. fors, foss), in den Namen jedoch auch die Grundstufe nachweisbar ist. In diesem Punkt gibt es einen beachtenswerten Unterschied zu den Namen um ''bholghund *dhelbh-, der unter Umständen eben auch in der Streuung der Namen seinen Niederschlag finden könnte. Wir werden ähnliches bei der Behandlung des nächsten Falles um den Gewässernamen Fulda beobachten können. Ubereinstimmung mit den Sippen um "'bholgh- und *dhelbh- zeigt sich allerdings in der starken Beziehung zu Osteuropa.
*pelt- / *polt-
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Die von H. Kuhn herangezogenen angeblich unverschobenen Namen Pfersbach usw. gehören nicht hierher. Verschiebungsprobleme sind nicht erkennbar, wie die Entsprechungen im deutschen Sprachgebiet wie Verse, Versithi usw. deutlich erkennen lassen. Die nordgermanischen Verwandten um fors, foss sind Ableitungen von einem einzelsprachlichen Wort und damit sekundäre Bildungen. Die Verbindung Mitteleuropas mit Osteuropa wird zunächst über die deutschen Entsprechungen gewonnen (altertümliche Wortbildung, Ablautentsprechungen). In diesem Punkt herrscht Ubereinstimmung mit den Belegen um ''bholgh- und *dhelbh-. Ich meine daher, die "'Pen-Namen in den baltisch-slavisch-germanischen Zusammenhang einordnen zu können, wobei ich mir aber bewußt bin, daß dafür appellativisch keine Argumente gewonnen werden können. Dem gegenüber setze ich aber die Streuung der Namen, an der man nicht vorbeigehen sollte. Ahnliches wird sich bei der Behandlung des nächsten Namenkomplexes zeigen, so daß vor weiteren Überlegungen zunächst Abstand genommen werden soll.
5. *plt- und Verwandtes Mit Wurzelablaut und unterschiedlicher Stammbildung lassen sich für die idg. Sprachen die Ansätze *pol-to-, "'pel-to, ''p\-to wahrscheinlich machen.150 Zugrunde liegt wahrscheinlich die in fast allen idg. Sprachen belegte Sippe um *pel-/pol- „gießen, fließen usw.", deren Reflexe vom Armenischen über das Baltische und Slavische bis zum Keltischen reichen.151 Appellativisch begegnet die -î-Ableitung als -e-Stufe in dt. Feld, als -o-Stufe in lett. palts, palte „Pfütze, Lache" und als Schwundstufe in as'i.folda, anord., ae. „Boden". Sie erscheint appellativisch nur im Germanischen und Baltischen. Geht man aber zum Namenbestand über, so scheint darüber hinaus auch das ehemals slavische Gebiet daran Anteil gehabt zu haben. Außerhalb des später slavischen, baltischen und germanischen Gebietes fehlen jedoch onymische Entsprechungen, wie die nun folgende Zusammenstellung deutlich machen wird, und es kann daher der Verdacht geäußert werden, ob nicht die Dentalbildung auf diesen idg. Dialektbereich beschränkt gewesen ist. Zunächst biete ich einen Uberblick möglichst aller erreichbaren Bildungen zu *pel-/pol-. Daß das Material noch erweitert werden kann152, ist unbestritten. Man vergleiche: Fai bei Falmouth, England; Fala, FIN. in Norwegen; Falbœk in Dänemark; F alen  in Dänemark; Fils, GN. im Neckargebiet; Filsbak in Dänemark; Paglia, Zufluß d. Tiber; Pala, GN. in Litauen, auch in Lettland; Palae, O N . in Thrakien; Palancia, Zufluß z. Mittelmeer bei Mur-
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152
S. hierzu ausführlich: W.P. Schmid, in: D o n u m Balticum, S.474f. Vgl. W.P. Schmid, Donum Balticum 474f., zu -j-Ableitungen ders., Sprachwissenschaftliche Forschungen (Fs. f. J. Knobloch), Innsbruck 1985, S.388; J. Pokorny, IEW. 798 ff. Vgl. z.B. A.P. Vanagas, in: Balto-Slavjanskie ètnojazykovye kontakty, Moskva 1980, S. 198.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
viedro, Prov. Valencia; Palangà, GN. nördl. Memel (?); *Palantia im O N . Palencia in Altkastilien; Paleja, FIN. in Litauen; Palejas, FlurN. in Lettland; Palma, O N . in Thrakien; Palminys u.a.m., FINN, im Baltikum; Palo, Fluß zum Mittelmeer bei Nizza; Palönas, Palona, GNN. in Litauen; Palva, Fluß in Lettland; Palwe, ON. in Ostpreußen; Pela, Fluß in Litauen; Ρèia, Petite, FINN, in Lettland; Polendos bei Segovia, Palmazanos und Paociana in Portugal; Palancia, Zufluß z. Mittelmeer bei Murviedro, Prov. Valencia; Palangà, ON. nördl. Memel (Klaipèda), evtl. hierzu; *Palantia im GN. Palancia in Altkastilien; Pelega, Peleska, FINN, im alten Gouv. Novgorod; Pelesà, Pelesòs ëzeras, GNN. in Litauen; Pelso „Plattensee"; Pelva, O N . in Illyrien; Pelysà, FIN. in Litauen; Pielnica mit ON. Pielnia, im San-Gebiet, < *Pela; Pola, Fluß zum Ilmensee; Polova, FIN. bei Gorodok, Weißrußland; Valme, Nfl. d. Ruhr; Velpe bei Tecklenburg; Vielserbach, auch ON. Vielse(rhof), 1015-24 Vilisi, Zufluß ζ. Heder im Gebiet der Lippe; Vils, Gr. Vils, Kl. Vils, mit ON. Vilshofen, im Donaugebiet, sowie Vils, Zufluß z. Lech; Volme, Zufluß z. Ruhr.153 Unsicher ist die Zugehörigkeit des österreichischen FIN. Pielach.154 Zur Verbreitung der Namen s. Karte 4, Seite 41. Die Streuung der Namen erstreckt sich über ganz Europa: Die Iberische Halbinsel, England, Frankreich, Italien, Skandinavien, Deutschland haben ebenso daran Anteil wie Osteuropa. Der Schwerpunkt im Baltikum ist evident. Allerdings tragen dazu auch junge, einzelsprachliche Bildungen bei und bestätigen auch in diesem Fall die von W.P. Schmid unterstrichene besondere Kontinuität dieses Raumes. Ganz anders sieht es aus, wenn man sich diejenigen Namen betrachtet, die als -i-Ableitung einer Wurzel *pel-/pol- gelten können. Man vergleiche155: Die Grundstufe liegt vor in: Polota, O N . Polock, evtl. < *Pelta möglich; Pelty, O N . bei Elbing, 1323 usw. Pelten, Pleten156; Plock, ON. an der Weichsel; die Abtönung in: Páltis, Paltys, Palt-upis, Paltè u. a. m., GNN. und FlurN. in Litauen, vielleicht auch in Palten, GNN. in Osterreich157;
153
154 155
156 157
Ekwall, E R N . 157; Kvaran 9,10f.; Rygh 45; A. Schmid, BNF. 12(1961)64f.; Krähe, Ält. FlußN. 49; H. Krähe, BNF. 9(1958)8 f.; W.P. Schmid, IF. 77(1972)10; A.P. Vanagas, in: Balto-Slavjanskie ètnojazykovye kontakty, Moskva 1980, S. 198; I. Duridanov, Thrak.-Dak. Studien 53; L.A. Gindin, Drevnejsaja onomastika Vostocnych Balkan, Sofija 1981, S.31; J.J. de Hoz, Emerita 31(1963)236f.; W.P. Schmid, Nehnmgskurisch, S.16; J. Endzelin, ZfslPh. 11(1934)141); R.A. Ageeva, Gidronimia Russkogo Severo-Zapada, Moskva 1989, S. 222 f.; Mayer I 263, II 89 f.; H. Krähe, Die alten balkanillyrischen geographischen Namen, Heidelberg 1925, S.95; Udolph, Stellung 243ff.; D. Schmidt 108,112ff.; Dittmaier, ^ - P r o b l e m 35; W.H. Snyder, BNF. 16,1965,200f.; W.P. Schmid, Donum Balticum, S.474f. u.a. S. dazu H. Schelesniker, ÖNf. 17(1989)18. Zu den Einzelheiten s. Vanagas, L H E Z . 242; W.P. Schmid, Donum Balticum, Stockholm 1970, S.475; J. Udolph, BNF.NF. 16(1981)95ff.; Udolph, Stellung 243ff. R. Przybytek, im Druck. Vgl. dazu zuletzt H. Schelesniker, ÖNf. 17(1989)14ff.; es bleiben aber Unklarheiten, n.k.
''pelt- / *polt-
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die Schwundstufe in Pilica, 1. Nfl. der Weichsel, < ''Pitia ; Poliva/Peltew, FIN. bei Lemberg; Petta oder Peltew, Nfl. d. Narew; Poliva, Nfl. d. Horyn' in der Ukraine sowie im Namen der Fulda < *Pita. o Ein besonderes Problem stellen die norddeutschen FINN. Fulde und Fulde-Bach, die hessische Felda, die dänischen Falda, Faldbœk und Feldbœk, die skandinavischen Fjord-Namen wie Folda und österreichische Palt-Belege dar. Die erstere Gruppe hatte ich zunächst158 als Übertragungen vom Namen der Fulda betrachtet. Eine genauere Untersuchung führt nun zu einem anderen Ergebnis: zum einen liegt keine Dentalbildung vor. Das betrifft die Fulde oder Fulde-Bach, Zufluß z. Böhme bei Fallingbostel, 1572 Fulde159, auch O N . Fulde, OT. von Walsrode, 823 (K. 1479; Trad. Corb.) Fuilmi in pago Laingo (Zuordnung sehr fraglich), 1224 Wlle, 1330 Wlle, 1489 Vulle, 1520 Vulle, 1524 Fülleiia, was beweist, daß kein alter Dental vorliegt. Dennoch erwägt Möller 57 -aha-Ableitung von asä. folda „Erde". Sowohl Grundwort wie Deutung des Bestimmungswortes sind äußerst fraglich; zieht man den O N . Fuldenriede
158 159 160
Udolph, Stellung 246. L. Bückmann 105. Arch. Walsrode 417; Möller 57; L. Bückmann 105.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
bei Syke hinzu, ist ein Zusammenhang mit ndt. ful „faulig, modrig" und sekundärer Einschub eines Dentals nicht auszuschließen. Anders steht es mit dem FIN. Fulde, Bach bei Stolzenau, und Fulde-Bach im Bereich der Diemel, 1551 in der Fulda.mOiese beiden Namen dürften zum altsächsischen folda „Erde" gehören. Sie sind damit natürlich einer ganz anderen Schicht als z.B. die Fulda einzuordnen: diese sind sekundäre Bildungen, Ableitungen von einem Wort, jener ist eine Primärbildung (Ableitung von einer Wurzel). Entsprechend ist der hessische F1Ñ. Felda als jüngere Bildung aufzufassen.162 Auch die dänischen Belege Falda, Faldbœk (3mal) und Feldbœk sind als Sekundärableitungen zu betrachten.163 Zu den nordischen Folda-Namen schreibt H. Beck, brieflich vom 14.12.1986: „ . . . nach Norsk Stednamn-Leksikon . . . kommt Folda 3 Fjorden zu: der Oslofjord, ein Namdels-Fjord, ein Nordlandfjord. Vermutlich sind diese Namen dem Appellativ an. fold breite Ebene (abl./e/d) zuzuordnen - so sehen es auch die nordischen Forscher". Es handelt sich also auch hier um jüngere, einzelsprachliche Bildungen. Hierzu gehört sicher auch Fuldas, O N . in Schweden.164 Von dem Namen der Fulda muß der „norwegische Fjordname Fold ... getrennt werden, da er mit dem Appellativum fold zusammen gehört". 165 Zusammengefaßt läßt sich zu der Diskussion um die *pel-/pel-t-Namen sagen: die Basis *pel-/pol- ist appellativisch weiter verbreitet als *pel-t-/pol-t-; das zeigt sich besonders deutlich in den Namen. Aber auch der Wortschatz gibt dieses zu erkennen, indem das Germanische und Baltische daran in besonderem Maße Anteil haben. Die Verbreitung der Namen (Karte 4, S.41) läßt nun besonders deutlich werden, daß die -ί-haltigen Ableitungen bzw. Bildungen onymisch nur in einem begrenzten Gebiet begegnen, das in einem Dreieck zwischen Hessen, dem Baltikum und der Ukraine liegt. Für die Frage nach der Entfaltung des Germanischen ist nun besonders wichtig, daß Skandinavien zwar Anteil an der Verbreitung hat, diese Namen jedoch wie die entsprechenden kontinentalgermanischen Parallelen {Fulde, Fulde-Bach, Felda, Falda, Faldbœk, Feldbxk und Folda) als einzelsprachliche Bildungen zu betrachten sind. Ganz anders verhält es sich etwa mit dem Namen der Fulda, der nach Ablautstufe, Bildung und Alter deutliche Parallelen in Osteuropa besitzt. Das hier skizzierte Bild stimmt daher in wesentlicheren Zügen mit den Erscheinungen bei den bisher behandelten Fällen überein. Es muß wiederum und nochmals betont werden, daß die altertümlicheren Bildungen {Fulda) auch in dem hier in Rede stehenden Fall im kontinentalgermanischen Bereich zu finden sind.
161 162 163 164 165
Udolph, Stellung 246. S. W.P. Schmid, Donum Balticum, S.475. S. Kvaran 75 f. Ortnamnen i Skaraborgs län 1,10. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 162.
*tain6.
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''tain-
Zu der aus reichhaltigem idg. Wortmaterial zu gewinnenden Wurzel *tâ-, ta-; tai-, t3Ì-, tï- usw. „schmelzen, sich auflösen (fließen), hinschwinden (Moder, verwesendes)"166 gehören offenbar auch Appellativa, die ein -«-Suffix enthalten. J. Pokorny und F. Holthausen167 führen dazu an: ae. dan „feucht, bewässert", dïnan „feucht werden" (mit weiteren Ableitungen), aksl. tina „Schlamm" und lateinische Entsprechungen (deren Zugehörigkeit aber nicht sicher ist). Auch das slavische Wort bleibt besser fern.168 Somit bliebe nur germanisches Material übrig und eine einzelsprachliche Erweiterung läge im Bereich des Möglichen. Es läßt sich aber vielleicht ein Anschluß an baltische Wörter herstellen, vgl. lit. tene „eine von der Strömung nicht bewegte Flußstelle", „ein Fluß, da tief und still Wasser ist".169 Mit diesem Appellativum wiederum hat schon J. Rozwadowski verschiedene Namen verbunden, und darunter auch Hydronyme, die - aus geographischen Gründen - weder dem Germanischen noch dem Baltischen zugeschrieben werden können. Wenn der Vergleich zwischen der altenglischen Sippe und dem baltischen Wort richtig ist, wird man bei diese Wörter, die in der Namengebung Verwendung finden konnten („feucht, bewässert" usw.), in dem Raum zwischen England und dem Baltikum, also grob gesprochen: in Norddeutschland und in Polen, unter Umständen wiederfinden dürfen. Zwar kann von einer baltisch-slavisch-germanischen Sippe aus appellativischer Sicht nicht gesprochen werden (aus dem Slavischen läßt sich kein Anschluß erbringen), aber die Streuung des nun folgenden Namenmaterials ähnelt derjenigen bisheriger Fälle. Man vergleiche: Cienia, FIN. bei Kalisz; Tenb, unbekannter GN. im Gouv. Vitebsk; Werdersche, Höhesche Thiene, poln. Tejna, FIN. im unteren Weichselgebiet; Tenenis, dt. Tenne, GN. in Ostpreußen und Litauen; poln. Tajno, jatwing. Tainas, lit. Tainas, SN. im nordöst. Polen; Teinach, 15.Jh. Deinaha, GN. im Gebiet des Neckar, mit O N . Bad Teinach.170 Weiteres bleibt unklar. In England sind Ableitung von ae. dân offenbar unbekannt.171 Norddeutschland kennt eine Reihe von Toponymen, die hier angeschlossen werden könnten, die aber eher zu mnd. denne, den „Niederung, Bodenvertiefung", ags. dene, denn, me. dane f. „Tal, Waldtal"172 gehören. Hier wären etwa zu nennen Deinfeld, FlurN. bei Oldenstadt, 1353 Dey ne, 1669 Deinfeld, 1834 Deinfeldm, Denn, 166 167 168 169 170 171
172
173
S. J. Pokorny, IEW. 1053 f. Altenglisches etymologisches Wörterbuch, Heidelberg 1934, S. 360,365. S. Udolph, Studien 416ff„ 453ff. S. Udolph, Stellung 87 mit Literatur. Zu diesen Namen vgl. die ausführliche Diskussion bei Udolph, Stellung 85-89. So fehlen entsprechende Namen bei A.H. Smith, English Place-Name Elements, T. 1-2, Cambridge 1956. Zu diesen Appellativa vgl. etwa Hessmann 126; Kramer 1031; A.H. Smith I s.v. denn; Förster 472, Anm. 1; L. Bückmann 117; zum idg. Anschluß s. J. Pokorny, IEW. 249. G. Osten, 1000 Jahre Oldenstadt, Oldenstadt 1972, S.57.
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
FIN. u. ON. bei Kesseling (Koblenz), 762 (K. um 1100) Denn™, FlurN. Deine bei Rosdorf, 1308 quinqué agros in loco qui dicitur Deine per viam Mengershusen175, Deimke und Dehmke, Flur-, Gewässer- und Ortsnamen in Südniedersachsen176, GN. Dehnbach und ON. Dehnberg177, Dehne, Dens-Sahl, Flurund Gewässernamen bei Glüsingen sowie Danne, Wiese bei Celle.178
174 175 176
177 178
Gysseling I 263: ohne Etym. Kramer 1031 sieht darin -ei- als Kennzeichnung der Dehnung des ursprünglich kurzen -e-. S. Udolph, Stellung 88 mit Literaturhinweisen. Wahrscheinlich Bildungen mit -beke, so daß auch eine Grundform *Den-beke möglich ist. Förstemann 11,1,701. L. Bückmann 117.
*uelp- / uolp-
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Karte 5 (Seite 44) zeigt, daß die auf ''tain-/toin- beruhenden Namen einen Schwerpunkt im Baltikum besitzen. Das ist auf Grund der dort belegten Appellativa tene usw. nicht verwunderlich. Die Streuung der Namen umfaßt aber auch Polen (und zwar in einem Bereich, der nicht zum ehemals baltischen Siedlungsgebiet gerechnet werden kann) und Deutschland. Dabei muß nochmals betont werden, daß norddeutsche Namen wie Deinfeld, Deimke und Dehmke durchaus angeschlossen werden können, die Zweifel aber so groß sind, so daß davon abgesehen wurde. Zusammenfassend gesagt: die Streuung der hier behandelten Namen geht über das Baltische hinaus. Die Qualität der Sippe um lit. tene erreicht allerdings nicht die der bisher behandelten Namengruppen. Besser steht es um die folgende, mit der der Abschnitt von baltisch-slavisch-germanischen Gemeinsamkeiten beschlossen werden soll. 7.
*uelp-/*uolp-/*ulp-
In einem vor wenigen Jahren erschienenen Beitrag179 hat W. P. Schmid den Versuch unternommen (S.312f.), das hethitische Wort huelpi „jung, frisch", das bisher ohne sicheren Anschluß war, mit baltischen Gewässernamen zu verbinden. Er führte an: Velpe, FIN. bei Raseiniai (Litauen) mit ON. Velpêsiai; FIN. Vilpesys bei Gudziünai (Litauen); SN. Welpidnskie Jezioro am Ort Welpin, Wolpin, 1347 Wulpyn, Wolpin (Ostpreußen)180; Wulping-See im Kr. Olsztyn/Allenstein, 1349 Vulpyng; ON. Walpusz, heute Stachy, im Ermland, 1420 Alpus, 1557 Walpusch; lett. FIN. Vilpene. Diese Namen sind aus dem Baltischen bisher nicht zu erklären. Von besonderer Bedeutung ist allerdings die Tatsache, daß die verschiedenen Ablautstufen *uolp-, :''uelp-, *ulp- vorliegen. Es scheint nun so, als ließen sich nicht nur baltische Namen heranziehen, sondern auch Hydronyme aus Deutschland und den Niederlanden. Die folgenden Namen sind nach meiner Einschätzung (zu strittigen Punkten s. u.) hinzuzufügen: Zunächst noch baltisches Material, das W. P. Schmid ζ. T. selbst an anderer Stelle angeführt hat: 1354 Walpis, Fluß im Samland181, Velp-esa, Bach in Litauen182, Vilpìsis, Vilpisys, FIN. in Litauen183, lett. FIN. VilpëteI84, 1419 Wolpithen, O N . in Ostpreußen, jetzt Ulpitten, nach Gerullis 207 zu alit. Ulpis usw. (fraglich, nicht kartiert).
Hethitische Etyma zu alteuropäischen Gewässernamen, Documentum Asiae Minoris Antiquae (Fs. f. H. Otten), Wiesbaden 1988, S.307-315. 180 S. dazu auch H. Górnowicz, HE. 1,156. 181 Gerullis 193; W.P. Schmid bei H. Górnowicz, HE. 1,156. 182 Nach Buga bei Gerullis 193. 183 A. Vanagas, L H E ¿ . 384. 184 w.P. Schmid, in: Hydronimia Sîowianska, Wrociaw usw. 1989, S. 127. 179
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
Zum ehemals baltischen Gebiet gehört auch der FlN. Volpjanka, Nfl. d. Ros' (Weißrußland), mit ON. Volpa, 1478 Wolpa, Wolpa™. Die Autoren des Sammelbandes Hidronimija Ukraïny ν ïï mizmovnych i mizdialektnych zv'jazkach, Kyïv 1981, nehmen (S. 82) an, daß synkopierte Formen aus ''Volupis o.a. vorliegen, was in Anbetracht der obigen bait. Namen eine unnötige Konstruktion sein dürfte. Allerdings hatte ähnlich auch A. Vanagas, LHEZ. 371 bei der Behandlung des GN. Velpe (evtl. < *Vel-upè) argumentiert. Es lassen sich weiterhin deutsche und niederländische Namen vergleichen, die allerdings im Gegensatz zu dem osteuropäischen Material einen vor der germanischen Lautverschiebung vollzogenen Wandel *-p- > *'-b- durchgemacht haben. Zu dieser Erscheinung wird im folgenden Kapitel noch ausführlich zurückzukommen sein. Hier zunächst die Zusammenstellung der möglicherweise verwandten Bildungen: Wilp, O N . in Gelderland, 840-849 (K. um 1000) in ... parte ... fluminis (seil. Isla) in loco qui Huilpa vocatur, 840-864 (K. 15. Jh.) in loco nuneupante Wilpe, vor 1141 (K. 12./13. Jh.) locus est Hiulpa186; Wulpen, abgegangener Inselname bei Kadzand (Seeland), ca. 1050 Osgod läge on Ulpe, 1089 in Wlpis terra, in Wlpis dimidia mensura diurnalis usw.187. Umstritten ist der Name der Wölpe, Nfl. der Aller, alt meist Welepe, Wilepem, den H. Krähe, H. Dittmaier u.a.189 zu den ^(«-Bildungen zählen. Gegen diese Deutung hat H. Kuhn Einspruch erhoben190 und es fragt sich, ob nicht P. Hessmann191 Recht hat, wenn er bemerkt: „Bei der Deutung darf man jedoch die niederl. Wulp-Namen (vgl. Wülpenwert und Wülpensant im Kudrunepos) nicht unberücksichtigt lassen . . . C. Tavernier-Vereecken192 hat neuerdings mehrere westflämische WW/i-Namen zusammengestellt; eine Deutung als apa-Name erscheint ihr fraglich . . . " . Zieht man dieses in Betracht, ist es nicht ausgeschlossen, daß 1. die Wölpe doch altes *Welp- reflektiert, zumal im Mnd. gerade zwischen -/- und einem folgenden Konsonanten besonders oft ein Vokal eingeschoben wird193; 2. Die Wöbbacker, FlurN. im Kr. Rotenburg/Wümme, 1787 auf den Wölpackern usw., hier angeschlossen
185 186
187 188 189 1.0 1.1 1.2
1.3
Kodeks dyplomatyczny katedry i diecezji wilenskiej, Bd. 1, Krakow 1948, S.362. LNT. 401 mit der Bemerkung „onl. apa .water' met?". H. Dittmaier, apa-Problem 23 hat diesen Namen zu den apa-Bildungen gezählt, was angesichts der frühen Uberlieferung (ohne sicheren Hinweis auf ein Kompositum mit -apa) mehr als fraglich ist. LNT. 408, ohne Etymologie. S. Förstemann 11,2,1336; Dittmaier, ¿pa-Problem 23; Calenberger Urkundenbuch, passim. S. Hessmann 518. ZfdA. 94(1965)219. Hessmann 518. Vgl. auch ders., Naamkunde l(1969)202f. Gentse Naamkunde van ca. 1000 tot 1253, o.O. 1968, S. 556-558; A. Bach, Dt. Namenkunde 11,1,321 stellte sie zu ndt., ndl. wulp, wilp „Regenpfeifer". Lasch 123 f.
*ifelp- / uolp-
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werden können (s. Hessmann 517 f.); 3. die niederländischen Beispiele hinzugestellt werden können.194 Zu berücksichtigen ist nun aber auch noch der ON. Wölpern bei Eilenburg, der mit Sicherheit kein ¿/ra-Kompositum ist: 1161 Vuelpride, 1202 Welperede, 1404 Welperde, nach E. Eichler, DS. 4,128 nicht slavischer Herkunft195, nach Förstemann II 2,1269 evtl. mit dt. Welpe zu verbinden. Nach E. Eichler könnte der ON. zu den altertümlichen Bildungen auf -idi, -ede gehören, so daß die Gf. . . . als *Welpr-ithi angesetzt werden kann.196 Hier anzuschließen ist auch der FIN. Walpke im Gebiet der Ruhr, 1295 Wölpe, 1368 Walpe, Walepe, den Barth 176 zu den ÄpÄ-Namen gestellt hat. Die alten Belege sprechen nicht unbedingt dafür, der Name fehlt daher auch in H. Dittmaiers Zusammenstellung der apa-Namen. Fern bleibt eher der ON. 1196 (Κ. 17. Jh.) in Welpesdale, abgegangenen bei Born (Limburg)197. 1.4
1.5 196 197
Allerdings handelt es sich hier z.T. um junge Namen, die in einen anderen Zusammenhang gehören dürften, s. Hessmann 518 mit Hinweis auf C. Tavernier-Vereecken, a.a.O.: ndl. *wulp "tiefe Stelle, Strudel", identisch mit ndl. gulp „Wasserflut". Vgl. allerdings ders., DS. 19,241 f. Vgl. dazu Udolph, -¿{¿¿-Namen 128 f. LNT. 388: „onl. dal met PN Welp."
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Baltisch, Slavisch und Germanisch
Unterzieht man die deutschen und niederländischen Namen einer genauen Prüfung, so ist sicher, daß nicht alle der hier aufgeführten Namen an die baltischen Hydronyme angeschlossen werden können. Mit einiger Sicherheit gehören aber nach meiner Meinung hierher (und wurden in die beigegebene Karte 6, S.47), aufgenommen: Wilp (Gelderland), Wulpen (Seeland), Wölpe (Nfl. d. Aller), Wölpern bei Eilenburg, Wülpke (Ruhr-Gebiet). Die Streuung der Namen zeigt, daß es sich im strengen Sinne nicht um ein weiteres Beispiel für eine baltisch-slavisch-germanische „Zwischenschicht", sondern mehr um eine Namensippe, die das spätere baltische und germanische Gebiet umfaßt. Die Frage, ob das Hethitische hier angeschlossen werden kann, lasse ich hier außer Betracht. Von Bedeutung ist für die Frage nach Ethnogenese und Heimat des Germanischen, daß es offensichtliche Beziehungen zur baltischen Hydronymie gibt, und daß die germanischen Entsprechungen nur im kontinentalen Bereich anzutreffen sind. Aus diesen Gründen habe ich diese Namengruppe hier angeführt. Sie kann gewissermaßen als Vorbild und Muster für weitere baltisch-germanische Namenparallelen stehen, die uns an anderer Stelle noch beschäftigen werden.
Zusammenfassung der Ergebnisse Die zur Diskussion um eine baltisch-slavisch-germanische Zwischenstufe herangezogenen Namengruppen um dt. balge, *dhelbh-, *duk-l-, *pers-, Fulda und Verwandtes, * t a i n - ñ t o i n - und * uelp-/* uolp-P' ulp- und ihre Kartierungen lassen erkennen, daß Teile Deutschlands in ihrem Namenschatz starke Verbindungen zum Osten Europas besitzen (Karte 7, S.49). Das betrifft vor allem Norddeutschland, die Niederlande und Teile Belgiens. Eine gewisse Lücke zwischen Elbe und Oder ist nicht zu übersehen. Sie wird allerdings bei der weiteren Untersuchung etwas gefüllt werden können. Bei dieser Kartierung ist selbstverständlich zu berücksichtigen, daß sowohl im Baltikum wie in Nordwestdeutschland, Schleswig-Holstein, den Niederlanden und Flandern unter den Namen nicht wenige einzelsprachliche Bildungen verborgen sind, die das Bild etwas beeinflussen. Es zeigt offensichtlich, daß die zugrundeliegenden Appellativa auch einzelsprachlich noch produktiv waren. Dennoch lassen sich auf dieser Grundlage wichtige Aussagen machen. 1. Es ist nicht zu übersehen, daß die appellativisch schon lange postulierten germanisch-baltisch-slavischen Gemeinsamkeiten in der Namengebung ihre Spuren hinterlassen haben. 2. Skandinavien hat an der Verbreitung der Namen so gut wie keinen Anteil (über die einzelsprachlichen /ors-//oss-Bildungen s. o.). Es erheben sich bereits von hier aus ernste Zweifel an der These, das Germanische habe sich in Skandinavien herausgebildet. 3. Uberraschend ist der Anteil der englischen Namen. Es muß aber bemerkt werden, daß es sich dabei im wesentlichen um Typen handelt, die zu den einzelsprachlichen Bildungen gehören dürften. Die wichtigen altertümli-
Baltisch, Slavisch und Germanisch
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chen Relikte wie die auf *pers- und *pelt-/polt-/plt- beruhenden Hydro- und Toponyme fehlen in England. Dennoch ist die Existenz dieser Namen und ihr gleichzeitiges Fehlen in Skandinavien auffällig. 4. Damit verbunden sind erste Zweifel an der These, die germanischen Besiedler Englands kämen aus Schleswig-Holstein und Dänemark. Die Streuung der Namen läßt keinen Zweifel daran aufkommen, daß die Beziehungen über den Kanal liefen. In einem gesonderten Kapitel (s. S. 765 ff.) wird diese Beobachtung ausführlich und anhand weiteren Materials diskutiert werden. 5. Die bisher behandelten Beispiele lassen erkennen, daß zwischen den germanischen Namen Skandinaviens und des Kontinents erhebliche Differenzen bestehen. Die älteren Typen erscheinen in Norddeutschland, den Niederlanden und Teilen Belgiens. Skandinavien hat daran keinen Anteil. SchleswigHolstein, Dänemark, Schweden und Norwegen sind allenfalls mit jüngeren, einzelsprachlichen Namen vertreten. Es wird nun zu prüfen sein, ob diese Ergebnisse auf Zufall beruhen oder nur ein Teilergebnis einer auch sonst zu beobachtenden Erscheinung sind.
D. Konsonantenwechsel Schon im vorigen Jahrhundert ist Indogermanisten aufgefallen, daß es einen sonst nicht zu beobachtenden Wechsel von Konsonanten in bestimmten Positionen, zumeist im Stamm- oder Wurzelauslaut, gibt. So äußerte A. Noreen: „Tenuis und Media wechseln oft im Wurzelauslaute, ohne dass man im Stande ist zu entscheiden, ob dieser Laut, unter Umständen aus jenem entstanden ist (oder vielleicht bisweilen umgekehrt), oder ob Fortbildung einer primären Wurzel durch verschiedene ,Wurzeldeterminative' vorliegt".1 Ahnliches hat K. Brugmann beobachtet: „Wechsel zwischen Tenuis und Media ist . . . seit uridg. Zeit häufig, besonders im Wurzelauslaut"2. Dieser Wechsel scheint vor allem das Germanische betroffen zu haben, so daß W. Wilmanns wenige Jahre später in seiner Deutschen Grammatik folgern konnte: „Schon in vorgermanischer Zeit hat in manchen Wurzeln ein Wechsel zwischen Tenuis und Media . . . stattgefunden . . . [wir] finden . . . hin und wieder Wortpaare, deren Lautverhältnis sich scheinbar den Regeln der Lautverschiebung entzieht und in der Verdoppelung keine Erklärung findet, z.B. germ, g : idg. g in ahd. sügan saugen : lat. sugere".3 In seinem Beitrag Vorgeschichte der altgermanischen Dialekte für den Grundriß der Germanischen Philologie4 hat F. Kluge in einem gesonderten Kapitel (Ausnahmen der Lautverschiebung, S. 367-369) ebenfalls darauf aufmerksam gemacht. Dieser Konsonantenwechsel ist bisher nicht sicher aufgeklärt. Schon früh erkannte man aber, daß eine Reihe sicherer Fälle vorhanden ist, „bei denen Nasalierung mitspielt".5 K. Brugmann6 folgerte daraus: „Bei dem in Rede stehenden Wechsel findet sich die Media so häufig in unmittelbarer Nachbarschaft von Nasalen (besonders oft in der Nähe von präsentischem Nasal), dass man kaum umhin kann anzunehmen, die Tenues seien in einer bestimmten Verbindung mit Nasalen zu Mediae geworden". Auf das hohe Alter dieser Erscheinung und den Zusammenhang mit einer Nasalierung wies schon vorher H. Osthoff hin: „Es muß lautgesetzlich mit der nasalen praesensstammbildung zusammenhängen, dass wir häufiger bei der existenz einer
1 2
3 4 5 6 7
Noreen, Abriß 181. K. Brugmann, Vergleichende Laut-, Stammbildungs- und Flexionslehre der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl., Bd. 1, 2. Hälfte, Straßburg 1897, S.629. W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, Bd. 1, 2. Aufl., Straßburg 1897, S.186. 2. Aufl., 1. Bd., Straßburg 1901, S.320-496. F. Kluge, a.a.O., S.368. A.a.O., S.631. Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, 4. Teil, Leipzig 1881, S.325.
Konsonantenwechsel
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solchen indogermanisches schwanken des wurzelauslauts zwischen tenuis und media wahrnehmen". Dieser Wechsel ist seitdem - soweit ich sehe - bis vor kurzem nicht weiter beobachtet oder diskutiert worden 8 . Unter Einbeziehung des onomastischen Materials hat nun W.P. Schmid diesen wurzelauslautenden Wechsel wieder aufgegriffen und unterstrichen, daß vor allem die germanischen Sprachen davon betroffen sind.9 Bei der Untersuchung der polnischen Gewässernamen 10 fiel mir dieser Wechsel im Vergleich mit den mitteleuropäischen Vergleichsnamen ebenfalls auf und im folgenden soll diese Erscheinung unter Einbeziehung der Topo- und Hydronymie und unter besonderer Berücksichtigung des Germanischen erneut diskutiert werden. Dabei bleibt die Frage, ob „ein ieur. Wechsel von Tenuis und Media auch im Anlaute vorkommt", mit A. Noreen, Abriß, S. 185, weiterhin sehr unsicher und wird im folgenden nicht kommentiert. Soweit bisher erkennbar ist, liegen folgende Fälle vor: 1. einem außergermanischen entspricht germanisch *-d-; 2. einem außergermanischen *-d- entspricht germanisch *-t~; 3. außergermanisch *-p- : germanisch 4. Wechsel zwischen :: '-k- und *-g-. Die nun folgende Diskussion dieser Erscheinungen wird im appellativischen Bereich beginnen, es schließen sich ausgewählte Beispiele aus der Hydronymie und Toponymie an. Karten sollen ergänzend zeigen, in welchen geographischen Gebieten die mutmaßlich germanischen Veränderungen ihren Niederschlag gefunden haben.
1. Außergermanisch *-£- : germanisch *-dDieser Wechsel ist in einigen wichtigen Fällen zweifelsfrei nachzuweisen. Daneben gibt es die Erscheinung, daß das Germanische daran mit beiden möglichen Varianten (also sowohl *-t- wie auch Anteil hat. Einige dieser Beispiele werden im Anschluß aufgeführt. Zunächst seien diejenigen Wörter genannt, die innerhalb des Germanischen offenbar ohne Schwankungen geblieben sind. 1.) Anord. flattr11 gegenüber lit. platùs, griech. πλατύ/. 12 W. Wilmanns 13 hat daran auch ahd. fla$ Adj. „platt" angeschlossen.
8
9 10 11 12 13
Man beachte allerdings C.S. Stang, L'alternance des consonnes sourdes et sonores en indoeuropéen, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890-1894. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161; ders., Onomastica 27(1982)64f. Udolph, Stellung. Dazu auch asä. flat „flach, seicht". W.P. Schmid, Onomastica 27(1982)64f.; ders., Alteuropa u. Germ. 161. Deutsche Grammatik, Bd. 1, 2. Aufl., Straßburg 1897, S.186.
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Konsonantenwechsel
2.) „Deutsch Nessel < germ. *natilòn gegenüber lit. noterè, lett. nâtre, apreuß. noatis „Nessel" 14 , vgl. auch asä. netila, ags. net(e)le, got. nata. Vgl. dazu auch E.P. Hamp, N O W E L E 3(1984)50: „The equation, amoung nouns, of Nessel with griech. άδικη . . . is uncertain; . . . " . 3.) Deutsch weiß < germ. *hvïta-, heizen gegenüber lit. kvietys, altind. sveta- „weiß" 15 . Zu diesem Wechsel äußert R. Lühr, op.cit., S.263 £.: „Außerhalb des Germanischen soll eine . . . Wurzel [*kueid-, J.U.] durch griech. Πίνδο/ [usw.] bezeugt werden. Doch ist dies völlig unsicher". Zieht man geographische Namen aus Polen heran16, gewinnt der Ansatz einer Wurzel mit auslautendem *-d jedoch an Gewicht. 4.) Dt. naß < germ. *nata- gegenüber griech. νότιο/, νοτεζό/ „dass."17 Die Etymologie des dt. Adjektivs von Ε. P. Hamp18 enthält unnötige Konstruktionen (s. dazu auch Kluge-Seebold 499). Auf die Bemerkungen von W. Mitzka (in der 21. Aufl. des Etymologischen Wörterbuchs der deutschen Sprache) und E.P. Hamp (S.49), das Anglofriesische und Nordische hätten das Wort außer in Namen in vorgeschichtl. Zeit verloren, werde ich unten bei der Diskussion des Namenbestandes zurückkommen. Das Germanische kennt außerdem nicht wenige Beispiele für die Erscheinung, daß im Wurzel- oder Stammauslaut ein Wechsel zwischen -t- und -dauftritt. Als die sichersten Beispiele möchte ich hier anführen: got. frapi „Sinn, Verstand", frapjan, frop „verstehen", ahd. fruot „klug, verständig" usw. steht in korrektem Verhältnis zu lit. prantù „lernen, gewohnt werden". Davon ab weicht aber nach Noreen, Abriß 182 got. us-fratwjan „klug machen". Der Wechsel liegt nach W. Wilmans19, Noreen, Abriß 182, K. Brugmann20 und Kluge, Ausnahmen 368 auch vor als ~'kotin ahd. hadu- „Kampf, Streit" mhd. hader, griech. κότο/ „Groll", slav. kotora „Streit", air. cath gegenüber ' kod- in got. hatis „Haß", aisl. hatr, ahd. haz „Haß". „Mit aschwed. hinna, hanna ,erreichen', ae. hüpf. ,Beute', ahd. heri-hunda f. ,Kriegsbeute' weist [got.] -hinpan auf eine idg. Wzl. kent-; auf idg. Wzl. kend- ... geht ae. hentan ,verfolgen', huntian ,jagen', hunta m. Jäger' zurück".21 Man vergleiche auch ai. nínd-a-ti „verspottet, schmäht", ved. nid-, griech. ονειδο/, lett. nîd-u Aor. „haßte, neidete", natds, got. ga-nait-jan gegenüber gäl. naith-eas „Harm", got. neip, ahd. nîth,
W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161; ders., Onomastica 27(1982)64f. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161, ders., Onomastica 27(1982)64f.; s. auch C.S.Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890. 16 Vgl. Udolph, Stellung 121. 17 S. schon Kluge, Ausnahmen 367f., vgl. jetzt W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161; ders., Onomastica 27(1982)64 f. 18 Naß, NOWELE 3(1984)49-52. " Deutsche Grammatik, Bd. 1, 2. Aufl., Straßburg 1897, S.186. 20 Vergleichende Laut-, Stammbildungs- und Flexionslehre der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl., Bd. 1, 2. Hälfte, Straßburg 1897, S.630. 21 Feist 161. S. auch Kluge, Ausnahmen 368. 14 15
Nat-/Not-
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nîd11. Ein sicheres Beispiel (einschließlich der auffälligen Nasalierung) ist auch die durch Verners Gesetz im Germanischen noch beeinflußte Sippe um *skeit-/*skeid- in got. skaidan „scheiden", ahd. skeidan, dt. scheiden, nasaliert in ahd. scindan, scintati „schinden, spalten", gegenüber *skeid- in lat. scindo, griech. σχίζω, aisl. skita, ags. scîtan, ahd. scizan „scheißen", ai. eh id-, chinád-mi, chinátti, chindáti „spalte", lat. scind-, scind-ere „spalten".23 Hierher gehören auch einige der von R. Lühr24 behandelten Fälle, so wahrscheinlich '·'skrenp-/'·'skrend- in ahd. scrintan „aufklaffen, auseinander gehen", mhd. schrinden „bersten" usw. gegenüber nordischen Wörtern, die *skrent- fortsetzen25, sowie vielleicht auch *sprend-/*sprent- in anord. spretta „(ent)springen usw.".26 Die hier vorgestellten Schwankungen im Konsonantismus sind bisher zu wenig berücksichtigt worden. Stellvertretend für die bisherige Auffassung kann ein Zitat von H. Walther, DS.26, S. 124 angeführt werden: „An-, in- und auslautend t ist durch die germ. LV zu * p und weiter zu d gewandelt worden. In etymologisch durchsichtigem Sprachgut, wo t nicht auf vorgerm. d beruhen kann, liegt vorgerm. Material vor". Schon für den appellativischen Bereich sind daran Abstriche zu machen. Noch mehr Gewicht erhält diese Erscheinung, wenn man im Namenbestand Mittel- und Nordeuropas nach Entsprechungen sucht. Dabei muß festgehalten werden, daß in einigen wichtigen Fällen offenbar alle germanischen Einzelsprachen an dem Wechsel beteiligt sind, man denke an flattr/flat, Nesseltnetila/nata, weiß/hvitr, naß/(ga)natjan, es sich also um eine gemeingermanische Entwicklung handeln muß. Von hieraus erhält die Frage, ob diese Entwicklung auch im Namenbestand des Germanischen, und, wenn ja, wo ihren Niederschlag gefunden hat ihre besondere Bedeutung. a. Nat-/Not- und Verwandtes Auf diese Sippe und ihren Niederschlag im Namenbestand Europas hat W. P. Schmid schon verschiedentlich hingewiesen27. Bei der Untersuchung des polnischen Flußnamens Notec, dt. Netze28 hatte ich weiteres Material diskutiert und wahrscheinlich zu machen versucht, daß dessen mutmaßliche Grundform 22
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24 25 26 27 28
H. Osthoff, Morphologische Untersuchungen IV 325; C.S. Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890. H. Osthoff, Morphologische Untersuchungen IV 325, 327f.; Noreen, Abriß 182; C.S. Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890; Κ. Brugmann, Vergleichende Laut-, Stammbildungs- und Flexionslehre der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl., Bd. 1, 2. Hälfte, Straßburg 1897, S.630. Expressivität und Lautgesetz im Germanischen, Heidelberg 1988. R. Lühr, op. cit., S. 145 f., vgl. auch Noreen, Abriß 182. R. Lühr, op.cit., S.367f. Alteuropa u. Germ. 161; Onomastica 27(1982)64f. Udolph, Stellung 185 ff.
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Konsonantenwechsel
*Natisis sehr stark an die beiden italienischen Hydronyme Natisone und Natissa erinnert, aber auch ein enger Zusammenhang mit dem der Neetze < *Natisia in der Lüneburger Heide bestehen dürfte. Letzteres ist allerdings nur dann zu akteptieren, wenn der norddeutsche Name einen alten wurzelauslautenden Wechsel *-£- > ~'·-ά- mitgemacht hat. Andererseits besteht auch die Möglichkeit, diesen Namen mit altind. nadi „Fluß" zu verbinden29, jedoch spricht meines Erachtens gerade die Parallelität der Bildungen bei Neetze, Notec/Netze, Natisone und Natissa eher für einen wurzelauslautenden Wechsel. Im folgenden soll diese Überlegung unter besonderer Berücksichtigung des germanischen Materials und des anzusetzenden Dentalwechsels ausführlicher behandelt werden.
1.) Bildungen mit germ. *-d- (< * -t-) in Gewässernamen Einen germanischen Ansatz mit *-t- < idg. *-d- verlangen zahlreiche Namen Deutschlands und vereinzelte Bildungen in den Niederlanden, England und Skandinavien. Der Einfluß bzw. die Ableitung von hdt. naß und seinen westgermanischen Verwandten nat- ist dabei unbestritten. Bei einigen der folgenden Gewässernamen sind jedoch lautliche Probleme zu beobachten, die darauf weisen, daß z.T. keine unmittelbare Ableitung von dem germanischen Wort bzw. seiner Sippe vorliegen dürfte. Zudem gibt es semantische Probleme bei einem Typus „Naßbach". Beides spricht dafür, daß die ursprüngliche Bildung einiger Namen durch den Einfluß von dt. naß, nat überdeckt worden ist. Man vergleiche: Nasse, r.z. Leine bei Sangerhausen, 1341 Nassa, fraglich, ob „mit dem Grundwort -aha zusammengesetzt" 30 ; Nazzaha, „alter Name des Leinebachs im ehemaligen Herzogtum Gotha: 12. Jh. Nazaha, zu ahd. na%, mhd. na% ,naß'" 31 , nach Werneburg 11 mit dem O N . Nazza, südwestl. von Mühlhausen, 1483 Natza, zu vergleichen; Nesse, GN. im Saalegebiet, 1068 Nezza, mit den O N . Ober-, Unternessa, 1275 in Inferiori Nezze, 1290 in superiori Nezze. Dazu bemerken E. Eichler und H. Walther, DS. 35, S. 232 treffend: „Zugrunde liegt dem ursprünglichen FlußN Nesse ein germ. ''Natia mit Gemination des t vor j . . . Die Schreibungen deuten auf ein älteres *Netze hin, das sowohl aus -tt- als auch aus einem hypothetischenNatisa kontrahiert sein kann. Vgl. den Wechsel von -tz- und -ss- in netzen — naß.. .)"32; Nesse, jüngerer Name der Lupnitz/Lupentia (die einen -/»-/-¿-Wechsel enthält, s.u.), 1014 (A. oder K.) Nazaha, 1379 Nezze, Necza33; Nette, anderer Name der Altenau, r.z. Oker bei Halchter, 997
29 30 31 32 33
So H. Krähe, BNF. 7(1956)1-8. E. Ulbricht 181; vgl. auch Witt 224 und H . Walther 257. E. Ulbricht 181: „aufgenommen nach Fm. II 2,374." *Natisa bevorzugt H . Walther, DS.26; vgl. auch Udolph, Stellung 191, Anm. 30. Walther 235.
Nat- / Not-
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Net, 1278 Net, 1573 Nette, 1575 Netteflus14, nach R. Möller 109 „germanischer Gewässername '''natia zu germ, "'nat- ,naß"'; Nette, Nfl. d. Hase im Kr. Osnabrück, auch ON., 1. Hälfte d. 16. Jhs. NeteK; Nette, Nfl. d. Alme im Kr. Büren, 1656 die Vette (= Nette)16; Nette, Nfl. d. Lenne mit den O N N . Nette, Nettenscheid, nach 1480 dat Netenschedei7; Nette-Bach, Nfl. d. Emscher, mit den O N N . Ober-, Nieder-Nette, 1123 Nette, 1126 Nette, Netthe, 1274-1293 Nithe38; Nate, FIN. bei Natendorf, Kr. Uelzen, 1192 usw. in notendorpe39, Nateln, ON. bei Uelzen, 1131 Natene usw.40; Nathe, Nfl. d. Hahle bei Duderstadt, 1477 Nathe usw., wahrscheinlich auf eine Grundform *Natana zurückzuführen und mit dt. naß zu verbinden41; Notter, Nfl. d. Unstrut, 1337 Nathra, dazu der Nater-(Notter-) gau, 997 Uater-, Natergowe usw.42; Neetze, GN. und O N . bei Lüneburg, 1205 Netisse, 1271 aqua que vulgariter nominatur Necessen usw., < *Natisa41, in seiner Lokalisierung fraglich ist der von Gysseling II 734 und Förstemann 11,2,379 auf einen unbekannten Ort bei Helmstedt oder Wolmirstedt bezogene Beleg Mitte 12. Jh. Nettesse44, etwa hier anzuschließen? Aus dem hochdeutschen Bereich sind noch anzuführen: Netzbach, ON. bei Diez, < GN., 1092 u.ö. Nezebach, 1129 Nezebach45; Netzbächlein, Bach im Bez. Griessen (Baden)46; Netze, Nfl. d. Eder, 1219 Nezzehe, 1267 Nezce47; Netze, Orts- und Flußname im Kr. Hersfeld, o.J. (Dronke, Trad.) Nezzaha, 1137 Nezehe48; Nötsch, mua. Netsch, O N . und GN. in Kärnten, 1253 Nezzach, 1522 in der Netsch ach, nach E. Kranzmayer II 165 wohl „aus ahd. Netzaha ,Ache, Bach, der seine Ufer netzt"', nach F. Bezlaj, BNF. 8(1957)70f. soll (wenig überzeugend) ein slavischer PN. zugrunde liegen, man vergleiche eher H. Krähe, Alt. FlußN. 28 sowie ders., BNF. 7(1956)2.
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R. Möller 109; H. Kleinau I 14; vgl. auch D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)396, Anm. 104 und Kuhn III 138. G. Wrede 11,65; A. Bach, BNF. 6(1955)213; H. Krähe, BNF. 7(1956)1. Zu den Einzelheiten s. A. Bach, BNF. 6(1955)213; D. Schmidt 81; H. Krähe, Ält. FlußN. 28; ders., BNF. 7(1956)1. Ebda. D. Schmidt 81. Belege für den ON. s. Hydr. Germ. A 16,244; zur Etym. s. Udolph, Stellung 191. Ebda. Kettner 205f. H. Walther 233 mit Kritik an E. Ulbricht, deren Deutung A. Greule, IF. 76(1971)50 übernommen hatte. Belege s. Hydr. Germ. A 16,245f.; zur Etym. s. H. Krähe, BNF. 7,1956,4; Udolph, Stellung 191. Zur Deutung s. H. Krähe, BNF. 7(1956)3 f., Udolph, Stellung 191. H. Krähe, Ält. FlußN. 28, ders., BNF. 7,1956,2; die Verbindung mit dt. Netz (Fischfang) von Jungmann, ZONF. 6(1930)224 hat H. Krähe, BNF. 7(1956)2, Anm. 2 mit Recht abgelehnt; vgl. auch Bach, Taunus 118 ff.: „Wenn Kehrein bezweifelt, daß dieser Name zu ,Nässe' zu stellen sei, so darf immerhin darauf hingewiesen werden, daß in Maa der Gegend dieses Wort als ,Netz' erscheint. H. Krähe, Ält. FlußN. 28. H. Krähe, Ält. FlußN. 28; ders., BNF. 7,1956,2. H. Krähe, BNF. 7(1956)2; ders., Ält. FlußN. 28; Bach 11,1,281.
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Konsonantenwechsel
Unklar ist der auslautende Dental in dem FIN. Notte südl. von Berlin49. Ist dieser Name von dem frühgermanischen Wechsel *-t- > *-d- (wie in natgegenüber griech. νότιο/) noch erfaßt worden, oder gehört er mit dem östlich davon liegenden GN. Notec zu denjenigen Hydronymen, die auf idg. *-£zurückgehen? In die Kartierung (s. S.60) wurde dieser Name mit einem gesonderten Symbol aufgenommen. Ein besonderes Problem ist auch der norweg. FIN. Neta. H. Krähe50 stellte ihn „mit germ, t < d gegenüber Neda, Bach in Arkadien, Nedao, Fl. in Pannonien, Nediensis vicus bei Heidelberg usw. (BzN. 7,5), zu idg. "'ned- ,naß, Nässe, Wasserlauf'". Anders beurteilt T. Andersson, NI. 30,1977,27f. den Namen. Er verbindet ihn, dem Norsk stadnamnleksikon 231 folgend, mit norweg. net „Fischnetz" und bemerkt weiter: „Da der Fluß laut Lexikon . . . aus dem See Netsjoen kommt, ist auch eine Bildung als Klammerform zum Seenamen möglich". Es fällt schwer, diesen Namen von den kontinentalgermanischen Verwandten zu trennen. Was allerdings auffällt, ist die relative Isoliertheit des norwegischen Namens. Es ist kaum anzunehmen, daß die deutschen Namen ihren Ursprung oder Ausgangspunkt dem nordischen Verwandten verdanken; wenn es genug Anhaltspunkte gibt (und wir werden in dieser Arbeit noch einige zu sammeln versuchen), so ist allenfalls der umgekehrte Fall, nämlich eine Ausstrahlung von Mitteleuropa nach Norden, möglich und wahrscheinlicher. Daran ändern auch andere nordgermanische Namen nicht, die A. Lindquist, Studier i Modern Sprâkvetenskap 19(1956)69 ff. anführt: Nätaren und Nätterhövden (durch den ein Fluß Nättrabyän fließt), SN. in Smáland; Naten, SN. in Södermanland sowie Nätra, O N . und FIN. in Ângermanland. Die hier besprochene Möglichkeit, auf einen Wechsel im Wurzelauslaut zu schließen, führt allerdings dazu, daß die von H. Krähe vertretene Meinung, die germanischen Nette-/Netze-Na.men seien mit altind. nadi „Fluß" usw. zu verbinden, hinfällig wird. Die Berechtigung dazu ergibt sich neben anderem auch dadurch, daß sichere Fortsetzer der Wz. "'ned- in der Umgebung der Nette-/Netze-Sippe fehlen. Sie erscheinen als Néda, Nédòn, Nedao, Nede, Nediens und als Reflexe einer -¿-Bildung *ned-t-os, ''ned-t-a in Arkadien, auf der Peloponnes, in Messenien, Pannonien, im Baltikum, in Thrakien, Dalmatien und auf den Britischen Inseln51. Dagegen sind Reflexe der Wz. *not-/natin Toponymen Polens, Italiens, des Baltikums, Nordwestrußlands und Frankreichs vorhanden und im Germanischen appellativisch durch die Sippe um nhd. naß gestützt.
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Zur bisherigen Diskussion des Namens (einschließlich der Literatur) s. Udolph, Stellung 192 mit Anm. 38. Gs. Mosse 226. H. Krähe, BNF. 7(1956)4f.
Nat- / Not-
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2.) Bildungen mit germ. * -d- (< * -t-) in Ortsnamen Die nun folgenden Siedlungsnamen gehen zum Teil sicher auf Gewässernamen zurück. Unter ihnen befinden sich aber auch Fälle, die zweifellos einer einzelsprachlichen Schicht angehören. Von Bedeutung ist vor allem die Streuung der Namen, die in keinem wesentlichen Punkt von der Verbreitung der Gewässernamen abweicht. Die Deutung der Namen Nassau, O N . und Burgruine bei Montabaur, 790 (K. um 920) Nasongae52, 839 villa Nasouia, 881 (K. um 1103) Nasona (= Nasoua), 1174, 1175 u.ö. NassoweNassach bei Ravensburg, 1143 Nassbaha54, Nassau bei Mergentheim, 1103 Nassaba, 1218 de Nazza, 1261 Nazza, 1293 Nasach, mua. Nassich55, Ober- und Niederneisen, 893 (?) Nesene, 958 Nasina, bzw. 1092 in Nesene inferior?*" und Nassig in Baden, 1309 Nassahe, 1320 Nassach57 „stößt auf erhebliche Schwierigkeiten, da man trotz der Ausführungen Jak. Grimms (Gesch. d. dtsch. Sprache, 2. Bd., Leipzig 1848, S.582f.) Bedenken trägt, ihn an ahd. ,naß* anzuknüpfen, einmal wegen der lautlichen Schwierigkeiten (s - ζ), dann aber auch, weil ,nass vor Au (d.h. wasserumflossenes Wiesenland) ziemlich überflüssig wäre', s. Kehrein S.241, Anmerkung".58 Weiter heißt es bei Bach, Taunus 105: „Wahrscheinlich liegt im ersten Bestandteil aller dieser Namen das gleiche noch nicht enträtselte Wort vor", das „offenbar schon frühzeitig durch Volksetymologie an ,nass' angelehnt [wurde]".59 Hierher gehören wahrscheinlich auch Nassau, ON. im Kr. Brand-Erbisdorf, 1449 Nassaw; Nassau, ON. bei Meißen, 1255 Hug de Nassowe, 1266 Tammo de Nazowe60, Nassau, Orts- und Gewässername bei St. Florian in der Steiermark, 1135 Nazouwebi. Mit dem O N . Nassau in Hessen hat Müllenhoff II 220 den ON. Nassogne im belgischen Luxemburg verglichen, 8.Jh. Nasaga (Geograph v. Ravenna), 687 (F. 12.Jh.) Nasaniam, l.H. 11 J h . (K. 12.-13.Jh.) Nasania usw.62 Häufig sind Ortsnamen in den Niederlanden, Frankreich und Belgien: Naat, O N . bei Aalst/Ost-Flandern, 1185 NaatNate, ON. bei St. Omer, um 1350 le Nate, 1350 le NateM; Natoy, ON. bei Lambres, 1362 de Natoy; Natoy,
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Wahrscheinlich verschrieben für *Nasougae (Bach, Taunus 105). Gysseling II 729; Bach, Taunus 105. Bach, Taunus 105. Bach, Taunus 107; MB. 37,201. S. Bach, Taunus 122; die Erklärung von Jungmann, ZONF. 6(1930)224 aus franz. naisir, einer „vorgall. Bezeichnung für das Rösten des Flachses" kann kaum überzeugen. Bach, Taunus 107; der Name enthält offenbar die Kollektivendung -ahi. Bach, Taunus 105. Bach, Taunus 106. Die Verknüpfung mit dt. Netz „Fischfang" (Jungmann, ZONF. 6,1930,224) überzeugt jedenfalls nicht; dagegen: H. Krähe, BNF. 7,1956,2, Anm. 2. Eichler-Walther, DS.20, S.213 mit der Bemerkung: „Ort in der nassen, wasserreichen Aue". Lebel 225. Gysseling 11,729; s. auch Bach, Taunus 106. Gysseling 11,727. De Flou XI, Sp. 119f.
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ON. bei Rebecques, 1299 Le Natoi; Natoy, ON. bei Roquetoire, 1634 du Nattoy6i; Nete, ON. Hazebrouck, 1679 la Nete66; Nete, FlurN. RousselareBuiten67; Nete, FlurN. Rumbeke, 1902 de Nete6*; Nete, FlurN. Zedelghem69; Nethen, ON. in Brabant, 1147 (Κ. 13. Jh.) Netines, 1163 u.ö. Netenes7°; hierher gehört wahrscheinlich auch der in den Corveyer Traditionen erwähnte O N . ca. 968-69 villa que Natinun dicitur7'. Fern bleiben Natenstedt, Kr. Hoya, 1289 in Nottenstede usw., da die Belege72 auf Not(t)- weisen und Natbergen bei Osnabrück, alt NarthbergP. Aus England lassen sich nach A.H. Smith II 48 einige wenige Namen beibringen: Nateley, O N . in Hampshire (Kompositum mit leah), und Nation, Notgrove, zwei ON. in Gloucestershire. Wahrscheinlich gehört hierher74 auch der ΟΝ. Νafford in Worcestershire, 1086 Nadford, ca. 1220 (Κ. 15. Jh.) Nasford, 1290 Nafford. Aus Skandinavien ist mir bisher nur ein O N . bekannt geworden: Nätra in Ângermanland, dazu Nätraan, nach Bandle 21 -d- kennen, so Notec, Natisso, Notis, Natangen usw. Die Kartierung zeigt sehr deutlich, daß es einen Schwerpunkt der Bildungen mit dem Wechsel *-t- > gibt: er liegt zwischen Elbe, Rhein und Main. Er hebt sich vor allem durch die altertümlicheren Bildungen wie x~Natja, Natisa (> Neetze) usw. ab. Ausstrahlungen aus diesem Zentrum heraus sind klar erkennbar: sie führen nach Flandern, England, Süddeutschland und Osterreich. Dabei handelt es sich durchweg um junge, einzelsprachliche Bildungen, die auf der germ. Sippe um *nata- „naß" basieren. Der Dentalwechsel ist bei diesen Bildungen zweifellos bereits in der Ableitungsgrundlage durchgeführt worden. Auffallend ist der geringe Anteil Skandinaviens an der Verbreitung. Nach A. Lindqvist95 hat das Nordische (wie das Anglofriesische) das germanische Wort außer in Namen in vorgeschichtlicher Zeit verloren. Der Verlust im appellativischen Bereich ist nicht so bedeutsam; wichtiger ist die Tatsache, daß das Kontinentalgermanische an der Namenverbreitung deutlich (und vor allem mit den altertümlicheren Bildungen) Anteil hat. Man mag versucht sein, dieses als ein zufälliges Produkt einer gezielten Auswahl anzusehen. Wir werden jedoch bald sehen, daß diese Verbreitung keineswegs als Einzelfall zu betrachten ist, sondern in einen größeren Zusammenhang gehört. Daher sollen weitere Schlüsse vorerst zurückgestellt werden. Immerhin ist schon jetzt deutlich geworden, daß sich Namentypen, die wir einer baltischslavisch-germanischen Schicht zurechnen dürfen, mit dem Fall um germ. *nata- „naß, feucht" decken.
b. AltDie Diskussion um Fluß- und Ortsnamen, die in einer Beziehung zu einem Ansatz *Alt- stehen, ist sehr verwickelt. Ich möchte an dieser Stelle nicht die gesamte Auseinandersetzung wiedergeben, sondern nur an einem Punkt ein-
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Studier i modern sprâkvetenskap 19(1956)69 f.
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haken, der unter der Berücksichtigung des oben angesprochenen Dentalwechsels für das Germanische von Bedeutung sein könnte. Ausgehend von verschiedenen Namen Norddeutschlands (z.B. von Elten und Altena), hat H. Kuhn96 gefolgert, daß sie von dem Germanischen erst sehr spät erfaßt worden sind. R. Möller, der sich sehr intensiv mit diesem Thema befaßt hat97, hat H. Kuhns Ansicht wie folgt zusammengefaßt: Diese Namen „fallen mit vielen anderen . . . dadurch auf, daß sie auf -t- und nicht wie zu erwarten auf -d- lauten . . . (müßten) -d- (< germ, p < idg. t) aufweisen . . . , wie e s . . . im ältesten germanischen Siedlungsgebiet der Name Aldenau, heute Schmiedau, . . . zeigt oder der Name Ollen (< Aldena), ein Nebenfluß der Hunte" 98 H. Kuhn selbst hat nach Vorstellung von sehr unterschiedlichem Ortsnamenmaterial aus weiten Bereichen Nord- und Mitteleuropas auf Grund der seiner Ansicht nach fehlenden Lautverschiebung eine wichtige Konsequenz gezogen, die mit dem oben angesprochenen Dentalwechsel in Übereinstimmung gebracht werden kann. Als normal verschöbe Namen können nach Kuhn angesehen werden: zahlreiche v4/¿-Namen in Norwegen und Island99, weiter hat es „in Norwegen . . . ein Elda, eine Form mit Umlaut, als Fluß- und Bachnamen wohl an 10 Stellen gegeben"100. Wahrscheinlich sind diese Namen anzuschließen an aida (in Norwegen und Island) „hohe Welle, Bodenwelle, Höhenzug, Wellental, Talsohle, durch die ein Bach fließt"101. H. Kuhn nennt weiter die Eide, Nfl. der Elbe, „mit dem Ort Eldena, alt Elda, Eldia ( - norw. Elda)"102, und Alte ja > Aldeyw\ Dem gegenüber stehen Namen, die im Lautverschiebungsstand Unregelmäßigkeiten zeigen. Bei H. Kuhn heißt es dazu: „Die Λ/t-Namen, die im Innern dieses weiten Ringes daheim sind, haben, soweit erkennbar und sicher, das unverschobene i" 104 . Im einzelnen nennt er dann: Elten am Niederrhein, Elz (Bergname westl. Helmstedt, mit dem Zusatz: „Es ist aber unklar, ob in Elz eine Alt- oder Aid-Form zugrunde liegt"), Altena, Altenau (zur Oker, „früher Nete genannt"), Altena oder Altenau (—¥ Alme südl. Paderborn), Het Land van Altena, südl. der Maasmündung, Eltingen bei Duiven (Gelderland), „vielleicht mit Elten, das nur 12 km entfernt ist, zusammenhängend", das hannoversche Adelsgeschlecht von Alten-, für unsicher hält er Eltern (bei Haselünne) und Altenau (an den Quellbächen der Oker im Harz). R. Möller
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Kleine Schriften III 136-138. R. Möller, Alt. Bedeutungsentfaltung beim Appellativ und Benennungsvielfalt beim Namenwort, Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S. 201-212. R. Möller, a.a.O., S.205. Zu Einzelheiten s. Kuhn, Kleine Schriften III 137 und R. Möller, a.a.O., S.206. Kuhn, Kleine Schriften III 137. R. Möller, a.a.O., S.207. H. Kuhn, Kleine Schriften III 137. Ebda., S. 131. H. Kuhn, Kleine Schriften III 138.
Ali-
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hat H. Kuhns Ansicht wie folgt wiedergegeben: diese Namen „fallen mit vielen anderen von ihm angeführten Namen dadurch auf, daß sie auf -t- und nicht wie zu erwarten auf -d- lauten. Er verbucht diese Namen deshalb als Beweis für seine Annahme einer späten Germanisierung des .Nordwestblocks', da die Namen sonst hier von der germanischen Lautverschiebung erfaßt worden wären und dann -d- (< germ, p < idg. t) aufweisen müßten, wie es nach ihm im ältesten germanischen Siedlungsgebiet der Name Aldenau, heute Schmiedau, ein Nebenfluß der Stör im Kreis Steinburg . . . zeigt oder der Name Ollen (< Aldena), ein Nebenfluß der Hunte .. Λ 105 Auf drei Aspekte möchte ich etwas näher eingehen: 1. "'Alt- in der alteuropäischen Hydronymie; 2. H. Kuhns Material, das durch die germanische Lautverschiebung geprägt sein soll und 3. Angeblich unverschobene Namen in Norddeutschland. 1. An der Zugehörigkeit eines Ansatzes "'Alt- zur alteuropäischen Hydronymie ist gezweifelt worden. So lehnte W.-A. v. Reitzenstein106 einen Zusammenhang des FIN. Alz (bei Seebruck am Chiemsee), alt Alzissa, Alzussa, Altisone, Altz mit der voreinzelsprachlichen Gewässernamenschicht ab, da „es sich (erstens) um einen kurzen und unbedeutenden Wasserlauf handelt und (zweitens) wirklich sichere Parallelen mit i-Formans hierzu selten sind".107 Auch A. Greule 194 ff. trennte den Namen des Rheinzuflusses Elz von der alteuropäischen Hydronymie, da Alt- hauptsächlich auf keltischem Gebiet zu Hause sei. Zudem komme eine t-Erweiterung in alteuropäischen Flußnamen nur selten vor. Daher stellte A. Greule den Namen zu mittelir. alt „Höhe, Ufer, Küste" und weiter zu lat. altus „hoch" und nhd. alt (das zu idg. *al„wachsen" gehört). „Der Name der Elz wäre dann erst nach der ersten Lautverschiebung von der keltischen Vorbevölkerung übernommen worden".108 Inzwischen sind an dieser Auffassung aber Zweifel angebracht. Verwiesen sei auf folgende Namen und Arbeiten: ein -i-haltiges Suffix liegt u.a. in dem Namen des ca. 700 km langen Balkanflusses Alt, rumän., ungar. Olt, vor; als Grundform ist wahrscheinlich *Alutos anzusetzen109. Zahlreiche Namen (nicht nur, aber auch Gewässernamen) aus dem Baltikum und vom Balkan haben H. Krähe, BNF. 15(1964)17f., I. Duridanov 16 und A. Vanagas, LHEZ. 40 zusammengestellt, so Άλτΐνα, 'Άλτο/, Altinum, Altiyi, Altene, Altenes-purvs, Al'ta, Altus u. a. m. Weiter müssen hier genannt werden Oteppe, 1034 Altapia110, Elz, Zufluß z. Mosel, < *Altiaxn, Authie < Alteia, Zufluß d.
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R. Möller, Gießener Flurnamenkolloquium, S. 205. Blätter für oberdeutsche Namenforschung 17(1980)27ff. R. Möller, a.a.O., S.208. R. Möller, a.a.O. 208. S.Schramm 193ff., dazu vgl. W.P. Schmid, BNF. 17(1982)464, der offen läßt, ob von "al- oder *alt- auszugehen ist und resümiert: „Wahrscheinlich gab es auf dem Balkan wie im Germanischen und Baltischen beide Wurzelformen". Dittmaier, apa 17; Kvaran 27. Th. Geiger, BNF. 16(1965)122; Kvaran 27.
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Atlantischen Ozeans112, Alz < *Altissa, Nfl. d. Inn113, Alt, FIN. in England, 1184-90 (K. 1268) Altu\ Alter, Altern, Nebenflüsse der Isar115 u.a.m. Von besonderer Bedeutung ist auch die Existenz einer ablautenden Nebenform *Eltisa > *Iltisa > Ilz, Nfl. d. Donau116. Der Osten, den wir hier außer den baltischen Parallelen unberücksichtigt gelassen haben, bietet mit Sicherheit weiteres Material: es darf ja nicht übersehen werden, daß die slavische Liquidametathese ein ererbtes '''Alt- zu Lat- (oder Lot-) umgestalten würde. Es besteht somit kein Grund, an der Existenz einer alteuropäischen Sippe um idg. y'alt-/olt- zu zweifeln. 2.) Wie oben ausgeführt, sieht H. Kuhn in einigen ^4/t-Namen des germanischen Sprachgebiets Reflexe der germanischen Lautverschiebung: Ollen (< Aldena, Nfl. der Hunte); Aid-, Elda in Skandinavien; Eide, Zufluß der Elbe; Altëja > Aldey; Aldenau, heute Schmiedau, Störzufluß. In aller Kürze sei auf diese Beispiele eingegangen. Der FIN. Ollen geht in der Tat auf Aldena zurück; das zeigen die folgenden Belege: 1049 in alveum fluvii Aldena117,1063 (K. 14.Jh.) inter ... Aldenam118, 1158 (A.) inter ... Aldenam119. Die Überlieferung zeigt durchweg -d-, als Suffix ist -n- anzusetzen120. Damit wird eine Herleitung aus *-t- über fraglich, wahrscheinlich unmöglich. - Die zahlreichen skandinavischen Namen Elda usw. sind einzelsprachlicher Herkunft, s. O. Rygh 40. - Aldey ist ein Flurname bei Arolsen. Ohne die Kenntnis älterer Belege ist eine Beurteilung des Namens nicht zu leisten. Es ist aber höchst zweifelhaft, daß dieser FlurN. in sich Spuren eines vorgermanischen Substrats tragen soll. - Zur Eide·. Schon J. Rozwadowski 158 hat für diesen FIN. einen Ansatz *eldhà oder *eltä erwogen, entschied sich später (S. 162) für die zweite Möglichkeit. I. Duridanov 15 stellt unseren Namen - allerdings unter Bezug auf V.N. Toporov, Slavica Pragensia 8,1966,259 und mit der Bemerkung „baltisches Relikt" 121 - zusammen mit anderen -¿-Bildungen zu lett. eld-eris „mit Kot und Jauche gefüllte Grube". Damit wird der Blick auf das Baltische gerichtet und die Wahrscheinlichkeit, daß nicht von sondern von ''-db- auszugehen ist, erhöht sich. Man vergleiche: lit. GNN. wie Aldikis, evtl. (ablautend?) Ildikasni, weiterhin wichtig die Bemerkungen von V.N. Toporov II 24, der den ostpreuß. Namen Eldithen mit dem eben genannten
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H. Krähe, Β NF. 15(1964)17. Kvaran 27; H. Krähe, a.a.O. Ekwall, E R N . 9 f.; Kvaran 27. W. Snyder, BNF. 16(1956)178; Kvaran 27. H. Krähe, a.a.O., S. 18. MGH. DD. Germ. V 313. Hamb. UB. I 90. Hamb. UB. I 195. R. Möller, Β NF. 16(1981)82. Diese basiert auf der damals von Toporov aufgestellten These eines bait. Substrats im Westslavischen. A. Vanagas, L H E É . 38.
Alt-
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lit. GN. Aldikis < *Eldikis vergleicht sowie auf lett. GNN. wie Aldas, Aide, Aldes-valks u.a.m. verweist, das lit. Appellativum aldeti heranzieht und schließlich bemerkt: „O gidronimiceskom körne "'eldh- (sr. Eide ν bass. Elby - Laby) sr. Rozwadowski . . . " . Diese Annahme steht in vollem Einklang mit der historischen Uberlieferung des mecklenburgischen FIN. Eide. Der Fluß gab mehreren Siedlungen seinen Namen: Eldena, O N . Kr. Ludwigslust, 1252 Eldena, 1270 in Eldena123, Eidenburg, 1420/24 to geldenitze, 1465 die geldenitze, 1488 zu der Eidenburg124, Eldena bei Greifswald125, 1193-99 Hilda, 1204 Hilda sive Ilde126, liegt an dem Fluß Ryck, 1241 Hildam fluvium12?. Der Fluß selbst erscheint in den ältesten Quellen wie folgt: 786 (F. 11./12. Jh.) in Eidam, 946 (A.) Eldia, 1167 in Eldenam ... decursum Eldene128. Nach T. Witkowski ist „zur Namenbildung . . . offensichtlich ein ide. i-Element (wahrscheinlich -to-) verwendet worden. Wohl über germ. *Ilda (< *IlJ>a) ist der Name von den Slawen als *Ilda übernommen worden"129, ähnlich hat G. Schlimpert130 argumentiert: „geht auf eine germ. Gf. 'ΆIdia oder *Elda zurück, deren -d- aus einem ide. ::'-t- hervorgegangen ist". Die frühe Überlieferung des FIN. spricht m.E. gegen diese Herleitung. Bei einer Deutung aus *Altia fehlt ein Hinweis auf das entstandene p. Zieht man die östlichen Parallelen aus dem Baltikum heran, spricht alles dafür, von einer Grundform *Aldh-ia auszugehen. Damit ist auch dieser Name aus der Liste H. Kuhns zu streichen. - Es bleibt nun noch die Aldenau, heute Schmiedau, ein Nfl. der Stör in Schleswig-Holstein. Der Name erscheint nur zweimal in den Quellen: 1148 (F. um 1180, A. 12.Jh.) inter ... Aldenov, um 1200 (A. 13.Jh.) inter... et Aldenovm. W. Laur hat sich mehrfach mit diesem Namen beschäftigt, zuletzt in BNF.NF. 16(1981)115. Die späte Überlieferung hilft uns in diesem Fall nicht bei der Deutung. W. Laur folgt den Überlegungen von H. Kuhn und R. Möller und nimmt eine normale Entwicklung < Alp-n- < Alt-η- an. Dieses kann so sein, möglich ist aber auch eine Herleitung aus *Aldh-n-. Somit bliebe dieser Name der einzige aus H. Kuhns Auflistung, der für die „normale" Entwicklung eines idg. *-t- > germ, -p- > -d- sprechen würde. Angesichts der vorgebrachten These ist dieses einfach zu wenig. Aber es bleibt noch ein dritter Punkt aus H. Kuhns Überlegungen zu *Alt- übrig.
123 -j· Witkowski, Die Ortsnamen des Kreises Greifswald, Weimar 1978, S. 54. 124 S. Wauer, Die Ortsnamen der Prignitz, Weimar 1989, S.92f. mit weiteren, von dem FIN. abgeleiteten Ortsnamen. 125 Nach T. Witkowski, a. a. O. 53 offenbar beeinflußt von dem FIN. Eide und dem O N . Eldena, Kr. Ludwigslust. 126 ·ρ Witkowski, Die Ortsnamen des Kreises Greifswald, Weimar 1978, S.52. 127 Ebda. 53,54. 128 Ebda. 54. 129 Ebda. 54. 130 Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 20(1986)26. 131 Hydr. Germ. A 16, S. 305.
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Konsonantenwechsel
3.) Nach seiner Auffassung gibt es im Zentrum der über Europa verstreuten Λ/ί-Namen ein germanisch besiedeltes Gebiet mit angeblich unterschobenen Namen, das für späte Germanisierung sprechen soll. Wie oben schon erwähnt, sind dieses Elten (am Niederrhein), Elz (Bergname bei Helmstedt), der ON. Altena, Altenau (-» Oker), Altena oder Altenau (FIN. bei Paderborn), Het Land van Altena (an der Maasmündung), Eltingen und Elten (Gelderland), von Alten (Adelsgeschlecht). Die unsicheren Fälle lasse ich beiseite. Eine genauere Prüfung des Materials ist notwendig. Im einzelnen ist zu den Namen zu bemerken: a.) Elten am Niederrhein. Nach H. Kuhn ist der Name alt erwähnt als in monte, qui dicitur Altina. Gysseling kennt diesen Beleg nicht. Die ältesten Formen lauten 944 Eltnon, 10.-ll.Jh. (K. 11 Jh.) E Ith ina, (1021-24) (Κ. Ende 11. Jh.) Eltnensis, ad montem Eltnçni. Da es sich um einen alten Bergnamen handelt, sieht R. Möller Probleme, ihn mit idg. ~~al-t- „fließen" zu verbinden. Zu beachten ist auch der ON. Hochelten in unmittelbarer Nähe von Elten. Eine sichere Deutung fehlt bisher, aber man wird mit R. Möller sagen können, daß die Zugehörigkeit zu der alteuropäischen Sippe mehr als fraglich ist. Die Beurteilung des Dentals bleibt ebenfalls unsicher. b.) Der Bergname Elz bei Helmstedt war für H. Kuhn selbst nicht sehr belastbar, denn er hielt es für „unklar, ob in Elz eine Alt- oder Aid-Form zugrunde liegt". Wahrscheinlich trifft keine der beiden Varianten zu, denn „Der Eis gehörte 1570 . . . zum Amt Schöningen"133. Somit bleibt dieser Name fern. c.) Altena, ON. in Westfalen, liegt an einem Gewässer und ist nach H. Kuhn, H. Jellinghaus und R. Möller alt belegt als Altana, Alzna, Alzena, Altena, Altina, Alcena, Althena. Man könnte auf einen alten Gewässernamen schließen. Bedenken ergeben sich aber durch die Tatsache, daß es eine ganze Reihe von Ortsnamen-Entsprechungen gibt: Altena bei Brugge, 1395 altena, Altena bei Aardenburg, 1412 altena·, Altena, in Zeeuwsch-Viaanderen, 1604 Altena-, Altena bei Moerkerle, 1325 Altena, 1650 Altona·, Altena bei Brugge, 1665 Altena-, Altena bei Adeghem, 1641 haltenavylH. H. Kuhn hatte auch ein Gebiet südl. der Maasmündung Het Land van Altena herangezogen. Dieses ist jetzt gut bezeugt: 1143 Theodericus de Altena, 1145 (K. 2. H. 12.Jh.) Toedricus de Altena usw., ob wirklich „naam van een geslacht dat van eiders kwam"135? Schließlich ist noch ein GN. zu nennen: Altena(ken), 1303 althenaUb. Eine überzeugende Deutung für diese ON. steht noch aus. Es ist aber kaum anzunehmen, daß sie mit der alteuropäischen Sippe um *Alt- in Verbindung stehen, und es ist auch mehr als zweifelhaft, daß in ihnen die germanische Lautverschiebung nicht stattgefunden haben soll.
132 133 134 135 136
Gysseling I 314. Kleinau I 175. De Flou I, Sp. 213 f., vgl. auch Loon 102 LNT. 64 f. Kerapeneers, Hoegaarden 20.
Alt-
67
d.) Altena oder Altenau, Nfl. d. Alme südl. Paderborn. Diese Angabe enthält einige Fehler. Es handelt sich um die Altenau, ein Zufluß z. Lohme (—» Alme)137. Den Namen behandelt D. Schmidt 128, allerdings referiert sie nur den Vorschlag von H. Kuhn. Es gibt keine älteren Belege für den Flußnamen. Sollte man allein auf Zeugnissen aus dem 19. und 20. Jh. auf einen sehr alten Namen mit fehlender germanischer Lautverschiebung schließen? Daran gibt es erhebliche Zweifel. Man vergleiche auch den folgenden Fall. e.) Altenau, r. Nfl. der Oker bei Halchter. Der Fluß trug früher den Namen Net(t)e (vgl. oben bei der Behandlung der entsprechenden Namen) mit den Belegen 997 Net, 1278 Net, 1575 Netteflus, 1573 ney Nette grafftm. Erst dann tritt die heutige Bezheichnung auf: 1743 Altena, 1760 Altonam. Die Uberlieferung spricht für sich. Auch für diesen jungen Namen nimmt H. Kuhn an, daß er nicht durch die germanische Lautverschiebung gegangen sei. Das ist umso unglaubwürdiger, als der ältere Name des Flusse den alten Wandel *-t> *-d- enthält. Die Variante Altenau wird daher wohl mit hoher Wahrscheinlichkeit ein junger Name sein. f.) Eltingen bei Duiven (Gelderland), das nach H. Kuhn „vielleicht mit Elten, das nur 12 km entfernt ist, zusammenhängt", hat schon R. Möller140 aufgrund des ältesten Beleges 838 (K. 10. Jh.) alatingam mit Recht von den Λ/ί-Namen getrennt. g.) Es bleibt noch das hannoversche Adelsgeschlecht von Alten. Es ist nicht ausgeschlossen, daß dieser Familienname ein Herkunftsname ist. Dafür bietet sich der O N . Ahlten bei Lehrte an. Er erscheint z.B. 1183 als Alten, Altin und wird von L. Bückmann 129 fragend mit germ. Alah-tûn „Tempelzaun" verbunden. Diese Deutung ist durchaus möglich, man vergleiche die nicht wenigen Bildungen mit germ, alah bei Förstemann II,1,67 f. Die Abschwächung von -tun > -ten findet sich in Anderten, Beesten, Dörnten u.a.m. wieder. Der Familienname von Alten bleibt somit ebenfalls besser fern. Damit können wir die Sichtung der von H. Kuhn genannten Fälle, die dafür sprechen sollen, daß in ihnen die Germanisierung erst sehr spät eingesetzt hat, beenden und ein Fazit ziehen. 1. An der Existenz einer alteuropäischen Namensippe um *Al-t-F'Ol-tkann nicht gezweifelt werden. 2. Die mutmaßlich „korrekt" verschobenen Namen Aldena, Elda, Aldey, Aldenau und Eide sind bis auf die Aldenau zu streichen. In ihnen liegt zumeist *-dh- vor. 3. Die angeblich nicht verschobenen Typen um Elten, Elz, Altena, Altenau, Eltingen und von Alten überzeugen in ihrer Mehrheit ebenfalls nicht. Vollkom-
137 138 139 140 141
S. Hydr. Germ. A 6, S. 3. Kleinau I 14. Ebda. Gießener Flurnamenkolloquium, S.209. Gysseling I 314.
68
Konsonantenwechsel
men zu streichen sind Elz, Eltingen, Altenau und von Alten, eher belastbar sind schon Elten und die zahlreichen Altena-Namen. Aber auch diese machen vielfach einen jüngeren Eindruck. Wenn dennoch der eine oder andere Fall der norddeutschen Zl/i-Namen aller Kritik standhält, wozu z.B. der bisher schon herangezogene, aber als Gewässername nicht sicher erkannte Name Altenau im Harz gehören wird142, so sei schließlich und endlich auch noch auf eine Möglichkeit verwiesen, die oben bei der Diskussion von Nette und Netze ausführlich zur Sprache gekommen ist: es ist nicht ausgeschlossen, daß ein idg. Ansatz *Alt- einem frühen Dentalwechsel > "'Aid- unterzogen wurde, der im germ. Gebiet durch die 1. Lautverschiebung zu "'Alt- führte143. Diese Konsequenz mag jetzt noch etwas hypothetisch klingen. Die weitere Untersuchung des Konsonantenwechsels wird jedoch weiteres Material beibringen und dadurch vielleicht das Urteil auch über die v4/i-Namen beeinflussen.
2. Außergermanisch
: germanisch *£-
Appellativisch ist der hier zu behandelnde entgegengesetzte Wechsel ebenfalls nachweisbar. Mir sind die folgenden Beispiele aufgefallen: ahd. swedan „brennen", mhd. swaden, swadem, nhd. Schwade (vielleicht weiter verwandt mit aisl. svida „brennen"144), < *sueit- gegenüber lit. svidùs „blank, glänzend", lat. sidus „Gestirn" u.a.m.; aind. nid-, nidâ, nidà „Schmähung, Tadel" gegenüber got. neip „Neid" u.a.m. Gleich mehrere Fälle dieser Art hat E. Seebold diskutiert145. Von diesen scheinen mir belastbar: lat. clädes „Zerstörung, Niederlage, Unglück", percello „schlage nieder, zerstöre" als -d- oder -¿¿-Erweiterung gegenüber altwn. hildr „Kampf", in dem -t- oder -dh- anzusetzen ist; weiterhin altwn. veidr ,Jagd", wozu „ahd. weida Jagd', ae. wtedan,jagen' aus /ruoit-, das mit air.fíadach Jagd' (aus *ueidh-) zusammengestellt werden kann"146, zu vergleichen ist. Schließlich nennt E. Seebold, a. a. O. 456 lat. unda „Woge" gegenüber altwn. udr „Woge", ahd. unda „Welle, Wasser", die „im Auslaut auf idg. -t- zurück[weisen]". Auf die Problematik der germ. Sippe, die neben dem regulären got. watô, dt. Wasser usw. steht, hatte schon Pokorny, IEW. 80 mit der Bemerkung „wie von einer Wzvariante uet-, die aber sonst nirgends gefunden ist", hingewiesen.
142
143
144 145
146
Vgl. etwa 1529 up dem stärksten ffluts, von der Oueker wente vy de altenha, de altenha henup; 1531 an der Altena da die in die Oker fällt usw. (vgl. H. Bauer, Harz-Zeitschrift 33(1981)72). Hier kann unter Umständen auch der in den Trac. Corb. erwähnte ON. Altungunhusen (zu den Einzelheiten s. Schütte, Corvey 246 f.) angeschlossen werden. Kluge-Seebold 657; Pokorny, IEW. 1042. Lautgeschichte und Etymologie, Akten der VI. Fachtagung der Indogermanischen Gesellschaft, Wiesbaden 1980, S. 455 ff. Ebda., S. 456.
"'nid-
/
''Hit-
69
Neben diesen Auffälligkeiten ist auch der Fall einzubeziehen, daß ein außergermanisch belegter wurzel- oder stammauslautender Dental als Media und Tenuis vorliegt, innergermanisch jedoch nur in einer Variante. Ein Musterbeispiel dafür ist idg. *uei-t-/*uei-d-·. auf Tenues gehen zurück aind. veta„rankendes Wassergewächs usw.", apreuß. witwan „Weide" und die Sippe um dt. Weide; die Media enthält die Dentalerweiterung *ueid-H?. Das hier knapp gefaßte Schwanken hat offenbar auch in der Hydro- und Toponymie seine Spuren hinterlassen. Dabei soll es uns im folgenden vor allem darum gehen, ob die gesonderte Entwicklung innerhalb des Germanischen auch toponymisch faßbar ist und ob sich wie in dem obigen Fall um idg. *-t- : germ. *-d- ein geographisch abgrenzbares Gebiet herausarbeiten läßt.
a.) Wied- und Verwandtes Kaum zweifelhaft ist m.E. ein Wechsel *-d > *-r im Wurzelauslaut bei der Sippe um den polnischen GN. Wda (< idg. *uid-a). Da ich die dazu gehörenden Namen schon an anderer Stelle behandelt habe148, beschränke ich mich im folgenden auf eine knappe Auflistung der in Frage kommenden Namen und gebe genauere Informationen über einzelne Namen nur bei neu eingearbeiteten Fällen. Ich beginne mit der Nennung von europäischen Gewässernamen, die zweifelsfrei auf der Wz. *ueid- beruhen. Dazu zähle ich: Wda, Wdzydze, Widawka, Widawa/Weide, Vidnávka/Widna, Weidenau, Widomia/Widoh, Vidante, Wdziçcko/Videnzig(-Bruch) (alle in Polen)149, Weidlingbach nördl. von Wien150, Vidus, Wyda, Vida, Vidua, Foyle, Vdova, Widawa, Weitenbach, Vidina, Veaune, Vesle, Veyle, ad ... Vidrum, Wydomia, Vouge, Vid'ba (mit Vitebsk), Vidbolm. Baltische Parallelen sind etwas unsicher152. Trägt man diese Namen auf eine Karte ein (s. Karte 9, S.70), so zeigt sich, daß die Streuung der Namen eine entscheidende Lücke aufweist: während sowohl der Osten Europas wie der Westen von der Verbreitung betroffen sind, ist das gesamte deutsche Sprachgebiet frei von Namen, die auf *ueid-/''~uid zurückgeführt werden können. Eine Erklärung für diesen Tatbestand gibt schon der appellativische Befund zu erkennen: das Germanische hat an dieser Sippe nur mit î-Formantien Anteil, wie der Hinweis auf ahd. wida „Weide", got. kuna-wida „Fessel" u.a.m. deutlich zeigt. Überträgt man dieses
147 148
149 150 151 152
Pokorny, IEW. 1124. Udolph, Stellung 289-296; ders., in: Ortsnamenwechsel. Bamberger Symposion, Heidelberg 1986, S. 162-165; ders., Neues zur Etymologie des Namens Wien, Osterreichische Namenforschung 13(1985), H.l, S.84f. Udolph, Stellung 289-291. Strittig ist der Name Wien selbst. Udolph, Stellung 294 f. Vgl. ebda., S.295.
70
Konsonantenwechsel
auf den Namenbereich, so wird man mit Hilfe der Tenuis-Variante auch dort fündig. Hierher gehören153: Weidnitz, ON. (< GN.?) bei Burgkunstadt, der ON. 1180 de Widence, 1194 (K.) de Widelize, 1207 de Widenze; Weid -H> Ulster nahe der Rhön, 836 Uueitaha; Weida, Nfl. d. Weißen Elster, 1122 Mosilwita, 1320 an der Wida, 1351 W/da 154 , auch ON., 824 Weitaba, 1122 Withaa, 1143 Wida, 1194 Wide, 121(2) Widha, 1214 Widah, 121(5) Widdah usw.155; Weide —> Querne bei Querfurt, (1180-93) rivulum qui dicitur Wide15i; Wieda, ON. und GN. im Südharz, 1243 Silvam Wida, 1249 aqua Wida, 13. Jh. aqua Wida157, 1268 silva inter aquas Wida et Steina:158; Wied, Nfl. d. Rheins mit den ON. Alt-Wied, Neu-Wied, 1145 de Wetha159, 1155 (K. 12. bzw. 18.
153 154 155 156 157 158
159
J. Udolph, Ortsnamenwechsel. Bamberger Symposion, Heidelberg 1986, S. 162-165. E. Ulbricht 186 mit der Verbindung zu dt. Weide. E. Ulbricht 186. E. Ulbricht 187. Kleinau 705. Witt 13,155; Seelmann, Z O N E 11(1935)26. Man beachte den Vokalismus, der bei Herkunft des FIN. < dt. Weide eigentlich wie bei Steina Diphthong zeigen müßte. MGH. Reg. Germ. IX,255.
"'skeud- / *skeut-
71
Jh.) Wede160, s. auch MGH. Reg. Germ. Χ/1,452); Vida, Nordseezufluß an der deutsch-dänischen Grenze, auch ON. Vidâ, 1271 de Witbœa usw.161; 801 (Κ. Anf. 10.Jh.) Uuidapa, bei Lüdinghausen162; Gau- und ON. Wethau sö. Naumburg, an der Wethau (Wethebach), mit ON. Wettaburg, 976 in pago Uueta vocato, 1012/18 pagus Vedu, 1039 in pago Vveitao163; weiterhin kann angeschlossen werden der FIN. Wiedau (—» Wümme), 1407 wydowe, widowe164. Der Blick auf die Verbreitung (Karte 9, S.70) zeigt, daß die aufgeführten Namen aus dem deutschen Sprachraum die oben angesprochene Lücke füllen. Sie bilden die Bindeglieder zwischen den westeuropäischen und osteuropäischen Gewässernamen. Erneut hat sich gezeigt, daß der germanische Norden an der Verbreitung nicht beteiligt ist. Selbst unter der durchaus berechtigten Annahme, daß mir einige Namen entgangen sein sollten, wird sich das Gesamtbild nur unwesentlich ändern.
b.) * skeud-/*
skeut-
Wie schon bei der Erörterung des Wechsels außergerm. *-t- : germ. *-derwähnt wurde, ist auch im entgegengesetzten Fall, der jetzt zur Debatte steht, zu beobachten, daß außergermanisch nur eine Variante vorliegt, während innerhalb des Germanischen eine Differenzierung in stammauslautende Media und Tenuis eingetreten ist. Einer dieser Fälle ist die schon mehrfach behandelte165 Gruppe der deutschen und skandinavischen Flußnamen um Schunter, Schondra und Skundern. Die idg. Sprachen weisen appellativisch auf einen Ansatz * skeud-. Das zeigen zahlreiche Belege wie aind. skundatë, lit. skudrüs und germ. * skeud- in aisl. skjöta, dt. schießen. Die im auslautenden Dental abweichende Variante *skût- ist appellativisch aber nur im Germanischen bekannt: engl, shudder, dt. schaudern, ags. scüdan, aisl. skynda16i. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang weiterhin, daß die Doppelwurzel auch die eingangs behandelte frühe Nasalierung zeigt: nach Auffassung früherer und neuerer Forschungen oft ein Kennzeichen voreinzelsprachlicher Herkunft. Die Doppelheit in der germanischen Weiterentwicklung zeigt sich nun auch in der Hydronymie. Auf diese Erscheinung wurde schon verschiedentlich
160 161 162 163 164 165
166
MGH. Reg. Germ. IX,434. Hydr. Germ. A 12, S. 199; zur Deutung vgl. jetzt auch W. Laur, BNF. NF. 26(1991)245. Gysseling II 1072. Eichler-Walther, DS.35, S.329: < "'uoid-, U. Scheuermann 260. Die vorgeschlagenen Verbindungen überzeugen kaum. A. Greule 216; H. Krähe, PBB. 69(1947)483-485; ders., Namenforschung, Fs. v. A. Bach, Heidelberg 1965, S.193ff.; A. Schmid, BNF. 13(1962)103f,; S.Strandberg, in: Probleme der Namenbildung, Stockholm 1988, S.18; ders., NoB. 71(1983)143. Auf die Einzelheiten gehe ich hier nicht ein. Sie können der in der vorigen Anmerkung genannten Literatur entnommen werdèn.
72
Konsonantenwechsel
aufmerksam gemacht. Ich zitiere hier nochmals eine Passage von H. Krähe167: „Nach einer Notiz bei Förstemann . . . hat schon Jacob Grimm . . . den Namen der Schunter zu dem Verbum an. scunda, ags. scyndan usw. ,beschleunigen, eilen' gestellt. Grundsätzlich trifft unseres Erachtens diese Verbindung das Richtige . . . [es bleibt] jedoch zu klären: . . . die Unstimmigkeit im wurzelauslautenden Dental". Von den bisher bekannt gewordenen Namen gehen auf *skeud- zurück: Schunter (Nfl. d. Oker), Schondra (Nfl. der Saale, auch ON.), Schutter (Nfl. d. Kinzig und der Donau), Scho(t)zach (Nfl. d. Neckar) und Schüssen, Fluß z. Bodensee. Dabei ist erneut beachtenswert, daß auch nasalierte Formen zur Namenbildung verwendet worden sind. Zur zweiten, nur germanisch (also einzelsprachlich) entwickelten Dentalvariante *skeut- läßt sich nach bisheriger Kenntnis nur der schwedische SN. Skundern (in Södermanland) stellen. Die Verbreitung der Namen (s. Karte 10, S.73) bestätigt diese Erörterungen eindrucksvoll. In diesem Fall ist die Verbreitung der beiden dentalauslautenden Varianten jedoch anders als in den obigen Beispielen gelagert: die kontinentalgermanischen Namen stehen in unmittelbaren Zusammenhang mit den außergermanischen appellativischen Entsprechungen, während der nordgermanische Verwandte eindeutig eine einzelsprachliche, germanische Bildung darstellt. Somit scheinen auch in diesem Fall die kontinentalgermanischen Namen die unmittelbaren Verbindungsglieder zwischen der voreinzelsprachlichen Schicht der alteuropäisch-indogermanischen Hydronyme und den späteren, sekundären Bildungen zu sein. Es gibt noch einen weiteren Unterschied. Während in fast allen bisherigen Verbreitungskarten der Schwerpunkt der kontinentalgermanischen Namen etwa zwischen Rhein, Elbe und Main lag, streuen die *skeud-Belege weiter südlich aus. Allein die Schunter bei Braunschweig trifft in ihrer Lage mit den bisherigen Konzentrationen überein. Der vielleicht wichtigste Punkt der Kartierung liegt daneben vielleicht noch in der doch sehr erheblichen Entfernung zwischen dem nordischen Namen und seinen Verwandten in Deutschland. Diese Differenz besteht allerdings - wie bereits oben ausgeführt - nicht nur in der geographischen Distanz, sondern auch in dem unterschiedlichen Wurzelauslaut. In zwei noch in Druck befindlichen Arbeiten könnte osteuropäisches Material enthalten sein, das hier angeschlossen werden kann. Es ist zum einen der Orts- und Gewässername Szkotowo bzw. Szkotawa, alt Skottaw, Schkottau, Skotaw bei Alienstein, den R. Przybytek (im Druck) mit lett. skuteles, skutul'i „Schaflaus; mit Ungeziefer gefüllter Sack" oder (eher) mit den lit. GNN. Skùtulas, Skutùlè und skutûlè, skutulas „etwas ausgemeißeltes; Quirl, Stab zum Durchrühren" verbindet168, zum andern eventuell der abgegangene
167 168
PBB.69(1947)484. Vgl. auch dies., Onomastica 30(1986)106, 31(1987)47.
*skeud- / *skeut-
73
FIN. Chytra im Gebiet des Westlichen Bug, alt Chytra, der auf *sküt-rzurückgehen kann 169 . Mit diesen Bemerkungen können wir den zweiten Teil der Diskussion eines wurzel- und stammauslautenden Dentalwechsels beenden. Wie die beiden folgenden Abschnitte aber noch zeigen werden, gibt es auch im Bereich der Labiale und Gutturale ganz entsprechende Erscheinungen, die auch topo- und hydronymisch dokumentiert werden können und die weitere wichtige Hinweise auf das Gebiet, in dem es zu einer Entfaltung des Germanischen auf einer indogermanisch-alteuropäischen Grundlage gekommen sein könnte, geben werden.
169
E. Bilut, Hydr. Europ. 10 (im Druck).
74
Konsonantenwechsel
3. Außergermanisch *-p- : germanisch *-bWir beginnen mit dem appellativischen Befund. Einen stamm- bzw. wurzelauslautenden Wechsel im labialen Bereich der idg. Sprachen hat schon K. Brugmann beobachtet. Daraus170 einige Beispiele: *skap- in alat. scaprës, got. skaban „scheren" : *skab- in lat. scabö, lit. skabü-s „schneidend"; reup- in lat. rumpö, ags. réofan : reub- in got. raupja, ahd. rouf[i]u „ich raufe, reiße aus"; '•'dheup- in ahd. tobal „Waldschlucht", aksl. dupl- „hohl" : *dheub- in got. diup-s, lit. dubüs, aksl. di>hrb „Schlucht"; ai. vêpa-tê „er zittert", ahd. sweibôn, weibôn „schweben, schwanken" : lat. vibrò, ahd. wipf „Schwung, rasche Bewegung". Entsprechendes hat auch H. Hirt171 beobachtet. In letzter Zeit hat sich W.P. Schmid mehrfach mit diesem Wechsel befaßt172. Auf seine Anregung hin hat G. Hummel arthand des Materials des IEW. eine Zusammenstellung der einschlägigen Fälle vorgenommen173. Im Gegensatz zum Wechsel bei den Dentalen läßt sich wurzelauslautendes *-b- im Germanischen in sehr vielen Fällen nachweisen, auf eine Zusammenstellung des Materials kann mit Hinweis auf die Sammlung bei G. Hummel verzichtet werden. Eine Illustration aus der Arbeit (vgl. Tabelle 1, S. 75) zeigt sehr deutlich, in welch hohem Maße gerade das Germanische an diesem Wechsel Anteil hat. Besonders auffällig ist dabei, daß im Germanischen fast immer eine Variante mit *-b- vertreten ist. G. Hummel faßte ihre Ergebnisse wie folgt zusammen: aus den Tabellen „läßt sich ablesen, daß die weitaus meisten sekundären Formen im Germanischen vorkommen"174, und weiter: „Es ist zunächst auffällig und überraschend, wie häufig - im Ganzen gesehen - Formen auf idg. *-b vorkommen, wenn man bedenkt, daß dieser Laut doch nach der klassischen Indogermanistik wesentlich seltener sein soll als die anderen Verschlußlaute. Das Germanische und Keltische haben sogar mehr Belege auf idg. *-b als solche auf idg. *-pl"ub. Mit diesen Ergebnissen wird bestätigt, was W.P. Schmid selbst wie folgt formuliert hat: „Setzen denn nicht die deutschen Verben greifen, helfen, laufen, werfen, raufen, taufen, schlafen, schaffen und die Adjektive reif, steif, tief, alle ein idg. *-b- voraus . . .?"176. Eine ähnliche Beobachtung haben auch R. Lühr und K. Matzel gemacht: „Von dem Material des VEW. und eigenen
170
171 172 173
174 175 176
K. Brugmann, Vergleichende Laut-, Stammbildungs- und Flexionslehre der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl., Bd. 1, 2. Hälfte, Straßburg 1897, S.629. Indogermanische Grammatik, Teil 1: Einleitung usw., Heidelberg 1927, S.298. Vgl. z.B. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161. G. Hummel, Unregelmäßigkeiten im labialen Auslaut indogermanischer Wurzelansätze, Magisterarbeit Göttingen 1982. Ebda. 47. Ebda. 42. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161; man vergleiche auch die Zusammenstellung bei G.B. Dzaukjan, VJa. 1982, Nr. 5, S.61f., s. auch G.R. Solta, IF. 79(1974)123ff.
75
b- / ••'-ρTabelle
I:
Wurzel
Verbreitung der idg. Belege mit + - b und
ai. b
ab/p-
ρ
griech.
latJital.
kelt.
germ.
bait.
slaw.
b
b
b
b
Ρ
b
Ρ
b
X X + X + X + X X + X X + X X X X +
Χ χ
+
ρ
ρ
ρ
X X
+
+
+
+ +
+
+ +
?? +
?? +
X +
X +
dheub/pdhreub/peub/p-
+-p
telb/pkeub/pkleub/pkneub/pkuëb/p-
+
lab/p-
+ + +
leub/preib/p-
X +
ρ
Χ + +
? χ χ
+ + + +
?
+ + ?
+
+ +
? ?
+ + +
Sammlungen ausgehend darf . . . mit etwa 45 starken Verben des Germanischen mit inlautendem *-p- gerechnet werden. Für ungefähr ein Drittel von diesen sind brauchbare Etymologien aufgestellt worden; am häufigsten sind Entsprechungen mit -b- im Baltischen und Slawischen".177 Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Beobachtung, daß wie bei den Dentalen eine Nasalinfigierung begegnet. Die Erscheinung des wurzelauslautenden Labialwechsels ist so häufig, daß auf eine Gesamtübersicht verzichtet werden kann. Einige Beispiele seien hier angeführt: *'ab-/ap-; *'dheu-p-/dheu-b- (mit Nasalinfigierung); *dhreup-/ dhreub-; helfen, got. hilpan : lit. selptim; *keub-/keupm; *reib-/reip~; *seip-/ seib- „die den Schluß auf idg. b rechtfertigen"180; * ueib-/ueip-m. Dabei ist - ebenfalls wie bei den Dentalen - auch ein Schwanken innerhalb des Germanischen festzustellen (bei einigen der oben angeführten Beispiele von K. Brugmann ist dieses auch der Fall). Man vergleiche etwa die Bemer-
177 178
179
180 181
KZ. 99(1986)274, Anm. 117. O.S. Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890; s. auch G.R. Solta, IF. 79(1974)123. G. Hummel, op. cit.,S. 16; vgl. Stang 27: „Lit. kaûbras, kaûbr'e ,Hügel, Bodenerhebung, Bergkuppe', kaüburas ,dass.' . . . leti, kauburs ,Hügel'. - Ahd. houf,Haufe', as. hôp, ap. héap . . . Lit. kaûpas .Haufen, Anhäufung', ksl. kupi .Haufen', r. kúpa ,Haufen, Menge' haben ieur. p, und decken sich also nicht mit den genannten bait, und germ. Wörtern. Man könnte sich aber einen Wechsel Tenuis : Media im primären Stamm denken". Pokorny, IEW. 894. In skt. vépati : lat. vibrö, s. C. S. Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890.
76
Konsonantenwechsel
kung von Noreen, Abriß 182: „leur, p (germ. f,b,b) : b (germ, ρ), z.B. ahd. tobal „enges Thal": lit. dubùs „hohl, tief", got. diups, ags. scaban : lat. scabere ,kratzen', ahd. screfôn ,einschneiden' : aisl. skrapa, got. stabs .Element' : ags. stapol,Stütze, Stapel". Aus dem angeführten Material wird deutlich, daß das Germanische in sich schon früh eine starke Neigung entwickelt hatte, idg. *-p- > *-b- umzuformen. Es fragt sich nun, ob dieser Wandel seinen Niederschlag auch im Namenbestand des Germanischen gefunden hat und ob es wie bei den Dentalen geographische Bereiche gibt, in denen diese Erscheinung bevorzugt aufgetreten ist. Die folgenden Überlegungen sind Weiterentwicklungen von Beobachtungen, die mir bei der Behandlung der polnischen Gewässernamen182 aufgefallen waren. Es hatte sich dabei gezeigt, daß in polnischen Gewässernamen vorslavischer Herkunft die *-p-Variante vorherrscht und genaue Parallelen mit *-b- westlich davon, vor allem in Norddeutschland, begegnen. Wir stoßen mit diesen Gedanken in den umstrittenen Bereich der norddeutschen -/»-Namen vor. Die traditionelle Auffassung läßt sich am besten mit einigen Sätzen von H. Walther wiedergeben: „An-, in- und auslautend ρ wurde mit der germ. LV zu / gewandelt. Von ihr nicht erfaßte Namen bewahrten ihr p"ni, aber (in Ortsnamen) ist „p (pp) sehr oft durch Expressivitätserhöhung älterer B- zustandegekommen"184. So rechnet H. Kuhn zu den unverschobenen Namen „den FlßN Lupnitz, sicher zu Recht; den FlßN Apfelstädt sicher zu Recht. Zu ergänzen sind wahrscheinlich: der FlßN Luppe, der FlßN (> O N ) Apol(d)a, falls vorgerm. *Apula; die FlßN Partbe und Pleiße . . . ; die O N und FlßN Pfiffel, Pfiffelbach (wahrscheinlich jedoch jüngere Bildungen mit Lehnwortgut); die FlßN auf -apa .. ."185. Auf einige der hier genannten Namen werden wir noch zurückkommen. Schon jetzt sei aber angemerkt, daß die weitaus der meisten der hier genannten Namen mit dem in Rede stehenden Labialwechsel besser und sinnvoller gedeutet werden können. Vorgermanisches im Sinne von H. Kuhn und seiner Nordwestblock-Theorie wird dadurch in Norddeutschland erheblich zurückgedrängt. Doch dazu wird noch an anderer Stelle ausführlicher zu handeln sein.
a.) *ueip-/*#eibWie oben schon kurz angedeutet wurde, ist den idg. Sprachen eine Doppelwurzel *ueip-/ueib- (auch nasaliert) zuzuweisen. Eine genauere Auflistung der entsprechenden Appellativa erspare ich mir, verwiesen sei nur auf *ueip- in aind. vipra- „erregt, begeistert" sowie "'ueib- in lat. vibrò „sich zitternd 182 183 184 185
Udolph, Stellung. H . Walther, DS.26, S. 124. Ebda. 125. Ebda. 125.
*-b- / *-ρ-
77
bewegen usw.", got. weipan „bekränzen", dt. Wipfel, ags. wimpel usw. Das Germanische weist somit auf *ueib-, das durch die 1. LV. zu *weip- entwickelt wird und daran anschließend den normalen Lautveränderungen der germ. Einzelsprachen unterworfen ist. Wie ich schon an anderer Stelle ausführlich dargelegt habe186, gehen auf eine Wurzelvariante y'uip- zurück: Wieprza/Wipper, Wieprz, Vipava/Vipacco/Wippach, Wipptal, Waipe, Vaipone, GNN. in Polen, Slovenien, Osterreich und dem Baltikum. Etwas genauer soll im folgenden die Labialvariante *ueibbetrachtet werden. In den folgenden Namen sehe ich die germ. Weiterentwicklung *-ueip- > *-ueib-. Besonders häufig sind Bildungen mit -r-Suffix. Sie gehen auf idg. Erbe zurück, in dem -r-Bildungen häufig von der Schwundstufe abgeleitet sind. Man vergleiche187: Wipper, l.z. Thür. Saale, auch ON.; Wipper, 1. Nfl. d. Unstrut; Wipper, GN. bei Duderstadt; Wipfra, Wipfer, r. Nfl. d. Gera, auch ON.; Wupper, Oberlauf Wipper, r. Nfl.d. Rheins, mit den ONN. Schmitzwipper, Oberwipper, Klaswipper, Böswipper, Niederwipper, Wipperfürth, Wipperhof, „so daß es keinen Zweifel unterliegt, daß wir in der Bezeichnung Wipper den alten Siedlungsraumnamen dieser Talschaft zu sehen haben"188; Wipperau, r.z. Ilmenau189; Kleine Wipper/Soolgraben, Nfl. d. Unstrut; Wipper/Wippermühlengraben, Nfl. d. Aller nach J. Schnetz, ZfcPh. 15(1925)214, wahrscheinlich identisch mit Wipper, heute Wipper-Aller, z. oberen Aller bei Vorsfelde190; Wipperteich, „ehem. größter Teich des Landes Braunschweig" bei Velstove, dazu ON. Wipperhaus, Wippermühle, 1366 am Wipperbach zinstem; Wippernbach bei Osnabrück, 1606 erwähnt192; Wippert, GN. bei Hilter, Kr. Iburg193; Wippenbeke, Wg. bei Winterswyk in Gelderland, 1188 Wipperkem; Fipper, FIN. bei Borna195. Neben diesen Bildungen mit -r-Suffix gibt es weitere Namen: Wippe, Nfl. d. Wupper, auch ON. Wippe, hierzu gehören auch196 Wippe bei Leichlingen, 1395 van der Wippe, 1488 zor Wyppen, „der betreffende Bach fällt bei Wippe in die Wupper (Wipper)"; Wippe bei Friesenhagen, 1363 de Wipe·, Wippe bei Wissen-Birken, 1572 Wiepe; man vergleiche ferner Wippe(rbach), Oberlaufname d. Waibach (—> Sieg), 1363 de Wip197; Wippenreit,
186
187
188 189 1.0 1.1 1.2 193 194 1,5 196 197
Udolph, Stellung 296-299, man vergleiche dort auch die Hinweise auf die bisherigen Namenzusammenstellungen und Deutungen. Literaturangaben gebe ich nur zu Namen oder Ergänzungen, die bei Udolph, Stellung 299 f. nicht enthalten waren. A.K. Homberg, RhVjBl. 22(1957)147; vgl. auch Dittmaier, Berg. Land 158 und Barth 50. Belege jetzt in Hydr. Germ. A 16. W. Flechsig, Braunschweigische Heimat 66(1980)16. Kleinau II 716. H. Jellinghaus, Braunschweigisches Magazin 1897,101. H. Jellinghaus, Braunschweigisches Magazin 1897,101. Udolph, Stellung 299; H. Jellinghaus, Braunschweigisches Magazin 1897,101. Göschel 224. Die folgenden Angaben nach Dittmaier, Berg. Land 158. Barth 117,121.
78
Konsonantenwechsel
GN. im Gebiet der Wümme; Wipse-Bach, Nfl. d. Weißen Elster bei Gera; Wippelse, Sumpf bei Kahla; Wippe, FlurN. bei Sottmar198; Wippe, GN. bei Harsewinkel 199 ; Wippelmoor FlurN. bei Vinnen (TK. 25:3212). Besondere Beachtung verdient der ON. und GN. Montplonne im Kanton Ancerville, alt Vemplona, Wimplona200, vermutlich < *Wimpel-lona, der nach Gamillscheg 138 mit dem FIN. Wimpel in der Prov. Antwerpen zu verbinden ist. Er enthält offenbar die oben angesprochene Nasalierung der Doppelwurzel.
1,8
200
H. Jellinghaus, Braunschweigisches Magazin 1897,101. Ebda. Petri 356.
•*-b- / *-p-
79
Nach diesen recht sicher anzuschließenden Namen muß noch auf einige strittige Fälle verwiesen werden. Fraglich ist die Zugehörigkeit des engl. ON. Wype Doles, 1199 Wepe, der nach P.H. Reaney, EPNS. 19,263 vielleicht ae. *wîp fortsetzt und evtl. mit wîpian „wipe" verbunden werden kann. Strittig ist in zweifacher Hinsicht der alte Name des Landes Röbel bei Pritzwalk, 1186 Veprowe, 1197 Weprowe, der offenbar benannt ist nach dem 1330 (u. ö.) überlieferten aqua vulgariter dicta Vipperowsche water201. Zum einen ist fraglich, ob es sich nicht um einen slavischen Namen handelt, zum andern ist für dieses Gebiet momentan nicht entscheidbar, ob die Germanisierung dieses Gebietes zu einer frühen Entwicklung von *-b- < *-p- geführt hat. Auf einen Ansatz *ueib- gehen offenbar noch einige alte FIN. auf der britischen Hauptinsel zurück. H.M. Chadwick202 hat den Namen der Wipper mit den engl. GNN. Weaver in Cheshire (< ags. * Weofre), und Waver in Cumberland verglichen. E.C. Quiggin hat hinzugefügt203: „Auch Weaver in Monmouthshire, alt guefrsduur, walis. Orthographie: Gwefrddwfr". Dieses hat Ekwall, ERN. 443 f. aufgegriffen und dahingehend korrigiert, daß für diese Namen eher von einem vorgerm. Ansatz *Uibrïo- auszugehen ist. Werfen wir nun ein Blick auf die Verbreitung (Karte 11, S. 78). Sie zeigt in eindrucksvoller Weise, daß die auf der germ. Labialvariante aufbauenden Namen zwischen Rhein, Elbe und Main anzutreffen sind. Schleswig-Holstein, Dänemark und der Norden kennen diesen Typus offenbar nicht. Dabei muß erneut betont werden, daß die Verankerung der Wz. ~'ueib- im Germanischen keinerlei Zweifel unterliegt. Umso bemerkenswerter ist die sich in der Karte abzeichnende Tatsache, daß der Norden (im Einklang mit den bisher vorgebrachten übrigen Materialien) erneut keinen Anteil an der Streuung der germ. Namen hat. Die außergermanischen Namen gegen zweifelsfrei auf *%eipzurück. Besonders sichere Vertreter sind die beiden poln. FINN. Wipper/Wieprz und Wieprza. Die Häufung der eindeutig germanischen Bildungen in Norddeutschland wird sich an weiteren Typen bestätigen lassen. b.) Lippe, Lupentia und Verwandtes In dem ersten Fall der Untersuchung von stammauslautendem Labialwechsel hatten wir einen Fall vorgeführt, in dem der entsprechende Wechsel auch im appellativischen Bestand des Germanischen zweifelsfrei nachgewiesen werden kann. Von hieraus ergibt sich nun die Möglichkeit, die Erkenntnis von idg. Doppelwurzeln bzw. des Ubergangs von *-p- > *-b- im Germanischen auf Namensippen anzuwenden, die bisher umstritten waren oder einem vorgermanischen Substrat zugerechnet wurden.
201 202 203
S. Udolph, Stellung 300. Essays and Studies presented to W. Ridgeway, Cambridge 1913, S.320 Ebda., S. 322.
80
Konsonantenwechsel
Einer dieser Fälle ist der N a m e der Lippe. Bisher war dieser N a m e kaum umstritten. Alle Namenforscher waren sich dahingehend einig, daß in ihm ein unverschobenes -p- vorliegt, so äußerte z.B. W. Meid: „Der N a m e der Lippe . . . , alt Lupia mit unverschobenem ρ . . ." 204 , entsprechend hieß es bei H . Krähe 205 : „Lippe ... gehört zu einer ganzen Anzahl weiterer Namen mit dem gleichen Grundelement, darunter auf später deutschem Boden u.a. noch Lupentia ... und Luppe ... Der vorgermanische Charakter des -p- in Lupia > Lippe wird also durch ein umfangreiches Vergleichsmaterial garantiert, und dieses -p- ist von der Germanischen Lautverschiebung nicht erfaßt worden. Die Lippe bleibt also ausserhalb der Grenze zwischen ,Germanisch' und ,Ungermanisch' zur Zeit der Lautverschiebung". Das klingt - für sich genommen - überzeugend. Wir hatten aber sowohl bei der Behandlung des Dental- wie des Labialwechsels immer wieder gesehen, daß gerade auch der Einzugsbereich der Lippe einwandfrei germanische Namen kennt, die im Vergleich mit dem außergermanischen Material einen wurzelauslautenden Konsonantenwechsel enthalten. Geht man unter Einbeziehung dieser Möglichkeit an den Namen der Lippe (und Luppe, Lupentia usw.) heran, so ergeben sich völlig neue Deutungsmöglichkeiten für das angeblich unverschobene -p- in den deutschen Namen. Ich greife auch hier auf die Untersuchung einiger polnischer Gewässernamen zurück 206 und werde die entsprechend notwendigen Literaturangaben nur bei Ergänzungen und Korrekturen nennen. Es empfiehlt sich, mit dem außergermanischen Material zu beginnen. Es ist gerade der Osten Europas, der sichere Vertreter einer idg. Wz. *leup-/*loup-/ *lup- besitzt. Aus der Fülle der Namen (unter denen sich vereinzelt auch einzelsprachliche, sprich: slavische, Bildungen verbergen können), möchte ich hier anführen: aus Polen Lupawa/Lupow, Lupia, Luplanka, Lupiçza/Lupenze, Lupca, Lupka; aus dem bait. Bereich Lupàrie, Lupyna, Lippitz, Luppin·, aus dem übrigen Osteuropa Lupa (mehrfach), Lupenice, Lupenka·, aus den westlich an Deutschland angrenzenden Ländern La Louve, Louve, Loing, La Loue, Loup, Le Loup, Rio de Lupos, Rio de Lupa, Nymphae Lupianae; aus Italien Lupitia, Sublupatia, Lecce (alt Lupiae), Lupie, Lupia. Die Verbreitung dieser Labialvariante (s. Karte 12, S. 81) zeigt ein Bild, das demjenigen der Verbreitungskarten 11 und vor allem 9 ("'ueid-/*ueit-) sehr ähnelt: in einem Gebiet zwischen Oder und Maas fehlen *Z.«/>-Namen. Westlich und östlich davon lassen sich dagegen zahlreiche verwandte Namen belegen (außerhalb der Karte liegende Hydronyme wurden übergangen). Daraus kann man zwei Folgerungen ziehen, die sich aber gegenseitig ausschließen: entweder sind sämtliche dazwischen liegende Lup-Namen dem
204 205 206
BNF. 15(1964)106. Gs. Mosse 227 f. Udolph, Stellung 152 ff.
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Germanischen bekannt geworden, als die 1. Lautverschiebung schon durchgeführt worden ist (also etwa der These von H. Kuhn und dessen Nordwestblock-Theorie entsprechend), oder aber in ihnen liegt eine wurzel- oder stammauslautende Labialvariante, die zu *-b- geführt hat und in der 1. Lautverschiebung zu *-p- umgestaltet worden ist, zugrunde. Es ist an der Zeit, nunmehr mit der Kombination mehrerer Fakten zu arbeiten: in unmittelbarer Nähe von Luppe, Lupnitz (< *Lupentia) und Lippe liegen sowohl Gewässernamen, die den Wechsel *-t- > *-d- (Nat-), *-d- > *-t- (Wieda, Weida), und "-p- > *-b- (Wipper; Wipfra) enthalten. Angesichts dieser Tatsache halte ich es für mehr als unwahrscheinlich, daß demgegenüber in Luppe, Lupnitz und Lippe ein unverschobenes -p- vorliegen sollte. Strittiger ist die Sachlage bei Namen, die an der Grenze des alten germanischen Gebietes liegen. Bei diesen ist kaum zu entscheiden, auf welcher der beiden Varianten der Doppelwurzel *lup-/lub- sie zurückgeführt werden können.
82
Konsonantenwechsel
Unter Einbeziehung dieser Überlegungen stelle ich207 die folgenden Namen zu der germanisch entwickelten Labialvariante *lub-\ Luppe/Alte Luppe/Kleine Luppe/Morluppe, GNN. bei Merseburg; Großen-, Wenigenlupnitz, ONN. bei Eisenach zu einem abgegangenen GN. Lupentia; Lippe, Nfl. d. Rheins. Unter Umständen gibt es für diese Namen auch einen Anschluß im appellativischen Material des Germanischen: E. Eichler u. H. Walther haben erwogen (DS.35, S.95), eine Verbindung zu dt. Luppe „zäher Schmelzfluß", luppen, lüppen „gerinnen machen", ahd. luppa „Lab" herzustellen. Aus semantischen Gründen hat man gewisse Bedenken bei dieser Verknüpfung. Sollte in der Tat eine Beziehung zwischen Namen und Wörtern bestehen, dann kann nur Urverwandtschaft, nicht aber Ableitung von den deutschen Appellativen angenommen werden. Weiterhin können hierher gehören: Lopau, GN. und ON. bei Lüneburg208 und unter Umständen (nicht kartiert) Laupe in Isenbügel, 1417 in der Loepe, ca. 1550 in der Loepen, „der Bach hieß 875 Lopina, der Name wird wohl richtig . . . zu as. hlbpan ,laufen' gestellt . . v g l . die hist. Formen von Laupendahl"209, Laupendahl ist belegt 796 Hlopanheldi, 834 Lopanheldi, vor 850 Lapanheldi210. Strittig in der Zuordnung des Labials ist der Name des St. Veiter Bachs bei Braunau am Inn, 800 Marhliuppa. Die Verbreitung (Karte 12, S.81) zeigt, daß die Lücke in Deutschland durch die Namen von Lippe, Lupnitz und Luppe gefüllt wird. Daß es sich dabei um sehr alte Namen handelt, wird auch durch die Namenbildung (besonders deutlich in Lupnitz < *Lupentia) bestätigt. Strittig sind Lopau bei Lüneburg (zu dt. laufen usw.?) und 800 Marhliuppa. Die drei deutschen Gewässernamen Lippe, * Lupentia und Luppe liegen genau in denjenigen Bereichen, die auch bei anderen, schon behandelten Namenverbreitungen einen Konsonantenwechsel kennen. Im Gegenteil: würde man die drei Gewässernamen ohne Wechsel aus idg. *-p- herleiten wollen, so ständen sie mit ihrem Konsonantismus isoliert und als Fremdkörper inmitten von germanischen Namen. Sieht man in ihnen dagegen den durchgeführtem Wandel *-p- > *-b- > *-p- (1. Lautverschiebung), so passen sie sich mühelos in die sie umgebende Namenlandschaft ein. Die Annahme, daß in ihnen ebenfalls mit einem Konsonantenwechsel gerechnet werden muß, ergibt sich daher nicht zuletzt aus der gemeinsamen Betrachtung mit Namenmaterial, das schon oben behandelt worden ist. Mit den Lippe und Luppe-Namen sind wir in das Zentrum von H. Kuhns Nordwestblock und der These von unverschobenen germanischen Relikten vorgestoßen. Unser nächster Abschnitt führt diese Überlegungen fort und zu einer der umstrittensten Flußnamentypen Nord- und Westdeutschlands, den -ÄpÄ-Namen und der damit zusammenhängenden Probleme eingehen (so bleibt eine Diskussion der Bestimmungswörter außerhalb unserer Betrachtung), sondern nur die Frage stellen, ob der Wechsel des wurzelauslautenden Labials, der in den diskutierten Sippen um *lup-/*lub-, *ueip-/*ueib- usw. doch recht sicher nachgewiesen werden konnte, auch für die ¿pe-Namen Fortschritte bringt. Wenn wir uns daran erinnern, daß auch bei keineswegs kleinen Flüssen Westdeutschlands mit diesem Wechsel gerechnet werden muß (man denke an Lippe und Wupper), und daß die apa-Namen gerade im Bereich der Wupper eine ihrer größten Häufungen aufweisen (vgl. die von H. Dittmaier übenommene Verbreitungskarte; Karte 13, S.84), dann kann man auch annehmen, daß
211 212 213 214 2,5
W. Flechsig 86. H. Krähe, Ält. Flußnamen 93. Das apa-Problem. Untersuchung eines westeuropäischen Flußnamentypus, Louvain 1955. H. Kuhn, ZfdA. 106(1977)336. W.P. Schmid, Gs. Brandenstein 392.
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Konsonantenwechsel
die Λ/λζ-Namen im Konsonantismus dieselbe Entwicklung wie Wupper und Lippe durchgemacht haben und somit von einem stammauslautenden Labialwechsel auszugehen ist. Diese Annahme wird dadurch erhärtet, daß die aus dem Aind. und Bait, bekannte idg. Wz. *ap- „Wasser, Fluß" (aind. äp- „Wasser", apreuß. ape „Fluß") eine Labialvariante "'ab- (z.B. in altir. ab „Fluß"; lat. amnis ist
85
fraglich) neben sich hat, die auch außerhalb des Keltischen und sogar östlich des sich entwickelnden Germanischen zur Namengebung genutzt wurde216, und die selbstverständlich auch im Germanischen vorhanden gewesen sein kann, ja wahrscheinlich sogar muß. Die Lage des Germanischen zwischen Baltisch und Keltisch läßt selbstverständlich beide Möglichkeiten zu. Und so gab es bislang auch zwei Lager, die sich gegenüber standen: einerseits nahm man an, daß die ¿p^-Namen mit einem unverschobenem Grundwort ausgestattet seien (am weitesten ging wohl H. Kuhn mit seiner Erklärung), andererseits hat man schon früh auf die keltischen Verwandten im appellativischen Bereich hingewiesen217. Akzeptiert man eine Grundlage mit so führt dann die erste (germanische) Lautverschiebung die Namen zu -apa/-appe usw., von denen ein Teil der hochdeutschen Verschiebung zu -apf/-aff usw. unterzogen wird. Mit diesen Überlegungen könnten wir das ¿/^-Problem eigentlich schon verlassen. Es gilt jedoch noch auf ein Detail aufmerksam zu machen, daß bisher noch keine Beachtung fand, vielleicht auch nicht von entscheidender Bedeutung ist, aber dennoch nicht ganz außer Acht gelassen werden sollte. Geht man für die apa-Namen von einem wurzelauslautenden Labialwechsel aus, so trifft man sich - wie schon erwähnt - mit entsprechenden Annahmen bei Lippe, Wipper usw. Die Streuung der apa-Namen differiert jedoch in einem Punkt nicht unerheblich von den übrigen Namensippen, in denen ein Konsonantenwechsel angenommen werden darf. Während die ¿/w-Namen bekanntlich bis auf wenige Ausnahmen nur westlich der Weser auftreten (wie ich oben schon erwähnte, vermögen H. Wesches Ergänzungen kaum zu überzeugen), liegt ein Schwerpunkt der übrigen Namen, die einen Konsonantenwechsel aufweisen, auch östlich der Weser zwischen Harz, Elbe und Erzgebirge. Dort aber fehlen die ¿/w-Komposita. Bevor dieses aber als Argument gegen eine Gleichsetzung genutzt werden kann, muß darauf verwiesen werden, daß das Gebiet östlich der Weser zwar kein Ä/M-Kompositum kennt, aber apa als Grundwort. Hierzu gehören Apolda, ON. in Thüringen, 1119 in Apolde, liegt an einem rechten Nfl. d. Ilm, der auf *Apula zurückgehen dürfte218; Apfelstädt, 1. Nfl. d. Gera, auch ON., 775 Aplast, Anf. d. 9. Jhs. Apflosta, 899 Affolesto usw.219, kaum zu idg. *apelo- „Kraft"220, wenig wahrscheinlich auch geminiertes -pp- (so Menke 188), eher -ii-Bildung221 und als *Aplosta/*Aplasta (zur Bildung vgl. Ind-r-ist-a „Innerste") mit Labialwechsel
216 2,7
218 2,9 220 221
Beispiele bei Udolph, Stellung 198 ff. So schon Kauffmann I 68 (mit Hinweis auf Much und andere); vgl. auch W. Krogmann, Zur apa-Frage, BNF. 3(1952)323-327. H. Walther 229. E. Ulbricht 246. H. Walther 235. H. Kuhn III 124 ff.
86
Konsonantenwechsel
zu idg. *ap-/ab- zu stellen222; schließlich Appel, r. Nfl. d. Unstrut bei Laucha223, ein Name, der Verwandte besitzen dürfte in Appel-, Apfelbach, r. Nfl. d. Nahe, 893 Apula224, und 1056 Apula, anderer Name für Taben im Moselgebiet225. Unsicher ist die Zugehörigkeit von Apfelbächen, z.B. Apfel-Bach im Gebiet der Schondra (Fränkische Saale), einem Nfl. d. Ulster in der Rhön und bei einem Flüßchen nördl. von Darmstadt. Sie können unser Wasserwort enthalten, jedoch ebenso auf dt. Apfel(baum)bach zurückgehen. Bei den Belegen aus dem Gebiet der Nahe und der Mosel ist natürlich unklar, ob der anzunehmende Labialwechsel einer frühen germanischen oder der keltischen Entwicklung oder Namengebung zu verdanken ist. Unter Umständen ist auch mit weiteren idg. Sprachen oder Dialekten zu rechnen, von denen wir außer einem eventuellen Niederschlag in der Hydro- und Toponymie keine Kenntnis haben. Für unsere Frage sind vor allem die Namen Apolda, Appel und Apfelstädt interessant. Es sind ja Bildungen, in denen unser idg. Element im Gegensatz zu den -apa-Namen nicht als Grundwort vorliegt, sondern in (allgemein als älter angesehenen) Suffixbildungen. Hinzu kommt, daß als Formans -/- angetreten ist: das weist - nicht ausschließlich, aber doch über den Zufall hinaus auf Verbindungen zur alteuropäischen Hydronymie Osteuropas226. Damit soll nur gesagt werden, daß auch der Raum östlich der Weser apa-Namen kennt; für unsere Frage ist dabei von Bedeutungm, daß diese offenbar ebenfalls den oben behandelten Labialwechsel enthalten. Mit diesen Überlegungen wird ein weiterer Stein aus H. Kuhns Nordwestblock-Theorie herausgebrochen. Wenn die apa-N&m&a. mit einem vorgermanisch/frühgermanischen Labialwechsel auf idg. *ab- zurückgehen, fallen sämtliche Theorien über den angeblich unverschobenen Konsonantenstand in sich zusammen. Im Gegenteil: die apa-Namen wären in diesem Fall geradezu äußerst wichtige Zeugen einer frühen germanischen Namengebung. Zieht man die übrigen hier behandelten Namen und ihre Verbreitung hinzu, so kann man nur konstatieren, daß der Raum, in dem sich die apa-Namen auffinden lassen, zu den alten germanischen Siedlungsgebieten gehören muß. Damit wird eines der Hauptargumente gegen die frühe Germanisierung Nord-, West- und Mitteldeutschlands erschüttert. Zugleich wird die auch immer wieder als Haupthindernis einer Deutung dieser Namen genannte auffallende Diskrepanz zwischen den gut 2/3 germanisch etymologisierbaren Bestimmungswörtern und dem angeblich unverschobenen Grundwort beseitigt: sowohl Grundwort wie die weitaus meisten Bestimmungswörter können aus dem Germanischen
222
223 224
225 226
Vgl. auch F. Weisser, Die Ortsnamen des Land- und Stadtkreises Erfurt, Diss. Leipzig 1974, S. 5 4 - 5 7 . H. Walther 229. Vgl. die Diskussion zwischen H. Kaufmann, Rheinhessische O N N . , München 1976, S . 5 - 7 und K. Elsenbast, A. Greule, Geschichtliche Landeskunde 21(1979)[1980]35-38). A. Greule, BNF. NF. 16(1981)60. Vgl. jetzt etwa Udolph, Stellung 319.
*-b- / *-p-
87
erklärt werden. Daß vereinzelt Bestimmungswörter vorliegen werden, die eine Anknüpfung an Voreinzelsprachliches notwendig machen 227 , steht außer Frage und wird uns auch noch bei anderen Namensippen beschäftigen. Viel wichtiger für die Frage nach der Bedeutung der dpa-Namen für die Entfaltung des Germanischen ist die Tatsache, „daß das alte Wasserwort ap-, das von Osteuropa bis in H . Kuhns Nordwestblock Produktivität zeigt, in Skandinavien völlig fehlt. Das gilt nicht nur für die Suffixbildungen *Apantia, * Apara, "'Apula, sondern auch für das mit -à, -baek, -brö auf einer Stufe stehende -apa"22e. Zieht man die übrigen bisher behandelten Namentypen aus dem Kapitel der balto-slavisch-germanischen Ubereinstimmungen und aus dem Bereich des Konsonantenwechsels hinzu, so ergibt sich eine weitgehende Deckung: keine dieser Namensippen ist in Skandinavien (bis auf wenige Einsprengsel) vertreten. Es ist an der Zeit, die bisher immer wieder vertretene These, die apa-Namen seien „auf einen Raum beschränkt, der in prähistorischer Zeit nicht zu den germanischen Kernlandschaften gehört hat" 229 sehr kritisch zu überprüfen. Zum Abschluß der Diskussion um die apa-Namen sei auf einen Deutungsvorschlag von R. Lühr eingegangen. Sie äußert sich (unter Vorwegnahme einer ausführlicheren Darlegung) wie folgt: „Die Vorform "'aba- der germ. Flußnamen auf -apa {-appo) gegenüber ai. ap- f. ,Wasser' usw. mit der Kontinuante von uridg. *p läßt sich duch die Annahme der «-Gemination im Germanischen erklären. In einem »-stämmigen Paradigma frühurgerm. *ab-ón-, *ab-n-és hat sich in den Casus obliqui der Stamm * a p p - ergeben, aus dem mit analogischem Ausgleich die Stämme "'apö(n)- und *appb(n)- hervorgehen konnten . . ." 230 . Nach reiflicher Überlegung aller Möglichkeiten scheint mir doch die Annahme eines alten, in die Frühzeit des Germanischen reichenden Konsonantenwechsels überzeugender. Dafür spricht nach meiner Auffassung sowohl die identische Konsonantenvariante im Keltischen wie auch die Existenz weiterer Konsonantenwechsel. Die weiteren, nun folgenden Überlegungen führen in dieselbe Richtung.
d.) RipBei der Erörterung der ¿pd-Namen mußten Probleme angeschnitten werden, die in das Verhältnis zwischen germanischen und vor germanischen Hydronymen hineinreichen. Die nun zu erörternde Sippe um ein germanisches Appellativum, das vor allem im Westgermanischen zu Hause ist, führt nicht so weit in die Vergangenheit zurück. Es ist aber vom germanischen Standpunkt von
227 228 229 230
Dazu sind z.B. W.P. Schmids Ergänzungen aus dem Baltikum zu zählen. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 162. Barth 40 mit Hinweis auf Wenskus 299. Nach K. Matzel, Kratylos 34(1989)135f.
