Montanindustrielle Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung im Vergleich: Das Black Country und das Borinage 3515115749, 9783515115742

Die Industrialisierung in Europa ist eine Geschichte regionaler Entwicklung. Die Steinkohle war der bestimmende Energiet

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German Pages 348 [350] Year 2016

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VORWORT
INHALTSVERZEICHNIS
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS
TABELLENVERZEICHNIS (ANHANG)
I. EINLEITUNG
I.I THEMA UND FRAGESTELLUNG
I.II STAND DER FORSCHUNG
I.III QUELLEN- UND DATENLAGE
I.III.I Black Country
I.III.II Borinage
II. DIE ABGRENZUNG DER WIRTSCHAFTSREGIONEN
II.I METHODIK DER ABGRENZUNG
II.II DAS BLACK COUNTRY
II.II.I Geographische und geologische Gegebenheiten
II.II.II Das Black Country als Wirtschaftsregion
II.III DAS BORINAGE
II.III.I Geographische und geologische Gegebenheiten
II.III.II Das Borinage als Wirtschaftsregion
III. DER INDUSTRIALISIERUNGSVERLAUF IN DEN UNTERSUCHUNGSREGIONEN
III.I DAS BLACK COUNTRY
III.I.I Die Eisenproduktion
III.I.II Der Steinkohlen- und Eisenerzbergbau
III.I.III Die Eisenverarbeitung
III.I.IV Die Glasindustrie
III.I.V Die Transportwege
III.I.VI Der Industrialisierungsverlauf im Black Country
III.II DAS BORINAGE
III.II.I Die frühe Entwicklung des Abbaus und der Konzessionsvergabe
III.II.II Die quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung und die Veränderungen der Absatzwege
II.II.III Die technologische Entwicklung des Steinkohlenbergbaus
III.II.IV Der Industrialisierungsverlauf im Borinage
III.III DAS BLACK COUNTRY UND DAS BORINAGE. GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDE
IV. FÜHRUNGSREGIONEN DER INDUSTRIALISIERUNG
IV.I KONZEPT UND THEORIE
IV.I.I Einleitung
IV.I.II Rostows Konzept der Führungssektoren
IV.I.III Das Konzept der Führungsregionen
IV.II DAS BLACK COUNTRY UND DAS BORINAGE ALS FÜHRUNGSREGIONEN
IV.II.I Das Black Country als Führungsregion
IV.II.II Das Borinage als Führungsregion
IV.II.III Die Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung
V. FAZIT
VI. ANHANG
VI.I. DETAILLIERTE INFORMATIONEN ZUR ABGRENZUNG DER WIRTSCHAFTSREGIONEN
VI.I.I Wirtschaftlichen Struktur der Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country
VI.I.II Berechnung der erweiterten Erwerbspersonen in Gemeinden des Borinage
VI.II TABELLEN
VII. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS
VII.I ABKÜRZUNGEN
VII.II QUELLEN
VII.III LITERATUR
VII.III.I Zeitgenössische Publikationen
VII.III.II Unveröffentlichte Manuskripte und Abschlussarbeiten
VII.III.III Publikationen
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Montanindustrielle Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung im Vergleich: Das Black Country und das Borinage
 3515115749, 9783515115742

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Juliane Czierpka

Montanindustrielle Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung im Vergleich Das Black Country und das Borinage

Geschichte Franz Steiner Verlag

Regionale Industrialisierung

Juliane Czierpka Montanindustrielle Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung im Vergleich

regionale industrialisierung Begründet von Toni Pierenkemper Herausgegeben von Dieter Ziegler Band 8

Juliane Czierpka

Montanindustrielle Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung im Vergleich Das Black Country und das Borinage

Franz Steiner Verlag

Umschlagabbildung: Hochofen Foto: Juliane Czierpka

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2017 2013 von der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum als Dissertation angenommen Druck: Docupoint GmbH, Magdeburg Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-11574-2 (Print) ISBN 978-3-515-11576-6 (E-Book)

Meiner Oma

VORWORT Die vorliegende Arbeit basiert auf meiner Dissertation an der Historischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum. Zugleich handelt es sich bei dieser Monographie um das erste Ergebnis des Projektes Europäische Montanregionen im Zeitalter der Industrialisierung im Vergleich, in welchem ich die Bearbeiterin eines Teilprojektes war. Ermöglicht wurde die Forschung durch ein Stipendium der Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung und die Unterstützung durch meinen Doktorvater, Prof. Dr. Dieter Ziegler, dem ich an dieser Stelle herzlich danken möchte. Während meiner Archivbesuche habe ich zwischen Wolverhampton und Brüssel eine Vielzahl hilfsbereiter Menschen getroffen, die ebenso ihren Anteil an der Vollendung der Dissertation hatten, wie die Kolleginnen und Kollegen mit denen ich auf Tagungen und bei Workshops diskutieren durfte. Ohne eine vollständige Aufzählung all derer zu präsentieren, die mich während meiner Promotion begleitet haben, möchte ich an dieser Stelle trotzdem einigen Menschen für ihre Zeit, ihr Verständnis und ihre Hilfe danken. Solch ein Dank gebührt zuallererst meinen Eltern, ohne die mein Studium und meine Promotion um einiges beschwerlicher gewesen wären. PD Dr. Ralf Banken danke ich für die Begutachtung der Dissertation. Claas, Eva, Thomas und Sascha danke ich für die gute Bürogemeinschaft und der Mannschaft des FC St. Pauli für die wunderbare Aufstiegssaison 2009/2010. Bochum im September 2016 Juliane Czierpka

INHALTSVERZEICHNIS Abbildungsverzeichnis...........................................................................................13 Tabellenverzeichnis................................................................................................15 Tabellenverzeichnis (Anhang)...........................................................................17 I. Einleitung............................................................................................................19 I.I Thema und Fragestellung..............................................................................19 I.II Stand der Forschung....................................................................................26 I.III Quellen- und Datenlage..............................................................................32 I.III.I Black Country.....................................................................................33 I.III.II Borinage.............................................................................................39 II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen..........................................................43 II.I Methodik der Abgrenzung...........................................................................43 II.II Das Black Country.....................................................................................46 II.II.I Geographische und geologische Gegebenheiten.................................48 II.II.II Das Black Country als Wirtschaftsregion..........................................53 II.III Das Borinage.............................................................................................78 II.III.I Geographische und geologische Gegebenheiten...............................80 II.III.II Das Borinage als Wirtschaftsregion.................................................83 III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen........................99 III.I Das Black Country.....................................................................................99 III.I.I Die Eisenproduktion...........................................................................99 III.I.II Der Steinkohlen- und Eisenerzbergbau...........................................125 III.I.III Die Eisenverarbeitung....................................................................149 III.I.IV Die Glasindustrie............................................................................159 III.I.V Die Transportwege...........................................................................162 III.I.VI Der Industrialisierungsverlauf im Black Country..........................165 III.II Das Borinage...........................................................................................168 III.II.I Die frühe Entwicklung des Abbaus und der Konzessionsvergabe. .170 III.II.II Die quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung und die Veränderungen der Absatzwege..................................................................173 II.II.III Die technologische Entwicklung des Steinkohlenbergbaus...........185 III.II.IV Der Industrialisierungsverlauf im Borinage..................................192

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Inhaltsverzeichnis

III.III Das Black Country und das Borinage. Gemeinsamkeiten und Unterschiede....................................................................................................193 IV. Führungsregionen der Industrialisierung........................................................197 IV.I Konzept und Theorie................................................................................197 IV.I.I Einleitung..........................................................................................197 IV.I.II Rostows Konzept der Führungssektoren..........................................198 IV.I.III Das Konzept der Führungsregionen...............................................203 IV.I.III.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum..................................205 IV.I.III.II Große und wachsende Bedeutung..........................................207 IV.I.III.III Sinkende Preise durch Innovationen.....................................208 IV.I.III.IIII Kopplungseffekte.................................................................210 IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen..................212 IV.II.I Das Black Country als Führungsregion...........................................214 IV.II.I.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum...................................215 IV.II.I.I.I Die Eisenindustrie..............................................................215 IV.II.I.I.II Der Bergbau......................................................................223 IV.II.I.I.III Die Eisenverarbeitung.....................................................228 IV.II.I.I.IV Die Bevölkerung.............................................................228 IV.II.I.II Große und wachsende Bedeutung...........................................231 IV.II.I.II.I Die Eisenindustrie.............................................................232 IV.II.I.II.II Der Steinkohlenbergbau..................................................239 IV.II.I.II.III Die Eisenverarbeitung....................................................243 IV.II.I.II.IV Die Glasindustrie...........................................................243 IV.II.I.III Sinkende Preise durch Innovationen......................................244 IV.II.I.III.I Die Eisenindustrie und die Eisenverarbeitung................244 IV.II.I.III.II Der Bergbau...................................................................245 IV.II.I.IV Kopplungseffekte...................................................................247 IV.II.II Das Borinage als Führungsregion...................................................250 IV.II.II.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum..................................250 IV.II.II.I.I Der Bergbau......................................................................250 IV.II.II.I.II Die Bevölkerung.............................................................253 IV.II.II.II Große und wachsende Bedeutung..........................................255 IV.II.II.III Sinkende Preise durch Innovationen.....................................258 IV.II.II.IV Kopplungseffekte..................................................................260 IV.II.III Die Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung..............................262 V. Fazit.................................................................................................................265 VI. Anhang...........................................................................................................273 VI.I. Detaillierte Informationen zur Abgrenzung der Wirtschaftsregionen.....273 VI.I.I Wirtschaftlichen Struktur der Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country.............................................................................................273 VI.I.II Berechnung der erweiterten Erwerbspersonen in Gemeinden des Borinage......................................................................................................279 VI.II Tabellen...................................................................................................280

Inhaltsverzeichnis

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VII. Quellen- und Literaturverzeichnis................................................................329 VII.I Abkürzungen...........................................................................................329 VII.II Quellen..................................................................................................329 VII.III Literatur................................................................................................336 VII.III.I Zeitgenössische Publikationen......................................................336 VII.III.II Unveröffentlichte Manuskripte und Abschlussarbeiten..............340 VII.III.III Publikationen..............................................................................341

ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Die quantitative Entwicklung der Steinkohlenproduktion im South Staffordshire Coalfield, im Cannock Chase Coalfield und im Revier von Shropshire, 1700–1900...............................................................................55 Abbildung 2: Gemeinden im Bereich des South Staffordshire Coalfield..............57 Abbildung 3: Die Wirtschaftsregion Black Country..............................................77 Abbildung 4: Gemeinden im Bereich des couchant de Mons................................92 Abbildung 5: Nachbarschaftliche Verbindungen zwischen Gemeinden im Bereich des couchant de Mons..........................................................................93 Abbildung 6: Die Wirtschaftsregion Borinage.......................................................98 Abbildung 7: Die Lage der Eisenwerke im Black Country, 1750........................103 Abbildung 8: Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1799......................105 Abbildung 9: Verbreitung des potting and stamping-Verfahrens im Black Country und in Großbritannien, 1760–1790....................................................110 Abbildung 10: Stabeisenproduktion im Black Country, 1700–1790....................111 Abbildung 11: Die Lage der Eisenwerke im Black Country, 1790......................114 Abbildung 12: Roheisenproduktion im Black Country, 1790–1809....................116 Abbildung 13: Roheisenproduktion im Black Country, 1805–1852....................119 Abbildung 14: Roheisenproduktion im Black Country, 1852–1899....................120 Abbildung 15: Puddelöfen, Walzwerke und Stabeisenproduktion im Black Country, 1790–1890........................................................................................122 Abbildung 16: Steinkohlenförderung im Black Country, der Cannock Chase Region und der Grafschaft South Staffordshire, 1838–1899..........................127 Abbildung 17: Steinkohlenförderung im Black Country, 1700–1899.................128 Abbildung 18: Steinkohlenförderung und Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1817........................................................................................130 Abbildung 19: Kohleförderung im Black Country nach vorhandenen Daten und angenommener Wachstumsverlauf, 1700–1900.......................................135 Abbildung 20: Quantitative Entwicklung der Eisenerzförderung im Black Country, 1855–1900........................................................................................136 Abbildung 21: Britische Nagelexporte und Anzahl der Nagelmacher im Black Country, 1796–1888..............................................................................157 Abbildung 22: Zahlenmäßige Entwicklung der Bevölkerung, der Steinkohlenförderung sowie der Roheisen- und Schmiedeeisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country, 1770–1900......................................167 Abbildung 23: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1810–1900......................................................................................181 Abbildung 24: Französische Steinkohlenimporte nach Herkunftsland, 1835–1900.......................................................................................................184

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 25: Quantitative Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1900...................................................216 Abbildung 26: Jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1810...................................................217 Abbildung 27: Fünfjährige Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1810.........................................218 Abbildung 28: Jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1855–1899...................................................219 Abbildung 29: Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1900..................................................................220 Abbildung 30: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Black Country und in Großbritannien, 1700–1900.........................................224 Abbildung 31: Bevölkerungswachstum in den Wirtschaftsregionen Black Country, Saar und in Großbritannien, 1801–1901...........................................229 Abbildung 32: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1750–1810.....................................................................232 Abbildung 33: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1823–1852.....................................................................234 Abbildung 34: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1860–1890.....................................................................235 Abbildung 35: Anteile ausgewählter Regionen an der europäischen Roheisenproduktion, 1823–1890.....................................................................236 Abbildung 36: Anteil der britischen Puddelöfen und Walzwerke im Black Country, 1860–1885........................................................................................238 Abbildung 37: Anteil der Steinkohleförderung im Black Country an der britischen und europäischen Förderung, 1700–1899.......................................239 Abbildung 38: Anteil britischer Reviere an der nationalen Steinkohlenförderung, 1700–1890..................................................................241 Abbildung 39: Anteil ausgewählter Reviere an der europäischen Steinkohlenförderung, 1850–1890..................................................................242 Abbildung 40: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900......................................................................................251 Abbildung 41: Jährliche durchschnittliche Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Wirtschaftsregionen Borinage und Black Country, 1801–1910........................................................................................253 Abbildung 42: Bevölkerungsentwicklung in den Wirtschaftsregionen Borinage, Black Country und Saar, 1800–1910..............................................254 Abbildung 43: Quantitative Bedeutung der Steinkohlenproduktion des Borinage für den europäische und kontinentaleuropäische Steinkohlenbergbau, 1800–1899.....................................................................257

TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Größe britischer Steinkohlenlagerstätten..............................................49 Tabelle 2: Berufsgruppen im Zensus, 1831............................................................58 Tabelle 3: Prozentualer Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten Familien in Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, 1831.............60 Tabelle 4: Prozentualer Anteil der Beschäftigten in einzelnen Berufsgruppen in Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, 1831.............................61 Tabelle 5: Gemeinden mit Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831...................................................................................................................62 Tabelle 6: Gemeinden ohne Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831...................................................................................................................64 Tabelle 7: Prozentuale Anteile der Beschäftigten in einzelnen Berufsgruppen in Gemeinden ohne Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831.......66 Tabelle 8: Beschäftigte in Bergbau und Steinkohlenhandel in ausgewählten Städten und Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield und in Birmingham, 1841.............................................................................................72 Tabelle 9: Beschäftigte im Bereich der Eisenproduktion in ausgewählten Städten und Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, in Birmingham und in Großbritannien, 1841........................................................73 Tabelle 10: Beschäftigte im Bergbau, Eisenindustrie und Eisenverarbeitung in der Gemeinde Handsworth, 1841..................................................................75 Tabelle 11: Beschäftigte in Bergbau, Eisenindustrie und Eisenverarbeitung in der Gemeinde Harborne, 1841......................................................................76 Tabelle 12: Klassifizierung der Steinkohlen im couchant de Mons.......................82 Tabelle 13: Einwohner, Erwerbspersonen und Arbeiter in Bergbaubetrieben in den Gemeinden im Bereich des couchant de Mons, 1828/1829...................91 Tabelle 14: Anzahl der Arbeiter in Gruben und Erwerbspersonen in den Gemeinden Hornu, Jemmappes, Quaregnon und Warquignies sowie den unmittelbar angrenzenden Gemeinden..............................................................94 Tabelle 15: Die Eisenindustrie im Black Country und in Großbritannien, 1790.................................................................................................................113 Tabelle 16: Roheisenproduktion ausgewählter Grafschaften und Regionen in Großbritannien, 1800.......................................................................................115 Tabelle 17: Durchschnittliche jährliche Produktion pro Hochofen in Großbritannien, 1795–1880.............................................................................117 Tabelle 18: Eisen- und Stahlerzeugung in Großbritannien, 1870 und 1880........123 Tabelle 19: Kohlenverbrauch in der Roheisenproduktion im Black Country, 1780–1810.......................................................................................................131 Tabelle 20: Verfügbare Schätzungen über die Steinkohlenförderung in Staffordshire im 18. Jahrhundert.....................................................................132

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 21: Geschätzte Fördermengen (Steinkohle) in South Staffordshire und North Staffordshire im 18. Jahrhundert....................................................133 Tabelle 22: Anzahl der Gruben in Relation zu der Größe der Lagerstätten und der Menge geförderter Kohlen in verschiedenen Revieren, 1855............138 Tabelle 23: Dampfmaschinen, eingesetzt zur Entwässerung von Gruben, in ausgewählten britischen Bergbaurevieren im 18. Jahrhundert........................140 Tabelle 24: Zur Wasserhaltung installierte Dampfmaschinen, 1776–1800..........141 Tabelle 25: Zur Förderung errichtete Dampfmaschinen in britischen Revieren, 1780–1800.......................................................................................143 Tabelle 26: Anzahl der Nagelmacher im Black Country, 1665–1901..................155 Tabelle 27: Kohlenexport über die Henne, 1753–1787........................................175 Tabelle 28: Absatz- und Produktion der Steinkohle aus der Wirtschaftsregion Borinage, 1799–1811.........................................................178 Tabelle 29: Kohlentransport über den Kanal Mons à Condé, 1816–1828...........180 Tabelle 30: Mechanisierung der Steinkohlenwerke in der Wirtschaftsregion Borinage, 1810................................................................................................188 Tabelle 31: Art und Leistung der Mittel zur Förderung und Wasserhaltung im Borinage, 1820...........................................................................................189 Tabelle 32: Art und Leistung der Mittel zur Förderung und Wasserhaltung im Borinage, 1828...........................................................................................190 Tabelle 33: Durchschnittliche Tiefe der Abbauschächte im Borinage, 1828–1870.......................................................................................................190 Tabelle 34: Anzahl Dampfmaschinen in den Gruben des Borinage, 1828–1858.......................................................................................................191 Tabelle 35: Verteilung der Erwerbspersonen auf die wichtigsten Industriezweige in ausgewählten Städten und Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country, 1841..........................................................214 Tabelle 36: Wachstum der Roheisenproduktion in ausgewählten britischen Gebieten, 1796–1856.......................................................................................221 Tabelle 37: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion in ausgewählten britischen Revieren, 1750–1890..........222 Tabelle 38:Jährliche durchschnittliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion in Oberschlesien, 1796–1856.........................................223 Tabelle 39:Jährliche durchschnittliche Wachstumsrate der Roheisenproduktion in der Saarregion, 1815–1913........................................223 Tabelle 40: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung im Black Country und in Großbritannien, 1700–1899.......................................................................................................225 Tabelle 41: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung in ausgewählten britischen Revieren, 1700–1899.......226 Tabelle 42: Wachstum der Steinkohlenförderung in ausgewählten britischen Revieren, 1700–1899.......................................................................................227 Tabelle 43: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung in ausgewählten kontinentaleuropäischen Revieren, 1800–1890.......................................................................................................227

Tabellenverzeichnis

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Tabelle 44: Wachstumsraten der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900.......................................................................................................252 Tabelle 45: Zur Wasserhaltung eingesetzte Maschinen im Borinage, 1820.........259

TABELLENVERZEICHNIS (ANHANG) Tabelle A.1: Roheisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country, 1750–1899.......................................................................................................280 Tabelle A.2: Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1899.......................................................................................................284 Tabelle A.3: Roheisenproduktion in Cumberland, 1860–1890............................288 Tabelle A.4: Roheisenproduktion in Derbyshire, 1750–1890..............................289 Tabelle A.5: Roheisenproduktion in Lancashire, 1860–1890..............................290 Tabelle A.6: Roheisenproduktion in Lincolnshire & Leicestershire, 1870–1890.......................................................................................................290 Tabelle A.7: Roheisenproduktion in Northamptonshire, 1870–1890...................290 Tabelle A.8: Roheisenproduktion in Northumberland & Durham, 1750–1890...291 Tabelle A.9: Roheisenproduktion in Northstaffordshire, 1840–1890..................292 Tabelle A.10: Roheisenproduktion in North Wales, 1840–1890..........................292 Tabelle A.11: Roheisenproduktion in Schottland, 1760–1890.............................293 Tabelle A.12: Roheisenproduktion in Shropshire, 1750–1890............................294 Tabelle A.13: Roheisenproduktion in South Wales, 1750–1890..........................295 Tabelle A.14: Roheisenproduktion in Yorkshire, 1750–1890..............................296 Tabelle A.15: Roheisenproduktion in Großbritannien und Europa, 1750–1899..297 Tabelle A.16: Stabeisenproduktion im Black Country, 1750–1790.....................302 Tabelle A.17: Stabeisenproduktion, Anzahl der Eisenwerke, Puddelöfen und Walzwerke im Black Country, 1852–1885......................................................304 Tabelle A.18: Stabeisenproduktion nach Verfahren in Großbritannien, 1760–1790.......................................................................................................304 Tabelle A.19: Eisenerzförderung im Black Country, 1800–1899........................306 Tabelle A.20: Das Black Country in der britischen Eisenindustrie, 1790............307 Tabelle A.21: Die britische Eisenindustrie, 1790.................................................308 Tabelle A.22: Steinkohlenförderung im Black Country, 1700–1899...................309 Tabelle A.23: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Europa, 1700–1890..........................................................................................309 Tabelle A.24: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Kontinentaleuropa, 1700–1890.......................................................................310 Tabelle A.25: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Großbritannien, 1700–1890.............................................................................310 Tabelle A.26: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Cannock Chase Revier, 1840–1900.................................................................311 Tabelle A.27: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in den East Midlands, 1700–1890..............................................................................311

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Tabellenverzeichnis

Tabelle A.28: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Lancashire und Cheshire, 1700–1890.............................................................312 Tabelle A.29: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Northumberland und Durham, 1700–1890......................................................312 Tabelle A.30: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Shropshire, 1700–1899....................................................................................313 Tabelle A.31: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Yorkshire, 1700–1890.....................................................................................313 Tabelle A.32: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Schottland, 1700–1890....................................................................................314 Tabelle A.33: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in South Wales, 1700–1890...........................................................................................314 Tabelle A.34: Quantitative Entwicklung und Bedeutung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900.............................................315 Tabelle A.35: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Centre, 1796–1850..........................................................................................317 Tabelle A.36: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Charleroi, 1796–1870......................................................................................318 Tabelle A.37: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Nord, 1815–1890.............................................................................................318 Tabelle A.38: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Pas de Calais, 1831–1890................................................................................319 Tabelle A.39: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Lüttich, 1815–1880..........................................................................................319 Tabelle A.40: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Ruhrrevier, 1764–1900....................................................................................319 Tabelle A.41: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Oberschlesien, 1769–1900..............................................................................320 Tabelle A.42: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in der Saarregion, 1753–1900....................................................................................320 Tabelle A.43: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Aachener Revier, 1817–1900..........................................................................321 Tabelle A.44: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Sachsen, 1800–1900........................................................................................321 Tabelle A.45: Britische Nagelexporte, 1796–1856..............................................322 Tabelle A.46: Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Black Country, 1801–1901................................................322 Tabelle A.47: Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Black Country, 1801–1901.......................325 Tabelle A.48: Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Borinage, 1801–1910.........................................................326 Tabelle A.49: Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Borinage, 1801–1910...............................327

I. EINLEITUNG I.I THEMA UND FRAGESTELLUNG Die Industrialisierung revolutionierte Europa in technologischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Hinsicht. Beginnend im 18. Jahrhundert, breiteten sich neue Industrien und Produktionsformen in Großbritannien und auf dem europäischen Kontinent aus. Dieser Transformationsprozess vollzog sich regional ungleichzeitig. So existierten im 18. Jahrhundert einige wenige Regionen, in denen der Wechsel zu fossilen Brennstoffen und die Mechanisierung der Produktion sowie die damit einhergehende Zentralisierung der Produktion bereits weit fortgeschritten waren. Umgeben waren diese Regionen von Gebieten, in denen handwerkliche Produktion oder Landwirtschaft dominierten. Zwei Regionen, die in dieser frühen Phase der europäischen Industrialisierung eine bedeutende Rolle spielten, waren das Black Country und das Borinage. Während das im Zentrum Großbritanniens gelegene Black Country einer der größten Eisenproduzenten weltweit war, handelte es sich bei dem Borinage, im Westen des heutigen Belgiens liegend, um den wichtigsten Steinkohleproduzenten auf dem Kontinent. Entsprechend werden die beiden Regionen in der Literatur als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung bezeichnet.1 Der Begriff Führungsregion verweist gleich auf mehrere Desiderate der Forschung und ist für die vorliegende Untersuchung von zentraler Bedeutung. So gelten Regionen seit den 1980er Jahren als Träger der europäischen Industrialisierung, empirische Untersuchungen auf regionaler Ebene sind jedoch bis heute rar. Die Charakterisierung einiger dieser Regionen als Führungsregionen wirft die Frage auf, was solche auszeichnet und wie eine definitorische Unterscheidung von anderen Regionen erfolgen kann.2 Ein Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung und Überprüfung eines methodischen Konzeptes, mit dessen Hilfe Führungsregionen definiert werden können. Hierzu wird auf Walt W. Rostows Überlegungen zu Entstehung und Eigenschaften von Führungssektoren zurückgegriffen. Rostow schreibt einigen Sektoren spezifische Eigenschaften zu, durch welche sie die wirt1 2

So zum Beispiel das Borinage bei Pollard, Sidney: Peaceful Conquest. The industrialization of Europe 1760–1970, Oxford 1981 (Nachdruck 2002), S. 87f (im Folgenden zitiert als Pollard, Peaceful Conquest). Schulze, Rainer: Region – Industrialisierung – Strukturwandel. Annäherung an eine regionale Perspektive sozio-ökonomischen Wandels, in: Schulze, Rainer (Hg.): Industrieregionen im Umbruch. Historische Voraussetzungen und Verlaufsmuster des regionalen Strukturwandels im europäischen Vergleich (Veröffentlichungen des Instituts zur Erforschung der Europäischen Arbeiterbewegung. Schriftenreihe A: Darstellungen), Essen 1993, S. 14–33 (im Folgenden zitiert als Schulze, Region) spricht von Pionier- und Führungsregionen (S. 27), Pollard, Peaceful Conquest widmet den Leading Industrial Regions einen Abschnitt (S. 87–106).

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I. Einleitung

schaftliche Entwicklung vorantreiben und Wachstum ermöglichen. In der vorliegenden Untersuchung sollen diese Charakteristika von Führungssektoren auf Regionen übertragen werden.3 Der Mangel an empirischen regionalen Studien wurzelt in der Fokussierung der älteren Industrialisierungsforschung auf Nationalstaaten oder anderen größeren administrativen Gebilden – wie Bundesländern oder Staaten. Da nationale Daten auch nicht industrialisierte Gebiete einbeziehen, bleiben bei diesen Untersuchungen sowohl das eigentliche industrielle Wachstum als auch regionale Entwicklungsunterschiede verborgen. Die Rolle der Regionen im Prozess der europäischen Industrialisierung wurde Anfang der 1970er Jahre von Sidney Pollard erstmals hervorgehoben. Einige Jahre später veröffentlichten Rainer Fremdling, Richard Tilly und Toni Pierenkemper einen Aufsatz, welcher sich mit einem möglichen methodischen Vorgehen für regionale Studien auseinandersetzte und zugleich die Einleitung eines Sammelbandes mit Beiträgen zur regionalen Differenzierung Deutschlands bildete.4 In der Folge kam es zu zahlreichen Veröffentlichungen, die theoretische und methodische Grundlagen regionaler Wirtschaftsgeschichtsschreibung diskutierten, die erwartete starke Zunahme von empirischen Studien blieb jedoch aus5 – obwohl sich in der Geschichtswissenschaft ein weitgehender Konsens über den regionalen Charakter der europäischen Industrialisierung heraus bildete.6 3

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Hiermit folgt die Autorin der Anregung von Toni Pierenkemper, Regionen analog zu Sektoren, mit den bereits vorhandenen methodischen und theoretischen Zugriffen, zu analysieren, um so die Erkenntnisse über regionale Entwicklung zu erweitern. Vgl. hierzu Pierenkemper, Toni: Zum regionalen Ansatz in der Wirtschaftsgeschichte, in: Heß, Ulrich u.a. (Hg.): Unternehmen im regionalen und lokalen Raum, 1750–2000 (Veröffentlichungen des Sächsischen Wirtschaftsarchivs. Beiträge zur Wirtschaftsgeschichte Sachsens 5), Leipzig 2004, S. 19–34, S. 34 (im Folgenden zitiert als Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz in der Wirtschaftsgeschichte). Vgl. Pollard, Sidney: The concept of regional industrialization: The British experience, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (1992:1), S. 11–35 und Fremdling, Rainer und Tilly, Richard und Pierenkemper, Toni: Regionale Differenzierung in Deutschland als Schwerpunkt wirtschaftshistorischer Forschung, in: Fremdling, Rainer und Tilly, Richard (Hg.): Industrialisierung und Raum. Studien zur regionalen Differenzierung im Deutschland d. 19. Jahrhunderts (Historisch-Sozialwissenschaftliche Forschungen 7), Stuttgart 1979, S. 9–26 (im Folgenden zitiert als Fremdling/Tilly/Pierenkemper, Regionale Differenzierung). Vgl. Banken, Ralf: Die Industrialisierung der Saarregion 1815–1914, Bnd. 1: Die Frühindustrialisierung 1815–1850 (Regionale Industrialisierung 1), Stuttgart 2000, S. 17 (im Folgenden zitiert als Banken, Saarregion, Bnd. 1) und Kiesewetter, Hubert: Raum und Region, in: Ambrosius, Gerold u.a. (Hg.): Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, Oldenburg ²2006, S. 117–133, S. 121. Vgl. zu Erwartung und Realität Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz, S. 20f; Beispielhaft für die theoretische Beschäftigung mit dem Konzept Boldorf, Marcel: Methoden- und Quellenprobleme bei der Konstruktion einer Wirtschaftsregion im langfristigen Maßstab: Die protoindustrielle Leinenregion Niederschlesien (16. bis 18. Jahrhundert), in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (2001:2), S. 161–175 (im Folgenden zitiert als Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme) und Pierenkemper, Toni: Zur Bestimmung und Begrenzung historischer Wirtschaftsräume für die Industrialisierungsforschung, in: Pierenkemper, Toni (Hg.): Die Industrialisierung Europäischer Montanregionen im 19. Jahrhundert (Regionale Industrialisierung 3), Stuttgart 2002, S. 3–15 (im Folgenden zitiert als Pierenkemper, Zur Bestimmung und

I.I Thema und Fragestellung

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In der deutschen Wirtschaftsgeschichte bildete sich im Zuge dieser theoretischen Debatten der Ansatz der regionalen Wirtschaftsgeschichte heraus. Die regionale Wirtschaftsgeschichte beschäftigt sich mit der Analyse wirtschaftlichen Wachstums in Räumen und geht dabei davon aus, dass diese Räume, die Regionen, nicht nur die Untersuchungsebene bilden, sondern selber Determinanten wirtschaftlichen Wachstums sind. Demzufolge üben die geographische Position einer Region innerhalb eines größeren Gebietes sowie geologische und geographische Gegebenheiten Einfluss auf die ökonomische Entwicklung der Region aus. Jede Region schlägt einen eigenen Entwicklungspfad ein, dessen Verlauf durch die Beschaffenheit des Raumes, sowie die vor- und protoindustriellen Traditionen in der Region, die ihrerseits eng mit den räumlichen Charakteristika verknüpft sind, beeinflusst wird. So bilden sich in jeder Region spezifische wirtschaftliche Strukturen heraus, durch welche sie sich von ihrer Umgebung unterscheidet. Auf der Grundlage einer Analyse dieser wirtschaftlichen Strukturen kann eine genaue Bestimmung der Konturen und damit eine Definition der betrachteten Region erfolgen. Diese, nach wirtschaftlichen Kriterien abgegrenzten Regionen, werden als Wirtschaftsregionen bezeichnet. Diese Abgrenzung wird notwendig, da es sich bei Regionen, anders als bei Nationalstaaten, nicht um real existierende Gebiete mit festgeschriebenen Grenzverläufen handelt. Vielmehr sind Regionen theoretische Konstrukte, die nur über die Fragestellung einer auf sie bezogenen Analyse definiert werden. Da Regionen im Laufe der Zeit wachsen, schrumpfen oder wandern können, besitzt das konstruierte Gebilde nur für einen begrenzten Zeitraum Gültigkeit. Verschiedene Fragestellungen, aber auch grundlegend differierende Vorstellungen bezüglich der Konzeption von Regionen oder die Verwendung unterschiedlicher Methoden, können Regionen unterschiedlicher Ausdehnung hervorbringen. Gleichzeitig entspringt jede Region der Subjektivität derjenigen Person, die sie konstruiert hat und ist damit nicht frei von Einflüssen des akademischen und persönlichen Hintergrunds ihres Schöpfers. Von entsprechend hoher Bedeutung ist die Offenlegung und Reflexion der genutzten Methodik und des zugrunde gelegten Verständnisses von Regionen.7 Einen besonderen Reiz des Ansatzes der regionalen Wirtschaftsgeschichte stellt die Vergleichbarkeit der Untersuchungseinheiten dar. Anders als Nationalstaaten die aufgrund ihrer variierenden Größen schlechte Voraussetzungen für einen Vergleich bieten, weisen Wirtschaftsregionen in der Regel eine ähnliche flächenmäßige Ausdehnung auf und können einander gegenübergestellt werden. Dies ermöglicht die Herausarbeitung regionaler Besonderheiten und die Identifikation von spezifischen Vorbedingungen, Triebkräften und Entwicklungsmustern. Er-

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Begrenzung) und Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz und Westermann, Angelika: Von der Montanregion zur Sozialregion. Zur gesellschaftlichen Dimension von "Region" in der Montanwirtschaft der frühen Neuzeit, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 95:2 (2008), S. 175–184. Vgl. als Sammlung unterschiedlicher Möglichkeiten zur Konstruktion von Regionen Czierpka, Juliane, Oerters, Kathrin und Thorade, Nora (Hg.): Regions, Industries and Heritage. Perspectives on economy, society and culture in modern Western Europe (Palgrave Studies in the History of Social Movements), Basingstoke 2015.

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I. Einleitung

schwert werden solche Vergleiche gegenwärtig durch den bereits angesprochenen Mangel an empirischen regionalen Studien. Bis heute bildet Ralf Bankens Arbeit zur Industrialisierung der Saarregion die einzige Arbeit, die anhand der methodischen Vorgaben der regionalen Wirtschaftsgeschichte die Entwicklung einer Region empirisch analysiert und so eine methodisch korrekt abgegrenzte Wirtschaftsregion als Vergleich für spätere Analysen zur Verfügung stellt.8 Die vorliegende Dissertation vergrößert durch die empirische Analyse von zwei Wirtschaftsregionen die Basis für zukünftige Vergleiche und leistet so einen Beitrag zu der Weiterentwicklung des Ansatzes der regionalen Wirtschaftsgeschichte. Dabei arbeitet die Studie die wirtschaftlichen Entwicklungspfade der beiden Wirtschaftsregionen sowie Triebkräfte, Hemmnisse und Besonderheiten der jeweiligen regionalen Entwicklung heraus. Die so gewonnenen Erkenntnisse bilden dann die Grundlage für die Beantwortung der Frage, ob es sich bei dem Black Country und dem Borinage um Führungsregionen der europäischen Industrialisierung handelt. Gleichzeitig wird hier ein analytisches Konzept zur Klassifizierung von Regionen als Führungsregionen auf seine Operationalisierbarkeit hin untersucht. Implizit wird auch geprüft, inwieweit sich die Methodik der regionalen Wirtschaftsgeschichte auf Regionen in der frühen Industrialisierung übertragen lässt, bei denen in der Regel ein eklatanter Mangel geeigneter quantitativer Daten und statistischer Erhebungen vorliegt. Weder das Black Country noch das Borinage blieben in der bisherigen Forschung zur europäischen Industrialisierung unbeachtet. Zu beiden Regionen liegen verschiedene Veröffentlichungen vor, welche die wirtschaftliche Entwicklung im Laufe des 18. und 19. Jahrhunderts thematisieren. Die bisherigen Publikationen sind jedoch methodisch überholt, eine Abgrenzung der behandelten Regionen findet sich, wenn überhaupt, nur in deskriptiver und narrativer Form. So erfolgt zwar teilweise eine Beschreibung des betrachteten Gebiets, dieses ist jedoch selten durch wirtschaftliche Kriterien gestützt oder methodisch fundiert. Das Borinage ist zudem, trotz des Vorliegens regionaler Analysen, kaum in den europäischen Kontext der Industrialisierungsforschung eingebettet, da sich die bisherige Forschung fast ausschließlich auf den französischen Sprachraum beschränkt, wo wiederum wenig Forschung zu britischen oder deutschen Regionen rezipiert wird.9 Die Dissertation betritt demzufolge kein Neuland bei der Erforschung der wirtschaftlichen Entwicklungsprozesse in den beiden ausgewählten Regionen. Die bisherigen Untersuchungen eignen sich jedoch, da die Regionen nicht als Wirtschaftsregionen mit einem inneren Zusammenhang analysiert wurden, nicht zur Bildung von Vergleichskategorien. Sie sind damit nicht anschlussfähig und folg8

9

Banken, Saarregion, Bnd. 1 und Banken, Ralf: Die Industrialisierung der Saarregion 1815– 1914, Bnd. 2: Take-Off-Phase und Hochindustrialisierung 1850–1914 (Regionale Industrialisierung 4), Stuttgart 2003 (im Folgenden zitiert als Banken, Saarregion, Bnd. 2). Nicht unerwähnt bleiben soll auch die Arbeit von Oliver Siemaszko, der mit seiner Untersuchung der oberschlesischen Eisenindustrie zeigt, wie Teile einer methodisch sauber definierten Wirtschaftsregion herausgegriffen und anschließend analysiert werden können (Siemaszko, Nikolaus O.: Das oberschlesische Eisenhüttenwesen 1741–1860. Ein regionaler Wachstumssektor (Regionale Industrialisierung 6), Stuttgart 2011 (im Folgenden zitiert als Siemaszko, Oberschlesisches Eisenhüttenwesen)). Vgl. hierzu auch I.II ab Seite 26.

I.I Thema und Fragestellung

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lich nicht geeignet das Wissen über die Prozesse und Triebkräfte industrieller Entwicklung zu verbreitern. Die bereits vorliegenden Forschungsarbeiten machen demnach eine erneute Bearbeitung der Regionen nötig, führen jedoch zugleich dazu, dass eine neue Analyse – trotz eines abweichenden methodischen Zugangs und der aufwendigen Definition des Untersuchungsgegenstandes – große thematische Überschneidungen mit den älteren Arbeiten aufweisen muss. Bedingt durch den relativ frühen Beginn der Industrialisierung in den gewählten Untersuchungsregionen stellt sich die Quellenlage in beiden Fällen schwierig dar. Vor allem für das 18. Jahrhundert, aber auch für Teile des 19. Jahrhunderts, sind geeignete Quellen kaum vorhanden. Damit wird das oben genannte Problem noch verschärft: Durch die bereits erfolgte Forschung zu beiden Gebieten besteht kaum die Möglichkeit auf bislang unbearbeitete Bestände zurückzugreifen, da die wenigen verfügbaren Quellen in der Regel schon in älteren Studien verarbeitet wurden. Im Fall des Black Country bestand die Aussicht, dass durch die aktuellen Bemühungen um die Digitalisierung von Archivbeständen in Großbritannien und der damit einhergehenden Zentralisierung, bisher vernachlässigtes Quellenmaterial an die Oberfläche gespült würde. 10 Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht. Auch eine, aus privaten Beständen neu in ein lokales Archiv überführte Sammlung erwies sich als die Grundlage des Standardwerks zu diesem Thema und enthielt entsprechend keine neuen Informationen.11 So bestand das Ergebnis vieler Archivbesuche in der Erkenntnis, dass die gesichteten Quellen bereits in anderen Publikationen verarbeitet wurden und keine neuen relevanten Informationen extrahiert werden konnten. Insofern besteht die Leistung dieser Arbeit nicht in der Präsentation und Analyse bisher unbekannter Quellen, sondern vielmehr in der systematischen Zusammenführung der bisherigen Forschung. Bereits gehobene Quellen wurden zu einer Gesamtdarstellung von zwei Wirtschaftsregionen in der Industrialisierung verdichtet und diese anschließend auf ihre Rolle in der europäischen Industrialisierung hin untersucht. Die verfügbaren Daten wurden aus den Quellen gewonnen und in Relation zu den zuvor abgegrenzten Wirtschaftsregionen gesetzt.12 Zugleich erforderte die Definition der Wirtschaftsregionen eine eingehende Beschäftigung mit quantitativen Daten, die Aufschluss über die wirtschaftliche Struktur geben konnten. So mussten für das Black Country die Zensus von 45 Gemeinden ausgewertet werden, um über eine Quantifizierung der Berufsangaben die Basis für eine Abgrenzung der Wirtschaftsregion zu schaffen. Der hohen Bedeutung der Abgrenzung der untersuchten Wirtschaftsregionen wird auch dadurch Rechnung getragen, dass dieser ein eigenes, recht umfangreiches Kapitel gewidmet ist. Nach einer methodischen Einführung werden das Black Country und das Borinage hier zuerst knapp in die sie umgebenden Gebiete eingeordnet und anschließend hinsichtlich ihrer geographischen und geologischen 10 Vgl. hierzu auch Abschnitt I.III.I. 11 Die Sammlung von Arthur Willetts bildet den Quellenstamm von Davies, Emrys I.: The handmade nail trade of Birmingham and district (MCom, University of Birmingham), 1951 (im Folgenden zitiert als Davies, Nail trade) welches die beste verfügbare Darstellung der Nagelproduktion im Black Country ist. 12 Vgl. für eine nähere Beschreibung der Quellenlage Abschnitt I.III.I.

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I. Einleitung

Gegebenheiten untersucht (II.II.I und II.III.I). Dies bildet die Basis für die Integration der räumlichen Beschaffenheit der Gebiete in die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen, die in den Unterkapiteln II.II.II (Black Country) und II.III.II (Borinage) erfolgt. Durch die Betrachtung von zwei Regionen ist die Arbeit in sich in vergleichender Perspektive angelegt und zugleich in ein Forschungsprojekt mit Fokus auf insgesamt fünf Montanregionen der europäischen Industrialisierung eingebettet.13 Durch dieses auf regionale Vergleiche angelegte Untersuchungskonzept sucht die Dissertation eine weitere Lücke der bisherigen Forschung zu schließen: Weder der Prozess der Industrialisierung im Black Country noch der im Borinage wurden bisher durch transnationale Vergleiche in den Kontext der europäischen Entwicklung eingeordnet. So wurden beide Regionen zwar als Referenz für Vergleiche in einem nationalen Rahmen – im Fall des Borinage oft auch mit den Revieren Nordfrankreichs – herangezogen, sprachraumübergreifende Vergleiche blieben bisher jedoch aus. Gleiches gilt für den systematischen Vergleich einer der beiden Untersuchungsregionen mit einer anderen Region. Da sich die Industrialisierung jedoch auf europäischer Ebene vollzog, stellen transnationale Vergleiche von Regionen ein unersetzliches Analyseinstrument zur Erforschung der Mechanismen der europäischen Industrialisierung dar. Sie können Licht auf die Faktoren werfen, die die Herausbildung verschiedener Entwicklungspfade in verschiedenen Regionen stimulierten. Für die Herausarbeitung dieser Pfade wiederum stellt der Vergleich ein wirkungsvolles Analyseinstrument dar. Durch einen deskriptiven Vergleich14 können regionale Entwicklungstendenzen oder Reaktionen auf Veränderungen von Rahmenbedingungen als Besonderheiten erkannt werden. Auf dieser Basis kann dann, im Vergleich mit anderen Wirtschaftsregionen, eine Antwort auf die Frage nach dem Grund für regionale Unterschiede gefunden werden. Pierenkemper systematisiert die Vergleiche verschiedener Wirtschaftsregionen durch die Einführung von Typen und Mustern. Während die Muster die Entwicklungsverläufe der Regionen beschreiben, kategorisieren Typen die Regionen hinsichtlich ihrer Struktur. 15 Wirt13 Vgl. zur Ausrichtung des Gesamtprojekts Fritz Thyssen Stiftung für Wissenschaftsförderung: Jahresbericht 2010, Köln 2011, S. 74f (eine ausführlichere Darstellung findet sich auf http://www.ruhr-uni-bochum.de/wug/forschung/aktuell/Montanregionen.html.de (28.02.16)). 14 Haupt und Kocka unterscheiden verschiedene Formen des Vergleichs anhand derer methodischer Zwecke. So führt ein heuristischer Vergleich zur Identifikation von Fragen, die ohne vergleichende Perspektive unentdeckt geblieben wären. Der deskriptive Vergleich hingegen, stellt historische Beispiele einander gegenüber und führt so zu einer stärkeren Profilierung der Untersuchungsgegenstände und hilft historische Besonderheiten zu erfassen. Ein Vergleich in paradigmatischer Hinsicht hilft dem Forscher sein Untersuchungsobjekt als mögliche Variante wahrzunehmen und eine angenommene Selbstverständlichkeit einer bestimmten historischen Entwicklung zu hinterfragen. Mit einer solchen vergleichenden Analyse lassen sich Hypothesen testen, indem Zusammenhänge zwischen vermuteten Ursachen und Wirkungen an einem Vergleichsobjekt auf ihre Validität überprüft werden. Vgl. zu den verschiedenen Vergleichstypen Haupt, H.-G. und Kocka, Jürgen: Historischer Vergleich: Methoden, Aufgaben, Probleme. Eine Einleitung, in: Haupt, H.-G. und Kocka, Jürgen (Hg.): Geschichte und Vergleich. Ansätze und Ergebnisse international vergleichender Geschichtsschreibung, Frankfurt [u.a.] 1996, S. 9–45, S. 12–15. 15 Vgl. hierzu die Ausführung bei Banken, Saarregion, Bnd. 1, S. 28.

I.I Thema und Fragestellung

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schaftsregionen können, sind sie einem Typ zugeordnet, mit ähnlich strukturierten Regionen verglichen werden oder aber Regionen mit ähnlichem Verlaufsmuster der Industrialisierung gegenübergestellt werden. Der Herausarbeitung des jeweiligen Typs und des Verlaufsmusters der beiden untersuchten Wirtschaftsregionen dient vor allem das Kapitel III, in welchem die wirtschaftlichen Strukturen des Black Country und des Borinage analysiert werden und in Beziehung zu der räumlichen Beschaffenheit der Region gesetzt werden. Im Fall des Black Country, wo mehrere Industriezweige eine hohe Bedeutung aufwiesen, ist das Kapitel in die Abschnitte Industrie und Transportwege gegliedert. Während die Abschnitte III.I.I bis III.I.IV sich mit jeweils einem der Industrie- und Gewerbezweige befassen, behandelt III.I.V die infrastrukturelle Erschließung der Region. Da die Entwicklung der Wirtschaftsregion Borinage ausschließlich auf dem Wachstum des Steinkohlenbergbaus basierte und somit lediglich ein Industriezweig im Fokus der Analyse steht, werden die infrastrukturellen Veränderungen im Borinage direkt mit der Entwicklung des Steinkohlenbergbaus verknüpft und in die jeweiligen Unterkapitel eingearbeitet. Kapitel IV schließlich befasst sich mit der Frage, ob es sich bei dem Black Country und dem Borinage um Führungsregionen der europäischen Industrialisierung handelte. In Abschnitt IV.I wird das theoretische Konzept der Führungsregionen entwickelt und in IV.II operationalisiert. Sowohl die Analyse selbst, als auch die theoretische Einleitung sind entlang der analytischen Kriterien in weitere Abschnitte unterteilt. Wie bereits in Kapitel III nimmt die Untersuchung des Black Country auch in Kapitel IV mehr Raum in Anspruch als die des Borinage. Dies ist nicht einer Gewichtung der Arbeit zugunsten der britischen Wirtschaftsregion geschuldet, sondern der Tatsache, dass zur Untersuchung des Black Country die Analyse mehrerer Wirtschaftszweige nötig war, während für das Borinage lediglich eine Untersuchung des Steinkohlenbergbaus nötig wurde. Kapitel V zieht ein abschließendes Fazit über die wirtschaftliche Entwicklung des Black Country und des Borinage. Neben der Bestimmung ihres jeweiligen Typs und Entwicklungsmusters, wird hier resümiert, ob die beiden Regionen zurecht als Führungsregionen der Europäischen Industrialisierung bezeichnet wurden und inwieweit sich das genutzte Konzepte als zweckmäßig und operationalisierbar erwiesen haben. Auch die Anwendbarkeit des Ansatzes der regionalen Wirtschaftsgeschichte auf frühe Regionen der Industrialisierung wird in diesem abschließenden Kapitel einer kritischen Betrachtung unterzogen. Einer näheren Bestimmung bedürfen die oft verwendeten Begriffe Region, Revier, Gebiet und Wirtschaftsregion. Unter einer Wirtschaftsregion wird ein nach den methodischen Ansätzen der regionalen Wirtschaftsgeschichte definierter Raum verstanden. Die beiden Untersuchungsobjekte, das Black Country und das Borinage, werden in den Abschnitten II.II.II (Black Country) und II.III.II (Borinage) als Wirtschaftsregionen definiert und fortlaufend als solche bezeichnet. Die Wirtschaftsregion ist eine Unterkategorie der Region. Der Begriff Region kommt in dieser Arbeit für die Beschreibung von Räumen mittlerer Größenordnung, die zwar grob umrissen, aber nicht genau definiert sind, zur Anwendung. Für die die zum Vergleich herangezogenen Regionen, wird, dort wo eine Steinkohlenbasis

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I. Einleitung

existiert, der Begriff Revier bevorzugt.16 Unter Gebiet hingegen wird ein Raum nicht näher bestimmter Größenordnung verstanden, der sowohl einen Bereich innerhalb einer Region oder eines Reviers oder aber mehrere Regionen umfassen kann. In der Regel fällt dieser Begriff nur in Verbindung mit einer näheren Bestimmung dessen, was in dem jeweiligen Fall unter Gebiet verstanden werden soll.

I.II STAND DER FORSCHUNG Obwohl die Industrialisierung Europas die Forschung seit nun mehr über einhundert Jahren beschäftigt, erscheinen immer noch Studien, die mit neuen Ergebnissen aufwarten.17 Die Hochphase der Industrialisierungsforschung lag jedoch in den 1970er Jahren. Nach einer Konzentration auf sektorale Untersuchungen in den 1960er Jahren, entstanden in dieser Dekade mit der Forschung zur Proto-Industrialisierung oder der Hinwendung zu einer regionalen Perspektive gleich mehrere neue Untersuchungsschwerpunkte und -perspektiven. Die Veröffentlichungen zur Proto-Industrialisierung setzten sich mit dem Übergang von dem vorindustriellen feudalistischen System zu einer kapitalistischen Produktionsweise auseinander und ergänzten so die bereits existierenden Theorien bezüglich den Entwicklungsstufen und -stadien während des Prozesses der Industrialisierung.18 Etwa zeitgleich mit den ersten Veröffentlichungen zur Proto-Industrialisierung, einem Begriff der erstmals 1969 von Franklin Mendels genutzt wurde, veröffentlichte Sidney Pollard in der Economic History Review ein Plädoyer für eine Abkehr von der Erforschung der Phänomene der Industrialisierung auf nationaler Ebene zugunsten einer regionalen Perspektive.19 Die Debatten der 1970er führten zu einer Methoden- und Perspektivenvielfalt in der Industrialisierungsforschung, in welcher heute regionale und nationale Studien ebenso nebeneinander existieren, wie ökonometrische und kulturhistorische Ansätze. Trotz der langen Tradition und der Vielzahl von Ansätzen und Publikationen, die sich durchaus wechselseitig befruchten, existieren noch heute Desiderate in der Forschung zur Industrialisierung. 16 Die Autorin möchte mit dieser Nutzung der Begriffe nicht suggerieren, dass eine genaue Definition von Regionen nicht notwendig ist. Die Nutzung der Begriffe entspringt viel mehr der Problematik, dass zu den wenigsten anderen Regionen der europäischen Industrialisierung regionalhistorische Untersuchungen vorliegen, in denen der Definition und Reflexion des Untersuchungsgegenstand ein angemessener Raum gewidmet wird. 17 Vgl. z.B. Allen, Robert C.: The British industrial revolution in global perspective, Cambridge/ New York 2009 (im Folgenden zitiert als Allen, British industrial revolution in global per spective). 18 Vgl. zum Ansatz der Proto-Industrialisierung Cerman, Markus und Ogilvie, Sheilagh C.: Einleitung. Theorien der Proto-Industrialisierung, in: Cerman, Markus und Ogilvie, Sheilagh C. (Hg.): Protoindustrialisierung in Europa. Industrielle Produktion vor dem Fabrikzeitalter, Wien 1994, S. 9–21. Die wohl bekannteste Veröffentlichung zur Stadientheorie ist Rostow, Walt W.: Stadien wirtschaftlichen Wachstums. Eine Alternative zur marxistischen Entwicklungstheorie, Göttingen 21967 (im Folgenden zitiert als Rostow, Stadien). 19 Pollard, Sidney: Industrialization and the European economy, in: Economic History Review 26:4 (1973), S. 636–648, S. 363f.

