Nachfragemacht in der Fusionskontrolle [1 ed.] 9783428467761, 9783428067763


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Nachfragemacht in der Fusionskontrolle [1 ed.]
 9783428467761, 9783428067763

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HELMUT BERGMANN

Nachfragemacht in der Fusionskontrolle

Schriften zum Wirtschaftsrecht Band 63

Nachfragemacht in der Fusionskontrolle

Von

Dr. Helmut Bergmann

Duncker & Humblot . Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bergmann, Helmut: Nachfragemacht in der Fusionskontrolle / von Helmut Bergmann. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zum Wirtschaftsrecht; Bd. 63) Zug!.: Tübingen, Univ., Diss., 1989 ISBN 3-428-06776-2 NE:GT

D21 Alle Rechte vorbehalten © 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0582-026X ISBN 3-428-06776-2

Meinen Eltern

Vorwort Vorliegende Untersuchung wurde von der Juristischen Fakultät der EberhardKarls-Universität Tübingen im Wintersemester 1988/89 als Dissj!rtation angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum konnten bis Juli 1989 berücksichtigt werden. Hinsichtlich der 5. Novelle zum GWB wurde der Stand des Regierungsentwurfes vom 1. 2. 1989 zugrundegelegt. Zum Zeitpunkt der Drucklegung ist zu erwarten, daß bei den für diese Arbeit maßgeblichen Punkten im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine Änderung mehr eintreten wird. Meinem verehrten Lehrer und Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Wemhard Mösche1, der die Arbeit angeregt und in vieInHtiger Hinsicht gefördert hat, danke ich herzlich. Darüber hinaus möchte ich Herrn Prof. Dr. Ulrich Huber, für den ich während des Entstehens der Untersuchung wissenschaftlich tätig war, für sein Verständnis und manch wertvollen Hinweis danken. Herr Reinhard Vieth und Herr Hans-Joachim Matschuck von der 9. Beschlußabteilung des Bundeskartellamts haben die Arbeit gefördert, indem sie mir einen Einblick in die Tätigkeit des Amtes im Bereich der Fusionskontrolle im Handel ermöglichten. Frau Gudrun Roitzheim und Herrn Dr. Gerd Saßenrath danke ich für die umsichtige Durchsicht des Manuskripts. Zu danken habe ich schließlich dem Arbeitskreis Wirtschaft und Recht des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft für die Gewährung eines Promotionsstipendiums und eines Druckkostenzuschusses. Bonn, im Juli 1989

Helmut Bergmann

Inhaltsverzeichnis Einführung und Gang der Darstellung

21

Teil]

Der praktische Befund I. Die Erscheinungsformen von Nachfragemacht ..................................

24

1. Nachfragemacht der öffentlichen Hände .....................................

24

2. Nachfragemacht der Industrie gegenüber Zulieferem .......................

24

3. Nachfragemacht des Handels .................................................

25

11. Konzentration im Lebensmittelhandel ........................................ . . .

25

1. Entwicklung und Stand der Konzentration ...................................

25

2. Relativierung der Konzentrationsentwicklung in der betriebswirtschaftlichen Literatur ........................................................................

27

3. Exkurs: Konzentration und Zusammenschlußkontrolle ......................

28

4. Ursachen der Konzentration im Lebensmittelhandel ........................

28

5. Käufermarktlage ...............................................................

29

III. Entscheidungspraxis des BKartA ................................................

30

1. Lebensmittelhandel ............................................................

30

2. Der Fall "Hussel-Mara" .......................................................

32

Teil 2

Theoretische Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktmacht bei der Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite I. Nichtexistenz von Nachfragewettbewerb und Ungeeignetheit der Eingriffsvoraussetzungen? .....................................................................

33

1. Ausgangspunkt ................................................................

33

2. Nachfragewettbewerb im Verkäufermarkt ............. ......................

34

3. Nachfragewettbewerb im Käufermarkt ................................... ....

34

Inhaltsverzeichnis

10

11. Unschädlichkeit von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite? .............

37

1. .Ausgangspunkt ................................................................

37

2. Normative Anknüpfung .......................................................

37

3. Schädlichkeit von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite ..............

38

III. Bilaterales Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis .............................

39

1. Ausgangspunkt ................................................................

39

2. Bewertung ................ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

IV. Umdeutungsansatz

40

1. Ausgangspunkt

40

2. Bewertung .....................................................................

41

V. Spiegelbildtheorie .................................................................

42

1. Ausgangspunkt ................................................................

42

2. Bewertung .....................................................................

42

VI. Zwischenergebnis .................................................................

43

Teil 3 Marktabgrenzung bei Nachfragern I. Ausgangspunkt und Notwendigkeit einer Marktabgrenzung ....................

44

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes .....................

46

1. Vorbemerkung .................................................................

46

2. Abgrenzung nach dem Umdeutungsansatz ...................................

47

a) Darstellung der Theorie...................................................

47

b) Anwendung in der Praxis .................................................

49

aa) Lebensmittelhandel ..................................................

50

bb) "Hussel-Mara" .......................................................

52

c) Kritik ......................................................................

53

3. Abgrenzung nach der Spiegelbildtheorie .....................................

55

a) Darstellung der Theorie ...................................................

55

aa) Produktkonzept .......................................................

56

bb) Angebotsumstellungskonzept ........................................

56

(1) Produktionsumstellung ..........................................

57

(2) Vertriebsumstellung .............................................

58

Inhaltsverzeichnis

11

b) Anwendung in der Praxis .................................................

59

aa) Lebensmittelhandel ..................................................

59

bb) Exkurs: Bündelung der Produktgruppenmärkte zu einem Sortimentsmarkt? ..........................................................

61

ce) "Hussel-Mara" .......................................................

61

c) Kritik ......................................................................

62

4. Abgrenzung nach dem Produktvertriebskonzept .............................

63

a) Darstellung der Theorie ...................................................

63

b) Kritik ......................................................................

63

5. Zusammenfassung der Kritik und Entwicklung eines eigenen Lösungs-

ansatzes: Wettbewerbsbezogene Gesamtbetrachtung auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes ........ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

1II. Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes ....................

66

1. Ausgangspunkt ................................................................

66

2. Bundesgebiet als räumlich relevanter Markt .................................

67

3. Regionalmärkte ................................................................

67

4. Euromarkt, Weltmarkt? .......................................................

68

5. Ergebnis ........................................................................

72

IV. Abgrenzung des zeitlich relevanten Beschaffungsmarktes ......................

72

Teil 4

Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern I. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte zur Marktbeherrschung auf einem Nachfragemarkt .................. .................................... ......

73

1. "Unverzichtbarkeitsthese" des BKartA .......................................

73

a) Lebensmittelhandel .......................................................

73

b) "Hussel-Mara" ............................................................

74

c) Würdigung ............................................................ ....

75

2. Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionen ........................

77

a) Darstellung ................................................................

77

b) Würdigung

78

12

Inhaltsverzeichnis 3. Konzept der Nachfragebegrenzung ............................. ..............

79

a) Darstellung ................................................................

79

b) Würdigung ..... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

4. Konzept der Marktbehauptung ................................................

81

a) Darstellung

81

b) Würdigung

81

11. Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung ................................................................ 1. Marktstruktur, Marktverhalten, Marktergebnis -

82

Gesamtbetrachtung .....

82

2. Verhältnis der Tatbestandsalternativen .......................................

84

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager .....................................

85

1. § 22 Abs. 1 Nr. 1 1. Alt. GWB (Vollmonopson)

85

2. § 22 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. GWB (Teilmonopson)

86

3. § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB (überragende Marktstellung) .......................

87

a) Ausgangspunkt der Prüfung ..............................................

87

b) Die einzelnen Strukturkriterien ...........................................

88

aa) Marktanteil ...........................................................

88

(1) Relativität des Merkmals........................................

88

(2) Besonderheiten auf der Nachfrageseite .........................

90

(3) Ergebnis..........................................................

92

bb) Finanzkraft ...........................................................

92

(1) Ausgangspunkt ..................................................

92

(2) Wirkungsgruppen ................................................

93

(3) Meßproblem .....................................................

95

cc) Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten ................

95

(1) Ausgangspunkt ..................................................

95

(2) Zugang zu den Absatzmärkten .................................

97

(3) Zugang zu den Beschaffungsmärkten ..........................

98

dd) Verflechtungen mit anderen Unternehmen .. ......... ..... ...... ...

99

ee) Marktzutrittsschranken ...............................................

1()()

(1) Ausgangspunkt ..................................................

1()()

(2) Keine Trennung zwischen Beschaffungs- und Absatzmarkt ..

101

(3) Marktzutrittsschranken im Lebensmittelhandel ................

101

Inhaltsverzeichnis

13

c) Weitere Strukturkriterien .................................................

106

aa) Gegengewichtige Marktmacht .......................................

106

bb) Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite ......................

108

cc) Fehlende Konditionentransparenz ...................................

108

dd) Sortimentsflexibilität .................................................

109

d) Marktverhalten ............................................................

109

e) Marktergebnistests ........................................................

109

IV. § 22 Abs. 2 GWB (Oligopson) ...................................................

110

1. Ausgangspunkt ................................................................

110

2. Innenverhältnis des Oligopsons ...............................................

111

3. Außenverhältnis ...............................................................

112

V. Vermutungstatbestände ...........................................................

113

1. Ausgangspunkt ................................................................

113

2. Entscheidungspraxis ...........................................................

113

3. Praktische Bedeutung der Vermutungstatbestände bei Zugrundelegung des Produktvertriebskonzeptes ....................................................

114

4. Niedrigere Vermutungsschwellen für Nachfrager? ..........................

115

VI. Prognoseentscheidung ............................................................

115

Teil 5

Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle? I. Ausgangspunkt ....................................................................

117

11. Darstellung der Novellierungsvorschläge ........................................

120

1. Überblick ......................................................................

120

2. Generelles Fusionsverbot für Großunternehmen des Handels...............

120

a) Vorschlag der SPD .......................................................

120

b) Vorschlag der Grünen ............ ........................................

121

c) Monopolkommission ......................................................

121

d) Bewertung.................................................................

122

14

Inhaltsverzeichnis 3. Anpassung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 GWB an die Besonderheiten der Handelsnachfrageseite .............................................

123

a) Vorschlag von Ulmer .....................................................

123

b) Vorschläge der CDU ......................................................

124

aa) "Nachfragemachtbezogene Anpassung der Fusionskontrolle im Handel" ...............................................................

124

bb) "Verbrauchernahe Handels- und Dienstleistungsbereiche" ........

125

c) Bewertung.................................................................

125

4. Eigenständige Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite generell

127

a) Vorschlag des DIHT ......................................................

127

b) Weitere Diskussionsbeiträge ..............................................

127

c) Bewertung .................................................................

128

5. Weitere Vorschläge ...........................................................

128

a) Gesetzliche Marktabgrenzungsdefinition .................................

129

b) Streichung des Tatbestandsmerkmals "im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" ................................................................

129

c) Einfügung weiterer Kriterien in § 22 Abs. 1 Nr. 2 GWB ...............

130

d) Verrnutungsansätze ................... .................. ............ ......

131

aa) Halbierung der Marktanteile .........................................

131

bb) Unwiderlegbarkeit der qualifizierten Oligopolverrnutung ..........

132

e) Streichung der Bagatellmarktklausel .....................................

133

III. Argumente gegen eine Verschärfung der Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite des Handels .................................................................

134

IV. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffes durch die 5. GWB-Novelle ....

137

1. Entwicklungsstationen des Gesetzes ..........................................

137

2. Darstellung der Änderung .....................................................

138

3. Auslegung und Bewertung....................................................

139

Teil 6 Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle I. Ausgangspunkt ....................................................................

143

11. Überblick über das EG-Recht der Zusammenschlußkontrolle ..................

144.

1. Art. 86 EWGV ("Continental-Can-Doktrin") ................................

144

2. Art. 85 EWGV ("Morris-Rothmans") ....... ................... ..............

145

3. Geplante Fusionskontroll-Verordnung ........ .................. ..............

147

Inhaltsverzeichnis

15

III. Erfassung von Nachfragemacht ..................................................

150

1. Art. 86 EWGV ................................................................

150

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite ..................................

150

b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes .......................

151

c) Nachfragemarktbeherrschung .............................................

152

d) Nachfragemachtmißbrauch durch Zusammenschluß ............... .....

154

e) Grundsätzlich nur ex-post-Kontrolle .....................................

155

'2. Art. 85 EWGV ................................................................

156

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite ..................................

156

b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes .......................

157

c) Übertragung der Grundsätze des EuGH auf die Nachfrageseite ........

157

d) Verhältnis zu Art. 86 EWGV .............................................

159

e) Grundsätzlich nur ex-post-Kontrolle .....................................

160

3. Geplante Fusionskontroll-Verordnung ........... ....... ......................

160

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite ..................................

160

b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes .......................

163

c) Untersagungskriterium ....................................................

163

d) Genehmigungskriterien ...................................................

164

e) Verhältnis zu Art. 85, 86 EWGV ........................................

165

Zusammenfassung in Thesenform

167

Literaturverzeichnis

171

Stichwortverzeichnis

191

Abkürzungsverzeichnis a.A. aaO. ABI. EG Abs. a.E. AG

= anderer Ansicht

Art. Aufl. BAG

= Artikel

BAG-Nachr.

= Mitteilungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und

BauNVO BB Bd.

= Baunutzungsverordnung

BOI

Begr. Beil.

BFH

BFuP BGB BGBI. BGH BGHZ BKartA BMWi BR BReg. BStBI. BStG

BT

BVE BVerfG BVerfGE bzw. ca. CMLR

= am angegebenen Ort

= Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften = Absatz

= am Ende = Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift für das gesamte Aktienwe-

sen)

= Auflage

= Bundesarbeitsgemeinschaft der Mittel- und Großbetriebe des

Einzelhandels e. V. Köln

Großbetriebe des Einzelhandels e. V.

= Der Betriebs-Berater = Band

Bundesverband der Deutschen Industrie Begründung Beilage Bundesfinanzhof = Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis = Bürgerliches Gesetzbuch = Bundesgesetzblatt = Bundesgerichtshof = Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen = Bundeskartellamt = Bundeswirtschaftsministerium = Bundesrat = Bundesregierung = Bundessteuerblatt = Biersteuergesetz = Bundestag = Bundesvereinigung der Deutschen Emährungsindustrie = Bundesverfassungsgericht = Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts = beziehungsweise = circa = Common Market Law Review = = = =

Abkürzungsverzeichnis CR dass. DB ders. d.h. dies. DIHT Diskuss. Diss. Drucks. DVBl. ECLR EG EG-Komm. EuGH EuGH Slg. EuR EWG EWGV f.

FAZ

ff.

FIW FIW-Dok. FK

FLF

Fn. G&L GBTE gern. GG ggf. GK GRUR GWB HB h.M. Hrsg. i.allg. i.d.Rs. 2 Bergmann

17

Computer und Recht dasselbe Der Betrieb derselbe das heißt dieselbe Deutscher Industrie- und Handelstag Diskussion Dissertation Drucksache Deutsches Verwaltungsblatt (Zeitschrift) European Competition Law Review Europäische Gemeinschaften Kommission der Europäischen Gemeinschaften Europäischer Gerichtshof Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften Europarecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e.V. Köln FIW-Dokumentation Frankfurter Kommentar zum Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Finanzierung - Leasing - Factoring Fußnote Glendinning und Lehning Groeben / Boeckh / Thiesing / Ehlermann, Kommentar z. EWGVertrag gemäß Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinschaftskommentar, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und Europäisches Kartellrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Handelsblatt (Wirtschafts- und Finanzzeitung) = herrschende Meinung Herausgeber im allgemeinen in der Rechtssache

18 i.e. i.Erg. Ifo-Institut i.H.v. IM insbes. i.S.d. i.V.m. JA JZ KG Kommission LadenSchlG LG LMBG LZ MA m.a.W. Mio. MK

Mrd.

m.v.w.N. m.w.N. NJW Nr. NVwZ OECD OLG ORDO rd. Rdnr.

RIW

Rspr.

S.

Slg. sog. st.Rspr. Tab. TB Tz. u.a. unstr. u.U.

Abkürzungsverzeichnis im einzelnen im Ergebnis Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in Höhe von Immenga / Mestmäcker, Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Kommentar insbesondere = im Sinne des = in Verbindung mit = Juristische Arbeitsblätter = Juristenzeitung Kammergericht Kommission der Europäischen Gemeinschaften Ladenschlußgesetz Landgericht Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz Lebensmittelzeitung (Deutsche Handelszeitung) Markenartikel (Zeitschrift der Markenartikelindustrie ) mit anderen Worten Million Monopolkommission Milliarde mit vielen weiteren Nachweisen mit weiteren Nachweisen = Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Organization for Economic Co-operation and Development Oberlandesgericht Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft rund Randnummer = Recht der Internationalen Wirtschaft, Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters = Rechtsprechung Satz / Seite / siehe Amtliche Sammlung sogenannt ständige Rechtsprechung Tabelle Tätigkeitsbericht Textziffer unter anderem unstreitig unter Umständen

Abkürzungsverzeichnis

19

= vom Verfasser Verf. vergleiche vgl. Verordnung VO VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz Wirtschaftsdienst (Wirtschaftspolitische Monatsschrift) WD Wiss.Beirat BMWi = Wissenschaftlicher Beirat beim Bundesminister für Wirtschaft WiSt = Wirtschaftswissenschaftliches Studium WM = Wertpapiermitteilungen - Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WRP = Wettbewerb in Recht und Praxis WuW = Wirtschaft und Wettbewerb = WuW-Entscheidungssammlung zum Kartellrecht WuW/E z.B. = zum Beispiel = Zeitschrift für Betriebswirtschaft ZfgG = Zeitschrift für das gesamte Genossenschaftswesen ZGR = Zeitschrift für Untemehmens- und Gesellschaftsrecht ZHR = Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht ZIP = Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis = zitiert zit. Zivilprozeßordnung ZPO ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil z.T. v.

zm

Einführung und Gang der Darstellung Kaum ein anderes Thema hat die kartellrechtliche Diskussion der letzten Jahre in der Bundesrepublik Deutschland so bestimmt wie die anhaltende Konzentration im Handel, vor allem im Lebensmittelhandel. Neben dem Problem der Größtfusionen und der zunehmenden Infragestellung der wettbewerblichen Ausnahmebereiche war sie hauptsächlicher Auslöser für die Durchführung der 5. GWB-Novelle, die im Laufe des Jahres 1989 vom Gesetzgeber verabschiedet werden wird und durch die im Bereich des Handels das kartellrechtliche Instrumentarium gegen Konzentration und Machtmißbrauch verbessert werden soll. Einen Teilaspekt der umfassenden Diskussion über die Handelskonzentration bildet das Verhältnis von Handel und Industrie, für welches das fast schon legendär gewordene Schlagwort "Nachfragemacht des Handels" geprägt wurde. Die Diskussion über das Phänomen "Nachfragemacht" begann bereits in den 60-er Jahren. Sie wurde damals vornehmlich durch die Schriften Sölters 1 und die sich daran anschließende Kontroverse zwischen Sölter und Kathrein 2 ausgelöst. Trotz formaler Gleichbehandlung durch das GWB 3 hinkte die wirtschaftstheoretische Erfassung der Nachfrageseite derjenigen der Angebotsseite lange Zeit hinterher und es bestehen auch heute noch - nicht nur bei der Funktionsweise des Nachfragewettbewerbs 4 - beträchtliche theoretische Defizite. 5 Eine Neubelebung erfuhr die wissenschaftliche Diskussion über die Nachfragemacht durch das 7. Sondergutachten der Monopolkommission 6 , das sog. Nachfragemacht-Gutachten, welches im Jahre 1977 vorgelegt wurde. Schon mit der Vierten Kartellrechtsnovelle sollten dem BKartA weitere rechtliche Möglichkeiten an die Hand gegeben werden, um gegen Nachfragemacht und deren Mißbrauch vorzugehen. 7 Seinen Ausdruck fand dies in der Schaffung der §§ 26 Abs.2 S.3, Abs.3; 37 a Abs.3 GWB und der Neufassung des § 22 1 Sölter, Nachfragemacht und Wettbewerbsordnung; ders., MA 1961,337 ff.; ders., DB 1964, 1251 ff.; ders., WuW 1968, 317 ff. 2 Kathrein, Nachfrage im Wettbewerb. 3 Wendland, WuW 1983, 357. 4 Vgl. Knöpfte, BB 1987, 1960 ff. S Vgl. neuerdings Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, der eine theoretische Klärung des Nachfragemachtproblems im Rahmen einer evolutionären Spielraumanalyse versucht. S. auch Kirschner, Nachfragemacht, S. 33 ff. 6 MK, Sondergutachten 7, Mißbräuche der Nachfragemacht und Möglichkeiten zu ihrer Kontrolle im Rahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen; vgl. hierzu Ulmer, WuW 1978,330 ff. 7 Vgl. Begr. der BReg., BT-Drucks. 8/2136, S. 15 ff.

22

Einführung und Gang der Darstellung

Abs.4 GWB. Hervorzuheben ist auch die Neueinrichtung der 9. Beschlußabteilung beim BKartA im Jahre 1980, die sich intensiv mit der Handelskonzentration und insbesondere auch mit Problemen der Nachfragemacht beschäftigt. Das Schrifttum zur Nachfragemacht ist heute kaum mehr zu übersehen. Die Konjunktur dieses Phänomens in Gesetzgebung, Wissenschaft und Praxis bezog sich bis vor kurzem jedoch vornehmlich auf die Verhaltenskontrolle. Erst in den Jahren 1981 bis 1984 untersagte das BKartA vier Zusammenschlüsse aus dem Bereich des Handels, schwerpunktmäßig aus dem Lebensmittelhandel, zumindest auch wegen Marktbeherrschung von Nachfragern. 8 Eine gerichtliche Überprüfung der vom BKartA dabei für die Nachfrageseite aufgestellten Thesen erfolgte nur in beschränktem Umfang. 9 Eine höchstrichterliche Klärung der zahlreichen aufgeworfenen Probleme liegt nicht vor und ist in überschaubarer Zukunft auch nicht zu erwarten, da das BKartA nach der rechtskräftigen Entscheidung des Kammergerichts im Fall "Coop-Wandmaker" gegen Fusionen im Lebensmittelhandel nur noch im Hinblick auf Marktbeherrschung auf Angebotsmärkten vorgeht. 10 Auch die Literatur geht erst in neuerer Zeit auf die Probleme ein, die die Nachfrageseite in der Zusammenschlußkontrolle aufwirft. Überwiegend steht sie der Praxis des BKartA in diesem Bereich eher skeptisch gegenüber. Selbst maßgebliche Vertreter aus dem BKartA wollen in den genannten Untersagungsverfügungen einen grundlegendenen Wandel in der Amtspraxis erkennen und stellen die Frage, ob damit nicht die Glaubwürdigkeit der Fusionskontrolle tangiert sei. 11 Aufsehen erregte endlich auch das Sondergutachten der Monopolkommission zur Konzentration im Lebensmittelhandel aus dem Jahre 1985 12 , in dem die Kommissionsmehrheit die Kartellamtspraxis betreffend die Nachfragemacht in der Fusionskontrolle als im wesentlichen nicht gesetzeskonform ansah. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich aus juristischer Sicht mit den Problemen, die bei der Behandlung der Nachfrageseite des Handels in der materiellen Zusammenschlußkontrolle auftreten. Es wird der Versuch unternommen, die Nachfragemacht in der Fusionskontrolle auf der Grundlage des geltenden Rechts sinnvoll zu erfassen. 13 8 BKartA WuW /E BKartA 1897 ff. ("Hussel-Mara"); BKartA WuW /E BKartA 1970 ff. ("Coop-Superrnagazin"); BKartA WuW / E BKartA 2060 ff. ("Metro-Kautbof'); BKartA WuW /E BKartA 2161 ff. ("Coop-Wandmaker"). 9 KG WuW /E OLG 3577 ff. ("Hussel-Mara"); KG WuW /E OLG 3917 ff. ("CoopWandmaker"). 10 Vgl. TB BKartA 1985/1986, S. 9; TB BKartA 1987/1988, S. 9. 11 Markert, AG 1986, 173, 180. 12 MK, Sondergutachten 14, Die Konzentration im Lebensmittelhandel, 1985; vgl. hierzu Hölzler / Wissel, MA 1985,396 ff.; Ahlert, MA 1985,536 ff.; Arndt, MA 1985, 556 ff.; Markert, Blick durch die Wirtschaft v. 10.5. 1985, S. 3; Nacken, BAG-Nachr. 1/1986, S. 5 ff.

Einführung und Gang der Darstellung

23

Teil 1 der Arbeit stellt die verschiedenen Erscheinungsformen der Nachfragemacht und den entscheidungsrelevanten Tatbestand dar. Dabei wird die Konzentration im Lebensmittelhandel aufgezeigt und die bislang zur Entscheidung gelangten Zusammenschlußfälle werden vorgestellt. Die Frage, wie das vorhandene Instrumentarium des nationalen Rechts der Fusionskontrolle auf den festgestellten Sachverhalt anzuwenden ist, soll in den Teilen 2 bis 4 behandelt werden. Nach einer kurzen Darstellung der bislang entwickelten theoretischen Ansatzpunkte zur Erfassung von Nachfragemacht bzw. Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite stellen die Marktabgrenzung und die Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern die beiden Hauptproblemkreise dar. Hierbei erfolgt jeweils eine Auseinandersetzung mit bestehenden Lösungskonzepten. Ganz im Mittelpunkt der Betrachtungen steht eine differenzierte Darstellung und Übertragung der Beurteilungskriterien des § 22 Abs.l Nr.2 GWB auf Nachfragemarktbeherrschung. Schließlich beschäftigt sich Teil 5 mit den in der 5. GWB-Novelle vorgesehenen Änderungen der gesetzlichen Untersagungsvoraussetzungen der Fusionskontrolle im Handel, soweit sie die Nachfrageseite betreffen. Dabei werden zunächst die hierzu in der vehement geführten Novellierungsdiskussion eingebrachten Vorschläge, welche als Alternativkonzepte für die Auslegung der neuen Vorschriften von Interesse sein können, dargestellt und kritisch gewürdigt. Eine Übersicht über die Argumente der Novellierungsgegner schließt sich an. Bei der Darstellung und Analyse der durch die Novelle verfolgten Konzeption steht im Mittelpunkt der Betrachtung die Frage, ob bzw. in welcher Hinsicht sich die bislang geltende Rechtslage tatsächlich ändern wird. Im abschließenden Teil 6 der Untersuchung werden Parallelprobleme auf der Ebene des europäischen Gemeinschaftsrechts behandelt. Dabei soll die Frage beantwortet werden, ob und inwieweit Nachfragemacht im europäischen Recht der Zusammenschlußkontrolle eine Rolle spielen kann. Der Untersuchung werden sowohl Art. 85, 86 EWGV als auch die geplante Fusionskontroll-Verordnung zugrundegelegt.

13

Vgl. die Forderung von Kartte, Marktstruktur, S. 58 f.

Teil 1

Der praktische Befund I. Die Erscheinungsformen von Nachfragemacht Das Problem der Nachfragemacht begegnet uns hauptsächlich in drei Bereichen. 1 1. Nachfragemacht der öffentlichen Hände

Zum einen können die öffentlichen Hände im Beschaffungswesen Nachfragemacht gegenüber privaten Anbietern innehaben 2, so etwa bei der Vergabe öffentlicher Bauaufträge. Unter dem Aspekt der Zusammenschlußkontrolle ist diese Erscheinungsform der Nachfragemacht allerdings auszuklammern.

2. Nachfragemacht der Industrie gegenüber Zulieferern

Zum anderen ist im Verhältnis zwischen industriellen Abnehmern und Zulieferem die Nachfragemacht zu einem immer größeren Problem geworden. 3 Ein Zusammenschlußfall aus diesem Bereich, der vom BKartA im Hinblick auf Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite geprüft und untersagt worden wäre, ist jedoch nicht bekannt geworden. 1 TB BKartA 1976, S. 28; TB BKartA 1979/80, S. 35 ff.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 259; Kartte, Unternehmer 7/1986,6; Hansen, WiSt 1980,78; Satzky, ZHR 1984,603; Görgens, ORDO 35 (1984), 231; Niestrath, Nachfragemacht, S. 8; Meier, Nachfragemacht, S. 5 ff.; Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563, 588 Fußn. 95; Möhlenbruch, Betriebswirtschaftliche Probleme einer Kontrolle der Nachfragemacht des Handels, S. 1; Schulte, Nachfragemacht auf Märkten für Auftragsprodukte, S. 26 ff. 2 S. hierzu etwa FK-Kersten, § 22 Rdnr. 265 ff.; Graf, Probleme der Nachfragemacht öffentlicher Abnehmer; Kayser / Cramer, Materialien zur staatlichen Nachfragemacht; TB BKartA 1985/1986, S. 22f.; TB BKartA 1987 /1988, S. 21 ff.;BKartA, Diskussionspapier zur Konferenz II / 86 der Kartellbehörden, WuW 1987,643 f.; auch schon Sölter, Nachfragemacht und Wettbewerbsordnung, S. 31 f.; vgl. auch HB v. 2. 11. 1987, S. 3; HB v. 11. 11. 1987, S.5. 3 S. hierzu etwa FK-Kersten, § 22 Rdnr. 263 f.; Geck / Petry, Nachfragermacht gegenüber Zulieferern; Hutzel, Große und kleine Zulieferer; Schulte, Nachfragemacht auf Märkten für Auftragsprodukte; Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 278 ff., 396 ff.; Schmidt-Cotta, HB v. 1. 3. 1988, S. 3; Rademacher / Schmitt, HB v. 10. 1. 1989, S. 12; zur Nachfragemacht der KFZ-Hersteller gegenüber unabhängigen Ersatzteileherstellern vgl. HB v. 22.10.1987, S. 19.

11. Konzentration im Lebensmittelhandel

25

3. Nachfragemacht des Handels Die weitaus wichtigste Rolle spielt die Nachfragemacht gerade auch in der Fusionskontrollpraxis in ihrer dritten Erscheinungsform: im Verhältnis des Handels zur Industrie. Der Schwerpunkt in der Entscheidungspraxis des BKartA liegt hier im Bereich des Lebensmittelhandels. Der Fall "Hussel-Mara" betraf den Handel mit exklusiven, hochpreisigen Kosmetik- und Parfümerieartikeln. Die Ausführungen zur Behandlung der Nachfrageseite in der Fusionskontrolle im Rahmen dieser Arbeit beziehen sich ausschließlich auf diese Erscheinungsform der Nachfragemacht. Wegen der bestehenden strukturellen Unterschiede sind sie nicht ohne weiteres auf das Verhältnis Industrie - Zulieferer übertragbar. 4 Während die Nachfrage der Industrie als "originär" bezeichnet werden kann, handelt es sich bei der Nachfrage des Handels um "derivative" Nachfrage. Sie ist abgeleitet von der Verbrauchernachfrage. Dies bedingt erhebliche Unterschiede beim Ablauf wirtschaftlicher Entscheidungsprozesse. Die Nachfrageflexibilität eines Sortimentshändlers etwa ist wesentlich größer als die eines nachfragenden Industrieunternehmens, das ganz bestimmte Vorprodukte für die Produktion benötigt. Auch spielt der Aspekt der Arbeitsteilung bei diesen beiden Erscheinungsformen von Nachfragemacht eine ganz unterschiedliche Rolle. Dennoch können einzelne grundlegende Ergebnisse dieser Untersuchung unter Berücksichtigung der aufgezeigten Unterschiede auch für die industrielle Nachfrageseite Geltung beanspruchen. Sie bleibt vom Ansatz her jedoch ausgeklammert. 11. Konzentration im Lebensmittelhandel 1. Entwicklung und Stand der Konzentration Schon seit den 60er Jahren 5 ist im Lebensmittelhandel eine anhaltende Konzentrationsentwicklung zu beobachten. 6 Sie wird als eine Ursache für NachfrageDifferenzierend auch Säcker, BB 1988,416,417. Zu den Veränderungen der Größenstrukturen im Handel zwischen 1950 und 1960 Nieschlag, Schriften des Vereins für Sociaipolitik 26 (1962), S. 493, 498 ff. 6 Einen guten Überblick bieten die Studien der Glendinning & Lehning GmbH, insbesondere G+L Umsatzkonzentration - Die TOP 200 1987/88 (Stand der Daten November 1987), Auszug abgedruckt in MA 1988,69; vgl. auch MA 1988,258. Zur Konzentration im Handel ausführlich außerdem DIHT, Konzentration im Zwielicht, S.7 ff.; BAG, Strukturentwicklung und Konzentration im Einzelhandel; Schenk / Tenbrink / Zündorf, Die Konzentration im Handel, S. 173 ff.; Potucek, Strukturelle Wandlungen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel und ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb, S. 71 ff.; Batzer / Tä!?er, MA 1985, 359 ff. Vgl. außerdem Wiss.Beirat BMWi, Gutachten vom 6. 12. 1986, Tz. 19; Kartte, Marktstruktur und volkswirtschaftliche Effizienz, S. 56; Kantzenbach, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5. 1985, in: Wettbewerbsbeschränkung in der Nachfrage, S.27; Berg, WRP 1986, 577 ff.; ders., ORDO 37 (1986), 183 ff.; Gröner / Köhler, Der Selbstbedie4

5

26

Teil 1: Der praktische Befund

macht angeführt. 7 Diese Konzentrationsentwicklung hat sich in den letzten Jahren verstärkt fortgesetzt. 8 Sie soll durch einige Zahlen verdeutlicht werden: Während 0,1 % der Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels 1950 11,2 % des gesamten Branchenumsatzes erreichten, waren es im Jahre 1984 bereits 54,1 %.9 Im Jahr 1984 fielen auf die fünf größten Unternehmen des Nahrungsmitteleinzelhandels 33,0 % und auf die zehn größten 43,0 % des Branchenumsatzes. Nur sechs Jahre zuvor, im Jahre 1978, lagen diese Umsatzanteile noch wesentlich niedriger: 25 % bzw. 32 %. Diese steigende Tendenz manifestiert sich auch in der Umsatzentwicklung bis 1986: bis einschließlich 1986 stiegen diese Umsatzanteile auf 37 % und 48 %.10 Diese Entwicklung ging einher mit einer erheblichen Abnahme der Zahl der Einzelhandelsunternehmen. Die Anzahl der Unternehmen, die schwerpunktmäßig im Lebensmitteleinzelhandel tätig waren, ist von 165.910 im Jahre 1968 auf 103.025 im Jahre 1979, also um 38 % gesunken. 11 Der Schwerpunkt des Ausscheidens von Unternehmen des Einzelhandels liegt bei Unternehmen bis 500.000 DM Jahresumsatz. 12 Ihnen ist es nicht möglich, im Nahrungsmittelbereich ein vom Verbraucher erwartetes Vollsortiment anzubieten. 13 Zu dieser Konzentrationsentwicklung haben in nicht unerheblichem Umfang auch Zusammenschlüsse, vor allem der zehn größten Handelsunternehmen beigetragen. 14 So zeigte etwa Rewe in den Jahren 1981 und 198239 Zusammennungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, S. 131; Sommer, HandeIskonzentration und Markenpolitik, S. 132; Arndt, Macht und Wettbewerb, S. 60; ders., WRP 1986, 137, 139; Möhlenbruch, Betriebswirtschaftliche Probleme einer Kontrolle der Nachfragemacht des Handels, S. 43 ff., 65 ff.; Keite, MA 1987,28; Batzer, Strukturveränderungen und Wettbewerb im Handel, S. 1,3 ff.; Heine, Die Konzentration im Lebensmittelhandel und die Auswirkungen auf die Lebensmittelindustrie; Lenel, WuW 1985,757 ff.; ders., WuW 1985, 877, 880; Ahlert, DB 1987, Beil. Nr. 9, S. 10 f.; Benisch, MA 1984,240; Lehmann, GRUR 1977,580 ff.; Ulmer, WuW 1987,701; TB BKartA 1985/ 1986, S. 7 f., 76 ff.; Stellungnahme der BReg. zum TB BKartA 1985/1986, BT-Drucks. 11/554, S. IV ff.; TB BKartA 1987/1988, S. 8 ff., 83 ff.; vgl. auch MA 1986, 98; WuW 1986,360 ff.; MA 1987,52. 7 C. Meier, Wirkungen der Nachfragemacht, S. 9 f.; Jüttner-Kramny, MA 1982,244, 249. ' 8 Dazu insbesondere G+L Umsatzkonzentration Die TOP 200 1987/88, Auszug in MA 1988,69; MK, Sondergutachten 14, Tz. 63, 207; Schultes, BAG-Nachr. 8/1986, 8; Hamer, Machtkampf im Einzelhandel, S. 21 ff. 9 Berechnungen der BAG nach den Ergebnissen der Amtlichen Umsatzsteuerstatistiken, abgedruckt in BAG, Strukturentwicklung und Konzentration im Einzelhandel, S. 10; DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 7 f., 39; vgl. auch MK, Sondergutachten 14, Tz. 68. 10 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 8. II MK, Sondergutachten 14, Tz. 65. 12 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 11. 13 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 11. 14 MK, Sondergutachten 14, Tz. 70, 71; zu den ~usammenschlüssen seit 1980 gibt Matschuck, LZ v. 25.9. 1987, S. 139, einen guten Uberblick.

11. Konzentration im Lebensmittelhandel

27

schlüsse gern. § 23 GWB beim BKartA an. 15 Der weitverbreiteten Erwartung, dieser Konzentrationsprozeß werde sich in Zukunft noch weiter fortsetzen 16, ist aber jedenfalls im Hinblick auf die durch Zusammenschlußvorgänge bewirkte Konzentration mit großer Zurückhaltung zu begegnen. Aus neueren Zahlen läßt sich vielmehr eine rückläufige Tendenz entnehmen. 17 2. Relativierung der Konzentrationsentwicklung in der betriebswirtschaftlichen Literatur

Die aufgezeigte Konzentrationsentwicklung wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur bereits seit einiger Zeit angezweifelt 18 bzw. relativiert 19. Definitorische Ungenauigkeiten, Verallgemeinerungen und die für die Feststellung von Konzentrationsvorgängen wenig geeignete amtliche Statistik würden zu unscharfen Aussagen führen, die einer näheren Betrachtung nicht standhielten. 20 Eine Untersuchung von Dahremöller im Lebensmittelhandel von Nordrhein-Westfalen kommt - ausgehend von der dynamisierten Umsatzsteuerstatistik, den Konzentrationsraten sowie den Matrizen über die Wanderungs- und Fluktuationsbewegungen zwischen Größenklassen im Zeitablauf - zu Ergebnissen, die deutliche Anzeichen für einen Rückgang der Konzentration im Einzelhandel ergeben. 21 Auch von Dahremöller wird aber nicht bestritten, daß im Lebensmitteleinzelhandel ein Konzentrationsprozeß zu beobachten ist. 22

MK, Sondergutachten 14; Tz. 70, Tab. 7. Sommer, bei Podiumsdiskussion in Berlin am 15.5. 1985, in: Wettbewerbsbeschränkung in der Nachfrage, S. 13; Greijfenberg, Strukturentwicklung und Konzentration, S. 70, 71; Tietz, Strukturentwicklung und Wettbewerb - Erfahrungen und Perspektiven, S. 12, 25 f.; (Guldenburg) , nach HB v. 3. 4. 1989, S. 20; vgl. auch MA 1987,30; HB v. 10.11.1986, S. 23. 17 Vgl. Mitteilung des BKartA an das BMWi vom 29.12.1988, abgedruckt in WuW 1989, 292; vgl. auch WuW-Kurzinformation, WuW 1989, 101 f. Danach gab es im Lebensmittelhandel im Jahre 1987 50 Zusammenschlüsse mit einem Gesamtvolumen von etwa 25 Mrd. DM, während im Jahre 1988 lediglich 16 Zusammenschlüsse mit einem Gesamtvolumen von ca. 4,5 Mrd. zu verzeichnen waren. 18 Dahremöller, zm 1986,661,673,674. 19 Schenk, LZ v. 20. 11. 1987, S.70 f.; Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 42. 20 Böcker, zm 1986, 654, 660; ders., MA 1986, 284 ff.; vgl. dazu auch die dadurch in der betriebswirtschaftlichen Literatur ausgelöste Diskussion: Tietz, zm 1987,196 ff.; Müller-Hagedorn, zm 1987,200 ff.; Dahremöller, zm 1987,208 ff. 21 Dahremöller, zm 1986,672 ff. 22 Dahremöller, Methodisch-statistische Probleme der Konzentrationsmessung im Einzelhandel, S. 84, 86; vgl. auch Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 42. 15

16

Teil 1: Der praktische Befund

28

3. Exkurs: Konzentration und Zusammenschlußkontrolle

Diese Arbeit kann und will in diese betriebswirtschaftliche Diskussion nicht eingreifen. Die exakte Messung des Konzentrationsgrades und der Konzentrationsentwicklung stellt ein Problem der empirischen Wirtschaftswissenschaften dar. Für Rechtsentscheidungen sind Tatsachen jedoch nur notwendig, soweit ihnen bei der Subsumtion unter die anzuwendende Norm Relevanz zukommt. Die Zusammenschlußkontrolle des GWB, die den Schutz des Wettbewerbs im Auge hat, geht indes nicht von dem Merkmal der Unternehmenskonzentration, sondern von der Marktbeherrschung aus (§ 24 Abs.l GWB). Ein Zusammenhang zwischen Unternehmenszusammenschlüssen und Unternehmenskonzentration besteht nur insofern, als externes Wachstum eine mögliche Ursache für einen u.U. sehr raschen Konzentrationsanstieg sein kann. 23 An dieser Stelle ist noch kurz auf ein verbteitetes Mißverständnis hinzuweisen. Erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse lassen sich weder zur Unterstützung noch zur Überprüfung von Subsumtionsentscheidungen verwenden. 24 Zwar stellen erfahrungswissenschaftliche Untersuchungen und Ergebnisse gerade auf dem Gebiet des Kartellrechts eine wichtige und nicht hinwegzudenkende Grundlage für die vorzunehmenden Subsumtionsvorgänge dar. Ist der zu beurteilende Sachverhalt jedoch festgestellt, so bleiben die Erfahrungswissenschaften bei dem nun folgenden Subsumtionsvorgang insoweit unberücksichtigt, als zu treffende Bewertungen des Sachverhalts, also das Fällen von Werturteilen selbst, empirisch nicht überprüfbar, d.h. weder falsifizierbar noch verifizierbar sind. Aus erfahrungswissenschaftlicher Sicht können nur die tatsächlichen Annahmen beurteilt werden, die dem getroffenen Werturteil zugrundeliegen. 25 4. Ursachen der Konzentration im Lebensmittelhandel

Die vielfältigen Ursachen der aufgezeigten Konzentrationsentwicklung sind in tiefgreifenden Strukturveränderungen des gesamten Handelsbereiches zu suchen. 26 Die wesentlichsten Ursachen für die Konzentration lassen sich überblicksmäßig wie folgt zusammenfassen 27 :

23 24

Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 733. So aber Treis / Lademann, Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes im Lebens-

mitteleinzelhandel, S. 5. 25 Demgegenüber vertritt Lademann, DB 1985, 2661 die Auffassung, bei i.mbestimmten Rechtsbegriffen sei es nicht möglich zu entscheiden, ob ein Sachverhalt der Realität darunter subsumiert werden kann. Auf der Grundlage eines solchen Verständnisses wäre indes Rechtsanwendung heute in den meisten Lebensbereichen nicht mehr denkbar. 26 MK, Sondergutachten 14, Tz. 74; ausführlich Tietz, Strukturentwicklung und Wettbewerb - Erfahrungen und Perspektiven, S. 12 ff.; Potucek, Strukturelle Wandlungen im deutschen Lebensmitteleinzelhandel.

11. Konzentration im Lebensmittelhandel

29

Durchsetzung des Selbstbedienungsprinzips anstelle des Bedienungssystems -

Aufhebung der Preisbindung der zweiten Hand

-

hoheitliche Standortregulierung durch § 11 Abs.3 BauNVO

-

zunehmende Mobilität der Verbraucher durch zunehmende Motorisierung

-

verbesserte Möglichkeiten zur Vorratshaltung

-

zunehmende Internationalisierung der Märkte

-

Zwang zum Aufbau kostengünstiger Logistiksysteme

-

Erhöhung der optimalen Betriebsgröße

-

Entstehen neuer Vertriebsformen

-

Inflexibilität der Arbeitszeitdauer der Mitarbeiter im Handel

-

ungelöste Nachfolgeprobleme bei kleinen und mittleren Händlern

-

zunehmender Einfluß moderner Technologien (zB. Scanner-Kassen, EDVgestützte Warenwirtschaftssysteme, Bildschirmtext etc.)

-

Bündelung der Nachfrage zur Durchsetzung günstiger Preise und Konditionen

-

Bereitschaft der Hersteller zur Gewährung günstiger Einkaufskonditionen an große Handelsunternehmen

-

Stagnation der privaten Verbrauchsausgaben für Güter des täglichen Bedarfs, insbesondere für Nahrungsmittel 5. Käufermarktlage

Die Darstellung des praktischen Befundes wäre unvollständig ohne den Hinweis auf die im Lebensmittelhandel bestehende Marktsituation. Hier wird allgemein von einer Käufermarktsituation ausgegangen,28 also von bestehendem Angebotsüberhang und stagnierender Nachfrage. 29 Allerdings sieht sich die Annahme einer Käufermarktsituation mehreren Kritikpunkten ausgesetzt. 27 Ausführlich zu den Ursachen der Konzentration MK, Sondergutachten 14, Tz. 74 ff.; Barth / Möhlenbruch, BFuP 1988,220 ff.; DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 9 f.; Oberender, Wettbewerb, S.381, 386 ff.; vgl. auch die Kurzbeiträge von Bunte, Hauser, Hinrichs, Hirche und Volkmar, BFuP 1988, 278 ff. 28 BKartA WuW /E BKartA 1970, 1978 (.. Coop-Supermagazin"); BKartA WuW /E BKartA 2060, 2063 (..Metro-Kaufhof'); BKartA WuW /E BKartA 2161, 2166 (..CooPWandmaker"); Bontrup, Nachfragemacht von Unternehmen, S. 43; C. Meier, Wirkungen der Nachfragemacht, S. 12 f.; Schulte, Nachfragemacht auf Märkten für Auftragsprodukte, S. 34 ff.; Oberender, Wettbewerb, S. 381,399 f.; Köhler, Nachfragemacht, S. 9 ff.; Siebeneck, BB 1985, 2205; Schultes, Nachfragemacht, Nachfragekartell, S. 4 f.; Ahlert, OB 1987, Beil. Nr. 9, S. 11 ff.; Sölter, Der Januskopf des Preiswettbewerbs, S. 100; Sölter, WRP 1977, 445, 448; Lademann,DB 1987, 725, 726; vgl. auch TB BKartA 1977, S. 28.

Teil 1: Der praktische Befund

30

Zunächst wird darauf hingewiesen, sie sei nicht hinreichend empirisch abgesichert. 30 Vielmehr habe bereits in den 70-er Jahren eine Kapazitätsanpassung in der Nahrungsmittelindustrie stattgefunden. 31 Der gewichtigste Angriff gegen die Annahme einer Käufermarktsituation im Lebensmittelhandel dürfte jedoch sein, daß dadurch in unzulässiger Weise pauschaliert und damit in Teilbereichen verfälscht wird. 32 Zwar dürfte es sich beim Markt für Nahrungsmittel und den Artikeln des typischen Non-Food-Sortimentes insgesamt betrachtet um einen stagnierenden Markt handeln. Diese Aussage läßt jedoch bestehende Expansionsmöglichkeiten bei einzelnen Produkten oder Produktgruppen bzw. bei einzelnen Vertriebstypen völlig außer Betracht. 33 Die Relevanz des Merkmals "Käufermarktsituation" ist für die Subsumtion unter Normen des GWB nicht so leicht von der Hand zu weisen, wie für die Feststellung des exakten Konzentrationsgrades. Vielmehr ist man sich im wesentlichen darüber einig, daß sich Nachfragewettbewerb in einer Verkäufermarktlage vom Nachfragewettbewerb in einer Käufermarktlage unterscheidet. 34 Der praktische Befund ist jedoch insofern eindeutig, als zwar sortimentsbezogen eine Käufermarktlage besteht, dies aber nicht ausnahmslos für alle Produkte des Lebensmittelhandels gilt. Von diesem Befund ist im Rahmen der vorliegenden Untersuchung auszugehen. Ob es auf diese Unterschiede im einzelnen ankommt, ist eine Frage der rechtlichen Würdigung, die etwa im Rahmen der Marktabgrenzung Relevanz besitzen kann. 35

In. Entscheidungspraxis des BKartA Im folgenden werden die bislang vom BKartA untersagten Zusammenschlußfälle, bei denen die Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite eine Rolle gespielt hat, überblicksmäßig dargestellt. 1. Lebensmittelhandel

Im Bereich des Lebensmittelhandels hat das BKartA bisher drei horizontale Zusammenschlüsse auch wegen Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite unBerg, WRP 1986,577,581. Gröner/ Köhler, BB 1982,257 f.; Berg, WRP 1986,577,581. 31 Görgens, ORDO 35 (1984), 231, 235 ff.; Berg, WRP 1986,577,581. 32 Ebenso Gröner / Köhler, BB 1982,257 f.; Berg, WRP 1986,577,581; Görgens, ORDO 35 (1984),231,233 ff.; vgl. auch Treis / Herrnes, WRP 1988,225,227. 33 S. hierzu die Nachweise bei Görgens, ORDO 35 (1984), 231, 234; Berg, WRP 1986,577,581. 34 Vgl. nur Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 8 ff.; Gröner/ Köhler, BB 1982,257, 258 f.; im einzelnen hierzu näher unten Teil 2 I 2 und 3. 35 S. unten Teil 3. 29

30

III. Entscheidungspraxis des BKartA

31

tersagt. Es handelt sich um die Fälle "Coop-Supermagazin"36, "Metro-Kaufhof'37 und "Coop-W andmaker" 38. 39 Die Coop AG tritt wie die Metro als Nachfrager von Nahrungs- und GenußmitteIn (sog. Food-Erzeugnisse) sowie von Körperpflege-, Wasch- und Reinigungsmitteln (typisches Randsortiment) auf. Im Jahre 1983 erzielte sie einen Außenumsatz im Lebensmittelhandel von 10,5 Mrd. DM (davon Einzelhandelsumsatz 8,4 Mrd. DM). Damit lag die Coop AG auf Platz 2 der Liste der umsatzstärksten Lebensmittelhandelsunternehmen. 40 Ende 1981 meldete sie beim BKartA das Vorhaben an, vier Märkte der Firma Supermagazin Inh. Heinz Holtschneider zu übernehmen. Supermagazin betreibt vorwiegend Einzelhandel mit Nahrungsund Genußmitteln in Mönchengladbach, Duisburg und Tönisvorst. Im Jahre 1984 meldete Coop den Erwerb von 25,2 % der Anteile an der Helmut Wandmaker GmbH an 41, ein ebenfalls regional tätiger Lebensmittelsortimentseinzelhändler. Beide Zusammenschlußvorhaben wurden vom BKartA untersagt. Die Metro erreichte 1983 einen Außenumsatz von 8,3 Mrd. DM mit einem sehr geringen Einzelhandelsumsatz von 0,8 Mrd. DM. Damit belegte die Metro Platz 5 in der Rangfolge der umsatzstärksten Lebensmittelhandelsunternehmen. 42 Im Jahre 1983 meldete sie den Beteiligungserwerb i.H.v. 25 % an der Kaufhof AG, einem der führenden deutschen Warenhausunternehmen an. Das Nachfrage-Marktvolumen für das gesamte nachgefragte Sortiment (Foodartikel und typisches Randsortiment) ermittelte das BKartA in diesen Verfahren 36

BKartA WuW /E BKartA 1970 ff.

37 BKartA WuW / E BKartA 2060 ff.; GK-Harms, § 24 Rdnr. 405, stuft den Fall

"Metro-Kaufhof' als vertikalen Zusammenschluß ein. Dies geschieht scheinbar im Hinblick darauf, daß es sich um einen Zusammenschluß eines Lebensmittelgroßhändlers mit einem Lebensmitteleinzelhändler handelt. Mag man dieser Sichtweise für die Angebotsseite zustimmen, so ist doch bei der hier maßgeblichen Betrachtung der Nachfrageseite von einem horizontalen Zusammenschluß auszugehen. 38 BKartA WuW /E BKartA 2161 ff. 39 Zu den Zusammenschlüssen im Lebensmittelhandel seit 1980 vgl. den guten Überblick bei Matschuck, LZ v. 25. 9.1987, S. 139; ergänzend TB BKartA 1987/1988, S. 8 ff., S. 83 ff. 40 Quelle: MK, Sondergutachten 14, Tz. 62, Tab. 3. 41 Bezüglich dieses Zusammenschlusses kam es auch zu einem Rechtsstreit zwischen der Coop AG und der Coop Schleswig-Holstein. Zwischen der Coop AG, der Coop Schleswig-Holstein und der Hussel AG, deren 100 %-ige Tochter die Wandmaker GmbH war, bestand die Absprache, daß die Wandmaker-Anteile zu je 50 % auf die Coop AG und die Coop Schleswig-Holstein übertragen werden, vgl. HB v. 24. 9. 1987, S. 15. Nach Aufhebung der Untersagungsverfügung durch das KG (WuW / E OLG 3917 ff.) und Nichteinlegung einer Rechtsbeschwerde durch das BKartA verlangte die Coop AG nunmehr von Hussel 75,2 % der Wandmaker-Anteile. Coop SH erhob daher Klage gegen die Coop AG (Täuschung und Vertragsbruch bei der Beteiligungsabwicklung), vgl. HB v. 24.9. 1987, S. 15; LZ v. 25.9. 1987, S.3. In der Folge einigten sich die Parteien darauf, daß Coop SH bis zum 1. 1. 1989 alle Anteile an der Helmut Wandmaker GmbH . erhält, vgl. HB v. 28. 6. 1988, S. 17. 42 MK, Sondergutachten 14, Tz. 62, Tab. 3; zur aktuellen Konzernstruktur der international tätigen Metro-Gruppe vgl. LZ v. 21. 4. 1989, S. 4.

Teil 1: Der praktische Befund

32

wie folgt: 1980: 100 Mrd. DM 43, 1981: 115 Mrd. DM 44 und 1983: 123,2 Mrd. DM 45. Davon kontrollierten die sechs führenden Lebensmittelhandelsunternehmen nach den Berechnungen des BKartA 1980: 39,8 % 46, 1981: 45,5 % 47 und 1983: 44,1 % 48. 2. Der Fall "Hussel-Mara"

Außerhalb des Lebensmittelhandels hat das BKartA bislang lediglich im Zusammenschlußfall "Hussel-Mara"49 eine Untersagungsentscheidung auf der Grundlage von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite begründet. Das Groß- und Einzelhandelsunternehmen Hussel Holding AG erwarb 1980 sämtliche Anteile am Gesellschaftskapital der Mara Kosmetik-, Parfümerie- und Drogerie-GmbH. Hussel betreibt über ihre 100 %-ige Tochter Douglas GmbH Fachparfümerien mit Boutique-Charakter, die ihr umfassendes Warenangebot unter außerordentlich komfortablen Verkaufsbedingungen anbieten. Das Warensortiment wird von qualitativ hochwertigen Erzeugnissen höherer Preislagen bestimmt. Der Wirtschaftsbereich Drogerie- und Parfümeriewaren erreicht einen Inlandsumsatz von rd. 30 Mrd. DM zu Herstellerabgabepreisen. 50 Der Inlandsumsatz von hochwertigen Exklusivartikeln betrug 1980 in dieser Branche 395 Mio. DM zu Herstellerabgabepreisen. Der Hauptunterschied des Falles "Hussel-Mara" zu den Fällen aus dem Bereich des Lebensmittelhandels liegt darin, daß die Hussel / Douglas-Gruppe das mit Abstand größte Handelsunternehmen für Exklusivparfümerieartikel ist. Sie verfügt über einen Marktanteil von ca. 1~ %.51 Die Wettbewerber von Douglas kommen nach der Quantität und der Ubiquität nicht im entferntesten an die Bedeutung ihres Filialnetzes heran. 52 Die vom BKartA zu beurteilenden Lebensmittelhandelsunternehmen sehen sich hingegen einigen in etwa gleich umsatzstarken Wettbewerbern ausgesetzt.

BKartA WuW /E BKartA 1970, 1977 ("Coop-Supennagazin"). BKartA WuW /E BKartA 2060, 2062 ("Metro-Kaufhof'). 45 BKartA WuW /E BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"). 46 BKartA WuW /E BKartA 1970, 1978 ("Coop-Supennagazin"). 47 BKartA WuW / E BKartA 2060, 2065 ("Metro-Kaufhof'). 48 BKartA WuW /E BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"). 49 BKartA WuW /E BKartA 1897 ff.; KG WuW /E OLG 3577 ff.; BGH WuW /E BGH 2337 ff. 50 BKartA WuW /E BKartA 1897, 1902. 51 KG WuW JE OLG 3577, 3589 (von Hussel bestritten). 52 KG WuW /E OLG 3577, 3590. 43

44

Teil 2

Theoretische Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktrnacht bei der Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite I. Nichtexistenz von Nachfragewettbewerb und Ungeeignetheit der Eingriffsvoraussetzungen? 1. Ausgangspunkt

Das BKartA untersagt einen Zusammenschluß gern. § 24 Abs.l GWB, wenn zu erwarten ist, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird und die beteiligten Unternehmen nicht nachweisen, daß durch den Zusammenschluß auch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen eintreten und daß diese Verbesserungen die Nachteile der Marktbeherrschung überwiegen. Damit übernimmt die materielle Zusammenschlußkontrolle das Tatbestandsmerkmal der "marktbeherrschenden Stellung" aus § 22 Abs.l und Abs.2 GWB. I Unter dem Gesichtspunkt der Nachfragemarktbeherrschung ist bei der kartellrechtlichen Prüfung eines Zusammenschlusses also zu untersuchen, ob durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung eines der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen als Nachfrager entsteht oder verstärkt wird. Bereits an dieser Stelle erhebt sich die Vorfrage, ob die Eingrijfsvoraussetzungen der §§ 24 Abs.2, Abs.l; 22 Abs.l, Abs.2 GWB für die Beurteilung von Nachfragemarktbeherrschung nicht apriori ungeeignet sind. Die Ungeeignetheit der Eingriffsvoraussetzungen als Grundlage einer solchen Beurteilung und damit letztlich die Unmöglichkeit einer Zusammenschlußkontrolle unter dem Gesichtspunkt der Nachfragemacht könnte sich aus folgendem Gedankengang ergeben: § 22 GWB stellt bei der Ausfüllung des Begriffs "Marktbeherrschung" auf Wettbewerbsverhältnisse ab. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschrift: "ohne Wettbewerber", "keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt", "eine im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Marktstellung". Gelänge es nun nachzuweisen, daß zwischen Nachfragern Wettbewerbsverhältnisse nicht denkbar sind, würde man m.a.W. die Existenz von Nachfragewettbewerb leugnen, so wären die Kriterien des § 22 GWB von vornherein I

Vostr., vgl. statt aller IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 12 m. w. N.

3 Bergmann

34

Teil 2: Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktrnacht

zur Beantwortung der zu untersuchenden Frage als untauglich anzusehen. Die zu beurteilenden Zusammensdllüsse könnten infolgedessen nur noch aufgrund marktbeherrschender Stellungen auf der Angebotsseite untersagt werden.

2. Nachfragewettbewerb im Verkäufermarkt

Zunächst ist festzustellen, daß jedenfalls in Verkäufermarktlagen Nachfragewettbewerb existieren kann. Der typische Fall hierfür ist der Wettbewerb zwischen Nachfragern in einer Auktion. Hier versuchen sich bekanntlich die Nachfrager gegenseitig im Preis zu überbieten, um das knappe Gut, die zu ersteigernde Sache, zu erhalten. Jeder Nachfragermuß dabei beim Einsatz des Aktionsparameters Preis das Vorhandensein von Mitnachfragern berücksichtigen. Nachfragewettbewerb wirkt in Verkäufermarktlagen also preiserhöhend. Für diese Situation eines Verkäufermarktes werden die aufgezeigten Zusammenhänge, soweit ersichtlich, auch nicht bestritten. 2 3. Nachfragewettbewerb im Käufermarkt

Zu untersuchen ist weiterhin, ob auch in Käufermarktlagen Nachfragewettbewerb bestehen kann 3 , oder ob hier, wie Sölter meint, keinerlei wettbewerbliches Spannungsverhältnis zwischen den Nachfragern besteht. 4 Bei normativer Betrachtung ist zunächst auf den Wortlaut des § 22 Abs.l GWB hinzuweisen. Mit der Kombination der Tatbestandsmerkmale "als Nachfrager" und "im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" geht das Gesetz selbst von der möglichen Existenz von Nachfragewettbewerb aus, ohne daß es diesen nach seinem Wortlaut auf eine bestimmte Marktlage beschränken würde. Zu demselben Ergebnis führt auch eine systematische Auslegung. Eine Einengung der Vorschrift des § 22 GWB auf Verkäufermarktlagen, soweit sie sich auf die Nachfrageseite bezieht, wäre der Systematik des GWB, welches auch sonst nicht nach verschiedenen Marktlagen unterscheidet, vollkommen fremd. Dagegen könnte eingewendet werden, daß faktisch Nachfrager sich in Käufermarktlagen gerade nicht gegenseitig im Preis zu überbieten suchen. 5 Ein solches Verhalten wäre nicht rational, da es gerade nicht darum geht, ein knappes Gut 2 Vgl. Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73; Dauner, Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht, S. 127. 3 Verneinend etwa Sölter, Nachfragemacht, S. 39; ders., Der Januskopf des Preiswettbewerbs, S. lOl; Scheu/eie, BB 1973, Bei1.4, S. 8; Plassmann, JZ 1968, 81, 86; Ramrath, Die "überragende MarktsteIlung", S. 64 ff.; Klawitter, BB 1985, lO93, lO95 ff., lO98. 4 Sölter, Nachfragemacht, S. 39. 5 Vgl. Markert, Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S. 61,67.