88
Konsonantenwechsel
besonderer Bedeutung, da es immer wieder als lateinisches Lehnwort apostrophiert worden ist231. Der erste Eindruck mag dieses auch bestätigen. Unter der Annahme eines Konsonantenwechsels ergeben sich wie bei den apa-Namen jedoch ganz neue Perspektiven. Vor allem das deutsche Küstengebiet kennt ein Wort, das offenbar eine Erhöhung oder einen Abhang, ein Ufer und dergleichen mehr bezeichnet. Es steht in Konkurrenz zu einem homonymen Appellativum, das semantisch in Richtung „Streifen, Striemen" weist. Nicht immer ist eine genaue Trennung möglich. Man vergleiche die folgende Zusammenstellung: ndd. riep „Küste"232, an der Unterweser riep „Küste, Hügelabhang"233. „In den Marschen ist riep ein Seitenweg. [Bei] Dankwerth rip, flache Uferstrecke"234. Es begegnet dort vor allem in Namen und „wird von Detlefsen als holländisch erklärt"235. Das Mittelniederdeutsche kennt es nach H. Jellinghaus, Holst. ON. 292 als riefe „vertiefter Streifen", Kolb 72 verweist auf die ndt. Glossen von Bern: „ripe vel uver, Ii tus; auch ,Rand, Kante': ripe vel spacie (sie!), margo". In Ostfriesland erscheint das Wort als ripe, rip f. „Rand, Ufer-, Straßenrand"236. Nach Witt 175 ist das Wort nicht ganz geklärt, „die parallelen aus den übrigen germanischen Dialekten . . . lassen meist die von ,randstreifen' erkennen. Dohm . . . schließt aus dem urk. beleg vppeme ripe auf die bedeutung ,berg, abhang'". H. Jellinghaus237 stellt hierzu auch thüring. riefe, f. „vertiefter Streifen", was unsicher bleibt (vgl. unten die Bemerkungen von Kolb 71 ff.). Außer niederdeutschen und ostfriesischen Parallelen lassen sich auch aus dem Hochdeutschen, den niederländischen und westfriesischen Dialekten verwandte Wörter anführen, vgl. die Angaben bei Beetstra 250: „ryp...\. stripe län, lange smelle strikjes län. 2. oere fan it wetter (Lat. ripa), rane, kant"; davon abgeleitet ist wohl ripel „lange smelle bank". Förstemann 11,2,598 kennt es als groningisch rijp, riep „Klinkersteig". In der Toponymie der Niederlande ist es gut vertreten: „Komt yn 1,0% fan de plaknammen yn Fryslân foar"238. Ausführlich hat sich Kolb 71-74 mit unserem Wort beschäfigt. Ausgangspunkt seiner Überlegungen ist allerdings dt. dial. (Schweiz) rlff „Streifen, Strich". Dieses vergleicht er mit norweg. dial, und ostschwed. rip, ripa „Kerbe, Streifen", ripo „Striemen, Streifen", das vor allem auf den Shetlands und den Färöern lebendig geblieben ist. An diese Sippe schließt er dt. dial. (Zentralschweiz) Kiffen „Rille an Gegenständen, Furche im Erdboden", auch „die neben dem Fluß sich hinziehende Geschiebefläche, die inselartigen Schuttab-
231 232 233 234 235 236 237 238
Z.B. auch von C. Kandier, S.80f. Jellinghaus 147. Förstemann 11,2,598. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 292; vgl. auch Kandier 81. Ebda. J. ten Doornkaat-Koolman, Wörterbuch der Ostfriesischen Sprache, Bd. III 43. Anglia 20(1898)311. Beetstra 250.
*-b- / *-ρ-
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lagerungen im Flußbette, eine Art Eiländchen" an. Von nhd. Riefe „Rille, vertiefter Streifen" (mit germ. -/-) ist die schweizerdt. Sippe zu trennen. Zusammenfassend äußert Kolb: „''rip- ,Furche, erhöhter Streifen' ist ein alter nord.-alem. Sonderbesitz"239. In der Auseinandersetzung mit dem uns interessierenden Wort kommt er zusamenfassend zu dem Ergebnis: „Die Ausgangsbedeutung von ''rip- scheint mir . . . unmißverständlich hervorzugehen: ''riphieß ,(Fluß-)Ufer", und: „Mit dem alem.-nord. Wort steht dieses ''rip- in keinem Zusammenhang"240. Von den Niederlanden richtet sich der Blick nach England. Hier ist unser Wort schon sehr früh überliefert. A.H. Smith II 84 verzeichnet es als „''rip(p) ,a strip, an edge, a shore, a slope'", das in ae. Quellen wie folgt erscheint: sud fealcing rip od s¿e; ad silbam qui apellatur ripp et ad términos Suthsaxonix241. Middendorff 108 setzt „ae. rip st.m.? Rand, Uferrand" an und verweist auf 946 rip. Im Mittelenglischen erscheint es in der Form ripe „shore, bank"242, neuengl. ist es nach H. Jellinghaus243 als ripe „Uferrand, Schärfholz für Sensen" belegt. Dazu gehört als Ableitung ae. ripel, rippel „a strip of land", das nur in engl. ON. begegnet, so z.B. 968 (andlang) ripie, 909 Myntleage ripie; auch in der Wendung 1033 be repple244. Es gehört nach Smith zu norweg. „ripel,strip' (as in skógar-ripel,strip of wood') 245 und hat dial, als ripple ,a coppice, a thicket' überlebt. Etymologisch verbindet er es mit den oben genannten ndt. und ostfries. Appellativen und den noch zu behandelnden nordischen Entsprechungen246. Auch im Norden gibt es möglicherweise verwandte Wörter: verwiesen wird auf altnord. rtpr, neuisl. ripur „steile Klippe, Klippenspitze; Schrägung eines Hügels"247, norw. dial, rîp „Bootsrand"248, Ekwall, EPN. 388 verbindet die Variante mit -/-Suffix mit norw. ripel „a strip". Sowohl Jellinghaus wie Förstemann erwägen Herkunft aus hrîp bzw. hripr. Kolb verbindet die nordischen Appellativa allerdings nicht mit den westgerm. Wörtern, sondern sucht eine engere Verbindung mit dem Alemannischen. Sehr zweifelhaft ist die Ansicht von Gamillscheg, daß unser Wort in das Französische entlehnt ist und dort weiterlebt in burgundisch ripa „Schrägung, Abhang", „Flußrand", frz. dial, ripa „einen Abhang herabgleiten", lyon. ripa „Flußrand" u. a. m.249; Kolb 73 lehnt dieses entschieden ab. 239 240 241
242 243 244 245 246 247 248 249
Kolb 72. Kolb 72. Dieser Beleg stammt nach Mawer, Problems 55, Moorman 157, Middendorff 108 u.a. aus dem 8. Jh. A.H. Smith II 84. Anglia 20(1898)311. Vgl. Ekwall, ERN. 341; A.H. Smith II 84. Ebenso Ekwall, ERN. 341. Vgl. auch Ekwall, EPN. 388 Jellinghaus 147; Förstemann 11,2,598; Kolb 72. Kolb 72. Gamillscheg 111; Gamillscheg, G. II 71.
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Konsonantenwechsel
Immer wieder hat man vermutet, das germ. Wort sei aus lat. ripa „Ufer, Rand" übernommen worden250. Daß diese Annahme kaum haltbar ist, wird sich auch aus der Kartierung der davon abgeleiteten germanischen Namen ergeben. Aber schon J. Pokorny251 ging bei der Etymologie des Wortes einen anderen Weg. Er setzte "'reip- an, stellte dazu griech. έρείιτω „stürze um (tr.), stürze nieder", griech. (intr.) epeuma n.Pl. „ruinae", griech. έρίττνη „Absturz, Abhang", lat. ripa „steiler Rand, Ufer", aschwed. riva, aisl. rifa „zerreißen" (tr.), nd. ribben „pflücken, Flachs rupfen", ostfries. rif fei „Furche" und „mit/? durch Konsonantendehnung: aisl. rlp ,Oberkante eines Bootes', ostfries. rip(e) ,Rand, Ufer', mhd. rif,Ufer'". An eine Assimilation -pn- > -p- dachten ähnlich K. Brugmann, F. Kluge und W. Streitberg252. Pokorny geht also von einem Ansatz ''reip- aus. Wie oben schon angedeutet worden ist, scheint aber auch eine Rückführung auf *hreip- oder ''hreibim Bereich des Möglichen zu liegen. Wir werden auch bei der Behandlung der Namen auf entsprechende Hinweise stoßen. Es kann aber schon hier bemerkt werden, daß ein Ansatz *hreip- isoliert bleibt und keine weiteren Anschlußmöglichkeiten besitzt. Eine idg. Wz. *kreib- oder *kreip- ist nicht nachweisbar. Somit wird man wohl bei der Wahrscheinlichkeit bleiben müssen, die germ. Appellativa gemeinsam mit den lat. und griech. Äquivalenten auf *reipzurückzuführen. Für unsere Zwecke ist natürlich besonders interessant, daß auch in diesem Fall mit einem Problem im Bereich des wurzelauslautenden Konsonanten gerechnet werden muß. Offenbar gibt es drei Möglichkeiten: 1. Die germ. Sippe ist aus lat. ripa „Ufer" entlehnt. 2. Es liegt eine Konsonantendehnung (vielleicht über *-pn-Y) vor, die zu germ, -p- geführt hat. 3. Die germ. Appellativa gehen auf *reib- zurück und enthalten den schon mehrfach angesprochenen wurzelauslautenden Konsonantenwechsel. Bevor wir einen Entscheidungsversuch wagen, empfiehlt es sich, das Namenmaterial einzubeziehen. Sehr alte Belege, die Verbreitung und ihre Beziehung zu den bisherigen Namentypen können vielleicht Entscheidungshilfen geben. Wir beginnen mit Namen aus Deutschland und stoßen sogleich auf eine Gruppe von Namen, die problematisch ist. Gemeint sind die Ortsnamen Andrup bei Haselünne, Kr. Meppen, 947 Anarupe25i; Andrup, Kr. Osnabrück, 1189 Anripe254 und Antrup bei Lengerich255. In diesen dürfte kaum rip- vorliegen. Anders sieht es wohl mit dem ON. Anreppen, Kr. Büren, 1408 Anrypen,
250
251 252 253 254 255
Vgl. die Hinweise von Middendorff 108, E.v. Lehe, JMM. 33(1952)40 und Hessmann 397 auf J. ten Doornkaat-Koolman, Wörterbuch der Ostfriesischen Sprache, Bd. III 43, s. auch Kolb 72. IEW. 858. Vgl. E. Schwarz, Z O N E 2(1926/27)196. Jellinghaus 148; ders., Osnabrück 4. Jellinghaus 148; Jellinghaus, Osnabrück 4; Förstemann 11,1,143; Abels 69. Jellinghaus, Osnabrück 4.
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Anripe256 aus257. Er dürfte hier genauso zu nennen sein wie die folgenden Toponyme: Avenriep bei Fallingbostel, Ende 14. Jh. to ouemripe258, 1489 Overnrype259; Grevenkoperriep bei Krempe, 1309 in Rype, 1310 in Rypen usw.260; 1013 Burgripi, 1033 Puregriffe, bei Dielmissen, Kr. Holzminden261; 1050 Hriponseli in Westfalen262; Kodekriep, Land b. Neuenbrok, = Kajedeich, Schutzdeichstreifen263; Langeriepe, ON. an der Ems nordöstl. Weener264; Langenriep, OT. von Nordenham265; Neddenriep, OT. von Fallingbostel266; wahrscheinlich auch Reepsholt, Kr. Wittmund, 1158 (K. 14. Jh.) Ripisholth267; Strittig sind Reiffenhausen bei Göttingen, 1100 (F. 12./13.Jh.) Ripenhuson26*, 11 [12?] (F. [12./13. Jh.?]) Ripenhuson269 usw., wahrscheinlich eher zu einem PN. zu stellen270, Reppener bei Kr. Wolfenbüttel, 1221 Repenharde271, und Reppenhorst, Hof im Kr. Steinfurt, 12. Jh. Ripanhorst272. Die folgenden Namen gehören weit eher zu dem ndt. Appellativum: Repshop, Repelskamp, Reppenkamp, FlurN. im Kr. Celle273; die Riebe, FlurN. b. Hornoldendorf in Lippe274; Riep b. Oldensworth, Kr. Nordfriesland275; Riep, ON. bei Schneverdingen276; Riep, Riepe, Rieper Moor, Riepeis Ackern, Riepwiese und weitere FlurN. im Kr. Rotenburg/Wümme, auch O N . Riepe ebda., um 1320 (K. 16. Jh.) in Ripe277·, Riepe, ON. bei Fallingbostel, 1337 de Ripe2n, dort auch O N . Ovenriepe279; Riepe, ON. bei Scheeßel, 1774 Riepe2"0; Riepe, ON. bei Aurich, 890 Riponm, 1431 Rype, 1435 Rype2%2. Die häufigen Hofnamen Riepe bleiben mit Jellinghaus 148 besser beiseite. 256 257 258 259 260 261 262 263 2M 265 266 267 268 269 270 271 272 273 274 275 276 277
278 279 280 281 282
Abels 69; Jellinghaus 148. Vgl. auch unten den ndl. ON. Anreep. Sudendorf VI 54. L. Bückmann 120; Archiv Walsrode 204. S. Hydr. Germ. A 16, S. 132; vgl. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 292. Förstemann 11,1,636. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 292. TK. 25:2810. Müllers Ortsbuch 442. L. Bückmann 120. MGH. Reg. Germ. X/1,356; s. E.v. Lehe, JMM. 33(1952)40. Förstemann 11,2,598. Urk. Eichsfeld; Kühlhorn 111. So Förstemann 11,2,598. Förstemann 11,2,598. Ebda, mit der Bemerkung: „Die ndd. form Repenhuorst deutet kurzes i an." Alpers-Barenscheer 126. Jellinghaus 148. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 292. Müllers Ortsbuch 628. Scheuermann 208; ders., Rotenburger Schriften 24(1966)55 f.; Hessmann 397 mit der Bemerkung: „Nd. rip ,Rand, Uferrand' lebt nur noch in FRN." Archiv Walsrode 102. L. Bückmann 120. Pratje, AuN. VII 141. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; Kandier 81. J. ten Doornkaat-Koolmann, JVNS. 13(1887)156; vgl. auch E.v. Lehe, JMM. 33(1952)40.
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Konsonantenwechsel
Besondere Beachtung verdient m.E. der 1755 erwähnte FlurN. Riepeis Ackern im Kr. Rotenburg/Wümme, dessen Bw. nach U. Scheuermann 208 unsicher ist, aber vermutlich als mask. -/-Bildung zu ripe, rîp „Rand" aufgefaßt werden kann. Wir werden auf diesen Namen bei der Diskussion der engl. Namenparallelen zurückkommen. An weiteren norddeutschen Namen sind mir bekannt geworden: Riepen, ON. bei Bad Nenndorf, 1420 Ripen283; Riepen, Gut bei Warburg284; Riepen-B., Nfl. der lime bei Einbeck, (1356) an dem Rypen285; Auf dem Riepen, BN. bei Hameln, in der Nähe ON. Riepenburg2Sb; 1531 der Rypen bei Welsede287; Riepen, Riepenkamp, FlurN. im Kr. Celle288; Riepenberg, FlurN. bei Evendorf289; Riepenberg, FlurN. bei Wendorf290; Riepenburg, ehem. Schloß bei Bergedorf, 1344 tho der ribemborg (Sudendorf VII 65), 1373 de Rybemborch (Sudendorf IV 251), 1406 Slotes Rybenborch291; Rieper Turm bei Lemgo, 1444 auf dem Riepen (Jellinghaus 147 f.); Riepholm, ON. bei Visselhövede, um 1300 in villa rephollen, 1. Hälfte 14. Jh. to repholne292; Ripdorf, OT. von Uelzen, um 1133 Ripthorp, 1313 Riptorp2n, 1353 inter Deynen et Ripdorpe, versus Ripdorpe usw.294, dort auch FlurN. 1353 infine Ripermoor, versus Ripermor295; Ripen, abgegang. O N . zwischen Gütersloh und Warendorf, 10. Jh. Ripon, 1198 Ripen2%, 1221 Ripen297, 1223 in Ripen™·, 1444 up den Ripen, FlurN. bei Möllenbeck299; ca. 1140 Ripenarth, unbekannt bei Minden300; Ripenlo bei Enningerloh, 1279 duas domus nostras, unam appellatur Ripenlo301; Rippe, ON. bei Rodenberg, 1480 Riepen302; Rippenfuhren, FlurN. im Kr. Celle303; Süderauerriep, ON. bei Süderau, 1306 in loco, qui dicitur Ripen usw.304;
283 284 285 286 287 288 289 290 291 292
293 294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 304
Jellinghaus 147. Ebda. Sudendorf II 307. Förstemann 11,2,598. Jellinghaus 148. Alpers-Barenscheer 126. FlurN.-Sammlung Göttingen. Allerdings 81. Sudendorf X 348; s. auch H. Jellinghaus, Holst. O N N . 292. U. Scheuermann, Rotenburger Schriften 24(1966)49 f.; davon abgeleitete FlurNN. nennt Scheuermann 208. Förstemann 11,2,1577; Matthias 62; Sudendorf VIII 336. UB. Uelzen 72 f. UB. Uelzen 73. Förstemann 11,2,598. Westfäl. UB. III 86 Westfäl. UB. III 103; s. auch Jellinghaus 147. UB. Möllenbeck I 167. Förstemann 11,2,598 mit Hinweis auf den O N . Reppener (s. o.). Westfäl. UB. III 566. Jellinghaus 147. Alpers-Barenscheer 126. Hydr. Germ. A 16,339.
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Suterripe, FlurN. bei Hattstedt305; 1516 die Vroripe, Landstrich bei Schöt306
mar . Aus dem hdt. Bereich werden von verschiedener Seite herangezogen: 1485 Reyffental im Spessart (adj. Ableitung *rïf-ïn-), Reifenstein in Steiermark und Tirol307, Reifenstein bei Birkungen, 1162 Riphinstene308. Die Fülle der Namen zeigt die hohe Produktivität der appellativischen Grundlage in Nord- und Westdeutschland. Damit sind aber noch längst nicht alle Namen erfaßt. Die westlich an Deutschland angrenzenden Gebiete kennen ebenfalls zahlreiche Namen, die hier angeschlossen werden können. Aus den Niederlanden, Belgien und Nordfrankreich lassen sich anführen309: Anreep bei Assen, 1302 Anrepe310, 1597 Anriepe311; Dronrijp, 1132 (F. 13.Jh.) Dennigrip, 1235 (K. 13. Jh.) Drenningrip312; Eagmaryp, alt Accomaripe, Achmaripe, gehört nach Beetstra zu einem „P.N. Akka + ryp = lat. ripa"313; 855 Keddingrip, evtl. bei Westhem, Prov. Friesland314; Rijp, verschiedene Ortsnamen in d. Prov. Groningen, 1. H. 11. Jh. fan them Ripon315; Rip, GN. bei Uitkerke, 1641 Ript; Ripcerp, Sandbank vor Boulogne; Ripehaye, ON. bei Alquines316; Rippegat, GN. bei Lisseweghe, 1873 Rippegat; Rippemont, FlurN. bei Bléquin, 1239 Ribemont, 1852 Rippemont, hierzu?; Riprap, Sandbank gegenüber Kap Gris Nez; Ripscote, O N . bei Maldeghem, 1208 de ripscote; Ripzand, GN. bei Knocke, 1650 Ript hart Sandt; Ripzeel, GN. bei Antena, 1874 bet RipzeeP17; Zeerijp, Prov. Groningen (?), 10. Jh. Diurardasrip, 11. Jh. Diuridasrip318. Aus Frankreich schließt E. Gamillscheg, G. II 71 den ON. La Rippe (Yonne) an, wogegen sich Kolb 73 - wohl mit Recht - ausgesprochen hat. Wie die Zusammenstellung dieser Namen zeigt, sind neben zahlreichen jüngeren und jüngsten Bildungen wie Rippegat, Ripzeel u.a. durchaus auch früh belegte Orts- und Gewässernamen nachweisbar. Gerade diese Beobachtung verbindet diesen Bereich mit England, zu dessen Parallelen jetzt übergegangen werden soll.
305 306 307 308 309
310 311 312 313
314 315 316 317 318
Schmidt-Petersen, Nordfriesland 53. Jellinghaus 148. J. Schnetz, Z O N E 1(1925)76; m.E. sehr fraglich. Reccius, Z O N E 2(1926/27)197. Vgl. auch die Zusammenstellung bei D. Detlefsen, Geschichte der holsteinischen Elbmarschen, Bd. 1, Glückstadt 1891, S.304, Anm. 5. J. de Vries 20. Gallée, Nom. Geogr. VIII,13; Abels 69; Jellinghaus 148; vgl. den dt. O N . Anreppen (s.o.). Gysseling I 287; zu ryp = wetterkant nach Beetstra 43. Beetstra 44; dieser führt allerdings zahlreiche andere Namen, z.B. Goaiingaryp, Hurdegaryp, Jutryp, Lange Ryp, Langeripen u. a. auf germ, rip zurück. Förstemann 11,1,1620. Gysseling 11,845: „Germ, hrîpôn- f. ,oeverzoom"'; vgl. auch Förstemann 11,2,598. De Flou XIII, Sp. 414 f. De Flou XIII, Sp. 235. Förstemann 11,1,721.
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Konsonantenwechsel
Schon der appellativische Bestand des Englischen ist durch frühe Belege gekennzeichnet. Dieses setzt sich im Namenbereich fort. Man vergleiche: Ripe, FlurN. in Sussex, 741 (K. 1300) silva quae app. Rhipm; Rhip, FlurN. in Kent, alt silva Ripp320; The Ripene, ON. in Berkshire, evtl. Dat. zu ''rip(p) ,strip, edge, shore'321; Ripley, ON. in Db., Ha., Sr., Wo., alt Rippanléah, aet Ripari322; Ripney Hill in Kent, 1192 Ripenay, Kompositum mit ae. ég „land in the midst of marshes"323; Ripon, ON. in Yorkshire, 731 (Beda) In Hrypum, 709 u.ö. In Hripum, Ripum, Rypon324; Ripthornes, FlurN. in Hu., 13. Jh. Rypthornes}25 ; Ripton, ON. Ha.; Ripton, ON. Hu., Ripton, Hu., 1086 Riptune, ca. 1139 Ripetono126; Abbots Ripton, Huntingdonshire, 960 Riptone127. Eine gesonderte Darstellung empfiehlt sich bei den im Englischen schon sehr früh belegten -/-Bildungen. Auch hier hatte bereits der Blick in den appellativischen Bestand frühe Zeugnisse erbracht. Das setzt sich bei dem toponymischen Material fort: Repps, Northrepps, Southrepps, ONN. in Norfolk, 1086 Repes, Norrepes, Sutrepes usw., nach Ekwall, EPN. 385 -/-Ableitung wie in ae. ripel, jedoch ist ein Ansatz *ripul vorzuziehen. Uberschätzt wird von Ekwall der nordische Einfluß, denn eine -/-Ableitung zeigt sich auch auf dem Kontinent, so appellativisch in fries, ripel, und toponymisch in einem Flurnamen des Kreises Rotenburg/Wümme. Weiter vergleiche man: 909 Myntleage ripie, bei Hazelby, Ho.; Ribble, FlN. bei Preston, um 715 (K. 11.Jh.) Rippel, 930 (A. 14.Jh.) Ribbel, 1002 (K. 11 J h . ) Ribbel, 1086 Ripam usw., dazu ON. Ribblesdale, 1145-55 Ribblesdala; Ribchester, 1086 Ribelcastre; Ribbleton, 1201 Ribleton328; Ripple, ON. in Wo., 680 Rippell, auch in So., Kent (1301 de Ripple·, sowie zwei weitere Namen), in Gloucestershire (3 ONN.) 329 ; Ripple Bridge in Dorset330; Ripple Level in Essex, 1271 Ripplem; Ripplesmere Hundred in Berkshire, 1086 Riplesmer(e) usw., „OE. ri(p)pel probably means ,strip', corresponding to Norwegian ripel"in; schließlich um 1050 Suggariple (ohne Lokalisierung) 333 . Nicht hierher gehören die ONN. Ripley, s. dazu oben.
319
320 321 322 323 324 325 326 327 328 329
330 331 332 333
A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS. 7,404; vgl. auch A.H. Smith II 84; Mawer, Problems 11; Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; Roberts 130. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; nicht identisch mit dem vorigen Namen? M. Gelling, EPNS. 50,472. A.H. Smith II 84; Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. Wallenberg 257. Moorman 157; Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,206. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,218f.; Mawer, Problems 11. Johnston, PNE. 88. Ekwall 340f. Duignan, Wore. 138; Ekwall, ERN. 341; A.H. Smith II 84; Wallenberg 219,383,574; A.H. Smith, EPNS. 41,166. J. Dodgsen, EPNS. 54,318. P.H. Reaney, EPNS. 12,89. M. Gelling, EPNS. 49,19. Ekwall, ERN. 341.
*-b- / *-p-
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Die gesonderte Kartierung dieser Namen (s. Karte 14, s. oben) zeigt, daß an einen Zusammenhang mit nordischem Material kaum gedacht werden kann. Sie liegen in Südengland und sind zweifellos zunächst einmal mit den verwandten Toponymen auf dem Festland bei Boulogne zu vergleichen. Nur am Rand sei auch nochmals auf den FlurN. Riepeis Ackern im Kr. Rotenburg/Wümme verwiesen, dessen Bw. nach U. Scheuermann 208 mit einem -/-Suffix gebildet ist. Man beachte aber auch das oben erwähnt ndl. ripel „lange smelle bank". Eine unmittelbare Beziehung mit den englischen Namen dürfte für den niedersächsischen Namen kaum bestehen, jedoch ist die Bildung dem Kontinentalgermanischen offensichtlich nicht fremd. Es fehlt nun noch der Blick in den Norden. Nordgermanische O N N . sind nach meiner Kenntnis nicht so häufig nachzuweisen. Hinzu kommt - das betrifft allerdings auch die englischen Entspre-
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Konsonantenwechsel
chungen - das Problem, ob die Namen zu aitisi, rípr „steile Klippe usw.", norw. dial, rip „Rand eines Bootes" (in ONN.?) oder ripe, schwed. dial, ripa „Striche machen, ritzen, streifein", norw. dial, ripa „abstreichen, Strich, Einkerbung" zu stellen sind. Kolb 72 stellt sie zur zweiten Gruppe, was bedeuten würde, daß die nord. Namen für unseren Vergleich ausfallen und das Nordische in keiner Weise an der Sippe um ndt., engl, riep, ripe „Flußufer" Anteil haben würde. Da beide Sippen aber in Ortsnamen nur schwer zu trennen sind, seien sie hier - wie im Englischen - gemeinsam aufgeführt. Mir sind bekannt geworden334: Ribe, ON. in Jütland, Helmold (12. Jh.) Ripe™, (1419) van Ripen, (1420) Rypen336; Ripa, ON. in Skâne337; Ripe, 1603 Rippe, ON. osti. Bergen338; Ripstranden, O N . bei Dombâs339; Rype, um 1400 i Ripum, O N . westl. Oslo 340 ; Sandrep, 1601 Sandrijb, ON. bei Mandai341; Ripanäs, 1447 RipanesM1. Ich möchte betonen, daß es sehr wahrscheinlich noch weitere Namen in Skandinavien geben wird; dennoch ist wohl auch aus diesem Material (und der Kartierung) ersichtlich, daß der Schwerpunkt der Namen nicht dort, sondern im Kontinentalgermanischen (einschließlich des Englischen) zu suchen ist. Zudem ist die Zugehörigkeit der nordischen Namen mehr als zweifelhaft343. Es sind nun noch Bemerkungen zu drei alten und wichtigen, bisher nicht erwähnten, Namen zu machen. i.kip, dt. Reiff (St. Georgsberg), ist der Name eines nicht sehr hohen, jedoch zentral und auffallend gelegenen Berges in Mittelböhmen344. Er wird bereits bei Cosmas (12. Jh.) als Rip mons erwähnt, im dt. Danimil als Reiff, 1410 mons Rypeus, 1515 hora Rypská345. Da sich aus dem Slavischen kein passender Anschluß finden läßt, hat man den Bergnamen schon früh aus dem Germanischen erklärt und vor allem auf die nordischen Appellativa und Namen verwiesen. Zweifel hat eigentlich nur E. Förstemann II,2,598 346 geäußert. Dagegen ist der Name z.B. für M. Rudnicki (der germanischen und deutschen Etymologien in Ostdeutschland immer äußerst reserviert gegenüber stand) und 334
335 336 337 338 339 340 341 342 343 344
345 346
Einige der folgenden Namen nennt auch Kolb 72 und stellt sie zu den Appellativen um nord.-alemann./schweizerdt. „Furche, erhöhter Streifen". Förstemann 11,2,598. UB. Lübeck VI 169, 267; s. auch Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. Falkman 80. Norske Gaardnavne X I I 312. Norske Gaardnavne IV/1,79. Norske Gaardnavne V,327. Norske Gaardnavne IX,38. Ortnamnen i Skaraborgs län VII,8. Vgl. besonders Kolb 72 f. Zu den Einzelheiten s. E. Schwarz, ZONF. 2(1926/27)195 f.; M. Vasmer, Schriften, passim; E. Schwarz, Zur Namenforschung und Siedlungsgeschichte in den Sudetenländern, Nachdruck Hildesheim 1975, S.2f. Sedlácek 116. Verfehlt V. Polák, in: Disputationes ad montium vocabula . . . , 10. Int. Kongr. f. Namenforschung, Bd. 1, Wien 1970, S.434.
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auch M. Vasmer eindeutig als germanisches Relikt aus der Zeit vor der slavischen Landnahme in Böhmen aufzufassen. Daraus folgt für E. Schwarz 347 , m.E. überzeugend: „An eine Entlehnung des germ. Wortes aus dem Lateinischen aber kann bei dem hohen Alter des innerböhmischen Bergnamens und des Vorkommens im Altnord, nicht gedacht werden". Der These von E. Schwarz, daß dieser Name immer im Mund von Germanen und Deutschen bewahrt geblieben sei, hat M. Vasmer mit Recht nie getraut 348 : „In Böhmen wird cech. kip immer wieder als ein Fall zitiert, den die späteren deutschen Siedler noch von der altgermanischen Bevölkerung übernommen hätten. Für mich ist auch dieses Beispiel nicht überzeugend". Ebenso hält er es349: „nicht für sicher, daß dieser Name in Böhmen die hd. Lautverschiebung mitgemacht hat". Wie dem auch sei: an dem hohen Alter dieses germ. Bergnamens kann nicht gezweifelt werden. Von hieraus richtet sich der Blick auf einen anderen, oft diskutierten Namen, den des fränkischen Stammes der Ripuarii. 2. Ripuarii/Ribuarier. Zwei Meinungen stehen sich in diesem Fall gegenüber. Für E. Förstemann 350 gehört der Name zu lat. ripa. S. Gutenbrunner 351 hat folgende Entlehnungsreihe aufgestellt: roman. Rïparii > germ. Rïp-warjôz, und mit erneuter Entlehnung aus roman. Rïvarii > germ. Rlb-warjöz, das erneut ins Roman, als Riboarii übernommen wurde. Andere Forscher stellen das Ethnikon zu unserer germ. Sippe, so Falk-Torp II 902, so auch E. Schwarz 352 : „Es steht nichts entgegen, unser Wort im Namen der Mittelfranken, der Ripuarii, der,Bewohner des Uferlandes', zu suchen". Der Name lebte in ahd. Rlphera „die Ripuarier" fort. Der Beleg verweist auf umgelautetes kurzes Ä353, beeinflußt ist seine Bildung durch das germ. Element *wariz, *warjaz „Be- oder Anwohner von . . ,"354. Man beachte, daß „der Name der ripuarischen Franken . . . kaum Spuren zurückgelassen zu haben" scheint 355 . Zum gesamten Komplex vgl. auch E. Ewig, Die Civitas Ubiorum, die Francia Rinensis und das Land RibuarienS5i, und R. Schützeichel, Grundlagen, passim. Eine sichere Zuordnung des Namens der Ripuarier/Ribuarier ist nicht möglich. In unsere Karte wurde der Name mit Angabe der ungefähren Lage des fränkischen Stammes und mit Fragezeichen aufgenommen. Immerhin zeigt die Karte, daß die Zahl der mit germ, ripa „Ufer, Hügel" gebildeten
347 348 349 350 351 352 353 354
355
356
ZONF. 2(1926/27)196. Schriften II 860. Ebda. II 708. Förstemann 11,2,599. BNF. 8(1957)306. ZONF. 2(1926/27)196. W. Förste, Frühmittelalterliche Studien 3(1969)64. Zu diesem zuletzt W.P. Schmid in: Sprach- und Kulturkontakte im Polnischen, München 1987, S. 349 ff. W. Kaspers, BNF. 1(1949/50)129 mit Hinweisen auf die umstrittenen ONN. Kalten-Reifferscheid, Trierscheid, Reifferscheid, Feiferschied, Rieferath, die alle unsicher sind und daher nicht in unsere Karte aufgenommen wurden. RhVjBl. 19(1954)1-29.
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Konsonantenwechsel
Namen beträchtlich ist und von hieraus eine Verwendung in dem fränkischen Stammesnamen gut möglich wäre357. Es bleibt jedoch in jedem Fall ein lateinisch/romanischer Einfluß vorhanden, der nicht übersehen werden kann und bei der Entwicklung des Namens eingewirkt hat. 3. Ripaci mons, Τίτται,α (ορη). Dieser Name ist in seiner Zuordnung schwankend und nicht sicher bestimmbar. Es ist die antike Benennung des astronomischen Nordgebirges, zumeist wird sie dem Ural zugedacht, bei Poseidonios ist es offenbar die Schwäbische Alb usw. Belege, Interpretation und Hinweise auf die weitere Literatur bietet Rasch I 86. Ich erwähne diesen in seiner Lokalisierung und Deutung äußerst strittigen Bergnamen deshalb, weil er doch von verschiedener Seite mit unserem germ. Uferwort in Verbindung gebracht worden ist. So hat sich dafür Rudnicki II 167 ausgesprochen, ebenso hat E. Schwarz358 die Meinung vertreten, daß in ihm „mit Recht das altnordische rip ,Berg' gesucht wird". Aufgrund der völlig unsicheren geographischen Lage des in der Antike erwähnten Berges halte ich den Namen für nicht etymologisierbar. Er ist daher auch in die Karte nicht aufgenommen worden. Erneut zeigt sich bei der Betrachtung (deutlich erkennbar in dem Zitat von E. Schwarz), wie groß die Uberbewertung des nordischen Anteils am Wort- und Namenbestand des Germanischen im allgemeinen war und ist. Das zeigt sich vor allem im Vergleich zu der Streuung der Namen. Die zusammenfassende Wertung der Diskussion der germ. /?¿p-Sippe muß bei der Annahme einer Entlehnung aus lat. ripa beginnen. Gegen diese These sprechen nach meiner Meinung mehrere Punkte. Die appellativische Verankerung innerhalb der westgermanischen Sprachen ist so stark (das betrifft vor allem die Mundarten), daß schon von hieraus Zweifel entstehen. Hinzu kommt der Nachweis im germanischen Namenbestand, der in dieser Form bisher noch nicht durchgeführt worden ist. Frühe Belege in England und Böhmen (vor der slavischen Landnahme?) und die Streuung der Namen (Karte 14) sprechen m. E. ebenfalls gegen eine Entlehnung aus dem Lateinischen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu betonen, daß das immer wieder vorgebrachte Argument, der Nachweis im Nordgermanischen spreche gegen eine Entlehung, in dieser Form kaum noch verwendet werden kann. Zum einen ist der Zusammenhang der nordgerm. Appellativa mit den westgermanischen Wörtern strittig (nach E. Kolb 71 ff. sogar sicher abzulehnen), zum anderen hat Skandinavien im onymischen Bereich nur wenig Sicheres zu bieten. Aus dem Gesagten ergibt sich, daß bei Aufgabe einer Entlehnung der germ. Sippe aus dem Lateinischen die zweite Möglichkeit, nämlich die eines Konsonantenwechsels, viel für sich hat. Und dafür spricht nun auch die Verbreitung der Namen. Diese deckt sich in wesentlichen Punkten mit derjenigen bereits behandelter Appellativa: Norddeutschland, die Niederlande, Flandern und die (frühe) Ausstrahlung nach England sind in diesem Zusammenhang wichtige Argumente.
357 358
Vgl. auch G. Neumann, RGA. 8,171. Deutsche Stammeskunde, Heidelberg 1956, S 40.
*-b- / *-p-
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Skandinavien hat erneut nur geringen Anteil an der Streuung der Namen, ja, es ist sogar strittig, ob der Norden unseren Typus überhaupt kennt. Ganz in der früheren Tradition stehend, hat Kandier 81 ausgeführt: „Problematisch ist die geographische Verteilung des Wortes. Man ist geneigt, die Weser-Vorkommen in einen niederdeutsch-niederländisch-englisch-skandinavischen Zusammenhang zu stellen. Teuchert spricht von einer niederländischwestfälischen Einheit aus westgermanischer Gemeinschaft". Wenn man für „westgermanisch" „germanisch" setzt, entspricht die Beobachtung durchaus den Erkenntnissen, die wir bisher gewinnen konnten. Einige weitere Einzelheiten verdienen es, noch festgehalten zu werden. So ist der immer wieder hervorgehobene Zusammenhang zwischen den englischen Appellativa und Namen (vor allem die Bildungen mit -/-Suffix spielten hier eine große Rolle) auf der einen Seite und den Entsprechungen im Nordischen auf der anderen Seite nicht aufrecht zu erhalten. Wie oben schon betont wurde, stehen die englischen Namen über den Kanal hinweg mit dem Kontinentalgermanischen in unmittelbarem Zusammenhang. Die von E. Kolb 71 ff. betonte besondere Ubereinstimmung des Nordischen mit dem Alemannischen scheint mir in unserem Fall nicht in jedem Fall überzeugend. Er weist selbst darauf hin, daß beide germanischen Wortsippen ineinander übergreifen und eine saubere Trennung nicht immer gezogen werden kann. Ich meine, daß man doch Bedenken gegen Kolbs Trennung zwischen den nordischen Worten ripur „steile Klippe, Klippenspitze", norw. dial, rip „Bootsrand" und den westgerm. Wörtern um riep-, rip- „Ufer, Erhöhung" haben kann. Aber, wie schon gesagt, hier geht eine Sippe in die andere über. Die von verschiedenen Seiten (Jellinghaus, Förstemann, Gysseling) erwogene Rückführung auf *hreip-/*hreib- ist nach meiner Einschätzung eher unwahrscheinlich. Zu wenige Namen weisen darauf hin: es sind nur zwei, 1050 Hriponseli (in Westfalen)359 und Ripon, 731 In Hrypurn (in England). Es sind entschieden zu wenige, um einen Ansatz mit germ. *hr- stützen zu können. Der fehlende idg. Anschluß *kreip-/*kreib- kommt noch hinzu, so daß man die Sippe um germ. *reip- doch wohl besser mit dem lat. ripa, allerdings unter Einbeziehung eines wurzelauslautenden Wechsels, verbindet. Mit diesen Bemerkungen können wir den letzten Fall eines Labialwechsels im Wurzelauslaut verlassen und zu einer zusammenfassenden Wertung der Fälle mit *-p-/-b- kommen.
Zusammenfassung Der eingangs beschriebene stammauslautende Labialwechsel im Bereich des idg. Wortschatzes läßt sich auch im Namenbestand Europas nachweisen. Entsprechende Schwankungen ließen sich vor allem im germanischen appella-
359
In dem zudem noch eine Ableitung von einem PN. vorliegen kann, s. Teuchert 57.
100
Konsonantenwechsel
tivischen Bereich beobachten. Besonders auffällig war dabei, daß im Germanischen fast immer eine Variante mit *-b- vertreten ist, aber auch Varianten mit Nasalierung ließen sich erkennen. Aus dem appellativischen Material ergab sich die Folgerung, daß neben entsprechenden Veränderungen im Baltischen, Slavischen, Keltischen und Lateinischen vor allem das Germanische schon früh eine Tendenz entwickelt hatte, ererbtes *-p- > *-b- umzuwandeln. Mit dieser Beobachtung gingen wir in den Namenbestand über und berührten schon bald ein heftig umstrittenes Kapitel der west- und norddeutschen -/»-Namen, so die Fälle von Lippe, -apa und Wupper/Wipper. Die Bearbeitung und Kartierung der beispielhaft ausgewählten Namensippen um *ueib-/*ueip, Hub-/Hup-, *reib-/~'reip- sowie die Überprüfung der -¿t/w-Namen haben m.E. gezeigt, daß man allen Schwierigkeiten der Einordnung dieser Namentypen am besten mit einem angenommenen frühen Wechsel *-p- > ''-b- und anschließendem Durchlaufen der 1. (germanischen) Lautverschiebung gerecht wird. Dabei ließ sich nicht übersehen, daß diese germanischen Namen in einem bestimmten, recht gut abgrenzbaren Gebiet zu finden sind: es ist der nord- und westdeutsche Raum etwa zwischen Elbe, Main und Rhein. Ausläufer überschreiten diese Abgrenzung - wie z.B. im Fall von -apa und ''reib-/ *reip— vor allem nach Westen, vereinzelt sogar bis nach England. Mit diesen Überlegungen wird an einer lange vertretenen These, die vor allem von H. Kuhn (aber auch von anderen) artikuliert worden ist, gerüttelt: die ein -p- enthaltenen Namen Nord- und Westdeutschlands sind keineswegs sicher als vorgermanisches Substrat zu betrachten, sondern gehören in ihrer Mehrheit zu wichtigen Zeugen einer frühen Germanisierung dieses Gebiets, denn sie weisen die entscheidenden Kriterien dafür auf: zum einen den frühen Wechsel *-p- > *-b-, zum anderen den Vollzug der Lautverschiebung > -p-. Damit wurde auch für die -apa-Namen ein neuer Gedanke eingeführt. Es war schon immer die Diskrepanz aufgefallen, daß es zu einer intensiven Verschmelzung von gut germanischen Bestimmungswörtern und einem vorgermanischen Grundwort gekommen sein solle (Musterbeispiel: Holzape). Es sei nicht bestritten, daß einzelne Bestimmungswörter aus dem Germanischen nicht erklärt werden können und Anschluß an die alteuropäisch-voreinzelsprachliche Namenschicht gewinnen. Daraus zu schließen, daß die gesamte Sippe vorgermanischen Ursprungs wäre, muß jedoch energisch zurückgewiesen werden. Zudem werden wir ähnliche Ergebnisse auch noch in anderen Fällen erzielen. Diese Erscheinung kann nur so interpretiert werden, daß es eine relativ stetige Entwicklung von einer voreinzelsprachlichen zu einer einzelsprachlichen (hier = germanischen) Schicht gegeben haben muß. Diese hier vorgetragenen Gedanken finden eine Bestätigung in den Ergebnissen des ersten Kapitels dieser Untersuchung. Bei dem Versuch, balt.-slav.germ. Gemeinsamkeiten in der Hydronymie aufzufinden, hatten wir sehen können, daß auf germ. Gebiet vor allem Nord- und Westdeutschland (z.T. einschließlich einer - späteren - Ausstrahlung nach England) an der Streuung Anteil haben. Es ist mit unwesentlichen Abweichungen derselbe Raum, der nun auch bei der Kartierung der einen Konsonantenwechsel enthaltenen
"-b- / *-p-
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Topo- und Hydronymie auffällt. Wir können daraus kaum anders folgern, als daß wir uns hier in einem früh germanisiertem Gebiet befinden, das durch verschiedene Erscheinungen eng mit einem voreinzelsprachlichen, alteuropäischen Netz von Namen verknüpft ist. Auch von hieraus wird m. E. die These, daß wir (z. B. im Fall der -apa-Namen) von einem frühen Konsonantenwechsel ausgehen müssen, bestätigt. Für ein anderes Problem bieten diese Überlegungen offenbar keine Lösung an: gemeint sind die nord- und westdeutschen Namen und auch Appellativa mit anlautendem P-. Vor allem H. Kuhn hat sich mit diesen schwierigen Namen und Wörtern beschäftigt und angenommen, daß es sich möglicherweise um Entlehnungen bzw. Namenübertragungen aus einem nichtgermanischen oder vorgermanischen Substrat handeln könnte360. Genannt werden in diesem Zusammenhang z. B. Polder, Plore, Ploen, Powe361, Pesel, Pader, Peine. Da aus dem appellativischen Bestand der idg. Sprachen und des Germanischen entsprechende Beispiele bisher nicht erbracht worden sind, muß nach einer anderen Lösung gesucht werden. Während in diesem Fall mit Hilfe eines Konsonantenwechsels offenbar nichts gewonnen werden kann, wird durch den hier behandelten *-p-/*-bWechsel und dessen Nachweis im Namenmaterial neues Licht auf ein aktuell diskutiertes Problem der Indogermanistik geworfen. Ich bin weit davon entfernt, auf den gesamten Komplex der sogenannten Glottaltheorie von T. V. Gamkrelidze und V. V. Ivanov362 usw. bzw. die ähnlich strukturierten Versuche von Hopper 363 und T. Vennemann364 näher einzugehen, jedoch zeigt der hier anhand der Labialen und Dentalen (zu den Gutturalen wird unten genauer Stellung genommen) wahrscheinlich gemachte Lautwechsel, daß die voreinzelsprachliche Konstruktion des neuen Konsonantensystems Zumindestens für das Germanische nicht stimmen kann. Die Annahme, das Germanische gehöre mit zu den konservativsten und archaischsten idg. Sprachen, kann angesichts des Konsonantenwechsels, der zudem noch mit Hilfe des Namenmaterials einigermaßen gesichert und lokalisiert werden kann, nicht aufrecht erhalten werden. Von seiten des Germanischen spricht somit alles dafür, bei der traditionellen Auffassung zu bleiben. Da allerdings - skeptisch gesagt Erkenntnisse der Namenforschung nur sehr spärlich und zögernd in die Diskussion der idg. Sprachgeschichte aufgenommen werden, dürfte diese kurze Bemerkung bei Verteidigern der Glottaltheorie kaum Eindruck machen. Nach Vorstellung des Konsonantenwechsels bei Dentalen und Labialen bleiben noch die Gutturale übrig.
360 361 362 363
364
S. etwa Kuhn I 370. Vgl. etwa auch W. Meid, in: Germanenprobleme, S. 190 f. Indoevropejski jayzk i indoevropejcy, Bd. 1-2, Tbilisi 1985. S. etwa Glottalized and murmured occlusives in Indo-European, Glossa 7(1973), H . 2, S. 141-166. Hochgermanisch und Niedergermanisch, PBB(T) 106(1984)1-45.
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Konsonantenwechsel
4. Wechsel zwischen *-k- und *-gSchon früh ist der Indogermanistik auch ein stamm- und wurzelauslautender Wechsel in der Gutturalreihe aufgefallen. So stellte bereits 1894 A. Noreen reichhaltiges Material zusammen365. Er setzte dabei z.B. lat. -spiciö, ahd. spehôn „spähen" gegen aisl. spakr „klug, vorsichtig, vorsehend", ahd. fâhan ("'fa-n-han) „fangen" gegen griech. ττάγη „Reuse, Schlinge", ahd. biogan gegen ahd. büh(h) „Bauch" und lat. fugiö „fliehe" u.v.a.m. Diese und andere Vergleiche zog auch K. Brugmann366 heran, weiteres Material findet sich bei H. Hirt 367 . Wie schon bei den Labialen und Dentalen betrifft der Wechsel vor allem den Wurzelauslaut, häufig kommt eine Nasalierung hinzu und wiederum ist das Germanische in besonderer Weise daran beteiligt. Es hat allerdings den Anschein, daß der Wechsel vor allem innerhalb des Germanischen besonders produktiv gewesen ist. Es gibt so gut wie kein sicheres Gegenbeispiel, in dem das Germanische nur mit einer Gutturalvariante Anteil hätte. Es empiehlt sich daher, das Material in seiner Gesamtheit anzuführen. Man vergleiche: *aik-, *ïk- in got. aih, aig „ich besitze", ahd. eiginen „zu eigen machen" gegen ''aig- in ahd. eihhôn „zueignen, zusprechen", got. af-aikan „verleugnen"368; aind. bhuj-a-ti „biegt", bhog-a-s „Windung", lat. fug-iö, ahd. bûch „Bauch" neben got. biugan, mhd. bog-e „Bogen" 369 ; "deikin ai. disá-ti „er weist", lat. dicö, got. ga-teihan gegen *deig- in ahd. zeihhan „Zeichen"370; aisl. hanga „hangen" gegen ahd. henken ,henken'371; an. broke und hrúga „Haufen"372; ahd. klang gegenüber engl, clank, mhd. klanc (gen. klankes) „Klang"373; eine Doppelwurzel *meug-/meuk- liegt mit -k- u.a. vor in aisl. mygla „Schimmel", „mit idg. g: aisl. mykr und myki „Dünger" 374 , entsprechend setzt man an *merk/g- wegen lit. mérkia „mit den Augen blinzeln", slav. mnknqti, mrakl· „dunkel werden, Finsternis" gegen russ. morgdt' „blinzeln, zucken", norw. myrkr „dunkel"375; hierher gehört auch das bekannte Nebeneinander von *pak- und *pag- in ai. päsa-s- „Schlinge, Strick",
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371 372 373
374 375
Noreen, Abriß 183 f. Vergleichende Laut-, Stammbildungs- und Flexionslehre der indogermanischen Sprachen, 2. Aufl., Bd. 1, 2. Hälfte, Straßburg 1897, S.630f. Idg. Grammatik, T. 1, Heidelberg 1927, S.299. K. Brugmann, a.a.O., S.630. H. Osthoff, MU. IV 326; K. Brugmann, a.a.O. K. Brugmann, a. a. O.; Kluge, Ausnahmen 367; C. S. Stang, To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S. 1890; Osthoff, MU. IV 328. Noreen, Abriß 183 f.; vgl. Kluge-Seebold 305 und Lühr 364 f. Kluge, Ausnahmen 368. Noreen, Abriß 183 f.; dazu bemerken Kluge-Seebold 373: „Daneben expressives mhd. klanc (-kes) ,List, Kniff'.. .Die Annahme von Urverwandtschaft (und Ausbleiben der Lautverschiebung im Schallwort) ist aber kaum angemessen". Pokorny, IEW. 744; vgl. auch C.S. Stang, a.a,0.,S.1890. C.S. Stang, a.a.O.
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lat. pâx, got., ahd. fâhan ("'fa-n-han) „fangen", ags. fäc, alts, fac : fah(h) „Reuse, Abteilung", griech. ττάγη „Reuse, Schlinge", griech. ττήγνυμι „ich befestige"376 sowie *peig- und *peik-i77. Weitere Beispiele mögen vorliegen in dem Nebeneinander von lat. porcu-s, air. ore, ahd. farah gegen ndl. varken „Schwein", russ. poroz „Eber"; lat. - spiciö, ahd. spehôn ,spähen' : aisl. spakr ,klug, vorsichtig, vorsehend'; aisl. suig, suige, sueigr „Kurve, Bogen, Rute" : ahd. swîhhôn ,scheifen'; ahd. ringan „drehen, winden" : ahd. renki „Drehung"; ahd. slango „Schlange" : mhd. schlank-, ahd. swingan : swenken „schlagen". Es soll nicht bestritten werden, daß sich unter den genannten Beispielen unsichere und sehr strittige Fälle befinden, jedoch bleibt m. E. genug Material übrig, um auch für die Gutturalreihe von einem wurzelauslautenden Konsonantenwechsel zu sprechen. Manche der Beispiele fallen sicher unter den von R. Lühr umfassend behandelten Bereich der Konsonantengemination und Expressivität. Daß dieser Wechsel innerhalb des Germanischen auch und gerade in einzelsprachlicher Zeit erfolgt sein muß, zeigen schon die oben angeführten Beispiele. Interessant ist in diesem Zusammenhang aber eine Passage aus C. S. Stangs Arbeit über die balt.-slav.-germ. Ubereinstimmungen (im zitierten Fall aber wohl einschließlich des Keltischen), die hier vollständig wiedergeben werden soll: „Lit. vìlgyti (an-, befeuchten, nass machen), vilgti . . . „feucht, nass werden"; lett. vilgt (feucht werden), vilgans (feucht), velgs (Feuchtigkeit), valgs (feucht);... r. vólgkij (feucht)... po. wilgi;... ksl. vlaga (Feuchtigkeit), r. vológa ... Ahd. welc (feucht, welk). - Mit ieur. k: air. fole (Wasserflut), folcaim (bade), ahd. weih (feucht, milde, welk). Es liegt offenbar ein Wechsel Tenuis : Media im Stammauslaut vor. Die Sonderübereinstimmung zwischen Bait., Slav, und Germ, ist in diesem Falle darauf beschränkt, dass alle Sprachen eine Form mit *g aufweisen (im Germ, neben einer Form mit *k)" i n . Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, daß der Wechsel nicht nur, aber gerade das Germanische betrifft, und auch, daß ein Nebeneinander von -k- im Germanischen und -k- im Außergermanischen nicht notwendigerweise als außergermanisches Lehnwort innerhalb des Germanischen zu interpretieren ist. Diese an und für sich selbstverständliche Folgerung ist im appellativischen Bereich im großen und ganzen beachtet worden. Wie wir aber noch sehen werden, ist es notwendig, diese Erklärungsmöglichkeit auch auf den Namenschatz anzuwenden. Wenn wir dazu nun übergehen, so empfiehlt es sich wiederum, zunächst die traditionelle Auffassung anzuführen. Erneut möchte ich dafür einen Satz von H. Walther zitieren; er schreibt: „An-, in- und auslautend k- ist durch die 376
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Noreen, Abriß 183f.; vgl. Kluge-Seebold 197; Kluge, Ausnahmen 367; K. Brugmann, a.a.O., S.630; C.S. Stang, a.a.O., S.1890. Umfangreiches Material bei Pokorny, IEW. 794 f.; Kluge, Ausnahmen 367; H. Osthoff, MU. IV 326; K. Brugmann und C. S. Stang, a. a. O. Stang 63; vgl. auch ders., in: To Honour Roman Jakobson, Bd. 3, The Hague-Paris 1967, S.1890.
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Konsonantenwechsel
germ. LV über χ, χ > h gewandelt worden. In etymologisch durchsichtigen Wörtern und Namen, wo dieses k nicht auf vorgerm. g beruhen kann, liegt meist vorgerm. Sprachgut vor, falls nicht . . . Expressivität zu einem k (kk) geführt hat oder es sich um Lehngut handelt"379, und nennt an Beispielen von angeblich unverschobenen Namen „nach H. Kuhn . . . die BergN Kyffhäuser, Kummel", „ferner Namen mit -^-Suffix wie Selke, Ehrich, Wisichgau, Wo flehen", „Zu ergänzen wären wohl Kosen, evtl. Calbe, Camburg, Kothen (falls nicht slawisch); evtl. auch der Kocher(hach)"}i0. H. Walther macht allerdings selbst einige Abstriche, schlägt vor, Kummel, Ehrich und Wofleben zu streichen und sieht in Selke eine wahrscheinlich erst zu germ. Zeit entstandene Bildung. Immerhin blieben noch einige mutmaßlich unverschobene Relikte übrig: Kyffhäuser, Wisichgau, Kösen, Calbe, Camburg, Kothen (?), Koch er(bach). Aus dieser Zusammenstellung wird deutlich, daß es vor allem um den Anlaut geht; wurzelauslautende Fälle sind nicht so häufig wie in der schon behandelten Labial- und Dentalreihe. Wir wollen nun versuchen, den angesprochenen Wechsel der Gutturale auch im Namenbestand nachzuweisen.
a.) Wik Ein immer wieder umstrittenes Wort- und Namenelement ist germ. wïk-. Die Verwandtschaft mit lat. vicus „Landgut, Bauernhof, Vorwerk, Stadtviertel" schien so naheliegend zu sein, daß an einer Entlehnung aus dem Lateinischen kaum gezweifelt worden ist. Das galt dann entsprechend auch für die Ortsnamen auf -wiek. Diese „haben im Dt. verschiedene Wurzeln", aber „nicht wenige von ihnen fußen, wie schon F. Kluge betonte, auf lat. vicus, das im dt.-ndl. Norden bereits in alter Zeit übernommen wurde und mndl. wijc, ahd. wih, asächs. wïk, afries., ags. wie zugrunde liegt"381. Auch das Vorkommen in englischen Namen störte daran nicht: „Mit Recht führt H. Cornelius auch die engl. ON. auf -wich (Ipswich usw.) auf lat. vicus zurück (wenngleich er betont, daß im skand. Siedelgebiet Englands sich auch nord, vík ,Bucht' festgesetzt habe, das von lat. vicus zu trennen sei")382. Ganz entsprechend äußert Field, London 9: „The old English word was ultimately derived from Latin vicus, ,village'". Schon W. Vogel bemerkte dazu: „Namentlich in der englischen Ortsnamenforschung ist das geradezu Dogma"383. Ahnlich steht es bei einem neuen Beitrag von A. Dornier, Place-Names in -wich: A Preliminary Linguistic Survey, Nomina 11(1988)87-98. Auch für T. Frings ist das Gros der -•z^-Ortsnamen in Westfalen, am Niederrhein und in den Niederlanden aus
379 380 381 382 383
H. Walther, DS. 26, S. 125. Ebda., S. 125,126. Bach 11,2,355. Ebda. Hansische Geschichtsblätter 60(1935)17.
*-k- / "-Z-
105
lat. vicus entlehnt384. Andererseits wurde auf dem germanischen Kontinent nordgermanischer Einfluß angenommen. Dafür sprach sich ζ. B. nachhaltig E. Schröder aus; aber nicht nur er hatte „an einen Zusammenhang mit dem skandinavischen vik ,Bucht' gedacht, das, wenn auch wohl in anderer Bedeutung, in vielen skandinavischen Siedlungsnamen vorkommt und von ,nordischen Siedlerzügen'385 nach Deutschland hinein verbreitet sein soll. Auf die Unmöglichkeit dieses Ausbreitungsmodus hat Frings 1942 hingewiesen. Er läßt die Theorie eines Importes aus dem Norden nur für wenige Küstenorte gelten386 und rechnet statt dessen mit einem autochthonen Wort aus dem ,Bereich der Moore, Kanäle, Binnenwasser'387". Vertraut man diesen Thesen, dann hat es den Anschein, als habe es im Kontinentalgermanischen kein eigenes Appellativum Wik gegeben. Die Spuren davon - so auch die Ortsnamen - wären dann entweder lateinischem oder nordgermanischem Einfluß zuzuschreiben. Dabei weist die Verbreitung in Westfalen, Niederlande einschließlich Belgien, Niedersachsen, ein Streifen entlang der Ostseeküste, in England und Skandinavien388 keineswegs auf eine Entlehnung. Auch verschiedene andere Argumente sprechen dagegen, so Quellenbelege wie die altsächsische Glosse uuic : vicus, ubi mercatores morantur389, weiterhin die Tatsache, daß „im nordndl. Bereich . . . für wijk auch die Bedeutung ,(Seiten)kanal, Graben, Morast' besteht"390, wahrscheinlich auch die von W. Frings betonte Tatsache, daß es ein altes bodenständiges Wort sei und gleicher Herkunft wie nord, vik ,Bucht' sei, denn „darauf weist nach ihm auch das gemeinsame weibl. Geschlecht"391. Ich möchte daher nachhaltig den Satz der grundlegenden und m.E. Erachtens sehr überzeugenden Arbeit von L. Schütte392 unterstreichen, wonach wir nicht umhin können, „diesen Umgang mit vicus und wik, der sich schon seit Planitz in der gesamten „Wik"-Literatur findet, als unkritisch zu bezeichnen"393. Bis zum Erscheinen dieser Arbeit hatten sich nur wenige kritische Stimmen gemeldet. So hatte S. Gutenbrunner darauf verwiesen, daß gegen nordische Herkunft das Vorkommen in England spreche und die Tatsache, daß „im Norden vîk nirgends in größerem Umfange zur Bildung von O N verwendet wurde, wie etwa dän. -lev-, -torp- oder ¿j" 394 . Den entscheidenden Schritt
384 385 386
387 388 389 3.0 3.1 3.2 3.3 3.4
Schütte 142. So . . . Schröder 1944, S.319f. Vgl. etwa Bach 11,2,357: „Die . . . ON. auf -wiek an der Ostsee sind sicherlich nord. Herkunft; sie gehören wohl erst dem späteren Mittelalter an". Schütte 142. Schütte 39. Bach 11,2,356. Bach 11,2,356. Bach 11,2,356. Wik. Eine Siedlungsbezeichung in historischen und sprachlichen Bezügen, Köln-Wien 1976. Ebda., S. 16. Zeitschrift für Mundartforschung 11(1935)198.
106
Konsonantenwechsel
unternahm jedoch S. Schütte in seiner Untersuchung. Es ist an dieser Stelle nicht möglich, aber auch nicht notwendig, den Gang der Diskussion dieser Arbeit wiederzugeben. Für unsere Zwecke sind von besonderer Bedeutung Abschnitt 7 ,,-wik als Ortsnamengrundwort" (S. 121-140), vor allem die Unterabteilung „Verbreitung und Komposition" (S. 121-123), die Zusammenfassung (S. 196 f.) sowie die beigegebenen beiden Verbreitungskarten. Aus diesem Komplex scheinen mir in einem Zusammenhang mit dem hier zu besprechenden Konsonantenwechsel und des Niederschlags im Orts- und Flußnamenmaterial zwei Punkte von besonderer Bedeutung zu sein. 1. Schon W. Vogel zählte insgesamt ca. 1300 -î£>2&-Ortsnamen. Nach Schütte, S. 17, Anm. 136 dürfte diese Zahl immer noch zu gering sein. Natürlich wäre es notwendig, „im einzelnen . . . für jeden Namen Alter, Lage
»-*- / "-g-
107
und Geschichte seines Trägers zu prüfen" 395 , aber das ist angesichts der überaus zahlreichen Namen nicht zu leisten. Meine Verbreitungskarte (Karte 15, S. 106) ist ein erster Versuch einer zusammenfassenden Kartierung. Sie basiert auf den Sammlungen und Kartierungen von L. Schütte; W. Vogel, Hansische Geschichtsblätter 60(1935)5 ff.; H. Cornelius, Die englischen Ortsnamen auf -wick, -wich, Fs. f. L. Morsbach, Halle 1913, S. 352-416; E. Ekwall, Old English wîc in Place-Names, Lund 1964396; M. Gelling, English-Place-Names derived from the Compound wîchàm, in: Place-Name-Evidence, S.8-26; W. Laur, Orts-, Flur- und Gewässernamen auf -wik in Schleswig-Holstein, JVNS. 101(1978)129-157; T.E. Karsten I, 199ff.; H. Areskoug, NoB. 48(1960) 34-42; Ortnamnen i Värmlands län; Ortnamnen i Skaraborgs län; Ortnamnen i Hallands län; Lundahl, Falbygden; J. Kousgàrd S0rensen, Danske S0- og ânavne, T. 7, Kebenhavn 1989; Hellquist; Ortnamnen i Älvsborgs län; G. Franzen, Runö ortnamn, Uppsala 1959 und weiteren Arbeiten. Auf diese Karte komme ich noch zurück. Aber schon L. Schüttes Kartierung zeigt sehr deutlich, daß die Wz&-Namen auch Gebiete umfassen, die bei den bisherigen Kartierungen von Fällen mit wurzelauslautendem Konsonantenwechsel aufgefallen waren. Es sind Westfalen, die östlichen und südlichen Niederlande, Belgien, Flandern und England. Damit soll keineswegs behauptet werden, daß sämtliche Wz'&-Ortsnamen hohes Alter besitzen. Von Bedeutung ist für unsere Frage in erster Linie, wie die Verbreitung der Namen aussieht (dazu s.u.). 2. Völlig überzeugend verwirft L. Schütte die These einer Entlehnung aus dem Lateinischen und spricht sich in seiner Zusammenfassung (S. 196 f.) nachhaltig für germanischen Ursprung aus: „Das Wort wik, idg. *»eig- i s t . . . etymologisch identisch mit dem nur durch abgetönten Vokal von ihm unterschiedenen wëk, idg. *uoig-, nhd. weich. Es steht nicht im Lehnwortverhältnis zu lat. viens, idg. *ueik-, sondern ist wurzelverwandt mit diesem und gehört zur Gruppe der Siedlungsbezeichnungen mit ursprünglicher Zaun-Bedeutung ... Wik ist zunächst der aus weichen, d. h. ,biegsamen' Gerten geflochtene ,Zaun', doch haben sich von dieser Altbedeutung verschiedene Sekundärbedeutungen abgespalten . . . " . Zwar möchte man dieser Auffassung gern Glauben schenken, aber Schütte geht mit keiner Silbe auf das etymologisch entscheidende Problem ein: das germ. Wort verlangt im Wurzelauslaut idg. *-g-, das lateinischer Appellativum aber Genau an dieser Stelle können wir die bisherigen Beobachtungen der vorliegenden Arbeit einbringen: wenn die Konsonantenschwankungen zwischen außergermanisch *-t- : germ. *-dund außergerm. *-p- : germ. *-b- wahrscheinlich gemacht werden konnten, dann steht auch einem Wechsel außergerm. *-k- : germ. *-g- kaum etwas im Weg. Wie oben schon unterstrichen wurde, darf man sich von dem konsonantischen Gleichklang (lat. vicus - germ, wik) nicht zu sehr leiten lassen und auf Entlehnung schließen. Löst man sich von dieser Vorstellung, zieht den Kon-
3.5 3.6
Bach 11,2,356. Vgl. dazu Schütte 106 ff.
108
Konsonantenwechsel
sonantenwechsel in Betracht und berücksichtigt die Streuung der Ortsnamen, so kann eine Entlehnung ausgeschlossen und genuin germanische Herkunft angenommen werden. Wenden wir uns unter diesem Aspekt noch einmal der Verbreitung (Karte 15) zu. Es sei an dieser Stelle nochmals betont, daß diese Karte ein erster, sicher zu verbessernder Versuch ist. Ich lege sie dennoch vor, da sie auch in dieser Form zu mehreren Punkten Aussagen erlaubt. 1. Das enge Verhältnis der englischen Namen mit denen jenseits des Kanals in Nordfrankreich und Flandern scheint nach meiner Einschätzung bisher eine zu geringe Rolle gespielt zu haben. Dabei hat schon W. Vogel bemerkt: „Man kann zwei Hauptgebiete unterscheiden, eine skandinavische und eine niederdeutsch-englische Gruppe zu beiden Seiten der Nordsee"397. Immer wieder hat man auf den angeblich starken Einfluß auf das Englische durch das Nordische abgehoben. „Aber die Mehrzahl der Namen in England ist zweifellos alt, was für England schon dadurch bewiesen wird, daß die meisten schon im Domesday-Book begegnen"398. Es sei auch hier daran erinnert, daß schon die Behandlung der balt.-slav.-germ. Gemeinsamkeiten im Namenbestand des Germanischen ähnliche Ergebnisse erbracht hat und daß in dieser Hinsicht auch der Konsonantenwechsel zu nennen ist. Daraus ergibt sich: 2. Der auch immer wieder angenommene nordische Einfluß im Kontinentalgermanischen (E. Schröder u.a.) wird durch diese Verbreitung nicht bestätigt, sondern widerlegt. Zwar dürfte es mir nicht gelungen sein, der Gesamtzahl von Wü^-Namen im Norden nahe zu kommen399, aber selbst bei einer deutlichen Ergänzung des Materials wird es nur zu unwesentlichen Veränderungen kommen. So ist allein schon der geringe Bestand in Dänemark auffallend und zwischen den kontinentalgermanischen und den nordischen Verbreitungsgebieten bleibt ein Gebiet mit relativ geringem Anteil auch bei Erhöhung des nordischen Materials in jedem Fall bestehen. Leider fehlt ja bis heute eine zusammenfassende Auswertung der nordischen Wz&-Namen. Ich stütze mich in meinen Beobachtungen nicht zuletzt auf W. Vogel, der dazu ausgeführt hat: „In Dänemark sind Ortsnamen mit -wik verhältnismäßig selten, ungerechnet die Bucht-Namen ohne Siedlung (ich zähle etwa 46 unter rd. 15000 Örtlichkeiten insgesamt), in Schweden viel häufiger, etwa 230, meist Bauernhöfe an der See, ähnlich wie in Norwegen. In Norwegen dagegen tragen viele hunderte von Höfen und Weilern mit -wik (vik) zusammengesetzte Namen . . . Uber das Alter der skandinavischen Wz&-Namen wissen wir bisher wenig, viele (bes. der norwegischen) mögen jüngeren Datums sein; jedenfalls haben wir keinen Grund anzunehmen, daß der skandinavische Norden der Ausgangspunkt dieser Benennungsweise ist. Die relative Seltenheit der Namen in Dänemark,
3.7 3.8 399
Hansische Geschichtsblätter 60(1935)14. Ebda., S.27. Das liegt leider auch an der ungleichmäßigen Bearbeitung der nordischen Toponymie.
*-k- / *-g-
109
bei dem Vorherrschen des nordischen Einflusses dänischer Herkunft in England, spricht dagegen"400. 3. Erneut hat somit das Kontinentalgermanische entscheidenden Anteil an der Streuung der Namen401, und erneut läßt sich ein wurzelauslautender Wechsel (dieses Mal im Bereich der Gutturale) toponymisch deutlich machen. Daraus folgt 4. L. Schüttes Überlegungen sind vorbehaltlos zu unterstützen. Vor allem seine Ablehnung einer Entlehnung aus dem Lateinischen und seine Etymologie aus einer Wz. *ueig-/ueikkann durch nichts besseres ersetzt werden. Unter Einbeziehung eines (von ihm nicht erwähnten) wurzelauslautenden Konsonantenwechsels kann seine Etymologie weiter gestützt werden. Mit diesen Bemerkungen könnten wir die Diskussion um germ, wik eigentlich verlassen. Jedoch waren mir bei der Untersuchung der polnischen Gewässernamen Namen aufgefallen, die in einem Zusammenhang mit dem hier erörterten Komplex um die Herkunft von einer idg. Doppelwurzel *ueig-/*ueik- „biegen, sich krümmen" gestellt werden kann. Gemeint sind die poln. GN. Wkra, auch dt. Wicker, Ucker/Uecker usw.402. Ich hatte damals vor allem Wert auf den Vergleich mit anderen -r-Bildungen gelegt und war auch auf die Flußnamen Wigger und Wickerbach in der Nordschweiz und Hessen gestoßen. Norddeutsches Material hatte ich damals nur am Rand behandelt; es läßt sich aber zeigen, daß der hier im Zusammenhang mit germ, wik angesetzte Konsonantenwechsel auch alte Namen in Niedersachsen erfaßt hat. Es empfiehlt sich zunächst nochmals (einiges ist schon bei der Diskussion um Wik angesprochen worden) ein kurzer Blick auf die idg. Doppelwurzel ''ueig-l*ueikund ihre germ. Entsprechungen403. Ein idg. Ansatz *ueik- liegt z.B. vor in aind. vici- „Trug, Verführung", lat. vicia „Wicke", nasaliert vinciö „umwinden, binden" und mit grammatischem Wechsel in got. waihsta „Ecke, Winkel", mhd. weigert „schwanken", nhd. Geweih usw. Die Variante *ueig- wird vor allem benötigt für germ. Appellativa wie aisl. vlkva „von der Stelle rücken, (sich) bewegen, ahd. wihhan „eine Richtung nehmen, weichen", ahd. weich, mnd. wik „Entweichen, Flucht", nhd. (hess.) wicken „rasch und heftig hin und her bewegen". Für das Germanische stehen sich also gegenüber: idg. *-k- in Wörtern mit -g- und -h- (grammat. Wechsel), idg. *-g- in Belegen mit -k- und (hochdt.) -ch-, -h-. Auf diese Unterscheidung ist streng zu achten. Bei der Untersuchung der polnischen Flußnamen ergaben sich sichere Belege für die Wz.-Variante mit *-k-, zumeist als -r-Bildung mit Schwundstu-
fe. Man vergleiche404: Wkra/Wicker, Wkra (in Polen), Ucker/Uecker (mit ON.
400 401
402 403 404
W. Vogel, Hansische Geschichtsblätter 60(1935)16. Zur Abgrenzung im Osten und zur Übertragung der W¿e¿-Namen im Zuge der ostdeutschen Kolonisation vgl. z.B. W. Vogel, a.a.O., S. 16. Udolph, Stellung 31 Iff. Vgl. Pokorny, IEW. 1130f. Material bei Udolph, Stellung 31 Iff.
110 Ueckermünde
Konsonantenwechsel
und Landschaftsname Uckermark),
< *Wtkrä und Ukrina (in
Bosnien). Hier ebenfalls anzuschließen ist der FIN. Wigger(en) in der Nordschweiz, der mit Verners Gesetz ebenfalls auf eine *-&-haltige Grundform zurückgeführt werden kann405. Problematischer ist der Name des Wickerbachs, auch O N . Wicker, 910 Wiccrino marca usw. 406 , der nicht an die
Wz.-Variante *ueik-, sondern nur an *ueig- angeschlossen werden kann. Ich hatte mich - wie gesagt - vor allem auf -r-haltige Bildungen gestützt. Die Suche nach Namen mit anderen Formantien führt nun zu weiteren Erkenntnissen. Auf die germ. Wz.-Variante ~'ueig- und ein -«-Suffix lassen sich die bei R. Möller407 genannten folgenden drei Namen zurückführen: Wietze, Nfl. der Örtze, 786 (F. 12. Jh.) in Wizenam-, Wietze(nbruch), FlurN. an der Wietze, Nfl. der Aller, u m 990 (K. 11. Jh.) in Wikanbroke, 1007 in
Wiggena paludem, 1013 in Uuikinabroc. Diese beiden Namen zeigen Einwirkungen des Zetazismus408. Dieser erscheint nicht in dem Raumnamen Wikana(felde) bei Bodenwerder, „gebildet aus einem Flußnamen . . . a. 1004 ... in Uuikanauelde [usw.]"409. Es kann kaum einen Zweifel daran bestehen, daß diese Namen an die oben angeführte Doppelwurzel angeschlossen werden können. Hinzu kommt noch weiteres Material, bei dessen Erörterung wir die nasalierte Variante *ving-(r)außer Betracht lassen410. Wichtiger ist ein anderer Name aus Deutschland: die Wichte, ein Nfl. der Fulda. Dieser ist zusammen mit dem davon abgeleiteten ON. Wichte, 1196 Wichten usw., von A. Greule 171 im Zusammenhang mit dem FIN. Wigger(en) behandelt worden. Den letzteren Namen führt er auf germ. "'Wigro < idg. wik-rä „mit grammatischem Wechsel dank der ursprünglichen Betonung auf dem Suffix" zurück. Dem wird man zustimmen können, aber gilt dieses auch für den Namen der Wichte? Zu diesem heißt es bei A. Greule 172 unter Hinweis auf Krahe-Meid III 141411: „Der germ. FIN. Wichte steht lautgerecht für idg. wiktä, dem Fem. des Verbaladjektivs auf -to-, vgl. lat. victus ,besiegt'. Den gleichen Typus belegte für die germ. Hydronymie bereits H. Krähe mit dem FIN. Sechta". Bei einer flüchtigen Durchsicht mag man dieser Auffassung zustimmen. Eine genauere Prüfung führt jedoch dazu, daß die an sich richtige Etymologie einer Ergänzung bedarf. Wenn man dem Hinweis auf H. Krähe nachgeht, wird man zu der Diskussion um die FIN. Seckach und Sechta in Süddeutschland geführt412. Dazu heißt 405 406 407 408
405 410
411 412
Greule 169ff.; ders., IF. 76(1971)44; Udolph, Stellung 315. Ausführlich dazu Udolph, Stellung 315f. BNF.NF. 16(1981)82. Vgl. H. Wesche, Zetazismus in niedersächsichen Flurnamen, in: Indogermanica. Festschrift f. W. Krause, Heidelberg 1960, S. 230-248. R. Möller, a.a.O. Entsprechende Namen bietet z.B. A. Vanagas, LHEZ. 385, was deutlich macht, daß die Wz.-Variante *ueig- toponymisch nicht nur im Germanischen nachgewiesen werden kann. Bildung der idg. Verbaladjektiva mit -to-/-tä-, H. Krähe, Seckach und Sechta, BNF. 5(1954)86-90.
*-k- / *-g-
111
es: „Aus idg. *soqí, "soqiâs mußte bei dessen Endbetonung nach Verners Gesetz ein germ. *sagi, *sagjös werden. Der darin vorliegende Stamm *sagjöergab nach Durchführung der westgerm. Konsonantenverdoppelung und des ¿-Umlautes einen ahd. Stamm *seggjö-, dessen -gg- korrekt zu -kk- verschoben wurde, sodaß der Nominativ gemeinahd. *sekkea, später *sekka lauten würde"413. In Bezug auf die zwei Flußnamen Sechta schreibt H. Krähe414: der Name steht „neben dem von uns als Grundlage von Seck-ach erschlossenen idg. *soqï, *soqiäs eine ίο-Ableitung idg. "'seq-t-os . . . Ein . . . Femininum dürfte die Vorform des FIN. Sechta sein . . . " . H. Krähe gibt keine Angaben zur Akzentuierung der t-Ableitung. A. Greule hat auf Krahe-Meid III 141 ff. verwiesen. Dort wird darauf verwiesen, daß die vorgerm. Betonung „in der Regel auf dem Suffix" lag415. Daraus folgt für die Namen Sechta, daß sie nicht suffixbetont, sondern stammbetont gewesen sein müssen. Das kann man, m. E. allerdings nur mit Bedenken und unter Hinweis auf die doppelte Vertretung in ahd., asä. kind, akzeptieren. Da im Fall von Seckach und Sechta weiteres germ. Material nicht zur Verfügung steht, läßt sich eine Entscheidung nur schwer fällen. Anders steht es aber um die Wichte. Wir hatten schon gesehen, daß sowohl die große Sippe um germ. Wik ebenso wie die Flußnamen Wietze usw. einen Ansatz germ. *ueig-/ttigverlangen. Das trifft nun wohl auch für die Wichte zu, denn ein Ansatz *Uik-tó- müßte zu Wig-t-, im Fränkischen z.T. Wik-t-, führen. Möglich wäre zwar auch in diesem Fall eine Akzentuierung *TJik-to-. Damit würde man diesen Namen jedoch von der gesamten germ. Sippe um Wik, Wiek und auch von den oben genannten drei FIN. um die Wietze trennen und der außerhalb des Germanischen belegten Wz.-Variante *ueik- zuweisen. Das erscheint mir angesichts der in der Umgebung der Wichte liegenden FIN. Fulda, Flieden usw., die alle Phasen der germ. Lautentwicklungen aufweisen, mehr als fraglich. Ich meine daher, daß man die Wichte auf germ. 'cUig-tó- zurückführen sollte. Der Name enthielte dann den oben mehrfach angesprochenen frühen wurzelauslautenden Konsonantenwechsel *-k- > *-g- Dieser frühe Ubergang kann bei weiteren Namen und Namensippen beobachtet werden.
b.) Dukla Die Diskussion um den Paßnamen Dukla in den Waldkarpaten416 soll hier nicht wieder in ganzer Breite aufgenommen werden417. Für die Frage nach 413 4,4 415
416
417
Ebda., S. 87 f. Ebda., S.88. Man vergleiche allerdings wenige Zeilen später (S. 144) ahd. kind < *gén-to-m gegenüber as. kind < *gen-tó-m. S. J. Udolph, Zu Deutung und Verbreitung des Namens Dukla, BNF. NF. 23(1988)83-102; H. Kunstmann, Der Dukla-Name und sein Weg von Montenegro über die Karpaten nach Nordwestrußland, WdSl. 34(1989)70-88; "W.P. Schmid, NI. 58(1990)4. Vgl. oben S. 32 ff.
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Konsonantenwechsel
einem wurzelauslautenden Konsonantenwechsel können wir uns auf einige wenige Punkte beschränken. Es sind dieses: 1. Der slavische Name Dukla geht zusammen mit appellativischem Material auf eine Grundform ''Dhouk-üla zurück. 2. Im Germanischen liegen Entsprechungen vor418 in oberdt. Teichel, Teuchel, mhd. tuchil usw. „Röhre, Rinne" u. dgl. mehr. Sie verlangen eine idg. Grundform *dhug-ila. 3. Die germ. Sippe ist auch toponymisch nachweisbar. Der sicherste Vertreter ist der O N . Teichel, O N . bei Rudolstadt, 1076 Tucheldi, 1417 Tucheide, u m 1450 Tuchilde™.
Weitere Ausführungen sollen hier unterbleiben. Nur sei unterstrichen, daß bei der Zugehörigkeit des balkanischen Namens Dokleja, der immer wieder mit dem slavischen Paßnamen verbunden worden ist, auch hier die riante vorliegen würde. Allein die germanische Sippe um die gut bezeugten Appellativa und den ON. Teichel weist auf altes *-gc.) Dt. Lache, mnd. lake „Pfütze"
Der hier angesprochene Wechsel kann auch bei bisher umstrittenen Etymologien und den damit verbundenen wenig überzeugenden Entlehnungstheorien weiter helfen. Wir konnten dieses schon im Fall von germ, wlk gegenüber lat. vicus beobachten. Nur am Rand sei kurz auf dt. Lache, mnd. lake „Pfütze", ags. lacu „Fluß, Bach" eingegangen. Bei Pokorny, IEW. 653 heißt es knapp „sind lat. Lw.", als Entlehnungsgrundlage wird natürlich lat. lacus „Grube, See, Trog" angesehen. Nun darf man nicht übersehen, daß das Germanische auch Entsprechungen besitzt, die vom Stand der Lautverschiebung aus und unter Einbeziehung des Vernerschen Gesetzes als korrekt bezeichnet werden müssen: asächs. lagu (< *laku), aitisi. Içgr „See, Wasser", mhd. là „Brunnen, Sumpfwasser". Zum Problem das lat. -a- und zu der germ. Sippe hat W.P. Schmid Stellung genommen420. Er vergleicht aus dem Namenmaterial den Namen der Leine (< Lagina), „der mit dem litauischen Flußnamen Lakina gleichgesetzt werden könnte" und hält die Möglichkeit einer germ. Doppelwurzel offen: „Die Beurteilung des Namens des Rheinmündungsarms Laka > Lek und des Ortsnamens Leck in Südtondern hängt davon ab, ob man neben *laku auch ein ''lag- anerkennt, zu welchem engl, lake, deutsch „Lache" gestellt werden"421.
418
419 420 421
S. vor allem H.-B. Maak, Daube und Teuchel. Eine etymologische Untersuchung, ZfdtPh. 94(1975)367-371; ders., Über den Nutzen der Flurnamen für Wortgeschichte und Etymologie, Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S. 477-480. R. Fischer, K. Elbracht, Die Ortsnamen des Kreises Rudolstadt, Halle 1959, S.48. IF. 90(1985)129ff. bzw. 133f. Ebda., S. 134.
"-k- í
*-g-
113
In Anbetracht der übrigen Fälle mit ihrem Schwanken (gerade und besonders im Germanischen) wird man dt. Lache usw. doch wohl anschließen können. Für eine Entlehnung aus dem Lateinischen gibt es daher m.E. (wie bei vicus : Wik, Wiek) kaum noch überzeugende Argumente. Die bisher erwähnten Fälle gehen von einem Wechsel außergerm. *-k- : germ. *-g- aus. Wie schon anfangs bei der Vorstellung des appellativischen Materials erkannt werden konnte, ist das Schwanken aber nicht auf dieses Verhältnis beschränkt. Gerade das Germanische zeigt häufig beide Varianten. Es gibt aber auch einige wenige Beispiele für den umgekehrten Wechsel von außergerm. *-g- : germ. *-k~. An einem Beispiel läßt sich zeigen, daß dieses auch der Hydronymie nicht fremd ist. d.) Rega, Regen und Verwandtes Aus dem germ. Wortschatz läßt sich für den hier in Rede stehenden Wechsel als sicherstes Beispiel dt. Regen, got. rign, asä. regin usw. heranziehen. Nach J. Pokorny, IEW. 857 ist von einer Doppelwurzel *reg-/*rek- „feucht, bewässern, Regen" auszugehen, wobei die -g-haltige Variante dem Lat., Alban, und Nordgerm, zukommt, während der übrige germanische Wortschatz *rekverlangt422. Man könnte das Problem weiter offen halten, sollte aber doch nicht übergehen, daß die europäischen Gewässernamen starke Argumente für eine Doppelwurzel *reg-/*rek- enthalten. Besonders deutlich ist mir dieses bei der Behandlung des pommerschen FIN. Rega und des Oderarmes Regalica/Re glitz bzw. Regata geworden423. Demnach verlangen einen Ansatz "'reg- mit Sicherheit Rega in Pommern, Regalica/Reglitz/Regata bei Stettin, Regiel in Ostpreußen, Regillus östl. von Rom, Rienz (bei Bozen), Rionzi (bei Lausanne), *Regia in Namen der Brit. Insel, schließlich evtl. der bei Homer erwähnte FIN. griech. 'Ρήσο/ bei Troja. Unsicheres lasse ich hier beiseite. Die Wz.-Variante *rek- kann mit einiger Sicherheit wohl nur in dem FIN. Regen (l.z. Donau; mit ON. Regensburg) ausgemacht werden. Unklar bleiben die auf *Regila zurückführbaren Orts- und Gewässernamen Süddeutschlands424. Allenfalls könnte noch der ON. Regis im Kr. Borna (< *Regontia}42S) angeschlossen werden, jedoch ist Herkunft von einem PN. nicht mit letzter Sicherheit auszuschließen.
422 423 424 425
Anders zu diesem Problem R. Lühr 333 f. S. hierzu und zu den folgenden Namen Udolph, Stellung 259 ff. Vgl. A. Greule 214 f.; Udolph, Stellung 262. Vgl. J. Göschel, Die Orts-, Flur- und Flußnamen der Kreise Borna und Geithain, Köln-Graz 1964, S. 125.
114
Konsonantenwechsel
Damit können wir die Vorstellung von idg. Appellativen und Namen, die im Wz.-Auslaut auf einen alten Konsonantenwechsel im Bereich der Guttural-Reihen schließen lassen, beenden. Karte 16 (s. oben) enthält in einer Synopse auch die Streuung der Rega/Regen-Namen. Sie macht deutlich, daß sich die Wz.-Variante *reg- wie ein Kranz in Polen, Osterreich, der Schweiz und den Britischen Inseln um die Variante in dem FIN. Regen legt. Dieses Bild entspricht der Verbreitung der übrigen Fälle um Wietze, Wichte, Teichel und Lek, Leck und deren außergermanischen Entsprechungen. Es sei daran erinnert, daß der Konsonantenwechsel in Rega/Regen (idg. *-k- : germ. *-g-) in dem Verhältnis der schon behandelten Sippe um *ueit-/*ueid- (vgl. Karte 9, S. 70) eine genaue Parallele besitzt: die Tenuis im außergermanischen Bereich, die Media bei den germ. Appellativen und Namen.
Konsonantenwechsel
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Zusammenfassung Ich habe zu zeigen versucht, daß der innerhalb der Indogermanistik schon lange beobachtete wurzelauslautende Konsonantenwechsel auch topound hydronymisch greifbar ist. Dabei war man sich schon lange auch darüber einig, daß das Germanische in besonderer Weise davon betroffen ist. Uber die bisherigen Beiträge zu diesem Problem ist W.P. Schmid hinausgegangen und hat diesen Wechsel auch im Namenbestand wahrscheinlich gemacht. Von diesen Überlegungen ausgehend habe ich in diesem Kapitel versucht, Beobachtungen, die bei der Untersuchung polnischer Gewässernamen gemacht werden konnten, mit weiterem Material zu erhärten. Als Ergebnisse dieses Bemühens meine ich, festhalten zu können: 1. Der Wechsel von . germ. läßt sich appellativisch sicher fassen (Nessel : noatis; naß : griech. νότιο/). Sein Niederschlag im Namenbestand des Germanischen ist unstrittig {Netze, Nesse, Neetze usw.). Die angeblich unverschobenen .Α/ί-Namen Norddeutschlands (H. Kuhn) sind anders zu beurteilen. 2. Der Wechsel von *-d— (germ.) -t- liegt vor in germ, "'ueit- „Weide, biegen usw."; hierzu gehören in der Hydronymie Weid, Weide, Wieda, Weidnitz u.a.m. 3. Auch *-p- wechselt mit germ. :'-b-. Der appellativische Befund ist unstrittig (dt. raufen, taufen, schlafen usw.), ebenso sicher ist der Nachweis in der Hydronymie: Wipper, Wipfra, Lippe, Lupentia, hierzu zähle ich auch die -apa-Namen sowie die Sippe um germ. rip-. 4. Nicht so einheitlich ist das Schwanken zwischen -k- und -g-. Es findet sich vor allem innerhalb des Germanischen, weniger in der Abgrenzung von den idg. verwandten Sprachen. Die Toponymie kennt es jedoch aus germ. Wi(e)k, Teichel gegenüber Dukla, die Hydronymie aus Wietze und anderen Namen, Le(c)k und Regen. Dieser wurzelauslautende Wechsel war oft kombiniert mit einer Nasalierung. Mit Recht hat man daher auf das hohe Alter der Erscheinung aufmerksam gemacht. Für das Germanische muß man zu dem gleichen Schluß kommen, denn dieser Wechsel mußte vollzogen sein, bevor die Wirkung der germanischen Lautverschiebung einsetzte. Wir stehen mit der Beobachtung dieser Erscheinung somit in einer Zeit, als sich das Germanische erst zu entwickeln begann. Andererseits setzen die germanischen Appellativa (und die darauf aufbauenden Namen) diesen Wechsel voraus, so daß von besonderem Interesse die Frage war, in welchen geographischen Bereichen sich diejenigen Namen auffinden lassen, die die germanische Entwicklung in sich enthalten. Ich meine, daß die Kartierung (Karten 8-16) an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Abgesehen von einigen wenigen Abweichungen liegt der Schwerpunkt der Namen im Kontinentalgermanischen, etwa in dem Raum zwischen Elbe, Main und Rhein. Daraus kann man - wie schon bei der Erörterung der balt.-slav.-germ. Ubereinstimmungen - nur den Schluß ziehen, daß sich das Germanische nicht
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Konsonantenwechsel
in Skandinavien entfaltet haben kann. Diese Annahme wäre allenfalls gerechtfertigt, wenn man bei den hier in Frage stehenden Namen starke und eindeutige Ausstrahlungserscheinungen nach Norden und ein erneutes Zentrum im Skandinavien beobachten könnte. Darauf gibt es jedoch keinen Hinweis. Vielmehr zeigt sich in einigen Fällen, daß Labial- und Dentalwechsel nebeneinander zu belegen sind. Das betrifft z.B. den rekonstruierten Flußnamen *Lupentia in Thüringen, der später Nesse heißt, sowie die Wipper, einen Nfl. der Nathe bei Duderstadt, in dessen Nähe die im Anlaut normal verschobene Hahle fließt. Wir kommen damit auf einen Punkt zurück, der uns bei der Vorstellung der Geschichte der Forschung schon einmal beschäftigt hat. So meinte R. Wenskus (im Einklang mit weiteren Forschern), in Norddeutschland ein Nebeneinander von verschobenen und unverschobenen Namen ausfindig machen zu können; unverschoben sind seiner Ansicht nach z.B. Dremse, Lippe, Luppnitz, Dramme, Netze, verschoben dagegen Harste, Fuhse, Hase, Nethe u. a. Wie wir nun nach der Diskussion des Konsonantenwechsels doch wohl erkennen können, ist diese Auffassung z.T. zu revidieren. Neben denjenigen Gewässernamen, die nach traditioneller Auffassung einen unverschobenen Eindruck machen, zeigt Nord- und Mitteldeutschland immer auch die normale germanische Lautverschiebung, so z.B. auch in Finne, Helbe, Weiße, Miichel, Fuhne, Öchse und Truse. Mit Recht hat R. Wenskus andererseits den germanischen Charakter der Hydronyme in Norddeutschland betont und über das den Bereich der Jastorf-Kultur gefolgert: „Auch in diesem Gebiet ist also wie im Norden der germanische Charakter der alten Gewässernamen nicht zu bestreiten. Wo man verschobenen Formen erwartet, sind sie auch vorhanden. Es gehört somit zum ältesten germanischen Sprachgebiet"426. Damit berühren wir ein weiteres Argument, das uns bei der Durchsicht der bisherigen Untersuchungen kurz beschäftigt hat. R. Wenskus wies in dem Sammelband Germanenprobleme in heutiger Sicht427 auf einen Satz von H. Birkhan hin, nach dem es „sehr wahrscheinlich ist, daß syntaktische, morphologische Eigenheiten . . . und auch gewisse andere lautliche Entwicklungen . . . älter sind als die Lautverschiebung"428. Ich hoffe, mit der Diskussion des wurzelauslautenden Konsonantenwechsels deutlich gemacht zu haben, daß diese These zutrifft und daß dazu die Gewässer- und Ortsnamen als Stütze herangezogen werden können. Wahrscheinlich hat man sich bisher zu sehr darauf verlassen, bei der Abgrenzung des alten germanischen Gebietes die 1. Lautverschiebung als erstes, wichtigstes und einziges altes Kriterium anzusehen. In diesem Sinn hat sich z. B. H. Krähe ausgesprochen: „ . . . und so liegt es auf der Hand, daß es . . . von beträchtlichem Wert wäre, wenn es gelänge, gerade diese ,Germanische Lautverschie-
426 427 428
R. Wenskus 176. Berlin-New York 1986. Germanenprobleme, S. 17.
Konsonantenwechsel
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bung' räumlich und chronologisch genauer, als es bisher möglich war, zu fixieren. Bei einem derartigen Versuch wird man von vornherein . . . besonders wertvolle Hilfe von Seiten der Ortsnamen erwarten dürfen" 429 Ich hoffe in der weiteren Untersuchung noch deutlich machen zu können, daß neben dem Konsonantenwechsel weitere Erscheinungen auch in der Hydronymie und Toponymie in diesem Sinn ausgewertet werden können. Den Abschluß dieses Kapitels sollen aber noch einige Gedanken zum Wechsel der Konsonanten bilden. 1. Wie immer wieder betont worden ist (man kann sich in diesem Punkt auf Brugmann, Osthoff, Hirt u.a.m. berufen), wird das hohe Alter des wurzelauslautenden Konsonantenwechsels durch zwei Erscheinungen bestätigt. Das ist zum einen die damit verbundene, in ihrer Funktion aber nach wie vor unklare Nasalierung, die z.T. auch im Namenschatz (nicht nur des Germanischen) ihre Spuren hinterlassen hat. Zum anderen muß dieser Wechsel vor die erste (germanische) Lautverschiebung zurückdatiert werden. 2. Daraus folgt, daß die bisher innerhalb der Germanistik und Indogermanistik als selbstverständlich angenommene These, germanisches Material mit den (angeblich) unverschobenen Konsonanten -t-, -p- und -k- müsse entlehnt sein und könne nicht dem ererbten germanischen Wortschatz zugerechnet werden, gründlich und eingehend überprüft werden muß. Der Konsonantenwechsel erschwert die Aussage über verschobene oder unverschobene Wörter und Namen. In jedem Fall muß sehr viel genauer untersucht werden, ob nicht doch ein germanisches Erbwort oder ein früh germanisierter Name vorliegt. 3. Der Wechsel zwischen Tenues und Mediae erinnert an eine andere, jüngere Erscheinung der deutschen Sprachgeschichte: die binnenhochdeutsche Konsonantenschwächung. Ich bin weit davon entfernt, hier und jetzt eine Theorie oder Verbindung zwischen beiden Erscheinungen bieten zu können. Auffällig ist nur die gewisse Parallelität beider Vorgänge. Dieses nun wiederum könnte in gewissem Sinn auch bei einem anderen Phänomen vorliegen, das vor kurzem diskutiert worden ist und das ebenfalls eine Erscheinung betrifft, die im frühen Germanischen und in deutschen Dialekten der Gegenwart ähnliche Ergebnisse erbracht hat, das Vernersche Gesetz430. Wenn die damit verbundenen Beobachtungen innerhalb des Deutschen und seiner Dialekte mit den Erscheinungen des Vernerschen Gesetzes aus der Frühzeit des Germanischen in eine Verbindung gebracht werden können oder vielleicht sogar dafür sprechen würden, daß es eine Kontinuität der Wirkung des Vernerschen Gesetzes vom Germanischen bis zu deutschen Dialekten der Gegenwart gegeben hat und gibt, so kann man der Versuchung nicht ganz widerstehen, ähnliches für das Verhältnis zwischen dem frühen wurzelauslautenden Kon-
429 430
Mélanges de linguistique et de philologie, F. Mossé in memoriam, Paris 1959, S.226. Vgl. J. Udolph, Verners Gesetz im heutigen Deutsch, ZDL. 56(1989)156-170; ders., Nochmals Verners Gesetz im heutigen Deutsch, ebda. 57(1990)313-319 und die Kritik von W. Maánczak, Verners Regel im heutigen Deutsch? ZDL. 57(1990)310-312.
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Konsonantenwechsel
sonantenwechsel des Germanischen (und z.T. anderen idg. Sprachen, vor allem im Baltischen, Slavischen, Keltischen und Lateinischen) 431 und der binnenhochdeutschen Konsonantenschwächung anzunehmen. Für eine derartige Verbindung würde sprechen, daß der (westidg.) Konsonantenwechsel gerade innerhalb des Germanischen nachhaltig gewirkt hat. Wir konnten bereits bei der Vorstellung des appellativischen Materials sehen, daß das Germanische sehr häufig beide Varianten (Media und Tenuis) besessen hat, während die übrigen idg. Sprachen meist nur eine der beiden Möglichkeiten aufwiesen. Hinzu kommt die Tatsache, daß es eine Gesetzmäßigkeit der Entwicklung - auch im Germanischen - offenbar nicht zu geben scheint. Ist es angesichts dieser Verhältnisse wirklich zu gewagt, eine Verbindung zu der deutschen Konsonantenschwächung und der Entwicklung und gegenseitigen Beeinflussung von Fortes und Lenes herzustellen? Ich möchte diese Frage offen lassen, aber zu bedenken geben, ob nicht die Kontinuität der Entwicklung vom Germanischen zu deutschen Dialekten sowohl im Fall des Vernerschen Gesetzes wie auch dem Konsonantenwechsel als Möglichkeit angesehen werden können. Auffällig ist daran in jedem Fall, daß kontinentalgermanische Mundarten an der Kontinuität beteiligt wären; der Norden scheint daran keinen Anteil zu haben. Dieser Gedanke ist für die Frage, in welchem größeren Gebiet sich das Germanische aus einer idg.-alteuropäischen Dialektgruppe herausgelöst hat, nicht von entscheidender Bedeutung. Wichtiger sind die Fluß- und Ortsnamen, die mit Hilfe ihrer Lokalisierung zeigen können, wo entsprechende Prozesse ihren Niederschlag gefunden haben. Von Bedeutung ist jedoch - und damit möchte ich den Bereich des Konsonantenwechsels verlassen - , daß es offenbar Erscheinungen gibt, die vor die germanische Lautverschiebung datiert werden müssen und die in der Nomenklatur Mittel- und Nordeuropas ihre Spuren hinterlassen haben. Wir wollen im folgenden Kapitel ein weiteres Beispiel vorstellen und die Spuren in der Namengebung verfolgen.
431
Also in einer eher westidg. Sprachengruppe.
E. Vrddhi-Bildungen Die idg. Sprachen kennen eine Ableitung, die nach einem Terminus der aind. Grammatik als Vrddhi-Ableitung bezeichnet wird. Es ist eine „Bildungsweise, die nur im Ai. eine größere Produktivität erlangt hat"1. Daher muß man H. Hirt unbedingt zustimmen, wenn er ausführte: „Da die Vriddhibildungen kaum anderswo als im Indischen produktiv geworden sind, so haben Bildungen dieser Art, die nur in einer Sprache vorliegen, die Gewähr hohen Alters"2. Es ist nun gerade das Germanische, das diese, vor allem im Indo-Iranischen belegte, Erscheinung kennt3. In aller Kürze sei hier auf die wichtigsten Kriterien eingegangen. „Als Hauptcharakteristika der VA [= VrcW/κ-Ableitung] im Ai. [= Altindischen] können gelten: 1.) Dehnstufe der ersten Silbe des Wortes . . . , 2.) Grundwort und Ableitung stehen in bestimmten semantischen Verhältnissen zueinander. Die Ableitung kann etwa bezeichnen . . . : a) Die Zugehörigkeit zu dem, was im Grundwort bezeichnet wird; . . . b) etwas, das dem Material hergestellt ist, das mit dem Grundwort bezeichnet wird, c) Einen Kollektivbegriff zu dem, was mit dem Grundwort bezeichnet wird. 3.) Akzentuierung auf der ersten oder auf der letzten Silbe, wobei als Zusatzregel gilt: Ist das Grundwort auf der ersten Silbe akzentuiert, wird die dazugehörige VA auf der letzten Silbe akzentuiert und umgekehrt. 4.) Thematisierung unthematischer Grundwörter . . ."4. Es handelt sich innerhalb des Germanischen ohne Frage um ein hochaltertümliches Bildungsmittel, denn Fälle wie z. B. die Vrddhi-Bildung Schwager Schwäher zeigen, daß die Herausbildung vor Eintreten des Vernerschen Gesetzes erfolgt sein muß. Daher stellt sich die sehr wichtige Frage, ob das Germanische Bildungen dieser Art kennt, die auch in der Namengebung ihren Niederschlag gefunden haben. In der Rezension der Arbeit von G. Darms hat A. Greule5 den Wunsch geäußert, daß Eigennamen in größerem Umfang hätten herangezogen werden können. So hat A. Greule auch darauf aufmerksam gemacht6, daß gerade in der geographischen Terminologie des Germanischen Vrddhi-Ableitungen nicht selten sind. Er weist z.B. hin auf *weta-
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Krahe-Meid III 52. Hirt, Idg. 265. Dazu hat ausführlich G. Darras, Schwäher und Schwager, Hahn und Huhn. Die Vrddhi-Kb leitung im Germanischen, München 1978, Stellung genommen. G. Darms, op. cit., S. 1. IF. 87(1982)344. Ebda., S. 344.
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Vrddhi-Bildungen
„feucht", *mòra- „Sumpf, Moor", *bröka- „Bruch, Bach"; G. Darms selbst hatte schon *dala- : *dòli-7 und ''grasa- : *gròsa-8 behandelt. Allein schon der Nachweis von Vrddhi-Bildungen im Germanischen ist von Bedeutung. Noch interessanter ist die Frage, wo sich topo- und hydronymische Spuren dieser altertümlichen Bildungsweise innerhalb des germ. Siedlungsgebietes auffinden lassen. Einen relativ sicheren Fall meine ich bei der Diskussion der polnischen Gewässernamen alteuropäischer Herkunft9 gefunden zu haben. Er bildete Ausgangspunkt und Basis für die Untersuchung eines bis dahin nicht sicher gedeuteten dt. Appellativs aus dem Bereich der geographischen Terminologie10, der mir unter anderem auch den Vorwurf eines „etwas übertriebenen Titels"11 einbrachte. Vielleicht kann die vorliegende Untersuchung zeigen, daß entscheidende Fragen der Entfaltung und Entwicklung des Germanischen nur mit Hilfe des Ostens gelöst werden können. Die folgenden Ausführungen gehen nochmals auf den Beitrag über hd. Strut im Gießener Flurnamen-Kolloquium ein, bieten Korrekturen, Ergänzungen (vor allem aus England) und eine neue Verbreitungskarte. Anschließend wird nach weiteren Vrddhi-Bildungen innerhalb des Germanischen Ausschau gehalten.
1. Strut Die Untersuchung der polnischen Hydronyme Stradunia, Stradomka, Straduny/Stradaunen, Stradówka, Stradoni, Stradun/Stradunek u.a.m.12 und deren Anschluß an den griech. Wortschatz hat m.E. gezeigt, daß es eine Beziehung zu einem in deutschen FlurN. beliebten Wort Strut, ndt. ströd- gibt, die nur mit Hilfe der Annahme einer Vrddhi-Bildung gelöst werden kann13. Die polnischen Namen gehen offenbar gemeinsam mit weiteren baltischen und ostslavischen Verwandten auf die idg. Wz. '' sredh-/'·'srodh-, d.h. genauer: auf die -o-Stufe, zurück. Das in den slavischen Namen auftretende -a- kann in verschiedener Art und Weise erklärt werden: frühe Slavisierung (verbunden mit Dehnung des Wz.-Vokals), späte Slavisierung (verbunden mit unterbliebenem Wandel *-a- > *-o-), volksetymologischer Einfluß der Sippe um slav. strada, stradai' „schwere Arbeit, Erntearbeit, leiden, sich bemühen usw." und auch als Vrddhi-Bildung zu idg. *srodh-. Wir können daher von der Abtönung von *sredh- (mit regelgerechtem Einschub von -t-) ausgehen.
7 8 9 10
" 12 13
A.a.O., S.208ff. Ebda., S. 252 ff. Udolph, Stellung 279 ff. S. J. Udolph, Ex oriente lux - auch in deutschen Flurnamen, Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S. 272-298. G. Lohse, Β N E NF. 21(1986)155. S. Udolph, Stellung 279 ff. mit auführlicher Diskussion, die hier nicht wiederholt werden soll. Vgl. die ausführliche Erörterung bei J. Udolph, Ex oriente lux - auch in deutschen Flurnamen, Gießener Flurnamenkolloquium, Heidelberg 1985, S. 272-298.
Strut
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Wichtige Ergänzungen und eine genaue Kartierung der Namen in Hessen bietet nun der Hessische Flurnamenatlas14. Damit wird für dieses Bundesland die von von mir vorgelegte Kartierung15 der gesamten Strwt-Namen bestätigt und präzisiert. Die Streuung der hessischen Flurnamen macht erneut deutlich, daß die mit dt. strut(h), strod gebildeten Namen ihren Schwerpunkt in Hessen und den angrenzenden Gebieten besitzen. Unter den zahlreichen Namen mögen sich auch einige wenige verbergen, die nicht zu strut, strod „Sumpfwald" usw. gehören, sondern mit strote, mhd. strozze „Kehle, Gurgel" zu verbinden sind16. An dem Gesamtbild ändert dieses aber nichts. Wie jedoch oben schon bemerkt wurde, ist die von mir 1985 vorgelegte Zusammenstellung dennoch korrekturbedürftig. Das betrifft in erster Linie weiteres Material aus Nord- und Westdeutschland, aber auch aus den Niederlanden, Belgien, Nordfrankreich und England sowie appellativische Entsprechungen im Niederländischen und Englischen. Keinerlei Ergänzungen lassen sich für den Norden nachweisen; dort sind Wort und Namen nach wie vor unbekannt. Umso wichtiger ist das Ausgreifen der Namenstreuung nach Westen und nach England. a. Namen aus Deutschland: Eichstruth, Wg. im ehem. Kr. Duderstadt, 1236 Eckstrot17; Eichenstruth, ON. im Westerwald18; Eichenstruth, ON. bei Simmelsdorf, 1362 zu Eycheinestrut19; Enkelstrotort, ON. bei Rieste, 1403 Enkelstroet, 1490 Enkelstroet20 ; Haarenstroth, ON. östl. Bad Zwischenahn, in der Nähe des Flusses Haaren, Putthaaren11 ·, Hasenstrode, ON. bei Meinersen, 1406 to dem hasenstrode22. Zweifel an der Zugehörigkeit des ON. Kattenstroth bei Gütersloh23, hat P. Derks angemeldet: „Möglich wäre auch Catinstrot24 ,Katzenkehle' . . . und as. strota ,Kehle' . . . mnd. strote ,Kehle'"25. Man vergleiche weiterhin Lindenstrut bei Gießen, 1279 Guntramus de Lindenstrut26; Kleine, Große Schippstroth, FlurN. südl. Wiefelstede27; Scherfstrut,
Hrsg. v. H. Ramge, Darmstadt 1987, Karte 124. Gießener Flurnamenkolloquium, S. 276. 16 Vgl. die Kritik von P. Derks, BNF.NF. 26(1991)29, Anm. 28, und S.30 mit Hinweis auf C.P. Herbermann, Marburger Beiträge zur Germanistik 45(1974)79f. 17 Westfäl. UB. III 905. W. Kramer in: Histor.-Landeskundl. Exkursionskarte von Niedersachsen, Bl. Duderstadt, Erläuterungsheft, Hildesheim 1964, S.49 kennt diesen Beleg in der Notierung Ecstrod. 18 Metzler 134. " HOB., Oberfranken 2,12. 20 Wrede I 151. 21 TK. 25:2814. 22 Sud. X 305; L. Bückmann 115. 23 1198 Catinstrot, 1273 Cattenstrot. 24 Westf. UB. V 1, Nr. 166, III 489. 25 BNF.NF. 26(1991)30, Anm. 31. 26 Hess. UB. I 271. 27 TK. 25:2714. 14
15
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Vrddhi-Bildungen
Wg., 1317 Scherfstrote2S; Schraden, Waldgebiet bei Liebenwerda, 1210 nemus Ztradim usw.29; Strautbach, FIN. bei Menslage30; 1203 (T. 1271) in Stroden, nahe Kloster Langenhorst31; 1520 Stroder Bleck, FlurN. bei Wernigerode32; Strödt, Kr. Mettmann33; Strodtmann, ON. bei Helle34; Strohde, FlurN. in Süttorf, Kr. Uelzen35; Stroot, FlurN. östl. Bawinkel36; Strootmann, ON. bei Schapen37; Strot, FlurN. bei Lüdersen, Kr. Springe, 1305 Strot3*; Strot, FlurN. bei Wrescherode, 1446 Strot; Strot, FlurN. bei Ackenhausen, 1766 An der Strauß-, Strôt, Strohe u. a. m., FlurN. bei Bersenbrück40; ant Strot, FlurN. bei Dommatzen41; 1315 Stroth, Rodung bei Lüdersen42; Strothe, ON. Kr. Uelzen, 1340 to der strud, (1352) in villa Strode43; Strotheim, 1269 in Strotheim, ON. nahe Warendorf?44; Strothkamp, FlurN. bei Lutten45; Strothmann, ON. nördl. Bersenbrück46; Strothof, ON. bei Handrup47; Strothook, ON. bei Planckorth48; Strothusen bei Borken, 1265 Strothusen49; Auf der Strottheide, FlurN. bei Wetter50; 1369 Strotvorch, FIN. in Machtiishausen51; Strud, jetzt Trögen an der Espolde, 1401 zcü der Strud,52; 1269 Strud, FlurN. bei Bernkastel und Daun53; Strudhof4; 1304 Strut, „silvula" in der Gemarkung Schwemmelsbach/Ufr.55; 1557 Die Struth, FlurN. bei Großenhain56; Struth bei Heimborn, Struthof bei Betzdorf, Struthütten bei Burbach, Kr. Siegen, Struthütten bei Neunkirchen,
28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56
G. Jacob 105; etwa zu strote, mhd. strozze „Kehle, Gurgel"? S. Hanspach 93 f. mit Hinweis auf weitere Literatur. TK. 25:3312. Westfäl. UB. III 12. W. Grosse 137. Leithaeuser 237. TK. 25:3314. FlurN.-Sammhing Göttingen. TK. 25:3310. TK. 25:3511. Westfäl. UB. X 44. W. Flechsig, Braunschweigisches Jahrbuch 40(1559)65. Heckscher, Bersenbrück 121 f. FlurN.-Samralung Göttingen. Cal. UB. III 403. Sud. I 682, II 419. Westfäl. UB. III 441. TK. 25:3215. TK. 25:3413. TK. 25:3411. TK. 25:3410. Westfäl. UB. III 381. Wrede I 35. MB. 46,272. Sud. I X 160. M. Müller 11,66. Leithaeuser 237. MB. 38,324. D. Hanspach, brieflich vom 28.12.90.
Stmt
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M. Langenbach57; Auf der Stmtsodel, FlurN. bei Hundelshausen 58 ; Strutwisch, FlurN. (1786) bei Klein-Kummerfeld 59 ; Im Westerstrohte, FlurN. bei Fladderlohausen, in der Nähe auch Schürenstroht60; ca. 5 Namen nennt Ramsauer 42 in Oldenburg. b. Material aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich: Zum appellativischen Bestand des Niederländischen vgl. die Angaben stroet „läge moerassige grond" bei Moerman 223, ders., Oostned. 15 und vor allem Schönfeld, Veldnamen 41 f.: stroede, stro(o)de, und den neu entstandenen Nom. stroe, stro(o). An geographischen Namen aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich sind mir bekannt geworden: Boerenstroovledder, FlurN. bei Dwingelo; Dakstroo bei Apeldoorn, alt Taxtroot; 1608 Dijckenstruet, wohl *D 'Eyckenstruet, FlurN. bei Zelhem61; Diepstroten bei Anrijp 62 ; Estrebay im Kanton Rumigny, evtl. < *strôdbakia; 1291 bois appelé Estrieus, FlurN. im Kt. Celles, Hennegau, wobei „ströd . . . zu strôdum latinisiert [wird]"64; Estrieux, FlurN. östl. Doornik 65 ; 1473 Haickstroet, bei Winter s wijk66; 1760 De Hanninkstroete bei Batmen (Schönfeld, Veldnamen 42); Hestrud oder Hestrus im Dép. Nord, 1112 Hestruz, 1119 Hestrut, Hestrut, 1145 Hestruth, 1150 Hestruz, dort auch O N . Fourmestraux67; Koestroo bei Barchem68; Stroeten, Russchestrootsveld, FlurNN. bei Donderen 69 ; Straulx bei Merdorp im Hespenländischen, auch FlurN. bei Lüttich, 1424 Straulz70; Straut, lies strôt, 13. Jh. Straut, FlurN. im Kt. Gosselies; auch FlurN. bei Velaines, Prov. Namen 71 ; Streux im Kt. Andenne72; Stroe in Nordholland, 9. Jh. (K. 10. bzw. 11. Jh.) in Strude7i; Stroe bei Barneveld, Gelderland74; Stroede, FlurN. bei Roxem, um 1300 stroede75; Stroeden, FlurN. bei Vronen76; dat Stroed
57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76
Leithaeuser 237. Fechner 49. Prien 242. TK. 25:3414. Moerman 223; Schönfeld, Veldnamen 41,42. Moerman, Oostned. 15. Gamillscheg 118. Petri 157,331; Gamillscheg, RG. I 133. Petri 561. Moerman 223. De Flou V, Sp. 992; Mannier 360; Petri 561. Moerman, Oostned. 15. Schönfeld, Veldnamen 41; Moerman, Oostned. 15. Petri 86,561. Petri 154; Gamillscheg 90. Gamillscheg 108. Gysseling 11,943; vgl. Schönfeld, Veldnamen 42; Moermann, Oostned. 15. Moerman 223. De Flou XV, Sp. 548. Schönfeld, Veldnamen 42.
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Vrddhi-Bildungen
bei Dulder; Stroedt bei Albergen; Stroeveld bei Speulde; Stroet bei Lutte und bei Wilp; Stroete bei Kotten; Stroetefeld bei Zweeloo; Stroetman bei Lochern; Stroo bei Vörden; Stroobroek bei Loenen; Stroot, Stroothuizen bei Twekkelo; Strooveld bei Reutum; Stroovledder bei Uffelte77; Strud, WaldN. bei Andenne, 1237 Stoir, 1365 Stroi; Strud, FlurN. bei der Gemeinde Haltinne78; Strud, O N . im Kr. Dinant; Strud, ON. bei Namur, 1265 Streu, E streu-, Strud, FlurN. bei Namur, 1237 Silva de Stoir79; 9 Jh. (in) Strude, FlurN. bei Wieringen80; 1602 Die Struyd, FlurN. bei Batmen81; Veestroete, FlurN. bei Bilsen82; Vretstrooi, Teil des Polders Kuilenburg, 1470 (in)t Vredstroe83; Widenstrout, Wg. bei Straßburg, 1059 (K. 16.Jh.) Widenstrout, 1059 (Impr. 18. Jh.) Widenstrum, Widenstrout (MGH. Reg. Germ. VI 77); Wiënstroet bei Hengelo; Zeyer Stroot bei Vries84. c. Material aus England: Bei der Behandlung der deutschen Wörter und Namen hatte ich schon kurz auf den Bestand im Englischen hingewiesen85 und die Bemerkungen und Erörterungen von Bosworth-Toller, W. H. Stevenson und K. Dietz (Berlin) zitiert. Im folgenden müssen dazu einige Ergänzungen aus dem appellativischen Bereich gemacht und die Zusammenstellung der Namen kompletiert werden. „The correctly developed modern form is Strood [stru:d]; strode is clearly a pronunciation based on traditional spellings, and Stroud [straud] is probably a pronunciation based upon a confusion of older spellings . . ." 86 . Mit Metathese reiht A. H. Smith II 158 hier auch stord „a young wood, a plantation, land growing with brushwood" an und weist dieses auch in O N . nach. Das Altenglische kannte es als strôd, ströd „marshy land overgrown with brushwood" 87 , man vergleiche etwa 938 on daet strôd, 961 strôd wîcu, 972 of secg lakes strode (Worcestershire)89. Ein gesondertes Problem stellt engl. dial, strother dar. Es wird nach der Vorstellung des Namenmaterials behandelt (s.u. S. 127ff.). Die nun folgende Zusammenstellung der englischen Namen erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, jedoch wird die Streuung der ermittelten und kartierten Namen
77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87
88 89
Moerman, Oostned. 15. Gamillscheg 108. Petri 331. Moerman 223. Schönfeld, Veldnamen 42. Cuvelier/Huysmans 258. Schönfeld, Veldnamen 42. Moerman, Oostned. 15. Gießener Flurnamenkolloquium, S.290. A . H . Smith II 164. A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58; Gelling 58 f.; A . H . Smith II 164. Middendorff 128. Forsberg 51; A. Mawer, F.M Stenton, EPNS. 4,392.
Strut
125
die deutlich erkennbare Beziehung zu den kontinentalgermanischen Entsprechungen unterstreichen. Man vergleiche: Ansteadbrook, ON. in Surrey, 1437 Andestrode9C; 1315 Balstrod, WgN. in Northamptonshire91; Blackstroud, 1446 Blakestrode, und 1370 Blakstrode, zwei O N N . in Surrey92; Bulstrode, ON. in Buckinghamshire, 1195 Bolestrode, 1285 Bollestrode93; Bulstrode, ON. in Hertfordshire, 13. Jh. Bulestrode94; Dalestorth in Nottinghamshire95; Den Strood, Denstroud, O N N . in Kent96; Goster Wood/Gostrode, 1255 Gosestrod(e), 1259 Gosestrod und Haggestrode, ON. in Surrey97; Hither Strouds, ON. in Gloucestershire, 13. Jh. Noperestrode9%; Langstrothdale in York (WR), ca. 1190 (foresta de) Lang(e)strod(e), ab. ca. 1220 -stroher, -strother"; Long Strath, bei Keswick, Cumberland, 12. Jh. Langestrothe1M; Shovelstrode, ON. in Sussex, 1086 Calvrestot, Celrestius (sie), um 1200 Soluestrode101; 1484 Smythestrode, ON. in Middlesex102, Storiths in York (WR), Storrs in Lancashire, Storth in Westmorland und Storwood in York (ER) enthalten strod in metathesierter Form 103 ; vgl. weiterhin Stourton in Devon, 1242 Stordet(h)on, 1300 Stordeton, 1303 Stroddon, Fordeton, 1316 Scordeton, 1346 Stordeton, 1373 Sturde(s)ton, 1428 Stordeton104; Stretaston, ON. in Warwickshire, 14. Jh. Strodaston, Stretaston, Stroderston105; Strettiti, ON. in Kent, hierzu 1404-99 Strodettcrosseì, ist nach Wallenberg 166 als strôd + Suff, -ette, germ. *-itja aufzufassen106; um 1200 Strod, ON. in York (WR) 107 ; 1652 Strodbroke, FlurN. in Gloucestershire108; zahlreich sind die ON. Strode,
J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,187. " J . E . B . Gover u.a., EPNS. 10,270. 92 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,118,365. 93 A. Mawer, F.M Stenton, EPNS. 11,238; A.H. Smith II 164; A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S. 58; Gelling 59. 94 J . E . Β Gover u.a., EPNS. 15,45. 95 Α. Η. Smith II 158. 96 Baddeley, Gloucester 149; Wallenberg 496. 97 J . E . Β . Gover u.a., EPNS. 11,365,189,279. 98 Α. Η. Smith, EPNS. 41,176. 99 Α. Η. Smith, EPNS. 35,117; vgl. auch Α. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58; A.H. Smith II 164; Gelling 59, und unten bei der Behandlung von engl. dial, strother. 100 A.M. Armstrong, EPNS.21,351; vgl. auch A.H. Smith II 164 und Gelling 59 mit der Bemerkung: „In the early spellings for Langstroth there is interchange between strôd, and strôther, which is a derivative, strôther is found occasionally in minor names in the north". 101 A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.7,333. 102 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,204. 103 S. A.H. Smith II 158. 104 Blomé 102, ohne Erklärung, nach J . E . B . Gover, EPNS. 8/9,238 wahrscheinlich altes strôdatûn. Man vergleiche auch den folgenden Namen. 105 Duignan, Warw. 109 sieht darin strôd + East Town; vgl. auch Johnston, PNE 460. 106 Etwas anders A.H. Smith II 164: Ableitung von ströd und als "strödett „marshy ground, a place overgrown with brushwood" zu verstehen. 107 Α. H. Smith, EPNS. 37,253. 108 Α. H. Smith, EPNS. 41,176. 90
126
Vrddhi-Bildungen
so in Dorset, 1225 Strod(e), in Somerset, Devon (1238 de Strode), Gloucestershire (1273 la Strode); Kent (1226 de Srode, 1240 de la Strode), Cambridge (1221 Strode), Middlesex (1189 Strode) und in Essex, 1364 Strode109; neben 1448 Strodepyghtel in Middlesex110 und Strodlands in Gloucestershire, 1464 Strouds Wood (A.H. Smith, EPNS. 41,176) stehen zahlreiche ON. Strood, so in Kent, 1160 Strodam, in Sussex: Strood, 1405-24 le Strode; Strood, 1328 la Strode112; Strood, 1752 Stroods; Strood, 1332 atte Strode; Strood, 1611 the Strowde113; in Essex Strood, 1455 Strodewey1H; vgl. weiterhin in Essex Stroodland, 1419 Pantryes Stod(e)lond; Strood Green, 1279 William de la Strode; Stroodland Barn, 1586 Stroodelands; Stroods, Anf.15. Jh. William Strode; Stroods, 1296 William Strod115, sowie Strood Channel, 1455 Strodesflete116, Strood Copse in Surrey, 1332 ate Strode117; Stroodgreen in Surrey, 1241 la Strode118, Strood House in Sussex, 1279 de Strode, dort auch Strood Lane, 1296 Ranulphus de Blakestrode119. Zahlreich sind auch die Stroud-Ortsnamen: in Essex Stroud Green, 1345 Strode120, in Surrey Stroud, 1453 le Strode; Stroud Green, 1279 Strode; Stroude, 1311-20 Strode121, in Sussex Stroud Lane, 1454 le Stroude122; in Dorset Stroud, 1340 Alan Stroude, Stroud, 1497 Strode; Stroud, 12. Jh. Strode und Stroud Bridge, 1333 Strodeaus Gloucestershire sind zu nennen Stroud, FlurN. und ON., 1200 La Strode, 1221 La Strode, 1358 atte Strode bzw. Anf. 14. Jh. Strode, La Strode, Strowde, dazu GN. Stroud Water, 1475-80 Strodwater124, Stroud Common125 und Stroud Green bei Standish126. In Wiltshire liegen Stroud, 1540 Strowd lease und Stroud
109
110 111
112 113 114 1.5 1.6 117 118 119 120 121 122 123 124
125 126
Fägersten 279; A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58; A.H. Smith II 164; J.E.B. Gover, EPNS.8/9,274; A.H. Smith, EPNS.41,176; Wallenberg 511; P.H. Reaney, EPNS.19,346; J.E.B. Gover u.a., EPNS.18,204; P.H Reaney, EPNS. 12,321. J.E.B. Gover u.a., EPNS.18,204. A.H. Smith II 164; Wallenberg 118; KPN. 228; Johnston, PNE. 460; A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.6,109,119. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.7,268,399,307. P.H Reaney, EPNS. 12,321. A. Mawer, F.M Stenton, EPNS.6,135,161; 7,347,348,391. P.H. Reaney, EPNS. 12,16. J.E.B. Gover u.a., EPNS.ll,267f. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 11,285. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.7,387; 6,239. P.H. Reaney, EPNS. 12,197. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 11,51,126,218. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS 6,99. Fägersten 66,219; A.D. Mills, EPNS.59/60,182,351. Baddeley, Gloucester 149; A.H. Smith, EPNS.38,12,139; A.H. Smith II 164; Johnston, PNE. 460; Gelling 58; Α. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58. A.H. Smith, EPNS.40,122. Baddeley, Gloucester 150.
Strut
127
Hill127, in Hertfordshire Stroud Wood, 1296 ate Stroude128; von der Isle of Wight vgl. Stroud, Stroud Coppice und Stroudgreen, 1345 Stroude129, aus Hampshire Stroud, 1327 (atte) Strode1*0, aus Huntingdonshire Stroud Hill, 1228 Strode131, in Northamptonshire Stroud Hillm, in Lincolnshire Stroud Bridge, 1303 Strodam, in Surrey Stroud Common, 1229 Strode, 1486-1515 Strode134, in London und Middlesex Stroud Green, 1279 La Strode135 und Stroud Green, 1407 at Strode, 1562 Strodegreene, 1754 Stroud Greenlii. Schließlich sind noch zu nennen Strudda Bank in Cumberland, 1594 Strowd bank™, Strudgate, 1516 Stroudgate™, und Strudgwick in Sussex, 956 Strodwicm, sowie Strudwick, Northamptonshire140, Strutfield in Surrey, um 1550 Strowdfylde141, Waystrode in Kent, 1292 de Wey strode142 und 1548 Whitestrode in Surrey143. Aus Berkshire hat M. Gelling, EPNS. 51,909 weitere Namen (insgesamt 15) genannt. Die Kartierung der Namen (s. Karte 17, S. 128) zeigt innerhalb Englands eine Verbreitung, die uns schon bei anderen Namensippen begegnet war: die Verbindungen der Insel mit dem Kontinent sind deutlich erkennbar. England hat vor allem mit dem Südosten (Kent, Sussex, Surrey, Middlesex) Anteil an der Streuung; einzelne Ausweitungen sind nach Westen (Wiltshire, Gloucestershire, Somerset) und spärlich nach Norden (Hertfordshire, Horthamptonshire) erkennbar. An dem Zusammenhang mit den kontinentalgermanischen Namen in Ostflandern und Nordfrankreich ist kaum zu zweifeln. Umso auffallender ist erneut das Fehlen im Norden. Die Lücke reicht südlich bis an die Elbe, auch Schleswig-Holstein ist von der Verbreitung fast vollständig ausgespart. Wir wollen aber nochmals nach England zurückkehren. Dort liegt noch ein besonderes Problem in dem engl. Appellativum stroder „a place overgrown with brushwood"144 vor. Im Mittelenglischen ist es nach A. Mawer145 als
127 128 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145
J . E . B . Gover u.a., EPNS. 16,104,246 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 15,99. Kökeritz 117 (mit weiteren 5 FlurN.),131; A . H . Smith 164. Coates 158. Α. Mawer, F . M . Stenton, EPNS.3,212. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 10,270. A . D . Mills, EPNS.53,76. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,257. Field, London 89; Johnston, P N E . 460. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,124; Gover, Middlesex 82. Α. M. Armstrong, EPNS. 21,340. A Mawer, F. M Stenton, E P N S 7,254. A Mawer, F . M Stenton, E P N S 6,107; K. Dietz, Gießener Flurnamenkolloquium, S.290. A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,297. Wallenberg 83. J . E . B . Gover u.a., E P N S . 11,365. A . H . Smith II 164. The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58.
128
Vrddhi-Bildungen
strother „marsh" belegt und als Ableitung von strod zu betrachten. K. Dietz hatte auf meine Anfrage146 ausgeführt: „Neben ae. ströd muß gleichbedeutendes *stroder bestanden haben. Es . . . lebt in nordenglischen Dialekten als Stroth er, marsh' fort. Stellt man beide zusammen, würde grammatischer Wechsel vorliegen, was sich jedoch nicht mit *srödh- verträgt. Andererseits läßt sich ströd kaum von * ströd er trennen". Bei der Erörterung des Namens Long Strath bei Keswick (Cumberland) führte M. Gelling 59 aus: „In the early spellings for Langstroth there is interchange between ströd and ströther, which is a derivative, ströther is found occasionally in minor names in the north".
146
Vgl. Gießener Flurnamenkolloquium, S. 290.
Strut
129
Das Verhältnis von Stroth und strother erinnert an dt. werd : werder und ae. soel : soeler, „hall", sige : sigor „victory"147, vgl. auch E. Ekwall148: „For the r-suffix we may compare Engl, strother (common in place-names), a side-form of strood, O E strôd, strôo ,marshy land overgrown with brushwood'". Es fragt sich nur, ob wir es bei ströther, strödher mit einer altertümlichen, zumindestens westgermanischen Bildung zu tun haben. Ich meine, daß die nun folgenden, mir bekannt gewordenen englischen Ortsnamen in ihrer Verbreitung149 gegen hohes Alter des Appellativs sprechen, man vergleiche: in Northumberland: Anstruther, ca. 1205 Anestrothir, 1231 An-, 1270 Ayne Stroth er150; Broadstrothers Burn, 1255 Bradstoir151; Brockwell, 1398 Brokwelstrother152; Coldstrotheri5i; Haughstrother, 1312 le Haukstrothre154; in 155 Durham: Strother, um 1190 E Stroth er ; in York (WR) Langstroth dale, ca. 1190 (foresta de) Lang(e)strod(e), ab ca. 1220 -stroher, -strother156, woraus ersichtlich wird, daß die erweiterte Bildung des Appellativs sekundär eingedrungen ist, weiterhin Strodder,57; in Westmorland: Whelpstrother, 1375 WhelpStrothe158. Zur Lage in Schottland vgl. Johnston, PNS. 83 (einige Namen in Ayr). Die Verbreitung dieser Namen zeigt, daß es sich bei ströther um ein Dialektwort handeln düfte, das in seiner Bildung an andere Appellativa angeglichen worden ist (man vergleiche die Beispiele bei E. Sievers), aber kaum noch mit grammatischem Wechsel zu rechnen sein dürfte. Die Namen sind auf die britische Hauptinsel beschränkt. Vom Kontinent ist mir nur ein Name bekannt, der auf ähnliches hinweisen könnte: 1400 Kotten zu Strodervichxv>. Jedoch dürfte hier kein Wortbildungselement wie in den englischen Belegen vorliegen. Die Randlage der Strother-Namen in Nordengland und Schottland (vgl. Karte 17, S. 128) bestätigt die Annahme, daß es sich um junge Ausläufer der Sippe um hdt. Strut, ndt. strot handelt. Die Kartierung der Strut-IStrod-Namen erweist, daß diese Vrddhi-Ableitung ihren Schwerpunkt im kontinenentalgermanischen Bereich besitzt. Es sei
E. Sievers, Angelsächsische Grammatik, 3. Aufl., Halle 1898. Studies in English Place- and Personal Names, Lund 1931, S. 69. i« Vgl schon Mawer, Northumb. 240: „strother. This element ist in common use in Norther England and Scotland". 150 Johnston, PNS. 83; Mawer, Northumb. 31. 151 Mawer, Northumb. 31; A. Mawer, The Chief Elements Used in English Place-Names, Cambridge 1924, S.58. 152 Mawer, Northumb. 32. 153 A.H. Smith II 164. 154 Mawer, Northumb. 105; Gelling 59. 155 Johnston, PNS.83; Mawer, Northumb. 191; K. Dietz, Gießener Flurnamenkolloquium, S.290; A.H. Smith II 164. 156 A.H. Smith, EPNS.35,117. 157 A.H. Smith, EPNS.37,253. 158 A.H. Smith, EPNS.42,205. 159 Schütte 251. 147 148
130
Vrddhi-Bildungen
nochmals daran erinnert, daß derartige Bildungen im Germanischen hohes Alter besitzen. Von hieraus ist das Fehlen in Skandinavien, Dänemark und Schleswig-Holstein auffällig; sollten diese Gebiete wirklich zur Heimat des Germanischen gezählt werden (und dahin tendieren sehr viele Meinungen), so ist zu fragen, warum eine germanische Vrddhi-Bildung nicht dort, sondern im kontinentalgermanischen Gebiet zur Namengebung verwendet wurde. Auffällig ist auch die nicht zu übersehende Verbindung des Kontinents mit England. Es ist an und für sich keine Überraschung, daß es namenkundliche Beziehung über den Kanal gibt, aber die enge Verbindung zwischen der Insel und Nordfrankreich und Ostflandern zeichnet sich doch sehr deutlich ab. Allerdings hatten sich entsprechende Beobachtungen in unserer Untersuchung schon mehrfach aufzeigen lassen. Eine zusammenhängende Beurteilung dieser Erscheinung wird gegen Ende der Arbeit (s. Seite 765 ff.) vorgelegt. Mit diesen Beobachtungen und Ergebnissen können wir dt. Strut/strod und ihre germanischen Entsprechungen verlassen. Es sei schon hier bemerkt, daß es sich innerhalb der mutmaßlichen germanischen Vrddhi-Bildungen und deren Niederschlag im Namenbestand um den eindruckvollsten Fall handelt. Die Suche nach weiteren Beispielen ist allerdings nicht erfolglos.
2. *bröka „Bruch, Sumpf, Sumpfboden" G. Darms hat in seiner schon mehrfach zitierten Arbeit über die Vrddhi-Abo leitungen auch zu ahd. bruoh „Sumpf, Sumpfboden", ae. bröc „Bach" Stellung genommen160. Er kam dabei u.a. wegen der problematischen Etymologie zu dem Schluß, daß „für die Annahme einer VA [= Vrddhi-Ableitung] außer dem ungeklärten ö-Vokalismus nichts beigebracht werden [kann]"161. In seiner Rezension der Arbeit von G. Darms hat A. Greule162 allerdings darauf verwiesen, daß die gesuchte Grundform *'brak- in mehreren Namen nachweisbar ist. Er nennt dort Nieder/ Ober-Brechen im Lahngebiet, < * Brachina·, Brexbach bei Bendorf, < "'Brachisi und Brakel (Ostflandern) und folgert daraus: „In ae. ''bröc ,Bach' würde dann die Vrddhi-Bildung mit der Grundbedeutung vorliegen". Ergänzend sei auf die niederländischen ON. Brakel in Gelderland, 838 (K. 11.Jh.) in Bracola und Brakele in Nordbrabant, 1144 / Brakele, 12. Jh. de Brakele164 verwiesen. Zu beachten sind ferner die Ausführungen bei Kluge-Seebold. Hier wird zunächst darauf verwiesen, daß das germ. Appellativum auch im Niederländischen als broek bekannt ist (auch mnl. brock, broeklbs) und gefolgert: „dann
160 161 162 163 164 165
G. Darms, op. cit., S. 298 f. Ebda., S.299. IF. 87(1982)344. Grundform des Namens nach J. Wirtz, S. 102, unklar. LNT. 97 mit anderer Etymologie. A.H. Smith I 51; Ekwall, ERN. 53.
bròka
131
wg. * bròka m./n.,Sumpfland' zu der unter Brackwasser behandelten Sippe g. brak- für ,Sumpf, stehendes Wasser' usw. aus weur/oeur *m(e)r(e)g- neben "rm(e)r(e)k-, wohl Erweiterungen zu "'mer- ,Gewässer, Sumpf', zu dem auch Meer und Moor gehören"166. Zieht man weiterhin die von A. Greule genannten Namen heran, so ergeben sich daraus verschiedene Schlüsse, die sich im wesentlichen mit Strut/strod decken: 1. Das germ. Appellativum "'bròka kann als Vrddhi-Ableitung betrachtet werden. 2. Es liegt als Wort im Niederdeutschen, Hochdeutschen, Niederländischen und Englischen vor. 3. Es fehlt in Skandinavien. 4. Die Ableitungsgrundlage dürfte sowohl in dt. Brack(wasser) wie in den von A. Greule genannten Gewässer- und Ortsnamen Brechen, Brexbach u.a.m. vorliegen. 5. Es ist „häufig in Ortsnamen" anzutreffen.167 Es ist gerade der Nachweis im germanischen Namenmaterial, der zum Nachdenken Anlaß gibt. Eine Zusammenstellung des gesamten onymischen Bestandes habe ich nicht durchgeführt. Sie hätte ergeben, daß Namen aus ganz Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Nordfrankreich und England angeführt werden müßten. Besonderes Interesse können dabei die englischen Verhältnisse, vor allem deren semantische Entwicklung zu „Bach", für sich beanspruchen; man vergleiche dazu die Ausführungen bei Ekwall, ERN. 53, A.H. Smith I 51 f. und vor allem Gelling 14 ff. Wie schon bemerkt wurde, würde eine Kartierung der Brök-/Bruch-Namen nur unwesentlich von der Strut-/strod-Verbreitung differieren. Als auffälligste und wichtigste Erscheinung ist das Fehlen in Skandinavien zu konstatieren. Die Annahme, daß es sich bei germ. *brök- um eine dialektale Erscheinung handelt (meist als „westgermanisch" bezeichnet), basiert sehr wahrscheinlich auf dem offensichtlichen Fehlen im nordischen Material. Es fragt sich aber, ob nicht - wie bei Strut/strod - eine höchst altertümliche germanische Bildung vorliegt, die nicht bis in das Nordgermanische gelangt ist. Die Existenz von Orts- und Gewässernamen, die auf der Ableitungsgrundlage "'brak- aufbauen und die im kontinentalgermanischen Bereich anzutreffen sind, spricht m.E eher für die zweite Möglichkeit. Es fragt sich auch weiter, ob nicht unter Hinzuziehung des schon behandelten Konsonantenwechsels weiteres wichtiges Namenmaterial berücksichtigt werden muß, das den Blick über das Germanische hinauslenkt. Zu nennen ist hier vor allem der über 70 km lange Nebenfluß des Westl. Bug Brök (mit seinem Nfl. Brök Maiy, 1414, 1425 u.ö. Malibrok), 1411-25 u.ö. Magno, Magnus et Parvus Brök usw., der aus dem Slavischen nicht erklärt werden kann168. Viel
144 167 168
Kluge-Seebold 108. Kluge-Seebold 108. Versuche, von einem Ansatz
*brok-
„rote Farbe" auszugehen, muten etwas hilflos an.