I.II Stand der Forschung

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Eines dieser Desiderate ist die systematische empirische Erforschung der europäischen Industrialisierung aus regionaler Perspektive. Wie bereits angesprochen, wirkte Pollards Aufsatz zwar als Initialzündung für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit theoretischen und methodischen Fragen regionaler Forschung, während zugleich verschiedene Sammelbände mit kurzen regionalen Studien veröffentlicht wurden,20 diese können jedoch nicht über den Mangel an größeren regionalen Studien hinwegtäuschen.21 Neben der oftmals schwierigen Quellenlage, mag oft die Fülle der bereits erschienen Literatur zu einem Gebiet von einer erneuten Beschäftigung mit diesem Gebiet abschrecken. Bei Sichtung der Publikationen zeigt sich jedoch, dass diese aufgrund ihres Veröffentlichungsdatums oftmals methodisch überholt sind und häufig kein vollständiges Bild der Industrialisierung in der jeweiligen Region zu zeichnen zu vermögen. Eine solche Literaturlage ist für das Black Country zu konstatieren. Hier rekurrieren die Veröffentlichungen zum Black Country zumeist auf die Entwicklung einer bestimmten Branche oder eines Teilgebiets der Region, wobei eine Analyse der Verbindungen zwischen den einzelnen Industriezweigen oder Gebieten der Region ausbleibt.22 Ergänzt werden diese Publikationen durch solche, die das Black Country in die Untersuchung eines größeren Gebietes einbeziehen. Courts Studie über die Industrie in den Midlands aus dem Jahr 1938 zeigt zwar Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Industrien auf, zugleich zerfällt sein Untersuchungsgegenstand in eine Reihe einzelner Gebiete, deren wirtschaftliche Entwicklung heterogen verlief.23 Entsprechend wenig Raum bleibt für die Analyse der einzelnen homogenen Bereiche innerhalb der Midlands – ein Umstand der die Notwendigkeit der Analyse homogener Wirtschaftsregionen unterstreicht. Eine 1929 veröffentlichte Studie betrachtet die industrielle Entwicklung des Black Country gemeinsam mit derjenigen der benachbarten Metropole Birmingham. Auch hier zeigt sich, dass die beiden Gebiete divergierende Pfade einschlagen und jeweils für sich betrachtet werden (können).24 Entsprechend des 1860 beginnenden Untersuchungszeitraum bleibt die frühe industrielle Entwicklung des Black Country in dieser Publikation, von ein paar einleitenden Bemerkungen abgesehen, ohnehin 20 Vgl. exemplarisch für eine Sammlung kurzer regionaler Studien Hudson, Pat (Hg.): Regions and industries. A perspective on the Industrial Revolution in Britain, Cambridge 1989 sowie die aktuelleren Publikation von Pierenkemper: Pierenkemper, Toni (Hg.): Die Industrialisierung Europäischer Montanregionen im 19. Jahrhundert, Stuttgart 2002 und Pierenkemper, Toni (Hg.): Regionen und Regionale Industrialisierung. Zur wirtschaftlichen Entwicklung ostmitteleuropäischer Regionen im 19. Jahrhundert, Aachen 2009. 21 Vgl. zu den erschienenen empirischen regionalen Studien Fußnote 8 auf Seite 22. 22 So z.B. bei Gale, Walter Keith Vernon: The Black Country iron industry. A technical history, (The iron and steel institute: Special report 101), London 1966 (im Folgenden zitiert als Gale, Black Country iron) und Raybould, Trevor J.: The economic emergence of the Black Country. A study of the Dudley estate, Newton Abbot 1973 (im Folgenden zitiert als Raybould, Economic emergence). 23 Court, William Henry B.: The rise of Midland industries 1600–1838, London 1938 (im Folgenden zitiert als Court, Midland industries). 24 Allen, George Cyril: The industrial development of Birmingham and the Black Country 1860–1927, London 1929 (Nachdruck London 1966) (im Folgenden zitiert als Allen, Birmingham and Black Country).

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I. Einleitung

unberücksichtigt. Die wahrscheinlich vollständigste Darstellung des Black Country in der Industrialisierung stammt von Davies und Hyde, die im Jahr 1970 eine knapp 90seitige Untersuchung über die Entwicklung der Eisenindustrie, des Bergbaus und der Infrastruktur in der Region veröffentlichten. 25 Allerdings betrachten die Autoren die Region aus Sicht der Stadt Dudley, die nicht nur im Zentrum des Black Country liegt, sondern durchaus auch als solches betrachtet werden kann. Während von Seiten der Technikgeschichte Publikationen zu der regionalen Eisenindustrie zur Verfügung stehen,26 liegen vergleichbare Werke zur Entwicklung des Steinkohlen- und Erzbergbaus im Black Country nicht vor. Hier existieren lediglich wenige kürzere Beiträge in Sammelbänden oder Monographien. 27 Die wirtschaftliche Entwicklung der Nagelproduktion in der Region ist Gegenstand einer Qualifizierungsarbeit, in welcher nicht nur die Organisation und die Veränderungen in der Nachfrage, sondern auch die Lage der Arbeiter zum Gegenstand der Untersuchung gemacht wurden.28 Neben diesen publizierten Darstellungen einzelner Aspekte der Entwicklung des Black Country liegt noch eine Reihe nicht veröffentlichter Werke vor. Hierbei handelt es sich teilweise um Qualifizierungsarbeiten, nicht oder nur in sehr geringer Auflage publizierte Manuskripte oder Hilfsmittel für den Gebrauch in der Schule. Nicht alle dieser Arbeiten genügen wissenschaftlichen Maßstäben, vielen fehlen Quellenangaben, manche stützen sich fast ausschließlich auf Erzählungen von Zeitgenossen oder deren Nachkommen, die wenigsten bieten neue und verwertbare Erkenntnisse. Zu diesen Untersuchungen gesellen sich noch einige Veröffentlichungen über das Black Country, die sowohl in Bezug auf den abgebildeten Zeitraum als auch die Aspekte eher in die Breite als in die Tiefe gehen und das Black Country in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht darstellen, dabei jedoch teilweise bis in die römische Zeit zurückgehen. Die Qualität dieser Werke variiert stark, Quellenangaben sucht man zwischen den oft zahlreichen Illustrationen zumeist jedoch vergebens.29 Die wissenschaftliche Betrachtung des Borinage ist wesentlich weniger lückenhaft, als die des Black Country. So existieren zahlreiche Darstellungen der wirtschaftlichen Entwicklung des Gebietes über der lokalen Lagerstätte – dem couchant de Mons. Hubert Watelet, der ursprünglich eine unternehmenshistorische Darstellung der Charbonnage du Grand-Hornu geplant hatte, bettete diese schlus25 Davies, Vernon L. und Hyde, H.: Dudley and the Black Country, 1760–1860 (Dudley Public Library Transcript 16), Dudley 1970 (im Folgenden zitiert als Davies/Hyde, Dudley). 26 Gale, Walter K. V.: The development of industrial technology in the Black Country 1700– 1900, in: Kinvig/Smith/Wise (Hg.), Birmingham and its regional setting, S. 193–210 und Gale, Black Country iron und Morton, G.R./ Le Guillou, M.: The rise and fall of the South Staffordshire pig iron industry, in: The British Foundryman 60:1 (1967), S. 269–286 (im Folgenden zitiert als Morton/Guillou, Pig iron). 27 So z.B. Flinn, Michael W.: The history of the British coal industry, Bnd. 2: 1700–1830: The Industrial Revolution, Oxford 1984, S. 15f (im Folgenden zitiert als Flinn, History of British coal, Bnd. 2) und Raybould, Trevor. J.: The Staffordshire coalfields. South Staffordshire, in: Benson, J. (Hg.): The Miners of Staffordshire 1840–1914, Keele 1993, S. 18–24 (im Folgenden zitiert als Raybould, South Staffordshire). 28 Davies, Nail trade, S. v. 29 So u.a. bei Allen, Walter: Black Country (Vision of England), London 1946 und Jones, J. Wilson: The history of the Black Country, Birmingham 1949.

I.II Stand der Forschung

29

sendlich in eine detaillierte Darstellung der Entwicklung des Gebietes der Lagerstätte ein und bietet hiermit eine umfassende Analyse der Industrialisierung im Bereich des Steinkohlenreviers couchant de Mons.30 Als Teil einer Darstellung Belgiens in der Industriellen Revolution, die wiederum Teil eines großen Projekts zur Erforschung und Quantifizierung der Wirtschaftsgeschichte Belgiens ist, 31 erschien 1981 eine Untersuchung von Marinette Bruwier über die Reviere von Mons und Charleroi.32 Beide Veröffentlichungen liegen allerdings mittlerweile dreißig Jahre zurück und auch wenn sich in dieser Zeit keine Änderungen bezüglich der verfügbaren Quellen ergaben, hat sich doch der Anspruch an die Methodik regionalhistorischer Arbeiten gewandelt. Obwohl beide Autoren sich um eine Abgrenzung der Region auf Basis ökonomischer Faktoren bemühen und Marinette Bruwier schon früh den regionalen Charakter der Industrialisierung erkannte und ihre Forschung entsprechend regional ausgerichtete,33 bleibt auch bei ihr eine quantifizierende oder ausführliche Abgrenzung der untersuchten Regionen aus. Neben diesen beiden Veröffentlichungen existiert noch eine ganze Reihe weiterer Publikationen, die sich mit thematischen oder lokalen Ausschnitten des Borinage oder aber mit dem sie umgebenden administrativen Gebilde – also der Grafschaft bzw. Provinz Hennegau und dem Département de Jemappes – beschäftigen.34

30 Watelet, Hubert: Une industrialisation sans développement. La bassin de Mons et le charbonnage du Grand-Hornu du milieu du XVIIIe au milieu de XIXe siècle, (Cahier d’Histoire de l’Université d’Ottawa 12 und Recueil de travaux d’Histoire et de Philologie Université de Louvain, 6e série 22) Louvain-La-Neuve/ Ottawa 1980 (im Folgenden zitiert als Watelet, In dustrialisation). 31 Vgl. zu dem Gesamtprojekt die Rezension von Kuczynski, Thomas, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (1985:1), S. 171–177. 32 Bruwier, Marinette: Section III. La region Mons-Charleroi, in: Lebrun, Pierre u.a.: Essai sur la révolution industrielle en Belgique 1770–1847 (Histoire Quantitative et Developpment de la Belgique II: La révolution industrielle 1), Bruxelles 21981, S. 343–478 (im Folgenden zitiert als Bruwier, Mons-Charleroi). 33 Vgl. hierzu auch die Bewertung von Jansen in der Rezension einer Sammlung der wichtigsten Artikel von Marinette Bruwier in dem Band: Industrie et société en Hainaut et en Wallonie du XVIIIe au XXe siècle. Recueil d’articles de Marinette Bruwier (Collection Histoire in-8° 94), Brüssel 1996, Rezension dieser Aufsatzsammlung von Jansen, J., in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 87:1 (2000), S. 115–116. 34 So die Veröffentlichungen von Lefèvre und Lentacker über den Export belgischer Steinkohlen nach Frankreich und Bruwiers Studie über den Absatz belgischer Steinkohlen in Holland: Lefèvre, Patrick: Le Nord-Ouest de la France de 1835 à 1865. Un marché charbonnier en pleine évolution pour le bassin du Couchant du Mons, in: Cauchies, Jean-Marie/ Duvosquel, JeanMarie (Hg.): Recueil d’études d’histoire hainuyère. Offertes a Maurice A. Arnould, Bnd. 1, Mons 1983, S. 701–728 (im Folgenden zitiert als Lefèvre, Nord-Ouest de la France) und Lentacker, Firmin: Les charbons belges sur les marchés francais au cours du XIXe siècle, in: Bulletin de l’Académie Royale des Scienes d’Outremer 10 (1964), S. 1392–1431 (im Folgenden zitiert als Lentacker, Charbons belges) und Bruwier, Marinette: L’exportation du charbon belge en hollande de 1815 a 1860. Analyse du commerce du bassin du Borinage, in: Cauchies, Jean-Marie/ Duvosquel, Jean-Marie (Hg.): Recueil d’études d’histoire hainuyère. Offertes a Maurice A. Arnould, Bnd. 1, Mons 1983, S. 729–742 (im Folgenden zitiert als Bruwier, L’exportation).

30

I. Einleitung

Eine Besonderheit der Forschung zur regionalen Entwicklung des Borinage ist, dass die Publikationen mit wenigen Ausnahmen auschließlich in französischer Sprache verfügbar sind und bisher auch kaum im angelsächsischen oder deutschen Sprachraum rezipiert wurden. Einzig Darstellungen über den Verlauf der Industrialisierung auf nationaler Ebene sind in englischer Sprache verfügbar. 35 Aufgrund der geringen räumlichen Ausdehnung Belgiens und der Bedeutung der wallonischen Reviere, wird dem Borinage in diesen Publikationen häufig viel Aufmerksamkeit geschenkt. Trotzdem können die Autoren dieser Veröffentlichungen zwar die grundlegenden Merkmale und Mechanismen der Industrialisierung in Belgien darlegen, jedoch nicht mehr als einen Überblick bieten.36 Auch ein 1997 veröffentlichter Sammelband über die ökonomische Entwicklung Belgiens, in dem einige bereits publizierte Beiträge aus dem französischen und niederländischen ins Englische übersetzt und so einer breiteren Leserschaft zugänglich gemacht wurden, vermag die Entwicklung des Borinage im 18. und 19. Jahrhundert lediglich schlaglichtartig zu beleuchten, da sich die meisten Beiträge, dem Titels der Reihe The economic development of modern Europe since 1870 entsprechend, mit dem ausgehenden 19. Jahrhundert beschäftigen. Einige Untersuchungen spannen jedoch einen weiten Bogen oder setzen früher ein.37 In deutscher Sprache existiert keine Publikation, die sich mit dem Borinage im 18. oder 19. Jahrhundert befasst. Zwar datiert aus dem Jahr 2002 ein zweisprachiger Sammelband, der sich mit dem Steinkohlenbergbau in Westeuropa beschäftigt, die Beiträge über die belgischen Reviere sind jedoch in französischer Sprache verfasst.38 Die einzige Ausnahme bildet der Aufsatz von Otto Ackermann, der einen einleitenden Überblick über die tektonischen und stratigrafischen Charakte35 So der Aufsatz von Jan Dhondt und Marinette Bruwier über die Industrielle Revolution in Belgien und den Niederlanden, welcher 1970 auf Englisch und einige Jahre später in deutscher Übersetzung erschien. Dhondt, Jan und Bruwier, Marinette: Belgium and Holland, in: Cipolla, Carlo M. (Hg.): The emergence of industrial societies 1 (The Fontana Economic History of Europe 4), London 1973 und Dhondt, Jan und Bruwier, Marinette: Die Industrielle Revolution in den Niederlanden (Belgien und Holland) 1700–1914, in: Biucchi, Basilio M.: Die Entwicklung der industriellen Gesellschaften (Europäische Wirtschaftsgeschichte 4), Stuttgart 1977, S. 63–86 (im Folgenden zitiert als Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden). 36 Exemplarisch dafür Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden und Wee, Herrmann van der: The Industrial Revolution in Belgium, in: Teich, Mikuláš und Porter, Roy (Hg.): The Industrial Revolution in national context. Europe and the USA, Cambridge/New York 1996, S. 64–77 (im Folgenden zitiert als Wee, Industrial Revolution in Belgium) sowie die Veröffentlichungen von Mokyr: Mokyr, Joel: Industrial Growth and Stagnation in the Low Countries, 1800–1850, in: Journal of Economic History 36:1 (1976), S. 276–278 und Mokyr, Joel: Industrialization in the Low Countries, 1795–1850, New Haven 1976 und Mokyr, Joel: Industrialization in Two Languages, in: Economic History Review 34:1 (1981), S. 143–149. 37 Wee, Herrmann van der und Blomme, Jan (Hg.): The economic development of Belgium since 1870 (The economic development of modern Europe since 1870 8). Cheltenham/Lyme 1997. So befasst sich zum Beispiel der Aufsatz von van der Wee mit den wirtschaftlichen Herausforderungen Belgiens im 19. und 20. Jahrhundert und geht kurz auch auf die Entwicklung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein. Wee, Herrmann van der: The economic challenge facing Belgium in the 19th and 20th centuries, in: Wee, Herrmann van der und Blomme, Jan (Hg.): The economic development of Belgium since 1870 (The economic development of modern Europe since 1870 8). Cheltenham/Lyme 1997, S. 52–66.

I.II Stand der Forschung

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ristika der behandelten Lagerstätten in deutscher Sprache gibt. 39 Abgesehen von Ackermanns Beitrag und der Darstellung von Bergrecht und Unternehmensstruktur von Herrmann,40 handelt es sich bei allen Aufsätzen dieses Bandes um regionale Analysen. Die beiden Beiträge zum Borinage decken die Zeit vom 18. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ab. Während Assunta Bianchi den Niedergang des Steinkohlenbergbaus und die darauf folgende Neuausrichtung der Region betrachtet,41 beschäftigt sich Marinette Bruwier mit der Lagerstätte im 18. und 19. Jahrhundert.42 Dieser Beitrag bietet jedoch keinerlei neue Erkenntnisse gegenüber Bruwiers früheren Veröffentlichungen, zu denen neben der eingangs erwähnten auch zahlreiche Aufsätze zu verschiedensten Themenbereichen innerhalb des Komplexes Bergbau und Industrialisierung im Bereich des couchant de Mons zählen.43 38 Herrmann, Hans-Walter and Paul Wynants (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau. Huit siècles de charbonnage (Colloques Meuse-Moselle), Namur 2002. 39 Ackermann, Otto: Vergleich der geologischen und stratigrafischen Gegebenheiten in den Kohlelagerstätten der Reviere Saar-Ostlothringen, Aachen, Lüttich, Charleroi, Borinage, Kempen, in: Herrmann, Hans-Walter und Wynants, Paul (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau. Huit siècles de charbonnage (Colloques Meuse-Moselle), Namur 2002, S. 21–62 (im Folgenden zitiert als Ackermann, Geologische und stratigrafische Gegebenheiten). 40 Herrmann, Hans-Walter: Bergrecht und Unternehmensstruktur durch die Jahrhunderte, in: Herrmann, Hans-Walter und Wynants, Paul (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau. Huit siècles de charbonnage (Colloques Meuse-Moselle), Namur 2002, S. 63–106. 41 Bianchi, Assunta: Le bassin du Couchant de Mons. Crises et restructurations de 1920 à 1959, in: Herrmann, Hans-Walter und Wynants, Paul (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau. Huit siècles de charbonnage (Colloques Meuse-Moselle), Namur 2002, S. 201–228 (im Folgenden zitiert als Bianchi, Couchant de Mons). 42 Bruwier, Marinette: Le bassin du Couchant de Mons aux XVIII e et XIXe siècles, in: Herrmann, Hans-Walter und Wynants, Paul (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau. Huit siècles de charbonnage (Colloques Meuse-Moselle), Namur 2002, S. 175–200 (im Folgenden zitiert als Bruwier, Couchant de Mons). 43 Vgl. als Auswahl der Publikationen von Marinette Bruwier: Bruwier, Marinette: Que sont devenus les mineurs des charbonnages Belges? Une première Approche: problématique et méthodologie, in: Revue belge d’histoire contemporaine 19 (1988), S. 173–203 und Bruwier, Marinette: Charbonnages à Jemappes. Production et prix d’après les comptes domaniaux (1438–1580), in: Annales du Cercle Archéologique de Mons 74 (1990) und Bruwier, Marinette: Mons et le Borinage houiller, in: Keyzer, Walter de (Hg.): Mons de 1200 à 1815 (Images d’une ville 3), S. 67–84 (im Folgenden zitiert als Bruwier, Mons et le Borinage houiller) und Bruwier, Marinette: Ondernemers et zakenlieden, in: Hasquin, Hervé (Hg.): België onder het frans bewind, 1792–1815, Brüssel 1993, S. 229–252 und Bruwier, Marinette: Commerce de détail de la Houille et concurrence. Les notes d’un voyageur de commerce du charbonnage du Grand-Hornu (Borinage) 1888–1889 et 1894, in: Enquêtes du Musée de la Vie wallonne 17 (1992), S. 203–217 und Bruwier, Marinette: Entrepeneurs et Ouvriers du Metal dans le Borinage de 1800 à 1850, in: La sidérurgie aux XVIIIe et XIXe siècles. Aspects technologiques, économiques et socieaux, La Louvière 1987, S. 147–159 und Bruwier, Marinette: Le role economique du Canal Charleroi-Bruxelles, in: Jean-Baptiste Vifquain, ingénieur, architecte, urbaniste (1789–1854) (Travaux de la Faculté de philosophie et lettres de l’Université catholique de Louvain 30; Centre d’histoire des sciences et des techniques, Sources et travaux 2), Louvain-la-Neuve 1983, S. 31–42 und Bruwier, Marinette: Le comite d’agriculture, d’industrie et de commerce de Mons en 1830, in: Hasquin, Hervé (Hg.): Hommages à la Wallonie. Mélan ges d’histoire, de littérature et de philologie wallonnes offerts à Maurice A. Arnould et Pierre Ruelle (Editions de l’Université libre de Bruxelles), 1981, S. 27–44 und Bruwier, Marinette:

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I. Einleitung

Auch wenn für keine der beiden Regionen eine Untersuchung vorliegt, der eine genaue Definition des zu untersuchenden Gebietes zugrunde liegt, kann die Literaturlage für das Borinage im Vergleich mit dem Black Country als etwas zufriedenstellender bezeichnet werden. Liegen doch hier zwei regionale Studien vor, welche sich der mit der Industrialisierung in dem Gebiet oberhalb westlichsten belgischen Lagerstätten befassen. Diese Untersuchungen sind jedoch bisher im angelsächsischen und deutschen Sprachraum nicht rezipiert worden. Für beide Regionen liegen Untersuchungen – im Fall des Black Country vor allem solche älteren Datums – vor, die sich mit Teilaspekten der industriellen Entwicklung oder mit kleineren Bereichen innerhalb der Regionen beschäftigen.

I.III QUELLEN- UND DATENLAGE Für die Analyse des Verlaufsmusters der Industrialisierung einer Region werden ebenso quantitative Daten zur Wirtschaftsentwicklung benötigt, wie für die Abgrenzung der Wirtschaftsregion. Auch die Überprüfung, ob die untersuchte Region als Führungsregion der europäischen Industrialisierung bezeichnet werden kann, basiert auf einem quantitativen Datenstamm. Durch die Abkehr von administrativen Räumen bei der Untersuchung und Konstruktion von Wirtschaftsregionen, muss jede regionalhistorische Analyse auf die für mittelgroße administrative Bereiche – im Falle Englands sind das die Grafschaften – erhobenen und überlieferten Daten verzichten. Wie in Abschnitt II.I dargelegt, werden stattdessen, soweit möglich, die auf kleinster administrativer Ebene – in diesem Fall die Gemeindeebene – erhobenen Daten genutzt. Eine uneinheitliche übergeordnete Struktur, also die Zugehörigkeit zu verschiedenen Ländern oder Grafschaften, kann sich bei diesem Vorgehen als problematisch erweisen. Oft wurden Daten für die Gemeinden unterschiedlicher übergeordneter administrativer Gebilde zu abweichenden Zeitpunkten oder mit verschiedenen Zielsetzungen erhoben. Diese grundsätzliche Problematik wird im Falle des Black Country und des Borinage noch durch weitere Faktoren verstärkt. Das frühe Einsetzen der industriellen Entwicklung – und damit des Untersuchungszeitraums – in den beiden Regionen, bringt eine ohnehin eher schmale Datenbasis mit sich. So stehen für Regionen, die sich erst im 19. Jahrhundert zu entwickeln begannen, sehr viel mehr belastbare Daten zur Verfügung, als für solche Regionen, deren Industrialisierung bereits im 18. Jahrhundert einsetzte.44 Die Untersuchung des Black Country wird La préponderance de la grande industrie, in: Hasquin, Hervé (Hg.): La Wallonie, le pays et les hommes. Histoire-économies-sociétés. De 1830 à nos jour, Bruessel 1980, S. 93–116 und Bruwier, Marinette: La description de la Machine a feu de bois-de-boussu dans l’Encyclopedie, in: Anciens Pays et Assemblées d’Etats 56 (1972), S. 187–206 und Bruwier, Marinette: Machinistes Liegeois et Namurois dans le Borinage au XVIIIe siecle et au debut du XIXe siecle les Rorive, Les Dorzee, Les Goffint. Contribution a l’histoire industrielle et sociale, in: Revue belge d’histoire contemporaine 2 (1970), S. 1–27. 44 Marcel Boldorf plädiert aus diesem Grund dafür, bei der Abgrenzung proto-industrieller Regionen sowohl auf quantitative als auch auf qualitative Kriterien und Informationen zurückzugreifen (Vgl. hierzu Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme, S. 162f). Eine solche Ergän-

I.III Quellen- und Datenlage

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durch die spezifische Struktur der regionale Industrien noch zusätzlich erschwert. Insgesamt überwogen im Black Country kleine Unternehmungen, über die genau sowenig Daten auf mikroökonomischer Ebene überliefert sind, wie für die im Verlagssystem organisierte Eisenindustrie. Im Fall des Borinage wirken sich die häufigen politischen Umbrüche im 18. und 19. Jahrhundert nachteilig auf die Quellenlage aus. Die wallonische Region gehörte im 18. und 19. Jahrhundert nicht nur zu fünf verschiedenen Staatsgebieten, mit jedem dieser Umbrüche veränderte sich auch die Gliederung der übergeordneten Verwaltungseinheiten.45 Von Vorteil ist die Tatsache, dass es sich bei dem Black Country und dem Borinage um Montanregionen handelt, welche sich in der Regel um eine Lagerstätte herum bildeten, so dass für die Steinkohlenförderung auf die für einzelne Reviere erhobenen Kennziffern zurückgegriffen werden kann. Die folgenden beiden Abschnitte dienen der Präsentation der jeweils verfügbaren und genutzten Daten.

I.III.I Black Country Die Quellenbasis für die Erforschung der wirtschaftlichen Entwicklung des Black Country ist erwartungsgemäß verhältnismäßig klein, was sich auf die oben bereits angeführten Gründe zurück führen lässt. Die Quantität und Qualität der überlieferten Dokumente ist dabei stark von dem untersuchten Industriezweig abhängig. So ist die Quellenlage zur Analyse der Eisenindustrie und des Steinkohlenbergbaus in der Wirtschaftsregion Black Country erheblich besser als die für den Bereich der Eisenverarbeitung. Hier kann für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die Mineral statistics zurückgegriffen werden. Hierbei handelt es sich um eine Veröffentlichung des 1840 geschaffenen Mining Record Office, welches Daten über die Förderung der verschiedenen Mineralien und Bodenschätze sowie der Produktion von Eisen sammelte, um diese zu einer jährlichen Übersicht zusammenzustellen. Die Daten wurden von Mitgliedern des Mining Record Office, oft mit Hilfe einzelner Unternehmer, vor Ort in den britischen Revieren erhoben und anschließend aufbereitet und teilweise, um Lücken in der Erhebung auszugleichen, hochgerechnet.46 Die Daten für den Steinkohlenbergbau und die Eisenproduktion sind nach Grafschaften bzw. Revieren aufgeschlüsselt, wobei sich diese Gliederung teilweise im Laufe der Zeit ändert und Reviere zusammengefasst oder weiter ausdifferenziert werden. Ergänzend zu diesen Daten finden sich in den Aufstellungen der Eisenwerke und Bergbaubetriebe mit Angabe des Standorts (Gemeinde) und des Besitzers bzw. Managers. Für die Eisenproduktion kann neben den Mineral statistics und ähnlichen statistischen Darstellungen auf Aufstellungen der Eisenwerke und Hochöfen in Großzung der zur Verfügung stehenden Daten durch qualitative Indikatoren erscheint auch für die Abgrenzung von Wirtschaftsregionen, deren Industrialisierung bereits im 18. Jahrhundert beginnt, sinnvoll. 45 Vgl. zu den politischen Umbrüchen Abschnitt II.III.II. 46 Vgl. zu den Mineral Statistics auch Burt, Roger und Waite, Peter: Mineral Statistics of the United Kingdom 1853–1881 in the British Library London, East Ardsley 1985 (im Folgenden zitiert als Burt/Waite, Mineral Statistics).

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I. Einleitung

britannien zurückgegriffen werden. Diese sind für verschiedene Jahre überliefert und finden sich teils in zeitgenössischen Publikationen und teils in den regionalen Archiven. Die ersten dieser Listen datieren in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts und geben Aufschluss über die Anzahl der Hochöfen und Eisenwerke in den einzelnen Grafschaften, sowie deren akkumulierte Roh- und Schmiedeeisenproduktion.47 Für 1750 und 1788 liegen Aufstellungen aller britischen Eisenwerke mit Angabe der Grafschaften vor, aus welcher sich auch Rückschlüsse auf den Standort der Werke schließen lassen.48 Für das Jahr 1790 existiert eine Liste der Hochöfen in Großbritannien, getrennt nach Brennstoff mit Angabe der Namen der einzelnen Hochöfen, ihrer Besitzer und dem Datum ihrer Fertigstellung. 49 Für die nachfolgenden Jahre existieren verschiedene Listen, aus welchen sich für etwa jedes fünfte Jahr die Anzahl der Hochöfen und Eisenwerke, deren Standorte und die produzierten Mengen extrahieren lassen.50 47 Bei der frühesten zur Verfügung stehenden Liste handelt es sich um diejenige von Mushet. Dieser gibt als Quelle für seine Daten ein Papier in seinem Besitz an, welches er auf die Zeit der großen Südseeblase datiert. Für das Jahr 1740 liegt eine von Scrivenor, Salt und Fairbairn veröffentlichte Liste über die Hochöfen und die Roheisenproduktion vor. Vgl. zu diesen Listen Fairbairn, William: Iron. Its history, properties, and processes of manufacture, Edinburgh 1861, S. 283 und Mushet, David: Papers on iron and steel. Practical and experimental, London 1840, S. 42f und S. 389 (im Folgenden zitiert als Mushet, Papers) und Scrivenor, Harry: A comprehensive history of the iron trade, throughout the world from the earliest records to the present period, London 1841, S. 57 (im Folgenden zitiert als Scrivenor, Comprehensive history). 48 Meade präsentiert eine Liste der britischen Eisenwerke mit Angabe der Grafschaften für das Jahr 1750, für das Jahr 1788 existiert eine solche Aufstellung bei Mushet, während Scrivenor die Anzahl der Hochöfen und die produzierte Menge in den Grafschaften listet. Beide Listen basieren auf einer detaillierten Aufstellung, die sich in den Beständen des Archivs in Birmingham findet (BAHS, MS 3219/6/16, S. 19–20). Vgl. zu den publizierten Versionen der Listen Meade, R., The coal and iron industries of the United Kingdom. Comprising a description of the coal-fields, and of the principal seams of coal with returns of their produce and its distribution, and analyses of special varieties. Also an account of the occurrence of iron ores and a history of the rise and progress of pig iron manufacture since the year 1740, exhibiting the economies introduced in the blast furnaces for its production and improvement, London 1882, S. 841f (im Folgenden zitiert als Meade, Iron and coal) und Mushet, Papers, S. 44 und Scrivenor, Comprehensive history, S. 86. 49 Vgl. zu dieser Liste Scrivenor, Comprehensive history, S. 359–361. Diese Liste findet sich auch in der Boulton & Watt Collection im Archiv von Birmingham, ist hier jedoch auf das Jahr 1794 datiert. Vgl. zu dieser Liste BAHS, MS 3219/6/16. King weist jedoch daraufhin, dass die meisten Informationen auf der Liste spätestens aus dem Jahr 1790 stammen. Siehe hierzu King, Peter Wickham: The iron trade in England and Wales 1500––1815. The charcoal iron industry and its transition to coke, (PhD, Universität Wolverhampton), 2003, S. 472 (im Folgenden zitiert als King, Iron trade). Für das Jahr 1796 existiert eine Liste mit Produktionsangaben für jeden einzelnen Hochofen in Großbritannien. Auch diese Liste findet sich im Archiv, ist jedoch auch von Scrivenor und Meade veröffentlicht worden. Vgl. hierzu Meade, Coal and iron, S. 832f und Scrivenor, Comprehensive history, S. 95–97. 50 Während sich bei Scrivenor eine Aufstellung der neu errichteten Hochöfen aus den Jahren 1801/02 findet (Vgl. Scrivenor, Harry: History of the iron trade from the earliest records to the present period, London 1854, S. 97f (im Folgenden zitiert als Scrivenor, Iron trade)), stammt die nächste verfügbare Auflistung produzierter Mengen von James Watt aus dem Jahr 1805 oder 1806. Bei dieser Liste handelt es sich um eine Aufstellung der Hochöfen mit Angabe der jeweils produzierten Mengen Roheisens. Siehe hierzu (BAHS, MS 3219/6/159, Fol-

I.III Quellen- und Datenlage

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Vor allem die frühen Aufstellungen der Hochöfen sind reine Momentaufnahmen und können nur bedingt Aufschluss über die zwischen zwei solchen Bestandsaufnahmen produzierten Mengen geben. So waren die Hochöfen der Holzkohle-Ära in der Regel nicht durchgehend in Betrieb, sondern wurden häufig nur über einen Zeitraum von sechs oder neun Monaten im Jahr in Feuer gehalten. Ein Grund hierfür konnte das Austrocknen von Wasserläufen und damit das Versiegen der Energiequelle für den Betrieb der Blasebalge in den Sommermonaten sein. Nach einer gewissen Betriebsdauer verlangten die Hochöfen auch nach Reparaturund Wartungsarbeiten, nicht alle wurden hiernach unverzüglich wieder in Betrieb genommen. Andere Hochöfen wurden nur alle zwei oder drei Jahre in Betrieb gesetzt oder jedes zweite oder dritte Jahr außer Betrieb genommen. Dies macht es unmöglich aus den vorhandenen Listen Rückschlüsse auf die Produktion in anderen Jahren zu ziehen.51 King bemüht sich um eine Lösung dieses Problems indem er die Roheisenproduktion auf Basis des Roheisenverbrauchs der kontinuierlich betriebenen Frischherde berechnet. Seine Untersuchung liefert Produktionszahlen, die für die Zeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts sehr nah an den bisherigen Schätzungen liegen und sehr plausibel scheinen. King schätzt dabei nicht, wie in früheren Studien geschehen, die nationalen Produktionsziffern, sondern untersucht die Produktion jedes einzelnen britischen Hochofens, um diese Daten später zu regionalen und nationalen Produktionsziffern zu addieren. Die erarbeiteten Daten sind seiner Dissertation als elektronischem Anhang beigefügt und bieten eine gute Grundlage für regionale Analysen. Auch die vorliegende Dissertation stützt sich der 9). Die Angaben für Staffordshire und Worcestershire finden sich unter anderem auch bei Meade (Meade, Coal and iron, S. 824). McQueen listet die Produktion und die Anzahl der Hochöfen in den englischen und walisischen Grafschaften für das Jahr 1817 in seinen General Statistics, Marshall gibt die selben Informationen für das Jahr 1825 wie auch Salt für 1827. Vgl. hierzu Marshall, John: An account of the rise, progress, and present extent of the production, exportation, and consumption of iron in Great Britain, London 1829, No. IX und McQueen, James: General Statistics of the British Empire, London 1836, S. 75 und Salt, Samuel: Statistics and calculations essentially necessary to persons connected with railways or canals, London 21846, S. 80 (im Folgenden zitiert als Salt, Statistics). Es ist wieder Scrivenor, der die Roheisenindustrie in den Jahren 1823 und 1830 in Form der Anzahl der Hochöfen und der produzierten Menge pro Hochofen abbildet (Scrivenor, Iron trade, S. 133). Für das Jahr 1839 listet Mushet alle Roheisenwerke, die Anzahl der Hochöfen, ihre Besitzer, die Mengen produzierten Roheisens, gibt die Art des produzierten Eisens an und ob die jeweiligen Hochöfen mit kalter oder heißer Luft betrieben werden (Mushet, Papers, S. 417f). Für das nachfolgende Jahr geben Salt und Meade einen Überblick über die Menge produzierten Roheisens und hierbei verbrauchter Kohle in den Grafschaften Großbritanniens. Ersterer bietet auch eine Aufstellung der Hochöfen und des wöchentlich produzierten Roheisens in den Grafschaften für das Jahr 1841 und die in ausgewählten Grafschaften produzierten Mengen für die erste Jahreshälfte des folgenden Jahres. Vgl. Meade, Iron and coal, S. 836 und Salt, Statistics, S. 46, S. 72 und S. 84. Für die Jahre 1843, 1845 und 1847 existieren Angaben über die Anzahl der Hochöfen und die produzierten Menge in den Grafschaften unter anderem bei Salt (Salt, Statistics, S. 101). Ein großer Teil dieser Listen werden auch in einem Report der Midland Mining Commission reproduziert (HCPP, 1843 (508), S. xiv–xix.) 51 Vgl. zur Problematik des nicht durchgängigen Betriebs der Hochöfen King, Iron trade, S. 148 und King, Peter: The production and consumption of bar iron in early modern England and Wales, in: The Economic History Review 58:1 (2005), S. 1–33, S. 2f (im Folgenden zitiert als King, Production and consumption).

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I. Einleitung

für das 18. Jahrhundert auf Kings Daten. Da King sich auf die Betrachtung des Zeitraums bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts beschränkt, muss für die Zeit nach 1810 allen Schwächen zum Trotz auf die zuvor genannten Eisenlisten vertraut werden. Ab 1854 stehen dann die offiziellen Erhebungen aus den Mineral statistics zur Verfügung.52 Für die quantitative Analyse der Eisenproduktion und des Steinkohlenbergbaus in der Wirtschaftsregion Black Country birgt die Darstellung in den Mineral statistics Probleme, da die Produktionsdaten für das South Staffordshire Coalfield und das Cannock Chase Coalfield gemeinsam erhoben wurden. Dies ist insofern problematisch, als diese beiden Lagerstätten früher häufig zusammenfassend als South Staffordshire Coalfield bezeichnet wurden. So lässt sich zwar anhand der Mineral statistics die Anzahl der Eisenwerke und Gruben pro Gemeinde für die einzelnen Jahre ermitteln, nicht aber die jeweils in diesen Gruben produzierten und geförderten Mengen. Eine Trennung zwischen der Produktion des South Staffordshire Coalfield und des Cannock Chase Coalfield ist demnach anhand der zur Verfügung stehenden Daten nicht möglich. Die quantitative Verteilung der Anzahl der Werke auf die beiden Lagerstätten kann lediglich als Indiz für die Verteilung der Produktion dienen. Gerade im Bereich des Bergbaus ist eine Berechnung von durchschnittlichen Fördermengen pro Grube nicht zielführend, da diese sich zum Teil erheblich voneinander unterschieden und gerade die Gruben im Cannock Chase Coalfield sich aufgrund ihrer Ausdehnung stark von den kleinräumig organisierten Abbaustätten im Süden der Lagerstätte abhoben.53 Ähnlich wie im Fall der Eisenproduktion liegen auch für die Steinkohlenförderung im 18. Jahrhundert lediglich einige wenige Angaben zu den geförderten Mengen vor. Hier kann jedoch die regionale Eisenproduktion als Indikator für das Wachstum der Steinkohlenförderung herangezogen werden.54 Ein spezifisches Problem in der Quellenbasis besteht für den Bereich der Eisenverarbeitung. Durch die, dem Verlagssystem eigene, dezentrale Struktur steht 52 Vgl. zu diesen Birch, Alan: The economic history of the British iron and steel industry, 1784– 1879. Essays in Industrial And Economic History With Special Reference to the Development of Technology, London 1967, S. 122 (im Folgenden zitiert als Birch, Iron and steel industry) und Burt/Waite, Mineral Statistics. Für das Gebiet des South Staffordshire Coalfield kann schon für 1852 auf vergleichbare Informationen zurückgegriffen werden, die Robert Hunt – verantwortlich für die Erstellung der Mineral statistics – in einem Aufsatz über den aktuellen Stand des Steinkohlenbergbaus und der Eisenindustrie in der Region veröffentlichte. Aus dieser Quelle stammt auch eine der wenigen Angaben über die Menge produzierten Stabeisens. Vgl. Hunt, Robert: Note on coal raised and iron made at present (December 1852) in South Staffordshire, in: Records of the School of Mines and of science applied to the Arts, Bnd. 1:2, London 1853, S. 342–348 (im Folgenden zitiert als Hunt, Coal raised and iron made). In den Mineral statistics wird die jährlich in den Puddelöfen des Landes produzierte Menge Stabeisens erstmals für das Jahr 1881 angegeben (Birch, Iron and steel industry, S. 123). Nach wenigen Jahren wird diese Angabe jedoch durch quantitative Informationen zu der Stahlproduktion des Landes ersetzt. Vgl. dazu HCPP, 1884–85 [C.4430], S. 68–71. 53 Vgl. hierzu Brown, David: The Staffordshire coalfields. Cannock Chase, in: Benson, J. (Hg.): The miners of Staffordshire 1840–1914, Keele 1993, S. 25–34, S. 26f (im Folgenden zitiert als Brown, Cannock chase). Vgl. zu dem Zusammenhang zwischen den beiden Lagerstätten und ihrer Rezeption auch Abschnitt II.II.I. 54 Vgl. hierzu und zu einer detaillierten Darstellung der verfügbaren Daten Abschnitt III.I.II.

I.III Quellen- und Datenlage

37

die Qualität und Quantität der überlieferten Quellen im Fall der Nagelproduktion in keinem Verhältnis zu der Bedeutung dieses Produktionszweiges in der Wirtschaftsregion Black Country. Weder von Seiten der Nagelmacher noch von zeitgenössischen Beobachtern kann die Überlieferung belastbarer quantitativer Daten erwartet werden. Von Seiten der Nagelmacher sind nur Darstellungen einzelner Schicksale oder Berichte von Streiks überliefert. Die meisten dieser Quellen stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 55 Obwohl immer wieder stattfindende Streiks als Indiz für einen gewissen Grad der Organisation herangezogen werden können, ist nichts über länger bestehende gewerkschaftliche oder sonstige Zusammenschlüsse der Nagelmacher bekannt und so ist von dieser Seite auch keine schriftliche Quelle überliefert.56 Lediglich von einem Zusammenschluss der Hufnagelschmiede in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts existieren einige schriftliche Hinterlassenschaften. Hierbei handelt es sich jedoch ausschließlich um Satzungen oder ähnliche Dokumente.57 Zusätzlich finden sich vereinzelt Bittschreiben oder Petitionen, verfasst von Zusammenschlüssen von Nagelschmieden. Diese entstanden zumeist im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. 58 Informationen zur Entwicklung der Industrie lassen sich aus diesen Quellen nicht ableiten. Die einzigen quantitativen Daten, die über einen längeren Zeitraum hinweg kontinuierlich erhoben wurden und heute verfügbar sind, sind Angaben zu Menge und Wert der aus Großbritannien exportierten Nägel. Diese finden sich in den Beständen der 19th Century House of Commons Sessional Papers und sind für die Jahre von 1796 bis 1856 verfügbar. Die Exportdaten geben einen Überblick über die Mengen exportierten Eisens und unterscheiden hierbei zwischen verschiedenen Verarbeitungsstufen und Endprodukten sowie den jeweiligen Zielländern. Erfasst sind jeweils die Mengen pro Zielland sowie teilweise der Wert der exportierten Güter.59 Keinerlei Aufschluss können diese Tabellen über die Menge der in Großbritannien produzierten Nägel oder den Produktionsort der Nägel geben. Dokumente mit solchen Daten sind in den Beständen der Parliamentary Papers nicht verfügbar und auch in keinem anderen archivalischen Bestand auffindbar.60

55 56 57 58 59

DALHS, DWIL/1/3 und DALHS, DWIL/4/6. Vgl. auch Davies, Nail trade, S. 219. DALHS, DWIL/2/2/2. DALHS, DWIL/1/2. HCPP, 1806 (76) und HCPP, 1806 (119) (146) und HCPP, 1821 (376) und HCPP, 1825 (191) und HCPP, 1831–32 (455) und HCPP, 1833 (297) und HCPP, 1835 (299) und HCPP, 1836 (367) und HCPP, 1839 (416) und HCPP, 1840 (537) und HCPP, 1846 (488) und HCPP, 1849 (623) und HCPP, 1854 (16) und HCPP, 1857 Session 1(121). 60 In den Parliamentary Papers findet sich noch eine Reihe von Berichten zu Untersuchungen über die Lage der Nagelmacher des Black Country, sowie Gesetze die zur Verbesserung ihrer sozialen Lage erlassen wurden. Die meisten dieser Dokumente beziehen sich auf das so ge nannte Truck System und datieren aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Diese Untersuchungen bieten einen Einblick in die wirtschaftlichen Probleme der Nagelschmiede und liefern vereinzelte Informationen über Arbeitsproduktivität und Höhe der Entlohnung der Nagelmacher. Siehe hierzu HCPP, 1842 (471), S. 55–68 und HCPP, 1854 (21) und HCPP, 1854–55 (145) und HCPP, 1875 [C.1345], S. 76–85 und HCPP, 1876 [C.1434], S. 114–121 und HCPP, 1888 (385).

38

I. Einleitung

Bezüglich der Menge der produzierten Nägel liegen nur sehr wenige Schätzungen vor.61 Dieses schwache Fundament quantitativer Daten wird – wo irgend möglich – durch qualitative Daten gestützt werden. Neben den bereits genannten Quellen kann hierzu auf die Arthur Willetts Collection zurückgegriffen werden. In dieser ehemals privaten Kollektion hat der namensgebende Arthur Willetts bis in die 1980er Jahre hinein nicht nur Dokumente aus dem 19. Jahrhundert sondern auch Zeitungsausschnitte und andere Veröffentlichungen mit Bezug auf die Nagelindustrie zusammengetragen. Willetts selber verfasste auf Basis seiner Sammlung mehrere Aufsätze und kürzere Monographien und auch die Arbeit von Davies stützt sich auf Quellen aus dieser Sammlung. 62 Mittlerweile wurde diese Kollektion in die Bestände des Dudley Archives and Local History Service (DALHS) überführt und ist seit September 2008 katalogisiert. 63 Auch über die seit 1801 durchgeführten Zensus lassen sich kaum quantitative Informationen über die Nagelmacher der Region in den ersten 40 Jahren des 19. Jahrhunderts gewinnen. Erst die ab dem Zensus von 1841 überlieferte genauere Aufschlüsselung der ausgeübten Berufe lässt Rückschlüsse über die Anzahl der Nagelmacher zu, wobei selbst hier ist Vorsicht geboten, da unter anderem die Angaben des 1841er Zensus nicht immer korrekt zu sein scheinen und zudem die beschäftigten Frauen und Kinder nicht erfassen.64 Die trade directories hingegen, die auch für die Zeit vor 1841 verfügbar sind, listen die Nagelmacher nicht und sind demzufolge nicht geeignet um Angaben über die Anzahl der im Black Country beschäftigten Nagelmacher zu machen. Die Analyse der Nagelproduktion kann sich folglich nur auf eine sehr schmale Quellenbasis stützen. Zur Verfügung stehen Schätzungen über die Anzahl der Arbeiter für die Zeit vor 1841. Für die Zeit nach 1841 kann auf die für die Daten aus den alle zehn Jahre erfolgenden Volkszählungen zurückgegriffen werden. Diese Daten bilden auch die Basis für die Definition der Wirtschaftsregion Black Country. Während die Zensus der Jahre 1801, 1811, 1821 und 1831 lediglich in zusammengefasster Form überliefert sind, liegen für die Zensus ab 1841 auch die Bögen der Volkszähler vor. Diese listen unter Angabe des Berufes jeden Einwohner der einzelnen britischen Gemeinden und eignen sich so zum einen zur Gewinnung von Informationen über die Nagelmacher der Region und können zum 61 Einzig für den Export liegen belastbare Zahlen für einen längeren Zeitraum vor. Diese beziehen sich jedoch nicht ausschließlich auf die im Black Country gefertigten Nägel und lassen darum keine Rückschlüsse auf die regionale Produktion zu. 62 Vgl. Davies, Nail trade und Willetts, Arthur: The Black Country nail trade, Dudley 1987 (im Folgenden zitiert als Willetts, Black Country nail trade). 63 In dieser Kollektion finden sich die Protokolle der Versammlungen der Nail Master ebenso wie Preislisten (DALHS, DWIL/1/1 und DALHS, DWIL/2/1), Berichte über die Lebensumstände einzelner Nagelmacher, Streiks und Proteste (Zum Beispiel DALHS, DWIL/2/2/7 und DALHS, DWIL/3/3 und DALHS, DWIL/4/6 und DALHS, DWIL/4/9 und DALHS, DWIL/5/1. Sammlung von Zeitungsartikeln und sonstiger Berichte auch in DALHS, DWIL/7/1 und DALHS, DWIL/7/2), sowie einige Studien zur Nagelindustrie (so zum Beispiel Bodey, Hugh: Nailmaking (Shire Album 87), Princes Risborough 1983 (im Folgenden zitiert als Bodey, Nailmaking) in DALHS, DWIL/4/2). Vgl. zu Informationen über die Kollektion auch http://blackcountryhistory.org/collections/getrecord/GB145_DWIL/ (Gesichtet am 03.03.16). 64 Vgl. hierzu Haywood, Paul: A study of the decline of the domestic nail making industry in Halesowen during the 19th century, S. 3–7 (im Folgenden zitiert als Haywood, Study).

I.III Quellen- und Datenlage

39

anderen zur Ermittlung der wirtschaftlichen Struktur des Black Country herangezogen werden.65

I.III.II Borinage Die Erforschung der wirtschaftlichen Entwicklung des Borinage wird dadurch erschwert, dass sich vor allem die Quellenlage für das 18. Jahrhundert in der Regel als lückenhaft und schwierig darstellt. Wie bereits angesprochen, ist hierfür zum einen das relativ frühe Einsetzen des Industrialisierungsprozesses in der Region und zum anderen die häufigen politischen Umbrüche verantwortlich. Letztere veränderten nicht nur die Art der Erhebung von Daten sondern auch die Praxis der Überlieferung. So existieren für den größten Teil des 18. Jahrhunderts, in welchem das Borinage Teil des Habsburger Reiches war, nur sehr wenige Dokumente. Diese liegen nicht in den österreichischen Archiven, sondern finden sich in einem Bestand des belgischen Reichsarchivs.66 Dort und in dem lokalen Archiv in Mons, einer Unterabteilung des Reichsarchivs, lagern auch Akten aus der Zeit unter niederländischer Herrschaft.67 Die monoindustrielle Prägung des Borinage erleichtert die Quellensuche insofern, als viele Informationen aus den Akten der administration des mines, der Bergbaubehörde, die in der französischen Zeit geschaffen wurde, die Systemwechsel überdauerte und mit einigen Veränderungen der Bezirke während des gesamten Untersuchungszeitraums aktiv blieb, gewonnen werden können. In den Dokumenten der zuständigen Direktion finden sich Angaben über die einzelnen Gruben, ihre Tiefe, die Art der Konzessionen sowie die Zahl der beschäftigten Arbeiter über und unter Tage. Diese detaillierten Informationen sind ab 1845 verfügbar, erhoben wurden die entsprechenden Daten quartalsweise,68 aber auch für das ausgehende 18. Jahrhundert und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts lassen sich zumindest einige Daten extrahieren. Außerdem existieren Akten mit Informationen über die Gruben einzelner Gemeinden, 69 Dokumente mit ähnlichen Informationen finden sich auch in den Beständen des Brüsseler Reichsarchivs.70 65 Vgl. zu weiteren Informationen über die zur Abgrenzung herangezogene Datenbasis Abschnitt II.II.II und zu den Zensus als historische Quellen Higgs, Edward: Making sense of the census revisited. Census records for England and Wales 1801–1901. A handbook for historical researchers, London 2005. 66 AGR, T 460 (Conseil Privé sous le régime autrichien). 67 AEM, Gouvernement de la province de Hainaut durant la période hollandaise 1815–1830 und AEM, Régimes français et hollandais. 68 AEM, Corps des Mines de Mons, Rapports d’exploitation des mines 98–102. 69 AEM, Corps des Mines de Mons, Rapports de visites de ingenieurs. 70 So AGR, T 60 (Archives de l’administration des mines. Première série ('Ancien Fonds')), hier vor allem AGR, T 60 836–837 (Tableau indiquant les mines concédées dont les travau[..] sont abandonnés und Tableau des mines concédées qui n’ont pas encore été exploitées, Novembre 1873) und AGR, T 60, 940 (Statistique industrielle et manufacturière. Objet houillières, 1811) und AGR, T 60, 948A und 948B (Redevances proportionnelles, 1830–1832) und AGR, T 65, 103 und 104 (Première inspection générale des Mines: Mons, Rapports trimestriels, 1831– 1840 und 1941–1844).