I. Nichtexistenz von Nachfragewettbewerb?

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zu erstehen. Vielmehr wird in Käufermarktlagen jeder Nachfrager danach streben, unter möglichst günstigen Bedingungen einzukaufen. 6 Damit stellt sich die Frage, ob dieses Streben nach günstigen Konditionen ein Ausdruck von Nachfragewettbewerb ist, ob diese Verhaltensweise mithin als kompetitiv qualifiziert werden kann?, oder ob dieses Verhalten nicht vielmehr genereller Ausfluß des Zieles der Gewinnmaximierung ist, also unabhängig von dem Vorhandensein von Mitnachfragern zu beobachten ist 8 , so daß Nachfragewettbewerb als bloße Funktion von Absatzwettbewerb 9 zu qualifizieren wäre. Geht man davon aus, daß ein Aktionsparametereinsatz dann als kompetitiv bezeichnet werden kann, "wenn und soweit er unter Berücksichtigung der Existenz einer Alternative für die Marktgegenseite erfolgt" 10, so liegt Nachfragewettbewerb dann vor, wenn der Handlungsspielraum von Nachfragern durch die Existenz von Mitnachfragern, die für die Marktgegenseite als Alternative in Betracht kommen, begrenzt wird. II Einer solchen Begrenzung seines Verhaltensspielraumes ist ein Monopsonist 12 nicht ausgesetzt. Er kann bei Geschäftsabschlüssen mit der Marktgegenseite seine eigene Leistung bis zur Wirtschaftlichkeitsgrenze seiner Marktpartner autonom festsetzen. Nachfragewettbewerb liegt trotz Strebens nach günstigen Konditionen nicht vor, weil der Verhaltens spielraum des Monopsonisten nicht durch das Vorhandensein von Mitnachfragern begrenzt wird. I3 Sind nun zwei oder mehr Nachfrager am Markt vorhanden, so kann jeder einzelne Nachfrager das Verhalten des oder der anderen Nachfrager bei seinem Aktionsparametereinsatz nicht mehr unberücksichtigt lassen, denn den Unternehmen der Marktgegenseite steht nun eine Ausweichalternative zur Verfügung. Beim Vorhandensein mindestens eines Mitnachfragers, der für die MarktgegenS. nur Gröner / Köhler, BB 1982, 257, 258. Vgl. Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73,79. 8 So etwa Scheufeie, BB 1973, Bei1.4, S. 8; Wendland, WuW 1983,357,361; ausdrücklich ablehnend Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 258. 9 Vgl. Siebeneck, BB 1985,2205 ff.; Fiene, LZ v. 24.12.1986, S. F 11. 10 Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73, 81. 11 Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 156; Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 81; Kartte, FS Benisch, S. 59, 68; ähnlich auch Knöpfte, Die marktbezogene Unlauterkeit, S. 99; ders., BB 1987, 1960, 1961; Kantzenbach, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15. 5. 1985, in: Wettbewerbsbeschränkung in der Nachfrage, S. 9 f.; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S.252; Ebel, ZRP 1988, 66, 68; Köhler, Nachfragewettbewerb, S.25 ff., 29, der das Konzept der Machtbegrenzung erweitert durch die Einsicht, daß Nachfragewettbewerb die Ausnutzung vorhandener Handlungsspielräume voraussetzt (insbes. S.35 ff.); vgl. auch Dauner, Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht, S. 130 ff.; KG WuW /E OLG 3917, 3937 ("Coop-Wandmaker"); vgl. auch die Rspr. des KG zu Einkaufskooperationen: KG WuW /E OLG 2745, 2751 ("HFGE"); KG WuW /E OLG 3737, 3742 ("Selex-Tania"). 12 Ein Monopolist auf der Nachfrageseite wird auch als Monopsonist bezeichnet. I3 Vgl. Schultes, MA 1984,537, 547. 6 ?

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Teil 2: Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktmacht

seite als Ausweichalternative in Betracht kommt, wird also der Verhaltensspielraum eines Nachfragers begrenzt. Zu Recht führt Satzky aus, daß ein von solcher Berücksichtigung getragenes Verhalten wettbewerblich ist. 14 Dieses "Begrenzungskonzept" stellt eine sinnvolle analytische Erfassung des Nachfragewettbewerbs dar. 15 Es ist unabhängig von der jeweiligen Marktsituation, es gilt also in Käufer- und in Verkäufermärkten 16, auch wenn die Begrenzungswirkungen für Nachfrager im Verkäufermarkt naturgemäß wesentlich größer sein werden als im Käufermarkt. 17 Als Faktoren für die Begrenzung des Verhaltensspielraumes eines Nachfragers sind neben den Auswahlmöglichkeiten der Marktpartner auch diejenigen der Nachfrager und in beschränktem Maße der Absatzwettbewerb auf der nachfolgenden Marktstufe heranzuziehen. 18 Diese Faktoren sind jedoch nur insoweit zu berücksichtigen, als sie sich auf die Begrenzung der Verhaltensspielräume der Nachfrager auf dem Nachfragemarkt auswirken. Demzufolge ist § 22 GWB nicht apriori für die Beurteilung der Marktbeherrschung von Nachfragern ungeeignet. 19 Die Fusionskontrolle muß in diesem Bereich nicht von vornherein wegen Ungeeignetheit der Eingriffsvoraussetzungen scheitern. Eine ganz andere Frage ist es, ob der existierende N achfragewettbewerb im Einzelfall etwa als wesentlich zu bezeichnen ist. 20

Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73, 80. A.A. Herrnes, BB 1988, 154 ff.; zweifelnd Ladernann, BB 1987, 838 ff.; ders., DB 1987,725,726 f., der im Käufermarkt die Begrenzungswirkung des Nachfragewettbewerbs faktisch bereits als aufgehoben ansieht und daher die Anwendung dieses Konzeptes im Rahmen des § 1 GWB in Frage stellt; kritisch auch Schulte, WRP 1987, 355, 361. Klarstellend ist anzumerken, daß mit der Zugrundelegung des Begrenzungskonzeptes als Ausgangspunkt für die Beurteilung von Zusammenschlüssen unter dem Gesichtspunkt der Nachfragemarktbeherrschung nicht zu der Frage Stellung genommen wird, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen Einkaufskooperationen unter das Kartellverbot der §§ 1, 37a Abs.l GWB fallen. Der Gesetzgeber der 5. GWB-Novelle geht offenbar davon aus, daß der gemeinsame Einkauf grundsätzlich von § 1 GWB erfaßt wird. Daher soll mit § 5 c GWB ein neuer Freistellungstatbestand geschaffen werden, vgl. Reg.entwurf, BTDrucks. 11 /4610, S. 14 ff. 16 Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73, 82; Mestrnäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 254 ff.; Schultes, MA 1984,537,547; vgl. auch Dauner, Einkaufsgemeinschaften im Kartellrecht, S. 131; KG WuW /E OLG 3917,3937 ("Coop-Wandmaker"). 17 Satzky, Nachfragewettbewerb, S. 73, 81 f. 18 Treis / Herrnes, AG 1988, 263, 264 ff.; dies., WRP 1988, 225, 226, bezeichnen diesen Ansatz als Konzept der wechselseitigen Ausweichmöglichkeiten. 19 Ebenso Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 525; MK, Sondergutachten 7, Tz. 202; Köhler, Nachfragemacht, S. 47 ff.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 248; Kleinrnann / Bechtold, § 22 Rdnr. 157. 20 Dazu unten Teil 4 IV 2. 14 15

11. Unschädlichkeit von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite?

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11. Unschädlichkeit von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite? 1. Ausgangspunkt

Insbesondere Knöpfte hat die interessante und in der bisherigen Diskussion meist vernachlässigte Frage aufgeworfen, ob marktbeherrschende Stellungen auf der Nachfrageseite überhaupt schädlich seien. 21 Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei das Wirken des Nachfragewettbewerbs in Richtung auf einen Anstieg des Preises. 22 Muß ein Nachfrager bei seinem Einkaufsverhalten das Vorhandensein anderer Nachfrager, die für die Marktgegenseite als Ausweichmöglichkeit in Betracht kommen, berücksichtigen, so wird dadurch sein Spielraum hinsichtlich einer Herabsetzung der Bezugspreise beschränkt. Nachfragewettbewerb wirkt also tendenziell preiserhöhend. 23 Sieht man das Hauptziel des GWB in der bestmöglichen Versorgung der Verbraucher, also in einer Versorgung zu möglichst niedrigen Preisen bei gleichbleibender Qualität, so ist der Schutz des "preistreibenden" Nachfragewettbewerbs schwer zu legitimieren. Hält man den Nachfragewettbwerb für nicht schützenswert, so liegt mit Knöpfte der Schluß nahe, auch das Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung auf der Nachfrageseite für unschädlich zu halten. 24

2. Normative Anknüpfung

Für die Rechtsanwendung ist zunächst entscheidend, daß das Gesetz die Untersagung eines Zusammenschlusses bei Entstehen oder Verstärken von Nachfragemarktbeherrschung vorsieht. Die Überlegungen von Knöpfte scheinen daher de lege lata keine Rolle zu spielen. Zu bedenken ist jedoch, daß das Kartellrecht vom Verfassungsrecht überlagert wird. Die Untersagung eines Zusammenschlusses ist eine Maßnahme der Eingriffs verwaltung. Sie stellt sich als Eingriff in Freiheits- und Eigentumsrechte der Betroffenen dar und bedarf deshalb einer hinreichenden Legitimation. 25 Diese Legitimation wäre aber bei der Untersagung eines wettbewerblich nicht schädlichen Zusammenschlusses kaum gegeben. So betrachtet, kommt es für die Rechtsanwendung durchaus auf die hier aufgeworfene Frage an. Würde man sie bejahen, so müßte man die Regelung der §§ 24, 22 GWB insoweit als verfassungswidrig

Knöpfte, BB 1987, 1960, 1967 f. Ausführlich hierzu Knöpfte, BB 1987, 1960, 1961 f. 23 Knöpfte, BB 1987, 1960, 1961 f.; ebenso Kantzenbach, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15. 5. 1985, FIW-Heft 116, S. 12. 24 So LErg. tatsächlich Knöpfte, BB 1987, 1960, 1967 f. 25 Vgl. Knöpfte, Die Problematik der Zusammenschlußkontrolle nach dem GWB, S. 51, Fn. 81; Schotz, Konzentrationskontrolle und Grundgesetz, S. 34 ff. 21

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Teil 2: Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktrnacht

ansehen, als sie das Entstehen oder Verstärken von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite verhindert.

3. Schädlichkeit von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite

Die aufgeworfene Frage ist aber zu verneinen. Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite ist wettbewerblich schädlich, wenn auch möglicherweise nicht in dem Maße wie auf der Angebotsseite. Dies ergibt sich aus Folgendem: Der Schutzzweck des GWB darf nicht auf einen wie auch immer gearteten Verbraucherschutz eingeengt werden. 26 Das GWB schützt, entgegen Knöpfte, zunächst unmittelbar die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Marktteilnehmer. 27 Den Schutz der wettbewerblichen Handlungsfreiheit bezwecken auch die Vorschriften über die Fusionskontrolle. Wettbewerbstranszendente Ziele (etwa wirtschafts- oder gesellschaftspolitischer Art) haben dagegen in den §§ 23 ff. GWB keinen Niederschlag gefunden. 28 Durch Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite werden dabei namentlich die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, sowie die wettbewerbliche Handlungsfreiheit der Wettbewerber, also der Mitnachfrager, betroffen sein. Ferner setzt die These von der Unschädlichkeit von Nachfragemarktbeherrschung - auch wenn man den Schutzzweck auf den Schutz des Verbrauchers einengt - voraus, daß die marktbeherrschenden Nachfrager die erzielten Einkaufsvorteile auf den nachgelagerten Absatzmärkten auch an die Verbraucher weitergeben. Dies ist nur gewährleistet, wenn auf den Absatzmärkten eine hinreichende wettbewerbliche Kontrolle vorhanden ist. Liegt aber auf den Absatzmärkten Marktbeherrschung nicht vor, dann ist auch Marktbeherrschung auf den vorgelagerten Beschaffungsmärkten wenig wahrscheinlich. Aus alledem ergibt sich, daß marktbeherrschende Stellungen auf der Nachfrageseite wettbewerblich durchaus schädlich sein können. Insbesondere läßt sich die Untersagung eines derartigen Zusammenschlusses auch verfassungsrechtlich legitimieren, wenn man richtigerweise auf das Schutzgut der wettbewerblichen Handlungsfreiheit abstellt. Immerhin läßt sich aber aus dem Gesagten auch schlußfolgern, daß wegen der bestehenden Unsicherheiten und Unterschiede zur Angebotsmarktbeherr26 Vgl. Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 11: "Entgegen einem verbreiteten Mißverständnis ist Verbraucherschutz kein unmittelbarer Zweck des Kartellgesetzes". 27 Vgl. Möschel, Wettbewerbspolitik aus ordoliberaler Sicht, S. 707,712: "Das unmittelbare Ziel ordoliberaler Wettbewerbspolitik liegt im Schutz individueller wirtschaftlicher Handlungsfreiheiten als Wert für sich bzw. - umgekehrt gewendet - in der Domestizierung übermäßiger wirtschaftlicher Macht". 28 Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 715; ders., Pressekonzentration, S. 176 f.

III. Bilaterales Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis

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schung bei der Beurteilung von Zusammenschlüssen unter Nachfragemarktbeherrschungsgesichtspunkten eine restriktive Gesetzesanwendung geboten ist. Dies muß auch bei Käufermarktlagen gelten, in denen die Begrenzungswirkung von Nachfragewettbewerb geringer ist als in Verkäufermarktlagen. Der Satz "in dubio pro libertate" ist auf der Nachfrageseite also gewissermaßen doppelt wirksam. 111. Bilaterales Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis 1. Ausgangspunkt

Eine theoretische Annäherung an Probleme der Nachfragemacht wurde von Arndt entwickelt, der grundsätzlich nur auf das zweiseitige Verhältnis eines Nachfragers gegenüber einem Lieferanten abstellt. 29 Das Wesen der Nachfragemacht liegt nach dieser Auffassung in einer Abhängigkeit des Anbieters vom Nachfrager, durch die der Lieferant dergestalt auf den Abnehmer angewiesen ist, daß er ohne Gefährdung seiner Existenz nicht auf dessen Aufträge verzichten kann und deshalb dessen Weisungen hinsichtlich der Geschäftskonditionen Folge leisten muß. 30 Nachfragemacht erscheint danach nicht als Marktrnacht, sondern als Weisungsmacht. Diese beruht nicht auf einer Wettbewerbsbeschränkung, sondern verfälscht selbst den Wettbewerb. 3 ! Nach Arndt sind Partnermacht und Marktrnacht streng zu unterscheiden. 32

2. Bewertung

Den Thesen von Arndt ist insofern zuzustimmen, als Nachfragemacht nicht gleichbedeutend ist mit Marktbeherrschung. Nachfragemacht kann indes auch auf Marktbeherrschung beruhen. 33 Ausgehend von einem Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis wäre das vorhandene Instrumentarium des Kartellrechts zur Erfassung von Nachfragemacht 29 Arndt, WD 1978, 33; ders., Leistungswettbewerb und ruinöse Konkurrenz, S. 112 f.; ebenso Exner, Der Mißbrauch von Nachfragemacht, S.4, 151; ähnlich Niestrath, Nachfragemacht des Handels, S. 108 ff. 30 Arndt, WD 1978,33 f.; ders., Macht und Wettbewerb, S. 49, 58; ders., Leistungswettbewerb und ruinöse Konkurrenz, S. 112. 3! Arndt, WD 1978,33. 32 Arndt, Macht und Wettbewerb, S.49, 56 f.; ders., Ökonomischer Maßstab und rechtlicher Ansatz der Monopolkommission, S. 49,58; ders., Leistungswettbewerb und Partnermacht, S. 119, 120 f.; ders., MA 1981, 334, 340; zur Theorie der Partnermacht von Arndt vgl. auch Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S.403 ff.; ausdrücklich dagegen Sölter, Der Januskopf des Preiswettbewerbs, S. 112. 33 Vgl. auch TB BKartA 1978, S. 36.

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Teil 2: Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktmacht

wenig geeignet. 34 Indem dieser Ansatz auf ein isoliertes Zweipersonenverhältnis abstellt, kann er insbesondere die Marktstruktur nicht berücksichtigen 35 und ist damit für die primär marktstrukturorientierten Fusionskontrollvorschriften des GWB untauglich. Überdies widerspricht der Ansatz von Arndt zugleich dem Marktbeherrschungskonzept des § 22 GWB.36 Bei der Prüfung von Marktrnacht ist zu untersuchen, ob ein Unternehmen im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragende Verhaltensspielräume innehat, die einer hinreichenden wettbewerblichen Kontrolle entzogen sind. Die Frage nach Partnermacht im Sinne einer vertikalen Abhängigkeit stellt sich dabei grundsätzlich nicht. Schließlich entspricht auch der von Arndt zugrundegelegte Maßstab der Existenzgefährdung nicht dem Schutzzweck des GWB 37, welches den Schutz der Wettbewerbsfreiheit bezweckt und nicht die einzelnen Wettbewerber in ihrer Existenz, also letztlich vor Wettbewerb schützt. Als theoretischer Ansatzpunkt zur Erfassung von Nachfragemacht muß somit die Sichtweise des bilateralen Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnisses von Arndt, jedenfalls im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle, abgelehnt werden.

IV. Umdeutungsansatz 1. Ausgangspunkt

Ein weiterer theoretischer Ansatzpunkt zur Erfassung von Nachfragemachtproblemen geht auf Kartte zurück 38 und wurde insbesondere von Reimann und Ulmer fortentwickelt. 39 Dieser Ansatz geht davon aus, daß § 22 GWB mit Blickrichtung auf die Angebotsmacht entwickelt wurde 40 und deutet Nachfragemacht des Handels im Hinblick auf dessen Absatzmittlerfunktion 41 in Angebotsmacht um. Danach ist Nachfragemacht in der Sprache des Gesetzes "Angebotsmacht bei einer gewerblichen Leistung, nämlich bei der Zurverfügungstellung einer bestimmten, für die liefernde Industrie unentbehrlichen Betriebsform". 42 34 Schultes, Nachfragemacht, S. 1,3; ders., MA 1984,537,538. 35 Vgl. auch Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S.56; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 256, 259 f. 36 Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S. 56. 37 Vgl. Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563, 582 f.; Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S. 56 f. 38 Kartte, WRP 1976, I, 3. 39 Reimann, WuW 1976, 541, 545; Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angebots- und Nachfragemacht, S. 33, 42 ff.; vgl. auch Hoppmann, Behinderungsmißbrauch, S.39 f.; Westrick I Loewenheim, § 22 Rdnr. 9; TB BKartA

1978, S. 35. 40 Kartte, WRP 1976, 1, 3.

41 Unter Bezugnahme hierauf wird der U mdeutungsansatz auch als "Absatzmittlerkonzept" bezeichnet, vgl. Säcker, BB 1988,416,418. 42 Kartte, WRP 1976, 1,3.

IV. Umdeutungsansatz

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2. Bewertung Ein erster offensichtlicher Nachteil dieser Konzeption besteht darin, daß sie sich vom herkömmlichen Sprachgebrauch entfernt. Gemeinhin wird das Verhältnis von Handel und Industrie terminologisch in der Weise erfaßt, daß die Hersteller als Anbieter von Waren und die Handelsunternehmen als Nachfrager dieser Waren bezeichnet werden. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, daß der Handel gegenüber der Industrie verschiedenste Absatzmittlerfunktionen erbringt. 43 Insoweit kann man ihn rein begrifflich ohne weiteres als Anbieter dieser gewerblichen Leistungen ansehen. 44 Dennoch stieß der Umdeutungsansatz im Schrifttum überwiegend auf Kritik 45 und hat sich auch letztlich in der Praxis bisher nicht durchsetzen können. 46 Ihm wird vor allem entgegengehalten, er eigne sich lediglich für das Verhältnis von Handel und Industrie, nicht aber auch für die anderen Erscheinungsformen 47 der Nachfragemacht 48 und sei daher als genereller theoretischer Ansatz ungeeignet. 49 Diese Kritik übersieht jedoch, daß die Nachfrage der öffentlichen Hände und der industriellen Weiterverarbeiter zunächst einmal der Deckung des eigenen Bedarfs dient, wohingegen die Handelsunternehmen die von ihnen nachgefragten Waren unverarbeitet weiterveräußern. Dieser Unterschied im Tatsächlichen 50 könnte es rechtfertigen, für die Erfassung der Nachfragemacht des Handels von einem spezifischen theoretischen Ansatzpunkt auszugehen. 51 Eine solche Differenzierung scheidet jedenfalls nicht von vornherein aus. Daher ist es nicht sinnvoll, diesen Ansatz zu karikieren, indem man ihn auf industrielle Weiterverarbeiter oder auf Konsumenten überträgt. Nach dem Umdeutungsansatz wird eben nicht jeder Konsument zum "Anbieter optimaler Möglichkeiten, Güter der BeS. etwa Reimann, WuW 1976, 541, 545. Vgl. auch Köhler, Nachfrageweubewerb, S. 22. 45 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40; Köhler, Nachfragemacht, S. 34 f.; Markert, Mißbrauchsaufsicht über Anbieter und Nachfrager, S. 87, 103; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 61; Hölzler / Satzky, Weubewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 22 f.; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 263 ff. 46 Vgl. etwaBKartA WuW JE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"); offengelassen allerdings von KG WuW j E OLG 3577, 3586 ("Hussel-Mara"); der Umdeutungsansatz klingt in der Formulierung des BKartA an: "Absatzpotential, das ein Handelsunternehmen erschließen oder beschränken kann", in den Beschlüssen: BKartA WuW JE BKartA 1970, 1977 ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW JE BKartA 2060, 2062 ("Metro-Kaufhof'); BKartA WuW JE BKartA 2161, 2165 ("Coop-Wandmaker"). 47 S. hierzu Teil 1 1. 48 Köhler, Nachfragemacht, S. 34. 49 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40. 50 Vgl. dazu auch schon oben bei der Darstellung der verschiedenen Erscheinungsformen von Nachfragemacht, Teil 1 1. 51 Vgl. etwa Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angebotsund Nachfragemacht, S. 33, 45. 43

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Teil 2: Vorfragen und Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktmacht

dürfnisbefriedigung zuzuführen"52. Der Umdeutungsansatz ist von vornherein nur für das Verhältnis Handel/Industrie entwickelt worden. Daher soll dieser Ansatz nicht apriori verworfen werden. Ob ihm aber letztlich zu folgen sein wird, kann sich erst bei seiner Anwendung auf die konkreten Rechtsprobleme erweisen. V. Spiegelbildtheorie 1. Ausgangspunkt

Den Ansatzpunkt der h.M. 53 stellt die sog. Spiegelbildtheorie dar, die von der

Monopolkommission entwickelt wurde 54 und die auch Eingang in die Praxis des BKartA und in die Rechtsprechung gefunden hat 55 .

Die Spiegelbildtheorie geht von der Prämisse aus, daß es sich bei der Marktrnacht auf der Angebotsseite und auf der Nachfrageseite um dasselbe Grundphänomen handelt. 56 Nachfragemacht beruhe ebenso wie Angebotsmacht auf einer Beschränkung des WettbewerbsY Folgerichtig sind nach diesem Ansatz auf die Erfassung von Nachfragemacht in spiegelbildlicher Weise die gleichen Kriterien anzuwenden wie auf die Erfassung von Angebotsmacht. 58 2. Bewertung

Ohne daß an dieser Stelle bereits i.e. auf die Spiegelbildtheorie einzugehen ist, wird deutlich, daß dieser Ansatz nicht nur dem Wortlaut des § 22 GWB, der 52 So aber Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563, 588; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 23. 53 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40; ders., Recht der Weubewerbsbeschränkungen, Rdnr. 515; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 96 f.; Langen, § 22 Rdnr. 23; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 85; Köhler, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 65; ders., Nachfragemacht, S. 37; Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S.60 f.; Rittner, Wirtschaftsrecht, § 14 Rdnr. 26; Markert, Mißbrauchsaufsicht über Anbieter und Nachfrager, S. 87, 103; Gröner / Köhler, BB 1982,257,259; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 86; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 262; Schultes, Nachfragemacht, S. 1, 5; Benisch, Spiegelbild mit Verzerrungen, S. 107; ders., WuW 1977,619,624 ff.; ]üttner-Kramny, WuW 1982,278,280 ff. 54 MK, Sondergutachten 7, Tz. 44 ff.; dies., Hauptgutachten V, Tz. 608,667 ff.; dies., Sondergutachten 14, Tz. 137. 55 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"); KG WuW JE OLG 3577,3585 f. ("Hussel-Mara"); KG WuW JE OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"); vgl. auch KG WuW JE OLG 3737, 3742 ("Selex-Tania"). 56 MK, Sondergutachten 7, Tz. 45; Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563,581,588; Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S. 61. 57 MK, Sondergutachten 7, Tz. 44. 58 MK, Sondergutachten 7, Tz. 49.

VI. Zwischenergebnis

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keinerlei Anhaltspunkte für eine unterschiedliche Behandlung von Marktbeherrschung auf der Angebotsseite und auf der Nachfrageseite bietet, sondern auch dem Schutzzweck der Fusionskontrolle entspricht, wettbewerbsschädliche Verschlechterungen der Marktstruktur zu verhindern. Bedenken gegen eine spiegelbildliche Übertragung ergeben sich indes bereits aus den Besonderheiten des Nachfragewettbewerbs. Die Tragfähigkeit der Spiegelbildtheorie kann sich ebenso wie die Tauglichkeit des Umdeutungsansatzes - allerdings erst bei der Anwendung auf die konkreten Rechtsprobleme der Fusionskontrolle ergeben. Auch von der Spiegelbildtheorie ist daher bei den folgenden Untersuchungen auszugehen. VI. Zwischenergebnis

Nach alledem bleibt vorläufig resümierend festzuhalten, daß Nachfragewettbewerb in allen Marktlagen potentiell existent ist. Danach sind die Fusionskontrollvorschriften des GWB nicht apriori für die Beurteilung der Marktbeherrschung von Nachfragern ungeeignet. Es ist zwar richtig, daß Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite qualitativ anders zu beurteilen ist als auf der Angebotsseite. Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite ist aber nicht grundsätzlich unschädlich. Die Fusionskontrolle hat auch auf der Nachfrageseite ihre verfassungsrechtliche Legitimation. Bei der Gesetzesanwendung ist jedoch eine restriktive Auslegung geboten. Für die Zusammenschlußkontrolle ist der theoretische Ansatzpunkt von Arndt abzulehnen, Nachfragemacht in einem bilateralen BeherrschungsAbhängigkeitsverhältnis zu erblicken. Für die im folgenden zu behandelnden Probleme der Beurteilung der Marktrnacht von Nachfragern werden sowohl der Umdeutungsansatz als auch die Spiegelbildtheorie zugrundegelegt. Ob diese beiden theoretischen Ansatzpunkte sich letztlich bewähren und ob bejahendenfalls einer der beiden den Vorzug verdient, kann sich erst bei der Anwendung auf die zu behandelnden Einzelprobleme, insbesondere die Marktabgrenzung, ergeben.

Teil 3

Marktabgrenzung bei Nachfragern I. Ausgangspunkt und Notwendigkeit einer Marktabgrenzung Die Abgrenzung des relevanten Marktes stellt in der Praxis bei nahezu jedem Zusammenschlußfall das zunächst wichtigste Problem der materiellen Fusionskontrolle dar. Im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle im Bereich des Handels, insbesondere des Lebensmittelhandels, ist sie Kernstück vieler Diskussionen. I In besonderem Maße hat sich die Marktabgrenzung auf der Nachfrageseite des Handels als schwierig erwiesen. Normativer Ausgangspunkt ist § 24 Abs.2 i.V. m. Abs.1 GWB. Die materielle Zusammenschlußkontrolle übernimmt hier das Tatbestandsmerkmal der "marktbeherrschenden Stellung" aus § 22 Abs.1 i.V. m. Abs.2 GWB.2 Der Begriff der "marktbeherrschenden Stellung" wird im GWB in verschiedenen Tatbeständen gebraucht: bei der Mißbrauchsaufsicht nach § 22 Abs.5 GWB, beim Behinderungs- und Diskriminierungsverbot nach § 26 Abs.2 S.l und § 26 Abs.3 GWB und bei der Zusammenschlußkontrolle nach § 24 Abs.2 i.V. m. Abs.1 GWB. Dies schließt aber nicht aus, dieses Tatbestandsmerkmal im jeweiligen Zusammenhang differenziert zu interpretieren. 3 Nach ganz h.M. wird die Subsumtion unter das Tatbestandsmerkmal "marktbeherrschende Stellung" jedoch in allen Zusammenhängen in einem zweistujigen Verfahren vorgenommen. 4 Diese Vorgehensweise findet sich auch in anderen I Zur Abgrenzung von Angebotsmärkten im Lebensmittelhandel vgl. Wendland, WRP 1988,147 ff.; Treis / Lademann, Abgrenzung des sachlich relevanten Marktes im Lebensmittelhandel; Kartte, FS Benisch, S. 59, 68 ff. 2 Unstr., vgl. statt aller IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 12 m. w.N. und bereits oben Teil 211. 3 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 18; ders., Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 504; Langen, § 22 Rdnr. 7; vgl. auch die weiteren Nachweise bei GK-Harms, § 24 Rdnr. 178. 4 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 18; ders., Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 505; ders., JA 1986,525,530; GK-Harms, § 24 Rdnr. 212 ff.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 59; Müller / Gießler / Scholz, § 22 Rdnr. 10; Westrick / Loewenheim, § 22 Rdnr. 20; Canenbley / Moosecker, Fusionskontrolle, S. 71 f.; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 9; Emmerich, Kartellrecht, § 17 III a, S. 207; Müller-Uri, Kartellrecht, Rdnr. 215; Mestmäkker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 261; Baur, Der relevante Markt, S.293, 301 ff., 309; Gröner / Köhler, BB 1982, 257, 259; GK-Bartholomeyczik (2.Aufl.), § 22 Rdnr. 18; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 96; Sedemund, Kartellrechtliche Probleme, S. 453,

I. Ausgangspunkt und Notwendigkeit einer Marktabgrenzung

45

Kartellrechtsordnungen. 5 Im ersten Schritt wird der relevante Markt in sachlicher, räumlicher und ggf. in zeitlicher Hinsicht abgegrenzt. Im zweiten Schritt wird untersucht, ob durch den Zusammenschluß auf dem oder auf einem der ermittelten Märkte eine beherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Bei der Prüfung der Frage, ob Nachfrager marktbeherrschend sind, ist danach zunächst der relevante Beschaffungsmarkt abzugrenzen. 6 Dieses zweistufige Verfahren ist verschiedenen Kritikpunkten ausgesetzt. Der h.M. wird entgegengehalten, daß es den relevanten Markt als objektiv bestimmbare Größe nicht gebe und daß dadurch die von verschiedenen objektiv möglichen Marktabgrenzungen vorgenommene Abgrenzung letztlich darüber entscheide, ob Marktbeherrschung angenommen werde. 7 Diesem Einwand ist zuzugeben, daß der Marktanteil eines Unternehmens steigt und damit die Feststellung der Marktbeherrschung um so leichter wird, je enger die Marktabgrenzung vorgenommen wird. B Auf die Marktabgrenzung kann aber de lege lata nicht mit der Begründung verzichtet werden, das Strukturmerkmal "Marktanteil" sei für die Zusammenschlußkontrolle verfehlt. 9 Der Marktanteil ist Tatbestandsmerkmal des § 22 Abs.l Nr.2 GWB. Eine Marktabgrenzung ist schon allein deshalb vorzunehmen, weil der Marktanteil ohne die Bezugsgröße Markt nicht festgestellt werden kann. Führen diese Bedenken nicht zur Aufgabe des zweistufigen Verfahrens, so ist ihnen doch bei beiden Prüfschritten Rechnung zu tragen. Es ist zu berücksichtigen, daß beide Stufen dieses Verfahrens letztlich Teile eines einheitlichen Vorganges, Prüfung der Marktbeherrschung, sind. IO Die Marktabgrenzung kann daher nicht isoliert vorgenommen werden, sondern immer nur im Hinblick darauf, daß sie Teil dieses einheitlichen Vorganges, letztlich also ein Hilfsmittel ist. 11 Hält man sich diesen Zusammenhang vor Augen, so entgeht man der Gefahr, die Marktabgrenzung allein über die Frage der Marktbeherrschung entscheiden 483 Rdnr. 102; Niestrath, Nachfragemacht des Handels, S. 162 ff.; Möhlenbruch, Betriebs wirtschaftliche Probleme einer Kontrolle der Nachfragemacht, S. 124 ff.; Köhler, JA 1985,67,73; Heidenhain, AG 1987, 117; MK, Hauptgutachten III, Tz. 580; Wiss. Beirat BMWi, Gutachten vom 6. 12. 1986, Tz. 17, WuW 1987,287, 297. A.A. Sandrock, Grundprobleme der sachlichen Marktabgrenzung, S. 449,460 ff., 485. 5 Im EG-Kartellrecht vgl. Grabitz-Koch, Art. 86 Rdnr. 33 ff.; ebenso im US-amerikanischen Antitrustrecht vgl. Merger Guidelines 1984, FIW Dok. Heft 6, S. 25, 29 ff. 6 OLG DüsseldorfWuW JE OLG 2274, 2277 ("Errichtung von Fernmeldetürmen"); Köhler, Wettbewerbsbeschränkungen, S. 64 ff.; ders., Nachfragemacht, S. 35 ff.; ders., Nachfragewettbewerb, S. 46 ff.; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 261; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 95 ff. 7 Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S. 58. B IM-Möschel, § 22 Rdnr. 20; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 261. 9 So aber Knöpfte, Die Abgrenzung des relevanten Marktes, S. 139 ff., 163 ff., 176. IO IM-Möschel, § 22 Rdnr. 20; Hoppmann, Fusionskontrolle, S.51 ff.; Sedemund" Kartellrechtliche Probleme, S. 453, 483 Rdnr. 104. 11 Vgl. Fisher / McGowan / Greenwood, Der Anti-Trust-Fall US gegen IBM, S. 45.

46

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

zu lassen. 12 Die Abgrenzung des Marktes darf als Werkzeug nicht allein das Resultat der Analyse beeinflussen. 13 Die Tatsache, daß die Marktabgrenzung nicht in vollem Umfang das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen von Marktbeherrschung präjudiziert, ergibt sich auch daraus, daß das Merkmal "Marktanteil" in § 22 Abs.l Nr.2 GWB zwar eine hervorgehobene Stellung einnimmt 14, daneben aber im Gesetzestext weitere Kriterien aufgeführt sind, deren Ausfüllung durch die Marktabgrenzung nicht vorherbestimmt ist. Damit bleibt festzuhalten, daß das zweistufige Verfahren zur Bestimmung von Marktbeherrschung im Rahmen der Fusionskontrolle erforderlich ist 14a und daher auch auf der Nachfrageseite Anwendung finden muß.

11. Abgrenzung des sachlich relevanten BeschafTungsmarktes 1. Vorbemerkung

. In Anwendung des zweistufigen Prüfungsverfahrens sind im folgenden die bei der Marktabgrenzung auf der Nachfrageseite auftretenden Probleme zu behandeln. Ziel der Marktabgrenzung muß es sein, eine Gruppe von Nachfragern so abzugrenzen, daß von den nicht zur Gruppe gehörenden Nachfragern keine oder nur zu vernachlässigende Einflüsse auf das wettbewerbliche Verhalten innerhalb der Gruppe ausgehen. 15 Zunächst ist dabei auf die sachliche Marktabgrenzung einzugehen. Über ihre theoretischen Grundlagen wird äußerst kontrovers diskutiert und in der Praxis hat sie enorme Probleme aufgeworfen. Eine wissenschaftliche Klärung ist auch nach der Entscheidung des KG im Fall "Coop-Wandmaker" noch nicht erreicht. 16 Schauplatz der Auseinandersetzung ist dabei vor allem der Lebensmittelhandel. Das BKartA nahm in den drei oben dargestellten ZusammenschlußfaIlen eine sortiments weite Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes vor. Der relevante Markt soll nach Auffassung des Amtes der Markt für die Waren des typischen Sortiments des Lebensmittelhandels (Food-Erzeugnisse einschließlich typisches Randsortiment) sein. 17 Bei der Berechnung des Marktvo-

Anders Mestmäcker, Das marktbeherrschende Unternehmen, S. 11. Vgl. Fisher / McGowan / Greenwood, Der Anti-Trost-Fall US gegen IBM, S. 33. 14 Die hervorgehobene Stellung des Merkmals Marktanteil wird allerdings durch die 5. GWB-Novelle beseitigt, vgl. Regierungsentwurf Art. 1 Nr. 5, BT-Drucks. 11/4610, S.4,17. 14a Anders Hoppmann, Marktrnacht und Wettbewerb, S. 25. 15 I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 49. 16 Vgl. I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 55 f.; Sedemund, Kartellrechtliche Probleme, S.453, 483 Rdnr. 110; a.A. anscheinend Emmerich, AG 1988, 357, 359. 12 13

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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lumens bezieht das BKartA die Umsätze des institutionellen Lebensmittelhandels (Sortiments- und Facheinzelhandel), des Nahrungs- und Genußmittelhandwerks und der im Außer-Haus-Verzehr tätigen Unternehmen (Beherbergungsgewerbe, Gast- und Speisewirtschaften, sonstige Bewirtungsstellen, Heime / Anstalten) ein. 18 Diese Sortimentsabgrenzung fand indes nicht die Billigung des KG. Der Kartell senat will vielmehr Einzelmärkte nach Maßgabe identischer oder verwandter Produkte abgrenzen, wobei übliche Angebotshäufungen zu berücksichtigen seien und eine Zusammenfassung erforderlich machen könnten. 19 Das KG gelangt so zu Märkten für Produktgruppen bzw. Sortimentsbereiche. Für die Bestimmung des Marktvolumens seien sämtliche Abnahrnemengen wertmäßig zu addieren. Weder eine Beschränkung auf die "einzelhandelsfähige Ware" noch auf den Inlandsabsatz sei sachgerecht. 20 Die unterschiedlichen Ergebnisse von BKartA (einheitlicher Sortimentsmarkt) und KG (Vielzahl von Produktgruppenmärkten) wurden z.T. unter Anwendung derselben theoretischen Ansatzpunkte erzielt. Eine Annäherung an das Problem kann daher nur ausgehend von den theoretischen Grundlagen erfolgen. Die in Teil 2 dieser Arbeit dargestellten theoretischen Ansatzpunkte zur Erfassung von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite, Umdeutungsansatz und Spiegelbildtheorie, werden zu diesem Zweck im folgenden in ihren einzelnen Spielarten im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung vorgestellt. Auch ihre praktische Anwendung soll zumindest angedeutet werden, um im Anschluß daran jeweils eine kritische Bewertung der einzelnen theoretischen Ansätze vornehmen zu können. 2. Abgrenzung nach dem Umdeutungsansatz

a) Darstellung der Theorie Nach dem oben in seinem theoretischen Ausgangspunkt dargestellten Umdeutungsansatz sind die Handelsunternehmen als Anbieter der Vertriebsleistungen anzusehen, welche von den Herstellern nachgefragt werden. 21 In der Terminolo17 BKartA WuW /E BKartA 1970, 1977 ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW /E BKartA 2060, 2062 ("Metro-Kaufhof'); BKartA WuW JE BKartA 2161, 2165 ("CoopWandmaker"). 18 BKartA WuW /E BKartA 1970, 1977 ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW /E BKartA 2060, 2062 ("Metro-Kaufhof'); und auch BKartA WuW /E BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"), insoweit allerdings nicht abgedruckt. 19 KG WuW JE OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"); s. auch schon die vorangegangenen Beschlüsse zur Auskunftspflicht KG WuW /E OLG 3721, 3722 ff. 20 KG WuW JE OLG 3917, 3928 f. ("Coop-Wandmaker"). 21 S. oben Teil 2 IV 1.

48

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

gie des Umdeutungsansatzes ist also bei dem Zusammenschluß zweier Handelsunternehmen auf der Nachfrageseite ein "Angebotsmarkt" abzugrenzen. Danach sind folgerichtig die für die Abgrenzung sachlich relevanter Angebotsmärkte entwickelten Kriterien anzuwenden. Hier hat sich in Praxis und Wissenschaft das Konzept der funktionellen Austauschbarkeit aus der Sicht der Abnehmer, das sog. Bedarfsmarktkonzept, durchgesetzt. 22 Abnehmer in diesem Sinne sind nach dem Umdeutungsansatz die Hersteller / Lieferanten. Es ist also zu fragen, welche der von den Handelsunternehmen angebotenen Vertriebsleistungen aus der Sicht der Hersteller (= Nachfrager) austauschbar sind. 23 Unklar ist zunächst, was dabei unter Vertriebsleistung zu verstehen ist. In Betracht kämen einmal alle verschiedenen einzelnen Vertriebsleistungen, die ein Handelsunternehmen den Herstellern anbietet, wie etwa die Werbung für die Ware, die Warenpflege, Kundenberatung etc. 24 Zum anderen könnte man als Vertriebsleistung auch das Gesamtbündel von Leistungen ansehen, das ein HandeIsunternehmen den Herstellern anbietet. Dies liefe letztlich auf eine Abgrenzung nach Vertriebsformen hinaus. 25 Das hier zugrundezulegende Bedarfsmarktkonzept stellt bei der Abgrenzung sachlich relevanter Angebotsmärkte zunächst die Frage nach der Austauschbarkeit von einzelnen Waren, welche die Hersteller anbieten. Aufgrund des Umdeutungsansatzes müßte daher entsprechend auf die Austauschbarkeit einzelner Vertriebsleistungen und- nicht auf die Austauschbarkeit von Vertriebsformen, verstanden als ein Bündel von Vertriebsleistungen, abgestellt werden. Allerdings ist bei der Abgrenzung von Angebotsmärkten mittlerweile anerkannt, daß als "bestimmte Art von Waren" i.S.d. § 22 Abs.l GWB auch das gesamte umfassende Warensortiment eines Lebensmittelhandelsunternehmens (Foodartikel und typisches Randsortiment) anzusehen ist, da die Verbraucher regelmäßig ein ganzes Vollsortiment zur Deckung des täglichen Grundbedarfs nachfragen. Diese st. Rspr. des KG26 hat der Bundesgerichtshof im Fall "Metro22 KG WuW /E OLG 995, 996 ("Handpreisauszeichner"); IM-Möschel, § 22 Rdnr. 24; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 63; Langen, § 22 Rdnr. 12; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 11; Emmerich, Kartellrecht § 173 b, S. 209 f.; Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. 169; v. Gamm, Kartellrecht, § 22 Rdnr. 9, § 1 Rdnr. 33; ders., Potentieller Wettbewerb - Substitutionswettbewerb, S. 13, 16 f.; Ahlert, DB 1987, Beil. 9, S.6; Wiss. Beirat BMWi, Gutachten vom 6. 12. 1986, Tz. 17, WuW 1987,287,297. 23 Vgl. auch Reimann, WuW 1976,541,545; Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angebots- und Nachfragemacht, S. 33, 46 f., insbes. Fußn. 65. 24 S. zu den warenvertriebsbezogenen Aktionsparametern von Handelsunternehmen Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 27 f. 25 So etwa Reimann, WuW 1976,541,545 f.; Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angebots- und Nachfragemacht, S. 33, 46 ff. 26 KG WuW / E OLG 3367,3369 ("Metro-Kaufhof'); KG WuW /E OLG 3591, 3595 ("Coop Schleswig-Holstein - Deutscher Supermarkt"); KG WuW /E OLG 3917, 3918

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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Kaufhof' bestätigt. 27 Ebenso ist es bei der Anwendung des Bedarfsmarktkonzeptes innerhalb des Umdeutungsansatzes möglich, als "bestimmte Art von gewerblichen Leistungen" i.S.d. § 22 Abs.l GWB das gesamte von einem Hersteller nachgefragte Vertriebsleistungsbündel im Sinne von Vertriebsform aufzufassen. Eine Abgrenzung nach einzelnen Vertriebsleistungen würde auch wenig sinnvoll erscheinen. Den Herstellern geht es nicht - wie den Verbrauchern - darum, einen Bedarf zu decken. Ihr Ziel ist der Absatz der Ware (über die Handelsstufe) an den Verbraucher. Für sie stellt es daher keinerlei Ausweichmöglichkeit dar, von einer Vertriebsleistung eines Handelsunternehmens auf eine andere Vertriebsleistung desselben Unternehmens überzuwechseln. Maßgeblich ist vielmehr, wie der Hersteller dem Handelsunternehmen ausweichen kann. Daher kann es innerhalb des Umdeutungsansatzes aus Herstellersicht sinnvollerweise nur auf die Austauschbarkeit von Vertriebs formen ankommen. Unter Vertriebsform wird dabei das Bündel von Vertriebsleistungen verstanden, welches das Handelsunternehmen den Herstellern anbietet. Dabei ist im wesentlichen auf die klassischen Vertriebsformen zu rekurrieren. Diese stellen zwar eigentlich ein zu grobes Raster dar, da die Übergänge zwischen den verschiedenen Vertriebsformen fließend sind 28 und sich fortlaufend in Veränderung befinden. 29 Sie können aber aus Praktikabilitätsgesichtspunkten den Ausgangspunkt der Prüfung bilden. Schließlich ist anzumerken, daß bei der Anwendung der Kriterien des Bedarfsmarktkonzeptes innerhalb des Umdeutungsansatzes im Rahmen der Frage der Austauschbarkeit von Vertriebsformen konsequenterweise auf eine verständige Sicht der Hersteller (= Nachfrager) abzustellen ist. 30 b) Anwendung in der Praxis

Um die Anwendung des Umdeutungsansatzes im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung auf konkrete Fälle zu illustrieren, ist bei den in Teil 2 dargestellten Zusammenschlußfallen zu prüfen, welche von den seitens der Handelsunternehmen angebotenen Vertriebsformen aus der Sicht der Hersteller (= Nachfrager) austauschbar sind. ("Coop-Wandmaker"); ablehnend etwa MK, Sondergutachten 14, Tz. 125,91 ff.; dies.,

Hauptgutachten V, Tz. 660 ff. 27 BGH WuW jE BGH 2231, 2234 ("Metro-Kaufhof'). 28 Vgl. Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angobots- und Nachfragemacht, S. 33, 46. 29 Vgl. Batzer, Strukturveränderungen und Wettbewerb im Handel, S. 1, 5 f., 7 ff.; zur Dynamik der Vertriebsformen im Handel s. auch Barth, BB 1984, 1457, 1459; Möhlenbruch, Betriebswirtschaftliche Probleme einer Kontrolle der Nachfragemacht. S. 154 ff.; Schricker / Lehmann, Der Selbstbedienungsgroßhandel,S. 3 ff.; Gröner / Köhler, Der Selbstbedienungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, S. 5 f.; auch bereits Nieschlag, Schriften des Vereins für Socialpolitik 26 (1962), S. 493, 517 ff. 30 Für das Bedarfsmarktkonzept vgl. nur IM-Möschel, § 22 Rdnr. 28 m. w.N. 4 Bergmann

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragem

50

aa) Lebensmittelhandel Bei den drei Fällen aus dem Bereich des Lebensmittelhandels ist dabei von den Handelsunternehmen Metro bzw. Coop auszugehen. Es ist zu fragen, ob deren Lieferanten bei Zugrundelegung einer verständigen Sichtweise andere Vertriebsformen als austauschbare Ausweichmöglichkeit ansehen. Festzuhalten ist zunächst, daß die Hersteller von Lebensmitteln regelmäßig keine Exklusivprodukte vertreiben, so daß nicht im Hinblick auf das Image der Produkte bestimmte Vertriebsformen von vornherein ausgeschlossen sind. Ihnen geht es im wesentlichen darum, eine möglichst große Menge ihrer Produkte an Endverbraucher abzusetzen. Zur Verfügung stehen dafür zunächst der Großund der Einzelhandel. Aus der Sicht der Lieferanten von Metro, einem Unternehmen, das vorwiegend auf der Großhandelsstufe tätig ist 3!, wäre also zu fragen, ob Handelsunternehmen des Einzelhandels eine austauschbare Absatzalternative darstellen. Umgekehrt würde sich diese Frage etwa aus der Sicht der Lieferanten von COOp32 stellen. Abgesehen von Gebindegrößen, welche ziemlich leicht umzustellen sind, lassen sich jedoch keine karte1lrechtlich zu berücksichtigenden Gründe für das ausschließliche Beliefern von Einzel- bzw. Großhandel finden. Ein Hersteller von Lebensmitteln wird vielmehr bestrebt sein, sowohl Großhandels- als auch Einzelhandelsunternehmen zu beliefern, weil er über die verschiedenen Vertriebswege jeweils andere Verbraucher erreichen wird. Aus Herstellersicht scheinen also Groß- und Einzelhandel im allgemeinen austauschbare Absatzalternativen darzustellen. 33 Zu untersuchen ist weiter, welche einzelnen Vertriebsformen als austauschbar angesehen werden. Die im Lebensmittelhandel vorherrschenden Vertriebsformen werden im allgemeinen folgendermaßen unterschieden 34: -

Selbstbedienungs(SB)- und Bedienungsgeschäft: Lebensmittelgeschäft mit einer Verkaufsfläche bis 400 m2 .

-

Supermarkt: SB-Lebensmittelgeschäft mit einer Verkaufsfläche zwischen 400 und 1000 m 2 •

-

Discountgeschäft: Lebensmittelgeschäft mit einer Verkaufsfläche unter 1000 m 2 , das nach dem Discountprinzip arbeitet, d.h. begrenztes Sortiment, einfache Ladenausstattung und niedrige Preise.

-

Verbrauchermarkt: SB-Geschäft mit einer Verkaufsfläche über 1000 m 2 . Vgl. hierzu MK, Sondergutachten 14, Tz. 18 f. 32 Angaben zur Coop-Gruppe bei MK, Sondergutachten 14, Tz. 27 ff.

3!

33 Zum Trend zur Einstufigkeit und der zunehmenden Aufhebung der Grenzen zwischen Einzelhandel und Großhandel vgl. Picot, BB 1986, Beil. Nr. 13, S. 12; s. auch Wendland, WRP 1988, 147. 34 Vgl. hierzu etwa MK, Sondergutachten 14, Tz. 13; Glendinning & Lehning, Die Absatzkanäle im Lebensmittelhandel; s. auch LZ v. 23. 12. 1987, S. F 4.

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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-

SB-Warenhaus: SB-Geschäft mit einer Verkaufsfläche über 1000 m 2 , in dem ein kaufhausähnliches Sortiment angeboten wird.

-

Kaufhaus: Geschäft mit großem Angebot an Lebensmitteln und Non-FoodArtikeln, die nach Waren gruppen getrennt angeboten werden.

-

C & C -Markt: Ein C & C (=Cash & Carry)-Betrieb ist ein Großhandelsbetrieb, der Einzelhändlern und gewerblichen Verbrauchern Waren gegen Barzahlung und Selbstabholung anbietet.

-

Zustellgroßhandel: Regelmäßige Belieferung von Geschäften selbständiger Lebensmitteleinzelhändler mit einem Lebensmittel- und Non-Food-Sortiment durch eine Großhandlung.

-

Facheinzelhandel 35

-

Fachgroßhandel 36

-

Handwerksunternehmen 37 (z. B. Bäcker, Fleischer)

-

Absatz an die weiterverarbeitende Industrie 38

-

Absatz an Hotel- und Gaststättengewerbe 39

-

Direktvertrieb 40

-

Teleshopping. 41

Bei der praktischen Anwendung des Umdeutungsansatzes wäre nun die Austauschbarkeit dieser Vertriebsformen im einzelnen zu prüfen. Hierbei stellt sich zum Beispiel die Frage, ob die Vertriebsform der Discountgeschäfte aus Herstellersicht gegenüber der bisher belieferten Vertriebsform austauschbar ist. Möglicherweise könnte diese Vertriebsform wegen der von den Discountern betriebenen Niedrigpreispolitik und der bewußten Sortimentsbegrenzung für die Lieferanten von Metro bzw. Coop keine austauschbare Absatzalternative darstellen. Ein Hersteller von ausgefallenen Fischdelikatessen wird etwa von vornherein bestimmte Discounter nicht als austauschbare Vertriebsalternative zu Coop ansehen, da er wegen deren begrenzten Sortiments von z. B. nur 500 Artikeln 42 mit seinen Delikatessen kaum "in' s Geschäft" kommen könnte. Allerdings ist bei 35 In der Aufstellung der MK im Sondergutachten 14 nicht enthalten, da diese Vertriebsform für eine Untersuchung der Konzentration wegen ihrer geringen Größe außer Betracht bleiben konnte, vgl. MK, Sondergutachten 14, Tz. 11. 36 Wie Fußn. 35. 37 Wie Fußn. 35. 38 Von MK nicht berücksichtigt. 39 Von MK nicht berücksichtigt. 40 Von MK nicht berücksichtigt; vgl. hierzu Tietz, Struktur und Dynamik des Direktvertriebs. 41 Von MK nicht berücksichtigt; vgl. hierzu etwa LZ v. 13. 11. 1987, S. F 34 f.; LZ v. 20. 11. 1987, S. F 4. 42 Angabe bei MK, Sondergutachten 14, Tz. 15 für Aldi. 4*

52

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragem

diesen Erwägungen die stetige Dynamik der Vertriebs formen mit zu berücksichtigen. 43 Noch deutlicher werden diese Überlegungen etwa aus der Sicht eines Tiefkühlkostherstellers. Auch für ihn scheiden bestimmte Vertriebsformen, etwa Discounter, von vornherein als Absatzalternative aus, wenn sie kcine Tiefkühlkost führen. Die Dynamik der Vertriebstypen im Lebensmittelhandel wird gerade im Bereich der Tiefkühlkost besonders deutlich. Hier hat sich in den letzten Jahren verstärkt die Alternative des Direktvertriebs bewährt. 44 Hinzuweisen ist etwa auf die beiden Unternehmen Bofrost GmbH und Eismann GmbH, die ihren Direktvertrieb über Franchisenehmer organisiert haben. 45 Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik Deutschland mittlerweile bereits über 200 Tiefkühl-ServiceUnternehmen, die nach dem Direktvertriebsprinzip arbeiten. 46 Untersuchungen dieser Art müßten bei der Anwendung des Umdeutungsansatzes bei den Lieferanten der Handelsunternehmen, deren Marktstärke zu prüfen ist, in Form von Befragungen 47 und möglicherweise mit Hilfe von Sachverständigengutachten durchgeführt werden. Dabei wird sich wohl fast immer ein differenziertes Bild ergeben. Bezogen auf eine bestimmte Vertriebsform wird bei manchen Herstellern Austauschbarkeit zu bejahen, bei anderen zu verneinen sein. Entscheidend ist dann eine verständige durchschnittliche Sichtweise. bb) "Hussel-Mara" Das KG hat im Zusammenschlußfall "Hussel-Mara" ausdrücklich offengelassen, ob dem Umdeutungsansatz zu folgen ist. 48 Bei konsequenter Anwendung des Umdeutungsansatzes wäre bei der sachlichen Marktabgrenzung in diesem Fall zu fragen, ob die Lieferanten von Hussel auf andere Vertriebs formen ausweichen können. Ist aus ihrer Sicht eine andere Vertriebs form austauschbar, so gehören alle Unternehmen mit dieser Vertriebsform zu demselben sachlich relevanten Markt wie die von Hussel angebotene. Die von Hussel, bzw. ihrer 100%-igen Tochter Douglas 49 , angebotene Vertriebsform ist gekennzeichnet durch elegante und aufwendig wirkende Ausstat43 Nach einem Bericht des Instituts für Selbstbedienung haben die Discounter ihr Sortiment in den letzten Jahren erheblich ausgedehnt. Es umfaßt nunmehr im Durchschnitt ca. 1500 Artikel, vgl. HB v. 23. 1. 1989, S. 12. 44 Vgl. Tietz, Struktur und Dynamik des Direktvertriebs, S. 33 f.; vgl. auch KG WuW / E OLG 3917, 3932 f. ("Coop-Wandmaker"). 45 Tietz, Struktur und Dynamik des Direktvertriebs, S. 74 f., 118 f. 46 Tietz, Struktur und Dynamik des Direktvertriebs, S. 74. 47 Allgemein zum Problem der Verkehrsbefragungen bei der Marktabgrenzung vgl. Fischötter, Verkehrsbefragung bei Bestimmung des relevanten Marktes?, S.627 ff.; Lieberknecht, AG 1988, 151, 156. 48 KG WuW /E OLG 3577, 3586 (..Hussel-Mara").

II. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

53

tung der Verkaufsstätten, in denen schwerpunktmäßig hochpreisige Kosmetika und Duftwasser einer Vielzahl von Herstellern breit gefächert angeboten werden. 50 Es handelt sich also um Fachparfümerien mit Boutique-Charakter. 51 Das Depotsystem unterstreicht die Exklusivität. 52 Als alternative Vertriebswege für die Lieferanten von Hussel, Hersteller hochpreisiger, exklusiver Kosmetika und Duftwasser, wären etwa die folgenden zu prüfen: Kauf- und Warenhäuser, Verbrauchermärkte und SB-Warenhäuser, Drogerien und Drogeriemärkte, Lebensmittelhandel, Parfümerien, Seifengeschäfte und Friseure, Direktvertrieb 53 und Versandgeschäft 54, Apotheken, Reformhäuser, Kosmetikstudios und Duty-free-shops 55. Von diesen verschiedenen Vertriebswegen kommen den Douglas-Parfümerien lediglich Parfümerien nahe, die ebenso Wert auf Exklusivität legen. Traditionellerweise werden in der Bundesrepublik Deutschland hochpreisige Kosmetika und Duftwasser exklusiv vertrieben. 56 Die anderen angeführten Vertriebswege, die eine solche Exklusivität nicht aufweisen, stellen für die Hersteller, deren Sicht zugrundezulegen ist, keine austauschbare Alternative dar. Teils wird die individuelle Beratung des Kunden fehlen, teils wird das Markenimage leiden, teilweise wird auch nicht die Vielfalt an Produkten angeboten werden können (so z. B. in Apotheken). In den sachlich relevanten Beschaffungsmarkt wären daher nur die Handelsunternehmen einzubeziehen, die dem Vertriebs weg der Exklusivparfümerien zugeordnet werden können. c) Kritik

Gegen den Umdetitungsansatz als Ausgangspunkt für die sachliche Marktabgrenzung wurde zunächst eingewendet, er sehe die subjektiven absatzpolitischen Zielvorstellungen der Hersteller als unverrückbare Größe an. 57 Einen Anspruch der Hersteller, ihre Ware über eine bestimmte Vertriebsform abzusetzen, gebe es aber nicht. 58 BKartA WuW JE BKartA 1897 ("Hussel-Mara"). KG WuW JE OLG 3577, 3584 ("Hussel-Mara"). 51 BKartA WuW JE BKartA 1897 ("Hussel-Mara"). 52 KG WuW JE OLG 3577, 3584 ("Hussel-Mara"). 53 In diesem Zusammenhang ist das Beispiel ,,Avon" zu nennen. Die Produkte dieses Kosmetikunternehmens werden weltweit von über 1,3 Mio. Beraterinnen im Direktvertrieb vertrieben. Vgl. Tietz, Struktur und Dynamik des Direktvertriebs, S. 119 f., 29. 54 Nach BKartA WuW J E BKartA 1897, 1902 ("Hussel-Mara"); vgl. auch Ulmer, Kartellrechtliche Unterschiede in der Behandlung von Angebots- und Nachfragemacht, S. 33, 47. 55 Vgl. KG WuW JE OLG 3577, 3587 f. ("Hussel-Mara"). 56 Vgl. KG WuW JE OLG 3577, 3587 ("Hussel-Mara"). 57 So etwa Köhler, Nachfragemacht, S. 36. 58 Köhler, Nachfragemacht, S. 36. 49

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

Daran ist zwar richtig, daß es einen solchen Anspruch naturgemäß nicht geben kann. Dies ergibt sich schon aus den Grundsätzen der Privatautonomie, insbesondere der Abschlußfreiheit. Ein solcher Anspruch wird jedoch vom Umdeutungsansatz auch nicht behauptet oder unterstellt. Insoweit geht diese Kritik ins Leere. Richtig ist aber, daß nach dem Umdeutungsansatz die subjektiven Vorstellungen der Hersteller eine Rolle spielen. Dies ist jedoch nicht ungewöhnlich. Auch bei der Abgrenzung sachlich relevanter Angebotsmärkte kommt es nach dem Bedarfsmarktkonzept der h.M. auf die subjektiven Vorstellungen der Marktgegenseite an, nämlich auf die Austauschbarkeit von Produkten aus der Sicht des Verbrauchers. 59 Diese Sichtweise folgt auch dem Schutzzweck der Marktabgrenzung 60 und damit dem Schutzzweck der Zusammenschlußkontrolle, die den Schutz der wettbewerblichen Handlungsfreiheit aller Marktteilnehmer im Auge hat und somit auch einer Verhinderung der Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen der Marktgegenseite dient. 61 Dem Umdeutungsansatz sind jedoch weitaus gewichtigere Schwächen inhärent. Als Theorie erfaßt er von vornherein nur einen Teil eines einheitlichen Marktgeschehens und in der praktischen Anwendung kommt er zudem ohne Blick auf den anderen Teil des Marktgeschehens nicht aus. Dies ist im folgenden zu verdeutlichen. Der Umdeutungsansatz stellt ausschließlich auf die Nachfrage nach den vom Handel angebotenen Vertriebsleistungen bzw. -formen ab. Die Warennachfrage des Handels und das Warenangebot der Hersteller / Lieferanten wird dabei nicht erfaßt. Vertriebsleistungsangebot und Warennachfrage sind aber Teile eines einheitlichen komplexen Marktgeschehens. Eine Theorie, die von vornherein nur einen Teil dieses komplexen Geschehens erfaßt, muß an der Wirklichkeit vorbeigehen. Diese Schwäche wird auch bei der konkreten Anwendung des Umdeutungsansatzes sichtbar. 62 Hier ist die Frage zu untersuchen, ob Hersteller auf andere Vertriebs formen ausweichen können. Dies kann jedoch ohne Blick auf die Ware, die der Hersteller absetzen will, nicht beantwortet werden. Aus der Sicht des Herstellers ist primär entscheidend, inwieweit eine bestimmte Vertriebsform zu seiner Ware paßt, inwieweit also das Vertriebsleistungsangebot des Handelsunternehmens mit seinem Warenangebot korreliert. Dies wurde bei der Anwendung des Umdeutungsansatzes deutlich. Die Austauschbarkeit eines Vollsortimenters und eines Discounters aus Herstellersicht wird unterschiedlich ausfallen, je nachdem ob dieser etwa Zahnpasta, Tiefkühlkost oder ein exklusives Parfum produ59 S. nur KG WuW / E OLG 995, 996 ("Handpreisauszeichner"); IM-Möschel, § 22 Rdnr.28. 60 So auch IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40, der dieses Argument allerdings lediglich für die Spiegelbildtheorie heranzieht. 61 BKartA WuW /E BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"). 62 S. oben Teil 3 11 2 b).

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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ziert. Bei der praktischen Anwendung des Umdeutungsansatzes müssen also denknotwendig Umstände (das Warenangebot) mit berücksichtigt werden, die eigentlich vom theoretischen Ansatz her gerade ausgeklammert sind. Diese Schwäche wird auch bei dem Ergebnis der praktischen Anwendung des Umdeutungsansatzes deutlich sichtbar. Ergebnis seiner Anwendung ist immer ein Markt für bestimmte Vertriebsformen. Unbeantwortet bleibt also die Frage, welche Produkte oder Gruppen von Produkten den Markt bilden. Hinzu kommt, daß die Prüfung der Austauschbarkeit von Vertriebsformen wegen der problematischen Abgrenzung der einzelnen Vertriebsformen untereinander äußerst schwierig durchzuführen ist. Probleme ergeben sich hier vor allem wegen der wettbewerblichen Reaktionsverbundenheit der einzelnen Vertriebsformen untereinander und der laufenden Weiterentwicklung der einzelnen Vertriebsform. Der Umdeutungsansatz ist nach alledem als Theorie für die Abgrenzung des sachlich relevanten Nachfragemarktes ungeeignet. 63 3. Abgrenzung nach der Spiegelbildtheorie a) Darstellung der Theorie

Nach der Spiegelbildtheorie sind auf die Erfassung der Nachfragemacht die gleichen Kriterien anzuwenden wie auf die Erfassung der Angebotsmacht. 64 Bei der Abgrenzung sachlich relevanter Angebotsmärkte geht die ganz h.M. vom sog. Bedarfsmarktkonzept aus. 65 Abzustellen ist danach auf die Sicht der Marktgegenseite, also der Verbraucher (Nachfrager). Nach dem Bedarfsmarktkonzept sind "sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahestehen, daß der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht"66, einem sachlich relevanten Angebotsmarkt zuzurechnen. Spiegelbildlich dazu ist bei der Abgrenzung von sachlich relevanten Beschaffungsmärkten auf die Sicht der Anbieter abzustellen. 67 Damit entspricht die 63

I. Erg. ebenso Säcker, BB 1988,416,418; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 96,

102; Kirschner, Nachfragemacht, S. 51 f., 54.