132
Vrddhi-Bildungen
eher kann man *Brok < *bhrök- herleiten und als Grundlage der germanischen Sippe um ndt. brök usw. betrachten. Das Germanische verlangt auslautendes *-g, das nun seinerseits wieder in den für kelt. gehaltenen FIN. um Brugga, la Broye < *Brogia, *Brogos (Variante d. serb. Margos), „Fluß am Rand", zu gall. brogalb9 vorliegen kann. Wie im Fall von Strut und auch im folgenden Beispiel besäße der Osten die vorauszusetzende Vokalstufe; hinzu käme der Konsonantenwechsel.
3.
Glom-/Glöm-
In Polen und anderen osteuropäischen Ländern begegnen Namen, die verschiedentlich auf einen Ansatz *gol-m-170 zurückgeführt werden, die jedoch auch - und dahin geht mein Vorschlag - auf *glom- beruhen können. Man vergleiche: Glomsk, ON. in Großpolen, 1491 Glumsk, 1511 Glamsbsko, 1578 Gtomskm; Glomsk, dt. Glumen, ON. bei Pila/Schneidemühl, 1491 Glumsk, 1766 Glomsk, der Ort verdankt seinen Namen dem Fluß Gtomia, auch Gtumia, 1436 Glomia, Glumia, 16.Jh. na Gloniey172; ONN. Lommatzsch und Alt-Lommatzsch, um 981 Zlomekia, 1012/18 (Thietmar) Glomaci (provincia), Glomuzi, Glomuci, Zlomizi, Glomizem. Während S. Rospond die Namen mit serbokroat. dial, glama „steiniges Gebirge, Gebirge steiniger Natur und kahl, einerseits mit mildem Anstieg, anderseits mit Steilabhang", bulg. glama „großer Fels", russ. golomja, -meni „der von Asten freie Teil eines Baumes vom Stammende bis zu den Enden", auch russ. golomen' „das offene Meer, das Meer weit von dem Ufer", verband174, was angesichts tschechischer Namen auf Hlom- fraglich ist175, erwogen E. Eichler und H. Walther für den ON. Lommatzsch, daß er vorslavischer Herkunft sein könne und folgerten weiter: „ . . . am wahrscheinlichsten ist die Deutung zu einem Wortstamm glom-, der wohl „Flüssigkeit, Wasser" bedeutete und der für eine Quell- und Seebezeichnung gut paßt"176. Allerdings hat E. Eichler diese Deutung später in gewisser Weise revidiert und den Namen mit tschech. hlomoz „Getöse, Lärm", auch „See", verbunden177.
169 170
171 172
173 174 175 176 177
Greule 189; Th. Geiger, BNF. 16,1965,136, was für den Balkan kaum zutreffen wird. Z.B. von S. Rospond, Siowiaánskie nazwy miejscowe ζ sufiksem -bsk-, Wroclaw usw. 1969, S.116. S. Rospond, a.a.O. J. Rieger, E. Wolnicz-Pawiowski, Nazwy rzeczne w dorzeczu Warty, S. 47; S. Rospond, a.a.O. E. Eichler, H. Walther, Die Ortsnamen im Gau Daleminze, I: Namenbuch, Berlin 1966, S. 173. S. Rospond, a.a.O.; so auch jetzt V.E. Orel, Onomastica 33(1989)111. E. Eichler, H. Walther, a.a.O., S. 174. A.a.O., S. 175. Vgl. E. Eichler, Beiträge zur deutsch-slawischen Namenforschung, Leipzig 1985, S. 8 ff.; H. Walther 313.
*Glom- / Glöm-
133
Wenn man sich jedoch nach weiteren Namen auch außerhalb des slavischen Bereiches umsieht, wird die Deutung aus dieser idg. Einzelsprache fraglich. Zwar könnte man noch Balkannamen wie die Ortsnamen Glama, Glàmoc u.a.m. 178 aus dem Slavischen erklären, diese Möglichkeit scheitert jedoch an Gewässernamen, die weitab vom slavischen Siedlungsgebiet anzutreffen sind. In erster Linie ist hier zu nennen der FIN. Glems im Neckargebiet nördlich von Stuttgart, den zuletzt L. Reichardt auf * Glamisa zurückgeführt und mit idg. ''glöm- „Schleim, Schlamm" verbunden hat179. A. Greule hat in der Besprechung dieser Arbeit die Möglichkeit angesprochen, „daß * Glamisa germanisch sein könnte, und den Namen dann mit Ablaut mit aitisi, glämr ,Mond' und mit dem Flußnamen Glume bei Eisleben (aus *Glöma) verbinden"180. Zu dieser Ansicht vergleiche man allerdings W.P. Schmid, Alteuropa und das Germanische, S. 161 f., der auf den GN. Glomm in Norwegen verweist und die -s-Ableitungen in einen größeren, voreinzelsprachlichen Zusammenhang stellt. Weiteres Material bietet O. Rygh 73 f. und 76 ( G l a a m a , Glaamen, Glemme u.a.m.), mit Vorsicht sind wie immer die Parallelen von H. Bahlow 181 heranzuziehen. Er nannte u.a. Glemm-Bach bei Kufstein, Glamis, ON. an einem Bach in Schottland, Glaam, ON. an der Eitra bei Hersfeld und Glemsbach, GNN. im Gebiet der Würm und der Erms. Zum letzteren Namen und zu weiteren Verwandten (vor allem der Ablautstufe *Glem-) s. A. Schmid, BNF. 13(1962)55 f. Vgl. dort und bei L. Reichardt auch zur Etymologie der Sippe. Für unsere Frage nach germanischen Vrddhi-Ableitungen ist nun einerseits interessant, daß gerade das Germanische eine -m-Ableitung kennt, so in norw. dial, glaam „neugierige Person", glaama „bläulicher Fleck in der Haut, dunkler Ring unter den Augen", anord. glämr „Mond, der blaßgelbe". Dazu nun könnte als Vrddhi-Bildung stehen: norweg. dial, glöm „durchsichtiges Häutchen", ags. glöm „Dämmerung", engl. gloom121. Fern bleibt allerdings Material, das auf einen -«-Vokalismus weist, so ndt. dial, glum „trübe", glaum „trübe, lehmig" 183 , ndt. dial. (Schambach 64) glaum (Adj.), „das - namentlich von Quell- und Flußwasser gebraucht - ,trübe, lehmig' bedeutet"184. Für unsere Frage nach der Existenz von Vrddhi-Bildungen in der Namenlandschaft germanischer Herkunft können wir folgende Punkte festhalten: 1. Ein idg. Ansatz *glom- ist in Gewässernamen Europas nachzuweisen. Hier sollten auch die osteuropäischen Belege angeschlossen werden.
178 179
180 181
182 183 184
Vgl. J. Schütz, Die geographische Terminologie des Serbokroatischen, Berlin 1957, S.21. L. Reichardt, Ortsnamenbuch des Stadtkreises Stuttgart und der Landkreises Ludwigsburg, Stuttgart 1982, S.57. BNF. 18(1983)217. Lexikon deutscher Fluß- und Ortsnamen alteuropäischer Herkunft, Neustadt an der Aisch 1981, S. 45. IEW. 430; Falk-Torp 1,324. Lerchner 82; vgl. auch E. Ulbricht 199 und Scheuermann 92. E. Ulbricht 199.
134
Vrddbi-Bildungen
2. Das sich daraus entwickelnde germ. "'glam- ist im germanischen Siedlungsgebiet von Norwegen bis nach Süddeutschland nachweisbar. 3. Das Germanische kennt in seinem appellativischen Bestand offenbar eine dehnstufige Ableitung. Aus diesen Punkten ergibt sich die Frage, ob sich im Germanischen auch in dessen Namenbestand Material mit dehnstufiger Ableitung nachweisen läßt und wo die entsprechenden Namen zu finden sind. Hier ist in erster Linie auf den oben schon genannten und von A. Greule als Vrddhi-Ableitung aufgefaßten FIN. Glume < *Glöma bei Eisleben hinzuweisen185. Wahrscheinlich ist hier auch der Glom-Bach bei Altena in Westfalen anzuschließen, den F. Witt 144 zu ndt. glum, giaurri „trübe" stellt. Bei diesem Flußnamen bleiben wegen des Wz.-Vokalismus allerdings Unsicherheiten bestehen. Als Ergebnis können wir festhalten: dehnstufige Ableitungen, die einer Vrddhi-Bildung sehr nahe stehen, liegen wie bei Strut/strod und bröka auch im Fall von *glom-/*glöm- im Kontinentalgermanischen vor, und zudem in einem Gebiet, das sich schon in mehrfacher Hinsicht als ein an altertümlichen germanischen Namentypen reiches ausgezeichnet hat. An reine Zufälle zu glauben, wird angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden besonderen Verhältnisse im Kontinentalgermanischen m.E. immer unwahrscheinlicher. 4. ''''mari- :
*möra-
Die zu den am wenigsten umstrittenen germanischen Vrddhi-Bildungen zu zählenden germ. Sippen um got. marei, ahd. mari, meri usw.186 müßten an dieser Stelle eigentlich behandelt werden, zumal auch A. Greule in seiner schon mehrfach genannten Rezension der Darmsschen Arbeit auf dazu gehöriges Namenmaterial hingewiesen hat187. Wir werden auf diesen Fall jedoch später bei der Behandlung altertümlicher germanischer Wasserwörter zurückkommen (s. Seite 330 ff.). 5. *pöl-, hdt.
Pfuhl
Die Etymologie von hdt. Pfuhl, ahd. pfuol, mndt. pòi, piti, ndt. pohl, plur. pohlen, pöhl „Pfuhl, Lache, Pfütze, Tümpel" , mndl. poel, ags. pol, engl, pool, afries. pòi aus westgerm. *pôla- m. „Sumpf, Morast" ist umstritten. Zunächst ist festzuhalten, daß es sich erneut um ein Wort handelt, daß appellativisch auffälligerweise im Westgermanischen belegt ist. Dänisch pel ist aller Wahrscheinlichkeit nach aus dem Niederdt. entlehnt188. A. Greule, BNF. 18(1983)217; vgl. auch E. Ulbricht 199f. und H. Walther 226. S. die ausführliche Darstellung bei G. Darms, op.cit., S. 158 ff. 187 IF. 87(1982)344. iss Vgl. J.-U. v. Rohden 95 mit Hinweisen auf die weitere Literatur. 185
186
135 In der Deutung stehen sich zwei Meinungen gegenüber. Die eine Seite geht von westgerm. ''pola aus und stellt das Wort zusammen mit ndl. peel „Sumpf" (< *pali-) ablautend zu lat. palus, palüdis „stehendes Wasser, Sumpf, Pfütze". In diesem Fall wäre in dem germanischen Wort die 1. Lautverschiebung offenbar nicht wirksam gewesen. Es versteht sich, daß z. B. H. Kuhn darin und in dem Nebeneinander verschiedener Vokale „einen Hinweis auf eine indogermanische Sprache, in der die Entwicklung der Vokale anders verlaufen ist als im Germanischen"189, sieht. Dazu würde die unterbliebene Lautverschiebung natürlich gut passen. Es gibt aber auch die Möglichkeit eines Anschlusses mit germanischer Lautverschiebung an lit. baia "Bruch, Sumpf". In diesem Fall differiert allerdings der Wz.-Vokal. Vielleicht liegt darin die Skepsis begründet, wie sie z.B. bei Kluge-Seebold erkennbar ist: „ . . . unklarer Herkunft. Bei Annahme eines Erbwortes würde lit. baia ,Bruch, Sumpf' entsprechen; doch spricht wenig für diesen Ansatz. Vermutlich entlehnt aus einer unbekannten Vorlage"190. Ich halte die Skepsis für unbegründet. Das lit. Appellativum ist innerhalb des Baltischen fest verankert, besitzt sichere Entsprechungen im Slavischen und anderen osteuropäischen Sprachen191 und bietet auch semantisch keinerlei Probleme. Im Gegenteil: wir hatten in der vorliegenden Untersuchung schon des öfteren sehen können, daß germanische Appellativa und Namen gerade in Osteuropa und besonders oft im Baltischen ihre Entsprechungen besitzen. Wenn es ein unklares und problematisches Wort gibt, so ist dieses weitaus eher lat. palus, palüdis. Auch sollte man nicht übersehen, daß eine Dentalerweiterung *bal-t- im Osten nicht nur im Farbadjektiv lit. báltas „weiß", sondern auch im Slavischen als *bolto „Sumpf, Morast" sehr produktiv gewesen ist192. W. Schulze193 hat bei dem Vergleich von ags., mnd. pòi und nnl. peel „moerassig land" mit Recht auf das „Ablautverhältnis wie in westgerm. mòr : mari" verwiesen. Allerdings hält es W. Schulze für besser, pöl und baia nebeneinander bestehen zu lassen. Als dritte Möglichkeit hat G. Kvaran Yngvason 40 ff. erwogen, ahd. pfuol, mnd. pòi usw. an alteuropäische FIN. zu der Wz. *pel-/*pol- „gießen, fließen", so z.B. an lit. Pala, anzuschließen. In Anbetracht der Tatsache, daß hierzu zweifelsfrei gehörende Entsprechungen auf germanischer Seite durchweg verschobenes F- aufweisen (Vils, Fulda), halte ich diese These für nicht überzeugend. Die Verbreitung der zu hdt. Pfuhl, mnd. pòi gehörenden Namen entspricht der Streuung der übrigen Vrddhi-Bildungen. Schon vor 100 Jahren hat H. Jellinghaus dazu geäußert: „In orts- und flurnamen in Niederland, Westfalen einerseits und in den ehemals wendischen grenzgegenden östlich der Elbe 189 1,0 191 192 193
J.-U. v. Rohden, a.a.O.; vgl. auch Kvaran 41. Kluge-Seebold 542. S. etwa V. N. Toporov, Prusskij jazyk I 184. Vgl. zum Namenmaterial Udolph, Studien 67-79. Kleine Schriften, Göttingen 1933, S. 117.
136
Vrddhi-Bildungen
andererseits häufiger als im eigentlichen Niedersachsen. Ebenso in Altholstein keine namen, während in Wagrien namen auf -pohl vorkommen" 194 . Ich habe es unterlassen, die gesamte namenkundliche Literatur Norddeutschlands und der angrenzenden Gebiete nach Beispielen abzusuchen; man vergleiche aber ζ. B. das Material bei Abels 66; Allerding 75; Dittmaier; Rhein. Flurnamen 228; J. ten Doornkaat-Koolmann, JYNS. 13(1887)158; Förstemann; Die deutschen Ortsnamen; Nordhausen 1863, S. 115; Förstemann II,l,489f.; Gamillscheg 48,118; Jellinghaus 145; Kettner 221; Kvaran 41 f. und Scheuermann 198. Zur Lage in England hat H. Jellinghaus bemerkt195: „Engl, pool häufig in namen". Man vergleiche dazu jetzt auch Ekwall, ERN. 329 und A.H. Smith II 68 f. Aus diesen knappen Bemerkungen wird m.E. deutlich, daß im Fall von mnd. pòi usw. appellativische Beleglage und Vorkommen im Namenbestand in eindeutiger Weise mit den Beobachtungen der übrigen germanischen VrddhiAbleitungen korrespondieren. Wir wollen darauf nun noch einmal zusammenfassen eingehen.
Zusammenfassung Eine Schlußbetrachtung der mutmaßlichen germanischen Vrddhi-Bildungen im Namenbestand zeigt, daß bei allen behandelten Fällen ähnliche Verhältnisse herrschen. Das betrifft sowohl die appellativische Seite wie den Niederschlag im germanischen Namenschatz. 1. Strut ist appellativisch nur westgerm. bekannt; die außergerm. Entsprechungen liegen im Osten (Namen) bzw. Südosten (griechisches Wortmaterial). Die Streuung der Namen zeigt Häufungen in Mitteldeutschland, Ausstrahlungen nach Norddeutschland, in die Niederlande, nach Belgien und Flandern und Verbindungslinien über den Kanal nach England. Skandinavien ist nicht beteiligt. 2. Germ, bröka- ist appellativisch nur im Westgermanischen sicher nachweisbar (nordische Wörter sind offenbar Entlehnungen); sowohl die germ. Grundform *brak- wie die Vrddhi-Bildung erscheinen onymisch nur im Kontinentalgermanischen. Skandinavien kennt die Namensippe nicht. Die Brücke über den Kanal ist auch hier erkennbar. Der Osten scheint in dem poln. Flußnamen Brök die Ableitungsgrundlage zu besitzen (mit Konsonantenwechsel, was auf hohes Alter weisen würde). 3. Die Sippe um Glom-/Glöm ist appellativisch gesamtgermanisch vertreten; dehnstufige Bildungen sind im Namenbestand jedoch offenbar nur in Deutschland nachweisbar. Es liegen Beziehungen zum Osten vor. 4. pòl-/Pfuhl ist nur dem Westgermanischen bekannt; streicht man lat. palus als verwandtes Wort, bleiben als Entsprechungen bait, und slav. Appellativa,
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H . Jellinghaus, Anglia 20(1898)310.
195
Anglia 20(1898)310.
Vrddhi- Bildungen
137
die auch im Namenbestand Osteuropas gut bekannt sind. Die Namenstreuung innerhalb des Germanischen deckt sich im wesentlichen mit der von Strut/strod und bröka. England hat daran Anteil, Skandinavien kennt es nicht. Wenn wir uns nochmals die eingangs behandelte und unstrittige Erkenntnis vergegenwärtigen, daß Vrddhi-Bildungen zu den hochaltertümlichen Erscheinungen innerhalb des Germanischen zu zählen sind, und es bisher unterlassen worden ist, im germanischen Namenbestand nach Entsprechungen zu suchen, so kann das Ergebnis m. E. nicht hoch genug eingeschätzt werden. Es läßt sich in wenigen Worten zusammenfassen: germanische Vrddhi-Bildungen liegen onymisch durchweg nur im Kontinentalgermanischen (allerdings mit frühen Ablegern auch im Englischen) vor. Das gesamte Skandinavien, auch Dänemark und Schleswig-Holstein kennen entsprechende Bildungen so gut wie überhaupt nicht. Daraus darf (erneut) gefolgert werden, daß sich das Germanische nicht in Südskandinavien entfaltet haben kann, sondern seine Wurzeln in Mitteleuropa, genauer wohl: in Deutschland, gehabt haben muß. Die Deckung mit den bisher behandelten Erscheinungen (Konsonantenwechsel im Wurzelauslaut, germ.-balt.-slav. Erscheinungen in der Hydro- und Toponymie usw.) ist so auffällig, daß an Zufall m. E. nicht geglaubt werden kann. Mit der Behandlung der Vrddhi-Ableitungen haben wir noch nicht das Ende der Erörterung von frühgermanischen Erscheinungen und deren Niederschlag im Namenbestand erreicht. Es gilt auf weitere Beobachtungen aufmerksam zu machen, die bislang im Hinblick auf ihren Nachweis im den germanischen Namen nicht oder kaum behandelt worden sind.
F. Schwankungen in der Quantität des Wurzelvokals Bei der Beobachtung und Untersuchung der idg. Sprachen ist schon früh1 ein Schwanken in der Quantiät der Wurzelsilbe festgestellt worden. Es gehört nach M. Leumann2 „zu den absonderlichsten Quantitätswechseln der idg. Rekonstruktion", wobei offen bleibt, „ob Dehnung oder Kürzung diesen durchaus ablautwidrigen Wechsel schuf". Diese „Quantitätsalternanz im Inlaut [ist] insbesondere [bei] i/i, ü/u, z.B. wiro-/wiro- ,Mann', sünu/sunu,Sohn"' festzustellen3. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß wie bei dem Konsonantenwechsel im Wurzelauslaut (man vergleiche oben S.50ff.) erneut das Germanische auffällt, indem es nicht nur mit einer Variante an der Alternation Anteil hat, sondern auch innerhalb des Germanischen ein Schwanken zwischen Länge und Kürze, gerade bei -i- und -u-, zu beobachten ist.4 Wir werden uns im folgenden aber auf Fälle beschränken, in denen das Germanische in seiner Gesamtheit einer der beiden Vokalmöglichkeiten zuneigt. Wie die folgende Aufstellung von verschiedenen Beispielen aus dem Wortschatz der idg. Sprachen zeigt, ist das Phänomen bisher durchaus beachtet worden. So vermutete M. Leumann5 unter Hinweis auf W. Horn, daß „erst lat. vir im Vokativ mi vir aus *vir(e) gekürzt und dann das i verschleppt". Es fragt sich aber, ob eine Erklärung aus einer idg. Einzelsprache möglich ist6. Auch wurde bisher kaum versucht, diese Beobachtung auf die geographischen Namen zu übertragen und zu fragen, ob nicht das davon besonders betroffene Germanische diese Erscheinung auch im Namenschatz kennt und ob sich nicht vielleicht innerhalb des germanischen Siedlungsgebietes Gebiete aussondern lassen, die daran besonderen Anteil haben. Die Hauptaufgabe der folgenden Seiten wird daher darin bestehen, den Blick in die Nomenklatur des Germanischen zu richten. Zuvor sollen die bekanntesten Beispiele des Quantitätswechsels aus dem Wortschatz der idg. Sprachen zusammengestellt werden. Ich habe sie den folgenden Arbeiten entnommen: A. Noreen, Abriß der
1
2 3
4 5
6
Vgl. etwa schon A. Noreen, Abriß der urgermanischen Lautlehre, Straßburg 1894, S.75f., 79-81; H. Osthoff, Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Teil 4, Leipzig 1881, S. 1 ff. Kleine Schriften, Zürich-Stuttgart 1959, S.362. O. Szemerényi, Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft, 3. Aufl., Darmstadt 1989, S.97. A. Noreen, a.a.O. Lateinische Laut- und Formenlehre, München 1977, S.41; vgl. auch ders., Kleine Schriften, Zürich-Stuttgart 1959, S.362. Gegen M. Leumanns Auffassung vgl. auch O. Szemerényi, Syncope, S. 329.
Quantitätsschwankungen
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urgermanischen Lautlehre, Straßburg 1894, S.27, 75 f., 79-81; W. Wilmanns, Deutsche Grammatik, Bd. I, Straßburg 1893, S.308; V.A. Dybo, Sokrascenie dolgot ν kel'to-italijskich jazykach i ego znacenie dlja balto-slavjanskoj i indoevropejskoj akcentologii, Voprosy Slavjanskogo Jazykoznanija 5(1961)934; M. Leumann, Kleine Schriften 362; H. Osthoff, Morphologische Untersuchungen auf dem Gebiete der indogermanischen Sprachen, Teil 4, Leipzig 1881, S.Iff.; V. Pisani, Indogermanisch und Europa, München 1974, S.26; O. Szemerényi, Syncope in Greek and Indo-European and the Nature of IndoEuropean Accent, Naples 1964, S.328f.; F. Kortlandt, Slavic Accentuation, Lisse 1975, S.76f.; M. Leumann, Lateinische Laut- und Formenlehre, 2. Aufl., S.41; W.P. Schmid in Hydronymia Europae, Bd. 2, s.v. +Vettra. Man vergleiche: Länge in altind. viras, lit. vyras, Kürze7 in lat. vir, ir. fer, got. wair, altnord. ν err, ahd. wer. Dazu hat V. Pisani, a.a.O. bemerkt: „Ob diese und ähnliche Kürzungen auf Konto einheimischer d.h. paläoeuropäischer Sprecher gestellt werden müssen, bleibe dahingestellt". Nach W. Manczak 24 f. „sind got. wair und lat. vir ebenso frequenzbedingt wie span. hombre . . . " . Wir werden darauf nach Vorstellung des Namenmaterials zurückkommen. Vgl. weiterhin Länge in altind. ksaráh, griech. ξηζό/, Kürze in lat. serëscô, ir. serb, ahdt. serawen; Länge in altind. jivâh, lit. gyvas, lat. vivus, Kürze in osk. bivus (Akk.pl.), griech. βίο/, kymr. byw, altir. bin, got. *qius; Länge in aind. sünus, aksl. syrïb, lit. sünks, Kürze in dt. Sohn, nach Manczak liegt im Germanischen „eine frequenzbedingte Kürzung" vor; Länge in avest. tüma-, aksl. tyti, Kürze in lat. *tumus (in tumêré), kymr. twf, germ, (dial.) dum·, Länge in lett. deis, Gen. déla, Kürze in altir. del, schwed. dial, del (Mask.); Länge in altind. lünáh, Kürze in ir. Ion, got. lun%; Länge in altind. lináh, Kürze in ir. ''len (in lenomnaib ,lituris'), germ, (dial.) len, schwed. len·, Länge in lett. nâws, lit. növis, altpreuß. nowis, russ. nav', Kürze in kelt. *novis (in ir. nóine, núna, kymr. newyn, breton, naoun), got. nawis; Länge in aksl. vydro, lit. ¡idra gegenüber Kürze in anord. otr, aind. udrds, griech. ΰδρα; schließlich lat. bini gegenüber ahdt. zwine-linc, griech. κλίνω, lat. clino gegenüber ahd. (h)linem; lit. ν ètra „Sturm", poln. wiatr aus *vétro-, aber Kürze in dt. Wetter, sowie auch innerhalb des Griechischen μέτρον „Maß" gegenüber griech. μήτρα „Ackermaß". Aus diesem Material wird deutlich, daß die Länge bevorzugt (aber nicht ausschließlich) im Altindischen, Griechischen, Baltischen und Slavischen begegnet, die Kürze dagegen vor allem im Lateinischen, Keltischen und besonders im Germanischen beobachtet werden kann. Vielleicht kann man mit V. Pisani von einem gewissen westidg. Hang zur Kürzung sprechen; die Gegenbeispiele sind allerdings nicht zu übersehen. Die angeführten Beispiele sprechen kaum für die von W. Manczak vertretene These, es handele sich um frequenzbedingte Erscheinungen. Der Nachweis im Namenbestand, zu dem wir nun übergehen wollen, spricht ebenfalls dagegen. 7 8
V. Pisani, Indogermanisch und Europa, München 1974, S.26 sieht sie als „westeuropäisch" an. „The brevity of the u is established on the basis of OE. alynnan" (F. Kortlandt, op. cit., S. 57).
140
Quantitätsschwankungen
Dem aus dem idg. Wortschatz erkennbare Quantitätswechsel ist bei der Untersuchung der alteuropäischen Hydronymie in letzter Zeit etwas mehr Beachtung geschenkt worden. Zuvor hatte man sogar vermutet, das Schwanken könne etwas mit Resten eines vorindogermanischen Substrates zu tun haben (H. Kuhn). Bei der Untersuchung des schleswig-holsteinischen FIN. Stör hatte ich dann selbst auf die Möglichkeit hingewiesen9, daß das Schwanken der Vokalquantität auch in der Hydronymie seine Spuren hinterlassen haben könnte. Weiteres Material erbrachte die Diskussion der alteuropäischen Gewässernamen in Polen. Im folgenden gebe ich eine Zusammenstellung der mir bisher bekannt gewordenen Fälle; weitere Beispiele wird nach meiner Einschätzung die Aufarbeitung der europäischen Gewässernamen erbringen. Eine Kartierung soll die Streuung der beiden Vokalquantitäten im Namenschatz deutlich machen.
1.
*Mun-/*Mün-
Schon bei E. Förstemann 11,1,341 heißt es knapp: „Mun. Meist, vielleicht ausschließlich, in flussnamen. An anrod. munr u. muns, geist, leben, wonne, behagen ist wohl kaum zu denken". Förstemann bezieht sich dabei verständlicherweise in erster Linie auf Namen aus Deutschland (die uns noch beschäftigen werden). Die Etymologie blieb bei ihm unklar. Erweitert man jedoch den Blick über das Deutsche und Germanische hinaus, so wird man bei der Suche nach verwandten Namen wie nach einem möglichen Anschluß im appellativischen Bereich sowohl im Westen wie im Osten fündig. Am wahrscheinlichsten ist m.E. ein Zusammenhang mit der Sippe um idg. *meu-, meua- : mü„feucht, modrig, netzen, unreine Flüssigkeit (auch Harn), beschmutzen", auch „waschen, reinigen usw.", vor allem mit den -«-Ableitungen arm. -moyn „plongé dans" {*mou-no-) und mir. mün m. „Harn" 10 . Diese Einschätzung teilt auch P. Arumaa11: „Idg. ü erscheint als Tiefstufe zu langen «-Diphthongen: idg. *mü-, abulg. myti.. .air. mún ,Harn'". Appellativisch zeigt sich somit ein Langvokal bei den -«-Ableitungen im Keltischen. Geht man zu den damit wahrscheinlich verwandten Gewässernamen über, so scheint die Länge auch im Baltischen bestanden zu haben (daneben aber wohl auch die Kürze). In Frage kommen hier die schon mehrfach diskutierten lit. Gewässernamen Munas, Münas, MUne lis, die immer wieder einem angeblichen finno-ugrischen Substrat, vgl. finn, muña „Ei" u.a.m., zugerechnet worden sind12, vgl. auch den kurischen O N . 1290 Munye, 9 10
11 12
BNF.NF. 16(1980)85-88. Pokorny, IEW. 741; Mir scheint, daß H. Bahlow, Lexikon deutscher Fluß- und Ortsnamen alteuropäischer Herkunft, Neustadt an der Aisch 1981, S. 82, mit seiner Vermutung richtig gelegen hat. Urslavische Grammatik, Bd. 1, Heidelberg 1964, S.64 So etwa schon T. Lehr-Sptawiánski, O pochodzeniu i praojczyznie Slowian, Poznaán 1946, S. 86. Vgl. dazu A. Vanagas, Zodynas 221, mit Lit.
Quantitätsschwankungen
141
1384 Munien usw.13. Einen anderen Weg schlug K. Buga ein, der die Namen zu einem konstruierten und unsicheren slavischen Wort *muna „Schlamm" stellte14. Mit Recht hat W.P. Schmid diese Auffassung zurückgewiesen15. Seiner Ansicht nach sind die baltischen Namen zu der idg. Wz. '"mano-, mani„feucht, naß" zu ziehen und aufgrund der Beobachtung, daß bei ursprünglich langvokalischen Wurzeln in allen drei baltischen Sprachen als schwundstufige Entsprechung mit einem Nebeneinander von a/u-Vokalen zu rechnen ist, zu der Schwundstufe *man-l*mun- zu stellen. Unter Berücksichtigung dieser Beobachtungen können wir E. Förstemanns eingangs zitierten Satz wieder aufnehmen. Es kann nämlich keinen Zweifel daran geben, daß gerade in deutschen Namen mit einem Ansatz *mün- zu rechnen ist. Man vergleiche die folgende Zusammenstellung: Monna, Nfl. d. Losse (—> Unstrut)16, mit ON. Groß-Monra, 1157 Munro, 1182 Munre, 1185 Munre, 1224 Munre usw., sowie Monraburg, 704 (K.) Monbore17. H. Walther 233 denkt an eine Bildung mit -ra zu idg. ''mono- „Hals, Nacken, Höhenrükken", ahd. mana „Mähne" und eine vorgerm. Grundform *Monara. Diese müßte aber doch wohl zu *Man-r- führen (es sei denn, man rechnet das Gebiet der Unstrut zu den spät germanisierten Landstrichen). Wenn man jedoch in diesem Namen aufgrund der zahlreichen Belege mit -u- von einer Brechung ausgeht, wird ein Anschluß an die oben angesprochene idg. Wz. um *meu-/mou- und ein Zusammenhang mit Namen, die auf *mun- zurückgehen18, sehr viel wahrscheinlicher. Man vergleiche daher weiter Momm, r. Nfl. d. Rheins, 1335 utter Munnen, < Munne19, Momm-Bacb, r. Nfl.d. Rheins, < *Munne20, Munne, FIN. in den Kreisen Mörs und Kleve, dazu ON. (Nieder-, Ober-)Mörmter, 1144 de Mönimento, 1167 Muniment usw.21, Munte, GN. in 22 Groningen . Nicht so sicher ist die Zugehörigkeit des ON. Mündt, Kr. Grevenbroich, 650 Muni23, da die Zuordnung offenbar unsicher ist, denn Gysseling I 724 kennt für den Ort als ältesten Beleg 1218 M unen; fern bleiben besser auch 1144 M una, unbekannter ON. 2 4 , O N N . wie Munenberg, Muninpah, Munnenthorp (Förstemann 11,1,342), auch Mombach, OT. von Mainz,
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" 20 21 22
23 24
Kiparsky, KF. 223f. K. Buga, Rinktiniai rastai, Bd. 1, Vilnius 1958, S. 466,507 ff.; übernommen von A.M. Katonava, in: Belaruskaja anamastyka, Minsk 1977, S.20. ZfO. 37(1988)170. Ungedeutet bei Witt 219 und E. Ulbricht 249. E. Ulbricht 249. In diesem Sinn hat sich auch D. Schmidt 78 ausgesprochen. D. Schmidt 77 f. mit der Bemerkung „Der Wandel von u > o ist in diesem Gebiet in geschlossener Silbe die Regel, vgl. hont [usw.]". Ebda., vgl. auch Dittmaier, Rhein. FlurN. 206. D. Schmidt 78; Gysseling I 715 f. D. Schmidt 78; M. Schönfeld 107 stellt diesen Namen ablautend zu Minne und erschließt einen Stamm *muni, der in Gewässernamen verbreitet sei. Förstemann 11,1,341. Nach MB. 3,530 bei Förstemann 11,1,341.
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Quantitätsschwankungen
1218 Monbach, 1256 in Munbach, 1351 in dem dorffe zu Mombach, < *Munnenbach „Bachsiedlung des Mün(n)o"2S. Beachtenswert ist allerdings der Hinweis von H. Bahlow, a.a.O. auf den ON. Münder, 10.Jh. Munimeri, 1033 Munnere, um 1160 Mundere2b, dessen Wortbildung hohes Alter verrät27. Diese Auflistung macht deutlich, daß die germanischen Parallelen durchweg die Kürze im Wz.-Vokal aufweisen. Beachtenswert ist ihre Verbreitung. Die Namen liegen in Thüringen, Westfalen, Rheinland und in den Niederlanden, also in einem Gebiet, daß in der bisherigen Untersuchung schon mehrfach aufgefallen ist. Bevor wir daraus weitere Schlüsse ziehen, müssen jedoch weitere Namensippen untersucht und kartiert werden. Es wird sich dann zu zeigen haben, ob diese Streuung als Zufall zu betrachten ist oder durch andere Namensippen bestätigt werden kann. Zuvor sei noch darauf verwiesen, daß die hier behandelten Mun-Namen unter Umständen durch weitere, allerdings strittige Fälle außerhalb Deutschlands ergänzt werden könnten. In aller Kürze möchte ich hier anführen: Monnow, GN. in England, kymr. Mynwy, nkymr. Myn-w, um 1030 Munuwi-mudan, 11.Jh. Munuwu muda, um 1200 Mune usw.; der Wz.-Vokal ist nach Ekwall, ERN. 296 unklar: „The vowel of the first syllabe may be Brit, i or u (or o)". Ekwall favorisiert -i-, was M. Förster 50, Anm. 1, für lautlich unmöglich hält und fortfährt: „Ich glaube vielmehr, daß wir von abrit. *Mun-owia, urkelt. *Mon-oia, auszugehen haben, daß wohl . . . zu idg. *mono- „Hals, Nacken" . . . gehören könnte". Diese Deutung ist nach meiner Uberzeugung semantisch mehr als fraglich; ein Zusammenhang mit der Mun-/ Mün-Sippe ist keineswegs ausgeschlossen. Schließlich könnte unter Umständen auch ein Zusammenhang mit den beiden Inselnamen Man, bei Plinius Mona28 und dän. Man, dt. Mön, bestehen.
2. Mysia - MosseliMosel Die meisten der nun folgenden Namen habe ich schon an anderem Ort behandelt29 und gefolgert: „Im slavischen und früh slavisierten Bereich herrscht . . . die Dehnstufe vor . . . , während im germanischen, früh germanisierten und auch im baltischen Gebiet die Schwundstufe überwiegt"30. Die Etymologie dieser Namen ist ohne Probleme. Sie gehören zu dem idg. Wurzelnomen *müs, musós „Moos, Schimmel", einzelsprachlich auch schon „Sumpf".
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Nach Förstemann 1,1136 bei H. Kaufmann, Rheinhessische Ortsnamen, München 1976, S. 144; dort weitere Namen wie Munninpach, (Ober-)Mumbach u.a.m. Förstemann 11,1,342. Vgl. W. Flechsig, Braunschweigische Heimat 66(1980)16 und unten bei der Behandlung germanischer Suffixe. S. Holder II 621 ff.; E. Ulbricht 249. Udolph, Stellung 167 ff. Ebda., S. 170.
Quantitätsschwankungen
143
Auf eine Länge im Wurzelvokal gehen zurück: My'sla!Mietzel, Nfl. d. Oder bei Kiistrin, My'sla, GN. im Gebiet d. Westl. Bug, My'slina/Mischlina, Fluß im Gebiet der Malapane/Maiapanew (Schlesien), Myslyvec', GN. bei Skvyra in der Ukraine, Mysliv, GN. im Gebiet des Prut, My'slicz, GN. im ehem. Kr. Mozyr' im Pripjet'-Gebiet, Myslyna, GN. bei Kiev, Myslava, Myslina, Mislivka, GNN. und ONN. in der Slovakei, Mislina/Misling, Nfl. d. Drau in Slovenien und Meuselbach, ON. in Thüringen, der seinen Namen offensichtlich einem Flußnamen verdankt. Die Kürze im Wz.-Vokal weisen auf: Mossel, Mossig, GNN. in der Nähe von Straßburg, Moschelbach mit dem ON. Dörrmoschel im Gebiet der Nahe, die Stille Musei, ein linker Nfl. der Donau bei Donaueschingen, Muselé, GN. in Litauen, Mussei A, GN. in den Niederlanden und evtl. auch der Name der Mosel31. Auf die Frage nach einem QuantitätsWechsel ist auch W.P. Schmid im Zusammenhang mit dem FIN. Mosel eingegangen: „Wie weit auch der FIN. My'sla < * Musila hierhergestellt werden kann, hängt davon ab, ob die Quantitätsdifferenz auch in lit. Muse neben Musa als eine Wurzelvariante wie z. B. auch bei *vid-, *sünus oder als Hinweis auf verschiedene Wurzeln zu werten ist. Die in *Musala, Muse bezeugte Wurzel hat jedenfalls Kürze und hängt wohl mit der Wurzel zusammen, die u. a. auch in deutsch Moos (ahd. mos) zu finden ist"32. Die Verteilung der Vokalquantitäten ist recht eindeutig: die Länge herrscht in Osteuropa, vor allem in seinen slavisierten Gebieten (aber nicht im Baltikum), vor. Durch seine Lage fällt der ON. Meuselbach in Thüringen auf. Ich möchte dennoch annehmen, daß er hierher zu stellen ist. Sonst liegt in Deutschland und im Elsaß (vielleicht auch im Namen der Mosel) die Kürze vor. Ahnlich ist die Verbreitung bei unserer nächsten Namensippe.
3.
Nur-/Nür-
Auch diese Namen habe ich an anderem Ort ausführlich behandelt33. Dort bin ich auch schon kurz auf das Schwanken im Vokalismus eingegangen. Ich beschränke mich daher im folgenden auf eine knappe Darstellung der in Frage kommenden Hydro- und Toponyme. Auf Länge im Wurzelvokal gehen die poln. Hydronyme Ner und sein Nebenfluß Nerzec, baltische Namen wie Nür-upis, der slovenische GN. Mima, dt. Neiring, Neuring und der norditalienische FIN. Nure zurück. Daneben weisen mehrere Hydronyme in Osteuropa auf "'-ou-.
31 32
33
Zur Diskussion dieser Namen s. vor allem A. Greule 74 ff.; Udolph, Stellung 169. W.P. Schmid, in: Studia Indogermanica et Slavica, Fs. f. W. Thomas, München 1988, S.50, Anm. 12. Udolph, Steüung 175 ff.
144
Quantitätsschwankungen
Die Kürze im Wz.-Vokal besitzen dagegen Nohra, ON. bei Weimar, 1217 Nore, 1271 Nora, Nore, der am Nor-/Nörbach oder Nörre34 liegt; Nohra, ON. an der Wipper bei Nordhausen, 1063 Nora usw.; 966 Norebach, super fluvio Tenera, in Belgien35; Norf\ Bach- und Ortsname bei Neuss, < Nor-apa36 und evtl. auch Norbek, Nfl. der Luhe, 1776 Norbeck37. Jetzt erst bekannt geworden ist mir der ON. Niirsche bei Wiehl, 1578 uff der Norschen, den Dittmaier, Berg. Land 155 auf *Norisa, *Nurisa zurückführt und zu mhd. noren ,wühlen' oder zu *hnur-, „einem eventuellen lautmalenden Parallelstamm zu nhd. knurren" stellt. Fern bleiben in jedem Fall Nürnberg, Nürburg usw., die auf *Nör- zurückgehen. Die geographische Verteilung der Vokalquantitäten zeigt ein eindeutiges Bild. Während Polen, Slovenien, Italien und das Baltikum (hier offenbar etwas schwankend) die Länge kennen, enthalten die verwandten Namen aus Deutschland (Thüringen, Rheinland, Bergisches Land, evtl. Niedersachsen)
34 35 36 37
Weraeburg 11. E. Förstemann 11,2,412. Dittmaier, apa-Problem 38 mit anderer Etymologie. HG. A 16,253.
Quantitätsschwankungen
145
die Kürze. Das Bild deckt sich somit im wesentlichen mit den übrigen beiden Namensippen. Karte 18 (S. 144) verdeutlicht diese Beobachtung.
4.
Stur-/Stür-
Wie oben schon bemerkt wurde, hat nicht zuletzt die Besonderheit des Wurzelvokals im Elbezufluß Stör Anlaß zu der Zusammenstellung dieser Namensippen gegeben. Zu den Einzelheiten des Verhältnisses Stör < Stüriais und dem Dutzend europäischer Flußnamen, die *Stüria reflektieren, vgl. meine Bemerkungen in BNF.NF. 16(1981)85-88. Die Länge besitzen Stour (mehrfach in England), Stubr(-Graben) bei Delmenhorst, Stura (mehrfach in Norditalien), Styr' in der Ukraine. Mit diesem recht eindeutigen Fall soll die Auflistung der relativ sicheren Beispiele abgeschlossen werden. Werfen wir zunächst einen Blick auf die synoptische Karte 18. Sie zeigt, daß bei den herangezogenen Namensippen in weiten Bereichen Europas die Länge vorherrscht. Das betrifft vor allem Osteuropa (allerdings mit Einschränkungen im Baltikum), Italien und die Britischen Inseln. Im Zentrum liegen zahlreiche Namen, die die Kürze aufweisen. Einen Schwerpunkt scheint das Rheingebiet darzustellen, so daß von hieraus vielleicht doch noch einmal neues Licht auf den Flußnamen der Mosel, evtl. < * Musala, fällt. Daneben ist Mitteldeutschland und durch die Stör auch das südliche Schleswig-Holstein betroffen.
Zusammenfassung Die schon lange beobachtete und im appellativischen Bestand der idg. Sprachen nachgewiesene Quantitätsalternanz läßt sich auch in der idg.-alteuropäischen Hydronyie auffinden. Dabei ist es wohl keine Überraschung, daß diese Erscheinung vor allem die Vokale -«-und -i- betrifft (unsere vier Beispiele gehören alle dazu). Sie paßt zum idg. Wortschatz 39 . Die These von W. Maánczak, es handele sich um frequenzbedingte Erscheinungen, wird durch die nachgewiesenen Namen m. E. schlüssig widerlegt. Für unsere Frage war von besonderer Bedeutung, ob sich der starke appellativische Anteil des Germanischen auch im Namenschatz zeigen würde. Ich meine, daß die Streuung das bestätigt. Nur muß erneut konstatiert werden, daß nur das Kontinentalgermanische entsprechende Bildungen kennt. In Anbetracht der bisherigen Untersuchung möchte man fast meinen, daß dieses schon zu erwarten war. Es erhebt sich immer mehr die Frage, warum bei der
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Die historischen Belege sind jetzt H G . A 16, S. 335 ff. verzeichnet. Vgl. O . Szemerényi, Einführung in die vergleichende Sprachwissenschaft, 3. Aufl., Darmstadt 1989, S. 97.
146
Quantitätsschwankungen
Diskussion um die Heimat des Germanischen die Aussagen der Namenforschung so stark vernachlässigt worden sind. Um es nochmals zu betonen: der appellativische Wortschatz des Germanischen zeigt verschiedentlich (z.T. mit Einschluß benachbarter idg. Sprachzweige) in Wurzelsilben eine Kürze, der außergermanisch eine Länge entspricht Beispiele dafür wurden eingangs aufgeführt. Nun zeigen auch die mitteleuropäischen Gewässer- (und teilweise auch Ortsnamen) eine ganz entsprechende Tendenz, die zwar zum Teil über das alte Siedlungsgebiet des Germanischen hinausgeht, aber dieses mit umfaßt. Wichtig ist für unsere Frage vor allem, daß das Nordgermanische offenbar keine Parallelen in seiner Hydro- und Toponymie kennt. Selbst bei erfolgreicher Suche in Skandinavien wird sich das hier skizzierte Bild kaum grundlegend ändern. Wir beschließen damit den Abschnitt des Quantitätsalternanz in Wurzelvokalen und gehen nun stärker zu den speziell germanischen Namentypen über. Dabei wollen wir mit einem Bindeglied zwischen voreinzelsprachlicher Namengebung und einzelsprachlichen Erscheinungen beginnen: der Ableitung, d.h. den mit Suffixen gebildeten germanischen Namen.
G. Suffixbildungen Es ist innerhalb der sich für historische Fragen interessierenden Germanistik allgemein anerkannt, daß sich in der Gesamtheit des germanischen Wortschatzes eine Entwicklung von der Ableitung zu der Zusammensetzung vollzogen hat. Bezeichnenderweise findet sich ein dafür wichtiges Zitat von J. Grimm 1 sowohl bei A. Bach 11,1,121 wie auch bei H. Krähe, Alt. Flußnamen 16. J. Grimm führte aus: „Es ist die unverkennbare Richtung der späteren Sprache, die Ableitungen aufzugeben und durch Kompositionen zu ersetzen. Dieses betätigt uns eben, daß jetzt erloschene ableitungen vormals lebendig, jetzt unverständliche oder zweideutige vormals fühlbar und deutlich gewesen sein müssen". Für die Bildung der Ortsnamen hat dazu A. Bach, a.a.O. ergänzt: „Das gilt auch für die O N (unter deren jüngerem Bestand Simplicia erheblich zurücktreten), nicht zuletzt die Gewässernamen". Zu diesen hat H. Krähe bemerkt: „Hinsichtlich der Wortbildung ist es die auffallendste Eigentümlichkeit der jüngeren Flußnamengebung, daß sie ausschließlich Komposita verwendet" und weiter: „In dieser kompositionellen Namenbildung aber offenbart sich ein grundlegender Unterschied gegenüber der früheren alteuropäischen Hydronymie, die . . . nur selten Zusammensetzungen bildete" 2 . Es fragt sich nun, ob es zwischen der älteren Ableitung (hier alteuropäisch = voreinzelsprachlich) durch Suffixe und der jüngeren Komposition (= germanisch-einzelsprachlich) nicht Bindeglieder gibt. Der Prozeß kann ja kaum durch ein plötzlich eintretendes Ende der einen Bildungsweise und abrupten Einsatz der neuen Wortbildungsmittel vor sich gegangen sein. Ich möchte daher das Augenmerk im folgenden auf einen Bereich richten, der vielleicht als eine Art Ubergangsstadium verstanden werden kann: für die Frage, in welchen Bereichen sich das Germanische aus einem idg. Dialektgebiet entfaltet haben könnte, sind nach meiner Auffassung Namentypen von besonderem Interesse, die noch keine Komposition aufweisen, sondern mit Suffixen abgeleitet sind. Ich folge im wesentlichen einer Forderung von A. Bach, der es als Aufgabe für die Namenkunde formuliert hat, „die landschaftlichen Unterschiede im Gesamtbild der Wortbedeutung und -bildung der O N herauszuarbeiten, also eine geographische Gliederung des Gesamtmaterials nach seiner Form und Bedeutung zu gewinnen" 3 . Dabei muß nach meiner Auffassung solchen Wortbildungsmitteln besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden,
1 2 3
Deutsche Grammatik, 2. Teil, 3. Buch, Göttingen 1826, S.403. BNF. 1(1949/50)31. Bach 11,2 266.
148
Suffixbildungen
die in den germanischen Einzelsprachen kaum noch oder nicht mehr produktiv sind und die in der Namengebung Verwendung gefunden haben. Hinzu kommt die Frage, ob die aus der alteuropäischen Hydronymie bekannte Erscheinung, daß dazu gehörige Flußnamen im allgemeinen Primärableitungen sein müssen (d.h. von der Wurzel und nicht von einem Wort gebildet sind), noch bis in eine idg. Einzelsprache (in unserem Fall: das Germanische) hinein produktiv gewesen ist. Diese Vermutung erhob sich z.B. auch bei der jüngst vorgelegten Untersuchung der -zí¿z-Bildungen 4 . Aus der Vielzahl der in den germanischen Sprachen bei der Ableitung verwendeten Wortbildungsmittel 5 konnte und mußte für die in dieser Arbeit zu behandelnden Fragen naturgemäß nur eine Auswahl getroffen werden. Zum einen werden Suffixe der germanischen Sprachen nur im appellativischen Bereich verwendet und können für unsere Aufgabe nicht herangezogen werden, zum anderen sind sie über einen großen, z.T. über den gesamten, Bereich der germanischen Sprachen verbreitet, so daß sie keine Aussagen über einen vielleicht älteren Zustand, in dem sie nur in einem begrenzten Gebiet produktiv gewesen sind, erlauben. Für die mutmaßliche Heimat des Germanischen muß allerdings gefordert werden, daß eine möglichst große Zahl der alten Bildungsmittel in der Topoynmie oder Hydronymie begegnet. Es muß sich dabei nicht um sämtliche Suffixe handeln, da mit späterer Produktivität natürlich zu rechnen ist, aber ein hoher Prozentsatz sollte schon nachweisbar sein. Als Ausgangspunkt nehme ich A. Bachs Zusamenstellung von Suffixen 6 , die in deutschen und germanischen Namen begegnen. Es handelt sich um die Wortbildungsmittel -apa, -aha, -mana/-mina (und Verwandtes), -/-Ableitungen, -ah(i), -ing-, -r-Suffixe, Dentalsuffixe (darunter -atja, -itja-, -ithi-), -s-, -st-, nasalhaltige Suffixe (-»-, -ana-, -in- u. a. m.), -nt-, -ndr-, -m-, -m-, -l- (als -al-, -il-, -ul- u. a. m.) und -^-Suffixe {-acum, slav. -bn-ika). Aus den unterschiedlichsten Gründen sind einige dieser Bildungsmittel für unseren Fragenkomplex ungeeignet. Bei anderen liegt ursprünglich eigentlich kein Suffix vor. So etwa im Fall von -apa, von dem schon die Rede war. Ähnliches gilt für die Komposita auf -aha. Diese werden hier auch deshalb nicht aufgenommen, weil sie über die gesamte Germania verteilt sind (nach H . Krähe ist -aha das typische germanische „Bachwort"). Sie sind offenbar lange in den germanischen Einzelsprachen produktiv gewesen und können daher für unser Problem nur bedingt herangezogen werden. Ahnliches gilt für -ing, zu dem nur einige wenige Bemerkungen gemacht werden können (s.u.). Das Suffix -ah(i) macht einen jüngeren, einzelsprachlichen Eindruck. Es erscheint fast nur im hochdeutschen Bereich und ist für unsere Fragen kaum heranzuziehen. Im Gegensatz dazu handelt es sich bei den -«-Formantien (z.B. -ana-,
4 5 6
Vgl. Udolph, -ithi; vgl. auch unten bei der ergänzenden Überarbeitung der Sippe. Man vergleiche die Behandlung bei Krahe-Meid III. Bach II,1,150 ff.
-ing-/-ung-
149
-ina-) sehr häufig um altertümliche Elemente, die nicht selten in Gewässernamen auftreten (Ilmenau, Eder/Adrana, Amana, Nardina, Sigina, Gastein/Gastunia, Sitter/Sidruna u. a. m.) und in den Bereich der alteuropäischen Hydronymie fallen. Ganz entsprechend gilt dieses für -rai-Suffixe, z.B. in Aland, hunda, Delvenau, Wörnitz, Schefflenz, Regnitz, Rednitz u.v.a.m. Schwer sind -/-Ableitungen zu beurteilen. Einige davon sind ebenfalls dem alten, voreinzelsprachlichen Netz der alteuropäischen Gewässernamengebung zuzurechnen, so z.B. die von A. Bach 11,1,158 herangezogene Stör, die uns oben schon in einem anderen Zusammenhang beschäftigt hat. Einen Sonderfall bilden die auffälligen -ndr-Formantien in Baiandre, Camandre, Medenderbach, Mallendar usw. H. Kuhn hat sie immer wieder mit angeblich verwandten Bildungen in Kleinasien verglichen und ihren mutmaßlichen vorgermanischen und vorindogermanischen Charakter unterstrichen. Dem wird man kaum zustimmen können. Wie bei anderen ähnlich gelagerten Fällen (etwa -rn-) wird eher eine Suffixkomposition vorliegen. Schließlich sind noch -mund -/-Suffixe auszuscheiden, die sehr häufig Anschluß an die voreinzelsprachliche Hydronymie besitzen. Hier sei nur kurz auf Ijsel, Diemel, Ischl, Kriftel verwiesen. Fremden Urspungs sind die -&-haltigen Bildungsmittel in den -ÄC«wz-Namen bzw. slav. -bn-ika. Die hier vorgenommen Auswahl ist sicher auch teilweise subjektiv; so wäre bei einigen Bildungsmitteln durchaus zu fragen, ob nicht die in der alteuropäischen Hydronymie verwendeten Suffixe im Germanischen weiter Verwendung fanden (etwa -n- und -/-). Es wird eine Aufgabe der Zukunft sein, diese Lücke zu schließen. Zuvor müssen allerdings auch notwenige Arbeiten an der norddeutschen und skandinavischen Ort- und Gewässernamengebung geleistet werden. Ich habe mich daher zu dem Versuch entschlossen, die sich hier abzeichnenden Möglichkeiten wenigstens an einigen Beispielen zu demonstrieren. Darunter befinden sich einige Suffixe, die zweifelsfrei zu den ältesten Bildungsmitteln innerhalb des Germanischen und seiner Namengebung befinden. Nach Ausschluß der oben angeführten Formantien bleiben übrig: - ing-lung-, -r-haltige Bildungen, -5-Suffixe, -st-, -str- und -ithi-.
1.
-ing-/-ung-
Die folgenden Bemerkungen erheben nicht den Anspruch, die Gesamtheit des mit diesen in der Germania weit verbreiteten Wortbildungsmitteln verbundenen Fragenkomplexes abzudecken. Vielmehr sollen einige Beobachtungen angeführt werden, die Hinweise auf Verbreitung und Alter der davon abgeleiteten Namen geben könnten. Zum Teil ist hier auch die Magisterarbeit von G. Mann, Die einzelsprachlichen Varianten der germ. Ortsnamen auf *-inga-/ -unga-, Göttingen 1992, eingeflossen. Wenig umstritten ist die Aussage von W. Flechsig: „Zur ältesten Namenschicht zählen die Namenforscher übereinstimmend die Bildungen mit den
150
Suffixbildungen
Suffixen . . . -ingi (-ingon, -ungon, -ingen, -ungen)"7. Eine Übersicht über die Formenentwicklung der -ingen-Namen hat K. Wagner8 vorgelegt. Da die Ableitungsgrundlagen sowohl appellativisch wie auch toponymisch sein konnte, war und ist immer noch strittig, welche als primär oder als älter aufzufassen sind: „Viele namhafte dt. Forscher gehen davon aus, daß nur die von P N abgeleiteten Bildungen als ,echte' -zVzgfewJ-Namen anzusehen seien, während man die toponymischen Vertreter als gelegentliche und i.d.R. jüngere Namen betrachten müsse" 9 . E. Schwarz kann nicht dazu gezählt werden: „Die -zrag-Namen haben eine Entwicklung hinter sich, die klar wird, wenn das gesamte germanische Gebiet überschaut wird. In den älter besiedelten germanischen Gebieten Norddeutschlands, Britanniens und Skandinaviens gibt es eine Gruppe von -zwg-Namen, wo -ing nicht an PN., sondern an Appellativa angetreten ist. Das Bairische hat diese Fähigkeit, die allerdings schließlich zurücktritt, behalten, wie die vielen Orte Wimpassing (zu wintpoz „Windbruch") und andere Beispiele zeigen" 10 . An der Tatsache, daß wir es mit einem gemeingermanischen Element zu tun haben (so auch Bach 11,2,105) kann gar kein Zweifel bestehen. Das bezeugen zahlreiche Arbeiten, die jetzt G. Mann (vgl. oben) genannt und z.T. kommentiert hat. Sie sollen hier nicht nochmals aufgeführt werden. Besonderes Interesse richtet sich naturgemäß auf Skandinavien als der mutmaßlichen Heimat des Germanischen. Und so nimmt es nicht Wunder, daß H. Engels 11 ausgeführt hat: „Die skandinavischen Länder sind altes germanisches Siedlungsgebiet, für das sich nicht feststellen läßt, daß -ingOrtsnamen zu irgendeiner Zeit durch Siedler hineingetragen wurden". Immerhin weist er wenige Zeilen später auf ein Problem hin: „Der Wahrscheinlichkeit eines hohen Alters der -zVzg-Ortsnamen im skandinavischen Bereich steht eine relativ späte Überlieferung der Namen . . . gegenüber" 12 . Aber das führt ebenfalls kaum dazu, an dem hohen Alter der -zrag-Namen in Skandinavien zu zweifeln: „Einig sind sich die Gelehrten wenigstens in einem Punkt, und zwar dem altertümlichen Charakter der O N auf -ing-/-ung-. Franzén weist auf die markante Zusammenballung in den ältesten Anbaugebieten hin . . ." 13 . Rein zahlenmäßig wird man dagegen kaum etwas einzuwenden haben, denn „Während Stähle 14 im heutigen Schweden mindestens 593 Siedlungsna-
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8
9 10 11
12 13 14
W. Flechsig, in: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Bd. 2 (Veröff. d. Max-Planck-Inst. f. Gesch. 11/2), Göttingen 1965, S.86. Echte und unechte Ortsnamen, Abh. d. Geistes- u. Sozialwiss. Klasse d. Akad. d. Wiss. Mainz 1967/3, Mainz-Wiesbaden 1967. G. Mann, op.cit., S.81. BNF. 4(1953)306. Die Ortsnamen an Mosel, Sauer und Saar und ihre Bedeutung für eine Besiedlungsgeschichte, Mainz 1958, S.107. Ebda. G. Mann, op.cit., S.37f. C. I. Stähle, Studier över de Svenska ortnamnen p i -inge, pâ Grundval av Undersökningar i Stockholms län, Lund 1946. Dazu G. Mann, op.cit., S.23f.
-ing-t-ung-
151
men unseres Typs zählt, beziffert Knudsen15 den Anteil Dänemarks auf etwa 150 auf den Inseln Sjadland, Fyn, sowie Lolland, Falster und ca. 250 weitere in Jütland. Hier, auf dem Festland, nimmt die Dichte der betreffenden Namen umso mehr ab, je südlicher man geht". 16 Allerdings fehlen in Schweden -«rag-Bildungen so gut wie ganz, während das Bild in Norwegen anders aussieht: „Im quantitativen Bereich stehen in Norwegen immerhin 43 sichere
15 16
De Danske Stednavne, Nordisk Kultur 5(1939)76-123. G. Mann, op.cit., S.26.
152
Suffixbildungen
ung-Seenamen den 101 sicheren Binnenseen mit mg-Benennung gegenüber"17. Eine von G. Mann angefertigte Verbreitungskarte (s. Karte 19, S. 151) zeigt die ungefähre Verbreitung der ON. auf -ing, -inge, -unga und -unge in Dänemark und Schweden. Aber auch England und der Kontinent kennt zahlreiche -¿«g-Bildungen in den Ortsnamen. Eine zusammenfassende Karte gibt es noch nicht. Von Bedeutung für die Verbindungen zwischen dem Festland und England sind jedoch zwei unabhängig voneinander entstandene Verbreitungskarten (Karten 20 und 21, S. 152, 153), die in ihrer Streuung deutlich erkennen lassen, daß es zwischen dem Vorkommen in Nordfrankreich und Flandern sowie im südöstlichen England eindeutige Beziehungen gegeben haben muß18. Man könnte auch noch die von W. Piroth19 erstellten Verbreitungskarten heranziehen, die zum Ziel hatten, „einige der Ursprungsgebiete der Angelsachsen mit Hilfe der Ortsnamenforschung zu erfassen"20. Leider haben sich in Piroths Arbeit Fehler eingeschlichen, die zu starker Kritik, ja z.T. heftiger Ablehnung in den Reaktionen
17 18 19
20
Ebda., S.37. Vgl. auch Smith II, Anhang, Karte 4. Ortsnamenstudien zur angelsächsischen Wanderung. Ein Vergleich von -ingas, -inga-Namen in England mit ihren Entsprechungen auf dem europäischen Festland, Wiesbaden 1979. Ebda., S.l.
-ing-/-ung-
153
auf diese Untersuchung geführt hat. Wir werden darauf bei der Diskussion der Beziehungen zwischen den Ortsnamen des Kontinents und der Britischen Inseln zurückkommen. Dabei spielen die Niederlande und Belgien eine wichtige Rolle, die auch an Hand der Ortsnamen auf -inge(n) dargestellt werden kann21. Unsere knappe Übersicht über die Verbreitung der mit -ing- gebildeten Namen zeigt, daß es aufgrund der weiten Streuung kaum möglich ist, ältere Siedlungsgebiete von jüngeren zu trennen. Etwas besser sieht es m. E. bei dem eng verwandten -ung-Suffix aus, das auf dem Kontinent in einem wesentlich kleineren Gebiet zur Namengebung verwendet worden ist und - wie mir scheint - bei der Beurteilung des Gesamtkomplexes etwas vorschnell als einzelsprachliche (z.B. thüringische oder „chattische") Variante apostrophiert wurde. Es dürfte kaum jünger als das -¿ng-Suffix sein und sein Vorkommen in den geographischen Namen des germanischen Kontinents gibt zu interessanten Beobachtungen Anlaß. Die Zuordnung der »ng-Namen zu einem germanischen Einzelstamm wird durch das unzweifelhaft hohe Alter der Bildungen nicht bestätigt. Sie „widerspricht . . . dem längst als gemeingerm. bestimmten Charakter des namenbildenden -««g-Elementes"22. Hinzu kommt, daß es sich bei diesem Typ um „überwiegend appellativische Bildungen" handelt23, und daß man berücksich-
21
22 23
Vgl. jetzt R. Rentenaar, Die südwestniederländischen Ortsnamen auf -inge(n) aus nordseegermanischer Sicht, in: Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, hrsg. v. R. Schützeichel, Heidelberg 1992, S. 38-66. G. Mann, op.cit., S.93. H. Walther 147.
154
Suffixbildungen
tigen muß, daß „die Ortsbenennungen nach Personen . . . im germ. Bereich offensichtlich erst eine Erscheinung der späteren Landnahmezeit" 24 ist. Schon E. Förstemann waren die -««gew-Bildungen aufgefallen25, weil sie sehr häufig von Flußnamen abgeleitet sind. E. Förstemann stellt dazu z.B. Tyrungen, Heldrungen, Bedungen, Leinungen, Moringen, Beverungen, Madelungen, Melsungen, Lauringen. Er war allerdings der Ansicht, daß die Urheber dieser Namen „von ganz anderer Seite her in diese Gegenden gekommen" waren26. Förstemann dachte nicht unbedingt an Skandinavien, aber dieses Argument ist immer wieder - bis in die jüngste Zeit hinein - vorgebracht worden. So ist für H. Rosenfeld27 der Name der Greutungen aus Skandinavien importiert worden. Es ist daher aus verschiedenen Gründen von Vorteil, den Versuch zu unternehmen, die bisher bekannten -«ragfewJ-Namen zusammenstellen und zu kartieren. Ich beschränke mich dabei bewußt auf den deutschen Sprachraum und bin mir auch durchaus darüber klar, daß der eine oder andere Name noch nicht ermittelt worden ist. Dennoch ist die nun folgende Auflistung und deren Kartierung von einem gewissen Wert. Ich werde darauf nach Vorstellung des Materials zurückkommen. Ergänzt werden die nun folgenden Namen durch knapp gehaltene Bemerkungen zur Etymologie. Herangezogen wurden jedoch nur Namen, bei denen einigermaßen sicher ist, daß sie ursprünglich ein -««g-Suffix besessen haben. Mit -ing- wechselnde Typen (1238 Horningen, 1246 Horningen, 1360 Hornungen) sind bekanntlich nicht selten; im allgemeinen entscheidet über die Zugehörigkeit vollzogener oder unterbliebener Umlaut. Mir sind die folgenden Namen bekannt geworden: Ahlingen bei Wertingen in Schwaben, Anf. 13.Jh. in alungen, ad alungen, 1499 zu Allungen2', Etym. strittig, entweder zu einem PN. *Al(a) oder vielleicht doch zu der alteurop. Sippe um *el-/*ol- „fließen, strömen"? Albungen, OT. von Eschege, 1075 de Albungun, o.J. in villa Albungen, 1302 in eadem villa Albungen29, am ehesten wie die -¿¿¿¿-Bildung Groß, Klein Elbe bei Baddeckenstedt, 1147 Elvethe, < '•'Alb-ithi, auch Dingelbe bei Hildesheim, 1232 Elve de10 zu erklären; Amerongen in Utrecht, 1126 (F.?) Amerungon, de Ameru[n]gon, 1166 (F.?) de Amerunga, nach LNT. 66 mit der Deutung „wrsch. van een waternaam afgeleid middels het suffix -ung" 31 , hierzu gehören dann auch Amerungen bei Lichtenau, 1179 Amerungen, 1289 Ameruncgen32 und Ammerungen, Wg. bei Eise-
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26 27 28 29 30 31
32
H. Walther 148. Diese Klasse „ist mir am anziehensten" (E. Förstemann, Die deutschen Ortsnamen, Nordhausen 1863, S. 244. Ebda., S.284. H. Rosenfeld, BNF. 7(1956)195ff. und 8(1957)199. MB. 22, 107,123; 23,659. H. Walther 247; UB. Mariengarten 79,84,94. S. Udolph, -ithi 124. Zu der Sippe der GN. um Amer- s. J. Udolph, Alteuropäische und germanische Namen in Brandenburg und seiner Umgebung (im Druck). Förstemann 11,1,124, Jellinghaus 117.
-ing-l-ung-
155
nach, 1304 de Amerungen33; Auringen bei Wiesbaden, 1062 Auringon, < Urungen1*, wohl zu Ur „Auerochs", vgl. unten Uhry·, Bennungen bei Wallhausen, 1112 Bennungin35, deutet nach Bach 11,1,163 wegen des Umlautes auf älteres -ing-. Angesichts der möglichen Grundlage *Ben- (PN.?, vgl. Förstemann II,l,389ff. 36 ist diese Annahme unnötig; Birkungen, 1191 Bircunchen, 1206 in Berckungen, 1209 in Birckungen37, zu dt. Birke}S; Beverungen an der Weser, 826-876 Beuerungen, am Rand: Beuerungen, 12./13. Jh. Beverungen13, zum FIN. Bever; Bliedungen bei Bleicherode, 970 (A.) in villa Bildungen40, zu einem PN. oder Ableitung von dem FIN. (jetzt) Bliedebach41; man vergleiche weiter Bodungen bei Bleicherode, 9.Jh. Padungen, Badungen, 1205 (F. ?) de Badingen, 1209 Herewardus de Bodungen, 1209 fratribus de Bodungen42, Ableitung von dem FIN. Bode43; Duingen, Kr. Alfeld (?), 826-876 Duthungun, am Rand: Dudingenu, wohl wie die mutmaßlich verwandten Namen Düthe, Dautphe u.a.m. zu dude „Schilf" (vgl. Förstemann 11,1,757); Ehringen bei Wolfhagen, 9. Jh. Erugen, ca. 1020 Erungun, 1348 Erungen'5, zu einem PN. oder einer appellativischen Grundlage (vgl. etwa Ehra(-Lessien) u.a.m.); Einbrungen bei Düsseldorf, um 1090 Embrungen46, vgl. "'Amb-ithi in Empelde bei Hildesheim47; Elsungen, Kr. Wolfhagen, 1256 apud Ehingen (Reg. Landgr. Hessen I 36); 1266 apud Eisingen (ebda. 117), zu germ. *alisa „Erle"; Fachingen an der Lahn, fehlender Umlaut deutet nach Bach 11,1,163, auf *-ung-Bildung, verwandte Namen bei Förstemann 11,1,839; 839 Farnugunwisa (hierzu?), FlurN. am Bodensee, zu dt. Farn4S; Faulungen bei Treffurt, zu dt. faul*9; Fladungen, Unterfranken, 789 et in [FJladungom, 1031 Fladungon50, zu ndt. flatt, flad „fließendes Wasser"; Flechtingen, Kr. Gardelegen, 965 Flahtungunbi, 33 34 55 36
37 38
39 40 41
42 43
44 45 46 47 48 49 50 51
H. Walther 247. Bach 11,1,163. Förstemann 11,1,389; H. Walther 247. Dazu jetzt W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)116 mit Hinweis auf den engl. ON. Benningham Hall, 1242-43 Benigham, 1303 Beningham. H. Walther 248; UB. Eichsfeld 99,107. Der Vergleich mit dem engl. ON. Barking bei W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)116 überzeugt mich nicht. Honselmann 110; Wigand 1/4,51; Schütte, Corvey 170. MGH., Dipl. reg. imper. Germ. I 535; H. Walther 248. W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)116 vergleicht den engl. ON. Blything, 1086 Blidinga, Blidigga, Bledinga. Dobenecker I 69; UB. Eichsfeld 98,108,110. Der Vergleich von W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)116 mit englischen ONN. ist dann aufzugeben. Honselmann 106; Förstemann 11,1,781. Förstemann 11,1,825; Jellinghaus 115. Förstemann 11,1,815; Bach 11,1,163. S. Udolph, -ithi- 125. Förstemann 11,1,853. H. Walther 248. UB. Fulda 278; Förstemann 11,1,899. Förstemann 11,1,900.
156
Suffixbildungen
zu dt. flechten, Geflecht·, Gabiingen bei Augsburg, 1143 Gabelungen, wohl zu einem PN. 52 ; 1137 Geimungun, unbestimmt, Etym. unsicher53; Gerstungen, 744/747 Gerstunge54, Etym. unsicher, jedenfalls nicht zu dt. Gerste (vgl. auch Förstemann 11,1,1040); 822 Grewisunga, bei Bad Kissingen (Förstemann 11,1,1098), Etym. unsicher; Haferungen bei Nordhausen, 1188 Haverunge, nach H. Walther 249 zu dt. Hafer, man vergleiche aber den Namen der Havel sowie vor allem Hever, Wattströme auf Nordstrand und Pellworm, mit O N . Westerhever, 1196 Henere (lies: *Heuere) 55 ; Haldungen, Wg. im sächs. Hessen, 1018 (K. 12.Jh.) Haldugun, (1015-25) Haldungun56, zu ahd. h aide „Abhang, Schräge", hierzu auch Haldenwang, bei Burgau (oder = Freyhalden, ebda.?), alt Haldungen (MB. 37,288); Hallungen bei Treffurt, 1378 Haldungen (H. Walther 249)57; nicht kartiert wurde Harrling bei Cham, 1177 Harlungun, da mit E. Schwarz, BNF. 4(1953)307 dieser ON. mit zahlreichen weiteren (darunter auch BN. Harlungenberg) „von Brandenburg bis Niederösterreich", an die Harlungensage anzuknüpfen ist (vgl. auch Förstemann 11,1,1255). Aufgenommen wurden dagegen Harzungen, Wg. bei Bleicherode, 1259 Harzungen (H. Walther 249 mit Etym.); (Burg)-Hasungen bei Kassel, 1019 (K. 12.Jh.) in monte Hasungo, 1021 Hasungun58, zu dt. Hase?59; Heldrungen bei Kölleda, 876 Heltrunga, 1004 Haltrungin, Ableitung vom FIN.60; Hellingen, Kr. Hildburghausen, 784 in Helid[u]ngon, 800 (?) in Helidu[n]g[u]m usw.61, wohl < FIN. abgeleitet, ebenso 8.Jh. Heimungen, in Thüringen62; Herdringen, Kr. Arnsberg (Identifizierung unsicher, vielleicht eher bei Elze nahe Hildesheim63, 826-876 in Hetrungun, 826-876 Hattrungun64, verwandte Namen nennt wohl Förstemann 2,l,1287f.; Herongen, Kr. Geldern (Bach 11,1,163), wahrscheinlich wie *Herithi/*Hirithi zu ndr. hâr (aus bara) „Schärfe", mhd. hare, here; Hezingen in Overijssel, 799 (Κ. M. 10.Jh.) Hasungum, spätes 10.Jh. Hasongon (LNT. 179f.), zur Etym. s.o. (Burg)-Hasungen; Hohungen, Wg. bei Schlotheim, 1141/43 Hohungun, zu ahd. höh „hoch" 65 ; Holungen bei Worbis, 1266 Haldungen, 1299 Bertolt von Haidunge66, vgl.
52 53 54 55
56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66
Förstemann 11,1,979. Förstemann 11,1,1029. H. Walther 248. Der Vergleich von W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)117 mit 1188 Haverunge (England) ist allerdings zu beachten. Gysseling I 438. Vgl. auch W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)117. Gysseling I 455. Man beachte auch W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)117. H. Walther 249. UB. Fulda 229, UB. Fulda 376; Förstemann 11,1,1335. Förstemann 11,1,1340; Bach 11,1,182 f., vgl. auch W. Piroth, BNF.NF. 23(1988)115. S. Schütte, Corvey 192, vgl. auch ebda. Hetrungun. Honselmann 118; Zusammenhang fraglich nach Schütte, a. a. O. H. Walther 249. H. Walther 249, Hess. UB. 1,2,483.
-ing-l-ung-
157
oben s.v. Haldungen; Honings bei Forchheim, 1109 Honungen (Förstemann 11,1,1415 mit Deutung zu einem PN); Jeusing, Wg. bei Schweinfurt, 791 in Giusungom, 792 in villa, quae vocatur G[i]usungab7, ohne sichere Deutung, nicht doch zu dt. gießen, Goslar, Göttingen? Kartung bei Sinsheim, 1425 Kartung (-thung)6", zu ahd. karta „Kardendiesel"?69; Kaufungen, 1020 (K. Mitte 12. Jh.) Cöfunga, 1042 Coufungon usw.70, nach Förstemann 11,1,1704 zu mhd. kobe, mnd. koven „Kammer, Gemach"; Langen bei Offenbach, 834 Langungon, 10.Jh. Langunga71, zu dt. lang; Lauringen bei Hofheim, 8.Jh. in Lurungurr,i72, ist von einem FIN. abgeleitet, ebenso wie Leinungen bei Sangerhausen, 1253 Linunge, und Leinungen, Wg. bei Gotha, 1039 Linungenn·, zu dt. Linde gehört Linden bei Hannover (?, Identifizierung nicht ganz sicher), um 1070 Lindungon, Lindungen74; Listingen bei Warburg, 826-876 in Listungun, in Lystungen75, kann mit anord. lîsta „Streifen, Kante" verbunden werden; Lucienvörde, Wg. bei Hildesheim, dazu evtl. 844 in Liuckiungun, In Liukiungun, später Luchingeworden7f>, Etym. unklar, am ehesten zu idg. *leug- in lit. liügas, slav. luía „Sumpf, Morast" usw.; Madungen, 1012 (?) ad madungen, Lokalisierung unsicher, Hessen?77, zu mada, matte „Wiese"; Madelungen bei Eisenach, um 1080 in Madelungenn, Ableitung von dem FIN. Madel; 2. H. 8.Jh. (K. 9.Jh., K. 12.Jh.) Mardunga, FIN. bei Hindelopen, Friesland79, zu verwandten Namen vgl. Förstemann 11,2,218 f.; Melsungen, 8.Jh. Milisunge, Melsungen, 1105 Milsungen u.a.m., < FlN.8C; ebenfalls von FIN. sind abgeleitet Mollenfelde bei Göttingen, 1032 (K. 14.Jh.) Molduggaue(l) u.a.m., wechselt allerdings stark mit -zwg-81, und Moringen bei Northeim, ca. 1003-5 in Maurungen, am Rande Mauringen82; zu mnd. mor „Moor, Sumpf, Lache" gehört der ON. Morungen bei Sangerhausen, 9. Jh. Morunga83; der O N . Natzungen bei Warburg, 1036 Nattesigan, um ca. 1120 Natesungun, 1130 Nattusungon usw.84 steht sicher in Beziehung zu der bereits behandelten
67 68 69 70 71 72 73 74 75
76 77 78 79 80 81 82 83 84
UB. Fulda 284, UB. Fulda 290; Förstemann 11,1,1061. Reg. Baden I 423. Vgl. Förstemann 11,1,1650. Gysseling 1,556. Schwarz II 74; Förstemann 11,2,25. UB. Fulda 303, Förstemann 11,2,153. H. Walther 250. Förstemann 11,2,83. Honselmann 118,119 ohne Lokalisierung; nach Dürre, Jellinghaus 116 und Schütte, Corvey 194 = Nieder-, Oberlistingen bei Warburg. Förstemann 11,2,114; D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)400. Cod. Dipl. Fuld. 345. Cod. Dipl. Fuld. 372. Gysseling 1,662. Förstemann 11,2,290. Zu den Einzelheiten s. Kettner 195. Honselmann 156; Kettner 195ff. H. Walther 250. Förstemann 11,2,373.
158
Suffixbildungen
Sippe um die Ort- und Gewässernamen * Ν at ja, *Natiso, Neetze, Nette usw.; Nesselungen, unbekannte Wg. in Thüringen, 9.Jh. Nezzelungen gehört zu dt. NesseP5; zu Ohlungen im Elsaß, 8.Jh. Alunga (Förstemann 11,1,117) vgl. oben s.v. Ahlingen; etym. unklar und unbestimmt ist die Lage von Phufferungen, im 8.Jh. erwähnt86; Piendling bei Cham, 1249 Botelungin, allerdings 1367 Pütling87 gehört wohl zu einem PN., während Rannungen bei Bad Kissingen, 772 Ram[n]ungen, 780 in Hrannungen (Hrannungum?) usw.88 zu dt. Rabe gestellt wird; Ratingen bei Düsseldorf, ca. 800 Hratunga, 9.Jh. Hretinga89 ist bisher nicht sicher gedeutet; Rehungen bei Bleicherode, 1359 Rehungen, stellt man zu dt. Reh90, Roringen bei Göttingen, ist trotz zahlreicher alter Belege mit -ing- (1162 Roringe, 1284 Roringen) ursprünglich mit -ung- gebildet91; 8. Jh. Rossunga marca bei Worms92 gehört wie Rossungen, Wg. bei Sondershausen, 1285 Russungen, und Rossungen, Wg. bei Nordhausen, 1140 Rosunge, zu asä. usw. (h)ros „Pferd" 93 ; ein Suffix -ung- enthält wohl auch der ON. Rüstungen, 1318 inrystingen, 1327 Ristungen, 1362 Rystunge usw., da nicht unbedingt von mhd. rust „Ulme, Rüster" auszugehen ist 94; Salzungen, 775 Salsunga, gehört zu dt. Salz95; zu einem PN. stellt E. Förstemann 11,2,687 den ON. Sauingen, Kr. Wolfenbüttel, 1013 (F. 12.Jh.) Sawngon, Sauongon, 1022 (F. 12.Jh.) in Sowgon, Sowngon%, was nicht unbedingt überzeugt, vielleicht eher als *Saw-ung-i zu idg. seu-, wozu auch Germanisches um ahd. sou, ags. séaw „Saft" gehört; bezeichnend ist die Beurteilung des in Niederösterreich vermuteten FlN. Scarniunga (5.Jh.) durch E. Schwarz97: „zu got. *skarn ,Dünger, Mist', eine Bildungsweise, die aus der südschwedischen Heimat mitgebracht sein wird". Wie schon aus der bisherigen Zusammenstellung ersichtlich ist, liegen die deutschen -»»g-Namen geographisch wesentlich günstiger. Hinzu kommt, daß auch die Ableitungsgrundlage *skarn in deutschen Namen keineswegs fremd ist (s. dazu unten S. 394ff.). Man vergleiche weiter Schiedungen bei Nordhausen, um 1206 Scidungen, zu dt. Scheide „Scheidung, Grenze" 98 ; Schleusingen bei Suhl, 1232 Slusungen, Schleusingen, 1336 zv Slusn, 1384 zu Sluesungen, 1333 zu Slusungen, zu dt. Schleuse99; Schwallungen, bei Meiningen, 788 in villa Suollunga, Ende 8.Jh. in 85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 % 97 98 99
H. Walther 250. Förstemann 11,2,499. E. Schwarz, BNF. 4(1953)307. UB. Fulda 97,203; Förstemann 11,1,1431 f. Bach 11,1,163. H. Walther 250. Schwarz II 74; E. Schröder 232. Förstemann 11,1,1475. H. Walther 251. Vgl. E. Müller, Die Ortsnamen des Kreises Heiligenstadt, Heiligenstadt 1989, S.39. H. Walther 250. Kleinau II 532. 4. Congrès Intern, de Sciences Onomastiques, Uppsala-Kiabenhavn 1952, S.458Í. H. Walther 251. H. Walther 251; MB. 40,84;45,428;46,88.
-ing-/-ung-
159
Suuallungom usw., zu einem germ. Wasserwort100; 1281 Sebelunen bei Schüttorf, 1401 Zebelingen, < PN.? 101 ; Seeungen, Wg., wahrscheinlich bei Gotha, 9.Jh. Seungen, zu dt. See102; Tastungen bei Leinefeld, 10[90] Taistingen, 1238 in Astunghen, 1257 Iohannes de Tastungen103, Deutung unklar, wahrscheinlich wie Teistungen (-¿«g-Bildung) mit prothetischem t (< te „zu") gebildet; Thürungen bei Heringen/Helme, um 1050 Dierungun, vor 1088 Tyrungun, Ableitung von einem FIN., ebenso Uftrungen bei Kelbra, 9.Jh. Ufturunga104 und auch Usingen am Taunus, 8.Jh. Osinga, Osinga, Osungen, Osanga, Oasunge usw., das nach Bach 11,1,163 wegen des fehlenden Umlauts auf *-ung- zurückzuführen ist105; anzuschließen ist auch Uhry am Elm, 1022 Wurungen, Wurungon, ca. 1150 Urincge106, 1318 Vringe107, nach Wesche 33 *Urungon, ähnlich Förstemann 11,2,1145, vgl. auch oben Auringen·, zu dt. Farn wird 11.Jh. Varnungun mons im Kr. Meiningen gestellt108, zu dt. Feld wird Veldungen, abg. im Kr. Cleve, 1201 Veldungen109 gehören; mit ahd. waso „Rasen" ist Wasungen bei Meiningen, 874 Uuasunga, zu verbinden110; Weichtungen bei Münnerstadt, 825 Wihtungun, auch Withtungun, 1378 zu" Wyhtungen111, wird im allgemeinen zu dt. Wicht gestellt. Man vergleiche aber die Diskussion um den FIN. Wichte (s.o. S. 110f.); Wechsungen bei Nordhausen, 9.Jh. Westungen, 1188 Groten Wessunge, macht die Deutung wegen der wechselnden Belege schwer112. Zu einem PN. stellt Reitzenstein 411 f. den O N . Wertingen in Schwaben, 1122 Wertungin, 1219 Wertunga. Nicht sicher deutbar ist Wettesingen, Kr. Wolfhagen, 8.Jh. Witisunga, Witisungeno marcam; wahrscheinlich zu einem FIN. gehört Wettringen in Unterfranken, 8. Jh. Wterungom, Wetarunga114; zu dt. wild (Semantik?) stellt man Wildungen, 8.Jh. Wildungen, 1254 in cornicia Wildungenb, schließlich ist zu nennen 1022 Uurungun, Wurungen, Wg. bei Hildesheim (?), die Förstemann 11,2,1145 mit Ur „Auerochs" verbindet. Die Verbreitung dieser Namen (s. Karte 22, S. 160) spricht für sich. Sie deckt sich in wesentlichen Zügen mit der Streuung anderer, in dieser Arbeit 100 101 102 103 104 105 106 107
loe 109 110 111 112 113 114 115
UB. Fulda 267,299; Förstemann 11,2,961; G. Jacob 108. Jellinghaus 115. H. Walther 251. UB. Eichsfeld 24,156,229. H. Walther 252. Vgl. auch Förstemann 11,2,448. UB. H. Hild. I 66,71; Förstemann 11,2,1145. B. Flentje, F. Henrichvark: Die Lehnbücher der Herzöge von Braunschweig von 1318 und 1344/65, Hildesheim 1982, S.182. Förstemann 11,1,853. Bach 11,1,163. G. Jacob 122; H. Walther 252; Förstemann 11,2,1251. MB. 46,358; Förstemann 11,2,1329. S. H. Walther 252. Förstemann 11,2,1407. Förstemann 11,2,1168. Förstemann 11,2,1347; Westfäl. UB. IV 330.
160
Suffixbildungen
bereits behandelter Namentypen. Es gilt jedoch, außerdem auf einige weitere, damit zusammenhängende Punkte aufmerksam zu machen. 1. Von Bedeutung sind die Ableitungsgrundlagen der -««g-Namen. Dabei bestätigte sich die oben schon angesprochene und auch immer wieder vermutete Annahme, daß Personennamen kaum nachweisbar sind. Nur vereinzelt ließen sich einzelne Spuren (dazu zumeist noch aus den Randgebieten, z.B. Bayern, Rheinland-Pfalz) erkennen. Die weitaus meisten -««g-Namen beruhen auf Appellativen oder bereits benannten Objekten, häufig sind Flußnamen. Die in aller Kürze vorgeschlagenen Etymologien zeigen m. E., daß der in den Namen auftretende Wortschatz zum germanischen Grundbestand gehört und auch in anderen germanischen Namengruppen begegnet. Vereinzelt wurden die Beziehungen zu den -¿¿¿-Bildungen schon erwähnt; anderes wird sich bei der Behandlung weiterer Sippen noch ergeben. Für relativ hohes
161
-ing-/-ung-
Alter der -««g-Namen sprechen auch nicht wenige schwierige, z.T. momentan noch nicht lösbare Etymologien. 2. Die Streuung der Namen zeigt eine eindeutige Lücke im nördlichen Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Nach bisherigen Erkenntnissen setzen -««g-Bildungen erst wieder in Norwegen ein. Daraus ist nach meiner Auffassung zu folgern, daß es einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den auf der Karte erscheinenden Belegen und den nordischen Verwandten nicht gegeben hat. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist eine der beiden Gruppen jünger; nach Ausweis der altertümlichen mitteleuropäischen Namen kann es sich nur um die nordischen Namen handeln. 3. Wie oben schon betont wurde, ist die lange vertretene These, es handele sich bei den -«rag-Namen um Relikte eines germanischen Einzelstammes (meist wurden die Chatten herangezogen), abzulehnen. 4. Von besonderer Bedeutung ist aber noch ein anderer Punkt. Wenn man sich mit dem germanischen -ing- und -«»g-Suffix beschäftigt hat, war man eigendich immer der Auffassung, daß zwischen beiden ein enger Zusammenhang herrschte. Aus einer Reihe von Gründen hat man beide gemeinsam behandelt und sie beide dem Früh- oder Gemeingermanischen zugewiesen. Wenn man dem zustimmt, dann ergibt sich hieraus und aus der auffälligen Streuung der kontinentalgermanischen Namen mit dem Suffix -ung- ein neuer Aspekt: mit hoher Wahrscheinlichkeit ist von vorneherein zu erwarten gewesen, daß in den alten germanischen Siedlungsgebieten beide Bildungsmöglichkeiten nebeneinander
und in enger Nachbarschaft
zueinander
begegnen. Ich
habe es unterlassen, eine intensivere Auseinandersetzung mit dem -mg-Suffix im onymischen Bereich zu führen; kein Zweifel kann aber daran bestehen, daß weite Gebiete des Kontinentalgermanischen Namen mit dem Suffix -ingkennen116, und daß es innerhalb der Germania eigentlich nur ein Gebiet gibt, in dem beide nebeneinander auftreten: es wird durch die Streuung der ungBildungen auf Karte 22 begrenzt. Als Ergebnis möchte ich folgende Punkte festhalten: die -««g-Bildungen dürfen nicht unterschätzt werden. Die These, es handele sich um Relikte eines germanischen Einzelstammes, wird durch die Altertümlichkeit der Ableitungsgrundlagen und durch die Streuung der Namen widerlegt. Innerhalb des Kontinentalgermanischen gibt es eine Deckung von -ing- und -««g-Namen in Bereichen, die in der bisherigen Arbeit auch in anderem Zusammenhang aufgefallen waren: Thüringen, südöstlichen Niedersachsen, Hessen; Ausstrahlungen lassen sich nach Westen (Westfalen, Niederlande) und in den Süden feststellen. Es hat den Anschein, als sollte auch bei dieser Namengruppe dem Kontinentalgermanischen der Vorrang vor dem Nordgermanischen zukommen. Wir werden im folgenden anhand weiterer Suffixbildungen dieser Erscheinung nachgehen.
116
Für das Gebiet, in dem sich die häufigsten -xng-Bildungen nachweisen lassen (Thüringen und westlich daran angrenzende Gebiete), kann auf die Arbeit von H. Walther verwiesen werden.
162
Suffixbildungen
2.
-ärja/-arja/-r-
Vor allem im Deutschen ist das aus dem Lateinischen entlehnte Suffix -ärja (< lat. -ario-) sehr produktiv geworden. Krahe-Meid III 81 ff. haben es behandelt. Es begegnet bereits im Gotischen, vgl. laisareis „Lehrer" zu ''laisa „Lehre", wullareis „Tuchwalker" zu wulla „Wolle", wurde vor allem im Ahd. häufig verwendet, aber „in den an der Peripherie der römischen Einflußsphäre gelegenen übrigen germ. Sprachen setzt sich die Bildungsweise langsamer durch . . ."117. Später erhöhte sich „die schon im Got. (sòkareis) sichtbare Tendenz zur deverbalen Ableitung" und „erzeugt Nomina agentis wie ahd. jagäri Jäger' zu jagön .. ."118. Von Bedeutung für unsere folgenden Überlegungen sind Schwankungen, die darauf hinweisen, daß neben ahd. -ari, mhd. -¡ere geschwächte Formen stehen wie ahd. -ari, -eri, -iri, mhd. -ere (z.B. in ahd. buohhari, beteri, leitiri), „die es notwendig machen, neben der aus lat. -ario- normal entwickelte Form -ärja- auch eine gekürzte Form -arja- anzusetzen, die die Grundlage auch von as. -eri, ae. -ere ist"119. Zum Komplex hat jetzt auch P. Wiesinger120 Stellung genommen. Wir können demnach für dieses Suffix innerhalb des Germanischen eine Entwicklungstendenz verfolgen. Es dürfte mit den Worten von A. Bammesberger121 „kaum ein Zweifel daran bestehen, daß die Nomina agentis des Typs got. bokareis „Schriftgelehrter" . . . letztlich auf Entlehnung von lat. -arius . . . beruhen". Wichtig ist der folgende Satz: „Für das Urgermanische sind solche Bildungen nicht zu postulieren". Erschwert wird eine saubere Trennung von anderen -r-Bildungen allerdings durch die Tatsache, daß offenbar „in dem nhd. mask. Suffix -er ... zwei Suffixe miteinander verschmolzen [sind]: germ. *-variös und lat. -ärius"122. Die Vermischung zeigt sich nach A. Bach z.B. im Fall der Amsi-vari „Anwohner der Ems", wo auszugehen ist „ . . . von einer Personenbezeichnung mit der Endung -ari, die sich entwickelt hat < germ. *-variös ... unter späterer Einwirkung von lat. -ärius"123. Somit können „in den jüngeren Formen auf -ere ... auch ursprüngliche FlßN auf -aria . . . sowie Pluralia auf -ir/-er enthalten sein"124. Das Suffix „hat nicht nur die Funktion, Nomina agentis zu bilden, es kann auch mit Stellenbezeichnungen verknüpft werden (z.B. Körner < '''Kornare ,Kornbauern' gegenüber Häseler < asalare ,Leute bei den Haselbüschen bzw. am Haselbach' . . ,"125.
117 118 119 120
121 122 123 124 125
Krahe-Meid III 82. Ebda. Ebda., S. 83. In: Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S. 394 f. A. Bammesberger, Die Morphologie des urgermanischen Nomens, Heidelberg 1990, S. 10. Bach 11,1,190; entsprechend H. Walther 141.. A. Bach, BNF. 6(1955)219. Walther 141. Ebda.
-r-Suffixe
163
Nach A. Bach lassen sich diese beiden Gruppen bedeutungsmäßig insofern auseinander halten, als es sich einerseits um Stellenbezeichnungen handelt, die anzeigen, „daß an einem Ort etwas (in großer Menge) vorhanden ist", andererseits bei Ableitungen von einem Ausdruck, der eine oder mehrere Personen bezeichnet, deren Wohnsitze oder Besitz benennt126. So sind bei H. Walther von 26 Namen „13, also genau die Hälfte, echte Nomina agentis, die anderen knüpfen an Ortlichkeitsnamen an"127. Gelegentlich tritt ein weiteres Problem auf: die Abgrenzung von den Bildungen auf -(h)lar- und anderen Bildungen. Sie ist deshalb schwierig, da „unsere Bildung sich von mehreren andern namenklassen, wie z.B. den Zusammensetzungen mit -lar, -mar oder den ableitungen auf ein anderes R-suffix nicht immer genau sondern läßt"128. Damit sind noch nicht alle Probleme genannt, die mit den -r-haltigen Bildungen im germanischen Sprachraum zusammenhängen. Wir lassen (zunächst) entsprechende Gewässernamen wie Ammer, Gander, Halver, Kocher, Lober, Notter, Oder beiseite. Sie gehören in den Bereich der voreinzelsprachlichen Namengebung. Aber auch bei manchen Namen auf -er(n) ist Vorsicht geboten. Bei der Zuordnung zu der oben genannten Gruppe von Bildungen mit ahd. -ari heißt es bei E. Förstemann, Dt. O N N . 197: „Solcher Klarheit erfreuen sich die heutigen zahlreichen Formen auf -ern nicht; viele von ihnen gehören gewiss hieher, aber Beispiele wie Zabern aus Taberna und Haltern aus Haiostron müssen uns Vorsicht lehren". Hinzu kommt, daß es sich offenbar um einen alten Bildungstyp handelt129. In dieses Dickicht von gesicherten Erkenntnissen, Vermutungen und Überlegungen hat nun E. Schröder noch einen weiteren Vorschlag eingebracht. Er glaubt, in deutschen Ortsnamen ein neutrales lokales Kollektivsuffix germ. arjom, das dem lat. -arium entspreche, erkannt zu haben. „Es kommt nach ihm keineswegs nur in Lehnnamen vor wie Colmar < Columbarium oder Speicher (Kr. Bitburg) < 12.Jh. Spichere < Spicarium, sondern auch in ,guten dt. Wörtern ältester Schicht'. Zu ihnen zählt Schröder . . . Cornere = Körner ..., Aschara . . . , Fahner"130. Zur Begründung heißt es bei E. Schröder: „Erst die nordischen Eindringlinge mit —biittel und -leben bringen echte Siedlungsnamen hinein, während die alten Ableitungen auf -unga, -inga, -idi, -ari, -lari, -ahi und die Komposita auf -aha, -loh, -mar nur das Terrain bezeichneten"131. Sicher verfehlt ist die Annahme nordischer Siedler in Mitteldeutschland und vielleicht auch die Verbindung mit lat. -arium, aber der Vorschlag E. Schröders ist durchaus beachtenswert. Zwar hat gegen diese
126 127 128 129 130 131
Bach 11,1,198. H. Walther 141. Förstemann 11,1,193. W. Flechsig 86; H. Walther 142. Bach 11,1,199. E. Schröder 170 f.
164
Suffixbildungen
Herleitung J. Schnetz Einspruch erhoben132, aber nach A. Bach BNF. 6(1955)221 „wohl zu Unrecht". Es fragt sich in der Tat, ob man die Wortbildung in Namen wie Amare, Cornere, Meliere, Asguri, Fanare mit dem nhd. -er in Schnitter, Kornhändler usw. wirklich gleichsetzen sollte133. Um bei diesen verwickelten Problemen wenigstens zu einer teilweisen Lösung zu kommen, ist m.E. unerläßlich, die hier in Frage kommenden Siedlungsnamen (Gewässernamen bleiben unberücksichtigt) umfassender darzustellen. Mit einzelnen Namen wird man die Frage sicher nicht lösen kommen. Hinzu kommt die Frage, ob sich gewisse Namentypen in geographischer Hinsicht ordnen lassen. Erst nach dieser Sammelarbeit wird man versuchen dürfen, zu Etymologie, Wortbildung der Namen und deren Verknüpfung mit außergermanischem Material zurückzukehren. Als hilfreich hat dabei ergeben, zunächst einmal die relativ sicheren Bildungen mit dem Suffix *-ârja/-arja (< lat. -ario-) zusammenzustellen und zu kartieren.
a. Namen mit dem Lehnsuffix
::'-arja/-ärja
Aisting, OÖ., 1378 Aystern (Schwarz, O Ö . 31); Bachern bei Dachau und Hohen-, Klein-Pachern bei Freising, nicht immer zu scheiden, alt Pacharum, Pacharun, Pacharn134; Berg, ON. bei Schwend, 12.Jh. Bergarre135; Bergern, Wg. bei Kahla, 1378 Bergern, mhd. *Berger(e) „Bergbewohner", Bergern bei Weimar, 1241 Bergere136; Bergern bei Mautern, NÖ., 1179 Pergaren; Bergerdorf, bei Thalham, 1140 Pergaren·, um 1096 Pergaren, bei Passau137; Bergern in OÖ., 1355 Perigarn (Schwarz, O Ö . 3); Bocking bei Brixen, < Bockernm. Bradern bei Kremsmünster, 1467 dacz den Pratern, zu broter „Brotherr"? 139 . 9.Jh. (?) Bramaren, nicht zu lokalisieren, nach Förstemann140 < *Bram-ari zu bram „Brombeere". Bruckern bei Judenburg, 1074 Prukkarn, zu dt. Brücke141. Brunn an der österr.-steirmark. Grenze?, 844 Brunnaron, zu dt. Brunnen142. Brunnern, 1265 Brunnarn (Schwarz, O Ö . 4); ''Buhilari in mehreren ONN., so Büchlern, Pichling u.a.m. 143 . 10./ll.Jh. (aus den Monseer Glossen) zi den Chasarun = ad cameram pstorum144; Kuffarn bei Göttweig und Küfern, NÖ.,
132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143 144
ZONF. 7(1931)127ff. So H. Größler nach E. Förstemann 11,1,194. Förstemann 11,1,336; dazu Bach 11,1,192. Förstemann 11,1,418. H. Walther 263. Förstemann 11,1,418. Bach 11,1,193. Bach 11,1,193. Dt. O N N . 197; Förstemann 11,1,363. Förstemann 11,1,587; Bach 11,1,192. Förstemann 11,1,601; ders., Dt. O N N . 197. S. Förstemann 11,1,616; Bach 11,1,192. Bach 11,1,193.
-r-Suffixe
165
alt Chuffañn, Choufarin, < Chuopharen zu dt. Küfer145. Dogern bei Waldshut, 1252 Togerron, evtl. zu ahd. ahd. togari „Faßbinder" 146 . Edern in Kärnten, „bei den Leuten in der Öde" 147 . Eslarn bei Vohenstrauß, 1396-99 Eslern, „bei den Eseltreibern" 148 ; Figler in Niederbayern (evtl. = Figler bei Eggenfelden), 1058 Figularun, vielleicht zu vigele, videlare „Fiedler" 149 . Fischau bei Wiener-Neustadt, 9. Jh. Fizkere150, und Fischern bei Irdning, Steiermark, 1145 Viscbaren151, zu dt. Fisch, Fischer. Fisching, 1378 Vischarn (Schwarz, O O . 7); Forstern bei Erding, um 1060 Forestarin, zu Forst, Förster152. Fördern bei Weimar, 1120 Vvrtheren, 1150 Forther, ahd. Furtare „Leute an der Furt" 153 . Frommern bei Rottweil, Pfrämern bei Ebersberg und Prummen bei Geilenkirchen, alt Frumara, Frumarom, Phrumare, Prumere, zu hdt. Pflaume154. Furra bei Nordhausen, 9.Jh., 876 Furari, ahd. *Fuorare „Lastenführer", zu md. vüren, fören „führen" 155 . Gablern in Kärnten, 1106 Gabiarn, „bei den Gabelmachern" 156 . 11.Jh. Galganari, Österreich?, < *Galganari, zu galgo „Galgen", allerdings nach H. Jellinghaus (bei Förstemann 11,1,992) Bedeutung unklar. Gamern bei Judenburg, auch Bergname, 890 u.ö. Gamanara, zu mhd. Gemeiner, Gemeinder}157. Goldern bei Landshut, ca. 916 Goldaron, zu dt. Gold15*. Hackern bei Sulzbach, 1326 Hachern, „bei den Hackern" 159 ; Häseler, Kloster-; Heßler, Burg-, bei Kosen, 9.Jh. (Heselere), *Hasaläre „Leute am Haselbach oder -busch" (H. Walther 264), anders E. Schröder; schwer zu entscheiden, vgl. auch J. Schnetz, ZONF. 7(1931)129. Hafnern, dt. Name des cech. Ortes Klent m Böhmen, 1654 Haffnern160. Höflarn, 4 O N N . in Bayern, vgl. E. Förstemann, Dt. O N N . 70; Schwarz, SSN. 145. 1046 Hornarun, in Bayern, nähere Lokalisierung unklar161. Hüblern im Sudetengebiet, vgl. Bach 11,1,192. Hütern bei Passau, 1076 Huotarn, zu ahd. huotarn „Wächter"162.
145 146 147 148 149 150 151 152 153 154
155
156 157 158 159 160 161 162
E. Förstemann, Dt. ONN. 197; Förstemann 11,1,1745. Bach 11,1,193. Bach 11,1,192. Schwarz, SSN. 145. Förstemann 11,1,878. Förstemann 11,1,891. Bach 11,1,193. Förstemann 11,1,926. H. Walther 264. Förstemann 11,1,957. Früher von ihm (Dt. ONN. 197) zu ahd. frumara „Diener" gestellt; vgl. auch P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S.394f. H. Walther 264. Leichte Zweifel bei Förstemann 11,1,972: „scheint zu ahd. fdrari ,lastträger' zu gehören. Bach 11,1,193. Förstemann 11,1,994. Förstemann 11,1,1079. Schwarz, SSN. 145. Profous II 236; Bach 11,1,193. Förstemann 11,1,1426; vgl. ders., Dt. ONN. 197. Förstemann 11,1,1509; Bach 11,1,193; Förstemann, Dt. ONN. 197.
166
Suffixbildungen
Keßlar bei Weimar, 876 Kezzilari, 1227 Kezzileri, ahd. *Ke%%iläre „Talkesselbewohner"163. Körner, mit Wg. Osterkörner, bei Miihlhausen, 802 Corrieri, 997 Corriere, umstritten, nach H. Walther 264, J. Schnetz, ZONF. 7(1931)129 und E. Förstemann, Dt. ONN. 201 ahd. *Korrihre „Kornanbauer"; dagegen E. Schröder (vgl. Bach 11,1,199). H. Jellinghaus (s. Förstemann 11,1,1719) erwägt auch Herkunft von kwern „Mühle". Kreutern in Kärnten, „bei den Bewohnern des Gereutes164. Labing, 1141 Lawarin (Schwarz, OÖ. 41); Lebing, 1314 Lebern (Schwarz, OÖ. 42); Mahring, 1210 Marharn (Schwarz, OO. 95); Mautern an der Donau, alt Mutarun, Muotarum, und Mutarn bei Leoben, alt Mutaren, s. E. Förstemann 11,2,359; ders., Dt. ONN. 197 und Bach 11,1,193. Mosern und Müllern in Kärnten, dazu vgl. Bach 11,1,192,193. Ottern bei Weimar, 1376 de Otterer, 1440 Otterer, ahd. *Otturare „Otternfänger, -jäger" (H. Walther 264). Pechlarn NÖ., 1224 Bechelam-, Pflugern in Kärnten, „bei den Pflügern oder Pflugmachern"165. Pichling, 1276 Pv'hel, 1299 Puhlorn (Schwarz, OÖ. 20); Pirchhorn, 1373 Piricborn (Schwarz, OÖ. 20); Pühring, 1459 zu den obern Piricharn (Schwarz, OÖ. 21); Ahd. *Riutari findet sich in mehreren ONN., so in Reitern, Riedern, Ruiding u.a.m. (s. Förstemann 11,2,631). In der Bedeutung „Bergsattel" oder „Sattler"166 können hier angeschlossen werden Sattlern bei Landau, 748 Satalara, auch Frauensattling, Wg. bei Landshut, und Vilssattling bei Vilsbiburg167. Aus Kärnten vgl. Schachnern (Bach 11,1,192). Weiterhin Schäftlarn bei Wolfratshausen, 760-764 (K. 12.Jh.) villa nuncupata Sceftilari usw.168; Schützing, 1299 de Schaetzingxrn (Schwarz, OÖ. 24); Schilding bei Rosenheim, < Schiltaren „bei den Schildmachern"169; Schieder er bei Schärding OÖ., 1126 Sletere, mit etwas unsicherer Etymologie170, was durch das ebenfalls unklare Schledorn bei Medebach, 1245 de Slethere, 1339 de Siederen, 1338 de Siederen171 noch verstärkt wird; daher wahrscheinlich eher in die zweite Gruppe der Namen (s.u.) einzuordnen (nicht kartiert). Sicherer ist die Zugehörigkeit von den auf Skildari beruhenden ONN. wie Schildhorn, OÖ., 1100 Schiltarn, und Schiltern bei Wasserburg, sowie zwei weiteren ONN. 172 . Leichte Zweifel gibt es auch bei den ON. Schweigern und Schwaigern bei Tauberbischofsheim und in OÖ., so daß Förstemann 11,2,970 f. eine Grundform *Sweigra ansetzt (nicht kartiert).
163 164 165 166
167 168
169 170 171 172
H. Walther 264. Bach 11,1,192. Bach 11,1,192,193. Dafür spricht sich P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S.394, aus. Förstemann 11,2,686. Dazu ausführlich N. Wagner, BNF.NF. 25(1990)163-168; vgl. auch P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S.394. Bach 11,1,193; vgl. P. Wiesinger, a.a.O. Förstemann 11,2,804. Jellinghaus 44; Seibertz II 285. Förstemann 11,2,777; ders., Dt. O N N . 197.
-r-Suffixe
167
Besser steht es mit den O N N . Se(e)barn, bei Tulln an der Donau, 11.Jh. Sewarin, sowie Seebarn, Bez. Korneuburg173, auch Sehern (Sebing), 1410 Sebarn (Schwarz, O O . 50). Namen, die eine Grundform *Solari besitzen (Auflistung bei Förstemann 11,2,825), sind wegen der Herleitung von dt. Söller174 nicht kartiert worden. Aufgenommen wurden aber Staffling, 1050 Staffelarn (Schwarz, O O . 51), Steining, 1342 Stainarnn (Schwarz, O O . 52); Stockarn bei Neunburg, 1292 Stokkarenm; Talling, 13498 Albrecht der Talinger von Talarn (Schwarz, O O . 26); Thalern, NO., 1083 Talarinm, Tandern bei Aichach, 9. Jh. Tannara (Förstemann 11,1,680; P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S.395), unter Vorbehalt (dazu wird unten noch Stellung genommen) auch Telern, Wg. bei Kahla, 1194 Thalerne, 1387 Telern, < *Talare „Talbewohner"177, vgl. etwa Thallern bei Regensburg178; einen entsprechenden O N . zu Telsaran „Färber" (?), vgl. mhd. telze „color" 179 , habe ich nicht finden können. Schließlich sind zu nennen Tischlern (Bach 11,1,193), 11.Jh. Tobilarin, wahrscheinlich Toppel in N O . (Förstemann 11,1,723), Töpfern, Groß-, Klein-, bei Eschwege, 1195 Thoffer, 1291 Thopfer, ahd. * T o p f i r e „Töpfer" (H. Walther 265), Triftern bei Pfarrkirchen, 818-838 Truftara, zu trufteren „hin und her schwingen", truftäri „Trifter, Flößer" 180 , Voglern bei Passau, 1166 Yogiaren, Wagning, 1308 ze den Wagneren (Schwarz, O Ö . 53), Wagnern in Böhmen181, Wallern, OÖ., 11.Jh. Waldarun182, Weslarn bei Soest, 890 Wehslaronm und Wördern, NÖ., 11.Jh. Uuerdarin, zu ahd. warid, weridÍ184. Der Unterschied in der Wortbildung wird besonders deudich bei dem Vergleich mit dem ON. Werther, Groß-, Klein-, bei Nordhausen, nach 1127 Virdiri, 1155 in Werthere, 12.Jh. de Insula, der für H. Walther 265 als *Wer(i)däre „An- oder Bewohners des Werders" anzuschließen ist. E. Förstemann hatte diesen Namen zwar auch zu dem germ. Inselwort gestellt, aber unter unterschiedlichen Ansätzen: Wördern N Ö . erscheint unter dem Lemma Werdarin, während Werther bei Nordhausen zusammen mit weiteren Namen zu einer Grundform *Wardera gestellt wird. Auf diesen Unterschied ist m.E. mehr als bisher zu achten. Keine Probleme machen dagegen die häufigen O N N . Winklarn, Winkeln, Winklern,
173
Förstemann 11,2,706; ders., Dt. O N N . 197. E. Förstemann, Dt. O N N . 201. 175 Schwarz, SSN. 145. 176 E. Förstemann, Dt. O N N . 197; Bach 11,1,192. 177 H. Walther 265. 178 Schwarz, SSN. 145. 179 E. Förstemann, Dt. O N N . 197. no ρ Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S. 394. 181 Bach 11,1,193. 182 Förstemann 11,2,1202; ders., Dt. O N N . 197; Bach 11,1,192; P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S.395. 183 Förstemann 11,2,1264. 184 E. Förstemann, Dt. O N N . 197; Förstemann 11,2,1241. 174
168
Suffixbildungen
< Winkelarnm, Wögern, 1418 Wegern (Schwarz, OÖ. 81); Wolfing, 1111 Wolvarin (Schwarz, OÖ. 108); um 1040 Zangaren bei Ranshofen am Inn 185
E. Förstemann, Dt. O N N . 197; Bach 11,1,192; Förstemann 11,2,1380; Schwarz, O Ö . 129; Schwarz, SSN. 145.
-r- Suffixe
169
(Förstemann 11,2,983) und dt. Zeidler in Zeitldorn, Zeidlarn, Zeitlarn, Zeilarn „ 186 u.a.m. . Die Verbreitung dieser mit dem aus dem Lateinischen entlehnten Suffix (vgl. Karte 23, S. 168) zeigt ein bemerkenswertes Bild. Sie weicht in wichtigen Punkten von den bisherigen Streuungen ab. Eindeutig ist die hohe Konzentration in einem Bereich, der nicht zu den germanischen Altsiedellandschaften gezählt werden kann: dem Einzugsgebiet der Donau. Außerhalb dieses Bereiches gibt es nur sehr wenige Namen im Bodenseeraum, am Oberrhein und bei Köln. Eine relative Häufung fällt jedoch aus dem Rahmen: es ist das Gebiet um Weimar, Nordhausen und an der Werra. Im einzelnen handelt es sich um „
folgende Namen: Bergern, Fördern, Furra, Häseler, Keßler, Körner, Ottern, Telern, Töpfern und Werther. Sowohl die Streuung der übrigen Namen wie die in einigen Fällen deutlich abweichende Wortbildung (Werther - Wordern) und die gelegentlich umstrittene Etymologie (Fördern, Furra, Körner, Telern) erlauben m. E. den Schluß, daß diese Namen im Werra-Saale-Gebiet in einen anderen Zusammenhang gehören. Somit dürfte der schon früh von E. Schröder gehegte Zweifel seine Berechtigung haben: es handelt sich um Namen, deren Etymologie und Wortbildung eine Zugehörigkeit zu den mit dem lateinischen Lehnsuffix gebildeten Typen ausschließen. Wo diese strittigen Fälle einzuordnen sind, soll die nun folgende Auflistung von Ortsnamen zeigen, die in ihrer Bildung ein -r-Suffix besitzen. Wir werden erkennen, daß deren Streuung eine ganz andere ist, die zudem in Deckung mit den bisherigen altertümlichen germanischen Namentypen gebracht werden kann. Zu weiteren Schlußfolgerungen soll dann Stellung genommen werden.
b. Namen, die anders zu erklären sind Die Etymologie und Wortbildung der nun folgenden Ortsnamen ist mit nicht wenigen Problemen verbunden. Sie gehören offenbar (daraus weisen die Äußerungen verschiedener Forscher hin) zu den älteren Typen auf deutschem Boden. Ich gebe im folgenden zumeist nur knappe Hinweise auf verwandte germanische oder außergermanische Namen und die Möglichkeit des verwendeten Suffixes. Manches muß auch wegen der späten Uberlieferung unklar bleiben. Es handelt sich im folgenden mehr um einen ersten Versuch der Zusammenstellung als um eine umfassende Darstellung. Dennoch habe ich die Hoffnung, zeigen zu können, daß es sich hier um eine Gruppe von Namen handelt, die bisher zu Unrecht vernachlässigt worden ist und an die die oben angeführten Beispiele aus dem Saale-Werra-Gebiet anzuschließen sind.
186
Förstemann 11,2,1457; Bach 11,1,193; Schwarz, O Ö . 55; Schwarz, SSN. 145; Reitzenstein 425; P. Wiesinger, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S. 394.
170
Suffixbildungen
Arbere, unbekannt bei Aduard (westl. Groningen), enthält nach Kuhn III 346 ein reines -r-Suffix, ist aber nirgends nachweisbar, offenbar Phantomname, nicht kartiert. Artern bei Sangerhausen, 9. Jh. (Aratora, Latinisierung), 1136 de Artera, zu idg. ''ar(a)- „pflügen", „vorgerm. *Artär-}"m; da diese Sippe auch germ, belegt ist, wie ahd. art „das Pfügen", ae. eard „Ertrag, gepflügtes Land" zeigt, ist eine gut germanische Bildung *Art-er-/*Art-ar-ni m. E. durchaus möglich, ja wahrscheinlich. Umstritten ist Aschara bei Bad Langensalza, 9.Jh. Asgore, 932 Asguri, Asgari, 1104 Aschera, Asschara; gegen E. Schröder, der hierin eine - Heerde, Heerte u. a.)419, und zeigen erneut, wie eng -s-Ableitungen mit -¿¿¿¿-Bildungen verwandt sind. Zusammen mit Harste zeigen sie, daß idg. *kar- (voridg. Herkunft wird auch dadurch mehr als fraglich) dem Germanischen wohl noch bekannt war, appellativisch aber nicht mehr faßbar ist. Für mich sind die beiden Heerse-Namen sehr wichtige Zeugen einer -5-Bildung in germanischen Ortsnamen. Aus der Liste der -5-Bildungen zu streichen ist jedoch der ON. Hönze bei bei Gronau, wofür sich wegen der Zeugnisse von 1294 Hutcinghese und 1305
416 417 418 419
Förstemann 11,1,1001 allerdings mit Deutung zu einem PN. S. W. Laurl39. Förstemann 11,1,1347. S. Udolph, -ithi 97.
Gar(va).
208
Suffixbildungen
Honesse W. Flechsig420 zweifelnd ausgesprochen hatte. Die älteren Belege bei Förstemann 11,1,1431 1022 (F. 12.Jh.) Hozingeshem, Hozingissem, die W. Flechsig erstaunlicherweise unberücksichtigt ließ, lassen kein -s-Formans zu; nicht kartiert. Anders ist die Sachlage bei Hünxe nahe Duisburg-Wesel, 1092 (K. 12. Jh.) Hungese, 1093 Hungese42i. Förstemann 11,1,1508 führt diesen Namen isoliert und ohne Deutung an. An einem -s-Formans ist kaum zu zweifeln, die Grundform kann als "'Hungisa angesetzt werden. Die Deutung ist allerdings schwierig, doch wohl kaum wie Höngeda < *Honig-ithi zu dt. Honig, eher vielleicht (aber Auslaut? Etwa durch dt. usw. Hunger beeinflußt?) zu ndl. honk, ostfries. hunk „Pfahl, Pfosten". Eine erneute Verbindung zwischen -s-Ableitungen und -ziAz-Namen (und wahrscheinlich auch mit alteuropäischen Namen wie Usa, Ilse, die gerade in Niedersachsen und am Harz begegnen) ergiebt sich bei der Untersuchung des WgN. Ilse bei Boffzen, 1031 Ilisa422. Er ist sicher zu vergleichen mit Groß, Klein Ilde bei Bockenem und Ildehausen bei Gandersheim, < '"'Ii-ithi, auch wenn die Etymologie nicht ganz klar ist. Möglich ist ein Zusammenhang mit der alteuropäischen Sippe um *el-/*'ol-, vielleicht nicht ausgeschlossen eine Verbindung mit slav. usw. il „Ton, Lehm, Schlamm"423. Die 5-Bildung scheint mir bei diesem Namen aber ebenso sicher zu sein wie bei den beiden eine Grundform *Ilvese enthaltenden folgenden Toponymen. E. Förstemann 11,1,1558 hat dazu Ilvese an der Weser, Kr. Minden, 1096 Hilvise, und eine Wg. bei Hildesheim, 1146 Ilvese, gestellt. Auch diese Namen weisen auf eine Beziehung zu den -ziÂz-Namen ("'Alb-ithi in Dingelbe, Groß-, Klein Elbe usw.424, sie besitzen ebenso Beziehungen zu der voreinzelsprachlichen Gewässernamengebung (Elbe 425 ), aber auch zu den -ungen-Namen (Albungen, s. o.) und zu den mit -r- gebildeten Toponymen (s. o. Olber, Olper). Ich möchte einen Ansatz *Elbisa vor einem durchaus auch möglichen *El%isa vorziehen. Die Bildung mit dem Suffix -s- ist m. E. in jedem Fall unstrittig. Einen eindeutig germ.-dt. Namen mit dem Suffix -is- sehe ich mit E. Förstemann, Dt. ONN. 242 in dem ON. Klings bei Bad Salzungen, 869 Clingison426. Die Ableitungsgrundlage ist ahd. Minga, Mingo „Schlucht mit rauschendem Wasser, Einschnitt, Tal". Von vorgermanischer Herkunft kann bei diesem Namen keine Rede sein. Zu den -s-Bildungen zählt E. Förstemann, Dt. ONN. 242 auch den ON. Kühlsen bei Warburg, 952 Culisin427, später aber, z.B. 1323, Kudelsen. Viel-
420 421 422 423 424 425 426 427
Braunschweigische Heimat 66(1980)79. Gysseling 1,526. W. Flechsig, Braunschweigische Heimat 66(1980)79. Zu den Einzelheiten s. Udolph, -ithi 126. S. Udolph, -ithi 124 f.Vgl. oben Dazu zuletzt W.P. Schmid, R G A . 7,100 f. Förstemann 11,1,1693; dort weitere N a m e n zu dem Etymon. Förstemann 11,1,1750.
-í-Suffixe
209
leicht zählt Jellinghaus 105 ihn daher zu Unrecht zu den -husen/-hausen-Nimen; nicht kartiert. Sicher ist die Bildung mit -esi dagegen in dem O N . Leisa an der Eder, 8. Jh. Lehesi, Lihesi, später Lihesi, Lichisin, Lieschi, Liesi, Liese42*. Die Deutung ist nicht unproblematisch; vielleicht doch zu germ. *hlaiwa „Grabhügel" usw.429, allerdings zeigen die davon abgeleiteten -¿¿¿¿-Bildungen Lauw und Lewe430 Bewahrung des -w-. Daher vielleicht doch eher zusammen mit Lecheln (< Lak-ithii)m als *Lak-isa, *Lek-isa zu verstehen? Man könnte einen Anschluß an idg. ''laku- „Wasseransammlung, Lache, See" herstellen, wozu im Germanischen meist mit Endbetonung (*lakü~) asä. lagu „See" usw., aber auch (als Entlehung aus dem Lateinischen) engl, lake, dt. Lache gezogen werden. Wir hatten diese Sippe bereits bei der Behandlung des wurzelauslautenden Konsonantenwechsels behandelt und können hier vielleicht über diesen Wechsel eine Brücke zu Lecheln und Leisa schlagen. In beiden Namen könnte die normale, stammbetonte Variante eines idg. vorliegen. Es bleiben Zweifel, jedoch kaum an der Wortbildung mit einem -s-Suffix. An die Möglichkeite eines -i-Suffixes denkt Scheuermann 169 bei dem FlurN. 1692 im Letse, achtern Letse usw. Er sucht Anschluß an idg. *lat„feucht, naß; Sumpf, Lache" und bemerkt treffend, daß der von A. Bach und anderen erwogene deminuierende Charakter der i-Bildungen „hier allerdings kaum vorliegen" dürfte432. Die hier vorgeschlagene Etymologie erfordert allerdings erneut einen wurzelauslautenden Konsonatenwechsel; an die Möglichkeit, den FlurN. als vorgermanisch und unverschoben zu betrachten, ist kaum zu denken. Man vergleiche eher den möglichen, ja wahrscheinlichen Zusammenhang mit Lette und Letter, die oben bei der Diskussion der -r-Ableitungen zur Sprache gekommen sind. Unzweifelhaft mit einem -s-Suffix gebildet433 ist der O N . Linse an der Lenne bei Bodenwerder, l.H. 9.Jh. Linesi, 965-1037 (K. 15.Jh.) Linisi, 1033 (K. Anf. 18.Jh.) villa Linsa, 1126 (A. 16.Jh.) Linse™. Trotz Lage und Ähnlichkeit besteht kein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Flußnamen, dessen ältere Zeugnisse in Hluniam, Linde, Linne, Lennem wohl doch in eine andere Richtung weisen. Linse gehört mit Förstemann 11,2,75 f. am ehesten zu ahd. (h)lina, lena „Berglehne", wodurch sich erneut eine Verbindung mit einem -¿¿/»¿-Namen, nämlich Lint bei Antwerpen436 ergeben würde. 428 429
430 431 432 433
434 435 436
Förstemann 11,2,48; vgl. auch ders., Dt. O N N . 242. Vgl. K. Bischoff, Germ. *hlaiw- „Grabhügel, Grab, Hügel" im Deutschen, Mainz-Wiesbaden 1979. S. Udolph, -ahi 105,121. Ebda. 136 f. Scheuermann 277, Anm. 21. E. Förstemann, Dt. O N N . 242; W. Flechsig, Braunschweigische Heimat 66(1980)79; Förstemann 11,2,77 erwägt „Linasa, Linara". Kleinau II 380; Schütte, Corvey 259 f. HG. A 10,42 f. Vgl. Udolph, -ithi 106.
210
Suffixbildungen
Ebenfalls mit s-Suffix ist der O N . Meensen bei Göttingen gebildet. Das zeigen die Belege 990 Manisi, 1110 Mense, 1125 Manese, 1200 Mense usw.437, sehr deutlich. Kuhn III 191 stellt diesen Namen zu einem fries. PN. Mense und ags. Menston, Yorkshire (alt Mensingtun), und ndt. Mensing (offenbar PN.), sowie zu den „unbekannten süddeutschen Mannisi und Menesan". Später hat er zu hiermit zusammenhängenden Namen noch öfter Stellung genommen438. Man hat im allgemeinen Bedenken, einen Zusammenhang mit lat. manare „fließen" herzustellen, da das Lateinische Länge verlangt, während Manisi > Meensen auf Kürze weist. Wie ich schon an anderer Stelle ausführte439 halte ich es jedoch für völlig verfehlt, in dem Wechsel der Vokalquantität „vorindogermanische Herkunft zu vermuten" (Kuhn)440. Des weiteren hatte ich in diesem Zusammenhang auf osteuropäisches Namenmaterial wie Man, Mana, Manee/Monee u.a.m. verwiesen, das zeigt, daß von einer Basis * Mon-/* Man- in der europäischen Namengebung auszugehen ist. G. Neumann geht in seiner Untersuchung des O N . MeensenM1 von idg. *men-, z.B. in lat. mons, montis, in der Bedeutung „oben (gelegen)" aus und stützt diese Deutung durch den Hinweis auf die Lage des Ortes, in dem keine Bäche und Gewässer, sondern Hügel und Erhöhungen die entscheidende Rolle spielen. In der Zuordnung des Ortsnamens Meensen zum Germanischen kann man G. Neumann nur zustimmen. Hier läßt sich Meensen < Manisi mühelos einpassen. Man vergleiche auch noch den einstämmigen alten O N . Menne bei Warburg, Trad. Corb. in villa Menni (Schütte, Corvey 147 f.). Unsicher ist der 1114 erwähnte, sonst unbekannte O N . Mertinesse (bei Regensburg?)442; nicht kartiert. Zu den oben genannten O N N . mit einem jüngeren, offenbar nur obereutschen Suffix gehört der O N . Navis bei Innsbruck (?), 1177 Nauisse443; nicht kartiert. Der von E. Schröder 169 erwähnte Orts- und Flußname Oelmes in Hessen oder Nassau ist nirgends zu finden. Offenbar liegt eine Verwechslung mit dem bei Förstemann 11,2,1125 O N . Ullmes am Ulmesbach, Kr. Homberg, vor. Da es sich um eine Ableitung von einem GN. (Grundform *Ulmisa, vgl. H. Krähe, BNF. 9,1958,11) handeln wird, wurde der Name nicht kartiert. Den von H. Kuhn III 189 genannten O N . Oves(e) bei Elburg (Gelderland) kann ich nirgends nachweisen. Wenn er verifiziert werden kann, ist eine Verwandtschaft mit dem nahe Geisenfeid zu vermutetenden WgN. 11.Jh. Owese444 möglich. Kuhns Vergleich mit Aves bei Deventer (wozu ich oben
437 438 439 440 441 442 443 444
Hellfaier-Last 26; Kühlhorn 94; G. Neumann, Göttinger Jahrbuch 1973, S.155f. Vgl. IF. 86(1981)57 mit Anm. 171. Zur frühen Gliederung des Indogermanischen, IF. 86(1981)57. Man vergleiche auch die Zusammenstellung des Wechsels der Quantität in Abschnitt F. Göttinger Jahrbuch 1973, S. 155-159. Förstemann 11,1,238. Vgl. Förstemann 11,2,374 mit der Bemerkung „Aus mhd. nawe und dem tirolischen -iss". Förstemann 11,2,457 nach MB. XIV 192.
-s- Suffixe
211
schon Stellung genommen habe) wäre zu präzisieren. Wenn man zwischen dem bayerischen und dem niederländischen Namen eine Verbindung herstellen möchte, liegt es nahe, an eine -i-Bildung zu denken. Dann darf wohl eine Grundform 'Ouwisa, 'Ouwesa o.ä. angenommen und eine Deutung zu dt. Au(e), ahd. ouwa, mnd. ouwe usw. erwogen werden. Allerdings liegt der bayerische ON. so weit südlich, daß man gewisse Bedenken hat, ihn hier anzuschließen. Die Verbreitung der Namen (s. Karte 25, S.212) macht das deutlich. Zu den unverschobenen und damit spät oder gar nicht germanisierten Namen zählt H. Kuhn III 127 den ON. Päse bei Gifhorn, „alt Pedeze". Ich habe die Belege überprüft; H. Kuhns Zeugnis bezieht sich auf Sud. VI 276: 1389 to Pedeze. Es gibt aber einen älteren Beleg von 1344 Johannes Petse445. Kuhn vergleicht damit Petzen bei Bückeburg, „alt Petesse, Petese, Pettessen"446. Genauer lauten die chronologisch geordneten Belege 1181 Pettessen, Petesse, Petese, Petisse, 1185 Pettissen, 1189 Pedese, vor 1216 Petessen, 1298 in petessenw. Es hat ganz den Anschein, als daß sich dahinter ein -husen-'Ha.mt (mit der weiteren Entwicklung > -sen) verbirgt. Das ist jedenfalls der Annahme einer vorgermanischen, unverschobenen Form vorzuziehen. Es bleibt der ON. Päse bei Gifhorn. Er liegt in der Nachbarschaft von Uetze, Eltze (s.o.), Ahnsen, Böckelse, Hardesse, Warmse, Volkse, Hillerse, Alvesse, Rietze, Schepelse u.a.m., die fast alle auf -husen (z.T. auch auf -herrì) zurückgehen448. Die späte Uberlieferung erlaubt es nicht, Päse hiervon zu trennen. Die Annahme, es liege unverschobenes P- im Anlaut vor, ist angesichts der nur ca. 5 km westlich des Ortes vorbeifließenden Fuhse völlig verfehlt. Beide Namen, Petzen wie Päse, enthalten kein -s-Suffix; nicht kartiert. Verfehlt ist auch die Gleichsetzung des ON. Ramsenthal bei Miesbach, „wohl aus Ramisin-tal", mit dem Namen der Rems, der Ramesa in der Pfalz, den PN. Ramistanius, ON. Ramista und „vielleicht Reemst" (Gelderland)"449. Zu den -si-Bildungen werde ich unten noch Stellung nehmen. Hier wird Einzelsprachliches mit Alteuropäischem vermischt. Eine Trennung ist aber möglich. So gehört die Rems < *Ramisa zusammen mit anderen Namen (z. B. Ramsen in der Pfalz, alt in Ramesa usw.) zu der alteuropäischen Sippe um *rem-F'rom-, zu lit. ramus „still, ruhig", Ramsenthal dagegen wohl mit Ramstein u.a.450 zu dem PN. Hraban oder ahd. (h)raban „Rabe", Gen. (h)rammes. Hier sind auch die von Kuhn herangezogenen PNN. einzuordnen (zu den -si-Bildungen s.u.). Mit einem s-Suffix sind dagegen zwei Ortsnamen gebildet, die H. Kuhn nicht erwähnt hat. Es sind Resse bei Recklinghausen, 10.Jh. Redese, 1181
445 446 447 448 449 450
U B . Braunschweig IV 697. Kuhn III 117. Förstemann 11,2,476; Cal. U B . I 13, III 327. Vgl. H. Wesche, Unsere niedersächsischen Ortsnamen, Alfeld 1957, S.29f. Kuhn III 191. Vgl. etwa Dolch-Greule 376ff.
212
Suffixbildungen
Redese, Resse, 11.Jh. Raedese, 12.Jh. Redese, und Reese bei Stolzenau, 11.Jh. Raedese451. Die Etymologie ist nicht sicher, möglich ist ein Zusammenhang mit dt. dial, räd, raden, radden „Sumpf, tiefliegende sumpfige Stellen, 451
Förstemann 11,2,523.
-í-Suffixe
213
Moorbach" 452 . Recht sicher scheint mir dagegen zu sein, daß eine Beziehung zu den oben schon behandelten -r-Ableitungen Reher; Rehr, Rheder usw. besteht Bildungen mit -r- und -s- stehen somit offenbar nebeneinander. Nach J. Schnetz ist auch der ON. Schlipps bei Freising, zwischen 851 und 1130 Slipfes, Slipphes, Sliphes, Schlipfs, als -5-Ableitung aufzufassen. Er betrachtet ihn „als eine substantivische Ableitung von dem Verbum mhd. slipfen .gleiten, rutschen' mittels des Suffixes as < *assus mit der Bedeutung ,das Gleiten, Rutschen', dann ,Ort, wo die Erde abrutscht, der Boden sich abwärts senkt'" 453 . Dem kann man sich anschließen. Was aber auffällt, ist die geographische Lage dieses Ortsnamens weitab von den sonstigen -s-haltigen Toponymen. Zudem liegt doch wohl eine jüngere Bildung vor, denn es handelt sich offenbar um eine Ableitung von einem Wort, nicht von einer Wurzel. Letzteres ist z.B. bei dem nächsten Namen, dem des Ortes Seelze bei Hannover, der Fall. Die älteren Belege 1160 Seiessen, 1187 Seiesse454 könnten noch dahingehend interpretiert werden, daß ein -husen-Name (mit der Weiterentwicklung > -sen) vorliegt. Förstemanns und H. Kuhns455 Hinweis auf die Wüstung (mit Gerichtsplatz) Sals-eken bei Seelze und den Gaunamen Seiessen deuten aber wohl in eine andere Richtung. H. Kuhn III 189 denkt wohl mit Recht an ein s-Suffix, er verbindet den ON. Seelze mit Bad Salzig (bei Boppard), „alt Salisio", dem FIN. Sels und Stammes-, Völker- und Personennamen Salassi, Salesici, Salasius, Salisius, Salassus in Oberitalien, Makedonien und im keltischen Gebiet. Diese Zusammenstellung ist in mehrfacher Hinsicht zu korrigieren. Der FIN. Selz (nicht Sels) gehört in den Bereich der alteuropäischen Hydronymie 456 . Bad Salzig zeigt mit seinem mir bekannt gewordenen ältesten Beleg 922 Salzahu457, daß hier offenbar eine Ableitung zu dt. Salz vorliegt. Seelze enthält dagegen ein -s-Suffix; eine Verbindung mit dem Flußnamen wäre schon möglich. Die Zusammenstellung der Siedlungsnamen mit -5-Suffix zeigt aber doch wohl, daß dieses Bildungselement - vor allem mit einem präsuffixalen Vokal als -es-, -as-, -is— auch in Toponymen, und hier vor allem im Bereich nördlich des deutschen Mittelgebirges, zu Hause ist. Allerdings bleibt die Ableitungsgrundlage unklar; es bieten sich etliche Möglichkeiten an. Da auch ein Teilabschnittsname eines Gewässers in Frage kommt, bleibt auch die Verbindung zu der alteuropäischen Hydronymie mit lat. salum „unruhiger Seegang, Flußströmung", den dt. FINN. Saale usw. bestehen.
452 453 454 455 456 457
S. etwa Förstemann 11,2,521. Z O N E 5(1929)225 f. Förstemann 11,2,694. Kuhn III 189. S. H. Krähe, Ält. FlußN. 50. Förstemann 11,2,672.