40

I. Einleitung

Neben den Überlieferungen der Bergbaubehörde enthalten auch die Unterlagen der Provinzverwaltung Informationen zu den Gruben der Region, 71 häufig finden sich auch Informationen über bergbauliche Aspekte in den Beständen einzelner Gemeinden.72 Dort lagern unter anderem auch statistische Erhebungen über in diesen Gemeinden ansässige Unternehmen73 und Akten mit Hinweisen zu infrastrukturellen Maßnahmen.74 Ähnliche Unterlagen finden sich auch immer in den Akten der zentralen Verwaltung.75 Für die französische Zeit lagern zudem noch relevante Dokumente im französischen Archive nationale.76 All diesen Quellen ist gemein, dass sie bereits zur Erforschung der Wirtschaftsgeschichte des Reviers und seiner Umgebung herangezogen wurden. Vor allem Marinette Bruwier und Hubert Watelet haben diese Quellen ausgiebig bearbeitet und auf Basis der extrahierten Informationen ausführliche Analysen veröffentlicht.77 Die Aufstellungen der Gruben aus dem Bestand des französischen Staatsarchivs findet Verwendung in Darquennes Arbeit, der die Quelle zugleich reproduziert.78 Gleiches gilt für die zeitgenössischen Publikationen: So liefern Faber und Harzé Informationen zu produzierten Mengen oder über die Ausstattung der Gruben, welche ebenfalls bereits in die Forschung zur Entwicklung des Borinage eingeflossen sind.79 Das Auffinden bisher ungenutzter Quellen, die Aufschluss über die wirtschaftliche Entwicklung der Region im 18. und 19. Jahrhundert geben können, war nicht möglich, zugleich konnte jedoch auf die angestellten Schätzungen, zum Beispiel zum Kohlenexport, von Bruwier und Watelet zurück71 AEM, Administration centrale du département de Jemappes und AEM, Archives de l’administration centrale du département de Jemappes, 1795–1800 und AEM, Intendance du département de Jemappes. 72 So in dem Bestand AEM, Commune de Boussu, 193 (Tableau general des concessions de mi nes en Hainaut, de 1791 a 1880) in welchem sich eine Tabelle der Konzessionen ab dem Ende des 18. Jahrhunderts findet oder AEM, Commune de Jemappes (Fonds II), 556 (Concessions: maintien, extension, recitification de limites, 1819–1904) oder AEM, Commune de Jemappes (Fonds II), 285 (Mines: redevance proportionelle, abonnements, réclamations, statistiques de l’extraction, 1827–1882.). 73 Zum Bsp. in AEM, Commune de Jemappes (Fonds II), 529 (Statistique agricole et manufacturière, 24 avril 1834). 74 So in AEM, Commune de Jemappes (Fonds II), 505 (Tableau des cours d’eau traversant la commune 1820). 75 AGR, I 388 (Archives de l’administration centrale des Ponts et Chaussées et des ingénieurs en chef des départements de la Dyle et de l’Escaut 1795–1814) und AGR, T188, 3 (Routes, 1837–1839) und AGR, T 460, 1169A (Conseil Privé sous le régime autrichien, Navigation, 1755–1776) 76 So eine Aufstellung der Produktion der Gruben im Borinage in 1810, AN, F/14/1093 II (Production individuelle descharbonnages hennuyers en 1810). 77 Vgl. hierzu Abschnitt I.II. 78 Darquenne, Roger: Histoire économique du départment de Jemappes, in: Annales du Cercle Archéologique de Mons 65 (1965), S. 1–369, S. 296–330 (im Folgenden zitiert als Darquenne, Histoire économique). 79 Faber, Frédéric: Résultats de l’Exploitation de la houille dans le Hainaut 1830–1874 d’apres des documents officiels, in: Annales des travaux publics 34 (1876), S. 480–560 (im Folgenden zitiert als Faber, Résultats) und Harzé: Développement de l’industrie houillère en Belgique et dans le pays voisins depuis 1831 jusqu’en 1880, in: Annales des Trauvaux Publics de Belgique 40 (1883), S. 141–166 (im Folgenden zitiert als Harzé, L’industrie houillèr).

I.III Quellen- und Datenlage

41

gegriffen werden, um die Entwicklung des Borinage so in den Kontext der euopäischen Industrialisierung einzuordnen.

II. DIE ABGRENZUNG DER WIRTSCHAFTSREGIONEN II.I METHODIK DER ABGRENZUNG Der Prozess der Industrialisierung vollzog sich nicht zeitgleich in allen Teilen eines Landes, sondern regional ungleichzeitig. Industrialisierte Gebiete waren umgeben von landwirtschaftlich oder vorindustriell geprägten Landschaften. Eine regionale Perspektive auf die Industrialisierung verspricht demnach einen höheren Erkenntnisgewinn als eine Untersuchung auf nationaler Ebene, welche regionale Besonderheiten eher verschleiert als identifiziert. Anders als Nationalstaaten sind Regionen jedoch nicht in ihrer Ausdehnung festgelegt, was eine genaue Bestimmung des zu untersuchenden Gebietes unumgänglich macht. Eine solche adäquate und sorgfältige Definition der Untersuchungsregion ist in der regionalen Wirtschaftsgeschichte umso wichtiger, da der Region hier keine deskriptive, sondern eine analytische Funktion zukommt . Der spezifischen Beschaffenheit des Raums wird somit ein Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung zugesprochen. Der Raum wird somit zu einer Variable im Prozess der Industrialisierung. Die regionale Wirtschaftsgeschichte begreift diese Räume als Wirtschaftsregionen. Eine Wirtschaftsregion zeichnet sich nach Sidney Pollard durch eine homogene Wirtschaftsstruktur und untereinander vernetzten Fabriken aus. 1 Da nicht auf feststehende Grenzen zurückgegriffen werden kann, fehlt ein objektives Kriterium zur Festlegung des zu untersuchenden Gebietes. Dessen Kontur wird immer durch den Forscher definiert, bei einer Wirtschaftsregion handelt es sich also immer um einen konstruierten Raum – „ […] ein intellektuelles Konzept, dass nur aufgrund der Kriterien existiert nach denen es definiert wird.“ 2 Maßgeblich für die Konstruktion einer Wirtschaftsregion ist die leitende Fragestellung, die den Untersuchungszeitraum begrenzt und das Erkenntnisinteresse definiert. Auf Basis dieser Fragestellung entwickelt die Forscherin oder der Forscher die Kriterien zur Abgrenzung der Wirtschaftsregion. Da Wirtschaftsregionen Veränderungen bezüglich ihrer Ausdehnung und Struktur unterworfen sind, wandelt sich ihre Form im Laufe der Zeit. Das bedeutet, dass Wirtschaftsregionen nicht statisch, sondern dynamisch sind. Entsprechend sind sowohl die entwickelten Kriterien als auch die hieraus erfolgende Definition der Wirtschaftsregion nur für einen bestimmten, begrenzten Zeitraum und eine spezifische Fragestellung gültig.3 Einen Vorschlag für ein mögliches methodisches Vorgehen bei der Bestimmung von Wirtschaftsregionen unterbreiteten Rainer Fremdling, Richard Tilly und 1 2 3

Vgl. hierzu Pollard, Peaceful conquest, S. 32 und S. 115. Schulze, Region, S. 22, der hier die Beschreibung des Konzeptes Region von Fielding wiedergibt (Fielding, Gordon J.: Geography as social science, New York 1974, S. 38). Banken, Saarregion, Bnd. 1, S. 16 und Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme, S. 162 und Pierenkemper, Zur Bestimmung und Begrenzung, S. 13.

44

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Toni Pierenkemper bereits 1979. In ihrer Einleitung zu dem Sammelband Industrialisierung und Raum unterschieden sie zwischen der Abgrenzung mittels Homogenität – dem Auffinden gemeinsamer Merkmale – und der Definition über Interdependenzen, also der Analyse intraregionaler Beziehungen. Diese dürfe sich hierbei nicht auf finanzielle Verflechtungen oder Zulieferbeziehungen zwischen einzelnen Unternehmen beschränken, auch der Raum und die Menschen in der Region seien in die Analyse einzubeziehen, so die Autoren. 4 Bei Wirtschaftsregionen mit einer schwerindustriellen Basis ist der Raum durch die Verteilung der Bodenschätze ohnehin stark mit der Wirtschaft der Region verwoben, in gewerblich geprägten Wirtschaftsregionen konnte zum Beispiel ein Hafen die Verbindung zwischen dem Raum und der Wirtschaft herstellen. Die Menschen wurden von prosperierenden Regionen angezogen, aber auch Bewegungen innerhalb einer Region, wie die tägliche Wanderung der arbeitenden Bevölkerung aus den Außenbezirken in zentrale Bereiche der Region, konnten beobachtet werden. Die drei Ebenen – Unternehmen, Menschen, Raum – sind also miteinander verknüpft und müssen in der Abgrenzung einer Region nach dem Interdependenzprinzip Berücksichtigung finden. Auch wenn die Verflechtung der Arbeitskräfte in Außenbezirken mit den Standorten der Wirtschaft in den meisten Fällen quantifizierbar ist, lässt sich die Verbindung der Industrie zu dem Raum lediglich qualitativ nachweisen.5 Marcel Boldorf nutzt die Begrifflichkeit Struktur- und Systemregion und unterscheidet damit nach dem Homogenitätsprinzip definierte Regionen (Strukturregionen) von Regionen, die mit dem Interdependenzprinzip bestimmt wurden (Systemregionen). Anhand einer Untersuchung der niederschlesischen Textilindustrie untersuchte er die Eignung der beiden Konzepte für protoindustrielle Regionen und kam zu dem Schluss, dass eine Systemregion Gebiete enthalten würde, die aufgrund ihrer differierenden wirtschaftlichen Charakteristika in der Strukturregion nicht einbezogen worden wären. Er sieht die existierende funktionale Verbindung zu den heterogen strukturierten Teilbereichen der Systemregion eher als interregionale Beziehung und plädiert in dem Fall monoindustriell strukturierter Regionen für die Definition von Strukturregionen.6 Die Bestimmung einer Wirtschaftsregion nach dem Homogenitätsprinzip beginnt mit der Identifizierung charakteristischer Strukturmerkmale des jeweiligen Wirtschaftsraumes. Um die Datenprobleme bei einer solchen Abgrenzung so klein wie möglich zu halten, schlagen Fremdling, Tilly und Pierenkemper vor, sich hierbei auf der Ebene der kleinsten verfügbaren Verwaltungseinheiten zu bewegen. 7 So soll eine Schwierigkeit regionaler Analysen, die Verfügbarkeit von Daten, minimiert werden. Daten wurden und werden für verschiedene Verwaltungseinheiten 4 5 6

7

Vgl. Fremdling/Tilly/Pierenkemper, Regionale Differenzierung, S. 19. Ralf Banken weist zudem auf die bisher fehlende Methode zur Messung wirtschaftlicher Interdependenz hin und verweist darum auf die Abgrenzung nach dem Homogenitätsprinzip. Vgl. hierzu seine Ausführungen in Banken, Saarregion, Bnd. 1, S. 35. Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme, S. 161f und S. 175. Boldorf bezieht sich hierbei auf die von Boustedt eingeführten Begrifflichkeiten: Boustedt, Olaf: Grundriß der empirischen Regionalforschung, Teil I: Raumstrukturen, Hannover 1975, S. 138–140 (zitiert nach Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme, S. 162). Fremdling/Tilly/Pierenkemper, Regionale Differenzierung, S. 20 und Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz, S. 31. Vgl. für eine Umsetzung diese Methode Banken, Saarregion, Bnd. 1.

II.I Methodik der Abgrenzung

45

erhoben, von diesen administrativ geschaffenen Räumen will sich die regionale Wirtschaftsgeschichte jedoch gerade lösen, um ihr Augenmerk auf Gebiete zu lenken, die sich durch ihren inneren wirtschaftlichen Zusammenhang auszeichnen. Die von Fremdling & Co. vorgeschlagene Methode sieht darum vor, die Wirtschaftsregionen aus den Verwaltungseinheiten der untersten Ebene zu konstruieren. Auf dieser Ebene finden sich in Deutschland die Gemeinden, in Großbritannien die parishes und in Belgien die communes. Diese werden auf das Vorliegen der ausgewählten Kriterien hin überprüft und anschließend wird, ähnlich einem Puzzle, die Wirtschaftsregion aus denjenigen Gemeinden zusammengesetzt, die eine ähnliche Wirtschaftsstruktur auszeichnen, gemeinsam also einen homogenen Raum bilden, der sich von seiner Umgebung abgrenzen lässt. 8 Diese Methode erlaubt die exakte Abgrenzung von Wirtschaftsregionen ohne jedoch auf die Vorteile zu verzichten, die Verwaltungseinheiten bei der Mobilisierung von empirischen Daten bieten. Ralf Banken greift in seiner regionalen Analyse des Saargebiets zur Definition der Wirtschaftsregion auf eine Berufs- und Gewerbestatistik zurück. In dieser identifiziert er die Gemeinden, in denen sich Unternehmen in bestimmten, zuvor als relevant definierten, Branchen lokalisieren ließen.9 Eine solche Quantifizierung setzt die Existenz einer entsprechenden Datenbasis voraus, die gerade bei Regionen, die den Prozess der Industrialisierung relativ früh durchliefen, häufig nicht zur Verfügung steht. Boldorf schlägt vor, dieser Schwierigkeit dadurch zu begegnen, dass man keinen der beiden möglichen Ansätze von vorneherein ausschließt.10 Um die Untersuchungsregionen Black Country und Borinage bestimmen zu können, wurde in der vorliegenden Studie eine Kombination beider Methoden gewählt. Die Regionen werden dabei nach dem Homogenitätsprinzip definiert, stellenweise wurde jedoch auch die tägliche Arbeitsmigration zwischen einzelnen Gemeinden als Indikator zur Abgrenzung herangezogen. Dies hat zur Folge, dass auch Gemeinden zu den beiden Wirtschaftsregionen gezählt werden, die bei der Konstruktion einer reinen Strukturregion nicht berücksichtigt worden wären, da ihnen die homogenen Strukturmerkmale fehlen. Hier wird jeweils sorgfältig abgewogen, ob die identifizierten Beziehungen inter- oder interregionaler Natur sind. Die Definition beginnt mit der Identifizierung dieser charakteristischen Strukturmerkmale und dem Auffinden von geeigneten Kriterien zur Bestimmung der Strukturregionen. Die zugrunde gelegten Kriterien sind – genau wie in logischer Konsequenz auch die Ausdehnung der Region – abhängig von der jeweiligen Fragestellung. Diese fokussiert in vorliegender Untersuchung auf den Verlauf des Industrialisierungsprozesses in den beiden ausgewählten Wirtschaftsregionen, um anschließend zu analysieren ob es sich bei diesen Regionen um Führungsregionen der europäischen Industrialisierung handelt. Als Untersuchungszeitraum ergibt sich aus dieser Fragestellung die Zeit von dem Beginn der industriellen Entwick8

Vgl. zu diesem Vorgehen Fremdling/Tilly/Pierenkemper, Regionale Differenzierung, S. 20 und Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz, S. 31. Vgl. für eine Umsetzung diese Methode Banken, Saarregion, Bnd. 1. 9 Vgl. zum Vorgehen von Banken, ders. Saarregion, Bnd. 1, S. 36. 10 Boldorf, Methoden- und Quellenprobleme, S. 161f.

46

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

lung in der jeweiligen Region bis hinzu der Phase nachlassenden Wachstums, also dem Zeitpunkt zu dem die Region in keinem Fall mehr eine führende Rolle in der europäischen Wirtschaft einnimmt. Als Zeitfenster für die Abgrenzung wird die Phase gewählt, in welcher die jeweilige Wirtschaftsregion ihre größte Ausdehnung erreicht, der genaue Zeitpunkt wird dann von den verfügbaren Daten bestimmt. Die Methoden zur Ermittlung wirtschaftlicher Homogenität differieren in den zwei untersuchten Regionen in Abhängigkeit von den verfügbaren Daten. Zwar basiert die Definition beider Regionen primär auf Beschäftigtenzahlen, jedoch unterscheiden sich die verfügbaren Daten hinsichtlich der überlieferten Details. Während im Fall des Borinage die Anzahl der Beschäftigten in den Gruben der einzelnen Gemeinden zur Verfügung steht, fehlen hier Informationen über die Anzahl erwerbstätiger Männer in diesen Gemeinden. Dies erschwert die Ermittlung prozentualer Beschäftigungsanteile. Die britischen Zensus hingegen geben Aufschluss über die Geschlechts- und Altersstruktur der Bewohner einer Gemeinde, dafür stehen im Fall des Black Country nur bedingt ausdifferenzierte Informationen über die Berufe der Einwohner zur Verfügung. Dieses Kapitel ist im weiteren Verlauf in zwei Hauptteile, die Abschnitte II.II und II.III, gegliedert. Der erste Teil behandelt das Black Country als Wirtschaftsregion während der zweite Teil sich mit dem Borinage befasst. Jeder diese Teile bietet eine kurze Einführung in die jeweilige Region, bevor die geographischen und geologischen Begebenheiten der beiden Gebiete untersucht werden. Diese Einbeziehung der geographischen und geologischen Bedingungen wird durch die Bedeutung der Variable Raum in der regionalen Wirtschaftsgeschichte notwendig, da diese für das Entstehen der Wirtschaftsregion mitverantwortlich zeichnet. In den Abschnitten II.II.II und II.III.II erfolgt dann, anhand der zuvor gewonnen Erkenntnisse, die eigentliche Definition der beiden zu untersuchenden Wirtschaftsregionen. In diesen Abschnitten wird die jeweils gewählte Methode zur Ermittlung der wirtschaftlichen Homogenität vorgestellt und anschließend angewendet. Analysiert wird jeweils ein größeres Gebiet, als das der später definierten Wirtschaftsregion, da nur im Vergleich mit den umliegenden Landstrichen die Alleinstellungsmerkmale der Wirtschaftsregion erkannt werden können.

II.II DAS BLACK COUNTRY Die Wirtschaftsregion Black Country liegt nördlich und südlich der Grenze der Grafschaften Worcestershire und Staffordshire in Mittelengland und damit über dem South Staffordshire Coalfield. Charakteristisch für das South Staffordshire Coalfield ist ein Flöz von hoher Mächtigkeit, der in geringer Tiefe lagerte und an vielen Stellen zu Tage strich. Bedingt durch seine zentrale Lage befindet sich die Lagerstätte in größerer Entfernung zu der Küste als jedes andere britische Kohlenfeld.11 11

Court, Midland Industries, S. 8 und Rees, Henry: Birmingham and the Black Country, in. Economic Geography 22:2 (1946), S. 133–141, S. 133 (im Folgenden zitiert als Rees, Birmingham und Black Country) und Taylor, Richard C.: Statistics of coal. The geographical and

II.II Das Black Country

47

Basierend auf den Steinkohlen der lokalen Lagerstätte bildete sich in der Region eine bedeutende Eisenproduktion und eine nicht minder wichtige eisenverarbeitende Industrie heraus. Worauf die Bezeichnung des Gebietes als Black Country zurückgeht, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Verschiedene Mythen verweisen auf unterschiedliche Entstehungsgeschichten, zweifelsfrei hat der Name jedoch mit der industriellen Vergangenheit der Region zu tun. 12 Im späten 18. Jahrhundert galt das Black Country als eine der schmutzigsten Gegenden Großbritanniens. Die zahlreichen Hochöfen, Eisenwerke und Schmiedefeuer hüllten das ganze Gebiet in dichten schwarzen Qualm. Die Frage, ob die Bezeichnung als Black Country sich auf diesen schwarzen Rauch bezog oder schon sehr viel früher aufkam und auf die an vielen Stellen in der Region zutage streichende Kohle anspielte, muss ebenso unbeantwortet bleiben wie die Frage, wer den Begriff prägte. Unstrittig ist, dass die Beschreibung der Region als schwarzes Land zur Zeit der Industrialisierung eine durchaus treffende Charakterisierung war. So beschrieb Sidney Samuel das Black Country im Jahr 1851 als ungastlich und lebensfeindlich: „The pleasant green of pastures is almost unknown, the streams, in which no fishes swim, are black and unwholesome; the natural dead flat is often broken by huge hills of cinders and spoil from the mines; the few trees are stunted and blasted; no birds are to be seen, except a few smoky sparrows; and for miles on miles a black waste spreads around, where furnaces continually smoke, steam-engines thud and hiss, and long chains clank, while blind gin-horses walk their doleful round.“13

Außerhalb der Region wurden die Bewohner des Black Country als ein besonderer Menschenschlag wahrgenommen. So wurde den lokalen Bergleuten nachgesagt, sich nach Feierabend lieber dem Alkohol als dem Waschwasser zuzuwenden, die Frauen wurden als ebenso ungewaschen und unhöflich beschrieben wie ihre Männer. Allgemein galten die Menschen im Black Country als dumm, ungehobelt und unzivilisiert und dem lokalen Dialekt wurde jegliche Ähnlichkeit mit der englischen Sprache abgesprochen.14 Ebenso wie die Region von außen als eine Einheit unzivilisierter Menschen mit eigener Sprache wahrgenommen wurde, so begriffen – und begreifen sich auch heute noch – die Bewohner als eine Gruppe, die sich von den Einwohnern Birminghams und denen der umliegenden Dörfer unterscheidet.15

12 13 14 15

geological distribution of fossil fuel, London 1848, S. 285 (im Folgenden zitiert als Taylor, Statistics). Vgl. zu den verschiedenen Mythen Connor, Bryan: Voices from a Blue Box. Tales from a Black Country Copper, Milton Keynes 2010, S. 10–12. Sidney, Samuel: Rides on railways leading to the lake and mountain districts of Cumberland, North Wales, London 1851, S. 125 (im Folgenden zitiert als Sidney, Rides on railways). Sidney, Rides on railways, S. 125. Vgl. zur Animosität zwischen den Einwohnern Birminghams und des Black Countrys Drabble, Phil: Black Country (Regional book series), London 1952, S. 87.

48

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

II.II.I Geographische und geologische Gegebenheiten Das Zentrum der zu definierenden Region wird gebildet von dem South Staffordshire Coalfield, welches sich von Wolverhampton über Wednesbury und Dudley nach Süden erstreckt und unmittelbar an das nördlich gelegene Cannock Chase Coalfield angrenzt. Von dem nördlichsten Punkt bei Rugeley im Norden bis zu dem südlichsten Punkt auf einer gedachten Linie zwischen Stourbridge und Hales Owen, messen die beiden Lagerstätten etwa ca. 37 km.16 Die Breite des South Staffordshire Coalfield nimmt dabei von Süd nach Nord leicht zu und beläuft sich im Durchschnitt auf ca. 10 km. Der Bereich des Cannock Chase Coalfield verjüngt sich nach Norden hin und läuft in einem Zipfel aus. Die beiden Lagerstätten werden getrennt durch die nördlich von Wolverhampton und Walsall verlaufenden Bentley Faults.17 Bei den Bentley Faults handelt es sich um zwei parallel zueinander verlaufende Bergrücken, die in ihrer Mitte einen ungefähr 800 m breiten Trog bilden. Die Flöze des südlichen Bereichs fallen in Richtung der Bergrücken ein, um dann durch die Störung der beiden Bergrücken aufgeworfen zu werden. Dies hat zur Folge, dass sich die Flözformationen nördlich und südlich der Bentley Faults hinsichtlich ihrer geologischen Beschaffenheit stark voneinander unterscheiden.18 Der Bereich nördlich der Bentley Faults wird heute als Cannock Chase Coalfield bezeichnet, während die Bezeichnung South Staffordshire Coalfield für den Teil südlich der Bergrücken gebraucht wird. Vom 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert wurde oft nur die Gegend um die Stadt Rugeley, also der nördlichste Teil der Lagerstätten, als Cannock Chase Coalfield bezeichnet, während die Bezeichnung South Staffordshire Coalfield für den ganzen Bereich südlich der Gegend um die Stadt Cannock Chase Verwendung fand. 19 Vor allem in zeitgenössischen Darstellungen finden sich auch Beispiele für eine Beschreibung des South Staffordshire Coalfield als eine einzige große Lagerstätte im Süden der Grafschaft Staffordshire.20 Ursächlich für diese doppelte Belegung des Begriffs mag sein, dass die Entwicklung des Cannock Chase Coalfield erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann, weswegen lange Zeit nur der Bereich südlich der Bentley Faults Beachtung fand.21 Im Rahmen dieser Arbeit wird, wie auch in der modernen Literatur üblich, unter der Bezeichnung South Staffordshire Coalfield der südlich der Bentley Faults gelegene Teil der Lagerstätte verstanden, während der Bereich nördlich des Bergrückens als Cannock Chase Coalfield bezeichnet wird.22 16 Jukes, Beete: Sketch of the geological structure of the South Staffordshire coalfield, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 1–20, S. 1 (im Folgenden zitiert als Jukes, Geological structure) und HCPP, 1843 (508), S. iv. 17 Jukes, Beete: The South Staffordshire Coal-Field (Memoirs of the geological survey of Great Britain and of the Museum of practical geology), London 1859, S. 143f (im Folgenden zitiert als Jukes, South Staffordshire Coalfield). 18 Jukes, South Staffordshire Coalfield, S. 167. 19 Brown, Cannock Chase, S. 25.

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II.II Das Black Country

Flächenmäßig handelte es sich bei der Lagerstätte in South Staffordshire, wie untenstehende Tabelle 1 zeigt, um die fünftgrößte britische Steinkohlenlagerstätte. Das South Staffordshire Coalfield war jedoch um einiges kleiner als die Kohlefelder in South Wales, im Nordwesten oder im West Riding. Auch die Lagerstätte in Lancashire und Cheshire war, obwohl sie selber nur etwas mehr als die Hälfte der Fläche des Kohlefelds bei Durham maß, noch etwa doppelt so groß wie diejenige im Süden Staffordshires. Da die hier angegebene Fläche den Bereich des Cannock Chase Coalfield mit einschloss, ist der flächenmäßige Unterschied zwischen den oben beschriebenen Lagerstätten und dem South Staffordshire Coalfield noch größer als die Tabelle zeigt. Das South Staffordshire Coalfield allein ordnete sich größenmäßig etwa zwischen der Lagerstätte im Norden Staffordshires und der in Denbigshire ein und war damit die siebtgrößte Lagerstätte in Großbritannien. Tabelle 1: Größe britischer Steinkohlenlagerstätten Lagerstätte

Größe in km²

Lagerstätte

Größe in km²

South Wales

2.347

Flintshire (North Wales)

91

Derby & York (West Riding)

1.968

Forest of Dean

88

Durham & Northumberland

1.191

Warwickshire

78

Lancashire und Cheshire

562

Coalbrook Dale (Shropshire)

73

South Staffordshire

241

Cumberland (Whitehaven)

65

North Staffordshire

194

Leicestershire

39

Denbigshire (North Wales)

122

Anglesey (North Wales)

23

Bristol & Somerset

117

Umgerechnet in km² nach der Aufstellung bei Hughes, Geography of British History, London 1863, S. 328 (im Folgenden zitiert als Hughes, Geography of British history).

Das South Staffordshire Coalfield, welches erhöht auf einem Plateau zwischen 120 m und 150 m über dem Meeresspiegel liegt, wird diagonal von Südwest nach Nordwest von dem Russell’s Hall Fault durchzogen. Dieser hauptsächlich aus 20 Eine Trennung in South Staffordshire Coalfield und Cannock Chase Coalfield findet sich u.a. bei Taylor, A.J.: Coal, in: Greenslade, Michael W. und Jenkins, J.G.: A history of the county of Stafford, Bnd. 2: Industries, roads, canals, railways, forests, sports (The Victoria history of the counties of England), London 1967, S. 68–107, S. 68 (im Folgenden zitiert als Taylor, Coal), während mit Burr, Frederic: The elements of practical geology as applicable to mining, engineering, architecture. With notices of the mines and mineral productions of Great Britain, London 1838, S. 177 (im Folgenden zitiert als Burr, Practical geology) oder Holland, John: The History and description of fossil fuel, the collieries, and coal trade of Great Britain, Lon don 1835, S. 114 hauptsächlich zeitgenössische Autoren die gesamte Lagerstätte von Stourbridge bis Bereton als South Staffordshire Coalfield bezeichnen. 21 Vgl. zur Entwicklung des Cannock Chase Coalfield Wise, M. J.: The Cannock Chase Region, in: Kinvig, R. H., Smith, J.G. und Wise, M.J. (Hg.): Birmingham and its regional setting. A scientific survey, Birmingham 1950 (Nachdruck 1970), S. 269–288, S. 274–283 (im Folgenden zitiert als Wise, Cannock Chase region). 22 So auch die Nutzung der Bezeichnungen bei Flinn, History of British Coal, Bnd. 2, S. 15.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Kalkstein bestehende Bergrücken erstreckt sich über die Ortschaften Rowley Regis, Dudley und Sedgley nach Wolverhampton, hebt diese damit auf eine Höhe von mindestens 180 m über dem Meeresspiegel, und ist Teil der Hauptwasserscheide Englands, welche die Zuläufe zur Nordsee von denen zum Bristolkanal trennt.23 Gleichzeitig teilt der Russell’s Hall Fault das South Staffordshire Coalfield in zwei Täler: Das Tame Valley und das Stour Valley. Das nordöstlich des Russell’s Hall Fault gelegene Tame Valley liegt im Flussgebiet des Trent, d.h. die Ströme aus diesem Bereich fließen über den Trent in die Nordsee, während das Stour Valley über das Flusssystem des Severn in den Atlantik entwässert wird. 24 In dem Bereich des South Staffordshire Coalfield selber entspringen zwar einige Flüsse, diese durchfließen die Region jedoch nicht und waren zudem zu keinem Zeitpunkt schiffbar. Damit war das South Staffordshire Coalfield das einzige wichtige Kohlerevier in Großbritannien ohne einen direkten natürlichen Zugang zur Küste.25 Das herausragende Charakteristikum des South Staffordshire Coalfield ist der sogenannte ten-yard seam, ein in geringer Tiefe liegender, Steinkohlenflöz, dessen Name auf seine Mächtigkeit von 10 yd (ca. 9 m) anspielt. Die Bezeichnung seam (Flöz) ist irreführend, da es sich nicht um einen einzigen, sondern um 12 bis 14 direkt übereinander liegende Flöze handelte. Diese waren jedoch nur durch sehr geringe Zwischenlagen voneinander getrennt und sehr regelmäßig. So erweckten sie den Eindruck eines einzelnen, sehr mächtigen Flözes.26 Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden für diese Flözgruppe die ebenfalls gängigen und weniger missverständlichen Bezeichnungen thick coal oder ten-yard coal vorgezogen und synonym verwendet. 23 Davies/Hyde, Dudley, S. 1 und Jukes, South Staffordshire Coalfield, S. 2 und Oeynhausen, Carl von und Dechen, Heinrich: Über den Steinkohlenbergbau in England, gesammelt auf einer Reise in den Jahren 1826 und 1827. I. Abschnitt: Das Vorkommen der Steinkohlen in England, in: Archiv für Mineralogie, Geognosie, Bergbau und Hüttenkunde 5 (1832), S. 3– 137, S. 60f (im Folgenden zitiert als Oeynhausen/Dechen, Vorkommen der Steinkohle in England) und Rees, Birmingham and Black Country, S. 134. 24 Rees, Birmingham and Black Country, S. 134. 25 Der Tame entspringt nordwestlich von Walsall bei Bloxwich, schlägt eine südöstliche Fließrichtung ein und vereinigt sich in der Nähe der Stadtgrenze zu Birmingham mit dem Rea. Dieser fließt in nordöstlicher Richtung an der südlichen Grenze der Lagerstätte vorbei und strömt anschließend durch Birmingham, um von dort aus in nördlicher Richtung zum Trent zu fließen. Ganz in der Nähe der Quelle des Rea, bei den Clent Hills, südöstlich der Lagerstätte, entspringt auch der Stour, ein schmaler Fluß, der in westlicher Richtung an der südlichen Grenze der Lagerstätte vorbeifließt um bei Stourbridge in Richtung Süden abzuschwenken, wo er dann bei Stourport in den Severn mündet. Der Smestow Brook entspringt bei Wolverhampton und fließt eine kurze Strecke in westlicher Richtung um dann an der westlichen Grenze des South Staffordshire Coalfield entlang in Richtung Süden zu strömen, wo er auf der Höhe von Stourbridge in den Stour mündet. Der Severn wiederum fließt von Stourport aus in südwestlicher Richtung nach Bristol, wo er in den Bristol Channel und somit in den At lantik mündet. Vgl. zu den Flussläufen in der Region Court, Midland industries, S. 5 und Hughes, Geography of British History, S. 328 und Jukes, Geological structure, S. 1f und Jukes, South Staffordshire Coalfield, S. 2 und Raybould, Economic emergence, S. 24 und Rees, Birmingham and Black Country, S. 133–135. 26 Oeynhausen/Dechen, Vorkommen der Steinkohle in England, S. 65 und Taylor, Coal, S. 68f.

II.II Das Black Country

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Der Russell’s Hall Fault trennt das South Staffordshire Coalfield nicht nur bezüglich der Drainage, auch in geologischer Hinsicht unterscheiden sich die Gebiete zu beiden Seiten des Bergrückens voneinander. Allerdings sind die Unterschiede hier weitaus weniger gravierend als die zwischen dem South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase Coalfield. Nordöstlich des Russell’s Hall Fault lagerte die thick coal maximal 120 m unter der Oberfläche und strich auf einer gebogenen Linie von Dudley über Gornal, Coseley, Bilston und Darlaston nach Wednesbury zutage.27 In dem Teil südwestlich des Russell’s Hall Fault stellte sich die Flözformation insgesamt unregelmäßiger dar: Auch wenn die Kohle in der Gegend um Brierley Hill zutage strich, lag diese mit 150 m bis 250 m insgesamt tiefer als in dem nordöstlichen Teil und wurde stellenweise von einem weiteren Steinkohlenflöz, der Brooch Coal, überlagert. Die Steinkohlen aus diesem Flöz waren von guter Qualität und fanden im 18. und 19. Jahrhundert vor allem für den Hausbrand Verwendung.28 Oeynhausen und Dechen bezeichneten die Kohlen des South Staffordshire Coalfield gemäß einer im 19. Jahrhundert gängigen Klassifikation als Sinterkohlen.29 Bei diesen handelt es sich um magere Kohlen, die in Bezug auf ihre Eignung zum Verkoken zwischen Back- und Sandkohlen stehen. Während Backkohlen bei Zugabe von Hitze zu einer gleichmäßigen Masse verschmelzen, bilden die Sinterkohlen eine eher unregelmäßige und vergleichsweise weiche Masse, ohne jedoch zu schmelzen.30 Thomson unterteilte die britischen Steinkohlen in vier Sorten und unterschied zwischen Fettkohle (caking coal), Splintkohle (splint coal), Mürbkohle (cherry coal) und Kennelkohle (cannel coal).31 Die Steinkohlen aus dem South Staffordshire Coalfield ordnete er in die Kategorie der Mürbkohlen ein. Diese sind weniger wirtschaftlich als Fett- oder Splintkohle, da sie zum einen schneller verbrennen und zum anderen nicht verbacken, d.h. sie konnten in kleinen Stücken nicht verkauft werden, mussten aber auch nicht gerührt oder geschürt werden. Verkokt werden konnten die Mürbkohlen nur in geschlossenen Behältern und unter Zuführung großer Hitze.32 Unter der thick coal fand sich mit der Heathen coal eine Steinkohle, die sich weitaus besser zur Gas- und Koksproduktion eignete als 27 Raybould, Economic emergence, S. 22 und Taylor, Coal, S. 69. 28 Bailey, Samuel: The economic value of various measures of coal and ironstone in the South Staffordshire coalfield, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, Lon don 1967), S. 27–34, S. 28 (im Folgenden zitiert als Bailey, Economic value). 29 Oeynhausen/Dechen, Vorkommen der Steinkohle in England, S. 66 30 Ohne Autor: Art. Steinkohle, in: Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart, Bnd. 16 (Sicilien – Stückgesell), 1863, S. 738–741, S. 739 und Ohne Autor: Art. Steinkohle, in: Meyers Konversations-Lexikon, Bnd. 15 (Sodbrennen - Uralit), 1888, S. 268–272, S. 269. 31 Thomson, Thomas: Experiments to determine the composition of the different species of pitcoal, in: Annals of Philosophy or Magazine of Chemistry, Mineralogy, Mechanics, Natural History, Agriculture, and the Arts 14 (1819), S. 81–97, S. 82 (im Folgenden zitiert als Thomson, Experiments) und Thomson, Thomas: Versuche zur Bestimmung der Bestandteile verschiedener Arten von Steinkohlen, in: Archiv für Bergbau und Hüttenwesen 3 (1820), S. 167– 192, S. 169 (im Folgenden zitiert als Thomson, Versuch zur Bestimmung).

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

die Kohlen aus den Flözen der ten-yard coal. Unter der Heathen coal lagerten noch ein bis zwei weitere Flöze von geringer Qualität.33 Bedingt durch die Verwerfungen der Bentley Faults fand sich im Cannock Chase Coalfield die Heathen coal als oberster Flöz, auf verschiedenen Lagen von Eisenerz und Steinkohle liegend.34 Die Qualität dieser Kohlebetten war höher als die der Kohlen aus den Flözen der thick coal, welche im Cannock Chase Coalfield nicht vorkamen. Das Cannock Chase Coalfield unterschied sich vom South Staffordshire Coalfield auch in Bezug auf die Tiefe der Kohlelagerung. Die Flöze im Norden der Bentley Faults lagen tiefer unter der Erdoberfläche als im südlichen Teil und waren in großen Teilen von einer Mergelschicht bedeckt. 35 Ausgenommen hiervon war der Bereich unmittelbar nördlich der Bentley Faults rund um Willenhall, Wednesfield, Bentley Heath, Bloxwich und Pelsall. Dieser Teil der Lagerstätte zeichnete sich durch gute Abbaubedingungen aus, die denen im South Staffordshire Coalfield ähnelten.36 Außer der Kohle beherbergte die Lagerstätte noch Eisenerze, Kalk- und Sandstein und Ton. Die Eisenerze lagerten unter den Steinkohlen der thick coal in Betten mit einer Mächtigkeit zwischen 0,9 m und knapp 4 m.37 Hier wechselten sie sich mit den tiefer liegenden Steinkohleflözen, der Heathen coal und der new mine coal ab.38 Der Eisenanteil der Erze schwankte zwischen 30 % und 50 %, die meisten Erze wiesen jedoch einen Eisenanteil von 40 % bis 50 % auf. Bailey attestierte den Eisenerzen des Black Country im Vergleich zu anderen Revieren, in denen mehr Erze pro bestimmter Fläche eines Flözes gewonnen werden konnten, relativ hohe Produktionskosten im.39 Kalkstein fand sich im South Staffordshire Coalfield hauptsächlich im Russell’s Hall Fault, also im Zentrum der Region, während der Sandstein im nordöstlichen Teil des South Staffordshire Coalfield zu finden war.40 Sowohl der Kalk- als auch der Sandstein waren von großer Bedeutung für die Eisenproduktion. So kam der Sandstein beim Bau der Hochöfen zum Einsatz, der Kalkstein wurde dem Prozess des Eisenschmelzens als Flux hinzugefügt.41 In der südwestlichen Ecke des South Staffordshire Coalfield, in der Gegend bei Stourbridge, lagerte etwa 45 m unter den Kohleflözen eine etwa 70 cm mächtige Schicht Ton.42 Burritt schrieb über Stourbridge und den hier abgebauten Ton: 32 Percy, John: Metallurgy. The art of extracting metals from their ores and adapting them to various purposes of manufacture, London 1861, S. 95; Thomson, Experiments, S. 84 und Thomson, Versuch zur Bestimmung, S. 173. 33 Vgl. zur Qualität dieser Kohlen Bailey, Economic value, S. 28f. 34 Jukes, Geological structure, S. 18. 35 Hatcher, John: The history of the british coal industry before 1700. Towards the age of coal (The History of the British Coal Industry 1), Oxford 1993, S. 154 (im Folgenden zitiert als Hatcher, Coal industry). 36 Wise, Cannock Chase region, S. 272f und S. 277. 37 Burr, Practical geology, S. 183. 38 Vgl.zur Lage der einzelnen Gesteinsschichten Bailey, Economic value, S. 28–30. 39 Bailey, Economic value, S. 33. 40 Oeynhausen/Dechen, Vorkommen der Steinkohle in England, S. 61 und Raybould, Economic emergence, S. 24. 41 Burr, Practical geology, S. 184 und Raybould, Economic emergence, S. 23. 42 White, William: History, Gazetteer, and Directory of Staffordshire and the city and county of the city of Lichfield, Sheffield 1834, S. 246 (im Folgenden zitiert als White, Staffordshire).

II.II Das Black Country

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„Its fire-clay is the best yet found in the world and its value to furnaces and forges can hardly be over-estimated. Its fire-bricks and crucibles are the hardiest salamanders of endurance ever submitted to the test of fire.“43

Ob es sich bei dem Ton aus Stourbridge wirklich um den qualitativ hochwertigsten Ton der Welt handelte, kann an dieser Stelle nicht verifiziert werden. Unstrittig ist jedoch, dass der Ton von einer sehr hohen Qualität war und hierfür weit über die Grenzen des Black Country und Großbritanniens hinaus bekannt war.44

II.II.II Das Black Country als Wirtschaftsregion Wie im ersten Abschnitt (II.I) dieses Kapitels dargelegt, handelt es sich bei Wirtschaftsregionen um Konstrukte, die nur durch die Fragestellung des Forschers erschaffen werden und entsprechend einer methodisch adäquaten Definition ihrer Grenzen bedürfen. Auf Festlegungen der Grenzen einer Region aus früheren Publikationen kann aus diesem Grund genauso wenig zurückgegriffen werden wie auf zeitgenössische Aussagen über die Ausdehnung der Region. Vorliegende Dissertation geht der Frage nach, ob es sich bei den ausgewählten Regionen um Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung handelt und analysiert zu diesem Zweck die wirtschaftliche Entwicklung des Black Country und des Borinage vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein. In dieser Zeit war das Black Country eine schwerindustriell geprägte Region, in der neben dem Abbau von Kohle und Eisenerz, die Produktion von Roh- und Stabeisen und dessen Weiterverarbeitung zu verschiedenen Endprodukten die Wirtschaft und den Alltag dominierten. In einigen Bereichen der Region war auch die Herstellung von Glas von Bedeutung. 45 Sowohl die Eisen- als auch die Glasproduktion zeichnen sich durch ihre Brennstoffintensität aus. Neben der Kohle fand sich auch das Gros der anderen zur Produktion benötigten Rohstoffe – Eisenerz für die Eisenproduktion, Ton für die Glasproduktion, Kalk als Reaktionsbeschleuniger für das Schmelzen von Eisenerz und Sand sowie Sandstein für den Bau der Hochöfen – in der lokalen Lagerstätte. Aus diesem Grund kann das im vorhergehenden Abschnitt II.II.I (ab Seite 48) nä43 Burritt, Elihu: Walks in the Black Country and its green borderland, London 1868, Burritt, Walks in the Black Country, S. 168f (im Folgenden zitiert als Burritt, Walks in the Black Country). 44 Vgl. zur Qualität und Bekanntheit des Tons u.a. Hartmann, Carl: Handbuch des Steinkohlenbergbaues oder Darstellung des in den bebeutensten Steinkohlen-Bergwerken Europa’s zur Aufsuchung, Gewinnung und Förderung der brennbaren Mineralien angewendeten Verfahrens. Nach dem Werke des belgischen Bergingenieurs A. T. Ponson, Weimar 1856, Sp. 8 und Oeynhausen/Dechen, Vorkommen der Steinkohle in England, S. 67f und Taylor, Statistics (1848), S. 286 und Wanklyn, Malcom: National and international trade and the Midlands economy, in: Stobart, Jon und Raven, Neil (Hg.): Towns, regions and industries. Urban and in dustrial change in the Midlands c. 1700–1840, Manchester 2005, S. 193–209, S. 194. 45 Details zur Wirtschaftsstruktur des Black Country finden sich in Kapitel III, welches sich diesem Komplex in der nötigen Breite widmet.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

her beschriebene South Staffordshire Coalfield als Kern der Wirtschaftsregion Black Country betrachtet werden. Wie bereits einleitend erläutert erfolgt die Definition der Wirtschaftsregionen durch die Überprüfung einzelner Gemeinden auf das Vorliegen bestimmter, für die wirtschaftliche Struktur der Region charakteristischer Merkmale. So können die Gemeinden identifiziert werden, die diese Homogenitätskriterien erfüllen, um aus diesen die jeweilige Wirtschaftsregion zusammenzusetzen. Zu diesem Zweck müssen nicht nur die charakteristischen Merkmale der Wirtschaftsregion festgestellt werden, sondern auch diejenigen Gemeinden ausgewählt werden, die anschließend einer Überprüfung auf das Vorliegen dieser Kriterien hin unterzogen werden. Im Fall des Black Country muss in einem ersten Schritt überprüft werden, ob die bisher angenommene Beschränkung der Untersuchung auf den Bereich des South Staffordshire Coalfield ausreichend ist oder ob benachbarte Lagerstätten einen Teil der Wirtschaftsregion Black Country bilden. Das South Staffordshire Coalfield liegt in dem Grenzgebiet der Grafschaften Staffordshire, Worcestershire und Warwickshire in den West Midlands und damit in Nachbarschaft zu anderen Lagerstätten, wie dem Cannock Chase Coalfield im Norden und dem Revier von Shropshire, welches nordwestlich von Wolverhampton liegt. Vor allem die Beziehung zwischen dem South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase Coalfield bedarf wegen ihrer unmittelbaren Nähe einer näheren Analyse. Auch wenn beide Lagerstätten sich hinsichtlich der geologischen Beschaffenheit unterscheiden, so handelt es sich, strenggenommen, um zwei Teile einer durchgehenden Lagerstätte.46 Wie Abbildung 1 zeigt, unterschied sich die quantitative Entwicklung der Steinkohlenproduktion im Bereich des South Staffordshire Coalfield stark von der im Cannock Chase Coalfield und der im Revier von Shropshire. Im 18. Jahrhundert übertrafen die in Shropshire geförderten Mengen die Steinkohlenförderung des South Staffordshire Coalfield, in welchem jedoch um die Jahrhundertwende herum ein enormes Wachstum einsetzte, während die Förderung in Shropshire nur einen moderaten Anstieg verzeichnete. Im Cannock Chase Coalfield setzte die starke Zunahme der Fördermengen etwa 60 Jahre später ein als im South Staffordshire Coalfield, also zu einem Zeitpunkt als dort die Menge der geförderten Kohlen bereits rückläufig war. Aufgrund dieser differierenden Entwicklung der drei Reviere, werden der Bereich des Cannock Chase Coalfield oder des Reviers bei Shropshire nicht in die Untersuchung der Gemeinden einbezogen, da von abweichenden, zeitlich versetzten Entwicklungspfaden – und damit für den Untersuchungszeitraum von differierenden Wirtschaftsstrukturen – ausgegangen werden kann. Analysiert wird im folgenden also die wirtschaftliche Struktur der Gemeinden im Bereich des South Staffordshire Coalfield, welches als Zentrum der zu definierenden Wirtschaftsregion Black Country gilt. In diesen Gemeinden lässt sich die Wirtschaftsstruktur als Mix aus bergbaulicher Tätigkeit, Eisen- und Glasproduktion, Eisenverarbeitung und Zulieferindustrie für diese Produktionszweige, wie dem 46 Vgl. zu der geologischen Beschaffenheit der Lagerstätte(n) Abschnitt II.II.I.

II.II Das Black Country

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Abbau von Ton, Sandstein oder Kalk, beschreiben. Die Eisenverarbeitung wurde vor allem durch die Produktion von Nägeln, Ketten, Schlössern und Schlüsseln dominiert. Neben diesen Waren wurde in der Region noch eine breite Palette verschiedener anderer Eisenprodukte produziert, denen allen ihre gröbere Machart gemein war – die investierte Arbeitszeit war in der Regel im Verhältnis zu der Menge des eingesetzten Rohmaterials relativ gering. Abbildung 1: Die quantitative Entwicklung der Steinkohlenproduktion im South Staffordshire Coalfield, im Cannock Chase Coalfield und im Revier von Shropshire, 1700–1900

Vgl. für Daten Tabelle A.22 (Anhang, S. 311) und Tabelle A.35 (Anhang, S. 319ff.).

Nicht alle Teilgebiete im Umfeld des South Staffordshire Coalfield partizipierten in gleichem Maße an jeder dieser Branchen, allen gemein war jedoch eine hohe Bedeutung von zwei oder mehr der oben genannten Produktionszweige. Trotz dieser starken Verbindung zwischen den Produktionsprozessen in der Wirtschaftsregion und den Rohstoffvorkommen der Lagerstätte, ist die Verortung einer Gemeinde auf selbiger kein hinreichender Grund für eine Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country. Ebenso wenig ist die Lage einer Gemeinde abseits der Lagerstätte ein ausreichendes Merkmal für einen Ausschluss selbiger. Da die Produktionsstätten in der Eisenverarbeitung und der Eisen- und Glasindustrie nicht auf dem Kohlefeld liegen müssen, würde ein solches Vorgehen zu kurz greifen. Auch die Gemeinden in Nachbarschaft zu dem South Staffordshire Coalfield können den für die Wirtschaftsregion typischen Branchenmix aufweisen und in hohem Maße an den Rohstoffen der Lagerstätte partizipieren. Außerdem besteht

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

die Möglichkeit, dass Bewohner in Gruben oder Eisenwerken benachbarter Gemeinden beschäftigt waren. Qua definiotione von der Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country ausgeschlossen sind landwirtschaftlich geprägte Gemeinden, da hier nicht von einer Dominanz der charakteristischen Strukturmerkmale ausgegangen werden kann. Unter der zuvor getroffenen Annahme, dass das South Staffordshire Coalfield den Nukleus der Wirtschaftsregion Black Country bildet, nimmt die folgende Analyse die Lagerstätte als Ausgangspunkt und überprüft die auf der Lagerstätte und um diese herum liegenden Gemeinden auf ihre Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country. Abbildung 2 zeigt die Gemeinden in dem Gebiet rund um die Lagerstätte. Nach der Identifizierung der landwirtschaftlich geprägten Gemeinden werden zuerst die auf der Lagerstätte gelegen Gemeinden untersucht, bevor dann die Gemeinden in Nachbarschaft des South Staffordshire Coalfield analysiert werden. Die Quantifizierung der Wirtschaftsstruktur erfolgt unter Rückgriff auf die Anzahl der Beschäftigten in den einzelnen Produktionszweigen und Wirtschaftssektoren. Eine Berechnung der Wirtschaftsleistung der einzelnen Produktionszweige auf Gemeindeebene ist in Ermangelung einer entsprechenden Datenbasis unmöglich, so dass auf die Anzahl der Beschäftigten als Hilfsindikator zurückgegriffen werden muss. Auf eine Festlegung genauer Anteile einzelner Branchen innerhalb des für das Black Country typischen Branchenmix wird verzichtet, da dies der räumlichen Konzentration einiger Branchen innerhalb der Region keine Rechnung tragen würde. Wichtig ist jedoch, dass sich in den Gemeinden, die zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt werden, zwei oder mehr der oben genannten Produktionszweige eine hohe Bedeutung inne hatten. Als Datenbasis für die Analyse dient der Zensus von 1831. Die Zensus wurden in England, beginnend im Jahr 1801, in einem zehnjährigen Rhythmus erhoben. Die ersten vier Zensus liegen in einer zusammengefassten Form vor, in welcher auf etwas über 1.000 Seiten die Anzahl der Häuser, Familien und Einwohner jeder Gemeinde in England, Schottland und Wales sowie der Kanalinseln und der Isle of Man aufgelistet wurde. Der Zensus von 1841 ist der erste Zensus von welchem die Bögen der Volkszähler, mit Angaben zu Alter, Geschlecht und Beruf jedes einzelnen Bewohners, fast vollständig erhalten geblieben sind. Aus quellentaktischen Gründen wäre demnach ein späterer Zensus als Quellenbasis für die Definition zu favorisieren. Dem widerspricht jedoch die Entwicklung in der Region und der wirtschaftliche Niedergang der Nagelproduktion in den 1830er Jahren.47 Aufgrund der hohen Bedeutung der Nagelproduktion und der Nagelmacher für die Konstituierung der Wirtschaftsregion Black Country, muss für die Abgrenzung ein Zeitpunkt gewählt werden, zu welchem die Bedeutung der Nagelmacher sich auch in der Zusammensetzung der wirtschaftlichen Struktur widerspiegelt. Das Jahr 1831 eignet sich aus diesem Grund trotz aller Schwächen als Basis für die Abgrenzung. An einigen Stellen, insbesondere – aber nicht nur – bei der Ab47 Vgl. für die Abnahme der Anzahl der Nagelmacher im Black Country und die Verschiebung der Nagelproduktion in das ländliche Umland der Region Abschnitt III.I.III, vor allem Tabelle 26 auf Seite 155.