S. hierzu bereits oben Teil 2 V 1, m.v.w.N. S. hierzu bereits oben im Rahmen des Umdeutungsansatzes, Teil 3 11 2 a), mit zahlreichen Nachweisen. 66 KG WuW jE OLG 995, 996 (',Handpreisauszeichner"). 67 Vgl. nur IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40 m. w.N.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 97; BKartA WuW jE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"); KG WuW jE OLG 3917,3927 ("Coop-Wandmaker"); a.A. allerdings v. Gamm, Kartellrecht, § 22 Rdnr. 9, § 1 Rdnr. 33. . 64

65

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

Spiegelbildtheorie - ebenso wie der Umdeutungsansatz - dem Schutzzweck der Marktabgrenzung und damit auch einem Schutzzweck der Zusammenschlußkontrolle insgesamt, eine Verschlechterung der Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen der Marktgegenseite zu verhindern. 68 Besteht also Klarheit, daß auf die Ausweichmöglichkeiten der Anbieter (Hersteller / Lieferanten) abzustellen ist, so ist äußerst umstritten, welche Kriterien innerhalb der Spiegelbildtheorie für die Prüfung der Ausweichmöglichkeiten i.e. heranzuziehen sind. 69 aa) Produktkonzept Eine Spielart der Spiegelbildtheorie stellt das sog. Produktkonzept (oder auch Konzept der Marktgleichwertigkeit) dar. Dieses Konzept nimmt das gegenwärtige Warenangebot der Hersteller als feststehende Größe an und bestimmt deren Ausweichmöglichkeiten danach, ob und inwieweit sie mit diesem Angebot von Waren auf andere Handelsunternehmen (= Nachfrager) ausweichen können. 70 Das Produktkonzept stellt also auf die Austauschbarkeit von Nachfragern ab. Der sachlich relevante Beschaffungsmarkt umfaßt danach alle Waren, die sich aus der Sicht der verständigen Anbieter produktions- und vertriebsfunktionell nahestehen und die Nachfragern mit gleichen Abnahmeverhältnissen angeboten werden 71, wobei hierunter Abnahmevolumen, Abnahmequalität und Abnahmekonditionen fallen. 72 bb) Angebotsumstellungskonzept Auf dem Hintergrund der Spiegelbildtheorie folgt die überwiegende Meinung dem sog. Angebotsumstellungskonzept. 73 Danach ist zu fragen, inwieweit ein

68 Vgl. schon oben Teil 3 11 2 c); IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40; BKartA WuW jE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"). 69 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41 m. w.N.; Köhler, Nachfragewenbewerb, S. 46 ff.; Säkker, BB 1988,416,418; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 98. 70 Hölzler / Satzky, Wenbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 87 f.; Säcker, BB 1988, 416, 418. 71 So Benisch, WuW 1977,619,624 ff., 628; vgl. auch BKartA WuW jE BKartA 2161,2164 ("Coop-Wandmaker"). 72 Vgl. Benisch, WuW 1977,619,624 ff., 628; s. auch IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41. 73 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 99, 102; Langen, § 22 Rdnr. 23; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 98; Gröner / Köhler, BB 1982,257, 260 f.; Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563,580 f.; Köhler, Nachfragemacht, S. 36 ff.; Lademann, Machtverteilung zwischen Industrie und Handel, S. 18 f.; Markert, Mißbrauchsaufsicht über Anbieter und Nachfrager, S. 87, 103; MK, Sondergutachten 7, Tz. 49 ff.; dies., Hauptgutachten V, Tz. 667 ff.; dies., Sondergutachten 14, Tz. 137; OLG Düsseldorf WuW j E OLG 2274, 2277 (,,Errichtung von Femme1detür-

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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Lieferant (= Anbieter) dem Verhalten eines Nachfragers dadurch ausweichen kann, daß er sein Angebot umstellt. Betont wird dabei zwar vornehmlich die Produktionsumstellung. 74 Vom Angebotsumstellungskonzept ist jedoch auch die Vertriebsumstellung mitumfaßt. 75 ( 1) Produktionsumstellung

Ungeklärt ist, bis zu welcher Grenze die Produktionsflexibilität innerhalb des Angebotsumstellungskonzeptes Berücksichtigung finden soll. Für die Grenzziehung werden verschiedene Lösungen angeboten: Das KG meint, zu berücksichtigen seien alle Erzeugnisse, die der Lieferant anbietet, oder unter zumutbaren Bedingungen ohne größere Umstellungsschwierigkeiten anbieten könnte. 76 Nach Köhler soll es in ähnlicher Weise auf die Umstellungsmöglichkeiten ankommen, die im Rahmen der vorhandenen Produktionsanlagen ohne größere Anstrengungen technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und somit zumutbar sind. 77 Die MK stellte ursprünglich darauf ab, ob ein Anbieter ohne große zusätzliche Kosten ein Produkt herstellen kann, das leicht und gewinnbringend abgesetzt werden kann. 78 Nunmehr vertritt die MK die Ansicht, daß zwei Produkte dann einem sachlich relevanten Beschaffungsmarkt zuzurechnen sind, wenn bei einer geringen Reduzierung des für ein Produkt erziel baren Preises ein erheblicher Teil der Hersteller (Anbieter) dieses Produktes innerhalb eines kurzen Zeitraumes zur Produktion des anderen Gutes übergehen würde. 79 Gröner / Köhler betonen, daß es wegen der großen Zahl von Determinanten der Angebotsumstellung einer umfassenden Marktanalyse bedarf. 80 Sehr weitge-

men"); KG WuW jE OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"); vgl. auch Niestrath, Nachfragemacht des Handels, S. 162 f. 74 MK, Hauptgutachten V, Tz. 667 ff.; gegen eine Berücksichtigung der ProduktionsumsteIlung bei der Marktabgrenzung etwa GK-Harms, § 24 Rdnr. 290. 75 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 47; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41; Gröner I Köhler, BB 1982, 257, 260; Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S.563, 580 f.; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 262. 76 KG WuW jE OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"); KG WuW jE OLG 3577, 3585 f. ("Hussel-Mara"); vgl. auch Lademann, Machtverteilung zwischen Industrie und Handel, S. 18 f. 77 Köhler, Nachfragemacht, S. 37; vgl. auch IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41; ders., Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 515. 78 MK, Sondergutachten 7, Tz. 49. 79 MK, Hauptgutachten V, Tz. 668. 80 Gröner/ Köhler, BB 1982,257,261.

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

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hend wollen sie jedoch Kriterien wie Kosten und Anstrengungen ausklammern, da dies die Anpassungsflexibilität zurückgehen ließe. 81 Die Ausweichmöglichkeiten von Anbietern werden bei einem so verstandenen Konzept der Produktionsumstellung tendenziell wesentlich geringer sein als die Ausweichmöglichkeiten von Nachfragern bei der Bestimmung sachlich relevanter Angebotsmärkte. 82 Nicht zu verkennen ist allerdings, daß durch eine allzu enge Grenzziehung für die Produktionsumstellung strukturkonservierenden Tendenzen Vorschub geleistet wird. 83 Daher sollte man jedenfalls nicht verlangen, daß das neue Produkt leicht und gewinnbringend abgesetzt werden kann. (2) Vertriebsumstellung

Die Angebotsumstellung ist nicht beschränkt auf die Umstellung der Produktion, sie kann auch in einer Vertriebsumstellung liegen. 84 Auch die Umstellung im Vertrieb stellt eine Ausweichmöglichkeit für die Hersteller / Anbieter dar. Dies entspricht der Aussage des oben dargestellten Produktkonzeptes. Das bisher erzeugte Produkt ist bei dieser Betrachtungsweise eine feststehende Größe. Das Produktkonzept ist also mit dem Angebotsumstellungskonzept in seiner Variante der Vertriebsumstellung identisch. Anders ausgedrückt stellt das Angebotsumstellungskonzept ein um die Variante der Produktionsumstellung erweitertes Produktkonzept dar. 85 Da es bei der sachlichen Marktabgrenzung auf die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, hier also der Anbieter, ankommt, muß auch die Produktionsumstellung als eine in Frage kommende Ausweichmöglichkeit Berücksichtigung finden. Damit erübrigt sich aber das Produktkonzept als eigenständiger Ansatz auf dem Hintergrund der Spiegelbildtheorie. Da es vom Angebotsumstellungskonzept mitumfaßt wird, ist es als eigenständiges Konzept überflüssig. 86 Im folgenden wird daher bei der praktischen Anwendung der Spiegelbildtheorie das Angebotsumstellungskonzept zugrundegelegt, wobei sowohl die Produktionsumstellung als auch die Vertriebsumstellung Berücksichtigung finden.

Gröner/ Köhler, BB 1982,257,261. Ebenso IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41. 83 In diese Richtung auch Gröner / Köhler, BB 1982, 257, 260 f. 84 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41; Köhler, Nachfragewettbewerb, S.47; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 262; Gröner / Köhler, BB 1982, 257, 260; Schluep, Über den Begriff der Nachfragemacht, S. 563, 580 f.; Müller-Uri, Kartellrecht, Rdnr. 219. 85 Vgl. etwa IM-Möschel, § 22 Rdnr. 41; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 47; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 98 f., 102. 86 Vgl. demgegenüber aber Säcker, BB 1988,416,418. 81

82

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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b) Anwendung in der Praxis Um die praktische Anwendung der Spiegelbildtheorie (Angebotsumstellungskonzept) zu illustrieren, ist bei den in Teil 2 dargestellten Zusammenschlußfällen zu prüfen, inwieweit die Hersteller / Anbieter den Handelsunternehmen (= Nachfragern) durch Angebotsumstellung (= Produktions- und / oder Vertriebsumstellung) ausweichen können. aa) Lebensmittelhandel

Im Bereich des Lebensmittelhandels ist zu untersuchen, inwieweit die Lieferanten von Coop bzw. von Metro diesen Nachfragern durch Angebotsumstellung ausweichen können. Bei der Variante der Produktionsumstellung gehören alle diejenigen Produkte zu einem einheitlichen Beschaffungsmarkt, die für den Hersteller als Produktionsalternative in Betracht kommen. Dies ist eine Frage der genauen Einzelfallprüfung. Angebotsalternativen scheinen jedoch etwa innerhalb einer Produktgruppe tendenziell eher zu bestehen als über Produktgruppengrenzen hinweg. Ein Indiz dafür ist z. B. die Spezialisierung in der Lebensmittelindustrie auf einzelne Produkte oder Produktgruppen. Kein Lebensmittelhersteller verfügt über eine tatsächliche oder potentielle Produktpalette, welche sämtliche vom Lebensmittelhandel nachgefragten Produkte umfaßt. 87 Das KG ging daher im Fall "Coop-Wandmaker" davon aus, daß der sachlich relevante Beschaffungsmarkt nach Produktgruppen abzugrenzen sei. 88 Danach würde sich im Lebensmittelhandel eine Vielzahl sachlich relevanter Beschaffungsmärkte ergeben. 89

Im Gegensatz dazu gelangte das BKartA in demselben Fall unter Anwendung des Angebotsumstellungskonzeptes in der Variante der Produktionsumstellung zu dem Ergebnis, daß das gesamte Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels einen einheitlichen sachlich relevanten Beschaffungsmarkt bilde. 90 KG WuW /E OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"). KG WuW /E OLG 3917, 3927 ff. ("Coop-Wandmaker"); in diese Richtung auch schon im vorangegangenen Beschluß betreffend die Auskunftspflicht KG WuW / E OLG 3721,3722 f.; a.A. DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 19 = ZIP 1987, 1354; als zu 87 88

eng kritisiert auch Klaue, Zur Praxis der Fusionskontrolle 1986/87, S. 1, 8, die Abgrenzung nach Sortimentsbereichen. 89 Im Erg. ebenso MK, Sondergutachten 14, Tz. 137; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 101 f.; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 55; Berg, ORDO 37 (1986), 183, 196; ders., WRP 1986,577,579; Lademann, Machtverteilung zwischen Industrie und Handel, S. 19; ders., Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 46; Säcker, BB 1988,416, 418 f. Dezidiert gegen eine produktweise Abgrenzung Sölter, Der Januskopf des Preiswettbewerbs, S. 105; DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 19 = ZIP 1987, 1354.

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

Dieses unterschiedliche Ergebnis von KG und BKartA bei der Anwendung derselben Theorie auf denselben Fall ist wie folgt zu erklären: Das KG bezieht nur diejenigen Produkte in den Markt mit ein, "die der Lieferant anbietet oder unter zumutbaren Bedingungen ohne größere Umstellungsschwierigkeiten anbieten könnte". 91 Das BKartA hingegen prüft gleichsam in einem weiteren Schritt, wann der Produzent mit dem neuen Produkt auf eine neue Nachfragestruktur trifft und meint, daß bei allen Produkten des Lebensmittelhandels die gleiche Nachfragestruktur vorläge. 92 Damit wendet das BKartA aber nicht, wie es meint, das Angebotsumstellungskonzept in der Variante der Produktionsumstellung an, sondern bezieht bereits an dieser Stelle die Variante der Vertriebsumstellung mit ein. Daher kommt das BKartA über die Anwendung des Produktkonzeptes (= Konzept der Marktgleichwertigkeit), das der Variante der Vertriebsumstellung entspricht, ebenfalls zu einem einheitlichen Sortimentsmarkt. 93 Es ist aber zweifelhaft, ob das BKartA damit das Produktkonzept bzw. das Angebotsumstellungskonzept in der Variante der Produktionsumstellung korrekt angewendet hat. 94 Wenn die Ausweichmöglichkeiten der Hersteller zu prüfen sind und zu einem Markt alle Waren gehören, die sich vertriebsfunktionell nahestehen und Nachfragern mit gleichartigen Abnahmeverhältnissen angeboten werden, so scheint die Annahme eines Sortimentsmarktes zwar in der Tat nicht fern zu liegen. Schließlich wird der Großteil der Produkte des typischen Sortiments über den Handelskanal vertrieben. Alle Produkte des Sortiments scheinen sich daher auch vertriebsfunktionell nahezustehen. Handelt es sich aber wirklich um Nachfrager mit gleichartigen Abnahmeverhältnissen? Sind etwa die Abnahmeverhältnisse eines Discounters und diejenigen eines Vollsortimenters wirklich gleichartig? Unterscheiden sich nicht die Anahmeverhältnisse von SB-Märkten und Drogeriemärkten erheblich, obwohl beiden Arten von Nachfragern das "typische Randsortiment" angeboten wird? Müßte also nicht bei der Prüfung der Vertriebsumstellungsmöglichkeiten mehr differenziert werden? Die Annahme eines einheitlichen Sortimentsmarktes scheint eine allzu starke Vereinfachung zu sein. Insbesondere dürfte es auch an übereinstimmenden Wettbewerbsverhältnissen bei allen verschiedenen Produkten des Sortiments fehlen. 95 Nach dem Angebotsumstellungskonzept werden die Beschaffungsmärkte im Lebensmittelhandel tendenziell nach Produktgruppen abzugrenzen sein. Genaue Aussagen über die detaillierte Zusammensetzung der einzelnen Produktgruppen können nur auf der Grundlage einer sorgfältigen Marktanalyse gemacht werden. 90 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"); vgl. hierzu auch Kartte. FS Benisch, S. 59, 74 f.; in diese Richtung auch DIHT. Konzentration im Zwielicht, S. 19 = ZIP 1987, 1354. 91 KG WuW JE OLG 3917, 3927 ("Coop-Wandmaker"). 92 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2164 ("Coop-Wandmaker"). 93 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2164 f. ("Coop-Wandmaker"). 94 Vgl. auch Kleinmann / Bechtold. § 22 Rdnr. 100. 95 So auch KG WuW JE OLG 3917, 3928 ("Coop-Wandmaker").

II. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

61

bb) Exkurs: Bündelung der Produktgruppenmärkte zu einem Sortimentsmarkt? Das BKartA begründete sein Ergebnis, das typische Gesamtsortiment sei einem einheitlichen Beschaffungsmarkt zuzuordnen, zusätzlich mit folgender Hilfserwägung: Würde man zunächst auf eng begrenzte Produktgruppen abstellen, so sei es zulässig, zweckmäßig und wettbewerbsrechtlich erforderlich, von einem "Lebensmittelmarkt" als der Summe der maßgebenden Einzelmärkte für verschiedene Gruppen von Lebensmitteln auszugehen. Diese Bündelung entspreche der Praxis von Gerichten und Behörden bei der Bestimmung von Angebotsmacht. 96 Das KG lehnte eine solche Zusammenfassung zu Recht ab. 97 Der Hinweis des BKartA auf die Abgrenzung von Anbietermärkten geht fehl. Eine Zusammenfassung mehrerer, untereinander nicht austauschbarer Produkte wurde bislang nur deshalb vorgenommen, weil die betreffenden Waren zusammen nachgefragt wurden. 98 Die Hersteller von Lebensmitteln, deren Sicht hier ausschließlich maßgebend ist, bieten jedoch gerade kein umfassendes Sortiment, sondern Einzelprodukte bzw. Produktgruppen an. Die Bündelung zu einem Gesamtmarkt verbietet sich vor allem deshalb, weil die Wettbewerbsverhältnisse auf den einzelnen Produktgruppenmärkten große Unterschiede aufweisen. Zwischen den einzelnen Produktgruppen fallen z. B. die Exportquote, der Einzelhandelsanteil und die Anteile der verschiedenen Vertriebsformen vollkommen verschieden aus. cc) "Hussel-Mara" Im Zusammenschlußfall "Hussel-Mara" ist bei der Anwendung des Angebotsumstellungskonzeptes die Frage zu untersuchen, inwieweit die Lieferanten von Hussel bzw. Douglas diesem Nachfrager durch Angebotsumstellung ausweichen können. Das KG meint, daß für die Hersteller von Kosmetika und Duftwässern der oberen Preisklasse eine Umstellung von Produktion und Vertrieb nicht in Betracht komme. 99 Zwar räumt der Senat bzgl. der Produktionsumstellung ein, daß es den Herstellern nach den Produktionsverfahren im Zweifel ohne weiteres möglich wäre, andere Kosmetika oder Duftwasser herzustellen. 100 Diese billigeren Produkte könnten jedoch nicht vertrieben werden, da in diesen Märkten kein Nachfra96

97 98

BKartA WuW jE BKartA 2161, 2165 ("Coop-Wandmaker").

KG WuW jE OLG 3917, 3928 ("Coop-Wandmaker"). BGH WuW jE BGH 1829 ("Original-VW-Ersatzteile II"); KG WuW jE OLG

3591, 3595 ("Coop SH-Deutscher Supermarkt"). 99 KG WuW jE OLG 3577, 3586 ("Hussel-Mara"). 100 KG WuW j E OLG 3577, 3586 ("Hussel-Mara").

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragem

gebedarf vorhanden sei. 101 Dies mag zwar richtig sein. Es fragt sich jedoch, ob die Hersteller nicht auch darauf verwiesen werden können, mit neuen Produkten in gesättigt scheinende Märkte einzudringen. Zur Vertriebsumstellung meint das KG, daß aus Herstellersicht für die Produkte der oberen Preisklasse einfacher ausgestattete Geschäfte, wie etwa Drogerien, Verbrauchermärkte, Kaufhäuser, keine Alternative zum Vertrieb über Exklusivparfümerien darstellen würden. 102 Sachlich relevanter Beschaffungsmarkt sei daher der Markt für Kosmetika und Duftwasser der oberen Klasse. 103 c) Kritik

Der Spiegelbildtheorie in ihren verschiedenen Ausprägungen haften ähnlich gravierende Mängel an wie dem Umdeutungsansatz. Auch die Spiegelbildtheorie erfaßt letztlich nur einen Teil des realen Marktgeschehens. Ergebnis ihrer Anwendung in allen ihren Varianten ist ein Markt für bestimmte Waren. Damit bleibt das Vertriebsleistungsangebot der Handelsunternehmen im Rahmen der sachlichen Marktabgrenzung letztlich unberücksichtigt. Zwar bezieht das Angebotsumstellungskonzept auch die Vertriebsumstellung mit ein, wobei auch die Abnahmeverhältnisse der Nachfrager eine Rolle spielen (Produktkonzept). Damit weist das Angebotsumstellungskonzept in seiner Variante der Vertriebsumstellung eine starke Ähnlichkeit zum Umdeutungsansatz auf. Bei beiden Theorien geht es um die Austauschbarkeit von Handelsunternehmen aus Herstellersicht, wobei freilich der Umdeutungsansatz auf die Vertriebsleistungen der Händler (als Anbieter), das Angebotsumstellungskonzept in der Variante der Vertriebsumstellung (= Produktkonzept) auf die Abnahmeverhältnisse der Händler (als Nachfrager) abstellt. Ebensowenig wie bei der Anwendung des Umdeutungsansatzes die Vertriebsleistungsalternativen ohne Blick auf die Ware bestimmt werden können 104, kann man bei der Anwendung des Angebotsumstellungskonzeptes in der Variante der Vertriebsumstellung ein vertriebsfunktionelles Nahestehen von Waren ohne Blick auf die von den Händlern angebotenen Vertriebsleistungen ergründen. Die Spiegelbildtheorie weist an diesem Punkt zwar in die richtige Richtung, kann i. Erg. jedoch diesen Teil der Marktrealität nicht berücksichtigen, da sie den Markt letztlich warenbezogen abgrenzt. Diese Schwäche tritt deutlich bei der anderen Variante des Angebotsumstellungskonzeptes, der Produktionsumstellung zutage. KG WuW /E OLG 3577,3586 ("Hussel-Mara"). KG WuW /E OLG 3577,3586 ("Hussel-Mara"). 103 KG WuW /E OLG 3577, 3585 ("Hussel-Mara"); i. Erg. ebenso BKartA WuW / E BKartA 1897, 1903 ("Hussel-Mara"). 104 S. dazu oben Teil 3 II 2 c). 101

102

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

63

Kann also von der Spiegelbildtheorie i. Erg. nur die Warennachfrage von Handeisunternehmen berücksichtigt werden, wird ein Teil des realen Marktgeschehens, das Vertriebsleistungsangebot, aus der Betrachtung ausgeblendet. Diese Verkürzung führt zwangsläufig zu einer verzerrten Wiedergabe der Marktverhältnisse. Aus diesen Gründen ist die Spiegelbildtheorie abzulehnen. 105 4. Abgrenzung nach dem Produktvertriebskonzept

a) Darstellung der Theorie Ausgehend von der zutreffenden Überlegung, daß Warennachfrage und Vertriebsleistungsangebot sich nicht voneinander trennen lassen, weil und soweit sie von den Marktpartnern als Einheit betrachtet werden, schlägt Köhler zur Abgrenzung sachlich relevanter Beschaffungsmärkte ein Produktvertriebskonzept vor. 106 Dieses Konzept will das von Köhler sog. "Produktgruppenkonzept" um den Gesichtspunkt der Vertriebsumstellung erweitern. 107 Der sachlich relevante Beschaffungsmarkt im Handel soll danach wohl den Produktgruppenmarkt und den Vertriebsleistungsmarkt umfassen. 108 b) Kritik Das von Köhler entwickelte Produktvertriebskonzept vermeidet die Schwächen, die sowohl beim Umdeutungsansatz als auch bei der Spiegelbildtheorie deutlich wurden. Sowohl die Warennachfrage als auch das Vertriebsleistungsangebot sollen Berücksichtigung finden. Erfaßt ist von diesem Konzept also die gesamte Marktrealität. Unklar bleibt bei Köhler allerdings die praktische Anwendung des Produktvertriebskonzeptes. Schließlich müßte man nach diesem Ansatz eigentlich zu einem Markt für Vertriebsleistungen und zu einem Markt für Waren gelangen. Auf diese Probleme geht Köhler nicht ein; die praktische Anwendung des Produktvertriebskonzeptes wird nicht behandelt. Zweifelhaft ist auch die Verwendung von Begriffen wie Sortimentskonzept und Produktgruppenkonzept. Hier handelt es sich eigentlich bereits um Ergebnis1. Erg. ebenso Kerber. Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 510. Köhler. Nachfragewettbewerb, S. 56; ähnlich auch schon Niestrath. Nachfragemacht des Handels, S. 132 ff., 162 ff., der von einem vertriebsspezifischen Warenmarkt spricht, und neuerdings Kerber. Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S.521. 107 Köhler. Nachfragewettbewerb. S. 55. 108 Köhler. Nachfragewettbewerb, S. 55 f. 105

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

64

se aus der Anwendung anderer Konzepte. Das BKartA gelangt - wie gezeigt - über die Anwendung des Angebotsumstellungskonzeptes zu einern sachlich relevanten Beschaffungsmarkt für das gesamte typische Sortiment des Lebensmittelhandels. Das KG sieht hingegen bei der Anwendung desselben Konzeptes verschiedene Produktgruppen als verschiedene sachlich relevante Beschaffungsmärkte an. Damit gründet Köhler das Produktvertriebskonzept auf das vorn KG bei der Anwendung des Angebotsumstellungskonzeptes gefundene Ergebnis. Im Ausgangspunkt ist jedoch das Produktvertriebskonzept der leistungsfähigste Ansatz zur Problemlösung. 5. Zusammenfassung der Kritik und Entwicklung eines eigenen Lösungsansatzes: Wettbewerbsbezogene Gesamtbetrachtung auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes

Es ist unstreitig richtig, daß jedwede Marktabgrenzung aus der Sicht der jeweiligen Marktgegenseite zu erfolgen hat. Der relevante Beschaffungsmarkt ist demzufolge aus der Sicht der Hersteller / Anbieter abzugrenzen. 109 Dieser Ansatz entspricht dem Zweck der Marktabgrenzung und dem Zweck der Zusammenschlußkontrolle. 110 Davon gehen Umdeutungsansatz, Spiegelbildtheorie (Angebotsumstellungskonzept) und Produktvertriebskonzept übereinstimmend aus. Umdeutungsansatz und Spiegelbildtheorie erfassen jedoch jeweils nur einen Teil der Marktrealität. Während der Umdeutungsansatz lediglich das Vertriebs leistungsangebot berücksichtigt, stellt das Angebotsumstellungskonzept ausschließlich auf die Nachfrage nach Waren ab. Der Umdeutungsansatz gelangt i. Erg. zu einem Markt für bestimmte Vertriebsleistungen. Das Ergebnis aus der Anwendung der Spiegelbildtheorie kann immer nur ein Markt für bestimmte Waren sein. Dadurch wird die gesamte Marktrealität lediglich verkürzt wiedergegeben. Die Märkte, auf denen sich Handelsunternehmen und Hersteller gegenüberstehen, stellen ein vielfaltiges Geflecht von Austauschbeziehungen dar. Einfache Schemata wie "Ware gegen Entgelt" oder "Vertriebsleistung gegen Entgelt" sind auf diesen Märkten nicht existent. Warennachfrage und Vertriebsleistungsangebot stellen vielmehr eine Einheit dar. Sie stehen in wechselseitiger Abhängigkeit zueinander. Dieses Geflecht von Austauschbeziehungen gilt es, bei der Marktabgrenzung möglichst vollständig zu erfassen. Umdeutungsansatz und Spiegelbildtheorie vermögen dies jeweils für sich genommen nicht zu leisten. Das Produktvertriebskonzept sucht diesen Fehler zu vermeiden. Nach diesem Ansatz sollen Vertriebsleistungsangebot und Warennachfrage gleichermaßen be109

110

Säcker, BB 1988,416,418; Kleinmannl Bechtold, § 22 Rdnr. 97.

S. bereits oben Teil 3 11 2 c) und Teil 3 11 3 a).

11. Abgrenzung des sachlich relevanten Beschaffungsmarktes

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rücksichtigt werden. Das Produktvertriebskonzept ist aber in seiner praktischen Anwendung problematisch, da es möglicherweise zu zwei Märkten, einem Vertriebsleistungs- und einem Warenmarkt, führt. Auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes ist demnach ein Ansatz zu entwickeln, der die gesamte Marktrealität zu erfassen imstande und zugleich operational ist. § 22 Abs.l GWB geht von Anbietern oder Nachfragern einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen aus. Diese produkt- bzw. leistungsbezogene Betrachtungsweise bestimmte auch bisher das Vorgehen bei der sachlichen Marktabgrenzung auf der Nachfrageseite. Zu bedenken ist aber, daß diese Betrachtungsweise letztlich nur ein Filter darstellt, um das Feld zu ermitteln, auf dem tatsächlich Wettbewerbsbeziehungen bestehen. 1I1 In Wirklichkeit wird der Markt wettbewerbsbezogen abgegrenzt. ll2 Es ist also gleichsam ein Rückschluß vom Wettbewerb auf die Marktgrenzen zu ziehen: "Relevant is the market where competition takes place".113 Bei der sachlichen Abgrenzung von Beschaffungsmärkten erweisen sich nun gerade die Filter der Produkt- bzw. der Leistungsbetrachtung jeweils für sich genommen als unzureichend.

An diesem Punkt manifestiert sich der Unterschied in der Bestimmung von Marktbeherrschung auf der Angebotsseite und auf der Nachfrageseite. Bei der Abgrenzung von Angebotsmärkten geht es um die Ausweichmöglichkeiten des Verbrauchers, der mit der Ware seinen Bedarf deckt. Bei der Abgrenzung von Beschaffungsmärkten sind hingegen die Ausweichmöglichkeiten von Lieferanten / Herstellern zu untersuchen. Betroffen ist hier eine andere Marktstufe. Die Beziehungen zwischen Herstellern und Händlern sind jedoch wesentlich komplexerer Art als die Beziehungen zwischen Letztverkäufern und Verbrauchern. Auf der Nachfrageseite des Handels kann das Feld, auf dem tatsächlich Wettbewerbsbeziehungen bestehen, wegen dieser Komplexität, der wechselseitigen Abhängigkeit von Vertriebsleistungsangebot und Warennachfrage, nicht nur über das Filter der Produkt- oder der Leistungsbetrachtung ermittelt werden. Die sachliche Marktabgrenzung auf der Nachfrageseite ist auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes vielmehr - ähnlich wie es auch bereits im zweiten Schritt, der eigentlichen Bestimmung der marktbeherrschenden Stellung geschieht 114 - in einer Art Gesamtbetrachtungsweise vorzunehmen, die aus ge111 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 22 f.; Möschel, Pressekonzentration, S. 81 ff.; vgl. auch Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 378; in diese Richtung, wenngleich unter Verzicht auf den Schritt der Marktabgrenzung, auch Langen, § 22 Rdnr. 10. 112 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 22 f.; Möschel, Pressekonzentration, S. 81 ff.; im Anschluß an Möschel jetzt auch Gröner / Köhler, Der Selbstbedienungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, S. 134 ff.; v. Gamm, Potentieller Wettbewerb - Substitutionswettbewerb, S. 13, 15 ff. (allerdings nicht für die Fusionskontrolle). 113 I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S.54 unter Hinweis auf die amerikanische Rechtsprechung. 5 Bergmann

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

hend von den Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, also der Lieferanten j Hersteller, sowohl das Vertriebsleistungsangebot als auch die Warennachfrage der Handelsunternehmen berücksichtigt. Dies hat in zwei gedanklichen Prüfschritten zu erfolgen. In einern ersten Schritt ist zu untersuchen, welche Waren bzw. Warengruppen in den sachlich relevanten Markt einzubeziehen sind. Dabei sind in Anlehnung an das Angebotsumstellungskonzept alle Produkte zu einem Markt zusammenzufassen, welche von den Herstellern in zumutbarer Weise produziert werden können. Bei der Prüfung dieser Frage ist die Sicht der Hersteller allerdings dergestalt zu objektivieren, daß im Hinblick auf die Zielsetzungen des GWB, Offenhaltung der Märkte und Ermöglichung eines wettbewerblichen Strukturanpassungsprozesses, die Warenmärkte nicht zu eng abgegrenzt werden. Im Bereich des Lebensmittelhandels gelangt man auf diese Weise zu Produktgruppenmärkten 115. In einem zweiten Schritt sind für jede einzelne Produktgruppe aus Herstellersicht die Vertriebsalternativen zu entwickeln. Die ermittelten Produktgruppenmärkte sind auf diese Weise mit den gefundenen Vertriebsleistungsmärkten zu kombinieren. Ein Markt könnte dann i. Erg. beispielsweise bestehen für Tiefkühlkost, die im gesamten institutionellen Lebensmittelhandel sowie im Direktverkauf und im Verkauf an Hotel- und Gaststättengewerbe, Heime und Anstalten abgesetzt wird. Eine solche, in zwei Schritten zu vollziehende Gesamtbetrachtungsweise auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes kann alle Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigen und daher am besten die sog. "area 01 effective competition" ermitteln.

IH. Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes 1. Ausgangspunkt

Ziel der räumlichen Marktabgrenzung ist es, die "area of effective competition" geographisch abzustecken. Ebenso wie bei der sachlichen Marktabgrenzung ist auch bei der Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes auf die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite abzustellen. 116 Für die Nachfrage114 BGH WuW JE BGH 1445, 1449 ("Valium"); BGH WuW JE BGH 1435, 1441 ("Vitamin-B-12"); IM-Möschel, § 22 Rdnr. 48, 54 m. w. N. 115 I. Erg. ebenso Kirschner, WuW 1987,789,793; Säcker, BB 1988,416,418. 116 H.M.: MK, Sondergutachten 7, Tz. 200; KG WuW /E OLG 3577, 3588 ("HusselMara"); IM-Möschel, § 22 Rdnr. 43; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 92; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 80, 104; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 96,98; Heidenhain, AG 1987, 117, 119; Gröner, Der Gemeinsame Markt und die nationale Fusionskontrolle, S. 13, 18; Möhlenbruch, Betriebswirtschaftliche Probleme einer Kontrolle der Nachfragemacht, S. 130. Im Ansatz anders etwa Köhler, Nachfragemacht, S. 40 f.

III. Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes

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seite des Handels sind dies die Hersteller / Lieferanten. Bei der Prüfung der Ausweichmöglichkeiten in räumlicher Hinsicht ist konkret von den Lieferanten der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen auszugehen. 2. Bundesgebiet als räumlich relevanter Markt

Das BKartA nimmt bei allen vier in Teil 2 dargestellten Zusammenschlußfällen an, räumlich relevanter Markt sei das gesamte Bundesgebiet einschließlich Berlin-West. 117 Auf der Grundlage der vom BKartA vorgenommenen sachlichen Marktabgrenzung ist diese Sichtweise naheliegend. Geht man nämlich davon aus, das gesamte Sortiment des Lebensmitteleinzelhandels bilde einen sachlich relevanten Beschaffungsmarkt, so tritt in der Tat etwa die Abgrenzung kleinerer regionaler Nachfragemärkte in den Hintergrund. Man kann sich dann mit der Feststellung begnügen, daß die großen Nachfrager bundesweit auftreten. Nimmt man jedoch die sachliche Marktabgrenzung auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes im Wege einer Gesamtbetrachtung differenzierter vor, so erscheint die Annahme des BKartA, räumlich relevanter Nachfragemarkt sei das gesamte Bundesgebiet, in zweierlei Hinsicht unscharf. Zum einen ist es möglich, für bestimmte Produkte bzw. Produktgruppen engere Märkte, etwa Regionalmärkte, anzunehmen. Andererseits kann es im Einzelfall aber auch notwendig sein, die räumlichen Marktgrenzen über die Grenzen des Bundesgebietes hinweg auszudehnen.

3. Regionalmärkte

Eine Begrenzung der räumlichen Ausweichmöglichkeiten der Anbieter, die die Ausgrenzung von Regionalmärkten notwendig erscheinen läßt, kann sich aus rechtlichen und aus tatsächlichen Gründen ergeben. 118 In rechtlicher Hinsicht lassen sich allerdings nur wenige Beispiele finden. Zu denken wäre etwa an die unterschiedliche Grenzwertfestsetzung für Strahlenbelastung der Lebensmittel in den einzelnen Bundesländern. 119 Diese Begrenzung 117 BKartA WuW JE BKartA 1897, 1903 f. ("Hussel-Mara"); BKartA WuW JE BKartA 1970, 1977 ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW JE BKartA 2060, 2062 f. ("Metro-Kaufhof");BKartA WuW JEBKartA 2161, 2165 ("Coop-Wandmaker"); ebenso KG WuW JE OLG 3577, 3588 ("Hussel-Mara"); MK, Sondergutachten 14, Tz. 135. 118 Vgl. etwa IM-Möschel, § 22 Rdnr. 43; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 92; Köhler, Nachfragemacht, S. 40 f.; ders., Nachfragewettbewerb, S. 58; MK, Sondergutachten 7, Tz. 199; gegen die Möglichkeit einer Eingrenzung auf einen örtlichen Nachfragemarkt Ehel, ZRP 1988, 66, 68. 119 Hierauf weist Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 58, hin.

5'

Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragern

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dürfte jedoch auf Ausnahmefälle beschränkt und daher von eher untergeordneter Bedeutung sein. Wichtiger sind für die Praxis dagegen die faktischen Begrenzungen der räumlichen Ausweichmöglichkeiten. Das BKartA hat beim Zusammenschluß zweier Kartoffelstärkeproduzenten als räumlich relevanten Beschaffungsmarkt den nordwestdeutschen Raum angenommen, weil die nur höchstens 20 % Stärke enthaltenden Kartoffeln wirtschaftlich nicht über große Entfernungen transportiert werden könnten. 120 Neben diesem Gesichtspunkt der Frachtkostenintensität 121 können etwa Frachtempfindlichkeit 122, begrenzte Haltbarkeit von Waren I23 und u.V. auch unterschiedliche Verbrauchergewohnheiten 124 die räumlichen Ausweichmöglichkeiten beschränken. Bei letzterem Gesichtspunkt erscheint allerdings Vorsicht geboten, um nicht Gefahr zu laufen, strukturkonservierenden Tendenzen Vorschub zu leisten. Regionale Besonderheiten bei Verbrauchergewohnheiten sind nicht unveränderlich, vielmehr liegen hier häufig Möglichkeiten des Vorstoßes im "Entdeckungsverfahren Wettbewerb".

4. Euromarkt, Weltmarkt?

Schließlich ist bei der räumlichen Marktabgrenzung auch an die Möglichkeit zu denken, die Marktgrenzen über das Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hinaus auszudehnen. 125 BKartA WuW jE BKartA 1716, 1717 f. ("Kartoffelstärke"). IM-Möschel, § 22 Rdnr. 43; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 92; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 58; ders., Nachfragemacht, S. 40; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 85. 122 Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 104. 123 FK-Kersten, § 22 Rdnr. 92; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 58; ders., Nachfragemacht, S. 40; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige HandeIsunternehmen, S. 85. 124 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 58; ders., Nachfragemacht, S. 40; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 104. 125 Vgl. auch schon Begr. 1971, BT-Drucks. V1/2520, S. 18 linke Spalte. Für die Relevanz grenzüberschreitender Angebotsmärkte GK-Harms, § 24 Rdnr. 222 ff.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 79; U. Huber, ZGR 1981, 510, 543; Pfeffer, WuW 1986, 853 ff.; Hölzler, Der Marktanteil in der Fusionskontrolle, S. 517, 526 f.; Kleinmann, BB 1983,781,782 ff.; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 83 ff.; Emmerich, Kartellrecht, § 17 3 c, S. 214; Autenrieth, WuW 1982,905,906 ff.; ders., Die grenzüberschreitende Fusionskontrolle in Theorie und Praxis, S. 32 ff., 104; G. Meier, WuW 1988,723,728; Gröner, Der Gemeinsame Markt und die nationale Fusionskontrolle, S. 13 ff.; H. Bergmann, WRP 1987, 736, 737. AA etwa MK, Hauptgutachten III, Tz. 619 ff.; MK, Hauptgutachten IV, Tz. 518; IMMestmäcker, vor § 23 Rdnr. 67; Langen, § 22 Rdnr. 25; Westrick / Loewenheim, § 22 Rdnr. 21; Müller / Gießler / Schotz, § 22 Rdnr. 19; v. Gamm, § 22 Rdnr. 6,15; Canenbley / Moosecker, Fusionskontrolle, S. 76; Ebel, Kartellrechts-Kommentar, § 22 Rdnr. 22a. 120

121

III. Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes

69

Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob bei der Prüfung der Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite auch die Ausweichmöglichkeiten derjenigen Lieferanten mit zu berücksichtigen sind, die ihren Sitz im Ausland haben und die ihre Waren ohne eigene Niederlassung in der Bundesrepublik an einen oder mehrere deutsche Handelsunternehmen liefern. § 98 Abs.2 GWB steht dem nicht entgegen. Die Wettbewerbsbeschränkung, um die es hier geht, ist ein Zusammenschluß zweier Handelsunternehmen in der Bundesrepublik. § 98 Abs.2 GWB will hingegen das GWB durch das sog. Wirkungsprinzip 126 auch auf Wettbewerbsbeschränkungen ausdehnen, die im Ausland veranlaßt sind.

Es lassen sich schließlich auch Fälle denken, in denen ein Handelsunternehmen ein bestimmtes Produkt bzw. eine Produktgruppe vollständig oder überwiegend importiert. Würde man die ausländischen Anbieter nicht berücksichtigen, so könnte dies eine verzerrte Wiedergabe der tatsächlichen Wettbewerbsverhältnisse zur Folge haben. Es sind also die Ausweichmöglichkeiten aller Lieferanten des fraglichen Handelsunternehmens zu untersuchen, unabhängig davon, ob sie auch in der Bundesrepublik Deutschland ansässig sind. 127 Des weiteren stellt sich das Problem, ob auch Ausweichmöglichkeiten der Lieferanten auf ausländische Handelsuntemehmen bzw. andere Vertriebswege im Ausland zu berücksichtigen sind. 128 Auch hier steht § 98 Abs. 2 GWB nicht entgegen. 129 Ließe man die Exportmöglichkeiten außer acht, so würde dies zu einer Verwässerung der tatsächlich bestehenden Wettbewerbs situation führen, denn die Handlungsspielräume der Nachfrager werden bei steigenden Ausweichmöglichkeiten der Hersteller kleiner, unabhängig davon, ob der Hersteller auf einen im Inland oder im Ausland ansässigen Nachfrager ausweichen kann. Illustriert sei dies anhand der Ausweichmöglichkeiten der Hersteller von Lebensmitteln auf ausländische Nachfrager. 13o In dem Maße, in dem sich die Europäischen Gemeinschaften der Vollendung des Binnenmarktes nähern 131, Vgl. hierzu IM-Rehbinder, § 98 Abs.2 Rdnr. 55 ff. Ebenso Heidenhain, AG 1987, 117, 120, Fn. 18; a.A. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 56. 128 Dafür etwa FK-Kersten, § 22 Rdnr. 92; Berg, WRP 1986,577,580; Heidenhain, AG 1987, 117, 120; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 57 f.; v. Weizsäcker, WuW 1987, 706,708; Kirschner, WuW 1987,789,793; Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 46. 129 Anders aber Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsuntemehmen, S. 85. 130 Vgl. hierzu auch Mutke, RIW 1986,826,827 f.; zu den Exportmöglichkeiten der Hersteller bereits Nieschlag, Schriften des Vereins für Socialpolitik 26 (1962), S. 493, 509 f. Wer wie der DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 21 = ZIP 1987, 1354, 1355, der Auffassung ist, daß Importe die Position des Handels auf den inländischen Beschaffungsmärkten stärken, der sollte auch die Ausweichmöglichkeiten der Hersteller durch Exporte berücksichtigen. 126 127

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragem

nehmen für die Hersteller die Möglichkeiten, auf Nachfrager in anderen Mitgliedstaaten auszuweichen, zu. 132 Dies gilt auch für die Ernährungsindustrie, obwohl sie traditionell eine stärkere Orientierung auf den heimischen Markt aufweist als andere Branchen. Tatsächlich hat die bundesdeutsche Ernährungsindustrie ihre Exportanstrengungen in den zurückliegenden Jahren beachtlich verstärkt. Sie konnte ihre Gesamtausfuhr von 1965 mit weniger als 1,5 Mrd. DM auf 21,1 Mrd. DM im Jahr 1986 steigern. 133 Bemerkenswert ist dabei, daß es auch gelungen ist, den bislang nur für andere Industrieprodukte geltenden Qualitätsbegriff "Made in Germany" auf die Produkte der Nahrungsmittelindustrie zu übertragen. 134 Die Annahme nationaler Beschaffungsmärkte für Lebensmittelhandelsunternehmen trägt in zunehmendem Maße den realen Wettbewerbsverhältnissen nicht mehr in angemessener Weise Rechnung. 135 Klarstellend ist darauf hinzuweisen, daß es bei der Beurteilung eines Zusammenschlusses im Rahmen der räumlichen Marktabgrenzung nicht auf die tatsächlich getätigten Exporte ankommt, sondern auf die bestehenden Möglichkeiten, auf ausländische Nachfrager auszuweichen. Meilensteine auf diesem Weg zu einem Europäischen Markt sind nicht nur Normen des EG-Rechts 136, sondern auch und vor allem die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 30 EWGV. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf das Urteil in der Sache "Cassis de Dijon" 137, in der der Gerichtshof entschied, daß eine Ware, die in einem der Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden ist, in allen anderen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft ohne weiteres verkehrsfähig ist. In weiteren Entscheidungen hat der EuGH klargestellt, daß für die Verkehrsfähigkeit von Lebensmitteln grundsätzlich nicht 131 S. hierzu EG-Komm., 19. Gesamtbericht, 1985, Tz. 161 ff.; EG-Komm., 20. Gesamtbericht, 1986, Tz. 156 ff.; zur Harmonisierung des Lebensmittelrechts G. Meier, EuR 1984,268 ff.; ders., ZHR 1985,651 ff.; ders., RIW 1987, 841 ff. 132 Vgl. v. Geldern, HB v. 23. 12. 1987, S. 12. 133 Zahlen bei Bahlsen, HB v. 9. /10. 10. 1987, S. 29; zur Internationalisierung des Wettbewerbs in der Emährungswirtschaft vgl. auch Wolfskeil, LZ v. 23. 12. 1988, S. F 2 ff.; Lademann, LZ v. 10. 2. 1989, S. J 4 ff.; HB v. 2.2. 1989, S. 16. 134 Vgl. Bahlsen, HB v. 9. / 10. 10. 1987, S. 29; zum europäischen Markt als Herausforderung für den Markenartikel Rüschen, MA 1988, 234 ff. 135 Ebenso G. Meier, WuW 1988,723,728. 136 Etwa Richtlinie des Rates vom 18. 12. 1978 über die Etikettierung und Aufmachung von für den Endverbraucher bestimmten Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, ABl. EG 1979 Nr. L 33,1; Richtlinie des Rates v. 21. 12. 1988 über Zusatzstoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, ABl. EG 1989 Nr. L 40, 27; Richtlinie des Rates v. 21. 12. 1988 über tiefgefrorene Lebensmittel, ABl. EG 1989 Nr. L 40, 34; Richtlinie des Rates v. 3. 5. 1989 über Lebensmittel, die für eine besondere Ernährung bestimmt sind, ABl. EG 1989 Nr. L 186,27; vgl. auch EG-Komm., 19. Gesamtbericht, Tz. 215; EG-Komm., 20. Gesamtbericht, Tz. 209; EG-Komm., 21. Gesamtbericht, Tz. 201; EG-Komm., 22. Gesamtbericht, Tz. 218; zu den neueren Harmonisierungsbestrebungen vgl. auch HB v. 10. / 11. 3. 1989, S. 18. 137 EuGH, Urteil vom 20. 2.1979 in der Rs. 120/78, Slg. 1979,649 = RIW / AWD 1979,331 = NJW 1979, 1766 = EuR 1979,417 mit Anm. Millarg.

III. Abgrenzung des räumlich relevanten Beschaffungsmarktes

71

das Recht des Einfuhr-, sondern das des Herstellungsstaates maßgeblich ist. 138 In die gleiche Richtung weisen das Urteil des EuGH zum deutschen Reinheitsgebot für Bier 139, das zur Folge hat, daß das generelle Verbot des Inverkehrbringens von Bier, das mit Zusatzstoffen versehen ist (§ 11 Abs.l Nr.2 LMBG, § 9 BStG), für das aus anderen Mitgliedstaaten importierte Bier nicht mehr gilt, sowie die Urteile des EuGH zum italienischen Reinheitsgebot für Teigwaren 140, zum deutschen Reinheitsgebot für Fleischerzeugnisse 141 und zum freien Warenverkehr von Milchersatzprodukten 142, um nur die bekanntesten zu nennen. Hätte das KG im Fall "Hussel-Mara" die Ausweichmöglichkeiten der Hersteller auf Nachfrager, die nicht in der Bundesrepublik ansässig sind, berücksichtigt, so wäre es aller Voraussicht nach nicht zur Annahme von Marktbeherrschung gekommen. 143 Erkennt man zwar an, daß innerhalb des Gemeinsamen Marktes rechtliche Exportschranken für bestimmte Produkte bzw. Produktgruppen nicht mehr bzw. kaum noch bestehen, so könnte man gegen die Ausdehnung des räumlich relevanten Marktes auf das EG-Gebiet dennoch einwenden, daß gerade bei Lebensmitteln faktische Begrenzungen, wie etwa begrenzte Haltbarkeit, unterschiedliche Verbrauchergewohnheiten etc. verstärkt zum Tragen kommen. Konkrete Aussagen müssen dabei genauen Marktanalysen bei den verschiedenen Produkten bzw. Produktgruppen vorbehalten bleiben. Hierbei werden sich vielfach bereits gewisse Annäherungen in bestimmten Verbrauchergewohnheiten beobachten lassen. Ein Indiz dafür stellt die Entwicklung der Marketingbranche dar, die die "Europäisierung des Verbrauchers" bereits erkannt hat. 144

138 EuGH, Urteil vom 28. 3. 1984, in der Rs. 47 und 48/83, RIW 1984, 984 mit Anm. Meier, RIW 1984, 529; vgl. auch Weißbuch der Kommission der EG an den Europäischen Rat (Vollendung des Binnenmarktes), BR-Drucks. 289/85, S. 17, Tz. 58, 71. 139 EuGH, Urteil vom 12.3. 1987 in der Rs. 178/84, NJW 1987, 1133 ff. = WuW 1 E EWG/MUV 753 ff.; vgl. dazu Moench, NJW 1987, 1109 ff.; Zipfel, NJW 1987, 2113 ff.; Rütsch, BB 1987,856 ff.; Rabe, EuR 1987,253 ff.; Hohmann, JZ 1987,959 ff.; Funck-Brentano, RIW 1987, 379 ff.; G. Meier, RIW 1987, 841, 845 ff. 140 EuGH, Urteil v. 14.7.1988 in der Rs. 90/86, NJW 1988,2169 f. = RIW 1989, 825 f. 141 EuGH, Urteil v. 2.2.1989 in der Rs. 274/87, RIW 1989,228 ff. = NJW 1989, 1428 f. 142 EuGH, Urteil v. 11. 5. 1989 in der Rs. 76/ 86, NJW 1989, 2184 f. = RIW 1989, 490 ff. 143 Ebenso Berg, wRP 1986,577,580; eingehend Heidenhain, AG 1987, 117, 119 ff. 144 Meissner, Konzepte und Perspektiven des Euro-Marketing, MA 1987,469,472; vgl. auch Paefgen, MA 1989, 87 ff.; die Existenz des "Euro-Verbrauchers" verneinen Friese, HB v. 3. 8. 1988, S. 13; Güldenberg, LZ v. 31. 3.1989, S. 72.

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Teil 3: Marktabgrenzung bei Nachfragem

5. Ergebnis Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß als räumlich relevanter Beschaffungsmarkt je nach Produktgruppen- bzw. Vertriebsleistungsmarkt das gesamte Bundesgebiet einschließlich Berlin-West, kleinere Regionalmärkte oder ggf. auch ein über die Staatsgrenzen der Bundesrepublik Deutschland hinausgehendes Gebiet, etwa das Gebiet der Europäischen Gemeinschaften, angesehen werden kann. Im Einzelfall kann auch vom Weltmarkt auszugehen sein. 145 Diese produktgruppenspezifischen Unterschiede und Besonderheiten können bei der weiten sachlichen Marktabgrenzung des BKartA im Lebensmittelhandel nicht berücksichtigt werden. Die Untersuchungen zur räumlichen Marktabgrenzung belegen also das bei der sachlichen Marktabgrenzung gefundene Ergebnis, daß die Abgrenzung nach dem gesamten Sortiment des Lebensmittelhandels die tatsächliche Wettbewerbssituation nicht hinreichend zu erfassen vermag, der sachlich relevante Beschaffungsmarkt demgegenüber im Wege einer Gesamtbetrachtung nach Produktgruppen und Vertriebs formen kombiniert abzugrenzen ist.

IV. Abgrenzung des zeitlich relevanten Beschaffungsmarktes Bei der Abgrenzung relevanter Angebotsmärkte kann es gelegentlich notwendig werden, die Marktschranken auch in zeitlicher Hinsicht zu bestimmen. 146 Dies kann bei der Abgrenzung relevanter Beschaffungsmärkte ebenso erforderlich sein. 147 Bei den in Teil 2 dargestellten und dieser Arbeit zugrundegelegten Zusammenschlußfällen spielte die zeitliche Marktabgrenzung allerdings keine Rolle.

145 Vgl. Baader, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5. 1985, FIW-Heft 116, S. 41; ausdrücklich für Bananen aus Lateinamerika und andere Südfrüchte Berg. ORDO 37 (1986), 183, 195; auch auf dem kanadischen Markt werden deutschen Spezialitäten gute Absatzchancen eingeräumt, vgl. dazu HB v. 8. /9. 1. 1988, S. 11. 146 Vgl. hierzu IM-Möschel, § 22 Rdnr. 39; Langen. § 22 Rdnr. 28; FK-Kersten. § 22 Rdnr. 81 ff.; Canenbley / Moosecker. Fusionskontrolle. S. 77 f.; Emmerich. Kartellrecht, § 17 3 d, S. 215. 147 Vgl. hierzu Köhler. Nachfragemacht, S. 41; ders .• Wettbewerbsbeschränkungen, S. 66; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 40.

Teil 4

Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern Nachdem vorstehend die Abgrenzung von Beschaffungsmärkten in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht behandelt wurde, befaßt sich Teil 4 der Arbeit mit der eigentlichen Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern auf den zuvor abgegrenzten Märkten. Zunächst werden die bisher hierzu entwickelten Konzepte dargestellt und einer kritischen Würdigung unterzogen. Dabei wird sich zeigen, daß diese entweder ungeeignet oder unzureichend sind. Daher wird im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände ein umfassendes Nachfragemarktbeherrschungskonzept zu entwickeln sein.

I. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte zur Marktbeherrschung auf einem Nachfragemarkt 1. "Unverzichtbarkeitsthese" des BKartA

Das BKartA nahm sowohl bei den Untersagungsbeschlüssen im Lebensmittelhandel als auch im Fall "Hussel-Mara" Nachfragemarktbeherrschung an. Das wurde vor allem damit begründet, die jeweiligen Nachfrager seien für die Lieferanten / Hersteller unverzichtbar. Im Lebensmittelhandel zog das Amt den Tatbestand der Oligopolmarktbeherrschung des § 22 Abs.2 GWB, im Fall "HusseIMara" den Tatbestand des § 22 Abs.l Nr.l 2.Alt. GWB, hilfsweise den Tatbestand des § 22 Abs.l Nr.2 GWB als Marktbeherrschungstatbestand heran. a) Lebensmittelhandel Noch im Zusammenschlußfall "Edeka-Horten" hatte das BKartA es abgelehnt, eine zusammenfassende Betrachtung der führenden Unternehmen des Lebensmittelhandels vorzunehmen, da angesichts des Preisverhaltens dieser Unternehmen Fehlen wesentlichen Wettbewerbs nicht hätte angenommen werden können. 1 In den Zusammenschlußfällen "Coop-Supermagazin", "Metro-Kaufhof' und "CoopWandmaker" sah das Amt dann die sechs führenden Unternehmen des Lebensmit1 Presseinformation des BKartA, WuW 1979,739; TB BKartA 1979/80, S.21; kritisch dazu MK, Hauptgutachten III, Tz. 572 f.

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern

telhandels als rnarktbeherrschendes Nachfrageoligopol gern. § 22 Abs.2 GWB auf dem relevanten bundesweiten Sortimentsmarkt an. 2 Nachdem die Marktbeherrschungsvermutungen der §§ 22 Abs.3 und 23 a Abs.2 GWB nicht erfüllt waren, da die sechs Oligopolunternehmen nach der vom BKartA zugrundegelegten Marktabgrenzung einen Marktanteil von nur 35,8 % auf sich vereinten, führte das Amt das Kriterium der Unverzichtbarkeit ein, das ein völliges Novum in der Fusionskontrollpraxis darstellte. 3 Bei der Frage, ob im Innenverhältnis des Oligopols wesentlicher Wettbewerb herrscht, sei danach zu fragen, inwieweit ein einzelner Nachfrager das Nachfrageverhalten eines Mitnachfragers in Rechnung stellen muß, bzw. inwieweit der Marktgegenseite Ausweichmöglichkeiten zur Verfügung stehen, da bei bestehenden Ausweichmöglichkeiten die Handlungsspielräume der einzelnen Nachfrager begrenzt seien. 4 Bei der im Lebensmittelhandel vorherrschenden Käufermarktsituation bestünden nach dem neuen Ansatz des Amtes solche Auswahlmöglichkeiten der Marktgegenseite deshalb nicht, weil die Oligopolmitglieder für die Lieferanten unverzichtbar seien. Diese Unverzichtbarkeit ergebe sich insbesondere aus dem Nachfragevolumen (im Jahre 1983 waren dies für das gesamte Sechser-Oligopol 35,8 %5), aber auch aufgrund anderer Tatsachen, wie Zugang zu besonderen Abnehmergruppen, regionale Marktstellung, Fähigkeit zu "h.öherwertiger" Beschaffung und Ubiquität (= bundesweite Präsenz).6 Die Hersteller könnten die mit jedem Mitglied des Oligopols getätigten Umsätze entweder gar nicht oder nicht zu vergleichbaren Bedingungen durch zusätzliche Umsätze mit anderen Nachfragern kompensieren. Sie seien auf die Oligopolmitglieder angewiesen. b) "Hussel-Mara"

Ähnlich argumentierte das BKartA im Fall "Hussel-Mara".7 Die Hussel/ Douglas-Gruppe sei mit einem Marktanteil von 19 % 8 das mit Abstand größte Unternehmen auf dem Beschaffungsmarkt für exklusive Parfümerieartikel. Da 2 BKartA WuW J E BKartA 1970, 1977 ff. ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW J E BKartA 2060, 2062 ff. ("Metro-Kaufhof'); BKartA WuW JE BKartA 2161, 2165 ff. ("Coop-W andmaker"). 3 Das Kriterium der Unverzichtbarkeit geht eigentlich auf die Monopolkommission zurück, die hierin allerdings nicht schon den Nachweis der Marktbeherrschung sah, vgl. MK, Sondergutachten 7, Tz. 46; vgl. hierzu auch Gröner / Köhler, BB 1982, 257, 262 Fußn.37. 4 Dies entspricht dem Begrenzungskonzept des Nachfragewettbewerbs, dem Verf. folgt, vgl. oben Teil 2 I 3. 5 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"). 6 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"). 7 S. zum folgenden BKartA WuW JE BKartA 1897, 1904 ff. 8 Vgl. KG WuW JE OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara").

I. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte

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Hussel / Douglas keinem wesentlichen Preiswettbewerb ausgesetzt sei, die der Gruppe gewährten Konditionen deutlich an der Branchenspitze lägen und sie über eine bundesweite Absatzorganisation verfüge, nähme dieses Unternehmen für die Hersteller / Lieferanten gewissermaßen eine "Nadelöhrfunktion" ein und sei für diese unverzichtbar. Mit diesen Erwägungen bejahte das Amt die marktbeherrschende Stellung der Hussel / Douglas-Gruppe als Nachfrager gern. § 22 Abs.1 Nr.1 2.Alt. GWB und zusätzlich gern. § 22 Abs.1 Nr.2 GWB. c) Würdigung

Diese Unverzichtbarkeitsthese des BKartA wurde vom KG verworfen 9 und fand energischen Widerspruch in der Literatur 10. Bedenken gegen das Konzept der Unverzichtbarkeit ergeben sich in mehrfacher Hinsicht. Zunächst erweckt bereits die Verwendung des Begriffes "Unverzichtbarkeit" den Eindruck, als hätten die Hersteller / Lieferanten einen Anspruch auf Aufrechterhaltung der einmal mit ihren Abnehmern (Nachfragern) eingegangenen Lieferbeziehungen. Hierauf wies bereits Mestmäcker hin Jl, der den Terminus der "Unverzichtbarkeit" in diesem Zusammenhang als rechtlichen "Unbegriff' bezeichnet. Die These der Unverzichtbarkeit versucht, ähnlich wie der theoretische Ansatzpunkt von Arndt 12 , Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite mit Machtungleichgewichten in bilateralen Verhältnissen gleichzusetzen. § 22 GWB geht jedoch vom sog. Marktrnachtkonzept aus, also von Marktbeherrschung auf einem 9 KG WuW jE OLG 3917, 3934 ("Coop-Wandmaker"); KG WuW jE OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara"); im Fall "Metro-Kaufhof' sah das KG die Unverzichtbarkeit bereits aus tatsächlichen Gründen nicht als erfüllt an, KG WuW jE OLG 3367, 3383. 10 Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 159; Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 265 f.; Berg, WRP 1986,577,581 f.; ders., ORDO 37 (1986),183,189 ff.; Gröner/ Köhler, BB 1982, 257, 262 ff.; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 100, 73 ff.; Nacken, BAG-Nachr. 1 j 1986, S. 5 f.; Markert, Blick durch die Wirtschaft v. 10. 5. 1985, S.3; ders., Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S.61, 66; Kirschner, WuW 1987, 789, 795; ders., Nachfragemacht, S. 175 ff., 181 f.; Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11; Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 18 ff.; Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 388 ff.; Treis / Hermes, AG 1988,263,266 f.; dies., WRP 1988,225,227; Emmerich, AG 1987, 357, 360; G. Meier, WuW 1987, 1003 bezeichnet die Unverzichtbarkeitsthese als "Mythos". Zustimmend jedoch Arndt, WRP 1986, 137, 140; und der ehemalige Vorsitzende der 9. Beschlußabteilung des BKartA Schultes, MA 1984,537,548; ders., BAG-Nachr. 8 j 1986, S. 8, 11; ders., Nachfragemacht, Nachfragekartell und überlegene Marktmacht, S. 1, 5 f.; zur ,,Nadelöhrfunktion" des Handels vgl. auch Rüschen, MA 1987,218. 11 Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 265; ebenso Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 76; und auch Berg, WRP 1986,577,582 (allerdings ohne Bezugnahme auf Mestmäcker). 12 S. oben Teil 2 III 1.