214
Suffixbildungen
Ein -s-Suffix enthält auch der FlurN. Sötz, Sumpfwald bei Jerstedt, Kr. Goslar, alt Sotisse458, von W. Flechsig459 fälschlich als O N . Sötze bei Alfeld, 1315 Sotisa, bezeichnet. Der Name gehört zu ndt. sot „Brunnen, Wasserloch. Weiter ist zu nennen der ON. Vielshof bei Salzkotten, der früh (Vita Meinwerc.) als Vilisi, 1036 als Vilese erwähnt wird, sowie Filzen bei Bernkastel, um 715 Felison, 1097 Velse, für die man von einer Grundform *Vilisi ausgehen kann460. Ohne Nennung dieser beiden Toponyme hat Kuhn III 189 verschiedene Orts- und Personennamen aus der Germania zusammengestellt und auch mit keltischen, lateinischen und etruskischen Personennamen wie Valisius, Volusii u. a. m. verglichen. Die Problematik der Deutung von Vielshof und Filzen hatten wir schon oben bei der Behandlung von Filsum bei Leer erwähnt. Es ist - wie schon gesagt - unnötig, nur wegen des -s-Suffixes auf vorgermanische Herkunft zu schließen. Es bietet sich zum einen dt. Fels < *pelisa an, zum anderen eine -s-Ableitung zu der weit verbreiteten Sippe um idg. "'pel-Γ'ροΙ-, die uns ebenfalls schon in einem anderen Zusammenhang (''pel-t- usw. in Fulda, Polota u. a. m.) beschäftigt hat. Dabei stießen wir auch auf den Vielserbach, der bei Vielshof fließt und als -i- Ableitung zu *pel-/*polgehört. Der O N . dürfte auf ihn zurückgehen; daher nicht kartiert. Eher wird man Filzen bei Bernkastel heranziehen dürfen, jedoch ist bei diesem Namen nicht klar, ob er nicht eine unmittelbare Ableitung von dem dt. Appellativum Fels darstellt. Entsprechende Namen, bei deren Zuweisung man zwischen dieser Möglichkeit und einem älteren Ansatz *Filisa schwankt, begegnen in Rheinland-Pfalz mehrfach461; daher ebenfalls nicht kartiert462. Mit seiner Zuordnung des ON. Wettesingen bei Wolfhagen, 9. Jh. Witisunga usw., zu den Gewässernamen Wetschaft und Ortsnamen Wetzlar dürfte H. Kuhn463 durchaus nicht verkehrt liegen. Wir hatten bei der Behandlung der -ung(en)-Namen, zu denen Wettesingen gehört, gesehen, daß diese im allgemeinen von Appellativen oder Eigennamen, meistens Flußnamen, abgeleitet sind; ein Personenname als Ableitungsgrundlage ist sehr selten. Sehr wahrscheinlich ist von einem Gewässernamen mit -5-Suffix auszugehen, so daß der Name nicht zu den von mir gesuchten Siedlungsnamen zu zählen ist; nicht kartiert. In seiner Zuweisung unsicher ist auch Würgassen an der Weser, alt (z.B. Trad. Corb., s. Schütte, Corvey) Wirigisi, Wiriest, Wergesi. Es ist nicht auszuschließen, daß ein Kompositum mit -gis- vorliegt, daher nicht kartiert. Die eingangs dargelegten Bedingungen für eine Aufnahme in die Verbreitungskarte erfüllt auch der ON. Zeegse in den Niederlanden nicht. Zwar
458
459 460 461 462 463
UB. Goslar III 379 u.ö.; O. Thielemann, W. Janz, Die Flurnamen von Jerstedt und Hahndorf, Goslar 1987, S.28. Braunschweigische Heimat 66(1980)79. Förstemann 11,1,881. S. Dolch-Greulel40 f. Zum Komplex s. auch H. Krähe, BNF. 9(1958)11 f.; vgl. auch unten. Kuhn III 191.
-í-Suffixe
215
erscheint der Name im 13.Jh. als Segese, jedoch ist die Herkunft von einem Gewässernamen nicht ausgeschlossen464, nicht kartiert. Wir sind am Ende der Suche nach -s-Bildungen in der germanischen Toponymie. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Verbreitung (Karte 25, S.212). Zwar reichen die -s-Bildungen quantitativ nicht an die mit -r- gebildeten Namen (Karte 24, S. 191) heran, jedoch ist unverkennbar, daß die Streuung beider Typen im wesentlichen deckungsgleich ist. Die -r-Bildungen sind häufiger und breiten sich etwas weiter aus (westlich des Rheins, nordwestliches und nördliches Niedersachsen, Schleswig-Holstein), bei beiden Typen gibt es gewisse Zweifel bei der Zuordnung der süddeutschen und österreichischen Namen. Man erkennt, wie groß die Isolation der beiden mutmaßlichen -j-Bildungen nördlich von München ist, so daß man doch erhebliche Zweifel hat, sie auf eine Stufe wie die norddeutschen Toponyme zu stellen. Erneut hebt sich der Raum nördlich des deutschen Mittelgebirges zwischen Elbe und Rhein heraus. Nördlich der Elbe habe ich für Schleswig-Holstein und Dänemark keinen Beleg finden können. Das übrige Skandinavien hat im wesentlichen nur mit Gewässernamen Anteil an der Verbreitung; so glaubt Hellquist (nach Karsten 91) an ein -5-Suffix in den Fluß-, Bucht- und Seenamen Hansa, Laxa, Mors, Birgsi (*Bergisa), Jalsi, *Hulse, ''Mulse, und *Vin(d)se. Zweifel bleiben bestehen; manche dieser Namen werden ihr -sdurch Schwund und Verschmelzung gewonnen haben. An der Tatsache, daß der germanische Norden den kontinentalgermanischen - s-Bildungen in der Toponymie nichts gleichwertiges entgegen zu setzen hat, darf man m.E. festhalten. Unter dem Aspekt der hier deutlich gewordenden Verbreitung ist eine von H. Krähe vorgebrachte Einschätzung der -s-Bildungen von besonderem Interesse. Bei der Behandlung von Vils und damit verwandten Namen hat er geäußert: „So gehören Namen mit -isa (und -usa, -asa) schon zum ,alteuropäischen', d.h. voreinzelsprachlichen Bestand der . . . Hydronymie;... Aber wie so viele andere der alten Bildungsmöglichkeiten blieb auch diese bis in die historische Phasen der Einzelsprachen hinein bewahrt . . . Wir halten angesichts dieses Befundes den Typus Filisa als eine ,Neubildung' . . . auch noch im 3. und 5.Jh. für keineswegs unmöglich. Aber vielleicht ist es gar nicht nötig, eine Neubildung anzunehmen; es könnte ein ,fertiges1 *Felwisa, *'Fil(w)isa od. dgl. von den südwärts vordringenden Germanen aus nördlicheren Gebieten mitgebracht worden sein"465. Hier schimmert wieder einmal die weit verbreitete Annahme der nordischen Herkunft der Germanen durch. Aber bevor wir darauf zusammenfassend eingehen, ist auf die weiteren Ausführungen von H. Krähe zu verweisen. Ihm war nämlich aufgefallen, daß es im Fall der */W¿5d/V¿/s-Namen einen Unterschied gibt. Er besteht darin, daß die „Objekte im Norden Siedlungen,
464
S. Schönfeld 105.
465
BNF. 9(1958)10f.
216
Suffixbildungen
im Süden aber Gewässer sind" 466 . Als mögliche Lösung des Problems schlägt H . Krähe dann vor: „in Gegenden, welche von germanischen Stämmen im Verlauf der Völkerwanderung in Besitz genommen wurden, finden sich Namen, welche solchen im ,Heimat'-Gebiet der Germanen entsprechen. Das bedeutet, daß die ersteren nicht ohne zwingende Gründe von den letzteren getrennt und einer fremden, noch dazu mit mancherlei Unbekannten belasteten Sprache zugewiesen werden dürfen" 467 . Ahnlich hat dann A. Schmid 468 argumentiert. Ich meine, daß sich die Probleme anders lösen lassen. Man muß nur die Namen selbst ernster nehmen und ihre Bedeutung für die Heimat-Frage nicht durch andere Überlegungen verwässern. Tatsache ist zunächst einmal, daß es eine ganze Reihe von alteuropäischen Gewässernamen gibt, die ein -s-Suffix besitzen. Das reicht von Rußland bis nach England, von Deutschland bis nach Italien und umfaßt praktisch den Gesamtraum der indogermanischen Gewässernamengebung. Allerdings gibt es ein Gebiet, in dem die -s-Bildungen weniger zahlreich, ja sogar recht spärlich vertreten sind: Skandinavien 469 . Im Gegensatz dazu ist das Gebiet der kontinentalgermanischen Dialekte recht stark an einzelsprachlichen Bildungen mit s-Suffix beteiligt und zeigt, wie ich mit der Zusammenstellung der obigen -s-Bildungen deutlich zu machen versuchte, eine Produktivität bis in die germanischen Dialekte hinein, die nicht mehr nur auf die Gewässernamen beschränkt blieb, sondern auf die Siedlungsnamen übergriff. Das heißt nicht mehr und nicht weniger, als daß bei diesem Bildungsmittel 470 eine Kontinuität von alteuropäisch-indogermanischer Gewässernamengebung bis in die germanische Ortsnamengebung zu beobachten ist. Skandinavien scheidet damit als Ausgangspunkt, als Kontinuitätsbereich und als Heimat nach meiner Meinung erneut aus. Daß die in dieser Arbeit bisher schon behandelten Namentypen dem nicht widersprechen, muß wohl nicht mehr besonders betont werden. Von hieraus möchte ich noch einmal auf H. Kuhns These zurückkommen, es handele sich bei den -s-Ableitungen um Relikte einer sehr frühen, wahrscheinlich vorgermanischen, ja sogar vorindogermanischen Schicht. Dazu wollen wir uns noch einmal zusammenfassend den Bestimmungswörtern zuwenden. Zunächst ist auf den Widerspruch hinzuweisen, der sich ergibt, wenn man H. Kuhns richtige Beobachtung, daß -s-Bildungen im „Nordwestblock" nicht auf Gewässer beschränkt sind, sondern auch die Siedlungsnamen umfassen, der doch eigentlich fast allgemein vertretenen Meinung entgegen setzt, daß Gewässernamen ein höheres Alter als Siedlungsnamen besitzen. Wie wir schon bei den -r-Bildungen gesehen haben und wie noch aus der Behandlung der -st466 467 468 469 470
Ebda., S. 11 f. Ebda., S. 12. BNF. 13(1962)65. Vgl. W.P. Schmid, Alteuropa u. Germ. 161 f. Daß hier verschiedene -s-Bildungen eine Rolle spielen, ist mir bewußt; vgl. dazu auch unten.
-j-Suffixe
217
und -str-Formantien erkannt werden wird, enthalten die damit gebildeten Siedlungsnamen ererbte Wortbildungsmittel, die meistens schon in der Hydronymie Verwendung gefunden haben. Die Siedlungsnamen setzen somit nur fort, was in einer älteren und früheren Schicht schon vorhanden gewesen ist. Daraus auf die Möglichkeit zu schließen, es handele sich um Spuren einer vorgermanischen (oder noch älteren) Namengebung, stellt die Dinge auf den Kopf. Die Zuweisung der s-Bildungen zu einem vorgermanischen oder sogar vorindogermanischen Substrat wird auch durch den Charakter der Ableitungsgrundlagen widerlegt. Es kann nicht bestritten werden, daß sich unter den behandelten Namen etliche befinden, die innerhalb der germanischen Sprachen keinen appellativischen Anschluß besitzen. Nicht in jedem Fall wird man sich aber mit H. Krähe darauf berufen wollen, daß es sich bei diesen Appellativen um Sprachgut handelt, das „erst in den letzten Jahrhunderten vor dem Einsetzen der einheimischen Überlieferung untergegangen sein muß"471. Vielmehr hat sich m.E. sehr deutlich gezeigt, daß der hier in Rede stehende Wortschatz feste Verbindungen zu den verwandten idg. Sprachen - vor allem im Osten - besitzt. Weiterhin ließen sich Ubereinstimmungen mit Ableitungsgrundlagen der -r-Bildungen feststellen, in einem Fall {Ense < ''Anisa : Ohne usw.) scheint eine dehnstufige Bildung innerhalb des Germanischen vorzuliegen und schließlich dürfen die Ubereinstimmungen mit dem Wortschatz der -z'r^z'-Namen (z.B. Heerse, Ilse, Ilvese) nicht übersehen werden. Als letztes und wichtigstes Argument läßt sich schließlich anführen, daß einige der -i-haltigen Toponyme zweifellos von germanischen Wörtern abgeleitet sind. Ich nenne hier Blekisi, Klings, Linse, Resse, Reese, Schlipps. Sehr wahrscheinlich gehören hierzu auch Degese und Leisa. Mit diesen Bemerkungen könnten wir die Untersuchung der -s-haltigen Toponyme abschließen. Wir sollten aber noch einen Blick auf die Suffixbildungen selbst werfen. Wie aus dem appellativischen Bestand der germanischen Sprachen hervorgeht, kommt es durch die Wirkung des Vernerschen Gesetzes zum Wechsel -s- : -r-. Es ist schwer auszumachen, ob sich hinter den oben behandelten -r-Bildungen auch alte -s-haltige Bildungsmittel verbergen. Ebenso schwierig ist die Beurteilung, welche der möglichen -5-Formantien den einzelnen Namen zugrunde liegen. Appellativisch zeigen sich Formen wie got. aqizi, jukuzi, ahd. chuburra, von einem Suffix -W-sö-Bildungen mit Mittelvokal wie ahd. bilisa, elira, felis(a), weiterhin in Personennamen Gabso, Hariso, Aliso, Thoriso. Die alteuropäische Hydronymie kennt daneben auch Bildungen mit ''-esa-/''-isa-. Die Vielfalt der -s-Suffixe innerhalb der appellativischen Bereichs und der alteuropäischen Hydronymie zeigt sich m.E. auch in den Siedlungsnamen. Unter Berücksichtigung der teilweise zu späten Überlieferung möchte ich folgende Gruppierung vorschlagen:
471
BNF. 9(1958)14.
218
Suffixbildungen
1. -isi zeigen Blekisi, Clingison, Culisin, Herisi, Felison, Manisi, Vilisi. 2. -asi liegt wahrscheinlich vor in Hauines, Hauinis; Lebest/Libesi, Linesi/Linisi, Anasi, Schlipps, alt Slipfes. 3. -isa darf man m.E. vermuten in Degese, Devese, H úngese, Owese, Redese, Seiesse, Sotisa, Ilisa, Ilvese. Damit können wir diesen Abschnitt beschließen. Wir bleiben jedoch bei der Untersuchung alter germanischer Ortsnamentypen noch im Bereich der Wortbildungsmittel und wenden uns einem Suffix zu, daß ganz ähnlich wie -r- und -i- teils dem Germanischen, teils einer älteren Schicht zugerechnet worden ist. 4.
-st-
Man wird den Ausführungen von W. Flechsig zustimmen können, wenn er zusammenfassend bemerkt: „Zur ältesten Namenschicht zählen die Namenforscher übereinstimmend die Bildungen mit den Suffixen . . . -isti (-sie)"472. Bevor wir zu einer genaueren Betrachtung der hiermit gebildeten Namen kommen, sei vorausgeschickt, daß das gelegentlich einbezogene Suffix -strhier zunächst unberücksichtigt bleibt. Es wird im folgenden Abschnitt einer gesonderten Untersuchung unterzogen. Die Frage der -5i-Bildungen in der Germania ist eng mit dem Namen H. Kubn verbunden. Für ihn war dieses Bildungselement sozusagen ein Leitmotiv des „Nordwestblocks". Er führte u.a. aus: „Das für meinen Zweck ergiebigste Suffix ist -st- . . . Es ist über große Teile Europas, besonders des südlichen, verbreitet... Sein Vorkommen in Nordwestdeutschland wird dabei .., wenn überhaupt, so nur am Rande erwähnt"473. In diesem Zusammenhang werden sehr schnell Urteile gefällt, so etwa das folgende: „Förstemann nennt da unter anderen Seguste, das allein schon den Zusammenhang mit Südeuropa sichert"474. Mit Recht hat allerdings H. Kuhn auf die Schwierigkeit der richtigen Beurteilung der -sî-Bildung verwiesen. Wirklich sicher sind sie eigentlich nur, wenn vor dem -st- ein Vokal bezeugt ist. Anderes kann durch Verschmelzung den Eindruck erwecken, hierzu zu gehören. Ob H. Kuhn allerdings mit seiner Vermutung recht hat, daß die „einigermaßen gesicherten -îi-Namen . . . weit hinter der Wirklichkeit zurück[bleiben]"475, wollen wir nach der Vorstellung des Namenmaterials prüfen. Ich werde im folgenden versuchen, die mir bekannt gewordenen Bildungen mit einem -st-Suffix aufzuführen und kurz zu kommentieren. Schon bald wird sich die Ähnlichkeit mit den Verhältnissen bei den schon behandelten -rund -s-Bildungen herauskristallisieren: alle drei sind nämlich durchaus gängige 472 473 474 475
W. Flechsig 86. Kuhn III 124. Ebda. Ebda.
-ít-Suffixe
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Bildungsmittel in der alteuropäischen Hydronymie, alle drei zeigen Produktivität in verschiedenen idg. Einzelsprachen und alle drei scheinen im Germanischen eine besondere Rolle zu spielen. Zum Vorkommen des st-Suffixes im appellativischen Bestand der germanischen Sprachen kann auf die zusammenfassende Darstellung bei Krahe-Meid III 163-170 verwiesen werden476, bedeutsam sind aber auch die wenig rezipierten Ausführungen von E. Höring 477 . Daraus geht hervor, daß das Germanische -si-haltige Wortbildungsmittel gut gekannt und recht produktiv verwendet hat. „Außerhalb des Germ, kommen si-Bildungen vor allem im Baltischen, Slawischen und Illyrischen, sodann auch im Keltischen und Italischen vor, außerdem - nach dem Zeugnis der Namen - auch in anderen sonst unbekannten, aber mit jenen verwandten Sprachen des alten Mitteleuropa" 478 . Aus diesem Passus sollte auch festgehalten werden, daß starke Beziehungen nicht unbedingt zum Süden zu beobachten sind, sondern zum Osten. Man fragt sich immer wieder, ob es nicht angebracht gewesen wäre, den Blick in diese Richtung zu lenken. Weiterhin ist wichtig, daß neben den Bildungen mit -str- (dazu s.u.) „gelegentlich solche ohne -r- stehen" 479 . Wir werden darauf zurückkommen. Geht man von dem appellativischen Befund der germanischen Sprachen zu den Namen über, so stößt man sehr schnell auf Meinungen, daß sich unter den Hydro- und Toponymen Vorgermanisches verbirgt. Das gilt für H. Kuhn, das zeigt sich aber auch in der folgenden Bemerkung von Krahe-Meid III 170: „Eigennamen (besonders Ort- und Flußnamen) mit sí-Suffix sind vor allem im nordwestdeutschen Raum häufig, wo sie einer vorgermanischen Sprachschicht entstammen". Genannt werden in diesem Zusammenhang Segeste, Segestes (Personenname!), Innerste, Alst, Eist, Börnste, Ergste. Eine genauere Prüfung dieser und weiterer Namen ist notwendig. Dazu soll jetzt übergegangen werden. Wir wollen mit einer knappen Ubersicht über die si-Bildungen innerhalb der alteuropäischen Hydronymie beginnen. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, daß H. Kuhn selbst akzeptiert, daß der Zusammenhang zwischen den „Nordwestblock-Namen" und den si-Bildungen der Hydronymie eng ist: „Von den 25 verschiedenen Stämmen kennen wir 12 auch aus der alteuropäischen Flußnamenschicht - Alst, Apfelstädt, Eexta, Burdist, Exten, Faristina, Harste und Innerste sind selbst Gewässernamen oder als solche erschließbar" 480 . Aus den Untersuchungen von H. Krähe 481 , J. Endzelin482; P. Jonikas, BNF. 2(1950/51)12; J. Otrçbski, LP. 1(1949)232; Gerullis 257; A. Vanagas, Daryba;
476
477 478 479 480 481 482
Vgl. auch H. Krähe, Über it-Bildungen in den germanischen und indogermanischen Sprachen, PBB. 71(1949)225-250. Die geographischen Namen des antiken Pannonien, Diss. Heidelberg 1950, S. 137-156. Krahe-Meid III 163. Ebda. 164. Kuhn III 125. Über einige Gewässernamen mit -íí-Suffix, BNF. 10(1959)1-17. ZfslPh. 11(1934)138.
220
Suffixbildungen
P. Kretschmer, Gioita 30(1943)112ff.; J. Pokorny, Urg. 86; H. Krähe483, E. Höring, a.a.O. und A. Mayer II 249ff. lassen sich zahlreiche Gewässernamen Europas mit -si-haltigem Suffix ermitteln. Auf eine eingehendere Diskussion, ob es sich im Einzelfall um voreinzelsprachliche oder einzelsprachliche Bildungen handelt, kann ich hier allerdings nicht eingehen. Man vergleiche in Lettland Lïlaste, LfUbasts, I^ube^ta, Mkrmasta484, aus dem übrigen Baltikum Ab-istà, Akn-ysta, Arv-ystas, Avinúostas, Debr-estis, Grab-uostà, Iêz-esta, Lam-èstas, Laukystà, Lokystà, Malk-èsta, Pekl-ystà, Savistas, Taurósta, Uol-astà, Varnúostas, Ym-asta, aus Osterreich Aist < *Agist (a), aus Frankreich Autisse < Altïssa < *Altïstâm, aus Dalmatien Bigeste, Ladesta, Triest, Palaeste, Segest(ica), Penestae, aus Venetien Este < Ateste, weiterhin Praeneste bei Rom. Die besondere Produktivität in den Gebieten um die Adria ist recht deutlich. Zur Genese des Suffixes meint A. Mayer II 249, es sei „durch Antreten von -to- an s-Stämme entstanden". Im Keltischen komme es „nur spurenweise vor"486. Aus dieser Zusammenstellung wird deutlich, daß es im großen und ganzen zwei Bereiche gibt, in denen -si-Bildungen gehäuft auftreten: das Baltikum und die Gebiete um die Adria. H. Krähe hatte schon ganz recht, wenn er auf die lange Produktivität des Suffixes im Baltischen hinwies487, allerdings spielt das von ihm in gleicher Weise angesprochene Slavische kaum eine Rolle488. Zu diesen beiden Gebieten kommt nun aber noch das Germanische. Es fragt sich dabei allerdings schon jetzt, ob die immer wieder angenommene besondere Beziehung des Germanischen mit Südeuropa nicht wieder auf einer Unberücksichtigung des europäischen Ostens beruht. Ich habe darauf in einer Auseinandersetzung mit einer der letzten Arbeiten von H. Kuhn auch mit Hilfe einer Kartierung hinzuweisen versucht489. Ein ganz ähnliches Bild wird nun die Zusammenstellung und Sichtung der in Mitteleuropa (mit dem Schwerpunkt in Deutschland, den Niederlanden und Belgien) liegenden -stBildungen im Namenschatz ergeben. Eine Kartierung soll die Zusammenhänge deutlich machen; dabei erschien es mir wichtig, Gewässer- von Siedlungsnamen durch gesonderte Symbole voneinander zu trennen. Ein -5t-Suffix vermutet Kuhn III 130 in Aast bei Vejle (Dänemark), alt Orst. Ich kann den Ort nicht verifizieren, auch die Quelle des Beleges ist mir nicht bekannt; mit Fragezeichen kartiert. Besser steht es um den 866 (K. 18. Jh.) bzw. 868 (K. 18. Jh.) genannten ON. Alesta bei Charleroi490, den Kuhn III 130491 wohl zutreffend mit weiteren 483 484 485 486 487 488
489 4.0 4.1
Die alten balkanillyrischen geographischen Namen, Heidelberg 1925. Dazu s. aber auch H. Krähe, BNF. 10(1959)3. H. Krähe, BNF. 10(1959)16, Anm. 61, nach J. Pokorny, Urg. 47. Ebda. 251. BNF. 10(1959)3. Vgl. die geringe Anzahl von -(j)ast- und -z'it-Bildungen in den slavischen Gewässernamen bei Udolph, Studien 554,575. Vgl. J. Udolph, Zur frühen Gliederung des Indogermanischen, IF. 86(1981)30-70. Gysseling I 45. Mit anderer Lokalisierung.
-s£-Suffixe
221
j4/-sí-Namen, zu denen wir gleich kommen werden, verbindet. Hierher gehört vielleicht auch der von Ptolemäus für Norddeutschland (?) genannte Name Aleistos492, der wegen der unsicheren Lokalisierung nicht kartiert werden konnte. H. Kuhn verbindet diesen und die folgenden Namen mit Alista, ON. auf Korsika und Alustu auf der Krim493. Das ist weit, zu weit hergeholt. Viel näher steht die alteuropäische Sippe um *el-/ol-, näher stehen auch Alster, Elster und weitere Namen in Mitteleuropa und Skandinavien (s. auch unten bei der Behandlung der -sir-Bildungen), wie H. Krähe494 zeigen konnte. Das Uberraschende daran liegt wohl in der Tatsache, daß die alteuropäischen Namen offenbar auch Siedlungsnamen einschließen. Jedoch hatten wir ganz ähnliche Verhältnisse auch schon bei den -ithi-, -r- und -s-Bildungen - und gerade in Norddeutschland - sehen können. Zu 'ΆΙ-st- gehören noch Alst, FIN. bei Albersloh, 12.Jh. Alest™, auch FIN. südl. von Burgsteinfurt, 12.Jh. Λ/sr496; Aalst, ON. in Ost-Flandern, 866 (K. 18.Jh.) Alost, 868 (K. 18.Jh.) Alosta, 1088 Alost, Alst usw.; Sint-Pieters-Aalst, ON. bei Gent, 995 (K. Mitte 11.Jh.) Alost, 1038 Alost-, Aalst, O N . bei Hasselt, 1107 (K. 13.Jh.) Alost, Alste, 1136 (K. 12.Jh.) Alost-, Aalst in Gelderland, um 850 (K. um 1170) Halosta, 10.Jh. Alisti, 2.H. 11.Jh. Alaste; Alst bei Leer, Mitte 12.Jh. Alst™7; Alsten, Inselname in Helgeland/Norwegen, alt Alost498, außerhalb der Karte. Ein -íí-Suffix enthält auch der FIN. Apfelstädt, 1. Nfl. d. Gera, auch ON., 775 Aplast, Anf. d. 9. Jhs. Apflosta, 899 Affolesto usw.499, kaum zu idg. *apelo„Kraft"500, eher -ii-Bildung501 und als *Aplosta/*Aplasta (zur Bildung vgl. Ind-r-ist-a „Innerste"502) zu idg. *ap- „Wasser" (mit Labialwechsel, s.o. S. 85 f.) zu stellen, man vergleiche Apolda < *Apula, Appel, r. Nfl. d. Unstrut, Appel-, Apfelbach, r. Nfl. d. Nahe, 893 Apula u.a.m. H. Kuhn III 125 vergleicht diesen letzten FIN. mit Recht, sein Bezug auf Apilas in Makedonien ist aber mehr als fraglich. Mit seiner Vermutung, daß in dem FIN. Arzbach bei Gotha ein altes -îi-Suffix vorliegen könnte, hat H. Kuhn503 wohl richtig gelegen, denn der älteste Beleg von 1049 (Arestbach) führte auch H. Walther 259 zu der Überlegung „evtl. ältere -íí-Bildung?". H. Kuhn vergleicht a.a.O. damit auch Arsten, OT. von Bremen, das vielleicht auf *Arastina zurückgeführt werden
4.2 4.3 4.4 4.5 496 4.7
4.8 4.9 500 501 502 503
Kuhn III 124 notiert ihn offenbar als Alistos, vgl. aber H . Krähe, BNF. 10(1959)10, Anm. 38. Ebda. 127. BNF. 10(1959)9 ff. H . Krähe, BNF. 10(1959)9; Kuhn III 124. H . Krähe, a.a.O. Gysseling I 32 f.,49 und LNT. 53 mit nicht überzeugender Etymologie, vgl. eher H. Krähe, a.a.O. 10, s. auch Kuhn III 124,128,130. Kuhn III 130. E. Ulbricht 246. S. H . Walther 235. H. Kuhn III 124 ff. Kaum geminiertes -pp- (so Menke 188). Kuhn III 129.
222
Suffixbildungen
kann und ,¿iristau, Kanton Aargau". Diesen letzten Namen kann ich nicht verifizieren. Die Bildung von Arsten in Bremen bleibt unklar. Es gibt m.E. keine Bedenken, den FIN. Arzbach < Arestbach mit -si-Suffix an die weit verzeigte Sippe um die Wz. *er-/*or- „in Bewegung setzen, erregen" anzuschließen, deren Bildungen mit -n-, -/- und -t- ich vor kurzem504 eingehender untersucht habe. Einer deutlich jüngeren Schicht gehören Siedlungsnamen an, die mit Förstemann 11,1,303 auf eine germ. Grundform *Awist(a) zurückgeführt werden können und die nach Kuhn III 129 als Avest mehrere Entsprechungen in den Niederlanden besitzen. Es handelt sich offenbar um Ableitungen von der schon im appellativischen Bestand des Germanischen erkennbaren -st-Ableitung awist, avistr „Schafstall". Ihre Verbreitung in Süddeutschland und Bayern verstärkt den Verdacht, daß es sich um keine sehr alten Typen handelt505; nicht kartiert. Immerhin ist beachtenswert, daß es sich um einen eindeutig germanischen Namen mit -si-Suffix handelt, „Illyrisches", Vorgermanisches und Vorindogermanisches scheidet hier mit Sicherheit aus. Man hat den Eindruck, als sei dieses Faktum bei der Diskussion um die Genese der -si-haltigen Ortsnamen nicht ausreichend berücksichtigt worden. In diesen Zusammenhang gehört auch der ON. Beverst bei Tongern, 1314 Beverst, in dem H. Kuhn506 mit Recht eine -si-Ableitung sieht, jedoch keine Bemerkung über die Ableitungsgrundlage verliert. Es handelt sich doch wohl um das germanische Biber-Wort, nl. bever. Wir gewinnen damit eine weitere sichere germanische -st-Ableitung im Namenschatz. Den in der Vita Meinwerci erwähnten, sonst unbekannten ON. Bilisti vermutet H. Kuhn im Paderbornischen und vergleicht ihn mit dem Namen der Bille und dem Stamm „illyrischer Herkunft" der Philister*07. Wenn eine Beziehung zur Bilie, alt Bilena usw.508, besteht, liegt die idg. gut bezeugte Wz. *bhel-/*bhol„weiß, Morast, Sumpf" zugrunde, die vor allem im Baltischen und Slavischen, aber auch im Keltischen in der Namengebung Verwendung gefunden hat. Ich habe keine Bedenken, dem zu folgen; der Name der Philister bleibt fern. Kein -5i-Suffix enthält nach meiner Auffassung509 der ON. Börnste bei Dülmen, der nach Kuhn III 127 auf *Burnist- zurückgehen und mit dem dalmatinischen Stamm Burnistae verwandt sein soll510. Die Uberlieferung
504 505 506 507 508 509 510
Udolph, Stellung 219-226. In diesem Sinn hat sich auch H. Kuhn III 129 ausgesprochen. Kuhn III 130. Kuhn III 124,126. Belege und Hinweise auf die bisherigen Deutungen jetzt in HG. A 16,42 ff. Ich folge damit E. Förstemann und H. Jellinghaus. Zwei Seiten später hat H. Kuhn den von E. Förstemann 11,1,647 erwogenen Ansatz übernommen.
*Burlitene
-5t-Suffixe
223
10.Jh. Burinstene, Buristene, um 1150 Burnestheiu vermag ich nicht als Argument für eine -îi-Bildung zu akzeptieren; nicht kartiert. Keine Zweifel bereitet in dieser Hinsicht der FIN. Burdist, 755 (K. 13.Jh.) Burdist —> Rhein bei Remagen512, allerdings begegnet er 770/71 noch einmal in dem Beleg in Regomago in Pedrello monte in fluvio Burdisa513. Die Verbindung mit verschiedenen Fluß- und Ortsnamen in Friesland, Belgien und anderen Gebieten, so mit Boome, alt Burdine, Bordine; Burdinne; Burdapa und Burdipta wird im allgemeinen akzeptiert514. Fraglich ist nur die Zuweisung zu der namengebenden Sprachgruppe. H. Krähe hat dieses Problem so umrissen: „ . . . die Bildungen . . . mit einem st-Element stellen Suffixtypen von bereits alteuropäischer Prägung und Verbreitung dar, und es ist fraglich, wie weit Namen mit solchen Suffixen aus einzelsprachlichem Wortgut noch geschaffen werden konnten, als germanische Stämme die Gegend von Remagen erreichten" 515 . Hier spielt natürlich die Vorstellung der nordischen Heimat des Germanischen eine entscheidende Rolle und so folgert H. Krähe, ebda., weiter: „Man wird daher - wie in so vielen anderen ähnlich gelagerten Fällen - auch noch mit einer zweiten Möglichkeit rechnen dürfen, der nämlich, daß in burdein außerhalb der Hydronymie verschollenes altes Wort vorliegt, von welchem deutsch-germanische Völkerschaften schon in ihren Ausgangsgebieten Gebilde wie Burdisa oder Burdina ableiten konnten, die sie dann als fertige Namen in weiter südlich gelegene Gegenden mitbrachten". Es fragt sich aber, wo diese -ΜΛ-Namen liegen sollen. Unsere Kartierung hat gezeigt, daß nördlich der Elbe nur sehr geringe Spuren dieses Suffixes nachweisbar sind. Nimmt man die Streuung der Orts- und Gewässernamen ernst, wird man bei der Frage nach der Heimat des Germanischen in kontinentalgermanische Gebiete geführt. Damit aber fällt die zweite Möglichkeit der Erklärung H. Krahes und es bleibt die Wahrscheinlichkeit, daß wir es bei den -st-Bildungen (wie bei -ithi-, -r- und -s-Formantien) mit ererbten Elementen zu tun haben, die sowohl an vorgermanische, aber indogermanische wie an einzelsprachliche, germanische Grundwörter bzw. Basen angetreten sind, und damit für eine gewisse Kontinuität in den Gebieten sprechen, in denen sie gehäuft auftreten. Der Streit um Burdist ist somit in gewissem Sinn müßig; eine genaue Trennung zwischen Zuordnung zum idg. oder germ. Namenbestand ist nicht immer möglich. Zu den -it-Bildungen rechnet Kuhn III 130 auch den abgegangenen Ortsnamen „Datnesta Dotnest in der Nähe von Drongen w. Gent". Ich kann diese Angaben nicht verifizieren, komme aber - vielleicht zu Unrecht - zu der Vermutung daß es sich um den O N . Dottignies, ndl. Dottenijs bei Kortrijk handeln könnte. Dessen älteste Belege Dottiniacas, Dothegnies,
511 512 513 514 515
Gysseling I 167. Gysseling I 206. H. Krähe, BNF. 10(1959)4. Vgl. Kuhn III 124,126; H. Krähe, BNF. 10(1959)4 ff. H. Krähe, BNF. 10(1959)5.
224
Suffixbildungen
Doteneiis, Doteniis, Dotenies51b weisen auf keine -íí-Bildung; zu unsicher, nicht kartiert. Den Nebenfluß der Lahn Dörsbach, 1397 in der Durst (mit O N . Dörsdorf, 1194-1198 Durstorf17), verbindet Kuhn mit Dorsten an der Lippe, „alt Durstina, Durstene" und zahlreichen FIN. wie Durici, Dum/Thur, „einer der verbreitesten Namenstämme"518. Auch diese Verbindung ist nicht in allen Punkten richtig. Der FIN. Dörsbach wird nicht zuletzt wegen der Belege für den ON. eher auf *Durisa zurückgeführt werden müssen519 und bleibt damit fern. Dagegen kann vielleicht der GN. Dorst, alter Name des Wenigerbachs im Gebiet der Sieg, 1555 Durst, die Dorst, auf *Dur-st- zurückgeführt werden520. Zur Einordnung der umfangreichen Dur-Sippe vgl. Greule 192 ff. und W.P. Schmid, RGA. 6,294 f. Wahrscheinlich können hier auch drei O N N . angeschlossen werden, die bislang überzeugenden Deutungen widerstanden haben: Duurstede/Dorstede bei Utrecht, Dorestad, Dorstadt (Kr. Wolfenbüttel) und Dorste, Kr. Osterode. Bei allen dreien spielen Gewässer eine wichtige Rolle. Erhebliche Zweifel sind auch an H. Kuhns Annahme, der O N . Dorsten enthalte ein -5i-Suffix, angebracht. Die ältesten Zeugnisse 10.Jh. Durstinon, Durstina, Mitte 12.Jh. Durstene, Durstene, 1176-79 Dursten, 1225 Dursten521 sind kaum in dieser Richtung zu interpretieren, auch wenn die Etymologie des Ortsnamens unklar ist. Somit bleibt für unsere Frage nur der von H. Kuhn nicht erwähnte GN. Dorst bei Much übrig. Auf eine Grundform *Agist- führt H. Kuhn522 den ON. Eekst bei Assen (Drente), alt Exte, Eegeste, und Eexta bei Groningen, alt Eghiste, Exta, Ext, „wohl alter Gewässername", zurück und verbindet sie mit der in der alteuropäischen Hydronymie gut bekannten Basis *ag- in Eger und - zur Bestätigung der These von den besonderen Beziehungen mit dem Süden Europas - mit Aist, OÖ., alt Agasta, Agista, und Agista, Fluß in Spanien523. Ich finde in den Niederlanden weder Eekst noch Eexta, sondern nur Eext östl. von Assen und südl. von Groningen. Zudem möchte ich diese Verbindung bezweifeln, da Eext nicht als Gewässername bezeugt ist, sondern auf dem nördlichen Ausläufer des Honsrug, einer Geesterhebung, liegt. Die nordöstl. von Eext bestehende Siedlung Eexterveen, die auf einen Gewässernamen deuten könnte, hat ihr Bestimmungswort sicher erst zur sekundären Differenzierung von anderen Veera-Namen erhalten. Wenn die von Kuhn mitgeteilten älteren Belege zutreffend sind, kann dennoch an einer -st-Bildung festgehalten wer-
516 5,7 518 5,9 520 521 522 523
Gysseling I 282. Bach, Taunus 110; HG. A 4,16; Greule 192. Kuhn III 129. Vgl. z.B. Greule 192. S. Barth 119. Gysseling I 281. Kuhn III 124,125,127,345. Die mögliche Rekonstruktion *Agista f ü r einen Flußabschnittsnamen bei Teistungen (s. Walther 236) war ihm wohl noch nicht bekannt.
-ít-Suffixe
225
den. Nur müßte die Verbindung mit der alteuropäischen Hydronymie aufgegeben und eine einzelsprachliche Erklärung angestrebt werden. Gerade die Lage von Eext legt eine Deutung zu mnd. egge „langhingestreckter Berg- oder Höhenrücken, Kamm" nahe, wofür Jellinghaus 60 f. zahlreiche Parallelen zusammengestellt hat. Man muß sich nur davon lösen, daß ein -5i-Suffix automatisch als Bildungsmittel einer vorgermanischen Schicht anzusehen ist. Den O N . Ehrsten bei Kassel stellt Kuhn III 125,127 wegen der alten Belege Heristi, Herste, seit etwa 1100 Erste, zu germ. *Har-ist- und vergleicht Caristi, Stamm in Nordspanien, und Karystos, Städte in Ligurien und Griechenland, aber auch Harste bei Göttingen (dazu s.u.). In der Rekonstruktion der Bildung wird man Kuhn zustimmen dürfen, jedoch kaum in der Verbindung mit Ortsnamen und Ethnika in Mittelmeerländern. Sehr viel näher (auch geographisch!) steht neben Harste der -ziÄz-Name Escherode bei Hann. Münden, vor 1000 in Hesschehirithi524, der dafür spricht, daß dem Germanischen die Wz. *Kar- bekannt gewesen sein dürfte, zudem ndt. hâr „Schärfe" noch belegt werden kann. Die räumliche Nähe von Harste, Ehrsten und Escherode sollte bei einer vorgermanischen Deutung nicht übergangen werden. Der O N . Eist bei Nimwegen, „alt Alisti, Elisti u. a., an einem vorgeschichtlichen Rheinarm"525 ist nach Gysseling I 314526 wie folgt überliefert: 726 (K. 10. bzw. 11.Jh.) Helistç, (896) (Κ. Mitte 12.Jh.) Eiste, (911-918) (K. Ende 11. Jh.) Eliste, 1105 Eleste usw. Η. Kuhn verbindet ihn mit den schon genannten A(a)lst-Namen, auch H. Krähe527 ordnet ihn als *Alist- in die alteuropäische Hydronymie ein, die Bearbeiter des LNT. lassen ihn (S. 129) ungedeutet. Der Name ist von den A(aJ/si-Parallelen nicht zu trennen; seine Deutung als -íí-Ableitung zu der idg. und in der alteuropäischen Namenlandschaft weit verbreiteten *el-/*ol-Wurzel kann durch keine bessere ersetzt werden. Wahrscheinlich ist sogar von einem alten Gewässernamen auszugehen. Hier schließt Kuhn III 130 auch den O N . Elsthave bei Frederikshavn (Dänemark) an. Eine Entscheidung ist schwierig; ältere Formen sind mir nicht bekannt, dennoch kartiert. Ein -5t-Suffix vermutet Kuhn 125 in Elvliste, „vermutlich = Elverdissen, bei Herford, geschrieben Elffliste, Elflisten", und sucht darin y'Alb(l)- wie in Alblas (Südholland), in dem römerzeitlichen Albiobola" und in dem kalabischen Fluß Albiste. Mit keiner Silbe geht er auf die Deutungen von Jellinghaus und Förstemann ein, die Elverdissen und auch 1265 Eilflisten bei Minden zu germ, list „Streifen, Kante", vor allem in niederdt. und flämischen ONN., stellen; nicht kartiert. Eine Grundform ''Amist- bzw. *Amistik- sieht Kuhn III 129 in Emst bei Hagen, nahe Ergste und Villigst, bzw. Emstek bei Cloppenburg, und vergleicht
524 525 526 527
Vgl. Udolph, -ithi 97; die Identifizierung ist allerdings unsicher. Kuhn III 125. Mit der wenig überzeugenden Deutung „Oudgerm. alhistja- bij alba- m. ,heidens heiligdom'". BNF. 10(1959)10.
226
Suffixbildungen
damit Amista, Ort in Illyrien, und die holländische Amstel. Davon zu trennen ist allerdings Emst bei Apeldoorn, das auf Emse (= Amisiai) zurückgeht. Auch diese Vorschläge sind zu prüfen. So gehört Emstek kaum hierher, denn die älteren Zeugnisse 947 Emphstece, 1000 Emsteki, 1159 Einsticke528 sprechen nicht für eine -si-Ableitung. Zwar möchte man der Deutung von Emst < '''Amist- Glauben schenken, jedoch fehlen bisher ältere Belege des Namens, so daß man doch erhebliche Zweifel haben muß. Wenn man an einer Verbindung mit *am- fest hält, bieten sich gute Anschlußmöglichkeiten, die unten bei der Behandlung der -sfr-Bildungen (Emster) zur Sprache kommen werden. Der illyrische Ortsname ist nur eine Parallele, daneben bieten sich gerade aus dem germanischen Bereich mit Emster, Ems, Amsterdam u. a. m. sichere Vergleichsmöglichkeiten, die eine vorgermanische oder vorindogermanische Herkunft faktisch ausschließen. Ohne ältere Zeugnisse bleibt Emst bei Hagen unklar; nicht kartiert. In zwei ONN. sieht Kuhn III 125 einen Ansatz *Anist-\ es sind Ennest bei Attendorn und Ennest bei Olpe, 1175 Ennest. Schon hier muß die Kritik einsetzen. Offenbar beziehen sich die Angaben nur auf einen Ort, denn Attendorn liegt im Kr. Olpe. Auch habe ich anderswo keinen Hinweis auf zwei Namen finden können. Kuhn verbindet damit die Basis *An(n)- in dem Namen der Enns, in Ennepe und Anapos. Das ist nicht ausgeschlossen, aber auch nicht beweisbar. Die Doppelkonsonanz kann auch durch Assimilation entstanden sein, so daß die Möglichkeit besteht, mit W. Steinhauser und H. Krähe529 von *Andista auszugehen, zumal dann eine Parallele in Andest im Vintschgau, 765,998 Andeste, bestehen könnte. Eine Entscheidung ist kaum möglich; immerhin wird man für den westfäl. ON. von einer -si-Bildung auszugehen haben; die Etymologie bleibt jedoch weiterhin unklar. Wesentlich besser steht es mit der Uberlieferung des folgenden Namens. Es ist Ergste bei Schwerte, 1096 Argeste, (1116) Ergiste, 1173 Ergestbe530. H. Kuhn hat bei der Deutung dieses -si-Namens erneut weit ausgeholt und ihn einerseits531 mit (nicht näher erläuterten) Namen Arga, Arguna, Argantia, andererseits532 mit mediterranem Material wie Argestaeus campus (Makedonien), Argistis (PN. aus Phrygien) und Argestes (griech. Beiname von Winden), verglichen. Aber auch H. Krähe hat ähnlich argumentiert und ihn zu denjenigen -5t-Bildungen gestellt, „welche... Gegenstücke bzw. Anknüpfungsmöglichkeiten in Südeuropa, zumal im ,illyrischen' Bereich, zu haben scheinen"533. Die j4rg-Namen sind aber viel weiter gestreut. Ich hatte darauf schon bei der Besprechung von Tovars Heidelberger Akademie-Abhandlung über „Krahes alteuropäische Hydronymie und die westindogermanischen Sprachen" hinge-
528 529 530 531 532 533
Förstemann 11,1,816. Β NF. 10(1959)15. Gysseling I 326 mit Deutung „Altgerm, argistja- zu arga- .schlecht'. Kuhn III 125. Ebda. 127. BNF. 10(1959)15.
-st- Suffixe
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wiesen534, auf A. Greule 41 ff. aufmerksam gemacht und osteuropäisches Material wie Arga, Argelinken und Arges herangezogen. Inzwischen ist als weiterer wichtiger Vergleichsname der lit. FIN. Arga aufgetaucht535 und Toporov I 102 hat dieses Material weiter ergänzt. Es gibt somit für den O N . Ergste wichtige Vergleichsnamen im Osten, vor allem im Baltikum. Er paßt sich damit vorzüglich in die bisherigen Beobachtungen ein; wie auch immer man den Namen etymologisch verstehen mag, an der Existenz einer -st-Ableitung und an den besonderen Beziehungen zum Osten kommt man wohl kaum vorbei. Ein -si-Suffix dürfte auch der meines Wissens nur einmal erwähnte ON. Evelste bei Pattensen, 1246 in Evelste536, enthalten. Aufgrund der schlechten Uberlieferung habe ich ihn vorerst nicht in die Karte aufgenommen. Immerhin liegt er in einem Gebiet, das sich auch durch andere -Ji-Bildungen auszeichnet. Vielleicht erhellt sich die Sachlage durch zukünftige Belegfunde. Ein recht sicherer -íí-Name liegt in Exten bei Rinteln, 896 Achriste, 1224 (K. 16. Jh.) de Eckersten usw.537, vor, wobei wohl H. Kuhn mit seiner Vermutung, daß der Ort seinen Namen von der vorbeifließenden Exter, 1328 de Eckerste, de Eckste, erhalten hat, recht hat. Er verweist zudem noch auf den FIN. Axtbach (bei Münster, z. Ems), alt Acarse. Für weniger gelungen halte ich allerdings sowohl H. Kuhns Verbindung mit phryg. akristis und dem griech. Frauennamen Agariste wie auch H. Krahes Vorschlag538, ihn (ohne Lautverscheibung?) zu dem griech.-illyr. PN. Ακρίσιο/ zu stellen. Da von einem Gewässernamen auszugehen ist, bietet sich die Sippe um Eger, Ake, Aire usw. zwanglos an539. Die germanische Grundform des Namens *Ekrista läßt sich mühelos auf *Agrista zurückführen. Weitere Spekulationen können unterbleiben. Allerdings: es ist von einem Gewässernamen auszugehen. Dadurch aber ergibt sich in der Struktur eine überzeugende Parallele *Ag-r-ist-a : *Ind-r-ist-a. Es kann kaum Zufall sein, daß beide Flüsse nur eine Distanz von ca. 40 km trennt. Wie ich jetzt schon anmerken möchte, gibt es entsprechende auffällige Wurzelerweiterungen (ich bin nicht sicher, ob die Erscheinung damit wirklich richtig beschrieben ist) auch und gerade im germanischen Namenschatz. Vorerst vergleiche man die -¿¿/-Bildungen Escherde und Wennerde, die beide nahe Hildesheim liegen und mit ihren Grundformen *Ask-rithi und * Wang-r-ithi auffällige Parallelen bieten. Schwieriger ist die Beurteilung des GN. Faristina, wahrscheinlich Langwedeier Mühlenbach, Nfl. der Weser bei Verden, zum J. 788 (F. 11. Jh., A. 13. Jh.) Faristinam usque in Wirraham fluvium, um 1085 (Adam v. Bremen) Faristinam (Var. Farcinam, Farsinam, Farstinam)540. Für H. Kuhn III 127 ist darin
534 535 536 537 538 539 540
Kratylos 22(1978)125. A. Vanagas, L H E ¿ . 47. Wippermann 73. Vgl. Kuhn III 125,126; HG. A 10,18; J. Udolph, RGA. 8,47f. BNF. 10(1959)15 Weiteres s. J. Udolph, RGA. 8,48. R. Möller, BNF.NF. 16(1981)81; H. Krähe, BNF. 10(1959)13.
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Suffixbildungen
ein -st-Suffix zu sehen und eine Verbindung mit Bareste, Ort in Ligurien, herzustellen. Kuhns Verbindung scheitert m. E. bereits im Anlaut. Dort ist im Westgermanischen schon früh die Entwicklung zum Verschlußlaut eingetreten, so daß H. Krähe zu folgen ist, wenn er für Faristina von einem vorgerm. p- ausgeht541. Wenn man wirklich wie H. Krähe von einem zweiten Suffix -in(a) ausgehen möchte, so bietet sich zunächst einmal als direkte Parallele der ON. Forst im Kr. Holzminden an, den R. Möller542 wohl zutreffend auf *Farista zurückgeführt hat.. Das germ. Waldwort Forst hat wahrscheinlich auf die Entwicklung des Namens eingewirkt. Bei der Deutung sollte man das Germanische vielleicht nicht zu schnell verlassen; ich halte es für gut denkbar, daß die Namen eine -5i-Bildung zu got. faran usw. besitzen, wenn man nur an die zahlreichen anderen, im Germanischen belegten, Suffixbildungen wie Fähre, Fährte, Ferge, Förde, Furt denkt. Ich werde auf diese Möglichkeit nach der Vorstellung der gesamten -sí-Ableitungen noch einmal zurückkommen. Offensichtlich verfehlt ist H. Kuhns Annahme, der ON. Freepsum bei Emden enthalte ein -sí-Suffix. H. Kuhns Belegreihe 13.-15.Jh. Frebestum, Frebistum, seit 14.Jh. Freebsum, Freepsum, Frebesum543, ließe diese Möglichkeit wohl noch zu, nicht aber der höchstwahrscheinlich älteste Beleg aus dem 10.Jh. Fresbrahtteshem544, daher nicht kartiert. Schwerer zu beurteilen ist der ON. Gersten bei Lingen/Ems, 10.Jh. Giureston, Gerustan545, in dem Kuhn III 125 ein -si-Suffix vermutet, ohne jedoch einen Anhaltspunkt für die mögliche Deutung zu geben. Ich möchte seiner Auffassung nicht folgen, sondern eher an eine -f»«-Bildung zu einem PN. im Gen.Sg. denken546, zumal der Name eine Entsprechung in Devonshire besitzen könnte: Gerston, 1133-38 Grestuna547; daher nicht kartiert. Zweifel hege ich auch an H. Kuhns Vorschlag, hier den Insel und Flußnamen Gimsöy, Gimsö Ström auf den Lofoten anzuschließen, für den er548 als alten Beleg die Form Gimista beibringt. Allerdings kann ich meine Bedenken aus Mangel an Belegen und an Uberprüfungsmöglichkeiten nicht fundieren. Da die Lofoten jedoch weit außerhalb der Karte liegen, meine ich, dieses in Kauf nehmen zu können. Immerhin gibt zu denken, daß Rygh in seiner bekannten Sammlung der norwegischen Flußnamen keine Hinweise auf -stBildungen gibt. Wesentlich besser steht es mit dem Fluß- und Ortsnamen Harste bei Göttingen. Es fehlte nicht an Versuchen, diesen Namen mit südeuropäischen Topo- und Hydronymen wie Karantos, Caristi, Karystos usw. zu verbinden.
541 542 543 544 545 546 547 548
BNF. 10(1959)13. Möller 56; ders, BNF.NF. 16(1981)76. Kuhn III 129. Gysseling I 375 mit Deutung als -heim-Name. Gysseling I 401. In diese Richtung gehen auch Vermutungen bei Abels 32. J . E . B . Gover u.a., EPNS.8/9,334. Kuhn III 130.
-íí-Suffixe
229
Natürlich macht H. Kuhn in dieser Hinsicht keine Ausnahme549. Die Einbindung in die alteuropäische Hydronymie550, die sich auch in osteuropäischem Material zeigt551, macht allen Spekulationen über besondere Beziehungen dieses Namens mit Südeuropa m. E. ein Ende. In gewissem Sinn beachtenswert ist allenfalls das Suffix -ist-, dessen Einordnung in die indogermanische und germanische Namenlandschaft aber keine großen Probleme mehr aufweist. Eine saubere Trennung ist kaum möglich; beide Schichten sind gerade in Südniedersachsen eng miteinander verwoben. Vielleicht kann man hier als -si-Bildung doch (und in diesem Fall hat H. Kuhn Zweifel!) den ON. Haste bei Osnabrück anschließen, dessen Zeugnisse aus dem 12.Jh. ohne Schwankungen sind: 1146 Harst, 1160 Harst, ca. 1186 Harst552. Kuhn553, Jellinghaus 152 und Förstemann, a.a.O., erwägen Herkunft aus *Harsete „Siedlung an der bar", auch zu ahd. harst „Rost, frixura", was beides angesichts der isolierten Stellung des Ortsnamens nicht recht überzeugt. Da würde man schon mehr Vergleichsnamen erwarten. Diese aber fehlen. Vergleicht man weiterhin die Belege aus dem 12.Jh. für den O N . Harste bei Göttingen 1141 Herste, 1141 (A.) Harste, 1141 (K. 16. Jh.) Herste, Harste, 1144 Heriste, 1152 Herste, 1162 (F. 1237/41?) Herste, 1162 (K. 14 Jh.) Herste, so besteht die Differenz nur im Wurzelvokal und im Auslaut. Das läßt sich aber dadurch erklären, daß Harste auf *Karista zurückgehen wird und die normale Entwicklung über Umlaut und ndt. Wandel -er- > -ar- (hdt. Berg : ndt. barg) durchlaufen hat. Haste dagegen kann eine Grundform *Harast-az voraussetzen, die weder Umlaut noch eine Veränderung ''-er- > -ar- durchmachen mußte. Der Name wurde daher in die Karte aufgenommen. Fern bleibt hingegen der ON. Herste bei Brakel, bei dem schon Kuhn III 128 Zweifel äußerte; es handelt sich wohl um einen -¿¿¿-Namen 554 . Bedenken kann man auch gegenüber der Einbeziehung des Hofnamens Ramstad im nördl. Trendelag äußern, den Kuhn III 130 aufgrund eines älteren Beleges Hrafnista zu den - si-Bildungen zählt. Ich kann diese Angaben nur ungeprüft weitergeben; es fragt sich, ob nicht eine Bildung mit -stad vorliegt; zu unsicher, nicht kartiert. Besser steht es vielleicht um den alten FlurN. Idesten oder Itesten im Wybelsumer Hammerich bei Emden, nach Kuhn III 125 „geschrieben Itestene, Ydesten, Ydestenna-wey Ytstein", der von ihm zusammen mit dem bei Tacitus, Annalen, erwähnten Idistaviso (an der mittleren Weser?) zu einem Ansatz *Idgestellt und mit der Itz, alt Idasa, mit Ihren bei Leer (< * Ideren), Yde in Drente und dem griechischen oder vorgriechischen Bergnamen Ida verbunden wird.
549 550
551 552 553 554
S. Kuhn III 125. S. H. Krähe, BNF. 10(1959)11 f.; man vergleiche auch die Korrekturen bei B.-U. Kettner 110 und dessen Argumente gegen G. Neumanns Deutung im Göttinßer Jahrbuch 1967,43 ff. Vgl. J. Udolph, Kratylos 22(1977)126; s. auch A. Vanagas, L H E 2 . 147f. Förstemann 11,1,1270. Kuhn III 128. S. Udolph, -ithi 102.
230
Suffixbildungen
Ich halte die Möglichkeit, bei dem ostfriesischen FlurN. von einem Suffix -stauszugehen, deshalb für möglich555, weil bei W. Laur 124 f. der O N . Itzstedt bei Segeberg erscheint, dessen historische Zeugnisse 2. H. 14. Jh. molendinum in Yctze, 1440 dat ... dorp ... Yddeste, 1479 Ydestede55i, immerhin dafür sprechen könnten, daß der ostfriesische Name darin eine Parallele besitzt. H. Kuhn hatte diesen Namen nicht einbeziehen wollen, da die nahe Slavengrenze zur Vorsicht mahne557. Der Name ist aber sicher nicht slavischer Herkunft; er liegt zudem knapp außerhalb des ehemaligen slavischen Siedlungsgebietes und zudem in demjenigen Bereich nördlich der Elbe, der durch altertümliche germanische Namen in besonderer Weise gekennzeichnet ist558. Auch ist zu bedenken, daß aus dem Itzstedter See ein Quellfluß der Alster, also einer -sir-Bildung (dazu s.u.), entspringt. Des weiteren ist bemerkenswert, daß W. Laur, a.a.O., eine germanische Etymologie erwägt und an ahd. ît(wâge), anord. ida „Gegenströmung" anknüpft. Zugleich aber heißt es bei ihm hinsichtlich des Wortbildungselements: „Bildung mit dem Suffix -ste, das entweder alteuropäischer Herkunft bzw. mehr im nichtgerm. mitteleuropäischen Bereich verbreitet ist". Hier dringt erneut Kuhns Theorie einer vor germanischen Zuweisung der -stBildungen durch, was völlig unnötig ist. Kuhn selbst hatte als Parallele auf Ihren bei Leer verwiesen, von dem schon bei den -r-Bildungen die Rede war und wo eine Verbindung mit anord. eid „Landenge" erwogen wurde. Hier kann Itzstedt angeschlossen werden, ebenso Idesten oder Itesten bei Wybelsum; unsicher bleibt die Beurteilung der Lokalität Idistaviso. Die Zugehörigkeit des FIN. Itz, alt Idasa, ist nicht sicher559, fern bleibt sicher der Bergname Ida in Griechenland. Zusammenfassend gesagt: eine germanische Ableitungsgrundlage für Flur- und Ortsanamen Idesten/Itesten und Itzstedt ist vorhanden, an einer -st-Ableitung kann dennoch festgehalten werden, Vorindogermanisches bleibt außerhalb der Betrachtung. Dieses kann bei der Beurteilung des ON. Imst, alt Humiste, Umeste, in Tirol, nicht mit gleicher Sicherheit gesagt werden, jedoch sollte auch eine indogermanistische Deutung erwogen werden560. Ob mit diesem Namen wirklich „das große südeuropäische Gebiet dieser Bildung" anfängt561, soll vorerst offen bleiben. Einer der bekanntesten Flußnamen mit -sí-Suffix ist die Innerste. H. Kuhn562 hat sie völlig richtig mit indischem Material wie dem Indus verbunden
555
556 557 558 559
560 561 562
Allerdings könnte auch -tun vorliegen, was man andererseits bei einem FlurN. nur ungern sehen möchte. HG. A 16,178. Kuhn III 130. Darauf wird am Ende dieser Arbeit in einem gesonderten Abschnitt zurückzukommen sein. Vgl. zuletzt M. Buchmüller u.a., in: Zeitschrift für die Geschichte der Saargegend 34/35(1986/87)84 f. S. K. Finsterwalder, Tiroler Ortsnamenkunde, Bd. 2, Innsbruck 1990, S. 825 ff. Kuhn III 130. Kuhn III 125.
-ít-Suffixe
231
und die weite Streuung der verwandten Namen durch Nennung einiger weiterer Parallelen umrissen. Die Berücksichtigung ostindogermanischen Materials für europäische Gewässernamen hat jedoch auch für den Namen der Innerste völlig neue Perspektiven ergeben563. Es ist von einem alteuropäischen Namen auszugehen; bemerkenswert an ihm ist die in das Germanische hineinreichende Tendenz, an die Wurzel noch ein erweiterendes Element hinzuzufügen, an die dann das Suffix tritt. Wir hatten oben bei der Behandlung der Exter schon darauf verwiesen {*Ag-r-ist-a : *Ind-r-ist-a, Ask-r-ithi : * Wangr-ithi). Vorindogermanisches bleibt beiseite. Äußerst unsicher ist die Annahme eines -st-Suffixes dagegen in dem O N . Kierst bei Krefeld, 904 Kirihsexta564, daher nicht kartiert. Ganz anders sieht es bei dem Wüstungsnamen Lammeste (so 1106 erwähnt) nahe Hannover aus. H. Kuhn III 125 und R. Möller565 gehen beide mit Recht von einem -5i-Suffix aus. Auch H. Kuhns Verbindung mit dem FIN. Lammer bei Salzburg und Lamme, Nfl. der Innerste (mit O N . Lamspringe), überzeugt. Wir hatten diese Sippe aber schon bei der Beurteilung der -r-Ableitung Lamme (< Lamarai), O N . bei Braunschweig, behandelt und zu zeigen versucht, daß das Baltische und Slavische appellativische Verbindungen bieten, die keine Probleme bieten. Hier kann Lammeste mühelos eingereiht werden, -r- Ableitung stände damit unmittelbar neben -st-Bildung: keine neue, aber beachtenswerte Erscheinung. Eine eindeutig germanische Bildung liegt in dem O N . Landas bei Lille vor, dessen Überlieferung konstant nur Landast bietet566, und den Kuhn III 130 mit Recht zu den -jf-Bildungen stellt. Zugrunde liegt got. usw. land „Acker, Landgut, Landschaft". Der Name zeigt deutlich, daß sich unter den -5i-Bildungen einwandfrei germanische Toponyme befinden. In einen anderen Zusammenhang gehört dagegen Leveste bei Hannover, 1229 de Leueste, 1295 in Leueste 567. H. Kuhn hat mit seiner Einordnung in die Gruppe der -ji-Bildungen und seiner Rückführung auf *Libist- od. *Labist-5bi durchaus nicht Unrecht. Wenn er allerdings Orts-, Berg- und Völkernamen aus Thrakien, Böotien und dem Gebiet östlich des Schwarzen Meeres heranzieht (Libistus, Libystinoi, Laphystios), so holt er damit viel zu weit aus. Es gibt ausreichend Vergleichsmaterial aus Mitteleuropa, gleichgültig, ob man von "'Libista oder Levista/*Livista ausgeht. Im ersten Fall vergleiche man die Sippe um den polnischen FIN. Leba569, darunter Libra, FIN. bei Reims, Libre, FIN. bei Toulouse, und die etymologisch sichere Anknüpfung an griechisches
563
564 565 566 567 568 569
S. vor allem W.P. Schmid, Alteuropäisch und Indogermanisch (noch ohne Nennung der Innerste, aber mit Heranziehung von Indura und Indus, Gewässernamen aus dem Baltikum). Diese Zweifel räumt auch Kuhn III 128 ein. BNF.NF. 16(1981)76. S. Gysseling I 590. Wippermann 63; Cal. UB. VI 55. Kuhn III 127. Anders dazu W.P. Schmid, Hydronimia slowianska 123.
232
Suffixbildungen
Wortmaterial570. Im zweiten Fall bietet sich ebenfalls Vergleichsmaterial an, so Liwa, Liwiniec, Liwiec, L'va, Leiwen u.a.m. 571 . Das Nebeneinander von Landast und * Libisi-/Levisizeigt, daß bei den -sf-Bildungen in Mitteleuropa nördlich des deutschen Mittelgebirges Kontinuität geherrscht hat. Aus Französisch-Flandern führt Kuhn III 130 einen abgegangenen O N . „Lonasto (mit Lonastingahem, jetzt Lottinghen)" als -si-Bildung an. Dem wird man kaum zustimmen können. Der Name ist wie folgt überliefert: 828 (K. 961, 12.-18.Jh.) Lottinghen, 857 (K. 961, 12.-18.Jh.) Lottinghen, 1102 (K. Ende 12. Jh.) Lustingehem, 1156 Lostingehem, 1164 Lustinguehe[m]m, woraus ersichtlich ist, daß doch offenbar ein -ing-heim-Typus zugrunde liegt, dessen Ableitungsgrundlage ein PN. gewesen sein wird, nach Gysseling, a.a.O. „Germ. Lonastinga haim ,habitation des Lonastingas, c.-à.d. les gens venus de Lonast"; daher nicht kartiert. Eher wird man mit Kuhn III 125 eine -si-Bildung in dem im 12.Jh. erwähnten O N . Mideste bei Winter s wijk573 vermuten dürfen, allerdings erscheint dieser später als Merste. M.E. doch zu unsicher, nicht kartiert. An der germanischen Ableitungsgrundlage got. midjis usw. beständen allerdings keine Zweifel, man vergleiche auch die semantisch ähnliche -ztÄz-Bildung Mehle < *Midil-ithim. Verfehlt ist H. Kuhns Einschätzung des Flußnamens Milstenau, nahe Ennest (bei Attendorn,,), in dem „wohl ein alter, mit -au erweiterter Bachname" vorliege575. Ohne auf Einzelheiten einzugehen, verweise ich auf Barth 160, wo ersichtlich wird, daß das Bestimmungswort „der dat.sing. zu middelste, der Superlativ vom Adjektiv mnd. middel,mittel, in der Mitte'" ist; nicht kartiert. Ubergehen möchte ich den bei Tacitus, Germania erwähnten Stammesnamen der Naristi, den auch Kuhn III 130 nur am Rand streift. Unter Vorbehalt hat A. Bach 11,1,207 den FIN. Nüste bei Hünfeld, 980 Niusta, auch O N N . Nüst und Nüsttal, unter den -si-Bildungen aufgeführt. Auszugehen ist sicher von dem Flußnamen, jedoch kann z.Zt. nicht geklärt werden, ob von einem -si-Suffix oder einem -ί-Formans auszugehen ist. Der Name erfordert eine bisher nicht geleistete intensive Untersuchung; nicht kartiert. Ein -5i-Suffix kann nach Kuhn 130 der Inselname Orust nördl. von Göteborg enthalten, es „kann = Arest sein"576. Sollten ältere Belege dem nicht widersprechen, darf man das akzeptieren; der Name wurde in die Karte aufgenommen.
570 571 572 573 574 575 576
Zum gesamten Komplex s. Udolph, Stellung 136 ff. Ebda. 141 ff. Gysseling I 636. S. Förstemann 11,2,279. Udolph, -ithi 107. Kuhn III 129. Kuhn III 130.
-it-Suffixe
233
An der Überlieferung scheitert m. Ε. H. Kuhns Versuch, den O N . Pleegst bei Zwolle (Overijssel), wegen der alten Belege „Plegest, Plegeste"577 unter die -st-Bildungen einzureihen. Woher die Zeugnisse stammen, ist mir nicht bekannt, dagegen aber Gysselings Eintrag (II 799) 1206 (K. 15.Jh.) Pleist. Eine Klärung ist notwendig. Vorher sehe ich keinen zwingenden Grund, den Namen in die Liste der -5i-Namen aufzunehmen. Das gilt auch für Priestädt, O N . bei Naumburg, um 1300 Bristete, 1378 Brystete, 1458 Bristet, in dem eine -si-Bildung vorliegen könnte. Er erinnert an den folgenden Namen Pretitz578, der dieses Formans enthält. Die Gleichsetzung bleibt jedoch unsicher, daher nicht kartiert. Anders steht es um den ON. Pretitz bei Zingst, 9. Jh. (Bridasti), 1350 Pretest, 1464 Pretis, den H. Walther 235 mit Vorbehalten zu idg. *bhred(h)~ „waten, Furt" stellt. Die Auffassung einer -5i-Bildung wird auch gestützt durch den bildungsmäßig gleichen und in der Nähe liegenden O N . Zingst (s.u.). Dieses Bildungselement vermutet H. Kuhn auch in dem ON. Ranst bei Antwerpen, wobei er als einzigen Beleg 1202 Ranst notiert579. Die fundierte Sammlung von Gysseling (I 825) bietet diesen auch, jedoch auch einen älteren, man vergleiche: 1140 (K. um 1265) Ramst, 1148 Ranst, 1186 Ranst, 1202 Ranst, 1205 Ranst, 1224 Ranst. Wenn man den ältesten Beleg belasten kann580, so stellt sich ein Vergleichsname für den nächsten, auch in den Niederlanden gelegenen O N . heraus. Es ist Reemst (Oud-, Nieuw-) bei Apeldoorn, 15./16.Jh. Rempst, Remst, den auch Kuhn nennt und sowohl mit dem O N . Riemst in Belgien (dazu s. aber unten) wie auch mit dem O N . Ramista in Pannonien vergleicht581. Hier müssen wieder einige Korrekturen angebracht werden. Aufgrund des Wurzelvokals bleibt Riemst (s.u.) zunächst einmal fern. Wenn man schon eine Verbindung mit dem pannonischen O N . Ramista anstrebt, so ist es angebracht, bei E. Höring582 nachzulesen, daß die Qualität des Wurzelvokals nicht ganz sicher ist, es kann auch von *-e- ausgegangen werden. Zum anderen ist bedeutsam, daß das Baltische erneut eine Parallele bietet, auf die schon W. Meid, BNF. 15(1964)113 aufmerksam gemacht hat: Ramstaw, O N . in Ostpreußen, 1349 Ramestow, „zu lit. ramus, ruhig' + Suff. -MÍ-"583. Zahlreiche weitere Ableitungen im hydronymischen Bestand des Baltikums bietet A. Vanagas, LHEZ. 272. Schließlich sei an den -zi^î-Namen Remda < *Ramithi erinnert584. Wir wollen die Beziehungen zu Pannonien
577 578 579 580
581 582 583 584
Kuhn III 125. Zum gesamten Komplex s. E. Eichler, H. Walther, DS. 35,257. Kuhn III 130. Gysseling tut das mit seiner Deutung „Germ. hramsb\>u- f., collectief bij hramsan- m. ,wilde look'". Kuhn III 191. Die geographischen Namen des antiken Pannonien, Diss. Heidelberg 1950, S. 152 f. Gerullis 138. Udolph, -ithi 110 f.
234
Suffixbildungen
keineswegs leugnen, nur wird eher damit zu rechnen sein, daß sich Verbindungslinien zwischen den Niederlanden und dem Baltikum einerseits und zwischen Pannonien und dem Baltikum andererseits ziehen lassen, kaum aber zwischen den Niederlanden und Pannonien. Die Niederlande und Belgien sind reich an weiteren -5i-Bildungen. Dazu zählt Kuhn III 130 auch Reist bei Brüssel. Dagegen ist nichts zu sagen, solange nicht ältere Belege dagegen sprechen. Diese sind mir jedoch bisher nicht bekannt geworden; ich wage nicht, aufgrund einer modernen Form des 20.Jhs. eine altgermanische oder vorgermanische Grundform aufzustellen; nicht kartiert. Besser steht es dank Gysseling II 842 mit Riemst bei Tongern: 1066 (K.) Reijmost, 1096 Riemest, 1140 Rimest, Rimisi. Für Kuhn III 130 liegt eine -si-Bildung vor. Falls man das akzeptiert, könnte die Ableitungsgrundlage germanischen Ursprungs sein: es bietet sich ags. rima „Rand, Grenze, Küste", aisl. rimi „Landrücken" an, das auch in Ortsnamen585 begegnet. Ein Ausflug in Vorindogermanisches kann unterbleiben. Eine weitere -st-Ableitung in Belgien stellt der O N . Rumst bei Antwerpen, 1157 Rumeste, 1162 Rumest, 1223 Rumest, 1225 Rumest586 dar587. Bei Gysseling steht er unmittelbar vor der -¿¿¿¿-Bildung Rumt < *Rumithi, die ich versuchsweise mit den FIN. Rhume und Rumia verbunden habe588. Ich vermag auch jetzt keine andere, bessere Lösung zu erkennen. Wir kommen nun zu einer Gruppe von -5t-Bildungen, die schon des öfteren diskutiert worden ist und die im gewissen Sinn für H. Kuhn Schlüsselfunktionen bei der Beurteilung der -si-Bildungen im „Nordwestblock" besaß. Es sind Ortsnamen des Typus Segeste. Für H. Kuhn waren die Zusammenhänge rasch klar: „Förstemann nennt da unter anderen Seguste, das allein schon den Zusammenhang mit Südeuropa sichert. Denn im weiten Raum des Mittelmeers sind 3 alte Segesta bekannt (in Venetien, Ligurien und Sizilien), dazu 2 Segestica (in Kroatien und Spanien), 1 Segustero (in Südfrankreich, mit dem Stammesnamen Segesteri), und schließlich in Kleinasien der Stammesname Segestani"is. Nach Durchsicht des Namenmaterials bleiben soweit ich sehe - nördlich der Alpen eigentlich nur zwei sichere Ortsnamen übrig. Es ist 1. Seeste bei Westerkappeln, 1129 und 1249 Segest(en)590, das von H. Jellinghaus zu ndt. segg „Riedgras" gestellt wurde, was H. Krähe, a.a.O., verworfen hat, und 2. Segeste bei Bad Salzdethfurt, 9.Jh. Seguste, 1019 Segaste, 1022 Segusti591. Beiseite bleiben die gelegentlich herangezogenen Namen Zeist
585 586 587 588 589
5.0 5.1
Zum Englischen vgl. Smith II 83. Gysseling II 872. Kuhn III 130. Udolph, -ithi 127 {. Kuhn III 124; eine genaue Auflistung der südeuropäischen Segeste-Ortsnamen findet sich auch bei H. Krähe, BNF. 10(1959)14. H. Krähe, BNF. 10(1959)13; Jellinghaus 13. Schütte, Corvey 197; Förstemann 11,2,690.
-jí-Suffixe
235
bei Utrecht 592 , da wie folgt überliefert: 838 (Κ. lO./ll.Jh.) Zeist, 1126 (Κ. 12.Jh.) Zeist, 1164 Zeist, 1220 Zeist™, Kierst bei Krefeld594 und doch wohl auch Seest bei Kolding, 1428 Seest595. O b ein Zusammenhang mit dem ebenfalls immer wieder angeführten cheruskischen PN. Segestes hergestellt werden kann, sollte vorerst offen bleiben. Ausführlich hat sich H. Krähe mit diesen Namen beschäftigt596. Daraus erscheint mir ein Punkt von besonderer Bedeutung, da er vollkommen mit Erscheinungen übereinstimmt, die wir auch bereits bei anderen -5i-Namen beobachten konnten. Es geht darum, daß sich auch für Segeste/Segaste ein Anschluß „zwanglos im Bereich der Gewässernamen von alteuropäischem Gepräge [findet]"597. Es ist eine Sippe von Namen, die nach H. Krähe von einer Wz. *segh- abgeleitet sind, darunter die -s-Bildung Zeegse, 13.Jh. Segese (die wir bei den -s-Bildungen bereits kurz gestreift hatten), weiterhin Sieg < ''Segina, *Segia > Seye und Sée, *Segusia > Suze, *Segontia > Sionce, *Segonta > Saint u.a.m. 598 . Daß diese Gewässernamen in einen Gesamtzusammenhang gehören, ist nicht zu bezweifeln. Die bisherige Etymologie überzeugt jedoch nicht. Für den Bereich der alteuropäischen Hydronymie ist eine Wurzel mit der anzunehmenden Grundbedeutung „halten, Gewalt, fest" unannehmbar. Auf diese Diskrepanz weist auch Barth 112 mit Recht hin. Man wird einen anderen Weg und zwar den in dieser Arbeit schon des öfteren beschrittenen zu einem wurzelauslautenden Konsonantenwechsel einschlagen können und wird sofort zu Wurzeln geführt, die in Gewässernamen beheimatet sind, sei es *sek- „abrinnen, versiegen, sich senken (vom Wasser)", sei es *sek- „schneiden, eingraben", oder auch *sëk- „nachlassen, träge, ruhig" (im Griech. „sanft fließend")599. Damit ergibt sich allerdings ein neues Problem, denn kaum eine der drei genannten Ansätze wird die Grundlage für die Etymologie der Ortsnamen Segeste hergeben. Einzig und allein die Sippe um *sek- „schneiden" könnte hier herangezogen werden, zumal das Germanische mit zahlreichen Appellativen wie dt. Säge, Sense, Segel, ahd. sah s „Schwert", suoha „Egge, Furche" daran Anteil hat. Es fragt sich daher, ob H. Jellinghaus mit seiner, von H. Krähe verworfenen Etymologie und Verbindung zu mnd. segge „Riedgras", ags. secg „Riedgras, Schwert" nicht doch Recht gehabt hat600. Andererseits ist auf mnd. sech „langgestreckte sumpfige Stelle, Niederung" bzw. sëge „langgestreckte sumpfige Stelle, Flußniederung" (Scheuermann 340) aufmerk-
5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 597 5,8 599 600
So Kuhn III 124. Gysseling II 1100. Vgl. zunächst Kuhn III 124, dann aber ebda., S. 128. Kuhn III 130 mit Zweifeln. Der O N . Segaste (u.ähnl.) und sein Zubehör, BNF. 10(1959)13-16. Ebda., S. 14. S. auch H. Krähe, BNF. 5(1954)103 f. J. Pokorny, IEW. 894 ff. Zu diesem ndt. Wort vgl. M. Horn, Niederdt. Jahrbuch 113(1990)107ff. (Freundl. Hinweis von U. Scheuermann, Göttingen).
236
Suffixbildungen
sam zu machen, die allerdings zu idg. *sei- gestellt werden und für Segeste damit ausfallen würden. Es bleiben somit weiterhin Probleme bei der Deutung der norddeutschen Segesie-Namen bestehen. Völlig offen bleibt aber dennoch die fast übereinstimmend vertretene Beziehung zu den südeuropäischen Ortsnamen Segesta, Segestica usw. Dazu schreibt E. Höring, op.cit., S. 155: „Man glaubte nun alle Namen wegen ihrer völligen Gleichheit derselben Sprache zuweisen zu müssen und zwar wegen des -esta der illyrischen . . . " . Für den pannonischen heißt es bei ihm weiter (S. 155 f.): „Und doch ist gerade dieser Name m.E. sprachlich indifferent und bietet keinerlei Rückhalt für derartig eintscheidende Schlüsse . . . das Wort für ,Sieg* [erscheint] aber im allgemeinen als 5-Stamm *seghes- . . . , an das in unserem ON, immer die Richtigkeit der Deutung vorausgesetzt, ein ίο-Element zur Ableitung angetreten wäre. Wir haben es also gar nicht mit festem 5i-Suffix zu tun. ίο-Elemente sind aber in den indog. Sprachen so allgemein, daß eine Ableitung damit von der Wurzelform *seghes- praktisch in jeder Sprache möglich ist (vgl. den germ. PN. Segestes)". Damit wird der von H. Kuhn und auch von H. Krähe601 für fast sicher gehaltene Zusammenhang zwischen den norddeutschen und mediterranen Ortsnamen mehr als zweifelhaft. Diese Folgerung paßt in mehrfacher Hinsicht zu unseren eigenen Beobachtungen. Es sind noch weitere Ortsnamen mit einem -si-Suffix diskutiert worden. Kuhn III 129 führt darunter auch den O N . Selsten bei Geilenkirchen an, der auf eine Grundform *Salisi zurückgehen soll, und zusammen mit einem um 900 bezeugten Selstena602 sowie Zeelst bei Eindhoven, 14. Jh. Zeelst, und Zelst bei Zutphen, um 1400 Zelst, zu der alteuropäischen Flußnamensippe um Sala, „aber wohl auch mit Sal-land (und den Saliern). Vgl. auch lat. Sallustius"m betrachtet werden soll. Auch diese Zusammenstellung bedarf der Korrektur. Ich vermag nicht zu akzeptieren, wenn ein PN. aus Italien ohne nähere Erläuterung mit einem Flußnamen in Mitteldeutschland verknüpft wird. Entsprechend problematisch ist der Zusammenhang mit dem Salier-Namen, da für deren Ableitungsgrundlage zwar immer wieder das Sal-land genannt wird, diese Verbindung letztlich aber auch nicht bewiesen werden kann. So bleiben die ON. Selsten, Selstena, Zeelst und Zelst übrig. Sie liegen alle in dem auch sonst an -st-Bildungen reichen Gebiet und man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man sie hinzu stellt. Aber erneut stellt sich die Frage, ob man eine direkte Verbindung mit der alteuropäischen Hydronymie um Saale, Zala usw.604 wirklich herstellen kann. Die zugrundeliegende idg. Wz. bezieht sich zweifelsfrei auf das Wasser, auf „Bach, fließendes Wasser, Strömung usw.". Ich
601
602 603 604
„Ein sprachlicher Zusammenhang zwischen allen diesen Namen und dem Segeste/Segaste in Nordwestdeutschland, d. h. ein einheitlicher etymologischer Ursprung, ist durchaus denkbar. Eine gemeinsame alteuropäische Basis könnte der Ausgangspunkt sein" (H. Krähe, BNF 10,1959,14). Gysseling II 908; zur Lokalisierungsfrage s. R. Schützeichel, BNF. 9(1958)258f. Kuhn III 129. Zuletzt: Udolph, Stellung 271 ff. s.v. Sota.
-íí-Suffixe
237
habe ernste Bedenken, die vier Ortsnamen hier anzuschließen und möchte doch einer -si-Bildung zu ahd. sal „Wohnung, Saal, Halle" (man vergleiche auch lit. sala „Dorf") den Vorzug geben. Wir hätten damit bildungsmäßig eine Parallele etwa zu ahd. salida, asä. selitha, ags. seid „Wohnung" vor uns und brauchten keine Verbindungen zu vor- und nichtgermanischem Material zu riskieren. In ihrer Deutung, ethnischen Zuweisung und Lokalisierung unklar sind die bei dem Geographen von Ravenna erwähnten O N N . Solist und Sonista605, daher nicht näher behandelt. Einen Flußnamen *Agista als Abschnittsbezeichnung vermutet H. Walther 236 - allerdings mit Bedenken - in dem O N . Teistungen, 1089 Eistingen, 1062 Eistingeberg. Das kann man akzeptieren, ist aber letztlich nicht beweisbar. Immerhin würde diese Konstruktion in gewissem Sinn gegen H. Kuhn sprechen, der im Fall des niederländischen ON. Eext (s. o.) nur Vergleichsmaterial aus Südeuropa beigebracht hat. Dennoch m.E. zu unsicher, nicht kartiert. Etwas besser steht es mit dem ON. Thüste bei Hameln, 1022 (F.) Tiuguste, ThiugusteDie Frage, ob der Beleg Tuistai aus den Trad. Corb. auf Thüste bezogen werden kann607 ist mit Schütte,Corvey 169 negativ zu beantworten (der Beleg gehört zu Twiste bei Korbach). Geht man mit Kuhn von einer -5i-Bildung aus, so ist zunächst zu fragen, ob „der Name des dortigen Baches"608 für die Namengebung ausschlaggebend gewesen ist. Die Untersuchung von Kettner (S.309) spricht nicht dafür; der Bach ist erst seit Anfang des 18.Jh. belegt (Thüster back, die Thüester Becke, Tüster Bache) und sein Name ist von dem O N . abgeleitet. Somit bleibt die Möglichkeit einer -si-Bildung im ON. Thüste < *Tiugusta bestehen. Die Etymologie ist schwierig, denn es besteht eigentlich nur die Möglichkeit, an eine Verbindung zu germ. *tiuhan „ziehen usw." zu denken. Zieht man das semantisch vielleicht ähnliche dt. Trift/treiben hinzu, so wird man zu einigen Namen wie Touge, de Tenge u.a. geführt, die zu mnd. tog „Landstrich, Gemeindewiese, Weideplatz" gestellt werden609. Hier sehe ich die einzige Anknüpfungsmöglichkeit für Thüste. Problematisch ist der WgN. Trikasti bei Sondershausen, 750/779 (Tricusten), um 860 Tricaste, Trichasti, 876 Thricusti, 1128 Dricten, der nach H. Walther 236 „am Zusammenfluß dreier Bäche mit der Helbe" liegt. Kuhn III 125 sieht eine Parallele in dem Stammesnamen Tricastini in Südostfrankreich. Ohne Erklärung der in diesem Fall unterbliebenen Lautverschiebung ist der Vergleich wertlos. Der Verdacht liegt nahe, daß das Zahlwort „3" Bestandteil des Namens war oder eingewirkt hat; kaum zu lösen, nicht kartiert.
605 606 607 608 609
E. Förstemann, Dt. ONN. 251; Kuhn III 130; E. Höring, op.cit. 153 f. Förstemann 11,2,997; Kuhn III 125. Zustimmend Förstemann 11,2,997. E. Förstemann, a.a.O. S. Förstemann 11,2,997; Jellinghaus 164.
238
Suffixbildungen
In den Traditionen des Klosters Tegernsee wird 1091 ein Ort Oliste genannt; eine genauere Lokalisierung fehlt610. Die Bildung mit dem Suffix -istscheint sicher zu sein; H. Krähe weist in diesem Zusammenhang auf die „Weiterentwicklung" in der -sir-Bildung Ulster hin (dazu s. u.). Aufgrund der unsicheren Lage nicht kartiert. Ubergehen möchte ich aus diesem Grund auch den Stammesnamen Varisti, obwohl dieser Name etymologisch eng mit den zwei Ortsnamen Varste bei Verden bzw. Welschen Ennest (-si-Bildung, vgl. oben) verwandt sein kann. In dem ersteren, der ca. 1260 als Verste belegt ist, sieht Kuhn III 128 „wohl ein[en] Verwandte[n] der kaum mehr als 1 Meile entfernten Varistina", zu deren Etymologie ich oben schon Stellung genommen habe. Ich denke, es ist nicht zu gewagt, auch die beiden O N N . Varste als -sí-Ableitung zu got. faran zu stellen. Diese ausschließlich auf germanischen Material aufbauende Etymologie findet in dem nächsten Namen eine Bestätigung. H. Kuhn hat den ON. Villigst bei Ergste (ebenfalls -si-Bildung, vgl. 1096 Argeste usw. sowie oben zur Deutung des Namens) aufgrund seiner älteren Belege 1170 Vilgeste, 1479 Velgestbn mit Recht als -si-Bildung bezeichnet, allerdings weiter vermutet, „daß Villigst (aus *Felgist-) mit dem Namen Belgae zusammenhängt, mit / aus idg. bh"bn. Dieser Versuch scheitert wie schon Kuhns Verbindung von Faristina mit Bareste in Ligurien (s.o.) an der Entwicklung von germ. im Anlaut. Es ist allein möglich, von germ, / auszugehen. Das ist umso leichter, als es im Germanischen sichere Vergleichsmöglichkeiten im Wortschatz gibt. Schon H. Jellinghaus hatte erwogen, an dt. feigen „das Land braken, streken, leicht pflügen" anzuknüpfen. Man vergleiche weiterhin die Hinweise von Hessmann 156 und ders., Naamkunde 1(1969)204 auf falge „ungepflügtes Brachland", dazu auch J. Hoops, PBB. 37(1912)313 ff., sowie die wichtigen Bemerkungen zu den englischen Ortsnamen bei Smith I 164 f. An der rein germanischen Etymologie des Namens Villigst kann kaum ein Zweifel bestehen. Anders steht es sicher um den Vintschgau, in dem Kuhn III 130 wegen eines älteren Belegs Venosta eine -si-Bildung sieht. Man vergleiche dazu jedoch Förstemann 11,1,886, wo deutlich wird, daß von einem Stammesnamen Venostes auszugehen ist; nicht kartiert. Ahnlich problematisch ist der von Kuhn genannte ON. Vust in Nordjütland, „alt Vrst, ursprünglich auch Insel, vielleicht ein * VI arista ..., oder = Or«si?"613. Ich habe Zweifel, darin ein -si-Suffix zu sehen, zumal auch Norwegen einen entsprechenden Ortsnamen Vust-Vand kennt; dennoch in die Karte aufgenommen. Die Angaben von H. Kuhn müssen immer wieder überprüft werden. Das zeigt sich besonders deutlich bei den nächsten beiden Namen. Kuhn führt den 610 611 612 6,3
E. Förstemann, Dt. O N N . 251; Kuhn III 130; H. Krähe, BNF. 10(1959)11. Förstemann 11,1,882; Jellinghaus 64. Kuhn III 127. Kuhn III 130.
-st- Suffixe
239
O N . Werste bei Oeynhausen mit den alten Belegen „Werste, Werreste" an, sieht darin ein -5i-Suffix und die Wz. * War- und vergleicht den Namen mit Varus, Warantia, Warina und Varisti, Stamm im östlichen Bayern614. Es handelt sich um den O N . Werste an der Werre bei Minden, der 1233 als Werresete überliefert ist615, und daher wahrscheinlich als Kompositum mit -sete(n) „Sitz, Wohnsitz, Niederlassung" (an der Werre) aufzufassen ist. Kaum besser steht es um zwei weitere von H. Kuhn in diesem Zusammenhang herangezogene Namen. Es sind Wersten bei Düsseldorf, 1062 Werstine, Mitte 12.Jh. in Wersteine6U und Werstinghausen bei Recklinghausen, 1062 Werstine617. Bei beiden kann letztlich nicht ausgeschlossen werden, daß ein Kompositum mit dt. Stein vorliegt. Hierher gehört vielleicht auch der nur einmal 752 erwähnte und nicht zu lokalisierende WgN. Weresteinil*. Das gilt auch für den folgenden Namen, den Kuhn III 127 mit dem Ort Vetestum in Galatien (!) vergleicht. Er erscheint nur einmal im 10. Jh. als UUithuste619, darf wohl bei Werne an der Lippe lokalisiert werden, gehört aber keineswegs zu den -si-Bildungen, sondern enthält im Bestimmungswort wit „weiß" und im Grundwort westfäl. büste, fränk. hauste „(Getreide)haufen im Feld, Kornhaufen, Miete, Heumiete"620. Unsicher ist auch die Zugehörigkeit des ON. Zemst bei Brüssel, für den Kuhn III 130 den Beleg 1150 Sempst nennt. Gysseling kennt diesen jedoch nicht, sondern nur 1181 (K. 14.Jh.) Semse621. Es sieht ganz so aus, als sei in diesem Fall -t sekundär („euphonisch"?) angetreten, zu unsicher, nicht kartiert. Viel besser ist es dagegen mit der Bestimmung von Suffix und Ableitungsgrundlage bei unserem letzten Namen bestellt, den H. Walther genannt hat. Es ist „Zingst bei Nebra . . . , 1203 Cindest, 1206 Zindesti, germ. *Tindest-, zu tind- < idg. 5''dendhu- ,Bergspitze, Zacken', mhd. zint, -des,Zacke, Zinke"' 622 . Dieser Name ist somit - wie so mancher andere - allein aus germanistischen Material heraus erklärbar. Wir sind am Ende der Namenzusammenstellung. Es empfiehlt sich zunächst ein Blick auf die Verbreitung (Karte 26, S. 240). Sie ist im wesentlichen identisch mit einer von H. Kuhn623 vorgenommenen Kartierung, enthält jedoch zwei kleine, aber bedeutsame Unterschiede: zum einen ist es der Nachweis von -íí-Bildungen im Baltikum (von denen ich nur einige wenige
614 615 616 617 618
620 621 622 623
Kuhn III 125,126,127. Jelünghaus 152. Gysseling II 1063. Förstemann 11,2,1278. Förstemann 11,2,1275. Gysseling II 1084. Förstemann 11,1,1533; Jelünghaus 114. Gysseling II 1100. H. Walther 236. Kuhn III 126
240
Suffixbildungen
als Beispiele für die Verbreitung aufgenommen habe), zum anderen wirft die Differenzierung in Gewässer- und Ortsnamen ein etwas anderes Licht auf die Streuung der Namen. H. Kuhn hat in seinen Publikationen immer wieder auf die angeblich starken Beziehungen zwischen dem „Nordwest-Block" und dem mediterra-
-Jt-Suffixe
241
nen Bereich abgehoben. Ich hatte dazu anhand einer seiner letzten Veröffentlichungen (Das letzte Indogermanisch) schon mit Hilfe einer intensiveren Auseinandersetzung und auch Kartierung Stellung genommen624. Dabei hatte sich bereits ergeben, daß der „Nordwest-Block" nicht unbedingt auffallende Beziehungen mit Südeuropa, sondern mit dem europäischen Osten besitzt. Die hier jetzt diskutierten -st-Bildungen zeigen Ahnliches, wobei ich allerdings damit nicht sagen möchte, daß unmittelbare Beziehungen zwischen den baltischen Namen und dem Bereich zwischen Elbe und Scheide bestehen oder bestanden haben müssen. Es kann sich durchaus um eine unabhängig voneinander ablaufende Entwicklung gehandelt haben, wobei auf die gleichen ererbten Elemente zurückgegriffen worden ist. Wie schon in der Auseinandersetzung mit dem letzten Indogermanisch, zeigt sich m.E. auch bei den -st-Bildungen zweifelsfrei, daß Kuhns Thesen, der Norden Mitteleuropas sei in überdurchschnittlicher Weise mit der Mittelmeerwelt verknüpft gewesen, abzulehnen sind. Der zweite Unterschied zur Kartierung H. Kuhns liegt in der Differenzierung in Gewässer- und Ortsnamen. Unsere Karte zeigt, daß die -st-Bildungen in der Hydronymie weiter gestreut sind. Sie sind zweifellos - das hat H. Krähe schon zeigen können - mit der alteuropäischen Gewässernamenschicht verbunden und darin eingebettet. Dagegen finden sich -st-Formantien im Siedlungsnamenbereich vornehmlich in drei Gebieten: zum einen natürlich in zahlreichen Namen des nördlichen Mitteleuropas, zum zweiten (allerdings nur vereinzelt) im Baltikum und zum dritten in den Mittelmeerländern. Diese durch keine überbrückenden Toponyme deutlich voneinander getrennten Gebiete sprechen nach meiner Auffassung eindeutig dafür, daß hier unabhängig voneinander ererbte -st-Formantien in der Ortsnamengebung erneut produktiv geworden sind. Selbst innerhalb der zahlreichen Topo- und Hydronyme Norddeutschlands, der Niederlande und Belgiens lassen sich Differenzen erkennen: der Bereich der Hydronyme ist enger begrenzt, sie sind nur zwischen Rhein, mittlerer Weser und Saale nachweisbar, während mit -stgebildete Siedlungsnamen sowohl westlich wie auch nördlich davon ausgreifen. Auch dieses Bild spricht dafür, daß wir es bei den Ortsnamen mit -st-Suffixen um eine spätere, jüngere Schicht zu tun haben. Die Bestätigung dafür haben wir schon verschiedentlich finden können, wenn sich herausstellte, daß ein Name einwandfrei mit germanistischen Mitteln erklärt werden konnte. Wir wollen dazu jetzt noch einmal zusammenfassend zurückkommen, in aller Kürze die einigermaßen sicheren -st-Bildungen auflisten und uns zugleich fragen, wie es mit H. Kuhns zweiter These, es handele sich bei den -st-Bildungen um vorgermanische oder sogar vorindogermanische Elemente, steht. Zunächst ist festzuhalten, daß die Ortsnamen mit 5t-Suffix in ihrem präsuffixalen Element die unterschiedlichsten Varianten zeigen. Mit einiger Sicher-
624
Vgl. J. Udolph, Zur frühen Gliederung des Indogermanischen, IF. 86(1981)30-70.
242
Suffixbildungen
heit läßt sich -est- nachweisen in Al-est, Ar-est, Id-est-, Lameste, Tind-est-; -ast- erscheint offenbar in Ap-l-ast, Har-ast-, Landast und Bredh-asti; sehr häufig ist -ist-: Bil-ist, Burd-ist, El-ist-, Am-ist-, An(d?)-ist-, Arg-ist-, Agr-ist-, Far-ist-ina, Har-ista, Lev-ista, Ram-ista, Sal-ist-, Far-ist, Felg-ist. Unsicher ist der Vokal bei Dur-st-, was an der späten Überlieferung liegen kann. Schließlich ist zweimal -ust- belegt (Seg-ust-, Tiug-ust-), wobei auffällig ist, daß beide offenbar eher einzelsprachlicher (germanischer) Herkunft sind. Die Vielfalt des Suffixes stimmt vollkommen mit den Beobachtungen im appellativischen Bestand überein. Vor allem im Germanischen und Baltischen läßt sich Entsprechendes leicht nachweisen. Für die meisten der zusammengestellten Ortsnamen werden dabei die germanischen Verhältnisse verglichen werden können. Die Verbindungen mit der alteuropäischen Hydronymie sind - wie schon verschiedentlich betont wurde - nicht zu übersehen. Hier sei noch einmal in aller Kürze an Apfelstädt ("'rAp-l-asta), Arestbacb, Innerste, Aalst/Alst/Alesta/Eist, Emst, Ergste, Exter, Harste, Ramst und Rumst erinnert. Von hieraus könnte man durchaus der Meinung sein, daß es sich bei den -si-Namen um voreinzelsprachliche Relikte handelt. Verschiedene Beobachtungen widersprechen dieser These jedoch. So ließen sich immer wieder Verbindungen zu den germanischen Namentypen mit -ithi- finden, besonders deutlich wird sich Entsprechendes noch in dem nächsten Kapitel über die -sir-Bildungen zeigen lassen, auch dürfen die Verknüpfungen mit germanischen -r- und -s-haltigen Toponymen nicht übergangen werden. Ein letztes und sicher nicht unwesentliches Argument bilden Siedlungsnamen mit -íí-Formans, die eindeutig aus dem Germanischen erklärt werden können. Es sind dieses (Unsicheres bleibt beiseite) Awist, Beverst, Eext, Ehrsten, Idesten/Itzstedt, Landast, Riemst, Selsten/Zelst/Zeelst, Thüste, Villigst, Zingst. Dieses Material zeigt, daß das offenbar ererbte -si-Element auch noch (und offenbar kontinuierlich) zur Bildung germanischer Gewässer- und Ortsnamen verwendet worden ist. Hier möchte ich nun auch die strittige Sippe um Faristina/ Varste/Verste einbringen. Angesichts der zahlreichen rein germanischen Bildungen sollte man bei der Etymologie auch dieser drei Namen den direkten und kürzesten Weg zu einer germanistischen Deutung einschlagen und ernsthaft erwägen, ob nicht - wie schon verschiedentlich angesprochen - eine Ableitung zur germanischen Sippe um got. faran ins Auge gefaßt werden kann. Auffällig ist in diesem Zusammenhang noch, daß gewisse „Wurzelerweiterungen", die schon bei der Behandlung der -z'iÄz-Bildungen beobachtet werden konnten, auch bei den -st- Namen eine Rolle spielen, man vergleiche Ask-rithi und Wang-r-ithi gegenüber Ag-r-ista > Exter und Ind-r-ist-a > Innerste. Wenn H. Kuhn die Meinung vertritt, daß die -st- Bildungen „von der -a-Mode ergriffen" worden seien625, so läßt sich dieses mühelos mit germanischem
625
Kuhn III 126 f.
-íír-Suffixe
243
Einfluß und germanischer Entwicklung erklären. Weit problematischer war es, die Unzulänglichkeiten, die sich in der Darstellung von H. Kuhn immer wieder fanden, aufzuspüren und zu klären. Auf seine Angaben zu historischen Belegen und Identifizierungen ist nur bedingt Verlaß. Wir kommen zum Schluß in der Erörterung der -íí-Bildungen. Als wichtigste Punkte möchte ich nochmals herausstreichen: 1. Es handelt sich um ererbte Bildungsmittel, die auch in der alteuropäischen Hydronymie veranktert sind; 2. Das Baltische kennt besonders zahlreiche Namen; 3. Die -îi-Namen des Mittelmeerraumes können nicht als verwandte Bildungen zu nordmitteleuropäischen Toponymen betrachtet werden. Zum Teil handelt es sich bei jenen um -t-Bildungen, die an -s-Stämme angetreten sind. 4. Die -íí-haltigen Gewässer- und Ortsnamen nördlich der deutschen Mittelgebirge und im Nordwesten verraten Kontinuität in der Bildungsweise. Darunter befinden sich nicht wenige, die eindeutig aus dem Germanischen heraus entstanden sind. 5. Die -íí-haltigen norddeutschen, niederländischen und belgischen Namen sind daher zu nicht geringem Zeil Zeugen germanischer Namengebung und Besiedlung. Die Annahme eines „Nordwest-Blocks " oder einer unbekannnten Bevölkerung zwischen Germanen und Kelten kann durch sie nicht gestützt werden. 6. Die -si-Namen zeigen in wesentlichen Punkten (Ableitungsgrundlagen, Streuung, einzelsprachliche - d. h. germanische - Herkunft) Deckung mit den -ztÄz-Bildungen und den -s- und -r-haltigen Formantien. Sie sind ebenso wie diese Zeugen germanischer Siedlung.
5.
-str-
Wir hatten bei der Erörterung des -st- Suffixes bereits mehrfach darauf verwiesen, daß es offenkundige Beziehungen zu appellativischen Bildungen und Namen mit einem -sir-Formans gibt. Diese Beobachtung hatte H. Krähe bereits vor mehr als 40 Jahren gemacht626. Zehn Jahre später hat er darauf noch einmal Bezug genommen und ausgeführt: „In [dieser] Untersuchung über si-Bildungen wurde S. 232 f. gezeigt, daß neben dem ,reinen' si-Suffix in einer Reihe von Sprachen Formen mit -str- auftreten, z.B. got. awistr neben ahd. ewist „Schafstall", norw. naustr neben naust „Bootsschuppen", lat. campestris, palustris neben caelestis, agrestis usw. Derartige Dubletten, deren Entstehung in eine noch voreinzelsprachliche Schicht zurückreichen dürfte, erlauben es, den Bildungen wie *Alesta, *Alista weiter auch die FlN. Alster und Elster
626
Vor allem in seiner Untersuchung über die i£-Bildungen in den germanischen und indogermanischen Sprachen, PBB. 71(1949)225-250.
244
Suffixbildungen
anzureihen"627. Auch anderen Forschern ist dieses aufgefallen, so vergleiche man ζ. B. die Bemerkungen von S. Feist in dessen Vergleichendes Wörterbuch der gotischen Sprache, Leiden 1939, S.70, weiterhin Krahe-Meid III 184, T. Andersson628, W. Meid629 und A. Bammesberger, Die Morphologie des urgermanischen Nomens, Heidelberg 1990, S.87f. Es ist dabei aufgefallen, daß gerade das Germanische in seinem Wortschatz Bildungen mit -str- kennt. Neben den oben schon genannten Beispielen sei noch verwiesen auf dt. Laster < *lah-stra-, Polster < *bulh-stra-, anord. mostr < *muh-stra- u.a.m. Neben diesen offenbar älteren Bildungen, in denen das Suffix an Wurzeln mit gutturalem Auslaut antrat, sind auch Bildungen mit Zwischenvokal bzw. in sekundärer Ableitung an vokalisch auslautende Vorderstücke zu beobachten. „Diese Bildungen sind vornehmlich Ortsbezeichnungen"630. Hierunter fallen z.B. got. hulistr „Hülle" neben ablautendem altenglischen helustr, heoloster, weiterhin altenglisch gilister, geoloster „Geschwür", das schon erwähnte gotischc awistr u.a.m. Vom germanischen Standpunkt handelt es sich „offensichtlich um ein sehr altertümliches Suffix"631. Dabei sei noch einmal mit einem Zitat von Krahe-Meid III 164 auf die engen Beziehungen zwischen -st- und -sir-Bildungen verwiesen: neben den „Bildungen mit -str- [stehen] von alters her gelegentlich solche ohne -r- ...". Es verwundert eigentlich, daß diese Erkenntnisse bisher noch nicht dazu genutzt wurden, den appellativischen Bereich zu verlassen und das hier in Rede stehende Wortbildungselement im onymischen Bereich aufzusuchen und zu verfolgen. Außer einigen Ansätzen bei H. Krähe, E. Barth, T. Andersson, G. Schlimpert u.a.632 fehlt eine Zusammenstellung der hierher gehörenden Hydro- und Toponyme. Dabei gibt es bemerkenswerte Äußerungen, die für die Frühgeschichte des Germanischen von einiger Bedeutung sein könnten. So hat E. Barth bemerkt, daß sich „Gewässernamen mit dem -str-Suffix . . . nur in einem bestimmten Gebiet Mitteleuropas [befinden] und . . . sich teilweise mit den apa-Namen [berühren]"633. Besonders bedeutsam sind dabei die Beziehungen zu den si-Bildungen im germanischen Namenschatz. Auch die Streuung beider Namentypen wird zu beachten sein.
627 628
629
630 631 632 633
H. Krähe, BNF. 10(1959)10. Namn i Norden och det forna Europa, Uppsala 1989, S.33ff. und vor allem S.92-112 (mit Hinweis auf weitere Literatur). IF. 69(1964/65)218ff.; ders., Die Sprache ll(1965)122ff.; ders., Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 79(1965)291 ff. Krahe-Meid III 184. T. Andersson, Namn i Norden . . S . 3 5 . Darunter ein erster bescheidener Versuch von mir selbst in BNF. NF. 24(1989)271-274. E . B a r t h 33.
-Jtr-Suffixe
245
Ich möchte die bis heute bestehende Lücke schließen und im folgenden die mir bekannt gewordenen Bildungen mit dem Element *-s£r-, meistens als *-istra oder ''-astra belegt, auflisten634. Aus dem germanischen Namenmaterial dürfte die Sippe um die deutschen Flußnamen Alster und Elster am bekanntesten sein. Zu ihr gehören zahlreiche Namen in Deutschland und Skandinavien, zu denen ich vor kurzem an anderer Stelle635 ausführlicher Stellung genommen habe. Es sind im einzelnen: Alstern, SN. bei Lenhofda, Smáland; Alster, See- und Ortsname nördl. von Karlstad in Värmland; Alstern, SN. bei Brattfors, Värmland; Alster Â, Fluß nördl. Kalmar; Alster, r. Nfl. d. Elbe in Hamburg; Alster Bach, GN. bei Coburg; Alster, Nfl. der Diemel. Mit Umlaut gehören hierher Schwarze Elster, r. Nfl. d. Elbe mit Nfl. Kleine Elster und ONN. Elster, Elstra und Elsterwerda; (Weiße) Elster, r. Nfl. d. Saale mit O N N . Bad Elster und Elsterberg; Elster, Nfl. d. Apfelstädt; Elster Bach, Nfl. d. Hase. Auf Einzelheiten gehe ich hier nicht mehr ein. Die Namen gehören mit den Grundformen *Al-astra und *Al-istra (> Elster), zu idg. *el-/ol- „fließen usw.". Es ist die umfangreichste Sippe innerhalb der -str-Bildungen. Ihre Verflechtung mit der alteuropäischen Hydronymie ist kaum zu bestreiten. Dennoch zeichnen sie sich in einem gewissen Sinn aus: ihre Verbreitung ist auf diejenigen Gebiete beschränkt, die seit alters her zu den germanischen Wohnsitzen gezählt werden. Wir sollten dieses festhalten und mit den nun folgenden -str-Bildungen konfrontieren. Fraglich ist die Zugehörigkeit von Asdorf(bach) im Westerwald, in der nach Barth 66 eine -str-Bildung vorliegen soll; nicht kartiert. Eine relativ sichere -str-Bildung liegt dagegen in dem FIN. Ballestre in Gloucestershire vor, 940 (K. 12.Jh.) Ballestran636. E. Ekwall macht sich a.a.O. Gedanken zur Etymologie und erwägt einen Zusammenhang mit dem altengl. Adjektiv *bellig, „from which O E bylgian is in its turn a derivative". Es könnte sein, daß hier ein weiterer Vergleichsname zu der von mir eingangs behandelten Sippe um germ, balge „Priel, Wasserlauf, Vertiefung, Tal" vorliegt. Ebenfalls mit dem Suffix -str- gebildet ist der FIN. Beemster bei Alkmaar in den Niederlanden, 1083 (F. 12. Jh.) flumen Bamestraa7, die Etymologie ist noch unklar638. Das gilt auch für die Beuster, Nfl. der Innerste bei Hildesheim, 1305 Bostere, 1308 Botestere usw.639.
634
635
'636 637 638 639
Das Material ist Von mir im wesentlichen - aber nicht in der hier angestrebten Vollständigkeit - bereits in einem Vortrag in Brandenburg am 4.9.1991 unter dem Titel „Alteuropäische und germanische Namen in Brandenburg und seiner Umgebung", wobei vor allem der Namen der Emster (s. u.) behandelt worden ist, vorgetragen worden. Gedruckt in: Beiträge zur Entstehung und Entwicklung der Stadt Brandenburg im Mittelalter, Berlin - New York 1993, 1-28. J. Udolph, Beiträge zur Namenforschung, Neue Folge 24(1989)271-274. Vgl. Ekwall, ERN. 26; T. Andersson, Namn i Norden, S.93. Gysseling I 114 S. Schönfeld 38. Zu weiteren Belegen und der Deutung s. Kettner 25 f.
246
Suffixbildungen
Für fraglich halte ich die Zugehörigkeit der zwei FIN. Βlisterbœkken in Norwegen640. Ohne ältere Belege sollte man Vorsicht walten lassen; daher nicht kartiert. Das gilt ebenso für Busteraaen in Norwegen641, zumal die Herkunft von dem Pflanzennamen bust, burstM1 sehr wahrscheinlich ist; nicht kartiert. Anschließen könnte man hier eher den Bergnamen Deister bei Hannover, jedoch läßt der älteste Beleg aus dem 12. Jh. (K. 14.Jh.) Desther nemusMi doch die Frage aufkommen, ob nicht eher -ter „Baum" vorliegt644. Es fällt schwer, ein Suffix -str- abzutrennen; nicht kartiert. Ein wichtiger Name in diesem Komplex ist jedoch der der Emster, eines Nebenflusses der Havel bei Brandenburg. Seine älteren Belege 1351 Demester, 1374 Dempster, 1442 von der deinster, 1772 Emstek können hinsichtlich der Ableitungsgrundlage unterschiedlich interpretiert werden. In der Frage des Suffixes gibt es aber keine Differenzen. Der Name ist schon mehrfach namenkundlich untersucht worden. Er hat noch in jüngster Zeit einem Ort seinen Namen gegeben: erst 1937 wurde Schwina in Emstal umbenannt646. Die Diskussion wurde lange von einem Aufsatz von M. Bathe bestimmt. In seinem Beitrag Die Emster und die AmstelM7, hat er - getreu der von ihm immer wieder nachhaltig vertretenen Auffassung einer Übertragung aus dem Westen (vor allem aus dem Niederländischen)648 wahrscheinlich zu machen versucht, daß der Name der Emster aus dem alten deutschen Sprachgebiet entstammen muß, „weil ihre Form an Alster oder Ulster erinnert"649. Weiter heißt es bei Bathe, a.a.O.: „Da aber zur Zeit der Namengebung, im 12. Jh., weder Stamm,Em-' noch Suffix ,-ster' im Gebrauch waren, kann der Name nur übertragen sein". Dabei weist M. Bathe allerdings Hefftners Auffassung im Namenverzeichnis zu Riedels Codex diplomaticus Brandenburgensis, Berlin 1867, zurück, der alte Name habe Demster gelautet650. Es sei von *Emster < *Amistra auszugehen. Auf den wahrscheinlich verwandten Namen Amstel, der auch in dem Ortsnamen Amsterdam fortlebt, gehe ich hier nur kurz ein. Zur Diskussion verweise ich auf den schon von M. Bathe herangezogenen Beitrag von J.W. Muller, Amsterdam en Amstel651, auf Schönfeld 43 ff., die Ablehnung von M. Bathes These durch D.P. Blok652 und das jüngst erschienene Lexicon van
640 641 642 M3 644 645 646 647 648
649 650 651 652
Notiert bei Rygh 19. Rygh 25. Ebda. 316. Förstemann 11,1,702. Ebda. Freundl. Mitteilung von G. Schlimpert sowie Beleg bei Riedel C I, S.248. S. R . E . Fischer, Die Ortsnamen der Zauche, Weimar 1967, S.56. Niederdeutsches Jahrbuch 79(1956)85-95 Z. B. in seinem Aufsatz Lichtervelde - Lichterfelde, Wissenschaftliche Zeitschrift der Universität Rostock, Gesellschafts- und Sprachwissenschaftliche Reihe 4,1954/55,95—121. M. Bathe, Emster, S. 85. Ebda., S. 93. Nomina Geographica Neerlandica 9(1934)133 ff. BNF. 10(1959)283 (mit Anm. 4).
-sir-Suffixe
247
nederlandse toponiemen tot 1200, Amsterdam 1989, in dem Amstel als „gebied rondom Ouderamstel (Noordholland)" aufgefaßt wird (S.66), und in dem nach Auffassung der Autoren des neuen niederländischen Ortsnamenbuches „waarschijnlijk een archaische waternaam" vorliegt (S.67). In dem Schlußwort seines schon mehrfach zitierten Beitrags hat M. Bathe geäußert: „Die brandenburgische Emster bezeugt durch ihren Namen die Ansiedlung von Holländern . . ." 653 . Gegen diese Auffassung hat G. Schlimpert völlig berechtigt Einspruch eingelegt654 und unter Bezug auf H. Krähe655, wo aber nur zur Wurzel, nicht zum Flußnamen Emster selbst Stellung genommen wird, knapp dargelegt: „Der Name der Emster läßt sich ohne Schwierigkeiten auf eine germanische Form Amistra, zu ide. ''am- ,Flußbett, Graben', zurückführen". Wir haben es offenbar mit einem Hydronym zu tun, das zwar zu den voreinzelsprachlichen Bildungen der alteuropäischen Hydronymie gerechnet werden kann, aber in seiner Bildung germanischen Einfluß zu erkennen gibt. Bisher fehlt eine Zusammenstellung der hiermit verwandten Gewässer- und Ortsnamen656. Eine Wurzel ''am-lom- dürfte in den folgenden Appellativen vorliegen: alban. amé „Flußbett", griech. αμάρα „Graben, Kanal", ion. άμάρη, hethit. amiyir(a)- „Kanal" 657 . Geht man von dem Wortmaterial zu den davon abgeleiteten Namen über, so fällt schon bald auf, daß die „klassischen" alteuropäischen Bildungen, also etwa diejenigen mit -n-, -nt-, -r-, -s- und -t-, gut vertreten sind. Auch die Ableitungsgrundlage *Ama bzw. *Amia, läßt sich nachweisen. In aller Kürze gebe ich im folgenden einen Überblick über hierzu gehörende Namen; man vergleiche ''Ama evtl. in dem schwed. GN. Âmme < *Ama; ''Amia in Große, Kleine Emme (Nordschweiz), Emme(bach), mua. auch Emsbach, bei Ems, auch Hohenems, ON. im Vorarlberger Rheintal, 766 amede, 9. Jh. Amates, dort auch Ortsname Emmebach; ''Amia auch wohl in Amiette —> Aisne, 1141 Amia65'; weiterhin gehört hierzu der in der Flexion
653 654
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657
658
M. Bathe, Emster, S.95. Zeitschrift für Slawistik 28(1973)76; ders., in: Geografia Nazewnicza, Red. K. Rymut, Wroclaw usw. 1983, S.94. Unsere ältesten Flußnamen, Wiesbaden 1964, S.42. Die Sammlung von A. Brand, Die Ems und ihre Namensverwandten. Ein grundsätzlicher Beitrag zur vergleichenden Fluß-, Berg- und Ortsnamenkunde, Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde 76(1918)1-55, befriedigt heute nicht mehr. S. W. Nicolaisen, BNF. 8(1957)228; H. Krähe, BNF. 4(1953)51-53; ders., Unsere ältesten Flußnamen, S.42; J. Pokorny.IEW. 502. M. Vasmer, Schriften zur slavischen Altertumskunde und Namenkunde, Bd. 2, Berlin 1971, S.941; Greule 113ff.; E. Waser, Die Entlebucher Namenlandschaft, Luzern-Stuttgart 1988; W. Kleiber, BNF.NF. 24(1989)432, B. Boesch, BNF.NF. 16(1981)19; Th. Geiger, BNF. 16(1965)126f.; E. Boedecker, Studien über das Weiterleben und die Neuverwendung antiker Orts- und Provinznamen im österreichischen Mittelalter bis um 1250, Phil.Diss. Wien 1970, S.84f.; A. Dauzat, G. Deslandes, Ch. Rostaing, Dictionnaire étymologique des noms de rivières et de montagne en France, Paris 1978, S. 20.
248
Suffixbildungen
an die germanischen /ö-Stämme (Nominativ *Ami bzw. in den obliquen Kasus *Amia-659) angelehnte FIN. Eem —> Ijsselmeer bei Amersfort, 777 (K. 10. u. 11. Jh.) super alueum Hemi,... partes Hemi, um 1000 ab aqua Erna nominata, 1012-18 (Kopie 14. Jh.; Thietmar) ab aqua Erna, um 1160 (Vita Meinwerci) ad aquam Emmebba, dazu auch die O N N . Eembrugge, Eemdijk, Eemnes und der FlurN. Eemland. Der am Fluß liegende Ort Amersfort geht mit seinem Namen auf dieselbe Wurzel wie der FIN. zurück, enthält aber nach D.P. Blok 661 ein -r-Suffix (dazu s. unten). Bildungen mit einem Formans -n- sind sicher nachweisbar, vgl. Ohm — > Lahn, (um 750-779) (Kopie um 1160) Amana usw., mit den ON. Ober-, Nieder-Ohmen, Amöneburg (754-68, K. um 800 Amanaburg), < *Amana^2, weiterhin *Amana, erschlossener Name für ein Teilstück der Maas663, auch ''Amana in *Aman-êa, jetzt Ampney Brook, FIN. in Gloucestershire, ca. 1540 Amney Water, Amneybroke usw.664, ein -«-Element enthält auch der mittelrussische Flußname Amon', Varianten Omonja, Amon'ka665; vielleicht ist hier auch griech. Άμένα/, Flußname bei Catania666 anzuschließen. Bildungen mit -r-Formans wie Amer, Am(m)er < ''Amara sind vor allem im deutschen und niederländischen Sprachgebiet bezeugt, etliche Namen begegnen als Seegatten in Brabant und Zeeland667. Nach D.P. Blok, BNF.NF. 2(1968)19 sind es eher junge Bildungen, deren Grundlage in den Niederlanden offenbar länger bekannt und produktiv gewesen ist. Vgl. weiterhin Emmersloot, 1490 aenden aemere ... onder twater geheeten den Emer ... aenden eemer"^ und den ON. Amersfort, 1028 de Amersfoirde usw.669, dazu s.o. Eem. Aus Deutschland wären zu nennen: Ammersbek, FlußN. in Schleswig-Holstein670, hierzu evtl. auch Hamerbek, 1290 in amerbeke, et ab amerbeke usw.671; vgl. weiterhin die Ammer swurth er Au in Schleswig-Holstein mit dem O N . Ammerswurt, 1496 to
659
660 661 662
663 664 665 666
667
668 669 670
671
S. Greule 115; ähnlich D.P. Blok, BNF.NF. 2(1968)18. R . E . Künzel u.a., LNT. 123 nehmen eine Grundform *Ami an. Hydronymia Germaniae A 11, S. 9; LNT. 123. BNF.NF. 2(1968)18. Belege nach L. Reichardt, Die Siedlungsnamen der Kreise Gießen, Alsfeld und Lauterbach in Hessen, Göppingen 1973, S.232; H. Krähe, Β NF. 4(1953)53; ders., Struktur 312; ders., Ält. FlußN. 42. Krähe, Struktur 312. Ebda. W.P. Schmid, Alteuropa und der Osten im Spiegel der Sprachgeschichte, Innsbruck 1965, S.6. Weitere Belege bei H. Rix, Bausteine zu einer Hydronymie Alt-Italiens, Phil. Diss. Heidelberg 1950, S. 146. M. Schönfeld 44 f.; G. Kvaran Yngvason, op.cit., S.5; H. Krähe, Ält. FlußN. 42; J.V. v. Loon, Water en waternamen in Noord-Brabants zuidwesthoek, Leuven-Brussel 1965, S. 19 f. J.V. v. Loon, op.cit., S. 19. Hydronymia Germaniae A 11, S. 54. Hydronymia Germaniae A 16, S. 11; mit -r-Suffix gebildet nach W. Laur, BNF.NF. 16(1981)120. Hydronymia Germaniae A 16,145; anders (< *ambhr-): A. Schmitz, Die Ortsnamen des Kreises Herzogtum Lauenburg und der Stadt Lübeck, Neumünster 1990, S.395.
-ítr-Suffixe
249
Ammersword, „am wahrscheinlichsten . . . "'Amara""2 sowie 1692 Amer Wisch, GN. im Bereich der oberen Wümme673. Auch der Name Großer Hamerlob, 1721 up dat grote Amerlohe usw. geht nach P. Hessmann (ebda.) auf einen FIN. *Amer zurück, bei weiteren norddeutschen Hammer-Namen kann ähnliches vermutet werden674. Die Amorbäche Süddeutschlands bleiben wohl eher fern, aber gilt das z.B. auch für den Amorbach im Maingebiet, 1464 in der Amer bachi675 Die für die alteuropäische Hydronymie typischen -wt-Bildungen sind ebenfalls gut bezeugt. Es lassen sich anführen: Amanee —> Saône, mit O N . Amanee, < ''Amantia; Amanee —> Aube, mit O N . Amanee, < * Amanda; ^Amantia in einem Flußnamen in Pannonien, zu erschließen aus dem bei Plinius und Ptolemaeus erwähnten VN. Amantini; wahrscheinlich sind auch die O N N . Amantea in Bruttium, alt Amantia und Amantia in Südillyrien, auch Ethnikon Amantini anzuschließen676. Häufig sind -s-Bildungen677, die schon lange durch den Namen der Ems aufgefallen sind. Man vergleiche: Ems —> Nordsee, Tacitus, Annalen ad flumen Amisiam, Mela Amissis, Adam v. Bremen Emisa, < *Amista; aus ''Amisa: Emsbach —> Lahn, 795 fluvium Hemisa, 805 fluminis ... Emisa-, Emse —> Hörsei —> Werra, 1003 Emisa; Emse(nbach) —> Ilm bei Bad Sulza, mit abgegangenem ON. Emsen, 9. Jh. Umisa, 1063 Imese, 1271 Emesa; Ems —> Eder, 1404 Eymese, dazu 1325 Emseberg usw.678. Bildungen mit -ί-Formantien sind vor allem in Osteuropa nachweisbar: Amata, FIN. in Litauen; Amata —> Gauja in Lettland; Amota, SN. bei Vecuni, 1554 podle holota Amotja; Omet —> Alle/Lyna, 1370-74 Omeyte, 1398 Amet usw., < preuß. *Ametem; vgl. weiter Amitäs, FIN. in Apulien, < Amita68t>, griech. Άμμίτη/, FIN. in Makedonien681. J. Pokorny, Urgeschichte 127 schließt hier auch den Flußnamen Amatissa, heute Amasse, Touraine, an.
672 673
674 675 676
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G. Kvaran Yngvason, op.cit., S.5; ähnlich W. Laur, BNF.NF. 16(1981)120. P. Hessmann, in: Name und Geschichte, H . Kaufmann z. 80. Geburtstag, München 1978, S. 198. Vgl. ders., Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S. 196. Hydronymia Germaniae A 7, S. 4. H . Krähe, BNF. 2(1951)123, 4(1953)52; ders., Struktur 312; G. Kvaran Yngvason, op.cit., S.5; J. Pokorny, Urgeschichte 127. Dazu zusammenfassend W.P. Schmid, RGA. 7,274. H . Krähe, Struktur 313; W.P. Schmid, a.a.O.; Hydronymia Germaniae A 4, 22f.; H. Krähe, Ält. FlußN. 42; H. Walther 235; Hydronymia Germaniae A 5, S. 23. H . Krähe, Struktur 312; J. Otrçbski, Lingua Posnaniensis 1(1949)228; H. Krähe, Alt. FlußN. 42; A. Vanagas, LHEZ. 41; Opisanie zmudckoj zemli ν 1554 f., Archeograficeskij slovnik dokumentov, otnosjascichsja k istorii severozapadnoj Rusi, Bd. 8, Vil'na 1870, S. 109.; M. Biolik, Hydronimia dorzeeza Pregofy ζ terenu Polski, Olsztyn 1987, S. 160. H . Krähe, BNF. 4(1953)53; W. Nicolaisen, BNF. 8(1957)228); allerdings erwägt H. Rix, Bausteine zu einer Hydronymie Alt-Italiens, Phil.Diss. Heidelberg 1950, S. 118 auch die Lesung Aritas (!). H . Krähe, BNF. 4(1953)53; W. Nicolaisen, BNF. 8(1957)228.
250
Suffixbildungen
Ein besonderes Problem sind -/-Ableitungen. In Westeuropa sind sie weniger häufig. Der Osten bietet da jedoch ein anderes Bild682 und das zeigt sich auch bei den hier diskutierten Namen. Allerdings gibt es im baltischen Bereich durch die Kreuzung mit dem baltischen Wort für die „Mistel" (s. u.) besondere Probleme. Sicheres Material bietet daher vor allem Westeuropa: *Amalä, heute Amalbuma, nach 991 to, from Amalburnan, alter Name d. Box in Suffolk; "'Amalä. in Amble, Ortsname in Cornwall, sehr wahrscheinlich alter Name eines Flusses, 1086 Amai, 1306 Amaleglos; Amel, Ortsname im Département Meuse, 982 Amella; Amel, Bach bei Eltville; Mahne, linker Nebenfluß des Po, Geogr.Rav. Amaitine, 11. Jh. Amalone, dort auch unbekannter Nebenfluß Amalonam. Fraglich ist die Zugehörigkeit von Ammelbach —> Röllbach --> Main und Ammels-Bach — > Schondra684, schwer ist auch der FIN. Emmelke, 1185 Amlake usw.485 einzuorden. Altpreußisch emelno, litauisch amalas, lettisch ämuls, amuls, amuols „Mistel" ist sicher die Grundlage für einige oder mehrere der folgenden Namen: Amalyas, Amale, Amalis, Amalka, Amule, Amulle, Amelung, Ammeling, Amalvè, Omoli, Omoly, Amoli, Amoly, Omulle, Amuol'e, Amalka, *Amalvas in Omelovka, Omolva u.a.m.686. Gelegentlich wird aber auch Zugehörigkeit zu unserer Sippe um idg. r'am-/om-erwogen, so von G. Kvaran Yngvason, op. cit. 5 für den FlN. Amalis, auch M. Biolik687 schwankt bei der Deutung des Seenamens Klebarskie Jezioro, 1352 in lacu amelung, 1357 circa lacum Amelung usw. zwischen der Verbindung mit bait, *amel- „Mistel" und unserer Wurzel "'am-, ähnlich hat I. Duridanov bei der Diskussion von *Amala oder *Amela (-as), der mutmaßlichen Grundlage des verschwundenen balkanischen Ortsnamens Amlaidina argumentiert688, indem er an zahlreiche baltische Namen und an das baltische Mistelwort anknüpfte. Für H. Krähe, Ält. FlußN. 42, ist der Name Amule < *Amula, Nebenfluß der Abava in Lettland, in die voreinzelsprachlichen Bildungen einzureihen. Schließlich habe ich Bedenken, den bedeutenden Zufluß des Narew in Polen Omttlew, dessen Grundform auf
m 685
684 685 m
6,7 m
S. etwa Udolph, Stellung 319f. W. Nicolaisen, BNF. 8(1957)228; M. Förster, Themse 117; Ekwall, ERN. lt.; Förstemann 11,1,122; H. Rix, Bausteine 5; MGH.. Scriptares (in folio) XXX 1455. Hydronymia Germaniae A 7, S. 4. Hydronymia Germaniae A 16, S. 101. P. Arumaa, in: Aus dem Namengut Mitteleuropas, Festgabe für E. Kranzmayer, Klagenfurt 1972, S.6; A. Vanagas, LHEÈ. 41; V.N. Toporov, Prusskij jazyk, Bd. 1, Moskva 1975, S.81; Κ. Buga, Rinktiniai rastai, Bd. 3, Vilnius 1961; G. Gerullis, Die altpreußischen Ortsnamen, Berlin-Leipzig 1922, S. 9; M. Vasmer, Schriften II, S.941; J. Endzelins, Latvijas PSR vietvärdi, Bd. 1, Riga 1956, S.25; F. Daubaras, Baltistica 17(1981)84; K.O. Falk, Wody wigierskie i hucianskie, Phil. Diss. Uppsala 1941, S. 199 f.; A. Pospiszylowa, Toponima pohidniowej Warmii. Nazwy terenowe, Olsztyn 1990, S. 102 f.; V. Kiparsky, Die Kurenfrage, Helsinki 1932, S.78. Hydronimia dorzecza Pregofy ζ terenu Polski, Olsztyn 1987, S. 105. Thrakisch-dakische Studien, 1. Teil: Die thrakisch- und dakisch-baltischen Sprachbeziehun-
-str- Suffixe
251
einen alten ¿-Stamm weist ( x 'Omoly, *'Omohve), als einzelsprachliche Bildung mit dem baltischen Mistelwort zu verbinden. Dieses Material zeigt, daß an der Existenz einer indogermanischen, alteuropäischen Sippe um eine Wurzel *am-/om- nicht zu zweifeln ist. Ich habe das Material hier etwas ausführlicher ausgebreitet, da immer wieder Kritik gerade in Bezug auf die hier in Rede stehende Namensippe erhoben worden ist. So kann ich auch A. Scherers Meinung689, den Flußnamen Ohm, Ems, Amanee usw. liege die Wurzel „*oma- (in) ai. ama- ,Andrang, Ungestüm'; an. ama ,plagen, belästigen'" und „kaum . . . alb. amë ,Flussbett'" zugrunde, nicht zustimmen. Die von Scherer herangezogene Wurzel liegt zweifellos in Personennamen vor (so vor allem im Germanischen, man vergleiche den Namen des ostgotischen Königshauses), kaum jedoch in Flußnamen. Wenn andererseits H. Frisk in seinem Griechischen etymologischen Wörterbuch (Bd. 1, Heidelberg 1960, S.87.) für griech. αμάρα Herkunft aus dem Orient annimmt, so ist diese Auffassung angesichts der europäischen Flußnamen ebenso abzulehnen wie die von westeuropäischen Forschern vertretene Meinung, diese Wurzel könne nicht mit der alteuropäischen Hydronymie in Verbindung gebracht werden, „puisqu'aujourd'hui cette théorie est manifestement dépassée"690. Wie oben schon ausgeführt wurde, hat G. Schlimpert den Namen der Emster auf eine Vorform *Amistra zurückgeführt und mit der Wurzel *am-/omverbunden. Unsere Zusammenstellung der davon abgeleiteten Hydro- und Toponyme zeigt nun, daß eine Bildung mit dem Suffix *-istra bei dieser Wurzel sonst nicht belegt werden kann. Die Emster steht somit, was die Ableitung von der Wurzel betrifft, isoliert. Diese Isolation wird durchbrochen, wenn man nach entsprechenden Bildungen von anderen Ableitungsgrundlagen Ausschau hält. Wir hatten schon einige notiert, weitere sollen nun folgen. In einer gewissen Beziehung zu Emster könnte der norwegische FIN. Imstr, mua. é'mmstra stehen, den Rygh 118 wohl mit Recht auf *Imstr, „vel en Afledning af im", zurückführt 691 . Hierher gehört auch der dänische Inselname Falster, bei Wulfstan als Falster erwähnt, sonst auch Falstra, Falstria, Valstere. Zur Deutung s. T. Andersson, Namn i Norden, S.92 und 98 f., vgl. auch Th. Geiger, BNF. 15(1964)51. Zugrunde liegt idg. *pel-/*pol- „fließen", wovon eingangs der Arbeit anläßlich der *pelt-/*polt-Bildungen (mit Fulda usw.) bereits die Rede gewesen ist. Hier anzuschließen ist sicher auch der O N . Falsterbo an der Südwestspitze von Schonen, alt Valsterbode, Falstaerbotbae, Falsterbode, vielleicht auch der ON. Falster bei Wittmund (dem offenbar ein Abzugsgraben
689
6.0
6.1
Der Ursprung der „alteuropäischen" Hydronymie, Atti e Memorie VII Congresso Internazionale di Scienze Onomastiche, Bd. 2, Firenze 1961, S.415. A.J. van Windekens, in: Studies in Diachronic, Synchronic, and Typological. Linguistics, Festschrift für O. Szemerényi, Amsterdam 1979, Bd. 2, S. 924. Zustimmend P. Hovda, Norske elvenamn, Oslo-Bergen 1966, S. 15.
252
Suffixbildungen
die Bezeichnung Falster Tief verdankt) und schließlich Falsterbach, Flußname im Gebiet des Oberrheins692. Eine recht sichere Bildung mit dem -sir-Formans liegt in Finster, Name zweier Dorfwüstungen, auch FIN. Vinster, im Oberlahnkreis vor, 893 (A. 1222) Veneter, Wenestre, Uenestre, 1312 u.ö. Vinstern, wahrscheinlich Ableitung zu germ. *fanja, ahd. fenna, fenni „Fenn, Sumpf"693. Weiter gehört hierher Flostr, Inselname in Skandinavien694. Weniger wahrscheinlich ist dagegen die Annahme eines namenbildenden -str-Suffixes in den norwegischen Namen Fosterud, Fostre und Fosterlaagen, da bereits appellativisch von fóstra auszugehen sein wird (s. Rygh 58), nicht kartiert. Eine sichere Bildung ist dagegen der Nfl. der Werra Geister, 1246 (A. 1623) inter Gelstram, 1292 (A. 16. Jh.) ob ir di Gelstra, 1358 obir di Gelstra, nach H. Walther 236 „germ. *Galistra, ~''Gelistra\ zu ahd. gellan ,gellen', mhd. gelster ,laut erklingend"' 695 . Dagegen sind die von Rygh 88 und 100 in Betracht gezogenen norwegischen Namen Gjester und Hesteraas kaum hier anzuschließen; nicht kartiert. Fraglich ist auch der ON. Ilster bei Munster, da weder Sudendorf noch das Urkundenbuch der Stadt Uelzen ältere Belege kennen; m.E. zu unsicher, nicht kartiert. Problematisch sind auch die von Rygh 119 notierten norwegischen Gewässernamen Is tra, Istersjan, Isterdalen und Istre. Man möchte sie doch ungern von den übrigen europäischen Gewässernamen wie Eisa, Isère, Isar, Eisra usw. trennen und darf daher annehmen, daß die nordischen Namen den germanischen Wandel "'-sr- > -strmitgemacht haben696. In diesem Fall wären sie nicht als -itr-Ableitung aufzufassen; schwierig, nicht kartiert. Aus Norwegen bringt R Hovda697 die Gewässernamen Jelstra und *J0stra/*Jçstra (in Jostedalen, 1322 af Jostrudall, 1374 i Jostrudal, i Jostrudale), vielleicht < *jçlstr 6 9 8 , bei. Sicher ist die Bildung mit -str- in Kelsterbach, Orts- und Flußname bei Groß Gerau, 830-850 (A. Ende 12. Jh.) De Gelsterbach, In Gelsterbach usw.699 und doch wohl auch in dem ON Gelsenkirchen, 12. Jh. Geilistirinkirkin700. T. Andersson701 zählt zu den -sir-Bildungen auch die schwedische Inselgruppe Koster. Dagegen ist einzuwenden, daß bei einer Abtrennung des Suffixes -str- als Basis ein unklares Element zurückbleibt. Zu beachten ist
6,2 693 694 695
696 697 698 699 700 701
S. Th. Geiger, BNF. 15(1964)51. Metzler 83. T. Andersson, a.a.O. S. auch T. Andersson, BNF.NF. 5(1970)122 und ders., Namn i Norden och det forna Europa, Uppsala 1989, S.17ff. Dieses Problem stellt sich bei anderen -itr-Bildungen selbstverständlich auch. Norske elvenamn, Oslo-Bergen 1966, S. 15. Rygh 122. S. T. Andersson, BNF. NF. 5(1970)122. Ebda. Namn i Norden, S. 92.
-sir-Suffixe
253
vielleicht auch, daß die Insel M011 auch einen ON. Koster kennt. Ich habe Bedenken, nicht kartiert. Etwas besser steht es vielleicht mit Lästern in Schweden in Södermanland702, ein Seename, dessen Benennung auf das Gebiet von Lästringe, 1408 Lxstrunge, übergegangen ist. Allerdings erwägt Hellquist, a.a.O., eine Ableitung zu dt. leise, mhd. lïs(e), wodurch eine -str-Ableitung wieder unsicher würde. Vergleicht man nämlich weiter griech. λιαρό/ „lau, mild" < *lisro-, liegt eine -sr-Verbindung mit sekundärem -î-Einschub im Bereich des Möglichen. Dennoch habe ich den Namen in die Karte aufgenommen. Hellquist II 37 erwähnt bei der Auflistung der mutmaßlichen nordischen -5ir-Bildungen auch (nach Jellinghaus) einen ON. Laster. Diesen kann ich sonst nicht nachweisen. Bekannt ist nur Lasterfeld bei Gronau und Lastermann bei Ahaus, 12. Jh. Lasterhuson703. Beide sind sicher keine -str-Bildungen; nicht kartiert. Ebenso verzeichnet Hellquist, a. a. O., einen westfälischen O N . Leenster, der ebenfalls unbekannt ist. Die Suche führt allein zu einem O N . Lenstrup, der mit der Dialektform -trup < dorp gebildet ist und hier ebenfalls fern bleiben muß. Dagegen darf man hierher stellen den FIN. Lister im Westerwald, 1532 in der Lyster usw., mit dem ON. Listernohl, 1256 Listernole, in dem nach E. Barth 156 und D. Schmidt 67 f. sehr wahrscheinlich eine Grundform *Legistra zu vermuten ist. Als Etymon bietet sich dann unter Umständen hdt. Lache, engl, lake usw. an, über die in dem Kapitel über den wurzelauslautenden Konsonantenwechsel bereits ausführlicher gehandelt worden ist. Unklar ist, ob der InselN. Lister in Schweden, den T. Andersson704 zu den -itr-Bildungen zählt, auf eine identische Grundform zurückgeht. An gleicher Stelle führt T. Andersson auch den Fjordnamen Lustr als -sir-Bildung an. Das halte ich für sehr fraglich, denn Hellquist I 362 geht wohl mit Recht von einem Ansatz Lus-tr-, also von einer anderen Ableitung aus; nicht kartiert. Besser steht es um den FIN. Medestre in Gloucestershire, 940 (Α. 12.Jh.) (on) Medestran (... ondlang streames)705. Bedenken gegen eine mögliche -sir-Bildung erheben sich dagegen bei dem norwegischen GN. Mistra, der mit dem Namen des Mistfjordes verwandt ist706, und dem skandinavischen Inselnamen Mostr. Beide enthalten sehr wahrscheinlich andere Formantien. Strittig ist die Zugehörigkeit des FIN. Nister im Westerwald, 1064 ad ... Nistram, 11. Jh. Nistera. Während Bach 11,1,207 Zweifel an einer Bildung mit -str- äußert, möchte Barth 101 f. ihn aufnehmen. Es ist vielleicht von Bedeutung, daß eine offenbar ähnliche Bildung in Skandinavien ihre Parallele hat. Rygh 173 kennt einen norwegischen FIN. Nistra, den er (S.328) mit dem dt. verbindet. Trennt man jedoch ein Suffix - str- ab, bleibt eine unerklärlich 702 703 704 705 706
S. T. Andersson, a.a.O.; Hellquist I 379f. Förstemann 11,2,41. Namn i Norden, S.92. Ekwall, ERN. 26,285; T. Andersson, a.a.O. 93. Rygh 160.