II.II Das Black Country

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grenzung der Wirtschaftsregion in östlicher Richtung, wird jedoch auf die Daten des Zensus von 1841 und 1851 zurückgegriffen. Abbildung 2: Gemeinden im Bereich des South Staffordshire Coalfield

Eigene Darstellung. Grenzen der Gemeinden nach Humphery-Smith, Cecil R.: The Phillimore atlas and index of parish registers, Chichester 1984, S. 31 und S. 38 (im Folgenden zitiert als Humphery-Smith, Phillimore atlas and index).

Die Aufstellung der Einwohner in den frühen Zensus wurde nach Geschlecht differenziert und die Anzahl der männlichen Bewohner über 20 Jahren gesondert ausgewiesen. Die Familien jeder Gemeinde wurden, in Abhängigkeit von ihrer Haupteinnahmequelle, drei Gruppen zugeordnet. Zu der ersten Gruppen wurden die Familien gezählt, die hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt waren, während die zweite Gruppe die Familien erfasste, die in den Bereichen Handel,

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Produktion und Handwerk ihr Einkommen erwirtschafteten. In die dritte Gruppe wurden jene Familien eingeordnet, die sich in keine der ersten beiden Gruppen zuordnen ließen. Bezüglich der Berufe der männlichen Bewohner erfolgte eine weitere Ausdifferenzierung anhand der in untenstehender Tabelle 2 dargestellten Kategorien. Mit Ausnahme der in den Zeilen i, j und k genannten Gruppen beziehen sich die Zahlen auf die männlichen Bewohner einer Gemeinde im Alter von 20 Jahren oder älter. Unterschieden wurde zwischen Beschäftigten in der Landwirtschaft (Zeilen ac), dem produzierenden Gewerbe (d), Handel und Handwerk (e), Bänkern und anderen gebildeten Männern (f) sowie Arbeitern außerhalb der Landwirtschaft (g). In Gruppe g wurden Bergleute, Fischer, Schiffer, Kanalarbeiter sowie alle Arbeiter, die bei jemanden aus den Gruppen der Zeilen d bis f angestellt waren oder irgendeiner körperlichen Arbeit nicht landwirtschaftlicher Natur nachgingen, geführt. Gruppe h fasste alle Personen, die keiner anderen Gruppen angehörten (h). Hierzu zählten pensionierte Arbeiter, Händler im Ruhestand und geistig oder körperlich Behinderte. Die Gruppen i, j und k erfassten die Hausangestellten, untergliedert nach Geschlecht und Alter.48 Tabelle 2: Berufsgruppen im Zensus, 1831 Spalte

Berufsgruppe a

Agriculture: Occupiers employing Labourers

b

Agriculture: Occupiers not employing Labourers

c

Agriculture: Labourers employed in Agriculture

d

Employed in Manufacture, or in making Manufacturing Machinery

e

Employed in Retail Trade, or in Handicraft as Masters or Workmen

f

Capitalists, Bankers, Professionals and other Educated Men

g

Labourers employed in Labour not Agricultural

h

Other Males 20 years of Age (except Servants)

i

Male Servants: 20 Years of Age

j

Male Servants: Under 20 Years

k

Female Servants

HCPP, 1833 (149), S. xiii.

In welcher Gruppe die Nagelmacher und die Hersteller der übrigen Eisenwaren geführt wurden, unterschied sich je nach Grafschaft. In den einleitenden Erläuterungen der Zensus finden sich keine Hinweise darauf, wie mit den, zumeist in den heimischen vier Wänden ausgeübten, eisenverarbeitenden Berufen verfahren wurde. In der Zusammenfassung der Grafschaften Shropshire and Warwickshire wurden Nailor in der Kategorie e (Retail, Trade, or Handicraft) geführt, während sie 48 HCPP, 1833 (149), S. vi.

II.II Das Black Country

59

in den Zusammenfassungen von Staffordshire und Worcestershire als employed in manufacture galten.49 Während sich die Angaben bezüglich der Quellen der Haupteinkommen einzelner Familien zur Identifizierung der landwirtschaftlich geprägten Gemeinden eignen, erlauben die Informationen über die Zugehörigkeit der erwachsenen männlichen Bewohner der Gemeinden zu verschiedenen Berufsgruppen eine genauere Analyse der dominanten Beschäftigungsstruktur in der jeweiligen Gemeine. Die Daten lassen zwar keinen direkten Rückschluss auf den Anteil der Beschäftigung in Bergbau, Eisenproduktion oder Eisenverarbeitung zu, können jedoch häufig um Anmerkungen der Volkszähler oder um qualitative Informationen aus zeitgenössischen Publikationen ergänzt werden.50 Auf Basis dieser Informationen lassen sich relative genaue Aussagen über die Berufsstruktur in den Gemeinden treffen, so dass eine Abgrenzung der Wirtschaftsregion mit Hilfe dieser Daten möglich wird. Im Anhang ab Seite 275 findet sich eine detaillierte Beschreibung der Beschäftigungsstruktur der einzelnen untersuchten Gemeinden. Tabelle 3 und Tabelle 4 listen die auf der Lagerstätte gelegen Gemeinden. Nicht aufgeführt sind in diesen Tabellen die, in Abbildung 2 auf Seite 57 als eigenständige Einheiten dargestellten Ortschaften Bilston, Bloxwich, Cradley, Hunnington, Oldbury, Pelsall, Romsley, Willenhall und Wednesfield, da diese in den Zensus von 1831 und 1841 nicht gesondert erfasst wurden. Bloxwich gehörte zu Walsall. Bilston, Pelsall, Willenhall und Wednesfield gehörten zu der Gemeinde Wolverhampton, Cradley, Hunnington, Oldbury und Romsley zu Halesowen. Hunnington und Romsley wurden weder gesondert in den Zensus erwähnt, noch gibt es einen Hinweis darauf, dass sie gemeinsam mit Halesowen erfasst wurden.51 Wie untenstehende Tabelle 3 zeigt, wiesen die auf dem South Staffordshire Coalfield gelegenen Gemeinden ausnahmslos einen sehr niedrigen Anteil an hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigten Familien auf. Selbst Halesowen, wo die meisten Familien von der Landwirtschaft lebten, kommt auf lediglich 49 Vgl. entsprechende Listen und Anmerkungen in HCPP, 1833 (149), S. 528f, S. 602–605, S. 680f und S. 726f. 50 Besonders geeignet sind hier zwei Publikationen aus den Jahren 1817 und 1834. Pitt, William: A topograpical history of Staffordshire including its Agriculture, Mines, and Manufactures, Newcastle under Lyme 1817 (im Folgenden zitiert als Pitt, Staffordshire) und White, Staffordshire. 51 Siehe zu Bilston, Cradley, Willenhall und Wednesfield HCPP, 1833 (149), S. 590f, S. 594f und S. 714f und HCPP, 1843 (496), S. 289 und S. 319. Im Abstrakt des Zensus von 1841 wird Bilston als Stadt in der Gemeinde Wolverhampton gesondert aufgeführt, jedoch erfolgt aufgrund der integrierten Betrachtung in der Zusammenfassung des Zensus von 1831 keine gesonderte Analyse Bilstons. Siehe die Auflistung im Abstrakt des Zensus von 1841 unter HCPP, 1843 (596), S. 292. Bloxwich S. 589, Pelsall S. 590f. Für Hunington siehe Wilson, John Marius: The Imperial Gazetteer of England and Wales. Embracing recent changes in counties, dioceses, parishes and boroughs, general statistics, postal arrangements, railway systems and forming a complete description of the country, Bnd. 1: Aaron End – Chartley-Holme, Edinburgh 1870, S. 1020. Für Romsley siehe Wilson, John Marius: The Imperial Gazetteer of England and Wales. Embracing recent changes in counties, dioceses, parishes and boroughs, general statistics, postal arrangements, railway systems and forming a complete description of the country, Bnd. 2: Chart – Grasmere, Edinburgh 1872, S. 708.

60

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

15,9 %. Eine Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung kann demnach für keine der Gemeinden auf der Lagerstätte konstatiert werden. Tabelle 3: Prozentualer Anteil der in der Landwirtschaft beschäftigten Familien in Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, 1831 Gemeinde

Grafschaft

Anzahl Familien Gesamt

Landwirtschaft

Handel, Produktion und Handwerk

Andere

Darlaston

Staffordshire

2.612

2,36%

88,81%

8,83%

Dudley

Worcestershire

4.655

1,65%

45,18%

53,17%

Halesowen

Worcestershire, Shropshire

2.612

15,93%

67,69%

16,38%

Kingswinford

Staffordshire

2.992

5,65%

37,90%

56,45%

Old Swinford

Worcestershire

2.796

3,54%

69,60%

26,86%

Rowley Regis

Staffordshire

1.420

9,86%

64,01%

26,13%

Sedgley

Staffordshire

4.062

3,50%

38,80%

57,70%

Tipton

Staffordshire

2.978

1,24%

91,61%

7,15%

Walsall

Staffordshire

2.960

5,20%

67,57%

27,23%

Wednesbury

Staffordshire

1.600

2,87%

65,88%

31,25%

West Bromwich

Staffordshire

3.020

7,45%

51,79%

40,76%

Wolverhampton

Staffordshire

9.854

5,39%

70,12%

24,49%

Daten aus HCPP, 1833 (149): Darlaston, Kingswinford, Tipton, Walsall, Wednesbury und West Bromwich S. 588f, Kingswinford, Rowley Regis und Sedgley S. 594f, Hales Owen S. 514f und S. 714f, Old Swinford S. 596f und S. 714f, Wolverhampton S. 584f, S. 590f und S. 594f, Dudley S. 714f, Prozentuale Angaben errechnet aus selbiger Quelle.

Die Werte in Tabelle 4 geben Aufschluss über die Art der Beschäftigung der erwachsenen männlichen Einwohner der Gemeinden aus Tabelle 3. Deutlich sichtbar wird hier die Dominanz der Beschäftigten im produzierende Gewerbe und der teilweise sehr hohe Anteil nicht landwirtschaftlicher Arbeiter. Diese Informationen allein lassen jedoch keinen direkten Rückschluss auf eine Dominanz von Bergbau, Eisenproduktion oder Eisenverarbeitung zu. Im Anhang ab Seite 275 finden sich detaillierte Zusammenstellungen der jeweils in den herangezogenen Quellen verfügbaren Informationen. Aus diesen geht zum Beispiel hervor, dass es in Darlaston 357 Bergleute gab, eine Zahl die in etwa der Anzahl der nicht landwirtschaftlichen Arbeiter entspricht. Die 47 % der Beschäftigten im produzierenden Gewerbe waren hauptsächlich mit der Produktion von Nägeln, Gewehrschlössern, Schnal-

61

II.II Das Black Country

len, Bügeln oder ähnlichen Artikeln beschäftigt.52 Aufgrund solcher und ähnlicher Angaben kann für alle Gemeinden aus Tabelle 3 und Tabelle 4 das Vorliegen des, für das Black Country charakteristischen Branchenmix, nachgewiesen werden. Tabelle 4: Prozentualer Anteil der Beschäftigten in einzelnen Berufsgruppen in Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, 1831 Gemeinde

♂ Einwohner über 20

Berufsgruppe d

e

f

g

Darlaston

1.473

45,69%

23,96%

1,15%

24,24%

Dudley

5.189

14,47%

34,25%

3,57%

40,78%

Halesowen

2.661

30,93%

28,52%

2,63%

13,61%

Kingswinford

3.522

14,25%

23,24%

5,00%

45,60%

Old Swinford

3.376

17,15%

36,02%

6,61%

16,88%

Rowley Regis

1.748

58,81%

12,70%

2,80%

15,56%

Sedgley

4.526

20,04%

13,54%

2,52%

54,64%

Tipton

3.292

49,97%

20,05%

3,46%

18,56%

Walsall

3.710

42,72%

23,75%

5,12%

17,12%

Wednesbury

1.935

23,15%

30,75%

2,95%

34,06%

West Bromwich

3.475

37,93%

14,94%

4,17%

30,22%

Wolverhampton

12.796

24,79%

31,55%

4,20%

32,46%

Buchstaben analog zu Zuordnung in Tabelle 2 auf S. 58, zu den Daten vgl. Tabelle 3 auf S. 60.

Diskutiert werden muss an dieser Stelle die Zugehörigkeit von Wolverhampton, der mit knapp 50.000 Einwohnern einwohnerstärksten Gemeinde der Region. Die Gemeinde Wolverhampton wurde dominiert von der gleichnamigen Stadt, in welcher etwa die Hälfte der Einwohner der Gemeinde lebte. Die Wirtschaftsstruktur der Stadt Wolverhampton, die selber nicht auf der Lagerstätte lag, wies einen höheren Grad wirtschaftlicher Diversifikation auf, als die der meisten anderen Städte und Gemeinden im Bereich des South Staffordshire Coalfield. Wolverhampton war, ähnlich wie Dudley, ein Handelszentrum mit langer Tradition.53 Galt Dudley als das Zentrum der lokalen Nagelproduktion, so war Wolverhampton der Mittelpunkt der lokalen Schloss- und Schlüsselproduktion. Produziert wurden in Wolverhampton jedoch auch Scharniere, Riegel, Schürhaken und ähnliche Eisenartikel, anders als in den übrigen Gemeinden wurden zudem filigrane lackierte Eisenund Kupferartikel hergestellt.54 Bergbauliche Aktivitäten hingegen fanden auf dem 52 HCPP, 1833 (149), S. 588f und Pitt, Staffordshire, S. 149. Vgl. auch die ausführliche Ausführung zu Darlaston im Anhang ab S. 275. 53 Smith, John: Industrialisation and social change. Wolverhampton transformed 1700–1840, in: Stobart, Jon und Raven, Neil (Hg.): Towns, regions and industries. Urban and industrial change in the Midlands c. 1700–1840, Manchester 2005, S. 134–146, S. 134 und S. 137f. 54 HCPP, 1833 (149), S. 604f und White, Staffordshire, S. 166.

62

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Gebiet der Stadt Wolverhampton aufgrund ihrer Lage nicht statt. Ob die Stadt Wolverhampton, für sich allein betrachtet, die Homogenitätskriterien erfüllen würde, ist durchaus strittig. Da die Stadt Wolverhampton jedoch Teil der gleichnamigen Gemeinde war, zu welcher auch die Ortschaften Bilston, Willenhall und Wednesfield gehörten, sind auf Gemeindeebene die wichtigen Elemente der im Black Country vorherrschenden Struktur – Bergbau, Eisenproduktion und gröbere Eisenverarbeitung – erkennbar. Entsprechend wird die Gemeinde Wolverhampton zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt.55 Tabelle 5: Gemeinden mit Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831 Gemeinde

Grafschaft von

Anzahl Landwirt- Handel, ProFamilien schaft duktion und Handwerk

Andere

Aldridge

Stafford

336

53,57%

25,00%

21,43%

Arley, Upper

Stafford

174

51,72%

25,29%

22,99%

Bobbington

Shropshire, Stafford

84

57,14%

19,00%

23,81%

Broom

56

20

65,00%

20,00%

15,00%

Bushbury

Stafford

295

56,27%

18,98%

24,75%

Codsall

Stafford

219

65,75%

21,00%

13,24%

Enville

Stafford

152

65,13%

17,11%

17,76%

Frankley

Worcester

34

73,53%

23,53%

2,94%

Pedmore

Worcester

68

55,88%

38,24%

5,88%

Shareshill

Stafford

105

77,14%

20,95%

1,90%

Shenstone

Stafford

360

52,22%

17,78%

30,00%

Trysull

Stafford

126

58,73%

20,63%

20,63%

Woodford Grange

Stafford

2

50,00%

0%

50,00%

Stafford

Daten aus HCPP, 1833 (149): Aldridge S. 588f; Arley, Bobbington, Broom, Codsall, Enville, Trysull, Woodford Grange S. 596f, Bushbury S. 584f und S. 594f; Shareshill S. 584f, Frankley und Pedmore S. 714f.

Nachdem die Untersuchung der auf der Lagerstätte liegenden Gemeinden abgeschlossen ist, erfolgt im nächsten Schritt der Ausschluss landwirtschaftlich geprägter Gemeinden in Nachbarschaft zum South Staffordshire Coalfield. Tabelle 5 basiert auf den Daten zu den Haupteinkommensquellen der Familien und listet diejenigen Gemeinden in der Nachbarschaft der Lagerstätte, in denen mindestens die Hälfte der Familien von der Landwirtschaft lebte. Es handelt sich hierbei um die Gemeinden Aldridge (53,57 %), Upper Arley (51,72 %), Bobbington 55 Vgl. auch die ausführliche Ausführung zu Wolverhampton im Anhang auf S. 280. 56 Broom liegt in Worcestershire, wurde aber bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts zu Staffordshire gezählt.

II.II Das Black Country

63

(57,14 %), Broom (65 %), Bushbury (56,27 %), Codsall (65,75 %), Enville (65,13 %), Frankley (73,53 %), Pedmore (55,88 %) und Shareshill (77,14 %), Shenstone (52,22 %) und Trysull (58,73 %). Diese Gemeinden werden, aufgrund der Dominanz der Landwirtschaft, nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. In der kleinen Gemeinde Woodford Grange lebten im Jahr 1831 lediglich zwei Familien, von denen eine hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig war, während die andere Familie der Kategorie Andere zugerechnet wurde. Auch wenn hier der Anteil der Familien in der Landwirtschaft nicht über 50 % liegt, kann auch nicht von einer Dominanz gewerblicher Produktion ausgegangen werden und die Gemeinde wird ebenfalls nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. Tabelle 6 listet die Gemeinden in der Umgebung des South Staffordshire Coalfield, in welcher keine Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung vorliegt. Auch für die Identifizierung dieser Gemeinden wurde auf die angaben zu den hauptsächlichen Einnahmequellen der Familien aus dem Zensus für 1831 zurückgegriffen. Aus der Liste dieser Gemeinden stechen vor allem die Stadt Birmingham und die Gemeinde Kidderminster (mit der gleichnamigen und in dieser Gemeinde liegenden Stadt) mit einem Anteil an Familien in der Landwirtschaft von unter 3,5 % hervor, während dieser Wert in den übrigen Gemeinden nicht unter 18 % liegt. Auch bei dem Anteil der in Handel, Produktion und Handwerk beschäftigten Familien nahmen Kidderminster und Birmingham mit jeweils ca. 79 % eine Sonderstellung ein. In Bezug auf die Gesamtzahl der Familien (31.369) ist Birmingham ein deutlicher Ausreißer und stellt nicht nur aus diesem Grund einen Sonderfall dar. Auch Birmingham, im Jahr 1831 eine der größten Städte Großbritanniens, war bekannt für die lokale Metallverarbeitung.57 Die Untersuchung der Stadt Birmingham erfordert aus diesem Grund viel Raum und erfolgt im Anschluss an die Diskussion der übrigen in Tabelle 6 aufgeführten Gemeinden. In der Gemeinde Kidderminster, nach Birmingham die größte Gemeinde in der Aufstellung in Tabelle 6, waren knapp 80 % der Bevölkerung in Handel und Produktion beschäftigt, während auf den Bereich der Landwirtschaft lediglich 3 % entfallen. Die Entscheidung über eine Zugehörigkeit der Gemeinde Kidderminster fällt dank einer Anmerkung in dem Zensus von 1831 leicht. Hier ist vermerkt, dass über 50 % der erwachsenen Männer mit der Produktion von Teppichen und den hierzu benötigten Materialien beschäftigt waren.58 Die Teppichproduktion dominierte demnach die Wirtschaftsstruktur der Gemeinde Kidderminster deutlich. Eine Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country, mit einer Dominanz der Branchen Eisen, Glas, Bergbau und Eisenverarbeitung, kann so ausgeschlossen werden.

57 Vgl. für die Einwohnerzahlen britischer Großstädte in 1831 HCPP, 1833 (149), S. xxiii und für die Reputation Birminghams in der Metallverarbeitung Yates, George: An historical and descriptive sketch of Birmingham, Birmingham 1830, S. 78f. 58 HCPP, 1833 (149), S. 126f.

64

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Tabelle 6: Gemeinden ohne Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831 Gemeinde

Grafschaft von

Anzahl Familien

Landwirt- Handel, Proschaft duktion und Handwerk

Andere

Belbroughton

Worcester

338

28,99%

52,07%

18,93%

Birmingham

Warwick

31.369

3,29%

79,90%

16,69%

Brewood

Stafford

733

42,96%

35,74%

19,24%

Bromsgrove

Worcester

1.939

18,15%

46,16%

35,69%

Cannock

Stafford

678

35,10%

44,45%

20,35%

Churchill

Worcester

29

48,28%

37,93%

51,72%

Clent

Stafford

210

40,00%

41,43%

18,57%

Hagley

Worcester

146

39,73%

28,77%

31,51%

Handsworth

Stafford

1.009

28,84%

45,79%

25,37%

Harborne

Stafford

764

23,82%

64,66%

11,52%

Himley

Stafford

87

25,29%

45,53%

32,18%

Kidderminster

Worcester

3.565

3,37%

78,88%

17,76%

Kinver (Kinfare)

Stafford

381

42,78%

40,16%

57,22%

Northfield

Worcester

359

40,67%

49,30%

59,33%

Stafford

124

36,29%

12,10%

51,61%

Penn

Stafford

179

31,84%

43,58%

24,58%

Rushall

Stafford

135

18,52%

17,04%

66,67%

Tettenhall

Stafford

564

39,18%

42,91%

17,91%

Wolverley

Worcester

367

30,79%

55,86%

13,35%

Wombourne

Stafford

343

22,45%

44,02%

33,53%

Norton- under- Cannock

Daten aus HCPP, 1833 (149): Birmingham S. 678f; Brewood, Cannock S. 584f; Clent, Tettenhall und Wombourne S. 596f, Norton-under-Cannock, Rushall S. 588f, Tettenhall S. 594f, Bellbroughton, Bromsgrove, Churchill S. 714f; Northfield S. 716f; Wolverley S. 714f und S. 718f; Kidderminster S. 722f.

Die Gemeinden Cannock und Norton-under-Cannock stellen einen weiteren Sonderfall dar. In Norton-under-Cannock waren 27 % der erwachsenen männlichen Einwohner im Bergbau beschäftigt. In Cannock arbeiteten im Jahr 1831 knapp 11 % der Männer im Bergbau.59 Jedoch liegen beiden Gemeinden nicht auf dem South Staffordshire Coalfield, sondern im Bereich des Cannock Chase Coalfield, welches sich nördlich der Bentley Faults erstreckt. Wie bereits eingangs gezeigt, vollzog sich die Entwicklung der beiden Lagerstätten zeitlich versetzt und die ge59 HCPP, 1833 (149), S. 584.

II.II Das Black Country

65

meinden über dem Cannock Chase Coalfield werden nicht als Teil der Wirtschaftsregion Black Country betrachtet.60 Eine Ausnahme bilden auch die städtischen, in 1831 jeweils knapp 600 Einwohner zählenden, Bereiche Essington und Great Wyrley.61 Hier ließen die geologischen Bedingungen den Abbau von Steinkohle bereits im 18. Jahrhundert zu und, ähnlich wie in dem Gebiet südlich der Bentley Faults, war dieser eher kleinräumig organisiert.62 Da jedoch weder Essington noch Great Wyrley im fraglichen Zeitraum eigenständige Gemeinden waren, erfolgt die Überprüfung ihrer Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country auf der Ebene der ihnen übergeordneten Gemeinden. Im Fall Essingtons ist dies die Gemeinde Bushbury, in welcher der Anteil von Familien, die in der Landwirtschaft beschäftigt waren im Jahr 1831 bei 56 % lag (siehe Tabelle 5 auf Seite 62). Wyrley hingegen war ein Teil der Gemeinde Cannock, die, wie oben ausgeführt, nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt wird. Für die Überprüfung der verbliebenen Gemeinden aus Tabelle 6, also den Gemeinden im Umfeld des South Staffordshire Coalfield, in denen die Landwirtschaft keine dominante Einnahmequelle darstellte, hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Black Country werden nun die im Zensus verfügbaren Informationen zu den Beschäftigungsfeldern der männlichen Bewohner der einzelnen Gemeinden hinzugezogen. Dies erlaubt eine Aufschlüsselung der ausgeübten Berufe jenseits der recht simplen Einteilung in die Gruppen Landwirtschaft, Handel, Produktion und Handwerk und Andere. Die entsprechenden prozentualen Beschäftigungsanteile dieser Gemeinden, es handelt sich hierbei um Bellbroughton, Brewood, Bromsgrove, Churchill, Clent, Hageley, Himley, Kinver, Northfield, Penn, Rushall, Tettenhall, Wolverley und Wombourne, sind in Tabelle 7 abgebildet. Brewood, mit 1.177 Einwohnern nach Bromsgrove die bevölkerungsreichste Gemeinde dieser Gruppe, liegt ca. 10 km nördlich von Wolverhampton, unmittelbar östlich des Birmingham-Liverpool-Canal. Selbiger bot 278 Männern der Gemeinde Beschäftigung, dies entspricht der Anzahl derer, die in dem Zensus als nicht landwirtschaftliche Arbeiter erfasst wurden.63 Wie in Bellbroughton und Bromsgrove existierte in Brewood weder eine Eisenindustrie noch Bergbau. Die Gemeinde weist demnach nicht den für die Wirtschaftsregion Black Country typischen Branchenmix auf und wird entsprechend auch nicht zu der Wirtschaftsregion gezählt. 60 Neben der späten Entwicklung des Cannock Chase Coalfield unterschieden sich die beiden Lagerstätten, wie in Abschnitt II.II.I ab Seite 48 beschrieben, auch geologisch stark voneinander. So fielen die Flöze unmittelbar nördlich der Bentley Faults sehr steil ab, um in der Gegend von Cannock wieder aufzutauchen. Die Verwerfung durch den Bergrücken hatte auch zur Folge, dass der 10-yd Flöz im Cannock Chase Coalfield nicht existierte und hier weniger mächtige, aber qualitativ höherwertige Flöze abgebaut wurden. Dies blieb, genau wie der relativ späte Beginn des Abbaus, nicht ohne Auswirkung auf die Besitzstrukturen und die Organisation des Abbaus. Vgl. zum Cannock Chase Coalfield: Brown, Cannock Chase, S. 26f und Hatcher, Coal industry, S. 148–155. 61 HCPP, 1833 (149), S. 584f. 62 Vgl. Wise, Channock Chase region, S. 275. 63 HCPP, 1833 (149), S. 584f.

66

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Tabelle 7: Prozentuale Anteile der Beschäftigten in einzelnen Berufsgruppen in Gemeinden ohne Dominanz landwirtschaftlicher Beschäftigung, 1831 Gemeinde

♂ Einwohner über 20

Berufsgruppe a-c

d

e

f

g

Bellbroughton

414

41,30%

21,50%

27,54%

2,17%

0,72%

Brewood

1.177

38,49%

16,23%

13,42%

1,44%

23,62%

Bromsgrove

2.123

20,49%

55,49%

13,94%

1,74%

5,51%

Churchill

43

55,81%

6,98%

6,98%

2,33%

27,91%

Clent

241

42,32%

23,24%

20,75%

3,32%

2,07%

Hageley

171

53,22%

2,34%

22,81%

5,26%

0,58%

Himley

102

23,53%

21,57%

36,27%

2,94%

7,84%

Kinver

505

44,36%

18,81%

17,82%

2,97%

11,68%

Northfield

518

45,37%

25,10%

19,34%

4,25%

2,51%

Penn

246

45,12%

17,48%

18,70%

1,22%

4,07%

Rushall

168

24,04%

3,57%

11,90%

1,79%

52,38%

Tettenhall

648

33,33%

10,19%

29,94%

6,02%

15,28%

Wolverley

462

35,93%

32,25%

13,64%

4,33%

7,36%

Wombourne

448

31,03%

23,44%

18,08%

5,13%

14,06%

Buchstaben analog zu Zuordnung in Tabelle 2, Daten aus HCPP, 1833 (149), Brewood S. 584f; Rushall S. 588f; Himley und Penn S. 594f; Tettenhall S. 594f und S. 596f; Clent, Kinver und Wombourne S. 596f; Bellbroughton, Bromsgrove, Churchill und Hageley S. 714f; Wolverley S. 714f und S. 718f; Northfield, S. 716f.

Bellbroughton, etwa 10 km südöstlich von Stourbridge gelegen, zeichnete sich durch einen mit 52 % hohen Anteil an Familien in Handel und Fertigung aus (vgl. Tabelle 6).64 Tabelle 7 zeigt, dass etwa 49 % der männlichen Bewohner in der Fertigung oder im Handwerk beschäftigt waren. 55 dieser Männer waren laut einer Anmerkung im Zensus mit der Produktion von Nägeln beschäftigt. 65 Dies entspricht einem Anteil von 13 % an der gesamten männlichen Einwohnerschaft über 20 Jahren. Da in Bellbroughton jedoch weder Bergbau betrieben, noch Eisen produziert wurde, wird die Gemeinde nicht als zu der Wirtschaftsregion Black Country gehörig betrachtet. Vielmehr handelte es sich hierbei um einen vorgelagerten, etwas abseits der Region liegenden, Produktionsstandort für Nägel. Auch wenn davon auszugehen ist, dass die Nagelmacher der Gemeinde an das Verlagssystem des Black Country angeschlossen waren, rechtfertigt dies allein nicht die Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion, da sich wesentliche andere charakteristische Merkmale des Black Country wie Bergbau oder Eisenproduktion in Bellbroughton 64 HCPP, 1833 (149), S. 714f. 65 HCPP, 1833 (149), S. 726f.

II.II Das Black Country

67

nicht erkennen lassen. Mit der gleichen Begründung wie Bellbroughton werden auch die Gemeinden Bromsgrove und Northfield nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt.66 Die kleine Gemeinde Churchill, östlich von Wolverley in Worcestershire an der Grenze zu Staffordshire gelegen, liegt mit einem Anteil an Familien in der Landwirtschaft von über 48 % nur knapp unter dem gewählten Grenzwert, welcher schon im ersten Schritt der Abgrenzung zum Ausschluss geführt hätte. Eine Betrachtung der Beschäftigungsstruktur der erwachsenen Männer zeigt, dass diese zu 55,81 % in der Landwirtschaft tätig waren, während auf die Gruppen Produktion und Handel und Handwerk nur je 7 % entfielen. Hierzu kommt noch ein Anteil unspezifizierter Arbeiter in Höhe von knapp 28 %. Die knapp 56 % in der Landwirtschaft beschäftigten Männer zeigen die Dominanz der Landwirtschaft in dieser Gemeinde, die sich bereits bei Betrachtung der Daten zu der Beschäftigung der Familien andeutete. Die Gemeinde Churchill ist aus diesem Grund nicht Teil der Wirtschaftsregion Black Country. Da Churchill erst in diesem Schritt ausgeschlossen wurde, der Grund hierfür jedoch in der dominierenden Landwirtschaft liegt, ist die Gemeinde in der Karte in Abbildung 3 auf Seite 77 entsprechend markiert. Auffällig ist der geringe Anteil an Beschäftigten in der Produktion (d) in Hageley (2,34 %), Rushall (3,57 %) und Tettenhall (10,19 %). Ein genauerer Blick auf die Gemeinde Hageley zeigt einen Anteil von knapp 23 % im Bereich des Handels und des Handwerks beschäftigten Männern, während über 53 % der insgesamt 171 Männer in der Landwirtschaft arbeiteten. Auch wenn dies, wie in Tabelle 5 auf Seite 62 zu sehen, lediglich einem Anteil von knapp 40 % der Familien in der Gemeinde entspricht, wird die Gemeinde Hageley aufgrund der hohen Anzahl von landwirtschaftlichen Beschäftigten nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. Für diese Entscheidung spricht auch ein Blick in den Zensus von 1841. Von insgesamt 214 erwachsenen Männern waren in diesem Jahr lediglich 23 (10,75 %) in Berufen beschäftigt, die als typisch für die Wirtschaftsregion Black Country erachtet werden. Es gibt vier Nagel- und zwei Glasmacher, fünf Schmiede (zwei forge men und drei Black- and Whitesmiths), einen Messerschmied, sie66 Bromsgrove (Worcestershire) liegt, leicht südlich versetzt, im Osten von Bellbroughton und wies einen Anteil von Beschäftigten in Produktion und Handwerk von knapp 70 % auf.1 Allein 1.169 der erwachsenen Männer wurden im Zensus als Nagelmacher deklariert (Vgl. hierzu HCPP, 1833 (149), S. 726f). Das waren 55 % der insgesamt 2.123 erwachsenen, männlichen Einwohner der Gemeinde. Aber auch in Bromsgrove, einige Kilometer südlich des South Staffordshire Coalfield gelegen, gab es weder bergbauliche Aktivität noch einen Hochofen. Aus diesem Grund wird die Gemeinde Bromsgrove im weiteren Verlauf der Analyse der Wirtschaftsregion Black Country nicht berücksichtigt. Northfield liegt südlich von Halesowen und Harborne in der Grafschaft Worcestershire. Hier waren 1831 knapp über 45 % der erwachsenen Männer in der Landwirtschaft tätig, während 25% in der Produktion und 19 % in Handel oder Handwerk beschäftigt waren. Der Zensus von 1841 zeigt, dass 100 der insgesamt 579 männlichen Einwohner der Gemeinde Nagelmacher waren. Dies entspricht einem Anteil von 17,27 %. Allerdings gab es, ähnlich wie in Bellbroughton und Bromsgrove, weder Beschäftigte in der Eisenindustrie noch im Bergbau. Lediglich je ein Nagelverleger, ein Kohlenhändler und ein Eisenarbeiter sowie drei Hersteller von Waffenteilen lassen sich finden (Vgl. Bell, James: A new and comprehensive gazetteer of England and Wales, Bnd. 3, Glasgow 1835, S. 273 und HCPP, 1833 (149), S. 716f und TNA: PRO, HO 107/1197/20).

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

ben Spaten- oder Schürhakenmacher, drei Hersteller von Eisenringen (hoop makers).67 Auch Rushall weist mit knapp 6 % einen sehr niedrigen Anteil an Beschäftigten im produzierenden Gewerbe auf. Der Anteil der in der Landwirtschaft tätigen Männer lag in Rushall jedoch bei lediglich 24 % und war damit weniger als halb so groß wie in Hageley. Über die Hälfte der Männer (52,38 %) der Gemeinde fielen in die Kategorie g (Arbeiter). Allein 69 der insgesamt 88 Arbeiter waren einer Anmerkung im Abstrakt des Zensus zufolge mit dem Abbau von Kalk beschäftigt.68 Das bedeutet, dass allein 41 % der 168 Einwohner der Gemeinde in Kalkgruben beschäftigt waren. Abnehmer dieses Kalks waren die lokalen Eisenproduzenten, die diesen als Reaktionsbeschleuniger in den Hochöfen verwendeten. Ein Blick in den Zensus von 1841 zeigt, dass die Zahl der Beschäftigten im Bereich des Abbaus- und der Weiterverarbeitung von Kalk auch in diesem Jahre bei etwa 70 lag. Zudem kann über die personengenaue Aufschlüsselung des Zensus von 1841 gezeigt werden, dass weitere 80 erwachsene Männer plus etwas über 30 Kinder im Eisenerzbergbau und weitere 20 Männer und in etwa halb so viele Kinder im Steinkohlenbergbau beschäftigt waren. Damit lag auch für das Jahr 1841 der Anteil der Männer im Bergbau (Eisenerz und Steinkohle) und der im Bereich der Kalkproduktion beschäftigten Männer bei 40 % der insgesamt 424 erwachsenen männlichen Einwohner.69 Aus diesem Grund ist Rushall, trotz seiner Lage jenseits des nordöstlichen Randes der Hauptvorkommen der Steinkohle, in die Wirtschaftsregion Black Country inkludiert. Tettenhall, westlich von Penn und Wolverhampton gelegen, liegt mit einem Anteil von Beschäftigten im produzierenden Gewerbe von etwa 10 % unter dem Wert, den die Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield in diesem Bereich aufweisen (Vgl. hierzu Tabelle 4 auf Seite 61). Dudley und Kingswinford haben mit jeweils 14 % den geringsten Anteil an Beschäftigten in der Produktion, liegen jedoch beide mit einem Anteil von Arbeitern – und darin inbegriffen Bergleuten – von 41 % (Dudley) und 45,6 % (Kingswinford) über den Werten der anderen Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield. In Tettenhall fielen lediglich 15 % der Männer in diese Kategorie während knapp 30 % in Handel und Handwerk beschäftigt waren. Ein Blick in den Zensus von 1841 zeigt, dass nur ein eher geringer Teil in einem für das Black Country typischen Bereich beschäftigt war.70 Aus diesem Grund wird Tettenhall nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. Ähnlich wie in Tettenhall lag auch in Clent der Anteil der Beschäftigten der Gruppen d und e auf einem ähnlichen Niveau wie der Anteil derer, die in der Landwirtschaft beschäftigt waren. Letzterer betrug in Clent 42,32 % während die Beschäftigten in Produktion und Handwerk 43,99 % der Gesamtbevölkerung der Gemeinde ausmachten.71 Der Anteil der nicht landwirtschaftlichen Arbeiter fiel 67 68 69 70

Ausgezählt nach TNA: PRO, HO 107/1197/6. HCPP, 1833 (149), S. 588f. HCPP, 1843 (496), S. 289. Vgl. TNA: PRO, HO 107/998/16, TNA: PRO, HO 107/998/17, TNA: PRO, HO 107/998/18 und TNA: PRO, HO 107/1002/13, TNA: PRO, HO 107/1002/14. 71 HCPP, 1843 (496), S. 596f.

II.II Das Black Country

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mit 2% sehr gering aus und ein Blick in den Zensus von 1841 zeigt, dass mit 43 der 241 männlichen Einwohner 17,84 % der erwachsenen Männer in der Produktion von Nägeln beschäftigt waren.72 In Clent gab es weder Bergbau, noch war die Gemeinde Standort der Roheisenproduktion. Mit ihrer Lage unmittelbar südlich des South Staffordshire Coalfield weist die Gemeinde eine größere räumliche Nähe zu dem Kern der Wirtschaftsregion Black Country auf als die oben untersuchten Gemeinden Bellbroughton und Bromsgrove. Trotz dieser Nachbarschaft zu dem Kohlefeld war keiner der Einwohner der Gemeinde im Bereich des Bergbaus oder der Eisenerzeugung beschäftigt. Aus diesem Grund wird auch die Gemeinde Clent bei der Konstruktion der Wirtschaftsregion Black Country nicht berücksichtigt. Die Gemeinde Penn liegt wenige Kilometer südwestlich von Wolverhampton und war zweigeteilt in Upper und Lower Penn. Während in Lower Penn 55 % der männlichen Bewohner in der Landwirtschaft beschäftigt waren, lag dieser Wert in Upper Penn bei 40 %.73 Da die Analyse auf Zugehörigkeit jedoch auf Gemeindeebene erfolgt, muss eine gemeinsame Betrachtung beider Teile der Gemeinde Penn erfolgen. Bei dieser Betrachtung ergibt sich ein Anteil von in der Landwirtschaft beschäftigten Männern von 45 %. Ungefähr 36 % waren hingegen in Produktion, Handel und Handwerk tätig. In der Gemeinde Penn gab es eine relativ hohe Anzahl an Hausangestellten, jedoch fanden sich bei einem Blick in den Zensus von 1841 in dieser Gemeinde neben Nagelmachern und Schlossschmieden auch vereinzelte Arbeiter der Eisenindustrie.74 Diese ergeben zusammen mit den Männern, die in der Eisenverarbeitung beschäftigt waren, einen Anteil von 11 % an der männlichen Bevölkerung der Gemeinde. Von einer Dominanz der für die Wirtschaftsregion Black Country typischen Berufe kann demnach nicht gesprochen werden. Anders in dem südlich von Penn gelegenen Wombourne. Hier waren 31 % der Männer in der Landwirtschaft beschäftigt, während 40 % der Männer in Handel, Produktion und Handwerk tätig waren.75 Eine Einbeziehung der im Rahmen des 1841er Zensus erhobenen Daten zeigt, dass 27,68 % der erwachsenen Männer Nagelmacher waren. Dazu kamen noch ein Verleger von Nägeln, ein Grubenbesitzer sowie einige nicht weiter spezifizierte Arbeiter und Hersteller von Eisenprodukten.76 Im Gegensatz zu Penn wies Wombourne mit einem Wert von knapp 30 % einen hohen Anteil an Nagelmachern auf. Von den weiter oben analysierten und exkludierten Gemeinden Bellbroughton und Bromsgrove unterscheidet sich Wombourne durch seine direkte Nähe zum Kohlefeld und die daraus erwachsende Wahrscheinlichkeit, dass einige der unspezifizierten Arbeiter in Eisenwerken oder Gruben der benachbarten Gemeinden tätig waren. Aus diesem Grund wird Wombourne als der Wirtschaftsregion Black Country zugehörig betrachtet, während Penn ausgeschlossen wird. Die Gemeinde Wolverley liegt westlich von Churchill und beherbergte an den Ufern des Stour eine erhebliche Anzahl von Walzwerken und Frischfeuern zur 72 73 74 75 76

TNA: PRO, HO 107/1002/4. HCPP, 1843 (496), S. 594f. TNA: PRO, HO 107/996/16 und TNA: PRO, HO 107/996/17. HCPP, 1843 (496), S. 596f. TNA: PRO, HO 107/1002/17.

70

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Weiterverarbeitung von Roheisen und zur Produktion von Stabeisen.77 Dies spiegelte sich auch in der Beschäftigungsstruktur im Jahr 1841 wider. 78 114 forge men und vier Puddler waren in der Gemeinde beschäftigt. Erstere machten 21 % der erwachsenen männlichen Bevölkerung der Region aus. Aufgrund der nicht unmittelbaren Nachbarschaft zum South Staffordshire Coalfield lebten in Wolverley keine Bergleute, auch die Beschäftigung in der Eisenverarbeitung war marginal. Da Gemeinden wie Bellbroughton, Bromsgrove und Northfield ausgeschlossen wurden, weil sie zwar mit erheblichen Anteilen von Nagelmachern und speziellen Schmieden in ihrer Beschäftigungsstruktur aufwarten konnten, jedoch weder Eisen-, Glasindustrie oder Bergbau zu finden war, bedarf die Einbeziehung Wolverleys zu der Wirtschaftsregion Black Country einer näheren Erläuterung. Da die Nagelmacher in den oben genannten Gemeinden an das Verlagssystem des Black Country angeschlossen waren, bezogen sie Stabeisen und wahrscheinlich auch Kohle von dort. Der Kohleverbrauch der Nagelschmieden dürfte jedoch, im Vergleich zum Verbrauch der Frischfeuer und Walzwerke in Wolverley moderat gewesen sein. Neben der Kohle, die von der Lagerstätte nach Wolverley kommt, ging das Roh- und Stabeisen aus der Gemeinde Wolverley zurück in die Gemeinden der Wirtschaftsregion in denen das Eisen weiterverarbeitet wird. Hier ist also eine sehr enge Anbindung der Gemeinde Wolverley an die übrigen Gemeinden der Wirtschaftsregion zu erkennen. Diese enge Verzahnung darf nicht unberücksichtigt bleiben, weswegen die Gemeinde Wolverley zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt wird. Noch nicht behandelt wurden bisher die Gemeinden Himley und Kinver (auch Kinfare), die beide an Kingswinford grenzen. Wie Abbildung 2 auf Seite 57 zeigt, handelte es sich bei Himley um eine flächenmäßig eher kleine Gemeinde, welche zwischen Wombourne, Kingswinford und Sedgley liegt. Himley ist demnach von Gemeinden, die zur Wirtschaftsregion Black Country gehören eingeschlossen und liegt westlich des South Staffordshire Coalfield. Lediglich 24 % der erwachsenen Einwohner Himleys waren in der Landwirtschaft tätig, während 22 % in der Produktion und 36,27 % in Handel und Handwerk beschäftigt waren. In absoluten Zahlen ausgedrückt, entfielen auf die Kategorie d 22 Männer und 37 auf die Kategorie e. Hierzu kamen noch acht unspezifizierter Arbeiter. 79 Genaueren Aufschluss über die Art der produzierten Artikel der verrichteten Arbeit bietet der Zensus von 1831 nicht. Ein Blick in den Zensus von 1841 offenbart, dass es in diesem Jahr in Himley unter den 118 erwachsenen Männern 12 Nagelmacher, sechs Arbeiter, vier Grobschmiede, sieben Monteure oder Reparaturschlosser80 und je einen coal master, mine agent und Ingenieur gab. Die anderen Männer waren Hausangestellte (13), landwirtschaftliche Arbeiter (22), Farmer (5), Gärtner (9), Schuster (6) oder übten andere, für das Black Country nicht typische, Berufe aus. 81 Die in für das 77 Vgl. Ohne Autor: Parishes: Wolverley, in: A History of the County of Worcester, Bnd. 3 (1913), S. 267–573, auf http://www.british-history.ac.uk/vch/worcs/vol3/pp567-573 (gesichtet am 02.03.2016). 78 Vgl. TNA: PRO, HO 107/1203/6 und TNA: PRO, HO 107/1203/7. 79 HCPP, 1833 (149), S. 594f. 80 Der Millwright war für die Montage und die Reparatur von Maschinen zuständig. 81 Vgl. TNA: PRO, HO 107/996/2.

II.II Das Black Country

71

Black Country typischen Berufen tätigen Männer, machten mit 31 Personen einen Anteil von 26 % an den erwachsenen Männern aus. Beschäftigte in der Eisenindustrie waren in Himley nicht zu finden, einige der Arbeiter könnten im Bergbau tätig gewesen sein. Das heißt, in Himley waren Nagelmacher, Schmiede, im Bereich des Maschinenbaus beschäftigte Männer, sowie vielleicht Bergleute zu finden. In Kinver waren 44 % der Männer in der Landwirtschaft beschäftigt, 19 % fielen in die Kategorie d und 18 % in e. Anders als in Himley gab es in Kinver sowohl Arbeiter im Bereich der Eisenverarbeitung als auch in der Eisenproduktion. 5,86 % der erwachsenen Männer waren in Letzterer beschäftigt.82 Auch White erwähnt die zahlreichen Eisenhütten und Walzwerke in dieser Gemeinde, die vom Stour durchflossen wird.83 Neben den Arbeitern in der Eisenindustrie (36), 68 unspezifizierten Arbeitern, insgesamt 43 Arbeitern in der Eisenverarbeitung und drei Glasmachern, gab es 1841 in Kinver noch einen iron- sowie zwei coal master und einen Kohlehändler. Diese machten zusammen etwa 25 % der männlichen Bevölkerung Kinvers aus. Anders als Himley war Kinver nicht von Gemeinden, die zur Wirtschaftsregion Black Country gezählt werden, umschlossen. Es grenzt im Norden an Enville und im Südwesten an Upper Arley, zwei landwirtschaftlich geprägte Gemeinden. Auch der südöstliche Bereich von Kinver grenzt an landwirtschaftlich geprägte Gemeinden (Pedmore, Hageley und Churchill). Im Norden und Osten grenzt Kinver jedoch an Wombourne, Kingswinford und Oldswinford und stellt die Verbindung zwischen diesen Gemeinden und der, ebenfalls zum Black Country zählenden, Gemeinde Wolverley dar. Ein Auschluss Kinvers würde Wolverley zu einer Exklave, etwas südwestlich der übrigen Gemeinden, machen. Aufgrund der spezifischen Lage beider Gemeinden werden sowohl Himley als auch Kinver, trotz des relativ geringen Anteils an Beschäftigten in den relevanten Produktionszweigen, zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. Die Stadt Birmingham liegt nicht auf dem South Staffordshire Coalfield, sondern unmittelbar östlich von diesem und weist entsprechend eine hohe räumliche Nähe zu diesem auf. Wie schon die kurze einleitende Darstellung der wirtschaftlichen Entwicklung der Gebiete in und um den Bereich der Kohlelagerstätte zu Beginn dieses Unterkapitels gezeigt hat, unterschieden sich sowohl die wirtschaftliche Struktur als auch die Entwicklungspfade und Wachstumsphasen der Wirtschaftsregion Black Country und der Stadt Birmingham erheblich – auch wenn beide für ihre metallverarbeitende Industrie bekannt waren. Eine genauere Betrachtung zeigt jedoch, dass in Birmingham filigrane Arbeiten aus edlen Metallen dominierten, während im Bereich des South Staffordshire Coalfield die Produktion von groben Eisenartikeln vorherrschte. Die produzierten Artikel unterschieden sich jedoch nicht nur hinsichtlich der verwendeten Materialien, sondern auch in Bezug auf das Verhältnis zwischen der Menge und des Werts dieser Materialien gegenüber der investierten Arbeit.84 82 Eigene Zählung nach TNA: PRO, HO 107/1002/8 und TNA: PRO, HO 107/1002/9. 83 White, Staffordshire, S. 259. 84 Vgl. hierzu die Ausführungen von Allen, Birmingham and Black Country, S. 29f.

72

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Zu prüfen ist an dieser Stelle, ob die Stadt Birmingham den für das Black Country charakteristischen Branchenmix aufweist oder nicht. Hierzu wird im Folgenden der Anteil der Bewohner Birminghams, der in den für das Black Country typischen Berufen beschäftigt war, quantifiziert. Um eine äußerst zeitaufwendige und fehleranfällige Zählung der Berufe der insgesamt fast 150.000 Einwohner Birminghams anhand der Bögen der Volkszähler zu vermeiden, werden die Zusammenfassungen der Zensus von 1841 und 1851 als Quellenbasis genutzt. Tabelle 8: Beschäftigte in Bergbau und Steinkohlenhandel in ausgewählten Städten und Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield und in Birmingham, 1841 Birmingham

Dudley, Old Swinford, Halesowen, Bilston, Kingswinford, Sedgley, Tipton, Walsall, West Bromwich, Wolverhampton

Anzahl Beschäf- Anteil an Be- Anzahl Beschäftig- Anteil an Bevöltigte völkerung te kerung

♂ über 20

♂ über 20

Grubenbesitzer und -verwalter 2 0,01% 180 0,34% Kohlenhändler 219 0,60% 34 0,06% Koker 0 0,00% 112 0,21% Bergleute (Kohle) 14 0,04% 4.331 8,15% Bergleute (andere und unspezifiziert) 18 0,05% 5.528 10,37% Gesamt 253 0,70% 10.185 19,10% Parish of Dudley: HCPP, 1844 (587), S. 206–210, Townships of Halesowen, Oldbury and Langeley: HCPP, 1844 (587), S. 149–153, Township and Chaplery of Bilston and Parishs of Sedgley, West Bromwich and Wolverhampton: HCPP, 1844 (587), S. 164–175, Borough of Birmingham: HCPP, 1844 (587), S. 192–199.

Die obenstehende Tabelle 8 zeigt die Anzahl der in den Jahren 1841 im Bereich der Steinkohlenindustrie beschäftigten männlichen Bewohner Birminghams und setzt diese in Relation zu der Gesamtzahl der erwachsenen männlichen Einwohnern Birminghams, um die Daten anschließend den entsprechenden Daten ausgewählter Städte und Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield gegenüberzustellen. Hierbei wurde eine Auswahl aus den Gemeinden und Städten getroffen, für die im Zensus von 1841 eine Zusammenfassung verfügbar war. Wie Tabelle 8 zeigt, waren 219 der insgesamt 253 in Kohlenindustrie und Bergbau beschäftigten Männer in Birmingham Kohlenhändler, während insgesamt 32 Männer im Bergbau beschäftigt waren. Dies entspricht einem Anteil von 0,09 % der männlichen Einwohner Birminghams. Insgesamt waren etwa etwa 0,6 % der erwachsenen männlichen Bewohner Birminghams als Bergleute, Grubenbesitzer oder Kohlehändler tätig. Der Vergleich mit den entsprechenden Daten für die Gemeinden und Städte auf der Lagerstätte zeigt den deutlichen Unterschied zwischen diesen Gemeinden und Birmingham. In den Gemeinden auf der Lagerstätte waren 19 % der Männer im Bergbau beschäftigt, von denen mindestens 8 % auf den Steinkohlen-

II.II Das Black Country

73

bergbau entfielen.85 Da jedoch im Bereich des South Staffordshire Coalfield weder Blei noch Sand gewonnen wurde und in keiner der in der Tabelle berücksichtigten Gemeinden Ton abgebaut wurde, ist davon auszugehen, dass alle 5.528 Bergleute mit dem Abbau von Steinkohlen und Eisenerzen beschäftigt waren. Lediglich die Anzahl der Kohlenhändler war in Birmingham sowohl relativ als auch absolut höher als in den Gemeinden auf der Lagerstätte. Von einem hohen Anteil bergbaulicher Tätigkeit kann in der Stadt Birmingham entsprechend keine Rede sein. Tabelle 9: Beschäftigte im Bereich der Eisenproduktion in ausgewählten Städten und Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield, in Birmingham und in Großbritannien, 1841 Birmingham

Dudley, Old Swinford, Haleso- Großbritannien wen, Bilston, Kingswinford, Sedgley, Tipton, Walsall, West Bromwich, Wolverhampton Anzahl Anteil an BeAnzahl Anteil an Bevölke- Anteil an Bevölvölkerung rung kerung ♂ über 20 ♂ über 20 ♂ über 20 Eisen- und Stahlarbeiter 340 0,94% 3.942 7,39% 0,47% Eisenhändler- und masters 13 0,04% 86 0,16% 0,01% Gesamt 353 0,97% 4.028 7,55% 0,48% Parish of Dudley: HCPP, 1844 (587), S. 206–210, Townships of Halesowen, Oldbury and Langeley: HCPP, 1844 (587), S. 149–153, Township and Chaplery of Bilston and Parishs of Sedgley, West Bromwich and Wolverhampton: HCPP, 1844 (587), S. 164–175, Borough of Birmingham: HCPP, 1844 (587), S. 192–199.