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

bestimmten Markt. Eine auf zweiseitige Beziehungen eingegrenzte Sichtweise entfernt sich vom Marktrnachtkonzept I3, indem sie in unzulässiger Weise nur auf die Betrachtung einzelner, isolierter Lieferbeziehungen bestimmter Marktteilnehmer abstellt, statt das gesamte Marktgeschehen zu berücksichtigen. Zwar wurde von Vertretern des BKartA versucht klarzustellen, daß mit Unverzichtbarkeit nicht das einzelne bilaterale Verhältnis gemeint sei, sondern die Position eines Nachfragers am Markt gekennzeichnet werden solle. 14 Auch im Abstellen auf eine Vielzahl bilateraler Machtbeziehungen liegt aber letztlich die Aufgabe des Marktrnachtkonzeptes. Das BKartA unternimmt mit Hilfe der These von der Unverzichtbarkeit den Versuch, einzelne Elemente aus § 26 Abs.2 S.2 GWB zur Begründung von Marktbeherrschung heranzuziehen. 15 Diese Vorgehensweise ist jedoch unzulässig, da § 26 Abs.2 S.2 GWB die Eingriffsschwelle der Marktbeherrschung gerade auf das Vorliegen "relativer Marktrnacht" absenkt. 16 Während das Tatbestandsmerkmal der Marktbeherrschung in § 22 GWB auf das Verhältnis des zu überprüfenden Unternehmens zu allen Wettbewerbern und zu allen Unternehmen der Gegenseite auf einem Markt abstellt, meint das Merkmal der Abhängigkeit ("relative Marktrnacht") in § 26 Abs.2 S.2 GWB zweiseitige Beziehungen zwischen einzelnen Anbietern und Nachfragern. 17 Selbst wenn man berücksichtigt, daß dem GWB insoweit kein geschlossenes System innewohnt und der Gesetzgeber mit der Erweiterung des § 26 Abs.2 GWB den Anwendungsbereich des § 22 GWB nicht einschränken wollte 18, ist wegen der Formulierung der Tatbestände de lege lata an der Unterschiedlichkeit dieser beiden Eingriffsschwellen unbedingt festzuhalten. Die Unverzichtbarkeitsthese des BKartA steht damit nicht mehr auf dem Boden des geltenden Rechts. 19 Ein weiterer Kritikpunkt ergibt sich aus den außerordentlich weitreichenden Konsequenzen dieses Konzeptes, die in krassem Widerspruch zu den ordnungspolitischen Grundgedanken des GWB stehen. Bejaht man nämlich die Unverzichtbarkeit eines Nachfragers bereits bei einer Abnahmequote von 5 bis 10 % eines Nachfragers bei einem Hersteller 20, so ergibt sich die äußerst seltsam 13 Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 265 f.; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 76; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 247, vgl. auch Rdnr. 128, 131; MK, Hauptgutachten III, Tz. 572 a.E.; KG WuW JE OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara"). 14 Niederleithinger, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5. 1985, FIW-Heft 116, S. 20; Kartte, FS Benisch, S. 59, 76. 15 KG WuW JE OLG 3367, 3369 ("Metro-Kaufhof'); KG WuW JE OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara"); KG WuW JE OLG 3917, 3934 ("Coop-Wandmaker"); Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 265 f.; Kirschner, WuW 1987, 789, 795. 16 IM-Markert, § 26 Rdnr. 92, 94; Langen, § 26 Rdnr. 93. 17 KG WuW JE OLG 3917, 3934 ("Coop-Wandmaker"); IM-Markert, § 26 Rdnr. 93; GK-Benisch, § 26 Abs.2 und 3 Rdnr. 25. 18 So IM-Möschel, § 22 Rdnr. 73. 19 Vgl. auch Mestmäcker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 266.

I. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte

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anmutende Konsequenz, daß auf einem Markt eine Vielzahl von einzelnen Unternehmen gleichzeitig marktbeherrschend sein kann. Dies hätte weiterhin zur Folge, daß derzeit im Lebensmittelhandel bereits eine Fusionssperre bestünde. 21 Das Unverzichtbarkeitskonzept wirkt dadurch hochgradig strukturkonservierend 22 und muß deshalb als kontraproduktiv bezeichnet werden. Zu Recht stellt Köhler fest, daß dieses Konzept eine Politik zugunsten der "beati possidentes" darstellt. 23 Indem das BKartA die Feststellung der Unverzichtbarkeit im wesentlichen auf das Vorliegen einer Käufermarktsituation gründet, übersieht es, daß die Ausnutzung von Nachfragerspielräumen in einem Käufermarkt als positive Anpassungsfunktion des Wettbewerbs anzusehen ist. 24 Die Fusionskontrollvorschriften des GWB bezwecken gerade nicht den Schutz bestimmter bestehender Marktstrukturen. 25 Vielmehr geht es darum, durch Zusammenschlüsse entstehende oder sich verstärkende marktbeherrschende Stellungen zu verhindern, um die Freiheit des Wettbewerbs aufrechtzuerhalten, die bei einer Verkrustung der Märkte gefährdet erscheint. Das Konzept der Unverzichtbarkeit des BKartA ist daher ungeeignet, Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite festzustellen, und ist infolgedessen abzulehnen.

2. Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionen 26

a) Darstellung Im Fall "Hussel-Mara" vertrat das KG im Anschluß an einen früheren Vorschlag von Köhler 27 die Auffassung, daß ein Nachfrager dann einen einseitigen überragenden Verhaltensspielraum innehat und damit marktbeherrschend ist, wenn er im Verhältnis zu seinen Mitnachfragern günstigere Konditionen bei den Herstellern/ Anbietern durchsetzen kann 28 , wobei die bloße Möglichkeit, einen solchen Verhaltensspielraum zu nutzen, ausreicht 29 • 20 Diese Zahlen werden insbesondere von der Lebensmittelindustrie angeführt, vgl. MK, Sondergutachten 14, Tz. 143; Ulmer, WuW 1987,701,704; ders., HB v. 3.8. 1987, S. 12; ausdrücklich dagegen G. Meier, WuW 1987, 1003 f., der von einer ..5 %-Legende" spricht. 21 Markert, Blick durch die Wirtschaft v. 10. 5. 1985, S. 3. 22 So auch Berg, WRP 1986,577,582. 23 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 77. 24 Vgl. Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 389 f. 25 Vgl. GK-Harms, § 24 Rdnr. 13 d). 26 Bezeichnung in Anlehnung an Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 77. 27 Köhler, Nachfragemacht, S. 46.; vgl. auch ders., Nachfragewettbewerb S. 78. 28 KG WuW jE OLG 3577,3590 (.. Hussel-Mara"). 29 KG WuW jE OLG 3577, 3590 (.. Hussel-Mara").

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

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Einen solchen Verhaltensspielraum sollte die Hussel/ Douglas-Gruppe deshalb haben, weil sie aufgrund eines bundesweiten Filialnetzes ihre Nachfrage bündeln könne und daher auch in der Lage sei, wirksame Absatzförderungsleistungen für die Hersteller zu erbringen. Die übrigen Nachfrager kämen hingegen nicht entfernt an die Bedeutung der Hussel / Douglas-Gruppe heran.

b) Würdigung Unklar bleibt bei diesem Ansatz zunächst, ob die Durchsetzbarkeit besserer Konditionen gegenüber allen Herstellern, also gegenüber der gesamten Marktgegenseite, gegenüber der Mehrzahl von ihnen 30 oder nur gegenüber den Lieferanten der Gruppe bestehen soll. Der eigentliche Schwachpunkt dieses Ansatzes liegt darin, daß die Gründe für die möglicherweise objektiv besseren Einkaufskonditionen nicht in die Betrachtung einbezogen werden. Letztlich wird nur ein isolierter Marktergebnistest durchgeführt. Es ist beispielsweise nicht anzuzweifeln, daß reine Mengenrabatte durchaus gerechtfertigt sein können. Wer eine große Menge Waren abnimmt, bekommt deshalb einen günstigen Preis, weil der Hersteller dieses für ihn wichtige Absatzpotential honoriert. Auch das KG läßt nicht die von der Hussel / Douglas-Gruppe erbrachten Vertriebsleistungen, wie etwa Kundenberatung, Verkaufsförderung und Einführung neuer Produkte außer Betracht. Nur bringt der Senat diese nicht mit den Einkaufskonditionen in Zusammenhang. Ein solcher Zusammenhang ist jedoch dadurch herzustellen, daß z. B. die Gewährung günstiger Konditionen auf ihre sachliche Rechtfertigung überprüft wird. 31 Das Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionenen stellt damit in einseitiger Weise nur auf die Ware/Preis-Beziehung ab und läßt die von den Handelsunternehmen erbrachten Vertriebsleistungen außer Betracht. Die Wettbewerbsverhältnisse werden damit nur unzureichend und verfälscht erfaßt. Auch dieses Konzept ist demzufolge für die Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung ungeeignet.

30 31

Vgl. Köhler, Nachfragemacht, S. 46. So auch Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 80.

1. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte

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3. Konzept der Nachfragebegrenzung 32

a) Darstellung In Auseinandersetzung mit der Unverzichtbarkeitsthese des BKartA vertritt die Monopolkommission im Sondergutachten zur Konzentration im Lebensmittelhandel die Auffassung, daß Marktbeherrschung auch auf der Nachfrageseite überragende Verhaltensspielräume gegenüber der gesamten Marktgegenseite, also gegenüber allen Lieferanten voraussetzt. 33 Die Monopolkommission meint in Anschluß an die Merger Guidelines des US-lustizministeriums 34, ein einzelner Nachfrager sei nur marktbeherrschend, wenn er in der Lage sei, einen Einkaufspreis durchzusetzen, der unter dem Marktpreis bei wirksamem Wettbewerb liege. Dies könne er jedoch nur, wenn er einen so hohen Marktanteil habe, daß seine individuelle NachfragezufÜckhaltung zu einem spürbaren Rückgang der Gesamtnachfrage auf dem relevanten Markt führe. 35 In ähnlicher Weise führte die Monopolkommission in Auseinandersetzung mit den Beschlüssen des BKartA im Lebensmittelhandel aus, daß Marktbeherrschung gern. § 22 Abs.2 GWB nur anzunehmen sei, wenn die Mitglieder des sog. "Sechser-Oligopols" sich in ihrer Gesamtheit wie ein Monopson verhalten könnten, also durch gleichförmiges Verhalten die gesamte Nachfragemenge begrenzen und dadurch niedrigere Preise und günstigere Konditionen bei der Marktgegenseite durchsetzen könnten. 36 b) Würdigung Dieses Konzept hat weitreichende Konsequenzen, denn eine Begrenzung der gesamten Nachfragemenge würde - wie auch die Monopolkommission ausführt 37 - notwendigerweise eine Verringerung der Absatzmenge in den Läden und ein Ansteigen der Endverbraucherpreise zur Folge haben. Ein solches Marktverhalten ist jedoch gegenwärtig nicht zu beobachten. Würde ein großer Nachfrager, wie etwa Aldi, seine Nachfragemenge tatsächlich merklich begrenzen, um dadurch günstigere Konditionen zu erlangen, und würde sich dadurch gleichzeitig das Absatzpotential von Aldi drastisch verkleinern, so würden diese Mengen mit einiger Sicherheit von den anderen großen Nachfragern übernom-

32

33 34 35 36 37

Bezeichnung in Anlehnung an Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 81. MK, Sondergutachten 14, Tz. 145.

Merger Guidelines 1984, unter 1., abgedruckt in: FIW-Dok. Heft 6, S. 28.

MK, Sondergutachten 14, Tz. 212. MK, Sondergutachten 14, Tz. 145. MK, Sondergutachten 14, Tz. 145.

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

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men. Eine Verringerung der gesamten Transaktionsmenge am Markt würde sich nicht ergeben. 38 Nach dem Konzept der Monopolkommission ist im Lebensmittelhandel derzeit keine Nachfragemarktbeherrschung festzustellen. Die Fusionskontrol1e würde auf der Grundlage des Konzeptes der Nachfragebegrenzung nach Meinung von Kantzenbach erst greifen, wenn der Marktanteil eines Handelsunternehmens von gegenwärtig 15 % auf etwa 30 % steigt. 39 Es stellt sich jedoch die Frage, ob ein Nachfrager mit einem Marktanteil von etwa 30 - 35 % tatsächlich über einen solchen Verhaltensspielraum verfügen würde, wie ihn das Konzept der Nachfragebegrenzung der Monopolkommission fordert. Dieser Nachfrager würde zwar die Marktbeherrschungsvermutung des § 22 Abs.3 S.l Nr.l GWB erfüllen. Es ist jedoch äußerst unsicher, ob die Gesamtnachfrage auf dem relevanten Markt wirklich spürbar zurückgehen würde, wenn dieser Nachfrager seine Nachfragemenge begrenzte. Wahrscheinlicher ist es, daß bei vorhandener Verbrauchernachfrage die reduzierte Nachfragemenge von den anderen Nachfragern übernommen werden würde. 4O Das Konzept der Nachfragebegrenzung setzt die Eingriffsschwelle für die Fusionskontrolle damit sehr hoch an. Des weiteren erscheint das Konzept der Monopolkommission jedenfalls für Käufermarktlagen ungeeignet. In dieser Situation einer Überproduktion auf der Lieferantenseite wird ein Nachfrager gerade durch die Erhöhung seiner Nachfragemenge bei den Unternehmen der Marktgegenseite günstigere Konditionen durchsetzen können. Das entgegengesetzte Verhalten, also eine Verringerung der Nachfragemenge, welches die Monopolkommission zur Messung von Marktrnacht auf der Nachfrageseite heranziehen will, wäre betriebswirtschaftlich unvorteilhaft. 41 Zudem ergeben sich Zweifel an der Praktikabilität dieses Ansatzes, soweit er auf einen Vergleich mit dem Marktpreis bei wirksamem Wettbewerb abstellt. 42 Welche inhaltliche Bedeutung die Monopolkommission dem Begriff des wirksamen Wettbewerbs beimißt, bleibt dabei ungeklärt. Soll hierbei etwa auf ein zu § 22 Abs.4 S.2 GWB entwickeltes Vergleichsmarktkonzept 43 zurückgegriffen werden? Auf die dort bestehenden erheblichen Anwendungsschwierigkeiten und Unschärfen ist hier lediglich zu verweisen. 44 Schließlich stellt das bloße Abstellen auf die Aktionsparameter Menge und Preis eine Verkürzung der einem Handelsunternehmen auf dem Nachfragemarkt 38

39 40 41

42 43 44

MK, Sondergutachten 14, Tz. 145. Kantzenbach, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5.1985, in: FIW-Heft 116, S. 21. Ebenso Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 84. Ebenso Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 83 f. Vgl. hierzu auch Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 82. Vgl. hierzu IM-Möschel, § 22 Rdnr. 160 ff.; Langen, § 22 Rdnr. 98 ff. Dazu IM-Möschel, § 22 Rdnr. 149, 160 ff.

I. Übersicht über die bisher entwickelten Konzepte

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zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten dar, was dem "Entdeckungsverfahren Wettbewerb" nicht hinreichend gerecht zu werden vermag. Dabei werden die vielfältigen Möglichkeiten des Vertriebsleistungswettbewerbs vollkommen außer acht gelassen. Nur ein Konzept, das sämtliche in Frage kommende Aktionsparameter mitin die Betrachtung einbezieht, kann die Marktstärke eines Unternehmens auf dem Beschaffungsmarkt zutreffend erfassen. Auch das Konzept der Nachfragebegrenzung erscheint nach alledem für sich genommen nicht geeignet, Nachfragemarktbeherrschung zutreffend zu bestimmen. 45 4. Konzept der Marktbehauptung a) Darstellung Köhler entwickelte im Anschluß an seine früheren Arbeiten 46 das Konzept der Marktbehauptung. Danach soll ein Unternehmen dann eine überragende Marktstellung gern. § 22 Abs.1 Nr.2 GWB haben, wenn es in der Lage ist, ohne eigene wettbewerbliche Anstrengungen seine Marktstellung gegenüber den Wettbewerbern zu behaupten oder sogar auszubauen. 47 Zu prüfen sei, welchen Handlungsspielraum die Konkurrenten haben, um sich gegenüber dem Nachfrager auf dem Markt durchzusetzen und welchen Handlungsspielraum der Nachfrager hat, um seine bestehende Marktstellung zu verteidigen oder zu vergrößern. Bei dem Handlungsspielraum der Konkurrenten sei insbesondere die Fähigkeit zur Erweiterung und zur Einschränkung ihrer Nachfrage bei bestimmten Lieferanten sowie die Fähigkeit zum Dienstleistungswettbewerb zu beachten. Bei dem Handlungsspielraum des Nachfragers sei die Fähigkeit zu immobilem, zu behinderndem und zu ausbeuterischem Verhalten zu berücksichtigen, nicht dagegen seine Fähigkeit, durch eigene wettbewerbliche Anstrengungen oder durch Ausnutzung von Lieferantenwettbewerb die Marktposition auszubauen.

Als Kennzeichen des Nachfragewettbewerbs innerhalb der §§ 22 Abs.1 Nr.1 2.Alt., 22 Abs.2 GWB sieht Köhler die Geheimhaltung von Konditionen, Dienstleistungswettbewerb, Absatzwettbewerb und Konzentrationstendenzen an. 48 b) Würdigung

Das von Köhler vorgeschlagene Konzept der Marktbehauptung geht zu Recht davon aus, daß es im Rahmen des § 22 Abs.l Nr.2 GWB auf einen Vergleich 45 46

47 48

Ablehnend auch Säcker, BB 1988,416,420; Ahlert, MA 1985,536, 540. Köhler, Wettbewerbsbeschränkungen; ders., Nachfragemacht. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 85 ff. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 93 ff.

6 Bergmann

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

82

der Handlungsspielräume der Nachfrager ankommt, wobei die Marktstellung als veränderliche Größe aufzufassen ist. Auf der Grundlage der Marktabgrenzung nach dem Produktvertriebskonzept berücksichtigt Köhler bei der Beurteilung der Handlungsspielräume der Nachfrager folgerichtig nicht nur den Aktionspararneter Preis als Entgelt für die nachgefragte Ware, sondern auch die Fähigkeit zum Dienstleistungswettbewerb. Erst dadurch können die Handlungsspielräume der Nachfrager zutreffend bestimmt werden. Das Konzept der Marktbehauptung für die Bestimmung der überragenden Marktstellung von Nachfragern erweist sich daher als konsequente Fortsetzung des bei der Marktabgrenzung von Köhler vorgeschlagenen Produktvertriebskonzeptes. Allerdings legt Köhler den Schwerpunkt seiner Untersuchungen auf den Nachfragewettbewerb in verhaltensbezogener Hinsicht. Im Rahmen der Fusionskontrolle müssen dagegen vornehmlich die strukturellen Wirkungen eines Zusammenschlusses anhand der Kriterien des § 22 Abs.l Nr.2 GWB berücksichtigt werden. Obwohl Verhalten und Struktur in unterschiedlicher Weise aufeinander einwirken können 49 , ist der Versuch, Marktbeherrschung allein aus dem Verhalten des betreffenden Unternehmens heraus zu begründen 50, ungeeignet. 11. Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung 1. Marktstruktur, Marktverhalten, Marktergebnis -

Gesamtbetrachtung

Für die Fragen, ob ein Unternehmen wesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist und ob ein Unternehmen eine überragende Marktstellung besitzt, muß auf der Angebotsseite geprüft werden, ob das Unternehmen auf dem relevanten Angebotsmarkt über einen Verhaltensspielraum verfügt, der nicht oder nicht hinreichend vom Wettbewerb kontrolliert wird. 51 Dazu kann auf das konkrete Verhalten der Unternehmen auf dem relevanten Markt, auf die Strukturmerkmale des Marktes oder auf die auf dem Markt erzielten Ergebnisse abgestellt werden. Diese drei Prüfmethoden, Marktverhaltens-, Marktstruktur- und Marktergebnistests 52 , welche dem Kartelljuristen von den Wirtschaftswissenschaften an die Hand gegeben werden, weisen alle ihre Schwächen auf und keines dieser Vgl. Ofterdinger, FS Pfeiffer, S. 727,737. Vgl. auch Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 109. 51 Begr. 1971, BT-Drucks. VI / 2520, S. 21; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 48; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 127; v. Gamm, Kartellrecht, § 22 Rdnr. 14; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 108. 52 V gl. hierzu Fisher I McGowan I Greenwood, Der Anti-Trust-Fall US gegen IBM, S.42 ff.; Kirschner, Nachfragemacht, S. 13 ff.; aus wettbewetbstheoretischer Sicht Herdzina, WD 1986,525,528 ff. 49

50

11. Bestimmung im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung

83

Verfahren ist für sich alleine imstande, auch nur annähernd gesicherte Erkenntnisse zur Beantwortung der zu untersuchenden Frage zu liefern. 53 Die geringste Aussagekraft ist wegen des Marktbezuges der Zusammenschlußkontrolle aus dem Vorliegen bestimmter Marktergebnisse abzuleiten. Sie lassen für sich genommen noch nicht den Schluß auf Marktrnacht und überragende Verhaltensspielräume zu. 54 Hohe Gewinne sind durchaus mit der dynamischen Wettbewerbsidee zu vereinbaren. 55 Die einem Unternehmen auf der Angebotsseite zur Verfügung stehenden Handlungsspielräume können vielmehr nur aufgrund einer umfassenden Gesamtbetrachtung des gesamten Marktgeschehens ermittelt werden, indem sowohl Marktstrukturgesichtspunkte als auch Marktverhaltenselemente in die Betrachtung mit einbezogen werden. Marktergebnisse haben lediglich beschränkte Aussagekraft. Diese Gesamtbetrachtungsweise, die die Rspr. im Anschluß an die Reg.Begr. 1971 56 zunächst im Rahmen des § 22 Abs.l Nr.2 GWB entwickelte 57, hat auch für die Marktbeherrschungsalternative des § 22 Abs.l Nr.l 2.Alt. GWB Geltung. 58 Sie ist im Grundsatz auch auf die Zusammenschlußkontrolle auf der N achfrageseite zu übertragen 59, wobei jedoch die hier bestehenden Besonderheiten, insbesondere die Funktionsweise des Nachfragewettbewerbs, zu berücksichtigen sind. Für die Zusammenschlußkontrolle, welche im allgemeinen als Marktstrukturkontrolle aufgefaßt wird 60 , ist jedoch fraglich, ob nicht gerade auch wegen der anzustellenden Prognose primär auf Marktstrukturkriterien abzustellen ist und das konkret zu beobachtende Marktverhalten dahinter zurückzutreten hat. In diese Richtung weisen etwa die Beschlüsse des BGH in den Fällen "KFZKupplungen"61 und "Mannesmann-Brueninghaus"62. In der Folgezeit hat der 53 Vgl. hierzu FK-Kersten, § 22 Rdnr. 135 ff.; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 18,44; GKHarms, § 24 Rdnr. 202 ff., 208 f.; v. Gamm, Potentieller Wettbewerb - Substitutionswettbewerb, S. 13, 15. 54 Möschel, JA 1986,525,531; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 136; Säcker, BB 1988,416, 420. 55 Möschel, JA 1986,525,531. 56 Reg.Begr. 1971, BT-Drucks. VI/2520, S. 22; Bericht des Wirtschaftsausschusses 1973, BT-Drucks. 7/765 (zu Drucks. 7/696) unter III zu § 22, S. 5. 57 BGH WuW /E BGH 1435, 1441 ("Vitamin-B-12"); BGH WuW /E BGH 1445, 1449 ("Valium"); BGH WuW / E BGH 1711, 1716 ("Mannesmann-Brueninghaus"). 58 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 48; Langen, § 22 Rdnr. 52; v. Gamm, Kartellrecht, § 22 Rdnr. 12.; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 108, 165. 59 Ebenso KG WuW /E OLG 3917, 3933 ("Coop-Wandmaker"); FK-Kersten, § 22 Rdnr. 249, 250; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 194. 60 Vgl. etwa Langen, § 24 Rdnr. 23; GK-Harms, Einl. Zus.kontrolle, Rdnr. 15; GKHarms, § 24 Rdnr. 370; Möschel, Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 838, 840 f.; Ti/mann, ZHR 1987,462,477; MK, Hauptgutachten VI, Tz. 443 f. 61 BGH WuW /E BGH 1501, 1506 ("KFZ-Kupp1ungen"). 6'

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

84

BGH allerdings im Fall "Klöckner-Becorit" klargestellt, daß es sich "bei der

Beurteilung nach Marktstrukturen und nach dem Marktverhalten um zwei verschiedene Betrachtungsweisen des Marktgeschehens" handelt, "die sich im gewissen Maß ergänzen und gegenseitig beeinflussen; jedoch dienen beide der Prüfung, ob die Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs ernstlich gefährdet wird" 63. Dennoch soll nach Auffassung des BGH im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle strukturellen Gesichtspunkten gegenüber dem aktuellen Wettbewerbsverhalten eine entscheidende Bedeutung zukommen, da die Zusammenschlußkontrolle auf längerfristige strukturelle Wirkungen abhebe und Wettbewerbsverhalten sich allenfalls nach allgemeinen Mustern prognostizieren lasse. 64 Es ist nicht erstaunlich, daß sich aufgrund solch sibyllinischer Äußerungen des BGH über das Verhältnis von Marktstruktur und Marktverhalten eine kontroverse wissenschaftliche Diskussion vertieft hat. 65 Im Rahmen dieser Arbeit kann und soll zu diesem Problem jedoch nicht eingehend Stellung genommen werden.

Bei der im folgenden durchzuführenden Untersuchung, auf welche Weise Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle zu bestimmen ist, wird die in der Rspr. entwickelte Gesamtbetrachtungsweise mit ihrem Schwerpunkt auf der Betrachtung von Marktstrukturkriterien auf die Nachfrageseite übertragen. Dabei ist der Frage nachzugehen, inwieweit sich Besonderheiten bei der Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite ergeben. Nach Klärung des Verhältnisses der einzelnen Tatbestandsalternativen des

§ 22 GWB zueinander, soll zunächst kurz auf die beiden Beherrschungstatbestände des § 22 Abs.l Nr.l GWB eingegangen werden. Wegen der praktischen

Wichtigkeit wird der Schwerpunkt der Untersuchung auf den Tatbestand der überragenden MarktsteIlung gelegt.

2. Verhältnis der Tatbestandsalternativen

Gern. § 22 Abs.l Nr.l GWB ist ein Unternehmen marktbeherrschend, wenn es ohne Wettbewerber ist oder keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist. Damit bezieht sich das Gesetz auf die überkommene Marktformenlehre 66 , wobei 62 63

BGH WuW JE BGH 1711, 1716 ("Mannesmann-Brueninghaus"). BGH WuW JE BGH 1749, 1755 ("Klöckner-Becorit"); s. hierzu auch Baur, ZHR

1982, 324 ff. 64 BGH WuW J E BGH 1749, 1754 f. ("Klöckner-Becorit"). 65 S. hierzu etwa Markert, AG 1986, 173, 175 ff.; Mestmäcker, AG 1986, 181, 182 ff.; Kantzenbach, AG 1986, 185 ff.; GK-Harms, § 24 Rdnr. 208, 209, 370 ff.; Knöpfte, DB 1987, Beil. Nr. 6, S.2 ff.; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 109, 112 ff.; MK, Hauptgutachten VI, Tz. 443 ff. 66 Vgl. hierzu etwa Heinrichsmeyer / Gans / Evers, Einführung in die Volkswirtschaftslehre, S. 52- ff.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

85

mit dem ersten Fall das sog. Vollmonopol, mit dem zweiten Fall das sog. Teilmonopol beschrieben wird. 67 Der Gesetzgeber ging davon aus, daß ein Monopol sowohl auf der Angebotssei te als auch auf der Nachfrageseite bestehen kann. 68 Für die hier zu behandelnde Nachfrageseite wird auch der Terminus "Monopson" gebraucht. 69 Im Verhältnis der beiden Alternativen der Nr. 1 läßt sich ein Gefälle in der Eingriffsschwelle mit Sicherheit feststellen, da beim Vollmonopson definitionsgemäß kein weiterer Wettbewerber am Beschaffungsmarkt vorhanden ist, beim Teilmonopson dagegen Marktbeherrschung auch dann vorliegt, wenn Wettbewerb festgestellt werden kann; dieser muß allerdings als "nicht wesentlich" zu qualifizieren sein. Da also beim Teilmonopson neben dem Marktbeherrscher noch mindestens ein weiterer Nachfrager am Markt vorhanden sein muß, liegt hier die Eingriffsschwelle niedriger als beim Vollmonopson. Umstritten ist das Verhältnis des Tatbestandes der "überragenden MarktsteIlung" der Nr. 2 zum Tatbestand des Teilmonopols / Teilmonopsons. Der Gesetzgeber hat diesen Tatbestand 1973 in das Gesetz eingefügt, um gerade in den Fällen den Nachweis der Marktbeherrschung zu erleichtern, in denen nicht sogleich offensichtlich ist, ob auf dem Markt noch wesentlicher Wettbewerb herrscht. 70 Dies läßt es mit der Rspr. und einem Teil der Literatur 71 jedenfalls im Rahmen der Fusionskontrolle als richtig erscheinen, auch hier ein Gefälle in der Eingriffsschwelle anzunehmen. Durch die Einfügung verschiedener Strukturkriterien, insbesondere des Marktanteils und der darauf basierenden Vermutungstatbestände, wurde vor allem in der Zusammenschlußkontrolle die Feststellung von Marktrnacht erleichtert. Tendenziell dürfte damit auch für die Nachfrageseite der Tatbestand des § 22 Abs.l Nr.l 2. Alt. GWB obsolet werden. 72

IH. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager 1. § 22 Abs. 1 Nr. 11. Alt. GWB (Vollmonopson)

Der Fall des Vollmonopsons, also eines Nachfragers ohne jeden Wettbewerber, ist relativ problemlos, für die Praxis der Fusionskontrolle allerdings von äußerst geringer Bedeutung, da es sich meist um gesetzlich begründete Monopsone Vgl. IM-Möschel, § 22 Rdnr. 44; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 122. Begr. 1952, B I 3, BT-Drucks. 2/1158, S. 26. 69 Vgl. oben Teil 2 I 3. 70 Begr. 1971, BT-Drucks. VI/2520, S. 21; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 110; Ojterdinger, FS Pfeiffer, S. 727, 734 ff. 71 Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 164. 72 Vgl. allgemein für die Mißbrauchsaufsicht IM-Möschel, § 22 Rdnr. 44 m.w.N. 67

68

86

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

handelt. 73 Für die Nachfrageseite des Handels spielt dieser Tatbestand keine Rolle. Das BKartA hat in einem Fall § 22 Abs.l Nr.l l.Alt. GWB im Rahmen der Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite herangezogen. Das Amt begründete die Untersagung des Zusammenschlusses zweier Kartoffelstärkeproduzenten auch damit, daß durch den Zusammenschluß für den erwerbenden Nachfrager eine marktbeherrschende Stellung entstehen würde, weil er nach dem Zusammenschluß auf dem relevanten Regionalmarkt der einzige Nachfrager nach Stärkekartoffeln wäre. 74 2. § 22 Abs.l Nr.l 2. Alt. GWB (Teilmonopson)

Im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle im Handel ist der Fall eines Nachfragers, der keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist, also der Fall des sog. Teilmonopsons, interessanter. Wie bereits oben ausgeführt, hat das BKartA die Untersagung des Zusammenschlusses im Fall "Hussel-Mara" in erster Linie mit diesem Tatbestand in Kombination mit der These der "Unverzichtbarkeit" begründet. 75 Das KG sah es allerdings als nicht erwiesen an, daß die Douglas-Parfümerien keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt seien. Geht man richtigerweise von der Unhaltbarkeit der Unverzichtbarkeitsthese aus 76, so liegt bei einem Marktanteil der Douglas-Gruppe auf dem relevanten Beschaffungsmarkt von 19 % genau die Situation vor, in der nicht sogleich erkennbar ist, ob das Unternehmen noch wesentlichem Wettbewerb ausgesetzt ist oder nicht. Eben dieser Schwierigkeit beim Nachweis der Marktbeherrschung gern. § 22 Abs.l Nr.l GWB sollte bei der Zweiten GWB-Novelle 1973 mit der Einfügung eines neuen, zusätzlichen Marktbeherrschungstatbestandes der "überragenden MarktsteIlung" in das Gesetz entgegengetreten werden. 77 Die Praxis hatte zuvor Marktbeherrschung auf der Angebotsseite gern. § 22 Abs.l Nr.l GWB durchweg nur bei sehr hohen Marktanteilen angenommen. 78 Durch die Einfügung des Tatbestandes der "überragenden Marktstellung" und die damit verbundene Beweiserleichterung dürfte der Tatbestand des § 22 Abs.l Nr.l GWB auch für die Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite praktisch bedeutungslos werden. 79 Vgl. die Nachweise bei IM-Möschel, § 22 Rdnr. 72; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 123. BKartA WuW /E BKartA 1716, 1717 f. ("Kartoffelstärke"). 75 BKartA WuW /E BKartA 1897, 1904 ff; s. oben Teil 4 I 1 b). 76 KG WuW /E OLG 3577,3589 ("Hussel-Mara"); s. dazu Le. oben Teil 4 I 1 c). 77 Begr. 1971, BT-Drucks. 6/2520, S. 21. 78 BKartA WuW /E BKartA 1716, 1717 ("Kartoffelstärke"): 70 %; BKartA WuW / E BKartA 1561, 1564 ("o.b."): 80 %. 79 S. dazu bereits oben Teil 4 II 2. 73

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III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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3. § 22 Abs.l Nr.2 GWB (überragende MarktsteIlung)

a) Ausgangspunkt der Prüfung Nach § 22 Abs.1 Nr.2 GWB ist ein Unternehmen dann marktbeherrschend, wenn es im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern eine überragende MarktsteIlung hat. Eine überragende MarktsteIlung besteht auf der Angebotsseite dann, wenn das Unternehmen einen überragenden einseitigen Verhaltens spielraum innehat, der nicht oder nicht hinreichend vom Wettbewerb kontrolliert wird. 80 Von diesem Ansatzpunkt ist auch bei der Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite auszugehen. 81 § 22 Abs.1 Nr.2 GWB verlangt das Vorliegen einer überragenden MarktsteIlung des Nachfragers im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern, also im Verhältnis zu allen anderen auf dem relevanten Beschaffungsmarkt tätigen Nachfragern. 82 Eine Nachfragemacht im Vertikalverhältnis begründet demnach - jedenfalls für den Bereich der Zusammenschlußkontrolle - für sich genommen noch nicht das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung. 83 Nachfragemacht im Sinne einer Druckausübungsmöglichkeit auf die Marktgegenseite kann vielmehr die bloße Folge des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage, also des Bestehens einer Käuferrnarktsituation darstellen. 84 Würde man für die Annahme von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite bereits eine solche bloße vertikale Nachfragemacht genügen lassen, so würden dadurch notwendige Strukturanpassungsmaßnahmen verhindert, das Kartellrecht würde kontraproduktiv wirken. Diese Zusammenhänge hat das BKartA bei der Entwicklung der Unverzichtbarkeitsthese offenbar vernachlässigt, indem es Marktbeherrschung i.S.d. § 22 GWB mit vertikaler Abhängigkeit LS.d. § 26 Abs.2 S.2 GWB gleichsetzte. 85

Im Rahmen des § 22 Abs.1 Nr. 2 GWB ist also ein Vergleich der Handlungsspie/räume der auf dem relevanten Beschaffungsmarkt tätigen Nachfrager durchzuführen. 86 Wird dabei festgestellt, daß der Verhaltensspielraum eines 80 GK-Harms, § 24 Rdnr. 236; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 165; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 52 m. w.N.; MK, Hauptgutachten VI, Tz. 447; Begr. 1971, BT-Drucks. 6/ 2520, S. 21. 81 Ebenso Säcker, BB 1988,416,419; Emmerich, Kartellrecht, § 175 b) cc), S. 224 f. Nach Schenk, Strukturentwicklung, Kooperation und Konzentration, S. 127, 131 sind

Begriffe wie ..Marktbeherrschung" und ..überragende Marktstellung" auf den Einzelhandel dagegen kaum anwendbar. 82 Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 194; a.A. Knöpfte, DB 1987, Beil. Nr. 6, S. 6, 9. 83 Ebenso FK-Kersten, § 22 Rdnr. 128 ff., 131; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 159; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 73; anders, allerdings nur für die Mißbrauchsaufsicht, IM-Möschel, § 22 Rdnr. 74 und 55. 84 Vgl. Köhler, Nachfragemacht, S. 44. 85 S. dazu i.e. oben Teil 4 I 1 c). 86 Ebenso Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 73, 85; ders., Nachfragemacht, S. 43; für die Angebotsseite MK, Hauptgutachten VI, Tz. 447.

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

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Nachfragers deutlich größer ist als derjenige der übrigen Nachfrager und handelt es sich dabei nicht lediglich um einen temporären Vorsprung, so liegt die Annahme von Marktbeherrschung nahe. Dabei können und müssen im Rahmen des anzustellenden Vergleichs der Handlungsspielräume der Nachfrager auch die gegenüber der Marktgegenseite bestehenden Handlungsspielräume untersucht werden. Diese sind aber, selbst wenn sie absolut sehr groß sein mögen und auf der Seite der Industrie als "schmerzlich" empfunden werden, dann kein Hinweis auf das Bestehen von Marktbeherrschung, wenn sie bei mehreren Nachfragern gleich groß sind, denn in diesem Fall überragt der absolut große Handlungsspielraum nicht denjenigen anderer Nachfrager. Schließlich ist anzumerken, daß es nicht darauf ankommt, ob ein Nachfrager einen im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern bestehenden überragenden Handlungsspielraum auch tatsächlich nutzt. Das Bestehen eines überragenden Verhaltensspielraums, der vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrolliert wird, reicht im Sinne eines Gefährdungstatbestandes 87 für die Annahme von Nachfragemarktbeherrschung aus.

b) Die einzelnen Strukturkriterien aa) Marktanteil

(1) Relativität des Merkmals Bei der Bestimmung von Marktbeherrschung auf der Angebotsseite spielt in der Praxis des BKartA und auch der Gerichte der Marktanteil eines Unternehmens eine entscheidende Rolle. 88 Dies entspricht der bislang schon im Gesetzestext hervorgehobenen Stellung dieses Kriteriums. 89 Ob und inwieweit der Marktanteil eines Nachfragers auf dem relevanten Beschaffungsmarkt für das Bestehen überragender Verhaltensspielräume Aussagekraft besitzt, wird überaus kontrovers diskutiert. Hier herrscht noch weitgehend Unklarheit. Vorauszuschicken ist, daß die gegen die Brauchbarkeit des Marktanteils als Marktrnachtindikator auf der Angebotsseite vorgebrachten Argumente 90 zuminVgl. für die Angebotsseite MK, Hauptgutachten VI, Tz. 447. Vgl. IM-Möschel, § 22 Rdnr. 59 m. w.N.; GK-Harms, § 24 Rdnr. 251; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 171. 89 Die Hervorhebung des Merkmals Marktanteil im Gesetzestext wird allerdings durch die Fünfte GWB-Novelle beseitigt, vgl. Regierungsentwurf, Art. 1 Nr. 5, BT-Drucks. 11 /4610, S.4, 17. 90 Hierzu Berg, WRP 1986, 187 ff.; Knöpfle, Die Abgrenzung des relevanten Marktes, S. 139 ff., 163 ff., 172 f. m. w. N.; Hölzler, Der Marktanteil in der Fusionskontrolle, S. 517,518. 87 88

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

89

dest gleichennaßen bei Marktanteilen auf Beschaffungsmärkten zu Buche schlagen. Insofern kann von einer dreifachen Relativität des Marktanteilkriteriums gesprochen werden. Zum einen ist die Aussagekraft des Marktanteils durch die vorangegangene Marktabgrenzung relativiert. 91 Aus den Untersuchungen in Teil 3 geht hervor, daß diese - gerade auf der Nachfrageseite - schwierig vorzunehmende Wertungen erfordert und von daher immer mit einern gewissen Grad an Unsicherheit belastet ist. Zum zweiten ist der Marktanteil des zu überprüfenden Unternehmens stets in Relation zu setzen zu den Anteilen der auf dem Markt vorhandenen Wettbewerber. 92 Ein Marktanteil von 40 % ist unterschiedlich zu bewerten, je nachdem ob außerdem noch zwei Wettbewerber mit je 30 % oder aber viele kleine Wettbewerber mit 3 oder 5 % Marktanteil vorhanden sind. Die Indizwirkung des Marktanteils für das Vorliegen von Marktbeherrschung erhöht sich mit zunehmender Zersplitterung der Marktanteile der Wettbewerber. Schließlich ist drittens der Marktanteil insofern ein relativer Begriff, als er erst im Zusammenhang mit verschiedenen weiteren Betrachtungen Rückschlüsse auf bestehende Verhaltensspie1räume zuläßt. Ein hoher Marktanteil gibt isoliert betrachtet keinen gesicherten Aufschluß über das Vorliegen von Marktbeherrschung. 93 So können etwa beim Bestehen potentiellen Wettbewerbs die Verhaltensspielräume trotz hoher Marktanteile noch einer hinreichenden wettbewerblichen Kontrolle unterworfen sein. 94 Aussagekräftiger als Marktanteile sind dann etwa das Bestehen und die Höhe von Marktzutrittsschranken. Der Marktanteil als statische, im Rahmen einer Momentaufnahme gewonnene Größe 9S , muß zudem in das Gesamtbild des dynamischen wettbewerblichen Ablaufs auf einern Markt gestellt werden. 96 Ein hoher Marktanteil weist für sich gesehen also nur auf das mögliche Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung hin. 91 Areeda / Turner, Antitrust Law, Vol. IV, S.95 f.: " ... the infirrnities in such a definition drastically diminish the significance of the resulting market shares."; Fisher I McGowan I Greenwood, Der Anti-Trust-Fall US gegen IBM, S.99; IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 68. 92 Vgl. IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 68; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 254 a. E.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 172. 93 Berg, WRP 1986, 187, 188 f.; Knöpfte, Die Abgrenzung des relevanten Marktes, S. 139 ff., 164 f.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 188,3. Absatz; Langen, § 22 Rdnr. 62; Säcker, BB 1988,416,419; Hölzler, Der Marktanteil in der Fusionskontrolle, S. 517,524 ff.; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 173; Müller-Uri, Kartellrecht, Rdnr. 223. 94 Vgl. Berg, WRP 1986, 187, 189; Fisher I McGowan I Greenwood, Der Anti-TrustFall US gegen IBM, S. 98; Knöpfte, Die Abgrenzung des relevanten Marktes, S. 139 ff., 166 f. 9S Vgl. Fisher I McGowan I Greenwood, Der Anti-Trust-Fall US gegen IBM, S. 99. 96 Ausführlich Ahlert I Wellmann, BFuP 1988, 193, 197 ff., 215; vgl. auch Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 174.

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

Alle diese Relativierungen sind auch bei der Behandlung und Gewichtung von Marktanteilen auf der Nachfrageseite zu berücksichtigen.

(2) Besonderheiten auf der Nachfrageseite Darüber hinaus bestehen gerade auf der Nachfrageseite erhebliche Unsicherheiten in der Beurteilung der Aussagekraft von Marktanteilen. Einerseits wird davon ausgegangen, Marktbeherrschung bestünde auf der Nachfrageseite tendenziell bereits bei niedrigeren Marktanteilen als auf der Angebotsseite. 97 Auf dieser Linie liegt auch der Beschluß des BKartA im Fall "Hussel-Mara", in dem das Amt Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite schon bei einem Marktanteil von 19 % annahm. 98 Im Gegensatz dazu wollen Areeda / Turner die Marktanteilsschwelle für einen Wahrscheinlichkeitsbeweis von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite erheblich höher ansetzen als auf der Angebotsseite. 99 Eine dritte Richtung will - jedenfalls im Verhältnis des Handels zur Industrie - den Marktanteilen keine Aussagekraft 100 oder zumindest nur wenig Bedeutung 101 zumessen. 97 IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 16; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 76; ders., Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 525; und auch noch MK, Sondergutachten 7, Tz. 47 ff., 51, s. aber auch Tz. 200; dies., Hauptgutachten III, Tz. 573; Lübbert, LZ v. 24.12.1986, S. F 6; Emmerich, AG 1981,269,272; Schultes, WuW 1982,731,740; Benisch, WuW 1960, 842, 849; Niederleithinger, Die Verfolgung von Mißbräuchen von Angebots- und Nachfragemacht nach §§ 22, 26 Abs.2 GWB, S. 65, 75 f.; ders., bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15. 5. 1985, FIW-Heft 116, S. 44; Sölter, WRP 1977,445, 448; ders., Der Januskopf des Preiswettbewerbs, S. 112; Lehmann, WRP 1978, 598, 599; v. Friesen, DB 1978, Beil. Nr. 6, S. 10; Stahl, Wettbewerbspolitische Folgerungen für eine wirksame Kontrolle von Nachfragemacht, S. 147, 153; Säcker, BB 1988,416, 419; Müller-Uri, Kartellrecht, Rdnr. 320. Vorsichtiger Kantzenbach, Wirtschaftliche Ursachen und Auswirkungen der Nachfragemacht, S. 125, 132 f., der nur davon spricht, daß die Abhängigkeit der AnbieteT (nicht aber Nachfragemarktbeherrschung) schon bei relativ geringen Marktanteilen der Nachfrager einsetze. Dagegen FK-Kersten, § 22 Rdnr. 254 m. w.N.; KG WuW jE OLG 3917, 3936 ("Coop-Wandmaker"). 98 BKartA WuW jE BKartA 1897, 1904 f., 1906 ("Hussel-Mara"); vgl. KG WuW j E OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara"). 99 Areeda / Turner, Antitrust Law, Vol IV, S. 205: " ... the threshold for presumptive iJlegaIity (on the buying side of the market) should be considerably higher than that for the selling side"; ebenso Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 517,519,521. 100 TB BKartA 1976, BT-Drucks. 8/704, S. 80; ausdrücklich auch Lademann, Nachfragemacht von Handelsunternehmen, S. 74 ff., 82: ,,zur Bestimmung von Nachfragemacht sollte deshalb aufgrund der fehlenden Validität und Reliabilität vom Marktanteil als Indikator abgesehen werden."; ähnlich Schenk, Strukturentwicklung, Kooperation und Konzentration, S. 127, 131; Kleinmann / Bechtold äußerten in der 1. Aufl. (1977), § 22 Rdnr. 61 noch die Auffassung, Marktanteile seien auf den meisten Nachfragemärkten nicht feststellbar. Diese Ansicht wurde offensichtlich aufgegeben, vgl. 2. Aufl. (1989), § 22 Rdnr. 194.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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Die Vertreter der ersten Ansicht legen ausdrücklich oder stillschweigend zugrunde, daß gerade bei steigenden Marktanteilen die Druckausübungsmöglichkeit von Nachfragern auf die Marktgegenseite steige, was sich insbesondere an der Tendenz zur Zusammenfassung von Nachfragevolumina zeige. 102 Schon bei Marktanteilen von wenigen Prozentsätzen könnten Nachfrager merklichen Druck auf die Angebotsseite ausüben. 103 Dies mag zwar richtig sein; allerdings beweist - wie oben gezeigt 104 Nachfragemacht im Vertikalverhältnis für sich genommen noch nicht das Vorliegen von Nachfragemarktbeherrschung. Manche wollen als Indikator für Nachfragemacht anstelle des Marktanteils auf den Anteil der Abnahmemenge eines Nachfragers am Absatzvolumen eines Anbieters abstellen 105 und unterliegen damit demselben Fehler. Hersteller sind zwar möglicherweise von solchen Nachfragern abhängig, die einen Großteil oder auch nur einen Anteil von 10 oder 20 % ihrer Produktion abnehmen. Eine Nachfragemarktbeherrschung ist damit allerdings noch nicht dargetan. Der Gesetzeswortlaut vermag zur Klärung dieser Fragen wenig Hilfestellung zu bieten. Zwar spricht § 22 Abs.l GWB von Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager und bezieht das Merkmal des Marktanteils somit unterschiedslos auf beide Marktseiten. Daraus läßt sich jedoch nur ableiten, daß de lege lata der Marktanteil auch auf der Nachfrageseite eine Rolle spielen kann. Mit dem Wortlaut des § 22 GWB läßt es sich dagegen durchaus vereinbaren, Marktanteilen auf der Nachfrageseite eine andere - sei es eine größere oder sei es eine kleinere - Bedeutung zuzumessen als auf der Angebotsseite. Die unterschiedlichen Aussagen über die Bedeutung von Marktanteilen auf Beschaffungsmärkten für die Marktstärke von Nachfragern und die darin zum Ausdruck kommende Unsicherheit, sowie vor allem die oben aufgezeigte Relativität des Marktanteilkriteriums sollten dazu Anlaß geben, den Marktanteilen bei der Prüfung von Nachfragemarktbeherrschung eine untergeordnete Rolle beizumessen. Zu Recht weist Köhler darauf hin, daß ein Handelsunternehmen in einer Käufermarktsituation seinen Marktanteil auf dem Beschaffungsmarkt durch das Ordern zusätzlicher Mengen unschwer ausweiten kann. 106 Eine ganz andere Frage 101 Kartte, WRP 1976, 1, 3; Jüttner-Kramny, WuW 1976, 278, 287; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S.100; vgl. Benisch, WuW 1977, 619, 620; kritisch auch Wilde, Wettbewerbsverzerrungen, S. 62 ff.; vgl. auch die Studie des Ifo-Instituts für die EGKommission zur Konzentration der Konsumgüterdistribution in der EG, LZ v. 15.5. 1987, S. 84. 102 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 76; Köhler, Nachfragemacht, S. 47; ders., Nachfragewettbewerb, S. 61. 103 Sölter, WRP 1977,445,448. 104 Teil 4 I 1 c). 105 So etwa Lademann, Nachfragemacht von Handelsunternehmen, S. 80. 106 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 61.

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern

ist es allerdings, ob es in der Lage ist, diese Mengen auf der nachgelagerten Marktstufe auch weiterzuveräußern. Dies zeigt, daß der Marktanteil eines Handeisunternehmens auf dem Beschaffungsmarkt auch in einer gewissen Abhängigkeit zu seinem Marktanteil auf dem relevanten Angebotsmarkt steht. 107 Insofern ist der Marktanteil eines Nachfragers "keine selbständige Größe, mit der man rechnen könnte" 108.

(3) Ergebnis Nach alledem bleibt folgendes festzuhalten: Marktanteile auf Beschaffungsmärkten geben für sich genommen wenig Auskunft darüber, ob ein Nachfrager Verhaltensspielräume innehat, die nicht mehr hinreichend vom Wettbewerb kontrolliert werden. Aus dem Vorliegen selbst hoher Marktanteile kann nicht schon der Schluß auf Nachfragemarktbeherrschung gezogen werden. Entscheidendes Gewicht darf auf der Nachfrageseite im Rahmen einer Gesamtbetrachtung auf den Marktanteil als Marktrnachtindikator nicht gelegt werden. bb) Finanzkraft ( 1) Ausgangspunkt

Bei der Marktbeherrschung auf der Angebotsseite kommt neben dem Marktanteil dem Kriterium der Finanzkraft erhebliche Bedeutung ZU. I09 Auch für die Frage, ob ein Unternehmen auf dem Beschaffungsmarkt einen überragenden Verhaltensspielraum besitzt, ist das Merkmal der Finanzkraft von Relevanz. 110 Die Finanzkraft kann als Tatbestandsmerkmal der überragenden Marktstellung nur in ihrer Bedeutung für die Machtposition eines Unternehmens auf einem konkreten Markt beurteilt werden. 111 Ist also eine mögliche Marktbeherrschung 107 Vgl. hierzu etwa Kirschner, Nachfragemacht, s. 93 ff. Zu Recht weist allerdings Kersten darauf hin, daß der Marktanteil auf dem nachgelagenen Absatzmarkt bei der

Untersuchung des Merkmals ,,zugang zu den Absatzmärkten" Bedeutung erlangt, FK-

Kersten, § 22 Rdnr. 253. 108 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 62. 109 Vgl. IM-Möschel, § 22 Rdnr. 63; GK-Harms, § 24 Rdnr. 452 f.; Emmerich, Kartellrecht, § 17 5 b) bb), S. 224; Ramrath, Die überragende Marktstellung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 27 f. Kritisch Knöpfte, DB 1987, Beil. Nr. 6, S. 6 ff. 110 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 63 f.; ders., Nachfragemacht, S. 48 f.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 255; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 194; Kirschner, Nachfragemacht, S. 117 ff.; ausführlich Birtner, Die Bestimmung von Finanzkraft als Kriterium für eine überragende Marktstellung i.S.d. § 22 Abs.l Nr.2 GWB im Rahmen der Fusionskontrolle und die Anwendung auf den Handel. Zurückhaltend Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 89 f. A.A. Sölter, Der Janus-

kopf des Preiswettbewerbs, S. 105, der für die Messung von Nachfragemacht allein das Nachfragepotential heranziehen will.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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auf der Nachfrageseite zu untersuchen, so müssen die Auswirkungen von Finanzkraft auf den Verhaltensspielraum des Nachfragers auf dem relevanten Beschaffungsmarkt gewürdigt werden. 112

(2) Wirkungsgruppen Bei dieser Untersuchung ist zwischen drei verschiedenen Gruppen von Auswirkungen der Finanzkraft zu unterscheiden. Zum einen kann Finanzkraft zu einer Vergrößerung des Verhaltensspielraumes beim Aktionsparametereinsatz unmittelbar auf dem relevanten Beschaffungsmarkt führen. Hier ist etwa an eine verstärkte Einflußnahme von Handelsunternehmen auf Hersteller durch Kreditgewährung an finanzschwächere Lieferanten zu denken. 113 Einfluß und Gewicht eines Nachfragers gegenüber der Marktgegenseite steigen auch, wenn durch zuverlässige und pünktliche Zahlungen aufgrund großer Finanzkraft das Insolvenzrisiko für die Hersteller / Lieferanten verringert wird. 114 Einem finanzkräftigen Nachfrager ist es zudem leichter möglich, aktiv an Produktentwicklungen mitzuwirken. 115 Schließlich hat ein Nachfrager aufgrund seiner Finanzkraft auch die Möglichkeit, Unternehmen der Marktgegenseite zu übernehmen oder selbst Herstellerbetriebe zu gründen, um auf diese Weise auf Eigenfertigung überzuwechseln. 116 Als Drohpotential gegenüber den Herstellern / Lieferanten sollte eine solche Rückwärtsintegration allerdings nicht überschätzt werden. Zu Recht weist Köhler darauf hin, daß ein eigener Herstellerbetrieb für ein Handelsunternehmen wegen des zu tragenden Absatzrisikos durchaus auch zu einem "Klotz am Bein" werden kann. 117 Dadurch können auch die Beweglichkeit und Flexibilität eines Nachfragers reduziert werden. Das KG geht daher im Fall "Coop-Wandmaker" von einer machtbegrenzenden Wirkung der Rückwärtsintegration aus. Je mehr ein Handels111 Ramrath, Die überragende Marktstellung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 29; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 200; v. Gamm, Kartellrecht, Rdnr. 15; Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 175; MK, Hauptgutachten V, Tz. 789. AA Hölzler I Satzky, Wettbewerbsver-

zerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 90, die davon ausgehen, daß es sich bei der Finanzkraft um ein unternehmensbezogenes Machtmerkmal handelt. 112 AA Hölzler I Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handeisunternehmen, S. 90. 113 FK-Kersten, § 22 Rdnr. 255; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 63; ders., Nachfragemacht, S. 48. 114 FK-Kersten, § 22 Rdnr. 255; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 63; ders., Nachfragemacht, S. 48. 115 Vgl. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 63. 116 Vgl. Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 194. 117 Köhler, Nachfragemacht, S. 48; ders., Nachfragewettbewerb, S. 63; vgl. auch FKKersten, § 22 Rdnr. 255; ebenso wie Köhler, allerdings ohne Bezugnahme auf diesen, KG WuW /E OLG 3917,3935 ("Coop-Wandmaker").

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

unternehmen zur Selbstversorgung übergehe, desto geringer sei seine Nachfrage und desto größer werde das Gewicht der Mitnachfrager. 118 Die zweite Gruppe von Auswirkungen der Finanzkraft auf den Verhaltensspielraum von Nachfragern beschränkt sich nicht nur auf den Nachfragemarkt, sondern bezieht sich gleichermaßen auf den Aktionsparametereinsatz im nachgelagerten Absatzmarkt. Hierher gehört etwa die Möglichkeit der Unternehmensexpansion durch externes Wachstum, die sich auf beide Marktseiten auswirkt. Bei der Prüfung der Finanzkraft auf der Nachfrageseite ist sie also mit zu berücksichtigen. Die dritte Wirkungsgruppe von Finanzkraft liegt unmittelbar im Bereich des Absatzmarktes. Zu denken ist etwa an die Möglichkeit zu intensivem Preiswettbewerb, wie z. B. Niedrigpreispolitik der Discounter l19 , Aktionsverkäufe l20 , Verkäufe unter Einstandspreis, oder an unterschiedlichste Werbemaßnahmen, die mit erheblichem finanziellen Einsatz verbunden sind (z. B. Zeitungsinserate, Fernseh- und Rundfunkwerbung) 121. Strenggenommen dürften diese Wirkungen bei einer marktspezifischen Interpretation des Merkmals Finanzkraft im Rahmen der Beurteilung der MarktsteIlung auf dem Beschaffungsmarkt nicht berücksichtigt werden. Damit würde aber übersehen, daß der Erfolg eines Unternehmens auf dem Absatzmarkt auf seine Stellung als Nachfrager zurückwirkt. 122 Die Möglichkeit, durch aktive Verdrängungsstrategien die Marktanteile als Anbieter zu erhöhen, hat mittelbare Wirkungen auf den Beschaffungsmarkt. Soweit solche Wirkungen bestehen, ist es gerechtfertigt und notwendig, diese auch beim Merkmal Finanzkraft auf der Nachfrageseite in die vorzunehmende Gesamtbetrachtung mit einzustellen. 123 Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals Finanzkraft muß also eine umfassende Betrachtung der drei genannten Wirkungsgruppen erfolgen. Eine absolut gesehen hohe Finanzkraft muß in Relation zur Finanzkraft der Wettbewerber gesetzt werden. Insofern gelten hier ähnliche Überlegungen wie beim Merkmal Marktanteil. Erst wenn die Finanzkraft des zu überprüfenden Nachfragers diejenige der Mitnachfrager überragt, werden Verhaltensspielräume ohne hinreichende wettbewerbliche Kontrolle indiziert. Verfügen die Konkurrenten jedoch über eine vergleichbare oder sogar überlegene Finanzkraft, so spricht dies eher gegen die Annahme von Marktbeherrschung. 124

118 119 120 121 122

S.48.

KG WuW JE OLG 3917, 3935 ("Coop-Wandmaker"). Vgl. KG WuW JE OLG 3917, 3924 ("Coop-Wandmaker"). Vgl. KG WuW JE OLG 3917, 3923 f. ("Coop-Wandmaker"). Vgl. KG WuW JE OLG 3917, 3925 ("Coop-Wandmaker"). Vgl. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 63; undeutlich noch ders., Nachfragemacht,

123 1. Erg. ebenso Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Hande1suntemehmen, S. 90. 124 Vgl. insoweit auch KG WuW JE OLG 3917, 3926 ("Coop-Wandmaker").

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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(3) Meßproblem

Schließlich bereitet in der Praxis die Messung von Finanzkraft Probleme. 125 Der Umsatz liefert zwar einen gewissen Aufschluß über die Größe eines Unternehmens, ist jedoch als Meßzahl für Finanzkraft ungeeignet. 126 Dies zeigt sich gerade auch bei Handelsunternehmen im Lebensmittelbereich, wo die Umsatzrenditen bekanntermaßen äußerst niedrig sind. Hohe Umsätze können durchaus auch von finanzschwachen Handelsbetrieben erzielt werden 127 und umgekehrt lassen sich bei finanzstarken Unternehmen niedrige Umsatzzahlen finden. 127_ Mehr Aussagekraft als dem Umsatz wird zu Recht dem sog. "cash flow" beigemessen, 128 durch den der Nettozufluß liquider Mittel ausgedrückt wird. 129 Da es beim Merkmal der Finanzkraft vor allem auf die Mittelverwendung ankommt, sind ergänzend auch sog. Kapitalflußrechnungen miteinzubeziehen. 130 Diese geben Aufschluß darüber, aus welchen Quellen einem Unternehmen Geldmittel zugeflossen sind und in welche Kanäle sie wieder abgeflossen sind. 131 Daneben wird in der betriebswirtschaftlichen Literatur zur Finanzkraftmessung bei Handelsbetrieben eine Rentabilitätsanalyse vorgeschlagen 132, wobei entscheidend auf die Höhe der Umsatzrentabilität abgestellt wird. 133 cc) Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten (1) Ausgangspunkt

Von besonderer Wichtigkeit für die Untersuchung von Nachfragemarktbeherrschung ist das dritte in § 22 Abs.l GWB aufgeführte Strukturkriterium, der 125 Ausführlich zu diesem Problemkreis Sieben / Goetzke / Matschke, Der Begriff "Finanzkraft" im § 22 GWB aus betriebswirtschaftlicher Sicht, S. 37 ff.; Eggers, Finanzkraft als Merkmal der überragenden MarktsteIlung von Handelsbetrieben. 126 Ebenso Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handeisunternehmen, S. 90; Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 32; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 178; MK, Hauptgutachten V, Tz. 794. 127 Die Krise des Handelsunternehmens Coop ist hierfür ein Beispiel. 127_ Vgl. Treis / Eggers, BB 1988, 2116, 2119. 128 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 64; Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 32 f.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 198; MK, Hauptgutachten V, Tz. 795. 129 Bühner, WuW 1989, 277, 281; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 178. 130 Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 33 f. m.w.N.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 199. 131 Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 34. 132 Treis / Eggers, BB 1988, 2116, 2121; dies., GRUR 1988,745,747 ff. 133 Eggers, Finanzkraft als Merkmal der überragenden MarktsteIlung bei Zusammenschlußkontrollverfahren von Handelsbetrieben, S. 188 ff.; Treis / Eggers, BB 1988,2116, 2121.

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Zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten. 134 Auch die Interpretation dieses Merkmals ist umstritten.