254
Suffixbildungen
wirkende Ableitungsgrundlage ni-; daher vermutet Metzler 154 - vielleicht mit Recht - eine Grundform *Nid-stra und einen Zusammenhang mit der großen Sippe um Nied, Nidda usw.707. Es bleiben Zweifel, nicht kartiert. Dagegen wird man T. Andersson708 zustimmen können, wenn er den skandinavischen Fjordnamen 0rstr anführt. In diesem Namen dürfte -str- als suffixales Element vorliegen. Zweifel gibt es aber wieder bei den FIN. Oster im Westerwald, 1607 Ooster flu. usw. Für Barth 163 liegt eine entsprechende Bildung vor, aber wie lautet dann die Ableitungsgrundlage? Schwer zu entscheiden, eine Kartierung unterblieb daher. Besser kann es um den norwegischen FIN. Ostra stehen. Jedoch weist Rygh 182, der den Namen anführt, darauf hin, daß das Bestimmungswort auch auf die Himmelsrichtung Bezug nehmen kann; daher nicht kartiert. Die Struktur des schwedischen Inselnamens Rekstr könnte darauf verweisen, daß eine Bildung mit dem Formans -str- vorliegen kann709. Die Ableitungsgrundlage ist allerdings nicht ganz klar; gut möglich ist aber eine Verbindung mit zahlreichen norwegischen Gewässernamen, die Rygh 189 unter dem Lemma Reka aufgelistet hat. Zieht man allerdings die beiden norwegischen Inselnamen Reksten (nördl. d. Sogne-Fjords) und Rekster südl. von Bergen hinzu, ergeben sich sofort wieder Zweifel an einer -sir-Bildung; nicht kartiert. Problematisch ist auch die Annahme eines -5ir-Suffixes in den in diesem Zusammenhang oft genannten schwedischen SN. Stora und Lilla Halstern. So weist Hellquist I 520 f. mit Recht darauf hin, daß der Seename eine Ableitung des s-Stammes salis sein könnte. Vergleicht man allerdings die in gleichem Atemzug genannten parallelen Bildungen Alstern und Vänstern und den im nächsten Lemma genannten SN. Salungen, so ist eine -sir-Bildung zu einer Ableitungsgrundlage sal- gut möglich. Ein entsprechendes Formans sieht man im allgemeinen auch in Seester(au), dem alten Name der Krückau —> Elbe, 1141 (F. um 1180, Kopie nach 1200) iuxta fluuium Ciestere usw., mit ON. Seester, Seesterau, Seestermühe u.a.710, ein verwandter Name liegt offenbar in einem weiteren Nfl. der Elbe (s.u. Zester) vor. Ein -sir-Suffix wird auch vermutet in Susteren, O N . in den Niederlanden, 1277 Rususteren, der auf einem Flußnamen Suster beruht, 714 (K. 1191), Svestra, 718 (K. 1191) Svestra, 891 (K. um 1100) Suestra usw.711. Der Gewässername enthält nach Bach 11,1,207 das Suffix -str-, Zweifel hat Schönfeld 80, zustimmend jedoch RL.M. Tummers, D.R Blok, Waternamen in Limburg en Drente, Amsterdam 1978, S. 28 f., daher in die Karte aufgenommen.
707 708 709 710
7,1
S. jetzt Udolph, Stellung 181 ff. A.a.O., S.92. Zustimmend T. Andersson, a. a. O. 92. Zu Belegen und Literatur s. Hydronymia Germaniae A 16, S. 199 ff.; die Deutung ist aber noch unsicher, s. W. Laur, BNF.NF. 16(1981)116. Gysseling II 948.
-íír-Suffixe
255
Überzeugend ist die Auffassung einer entsprechenden Bildung im Fall des Werrazuflusses Ulster, 819 Ulstra, 836 Ulstra, in der sehr wahrscheinlich eine schwundstufige Bildung zu Alster, Elster vorliegt712. Als einer der größeren Flüsse kann auch die Unstrut eine mit -str- gebildete Grundform besitzen, sofern "'Un-str- angesetzt werden darf und der unverkennbar vorhandene Einfluß von Strut713 sekundär ist. Falls in der Basis von einer Schwundstufe auszugehen ist (wofür vielleicht auch der ostpreußische Flußname Inster samt ON. Insterburg sprechen könnte), ergibt sich die Möglichkeit einer Anknüpfung an die schon behandelten Namen um *Aniswie Ober-Ense, Ensen, Nieder-, Oberense, Ens, und Ahne/Ahna, Anner, Ohne, One u.a.m., vielleicht auch Unna? Ich halte diese Möglichkeit auf jeden Fall für wahrscheinlicher als die völlig isolierte Bildung *Un-stròd-. Eine -sir-Bildung darf man mit Hellquist I 741 f. in den beiden schwedischen Seenamen Wänstern sehen, die mit den norwegischen Flußnamen Vinstr und Vinstra714 verbunden werden können. Hier angeschlossen werden muß der engl. FIN. Winster, 1170-84 (K.) Winster, der z.T. die Grenze zwischen Lancashire und Westmorland bildet und nach Ekwall, ERN. 463 als „the left one" aufzufassen ist. Sichere -sir-Bildungen besitzt schließlich nochmals Deutschland in Wüster —> Medem (—> Elbe) und Wilster Au (Wilsterau) — > Stör (—> Elbe)715, sowie in Zester, abgegangener Flußname im Alten Land, 1197 iuxta Szasteram, mit verschwundenem O N . Zesterfleth, 1221 Sestersvlete usw.716. Damit können wir die Zusammenstellung der mit einem Suffix -str- gebildeten Namen beenden. Werfen wir zunächst einen Blick auf die Verbreitung (Karte 27, Seite 256). Es wird dabei deutlich, daß gegenüber anderen Bildungen der alteuropäischen Hydronymie Namen mit einem -sir-Element auf einen bestimmten Raum beschränkt sind: es ist der germanische Siedlungsraum zwischen Main und dem mittleren Norwegen. Auch England hat daran Anteil. Wir sehen, daß sich -str-Bildungen zwar an die alteuropäische Hydronymie anschließen lassen (das ist bei Namen wie Alster, Ulster, Emster, Wilster ganz unstrittig), jedoch in ihrer Bildungsweise doch nur noch einen begrenzten Raum innerhalb der alteuropäischen Gewässernamen bedecken. Und so hatte Barth 102 wohl schon zutreffend formuliert: „Da sich GN mit dem -str-Suffix... nur in einem beschränkten Gebiet Mitteleuropas finden..., so ist es zu erwägen, ob die „alteuropäischen" Gewässernamen nicht in Untergruppen zu teilen wären, wobei neben einer weiträumigen, zugleich älteren Gruppe eine kleinräumige, gleichzeitig jüngere Gruppe von Gewässernamen Mitteleuropas stände".
712 713
714 715
716
H. Krähe, BNF. 10(1959)11; H. Walther 236. Dazu J. Udolph, in: Gießener Flurnamen-Kolloquium, Heidelberg 1985, S. 272-298, speziell: S.290. Dazu Rygh 298,342. Zu beiden Namen s. Hydronymia Germaniae A 16, S. 364 ff., mit Hinweis auf weitere Literatur und die Etymologie, dazu vgl. vor allem W. Laur, BNF.NF. 16(1981)116. S. Hydronymia Germaniae A 16, S. 371 ff.
256
Suffixbildungen
Ergänzt man diese Bemerkungen durch den Vergleich mit den oben zusammengestellten Orts- und Gewässernamen und durch die Beobachtungen aus der germanischen Wortbildungslehre, so kann es kaum einen Zweifel daran geben, daß diese in ihrer Struktur durch germanischen Einfluß geprägt sind717. Daran sollte man festhalten, obwohl sich unter diesen Namen etliche befinden, deren Lexem im Germanischen ohne sicheren Anschluß ist: Alster/Elster; Beuster (?), Emster; Ulster; Wilster. Es sind vor allem Hydronyme in Deutschland, deren Erklärung schwer fällt; im allgemeinen leichter ist die
717
Ähnlich T. Andersson, BNF.NF. 5(1970)126, Anm. 29: „ . . . für einen durch -itr-Ableitung gebildeten Flußnamen wäre also am ehesten an germanischen Ursprung zu denken".
-ítr-Suffixe
257
Deutung der skandinavischen Verwandten, s. T. Andersson, Namn i Norden, S.92ff. Das wichtigste Ergebnis der Zusammenstellung und Kartierung der -strBildungen im Namenbereich ist aber etwas anderes. Er ergibt sich nur bei einem Vergleich mit den bereits behandelten -si-Bildungen. Von verschiedenen Forschern ist betont worden, daß der germanische Wortschatz -si-Bildungen kennt und darauf aufbauend -str-Formantien zur Wortbildung Verwendung gefunden haben. Man hat demnach doch in gewissem Sinne gefolgert, daß die -íír-Bildungen als sekundär betrachtet werden können. Unter diesem Aspekt ergibt sich für die mit -st- bzw. -str- gebildeten Namen Nord- und Mitteleuropas eine auffällige Verteilung: während wir bei den -si-Namen fast ausschließlich Belege aus dem kontinentalgermanischen Bereich nachweisen konnten (vgl. oben S. 218 ff. mit Karte 26), zeigt sich bei den -sir-Bildungen eine viel weitere Streuung über die gesamte Germania von England über Norwegen, Schweden bis nach Süddeutschland. Ich sehe darin ein ernstes und kaum zu widerlegendes Argument für die These, daß sich das Germanische im kontinentalen Bereich entfaltet hat: das ererbte -st-Formans wurde zur Wort- und Namenbildung weiter verwendet, findet sich in der germanischen Hydro- und Toponymie jedoch fast ausschließlich in Norddeutschland und den westlich benachbarten germanischen Siedlungsgebieten. Innerhalb der germanischen Sprachen entwickelte sich ein jüngeres -sir-Suffix, das sowohl appellativisch wie onymisch produktiv wurde, aber in seiner Streuung in der Hydro- und Toponymie deutlich von den -si-Bildungen abweicht: es erweist sich als ein gemeingermanisches Bildungselement. Die Herausbildung des Germanischen ist jedoch nicht mit diesem Formans, sondern mit den -si-Bildungen verbunden. Und Spuren davon zeigen sich topo- und hydronymisch nur im Kontinentalgermanischen mit einem Schwerpunkt zwischen mittlerer Elbe und Niederrhein. Es erübrigt sich zu bemerken, daß bisher alle in dieser Arbeit behandelten altertümlichen Namentypen das germanische Festland bevorzugen. Der Gegensatz zwischen -st- und -sir-Bildungen innerhalb der Namenlandschaft ist aber doch sehr auffällig und erhärtet die bisher vorgetragenen Vermutungen. Ein letzter, zusammenfassender Blick sei auf die Verbindungen der -strBildungen mit der alteuropäischen Hydronymie und anderen Formantien gerichtet. Wie schon z.T. angesprochen wurde, finden sich Anklänge an die voreinzelsprachliche, indogermanische Gewässernamengebung bei Alster/Elster, Emster, Falster, Salstern, Ulster u.a.m. Weiterhin sind die auch schon mehrfach angesprochenen identischen Ableitungsgrundlagen bei -st- und -îir-Namen auffällig. Dazu gehören Alster/Elster : Aalst usw., Emster : Amstel-, vielleicht auch Salstern : Selsten, Zeelst, Seist (diese sind allerdings Ortsnamen). Auf eine wichtige Erscheinung hat Barth 37 hingewiesen: „Die -str-Namen stehen nicht nur in der regionalen Verbreitung, sondern auch in der Bildungsweise mit den -apa-Namen zusammen. Sie haben gemeinsame Wortstämme (vgl. Ulpe-Ulster, Alpe-Alster). Sie besitzen aber auch gemeinsame Wortstämme mit den -¿¿-Namen, die eindeutige Ableitungen sind
258
Suffixbildungen
(vgl. Ulpe - Ilse < Oise, Alpe - Else)". Unser Material bestätigt die Verbindung mit den -5-Bildungen, man vergleiche Unstrut : "'Anis- in Ober-Ense, Ensen, Nieder-, Oberense, Ens, und Ahne/Ahna, Anner,Ohne, One u.a.m., vielleicht auch Unna-, ferner Lister < "'Legistra gegenüber Leisa an der Eder, alt Lehesi, Lihesi, evtl. < *Lak-isa, *Lek-isa (dazu die mutmaßlich -¿¿/-Bildung hecheln (< Lak-ithi?). Das Gesamtbild zeigt sehr deutlich, daß die -sir-Bildungen als Spuren germanischer Namengebung betrachtet werden müssen (gelegentliche Anklänge und Beziehungen zu vorgermanischem Wortgut widersprechen dem m. E. nicht), was durch die hier skizzierten Ubereinstimmungen mit -s-, -st- und -¿¿¿-Namen gestützt wird. Wenn J. Pokorny718 -5fr-Bildungen in Ligurien, Südfrankreich, Norditalien und im übrigen Mittelmeergebiet beibringt (Salastra, Ovastra, Albostre, Balistra, Bigastro u.a.m.), so handelt es sich sehr viel eher um Namen, die unabhängig von dem oben zusammengestellten, vornehmlich germanischen Material entstanden sind. So weit ich sehe, hat H. Kuhn in seiner Auflistung von Namen aus dem „Nordwest-Block", die mit Mediterranem verglichen werden könnten, die -5ir-Bildungen nicht behandelt. Es hätte sich in diesem Fall - wie bei allen in diese Richtung gehenden Versuchen - um einen Irrweg gehandelt. Damit wollen wir die -sir-Bildungen verlassen und uns noch einmal zusammenfassend einem anderen Suffix zuwenden, daß schon immer als ein typisch germanisches Ortsnamenelement angesehen wurde: dem Formans -ithi. 6.
-ithi
Zu diesem Suffix habe ich in meinem Beitrag „Die Ortsnamen auf -ithi", in dem Sammelband Probleme der älteren Namenschichten, Heidelberg 1991, S. 85-145, bereits ausführlich Stellung genommen. Ich greife das Thema daher hier nicht in seiner gesamten Breite auf, sondern ergänze es durch Korrekturen zu einzelnen Namen (darunter auch zu einigen englischen, die bisher außer Betracht geblieben sind), weiterhin durch eine Auflistung und Kartierung der in meinem genannten Beitrag übergangenen Vinithi-Typen sowie eine überarbeitete Kartierung des Gesamtbestandes der -¿í¿z-Namen. Es kann vorausgeschickt werden, daß sich wesentliche Änderungen gegenüber der ersten Fassung nicht ergeben werden, jedoch sind bei einigen einzelnen Punkten doch nicht unbedeutende Korrekturen vorzunehmen. Allerdings ist es nicht verwunderlich, daß bei der Behandlung von mehreren hundert Ortsnamen, die zudem noch einer altertümlichen Schicht zugerechnet werden müssen, einige Fehler zu entdecken sind.
718
Urgeschichte 90.
-ithi
259
a. Bemerkungen zu einzelnen Namen719 Neu notiert werden kann unter Umständen der O N . Bakerde bei Herzlake. Leider sind mir historische Belege dieses Namens bis jetzt nicht zugänglich geworden; ich nenne ihn hier daher unter Vorbehalt. Beemde im O N . Glabbeek-Zuurbemde bei Löwen, 1249 Suerbemde, hatte ich Mansion folgend zu ndl. beemd „weiland" gestellt und hier auch Beuden bei Köln, 1138 Bemede, angeschlossen. Zu ergänzen wäre hier die Etymologie dieses niederländischen Appellativs. Nach Moermann 34 ist ndl. beemd, mndl. beemt „weiland", aus *bi-hamithi „afgesloten ruimte" zu erklären. Bersede bei Wesuwe, alt Bersidi, hatte ich mit idg. *bhers- „schnell" verbunden. Es muß vermerkt werden, daß der Ort nicht unmittelbar am Gewässer, aber nur ca. 1,3 km von der Ems entfernt liegt. Es könnte sich vielleicht doch um einen alten Teilabschnittsnamen des Stromes handeln. Zur Diskussion um den ON. Börste, Kr. Recklinghausen, Mitte 12. Jh. Borsethe, den man problemlos auf *Bors-ithi, zu mnd. pors, mhd. bors „ledum palustre", zurückführen kann, verweist mich A. Greule (brieflich v. 29.10.91) auf N. Wagner, BNF.NF. 19,1984,165 f. Der dort angesetzten Grundform *burs-ipja für den Orts- (und Bachnamen) Burst in Ostflandern, 825 (K. 941) Bursitia, 814-40 (K. 941) Bursicia (für Bursiticia)720, vermag ich aber nicht zu folgen. Eher liegt doch wohl altes *-t- vor (dazu meinen Beitrag, S.88f. mit Hinweis auf P.v. Polenz). Wichtige Ergänzungen zu dem ON. Defth bei Sterkrade hat mir P. Derks (Essen, brieflich vom 28.10. und 24.11.91) übersandt. Meine Belegreihe begann mit 1240 apud Defth. P. Derks weist mich auf eine ungedruckte Originalurkunde von 1163 mit dem Beleg de curia Defftte hin. Er kritisiert die Deutung mit Hilfe von griech. τίφο/ „Sumpf", da die Überlieferung dann im Fall von Defth anlautendes Th- zeigen müßte. Für sich genommen, ist diese Ansicht sicher richtig. Geht man diesem jedoch nach, dann wird man bei einem mutmaßlichen Ansatz mit *Dh-, also etwa *dheb- oder *dheib-, keinen Erfolg haben; es gibt keinen überzeugenden Anschluß. Wenn man aber - und ich bin davon überzeugt, daß die Namen zusammen gehören - Diepholz hinzunimmt (wo der TA-Anlaut unumstritten ist), und weiter Namen wie Devese, Dever, Deven, Thievela usw., so kann weder Diepholz zum Dieb721, noch Defth zu irgendeiner Wz. mit anlautendem *Dh- gestellt werden. Dazu gibt es in ganz Europa nichts Passendes. Ganz anders steht es mit *Tib-, daß man in Polen, Ungarn, Griechenland usw. wiederfindet. Trotz des Problems im Anlaut mit dem nicht überlieferten *Th- (das aber im 12.Jh. auch nicht
719
720 721
Auf die zusammenfassende Darstellung der niedersächsischen -¿{¿¿-Namen durch R. Möller (Dentalsuffixe in niedersächsischen Siedlungs- und Flurnamen in Zeugnissen vor dem Jahre 1200, Heidelberg 19,92) gehe ich nur in einigen Fällen ein. Gysseling I 209. So P. Derks, P. Derks, BNF. NF. 26(1991)25ff.
260
Suffixbildungen
mehr unbedingt erscheinen muß), meine ich an der Deutung von Defth < *Tib-ithi festhalten zu können. Die Grundform des ON. Drüggelte bei Soest hatte ich für unsicher gehalten. P. Derks hat sich ausführlich mit diesem Toponym in seinem Beitrag Triglea Dea und ihre Genossen722 beschäftigt. Die ältesten Belege sind danach 1217 apud Druglete, 1226/27 iuxta capellam Druchlete. Die Deutung ist schwierig, ein Versuch findet sich bei P. Derks, a.a.O., S.9f. Offenbar handelt es sich um keinen -¿iÂî-Namen. Bei den Überlegungen zu dem ON. Drütte, 9. Jh. Tritidi usw., habe ich einen Vorschlag von M. Wiswe (S.476) übersehen. Sie erwägt einen Zusammenhang mit asä. thriu „drei". Dem wird man nicht folgen können. Die Uberlieferung weist auf eine Grundform "'Thruth-ithi, d.h. die Ableitungsgrundlage endet auf Dental. Dazu paßt das Zahlwort keineswegs. Der Name bleibt schwierig, man vergleiche auch Möller, Dentalsuff. 35 f. Ubersehen hatte ich auch den O N . Düna südl. von Osterode, der einen Wüstungsnamen fortsetzt: 1286 Dunede, 1337 donde, 1372 Dunde721, der wie Dunnethe und Deuna724 zu deuten ist. Bei der Zusammenstellung der Namen habe ich den FlurN. Emme bei Jühnde nahe Göttingen, um 1400 De emmede, übersehen. G. Neumann hat diesen Namen behandelt725 und mit einer Gf. *Ehanithi zu dt. eben gestellt. In diesen Zusammenhang gehört wohl auch der O N . Ende bei Herdecke, 10. Jh. Emnithi, 14. Jh. Ennede, in dem ich mit Bedenken eine Gf. Amn-ithi und eine -«-Erweiterung zu einem Ansatz *Am-ith?2b erwogen hatte. P. Derks (Essen) hat mich darauf verwiesen (briefl. vom 24.11.91), daß asä. Emnithi zeitgleich mit as. emni eben, flach (Essener Ev.-Gll.) bezeugt ist. Für diesen Ortsnamen mag das stimmen, aber wie steht es dann mit den von mir ebenfalls erwähnten Fällen Empte, Kr. Coesfeld, 890 Emmithi, 12. Jh. Emethe·, Imde bei Brüssel, 1117 Emmetha, 1170 (K. um 1243) in Ymetha, und evtl. auch Emden, um 1020-51 Ahnthon, Ahnthoh (lies Amvthon), 1224 de Amethis, 1224 in Emethen, 1255 de Emetha usw. Ich habe nach wie vor Bedenken, darin die germanische Sippe um dt. eben zu sehen. Überzeugender ist für alle - und wahrscheinlich auch für Emden727 - ein Anschluß an die -Ara-Sippe um Ems, Emster usw., oder (und das betrifft vor allem Empte bei Coesfeld) ein Ansatz * Amb-ithi.
722 723
724 725 726
727
Soester Zeitschrift 10(1989)5-78. W. Gusmann, Wald- und Siedlungsflächen Südhannovers ..Hildesheim-Leipzig 1928, S.85; G. Max, Urkundenbuch zur Geschichte des Fürstenthums Grubenhagen, Nachdruck Hannover 1975, S.27; Sudendorf I 312. Udolph, -ithi 94,96. Göttinger Jahrbuch 1969,57. Zu den damit zu verbindenden Namen vgl. die Behandlung des FIN. Emster < *Amistra oben S. 246 ff. Anders dazu Möller, Dentalsuff. 41.
-ithi
261
Zu ergänzen ist der ON. Escher (Schaumburg), 1185 Eskerde, < *Ask-itbi, zu ask „Esche"728. Im Fall des ON. Essen habe ich die Arbeit von P. Derks, Die Siedlungsnamen der Stadt Essen, Essen 1985 (hier: S.7-17) übersehen729. Daraus wird die älteste Überlieferung des Namens deutlich, man vergleiche 814 (K.) Astanido, 877 Astenido, 888 (K. 12. Jh.) Astanid, 902 (K. 12.Jh.) Hasnidi, 930 (K. 12. Jh.) Astanid, 950 (K. 13. Jh.) [Astanido], 966 (K. 12. Jh.) Astaneit. Der Name ist nach P. Derks von den belgischen Astanet-Orten zu trennen, er ist seiner Auffassung nach auf eine Grundform *Astnithi „Gegend nach Osten" zurückzuführen. Man könnte als stützendes Argument auf Sömmerda und Diemarden hinweisen, allerdings beziehen sich beide auf die Lage zur Sonne, nicht auf eine spezielle Himmelsrichtung. Aus der slavischen Namengebung sind mir alte Namen dieser Art nicht bekannt; es bleiben m. E. noch offene Fragen zurück. Der ON. Estebrügge soll nach Möller, Dentalsuff. 44 ein -ithi-Suffix enthalten. Die Belege für den Flußnamen Este730 zeigen jedoch, daß der Dental bereits dem Gewässernamen zukommt, daher nicht aufgenommen. In Gilde bei Gifhorn sieht Möller, Dentalsuff. 57 trotz des Belegs 780-802 (?) (K. 12. Jh.) in Gelidishusen eine -ζώζ-Bildung wie in Gielde731. Ohne weitere Belege ist diese Annahme möglich, aber auch nicht beweisbar. Für gänzlich unsicher halte ich die Annahme einer -¿¿¿-Bildung in Giehle bei Osterholz, um 1187 (K. 14. Jh.) Gilè, Gyle732, nicht kartiert. Von zwei Seiten habe ich Kritik und Ergänzungen zum ON. Günne erfahren. Ausführlich hat sich jetzt P. Derks dem Namen gewidmet: Der Siedlungsname Günne, in: Günne 1190-1990, Werl 1990, S. 16-21. Als ältesten Beleg ermittelte er ca. 1190 Gunnethe. Der Name gehört seiner Ansicht nach zu germ, gi- + Verbalstamm an-/un-, mhd. günnen, gunst, mnd. gunnen, günne „Verdienst, Profit", auf den Ort bezogen also etwa „Feld, Flur, Platz, der verliehen, vergönnt, zugestanden wurde". Ganz anders denkt A. Greule (briefl. vom 29.10.91) an eine Grundform *gus-na zu ahd. gusi. Ich muß gestehen, daß mich beide Deutungen nicht überzeugen. Im ersten Fall ist eine deutliche Diskrepanz zum Bedeutungsgehalt der sonstigen Ableitungsgrundlagen der -z'iAz-Bildungen festzustellen. Es handelt sich um einfache Bildungen aus der geographischen Terminologie, Fauna und Flora usw. Da liegt „Verdienst, Profit" semantisch weit ab. Aber auch die Herleitung aus *gus-na ist problematisch. Ich denke, daß der richtige Weg zur Lösung noch nicht gefunden worden ist. Die Grundform der ON. Herbede bei Hattingen hatte ich angesichts der Belege 1019 Herbete, 1200 in Herbede usw. für unsicher gehalten. P. Derks 728 729
730 731 732
Möller, Dentalsuff. 43. Man vergleiche jetzt auch ders., Der Ortsname Essen, in: Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen 103(1989/90)28-51. S. Hydr. Germ. 16,105 ff. Udolph, -ithi 99; jetzt Möller, Dentalsuff. 56f Zustimmend Möller, Dentalsuff. 58.
262
Suffixbildungen
weist mich (briefl. vom 28.10.91) auf das wohl älteste Zeugnis Mitte 9. Jh. (K. 12.Jh.) ex villa Heribeddiu733 hin und sieht deshalb in dem ON. ein Hinweis auf „Heerlager". Den ON. Hörde bei Dortmund, hatte ich aufgrund der Belege Horde, Hortbe, Hurda mit Bedenken auf *Hor-ithi zurückgeführt und einen Zusammenhang mit ahd. hör „Sumpfboden, Kot" vermutet. P. Derks bietet (brieflich vom 28.10.91) als ältesten Beleg 1198 de Hürde und verbindet den Namen mit asä. hurth, hurd „Hürde". Wenn man sich die zahlreichen dt. ON.-Ableitungen zum Sumpfwort (eine kleine Auswahl biete ich unten, S. 318 ff.) und die wenigen zu Hürde734 betrachtet, so kann man m.E. Zweifel an einem Zusammenhang mit der Hürde haben. Auch ist hier sehr wahrscheinlich der ON. Hörden im Kr. Osterode/Harz, 1368 Horde, 1376 Horde, 1387 Hörnde735 anzuschließen. Ein Beweis für oder gegen eine der beiden Möglichkeiten ist allerdings nur schwer zu erbringen. Bei der Untersuchung des BN. Hutsberg/'Hutsburg bei Meiningen, 797 in Hoitine (Dronke, Codex, Nr. 124), 817 in Hoitine (ebda., Nr. 354), 857 in Hoitino marcu (ebda., Nr. 571), 901 in Hoitinheimono marcu (ebda., Nr. 648), 951 Hoitono marcu (ebda., Nr. 692) äußert A. Fuchs (Meiningen) briefl. v. 14.3.93 die Vermutung: „Vorausgesetzt, daß auch die Belege von 797 u. 817 schw. Gen. PI. sind, erschlösse sich doch ein Nom. Sing. "'Hoita oder *Hoito" und verweist weiter auf meinen -ithi-Beitrag (S. 102) sowie den FIN. Höchte < *hôhida „Höhe". Wahrscheinlich wird man hier auch den ON. Heuthen bei Heiligenstadt anschließen können, dessen alte Belege E. Müller736 zusammengestellt hat: 1146 in Hortene (A. 15.Jh.) (richtiger: Hoitene), 1221 (A. 16./17.Jh.) in Hoithene, 1228 Hoythene, 1296 Hoiten usw., und an Deutungsvorschlägen des schwierigen Namens erwähnt: 1. hohi + dene „Hügel, Düne", 2. hohi + denne, tanne „Tannicht", 3. zu hohida „Höhe", 4. *Höupten, zu houbit, houpit. E. Müller favorisiert die letzte Möglichkeit, die aber mit den Belegen nicht überein stimmt. Meine Zweifel an der Herleitung des ON. Mengede bei Dortmund, für den als ältester Beleg nach P. Derks ca. 890 MegnithP7 erscheint, von ahd. magan, asä. megin „Kraft, Bedeutung" teilt P. Derks, a. a. O., nicht. Zieht man den von mir ausführlich behandelten wurzelauslautenden Konsonantenwechsel in Betracht, so bietet sich sofort eine semantisch überzeugende Möglichkeit in der gut bezeugten idg. Wz. *mak- „naß; feuchten" (mit appellativischen Entsprechungen im Armenischen, Baltischen und Slavischen) an. Es ließe sich weiterhin ein guter Anschluß für die von Greule 68 und passim behandelten Flußnamen Magel, Magalona, Maggia, Magesa, *Magina (in dem ON. Megen
733 734 735 736 737
Transi. S. Alexandri, MGH. SS. II 680. Förstemann 11,1,1515 und Jellinghaus 87 bieten kaum eine Handvoll. Kühlhorn 70. Die Ortsnamen des Kreises Heiligenstadt, Halle 1958, S.44. Der Siedlungsname Günne, in: Günne 1190-1990, Werl 1990, S.16 mit Anm. 7.
-ithi
263
in Brabant) und ''Maga in Magdenerbach und Maag finden, da weder kelt. magos „Feld, Ebene" noch mag- „groß" zu Gewässernamen passen wollen. Bedeutsam ist wegen der Wortbildung der Hinweis von Greule 69 auf den von Holder II 381 beigebrachten, 673 und 683 erwähnten Beleg super ripam fluvioli Magnentis, in dem *Mag-ent- oder Mag-n-ent- vorliegen kann. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß Mengede bei Dortmund hier seine Erklärung findet. Eine -ithi-Ableitung von dem FIN. Pfieffe bei Melsungen sieht A. Greule (briefl. vom 29.10.91) in dem ON. Pfieffe, 927-956 (K.) Phiffede™. Der Name gehört damit wohl in einen Zusammenhang mit Hack-Pfiffel, (Mönch-)Pfiffel usw.739. Mein Versuch, Pöhlde, 927 Palithi, 929 Ρalidi, um 978 Polide, als Ablautform zu ndt. pol „Sumpf" zu stellen (hierzu evtl. auch Pohle bei Springe bzw. Schaumburg-Lippe, sowie Pelden und Pelt), könnte eine gewisse Bestätigung darin finden, daß *Pbl-ithi als Grundform des ON. Polleur in Wallonien angesehen wird. Allerdings geht dieser wohl auf einen Gewässernamen zurück, dessen Überlieferung 898 (K. 13.Jh.) Poledam fluvium740, 1314 Pouleur741, R. Schützeichel, a. a. O., zu der Annahme führt, daß „Poleda . . . als /¿i-stämmige Kollektivbildung zu pòi (mnd. pol, Pfuhl) aufzufassen sein (germ. *pölithja) [wird]".742. Wenn wirklich von dem Gewässernamen auszugehen ist, bestehen gewisse Bedenken gegen einen Ansatz mit -ithi. Meine Auflistung743 zeigt, daß auch die von Wasserwörtern abgeleiteten Namen Örtlichkeiten bezeichnen, aber weniger oder fast überhaupt nicht Flüsse744. Für den ON. Rechede bei Lüdinghausen, der auf *Rak-ithi zurückgehen dürfte, hatte ich wegen Fehlens eines germanischen Anschlusses erwogen, einen Zusammenhang mit idg. *reg-/rek- „feucht, bewässern, Regen" herzustellen, „jedoch würde dabei der Wz.-Auslaut gegenüber dt. Regen abweichen"745. Offen gelassen habe ich die Zugehörigkeit von Reckede bei Ottbergen, 1454 nogest der Rekede. Für beide Namen schlägt A. Greule746 vor, sie mit ndt.dial. rack, raak „gerade Strecke in einem Wasserlauf" zu verbinden. Das Wort „stammt aus der Schiffersprache und ist besonders in Namen bei Husum und Stapelholm häufig"747. Es läßt sich aber im Niederdeutschen, Niederländischen und Ostfriesischen belegen. Ein Zusammenhang mit Rechede und Reckede kann demnach akzeptiert werden.
738 739 740 741 742 743 744 745 746 747
K. Andrießen, Siedlungsnamen in Hessen, Marburg 1990, S. 170. S. Udolph, -ithi 110 sowie ders., Β NF. NF. 26(1991)468f. J. Herbillon, N o m s de communes de Wallonie, 1986, S. 127. R. Schützeichel, BNF. 9(1958)235 f. Hinweis von A. Greule. Udolph, -ithi 136 ff. Auch Möller, Dentalsuff. 88ff. favorisiert jetzt letztlich eine Ableitung von pòi „Sumpf". Udolph, -ithi 127. Brieflich vom 29.10.91 unter Hinweis auf V. Rohden 81. V.Rohden 81.
264
Suffixbildungen
Übersehen habe ich den Raumnamen Rittiga bei Northeim, 982 in pago Rietdega, später dividit Hrettigan, dividit Hratigan, in pago Rittiga usw.748. Eine -¿¿¿¿-Bildung liegt wohl auch vor in 900 Seluuida (Werdener Urbare), die Identifizierung mit Selverde bei Leer ist aber nicht gesichert749. An die *Sin-itbi-Namen Sehnde, Senne, Sindfeld und Sinniger Feld schließt A. Greule750 auch den ON. Sien bei Idar-Oberstein, 1401 Synde, an. Zu ergänzen ist vielleicht auch der ON. Sinn im Dillkreis, 1233 7,inden, 1280 Sinde751. Bei der Diskussion des ON. Söder bei Hildesheim, den D. Rosenthal auf eine Grundform *Ker-ithi zurückführt, hatte ich auf die Unhaltbarkeit des Vergleichs mit einer altenglischen Stellenbezeichung verwiesen, jedoch übersehen, daß M. Wiswe 478 im Fall des identischen O N . Söderhof bei Salzgitter-Ringelheim, 1198 Cheredhe752, ebenfalls (mit anlautendem Zetazismus) auf eine Grundform ''Kerithi geschlossen hat und den Namen zu as. kêrian „drehen, wenden" gestellt hat. Ubergangen hatte ich in meinem ersten Versuch über die -¿¿¿¿-Bildungen den ON. Steinefrenz im Westerwald, 930-948 Brencede, 959 Brencede, 1235 Urencede usw.753, in dem vielleicht unser Formans zu vermuten ist. Die Ableitungsgrundlage bleibt dann allerdings unklar. Meine Ansicht, die zwei (oder drei) Namen des Typus Versithi, Versede auf *Pers-ithi zurückzuführen und mit aisl. fors „Wasserfall" zu vergleichen, hat P. Derks 754 nicht akzeptiert, sondern an germ. *frosk, mnd. vers, ahd. frosk (wie hros : hers) erinnert. Er folgt damit H. Kaufmann, zu dessen These ich an anderer Stelle schon kurz Stellung genommen hatte755. In der vorliegenden Arbeit bin ich nochmals zusammenfassend auf die */>ers-Namen eingegangen (s.o. S.34ff.) und habe dabei darauf verwiesen, daß die meisten germanischen Entsprechungen so früh überliefert sind, daß sich die -5&-Verbindung noch nachweisen lassen müßte. Darin liegt wohl auch der Grund, daß H. Jellinghaus z.B. den ON. Wersen bei Meppen, 9./10.Jh. Firsni usw. zunächst756 zu fersch, dt. frisch „frisch, munter", später aber757 unter Namen mit „für sich stehenden, meist unerklärbaren Grundwörtern" einreihte. Anders sieht es dagegen z.B. bei Namen wie Versvliet aus, den Gysseling II 1006 wohl mit Recht aufgrund des Beleges von 1208 Verschenuliet zu germ, friskan, dt. frisch usw. gestellt hat. Eine genaue Prüfung ist notwendig; die Einbindung der
748 749 750 751 752 753 754 755 756 757
Zu den Belegen und zur Deutung s. Möller, Dentalsuff. 92 f. Vgl. ebda., S. 99. Briefl. vom 29.10.91. S. Metzler 71 f. Dieser Beleg fehlte bei mir. S. Metzler 125. Briefl. vom 28.10.91. S. Udolph, Stellung 242, Anm. 32. Osnabrück 13. Jellinghaus 173.
-ithi
265
Vers-¿í¿z-Namen in die große Gruppe der baltisch-slavisch-germanischen pm-Sippe ist m. E. wegen der frühen Belege ohne -sk- unstrittig. Dankbar bin ich P. Derks für den Hinweis auf eine wichtige Korrektur zu dem O N . Wickede bei Dortmund. Meine Belegreihe 890 Wikki, 13. Jh. Wicketbe hatte mich veranlaßt, Jellinghaus zu folgen und die -ithi-Bildung für sekundär anzunehmen. Zu diesem Namen ist nun der Beitrag von P. Derks und E. Goeke, Die Siedlungsnamen der Gemeinde Wickede (Ruhr)758 einzusehen. Danach gehört der Beleg von 890 Wikki nicht hierher. Die Beleglage ist nach Derks/Goeke, a.a.O., S.6: 2. Drittel 12. Jh. Wiggethe, ca. 1220 Wickede, 1226 Wickedhe, 1332/15.Jh. Wyckede. Die Autoren sehen in dem Toponym eine Bildung *Wikkithi und stellen es zu *wika „Ulme, Rüster".
b. Nachtrag zu den niederländischen Namen Die niederländischen -¿¿¿¿-Bildungen habe ich in das Gesamtmaterial mit aufgenommen. Hinzuweisen ist aber auf eine ausführlichere Darstellung der niederländischen Parallelen bei Moerman 110 f. Sie enthält einige Namen, die hier zu besprechen sind. Fraglich bleibt die Zugehörigkeit von Vucht in Nordbrabant, nach Moerman 110 auf Grund des ältesten Belege 1006 (?) (in) Fugthe hier anzuschließen. Gysseling II 1029 kennt diesen Beleg aber nicht, sondern nur um 1050 (K. 11.Jh.) Suchta (lies: Fuchta), 1209 Uuchte, 1219 Vuothe, 1222 Uutte, 1224 Wtte, Anf. 13.Jh. Vugde. Die Bearbeiter des LNT. 376f. bieten dagegen 1028 (K. um 1530) in Fughte [offenbar = Moermans Beleg], ca. 1050 (K. 11. Jh.) in villa Suchta (lies: Fuchta), um 1050 (F. 14.Jh.) in Fuhte, 1173-13.Jh. VVilelmo de Vctene ... VVilelmus de Vctene (mit der Bemerkung: hierzu?), und als Deutung „onl. mnl. fuchte .drassige ödem'". Es scheint, als handele es sich bei diesem Toponym eher um eine -t-Ableitung; der Name bleibt m.E. besser fern. Zum Teil wichtige Korrekturen sind aber für die folgenden Namen festzuhalten. So fehlte bei meiner Sammlung der ON. Beerta bei Winschoten, den Moerman 111 auf eine Grundform *Berethe zurückführt und als „morastigen Ort" zu ndl. beer stellt. Er verweist zudem auf Bierde bei Bremen, 1059 Birithi, und auf Beert in Belgien, in dem Lindemans eine Dentalableitung *bêr-itja sieht. In meiner Sammlung hatte ich (S. 123) Bierde bei Minden, Bierde, Kr. Fallingbostel, und Bierden bei Achim mit einer Grundform '•'Bher-ithi aufgeführt. Hier könnte der ndl. Name angeschlossen werden. Für den O N . Dort bei Deventer nennt Moerman 110 als ältesten Beleg 1370 Dorrethe und stellt den Namen als -¿¿¿¿-Bildung zu dor „Tor, Tür". Ich war759 Jellinghaus gefolgt, der aufgrund der Belege 1370 van Durrete, 1436 ni
In: Verein für Geschichte und Heimatpflege Wickede (Ruhr), Information für Heimatfreunde 11(1988), S.iff.
759
Udolph, -itbi 130.
266
Suffixbildungen
Dorrete an einer Zugehörigkeit gezweifelt hatte. Ich habe nicht ermitteln können, ob dieser O r t identisch ist mit dem von J.H. Gallée, N G N . 3(1887)362 genannten Toponym Dort bei Gorsei, 1344 Dorrete, 1414 Dorrethe, 1492 Dörth. Von der Lage her ist das möglich. Wenn man Moerman folgt, darf Dort als -¿¿¿¿-Bildung angesehen werden. Fraglich ist aber die Ableitung von dor „Tor, Tür". Wir hatten das Problem auch bei den Gewässer- und Ortsnamen um Dörsbach, Dorsten, Duria, Dura/Thur, Dorst, Duurstede/Dorstede bei Utrecht, Dorestad, Dorstadt und Dorste erörtert und wahrscheinlich zu machen versucht, daß an die große Sippe um Duria, Dura/Thur usw. anschließen ist und das germanische Tor-/Tür-Wort fern bleiben sollte. Dem möchte ich auch im Fall von Dort < *Dur-ithi/*Dor-ithi folgen. Eine -¿¿¿¿-Bildung sieht Moerman 111 wohl mit Recht in dem O N . Eefde bei Zutfen, 1300 Evede. Er gibt allerdings keine Etymologie an. Der Name hat wahrscheinlich eine Entsprechung in dem nur einmal erwähnten WgN. 1240 in Ebbethe, den ich aus verschiedenen Gründen für unklar gehalten habe760. Die Deutung ist schwierig, ein Zusammenhang mit dem Namen der Eibe wie in Hijfte, 1187 Iueta, kommt kaum in Betracht. Bei dem O N . Lobit in Gelderland, 1222 Lobedhe, Lobedde, 1224 Lobede hatte ich (-ithi, S. 106) einen Zusammenhang mit ahd. loub „Laub" erwogen. Moerman 111 zieht mnl. love, lovede „uitbouwsel, open plaats of tuin, huis met tuin", also dt. Laube usw., vor. Die Namen Oelde bei Warendorf, 10. Jh. Ulithi, Ulidi und Ölde bei Recklinghausen, ca. 1150 Ulethen hatte ich nach Jellinghaus mit Oelde bei Laren in Gelderland verbunden. Zum letzten Toponym bietet Moerman 111 die offizielle Schreibung Oolde sowie einen Beleg von 1392 Oelde. Er weist allerdings auf die Möglichkeit hin, daß ein -/o-Name zugrunde liegt. Den O N . Tilligte bei Oldenzaal hatte ich - Jellinghaus folgend - als zweifelhafte -¿¿/»'-Bildung bezeichnet. Moerman 111 zeigt durch den Beleg 1295 Tilgede, daß dieses wohl unbegründet ist und der Name gut als *Telg-ithi zu telg „Zweig" gestellt werden kann. Zu verwandten Namen vgl. Förstemann 11,2,987 f. Mit diesen Bemerkungen kommen wir zu einem weiteren germanischen Teilgebiet, in dem -¿¿¿¿-Bildungen bislang nicht sicher nachgewiesen werden konnten.
c. Englisches Material Der Nachweis von -¿¿¿¿-Bildungen im angelsächsischen Namenmaterial gelang bisher nicht überzeugend. Dabei scheinen die altenglischen Appellativa das Bildungselement noch zu kennen, ich hatte in meinem Beitrag (S. 85 f.) auf ae. gesylhde „Joch Ochsen" und winterfylled „Oktober", scipfiylled „Privatge-
760
Vgl. dazu Udolph, -ithi 130.
-ithi
267
richtsbarkeit über drei Hundertschaften" verweisen können. Im folgenden soll nochmals versucht werden, das Suffix auch im englischen Namenschatz nachzuweisen. Dabei ist nicht ganz unwichtig, daß vor allem Kent, die dem Festland am nächsten liegende Grafschaft, nach Moerman 110 Appellativa und auch Namen mit dem Suffix -et (Telghet761, Thevelte, Ripsette) kennt. Wir hatten bei den verschiedensten Kartierungen sehen können, wie eng der Südosten Englands mit dem gegenüber liegenden germanischen Boden (vor allem in Westflandern) verbunden ist. Daher wäre es keine Überraschung, wenn sich etwas ähnliches bei dem hier in Rede stehenden Wortbildungselement erweisen würde. Die Ermittlung stößt in England allerdings auf nicht unbeträchtliche Schwierigkeiten, da andere dentalhaltige Suffixe den Weg kreuzen. Dafür einige Beispiele: die Bestimmung des Wortbildungselements in ae. filede „hay, Rasenabstich" ist schwierig. Man könnte durchaus geneigt sein, wegen des frühen Belegs filidlêage auf ein -¿-haltiges Dentalsuffix zu schließen. Jedoch weisen andere Quellen eher auf einen Ansatz filect(e)762. Auch in Ortsnamen erscheint dieses Appellativum; so verzeichnet A.H. Smith, EPNS. 41,125 die ON. Feltham und Filton. Ausführlicher hat sich Ekwall, EPN. 179 mit diesem Wort befaßt und schließt letztlich auf einen Ansatz *fal%ipia- „hay growing on a fallow". Ortsnamen wie Feltham, Fawleys, Filleigh und Filton enthalten seiner Ansicht nach die Ableitungsgrundlage. Ahnlich ist die Problematik im Fall von ae. fyrhd(e) „Wald, Gehölz", ne. firthe „Gehölz, Hain". Unter Hinweis auf dieses Wort und einen Ansatz fyrnp(e) - Frant (Sussex) hat Wallenberg 163 explizit die Ansicht vertreten, „that is containing the derivative suffix *ipja". Es trete auch in ON. wie Frith, Freeth nicht selten auf. Wahrscheinlicher ist aber eine direkt und ohne Zwischenvokal an den Stamm getretene Dentalableitung, wozu die germanischen Sprachen genug Vergleichsmaterial bieten. Auch bei den nun folgenden, mutmaßlichen -ithi-Ableitungen gibt es noch Probleme. Es ist jeweils zu klären, ob die Ableitung bereits appellativisch nachweisbar ist oder erst als toponymisches Suffix fungiert. Ein Formans -ithi/-ithja ist m.E. als ae. brëmâe < *"'bröm-ith- in einer Reihe von Ortsnamen aus Kent nachzuweisen. Wallenberg 32 hat in ihnen darin die Grundbedeutung „a place overgrown with broom" gesehen763 und dazu folgende Namen gestellt: 1. The Brent, Brent Lane, spätes 14.Jh. Bremthe; 2. WgN. 13.Jh. Bremthe-, 3. WgN. 1286 Bremthe-, 4. Brent Cottages, 1359 Brencche (für Brentthei) und 5. 1206 La Brenithe (für Bremthe}), und gefolgert „I suggest this is a collective word OE *bremj>e, formed from the base of OE bröm ,broom' to which was added the suffix -ipja". Appellativisch ist diese Bildung im Englischen - soweit ich sehe - unbekannt. Umso
761 762 763
Man vergleiche oben * Telg-ithi. S. Smith I 173; Middendorf 51. Zustimmend Smith I 49.
268
Suffixbildungen
bedeutsamer ist ihr Vorkommen im toponymischen Material, das zudem durch die Wirkung des Umlauts deutlich macht, daß der präsuffixale Vokal ein -i- gewesen sein muß. Es gibt somit keine Probleme, die englischen Namen auf eine Grundform *bröm-ithi zurückzuführen. Noch bedeutsamer ist nun m. E., daß der Kontinent diese Bildung ebenfalls kennt. Ich hatte diese in meiner Auflistung der -¿í¿¿-Namen (S. 93) genannt. Es sind 1173 Bremith, unbekannter Ort zwischen Demer und Maas (Gysseling I 182), und Brempt, ON. bei Erkelenz, (1196) Bremet, 1198 Bremet usw., die Gysseling I 187 auf germ. *brcemjôpu-, Koll. zu brcemjan „braam, Brombeere" zurückführt, wegen des Umlauts ist aber m.E. 764 eher von dem Suffix -ith i auszugehen. Somit wäre in diesem Fall die Beziehung zwischen dem Kontinent und England unproblematisch. Übergangen habe ich ae. erd (Angl., Kent), ierct, yrd (wsächs.) „Pflügen, gepflügtes Land", da die Trennung von eorde „Erde, Grund, Boden" nur sehr schwer durchzuführen ist765. Anders steht es dagegen mit einer Gruppe von Namen, die eine altenglische Grundform „*fernde (Angl,Kt), *fiernde, *fyrnde (WSax) ,a place overgrown with fern or bracken"' voraussetzen. Diese sieht A.H. Smith 1172 auch in den ONN. Frant, 956,961 (. Für Smith I 173 sind hier auch Fawley (Ha), Feiton Hill (Nb), Fillham (Ha) und Field (Kent) anzuschließen. Es liegt eine Entsprechung auf dem Kontinent in dem ON. Felchta bei Mühlhausen, 876 Felichide, 1001 Velihede, vor, der zu mnd. valge „gefelgte Brache", mhd. valgen, velgen „umackern" gestellt wird770. In die Karte aufgenommen habe ich nur den offenbar unstrittigen O N . Feltham (Somerset). Bereits appellativisch zeigt sich unser Suffix in einer weiteren ae. Sippe um (ge)fyrhd, fyrhde „a wood, woodland, wooded countryside", me. frith, fryht, firth, frith, kent. auch fright „wood", „woodland" (Smith I 190). Ein knappes Dutzend englischer Ortsnamen läßt sich hier anschließen771, da die Suffigierung jedoch bereits im Wortschatz erkennbar ist, habe ich eine Kartierung nicht vorgenommen. Unkartiert gelassen habe ich auch den ON. Heightington in Worcestershire, in dem ae. hêhdu, hïehdu „Höhe, hoch gelegener Ort" gesehen wird, jedoch ist auch die Herkunft von einem PN. nicht ausgeschlossen: 1325 Huythindone, 1332 Hutdynton772. Ansonsten wäre eine -ζ'ί^ζ-Bildung zu germ. hauhs „hoch" usw. schon verlockend, man vergleiche dazu aus meinem -zí/?¿-Aufsatz Högden (mehrfach) und oben den Nachtrag zum Berganmen Hutsberg, 797 in Hoitine usw. mit Hinweis auf Heuthen bei Heiligenstadt. Ein -ithi-Suffix darf man mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in dem WgN. Helthe in Kent, 1242-43 Helcthe, Helgthe, 1252-54 de Holgthe, 1254 de Heilkthe, 1270 de Helgthe usw. sehen. Ich folge hier Wallenberg 163, der den Namen mit dem Formans -ipja an das germ. Bestimmungswort *hulk- in ae. holc(a) „hole, cavity", hule „hulk, hut" anschließt. A.H. Smith I 274 setzt * by led e an und verweist ebenfalls auf bolea und auf ein (im präsuffixalen Vokal undifferenziertes) Formans -de. Der durch -/-Umlaut bedingte Wandel im Wurzelvokal macht es m.E. aber sehr wahrscheinlich, daß unser Suffix auch in diesem Namen vorliegt. Allerdings fehlen in diesem Fall Entsprechungen vom Kontinent; das Appellativum scheint nur auf der Insel produktiv gewesen zu sein773. Die Möglichkeit einer -¿¿¿¿-Bildung sehe ich auch in dem WgN. Horsyth in Dorset, 13.Jh. horside, 1249,1256 Horsyth(e), 1256 Horseth, 1327,1331,1463 Horsith(e), 1331,1338 Horsyth(e)774. Es gibt mehrere Erklärungsversuche dieses schwierigen Namens. Einerseits sieht man darin ein Kompositum horu + sead775, wofür evtl. die parallele Bildung Horseheath7n sprechen könnte. Zum andern denkt man eine Zusammensetzung hors + tgod, iged „kleine Insel".
769 770 771 772 773 774 775 776
Ekwall, EPN. 179. Vgl. Udolph, -ithi 98 mit weiterer Literatur. S. Smith I 190 und Ekwall, EPN. 190. S. Smith I 241; Ekwall, EPN. 231; Ehmer 30. Davon abgegeleitete O N N . bietet A.H. Smith I 258. A.D. Mills, EPNS. 53,210. Kökeritz 130. S. Smith II 116.
270
Suffixbildungen
Ich finde beide Deutungen nicht überzeugend und möchte einen weiteren Vorschlag machen. Wenn man von einer -ithi-Bildung ausgeht, bleibt als Ableitungsgrundlage *hors- zurück. Eine Verbindung mit engl, horse „Pferd" dürfte nur insoweit bestehen, als dieses Wort auf den Namen eingewirkt hat. Eine Lösung des schwierigen Namens kann aber m.E. auf dem Kontinent gesucht werden. Sie könnte in dem Vergleich mit dem O N . Herste bei Höxter, 822-826(?) in Hersithi, ca. 980-82 in Hersiti, in Hiristi, ca. 989-992 in Hersiti usw. liegen, in dem manche harst „Flechtwerk", die meisten aber (so auch Förstemann 11,1,1351) das germanische Pferdwort sehen. Zieht man jedoch den FIN. Hörsei und weiteres, auch außergermanisches Material heran777, so ergibt sich eine ganz andere Perspektive und eine Verbindung mit der idg. Wz. *krs erscheint möglich. Auch der altertümliche Gauname Hersigo bei Warburg kann hier eine Rolle spielen. Ich will nicht behaupten, daß der englische O N . hier einzuordnen ist, auszuschließen ist es aber nicht. Etwas besser steht es um den Ansatz einer -¿¿¿¿-Bildung in dem O N . Reed (Hertfordshire), 1086 Retth, Rete, ca. 1150 Ruith, 1204 Red, Rud, 1212 u.ö. Ruth™, in dem Smith II 91 wohl mit Recht (Ekwall, a.a.O. erwägt daneben auch Herkunft von einem Appell, ryp) eine Form *ry\d und weiter eine -d(e)-Ableitung von ae. ruh (> ne. rough) vermutet. Der Name wurde in die Karte aufgenomen; kontinentale Parallelen sind bisher unbekannt. Als letzte Namengruppe können Ableitungen von ae. tilian „to tili", vor allem „das Feld bestellen", angeführt werden. Es handelt sich um ae. „tild, tild(e) ,tilth, crop, land under cultivation', found chiefly in the SE"779. Dazu gehören sehr wahrscheinlich folgende Namen: Tilt, O N . in Kent und in Surrey, 1328 la Tilthe, Tiltwood in Sussex, 1327 ate Tilthe, auch Backtilt Wood, 1254 de Beketilthe, 1278 de Beketilthe usw.780 sowie Baretilt, 1285 Bertiith, 1313 de Bertilthe, in Kent781. Die hier vorliegende Dentalableitung ist appellativisch wahrscheinlich auf das Englische beschränkt. Vergleichsmaterial bietet aber auch der Kontinent. So ist hinzuweisen auf Tilburg in Nordbrabant, 709 (K. 1191) Tilliburgis usw., auch Oost Tilborgh, in dem die Autoren des LNT., S. 348, „onl. bürg ,burcht' met tilli (< germ, "'tilja- ,nieuw gewonnen land')782 sehen. Weiterhin auf den O N . Tilt, ebenfalls in Brabant, 1141 Tilt, 1125 (de) Tielhtn\ Thildonk bei Löwen, alt Tildunc, Tildunch usw.784, Tilvit, ehem. Wald in Nordfrankreich (Dép. du Nord) 785 u.a.m.
777 778 779 780 781 782 783 784 785
W.P. Schmid, Nehrungskurisch, Mainz-Stuttgart 1989, S.24; vgl. Udolph, -ithi 102. Ekwall, E P N . 384 A . H . Smith II 180. Wallenberg 347; E P N S . X I 89; EPNS.VII 283. N a c h Wallenberg, a.a.O. ae. bere „barley" + tild(e) „tilth, crop". N a c h R. Schmidt-Wiegand. Förstemann 11,2,994. Ebda. 993 f. Ebda. 994
-ithi
271
Besonders nachdenklich macht der GauN. Tilgethi im Nordosten von Lippe-Detmold, den Förstemann nicht unmittelbar als *Telg-ithja unter die entsprechenden 7e/g-Namen eingeordnet hat, sondern unter den /¿/-Belegen anführt. In der Tat ist die Uberlieferung nicht ganz einheitlich. Neben 826876 in pago Tilgethi, 892 Tilgidae usw. stehen schon früh 954 Tilithi, 1004 Tilithi, 1024 (K. 12. Jh.) in pago Thilithi, 1025 Tilithi™. Damit sollen die 77/g-/Zz7g-Belege keineswegs wegdiskutiert werden, jedoch fällt auf, daß im Gegensatz zu Telgte, Telcht und Tellichte das -g- in Tilithi keine Spuren hinterlassen hätte. Möller, Dentalsuff. 104 f. sieht darin allerdings kein Problem und folgt ebenfalls P. v. Polenz mit dem Ansatz *Telg-ithi. Von hier ausgehend gewinnen wahrscheinlich die Überlegungen von G. Schlimpert787 an Gewicht. Er sieht einen Zusammenhang zwischen dem Ortsund Landschaftsnamen Teltow südl. von Berlin, dem ON. Teldau bei Hagenow < * Til-ithi, dem schon genannten Gaunamen Tilithi an der Weser788 und den Mündungsarmen der Weser Westertiii, Nordertill, Ostertill, die zwischen 1878 und 1902 als Wester Telte und Oster Telte belegt sind. Ich hatte diese Namen in meinem -ithi-Aufsatz unerwähnt gelassen, da ich Zweifel an ihrer Zugehörigkeit hatte. Die sich nun abzeichnende neue Möglichkeit einer Streuung von Brandenburg bis Südengland hat meine Bedenken doch erschüttert und es kann sehr gut sein, daß die englischen 7z7f-Namen in den hier genannten kontinentalgermanischen Toponymen ihre Entsprechung besitzen. Ich bin am Ende des Nachtrags englischer Ortsnamen. Mir ist bewußt, daß bei einigen der genannten Toponyme Zweifel an der Zugehörigkeit zu den -¿^¿-Bildungen bestehen. Dennoch glaube ich, daß man die These wagen kann, das dieses germanische Bildungselement toponymisch auch auf der Insel nachgewiesen werden kann. Der Blick auf die Verbreitung (dazu s.u.) wird zudem zeigen, daß die Verbindung zum Kontinent recht überzeugend ist. Doch zuvor ist noch ein kurzer Blick auf den germanischen Norden notwendig. d. Skandinavien Trotz aller Bemühungen ist es mir zunächst nicht gelungen, -zt/?z-Namen nördlich einer Linie Husum-Schleswig nachzuweisen. Ich konnte daher auch nicht der Ansicht von K.I. Sandred folgen, der im Hinblick auf die dänischen Namen geäußert hat: „It should also be noted that Κ. Haid789 proposes to
786 787 788
m
Vgl. Udolph, -ithi 115, wo ich P. v. Polenz gefolgt bin. Die Ortsnamen des Teltow, Weimar 1972, S. 180 ff. Der seiner Ansicht nach von einem Flußnamen abgeleitet ist. Allerdings bleiben die Tilg-/ Z¿/g-Belege unerwähnt. „Vore Stednavne, 2nd ed., Kebenhavn 1965, pp. 206 ff. Cf. example from Fyn given by J. Kousgárd Serensen in Danmarks Stednavne, 13,1958, p. 101".
272
Suffixbildungen
explain a number of Danish place-names, most of them situated in eastern Jutland, as derivatives in -atja, -itja; in some cases they may also be explained as derivatives in -ipja"790. Auf dem Symposion über das Nordwestgermanische in Kiel hat dann Th. Andersson in seinem Beitrag die Frage auch anhand meines -ithi-Beitrages aufgegriffen und mit dankenswerterweise die einschlägigen Seiten seines Vortragsmanuskriptes zur Verfügung gestellt. Daraus kann man entnehmen, daß die folgenden skandinavischen und dänischen Namen der Bildung mit unserem Suffix verdächtig sind, allerdings gibt es dabei Fälle, bei denen sich nach
7,0
NoB. 55(1967)11.
-ithi
273
Th. Andersson das ,,-ipia-Suffix ebenso wie auf dem Kontinent von ähnlichen Suffixen nicht sicher unterschieden läßt". Nach den Worten des schwedischen Forschers „handelt es sich um eine Gruppe von knapp zehn Namen im südlichen und mittleren Jutland . . . Die Namen enden heute auf -t, das im Auslaut aus . . . regelrechtem -d entstanden sein kann". Es handelt sich um Leert, 1524 Leerthe, Ableitung von dän. 1er „Lehm"; Dynt, 1483 Duntte, zu dän. dynd „Morast, Schlamm"; Lejt, 1335 Loyte, zu dän. fag „Lauch"; Lont, 1463 Lynthe, zu dän. bn „Ahorn"; schon unsicherer sind nach Th. Andersson Aidt, Drylt, Flovt und Κo lt. Ich habe sie dennoch kartiert. Das angeführte Material zeigt in seiner Verbreitung, das die dänischen Namen als Ausläufer der deutschen -zife'-Namen zu betrachten sind. Der Blick auf die Verbreitung (s. Karte 28, S. 272) zeigt deutlich, wie die Streuung der Namen nördlich der Elbe stark abnimmt und knapp nördlich von Hamburg ihre letzten sicheren Ausläufer besitzt. N u r vereinzelte Spuren erreichen Dänemark.
e. Zusammenfassung und Auswertung Die erneute Kartierung 791 enthält gegenüber der ersten Fassung durch ihre erneuerte Gestaltung und die Einbeziehung der englischen Namen entscheidende Veränderungen. a. Die -¿í¿¿-Namen zeigen deutliche Konzentrationen auf Gebieten mit gutem Boden: Hildesheim und Soester Börde, Münsterland. Die Streuung zeigt eine starke Anlehnung an die Nordhänge der deutschen Mittelgebirge mit einer Ausstrahlung nach Westen nördlich des Hohen Venn bis zu den Höhen von Artois. b. Der wichtigste Unterschied zu meinem ersten Versuch liegt in der Kartierung der mutmaßlichen englischen Verwandten. Sie liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kontinent in den Grafschaften Kent, Surrey und Sussex792. In ihrer Streuung weisen sie unmißverständlich auf einen Zusammenhang mit den ¿^¿-Belegen in Ostflandern und Nordfrankreich. Dieser Befund deckt sich mit den Verhältnissen bei zahlreichen anderen Kartierungen, man vergleiche *bholgh-, *dhelbh-, *reip-, *wik-, *ströd- und -ing-. Ich sehe darin wichtige Hinweise auf die Herkunft der angelsächischen Siedler und werde darauf gegen Ende der Arbeit zusammenfassend und mit weiterem Material eingehen. Die Streuung der altertümlichen -¿¿¿¿-Namen ist dabei von nicht unbeträchtlichem Wert. c. Wenn man auf dem Standpunkt steht, daß die Wiege des Germanischen in Skandinavien zu suchen sei, so ist das Fehlen von -¿¿¿¿-Parallelen in 7.1
7.2
Auf die Unzulänglichkeiten meines ersten Versuchs (Udolph, -ithi 137) hat mich W. Meibeyer (Braunschweig) aus kartographischer Sicht nachhaltig hingewiesen. Auf eine entsprechende Erscheinung hatte A . H . Smith bei Diskussion u m engl, tilth (vgl. oben S. 270) hingewiesen.
274
Suffixbildungen
Skandinavien sicher überraschend. Die bisherigen namenkundlichen Untersuchungen in der hier vorliegenden Arbeit und die Streuung altertümlicher germanischer Namen und Namentypen haben aber gezeigt, daß sich dieses Bild voll mit dem bei anderen Verbreitungen deckt. Wir können erneut feststellen, daß die Bindungen mit England sehr alt sein müssen und daß ein großer Teil der altertümlichen germanischen Namen Skandinavien nicht erreicht. Fast alle Streuungen besitzen eine Häufung nördlich der deutschen Mittelgebirge, fast alle lassen schon im Norden Niedersachsens stark nach und überschreiten (von Süden aus gesehen) spärlich oder kaum die Elbe. Daß es auch andere Verbreitungen gibt, ist unbestritten {-leben, Klint, Wedel u. a. m.). Wir werden darauf zurückkommen. d. In einem weiteren Punkt ist eine Ergänzung möglich. Bisher war -ithi außerhalb des Germanischen relativ isoliert. Die Verbindung mit lat. -êtum ist immer nur als ein Behelf aufgefaßt worden, wenn auch von Funktion und Bedeutung her Ähnlichkeiten vorhanden gewesen sind. In einem Beitrag über die Kollektivbildungen im Baltischen hat S.Ambrazas793 auf Entsprechungen hingewiesen, die der germanischen Bildung sehr nahe kommen. Unter dem Abschnitt über "r-itio- heißt es unter anderem: „In some . . . Lithuanian dialects nomina collectiva with the suffix -ytè denoting the concentration of some things or plants in one place are used, e.g. alksnyte ,alter grove', gzHolytè' ,oak-wood', kelmyte ,a stubby place' and others". Auch aus dem Lettischen führt er Beispiele aus dem onymischen Bereich an und vergleicht das baltische Material mit dem germ. -z'iÄz-Suffix. Entgegen dem Vergleich mit dem lateinischen Suffix haben die baltischen Parallelen m. E. wesentlich mehr Gewicht und würden die in dieser Arbeit immer wieder erwiesenen besonderen Beziehungen des Germanischen nach Osten um ein weiteres Beispiel vermehren. e. Mit diesen Bemerkungen möchte ich zu einem Teilabschnitt der -ithiNamen übergehen, den ich bei meinem ersten Versuch nicht habe berücksichtigen können und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben habe: eine Zusammenstellung und Kartierung der Win-ithi-Typen.
7. Winitbi In meinem ersten Versuch über die -zf^z-Bildungen hatte ich die Ortsnamen des Typus Winithi ausgeklammert. Diese Lücke soll hier nun geschlossen werden. Bei der Untersuchung dieser Namengruppe stößt man wieder auf H. Kuhn, der aus dem Vorkommen und der Streuung weitreichende Schlüsse gegen germanische Herkunft eines Teils der Sippe gezogen hat. Er äußert: „Daß dies
7,3
On the development of nomina 1(1992)35-48.
collectiva
in the Baltic languages, Linguistica Baltica
-ithi
275
kein normaler -¿£z-Name ist, zeigt seine relative Häufigkeit und die Vorherrschaft der Pluralform in ihm (Dat.plur. -un -en), die in den anderen selten ist"794, und als Schlußfolgerung „Es erscheint..., als sei die ältere Bevölkerung im Südosten unseres Nordwestblock, bis hinein in seine Mitte, venetisch gewesen oder doch von den Germanen so genannt". Eine gewisse Zustimmung zu Kuhns These klingt nach meiner Einschätzung bei W. Meid an: „ . . . zahlreiche ON. in der Form Wenden o. ä. ..., die auf dem Veweter-Namen zu basieren scheinen"795. Zuzustimmen ist allerdings einem anderen Satz Kuhns: „Daß er, wenigstens in einem Teil der Fälle, nicht Slaven meint, dafür spricht sein Verbreitungsgebiet"796. Man kann daraus ersehen, daß die Diskussion der Wenden-ZWinden-Nzmen von nicht geringer Bedeutung für unser Vorhaben, altertümliche germanische Namen zu sammeln, zu kartieren und aus ihnen Informationen über die alten germanischen Siedlungsgebiete zu erhalten, ist. Den Namen des Typus * Winithi liegt eine im Germanischen gut bezeugte appellativische Gruppe von Bezeichnungen zugrunde. Die wichtigsten Belege sind got. win ja „Weide", aisl. vin „Grasplatz, Weide" und mnd., ahd. winne „Weideplatz". Von nicht zu unterschätzender Bedeutung ist die Tatsache, daß die germanischen Sprachen auch eine ablautende Variante kennen. Sie liegt vor in ahd. wunnja, wunna, wunni, mhd. wunne, wünne „Wiese, Weideplatz", eigendich „Lust", aisl. yn-de „Annehmlichkeit", ae. wyn(n), as. wunnia „Lust, Freude". Nach J. Trier797 hat Metzler 80 formuliert: „Ahd. wunna geht über urg. *uun¿0 auf ein schwundstufiges idg. *unj.ä zurück; daneben steht die hochstufige Bildung idg. *uenia, die über urg. *uenio ahd. winna ergibt ...; von letzterem wurde als Sammelname ahd. winithi, winidi ,Gelände mit Weideplätzen' gebildet'"798. Es verdient, zweierlei festgehalten zu werden: zum einen kennen die germanischen Sprachen eine appellativische Bildung * Vinithi offenbar nicht, zum andern liegt ein Beleg aus dem Gotischen und ein Ablaut vor, der auf hohes Alter der Bildung schließen läßt. Umso bedeutsamer ist meiner Ansicht nach die Streuung der Namen, zu denen jetzt übergegangen werden soll. Diese biete ich in alphabetischer Anordnung, wobei sowohl unerweiterte Bildungen wie auch Typen mit *Winithi als Grundwort Berücksichtigung fanden. Bei der Zuordnung der Namen gibt es zwei Probleme. Das erste liegt in der Zuordnung der historischen Belege zu den jeweiligen Siedlungen. Bei strittigen Fällen habe ich auf eine Aufnahme in die Verbreitungskarte verzichtet. Das zweite liegt in der schwierigen Differenzierung von den überaus zahlreichen Ortsnamen, denen die alte germanische und deutsche Völkerbezeichnung der Wenden, ahd. Winid, plural. Winidâ, mhd. Wint, mnd. Wend(e), zugrunde liegt. Das ist umso schwieriger, als die Winithi-Typen oft in einem 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8
Kuhn III 168 f. BNF. 15(1964)112. Ebda. Etymologien um das Futterlaub, Köln-Graz 1963. Vgl. auch Förstemann 11,2,1377.
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Suffixbildungen
anzusetzenden Dat.Plur. "'Winithun, Winithon begegnen, denen man eine ursprüngliche Bedeutung „bei den Weideplätzen" zuschreiben kann. Unmittelbar vor Abgabe des Manuskriptes dieser Arbeit erschien der fundierte und wichtige Beitrag von W.-A. Frhr. v. Reitzenstein über die Ortsnamen mit Windisch/Winden in Bayern799. Ich habe mich bemüht, ihn in die schon fertig gestellte eigene Sammlung einzuarbeiten, es konnten jedoch nicht mehr alle Einzelheiten aufgenommen werden. Ich hoffe, die notwendige Klärung und Zuordnung der Namen durch die Beachtung der Struktur der Namen zu erreichen (Unsicherheiten bleiben immer bestehen800): Bildungen mit einem Genitiv der starken Flexion im Grundwort, z.B. Winidis-felt, -beim, bzw. im Gen. plur. des Typus Winideheimm, Winidodorf802 sowie Bildungen mit Windisch- und einem Personennamen im Grundwort (dazu s.u.) enthalten den Völkernamen, einfache Winithi (Winethe, Winithun) mit längerem Erhalt des unbetonten präsuffixalen Vokals und einige Komposita dagegen eher unser Winithi. Ich beginne mit einer sehr knappen Auflistung derjenigen Namen, die aus den oben genannten Gründen nicht germ. *winithi enthalten dürften, wobei ich mich vor allem auf die Arbeiten von E. Schwarz803, H. Walther804 und W.-A. v. Reitzenstein (s.o.) stütze. Bisher fehlt nämlich eine kontrastive Bearbeitung dieser Namen mit den altgermanischen Bildungen um winithi, v. Reitzensteins Beitrag ist Bayern gewidmet, wo es Überlappungsprobleme nur in Nordfranken gibt. In folgenden Namen darf die Bezeichnung Winden, Wenden „Slaven" vermutet werden: Abtswenden, Wg. nördl. Sömmerda, 1128 Abbeteswinethen, 1506 Abtswenden*05; Abtswind, 1270 Abswinden, 1281 Abswinden, „bei den Winden des Abtes"806; Abtswinden, Wg. bei Fladungen807; Adelhardswinden bei Höchstadt, 903 Adalhartesuumiden; Alletswind, ca. 1285 Alharrswidem, 1396 Alhartzwinden·, Allwind, O N . bei Lindau, 1496 ... in Alwindth; Almerswind, Wg., 1291 Almarswinden; Altwenden, Wg. bei Wallhausen nahe Sangerhausen, 1136 Attinwinthe, 1155 Altenwinethensos; Appertszwing, 1031 (K. 12.Jh.) Abbatisuiinidun; Ascherswenden bei Sangerhausen, 1033 Ascolveswen-
799 800
801 802
803 804 805 806 807 808
BONF. 28/29(1991/92)3-76. Vgl. etwas Bach 11,1,332: „Auch Wint (Wende) begegnet in O N , obwohl manche der Winden-Namen anders zu deuten sind; z.T. gehören sie wohl zu winithi ,Weideplatz', das allerdings nicht obd. ist". Dazu z.B. Bach 11,1,356; Schwarz, SSN. 336ff. Vgl. Schwarz, SSN. 337: „Altere Belege . . . geben klare Auskunft, wenn der Genetiv Plur. zu erkennen ist." SSN. 336ff. In: Materialien zum Slawischen Onomastischen Atlas, Berlin 1964, S. 94-98. Werneburg 137; H. Walther, MSOA. 94. Schwarz, SSN. 337; vgl. v. Reitzenstein, op.cit., S.21. V. Reitzenstein, op.cit. 21. V. Reitzenstein, op.cit., S.21; Werneburg 137; Förstemann 11,1,88,238; H . Walther, MSOA. 94: „Zur alten Wendensiedlung".
-ithi
211
den, 1093 Ascolves Wynetbe, 12.Jh. Ascolfeswinethe809; Beigelswinden, ON. bei Pfaffenhofen/Ilm, 12.Jh. (Κ. um 1210)... ad Winden, quod apud Eschilbach situm estm; Wg. Bercwinidin (12.Jh.) in Oberösterreich811; Bergwinden, Wg. bei Kallmünz; 1233-37 Perchwinden; Bernhardswend bei Dinkelsbühl, 1346 Bernbartswinden; Bernhardswinden bei Ansbach, 1288 Bernoltswinden812; Bischofswinden, Wg. bei Bad Kissingen, ca. 1150 BischopheswindenBU; Bischwind, Kr. Ebern, 1132 Biscofeswinede und Bischwind, Kr. Gerolzhofen, 791 Winido, 1165 Bischofswineden,„bei den Winden des Bischofs"; Bischwind bei Heilgersdorf, 1317-1322 Bischwind, 1597 Bischwindtiu; Bisenwinden, Wg. Eisenach, 932 Bisenuuinida; Branchewinda, ON. bei Arnstadt, 1314 Bronichwinden; Breitenwinn bei Parsberg, um 1214-16 Predenwinden; Brodswinden, 1240 Gozbrehteswinden (vgl. auch v. Reitzenstein, op.cit., S.24.; Bukenwinden bei Amberg, 1178 Bukewiniden; Burgwenden bei Sömmerda, 1264 Borchwinden, „Siedlung an der Wendenburg", dort 1264 Wyndenburg815; Burgwindheim bei Bamberg, 1136 Windebeim*16; Dautenwinden, 1109 Tutonwiden, 1288 Tutenwinden'17; Diezenwinden bei Mellrichstadt, 1228 Diezenwindensls; Ditterswind, 1174 Digerswinden, 1179 Dikerswinedenm; Ditterswinden, Wg. Gräfinau, 1170 Diderichewinden; Dittwinden, Wg. Wasungen, 1317 Ditinwindin"20; Dürnwind bei Landshut, 1412 Winden (hierzu?), 1459 Durrenwindenm; Eggloffswinden, 1168 Egelolueswineden, 1221 Egelolfeswinden822; Ehrenschwinden, 1332 (K. 1528) Ernswinden, 1358 Ernswinden823; Eisenwind, 1258 Isenwinden, 1422 Eyselwind?24; Elmutwinden, Wg. Hildburghausen, 1317 Elmutwindin825; Ernstwinden, Wg. bei Höchstadt/Aisch, 903 (F. 12.Jh.) Adalharteswiniden826; Erpswinden, Wg. Ingersleben, 1209 Erpeswinede827; Etlaswind bei Forchheim, 12. Jh. Adelineswineden, 1313 Etzilswinden828; Etter-
809 810 811 812 813 814 8.5 8.6 817
818 819 820 821 822 823 824 825 826 827 828
Förstemann 11,1,229; v. Reitzenstein, op.cit., S.21; Werneburg 137; H. Walther, MSOA. 94. V. Reitzenstein, op. cit. 22. Förstemann 11,1,424. V. Reitzenstein, op. cit. 22. V. Reitzenstein, op. cit. 23. V. Reitzenstein, op. cit. 24; NSchwarz, SSN. 337. H. Walther, MSOA. 94. V. Reitzenstein, op. cit. 24. V. Reitzenstein, op. cit. 25 mit (absichtlichem?) Übergehen des ersten Belegs?, vgl. Schwarz, SSN. 338. V. Reitzenstein, op. cit. 25. V. Reitzenstein, op. cit. 25. Schwarz, SSN. 338. V. Reitzenstein, op. cit. 25. V. Reitzenstein, op. cit. 26. V. Reitzenstein, op. cit. 26; E. Schwarz, SSN. 338. V. Reitzenstein, op. cit. 26. Schwarz, SSN. 337. V. Reitzenstein, op. cit. 26. E. Schwarz, SSN. 337. V. Reitzenstein, op. cit. 26.
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Suffixbildungen
winden bei Eisenach, 958 Eitenwiniden; Förtschwind, 1109 (K. 12.Jh.) Vortswineden, 1347 Fortschenwinden·, Frankenwinheim, ca. 750-779 (K. 12.Jh.) Winideheim, ca. 900 (K. 12.Jh.) in uilla Winet Hohheim; Geiselwind bei Kitzingen, Annalen des 13.Jh. z.J. 1199 Gisenwinden; Geisenfeidwinden, ON. bei Geisenfeid, 1104 (K. 1281) Winden, 1370 (K. 16.Jh.) Winden pey Geysenfeldt829; Gepewinede, Wg. bei Nüdlingen, 1151 Gepewinede; Geroldswind bei Maroldsweisach, 9 Jh. (K. 12.Jh.) Gerharteswiniden, 1151 Gerhartiswinidin\ Girnitz, zwei Ortsnamen bei Schwandorf, 1375 Görntz bzw. GoernzS}0; Gotzenwinden bei Eschwege, 1195 Gozenwinden831; Gräbenwinden bei Ansbach, 1242 Grevenwinden, zu „Graf" 832 ; Grafenwinn bei Regenstauf, 1249 Grauin Windin, 1337 Conrad Grafenwinder, „bei den Winden des Grafen"833; Grimmschwinden, 1367 Grimswinden834; Grubwinn, ON. bei Pfaffenhofen, 1752 Grubwinn835; Gundeswind bei Sonneberg, 1350 Gundelswinden836; ca. 1178 (K. 14.Jh.) Hagewinden, Wg. im B.-A. Amberg, 1345 Hagewinden837; Hattenwinden, heute Höfen, bei Hilpoltstein; Haubinda bei Hildburghausen, 1317 Hauwinde·, Herbartswind bei Hildburghausen, 1509 Herbartswind·, Herrschwenda bei Sömmerda, 1282 Herrich e sw enden-, Herrnwinden bei Rothenburg o.d. Tauber, 1249 (hierzu?) Wineden; 1404-1566 Herrnwinden, „zu einem Herrn gehörende Winden"838.; Herzogwind bei Forchheim, ca. 1285 Herzogenwinden, 1389 Hertzogswindem; Hesswinkel bei Langensalza, 1279 Hecilswinde; Hohenwinden, Wg. bei Erfurt, 1277 Howenden, „zu den hochangesiedelten Wenden"840; Höfen, ON. bei Roth (Mfr.), 12. Jh. ... ad Curtem, 12.Jh. Houe, 1437 Hattenwinden; Ibind bei Hofheim, 1231 Immenwindenm; Inwenden bei Halle, 1371 in Wenden, „zu, in den Wenden"842; Jederschwing, O N . bei Passau, 1395 Dietreichswinnden843; Kienhöfe, ON. bei Pfaffenhofen, 1142-1182 (K. um 1210) Marwartswinden, 1216-20 Marwartswinde; Kipfendorf, O N . bei Coburg, 1317 Windischen Inberg; Kirchenwinn, O N . bei Neumark (OPf.), 1334-38 Arnoltswinden; Koppenwind, O N . im Ldkr. Haßberge, 1278 Koppenwinden844; Krum-
829 830 831 832 833 834 835 836 837 838 839 840 841 842 843 844
V. Reitzenstein, op. cit. 27. V. Reitzenstein, op. cit. 28. Schwarz, SSN. 338. Schwarz, SSN. 338; vgl. auch v. Reitzenstein, op.cit., S.29. Schwarz, SSN. 342; vgl. v. Reitzenstein, op.cit., S.29. V. Reitzenstein, op. cit. 29. V. Reitzenstein, op. cit. 29. Schwarz, SSN. 338. V. Reitzenstein, op. cit. 29. Schwarz, SSN. 338; vgl. auch v. Reitzenstein, op. cit. 30. V. Reitzenstein, op. cit. 30. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 30. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 30. V. Reitzenstein, op. cit. 31.
-ithi
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penwinn, Wg. bei Neumarkt (OPf.), 1229-37 Cuvntenwinden, ca. 1285 Chvntenwinden; Kurzewind, ΟΝ. im Ldkr. Haßberge, 1225 Kotzenwinden·, Labertswend, ON. bei Ansbach, 1414 Labrechtzwende; Lohwinden, ON. bei Pfaffenhofen/Ilm, 1279-84 . . . huba vz dem Loche, 1309-15 Graetleinswinden hubaU5; Mainwinden, Wg. in Ostthüringen, 874 Moinuuuinida, zum FIN. Main™; Mechelwind, ON. bei Höchstadt/Aisch, 1303-13 (K. 1358) Mechiltwinden; Meinhardswinden, ON. bei Ansbach, 1288 Minharteswinden; Mertinwinden, Wg. bei Bad Kissingen, 1355 Wüstung zu Mertinwinden847; Michelwinneden bei Waldsee, 11. Jh. Winiden848; Morlitzwinden, ON. bei Ansbach, 15. Jh. Morhartzwinden, 1608 Morlizwindenn; Nabin, ON. bei Deggendorf, 863 uillam ... Nabauuinida, 13.Jh. Nawinden849; Nahwinden bei Stadtilm, vor 1106 Nabewinden, 1143 Nabawinede, zum FIN. Naab850; Neidhardswinden, ON. bei Neustadt/Aisch, 1295 Neitherswinden, 1317-22 Nitharteswinden851; ca. 1030 Nidarum Winida, eines der Winden in Oberbayern, nach E. Förstemann 11,2,383 „zu winithi ,die Viehweide"*, was sehr fraglich ist, vgl. Bach 11,1,332: „winithi .Weideplatz', das . . . nicht obd. ist", vgl. auch Niederwinden, verödet bei Rotenburg o.d. Tauber (Lage fraglich), 1395 Nydernwinden852 und Oberwind bei Hildburghausen, 1323 Oberwinden, „zu den oberen Wenden"853 (weitere ONN. Oberwinden belegt v. Reitzenstein, op.cit., S.34f.). Ferner sind zu nennen Oberfimbach bei Landshut, ca. 990-1000 . . . Winnipach ... ad Winidipach; Oberhembach, ON. bei Neumarkt, OPf., 14.Jh. Oberhennbach·, Oberhofen, ON. bei Mühldorf/Inn, 1146/47 curtem Windiberge, 1147 (F. 12./13. Jh.) Windeberge854; Oberwinstetten, ON. bei Dinkelsbühl, ca. 1170 (K. 13. Jh.) Winestetten*55; man vergleiche weiter Offenwinden, Wg. bei Meiningen, 1317 AffinwindinKi; Oasterwind, ON. bei Landshut, 14. Jh. Winden (Zuordnung nicht sicher), 1464 Jorg Ossterwinder; Ottowind, ON. bei Coburg, 1116 Atenweinden, 1182 Atenwinden·, Polenwinden, Wg. bei Amberg, 1240 Pulnwinden (nicht verzeichnet bei v. Reitzenstein), 1271 Polenwinden*57; Poppenwind bei Hildburghausen, 1317 BoppenwindenKi; Poppenwind, ON. bei Erlangen, 1303-1313 (K. 1358) Boppenwinden; Poppenwinden, Wg. bei Amberg, ca. 1178 (K. 14. Jh.) Bukewiniden; Prünst, ON. Roth (Mfr.), 1228 Brunst, 1486 Windi-
845 846 847 848 849 850 851 852 853 854 855 856 857 858
V. Reitzenstein, op. cit. 32. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 33. Förstemann 11,2,1376 mit Deutung zu germ. * Winithi, fraglich. V. Reitzenstein, op. cit. 33. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 34. Schwarz, SSN. 338. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 34 V. Reitzenstein, op. cit. 35 S. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 36 H. Walther, MSOA. 95.
280
Suffixbildungen
schenbrunst; Rabenden, ON. bei Traunstein, ca. 1200-1231 (K. 16.Jh.) Radwinten; Ratzenwinden, ON. bei Ansbach, 1111 Racenwineden; Reichertswinn, ON. bei Neumarkt (OPf.), 1372 Reicholtzwinden859; Reinhards bei Bad Salzungen, 1057 Regenharteswinede, nach Förstemann 11,2,528 zu germ. *winithi, abzulehnen860; Reinhardswinden bei Haßfurt, 1057 (K. 12.Jh.) Regenharteswineden, 1317-22 Rei(n)gerswinden; Reinprechtswinden, Wg. bei Höchstadt/Aisch, 1348 Reimprechtzwinden; Reinswinden, ON. bei Ansbach; 13031313 (K. 1358) Ratswinden, Reitswinden; Reumannswind, ON. bei Erlangen, 1317-22 Ruwensvin861; Reuterswiesen bei Kissingen, 1034 Ruthardeswiniden862; Rosperswenda bei Kelbra, 1506 Ruspelswendeg6i; Rothwind, ON. bei Kulmbach, 1381 Rotwinden*64; Rothwinden, Wg. bei Wasungen, 1394 Rotinwinden; Rückerswind bei Sonneberg, 1330 Rüccerswinden; Rüdenschwinden bei Ostheim/Rhön, 9.Jh. (K. 12.Jh.) Rudolfeswineden, 1234 Rutswindeheim; St. Colomann, ON. Neumarkt/OPf., 1334-38 Walkerswinden; Schweikartswinden, ON. bei Ansbach, 1410 Sweikerswinden*65; Schweinswende, Wg. bei Eisleben, 881/899 Sineswinidun166; Seiwotzwinden, Wg. bei Feuchtwangen, 15.Jh. Seiwotzwinden; Starkenschwind, ON. bei Bamberg, 1402 Starckelswinde; Tautenwind, ON. bei Roth (Mfr.), 1109 (F. ca. 1150) Tutenvviden, 1195 Tutinwinde*67 ; Thalwenden, Kr. Heiligenstadt, (1055) Daleuuinethun, 1297 Talewenden, „zu den Wenden im Tale"868; Unterwinden, drei ONN. in Bayern; Unterwinstetten, ON. bei Ansbach, 1728 Unt. Windstetten; Veilschwinden, Wg. bei Wülfershausen/Saale, 1518 Veilschwinden; Veitswend, ON. bei Dinkelsbühl, 1339 Vi?tz winden*69; ca. 1150 Veldwindin, Wg. bei Haindorf/Osterreich870; Voccawind, ON. im Lkr. Haßberge, 1317-22 Hermannus dictus Fokenwinder, 1346 Vokenwinden; Walburgswinden, ON. bei Dietenhofen, 1333 Walberwinden871; Waldschwind, ON. im Lkr. Haßberge, 1147-1150 (K. 14.Jh.) Walczwinden, 1150 Gualeswinden, 1177 Waleswinden, zum PN. Walh, später auf Wald umgedeutet872; Walkertswinn, 1334-38 Walkerswindenin; Wallrabs, ON. Kr. Hildburghausen, 908 Walhrameswinida; Wenddorf, Wg. bei Hohenbucko, 1712 Wendorff, „Dorf der Wenden"874; Weghausen,
859 860 861 862 863 864 865 866 867 868 869 870 871 872 873 874
V. Reitzenstein, op. cit. 36 f. S. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 38. Förstemann 11,1,1457. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 39. V. Reitzenstein, op. cit. 39. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 39f. H. Walther, MSOA. 95. V. Reitzenstein, op. cit. 40 f. Förstemann 11,1,868. V. Reitzenstein, op. cit. 41 f. Schwarz, SSN. 337; ν. Reitzenstein, op. cit., S. 42. E. Schwarz, a. a. O. H . Walther, MSOA. 96.
-ithi
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ON. bei Freising, 1231-34 Windenhvsen; Wendenbeim, Wendern, Wendsdorf, Wenenden, Wiesengiech, Wimbach, Wimberg (mehrfach), Winbuch, ONN. in Bayern875; Bad Windsheim, ON. bei Neustadt/Aisch, 791 (K. 12. Jh.) Winedesheim usw.876. Aus Bayern gehören noch hierher Wolfartswinden; Wolferszwing; Wolfertschwenden; Wühn, 1240 Winden; Wühnried, nach 1311 Winried, Windried; Wiinn, 13.Jh. Winden; Wünricht, 1270 Uvinderuth; Wünschenbach, 15.Jh. (K. 1462) Windischenpach; Wünschendorf, Wg., 1366-68 Windischendorf; Wünschendorf , 1255 Windischendorf; Zehenwinden, Wg., ca. 1150 Zechenwinden'77. Ein besonders heikles Problem sind die undifferenzierten Wenden-Namen. Bei einigen erhält man durch die Überlieferung Hinweise auf Slaven, auf eine präpositionale Wendung mit dem Ethnikon, bei andern versagen diese Hilfsmittel. Die folgenden Namen enthalten m.E. die Bezeichnung Wenden/Winden „Slaven": Wenden bei Mücheln, 881/899 Ziuuinidun, „zu den Wenden"878; Groß-, Klein-Wenden bei Großlohra, 1370 Wenden abir Wenden, „zu den Wenden"879; Wenden, Wg. bei Buttstädt, 1350 in den Wenden, 1506 in Butstat Sclavorum sive in den Wenden, „zu den Wenden"880; Wenden, Wg. bei Wernigerode, 1129 (1199?) Weneden, Wenedhenm; Wenden, Groß-, Klein-, bei Bleicherode882. Zu den überaus zahlreichen Namen in Bayern wie Wind (auch Windach, Windberg) sowie Winden, Windten, Wineden und Windenberg, Windenreut, Windgrad, Windham, Windheim, Windhof, Windkreut, Windkreuth, Windorf, Windsbach, Windschlag, Windschnur, Windsfeld, Winiham, Winkl (alt Windenwinchile), Winn, Winnetten, Winning (alt Vuinidun), Winöd, Winten, Winterberg(alt Windiperc), Winterried (alt Windenned) s. v. Reitzenstein, op. cit. 44 ff., 56 ff. und 60 ff. Die mit dem Bestimmungswort Windisch verbundenen Ortsnamen enthalten ebenfalls sichere Hinweise auf slavische Bevölkerung883. Ebenfalls problematisch ist die Zuordnung der Wendhausen/WindhausenOrte. Bei einigen liegt die Slavenbezeichnung vor, so Wendhausen, Wg. bei Weimar/Vippach, 1350 Wendehusen-Vipech, „zu den Häusern der Wenden"884, auch in Wendhausen, heute Thale am Harz, 9. Jh. Winithohus, 936 Uuinethahusun885, sowie Windhausen bei Meiningen, 1303 Windhusen und Windehau875 876 877 878 879 880 881 882 883
884 885
V. Reitzenstein, op. cit. 42 ff. V. Reitzenstein, op. cit. 22. V. Reitzenstein, op. cit. 62-65. Ebda. 95. Ebda. Ebda. 95. W. Grosse 148. Werneburg 137. Vgl. v. Reitzenstein 6 f. und die Auflistung ebda., S.53ff., auch Winterschneidbach, Windischsneitbach (ebda., S.62). H. Walther, MSOA. 96. H. Walther 296.
1240
282
Suffixbildungen
sen bei Nordhausen, 1157 Winthusen, „zu den Häusern der Wenden"886; Winbausen bei Tragemarsdorf, 1303-13 Windbusen*". Zu den bayerischen Windenbausen, Windhausen s. auch v. Reitzenstein, op.cit., S. 50,51. Bei anderen ist eher von einem germ. PN. auszugehen, so wohl in Wendhausen bei Hildesheim, 1022 (F. A. 12. Jh.) Winitbusunm, auch in Wendhausen bei Braunschweig, 1175 Fridericus de Witiethusen, 1273 Lippoldus de Wenthusen, auch Wg. Kleinwendhausen, 1311 In minori Wenthusenm und in Wendhausen bei Lüneburg. Immerhin hat Kuhn III 169 wahrscheinlich nicht Unrecht, wenn er vermutet, „daß einige dieser -husen . . . aus einfachem ''Winithun weitergebildet sein [mögen]". Das ist z.B. der Fall bei Wenzen nahe Gandersheim, um 1013 (F.) Winethun, 1031 Winidun"90, 1062 Winethusen, 1183 Wenethusenm. Aus verschiedenen Gründen unsicher sind auch der in den Trad.Corb. genannte ON. 822-826(?) in Winedahus(un), 826-876 in Wynethahus(unf92, unsicher sind auch 1093 (F. 2.H. 12.Jh.) Winithusenm, 1144 Winithusen™, 1152 (F.) Winthusen™, Windenhausen, um 880 Winithahus, in Winadohusun (MGH. SS. IV 159) und 1062 Winethusen, Wg. bei Ringelheim?896. Die Slavenbezeichnung liegt weiterhin vor in 1142 Wichardeswinethe, Wg. im Westen Thüringens897; Wiegenswende, Wg. bei Thalwenden898; Wimberg bei Mössling, B.-A. Mühlberg, ca. 991 Winidiperh899; Winddorf, Wg. bei Querfurt, 881/899 Uuinidodorpf, „zum Wendendorf"900. Weiterhin nach Th. Geiger, BNF. 16(1965)227 in Winden, Kr. Sinsheim, 1245 Winden·, Winden, Kr. Wertheim, 1224 in Wineden, 1373 Winden; Winden, Kr. Waldkirch, 1178 Wineden, 14.Jh. Winden; Windenreute, Kr. Emmendingen, 1094 Winedonriuti und in dem GN. Windenbach, 14./15.Jh. Winden-, Wyndenbach, sowie in Winden bei Grafenau, um 1135 Winiden; Winden, Wg. bei Friedberg/Hessen, 1158 Wineden901; Winden bei Großenlüder902; Windenhof, Wg. bei Schmalkalden, 1317 Wynden, „zu den Wenden"903; Windorf, Wg. bei Leipzig, 1327 886 887 888 889 890 891 892 893 894 895 896 897 898 899 900 901 902 903
H. Walther, MSOA. 96. Schwarz, SSN. 337; v. Reitzenstein, op.cit., S.59. S. D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)378. Kleinau II 692,694. Zuordnung allerdings fraglich, s. jetzt Möller, Dentalsuff. 108. Kleinau II 696. Honselmann 89,95, dessen Lokalisierung nach Dürre II 78 f. unklar ist. Mainzer UB I 385, s. Kleinau II 696. Or. Guelf., s. Kleinau II 696. Papsturk. Westf., s. Kleinau II 696. MGH. Reg. Germ. VI 108. Förstemann 11,2,1321. Werneburg 137. Förstemann 11,2,1377. H. Walther, MSOA. 96. MGH. Reg. Germ. X/1,355. Kuhn III 169. H. Walther, MSOA. 96.
-ithi
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Wintdorf; Windorf bei Meißen, 1461 Wintdorf; vielleicht auch Wentorf (Wintorf), Wg. bei Mascherode, 1161 Winetorp, 1192 Wenethorp904; ferner Windsassen, Wg. bei Fulda, 953 Winidasiz, „zum Wendensitz, zu den wendischen Siedlern"905; Winne bei Schmalkalden, 1137 Ruphrideswineden; Winnenden bei Waiblingen, 1181 Wineden, 12. Jh. Winidin906; Winnenden bei Blaubeuren, 1171 Winede907; Winstetten, Ober-, Unter-, 1290 Windestef, 1152 Wischweneden, 1162 Wiswinethen, Wg. bei Wanzleben908; Wolferschwenda bei Sondershausen, 979 Uuolfhereswinidon; Wümbach bei Ilmenau, 1282 Wintbach. Wir könnten diese Zusammenstellung noch ergänzen durch die zahlreichen Ortsnamen, in denen die adjektische Bildung Wendisch-ZWindisch vorliegt. In ihrer Streuung decken sie sich im wesentlichen mit den schon genannten Toponymen. Man vergleiche die Angaben bei H. Walther, MSOA. 96-98, Th. Geiger, BNF. 16(1965)227, Schwarz, SSN. 352ff. und v. Reitzenstein, op.cit., passim. Im ganzen ist auffällig, daß Wenden-/Wendisch-/Windisch-Ortsnamen ihren Schwerpunkt nicht im slavischen Bereich haben: „Die Mehrzahl der Windenorte, eigentlich alle nach unseren Korrekturen, vermeidet geradezu das Gebiet der slaw. O N . Es ist nach diesem Tatbestand kein Zweifel: diese Orte sind ihrer Umgebung aufgefallen durch Besonderheiten der Bewohner in Sprache, Tracht und Sitte. Die deutsche Nachbarschaft hat sie als Winden herausgehoben"909. Weiterhin ist die hohe Zahl von Wüstungen unter ihnen auffällig. Das steht ganz im Gegensatz zu den germanischen -¿¿¿-Bildungen. Auch in diesem Punkt möchte ich E. Schwarz folgen, der unterstrichen hat, daß es sich bei den Wewi/e«-Namen um Siedlungen in wirtschaftlich ungünstiger Lage handelt (ganz entsprechend hat sich W.-A. v. Reitzenstein, op. cit., S. 3 geäußert). Somit stehen auch in diesem Punkt die Wewi/en-Siedlungen in deutlichem Gegensatz zu den germanischen -¿¿¿-Namen. Eine weitere Bemerkung sei den Bestimmungswörtern gewidmet. Auch die hohe Zahl der Personennamen im ersten Teil der WiiWew-Komposita steht im Gegensatz zu den germanischen -¿¿¿-Bildungen, die fast vollständig mit Appellativen komponiert sind. Erneut ist E. Schwarz zu folgen, der das häufige Hervortreten der Personennamen mit der Grundherrschaft verbunden hat, der diese Orte ihr Entstehen verdanken. Die Personennamen werden daher „meist den Grundherren benennen . . . , wie daraus ersichtlich wird, daß auch ihr Stand hervortritt, wie Abt, Bischof, Graf™.
504 905 906 907 908 909 9,0
Kleinau II 696. H. Walther, MSOA. 96. Förstemann 11,2,1376. M G H . Reg. Germ. X/3,49. Förstemann 11,2,1399. E. Schwarz, SSN. 343. Schwarz, SSN. 344 f.
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Suffixbildungen
Schließlich ist noch auf die unterschiedliche Verbreitung der Namentypen hinzuweisen. Wahrend Wenden-/Winden-Toponyme bevorzugt in der Nähe des slavischen Siedlungsgebietes und in Süddeutschland sowie Österreich begegnen, zeigte uns die Streuung der -¿¿¿¿-Namen (Karte 28, S. 272) Häufungen entlang den deutschen Mittelgebirgen. Problematisch ist allerdings das Gebiet von Thüringen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, dem südlichen Niedersachsen und Nordhessen. Hier liegen "Wenden-ZWinden-Spuren und -ithi- in unmittelbarer Nachbarschaft und Vermischung zu- und miteinander. Wir haben erkennen können, daß es z.T. doch beträchtliche Unterschiede zwischen den Wenden-Namen und den -¿¿¿¿-Bildungen gibt. Im folgenden soll nun versucht werden, diejenigen Toponyme aufzulisten, die germ. *Winithi als mutmaßliche Grundform besitzen. Eine wirklich sichere Zuordnung läßt sich nur selten treffen. Ich möchte als „Verdachtsmomente" nennen: 1. Lage zwischen anderen germanischen -¿¿¿¿-Bildungen; 2. Ort, für den historisch keine Ansiedlung von Slaven bekannt ist; 3. Keine Wüstung; 4. Bei Komposita mit winithi Appellativum als Bestimmungswort; 5. Singularische Formen in alten Belegen. Unter Einbeziehung dieser Punkte möchte ich die folgenden Namen dem germanischen Winithi-Typus zuordnen. Eine Kartierung füge ich bei. Zu germ. * Winithi kann man m. E. zählen: Auf den Wenden, Hof zwischen Herford und Gohfeld, Vita Meinw. Winnithi911,12. Jh. Vinnethen, Weneden912, nach Jellinghaus 168 jedoch keine -¿¿¿¿-Bildung, was nicht recht überzeugt913; Breden bei Höxter, 9.Jh., in Wynithun, 1158 Winethen, 1015-25 (K. Mitte 12.Jh., Vit. Meinw.) Winidun, WinnithÎ914, hieß bis 1334 Wenden·, Over-, Neerwinden, bei St. Truiden (Belgien), 976 UUinethe, 1139 (K. 13. Jh.) Winede915, Kuhn III 169 erwägt Übertragung aus dem Osten, was „seine vorslavische Herkunft sichern" würde! Ich halte den Grundgedanken, einen niederländischen Namen durch den Vergleich mit den östlich daran angrenzenden für vollkommen richtig, nur dürfte es sich nicht um eine Übertragung, sondern um eine unabhängige Schöpfung aus dem germanischen Wortschatz handeln. Problematisch ist der nur einmal erwähnte WgN. 12.-13.Jh. In Vinidhurt916, dessen Identifizierung mit Windheim, Kr. Minden917 nicht gesichert ist, nicht kartiert; für germanisch halte ich weiter Vinnen bei Schötmar, 12. Jh. Vinnethen91'; 966 Vinnide, unbekannt in Westfalen919; Vinte bei Bersen-
911 912 9,3 914 915 916 917 918 919
Dieser Beleg ist nach Gysseling II 1060 allerdings auf Breden zu beziehen, s.u. Förstemann 11,2,1376; Jellinghaus 168 Vgl. etwa Kuhn III 169. Schütte, Corvey 264; Förstemann 11,2,1376; Gysseling II 1060; Kuhn III 169. Gysseling 11,732; vgl. Mansion 178; Förstemann 11,2,383; Bach 11,1,203. UB. H. Hild. VI 989. Ebda. Jellinghaus 60. Förstemann 11,2,1376.
-ithi
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brück, Mitte 12. Jh. Wienethe920, 1158 Vinnethe, 1200 Vinnithi921; Weende bei Göttingen, 966 Uumide922, 973 Winithi, 1013 (F. 12.Jh.) Winithi, 1022 (F. 12.Jh.) Winitbe, Winith?2\ zur Deutung s. W. Kramer924, anders jetzt Möller, Dentalsuff. 106 f.; Weende bei Westerwold, Groningen, zu ndl. ween, wene „wilg"925; zu schwankend ist dagegen die Uberlieferung für Weetzen bei Wennigsen am Deister, 1255 Wenethe, 1269 in villa Vetzenedhe, 1367 zu Wetzende, 1401 zu Wessende926; besser steht es um Wehnde bei Leinefelde, alt Winedhe, Wenedhe, Wenden927; Wendeburg bei Braunschweig, um 1200 (K. 14.Jh.) Winetheburg92S; Wenden bei Braunschweig, 1031 Guinuthun, 1211 Wineden, 1250 versus Wenethen usw.929; Wenden bei Melsungen, 1074 Winuthun; Wenden bei Loh, nnö. Minden, alt Vinnethen, Wenethen·, Wenden östl. Nienburg, allerdings fehlen alte Formen930; Wendessen, Kr. Wolfenbüttel, 1170 (A. 1599) Winedissen, um 1200 (A. 14.Jh.) Winethissem, 1213 apud Wenedessem usw.931; Wendhagen bei Stadthagen, 1234 Wenet-, Winethagen932. Strittig sind Winden, ON. Oberlahnkreis, 1354 u.ö. Winden, und Winden, ON. Unterlahnkreis, 1250 Winden, 1259 Winden. Nach Bach 11,1,237,332 sind es Siedlungen „bei den Wenden", nach Metzler 80,93 gehören die Namen zu germ, winithi, nicht kartiert; aufgenommen wurden dagegen Winden, Wg. bei Alsenz, 2.H. 14. Jh. buys vnd hoyff zu Wynden; Winden, Wg. bei Germersheim, 1270 villa Winden·, Winden, ON. bei Germersheim, 1194 Wineden, 1259 de Winder,!933; Mitte 12. Jh. Winethen, unbestimmt an der Emscher oder bei Oberhausen934; WgN. bei Bad Münder (?), 1153-1170 Winethorp, 1160-1170 Winethorpe935; 966 Winide, unbestimmt in Westfalen936, nicht kartiert; WgN. bei Höxter, 1022 Winithun, Winethun937; Winnen im Westerwald, 879 (A. 1333) Wynden, Wienten, Winden, nach Bach 11,1,332 zum Namen der Wenden, anders (und m.E. überzeugender) Förstemann 11,2,1376 und Metzler 166.
920 921
922 923 924 925 926 927 928 929 930 931 932 933 934 935 936 937
Gysseling 11,1016: Identifizierung fraglich, vgl. aber Möller, Dentalsuff. 45. Jellinghaus, Osnabrück 13, zur Deutung s. Möller, Dentalsuff. 45 f. (stellt den Namen allerdings zu fen, feni). Zweifel an der Zugehörigkeit äußert Möller, Dentalsuff. 105. Hellfaier-Last 22; Kettner 325, Anm. 25. In: Das tausendjährige Weende, Göttingen 1966, S. 75 f. Moerman 111. Cal. UB. VII 21,34,89,99. S. Kuhn III 169. Kleinau 688; vgl. Möller, Dentalsuff. 107. Kleinau II 689; vgl. Kuhn III 169, s. jetzt aber Möller, Dentalsuff. 107f. Kuhn III 169. Kleinau II 690. Jellinghaus 74. Christmann 631 f.; Dolch-Greule 493. Gysseling 11,1080; Förstemann 11,2,1376. Wippermann 26,27. Förstemann 11,2,1376. Förstemann 11,2,1376.
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Suffixbildungen
Für unsicher halte ich die folgenden Namen: Weid-Filze, FlurN. bei Tölz, 1003 Winidowa938; Wende und Wenden, Kr. Olpe, 1151 Wendene939; Wendfeld bei Stadtlohn und an der Weser940. Beiseite bleibt auch der gelegentlich zu den Winitbi-Typen gestellte ON. Groß-, Klein-Biewende™, 1131 (F. Ani. 13.Jh.) Biwende, (1154) Biwende, 1157 Biwende, 1174-95 (K. 2. H. 12./A. 13. Jh.) Biwene942, s. Förstemann 11,1,436f.; Bach 11,1,399; Möller 38; schließlich auch 1027 Wendon, Moor an der Ruhr943. Die Verbreitung dieser Namen (Karte 29, S.287) zeigt, daß es einen Zusammenhang mit den -¿¿¿¿-Bildungen (vgl. Karte 28, S.272) gibt: germ. winitbi erscheint bei Braunschweig, an der Weser und am Niederrhein. Auffällig sind die vereinzelten Spuren im Westerwald und in Rheinland-Pfalz. Allerdings deckt sich dieses Bild gerade in diesem Bereich mit der Streuung der -¿í¿¿-Namen. Andererseits muß daran erinnert werden, daß Ansiedlungen von Slaven in der Pfalz durch den ON. Winnweiler, 891 (K. 17.Jh.) Windidowilary usw. glaubhaft gemacht werden können944. Eine Entscheidung ist schwierig. Vielleicht liegen in den pfälzischen Wenden-Orten doch weitere Hinweise auf Slavensiedlungen vor. Die Abgrenzung der germanischen Winitbi-Namen von den Wenden-/ Winden-Belegen ist schwierig, aber - wie mir scheint - nicht unmöglich. Kehren wir nun noch einmal zu den eingangs behandelten bisherigen Auffassungen über germ, winitbi zurück. Erneut geht es dabei in erster Linie um Thesen von H. Kuhn. Er hatte wegen der relativen Häufigkeit der Namen, des Vorherrschens der Pluralform und der mutmaßlichen Verwandtschaft mit dem Namen der Veneter die Vermutung geäußert, daß die Häufung der Winitbi-Namen in der Südostecke des „Nordwest-Blocks" auf ein vor- bzw. ungermanisches „venerisches" Substrat hinweise. Diese Thesen sind unhaltbar. 1. Es ist nicht verwunderlich, daß germ, winitbi mit der ursprünglichen Bedeutung „Weideland, Wiese" toponymisch häufiger als andere -¿í/?¿-Bildungen erscheint. Es liegt ein alter Flurname vor, der leicht auf Siedlungsnamen übertragen werden konnte. 2. Die Vorherrschaft der Pluralform ist in diesem Zusammenhang keine Überraschung. Zum einen ist bei einigen Namen von einem ursprünglichen Dat. Plur. mit der Bedeutung „bei den Weideplätzen" auszugehen. Zum anderen spielen natürlich die zahlreichen Wenden-ZWinden-Toponyme hinein. Es bleibt kein unerklärlicher Rest übrig.
938 939 940 941 942 943 944
Förstemann 11,2,1376. Jellinghaus 168. Ebda. 66. So etwa von W. Evers, Neues Archiv für Niedersachsen 15(1950)145. Belege bei Kleinau I 64. Jellinghaus 168. Vgl. Dolch-Greule 496 und vor allem W. Haubrichs, Jahrbuch für westdt. Landesgeschichte 16(1990) 19 ff.
-Ith ι
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3. Die Häufung in der Südostecke des angeblichen „Nordwestblocks" deckt sich mit derjenigen bei den übrigen -¿¿¿-Bildungen. Für „venetischen" Einfluß spricht nichts. Im Gegenteil: die auf einer germanischen Bildung * · w i n i t h i basierenden Ortsnamen Norddeutschlands zeigen erneut (und natürlich vor allem im Einklang mit den zahlreichen weiteren -iiÄz-Toponymen), daß auf ihnen die These, das Germanische habe sich in Skandinavien herausgebildet, nicht zu bauen ist. Es muß zudem nochmals nachhaltig daran erinnert werden, daß das Germanische appellativisch die schwundstufige Ablautvariante wunne, wünne usw. besitzt, die auch - und das ist von besonderer Bedeutung - toponymisch im Kontinentalgermanischen nachgewiesen werden kann und die bisher offenbar etwas vernachlässigt worden ist. Ich habe keine umfassende Untersuchung vornehmen können, möchte aber auf die drei wichtigsten Beiträge zu diesem Punkt aufmerksam machen.
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Suffixbildungen
Zunächst ist auf K. Bischoff 19 ff. zu verweisen, der bei der Behandlung des ostfälischen FlurN. Wuhne (der hier nicht anzuschließen ist) am Rand auf Wunne, Wonne eingegangen ist. Gleiches gilt für Burghardt 241 f. Eine ausführliche Darstellung verdanken wir dagegen A. Hansen, Der Proteus „Wunne" in ostfälischen Flurnamen, Niederdt. Jahrbuch 85(1962)47-62. Vereinzeltes Material findet sich weiterhin bei Leithäuser 245; E. Ulbricht 221 ( Wonne); W. Schoof, Zeitschrift des Vereins für Volkskunde 24(1914)283; L. Gerbing, Die Flurnamen des Herzogtums Gotha und die Forstnamen des Thüringerwaldes . . ., Jena 1910, S.218; M.R. Buck, Oberdeutsches Flurnamenbuch, Bayreuth 1931, S.204; Jellinghaus 30f. (Wünnenberg, 1354 Wunnaberge; auch HofN. Wunneberg, 1486 Wunneberg), S. 172 (Wiine; up der Wunne-, in der Wunne u.a.m.); A. Hansen, M. Bathe, Die Namenlandschaft zwischen OberAller und Sarre (Bode), Ummendorf 1965, passim; Th. Geiger, BNF. 14(1963)223 (Wonnenbach); NGN. 3,360; Bach 11,1,380 (by den Wunnendale u.a.m.); Arnold 533 (Windeck, 1277 Wunnecken); Förstemann 11,2,1441 f. (Wonfurt, um 900 Vunfurten-, fraglich allerdings Wünsch, alt Vunschi, Wuntza, nach Förstemann „aus Wun-ithi entstellt"). Bedeutsam scheint mir der FlurN. Wunilo (Veluwe) zu sein, den Förstemann hinzugezogen hat. Den einzigen Beleg 855 (K. 10. Jh.) in saltu qui dicitur UUnnilo deutet Gysseling II 1093 als „Germ, wunjò- f. ,lust, vreugde' + lauha- n. ,bosje op hoge zandgrond'". Eher liegt m. E. eine -¿/-Ableitung zu ahd. wunna usw. vor. Diese Auflistung zeigt, daß es sich keineswegs um ein sporadisch auftretendes Element handelt, sondern weite Bereiche des deutschen einschließlich des niederländischen Sprachgebietes toponymische Nachweise kennen. Förstemanns Versuch, die beiden ON. Wünsch als -ithi-Bildung anzuschließen, überzeugen mich allerdings nicht. Wir können somit folgern, daß sowohl die schwundstufige wie die vollstufige Variante im kontinentalgermanischen Namenschatz belegt ist. Für germ. *winithi ergibt sich damit eine weitere Verankerung im germanischen Wortschatz; Hinweise und Folgerungen auf ein vorgermanisches Substrat sind damit endgültig haltlos geworden. Mit diesen Bemerkungen können wir das Kapitel der Suffixbildungen im germanischen Namenbestand abschließen. Mir ist bewußt, daß weitere Formantien ebenfalls mit Gewinn behandelt werden könnten; so sind bei den Namenzusammenstellungen immer wieder -«-haltige Suffixe aufgefallen. Ich möchte diesen Abschnitt dennoch beschließen und in einem Resümee zusammenfassen.
Zusammenfassung Mein Versuch, mit Hilfe einer Zusammenstellung und Kartierung der durch Ableitung gewonnenen germanischen Namen zu der Frage nach Heimat, Ausgliederung und Expansion des Germanischen beizutragen, hat - so hoffe ich - gezeigt, daß es sich um altertümliche Namentypen handelt, die geeignet
Zusammenfassung
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sind, als Brücke und Verbindung zu Voreinzelsprachlichem, vor allem zur alteuropäischen Hydronymie, angesprochen zu werden. In aller Knappheit möchte ich nun noch einmal die wichtigsten Ergebnisse der Untersuchung zusammenfassen. Man ist sich einig, daß es von der Entwicklung aus einem idg. Dialektbereich zum Germanischen eine Umgestaltung gegeben hat, die sowohl den Wortschatz des Germanischen wie die daraus gewonnenen Toponyme betrifft. Es ist die Zunahme der Zusammensetzung (Komposition) gegenüber der älteren Ableitung mit Hilfe von Suffixen. Mein Versuch liegt darin, anhand ausgewählter Formantien aufzuzeigen, ob dieser historische Prozeß auch in der germanischen Namenlandschaft aufspürbar ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben können. In dem jetzt abgeschlossenen ersten Abschnitt habe ich die Suffixe -ing-/ -ung-, -r-, -î-, -st-, -str- und -ithi- behandelt. Die Notwendigkeit, daß weitere (ζ. B. -n- und -/- u. a.) behandelt werden müßten, liegt auf der Hand. Ich sehe meine Ausführungen daher nur als einen ersten Versuch an. Die Behandlung des im Germanischen weit verbreiteten -ing-/-ung- Suffixes habe ich im wesentlichen auf die zweite Variante beschränkt. Während sich toponymische Ableitungen mit -ing- in der gesamten Germania nachweisen lassen, ist die Verbreitung der -ung-haltigen Toponyme auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt (Karte 22, S. 160). Sie besitzen einen Schwerpunkt in Thüringen, im südlichen Niedersachsen und in Hessen. Eine Ausstrahlung ist nach Westen zum Niederrhein erkennbar. Diese schon früher bekannte Streuung hat dazu geführt, daß man die Bildungen als „thüringisch" oder „chattisch" apostorphierte. Dabei übersah man gern, daß das hohe Alter der -w»g-Bildungen durch verschiedene Momente nachgewiesen werden kann und eine Zuordnung zu einem germanischem Einzelstamm nicht möglich ist. Die auch sonst zu beobachtende Lücke im nördlichen Niedersachsen und in Schleswig-Holstein liegt auch bei -ung- vor. In Skandinavien ist das Formans offenbar sekundär erneut produktiv geworden. Im Anschluß daran habe ich mich den -r-haltigen Suffixen gewidmet. Dabei ließ sich eine Trennung zwischen jüngeren -ärja-/-arja-Bildungen und älteren -r-Ableitungen im wesentlichen durchführen. Eine wichtige Hilfe war dabei die unterschiedliche Verbreitung; während erstere in Süddeutschland und Österreich ihren Schwerpunkt besitzt (Karte 23, S. 168), liegen letztere in hoher Konzentration im „Nordwest-Block" zwischen Elbe und Rhein. Diese -r-haltigen Namen sind für unsere Frage von besonderer Bedeutung. Sie enthalten hochaltertümliche Ableitungsgrundlagen, es bestehen besondere Beziehungen zum Osten (vor allem zum Baltischen), es handelt sich z.T. um Primärableitungen (von der Wurzel gebildet), einige sind kaum zu deuten, andere wiederum nur mit Hilfe eines wurzelauslautenden Konsonantenwechsels zu erklären. Die Streuung (Karte 24, S. 191) zeigt ein relativ deutlich abgegrenztes Gebiet zwischen Elbe und Rhein. Für Kontinuität spricht die enge Verzahnung zwischen germanischen Bildungen und voreinzelsprachlichen Parallelen, für Beziehungen zum Germanischen die Ableitungsgrund-
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Suffixbildungen
lagen und Anklänge an die -zt/?z-Bildungen. Erneut ist eine Lücke in Schleswig-Holstein (einzige Ausnahme: Fehmarn) zu beobachten. Die -s-Bildungen waren für H. Kuhn mit das wichtigste Kennzeichen eines vorgermanischen Substrats im „Nordwestblock". Namen wie *Baum-isa, "'Dal-isa, *Stain-isa gebe es nicht. Das muß korrigiert werden. Die oben behandelten -s-Bildungen Blekisi, Klings, Linse, Resse, Reese lassen sich aus dem germanischen Wortschatz erklären, auch der Zusammenhang mit -ithiBildungen spricht für teilweise einzelsprachliche Entstehung. Die gesamte Problematik der -s-Namen kann aber nur unter Einbeziehung der alteuropäischen Hydronymie geklärt werden. Diese kennt die -^-Ableitungen zur Genüge, jedoch fällt die Diskrepanz im Vorkommen dieser Bildungen zwischen dem Kontinentalgermanischen und dem Nordgermanischen auf. Das zeigt auch das Vorkommen in Siedlungsnamen (Karte 25, S.212). Sie sind wie die -r-Bildungen auf den Raum zwischen Elbe und Rhein konzentriert, sie sind zwar nicht so zahlreich wie diese, doch reicht ihre Zahl aus, um Konsequenzen aus Vorkommen und Verbreitung zu ziehen. Sie zeigen eine gewisse Kontinuität von der voreinzelsprachlich-alteuropäischen Schicht bis in das Germanische hinein, wodurch der Nachweis im Kontinentalgermanischen besonderes Gewicht erhält. Ganz ähnliche Beobachtungen ließen sich bei den -si-Bildungen machen. Sie waren quasi ein Leitmotiv für Kuhns „Nordwestblock" (Segeste und Verwandtes). Kuhn nahm an, daß besondere Beziehungen mit den Ländern um das Mittelmeer bestehen würden. Unsere Uberprüfung hat gezeigt, daß weit eher (wie bei fast allen bisher behandelten Namentypen) auffallende Verbindungen mit dem Osten bestehen. Auch in diesem Fall muß man von der Existenz des Formans in der alteuropäischen Hydronymie ausgehen. In ihr sind -si-Bildungen bekannt. Ihre Streuung reicht über ganz Europa, wobei sich drei Schwerpunkte ausmachen lassen: das Baltikum, das Gebiet um die Adria sowie unser Raum zwischen Elbe und Rhein. Die Einzeldiskussion der -si-Namen hat dann gezeigt, daß sowohl Beziehungen zur alteuropäischen Hydronymie bestehen, aber auch rein germanische Bildungen wie Awist, Beverst, Eext, Ehrsten, Idesten/Itzstedt, Landast, Riemst, Selsten/Zelst/Zeelst, Thüste, Villigst und Zingst nachweisbar sind. Somit geben diese Bildungen ebenfalls Hinweise auf eine gewisse Kontinuität. Auffällig sind dabei noch gewisse „Wurzelerweiterungen" wie Ag-r-ista und Ind-r-ista, die in den -ií¿>¿-Namen Ask-r-ithi, Wang-r-ithi u.a. offenbar Entsprechungen besitzen. Die Streuung der -si-Bildungen (Karte 26, S. 240) entspricht der von -r- und -s-haltigen Namen. Eine besondere Note erfahren die -st-Bildungen jedoch durch die damit teilweise zusammenhängenden -sir-Namen. Schon appellativisch stehen im Germanischen neben -s£-Formantien gelegentlich -sir-Bildungen. In den Namen sind schon früh Fälle wie Alster, Elster, Ulster aufgefallen. Mit Recht hat man immer wieder germanische Herkunft erwogen, andererseits jedoch auch erkannt, daß diese z.T. mit der voreinzelsprachlichen Gewässernamengebung verbunden sind.
Zusammenfassung
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Unter den oben zusammengetragenen Beispielen befinden sich nicht unbedeutende Flüsse Norddeutschlands wie Alster, Elster, Emster, Seester, Ulster und wahrscheinlich auch Unstrut. Die Streuung der -sîr-Namen (s. Karte 27, S. 256) weicht von fast allen bisherigen Namentypen durch den nicht geringen Anteil in Skandinavien ab (dazu gehört etwa auch der Inselname Falster). Es liegt demnach ein typischer Vertreter einer germanischen Sippe vor, die allerdings - und das sollte man nicht übergehen - auf alteuropäischem Material (vor allem in den Ableitungsgrundlagen) aufbaut. Höchst bedeutsam ist daher ein Vergleich in der Streuung mit derjenigen der -si-Bildungen. Während letztere nur im Kontinentalgermanischen sicher nachweisbar sind, begegnen -sir-Namen in der gesamten Germania (auch in England). Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß die Herausbildung des Germanischen zunächst mit einer Übernahme der -st-haltigen Appellativa und Namen verbunden war, die im kontinentalgermanischen Siedlungsgebiet erfolgt ist, später dann in eher einzelsprachlicher Zeit ein -sir-Formans entstand, daß dann in der gesamten Germania Verwendung fand. Ebenso bedeutsam für die Frage nach der germanischen Entfaltung sind die -zt^z-Bildungen. Diese hatte ich schon an anderer Stelle945 ausführlich behandelt946. Neben Ergänzungen zu einzelnen Namen und einer überarbeiteten Kartierung lassen sich im Unterschied zu meiner ersten Fassung doch drei neue, wichtige Punkte herausarbeiten: 1. reichen die Namen mit -ithi über den Kontinent hinaus nach England. Die Verbindung von Ostflandern über Nordfrankreich hinweg nach Kent, Sussex und Surrey ist nicht zu übersehen. 2. Offenbar läßt sich im Osten ein Ausgreifen östlich der Elbe bis nach Berlin {Teltow) beobachten. 3. Die Aufarbeitung und Kartierung der in der ersten Fassung übergangenen Winithi-Sippe hat gezeigt, daß ein Zusammenhang mit den Venetern (H. Kuhn) abzulehnen ist, die Namen im wesentlichen wie die übrigen -¿¿¿¿-Bildungen verteilt sind und die Ablautvariante wunne, wünne im Germanischen appellativisch und toponymisch nachzuweisen ist. Dabei zeigt sich erneut ein Schwerpunkt im kontinentalgermanischen Bereich. Wir stehen am Ende der Betrachtung der Suffixbildungen. Sie hat gezeigt, daß es sich im wesentlichen um germanische Bildungen handelt, wobei eine starke Verknüpfung mit alteuropäischen Bildungsmitteln und Ableitungsgrundlagen zu beobachten ist. Der wichtigste Punkt liegt nach meiner Einschätzung in der Verbreitung der Namen: sie deckt sich im wesentlichen (mit gelegentlichen Schwankungen ist immer zu rechnen) mit der Streuung der in dieser Arbeit schon behandelten Namentypen. Skandinavien ist daran kaum beteiligt.
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In: Probleme der älteren Namenschichten, Heidelberg 1991, S. 85-145. Man vergleiche jetzt auch Möller, Dentalsuff.
H. Germanische Appellativa Wir kommen nun zum zweiten großen Abschnitt der Betrachtung germanischer Eigentümlichkeiten im Namenschatz. Der älteren Ableitung folgte in der geschichtlichen Entwicklung die Komposition. Es ist dieses ein Problem, dem E. Förstemann ein eigenes Buch widmen wollte: „Es ist die Frage nach den geographischen Verbreitungskreisen einzelner Grundwörter von Namen. Diese Frage hängt im Wesentlichen sicher mit den Verbreitungskreisen und Wanderungsrichtungen der Volksstämme zusammen und muß, besonnen erwogen, zu höchst eingreifenden Ergebnissen führen" 1 . Ich bin natürlich weit davon entfernt, einen Gesamtüberblick über alle in der Germania auftretenden und toponymisch genutzten altertümlichen Grundwörter bieten zu können. Noch Adolf Bach war sich der Dürftigkeit des Namenmaterials hinsichtlich der Namengeographie bewußt 2 . Allerdings hat er an anderer Stelle Skepsis an dem hohem Alter germanischer Herkunft bei Ortsnamen geäußert3 und zugleich das höhere Alter der Flußnamen betont. Als „urgermanisch oder doch in die alte Zeit zurückweisend, dürfen wohl jene typischen ON. angesprochen werden, die - ohne daß jüngere Entlehnung vorliegen könnte - bei allen oder einigen durch die Wanderungen getrennten Germanengruppen auftreten", meint er in diesem Zusammenhang 4 . Wenn man dieses auswertet, wird man nicht umhin kommen, Grundwörter heranzuziehen, die sowohl in Gewässer- wie in Ortsnamen begegnen. Dabei sollen uns vor allem die Typen der ältesten Schicht interessieren. Dazu äußerten Debus-Schmitz 2106: „ON. dieser Schicht sind i.w. ursprüngliche Stellenbezeichnungen. Einerseits handelt es sich dabei um Ableitungen . . . Andererseits stellen die alten Stellenbezeichnungen Komposita dar; deren wichtigste Grundwörter sind: -lar ..., -mar, ... -aha ... -loh ... (die altertümlichste der Waldbezeichnungen) . . . Die Namen dieser Schicht gehören grundsätzlich (als Typus) der Zeit vor und um Christi Geburt an. Nicht selten sind die zugehörigen Stammwörter bzw. BW etymol. undurchsichtig . . . Kennzeichnend für die älteste Schicht ist, daß sie kaum Hinweise auf den Menschen als Siedler enthält". Ganz ähnlich hatte A. Bach argumentiert: „Zu den ältesten dt. O N gehören unter den Stellenbezeichnungen . . . echte Zusammensetzungen auf -apa, -aha,
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E. Förstemann, Dt. ONN. 269. S. Bach II 1,251. Ebda. II 2,91. Ebda. II 2,104 f.
Wasserwörter
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-lar, -mar, die nie einen PN im BW enthalten und . . . in siedlungsgünstigem Gelände auftreten"5. Eine gewisse Eingrenzung auf wenige Typen hat H. Kuhn vorgenommen und geäußert: „Von der germanischen Ortsnamengebung der ersten nachchristlichen Jahrhunderte wissen wir noch sehr wenig. Doch ist es wahrscheinlich, daß ihnen in Norddeutschland und den Niederlanden wenigstens drei Bildungstypen angehören, die dann auch noch von den Franken nach Westen mitgenommen wurden: -ipi, -lar und -mar"6. Diese Auswahl ist sicher zu knapp. Ich würde in diesem Punkt eher W. Flechsig zustimmen; er hat seine Untersuchung über die Ortsnamen als Quellen für die Siedlungsgeschichte des Leinetals mit der Feststellung eingeleitet: „Zur ältesten Namenschicht zählen die Namenforscher übereinstimmend die Bildungen mit den Suffixen -ith i (später -idi, -ide, -ethe, -ede), -ingi (-ingon, -ungon, -ingen, -ungen), -ari (-eri), -isi (-así), -isti (-ste), -ana und -apa (-epe), solche mit den Grundwörtern - aha, -ara, -lari (-Ieri) und -mari (-meri) sowie einstämmige Namen ohne Suffix und GW mit schwer zu deutenden, etymologisch oft dunklen Wortstämmen"7. Dabei ist schon früh aufgefallen, daß es bestimmte Bereiche in der Germania gibt, die an diesen alten Typen besonders hohen Anteil haben. E. Schwarz bemerkte dazu: „Es ist merkwürdig, daß sich diese alten Namen besonders in Hessen und Thüringen häufen. Das wird damit zusammenhängen, daß die Chatten ein Volk sind, daß seit der Landnahme in der Heimat geblieben ist. Auch für Thüringen trifft das im großen und ganzen zu. In Norddeutschland südlich der Nordsee und Jütland, die ebenfalls zur ältesten germ. Heimat gehören, sind viele Abwanderungen erfolgt, . . . Deshalb wird hier das ONBild unruhiger und von jüngeren Bildungen überwuchert"8. Diese Häufung in Thüringen und den angrenzenden Gebieten ist immer wieder als Folge einer Einwanderung germanischer Stämme deklariert worden. Unter Hinweis auf E. Schröder, der besonders stark mit einer Bewegung aus dem Norden nach Mitteldeutschland rechnete9, hatte selbst A. Bach formuliert: „Der älteste germ. Siedlerstrom hat ohne Frage die Möglichkeit zur Bildung von Namen auf -idi... -mar, -meri, -aha, -loh ... nach Thüringen gebracht"10. Dahinter steht natürlich wiederum das Bild der aus Norden vordringenden Germanen. Wir hatten aber schon in der bisherigen Untersuchung gesehen, daß die Streuung altertümlicher germanischer Namentypen damit nicht in Einklang zu bringen ist. Schon hier sei mit einer Bemerkung
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Bach II 2,147. Kleine Schriften III 351. In: Deutsche Königspfalzen. Beiträge zu ihrer historischen und archäologischen Erforschung, Bd. 2, Göttingen 1965, S.86. E. Schwarz in: Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., hrsg. v. W. Stammler, Bd. 1, Berlin 1978, S. 1534. Dazu werde ich noch in dem Abschnitt über die Beziehungen zum germanischen Norden zusammenfassend Stellung nehmen, s.u. S.830ff. Bach II 2,408.
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Wasserwörter
auf die relativ jungen germanischen Toponyme in Skandinavien eingegangen. Unter der Rubrik „Förhistoriska namn" führt Wahlberg 10 in einer jüngst erschienenen Arbeit Bildungen mit -ingel-unge, -sta, (-)by, -bolsta und -landa auf. Von einem gesamtgermanischen Standpunkt aus betrachtet, handelt es sich (vielleicht mit der Ausnahme von - ing-/-ung-, über die ich auszugsweise schon gehandelt habe) zweifellos um eher junge Typen. Es empfiehlt sich daher, vorurteilsfrei und ohne Spekulation und Seitenblicke auf die Aussagemöglichkeiten anderer wissenschaftlicher Disziplinen an die durch Komposition gebildeten germanischen Gewässer- und Ortsnamen heranzugehen. Bei der Untersuchung der slavischen Gewässerbezeichnungen und Gewässernamen11 folgte ich im wesentlichen H. Krahes Auffassung von der außerordentlichen Bedeutung der Wasserwörter und deren Auftreten in der Hydronymie. Ich möchte dieses in der vorliegenden Arbeit in gewissem Sinn erneut versuchen und werde die Diskussion germanischer Appellativa im Namenbestand in zwei Abschnitten durchführen: einerseits in einer Zusammenstellung ausgewählter germanischer Wasserwörter und zum zweiten in einer Untersuchung weiterer geographischer Termini. Daß diese Trennung nicht immer vollständig gelingen wird, ist mir bewußt.
Wasserwörter Die nun folgende Untersuchung steht z.T. im Zusammenhang mit einer von H. Krähe geforderten „großen Aufgabe für die künftige Forschung". Sie liegt darin, „alle jene Appellativa, welche als solche nicht in der schriftlichen Überlieferung der germanischen Dialekte und Sprachen erhalten sind, sondern durch die einwandfreie Deutung alter Orts- und Flussnamen als einst im Germanischen vorhanden gesichert werden können, zu sammeln und gemäss ihrem lexikalischen und grammatischen Wert zu sichten und zu ordnen. Der historischen und (praehistorischen) germanischen Sprachwissenschaft wird damit in Ergänzung der ,direkten' Quellen ein besonders wichtiges und in vielfältiger Hinsicht aufschlussreiches Material hinzugewonnen werden" 12 . Wieviel Arbeit auf diesem Gebiet noch zu leisten ist, machte z. B. P. Hessmann bei seiner Untersuchung der „Bedeutung und Verbreitung einiger nordwestdeutscher Sumpfbezeichnungen" 13 deutlich. Nach einer Auflistung von in Frage kommenden Wörtern stellt er fest, daß „die meisten dieser Bezeichnungen . . . im appellativischen Wortschatz nicht bekannt [sind] und bei einigen . . . die lexikalische und etymologische Bedeutung nur schwer zu ermitteln" ist14.
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Udolph, Studien. H. Krähe, in: Mélanges de linguistique et de philologie, F. Mossé in memoriam, Paris 1959, S. 229. Gießener Flurnamenkoloquium, S. 190-200. Ebda., S. 199.
Adel
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Meine nun folgende Untersuchung kann nur als ein Versuch gewertet werden, an einigen ausgewählten Beispielen zu zeigen, welche Bedeutung die Wasserwörter und geographischen Termini des Germanischen für die Frühzeit besitzen können. Ich bin mir bewußt, daß ich nur einen Bruchteil des Gesamtmaterials bieten kann, möchte aber immerhin darauf verweisen, daß ich mich bemüht habe, die von verschiedenen Seiten für alt angesehenen germanischen Appellativa (man vergleiche die oben wiedergegebenen Passagen von A. Bach, E. Schwarz u.a.) nicht zu übergehen. Zudem war es mir nicht möglich, für alle berücksichtigten Wörter eine vollständige Sammlung der damit gebildeten Namen zu erstellen. Es mußte gelegentlich eine Auswahl getroffen werden, deren Sinn vor allem darin besteht, die ungefähre Streuung eines altertümlichen Appellativums zu umreißen. Dabei habe ich selbstverständlich die herangezogenen Wörter nicht nur in der Komposition berücksichtigt, sondern auch andere Bildungen einbezogen.