Tabelle 9 listet die Anzahl und die prozentualen Anteile von Arbeitern in der Eisen- und Stahlproduktion sowie Eisenhändlern und Eisenagenten auf. In dem entsprechenden Abstrakt des Zensus von 1841 unterscheiden sich die Bezeichnungen der aufgelisteten Berufsgruppen von Grafschaft zu Grafschaft marginal. In allen vier für die Untersuchung relevanten Grafschaften finden sich Angaben über die Anzahl von iron merchants und iron mongers. Letztere waren im 19. Jahrhundert oft sowohl Produzenten von Eisenartikeln als auch Eisenwarenhändler, manchmal – dann mit dem Zusatz bar ausgestattet – auch Eisenhändler. In obiger Aufzählung werden die iron monger nicht im Bereich der Eisenindustrie verortet, sondern in der Eisenverarbeitung.86 Neben iron merchants und iron mongers, also Eisenhändlern und Eisenwarenhändlern, sind in den Grafschaften Shropshire und Staffordshire noch die iron master, also die Besitzer oder Manager von Eisenwerken aufgeführt und in der obenstehenden Tabelle 9 als Eisenhändler und -masters zusammengefasst. In allen vier Grafschaften aufgeführt waren die iron manufacturers, 85 Vgl. hierzu die Auflistung der Berufe in HCPP, 1844 (587), S. 149–210. 86 Vgl. zur Rolle der ironmongers Rowlands, Marie B.: Continuity and change in an industrialising society. The case of the West Midlands industries, in: Hudson, Pat (Hg.): Regions and industries. A perspective on the Industrial Revolution in Britain, Cambridge 1989, S. 103 – 131, S. 64 und S. 80f.

74

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

wobei diese Gruppe im Fall von Staffordshire mit den Stahlarbeitern zu iron and steel manufacturers zusammengefasst wurden. Tabelle 9 listet diese als Eisen- und Stahlarbeiter. Berufsangaben wie puddler oder iron founder (Eisengießer) fanden sich in den vier Grafschaften von Warwick, Stafford, Worcester und Shropshire nicht. Wie aus Tabelle 9 ersichtlich, waren 353 Männer in Birmingham als Arbeiter oder Händler im Bereich der Eisenindustrie tätig oder besaßen Eisenwerke. Dies entspricht einem Anteil von 0,97 % der erwachsenen Männer in Birmingham. In den angeführten Gemeinden auf der Lagerstätte waren etwa 4.000 Männer als Arbeiter in der Eisen- und Stahlindustrie oder als Eisenhändler beschäftigt. Diese machten damit etwa 8 % der Gesamtbevölkerung aus. Zu vermuten ist, dass auch ein gewisser Teil der nicht weiter spezifizierten Arbeiter in der Eisenproduktion tätig war, diese Annahme lässt sich anhand der gegeben Quellen allerdings nicht verifizieren. Ein Vergleich mit den nationalen Daten zeigt jedoch, dass der Anteil an Beschäftigten in der Eisenindustrie in Birmingham in etwa doppelt so hoch lag wie im britischen Durchschnitt (0,5 %), jedoch bei weitem nicht so hoch wie der Anteil auf den Gemeinden der Lagerstätte (knapp 8 %). So kann für den Fall Birmingham weder von einer Dominanz der Eisenproduktion noch von einer Signifikanz – gemessen in Anteil der in diesem Bereich beschäftigten Männer – für die Wirtschaft gesprochen werden. Da in Birmingham weder der Bergbau noch die Eisenproduktion als bedeutender Wirtschaftszweig heraussticht, kann die Stadt Birmingham die Bedingung, den als typisch für das Black Country charakterisierten Branchenmix aufzuweisen, nicht mehr erfüllen. Die Stadt Birmingham wird darum nicht zu der zu definierenden Wirtschaftsregion Black Country gezählt und auf eine quellentechnisch schwierige quantitative Analyse der eisenverarbeitenden Branchen kann verzichtet werden. Nach dem Ausschluss der Stadt Birmingham müssen noch die, zwischen der Lagerstätte und Birmingham gelegenen Gemeinden Handsworth und Harborne, überprüft werden. Handsworth liegt im nördlichen Bereich zwischen der Lagerstätte und Birmingham und beheimatet auch die Siedlungen Perry-Barr und Soho. Wie Tabelle 5 zeigt, lebten im Jahr 1831 knapp 46 % der Familien von Handel und Produktion. Von Landwirtschaft lebten weniger als 30 % der Familien. Da es keine Angaben über die Beschäftigungsstruktur von Handsworth in der Zusammenfassung des Zensus gibt, muss ein Einblick in die Beschäftigungsstruktur über eine Zählung der Beschäftigten in den Berufen aus den erhaltenen Bögen der Volkszähler erfolgen. Tabelle 10 zeigt die Anzahl der erwachsenen männlichen Arbeiter in der Eisenindustrie, dem Bergbau Eisenverarbeitung in der Gemeinde Handsworth im Jahr 1841. Die letztgenannte Gruppe umfasst Schmiede, Kettenschmiede, Gewehrschlossproduzenten, Feilenhersteller, Schlosshersteller, Kesselmacher und die oben schon erwähnten iron monger.

75

II.II Das Black Country

Tabelle 10: Beschäftigte im Bergbau, Eisenindustrie und Eisenverarbeitung in der Gemeinde Handsworth, 1841 Anzahl

Anteil an Bevölkerung

♂ über 20 Arbeiter in Eisenindustrie

29

1,78%

Besitzer von Eisenwerken, Eisenhändler

9

0,55%

Kohlehändler und Grubenbesitzer

11

0,68%

Arbeiter in Eisenverarbeitung

67

4,12%

Gesamt

116

7,14%

Beschäftigtenzahlen aus TNA: PRO, HO 107 /980/1-4, Einwohnerzahl aus HCPP, 1843 (496), S. 289.

Wie in Tabelle 10 zu sehen, lag der Anteil an Arbeitern in der Eisenindustrie bei 1,78 % der erwachsenen männlichen Gesamtbevölkerung und damit sowohl über dem für Birmingham ermittelten Anteil (0,94 %) und dem nationalen Schnitt (0,47 %) aber deutlich unter dem Anteil der in Tabelle 9 aufgeführten Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield (7,39 %). Der Zensus weist keine Bergleute im Bereich der Gemeinde Handsworth aus, der Anteil von Kohlehändlern und Grubenbesitzern lag bei 0,68 % und damit auf einem ähnlichen Niveau wie in Birmingham (0,61 %) und etwas höher als in den in Tabelle 8 aufgeführten Gemeinden auf der Lagerstätte (0,4 %). Für die Abgrenzung der Wirtschaftsregion Black Country ist dieser Wert jedoch irrelevant. Ohne Frage kommt den Grubenbesitzern und Kohlehändlern eine wichtige Rolle in dem lokalen Wirtschaftssystem zu und die Tatsache, dass diese eher im benachbarten Birmingham ansässig waren, ist ein Punkt, der einer näheren Betrachtung bedarf, für die Konstruktion der Wirtschaftsregion Black Country ist dies jedoch nicht von Bedeutung. Der Anteil der Eisenhändler und der Besitzer von Eisenwerken lag mit 0,55 % deutlich höher als in Birmingham (0,04 %) und in den Gemeinden auf der Lagerstätte, welche auf einen Anteil von 0,16% kamen.87 Allerdings verweist dieser vergleichsweise hohe Anteil an Eisenhändlern und Besitzern von Eisenwerken in Verbindung mit dem geringen Anteil der Arbeiter in der Eisenproduktion nicht auf eine Dominanz der Eisenindustrie in der Gemeinde. Entsprechend rechtfertigen die in Tabelle 10 aufgeführten Zahlen, aufgrund des Fehlens von Bergleuten und dem sehr niedrigen Anteil von Arbeitern in der Eisenindustrie, den Ausschluss der Gemeinde Handsworth, die demnach nicht zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt wird.

87 Vgl hierzu Tabelle 9 auf Seite 73.

76

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Tabelle 11: Beschäftigte in Bergbau, Eisenindustrie und Eisenverarbeitung in der Gemeinde Harborne, 1841 Anzahl

Anteil an Bevölkerung

♂ über 20 Arbeiter in Eisenindustrie

117

4,37%

Besitzer von Eisenwerken, Eisenhändler

6

0,35%

Kohlehändler und Grubenbesitzer

6

0,35%

Eisenverarbeitung

208

12,29%

Verleger für Nägel

2

0,11%

Arbeiter in Glasindustrie

91

5,38%

Gesamt

430

25,41%

Beschäftigtenzahlen aus TNA: PRO, HO 107/980/5 bis /980/8, Einwohnerzahlen aus HCPP, 1843 (496), S. 289.

Die Gemeinde Harborne setzte sich zusammen aus den Ortschaften Harborne und Smethwick. Auf Smethwick entfielen dabei etwa 2/3 der gesamten Einwohner der Gemeinde. Unter den 1.692 männlichen erwachsenen Einwohnern der Gemeinde waren 89 Nagelschmiede, 96 sonstige Schmiede so wie einige Schlosser. 117 Männer waren im Bereich der Eisenindustrie unter anderem als Puddler, Arbeiter an Frischfeuern oder in den Walzwerken tätig. 88 91 weitere Männer arbeiten in der Glasindustrie. Tabelle 11 zeigt die Zahl der Beschäftigten in den einzelnen Berufsgruppen und setzt diese Zahl in Relation zu allen männlichen Einwohnern der Gemeinde. Der Anteil der Eisenarbeiter liegt mit gut 4 % deutlich über dem Wert Birminghams und auch über dem britischen Durchschnitt, 89 während mit etwa 12 % war durchaus erheblicher Anteil der Bevölkerung im Bereich der Eisenverarbeitung beschäftigt war. Zudem ist anzunehmen, dass einige der 165 nicht näher spezifizierten Arbeiter (in Tabelle 11 nicht aufgeführt) in den Gruben der Nachbargemeinden arbeiteten. Aus diesem Grund wird die Gemeinde Harborne zu der Wirtschaftsregion Black Country gezählt. Nach Analyse der auf und um das South Staffordshire Coalfield gelegenen Gemeinden auf das Vorliegen der Homogenitätsmerkmale der Wirtschaftsregion Black Country wurden die in Abbildung 3 mittel- und hellgrau eingefärbten Gemeinden Aldridge, Bobbington, Broom, Bushbury, Church Hill, Codsall, Enville, Frankley, Hageley, Shareshill, Shenstone, Trysull und Upper Arley aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Prägung als nicht zu der Wirtschaftsregion gehörend klassifiziert. Die Wirtschaftsregion Black Country besteht somit aus den in Abbildung 3 dunkelgrau eingefärbten Gemeinden Darlaston, Dudley, Halesowen, Harborne, Himley, Kingswinford, Kinver, Old Swinford, Rowley Regis, Rushall, Sedgley, 88 White, Staffordshire, S. 356 berichtet von den Eisenwerken in der Gemeinden. 89 Vgl. hierzu die Zahlen in Tabelle 9 auf Seite 73.

II.II Das Black Country

77

Tipton, Walsall, Wednesbury, West Bromwich, Wolverhampton, Wolverley und Wombourne. Abbildung 3: Die Wirtschaftsregion Black Country

Eigene Darstellung. Grenzen der Gemeinden nach Humphery-Smith, Philimore atlas and index, S. 31 und S. 38. Dunkelgrau: Zur Wirtschaftsregion Black Country gehörend, Gestreift: Zu Gemeinden der Wirtschaftsregion gehörend, Mittelgrau: Landwirtschaftlich geprägt, Hellgrau: Landwirtschaftlich geprägt, in zweitem Schritt der Analyse ausgeschlossen.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

II.III DAS BORINAGE Das Borinage ist eines von vier Steinkohlenreviere im wallonischen Teil des heutigen Belgiens und Teil des Kohlengürtels, der sich von Nordwestfrankreich bis an die Ruhr erstreckt. Bis es in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vom Ruhrgebiet abgelöst wurde, war das Borinage der bedeutendste Kohlenproduzent auf dem europäischen Kontinent.90 Neben dem Borinage befinden sich im wallonischen Teil Belgiens noch drei weitere Kohlenbecken: Im östlichen Hennegau liegt das Gebiet um Charleroi, zwischen dem Borinage und Charleroi liegt das sogenannte Centre, während sich etwas weiter östlich das Lütticher Revier befindet. Eine weitere Kohlenlagerstätte befindet sich in Limburg, im nördlichen Teil Belgiens. Hier begann der Abbau jedoch erst im 20. Jahrhundert und damit ist diese Region für den in der Dissertation gewählten Untersuchungszeitraum nicht von Bedeutung. Als westlichstes der wallonischen Reviere grenzt das Borinage an die heutige Grenze zwischen Belgien und Frankreich und liegt so nicht nur in direkter Nachbarschaft zu dem Revier Centre, sondern auch zu den französischen Revieren Nord und Pas de Calais.91 Die Bezeichnung Borinage bedeutet soviel wie Land der borins. Der Begriff borin oder borenne bezeichnete, laut einem Lexikoneintrag aus dem frühen 19. Jahrhundert, Männer oder Frauen, die in einer Kiepe auf ihrem Rücken Güter – nicht ausschließlich, aber hauptsächlich Kohlen – transportierten und stückweise verkauften. Der Ausdruck borin, bzw. borenne wiederum leitete sich aller Wahrscheinlichkeit nach von dem deutschen Verb bohren ab, das in Abwandlungen auch oft als Bezeichnung für Gruben oder bergbauliche Tätigkeit zu finden ist.92 Von dem 19. Jahrhundert an wurde das Borinage auch als bassin du couchant de Mons – also als Revier westlich von Mons – bezeichnet, während die beiden benachbarten belgischen Reviere, Centre und Charleroi, unter der Bezeichnung bassin du levant de Mons (östlich von Mons) zusammengefasst wurden. Mit der Entwicklung der Reviere Centre und Charleroi zu Beginn des 19. Jahrhunderts ging eine Differenzierung zwischen den beiden Lagerstätten einher, die sich in einer Abspaltung des Reviers Charleroi von dem bassin du levant de Mons niederschlug. Fortan umfasste die Bezeichnung levant de Mons nur noch das Centre. Für das Borinage setzte sich zusätzlich zu dem oben erwähnten Namen bassin du couchant de Mons, der auch gleichzeitig der Name des zuständigen Bergbaubezirks war, die Bezeichnung bassin de Mons durch.93 Vor der Gründung des Königreichs Belgiens im Jahr 1830 gehörten dessen heutige Provinzen zu verschiedenen europäischen Staaten: Bis zum französischösterreichischen Krieg gehörte ein großer Teil der Gebietes des heutigen Belgiens zu dem Reich der Habsburger. Diesen war das Gebiet 1714/15 von Holland, denen 90 Vgl. zur Bedeutung der kontinentaleuropäischen Reviere im 19. Jahrhundert Watelet, Industrialisation, S. 16 und Abschnitt IV.II.II.II auf S. 257. 91 Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden, S. 64. 92 Vgl. zu Herkunft des Begriffs Borinage Arnould, Maurice A.: L’histoire du Borinage, in: Revue de l’Institut de Sociologie 2–3 (1950), S. 71–80, S. 71f. 93 Vgl. zur Bezeichnung der belgischen Reviere Bruwier, Mons-Charleroi, S. 345 und Watelet, Industrialisation, S. 72.

II.III Das Borinage

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die ursprünglich spanische Provinz durch den Vertrag von Utrecht in 1713 zugefallen war, überlassen worden.94 Im französisch-österreichischen Krieg verloren die Habsburger diese Gebiete, die als südliche oder österreichische Niederlande bezeichnet wurden, an Frankreich. 1795 beschloss der französische Nationalkonvent die Vereinigung der Provinzen der südlichen Niederlande mit der französischen Republik.95 Als 1814/15 das französische Kaiserreich zerbrach, gründeten die Oranjer aus den ehemaligen österreichischen Niederlanden, dem Bistum Lüttich und den nördlichen Provinzen – also den heutigen Niederlanden – das Königreich der Niederlande. Von diesem spalteten sich 1830 die südlichen Provinzen ab und bildeten fortan das Königreich Belgien.96 Das Borinage war also bis 1830 einigen großen politischen Umbrüchen ausgesetzt. Mit diesen Umbrüchen gingen stets Veränderungen der Rahmenbedingungen einher, deren Auswirkungen an entsprechender Stelle auch untersucht werden müssen. Durch die politischen Umbrüche änderte sich auch die Gliederung der Verwaltungseinheiten in dem untersuchten Zeitraum mehrfach. Die Grafschaft Hennegau hatte ursprünglich neben dem südwestlichen Teil des heutigen Belgiens auch Teile Nordfrankreichs umfasst. Dieser südliche Hennegau, die Gegend um Valenciennes, fiel jedoch zu Beginn des 18. Jahrhunderts in Folge kriegerischer Auseinandersetzungen an Frankreich.97 Als der nördliche Hennegau in den 1790er Jahren gemeinsam mit den übrigen südlichen Teilen des heutigen Belgiens an Frankreich fiel, wurden die neu gewonnenen Gebiete in die französische Verwaltung eingegliedert und in insgesamt neun Départements unterteilt. Große Teile der ehemaligen Grafschaft Hennegau sowie die Städte Tournai, Charleroi und einige kleinere Orte in der Umgebung bildeten fortan das Département de Jemappes. Als die südlichen Niederlande nach 1814/15 Teil des Königreichs der Niederlande wurden, behielt man den größten Teil der Verwaltungsgrenzen bei und beschränkte sich lediglich darauf einige der Namen zu ändern. So wurde aus dem Département de Jemappes die, in sechs Regierungsbezirke (arrondissements adiministratifs) unterteilte, Provinz Hennegau, die auch nach der Gründung des Königreichs Belgien als zweitgrößte von insgesamt neun Provinzen bestehen blieb.98

94 Arnould, Maurice A.: Du Hainaut autrichien à nos jours, in: Cornez, E. (Hg.): Hainaut d’hier et d’aujourd’hui, Bruxelles 1962, S. 141–153, S. 141. 95 Erbe, Michael: Belgien, Niederlande, Luxemburg. Geschichte des niederländischen Raumes, Stuttgart 1993, S. 180 (im Folgenden zitiert als Erbe, Belgien) und Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, für Aussenhandel und Entwicklungszusammenarbeit: Dokumente der Geschichte Belgiens, Bnd. 1: Von der Urgeschichte bis 1830 (Informationsberichte 107), Brüssel 1978, S. 249 (im Folgenden zitiert als Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Geschichte Belgiens bis 1830). 96 Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden, S. 63. 97 Debrabant, Virgine: Die Bergwerke im Steinkohlenrevier Nord-Pas de Calais – Drei Jahrhunderte Bergbau, in: Der Anschnitt 61:1–2 (2009), S. 28–54, S. 28f (im Folgenden zitiert als Debrabant, Die Bergwerke). 98 Erbe, Belgien, S. 180f und Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Geschichte Belgiens bis 1830, S. 250.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

II.III.I Geographische und geologische Gegebenheiten Den Kern des zu untersuchenden Gebiets bildet die westlichste der belgischen Steinkohlenlagerstätten, das bassin du couchant de Mons. Diese erstreckt sich westlich der Stadt Mons auf etwas über 15 km Länge bis Thulin und misst in der Breite zwischen 8 km und 10 km.99 Durchschnitten wird das Steinkohlengebirge von dem Tal der Henne (Haine). Die Henne durchfließt, aus nordöstlicher Richtung kommend, das Gebiet in Richtung Condé nach Westen hin und bildet in der Mitte des Reviers einen länglichen Trog, der zwischen 300 m und 350 m unter dem Meeresspiegel liegt.100 Bei Condé mündet die Henne in die Schelde (Escaut), welche westlich des Borinage entlang fließt und bei Antwerpen in die Nordsee mündet.101 Die beiden größten Zuflüsse der Henne, Trouille und Honelle, umfließen die Lagerstätte im Osten und Westen in nördlicher Richtung. 102 Die Trouille entspringt südöstlich der Region und vereint sich unmittelbar westlich von Mons mit der Henne, während der Grande Honnelle seine Quelle südlich des Reviers hat und im Südwesten der Region den Petite Honnelle aufnimmt, um dann am östlichen Rand der Region in die Henne zu münden.103 Innerhalb der Lagerstätte lassen sich eine östliche und eine westliche Mulde unterscheiden. Die östliche Mulde liegt zwischen Cuesmes, Jemappes und Quaregnon, während sich die westliche bei Hornu befindet. Die gesamte Lagerstätte wies eine eher unregelmäßige Struktur auf, die Nordflanke der beiden Mulden war jedoch weniger stark von Verwerfungen durchzogen als der südliche Bereich der Lagerstätte. Auch an der Oberfläche wies der nördliche Teil eine eher regelmäßige Struktur auf, während Teile des südlichen Bereichs von zwei Bergketten durchzogen wurden.104 Diese erreichten eine Höhe von zehn Metern unter Null bei Wasmes und zwischen 50 m und 60 m über dem Meeresspiegel bei Flénu und Frameries. Getrennt waren die beiden Bergketten durch den synclinale de Quaregnon, eine ungefähr 100 m bis 150 m unter der Meeresspiegel liegende Mulde.105 Im Osten wurde die Lagerstätte durch Ablagerungen von Kreidegestein begrenzt, welches den – im 19. Jahrhundert bereits vermuteten, aber nicht bekannten – Zusammenhang mit den Steinkohlevorkommen im Centre verdeckten. Im Westen lösen Kalkablagerungen die Kohle ab.106 99 Bruwier, Couchant de Mons, S. 177 und auch Fabricius, Nikolaus: Bericht über eine im Sommer 1859 ausgeführte Bereisung der wichtigeren Steinkohlenreviere Belgiens und Frankreichs, in: Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem preussischen Staate 8:B (1860), S. 157–203, S. 164 (im Folgenden zitiert als Fabricius, Bericht über Bereisung). 100 Watelet, Industrialisation, S. 55. 101 Marlière, René: Aspect gégraphique du Borinage, in: Revue de l’Institut de Sociologie 2–3 (1950), S. 61–70, S. 65. 102 Maelen, Philip van der: Dictionnaire géographique de la province de Hainaut, Bruxelles 1833, S. 227f (im Folgenden zitiert als Maelen, Dictionnaire). 103 Vgl. zur Trouille: Bernier, Thédore: Dictionnaire geographique, historique, archeologique, biographique and bibliographique du Hainaut, Bruxelles 1891, S. 220–222 (im Folgenden zitiert als Bernier, Dictionnaire) und zur Honnelle: Bernier, Dictionnaire, S. 179. 104 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 165 und Watelet, Industrialisation, S. 57. 105 Watelet, Industrialisation, S. 55. 106 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 164.

II.III Das Borinage

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Das Borinage galt im Bereich des heutigen Belgiens als das Revier mit der größten Varietät an Kohlen, die Flöze waren jedoch nur mäßig zugänglich und strichen nur an wenigen Stellen zu Tage. Zudem lagerte die meiste Kohle in relativ großer Teufe und die meisten Flöze wurden von einer wasserdichten Kalkschicht überlagert, welche zwischen 13 m und 55 m stark war. Lediglich im nordöstlichen Bereich der Lagerstätte waren die Kohleflöze leichter zugänglich.107 Insgesamt fanden sich in dem Revier couchant de Mons knapp 90 Steinkohlenflöze mit einer akkumulierten Mächtigkeit von ungefähr 60 m.108 Anders als bei vielen der britischen Lagerstätten fanden sich in den wallonischen Revieren keine Eisenerzvorkommen.109 Die Kohle in den verschiedenen Flözen des couchant de Mons variierte hinsichtlich ihrer Qualität, allen Steinkohlen der Lagerstätte war jedoch ihr hoher Anteil an flüchtigen Bestandteilen gemein. Hauptsächlich lagerten hier Fett- und Esskohlen. Magerkohlen kamen in den Flözen des couchant de Mons nicht vor.110 Watelet teilt die Kohlen der Region, unter Berufung auf Bouhy und Regnault, in die, in Tabelle 12 dargestellten, Klassen ein. Die Angaben über die Höhe des jeweiligen Anteils an flüchtigen Bestandteilen weichen bei Delmer und Gruner, zwei weiteren zeitgenössischen Autoren, voneinander ab. Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die Qualitäten ineinander übergingen und entsprechend nicht genau voneinander abzugrenzen waren. So fanden sich unter den Flözen des Flénu Kohleschichten, die in Bezug auf die Qualität zwischen den Flénu und den gras à longue flamme stehen und als flénu gras bezeichnet wurden.111 Das Flénu bezeichnet Ackermann als belgische Gaskohle, der Anteil an flüchtigen Bestandteilen nach Delmer lässt eine Einordnung in die Kategorien Gaskohle (28 %-35 %) oder Gasflammkohle (35 %-40 %) zu.112 Die von Gruner mit 50 % festgelegte Obergrenze für flüchtige Bestandteile in Flénu-Kohlen erscheint sehr hoch und würde bedeuten, dass die Kohlen zum Teil den Braunkohlen zuzurechnen wären. Da an einigen Stellen im Norden der Lagerstätte bei Villerot und Baudour die Kohlevorkommen als Braunkohle zu Tage strichen,113 sind Gruners Angaben nicht als falsch zurückzuweisen. Es ist aber davon auszugehen, dass ein Großteil der Kohlen des Flénu als Steinkohlen mit einem Anteil an flüchtigen Bestandteilen unter 107 Bianchi, Couchant de Mons, S. 202 und Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 164. 108 Watelet, Industrialisation, S. 57. Über die durchschnittliche Mächtigkeit der Flöze existieren widersprüchliche Angaben. So gibt Watelet diese mit 0,6 m an, während Fabricius von einem Mittel um die 0,7 m spricht. Ackermann beschreibt die in den 1950er Jahren abgebauten Flöze und gibt hier die mittlere Mächtigkeit mit 0,72 m bis 0,84 m an. Im Durchschnitt betrug die Mächtigkeit der Flöze in Belgien laut Ackermann 0,85 m. Vgl. hierzu Ackermann, Geologische und stratigrafische Gegebenheiten, S. 17 und Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 165 und Watelet, Industrialisation, S. 57. 109 Hunt, Freeman: Coal mines and coal trade of Belgium, in: The merchants’ magazine and commercial review 16 (1847), S. 235–256, S. 238. 110 Watelet, Industrialisation, S. 59 und S. 61. 111 Vgl. hierzu Watelet, Industrialisation, S. 60. 112 Vgl. zu den heute gebräuchlichen Kategorien Ohne Autor: Art. Kohlenarten, in Gesamtverband Steinkohle: Glossar, auf http://www.gvst.de/site/glossar/glossar_k.htm (02.03.2016) (im Folgenden zitiert als Art. Kohlenarten, in Gesamtverband Steinkohle: Glossar). 113 Watelet, Industralisation, S. 55f.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

40 % in den untertägigen Flözen lagerte. Bei den houilles gras à longue flamme und den houilles gras merçhale handelte es sich um Fettkohlen, die houilles sèche à courte flamme waren Esskohlen.114 Tabelle 12: Klassifizierung der Steinkohlen im couchant de Mons Französische Bezeichnunga Houille sèche à longue flamme

Alternative Bezeichnunga Flénu

Gras à longue flamme Gras maréchale

Fine forge

Houille sèche à courte flamme

Demi-gras

Flüchtige Bestandteile

Deutsche Bezeichnung

27-38%b 21-50%c

Gas(flamm)kohled

19-26%b 26-40%c

Fettkohlede

Esskohlee

a

Nach Watelet, Industrialisation, S. 59 unter Berufung auf Bouhy, Victor: De la houille, in: Mémoires et Publications de la Société des Sciences, des Arts et des Lettres du Hainaut 3 (1856), S. 87–479, S. 113f; b Nach Delmer, A.: Le district houiller du Couchant du Mons. Description gélogique générale, in: Annales des Mines de Belgique 3:48 (1949), S. 261–264, S. 262; c Gruner, Édouard: Atlas général des houillères. Bassins houillers de France - Allemagne - Autriche-Hongrie - Belgique - États-Unis - Grande-Bretagne - Pays-Bas – Russie, Paris 1911 (zitiert nach Wa telet, Industrialisation; S. 59); d Nach Art. Kohlenarten, in Gesamtverband Steinkohle: Glossar; e Ohne Autor, Glossar, S. 452.

Anders als im Black Country lagerten die verschiedenen Kohlequalitäten nicht übereinander, vielmehr fanden sich die Kohlensorten in jeweils unterschiedlichen Bereichen der Lagerstätte. Im Nordwesten des Reviers und am südlichen Rand lagerten die im 19. Jahrhundert kaum abgebauten Esskohlen. 115 Im Nordosten und im südlichen Teil lagen Fettkohlen und im Zentrum fanden sich mit den FlénuKohlen, die wichtigsten Kohlen des couchant de Mons.116 In den 1850ern stellten sie mit knapp 70 % den größten Teil der abgebauten Kohlen.117 Dies lag zum einen daran, dass es sich bei den knapp 50 Flöze, die Flénu enthielten, um diejenigen mit den günstigsten Abbaubedingungen handelte und zum anderen an der starken Nachfrage nach den Flénu-Kohlen, die aufgrund ihrer positiven Eigenschaften bei der Verbrennung den anderen Kohlen der Lagerstätte häufig vorgezogen wurden.118 Auf die Nachfrage wird an entsprechender Stelle im Verlauf des Kapitels III näher eingegangen. Die günstigen Abbaubedingungen resultierten aus der Lage der Flénu führenden Flöze, die weniger tief und damit über den übrigen Steinkohlenflözen der Lagerstätte lagen und zudem regelmäßiger verliefen. Des 114 Vgl. Ohne Autor: Petit glossaire de l’exploitation charbonnière. Kleines Glossar zur Bergbautechnik, in: in: Herrmann, Hans-Walter und Wynants, Paul (Hg.): Acht Jahrhunderte Steinkohlenbergbau, Namur 2002, S. 451–464, S. 452 (im Folgenden zitiert als Ohne Autor, Glossar). 115 Watelet, Industralisation, S. 61. 116 Vgl. zur Lage der Kohlen Bianchi, Couchant de Mons, S. 202 117 Watelet, Industralisation, S. 61, Vgl. zur Bedeutung des Flénus auch Bianchi, Couchant de Mons, S. 202. 118 Vgl. zu der Nachfrage nach Flénu Watelet, Industrialisation, S. 63.

II.III Das Borinage

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Weiteren enthielt das Flénu wenig Methan und war somit weniger leicht entzündlich, was einen Abbau mit offener Flamme bis zu einer Tiefe von 400 m ermöglichte. Allerdings ergaben die Flénu-Kohlen bei der Verkokung oft größere Mengen minderwertigen Koks und neigten dazu, zu zerbröseln, wenn sie über längere Zeit der Luft ausgesetzt waren. Diese negativen Eigenschaften wurden jedoch überlagert von den positiven Eigenschaften dieser, hervorragend zur Gasgewinnung geeigneten, Kohlen. Trotz einer relativ starken Rauchbildung waren die Kohlen auch für den Hausbrand geeignet. Ausschlaggebend hierfür war die relativ große Hitze, die das Flénu entwickelte, die leichte Entzündbarkeit der Kohlen sowie ihre große Flamme. In den benachbarten Revieren kamen die Flénu- Kohlen nicht vor, hier lagerten vor allem Fett- und Esskohlen sowie Anthrazit, welches wiederum im couchant de Mons nicht zu finden war. Mit den Flénu-Kohlen vergleichbare Kohlen fanden sich in ganz Europa nur in dem Revier bei Northumberland und Durham im Nordosten Englands.119 Die Fettkohlen des couchant de Mons entwickelten eine größere Hitze als das Flénu, waren jedoch ungeeignet zur Gasproduktion. Die fine forges neigten zum verbacken und eigneten sich, da sie hierdurch eine stabile Wölbung erzeugten, in welcher sich die Hitze lange hielt, für den Einsatz in Schmiedefeuern. Watelet sagt dem, aus den grasses marèchales gewonnenen, Koks gute Eigenschaften für den Einsatz in der Eisengewinnung und -bearbeitung nach, falls das Verkoken von fachlich versierten Arbeitern durchgeführt werde. Die houilles grasses à longue flamme, die zweite Fettkohle der Lagerstätte, bezeichnet Watelet als dem Flénu bei der Verwendung im Ofen ebenbürtig, bei der Verwendung als Energieträger im Puddelverfahren sieht er die Vorteile jedoch klar auf Seiten der Flénu-Kohlen, die in der Lage waren in relativ kurzer Zeit ein starkes Feuer zu erzeugen, während die Fettkohlen sich langsamer entzündeten.120

II.III.II Das Borinage als Wirtschaftsregion Wie in Abschnitt II.I erläutert, existieren Wirtschaftsregionen nur aufgrund der leitenden Fragestellung anhand welcher der Forscher sich ihr nähert. Dementsprechend bedürfen die so konstruierten Regionen einer Bestimmung ihrer Grenzen. Wenn – wie im vorliegenden Fall – mehrere Reviere in direkter Nachbarschaft zueinander liegen, muss geprüft werden, ob es sich bei den Revieren um mehrere, sich voneinander unabhängig entwickelnde, Gebiete oder um eine homogen strukturierte Einheit handelt. Auch im Falle heterogener Entwicklungsverläufe ist eine Verbindung zwischen den Regionen, zum Beispiel über Handel oder den Transfer von Wissen und Arbeitskräften, nicht ausgeschlossen. Solche transregionalen Beziehungen sind jedoch von einem inneren Zusammenhang zu unterscheiden. Wie die Bezeichnungen der Reviere als bassin du couchant und bassin du levant de Mons schon suggerieren, grenzen das Centre und das Borinage im Osten und Westen an die Stadt Mons. Aus diesem Grund muss geprüft werden, ob die 119 Watelet, Industrialisation, S. 59–63. 120 Vgl. zur Qualität der Fettkohlen der Region Watelet, Industrialisation, S. 60–62.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

beiden Reviere eine zusammenhängende oder zwei voneinander unabhängige Wirtschaftsregionen bildeten. Genauso muss eine eventuelle Zugehörigkeit der Stadt Mons zum Borinage nachgewiesen oder widerlegt werden. Im Westen des Borinage befinden sich mit den französischen Revieren Nord und Pas de Calais zwei weitere Kohlenreviere in unmittelbarer Nähe. Hier ist zu prüfen ob eine grenzüberschreitende wirtschaftliche Homogenität erkennbar ist oder ob sich die beiden Reviere in unterschiedlicher Art und Weise entwickelten und eine ähnliche Wirtschaftsstruktur nicht nachweisbar ist. Die politischen Umbrüche im Bereich des heutigen südwestlichen Belgiens und nordwestlichen Frankreich zogen und verwarfen willkürliche Trennlinien zwischen verschiedenen Steinkohlenrevieren. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts gehörten das couchant de Mons und die Gegend um Valenciennes, später Teil des Reviers Nord, beide zu der Grafschaft Hennegau. Von 1795 bis 1814/15 war das couchant de Mons Teil der französischen Republik. Entsprechend waren die Reviere Nord und Pas de Calais mit den wallonischen Revieren Borinage, Centre, Charleroi und Lüttich hinter einer gemeinsamen nationalstaatlichen Außengrenze vereint. Die seit 1814/15 zwischen dem Revier du Nord und dem Borinage verlaufende Staatsgrenze war zwar von Bedeutung für die Erreichbarkeit von Absatzmärkten und unterwarf die Reviere verschiedenen politischen Strategien in Bezug auf die Entwicklung der Lagerstätten oder Zöllen und Gebühren, ist jedoch kein Indiz für das Vorliegen von zwei distinkten wirtschaftlichen Einheiten. Die Analyse der wirtschaftlichen Struktur und der beschrittenen Entwicklungspfade der oben genannten Gebiete erfolgt zuerst anhand der publizierten Sekundärliteratur. Lassen sich aufgrund der so gewonnenen Erkenntnisse keine Übereinstimmungen mit der Wirtschaftsstruktur oder dem Entwicklungsverlauf des Borinage attestieren, so kann auf eine detaillierte quellenbasierte Analyse der Gebiete verzichtet werden. Die belgischen Reviere bedienten traditionell verschiedene Märkte. Der Hauptgrund hierfür liegt in den natürlichen Transportmöglichkeiten. Belgien wird durch zwei große Flüsse von Nord nach Süd durchschnitten: Im Westen fließt die Schelde und im Osten die Maas, die in die Waal mündet und so zur Nordsee führt. Während das Borinage an der Henne, einem Zufluss der Schelde, liegt, ist Charleroi über die Samber an das Flusssystem der Maas angebunden und hatte bis zum Bau des Samber-Oise Kanals in den 1830er Jahren keinen Zugang zum französischen Markt. Durch den Ausbau des Straßensystems erweiterte sich der Einflussbereich der Kohle aus dem Borinage im 18. Jahrhundert von Flandern und NordFrankreich auf die ganze westliche Hälfte der österreichischen Niederlande. Die Kohlen aus dem Revier bei Charleroi wurden vor allem nach Norden in Richtung Brüssel exportiert, während die Gruben aus dem Lütticher Raum die nördlichen Niederlande (Holland) bedienten. Im Centre existierten, genau wie im Borinage, kaum lokale Abnehmer für die geförderten Kohlen. Im Gegensatz zum Borinage war das Centre jedoch kaum über ein Straßennetz an die Umgebung angebunden. Den Bau entsprechender Straßen hatten die Bergwerkseigner aus dem Borinage lange Zeit erfolgreich boykottiert. Nachdem jedoch eine Straße und auch ein Kanal von Charleroi nach Brüssel entstanden waren, wurde das Centre zum Hauptlieferanten für Brüssel und Mittelbelgien. Zusätzlich entstand im 19. Jahrhundert

II.III Das Borinage

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durch eine wachsende Glas- und Eisenhüttenindustrie eine lokale Nachfrage. Eine solche Industrie existierte, verbunden mit der entsprechend lokalen Nachfrage nach Brennstoffen, auch in Charleroi. Hier war während der österreichischen Zeit zudem eine, von den damaligen Machthabern geförderte, Nagelproduktion entstanden. Diese stand in Konkurrenz zu der Nagelproduktion im Lütticher Raum, welche den Vorteil einer lokalen Eisenproduktion genoss. Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich auch in dem Gebiet bei Charleroi eine Eisenindustrie. Diese wirkte sowohl auf die Eisenverarbeitung als auch auf Steinkohlenförderung bei Charleroi und im Centre stimulierend.121 In Lüttich wurde der größte Teil der Kohlenproduktion durch die lokale Eisenindustrie nachgefragt. Das Borinage war somit das einzige der vier belgischen Reviere, welches ausschließlich für den Export produzierte und in welchem sich keine nennenswerten lokalen Kohleverbraucher ansiedelten.122 Auch hinsichtlich der Qualität der geförderten Kohlen und ihrer Zugänglichkeit unterschieden sich die drei Reviere im Westen Walloniens: In der Lagerstätte levant de Mons im Centre waren die Flöze allgemein etwas mächtiger und besser zugänglich als im couchant de Mons.123 Abgebaut wurden hier vor allem halbfette Kohlen und Flammkohlen, obwohl sich in den Flözen teilweise auch Fettkohlen fanden.124 Ähnlich wie im Centre, stellten sich auch bei Charleroi die Abbaubedingungen etwas besser dar als im Borinage. Gewonnen wurden hier Magerkohlen sowie halbfette und fette Kohlen von denen sich vor allem letztere gut zur Verkokung eigneten.125 Schon bei diesem kurzen Blick auf die Entwicklungslinien der drei wallonischen Reviere wird deutlich, dass die Unterschiede stärker wiegen als die Gemeinsamkeiten. Eine Zusammenfassung der Gebiete dieser Reviere zu einer einzigen Wirtschaftsregion würde demnach nicht in einer homogenen strukturierten Region resultieren, vielmehr würden sich innerhalb dieser großen Region mehrere heterogen strukturierte Bereiche mit distinkten Märkten zeigen. Das Revier Nord-Pas de Calais besteht aus den Teilrevieren Nord und Pas de Calais. Der als Nord bezeichnete Teil des Reviers liegt in der Gegend um Valenciennes, Pas de Calais erstreckt sich nördlich davon in Richtung Westen. In diesem Teil begann die Förderung von Kohle erst nach 1841 und damit etwa 100 Jahre 121 Vgl. zur Entwicklung von Centre und Charleroi Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden, S. 65–68 und Bruwier, Mons- Charleroi, S. 343 und Lefèvre, Nord-Ouest de la France, S. 724 und Vandermotten, Christian: Two Hundred Years of Change in the Industrial Geography of Belgium, in: Wee, Herrmann van der und Blomme, Jan (Hg.): The economic development of Belgium since 1870 (The economic development of modern Europe since 1870 8). Cheltenham/Lyme 1997, S. 146–174, S. 153 und Wee, Industrial Revolution in Belgium, S. 69f. 122 Dhondt/Bruwier, Industrielle Revolution in den Niederlanden, S. 68f. 123 Geinitz, Hanns Bruno: Die Steinkohlengebiete in Belgien und Frankreich, in: Geinitz, Hanns Bruno (Hg.): Geologie der Steinkohlen Deutschland’s und anderer Länder Europa’s. Mit Hinblick auf ihre technische Verwendung, Bnd. 1, München 1865, S. 351–369, S. 353 (im Folgenden zitiert als Geinitz, Belgien und Frankreich) und Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 267. 124 Bergstein, Edgar: Der Kohlenbergbau in der Wallonie, in: Industrie Kultur 25:4 (2003), S. 34–37, S. 36 (im Folgenden zitiert als Bergstein, Kohlenbergbau in der Wallonie). 125 Geinitz, Belgien und Frankreich, S. 352 und Watelet, Industrialisation, S. 62.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

später als im Revier Nord, wo die Förderung auch deutlich später startete als in den wallonischen Revieren. Der Grund hierfür liegt in der geologischen Beschaffenheit des Nord-Pas de Calais, wo die Kohlen nicht zu Tage strichen, sondern unter einer dicken Gesteinsschicht in relativ mächtigen Flözen lagerten.126 Durch die vollständige Bedeckung der Kohlenflöze, war die Existenz dieser Lagerstätten lange Zeit unbekannt. Vor der Abtrennung des südlichen Teils der Grafschaft Hennegau hatten die, seitdem zu Frankreich gehörenden Städte wie Lille, Valenciennes oder Douai, Steinkohlen aus den wallonischen Revieren, vor allem dem Borinage, bezogen. Zwar war bereits 1660 ein Kohleflöz bei Boulogne-sur-Mer, südlich von Calais an der französischen Küste gelegen, entdeckt und eine Verbindung zwischen dieser Lagerstätte und dem couchant de Mons vermutet worden, die Suche nach Kohlen in der Gegend um Valenciennes begann jedoch erst nach der politisch bedingten Trennung von den wallonischen Revieren – und damit auch der Trennung von den Kohlenlieferanten aus der Wallonie. 1734 wurde bei Anzin der erste Flöz unter einer bis zu 200 m mächtigen, teilweise sehr lockeren, Sedimentschicht entdeckt.127 Nach der Entdeckung der Kohlevorkommen stieg die Förderung im Revier Nord rasch an und lag zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei ca. 200.000 t. Dies entsprach in etwa der Hälfte der zu dieser Zeit im Borinage geförderten Mengen.128 Nach Aufnahme der bergbaulichen Tätigkeiten im Revier Nord entstand zwischen den beiden Revieren eine starke Konkurrenz. Bedingt durch die Abwesenheit anderer Transportwege wurde die Kohle aus dem Borinage über die Henne nach Condé und von dort weiter in westlicher Richtung verschifft. Jeder Kohlenexport aus dem Borinage durchquerte damit das Gebiet des Revier Nord und beide Reviere besaßen Zugang zu denselben Märkten. Zugleich verblieben auch größere Mengen der Kohlen aus dem Borinage in Nord-Frankreich. Da die Kohlen aus dem Borinage trotz der zusätzlich zurückzulegenden zeitaufwendigen Strecke von Mons nach Condé, einen niedrigeren Verkaufspreis hatten als die Kohlen aus dem Revier Nord, kämpften die dortigen Grubenbesitzer für die Erhebung von Zöllen auf die Kohlen aus dem Borinage. 129 1841 wurde dann in der Nähe von Oignies, südöstlich von Lens, durch Zufall die westliche Fortsetzung der Lagerstätte, das Pas de Calais, entdeckt. Das Pas de Calais wurde schnell, nicht zuletzt wegen der ähnlichen Qualität der geförderten Kohlen, zu einem Konkurrenten des Borinage auf dem französischen Markt. Bereits in den 1870ern galt 126 Vgl. zu den Revieren Nord und Pas de Calais Debrabant, Die Bergwerke, S. 33 und Meilliez, Francis: Das Steinkohlenrevier Nord-Pas de Calais. Geologische Aspekte, in: Der Anschnitt 61:1–2 (2009), S. 20–27, S. 20–23 (im Folgenden zitiert als Meilliez, Nord-Pas de Calais). Im westlichen Teil dieser Lagerstätte waren die Flöze regelmäßiger, weniger steil fallend und mächtiger als in dem Bereich bei Valenciennes. Die Mächtigkeit vieler Flöze betrug mehr als einen Meter und neben gut zur Verkokung geeigneten Fettkohlen fanden sich hier Flammund Gaskohlen, von denen einige hinsichtlich ihrer Qualität dem Flénu aus dem Borinage sehr ähnlich waren. Vgl. zur Qualität der Kohle Geinitz, Belgien und Frankreich, S. 355f und Ormsby, Hilda Rodwell: France. A regional and economic geography, Norwich 21950 (Nachdruck 1962), S. 433f (im Folgenden zitiert als Ormsby, France). 127 Debrabant, Die Bergwerke, S. 28f und Meilliez, Nord-Pas de Calais, S. 23. 128 Vgl. hierzu die Produktionszahlen in Tabelle A.34 (Anhang, S. 317) und Tabelle A.37 (Anhang, S. 320). 129 Lentacker, Charbons belges, S. 1394 und S. 1399.

II.III Das Borinage

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das Pas de Calais als das wichtigste der französischen Reviere, zu Beginn des 20. Jahrhunderts entfielen 67 % der französischen Kohlenförderung auf das Revier Nord-Pas de Calais und das Revier gehörte zu den größten europäischen Kohleproduzenten.130 Obige Ausführungen zeigen, dass auch die Reviere Nord und Pas de Calais trotz ihrer Nachbarschaft zum Borinage nicht zu der Wirtschaftsregion zu zählen sind. Das Revier Pas de Calais kommt allein aufgrund seiner spät starteten Entwicklung in den 1840er Jahren nicht für eine gemeinsame Betrachtung in Frage, aber auch die Entwicklung des Revier Nord verlief zeitlich versetzt zu der des couchant de Mons. Zudem standen die Gruben des Revier Nord und des Borinage in starker Konkurrenz zueinander, so dass eine Einbeziehung des Revier Nord in die Wirtschaftsregion Borinage nicht sinnvoll erscheint. Genau wie im Fall der Wirtschaftsregion Black Country erfolgt die Abgrenzung der Wirtschaftsregion Borinage auf der Ebene der kleinsten Verwaltungseinheiten für welche Daten zur Verfügung stehen. Diese werden hinsichtlich ihrer Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Borinage geprüft und anschließend zu dieser zusammengesetzt. Im Fall des Borinage handelt es sich hierbei um die communes, vergleichbar mit den Gemeinden im deutschsprachigen Raum oder den parishes in Großbritannien. Nach der Überprüfung der Gemeinden wird die Zugehörigkeit der Stadt Mons, in der selber keine bergbauliche Aktivität stattfand, diskutiert. Da das Gebiet um das couchant de Mons monostrukturell geprägt ist und es neben dem Steinkohlenbergbau keinen anderen bedeutenden Industriezweig gibt, ist das Vorliegen bergbaulicher Aktivität und die hohe Bedeutung des Bergbaus in den Gemeinden das einzige Kriterium, das zur Abgrenzung der Wirtschaftsregion Borinage herangezogen wird. Die Überprüfung des Vorliegens bergbaulicher Aktivität in einer Gemeinde kann über eine Lokalisierung der Bergwerke und anschließender Zuordnung dieser Gruben zu den Gemeinden geschehen. Eine Quantifizierung der bergbaulichen Aktivität kann über die Beschäftigtenzahlen der einzelnen Gruben erfolgen. Diese können den Gemeinden zugeordnet und in Beziehung zu der Zahl der Einwohner der jeweiligen Gemeinde gesetzt werden. Da bekannt ist, dass es eine Migration von Arbeitskräften zwischen den einzelnen Gemeinden gab, ist eine Überprüfung der Gemeinden, auf deren Gebiet Bergbau betrieben wurde, nicht ausreichend. So müssen auch Gemeinden, in denen kein Abbau von Steinkohle stattfand, die jedoch in Nachbarschaft zu Gemeinden mit bergbaulicher Aktivität liegen, in die Analyse einbezogen werden. Entsprechend wird im Folgenden untersucht in welchen Gemeinden Steinkohle gefördert wurde, ob in diesen Gemeinden der Bergbau von großer Bedeutung für die lokale Wirtschaft war und bei welchen Gemeinden trotz fehlender Gruben von einer hohen Bedeutung des Bergbaus für die entsprechende Gemeinde ausgegangen werden kann. Die Quantifizierung der Bedeutung erfolgt, in Ermangelung anderer geeigneter Daten, über die Zahl der Beschäftigten. Von einer hohen Bedeutung des Bergbaus in einer Gemeinde wird gesprochen, wenn das Verhältnis 130 Debrabant, Die Bergwerke, S. 33f; Vgl. auch die Daten in den Abschnitten IV.II.I.II.II und IV.II.II.II.

88

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

zwischen den Arbeitern in den Bergbaubetrieben und den Erwerbspersonen einer Gemeinde bei mindestens 1:4 oder kleiner liegt. Das bedeutet, dass, statistisch gesehen, mindestens jede vierte Erwerbsperson der Gemeinde im Bergbau beschäftigt gewesen sein muss. Als Erwerbspersonen werden die Einwohner einer Gemeinde betrachtet, deren Alter zwischen 15 und 65 Jahren liegt. Da für die einzelnen Gemeinden keine, nach Alter aufgeschlüsselten Erhebungen über die Zahl der Einwohner vorliegen, wird der Anteil der Erwerbspersonen auf der Basis einer Darstellung der Einwohner des Königreichs Belgiens für das Jahr 1846 ermittelt. Aus diesen Werten ergibt sich, dass der Anteil der Einwohner Belgiens, die ihr 14. Lebensjahr abgeschlossen und ihr 65. Lebensjahr noch nicht beendet hatten, bei 64 % lag.131 Beträgt das Verhältnis von Arbeitern in den Gruben einer Gemeinde zu den dort lebenden Erwerbspersonen mindestens 1:2, arbeitete statistisch gesehen jede zweite Erwerbsperson der Gemeinde im Bergbau. Bei allen Gemeinden in denen der Wert des Quotienten bei mindestens 0,5 liegt – dies entspricht dem oben genannten Verhältnis zwischen Bergleuten und Erwerbspersonen von 1:2 – wird davon ausgegangen, dass der Bergbau die Wirtschaft nicht nur dominierte, sondern auch Arbeitskräfte aus anderen Gemeinden anzog. Gemeinden, in denen der Wert des Quotienten mindestens 0,25 jedoch weniger als 0,5 beträgt, werden zur Wirtschaftsregion Borinage gezählt, es wird jedoch nicht von einer täglichen Arbeitsmigration aus benachbarten Gemeinden ausgegangen. Die Definition der Wirtschaftsregion Borinage beginnt mit der Identifizierung der Gemeinden, in denen sich Bergbaubetriebe finden. Anschließend wird die Anzahl der in diesen Betrieben beschäftigten Arbeiter ermittelt und die Zahl der Erwerbspersonen der Gemeinde berechnet. Diese beiden Zahlen werden zueinander ins Verhältnis gesetzt, der Wert des Quotienten entscheidet dann darüber, in welchen Gemeinden von einer hohen Bedeutung oder Dominanz des Bergbaus gesprochen werden kann. Sind diese Gemeinden identifiziert, erfolgt eine Analyse der Gemeinden in denen sich entweder keine Abbaustätten befinden oder in denen lediglich ein geringer Teil der Einwohner im Bergbau beschäftigt ist. Basierend auf der Annahme, dass Gemeinden in denen der Wert des Quotienten 0,5 oder mehr beträgt, Arbeitskräften aus benachbarten Gemeinden Beschäftigung in den Gruben bot, werden in einem zweiten Schritt die Gemeinden in Nachbarschaft zu diesen Gemeinden identifiziert. Anschließend werden die Gemeinden abhängig von der Höhe ihrer Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl, also dem Wert des Quotienten, und ihrer Lage im Vergleich zu den übrigen Gemeinen, in die folgenden fünf Gruppen unterteilt: A) Gemeinden, in denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl mindestens 0,5 beträgt B) Gemeinden, in denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl größer als 0,25, aber kleiner als 0,5 ist

131 Berechnung auf Basis der Daten in Quetelet, Adolphe und Heuschling, Xavier: Statistique internationale. Population, Bruxelles 1865, S. 93–95.