Leo geht davon aus, dieses Kriterium habe jeweils nur den Zugang eines Unternehmens zu dem relevanten Markt, also den Zugang eines Anbieters zum relevanten Angebotsmarkt bzw. den Zugang eines Nachfragers zum relevanten Beschaffungsmarkt im Auge. Der Umfang dieses Marktzuganges wirke sich indessen bereits im Marktanteil aus, so daß das Zugangskriterium als Definitionsmerkmal für Marktbeherrschung ungeeignet sei. 135 Angreifbar an dieser Auffassung ist sowohl ihr Ausgangspunkt als auch die daraus gezogene Schlußfolgerung. Zum einen könnte das Merkmal nämlich genau entgegen der Auffassung von Leo - so ausgelegt werden, daß für den Anbieter der Zugang zu den Beschaffungsmärkten, für den Nachfrager der Zugang zu den Angebotsmärkten zu prüfen ist. Diese Auslegung entspräche dem Wortlaut der Vorschrift, die einleitend zuerst den Anbieter und dann den N achfrager nennt, beim Zugangskriterium aber genau umgekehrt zuerst die Beschaffungsmärkte und danach die Absatzmärkte aufführt. Daraus könnte man schließen, der Zugang zu den Beschaffungsmärkten sei den Anbietern, der Zugang zu den Absatzmärkten sei den Nachfragern zugeordnet. Selbst wenn man jedoch den Ausgangspunkt von Leo für richtig hält, erübrigt sich das Zugangskriterium durch die Marktanteilsprüfung nicht. Bei gleich hohen Marktanteilen kann ein Nachfrager etwa aufgrund langfristiger Ausschließlichkeitsverträge im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern durchaus einen überragenden Zugang zu den Beschaffungsmärkten innehaben. 136 Diese Überlegungen zeigen auch, daß sich die Prüfung dieses Merkmals bei der Nachfragemarktbeherrschung nicht auf den Zugang zu den Absatzmärkten beschränken darf, sondern mit der h.M. der Zugang zu den Beschaffungsmärkten mit einzubeziehen ist. 137 Dabei kommt allerdings dem Zugang zu den Absatzmärkten auf der Nachfrageseite eine herausragende Bedeutung zu. 138

134 H.M.: Reimann, WuW 1976, 541, 547; Jültner-Kramny, WuW 1982, 278, 287; Köhler, Nachfragemacht, S. 49; ders., Nachfragewettbewerb, S. 64 ff.; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsuntemehmen, S.90; FKKersten, § 22 Rdnr. 256. 135 Leo, WRP 1972, 1, 10. 136 Vgl. für die Angebotsseite Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 41. 137 Vgl. Jültner-Kramny, WuW 1982,278,287; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 256; Köhler, Nachfragemacht, S. 49; ders., Nachfragewettbewerb, S. 64 ff.; Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsuntemehmen, S. 90. 138 Ebenso FK-Kersten, § 22 Rdnr. 256; Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 64; JüttnerKramny, WuW 1982, 278, 287; Reimann, WuW 1976,541,547.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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(2) Zugang zu den Absatzmärkten Bei dem Merkmal Zugang zu den Absatzmärkten ist an erster Stelle auf die sog. Markterschließungsfunktion des Handels zu verweisen. 139 Der Handel nimmt zwischen Herstellern und Verbrauchern eine Schlüsselrolle ein, die sich nicht in einem schlichten Vermitteln von Waren erschöpft. Handelsunternehmen sind für Hersteller durch die Funktion, Märkte zu erschließen, von besonderer Wichtigkeit. So folgt aus der Ubiquität eines Handelsunternehmens oder aus Exportmöglichkeiten 140 ein erhöhter Zugang zu den Absatzmärkten. Daneben ist auch die Marktstellung auf diesen nachgelagerten Märkten von Bedeutung. In diesem Sinne liegt in dem Merkmal ,,zugang zu den Absatzmärkten" in gewissem Maße das "Einfallstor" für die Wettbewerbsverhältnisse auf der Angebotsseite zur Beurteilung der Marktstellung eines Nachfragers. In diesem Zusammenhang spielen die Sortimentsbreite und -tiefe, Wachstumschancen einer bestimmten Vertriebsform, Standortvorteile etc. 141 eine wichtige Rolle. Damit ist der Einzelmarktbezug, also der Bezug zur Stellung des Nachfragers auf dem Beschaffungsmarkt, keineswegs aufgegeben. Denn Wettbewerbsverhältnisse auf den nachgelagerten Märkten sind nur insoweit zu berücksichtigen, als sie auf die Beschaffungsmärkte zurückwirken. Folgendes Beispiel mag den durch das Merkmal ,,zugang zu den Absatzmärkten" vermittelten Zusammenhang zwischen Nachfrageseite und Angebotsseite illustrieren: Die Tatsache, daß ein Handelsunternehmen auf einer Vielzahl regionaler Absatzmärkte marktbeherrschende Stellungen innehat, führt dazu, daß es auf den relevanten Beschaffungsmärkten im Verhältnis zu seinen Mitnachfragern über einen überragenden Zugang zu den Absatzmärkten verfügt. Ob daraus auch Nachfragemarktbeherrschung folgt, ist eine Frage des Einzelfalles. Zusammen mit hohen Marktanteilen bei einzelnen Produktgruppen- bzw. Vertriebsleistungsmärkten kann dies wahrscheinlich sein. Man mag einwenden, diese Betrachtungsweise sei überflüssig, da ein Zusammenschluß zweier Handelsunternehmen, von denen das eine auf einer Vielzahl relevanter Angebotsmärkte marktbeherrschende Stellungen einnimmt, bereits aus Gründen der Angebotsmarktbeherrschung untersagt werden könne. Hingegen ist auch ein Zusammenschluß zweier Handelsunternehmen denkbar, die beide auf einer Vielzahl regionaler Absatzmärkte marktbeherrschend sind, jedoch nicht auf denselben Märkten auftreten. Eine Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung auf der Angebotsseite läge dann vermutlich nicht vor. Unter dem Aspekt "überragender Zugang zu den Absatzmärkten" , möglicherweise verbunden mit 139 Reimann, WuW 1976,541,547; Hölzler I Satzky, WeUbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen; S. 90; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 256. 140 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 65. 141 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 65.

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hohen Marktanteilen auf einigen Produktgruppenmärkten, käme jedoch die Annahme einer marktbeherrschenden Stellung auf der Nachfrageseite in Betracht. Besteht umgekehrt auf den Absatzmärkten, auf denen die Zusammenschlußpartner tätig sind, lebhafter Wettbewerb und handelt es sich nicht um sog. ubiquitäre Anbieter, so wird auch kein überragender Zugang als Nachfrager zu den Absatzmärkten vorliegen. Neben den Markterschließungsfunktionen des Handels ist bei dem Merkmal ,,zugang zu den Absatzmärkten" aber auch an die Möglichkeit nachfragender Handelsunternehmen zu denken, den Zugang der Hersteller zu den Absatzmärkten zu kontrollieren bzw. zu beschränken. 142 Dies kann etwa aufgrund bestehender Ausschließlichkeitsbindungen von Herstellern an nachfragende Händler der Fall sein. Große Handelsunternehmen haben hierbei gegenüber Einkaufskooperationen insofern einen "Vorsprung", als letztere bei Bestehen einer Bezugsverpflichtung der Anschlußunternehmen gegen das Kartellverbot verstoßen. Hersteller können Anschlußunternehmen von Kooperationen also leichter direkt beliefern als Filialunternehmen. 143 Der Marktzugang für Hersteller an dem zu überprüfenden Nachfrager vorbei, kann weiterhin dadurch erschwert sein, daß der Hersteller unter einer Handelsmarke produziert. 144 Ein bekannter Markenartikelhersteller hat demgegenüber leichteren Zugang.

(3) Zugang zu den Beschaffungsmärkten

Beim Merkmal ,,zugang zu den Beschaffungsmärkten" ist sinnvollerweise zwischen der gegenwärtigen und der künftigen Sortimentspolitik eines Handelsunternehmens zu unterscheiden. 145 Bei der derzeitigen Sortimentspolitik ist für die einzelnen relevanten Beschaffungsmärkte, also für die verschiedenen Produktgruppen zu prüfen, inwieweit der Nachfrager von einem Hersteller auf einen anderen überwechseln kann. Je leichter ihm das möglich ist, desto höher ist sein Zugang zu den Beschaffungsmärkten einzuschätzen. Im Käufermarkt ist diese Möglichkeit im allgemeinen sehr groß. Einschränkungen kommen in Betracht aufgrund von Alleinbezugsverpflichtungen, langfristigen Abnahmegarantien oder aufgrund wirksamen "Vorverkaufs" bestimmter Marken durch Herstellerwerbung. 146 Richtigerweise sind auch die Möglichkeiten von Handelsunternehmen mit in die Betrachtung einzubeziehen, die Sortimentspolitik zu ändern, sei es durch Verbreiterung oder Vertiefung des Sortiments. 142 Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 90, behandeln diese Fragen beim Zugang zu den Beschaffungsmärkten. 143 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 64. 144 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 64. 145 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 65 f. 146 Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 65.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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Schließlich sei klargestellt, daß auch bei dem Merkmal ,,zugang zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten" auf das Verhältnis der Wettbewerber zueinander abzustellen ist. Außerdem sind für die Beurteilung der Marktstärke eines Nachfragers die konkreten Auswirkungen des Zugangs zu den Märkten auf die Verhaltensspielräume im relevanten Beschaffungsmarkt zu untersuchen. 147 So kann es möglich sein, daß ein Zugang zum Beschaffungsmarkt aufgrund vertikaler Integration wegen der damit verbundenen Verringerung des Nachfragevolumens eher gegen die Marktstärke eines Nachfragers spricht. 148 dd) Verflechtungen mit anderen Unternehmen Das Strukturrnerkmal "Verflechtungen mit anderen Unternehmen" überschneidet sich zum Teil mit den anderen in § 22 Abs.l Nr.2 GWB genannten Kriterien, insbesondere mit dem Marktanteil, der Finanzkraft und dem Zugang zu Beschaffungs- oder Absatzmärkten. 149 In der Praxis der Fusionskontrolle blieb es daher bislang von untergeordneter Bedeutung. 150 Zudem ergeben sich für die Nachfrageseite gegenüber Angebotsmarktbeherrschung keine relevanten Besonderheiten. 151 Bei den großen Handelsunternehmen besteh~n verschiedene Verflechtungen 152, vor allem zwischen den Warenhauskonzernen und den Banken 153. Im Zusammenschlußfall "Karstadt-Neckerrnann" hat das BKartA festgestellt, daß die vier größten deutschen Warenhauskonzerne (Karstadt, Kaufhof, Hertie, Horten) über Großbanken (Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank) kapitalmäßig oder personell verflochten sind. 154 Werden Verflechtungen festgestellt 15S, so sind ihre konkreten Auswirkungen auf den Verhaltensspielraum des Nachfragers auf dem Beschaffungsmarkt zu 147 KG WuW I E OLG 3917,3935 ("Coop-W andmaker"); für die Absatzseite Ramrath, Die überragende Marktstellung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 43. 148 KG, WuW IE OLG 3917, 3935 ("Coop-Wandmaker"). 149 IM-Möschel, § 22 Rdnr. 65 ff.; Ramrath, Die überragende Marktstellung als Merkmal der Fusionskontrolle, S.46; Köhler, Nachfragemacht, S.50; vgl. auch Reg.Begr. 1971, BT-Drucks.VI, 2520, S. 23. Leo, WRP 1972, 1, 10, erachtet dieses Kriterium für die Ermittlung von Marktbeherrschung überhaupt als ungeeignet. 150 Vgl. GK-Harms, § 24 Rdnr. 254; Ramrath, Die überragende Marktstellung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 43. 151 So auch Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handelsunternehmen, S. 90; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 257; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr.194. 152 Vgl. die Tab. "Die Anteilseigner der 100 Größten", in: MK, Hauptgutachten VI, S. 131 ff. und in: MK, Hauptgutachten VII, Tz. 317. 153 Vgl. Hölzler / Satzky, Wettbewerbsverzerrungen durch nachfragemächtige Handeisunternehmen, S. 90. 154 TB BKartA 1976, BT-Drucks. 8/704, S. 80; Presseinformation desBKartA, WuW 1977, 167.

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ennitteln. Verflechtungen können dabei sowohl erweiternd als auch beschränkend auf den Handlungsspielraum wirken. 156 ee) Marktzutrittsschranken (1) Ausgangspunkt

Als letztes Struktunnerkrnal werden im Tatbestand der überragenden Marktstellung "rechtliche oder tatsächliche Schranken für den Marktzutritt anderer Unternehmen" genannt. Auch dieses Kriterium ist für die Beurteilung von Nachfragemarktbeherrschung geeignet. 157 Da es im Rahmen der Einzelmarktbetrachtung um die Untersuchung von Verhaltensspielräumen auf einem Beschaffungsmarkt geht, ist nach Schranken für den Zutritt von Unternehmen zu diesem Beschaffungsmarkt zu fragen. Hierbei treten verschiedene Probleme auf. Zunächst stellt sich die Frage, ob das Kriterium des Marktzutritts im Rahmen des § 22 Abs.l Nr.2 GWB, der auf den Vergleich von Handlungsspielräumen zwischen Wettbewerbern abstellt, nicht deshalb eine Art "Fremdkörper" 158 darstellt, weil sich Marktzutrittsschranken auf alle Wettbewerber gleichennaßen auswirken würden. 159 Dem ist jedoch entgegenzutreten. Die aktuelle Entmachtung durch potentiellen Wettbewerb kann für die Wettbewerber durchaus unterschiedliche Qualität und Intensität besitzen. Es ist verfehlt anzunehmen, Marktzutrittsschranken würden immer nur die Marktstärke gegenüber der Marktgegenseite beeinflussen. 160 Die Höhe der Marktzutrittsschranken entscheidet über die Wirksamkeit potentiellen Wettbewerbs. 161 Sind die Schranken für den Marktzutritt hoch, fehlt also die disziplinierende Entmachtungswirkung durch potentiellen Wettbewerb, so wird die Aussagekraft von Marktanteilen erhöht. 162 Lassen sich umgekehrt keine nennenswerten Marktzutrittsschranken feststellen, so wird die Bedeutung hoher Marktanteile durch potentiellen Wettbewerb relativiert. Dies zeigt, daß das Krite155 Ausführlich zum Meinungsstand über die Interpretation des Verflechtungsbegriffs GK-Harms, § 24 Rdnr. 255 ff. m. W.N. 156 Dazu Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 67 f. 157 Vgl. Kantzenbach, Wettbewerbskongreß München 1977, S. 143 f.; Kirschner, WuW 1987, 789, 795; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 258; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 194. 158 So Langen, § 22 Rdnr. 66. 159 Leo, WRP 1972, 1, 10 f., zieht daraus den Schluß, daß dieses Kriterium nicht auf die Struktur des Marktbeherrschungsbegriffs "passe" und von daher für die Bestimmung von Marktbeherrschung ungeeignet sei. 160 Vgl. IM-Möschel, § 22 Rdnr. 68; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 216; differenzierend Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 47 ff. 161 IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 71. 162 IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 71.

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rium der Marktzutrittsschranken durchaus ein wichtiger Indikator für das Bestehen eines überragenden Verhaltensspielraumes eines Unternehmens im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern ist.

(2) Keine Trennung zwischen Beschaffungs- und Absatzmarkt Ein weiteres Problem liegt in der Frage, ob die strikte Trennung von Beschaffungs- und Absatzmarkt im Bereich des Handels nicht zu einer unrichtigen wettbewerblichen Beurteilung von Marktzutrittsschranken führt. Im allgemeinen bestehen für Handelsunternehmen bei isolierter Betrachtung des Beschaffungsmarktes keine nennenswerten Schranken für den Marktzutritt, sieht man von selektivem Vertrieb durch Hersteller ab. 163 Mögliche Barrieren, etwa auf dem Gebiet des öffentlichen Baurechts, betreffen vielmehr zunächst nur den Eintritt in die Absatzmärkte. Diese formalistische Betrachtungsweise vermag die wettbewerblichen Zusammenhänge jedoch nicht zu erfassen. Absatzseitige Marktzutrittsschranken sind bei der Untersuchung der Eintrittsbarrieren in den Beschaffungsmarkt vielmehr miteinzubeziehen. Hierfür bieten sich zwei gedankliche Lösungswege an. Einmal kann mit einer Rückwirkung absatzseitiger Marktzutrittsschranken auf die Beschaffungsseite argumentiert werden. Zum anderen lassen sich Zutrittsschranken für die Absatzmärkte häufig direkt gleichermaßen als Zutrittsschranken für die Beschaffungsmärkte ansehen. Dieser letzte Ansatz hat den Realitätsbezug auf seiner Seite: Ohne Verkauf kein Einkauf! Ein Handelsunternehmen, das ausschließlich einkauft, ist nicht konzipierbar.

(3) Marktzutrittsschranken im Lebensmittelhandel Schließlich ist drittens problematisch, die so verstandenen Schranken für den Zutritt in den relevanten Beschaffungsmarkt konkret zu beurteilen. Die Frage, ob auf den Beschaffungsmärkten des Lebensmittelhandels Schranken für den Zutritt von Newcomern bestehen bzw. wie hoch diese Schranken einzuschätzen sind, ist in Praxis und Schrifttum äußerst umstritten, was zum Teil auch auf ein unterschiedliches Verständnis dieses Tatbestandmerkmals zurückzuführen ist. Das BKartA spricht ausdrücklich von "hohen" 164 bzw. von "erheblichen" 165 Marktzutrittsschranken im Lebensmitteleinzelhandel. Diese Aussagen stehen im Zusammenhang mit der Beurteilung von Angebotsmarktbeherrschung, haben 163 So Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 69: "grundsätzlich freuen sich die Hersteller über jeden zusätzlichen Nachfrager". 164 BKartA WuW JE BKartA 2022, 2027 (,,zum bösen Wolf'); Lübbert, Strukturentwicklung und Konzentration, S. 58, 68. 165 BKartA WuW JE BKartA 1970, 1976 ("Coop-Supermagazin").

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jedoch - wie ausgeführt - auch für die Nachfrageseite Geltung. Die Beurteilung des BKartA hat auch die Zustimmung des DIHTI66 und eines Teils der Literatur 167 gefunden. Demgegenüber sehen die Monopolkommission l68 , der Wiss. Beirat BMWi l69 und ein Teil der Literatur 170 die Marktzutrittsbarrieren im Lebensmittelhandel als "mäßig hoch" bis "niedrig" an. Im folgenden soll daher untersucht werden, welche Marktzutrittsschranken im Lebensmittelhandel konkret bestehen. Auf den ersten Blick erscheint die Eröffnung eines Einzelhandelsgeschäftes keinen besonderen Kapitalaufwand und kein besonderes Know-how zu erfordern. Im Vergleich zur Industrie - so ließe sich folgern - dürften die Eintrittsbarrieren für Newcomer daher niedrig sein. 171 Diese Sichtweise muß bei näherer Betrachtung einer gewissen Korrektur unterzogen werden. Dabei läßt sich aus der Tatsache, daß es in den letzten Jahren zu keinen nennenswerten Marktzutritten gekommen ist 172, allerdings nichts herleiten. 173 Die Monopolkommission weist aber zu Recht darauf hin, daß im Handel erhebliche marktübergreifende Größenersparnisse (economies of sc ale) bzw. Verbundvorteile (economies of scope) in Bezug auf Beschaffung, Lagerhaltung und Marketing bestehen. 174 Neueintretende Unternehmen sind zur Realisierung dieser Vorteile gezwungen, was zusätzlich zu den zu erwartenden hohen Anlaufverlusten 175 einen großen Finanzeinsatz 176 erfordert. 166 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S.21 = ZIP 1987, 1354, 1355: "erhebliche Markteintrittsschwelle" . 167 Kirschner, WuW 1987, 789, 791; I. Schmidt, WD 1989, 131, 133; Ahlert, MA 1985,536,542 f.; Lenel, WuW 1985,757,761 f.; Herion, Sondergutachten 14 der MK, Tz. 165 (abweichende Meinung); Harms, MA 1987,516,517; Ulmer, MA 1987,326,332. 168 MK, Sondergutachten 14, Tz. 148, 112 ff. ("mäßig hoch"); MK, Hauptgutachten VII, Tz. 42 ("ausreichend niedrig"). 169 Wiss. Beirat BMWi, Gutachten v. 6. 12. 1986, WuW 1987,287,297. 170 Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 119 ff., 127 (,,keine (generellen) Marktzutrittsschranken"); Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 70 (,,keine größere Bedeutung"); Markert, Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S. 61,64 (,,keine besonders hohen Marktzugangsschranken"); Mestmäcker, bei Grundsatzdiskuss. am 23. 11. 1987, in: BKartA, Quo vadis, Wettbewerbspolitik? ,S. 48 ("niedrige Marktzutrittsschranken"); Immenga, WD 1988, 397, 398 (,,nicht sehr hoch"); Wiegandt, Bemerkungen zur Marktmacht des Handels, S.29, 32 ("Markteinstieg leicht möglich"); Ahlert, DB 1987, Beil. Nr. 9, S. 14 ("in besonderem Maße ... Gefahr des Marktzutritts potentieller Wettbewerber"); FAZ v. 22. 9. 1987, S. 15 (,,relativ geringe Zutrittsschranken"). 171 Insbesondere Markert, Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S. 61,64. 172 Vgl. aber etwa die Expansionspläne von Eduscho im Bereich der Großformen des Lebensmittelhandels, FAZ v. 30.3. 1988, S. 16. 173 Zu Recht Markert, Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S. 61, 64. 174 MK, Sondergutachten 14, Tz. 115; vgl. auch Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 35; nach Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 90 ff., 119, handelt es sich dabei nicht um Marktzutrittsschranken im Sinne des GWB.

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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Nun ist die Monopolkommission der Auffassung, daß diese Risiken potentielle Wettbewerber nicht von einem Marktzutritt abhalten würden. m Als potentielle Wettbewerber sieht sie dabei aber, was hervorzuheben ist, vor allem bereits etablierte Handelsunternehmen an, die in neue sachlich und räumlich relevante Märkte eindringen könnten. 178 Dies ist zwar im Rahmen des Einzelmarktkonzeptes formallogisch richtig, würde aber LErg. längerfristig zu einer homogenen Konzentrationsstruktur auf allen räumlich relevanten Angebotsmärkten führen. Nachfrageseitig läge ein Marktzutritt vor - so könnte man auf der Grundlage einer solchen Konzeption argumentieren - wenn Aldi nunmehr als Nachfrager nach Delikatessen auftritt, also in diesen sachlich relevanten Beschaffungsmarkt eintritt. Für die aktuell disziplinierende Wirkung potentiellen Wettbewerbs sind derartige Marktzutritte eher von geringer Bedeutung. Vornehmlich längerfristig sind wirkliche Wettbewerbsimpulse nur von "echten Newcomern" zu erwarten. Für diese bestehen neben dem genannten Finanzbedarf und den hohen Anlaufverlusten weitere Marktzutrittsschranken aufgrund hoheitlicher Regulierung des Wettbewerbs. An erster Stelle ist das öffentliche Baurecht zu nennen. 179 § 11 Abs.3 BauNVO bestimmt, daß alle großflächigen Betriebsformen des Einzelhandels, die sich auf städtebauliche, landesplanerische und raumordnerische Ziele nicht nur unwesentlich auswirken können, außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig sind. Nicht nur unwesentliche Auswirkungen werden nach der am 1.1.1987 in Kraft getretenen Neufassung des § 11 Abs.3 BauNVO bei einer Geschoßfläche von 1200 m 2 (bisher 1500 m 2 ) in der Regel vermutet. 180 Dies entspricht einer Verkaufs fläche von etwa 800 m 2 • 181 Eine weitere Absenkung der Vermutungsschwelle wird bereits diskutiert. 182 In Bayern wurde durch eine Änderung des Landesentwicklungsprogrammes die Ansiedlung von Verbrauchermärkten weiter eingeengt. 183 100 bis 200 TDM, vgl. MK, Sondergutachten 14, Tz. 118. Vgl. Ulmer, MA 1987, 326, 332. m MK, Sondergutachten 14, Tz. 118. 178 MK, Sondergutachten 14, Tz. 116. 179 Harms, MA 1987,516,517; Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 119 ff.; Möschel, JZ 1988, 885, 889; ders., BB 1987,2104,2105; Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,295; Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 35; Kirschner, Nachfragemacht, S. 105 ff.; MK, Hauptgutachten VII, Tz. 42. Vgl. hierzu auch Gotthold, WRP 1978,757 ff.; lahn, NVwZ 1987, 1053 ff.; Frank, NVwZ 1987, 369 ff. Zur Standort- und Flächenregulierung im Einzelhandel eingehend Tietz, Binnenhandelspolitik, S.455 ff., 475 ff.; zu den Auswirkungen der Ansiedlung von Einzelhande1s-Großprojekten auf den Fachhandel Hamer, BFuP 1988,235 ff. 180 Zur Neufassung des § 11 Abs.3 BauNVO vgl. Hoppenberg / Köttgen, NJW 1987, 1534 f.; Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 120 Fn. 32. 181 Vgl. HB v. 3. 11. 1987, S. 3. 182 Vgl. Antrag der SPD-Fraktion, BT-Drucks. 10 / 5002, Nr. 6. Die BReg. sieht dafür derzeit allerdings keinen Raum, vgl. HB v. 3.11. 1987, S. 3; ablehnend auch Hamer, Machtkampf im Einzelhandel, S. 46. 175

176

104

Teil 4: Bestimmung der Marktrnacht von Nachfragern

In der Tat besteht die Gefahr, daß durch einen Mißbrauch des § 11 Abs.3 BauNVO in nicht unerheblichem Maße staatliche Strukturpolitik und damit Wettbewerbsbeeinflussung betrieben wird. 184 Unter wettbewerbspolitischen Gesichtspunkten kann diese Vorschrift als "systemwidriger Sündenfall" bezeichnet werden. 185 Die wettbewerbsverzerrende Wirkung solcher hoheitlicher Regulierung wird häufig übersehen, obwohl § 11 Abs.3 BauNVO auch und gerade für mittelständische Handelsunternehmen eine Wettbewerbsbehinderung darstellt. 186 Bedenkt man den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Verkaufsfläche und Rentabilität, 187 so ist leicht einzusehen, daß auf bestimmten Märkten die Standortfrage damit auch zu einer Marktzutrittsschranke wird. Dabei ist allerdings in jedem Einzelfall eine exakte marktbezogene Prüfung vorzunehmen, wobei es u.a. darauf ankommt, welche Fassung der BauNVO zur Anwendung gelangt, ob ein Sondergebiet für großflächige Handelsbetriebe ausgewiesen ist, ob die ausgewiesenen Baugebiete besetzt sind etc. 188 Dieser Befund mag durch die Möglichkeit der Pacht vorhandener, bisher anders genutzter Flächen abgemildert werden. 189 Auch dies ändert jedoch nichts daran, daß über das öffentliche Baurecht im Lebensmittelhandel eine Marktzutrittsschranke geschaffen wird. 190 Ähnliche Wirkung hat das Ladenschlußgesetz. 191 In fast keinem anderen Land sind die Regelungen über den Ladenschluß so restriktiv wie in der Bundesrepublik Deutschland. 192 Die Argumente gegen eine Abschaffung oder grundlegende Reformierung des LSchlG sind bei näherer Betrachtung nicht haltbar. 193 Wenn Mittelstandsvertreter argumentieren, das LSchlG müsse beibehalten werden, um kleine und mittlere Unternehmen gegenüber den Großen zu schützen, so überseHB v. 6.6. 1988, S. 20. Vgl. Lübbert, LZ v. 24. 12. 1986, S. F 4, S. F 10; Hamer, Machtkampf im Einzelhandel, S. 84 f. 185 So zu Recht Hamer, Machtkampf im Einzelhandel, S. 85. 186 Vgl. Kartte, HB v. 15. /16. 1. 1988, S. 3; Stamnitz, HB v. 10. 11. 1986, S. 23. 187 Vgl. Fiene, LZ v. 24. 12. 1986, S. F 8. 188 Dazu i.e. Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 119 ff. 189 Vgl. MK, Sondergutachten 14, Tz. 119; kritisch hierzu Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 121 f. 190 Harms, Reparatumovelle für das GWB, S. 137, 151 f.; Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11; vgl. auch Ahlert, MA 1985,535,542 f. 191 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,295; MK, Hauptgutachten VII, Tz. 42; Picot, BB 1986, Beil. Nr. 13, S. 13 f.; Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11 f.; ders., JZ 1988, 885, 889; ders., BB 1987, 2104, 2105; Kirschner, Nachfragemacht, 108 f.; vgl. auch Harms, Reparatumovelle für das GWB, S. 137, 151; Lübbert, LZ v. 24. 12. 1986, S. F 4; eingehend zu diesem Problemkreis aus der Sicht des Selbstbedienungsgroßhandels Schricker / Lehmann, Der Selbstbedienungsgroßhandel, S. 207 ff.; Gröner / Köhler, Der Selbstbedienungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, S. 33 ff.; Schultze, Marktzutrittsschranken in der Fusionskontrolle, S. 123 f., Treis, HB v. 7. 11. 1988, S. 16. 192 Vgl. Fricke, HB v. 1. 3. 1988, S. 20; Glismann, FAZ v. 3. 12. 1988, S. 15. 193 I.e. hierzu Möschel, in: Schuster / Teufel, Zukunftschancen im Einzelhandel, S. 63 ff.; Glismann, FAZ v. 3. 12. 1988, S. 15. 183

184

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

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hen sie, daß gerade kleine und mittlere Handelsunternehmen, sowie Fachgeschäfte die Fähigkeit besitzen, sich einer Liberalisierung der Öffnungszeiten besser anzupassen als große Unternehmen. 194 Die Einführung eines "Dienstleistungsabends" ab 1. Oktober 1989 195 stellt einen eher zaghaften Versuch einer Liberalisierung der Öffnungszeiten dar, durch den die individuelle Entscheidungsfreiheit von Verbrauchern, Händlern und Beschäftigten nicht wirksam erhöht wird. 196 Trotzdem sieht sich diese marginale Änderung des LSchlG erbitterter Kritik seitens der Gewerkschaften ausgesetzt, die versuchen, das bisherige Arbeitszeitende im Verkauf tarifvertraglich festzuschreiben. Eine solche tarifvertragliche Regelung der Ladenöffnungszeiten stellt allerdings u. U. einen Verstoß gegen § 1 GWB dar. 197 Mag man die Abschaffung dieser hoheitlichen Regulierungen zu Recht befürworten 198, so sind sie doch de lege lata als Datum und damit als Marktzutrittsschranken anzusehen. Ein Blick auf die USA, wo solche hoheitliche Regulierungen nicht vorhanden sind, zeigt deutlich, daß dort nicht zuletzt wegen des offenen Marktzutritts das Problem der Konzentration im Einzelhandel heute bei Antitrustbehörden und -wissenschaft inexistent ist. 199 Zusammenfassend läßt sich dennoch feststellen, daß die Eintrittsbarrieren im Lebensmittelhandel für Newcomer mäßig hoch, im Vergleich zu vielen Industriemärkten eher niedrig sind. Von einer Abschaffung staatlicher Marktregulierungen wäre eine Belebung des Wettbewerbs zu erwarten.

194 Ausführlich Gröner I Köhler, Der Selbstbedienungsgroßhandel zwischen Rechtszwang und Wettbewerb, S. 60 ff.; vgl. auch Oberender, Wettbewerb, S. 381,404; Stehn, WD 1988, 203, 205; Lambsdorjf, HB v. 1. 3. 1988, Beil. S. BI; Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1986 I 87, BT-Drucks. 10 I 6562, S. 120. 195 BGB!. 1989 I, 1382; BR-Drucks. 314 I 89; BT -Drucks. 11 12973, 11 13004. Donnerstag abend dürfen Verkaufsstellen bis 20.30 Uhr geöffnet sein, wenn dadurch die wöchentliche Gesamtöffnungszeit nicht überschritten wird, vgl. hierzu Stehn, WO 1988, 203; Vogt, NJW 1989,2376. 196 Glismann, FAZ v. 3. 12. 1988, S. 15. 197 So das BKartA in einer Stellungnahme zu einem Rechtsstreit zwischen der Karstadt AG und der DAG vor dem LG Berlin, vgl. WuW 1989, 563 f., sowie ein in diesem Rechtsstreit erstelltes Gutachten von Immenga, LZ v. 2.6. 1989, S. 31; vgl. auch Wassner, FAZ v. 8. 12. 1987, S. 14; HB v. 3.12. 1987, S.5; HB v. 21. 1. 1988, S.6; Bobke I Kehrmann, HB v. 25.2. 1988, S. 6. Anders allerdings LG Berlin, Urteil v. 4.4. 1989, WuW I E LG lAG 643, und das Bundesarbeitsgericht, ZIP 1989, 1356, 1429. 198 Markert, Zur Anwendung des GWB auf den Lebensmittelhandel, S. 65 (bzgl. § 11 Abs.3 BauNVO); Hereth, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5. 1985, FIW-Heft 116, S. 30 (bzgl. LSchlG). 199 Vgl. Harms, MA 1987, 516, 517, der sich dabei auf die Auskunft führender Wettbewerbstheoretiker und Mitarbeiter der Antitrustdivision stützt, die einer Gruppe deutscher Kartellrechtier im November 1986 in Chicago und Washington erteilt wurde (s. Fn. 25).

106

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern

c) Weitere Strukturkriterien

Schon aus der Formulierung des § 22 Abs.l Nr. 2 GWB ("insbesondere") ergibt sieh, daß die dort aufgezählten Strukturkriterien nicht abschließend sind. 200 Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung sind alle weiteren Strukturkriterien mit einzubeziehen, die das Verhältnis der Verhaltensspielräume der Nachfrager auf dem relevanten Beschaffungsmarkt zu beeinflussen imstande sind. 201 In Betracht kommen dabei insbesondere die Machtverhältnisse auf der Marktgegenseite (bei den Anbietern), die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, die fehlende Einkaufspreistransparenz und die Sortimentsflexibilität. aa) Gegengewichtige Marktmacht Ob im Rahmen der Prüfung von Marktbeherrschung die Macht oder Ohnmacht der Marktgegenseite zu berücksichtigen ist, ist im Recht der Zusammenschlußkontrolle eine bislang ungeklärte Frage. Die Rechtsprechung verneint sie überwiegend. 202 Die Monopolkommission 203 und ein Teil des Schrifttums 204 wollen gegengewichtige Marktmacht im Rahmen des § 22 Abs.l GWB grundsätzlich nicht berücksichtigen. Andere Stimmen messen der Macht der Marktgegenseite dagegen eine wichtige Rolle zu. 205 Das aufgeworfene Problem wird i. allg. im Zusammenhang mit der Prüfung von Angebotsmarktbeherrschung behandelt. 206 Im Rahmen dieser Arbeit ist jedoch zu entscheiden, ob die Marktstruktur auf der Angebotsseite bei der Prüfung der Frage, ob ein Nachfrager marktbeherrschend ist, eine Rolle spielen kann. Ausgehend von der zutreffenden Überlegung, daß es für das Vorliegen von Nachfragemarktbeherrschung darauf ankommt, ob ein Nachfrager gegenüber seinen Wettbewerbern einen überragenden Verhaltensspielraum innehat, ist gegengewichtige Marktmacht, hier also die Marktmacht von Anbietern, dann zu berücksichtigen, wenn sie sich auf das Gefälle der Verhaltensspielräume der auf dem relevanten Markt agierenden Nachfrager auswirken kann. Diese Frage ist zu bejahen. 207

IM-Möschel, § 22 Rdnr. 55; Langen, § 22 Rdnr. 60. So zutreffend Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 70. 202 Vgl. die Nachweise bei GK-Harms, § 24 Rdnr. 404. 203 MK, Hauptgutachten III, Tz. 509. 204 Vgl. etwa Langen, § 22 Rdnr. 59. 205 Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 141; Säcker, BB 1988,416,421 ff. 206 Vgl. Säcker, BB 1988,416,421 ff., der sich für die Berücksichtigung von Nachfragemacht bei der Feststellung von Angebotsmacht ausspricht. 207 Ebenso Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 141; vgl. auch Kerber, Evolutionäre Marktprozesse und Nachfragemacht, S. 521. 200 201

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

107

Veränderungen in der Marktstruktur auf der Marktgegenseite, also bei den Anbietern, können im Einzelfall den Handlungsspielraum eines Nachfragers im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern sowohl verringern als auch vergrößern. Ein anschauliches Beispiel für eine Verringerung des Verhaltens spielraumes findet sich bei Köhler~208 Geht man davon aus, ein Nachfrager könne bei einem Bezugsanteil von 5 %209 bei einem Anbieter in diesem bilateralen Verhältnis einen erheblichen Preisdruck auf den Anbieter ausüben, so kann ein Nachfrager möglicherweise dann einen überragenden Verhaltensspielraum innehaben, wenn er auf einem relevanten Beschaffungsmarkt der einzige Nachfrager ist, der bei einem Anbieter einen solchen Anteil erreicht. Durch Fusionen auf der Herstellerseite kann dieser Bezugsanteil beträchtlich absinken, wodurch sich auch der Handlungsspielraum des Nachfragers verringern würde. Schon dadurch ist die grundsätzliche Einflußnahmemöglichkeit der Marktstruktur auf der Anbieterseite auf das Verhältnis der Handlungsspielräume der Nachfrager untereinander belegt. Demzufolge ist in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die Macht oder Ohnmacht der Anbieter ein Indiz für oder gegen Marktbeherrschung von Nachfragern darstellt. Im Coop-Wandmaker-Fall hatten die Beschwerdeführer u.a. auch geltend gemacht, die Annahme eines marktbeherrschenden Oligopsons, dessen Mitglied die Coop AG sei, scheide schon deshalb aus, weil bestimmte Lieferanten der Coop AG als Anbieter selbst marktbeherrschend seien. Marktbeherrschung auf beiden Marktseiten gleichzeitig könne aber denknotwendig nicht vorliegen. 210 Würde man der sortiments weiten Marktabgrenzung des BKartA folgen, wäre dieser Einwand von vornherein auszuschließen, da es sich um unterschiedliche Märkte handelt. 211 Den Nachfragemarkt des Handels würde dann das Gesamtsortiment bilden, als Angebotsmärkte der Industrie kämen etwa Katzen- bzw. Hundefertigfutter 212 oder Naßfertiggerichte 213 in Betracht. Von der hier vertretenen Marktabgrenzung nach der Gesamtbetrachtungsweise aus gesehen, wiegt das Argument der Beschwerdeführer schwerer, ist aber dennoch nicht zutreffend. Denn auch dann besteht keine Marktidentität. Die auf der Nachfrageseite des Handels abzugrenzenden Märkte werden in sachlicher und räumlicher Hinsicht tendenziell weiter gezogen als die auf der Angebotsseite der Industrie abzugrenzenden Märkte.

208

209 210 211 212 213

Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 7l. Vgl. dazu MK, Sondergutachten 14, Tz. 143. AA Säcker, BB 1988, 416, 423, 426. Zur fehlenden Marktkongruenz auch Säcker, BB 1988,416,423. Vgl. KG WuW JE OLG 2403, 2404 ("Fertigfutter"). Vgl. KG WuW JE OLG 3759 ("Pillsbury-Sonnen-Basserrnann").

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem bb) Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite

Ausweichmöglichkeiten der Marktpartner können zwar im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung grundsätzlich eine Rolle spielen. Sie haben jedoch insgesamt eine untergeordnete Bedeutung. Bestehen für die Anbieter keine Ausweichmöglichkeiten, weil ihre Abnehmer für sie - in der Terminologie des BKartA - "unverzichtbar" sind, so ist dies für die Feststellung von Nachfragemarktbeherrschung lediglich relevant, wenn davon Wirkungen auf das Gefalle der Handlungsspielräume der Nachfrager untereinander ausgehen. Im Lebenmittelhandel werden solche Wirkungen i. allg. nicht zu beobachten sein. Die Nachfrager auf den einzelnen Beschaffungsmärkten dürften für die Hersteller in etwa gleichem Maße "unverzichtbar" sein, so daß ein Nachfrager gegenüber seinen Mitnachfragern aufgrund der bilateralen Verhandlungsmacht keinen überragenden Verhaltensspielraum innehat. cc) Fehlende Konditionentransparenz Zu Recht trifft die Monopolkommission im Sondergutachten 14 die Feststellung, daß im Lebensmittelhandel Preise und Konditionen zu den bestgehüteten Geheimnissen der Hersteller gehören. 214 Ein Nachfrager hat also keine Detailkenntnisse über die Konditionen, die ein Hersteller seinem Konkurrenten einräumt. Allenfalls lassen sie sich in Umrissen aus dem Preisverhalten des konkurrierenden Handelsunternehmens auf dem Absatzmarkt ablesen. 215 Diese fehlende Konditionentransparenz ist ein Indiz für vorhandenen Preiswettbewerb in Form von Geheimwettbewerb. 216 Ob und in welcher Weise sich fehlende Preistransparenz auf das Verhältnis der Handlungsspielräume der Nachfrager untereinander auswirkt, ist eine Frage exakter Einzelfallprüfung. 217 Daß der Handlungsspielraum gerade der großen Nachfrager durch Konditionenintransparenz überhaupt eingeschränkt werden kann, dürfte auf Anhieb einleuchten. 218

214 215

MK, Sondergutachten 14, Tz. 146. MK, Sondergutachten 14, Tz. 146.

Ebenso Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 95; Schultz, eR 1987,489,492. Schultz, eR 1987,489,496 weist darauf hin, daß durch Konditionentransparenz insbesondere die Position der kleineren Nachfrager im Wettbewerb erheblich geschwächt würde. 218 Vgl. Schultz, eR 1987,489,492. 216

217

III. Marktbeherrschung durch einen Nachfrager

109

dd) Sortimentsflexibilität Gerade für die großen Handelsunternehmen stellt die Sortimentszusammensetzung einen der wichtigsten Wettbewerbsparameter auch auf der Nachfrageseite dar. Die Sortimentsflexibilität ist von Vertriebsform zu Vertriebsform verschieden. Die großen Handelsunternehmen, die fast durchweg Vollsortimenter sind, verfügen etwa über eine wesentlich höhere Sortimentsflexibilität als bestimmte Fachhandelsunternehmen. 219 Unterschiede bestehen auch zwischen Groß- und Einzelhandel. Die Sortimentsflexibilität des Großhandels wird tendenziell niedriger ausfallen. Als Beurteilungskriterium zur Feststellung eines überragenden Verhaltensspielraumes ist die Sortimentsflexibilität in die Prüfung von Nachfragemarktbeherrschung mit einzubeziehen. 220

d) Marktverhalten Wie bereits ausgeführt 220• ist bei der Prüfung von Nachfragemarktbeherrschung neben den behandelten Marktstrukturkriterien auch das Wettbewerbsverhalten der Nachfrager auf dem relevanten Beschaffungsmarkt zu berücksichtigen. Im Rahmen der Fusionskontrolle vermag das Wettbewerbsverhalten ein Indiz für Marktbeherrschung zu sein. Darüber hinaus kann es eines von mehreren Prognoseelementen für die nach dem Zusammenschluß zu erwartende Wettbewerbssituation darstellen. Die Probleme der Beurteilung des Nachfragewettbewerbs werden i.e. im Rahmen des Oligopsontatbestandes behandelt. 221

e) Marktergebnistests In beschränktem Umfang sind im Rahmen der Gesamtbetrachtung aller maßgeblichen Umstände auch Marktergebnistests zur Prüfung von Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite geeignet. 222 Im Fall "Coop-Wandmaker" führte das BKartA einen umfassenden Konditionenvergleich durch, mit dessen Hilfe dargelegt werden sollte, daß die großen Nachfrager aufgrund ihres Nachfragevolumens und ihrer hohen Bezugsanteile bei den einzelnen Lieferanten bessere Konditionen erzielen als ihre Wettbewerber. 219 Zur Sortimentsflexibilität Lademann, Besonderheiten im Wettbewerb des Handels, S. 14 ff. 220 Vgl. dazu auch Kirschner, Nachfragemacht, S. 119 ff. 220. S. oben Teil 4 II 1. 221 Unten Teil 4 IV 2. 222 Allgemein hierzu bereits oben Teil 4 II 1; ablehnend Kirschner, WuW 1987, 789, 796; vgl. auch ders., Nachfragemacht, S. 147 ff.

llO

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

Ein solcher Marktergebnistest hat allerdings nur beschränkt indizielle Bedeutung für die Frage des Vorliegens von Marktbeherrschung. Ein Konditionenvergleich kann für sich genommen schon deshalb keinen Nachweis für das Vorhandensein von Marktmacht erbringen, weil er über den Grund guter oder schlechter Konditionen keinen Aufschluß gibt. Niedrige Einkaufspreise deuten nicht unbedingt auf Nachfragemacht hin. Noch weniger belegen sie Nachfragemarktbeherrschung. Sie können ebensogut auf Angebotswettbewerb zurückzuführen sein. 223 Das die Marktmacht begründende Potential und dessen tatsächlicher Einsatz im Markt sind zwei unterschiedliche und voneinander strikt zu unterscheidende Sachverhalte.

IV. § 22 Abs. 2 GWB (Oligopson) 1. Ausgangspunkt

Gemäß § 22 Abs.2 GWB gelten auch zwei oder mehr Unternehmen als marktbeherrschend, soweit zwischen ihnen für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen allgemein oder auf bestimmten Märkten aus tatsächlichen Gründen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht und soweit sie in ihrer Gesamtheit die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllen. Die wesentliche Bedeutung dieses Oligopoltatbestandes liegt im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle. 224 Er ist auch auf Nachfrageoligopole anwendbar, die als Oligopsone bezeichnet werden. 225 In den drei in Teil 1 dieser Arbeit dargestellten Zusammenschlußfällen im Lebensmittelhande1 226 hat das BKartA die sechs führenden Lebensmittelhandelsunternehmen als marktbeherrschendes Sechseroligopson angesehen. 227 Hauptsächliche Begründung hierfür war die These der Unverzichtbarkeit, welche wie oben gezeigt - abzulehnen ist. 228 Im folgenden werden Kriterien zu entwickeln sein, die bei der Prüfung der Frage, ob eine Gruppe von Nachfragern ein marktbeherrschendes Oligopson im Sinne von § 22 Abs.2 GWB bildet, heranzuziehen sind. Der Weg der Untersuchung ist dabei von der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Innenverhältnis des Oligopsons und Außenverhältnis vorgezeichnet, obwohl sich diese Trennung 223 224 225

226

Säcker, BB 1988,416,420. IM-Möschel, § 22 Rdnr. 77 m. w.N. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 100.

S. oben Teil 1 III 1.

BKartA WuW / E BKartA 1970, 1977 ff. ("Coop-Supermagazin"); BKartA WuW / E BKartA 2060, 2062 ff. ("Metro-Kaufbof'); BKartA WuW /E BKartA 2161, 2165 ff. 227

("Coop-Wandmaker"). 228 Dazu Teil 4 I 1.

IV. § 22 Abs. 2 GWB (Oligopson)

111

in der Praxis nur schwer durchhalten läßt 229 , da sich Binnen- und Außenwettbewerb gegenseitig durchdringen. 230

2. Innenverhältnis des Oligopsons

Eine Gruppe von Nachfragern gilt nur dann als marktbeherrschendes Oligopson, wenn zwischen den Gruppenmitgliedern für eine bestimmte Art von Waren oder gewerblichen Leistungen ein wesentlicher Wettbewerb nicht besteht. Anders ausgedrückt liegt ein marktbeherrschendes Oligopson dann nicht vor, wenn zwischen den Gruppenmitgliedern wesentlicher Nachfragewettbewerb festgestellt werden kann. Nach dem Begrenzungskonzept liegt Nachfragewettbewerb dann vor, wenn der Handlungsspielraum eines Nachfragers durch das Vorhandensein von Mitnachfragern, die für die Marktgegenseite als Alternative in Betracht kommen, begrenzt wird. 231 Das eigentliche Problem liegt nun darin, wann Nachfragewettbewerb als wesentlich bzw. wann er als nicht mehr wesentlich zu qualifizieren ist. Die Monopolkommission meint, es müsse ein kollusives, gleichförmiges Nachfragerverhalten festgestellt werden, um den Tatbestand des § 22 Abs.2 GWB bejahen zu können. 232 Solange die Nachfrager sich nicht kollusiv verhalten, ist danach Nachfragewettbewerb als wesentlich zu bezeichnen. Ein kollusives Verhalten liest die Monopolkommission dabei ausschließlich anhand der Preis JMenge-Parameter ab. Die Monopolkommission verkennt, daß Nachfragewettbewerb sich nicht lediglich im Überbieten im Preis und in den Konditionen vollzieht. 233 Auch Vertriebsleistungen der Nachfrager sind Maßnahmen des Beschaffungswettbewerbs. 234 Nach Köhler besteht wesentlicher Nachfragewettbewerb innerhalb der Gruppe dann nicht, wenn die einzelnen Gruppenmitglieder weder die machtbegrenzende Wirkung des Nachfragewettbewerbs zu spüren bekommen, noch selbst ihre individuellen Handlungsspielräume aus Furcht vor Gegenmaßnahmen ausnutzen. 235 Darin liegt eine aus dem Begrenzungskonzept folgerichtig entwickelte Annäherung an die Problematik. Man könnte auch formulieren: Nachfragewettbewerb 229 230 231 232 233

234 235

GK-Harms, § 24 Rdnr. 539; Kleinmann / Bechtold, § 22 Rdnr. 201. Möschel, Oligopolmißbrauch, S. 173; GK-Harms, § 24 Rdnr. 539 m. W.N. Dazu ausführlich oben Teil 2 I 3. MK, Sondergutachten 14, Tz. 146. Vgl. die Kritik bei Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 101 f. KG WuW JE OLG 3917, 3937 ("Coop-Wandmaker"). Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 102.

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

112

ist dann nicht mehr wesentlich, wenn er seine Entmachtungsfunktion nicht mehr hinreichend erfüllen kann. Für die praktische Rechtsanwendung bietet diese Aussage allerdings nicht allzu viel Hilfe. Wichtiger ist der Versuch, einzelne Fallgruppen herauszuarbeiten, in denen wesentlicher Nachfragewettbewerb nicht oder möglicherweise nicht besteht. Nach Köhler ist wesentlicher Nachfragewettbewerb dann ausgeschlossen 236 , wenn -

die Gruppenmitglieder bei den Einkaufsverhandlungen ihr gesamtes Nachfragepotential zur Geltung bringen oder

-

die Gruppenmitglieder den Beschaffungsmarkt, also die Lieferanten, unter sich aufteilen.

Wesentlicher Nachfragewettbewerb kann, aber muß nicht ausgeschaltet sein 237, wenn -

die Gruppenmitglieder untereinander für Transparenz bei den Einkaufspreisen und Einkaufsbedingungen sorgen oder

-

die Gruppenmitglieder auf einen Vertriebsleistungswettbewerb im Verhältnis zu den Lieferanten verzichten, also sich in keiner Weise bemühen, durch verbesserte Vertriebsleistungen zu besseren Einkaufspreisen und -konditionen und dadurch zu höheren Marktanteilen zu kommen.

Die Frage, ob Nachfragewettbewerb als wesentlich zu qualifizieren ist, erfordert eine wertende Gesamtschau der verschiedenen, einem Handelsunternehmen zur Verfügung stehenden Aktionsparameter, wobei Preiswettbewerb und Vertriebsleistungswettbewerb gleichermaßen zu beachten sind. Die von Köhler gebildeten Fallgruppen können Kartellbehörden und Gerichte dabei unterstützen. 3. Außenverhältnis

Besteht im Oligopson-Innenverhältnis kein wesentlicher Wettbewerb, so ist bei der Anwendung des § 22 Abs.2 GWB weiter zu untersuchen, ob das Oligopson in seiner Gesamtheit die Voraussetzungen des § 22 Abs.l GWB erfüllt. Dies ist im Wege der oben ausführlich dargelegten Gesamtbetrachtung festzustellen. 238 Dabei wird im allgemeinen das Fehlen wesentlichen Binnenwettbewerbs auf das Bestehen einer überragenden Marktstellung des Oligopsons in seiner Gesamtheit hindeuten. Ist m.a.W. das Fehlen wesentlichen Nachfragewettbewerbs im 236

237 238

Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 102 f. Köhler, Nachfragewettbewerb, S. 103 f. Teil 4 11 und III.

V. Vennutungstatbestände

113

Innenverhältnis des Oligopsons festgestellt, dann dürfte der Nachweis der überragenden Marktstellung des Oligopsons insgesamt keine größeren Schwierigkeiten aufwerfen. 239

V. Vermutungstatbestände 1. Ausgangspunkt

Das GWB enthält in den §§ 22 Abs.3, 23 a Abs.l, 23 a Abs.2 verschiedene Vermutungstatbestände, mit denen der Nachweis der Marktbeherrschung in der Praxis erleichtert werden soll. Es ist nicht Gegenstand dieser Arbeit, i.e. auf Rechtsnatur, Anwendungsbereich und Reichweite der Vermutungen einzugehen. 240 Zu untersuchen ist aber, ob sich bei der Anwendung der Vermutungstatbestände auf die Nachfrageseite Besonderheiten ergeben.

2. Entscheidungspraxis

In den dieser Arbeit zugrundeliegenden Zusammenschlußfällen 241 war kein Vermutungstatbestand erfüllt. Das BKartA konnte keine Untersagungsverfügung auf die Vermutungswirkung stützen. Im Fall "Hussel-Mara" kam lediglich die Einzelmarktbeherrschungsvermutung des § 22 Abs.3 Nr.l GWB (Marktanteil von mindestens einem Drittel) in Betracht. Die Hussel / Douglas-Gruppe verfügte allerdings lediglich über einen Marktanteil von ca. 19 %.242 Für die Untersagungsverfügungen im Lebensmittelhandel sind exemplarisch die Zahlen aus dem Coop-Wandmaker-Verfahren zu nennen. Auf dem vom BKartA ermittelten Sortimentsmarkt hatten die sechs führenden Lebensmittelhandelsunternehmen einen Marktanteil von 35,8%.243 Die Marktbeherrschungsvermutung des § 22 Abs.3 Nr.2 b GWB und die qualifizierte Oligopolvermutung des § 23 a Abs.2 Nr.2 GWB setzen demgegenüber für eine Gesamtheit von 239 Vgl. für Oligopole Langen, § 22 Rdnr. 71; IM-Möschel, § 22 Rdnr. 81; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 104. 240 Vgl. zu § 22 Abs.3: IM-Möschel, § 22 Rdnr. 89 ff.; Langen, § 22 Rdnr. 72 ff.; FK-Kersten, § 22 Rdnr. 330 ff. Zu § 23 a Abs.l: IM-Mestmäcker, § 23 a Rdnr. 1 ff.; Langen, § 23 a Rdnr. 1 ff.; GKHarms, § 23 a Rdnr. 1 ff.; FK-U. Huber, § 23 a Rdnr. 30 ff., 45 ff. Zu § 23 a Abs.2: IM-Mestmäcker, § 23 a Rdnr. 44 ff.; Langen, § 23 a Rdnr. 26 ff.; GK-Harms, § 23 a Rdnr. 230 ff.; FK-U. Huber, § 23 a Rdnr. 43 ff., 129 ff.; Markert, BB 1986, 1660 ff. 241 Vgl. oben Teil 1 III. 242 BKartA WuW JE BKartA 1897, 1904 ("Hussel-Mara") insoweit allerdings nicht abgedruckt; vgl. aber KG WuW j E OLG 3577, 3589 ("Hussel-Mara"). 243 BKartA WuW JE BKartA 2161, 2166 ("Coop-Wandmaker"). 8 Bergmann

114

Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragem

Unternehmen, wenn sie aus fünf oder weniger Unternehmen besteht, Marktanteile von zwei Dritteln voraus. Die Vermutungstatbestände haben in der bisherigen Fusionskontrollpraxis auf der Nachfrageseite also keinerlei Bedeutung erlangt. 244

3. Praktische Bedeutung der Vermutungstatbestände bei Zugrundelegung des Produktvertriebskonzeptes

Nach der in Teil 3 befürworteten Marktabgrenzung im Wege einer Gesamtbetrachtung auf der Grundlage des Produktvertriebskonzeptes ist der sachlich relevante Markt im Lebensmittelhandel nach Produktgruppen kombiniert mit bestimmten Vertriebs/ormen abzugrenzen. 245 Dies legt die Frage nahe, ob auf einzelnen Produktgruppenmärkten die Vermutungsschwellen nicht bereits erreicht sind. Die Monopolkommission, die auf der Grundlage des Angebotsumstellungskonzeptes ebenfalls von einer Vielzahl relevanterProduktgruppenmärkte ausgeht 246 , vertrat im Sondergutachten zur Konzentration im Lebensmittelhandel die Auffassung, daß auch auf den einzelnen Beschaffungsmärkten die Vermutungsschwelle des § 23 a Abs.2 GWB nicht überschritten wird. 247 Die Richtigkeit dieser Auffassung hat sich im Coop-Wandmaker-Verfahren erwiesen. Das BKartA hat aufgrund eines Auflagenbeschlusses des KG auch für einzelne Produktgruppen bzw. Sortimentsbereiche die Marktanteile ermittelt. Für die erste Größenklasse der Nachfrager (jeweils fünf bis sechs Unternehmen) ergaben sich dabei Marktanteile zwischen 17,8 % (Wein/ Schaumwein/Bier) und 46;3 % (Konserven). 248 Bezieht man richtigerweise in den sachlich relevanten Markt weitere alternative Vertriebswege mit ein, so dürften sich eher noch niedrigere Marktanteile ergeben. Allerdings ist es auch nicht ausgeschlossen, daß im Einzelfall ein Nachfrager die Vermutungsschwelle von einem Drittel des § 23 a Abs.l GWB erreicht. 249 Säcker weist in diesem Zusammenhang auf die herausgehobene Position von Aldi bei Obst- und Gemüsekonserven hin. 250 Im einzelnen ist dies davon abhängig, wie eng die Produktgruppenmärkte gezogen werden, mit welchen Die Annahme von Reimann, WuW 1976,541, 548 hat sich insoweit bestätigt. S. oben Teil 3 II 5. 246 MK, Sondergutachten 14, Tz. 137. 247 MK, Sondergutachten 14, Tz. 144; ebenso im Grundsatz Säcker, BB 1988,416, 419 f. und Fn. 47. 248 KG, Beschluß vom 5. November 1986 (Kart 15/84) im Fall"Coop-Wandmaker", S. 103 ff. (insoweit in WuW / E OLG nicht abgedruckt). 249 Vgl. auch Kirschner, WuW 1987,789,795. 250 Säcker, BB 1988,416,420 Fn. 47. 244 245

VI. Prognoseentscheidung

115

Vertriebsleistungsmärkten sie kombiniert werden und welche räumlichen Marktgrenzen anzunehmen sind. 4. Niedrigere Vermutungsschwellen für Nachfrager? Aufgrund der Relativität des Merkmals Marktanteil und der Schwierigkeit der Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes sollte auf die Marktanteilsbetrachtung kein entscheidendes Gewicht gelegt werden. 251 Demgegenüber wird zumeist die Auffassung vertreten, Marktbeherrschung bestehe auf der Nachfrageseite bereits bei niedrigeren Marktanteilen als auf der Angebotsseite. 252 Selbst auf der Grundlage dieser Konzeption ist es de lege lata aber nicht begründbar, die Vermutungsschwellen auf der Nachfrageseite abzusenken oder für nicht anwendbar zu erklären. 253 Die Vermutungstatbestände gelten nach der Systematik des GWB unterschiedslos sowohl für die Angebots- als auch für die Nachfrageseite. 254 Es ist auch kein plausibler Grund ersichtlich, warum die Vermutungskriterien auf der Nachfrageseite niedriger liegen sollten als auf der Angebotsseite. 255 Daß hohe Marktanteile auf Beschaffungsmärkten faktisch tendenziell seltener vorkommen als auf Angebotsmärkten, ändert an der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Vermutungstatbestände auf die Nachfrageseite nichts. 256

VI. Prognoseentscheidung In den bisherigen Untersuchungen stand die Frage im Mittelpunkt, wie Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite bestimmt werden kann. Für die Untersagung eines Zusammenschlusses ist darüber hinaus Voraussetzung, daß zu erwarten ist, daß durch den Zusammenschluß eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird. Das Tatbestandsmerkmal "ist zu erwarten" verlangt eine Prognoseentscheidung über Entstehen oder Verstärken einer marktbeherrschenden Stellung. 257 Dazu ausführlich oben Teil 4 III 3 b) aa) (2). Oben Teil 4 III 3 b) aa) (2) und (3). 253 So aber Kleinmann I Bechtold, 1. Auf!. (1973), § 22 Rdnr. 121. In der 2. Auf!. (1989) gehen Kleinmann I Bechtold, § 22 Rdnr. 233, zwar von der Anwendbarkeit der Vermutungen auf die Nachfrageseite aus, halten die Vermutungstatbestände aber für Nachfragemacht für ungeeignet. 254 Vgl. FK-U. Huber, § 23 a Rdnr. 53; so wohl auch Reimann, WuW 1976,541,548. 255 Ebenso Kantzenbach, bei Podiumsdiskuss. in Berlin am 15.5. 1985, FIW-Heft 116, S. 21. 256 So auch FK-U. Huber, § 23 a Rdnr. 53, für die Vermutungen des § 23 a GWB. 257 Begr. 1971, BT-Drucks. Vl/2520, S. 29; GK-Harms, § 24 Rdnr. 340; IM-Mestmäcker, § 24 Rdnr. 17 f.; Langen, § 24 Rdnr. 43; Ramrath, Die überragende MarktsteIlung als Merkmal der Fusionskontrolle, S. 71; Kleinmannl Bechtold, § 24 Rdnr. 8 ff.; Bechtold, Das neue Kartellrecht, S. 162. 251

252

s'

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Teil 4: Bestimmung der Marktmacht von Nachfragern

Dies gilt auch für die Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite. Ein Zusammenschluß zweier Handelsuntemehmen kann unter Nachfragemachtgesichtspunkten nur untersagt werden, wenn eine Zukunftsprognose ergibt, daß durch den Zusammenschluß Nachfragemarktbeherrschung entsteht oder verstärkt wird. Für die Prognoseentscheidung gelten auf der Nachfrageseite im Grunde dieselben Regeln wie auf der Angebotsseite. Auf die dabei umstrittenen Probleme, etwa Prognosegenauigkeit und Prognosezeitraum 258, kann an dieser Stelle verwiesen werden. 259

258 Im Fall "Coop-Wandmaker" bezog sich das KG (WuW JE OLG 3917, 3926) auf Harms (in: GK § 23 a Rdnr. 281), der zu Recht einen Prognosezeitraum von 5 bis 8 Jahren für maßgeblich hält. 259 Ausführlich GK-Harms, § 24 Rdnr. 355 ff.; Kleinmann / Bechtold, § 24 Rdnr. 14 f.