1. Adel Das slavische Lehnwort JaucheK hat (zumindestens teilweise) ein Appellativura verdrängt16, das ursprünglich in germanischen Dialekten weit verbreitet war. Davon zeugen heute noch sowohl appellativische Belege wie auch eine Reihe von Orts- und Flurnamen. Die Rede ist von mnd. ädel(e) ,Jauche", auch notiert als ad(d)el(e), âl, adel, al m. „Schlamm, Schmutz, Jauche", wozu auch mnd. ad(d)elpöl > älpöl „Mistpfuhl, Schmutzlache, Schmutzgraben" gehört17. E. Strassner18 hat damit hochdeutsches Material wie mhd., ahd. atei „Schlamm, Morast, schlammiges Wasser" verbunden. Aus den Mundarten ist es gut bekannt. Danneil notierte es für die Altmark als Aol, Aolpöl „Pfütze, stagnierendes Wasser auf den Bauernhöfen, aus der Mistjauche entstanden", auch Belege aus dem 20.Jh. bei Salzwedel und Umgebung sind bekannt, dazu auch Oalfleiten „Sumpfschachtelhalm"19, das Niedersächsische Wörterbuch I 94 ff.20 verzeichnet neben Adele „Jauche, Kloake, Urin, Pfütze" Dialektformen wie â(de)l, öl, öel u.a.m. sowie adelen „Feld und Wiese mit Jauche düngen", Adelewörm „Regenwurm", Adelfatt ,Jauchefaß", adelig „faulig stinkend, verdorben" u.a.m., aus Schleswig-Holstein bucht Prien 55 ndt. Addel „Mistjauche", im Rheinischen erscheint es gleicher Bedeutung21, hochdeutsche Dialekte kennen es als der Adel, Ahlen, Aren „feuchte
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Kluge-Seebold 339 (mit Literatur). Vgl. Bischoff 290f. Man vergleiche etwa Scheuermann 12; Burghardt 175; Alpers-Barenscheer 109; Möller 110 und vor allem Niedersächsisches Wörterbuch I 94 ff. ZMF. 30(1963/64)216f. Bischoff 290 f. Vgl. auch die Verbreitungskarte ebda., Sp. 93-94. Dittmaier, Rhein. FlurN. 10 nach Rhein. Wb. I 57ff.
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Wasserwörter
Stelle", in Hessen und Nassau dient es auch zur Bezeichnung für eine schluchtartige Ortslage, auch „feuchter, enger Gang zwischen zwei Häusern unter den beiderseitigen Dachtraufen"22. Seine besondere Bedeutung erhält es durch die Parallelen im Englischen. Im Ae. erscheint es als adela, umgelautet auch edel, z.B. 774 in edles pyt, als Bedeutung wird angegeben „filth, a filthy place; Jauche, Schmutzwasser", dazu auch dial, addle „dunghill"23. Auch in Ortsnamen der Insel begegnet es (s.u.). Die Etymologie ist bisher unklar; ein Deutungsversuch ist mir nicht bekannt geworden. Ich möchte hier darauf auch nicht näher eingehen, aber immerhin darauf verweisen, daß das Baltische unter Umständen Hilfe bieten kann. Hier ist ein Wort für die „zweite Heumahd, Grummet" bekannt, das bis in die Suffixbildung hinein verglichen werden könnte. Es ist apreuß. attolis, lit. atolis, atólas, lett. atáis „Grummet, Gras", das Toporov 1138fff. ausführlich behandelt hat. Die Etymologie der baltischen Sippe ist selbst umstritten. Bei der Diskussion erwähnt Toporov z.B. dt. Adel „Geschlecht, Herrschaft usw.", was mit „Grummet" kaum etwas zu tun haben wird. Dagegen ist semantisch die Brücke von „Heu, Grummet" zu „(flüssiger) Dünger, Jauche" sicher eher beschreitbar. Wenn die Verwandtschaft mit den baltischen Appellativen richtig ist, umfassen die Belege einen Raum von England über Norddeutschland bis zum Baltikum. Ich möchte schon jetzt darauf verweisen, daß sich unter Umständen ein ganz ähnliches Bild bei einem der umstrittendsten germanischen Wörter, dem schwierigen Ortsnamenelement -(b)lar-, ergibt. Die nun folgende Zusammenstellung der toponymischen Verwendung des germanischen Wortes strebt keine Vollständigkeit an. Es geht mir darum, in einer groben Skizze die Verbreitung darzustellen. Mit Sicherheit werden Flurnamensammlungen, die ich nicht eingesehen habe, weiteres Material enthalten. Dennoch hoffe ich, daß die folgende Aufstellung nicht ohne Wert ist. Bei der Heranziehung der Namen ist Vorsicht geboten. So gehören z.B. Flurnamen wie auf dem Adel (Kr. Rotenburg/Wümme) nicht hierher24. Hinzu kommt, daß durch den Ausfall des intervokalischen Dentals die Zuordnung verschiedener Namen unklar bleibt. Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß unsere Sippe von den Ableitungen zu den germ. PN. um Athal gekreuzt wird. Ich habe mir daher bei der Heranziehung große Zurückhaltung auferlegt. Diese beginnt bereits bei einer Durchsicht der von Förstemann 11,1,250 f. unter dem Lemma ,,.Athel. Bedeutung unbekannt" genannten Belege. Dort sind verzeichnet: Ohlhof bei Goslar, alt Aethel, Adel, Ole; 973 Adalahkewe, Gau unterhalb Freising; 772 Addalahang, bei Darmstadt, jetzt wüst; Alland in Niederösterreich, ca. 1142 Adelath; Edelpoint in Niederbayern und Ettelbrück in Luxemburg. Die beiden letzten hat Förstemann selbst mit Fragezeichen
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Bach II 1,298. A . H . Smith I 2; Middendorf 43. S. Scheuermann 11 f.
Adel
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versehen. Bei den anderen (zu Ohlhof s.u.) kann man die Ansicht vertreten, daß sie zu unserem Wort gehören. Man vergleiche weiter: In Aalanne (zu Adelland), FlurN. bei Hildesheim25; Aalsgraben, FlurN. bei Wanzleben26; 1772 Addelgraben, GN., und 1694 Addelhoff, O N . bei Neumünster27; Auf dem Adel, FlurN. bei Breetze, Kr. Lüneburg28; FlurN. Adelacksfuhren bei Bergen-Hohne 29 ; in der Adelbach, 30 FlurN. bei Kreuznach ; 1564 die Adelen, FlurN. bei Hudemühlen (nahe Walsrode)31; Adelhorn, O N . bei Diepholz32; Adelsee, O N . bei Marktoberdorf33; die Adelwies, FlurN. bei Simmern34; Adligmoor, FlurN. bei Neustadt/Rübenberge35; wahrscheinlich auch 1695, 1731 In dem Ahlen, FlurN. bei Bad Ems36; Ahlhorn, FlurN. bei Winsen/Aller, 1641 Ahlhorns Garten17; Ahlpfuhl, FlurN. bei Magdeburg38; Pissahl, FlurN. im ehem. Fsttum. Ratzeburg39; Strittig sind drei weitere Ortsnamen. So stellt H. Walther 274 den ON. Alterstedt bei Langensalza aufgrund des Belegs 780/802 Altensteten zu ahd. alt „alt". Der Ort erscheint jedoch 1152 (K. 13. Jh.) als Adilstat40. Welchem Beleg soll man mehr vertrauen? Immerhin ist zu beachten, daß Förstemann die Belege aus Dronke, Trad.Fuld., nicht auf diesen Ort bezieht. Ich meine daher, daß dieser Name hier angeschlossen werden kann. Förstemann hat zweifelnd Edelpoint bei Vilshofen, 11. Jh. (?) Edilpeunt, 12. Jh. Edelpiunt viñeta, erwähnt. Die Umlautform erschwert m.E. die Zuordnung, nicht kartiert. Ein besonderes Problem stellt der O N . Ohlhof bei Goslar dar. Förstemann hatte ihn unter dem unklaren Lemma Athel aufgeführt. R. Möller 110 hat ihn ausführlich behandelt und die in Frage kommenden Belege zusammengestellt. Es sind 1013 (K. 12./13.Jh.) in hiis locis... Aethel, Variante (K. 15.Jh.) Athel, (K. 16.Jh.) Aedel, 1108 terram... cum silvula circumiacentum, que Al dicitur, 1131 ad... partem sivule illius que Al dicitur, 1186 in Ole; 1199 in Ale. Möller folgert: „Es ist nicht ganz sicher, ob alle Nennungen zu Ohlhof gehören . . . Wenn alle Belege zusammengehören, ist wohl an mnd. adel, âl, m.,Schlamm, Schmutz, Jauche' anzuschließen. Doch wäre der frühe -¿-Ausfall auffällig" und erwägt, den ersten Beleg als verderbt pder nicht hierher gehörig zu betrachten. 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40
Niedersächsiches Wörterbuch I 96. Burghardt 175. Prien 55. FlurN.-Sammlung Göttingen. Alpers-Barenscheer 109; Niedersächsiches Wörterbuch I 97. Dittmaier, Rhein. FlurN. 10. Schack 275. Lutosch 42. HOB., Schwaben 1,1. Dittmaier, Rhein. FlurN. 10. Heckscher, Neustadt 250. Bach, Ems 212 f. Alpers-Barenscheer 104. Burghardt 175. Allerding 4. MGH. Reg. Germ. X,51.
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Wasserwörter
Außerhalb Deutschlands gibt es sichere Verwandte nur in England. Allein ein Waldname bei Doullens, nördl. von Amiens, könnte noch herangezogen werden. Bei Gysseling I 38 heißt es dazu „1171 Adulsilua, 1173 Adhulselue ...; Rom. Adawulfi silva ,forêt d'Adawulf' (germ.)". Diese Etymologie überzeugt nicht. Der germanische Personenname erscheint immer mit auslautendem -ph- oder -/- und als Bestimmungswort in einer Komposition im Gen.Sg., so z.B. Adoluesbrunst, Adoluas curtís, Adolfesrot41. Ich halte es aus zwei Gründen für nicht unwahrscheinlich, daß unser germanisches Appellativum zu bevorzugen ist: zum einen geht es um einen Waldnamen, zum anderen bietet er sich als Bindeglied zwischen den kontinentalgermanischen Belegen
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S. Förstemann 11,1,241.
-aha
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und den Namen auf der Britischen Hauptinsel, zu denen wir gleich kommen werden, an. England kennt einige wenige, aber im Gesamtzusammenhang wichtige Namen. Es sind: Addle Path in Dorset 42 ; Addlehole in Devon43; hier anzuschließen ist doch wohl auch44 der ON. Adel bei Leeds45, 1086 Adele, 1100-1108 Adela, 1210-20 Adele, 1237 Adele, Adel, 1241 Adel, 1291 Adell, zu dem E. Ekwall46 bemerkt hat: „I . . . think the name is . . . identical with O E adela ,filth'. In B - T . . . it is shown that the word was also used in the sense ,filthy place, sewer"'. Man vergleiche auch 1539 Adellmeade, WgN. in Gloucestershire47 und wahrscheinlich Adley Moor bei Worcester. Wie ich schon sagte, bin ich mir bewußt, daß ich nur einen Teil der Namen (vor allem der Flurnamen) notiert habe. Aber die Verbreitung (Karte 30, S.298) erlaubt doch einige Aussagen. Wenn es sich um ein altes germanisches Wort handelt, wofür vor allem das gleichzeitige Vorkommen in England und auf dem Kontinent spricht und was durch die Verbindung mit dem Baltischen bestätigen werden könnte, so läßt sich aus der Verbreitung ein Bild ablesen, das in großen Zügen mit den bisher behandelten Namentypen übereinstimmt: ein Zentrum im kontinentalgermanischen Bereich mit einem Schwerpunkt zwischen Elbe und Rhein, ein Ausgreifen nach England (und z.T. nach Süddeutschland), eine Lücke in Skandinavien und Schleswig-Holstein (hier gelegentlich - wie auch bei Adel - einzelne Spuren). Somit hat die Kartierung doch einen gewissen Wert. Viel hängt allerdings davon ab, ob man den Waldnamen in Nordfrankreich (nördl. von Amiens) einbeziehen darf. Er hängt doch etwas in der Luft, da ich aus Belgien oder den Niederlanden bisher keine Belege beibringen kann. In jedem Fall liegt ein germanisches Wasserwort vor, das diese knappe Untersuchung wohl doch verdient hat.
2. -aha Eine zusammenfassende Untersuchung der Bildungen mit einem der typischsten germanischen „Wasserwörter", dem mit lat. aqua „Wasser" verwandten germ. *ahwö „(fließendes) Wasser", wäre an dieser Stelle angebracht. Ich habe vor allem aus zwei Gründen darauf verzichtet. Zum einen wäre die Durcharbeitung eines gewaltigen Materials notwendig48, zum anderen erstreckt es sich als Grundwort über die gesamte Germania von Norwegen bis Osterreich und von Sachsen bis England. Das aber heißt, daß es nicht möglich ist, eine
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A.D. Mills, EPNS.53,21. A.H. Smith I 2. Bedenken bei Scheuermann 12, Anm. 10, wegen der Lage des Ortes. Zustimmend A.H. Smith I 2; ders., EPNS. 33,189. Studies on English Place- and Personal Names, Lund 1931, S.54. A.H. Smith, EPNS.41,98. „Förstemann kennt fast 300 etymologisch meist durchsichtige -aha-Namen" (Bach II 1,154).
300
Wasserwörter
Trennung zwischen denjenigen Gebieten, in denen es zunächst zur Namengebung verwendet wurde, von denen, in die es als Folge einer Ausstrahlung, Auswanderung usw. gelangt ist, zu scheiden. Für unsere Frage nach den alten und ältesten Siedlungsgebieten germanischer Stämme ergeben sich daraus keinerlei differenzierende Kriterien: es „darf als gemeingerm. gelten"49. Einzig und allein muß gefordert werden: die alten und früh von Germanen besiedelten Territorien müssen -¿/»¿-Bildungen kennen. Das gilt aber sowohl für Skandinavien wie für weite Bereiche der kontinentalgermanischen Dialekte und auch für England und hilft uns für unsere Fragen nicht weiter. 3.
*baki-/*bakja-
Gleiches gilt für die zahlreichen germanischen Bach-, Flußnamen und (davon abgeleiteten) Ortsnamen, die zu germ. *baki-, *bakja- „Bach, fließendes Gewässer" gehören. Das Appellativum erscheint in fast allen germanischen Sprachen (ahd. bah, asä. beki, ae. bece, becc, anord. bekkr usw.50) und begegnet als Hydronym wie -aha in einem so umfassenden Gebiet der Germania, daß sich Aussagen über ursprünglich und sekundär betroffene Gebiete nicht machen lassen. Auch hier gilt wie bei -aha die wenig aussagekräftige Forderung: die alten germanischen Siedlungsgebiete müssen daran Anteil haben. Auf eine Zusammenstellung und Kartierung habe ich verzichtet. 4. fenn „Eine uralte Bezeichung für ,Sumpf, Moor', aber auch für tiefliegendes Grasland"51 liegt in der germanischen Sippe um got. fard „Schlamm" vor. Stammbildung (zumeist wird *fanja angesetzt) und Genus wechseln innerhalb der germanischen Sprachen (auch in der historischen Entwicklung einzelner Dialekte), an der Altertümlichkeit des Appellativums kann aber kein Zweifel bestehen. Dafür sprechen sowohl Ablauterscheinungen innerhalb des Germanischen wie außergermanische Entsprechungen. Ich gebe zunächst einen Uberblick der appellativen Belege; wichtiger ist auch in diesem Fall wieder der Blick in die davon abgeleiteten Namen. Got. fani wurde schon erwähnt 52 . Weiter ist es belegt im Altsächsischen als fen(η)z53, mnd. setzt man venne f.,η. mit der Bedeutung „mit Gras oder Röhricht bewachsenes Sumpf-, Moorland, sumpfiges Weideland"54, „sumpfiges, mooriges Land, niedriges Weideland"55 an. Hinrichsen 420 nimmt Entleh49 50 51 52 53 54 55
Bach II 2,107. Vgl. Kluge-Seebold 53 (mit Lit.). Abels 29. Vgl. Feist 142. Gallee, Vorstudien 71. Scheuermann 80. V. Rohden 200.
fenn
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nung aus dem Friesischen an, was nicht einsichtig ist. Zwar ist es dort sowohl appellativisch wie onymisch gut bezeugt, aber die Streuung der Namen spricht für eine andere Auffassung (s.u.). Heute ist es in norddeutschen Mundarten bekannt als ndt. (Schleswig-Holstein) fenne „von Gräben umgebenes Flurstück; Koppel" 56 und fenn „durch breite Gräben eingefriedetes Landstück in der Marsch" 57 . Das Friesische kennt es seit ältester Zeit als fen(n)e „Sumpf, Weideland"58, später ostfries. fenne, fenn „niedriges Weideland mit moorigem Untergrund"59, fenlond, „Sumpfland"60. „Unter Einfluß von ndl. ven, veen, das, obgleich es dasselbe Wort ist, die spezielle Bedeutung Moorkolonie, Torfgräberei vertritt, ist ein sekundäres ostfrs. fên, (fân) getreten, das als terminus technicus für eine besondere Art der Torfgräberkolonien, die Fehne, zu gelten hat"61. Umstritten sind appellativisches Vorkommen und ihr Niederschlag im Gebiet an und östlich der Elbe. Weit verbreitet ist die von D. Hofmann62 wiedergegebene Ansicht, wonach „die ostdeutschen Belege (vor allem im Brandenburgischen) . . . sicher mit Recht, als durch niederländische Siedler importiert [gelten]". Daran kann man mit H.F. Rosenfeld63 zweifeln; wir werden darauf bei der Vorstellung des Namenmaterials zurückkommen. Der Schwerpunkt innerhalb des deutschen Sprachgebiets liegt appellativisch eindeutig im Norden. Immerhin kennt jedoch auch Notker fenne „Sumpf", hinzu kommen Nachweise aus dem Rheinland, zumeist in der Bedeutung „Moorheide, speziell das Sumpf- und Heidegebiet im nordwestl. Teil der Eifel" 64 . Appellativisch ist es nach M. Müller II 44 in der Westeifel noch in Gebrauch. Das Schweiz. Idiotikon I 833 belegt unser Wort einmal aus dem Jahr 1662 als ven, venne „weid, palustre pascuum, palus", und setzt hinzu: „wahrsch. nur noch in Eigenn. erhalten". Zum Niederländischen ist auf die Darlegung von D. P. Blok, Ven(ne) in Holland65 zu verweisen. Von besonderer Bedeutung sind wieder einmal die englischen Parallelen. Das betrifft weniger die neuenglischen appellativischen Entsprechungen fen, ven, fan, van „Fenn, Moor, Marsch" und altenglischen Appellativa fenn, fœnn66, als die Tatsache, daß dieser germanische Dialekt eine ablautende
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Hinrichsen 420. V.Rohden 200. Lohse 155; Witt 167; vgl. auch auch Sundermann 23 f. Lohse 155. Sundermann 23. Lohse 155. A.a.O., S.96. Nd.Jb. 71/73(1950)273f. Dittmaier, Rhein. FlurN. 71. Studia Frisica in memoriam Prof. Dr. K. Fokkema 1898-1967 scripta, Grins 1969, S. 44-47. S. etwa A.H. Smith I 170; Gelling 40; Middendorff 50.
302
Wasserwörter
Variante in ae. fyne „Feuchtigkeit, Morast" zu kennen scheint67. Zum wichtigen Vergleich mit dt. feucht usw. s. u. Das Nordgermanische kennt unser Wort als norweg. fen „Moor", neuisl. nisl. fen „dass.", dän. fen „Stück Marschland, das von Gräben eingeschlossen ist", auch schon altnordisch/e» 68 . Allerdings ist es schon bemerkenswert, daß jüt. fenne „von Gräben eingeschlossene Wiese; Wiese, auf der man Gras mäht" aus dem Mnd. entlehnt zu sein scheint69. Ausführlich hat sich D. Hofmann mit dem Wort beschäftigt70. Daraus scheinen mir die folgenden Punkte besonders wichtig zu sein. Die germanischen Reflexe deuten auf einen neutralen ja-Stamm *fanja. „Besondere Aufmerksamkeit verdienen die Formen des Wortes, die im kontinentalen Nordwesten, d. h. im Niederdeutschen, Niederländischen und Friesischen überliefert sind"71. Gelegentlich schwankt man zwischen germ. *fanja η. ,Sumpf' und *fanjö ,Weide'. D.P. Blok, der venne auch in Nord- und Südholland nachgewiesen hat, hat sich . . . wieder für die zweite Möglichkeit ausgesprochen". D. Hofmann hält jedoch wegen verschiedener Argumente eine eher jüngere Abspaltung für wahrscheinlicher und folgert: „Das Fenn erscheint in seinem kontinentalen Verbreitungsgebiet in zwei verschiedenen Grundformen, die sich aus *fanja entwickelt haben müssen. Die südliche ist *fenni wie auch im Althochdeutschen = ndl. ven, deutsch Fenn (Venn), die nördliche dagegen feni mit einfachem ri'72. Von den mutmaßlichen außergermanischen Parallelen sind apreuß. pannean „Moosbruch", das auch toponymisch erscheint, und aind. pánka- „Schlamm, Kot, Sumpf" kaum umstritten. Ebenso sicher ist der Hinweis auf Pannonien. Strittig ist aber, ob man mit p-Schwund mir. enach „Sumpf"' oder gallisch anam „paludem" (Wiener Glossen) hinzuziehen soll73. Für unsere Frage ist dieses Problem nicht von so großer Bedeutung; immerhin sollte man bedenken, daß im Namen Pannonien der p-Schwund nicht durchgeführt worden ist, während er im Fall der Enns immer wieder angesetzt wird. Vielleicht sollte man die keltischen Belege doch lieber trennen. Für die Verhältnisse innerhalb des Germanischen ist etwas anderes wichtiger: es sind die Ablautstufen und ihre Streuung. Wir hatten schon darauf verwiesen, daß das Altenglische durch fyne „Feuchtigkeit, Morast" von den übrigen germanischen Dialekten abweicht. Zieht man noch (und dafür gibt es ausreichend Gründe) ahá.füht(i), as.füht, mhd. viuhte, nhd. feucht und erneut ae. füht „feucht" hinzu, so erscheint hierin eine schwundstufige Ableitung *funhti-, die das Kontinentalgermanische mit dem Englischen verbindet, dem
67 68 69 70
71 72 73
S. etwa Feist 142, A.H. Smith I 190, Pokorny, IEW. 807. Kvaran 55; Kluge-Seebold 209; Falk-Torp I 213. Falk-Torp I 213; Hinrichsen 420. Zur Entwicklung von germ. *fanja „Sumpf, Moor" im niederdeutsch-niederländisch-friesischen Nordwesten, NdW. 10(1970)95-108. Ebda., S. 95. Ebda., S. 97. Kluge-Seebold 209; Feist 142; Pokorny, IEW.
fenn
303
Nordischen aber fremd ist. Wir werden nun bei dem Blick in die geographischen Namen sehen, daß die altertümliche Ablautvariante, die nur einen Teil der Germania umfaßt, in der Streuung der Namen ihre Entsprechung besitzt. Toponymisch ist fenn in einigen Bereichen außerordentlich stark vertreten. Das betrifft vor allem Moor- und Sumpfgebiete an der Elbe, in Friesland und den Niederlanden. Mir ist aus diesen Bereichen sicher nur ein Teil der Namen bekannt geworden. Dennoch glaube ich nicht, daß das Gesamtbild der Verbreitung dadurch beeinträchtig wird. Es führt wahrscheinlich zu einer Erhöhung der Namen in den ohnehin stark betroffenen Gebieten, ohne aber die Schlußfolgerungen entscheidend zu beeinflussen. Die Kartierung der nun folgenden Belege wird diese Auffassung bestätigen. Aus Deutschland habe ich aufgenommen: die Belege von H. Teuchert (S. 188 ff.), H. Dittmaier, Rhein. FlurN. (Karte 13), M. Bathe74 sowie K. Bischoffs Hinweise75. Weiterhin wurden kartiert Ackerfenne, FlurN. bei Münkeboe76; Andervenne, ON. bei Freren, 1047 Anderven?7, Ende 12. Jh. (hierzu?) Andervenne78; 1692 in Becke dämm fenne, FlurN. bei Esmark79; Böwerfennen, FlurN. bei Gr. Rheide80; Bunkfan, Kolonie bei Simonswolde; 1481 na det Butfenne, OT. von Emden; Colingeven bei Werdum81; Craeyenvenn bei Mörs82; Crucefen, FlurN. bei Esens; 1367 in Cyngfenne, FlurN. bei Langen83; Darpvenne, OT. bei Ostercappeln84; Emmofen, 1496 und 1511 genannt bei Loppersum; een besloten etfen, FlurN. bei Hinte85; Fahnenbach bei Alfeld86; Fambach, Wg. Wenigenfambach am gleichnamigen Bach bei Schmalkalden87; Fane, FlurN. bei Westerende, Aurich und Wibelsbur88; Fanhusen, OT. bei Ostel89; Fehn, Vehn u.a.m., FlurN. bei Bersenbrück90; Fehnhusen an der Ems, 1439 Faenhusen; Fehnhusen bei Engerhafe, 1473 Phanhusen91; Fembach, Zufluß z. Diemel bei
74
75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85 86 87 88 89 90 91
Die Verbreitung der Flurnamen Fenn, Moor und Ried in der Provinz Sachsen und Anhalt, Sachsen und Anhalt 15(1939)182-223. Etwa 75 Flurnamen im Bereich um Jerichow (S. 134). Sundermann 23. Abels 29 mit Ablehnung der Etym. bei Jellinghaus 173. H. Jellinghaus, Mitt. d. Ver. f. Gesch. und Landeskunde v. Osnabrück 30(1905)130. V.Rohden 200. Ebda. 409. Sundermann 24. Dittmaier, Rhein. FlurN. 71. Sundermann 24. Wrede I 112. Sundermann 23,24. Witt 167. Arnold 514. Sundermann 24. Ebda. 24 Heckscher, Bersenbrück 90. Sundermann 24.
304
Wasserwörter
Ostheim 92 ; Fena, unbek. im Reg.-Bez. Aurich, Mitte 12. Jh. Fena93; Fenges, FlurN., auch Fengesgraben, bei Hessles (Schmalkalden)94; Fenne bei Bentheim95; Fenne, FlurN. bei Hörup und Riesbrink96; Fennebusch bei Dorsten 97 ; Fenneker, Hof im Kr. Diepholz 98 ; Fennenberg, FlurN., alt: von Voenenberg, bei Marktoberdorf 99 ; Fennwiese bei Oberkalbach u. Heubach (Arnold 515). Namen mit dem Vokalismus Fien-, (.Fiens-, Fienen- usw.) sind nach D. Hofmann, a.a.O. 99 nicht immer zu fenn zu stellen. Meine Uberprüfung ergab, daß die folgenden Toponyme herangezogen werden können: Fienbostel, FlurN. bei Klein Eicklingen100; Fienen, FlurN. bei Winsen/Luhe 101 ; Fienenbuscb, FlurN. bei Bergen, 1666 Fienenbuscb101·, Fienenbuscb, 1666 Fienenbusch (Alpers-Barenscheer 74); Fiensbrock, auch Venusbrucb, FlurN. bei Sülze, 1587 Fiensbrauk, 1664 Fiensbruch usw.103. Weiter gehören hierher Fimbacb, Zufluß der Sinn bei Obersinn 104 ; Finie, 1384 Vinynge, Höhe bei Boitzum 105 , offenbar ident. mit FlurN. An der Finie106; Finna, ON. bei Bremerhaven, 1105 Fenenow. Hier ist m.E. auch der umstrittene Gebirgszug Finne in Thüringen, 1106 in silva Vin, 1144 Vinne, 1168 Uinna, 1570 Finne109, einzuordnen, für den man schon an Herkunft aus kelt. penn „Kopf, Gipfel" gedacht und weitreichende Folgerungen (germanische Lauterschiebung in einem ursprünglich keltischen Namen usw.) angestellt hat109. Andere110 dachten an Herleitung aus germ. *finno „Finne, Flosse", „da das Aussehen des Höhenzugs wenig zu der Deutung ,Kopf' passe"111. Förstemann II 1 884 bemerkt zwar unter dem Lemma Fin „Name von Wäldern und Höhenzügen", verzeichnet aber darunter auch Viningi, Wald bei Lüneburg, ferner die -ziAz-Bildungen Vinte112 u.a., sowie die Flußnamen (!) Febne, Vinsebeck (mit FlurN. Finnsbruch). Man vergleiche auch die oben 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104 105 106 107 108 109
110
112
Arnold 515. Gysseling I 352. Arnold 515. Abels 29. Hinrichsen 556. Leithäuser 133. Lutosch 94. HOB., Schwaben 1,18. Alpers-Barenscheer 38. H. Wesche, ZGSHG. 91(1966)259. Alpers-Barenscheer 27; man vergleiche etwa Venbosch bei Desselghem, 1570 venbosch (s.u.). Alpers-Barenscheer 90 f. Arnold 515. Cal. UB. VIII 99. H. Wesche, ZGSHG. 91(1966)259. Zu fenne „Torfmoor" (E. Rüther, Heimatbuch Stade 421). Hammel 11; Walther 240. Vgl. die Zusammenstellung bei Hammel 11 f. mit Hinweisen auf Kossinna und Hirt, vgl. Kauffmann I 70, s. auch Walther 240. Much; E. Schwarz; A. Bach. Hammel 12. Dazu Möller, Dentalsuff. 45 f.
fenn
305
genannten sowie die noch folgenden ftn-Belege. Ich habe keine Bedenken, den Höhenzug Finne zu germ, fenn zu stellen. Man vergleiche weiter Finne-B., GN. bei Herford113; um 752 Finnelar, FlurN. bei Kleve114; Die Finnen, Finnenbrede, FlurN. in Hagen, Kr. Detmold115; Finnenbach, Zufluß z. Johannisbek bei Oldenburg/Holstein116; Finnenbruchswiesen, FlurN. im Kr. Rotenburg/Wümme117; in ol'n Finn'n, FlurN. im Lüneburgischen118. Eine sehr altertümliche Ableitung vermutet Hessmann 163 f. in dem FIN. Fintau im Kr. Rotenburg/Wümme, < *Pen-t-. Vgl. weiter 1364 in Framvenne, FlurN. bei Petkum119; Gehrder Venne, Ende 12. Jh. Geretvenne, bei Gehrde120; Grote Koeven, FlurN. bei Hinte121; 9. Jh. Hadunueni, O N . bei Lingen122; 1602 in der Hart Vennen, FlurN. bei Bonn123; Hayefan, Kolonie bei Breinermoor124; Hüven, um 1000 Huvinni125; Kattenvenne, Kr. Tecklenburg, 14. Jh. Kattenvenne126; Kenvenne, Moor bei Steide127; Koeven, FlurN. bei Logum und Larrelt (Sundermann 23); FlurN. Kronen(Kranich-)Veen bei Wachtum128; Langen-, Mittel-, Ritterfenne bei Gudensberg, 1290 in campis Langenvenne, 1295 Venne, 1313 in Vennehe129; 1481 in der Loekfenne, Straße in Emden; 1447 Ombertza fan, Moorland bei Filsum; Ossenven, FlurN. bei Logum und Esens; 1413 Oxina fenne, FlurN. bei Langen; Peerdeven, FlurN. bei Logum; Roggenfan äcker, FlurN. bei Holte130; Rotes Venn, FlurN. bei Kirchhellen, Kr. Recklinghausen131; Sterkrader Fenn bei Sterkrade132; 1429 in Tyabbingvenne gheeten, FlurN. bei Langen133; Tychelven, FlurN. bei Larrelt (Sundermann 23); Vane (Vanen, Vanhen), bei Welver, Kr. Soest, 1256 Florinus de Vanen, 1267 miles dictus de Vanenm\ Vane-beke, 113 1,4 115 1,6 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 129
130 131 132 133 134
Witt 167. Dittmaier, Rhein. FlurN. 71. D. Hofmann, a.a.O. 98. Kvaran 55; Witt 167. Scheuermann 80,338. H.F. Rosenfeld, Nd.Jb. 71/73(1950)274. Sundermann 24. H. Jellinghaus, Mitt. d. Ver. f. Gesch. und Landeskunde v. Osnabrück 30,1905,134. Sundermann 24. D. Hofmann, a.a.O. 97. G. Lohse, BNF.NF. 23(1988)469. Sundermann 24. Abels 30 verweist mit Recht auf das unklare Bw. Jellinghaus, Osnabrück 22. Zu Kien nach Abels 30 mit Berufung auf Schriever I 55. Abels 30. Hess. UB. I 384; Reg. Landgr. Hessen I 129,204; zur Deutung s. Vennehe bei Darmstadt bei Arnold 300 und 515. Sundermann 23,24. D. Hofmann, a.a.O. 99. Leithäuser 133. Sundermann 24. Westfäl. UB. VII 414,567.
306
Wasserwörter
ohne Lokalisierung, nicht kartiert135; Vanenholz, FlurN. bei Klotingen, Kr. Soest, 1300 Vanenholtlib; Gross Veen, Veendellen, Veenfeld, am Merzveen, FlurN. bei Erkrath; Veen Broich, FlurN. bei Gerresheim137; 1018 Vene, FlurN. bei Düsseldorf138; Ven(n)e, Kr. Amelsbüren, 1249 in loco qui dicitur Vene, 1252 in Venne139; 1262 (A.) in Venekulinc, Kr. Borken140; Venhaus, Ort bei Varenrode141; 1313 Venchus, Venehus, Örtlichkeit bei Lippramsdorf142; Venn, FlurN. bei Elbrinxen und Falkenhagen, Kr. Detmold143; am Venn, FlurN. bei Mettmann; Vennbruch bei Dinslaken; Vennbruchhof bei Dorsten; uppem Venne bei Gerresheim144; Venne, ON. im Kr. Wittlage, 1068 Venius; Venne im Erftkreis, 1200 terram incultam ... drijsch uel uenne dicitur (Gysseling II 1003); Venne, Kr. Lüdinghausen, 1272 Ottonis de VenneM; Venne bei Vorwalde, 1974/87 (K. 18.Jh.) Veni, 1090 Vene usw. (Wrede II 249); Vennebeck, ON. bei Minden, 1228 in villa Venebike, 15.Jh. in Venebeke, 1245 miles de Venebike147; Anf. 13.Jh. in palude quae dicitur Vennehe, bei Escholbrücken nahe Darmstadt, „ist entweder fanahi das Fennich zu deuten oder für fanaha Sumpfwasser"148; 1309 paludem, que vulgariter Vennenbruch dicitur, Kr. Ueckermünde149; 1608 Vennenfeld, FlurN. bei Bonn150; Vennermoor bei Broxten und Niewedde151; Vennhausen bei Düsseldorf, 1166 VennehusenU2·, Vennikel, ON. bei Moers, 10. Jh. in Fenikinne15i; Venn(e)mann bei Bottrop, Sterkrade und Recklinghausen154; Venowe, wüst bei Bruchdorf, 1241 Castrum in VenoweiiS; Venusberg in Bonn156; vgl. auch den schon genannten FlurN. Fiensbrock, auch Venusbruch, sowie Venushügel, FlurN. bei Wernigerode157. Hierher gehören wahrscheinlich auch Vienenburg bei Bad Harz-
135 136 137 138 139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156
157
L. Bückmann, Petermanns Geographische Mitteilungen 64(1918)14. Westfäl. U B VII 1244. Leithäuser 133. Dittmaier, Rhein. FlurN. 71. Westfäl. UB. III 270,288. Westfäl. UB. III 360. Abels 30. Westfäl. U B VIII 294,295. D. Hofmann, a.a.O. 99. Leithäuser 133. Jellinghaus, Osnabrück 13. Westfäl. U B VII 1299. Westfäl. UB. VI 48,125; D. Hofmann, a.a.O. Arnold 514f.. Holsten, Pomm. Flurnamensammlung 93. G. Lohse, BNF.NF. 23(1988)469. Wrede II 251. Gysseling II 1003; Leithäuser 133. Gysseling II 1003. Leithäuser 133. Westfäl. UB. VI 95. Zugehörigkeit abgelehnt von H. Busch, Die Siedlungsnamen der Stadt Bonn, Bonn 1987; dagegen (mit Recht) G. Lohse, BNF.NF. 23(1988)469. W. Grosse 143.
fenn
307
burg, 1306 Datum Vineburch, 1315 in Vineborch158, 15.Jh. Fynenborch159, sowie sicher Vienenkamp im Kr. Detmold und Vienkamp, Vienteich, 1609 in Detmold160; weiterhin können hier genannt werden 1384 in der Vininge, Höhenzug bei Wülfingen161, sowie Vienenbach, GN. mit ON. Viningeburg bei Lüneburg162. Schon früh begegnet der Name des Fiener Bruchs bei Genthin in den Quellen, 1178 in palustri silva, que Vinre dicitur163; schwer zu lokalisieren ist 1180 pagus Vinnel germ. *raip- anzusetzen1271. Wer sich mit diesem Problem befaßt hat, ist ihm darin zumeist gefolgt1272. Wenn man diesen Weg beschreitet, dann ist aber damit die Folgerung verbunden, daß es sich bei Riede usw. kaum um ein Wort handeln kann, das - wie es in diesem Fall zu geschehen pflegt - nur einem Teil der germanischen Dialekte („Nordseegermanisch") zuzuschreiben ist, sondern als ererbtes Element auch der gemeingermanischen Periode eigen gewesen sein muß. Unbestritten ist natürlich, daß zahlreiche Namen, die im folgenden aufgelistet werden, jungen Ursprungs sind. Kettner 374 liegt mit seiner Vermutung sicher richtig, daß es bis in die heutige Zeit hinein produktiv gewesen ist. Weniger aus der Verbreitung innerhalb der germanischen Sprachen, sondern aus der Etymologie ergibt sich, daß Riede wohl doch zu den alten germanischen Wasserwörtern zu zählen ist. Von hieraus wird die Verbreitung der davon abgeleiteten Namen wichtig. Wie schon eben erwähnt wurde, sind (vor allem in Deutschland) auch zahlreiche junge Benennungen festzustellen. Ich habe sie dennoch mit aufgenommen; das sollte bei der Interpretation der Karte natürlich berücksichtigt werden. a. Deutschland Achelriede bei Bissendorf, Kr. Osnabrück1273; Alte Riede, zwei Flußnamen bei Emden bzw. Norden1274; Appenrieder B., GN. Syke1275; 726 (K. um 1222) Araride, bei Köln?1276; Aschriehe bei Helsinghausen nahe Rinteln1277. Weiter gehören hierzu Bargeriede, GN. Diepholz1278; Bassriede bei Neustadt/Rbge.1279; Bellgenriethe, GN. bei Gardelegen1280; Berndten bei Sondershausen, 9. Jh. (Trad. Fuld.) Bercgrede, 1109 Bergeriden, gehört nach Förstemann II 1,423 hierher, nach H. Walther 308 jedoch zu den riede-Zrode-Orten; ich ziehe Förstemanns Deutung vor; Bickbeeren Rie, FlurN. bei Rieps1281; Bickenriede, O N . bei Mühlhausen, 1146 in Bichenrid, 1268 (A. 16. Jh.) von 1271 1272 1273 1274 1275 1276 1277 1278 1279 1280 1281
Scheuermann 206 f.,326 f. Vgl. etwa v. Rohden 393. Jellinghaus 147. S.Witt 114. Witt 115. Gysseling I 63. Jellinghaus 147. Witt 114. Heckscher, Neustadt 251. Witt 115. Allerding 80.
380
Wasserwörter
Bickenrida, 1270 in Bickenriedemi; Bielenberger Ritt, Wasserlauf bei Glückstadt1283; Bleckriede, ON. bei Varrel, 1771 Bleek Riede1™; Bollriede bei Neustadt/Rbge.1285; Bolritt, Wasserlauf bei Glückstadt, alt nur Boele, Bool, Bule, erst 1855 Bolrethmb; Borgriede bei Meppen1287; 1538 Botterriede bei Riemsloh1288; Brandriehe, ON. bei Warmsen1289; Brandride(n), FlurN. bei Warsow; Vordere, hintere Brandried, Die Langen Brooks Rie, Diecks Rie, FlurN. bei Schaddingsdorf1290. 1137 Breidenride, unbestimmt1291, nicht kartiert; Bronenrien bei Lüneburg1292. Hier anzuschließen ist auch der O N . Brüchter bei Ebeleben, 876 Borahtride, 1290 Bruchtirde, auch Burichtride, Borantride1293; man vergleiche ferner Bruchriede bei Hannover1294; Brunriehe in Salzgitter, 1548 brunride'295; Bulteriede, ON. im Kr. Diepholz, 1771 Bülter Riede™''. Vgl. ferner Cammer Ritt, Rittblöcken, Rittbrock, FlurN. bei Lindow1297; Crom Rüe, FlurN. bei Meetzen1298; Damesrieen (-rugen), Wiese bei Jersbeck nahe Sülfeld; 1307 Depenrighen bei Reinbek1299; Desbrocks-Riede, Nfl. der Leine1300; Diekriede bei Espelkamp; Düvelsriede bei Varl1301; Egelriede, O N . bei Diepholz, 1526 tor Egelryden, 1561 to Egelrieden1302; 1682 Eickriede bei Frotheim1303. Einer der bekanntesten Namen ist die Eilenriede in Hannover, ca. 990 Lac Eilgereshus (hierzu?), 1371 (FlurN.) dat holt, dat de Eylenride h et, 1373 van der Eylriden, 1391 van der Eylriden1304; das Bw. gehört doch wohl zur germ. Sippe um dt. eilen1305. Weitere Riede-Namen sind 1793 Ellerige, Jachelriede,
1282 1283 1284 1285 1286 1287 1288 1289 12,0 1291 1292 1293 1294 1295 1296 1297 1298 1299 1300 1301 1302 1303 1304 1305
UB. Eichsfeld 53,298,315; anders gedeutet bei Walther 308. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Dienwiebel I 54; Lutosch 55. Heckscher, Neustadt 253. HG. 16,50; zur Deutung s. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291; W. Laur, ONLex. 72. Abels 68. Jellinghaus 147. Dienwiebel I. Allerding 80. Förstemann II 1,557. L. Bückmann 107. Förstemann II 1,590; H. Walther 308 f. Witt 114. Wis we 81. Lutosch 65. Allerding 80. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Witt 114. Jellinghaus 147. Lutosch 84. Jellinghaus 147. UB. H. Hild. I 24, VI 58; Sudendorf IV 179,350, VII 53; s. Witt 115. Vgl. auch Schröder 371.
Riede
381
Janrieden, Middel Rie (Middels Rie), FlurN. bei Lockwisch1306; Exeriede, Kr. Vechta1307. Weiterhin wurden kartiert Feldriede, Nfl. d. Gold-B. bei Osnabrück, Zufluß z. Reeke (Schaumburg-Lippe)1308; Feldriede, abgegang. GN. bei Hildesheim, 1291 fluvio, qui dicitur Veltride, 1306 (K.) Veltride usw.1309; Flehmanns Rieb, Flämischen Rüe, Weeckenlands Rue, FlurN. bei Selmsdorf1310; Flissenriede, FlurN. bei Neustadt/Rbge.1311; Fluthriede nahe Lüneburg1312; Fohlenrien bei Garstedt1313; Fuhlenrüe, O N . bei Kaltenkirchen1314; Fuldenriede, ON. bei Syke, 1464 Fulenryden, 1521 Vulenryde usw.1315; Fühle Riede, FlurN. bei Wrestedt; auch Nfl. z. Raderbach, 1776 Fuhlen Ride·, Fuhlrenreyen, FlurN. in Hamburg-Rissen; Landscheidegraben im Eilendorfer Moor, um 1581 fulen ryem6; 1307 Uulenrigen, Grenze bei Reinbek1317. Weiterhin gehört evtl. hierzu Gelhriedermühle bei Langensalza1318, man vergleiche vor allem den bei Witt 115 genannten GN. Gelbrieder-B.; Glue Riede, Nfl. d. Altenau, Kr. Wolfenbüttel1319; Die Große Riede bei Dielingen, OT. von Stemwede1320; Grotrüh bei Osterhörn nahe Barmstedt1321; Haferriede, Nfl. z. Möseke bei Hannover-Linden1322; Hauenriede bei Uelzen, 1403 silve dicte Howenryd, 1431 neffen der HoghenridU2i. Nicht sicher in der Zuordnung der Belege ist man offenbar bei dem Zufluß der Aller Hehlenriede im Kr. Gifhorn. Einerseits stellt man dazu den Beleg von 1013 Helden24, andererseits erscheint der Name nach Witt 114 in dem Beleg von 1311 an de Rydhe ... de ridhemi; dennoch kartiert. Man vergleiche weiter Hofriede im Sachsenwald; 1243 palus Holrige bei Bälau1326; 1365 Holtride, Bach bei Hannover1327; Horstriede bei Talkau-Siebeneichen1328. 1306 1307 1308 1309 13,0 1311 1312 1313 13,4 1315 13,6 1317 1318 1319 1320 1321 1322 1323 1324 1325 1326 1327 1328
Allerding 80. Jellinghaus 147. Witt 114. Kettner 67 mit Etym. Allerding 80. Heckscher, Neustadt 257. L. Bückmann 107. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Dienwiebel I 200; Lutosch 97. HG. 16,118 mit Lit. Hamb. UB. III 152; H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291; Witt 116. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)312. Witt 114. Jellinghaus 147. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Witt 114. UB. Uelzen 269,360. MGH. Reg. Germ. III 299. Nach Sudendorf I 219. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. UB. Hann. I 448. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291.
382
Wasserwörter
Von einiger Bedeutung ist ein Beleg, der in der Diskussion bisher offenbar unberücksichtigt geblieben ist: Honselmann 103 stellt den Corveyer Eintrag Hrithem zu den Schreibungen aus den Jahren 826-876 1329 und lokalisiert ihn in Ubereinstimmung mit Dürre, Schneider und Schütte bei Werl. Es wäre wenn ich richtig sehe - der älteste kontinentalgermanische Beleg eines RiedeOrtsnamens (Rith-hem ?), der zudem noch auf germ, -p- weist und im Anlaut ein H- besitzt. Diesem sollte man allerdings nicht allzu viel Bedeutung beimessen, da das Graphem H- nicht selten als prothetisches Element erscheint. Bei den -(b)lar-Namen, zu denen wir noch kommen werden, stellt es jedoch eines der großen Probleme dar. Immerhin kann man sagen, daß die doch recht überzeugende Etymologie von Riede ohne altes H- auskommt, und der Corveyer Beleg in dieser Hinsicht nicht belastet werden kann. Ob das auch umgekehrt entsprechend für die (ÄJ/dr-Namen gilt, wird uns noch beschäftigen. In die Karte aufgenommen wurden dagegen Hiickeriede bei Schledehausen, Ende 12. Jh. Huckenriden'}}0; Huckelrieden bei Löningen, 14.Jh. to der Huckerieden; Huckriede, ON. bei Ladbergen1331; Igel-Riede bei Friesoythe1332; Ihlfordts Riede bei Stolzenau1333; Ilenreyde bei Lüneburg1334; Kattenriede bei Syke1335; Kleine, Große Riebe, FlurN. (GN.?) bei Empelde1336; Bei der Kolkriethe, FlurN. bei Halvesbostel1337; Kolksriede am Hümmling1338; Kollriedenbach bei Loxten nahe Ankum; Kreuzriede bei Rinteln1339; Kronriede bei Gifhorn; Kiitzkenriede bei Wildeshausen; Kuhrieth-Gr. bei Sangerhausen; Landriede bei Sulingen, Diepholz, Vechta und Wildeshausen1340; Lange Riehe, FlurN. bei Sülsdorf1341; Lauchröden bei Eisenach, 1144 Lochereden, 1157 Loherith1342; Lehm Rie, FlurN. bei Schaddingsdorf; Lehm Rieh, FlurN. bei Schwanbeck1343; Lehmriede im Sachsenwald1344; Littard, Waldname bei Moers, 10.Jh. Liutridhi1345; Löher Riede bei Sulingen1346.
1329 1330 1331 1332 1333 1334 1335 1336 1337 1338 1339 1340 1341 1342 1343 1344 1345 1346
Dazu s. jetzt auch Schütte, Corvey 150. H. Jellinghaus, Mitt. d. Ver. f. Gesch. und Landeskunde v. Osnabrück 30(1905)102. Jellinghaus 147. Witt 114. Witt 114. L. Bückmann 107. Witt 114. F. Engel u.a., Hannoversche Geschichtsblätter, NF. 6(1952/53)240. FlurN.-Sammlung Göttingen. Witt 115. Jellinghaus 147. Witt 115. Allerding 80. Förstemann II 2,127. Allerding 80. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 291. Dittmaier, Rhein. FlurN. 247. Witt 115.
Riede
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Nicht kartiert wurde Lohrie (Lo Riggen), Wasserlauf (bei Glückstadt?)1347. Relativ sicher zu lokalisieren ist dagegen der 1300 erwähnte FlurN. (?) Lutbernesrigen bei Todendorf1348. Ein auffälliger Name ist Mallerich od. Meliersiek, Flur bei Nieheim, 1028 Malrede, später Malride. Jellinghaus 147 äußerte vorsichtig: „könnte andern Ursprung haben". An anderem Ort hatte Jellinghaus selbst jedoch einen englischen O N . genannt1349, der hier herangezogen werden muß. Petri 307 verband schließlich den niedersächsischen Beleg sowohl mit Malroy, ON. u. GN. in Luxemburg, 1128 Mallarey, und mit engl. Meldreth, 12. Jh. Melrede. Genauere Daten zum letzten lieferten dann A. Mawer und F. M. Stenton und P. H. Reaney1350. Folgt man allerdings der Etymologie, die Ekwall, EPN. 320 für den englischen Namen aufgestellt hat (*myln-ripe „mill ford") bzw. „no doubt ,mill stream'1351, so ist der Vergleich nicht zu halten. Die alten Belege von Meldreth stützen diese Deutung m. E. allerdings nicht. Uberzeugender ist ein Anschluß an die schon bei den -r-Ableitungen Meliere, Möllern, Meilern usw. behandelte Sippe um anord. melr „Sandhügel", germ, wahrscheinlich „Staub, Sand" (s.o. S. 184). Unter diesem Aspekt (der im übrigen eine semantisch überzeugende Deutung enthielte) könnten die drei Namen miteinander verknüpft werden. Die besonderen Beziehungen zwischen dem Kontinent und England erhielten dadurch eine weitere Stütze. Weniger kompliziertes Material liegt vor in Mardor ferrie de, FlurN. bei Neustadt/Rbge.1352, Ableitung von einem ON.; Metzenried, FlurN. im Kr. Celle1353; Mittelriede, Nfl. d. Schunter1354; Mühlenriede, zwei GN. bei Gifhorn1355; Müsseriede, FlurN. bei Neustadt/Rbge.1356; Grot, Lütt Osterie, FlurN. bei Thandorf1357; Peeks Riede, Nfl. d. Aue bei Stolzenau1358; ein 1311 erwähnter O N . (?) Penningriden bei Osnabrück1359; Possenriede im Kr. Vechta1360; ein abgegangener Bachname im Gebiet der Seeve, 1776 Puck Reihn1361; 1306 Pumpride, Nfl. d. Innerste bei Hildesheim1362. Fern bleibt meines Erachtens (gegen Förstemann II 2,457 und 574) 1123 Overide, Wg. bei Peckelsheim,
1347 1348 1349 1350 1351 1352 1353 1354 1355 1356 1357 1358 1359 1360 1361 1362
H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)312. Witt 116; H. Jellinghaus, Holst. ONN. 291. Anglia 20(1898)311. S. EPNS. 3,196; EPNS. 19,60. Vgl. auch unten bei der Auflistung der englischen Ortsnamen. Ekwall, ERN. 342. Heckscher, Neustadt 267. Alpers-Barenscheer 127. Witt 115. Witt 115. Heckscher, Neustadt 269. Allerding 80. Witt 115. Jellinghaus 147. Jellinghaus 147. HG. 16,271. UB. H. Hild. III 751; s. Kettner 224.
384
Wasserwörter
Kr. Warburg, in der auf Grund der weiteren Belege (zu diesen und einer anderen Deutung s. bei der Behandlung der Ufer/Over-Namen, S.811) kaum over „über" + Riede vorliegen kann. Es folgt eine Zusammenstellung der einfachen, unkomponierten Bildungen. Komposita mit Riede als Bw. biete ich im Anschluß daran. Man vergleiche: Raith in Kurhessen, 1496 Ryden6i; Reide, Nfl. d. Fuhne (-> Mulde), bei Zörbig, dort auch ON. Rieda, 1156 Ride, 1157 Rithe, 1161 Rithe, 1295 Rhide, 1358 Ride1364; Reide-Bacb, r.z. W. Elster, mit ON. Reideburg, hierzu ON. Reideburg, 1216 Rideburcb, 1244 Rideburc, 1347 Rideborch, 1481 RideborgUb5. Unnötig ist die Annahme, die „Reide in Thüringen" müsse auf *wraip- oder * w r o i p - „gekrümmt" zurückgeführt werden1366. Probleme bereitet der Name der Rheider Au, l.z. Treene, auch ON. Groß-, Klein-Rbeide, 1337 inparuo Reyde, 1471 to Liitkenreide. Der Vokalismus paßt nicht zu dem der ifaeJe-Appellativa und -Namen1367, nicht kartiert. Fern bleiben auch nicht zuletzt aus geographischen Gründen - 926 Rida bei Ettenheim (Baden) und Riddes, Kt. Wallis, 1100 Rideim. Leichter einzuordnen sind Rie, FlurN. bei Lübseerhagen1369; Ried, Nfl. d. Jeetzel1370; Rieda-Graben z. Riede ( - » Fuhne Saale)1371; Riede, Nfl. d. Ems bei Meppen, z. Hageler Bach bei Wildeshausen und zur Lamme bei Alfeld1372; Riede, mehrere FIN. im Gebiet der unteren Elbe1373; Riede bei Schlieme, Kr. Syke, 1054 Rideim; Riede, mehrere FlurN. bei Neustadt/Rbge.1375; Riede, GN. in Braunschweig, 1441 middelste rideI376; Riede, FlurN. bei Gehringsdorf1377; Riede, ON. sö. von Bremen1378; Riede, FlurN. im Kr. Rotenburg (Wümme)1379; Riede, 2 FlurN. in Salzgitter1380; Riede bei Talge nahe Bersenbrück1381; Riede, zwei Flußnamen im Leinegebiet1382; Die große Riede, FlurN. in Wendisch-
63 64 65 66 67 68
69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82
Nach Reimer 372 bei D. Freydank 65. D. Freydank 65; vgl. auch A. Richter 68. E. Ulbricht 46; A. Richter 68. Referiert von v. Rohden 393 nach W. Laur. S. die ausführliche Diskussion bei v. Rohden 391 ff. Ob Förstemann 11,2,574 allerdings mit seiner Bemerkung „vielleicht besser direkt aus kelt. rid jFurt'" richtig liegt, soll hier und jetzt nicht entschieden werden. Allerding 80. HG. 16; Witt 114. Ulbricht 20. Witt 114. HG. 16,283. Förstemann II 2,574. Heckscher, Neustadt 272. H. Meier 27. Hansen-Bathe 164. Lutosch 36. Scheuermann 208. Wiswe 347. Jellinghaus 147. Kettner 234.
Riede
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Thun1383; Rieh, FlurN. bei Ziethen1384; Ritteburg bei Sangerhausen, 1000 Ride™. Riege, die Nebenform zu rie de, ist in einigen FlurN. im Kr. Rotenburg (Wümme)1386 belegt. Das gilt auch für die weitere Variante Riehe, vgl. Riehe, Nfl. z. Saale bei Gronau, zur Lamme bei Alfeld, 1578 die Reide, 1583 die Reide, zur Gehle bei Minden und weitere Namen im Oberlauf der Leine1387. Hier können auch angeschlossen werden Riet bei Isenhagen1388, Riethe bei Lüneburg1389, sowie * Riehe in den Belegen 1300 salebra, quam vocant wlgo riyam bei Todendorf1390, und * Riehe in: 1327 rivus Rye, 1328 Rie, Bach an der Grenze zu Woldenhorn1391. Damit können wir die unmittelbaren Ableitungen verlassen. Es gilt nun noch, einige Komposita mit Riede als Bestimmungsoder Grundwort aufzulisten. Man vergleiche Reigenbuschenberg bei Neuendorf (Hiddensee), ein FlurN., der nach Holsten 112 hierher gehört; ich habe Zweifel, nicht kartiert; das gilt auch für den ON. Riddorf bei Husum, 1352 in Ridderup, Rydorp, der nur zögernd mit unserem Wort verbunden wird1392, nicht kartiert; besser steht es um den Riede-Gr. bei Syke, den Rieden-B. bei Iburg1393, Riedenbeck bei Arpsdorf 1394 , Riehe-B. bei Meppen1395, Riehloh Heede bei Barmstedt1396, Riehslag, Riehsoll, Rienbarg, FlurN. bei Lübseerhagen1397, Rienstücken, FlurN. bei Wietingsbeck, Rienwisch, FlurN. bei Raddingsdorf; Rikbeern Rieh, FlurN. bei Klocksdorf1398. Einer Volksetymologie unterzogen wurde der ON. Rinderlage bei Powe nahe Osnabrück, ca. 1186 Retherlagei199. Weitere Bildungen liegen vor in Rischmühlen-Riede, Nfl. d. Hehlen-Riede bei Gifhorn (s.o.)1400; Ritt Camp,
1383 1384 1385 1386 1387 1388 1389 13,0 1391 1392 13,3 1394 13,5 1396 1397 1398 13,9
1400
FlurN.-Sammlung Göttingen. Allerding 80. Förstemann II 2,574. Scheuermann 208. Witt 116; Jellinghaus 147; Kettner 234. Witt 115. L. Bückmann 107; identisch? Nur als ein Name kartiert. Witt 116, nach Hamb. UB. SHRU. III 608; Witt 116; H. Jellinghaus, Holst. ONN. 291. Laur, ONLex. 174. Witt 114. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 291. Witt 116. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 291. Allerding 80. Allerding 80. Förstemann II 2,574; vgl. vor allem H. Siebel, Die norddeutschen Flur- und Siedlungsnamen auf -läge!-loge, Magisterarbeit Münster 1970, S.67. Witt 115.
386
Wasserwörter
FlurN. bei Sienz; Rittbrock, FlurN. bei Raddingsdorf; Rittbrock, FlurN. bei Rodenberg1401; Rode Rigen bei Lüneburg1402; 18. Jh. die Rodenry, FlurN. bei Leetzen1403; Roe Rie, FlurN. im Kr. Celle1404; Rothe Riede, FIN. bei Helmstedt1™; up der Rühe, FlurN. auf dem linken Traveufer bei Bahrenhof1406; 1311 over an de Rydhe, Bach bei Wettmershagen1407. Man vergleiche weiter Schefferyde, Bach bei Hannover, 1341 de Schef felryde1408; Scheideriede bei Dielingen1409; Große, Kleine Scheidriede, Nebenflüsse d. Hunte, 1464 Scheidtride14i°; Schenken-Riethe bei Gardeleen1411; Scherenriede bei Gehrde, Kr. Bersenbrück; 1460 Schertriede bei Bohmte1412; Schevenriede, ON. bei Gehrde, 1788 Scheffel Riedexm; Schieferbrunn-Riete bei Helmstedt1414; 1662 Schlieckriede in Haldem1415; Schwarzenriede im Sachsenwald1416; Schwarzenriede, ON. und GN. bei Diepholz1417; Schwarzer Riede-Gr. bei Nienburg1418; 1682 Seckriede in Dielingen1419; Sohlriethe, Abzweigung der Oker bei Gifhorn1420; Sotrieth, GN. im Kr. Celle, vielleicht alt Gilbiki1421; Springriehe bei Lüneburg1422; Stapel-Riede, Zufluß z. Lehe bei Oldenburg1423; abgegangener GN. bei Wunstorf, 1481 uppe de stegheride1424; Stinkende Riede z. Fehntjer Tief bei Emden; Streen-Riethe, Nfl. d. Spetze bei Gardelegen; Sudriede, Nfl.d. Siede bei Nienburg1425; Tegelrieden, ON. bei Cappeln1426; Theil Rie, FlurN. bei Schaddingsdorf1427.
1401 1402 1403 1404 1405 1406 1407 1408 1409 1410 1411 1412 1413 1414 1415 1416 1417 14,8 I4W 1420 1421 1422 1423 1424 1425 1426 1427
Allerding 80. L. Bückmann 107. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Alpers-Barenscheer 127. Witt 115. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Sud. I 133. Sud. I 349; Witt 115. Jellinghaus 147. Wrede II 173. Witt 115. Jellinghaus 147. Wrede II 174. Witt 115. Jellinghaus 147. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 291. Lutosch 196; Witt 115. Witt 115. Jellinghaus 147. Witt 115. Vgl. L. Bückmann 107; Witt 115; Alpers-Barenscheer 127. L. Bückmann 107. Witt 115. Cal. UB. IX 230. Witt 115. Jellinghaus 147. Allerding 80.
Riede
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Hierher gehören auch eine im 14.Jh. als Ulenride erwähnte Siedlung bei Wallen1428 und 1682 Volnede, in Buchholz 1429 , weiterhin Warbsriethe, FlurN. bei Gr. Gusborn1430; Waschelriede , FlurN. bei Neustadt/Rbge.1431; Weiche Riehe und Wiewerrie, FlurN. bei Raddingsdorf; Wecken Riehn, FlurN. bei Selmsdorf1432; Wickriede, auch Kl. Wickriede, G N N . bei Stolzenau1433; Wiekriede bei Hille (Hunte)1434; Winkel-Riede, Zufluß z. Lahrer B. bei Vechta1435. Kartiert habe ich auch den von Förstemann 11,2,1382 hierzu gestellten O N . Winterrieden bei Illertissen, 1173 Winterridin. Wie die Verbreitungskarte zeigen wird, liegt dieser Ort weitab von der Masse der i?¿e¿e-Namen. Es sind deshalb Zweifel angebracht, ob der O N . hier tatsächlich angeschlossen werden kann. Keine Zweifel gibt es hingegen bei dem O N . Wittenriede, 1587 Wittenriede, bei Mariensee1436; Wulfesreit bei Kettenburg1437, und Zwischenriede, FlurN. bei Neustadt/Rbge.1438. Weiter wurden kartiert fünf Namen aus dem Oldenburgischen1439, sowie den Rest der noch nicht aufgenommenen Belege aus dem Leine-Gebiet 1440 . Nach H. Jellinghaus1441 sind am Nordrand Westfalens etwa 20 -nWe-Namen zu belegen, der südlichste sei Botterriede, Kr. Melle. Unsere Karte zeigt ein etwas anderes Bild, vgl. unten. Zur Interpretation der Namenverbreitung wird unten Stellung genommen. Zuvor sollen die verwandten Namen aus den westlich an Deutschland angrenzenden Ländern behandelt werden.
b. Niederlande, Belgien, Luxemburg, Nordfrankreich Mir sind bekannt geworden Balmabuisterriet, leider nicht zu lokalisieren, nicht kartiert; Bruggenrijt in Nord-Brabant 1442 ; Dieprijt, 1394-1459 neuen de dieprytiM}; het Dikke Riet im Dollart1444; Munnikenzijlster bei
Jellinghaus 147. Jellinghaus 147. 1430 FlurN.-Sammlung Göttingen. 1431 Heckscher, Neustadt 279. 1432 Allerding 80. 1433 Witt 114,115. 1434 Jellinghaus 147. 1435 Witt 115. 1436 Cal. UB. V 114; = Witteriede im südl. Oldenburg (Jellinghaus 147)? 1437 L. Bückmann 107. 1438 Heckscher, Neustadt 281. 143 ' Ramsauer 542. 1440 Riede „kommt im UG als Gw von FlußN 38mal vor" (Kettner 372), vgl. ebda. Karte 4 (S. 373). 1441 Anglia 20(1898)312. 1442 Schönfeld 190. 1443 Helsen, Noorderwijk 72 mit der Bemerkung „komt nog voor te Zoerle-Pawijs (a° 1616) . . . . te Kessel (a° 1709 . . . ) " . 1444 Schönfeld 189. 1428 1429
388
Wasserwörter
Driezum1445; unkartiert bleiben mußte Dwarsriet1446; Ekkersrijt in Nord-Brabant, 1311 Erkenrijf, 1484 Guelrijt bei Zwolle1447; Houtrijt, um 1400-1640 vander houtrijtlMS; Jutjesriet, 1364 Jothryt, bei Mastenbroek; Kerkertet am Dollart und Kerkerijtje in Nordholland1449. Unkartiert mußte Kommerszijlsier1450 bleiben (fehlende Lokalisierung). In die Karte aufgenommen wurde dagegen 1460 Lantryt, bei Steenwijk1451. Bei der Zusammenstellung der deutschen Namen war bereits der luxemburgische Ort- und Gewässername Malroy, 1128 Mallarey, diskutiert und mit Malrede bzw. Meldreth verglichen worden. Unkartiert bleiben mußten die Namen Noorder-, Zuiderriet1452. Aufnehmen konnte ich Peelrijt in Nord-Brabant1453; Pieperij bei Zuidwolde (Drente), < *Piepe-rie1454; 1167 Rideor, bei Ninove, Prov. Ostflandern1455; Riet, 1555 in n)'i1456; Rijt, sechs Flurnamen1457; 1423 die RijtU5\ Ferner Segerijd in Nord-Holland; 1788 Swarte Ryt in Groningen; het Tjaddingsrijdje (Nord-Holland); Tja-riet (Groningen); Veneriete, 1364 Veneryt, bei Mastenbroek; 15.Jh. Zwarte und Vale Ryt (Overijsel) und Zwientje Riet am Dollart1459. Wie in Deutschland befinden sich auch unter diesen Namen nicht wenige junge Bildungen. Ihre Deutung ist zumeist leicht. Etwas anders ist das Bild in England, zu dessen Namenbestand nun übergegangen werden soll. c. England Nach Ausweis des appellativischen Bestandes stand zu erwarten, daß davon abgeleitete Namen in England nicht selten sind und auch ein recht hohes Alter besitzen. Die folgende Zusammenstellung bestätigt diese Vermutung. Ich habe notiert: Abberd (Wiltshire), 1227 Abbreya, dort auch Abberd Brook, Zufluß z. Avon, 1273 AbbrideHM; 772 Baenetinge ride bei Bexhill (Sussex)1461; Beverley Brook, FlurN. bei Wimbledon, 693 (K. 11. Jh.) beferipi
1445 1446 1447 1448 1449 1450 1451 1452 1453 1454 1455 1456 1457 1458 1459 1460 1461
Schönfeld 190. Ebda. Schönfeld 190. Helsen, Noorderwijk 108. Schönfeld 190. Ebda. Schönfeld 190. Schönfeld 190. Ebda. 189. Ebda. 190. Förstemann II 2,574. Molemans, Overpelt 297. Helsen, Noorderwijk 159. Molemans, Mertens: Zonhoven 214. Schönfeld 189-190. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 16,256; Ekwall, E R N . 342 mit Deutung. Karlström 169.
Riede
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usw.1462, < *beferipi, darin ridig, Demin. zu rid „stream"1463; Blackritb, FIN. in Kent, alt blácanride'464; nicht identisch mit Blankrith (Kent), alt Blancaryd1465 ? Weiter sind zu nennen 972 (K. 1050) Bordridig (Worcestershire)1466; Broad Rife (Sussex), 1296 Thomas de Braderyze1467; man vergleiche auch die in historischen Belegen erwähnten O N N . to dére brócride (Gloucestershire) und on cealride (Hampshire)1468. Kartiert wurden auch Cbauretb, O N . in Essex, 1086 Ceauride1469; Childrey (Berkshire), auch FIN., alt on cyll rydeH70311. Viel diskutiert wurde auch der O N . Coldrey (Northamptonshire), 973/74 (Κ. 12. Jh.) (to) colride, 1352 Colrethe, „seems to be unmistakably O E (char)coal stream(s)'"1471. Die appellativische Variante ridig ist nach J . E . B . Gover u.a., EPNS. 10,57 enthalten in Coleready (Northamptonshire), 1618 Collready, Coleready. Das gleiche gilt für Cropredy (Oxford), 1086 Cropelie1472. Weiteres Material liegt vor in Cottered (Hertfordshire), 1086 Chodreiim. Man beachte auch den im 11. Jh. genannten Namen Deopan rid (Gloucestershire)1474. „The old boundary of the forest of Buckingham" liegt nach Ekwall, ERN. 342 in 1228 Ealdimererithi vor. Früh belegt ist der GN. Eelrithe in Essex, 680 ad Aelrithe1475; ae. ridig sieht man in Efferiddy, FlurN. in Bedfordshire, 13. Jh. Aelfredeswelredy1476; weiterhin sind zu nennen Erith (Kent)1477; Fingrith (Surrey), 1086 Phingheria1478; der schon 693 erwähnte GN. Fugelridie (Surrey)1479; 1434 Fullerith (Middlesex)1480; Fullingmill (Sussex), 1309 molendin' ffulrettaim. Genaue Entsprechungen zu den oben aufgeführten deutschen Hydronymen Fublriede usw. bietet England mit Fulready (Warwickshire), 1086 Fuir ei, J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,2; Field, London 30. Gegen diese Identifizierung: Ekwall, ERN. 342 1463 Field, London 9. 1464 H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. 1465 Ebda. 1466 Ekwall, ERN. 342; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. 1467 A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS. 6,83. 1468 H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. 1 4 " P.H. Reaney, EPNS. 12,471; Cameron 164. 1470 Johnston, PNE. 199; A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,196; Ekwall, ERN. 342; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; Cameron 164. 1471 Coates 58; vgl. auch Cameron 164 und Smith II 86. 1472 Vgl. Johnston, PNE. 222; Smith II 86; Ekwall, ERN. 342 und M. Gelling, EPNS. 24,463. 1473 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 15,157; Johnston, PNE. 216. 1474 A.H. Smith, EPNS. 41,166. 1475 Middendorff 108; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. 1476 A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,137; Smith II 86; Ekwall, ERN. 342. 1477 H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. 1478 P.H. Reaney, EPNS. 12,236f. 1479 EkwaU, ERN. 342. 1480 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,203. 1481 A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.6,252. 1462
390
Wasserwörter
allerdings mit leicht verändertem Grundwort (ridig) 1482 und Fulrithe in Kent, alt on fulan rideim. Vgl. weiter Gooserye (Surrey), 1762 Goose Ryeim; Hendred (Berkshire), auch GN. 984 Henna n*?1485; hierzu auch 1223 Henneride (Gloucestershire)1486, und Henrepe bei Chippenham, 972 holán ride1487. Aus Wiltshire gehört hierher Horsley Upright Gate, 1279 Horsliperith1488, aus Oxford der früh belegte FIN. 774 Hweolridig, 995 Hweowelridig1489. Weiterhin sind zu berücksichtigen Landrith und 1385 Mapeldorerithe (Surrey)1490. Eine leichte Unsicherheit besteht bei Meagre (Cambridge), das Cameron 164 hierher stellt, während Ekwall, ERN. 342 im Gw.auch hude für möglich hält, nicht kartiert. Für Diskussionsstoff sorgt der engl. O N . Meldreth (Cambridge), den wir oben bereits bei der Zusammenstellung des deutschen und luxemburgischen Materials behandelt haben. Seine älteren Belege ca. 1080 Melreda, 1086 Melrede, 1201 MUree, 1238 Mulri, 1261 Melreth interpretiert Ekwall, EPN. 320 und ERN. 342 als „mill stream". Die Reduzierung im Auslaut des Bw. ist jedoch so früh erfolgt, das ich dagegen Bedenken erheben möchte und unter Einbeziehung des norddt. Namens 1028 Malrede, später Malride, und von Malroy in Luxemburg, 1128 Mallarey, eine andere Deutung für wahrscheinlicher halte (vgl. oben s.v. Malroy). Zur Diskussion um die Verwandtschaft der drei Namen vgl. auch Petri 307 und H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. Weniger problematisch sind die folgenden Namen: Odrid Brook (Devon), Zufluß z. Bray 1491 , Peckham Rye (Surrey), 1512 Peckham Rye1*92. Fern bleibt Penrith (Cumberland), um 1100 Penrith, 1166-67 Penred (S. Ekwall, EPN. 362). Johnston, PNE. 398 hatte noch einen Zusammenhang mit dem ae. Wasserwort erwogen. Dagegen kann hier angeschlossen werden Pipplerithe (Berkshire), alt ad Pippelridiges ütscyte1493. Eine weitere auffällige und bis heute unbeachtetete Übereinstimmung zwischen der Insel und dem Festland liegt in dem Vergleich von Pucksroad (Sussex), 1570 Puckeride1494, und dem oben erwähnten, abgegangenen, südlich von Hamburg zu lokalisierenden GN. 1776 Puck Reihn vor. Man vergleiche
1482 1483 1484 1485
1486 1487 1488 1489
14.0 14.1 14.2 14.3 1494
S. J . E . B . Gover , EPNS, 13,253; Smith II 86; Ekwall, E R N . 342. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,164. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,196; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; Smith II 86; Ekwall, E R N . 342. A . H . Smith, EPNS. 41,166. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,203; Ekwall, E R N . 342. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 16,257. Ekwall, E R N . 342; wohl identisch mit dem von H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311 in Gloucestershire vermuteten on hewolridig. J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,365. Ekwall, E R N . 342. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,21; Johnston, PNE. 426. H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,311. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.7,265.
Riede
391
weiter den früh erwähnten GN. 955 Pyppelridig (Berkshire)1495; Rawreth (Essex), 1177 Raggerea, 1183 Ragerugge, 1240 Ragheretheu%. Es folgen einfache, unkomponierte Bildungen. Allerdings ist der O N . Reeth (York), 1086 Rie, 1224 Ryth, 1226 Rithe, leicht umstritten. Gelling 29 verneint einen Zusammenhang mit unserem Waserwort, anders urteilen Cameron 164, Johnston, PNE. 415, Smith, EPNS. 5,273 und Ekwall, EPN. 384, daher in die Karte aufgenommen. Hierher gehören auch der WgN. Rey e bei Feltham1497 und die nur in einem alten Beleg erwähnten FIN. on daet ridig (Gloucestershire)1498, und 1446 the Ridy (Surrey)1499. Zu unsicher ist der ON. Ripponden (York), 1307 Ryburnedene, 1308 Ryburnedene, in dem eine Ableitung von dem GN. Ryburn gesehen wird, in dessen erstem Element „could only be the O E rîth, rîthe, a rill or stream"1500. Ekwall, ERN. 349 f. sieht aber in dem FIN. ein alteuropäisches Element; nicht kartiert. Dagegen wurde aufgenommen der nur einmal erwähnte GN. 967 Ris hridig (Warwickshire), s. Ekwall, ERN. 342; hier angeschlossen werden kann der ON. Ritton (Northumberland), ca. 1145 Rittona, 1236 Rittun, den Smith II 86 und Ekwall, EPN. 389 mit tun verbinden; Zweifel an dieser Etymologie äußert allerdings Gelling 29. Unstrittig sind Ruddery Spring, ON. in Hertfordshire, 1406 Redderethe, Rederethelane15C1; Ruddery (Cambridge), 1227 Redrich1502; Rushrithe (Worcester), alt rischridig1503, sowie die Simplicia Ryde (Isle of Wight)1504; Ryde, WgN., 1377 La Rye, La Riche1505; Ryde, ON., 1541 Ryde, und GN., 1332 ate Rithel5°\ sowie Rye, O N . (alle in Surrey), 1482 le Ree1507; Rye (Kent), ca. 1060 Ria; Rye R. (York), 1132 Rie1™. Die appellativische Variante ripig liegt nach P. H. Reaney, EPNS. 19,342 in 6 Gewässernamen in Cambridgeshire vor. Hierzu gehört auch ein Name aus Gloucestershire: 969 Ridiges, 1350 Rythie, 984 Ealde ridig1509. Weiterhin vergleiche man Ryde (Isle of Wight), 1257 de la Ride1510; und Ryde Fm (Surrey), 1304 La Ride (Ebda., mit Anm. 1).
14,5 1496 14.7 14.8 14.9 1500 1501 1502 1503 1504 1505 1506 1507 1508 1509 15,0
Ekwall, ERN. 342. Ekwall, EPN. 382; Cameron 164; Smith II 86. Gover, Middlesex 98. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. Ekwall, ERN. 342;. Goodall 241. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 15,154. P.H. Reaney, EPNS. 19,62. H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,311. Cameron 164; Smith II 85. Johnston, PNE. 426. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,5,148. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,233. Johnston, PNE. 426. A.H. Smith, EPNS.41,166. Kökeritz 193.
392
Wasserwörter
Nicht ganz sicher ist die Zuordnung von Sawtry (Huntingdonshire), 1086 Saltrede, 1146-53 (K. ca. 1350) Saltreia, Saltre(y), den A. Mawer und F.M. Stenton, EPNS. 3,195 hier einordnen, der aber nach Ekwall, ERN. 342 auch zu ae. hyd (vgl. unten die Behandlung der Hude-Namen) gehören kann; nicht kartiert. Besser steht es um Seagry (Wiltshire), 1086 Segne1511, sowie um Shepreth (Cambridge), 1086 Esceprid, 1232 Sbepereth1512, Shottery bei Stratford-on-Avon, 699-709 (K. 11. Jh.) Scottarid1511. Schließlich sind noch zu nennen der nur einmal erwähnte Name on Sidryde wellan (Gloucestershire)1514; der 1548 erwähnte ON. Sondrithe und Stonerith, beide Surrey1515; Storith (York)1516; Thundry (Surrey), 1294 Dunrye, Dunrythe1517; Tingrith (Bedfordshire), 1086 Tingrei, 1220 u.ö. Tyngri1518; Viggory (Surrey), 1412 Wygerythebregge1519. Unsicher ist das Gw. in Walkerith (Lincolnshire), vgl. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; nach Ekwall, ERN. 342 gehört es zu hude, nicht kartiert. Keine Probleme bieten 1619 Wellreadye (Middlesex)1520; Westleygreen, (Surrey), 1765 Westley Green1521 ; Wbeldrake (York), 1086 Coldrid (3 Namen)1522; The Wrythe (London), 1229 Rithe1523. Weiteres Material bieten M. Gelling, EPNS. 51,900 (6 Namen) und J. Dodgsen, EPNS. 54,319 (3 GNN.). Die Streuung der Namen ist bemerkenswert. Wir werden auf sie sogleich näher eingehen. Zuvor gilt es, einen Blick in den Norden zu werfen.
d. Skandinavien Bei der Belegsammlung der Appellativa wurde darauf verwiesen, daß der Norden unser Wort nicht kennt. So fehlt es auch schon - wie unsere Karte, S.393 deutlich macht - in Schleswig-Holstein, es fehlt in der umfassenden Sammlung von v. Rohden und in allen skandinavischen Namensammlungen. Allein Indrebe, Innsjonamn I 243 hat es in einigen norwegischen Namen auf -reien (-reia) aus älterem reid- als „eit gamalt ord for vatn eller vats-
1511 1512
1513
1514 1515 1516 1517 1518
15,9 1520 1521 1522 1523
J . E . B . Gover, EPNS. 16,72. Cameron 164; Johnston, PNE. 426; P . H . Reaney, EPNS. 19,80; Smith II 86; Ekwall, E R N . 342; B. Cox, JEPNS. 8,1975/76,26; H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,311; Smith II 86; Ekwall, E R N . 342; Johnston, PNE. 442. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,365. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311. J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,168. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.3,134; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)311; Smith II 86; Ekwall, E R N . 342. J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,130. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,203. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,117. Johnston, P N E . 504. Field, London 100; J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,42.
Riede
393
samling" vermutet, so in Bureien, Stenreien und Tullreien in Brandval, Baereia
in Vinger und Nestreien in S.-Odal. Die Namen gehören jedoch mit Sicherheit nicht in diesen Zusammenhang, wie z.B. ein Blick in Rygh 187 schon vermuten läßt. Skandinavien kennt unser Wort auch im Namenschatz nicht. Die Streuung der Namen (vgl. Karte 34, s. o.) ist bemerkenswert, sie spricht für sich. Es ist ganz offensichtlich, daß der Süden Englands mit dem Kontinent verbunden ist. Allerdings muß festgestellt werden, daß unsere Sammlung für den sonst England besonders nahen Bereich Flandern und Nordfrankreich nur spärliche Belege bietet. Ich halte es allerdings nicht für ganz ausgeschlossen, daß es keine Lücke in der Streuung vorliegt, sondern unvollständiges Sammeln der Grund dafür ist. Für Deutschland, dem Schwerpunkt der Namen, ist zu bemerken, daß die offensichdich lange wirkende Produktivität des Wasserworts Riede zu ver-
394
Wasserwörter
schiedenen Konzentrationen geführt hat, die nicht überbewertet werden sollten. Immerhin ist sehr deutlich, daß bereits nördlich von Hamburg die Namen ihre nördlichste Ausbreitung gefunden haben. Das germanische „Kernland" Schleswig-Holstein bleibt - wie auch Skandinavien - von Riede unberührt. Für die Frage, auf welchen Wegen die germanischen Eroberer Englands ihre neue Heimat erreicht haben, hatte W. Nicolaisen, BNF. 8(1959)213 unter Einbezug unseres Wortes ausgeführt: „so erweisen . . . einige der weniger häufigen Grundwörter deutlich den Anschluß an die festlandgermanische Hydronymie, da sie Entsprechungen unter den Gewässernamen des Nordseeküstengebiets mit Hinterland haben, also in dem Gebiet, aus dem die angelsächsischen Einwanderer einmal gekommen sind; hierher gehören u.a. ae. flëot, ae, lacu, ae. lad, ne. pipe, ae. rid (ride, ridig), ae. ne. stream". Ich denke, daß unsere Karte diese These nachhaltig stützt. Eine andere, recht nahe liegende Auffassung läßt sich aber nicht bestätigen. Danach soll es sich bei Riede bzw. seinen westgermanischen Verwandten um ein Küstenwort handeln, das ins Binnenland gedrungen ist: „een litoraal woord, dat echter hier en daar vrij ver naar binnen is gedrongen"1524. Unsere Karte zeigt das Gegenteil: ganz eindeutig liegt der Schwerpunkt der kontinentalgermanischen Hydro- und Toponyme im Binnenland (Westfalen, Oldenburg, östliches und südliches Niedersachsen, holsteininisch-mecklenburgisches Grenzgebiet). Zieht man die eingangs ausgeführte Etymologie des Wortes hinzu, die ja auf Ererbung weist, sowie die Überlegungen, in einigen niedersächsischen Gewässernamen eine Ablautvariante *raip- zu sehen, so wird die Verbreitung dadurch verständlicher. Berücksichtigt man weiterhin die in dieser Arbeit vorgelegten anderen Verbreitungskarten, so kann gar kein Zweifel mehr daran bestehen, daß sich das Germanische auf einem idg. Dialektgebiet im Binnenland entfaltet haben muß. Das germanische Wasserwort *rith- ist dafür eine weitere wichtige Stütze. Es mit dem Etikett „Nordseegermanisch" zu belegen, trifft m.E. - abschließend gesagt - nicht zu.
9. s kam Auf einen Ansatz *Skarn- geht eine im Niederdeutschen, Englischen und Nordischen belegte Sumpf- und Morastbezeichnung zurück. Auf sie hat u. a. auch P. Hessmann1525 aufmerksam gemacht. Im appellativischen Bereich kann ich sie wie folgt belegen: mnd. scharrt „Dreck" 1526 ; engl. dial, sham, scarn, ae. ae. scearn, scarn „dung, muck", „sceam
1524 1525 1526
Schönfeld 189. Gießener Flurnamen-Kolloquium, S. 199. L. Bückmann 120; Falk-Torp II 986.
skarn
395
,dung', occurs occasionally in field and minor names"1527; afries. skern; dän., schwed. skarn, anord. skarn „Kot, Schmutz, Dreck" 1528 . Als Bestimmungswort findet sich dieses Wort auch in nicht wenigen Bezeichnungen für verschiedene Käferarten, zumeist „Mistkäfer, Pillendreher, Skarabäus", vgl. z.B. dän. skarnbasse, dän. (alt), dän. dial. skarnb0ddel, skarnvrippe, ags. scearnwibba, -wifel, engl, sharn-beetle „dung-beetle", mnd. scharnewevel, -wever usw.1529. Genaue außergermanische Entsprechungen gibt es wahrscheinlich nicht. Zwar kann man verschiedene griechische, baltische und slavische Wörter in ähnlicher oder sogar gleicher Bedeutung vergleichen1530, die letztlich auf eine Wurzel *sker- (aber zumeist *sker-d~) zurückgehen, jedoch fehlt bei allen außergermanischen Verwandten eine -«-Erweiterung wie im Germanischen. Allenfalls lett. sarni „Schlacken, Schmutz, Menstrua" könnte angeführt werden. In jedem Fall handelt es sich bei der germanischen Sippe um eine auf diesen idg. Dialekt beschränkte Wortgruppe, deren Verbreitung im Nordischen, Englischen und Niederdeutschen aber doch auf eine gemeingermanische Grundlage weist. Ich greife dieses Wasserwort hier vor allem deshalb auf, weil ein dazu gehörender, früh überlieferter germanischer Flußname für die Heimatfrage herangezogen wurde: „Im östlichen Niederösterreich hat ein Fluß im 5. Jh. zur Ostgotenzeit Scarniunga geheißen, zu got. *skarn ,Dünger, Mist', eine Bildungsweise, die aus der südschwedischen Heimat mitgebracht sein wird"1531. Wir werden nach Durchsicht des nun folgenden Namenmaterials sehen, daß es ein ganz anderes Gebiet gibt, in dem Skarn-Namen gehäuft auftreten; dieses liegt nicht in Skandinavien, sondern in Norddeutschland. Mit dem germanischen Wort können folgende Namen verbunden werden: aus Deutschland Danscharn, FlurN. im Lüneburgischen1532. Fern bleibt eher Schaaren-Bäke z. Twill-Bäke bei Vechta, nach Witt 177 zu schar „Schneise, Grenze", nicht kartiert. Aufgenommen habe ich jedoch Scharenbach, GN. bei Hildesheim, 1827/39 Scharenbecks Feld, nach Kettner 259 „am wahrscheinlichsten . . . Anschluß an mnd. scharn ,Mist, Dreck'". Weiterhin sind zu beachten Scharmbeck, OT. von Winsen/Luhe, l.H. 15.Jh. torn Scambeke, To Schermbeke, 1450/51 Schermbekeim; Scharmbusch, kleiner Ort bei Rotenburg (Wümme)1534. Hier anschließen kann man m.E. auch den GN. Scharmecke bei Brilon, den Barth 171 zögernd „zu mhd. schor, schorre ,Fels"' stellt. Er
1527 1528 1529 1530 1531 1532 1533 1534
Falk-Torp II 986; Smith II 101; A.M. Armstrong, EPNS.22,489. Falk-Torp II 986. Falk-Torp 986; Goodall 253. Vgl. Pokorny, IEW. 948; Falk-Torp II 986 f. E. Schwarz, 4. Congrès Intern, de Sciences Onomastiques, Uppsala-Kobenhavn 1952, S.458Í. L. Bückmann 120. HG. 16,296; zur Deutung s. L. Schneider 100. Müller, ONB. 659.
396
Wasserwörter
bemerkt jedoch weiterhin: „Daneben gibt es schor, schar in der Bedeutung von ,Sumpfland, Wasserland, Schwemmland'". Zieht man jedoch den bei Barth, a.a.O. genannten GN. Schorenbach hinzu, für den die Etymologie zutreffen wird, dann fragt man sich, wie die Diskrepanz im Vokalismus erklärt werden soll. Liegt es vielleicht nicht doch näher, auch nach einer Erklärung des -mzu suchen, und wie bei Bremke < Bredenbeke eine Entwicklung Scharmeke < Scharn-beke anzusetzen? Schließlich kann -m- in Scharmbeck durch Assimilation -n-b- > -m-b- erklärt werden. Ich stelle weiter hierher Scharnbusch und Scharnbuschbach bei Gustedt, Kr. Wolfenbüttel1535, und Scharnebeck, FlurN. bei Garstedt1536. Fern müssen jedoch die von L. Bückmann u. a. mit herangezogenen O N . und FIN. Scharnebeck nördl. von Lüneburg und Scharmbeck (heute Osterholz-Scharmbeck) bleiben, denn beide O N N . erscheinen seit ihren ältesten Belegen 1197 Scherembecke usw.1537 bzw. Adam v. Bremen Scirnbeki, 185 Schyrenbicke usw.1538 nur in Varianten wie Schirenbeke, Scerenbeke, Scherenbeke usw.1539. Sie gehören daher mit Förstemann 11,2,782 zu hdt. schier „abgetrennt, gesondert, rein". Erst sekundär trat eine Annäherung an mnd. scharn ein, die auf dem niederdt. Wandel -er- > -ar- beruht; nicht kartiert. Ahnliches gilt auch für Scharnebeek, ON. bei Hermannsburg (Müllers O N B . 659), ohne alte Belege unsicher, nicht kartiert. Etwas besser steht es wohl um Scharneke, GN. bei Hildesheim, 1778 die Scharnken Acker, 1839 an der ... Scharneke, für den Kettner 259: „am wahrscheinlichsten . . . Anschluß an mnd. scharn ,Mist, Dreck'" annimmt. Gleiches gilt für Scharnefleth, Wg. bei Stade, 1355 in Scarrenvlete, 1357 (K. 14.Jh.) Scharnevlete1540, sowie für Scharnhagen bei Eckernförde, 1631 zum Scharlhagenn, „wohl . . . zu nd. Scharn = ,Mist"' 1541 . Keine Probleme bereitet auch der Anschluß von Scharnhop, Wg. bei Medingen, 1307 villa Scharnehop, 1317 Scharnehop, 1330/1352 Scharnehop1542; Scharnhorst, Kr. Verden, 1313 Scharrenhorst; Scharnhorst, Kr. Celle, 14.Jh. Scharenhorst; Scharnhorst, Gut Kr. Neustadt/Rbge., 1302 Scarnhorst1543. Allerdings stellt E. Förstemann diese Namen zu schare „Elster", was kaum überzeugt. Offensichtlich war ihm das mnd. scharn „Dreck, Kot" nicht bekannt. Hierzu gehört dann auch Scharnhorst, OT. von Dortmund1544. Ein Problem im deutsch-slavischen Grenzgebiet stellt der Wüstungsname Scharnitz bei Kettelsdorf (bei Bevensen) dar. Kühnel 412 hält ihn für slavisch
1535 1536 1537 1538 1539 1540 1541 1542 1543 1544
Kettner 260. L. Schneider 100. S. HG. 16,297ff. Förstemann 11,2,782. S. HG. 16,297ff. HG. 16,299. Laur 180. Kühnel 414; Deutung bei L. Schneider 94. Förstemann 11,2,760. Müller, O N B . 659.
skam
397
(zu entsprechenden Namen vgl. unten). Nun lag die Wüstung „in einem Gebiet . . . , in dem sonst nur germanische Ortsnamen vorkommen" (bei Bevensen, Römstedt, Altenmedingen). Sie ist als „wüste Flur Scharnike u.ä. . . . ab 1580 in Registern der Himberger Pfarre als Ostteil der Gemarkung Kettelsdorf zu verfolgen"1545. Es erhebt sich die Frage, ob nicht vielleicht doch eine germanisch-deutsche Benennung vorliegt. Nur etwa 10 km südlich liegt der ON. Dörmte, in dem eine der hochaltertümlichen germanischen -ithi-Bildungen vorliegt1546. Da aber Zweifel bestehen bleiben, die auch die Wortbildung betreffen {*Scharn-beke > Scharnekei), blieb der Name unkartiert. Das gilt auch für einen bei Bach I, § 157 erwähnten O N . Scharnstede, den ich nicht verifizieren kann. Dagegen habe ich den Distriktnamen Ton Skarne bei Lüdinghausen, der mit schar „Schneise, Einschnitt" verbunden wird1547, aufgenommen. Bei der Diskussion des Wüstungsnamens Scharnitz, Scharnike hatten wir bereits das slavische Gebiet berührt. Die Eindeutschung verschiedener slavischer Orts- und Flurnamen ergab Formen, die leicht mit unserem germanischdeutschen Wort verwechselt werden können. In aller Kürze nenne ich hier Scharneitz-Wiesen bei Vasenthien im Hannoverschen Wendland1548; Scharnau in Masuren, 1352 Sernau1549; Scharndorf in Österreich, 1083 Scorindorf 55°; Schamik, BN. bei Oberdrauburg, Scharnitzen, FlurN. bei Stockenboi, „sicher sl[avisch], aber ohne alte Formen nicht zu deuten"1551; sogar einen FlurN. Scharnhorst kann man im Osten (ehem. Kr. Rummelsburg/Pommern)1552 finden; derselbe Kreis kennt auch die O N N . Scharnsee, Scharnhof, Scharnitz1553, deren polnische Entsprechungen Czarnica, Czarnka bereits den Weg zur richtigen, slavischen Deutung weisen. Ein halbes Dutzend Flur- und Ortsnamen hat E. Rzetelska-Feleszko1554 gesammelt: Scham, Scham See, Scharnjejoj, Scharney, Schamhof, Scharnhorst, Scharnke See, Scharnoffsee, Scharnsbach. Diese bleiben - wie schon betont wurde - fern. Die Kartierung der Namen wird zeigen, daß es in Deutschland einen Bereich gibt, der besonders hohen Anteil an der Verbreitung hat. Germ. *skarn- begegnet jedoch auch in anderen Ländern.
1545
1546 1547 1548 1549 1550
1551
1552 1553 1554
G. Osten, Slawische Siedlungsspuren um Uelzen, Bad Bevensen und Lüneburg, Uelzen 1978, S. 65. S. Udolph, -ithi 95. Jellinghaus 154. Kühnel 168 mit überzeugender Deutung aus slav. cern- „schwarz". A. Döhring, Über die Herkunft der Masuren, Phil. Diss. Leipzig 1910, S.96. J. Grubmüller, Die Bedeutung der Ortsnamen des Bezirkes Bruck a.d. Leitha . . . , Margarethen am Moos 1948, S. 14. E. Kranzmayer, Ortsnamenbuch von Kärnten, 2. Teil, Klagenfurt 1958, S. 196; ähnlich J. Stur, Die slawischen Sprachelemente in den Ortsnamen der deutsch-österreichischen Alpenländer zwischen Donau und Drau, Wien 1914, S.96. Gerlach, Baltische Studien, NF. 20(1917)186. F. Lorentz, Slawische Namen Hinterpommerns (Pomorze Zachodnie), Berlin 1964, S. 104. Dawne siowianskie dialekty województwa koszalinskiego, Wroclaw usw. 1973, S. 110.
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Wasserwörter
Aus den Niederlanden gehören hierher Scham, heute OT. von Heer (Limburg), F. um 1145 Adelbertus de Scarne ... Scarne, 1151 (F.?) apud Schämen, den die Autoren des LNT. 317 wohl mit Recht zu ae. scearn, anord. skarn stellen. Gleiches gilt für Scharnum, unbekannt in Friesland, aber sehr wahrscheinlich identisch mit Scharnegoutum bei Sneek, 1200 (K. 18.Jh. in Scharnum1555. Schließlich ist noch der O N . Scharendijke in der Scheidemündung1556 zu nennen. In England sind nicht wenige Namen von dem germanischen Wasserwort abgeleitet. Zunächst ist zu nennen Sarndich (Berkshire)1557. Die Bewahrung des S&-Anlautes in den folgenden Namen wird als nordischer Einfluß oder nordisches Relikt interpretiert. Hierzu gehören: Scarah (York)1558; Searle (Nottinghamshire), mit lêah im Gw. und „with O N sk-"n59; Scarndale (York), 1185 Scarndalclif560; Scarrington (Nottinghamshire), Bildung mit tun und „with O N sk-" zu dem ae. Adj. *sc(e)arnig „dirty, mucky" 1561 . Die altenglische Entwicklung zeigen dagegen Sharlston (York), 1173-93 Scharuest(on), 1254 Shameston 1562; Sharnal (Kent), Sharnbrook, (Bedfordshire)1563; Shambrook (Bedfordshire)1564; Shamcliffe (Gloucestershire), 1438 Sarnecliff565; Sharnden (Sussex) (Great Britain 661); Sharneyford (York)1566; Shamford (Leicester), 1002 Scearnford, 1004 Scearnford, 1086 Sceme/orde1567; Sharnhill Green (Dorset)1568; Sharrington (Norfolk) 1569 ; Shearns (J. Dodgsen, EPNS. 48,244); Shemborne (Norfolk) 1086 Scernebrune, 1254 Scarnebrune1570; Shernden (Kent)1571; Shernick (Cornwall), 1284 Schemewyk1572; Shernford Park (Sussex)1573; Sherrington (Wiltshire)1574, und Shorncote (Gloucestershire), 1086 u.ö. S(c)hern(e)coten7s. LNT. 317. 1556 Pée-Meertens 64. 1557 M. Gelling, EPNS. 50,517. 1558 Smith II 124. 1559 Smith II 101. 1560 Smith II 124; A. H. Smith, EPNS. 14,171. 1561 Smith II 102. 1562 A.H. Smith, EPNS.31,114; A . H . Smith II 101. 1563 Smith II 101. 1564 Goodall 253; Smith II 101. 1565 A. H. Smith, EPNS. 39,240. 1566 A . H . Smith, EPNS. 37,241. 1567 Smith II 101; Ekwall, E P N . 414. ,56ί Great Britain 661. 1569 Smith II 101. 1570 Munford 187 denkt an Herleitung von einem PN., vgl. jedoch Ekwall, E P N . 417 und Smith II 101. 1571 Smith II 101. 1572 Svensson 41; Smith II 101. 1573 Great Britain 663. 1574 J . E . B . Gover u.a., EPNS. 16,229; Smith II 101. 1575 A . H . Smith, EPNS.38,83; Smith II 101. 1555
skarn
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Auch Dänemark und Skandinavien haben an der Namenstreuung Anteil. „I s0nderjyske stednavne synes skarn at indgá i betyndningen ,dynd' eller ,ukrundt"' stellt Danmarks Stednavne 15,168 fest. Allerdings reichen diese kaum bis Norwegen. So fehlen Beispiele sowohl bei Rygh wie auch bei Hellquist. Die nun folgende Zusammenstellung wird kaum vollständig sein, gibt aber doch wohl einen Einblick in die Verbreitung innerhalb Skandinaviens. Vor allem Dänemark hat daran Anteil. Ich habe notiert: Gultved Skarn, 1909 Skarnet, O N . bei Sund, Amt Svendborg1576; Skambœk, GN. bei Gerslev (Dänemark), alt auch Scharnbeck, daher Herkunft aus skarn möglich1577; Skarnbacken, Skarnhulan, O N N . bei Gudhem (Schweden)1578; Skarnbad, O N . bei Skaning1579; Skarnbœk, fünf G N N . in Dänemark1580; Skarndal, O N . in Dänemark1581; Skarndam, GN. und O N . bei Sailing bzw. Sokkelund (Dänemark)1582; Skarnholmen, O N . bei Kikind (Schweden), 1600 Skarnholann>Mi; Skarnhoj Bänke, O N . bei Sund, Amt Svendborg1584; Skarning, 1499 Skarningh, O N . nordöstl. von Oslo1585; SkarnpHS, GN. und O N . bei Hassing (Dänemark)1586; Skarnrende, zwei G N N . in Dänemark1587; Skarnsaetrom, abgeg. O N . bei Hamar1588; Skarnse, GN. bei Helium (Dänemark)1589; Skarntoft, O N . bei Svendborg, 1572 (?) Skarntofft1590. Schließlich ist noch der in der Getica erwähnte und oben schon behandelte Flußname Scarniunga zu nennen, den E. Schwarz im östlichen Niederösterreich lokalisiert. Die Kartierung der Namen (s. Karte 35, S.400) läßt drei Schwerpunkte erkennen: es sind der Raum zwischen unterer Weser und unterer Elbe, die dänischen Inseln Fünen und Seeland sowie Südengland. Die Streuung weicht aber nur in einem wesentlichen Punkt von den in dieser Arbeit erarbeiteten Verbreitungskarten ab: es ist der Anteil Dänemarks. Läßt man die nordischen Belege zunächst beiseite, so ergeben sich Bestätigungen für bisher schon Erkanntes: 1. überdurchschnittlich ist der Anteil Norddeutschlands, vor allem im Bereich der deutschen Mittelgebirge; 2. der Süden Englands muß mit dem südöstlich davon liegenden Kontinent in Verbindung gestanden haben; einige
1576 1577 1578 1579 1580 1581 1582 1583 1584 1585 1586 1587 1588 1589 15,0
Danmarks Stednavne 15,168. Sarensen V 102 f. ON. Skaraborg IV 66,84. Ebda. X 38. Serensen V 105. Denmark 160. Sarensen V 105. ON. Skaraborg VII 72. Danmarks Stednavne 15,93. Norske Gaardnavne II 351. Serensen V 105. Serensen V 106. Norske Gaardnavne III 216. Serensen V 106/ Danmarks Stednavne 320.
400
Wasserwörter
wenige, aber alte Namen der Niederlande bilden wiederum die Brückenfunktion. Entgegen fast allen Verbreitungen alter germanischer Wortbildungselemente bzw. Appellativa hat bei *skarn der Norden gleichermaßen Anteil. Die Karte läßt aber erkennen, daß es ganz bestimmte Bereiche sind, die davon betroffen sind: es sind die dänischen Inseln und einzelne Landstriche in Schweden. Eine gewisse Deckung (vor allem in Dänemark, weniger in Schweden) mit der Verbreitung der mar-Namen (Karte 33, S.375) ist nicht zu übersehen. Bevor wir daraus Schlüsse ziehen, sollen jedoch weitere Kartierungen abgewartet werden. Zusammenfassend kann man feststellen, daß die skarn-Belege ein gut germanisches Appellativum mit gesamtgermanischer Verbreitung reflektieren. Es sei aber daran erinnert, daß die eingangs diskutierte Etymologie wahrscheinlich macht, von einer Basis auszugehen, die kaum über das Einzel-
sïk
401
sprachliche hinausgeht und somit im Vergleich zu anderen in dieser Arbeit behandelten Elementen einer jüngeren Schicht angehört. Noch mehr als der Vergleich mit den mar-Namen ist daher der mit den -íír-Bildungen und deren Streuung (Karte 27, S. 256) hilfreich. Auch in diesem Fall liegt eine gegenüber den -si-Formantien jüngere Bildung zugrunde, die in der Namenstreuung (dänische Inseln, Südschweden) ihren Niederschlag findet. Für die Heimatfrage des Germanischen läßt sich skarn und dessen Reflexe im Namenbestand allein und ohne Vergleich nicht verwerten, jedoch ergeben sich interessante Ergebnisse bei einer Konfrontation mit älteren Bildungen. Aus diesen Überlegungen heraus wird deutlich, daß der eingangs zitierte Satz von E. Schwarz, wonach der in Osterreich zu vermutende FIN. Scarniunga eine Bildungsweise widerspiegeln solle, „die aus der südschwedischen Heimat mitgebracht sein wird", in keiner Weise zu halten ist. Näher liegen da schon die niedersächsischen Namen zwischen Elbe und Weser.
10. sïk Vor allem im Niederdeutschen ist das hier zu behandelnde germanische Wasserwort bekannt. In der Form siek, sik oder auch sick erscheint es in zahlreichen Mundarten, zumeist in der Bedeutung „Bodensenkung, sumpfige Niederung", „sumpfige Niederung, eine stets feuchte Stelle im Acker", „feuchte Niederung, feuchte, sumpfige Stelle"1591. In Südniedersachsen fand eine Bedeutungsveränderung von ursprünglich etwa „Rinnsal, kleiner Bach" zu später „Sumpf, Senke" statt1592. Aus Kettners Darstellung ergibt sich, daß „das Appellativ sïk dem lebendigen Wortschatz der Mundart im UG nicht mehr angehört, sondern nur noch in Namen bekannt ist"1593 Das Mittelniederdeutsche kannte es als sïk, m., η., „wasserhaltiger Grund, sumpfige Niederung, Tümpel", das Altsächsische in der Form sik n. „Wasserlauf, Sumpf"1594. Niederdt. seek, seg, sege1595 bleibt vorerst besser fern. Im Friesischen ist es als sik „Wasserlache, kleiner Teich, Gefilde mit Quellen"1596 belegt. Die Angaben über die Verbreitung im Hochdeutschen gehen fast alle auf Arnold 516 zurück1597. Dieser hatte für das hdt. Hessische notiert: siech, sieh,
1591
15,2
1593 1594 1595 1596 1597
Ich gebe hier keine Hinweise auf die Standardwörterbücher, sondern verweise nur auf die ausführlicheren Darstellungen, die auch die Namen einbeziehen wie E. Müller, FlurN. Heiligenstadt 88; Bischoff 45, Burghardt 227, Kettner 374 ff. und v. Rohden 59. Kettner 374 ff., vgl. v. Rohden 58 f.; ausführlich: B.-U. Kettner, Das Namengrundwort siek in Südniedersachsen, NdW. 11(1971)37-44. Kettner 375. Scheuermann 341. E. Müller, FlurN. Heiligenstadt 88. A. Schmitz, Plön 151. Vgl. etwa Ulbricht 7.
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Wasserwörter
sie, sichert, siechen, siegen, woraus ersichtlich wird, daß eine saubere Trennung von hdt. seihen, (ver-)siegen usw. sehr erschwert ist. Unser Wort „fehlt . . . in den Niederlanden"1598. Umso interessanter wird die Frage sein, ob das auch für die Namen gilt. Das Fehlen ist vor allem deshalb auffällig, als es dem Englischen keineswegs fremd ist. Hier ist es schon aus altenglischer Zeit gut bekannt. H. Jellinghaus1599 hat wie folgt notiert: „ae. sie, stn., und sice, m., Wasserlauf, a runnel, schott. u. Yorkshire sike, Rinnsal, sumpfige Stelle, Somerset sice = a gutter, a drain. Andere Dialekte sik = a rill, a small stream", A.H. Smith II 121 verzeichnet „sie „a small stream, esp. one in flat marshland" und engl. dial, sike, sitchI600. Dabei ist wie im Deutschen eine Bedeutungsveränderung von „Wasserlauf" > „a field, a piece of meadow along a stream" zu beobachten. Frühe appellativische Belege bucht auch M. Gelling, EPNS. 51,787, vgl. auch Middendorff 117. Eine deminutive Form sîcel, „small stream" liegt offenbar einigen Ortsnamen, z.B. in Derbyshire1601, zugrunde. Auch das Nordgermanische hat an der Verbreitung Anteil, man vergleiche anord. sik n. „stillstehendes oder langsam rinnendes Wasser", norweg. dial, sîk „kleiner Sumpf", sîke „kleine Wasserader in der Erde", schwed. dial, sîk f. „niedrige und feuchte Stelle", ält. dän. sig, sige „Moorstrecke"1602, dän. sig, dän. (alt) sîk „sumpfige Niederung, im Winter meist überschwemmtes Land"1603. Die These, daß sîk „besonders im Niederdeutschen und Nordischen heimisch" sei1604, wird anhand des Namenmaterials zu überprüfen sein. Immerhin ist die Beleglage im Englischen keineswegs schlecht. Uber die Etymologie gibt es kaum Zweifel. Niemand hat Bedenken, die germ. Sippe an die idg. Wurzel *sei-, *soi- „tröpfeln, rinnen, feucht"1605 anzuschließen, jedoch ist die einfache Verbindung „zu einem ^-Formans der idg. Wurzel *seik>i- „ausgießen, seihen, rennen, träufeln"1606 nicht möglich. Unter Einbeziehung der Lautverschiebung muß man „im Germ, auch Formen mit germ, k"1607 ansetzen, wozu dann unser Wasserwort zu stellen ist. Wir hätten die Behandlung dieses Appellativums demnach auch bei der Untersuchung des wurzelauslautenden Konsonantenwechsels (s.o. S.50ff.) vornehmen können. Unter Einbeziehung der alteuropäischen Hydronymie läßt sich unsere Sippe als -&-/-g-Erweiterung neben -«-, -r-, -m-, -n-, -p-/-b-, -d(h)-, -k%- und
15,8 15W 1600 1601 1602 1603 1604 1605 1606 1607
Bischoff 195 mit Hinweis auf weitere Literatur. Anglia 20(1898)315. Smith II 122. K. Cameron, EPNS. 29,695. Falk-Torp II 965. Hinrichsen 255. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)315. Pokorny, IEW. 889 ff. Κ varan 43. Pokorny, IEW. 893.
sïk
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-í-Formantien stellen1608. An der Einbindung in indogermanische Bezüge besteht kein Zweifel. Bisher hat man jedoch eine Zusammenstellung der von dem germ. Wasserwort abgeleiteten Namen nicht vorgenommen. Diese soll im folgenden versucht werden. Aus Deutschland sind mir bekannt geworden1609: Bergsiek bei Peissen1610; Bredensiek, FlurN. in Wulfsen, Kr. Harburg1611; Brooksiek·, Brügsiek bei Tensfeld; Brunsiek bei Bunzen; Cluvensiek bei Rendsburg, 1450 tom Kluvensike1612; Große Sieken, Kattensieken, Im Heeßieck u.a.m., FlurN. im Kr. Rotenburg (Wümme)1613; 1444 aver dem Hacksike, bei Vahrenholz1614; Heegersiek, FlurN.1615; Heidsieck bei Bünde1616; Helvesiek, O N . bei Rotenburg (Wümme), 1162 (Sp. 13. Jh.) Heluesichm7; Holensike, Wg. bei Harpstedt, 1242 Holensike1618; Kalbsiek, O N . bei Hüsede, am Kalbsieker Mühlenbach1619; Kargensiek bei Höxter1620; Kerksiek bei Neuenkirchen nahe Melle1621; Kuhsiek bei Eggese nahe Diepholz1622; Marsiek, FlurN.1623; Persiek bei Gnutz; Poggesiek bei Bargteheide; Poggensiekskoppel bei Bark, 1249 (Wg.) Poggensike1624; Sauensiek, ON. bei Stade, 1104/05 (F. 12.Jh.) Suwensic usw.1625; Segenhagen bei Essen1626; Seick, FlurN. bei Braderup1627, zur Deutung s. R Hessmann, BNF.NF. 19(1984)448. Bei der Untersuchung der -r-Ableitungen hatten wir bereits den WgN. Secker bei Jerxheim, 1067 (A. ll.Jh.) Sicuri, um 1150 Sikere, 1160 Sichere, 1190 Sichere, 1201 in Sickere1629, und den ON. Sieker bei Bielefeld, 12.Jh. Sikere, erwähnt. Beide O N N . zeigen, daß die Sze&-Namen nicht nur junge und jüngste Bildungen sind, sondern auch in die germanische Frühzeit hineinreichen.
1608
Vgl. Greule 151f. " Material aus umfangreicheren Sammlungen biete ich geschlossen am Ende dieses Abschnittes. "•I0 H. Jellinghaus, ZGSHG. 29(1899)297. 1611 FlurN.-Sammlung Göttingen. 1612 H. Jellinghaus, ZGSHG. 29(1899)297. 1613 Hessmann 628. 1614 UB. Möllenbeck I 200. 1615 W.Nolte 304. 1616 Bach 11,1,296. 1617 Urk. H. d. Löwen 85. 1618 Dienwiebel I 275. 16,9 Wrede I 304. 1620 Volckmar 11. 1621 Bach 11,1,296. 1622 Lutosch 36. 1623 W.Nolte 304. 1624 H. Jellinghaus, ZGSHG. 29(1899)297. 1625 S. HG. 16,296. 1626 Vgl. Bach 11,1, § 309 und E. Müller, FlurN. Heiligenstadt 88. 1627 M. Carstensen, Das Flurnamengut des Kirchspiels Braderup, Heidelberg 1983, S.282. 1628 Kleinau II 562. 1 1,
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Wasserwörter
Weiterhin habe ich kartiert Siechengraben (od. Siechenbach), l.z. Saale1629; Sieck-Graben, r.z. Kollake im Bode-Gebiet 1630 ; Siek, ON. bei Plön, 1337 de Syke usw.1631; Siek in Stormarn, 1273 inter villam Wlensikem2; Siek, drei FlurN. bei Wernigerode1633; Auf dem Sick, FlurN. bei Bönebüttel; 1358 Siek, bei Kirchbarkau, 1538 Szyke1634; Siek bei Ostereilsleben1635; Siek, GN. in Hofgeismar1636; Siekgraben, Zufluß d. Au bei Schwarzenbek (HG. 16,318); Siekholz bei Bad Pyrmont1637; Siekmann, Hof bei Hoetmar, Kr. Warendorf1638; Syke, O N . bei Bremen, um 1250 Syke1639; Wierensiek bei Segeberg; auf dem Zepenhuve, FlurN. bei Herzhorn 1640 . Weiteres Material findet sich bei v. Rohden 59 ff. und passim, einige FlurN. bei Magdeburg bietet Burghardt 227, ein halbes Dutzend liegt im Kreis Heiligenstadt1641. Auch als Flurname ist es nicht nur jungen Ursprungs, sondern z.T. schon recht alt, so belegt Bischoff 45 es bereits im 14.Jh. in Eilwardesdorf. Weiterhin habe ich Material gewonnen aus Allerding 87; O. Clausen, Flurnamen Schleswig-Holsteins, Rendsburg 1952, S.85; der Sammlung S0nderjyske Stednavne (passim); Hinrichsen 449 (ein FlurN.); Jellinghaus 152; Arnold 516f.; F. Witt 123; Andree 119, im Braunschweigischen „sehr häufig"; O. Schütte 6; Alpers-Barenscheer 129 (11 Flurnamen); W. Flechsig, Braunschweigische Heimat 42(1956)73,131; C. Schweinhagen, Braunschweigische Heimat 43(1957)17; H. Garke, Zeitschrift des Harz-Vereins 11(1959)20; W. Nolte, Die Flurnamen der alten Amter Uslar, Lauenförde und Nienover, Diss. Göttingen 1963, S.304 (ca. 20 FlurN.); Jacob 50; M. Wiswe 389; W. Kramer, Die Flurnamen des Amtes Moringen, Göttingen 1963, passim; Kettner 374-378 mit Karte 5 (fast 400 Namen im Leine-Gebiet); Scheuermann 341 (einige FlurN.); P. Vogt, Die Ortsnamen auf -seifen, -siefen, -siepen, -siek, -seih, Programm Kassel 1900; W. Maack, Die Flurnamen des Schaumburgischen Wesertals, Rinteln 1974, passim (zahlreiche Belege); HG. 16,317 ff. „Schleswig hat etwa 40 namen auf -sig, altn. siki, lacuna aquosa, fossa" bemerkt H. Jellinghaus1642. Weitere Namen (vor allem aus Hessen-Nassau) findet man bei Kehrein 552.
1629 1630 1631 1632
·
1( 33 1634 1635 1636 1637 1638 1639 1640 1641 1642
Ulbricht 7; Witt 103 mit anderem Zufluß. Ebda. A. Schmitz, Plön 150; Laur 188. HG. 16,318.; Laur 188. W. Grosse 131. H. Jellinghaus, ZGSHG. 29(1899)297. Hansen-Bathe 87. W . N o l t e 304. Lutosch 37. Förstemann II 2,728. Lutosch 211. H. Jellinghaus, ZGSHG. 29,1899,297. E. Müller, FlurN. Heiügenstadt 88; vgl. ders., Nd.Jb. 89(1966)70. Anglia 20,1898,315.
sïk
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Einige FlurN. bei Grimma und Würzen belegt H. Naumann, DS. 13,324, jedoch läßt ihre unsichere Zuordnung (zu sïk, sib oder sïg) m. E. keine Kartierung zu. Für das Gebiet an mittlerer Elbe und Saale faßt Bischoff 45 zusammen: „Es begegnet im Magdeburgischen, im Harzvorland und auch wieder zwischen Harz und Saale fast bis an die Unstrut. Im Osten wird es von der Elbe begrenzt. In der Altmark geht es auf mittelalterliche, aus dem Ostfälischen stammende Siedler zurück. Nach Westen reicht es wieder übers Braunschweigische hinaus". Da es im Niederländischen unbekannt ist, kann es „in der Altmark . . . dann nicht niederländischer Herkunft sein . . ." 164 \ Diese Bemerkung sollte nicht unterschätzt werden. Erinnert sei an die schon erörterte Frage, ob die zahlreichen Fenn-Belege dieses Raumes niederländischer Herkunft seien. Ich hatte daran (vgl. oben S.316f.) Zweifel angemeldet. Von nicht zu unterschätzender Bedeutung sind Hinweise auf die Produktivität und deren zeitliche Zuordnung. So unterstreicht Kettner 378, daß u.a. „außer den früher besiedelten auch die später besiedelten Gebiete (wie z.B. der Harz und die Hilsmulde) von jfe^-Namen fast völlig frei sind" und der Namentyp somit „nicht sehr lange produktiv gewesen sein" kann. Damit stimmt die Tatsache völlig überein, daß Siek durch die mittelalterliche Ostsiedlung nicht über die Elbe hinaus getragen worden ist. Zwar mögen viele der hier genannten Namen recht jung sein, doch weisen diese Beobachtungen und einige recht altertümliche Spuren in der Suffigierung (-r-Suffix) darauf hin, daß auch in früher Zeit germ, sïk in Deutschland produktiv gewesen ist. In den Niederlanden fehlt - wie bereits erwähnt- unser Wasserwort. Der Blick in den Namenbestand bestätigt dieses. Mir sind nur wenige Namen bekannt geworden. Es sind Binnensiek, 1510 den binnensyeck1644; Syke in Gendringen'645; 't Zeglis, Straßenname in Alkmaar, basiert auf einem GN., der früh überliefert ist: 1264 aquas que Secleghe vocantur. Darauf beruht auch ein FlurN., 1251 apud Alcmer in Secleghe. Das Gewässer selbst trug auch die Bezeichnung Zecke1646. Von Bedeutung ist der FIN. Zekte in Drente, der mit einem Dentalsuffix von unserem Wasserwort abgeleitet zu sein scheint1647. Schließlich ist noch Siigeliech (fries.) auf Schiermonnikoog, = gron. Siegelaog, zu nennen1648. Es scheint also doch so zu sein, daß das Appellativum früher einmal bekannt gewesen ist (dafür sprechen vor allem die beiden Gewässernamen bei Alkmaar und in Drente). Die Namen schließen somit ein wenig die Lücke, die sich im appellativischen Bereich abzeichnete. Dennoch dürfen die wenigen Beispiele nicht überbewertet werden (das wird auch die Kartierung, s.u., 1643 1644 1645 1646 1647 1648
Ebda., S. 195. Loon 105. Moerman 208; vgl. Loon 105. Schönfeld 186; Loon 105. Vgl. Schönfeld 186. Ebda.
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Wasserwörter
zeigen). Von großem Interesse ist aber der Blick nach England, wo das Wort ja schon sehr früh und gut überliefert ist. Auf der britischen Hauptinsel lassen sich zahlreiche Orts- und Gewässernamen nachweisen. An einzelnen nenne ich hier1649: um 1150 Alrennesiche, FlurN. in Warwickshire (EPNS. 13,332); 1290 Blachesic, FlurN. (York)1650; 1150 Bradesiche, FlurN. in Warwickshire (EPNS. 13,332); Bradesike, 1302 Bradesike, FlurN. in Bedfordshire1651; Bridge Farm (York), 1225 Brigesik1652; Broadsuch in Lighthorne (EPNS. 13,332); ca. 1150 Chelewellsiche, Cholesiche, FlurNN. in Warwickshire (EPNS. 13,332); Colomóres sic, früh erwähnt in Worcester1653; Cutsyke (York), 1235 Cutthesik1654; den 956 erwähnte« Namen (on œth) eastre sic (Oxford) 1655 ; Eel Sike, 1176 Ele sic (Cumberland)1656; fearnhylles sic in einem frühen Beleg aus Northampton1657; Fulsich (Shropshire)1658; 1373 Fulsyche, FlurN. in Warwickshire (EPNS. 13,332); ein im 13. Jh. erwähnter FlurN. Golste in York1659; Gorsuch (Lancaster), ca. 1200 Gosfordesich166°; ca. 1167 Grenesic, FlurN. in York1661. Im allgemeinen stellt man auch den O N . Gussage in Dorset, 966-975 (Κ. 12. Jh.) (aet) Gyssic hierzu1662. Zweifel hat jedoch Gelling 29 angemeldet; umstritten. Weniger Probleme bieten 1304 Halsiche (Cheshire)1663; Hathith (Worcester), 1602 Hattsitch16"; Hithersuch in Lighthorne (EPNS. 13,332); 1206 Η olesiebe, FlurN. in Warwickshire (EPNS. 13,332). Den O N . Reisiek in Cumberland stellt man zu anord. sik1665. Man vergleiche weiter Kingsuch, Wg. in Worcestershire, ca. 1270 u.ö. Kynissyehe, Kingsuch, Kingsitch16(A; ca. 1250 Layrsic, FlurN. in York 1667 ; 1340 Leuwardessiche, FlurN. in Warwickshire (EPNS. 13,332); Londsycke (Lincolnshire)1668; Long Sike, GN. in York, 13. Jh. Langsik1669; 1340 le Mersiche, FlurN. in Warwick-
1649 1650 1651 1652 1653 1654 1655 1656 1657 1658 1659 1660 1661 1662 1663 1664 1665 1646 1667 1668 1669
Eine zusammenfassende Auflistung von größeren Sammlungen biete ich unten. A.H. Smith, EPNS. 5,330. EPNS. 3,295. A.H. Smith, EPNS. 14,86. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)315. Goodall 115. M. Gelling, EPNS. 24,465. EPNS. 20,12. H. Jellinghaus, Anglia 20,1898,315. Foxall 19. A.H. Smith, EPNS. 5,330. Ekwall, Lane. 124; Smith II 122. A.H. Smith, EPNS.5,330. Vgl. A.D. Mills, EPNS.53,276; Fägersten 91; Smith II 122. J.P. Oakden, EPNS. 45,65. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS. 4,76. S. Gelling 29; Smith II 122. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.4,354. A.H. Smith, EPNS.5,330. K. Cameron, EPNS. 58,194. A.H. Smith, EPNS. 14,9.
stk
407
shire (EPNS. 13,332); Midsyke Drain (York), ca. 1160,1189 Midsic(h), -syk1670·, Mylsiche (Cheshire)1671; Newbald Sike (York), 963 (K. 14. Jh.) yene rie, 7lans sices1672; Prissick Farm (York), 1199-1203 Prestsiclm. Nicht unbeträchtlich ist die Zahl der unmittelbaren Ableitungen in England. Hierzu gehören Seaches (Shropshire)1674; Seaky Croft (Shropshire)1675; The Seech bei Middle Aston (Oxford)1676; Seeche (Norfolk), „may possibly be from Sytcb or Sike"1677; Sich Orchard bei Leigh (Worcester); Siche Close bei Chelmorton (Derby)1678; 1207 Sichefurlange (Oxford)1679; Sick bei Flintham, sowie bei Hucknall; Sick Close bei Southwell und nahe Warsop; Sick Hollow bei Hockerton, alle Nottinghamshire1680. Komposita mit der Deminutivform des Appellativums sind Sicklebrook und Strickle Brook (Derby)1681. Weiter unmittelbare Ableitungen liegen vor in Sik (daneben auch Blakwellsic), 2 FlurN. in Lincolnshire1682; The Sikes, GN. in York, 1537 le ζ Siksìm; Sitch (Shropshire)1684; Sixch bei Scarclitte (Derby)1685; Sych bei Wincle (Cheshire)1686; Syke in Wales1687, bei Charleton, Goosnargh, Greenhalgh, Preston und Warton (Lancaster); Syke Close bei Kneesall (Nottinghamshire)1688; 1455 le Syke, WgN. in Cheshire1689; Sykes, 2 FlurN. in Shropshire, einer ist 1379 als Sykes belegt1690. Schließlich sind noch anzuführen Sike Beck bei Syningthwaite (York)1691; Sikebeck bei Seaton Hall, Cumberland (EPNS. 21,348); Stonhyll Syke, 1227 erwähnt in Huntingdonshire1692; Syke Fold (Shropshire)1693; Syke Foot bei
Α. Η. Smith, EPNS. 5,87; Smith II 122. J. P. Oakden, EPNS.45,29. 1672 A. H. Smith, EPNS. 14,227. 1673 A.H. Smith, EPNS. 5,163. 1674 Foxall 19; Field 195. 1675 Foxall 19. 1676 Field 195. 1677 Munford 183. 1678 Ebda. 203. , 6 7 ' M. Gelling, EPNS. 24,465. 1 6 , 0 Field 203. 1681 Smith II 122. 16.2 K. Cameron, Otium et Negotium, Stockholm 1973, S. 40. 16.3 Α. H. Smith, EPNS. 14,10. 1684 Foxall 19. 1685 Field 205. 1686 Ebda. 225. 1687 Β. G. Charles 285. 1688 Field 225. 1689 Κ. Cameron, EPNS. 58,187. 16,0 Goodall 276; Smith II 122. 1691 EPNS. 33,249. 1692 EPNS. 3,295 1693 Goodall 276. 1670 1671
408
Wasserwörter
Barton (Westmorland)1694; Syke Lane und Sykehouse (Shropshire), 1555 SykhowselbK. Den ON. Sykehouse in York stellt Gelling 29 zu anord. sik. Man vergleiche weiter Sytch (Shropshire)1696; Sytchampton (Worcester), 1575-89 Sychampton1697; Thack Sike (York), 1335 Taksyk1698; Timberley (Warwickshire), 1301 Timberweissicheim, und Waetan sie, früh erwähnter Name in Worcester1700. Weiteres Material wurde gewonnen aus den verschiedenen Arbeiten der English Place-Name Society und anderen Veröffentlichungen; im einzelnen wurden kartiert ca. 15 Namen aus A.H. Smith, EPNS.41,170, ca. 10 Flur- und Gewässernamen aus Northamptonshire1701, 4 Gewässernamen aus Cambridgeshire (P. H. Reaney, EPNS. 19,343), 8 O N N . und ca. 10 FlurN. aus Nottinghamshire G.E.B. Gover u.a., EPNS. 17,266 und 289), 6 FlurN. aus Warwickshire Q.E.B. Gover, EPNS, 13,332), fast 30 Namen aus Westmorland (A.H. Smith, EPNS.43,284), ca. 10 Namen aus Cumberland (A.M. Armstrong, EPNS.22,490), fast 50 Namen aus Yorkshire (A.H. Smith, EPNS.37,243); drei Namen aus Berkshire (M. Gelling, EPNS. 51,904), ca. 60 Namen aus Cheshire (J. Dodgsen, EPNS.54,336f.) und ca. 10 FlurN. aus York (A.H. Smith, EPNS. 14,327). Häufig ist der Name auch in Derbyshire (Κ. Cameron, EPNS. 29,695,749). Die Zusammenstellung zeigt, daß England eine Fülle von sz&-Namen besitzt. Die Kartierung gibt jedoch zu erkennen (s. Karte 36, S.409), daß die Verbreitung auf der Insel eine andere als bei fast allen bisherigen Streuungen ist. Wir werden darauf bei der zusammenfassenden Interpretation zurückkommen. Zuvor gilt es, den Namenbestand im Norden zu sammeln und zu kartieren. Wie aus dem appellativischen Befund hervorging, kannten und kennen die nordgermanischen Sprachen das hier in Rede stehende Wasserwort. Laut H. Jellinghaus sollen vor allem der Norden und Deutschland an der Verbreitung Anteil haben. Wir werden zu prüfen haben, ob diese These nach einer kritischen Durchsicht der Namen Bestand hat. Der germanische Norden kennt durchaus Namen, denen das Appellativum anord. sîk, norweg. dial, sîk, sîke, schwed. dial, sik, dän. sig, sige, auch alt sîk, zugrunde liegt. Meine Durchsicht der einschlägigen Literatur, die sicherlich noch ergänzt werden kann, führte zum Nachweis und zur Kartierung der folgenden Namen.
16.4 16.5 16.6 1697 16,8 1699 1700 1701
Field 225. Goodall 276; Smith II 122. Foxall 19. A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS. 4,272; Duignan, Wore. 159. Α. H. Smith, EPNS. 5,92. Duignan, Warw. 113. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)315. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 10,269.
sïk
409
Aus Dänemark und Nordschleswig gehören hierher Brudsig, GN. bei Skodborg1702; Gilsig, O N . bei Dommerby nahe Viborg1703; Hjelmsigbjerg, FlurN. bei Skàrup, Svendborg1704; Hvolsig, Zufluß z. Kattegat1705; Ilsig, Zufluß z. Hune Back im Einzugsbereich d. Ryâ1706; Sick, O N . in Angeln1707; Sig Gmft,
1702 1703 1704 1705 1706 1707
Serensen I 232; Kvaran 43. Danmarks Stednavne 9,75. Danmarks Stednavne 15,15. H G . 12,93; Kvaran 43. Kvaran 95. Sydslesvigs Stednavne V I I 381.
410
Wasserwörter
GN. südl. Apenrade1708; Sigbak, Sibak, Sykebeck, mehrere GNN. 1709 ; Sigedam, G N . bei Malt; Sigen, G N . bei Hatting; Sigerenden, zwei GNN., Ableitung vom Verbum1710; Siggroft, G N . westl. von F0vling; Sigkœr Bäk, Zufluß d. Storà1711; Sigp0t, GN. bei Ribe1712; Skravensi, FlurN. bei Bregninge, Svendborg1713; Sandersig, FlurN. bei Skarup, Svendborg1714; Steensiek in Angeln1715; Stensig, O N . bei Narlyng 1716 . Nicht einzeln aufgeführt Belege habe ich folgenden Arbeiten entnommen: Danmarks Stednavne 17/2,2,648 (ca. 35 Namen); Danmarks stednavne 18/2,XX und passim (etliche Namen aus dem Amt Randers); Danmarks Stednavne 12,241 und passim {Kolpen-, Kvinde-, Lund-, Nonne-, Stokkebround Ulvegravssig, O N N . in den Ämtern Ârhus und Skanderborg); Danmarks Stednavne 8,XVI und 189 (ein Dutzend Namen im Amt Vejle); Danmarks Stednavne III, S. LH, worauf sich v. Rohden 59 bezieht: „In Südjütland tragen oft auch Fluren mit Quellen Namen mit sig"; weiterhin Danmarks Stednavne IV 551,582. Auch Schweden kennt zahlreiche Namen. Die ungleichmäßige Aufarbeitung innerhalb der Reihe „Sveriges Ortnamn" wird zwangsläufig auch zu einem unausgewogenen Bild der Verbreitung führen. Die Aussagefähigkeit der schwedischen Namen ist demzufolge nur gering. Mir sind bekannt geworden: Gransik, O N . bei Sjogerstad; Gransikagdrden, Stallsiken, O N . und FlurN. bei Skövde1717; Grönsik, Muskesik, FlurNN. bei Grevbäck1718; Hulsiken bei £däsa; Kompersiken, Wg. im Gebiet von Kâkind1719; Sik, O N . in Nord-Halland, 1571 Siigma; Sandsvadssik, Snesiken, bei Sventorp1721; Sik, O N . im Bezirk Veden1722; Sik, G N . bei Hjo1723; Siken, 4 O N N . in Nord-Halland 1724 ; Siketjärnet, Sikholmen, O N N . bei Gillberga1725; Sikholmen bei Grums, dort auch Sikskär1726; Siken, Sikgrundet, Sikskär, G N N . im Bezirk Näs1727; Siksjön,
1708
HG. 12,164; Kvaran 43. Sorensen VI 60; Kvaran 43; HG. 12,164. 1710 Serensen VI 60. 17,1 Kvaran 43; HG. 12,164. 1712 S 0 rensen VI 62. 1713 Danmarks Stednavne 15,229. 1714 Danmarks Stednavne 15,19. 1715 Sydslesvigs Stednavne VII 434. 1716 Danmarks Stednavne 9,135. 17.7 O N N . Skaraborg 4,65,87. 17.8 Ebda. 45,46. 17.9 O N N . Skaraborg 4,10,31 f. 1720 O N N . Hailand 3, 57. 1721 O N N . Skaraborg 7,100. 1722 O N N . Hailand 3, 57. 1723 O N N . Skaraborg 7,55. 1724 O N N . Halland 3, 46,157,158,174. 1725 O N N . Vármland 4,58,70. 1726 O N N . Vármland 5,43. 1727 O N N . Vármland 11,109. 1709
411
sïk
Siksjöhöjden, FlurN. und ON. bei Färnebo1728; Sikskär bei Ölme1729; Siktungen, ON. bei Josse1730; Sikvillen, Sikvilloset, ONN. im Gebiet von Älvdal1731; Starrsikenmi; Sumpesiken, ON. bei Vimb1733. Weiteres Material wurde den Sammlungen der ONN. Älvsborg (1,1,73), Värmland (1,125), Skaraborg (1,27,39,73,100) und Hellquist (S.46,523) entnommen. Schließlich wurden noch Namen aus der Arbeit von I. Lundahl, Falbygdens by- och gàrdnamn, Göteborg 1927 (S.70) und aus den ONN. Skaraborg1734 kartiert. Schließlich müssen wir noch einen Blick auf Norwegen richten. Die Ausbeute ist recht gering. Hierher gehören vielleicht die GN. Simoa < *Sigm(a)}ms, und Semmen, verschwunden bei Aadalen, 1436 a Sigmine1736. Unsicher ist der Zusammenhang mit Simadalen, Simadalsvand, Simaadalen1737 mi und Soer . Selbst wenn diese Zusammenstellung lückenhaft ist (was sicher anzunehmen ist), so erhellt sie doch, daß Norwegens Namen nur wenige «&-Namen besitzen. Einen Sonderfall stellen die nordischen Sigtuna-Ortsnamen dar, die bei der Behandlung der germanischen Grundwortes -tun noch ausführlicher betrachtet werden (vgl. unten S.704f.). Ich gehe hier nicht auf Einzelheiten, so der mutmaßlichen Verbindung mit keltischem Material ein, sondern folge der Ansicht von K. Calissendorff1739 und anderen, wonach ein Kompositum mit dem hier in Rede stehenden germanischen Wasserwort vorliegt. Eine genaue Auflistung mit Nennung älterer Belege biete ich unten bei den -i«»-Namen, hier seien die Namen nur kurz erwähnt: in Schweden Sigtuna (Uppland); Sigtuna, Axbergs sn.; Siggetuna, Bärbo sn.; Sigtom in Ángermanland; Sigtuna, Frustuna sn.; Sigtuna (Sigtunerne), ON. in Vastergötland; Sigtunaholm (Skaraborg); in Norwegen Sigton nö. Oslo; in Dänemark Sigten; zu Island vgl. J. Sahlgren, Vad vara ortnamn berätta, Stockholm 1932, S.30. Wir können nun zu einer zusammenfassenden Wertung kommen. Der Blick auf die Verbreitung (Karte 36, s.S.409) macht verschiedene Schwerpunkte deutlich. Es sind das südliche Niedersachsen, Ostwestfalen und Nordhessen (in Deutschland), die mittelenglischen Grafschaften sowie Nordschleswig und das nördliche Dänemark. ms
O N N . Värmland 3, 18,59,78.
O N N . Värmland 15,63. ino O N N . Värmland 6,150. 1731 O N N . Värmland 14,118,126. , 7 3 2 O N N . Skaraborg 14,20. 1733 O N N . Skaraborg 7,109. 1734 11/2,42,49,81; 13,10 (Källesik), 13,20,21 (Starrsik); 13,129 (Lersik), 17,134 (Svinnesik). 1735 S. Rygh 210; vgl. Bandle 20. 1736 Rygh 210. 1737 S. Rygh 210,211. 1738 Ebda. 210. 1739 Ortnamn i Uppland, Stockholm 1986, S.84f. 1729
130; 15,21
(Ormesik),
412
Wasserwörter
Mit dieser Streuung weicht sik von anderen germanischen Wasserwörtern und kartierten Wortbildungselementen deutlich ab. Die Differenzen betreffen vor allem: 1. Geringer Nachweis in den Niederlanden, Belgien und Nordfrankreich. 2. Fast vollständiges Fehlen in Südengland südlich der Themse. 3. Relativ starkes Vorkommen in Dänemark. Vor allem das Fehlen des niederländisch-belgisch-flämischen „Brückenkopfes" und die Lücke südlich der Themse stehen im Widerspruch zu fast allen in dieser Untersuchung erarbeiteten Verbreitungskarten. Ich denke, man wird diese Erscheinung wie auch das relativ starke Auftreten in Dänemark und die Fülle der Namen im südlichen Niedersachsen (allein um die 400 Belege im Bereich der mittleren und oberen Leine!) nur als Hinweis auf sekundäre Produktivität werten können und müssen. Man darf sich daher m.E. nicht zu sehr von den Namenkonzentrationen von Siek lenken lassen, sondern nicht den Blick dafür verlieren, daß es z.B. östlich der Elbe fehlt, also z.Zt. der deutschen Ostsiedlung nicht mehr produktiv gewesen ist. Wenn wir Siek für die Frage nach alten germanischen Siedlungsgebieten belasten wollen, so müssen wir die starken Namenhäufungen unberücksichtigt lassen und können wahrscheinlich nur die Aussage machen, daß hiervon abgeleitete Namen nicht gegen die in der bisherigen Untersuchung wahrscheinlich gemachten Landstriche stoßen, sondern auch in ihnen vorkommen. Die weitere Entwicklung ist allerdings so stark verwischt, daß man auch von dem Versuch einer Interpretation Abstand nehmen sollte. Für England und Skandinavien können allerdings noch zwei Anmerkungen gemacht werden. Die Insel zeigt starke Häufungen in den Grafschaften Cheshire, Shropshire, York (West und Nord Riding) und Lancaster. Ich glaube kaum, daß man das allein durch dänische Siedlung erklären könnte. Immerhin enthält die Verbreitungskarte von germ, ''''sik Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Dänemark und England. Bei allen bisherigen Kartierungen war Entsprechendes nicht zu beobachten. Skandinavien läßt neben dem hohen Bestand in Dänemark auch einige Spuren in Schweden und Norwegen erkennen. Wie aber schon oben bei der Behandlung der nordischen Namen erwähnt wurde, ist die Materialbasis lückenhaft. So fehlen mir Namensammlungen für Ostschweden, von denen Aufschluß für das Gesamtbild in Schweden zu erwarten gewesen wären. Auch die Interpretation des nordischen Materials läßt somit viele Wünsche offen.