II.III Das Borinage

89

C) Gemeinden, in denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl kleiner als 0,25 ist und die in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer der Gemeinden aus Gruppe A liegen D) Gemeinden, in denen keine Gruben zu finden sind und die in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer der Gemeinden aus Gruppe A liegen E) Gemeinden, in denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl kleiner als 0,25 ist und die nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu einer der Gemeinden aus Gruppe A liegen Die Gemeinden der Gruppen A und B werden ohne weitere Analyse zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt. Die Gemeinden der Gruppen C und D werden in Verbindung zu den Gemeinden der Gruppe A einer erneuten Analyse unterzogen. Hier wird zuerst ermittelt an wie viele Gemeinden der Gruppe A die einzelnen Gemeinden der Gruppen C und D angrenzen. Anschließend wird die Zahl der Erwerbspersonen in den Gemeinden aus C und D berechnet und in den Gemeinden der Gruppe C die Zahl der im Bergbau beschäftigten Arbeiter von der Zahl der Erwerbspersonen abgezogen. Das Ergebnis dieser Rechnung ist die Zahl der Erwerbspersonen aus den Gemeinden C und D, die nicht in einer Grube ihrer Heimatgemeinde arbeiteten. Basierend auf der vereinfachenden Annahme, dass diese potentiellen Arbeitskräfte sich gleichmäßig auf die umliegenden Gemeinden verteilten, wird dann die Einwohnerzahl der Gemeinde durch die Zahl der benachbarten Gemeinden aus A dividiert. Im Anschluss wird zu der Einwohnerzahl der Gemeinden aus A der jeweilige Anteil der angrenzenden Gemeinden aus den Gruppen B und C addiert. Grenzen unmittelbar an eine Gemeinde A1 zwei Gemeinden aus der Gruppe B, die Gemeinden B1 und B2, welche ihrerseits neben der Gemeinde A1 noch an die Gemeinde A2 grenzen, und die Gemeinde C1, die insgesamt drei Nachbarn aus der Gruppe A hat, so wird nach folgender Formel der Wert des Quotienten aus den Arbeitern in und auf den Gruben (GrubenArb) und Erwerbspersonen (ErwPers) für die Gemeinde A1 inklusive der direkt angrenzenden Gemeinden B1, B2 und C1 ermittelt: GrubenArb A1 1 1 1 ErwPers A1+ ( ErwPers B1 −GrubenArb B1 )+ ( ErwPers B 2−GrubenArb B 2 )+ ( ErwPers C 1) 2 2 3

Weist dieses kumulierte Verhältnis aus der Anzahl der Arbeiter im Bergbau in A1 und der Zahl der Erwerbspersonen der Gemeinde A 1 und den entsprechenden Anteilen der benachbarten Gemeinden B1, B2 und C1 einen Wert von 0,25 oder größer auf, werden auch die benachbarten Gemeinden zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt. Diese Analyse wird für alle Gemeinden aus der Gruppe A durchgeführt. Die in der Gruppe E zusammengefassten Gemeinden, bei denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl unter 0,25 liegt und die nicht an eine der Gemeinden aus A angrenzen, werden einer Einzelfallanalyse unterzogen. Hier wird zum einen geprüft, wie hoch der Anteil der Arbeiter im Bereich des Bergbaus an den Erwerbspersonen ist und zum anderen untersucht, ob in der Gemeinde Zulieferin-

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

dustrie für den Bergbau existiert oder es einen anderen dominanten Industrie- oder Gewerbezweig gibt. Auf eine, wie im Fall des Black Country durchgeführte, Identifizierung und Exklusion der landwirtschaftlich geprägten Gemeinden kann bei der Definition der Wirtschaftsregion Borinage verzichtet werden. Anders als im Black Country, wo neben dem Steinkohlenbergbau auch Eisenindustrie und die Verarbeitung von Eisen eine große Rolle spielten, war im Borinage nur der Bergbau von Bedeutung. Da der Abbau von Steinkohle an die entsprechenden Betriebsstätten gebunden ist, deren Standorte archivalisch überliefert sind und die wiederum an die untertägigen Kohlenvorkommen gekoppelt sind, werden landwirtschaftlich geprägte Gemeinden durch oben vorgestellte Methode ausgeschlossen. Als Basis für diese Abgrenzung wird, zusätzlich zu den quantitativen Daten, auf Informationen aus zeitgenössischen Publikationen zurückgegriffen. Hier ist das geographische Lexikon der Provinz Hennegau von Philip van der Maelen hervorzuheben, das für viele der Gemeinden des Hennegau mit Angaben über die verschiedenen Industrien oder Gewerbebetriebe, ihre Bedeutung oder die Haupteinkommensquelle der Einwohner aufwartet.132 Mit Hilfe solcher qualitativer Informationen können die Ergebnisse der zuvor erläuterten quantitativen Analyse abgesichert und bei Bedarf ergänzt werden. Als Zeitpunkt für die Abgrenzung wurden die Jahre 1828 und 1829 gewählt. Zu diesem Zeitpunkt war das Borinage zum einen der bedeutendste Steinkohlenproduzent auf dem Kontinent und zum anderen sind für diesen Zeitpunkt geeignete Daten verfügbar. Neben dem erwähnten zeitgenössischen Lexikon stehen für diesen Zeitpunkt Aufstellungen der lokalen Gruben zur Verfügung. Das Lexikon enthält sowohl Angaben über die Zahl der Einwohner der einzelnen Gemeinden im Jahr 1829 als auch Informationen über wirtschaftliche Aktivitäten innerhalb der Gemeinden. Für das Jahr 1828 stehen zudem mehrere archivalische Quellen zur Verfügung, die Aufschluss über die Anzahl der Arbeiter in den einzelnen Gruben und deren Standort geben. Zur Abgrenzung genutzt wird eine Tabelle aus den Beständen der Administration des mines, also der Bergbaubehörde, welche die von einer Gesellschaft, bzw. deren Gruben, abgebauten Flöze mit Angabe der Gemeinde, in der dieser Flöz abgebaut wird, listet. Eine genaue Zuordnung der Arbeiter eines Unternehmens zu den einzelnen abgebauten Flözen, und damit den Gemeinden, ist jedoch nicht möglich, da die Angabe der beschäftigten Arbeiter für alle abgebauten Flöze einer Grube kumuliert erfolgt. Aus diesem Grund wird zur Ermittlung der Anzahl, der in den einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeiter auf eine andere Methode zurückgegriffen. Die Gesamtzahl der Arbeiter einer Grube wird durch die Zahl der Gemeinden, über welche sich die Abbauaktivitäten der Gemeinde erstrecken, dividiert. Der so gewonnene Wert gibt die durchschnittliche Zahl der Beschäftigten pro beteiligter Gemeinde an. Diese Werte lassen sich dann zu Beschäftigtenzahlen im Bergbau für die einzelnen Gemeinden addieren und können anschließend, wie oben geschildert in Beziehung zu den entsprechenden Einwohnerzahlen, bzw. der Zahl der Erwerbspersonen, gesetzt werden.

132 Vgl. Maelen, Dictionnaire Hainaut.

91

II.III Das Borinage

Gruppe

Tabelle 13: Einwohner, Erwerbspersonen und Arbeiter in Bergbaubetrieben in den Gemeinden im Bereich des couchant de Mons, 1828/1829 Gemeinde

Anzahl Arbeiter Bergbau

Einwohner Gesamt

Verhältnis von Arbeitern im Bergdavon Erbau zu Erwerbswerbsperpersonen (Wert) sonen

Audregnies

E

45

800

512

0,09

Baisieux

E

45

620

397

0,11

Baudour

D

0

2.485

1.590

Boussu

B

842

2.887

1.848

0,46

Cuesmes

C

237

2.293

1.468

0,16

Dour

C

713

5.484

3.510

0,20

Élouges

E

217

2.233

1.429

0,15

Eugies

C

44

1.376

881

0,05

Frameries

C

328

7.944

5.084

0,06

Ghlin

D

0

2.266

1.450

Hainin

E

45

425

272

0,17

Hornu

A

1.193

3.022

1.934

0,62

Jemmappes

A

3.089

4.667

2.987

1,03

Montrœul

E

45

830

531

0,09

Noirchain

B

44

189

121

0,37

Pâturages

C

284

5.606

3.588

0,08

Quaregnon

A

3.575

3.174

2.031

1,76

Quiévrain

E

45

2.001

1.281

0,04

St. Ghislain

B

455

1.573

1.007

0,45

Ville-Pommerœul

E

45

758

485

0,09

Warquignies

A

206

600

384

0,54

Wasmes

B

929

4.591

2.938

0,32

Wasmuel

A

455

668

428

1,06

Einwohnerzahlen: Maelen, Dictionnaire géographique; vgl. auch Tabelle A.48, S. 328; Beschäftigtenzahlen aus État des houilléres du premiere district des mines, province de Hainaut, Juillet 1828, AGR, T 060, 947; Als Erwerbspersonen gelten 64 % der Einwohner jeder Gemeinde.

Die untenstehende Abbildung 4 zeigt die Lage der Gemeinden und ordnet diese den auf Seite 88 vorgestellten Gruppen zu. Diese Zuordnung ist auch Tabelle 13

92

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

auf der folgenden Seite zu entnehmen, welche zugleich die Anzahl der Arbeiter im Bergbau in den einzelnen Gemeinden, die jeweilige Anzahl der Einwohner und Erwerbspersonen sowie die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl der einzelnen Gemeinden zeigt. Abbildung 4: Gemeinden im Bereich des couchant de Mons

Eigene Darstellung. Grenzen der Gemeinden nach Watelet, Industrialisation, S. 115. Gemeinden gruppiert analog der Einteilung in Tabelle 13: Gruppe A: Hellgrau, Gruppe B: Diagonal gestreift, Gruppe C: Mittelgrau, Gruppe D: Quer gestreift, Gruppe E: Dunkelgrau.

Dieser Wert ist bei drei der insgesamt fünf Gemeinden in Gruppe A größer als eins. Das bedeutet, dass die Zahl derer, die in den Gruben der Gemeinde arbeiteten, die Zahl der Erwerbspersonen übersteigt. Während die Werte in Jemmappes und Wasmuel mit 1,03 und 1,06 lediglich knapp über eins liegen, erreicht Quaregnon 1,76. Im Fall dieser drei Gemeinden ist es nicht nur sehr wahrscheinlich, dass Arbeitskräfte aus anderen Gemeinden angezogen wurden, sondern der Überhang an Arbeitskräften in den Gruben zeugt davon, dass Arbeitskräfte gependelt sein müssen. Die vier Gemeinden der Gruppe B (Boussu, Noirchain, St. Ghislain und Wasmes) erfüllen aufgrund ihres hohen Anteils an Beschäftigten im Bergbau die Bedingung zur Aufnahme in die Wirtschaftsregion Borinage und werden keiner weiter Überprüfung unterzogen. Die sieben Gemeinden der Gruppe E (Audregnies, Baisieux, Élouges, Hainin, Montrœul, Quiéverain und Ville-Pommerœul) werden im Anschluss an die Analyse der Gemeinden aus A, C und D betrachtet. Untenstehende Abbildung 5 verdeutlicht die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen den Gemeinden der Gruppe A und denen der Gruppe C und D grafisch. Aus Gründen der Übersicht zeigt Abbildung 5 lediglich die Verbindungen zwischen den Gemeinden der Gruppen A, C und D. Verbindungen der Gemeinden der Gruppe A untereinander sind ebenso wenig berücksichtigt wie Bezie-

II.III Das Borinage

93

hungen in und zwischen den Gemeinden der Gruppen C und D. Die Gemeinden der Gruppe A sind mit gelben Ovalen unterlegt, während die der Gruppe D mit grauen Rechtecken gekennzeichnet sind. Die übrigen Gemeinden gehören zu der Gruppe C. An die Gemeinden Jemmappes und Quaregnon grenzen vier Gemeinden aus C und D unmittelbar an und Warquignies hat drei direkte Nachbarn aus C und D, während Hornu und Wasmuel nur an Gemeinden aus der Gruppe B angrenzen. Tabelle 14 listet die direkten Nachbarn der Gemeinden Jemmappes, Quaregnon und Warquignies auf, gibt die Anzahl der jeweiligen Nachbarn und die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl für diese drei Gemeinden unter Einbeziehung ihrer direkten Nachbarn, an. Durch die anteilige Einbeziehung der Gemeinden von Baudour, Frameries und Ghlin und die Inklusion von Cuesmes steigt die Zahl der Erwerbspersonen für die so erweiterte Gemeinde Jemmappes auf 8.116. Trotzdem beträgt der Wert des Verhältnisses zwischen den Arbeitern in den Gruben in Jemmappes und den, in den angrenzenden Gemeinden ansässigen Erwerbspersonen 0,38. Für die, um die Erwerbspersonen der Gemeinden Baudour, Frameries, Ghlin und Pâturages erweiterte, Gemeinde Quaregnon liegt dieser Wert mit 0,47 noch höher.133 Abbildung 5: Nachbarschaftliche Verbindungen zwischen Gemeinden im Bereich des couchant de Mons

Gruppe A: Dunkelgrau; Gruppe B: Mittelgrau/Diagonal gestreift; Gruppe C: Hellgrau; Lage der Gemeinden nach Karte bei Watelet, Industrialisation, S. 115.

Baudour, Cuesmes, Ghlin und Frameries sind zu der Wirtschaftsregion Borinage zu rechnen, da davon auszugehen ist, dass Arbeitskräfte aus diesen Gemeinden in den Gruben von Jemmappes und Quaregnon arbeiteten. So kann, auch wenn die Gruben in den Gemeinden selber nur eine sehr geringe Zahl an Arbeitern beschäftigten oder – wie im Falle von Baudour und Ghlin – keine Gruben existierten, von einer hohen Bedeutung des Bergbaus sowohl in Jemmappes und Quaregnon als auch in den angrenzenden Gemeinden ausgegangen werden kann. 133 Vgl. für die Berechnung der Werte die Formel auf S. 281.

94

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

Tabelle 14: Anzahl der Arbeiter in Gruben und Erwerbspersonen in den Gemeinden Hornu, Jemmappes, Quaregnon und Warquignies sowie den unmittelbar angrenzenden Gemeinden Gemeinde (A)

Benachbarte Gemeinden (C und D), Anzahl der direkten Nachbarn aus A

Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl

Jemmappes

Baudour2, Cuesmes1, Ghlin2, Frameries2

0,38

Quaregnon

Baudour2, Frameries2, Ghlin2, Pâturages2

0,47

Warquignies

Dour1, Eugies1, Pâturages2

0,04

Siehe Angaben zu Tabelle 13 auf S. 91. Vgl außerdem Abbildung 5 auf S. 93. Zur Berechnung der Werte siehe auch die Formel auf S. 281.

Warquignies erreicht nach der Erweiterung um die entsprechenden Anteile von Dour, Eugies und Pâturages einen Wert von 0,04.134 Der Grund hierfür liegt darin, dass Warquignies, bezogen auf die Bevölkerungszahl, eine eher kleine Gemeinde war. Während in Warquignies lediglich 600 Menschen lebten (384 Erwerbspersonen), gehörten die benachbarten Gemeinden der Gruppen C und D zu den einwohnerstärksten des Gebietes. So ist Dour mit 5.084 Einwohnern (3.510 Erwerbspersonen) die drittgrößte der untersuchten Gemeinden, Pâturages hat die zweithöchste Einwohnerzahl. Da Dour an keine andere Gemeinde aus der Gruppe A grenzt, fließt die Einwohnerzahl von Dour vollständig in die Berechnung der erweiterten Anzahl der Erwerbspersonen von Warquignies ein, während sich die Erwerbspersonen aus Pâturages auf Quaregnon und Warquignies aufteilen. Die an Warquignies angrenzenden Gemeinden können demnach nicht ohne weitere Prüfung zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt werden. Aus diesem Grund werden qualitative Informationen zu der Gemeinde Pâturages hinzugezogen.Van der Maelen gibt an, dass fast alle Einwohner der Gemeinde in den Gruben in Pâturages oder einer der benachbarten Gemeinden tätig waren. 135 Aus diesem Grund wird die Gemeinde Pâturages zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt. In Dour war jede fünfte Erwerbsperson in den Gruben dieser Gemeinde beschäftigt. Neben Warquignies grenzt die Gemeinde Dour noch an Boussu, Eugies, Élouges und Athis. Während in Athis kein Bergbau zu finden war und die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl in Eugies und Élouges mit 0,05 und 0,15 relativ niedrig war, betrug sie in Boussu 0,46 und lag damit nur knapp unter dem Wert ab welchem von einer Arbeitsmigration aus benachbarten Gemeinden ausgegangen wird. Aufgrund der großen Diskrepanz zwischen der Zahl der Einwohner in Warquignies und Dour – absolut arbeiteten mehr Personen in den Gruben Dours als Warquignies Einwohner hat – wird in diesem Fall die Gemeinde Boussu, obwohl eigentlich Gruppe B zugehörig, in die Analyse einbezogen und ein kumulierter Quotient der Gemeinden Boussu, Dour und Warquignies errechnet. Hierbei wird die Anzahl der Beschäftigten in den Gruben aller drei Gemeinden in Beziehung zu den kumulierten Erwerbspersonen von Boussu, Dour und Warquignies gesetzt. 134 Vgl. zur Berechnung der Werte die Formel auf S. 281. 135 Maelen, Dictionnaire géographique, S. 381.

II.III Das Borinage

95

Der Wert des so erstellten Quotienten beträgt 0,31. Aus diesem Grund wird Dour in die Wirtschaftsregion Borinage einbezogen, während sich keinerlei Rechtfertigung für die Aufnahme der Gemeinde Eugies findet. Der Bergbau-Erwerbspersonen-Quotient liegt bei 0,05 und weder im Fall des benachbarten Warquignies noch bei den ebenfalls angrenzenden Gemeinden Pâturages und Frameries ist davon auszugehen, dass diese Arbeitskräfte aus Eugies beschäftigten. In Warquignies selber lag das Verhältnis von Arbeitern im Bergbau zu Erwerbspersonen bei einem Wert von 0,54, weswegen die Gemeinde Warquignies wie alle Gemeinden der Gruppen A und B zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt wird. Die Gemeinden der Gruppe C werden, mit Ausnahme der Gemeinde Eugies, aufgrund obiger Analyse ebenfalls zu der Wirtschaftsregion Borinage gezählt, gleiches gilt für die beiden Gemeinden, der Gruppe D (Baudour und Ghlin). Noch ausstehend ist die Analyse der Gemeinden der Gruppe E, also solche in denen die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl unter 0,25 lag. Hier wird geprüft, ob eine der Gemeinden, trotz des niedrigen Wertes des Quotienten, in die Wirtschaftsregion Borinage inkludiert werden sollte. In den Gemeinden Audregnies, Montrœul, Quiéverain und Ville-Pommerœul weist das Verhältnis zwischen Arbeitern in den Gruben und Erwerbspersonen einen Wert von weniger als 0,1 auf. In Audregnies gab es eine kleine Textilproduktion und eine Ziegelei, jedoch kein Gewerbe welches sich in Verbindung mit dem Bergbau sehen lässt. 136 Bis auf die Gemeinde Ville-Pommerœul, in der es zwei Kohlehändler gab, trifft dies auf alle zuvor genannten Gemeinden zu.137 Bei keiner dieser Gemeinden findet sich ein Grund, diese in die Wirtschaftsregion Borinage aufzunehmen. Gleiches gilt für die Gemeinde Baisieux (0,11). Aufgenommen werden die Gemeinden Élouges (0,15) und Hainin (0,17). Beide liegen zwar nicht in unmittelbarer Nachbarschaft zu Gemeinden der Gruppe A, grenzen aber an die Gemeinde Boussu, die mit einem Wert von 0,46 nur knapp in die Gruppe B gerutscht ist. Neben einigen bedeutenden Seilereien in Élouges, die Seile für den Bergbau produzierten, waren in Hainin einige Leute im Bereich des Transports der Kohle über die Henne und den Kanal beschäftigt. Dies und die Nähe zu Boussu mit seinen vielen Arbeitsplätzen in den Gruben rechtfertigt eine Einbeziehung in die Wirtschaftsregion. Einer Betrachtung bedürfen noch die Gemeinden Ciply, Genly, Hautrage, Pommerœul, Thulin, Villerot und Wihéries, welche auf der Karte in Abbildung 4 (Seite 92) als weiße Flecken, neben den bereits diskutierten und Gruppen zugeordneten Gemeinden auffallen. Aufgrund des Mangels quantitativer Informationen zu diesen Gemeinden, werden zu ihrer Untersuchung die entsprechenden Artikel aus einem Lexikon von Hasquin herangezogen. Dieses Lexikon enthält unter anderem Informationen über die Geschichte der einzelnen belgischen Gemeinden. Für die Gemeinde Ciply lässt sich so die Information gewinnen, dass es in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts keinen Bergbau gab, da der Abbau von Steinkohle hier erst Ende der 1850er Jahre begann. 138 Da Ciply nicht in Nachbarschaft 136 Maelen, Dictionnaire géographique, S. 34f. 137 Vgl. Maelen, Dictionnaire géographique, S. 352f, S. 404f und S. 497f. 138 Vgl. Pierard, Christiane: Art. Ciply, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 1 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 321– 322, S. 322.

96

II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

zu Gemeinden der Gruppe A liegt, ist nicht davon auszugehen, dass es ausreichend bergbauliche Aktivität in den benachbarten Gemeinden gab, um für eine signifikante Beschäftigung von Einwohnern aus Ciply in diesen Bergwerken zu sorgen. Auch Genly, südlich von Noirchain gelegen, hatte weder eigene Gruben noch grenzte die Gemeinde an Gemeinden der Gruppe aus A. Zudem galt Genly selbst im 20. Jahrhundert noch als landwirtschaftlich geprägt.139 In der westlich von Baudour gelegenen Gemeinde Hautrage dominierte ebenfalls die Landwirtschaft. Hier begann der Abbau von Steinkohle erst im Jahr 1913 und auch eine Beschäftigung in den Gruben benachbarter Gemeinden scheint unwahrscheinlich, da sich hier nur Gemeinden der Gruppen D und E fanden.140 Die Bewohner der kleinen Gemeinde Villerot, zwischen Hautrage und Baudour gelegen, waren zwar – so der entsprechende Lexikonartikel – zum Teil in den Gruben der Region beschäftigt, es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Hinwendung zu bergbaulichen Tätigkeiten eher in das ausgehende 19. Jahrhundert fiel und somit zu einer Zeit einsetzte, als sich der Abbau von Steinkohle in die Gebiete nördlich der Henne, etwa in die Gemeinde Baudour, verlagerte.141 Aus diesem Grund wird Villerot nicht zur Wirtschaftsregion Borinage gezählt. Über die Gemeinde Thulin liegt zwar die Information vor, dass der Abbau von Kohle in den Gemeinden Élouges, Boussu und Dour habe Beschäftigung für die Arbeiter aus Thulin geschaffen habe,142 von den drei Gemeinden, in denen die Arbeiter aus Thulin in den Gruben laut Maelen arbeiteten, weist jedoch nur Boussu einen relativ hohen Anteil an Grubenarbeitern (0,46) auf, während in Dour oder Hainin lediglich jede fünfte Erwerbsperson im Bergbau beschäftigt war. Nach den zuvor angestellten Überlegungen, ist demnach nicht von einer starken Arbeitsmigration in diese Gemeinden auszugehen. Nicht zuletzt wegen der relativ hohen Einwohnerzahl Thulins (1.900) kann nicht von einer Dominanz des Bergbaus in Thulin ausgegangen werden, weswegen Thulin nicht zur Wirtschaftsregion Borinage gezählt wird. Das gleiche gilt für das landwirtschaftlich geprägte Wihéries, welches südlich von Élouges liegt. Auch hier wird von einer Beschäftigung der Arbeiter in den Gruben benachbarter Gemeinden gesprochen.143 Aufgrund der niedrigen Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl in diesen Nachbargemeinden, namentlich Élouges und Dour, kann auch im Fall von Wihéries nicht von einer Dominanz des Bergbaus ausgegangen werden. Für Pommerœul sind keinerlei Informationen über irgendeine Partizipation im Bergbau des Borinage bekannt, da139 Vgl. Cornet, Jean-Marie: Art. Genly, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 1 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 549– 550, S. 550. 140 Vgl. Cauchies, Jean-Marie: Art. Hautrage, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 1 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 655–656, S. 656. 141 Vgl. Cauchies, Jean-Marie: Art. Villerot, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 2 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 1534–1535, S. 1535. 142 Maelen, Dictionnaire géographique S. 469f. 143 Cauchies, Jean-Marie: Art. Wihéries, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 2 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 1631.

II.III Das Borinage

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her wird auch diese Gemeinde bei der Konstruktion der Wirtschaftsregion nicht weiter berücksichtigt. Überprüft werden muss noch die Zugehörigkeit der Stadt Mons zu der Wirtschaftsregion Borinage. In Mons selber befand sich keine Grube, demnach kann eine Dominanz bergbaulicher Tätigkeit nur bestanden haben, wenn ein erheblicher Anteil der Erwerbspersonen aus Mons in den Gruben der benachbarten Gemeinden beschäftigt war. An die Stadt Mons grenzt mit Jemmappes eine der Gemeinden, deren Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl größer eins war. Die Zahl der in den Gruben von Jemmappes beschäftigten Bergleute, war damit größer als die Zahl der erwerbstätigen Bewohner der Gemeinde. Mons hatte im Jahr 1829 etwa 23.000 Einwohner, demnach also ca. 14.700 Erwerbspersonen. Berechnet man die Anzahl der erweiterten Erwerbspersonen der Gemeinde Jemmappes unter Einbeziehung der Erwerbspersonen der Stadt Mons, ergibt sich Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl von 0,13.144 Entsprechend würde die Gemeinde Jemmappes, deren Zahl der Erwerbspersonen bereits um Anteile der erwerbstätigen Bewohner der Gemeinden Baudour, Cuesmes, Frameries und Ghlin erweitert wurde, nach einer Einbeziehung der Erwerbspersonen aus Mons, die geforderten Kriterien für eine Zugehörigkeit zu der Wirtschaftsregion Borinage nicht mehr erfüllen. Allerdings zeigt die Rechnung auf Seite 281, dass über ein Viertel der Erwerbspersonen aus Mons in den Gruben der, um die Bergleute aus Baudour, Cuesmes, Frameries und Ghlin, erweiterten Gemeinde Jemmappes arbeiten könnten, ohne dass die Grubenarbeiter-Erwerbspersonen-Zahl von Jemmappes unter 0,25 sinken würde. Das hieße, dass sowohl in Mons ein erheblicher Anteil der Erwerbspersonen im Bergbau beschäftigt sein könnte, während zugleich auch die Gemeinde Jemmappes noch die Bedingungen zur Aufnahme in die Wirtschaftsregion erfüllen würde. Zu hinterfragen ist jedoch, ob die Annahme, dass 25 % der Erwerbspersonen aus Mons im Bergbau beschäftigt war, zulässig ist. Zum einen liegen keine Informationen über eine Beschäftigung der Bewohner von Mons in den Gruben des Borinage vor. Zum anderen beheimatete die Stadt Mons zahlreiche Betriebe in diversen Produktionszweigen: Neben jeweils zehn florierenden Salinen und Seifenfabriken gab es unter anderem Tabak- und Kerzenfabriken, Gießereien, acht Ölund ebenso viele Getreidemühlen und eine Ziegelbrennerei. Des weiteren existierte eine Textilindustrie, deren Produkte, genau wie verschiedene Lebensmittel, ins Umland verkauft wurden. Mons galt als ein Zentrum des Handels mit Hopfen, Flachs, Leinen und Hanf, ebenso wichtig war der Vieh- und Pferdehandel, aber auch der Handel mit Marmor und Kohle. 145 Die aufgrund der vorherigen Berechnungen getroffene vorläufige Annahme, dass etwa ein Viertel der Einwohner von Mons im Bergbau beschäftigt gewesen sein könnte, muss an dieser Stelle verworfen werden. Vielmehr kann davon ausgegangen werden, dass der Anteil an Beschäftigten im Bergbau weitaus geringer war. Gleichzeitig ist bekannt, dass Bewohner der Stadt zumindest am Handel mit Kohle partizipierten – auch wenn kei144 Vgl. für die erweiterte Erwerbspersonenzahl der Gemeinde Jemmappes ohne Mons Tabelle 14 auf S. 94 sowie die Rechnung auf S. 281. 145 Vgl. Maelen, Dictionnaire géographique S. 334–345 und Pierard, Christiane: Art. Mons, in: Hasquin, Hervé (Hg): Communes de Belgique. Dictionnaire d’histoire et de geographie administrative, Bnd. 2 Wallonie, Bruxelles 1983, S. 1011–1016.

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II. Die Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

ne Aussage über eine Tätigkeit in den Gruben getroffen werden kann. Die Stadt Mons wird im Folgenden nicht als Teil der Wirtschaftsregion Borinage betrachtet, da die wirtschaftliche Struktur sehr viel diversifizierter war, als die der übrigen Gemeinden und sich keine Hinweise für eine Dominanz bergbaulicher Aktivität finden ließen. Ähnlich wie im Fall von Birmingham lässt sich eine Zugehörigkeit zu der benachbarten Wirtschaftsregion nicht hinreichend begründen, da die Stadt sich nicht in die homogene Struktur der Wirtschaftsregion Borinage einfügt. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Mons und den Gemeinden des Borinage werden im Folgenden entsprechend nicht als intra-, sondern als interregionale Verbindung interpretiert. Zu der Wirtschaftsregion Borinage werden die Gemeinden gezählt, in denen sich die hohe Bedeutung des Steinkohlenbergbaus über den Hilfsindikator der Beschäftigung in den einzelnen Wirtschaftsbereichen quantifizieren ließ. Von einem solchen Anteil der Beschäftigung im Steinkohlenbergbau wurde ausgegangen, wenn etwa jede vierte Erwerbsperson hier arbeitete. Als Erwerbspersonen galten dabei die Bewohner der Gemeinden, deren Alter zwischen 15 und 65 lag. Die Gemeinden Audregnies, Baisieux, Eugies, Montrœul, Quiévrain, Ville-Pommerœul und Warquignies, sowie die Stadt Mons erfüllten diese Kriterien nicht und werden nicht als Teil der zu definierenden Wirtschaftsregion Borinage betrachtet. Erfüllt wurden die Kriterien von den Gemeinden Baudour, Boussu, Cuesmes, Dour, Élouges, Frameries, Ghlin, Hainin, Hornu, Jemmappes, Noirchain, Pâturages, Quaregnon, St. Ghislain, Wasmes und Wasmuel, welche die in Abbildung 6 dargestellte Wirtschaftsregion Borinage bilden. Abbildung 6: Die Wirtschaftsregion Borinage

Eigene Darstellung. Grenzen der Gemeinden nach Watelet, Industrialisation, S. 115. Gemeinden gruppiert analog der Einteilung in Tabelle 13: Gruppe A: Hellgrau, Gruppe B: Diagonal gestreift, Gruppe C: Mittelgrau, Gruppe D: Quer gestreift, Gruppe E: Dunkelgrau.

III. DER INDUSTRIALISIERUNGSVERLAUF IN DEN UNTERSUCHUNGSREGIONEN III.I DAS BLACK COUNTRY III.I.I Die Eisenproduktion Das Black Country verdankt seinen Namen nicht zuletzt den zahlreichen Hochöfen, Puddelöfen und Frischfeuern, welche die Gegend in schwarzen Rauch hüllten und deren Feuerschein in der Nacht schon aus der Ferne zu sehen war. Nicht nur im Black Country prägten die markanten Hochöfen und die ausladenden Eisenund Stahlwerken wie kaum ein anderer Sektor die Landschaft und unser Bild der Industrialisierung. Die Darstellung schmiedbaren Eisens aus Eisenerzen ist jedoch keine Errungenschaft der Industrialisierung, viel mehr ist Eisen ein Werkstoff der schon seit prähistorischen Zeiten hergestellt und genutzt wird. Die Technik der Eisenproduktion blieb hierbei über mehrere tausend Jahre unverändert: In sogenannten Rennöfen wurden Eisenerze erhitzt und der entstandene Eisenklumpen anschließend mit dem Hammer bearbeitet. Das so erzeugte Eisen zeichnete sich durch einen sehr geringen Kohlenstoffgehalt (< 1 %) und einem geringen Anteil an Unreinheiten aus. Eisen mit diesen Eigenschaften wurde und wird als Schmiedeeisen bezeichnet.1 Schmiedeeisen lässt sich unter erneuter Zuführung von Hitze und Aufwendung von Kraft verformen, also schmieden, und eignet sich entsprechend gut zur Weiterverarbeitung, also zur Herstellung von Gebrauchsgütern. Während des Untersuchungszeitraums veränderte sich die zur Herstellung von Eisen genutzte Technologie erheblich und das Rennverfahren wurde durch andere Prozesse ersetzt, durch welche sich auch die für die Produktion benötigte Rohstoffbasis wandelte. Dieser technologische Fortschritt hatte einen starken Einfluss auf die Entwicklung der Eisenindustrie in der Wirtschaftsregion Black Country und verdeutlicht die enge Beziehung zwischen den Variablen Menschen, Technologie und Raum (diese umfasst dabei die geologischen und geographischen Gegebenheiten einer Region und damit auch die Verfügbarkeit von Rohstoffen). Im Folgenden wird die technologische Entwicklung der Eisenindustrie in Bezug zu der räumlichen Beschaffenheit des Black Country und den Folgen für die dortige wirtschaftliche Entwicklung gesetzt. Eine entscheidende Veränderung des Prozesses der Herstellung von Eisen stellte die Einführung von Hochöfen dar, die in England auf das Ende des 15. Jahrhunderts datiert, während sich in Kontinentaleuropa schon für frühere Jahre vereinzelte Hochöfen nachweisen lassen. Ein Hochofen ist ein gemauerter 1

Hyde, Charles Keith: Technological change and the development of the British iron industry, 1700–1870 (Dissertation University of Wisconsin), Wisconsin 1971, S. 7 (im Folgenden zitiert als Hyde, Technological change).

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Schachtofen, in welchem Eisenerze erhitzt und eingeschmolzen werden. Der oberste Teil, die Gicht, dient zur Befüllung des Hochofens mit Eisenerzen, Brennstoffen und Zuschlägen, also den benötigten Rohmaterialien. Bei den Zuschlägen handelt es sich um verschiedene Stoffe deren Anwesenheit Einfluss auf die chemischen Prozesse im Hochofen und damit auch die Eigenschaften des fertigen Eisens hat. Unterhalb der Gicht befindet sich ein nach unten konisch zulaufender Teil, der Schacht oder Schachtraum. Den weitesten Teil des Schachtraumes bezeichnet man wegen seiner Form als Bauch oder Kohlensack unter welchem sich der Hochofen stark verjüngt. Dieses Stück, Rast genannt, mündet dann in einem zylindrischen Abschnitt, dem Schmelzraum des Hochofens, auch Gestell genannt. Durch die hier befindlichen Windformen wird mit Hilfe großer Blasebälge Luft in den Hochofen geblasen, um dem Feuer den benötigten Sauerstoff zuzuführen. Während des Schmelzprozesses trennen sich die im Eisenerz enthaltenen nichtmetallischen Bestandteile von dem Eisen. Aufgrund ihrer geringeren Dichte schwimmen sie in Form von flüssiger Schlacke auf dem geschmolzenen Eisen. So kann die Schlacke durch eine Öffnung im oberen Bereich des Gestells abgelassen werden, während das flüssige Eisen durch die sogenannte Stichöffnung am Boden des Schmelzraums abgelassen und in die Abstich- oder Gießhalle geleitet wird. In dieser Halle wird das flüssige Eisen durch Rinnen geführt, die in Mulden enden in denen das Eisen nach dem Abkühlen erhärtet. Da dieses System von von Kanälen und Mulden Ähnlichkeit mit einer säugenden Sau und ihren Ferkeln hat, wird das im Hochofen produzierte Eisen im englischen Sprachraum als pig iron bezeichnet. Auch die eher seltene Bezeichnung sow iron leitete sich aus dieser Verbildlichung ab. Im deutschen Sprachgebrauch firmiert das Produkt des Hochofens als Roheisen.2 Roheisen unterscheidet sich nicht nur bezüglich seiner chemischen Zusammensetzung von Schmiedeeisen. Der im Vergleich zu Schmiedeeisen relativ hohe Kohlenstoffgehalt von 1,8 % bis 5 % beeinflusst, genau wie andere in Eisen enthaltene Stoffe, die Eigenschaften des Eisens. So führt ein hoher Anteil von Kohlenstoff zu einer nachlassenden Zähigkeit und größeren Härte des Werkstoffs. Folglich ist Roheisen sehr hart, gleichzeitig aber auch sehr spröde und brüchig und damit nicht schmiedbar. Die direkte Weiterverarbeitung von Roheisen zu einem gebrauchsfähigen Gut ist somit nicht möglich. Allerdings kann das noch flüssige Roheisen in Formen gegossen und so zu Gegenständen geformt werden. Dies ermöglichte auch die Produktion von komplexeren Gefäßen, Bauteilen oder ähnli2

Vgl. zum Aufbau eines Hochofens Gale, Walter Keith Vernon: The British iron and steel industry. A technical history, Newton Abbot 1967, S. 49f (im Folgenden zitiert als Gale, British iron and steel industry) und Gale, Walter Keith Vernon: The iron and steel industry. A dictionary of terms, Newton Abbot 1971, S. 41, S. 153 und S. 188 (im Folgenden zitiert als Gale, Dictionary) und Hayman, Richard: Ironmaking. The history and archaeology of the Iron In dustry, Stroud 2005, S. 23 (im Folgenden zitiert als Hayman, Ironmaking), S. 23 und Tafel Eisen I zu Ohne Autor: Art. Eisen, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon 5 (Differenzgeschäfte bis Erde), (1906), S. 478–496, Fig. 5 und Fig. 7 und Ohne Autor: Art. Pig iron, in: Trinder, Barrie (Hg.): The Blackwell encyclopedia of industrial archaeology, Oxford/ Cambridge 1992, S. 570–571), S. 570 (im Folgenden zitiert als Art. Pig iron (Blackwell encyclopedia of industrial archaeology)).

III.I Das Black Country

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chem. Dieses Gusseisen, im englischen cast-iron, und Roheisen sind chemisch identisch und unterscheiden sich nur durch ihren Verwendungszweck.3 Um das spröde Roheisen schmiedbar zu machen, muss diesem der Kohlenstoff und weitere Unreinheiten entzogen werden. Hierzu wurde das Roheisen einem Prozess unterzogen, in dessen Verlauf es gefrischt und gezängt wurde. Der Frischprozess, so der Name dieses Verfahrens, begann mit dem erneuten Einschmelzen des Eisens. Dieses wurde in dem sogenannten Frischraum auf einem Herd platziert und unter Zuführung von Luft erhitzt und geschmolzen. Da der Kohlenstoff eine höhere Affinität zu Sauerstoff als zu Eisen aufweist, verbindet er sich mit dem in der Luft enthaltenen Sauerstoff und wird so dem Roheisen entzogen. Da die Schmelztemperatur kohlenstoffarmen Eisens über der von kohlenstoffreichem Eisen liegt, verfestigt sich das flüssige Eisen im Laufe des Frischens bis es eine breiige Masse bildet, die nach dem Abkühlen zu einem Eisenklumpen, der Luppe, wird. Die Luppe kann dann unter erneuter Zuführung von Hitze in Form gehämmert werden. Dieser Schritt, das Zängen, dient nicht nur der Herstellung uniformer Eisenstäbe, dem Stabeisen (engl. iron bars), gleichzeitig werden noch im Eisen befindliche Schlacken aus diesem herausgepresst. Das Ergebnis ist ein kohlenstoffarmes, leicht schmiedbares, zähes und schweißbares Eisen.4 Die Kombination aus den beiden Herden in denen das Frischen des Roheisens durchgeführt wird, wird im Englischen Sprachgebrauch als forge bezeichnet, die Herde als finery und chafery. In der Regel waren zwei fineries zur Auslastung einer chafery nötig. Bis zur Einführung der Dampfmaschinen in die Eisenproduktion, wurden sowohl die Blasebälge, die beim Frischen des Eisens für die benötigte Zufuhr von Luft sorgten, als auch die großen Hämmer, mit denen das entkohlte Eisen gezängt wurde, mit Wasserkraft angetrieben.5 Als Brennstoff kam im Frischprozess Holzkohle zum Einsatz, die jedoch vom 17. Jahrhundert an teilweise durch Steinkohle substituiert wurde. Auch wenn nicht exakt rekonstruiert werden kann, wann und in welchem Umfang hier Steinkohle eingesetzt wurde, existieren immer wieder Hinweise auf die Verwendung von Steinkohle in einigen frühen Eisenwerken. Allerdings lässt sich, wie bei der Old Forge in West Bromwich, wo in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sowohl seacoles als auch charcoles verbraucht wurden, aus den Unterlagen nicht ersehen für welchen Teil des Produktionsprozesses welcher Brennstoff zum Einsatz kam. 6 Es ist jedoch davon auszugehen, dass für das Frischen des Roheisens Holzkohle verwendet wurde, während 3

4 5

Vgl. Beckert, Th.: Art. Eisen (metallurgisch), in: Lueger, Otto (Hg.): Lexikon der gesamten Technik, Bnd. 3 (Dolomit bis Feuerturm), Stuttgart/ Leipzig 21906, S. 263–270, S. 263 und S. 268 (im Folgenden zitiert als Beckert, Art. Eisen) und Gale, British iron and steel industry, S. 14 und Gale, Dictionary, S. 41 und Gale, Walter Keith Vernon: Iron and steel, (Industrial Archaeology 2), Harlow 1969, S. 6 (im Folgenden zitiert als Gale, Iron and steel). Zum Einfluss von Kohlenstoff und anderen Elementen auf Eisen vgl. auch Beckert, Art. Eisen, S. 268– 270. Vgl. zum Ablauf des Frischprozesses Gale, Black Country iron, S. 174f, Hayman, Ironmaking, S. 25 und Hyde, Technological change, S. 10. Gale, Black Country iron, S. 174f und Gale, Dictionary, S. 87 und Hyde, Technological change, S. 10 und Ohne Autor: Art. Forge, in: Trinder, Barrie (Hg.): The Blackwell encyclopedia of industrial archaeology, Oxford/Cambridge 1992, S. 266. Vgl. zum Verhältnis von fineries und chaferies auch Hayman, Ironmaking, S. 25.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

bei dem Zängen des entkohlten Eisens auch Steinkohlen zum Einsatz kamen. Laut Hyde war dies spätestens ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts die gängige Praxis.7 Gemeinhin wird diese Phase in Großbritannien als charcoal iron industry bezeichnet – missverständlich nicht nur aufgrund der parallelen Verwendung von Holz- und Steinkohlen zu dieser Zeit, sondern auch da bei dem zuvor üblichen Rennverfahren Holzkohle als Brennstoff zum Einsatz gekommen war. Während mit dem Rennprozess Schmiedeeisen direkt aus Eisenerz dargestellt wurde, spaltete die Einführung des Hochofens den Prozess der Eisengewinnung also in zwei Stufen auf. Gleichzeitig ermöglichte der Hochofenprozess die Erzeugung größerer Mengen Eisens. Bis zur Einführung der Dampfmaschinen benötigten die Hochöfen, Frischherde und Schmieden, neben Eisenerzen, Holzkohle und optional auch Steinkohle, Wasserläufe mit ausreichender Kraft zum Antrieb der Wasserräder, durch welche die Blasebälge und Hämmer bewegt wurden. Dies führte in der Regel führte dazu, dass die zwei Schritte der Eisenerzeugung räumlich voneinander getrennt waren. Nur dort, wo ausreichend große Wasserläufe zum Betrieb mehrerer Anlagen vorhanden waren, befanden sich Hochöfen und Frischwerke in direkter Nähe zueinander. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts existierten im Black Country zwei Hochöfen, einen in Cradley, südlich von Dudley, und einen anderen – Hales – etwas weiter östlich, südwestlich von Oldbury.8 Zwei weitere Hochöfen fanden sich in direkter Nähe der Wirtschaftsregion Black Country, einer bei Trescott in Tettenhall und einer nördlich von Birmingham bei Aston. Zwischen 1610 und 1670 produzierten die beiden im Black Country gelegenen Hochöfen jährlich etwa 760 t Roheisen. Da die Produktion in England und Wales 1670 bei knapp 17.300 t lag, entfiel zu dieser Zeit folglich weniger als 5 % der englischen und walisischen Roheisenproduktion auf das Black Country. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts blieb die Zahl der Hochöfen im Black Country konstant, während die produzierten Mengen leichten Schwankungen unterworfen waren. Die jährlich produzierte Menge Stabeisens stieg von 1.360 t in 1718 geringfügig auf 1.370 t in 1736 und dann auf 1.700 t in 1749 an. Die Anzahl der aktiven Frischwerke lag im Jahr 1718 bei acht und fiel dann bis 1736 auf sieben. Auch für 1750 lassen sich sieben Werke nachweisen.9 Diese lagen, wie die grafische Darstellung in Abbildung 7 zeigt, alle an den Ufern der Flüsse, die sich durch die Randgebiete der Wirtschaftsregion Black Country winden. Bis auf das Frischwerk bei West Bromwich, im Osten der Region an dem River Tame gelegen, befanden sich alle Werke im Süden und Südwesten an den Ufern des Stour (Cookley, Cradley, Whittington und Wolverley) und des Smestow Brook (Heath und Swindon), einem Zulauf des Stour. Auch die beiden Hochöfen, die 1750 in der Wirtschaftsregion Black Country in Betrieb waren, 6 7 8 9

Dilworth, D.: The Tame mills of Staffordshire, London 1976, S. 44 (im Folgenden zitiert als Dilworth, Tame mills) gibt leider keine Quellenangabe für diese Information. Hyde, Charles Keith: Technological change in the British wrought iron industry, 1750–1815. A reinterpretation, in: Economic History Review 27 (1974), S. 190–206, S. 196 (im Folgenden zitiert als Hyde, Reinterpretation). King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 5A Early. Zahlen aus King, Peter Wickham: Early Statistics for the iron industry. A vindication, in: Historical Metallurgy 30:1 (1996), S. 23–46, S. 36f.

III.I Das Black Country

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lagen an den Ufern des Stour, die beiden außerhalb der Wirtschaftsregion gelegenen Hochöfen lagen an den Ufern des Smestow und des Tame. Abbildung 7: Die Lage der Eisenwerke im Black Country, 1750

Eigene Darstellung. Lage der Flüsse und Gemeinden basierend auf Ordnance Survey: Cassini Historical Map. Ordnance Survey, Old Series (Surveyed 1791–1874, published 1805–1874), Map 139, Birmingham & Wolverhampton, 1831–1835, Southampton (im Folgenden zitiert als Ordnance Survey, Old Series, Map 139, Birmingham & Wolverhampton), sowie auf Humphery-Smith, Phillimore atlas and index, S. 31 und S. 38. Lage der Hochöfen und Frischwerke aus King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 3A, Sheet 1 und King, Iron trade, Thesis Data, Forge 2.

Die Darstellung in Abbildung 7 verdeutlicht die Verbindung von Raum und verfügbaren Technologien. Die Standorte der lokalen Eisenwerke wurden bestimmt durch den Verlauf der Flüsse, deren geringe Zahl zugleich die Anzahl der Werke und damit auch die Höhe der produzierten Mengen begrenzte. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts gelang erstmals die Verhüttung von Eisenerz mit Koks anstelle von Holzkohle, nachdem es zuvor bereits einige erfolglose Versuche der Substituierung von Holz- durch Steinkohle gegeben hatte. Die Motive für den Wechsel des Brennstoffs sind Gegenstand einer wissenschaft-

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

lichen Debatte aus den 1950er Jahren. Die ursprüngliche Forschungsmeinung besagte, dass eine absehbare Holzknappheit die Eisenproduzenten zu der Suche nach alternativen Brennstoffen trieb. Hyde und andere widerlegten dies und wiesen auch frühere Schätzungen über den Output der Eisenindustrie im 17. Jahrhundert als zu hoch zurück. Auch die langsame Verbreitung des neuen Verfahrens wurde als Argument gegen eine akute Holzkohleknappheit angeführt. Ashton und andere hatten hierfür Probleme in der technischen Nutzung des Koks im Hochofen und Nachteile des mit Koks verhütteten Eisens bei der Weiterverarbeitung zu Schmiedeeisen verantwortlich gemacht. Hyde widerlegte auch dies und zeigte, dass die Adaption von Koks als Brennstoff in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts vor allem auf Veränderungen in der Preisstruktur zurückzuführen waren. Die steigende Nachfrage nach Roheisen brachte eine steigende Nachfrage nach Holzkohle mit sich. Da das Angebot an Holzkohle unelastisch war, stiegen die variablen Kosten für das mit Holzkohle produzierte Roheisen. Gleichzeitig fielen die Preise für Steinkohle, zudem konnte der Steinkohleverbrauch bei der Verhüttung der Erze gesenkt werden. Dies führte dazu, dass sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Koks als Brennstoff bei der Produktion von Roheisens durchzusetzen begann und 1790 nur noch etwa 10 % des britischen Roheisens mit Holzkohle produziert wurde.10 Die Abkehr von der Holzkohle führte zu einer Veränderung der Standortbedingungen für den Betrieb von Hochöfen und Eisenwerke. In der charcoal-era hatte sich die Eisenindustrie durch ihre Dezentralität ausgezeichnet: Eine Konzentration der Werke wurde durch die Fließgeschwindigkeit der Wasserläufe, die selten zum Betrieb mehrerer Werke in unmittelbarer Nähe zueinander ausreichte, begrenzt. Die Nutzung der Dampfmaschine in der Eisenproduktion und der gleichzeitige Wechsel zu mineralischen Brennstoffen, ermöglichte zum einen eine Lösung der Werke von den Wasserläufen und führte zum anderen zu einer Konzentration der Eisenwerke in direkter Nähe der Kohlevorkommen. In der Wirtschaftsregion Black Country wirkte sich diese technologische Entwicklung massiv auf die Eisenindustrie aus. Durch die Unabhängigkeit von den wenigen verfügbaren Wasserläufen breiteten sich die Produktionsstätten in der ganzen Wirtschaftsregion aus, wo die Produzenten von den günstigen Steinkohlen aus dem South Staffordshire Coalfield profitierten. Zudem ermöglichte der Einsatz von Dampfmaschinen erstmals auch die Nutzung lokaler Eisenerze. Diese wiesen einen hohen Schwefelanteil auf, welcher dem Eisen durch die Zugabe von Kalk entzogen werden konnte. Die hierzu benötigten großen Kalkzuschläge erforderten jedoch eine höhere Temperatur im Inneren des Hochofens. Gegenüber dem Betrieb mit Wasserkraft, konnte diese durch den Einsatz von Dampfmaschinen zum Einblasen der Luft in den Hochofen in ausreichendem Maße gesteigert werden, so dass auch lokale Erze genutzt werden konnten.11 Diese Nivellierung des bisher bestehenden Standortnachteils bei gleichzeitiger Verfügbarkeit der nun benötigten Rohstoffe, schlug sich nicht nur in der räumli10 Vgl zu der Debatte die Darstellung bei Harris, J. R.: The British iron industry, 1700–1850 (Studies in economic an social history), Basingstoke 1988, S. 19–29, S. 32 und S. 34f (im Folgenden zitiert als Harris, British iron). 11 Vgl. hierzu Morton/Guillou, Pig iron, S. 272.

III.I Das Black Country

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chen Verteilung der Produktionsstätten, sondern auch in einer Zunahme ihrer Anzahl nieder. So ging im Jahr 1757, zeitgleich mit einem neuen mit Holzkohle befeuerten Hochofen, der erste mit Koks betriebene Hochofen im Black Country in Betrieb. Die Anzahl der Hochöfen in der Wirtschaftsregion Black Country verdoppelte sich damit auf vier. Abbildung 8 zeigt die Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. In den 1760er und 1770er Jahren blieben sowohl die produzierten Mengen als auch die Anzahl der Hochöfen relativ konstant. Die Produktion der insgesamt vier Hochöfen lag bei 2.833 t Roheisen in den Jahren von 1757 bis 1782 und bei 3.188 t von 1773 bis 1782. Im Jahr 1772 wurde jedoch einer der mit Holzkohle befeuerten Hochöfen durch einen mit Steinkohle betriebenen Hochofen ersetzt. Abbildung 8: Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1799

Vgl. für Daten Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang).