Teil 5

Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle? I. Ausgangspunkt Die Bundesregierung verabschiedete am 1. Februar 1989 den vom BMWi vorgelegten Regierungsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des GWB. I Durch die 5. GWB-Novelle, die voraussichtlich am 1. Januar 1990 in Kraft treten wird 2 , wird u.a. der Marktbeherrschungstatbestand des § 22 Abs.l Nr.2 GWB im Hinblick auf die Nachfrageseite des Handels erweitert. Neben der Auflockerung der wettbewerblichen Ausnahmebereiche gab vor allem die Entwicklung im Handel den Anstoß für die Novellierungsdiskussion. 3 Die speziell im Lebensmitteleinzelhandel zu beobachtenden Konzentrationstendenzen beunruhigten insbesondere die um den Mittelstand besorgten Politiker4, sowie die Vertreter der Lebensmittelindustrie. 5 Die Aufhebung des Untersagungsbeschlusses im Coop-Wandmaker-Fall durch das KG, der von vielen, insbesondere von Seiten des BKartA, zum Pilot- bzw. Testfall 6 erklärt worden war, wurde häufig als ein grundsätzliches Scheitern der Fusionskontrolle im Lebensmittelhandel aufgefaßt und belebte die wettbewerbspolitische Diskussion um die Novellierung des GWB enorm. 7 Bereits aus dem Scheitern der Versuche des BKartA, den Strukturwandel im Lebensmittelhandel mit dem gegebenen gesetzlichen Instrumentarium aufzuhalten, wurde vielfach ein Novellierungsbedarf abgeleitet. Zuzugeben ist zwar, daß das BKartA nach dem Fall "Coop-Wandmaker" Zusammenschlüsse im Lebensmittelhandel lediglich im Hinblick auf Marktbeherrschung auf regionalen Absatzmärkten überprüft. 8 Auch nach dem CoopBR-Drucks. 123/89; teilweise abgedruckt in WuW 1989, 209 ff. WuW-Kurzinfonnation, WuW 1989,274,275. 3 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 38. 4 Vgl. Hauser, laut HB v. 29. 7. 1986, S. 3; Wissmann, laut Die Welt v. 12. 12. 1986, S. 7; Jens, laut HB v. 13.2. 1985, S. 4. 5 Vgl. die Stellungnahme des Markenverbandes, MA 1987, 199. 6 TB BKartA 1983/1984, S. 9; Kartte, MA 1988,64,65; DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 30 = zrp 1988, 1354, 1357. 7 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 95. 8 Auskunft von Mitarbeitern der 9. Beschlußabteilung. Das BKartA hat etwa im Fall ,,Asko-Massa" Auskunftsbeschlüsse nur an Lebensmittelhandelsunternehmen in den von der Fusion wesentlich betroffenen Regionen verschickt; es wurde also lediglich im I

2

118

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Wandmaker-Beschluß des KG verbleibt aber für die Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite de lege lata durchaus noch Raum, wie in dieser Arbeit dargelegt wurde. Ferner steht bislang noch eine höchstrichterliche Klärung vieler streitigen Fragen aus. Die Novellierungsdiskussion wurde vor allem von den Befürwortern einer Verschärfung der Fusionskontrolle mit Vehemenz geführt. Zur Emotionalisierung der Debatte trugen in nicht unerheblichem Maß einige größere Zusammenschlüsse vor allem nach dem Beschluß des KG im Fall "Coop-Wandmaker" bei. Beispielhaft zu nennen sind die Fälle "Metro-Hurler"9, "Rewe-Stüssgen" 10, "Asko-Schaper" 11, "Asko-Massa" 12 , "Coop-Werhahn" 13, "Kafu WasmundLüer"l4, "Metro-BLV"I5, "Rewe Leibbrand-Deutscher Supermarkt GmbH"16, "Coop-Kafu Wasmund" 17. Innerhalb eines Jahres wechselten ca. 20 Umsatzmilliarden den Besitzer. 18 Hinblick auf eine mögliche Angebotsmarktbeherrschung ermittelt, vgl. HB v. 19. 10. 1987, S. 15. Vgl. auch Kartte, FS Benisch, S. 59, 77. 9 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 440; vgl. FAZ v. 10. 12. 1987, S. 14. 10 Vgl. HB v. 23.7.1987, S. 13; HB v. 6.3. 1985, S. 13. Dieser Zusammenschluß war allerdings bereits im September 1984 vollzogen, vgl. BT-Drucks. 11 /710, S. 14. 11 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 442; vgl. LZ v. 17. 10. 1986, S. 1,3; WuW-Kurzinformation, WuW 1987,4. Das BKartA hat der Aufstockung des Asko-Anteils an Schaper von 38,5 % auf eine Mehrheitsbeteiligung unter Auflagen zugestimmt, vgl. AG 1987, R 8. 12 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 443; TB BKartA 1987/ 1988, S. 84; WuW-Kurzinformation, WuW 1987, 699; WuW-Kurzinformation, WuW 1987, 876. Nachdem Asko die Bedingung des BKartA erfüllt hatte, einen Markt in Neustadt / Haßloch zu verkaufen, hat das BKartA die Asko-Beteiligung am Massa-Grundkapital über 24,9 % hinaus gebilligt, vgl. HB v. 12.2. 1988, S. 15; AG 1988, R 50. Mittlerweile hat Asko das Vorhaben angemeldet, ihre Beteiligung an der Massa AG über 49,9 % hinaus aufzustocken, vgl. HB v. 10.3. 1988, S.22. Die Verflechtung der beiden Unternehmen ist gegenseitig. Massa hält an Asko mittlerweile einen Anteil von 19 %, vgl. HB v. 7.7. 1988, S. 13; WuW-Kurzinformation, WuW 1987,787 f. 13 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 444; vgl. WuW-Kurzinformation, WuW 1987,876; HB v. 5. 10. 1987, S. 13; FAZ v. 8. 12. 1987, S. 18. Das BKartA hat hierfür mittlerweile eine Teilgenehmigung erteilt, vgl. AG 1988, R 30. 14 Vgl. FAZ v. 10. 12. 1987, S. 14. 15 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 441; WuW-Kurzinformation, WuW 1987,964; HB v. 29. 10. 1987, S. 16; FAZ v. 28. 10. 1987, S. 19; FAZ v. 29. 10.1987, S. 15. Der Zusammenschluß (Mehrheitserwerb) wurde vom BKartA genehmigt, nachdem die Metro zugesagt hatte, einen der beiden Münchener BLV-C+C-Märkte an einen Dritten zu veräußern, von dem zu erwarten ist, daß er den zu übernehmenden C+C-Großhandelsmarkt im bisherigen Rahmen selbständig betreiben wird, vgl. WuW 1988, 490; TB BKartA 1987/ 1988, S. 40 f., 83 f. 16 FAZ V. 13.5. 1988, S. 13; nach Verpflichtung zur Veräußerung von neun Filialen im Raum Köln vom BKartA nicht untersagt, vgl. AG 1988, R 322; TB BKartA 1987/ 1988, S. 41. 17 Die vom BKartA zunächst nur vermutete enge Beziehung zwischen der Coop AG und der Kafu-Wasmund-Gruppe wurde dem BKartA erst im Zusammenhang mit der Sanierung der Coop-AG mitgeteilt, vgl. HB v. 3. 1. 1989, S. 11, HB v. 2. 3. 1989, S. 19.

I. Ausgangspunkt

119

Bei der Beurteilung dieser Zusammenschlußaktivitäten wird allerdings häufig übersehen, daß hier gewissermaßen ein Fusionsstau und ein Fusionsdruck zusammengespielt haben. Ein Fusionsstau wurde durch das Coop-WandmakerVerfahren 19 verursacht, bis zu dessen Ausgang mit der Durchführung des einen oder anderen Zusammenschlusses abgewartet wurde. 20 Durch die heftig geführte Novellierungsdiskussion und die damit verbundene Forderung nach einer Verschärfung der Fusionskontrolle für den Handel entstand andererseits ein gewisser psychologischer Druck zur Durchführung bereits in Aussicht genommener Zusammenschlüsse. "Heute noch schnell das tun, was morgen vielleicht verboten sein wird", lautete die Devise. M.a.W. beschwörten die Novellierungsbefürworter die von ihnen so negativ eingeschätzte Konzentrationsentwicklung oder zumindest eine Beschleunigung derselben zum Teil auch selbst herauf. 21 Im folgenden werden zunächst die wichtigsten, die Nachfrageseite des Handels im Recht der Zusammenschlußkontrolle betreffenden Novellierungsvorschläge dargestellt und kritisch gewürdigt (11.). Auch wenn diese Vorschläge nicht Eingang in das GWB gefunden haben, sind sie doch als Alternativkonzepte in diesem Problemfeld von erheblichem Interesse und können möglicherweise auch die künftige Auslegung der neuen Vorschriften beeinflussen. Im Anschluß daran sind die wichtigsten gegen eine Verschärfung der Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite des Handels vorgebrachten Argumente zusammenzufassen (III.). Schließlich wird die vom Gesetzgeber der 5. GWB-Novelle favorisierte Lösung vorzustellen und zu bewerten sein (IV.), wobei insbesondere auf die Frage einzugehen ist, ob bzw. inwieweit es dadurch tatsächlich zu einer Änderung des bislang geltenden Rechtszustands kommen wird. Der Schweizerische Bankverein verpflichtete sich gegenüber dem BKartA, Kafu-Wasmund auf einen unabhängigen Dritten zu übertragen, vgl. TB BKartA 1987 I 1988, S. 42 f., 85. 18 Vgl. G + L Umsatzkonzentration Die TOP 200 1987/88, Auszug abgedruckt in MA 1988,67; Kartte, MA 1988,64. Bezogen auf das Kalenderjahr 1987 ermittelte die Nielsen Marketing-Forschung die Übernahme eines Umsatzvolumens von ca. 6,2 Mrd. DM. Dies entspricht ca. 5 % des Gesamtumsatzes. Vgl. HB v. 15.2. 1988, S. 16. I?abei blieben die Fälle "Asko-Massa" und "Metro-BLV" unberücksichtigt, da hier die Ubernahmegenehmigungen nicht mehr in das Jahr 1987 fielen. 19 Ferner wohl durch das Metro-Kaufhof-Verfahren. Nach Zurückverweisung an das KG durch den BGH (WuW IE BGH 2231) widersprach das BKartA dem Zusammenschluß nicht mehr, vgl. BKartA Presseinformation, WuW 1987, 303; AG 1987, R 50. Metro stockte seine Beteiligung an der Kaufhof AG mittlerweile auf eine Mehrheit auf, vgl. AG 1988, R 66. 20 Vgl. MK, Hauptgutachten VII, Tz. 97; Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15,17 f.; einschränkend die Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs von Wartenberg auf eine schriftliche Frage des Abgeordneten Hinsken (CDU ICSU-Fraktion) am 10. 8. 1987, BT-Drucks. 11 /710, S. 13 ff., auch abgedruckt in WuW 1987,905 f. 21 In diese Richtung auch Westphal (CDU-Wirtschaftsrat), HB v. 9.6. 1988, S. 4; vgl. auch MK, Hauptgutachten VII, Tz. 97; Krause, FAZ v. 1. 7. 1988, S. 13; vgl. auch FAZ v. 3. 11. 1987, S. 13.

120

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

11. Darstellung der NovelIierungsvorschläge 1. Überblick

Bei der Betrachtung der vielen verschiedenen Novellierungsvorschläge, welche die Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite des Handels betreffen, sind vier Grundströmungen erkennbar. Zum einen wurde an die Einführung eines speziellen Fusionsverbotes für Großunternehmen des Handels gedacht. Andere wollten die Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 GWB an die Besonderheiten der Handelsnachfrageseite anpassen. Drittens wurde erwogen, die Eingriffsvoraussetzungen für die Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite generell anders zu fassen als für die Angebotsseite. Diese drei Grundpositionen beziehen dabei mehr oder weniger eine Erweiterung der Beherrschungsvermutungen durch Absenken der Marktanteilsschwellen mit ein. Schließlich waren viertens einige weniger einschneidende Vorschläge in der Diskussion, die sich auf Randkorrekturen am geltenden Recht beschränken.

2. Generelles Fusionsverbot für Großunternehmen des Handels

a) Vorschlag der SPD

Bereits aus dem Jahre 1985 stammt ein Entschließungsantrag der SPD-Bundestagsfraktion, der u.a. auf eine Verschärfung der Fusionskontrollvorschriften abzielt. 22 Einen gleichlautenden Antrag brachte die SPD-Fraktion im März 1988 erneut im Bundestag ein. 23 Die SPD sah das Ziel der 4. GWB-Novelle vor allem in einem besonderen Mittelstandsschutz; dieses Ziel ist jedoch nach ihrer Auffassung offensichtlich verfehlt worden. 24 Aus dieser Einsicht resultieren ihre Novellierungsbestrebungen. Zum einen sprach sich die SPD für eine Herabsetzung der Anteilsgrenze für die Anzeigepflicht von Zusammenschlüssen auf 10 % aus. Dazu neigte u.a. auch Kartte , der diesem Vorschlag große Verwirklichungschancen einräumte. 25 Weiter befürwortete die SPD vor allem eine Abkopplung der Fusionskontrolle vom Kriterium der Marktbeherrschung. Ein Zusammenschluß sollte bereits dann un22

BT-Drucks. 10 / 2834, S.2; vgl. dazu auch den Bericht des CDU-Abgeordneten

Wissmann, BT-Drucks. 10/5704; vgl. auch den thematisch weitergreifenden Antrag der SPD-Fraktion zum Wettbewerb und Verbraucherschutz im Einzelhandel, BT-Drucks. 10/ 5002. 23 BT-Drucks. 11 /2017; vgl. HB v. 17.3.1988, S. 4. 24 So Jens in seiner Reaktion auf den TB BKartA 1985 /86, vgl. HB v. 9. 7. 1987, S.3. 25 Vgl. HB v. 16.5. 1988, S. 7.

1I. Darstellung der Novellierungsvorschläge

121

tersagt werden können, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung von Wettbewerbsbedingungen vorliegt. 26 Je nach Marktkonstellation sollte eine solche "wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs" schon bei Fusionen von EinzeIumsätzen ab einer Milliarde DM vermutet werden können. 27 Für Großunternehmen des Handels bedeutet dieser Vorschlag im Ergebnis ein Fusionsverbot. 28 Dies wird bei der Betrachtung der Umsatzzahlen der größten zwanzig Lebensmittelhandelsunternehmen deutlich, die zwischen 18,4 Mrd. und 1,7 Mrd. DM liegen. 29 Die SPD lehnte also zwar einerseits eine spezielle Fusionskontrolle für den Handel ab, war aber andererseits der Auffassung, daß durch den Abkopplungsvorschlag Zusammenschlüsse wie "Metro-Kaufhof' oder "Asko-Massa" hätten verhindert werden können. 30

b) Vorschlag der Grünen Für eine Verstärkung der Strukturkontrolle durch Absenkung der Eingriffsschwelle bei der Zusammenschlußkontrolle sprach sich auch die BT-Fraktion der Grünen aus. 31 c) Monopolkommission

SPD32 und Grüne 33 beziehen sich in ihren Vorschlägen ausdrücklich auf die Monopolkommission. Diese schlug in ihrem Sechsten Hauptgutachten eine Abkopplung der Eingriffsschwelle vom Tatbestand der Marktbeherrschung vor. 34 26 BT-Drucks. 10/2843, S. 2; HB v. 13.2.1985, S. 4; HB v. 1. 7.1987, S. 4; HB v. 2.3. 1988, S. 15; HB v. 11. 4. 1988, S. 3; HB v. 26. 4. 1988, S. 4; Jens, Aktive Wettbewerbspolitik als Voraussetzung einer dezentralen marktwirtschaftlichen Ordnung, S. 49, 52 ff.; ders., WD 1988, 393, 394. Vgl. auch I. Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 296; ders., WD 1989, 131, 136, der ebenfalls eine "wesentliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsbedingungen" als Untersagungskriterium für Fusionen favorisierte. Die Formulierung "wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs" ist dabei offensichtlich dem US-amerikanischen Anti-Trust-Law (Sec.7 Clayton Act) entlehnt. 27 HB v. 2.3.1988, S. 15; vgl. auch BT-Drucks. 10/2843, S. 2 f. 28 Vgl. Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11. 29 Zahlen aus G+L Umsatzkonzentration - Die TOP 200 1987/88, abgedruckt in MA 1988,69. 30 HB v. 17.3. 1988, S. 4. 31 LZ v. 5.2. 1988, S. 30; darüber hinausgehend wollten Die Grünen auch eine spezielle Nachfragemachtdefinition einführen. Zu neueren Vorschlägen vgl. WuW 1989,275. 32 Jens, Aktive Wettbewerbspolitik als Voraussetzung einer dezentralen marktwirtschaftlichen Ordnung, S. 49, 54. 33 LZ v. 5.2. 1988, S. 30. 34 MK, Hauptgutachten VI, Tz. 475.

122

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Eine Untersagungsmöglichkeit sollte nach den Vorstellungen der Monopolkommission dann bestehen, wenn entweder keine Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen zu erwarten sind oder die zu erwartenden Verbesserungen nicht ausreichen, um die zu erwartenden Verschlechterungen der Wettbewerbsbedingungen zu überwiegen. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß die Mehrheit der Monopolkommission diesen Abkopplungsvorschlag im Hinblick auf konglomerate Großfusionen vom Zuschnitt Daimler-Benz / AEG in die Diskussion einbrachte. 35 Für horizontale Zusammenschlüsse im Bereich des Lebensmittelhandels, wie etwa "Coop-Wandmaker" oder auch "Asko-Massa", vertritt die Monopolkommission dagegen die Auffassung, daß diese Zusammenschlüsse wegen des erheblichen Wettbewerbs auf den Lebensmittelmärkten nicht untersagt werden sollten. 36 In ihrem Siebten Hauptgutachten vom Juli 1988 hat sich die Monopolkommission nochmals eindeutig gegen eine Verschärfung der Fusionskontrolle im Handel - auch unter Berücksichtigung der spektakulären Zusammenschlüsse der letzten Jahre - ausgesprochen. 37 Es ist also nicht korrekt, sich in bezug auf eine Verschärfung der Fusionskontrolle im Lebensmittelhandel auf die Monopolkommission zu berufen. d) Bewertung

Eine Abkopplung der Fusionskontrolle vom Kriterium der Marktbeherrschung ist jedoch grundsätzlich abzulehnen. 38 Sie würde erhebliche Rechtsunsicherheit in den Bereich der Zusammenschlußkontrolle bringen und letzten Endes zu einer Verlagerung der Einzelfallentscheidung auf die Judikative führen. Nicht zu unterschätzen sind auch die ordnungspolitischen Risiken, die in einer zu weitgehenden Ausdehnung des kartellbehördlichen Beurteilungsspielraumes liegen. Der Machtbezug der Fusionskontrolle würde aufgegeben. Darüber hinaus gibt die Abkopplungslösung leichtfertig 15 Jahre Anwendungserfahrung aus der bisherigen Praxis preis. 39 Im übrigen ist eine Abkopplung bereits bei den Beratungen zur 4. GWBNovelle abgelehnt worden. 4O Man sollte sie aus den genannten Gründen erst MK, Hauptgutachten VI, Tz. 468 ff. MK, Sondergutachten 14, Tz. 121, 149, 160. 37 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 38 ff., 42; vgl. dazu die scharfe Kritik des bayerischen Wirtschaftsministers Tandler, WuW 1988,848 f. = MA 1988,416. 35

36

Ebenso Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3,9; Ulmer, MA 1987,326,333. Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 9. 40 Vgl. Stellungnahme der BReg. zum TB BKartA 1977, BT-Drucks. 8/ 1925, 11, sowie zum TB BKartA 1978, BT-Drucks. 8 /2980, 11; Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, BT-Drucks. 8/3690, S.23; zum Ganzen auch IMMestmäcker, § 23 a Rdnr. 4. 38

39

11. Darstellung der Novellierungsvorschläge

123

recht nicht isoliert für einzelne Wirtschaftszweige einführen. Sie zöge die Gefahr einer willkürlichen Steuerung der Unternehmens- und Marktstrukturen im Handel nach sich. 41 3. Anpassung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 22 GWB an die Besonderheiten der Handelsnachfrageseite Mehrere Novellierungsvorschläge zielten auf eine Verschärfung der Fusionskontrolle spezifisch für den Bereich des Handels ab, wobei - jedenfalls gedanklich - meist der Lebensmittelhandel im Vordergrund stand. Dabei sollten in unterschiedlicher Weise primär die materiellen Eingriffsvoraussetzungen des § 22 GWB an die Besonderheiten der Handelsnachfrage angepaßt werden. Flankierend wurde die Absenkung von Vermutungsschwellen vorgeschlagen.

a) Vorschlag von Ulmer Auf der Mitgliederversammlung des Markenverbandes in Köln im Mai 1987 unterbreitete Ulmer den Vorschlag, die Marktbeherrschung auf dem Nachfragemarkt des Handels durch Ergänzung von § 22 Abs.l GWB um eine Ziff.3 eigenständig zu bestimmen. 42 Dabei ging Ulmer grundSätzlich von der Unverzichtbarkeitsthese des BKartA 43 aus. Diese sollte allerdings klarstellend dahingehend ergänzt werden, daß es nicht um einzelne Lieferbeziehungen gehe, sondern - in Anlehnung an § 18 Abs.l Buchst.a GWB - um die Unverzichtbarkeit des Großnachfragers für eine Vielzahl gleichartiger Anbieter. Dementsprechend schlug Ulmerfolgenden Wortlaut einer Nr.3 in § 22 Abs.l GWB vor: "Marktbeherrschend ist auch ein Handelsuntemehmen, wenn eine für den Wettbewerb auf dem Markt erhebliche Zahl von Anbietem der zu seinem Sortiment gehörenden Waren von ihm in der Weise abhängig ist, daß ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Handelsunternehmen auszuweichen, nicht bestehen."44 Diese Marktbeherrschungsdefinition für Handelsnachfrager könne um einen entsprechenden Vermutungstatbestand in § 22 Abs.3 GWB ergänzt werden, der an entsprechend geringere Marktanteile großer Handelsunternehmen oder an das Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,299. Ulmer, MA 1987,326,332 ff.; ders., HB v. 27. 7. 1987, S. 14, HB v. 3.8. 1987, S. 12; ders., WuW 1987, 701, 704 f.; vgl. auch LZ v. 19.6. 1987, S.65 f.; FAZ v. 29.5. 1987, S. 16. 43 Dazu i.e. oben Teil 4 I 1. 44 Ulmer, WuW 1987,701,704; ders., HB v. 3. 8. 1987, S. 12; auch I. Schmidt, WD 1989, 131, 137 hielt diesen Vorschlag für bedenkenswert. Vgl. auch die zwar nicht auf den Handel beschränkte, aber im übrigen fast identische Formulierung im Referentenentwurf BMWi vom 15. 10. 1968, abgedruckt bei Benisch, WuW 1971,887, 888. 41

42

124

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Erreichen bestimmter, zur Unverzichtbarkeit führender Lieferanteile geknüpft wird. 45 Ein ähnlicher Vorschlag liegt auch dem am 16.12.1987 im Bundesrat eingebrachten Entschließungsantrag des Landes Rheinland-Pfalz zur Änderung des GWB zugrunde. 46 Weitergehend sollte danach von einer widerlegbaren Vermutung ausgegangen werden, daß bei festgestellter Abhängigkeit eines Anbieters auch die Abhängigkeit einer nicht unerheblichen Anzahl weiterer Anbieter gegeben ist und somit ein für das fragliche Sortiment marktbeherrschender Nachfrager vorliegt. 47 Eine differenzierte eigenständige Definition der Marktbeherrschung für die Nachfrageseite des Handels wurde u.a. auch vom Markenverband 48 , von der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BDE)49, vom Zentralverband des Deutschen Handwerks 50 und von der BT-Fraktion Die Grünen 51 unterstützt. b) Vorschläge der CDU Die Novellierungsvorschläge der CDU entstammen vornehmlich mittelstandspolitisch geprägtem Denken. An erster Stelle sind die CDU-Mittelstandspolitiker zu nennen, die auf eine zügige Novellierung drängten, um die ihrer Ansicht nach besorgniserregende Handelskonzentration zu stoppen. 52 Unterstützung fanden sie beim Arbeitnehmerflügel der CDU.53 Dabei kamen aus den Reihen der CDU wenigstens zwei handelsspezifische Vorschläge zur Verschärfung der Fusionskontrolle. aa) "Nachfragemachtbezogene Anpassung der Fusionskontrolle im Handel" Zum einen sprach sich die CDU für eine "nachfragemachtbezogene Anpassung der Fusionskontrolle im Handel" ausY Einen eigenen Vorschlag einer spezifiUlmer, MA 1987, 326, 334. 46 BR-Drucks.576/87. 47 BR-Drucks. 576/87, S. 6.

45

48

Novellierung des GWB, Vorschläge des Markenverbandes, MA 1987, 199; vgl.

Rüschen, Markenartikelindustrie, Handelskonzentration und Wettbewerbskontrolle, S.95, 103; HB v. 3. 12. 1987, S. 5; HB v. 4.5. 1988, S. 4; HB v. 23.6. 1988, S. 4. HB V. 4. 11. 1987, S. 7; FAZ v. 7. 11. 1987, S. 14; HB v. 4.5. 1988, S. 4. HB v. 1. 10. 1987, S. 1. 51 LZ V. 5.2. 1988, S. 30. 52 Vgl. FAZ v. 30.4. 1987, S. 13; FAZ v. 16.5. 1987, S. 13; HB v. 19.8. 1987, S. 1; HB v. 21. 10. 1987, S. 8; WuW 1987,963; HB v. 23.2. 1988, S. 4. 53 Blüm, laut WuW 1988, 181; HB v. 8.2. 1988, S. 3. 49

50

II. Darstellung der Novellierungsvorschläge

125

schen Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite des Handels legte die CDU allerdings nicht vor. Es kann aber davon ausgegangen werden, daß die Vorstellungen der CDU sich ursprünglich im wesentlichen mit dem Abhängigkeitskonzept von Ulmer deckten. 55 Jedenfalls wollte sich die CDU anfänglich nicht lediglich mit der Einfügung eines zusätzlichen Kriteriums der Nachfragemacht im Rahmen des bestehenden Marktbeherrschungstatbestandes des § 22 Abs.l Nr.2 GWB begnügen. 56 Flankierend befürwortete man in der CDU die Einführung einer handelsspezifischen Marktbeherrschungsvermutung. Ein Unternehmen des Handels mit Konsumgütern solle schon dann als marktbeherrschend gelten, wenn es als Nachfrager von Konsumgütern 3 % des Umsatzes der zu seinem Sortiment gehörenden Waren auf sich vereinigt. 57 bb) "Verbrauchernahe Handels- und Dienstleistungsbereiche" Ein zweiter Vorschlag aus den Reihen der CDU, der auf Kartte zurückgeht 58, wollte die Marktbeherrschungsvermutung für "verbrauchernahe Handels- und Dienstleistungsbereiche" auf 20, 15 oder 10 % herabsetzen bzw. den Marktbeherrschungstatbestand des § 22 Abs.l Nr.2 GWB für den verbrauchernahen Handels- und Dienstleistungsbereich erweitern. 59 Damit wäre im Ergebnis die Fusionskontrolle auf beiden Marktseiten des Handels verschärft. c) Bewertung

Die von Ulmer und der CDU verfolgten Vorschläge stellen materiell eine Sektoralisierung der Fusionskontrolle dar. Es wird der Versuch unternommen,

den Untersagungstatbestand für den Bereich des Handels schärfer zu fassen als für andere Wirtschaftsbereiche. Dies verstößt in eklatanter Weise gegen das Grundverständnis des GWB. 60 Zudem ergeben sich verfassungsrechtliche Bedenken. 54 Vgl. HB v. 29.7. 1986, S. 3; HB v. 22.7. 1987, S. 3; HB v. 14. / 15.8. 1987, S. 5; HB v. 24.2. 1988, S. 4; FAZ v. 4.3. 1988, S. 13; FAZ v. 7.3. 1988, S. 13; HB v. 14.4. 1988, S.4; HB v. 4.5. 1988, S. 4. 55 Vgl. HB v. 4.5. 1988, S. 4. 56 Vgl. HB v. 3. /4.6. 1988, S. 6. 57 HB v. 11. 4.1988, S. 3. 58 Vgl. HB v. 13. 11. 1986, S. 1. 59 Wissmann, GWB Bewährtes bewahren, Anpassungserfordemisse vollziehen, S. 73, 80; Hauser, Mehr Leistungswettbewerb durch GWB-Novellierung, S. 85, 93; HB v. 13. 11. 1986, S. 1; HB v. 22.7. 1987, S. 3; HB v. 9. /10. 10. 1987, S. 1. 60 Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11; Hölzler, HB v. 7.4. 1988, S. 7; Emmerich, FLF 1988,52; vgl. auch Biedenkopf, bei Grundsatzdiskuss. am 23. 11. 1987, in: BKartA, Quo vadis, Wettbewerbspolitik?, S. 52.

126

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Die Befürworter dieser Vorschläge berufen sich mitunter auf den Erfolg der Verschärfung der Pressefusionskontrolle durch die 3. GWB-Novelle. 61 Dabei wird jedoch übersehen, daß es sich bei den Sonderregeln zur Pressefusionskontrolle um branchenspezifische Ausformungen inhaltlich ansonsten unveränderter Regelungen handelt. 62 Auch die Pressefusionskontrolle steht materiell auf der Grundlage des Einzelmarktkonzeptes. Der Vorschlag von Ulmer läßt hingegen bei näherer Betrachtung den Marktbezug vermissen. 63 Die vertikale Abhängigkeit, sei es auch die einer auf dem Markt erheblichen Zahl von Anbietern, kann sinnvoll nur nach der Abnahmequote des Produktionsvolumens der Anbieter bestimmt werden. Abnahmequoten haben jedoch mit Marktanteilen der N achfrager auf dem Beschaffungsmarkt nichts gemein. Unklar ist zudem, ob die Quote nach dem Gesamtumsatz eines Herstellers oder nach seinem Umsatz innerhalb jeweils einer Produktgruppe berechnet werden soll. Weiterhin ist offen, ob auch die Umsatzzahlen von verbundenen Unternehmen mit einzubeziehen sind. Der Vorschlag stellt aber nicht nur eine Abkehr vom Einzelmarktkonzept dar und ist mit erheblichen Auslegungsschwierigkeiten belastet; er wirkt darüber hinaus auch kontraproduktiv. Die kleinen und mittleren Hersteller, deren Schutz intendiert ist, laufen Gefahr, von Nachfragern nur deshalb ausgelistet zu werden, weil diese eine "Nachfragemarktbeherrschung" im Sinne der neuen Definition damit möglicherweise ausschalten können. 64 Ein Nachfrager, der bisher seinen Bedarf bei mehreren kleineren Herstellern orderte und bei diesen einen Lieferanteil von jeweils 25 oder 30 % besitzt, wird - etwa wenn ein Zusammenschluß bevorsteht - bestrebt sein, bei einem umsatzstarken Anbieter einzukaufen, bei dem er mit derselben absoluten Bezugsmenge einen Lieferanteil von lediglich 3 % erreicht. Darüber hinaus führt der Vorschlag von Ulmer zu einer weiteren Verkrustung der Märkte, indem bestehende Größenunterschiede in der Handelslandschaft tendenziell zementiert und das Nachwachsen leistungsfähiger Einheiten durch Aufholfusionen unterbunden wird. 65 Schließlich hat der Vorschlag von Ulmer die Konsequenz, daß mehrere Unternehmen auf einem Markt gleichzeitig Marktbeherrscher sein können, da die vorgeschlagene Marktbeherrschungsdefinition problemlos von mehreren Nachfragern gleichzeitig erfüllt werden kann. Einzelmarktbeherrschung mehrerer Unternehmen gleichzeitig auf einem Markt ist jedoch denknotwendig ausgeschlossen. 66 Eine überragende MarktsteIlung im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern kann auf einem Markt nur ein Unternehmen innehaben. 67 So Ulmer, MA 1987, 326, 332; I. Schmidt, WD 1989, 131, 137. Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11. 63 Vgl. Hölzler, HB v. 7.4. 1988, S. 7. 64 Hölzler, HB v. 7.4. 1988, S. 7. 65 Vgl. Ahlert I Wellmann, BPuP 1988, 250, 265 f., die demgegenüber eine Kontrolle internen Wachstums favorisieren (vgl. aaO., S. 268 ff.). 61

62

11. Darstellung der Novellierungsvorschläge

127

Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine materielle Sonderfusionskontrolle für den Handel ergeben sich vor allem im Hinblick auf Art.3 Abs.l GG. Für eine handelsspezifische Fusionskontrolle läßt sich ein sachlicher Rechtfertigungsgrund im Sinne des Art.3 GG - insbesondere im Verhältnis zur Nachfragemacht der Industrie gegenüber den Zulieferern - schwerlich begründen.

4. Eigenständige Marktbeherrschungsdetinition für die Nachfrageseite generell

a) Vorschlag des DIHT Nachdem auch der DIHT zunächst eine auf die speziellen Verhältnisse im Handel zugeschnittene Definition der Eingriffskriterien erwogen hatte 68 , lehnte er später eine Sektoralisierung der Fusionskontrolle ebenso ab wie eine Abkopplung von der Marktbeherrschung. 69 Der Begriff der Marktbeherrschung müsse vielmehr so definiert werden, daß er auch zu einer sachgerechten Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten des Handels geeignet sei. 70 Konkrete Vorschläge für einen neuen Marktbeherrschungstatbestand in diesem Sinne legte der DIHTallerdings nicht vor. Lehnt man jedoch eine Sektoralisierung der Fusionskontrolle ab und will man die Fusionskontrolle im Hinblick auf die "Nachfragemacht" des Handels verschärfen, so liegt es nahe, eine eigene Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite generell, also nicht beschränkt auf den Handel, in § 22 GWB aufzunehmen. Ob der DIHT dies befürworten wollte, erscheint aber mehr als zweifelhaft.

b) Weitere Diskussionsbeiträge In dieselbe Richtung wie die Überlegungen des DIHT wiesen auch die Beiträge zur Novellierungsdiskussion von Sauter 71 sowie von einigen Politikern der CSU 72 •

66 Vgl. KG WuW /E OLG 2234, 2235 ("Tonelli-Blei- und Silberhütte Braubach") für das Verhältnis von Einzelmarktbeherrschung und Oligopolmarktbeherrschung. 67 Vgl. Hölzler, HB v. 7.4. 1988, S. 7. 68 DIHT, Handel im Umbruch, S. 26. 69 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S.31 = ZIP 1987, 1354, 1357; HB v. 24.6. 1987, S. 3; HB v. 28.7. 1987, S. 3; HB v. 4. /5. 3. 1988, S. 7. 70 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 31 = ZIP 1987, 1354, 1357. 71 Sauter, Mißbrauch von Nachfragemacht und Behinderung unterlegener Wettbewerber - Ungelöste Probleme, S. 107, 117. 72 Vgl. (Jaumann) HB v. 14. /15.8. 1987, S. 5; (Zimmermann) LZ v. 1. 7. 1988, S. 22.

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Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Allerdings blieb auch hier unklar, wie ein neuer Marktbeherrschungstatbestand für die Nachfrageseite konkret aussehen soll, wenn einerseits eine Sektoralisierung abgelehnt wird und andererseits die Fusionskontrolle für die Nachfrageseite der Industrie nicht verschärft werden soll. c) Bewertung

Eine eigenständige verschärfte Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite generell ist grundsätzlich abzulehnen. Dieser Vorschlag hätte unübersehbare Konsequenzen für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie, deren Fusionen ebenso betroffen wären wie Zusammenschlüsse von Handelsunternehmen. Vielfach sind kleine und mittlere Zulieferbetriebe abhängig von ihren industriellen Abnehmern. Wollte man eine gewisse gebündelte Abhängigkeit im Sinne von Ulmer als Untersagungsgrund für Nachfragemarktbeherrschung generell gelten lassen, so müßten in der Tat viele Zusammenschlüsse von Industrieunternehmen wegen "Nachfragemarktbeherrschung" untersagt werden. Schon jetzt hat aber die Bundesrepublik Deutschland weltweit die schärfste Fusionskontrolle. Eine weitere Verschärfung im genannten Sinne wäre gerade auch im Hinblick auf die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes und die Schaffung einer gemeinschaftsweiten Fusionskontrolle 73 wenig sinnvoll. 74 Darüber hinaus ist für eine generelle Sonderbehandlung der Nachfrageseite gegenüber der Angebotsseite kein durchschlagender Grund ersichtlich. Die spezifischen Besonderheiten des Nachfragewettbewerbs lassen sich im Rahmen der nach dem bislang geltenden Recht vorzunehmenden Gesamtbetrachtung bei der Ermittlung von Marktbeherrschung, in die auch das Wettbewerbsverhalten einfließen kann, hinreichend berücksichtigen. 5. Weitere Vorschläge

Neben den drei dargelegten, das bislang geltende Fusionskontrollrecht in seiner Substanz betreffenden Novellierungsvorschlägen, wurden einige weniger tiefgreifende Änderungen vorgeschlagen, die sich insofern als Randkorrekturen am geltenden Recht bezeichnen lassen, als sie keine neuen Marktbeherrschungstatbestände schaffen.

73 74

Dazu Teil 6 II 3; Teil 6 III 3. Vgl. MK, Hauptgutachten VII, Tz. 39.

11. Darstellung der Novellierungsvorschläge

129

a) Gesetzliche MarktabgrenzungsdeJinition Der DIHT regte an, die Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes so zu definieren, daß eine sachgerechte Beurteilung der Wettbewerbsverhältnisse auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten des Handels möglich werde. Dabei könnten die Auslegungskriterien Berücksichtigung finden, die das BKartA zur sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung im Handelsbereich entwickelt hat. 75 Auch der Markenverband forderte im Hinblick auf die "Nachfragemacht des Handels" ausdrücklich eine gesetzliche Definition des relevanten Marktes. 76 Nach seiner Vorstellung sollte bei der sachlichen Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes auf das gesamte von einem Handelsunternehmen nachgefragte Sortiment abgestellt werden. In räumlicher Hinsicht wurde eine gesetzliche Festschreibung auf regionale Beschaffungsmärkte befürwortet. 77 Eine gesetzliche Definition des relevanten Beschaffungsmarktes würde ein völliges Novum im GWB darstellen. Die Vorschläge des DIHT und des Markenverbandes übersehen, daß der relevante Markt nur jeweils einzelfallbezogen anband der jeweiligen Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite abgegrenzt werden kann. Die dabei im Einzelfall vorzunehmenden Wertungen dürfen und können nicht gesetzlich vorweggenommen und festgeschrieben werden, will man nicht jeglichen Wettbewerbsbezug in der Fusionskontrolle aufgeben. Hinzu kommt, daß bei der sachlichen Abgrenzung von Beschaffungsmärkten im Lebensmittelhandel nicht auf das Gesamtsortiment, wie vom Markenverband vorgeschlagen, sondern grundsätzlich auf Produktgruppen und Vertriebsleistungen abzustellen ist. 78 Die räumliche Marktabgrenzung wird dann für jeden sachlich relevanten Markt unterschiedlich ausfallen. Keinesfalls aber ist sie für das gesamte Sortiment bzw. für alle Produktgruppen regional vorzunehmen. 79

b) Streichung des Tatbestandsmerkmals "im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" Als Minimallösung wurde der aus dem BMWi stammende Vorschlag diskutiert, im Marktbeherrschungstatbestand des § 22 Abs.l Nr.2 GWB das Tatbestandsmerkmal "im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" zu streichen. Dadurch könne

75 DIHT, Konzentration im Zwielicht, S. 31 = ZIP 1987, 1354, 1357; vgl. auch HB v. 24.6. 1987, S. 3; HB v. 28.7. 1987, S. 3. 76 MA 1987, 199; Rüschen, Markenartikelindustrie, Handelskonzentration und Wettbewerbskontrolle, S. 95, 103 f. 77 MA 1987, 199. 78 Dazu ausführlich oben Teil 3 11 5. 79 Dazu näher oben Teil 3 III.

9 Bergmann

130

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

der Rechtsprechung vom Gesetzgeber ein Hinweis gegeben werden, gerade bei Handelsfusionen stärker auch auf bilaterale Beziehungen abzustellen. Dieser Ansatz ist jedoch entschieden abzulehnen. Bei näherer Betrachtung handelt es sich nicht um eine Minimallösung; der Vorschlag stellt vielmehr die gesamte bisherige Systematik der Marktbeherrschungstatbestände und das Verständnis des Tatbestandes der überragenden Marktstellung in Frage. Seine gefährlichen Konsequenzen reichen weit über die Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite hinaus. Wurde eine überragende Marktstellung bislang dann angenommen, wenn ein Wettbewerber gegenüber seinen Mitwettbewerbern auf dem relevanten Markt einen überragenden Verhaltensspielraum innehatte, so wird durch die Streichung des Merkmals "im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" gerade dieses Konzept in Frage gestellt. Es bestünde die Gefahr, daß die Rechtsanwendungsorgane zur Bestimmung von Marktbeherrschung entscheidend auf vertikale Druckausübungsmöglichkeiten abstellen, was eine Verhinderung wettbewerblicher Anpassungsprozesse zur Folge hätte. Würde die Rechtsprechung dagegen - was nahe liegt - auch aufgrund einer solchen Gesetzesänderung bilaterale Macht im Sinne von Partnermacht für Marktbeherrschung nach § 22 GWB nicht genügen lassen, sondern weiterhin auf das Gefalle in den Verhaltensspielräumen der Wettbewerber untereinander abstellen, so bliebe die versuchte Änderung der Rechtslage ohne Erfolg und könnte von vornherein unterbleiben. c) Einfügung weiterer Kriterien in § 22 Abs.l Nr.2 GWB

Ein weiterer Vorschlag aus dem BMWi ging dahin, in den Tatbestand des § 22 Abs.l Nr.2 GWB zusätzliche Kriterien einzufügen, um stärker auf die

spezifischen Nachfragebeziehungen zwischen Handel und Industrie abzuheben. Damit sollte der Rechtsprechung ein Signal 80 gegeben werden, bei der Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung die "Nachfragemacht" stärker als bisher zu berücksichtigen. 81 Dies könnte erreicht werden durch die in den Text des § 22 Abs.l Nr.2 GWB einzufügenden Kriterien "die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen" und "die Möglichkeiten der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen".82 Ergänzend sollten im Text des § 22 Abs.l Nr.2 GWB die Worte "oder Gruppe" nach den Worten "einer bestimmten Art" eingefügt werden. 80 Zur Signalgebungsfunktion und den Vorüberlegungen im BMWi vgl. Geberth, FIWHeft 127, S. 55, 65. 81 Vgl. HB v. 13.4. 1988, S. 1; HB v. 4.5. 1988, S. 4; HB v. 19.5. 1988, S. 1; HB v. 20./21. 5.1988, S. 2. 82 Da sich die Koalitionsparteien im wesentlichen auf diesen Vorschlag einigten, erfolgt eine Bewertung im Rahmen der Untersuchung der 5. GWB-Novelle, vgl. Teil 5 IV 3.

II. Darstellung der Novellierungsvorschläge

131

Bereits bisher wurde allgemein davon ausgegangen, daß auch eine bestimmte Gruppe von Waren unter den Begriff "bestimmte Art von Waren" zu subsumieren ist. Seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Fall "Metro-Kaufhof' steht fest, daß auch ein umfassendes Sortiment als bestimmte "Art von Waren" i.S.d. § 22 Abs.l Nr.2 GWB angesehen werden kann. 83 Diese Aussage des Bundesgerichtshofs steht zwar im Zusammenhang mit Marktbeherrschung auf der Angebotsseite des Handels, sie gilt im Grundsatz aber ebenso für die Nachfrageseite. Eine ganz andere Frage ist es, ob bei einem Zusammenschluß zweier Lebensmittelhandelsunternehmen der relevante Beschaffungsmarkt tatsächlich sortimentsweit oder nicht vielmehr produktgruppen- bzw. vertriebsleistungsbezogen abzugrenzen ist. 84 Dieses Problem wird allerdings durch die Einfügung der Worte "oder Gruppe" keiner Lösung zugeführt. Kirschner schlug darüber hinaus vor, § 22 Abs.l Nr.2 GWB zusätzlich durch den Passus "sowie seine überlegene Marktmacht auf mehreren Märkten" zu ergänzen. 85 Damit könne bei der Ermittlung von Marktbeherrschung zusätzlich eine "Mehrmarktbetrachtung" durchgeführt werden, was zu einer besseren Berücksichtigung konglomerater Unternehmensmacht im Handel führe. Dieser Vorschlag ist indes abzulehnen, da er das gesetzlich verankerte und bewährte Einzelmarktkonzept aufzulösen droht. Dem Problem konglomerater Zusammenschlüsse kann hinreichend über das Merkmal der Finanzkraft begegnet werden. d) Vermutungsansätze

In die Diskussion wurden auch mehrere bei den Vermutungstatbeständen ansetzende Novellierungsvorschläge eingebracht. aa) Halbierung der Marktanteile Ebel sprach sich dafür aus, die Vermutungstatbestände des geltenden Rechts für die Nachfrageseite erheblich herabzusetzen, zumindest aber zu halbieren. 86 In § 22 Abs.3 und in § 23 a Abs.3 GWB solle jeweils der folgende Satz eingefügt werden: "In Käufermarktsituationen sind für die Prüfung von Nachfragemacht die vorgenannten Marktanteile zu halbieren."

Diesem Vorschlag liegen zwei Erwägungen zugrunde. Zum einen wurden im Coop-Wandmaker-Fall die Vermutungsgrenzen auf den Beschaffungsmärkten, BGH WuW /E BGH 2231, 2234 ("Metro-Kaufhof"). Ausführlich dazu oben Teil 3 II 5. 85 Kirschner, WRP 1989, 73, 77; ders., Nachfragemacht, S. 249 f. 86 Ebel, ZRP 1988,66,68; vgl. auch BVE, LZ v. 31. 3. 1988, S. 1; Säcker, BB 1988, 416,419; zu ähnlichen Vorschlägen im Rahmen weitergehender Konzepte vgl. Teil 5 II 3. 83

84

9'

132

Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

im Gegensatz zu den Angebotsmärkten 87, nicht erreicht. 88 Die geltenden Vermutungsgrenzen hätten sich - so wird gefolgert - für die Nachfrageseite als wirkungslos erwiesen. Zum anderen sei Marktrnacht auf der Nachfrageseite in Käufermarktsituationen i.d.R. schon bei geringeren Konzentrationsgraden erreicht als auf der Angebotsseite. Gegen diesen Vorschlag spricht zunächst schon die Relativität des Marktanteilkriteriums, also etwa die Abhängigkeit der Aussagekraft von Marktanteilen vom Vorliegen oder Nichtvorliegen anderer Kriterien. 89 Zudem konnte der Satz, Marktrnacht auf der Nachfrageseite liege bereits tendenziell bei niedrigeren Marktanteilen vor als auf der Angebotsseite, bislang empirisch nicht belegt werden. 90 Schließlich ist auf die begrenzte Wirkung der Vermutungstatbestände hinzuweisen. Bis auf die qualifizierte Oligopolvermutung wirken sie sich lediglich in einer non-liquet-Situation aus. Auch die weitergehende qualifizierte Oligopolvermutung hat sich in der Praxis jedoch bislang nahezu als wirkungslos erwiesen. In praktisch allen Fällen konnten die betroffenen Unternehmen die Vermutung durch den Nachweis hinreichend bestehenden Oligopolbinnenwettbewerbs widerlegen. 91 Die Halbierung der Marktanteilsschwellen würde zwar den Handeisunternehmen die Darlegungslast für solche Fakten aufbürden, die geeignet sind, die Vermutung zu entkräften. Im Ergebnis dürfte die Widerlegung aber auch auf der Nachfrageseite des Handels - jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt - regelmäßig gelingen, selbst wenn man die im Vergleich zum Angebotswettbewerb andersartige Qualität des Nachfragewettbewerbs in einem Käufermarkt in Rechnung stellt. bb) Unwiderlegbarkeit der qualifizierten Oligopolvermutung An die Tatsache, daß aufgrund ihrer Widerlegbarkeit auch die qualifizierte Oligopolvermutung in der Untersagungspraxis der Fusionskontrolle bis heute eine untergeordnete Bedeutung einnimmt, knüpft ein aus dem BKartA stammender Vorschlag an. Danach sollte die qualifizierte Oligopolvermutung des § 23 a Abs.2 GWB ungeachtet der tatsächlichen Wettbewerbsbedingungen unwiderlegbar ausgestaltet werden. 92 87 88

KG WuW jE OLG 3917, 3922 ff. ("Coop-Wandmaker"). S. dazu oben Teil 4 V 2.

Dazu ausführlich oben Teil 4 III 3 b) aa) (1). Hö[z[er, HB v. 7.4. 1988, S. 7. 91 Vgl. Hö[z[er, HB v. 7.4. 1988, S. 7; Kartte, Braucht das Bundeskartellamt schärfere Waffen?, S. 50,51. 92 Kartte bei einem Symposium des CDU-Wirtschaftsrates am 12.4. 1988, WuW 1988,488,489; vgl. auch HB v. 4. 5.1988, S. 4; zu diesem Vorschlag auch I. Schmidt, WD 1989, 131, 137. 89

90

II. Darstellung der Novellierungsvorschläge

133

Damit wäre allerdings lediglich die Angebotsseite des Lebensmittelhandels betroffen, da auf der Nachfrageseite die Vermutungsschwellen derzeit nicht erreicht werden. Für die hier im Vordergrund stehende Nachfrageseite bliebe der Vorschlag beim gegenwärtigen Konzentrationsgrad wirkungslos. Auf den eng abgegrenzten regionalen Absatzmärkten des Lebensmittelhandels hätte der Vorschlag zur Folge, daß die jeweilige Spitzengruppe von Anbietern stets unwiderlegbar ein "marktbeherrschendes" Oligopol bilden würde. Die Konsequenz wäre ein per-se-Verbot für alle größeren Handelszusammenschlüsse. 93 Damit ist jeglicher Wettbewerbsbezug in der Fusionskontrolle aufgegeben. Soll die Unwiderlegbarkeit nur für den Handel mit Konsumgütern Geltung beanspruchen, so kommen die gegen eine Sektoralisierung der Zusammenschlußkontrolle bestehenden ordnungspolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken hinzu. 94 e) Streichung der Bagatellmarktklausel

§ 24 Abs.8 GWB begrenzt den Anwendungsbereich der materiellen Fusionskontrolle. Die Bagatellmarktklausel des § 24 Abs.8 S.l Nr.3 GWB nimmt Zusammenschlüsse von der materiellen Fusionskontrolle aus, soweit ein Markt betroffen ist, auf dem seit mindestens fünf Jahren Waren oder gewerbliche Leistungen angeboten werden und auf dem im letzten Kalenderjahr weniger als 10 Mio. DM umgesetzt wurde. Ein solcher Bagatellmarkt gilt als wettbewerbspolitisch unbedeutend. 95

Dennoch sehen die Befürworter der Streichung dieses Ausnahmetatbestandes die Gefahr, daß auf eng abgegrenzten räumlichen Angebotsmärkten des Handels, etwa in ländlichen, dünnbesiedelten Räumen, große Einzelhandelsunternehmen - unbehelligt von einer Fusionkontrolle - kleinere Handelsgeschäfte aufkaufen könnten. 96 Im Vergleich zu allen anderen Vorschlägen erscheint eine Streichung der Bagatellmarktklausel ordnungspolitisch kaum bedenklich. Dennoch wäre damit die für kleine Einzelhändler oftmals einzige Verwertungsmöglichkeit ihres Geschäftes durch Verkauf beseitigt. 97 Insofern ist auch diese Maßnahme zweischneidig. 98 Ohnehin trifft sie in aller Regel lediglich die Angebotsseite des Handels, da aufgrund der meist bundesweit abzugrenzenden Beschaffungsmärkte das Marktvolumen auch bei einer produktgruppen- und vertriebsleistungsbezogenen sachlichen Marktabgrenzung die IO-Mio.-Grenze praktisch immer überschreiten dürfte. 93 94

95 96

97 98

Hö[z[er, HB v. 7.4. 1988, S. 7. Dazu bereits oben Teil 5 II 3 c). Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, Rdnr. 828. Vgl. den Hinweis bei Hölz[er, HB v. 7.4. 1988, S. 7. Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 12; Hö[z[er, HB v. 7.4. 1988, S. 7. Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 12.

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Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

111. Argumente gegen eine Verschärfung der Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite des Handels Obwohl feststeht, daß es zu einer Veränderung des GWB im Hinblick auf die Nachfrageseite des Handels in der Zusammenschlußkontrolle kommen wird, werden der Vollständigkeit halber die wichtigsten in der Diskussion vorgebrachten Argumente, welche gegen eine solche Novellierung sprechen, überblicksmäßig dargestellt. Zunächst scheint schon der Zeitpunkt der Novelle nicht geeignet. 99 Erst neun Jahre zuvor ist eine nicht unwesentliche Änderung des Kartellgesetzes durchgeführt worden. Die Wirtschaft sollte nicht zu häufig veränderten Rahmendaten ausgesetzt werden. 100 Als Grundgesetz der Marktwirtschaft haben sich das GWB insgesamt über 30 Jahre lang 101 und die Vorschriften über die Zusammenschlußkontrolle in 15 Jahren 102 durchaus bewährt. "Das GWB bietet sich nicht als Experimentierfeld für einen vorschnellen gesetzgeberischen Aktionismus an." 103 Wichtiger ist demgegenüber die Stetigkeit der Kartellrechtsordnung. I04 Hoppmann äußerte die Befürchtung, "daß jede Änderung des Gesetzes die Dinge nur verschlechtert". 105 Auch die bevorstehende Einführung einer gemeinschaftsweiten Zusammenschlußkontrolle lO6 auf europäischer Ebene läßt eine Verschärfung des deutschen Fusionskontrollrechts, welches ohnehin schon das strengste in Europa ist, derzeit wenig sinnvoll erscheinen. 107 Hinzu kommt, daß das nationale Recht durch ständige Internationalisierung ohnehin vermehrt an seine Grenzen stößt. 108 Jede Änderung der Fusionskontrolle birgt ungeheure ordnungspolitische, wettbewerbspolitische und rechtssystematische Sprengkraft in sich. 109 Dies wurde bei der Bewertung der einzelnen Novellierungsvorschläge deutlich. Die Fusionskontrolle sollte im Rahmen einer Novellierung daher unverändert gelassen werMK, Hauptgutachten VII, Tz. 39; BDI, HB v. 18./19. 11. 1988, S. 5. MK, Hauptgutachten VII, Tz. 39. 101 Scholz, HB v. 9. 11. 1987, S. 3; Markert, WuW 1988, 181, 185. 102 Lambsdorjf, Kein verordneter Wettbewerb, S. 59,70; ders., HB v. 1. 3.1988, Beil.

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Scholz, HB v. 9. 11. 1987, S. 3; zustimmend Markert, WuW 1988, 181, 185. Möschel, Wettbewerbspolitik aus ordoliberaler Sicht, S.707, 721; Greijfenberg,

Strukturentwicklung und Konzentration, S. 70, 83. 105 H oppmann, bei Grundsatzdiskuss. am 23. 11. 1987, in: BKartA, Quo vadis, Wettbewerbspolitik?, S. 48. 106 Vgl. dazu ausführlich Teil 6 11 3, III 3. 107 Vgl. MK, Hauptgutachten VII, Tz. 39; Klaue, HB v. 20.8. 1987, S. 5; Markert, WuW 1988, 181, 182; Emmerich ,WM 1988, 1773, 1779; vgl. auch CDU-Wirtschaftsrat, laut HB v. 9. 6. 1988, S. 4; BDI, laut HB v. 18. 1. 1988, S. 1; in diese Richtung auch der Leiter der Arbeitsgruppe Wettbewerb beim BMWi Geberth, FIW-Heft 132, S. 1,4. 108 Vgl. Tietz, Strukturentwicklung und Wettbewerb, S. 12, 52. 109 Hölzler, HB v. 7.4. 1988, S. 7.

III. Argumente gegen eine Verschärfung der Fusionskontrolle

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den. Im übrigen setzt die Fusionskontrolle nicht an den Ursachen der Konzentration, sondern an ihren Symptomen an. 110 Eine Verschärfung der Fusionkontrolle würde darüber hinaus die Konzentration durch internes Wachstum erhöhen. 111 Das vermutete Problem wird letztlich nur verschoben. Im Handel herrscht derzeit auf beiden Marktseiten lebhafter Wettbewerb. 112 Der Prozeß der Strukturanpassung im Handel ist zwar mit dem Ausscheiden einer Vielzahl von Marktteilnehmern verbunden, vollzieht sich aber noch deutlich unterhalb der Schwelle der Marktbeherrschung. 113 Die Handelskonzentration ist insgesamt betrachtet ebensowenig besorgniserregend 114 wie die Konzentration im Lebensmittelhandel. Die Konzentration wirkte sich bislang auch zugunsten des Verbrauchers aus. 115 Die Handelsmargen, die er heute finanzieren muß, sind erheblich geringer als früher. Der Konzentrationsprozeß ist Ausdruck kostengünstiger Vertriebsformen. 116 Nach Einschätzung des Branchenkenners Wiegandt spart der deutsche Verbraucher durch den Strukturwandel und den Konzentrationsprozeß im Handel jährlich etwa 21 Mrd. DM ein. 117 Es ist zu erwarten, daß Kostenvorteile auch in Zukunft an den Verbraucher weitergegeben werden. Das Entstehen oligopolistischer Marktstrukturen im Lebensmittelhandel ist nicht zu befürchten. 118 Ein Heraufsetzen der Preise erscheint wegen der eher niedrigen Marktzutrittsschranken als unwahrscheinlich. 119 Auch mit ernsthaften regionalen Versorgungsproblemen ist nicht zu rechnen, da durch neue Vertriebsformen, wie ambulanter, mobiler Verkauf oder Teleshopping, eventuell auftretende Versorgungslücken geschlossen werden können. 120 Harms, Reparatumovelle für das GWB, S. 137, 154; ders., MA 1987,516,520. Tietz, Strukturentwicklung und Wettbewerb, S. 12,44; Harms, MA 1987,516,520. 112 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 41; Emmerich, FLF 1988, 10, 11; ders., WM 1988, 1773,1778; Markert, WuW 1988, 180, 183; ders., Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15, 18; so im übrigen auch die Einschätzung im Regierungsentwurf der 5. Novelle, BT-Drucks. 11/4610, S. 10, 18. 113 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 42. 114 Immenga, FAZ v. 29. 3. 1988, S. 14; Greiffenberg, Strukturentwicklung und Konzentration, S. 70, 74, 80 f.; Emmerich, FLF 1988, 10, 11, weist darauf hin, daß im usamerikanischen Einzelhandel die Konzentrationsrate doppelt so hoch ist wie in der Bundesrepublik Deutschland. 115 V. Weizsäcker, WuW 1987,706; Frankfurter Institut, Argumente Nr. 20, S. 5. 116 V. Weizsäcker, WuW 1987, 706. 117 Wiegandt, Bemerkungen zur Marktrnacht des Handels, S. 29. 118 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987, 287, 297; Wiegandt, Die Konzentration im Lebensmittelhandel, S. 119, 125; ders., Bemerkungen zur Marktmacht des Handels, S. 29,30. 119 Mestmäcker, bei Grundsatzdiskuss. am 23. 11. 1987, in: BKartA, Quo vadis, Wettbewerbpolitik?, S. 49; vgl. im übrigen auch Regierungsentwurf für die 5. Novelle, BTDrucks. 11/4610, S. 18. 120 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,297 f.; Wiegandt, Bemerkungen zur Marktmacht des Handels, S. 29, 31; ders., Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, 110

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Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Die Novellierung verfolgt einen wettbewerbsfeindlichen Schutz bestehender Marktstrukturen. 121 Das GWB bezweckt demgegenüber nicht die Erhaltung des Bestehenden, solange Zusammenschlüsse sich unterhalb der Marktbeherrschungsschwelle bewegen. Der Gedanke des Mittelstandsschutzes ist dem deutschen Fusionskontrollrecht fremd. 122 Das Entdeckungsverfahren Wettbewerb sollte man auch hinsichtlich der Größenstruktur im Handel spielen lassen. 123 Welche Marktstruktur sich durchsetzt, muß und soll sich im Wettbewerb zeigen. 124 Das beklagte Phänomen Nachfragemacht ist letztlich nur der Ausdruck eines wettbewerblichen Prozesses, bei dem die Industrie gezwungen wird, Überkapazitäten abzubauen und technisch mögliche Größenerspamisse über die Hande1sstufe an die Verbraucher weiterzugeben. 125 Bilaterale Machtgefälle sind im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle ungeeignete Beurteilungskriterien, solange sie nicht Nachfragemarktbeherrschung begründen. 126 Branchenspezifische Regelungen im Bereich der Fusionskontrolle im Hinblick auf den Handel sollten auf jeden Fall verhindert werden. 127 Ansonsten treten Gleichbehandlungsprobleme mit der industriellen Nachfrageseite auf. 128 Weiterhin ist das geltende Recht der Zusammenschlußkontrolle hinsichtlich der Nachfrageseite des Handels noch nicht hinreichend ausgelotet. 129 Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt nicht vor. Wettbewerbspolitischer Handlungsbedarf für eine Verschärfung der Fusionskontrolle im Hinblick auf die Handelsnachfrageseite ist nach alledem auf der Grundlage eines ordoliberalen Wettbewerbsverständnisses 130 nicht ersichtlich. Deregulierung hinsichtlich hoheitlicher Marktzutrittsbeschränkungen wäre dagegen wettbewerbspolitisch dringend geboten und wünschenswert. 131 S. 119, 125; Emmerich, FLF 1988, 10, 11; vgl. demgegenüber I. Schmidt, WD 1989, 131, 133. 121 Frankfurter Institut, Argumente Nr. 20, S. 1 f.; Lambsdorff, HB v. 1. 3. 1988, Beil. S.B 1; Mundorj, HB v. 26./27.6.1987, S.2; Emmerich, FLF 1988,52,55; Krakowski, WD 1988,336; Immenga, WD 1988,397,398. 122 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,289; Greiffenberg, Strukturentwicklung und Konzentration, S. 70, 82; Mundorj, HB v. 23. 7. 1987, S. 2; Barbier, FAZ v. 27. 7. 1987, S.9. 123 V. Weizsäcker, WuW 1987,706, 708. 124 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287,290. 125 Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987, 287, 298. 126 Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11; Emmerich, FLF 1988,52. 127 Vgl. Kartte, Braucht das Bundeskartellamt stärkere Waffen?, S. 50,51; Barbier, FAZ v. 27. 7. 1987, S. 9. 128 Möschel, 30 Jahre Kartellgesetz, S. 3, 11; Wiss. Beirat BMWi, WuW 1987,287, 299. 129 Vgl. Wiegandt, Die Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel, S. 119, 127. 130 Vgl. Möschel, Wettbewerbspolitik aus ordoliberaler Sicht, S. 707, 721; Mestmäkker, Der verwaltete Wettbewerb, S. 250 ff.

IV. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffes

137

IV. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffes durch die 5. GWB-Novelle Die CDU / CSU-FDP-Koalition hat sich von den Argumenten der Novellierungsgegner nicht überzeugen lassen und versucht, eine begrenzte Korrektur des Kartellrechts vorzunehmen. Ein Hauptziel der 5. Novelle, welche am 1. 1. 1990 in Kraft treten soll 132, besteht in der wirksameren Ausgestaltung der Instrumente der Fusions- und Verhaltenskontrolle im Hinblick auf die Entwicklung im Handel. 133 Im folgenden werden die Entwicklungsstationen der Novelle kurz skizziert, um im Anschluß daran die für die vorliegende Untersuchung maßgeblichen Neuregelungen vorzustellen und zu bewerten.