Zusammenfassung: Germanische Wasserwörter (Verbreitung und Interpretation) In diesem Kapitel wurden ausgewählte germanische Wasserwörter in ihrer appellativischen Beleglage und Etymologie und in ihrem Auftreten in dem germanischen Namenbestand untersucht. Meine Auswahl ist selbstverständlich eine subjektive gewesen. Zudem habe ich zwei altertümliche germanische
Zusammenfassung
413
Grundwörter, nämlich -aha und *baki-/*bakjanur gestreift. Die Gründe habe ich genannt. So wurden ausführlicher behandelt: adel (mit Karte 30), fenn (mit Karte 31), hör (mit Karte 32), mar (mit Karte 33), riede (mit Karte 34), skarn (mit Karte 35) und siek (mit Karte 36). Ich sehe in diesem Teil der Untersuchung nur einen ersten Versuch einer Aufarbeitung des altertümlichen germanischen Wasserwortbestandes unter einem gesamtgermanischen Aspekt. Es ist zu hoffen, daß die Zukunft weitere Untersuchungen erbringt, die vielleicht auch zu Korrekturen und Vervollständigungen des von mir vorgelegten Materials beitragen werden. Betrachtet man sich auch mit allem Vorbehalt die vorgelegten Kartierungen, so lassen sich aber doch schon einige wichtige und für die Frühgeschichte des Germanischen bedeutsame Erkenntnisse gewinnen. Aus der Gesamtheit der Karten ergeben sich m.E. als wichtigste Punkte: 1. Nur das Kontinentalgermanische hat an allen Namenstreuungen Anteil. 2. Die Verbindungen mit England sind eng und liefen über die südlichen Niederlande, Belgien, Flandern und Nordfrankreich. 3. Skandinavien kommt als Heimat nicht in Betracht. Diese Folgerungen stimmen im wesentlichen mit den zuvor gemachten Beobachtungen bei den suffigierten Namentypen, den Fällen mit wurzelauslautendem Konsonantenwechsel und den Vrddhi-Bildungen überein. Als ein Gebiet, daß in besonderem Maße an altertümlichen germanischen Namen Anteil hat, kristallisiert sich immer mehr der Raum nördlich der deutschen Mittelgebirge zwischen Elbe und Rhein heraus. Die sich aus der bisherigen Untersuchung (die sich vor allem, aber nicht ausschließlich mit Gewässernamen und -bezeichnungen befaßte) ergebenden Konsequenzen, haben Rückwirkungen auf die Interpretation von bisher strittigen und nicht sicher einzuordnenden Siedlungsnamen. An einer jetzt folgenden Auswahl möchte ich zeigen, daß die bisher gewonnenen Erkenntnisse mit Erfolg auch auf diesem Gebiet angewandt werden können. Darin eingeschlossen wird auch eine Untersuchung und Kartierung von germanischen Grundelementen, die bisher unstrittig als Bestandteile der ältesten germanischen Siedlungsnamen angesehen worden sind. Einige Appellativa greife ich nur kurz auf, um ihre Verbreitung auf Grund der hier gemachten Erkenntnisse neu oder anders zu interpretieren. So sollen im folgenden behandelt werden Borstel, Brink, Büttel, Dorf, Hang, Horst, Heim, Hude, Klint, Kreek, Lage, Lar, Leben, -loh, quem, Thie, Thing, tun, Ufer, Wedel, Wapel und Werder. Eine zusammenfassende Interpretation der Streuung der bisher schon behandelten germanischen Wörter und Wortbildungselemente und der im folgenden Kapitel zu behandelnden Siedlungsnamen wird den Abschluß dieser Untersuchung bilden.
I. Grundwörter germanischer Siedlungsnamen 1.
Borstel
Nachdem L. Fiesel sich vor dem 2. Weltkrieg1 und noch einmal nach 19452 mit den ßome/-Namen befaßt hat, wurde die Diskussion im wesentlichen durch H. Frankes Münsteraner Magisterarbeit Die -borstel-Namen} abgeschlossen. H. Debus und H.-G. Schmitz faßten die Ergebnisse wie folgt zusammen4: „Geogr. enger begrenzt... sind die ON. auf . . . -borstel... Die rd. 150 -borstel-ON, die sich fast immer weiter landeinwärts auf der Geest, vor allem beiderseits der unteren Elbe, Weser und Aller finden, scheinen . . . erst nachkarolingisch zu sein"; man vergleiche Karte 37, S.415. Ich will diese Namengruppe nur streifen, jedoch zu einzelnen Punkten auch aus dem Vergleich der Namenverbreitung mit den in dieser Untersuchung erarbeiteten Streuungen heraus - doch noch einige Bemerkungen hinzufügen. Von Bedeutung ist die immer wieder unterstrichene Verbreitungsähnlichkeit mit den -biittel-Namen, die uns im Anschluß an -borstel beschäfigen werden. L. Fiesel 17 Schloß daraus: „Eine gewisse Parallelität mit der Verbreitung der -büttel-Namen läßt sich erkennen. Für diese ist das Ausstrahlungszentrum im Oberallergebiet zu suchen, für die -borstel-Namen im Unterallergebiet". Ganz so einfach ist es aber wohl nicht. H. Franke 53 bemerkte dazu: „Tatsächlich sind die Namen Südniedersachsens und Nordwestfalens im Schnitt früher belegt als die übrigen, doch berechtigt das wohl noch nicht zu dem Schluß, es habe eine Süd-Nord-Wanderung von -borstel stattgefunden". Immerhin ist aber beachtenswert, daß fast alle der von mir in dieser Arbeit untersuchten germanischen Namentypen sehr viel wahrscheinlicher eine SüdNord-Ausbreitung voraussetzen. Es wäre deshalb keine große Überraschung, wenn es sich bei den -borstel-Namen ebenso verhielte. Aber es darf natürlich nicht übersehen werden, daß diese zeitlich in eine viel jüngere Periode gehören. Dafür können nach meiner Einschätzung vor allem drei Punkte herangezogen werden:
1 2 3 4
Ortsnamenforschung L. Fiesel, Die Borstel Teilabdruck in NdW. In: Sprachgeschichte,
und frühmittelalterliche Siedlung in Niedersachsen, Halle 1934. südlich der Niederelbe, Nds. Jb. f. Landesgeschichte 26(1954)1-23. 15(1975)36-59. 2. Halbbd., Berlin-New York 1985, S.2117.
Borstel
415
1. „Die namenkundliche Analyse der Bestimmungswörter ist in den wenigsten Fällen schwierig"5. 2. „Die Bestimmungswörter dröge-, Sand-, Sten-, mager- und sauer- kennzeichnen die -borstel-Orte als Siedlungen auf Böden zweiter Wahl". „Verantwortlich . . . dürfte in erster Linie die mindere Qualität der Böden sein, auf denen die Siedlungen gegründet wurden"6. 3. Hohe Anzahl von Wüstungen. Ich denke, wir können L. Frankes Resümee „Alle vorgenannten Argumente weisen darauf hin, daß die dritte Besiedlungswelle - ihr gehören auch die 5 6
L. Franke, NdW. 15(1975) 54. Ebda. 56.
416
Ortsnamengrundwörter
Siedlungen auf -biittel an - von einer sehr armen, auf der Suche nach neuen Lebensräumen befindlichen Bevölkerungsgruppe getragen wurde."7 zustimmen. Wenn ich diese Namengruppe hier nochmals aufgreife, dann vor allen Dingen wegen zwei Ergänzungen. Zum einen zeigt die von mir umgestaltete, aber vollständig auf dem Material von L. Franke aufbauende Kartierung gerade im Vergleich zu den bisherigen Namenstreuungen alter germanischer Elemente sehr deutlich, daß die -borstel-Namen in Gebieten vorkommen, die sonst eigentlich nicht zu den Altsiedelgebieten gehören. So fehlt borstel in Thüringen, in der Magdeburger Börde, am Hang der deutschen Mittelgebirge (nur vereinzelt Spuren bei Lübbecke und Minden) und in Ostwestfalen. Auch von hieraus erscheinen die -borstel-Namen als Kennzeichen einer andersgearteten, sehr wahrscheinlich jüngeren Besiedlung. Dieses negative Ergebnis hat jedoch auch seine positive und gar nicht so geringe Bedeutung: demnach gehören die von -borstel durchzogenen Landstriche nicht unbedingt zu den ältesten germanischen Siedlungsgebieten. Meine zweite Anmerkung gilt ähnlichen Siedlungsnamen in England. Hier setzen Ortsnamen ein Kompositum oder zwei Verbindungen mit -steall voraus. Man vermutet sowohl einen Ansatz ''beorg-stall „Hügelsitz" (offenbar bewahrt z.B. in engl. dial. (Kent, Sussex) borstal8) oder *burgsteal „Burgplatz"9 wie auch burh-stall, byrh-stall, -steall „the site of a burh", „a disused fort or town" (?) lc . Altenglische Glossen weisen burhsteal schon im 10.Jh. nach. Dieser Hinweis ist vielleicht auch für die Verhältnisse auf dem Kontinent nicht ohne Bedeutung. Innerhalb Englands ist eine Differenzierung zwischen burhsteal und borg-steall aber nur schwer vorzunehmen, es kam zu gegenseitiger Beeinflussung. Es muß betont werden, daß die deutschen Siedlungsnamen im Bestimmungswort von den englischen differieren. Die deutschen werden auf bür „Haus, Vorratskammer" + stai „Stall, Stelle, Ort" zurückgeführt. Ein direkter Vergleich mit England verbietet sich also. Dennoch scheint mir ein kurzer Blick auf die Verbreitung auf der Insel nicht unnötig zu sein. Ich habe kartiert: Birstal (York), 12. Jh. Birstale, um 1200 Byrstall, 1202 Burstall< ae. burg-steall; Birstall in Leicester, 1086 Burstelle, 1166 Burstal, 1167 Burcstal, < ae. burg-steall „,a city'. Here it more likely means ,site of a burg', i.e. either ,old disused fort' or simply ,fort'" 12 ; Boarstall (Berkshire), 1158 Burchestala, 1161 Burcstala13; Borstal (Kent), 10. Jh. Borhsteall, Borcsteall, 1086 Borchetelle,
7 8 9 10 11 12 13
Ebda 58. Smith I 42. Vgl. H . Jellinghaus, Z G S H G . 2(189)225. Smith I 62. Goodall 74; Ekwall, EPN. 45. Ekwall, EPN. 45. Johnston, PNE. 157,177; Ekwall, EPN. 50.
Borstel
417
„the elements are O E borg .security' and steall .place'" 14 ; Bostal Hill (Sussex); Bostal Woods (London), 1254 de Borstall', 1292 Borstal15; Boswell Banks, abg. ON. in Kent, 1086 Brochestele, um 1100 Brócesele, 1275 Borstall'lb; Burstall (Suffolk), 1086 Burgestala, 1194 Burcstal, „OE burg-stall ,site of a burg' or simply ,burg or fort'" 17 ; Burstall Garth (York), 1115 Berestal, 1160-62 Bristall, 1228 Birstal, „OE byrgstall"n; schließlich ist noch zu nennen Gealtborgsteal, ein in einer ae. Quelle in Sussex erwähnter ON. 1 9 . Der Blick auf die Verbreitung der englischen Ortsnamen (s. Karte 37, S.415) ist doch - so meine ich - von einigem Nutzen. Zunächst wird deutlich, daß ein Zusammenhang zwischen beiden Namengruppen (der schon an der Etymologie scheitert) nicht anzunehmen ist. Bedeutsam ist jedoch die Streuung innerhalb Englands. Der Schwerpunkt im Südosten weist nachhaltig auf eine Beziehung zum Kontinent hin. Sucht man dort nach Entsprechungen der englischen burg-stall-, borg-steall-Typen, so findet man sie nicht in dem Bereich, der durch die -borstel-Namen auffällt, sondern südlich davon. Wichtig sind z.B. Bustolle, O N . bei Brakel, Höxter, Trad. Corb. Burgstallun20, sowie Burgstall, Kr. Wolmirstedt, 1151, 1186 Bur stelle, und Burgstall bei Tangermünde, 1150 Burcstal21. Dieser Bereich zwischen Oberweser und Mittelelbe ist auch sonst schon durch altertümliche germanische Namentypen aufgefallen. Später hat sich eine weitere Ausdehnung nach Süden ergeben, die vor allem auf Ableitungen von mhd. burcstal „Standort einer Burg", dann auch „Burg" selbst22, beruhen dürfte. Müllers Großes Deutsches Ortsbuch verzeichnet genau 30 Ortsnamen Burgstall (sowie noch Burgstallberg und Burgstallhof) vornehmlich in Baden-Württemberg und Bayern. In Österreich setzt sich die Streuung fort. Die Diskussion führt uns jetzt von den -£orsie/-Namen ein wenig weg, jedoch zeigt sich erneut ein enges Verhältnis des Südostens mit dem Kontinent. Dieses muß bei der Frage nach dem Ursprungsgebiet der germanischen Eroberer der Insel unbedingt berücksichtigt werden. Zusammenfassend kann zu den -borstel-Nzmcn gesagt werden, daß sie keinen gemeingermanischen Typus repräsentieren und für die Frage nach alten germanischen Siedlungsgebieten nur indirekt Auskunft geben können. Immerhin darf auch bei ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Ausbreitung von Süden nach Norden angenommen werden. Diese Frage wird uns auch bei den folgenden germanischen Grundwörtern ständig beschäftigen. Als ein Rander-
14 15 16 17 18 19 20 21 22
Ekwall, EPN. 53. Wallenberg 31. Wallenberg 560. Ekwall, EPN. 77. Ekwall, EPN. 77. Smith 142. Schütte, Corvey 284. S. Förstemann 11,1,636 mit weiterem Material. Vgl. dazu Bach 11,1,395.
418
Ortsnamengrundwörter
gebnis hat sich bei der Untersuchung der -borstel-Namen ergeben, daß die Verbreitung der auf dem germanischen Kompositum burg-stal- beruhenden Ortsnamen erneut enge Beziehungen zwischen dem Südosten Englands und bestimmten Gebieten auf dem Kontinent wahrscheinlich macht.
2. Büttel Dieses Grundwort, „das die Bedeutung ,Anwesen, Haus, Wohnsitz' hat, beschäftigt die Namenkunde schon lange Zeit"23. „Der südlichste mit diesem GW benannte Ort ist Wolfenbüttel"24. Ich möchte in die von manchen schon als abgeschlossen betrachtete Diskussion hier nochmals eingreifen, weil die Streuung der Namen und die Einbindung des Appellativs in außergermanische Zusammenhänge zu neuen Erkenntnissen führen dürfte. Wenn E. Schwarz schon vor Jahrzehnten zu der Auffassung kam, „die Lösung der Büttel-Frage [sei] erzielt worden, indem man durch die geographische Darstellung Verbreitung, zeitliches Aufkommen und Wesensinhalt genau geprüft wurden"25, so war die Zeit damals doch noch nicht ganz reif für eine Einordnung des umstrittenen Grundwortes. Ich hoffe, den Beweis für diese Einschätzung mit den folgenden Ausführungen erbringen zu können. L. Fiesel, der sich sehr intensiv mit -büttel beschäftigt hat26, hatte einleitend knapp bemerkt: „Dieses GW -büttel ist schon durch seinen fremden Klang auffällig"27. Mit Recht hat er betont, daß es besonders reizvoll sei, „einmal die -büttel umfassender, als bisher geschehen, und mit kombinierten Methoden zu behandeln"28. Auf der Grundlage von asä. bodal „Grundbesitz" und altengl. boti „domus, aedes, atrium"29 rekonstruiert er eine „Wortbedeutung . . . ,Grundbesitz', ,Hof', ,Gut'"30. Bei Gamillscheg, RG. II 107 wird bôdil in der Bedeutung „Haus, Wohnung, Halle" angesetzt. Wichtig sind einige Bemerkungen von E. Becker31: „Das Grundwort wird im Altsächs. als maskulin, bodal neben dem neutralen Kollektivum gibudli/gibutli (935 Holtgibutli bei Verden) bezeugt. Ob die Vorsilbe gi- abgeschwächt in 23 24 25
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P. Hessmann, Studia Germanica Gandensia 7(1965)244. Ebda. 245. E. Schwarz, in Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., hrsg. v. W. Stammler, Bd. 1, Nachdruck Berlin 1978, Sp. 1545. Vor allem in seiner Abhandlung Ortsnamenforschung und frühmittelalterliche Siedlung in Niedersachsen, Halle 1934; im folgenden zitiert als: Fiesel. Fiesel 12. Ebda. Die englischen Verhältnisse bleiben im folgenden vorerst beiseite; zu ihnen wird unten zusammenfassend Stellung genommen. Fiesel 13. JMM. 48(1967)15.
Büttel
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dem Fugen-e, etwa von Stathenebutle, vorliegt, muß dahingestellt bleiben. Im Engl, und Fries, begegnende Metathese bolt/bold tritt nicht auf . . . " . Fiesel 13 glaubt die Varianten geographisch zuordnen zu können: „Als alte Form herrscht im Süden -butl, im Norden -boti, daneben Kollektivbildungen wie -gibutli". Zur Etymologie biete ich vorerst nur ein Zitat. Wir werden darauf nach Vorstellung des Namenmaterials und unter Einbeziehung der Verhältnisse in England zurückkommen. „Büttel gehört etymologisch zur germ. Wurzel bhu„wohnen, bauen" und ist zunächst nichts anderes als eine Bezeichnung für ein Haus oder Gehöft. Daß es etymologisch mit dem skandinav., in Schleswig häufigen -biill identisch sei, wird bestritten. (Doch steht einem altsächs. nâthla ein altnord. nâl für ,Nadel' zur Seite)"32. So fremd dieses Grundwort schon bei einer flüchtigen Betrachtung aussieht, so sehr interessierte man sich immer wieder für die auffällige Verbreitung der Namen. Die 172 ON. mit -büttel } 3 sind schon verschiedentlich kartiert worden34. Dabei stellte man dieses Grundwort in seiner Verbreitung gern zusammen mit den ähnlich, aber nicht völlig identisch verbreiteten -borstel- und -leben-Namen. Darauf und auf bisherige und neuere Einschätzungen des Wortes und seiner Verbreitung im Namenbestand werde ich noch zurückkommen. Zunächst gilt es, eine Zusammenstellung der in Frage kommenden Siedlungsnamen vorzunehmen, die auf schon genannten Untersuchungen aufbaut, aber auch neuere Literatur und Urkundeneditionen einbezieht. Ich beginne mit den -biittel-Namen in Deutschland35. Aasbüttel bei Schenefeld, 1576 Astebuttel, 1615 Astebuttel36; Abbesbüttel, OT. von Meine bei Braunschweig, 1391 Abesbuttel37; Achtenbüttel bei Vorsfelde38; Adenbüttel im Papenteich, um 1226 Adenebutle, 1333 de Adenebutle, um 1380 to Adelbücbte, 1395 Adenbutle, 1398 to Adenbutle39; Aendebytael, 1217 erwähnter O N . bei Lunden40; Algesbüttel bei Rethen, 1022 Aldagesbutile, 12.Jh. Aldagesbutile41; Allenbüttel bei Fallersleben42; Allerbüttel, 1274 Almeresbutle, 1292 Alersbutle43; Altenhuntorf, alt Wales Buttel oder Sloren-
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E. Becker, JMM. 48(1967)15f. Fiesel 12. Vgl. z.B. Bach II, Karte 44, E. Becker, JMM. 48(1967)21 und F. Debus, H.-G. Schmitz, in: Sprachgeschichte, 2. Halbbd., Berlin-New York 1985, S.2114. Ohne Quelle zitierte Namen entstammen dem ON.-Verzeichnis Müllers Großes Deutsches Ortsbuch, 23. Aufl., Wuppertal 1988/89. Den Aufsatz von H. Wesche, Die Ortsnamen auf -büttel im Papenteich, Nd. Jb. 82(1959)17-28, zitiere ich als Wesche, Papenteich. Laur 57; J . U . Folkers, ZGSHG. 62(1934)31. Oberbeck 153. Wesche, Papenteich 17. Oberbeck 153; UB. Braunschweig III 297; UB. H. Hild. VI 307,857,974. H. Jellinghaus, Holstein. Ortsnamen 231. Förstemann 11,1,89. Fälschliche Zuweisung älterer Belege bei Förstemann 11,1,104, vgl. unten Dannenbüttel. Wesche, Papenteich 18; UB. Braunschweig II 184.
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Ortsnamengrundwörter
ButtelAppenbüttel in Hamburg-Harburg, 1450 Mamesbuttell, 1453 Abelenbüttel45; Arsenbüttel, Wg. im Papenteich46; Aßbüttel bei Wanna, 1691 aß Bettel, aufn Aßpettul, aufn Aßbüttel, Aschbüttel, heute nur noch in FlurN. Aßbütteler Höhe, Heide, Moor und Tannen*7; der 1301 erwähnte ON. Atiene blu tie soll nach Sudendorf mit Wellingsbüttel identisch sein. Zweifel meldet E. Becker, JMM. 48(1967)14, Anm. 89, an. Man vergleiche weiter Auenbüttel in Ditmarschen, 1560 Ohm Butteil4S; Ausbüttel bei Gifhorn, 1350 Egkerd to Ossesbuttele (Zuordnung fraglich), 1383-85 Asedesbuttele49. Badenbüttel, Wg. im Kr. Gifhorn, 1231 de Βadeneb utle50; Bahlbüttel, FlurN. bei Westerweyhe51; Barsbüttel, Kr. Stormarn, 1228 (A. 14.Jh.) in Bernekesbutle, 1306 in villa nostra Barrekesbotle52; Bechtsbüttel bei Meine, um 1200 BerchtisbutleBernebüttel bei Berne, Kr. Weser marsch54; Bienenbüttel bei Lüneburg, 1004 Biangibudiborg, 1288 in binebutle, offenbar sekundär an -büttel angeglichen55; Bönebüttel b. Neumünster, 1141 (F. um 1180) in uilla Boienebutle, 1245 Io de boienbotele56; Bösbüttel'm Eiderstedt, 1462 Bosenbuttel57, vielleicht bezieht sich hierauf die Bemerkung von E. Becker58: „Für Büsum (Dithmarschen) zitiert Bruno Schier ,insula Bosenbüttel dicta' in Rheinisch-Westf. Zs. f. Volkskde., Jhg. 1963, S.59, Anm. 12"; vgl. ferner Bosenbüttel bei Midlum, 1332 PN. de Bosingebetle, 1684 Bösen-, Bausen- und Großbüttel59. Fern bleibt wohl ein nur in Personennamen nachweisbarer O N . (?) Bottlenberg, PN., 1237-68 Budelberg, Budelenberg, Buodelinberg, Budlinberg60. Dagegen gehören hierher das bekannte Brunsbüttel an der Elbe, 1286 in Brunesbutle, 1291 de Brunesbutle usw.61, sowie das weniger bekannte Brunsbüttel im Papenteich, 1350 van Brunnesbuttele, -buttele62, auch Brunsbüttel, FlurN. bei Raven63; weiter: *Bunebutle, 1224 usque Bunebotle, 1323 in
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46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63
J . U . Folkers, ZGSHG. 62(1934)19. J. Kausche, Regesten zur Geschichte des Harburger Raumes 1059-1527, Hamburg 1976, S.223. Wesche, Papenteich 21; Oberbeck 156. E. Becker, JMM. 48(1967)9,20; vgl. auch (andere Deutung) B.E. Siebs, JMM. 33(1952)128. Laur 62. UB. Braunschweig IV 591; J . U . Folkers, ZGSHG. 62(1934)16; Oberbeck 153. UB. Braunschweig IV 396. Wesche, Papenteich 17. Laur 65. Oberbeck 153. J . U . Folkers, ZGSHG. 62(1934)19. S. HG. 16,238 f. mit Lit. Α. Schmitz, Plön 28 f. Laur 71. JMM. 48(1967)19. E. Becker, JMM. 48(1967)12,19; P. Hessmann, Studia Germanica Gandensia 7(1965)246. Westfäl. UB. VII, passim. HG. 16,63; Laur 77. UB. Braunschweig IV 627. Wesche, Papenteich 17.
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Büttel
Bunesbutel64;
Büttel, 7 ONN. in Schleswig-Holstein und Niedersachen65,
davon im Land Wührden früh überliefert: 1105 Butli, 1301 Β utle, 1306 in
parvo Butle (oder = Stedinger Büttel bzw. Sandstedter Büttel}, vgl. unten), 1331 decima in Butle usw.,1684 Büttel66; 1510 ist ein Butli bei „Osterstade" erwähnt67. Einer der am frühesten erwähnten Orte ist Dannenbüttel
an der Aller,
822-826(?) Dallengebudli, 888 Dallangibudli6". Jung ist dagegen Debstedterbüttel bei Debstedt, 1684 Büttel, 1718 Debstedter Büttel69. Vgl. weiter Desebüttel, Wg. bei Köhlen, wo es ein Desebruch gibt (?), 1336 in Decebutle, 1337 Johannes Dessebutle, 1347 Johanne de Decebutle, 1376 Gheverd van Dezebutle70; Diersbüttel bei Lüneburg, 1302 Thidersbutle, 1322 de Didesbutle71; Dorumer Büttel, Dorumer Osterbüttel, Westerbüttel, 1774 u.ö. erwähnt bei Dorum72, ein junger Name; sehr früh erscheint dagegen Düdenbüttel
1059 DudanebutlP; to Dudelbuttell7\
bei Stade,
vgl. auch Dudelbüttel, Wg. in Süderdithmarschen, 1447
Weiter wurden kartiert Edenbüttel bei Lemwerder75, worauf sich offenbar in Stade auftretende PNN., z.B. 1499 de Edenbuttel76 beziehen. Edesbüttel bei Fallersleben, 1396 Edersbutle77; Egenbüttel bei Pinneberg, 1148 (K. 12.Jh.)
Heikenbutle, Heykenbutle79, 1352 Edelenbutle, 1464 Edenbuttel79; Ettenbüttel, Wg. im Papenteich, um 1200 Eilardesbuttlem; Eimsbüttel in Hamburg, 1275 Elmersboteleu; Eisenbüttel in Braunschweig, um 1200 (A. 14. Jh.) Eysenbutle, 1226 in Eyserbetle, 1310 io Eysenbutle82; Elpersbüttel in Dithmarschen, 1447 Elbersbuttele, 1560 Elpersbuttell83; umstritten ist Emmelsbüttel84, nicht
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Laur 79. Vgl. Laur 78 f.; Müllers ONB. 129. 66 E. Becker, JMM. 48(1967)10. 67 H. Schlichthorst (Hrsg.): Beiträge zur Erläuterung der älteren und neueren Geschichte der Herzogthümer Bremen und Verden, Bd. 2, Hannover 1798, S.251. 68 Honselmann 88; Hellfaier-Last 21; auf Allenbüttel bezogen es Fiesel und Andree, vgl. auch Wesche, Papenteich 18, s. aber jetzt Schütte, Corvey 89f. " E. Becker, JMM. 48(1967)8; P. Hessmann, a.a.O. 246. 70 E. Becker, JMM. 48(1967)9,20). 71 L. Schneider 26; UB. Lüneburg I 179. 72 E. Becker, JMM. 48(1967)11. 73 UB. Stade 18. 74 Laur 86. 75 J.U. Folkers, ZGSHG. 62(1934)19. 76 UB. Sude 198. 77 Oberbeck 153. 78 Urk. H. d. Löwen 21; hierzu? Fehlt bei Laur, Pinneberg. 79 Laur, Pinneberg 129. 80 Oberbeck 157. 81 J.U. Folkers, ZGSHG. 62(1934)49. 82 Kleinau I 169. 83 Laur 91. 84 S. Laur 91. 65
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Ortsnamengrundwörter
kartiert; aufgenommen wurden jedoch Engbüttel bei Misselwarden, 1615 zu Engebuttel, 1684 Engebüttel85, „liegt ,eng* zwischen vier Wurten"86, nach E. Becker, a.a.O. 18 von einem PN. abzuleiten; Ettenbüttel bei Müden/Aller, 1312 Etnebutle87; Evenbüttel, FlurN. bei Garlstorf88, geht zurück auf den WgN. 1197 Euenebutle bei Hanstedt89; ebenfalls ein WgN. ist Everikesbüttel bei Querum, 1031 Everikesbutli, 1211 Everikesbutle90. Vgl. weiter Fehrenbötel bei Bad Segeberg, 1192 (A. 17.Jh.) Bótele, 1199 (Α. 17.Jh.) slauica uilla Bótele91 ; Finckenbüttel bei Wremen, 1774 SchottwarderBüttel, 1898 Schottwarder Büttel, wüst oder veraltet92, heute „nach dem Namen des früheren Besitzers"93; Flögelner Büttel bei Flögeln, 1336 in Bütle, 1338 mansum in Buttel, 1377 den Butle94; Fuhlsbüttel bei Hamburg, 1283 Fulesbutle95. Gerstenbüttel bei Müden/Aller, vor 1258 fratres de Garsnebutle, 1321-1340 de, van, von Garsnebutle, -butle, -bütel, Gharsnebutle, Garsenbuttele96; Griesenbötel bei Bornhöved und Flemhude97; Großenbüttel bei Midlum, 1684 Groß-Büttel, 1774 Große-Büttel, bey dem Grossen-Büttef8; Großenbüttel bei Cappel, 1684 das große Büttlere... Viertel, 1718 das Großbuttler Viertel, 1774 das Großenbüttler Viertel99, nicht identisch?'00 Weiter habe ich aufgenommen Harmbüttel, Wg. bei Leiferde, 1284 Herminisbutle1C1; Hankensbüttel, Kr. Isenhagen, 1295 Honekesbutle102; Harmsbüttel bei Misselwarden, 1684 Harmenbüttel, 1718 Harnsbuttel (Verschreibung?), 1729 HarmsbüttelWi; Harxbüttel, OT. von Braunschweig, 1007 Herikes(ge)butle, 1239 Hertesbutle, um 1239 Hertesbutle, 1318 Herkesbutlem; Hasebüttel bei Walle im Papenteich105; Haßbüttel bei Cuxhaven, um 1535
85 86 87 88 89 90 91 92 93 94 95 96 97 98 99 100 101 102 103 104
105
E. Becker, JMM. 48(1967)11. P. Hessmann, a. a. O. 246. Oberbeck 154. FlurN.-Sammlung Göttingen; Wesche, Papenteich 17. Archiv Walsrode 8. Kleinau 186. Laur 94. E. Becker, JMM. 48(1967)10. Hessmann 246. E. Becker, JMM. 48(1967)9. H. Jellinghaus, Holstein. Ortsnamen 231. UB. H. Hild. II 531; UB. Braunschweig III 578. H. Jellinghaus, Holstein. Ortsnamen 231; J.U. Folkers, ZGSHG. 62(1934)45. E. Becker, JMM. 48(1967)12. E. Becker, JMM. 48(1967)13. Vgl. auch P. Hessmann, a.a.O. 246. Oberbeck 158. UB. H. Hild III 518; vgl. Wesche 56.. E. Becker, JMM. 48(1967)11,18; vgl. Wesche 30. Fiesel 27 mit Korrektur an Bückmann; UB. H. Hild. II 257,264; vgl. auch Wesche 30 und Wesche, Papenteich 18. Wesche, Papenteich 17.
Büttel
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Hasbuttel, 1541 Hatsbüttel106; Hassenbüttel in Norderdithmarschen, auch Hassenbüttler Wisch, 1560 Hassenbuttell107; Heinebüttel, FlurN. bei Lübberstedt108; Heißenbüttel, OT. von Hambergen109; Heissenbüttel, FlurN. bei Warfleth110; Hembüttel in Süderdithmarschen, 1560 Hemming Buttellm; Hillersbüttel, Wg. bei Lüneburg112; Hofer Büttel bei Wremen113; Hoisbüttel in Stormarn, 1262 in Hoyersbutlelu; Holtebüttel bei Verden, 935 Holtgibutli, um 1123 Holtebutle115; 1755 Hornbüttel bei Wedesbüttel116; Hülsinger Büttel bei Wremen117; Hummelsbüttel, OT. von Hamburg, 1253 hummersbutleus; Hummelsbüttel bei Nienstedten119; Hünkenbüttel, OT. von Balje, Kehdingen, 1718 HundekenbütteP20; Hunsbüttel, Wg. in Norderdithmarschen, 1231 in Hunsbytätte/-Namen des Papenteichs sind älter als diejenigen im Unterweser- und Unterelbe-Gebiet352. 2. Die Siedlungen im Papenteich liegen auf den dort vorhandenen besten Böden. Dennoch hat man sich mit der Annahme einer Süd-Nord-Wanderung schwer getan, denn: „eine Wanderung von Süden nach Norden ist fast ohne Beispiel und ohne nachweisbare Grundlage"353. Diese Auffassung ist es wohl gewesen, die einer eindeutigen Klärung im Weg gestanden hat. Wenn - wie schon oben erwähnt wurde - E. Schwarz bereits vor Jahrzehnten zu der Meinung kam, „die Lösung der Büttel-Frage [sei] erzielt worden, indem man durch die geographische Darstellung Verbreitung, zeitliches Aufkommen und Wesensinhalt genau geprüft wurden"354, so war das wohl doch allzu optimistisch. Ich meine, daß die -büttel-Frage nicht aus sich allein heraus entschieden werden kann, sondern nur in Kombination mit anderen altertümlichen germanischen Ortsnamenelementen. Diese nun weisen nach den in dieser Arbeit vorgelegten Kartierungen und Namenstreuungen eindeutig auf eine SüdNord-Ausbreitung. Man vergleiche die Kartierung der altertümlichen baltisch-slavisch-germanischen Gruppe, die des Konsonantenwechsels, die -st-/ -sir-Bildungen, die -ziÂî-Namen und andere mehr. Dabei konnten wir nicht selten einen Anschluß an den Osten feststellen. Dieser nun scheint auch bei den -¿«£fe/-Namen vorzuliegen und bisher unbeachtet geblieben zu sein. Das altpreußische Wörterbuch von V. N. Toporov355 behandelt einige baltische Ortsnamen, die einen Ansatz *but-il- voraussetzen, z.B. 1423 Buteliten, 1507 Botlittenn (in Ostpreußen), lit. Buteliüny km., kur. 1355-1362 Butilie u.a.m., die im allgemeinen zu bait. PNN. mit -¿/-Suffix gestellt werden. Jedoch weist Toporov wohl mit Recht auf den balkanischen O N . Bitolj, 1272 Βουτελι/, sowie thrakische Verwandte Bitalcosta, Bitalcostu (mit thrak. -u- > -i-) hin,
351 352
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Klint im Deutschen, Festschrift f. G. Cordes, Bd. 2, Neumünster 1976, S.20-41. „ . . . diese Urkunden zeigen . . . , daß bereits um etwa das Jahr 1000 ein Viertel der -büttel-Orte des Papenteiches schriftlich fixiert i s t . . ( G . Oberbeck, Die mittelalterliche Kulturlandschaft des Gebietes um Gifhorn, Bremen 1957, S.44). Wesche 57. E. Schwarz, in Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., hrsg. v. W. Stammler, Bd. 1, Nachdruck Berlin 1978, Sp. 1545. Prusskij jazyk, Bd. 1, Moskva 1975, S. 270.
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Ortsnamengrundwörter
die als Basis *Bital- enthalten dürften. M. Vasmer, Schriften II 894 hatte Bitolj zögernd als *But-il- zu lit. bùtas, apreuß. buttan „Haus" gestellt. Zu dem Versuch, den makedonischen ON. Bitolj mit ukrainischen GNN. und O N N . wie Butelka, Butla, Butlanka zu verbinden356, da das Ukrainische nur eine Wz.-Silbe *-o- wahrscheinlich macht, die auf älteres ''-a- oder :;"-o- zurückgeführt werden muß, habe ich schon Stellung genommen.357 Dennoch bleibt eine Beziehung Balkan - Baltikum erkennbar, die durch weiteres Material gestützt werden kann, worauf hier aber nicht näher eingegangen werden soll358. Die hier angeführten O N N . setzen r'but-il- voraus; das Etymon findet sich im Baltischen („Haus, Hof"). Damit ist klar, daß neben dem appellativischen bait. *butlo > lit. bûklà und auch westslav. by dio „Wohnstätte, Wohnung" (mit unterschiedlichem Dental) das Baltische im Ortsnamenbestand eine Ansatz *but-il- gekannt hat, der von dem mit -tlo-, -plooder -dhlo- gebildeten Wörtern zu trennen ist. Von hieraus möchte ich doch den Gedanken wagen, ob nicht die deutschen Büttel-Namen eher mit dem bait.-balkanischen Ansatz but-il- zu verbinden sind als darin eine mit dem -/^-Suffix erweitere Ableitung und Kollektivform zu germ. *buplaz, as. bodal „Grundbesitz", zu sehen. Sollte man diesen Weg gehen, müßte man allerdings von einem unterschiedlichen Dental ausgehen (balt.-balk. ''•but-il- < *but-; Büttel < ^ bud-il). Diese durchaus hypothetische Annahme hätte immerhin eine Stütze in anderen Fällen, in denen ein wurzelauslautender Dentalwechsel zu beobachten ist (entsprechende Fälle hatte ich oben in den Abschnitten D 1,2 behandelt), und würde uns nicht mehr zu sehr überraschen. Zu bedenken ist auch - und das kam bisher noch nicht zur Sprache - daß der Dental in den -büttel-Namen nicht so sicher zu bestimmen ist, wie vielfach angenommen wurde. J. Pokorny, IEW. 149 (auf den sich letztlich fast alle berufen) nennt mnd. bödel, bòi, ags. bold und boti, afries. bold und bödel und führt diese auf „::'bößla- aus idg. :'bbö[u]tlo- und *bupla-" unter Verweis auf lit. bûklà und westslav. bydlo zurück. Damit gelangt man aber nicht zu Büttel; man vergleiche hdt. Büttel, ags. bydel „Bote, Gerichtsdiener", die auf "'bheudh- zurückgehen. Wenn Kluge-Mitzka westgerm. * bupla- neben *bopla- aus *bho(u)tloansetzen, so stimmt auch dieses nicht zu den norddeutschen Büttel-Namen. Man kommt nicht umhin festzustellen, daß der Dental Abweichungen zeigt, die eine relativ sichere Zuordnung erschweren. Denn nur ganz selten zeigt sich in den alten Formen ein -d-, das die allgemein anerkannte Etymologie bestätigen würde: Dannenbüttel an der Aller, 822-826(?) Dallengebudli, 888 Dallangibudli. Weit öfter und ebenfalls alt sind dagegen Formen mit -t-\ 935 Holtgibutli; 1105 Β util·, Düdenbüttel bei Stade, 1059 Dudanebutli; 1031 Eve-
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O.T. Trubacev, Nazvanija rek pravobereznoj Ukrainy, Moskva 1968, S. 193. Udolph, Studien 606 f. Man vergleiche in jedem Fall I. Duridanov, Thrakisch-dakische Studien, Teil 1, Sofija 1969.
Dorf
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rikesbutli; 1031 Thuringesbutli, 1031 (T. 1211) Turingesbutle (UB. Braunschweig II 1,16); Wulsbüttel bei Cuxhaven, 1105 Waldesbutli; in Urkunden nicht selten gibutli. Daneben erscheint auch asä. -gibudli. Eine Entscheidung ist schwierig und soll an dieser Stelle nicht getroffen werden. Es war m. E. aber notwendig, auf diese zwei Punkte (*but-il- im Osten; Probleme des Dentals in Büttel359) hinzuweisen und nicht stillschweigend zu übergehen. Wenn man sich dazu durchringt, eine Verbindung zwischen den -büttel-Namen und dem Baltikum herzustellen, so würde man manches Problem umgehen können und ein weiteres Argument für höheres Alter der deutschen Namen gewinnen. Eine letzte Bemerkung muß den Beziehungen mit England gelten. Die Verbreitung der Namen zeigt deutliche Präsenz in Schleswig-Holstein, dem bisher fast allgemein anerkannten Ausgangsgebiet angelsächsischer Wanderung zur Insel. Nun mußten wir jedoch feststellen, daß die deutschen -büttelNamen nur in einem losen Zusammenhang mit den englischen stehen und in ihrer Verbreitung von anderen, typischen Streuungen abweichen. Auch hat W. Laur - wohl mit Recht - einen Zusammenhang abgelehnt. Damit ergibt sich aber für die Frage nach dem Ursprungsgebiet der angelsächsischen Siedler eine etwas groteske Situation: unser bisher fast einziger Fall, in dem man eine Stütze für eine besondere Beziehung zwischen Schleswig-Holstein und England sprechen könnte, entpuppt sich als Irrtum. Und das hat m. E. zur Folge, daß dadurch die sich in dieser Arbeit abzeichnende These, daß die Einwanderung über Flandern und den Kanal stattgefunden haben muß, keineswegs erschüttert, sondern sogar noch (negativ) gestützt wird. Eine zusammenfassende Analyse im Lichte der Ortsnamen biete ich am Schluß dieser Arbeit. Mit diesen Bemerkungen können wir die Büttel-Namen verlassen. Nicht alle Probleme konnten durch die Zusammenstellung der Namen und ihre Kartierung gelöst werden. Dennoch erschien es mir wichtig, die gesamtgermanische Problematik und die außergermanischen Beziehungen noch einmal behandelt zu haben.
3. Dorf Es ist nicht meine Absicht, die schon lange anhaltende Diskussion um dt. Dorf und die damit verwandten germanischen Wörter in ihrer Gesamtheit vorzuführen und zu kommentieren. Es soll hier allein um die Frage gehen, welche wesentlichen Erkenntnisse die bisherige Forschung erarbeitet hat, wie diese in eine auch mit namenkundlichen Argumenten argumentierende Altertumskunde eingearbeitet werden können und ob die Verbreitung der davon abgeleiteten Namen mit den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit übereinstimmt oder ihnen widerspricht.
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Die englischen Verhältnisse lasse ich hier bewußt aus.
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Ortsnamengrundwörter
Auch ist es nicht meine Absicht, zur Etymologie des Wortes beizutragen360. Immerhin ist es bemerkenswert, daß die in unserer Untersuchung immer wieder durchscheinende Erkenntnis, daß vor allem von Osten her an problematische germanische Wörter und Namen heranzugehen ist, auch in diesem Fall zuzutreffen scheint. Ich habe keine Bedenken, Kluge-Seebold (S. 151) zu folgen, wenn nach Auflistung der germanischen und mutmaßlich verwandten keltischen und lateinischen Verwandten gefolgert wird: „Diese schließen sich eigentlich zwanglos an die Verbalbedeutung von kslav. trebiti,reinigen, roden' an, so daß von ,Rodung' auszugehen wäre (vgl. besonders die keltischen Bedeutungen)". Für unsere Zwecke ist aber entscheidender, daß wir es in jedem Fall mit einem germanischen Erbwort zu tun haben, was bedeutet, daß also auch während der Zeit der Entfaltung des Germanischen aus einem idg. Dialektgebiet heraus das Wort lebendig war und wahrscheinlich doch auch zur Namengebung verwendet worden ist. Liegt in der Tat eine Verbindung zu dem slavischen Rodungsbegriff zugrunde, so wird diese Möglichkeit noch wahrscheinlicher. Wir werden demnach vor allem zu prüfen haben, in welchen Teilen der Germania Dor/-Namen belegt werden können und ob es ein älteres Namengebiet gibt, daß sich als Kern oder Ausgangspunkt annehmen ließe. Dabei lassen wir die Vermutung, wonach wegen der Ablautverhältnisse die „Sippe kaum einen gut indogermanischen Eindruck" macht361, zunächst auf sich beruhen. Zu den Verhältnissen in Mitteleuropa und Deutschland hat A. Bach (11,2,349-355) ausführlich Stellung genommen. Demnach sind Ortsnamen auf -dorf „in Deutschland seit alters zahlreich überliefert; Förstemann bietet 16 Spalten einschlägiger Namen . . ." 362 . In Westdeutschland tragen sie „alle Kennzeichen hohen Alters" 363 . Im Münsterland werden -dorf-Orte zu den ältesten Ansiedlungen gerechnet. In diesem Zusammenhang ist auf eine Untersuchung von F. Wündisch, Zur Entstehung der mit dem Grundwort -,dorf' gebildeten Ortsnamen364 hinzuweisen. Dagegen werden die Entsprechungen in Schleswig-Holstein einer jüngeren Schicht zugerechnet (Bach 11,2,351). Die These von O. Schlüter, wonach die im östlichen Thüringen und in Ober- und Mittelfranken gehäuft auftretenden -dorf-Orte ihre Entstehung der fränkischen Kolonisation des 6./8. Jhs. verdanken (Bach 11,2,351), hat auch H. Walther 166 ff. akzeptiert. Bei der Untersuchung dieser Namen bestätigte sich die schon früher erhobene Vermutung, „daß unter den ältesten Vertretern die nicht mit PN gebildeten vorwalten"365. Von hieraus habe ich erhebliche Zweifel an der These fränkischer Herkunft. Zieht man noch die Etymologie
360
361 362 363 364 365
Vgl. besonders R. Schützeichel, „Dorf". Wort und Begriff, in: Das Dorf der Eisenzeit und des frühen Mittelalters, Hrsg. v. H. Jankuhn u.a., Göttingen 1977, S.9-36. Kluge-Seebold 152. Bach 11,2,350. Ebda. RhVjBll. 29(1964)337-341. Walther 167.
Dorf
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hinzu, die in jedem Fall für ein Erbwort spricht, so gehören die ältesten Dorf-Namen sicher in die vorfränkische Zeit. Immerhin liegen auch suffixale Ableitungen vor, wie der ON. Dorpede, ca. 1090 Durpethe, 1250 Dorpethe, aus *Thorp-ithi, zeigt. Auch in Hessen erweisen sich die -dor/-Namen „als ein früher Typ, der . . . vorwiegend appellativisch bestimmt ist", denn „bis a. 1100 [dominieren] die appellativen Bestimmungswörter"366. Die Zusammenstellung dieser Namen (Andrießen 43 ff.) gibt keinerlei Hinweise auf etwaigen fränkischen Einfluß. Eine zusammenfassende Untersuchung hat I. Burmester vorgelegt367. Unter Berufung auf die auch bei A. Bach wiedergegebene Verbreitungskarte von A. Heibock und die zahlreichen westfälischen Ortsnamen, die H. Jellinghaus zusammengestellt hatte, folgert sie: „Der Namenstypus -dorf schien außerdem ziemlich gleichmäßig über das deutsche Sprachgebiet verteilt zu sein und seine Kartierung somit kein sonderliches Ergebnis zu versprechen. Allerdings war bereits aufgefallen, daß sich die ältesten urkundlichen Belege schon im 7. Jhdt. in den fränkischen Altlanden fanden und vor allem Westfalen sich durch eine Fülle von -dorf-Namen auszeichnete"368. Auf weitere Einzelheiten dieser Untersuchung gehe ich hier nicht ein. Eine von I. Burmester angefertigte Karte der „Ausbreitung der christlichen thorp-Siedlung" (Karte 40, S.448) gibt die Ergebnisse im wesentlichen wieder. Nachdrücklich ist allerdings auf die Kritik von H. Walther an der der auch von I. Burmester vertretenen Meinung hinzuweisen, „das Auftreten der -thorp-Nnmen falle überall mit der Machtausweitung der Merowinger und mit dem Gang der christlichen Mission zusammen"369. Insofern ist die Kartenüberschrift zu korrigieren. Für unsere Frage ist weniger von Bedeutung, ob das Rheinland oder ein anderes kontinentalgermanisches Gebiet als Ausgangspunkt der Ausbreitung der -thorp-Namen in Frage kommt, als vielmehr die Erkenntnis, daß der Norden offenbar erst spät von der Streuung betroffen ist. Aber darauf wird noch zurückzukommen sein. Zumindestens ist deutlich geworden, daß die -dorf-Namen Deutschlands auch sehr alt sein können. Anders sieht es zum Beispiel in Frankreich, Belgien und den Niederlanden aus. Hier „spielen die Siedlungen auf -dorf praktisch genommen keine Rolle"370. Damit aber ergibt sich bereits eine Differenz zu vielen anderen in dieser Arbeit behandelten Grundwörtern und Ableitungen: fast immer gab es einen engen Zusammenhang zwischen Westdeutschland und den westlich daran angrenzenden Gebieten. Allein im Fall der Z?«ííe/-Namen wurde dieses nicht bestätigt. Hinzu kam, daß die Büttel-Namen auch keine Verbindung zwischen dem Festland und der britischen Hauptinsel zu erkennen gaben. Genau dieses zeigt sich nun auch im Fall von Dorf, engl, thorp. 366 367 368 369 370
Andrießen 37. I. Burmester, Das Grundwort thorp als Ortsnamenelement, Hamburg 1959. I. Burmester 3. Walther 166f. I. Burmester 12.
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Ortsnamengrundwörter
Schon W. Foerste hatte darauf in seiner Untersuchung "Zur Geschichte des Wortes Dorfm hingewiesen: „Darüber hinaus . . . gestatten die altenglischen throp-Namen eine genauere Altersbestimmung dieses Ortsnamen-Typs und der damit verknüpften agrar- und siedlungsgeschichtlichen Neuerung für Norddeutschland. Sie begegnen nämlich nur ganz selten in Nordengland, sehr 371
Studium Generale 16(1963)422-433, hier S.428.
Dorf
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oft dagegen in den Grafschaften des mittleren Südens, aber nicht in Kent und im äußersten Südosten . . . Daraus h a t . . . Smith gewiß mit Recht geschlossen, daß throp in der kontinentalen Heimat der Sachsen zur Zeit der Abwanderung nach Britannien schon als Ortsnamen-Wort gebräuchlich war, während die Besiedler Kents und Nordenglands, also Jüten und Angeln, es damals in ihren Auszugsgebieten noch nicht kannten. Die thorp-Anlagen und -Namen haben sich auf dem Kontinent also in süd-nördlicher Richtung verbreitet...". Ganz entsprechend äußerte A. Bach 11,2,350 unter Hinweis auf M. Eriksson372: „Die Entsprechung von -dorf spielt im ags. Ortsnamenschatz ebenso wenig eine Rolle wie die von -haus(en). Die beiden Typen entstammen daher keinesfalls dem germ. Altertum. Erst die Skandinavier, die torp aus Nd.-Deutschland entlehnten, haben es in England in der ON.-Gebung verwandt". An anderer Stelle bezog er auch die Verhältnisse in Nordfrankreich ein: „Die Namen auf -torp sind durch Nordmänner später nach dem nördl. England und nach der Normandie weitergetragen worden" 373 . Auch neuere Arbeiten betonen den nordgermanischen Einfluß in England, so etwa M. Gelling in Nomina 11(1987)48, G. Fellows-Jensen, East Midlands, S. 83-135, dieselbe, Yorksh. 42-71. Auf die Verhältnisse in England gehe ich jetzt nicht näher ein, eine ausführliche Darstellung lieferte neben G. Fellows-Jensen schon A.H. Smith II, 205-212, der auch eine Verbreitungskarte vorlegte (A.H. Smith II, Anhang). Daß es auch in der Frage nach Herkunft und Zusammenhang mit dem Kontinent durchaus unterschiedliche Ansichten gegeben hat, macht ein Zitat von J. Hartig und G. Müller374 deutlich: „So nehmen Laur und andere an, daß das Grundwort -prop, welches bei den Westsachsen, in Essex und den northumbrischen Angeln gebräuchlich war, erst nach Abschluß der Wanderung durch Import vom Kontinent übernommen worden sei. Dagegen war W. Foerste der Meinung, germ, -porpa- sei als Ortsnamenendglied schon vor der Migration in den sächsischen Gebieten gebräuchlich gewesen, noch nicht aber bei den Angeln und Jüten". Immerhin darf man zusammenfassend sagen, daß die Streuung der Namen in England nicht auf einen alten Zusammenhang mit dem Kontinentalgermanischen weist, denn es fehlen die in diesem Fall zu erwartenden Namenhäufungen im Südosten Englands, in Kent, Surrey, Sussex und Umgebung. Schließlich muß noch auf die Verhältnisse im Norden eingegangen werden. Bei der Diskussion des Verhältnisses zum kontinentalgermanischen Bereich herrscht jedoch überraschenderweise relative Übereinstimmung. Auch skandinavische Untersuchungen375 sind offenbar von einer Wanderung aus dem
372 373 374 375
Torp och villa, NoB. 31(1943)72-100. Bach 11,2,485. NdW. 8(1968)51. Man vergleiche etwa L. Hellberg, Studier i de nordiska iorp-namnens kronologi, NoB. 42(1954)106-186; J. Sahlgren, Ordet torp som señare led i svenska och danska ortnamn, NoB. 10(1922)141-152; ders., De svenska ortnamnen pâ -torp, NoB. 11(1923)88-92; K. Haid, Vore stednavne, S. 122; P. Skautrup, Det danske sprogs historie.
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Ortsnamengrundwörter
Süden heraus überzeugt. Das unterstrich z.B. E. Schwarz376 mit der Bemerkung „In Skandinavien wird -torp als ein spät aus Deutschland eingewanderter Typ angesehen", für A. Bach 11,2,485 galt es als gesichert („Der dt. Typ auf -dorf, nd. -dorp gelangte als -torp offenbar im Gefolge der Ereignisse der Wikingerzeit nach Norden . . . " ) , wobei sowohl die -iorp-Namen wie die auf -rod „hier Rodesiedlungen [bezeichnen]"377. Nach I. Burmester 12 waren es gerade skandinavische Forscher, die diese Feststellung trafen und die daran die Vermutung schlossen, daß der Namenstyp sich von Deutschland her nach dem Norden ausgebreitet haben müsse. Dafür sprach nach I. Burmester offenbar vor allem das geringe Vorkommen in Norwegen, Island und Finnland, während er in Dänemark weitaus häufiger ist und auch Schweden in gewissen Landesteilen durch O N auf -thorp stark geprägt erscheint. Auf der Suche nach der Ursache glaubte M. Eriksson, NoB. 1943, „feststellen zu können, daß das Grundwort thorp gemeingermanisch sei, wenn es auch nur im Ost- und Westgermanischen sicher belegt ist. Sein ursprüngliches Vorkommen im Nordischen sei fraglich, doch möchte es auch dort überlagert oder zumindest stark beeinflußt vom Westgermanischen sein"378. Selbst bei O. Bandle, dem man kaum nachsagen kann, daß er an einen starken Einfluß des Kontinentalgermanischen auf das Nordische glaubt, findet sich bei einer Ablehnung aller möglichen in dieser Richtung interpretierbaren Fälle eine Passage, die der oben angesprochenen Tendenz folgt: „Nicht nur A. Bachs Hypothese des Typus Personenname + Grundwort ist unhaltbar, sondern auch deutsch-nordische Namentypen wie -heim, -stedt/-stad, -rod, -reut/-rud und -dorp (-dorf)/-torp, wo oftmals deutscher Einfluß auf die nordische Namengebung angenommen wurde, sind problematisch geworden. Meines Erachtens ist -torp das einzige einigermaßen gesicherte Beispiel für einen direkten kontinentalen Einfluß, mit dem wir heute (jedenfalls bei den älteren Ortsnamen) rechnen können"379. Es gibt somit offenbar kaum Argumente, die gegen die hier vorgestellte allgemein anerkannte These sprechen. Aber damit steht man vor einer Frage, die bisher entweder ausgeklammert, unberücksichtigt oder einfach übersehen wurde: wie ist der geringe Nachweis in Skandinavien und der kontinentale Einfluß nach Norden zu verstehen, wenn man von einer germanischen Heimat in Skandinavien ausgeht? Nur an zwei Stellen habe ich dazu etwas finden können: beide gehen im Grunde genommen aber auf die oben schon wiedergegebene knappe Bemerkung A. Bachs zurück, wonach thorp „keinesfalls dem germanischen Altertum entstamme". H. Engels380 hat dieses aufgegriffen und
376 377 378 379 380
In: Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin 1957, Sp. 1543. Bach 11,2,485. I. Burmester 14f. O. Bandle, BNF.NF. 23(1988)108f. Die Ortsnamen an Mosel, Sauer und Saar und ihre Bedeutung für eine Besiedlungsgeschichte, Mainz 1958, S.122.
heim
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umformuliert: „Er gehört nicht zu den Typen des germanischen Altertums, da es die Skandinavier offenbar erst aus Niederdeutschland entlehnt und nach England weitervermittelt haben". Diese Auffassung widerspricht in eklatanter Weise der ebenfalls allgemein anerkannten Auffassung, daß es sich bei dt. Dorf, ano. thorp, got. paurp um ein Erbwort handelt, daß auf germ. *purpa- zurückgeführt werden kann und außergermanische Entsprechungen neben sich hat. Die Diskrepanz kann m. E. nur so aufgelöst werden, daß man die These des skandinavischen Ursprungs des Germanischen fallen läßt und kontinentalen Ursprung in Erwägung zieht. Damit aber ergibt sich sofort eine große und kaum anzuzweifelnde Übereinstimmung mit fast allen in der hier vorgelegten Arbeit behandelten Namentypen: bis auf wenige Ausnahmen (Büttel) besitzen sie ihren Schwerpunkt und ihren Kern im Gebiet um die deutschen Mittelgebirge. Skandinavien ist somit auch im Fall von dt. Dorf, got. paurp Peripherie der Namenlandschaft, nicht Zentrum. Eine ähnliche Beobachtung werden wir bei einem anderen, immer wieder behandelten Namentypus machen: den Ortsnamen auf -heim.
4. heim Auch die Ortsnamen auf -heim sind immer wieder diskutiert worden. Wie bei dem vorigen Namentypus standen Fragen des Alters, des mutmaßlichen fränkischen Einflüssen und der Chronologie im Vordergrund. Auch in diesem Abschnitt werde ich auf einzelne Namen kaum eingehen. Es geht allein um die Frage, ob sich Hinweise dafür finden lassen, daß sich ein bestimmter Bereich des germanisch besiedelten Gebietes durch besondere Produktivität oder auffallendes Fehlen auszeichnet oder durch die Art der Namengebung in irgendeiner Weise ausgezeichnet ist. Im wesentlichen geht es wie bei Dorf um das Verhältnis zwischen Skandinavien und dem Kontinent. Eine ins einzelne gehende Besprechung der Namen verbietet schon ihre Fülle: „Förstemann verzeichnet etwa 2000 O N auf -heim, England hat über 1000 auf -harn .. Dänemark etwa 200 auf -hjem"m. Das hier in Rede stehende Grundwort ist ahd. heim, asä. hêm, ags. h am, got. haims „Heim, Welt"382. Im allgemeinen wird es als gemeingermanisch angesehen. Für mich etwas unverständlich hat A. Bach 11,2,105 für den Namenbereich eingeschränkt: „z.T. wohl auch gemeingermanisch". Betrachtet man sich die außergermanischen Verwandten, so bietet erneut der Osten das wichtigste Material: lit. seimà „Familie, Gesinde", kiêmas „Bauernhof, Dorf", slav. semija „Familie". Auffällig ist die Flexion im Gotischen (Sing.: femininer ¿-Stamm, Plur.: femininer ö-Stamm), nach Kluge-See-
381 382
Bach 11,2,327. Vgl. etwa K. Roelandts, Sele und Heim, Namenforschung, Fs. f. A. Bach, Heidelberg 1975, S. 273-299.
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Ortsnamengrundwörter
bold 301 gibt es dazu auffällige Entsprechungen im Altindischen. Schon allein daraus wird ersichtlich, daß das germanische Wort ererbt ist und Zumindestens appellativisch in gemeingermanischer Zeit vorhanden gewesen sein muß. Uns soll im folgenden aber vor allem Bestand und Vorkommen im germanischen Namenschatz interessieren. Ausführlich hat sich A. Bach 11,2,323 ff. damit auseinandergesetzt und unter Zuhilfenahme einer Kartierung von A. Helbok zur Streuung und Alter der Namen Stellung genommen. Dabei schränkt er m.E. nicht unbedingt überzeugend ein: „Wenn wir heim als Appellativum dem Gemeingerm, zusprechen, so besagt das keineswegs, daß das Wort im Gemeingerm, auch schon zur Bildung von festen Siedlungsnamen Verwendung gefunden haben muß. Gemeingerm, sind die Insassennamen auf -¿rag-"383. Wenige Zeilen weiter heißt es bei ihm dagegen aber: „Die alten -heim-Namen erscheinen in ihrer Mehrzahl - wie die älteren -ingen - im Bereich der waldfreien Löß- und Lehmböden bes. der Flußniederungen und ihrer Seitentäler, also in der urzeitlichen Siedlungslandschaft . . ." 384 . In die gleiche Richtung geht eine Bemerkung von H. Walther (S.251): „Die bisher bekannten allgemeinen Verbreitungskarten der O N auf -heim zeigen sehr deutlich, daß dieser ON-Typus nicht im Kerngebiet der Germania, an Elbe und Weser, beheimatet ist und auch in Thüringen kein bestimmendes Element der ON-Landschaft geworden ist". Am weitesten war in der Ablehnung hohen Alters der heim-Namen „zweifellos L. Fiesel385 gegangen, der . . . sämtliche niedersächsischen -heim-Orte für Gründungen der karolingisch-ottonischen Zeit erklärt hatte" 386 . Dem gegenüber unterstreicht die neuere Untersuchung von D. Rosenthal 387 die „große Zahl der Ortsnamen auf -heim und ihre weite Verbreitung in fast allen germanischen Gebieten . . w o d u r c h Hinweise und Überlegungen einer älteren Untersuchung von H. H. Kretschmann 388 wieder aufgegriffen werden. Kretschmann hatte betont, daß „ . . . die Hauptmasse aller -heim-Orte im westlichen Hügelland . . . ebenfalls wie im Gebiet östlich der Oker zu den ältesten Siedlungen dieses Gebietes gehören [muß]" 389 . In seiner schon angesprochenen neuen Untersuchung 390 kam D. Rosenthal zu folgendem Ergebnis: „[Es] konnte für die -heim-Orte des Untersuchungsgebietes eine Entstehungszeit zwischen dem 3. Jahrhundert nach Christi Geburt und dem Jahre 1000 nachgewiesen werden . . . Woher hier so früh der Anstoß zur Verwendung von Personenna-
383 384 385 386 387 388
389 3,0
Bach 11,2,323. Ebda., S.325. Ortsnamenforschung und frühmittelalterliche Siedlung in Niedersachsen, Halle 1934, S . l l . D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)362. Ebda., S. 361. Die -¿e¿m-Ortsnamen und ihre Bedeutung für die Siedlungsgeschichte des Landes östlich der oberen und mittleren Weser, Hamburg 1937. Ebda., S. 33. Zur Diskussion über das Alter der nordwestdeutschen Ortsnamen auf -beim. Die Ortsnamen des ehemaligen Kreises Hildesheim-Marienburg, BNF.NF. 14(1979)361-411.
heim
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men im ersten Element des Ortsnamens gekommen ist, läßt sich nicht ohne weiteres erklären. Frühe Kontakte mit dem Römerreich wären eine Möglichkeit, eigenständige Entwicklung, wie sie W. Laur für die Produktivität der Ortsnamen auf germ. *haima in England angenommen hat, eine andere denkbare Erklärung" 391 . Gegen die These früher Kontakte mit den Römern hat sich aber schon H. Kuhn („ist sehr unwahrscheinlich" 392 ) ausgesprochen und betont, daß die -heim-Namen in Norddeutschland vor der ersten Jahrtausendmitte mit großer Sicherheit schon vorhanden waren. Dazu paßt ja auch die bekannte Tatsache, daß uns „bereits bei Tacitus . . . germ. *haima-, * beimi (in Boi[o]haemurri) in der Bedeutung,Heimat eines Stammes' (später:,einer Ortsgemeinde', schließlich,eines Einzelnen') bezeugt [wird]" 393 . Für höheres Alter spricht auch die Lage auf „auf waldfreien Löß- und Lehmboden" 394 . Diese Ansicht findet ihre Bestätigung in der Untersuchung von E. Lieser, Die -heim-Orte des mittleren Ostfalens, ein Beitrag zum Haufendorfproblem in Niedersachsen395. Dort heißt es zusammenfassend (S. 126): „Die Ortschaften mit der Ortsnamenendung -heim liegen durchweg auf bestem Boden, meist auf Schwarzerdeböden, die mehr oder weniger stark entartet sind. Damit ist für eine erfolgreiche Bebauung mit Weizen und Zuckerrüben die beste Grundlage gegeben". Sieht man sich in Untersuchungen einzelner deutscher Länder um, so wird dadurch die Annahme einer jüngeren Namenschicht kaum bestätigt. So führt Andrießen 104 für Hessen aus: „Im vorliegenden Untersuchungsmaterial machen die -heim-Namen mit 148 Vertretern einen großen und wichtigen Teil . . . aus". Gegen die These, -/?e¿ra-Namen (oder Teile von ihnen) seien auf fränkische Herrschaft zurückzuführen, hat sich - natürlich mit Einschränkungen - R. Schuh396 ausgesprochen. Im Saale- und Mittelelbegebiet „wurden 34 - heim-Namen erfaßt, von denen die große Mehrzahl mit Appellativen als B W gebildet ist ( 3 0 ) . . ," 397 . Ähnliches liegt in Westfalen vor, wo es „auffallend viele -heim-Namen [gibt], die im ersten Element keinen Personennamen, sondern ein anderes Bestimmungswort aufweisen"398. O b man in diesem Verhältnis eine Beziehung oder sogar das „Ergebnis einer Ausstrahlung von Westen her" 399 sehen darf, ist mehr als fraglich. Von allen deutschen Territorien ist der Anteil der -heim-Namen in dem Gebiet, das man gemeinhin als eines der germanischen Stammlande ansieht, nämlich in Schleswig-Holstein, am geringsten. Zwar war Bach 11,2,329 mit seiner Bemerkung „In Holstein fehlt -heim völlig . . . " wohl zu radikal, aber ihre Zahl beträgt kein halbes Dutzend: „Als 391 3.2 3.3 394 395 396 397 398 399
Ebda., S.411. Kuhn III 93. Walther 151. W. Flechsig 86. Diss. Τ Η Hannover 1953. In: Erlanger Ortsnamenkolloquium, Heidelberg 1980, S. 49-65. Walther 150. D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)363. O. Schlüter in: Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Straßburg 1911 ff., Bd. I, S.417.
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Ortsnamengrundwörter
einzige heim-Namen in Holstein lassen sich wohl Ohrsee im Kreise Rendsburg400 und Börnsen401 im westlichen Lauenburg ansprechen"402. Aber schon im nördlichen Niedersachsen läßt ihre Zahl deutlich nach. Wie so oft in der Geschichte der germanistischen Namenforschung suchte man Hilfe und Erklärungsversuche im Norden. D. Rosenthal403 ist dieser Frage nachgegangen und hat auf H. Kuhns Beobachtung verwiesen, wonach die im Norden und Osten Westfalens vorkommenden -heim-Namen mit denjenigen Skandinaviens Ubereinstimmungen aufweisen sollen. Für den Kreis Hildesheim-Marienburg scheidet für ihn eine Erklärung aus dem Norden aus: „Zugleich mit dem Fehlen rein nordischer Wörter oder Personennamen zeigt hier also auch die Bildung der ältesten -heim-Namen mit einem Personennamen im ersten Element, daß ihr Auftreten im Untersuchungsgebiet nicht mit skandinavischen Einflüssen erklärt werden kann"404. Allerdings rechnet D. Rosenthal dennoch mit nordischem Einfluß, so im Fall der Namen auf -leben und *haugaz, nicht jedoch für den Bereich westlich der Oker. Auf die Unhaltbarkeit auch dieses These wird noch zurückzukommen sein. Als Begründung für das Fehlen nordischer Einflüsse im Raum Hildesheim wird angeführt, daß eine frühe und kompakte Besiedlung das verhindert habe405. Daß entsprechende Verhältnisse auf einem der besten Böden Deutschlands, der Magdeburger Börde und ihren Ausläufern, ebenso vorliegen dürften, mindert die Wahrscheinlichkeit der Begründung entscheidend. Jedoch soll uns diese Frage hier nicht weiter beschäftigen, von Bedeutung ist zunächst nur die Ablehnung nordischen Einflusses bei den -heim-Namen. Die Verbreitung der westgermanischen -heim-/-heem-Na.men wird aus einer (vereinfachten, auf A. Helbok und A. Bach zurückgehenden) Karte deutlich, die unter Mitwirkung von D. P. Blok in den Niederlanden erschienen ist406. Sie zeigt (Karte 41, S.455) zum einen, daß nordöstlich der Elbe kaum noch Belege erscheinen, zum anderen einen hohen Anteil im westlichen Niedersachsen, dem Rheinland, den Niederlanden und Ostbelgien. Besonders hinzuweisen ist auf die sehr klein ausgefallene Nebenkarte in der oberen linken Ecke der Karte, die eine enge Beziehung zwischen Flandern und England erkennen läßt. Doch darauf wird gleich noch zurückzukommen sein. Anders als bei den Dorf-Namen ist nämlich der Anteil von - heim/-heemBelegen in den Niederlanden, Belgien und Flandern hoch. Allein ein Blick in die Übersicht von H.J. Moerman (S. 85-93) zeigt dieses sehr deutlich. Bestä-
400 401 402
403 404 405 406
1 281 Ordessem, 1538 Ordesse. 1217 Bornessem, 1290 Bornessum, 1319 Borneshem. W. Laur, Nordelbingen 24(1956)164. Auf das Fehlen in Schleswig-Holstein wies auch schon H. Jellinghaus, ZGSHG. 29(1899)254 f. hin. A.a.O., S.363. Ebda., S. 406. Ebda. Aus: Plaats- en waternamen. Hun betekenis voor de bestudering van de geschiedenis van het landschap, Utrecht 1991, S.46.
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tigung findet dieses auch in der Arbeit von Gysseling (11,1129) und in fast allen niederländischen und belgischen Ortsnamensammlungen. Eine gute Übersicht über die Geamtverbreitung der niederländischen -heem-Namen bietet eine Karte aus dem Sammelwerk Algemene Geschiedneis der Nederlanden, deel I, die ich der Wiedergabe aus dem schon erwähnten Werk Plaats- en waternamen. Hun betekenis voor de bestudering van de gescbiedenis van bet landscbap, Utrecht 1991, S.20, entnommen habe (Karte 42, S.456). Die Streuung der Namen deckt sich in ganz auffälliger Weise mit Karten meiner eigenen Untersuchung: Häufungen nordöstlich der Zuider-See, im -Südosten der Niederlande, in Belgien und vor allem Flandern. Von hieraus richtet sich der Blick fast automatisch nach England und verbindet sich mit der Frage, ob der Namentypus dort seine Fortsetzung findet. Erneut sei auf die kleine Neben-
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karte der niederländischen Arbeit (Karte 41, S.455) hingewiesen, die wichtige Hinweise für die Antwort enthält. In denjenigen Fällen, in denen Teile Belgiens und vor allem Flandern an der Verbreitung alter germanischer Namentypen Anteil haben, zeigte unsere eigene Untersuchung immer wieder, daß dann auch England (speziell mit seinen südöstlichen Grafschaften) an der Namenstreuung Anteil hat. Ein kurzer Blick zur Britischen Insel wird dieses (wie die kleine Nebenkarte der niederländischen Autoren schon zeigt) bestätigen. Der Nachweis in England ist jedoch nicht nur für die Zusammenhänge mit dem Kontinent, sondern auch für die mutmaßliche Entstehungszeit der -heimNamen von Bedeutung: „Ein Hindernis für die Ansetzung der Zeit um 500 für die Entstehung des Ortsnamentypus -heim in der germanischen Romania bildete (und bildet) jedoch das zahlenmäßige sehr bedeutende Vorkommen solcher
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Namen in England"407. Zudem spricht vieles dafür, „daß die Namen mit -hâm zu der ältesten Schicht von Siedlungsnamen gehören"408, jedoch ist gelegentlich eine Trennung von Ableitungen zu ae. ham(m) „Weideland" nicht immer möglich409. Bei einigen Forschern ist auch umstritten, ob der -beim/ -¿¿wz-Typus „vom Kontinent mitgebracht wurde oder erst durch sekundäre Übernahme (ohne Siedlungsbewegung) nach England kam" 410 . Ein genauerer Blick in die Streuung der Namen auf der Insel und der Vergleich mit den in der vorliegenden Arbeit erbrachten Ergebnissen kann m. E. zu einer Klärung beitragen. Dazu genügt allein schon ein Zitat aus Smith II 227: „The el. ham is found in most parts of the country but its frequency is greatest in the SE (Κ, Sr, Sx), in the Thames valley, in parts of EAngl (Nf, Sf, Ess, C), . . . This distribution would suggest that ham belongs to the earlier period of the English settlement . . . " . Diese Verbreitung entspricht exakt derjenigen eines Typs, den man als von germanischen Stämmen mitgebracht bezeichnen kann. Daß dabei offenbar der Kanal als Ubergang genutzt wurde, hat sich schon bei anderen Namentypen als sehr wahrscheinlich herausgestellt und wird uns zusammenfassend noch einmal (s. unten, S. 765 ff.) beschäftigen. Damit wird aber deutlich, daß die heim-Namen schon vor 500 n.Chr. produktiv gewesen sein müssen und einer frühen Siedlungsperiode angehört haben. Es bleibt nun noch ein Blick nach Norden übrig. Es gibt - wie im Fall von Dorf/thorp — Stimmen, die die skandinavischen -heim-Namen für relativ jung halten. So wäre „nach L. Jacobsen . . . der Typ . . . vom ndrhein.-fränk. Bereich aus (frühestens) im 7. Jh. in Skandinavien eingedrungen"411. Diese Auffassung wurde selbstverständlich auch kritisiert. So wendet sich W. Evers412 gegen eine entsprechende Auffassung L. Fiesels, die -heim-Namen Skandinaviens seien „viel jünger, also nach der Wikingerzeit" entstanden. Immerhin gibt es zu den kontinentalgermanischen Typen einen gewichtigen Unterschied: „Tatsächlich sind in den skandinavischen Ländern die Ortsnamen auf -heim nur in wenigen Ausnahmefällen mit Personennamen gebildet. Andererseits sind sie alt; für Norwegen und Schweden rechnet man mit ihren ersten Anwendung in der Zeit um Christi Geburt, und in Dänemark stellte man durch Grabungen im Himmerland fest, daß dort die -heim-Orte die ältesten Dörfer darstellen, die seit 200 nach Christi Geburt eine ältere Schicht von Einzelhöfen der römischen Eisenzeit abgelöst haben" 413 . 407 409 409 410 411
412
413
D. Rosenthal, BNF. NF. 14(1979)362. Förster, S. 35. Ebda. J. Hartig, G. Müller, NdW. 8(1968)51. A. Bach 11,2,485 unter Bezug auf L. Jacobsen - V. Brandal, Runekaramen fra Setre, in: Aarboger for Nordisk Oldkyndighed og Historie 1935. Grundfragen der Siedlungsgeographie und Kulturforschung ira Hildesheimer Land, Bremen 1957, S.38 (mit Lit.). D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)363 mit Hinweis auf: H. Stahl, Ortnamn och ortnamnsforskning, Uppsala 1976, S.76, und A. Houken, Hândbok i danske stednavne, Kebenhavn 1956, S.56.
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Ortsnamengrundwörter
Für O . Bandle414 ist kontinentaler Einfluß so gut wie ausgeschlossen: „Nicht nur A. Bachs Hypothese des Typus Personenname + Grundwort ist unhaltbar, sondern auch deutsch-nordische Namentypen wie -heim, -stedt/ -stad, -rod, -reut/-rud und -dorp (-dorf)/-torp, wo oftmals deutscher Einfluß auf die nordische Namengebung angenommen wurde, sind problematisch geworden". Was in diesem Zusammenhang aber im Vergleich zur Beurteilung der kontinentalen -heim-Namen verwundert, ist die Sicherheit, mit dem man im Norden eine Entstehungszeit um Christi Geburt (oder sogar noch weiter zurück) annimmt, während man die deutschen Entsprechungen allerhöchstens in die Mitte des ersten Jahrtausends nach Christus datiert. Dahinter steht selbstverständlich, aber unausgesprochen, die Annahme, daß sich das Germanische im Norden entwickelt hat. Daß die Namen im wesentlichen gegen eine derartige These sprechen, hat diese Untersuchung wohl schon jetzt deutlich gemacht. Hinzu kommt das schon erwähnte Faktum, daß Schleswig-Holstein (nach gängiger Vorstellung eines der altgermanischen Territorien) den Typus so gut wie nicht kennt. Besser sieht es da schon in Dänemark aus, wie die aus einer Arbeit von K. Haid 415 entnommene Karte 43 (Seite 459) zeigt. Sie läßt allerdings ebenfalls deutlich werden, daß die Lücke in Schleswig-Holstein nicht geschlossen werden kann. Unter den Namen befinden sich zudem sehr junge Bildungen, keineswegs können alle einer gemeingermanischen Zeit zugerechnet werden. Auch für Dänemark trifft somit zu, was D. Rosenthal für die gesamte Germania formuliert hat: „so können doch auch schon um Christi Geburt Siedlungsnamen mit dem Grundwort -heim, das ja in der Bedeutung ,Wohnsitz' gemeingermanisch ist, vorhanden gewesen sein" 416 . Daraus allerdings auf besonders hohes Alter in Skandinavien und Dänemark schließen zu wollen, läßt sich vom namenkundlichen Standpunkt aus keineswegs beweisen. Damit möchte ich die sehr knappe Durchsicht der Verbreitung der -heimNamen beenden. Ich bin mir durchaus bewußt, daß diese Umschau ergänzungsbedürftig ist. Dennoch sind einige wichtige Ergebnisse deutlich geworden, die auch kaum noch korrigiert werden müssen. Dazu rechne ich: 1. Die kontinentalgermanischen -heim-Namen zeichnen sich durch hohes Alter 417 , weite Verbreitung418 und dadurch aus, daß in den Bestimmungswörtern Appellativa und Personennamen vorliegen. 2. Die Verbindung von Belgien und Flandern nach England ist erneut deutlich erkennbar. Die englischen Namen entsprechen in ihrer Struktur den kontinentalen.
414 415 416 417 418
BNF.NF. 23(1988)108f. De danske stednavne paa -um, Kebenhavn 1942. D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)364. Sie sind auf keinen Fall jünger als die nordischen Verwandten, eher älter. Mit junger Ausbreitung nach Süden.
heim
459
3. Der Raum nordöstlich der Weser und Schleswig-Holstein fällt durch spärliche Belege auf. Fast kann man von einer Fundleere sprechen. Für alte germanische Besiedlung spricht dieses Faktum nicht. 4. Die dänischen und skandinavischen Namen lassen im Bestimmungswort Personennamen fast gänzlich vermissen. Das spricht angesichts einer Kombination mit einem alten germanischen Wort für „Heim, Siedlung, Haus" für jüngere, sekundäre Namengebung. 5. Die Gesamtverbreitung und die hier genannten Ergebnisse sprechen eher für eine Ausbreitung der -¿eîVra-Namen von Süden nach Norden als umgekehrt. Sie passen sich somit ausgezeichnet in die bisherig erbrachten Erkenntnisse unserer Untersuchung ein. Damit können wir diesen Namentypus verlassen. Im Gegensatz zu dt. -heim ist unser nächstes Appellativum innerhalb der Germania wesentlich enger gestreut.
460
Ortsnamengrundwörter
5. hude Ein vor allem aus norddeutschen O N N . bekanntes Grundwort ist hude (.Buxtehude419, Harvestehude, auch als Simplex Hude). Es begegnet vor allem in Siedlungsnamen, die sehr oft an Gewässern liegen. Heute ist es appellativisch jedoch nicht mehr nachweisbar: „Das Wort hyde ist später weder in die deutsche noch in die englische Sprache übergegangen. Wir haben heutzutage in beiden Sprachen kein ähnlich lautendes Wort in obiger Bedeutung"420. Belegt werden kann es für das Mittelniederdeutsche als hûde „Holzlagerplatz, Stapelplatz an einer Wasserverbindung, Fährstelle"421. Im Oldesloer Kirchenbuch findet sich der Eintrag: „ . . . vbi cónsules nunc fecerunt domum laterum et traiectum id est ene hude"422. Ein asä. Wort hüthia „Stapelplatz, Hafen" ist nicht bezeugt. Man bezieht sich dabei423 auf Holthausen, Asä. Wb. 38, wo jedoch notiert ist „in Ortsnamen". J. Petersen424 führt fries, heede an und verbindet es mit dem niederdt. Wort. Ich habe das friesische Appellativum aber nirgends nachweisen können, es bleibt unsicher. Auch im Niederländischen fehlt das Wort, läßt sich aber aus O N N . gewinnen: , J . Mansion . . . erschloß ein altndl. ''hide ,Landungsplatz, Hafen', das ags. hyth, nd. hude ,Bergungsplatz' . . . entspricht"425. Das Englische kennt es in einer Reihe von Ortsnamen, es ist auch appellativisch - allerdings nur in älterer Zeit - belegt. H. Jellinghaus426 verzeichnet es als ae. hyd „stf., Platz, der das Schiff bei der Landung aufnimmt, passendes niedriges Ufer, kleiner Hafen, to húde = in portum". Middendorf 81 bucht es als ae. hyd „Hafen", me. hît h e und bemerkt weiter: „fast nur als O.-N. oder als Endung in Orts- und Flurnamen; ein einziges Mal als Appellativum; âerest of dâere hyde andlang strêames (a° 970)". Smith I 278 kennt es als ae. hyd „a port, a haven, a landing place on a river bank". Ausführlich hat sich M. Gelling 76 f. mit dem Wort beschäftigt. Außerhalb des Deutschen, Niederländischen und Englischen habe ich es nicht finden können. Die Etymologie ist schwierig und vor allem durch die teilweise Homonymie von ndt. hude, hiide „Versteck, heimlicher, verborgener Ort" usw. erschwert. Nicht selten wurde auch ein Zusammenhang gesucht. So stellte Jellinghaus 91 hude „,Bergungsplatz, Stapelplatz', auch wohl,Überfahrtstelle', zu hüen, verstecken". E. Förstemann, Dt. O N N . 86 erwog ein Zusammenhang mit Hütte (Bergbaubegriff) oder hüten. Es kam auch zu Überschneidun-
419 420 421 422 423 424 425 426
Hier allerdings sekundär eingedrungem, vgl. unten. Müller bei T. Thorborg, Auf alten Spuren, Buxtehude 1936, S.33. Kettner 127. Bangert, Z G S H G . 20(1890)240. Laur 121; A. Schmitz, O N N . Lauenburg 154. Die Heimat 40(1930)73.; im folgenden zitiert als: Petersen. Bach 11,1,290 f. Anglia 20(1898)290.
hude
461
gen und Verwechselungen: „Daneben existiert hude, der Hüteplatz, statt lautgerechtem ndd. hode. Schon im Mnd. Urk. erscheint boden und huden (verstecken) verwechselt"427. Von hieraus ist es verständlich, wenn unter hude etwas ganz anderes verstanden wurde: ,Jiude hat vor Zeiten ein Stück Landes angezeiget, von welchem sich einige Familien wohl ernähren und unterhalten können" 428 . Etwas genauer hat H. Jellinghaus aber am Ende des vorigen Jahrhunderts ausgeführt: „Das Wort kann nicht ganz identisch sein mit ndd. hiide = Gewahrsam, Versteck, heimlicher, verborgener Ort, Höhle (Doornkaat 2,111), wegen des Vokals und des im Ags. bei hydan = to hide ndd. hüden (verstecken) fehlenden d. Ob mnd. hude f. = Versteck dasselbe Wort ist, läßt sich bei dem Fehlen von Umlautzeichen im Mnd. nicht erkennen"429. Die Etymologie wird auch dadurch erschwert, daß die ursprüngliche Bedeutung des Wortes letztlich nicht klar ist. Worunter können „Holzlagerplatz, Stapelplatz an einer Wasserverbindung, Fährstelle, (kleiner) Hafen, Landungsplatz, Bergungsplatz, Platz, der das Schiff bei der Landung aufnimmt, passendes niedriges Ufer, Uberfahrtstelle" vereint werden? Vielleicht hilft hier die Lage der Orte weiter, über die es bei Müller430 heißt: „Eine Anlegestelle kann niemals da sein, wo zu beiden Seiten des Flusses eine breites, sumpfiges Wiesental ist, sondern da, wo die Geest direkt an das Flußufer tritt. Ich habe mit Hilfe der besten Spezialkarten alle Orte geprüft und habe gefunden, daß sie ohne Ausnahme diese markante Lage haben". Prüft man unter diesem Aspekt die germanischen und außergermanischen Verbindungen, so bietet sich kaum etwas Befriedigendes an. H. Jellinghaus hatte allerdings den Einfall, von einer nordseegermanischen Form mit -üd< und- auszugehen und stellte unsere ONN.-Sippe in einen Zusammenhang mit ae. hude, stf. = beute (= got. hunths, Gefangenschaft431. Diese Verbindung mit ae. hunt, huntian, got. fra-hinpan „jagen, gefangen nehmen usw." überzeugt aber kaum. Dennoch führt dieser Gedanke wahrscheinlich weiter. Wenn man die nordseegermanische Entwicklung akzeptiert, gelangt man zu einer germ. Grundform *hunp-. Außergermanisches mit einem Ansatz *kuntoder *'knt- weist letztlich auf eine Bedeutung „Winkel, Ecke, Spitze". Dabei ist es gleichgültig, ob man griech. κανθό/ „Augenwinkel" oder griech. κοντό/ „Nagel", kymr. cethr „Spitze, Nagel", ahd. hantego, hañdego „scharf, spitz" heranzieht. An dieser Stelle kann eine in diesem Zusammenhang bisher unbeachtet gebliebene slavische Sippe eingebracht werden. Sowohl appellativisch wie im
427 428 429 430 431
Jellinghaus 91. G. Roth bei Pratje, AuN. I 91. Anglia 20(1898)290. Bei Thorborg, S. 34. Anglia 20(1898)290.
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Ortsnamengrundwörter
Namenschatz läßt sich eine Fülle von Material anführen, aus der ich nur wenige Belege herausgreife. Es geht um einen urslav. Ansatz *kgt-, der regelgerecht weiterlebt in russ. kut „Ende eines tief in das Land hineinreichenden Flußarms", ukrain. kut „enge, winkelförmige Bucht", poln. kgt „zwischen zwei Untiefen befindliche oder ins Land eingeschnittene Wasserfläche im Fluß, aus der man mit dem Schiff nicht stromauswärts herausfahren kann; gewöhlich der Rest eines alten Flußbettes oder ein Flußarm" 432 . In der Bedeutung „Winkel" ist es im Slavischen allgemein verbreitet433, im Südslavischen erscheint es auch in der Bedeutung „Haus". Auf den Namenbestand des Slavischen gehe ich hier nicht ein. Die Zahl der davon abgeleiteten Toponyme ist beträchtlich434. Ich glaube, daß es nicht allzu gewagt ist, eine Verbindung von slav. *kgtund dt. usw. Hude herzustellen. Offenbar liegt der germanischen Sippe ein Wort zugrunde, das sich auf eine bestimmte Lage an einem Gewässer, wahrscheinlich eine vorspringende Landzunge (die als Stapelplatz usw. genutzt wurde), bezieht. Das Slavische besitzt auch dafür eine semantische Parallele: bei der Diskussion der slav. Sippe um serbokroat. naklja „Flußkrümmung" 435 habe ich eine Wortfamilie zusammengestellt, in der ganz ähnliche Bedeutungen wie bei Hude begegnen: „feuchter, sumpfiger Ort; Anlege-, Landungsstelle; Sandinsel im Fluß; Schifflände; Abladeplatz". Die Ubereinstimmung ist nicht zu übersehen. Wenn die Verbindung mit dem Slavischen um russ., ukrain. kut usw. richtig ist, liegt im Germanischen ein Erbwort vor. Von hieraus wird erneut die Verbreitung im Namenbestand, zu dem wir jetzt übergehen wollen, wichtig. Bei der Heranziehung der Namen gibt es wie schon bei den Appellativen Überschneidungen, z.B. mit Hüde Hop, FlurN., < * Hunde-; im Hüde-Winkel, zu mnd. hôde „Viehweide"436, sowie ganz allgemein mit Toponymen, denen die Weidebezeichnung zugrunde liegt. „Sie enthalten teils Hude , Weide', teils Hude ,Fährstelle, Anlege- oder Bergungsplatz, kleiner Hafen' 437 . Eine Trennung ist allerdings in vielen Fällen möglich, so daß nur eine geringe Zahl wirklich strittiger Namen übrig bleibt.
432
433 434
435 436 437
M. Jurkowski, Ukraiiiska terminologia hydrograficzna, Wroclaw usw. 1971, S. 82; P. Nitsche, Geographische Terminologie des Polnischen, K ö l n - G r a z 1964, S. 186; weiteres Material aus dem Russischen bietet E.M. Murzaev, Slovar' narodnych geograficeskich terminov, Moskva 1984, S. 322. P. Nitsche, a . a . O . , S. 187. Auch die große Zahl von baltischen N a m e n wie Kanthan, Kantin, Kanthe, Kantune usw. und auch Kintil, Kynthwang, Tulekint usw., die Toporov III 210f. und 370 anführt, lasse ich hier beiseite. Ein Zusammenhang mit den slavischen und germanischen Toponymen ist nach meiner Einschätzung für einen Teil nicht auszuschließen. S. Udolph, Studien 434 ff., dort auch zur Etymologie. Scheuermann 132. Bach 11,1,290.
hude
463
Eine sehr grobe Karte der Streuung der norddeutschen Namen hat J. Petersen vorgelegt438. Die folgende Auflistung, die auch niederländisches und englisches Material einbezieht, soll eine verbesserte Kartierung enthalten. Aus Deutschland sind mir bekannt geworden: Addehude bei Glinde439; Altenhude bei Langwedel440; Aschenhude in Hamburg, 1297 huda cinerea, 1301 huda cinerea*41; Auf der Hude, Ufer der Ilmenau bei Lüneburg442. Nicht hierher gehören nach H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290, die FlurN. Auf der Hude im südl. Westfalen (eher zu dt. hüten, nicht kartiert). Dagegen wurden aufgenommen: Auf der Huder, StraßenN. in Rostock, 1305 huda lignorumBillerhude, Gehöft an der Bille in Hamburg444. Ebenfalls kartiert wurde der ON. Buxtehude, obwohl in diesem Fall die Belege zeigen (959 Buochstadon, 973 Buocstadon, 1135 Buchstadihude445), daß hude erst später angefügt worden ist. Man vergleiche weiter Dockenhuden bei Altona, 1184 Dockenhuthe446; Dodenhuden, FlurN. b. Bahrenfeld447; 1346 Eckhude, WgN., jetzt FlurN. bei Elmlohe nahe Bremerhaven448; Elfershude bei Stubben nahe Cuxhaven, 1202 Alverdeshuthe449; Fischerhude, ON. an der Wümme, 1124 Widagheshude, 1190 Widigeshude45C; Flemhude am Flemhuder See bei Kiel, 13. Jh. de Fleminghude, 1347 (A. 14.Jh.) Vleminghude4M; Frauenhude, heute Klausdorf, Kr. Plön, 1224 Vruwenhuthe, vruwenhuthe452·, Ende 14.Jh. Frithereshuthe, bei Stemmen in Westfalen453; Frühlingshude in Hamburg454; 1314 (A. 14.Jh.) Ghemedeshude, 1350 Yemedeshude bei Pinneberg455; Grönhude, Kr. Steinburg, 1364 Gronehude456. Weiter sind mir bekannt geworden Hamhude bei Achim457; 1605 Hanenhude, bei Falkenhusen (Ostholstein)458; Harwestehude, ON. (und früher 438 439
440 441 442 443 444 445 446 447 448 449 450 451 452
453 454 455 456 457 458
Über die geographische Verbreitung und Lage der Orte auf „hude", Die Heimat 40(1930)73-78. Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398; anders zu dem Namen H. Jellinghaus, Holst. ONN. 264. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Rosenbrock-Voigt 63; Petersen 74. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; Petersen 74. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74. R. Ahrens, Niedersachsen 19(1913/14)398. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; HG. 16,42. S. HG. 16,276 mit Lit. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 263; Petersen 74. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; Petersen 74. Petersen 74. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. Förstemann 11,2,1319; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74. Laur 96. A. Schmitz, ONN. Plön 55; H. Jelinghaus, Holst. ONN. 264 dachte an hude, bode „Hüteplatz". Westfäl. UB. II 104. Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398. Laur 100. Laur 105 u. a.; häufig wird auf den identischen englischen Greenhithe in Kent (s. u.) verwiesen. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. H Jellinghaus, Holst. ONN. 264; Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398; Petersen 74.
464
Ortsnamengrundwörter
GN.) in Hamburg, 1247 in Herwardeshuden, 459
USW.
1247 (K.) de
Herwerdeshuthe
.
Zu bude stellt Petersen 74 auch mit friesischer Lautentwicklung den O N . Heede an der Ems. Ohne alte Belege ist dem nicht unbedingt zu folgen, so gibt es auch außerhalb des ursprünglich friesischen Gebietes in Niedersachsen mehrere O N N . Heede, die nicht hierzu, sondern wie Heede bei Halver in Westfalen zu beide gehören, daher nicht kartiert. Aufgenommen wurden dagegen Heemhude bei Achim460; Helwedehuda, Wg. an einer alten Fährstelle im Kr. Rotenburg/Wümme, um 1320 (K. 16.Jh.) in helwedehuda, zuletzt 1692 Hellweger Hude461, dazu auch FlurN. die Hude, 19.Jh. die Hude462. Hierher gehört auch der nur noch in dem Straßennamen Heimhuder Weg in Hamburg bewahrte ON. und GN. 1256 in Heimehudhe, 1258 ad riuulum Hemichudbe usw.463; weiter Hilkenhude in Bremen464. Weiter wird man anschließen dürfen Hodenhagen, 1168 (K. 18. Jh.) de Hode u.ö., 1171 Hude465; Hohenhude bei Rodenbek nahe Kiel, 1469 Hogenhude466; Holzhude, Wg. (?) bei Ratzeburg467. Häufig erscheint Hude auch als Simplex, man vergleiche Huda, abgeg. GN. bei Springe, 1298 aquam que huda vocatur .. .46S; Hude, Wg. bei Hildesheim, 1278 Hudha, 1283 Hudha, 1286/87 Hude469; Hude, Straßenname in Oldesloe470; Hude bei Bardowiek471; Hude bei Husum, 1462 de Hude472, ein Abbau heißt Huder Fährem; Hude, abgegangener ON., heute Tielen, Kr. Schleswig, 1447 tor Hude474; Hude, Häusergruppe bei Kühsen475; Hude, früherer Name von Berkenthin, 1240 in Parkenthin, que Huthe wlgo dicitur476; Hude an der Trave bei Barnitz, 1233 erwähnt477; Hude oder Huy, OT. von Hamdorf bei Rendsburg478; Hude b. Sülfeld a. Alster479; Hude, Lagerplatz an der Alster auf
459 460 461 462 463 464 465 466 467 468 469 470 471 472 473 474 475 476 477 478 479
S. die ausführliche Sammlung in HG. 16,324 f. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Rosenbrock-Voigt 63. Scheuermann 348. Ebda. 132. Vgl. ausführlich: HG. 16,171. Prüser 485. Urk. H. d. Löwen 117,142. Laur 118. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 264; Petersen 74. Kettner 127; Cal. UB. IV, Nr. 110. UB. H. Hild. III 260,401; UB. H. Hann. I 44; Petersen 74. Petersen 74; H. Jellinghaus, Holst. O N N . 263; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. L. Bückmann 125; Petersen 74. Laur 121. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; H. Jellinghaus, Holst. O N N . 264. Laur 121. A. Schmitz, O N N . Lauenburg 344. A. Schmitz, O N N . Lauenburg 154. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; H. Jellinghaus, Holst. O N N . 264. Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398. H. Jellinghaus, Holst. O N N . 263; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74.
hude
465
dem Heidkrugerfelde b. Hamburg480; Sude bei Itzehoe, 1140 (T. 1168) Otteshude, 1319 (A. 14.Jh.) Ottesbude™·, Huje im Kr. Steinburg, 1217 in Wenerhude, 1247 de Hutbe482; Hude, FlurN. im Gebiet der Lewitz-Niederung (Mecklenburg), jetzt auch erwähnt bei W. Zühlsdorff483: 1576 der L(utke) Tuckhut, 1654 beim Tuckhude, bei Dreenkrögen; 1766 bey der Tuckhudem. Weiter: Hude, OT. von Behrste bei Stade485; Hude bei Stade486; Hude bei Harburg487; Hude an der Berne (Oldenburg), 1234 Hudha, 1242 Huda, Hudha, dort auch ein Dorf Hudermoor4m; Hude bei Heiligenfelde nahe Syke, Kr. Diepholz489; Huda, Wg. bei Uelsen an der holl. Grenze490. Hierzu auch mit Umlaut (wahrscheinlich beeinflußt durch mnd. böde „Hütung, Weide") Hüde im Kr. Diepholz, 1233 Huthe, 1336 Hudem; Hüde bei Damme492, und Oedt bei Krefeld, 1170 Hudem. Einer der sehr früh überlieferten norddt. O N N . ist Huden bei Haselünne, verborgen in dem Beleg der Corveyer Traditionen Hlareshuthun494, der die frühe Verwendung von bude in norddeutschen Ortsnamen bezeugt, um 920 Hutbun, 1300 Huden495. Er ist wahrscheinlich im Dat. plur. überliefert wie auch Hüthum bei Emmerich, 1206 Hûthem49b. Schließlich sind an Simplicia zu nennen Huden (und Hudenerfähr) an der Hase497 und Hui, FlurN. bei Ehndorf, 1767 Huij Kampf, 1835 Auf dem Huy4W. Es folgen nun wiederum Komposita mit Hude als Bestimungswort: Hudau, GN. im Gebiet der Stör, 1787 Hudau, dazu Hudetor bei Bramstedt499. Fraglich ist allerdings der O N . Huddestorf bei Uchte, den Petersen 74 hier anschließt. Unkartiert blieb auch Hudehammer (E. Förstemann, Dt. O N N . 118), ohne Lokalisierung. Dagegen konnte aufgenommen werden Hudemüh-
480 481 482 483
484 485 486 487 488 489 490 491 492 493 494 495 496 497 498 499
J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Laur 196. Laur 122. Flurnamenatlas von Südwestmecklenburg, Raum Parchim - Neustadt-Glewe - Hagenow, Berlin 1988, S.270 und passim. Anders zu diesen Namen: R. Ahrens, Niedersachsen 19(1913/14)398. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. L. Bückmann 125; Petersen 74. Förstemann 11,1,1535; Petersen 74; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Lutosch 126, der hude „Fährstelle" nicht von hude, hode „Hüteort, Viehweide" trennt. Petersen 74. Lutosch 126, vgl. Förstemann 11,1,1535. Petersen 74; Jellinghaus 91. Gysseling II 757. Honselmann 166; Schütte, Corvey 297. Abels 43; Jellinghaus 91; Förstemann 11,1,1535; Petri 285. Gysseling I 528 (allerdings mit Deutung aus hude + hem)·, Petersen 74. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Prien 145. HG. 16,170; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398).
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Ortsnamengrundwörter
len an der Aller500. In der Nähe von Lüneburg vermute ich Hudemühlen, 1394 (Dorsalnotiz) to der Hodemolen501. Man vergleiche weiter Hudenbeck bei Lübbeke, z.J. 775 Hudbek¿502; Hudenbrook bei Bünzen an der Bünzenerau503; Hudesmoelen, ehem. bei Tungeln (?, Lage unbekannt), Oldenbg., gebaut 1401, verbrannt 1453504; Kl. und Gr. Hutbergen bei Verden505. Daß ¿«¿e-Namen nicht nur junge und jüngste Schöpfungen sind, beweist der 1191 überlieferte ON. Huthere, bei Höxter oder Pyrmont, den Förstemann 11,1,1535 nur zögernd anschloß. Ich habe keine Bedenken, ihn in die -r-Ableitungen (s.o. S. 178) einzureihen und mit unserem Hude-Wort zu verbinden. Daran schließen sich wieder jüngere Namen an: Hutloh, Gut im Kr. Neuhaus; Huttfleth O N . Kr. Jork 506 . Es folgen noch Verbindungen mit -hude als Grundwort: Kayhude bei Bad Segeberg507; '''Kornhude bei Lübeck508. Strittig war lange der WgN. 1124 Melichuden, Melinchuden, 1190 Melechuden, den man als alten Namen für Melbeck auffaßte509, man vergleiche jetzt jedoch HG.16,229, Anm. 1, L. Schneider 49 und G. Osten, Nr. 45. Weiter wurden kartiert 1290 molenhudhe im ehem. Ksp. Hohenhörn bei Wentorf510; Neddernhude und Obernhude an der Weser bei Verden511. Man vergleiche weiter Oelixdorfer Hude, wohl abgegangen an der Stör512; Pahlhude in Norderdithmarschen, 1323 in Palenhuden, 1447 to Palenhude513; Papenhuderstraße in Hamburg, 1256 papenhuthe5U; 1287 Ratekowenhude bei Ratekau (Ostholstein)515; Ritterhude bei Osterholz-Scharmbeck, 1349 Ritterhude51''; um 1200 Sconerehute, bei Wüster517; 1200 Sentemerienhude, ehemals bei Reinfeld518; Sommerhude, Gasthof und Straßenname in Ottensen519; Stapelhude, bei Schötmar (?), 1258 in loco qui
500
501 502 503 504 505 506 507 508 509 510 511 512 513 514 515 516 517 5.8 5.9
J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74. Vielleicht bezieht sich darauf der Beleg 2.H. 14. Jh. toder Hudenmolen (Cal. UB. IX 139). Lüneburger UB. III 510. Förstemann 11,1,1535. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Petersen 74. Petersen 74. Strunk, Niedersachsen 19(1913/14)398, Petersen 74. Laur 129. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 264; Petersen 74. L. Bückmann 125; Petersen 74; Piroth 93. Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398; Petersen 74. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74; Rosenbrock-Voigt 116. R. Irmisch, Geschichte der Stadt Itzehoe, Itzehoe 1960, S.62. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Petersen 74.. Petersen 74; H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398;Petersen 74. Petersen 74. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; Petersen 74. Petersen 74. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; Bülck, Niedersachsen 19(1913/14)398; Petersen 74.
bude
467
dicitur Stapelhuthe520; Stavenhude, am Weserufer, in der Gegend der unteren Schlachte521; Steenhude, Abbau von Holstenniendorf im Kr. Rendsburg an der Holstenau, durch den Nord-Ostsee-Kanal beseitigt522; Steinfelder Hude, Abbau vom Dorfe Steinfeld an der Trave523; Steinhude am Steinhuder Meer, 2.H. 14.Jh. To der Stenhude, 1391 Steinhude, Ende 14.Jh. stenhuthe524; Sunte Willehades Hude in Bremen525; Tesperhude an der Elbe, 1576 Tesperhude, 1633 zu Tesperhude526; 890 Thancolhishuthi, unbekannt, nicht zu lokalisieren527; Tuchehude bei Schötmar, 1325 TuchehudeS2S; Weinhude, StraßenN. in Oldesloe529; Winterhude, OT. in Hamburg, 1317 Winterhudhe53c. Eher zu hüten gehören die folgenden Namen: Hude, eine Weide bei Pristorf531; Hudenborn im südl. Westfalen532; Hudepol, HofN. in den Kr. Melle und Bielefeld (14.-15.Jh.) 533 ; Hödienwisch b. Wesselburen: Hudenwisch"4; Hutacker und Vor der Hude, Flurnamen bei Osterwanna535. Damit können wir die Belege aus Deutschland abschließen. Aber auch im niederländischen Gebiet sind verwandte Namen „nicht selten"536. , J . Mansion, Vlaamsche plaatsnamen, 1935, S.66, bringt Belege aus Flandern, Zeeland, Südholland"537. Bei der Heranziehung ergeben sich allerdings insofern Probleme, als sie mit ndl. yde „crique, lieu d'embarquement" 538 und auch gelegentlich mit -¿¿¿¿-Bildungen konkurrieren539. Nach Abwägung aller möglichen Erklärungen sind aber wohl die folgenden Toponyme heranzuziehen: Coude Hide in Seeland, 1227 und 1239 erwähnt540; Coxyde, ON. bei Veurne, 1270 de Coxhyde, 1295 Koxide, 1295 Koxcide541; Coxyde (Koksijde) bei Aardenburg, 1252 Coxijde, 1357 Coxyde542, die Namen 520 521 522 523 524 525 526 527 52S 529 530 531 532 533 534 535 536 537 538 539 540 541 542
Cal. UB. III 160. Prüser 485. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290; anders zu diesem Namen: H. Jellinghaus, Holst. ONN. 264. J. Müller, Niedersachsen 19(1913/14)290. Cal. UB. IX 130; Jellinghaus 91; Wippermann 117. Prüser 485. Laur 199. Jellinghaus 91; ders., Anglia 20(1898)290. Cal. UB. III 427. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; Petersen 74. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 263; Petersen 74. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 264. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. Jellinghaus 91. H. Jellinghaus, Holst. ONN. 264. Strunk, Niedersachsen 19(1913/14)398. Bach 11,1,290. J. Frings, Die Stellung der Niederlande im Aufbau des Germanischen, Halle 1944, S.34f. Bach 11,1,291. Vgl. etwa die Diskussion um Coxyde bei Veurne und bei Aardenburg bei Udolph, -ithi 120. Mansion, Best. 67. De Flou VIII, Sp. 595. De Flou VIII, Sp. 597.
468
Ortsnamengrundwörter
„stellt Mansion bei Schönfeld . . . einleuchtend zu ags. hyth"543. Die Bestimmung des Grundwortes ist allerdings schwierig. Unkartiert habe ich die bei Petersen 74 herangezogenen O N N . Heeden südl. Zwolle und Heetersen am Neder Rijn gelassen. Das gilt auch für Hotton an der Ourthe, Luxemburg, 1187 Hottine544, unklar. Dagegen habe ich aufgenommen Hude, ON. b. Serques, 1405 Hude; Hude driesch, FlurN. bei Wevelghem, 1495 de hudedriesch; Huderstrate, Weg bei Eerneghem, 1332 hud'strate545; 1359 le Hyde, bei Dünkirchen546; Nieuwe Yde bei Nieuwpoort/Oostduinkerke, 1277 Nova Hida547; Raversijde, 1401 Wilravens hyde, 1403 te Walravensyden; Lombartsijde, 1408 Lombaerds yde54'; Yde (?), 1331 in die Hide, bei Zwijndrecht549; Die nicht sehr zahlreichen, aber wichtigen niederländischen und belgischen Namen bilden wie so oft die Brücke nach England. Hier sind hude-Toponyme recht häufig, sehr früh belegt und in auffälliger Häufung im Südosten Englands verbreitet. Zunächst aber eine Zusammenstellung der mir bekannt gewordenen Namen. Aldreth (Cambridge), 1169-72 Alrehed(a), -buda550; Bablock Hythe (Oxford), 1274-79 Babbelak, 1291 Babbelake551; Bleadney (Somerset), 712 (K. 14. Jh.) ad portam quae dicitur Bledenithe552; Bolney, 1086 Bollehede, 1175-76 Bulehed usw., O (Alexander, Oxford 58), s. Ekwall, EPN. 51; Bulverhythe, 12. Jh. Bulwareheda (A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS.7, 535; vgl. Gelling 53, s. Ekwall, EPN. 73; Chelsea in London, 785 Cealchyp, Celchyd, 801 Caelichyth usw.553; 1275 Cholleshethe (Cambridge)554; Clayhithe (Cambridge), 975 (K. 12. Jh.) Cleie, 1268 Clayheth555; Covehithe (Suffolk)556; Creeksea (Essex), 1086 Criccheseia, 1198 Krekeset557; Downham Hythe (Cambridge), 1251 Dunham hythe55S.
543
544 545 546 547 548 549 550 551 552
553
554 555 556 557
558
J. Frings, Die Stellung der Niederlande im Aufbau des Germanischen, Halle 1944, S.34; vgl. auch Bach 11,1,291. Nach Petri 285 hier anzuschließen. De Flou VI, Sp. 722,723. Mansion, Best. 66. Mansion, Best. 66. Bach 11,1,291; Mansion, Best. 66f. Mansion, Best. 66. P.H. Reaney, EPNS. 19,232; Skeat, Cambridgeshire 33; Ekwall, EPN. 5. Alexander, Oxford 44; Gelling 76; Ekwall, EPN. 21. B. Cox, JEPNS. 8,1975/76,17; Gelling 77; Johnston, PNE. 153; nach H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290 = Bledenhitbe, Wiltsh., nicht überzeugend. Gover, Middlesex 14; Field, London 38; J . E . B . Gover u.a., EPNS. 18,85; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Gelling 77; Ekwall, EPN. 99. P.H. Reaney, EPNS. 19,·41. P.H. Reaney, EPNS. 19,145. Skeat, Suffolk 68; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Ekwall, EPN. 126. P.H. Reaney, EPNS. 12,212; Gelling 77; Alexander, Oxford 60; Ekwall, E P N . 129; zu engl. creek und dessen Sippe und Verbreitung s.u. P.H. Reaney, EPNS. 19,24.
bude
469
Man vergleiche weiter Earith (Huntingdonshire), 1244 Herhetb, 1260 Earhethm; Endiff (Middlesex), 13. Jh. Anedebea56°; Erith (Kent), 695 (!) Earhyd, um 960 Earhid, Earhetha(m)561; Fishhythe (Middlesex), alt thorh fischude562; Frecinghyte, nur belegt bei H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290, ohne sicher Lokalisierung, nicht kartiert. Dagegen wurden aufgenommen Glanty (Surrey), 675 (Κ. 13.Jh.) Glenthuße563; Greenhithe (Kent), 1264 Grenethe, 1277 Grenehethe564; Heath, mehrfach in Essex565; Hidden (Berkshire), 984 (K. um 1240) (mnan) Hydene, (on) Hyddene566; Hit h e Bridge (Oxford)567; Hive (York), 959 (K. um 1200) Hyde, 1086 Hidon, 1231 Hithe568; Hive (Cambridge), 1306 atte hetbe569; Horsith (Devon), 1249 Horsyth(ef°; Hyde (Devon), 1333 atte Hithe571; Horseway (Cambridge), 1238 Hors(e)hythe572; Hullasey (Gloucestershire), 1086 Hunlafesed, 1169 Hunlaweshyde usw.573; Huyton (Lancaster), 1086 Hitune, 1189-96 Hutona, „O.E. hyp-tün ,landingplace*574; Hythe (Surrey), 675 (Κ. 13. Jh.) hupe575; Hythe (Cambridge), 1221 Hethelod576; Hythe Bridge (Cambridge)577; Hythe (Kent), 1052 (on) Hype, 1086 Hede usw., auch West Hythe57*; Hythe (Hampshire), 1248 (la) Huthe579; Hythe (Essex), 1311 La New(e)heth(e)5m. Weiteres Material zu Hythe in England findet sich bei Great Britain 388, Η. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290 und Petersen 73. Man vergleiche ferner Hyton (Cumberland), 1086 Hietun5n; Knaith bei Gainsborough (Lincolnshire), 1086 Cheneide, 119 Kneia, 1225 Keneya, Cneie
559
560 561
562 563 564
565 566 567 568 569 570 571 572 573 574 575 576 577 578 579 580 581
Johnston, PNE. 252; A. Mawer, F.M. Stenton, EPNS. 3,204; Ekwall, EPN. 155; Cameron 167; Skeat, Cambridgeshire 34. J.E.B. Gover u.a., EPNS. 18,168. Cameron 167; Η. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Ekwall, EPN. 168; Field, London 48; Johnston, PNE. 252. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,121; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. Cameron 167; Horsley 34; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Wallenberg 51; Ekwall, EPN. 204; immer wieder verglichen mit Grönhude, vgl. z.B. Petersen 73. P.H. Reaney, EPNS. 12, passim. M. Gelling, EPNS. 50,304; Ekwall, EPN. 238. Gelling 76. Α. H. Smith, EPNS. 14,247; Ekwall, EPN. 242; Gelling 77. P.H. Reaney, EPNS. 19,245. Fägersten 101. J . E . B . Gover, EPNS.8/9,103; Blomé 44. P.H. Reaney, EPNS. 19,249; Gelling 77. Ekwall, EPN. 256. Ekwall, Lane. 45; vgl. Gelling 77; Ekwall, EPN. 260; A.M. Armstrong, EPNS.21,346. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,122; Gelling 76. P.H. Reaney, EPNS. 19,257. P.H. Reaney, EPNS. 19,189. Ekwall, EPN. 260; Cameron 167; Horsley 34; Wallenberg 459; Johnston, PNE. 316. Coates 98. P.H. Reaney, EPNS. 12,376. Ekwall, Lane. 113; Gelling 77; A.M. Armstrong, EPNS.21,346; Ekwall, EPN. 260.
470
Ortsnamengrundwörter
< cnêohyâ582; Lakenheath (Suffolk), um 945 ¿et Lacingahid, 1020-23 Lakinghede usw.583; Lambeth (Surrey), 1041 Lambhyd, 1062 Lambehyde usw.584; Maidenhead (Berkshire), 1202 Maideheg, 1241 Maydehuth', Maydeheth'™; Methwold Hythe (Norfolk), alt Oteringhithe586; Nettles Heath Point auf der Isle of Wight587; New Hythe (Kent), 1254 attenhaldehithe, La Newehethe588; Newhythe (York), 1260 le Neuwe Hithe, Newehithe589; Prattshide (Devon), um 1250 Pratteshithe590; Pudsey Hall (Essex), 1086 Puteseiam591; Putney (London), 1086 Putelei, 1279 Puttenhuthesn·, Queenhithe, alt cwénhyd593, alt erwähnt als 898-99 /Etheredes hyd™; Rackheath (Norfolk), 1086 Racheitha, Racheia595; Riverhead (Kent), 1278 reddride5%; Rotherhithe (London), um 1105 Rederheia, 1127 Retherhith Qohnston, PNE. 422); Rotherhithe, 1100-07 (K. 1330) Rederheia, 1127 Retherhith^7; Sawtry (Huntingdonshire), 974 Saltreiam, 1086 Saltrede, 1183 Saltreda598; Setchey (Norfolk), 1202 Seche, Stecche, 1242 Sechide usw.599; Small Hythe (Kent), 13. Jh. Smalide600; Stepney (Middlesex), um 1000 Stybbanhype, 1173 Stubbehudabm; Stockwith, 12.Jh. Stochithe, 1188 Stokhede, 1226 Stochith6C2; Swavesey um 1080 Suauesheda, 1086 Suauesheda60}; Welshithe a. Themse, angeblich 675 Weales húdee04, jedoch nicht zu lokalisieren, nicht kartiert; West Hythe (Kent)605; Willey (Cambridge), 1240 Wyliethem; 1549 Wyndmyllhyth (Cheshire)607. Ferner wurden in die Karte 582 583 584
585
586 587 588 589 5.0 5.1 5.2 5.3 5.4 595 5,6 597
5,8 599 600 601 602 603 604 605 606 607
Gelling 77; Ekwall, EPN. 281. Karlström 113; Forsberg 2; Ekwall, EPN. 284. Field, London 65; J . E . B . Gover u.a., EPNS. 11,22; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Ekwall, EPN. 284. M. Gelling, EPNS. 49,53; Ekwall, EPN. 311; R.E. Zachrisson, NoB. 14(1926)60; Cameron 167. Gelling 77. Kökeritz 199. Wallenberg 149; Horsley 34. Α. H. Smith, EPNS. 14,82. J . E . B . Gover, EPNS.8/9,600. P.H. Reaney, EPNS. 12,180. Field, London 79; J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,27; Ekwall, EPN. 375. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. Gelling 76. Gelling 77; Ekwall, EPN. 378. Gelling 77; Ekwall, EPN. 389. J . E . B . Gover u.a., EPNS.11,28; H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290; Ekwall, EPN. 393; Field, London 82. Ekwall, EPN. 405; Zweifel bei Alexander, Oxford 60. Alexander, Oxford 60; Gelling 77,78; Ekwall, EPN. 412. Wallenberg 360; Horsley 34. Field, London 88; Gover, Middlesex 80; J . E . B . Gover u.a., EPNS.18,149; Ekwall, EPN. 441. J . E . B . Gover u.a., EPNS. 17,39; Gelling 77; Ekwall, EPN. 444. P.H. Reaney, EPNS. 19,172; Ekwall, EPN. 456. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290. Horsley 34. P.H. Reaney, EPNS. 19,250. J.P. Oakden, EPNS. 45,55.
hude
471
aufgenommen mehrere FlurN. aus Cambridgeshire608 und drei Namen aus Oxfordshire609. Die englischen Ortsnamen zeichnen sich durch relativ hohes Alter, eine bestimmte Streuung (dazu s.u.) und durch einfache Bestimmungswörter, die auf Stellenbezeichnungen hinweisen, aus. M. Gelling 77 hat das ebenfalls unterstrichen: „Analysis of the first elements in names in -hyth shows that topgraphical terms and words describing the immediate surroundings predominate". Von besonderer Bedeutung ist allerdings die Verbreitung mit ihrem Schwerpunkt im Südosten Englands. Bevor wir darauf eingehen, müssen wir aber noch einen Blick nach Skandinavien werfen. Die Durchsicht des nordischen Materials blieb ohne Erfolg. Zwar hat J. Müller610 den O N . Hydevadt bei Apenrade hier angeschlossen, jedoch dürfte dieser in einen Zusammenhang mit Namen wie Hüfatt, Hufock, Hülkefatt und dem mnd. Wort hude(l)vat gehören, worüber Holsten 196 ausführlich gehandelt hat. Weiteres ist mir nicht bekannt geworden. Wir können damit die Zusammenstellung des Materials beenden und zu einer Auswertung kommen. Die Kartierung der Namen (s. Karte 44, S.472) ist schon bemerkenswert. An dem Zusammenhang zwischen den norddeutschen -hude-Namen und den südostenglischen Verwandten ist kaum zu zweifeln. Auch die niederländischflandrische Brücke ist - wenn auch nicht so stark wie bei anderen Verbreitungskarten - zu erkennen. Unsere Kartierung modifiziert sowohl die oben angesprochene grobe Skizze von J. Petersen wie auch eine Beschreibung der Streuung von E. Förstemann611: „ . . . die Namen auf hude ... gehn dann hinüber in die Grafschaft Hoya und enden am Steinhuder Meere, das wie ein Grenzpfahl zum letzten Male den letzten Namen dieser Bildung in sich trägt". Eher können wir da schon Petersen 74 ff. zustimmen, der zur Lage der Orte u. a. ausführte, daß sie sich vor allem an Flüssen befänden. Auch stimmt seine Beobachtung im großen und ganzen, daß je weiter der Fluß vom Meer entfernt ist, desto häufiger der Name erscheint. Er Schloß daraus auf „Flußübergänge des Landverkehrs, die stets an der günstigsten Stelle angelegt wurden"612, denn auffällig ist, „daß das ganze Küstengebiet diesen Namen gar nicht und die Flußmarschen ihn nur selten aufweisen. Unbekannt ist er ferner an den großen Moorflächen Nordwestdeutschlands . . ," 613 . Die Kartierung korrigiert auch in einem Punkt H. Jellinghaus' Aussage, daß sich weder in Schleswig noch in den (nicht friesischen) Niederlanden eine Spur des Wortes finden lasse614. Für die Niederlande gilt das offenbar nicht.
608 609 610 611 612 613 614
P.H. Reaney, EPNS. 19,333. M. Gelling, EPNS. 24,454. Niedersachsen 19(1913/14)290. Dt. O N N , S.275. Petersen 76. Ebda. H. Jellinghaus, Anglia 20(1898)290.
472
Ortsnamengrundwörter
In einem anderen Punkt allerdings muß seine Ansicht nachhaltig unterstrichen werden. Seiner Aussage ,,-hitbe ist ein starkes Zeugnis für die Herkunft des Stammes der südenglischen Bevölkerung aus der niederdeutschen Ebene"615 kann kaum widersprochen werden. Im Gegenteil, wir sahen ähnliches bereits bei anderen alten germanischen Namentypen und dürfen uns erneut fragen, ob die immer wieder vertretene These, die germanischen Eroberer Englands seien vor allem aus Schleswig-Holstein und Dänemark gekommen, wirklich akzeptiert werden kann. Die geographischen Namen sprechen eindeutig dagegen. Doch dazu wird noch zusammenfassend zurückzukommen sein.
615
Ebda.
(h)lar
473
Erinnert sei nochmals daran, daß germ. ~:'hüj>a- ein Erbwort ist und sein Niederschlag im Namenbestand des Germanischen Aussagen über die frühe Siedlung zuläßt. Ganz unstrittig gibt es unter den norddeutschen hude-Namen junge Bildungen {Altenhude, Auf der Hude usw.), aber daneben auch und gerade in Niedersachsen frühe Erwähnungen und der Bildung nach ältere Toponyme wie 1037 Hlareshuthun, um 920 Huthun, 1206 Huthem und 1191 Huthere (-r-Bildung). Von besonderer Bedeutung ist aber der Zusammenhang zwischen Norddeutschland, speziell Niedersachsen, und England. 6.
(h)lar
Ahnlich wie die -hude-Namen sind die viel diskutierten und durch H. Dittmaier616 zu einem vorläufigen Abschluß gebrachten -(h)lar-Toponyme verbreitet. Allerdings scheint es einen gewichtigen Unterschied zu geben: letztere fehlen in England. Ich möchte diese Namensippe nochmals unter Einbeziehung neuer Aspekte und auch unter dem sich aus meiner eigenen Untersuchung ergebenden Folgerungen einer kritischen Sichtung unterziehen. Diese setzt selbstverständlich bei H. Dittmaiers verdienstvoller Arbeit von 1963 ein. Seitdem ist - so weit ich sehe - kein neuer Gesichtspunkt in die Debatte eingebracht worden. So resümieren neuere Arbeiten den Stand der Debatte etwa wie Debus-Schmitz (1985), S.2106: „Andererseits stellen die alten Stellenbezeichnungen Komposita dar; deren wichtigste Grundwörter sind: -lar (< hlâr(i), das nach Dittmaier (1963) ,Hürde, Lattenwerk' u.ä. bedeutet... Daneben ist ein Suffix -lar < -lar zu unterscheiden, das aber nach Dittmaier . . . ,in mannigfaltigster Funktion eine ausgesprochene Angelegenheit der Niederlande i s t ' ) . . . Die Namen dieser Schicht gehören grundsätzlich (als Typus) der Zeit vor und um Christi Geburt an. Nicht selten sind die zugehörigen Stammwörter bzw. BW etymol. undurchsichtig . . . Kennzeichnend für die älteste Schicht ist, daß sie kaum Hinweise auf den Menschen als Siedler enthält". Ganz entsprechend hat W. Evers617 für Niedersachsen ausgeführt: „[Als] älteste Siedlungsnamen (bis etwa 300 n. Chr.) . . . sind hier zu nennen die Orte mit den Endungen -lar [u. a.] . . . Alle diese Dörfer gehören zu den ältesten Siedlungen Niedersachsens und überhaupt des germanischen Gebiets und reichen in die vorgeschichtliche Zeit zurück... Bezeichnend ist ihre Lage auf fruchtbartem Lößboden; die Bedeutung der Namen ist unsicher und offenbar durch ihr hohes Alter verdunkelt". Schon allein diese Erkenntnisse widersprechen Thesen wie etwa die von Kauffmann II 266, man könne wie bei den Namen auf -mar germanische Stämme für die Verbreitung der Namen verantwortlich machen: „Diese beiden Reihen waren mit den Kolonisten (Chatten) von Osten her gewandert".
616 617
Die (h)lar-Namen. Sichtung und Deutung, Köln-Graz 1963 (Im folgenden = Dittmaier). Berichte zur deutschen Landeskunde 9(1951)391 f.
474
Ortsnamengrundwörter
Doch kehren wir zurück zu Dittmaiers Untersuchung. Man wird ihm zustimmen können, wenn er der Ansicht ist, daß es sich bei den -(h)lar-i>izmen um einen Namentypus handelt, der „wohl zu den heißesten Eisen der deutschen bzw. germanischen Namenkunde neben dem ¿/^-Problem gehört" 618 . Ich möchte den Gang meiner Darstellung wie folgt strukturieren: am Anfang soll eine Diskussion der lautlichen Probleme unter Einbeziehung der zu Dittmaiers Werk erschienen Rezensionen, die wichtige Einzelheiten enthalten, stehen. Es schließt sich die Kritik der Etymologie an, gefolgt von der Frage, ob die von Dittmaier angesetzte Grundbedeutung „Hürde, Lattenwerk, Gerüst" überzeugend begründet ist. Nach der Suche nach verwandten Namen in England und Skandinavien greife ich einen (auch schon von anderer Seite vorgebrachten) Deutungsversuch auf, der sich auf osteuropäisches Material stützen wird. Die zu Dittmaiers Buch erschienenen Rezensionen und kommentierenden Bemerkungen619 haben das Wertvolle der Arbeit, aber auch die Schwachstellen deutlich gemacht. So wird das Namenverzeichnis „immer seinen Wert behalten, selbst wenn man den Ergebnissen des Verfassers mit großen Vorbehalten gegenübersteht"620. Neben einzelnen Ergänzungen und Korrekturen zu Ortsnamen aus Niedersachsen (W. Wesche), den Niederlanden (M. Gysseling) und Belgien (H. de Loey) werden auch grundsätzlichere Punkte berührt. So wird man V. Günther (a.a.O., Sp. 81) zustimmen müssen, wenn sie ausführt: „Im Grunde sollte ein Germanist ein solch kniffliges und vielschichtiges Problem nicht allein lösen müssen. Hier drängt sich die Zusammenarbeit mit Indogermanistik, Bodenkunde, Siedlungsgeschichte und verwandten Disziplinen auf". Allerdings ist dazu zu bemerken, daß zunächst die Sprachwissenschaft ihren Beitrag zu leisten hat, denn das Hauptproblem liegt im Bereich der Lautgeschichte der -(ÄJ/izr-Namen: „Eine Schwierigkeit bildet die Tatsache, daß klar germ. e¡ enthält, während die genannten Wörter [hlija, hleithra usw., J. U.] auf idg. ei hinweisen. Es ergib sich die Möglichkeit des Ablautes germ, ai : e. Dittmaier will aber annehmen, daß in unserem Falle idg. ei vor der Monophtongierung zu i im Germanischen vor r zu e geworden ist. Er glaubt, dafür noch weitere Parallelen zu finden, . . . " (W. Laur, a.a.O., S.336f.). Die Rezensionen zeigen auch, welche Punkte von besonderer Bedeutung für die Lösung des (hJ/^r-Problems sind: es sind die Frage der Zuordnung des bei Otfrid bezeugten gilâri „Gemach, Wohnung, Aufenthalt", die Bedeutung der Werdener Urbare als Quelle für die Schreibungen mit anlautendem h (klar), der Einordnung der flar-, fler-Belege in Frankreich und die Frage der
618 619
620
Dittmaier 1. H. Naumann, IF. 69(1964)288-290; H. Wesche, JVNS. 88(1965)167-173; J. Hartig, G. Müller, NdW. 8(1968)58-59; M. Gysseling, Leuvense Bijdragen 53(1964), Bijblad, S. 17-21; H. v. Loey, Revue Beige de Philologie et d'histoire 44(1966)268-269; F. Debus, Hess. Jb. f. Landesgeschichte 18(1968)38, Anm. 94; V. Günther, Erasmus 18(1966)79-81; J. Göschel, Muttersprache 76(1966)26-28. W. Laur, a.a.O., S. 170.
475
(b)lar
Beziehung zu ae. lœswe, engl, laes- „Weide". In seinen Rheinischen Flurnamen hat H. Dittmaier fast zeitgleich seine These nochmals vertreten. Wir kommen nicht umhin, die hier angesprochenen Punkte der Reihe nach durchzugehen und sie auf ihre Beweiskraft zu untersuchen. Alle sollen im folgenden einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Wir beginnen bei der lautlichen Problematik. Man wird zustimmen müssen, daß die -(h)lar-Namen germanisch -ê1- voraussetzen. Ebenso ist kaum daran zu zweifeln, daß von verschiedenen Stammbildungsformen auszugehen ist: „Tatsächlich weist . . . hlär (aber nur langstämmig) zwei verschiedene Stammbildungsformen auf: 1. germ. * hiera- und 2. germ. *hlëria. Die erste zeigt sich in Namen auf -lâr (Nom. Sing.), -(h)lâra, -lare (Dat. Sing.), -hläron, -lärun
( D a t . PL), d e r /'¿-Stamm in N a m e n auf -hlâri,
-lëri
( N o m . Sing.),
-läria
(Dat. Sing.), -Urion, -leren (Dat. PI.) usf."621. Dem stimmen auch J. Hartig und G. Müller 622 zu: ,,-hlar weist wie das Ortsnamenelement bûr/bûri zwei verschiedene Stammbildungsformen auf: 1. germ. * hiera-, 2. germ. x'hlêria-. Folglich ist von germ. *hlë-, idg. *klê- auszugehen". Dagegen ist zunächst nichts einzuwenden; es wird sich nur zeigen, daß eine etymologische Verknüpfung mit außergermanischem Material unter diesen Voraussetzungen nicht möglich ist (s.u.). Zuvor ist aber ein anderer, vielleicht der wichtigste Punkt in der Lautgeschichte der -(¿J/dr-Namen zu behandeln: ist das anlautende h- als Folge eines vorgermanischen Konsonanten, also "'k-, aufzufassen, oder ist es unorganisch hinzugetreten und etymologisch zu vernachlässigen? Dittmaier „zeigt auf Grund der Schreibungen in den Werdener Urbaren, welche die meisten Belege für hlär mit h bieten, daß unser Grundwort ursprünglich als hlär mit einem anlautenden h anzunehmen ist. Die germanische Lautverbindung hl wird im Französischen unter Umständen zu fl, daher begegnet unser hlär im Französischen auch als flar und fler, was wiederum für ein anlautendes h im Grundwort spricht"623. Das ist ein starkes Argument, das auch von H. v. Loey, H. Naumann, W. Laur und V. Günther unterstrichen wird. Es fragt sich nur, ob eine Uberprüfung die Annahme bestätigt. Es fällt nämlich auf, daß H. Dittmaier dieses sehr wichtige Faktum nur auf etwas mehr als einer halben Seite abhandelt. Reicht das aus, um darauf die gesamte Etymologie des umstrittenen germanischen Grundwortes zu entscheiden? Ich bin dieser Frage nachgegangen und zu einem anderen Ergebnis gekommen. Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, daß die nicht selten anzutreffende ¿-Prothese (vor allem vor Vokal) überwiegend auf romanischen Einfluß zurückgeht, denn sie ist „im Althochdeutschen überwiegend in den westlichen und südlichen Randzonen zur Romania konzentriert" 624 . Diese Prothese zeigt
621 622 623 624
Dittmaier 102. A.a.O., S.59. W. Laur, BNF. 15(1964)335. W. Haubrichs in: Ortsname und Urkunde, Frühmittelalterliche Ortsnamenüberlieferung, Münchener Symposion, hrsg. v. R. Schützeichel, Heidelberg 1990, S. 135.
476
Ortsnamengrundwörter
nicht unbedingt eine Aspiration an, denn sie steht „unter romanisch-westfränkischem Schreibeinfluß; das heißt jedoch keineswegs, daß jeweils zufällige Schreiberlaunen vorliegen"625. Sie gilt daher „als Kennzeichen der westlichen Schreibdialekte in romanischer Nachbarschaft"626. Zusammenfassend hat R. Schützeichel an der genannten Stelle ausgeführt: „Bemerkenswert ist . . . eine konsonantische Erscheinung, die auf romanische Beeinflussung und damit womöglich auf die Nähe der germanisch-romanischen Sprachgrenze deuten könnte, in diesem Fall also auf das westliche/südwestliche Mittelfränkische: in hebarhart ist im Anlaut prothetisches h geschrieben und in heriholf steht ebenfalls ein unorganisches h im Anlaut des Zweitgliedes. Die ¿-Prothese ist im Althochdeutschen sehr verbreitet; doch tritt sie nur in westlichen, der Sprachgrenze benachbarten Gebieten auf, und sie läßt sich in vielen Texten der Rheinlandschaften beobachten . . ,"627. Man vergleiche auch noch S. Sonderegger, Zs. f. Mundartforschung 28(1961)279f., zum Altsächsischen Gallée 173ff., zur Corveyer Uberlieferung H. Tiefenbach, Philologie der ältesten Ortsnamenüberlieferung, Kieler Symposion, Heidelberg 1992, S. 128 sowie R. Bergmann, Mittelfränkische Glossen, Bonn 1966, S. 143 f., 289, 303 f. Entscheidend ist natürlich die Frage, ob die ¿-Prothese auch in den Werdener Urbaren erscheint. Eine Durchsicht des Namenregisters dieser Quelle628 zeigt bei vokalischem Anlaut ein starkes Schwanken und ein unorganisches Eindringen des H-. Ich habe notiert Atrop, Adrop, A(e)rdorp, Nordorp neben Ha(r)ttorpa, -torpe, -trop·, Ausleben·. Hoaslofa, Oseslove; Echthausen: Ahtisberga, Ahttise, Hegtese; Eggerscheid: Echerscede, Egerschede, Heggerschede·, Eickenbeck: Ekasbeki, Ekesbeki, Hekebecke-, Eichholt: Echolte, Eg-, Eych-, Hecholte; Ennekink: Ennekes, Hennekens·, Erkenschwick: Erkeneswic, Erckenswyck, Herkenswic; Ehringhausen: Adalgerinc-, Adelrinc-, Hederlinchusen; Eiste : He(i)spede. Dagegen schwanken mit H- anlautende Namen so gut wie nie, sie kennen den Abfall kaum. Es läßt sich also eindeutig eine Tendenz zum prothetischen h- feststellen. Weiterhin habe ich die mit Hl- und Hn- anlautenden Namen des Registers exzerpiert. Es sind (die Numerierung stammt von mir): 1. Hlara, Hlare s. Laer. 2. Laareind. 3. Leer. 4. Hlarashem s. Lersen. 5. Hlarfliata s. Larrelt. 6. Hlegilo, villa in pago Batue . . . , vgl. Legurlo. 7. Hleon s. Hallener Brs. 8. Hleri s. Leer. 9. Hloheri i. Westfalen. 10. Hludouuicus s. Deutschland, Könige. 11. Hnodi s. Node. 12. Hnuge, G. i. Monheim. Diese zwölf Eintragungen erfordern einen Kommentar. 1. Unter dem ON. Laer (bei Bochum) enthält das Register die Eintragungen Labari, Lare, Lore, Loerr. Gysseling I 586 notiert ihn mit den Belegen 10.
625 626
627 628
H. Menke 321 mit Belegen aus dem Althochdeutschen. H. Tiefenbach, Xanten - Essen - Köln, Göttingen 1984, S.261 mit Hinweis auf R. Schützeichel, RhVjBll. 32(1968)69f. R. Schützeichel, a.a.O. Die Urbare der Abtei Werden a.d. Ruhr, Einleitung und Register, I. Namenregister, hrsg. v. F. Körholz, Bonn 1950.
477 Jh. Hloheri, Labari, Mitte 12.Jh. Lore, Lo're. Daraus wird deutlich, daß in der Uberlieferung der Werdener Urbare gerade im Anlaut starkes Schwanken herrscht, so daß Dittmaier 33 den Namen mit Recht nicht unter die klar-Belege einreiht. 2. Der Beleg bezieht sich auf den ON. Laar bei Utrecht, der in den Werdener Urbaren wie folgt erscheint: 855 (K. 10.Jh.) Hlara, Hrara, Ende 10.Jh. Lare, 2. H. 11. Jh. Lare, Mitte 12.Jh. in monte Lare. Auch hier läßt der älteste Beleg keine sichere Aussage über prothetisches h zu {Hlara, Hrara). 3. Hinter diesen Belegen verbirgt sich Leer in Ostfriesland. Für diesen ON. lauten die ältesten Belege (die zum allergrößten Teil aus der Werdener Quelle stammen) laut Gysseling I 601 l.H. 9.Jh. (K. 11.Jh.) Hleri, 10.Jh. Hleri (mehrfach), 11.Jh. Hlare. Das Register der Werdener Urbare verzeichnet jedoch neben Hlare und Hleri auch die Formen Lere, Leri und für den Gau Leheri, Lyri. 4. Hlarashem ist ein historischer Beleg des ON. Leersum, daneben bietet das Register die Formen Larsheim, Lersem. Es liegt jedoch eine Vermischung von Leersum bei Utrecht und einer Wg. Lersem in der Veluwe vor629. Der Name gehört kaum zu unserem Wort, sondern enthält (ähnlich auch Dittmaier 92) im Bestimmungswort eher einen stark flektierten PN. im Gen. Sg. 5. Hlarfliata ist nur in Werden belegt und bezieht sich auf Larrelt bei Emden. Das „Bw. gehört nicht zu unserem hlär, da hier fries, "'hier zu erwarten wäre"630. Auch im zweiten Teil der historischen Formen liegt eine auffällige Schreibung vor, in der nach Gysseling I 596 fleuta „natürlicher Wasserlauf in der Marsch" stecken soll. 6. Der Beleg Hlegilo ist von Legurlom zu trennen und gehört mit 970 (K. 1480) Leyla, 11.Jh. Legele zu Leyle, Wg. in Gelderland632. Die Etymologie ist unbekannt. 7. Hleon bezieht sich nach Gysseling I 498 auf eine unbekannte Siedlung bei Beckum und geht auf germ. *hlewum, Dat.Pl. zu hlewa- zurück. 8. Hleri „Leer" wurde oben schon behandelt. 9. Zu Hloheri s.o. unter 1. 10. Hludouuicus ist eine Form, die auch noch später, lange nach dem Verlust des anlautenden h-, begegnet. 11. Hnodi ist der älteste Beleg eines Landstrichs am Rhein, 1165 (K. 13.Jh.) Nöda, 1165 (K. 13.Jh.) 1200 Nöda, 1225 Nöda. Folgt man Förstemann 11,1,1384 oder Gysseling II 751, steht das H- in Hnodi lautgerecht, folgt man den Autoren des LNT. (S. 264), wäre es unorganisch hinzugetreten. 12. Zu Hnuge fehlt mir das Material.