Ab dem Jahr 1783 verzeichnete die Roheisenproduktion in der Region einen ersten merklichen Anstieg. Von 1783 bis 1791 erhöhte sich die Zahl der Hochöfen von vier auf 14, die Produktion stieg auf 12.456 t an. Alle neu errichteten Hochöfen nutzen Steinkohle, bzw. Koks, als Brennstoff und nach 1786 verblieb nur ein Hochofen in der Region der Holzkohle als Energieträger nutzte. Nach einer relativ konstanten Produktionsleistung bis 1796 schnellte der Output im Jahr 1797 auf über 20.000 t und steigerte sich innerhalb eines weiteren Jahres auf mehr als 25.000 t. Im Jahr 1799 produzierten 19, alle mit mineralischen Brennstoffen befeuerte, Hochöfen insgesamt etwa 26.000 t Roheisen. Auch die, vereinzelt um die

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Region herum verstreuten Holzkohle-Hochöfen verschwanden im Laufe der 1770er und 1780er Jahre, so dass sich am Ende des 18. Jahrhunderts alle Hochöfen in dem Gebiet über der Steinkohlelagerstätte konzentrierten. 12 Ob die Hochöfen im Black Country mit Koks oder unverkokter Steinkohle betrieben wurden, lässt sich nicht zweifelsfrei sagen. Weder zeitgenössische noch neuere Darstellungen beziehen hierzu Stellung. Lediglich Morton und Le Guillou berichten, dass John Wilkinson seinen Hochofen in den 1770ern erfolgreich mit unverkokter Kohle betrieb. Da die lokale Kohle sich nicht gut verkoken ließ, wäre es nicht verwunderlich, wäre in mehr Hochöfen des Reviers unverkokte Steinkohle zum Einsatz gekommen. Auch wenn die Hochöfen nun ohne Wasserkraft auskamen und mit Stein- statt Holzkohle betrieben werden konnten, so war der Frischprozess, in welchem das Roheisen zu Schmiedeeisen weiterverarbeitet wurde, weiterhin auf Holzkohle als Brennstoff angewiesen. Während das entkohlte Roheisen bereits im 17. Jahrhundert unter Nutzung von Steinkohlenfeuern geformt und von Unreinheiten befreit werden konnte, konnte die Holzkohle in den Frischherden auch in der zweiten hälfte des 18. Jahrhunderts nicht durch Steinkohle substituiert werden. Der Brennstoff – egal ob Holzkohle, Steinkohle oder Koks – ist nicht nur Energielieferant, sondern immer auch Reaktionspartner des chemischen Prozesses, der durch die Zuführung der Energie angeregt wird. Unterschiedliche chemische Eigenschaften des Energieträgers beeinflussen so den Ablauf und das Ergebnis des chemischen Prozesses. Der wichtigste chemische Unterschied zwischen Stein- und Holzkohle liegt in dem höheren Schwefelgehalt der Steinkohle. Diesen Schwefel gibt die Steinkohle an das niedergeschmolzene Eisen ab und verunreinigt es so. 13 Zudem enthielt das Steinkohle oder Koks produzierte Roheisen einen höheren Siliziumanteil als sein mit Holzkohle geschmolzenes Pendant. Ein hoher Siliziumgehalt wirkt sich nicht nur negativ auf die Dehnbarkeit des Eisens aus, sondern es hemmt auch die Lösung des im Roheisen enthaltenen Kohlenstoffs. Ein höherer Siliziumgehalt des verwendeten Roheisens verlängerte entsprechend die Dauer des Frischprozesses, in welchem dem Roheisen der Kohlenstoff entzogen werden sollte. 14 Da der Brennstoff einen großen Teil der variablen Kosten des Frischprozesses ausmachte,15 führte der gestiegene Brennstoffbedarf beim Frischen siliziumhaltigen Roheisens zu einem Anstieg der Kosten für die Stabeisenproduktion. Der Wechsel des Brennstoffes im Hochofenprozess verstärkte somit den Anreiz, eine technische Lösung zur Substituierung der Holzkohle durch die günstigere Steinkohle zu finden. Die ersten, denen die Entwicklung eines Verfahrens zur Stabeisenproduktion mit Steinkohle gelang, waren die Gebrüder Wood, von denen einer ein Eisenwerk 12 Vgl. hierzu auch die Darstellung in Abbildung 11. 13 Paulinyi, Akos: Die Umwälzung der Technik in der Industriellen Revolution zwischen 1750 und 1840, in: Paulinyi, Akos und Troitzsch, Ulrich (Hg.): Mechanisierung und Maschinisierung. 1600 bis 1840, Berlin 1991 (Propyläen-Technikgeschichte 3), S. 271–495, S. 48f (im Folgenden zitiert als Paulinyi, Umwälzung der Technik). 14 Vgl. zur Veränderung der Materialeigenschaft von Eisen bei Anwesenheit von Kohlenstoff oder Silizium Beckert, Art. Eisen, S. 268f. 15 Hyde beziffert den Anteil des Rohmaterial an den variablen Kosten mit 80–90%.

III.I Das Black Country

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in Wednesbury und einer ein Werk im Nordwesten Englands leitete. 16 Das, Anfang der 1760er Jahre patentierte, Verfahren der Wood-Brüder bestand im wesentlichen aus vier Schritten. Zuerst wurde das Roheisen mit Steinkohle eingeschmolzen. Dieser Schritt dient der Darstellung von Weißeisen (forge pig). Weißeisen war neben Graueisen (foundry pig) eine von zwei im 19. Jahrhundert bekannten Arten von Roheisen. Die englischen Bezeichnungen forge pig und foundry pig beziehen sich auf die jeweils bessere Eignung der beiden Roheisenarten für die Gießerei oder die Weiterverarbeitung zu Stabeisen. Das dünnflüssige und weichere Graueisen war besser für die Gießerei geeignet, als das härtere und dickflüssige Weißeisen. Letzteres unterscheidet sich von Graueisen neben einem geringeren Siliziumanteil dadurch, dass der gesamte enthaltene Kohlenstoff chemisch gebunden vorliegt, während der im Graueisen enthaltene Kohlenstoff zum überwiegenden Teil mechanisch beigemengt ist und so schwieriger aus dem Eisen zu lösen ist. Ob in einem Hochofenprozess Weiß- oder Graueisen entsteht, hängt von den verwendeten Erzen und anderen Begleitumständen des Schmelzvorgangs ab. Weißeisen lässt sich jedoch auch durch das Einschmelzen von Graueisen mit Steinkohle gewinnen. Hierdurch geht der in der Steinkohle enthaltene Schwefel in das Eisen über, wirkt dort jedoch der Bildung von Graphitflocken – also dem oben angesprochene mechanisch beigemengte Kohlenstoff – entgegen und begünstigt so das Entstehen von Weißeisen mit seinem chemisch gebundenen Kohlenstoff und geringem Siliziumanteil.17 Nach dem Weißen des Roheisens wurde das abgekühlte und ausgehärtete Weißeisen zerkleinert (stamping) und die Eisenstücke in abgedeckte Tontöpfe gefüllt (potting). Die Tontöpfe wurden anschließend in einem Ofen erhitzt. Als Brennstoff kam hier, wie auch bei dem Weißen, Steinkohle zum Einsatz. Um dem Eisen den zuvor aufgenommenen Schwefel zu entziehen, wurde den Töpfen Kalk als Zuschlag beigefügt. In den Töpfen verband sich der Kohlenstoff mit dem Sauerstoff der enthaltenen Luft und der Schwefel mit dem Kalk, während die Töpfe zugleich das Eisen vor weiteren Verunreinigungen durch die Steinkohle schützten. Nach einer bestimmten Zeit zerbrachen die Tontöpfe und die entstandenen Eisenklumpen wurden wie im Frischprozess bei Gluthitze gezängt und zu Stäben geformt. Die Gebrüder Wood schirmten also den chemischen Prozess der Entkohlung durch die Tontöpfe ab und nahmen der Kohle so ihre Doppelrolle als Energielieferant und Reaktionspartner.18 In Anlehnung an die einzelnen Produktionssschritte wird der Prozess in Großbritannien als potting and stamping bezeichnet. 16 Hayman, Ironmaking, S. 42f. 17 Vgl. zu dem Prozess Hayman, Ironmaking, S. 42f und Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 397f. Vgl. zu den chemischen Eigenschaften von Grau- und Weißeisen und ihrer Nutzung Ohne Autor: Art. Eisen, in: Pierer’s Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart oder Neuestes encyclopädisches Wörterbuch der Wissenschaften, Zünfte und Gewerbe 5 (1858), Altenburg, S. 564–571, S. 569 und Ohne Autor: Art. Eisen, in: Meyers KonversationsLexikon 5, Leipzig/Wien, S. 404–427. Das Weißen von Roheisens zur Vorbereitung des Frischprozesses ist keine Erfindung der Gebrüder Wood, sondern war bereits früher eine gängige Praxis, um die Entkohlung zu vereinfachen. 18 Vgl. zur Beschreibung des Verfahrens Hyde, Reinterpretation, S. 197 und Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 397f.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Im deutschsprachigen Raum ist von Potting oder der Shropshirer Frischmethode die Rede.19 Anfang der 1770er Jahre wurde das potting and stamping-Verfahren weiter verbessert. Zuerst wurde ein Patent auf die Nutzung von Koks statt Steinkohle angemeldet. Hierdurch wurde die Zugabe von Kalk obsolet, da der in der Kohle enthaltene Schwefel bei der Verkokung fast vollständig eliminiert wird. 1774 ließen sich John Wright und sein Schwager Richard Jesson, Eisenproduzenten aus West Bromwich, eine weitere Verbesserung des Verfahrens patentieren. Anstatt das Eisen in Töpfen zu erhitzen, häuften sie die Eisenstücke auf offenen tönernen Trageelementen, sogenannten stacks. Dieses Verfahren wurde bekannt als piling.20 Durch die Nutzung des Potting-Verfahrens konnte eine Kostenersparnis gegenüber dem Eisenfrischen mit Holzkohle realisiert werden. Während keine Angaben zu den Kapitalkosten des neuen Verfahrens existieren, beziffert Hyde die Ersparnis bei den variablen Kosten auf £ 2 bis £ 3 bei Nutzung des Potting-Verfahrens und Einsatz von Koks-Roheisen. So lagen die gesamten variablen Kosten pro Tonne Stabeisen nach seinen Berechnungen zwischen £ 11 und £ 12 bei Nutzung des potting and stamping-Verfahrens und Koks-Roheisens, während bei der traditionellen Frischmethode etwa £ 15 variable Kosten anfielen. Auch bei der Verwendung von Holzkohlen-Roheisen war das Potting-Verfahren dem Frischprozess überlegen. Hyde geht davon aus, dass in den 1780er Jahren etwa 50 % des britischen Stabeisens mit dem Potting-Verfahren produziert wurden.21 Bis Hyde in den 1970er Jahren diese Berechnungen in Form eines Aufsatzes vorlegte, war das potting and stamping-Verfahren von der Forschung weitgehend ignoriert worden. Der Fokus der Forschung lag bis zu diesem Zeitpunkt auf dem in den 1780ern von Cort patentierte Puddel-Verfahren von Cort. Historiker wie Ashton oder Birch erwähnten die Erfindungen der Gebrüder Wood und der Herren Jesson/Wright nur am Rande und beklagten die fehlenden Innovationen in der Stabeisenproduktion während der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. 22 Erst Hyde zeigte, dass das Puddel-Verfahren dem potting and stamping in Bezug auf die Produktionskosten nur knapp überlegen war, letzteres jedoch weniger technische Probleme mit sich brachte. Dies führt Hyde als Grund dafür an, warum sich das Puddeln erst Ende der 1790er durchsetzen konnte.23 Anders als das Potting-Verfahren kam das Puddeln ohne Zuschläge und Töpfe aus. Cort nutzte zur Erhitzung des Eisens einen Schachtofen (reverberatory furnace). Die Besonderheit dieses Ofens lag in der räumlichen Trennung von Brennund Werkstoff. Kohle und Eisen befanden sich in zwei nebeneinanderliegenden, durch eine feuerfeste Wand getrennten, Kammern eines flachen Ofens. Die Ofendecke fiel hierbei von der außen gelegen Kohlekammer zu der Kammer mit dem Eisen hin ab. Hierdurch wurde die durch das Kohlefeuer erzeugte Hitze von der Decke reflektiert und traf auf das Eisen. Auf eine Zuführung von Sauerstoff durch Blasebälge oder Zylinder wie bei den Hochöfen konnte verzichtet werden, da die 19 20 21 22 23

So bei Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 397. Hayman, Ironmaking. S. 43. Hyde, Reinterpretation, S. 197–199. Vgl. hierzu Hyde, Reinterpretation, S. 190. Hyde, Reinterpretation, S. 201f.

III.I Das Black Country

109

benötigte Luft durch einen Schornstein in den Ofen gezogen wurde. Der in der Luft enthaltene Sauerstoff löste den Kohlenstoff aus dem Eisen und entwich anschließend durch den Schornstein. Zur Beschleunigung der Entkohlung wurde das flüssige Eisen mit einer Eisenstange gerührt. Durch den entweichenden Kohlenstoff stieg die Schmelztemperatur des Eisens und das verflüssigte Eisen erstarrte zunehmend. Der Vorteil gegenüber dem Potting-Verfahren lag also in der räumlichen Trennung von Hitzequelle und zu schmelzendem Eisen, durch welche eine Verunreinigung des Eisens von vorneherein vermieden wurde und der Beschleunigung der Dekarbonisierung durch das Rühren des Eisens.24 Cort änderte jedoch nicht nur die Technik zur Entkohlung des Eisens, er fand auch eine Alternative zum Zängen des entkohlten Eisens. Anstatt die verbliebenen Schlacken durch Hämmern zu entfernen, walzte Cort das Eisen. Hierzu wurde der entkohlte Eisenklumpen zur Gluthitze gebracht und anschließend in eine Maschine eingebracht, in welcher große Walzen die Unreinheiten aus dem Eisen quetschten und gleichmäßige Eisenstäbe formten.25 Nachdem das Puddel-Verfahren durch einige kleinere Veränderungen erheblich verbessert worden war, setzte es sich schnell durch und wurde national wie international zur Standardmethode der Herstellung von Stabeisen aus Roheisen. 26 Eine dieser Verbesserungen war die Zugabe von Eisenoxid, welches sich mit dem im Eisen enthaltenen Kohlenstoff verband und an der Oberfläche des Eisens verbrannte. Der Prozess wurde hierdurch stark beschleunigt, außerdem wurde der Einsatz qualitativ weniger hochwertigen Roheisens möglich. Die Wirkung der Zugabe von Eisenoxid entdeckte Joseph Hall, ein Eisenproduzent aus Tipton, eher zufällig und entwickelte anschließend das wet puddling – das Verfahren, welches das Puddeln als Standardmethode der Stabeisenproduktion ersetzte.27 Das Aufkommen neuer Verfahren zur Stabeisengewinnung und vor allem deren zeitweise Parallelität erschweren Schätzungen über die Produktionsleistung einzelner Werke, da nicht immer bekannt ist, welches Werk zu welchem Zeitpunkt mit welchem Verfahren arbeitete. Die Quellenlage zur Stabeisenproduktion in Großbritannien ist für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts gut. Für das mit Holzkohle gefrischte Eisen liegen von King erstellte Schätzungen über den Output der einzelnen Werke vor. Weder für das Potting- noch für das Puddel-Verfahren existieren Produktionsdaten auf Mikroebene. Mushet gibt für das Jahr 1788 die Existenz von 60 melting fineries, also Werken, in denen das Potting-Verfahren genutzt wurde, an. Jede dieser melting fineries produzierte etwa 260 t Stabeisen im Jahr. Die Gesamtproduktion von Stabeisen nach dieser Methode lag 1788 demnach bei 15.600 t und damit bei 49 % der britischen Gesamtproduktion dieses Jahres. Für das Jahr 1790 liegt eine Aufstellung der Hochöfen und Frischwerke vor, welche nach dem genutzten Verfahren differenziert, allerdings keine Information über die 24 Siehe zum Puddelverfahren Gale, Iron and steel, S. 33f, Gale, Walter Keith Vernon: Notes on the Black Country iron trade, in: Transactions of the Newcomen Society 24 (1949), S. 13–26, S. 17 (im Folgenden zitiert als Gale, Notes). und Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 399. 25 Gale, Iron and steel, S. 39, Harris, British iron, S. 40 und Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 399. 26 Harris, British iron, S. 39. 27 Gale, Notes, S. 17f

110

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

jeweils produzierten Mengen enthält.28 Mit Hilfe geeigneter Multiplikatoren lässt sich jedoch die Produktionsleistung der einzelnen Werke berechnen, um so eine Aussage über die in 1790 produzierten Mengen zu treffen. Abbildung 9: Verbreitung des potting and stamping-Verfahrens im Black Country und in Großbritannien, 1760–1790

Vgl. für Daten Tabelle A.16 auf S. 304 (Anhang) und Tabelle A.18 auf S. 306 (Anhang).

Zuerst soll jedoch das Wachstum der Stabeisenproduktion bis 1779 betrachtet werden. Hyde geht davon aus, dass sich das Potting-Verfahren seit den späten 1770er Jahren verstärkt ausbreitete. Dies deckt sich mit Kings Schätzungen, die in Abbildung 9 dargestellt sind. Demnach steigerte sich die Zahl der Potting-Herde in Großbritannien auf vier in 1767 und auf elf in 1777. Ein starker Anstieg lässt sich jedoch erst ab Mitte der 1780er Jahre beobachten, als sich die Zahl der Potting-Herde beinahe verdoppelte und auf 28 stieg. Im Jahr 1788 produzierten 57 Potting-Herde 45 % des britischen Stabeisens. Etwa 1,5 % der Stabeisenproduktion wurde in diesem Jahr in den Puddelöfen produziert. Bereits ein Jahr später wurden 9,5 % des britischen Stabeisens mit dem Puddel-Verfahren hergestellt, 1790 sogar über 25 %.29 Die Verbreitung des Potting-Verfahrens im Black Country kann nur lückenhaft rekonstruiert werden. So gibt es widersprüchliche Annahmen darüber ob das Potting-Verfahren bereits in den 1760er Jahren im Black Country genutzt wurde. 28 King, Iron trade. Für 1788 vgl. Mushet, Papers, S. 44 und für 1790 BAHS, MS 3219/6/16. 29 Vgl. für diese Zahlen Tabelle A.18 auf S. 306 (Anhang).

III.I Das Black Country

111

Hyde nimmt an, dass das Verfahren ab 1760 von John Wood in seinem Werk in Wednesbury zur Anwendung kam, während sein Bruder Charles das Verfahren ab 1766 in seinem Eisenwerk in Cumberland nutzte. King hingegen schreibt den einzigen in 1760 im Black Country betriebenen Potting-Herd Charles Wood zu.30 Für diese Einschätzung spricht die Tatsache, dass John Wood bis 1765 als Käufer von Roheisen bei den Hochöfen Aston und Hales in Erscheinung tritt, danach jedoch nicht mehr in den entsprechenden Büchern auftaucht. Dies kann jedoch auch an einer veränderten Buchhaltung ab diesem Zeitpunkt liegen.31 Eine gesicherte Aussage dazu, ob das Verfahren zu diesem Zeitpunkt im Black Country Anwendung fand oder nicht ist entsprechend nicht möglich. Da es sich um lediglich einen Herd mit einem jährlichen Output von etwa 125 t jährlich handelt, der über einen Zeitraum von drei Jahren betrieben wurde, ist die in dieser Zeit produzierte Menge unter Vorbehalt in untenstehendes Diagramm (Abbildung 10) eingearbeitet. Abbildung 10: Stabeisenproduktion im Black Country, 1700–1790

Vgl. für Daten Tabelle A.16 auf S. 304 (Anhang).

Spätestens ab 1775 nutzten Jesson und Wright das von ihnen verbesserte PottingVerfahren in ihrem Werk in West Bromwich. Da dort nach 1772 kein Stabeisen mehr mit dem traditionellen, auf Holzkohle basierenden, Verfahren produziert wurde, liegt die Vermutung nahe, dass die Produktion von Stabeisen mit dem Potting-Verfahren dort bereits 1773 begann. Nach der oben erwähnten Aufstellung 30 Vgl. hierzu Hyde, Reinterpretation, S. 198 und King, Iron trade, Tabelle 6.9 auf S. 186. 31 Vgl. hierzu Dilworth, Tame mills of Staffordshire, S. 108f.

112

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

der Eisenwerke aus den frühen 1790er Jahren, wurden im Black Country 1786 und 1787 jeweils zwei und 1788 drei Öfen errichtet, die nach dem Potting-Verfahren arbeiteten. So kann der Wechsel von Holzkohle zu Steinkohle, bzw. Koks für vier der zehn Werke, die in 1789 im Black Country Stabeisen nach dem PottingVerfahren produzieren, datiert werden. Insgesamt sind in diesen vier Werken 15 Herde in Betrieb. Unklar bleibt, ob jeweils alle Herde eines Werks von dem genannten Datum an in Betrieb waren oder ob die Werke sukzessiv erweitert wurden. Für die Darstellung des Wachstums der Stabeisenproduktion in Abbildung 10 wurde das Datum der Errichtung auf alle Herde eines Werkes bezogen. Die produzierten Mengen ergeben sich aus der Multiplikation der Zahl der Herde mit der von King übernommenen, geschätzten jährlichen Produktionsmenge pro Herd. Bis in die Mitte der 1770er Jahre hinein, hält King eine Jahresproduktion von 125 t pro Potting-Herd, für realistisch. Ab 1776 geht King von einem Anstieg des Outputs pro Herd aus, dies führt er vor allem auf die Verfeinerungen des Potting-Verfahrens durch Wright und Jesson zurück. Für das Jahr 1783 schätzt King die durchschnittliche Jahresproduktion pro Herd dann auf 260 t.32 Tabelle A.16 auf Seite 304 (Anhang) zeigt die Werke im Black Country, in denen die Nutzung des Potting-Verfahrens als gesichert gilt. Die in Abbildung 10 dargestellte Stabeisenproduktion mit dem Potting-Verfahren, liegt wahrscheinlich unter den tatsächlich mit diesem Verfahren produzierten Mengen, da nur die Werte der zu diesem Zeitpunkt sicher errichteten Werke übernommen wurde. Der starke Anstieg von 1788 auf 1789 ist demnach nicht unbedingt auf einen Anstieg der Produktion, sondern auf eine Einbeziehung der Werke mit unbekanntem Errichtungsdatum zurückzuführen. In diese Kategorie fallen sechs der insgesamt zehn relevanten Eisenwerke im Black Country, in welchen sich 15 der insgesamt 23 Herde befanden. Geht man davon aus, dass sich das Potting-Verfahren seit dem Ende der 1760er Jahre in der Region verbreitete und nimmt an, dass weitere der in Großbritannien existierenden Potting-Herde (siehe hierzu Tabelle A.18 auf Seite 306) auf dem Gebiet des Black Country lagen, so ist davon auszugehen, dass die Stabeisenproduktion in den 1770er und 1780er Jahren erheblich stärker wuchs in Abbildung 10 dargestellt. Dies ist umso wahrscheinlicher, als das von den Gebrüdern Wood und Wright und Jesson entwickelte Verfahren vor allem in den Midlands sehr verbreitet war. Auch wenn eine genaue Quantifizierung nicht möglich ist, zeigt jedoch die Auflistung der Eisenwerke von 1790 deutlich die räumliche Konzentration der Potting-Herde im Black Country. Wie auch in Abbildung 9 sichtbar, befanden sich im Jahr 1789 23 der insgesamt 54 britischen Herde im Black Country.33 Die im Jahr 1790 niedergeschriebene Aufstellung der britischen Eisenwerke lässt auch Aussagen über die Struktur der Eisenindustrie in der Wirtschaftsregion Black Country zu diesem Zeitpunkt zu. Die untenstehende Tabelle 15 zeigt das Verhältnis zwischen den einzelnen Produktionsteilen und -methoden für das Black Country und Großbritannien. 32 Vgl. hierzu Hyde, Reinterpretation, S. 198, King, Iron trade, Thesis data, Forge 5G Late und BAHS, MS 3219/6/16. 33 BAHS, MS 3219/6/16. Vgl. zur Konzentration des Verfahrens in den Midlands und im Black Country King, Iron trade, S. 188.

113

III.I Das Black Country Tabelle 15: Die Eisenindustrie im Black Country und in Großbritannien, 1790 Hochöfen Koks

Frischwerke

Holzkohle

Finery Chafery

Stamping

Balling furnaces

Walz- Spaltwer- walzke werke

Black Country

16

0

18

17

23

22

2

17

Großbritannien

100

24

215

130

54

59

36

51

Anteil BC an GB in %

16,0

0

8,4

13,1

42,6

37,3

5,6

33,3

Zusammengestellt aus BAHS, MS 3219/6/16, Vgl. auch Tabelle A.21, S. 310 (Anhang) und Tabelle A.20 (Anhang).

Deutlich wird welch geringe Bedeutung im Black Country den holzkohlebasierten Produktionsverfahren zukam. So existierte in der Region kein einziger mit Holzkohle betriebener Hochofen und nur ein geringer Anteil der in Großbritannien betriebenen Frischherde in welchen das Roheisen mit Holzkohle niedergeschmolzen wird, also den Fineries. Wie zuvor ausgeführt, konnte in den Chaferies, in denen das erneut geschmolzene Roheisen weiterverarbeitet wurde, auch Steinkohle zum Einsatz kommen. 17 von insgesamt 132 dieser Chaferies befanden sich im Black Country. Mit knapp 13 % entspricht dies einem Anteil, der in keiner anderen Grafschaft Englands, in Wales oder in Schottland erreicht wurde. Auffallend hoch ist auch der Anteil an stamping forges, balling furnaces und slitting mills im Black Country. So fand sich nirgendwo anders in Großbritannien eine annähernd große Ansammlung an Spaltwalzwerken. Während im Black Country 17 dieser Werke zu finden waren, konnte Yorkshire mit immerhin zehn Werken aufwarten. In keiner anderen Grafschaft befanden sich mehr als vier Spaltwalzwerke. Auch das Verhältnis zwischen Walzwerken und Spaltwalzwerken innerhalb des Black Country ist bemerkenswert: Während in den übrigen Teilen Großbritanniens durchschnittlich 1,15 Spaltwalzwerke auf ein Walzwerk entfielen, kamen im Black Country 8,5 Spaltwalzwerke auf ein Walzwerk. Dies ist aller Wahrscheinlichkeit nach in der großen Nachfrage der lokalen Nagelproduzenten nach Eisenstäben, für deren Herstellung die Spaltwalzwerke benötigt wurden, begründet.34 Im Bereich der steinkohlenbasierten Stabeisenherstellung konnte das Black Country eine Spitzenposition für sich beanspruchen. 37 % der balling furnaces und 43 % der britischen stamping forges wurden 1790 im Black Country betrieben. Bei den balling furnaces handelt es sich um die Öfen, in welchen das zerkleinerte Eisen in Töpfen (potting) oder auf so genannten stacks (piling) erneut erhitzt wurde.35

34 Vgl. hierzu auch Abschnitt III.I.III. 35 Später findet der Begriff vor allem Anwendung in Bezug auf die Weiterverarbeitung gepuddelten Eisens, in dieser Frühzeit der Eisengewinnung mit Steinkohle oder Koks bezieht er sich jedoch eher auf den entsprechenden Schritt bei dem Potting-Verfahren. Vgl. zur Verwendung des Begriffs Hayman, Ironmaking, S. 59.

114

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Abbildung 11: Die Lage der Eisenwerke im Black Country, 1790

Eisenwerke und Ausstattung nach BAHS, MS 3219/6/16, Vgl. auch Tabelle A.20, S. 309 (Anhang).

Die technologischen Neuerungen spiegeln sich auch in der Lage der Eisenwerke in der Region wider. Die Karte in Abbildung 11 zeigt nicht nur die starke Zunahme der Zahl der Produktionsstätten im Black Country gegenüber der Situation im Jahr 1750 (Abbildung 7), sondern auch die räumliche Trennung der Werke von den Wasserläufen. Was die Lage schon vermuten lässt, bestätigt die vorliegende Liste der Eisenwerke: Keiner der Hochöfen war auf Wasserkraft angewiesen. Alle 16 Hochöfen der Region wurden mit Hilfe von Dampfmaschinen betrieben. 36 An den Ufern der Flüsse waren vor allem die Spaltwalzwerke angesiedelt, wo sie einige der älteren Frischwerke ersetzten. Insgesamt befanden sich in der Region noch drei Frischwerke, in denen auf Holzkohlebasis Stabeisen produziert wurde. Neben den beiden im Südwesten der Region, die bereits 1750 in Betrieb waren und jeweils über zwei fineries und eine chafery verfügten, fanden sich in einem 36 Siehe entsprechende Vermerke in BAHS, MS 3219/6/16.

III.I Das Black Country

115

Eisenwerk zwischen Sedgley und Bilston neben zwei Hochöfen noch vier fineries. Relativ weit verbreitet war eine Kombination aus Potting-Öfen und chaferies, manchmal ergänzt durch ein Spaltwalzwerk. Von den neun Werken mit Hochofen, verfügten drei nur über je einen Hochofen, in den übrigen sechs waren jeweils zwei Hochöfen in Betrieb. Vier der Hochofenanlagen waren Teil vertikal integrierter Werke, in denen das Roheisen zu Stabeisen weiter verarbeitet wurde. Lediglich in einem dieser Werke – Bradley, im Besitz von John Wilkinson – war sowohl die Stabeisenproduktion als auch ein Walz- und ein Spaltwalzwerk integriert. Einige Werke wiesen zwar in sich keine Gruppierung verschiedener Produktionsschritte auf, waren jedoch im Besitz einer Person oder Gesellschaft, die auf sich in verschiedenen Werken, Anlagen für alle Produktionsschritte vereinte. W. Sinck zum Beispiel betrieb zwei benachbarte Werke im Westen des Black Country, wovon eines mit einer chafery und zwei balling furnaces und das andere mit zwei Stamping-Anlagen ausgestattet war sowie ein etwas flußabwärts gelegenes Werk mit je einer finery, chafery und balling furnace. Des Weiteren befand sich noch ein Spaltwalzwerk in Sincks Besitz. Dieses lag in einiger Entfernung im Zentrum der Wirtschaftsregion Black Country bei Tipton. Die Werke waren jedoch über den Staffs and Worcs und den Birmingham canal miteinander verbunden.37 Die starke Zunahme der Zahl der Werke im Vergleich zu 1750 lässt sich auf die durch die neuen Methoden veränderten Standortbedingungen zurückführen. Hierfür spricht auch die geringe Bedeutung der Holzkohle als Energieträger in der Eisenherstellung. Während in Großbritannien der Anteil an Holzkohlehochöfen im Jahr 1790 bei 19 % lag, kam in allen Hochöfen des Black Country Steinkohle zum Einsatz. Zudem war keiner der Hochöfen von Wasserkraft abhängig, alle 16 Hochöfen wurden mit Dampfmaschinen betrieben, während sich an den Wasserläufen die Spaltwalzwerke konzentrierten. Auch im Bereich der Weiterverarbeitung des Roheisens zu Stabeisen dominierten im Black Country die Verfahren, die eine Nutzung der Steinkohle ermöglichte. Tabelle 16: Roheisenproduktion ausgewählter Grafschaften und Regionen in Großbritannien, 1800 Region

Roheisenproduktion (in metrischen t)

Anteil an britischer Roheisenproduktion in %

South Wales

64.183

30,25

Shropshire

42.152

19,86

Black Country

40.493

19,08

Schottland

21.969

10,35

Yorkshire

21.661

10,21

Sonstige

21.747

10,25

Vgl. für Daten Tabelle A.2 auf S. 286, Tabelle A.13 auf S. 297, Tabelle A.12 auf S. 296, Tabelle A.11 auf S. 295 und Tabelle A.14 auf S. 298 (alle im Anhang). 37 Vgl. zu den Kanälen im Black Country Abschnitt III.I.V.

116

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Die neuen Technologien zur Eisenproduktion führten dazu, dass im Black Country die lokal vorhandenen Ressourcen wie Steinkohle und Eisenerz genutzt werden konnten und die begrenzte Zahl der Wasserläufe die Menge der Produktionsstätten nicht mehr beschränkte. So war das Black Country zu Beginn des 19. Jahrhunderts hinter South Wales und Shropshire der drittgrößte Produzent von Roheisen in Großbritannien. Wie obenstehende Tabelle 16 zeigt, wurden im Jahr 1800 knapp über 19 % der insgesamt 212.196 t britischen Roheisens im Black Country produziert. Die Roheisenproduzenten aus Shropshire steuerten mit 19,86 % einen ähnlich hohen Anteil bei, während in South Wales über 30 % des britischen Roheisens produziert wurden. Yorkshire und Schottland steuerten je etwa 10 % der nationalen Produktion bei. Insgesamt entfielen auf diese fünf Gebiete 90 % der britischen Roheisenproduktion. Abbildung 12: Roheisenproduktion im Black Country, 1790–1809

Daten aus King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 5A Late und Furnace 5A Coke, Vgl. auch Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang).

Abbildung 12 zeigt das Wachstum der Roheisenproduktion und die Entwicklung der Anzahl der Hochöfen im Black Country zwischen 1790 und 1809. Deutlich wird hier die, schon in Abbildung 8 erkennbare, relative Stagnation der Roheisenproduktion bis zur Mitte der 1790er Jahre. Das Jahr 1797 war in doppelter Hinsicht von Bedeutung: Zum einen war es das erste Jahr in welchem die Roheisenproduktion im Black Country erstmals ausschließlich auf mineralischen Brennstoffe zurückgriff und zum anderen markierte dieses Jahr den Beginn eines ersten

117

III.I Das Black Country

starken Anstiegs der in der Region produzierten Mengen Roheisens. Von 12.647 t in 1796 stieg die Produktion auf 40.493 t in 1800, dies entspricht einem Anstieg von über 200 %. Wie die Abbildung 12 zeigt, korrelierte der Anstieg positiv mit der Menge der betriebenen Hochöfen, deren Zahl in die Höhe schnellte. Insgesamt stieg die Anzahl der Hochöfen von elf Hochöfen in 1796 auf 28 Hochöfen in 1800. Während der durchschnittliche Output von Roheisen pro Hochofen in diesem Zeitraum lediglich um 35 % von 1.069 t auf 1.446 t anwuchs. Der starke Anstieg der produzierten Mengen war demnach in erster Linie auf eine vergrößerte Anzahl von Produktionseinheiten und nicht so sehr auf eine Steigerung des Outputs pro Hochofen zurückführen. Von 1800 bis 1805 stieg die Roheisenproduktion nur leicht an, während die Zahl der aktiven Hochöfen zwischen 28 und 31 schwankte. Auf diese Phase relativ schwachen Wachstums folgte eine erneute kurze Periode starken Wachstums. Die in 1808 produzierten 74.215 t Roheisens entsprechen einer Zunahme um 60 % gegenüber der in 1805 produzierten Menge. Die Zahl der aktiven Hochöfen stieg hierbei von 29 auf 44 und erhöhte sich demnach um 52 %, während der durchschnittliche jährliche Output pro Hochofen um 5 % stieg. Auch in dieser Phase wurde der zusätzliche Output über eine erhöhte Anzahl der Produktionseinheiten realisiert. Tabelle 17: Durchschnittliche jährliche Produktion pro Hochofen in Großbritannien, 1795–1880 1795

1805

1823

1854

1880

Black Country

1.090 t

1.600 t

1.616 t

5.210 t

8.494 t

Shropshire

1.418 t

1.682 t

1.548 t

2.657 t

7.480 t

Yorkshire

917 t

1.112 t

1.067 t

3.553 t

17.738 t

Süd Wales

1.386 t

2.011 t

2.647 t

6.297 t

13.102 t

Schottland

1.263 t

1.220 t

1.132 t

6.859 t

9.474 t

Großbritannien

1.092 t

1.409 t

1.748 t

5.620 t

13.874 t

Großbritannien (nur Koks-Hochöfen)

1.210 t

1.486 t

Für Daten vgl. Tabelle A.1 auf S. 282, Tabelle A.13 auf S. 297, Tabelle A.12 auf S. 296, Tabelle A.11 auf S. 295, Tabelle A.14 auf S. 298 und Tabelle A.15 auf S. 299 (alle im Anhang).

Wie Tabelle 17 auf Seite 117 zeigt, lag das Black Country in Bezug auf die durchschnittliche Produktion pro Hochofen im Jahr 1795 mit 1.090 t knapp unter dem nationalen Durchschnitt von 1.092 t, während die Hochöfen in Shropshire (1.417 t), Süd Wales (1.386 t) und Schottland (1.263 t) eine wesentliche höhere durchschnittliche jährliche Produktion aufwiesen. Zehn Jahre später lag die durchschnittliche jährliche Produktion eines Hochofens im Black Country bei 1.600 t Roheisen pro Jahr. Gegenüber dem Wert von 1795 bedeutete dies eine Steigerung der produzierten Menge pro Hochofen um über 50 %. Eine solche Steigerung war in keiner anderen, der eisenproduzierenden Regionen zu beobachten und lag auch

118

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

weit über der Steigerung der Produktion pro Hochofen auf nationaler Ebene (28,97 %). Für das Black Country deutet sowohl der Zuwachs an Hochöfen insgesamt als auch die gestiegene Zahl der aktiven Hochöfen darauf hin, dass die Zunahme der Roheisenproduktion in der Region um 52 % von 12.978 t in 1795 auf 46.418 t in 1805 eher auf eine Steigerung der Zahl der Produktionseinheiten denn auf eine gestiegene Produktivität zurückgeführt werden konnte. Diese Steigerung war jedoch kein zwingendes Zeichen für eine erhöhte Produktivität und ließ sich auch nicht unbedingt auf den Bau größerer Hochöfen zurückführen. Da die Hochöfen oft nicht kontinuierlich über ein ganzes Jahr betrieben wurden, konnte einer Steigerung des durchschnittlichen Outputs auch eine verstärkte Nachfrage zugrunde liegen, welcher mit einer längeren Betriebsdauer pro Jahr begegnet wurde. Die größte Unschärfe bei der Schätzung der Kapazität einzelner Hochöfen entsteht durch die variable Betriebsdauer der Hochöfen innerhalb eines Jahres. Diese erschwert die Interpretation der Aufstellungen der Hochöfen in Großbritannien, welche für verschiedene Jahre überliefert sind. Die Listen enthalten in der Regel Informationen zu der Jahresproduktion pro Hochofen und geben die Anzahl der Hochöfen, die zu einem bestimmten Stichtag in Betrieb waren, an, erlauben jedoch keinen Aufschluss über die tatsächliche Betriebsdauer eines Hochofens. 38 Gerade vor der Einführung der Dampfmaschinen in der Eisenindustrie konnten die Hochöfen aufgrund von widrigen Witterungsbedingungen für Monate außer Betrieb gesetzt werden. So war weder bei Wasserknappheit in Folge heißer Sommer noch bei eingefrorenen Bächen im Winter Hochöfen der Betrieb der Hochöfen möglich. Auch wenn sich die Eisenindustrie des Black Country erst mit der Einführung der Dampfmaschine entwickelte und die Witterungsbedingungen somit ohne größeren Einfluss blieben, muss die Unkenntnis über die Betriebsdauer der Hochöfen, muss jedoch bei der Bewertung der Produktivität der einzelnen Hochöfen berücksichtigt werden – war eine zeitweise Stilllegung doch auch aufgrund von einem Rückgang der Nachfrage denkbar. Abbildung 13 zeigt die Entwicklung der Roheisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country von 1805 bis 1852. Die für diese Zeit verfügbaren Produktionsdaten weisen Lücken, zudem konnte nicht für alle Zeitpunkte zwischen aktiven und inaktiven Hochöfen differenziert werden. Trotz der fehlenden Daten ist jedoch ein Anstieg der Produktion zwischen den Jahren 1805 und 1827 und in den 1830er Jahren sowie ein Produktionsrückgang zu Beginn der 1840er Jahre zu erkennen. Um 1850 nahm die Menge produzierten Roheisens noch einmal stark zu. In der ersten Hälfte der 1820er Jahre war das Black Country neben Süd Wales der bedeutendste Britische Produzent von Roheisen. In diesen beiden Gebieten wurden in 1823 über 70 % des britischen Roheisens produziert, wobei auf das Black Country etwa 30 % der Gesamtproduktion entfielen.39 Obwohl die Produktion in Süd Wales mengenmäßig größer war als die im Black Country, lag die Zahl der Hochöfen im Black Country über der in Süd Wales. So lässt sich, auch mit der oben angesprochenen Problematik bezüglich der Betriebszeiten der Hochöfen im Hinterkopf, festhalten, dass die durchschnittliche Produktionsleis38 Vgl. hierzu die entsprechenden Ausführungen in Abschnitt I.III.I. 39 BAHS, MS 3219/6/17 (MII/17/1), siehe auch Scrivenor, Iron trade, S. 132–135.

III.I Das Black Country

119

tung pro Hochofen im Black Country deutlich unter der in Süd Wales liegen musste. In 1825 produzierte ein Hochofen in Süd Wales im Jahr durchschnittlich 3.722 t Roheisen, während die Hochöfen im Black Country mit 2.522 t noch unter dem britischen Durchschnittswert von 2.637 t lagen.40 Auch die Zahl der Hochöfen pro Werk lag im Black Country unter dem nationalen Durchschnitt, nach welchem sich ein einem Werk 2,16 Hochöfen befanden. Im Black Country entfielen auf ein Werk nur 1,96 Hochöfen, während die Werke in South Wales mit durchschnittlich 2,84 Hochöfen pro Werk deutlich größer waren.41 Abbildung 13: Roheisenproduktion im Black Country, 1805–1852

Vgl. für Daten Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang).

Abbildung 14 zeigt die Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nach einem Hoch in 1856 sank die Menge produzierten Roheisens. Anfang der 1860er und Anfang der 1870er Jahre stieg die Produktion kurzzeitig, um danach wieder zu fallen. Anschließend sank die Roheisenproduktion dauerhaft und pendelte sich auf einem Wert zwischen 300.000 t und 400.000 t ein. Deutlich sichtbar war die große Anzahl inaktiver Hochöfen ab den 1860er Jahren, ein Hinweis auf eine große Überkapazität der Produktionsanlagen in der Region, wo – aufgrund der relativen kleinen Produktionseinheiten – bei zu geringer Nachfrage eher ganze Hochöfen außer Betrieb gesetzt, denn die Produktion einzelner Hochöfen gedrosselt wurde. 40 BAHS, MS 3219/6/17 (MII/17/2). 41 BAHS, MS 3219/6/17 (MII/17/2).

120

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Abbildung 14: Roheisenproduktion im Black Country, 1852–1899

Vgl. für Daten Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang).

Stehen für die Roheisenproduktion zumindest Datenfragmente zur Verfügung, sind bezüglich der produzierten Mengen Stabeisens so gut wie keine Informationen für das 19. Jahrhundert verfügbar. Die Listen, auf die sich auch Kings Berechnungen stützen, beschreiben die Situation im 18. Jahrhundert, in den Mineral Statistics wurde die Menge des erzeugten Stabeisens ab Anfang der 1880er Jahre veröffentlicht.42 Für den größten Teil des 19. Jahrhunderts sind demnach keine Daten verfügbar. Für das Black Country existiert eine Liste über die Anzahl der Puddelöfen und Walzwerke in 1852. In dieser Aufstellung der Werke wurde auch der jeweilige Standort vermerkt, was eine genaue Zuordnung zu der Wirtschaftsregion Black Country ermöglicht. Die verfügbaren Produktionsdaten beziehen auch die Produktion der Werke jenseits der Grenzen der Wirtschaftsregion mit ein, mit Hilfe der Liste von 1852 kann die Zahl der Werke außerhalb der Region jedoch geschätzt werden. Aufgrund der äußerst geringen Zahl von Werken außerhalb der Region, deren Produktion in die verfügbaren Ziffern einfloss – so lagen in 1852 lediglich 41 der insgesamt 1.466 Puddelöfen nicht in der Region – werden diese im Folgenden vernachlässigt.43 Die Anzahl der zu einem Zeitpunkt aktiven Puddelöfen und Walzwerke kann als Indikator für die produzierten Mengen genutzt werden. Rückschlüsse auf die 42 HCPP, 1884 [C.3869], S. 73. 43 Vgl. Liste in Hunt, Coal raised and iron made, S. 345f.

III.I Das Black Country

121

Produktion lassen sich auch über die Mengen produzierten Roheisens ziehen. Das Roheisen, mit Ausnahme des direkt in Form gegossenen Gusseisens, war ein reines Zwischenprodukt und wurde lediglich als Vorstufe zu der Erzeugung schmiedbaren Eisens produziert. Im Black Country erfolgte die Produktion des Roheisens und die Weiterverarbeitung zu Stabeisen zwar manchmal räumlich getrennt in zwei Werken, jedoch wurden beide Produktionsschritte in der Region durchgeführt und die lokalen Stabeisenproduzenten fragten das lokal geschmolzene Roheisen nach.44 Bis in die 1860er Jahre hinein konnten die lokalen Hochöfen die Nachfrage nach Roheisen befriedigen, danach musste Roheisen in die Region importiert werden, um die Nachfrage der Puddelöfen decken zu können. So wurden 1866 etwa 300.000 t Roheisen importiert, während in der Region selber etwa 530.000 t Roheisen geschmolzen wurden.45 Bis in die 1860er Jahre hinein kann jedoch davon ausgegangen werden, dass ein Wachstum der Roheisenproduktion nicht ohne eine Zunahme der produzierten Mengen Stabeisens erfolgte. Abbildung 15 zeigt die verfügbaren Daten bezüglich der produzierten Mengen Stabeisens sowie die Anzahl der Puddelöfen und Walzwerke in Kombination mit der produzierten Menge Roheisens. Die gepunktete Linie zeigt das Ergebnis einer Berechnung der Menge Stabeisens, welche aus dem lokal produzierten Roheisen erzeugt werden konnte. Der Berechnung liegt die Annahme zugrunde, dass eine Tonne Roheisen 0,57 t Stabeisen ergab. Der zugrunde liegende Multiplikator stammt aus dem Jahr 1806.46 Ein Vergleich mit der für 1852 von Hunt gegebenen Produktionsziffer, in Abbildung 15 durch einen schwarzen Kreis dargestellt, zeigt, dass der Multiplikator entweder die Menge verwendeten Eisens überschätzt oder aber zu diesem Zeitpunkt bereits Roheisen in die Region importiert wurde.47 Der Vergleich des produzierten Roheisens mit der Anzahl der Puddelöfen bestätigt den Zusammenhang zwischen lokaler Roh- und Stabeisenproduktion bis in die Mitte der 1960er Jahre. Die Zahl der Puddelöfen korrelierte mit den Mengen erzeugten Roheisens. Nach 1865 sank die Roheisenproduktion, während die Zahl der Puddelöfen sich erst in der Mitte der 1870er Jahre verringerte. In den 1880er Jahren lag der Stabeisen-Output über dem der Roheisenproduktion. Das bedeutet, dass das Stabeisen auch zu diesem Zeitpunkt aus importiertem Roheisen erzeugt wurde. 1885 war die Zahl der Puddelöfen in der Region auf 1.062 gesunken und war damit geringer als in 1852. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 27 % aller britischen Puddelöfen und 29 % der Walzwerke im Black Country.

44 Vgl. zur Weiterverarbeitung des Roheisens in South Staffordshire Hartmann, Carl: Handbuch der Eisenhüttengewerbskunde: oder systematische Darstellung der Roheisen-, der Stabeisenund der Stahlfabrikation auf ihrem jetzigen Standpunkte, Leipzig 1860, S. 364f. 45 So sagt Gale, Black Country iron, S. 103. 46 BAHS, MS 3219/6/159 (Folder 7), S. 1. 47 Durch kleinere technologische Verbesserungen kann sich der Bedarf an Roheisen pro Tonne Stabeisen im Lauf der Zeit reduziert haben, zudem ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass die vorliegende Quelle die benötigte Roheisenmenge bewusst in übertriebener Höhe angeben hat. Bei der Quelle handelt es sich um eine Darstellung der schädlichen Effekte einer Besteuerung von Roheisen auf die Eisenproduktion in Großbritannien. Ein höherer Roheisenverbrauch ist den vorgetragenen Argumenten durchaus zuträglich.

122

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Abbildung 15: Puddelöfen, Walzwerke und Stabeisenproduktion im Black Country, 1790–1890

Vgl. für Daten Tabelle A.16 auf S. 304, Tabelle A.17 auf S. 306 (Anhang) und Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang).

An der ab 1874 sinkenden Zahl der Hochöfen lässt sich auch der Rückgang der Produktion von Stabeisen im Black Country ablesen. Dieser Rückgang entspricht auch dem britischen Trend. Auf nationaler Ebene sank die Stabeisenproduktion von 2,6 Millionen Tonnen in 1870 auf zwei Millionen Tonnen in 1880. Diese Abnahme der produzierten Mengen lässt sich zum einen durch das Aufkommen und die Zunahme der Produktion von Stahl und zum anderen durch eine Ausweitung der Eisen- und Stahlproduktion außerhalb Großbritanniens erklären. Großbritannien war bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein der weltweit größte Eisenproduzent. Noch 1870 entfielen die Hälfte der weltweiten Roheisenproduktion, 37,5 % der Stabeisen- und 43 % der Stahlproduktion auf Großbritannien.48 Innerhalb Großbritanniens verlor das Schmiedeeisen ab den 1870er Jahren zunehmend an Bedeutung gegenüber dem Stahl wie untenstehende Tabelle 18 zeigt. Im Jahr 1870 machte Eisen 86 % der britischen Eisen- und Stahlproduktion aus. Innerhalb der Stahlproduktion hielt der mit dem Bessemer-Verfahren erzeugte Stahl den größten Anteil mit knapp 11 %. Zehn Jahre später war der Anteil des Eisens auf 61 % gesunken. Gleichzeitig hatte die Stahlproduktion Anteile gewon48 Vgl. diese Werte bei Medley, Gordon Roy W.: The geography of industrial decline: The Black Country iron and steel industry, 1850–1900 (PhD, University of London), 1986, S. 321f (im Folgenden zitiert als Medley, Geography of industrial decline), der sich auf Burnham, T.H. und Hoskins, G.O.:Iron and steel in Britain 1870–1913, London 1943 bezieht.

123

III.I Das Black Country

nen: Etwa 32 % der britischen Eisen- und Stahlproduktion wurde in BessemerBirnen erzeugt, etwa 8 % entfielen auf das Herdofenverfahren. Tabelle 18: Eisen- und Stahlerzeugung in Großbritannien, 1870 und 1880 1870 in t Eisen (Puddelverfahren) Stahl (Birnenprozesse) Stahl (Herdofenprozesse) Tiegelstahl

Anteil

2.651.882 a

1880

334.279 b

78.236 b

5.995

in t

Anteil

86,37%

2.042.254

60,75%

10,89%

1.061.141

31,57%

2,55%

255.028

7,59%

0,20%

3.099

0,09%

a) Wert für 1871, b) Wert für 1873; Eisenproduktion für 1870 und 1880 aus Medley, Geography of industrial decline, S. 318, Stahlproduktion aus Meade, Coal and iron, S. 844 und S. 846f.