1. Entwicklungsstationen des Gesetzes

Nach den Bundestagswahlen 1986 einigten sich die Koalitionsfraktionen im Februar 1987 darauf, das GWB auf einen Novellierungsbedarf hin zu überprüfen. 134 Die Regierungserklärung vom 18. März 1987 unterstrich die Bedeutung, die der Gestaltung der Wettbewerbsordnung für die Anpassung der Unternehmen an sich verändernde Marktbedingungen zukomme und hob die Notwendigkeit einer Ergänzung des Kartellrechts vornehmlich im Hinblick auf den Handelsbereich und die Ausnahmebereiche hervor. 135 Beim Bundesminister für Wirtschaft wurde noch im März 1987 die "Arbeitsgruppe Wettbewerbsrecht" eingesetzt 136, die den Prüfungsauftrag praktisch umsetzen sollte. Der für Mai 1988 angekündigte Bericht der Arbeitsgruppe ist leider nicht veröffentlicht worden, da sich die Koalitionsparteien vorher auf die grundsätzliche Durchführung der Novelle geeinigt hatten. 137 Am 29. Juni 1988 beschloß das Bundeskabinett die Eckwerte für die Novelle 138, die bereits den wesentlichen Inhalt der Neuregelungen festlegten. Am 30. SeptemS. hierzu ausführlich oben Teil 4 III 3 b) ee). WuW-Kurzinformation, WuW 1989, 274, 275. I33 Regierungsentwurf, BT -Drucks. 11 /4610, S. 1. 134 Jahreswirtschaftsbericht 1987 der Bundesregierung, Tz. 46, BT-Drucks. 10 / 6796; vgl. WuW-Kurzinformation, WuW 1987,275. m Verhandlungen des Deutschen Bundestages, Stenographische Berichte 11/4, 18.3. 1987, S. 51, 57, 58; vgl. auch die Stellungnahme der BReg. zum TB BKartA 1985/ 86, BT-Drucks. 11/554, S. 11 f. 136 BMWi-Tagesnachrichten vom 19.3. 1987; vgl. dazu die positive Stellungnahme des Bundesrates, BR-Drucks. 272 / 87, S. 2. 137 Zur Tätigkeit der Arbeitsgruppe und zum jeweiligen Stand der Beratul'l:gen vgl. die Veröffentlichungen ihres Leiters Geberth, Ausgangsüberlegungen für eine Uberprüfung des Wettbewerbsrechts, S. 7 ff.; ders.! Janicki, WuW 1987, 447 ff.; ders., FIWHeft 127, S. 55 ff.; ders., FIW-Heft 132, S. 1 ff. 138 Abgedruckt in ZIP 1988,947 ff.; WuW 1988,752 ff.; vgl. auch die Kurzinformationen in ZRP 1988, 311 f.; AG 1988, R 230. 131

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Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

ber 1988 hat das BundeswirtschaJtsministerium den "Referentenentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des GWB" vorgelegt l39 , der in seinem hier interessierenden Teil im wesentlichen auf den Eckwerten beruht. Im BMWi wurde am 7. November 1988 eine Verbändeanhörung über die allgemeinen Teile des Referentenentwurfes durchgeführt. 140 Der Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 1. Februar 1989 141 wurde am 10. März 1989 in den Bundesrat eingebracht. 142 Die in der Sitzung vom 21. April 1989 beschlossene Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzentwurf enthält keine Äußerung zur Änderung der Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite. 143 Der Gesetzentwurf wurde dem Deutschen Bundestag am 30. Mai 1989 zugeleitet. 144 Die 1. Lesung fand am 23. Juni 1989 statt. 145 2. Darstellung der Änderung Nach Auffassung der Bundesregierung herrscht zwar gegenwärtig trotz eines seit Jahren anhaltenden tiefgreifenden Strukturwandels und wettbewerblichen Anpassungsprozesses auf der Nachfrage- wie Anbieterseite des Lebensmittelhandels wesentlicher Wettbewerb. Jedoch bereiten Ausmaß und Geschwindigkeit der Konzentrationsentwicklung im Lebensmittelhandel der Regierung Sorgen. 146 Erklärtes Ziel der Novelle ist es, Vorsorge gegen eine denkbare künftige Gefährdung des Wettbewerbs zu treffen. Zur besseren Erfassung der Nachfragemacht, insbesondere bei der Fusionskontrolle im Handel, werden die im Gesetz genannten Kriterien, die bei der Feststellung einer überragenden MarktsteIlung zu berücksichtigen sind (§ 22 Abs.1 Nr.2 GWB), um zwei zusätzliche nachfragemachtbezogene Elemente erweitert: "Die Fähigkeit, sein Angebot oder seine Nachfrage auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen umzustellen, sowie die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen." 147 Abgedruckt in ZIP 1988, 1423 ff., 1492 ff. Hierzu WuW 1989,32 ff.; zur Anhörung am 2. 10. 1989 WuW 1989,874. 141 Abgedruckt in WuW 1989,209 ff. 142 BR-Drucks. 123/89. 143 BR-Drucks. 123/89 - Anlage; vgl. aber die Anträge des Landes NordrheinWestfalen, BR-Drucks. 123/4/ 89, BR-Drucks. 123/5/89 und der Freien und Hansestadt Hamburg, BR-Drucks. 123/7 / 89 (z.T. abgedruckt in WuW 1989,477). 144 BT-Drucks. 11/4610. 145 DazuLe.WuW 1989,714f.;vgl.auchFAZv.24. 6. 1989,S. 13; HB v.26. 6. 1989, S.4. 2. und 3. Lesung: Anfang Dezember 1989. 146 BT-Drucks. 11 /4610, S. 10,18. 147 BT-Drucks. 11/4610, S.4. Die beiden Kriterien waren in den Eckwerten noch folgendermaßen gefaßt: ,,Fähigkeit der betroffenen Unternehmen zur Umstellung auf andere Waren oder gewerbliche Leistungen, Fehlen von Absatz- oder Bezugsalternativen. Ein Fehlen von Absatz- oder Bezugsalternativen liegt vor, wenn für eine für den jeweili139

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IV. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffes

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Zugleich wird die bisherige Hervorhebung des Merkmals "Marktanteil" beseitigt. l48 Die Möglichkeit der Marktgegenseite, auf andere Unternehmen auszuweichen, wird nach der Begründung des Regierungsentwurfes dann nicht gegeben sein, wenn eine für den jeweiligen Markt erhebliche Zahl von Unternehmen keine ausreichenden und zumutbaren Absatz- oder Bezugsalternativen besitzt. 149 In den Grundzügen des Regierungsentwurfs ist ausgeführt, daß breit sortierte große Handelsunternehmen im Vergleich zur herstellenden Industrie eine größere Umstellungsflexibilität aufweisen, woraus sich für sie ein zusätzlicher Handlungsspielraum ergebe. Wegen der spezifischen Funktion des Handels komme der zunehmenden Begrenzung der Auswahlalternativen der Marktgegenseite bei wachsender Größe der Handelsunternehmen eine besondere Bedeutung zu. 150 In der Begründung heißt es weiter: "Die Erweiterung des in § 22 Abs.l Nr.2 GWB enthaltenen Konglomerats von Kriterien, von denen je nach Lage des Einzelfalles eines, mehrere oder alle zugleich entscheidungserheblich sein können, soll zur Fortentwicklung der Rechtsanwendung und Rechtsprechung beitragen, indem klargestellt wird, daß bei der komplexen Bewertung der MarktsteIlung des jeweiligen Unternehmens gegenüber seinen Wettbewerbern neben den horizontalen auch die vertikalen Marktbeziehungen Berücksichtigung finden sollen. Dies trägt der Tatsache Rechnung, daß Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite schon bei Marktanteilen vorliegen kann, die deutlich unterhalb der für Angebotsmacht richtungsweisenden Beherrschungsvermutung von einem Drittel liegen. "151 "Sollten zwei der Großen (Lebensmittelhandelsunternehmen) planen, untereinander zu einem Unternehmen zu fusionieren, das aus der bisherigen Gruppe deutlich herausragt, so wird die jetzt erfolgende Gesetzesänderung die Möglichkeit der Untersagung unter Nachfragemachtgesichtspunkten deutlich erweitern." 152 3. Auslegung und Bewertung

Zu Recht folgt der Gesetzgeber der 5. Novelle nicht den oben dargestellten, gegen das Grundverständnis des GWB und der Fusionkontrolle verstoßenden, folgenschweren NovelIierungsvorschlägen. Eine Abkopplung der Fusionskontrolle von der bewährten Schwelle der Marktbeherrschung sowie eine zu einer gen Markt erhebliche Zahl von Unternehmen ausreichende und zumutbare Möglichkeiten fehlen, auf andere Unternehmen der Marktgegenseite auszuweichen", vgl. ZIP 1988, 947,948 = WuW 1988,752,753. 148 BT-Drucks. 11/4610, S. 4. 149 BT-Drucks. 11 /4610, S. 17. ISO BT-Drucks. 11/4610, S. 11. 151 BT-Drucks. 11/4610, S.17. 152 BT-Drucks. 11/4610, S. 18.

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Teil 5: Änderung der Rechtslage durch die 5. GWB-Novelle?

Sektoralisierung führende Anpassung der Marktbeherrschungskriterien an die Handelsnachfrageseite werden ebenso verworfen wie die Einfügung einer eigenständigen Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite generell und die verschiedenen Ansätze bei den Vermutungstatbeständen. Dennoch ist die Erweiterung des Tatbestandes der überragenden Marktstellung in mehrfacher Hinsicht zu kritisieren. 153 Zum einen führt die Einfügung der beiden neuen Beurteilungskriterien nicht zu einer Änderung der bisherigen Rechtslage. 154 Denn schon im Rahmen des bislang geltenden § 22 Abs.l Nr.2 GWB waren die Umstellungsflexibilität und die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände mit einzubeziehen. Dies wurde bei der Auslegung des § 22 Abs.l Nr.2 GWB in seiner bisher geltenden Fassung im Rahmen dieser Untersuchung i.e. herausgearbeitet. 155 Der Gesetzesänderung kommt insoweit also lediglich klarstellende Wirkung zu. 156 Demgegenüber ergibt sich aus der Begründung zur Novelle, daß die Änderung zu einer Stärkung des Instrumentariums der Fusionskontrolle führe. 157 Diese Einschätzung geht fehl. Es ist zu vermuten, daß damit die KlarsteIlungswirkung gegenüber der eigenen politischen Klientel zur Verschärfung "aufgewertet" werden soll. Ebenso fehlerhaft ist die Einschätzung, die beiden zusätzlichen Faktoren würden dazu beitragen, daß eine marktbeherrschende Stellung auf der Nachfrageseite schon bei deutlich niedrigeren Marktanteilen als auf der Angebotsseite vorliegen kann. Die beiden zusätzlichen Beurteilungskriterien für Marktbeherrschung ordnen sich in die bisherige Systematik des § 22 Abs.l Nr.2 GWB ein. Daraus folgt, daß es maßgeblich allein darauf ankommt, ob ein Nachfrager einen im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern überragenden Verhaltensspielraum innehat, der keiner ausreichenden wettbewerblichen Kontrolle unterworfen ist. Der horizontale Be153 Zur Erweiterung des § 22 Abs.l Nr.2 GWB vgl. die Beiträge von Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15 ff.; ders., LZ v. 10.2.1989,90,91; Emmerich, WM 1988, 1773, 1777 ff.; ders., AG 1989,261,265 f.; Möschel, ZRP 1989, 371, 372 f.; Kirschner, WRP 1989,73 ff.; Gerlach, WRP 1989, 289,292 f.; I. Schmidt, WD 1989, 131, 133 ff. Bei der Anhörung im November 1988 wurde die Erweiterung von folgenden Verbänden als zu weitgehend abgelehnt: BDI, BFS, BAG, BGA und ASU. Der Markenverband lehnte sie ab, weil sie nicht weiterhelfe. Keine Einwendungen wurden vom DIIIT erhoben. Vgl. WuW 1989,32, 33. 154 Die Bedenken des BDI, HB v. 18. 10. 1988, S. 8, die neuen Kriterien könnten zu einer Verschärfung der Zusammenschlußkontrolle im industriellen Bereich führen, dürften unbegründet sein. 155 Oben Teil 4 III 3 c) bb), dd). 156 Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15, 22; Möschel, ZRP 1989, 371, 373. Vgl. auch die ähnliche Einschätzung des BKartA, TB BKartA 1987/1988, S. 10. Rittner, Wettbewerbs- und Kartellrecht, S. XXXV, ist der Ansicht, durch die Neufassung werde der Blick etwas von der isolierten Betrachtung des betroffenen Unternehmens weg und auf die Wettbewerbsverhältnisse gelenkt. 157 BT-Drucks. 11/4610, S. 18.

IV. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffes

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zug der Fusionskontrolle wird durch die neu eingefügten Kriterien also nicht angetastet. 158 Die beiden vertikalen Aspekte sind für sich genommen nur dann in der Lage, Nachfragemarktbeherrschung in diesem Sinne zu indizieren, wenn ihr Vorliegen oder Nichtvorliegen sich tatsächlich auf das Gefälle der Verhaltensspielräume der Nachfrager untereinander auswirkt. Dies ist etwa dann der Fall, wenn es auf einem Beschaffungsmarkt nur einen Nachfrager mit überragender Sortimentsflexibilität gibt. Die Höhe der Marktanteile spielt dafür zunächst keine entscheidende Rolle. Die Behauptung, Nachfragemarktbeherrschung liege bereits bei niedrigeren Marktanteilen vor als Marktbeherrschung auf der Angebotsseite, wird auch nicht dadurch richtig, daß sie in der Begründung des Regierungsentwurfs nachgelesen werden kann. Sie steht im übrigen auch im Widerspruch dazu, daß die Aussagekraft des Merkmals Marktanteil gerade auf der Nachfrageseite eher gering ist und nunmehr auch im Gesetzestext zu Recht die hervorgehobene Stellung dieses Merkmals beseitigt wird. Auch nach dem neuen Text des Tatbestandes der überragenden Marktstellung kann Marktanteilen von Nachfragern keinesfalls größere Bedeutung zugemessen werden als Marktanteilen von Anbietern. 159 Wird durch die Einfügung der neuen Kriterien die herrschende horizontale Gesamtbetrachtungslehre also nicht aufgegeben, so bleibt bei der Lektüre der in sich widersprüchlichen Begründung zur Novelle doch die Besorgnis zurück, hier werde versucht, gleichsam durch die Hintertür weitergehenden Alternativkonzepten, insbesondere dem Vertikalmodell von Ulmer lfIJ , Eingang in die Rechtsanwendungspraxis zu verschaffen. 161 Daher ist nochmals mit aller Deutlichkeit zu betonen, daß mit der von den Koalitionsparteien gefundenen Kompromißlösung nicht nur jegliche Sektoralisierung der Fusionskontrolle abgelehnt wurde 162, sondern auch an der horizontalen Grundkonzeption bei der Bestimmung von Marktbeherrschung festgehalten wird. Der Vorschlag, die Worte "im Verhältnis zu seinen Wettbewern" aus dem Gesetzestext zu streichen, konnte sich gerade deshalb nicht durchsetzen, weil er die Auflösung der horizontalen Betrachtungsweise zur Folge gehabt hätte. 163 Diese Sichtweise findet sich im übrigen auch in der Regierungsbegründung, in der betont wird, die neuen, vertikale Machtbeziehungen erfassenden Kriterien würden in die "Komplexbetrachtung" des § 22 Abs.I Nr.2 GWB eingefügt. 164 Die bisherige "Komplexbetrachtung" bestand 158 Ebenso Ger/ach WRP 1989,289,293; vgl. auch die Einschätzung zu den Eckwerten bei U/mer, FAZ v. 14.7. 1988, S. 12, aus dessen Sicht allerdings die Novelle insoweit auf halbem Wege stehenbleibt. 159 A.A. Geberth, FIW-Heft 132, S. 1, 8. IfIJ Dazu oben Teil 5 11 3 a). 161 Vgl. Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15, 16; Emmerich, WM 1988, 1773, 1778. 162 Ausdrücklich auch die Begründung des Regierungsentwurfes, BT-Drucks. 11 / 4610, S. 18. 163 Vgl. oben Teil 5 11 5 b). 164 BT-Drucks. 11/4610, S.17.

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aber gerade in einer umfassenden Vergleichsanalyse der Handlungsspielräume der einzelnen Wettbewerber. Richtig ist dagegen, daß jede Änderung im Text des § 22 Abs.l Nr.2 GWB auch auf die Prüfung des Oligopolaußenverhältnisses nach § 22 Abs.2 GWB Auswirkungen haben kann. Allerdings kommt den neuen Kriterien auch hier lediglich deklaratorische Funktion zu. Der für das Vorliegen eines Oligopsons eigentlich problematische Nachweis des Fehlens wesentlichen Nachfragewettbewerbs im Innenverhältnis des Oligopsons 165 wird demgegenüber von der Novellenregelung ohnehin nicht berührt. In diesem Zusammenhang ist in Erinnerung zu rufen, daß im Fall "Coop-Wandmaker" der maßgebliche Gesichtspunkt für die Ablehnung der These eines marktbeherrschenden Sechser-Oligopsons im Lebensmittelhandel gerade das Bestehen wesentlichen Binnenwettbewerbs war. 166 Ob der Zusammenschluß zwischen zwei der sechs größten Unternehmen im Lebensmittelhandel, also etwa zwischen der Metro AG und der RRG Leibbrand ORG, wegen Nachfragemarktbeherrschung auf der Grundlage des neuen Rechts untersagbar wäre, erscheint zwar nicht ausgeschlossen, aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt dennoch sehr zweifelhaft. Durch die Ergänzung des § 22 Abs.l Nr.2 GWB werden die "Chancen" seiner Untersagbarkeit jedenfalls nicht erhöht. Der gesetzgeberische Wille, die Nachfragemacht in der Fusionskontrolle künftig stärker zu berücksichtigen als bislang, wird nach alledem auf die Rechtsprechung nicht die beabsichtigte Wirkung haben können. 167 Skepsis ist auch angebracht, ob die Beseitigung der bisherigen sprachlichen Bedeutung des Merkmals Marktanteil dazu führen wird, daß die Rechtsanwendungsorgane die diesem Merkmal bislang zugemessene herausragende Bedeutung reduzieren. Dagegen spricht schon der systematische Zusammenbang mit den Vermutungstatbeständen. Markert sieht in dieser Änderung lediglich die Beseitigung einer sprachlichen Unebenheit. 168 Dennoch bleibt zu hoffen, daß BKartA und Gerichte dieses durchaus positive Signal aufnehmen werden und die Relativität des Marktanteils künftig stärker beachten.

Dazu oben Teil 4 IV 2. KG WuW /E OLG 3917,3927 ff.; vgl. auch Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15, 21. 167 Ähnlich Möschel, ZRP 1989,371,373; vgl. demgegenüber die Einschätzung von Schlecht, WD 1988,391,392. 168 Markert, Die Vorschläge zur Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs, S. 15, 20. 165

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Teil 6

Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle I. Ausgangspunkt Entgegen Art. 66 EGKS-Vertrag 1 enthält der Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschafts gemeinschaft (EWGV) keinerlei Vorschriften über eine Zusammenschlußkontrolle. Zudem spielten Probleme der Nachfragemacht im europäischen Kartellrecht bislang eine untergeordnete Rolle. Dieser Befund läßt die Behandlung des EG-Rechts unter der Fragestellung dieser Arbeit auf den ersten Blick als wenig fruchtbar erscheinen. Eine Betrachtung der Nachfrageseite des Handels im Recht der europäischen Fusionskontrolle erscheint dennoch nicht nur lohnenswert, sondern aus zwei Gründen unverzichtbar. Zum einen sind Nachfragemacht und Handelskonzentration nicht nur nationale Probleme, sondern weiten sich zunehmend zu grenzüberschreitenden Fragestellungen aus. 2 Dies gilt bei fortschreitender Entwicklung eines einheitlichen europäischen Binnenmarktes in verstärktem Maße. Nachfragemacht und Handelskonzentration werden auch von der EG-Kommission als aktuelle Probleme erkannt. In ihrem Auftrag hat das Ifo-Institut in München eine Studie zur Konzentration der Konsumgüterdistribution in der EG und deren Auswirkungen auf die Nachfragemacht erstellt. 3 Zum zweiten befindet sich das europäische Kartellrecht derzeit in der Entwicklungsphase einer gemeinschaftsweiten präventiven Zusammenschlußkontrolle. Diese wird vor allem von der Kommission mit Vehemenz gefordert. 4 Auch de lege lata gibt es im EG-Recht bereits eine Möglichkeit der Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. Die Wettbewerbsvorschriften des EWGV, Art. 85 und 86, wurden von der Kommission mit Billigung des EuGH im Rahmen der Fusionskontrolle instrumentalisiert. Im folgenden soll untersucht werden, ob bzw. inwiefern das EG-Recht Handhabe bietet, Zusammenschlüsse unter dem Gesichtspunkt der Nachfragemacht zu 1 Zur Zusammenschlußkontrolle nach Art. 66 EGKSV ausführlich GK-Knöpfle, EGKS Rdnr. 36 ff.; MK, Sondergutachten 17, Tz. 22 f. 2 Vgl. etwa OECD, Nachfragemacht, FIW-Dok. Heft 4. 3 Eine Zusammenfassung der Ifo-Studie, die den Mißbrauch von Nachfragemacht derzeit verneint, findet sich in LZ v. 14.5. 1987, S. 84 ff. 4 EG-Kommission, 16. Wettbewerbsbericht, Tz. 39; EG-Kommission, 17. Wettbewerbsbericht, Tz. 49 ff.; EG-Kommission, 18. Wettbewerbsbericht, Tz. 33 ff.

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

kontrollieren. Dabei ist es notwendig, zunächst einen knappen Überblick über die Zusammenschlußkontrolle nach dem EWGV und nach der geplanten Fusionskontroll-Verordnung zu geben. In einem zweiten Schritt soll dann geprüft werden, ob diese Vorschriften auch die Untersagung eines Zusammenschlusses unter Nachfragemachtgesichtspunkten ermöglichen.

11. Überblick über das EG-Recht der Zusammenschlußkontrolle 1. Art. 86 EWGV ("Continental-Can-Doktrin")

Nach Art. 86 EWGV ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten "die mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zu beeinträchigen." Ob dieses Verbot der mißbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung auch auf Unternehmenszusammenschlüsse anwendbar ist, war bis zum Jahre 1973 im Schrifttum äußerst streitig. 5 Mit dem Urteil des EuGH in der Sache "Europemballage Continental Can"6 wurden die meisten der umstrittenen Fragen geklärt und die grundsätzliche Anwendbarkeit von Art. 86 EWGV auf Zusammenschlüsse statuiert. Der EuGH führte in dieser Entscheidung aus, ein mißbräuchliches Verhalten im Sinne von Art. 86 EWGV könne vorliegen , " ... wenn ein Unternehmen in beherrschender Stellung diese dergestalt verstärkt, daß der erreichte Beherrschungsgrad den Wettbewerb wesentlich behindert, daß also nur noch Unternehmen auf dem Markt bleiben, die in ihrem Marktverhalten von dem beherrschenden Unternehmen abhängen."7 Ein solcher Fall soll nicht nur gegeben sein, wenn praktisch jeder Wettbewerb augeschaltet wird, sondern auch bei einer so wesentlichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs, daß die verbleibenden Wettbewerber kein ausreichendes Gegengewicht mehr bilden. 8 Obwohl die Kommission seit diesem Urteil des EuGH verschiedene Zusammenschlüsse auf der Grundlage von Art. 86 EWGV überprüft hat 9 , ist es bis 5 Eine gute Zusammenfassung der verschiedenen Argumente findet sich bei GBTESchröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 66; ferner bei GK-Mailänder, Art. 86 EWGV Rdnr. 80 ff. 6 EuGH, Urteil v. 21. 2.1973 in der Rs. 6/72, Slg. 1973,215 ff. = WuW /EEWG/ MUV 296 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil v. 17.11. 1987 in den Rs. 142 und 156/84 ("Morris-Rothmans"), Tz. 65, WuW / E EWG / MUV 815, 825 ff. = NJW 1988, 3083, 3086. 7 EuGH, Slg. 1973, 215, 246. 8 EuGH, Slg. 1973, 215, 247.

II. Überblick über das EG-Recht der Zusammenschlußkontrolle

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heute nicht mehr zu einer förmlichen Entscheidung nach Art. 86 EWGV gekommen. 10 Dies läßt sich vor allem mit der sehr hohen Eingriffsschwelle erklären. 11 Immerhin konnten aber einige größere Zusammenschlüsse durch Androhen des Eingreifens auf der Grundlage von Art.86 EWGV durch die Kommission verhindert oder durch Zusicherungen der Beteiligten modifiziert 12 werden. 13

2. Art. 85 EWGV ("Morris-Rothmans")

Nachdem die Kommission ursprünglich die Anwendbarkeit von Art. 85 EWGV auf Zusammenschlußvorgänge verneint hatte, 14 ist sie mittlerweile gegen Zusammenschlüsse auch unter direkter Anwendung dieser Vorschrift vorgegangen. 15 Pilotfall ist der Zusammenschluß zwischen den Zigarettenherstellem "Rembrandt" und "Philip Morris". In den Verhandlungen mit den Zusammenschlußpartnern hatte die Kommission zunächst Bedenken gegen die Zulässigkeit des Zusammenschlusses im Hinblick auf Art. 85 EWGV geäußert. 16 Die Parteien änderten daraufhin den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag so ab, daß das erwerbende Unternehmen eine direkte Minderheitsbeteiligung an dem Konkurrenten erhielt, so daß die Kommission keine kartellrechtlichen Einwände mehr erhob und das Verfahren einstellte,17 Zwei Konkurrenten, "BAT" und "Reynolds", beantragten in der Folge ein Einschreiten der Kommission gegen diese zweite Vereinbarung. Gegen die diesen Antrag ablehnende Entscheidung der Kommission erhoben "BAT" und "Reynolds" Klage, die der Gerichtshof abwies. IS 9 Vgl. die Nachweise bei GBTE-Schröter. Art. 86 EWGV Rdnr. 65 Fn. 617 (bis 1982); die Nachweise ab 1983 finden sich in den Wettbewerbsberichten der Kommission; sie sind zusammengefaßt dargestellt bei MK. Sondergutachten 17, Tz. 26 Fn. 8; vgl. auch Korah. ECLR 1987,239,240 f.; van Bael / Bellis. Competition Law of the EEC, S. 214 f. 10 Satzky. DB 1988, 379; Korah. ECLR 1987, 239, 240. 11 Nach Sedemund. Kartellrechtliche Probleme. S. 453, 515 Rdnr. 220, muß der Wettbewerb praktisch ausgeschaltet werden. 12 Aus neuerer Zeit etwa "British Airways-British Caledonian"; "Douwe EgbertsVan Nelle"; "Pechiney-American Can"; "Camaud-Metal Box"; "Camaud-Numan". 13 V gl. die Kritik an einer solchen Zusammenschlußkontrolle praeter legern bei Rittner. Wirtschaftsrecht, § 20 Rdnr. 20, S. 415. 14 Neunter Gesamtbericht über die Tätigkeit der Gemeinschaft 1966, Tz. 74; vgl. GBTE-Schröter. Art. 86 EWGV Rdnr. 65; GK-Mailänder. Art. 86 EWGV Rdnr. 75 ff.; s. aber auch Gleiss / Hirsch. Art. 86 EWGV Rdnr. 102. 15 V gl. die verschiedenen Presseäußerungen des ehemaligen Wettbewerbskommissars Sutherland: HB v. 24./25.7.1987, S.4; HB v. 29. 10. 1987, S. 3; HB v. 2. 12. 1987, S. 1; WuW-Kurzinformation, WuW 1987, 876. 16 Vgl. Kommission. 14. Wettbewerbsbericht, Tz. 98 ff.; s. dazu Bellamy / Child. Common Market Law of Competition, S. 438 f. 17 Vgl. Kommission. 14. Wettbewerbsbericht, Tz. 98 ff. IS EuGH, Urteil v. 17. 11. 1987 in den Rs. 142 und 156/84, WuW IE EWG 1MUV 815 ff. = NJW 1988, 3083 ff.

10 Bergmann

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

In diesem vielbeachteten 19 Urteil machte der EuGH richtungsweisende Ausführungen zur Anwendbarkeit von Art. 85 EWGV auf Zusammenschlußvorgänge. Der Gerichtshof stellte fest, daß Art. 85 EWGV auf den Erwerb einer Minderheitsbeteiligung anwendbar sei, wenn dem Erwerb Vereinbarungen zwischen Unternehmen zugrundeliegen und die Unternehmen nach Wirksamwerden der Vereinbarungen unabhängig blieben. 20 Der Gerichtshof führte weiter aus, daß die Beteiligung eines Unternehmens am Kapital eines Wettbewerbers dann wettbewerbs beschränkend im Sinne von Art. 85 EWGV sein könne, wenn -

das investierende Unternehmen durch den Erwerb der Beteiligung oder durch zusätzliche Vereinbarungen rechtlich oder faktisch die Kontrolle über das geschäftliche Verhalten des anderen Unternehmens erlange 21 oder

-

eine geschäftliche Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen vorgesehen sei 22 oder

-

Strukturen geschaffen werden, die einer solchen Zusammenarbeit förderlich sein können 23 oder

-

die Vereinbarungen dem investierenden Unternehmen die Möglichkeit gäben, seine Position zu einem späteren Zeitpunkt zu stärken, indem es die effektive Kontrolle über das andere Unternehmen erlangt. 24

Im Schrifttum wurde diese Entscheidung überwiegend kritisch aufgenommen. 25 Am Schwersten wiegt dabei die durch die Anwendung von Art. 85 EWGV auf Zusammenschlüsse provozierte Rechtsunsicherheit. In der Tat ist die Nichtigkeit nach Art. 85 Abs.2 EWGV im Rahmen einer nachträglichen Kontrolle von Zusammenschlüssen eine unerträgliche Rechtsfolge. Hinzu kommt, daß die Fälle, die zu einer neuen wettbewerblichen Planungseinheit führen, also etwa der Erwerb aller Anteile einer Gesellschaft, dem Kontrollbereich von Art. 85 EWGV entzogen sind,26 da dem Kartellverbot immanent ist, 19 MK, Sondergutachten 17, Tz. 28 ff.; Satzky, DB 1988,379 ff.; Moosecker, HB v. 3. 12. 1987, S. 3; Schödermeier, WuW 1988, 185 ff.; Riesenkampff, WuW 1988,465 ff.; Steindorff, ZHR 1988,57 ff.; ders., Chaos der europäischen Fusionskontrolle nach Philip Morris?, S. 1 ff.; Basedow, NJW 1989, 627, 630; Fine, ECLR 1987, 333 ff.; Immenga / Fuchs, NJW 1988, 3052 ff.; von Winterjeld, RIW 1988, 958 ff.; Korah / Lasok, CMLR 1988,333 ff.; Sedemund, Kartellrechtliche Probleme, S. 453,516 Rdnr. 221; Mestmäcker, EuR 1988, 349, 368 ff.; Kecht, EWG-Karte1lrecht in der Praxis, S. 101 f. 20 EuGH, Tz. 31, 37 ff., WuW JE EWGjMUV 815, 820 f. 21 EuGH, Tz. 38. 22 EuGH, Tz. 38. 23 EuGH, Tz. 38. 24 EuGH, Tz. 39. 25 Vgl. Moosecker, HB v. 3. 12. 1987, S. 3; Schödermeier, WuW 1988, 185, 191 ff.; Riesenkampff, WuW 1988, 465, 470; Steindorjf, ZHR 1988, 57, 61 ff.; Sedemund / Montag, NJW 1988,601,608 f.; Immenga / Fuchs, NJW 1988, 3052 ff. 26 Vgl. etwa Immenga / Fuchs, NJW 1988,3052,3059.

11. Überblick über das EG-Recht der Zusammenschlußkontrolle

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daß die beteiligten Unternehmen nach der "Absprache" selbständige Einheiten bleiben. Dies führt zu kaum nachvollziehbaren Wertungswidersprüchen. Es bleibt daher zu hoffen, daß sich die Instrumentalisierung von Art. 85 EWGV zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen letztlich als das erweisen wird, was sie in der Vorstellung von Kommission 27 und Gerichtshof vermutlich sein soll: ein politisches Signal 28 , ein vorläufiges Druckmittel gegenüber dem Ministerrat zur Durchsetzung einer europäischen FusionskontrollVerordnung. Wie die jüngste Praxis zeigt, beurteilt die Kommission bis dahin Zusammenschlußvorgänge auch auf der Orundlage von Art. 85 EWGV.29

3. Geplante Fusionskontroll-Verordnung

Bereits im Jahre 1973 hatte die Kommission einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen erarbeitet. 30 Diesen ursprünglichen Vorschlag änderte sie in den Jahren 1982 31, 1984 32 und 1986 33, ohne daß eine Verabschiedung durch den Ministerrat erfolgte. Nachdem eine gemeinschaftsweite, präventive Fusionskontrolle im Zuge der Vollendung des Europäischen Binnenmarktes immer dringlicher wird, um die Entstehung wettbewerbsschädlicher Marktstrukturen zu verhindern 34, hat die Kommission im April 1988 eine grundlegende Neufassung eines Verordnungsvorschlags über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen vorgelegt,35 der im November 1988 36 nochmals abgeändert wurde.37 27 Vgl. die Äußerung des ehemaligen EG-Wettbewerbskommissars Sutherland, WuWKurzinformation, WuW 1987,876. 28 Vgl. Sedemund / Montag, NJW 1988,601,609; Immenga / Fuchs, NJW 1988, 3052, 3059; von Winterfeld, RIW 1988,958,961; Markert, Nationales Kartellrecht im Europäischen Binnenmarkt, S. 18. 29 Vgl. etwa die Fälle "Danish Fur Sales-Hudson's Bay", WuW 1989,207 (Anteilserwerb von 35 %); "Carnaud-Sofreb"; "Penarroya-Preussag". 30 ABI. EG 1973 Nr. C 92,1 ff.; vgl. dazu und zur Entwicklung i.e. Caspari / Schwarz, FS Benisch, S. 383, 386 ff. 31 ABI. EG 1982 Nr. C 36, 3 ff. 32 ABI. EG 1984 Nr. C 51, 8 f. 33 ABI. EG 1986 Nr. C 324, 5 f. 34 Vgl. MK, Sondergutachten 17, Tz. 9 f.; Caspari / Schwarz, FS Benisch, S. 383, 392. 35 ABI. EG 1988 Nr. C 130,4 ff. = BR-Drucks. 248/ 88; auch abgedruckt in WuW 1988, 405 ff. 36 ABI. EG 1989 Nr. C 22, 14 ff.; zum internen Arbeitsentwurf der Kommission vom Juli 1988 vgl. MK, Sondergutachten 17, Tz. 50 ff. 37 Zu den Verordnungsentwürfen von April und November 1988 vgl. insbesondere die Beiträge von Mestmäcker, EuR 1988,349 ff.; Schwarz, Europäische Fusionskontrolle aus der Sicht der EG-Kommission, S. 1 ff.; Caspari / Schwarz, FS Benisch, S. 383, 10*

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

Nach diesem letzten veröffentlichten Vorschlag unterfallen alle Zusammenschlüsse von "gemeinschaftsweiter Bedeutung" einer präventiven Kontrolle durch die Kommission (vgl. Art. 1, Art. 2, Art. 4). Während in der Fassung des Entwurfs vom April 1988 in Anlehnung an das deutsche Recht Zusammenschlüsse von der Kommission verboten werden konnten, wenn sie im Gemeinsamen Markt oder einem wesentlichen Teil desselben eine marktbeherrschende Stellung begründen oder verstärken (Art. 2 Abs.2), sind Zusammenschlüsse nach dem November-Entwurf dann für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, wenn sie eine Stellung begründen oder verstärken, durch welche die Aufrechterhaltung oder Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben behindert wird (Art. 2 Abs.3). Im Gegensatz zum deutschen Recht und zum März-Entwurf (vgl. Art. 2 Abs.3) enthält die neueste Entwurfsfassung weder Marktbeherrschungsvermutungen für das Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung bei Erreichen gewisser Marktanteile, noch eine negative, widerlegbare Vermutung, daß bei weniger als 20 % Marktanteil keine marktbeherrschende Stellung vorliegt. Ist der Untersagungstatbestand erfüllt, so stehen der Kommission weitreichende Genehmigungsmöglichkeiten offen. Sie genehmigt Zusammenschlüsse als vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt, wenn ihr Beitrag zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung, zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts oder zur Verbesserung der Wettbewerbsstruktur im Gemeinsamen Markt die mit ihnen verbundenen Nachteile für den Wettbewerb übertrifft. Dabei sind die Wettbewerbsfahigkeit der betroffenen Wirtschafts zweige im internationalen Wettbewerb sowie die Interessen der Verbraucher zu berücksichtigen (Art. 2 Abs.3). In der Bundesrepublik Deutschland haben vor allem diese weitreichenden Genehmigungskriterien Kritik hervorgerufen. 38 In der Tat liegt hier die Gefahr einer industrie- und strukturpolitisch ausgerichteten Fusionskontrolle, wodurch 393 ff.; Steindorff, Chaos der europäischen Fusionskontrolle nach Philip Morris?, S. 1 ff.; Lindemann, Der Verordnungs-Entwurf einer europäischen Fusionskontrolle aus der Sicht der deutschen Wirtschaft, S. 1 ff.; Ebenroth I Parche, BB 1988, Beil. Nr. 18, S. 1 ff.; Ebenroth I Hauschka, ZRP 1989, 62 ff.; Korah I Lasok, CMLR 1988, 333, 360 ff.; Schroth, WuW 1989, 103 ff.; Ruppelt, WuW 1989, 187 ff.; Janicki, WuW 1989, 193 ff.; MK, Sondergutachten 17, Tz. 45 ff. 38 Vgl. etwa MK, Sondergutachten 17, Tz. 99 ff., 101; Scholz, HB v. 14.4.1988, S. 4; Markert, laut HB v. 29. / 30.7. 1988, S. 4; ders., Nationales Kartellrecht im Europäischen Binnenmarkt, S. 23; Kartte, HB v. 30. /31. 12. 1988, S. 32; Krause, FAZ v. 26. 8. 1988, S. 13; Lambsdorjf, laut HB v. 5.9. 1988, S.4; Jens, WD 1988, 393, 397; Ebenrothl Parche, BB 1988, Beil. Nr. 18, S. 1,8 ff.; Ebenrothl Hauschka, ZRP 1989, 62,66 f.; Janicki, WuW 1989, 193, 196 ff. Zu weiteren Kritikpunkten vgl. Schröter, Die Entwicklung des Gemeinschaftskartellrechts in den Jahren 1985/86, S. 83, 171 f.; sowie die bei einer FIW-Veranstaltung am 21. /22. 6. 1988 geäußerte Kritik von Steindorff, Chaos der europäischen Fusionskontrolle nach Philip Morris?, S. 1 ff.; und Lindemann, Der Verordnungsentwurf einer europäischen Fusionskontrolle aus der Sicht der deutschen Wirtschaft, S. 1 ff.; vgl. dazu WuW 1988,765,766 f.

11. Überblick über das EG-Recht der Zusammenschlußkontrolle

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der wettbewerbliehe Referenzrahmen verlassen würde. 39 Daneben werden vor allem die Höhe der Umsatzschwellen für das Eingreifen der europäischen Fusionskontrolle 40 , ihr Verhältnis zu den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten 41 und das Problem der Ermächtigungsgrundlage für den Erlaß der Verordnung 42 kontrovers diskutiert. Dies alles sind bislang ungelöste Fragen. Die Aussichten auf eine baldige Umsetzung des VO-Entwurfes in geltendes EG-Recht sind insgesamt betrachtet dennoch positiv zu beurteilen 43 , nachdem sich neben dem Europäischen Parlament 44 und dem Wirtschafts- und Sozialausschuß45 auch der Ministerrat 4f1 grundsätzlich für eine europäische Fusionskontrolle ausgesprochen hat. In der Bundesrepublik Deutschland befürworten die Monopolkommission 47 und der BD/48 die Einführung einer EG-Zusammenschlußkontrolle auch für den Fall, daß aus deutscher Sicht nicht alle Belange hinreichend berücksichtigt erscheinen sollten. 49 Die Bundesregierung setzt sich mit Nachdruck für eine effiziente europäische Fusionskontrolle ein. 50 Der Kommissionsvorschlag vom November 1988 ist allerdings in der Ratssitzung am 21.12.1988 gescheitert. 51 Danach bemühte sich Wettbewerbskommissar Leon Brittan, in bilateralen Gesprächen mit den Mitgliedstaaten eine Einigung herbeizuführen. 52 Mit der endgültigen Verabschiedung der Verordnung kann Ende 1989, spätestens im Laufe des Jahres 1990 gerechnet werden. MK, Hauptgutachten VII, Tz. 36; MK, Sondergutachten 17, Tz. 99 ff., 101. Vgl. Ruppelt, WuW 1989, 187, 191 f.; lanicki, WuW 1989, 193, 199 f.; MK, Sondergutachten 17, Tz. 63 ff. 41 Vgl. Ebenroth / Parche, BB 1988, Beil. Nr. 18, S. 1, 12 ff.; Ebenroth / Hauschka, ZRP 1989,62,65 f.; lanicki, WuW 1989, 193, 199 f.; Bunte, WuW 1989, '7 ff.; MK, Sondergutachten 17, Tz. 146 ff. 42 Vgl. Mestmäcker, EuR 1988, 349, 365 ff.; Steindorjf, Chaos der europäischen Fusionskontrolle nach Philip Morris?, S. 3 ff. 43 Vgl. die Einschätzung der MK, Hauptgutachten VII, Tz. 33; Riesenkampf!, WuW 1988, 465, 471. Der BDI rechnet mit einer Einführung der EG-Fusionskontrolle vor 1992, vgl. HB v. 18. 10. 1988, S. 1. 44 Vgl. WuW-Kurzinformation, WuW 1987,964; HB v. 29. 10. 1987, S. 14. 45 Presseerklärung des Wirtschafts- und Sozialrats v. 3.6. 1988, abgedruckt in WuW 1988,764 f.; vgl. HB v. 16.6. 1988, S. 4. 46 Vgl. Satzky, DB 1988,379, 384; Krause, FAZ v. 26.8. 1988, S. 13; WuW 1988, 3; HB v. 2. 12. 1987, S. 1 47 MK, Hauptgutachten VII, Tz. 37. 48 Vgl. HB v. 2.8. 1988, S. 3. 49 Zurückhaltender dagegen Lambsdorjf, laut HB v. 5.9. 1988, S. 4. 50 Schlecht, HB v. 2./3.9.1988, S. 5; vgl. auch die Stellungnahme der BReg. zum TB BKartA 1987/1988, S. VIII. 51 Vgl. WuW-Kurzinformation, WuW 1989, 101; vgl. Le. MK, Sondergutachten 17, Tz. 60. 52 Vgl. WuW-Kurzinformation, WuW 1989, 101; zu den jüngsten Kompromißvorschlägen vgl. WuW 1989, 488 ff. 39

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

IH. Erfassung von Nachfragemacht Nach diesem kursorischen Überblick über das im Umbruch befindliche europäische Recht der Zusammenschlußkontrolle ist im folgenden zu untersuchen, ob und inwiefern Art. 85, 86 EWGV bzw. der VO-Entwurf der Kommission die Erfassung von Nachfragemacht im Rahmen der EG-Fusionskontrolle ennögliehen. Fälle aus der Praxis, in denen diese Frage entscheidungsrelevant geworden ist, sind bislang nicht bekannt geworden. 1. Art. 86 EWGV

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite Art. 86 Abs.l EWGV knüpft an die marktbeherrschende Stellung eines Unternehmens an. Eine ausdrückliche KlarsteIlung dahingehend, daß der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sich auf die Angebots- und die Nachfrageseite bezieht, wie sie in § 22 GWB mit den Worten "als Anbieter oder Nachfrager" enthalten ist, fehlt. Dennoch kann es keinem vernünftigen Zweifel unterliegen, daß Art. 86 EWGV auch die mißbräuchliche Ausnutzung einer auf einem Nachfragemarkt bestehenden beherrschenden Stellung erfaßt. 53 Daß die Nachfrageseite nicht grundsätzlich ausgeklammert sein soll, wird vor allem durch Art. 86 Abs.2 a) EWGV belegt, wonach ein Mißbrauch insbesondere in der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufspreisen bestehen kann. 54 Dementsprechend wurde Art. 86 EWGV von der Kommission 55 und vom Gerichtshof56 bereits auf den Mißbrauch von Nachfragemacht angewandt. Im Urteil des EuGH in der Sache "CICCE ./ . Kommission" ging es um die Erzwingung unangemessener Einkaufspreise beim Erwerb der Rechte zur Ausstrahlung von Kinofilmen durch die drei französischen Fernsehgesellschaften. 57 In dem Fall "Tabacalera" stand ein möglicher Mißbrauch von Nachfragemacht durch Überwechseln eines Herstellers auf Eigenfertigung in Frage. 58 Nach Auffassung der Kommission lag in der bloßen Erhöhung der Eigenfertigung von Zigarettenfil53 Ebenso Grabitz-Koch, Art. 86 EWGV Rdnr. 28; GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 20; Gleiss / Hirsch, Art. 86 EWGV Rdnr. 21; Scheu/eie, BB 1973, Beil. Nr. 4, S. 12. 54 Vgl. Grabitz-Koch, Art. 86 EWGV Rdnr. 28; Gleiss / Hirsch, Art. 86 EWGV Rdnr.

21.

Kommission, ABI. EG 1971 Nr. C 134, 15 ff. ("GEMA"). EuGH, Urteil v. 28.3.1985 i. d. Rs. 298/83, WuW IE EWG/MUV 686 f. ("CICCE") = ABI. EG 1985 Nr. C 103, 6 (nur Tenor). 57 EuGH, Urteil v. 28.3. 1985 i. d. Rs. 298/83, WuW 1 E EWG 1 MUV 686 f. ("CICCE") = ABI. EG 1985 Nr. C 103, 6 (nur Tenor). 58 Kommission, noch nicht veröffentlicht. 55

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III. Erfassung von Nachfragemacht

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tern von 44 % auf 100% durch das spanische Tabakmonopolunternehmen "Tabacalera" keine mißbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung als Nachfrager. Steht die grundsätzliche Anwendbarkeit von Art. 86 EWGV auf die Nachfrageseite fest, begegnet es keinen Bedenken, die vom Gerichtshof entwickelten Anwendungskriterien des Art. 86 EWGV für die Zusammenschlußkontrolle auch auf die Nachfrageseite zu übertragen. Die grundsätzliche Möglichkeit, einen Zusammenschluß im Hinblick auf die darin liegende mißbräuchliche Ausnutzung einer Nachfragemarktbeherrschung zu untersagen, kann kaum bezweifelt werden. 59

b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes Das zwei stufige Prüfungsverfahren für die Bestimmung von Marktbeherrschung gilt auch im EG-Kartellrecht. 60 Bei der Prüfung, ob im Zusammenschluß zweier Unternehmen ein Mißbrauch von Nachfragemacht liegt, ist also zunächst der sachlich relevante Beschaffungsmarkt abzugrenzen. Dieser ist - wie im deutschen Recht - nach den Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, also der Anbieter zu bestimmen. 61 Welche Kriterien dabei Le. zugrundezulegen sind, ist weitgehend ungeklärt. In Anlehnung an das Angebotsumstellungskonzept 62 ist nach einer Ansicht die "einfache Möglichkeit einer Produktionsumstellung" maßgeblich. 63 Nach anderer Ansicht soll ausschlaggebend sein, inwieweit die Lieferanten ihre Waren noch an andere als den angeblich marktbeherrschenden Abnehmer absetzen können. 64 Richtigerweise wird man bei der Abgrenzung des sachlich relevanten Nachfragemarktes eines Handelsunternehmens im Rahmen des Art. 86 EWGV dieselben Kriterien anzuwenden haben wie bei §§ 24, 22 GWB. Bereits oben wurde festgestellt 65, daß dies nur im Wege einer zweistufigen Gesamtbetrachtung dergestalt erfolgen kann, daß - ausgehend von den Ausweichmöglichkeiten der VgL Kleinmann I Bechtold, I. Aufl. (1977), EWG-Recht Rdnr. 24. St. Rspr. des Gerichtshofs und Entscheidungspraxis der Kommission; vgL die Bagatellbekanntmachung, ABI. EG 1986, Nr. C 231, 2 ff.; sowie die Nachweise bei GrabitzKoch, Art. 86 EWGV Rdnr. 33; GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 28 m.v.w.N. in Fn.201. 61 VgL Gleiss I Hirsch, Art. 86 EWGV Rdnr. 22; Grabitz-Koch, Art. 86 EWGV Rdnr. 34; GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 35; Kleinmann I Bechtold, I.Aufl. (1977), EWG-Recht Rdnr. 24; Langen, § 22 Rdnr. EG 40. 62 S. dazu oben Teil 3 II 3 a) bb). 63 Gleiss I Hirsch, Art. 86 EWGV Rdnr. 22; Kleinmann I Bechtold, I. Aufl. (1977), EWG-Recht Rdnr. 24. 64 GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 35, 20. 65 S. Teil 3 II 5. 59

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

Marktgegenseite - sowohl die Warennachfrage als auch das Vertriebsleistungsangebot der Handelsunternehmen berücksichtigt wird. Diese wettbewerbsbezogene Betrachtung führt im ersten Schritt zur Abgrenzung von Produkt- bzw. Produktgruppenmärkten und im zweiten Schritt zur Abgrenzung der Vertriebsleistungsalternativen. Aus der Kombination von Produktgruppenmarkt und Vertriebsleistungsmarkt folgt der jeweilige sachlich relevante Beschaffungsmarkt. 66

c) Nachji"agemarktbeherrschung Ist der relevante Beschaffungsmarkt in sachlicher, räumlicher und ggf. in zeitlicher Hinsicht abgegrenzt, so ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob das Unternehmen auf diesem Markt eine beherrschende Stellung innehat. Im Hinblick auf Angebotsmarktbeherrschung formuliert der EuGH: "Mit der beherrschenden Stellung in diesem Sinne ist die wirtschaftliche Machtstellung eines Unternehmens gemeint, die dieses in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung eines wirksamen Wettbewerbs auf dem relevanten Markt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich seinen Wettbewerbern, seinen Abnehmern und letztlich den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten."67 Diese Definition des Gerichtshofs, welche auch die Kommission bei ihren Entscheidungen zugrundelegt 68 , ist mit leichten Modifikationen "spiegelbildlich" auf die Nachfrageseite zu übertragen. Naturgemäß muß dabei das Beurteilungskriterium "Verhaltensspielraum gegenüber Verbrauchern" entfallen. An die Stelle des Merkmals "Verhaltensspielraum gegenüber den Abnehmern" tritt bei der Beurteilung von Nachfragemarktbeherrschung der "Verhaltensspielraum gegenüber den Zulieferern". Ein Nachfrager ist also dann marktbeherrschend i.S.v. Art. 86 EWGV, wenn er eine wirtschaftliche Machtstellung innehat, die ihn in die Lage versetzt, die Aufrechterhaltung wirksamen Nachfragewettbewerbs auf dem Beschaffungsmarkt zu verhindern, indem sie ihm die Möglichkeit verschafft, sich gegenüber seinen Mitnachfragern und seinen Zulieferern in nennenswertem Umfange unabhängig zu verhalten. Näher zum Ganzen oben im Rahmen von § 22 GWB, Teil 3 11 5. EuGH, Urteil v. 13.2. 1979 i.d.Rs. 85/76, S!g. 1979, 461, 520 ("Hoffmann La Roche-Vitamine") = WuW /E EWG/MUV 447, 450; EuGH, Urteil v. 14.2. 1978 i.d.Rs. 27/76, Slg. 1978, 207, 286 ("United Brands-Chiquita") = WuW / E EWG / MUV 425,430; EuGH, Urteil v. 11. 12. 1980 i.d.Rs. 31/80, Slg. 1980,3775,3793 ("L'Oreal") = WuW /E EWG / MUV 521, 522 f.; EuGH, Urteil v. 9. 11. 1983 i.d.Rs. 322/81, S!g. 1983,3461,3503,3505 (,,Michelin") = WuW /E EWG /MUV 642,644; EuGH, Urteil v. 5. 10. 1988 i.d.Rs. 247/86 ("AIsate!"), noch nicht veröffentlicht. 68 Vgl. etwa Kommission, ABI. EG 1987, Nr. L 286, 36, 39 ("BBI/ Boosey & Hawkes") = WuW /E EV 1265, 1269. 66

67

III. Erfassung von Nachfragemacht

153

Dabei liegt Nachfragewettbewerb dann vor, wenn ein Nachfrager beim Einsatz seiner Aktionsparameter das Vorhandensein von Mitnachfragern in Rechnung stellen muß.69 Die Auffassung von Scheu/eie, Nachfragewettbewerb und Angebotswettbewerb könnten auf einem Markt nicht gleichzeitig stattfinden 70, ist abzulehnen, da sie isoliert auf den Preis abstellt und Aktionsparameter des Vertriebsleistungswettbewerbs völlig außer acht läßt. Problematisch ist aber, wann Nachfragewettbewerb wirksam bzw. funktionsfähig ist. Diese Frage ist ebenso zu beantworten wie diejenige nach der Wesentlichkeit des Nachfragewettbewerbs innerhalb von § 22 Abs.2 GWB.71 Dort ist eine wertende Gesamtschau vorzunehmen, wobei alle einem Handelsunternehmen zur Verfügung stehenden Aktionsparameter zu beachten sind. Bei der Anwendung der Definition für Nachfragemarktbeherrschung ist weiter problematisch, wie sich die beiden Kriterien "Verhaltensspielraum gegenüber den Konkurrenten", also gegenüber den Mitnachfragern, und "Verhaltensspielraum gegenüber den Zulieferern" zueinander verhalten. Im Rahmen der Auslegung des § 22 Abs.l Nr.2 GWB wurde festgestellt, daß es dort bei der Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung auf vertikale Machtverhältnisse grundSätzlich nicht ankommt. Entscheidend ist vielmehr ein bestehender Verhaltensspielraum gegenüber den Wettbewerbern, also den Mitnachfragern, wobei insoweit auch vertikale Aspekte eine Rolle spielen können. 72 Dieses Ergebnis muß auch im Rahmen der Mißbrauchsaufsicht des Art. 86 EWGV Geltung beanspruchen, soweit es wie hier um die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen geht. Sind Zulieferer von ihrem Abnehmer vertikal abhängig, ohne daß der Abnehmer gleichzeitig im Verhältnis zu seinen Mitnachfragern einen überragenden Verhaltensspielraum innehat, so liegt Nachfragemarktbeherrschung nicht vor. Eine Fusion dieses Nachfragers mit einem Konkurrenten könnte nach Art. 86 EWGV nicht untersagt werden. Andernfalls würde die Zusammenschlußkontrolle einen strukturkonservierenden Effekt entwickeln und damit ihre Zielsetzung, längerfristig die Aufrechterhaltung wettbewerblicher Marktstrukturen zu sichern, verfehlen, indem sie notwendige Anpassungsprozesse verhinderte. Dies liefe dem in Art. 3 f) EWGV niedergelegten Ziel, den Wettbewerb innerhalb der Gemeinschaft vor Verfälschungen zu schützen, zuwider. Wettbewerbsschutz besteht nicht im Schutz einzelner Marktteilnehmer vor Wettbewerb. Allerdings ist zuzugeben, daß das Vorhandensein eines erheblichen vertikalen Verhaltensspielraums gegenüber den Lieferanten mit dem Vorliegen eines über69 S. oben Teil 2 I 3. Scheu/eie, BB 1973, Beil. Nr. 4, S. 8.; vgl. auch Siebeneck, BB 1985,2205 ff. 71 S. dazu Le. oben Teil 4 IV 2. 72 S. Le. oben Teil 4 III 3 a).

70

154

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ragenden horizontalen Verhaltensspielraumes gegenüber den Mitnachfragern oft einhergehen wird. Dieser Gleichlauf besteht aber im Falle einer Käufermarktsituation häufig nicht. Untersagt man hier einen Zusammenschluß von Handelsunternehmen lediglich im Hinblick auf eine vertikale Nachfragemacht gegenüber den Zulieferern, so verhindert man mit den Mitteln des Kartellrechts gerade die notwendigen Strukturanpassungen auf Seiten der Industrie. Das Schwert der Zusammenschlußkontrolle, das den Wettbewerb schützen soll, zerschlägt damit die Auslesefunktion des Wettbewerbs in kontraproduktiver Weise. Ist also bei der Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung im Rahmen des Art. 86 EWGV primär auf das Bestehen eines Verhaltensspielraumes gegenüber den Mitnachfragern abzustellen, der vom Wettbewerb nicht hinreichend kontrolliert wird, so ist nunmehr zu erörtern, welche Kriterien hierbei heranzuziehen sind. Bei der Bestimmung von Angebotsmarktbeherrschung nehmen Kommission und Gerichtshof, ähnlich wie es nach deutschem Recht geschieht, eine wertende Gesamtschau verschiedener Beurteilungskriterien vor. 73 Diese Vorgehensweise ist auch auf der Nachfrageseite sinnvoll und erforderlich. 74 Dabei sind insbesondere die folgenden Beurteilungskriterien zu prüfen: Marktanteil, rechtliche und tatsächliche Marktzutrittsschranken, Finanzkraft, Verflechtungen mit anderen Unternehmen, Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, Machtverhältnisse auf der Marktgegenseite, Umstellungsflexibilität. Dabei kommt dem Marktanteil eines Nachfragers lediglich untergeordnete Bedeutung ZU. 75 Hinsichtlich der einzelnen Probleme, die sich bei der Anwendung dieser Kriterien auf die Nachfrageseite stellen, ist auf die Ausführungen zu § 22 GWB zu verweisen. 76

d) Nachfragemachtmißbrauch durch Zusammenschluß Seit dem "Continental-Can"-Urteil des EuGH77 steht fest, daß auch in einem Zusammenschluß eines marktbeherrschenden Unternehmens mit einem anderen Unternehmen ein mißbräuchliches Verhalten im Sinne des Art. 86 EWGV liegen kann. Billigt man die Übertragung der vom Gerichtshof in dieser Leitentschei73 Vgl. die Nachweise bei Grabitz-Koch, Art. 86 EWGV Rdnr. 29; GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 11 ff.; Gleiss I Hirsch, Art. 86 EWGV Rdnr. 48, 32 ff.; I. Schmidt,

Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, S. 196. 74 S. oben im Rahmen von § 22 GWB, Teil 4 11 1. 75 Ebenso Gleiss I Hirsch, Art. 86 Rdnr. 32; s. i.e. oben Teil 4 III 3 b) aa). 76 Teil 4 III 3 b). 77 EuGH, Urteil v. 21. 2. 1973 i. d. Rs. 6/72, Slg. 1973,215 ff. = WuW IE EWG I MUV 296 ff.; dazu i.e. oben Teil 6 11 1.

III. Erfassung von Nachfragemacht

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dung entwickelten Grundsätze auf die Nachfrageseite, so läßt sich für die Anwendung von Art. 86 EWGV unter Nachfragemachtgesichtspunkten folgendes festhalten: Ein Zusammenschluß stellt auch dann ein mißbräuchliches Verhalten dar, wenn ein marktbeherrschender Nachfrager seine beherrschende Stellung auf dem relevanten Beschaffungsmarkt durch den Zusammenschluß dergestalt verstärkt, daß der erreichte Beherrschungsgrad den Nachfragewettbewerb wesentlich behindert, daß also nur noch Nachfrager auf dem Markt bleiben, die in ihrem Marktverhalten von dem beherrschenden Nachfrager abhängen. Ein solcher Fall liegt auch dann vor, wenn durch den Zusammenschluß der Nachfragewettbewerb so wesentlich beeinträchtigt wird, daß die verbleibenden Wettbewerber kein ausreichendes Gegengewicht mehr bilden. Im Ergebnis muß nach dem Zusammenschluß der vorher vorhandene Nachfrageweubewerb nahezu ausgeschaltet sein. Wie im Rahmen des § 24 GWB, so ist auch bei Art. 86 EWGV zur Beantwortung dieser Frage eine Prognose erforderlich, die die Wettbewerbs situation auf dem relevanten Beschaffungsmarkt vor dem Zusammenschluß mit derjenigen nach dem Zusammenschluß vergleicht, wobei auch auf längerfristige Wirkungen abzustellen ist.

e) Grundsätzlich nur ex-post-Kontrolle Stellt ein Zusammenschluß den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne des Art. 86 EWGV dar, so hat die Kommission die in der Verordnung Nr. 17 78 genannten Befugnisse. Auf der Grundlage von Art. 3 VO Nr. 17 kann sie entweder die Zusammenschlußpartner verpflichten, eine Entflechtung durchzuführen, oder aber andere Maßnahmen anordnen, mit denen die Wettbewerbsbeschränkung zu beseitigen ist. Erfährt die Kommission vor Vollzug des Zusammenschlusses von dem Vorhaben, so kann sie seinen Vollzug durch einstweilige Anordnung auf der Grundlage von Art. 3 VO Nr. 17 aussetzen, "wenn dies zur Abwendung eines ernsthaften, nicht wiedergutzumachenden Schadens oder einer für die Weubewerbsordnung der Gemeinschaft unerträglichen Situation geboten erscheint"79, was bei einem im Hinblick auf Art. 86 EWGV bedenklichen Zusammenschluß regelmäßig zu bejahen sein dürfte. Aus dem Gesagten ergibt sich aber auch, daß auf der Grundlage von Art. 86 EWGV i.V. m. der VO Nr. 17 keine präventive Zusammenschlußkontrolle im 78 Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, ABI. EG 1962 Nr. 13, 204; abgedruckt bei Grabitz, nach Art. 87 EWGV. 79 GBTE-Schräter, Art. 86 EWGV Rdnr. 69, Art. 87 EWGV Rdnr. 31; Grabitz-Koch, nach Art. 87, VO Nr. 17, Art. 3 Rdnr. 22.