629 630 631 632
S. Gysseling I 602; LNT. 220. Dittmaier 33. Dazu LNT. 221. LNT. 225.
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Ortsnamengrundwörter
Mit diesen Bemerkungen will ich keineswegs die Tatsache leugnen, daß die Werdener Urbare außerordentlich wichtige Quellen darstellen und an einigen Stellen die Setzung des initialen H - etymologisch korrekt und unanfechtbar ist. Die Durchsicht hat aber ergeben, daß für die Frage der Herleitung aus ''hlar- oder ''lar- nur zwei Namen Aufschluß geben können: Laar und Leer. Kann man darauf die Etymologie wirklich aufbauen? Dittmaier stützte die These, daß die Werdener Urbare in den Schreibungen Hlar-, Hier- etymologisch korrekt verfahren hätten, mit dem Hinweis darauf, daß „kein einziger lo- oder /age-Name in den Werdener Urbaren . . . ein unechtes h im Anlaut" zeige633. Auch dieses so überzeugend klingende Argument erweist sich bei näherer Betrachtung als wenig belastbar: so ist zunächst bei -läge auf Grund der Etymologie von vornherein kein anlautendes -h zu erwarten634. Die -/oÄ-Namen zeigen in den Werdener Urbaren zwar kein anlautendes h-, aber das entspricht durchaus der Gesetzmäßigkeit: bei allen mit *Hlanlautenden Namen fehlen ///-Schreibungen635. Nur die Hlar-Sippe kennt sie. So fehlt es auch bei hlaup-, hliun-, hlod- (außer in der archaisierenden Form Hludouuicus, s.o.) und hlutar-. Etwas anders steht es bei dem Anlaut Hr-. Die aus den Werdener Urbaren zu belegenden Fälle sind Hram, Hramastorpa, Hramashuuila, Hrothusfeld, Hratuga/Hretinga, Hrede/Hriedi, Hrede/Hriade/Hriadi, Hredi, Hrenus „Rhein" (!), Hreni, Hrineshem, Hrisinghem, Hrodberga, Hrodmarasloa, Hriasforda, Hrotsteninghuson. In den meisten Fällen steht H- wohl korrekt. Meine Bemerkungen sollen selbstverständlich nicht die Existenz der Hlarund ///er-Schreibungen in den Werdener Urbaren leugnen, sie sollen aber zum Nachdenken anregen und Zumindestens Zweifel an der Belastbarkeit der Werdener Quelle wecken. Ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger, ist die Überprüfung der französischen fiar-, /Zer-Namen. Dort nämlich konnte die germ. Lautverbindung hl- „unter Umständen zu fl- zu werden"636, so daß von hieraus eine Bestätigung der hlar-Hypothese zu erhalten wäre. Ich habe auch diese Gruppe einer genaueren Prüfung unterzogen. Zunächst scheiden aus Fiere, fläm. Fleer, bei Cornesse (Lüttich), „ . . . wohl wie Fleron (11.Jh. Fletherun, Gyss. 360) zu germ. . . . „sambucus"637. Ebenso bleibt auf Grund der älteren Belege fern Flers-lez-Lille, 1066 Fiez, 1120 (Κ. um 1220 und 13.Jh.) Fies, Fies, 1136 Fleis, 1144 Fleisa%, gegen Petri denkt Dittmaier selbst an sekundäre Angleichung an Fiers (Douai, s. u.). Bemerkenswerterweise wird
633 634
635 636 637 638
Dittmaier 40. Vgl. die zusammenfassende Auswertung der -¿zge-Namen in der Münsteraner Magisterarbeit von H. Siebel (Genaueres s. unten bei der Behandlung der -¿ige-Ortsnamen). Register, S. 121-133. Dittmaier 41. Dittmaier 12. Gysseling I 361.
479 Gröhlers Hinweis639 auf ndl., ndt. fleet, weder von Petri, noch von Dittmaier, auch nicht von A. Dauzat und Ch. Rostaing640 erwähnt. Für unsicher halte ich auch Flers bei Arras (Pas-de-Calais), 1079 Fleirs, 1104 (Κ. 12.Jh.) Flers6*1, 1119 Flers, um 1120 Fleirs, 1164 Fleirs6*1, den Petri 239 und Dittmaier 55 zu klar stellen, ohne Gröhler II 274 (zu fleet) zu erwähnen. Das gilt auch für Flers-en-Escrebieu bei Douai (Nord), 975 Flers, 1076 Flers, 1076 Flers, 1081 Flers, 1104 Flers usw., später auch Fleirs643, zustimmend Petri 187 und Dittmaier 55, nach Dauzat-Rostaing, a.a.O. 291 jedoch überliefert 1030-1284 Fies, von da ab Flers6**, so daß Gröhler II 274 mit seiner Verbindung zu fleet richtig liegen kann. Weiter gehören zu dieser Gruppe Flers bei Combles (Somme), 1170, 1195 Flers6**, nach Gröhler II 274 zu fleet; Flers bei Péronne (Somme), 1144 (Identifizierung fraglich) Fleirs, 1174 Flers, 1159 Flers usw.646; Flers (Orne), ohne alte Belege647. Schließlich ist noch der ON. Fléré-la Rivière (Indre), 1619 Fleré, zu nennen, der aus Floracum erklärt wird (Dauzat-Rostaing, a.a.O.). Bei einigen Namen ist zweifelsfrei ein sekundäres Eindringen von -r- zu beobachten, das „befremdlich und schwer zu erklären" ist648. Diese Namen sind erst später an die mutmaßliche Umgestaltung fler- < *hlar- angeglichen. Und so haben A. Dauzat und G. Deslandes (a. a. O.) vielleicht recht, wenn sie bemerken: „Obscur; pourrait représenter le germ. *hlara, vaine pâture, friche (A. Carnoy, Gamillscheg), dont la forme la plus répandue est lar > 1er (souvent en 2e élément de composé)". Man beachte auch Herbillon 51 und Gysseling I 361, die für den belgischen ON. Fleurus als alte Belege 1180 Flerus, Fleruensis, 1188 Fiemes usw. angeben und keine Verbindung mit hlar- suchen. Noch mehr zu denken gibt aber ein anderes Argument: meine Suche nach germanischen oder auf ursprünglich germanischen Elementen aufbauende Gewässer- und Ortsnamen in Nordostfrankreich, die erwiesenermaßen einen Anlaut hl- aufwiesen und nunmehr oder in historischer Zeit Fl- zeigen müßten, blieb erfolglos. Auch das von E. Gamillscheg, RG. (2. Auflage), Bd. I, S. 116f. und ders., Ausgewählte Aufsätze, Bd. 2, Tübingen 1962, S.40f. zusammengetragene Material enthält etliche unsichere und einige sicher fern zu haltende Namen. Dagegen begegnen Namen mit Fiar- oder Fier- auch in rein germanischdeutschen Gebieten, in denen romanischer Einfluß wenig wahrscheinlich ist.
639 640 641 642 643 644 645 646 647 648
Gröhler II 274. Dictionnaire étymologique de noms de lieux en France, Paris, 2. Aufl., 1978, S.291. Aber nach Gröhler II 274 und Dauzat-Rostaing 291 1104 Fiez. Sollte Gysseling hier irren? Gysseling I 360. Gysseling I 361. Ähnlich Gröhler II 274 Petri 401; Dittmaier 55. Gysseling I 361. Gröhler II 274; Dittmaier 55; Dauzat-Rostaing, a.a.O. Gröhler II 274.
480
Ortsnamengrundwörter
So ist hier zu nennen die Sippe um einen mutmaßlich germanischen PN. Flarid649 mit Viaardingen, Flörsheim, Flaesheim, Flerzheim, Vladsloo usw.650, weiterhin Fleer bei Bad Bentheim, sowie Flerke bei Werl und bei Soest und Flerlage bei Essen. Es soll hier gar nicht der Versuch unternommen werden, diese Namen mit den belgischen und französischen zu verbinden, sondern nur darauf verwiesen werden, daß die auch von der Kritik an Dittmaier akzeptierte These, die romanischen Namen auf Fier-, Fiar- seien auf h lar- zurückzuführen, keineswegs unstrittig ist. Ich meine, daß man die Überlieferung der Werdener Urbare etwas zu stark belastet hat und halte nach wie vor beide Möglichkeiten, nämlich sowohl eine Rückführung auf *hlar- wie die auf ''lar-, für diskutabel. Eine Entscheidung kann aber wegen der unsicheren Zuordnung der ¿/-Schreibungen offenbar nicht allein vom Germanischen getroffen werden, sondern nur mit Hilfe der Etymologie und durch Hinzuziehung außergermanischen Materials. Mit diesen Bemerkungen werden wir zu der Frage geführt, wie Dittmaiers Etymologie in der Kritik bewertet wurde und welche Argumente dagegen und dafür sprechen. Dittmaiers Versuch einer etymologischen Verbindung von hlar- mit idg. *klei- über germ. *hlei-, *hlai-, ''hli-, *hie- ist von fast allen Rezensenten mit Skepsis aufgenommen worden. Der Grund liegt im Vokalismus der Sippe, die nur unter Zuhilfenahme von Ablautabweichungen oder -entgleisungen zusammengefaßt werden kann. Bei Dittmaier selbst heißt es dazu: „Germ. "'hlërabzw. *hléria- ist eine genaue Parallelbildung [zu *büra- bzw. *büria; J.U.], d.h. auch hier ist von einem Stamm bzw. einer Basis germ, ''hie- (idg. *klë-) auszugehen . . . Nehmen wir die . . . dargelegte Bedeutung ,Hürde, Lattenwerk, Gerüst' zur Hilfe, dann bietet sich eine . . . Basis . . . fast von selbst an. Es handelt sich um die idg. Basis *klei-,,neigen, lehnen'.. ."651. „Nun existiert allerdings eine Form *klë- (hlè-), die unserem hlar zugrunde liegen muß, in der gesamten Gruppe nicht. Es hat also vielleicht neben *klei- noch eine nur im Germanischen ausgebildete Dehnstufenbasis *blëi- gegeben, bei der der zweite Bestandteil des Diphthongs aus irgendwelchen Gründen geschwunden ist. Der Ablaut germ, ai : e (westgerm. a) ist durchaus belegbar"652. Es gibt aber auch noch eine andere Möglichkeit: vielleicht „ist es ein prägermanisches . . . Lautgesetz gewesen, daß der Diphthong -ei- (also noch nicht > -Ï-) durch ein folgendes (suffixales) -r- zu -e- monophthongierte, welches dann mit germ, e1 (westgerm. à) zusammengefallen ist, während Anzeichen dafür existieren, daß Langdiphthong -ëi- + r zu ë2 geworden ist"653. Die Konsequenz
649 650 651 652 653
Gysselings Ansatz (II 1020) FLediridingja- entspricht nicht der Überlieferung. Förstemann 11,1,904 f. Dittmaier 102. Ebda. 103. Ebda.
(b)lar
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von Dittmaier lautet: „An sich ist es weniger wichtig, wie man sich das Verhältnis der urgerm. Basen *hlei-, *blai-, *hli-, *hie- denkt, als die Erkenntnis, daß letztere dazugehört"654. Diese Zitate machen ohne weiteren Kommentar deutlich, daß die Verbindung eines germanischen Ansatzes *hlàr- mit außergermanischem Material nicht recht gelingen will. Aber auch die semantische Seite des Dittmaierschen Ansatzes hat ihre Probleme. Dazu heißt es bei ihm: „Nicht ,Weide' . . . , nicht ,unbrauchbares, sumpfiges, mit Buschwerk bestandenes L a n d ' . . . auch auch nicht einfach ,Holzung',... sondern,Hürde' war eine der Hauptbedeutungen unseres Namenwortes. Eine zweite, rein materiell mit ihr in Zusammenhang stehende, war ,Gerüst, Gestell' . . . Hinzu kommt vielleicht noch eine dritte, bisher nicht erwähnte, . . . nämlich ,zaunähnliche Befestigung eines Hofes oder Dorfes"655. Gegen diese Ansicht wird z.B. von einem Praktiker wie H. Wesche wohl mit Recht eingeworfen: „Hat es überhaupt eingezäunte Weiden in nennenswertem Umfang gegeben?"656. Schwerwiegender ist m.E. noch ein anderer Punkt, der bisher nicht zur Sprache gekommen ist und von den Rezensenten z.T. akzeptiert wurde: „Das bei Otrid bezeugte gilàri ,Gemach, Wohnung, Aufenthalt' führt zusammen mit anderen Namen auf die semantischen Varianten ,Hürde', ,Turmgerüst', ,Hausgerüst'"657. Ich halte die Verbindung von gilàri mit hlâr- für verfehlt. So belegt R. Schützeichel in seinem Althochdeutschen Wörterbuch neben gilàri „Gemach, Wohnung, Raum" bei Otfrid aus derselben Quelle ahd. irlàren sw.V. m. Gen. „befreien von". Es folgt sodann ahd. làre, leàre „leer, bar" (Notker) und damit erhebt sich die Frage, ob nicht gilàri eher mit dt. leer zu verbinden ist. Diese Verbindung erinnert nämlich nachhaltig an eine ganz ähnliche zwischen germ. *rüma- „Raum, Platz, Lagerstätte, geräumig" samt dt. Raum, räumen „roden" mit avest. raumah- „freier Raum, Freiheit", toch. A ru- „öffnen" u.a.m.658. Auf jeden Fall ist diese Verbindung semantisch überzeugender als eine Verbindung von „Gemach, Wohnung, Raum" zu „Hürde, Gerüst". Damit fällt erneut eine der Stützen Dittmaiers659. Das außergermanische Material spricht - zusammenfassend gesagt - nicht für einen germanischen Ansatz *hlar-. Auch der an und für sich vielversprechende Ansatz von J. Schnetz, eine Verbindung mit baltischem Material zu suchen660, so z.B. mit lett. klîstu, klîdu „sich herumtreiben, irren", kleja „Herumtreiber", lit. klaidà „Fehler, Versehen" usw., scheitert ganz offensichtlich an semantischen Problemen. Meine Suche nach osteuropäischem Material im Bereich der Ortsnamen, etwa mit einem Ansatz *kler-, blieb ohne jeglichen Erfolg. Nicht zuletzt deshalb kam ich immer mehr zu der Uberzeugung, daß
654 655 656 657 658 659 660
Ebda., S. 104. Dittmaier 99. JVNS. 88(1965)169. H. Naumann, IF. 69(1964)289. Kluge-Seebold 585. Vgl. auch Bach 11,1,380. ZONE 13(1937)115ff.
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Ortsnamengrundwörter
ein Ansatz *klêr- > germ, h lär- ein Phantom ist und unklar bleiben muß. Die Lösung muß auf anderem Weg gefunden werden. Löst man sich von *blär- und geht von ''lär- aus, so wird man rasch zu einem alten Vorschlag von J. Schnetz und anderen greifen, der den Vorteil bietet, daß er die -lar-Namen aus ihrer Isolierung herausführt: es ist die schon lange erwogene Verbindung mit ae. las, lœswe „Weide", engl, leasow, lesew „Weide, Weideland", den dänischen und schwedischen Ortsnamen auf -lese und -lösa und slav. lès „Wald". Auch D. v. Kralik, H. Jellinghaus, E. Lidén, Α. Bach, J.Pokorny und andere stellten eine Beziehung zwischen engl, laes„Weide usw." und slav. lès „Wald", lèsa „Hürde, Zaun" her. Hier hätte H. Dittmaier z.B. auch einen Anschluß für seine „Hürde"-Theorie finden können. Die Grundbedeutung des slavischen Wortes jedoch ist „Wald, bes. Laubwald (mit Bäumen und Sträuchern bewachsene Fläche", weiter lassen sich dann Bedeutungsvarianten wie „Forst, Bruch, Buschwald, Waldung, Waldflur, Waldfläche, Holz, Baumaterial, Baumstamm, Sarg, Schonung" ermitteln 661 . Wenn man aber wie z.B. M. Vasmer662 slav. lès mit engl, las, lœswe, leswe verbindet, so fragt es sich, ob in dem großen Gebiet zwischen England und der alten Heimat der Slaven keine Verbindungen bestanden haben, sei es im appellativischen Bereich, sei es im Namenbestand. Diese Kombination kann nur aufrecht erhalten werden, wenn das missing link gefunden ist. Daß die -/ westnordisch sgl, schwed. dial, sani (= sol), zu Içs geführt haben. Auf der anderen Seite kann man mit A. Kock770 annehmen, daß im Urnordischen wie bei engl, lks (mit germ, -è) eine Ablautstufe läswiö angesetzt werden darf, die durch älteren -¿-Umlaut *lœswa entwickelt hätte. Wie bei kurzem ae nimmt A. Kock weiter an, daß eine Umlautung vor folgendem -w- stattgefunden hat (etwa *sankwjan > "'sœnkva > isl. sekkva oder *malwian > v"mxlwa > isl. molva. Das Englische stützt doch mit seinem -î^â-Stamm diese Hypothese wie auch vielleicht das Slavische mit seinem mutmaßlichen -«-Stamm in les. Es fragt sich aber dennoch, ob die Verbreitung der nordischen Namen in einen Zusammenhang mit den kontinentalgermanischen -lar-Belegen gestellt werden kann. M. Gelling771 hat das Verbreitungsgebiet in etwa umrissen: „the . . . /0ie-names can be seen to be very common in the Danish islands, particulary Sjadland, to have spread from there to southern Sweden, but not to have reached Norway". Eine Verbreitungskarte der /ösd-Namen hat J. Sahlgren772 vorgelegt. Sie ist von B. Pamp773, wieder abgedruckt worden. Sie ist jedoch durch die zahlreichen gleichzeitig in die Karte aufgenommenen Provinzgrenzen und Flußläufe sehr ungünstig ausgefallen, so daß es mir besser schien, sie umzuzeichnen und mit den -lar- und ¿zes-Toponymen zusammenzuführen (Karte 46, S. 494). Die Streuung der Namen in Skandinavien ist schon mehrfach kommentiert worden (die Auffassung von M. Gelling habe ich oben bereits wiedergegeben). Die Namen fehlen auf der festlanddänischen Seite in Jütland, setzen aber auf Seeland konzentriert und in nicht geringer Anzahl ein, und gehen dann hinüber nach Schonen und weiter nach Norden. Es kann gar keine Frage sein, daß die Streuung eine Süd-Nord-Richtung spiegelt. Die entscheidende Frage, vor der wir stehen, liegt darin, ob man auf Grund dieser Verbreitung einen Zusammenhang mit den -/¿r-Namen annehmen darf. Die Lücke zwischen beiden Gruppen ist recht groß, zwischen den nordöstlichen Ausläufern der -¿zr-Namen und Seeland liegen etwa 300 km. Von hieraus ist man eigentlich nicht unbedingt geneigt, an eine Verbindung zu glauben. Es muß aber erwähnt werden, daß auch andere altgermanische Ortsnamensippen 768 769 770 771 772 773
Vgl. etwa Ortnamnen i Värmlands län I 114 f. O. Bandle, BNF.NF. 22(1987)80. AfdA. 40(1896)202 f. Nomina 11(1987)42. Valda ortnamnsstudier, Lund 1964, S.228. Ortnamnen i Sverige, Lund 1976, S.29.
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Ortsnamengrundwörter
eine ganz ähnliche Lücke aufweisen. Dazu gehören auch die gleich zu behandelnden -leben-Namen, die eine nicht völlig identische, aber ähnliche Streuung besitzen (s. Karte 47, S.503). Auch bei ihnen ist die relative Lücke zwischen den Belegen in der Altmark und. auf den dänischen Inseln schon immer aufgefallen und unterschiedlich interpretiert worden. Allerdings reichen die -leben-Typen vor allem in Mecklenburg etwas näher an die dänischen lev-Verwandten heran; eine Lücke ist dennoch nicht zu übersehen. Zieht man weiterhin in Betracht, daß der Zusammenhang zwischen -leben- und -lev-Typen kaum zu bezweifeln ist774, so hätten wir ein Problem der Lücke sowohl
774
Zu gegenteiligen Ansichten werden wir noch Stellung nehmen.
(h)lar
495
bei -lar-/-lösa wie bei -leben/-lev. Zu diesem Problem werde ich am Ende dieser Arbeit noch einmal unter Einbeziehung weiterer Verbreitungskarten (man vergleiche vorerst die Verbreitungskarte für *haugaz von K. Bischoff 775 ) ausführlicher zurückkommen. Nur soviel sei an dieser Stelle gesagt, daß das „Problem der Lücke" offenbar in den geographischen Bedingungen in der näheren und weiteren Umgebung der Elbe zu suchen ist. Wenn man geneigt ist, die deutlich erkennbare Lücke als eine allgemeine Erscheinung im Verhältnis zwischen den nordischen und den festlandkeltischen Namen anzuerkennen, dann muß man sich auch im vorliegenden Fall fragen, ob nicht nicht die -/ös-Namen und den deutschen -leben-Namen besteht - und zwar weder von Schleswig über Holstein noch von Lolland-Falster über Mecklenburg zum nördlichen deutschen Zentralgebiet" 830 . Ich habe den starken Eindruck, daß das, was die Forscher in erster Linie daran hindert, an einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den dänischen und deutschen - leben-Namen zu glauben, die Lücke ist, die zwischen beiden Gruppen unverkennbar vorhanden ist und die von der Elbe (einzelne Streubelege in Mecklenburg fallen kaum ins Gewicht) bis nach Nordschleswig reicht. Wir werden uns um eine Interpretation dieser Erscheinung bemühen müssen, wollen das aber nicht nur an Hand der -leben-Namen tun, sondern im Zusammenhang mit weiteren Namenstreuungen, die von der Mittelelbe bis nach Skandinavien reichen. Vorerst sei nur auf K. Bischoff verwiesen, der das Namenverbreitungsgebiet der -/e^era-Namen noch mit anderen verknüpfte, „insbesondere mit der Hügelbenennung germ. *haugaz ..., das auf Grund seiner Verbreitung als mit -leve-/-lebe fast deckungsgleich angesehen werden kann . . ,"831. Wie schon oben angesprochen wurde, lag bei der Frage, ob man als Ausgangspunkt der Verbreitung den Norden oder Süden annehmen müsse, bisher eindeutig der Norden vorn. Einige Zitate werden dieses belegen. Ich habe mich bemüht, diese in einer einigermaßen chronologischen Reihenfolge darzubieten. Wenn man die folgenden Passagen liest, wird man kaum daran zu zweifeln wagen, daß der Norden die „vagina gentium" germanischer Stämme gewesen ist. Diese Auffassung beginnt schon bei W. Arnold 832 . Er verbindet die lebenNamen mit einer Einwanderung der Angeln und Warnen aus dem Norden. Ahnlich haben A. Kirchhoff833 und andere schon im 19. Jahrhundert argumentiert. F. Kauffmann834 ist sich da auch ganz sicher: „Dieser Siedelungsausdruck . . . ist jedenfalls von Jütland und Schleswig . . . über Nordthüringen nach
829 830 831 832 833 834
H. Walther, in: Probleme der älteren Namenschichten, S.26. B. Sendergaard, Fs. Haid 156. H. Walther, in: Probleme der älteren Namenschichten, S. 26. Deutsche Urzeit, 3. Aufl., 1881, S.168f. Op. cit., passim. Deutsche Altertumskunde II 2601.
leben/lev
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Ostfalen verpflanzt worden". Ähnlich heißt es bei K. Bohnenberger835 unter Berufung auf C.H.R. Steenstrup836 „Ihre Heimat ist der Nordosten". Auch nach Werneburg 38 „darf gefolgert werden, dass die Orte mit Namen auf leben von einem Volke gegründet sind, das von Nord-Nordosten her eingewandert ist. Und dieses Volk war nach meiner Ansicht das der Angeln". Dieses germanische Volk favorisierten auch E. Devrient837, L. Wilser und andere838. Nordische Herkunft ist auch nach L. Weiland839 anzunehmen. Nach anderen , so ζ. B. nach A. Sach, sind sie Warnen und Herulern zuzuschreiben, nach J. Langer den Warnen840. Auch nach E. Förstemann841 fand eine Verlagerung von Norden nach Süden statt: „Es ergiebt sich . . . , dass aus dem damals noch nicht scandinavisirten Jütland und Schleswig . . . die letzte Einwanderung nach Norddeutschland geschehen ist". Erste leichte Kritik an einer Nord-Süd-Ausdehnung findet sich bei W. Seelmann842. Er hatte nämlich durchaus richtig festgestellt, daß dort, „wo wirklich die Angeln in Schleswig unzweifelhaft angesessen gewesen sind, in der Landschaft Angeln zwischen Schlei und Flensburger Förde, da bietet auch nicht ein einiger Ortsname die vermeintliche anglische Endung" 843 . Dennoch hielt Seelmann an einer Herkunft aus dem Norden fest. Beachtenswert ist da eine Bemerkung von A. Timm844: „Leider . . . konnte Seelmann aus dieser richtigen Erkenntnis nicht den Schluss ziehen, die These einer Herkunft des GW -leben aus dem Norden überhaupt fallen zu lassen". Der allgemeine Tenor ließ sich von derartigen Passagen nicht beeinflussen: die Namen „gehören wohl einem Volke an, das von Jütland und Schleswig nach Nord- und Südthüringen gezogen ist", meinte Bückmann 129. Auch eine etwas vorsichtiger formulierte Äußerung von O. Scheel845 führt letztlich doch zur alten Auffassung: „Wahrscheinlicher als der Zufall bleibt ein ursächlicher Zusammenhang. Hier wiederum ist Beeinflussung vom Norden wahrscheinlicher als ein umgekehrter Einfluß . . . (wir) müssen uns mit der Annahme begnügen, dass nordische Scharen sich in Mitteldeutschland festgesetzt haben". Ebenso wiesen Bodenfunde nach früheren Auffassungen in diese Rich-
835 836 837 838 839 840 841 842 843 844 845
Germanica, E. Sievers z. 75. Geb., 1925, S.152. Oversigt over de k. Danske Vidensk. Selsk. Forhandl. 1894, 292. Neue Jahrbücher f. d. klassische Altertum . . . , 1901, S.427. Vgl. dazu S0ndergaard 160. Festgabe f. G. Hanssen, Leipzig 1889. Vgl. dazu ebenfalls Sendergaard 159ff. Dt. ONN. 284 f. Die Ortsnamen auf -leben, JVNS. 12(1886)7-27. Ebda., S. 10. Studien zur Siedlungs- und Agrargeschichte Mitteldeutschlands, Köln-Graz 1956, S.45. Schleswig urdänisches Land?, Kiel 1937, S.41.
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Ortsnamengrundwörter
tung: wie die Namen auf -leben „lassen die Bodenfunde nördliche Verbindungen und Einwanderungen erkennen"846. Besonders nachdrücklich hat sich in dieser Hinsicht E. Schröder ausgesprochen, wobei allerdings die Zuordnung zu den verantwortlichen germanischen Stämmen schwankte. An einer Stelle heißt es bei ihm: „ . . . die Namen auf -leben ... sind unzweifelhafte Zeugen einer Siedlungsschicht, die von dem skandinavischen Norden kam, mögen es nun Warnen oder Heruler gewesen sein"847, an einer anderen: „Waren die Warnen mit ihren -leben-Orten, obwohl sie aus Skandinavien kamen, Ingväonen, . . ." 848 . Er erntete damit jedoch auch - m.E. berechtigte - Kritik: „Irgendein bestimmtes Verbindungsglied zwischen den Warnen und den deutschen oder nordischen Namen auf -leben, -lev bringt Sch(röder) nicht bei, weil die Ubereinstimmung der verwandten PN, soweit sie überhaupt besteht, gar nichts besagt"849. Aber die Verfechter einer Südwanderung, der die deutschen - /e^era-Namen ihre Entstehung verdanken, ließen sich davon nicht beirren. Das gilt für W. Schlesinger850 wie für H. Jankuhn, der unter Berufung auf O. Scheel851 zur Frage der -leben-Namen ausführte: „Er dachte an eine sonst nicht weiter historisch bezeugte dänische Zuwanderung. Sicher ist jedenfalls, daß sowohl Ortsnamen wie Funde auf ein Eindringen skandinavischer Elemente hinweisen"852. Ganz ähnlich heißt es bei T. Frings853: „ . . . wurden die westlich der Elbe liegenden Landschaften Einzugsgebiete ingwäonisch-nordischer Völkerschaften . . . Spuren sind die -stedt und -leben-Orte". Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb man bei der sich immer mehr festigenden und zu einem Dogma entwickelnden Auffassung. Bei E. Schwarz854 „ziehen diese Namen von Norden nach Thüringen und strahlen gegen den Main aus", wobei „Die ONGruppe auf -leben ... sich in Deutschland mit dem mutmaßlichen Umfang des groß thüringischen Reiches [deckt]. Sie weist besonders deutlich auf von Norden kommende Stämme, da die Gründung der Orte auf -leben vermutlich im 5. Jh. erfolgt ist" 855 . An anderer Stelle856 werden Warnen dafür verantwortlich gemacht. „Nach Süden abwandernde Germanen . . . " hält Bischoff 17 für die Verursacher, ein „Siedlerstrom von Norden her" ist nach Bach 11,2,338 denkbar857, ähnlich argumentiert H. Kuhn, AfdA. 68(1956)160.
846 847 848 849 850 851 852 853 854 855 856 857
W. Schulz, Vor- und Frühgeschichte Mitteldeutschlands, Halle 1939, S.199. E. Schröder 164. E. Schröder, Niedersächsisches Jahrbuch für Landesgeschichte 10(1933)18. S. Gutenbrunner, Zeitschrift für Mundartforschung 11(1935)195. Die Entstehung der Landesherrschaft, Teil I, Dresden 1941, S.22. Schleswig urdänisches Land?, Kiel 1937. H. Jankuhn, ZGSHG. 70/71(1942/43)27. Grundlegung einer Geschichte der deutschen Sprache, Halle 1948, S.42. Deutsche Philologie im Aufriß, 2. Aufl., Bd. 1, Berlin 1957, S.1537. E. Schwarz, Goten . . . 228. E. Schwarz, Germanische Stammeskunde, Heidelberg 1956, S. 181. Zustimmend H. Walther 153.
leben/lev
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Auch ein anderer Punkt zieht sich wie ein roter Faden von Cassel858 bis in die jüngste Zeit hinein durch die Diskussion: es ist die Gleichsetzung von -leben-Namen mit dem Thüringischen Reich. In der Tat gibt es auffällige Deckungen, aber eine entschiedene Ablehnung einer Gleichsetzung mit dem Thüringer Reich findet sich bei der umfangreichsten Arbeit zu dem Thema: bei M. Bathe859. Die Zuweisung zu einem einzelnen germanischen Stamm ist eigentlich von vornherein abzulehnen. Die knappe Äußerung von S. Gutenbrunner860 „Der weite Umfang dieses ON-Gebietes spricht durchaus gegen die Verbindung mit einem einzigen Stamm" kann nicht deutlich genug unterstrichen werden. Von besonderem Interesse sind Aussagen, die sich mit der Frage beschäftigen, warum die -leben-Namen nur einen bestimmten Teil Deutschlands erfaßt haben und in anderen Gebieten fehlen. Für das fruchtbare Gebiet um Hildesheim hat D. Rosenthal861 gefolgert: „die Ausbreitung solcher von Norden ausstrahlenden Erscheinungen ist im Untersuchungsgebiet offensichtlich durch eine frühe und kompakte Besiedlung verhindert worden". Da erhebt sich sofort die Frage, ob dieses nicht auch für die Magdeburger Börde, den fruchtbarsten Teil Deutschlands, gilt. Oder sollte man annehmen, daß dieses Gebiet erst von Norden aus besiedelt worden ist? Wer mag das glauben? Vielleicht hilft hier die gelegentlich vertretene These weiter, es handele sich um eine unabhängig voneinander gegebene Namenlandschaft: „Ob man . . . auf einen einstigen Zusammenhang der Völker dieser Gebiete schließen darf, ist zweifelhaft"862. Jedoch lassen nach Auffassung von W. Förste863 „die nur östlich der Werra, Oker und Ilmenau vorkommenden -leben-Namen erkennen, daß Südskandinavien mit dem ostniedersächsisch-thüringischen Raum einen engeren Zusammenhang hatte als mit den weiter westlich gelegenen niederdeutschen Landschaften". Das bestätigt sich, wie schon angemerkt wurde, auch bei anderen Namen. Gaben vielleicht dort Dänen, hier Thüringer die Namen?864 Oder waren es „Ingwäonen"?865 In diese Richtung ging auch eine Bemerkung von L. Fiesel866: „Das Gebiet um Merseburg, in dem die alten - leben-Orte recht zahlreich sind, gehört ursprünglich sprachlich nicht zum Niedersächsischen, sondern steht in ältesten Zeiten dem Angolfriesischen
858
859 860 861 862 863 864
865 866
„Wir scheinen demnach die Endung leben stets in thüringischen Spuren zu finden" (Cassel 133). Bathe, Mskr., S.484Í. Zeitschrift für Mundartforschung 1935)196. BNF.NF. 14(1979)406. H. Hirt, Etymologie der neuhochdeutschen Sprache, München 1909, S.339. W. Förste in: Festschrift f. L. Wolff, Neumünster 1962, S.14. Vgl. O. Bremer in: Grundriß der germanischen Philologie, hrsg. v. H. Paul, 2. Aufl., Bd. III, Straßburg 1900, S.852; vgl. auch Sandergaard 160. W. Schlesinger, Die Entstehung der Landesherrschaft, Nachdruck Darmstadt 1964, S.21. Ortsnamenforschung und frühmittelalterliche Siedlung in Niedersachsen, Halle 1934, S.20f.
510
Ortsnamengrundwörter
nahe". Doch wird damit das Problem von Warnen und Herulern nur auf andere germanische Stämme verlagert und nicht gelöst. Läßt man die oben wiedergegebenen Passagen über die Herkunft aus dem Norden nochmals Revue passieren, so wagt man es kaum, eine andere, womöglich noch entgegengesetzte Meinung zu formulieren. Aber es gab eine Stimme, die vielleicht nicht stark genug war, um gehört zu werden. Sie gehört allerdings demjenigen, der sich bisher am intensivsten mit dem Problem beschäftigt hat: es ist Max Bathe. W. Laur hat darauf in einer Passage seines Buches über die Ortsnamen in Schleswig-Holstein867 aufmerksam gemacht: „In Mitteldeutschland vermutet M. Bathe das Ursprungsgebiet der Ortsnamen auf -leben/-lev, die sich schon verhältnismäßig früh von hier aus nach Dänemark ausgebreitet hätten". Vielleicht lag die relative Unberücksichtigung dieser gegensätzlichen Auffassung daran, daß M. Bathe diese nur in einem Aufsatz und mit geringer Materialvorlage begründete. In seiner großen Ausarbeitung, die mir als Manuskript vorgelegen hat, hat er diese These ausführlich begründet und an verschiedenen Stellen zusammenfassend dargelegt. So heißt es am Anfang seiner Untersuchung: „-lev und -leben und der Genitiv gehören eng zusammen, in einer der beiden Verbreitungen muß der zündende Funke zuerst aufgeglüht sein. Die geographische Beweisführung weist nach Süden"868, und dann ganz entschieden am Schluß der Arbeit: „Gegenüber den Ansichten über die -leben-, sie seien von Norden nach Süden gewandert, betont diese Arbeit, daß der Weg umgekehrt verlaufen sein muß"869. Worauf begründet M. Bathe seine Vermutung? Im wesentlichen auf einer unvoreingenommenen Untersuchung des Namenmaterials selbst, die ohne Berücksichtigung vorgefaßter Meinungen über Heimat und Ausbreitung der Germanen und ihrer Stämme durchgeführt wurde. Es kann ja gar nicht übersehen werden, daß hinter den zahlreichen Äußerungen zu der Nord-SüdWanderung der -leben-Namen etwas ganz anderes steht: der bis heute kaum erschütterte und offenbar auch nicht zu erschütternde Glaube, Skandinavien und Dänemark (allenfalls noch Schleswig-Holstein) seien als Heimat der Germanen zu betrachten. Also hatte und hat auch alles aus dem Norden zu kommen, darunter selbstverständlich auch die Gruppe der - leben-Namen. Geht man aber - wie z.B. M. Bathe - an das Namenmaterial selbst heran, so erhält man Ergebnisse, die gängigen Überzeugungen nicht selten widersprechen. Die Erkenntnis, daß bei den -/e¿ew-Namen viel eher von einer Süd-NordWanderung als von einer entgegengesetzten Verbreitung auszugehen ist, paßt nun vollkommen zu den in der vorliegenden Arbeit untersuchten Sippen: die baltisch-germanisch-slavische Gruppe begegnet nur im Kontinentalgermanischen, der Konsonantenwechsel findet sich vorwiegend in deutschen Namen,
867 868 869
Schleswig 1960, S.217. Bathe, Mskr., S. 20. Bathe, Mskr., S. 575.
leben/lev
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Vrddhi-Bildungen bevorzugen ebenfalls den deutschen Norden und die Mittelgebirge, die Suffixe -ung-, -r-, -s-, -str- und -ithi sind ähnlich verbreitet, und schließlich erbrachte die Durchsicht und Kartierung germanischer Wasserwörter und Siedlungsbezeichnungen ein ganz entsprechendes Bild. Von hieraus kann es keinen Zweifel daran geben, daß die These, nordische Völker, Stämme oder Sprachen hätten zur Herausbildung der -/e£>e«-Namen in der Altmark, in Sachsen-Anhalt und Thüringen beigetragen oder sie entscheidend beeinflußt, so gut wie gescheitert ist. Bislang konnten wir in der vorliegenden Studie nicht einen einzigen Fall gewinnen, in denen der germanischen Norden das Zentrum der Namen gebildet hätte; die -leben-Namen wären die ersten und bisher einzigen. Alles spricht gegen diese Auffassung. Zu der Frage, wie die auffallende Verbreitung zu erklären sein könnte, werde ich - wie oben schon angemerkt - im Zusammenhang mit anderen Namensippen und weiteren Überlegungen, darunter zu dem Namen der Elbe, gegen Ende der Arbeit zurückkommen. Die Frage nach dem Alter der -leben-Namen ist schwer zu beantworten. Da sie im Bestimmungswort Personennamen enthalten, wird man sie nicht zu der ältesten germanischen Schicht zählen wollen. Dazu gehören etwa die -ung-, -r-, -s-, -str- und -ithi-Suffixe, in deren Grundlagen Personennamen fast gänzlich fehlen. Aber im Vergleich mit den -beim-, -stedt- und -mg-Bildungen, denen man gemeingermanische Grundlagen nicht absprechen kann, behaupten sich die -leben-Namen mühelos und gehören sicher zu den ältesten von Personennamen abgeleiteten Siedlungsnamen. Ich möchte es wagen, ihre Herausbildung in Deutschland um Christi Geburt und danach beginnen zu lassen. Auf jeden Fall gehören sie zu den gemeingermanischen Typen, deren Ausstrahlung nach Norden im Zusammenhang mit einer Auswanderung germanischer Stämme gesehen werden muß. Andere Namensippen und vereinzelte Verbindungen zwischen dem Kontinentalgermanischen und dem Nordgermanischen werden uns in diesem Zusammenhang noch beschäftigen. Auf einen strittigen Punkt müssen wir aber schon jetzt eingehen: es ist die Frage, ob das Eindringen der Slaven Konsequenzen für die Ausbreitung der -leben-Namen oder die Form des Verbreitungsgebietes gehabt hat. Gern würde man ja H. Kuhns plastischer Schilderung folgen, wenn er ausführt: „Der tiefe slavische Keil in Norddeutschland hat das gesamte Verbreitungsgebiet der erörterten Namen, das, mit der völlig gleichen Bildungsweise auf beiden Flügeln, von Südthüringen bis Südschweden gereicht hat, in Stücke gerissen"870. Die Slaven spielen auch bei dem Archäologen eine, allerdings etwas anders geartete, Rolle: „Das Alter der ON auf -leben spricht auch gegen die Ansicht, ihr Verbreitungsgebiet sei ursprünglich geschlossen gewesen und erst durch den Einbruch der Slawen . . . in die beiden Hauptgruppen zerbrochen worden. Vielmehr fehlen sie in diesen Gebieten, weil dort zur Zeit ihrer
870
H. Kuhn, BNF. 15(1964)179.
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Ortsnamengrundwörter
Verwendung eine slawische Bevölkerung wohnte, Benennungen mit deutschen Namen also nicht vorkamen"871. Während Kuhn somit ein ursprünglich geschlossenes Verbreitungsgebiet annnimmt, das durch Slaven gespalten wurde, sind für Mildenberger die -leben-Namen so jung, daß sie erst entstanden, als Slaven sich bereits zwischen die deutschen Siedler geschoben hatten. Ganz ähnlich machte A. Timm872 die Slaven für die „ . . . scharfe Abgrenzung der . . . -leben-Orte nach Osten durch die mittlere Elbe und die untere Saale" verantwortlich: „Wahrscheinlich läßt sich die feste Begrenzung damit erklären, daß das Gebiet östlich der mittleren Elbe und Saale beim Aufkommen der O N mit dem GW -leben bereits von Slawen besiedelt war". Alle drei irren und berurteilen das Einwirken der Slaven falsch, denn daß „die -leben-Orte früher einmal über die Ilm hinausgegriffen haben und hier von slawischen O N überdeckt sind, wie das östlich der mittleren Elbe und unteren Saale, angenommen wird, erscheint ausgeschlossen; . . . der slawische Vorstoß war hier nicht so stark, daß er zur Verdrängung thüringischer Siedler geführt hätte"873. Etwas anders ist B. Sondergaards Auffassung: „Zwischen den beiden Gebieten liegt ein etwa 250 km breiter Gürtel, in dem die Ortsnamenverhältnisse nicht restlos erforscht sind . . . Der Verfasser ist . . . der Meinung, daß dieser Gürtel ein Randgebiet ist, d.h. eine späte „Ausstrahlung" des nördlichsten deutschen Zentralgebiets. Eine Parallele hierzu kann man in der Ausdehnung des -/¿w-Namentyps in Schweden ziehen. Ebenso wie Albrecht Timm und O. Scheel verwirft der Verfasser die Theorie, die dahingeht, daß durch das Eindringen der Slawen in Nordostdeutschland alle ursprünglichen deutschen -lebenOrtsnamen hinweggefegt worden seien"874. S0ndergaards Meinung über ein Randgebiet kann nicht überzeugen. Wir werden ähnliches noch bei anderen Namengruppen sehen. Die Ursachen für die Lücke liegen offenbar nicht in Wanderungen von Völkern, sondern in den geographischen Gegebenheiten des betreffenden Gebietes . Aber darüber wird noch an anderer Stelle zu handeln sein. Soviel ist jedenfalls sicher: die Slaven scheiden als Verursacher oder beeinflussendes Moment für das Verbreitungsebiet der -/e&e«-Namen aus. Ich komme zu einer Zusammenfassung der Ergebnisse meiner Überlegungen, wobei ich mir bewußt bin, daß auf den wenigen Seiten nur wenig wirklich Neues gesagt werden konnte. Aber vielleicht ist es gelungen, die Hauptprobleme noch einmal deutlich werden zu lassen und den Weg zu weisen, wie diese vielleicht gelöst werden könnten. Die etymologische Zuordnung der -leben-/-lev-Namen ist unproblematisch. Es handelt sich um altertümliche germanische Elemente, die im Bestimmungswort einen Personennamen enthalten, der der gemeingermanischen Schicht zugerechnet werden muß. Die -leben und -lev-Ortt liegen im alten 871 872 873
874
Mildenberger 33. FuF. 28(1954)179. Fischer-Elbracht 72. B. S0ndergaard, Festskrift K. Haid (vgl. oben), S.156.
loh
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germanischen Siedlungsgebiet (das betrifft auch die deutschen -leben-Namen). Die bisher umfangreichste Untersuchung zu diesem Thema von M. Bathe ist so gut wie unbekannt geblieben. Bei der Altersbestimmung können die Bestimmungswörter (Personennamen) weiter helfen. Es überwiegt die starke Flexion, was auf höheres Alter weist. Zweifel daran (Fiesel; Mildenberger) können nicht geteilt werden. Die Orte liegen zudem in fruchtbaren Gebieten, es sind nicht selten Pfarrdörfer. Die weite Streuung verbietet die Zuordnung zu einem germanischen Einzelstamm (Warnen, Angeln oder dgl.). In England fehlen Namen, ebenso ist eine Ausstrahlung nach Westen, die wir sonst bei fast allen Namenverbreitungskarten beobachten konnten (ζ. B. bei -ithi), nicht festzustellen. Dennoch wird man von einer Zuordnung zu einer gemeingermanischen Schicht mit einer speziellen Verbindung nach Norden ausgehen dürfen. Die Frage, ob man von einer nord-südlichen Ausbreitung auszugehen hat oder an eine entgegengesetzte Wanderung glauben soll, ist bisher fast immer im Sinne der ersten Möglichkeit interpretiert worden. Dahinter stand aber - oft unausgesprochen - die Heimatfrage des Germanischen. Auch machte die Lücke zwischen den beiden Hauptverbreitungsgebeiten Probleme. Die These, daß man das Ausgangsgebiet im Süden ansetzen müsse, hat fast allein M. Bathe vertreten. Zieht man dafür eine Überlegung von H. Jankuhn heran, wonach das Problem der ,,/e¿>e«-Namen heute noch als ungelöst [zu] bezeichnen [ist]" und es „sich wohl auch nur im engen Zusammenhang mit den übrigen Ortsnamen lösen lassen [wird]" 875 , und vergleicht die Streuung der -leben-Namen mit der von fast allen in der vorliegenden Arbeit behandelten altertümlichen germanischen Namentypen, so kann es keinen Zweifel daran geben, daß Bathes These der Wahrheit am nächsten kommt. Zu der auffälligen Verbreitung der -leben-/-lev-Namen werde ich noch an anderer Stelle zurückkommen müssen. Mit diesen knappen Bemerkungen können wir dieses umstrittene Problem verlassen. Ich bin mir durchaus bewußt, daß manches hier nur gestreift werden konnte und z.B. eine intensive Diskussion der Bestimmungswörter der -leben-/ -/cf-Namen noch geführt werden muß. Von der Streuung der Namen her haben sich aber im Vergleich mit anderen germanischen Typen deutliche Ubereinstimmungen gezeigt, die zu neuen Erkenntnissen geführt haben. 8. loh Ahd. st.m. lôh „Hain, bewachsene Lichtung, niedriges Gebüsch, Gehölz", mhd. st.m.n. lô(ch),,,Gebüsch, Gehölz, Hain, Wald", dt. dial, lö, loh „Gehölz, Waldung", mnd. lö(ch), loh, loch, loge, läge, loy „Gehölz, Busch, Waldwiese, Waldaue, niedriger Grasanger", ags. lêah „Gebüsch, offenes Land, Wiese", an. Ιό „Ebene, niedrig gelegene Wiesenfläche" ist ein in allen germanischen
875
ZGSHG. 70/71 (1942/43)14
514
Ortsnamengrundwörter
Sprachen gut bezeugtes Wort, das sichere außergermanische Verwandte besitzt in lat. lücus „Hain, Lichtung", lit. laûkas, lett. laüks „freies Feld, Acker und Wiesen insgesamt", ai. lökd- „freier Raum, Platz". Man nimmt als ursprüngliche Bedeutung gern „Lichtung" an876. Als germanisches Rekonstrukt wird *lauha- m. „Hain, Lichtung" angesetzt. Es war einst ein gemeindeutsches Wort, das heute nur noch einzelnen Dialekten lebendig ist877. Im Altenglischen ist lêah als „Feld, Ebene" belegt, moderne englische Dialekte kennen lea in der Bedeutung „a tract of open ground, either, meadow, pasture, or arable land . . . A Meaning ,wood' is probably sometimes to be assumed"878. Auf relativ hohes Alter des Wortes im Deutschen weist schon ein kurzer Blick in die etymologischen Wörterbücher, so heißt es z. B. bei Kluge-Seebold 447 „Loh m./n. ,Hain', arch., reg. und in Ortsnamen". Da E. Seebold nun in seiner Neubearbeitung nur selten auf den Niederschlag in geographischen Namen zurückgreift, ist diese Bemerkung besonders hervorzuheben. Nach E. Schröder ist loh „vielleicht die altertümlichste der Waldbezeichnungen"879. Die Verwandtschaft und Nähe zu lat. lücus hat schon sehr früh dazu geführt, daß man bei den deutschen Ortsnamen mit -lo(h) an heilige Haine dachte880. Diese Auffassung ist mit Recht verschiedentlich zurückgewiesen worden881, so sprach sich dagegen auch A. Bach aus: „Daß die -loh-Namen, wie Arnold wollte, einen dem religiösen Kult geweihten Waldort bezeichnen, darf allgemein wohl nicht angenommen werden". Es handelt sich bei den Ortsnamen, zu denen wir jetzt übergehen wollen, ursprünglich fast immer im Flurnamen. Nach E. Schröder 171 brachten „erst die nordischen Eindringlinge mit -büttel und -leben ... echte Siedlungsnamen mit, während die alten Ableitungen auf -unga, -inga ... und die Komposita mit -aha, -lôh, -mar nur das Terrain bezeichnen". Zu den „nordischen Eindringlingen" habe ich schon verschiedentlich Stellung genommen und werde darauf gegen Ende der Arbeit noch einmal zurückkommen. „Die Namen der Orte gehören entschieden der ersten Periode an, wenn natürlich auch manche Orte erst später gegründet sein mögen. Kein Name ist darunter, der mit einem Personennamen zusammengesetzt wäre; auch die Zahl der Wüstungen ist verhältnismäßig eine kleine", hat schon W. Arnold 118 festgestellt. Auf die ursprüngliche Funktion als Flurname weist auch H. Walther 143 hin: „Mit ahd. -loh . . . als Grundwort sind etliche Waldnamen gebildet, die zu verschiedener Zeit auch die Funktion von Siedlungsnamen erhielten, wenn Wohnplätze in ihnen oder in ihrer Nähe gegründet wurden".
876 877 878 879 880 881
Vgl. etwa R. Weber 9 f.; Kluge-Seebold 447; Lohse 175; Pokorny, IEW. 687. Hess. FlurN.-Atlas, Nr. 123. Ekwall, Lane. 14. Hess. FlurN.-Atlas, Nr. 123. Arnold 505; E. Schröder 199. S. Hess. FlurN.-Atlas, Nr. 123 (mit Lit.).
loh
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Die Heranziehung und Zuordnung von Ortsnamen ist allerdings mit einigen Problemen verbunden. So heißt es bei H. Walther 143: „In jüngeren abgeschwächten Wortausgängen tritt es nur noch als ~(e)l auf, dem auch andere Grundwörter (..., FlußN mit -/-Suffix oder auch deminutivisches -/-) zugrundeliegen können. Oft sichern jedoch die im ersten Bestandteil enthaltenen Baumnamen die Zuweisung zu den -/öfÄJ-Namen". Eine Abgrenzung von Namen mit -/-Suffix ist jedoch nicht immer ganz sicher zu vollziehen882. Die meisten Probleme bereitet aber die Abgrenzung von Appellativen, die lautlich ähnlich sind und auch und gerade in Flurnamen anzutreffen sind. So ist es in rheinischen Flurnamen nicht immer sicher zu trennen von mhd. lô „Baumrinde, bes. von Eichen und Tannen; Lohrinde zum Bereiten des Leders" usw.883, loh, lohe „von den Gerbern zum Beizen gebrauchte Rinde". „Selbst bei den zahlreichen Lohmühlen, die in der Regel nach dem Mahlen der Lohrinde benannt sind, kann man nicht sicher sein . . ."884. Andererseits gibt es auch Überschneidungen mit mhd. loch, dt. Loch oder altfries. loch, ags. loh „locus"885. Besonders problematisch ist die Abgrenzung von Namen, denen ndt. dial, loge „niedriger Ort, Grasanger" zugrunde liegt886. H. Jellinghaus machte z.T. keinen Unterschied: „Eine nur holsteinische und nordhannoversche Abart des bekannten Wortes loh (der Hain) ist die Loge, als Flurname auf der holsteinischen und hannoverschen Geest sehr häufig"887. Schließlich kommt es im Oberdeutschen noch zu Überschneidungen mit -lohe f., dessen Bedeutung nicht ganz sicher ist888. Offenbar liegt eine Verwandtschaft mit ndt. (westf.) lô, léu „niedrige, sumpfige Waldgegend", lëuland „Moorland, Sumpf"889 vor. Sicher ist das aber nicht. Bei der Zusammenstellung und Kartierung der zu lo(h) gehörenden Namen bin ich daher sehr großzügig gewesen und habe nur Material herangezogen, daß mit größerer Wahrscheinlichkeit angeschlossen werden kann. Vor die Auflistung und Kartierung soll noch ein knapper Überblick über die Verbreitung in Mitteleuropa gestellt werden. Nach Arnold 117 erscheint -loh in 20 Ortsnamen in Hessen und in über 100 Flurnamen. Genaueres zeigt jetzt der Hessische Flurnamenatlas, Karte 123. „Loh ist in ganz Altniederdeutschland verbreitet. Jedoch im Rbz. Magdeburg kommen nur noch in den Kreisen Halberstadt, Osterburg und Ballenstedt Lohe vor. Die Nordländer, die dort im 6. Jh. einrückten, scheinen die Lohe beseitigt zu haben", folgerte Jellinghaus 130. Die verfehlte Annahme von nordischen Stämmen wird uns noch weiter unten beschäftigen. „Loh ist auch in Hessen und Schwaben
882 883 884 885 886 887 888 889
Vgl. die Darlegung bei R. Weber, passim. Dittmaier, Rhein. FlurN. 189 f. Hess. FlurN.-Atlas, Nr. 123. E. Förstemann, Dt. O N N . 58; Hess. FlurN.-Atlas, Nr. 123. Vgl. dazu Scheuermann 171; Laur, O N N . 60 f. H. Jellinghaus, JMM. 3(1900)28. S. E. Schwarz, SSN. 160 f. Jellinghaus 130.
516
Ortsnamengrundwörter
häufig, in Nassau und am Rhein selten. In den Rbz. Trier und Coblenz ist es ganz unbekannt, dagegen finden sich einige Lohe in den Kreisen Aachen, Kempen, Heinsberg und Ress. Auch in Südbrabant und Flandern ist es unselten, dagegen kommt es in Limburg und Nordbrabant nur einige Male vor. Die sächsischen Teile der Niederlande sind reich daran"890. „Loh ist ein in Pommern nicht bodenständiges Fln.-Wort, das sich hier auch nur auf einer Feldmark findet und wahrscheinlich durch Kolonisten im 18. Jahrhundert übertragen worden ist"891. E. Förstemanns Sammlung enthält weit über 300 Namen, die im folgenden fast alle verzeichnet sind. Auffällig ist nach Förstemann die Streuung der Namen im Dativ pluralis: „nur zwei namen in Friesland, zwei in Ostfalen, alle übrigen in Westfalen. Das deutet doch wohl auf eine planmässige Anlage dieser art gehölze in Sachsen gleich bei der ersten besiedlung" 892 . So weit wird man kaum gehen dürfen. Es handelt sich ja in erster Linie um alte Flurnamen, die nicht unbedingt und in jedem Fall zu Siedlungsnamen haben werden können. Im Ostfälischen und Hessischen tritt als lautliche Variante die Form -Iah auf893. Es kann keinerlei Zweifel daran geben, daß die -/of&J-Namen zu den älteren Schichten der germanischen Benennungen gehören. Ursprünglich nur auf eine Flur oder ein Stück Wald bezogen, setzten sie noch keine Siedlung voraus. Wenn diese dann den Namen übernimmt, hat er schon etliche Zeit bestehen können. Die sichere Etymologie und die unstrittigen außergermanischen Entsprechungen machen die -/ofÄJ-Namen zu wichtigen Zeugen für frühe germanische Siedlung. Das bestätigt sich auch in höchst altertümlichen, z.T. bisher ungelösten Elementen der Bestimmungswörter bei den Komposita mit -lo(h), auf die ich hier nicht ausführlich eingehen kann. Die Heimat des Germanischen muß entsprechende Namen gekannt haben. Daher wird die Kartierung der Namen weitere wichtige Hinweise für den anzunehmenden Raum enthalten. Ich beginne die Auflistung mit dem deutschen Sprachgebiet, es schließen sich die westlich angrenzenden Gebiete, dann England und schließlich der Norden an. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich keineswegs angestrebt habe, eine möglichst vollständige Sammlung zu erstellen. So sind mir mit Sicherheit zahlreiche Flurnamen entgangen, vorzugsweise im deutschen Süden. Dennoch bin ich davon überzeugt, daß die Kartierung der Namen nur unwesentlich von der tatsächlichen Verbreitung differieren dürfte. Es geht im wesentlichen um eine annähernd richtige Abgrenzung der -lo(h)Namen. Dabei werden sich trotz der angesprochenen Mängel vor allem im Norden Deutschlands eindeutige und belastbare Ergebnisse ergeben, die sich mit anderen Namenverbreitungskarten decken.
890 8.1 8.2 893
Jellinghaus 130. Bosse 53. Förstemann 11,1,122. Bach 11,1,371.
loh
517
a. Deutsches Sprachgebiet Ich habe kartiert: das Aberloh, FlurN. in Sieker bei Bielefeld894; Achslach (Niederbayern), 882 Asloha895; 1088 Acia, bei Herzebrock erwähnt, mit unsicherem Bestimmungswort896; Adelschlag bei Eichstätt, 9. Jh. Adalolteslohm?; Aderloh, 1245 erwähnter, unbekannter Ort (bei Osnabrück? N.k.)898; Affalterloch, Wg. bei Altrip, 804 Affalterloch, 846 Affalterloh; auch unbekannter Ort in der Rheinprovinz, 1139 Apelderlom; Allach bei München, 775 u.ö. Ahaloh900; Albersloh bei Münster, 1171 Albrecteslo, 13.Jh. Albertesloh, -lohm; Alfen bei Paderborn, 1031 Alflaan; Alflen bei Cochem, um 1100 Alflona, 1178 Alflone902; Alkenlo, 1325 erwähnte Wg. bei Horst; Alveslohe bei Bramstedt, 1286 Alverslom; Ammeln bei Ahaus, 1176 Ammelo, Herkunft des Bw. unsicher; ebenso bei Ammeloe nahe Vreden, Vita S.Liudgeri Amaloh904; Angel, Ortschaft bei Alverskirchen, 890 Angullo (Jellinghaus 132; Förstemann 11,1,155); Arle bei Hage (Ostfriesland)905; Aspel bei Rees, alt Aspóla, 1190 Aspelo™; 16. Jh. Aspelon bei Alfhausen nahe Bersenbrück907. Den WgN. Assel bei Wolfenbüttel wird man (gegen Förstemann 11,1,219) von den -loh-Orten trennen müssen, da die alten Belege durchgehend Assel, Asia zeigen908. Ähnliches gilt für Asel bei Hildesheim, 12./13. jh. Asele, 1223 Asel909; dagegen wird man heranziehen müssen Ascheloh bei Halle910; Asseln bei Dortmund, 890 in Ascloon, 1075 Asien; Asseln bei Büren, 1125 Osle, „Eschenloh"; Asseler Wald bei Germete, 1028 Asian911; Asterlagen bei Kempen, 890 ad Astarlahon, neben -loon, 12.Jh. Asteric)912; Aussei bei Wiedenbrück, 1205 Odeslo, vgl. Oldesloe (s-u.)913. Weiter gehören hierher 1150 Bacio, nach Jellinghaus 131 = Bahler Mark bei Lembeck nahe Recklinghausen, nach Förstemann 11,1,340 Bakler Mark ebda.;
894
Jellinghaus 133. Förstemann 11,1,219. 8.6 Förstemann 11,1,62; Jellinghaus 133. 8.7 Förstemann 11,1,250. 8.8 Jellinghaus 132. 899 Förstemann 11,1,174. ,0 ° Förstemann 11,1,40. 901 Förstemann 11,1,245; Jellinghaus 132. 902 Jellinghaus 173; Förstemann 11,1,94. 903 Jellinghaus, Holst. O N N . 278. 904 Jellinghaus 133; Förstemann 11,1,122. 905 Lohse 176. 906 Förstemann 11,1,231. 907 Jellinghaus 135. 908 Vgl. etwa Kleinau I 289. 909 S. D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)394. 910 Jellinghaus 131. 911 Jellinghaus 135; Förstemann 11,1,210,219. 912 Förstemann 11,1,283. 9,3 Förstemann 11,1,290; Jellinghaus 133. 8.5
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Ortsnamengrundwörter
Baierlach bei Wolfratshausen, ca. 883 Purinloh914; Bakelde bei Bentheim, 1152, 1184 Bacio, dunklen Ursprungs wie auch FlurN. Bailoh bei Heepen und up den Ballo, FlurN. bei Hohenlimburg; ebenfalls mit unklarem Bw. ist gebildet Ballow bei Coesfeld, 1298 Banlo915; schwer zu deuten ist auch Bardeloh bei Hemer, dunklen Ursprungs (Jellinghaus 133); vgl. weiter Barel bei Lingen, 1180 Barlo9'6; Barl bei Wald, Kr. Solingen, um 1150 Barle917; Barle bei Dötlingen, 1124 Berle, 1158 Barle™; Barle I und II, Siedlungen bei Wüllen, Kr. Ahaus; 1256 Barlo, Hof bei Heek nahe Borken, nicht identisch mit Barlo, Dorf bei Bocholt, 1290 cives de Barlo?919. Es gibt auch noch einen Ort Barlo bei Nettetal. Weiter wurden kartiert Barkel bei Esens und Schortens, 1308 Berkle, 1492 Barkell920; Basel bei Wadersloh nahe Beckum, 1160 Bardine (hierher?), 1390 Bardeshes, 1491 Bardeslo921, wo -loh sekundär eingedrungen sein dürfte; Bassel bei Soltau, 16. Jh. Báselo921; Bauckloh, mehrere Orte im Reg.-Bez. Arnsberg923; Beckeln, Kr. Syke, 1189 Bekelo; 1151 Beclo, unbekannt im Kr. Ahaus924; Bendeslo, jetzt Marienloh bei Neuenbeken, 1028 Benn-idisla, Benvidisla, 1036 Benedeslo925; 1048 Bennenloch in der Gegend von Haiger im Dillkreis926; Berel bei Wolfenbüttel, auch Wg„ Anf. 9. Jh. (K. Mitte 12. Jh., Trad. Fuld.) Perlôhen, 1013 (F. 12. Jh.) Berlon, um 1022 (F. 12. Jh.) Berel927; Berends- oder Bermesloh, bei Kohlstädt (Lippe)928; Berkel bei Hameln, ca. 1070 Berkolo929; Beri, Ort bei Albersloh, 14.Jh. in der Berle; Berle (13.Jh.), Ort bei Herbern930; Bermentloh, unbekannt in Westfalen, n. k.; Bertingloh, Ort bei Langschede nahe Iserlohn, 1297 Bertinclom; Bilderlahe, ON. bei Hildesheim, 1238 Billerla911; Bittersloh bei Steinbeck933; Bockel bei Bremervörde, 1105 Bochla; Bockel bei Cloppenburg, 1189 Bocio, 12.Jh. Bocio934; Bockeloh
914 915 9,6 917 918 919 920 921 922 923 924 925 926 927 928 929 930 931 932 933 934
Förstemann 11,1,646. Jellinghaus 133. R. Weber 12; Wesche 43. Förstemann 11,1,360. Förstemann 11,1,360. Westfäl. UB. III 736; Jellinghaus 133. Lohse 175; R. Weber 12. Jellinghaus 132. R. Weber 12. Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,338. Jellinghaus 133. Förstemann 11,1,390. Förstemann 11,1,407; R. Weber 12; MGH. Dipl. Heinr. II 260; UB. H. Hild. I 69. Jellinghaus 132. Förstemann 11,1,430; R. Weber 13. Jellinghaus 133. Jellinghaus 132. D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)394. Jellinghaus, Holst. O N N . 278. Förstemann 11,1,528; R. Weber 13.
loh
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bei Bösensell, 1312 ton Bocio935; Bocklo bei Warendorf, 1397 mansus Bocio936; Bocio, Wg. im Sindfeld, 1247 de Borlo (!), 1269 Johnne de Bocio™; Bodenlohe, Wald bei Rüthen; Borgeln bei Soest, 1289 Burclaun938; Bokel bei Papenburg, 10.Jh. Boklo (Förstemann 11,1,528; R. Weber 13); Bokel bei Nortorf, 13.Jh. Boclon9; Bokeloh bei Meppen, Trad. Corb. Bocla, um 1000 Bucla9*0; Bokeloh, Boekelo, Bauernschaften und Güter bei Werdohl, Hemer, Appelhülsen, Minden, Soest941; Boklo, Wg. bei Gifhorn nahe Neubokel, Trad. Corb. Bocio, 1152 Bocla942; Bokloh bei Wunstorf 943 . Weiter enthalten -loh der O N . Bordeslo bei Rethem/Aller, ca. 1195 Bortsle, später Bordeslo944; Borgeln bei Soest, Vita Meinw. Burclaun™; Borgloh bei Hilter, 1068 Burcia, um 1080 Burcia, 1088 Burcla, 1284 in Borglo, 1300 Borchlo946; Bori in Wehe bei Lübbeke 947 ; Börstel bei Bersenbrück, 1080 Borsla, 1276 in Borstelo948; Bovinglo bei Hoetmar, 1245 de Bovindo, 1263 in Bovindo949; Bozenlohe, Ort unweit der Sieg (nicht kartiert), 1071 Bozenlohe, 1174 Bozenloe950; Brachelen bei Geilenkirchen, 838 Bracola (hierher?), 1170 Brakle; Brackel bei Dortmund, 952 Brakele, 980 Bracla, 1144 Brakele951; Bramel bei Bremerhaven, 1185 Bramelo952; Bredenlo, Wg. bei Hofgeismar, ca. 1120 Bredenlo; Breitenloh bei Wildungen953; Breitenloo bei Pfyn (Schweiz)954. Ob auch Brilon hierher gehört (973 Brilon, 10.Jh. Brilon, 1184 Briloin955, ist zur Zeit nicht entscheidbar, nicht kartiert. Kartiert wurden jedoch Brokel bei Rotenburg/Wümme, 1124 Brochlo, und Brokeloh, Kr. Nienburg, 1183 Broklo956. Ferner Brummel, Hof bei Verl, 1296 Brumlo957; Bücheloh bei Ilmenau, 1282 Buchilowe, 1404 Buchiniowe; Buhla bei Bleiche-
935 936 937 938 939 940 941 942 943 944 945 946 947 948 949 950 951 952 953 954 955 956 957
Westfäl. UB VIII 261. Westfäl. UB VIII 141. Westfäl. UB. VII 287,592. Jellinghaus 131,135. Jellinghaus, Holstein. Ortsnamen 278. Förstemann 11,1,528. Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,528; R. Weber 13. Arnold 119. Förstemann 11,1,542. Förstemann 11,1,635. Förstemann 11,1,635; Jellinghaus, Osnabrück 7; Westfäl. UB. III 650. Jellinghaus 131. Jellinghaus 131; R. Weber 13; Westfäl. UB. III 522. Westfäl. UB. III 237,371; Jeüinghaus 132. Förstemann 11,1,548. Förstemann 11,1,559; R. Weber 14. Brakel bei Höxter bleibt besser fern (s. R. Weber 14). Förstemann 11,1,562; R. Weber 14. Förstemann 11,1,557; Arnold 118. E. Dickenmann, BNF. 2(1950/51)70. Jellinghaus 135; Förstemann 11,1,571. Förstemann 11,1,582; R. Weber 14. Jellinghaus 133; R. Weber 14.
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Ortsnamengrundwörter
rode, 1246 Bola™; Büschel, ON. bei Vechta, 1227 Buschelo959; Buchenwald bei Holzminden, 10. Jh. Bokle96°; Buhlen bei Bad Wildungen, 9. Jh. (Trad. Corb.J Buohloha, Buochela, 1074 Boclon961 ; Burlo bei Borken, 1242 in Burloe, 1267 de Burloh, prope Burlo962; Burschla, Alten-, Großen-, bei Wanfried, 800/810 in Brustlohum, 876 Bruslohon, 1226 Burselo963; zum Büschel, FlurN. (?) bei Rüssel nahe Ankum964; Bösing, ON. bei Borken, ca.1150 Businklo; Bußloh, Ort bei Bönen nahe Hamm965; Buxel, ON. bei Wiedenbrück, 1189 Bukkeslo, 1198 Bucheslo, 1266 Bukeslo966. Zu nennen ist auch Calberlah, ON. bei Gifhorn, 1321 Tileko Caverla967. Hierher gehören weiter die Wg. Damsla bei Eckartsberga, 1268 Damsla antiquitus'*'*·, Danlohe in der Oberpfalz, 1140 Tanloch, 1191 Tanlohe969; Dassel im Solling (?), Trad. Corb. Dassila, 1022 Dasla, Daschala, Daschalon usw.970; Datteln bei Recklinghausen, 1161 Dattile, 1165 Dattilo, 1188 Datlenm; Destel, ON. bei Levern, 969 Diasion972; Auf dem Devenlo, 1423 erwähnter Ort bei Eiken nahe Melle973; Dickel bei Diepholz, 1027 Dicla, Dickla974; Dirían bei Düren, 1124 Thierion, 1140 Dierloch; 948 (F. 12.Jh.) Dierlo silva, FlurN. bei Köln975; Diffeln bei Hardenberg, 1390 Diffle; 1210 Dolenlo, bei Paderborn976; Dorla, Nieder-, Ober-, bei Mühlhausen, 800/810 (Trad. Fuld.) in Thurnilohum, 932 Durniloha, 1051 vulgo Dorneloh977; Dorloh bei Mengede, 13.Jh. Thorlo, dunklen Ursprungs978; Dorslohe/Dorsel in Ostdorslohe bzw. Westdorsel nahe Telgte, 1234 curtim Dodeslo, 1243 Dodeslo979; Dorslon, Wg. bei Essentho, 1210 de Dorslo, 1216 de Durslo, 1217 de Durs lo™; Driefel bei Varel (Oldenburg)981; Druffel bei Wiedenbrück, 1088 Thrufla, -Ion, 16. Jh. Druufloe;
958 959 960 961 962 963 964 965 966 967 968 969 970 971 972 973 974 975 976 977 978 979 980 981
Walther 288. Jellinghaus 131; R. Weber 14. Förstemann 11,1,528. Arnold 119; Förstemann 11,1,528. Westfäl. UB. III 216, 411. Walther 288. Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,546; Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,618; Bach 11,1,371; Jellinghaus 133; R. Weber 13. UB. Braunschweig III 18. Walther 288. Förstemann 11,1,683. Förstemann 11,1,668. Förstemann 11,1,691. Jellinghaus 135. Jellinghaus 133. Förstemann 11,2,1027; R. Weber 14. Förstemann 11,1,720. Jellinghaus 135,133. Arnold 119; Bach 11,1,371; Walther 288. Jellinghaus 133. Westfäl. UB. III 122,175; Jellinghaus 132. Westfäl. UB. IV 30,45, VII 61; Jellinghaus 135. Lohse 175.
loh
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Düllo bei Beckum, 12.Jh. Thullouw; Düngelmann, 890 Dungalahon, Ort bei Castrop982; Dünkeloh, Hof bei Jöllenbeck, dunklen Ursprungs983, vgl. aber unten Donckerlo (Overijssel); Dulloh bei Hemer, alt Dudelob; Duringeloh bei Dörgen nahe Meppen984. Ferner gehören hierher Ebbeslo, Ort bei Brokhagen nahe Bielefeld, 1151 Mepp-idis-la, 1198 Meppeteslo, 13.Jh. Ebbedeslo (Jellinghaus 133); Ecla, Wald bei Betheln, 1236 Ecla985; Edinglo bei Brackwede; Effeloh bei Valbert nahe Lüdenscheid; der 1310 erwähnte ON. Eggehardeslo bei Mödesse nahe Peine986; Eibersloh bei Celle, 10.Jh. Espila™7; Eicherloh bei Ebersberg, um 1165 Aichiniich, ca. 1078-98 Eichiniich™; Eichloch bei Oppenheim, Cod. Laur. Eichinlch, 1057 in Einlohun989; Eickel bei Gelsenkirchen, um 1160 £c/o990; Eickeloh bei Fallingbostel, 1237 Eclo, um 1262 Eclen991; Eikeloh bei Lippstadt992, Vit. Meinw. Ecla, Trad. Corb. Heclo, Reg. Sarach. (Fälschung) Aedo993; Eikholt bei Werne nahe Lüdinghausen, 12.Jh. Eiklo"4; Eila, Wg. bei Kleinseelheim, 8.Jh. Aihloh, Eihloha, 1324 Eylohen"5; Ekel bei Recklinghausen, Freckenh. Heberolle Eclan, Heclan, 1088 Acia9%; 1576 Ellinkloh, bei Minden997; Elmelage bei Vechta, 890 Elmloha, um 1000 Almela usw.998; Emseloh bei Sangerhausen, 1300 Emptzeloe9"; Engelo, unbekannt bei Havixbeck, 1188 Enghelo1000; Enningloh bei Bünde, 12.Jh. Enekle; Ennigerloh bei Bekkum, 1088 Aniggaralo, 1217 Enyngerlo, 1240 Enengerlo1001; Epeslo, nicht zu lokalisieren, nicht kartiert; Erkeln bei Brakel, 1189 Erklen; Erpsloe, FlurN. bei Salzkotten.1002; Eschiloch, Wg. bei Überlingen, 1094 Eschiloch, Wschilo, Eschilah; Esklum bei Leer, 10.Jh. Ascia, Asia'003; Espel bei Lingen, um 1150 Espelo, 12.Jh. Espela; Espel bei Recke nahe Tecklenburg, 1189 Esperio, 12.Jh. Espela,
982 983 984 985 986 987 988 989 990 9,1 992 993 994 995 996 997 998 9,9 1000 1001 1002 1003
Jellinghaus 133,131,135; Förstemann 11,1,769. Jellinghaus 134. Jellinghaus 133,132. UB. H. Hild. II 227. Jellinghaus 132,134. Förstemann 11,1,231. Förstemann 11,1,51. Förstemann 11,1,51. Förstemann 11,1,48; R. Weber 15. Archiv Walsrode 30,51. Ausführlich zur Lokalisierung jetzt Schütte, Corvey 180 f. Förstemann 11,1,48; Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,48. Arnold 119; Förstemann 11,1,48 (mit anderer Lokalisierung). Förstemann 11,1,48; R. Weber 15. Jellinghaus 132. Förstemann 11,1,112. Walther 289. Förstemann 11,1,154. Jellinghaus 134; Westfäl. UB. III 57,202. Jellinghaus 134,135,131,132. Förstemann 11,1,219.
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Ortsnamengrundwörter
Elperlo; Espelo, abgegangener FlurN. bei Osnabrück, 1188 erwähnt1004; Ettinesloch, vor 1200 in Oberbayern erwähnter ON.1005, aber nicht zu lokalisieren, n. k.; Etzel bei Friedeburg (Ostfriesland)1006; Everloh bei Gehrden, Trad. Corb. Ewerlaen, Aewerlan, 1246 Evelsle (!), 1280 Everlo1007. Man vergleiche weiter 10. Jh. Fehtlon1008, ohne Lokalisierung, nicht kartiert; Fellach bei Miesbach, um 1060 Velloh10m; abgeg. ON. Fenniloa, im 9.Jh. erwähnt, bei Krefeld1010; Verloerhof bei Bockum nahe Düsseldorf, 1183 Buchinverlolon; Fintel, Kr.Rotenburg/Wümme, alt Vintlo, 1366 Lufolphus Vintlo, 1374 Ludolue vintlomi; Fladderlo bei Vechta1013; 1129 erwähnter Ort Fledegloh, unbestimmt (am Niederrhein?), nicht kartiert; Flerlage bei Essen, 890 Fliadarloh, in Fliedarloam4; Frackel bei Aschendorf, ca. 1000 Fricla1015; 1129 Freckloo1016, unbestimmt, am Niederrhein?, nicht kartiert; Frettlöh, ON. bei Breckerfeld1017; um 1186 erwähnter ON. Vromelo bei Osnabrück1018. , Kartiert wurden auch Gassela, Wg. bei Apolda, 9. Jh. Gazloheno marca, 1302 Gasla, Gaslom9; Gaukeln bei Altena1020; Gaupel, bei Coesfeld, um 1030 Gapion, 1188 Goplen, 1359 Goplen, 1359 thon Brandengoeple1021; Gaxel bei Vreden, alt Goskelo1022; unkartiert blieb allerdings der alt überlieferte Name Gebaloha, nicht zu lokalisieren1023; 1203 Gefflen, unbekannt bei Liesborn; Geisler, ON. bei Beckum, 890 Gestlaon, Freckenhorster Heberolle Gestlan1024; Geistel, Kr. Wiedenbrück, 1151 Gestla1025; 1482 Gelenlo, FlurN. bei Paderborn1026; um 1150 erwähnter ON. Gellenlo in der Gegend von Dortmund1027; Gesseln, Ort bei Neuhaus; Getelo bei Ulsen nahe Bentheim, 1188 Gei/o1028; Getlo, Wg. bei
1004 1005 1006 1007 1008 1009 1010 1011 10,2 1013 1014 10,5 1016 10,7 1018 1019 1020 1021 1022 1023 1024 1025 1026 1027 1028
Förstemann 11,1,231; R. Weber 12; Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,239. Lohse 175. Förstemann 11,1,789; Westfäl. UB. VI 133,383. Förstemann 11,1,859. Förstemann 11,1,871. Förstemann 1,1,849. Förstemann 11,1,531. Sud. IX 161, V 29,519; R. Weber 16. Jellinghaus 132. Förstemann 11,1,906,909. R. Weber 16f.; Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,939. Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,958. Walther 289. Jellinghaus 135. Förstemann 11,1,1001; Jellinghaus 134. Jellinghaus 132; R. Weber 17. Förstemann 11,1,1028. Jellinghaus 135; Förstemann 11,1,1042. Förstemann 11,1,1042; R. Weber 17. Jellinghaus 132. Förstemann 11,1,1032. Jellinghaus 135,132.
loh
523
Ballenstedt, 1019 Getto1029; Ginnesloch, FlurN. bei Pfungstadt, 795,829 Ginnesloch1™; Gleuel, ON. bei Bergheim/Ahe, 898 Cloulo10M; Gockeln, Gut bei Hamm1032; 1153 erwähnter ON. Godeslo zwischen Detmold und Paderborn1033; 1576 bei Bückeburg genannter ON. Gollo, dunklen Ursprungs1034; Gossel, ON. bei Arnstadt, 9. Jh. Guslo, 1301 Gosla1035; Gothel bei Diepholz, um 1000 Gatla, 1190 Godla1036; 1287 in Goplo, Wg. bei Coesfeld1037; Goxel, ON. bei Coesfeld; Grabeloh, ON. bei Bochum und am Bückeberge; Grafeld bei Bersenbrück, 1294 Graflo; auch 1231 erwähnter ON. Grafio bei Beckum; Graffeln, ON. bei Salzkotten1038; Grassel bei Gifhorn, Trad. Corb. Grasaloh1039; Grenningloh, Hof bei Einsal; Grevel, ON. bei Dortmund, 1193-1197 Grivele, Grevelemo; 1234 bei Soest erwähnter Ort Grevilo; Grevenloch, FlurN. bei Büren1041; Grevenlo, Wg. bei Stemwarde1042; 1117 erwähnter Wald Grimerslo bei Köln1043; ca. 748 erwähnter FlurN. Grinlo mons (bei Straubing?)1044; Grönloh bei Bersenbrück, um 1240 Gronlo, 1296 Gronelo usw.1045; Groppel, Kr. Wiedenbrück, 1088 Gropanla, 1185 Gropen/o1046; Grüttlohn bei Borken1047; Gütersloh, 1184 Gutherslo; Guterslo, früheres Gut bei Marienfeld; Gütersloh bei Velehusen1048. Man vergleiche ferner 1688 Hackeiah, Wald bei Groningen1049; Hackeloh, ON. bei Allagen1050; Hadeln, Gau- und Landname, 8./9.Jh. in loco Hadalaon, 9. Jh. ad Hadaloha usw.1051; Hagenlo, 1270 erwähnt bei Bielefeld1052; Hagenlo bei Etteln nahe Paderborn, 1241 in Hagenlo1053; Haigerloch bei Mühldorf, 10.Jh. Hergrimloch1054; Halle bei Bissendorf nahe Osnabrück, 1298 Hállelo;
1029 1030 1031 1032 1033 1034 1035 1036 1037 1038 1039 1040 1041 1042 1043 1044 1045 1046 1047 1048 1049 1050 1051 1052 1053 1054
Förstemann 11,1,1043. Förstemann 11,1,1054. Förstemann 11,1,1068. Jellinghaus 135. Jellinghaus 132; Förstemann 11,1,1072. Jellinghaus 134. Walther 289. Förstemann 11,1,1017; R. Weber 18. Westfäl. UB. III 692. Jellinghaus 132,133,135. Förstemann 11,1,1091; R. Weber 18. Jellinghaus 132,134; Förstemann 11,1,1109. Jellinghaus 134. Jellinghaus, Holst. O N N . 278. Förstemann 11,1,1103. Förstemann 11,1,1104. Wrede I 197. Förstemann 11,1,1117; Jellinghaus 132; R. Weber 18. Jellinghaus 135. Jellinghaus 132. Westfäl. UB. IV 32. Jellinghaus 133. Hydr. Germ. A 16,141. Jellinghaus 133. Westfäl. UB. IV 210. Förstemann 11,1,1260.
524
Ortsnamengrundwörter
Hallo bei Dielingèn, 1270 How/o1055; Hammel bei Lastrup, 14. Jh. Homelo1056; 1480 Hangelo, bei Tudorf nahe Salzkotten1057; Harle, O N . bei Felsberg, 13.-15.Jh. HarlonW5S-, Hasel bei Westerkappeln; der Haseloh bei Nettelstedt nahe Lübbeke1059; Hasenloh in Rheinhessen, 6.Jh. Hasenlob, 8.Jh. u.ö. Hesinloch1060; Hasle, Wg. bei Bünnien, 1379 to deme Hasle, alt auch Haslo, Hasloh1061; Haslo, 1378 erwähnter FlurN. bei Eldagsen1062; Hasloh, O N . bei Pinneberg, alt H erkes-, Herslol0bl; Hassel bei Buer nahe Recklinghausen, 1186 Hassela, 1188 Hasleni0(A; Haßloh bei Rehden; Hasseloy bei Hemer1065; 1359 erwähnter ON. Haterenloh bei Soest; im 13.Jh. belegter WgN. Hatteln bei Eisbergen1066; Haverlah bei Goslar, 900 Haverlae, 1016 Havurlon, Vita Meinw. Haverlaun, Hawrlon, 1125 in Haverlon1067; Hegenlohe bei Schorndorf, 1189 Haginilom*; Hegerinclo, Wg. bei Enniger, 1226 Hegerinclo (Westfäl. UB. III 122); Heitel bei Emsbüren, 890 Hatiloa, Hetiloa, Hethlo, 1000 Hedela1069; Hekla, 1356 erwähnter Waldname bei Betheln1070; an der heutigen franz.-dt. Grenze zu suchen ist der 739 erwähnte FlurN. Helinlohu silvawn; 1072 vgl. weiter FlurN. Hellingklo bei Hemer; Hemkeloh in Schildesche ; Hengelage bei Essen (Oldenburg), 1188 Henghelo1073; Heringerlo bei Krankenhagen; Heringlo bei Ewig1074; Hesel bei Leer1075; Hesloh, ON. bei Lage1076; Hesellohe bei München, alt Hesilinloh, 776 Hesinloch, 792 Hesilinlih1C77; 1252 erwähnt: Hilgenlo, bei Schmalförden; Hinxloh bei Dinklage1078; Hölschloch bei Kutzenhausen, Kr. Weissenburg, um 1170 Hamelesloch1079; Hörsteloe bei
Jellinghaus 131 f. Jellinghaus 134; R. Weber 18. 1057 Jellinghaus 131. 1058 Arnold 118. 1059 Jellinghaus 131,132. 1060 Förstemann II,l,1270f. 1061 UB. H. Hild. VI 250. 1062 UB. H. Hild. VI 234. 1063 Jellinghaus, Holst. O N N . 278. 1064 Förstemann 11,1,1281. 1065 Jellinghaus 131. 1066 Jellinghaus 134,135. 1067 UB. H. Hild. I 19,164; Förstemann 11,1,1323. 1068 Förstemann 11,1,1159. 1069 Jellinghaus 134. 1070 UB. H. Hild. V 402. 1071 Förstemann 11,1,1333. 1072 Jellinghaus 132,133. 1073 Förstemann 11,1,1229. 1074 Jellinghaus 132. 1075 Lohse 176. 1076 Jellinghaus 131. 1077 Förstemann 11,1,1282. 1078 Jellinghaus 133,131. 107 ' Förstemann 11,1,1221. 1055
1056
loh
525
Vreden, 1238 Horstelo1C8°; Hollen bei Leer, 10.Jh. Holanlae, 11.Jh. Holanla, Holanlemi; Hollen bei Isselhorst, 1198 Honlo; 1532 upn Holloe, FlurN. bei Riemsloh; 1692 erwähnt: Am hohen Loh, bei Rehme1082; 1291 silva et mons Honlo, bei Oesdorf nahe Marsberg; 1216 in Honlo, 1221 Honlo, bei Osede; Honlo, eine kleine Hufe, bei Hamm?, 1294 Honlo10"; Hohenloh bei Hann. Münden, 1353 Hoinlo, 1387 Hoenloeim; 11.Jh. Holthlaon, nicht zu lokalisieren1085, nicht kartiert. Umstritten ist der Gewässer- und Ortsname Horla bei Wippra. H. Walther 289 und E. Ulbricht 220 sehen darin hör- + -lo(h), eine -/-Ableitung dagegen D. Schmidt 51 (s. auch oben S.321). Vgl. weiter Hörl bei Borbeck nahe Essen, 890 Hurlaon, 9.Jh., 10.Jh. Horlonmb; Hruadloh, unbestimmt, nicht kartiert1087; Hüntel, ON. bei Meppen1088; Hützel bei Bispingen, 1251 (?) Huggelo, alt auch Hutzelo, Hudzellwm; Hullern bei Coesfeld, 1017 Horion, 1027 Horion, 12.Jh. Hulleronmo; 1682 Hulloo, FlurN. in Hüffen bei Herford1091; *Hulsel in Westfalen, nicht zu lokalisieren, nicht kartiert, ca. 1150 //«/i/o1092; 892 erwähnter FlurN. Hunresloh, bei Rheinau, Kt. Zürich1093; Huntlosen an der Hunte bei Wildeshausen, Trad. Corb. in Huntloun, in Hundloun, 14.Jh. Húndelo1094; 1500 Hyslo, Wg. bei Steinheim1095. Weiter wurden kartiert Ichterloh bei Lüdinghausen, 1151 Ihterlon, 1196 Nihterlon10%; In der Iloe, 1620 erwähnter Eichenwald bei Kohlstädt (Lippe); Iloh, ON. bei Uchte, alt Ilogen1097; Immelo, FlurN. 1239 Immelo, bei Scheda (?)1098; 1329 Wald Immelo, bei Arnsberg1099; 1399 erwähnter ON. Imminclo bei Coesfeld1100; Iserlohn, 165 Iserloyn, 11.Jh. Lonensis monetaim; Isselo, Wg. bei Unna; Isselhorst, ON. bei Bielefeld, 13.Jh. Yslehorst1102. 1080 1081 1082 1083 1084 1085 1086 1087 1088 1089 1090 1091 1092 1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099 1100 1101 1102
Jellinghaus 131. Förstemann 11,1,1399; Lohse 176. Jellinghaus 132,133. Westfäl. UB. IV 983; III 51,86; VII 1085. Arnold 118. Förstemann 11,1,1412. Förstemann 11,1,1421. Förstemann 11,1,1477. Jellinghaus 134. R. Weber 20. Förstemann 11,1,1421; Jellinghaus 135. Jellinghaus 133. Förstemann 11,1,1492; R. Weber 19. Förstemann 11,1,1498. Förstemann 11,1,1508; Jellinghaus 135. Jellinghaus 132. Förstemann 11,1,1549. Jellinghaus 134. Westfäl. UB VII 213; vgl. Jellinghaus 132. Jellinghaus 134; nicht ident. mit dem vorigen Namen? Jellinghaus 132. Jellinghaus 135; Förstemann 11,1,1602. Jellinghaus 132.
526
Ortsnamengrundwörter
Man vergleiche auch Jahloh
1190
Yedeloim.
bei Hemer1103 und Jeddeloh
bei Westerstede,
Ferner wurden aufgenommen Karchlo bei Schwelm1105. Der FlurN. Caterloch in Oberbayern, ca. 1140 erwähnt, blieb allerdings fern, da nicht zu lokalisieren1106. Dagegen wurden aufgenommen Katerloh bei Valbert1107; Kammerloh bei Miesbach, 1017 Chamerlohllw. Unkartiert bleiben mußte Katzenloch, 1112
Catzenloch, da nicht zu lokalisieren1109; Keveloh, ON. bei Steele; Kiesloh, ON. bei Hausberge; Kirchloh bei Fredeburg; Kobbeloh bei Kamen1110; Köbel, Mar-, Bruch-, bei Hanau, 839 Canilla, 1062 Kebilo, 1192 Kebel1111; Königslau bei Höxter, 1373 Koningsloe;
Krappeloh bei Volmerdingsen1112; Kraula bei Langen-
salza, 1294 Crowelo, Creweloim. Unkartiert blieb 1128 Crodelohennu. Aufgenommen wurden dagegen Kropeloh bei Minden; Kruckel, ON. bei Witten,
1240,1297 Crúcelo1115; Krüssel, Hof bei Emsbüren, 890 Crucelohmi;
Kuhla bei
Stade (?1117), 1059 Koniloim; Kuneclo, Wg. Kr. Höxter, 1203 in KunecloU19. Man beachte ferner Langel im Siegkreis, um 1150 Langeloil2°; Langeln bei Wernigerode, 1073/1128 Langala, 1222 Laneloim; Langelo bei Hemer1122;
Langelohe,
ON. bei Elmshorn, 1349 Langheloghe,
Mühlhausen, 1246 LangeloU24;
-loweU2i;
Langula bei
Lau bei Ochtrup nahe Steinfurt1125;
Lavelsloh
bei Stolzenau, 1229 de Loveslo, 1232 in Loveslen2b-, 1660 Ledehardesloh, bei Brilon1127; Lederslo bei Lippstadt, 1247 Letherdesloh, 1248 de LetherdesloU2S;
L e f f e l n , nach Jellinghaus 135 ON. in Waldeck, nicht zu verifizieren, nicht
1103 1104 1105 111,6 1107 1108 1109 1110 1111 1112 1113 11,4 1115 11.6 11.7 1118 1119 1120 1121 1122 1123 1124 1125 1126 1127 1128
Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,1611. Jellinghaus 133. Förstemann 11,1,1657. Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,1636. Förstemann 11,1,1654. Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,1658. Jellinghaus 132,134. Walther 289. Förstemann 11,1,1736. R. Weber 20. Jellinghaus 132. Zuordnung umstritten, s. Hydr. Germ. A 16,204. Förstemann 11,1,1716. Westfäl. UB. IV 7; Jellinghaus 132. Förstemann 11,2,26. Walther 289. Jellinghaus 132. Jellinghaus, Holst. ONN. 278. Walther 289. JelÜnghaus 130. Westfäl. UB. VI 52,69. Jellinghaus 132. Westfäl. UB VII 290,301.
lob
527
kartiert; Leteln bei Minden, 1130 Litolon1129; Letherdeslo, im 13.Jh. in der Nähe von Lippstadt erwähnt; Leveloh, ON. bei Schwelm; Lillmeìer, ON. bei Verl, 1243 Lillo1™; FlurN. Lind(n)lo bei Bad Sulza, 1243 Lindenlo silva1111; Wg. bei Geroldshofen, pg. Folefeld, 880 Lindenlob, 1151 Lindinloch, 1182 Lindenlohe·, Wg. unbestimmter Lage, nicht kartiert: Thietmar Lindinlog, Lindenlohe, 1135 Lintlo; aufgenommen wurden dagegen Lindlage bei Osnabrück, 13.Jh. Lintlo; Lindlar bei Wipperfürth, 1109 Lintlo1132; Lindloh bei Meppen, 12. Jh. Lindlohon1133; 1682 Lindloh in Werfen bei Bünde1134; Lingela, Wg. bei Mühlhausen, 1404 gnant Lindela1135; Lintel bei Emsdetten, 12.Jh. Linthlon, 1282 apud Lintlo1"6; Lintel, ON. bei Wiedenbrück, 1240 Lintlo, 1271 Lintlo1137; Lintel im ehem. Ksp. West-Bevern bei Münster, 1323 tho Lintlo1™; Lintel m Wehe, Kr. Lübbeke (Jellinghaus 131); Lintelo bei Haahsbergen, 1172 Lindelo1139; Kirchlinteln bei Verden, 1416 kercklintlo1140; Littel, ON. bei Wardenburg (Oldenburg), 853 Letiloun1141. Zahlreiche Simplicia Loh, Lo, Loo, plural. Lohun, Lahun, Laon, darunter Südlohn, Stadtlohn, Iserlohn, Lochheim, Lohe, Loon u.a.m., die hier im einzelnen nicht aufgeführt werden sollen, bieten Förstemann 11,2,122 ff., Jellinghaus 130 und Jellinghaus, Holstein. Ortsnamen 278, vgl. auch Walther 289, sowie Lohe bei Bergen, 1489 tom loe1142, ferner 1241 in Lo, Feld bei Rinteln1143, und Loh (Lo, Loe, Loo), Höfe und Güter bei Soest (mehrfach), thome Lo, Hufe zum Hof Rhade gehörig und Hof mit Kotten in Westönnnen1144. Weiterhin wurden in die Karte aufgenommen Lohausen bei Düsseldorf, 1220 ex curti Lohusen, 1212 Daniel de Lohusen1145; Loheide bei Husum, 1462 in Loheyde; Lohheide, FlurN. zwischen Rendsburg und Schleswig, 13.Jh. in Lohethx, super Loheide1146; Ludelintlo bei Lüdinghausen, 1283 de Ludelintlo1147. Unkartiert blieb Luningesloh114S. 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47 48
Jellinghaus 135. Jellinghaus 132,134. Walther 289. Förstemann 11,2,83. Jellinghaus, Osnabrück 24; Förstemann 11,2,83. Jellinghaus 131. Walther 289. Förstemann 11,2,83; R. Weber 20; Westfäl. UB. III 623. Jellinghaus 131; Westfäl. UB. III 471; R. Weber 20. Westfäl. UB. VIII 613. Jellinghaus 131. Archiv Walsrode 176. Jellinghaus 135. Archiv Walsrode 204. Wippermann 69 Westfäl. UB. VII 1496. Westfäl. UB VII 40,1274. Laur 143. Westf. UB. III 636 Jellinghaus 132.
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Ortsnamengrundwörter
Zu nennen sind auch Mackeloh, FlurN. bei Salzkotten, 1405 Makenlo, 1656 Ackeloelw; Mäkel, Kr. Diepholz, 1446 Mekelo115°; Mailo, FlurN. bei Dortmund-Huckarde, 1289 Menlo1151; Mandel bei Dortmund, 1404 Mantloe1152; Mandelsloh, ON. bei Neustadt/Rbge., 1202 de Mannesie, Mandelsloh, 1230 Mandelslo, 1241 de Mandeslo, 1355 van mandeslo1153; Mannlo, Wg. bei Mühlhausen, 1247 Manlo1154; Mantershagen, ON. bei Herford, 15.Jh. Mantelo1155; 694 und 772 Marklo, unweit der Weser genannt, wohl zwischen Vlotho und Minden, dort hielten die Sachsen im 8. Jh. ihr generale concilium1156; Marl bei Diepholz, 1140/53 Merle, 1349 Merlo, zu mari und loh1157·, Marslo, Wg. bei Nienburg, 1252 Marslo, vor 1260 Marslo1151; Masselo(h), FlurN. bei Minden, 1075 Martislo1159; Medelon bei Brilon, Trad. Corb. Medeli, um 1354 Medelon1™; Melle westl. von Minden, 1169 Menele, 1195 Menele, 13.Jh. Menelo1161; Meloh, ON. bei Rheda1162; Merteslo, Wg. bei Minden, 1306 Merteslo, 1316 de Merteslo, 1317 in Merteslolia; Metelen, O N . bei Steinfurt, 889 Matellia, 12.Jh. Matelon, Metelon11(A. Unkartiert blieb Mimbernesloch, 1167 erwähnter Ort (am Niederrhein?)1165. Aufgenommen wurden jedoch Mönkloh bei Bramstedt, alt Monnekelohe1166, und Morslo bei Viermünden, 1252 Moslo1167. Nicht zu lokalisieren ist dagegen ein 1163 erwähnter ON. Muchelon1169. Kartiert wurden aber Mulsum bei Bremerhaven, 1111,1157 Muleslalm; Mundloh bei Hamm, alt Muntelo, das Mundtloh117°. Ohne Lokalisierung ist dagegen Múñelo, um 1150 erwähnt in Westfalen1171. Aufgenommen werden konnte schließlich (Groß-)Munzel bei Hannover, Trad. Corb. Munuslo1172.
1,49 1150 1,51 1152 1153 1154 1155 1156
1157 1158 1.59 1.60 1161 1.62 1.63 1164 1165 1166 1167 1168 1169 1170 1171 1172
Jellinghaus 134. R. Weber 20. Westfäl. U B VII 130; vgl. Jellinghaus 134. R. Weber 20. Westfäl. UB. VI 5,59,98; Archiv Walsrode 116. Walther 289. Jellinghaus 134; unkartiert blieb der bei Jellinghaus erwähnte O N . Mantloe. Förstemann 11,2,27; Jellinghaus 133; Bach 11,1,371; K. Hauck, in: Festschrift f. J. Trier, 1964, S. 221 ff. Lutosch 151. Westfäl. UB. IV 303,432. Förstemann 11,2,237; Jellinghaus 134. Jellinghaus 135; Förstemann 11,2,259. Förstemann 11,2,267; Jellinghaus 134. Jellinghaus 134. Westfäl. U B X 59,187,195. Jellinghaus 135. Förstemann 11,2,297. Jellinghaus, Holst. O N N . 278. Arnold 118. Jellinghaus 135. Förstemann 11,2,341. Jellinghaus 134. Förstemann 11,2,347. Förstemann 11,2,351; Schütte, Corvey 237.
loh
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Man vergleiche weiter Nettlingen bei Hildesheim, 1022 (F. 12. Jh.) Nitilon, 12.Jh. Nitelogon, Nitaloun, 1166 Nithelochenn; Nordel, OT. von Diepenau, 1241 de Northenlo, 1244 in Nordenloim; Nordoloh, unbekannt (etwa zum vorigen Namen?), nicht kartiert1175; ca. 1150 Northlon, - Stadtlohn oder = Nottuln}n7b; Nottloh bei Schwelm1177; Nottuln bei Münster, 834 Nuitlon, 1172 Nuhtlon, 1184 Notion; Nottuln bei Cloppenburg, alt Nutteloim; Nuslo bei Gesecke, so 12931179; Nussloch bei Heidelberg, 9.Jh. Nuzloha, dann Nuzlohun, Nuzlohon; Nutlon, Wg. bei Wünnenberg, 952 Nuzloha, 1238 Nutlonm°; Nutteln bei Rahden, 1296 Nutlo; Nutteln, ON. bei Minden und bei Cloppenburg; 1314 Nyenlon, bei Breckerfeld1181, auch ON. bei Wilster, 1247 Nutlonn. Kartiert wurde auch Obloh, Hof bei Gütersloh, 17. Jh. Ubbenloher, Obbelohdem}. Nicht zu lokalisieren ist dagegen Odeslo, 12.Jh., unbekannt in Westfalen, nicht kartiert1184. Dagegen wurden aufgenommen: 10. Jh. in Odicasloa, Wg. bei Helmstedt1185; Oldesloe, 1163 in Tadeslo, 1188 ad uillam Odislome; Olfen bei Lüdinghausen, 1048 Uflon, 1150 Ulflan, 1155 Ulfion usw.1187; Orschel bei Worbis, 1152 Asia, 1225 Asia, 1628 Ursula1188; Ortloh, ON. bei Recklinghausen; Osterlo, ON. bei Delbrück; Osterlotte, ON. bei Tecklenburg, 1286 Osterlohe·, Otteloh, Hof bei Beckum1189; Otterlach bei Taufkirchen (Bayern), um 1060 Ottarlohm°. Aufgenommen wurden weiter Papellohe bei Weitmar, 14. Jh. Pápelo·, Papenloh bei Heiden in Lippe1191. Nicht zu lokalisieren ist jedoch Pfaffenloch (NO.), ca. 1130 Pfaffenloch1192. Dagegen wurden kartiert Peckeloh bei Versmold, 11 .Jh. Peclon, 1323 Pekenlon; Pehlen bei Oberwüsten (Lippe), 12. Jh. PythelonU9}; Wg. bei Wiedenbrück, 1088 Pericia, 1175 Perreclo, 1500 PerickiM; Perlach bei Mün-
D. Rosenthal, BNF.NF. 14(1979)394. Westfäl. U B . VI 98,121. 1175 Förstemann 11,2,418. 1176 Förstemann 11,2,418. 1 , 7 7 Jellinghaus 131. 1178 Förstemann 11,2,427; Jellinghaus 135. 1179 Jellinghaus 131. 1180 Jellinghaus 135; Förstemann II,2,428f. 1181 Jellinghaus 135,131. 1182 Jellinghaus, Holst. O N N . 278. 1 , 8 3 Jellinghaus 133. 1184 Förstemann 11,1,290. 1185 Förstemann 11,1,258. I,86 Laur 162. 1187 Förstemann 11,2,1113,1126; Jellinghaus 135. 1188 Walther 289. 1189 Jellinghaus 133,132. II,0 Arnold 118. 1191 Jellinghaus 134,133. 1192 Förstemann 11,2,471. " " Jellinghaus 134. 1194 Jellinghaus 134; Förstemann 11,2,480. 1175 1,74
530
Ortsnamengrundwörter
chen, 808 Peralohc, 830 Peralooh1195; Puchloe, FlurN. bei Roding, ca. 1123 Pulaheu%; Pullach, Kreuzpullach, Edenpullach, ON. bei Erding, München und Wolfratshausen, 1040 Pouloch, ca. 1060 Pouhlah, auch alt Bouloch, bzw. 778 Pohloh, auch 803 Poachaloh und 765 Pòhlóh, ca. 802 Poahloh,197. Unsicher ist die Lage der Wüstung Racozoloch, 980 in Kärnten erwähnt1198. Die Karte enthält jedoch Ramelsloh bei Winsen/Luhe, 842 Hramesloa usw.1199; Ramsel bei Baccum, Emsland, 1350 Rameslono°; Ramsla, ON. bei Weimar, 1119 Rameslaha, 1193 Ramesla1201; Ramsloh, O N N . bei Heedfeld und im Saterland1202; Rassel, O N . bei Hovestadt; Ratzel, ON. bei Ülsen1203; Recklinglok, ON. bei Wiedenbrück, 1222 Ricoldinclon°\ Unkartiert blieb der 996 genannte O N . Reklo in Westfalen1205. Aufgenommen wurden dagegen Relau bei Nienberge nahe Münster, 1188 Renio1201'; Remeslo, FlurN. bei Lintorf nahe Wittlage1207; Remmels bei Hohenwestedt, 1200 Rameslah120*; Repel, O N . bei Recklinghausen; Reploh od. Ripenlo, O N . bei Ennigerloh, 1240 Rupenlo, 1279 Ripenlo1209; Riemsloh bei Melle, 1160 Rimeslo, ca. 1186 Rymeslo, 1486 in parrochia Rimeslo1210; Riesla, Wg. bei Nordhausen, 1140 Riethesla, 1193 Rislami; Rockel bei Horstmar nahe Steinfurt, ca. 1150 Ruklom2; Rocklum bei Halberstadt, 1160 Ruchele, 1198 Rokele, 1201 juxta Rockelem\ Nicht kartiert werden konnte der im 13.Jh. genannte ON. Roderlo in Westfalen1214. Aufgenommen wurden aber Rokel bei Coesfeld, 1196 Roklo1215; 1259 Rokeslo, bei Herzfeld; 1411 zu dem Roleveslo, bei Erwitte1216; Roßla, Nieder-, Ober-, bei Apolda, 996 Roslam7; Rüdingloh bei Soest, 1244 Ruthincio; Rüspel, FlurN. bei Wildeshausen, 14. Jh. to den Ruspele121'; Rüssel bei Bersenbrück, 977 Rislaune,
Förstemann 11,1,407. Förstemann 11,1,528. 11.7 Förstemann 11,1,528. " " Förstemann 11,2,518. " " Förstemann 11,1,1435. 1200 R. Weber 21. 1201 Walther 289. 1202 Jellinghaus 132. 1205 Jellinghaus 134. 1204 Jellinghaus 133. 1205 Förstemann 11,2,567. 1206 Förstemann 11,2,568. 1207 Jellinghaus 132. 1208 Jellinghaus, Holst. O N N . 278. 1209 Jellinghaus 134; Westfäl. UB. III 566. 1210 Jellinghaus 134; Westfäl. UB. IV 711. 12,1 Walther 289. 1212 Förstemann 11,1,1465; R. Weber 22. 1213 Förstemann 11,1,1465; U B . Braunschschweig II 13. 1214 Jellinghaus 133. 1215 Förstemann 11,1,1465; Jellinghaus 132. 12,6 Jellinghaus 132,133. 1217 Walther 289. 1218 Jellinghaus 133,134. 1195 11.6
loh
531
14. Jh. Ruslo1219; Rumeln bei Krefeld, 9. Jh. ad Rumulohun, ca. 1150 Rumelo1220; Ruploh bei Soest, 1257 Rupelo1221; Ruppel, Ksp. Alt-Warendorf, 1134 Ruplo, 1146 Rupeloh1222; Ruttel bei Sande (Friesland), 1486 Ruttel·133. Man vergleiche weiter Sandlob bei Cloppenburg1224; Sauerlach bei München, ca. 1030, ca. 1150 Surgeloch usw.1225; Schaftlach bei Miesbach, ca. 1015 Scaftlôh, 1017 Scaftloch\ Schäftlohe bei Amberg, 12.Jh. Scefloch1226; Schallau bei Wiedenbrück; Schalloh bei Soest; Schierlo bei Glandorf, 1088 Scirilo, 11. Jh. Skirlo; Schirmann, ON. bei Rheine, 1247 Scirlo; Schlickelde, ON. bei Tecklenburg, 1211 Sliclo; auf dem Schlingel, FlurN. bei Ohmstede (Oldenburg), 1288 Slinchloi22?; Schnierlach bei Rappertsweiler, 12. Jh. Sconerloch, 1264 Sconelo122"; 1264 Sconelo, wüst bei Dringenberg1229; Wg. Sconlo, ca. 1168 erwähnt bei Meßkirch (Baden)1230; Schopfloch bei Kirchheim, 1142 Schopfloch, 1152 Scopheloch; Schopflochberg bei Göppingen, 1179 Scophelol2ii; Schraplau, ON. bei Querfurt, 9. Jh. Scrabanloch, 1196 Scrappelo1232. Unkartiert blieb der Bergname Scubilo, 868 in Württemberg (?) erwähnt1233. Aufgenommen wurden jedoch Schwärzloch bei Tübingen, ca. 1100 Swertisloch, Swerzeloch1234; Schwarzloh, Wg., evtl. identisch mit Schwarzhausen bei Waltershausen, 9.Jh. Svarzelohen1235; Schweicheln bei Herford, 12. Jh. Sueclon12ii; Senkelo, 1535 bei Riemsloh erwähnt1237; Sennlich, ON. bei Tecklenburg, 1097 Sinecla, Seniglo12n; Siegelob bei Sundwig1239; Singlis, ON. bei Borken in Hessen, alt Sungelen, 1123 Sungeslon, 1266 Sungelsen1240; Sögel am Hümmling, 1000 Sugila od. Sugila, 1150 Soggelen1241, nicht eher -/-Suffix? Nicht kartiert. Unser Appellativum enthalten eher Spahl bei Geisa, 8./9. Jh. (Trad. Fuld.) Spanelo1242; Spelle 1219 1220 1221 1222 1223 1224 1225 1226 1227 1228 1229 1230 1231 1232 1233 1234 1235 1236 1237 1238 1239 1240 1241 1242
Jellinghaus 136; R. Weber 22. Förstemann 11,2,640. Jellinghaus 134. Förstemann 11,2,645; R. Weber 22. Lohse 175; R. Weber 22. Jellinghaus 133. Förstemann 11,2,949. Förstemann 11,2,747. Jellinghaus 132,133,134. Förstemann 11,2,765. Jellinghaus 132. Förstemann 11,2,765. Förstemann 11,2,787. Walther 289. Förstemann 11,2,793. Förstemann 11,2,973. Walther 289. Förstemann 11,2,971. Jellinghaus 132. Jellinghaus, Osnabrück 32. Jellinghaus 134. Arnold 118. Jellinghaus, Osnabrück 32; R. Weber 22. Arnold 118; Förstemann 11,2,831.
532
Ortsnamengrundwörter
bei Lingen, 890 Spinoloba, Spinoloa, 1047 Spineto usw.1243; Spork, ON. bei Bocholt, 1188 Sporklo, 14. Jh. Sporcio1244; Auf der Sprackel, bei Fürstenau, ca. 1000 Spracenlo, ca. 1030 Sprakenlo, 1177 SpracloU4s; Sprakel bei Sögel1246; Sprakanlo, Wg. bei Lathen nahe Aschendorf, 890 SpracanloU4?; Spreckel bei Diepholz, 1379 SprecloU4%; unkartiert blieb Sprengeloh, 1048 erwähnt, in der Gegend von Siegen?1249. Aufgenommen wurden dagegen Sprötze bei Harburg, 1197 Spretzenslo, später Sprotseloni°; Stenla, Wg. bei Verl, 1263 erwähnt1251. Nicht kartiert wurde der im 9.Jh. genannte thüringische ON. Stercinlob1152. Kartiert wurden Strasslach bei München, 819 Strazloh usw.1253; Streuloch bei Petting nahe Laufen, um 1119 Streichinloh1254; Striekel, ON. bei Beesten nahe Bersenbrück, 1188 Strikelo1255; dat Stünclo, 1380 erwähnter FlurN. bei Schüttorf1256. Unkartiert blieb Sturlo, im Dortmunder Urkundenbuch erwähnt1257. Lokalisierbar sind dagegen Suderlo, 1284 erwähnt bei Versmold1258; Sufferlohe bei Miesbach, 915, ca. 1060 Suffrinlohe1259; Sollach bei Miesbach, ca. 1060 Suligiloch, ca. 1080 Suliloch, ca. 1100 Sugiloch1260. Kartiert wurden auch Tackeloh, FlurN. in Stieghorst bei Bielefeld1261; Taubenloch, ON. bei Heidenheim, 1143 Toubenlochnbl\ Tecla, Wald bei Escherde nahe Hildesheim, 1361 Tecla (3mal)1263; Tedekenlo nahe dem Kloster Bödiken, im 15. Jh. erwähnt1264; Teindeln, ON. bei Werdohl1265. Unkartiert blieb dagegen Theotoloh1266. Aufgenommen wurden aber Terlau bei Coesfeld, 1309 thor LogheUb7; Tessenbrok bei Buer nahe Melle, 12. Jh. Theslo1268; Thivela, alter Name
1243 1244 1245 1246 1247 1248 1249 1250 1251 1252 1253 1254 1255 1256 1257 1258 1259 1260 1261 1262 1263 1264 1265 1266 1267 1268
Jellinghaus 134; Förstemann 11,2,838. Jellinghaus 131. Jellinghaus 131; Förstemann 11,2,841; R. Weber 22. Jellinghaus 131. Förstemann 11,2,841. R. Weber 22. Förstemann 11,2,842. Förstemann 11,2,842. Jellinghaus 132. Förstemann 11,2,891. Förstemann 11,2,905 f. Förstemann 11,2,906. Förstemann 11,2,908; R. Weber 23. Jellinghaus 134. Jellinghaus 132. Jellinghaus 133. Förstemann 11,2,922. Förstemann 11,2,927. Jellinghaus 133. Förstemann 11,1,756. UB. H. Hild. V 578,579,580. Jellinghaus 133. Jellinghaus 136. Förstemann 11,2,1035. Westfäl. UB. VIII 171. Jellinghaus 134.
loh
533
von Jagel1269; Thurisloun, in den Trad. Corb. erwähnter WgN. bei Essentho nahe Büren1270. Nicht kartiert werden konnte 1269 Thonlo, erwähnt im Westfäl. UB. III 441. Dagegen wurden kartiert Timmel, ON. bei Aurich, 10. Jh., 11. Jh. Timberlae1271; Timmerlah bei Braunschweig, 1158 Timberlo, 1187 Tymberla, ca. 1195 Timberlo1272·, Tinkloe, ON. bei Ottmarsbocholt1273; Tipperslo, Wg. bei Aasbüttel, im 14. Jh. erwähnt1274; Trinila, Wg. bei Winsen/Luhe, 1005 Trinila, 1197 Trinilo1275; Tungeln in Oldenburg, 1160 Tunglo1276; Tungerloh bei Coesfeld, 1180,1187 Tungerloh277. Nur in Personennamen nachweisbar ist Twickel, 1302 de Twiclo, 1303 de Tveckelo127*, daher nicht kartiert. Aufgenommen wurde dagegen Twiessel bei Alfhausen, 1234 Twislo1279. Man vergleiche auch Uffeln bei Hofgeismar, Trad. Corb. Ufelohen, 965 Uflohun, Vita Meinw. Uflahon, Uf(f)lan usw.; Salzuffeln, Stadt und Gegend bei Herford, 1028 Uflahon, -lan, 12. Jh. Uflan; Uffeln bei Werl nahe Soest, 973 Uflon; Rothenuffeln an der Bastau bei Minden, 1317 Oflen; Uffeln an der Weser bei Vlotho, 1259 Uffelan = 9.Jh. Medofulli, 1146 Midelesten Uflen, 1311 Uflen, Ufuelde; Uffeln bei Bersenbrück, 1240 Uflene, 1292 Uflen12*0; Ulla bei Weimar, 1257 de Ulo, 1257 de Uloim; Ummeln bei Bielefeld, 1147 Umlo, 1313 Umilom2; Uttel bei Wittmund1283. Kartiert wurden noch Varel, 1124 Varias (plur.)1284; Vargula, Groß-, Klein-, bei Langensalza, 876 Fargenloh, 785 Fargala, -aha12"5; Varl, ON. bei Rahden, 1270 Varlonu; Varloh bei Meppen, 1146 Varnlahm7; Vechelde bei Peine, 973 Fehtlon, 1145 Vechtla, 1378 Vechtelde, 1281 (Druckfehler für 1381?) Vecledhe, 1313 Veichtelde, mua. Vechel (Hellfaier-Last 16; Andree 72), da -ithi-Bildung nicht sicher1288; Vechtel bei Warendorf, 1269 Vouctloim; Vechtlo, 1214 Vechtlo, 1279 in Vechtlo, wahrscheinlich in der Nähe von Freckenhorst1290; Vrelo, 1470 1269 1270 1271 1272 1273 1274 1275 1276 1277 1278 1279 1280 1281 1282 1283 1284 1285 1286 1287 1288 1289 12,0
W. Laur, Β NF. 11(1960)104; Förstemann 11,2,1049; Udolph, Stellung 93. Förstemann 11,2,1067. Förstemann 11,2,996. Förstemann 11,2,996; Bach 11,1,371. Jellinghaus 133. Jellinghaus, Holst. O N N . 278. Förstemann II,2,1004f. Jellinghaus 134; Förstemann 11,2,1010. Förstemann 11,2,1011. Westfäl. UB. VIII 17,43. Jellinghaus 133. Arnold 118; Jellinghaus 135; Förstemann 11,2,1113. Walther 289. Förstemann 11,2,1127; Jellinghaus 135. Lohse 175. Förstemann 11,1,851; Lohse 175. Walther 289. Jellinghaus 134. Förstemann 11,1,851. Vgl. Udolph, -ithi 135. Jellinghaus 134; R. Weber 15. Westfäl. UB. III 44,566.
534
Ortsnamengrundwörter
bei Waldeck erwähnt1291. Nicht aufgenommen werden konnte die Wg. Vinclaan (Trad. Corb.), da nicht zu lokalisieren, etwa = Vinklaon „Finkenloh" ?1292. Dagegen wurde kartiert Volloh bei Windheim1293. Unklar ist die Lage des 1270 erwähnten Ortes Vrederlo (bei Osnabrück?)1294. Lokalisiert werden können aber Vromelo, im 12.Jh. erwähnt bei Schinkel nahe Osnabrück, auch 1312 Vromelo (2mal), 1318 Vromelo1™ und Vüchtel, 1269 (?, hierzu?) in Vuctlo, 1327 Vuchtlo, bei Oythe 1296 . Schließlich sind mir bekannt geworden Wachelau, Ort bei Emsdetten, 1196 Wacbelo1297; Wadersloh bei Beckum, 1150,1187 Wardeslo1298; Wallau bei Wiesbaden, 950 Wanaloha1299; Wambeln bei Hamm, Freckenhorster Heberolle Wanumelon, 1139 Wanemala usw.1300; Waneloh, Wg. in Thüringen, 780/802 Wânelochen, vielleicht das spätere (1655) Wendeloh bei Ohrdruf1301; Wanlo bei Jüchen, 1158 Wanlo1302; Warle, ON. bei Schöppenstedt1303; 1375 Warmelo, Hof bei Neuenhaus1304; Warmeloh, O N . bei Neustadt/Rbge., 1542 Warmelo1305; 1561 das Waterlo bei Düthe nahe Aschendorf1306; Wehlen bei Bernkastel, 861 Wanalon, 867 Wanolon usw.1307; Weil bei Milte, 1213 Welo, 1299 We/o1308; Weillohe bei Regensburg1309; Welscheloh bei Bocholt nahe Borken, 1304 filius Welschelouis, 1307 Henricus Welschelo, 1308 de Welschelomo; Wennigloh bei Arnsberg, 1204 de Wenenclo, 1244 Emmenlo, 1246 de Wenenclon, 1249 Weneclonmi; Werdinclo, bei Seibertz, Nr. 417, nahe Soest erwähnt1312; Werfloh, alter Name von Kirchhain, 1146 Werplohen, 12. Jh. Werflohe, 1244 Werflom}; Weringloer, Wg. bei Soest, 1287 Werninclo, 1287/88 Werninclom\ Etwas
12.1 1292 1293 1294 12,5 1296 1297 1298 1299 1300 1301 1302 1303 1304 1305 1306 1307 1308 1309 1310 1311 13.2 1313 1314
Arnold 118. Förstemann 11,1,886. Jellinghaus 134. Jellinghaus 132. Jellinghaus 134; Westfäl. UB. VIII 266,458. Westfäl. UB. III 441; Jellinghaus 133. Förstemann 11,2,1176. Förstemann 11,2,1237. Förstemann 11,2,1219. Förstemann 11,2,1219. Walther 289; Förstemann 11,2,1219. Förstemann 11,2,1219. Vgl. H. Jellinghaus, Braunschweigisches Magazin 1897,94. Jellinghaus 133. Archiv Walsrode 265. Jellinghaus 132. Förstemann 11,2,1219. Jellinghaus 135; Westfäl. UB. III 868. E. Dickenmann, BNF. 2(1950/51)257f. Westfäl. UB. VIII 64,150,151. Westfäl. U B . VII 17,275; Jellinghaus 135. Jellinghaus 133. Arnold 118; R. Weber 10; Andrießen 2434. Westfäl. UB. IV 903,918.
loh
535
umstritten sind die Werl(a)-Orte. Wahrscheinlich hat aber doch wohl Förstemann 11,2,1274 mit seiner Bemerkung recht, daß man im zweiten Teil zunächst Iah, loh (der Hain) zu suchen hat. Hierher gehören Werl bei Soest, 8.Jh. Werla, 931 Werlaha, 922 Werde; Werla bei Schladen, 1010 Werela, 1013,1018 Werla; Werl bei Salzufflen, 12.Jh. Werlau; Werlau bei St. Goar, 992 Werelawe, 1071 Verlohe; Werle, wüste Burg bei Bützow (Mecklenburg), Helmold Werle; Werl bei Ennigerloh, Freckenhorster Heberolle Werlonm5. Ferner sind zu nennen Werpeloh, ON. bei Sögel, 11. Jh. Witharplo, Wydroplami; Wesel bei Bramsche im Emsland, alt Weselom?; Wessel bei Werne, 890 Weslaon, 1022 Westhornummt; Wichel, ON. bei Lohne nahe Vechta; Wichein, Gut bei Arnsberg, 1000 Wiglom; 12.Jh. Wicherinclo, Wigeringe, Wg. bei Beckum1320; Wiescherhöfen bei Hamm, 1150 Wiscloim; Wiesloch bei Heidelberg, 9.Jh. u.ö. Wezzinloch, Wizzenlochli22; Windloh, FlurN. bei Hermannsburg, 990 Uuindlas, Adam v. Bremen Windloch1323; 1295 Vinelo, bei Riesenbeck; 1208 erwähnte Wg. Wihtlon bei Herzebrock; Wintel, Hof bei Emsbüren, 15.Jh. Wintelo1324; Wittler, Hof bei Dornberg, 14.Jh. Witlo; 14.Jh. ton Witlo, bei Senden; Wittler/Witlo bei Amelsbüren, Liesborn und Milte1325; Wormeln bei Warburg, ca. 1018 Vuurmlahun, 1230 Wurmlho, 1250 Wermlo1326; 1316 Wulvela, bei Lette1327. Kartiert wurden auch Zumlo, Hof bei Altwarendorf, 1205 in then Lo1328; Zweckel, Kr. Lüdinghausen, um 1150 Sveclo1329; Zwerchloe, Wg. bei Regensburg, 9.Jh. Zwerchloe, Twerchloemo. Weiterhin enthält die Karte zehn Flurnamen aus dem Rheinland1331; einige Ortsnamen aus Schleswig-Holstein1332, auch etliche Flurnamen1333; Flurnamen aus dem Kreis Rotenburg/Wümme1334; etliche Ortsnamen aus Nordost-
1315 1316 1317 1318 13,9 1320 1321 1322 1323 1324 1325 1326
1327 1328 1329 1330 1331 1332 1333 1334
Förstemann 11,2,1273 f. Jellinghaus 135. R. Weber 25. Jellinghaus 135. Jellinghaus 131. Förstemann 11,2,1321. Jellinghaus 132. Förstemann 11,2,1414. Förstemann 11,2,1367. Jellinghaus 134,135. Jellinghaus 132. Arnold 118; Jellinghaus 135; dieser und Förstemann 11,2,1442 weisen auf Wurmleah in England hin, s.u. S.567. Jellinghaus 132. Westfäl. UB. III 19. Förstemann 11,2,971; R. Weber 25; Jellinghaus 135. Förstemann 11,2,1473. Dittmaier, Rhein. FlurN. 189 f. Obwohl diese nicht unproblematisch sind, vgl. Laur 142f. Jellinghaus, Holst. ONN. 278. Scheuermann 171; Hessmann, passim.
536
Ortsnamengrundwörter
bayern 1335 ; mehrere Lohbach, Lobke, Lahbach u.a. aus Südniedersachsen 1336 ; sieben Namen aus Nordwestsachsen 1 3 3 7 ; Material aus Süddeutschland 1338 , aus Schwaben 1339 , aus der Gegend um Schaffhausen 1340 , aus Thayngen 1341 und aus Hessen 1342 und Nordhessen 1 3 4 3 . Ich möchte nochmals betonen, daß weiteres Material leicht zu gewinnen ist. So hätte eine Durchsicht der Flurnamenarbeiten sicher zu weiteren Nachweisen geführt. Wie unsere Karte, die ich am Ende der Materialzusammenstellung bieten werde, aber doch zeigen wird, lassen sich Häufungen und schwächer betroffene Gebiete innerhalb des deutschen Sprachgebiets einwandfrei herauskristallisieren. N u r soviel sei hier schon angedeutet, daß die süddeutschen Namen südlich des Mains sehr viel durchsichtiger und leichter zu deuten sind als ihre norddeutschen Verwandten. Zu weiteren Überlegungen unter Einbeziehung der Namenstreuung wird nach Vorstellung des Materials aus den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Nordfrankreich, England und Skandinavien zurückzukommen sein.
b. Niederlande, Belgien, Luxemburg und Nordfrankreich Wie oben vor Beginn der Auflistung der Namen des deutschen Sprachraums unter Bezug auf eine Bemerkung von H . Jellinghaus schon angesprochen worden ist, sind auch die westlich an Deutschland angrenzenden Landstriche reich an -ZofÄJ-Namen. Hier liegt wohl auch der bekannteste: Waterloo. Wichtiger als eine reine Auflistung wird jedoch die bisher nicht unternommene Kartierung der in Frage kommenden Namen sein. Durch die Streuung der Namen wird neues Licht auf Fragen der Siedlungsgeschichte geworfen. Vor allem wird es darum gehen zu prüfen, inwieweit bisher beobachtete Erscheinungen (so z . B . die der mutmaßlichen Brückenfunktion der Niederlande und Belgiens) auch bei germ. *lauba- auftreten. Der nun folgenden Sammlung kommt daher m . E . eine erhebliche Bedeutung zu. Ich habe aber nur relativ sichere Fälle und Orte aufgenommen, die verifiziert werden konnten. Manche der bei Jellinghaus und Förstemann genannten Beispiele blieben daher fern.
Vgl. E. Schwarz, SSN. 161. Kettner 177 f. 1337 H. Naumann, BNF. 12(1961)122; Karte S.147. 1338 M.R. Buck, Oberdeutsches Flurnamenbuch, 2. Aufl., Bayreuth 1931, S.165. 1339 J. Miedel, Oberschwäbische Orts-und Flurnamen, Memmingen 1906, S.54. 1340 Q w a l t e r > j)ie Orts- und Flurnamen des Kt. Schaffhausen, Schaffhausen 1912, S.86; H. Bächtold, Die Flurnamen der schaffhauserischen Enklave Stein am Rhein, Frauenfeld 1916, S.71. 1341 M. Koch, Die Flurnamen der Gemarkung Thayngen, Bern 1926, S. 106 f. 1342 Hess. FlurN.-Atlas, Karte 123. 1343 F. Debus, Hess. Jb. f. Landesgeschichte 18(1968)40ff. mit Karte 1. 1335
1336
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Ich habe notiert Agelo in Overijssel, 1298 (A. 1304) Agio1344; Almelo in Overijssel, 1157 (K. 17.Jh.) de Almelo, 11675 (K. 1247) de Almelo, 1169 (K. 15.Jh.) Almeloe, 1220 Almelo™5; Amberloup in Wallonien, 687 (F. 11.Jh., K. 12.Jh.) Amerlacensis, 888 (K. ca. 1191) Amberlao, 896 (K. 13.Jh.) Amarlaus1346; Andel in Nord-Brabant, um 850 (K. um 1170) Analo, 1212 Anle1347; Angelsloo bei Emmen in Drente, nur erwähnt bei Jellinghaus 133, unsicher, nicht kartiert; Angerlo in Ost-Gelderland, 1025 (K. 18.Jh.) Angario, 1129 AngerIo1™·, Anlo in Drente, 1139 (Κ. 16. Jh.) in Anloe, 1148 (K.) apud Anion, 1169 (Κ. 15.Jh.) in Anlo1349; Aperlo bei Doornspijk in der Veluwe, 14.Jh. Apeldorenloe135°; Arkel in Südholland, 10.-ll.Jh. in Arkloa, 999 (K. 12.Jh.) Arelo, 1002 (Κ. 12.Jh.) in villa Arelo usw.1351; Arlo, WgN. bei Tinaarlo und Taarlo (Drente), 820 (Κ. 10.Jh.) Arlo, 12.Jh. (?) in Arlon1352; Asselt in Limburg bei Roermond, 860 (K. 12.Jh.) Aslao, ca. 881-882 (K. 10.Jh.) in Hasiao, ca. 882 (K. 11.Jh.) Hasiao, Haslac, 888 (K. 12.Jh.) Aschlo usw.1353; Asselt bei Apeldoorn auf der Veluwe, 814 in Hoslen54, Gysseling I 75 kennt nur einen Beleg aus dem 13. Jh. Asie; Azelo bei Delden, Overijssel, 1333 AseloUK. Man vergleiche weiter Baal bei Ressen (Gelderland), ca. 850 in uilla Baria, 11.Jh. ad maiorem Barlam, 1. Hälfte 13.Jh. Barle1356; Baarle bei Drongen (Gent), 820-22 (K. 941) in Barloria mariscum, 1025 (K. ll.Jh.) Baria, 1038 Baria usw.1357; Baarle-Hertog bei Turnhout, 1129 Barle, 1221 Barle1358; Baarle bei Hasselt, 1160 Barle1359; Baarle, WgN. bei Aardenburg (Seeland), 1153 Berle, 1161 Berla, 1214 Baria1™; Baarlo bei Zwartsluis und Vollenhove1361; Baarlo(o) bei Maasbree1362; Baflo, nördl. v. Groningen, 944 (K. um 1150) in Bestion136*, 10.-ll.Jh. de Bahtlon, ll.Jh. in Bahtlon, ll.Jh. in Baflon, 1 1 12.Jh in Bahtlon, 1211 in Beftlon(A; Bakel in Nord-Brabant, 714 (K. 1191)
Moerman 148; Jellinghaus 133. 1345 LNT. 63; Gysseling I 48; Förstemann 11,1,112; Moerman 148; Jellinghaus 131. 1346 Herbillon 5; Gysseling I 52; Förstemann 11,1,133. 1347 Gysseling I 55; LNT. 67; Förstemann 11,1,143; R. Weber 9,10. 1348 L N T 68; Moerman 149; Förstemann 11,1,153. 1349 L N T 6 8 . jellinghaus 133; Förstemann 11,1,143; Gysseling I 59. 1350 Moerman 149. 1351 LNT. 70; Förstemann 11,1,199; Moerman 150; Gysseling I 68. 1352 LNT. 70; Jellinghaus 132. 1353 LNT. 72; Moerman 146. 1354 Moerman 149. 1355 Moerman 148; Jellinghaus 131. 1356 LNT. 75; Moerman 150; Gysseling I 90; Förstemann 11,1,360. 1357 Gysseling I 90. 1358 Gysseling I 90; Förstemann 11,1,360. 1359 Gysseling I 90. 1360 Gysseling I 90; LNT. 76. 1361 Jellinghaus 133. 1362 Pée-Meertens 42. 1363 Gysseling I 93 sieht darin Beftlon. 1364 L N T 7 6 ; Moerman 147; Gysseling I 93; Westfäl. UB. III 35; Förstemann 11,1,325. 1344
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Ortsnamengrundwörter
actum Bagoloso, 721 (K.1191) 721 in loco Baclaos ... in ipsa Baclaos ... loco Baclaos, 12.Jh. Bacie1365; Ballo, O N . in Drente, um 1300 Banlo, dort auch Gerichtsplatz de Ballerkoele1366; Baudeloo, ON. in Flandern, 15. Jh. Bode/o1367; Bavel bei Oldenzaal, Overijssel, 1359 Bauele13bS; Beaulo bei Ruminghem, 1142 Bethlo; Beaulo, FlurN. bei Éperlecques, um 1182 (Κ. 12.Jh. und 1775) de Belo, um 1183 (Κ. 1775) Bethlo, 1189 Belo1169; Bemmel in Limburg, 1096 (K. 15.Jh.) de Bemele, 1157 in Bemelem, 1176 (K. 18.Jh.) de Bemela, um 1170-80 aput Bymlç1370; Bemmel in Gelderland, 1178 (F.?) Benmeie, 1189 (K. um 1485) in Bemela ... in Bemela1371; Bentelo bei Delden, Overijssel, 1188 (K. 13.Jh.) Benlo, 1297 Bentlo,372; Berclau bei Béthune, Pas de Calais, um 1040 (K. 11. Jh.) Berclaus, 1090 (K. um 1191) Berclauh, 1091 Berclaucensis usw.1373; Berkel bei Diksmuide (Westflandern), 1066 Bircia, 1085 (Κ. 1273) Bercia, 1105 Bercia1374; Berkel bei Horst in Limburg, 1219,1224 Berkele1375; Berloz bei Waremme (Lüttich), 1135 Berlo, 1171 (Κ. 13.Jh.) Berlos usw.1376; Beverloo bei Hasselt, 1186 Beverie, Anf. 13.Jh. Beverlo1377; Bijssel bei Doornspijk, 14.Jh. Bisel, in den Biselle1379; Boekel bei Akersloot, Nordholland, 889 (Κ. 1206-1226) Bodokenlo, 1169 (Κ. um 1200) Bukle, um 1115 (verfälscht um 1300) in ... loco Bocio1379; St. Blasius-Boekel bei Oudenaarde (Ostflandern), 1132 (K. um 1177) Bocla, 1148 Bocla, um 1185 Boele; dort auch St. DenijsBoekel, 1108 Boele usw.1380; Boekelo bei Enschede (Overijssel), 1381/83 Boecler13*1; Boetele bei Raalte (Overijssel), 1383 Boetlo, Botle1382; Borgele bei Diepenveen (Overijssel), 960 (K. 16.Jh.) in villa Borglo13*3; Borkulo, Ost-Gelderland, 1190 de Burkelo, 1200 de Burglo13M; Bouveloo, ON. bei Anzegem, 1203 Bovindo1™; Brakel, Wg. in Gelderland, 838 (K. 11.Jh.) in Bracola; Brakele, Wg. in der Umgebung von Kuik, Nord-Brabant, 1144 Brakele,
65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80 81 82 83 84 85
LNT. 76; Moerman 146; Gysseling I 95. Moerman 148; Jellinghaus 133. De Flou I, Sp. 573. Moerman 148. Gysseling I 108; Förstemann 11,1,434; De Flou I, Sp. 605-607. LNT. 81. LNT. 81; Moerman 150. Förstemann 11,1,356; Moerman 148; Gysseling I 121; Jellinghaus 133. Gysseling I 123; Förstemann 11,1,430. Gysseling I 126; Förstemann 11,1,430. Gysseling I 126. Gysseling I 128; Herbillon 17; Förstemann 11,1,407. Förstemann 11,1,444; Gysseling I 139. Moerman 149. Gysseling I 156; Moerman 147; Förstemann 11,1,528; LNT. 93; R. Weber 13. Förstemann 11,1,528; Gysseling I 156. Moerman 148; Jellinghaus 131. Moerman 148. LNT. 94; Moerman 148. LNT. 95; Moerman 149. De Flou II, Sp. 558.
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12. Jh. de Brakele1386; Brakel bei St. Martens-Laatem (Gent), 736 (K. 941) u.ö. Brakelam?; Bramel, O N . in Ost-Gelderland, 1396 Bramelems; z.J. 1110 Bredenlo, 1140 Breidelo, unbekannt in Belg. Limburg 1389 ; Bruggelen bei Apeldoorn, hierzu evtl. 801 Bráclognw; 1284 Bacio, in Ost-Gelderland erwähnter ON.1391; Buurlo bei Apeldoorn (Gelderland), 814 (K. um 1170) silva Burlohe, 855 (K. 10. Jh.) Burlo1™. Ferner wurden kartiert Cralo bei Reinen (Drente), um 1300 Craenloli91; Daarle bei Hellendoorn (Overijssel), 10.Jh. in Darloe, 12.Jh. de Dario1394; Dabbelo bei Apeldoorn, 855 (K. 10.Jh.) Dabbonlo1395; Daverloo, ON. bei Assebroek (Brügge), nach 1140 Dauarlo, um 1120 Daverlo, 1356 daverlo1396; Deurle, O N . bei Gent, 1114 u.ö. Durle1397; Deurlo, GN. bei Tolen und Vlissingen, 1373 Dorolooim; Dikelo, ON. bei Quelmes, 1221 Dikelo1399; Dinxperlo in Gelderland, alt Dinsxperloe140t>; Donkerloh bei Diepenheim in Overijssel, 1188 (K. 13.Jh.) DunckerloI401; Dwingelo in Drente, 1181 (Κ. 15. Jh.) Twingelo, 1206 Duingelo, 1207 (K. 15. Jh.) Thuingelo14°2. Weiterhin wurden in die Karte aufgenommen 808 (vier verschiedene Kopien) Eclovm, Echohum, Eclohum, Wg. bei Landrethun-le-Nord (?)1403; Eecloo in Flandern, 1219