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

eigentlichen Sinn möglich ist. 80 Die Unternehmen sind also nicht verpflichtet, ein Zusammenschlußvorhaben vor seiner Durchführung bei der Kommission anzumelden. Sie können sich allerdings vor dem Zusammschluß Gewißheit über die derzeitige Haltung der Kommission verschaffen, indem sie einen Antrag auf Erteilung eines Negativattests gern. Art. 2 va Nr. 17 einreichen. 81

2. Art. 85 EWGV

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite Art. 85 EWGV kann nur dann als Instrument zur Kontrolle von Zusammenschlüssen unter dem Gesichtspunkt von Nachfragemacht angewendet werden, wenn diese Vorschrift auf die Nachfrageseite anwendbar ist. Ebenso wie das Kartellverbot des GWB bezieht sich auch Art. 85 EWGV nicht lediglich auf Vereinbarungen und Verhaltensweisen, die den Angebotswettbewerb beschränken, sondern umfaßt auch solche, die den Nachfragewettbewerb beeinträchtigen. Dies ergibt sich aus Art. 85 Abs. I a) EWGV, wonach insbesondere auch die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung von Ankaufpreisen verboten ist. Damit sind Einkaufskartelle in Bezug genommen. 82 Art. 85 EWGV wurde von der Kommission auch bereits mehrfach auf die Beschränkung von Nachfragewettbewerb angewandt. 83 Neuere Fälle betreffen etwa die Freistellung von Pool-Vereinbarungen über die Einfuhr von Schwefel 84 , die Freistellung von Vereinbarungen über den gemeinsamen Erwerb von Fernsehrechten an Filmen durch deutsche Fernsehanstalten 8S und die Freistellung von Vereinbarungen zur Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem Ziel des gemeinsamen Einkaufs von Lebensmitteln. 86 Ferner befaßte sich die Kommission bei der Beurteilung eines Gemeinschaftsunternehmens von Iveco und Ford Vgl. auch MK, Sondergutachten 17, Tz. 27. GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 69. 82 Vgl. GBTE-Schröter, Art. 85 Abs.l EWGV Rdnr. 59; Gleiss / Hirsch, Art. 85 Abs.l EWGV Rdnr. 208 f. 83 Kommission, ABI. EG 1968 Nr. L 201, 4, 6 ("Socemas"); ABI. EG 1975 Nr. L 212, 23, 25 ("Intergroup"). In diesen beiden Fällen fehlte es an der SpÜfbarkeit der Beschränkung des Nachfragewettbewerbs. Vgl. auch Kommission, ABI. EG 1974 Nr. L 237, 16, 17 (,,Frubo"); Kommission, 1. Wettbewerbsbericht, Tz. 40; zum Ganzen auch Mestmäcker, Europäisches Wettbewerbsrecht, S. 302 ff.; van Bael / Bellis, Competition Law of the EEC, S. 208; Bellamy / Child, Common Market Law of Competition, S. 183 ff. 84 Vgl. Kommission, ABI. EG 1988 Nr. C 164, 3 u. ABI. EG 1989 Nr. L 190, 22 80 81

("National Sulphuric Acid Association"). 8S Vgl. Kommission, ABI. EG 1989 Nr. C 54, 2 u. ABI. EG 1989 Nr. L 284/36 ("Filmeinkauf deutscher Fernsehanstalten"). 86 Vgl. Kommission, WuW 1989, 186, AG 1989, R 256 ("Eurogroup").

III. Erfassung von Nachfragemacht

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im Nutzfahrzeugbereich mit der Einschränkung des Nachfragewettbewerbs, die aus der Verpflichtung des Gemeinschaftsunternehmens folgte, bestimmte Vorprodukte und Ersatzteile ausschließlich von Ford zu beziehen. 87 Wenn und soweit man das Vorgehen gegen Zusammenschlüsse gern. Art. 85 EWGV auf der Grundlage des Zigarettenurteils des EuGH88 für richtig hält, muß man Art. 85 EWGV auch auf die in einem Zusammenschluß liegende Beschränkung des Nachfragewettbewerbs zur Anwendung bringen. 89 Im folgenden soll eine Übertragung der neuen Rechtsprechung auf die Nachfrageseite vollzogen werden, ohne Le. auf alle durch das Zigarettenurteil aufgeworfenen Fragen einzugehen. b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes Ob die in einem Zusammenschluß liegende Wettbewerbsbeschränkung unter das Kartellverbot des Art. 85 Abs.l EWGV fallt, ist im Hinblick auf den Markt zu untersuchen, auf dem sie sich auswirkt oder voraussichtlich auswirken wird. 90 Der relevante Beschaffungsmarkt ist im Rahmen des Art. 85 EWGV im Grundsatz nach denselben Kriterien abzugrenzen wie bei Art. 86 EWGV und bei § 22 GWB.91 Dies mag bei der Anwendung der Vorschrift auf Kartelle und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen zweifelhaft sein 92, gilt aber jedenfalls im Rahmen der Zusammenschlußkontrolle. c) Übertragung der Grundsätze des EuGH auf die Nachfrageseite

Art. 85 EWGV erfaßt einen Konzentrationstatbestand lediglich dann, wenn und soweit die Parteien der zugrundeliegenden Vereinbarung sowohl vor als auch nach dem Zusammenschluß selbständig sind. 93 Ein Verschmelzungsvertrag liegt daher außerhalb des Kontrollbereichs von Art. 85 EWGV.94 Dies gilt auch bei der Beurteilung eines Zusammenschlusses unter dem Gesichtspunkt der Beschränkung des Nachfragewettbewerbs. 87

Kommission, ABI. EG 1988 Nr. L 230, 39,43 ("Iveco-Ford

H

).

88 EuGH, Urteil v. 17.11. 1987 in den Rs. 142 und 156/84, WuW /E EWG/MUV

815 ff. = NJW 1988, 3083 ff.; vgI. hierzu oben Teil 6 II 2. 89 Bei der Prüfung eines Zusammenschlusses im Verpackungssektor hat die Kommission angekündigt, bei ihrer Entscheidung auch die "wirtschaftliche Nachfragemacht der betreffenden Unternehmen zu berücksichtigen, vgI. WuW 1989, 133 f. ("CamaudMeta1box 90 VgI. GBTE-Schröter, Art. 85 Abs.1 EWGV Rdnr. 36. 91 VgI. dazu oben Teil 6 III 1 b); Teil 3 II 5. 92 GBTE-Schröter, Art. 85 Abs.1 EWGV Rdnr. 39 m. w.N. 93 VgI. EuGH, Tz. 31, WuW /E EWG/MlJV 815, 819. 94 Satzky, OB 1988,379,381; vgI. auch lmmenga / Fuchs, NJW 1988,3052,3059. H

H

).

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

Weiter kann ein Zusammenschluß nur dann unter den Verbotstatbestand des Art. 85 Abs.l EWGV subsumiert werden, wenn er selbst den Wettbewerb beschränkt oder als Instrument einer Wettbewerbsbeschränkung dient. Eine bloße Finanzbeteiligung dürfte daher auch unter Nachfragegesichtspunkten dem Anwendungsbereich des Kartellverbots entzogen sein. 95 Dabei sind die vom Gerichtshof beispielhaft entwickelten Kriterien, die auf eine wettbewerbsbeschränkende Funktion hindeuten können, wie folgt auf die Nachfrageseite zu übertragen: Ein Zusammenschluß zweier Unternehmen kann dann als Instrument einer Beschränkung des Nachfragewettbewerbs dienen, -

wenn ein Zusammenschlußpartner durch den Erwerb der Beteiligung oder durch zusätzliche Vereinbarungen die Kontrolle über das geschäftliche Verhalten des Erworbenen auf dem relevanten Beschaffungsmarkt erlangt oder

-

wenn die Vereinbarungen Bestimmungen über eine geschäftliche Kooperation der Beteiligten auf den Beschaffungsmärkten enthalten oder

-

wenn durch den Zusammenschluß auf dem relevanten Beschaffungsmarkt Strukturen begründet werden, die einer derartigen Kooperation förderlich sein können oder

-

wenn die Vereinbarungen einem Zusammenschlußpartner die Möglichkeit geben, seine Einflußnahme zu einem späteren Zeitpunkt so zu erhöhen, daß er eine effektive Kontrolle über den anderen Nachfrager erlangt.

Dabei sind nicht nur die unmittelbaren Wirkungen der Vereinbarungen zu berücksichtigen, sondern auch deren potentielle Wirkungen und die Möglichkeit, daß die Vereinbarungen Teil einer längerfristigen Strategie sind. 96 Befürwortet man eine solche Anwendung von Art. 85 EWGV auf Konzentrationsvorgänge, so kommt der Prüfung des Merkmals der Spürbarkeit der Wettbewerbsbeschränkung erhebliche Bedeutung zu. Dabei ist zunächst die Bagatellbekanntmachung 97 der Kommission anzuwenden, in der diese das Merkmal der Spürbarkeit in quantitativer Hinsicht konkretisiert hat. Nach Ziff. (7) der Bagatellbekanntmachung fällt eine Wettbewerbsbeschränkung, hier also die durch den Zusammenschluß verursachte Beschränkung des Nachfragewettbewerbs, grundsätzlich dann nicht unter das Verbot des Art. 85 Abs.l EWGV, wenn auf dem relevanten Markt der Marktanteil der Beteiligten nicht mehr als 5 % beträgt und der Gesamtumsatz der beteiligten Unternehmen innerhalb des 95 VgI. für die Angebotsseite EuGH, Tz. 45, 53, WuW /E EWG/MUV 815, 822, 823; Satzky, DB 1988,379, 381 f. 96 VgI. EuGH, Tz. 39, WuW /E EWG /MUV 815, 821. 97 Bekanntmachung der Kommission vom 3. 9. 1986 über Vereinbarungen von geringer Bedeutung, die nicht unter Art. 85 Abs.l des EWG-Vertrages fallen, ABI. EG 1986 Nr. C 231, 2 ff., auch abgedruckt in WuW 1986,980 ff.

III. Erfassung von Nachfragemacht

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Geschäftsjahres 200.000 ECU nicht überschreitet. Der Bagatellbekanntmachung kommt allerdings lediglich eine begrenzte Orientierungsfunktion ZU. 98 Der Gerichtshof ist an die Bekanntmachung ohnehin nicht gebunden, wie in Ziff. (6) S.3 ausdrücklich klargestellt wird. Darüberhinaus wird eine Vielzahl von Zusammenschlüssen von vornherein nicht unter die in der Bagatellbekanntmachung konkretisierte "de-minimis-rule" fallen. Art. 85 Abs.l EWGV hat nicht darüberhinaus zur Voraussetzung, daß die inkriminierte Vereinbarung oder das Verhalten eine wesentliche Beschränkung des Nachfragewettbewerbs darstellt. Das Kartellverbot greift bereits bei jeder spürbaren Wettbewerbsbeschränkung. Einen gewissen Ausgleich für diese niedrige Eingriffsschwelle bietet die Freistellungsmöglichkeit nach Art. 85 Abs.3 EWGV.99 Liegt weder eine Einzelnoch eine Gruppenfreistellung vor, so hat dies dennoch nicht ohne weiteres die Nichtigkeit der Vereinbarung gern. Art. 85 Abs.2 EWGV zur Folge. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Nichtigkeit nur dann anzunehmen, wenn eine Freistellung nicht in Betracht kommt 100, wenn also die Vereinbarung offensichtlich nicht freistellungsfähig ist.

d) Verhältnis zu Art. 86 EWGV Nachdem durch die Rechtsprechung des EuGH die grundsätzliche Anwendbarkeit von Art. 85 EWGV auf Zusammenschlußvorgänge feststeht, stellt sich die Frage nach dem Verhältnis dieser Vorschrift zu Art. 86 EWGV. Sie stellt sich für Angebots- und Nachfrageseite in gleicher Weise und ist für beide Marktseiten gleich zu beantworten.

Im Grundsatz sind Art. 85 und 86 EWGV nebeneinander anwendbar, wenn und soweit der wirtschaftliche Sachverhalt die Tatbestandsvoraussetzungen beider Bestimmungen zugleich erfüllt. 101 Dieser Grundsatz gilt auch für Zusammenschlüsse, denn keine der beiden Bestimmungen enthält eine ausdrückliche, geschweige denn ausschließliche Regelung von Konzentrationsvorgängen. 102 Davon geht auch der Gerichtshof im Urteil "Morris-Rothmans" aus. 103 Wegen 98 Vgl. Gleiss / Hirsch, Art. 85 EWGV Rdnr. 95.

Zu den Freistellungskriterien allgemein GBTE-Schröter, Art. 85 Abs.3 EWGV Rdnr. 112 ff.; Grabitz-Koch, Art. 85 EWGV Rdnr. 162 ff. 100 EuGH, Urteil v. 9. 7. 1969 Ld.Rs. 10 I 69, Slg. 1969, 309 (,'portelange I Smith Corona Marchant International") = WuW IE EWG I MUV 213, 216; EuGH, Urteil v. 10.7. 1980 Ld.Rs. 99 I 79, WuW I E EWG I MUV 485, 488 (..Wettbewerb-Parfums-Lancome"). 101 Vgl. GBTE-Schröter, Art. 86 EWGV Rdnr. 5; EuGH, Urteil v. 13.7. 1966 in der Rs. 32/65, Slg. 1966,457,485. 102 Satzky, DB 1988, 379, 381. 103 EuGH, Tz. 65 f., WuW IE EWG/MUV 815, 825 f. 99

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der unterschiedlichen Voraussetzungen von Art. 85 und Art. 86 EWGV wird ein Zusammen schluß allerdings nur in seltenen Fällen unter beide Vorschriften zugleich subsumiert werden können.

e) Grundsätzlich nur ex-post-Kontrolle Ebenso wie Art. 86 EWGV ermöglicht auch Art. 85 EWGV grundsätzlich keine präventive Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. Bestehen Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit eines Zusammenschlußvorhabens im Hinblick auf Art. 85 EWGV, so ist den Zusammenschlußpartnern wegen der drohenden Nichtigkeitsfolge des Art. 85 Abs.2 EWGV anzuraten, für ihr Vorhaben bei der Kommission gern. Art. 2 va Nr. 17 ein Negativattest zu beantragen, hilfsweise das Zusammenschlußvorhaben mit einem Freistellungsantrag gern. Art. 4 va Nr. 17 bei der Kommission anzumelden.

3. Geplante Fusionskontroll-Verordnung

Nachdem die Einführung einer gemeinschafts weiten präventiven Zusammenschlußkontrolle in Kürze zu erwarten ist, bleibt zu klären, ob der VerordnungsEntwurf der Kommission auf Zusammenschlußvorgänge auch hinsichtlich der Nachfrageseite anwendbar ist und welche Kriterien dabei für die Beurteilung maßgeblich sind.

a) Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite Nach Art. 1 Abs.l des November-Entwurfes 104 gilt die Verordnung für alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung, gleichgültig, ob sie von den Art. 85 und 86 EWGV erfaßt sind oder nicht. Ein Zusammen schluß hat gemäß Art. 1 Abs.2 gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn der weltweite Gesamtumsatz aller beteiligten Unternehmen mehr als eine Milliarde ECU und der gemeinschaftsweite Gesamtumsatz von mindestens zwei der am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen jeweils mehr als hundert Millionen ECU beträgt, es sei denn, daß die am Zusammenschluß beteiligten Unternehmen jeweils mehr als drei Viertel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen. 104. Der Anwendungsbereich der Verordnung wird damit unabhängig von Angebots- oder Nachfrageseite festgelegt. Eine andere Frage ist, ob Zusammenschlüsse, die von Art. I erfaßt werden, auch unter Nachfragemachtgesichtspunkten zu überprüfen sind. Art. 1 schließt dies jedenfalls nicht aus. 104 104.

ABI. EG 1989 Nr. C 22, 14. Stand Dez. 1989: 5 Mrd. ECU, 250 Mio. ECU, zwei Drittel.

III. Erfassung von Nachfragemacht

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Demgegenüber hat nach Art. 1 Abs.2 b) der Entwurfsfassung von April 1988 105 ein Zusammenschluß gemeinschaftsweite Bedeutung, wenn die Unternehmen, die den Zusammenschluß durchführen, ihren wesentlichen Tätigkeitsbereich innerhalb der Gemeinschaft zwar in ein und demselben Mitgliedstaat haben, aber mindestens eines von ihnen insbesondere durch Tochtergesellschaften oder Direktverkäufe in erheblichem Umfang auch in anderen Mitgliedstaaten tätig ist. Eine entsprechende Bestimmung war für Einkäufe nicht vorgesehen. In der Fassung von November 1988 ist die Inbezugnahme von Direktverkäufen noch in Erwägungsgrund (10) enthalten. Daraus kann aber nur folgen, daß nationale Handelszusammenschlüsse (mehr als drei Viertel des Gesamtumsatzes in einem Mitgliedstaat, vgl. Art. 2 Abs.2) auch im Hinblick auf die Nachfrageseite nicht unter die Verordnung fallen und weiterhin lediglich der nationalen Zusammenschlußkontrolle unterliegen 106 oder möglicherweise einer Kontrolle über Art. 85, 86 EWGV zugänglich sind. Zusammenschlüsse zwischen Handelsunternehmen, deren weltweiter Gesamtumsatz mehr als eine Milliarde ECU beträgt und die nicht mehr als drei Viertel ihres gemeinschaftsweiten Gesamtumsatzes in ein und demselben Mitgliedstaat erzielen, fallen jedoch unter Art. 1 Abs.2. Für sie ist jedenfalls nach Art. 1 eine Beurteilung auch hinsichtlich der Nachfrageseite nicht ausgeschlossen. Weiter ist zu untersuchen, ob sich aus anderen Bestimmungen der Verordnung Hinweise dafür herleiten lassen, ob ein Zusammenschluß zwischen Handelsunternehmen, der vom Anwendungsbereich der Verordnung erfaßt ist, auch im Hinblick auf Nachfragemacht untersucht werden kann. Gern. Art. 2 Abs.2 der Entwurfsfassung von April 1988 sind solche Zusammenschlüsse mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, die eine beherrschende Stellung begründen oder verstärken. Diese Formulierung legt den Schluß nahe, es würden beherrschende Stellungen sowohl auf Angebots- als auch auf Nachfragemärkten erfaßt, denn die Verordnung selbst geht von der Bezugsgröße Markt aus (vgl. Art. 2 Abs.2 S.2) und beherrschende Stellungen können auch auf Beschaffungsmärkten bestehen. Zumindest schließt der Wortlaut des Art. 2 Abs.2 die Anwendbarkeit dieses Entwurfes auf die Nachfrageseite nicht aus. Nach der Fassung von November 1988 kommt es als Eingreifkriterium darauf an, ob der Zusammenschluß eine Stellung begründet oder verstärkt, durch welche die Aufrechterhaltung oder Entwicklung eines wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben behindert wird. Dies kommt der bei der 5. GWB-Novelle geforderten Abkopplungslösung nahe. 107 Kommt es hiernach letztlich auf die Behinderung wirksamen WettbeABI. EG 1988 Nr. C 130,4 = WuW 1988,405 ff. Ebenso G. Meier, WuW 1988, 723, 728, der dieser Ungleichbehandlung von Industrie und Handel sehr kritisch gegenübersteht. 107 VgI. oben Teil 5 11 2. 105

106

11 Bergmann

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werbs an, so sind Angebots- und Nachfragewettbewerb gleichermaßen in Bezug genommen. Daraus folgt, daß Zusammenschlüsse ohne weiteres auch unter Nachfragernachtgesichtspunkten zu beurteilen sind. Dieses Ergebnis wird durch einen erneuten Vergleich mit der Entwurfsfassung von April 1988 bekräftigt. Nach deren Art. 5 Abs.2 S.2 gilt als Marktanteil der prozentuale Anteil der von einem beteiligten Unternehmen abgesetzten Waren oder Dienstleistungen am Gesamtmarkt dieser und sonstiger Waren oder Dienstleistungen, die vom Verbraucher aufgrund ihrer Eigenschaften, ihrer Preislage und ihres Verwendungszwecks als gleichartig angesehen werden. Diese Definition des Merkmals "Marktanteil" sprach unmißverständlich gegen eine Berücksichtigung der Nachfrageseite bei der Beurteilung von Zusammenschlüssen nach dem VO-Entwurf. Zum einen sollte der Marktanteil der prozentuale Anteil der abgesetzten Waren oder Dienstleistungen sein. Angesprochen sind damit ausschließlich Marktanteile auf Absatzmärkten, ausgeklammert dagegen sind Marktanteile auf Beschaffungsmärkten. Hinzu kommen die in der Vorschrift enthaltenen Hinweise zur Marktabgrenzung, die ausschließlich auf die Sicht des Verbrauchers abstellen. Die Marktabgrenzung hat immer aus der Sicht der Marktgegenseite zu erfolgen. Die Sicht des Verbrauchers ist daher lediglich zur Abgrenzung von sachlich relevanten Absatzmärkten maßgebend. Auch damit war die Abgrenzung relevanter Beschaffungsmärkte ausgeklammert. War hiernach zweifelhaft, ob Nachfragemachtgesichtspunkte in die Beurteilung eines Zusammenschlußvorhabens einfließen können 108, so deutet die Streichung dieser Bestimmungen auf eine Berücksichtigung der Nachfrageseite hin. Eine Anwendung der Fusionskontroll-Verordnung auf die Nachfrageseite ist auch sinnvoll und erforderlich. Andernfalls bliebe es insoweit bei der unbefriedigenden Kontrolle nach Art. 85,86 EWGV. Es wäre nicht auszuschließen, daß ein Handelszusammenschluß im Hinblick auf die Angebotsseite auf der Grundlage der Verordnung geprüft und entschieden würde, hinsichtlich der Nachfragesei te daneben Art. 85, 86 EWGV zur Anwendung gelangten. Eine solche Zweigleisigkeit hätte nicht nur erhebliche Rechtsunsicherheit zur Folge, sie wäre zudem äußerst unpraktikabel. Es ist daher empfehlenswert, die Anwendbarkeit der Verordnung auf die Nachfrageseite ausdrücklich klarzustellen. Dies kann durch den Zusatz "eines Unternehmens als Anbieter oder Nachfrager" jeweils nach dem Wort ,,stellung" in Art. 2 Abs. 2 und Abs. 3 geschehen.

108 Zumindest indirekt ist Nachfragemacht auch nach dem April-Entwurf (1988) in die Prüfung eines Zusammenschlusses einzubeziehen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs.2 S.2 des Entwurfes, wonach u.a. die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten, sowie der Zugang zu den Beschaffungsmärkten zu berücksichtigen sind. Ob ein Unternehmen Nachfragemacht innehat, wird auf diese Weise mittelbar, also bei der Prüfung von Angebotsmarktbeherrschung relevant. Wenn und soweit die Nachfragemacht auf die Stellung des Unternehmens auf dem Angebotsmarkt einwirkt, fließt sie über Art.2 Abs.2 S.2 in die nach Art.2 Abs.2 S.l vorzunehmende Beurteilung ein.

III. Erfassung von Nachfragemacht

163

b) Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes Obwohl der Verordnungs-Entwurf vom November 1988 vom Begriff der Marktbeherrschung formal losgelöst ist, muß für die Beantwortung der Frage, ob eine Behinderung wirksamen Wettbewerbs vorliegt, auch der relevante Markt abgegrenzt werden. Dies folgt bereits aus der mehrfachen Verwendung des Marktbegriffs in Art. 2 Abs.l. Hiernach sind etwa die MarktsteIlung, die Struktur der betroffenen Märkte und Marktzutrittsschranken zu berücksichtigen. Erwägungsgrund (15) enthält daruberhinaus die Vermutung, daß Zusammenschlüsse dann wirksamen Wettbewerb nicht behindern, wenn der Marktanteil der beteiligten Unternehmen im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben 25 % nicht übersteigt. Die Bestimmung von Marktanteilen setzt denknotwendig die Abgrenzung des relevanten Marktes voraus. Hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Beschaffungsmarktes in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht sind die bei der Untersuchung dieser Frage im Rahmen der §§ 24, 22 GWB entwickelten Kriterien auf der Grundlage der Fusionskontroll-Verordnung entsprechend anzuwenden. 109

c) Untersagungskriterium Das maßgebliche Untersagungskriterium für Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung wurde in den verschiedenen Entwurfsfassungen mehrfach geändert. 110 Derzeit ist nicht abzusehen, auf welche Fassung sich die Mitgliedstaaten einigen werden. Nach dem Entwurf von November 1988 ist die Frage entscheidend, ob eine Behinderung wirksamen Wettbewerbs vorliegt (vgl. Art. 2 Abs.3). Soweit ein Zusammenschluß im Hinblick auf die Nachfrageseite beurteilt wird, kommt es darauf an, ob eine Behinderung wirksamen Nachfragewettbewerbs festgestellt wird. Hierfür ist eine Gesamtschau der verschiedenen, einem Nachfrager zur Verfügung stehenden Aktionsparameter erforderlich. Bei Handelsunternehmen sind Preis- und Vertriebsleistungswettbewerb gleichermaßen zu beachten. 111 Auch hier kommt es darauf an, ob ein Nachfrager gegenüber seinen Mitnachfragern Verhaltensspielräume innehat, die keiner hinreichenden wettbewerblichen Kontrolle unterworfen sind. Art. 2 Abs.l des November-Entwurfes enthält eine nicht abschließende Aufzählung von Beurteilungskriterien, die bei der Prüfung eines Zusammenschlusses zu berücksichtigen sind: die MarktsteIlung sowie die wirtschaftliche Macht und 109 110

111 11*

S. Teil 3, insbesondere für die sachliche Marktabgrenzung. Vgl. i.e. MK, Sondergutachten 17, Tz. 37 ff.; 76 ff. Vgl. zum Nachfragewettbewerb bereits oben Teil 2 I; Teil 4 IV 2.

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

die Finanzkraft der beteiligten Unternehmen, die Wahlmöglichkeiten der Lieferanten und Abnehmer, ihr Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten, die Struktur der betroffenen Märkte unter Beachtung des internationalen Wettbewerbs, rechtliche oder tatsächliche Marktzutrittsschranken sowie die Entwicklung des Angebots und der Nachfrage bei den jeweiligen Erzeugnissen und Dienstleistungen. Die sich auf der Nachfrageseite ergebenden Besonderheiten dieser Kriterien wurden bereits im Rahmen von § 22 GWB eingehend untersucht. 112 Bei der Marktstruktur ist insbesondere ausschlaggebend, ob es sich um einen Verkäuferoder um einen Käufennarkt handelt. Bei letzterem ist die besondere, strukturell bedingte Qualität des Nachfragewettbewerbs in Rechnung zu stellen. Bilaterale Abhängigkeiten schließen das Vorliegen von Nachfragewettbewerb keineswegs aus. Die 25%-Vennutung des Erwägungsgrundes (15) gilt für Marktanteile auf Angebots- und Beschaffungsmärkten gleichennaßen. Dagegen war in dem Entwurf von April 1988 und einem internen Arbeitsentwurf der Kommission von Juli 1988 maßgebliches Untersagungskriterium die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung. 113 Die Monopolkommission spricht sich im Sinne einer klaren Regelung ausdrücklich für die Einführung dieses Marktbeherrschungskriteriums aus. 114 Dies ist im Hinblick auf eine marktstrukturell ausgerichtete Fusionskontrolle sinnvoll und wünschenswert. Bei der Verwirklichung dieser Vorstellung wäre ein Zusammenschluß mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, wenn er eine beherrschende Stellung eines Unternehmens als Nachfrager auf dem relevanten Beschaffungsmarkt begründet oder verstärkt. 115

d) Genehmigungskriterien Ein Zusammenschluß ist auch bei Vorliegen der Untersagungsvoraussetzungen nicht für unvereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären, wenn er von der Kommission auf der Grundlage der in Art. 2 Abs.3 niedergelegten Kriterien genehmigt wird. Die Genehmigungsregelung übernimmt die Freistellungskriterien des Art. 85 Abs.3 EWGV und erweitert diese um die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Wirtschaftszweige im internationalen Wettbewerb sowie die Interessen der Verbraucher. Mit dem erklärten Ziel einer an Maßstäben des Wettbewerbs orientierten Fusionskontrolle kann eine Genehmigungsmöglichkeit in dieser Fonn nicht in Vgl. oben Teil 4 III 3 b). Vgl. die Darstellung bei MK, Sondergutachten 17, Tz. 76. In der Fassung von Juli 1988 war das Marktbeherrschungskriterium kombiniert mit der Beeinträchtigung wirksamen Wettbewerbs. 114 MK, Sondergutachten 17, Tz. 79. 115 Vgl. dazu ausführlich oben Teil 4. 112 113

III. Erfassung von Nachfragemacht

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Einklang gebracht werden. 116 Ob sich ein pro-wettbewerblicher Ansatz gegenüber den industriepolitisch motivierten Alternativen im politischen Willensbildungsprozeß durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Besonderheiten hinsichtlich der Genehmigungskriterien für die Nachfrageseite sind derzeit nicht ersichtlich.

e) Verhältnis zu Art. 85, 86 EWGV

Werden Zusammenschlüsse von der Fusionskontroll-Verordnung auch im Hinblick auf die Beeinträchtigung wirksamen Nachfragewettbewerbs oder auf die Entstehung oder Verstärkung von Nachfragemarktbeherrschung erfaßt, so stellt sich die Frage nach dem Verhältnis der Verordnung zu Art. 85,86 EWGV. Es liegt nahe und wäre wünschenswert, jedenfalls für Zusammenschlüsse, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, also solche von gemeinschaftsweiter Bedeutung, eine daneben bestehende parallele Kontrolle nach den Art. 85, 86 EWGV auszuschließen. Art. I Abs.l des VO-Entwurfes (November 1988), nach dem die Verordnung für alle Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung gilt, gleichgültig, ob sie von den Artikeln 85 und 86 EWGV erfaßt sind oder nicht, scheint das Problem in diesem Sinne beantworten zu wollen. ll ? Ob durch die Fusionskontroll-VO aber die Anwendung von Art. 85, 86 EWGV tatsächlich eingeschränkt werden kann, erscheint zweifelhaft 118, weil es sich bei der Verordnung lediglich um sekundäres Gemeinschaftsrecht, also um ein von einem Organ der Gemeinschaft aufgrund einer Kompetenzzuweisung im EWGV erlassenes Recht handelt. 119 Dieses zur Ausführung der Verträge ergangene Gemeinschaftsrecht steht in der Rangfolge ex definitione unterhalb der Vertragsnormen 120, vermag diese also nicht einzuschränken. 121 G. Meier weist darauf hin, daß über Art. 235 EWGV allerdings eine faktische Änderung der Art. 85, 86 EWGV im Sinne von mehr Wettbewerbsschutz erreichbar wäre. 122 Damit ist aber nicht das Problem des Verhältnisses von Art. 85, 86 MK, Sondergutachten 17. Tz. 101. Ähnlich Art. I Abs.1 des VO-Entwurfes vom April 1988: "Diese Verordnung gilt für alle Zusammenschlüsse von gemeinschafts weiter Bedeutung einschließlich derjenigen, welche unter Art. 85 Abs.1 oder 86 des Vertrages fallen." 118 Ablehnend G. Meier, WuW 1988,723,731. 119 Zum sekundären Gemeinschaftsrecht vgl. Grabitz-Grabitz, Art. 189 EWGV Rdnr. 16. 120 Grabitz-Wenig, Art. 173 EWGV Rdnr. 50. 121 Demgegenüber ist Vonnemann, DB 1988,2085,2088 f. der Auffassung, Art. 85, 86 EWGV müßten auf Unternehmenszusammenschlüsse nach Maßgabe der Fusionskontroll-VO angewendet werden, wenn die VO auf Art. 87 EWGV gestützt wird. Die Gefahr einer Doppelkontrolle sei dadurch gebannt. 122 G. Meier, WuW 1988,723,731. 116

117

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Teil 6: Nachfragemacht und europäische Fusionskontrolle

EWGV zur Verordnung für solche Zusammenschlüsse beseitigt, die entweder nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, oder zwar in ihren Anwendungsbereich fallen, aber aufgrund der Verordnung nicht untersagt werden oder werden können, obwohl sie gemäß Art. 85 EWGV verboten wären. Nach Auffassung der Monopolkommission basieren die vorliegenden Verordnungsentwürfe auf der bisherigen Rechtsanwendung der Art. 85, 86 EWGV und bedeuten eine Fortentwicklung der Kartellrechtsordnung. 123 Diejenigen Fälle, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, seien einer Prüfung nach den Art. 85, 86 EWGV entzogen. Der Vorrang der Verordnung "dürfte" durch die Rechtsgrundlage der Art. 87 und 235 EWGV gedeckt sein. l24 Dagegen würden die Fälle, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, zwar weiterhin von Art. 85 und 86 EWGV erfaßt. Es sei jedoch davon auszugehen, daß weder die Kommission noch die Mitgliedstaaten diese Bestimmungen in einem Verwaltungsverfahren anwenden werden. 125 Der Lösungsansatz der Monopolkommission ist zwar pragmatisch. Es erscheint danach aber nicht ausgeschlossen, daß die Kommission und / oder der Gerichtshof, sowie vor allem auch die Gerichte der Mitgliedstaaten, jedenfalls solche Zusammenschlüsse, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, weiterhin nach Art. 85, 86 beurteilen werden. 126 Dieses unbefriedigende Ergebnis könnte lediglich durch eine Vertragsänderung nach Art. 236 EWGV vermieden werden, die die Zusammenschlußkontrolle ausdrücklich und abschließend regelt und zu deren Ausgestaltung eine Verordnung aufgrund einer in einem solchen Artikel einzufügenden Ermächtigung erlassen werden könnte. Dagegen ist der Erlaß der Verordnung als Gruppenfreistellungs- va nach Art. 85 Abs.3 EWGV 127 nicht systemgerecht, da Art. 85 EWGV vornehmlich ein Instrument der Verhaltenskontrolle darstellt.

MK, Sondergutachten 17, Tz. 142. MK, Sondergutachten 17, Tz. 142 f.; a.A. Steindorff, Chaos der europäischen Fusionskontrolle nach Philip Morris?, S. 1, 4 ff., nach dem Art. 87 und 235 EWGV 123

124

keine hinreichende Ermächtigung für die geplante Verordnung enthalten, da durch die Verordnung das geltende Recht der Zusammenschlußkontrolle eingeschränkt werde. 125 MK, Sondergutachten 17, Tz. 144. 126 Ähnlich Satzky, DB 1988, 379, 348; G. Meier, WuW 1988, 723, 727 Fn. 10. 127 Vgl. Sedemund / Montag, NJW 1988,601,609.

Zusammenfassung in Thesenform 1. Nachfragemachtprobleme treten in drei Bereichen auf: im Beschaffungswe-

sen der öffentlichen Hände, im Verhältnis der Industrie gegenüber ihren Zulieferern und auf der Nachfrageseite des Handels. Im Rahmen der Fusionskontrolle spielte bislang lediglich die Nachfragemacht des Handels eine Rolle.

2. Seit einigen Jahrzehnten ist im Handel, vor allem im Lebensmittelhandel, eine starke Konzentrationsentwicklung zu beobachten. Eine ihrer Ursachen und zugleich ihrer Wirkungen wird mit dem legendär gewordenen Schlagwort "Nachfragemacht des Handels" bezeichnet. 3. Zwar ist das allgemeine Schrifttum zur Nachfragemacht des Handels kaum mehr übersehbar, doch wurde die Nachfrageseite in der Fusionskontrolle von der Wissenschaft bislang stark vernachlässigt. Es liegen vier Untersagungsverfügungen des BKartA zu diesem Problemkreis vor: "Hussel-Mara", "Coop-Supermagazin", "Metro-Kaufhof' und "Coop-Wandmaker". Als einzige gerichtliche Stellungnahme ist der Beschluß des KG im Fall "CoopWandmaker" aus dem Jahre 1986 zu nennen. 4. Nachfragewettbewerb ist in allen Marktlagen potentiell existent. Er liegt dann vor, wenn der Handlungsspielraum eines Nachfragers durch die Existenz von Mitnachfragern, die für die Marktgegenseite als Alternative in Betracht kommen, begrenzt wird. Die Eingreifkriterien der auf Wettbewerbsverhältnisse abstellenden §§ 24 Abs.l, 22 GWB sind auch für die Fusionskontrolle auf der Nachfrageseite generell geeignet. 5. Zwar wirkt Nachfragewettbewerb tendenziell preiserhöhend. Das Entstehen marktbeherrschender Stellungen auf der Nachfrageseite ist dennoch wettbewerblich schädlich, ihre Verhinderung durch Untersagung eines Zusammenschlusses also auch verfassungsrechtlich legitimiert. Dies ergibt sich aus einer umfassenden Schutzzweckanalyse des GWB, das in erster Linie den Schutz der wettbewerblichen Handlungsfreiheit aller Marktteilnehmer, also auch der Anbieter I Hersteller intendiert, und lediglich mittelbar dem Verbraucherinteresse dient. Bei der Beurteilung von Zusammenschlüssen unter dem Gesichtspunkt der Nachfragemarktbeherrschung ist jedoch eine restriktive Gesetzesanwendung geboten.

168

Zusammenfassung in Thesenform

6. Das isolierte Abstellen auf ein bilaterales Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis im Sinne von Arndt erscheint als theoretischer Ansatzpunkt zur Lösung der konkreten Rechtsprobleme der Zusammenschlußkontrolle auf der Nachfrageseite von vornherein ungeeignet. Als weitere theoretische Ansatzpunkte haben sich in Theorie und Praxis der Umdeutungsansatz, welcher Nachfragemacht in Angebotsmacht umdeutet, und die Spiegelbildtheorie, welche auf die Erfassung der Nachfragemacht die gleichen Kriterien anwendet, die für die Erfassung von Angebotsmacht entwickelt wurden, herausgebildet. 7. Die sachliche Marktabgrenzung auf der Nachfrageseite vermag allerdings weder vom Umdeutungsansatz noch von den verschiedenen Spielarten der Spiegelbildtheorie befriedigend gelöst zu werden. Beide Theorien stellen zwar richtigerweise auf die Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite ab. Der Umdeutungsansatz betrachtet dabei jedoch ausschließlich das Vertriebsleistungsangebot der Nachfrager und die Spiegelbildtheorie berücksichtigt im Ergebnis nur deren Warennachfrage. 8. Die sachliche Marktabgrenzung hat vielmehr auf der Grundlage des von Köhler entwickelten Produktvertriebskonzeptes zu erfolgen. Die Besonderheiten der Beziehungen zwischen Handel und Industrie verlangen, den sachlich relevanten Beschaffungsmarkt wettbewerbsbezogen abzugrenzen. Nur in einer umfassenden zwei stufigen Gesamtbetrachtungsweise, bei der sowohl Warennachfrage als auch Vertriebsleistungsangebot Berücksichtigung finden, kann die "area of effective competition" ermittelt werden. 9. Dabei ist in einem ersten Schritt zu untersuchen, welche Waren in einen sachlich relevanten Markt einzubeziehen sind. Im Lebensmittelhandel gelangt man auf diese Weise in Anlehnung an das Angebotsumstellungskonzept unter Zugrundelegung einer objektivierten Sicht der Marktgegenseite i.d.R. zu Beschaffungsmärkten für einzelne Produktgruppen. In einem zweiten Schritt sind dann für jede Produktgruppe die Vertriebsalternativen zu entwikkeIn. Die Kombination von Produktgruppenmärkten und Vertriebsleistungsmärkten ergibt die jeweiligen sachlich relevanten Beschaffungsmärkte für Handelsunternehmen. Die sortimentsweite Abgrenzung des BKartA ist dagegen abzulehnen. 10. Auch die Abgrenzung räumlich relevanter Beschaffungsmärkte hat von den Ausweichmöglichkeiten der Anbieter auszugehen. Im Lebensmittelhandel sind dabei je nach Produktgruppen- und Vertriebsleistungsmarkt Regionalmärkte, das Bundesgebiet, der EG-Binnenmarkt bzw. der Weltmarkt als räumlich relevante Beschaffungsmärkte anzunehmen.

Zusammenfassung in Thesenform

169

11. Für die Bestimmung von Nachfragemarktbeherrschung ist die einzelwirtschaftliche Kategorie bilateraler Beziehungen ungeeignet. Die Unverzichtbarkeitsthese des BKartA ist daher abzulehnen. Sie führt zu einer unzulässigen Vermengung der Tatbestände des § 22 GWB (Marktbeherrschung) und des § 26 Abs.2 S.2 GWB (relative Marktstärke) und ist in ihrer strukturkonservierenden Wirkung ordnungspolitisch bedenklich. 12. Auch das Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionen des KG, das Konzept der Nachfragebegrenzung der Monopolkommission, sowie das Konzept der Marktbehauptung von Köhler sind jeweils für sich betrachtet nicht geeignet, Marktbeherrschung auf der Nachfrageseite umfassend zu bestimmen. 13. Die Frage, ob Marktbeherrschung vorliegt, kann auf der Nachfrageseite, ebenso wie auf der Angebotsseite, nur durch eine umfassende Gesamtbetrachtung der Wettbewerbsverhältnisse auf dem relevanten Markt geklärt werden. Dabei sind sowohl Marktstrukturkriterien als auch das Marktverhalten zu berücksichtigen. Marktergebnisse, wie etwa die Höhe von Konditionen, haben nur bedingt indizielle Bedeutung. 14. Im Rahmen des Tatbestandes der "überragenden MarktsteIlung" ist ein Vergleich der Handlungsspielräume der einzelnen Nachfrager durchzuführen. Dabei sind alle in § 22 Abs.l Nr.2 GWB aufgeführten Kriterien für die Beurteilung von Nachfragemarktbeherrschung geeignet. 15. Marktanteile haben auf der Nachfrageseite indes tendenziell weniger Aussagekraft als auf der Angebotsseite. Der Zusammenhang zwischen den Wettbewerbsverhältnissen auf den Beschaffungs- und den Absatzmärkten kann durch das Merkmal ,,zugang zu den Absatzmärkten" vermittelt werden.' Diesem Merkmal kommt auf der Nachfrageseite des Handels herausragende Bedeutung zu. Von großer Relevanz ist auch die Frage nach den Marktzutrittsschranken. Sie sind im Lebensmittelhandel mäßig hoch, im Vergleich zu vielen Industriemärkten eher niedrig. Dennoch wirken bestimmte öffentlich-rechtliche Vorschriften, z. B. § 11 Abs.3 BauNVO und das Ladenschlußgesetz als Markteintrittsbarrieren. Eine Deregulierung in diesem Bereich wäre unter wettbewerb lichen Gesichtspunkten positiv zu beurteilen. 16. Als weitere, nicht ausdrücklich genannte Kriterien kommen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung auf der Nachfrageseite des Handels insbesondere gegengewichtige Marktmacht, Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite, fehlende Konditionentransparenz und Sortimentsflexibilität in Betracht. Auch diese Beurteilungskriterien sind jedoch nur insoweit zu berücksichtigen, als sie sich auf das Gefälle der Verhaltensspielräume der Nachfrager untereinander auswirken.

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Zusammenfassung in Thesenfonn

17. Die im Rahmen des § 22 Abs.2 GWB entscheidende Frage nach dem Binnenwettbewerb in einem Nachfrageoligopol (Oligopson) ist für den Bereich des Lebensmittelhandels entgegen der Ansicht des BKartA derzeit zu bejahen. Ob Nachfragewettbewerb als wesentlich im Sinne von § 22 Abs. 2 GWB anzusehen ist, muß im Rahmen einer wertenden Gesamtschau aller einem Handelsunternehmen zur Verfügung stehenden Aktionsparameter ermittelt werden, wobei Preis- und Vertriebsleistungswettbewerb zu beachten sind. 18. Die Vermutungstatbestände gelten für die Angebotsseite und die Nachfrageseite gleichermaßen. Auf den Beschaffungsmärkten im Lebensmittelhandel sind sie - auch bei der kombinierten Abgrenzung von Produktgruppenund Vertriebsleistungsmärkten - derzeit soweit ersichtlich nicht erfüllt. 19. Die in die Diskussion um die 5. GWB-Novelle für den Bereich der Zusammenschlußkontrolle im Handel eingebrachten Novellierungsvorschläge zielen entweder auf einen verfehlten Mittelstandsschutz, meist durch Horizontalisierung vertikaler Machtverhältnisse, oder auf eine wettbewerblieh schädliche und verfassungsrechtlich bedenkliche Sektoralisierung der Fusionskontrolle. Der praktische Befund im Lebensmittelhandel, insbesondere der dort herrschende lebhafte Wettbewerb, ergibt aus ordolibera1er Sicht für das Fusionskontrollrecht keinen Novellierungsbedarf. 20. Die Erweiterung des Marktbeherrschungstatbestandes durch die 5. GWBNovelle, die eine wirksamere Berücksichtigung von Nachfragemacht in der Fusionskontrolle bezweckt, bringt keine Veränderung der bislang bestehenden Rechtslage. Der Einfügung zweier zusätzlicher Beurteilungskriterien in den Katalog des § 22 Abs.1 Nr.2 GWB kommt lediglich klarstellende Funktion zu. Der horizontale Bezug der Zusammenschlußkontrolle bleibt zu Recht aufrechterhalten. Der gesetzgeberische Wille, die Nachfragemacht künftig stärker zu berücksichtigen als bislang, wird auf die Rechtsprechung nicht die beabsichtigte Wirkung haben können. 21. Die Nachfrageseite des Handels kann auch im europäischen Recht der Zusammenschlußkontrolle eine Rolle spielen. Normative Anknüpfungspunkte sind auf der Grundlage der "Continental-Can-Doktrin" Art. 86 EWGV und nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Fall "Morris-Rothmans" vor allem Art. 85 EWGV. De lege ferenda ist die geplante FusionskontrollVerordnung zu beachten, die nach ihrer letzten Entwurfsfassung von November 1988 zu Recht die Beurteilung eines Zusammenschlusses unter Nachfragemacht-Gesichtspunkten erlaubt. Empfehlenswert ist ein die Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite klarstellender Zusatz. Bei den einzelnen Sachproblemen sind die im Rahmen des GWB entwickelten Lösungsansätze zu übertragen.

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Stichwortverzeichnis Abhängigkeitskonzept 125 Abkopplung - europäische Fusionskontroll-Verordnung 161 f. - 5. GWB-Novelle 120 ff., 139 Abnahmemenge 47, 91 Abnahmequote 76, 126 Absatz an weiterverarbeitende Industrie 51 Absatzmittlerfunktion 40, 41 Absatzmittlerkonzept 40 Absatz- oder Bezugsalternativen 138, 139 Abschlußfreiheit 54 Aktionsverkauf 94 Alsatel 152 Angebotsumstellungskonzept 56 ff., 114, 151 Anlaufverluste 102 Anordnung, einstweilige 155 Anpassung des § 22 GWB an die Handelsnachfrageseite 123 ff. Anpassung des § 22 GWB an die Nachfrageseite 127 f. Anzeigepflicht 120 Arbeitsgruppe Wettbewerbsrecht 137 area of effective competition 66 Asko-Massa 118, 121, 122 Asko-Schaper 118 Auktion 34 Ausnahmebereiche 21, 117, 137 Ausschließlichkeitsbindung 98 Ausweichmöglichkeiten der Marktgegenseite - 5. GWB-Novelle 130 f., 138 ff. - Fusionskontroll-VO 164 - Marktabgrenzung 47 ff., 64 ff., 151 f. - Marktbeherrschung 38, 108 - Nachfragewettbewerb 35 f. Bagatellbekanntrnachung 158 Bagatellmarktklausel 133 Baunutzungsverordnung 29, 103 f. Baurecht, öffentliches 101, 103 f. BBI-Boosey & Hawkes 152 Bedarfsmarktkonzept 48,49,54,55

Bedienungsgeschäft 50 Bedienungssystem 29 Begrenzungskonzept 36, 74, 111 Betriebsgröße 29 Bezugsverpflichtung 98 Biersteuergesetz 71 Bilaterales Beherrschungs-Abhängigkeitsverhältnis 39 f. Binnenmarkt, europäischer 69 ff., 128, 143, 147 British Airways-British Caledonian 145 Camaud-Metalbox 145, 157 Camaud-Numan 145 Camaud-Sofreb 147 cash-flow 95 Cassis de Dijon 70 C & C - Markt 51 CICCE . / . Kommission 150 Continental-Can-Doktrin 144 f., 154 Coop-Kafu Wasmund 118 Coop Schleswig Holstein-Deutscher Supermarkt 48,61 Coop-Supermagazin 31 f., 73 f. Coop-Wandmaker - Darstellung 31 f. - Finanzkraft 93 f. - Fusionsstau 119 - gegengewichtige Marktmacht 107 - Konditionenvergleich 109 - Marktabgrenzung 50 ff., 59 ff. - Monopolkommission 122 - Pilotfall 117 - Prognosezeitraum 116 - Sechser-Oligopol 110 - Unverzichtbarkeitsthese 73 ff. - Vermutungstatbestände 113 ff., 131 f. Coop-Werhahn 118 Daimler-Benz / AEG 122 Danish Fur Sales-Hudson's Bay 147 Deregulierung 105, 136 Dienstleistungsabend 105 Dienstleistungswettbewerb 81

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Stichwortverzeichnis

Direktvertrieb 51, 52, 66 Discountgeschäft 50, 94 Douwe Egberts - Van Nelle 145 Eckwerte der 5. GWB-Novelle 137, 138 economies of scale 102 economies of scope 102 Edeka-Horten 72 EGKS-Vertrag 143 Eigenfertigung 93, 150 Einkaufskartell 156 Einkaufskooperationen 98 Einkaufskonditionen 29, 78, 112 Einkaufspreis 79, 106, 110, 112, 150 Einzelmarktkonzept 97, 100, 103, 126, 131 Entmachtung 100, 112 Ernährungsindustrie 70 Errichtung von Fernmeldetürmen 45, 56 f. Erweiterung des Marktbeherrschungsbegriffs 117, 130f., 137ff. Eurogroup 156 Euromarkt 68 ff. Europäisierung des Verbrauchers 71 Europemballage Continental Can 144 Existenzgefährdung 39 f. Exportmöglichkeiten 69 f., 97 Exportschranken 71 ex-post-Kontrolle 155, 160 Facheinzelhandel 51 Fachgroßhandel 51 Fertigfutter 107 Filmeinkauf deutscher Fernsehanstalten 156 Finanzbeteiligung 158 Finanzkraft - § 22 GWB 92 ff. - Art. 86 EWGV 154 - cash-flow 95 - Fusionskontroll-VO 164 - Kapitalflußrechnung 95 -Messung 95 - Umsatz 95 - Wirkungsgruppen 93 f. Frachtempfindlichkeit 68 Frachtkostenintensität 68 Freistellung nach Art. 85 Abs.3 EWGV 159, 160 Frubo 156 Fusionsdruck 119 Fusionskontroll-Verordnung, europäische

- Anwendbarkeit auf die Nachfrageseite 160 ff. - Aussichten der Umsetzung 149 - Ermächtigungsgrundlage 149 - Genehmigungskriterien 148, 164 f. - Kritikpunkte 148 f. - Marktabgrenzung 162, 163 - Umsatzschwellen 149, 160 - Untersagungskriterien 148, 161 f., 163 f. - Verhältnis zu Art. 85, 86 EWGV 165 f. - Verhältnis zum nationalen Recht 149 - Vermutungen 148, 163, 164 - Vorschläge der Kommission 147 ff. Fusionsstau 119 Fusionsverbot 120 f., 133 Gefährdungstatbestand 88 Geheimwettbewerb 81, 108 Gema 150 Gesamtbetrachtung - Marktabgrenzung 64 ff., 151 - Marktbeherrschung 82 ff., 128, 140, 154 Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Fünften Gesetzes zur Änderung des GWB 117, 138 Größenersparnisse 102, 136 Grundgesetz der Marktwirtschaft 134 Halbierung der Marktanteilsschwellen 131 f. Haltbarkeit 68, 71 Handelsmarke 98 Handpreisauszeichner 48, 54, 55 Handwerksunternehmen 51 Herstellerwerbung 98 HFGE 35 Hoffman La Roche-Vitamine 152 Hote1- und Gaststättengewerbe 51, 66 Husse1-Mara - Darstellung 32 - Durchsetzbarkeit besserer Konditionen 77f. - Marktabgrenzung 52 f., 61 f., 71 - Teilmonopson 86 - Unverzichtbarkeitsthese 74 f. - Vermutungstatbestände 113 Insolvenzrisiko 93 Integration - Rückwärtsintegration 93

Stichwortverzeichnis - vertikale 99 Interessen der Verbraucher 164 Intergroup 156 Internationalisierung 29, 68 ff., 134, 143 Iveco-Ford 156 f. Käufermarktlage - Darstellung 29 f. - Fusionskontroll-VO 164 - Halbierung der Marktanteile 131 - Konzept der Nachfragebegrenzung 80 - Marktanteil 91 - Nachfragemarktbeherrschung 87, 154 - Unverzichtbarkeitsthese 74, 77 - Zugang zu den Beschaffungsmärkten 98 Kafu Wasmund-Lüer 118 Kapitalflußrechnung 95 Karstadt-Neckerrnann 99 Kartellverbot 98, 146, 156, 157 f. Kartoffelstärke 68, 86 Kaufhaus 51, 62 KFZ-Kupplungen 83 Klöckner-Becorit 84 Komplexbetrachtung 141 Konditionen 77 f., 79, 108 Konditionentransparenz 108 Konditionenvergleich 109 f. Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionen 77 f. Konzept der funktionellen Austauschbarkeit 48 Konzept der Marktbehauptung 81 f. Konzept der Marktgleichwertigkeit 56 Konzept der Nachfragebegrenzung 79 ff. Konzentration -Entwicklung 25 ff., 119, 135, 138 - Stand 26 f., 135 - Relativierung 27 - und Zusammenschlußkontrolle 28 - Ursachen 28 f. Ladenschlußgesetz 104 f. Lancöme 159 Liberalisierung der Öffnungszeiten 105 Logistiksystem 29 L'On!al 152 Made in Gerrnany 70 Mannesmann-Brueninghaus 83 Markenartikelhersteller 98 Marktabgrenzung

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Angebotsseite 44

- Art. 85 EWGV 157 -Art. 86 EWGV 151 f.

- Fusionskontroll-VO 162, 163 - Gesamtbetrachtung 64 ff. - Notwendigkeit 44 ff. - räumliche 66 ff. - sachliche 46 ff. - wettbewerbsbezogene 64 ff., 152 - zeitliche 72 - zweistufiges Verfahren 44 ff., 151 Marktabgrenzungsdefinition, gesetzliche 129 Marktanteil - Art. 86 EWGV 154 - Besonderheiten auf der Nachfrageseite 90 ff. - 5. GWB-Novelle 88, 139, 142 - Fusionskontroll-VO 162 - Konzept der Nachfragebegrenzung 79 f. - Marktabgrenzung 45 - Relativität 88 ff., 115, 132, 142 Marktaufteilung 112 Marktbeherrschungsdefinition für die Handelsnachfrageseite 123 ff. Marktbeherrschungsdefinition für die Nachfrageseite 127 f. Marktergebnis 82 f. Marktergebnistest 78, 82, 109 Markterschließungsfunktion 97, 98 Marktforrnenlehre 84 Marktidentität 107 Marktmacht - gegengewichtige 106 f., 154 - relative 76 Marktmachtkonzept 40,75 f. MarktsteIlung, überragende 87 ff. Marktstruktur 40, 82 ff., 164 Marktverhalten 82 ff., 109 Marktzutrittsschranken - § 22 GWB 100 ff. - Absatzmarkt 100 ff. - Art. 86 EWGV 154 - BauNutzVO 103 f. - Beschaffungsmarkt 100 ff. - Fusionskontroll-VO 164 - LadenschlußG 104 f. - Lebensmittelhandel 101 ff. - Marktanteil 89 -USA 105 Mengenrabatt 78

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Stich wortverzeichnis

Merger Guidelines 79 Metro-BLV 118 Metro-Hurler 118 Metro-Kaufhof - Bundesgerichtshof 48 f., 131 - Darstellung 31 f. - Unverzichtbarkeitsthese 73 f. -SPD 121 Michelin 152 Minderheitsbeteiligung 145, 146 Mittelstand 104, 117, 120, 124, 136 Monopol 85 Monopson 35, 79, 85 Morris-Rothmans 145 ff., 157 ff.

-CSU 127 -Die Grünen 121, 124 -DIHT 127,129 -Ebel131 - Kartte 120, 125 - Kirschner 131 - Markenverband 124, 129 - Monopolkommission 121 f. - Rheinland-Pfalz 124 -Sauter 127 - I. Schmidt 121, 123 -SPD 120 f. - Ulmer 123 f., 125 ff. - Zentral verband des Deutschen Handwerks 124

Nachfrage - derivative 25 - originäre 25 Nachfrageflexibilität 25 Nachfragemacht - Erscheinungsformen 24 f. -Handel25 - Industrie 24 - öffentliche Hand 24 Nachfragewettbewerb - als Funktion von Absatzwettbewerb 35 - Existenz 33 ff. - im Käufermarkt 34 ff. - im Verkäufermarkt 34 - wesentlicher 111 f., 142, 153 - wirksamer 152, 153, 163, 165 Nadelöhrfunktion 75 Naßfertiggerichte 107 National Sulphuric Acid Association 156 Negativattest 156, 160 Niedrigpreispolitik 51, 94 Novellierung - BauNutzVO 103 - LadenschlußG 105 - GWB Dritte Novelle 126 -GWB Fünfte Novelle 21,88,117 ff., 137 ff. - GWB Vierte Novelle 21 f., 120, 122 - GWB Zweite Novelle 86 Novellierungsgegner (5. GWB-Novelle) 134 ff. Novellierungsvorschläge (5. GWBNovelle) -BDE 124 -BKartA 132 - BMWi 129, 130 f. -CDU 124 f.

Oligopol 74, 110 f., 132 Oligopolvermutung, qualifizierte 113 f., 132 f. Oligopson - Außenverhältnis 112 f., 142 - Innenverhältnis 74, 111 f., 132, 142 Ordoliberalismus 136 Original-VW-Ersatzteile 61 Pacht 104 Partnermacht 39, 130 Pechiney-American Can 145 Penarroya-Preussag 147 Pillsbury-Sonnen-Bassermann 107 Portelange-Smith Corona Marchant International 159 Preisbindung der zweiten Hand 29 Preiswettbewerb 75, 94, 108, 112, 163 Pressefusionskontrolle 126 Privatautonomie 54 Produktgruppenkonzept 63 Produktgruppenm~kt

- gesetzliche Marktabgrenzungsdefinition 129 - Marktabgrenzung 47,59 ff., 66, 72, 152 - Produktvertriebskonzept 63 - Vermutungen 114 - Zugang zu den Absatzmärkten 97 f. Produktionsumstellung 57 ff. Produktkonzept 56, 58, 60 Produktvertriebskonzept 63 f., 114 Prognoseentscheidung 115 f., 155 Prognosegenauigkeit 116 Prognosezeitraum 116 Prüfverfahren, zweistufiges - EG-Recht 151 -GWB 44 ff.

Stichwortverzeichnis Randkorrekturen (5. GWB-Novelle) 128 ff. Referentenentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des GWB 138 Regierungsentwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des GWB 117, 138 Regierungserklärung vom 18. März 1987 137 Regionalmarkt 67 f., 129 Reinheitsgebot -Bier 71 - Aeischerzeugnisse 71 - Milchersatzprodukte 71 - Teigwaren 71 Rentabilitätsanalyse 95 Rewe Leibbrand-Deutscher Supermarkt 118 Rewe-Stüssgen 118 Rückwärtsintegration 93 SB-Warenhaus 51 Schutzzweck -GWB 38,40 - Marktabgrenzung 54, 60 - Zusammenschlußkontrolle 28, 38, 43, 54, 56, 77, 154 Sechser-Oligopol 74, 79, 110, 142 Sektoralisierung 125, 127, 133, 140, 141 Selbstbedienungsgeschäft 50 Selbstbedienungsprinzip 29 Selex-Tania 35, 42 Socemas 156 Sonderfusionskontrolle 127 Sortimentsbreite 97, 98 Sortimentsflexibilität 106, 109, 141 Sortimentskonzept 63 Sortimentsmarkt 46 ff., 59 ff., 107, 113 Sortimentspolitik 98 Sortimentstiefe 97, 98 Spiegelbildtheorie - Anwendung 59 ff. - Darstellung 42, 55 ff. - Kritik 42 f., 62 f. Spürbarkeit 158 Standortregulierung 29, 104 Standortvorteil 97 Stetigkeit der Kartellrechtsordnung 134 Streichung des Merkmals" im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" 129 f. Strukturveränderungen 28 f. Supermarkt 50

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Tabacalera 150 f. Tarifvertrag 105 Teilmonopol 85 Teilmonopson 85, 86 Teleshopping 51, 135 Tonelli-Blei- und SilberhUtte Braubach 127 Ubiquität 74, 97, 98 Ulmer-Vorschlag 123 f., 141 Umdeutungsansatz - Anwendung 49 ff. - Darstellung 40, 47 ff. - Kritik 41, 53 ff. Umsatzrendite 95 Umsatzrentabilität 95 Umstellungsflexibilität 139, 154 United Brands-Chiquita 152 Unverzichtbarkeitsthese 73 ff., 86, 87, 123 Unwiderlegbarkeit der qualifizierten Oligopolvermutung 132 f. Valium 66, 83 Verbändeanhörung 138 Verbrauchergewohnheiten 68, 71 Verbrauchermarkt 50, 62 Verbrauchernahe Handels- und Dienstleistungsbereiche 125 Verbundvorteil 102 Verflechtungen 99 f., 154 Vergleich der Handlungsspielräume 81 f., 87 ff., 142 Vergleichsmarktkonzept 80 Verhältnis der Tatbestandsalternativen des § 22 GWB 84 f. Verhältnis von Art. 85 und 86 EWGV 159 f. Verhalten, kollusives III Verhaltensspielraum, überragender -Art. 86 EWGV 153 - 5. GWB-Novelle 140 - Konzept der Durchsetzbarkeit besserer Konditionen 77 - Konzept der Nachfragebegrenzung 79 - überragende MarktsteIlung 82 ff., 87 ff. - Streichung des Merkmals" im Verhältnis zu seinen Wettbewerbern" 130 - Umdeutungsansatz 40 Verkauf unter Einstandspreis 94 Verkaufsfläche 103, 104 Verkehrsbefragung 52 Vermutungstatbestände

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Stichwortverzeichnis

-5. GWB-Novelle 121,123, 125,131 ff. - Fusionskontroll-VO 163, 164 -GWB 113 ff. - Lebensmittelhandel 74, 113 Verordnung Nr.17 des Rates vom 6. Februar 1962 155 f., 160 Verschmelzung 157 Versorgungsprobleme 135 Vertrieb, selektiver 101 Vertriebsformen 29, 48 ff., 72, 97, 109, 114,135 Vertriebsleistungsmarkt - gesetzliche Marktabgrenzungsdefinition 129 - Marktabgrenzung 65 f., 152 - Produktvertriebskonzept 63 - Zugang zu den Absatzmärkten 97 Vertriebsleistungswettbewerb 81, 112, 153, 163 Vertriebstypendynamik 49, 52, 55 Vertriebsumstellung 58 ff. Vitamin-B-12 66, 83 Vollmonopol 85 Vollmonopson 85 f. Vorverkauf 98 Wachstum - externes 28, 94

- internes 126, 135 Weisungsmacht 39 Weltmarkt 68 ff., 72 Werbernaßnahmen 94 Wettbewerb - internationaler 148, 164 - potentieller 100, 103 - wesentlicher 73 f., 86, 110 ff., 138, 142 - wirksamer 79, 148, 152, 161, 163 Wettbewerbsfahigkeit der betroffenen Wirtschaftszweige im internationalen Wettbewerb 148, 164 Wettbewerbssituation im Handel 122, 135, 138 Wirkungsprinzip 69 Zugang zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten - § 22 GWB 95 ff. -Art. 86 EWGV 154 - Fusionskontroll-VO 164 Zum bösen Wolf 101 Zusammenschlüsse im Lebensmittelhandel 30 ff., 118 Zus.~menschlußkontrolle, europäische - Uberblick 144 ff. - Nachfrageseite 150 ff. Zustellgroßhandel 51