Im Vergleich zu schmiedbarem Eisen zeichnet sich Stahl durch seine größere Vielseitigkeit und Korrosionsbeständigkeit aus, vor allem aber waren die Verfahren zur Stahlerzeugung dem Puddel-Verfahren durch ihre höhere Produktivität überlegen. Anders als bei dem Puddel-Verfahren, erfordert das Bessemer-Verfahren kein mechanisches Rühren des Eisens. Hier wird flüssiges Roheisen in einen birnenförmigen Konverter, die Bessemerbirne, eingebracht und anschließend Sauerstoff durch den Konvertor geblasen. Im Jahr 1874 erzeugten 107 Bessemerbirnen in Großbritannien etwa 549.000 t Stahl, dies entspricht einer durchschnittlichen Kapazität von etwa 5.000 t pro Birne. Die durchschnittliche jährliche Produktion pro Puddelofen lag zu Beginn der 1880er Jahre bei knapp 500 t, der entsprechende Wert für die Bessemerbirnen war zu diesem Zeitpunkt bereits auf 14.660 t gestiegen.49 Auch wenn sich von der durchschnittlichen Produktion pro Puddelofen nicht direkt auf die durchschnittliche Leistung eines solchen Ofens schließen lässt, wird der Unterschied in der Leistung zwischen Puddelofen und Bessemerbirne deutlich. Von den 21 britischen Stahlwerken, die in 1874 nach dem Bessemer-Verfahren produzierten, befand sich lediglich eines im Black Country. 50 Auch dies lässt sich mit der Variable Raum erklären: Aufgrund der hohen Hitze innerhalb der Birnen, wurde eine spezielle Auskleidung der Innenwände nötig. Bessemer verwendete hierfür Tonstein, welcher einen hohen Bestandteil an Kieselsäure aufweist. Der relativ hohe Säuregehalt der Verkleidung verhinderte die Lösung von Phospor aus dem Eisen, weswegen das Bessemer-Verfahren nur für Roheisen aus phosphorarmen Erzen geeignet war.51 Die lokal verfügbaren Erze aus dem South Staffordshire Coalfield wiesen jedoch einen relativ hohen Phosphorgehalt auf und konnten 49 Berechnet nach Daten aus Hunt, Robert: Memoirs of the geological survey of Great Britain and of the museum of practical geology. Mining records. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland for the year 1874, London 1875 (im Folgenden zitiert als Hunt, Mineral statistics for 1874) und HCPP, 1884 [C.3869], Mineral Statistics for 1882, S. 69–71. 50 Hunt, Mineral statistics for 1874.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

nicht zur Erzeugung von Stahl mit dem Bessemer-Verfahren genutzt werden. 52 Erst 1878 modifizierte Sidney Gilchrist Thomas das Bessemer-Verfahren indem er die Birnen mit einem auf Kalk und Magnesium basierendem Futter auskleidete. Hierdurch entstand im Inneren der Birne eine basische Schlacke, in welcher sich der Phosphor lösen konnte.53 1882 existierte neben dem Bessemer-Werk ein Werk mit insgesamt zwei Thomasbirnen im Black Country. Insgesamt gab es in Großbritannien zu dieser Zeit drei solcher Werke mit insgesamt 12 Birnen.54 Trotz der beiden Stahlwerke, die sich in der Region ansiedelten, kann im Black Country von einem Umstieg von Eisen- auf Stahlproduktion nicht die Rede sein. 1885 hatte sich die Zahl der Stahlwerke in Großbritannien auf 36 erhöht, während die Zahl der Werke im Black Country konstant bei zwei blieb. Auch die Kapazität dieser beiden Werke blieb hinter der, der übrigen britischen Werken zurück. So erhöhte sich die Zahl der Bessemerbirnen zwischen 1874 und 1885 nicht, während die Kapazität der Birnen im unteren Bereich lag.55 Gleiches galt für die Thomasbirnen der Region. Deren Zahl erhöhte sich zwar zwischen 1882 und 1885 von zwei auf drei, die Kapazität blieb jedoch weit hinter der, der Konverter im restlichen Teil des Landes zurück.56 Während auf das Black Country im 19. Jahrhundert ein erheblicher Teil der britischen Stabeisenproduktion entfiel, siedelte sich in der Region keine bedeutende Stahlindustrie an. In Folge der Konkurrenz durch den Stahl sank die Nachfrage nach Eisen. Auch für den, über die Anzahl der Werke ermittelten, Anteil des Black Country an der britischen Eisenproduktion lässt sich ein Rückgang beobachten. Dieser begann spätestens nach 1860, auch wenn sich anhand der Anzahl der aktiven Puddelöfen eine Abnahme der Produktion von Stabeisen im Black Country ab den 1860er Jahren vermuten lässt. Ein Schrumpfen lässt sich hier erst in den 1880er Jahren beobachten.57 Im Bereich der Roheisenproduktion begann die Produktion in den 1850er Jahren zurückzugehen, auch wenn zwischenzeitlich noch mal eine kurze Phase der Erholung eintrat. Morton und Guillou führen den Rückgang der Produktion auf die sich verschlechternde Verfügbarkeit der Rohmaterialien, Schwierigkeiten mit dem Transport und das Aufkommen von Stahl zurück. 58 Letzteres kann jedoch nicht den Rückgang der Roheisenproduktion ab den 1850er Jahren erklären. Bereits vor dem beginnenden Produktionsrückgang in der Stabeisenindustrie beklagten die Produzenten den Mangel an lokalem Roheisen. So fehlten den Besitzern der Eisenwerke zu Beginn der 1870er Jahre etwa 3.000 t Roheisen wöchentlich, welches importiert werden musste.59 51 Beckert, Th.: Art. Flußeisen (metallurgisch), in: Lueger, Otto (Hg.): Lexikon der gesamten Technik, Bnd. 4 (Fuehrungsanlagen bis Haustelegraphen), Stuttgart/ Leipzig 21906, S. 106– 116, S. 111f (im Folgenden zitiert als Beckert, Art. Flußeisen). 52 Morton/Guillou, Pig iron, S. 281. 53 Beckert, Art. Flußeisen, S. 112. 54 HCPP, 1884 [C.3869], Mineral Statistics for 1882, S. 74 und . 78f. 55 HCPP, 1886 [C.4771], S. 68f. 56 HCPP, 1884 [C.3869], S. 87 und HCPP, 1886 [C.4771], S. 71. 57 Vgl. Tabelle A.17 auf Seite 306 (Anhang). 58 Morton/Guillou, Pig iron, S. 281. 59 Medley, Geography of industrial decline, S. 47f.

III.I Das Black Country

125

Der Niedergang der Roheisenindustrie war demnach nicht auf mangelnde Nachfrage zurückzuführen, sondern vielmehr in dem, zumindest teilweisen, Verlust der Rohstoffbasis zu suchen.60 Nicht erklärt werden kann, warum sich in der Region keine Stahlindustrie ansiedelte, wenn ohnehin ein Import von Erzen stattfand. Eine Substitution der phosphorhaltigen lokalen Erze wäre somit unproblematisch gewesen. Da die Betrachtung dieser Gründe für den Niedergang der Region den Rahmen der Arbeit sprengen würde, kann dieser Frage an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden.

III.I.II Der Steinkohlen- und Eisenerzbergbau Die bergbaulichen Aktivitäten im Black Country umfassten den Abbau von Steinkohle, Eisenerz und Ton. Letzterer fand sich fast überall in der Region unter den Steinkohlenflözen, wurde jedoch vor allem im südwestlichen Bereich der Region gewonnen, wo für den Abbau des Tons eigene Anlagen errichtet wurden während er in den übrigen Bereichen der Region zwar auch bergmännisch gewonnen wurde, jedoch in der Regel gemeinsam mit der Kohle und den Erzen gefördert wurde. Zur Anwendung kam der Ton vor allem in der lokalen Glasindustrie, wo er zur Herstellung von Brenngefäßen genutzt oder zu diesem Zweck exportiert wurde. Die Betrachtung des Tonbergbaus erfolgt aus diesem Grund in dem Abschnitt über die Glasindustrie (III.I.IV).61 Die Lagerung der Eisenerze unter und zwischen den Kohleflözen, erschwert eine getrennte Betrachtung der Steinkohlen- und der Eisenerzgewinnung, da auch Abbau und Förderung der Rohstoffe gemeinsam erfolgten. Für das Jahr 1884 wird für das Black Country lediglich eine Grube gelistet, in welcher ausschließlich Eisenerz abgebaut wurde, während in 59 weiteren Gruben Eisenerz und Kohle gemeinsam gefördert wurden.62 Aus diesem Grund werden bei der Analyse der Kosten für den Abbau, die genutzte Technik und die Organisation der Steinkohlenund Eisenerzbergbau gemeinsam betrachtet, während bei der Analyse der quantitativen Entwicklung zwischen den Rohstoffen differenziert wird. Die Gewinnung von Steinkohle im Bereich des South Staffordshire Coalfield lässt sich bis ins 11. Jahrhundert zurückverfolgen. Der Beginn der Erzgewinnung in der Region lässt sich nicht datieren. Aufgrund der Lagerung der Eisenerze zwischen und unter den Flözen der thick coal kann vermutet werden, dass diese gemeinsam mit der Steinkohle gewonnen wurden, um die Nachfrage der wenigen lokalen Rennöfen zu befriedigen. Im 17. Jahrhundert begann der untertägige Abbau 60 Vgl. hierzu Abschnitt III.I.II. 61 Raybould, Economic emergence, S. 131. Vgl. zum Vorkommen des Tons Harrison, George: The Stourbridge fire clay, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, Lon don 1967), S. 133–137, S. 133f. 62 Vgl. zu diesen Zahlen die Aufstellung der Gruben für 1884 in den Mineral Statistics für 1884, HCPP, 1884 [C.4430], S. 254–265.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

der Steinkohle. Zu dieser Zeit fanden sich in dem Bereich rund um Dudley etwa 14 aktive Schächte, während zugleich die Zahl der Pingen rückläufig war.63 Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein generierte sich die Nachfrage nach Kohle im Black Country aus einem beschränkten Kreis von Abnehmern. Zu diesen gehörten seit dem 16. Jahrhundert verstärkt die Nagelmacher und andere Eisenschmiede, sowie die Besitzer größerer, mit Kamin oder Feuerstelle ausgestatteter Häuser.64 Im 17. Jahrhundert begannen auch die, vor allem in dem südwestlichen Bereich der Region ansässigen, Glasproduzenten Steinkohle nachzufragen. Diesen war im Jahr 1615 durch eine königliche Verfügung die Nutzung von Holzkohle in dem brennstoffintensiven Produktionsverfahren untersagt worden. In der Folge kam es zu einer Substituierung der Holz- durch Steinkohle und somit zu einer steigenden Nachfrage der Glasmacher nach Kohle. 65 Ebenfalls für das 17. Jahrhundert ist der erstmalige Gebrauch von Steinkohlen in der Produktion von Stabeisen überliefert und auch zum Brennen von Kalk oder Ziegeln und in den Brauereien kam die Steinkohle zum Einsatz. Die Beschaffenheit des Raumes wirkte sich dabei auf die Größe des Marktes für die Steinkohlen aus dem South Staffordshire Coalfield aus. So war dieser durch die fehlenden Wasserwege und die hierdurch mangelhafte Anbindung an andere Regionen auf die Region selber und ihr direktes Umland beschränkt. So konnten die Grubenbesitzer und Kohlenhändler ihre Erzeugnisse zwar nicht auf entfernten Märkten absetzen, zugleich brauchten sie aber auf dem wachsenden lokalen Markt keine Konkurrenz anderer Reviere fürchten. Mit dem Bau der ersten Kanäle in der Region im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts wurden diese natürlichen Handelsbeschränkungen aufgehoben und das Black Country in das britische Wasserstraßensystem eingebunden. Zugleich verknüpften die Kanäle auch die verschiedenen Produktionsstätten innerhalb der Region miteinander. Zu dieser Zeit ist zudem ein starker Anstieg der lokalen Nachfrage nach Steinkohle zu verzeichnen, da nun auch in der Eisenproduktion eine technische Lösung für den Einsatz von Steinkohle und Koks gefunden worden war. Dies führte zu einem starken Anstieg der Produktion von Roh- und Stabeisen, was wiederum zu einer wachsenden Nachfrage nach Steinkohle führte. Aufgrund der Elastizität des Angebots in Verbindung mit dem Wachstum der Nachfrage, kann von einer starken Zunahme der Steinkohlenförderung in der Wirtschaftsregion Black Country ausgegangen werden. Eine Quantifizierung dieses Wachstums ist jedoch aufgrund der schlechten Datenlage nur bedingt möglich.66 Für das 18. Jahrhundert und die 63 Vgl. zu der Frühzeit des Bergbaus im Black Country Hatcher, Coal industry, S. 151 und Jenkins, W. J.: The early history of coal-mining in the Black Country and especially around Dudley, in: Transactions of the Newcomen Society 8 (1929), S. 107–112 (im Folgenden zitiert als Jenkins, Coal-mining), S. 107 und Lones, Thomas East: South Staffordshire and north Worcestershire mining district and its relics of mining appliances, in: Transactions of the Ne wcomen Society 11 (1932), S. 42–45, S. 43 (im Folgenden zitiert als Lones, Relics) und Taylor, Coal, S. 73. 64 Lones, Thomas East: A history of mining in the Black Country, Dudley 1898, S. 4 (im Folgenden zitiert als Lones, History of mining). 65 Vgl. zur Glasindustrie Abschnitt III.I.IV. 66 Vgl. zu der Quellenlage im Bereich des Steinkohlenbergbaus im Black Country Abschnitt I.III.I.

III.I Das Black Country

127

erste Hälfte des 19. Jahrhunderts stehen zwar einige zeitgenössische Schätzungen und die Kalkulationen von Pollard zur Verfügung, diese kumulieren jedoch in der Regel die Produktion der Reviere in North und South Staffordshire und Warwickshire.67 Abbildung 16: Steinkohlenförderung im Black Country, der Cannock Chase Region und der Grafschaft South Staffordshire, 1838–1899

Vgl. für das Black Country Tabelle A.22, S. 311; Daten für die Grafschaft South Staffordshire entnommen aus Mineral Statistics der entsprechenden Jahre; Daten für das Cannock Chase Coalfield bei Brown, Cannock Chase, S. 31.

Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts kann auf die jährlich erstellten Mineral Statistics zurückgegriffen werden, die Produktionszahlen und Listen der Gruben einzelner Reviere enthalten. Allerdings erfolgt hier die Betrachtung des South Staffordshire Coalfield in Verbindung mit dem nördlich von Walsall und Wolverhampton gelegenen Cannock Chase Coalfield.68 Die einzelnen aktiven Gruben lassen sich zwar den verschiedenen Revieren zuordnen, jedoch können auf dieser Basis keine Aussagen über die jeweils geförderten Mengen getroffen werden. Die kleinräumige Struktur des Steinkohlenbergbaus im Black Country und die kurze Lebensdauer vieler Gruben erschwert Schätzungen auf Basis der spärlich vorhande67 Pollard, Sidney: A new estimate of British coal production 1750–1850, in: Economic History Review 33:2 (1980), S. 212–234, S. 219 (im Folgenden zitiert als Pollard, New estimate). 68 Vgl. zu den Problemen der Abgrenzung der Reviere in South Staffordshire auch den abschnitt ab S. 48 in Kapitel II.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

nen Daten erheblich.69 Ebenfalls schwierig, aber immerhin möglich, gestalten sich Schätzungen über die Förderung des Cannock Chase Coalfield, wie Brown sie für die Zeit zwischen 1840 und 1914 präsentiert.70 Mit Hilfe dieser Schätzungen lassen sich aus den Daten der Mineral Statistics ungefähre Produktionsdaten für das Black Country bestimmen. Die kumulierte Wachstumskurve für South Staffordshire und die, mit Hilfe der Schätzungen von Brown bestimmten Wachstumskurven der Kohleförderung auf dem South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase Coalfield sind in Abbildung 16 dargestellt. Abbildung 17: Steinkohlenförderung im Black Country, 1700–1899

Vgl. für Daten Tabelle A.22, S. 311 (Anhang), für die Jahre 1780 und 1788 vgl. Fußnote 77.

Abbildung 17 zeigt die Entwicklung der Steinkohlenförderung im Black Country während des 18. und 19. Jahrhunderts unter Angabe der verfügbaren Daten. Deutlich zu erkennen ist der Mangel quantitativer Daten für das 18. Jahrhundert und den Beginn des 19. Jahrhunderts. Sichtbar ist der leichte Anstieg der Förderung im 18. Jahrhundert, gefolgt von einem starken Wachstum bis 1852 und einer anschließenden Abnahme der geförderten Mengen bis 1860, auf die wiederum bis 1870 ein starkes Wachstum folgte. Ab 1870 ist dann eine stetige und starke Abnahme der geförderten Mengen zu sehen. Die Abnahme der geförderten Mengen zwischen 1852 und 1860 ist auch in der Gegenüberstellung der Wachstumskurven der Kohlenförderung im South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase 69 Daten existieren z.B. zu den Gruben, die sich im Besitz der Dudleys befinden. 70 Brown, Cannock Chase, S. 31.

III.I Das Black Country

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Coalfield zu sehen (Abbildung 16). Da für diesen Zeitraum keine Schätzungen über die Fördermenge im Cannock Chase Coalfield vorliegen, lässt sich keine Aussage darüber treffen wie sich die Menge der insgesamt in South Staffordshire geförderten Kohlen zwischen dem South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase Coalfield aufteilt.71 Die fehlenden Daten verbergen zudem einen Einbruch in der Förderung nach dem Ende des Napoleonischen Krieges, als die ab 1815 ausbleibende Kriegsproduktion im Black Country zu einem Rückgang der Eisenproduktion und somit auch der Nachfrage nach Kohle führte. 72 Das Gleiche gilt für die wirtschaftliche Depression, unter der das Black Country von dem Ende der 1830er Jahre bis in die 1840er Jahre hinein litt. Anzunehmen ist, dass die Förderung zu Beginn der 1830er Jahre höher war, um dann auf das Niveau von 1839 zu sinken.73 Bezüglich des Einbruchs der Eisenproduktion und damit auch der Kohleförderung nach 1815 kann vermutet werden, dass der Anstieg der Produktion zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und 1815 stärker war als der bis 1817 und von einem erheblichen Rückgang der Förderung gefolgt wurde. Diese Vermutung wird gestärkt durch einen Blick auf Abbildung 18, welche die Entwicklung der Kohleförderung in der Wirtschaftsregion Black Country dem Wachstum der Roheisenproduktion in der Region gegenüberstellt. Die Datenlage für die Roheisenproduktion ist sehr viel besser als für die Kohleförderung und zeigt deutlich den starken Anstieg von 1796 bis 1810. Für die Zeit zwischen 1810 und 1823 finden sich auch für die Roheisenproduktion keine Angaben über die produzierten Mengen. Es ist aber davon auszugehen, dass sich sowohl das Wachstum der Roheisenproduktion als auch der Kohleförderung bis 1815 fortsetzte und die Wachstumskurve der Kohleförderung zwischen dem Ende des 18. Jahrhunderts und 1810 ebenso steil verlief, wie die Wachstumskurve der Roheisenproduktion in diesem Zeitraum. Laut Lones begann die Kohleförderung im Black Country ab 1817 wieder zu wachsen und für das Jahr 1818 bescheinigt er dem Revier eine ungewöhnlich große wirtschaftliche Prosperität. In die Zeit zwischen 1817 und 1826 fällt die Aufhebung der Besteuerung der, auf den Inlandswasserwegen nach London eingeführten, Kohlen. Diese Steuer hatte bis dahin prohibitiv gewirkt und auf dem Londonder Kohlenmarkt faktisch ein Monopol des Reviers bei Durham und Northumberland, aus welchem die Kohlen auf dem Seeweg nach London gebracht wurden, geschaffen.74 Für das 18. Jahrhundert liegen quantitative Angaben zur Kohlenförderung für insgesamt fünf Zeitpunkte vor: Davies und Hyde halten aufgrund der Schätzung von Plot einen Wert von 70.000 t75 zu Ende des 17. Jahrhunderts für realistisch, 71 Browns Schätzungen liegen für die Jahre 1840, 1860, 1870, 1878–88, 1890, 1900 und 1914 vor. Siehe hierzu Brown, Cannock Chase, S. 31. 72 Vgl. hierzu Lones, History of mining, S. 41. 73 Wert aus Davies/Hyde, Dudley, S. 63, Pollard spricht erst von einer Produktion im Black Country von 4 Millionen Tonnen, gibt diesen Wert dann an späterer Stelle als Fördermenge von Nord und Süd Staffordshire (inklusive Worcestershire) an. Vgl. dazu Pollard, New estimate, S. 219 und S. 229. 74 Lones, History of mining, S. 41f. 75 Davies/Hyde, Dudley, S. 51.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Tildesley beziffert die Menge der geförderten Kohlen und des geförderten Erzes in North und South Staffordshire auf 150.000 t pro im Jahr 1720. Taylor nimmt an, dass hiervon etwa 50.000 t in Nord und 100.000 t in Süd Staffordshire gefördert wurden.76 Die für 1780, 1788 und 1798 genannten Werte liegen alle bei etwa 800.000 t und bezeichnen entweder die Menge der im Black Country geförderten Kohlen (1780), die von der Eisenindustrie verbrauchte Kohle (1790) oder die Menge der per Kanal transportierten Kohlen (1798).77 Abbildung 18: Steinkohlenförderung und Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1817

Vgl. für Daten Tabelle A.1 auf S. 282 (Roheisen) und Tabelle A.22 auf S. 311 (Steinkohle).

Wie oben bereits beschrieben, stieg die Nachfrage der Eisenindustrie nach Steinkohle in den letzten Dekaden des 18. Jahrhunderts durch den Umstieg von Holzauf Steinkohle stark an. Aufgrund der schlecht ausgebauten Verkehrswege und dem vergleichsweise günstigen Preis der lokalen Kohlen, kann ein starker Import von Kohlen ausgeschlossen werden. Demnach kann aus dem Wachstum der Eisenindustrie die Entwicklung der Nachfrage nach Kohle abgeleitet werden. Von dieser kann dann, bedingt durch die Elastizität des Kohlenangebots, auf die geför76 Taylor, Coal, S. 73 und Tildesley, J. C.: The Rise and Progress of the Manufactures of Staffordshire, in: Langford., J. A.: Staffordshire and Warwickshire. Past and Present, Bnd. 1, London 1875, S. i–xcvi, S. v (im Folgenden zitiert als Tildesley, Manufactures). 77 Wert für 1780 aus Davies/Hyde, Dudley, S. 63; 1788 und 1798 aus Taylor, Coal, S. 74 der seine Schätzungen auf Angaben des House of Commons und Shaw, Stebbing: History and antiquies of Staffordshire 1, London 1798, S. 121 (im Folgenden zitiert als Shaw, Staffordshire I) stützt.

131

III.I Das Black Country

derten Mengen geschlossen werden. Abbildung 18 zeigt die Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Nachfrage nach Steinkohlen wurde nicht nur durch die Produktion von Roheisen, sondern ab den 1780ern auch durch die Weiterverarbeitung des Roheisens zu Stabeisen erzeugt. Da die Datenlage für die Roheisenproduktion jedoch besser ist und Roheisen nur ein Zwischenprodukt war, welches in der Regel zu Stabeisen weiterverarbeitet wurde, kann von der Roheisenproduktion auch auf die Stabeisenproduktion geschlossen werden. Die Stabeisenproduktion benötigte ab ca. 1780 vor allem Steinkohlen und Roheisen als Rohstoffe und auch die Produktion des Roheisens fragte Kohlen nach. Ein Anstieg der Menge produzierten Roheisens bedeutete also in der Regel sowohl einen Anstieg der Kohleförderung als auch der Stabeisenproduktion. Abbildung 18 zeigt den ersten, leichteren Anstieg der Roheisenerzeugung von ungefähr 1780 bis 1795, welcher gefolgt wurde von einer Periode sehr starken Wachstums bis in die ersten Jahre des 19. Jahrhunderts. Die spärlich vorhandenen Daten zur Kohleförderung scheinen demnach unrealistisch. Zu erwarten ist ein Anstieg zwischen 1780 bis 1798 um die Nachfrage der stark wachsenden Eisenindustrie der Region zu befriedigen. Tabelle 19: Kohlenverbrauch in der Roheisenproduktion im Black Country, 1780–1810 Jahr

Roheisen (t)

Kohle benötigt (t)

t Kohle pro t Roheisen

1780

3.188

25.507

8

1790

9.643

67.500

7

1798

25.460

152.760

6

1800

40.493

202.464

5

1810

76.689

383.446

5

Daten zur Roheisenproduktion aus Tabelle A.1 auf Seite 282, Kohleverbrauch pro Tonne Roheisen aus Isard, Locational factors, S. 204.

Legt man einen Schlüssel von 8 t Kohle pro Tonne Roheisen zugrunde, lag der Kohlebedarf in der Roheisenproduktion des Black Country im Jahr 1780 bei etwa 25.000 t. Selbst unter Berücksichtigung eines leicht gesunkenen Kohlebedarfs in der Roheisenerzeugung kann von einem Anstieg der Menge der benötigten Kohle, wie auch in Tabelle 19 dargestellt, auf 67.500 t in 1790 und 152.760 t in 1798 ausgegangen werden. 1800 lag der Kohlebedarf der lokalen Roheisenerzeuger bei über 200.000 t und 1810 bei etwa 380.000 t.78 Auch wenn man berücksichtigt, dass in der Region ab 1780 vermehrt Stabeisen mit Steinkohlen produziert wurde und auch andere Produktionszweige wie die 78 Im Laufe des 18. Jahrhunderts sank die Menge der benötigten Kohle für jede Tonne produzierten Roheisens von acht bis zehn Tonnen in 1750 auf sieben Tonnen in 1788. 1798 wurden nicht mehr als sechs Tonnen benötigt und in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts waren fünf Tonnen Kohle zur Produktion einer Tonne Eisens ausreichend. Vgl. hierzu Isard, Walter: Some locational factors in the iron and steel industry since the early nineteenth century, in: Journal of Political Economy 56:3 (1948), S. 203–217, S. 204 (im Folgenden zitiert als Isard, Locational factors.

132

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Glasindustrie oder die zahlreichen Schmiede der Region Kohlen nachfragten, erscheint eine jährliche Förderung von etwa 800.000 t Kohle in den letzten zwei Dekaden des 18. Jahrhunderts deutlich zu hoch. Ähnlich urteilt auch Taylor, der sich bei seiner Kritik auf den Wert für 1790 bezieht. Zudem ist davon auszugehen, dass sich die große Steigerung der Nachfrage durch die Eisenindustrie, welche ihre Produktion zwischen 1780 und 1800 verachtfachte, auch in der Wachstumskurve der Kohleförderung niederschlägt. Auch wenn keine quantitative Beweisführung erbracht werden kann, können zumindest die Förderzahlen für 1780 von Davies und Hyde und die Angabe für 1790 als nicht korrekt zurückgewiesen werden. Aus diesem Grund werden diese Datenpunkte gestrichen und für 1780 ein geringerer Wert angenommen. Auch die übrigen Daten für das 18. Jahrhundert verlangen nach einer kritischen Betrachtung. Tabelle 20 listet die oben genannten Schätzungen auf und stellt diesen die Schätzungen von Flinn über die im 18. Jahrhundert in Staffordshire geförderte Steinkohlen gegenüber. Flinn schätzt die Förderung in Staffordshire in 1700 auf insgesamt 170.000 t, kombiniert mit dem Wert von Davies und Hyde ergibt sich, dass in 1700 etwa 40 % der Förderung in Staffordshire auf South Staffordshire, bzw. das Black Country und die übrigen 60 % auf Nord Staffordshire entfielen. Dies widerspricht der Angabe von Taylor, nach der 1720 etwa 2/3 der geförderten Erze und Kohlen auf South Staffordshire und lediglich 1/3 auf North Staffordshire entfielen. Davies und Hyde beziffern die Menge des geförderte Erzes auf etwa 7.000 t in 1700.79 Tabelle 20: Verfügbare Schätzungen über die Steinkohlenförderung in Staffordshire im 18. Jahrhundert Staffordshire 1700 1720

170.000t *

South Staffordshire Flinn

150.000t

Tildesley

1750

280.000t

Flinn

1775

580.000t

Flinn

1798 1800

1.500.000t

70.000t

Davies/Hyde

100.000t

Taylor

800.000t

Davies/Hyde

*

Flinn

*Wert bezieht sich auf geförderten Steinkohlen und Eisenerze. Flinn, British coal industry, Bnd. 2, S. 26f; 1700 und 1798 Davis/Hyde, Dudley, S. 63; 1720 Taylor, Coal, S. 73 (Taylors Schätzung basiert auf Angabe bei Tildesley, Manufactures, S. v).

Nimmt man ein ähnliches Verhältnis zwischen Erz- und Kohleförderung auch für 1720 an, hätte die Menge geförderter Kohle sich auf etwa 90.000 t belaufen. Das jährliche durchschnittliche Wachstum der Kohlenförderung hätte demnach in den ersten zwei Dekaden des 18. Jahrhunderts bei etwa einem Prozent gelegen. Allerdings gibt es keine Erklärung dafür, warum die Förderung in North Staffordshire einbrechen und von etwa 100.000 t in 1700 (die Differenz aus den 170.000 t für 79 Davies/Hyde, Dudley, S. 51.

III.I Das Black Country

133

Staffordshire und den 70.000 für South Staffordshire) auf unter 50.000 t in 1720 sinken sollte. Weder in North Staffordshire noch in South Staffordshire setzte in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein außerordentlicher Wachstumsstimulus ein und es gibt, im Fall North Staffordshires, auch keinen Grund für einen so starken Einbruch der Förderung. Es ist eher zu vermuten, dass in beiden Regionen ein leichtes und stetiges Wachstum zu verzeichnen war, welches durch das leichte Anwachsen der Keramikproduktion in der einen und der Eisenartikelproduktion in der anderen Region stimuliert wurde. Geht man davon aus, dass sich dieses Wachstum in keinem der Reviere sehr viel stärker vollzieht als in dem anderen, ist auch davon auszugehen, dass in 1850 das Verhältnis der Produktion in beiden Revieren ähnlich dem in 1700 war und etwa 60 % der Förderung in North Staffordshire und 40 % in South Staffordshire erfolgte. Die geförderte Menge hätte demnach in North Staffordshire bei ca. 170.000 t und in South Staffordshire bei ca. 110.000 t gelegen (siehe Tabelle 21).80 Tabelle 21: Geschätzte Fördermengen (Steinkohle) in South Staffordshire und North Staffordshire im 18. Jahrhundert Staffordshire

North Staffordshire

South Staffordshire

1700

170.000t

100.000t

70.000t

1750

280.000t

168.000t

112.000t

1775

580.000t

min.: 217.753t

min.: 141.670t

Eigene Schätzungen oder Schlussfolgerungen aus vorhandenen Zahlen kursiv, andere Angaben aus Tabelle 20 auf Seite 132 übernommen.

Errechnet man die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten beider Reviere für die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts und legt diese auch für das Wachstum zwischen 1750 und 1775 zugrunde, erhält man für das Black Country einen Wert von 141.670 t geförderter Kohlen und für North Staffordshire von 217.753 t geförderten Kohlen. Kumuliert ergibt sich so als Wert für die Förderung in Staffordshire 359.423 t, also ein im Vergleich zu Flinns Schätzung erheblich geringerer Wert. Es ist demnach davon auszugehen, dass das Wachstum zwischen 1750 und 1775 in zumindest einem der beiden Reviere stärker war als in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Flinn attestiert dem Revier in North Staffordshire für die Zeit zwischen 1750 und 1775 einen Anstieg der Förderung durch eine gestiegene Nachfrage der stärker wachsenden Keramikindustrie.81 Auch im Black Country wuchs die eisenverarbeitende Industrie und damit auch die Zahl kleinerer Schmieden, die Kohle als Brennstoff nachfragen. Eine Quantifizierung kann an dieser Stelle aufgrund fehlender Daten nicht vorgenommen werden. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass sich die Wachstumsraten im Vergleich zu denen aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts verringerten. Für das Jahr 1775 ist demnach von einer Förderung von mindestens 112.000 t im Black Country und 217.753 t in 80 Die jährliche durchschnittliche Wachstumsrate für North Staffordshire liegt bei 1,04 %, die für South Staffordshire bei 0,94 %. 81 Flinn, British coal industry, Bnd. 2, S. 16.

134

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

North Staffordshire auszugehen. Im Jahr 1800 lag die kumulierte Förderung von North und South Staffordshire nach Flinns Schätzungen bei 1,5 Millionen Tonnen, die Kohlenförderung für das Black Country wurde Ende des 18. Jahrhunderts auf 800.000 t geschätzt. Zu diesem Zeitpunkt wurde demnach etwas über die Hälfte der Kohle im Süden Staffordshires gewonnen. Das bedeutet, dass irgendwann im Laufe des 18. Jahrhunderts South Staffordshire gegenüber North Staffordshire Produktionsanteile gewonnen hat. In welchen Zeitraum diese Verschiebung fiel, lässt sich jedoch nicht bestimmen. Unwahrscheinlich ist jedoch, dass in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ein starker Anstieg der Produktion stattfand. In beiden Revieren wird ein starkes Wachstum der Fördermenge vermutlich erst in dem letzten Viertel des 18. Jahrhunderts stattgefunden haben: Die Nachfrage in North Staffordshire änderte sich durch die Fertigstellung des Great Trunk, also dem Trent and Mersey Canal, in 1777, welcher das Kohlerevier in North Staffordshire mit dem industriellen Ballungszentrum bei Liverpool und Manchester verband. Dies vergrößerte nicht nur den Markt für die Steinkohlen aus dem Revier, sondern auch für die lokalen Keramikerzeugnisse, für deren Produktion wiederum Kohle benötigt wurde. Die Steinkohlenförderung im Black Country erfuhr, wie weiter oben bereits beschrieben, einen ähnlichen Stimulus durch den Bau der ersten Kanäle, die die Region erstmals an das Wasserstraßennetz Großbritanniens anbanden und so den Markt für Kohlen und Eisen erweiterten. Gleichzeitig erlaubte der Einsatz von Steinkohlen als Brennstoff ein starkes Wachstum in der regionalen Eisenproduktion.82 Die oben ermittelten und in obenstehender Tabelle 21 dargestellten Werte für 1750 werden übernommen und im Folgenden zur Differenzierung des Wachstums der Steinkohlenförderung im 18. Jahrhundert genutzt und dafür der von Tildesley, bzw. Taylor, gegebene Wert von 150.000 t für Staffordshire und 100.000 t für Süd Staffordshire gestrichen, da dieser sich nicht mit den Zahlen für Nord Staffordshire für den Beginn des 18. Jahrhunderts vereinbaren lässt. Abbildung 19 zeigt die schon in Abbildung 17 auf Seite 128 dargestellten verfügbaren quantitativen Angaben, sowie eine leicht korrigierte Kurve, die dem anzunehmenden Wachstum der Kohleförderung im Black Country entspricht. Auch der als zu hoch identifizierte Wert für 1840 wurde korrigiert. Zudem wurde ein Wert, der das Wachstum bis zur Mitte der 1830er nicht verdeckt, eingefügt. Wie bereits angesprochen, lagerten die Eisenerzvorkommen unterhalb der Flöze der thick coal und wurden in der Regel gemeinsam mit der Kohle gewonnen. Eine quantitative Betrachtung des Abbaus von Eisenerz im Black Country ist ab dem Erscheinen der ersten Mineral statistics in den 1850er Jahren möglich, die dort veröffentlichten Listen der Gruben enthalten jedoch erst ab den 1880er Jahren auch Informationen über die Art der abgebauten Bodenschätze. Aus diesem Grund kann für die Zeit vor 1880 keine gesicherte Aussage über die Zahl der Gruben in denen Eisenerz abgebaut wurde getroffen werden. Im Jahr 1881 wurde in neun der insgesamt 313 Gruben des Black Country ausschließlich Eisenerz gewonnen, in 50 Gruben wurde sowohl Kohle als auch Eisenerz abgebaut. Innerhalb des South 82 Vgl. zum Anstieg der Eisenproduktion den Abschnitt III.I.I ab Seite 99 und den entsprechenden Teil in Abschnitt IV.II.I.I ab Seite 215.

III.I Das Black Country

135

Staffordshire Coalfield verlagerte sich der Abbau der Erze, analog zu der Gewinnung der Steinkohle, im Laufe des 19. Jahrhunderts von Nordost in südwestlicher Richtung auf die südliche Seite des Russell’s Hall Fault.83 Abbildung 19: Kohleförderung im Black Country nach vorhandenen Daten und angenommener Wachstumsverlauf, 1700–1900

Vgl. für Daten Tabelle 20 und Tabelle 21.

Die Mineral statistics liefern Informationen zu der Menge der in South Staffordshire und Worcestershire abgebauten Erze, unterscheiden hier jedoch in der Regel nicht zwischen der Gewinnung in dem South Staffordshire Coalfield und dem Cannock Chase Coalfield. Dort wo eine differenzierte Darstellung erfolgt, wird jedoch deutlich, dass der Anteil, der im Bereich des Cannock Chase Coalfield abgebauten Erze verschwindend gering war. So stammten 1871 nur etwa 1.500 t der insgesamt abgebauten 705.665 t Eisenerz aus den Flözen des Cannock Chase Coalfield, wo lediglich in zwei Gruben Eisenerz gewonnen wurde. 84 Die für die 1880er Jahre vorliegenden Aufstellungen zeigen, dass die Zahl der Gruben, in welchen im Cannock Chase Coalfield Eisenerz abgebaut wurde, nahezu unverän-

83 Siehe hierzu Davies/Hyde, Dudley, S. 14 und Raybould, Economic emergence, S. 80. 84 Vgl. Hunt, Robert: Memoirs of the geological survey of Great Britain and of the museum of practical geology. Mining records. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland for the year 1871, London 1872, S. 74 (im Folgenden zitiert als Hunt, Mineral statistics for 1871).

136

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

dert blieb.85 Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass der überwiegende Teil der Erze im Bereich des South Staffordshire Coalfield gewonnen wurde. Im Black Country wurden Ende des 18. Jahrhunderts etwa 60.000 t Eisenerz abgebaut, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verdreißigfachte sich die Menge der abgebauten Mineralien auf knapp 2 Millionen Tonnen.86 Nach diesem starken Wachstum in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die zweite Hälfte des Jahrhunderts von einem ebenso starken Rückgang der Förderung geprägt. So fiel die jährliche Förderung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts auf unter 50.000 t. Durch den Mangel an Daten für die 1870er Jahre kann keine Aussage übe die Entwicklung in dieser Dekade getroffen werden. Ab den 1880er Jahren wird jedoch der angesprochene starke Rückgang der Förderzahlen offensichtlich. Abbildung 20: Quantitative Entwicklung der Eisenerzförderung im Black Country, 1855–1900

Vgl. zu den Daten Tabelle A.19 auf Seite 308 (Anhang).

Auch die Bedeutung des Black Country als Eisenerzproduzent in Großbritannien sank entsprechend: 1855 wurden über 20 % der britischen Eisenerze im Black Country gefördert, bereits zehn Jahre später kamen nur noch 6,55 % der Erze aus dem Black Country und ab den 1880er Jahren lag dieser Wert unter einem Prozent.87 Dieser deutliche Rückgang der Erzförderung lässt sich sowohl auf Ange85 Vgl. Hunt, Mineral statistics for 1871, S. 74 und HCPP, 1882 [C.3241] XVIII.213 (Mineral statistics for 1881), S. 179–184. 86 Lones, Relics, S. 44. 87 Vgl. hierzu Tabelle A.19 auf Seite 308 (Anhang).

III.I Das Black Country

137

bots- als auch auf Nachfragefaktoren zurückführen: Die Erzförderung wurde, ebenso wie der Abbau der Steinkohle, durch die teilweise Überflutung der Gruben und den früheren Abbau be- oder sogar verhindert. Gleichzeitig, bedingt durch diesen Mangel lokal verfügbarer Rohstoffe und auch durch die Substituierung des Werkstoffs Eisens durch Stahl, sank die Eisenproduktion in der Region und damit die Nachfrage nach Eisenerz.88 Die Schwierigkeiten bei der Entwässerung der Gruben im South Staffordshire Coalfield, auf die an späterer Stelle in diesem Abschnitt eingegangen wird, lassen sich zum Teil ursächlich auf die günstigen Abbaubedingungen zurückführen. So ermöglichte die in geringer Tiefe lagernde, mächtige Flözformation den Abbau der Kohlen mit einem verhältnismäßig geringen Kapitalaufwand. Wie im 17. Jahrhundert wurden auch im 18. und 19. Jahrhundert ein oder zwei Schächte abgeteuft, die Kohlen und Erze in einem kleinen Radius um diese Schächte herum abgebaut und die Grube anschließend aufgegeben. Ende des 18. Jahrhunderts lag der Abbauradius bei etwa 100 m, während der durchschnittliche Durchmesser der Schächte etwa 1,8 m betrug. Auch 50 Jahre später überstieg der Durchmesser der Schächte selten 2,1 m. Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts betrug die Tiefe der Schächte erstmals mehr als 90 m, Schächte mit einer Tiefe von über 180 m stellten allerdings noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine Ausnahme dar. 89 Die von einer Grube bearbeitete Fläche lag 1850 zwischen 2 ha und 4 ha, wobei manche Gruben auch durchaus kleinere Flächen abbauten. Durch diese kleinräumigen Produktionseinheiten unterschied sich die Organisation des Abbaus im Black Country deutlich von anderen Revieren. Tabelle 22 zeigt die geringe Größe der Gruben im Black Country im Vergleich zu den Gruben anderer britischer Reviere. So gibt es lediglich auf dem Kohlefeld in Yorkshire, welches hier gemeinsam mit Gebieten in Derbyshire und Nottinghamshire erfasst ist, mehr Gruben als auf dem South Staffordshire Coalfield, welches jedoch mit etwa 240 km²deutlich kleiner ist als die Lagerstätten in Yorkshire (1.968 km²), South Wales (2.347 km²) und Lancashire (562 km²). Entsprechend herrschte im Black Country mit 1,76 Gruben/km² die höchste Grubendichte, im Durchschnitt entfiel auf eine Grube hier eine Fläche von 0,57 km². Dieser Wert lag deutlich unter der durchschnittlich bearbeiteten Fläche pro Grube in anderen Revieren.90 In Lancashire entfielen durchschnittlich 1,44 km² auf jede Grube und in Yorkshire 3,29 km²/Grube. Letzteres entspricht in etwa dem Durchschnittswert auf den englischen und walisischen Kohlefeldern, der bei 3,1 km²/Grube lag. Die höchste durchschnittliche Förderung pro Grube findet sich in der Lagerstätte im Nordosten Englands, wo auf jede Grube 58.302 t geförderter Kohle entfielen und damit mehr als doppelt so viel Kohlen pro Grube gewonnen wurden wie im britischen Durchschnitt. Die durchschnittliche Förderung pro Grube lag im Black 88 Vgl. hierzu die Abschnitte III.I.I und III.I.II. 89 Taylor, Coal, S. 86 (dieser beruft sich auf Angaben bei Lones, History of mining, S. 37). 90 So gibt es laut Hunt, Robert: Memoirs of the geological survey of Great Britain and of the museum of practical geology. Mining records. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland for 1853 and 1854, London 1855, S. 65f (im Folgenden zitiert als Hunt, Mineral statistics for 1854) in Staffordshire und Worcestershire im Jahr 1854 2.000 Schächte.

138

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Country mit etwa 14.000 t Kohle deutlich unter dem britischen Durchschnitt, auch wenn in Shropshire und North Staffordshire die geförderten Mengen pro Grube noch geringer ausfielen. Die Gründe für die geringe Größe der Gruben sind in der Beschaffenheit des Raumes zu suchen. Die in geringer Tiefe lagernde Flözformation machte kostenintensive Ausbauten überflüssig und damit den Abbau kleiner Felder attraktiv. Dies führte zu einer hohen Dynamik, da manche Gruben lediglich für einige Monate – bis zum vollständigen Abbau des Feldes – aktiv waren. Tabelle 22: Anzahl der Gruben in Relation zu der Größe der Lagerstätten und der Menge geförderter Kohlen in verschiedenen Revieren, 1855 Revier

Anzahl Gruben

Größe (km²)

Gruben / km²

km² / Grube

Geförderte t / Grube

Yorkshire, Derbyshire & Nottinghamshire

599

1.968

0,30

3,29

20.994

Black Country

425

241

1,76

0,57

14.369

Lancashire

390

562

0,69

1,44

25.282

South Wales

304

2.347

0,13

7,72

29.810

Durham & Northumberland

270

1.191

0,23

4,41

58.302

North Staffordshire

123

194

0,63

1,58

10.697

55

73

0,75

1,33

13.894

2.402

7.442

0,30

3,10

24.961

Shropshire England & Wales

Anzahl der Gruben und Menge der geförderten Kohlen aus Hunt, Mineral Statistics for 1854, S. 88-113, Größe der Lagerstätten bei Hughes, Geography, S. 63.

Obwohl die kurze Lebensdauer der Gruben und die günstigen Abbaubedingungen wenig Anreize zu einer verstärkten Mechanisierung von Abbau und Förderung gaben, kann das Black Country in Bezug auf die Einführung der Dampfmaschinen eine Pionierrolle für sich beanspruchen.91 1706 wurde eine der ersten Dampfmaschinen bei Wednesbury installiert, um Wasser aus der dortigen Willingworth Colliery abzupumpen. Bei dieser Maschine handelte es sich um das von Savery entwickelte Modell, welches dieser explizit zur Entwässerung von Gruben anpries. Im praktischen Einsatz erwies sich die Maschine jedoch als wenig zielführend und wurde bereits nach kurzer Zeit wieder demontiert.92 Die Entwicklung einer praktikablen Maschine zur Wasserhaltung gelang kurze Zeit später Thomas Newcomen. Auch die erste Dampfmaschine Newcomenscher Bauart wurde im Black Country 91 Aufgrund der hohen Bedeutung der Dampfmaschine für den Bergbau und die Entwicklung des Black Country, sowie der Rolle der Region, erfolgt an dieser Stelle eine ausführliche Behandlung des Themenbereichs, obwohl das frühe 18. Jahrhundert eigentlich außerhalb des Betrachtungszeitraums liegt. Vgl. zu den schwachen Anreizen zur Mechanisierung auch Taylor, Coal, S. 87. 92 Taylor, Coal, S. 91. Vgl. zu den angedachten Einsatzgebieten der Maschine von Savery Savery, Thomas: The miner’s friend or an engine to raise water by fire described, London 1702 (Nachdruck London 1827), S. 7f.

III.I Das Black Country

139

installiert. Sie wurde 1712 in der Nähe von Dudley in Betrieb genommen, wo sie zur Entwässerung einer Grube eingesetzt wurde.93 Newcomens Maschine bestand aus einem Kessel über einer Wärmequelle, der mit einem darüber montierten Zylinder verbunden war. In dem Kessel wurde Wasser erhitzt und der entstehende Wasserdampf strömte in den Zylinder, wo er durch die Zuführung kalten Wassers abgekühlt wurde. Hierdurch kondensierte der Wasserdampf und erzeugte einen Unterdruck, durch welchen ein Kolben in den Zylinder gesogen wurde. Dieser Kolben war mit einem Hebebalken, auch Balancier genannt, verbunden. Der Zylinder zog eine Seite des Hebebalkens nach unten und hob so die andere Seite des Balanciers an. Durch ein Ventil konnte Luft in den Zylinder eingelassen werden, um den Druck auszugleichen. Ein Gegengewicht auf der anderen Seite des Hebebalkens zog anschließend den Kolben aus dem Zylinder heraus. Durch das Abkühlen des Wasserdampfs und den anschließenden Druckausgleich hoben und senkten die Seiten des Balanciers sich abwechselnd und ermöglichten so den Betrieb einer angeschlossenen Pumpe. Da die Hubbewegung durch den Luftdruck und nicht durch den Dampf verursacht wurde, wird Newcomens Maschine oft als atmosphärische Dampfmaschine bezeichnet.94 Verglichen mit Saverys Dampfmaschine, arbeitete die Maschine von Newcomen effizient und schnell, da hier Wasserdampf und Kühlwasser räumlich getrennt waren.95 Während der Wirkungsgrad der Maschine von Savery bei 0,03 % lag, gelang es Newcomen einen Wirkungsgrad von 1 % zu realisieren.96 Trotz dieser Steigerung war auch der Wirkungsgrad der Newcomenschen Dampfmaschine gering und ihr Kohleverbrauch in Relation zu der gehobenen Menge Wassers entsprechend hoch. Da zur Befeuerung der Maschine jedoch die sonst unverkäufliche Gruskohle verwendet werden konnte, stellte der hohe Energieverbrauch der atmosphärischen Dampfmaschine in den Kohlerevieren selten ein Problem dar.97

93 Möglicherweise gingen in Cornwall zwei von Newcomen gebaute Dampfmaschinen bereits 1710 in Betrieb, das Baudatum dieser Maschinen ist jedoch nicht sicher, so dass die Dampfmaschine bei Dudley Castle als erste ihrer Art gilt. Vgl. hierzu auch Kanefsky, John W.: The diffusion of power technology in British industry, 1760–1870 (PhD, University of Exeter), 1979, S. 91 (im Folgenden zitiert als Kanefsky, Diffusion). 94 Vgl. zu Funktionsweise und Bezeichnung Jenkins, Coal-mining S. 116f. Der Ausdruck atmosphärische Dampfmaschine wird im Folgenden synonym zu der Bezeichnung Newcomensche Dampfmaschine gebraucht. Auf Nutzung des, im 18. Jahrhunderts im französischen Sprachgebrauch gängigen Begriffs Feuermaschine (machine à feu), der auch vereinzelt im deutschen Sprachgebrauch Verwendung fand, wird hier verzichtet. Der Begriff Dampfmaschine, ohne weitere Nennung eines Modells, umfasst sowohl die atmosphärischen Dampfmaschinen von Newcomen als auch die, an späterer Stelle in diesem Abschnitt näher beschriebene, Dampfmaschine von Watt. 95 Johannsen, Otto: Geschichte des Eisens, Düsseldorf 1925, S.110. 96 Der Wirkungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen abgegebener und zugeführter Energie. Die Differenz der beiden Werte ist definiert als Verlustleistung. Ein Wirkungsgrad von 0,01 bedeutet, dass 1 % der zugeführten Energie als solche wieder abgegeben wird, während 99 % der zugeführten Energie verloren gehen. Vgl. zu den Wirkungsgraden verschiedener Generationen und Typen von Dampfmaschinen Nußelt, Wilhelm: Theorie der Wärmekraftmaschinen (Technische Thermodynamik 2), Berlin 1951, S. 51. 97 Raybould, Economic emergence, S. 29.

140

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Die von Kanefsky und Robey zusammengetragenen Daten zeigen, dass bis zum Jahr 1750 insgesamt 11 % der in Großbritannien zur Wasserhaltung aufgestellten Dampfmaschinen im Black Country installiert wurden. Tabelle 23 schlüsselt die Zahl der in Betrieb genommenen Dampfmaschinen für ausgewählte britische Bergbaureviere auf. Deutlich wird hier der große Anteil an Dampfmaschinen im Nordosten Englands, wo knapp 40 % aller in Großbritannien zur Wasserhaltung installierten Maschinen zu finden waren. Das Black Country lag gleichauf mit dem Revier in Warwickshire, während Yorkshire und Shropshire lediglich 7 %, bzw. 6 %, der Dampfmaschinen beheimateten. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verdreifachte sich die Anzahl der insgesamt in Großbritannien zur Wasserhaltung errichteten Dampfmaschinen gegenüber der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts auf 509. Die Anzahl der im Black Country aufgestellten Dampfmaschinen lag mit 17 ebenso hoch wie in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Aufgrund der höheren Anzahl der in Großbritannien neu aufgestellten Maschinen sank der Anteil der im Black Country errichteten Dampfmaschinen auf 3 %. Das Revier bei Durham und Northumberland hielt seine Spitzenposition auch in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Zwischen 1750 und 1800 wurden hier 121 Dampfmaschinen aufgestellt. Die Zahlen für die 1780er und 1790er sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da es ab 1780 technisch möglich war, die Dampfmaschinen auch zur Förderung einzusetzen. Es ist nicht auszuschließen, dass einige Dampfmaschinen sowohl zur Förderung von Kohle als auch zur Wasserhaltung eingesetzt wurden. 98 Der kumulierte Wert für das gesamte 18. Jahrhundert zeigt, dass insgesamt 5 % aller in Großbritannien zum Zweck der Wasserhaltung errichteten Dampfmaschinen im Black Country installiert wurden. Tabelle 23: Dampfmaschinen, eingesetzt zur Entwässerung von Gruben, in ausgewählten britischen Bergbaurevieren im 18. Jahrhundert 1706-1750 Anzahl

1750-1800

Anteil

Anzahl

1700-1800

Anteil

Anzahl

Anteil

Durham & Northumberland

60

39%

121

24%

181

26%

Black Country

17

11%

17

3%

34

5%

Warwickshire

17

11%

14

3%

31

5%

Yorkshire

10

7%

50

9%

60

9%

Shropshire

9

6%

27

5%

36

5%

Lancashire & Cheshire

3

2%

45

9%

48

7%

Großbritannien

153

509

662

Daten berechnet aus Liste von Kanfesky und Robey, abgedruckt in Kanefsky, Diffusion, S. 448482.

98 So ist im Borinage der lediglich stundenweise Einsatz einer Maschine in der Wasserhaltung regelmäßig zu finden. Vgl. Abschnitt Fehler: Referenz nicht gefunden.

141

III.I Das Black Country

In die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts fällt die Erfindung eines neuen Typs von Dampfmaschine durch James Watt. Dieser entwickelte in den 1760er Jahren eine Dampfmaschine, die neben dem Zylinder mit einem Kondensator ausgestattet war. Anders als bei der Newcomenschen Maschine, wurde der Zylinder zwischen den Hüben nicht abgekühlt, sondern behielt eine stetige hohe Temperatur bei. Die Kondensation des Wasserdampfes erfolgte dann in dem separaten und ständig gekühlten Kondensator, welcher durch ein Ventil von dem Zylinder getrennt war. Dies senkte den Energiebedarf der Maschine enorm.99 In den Kohlerevieren, wo der Kohleverbrauch der Maschinen zweitrangig war, konnten sich die Maschinen von Watt jedoch anfangs nur schwerlich durchsetzen, da die Maschinen vom Typ Newcomen günstiger in ihrer Instandhaltung und Wartung waren.100 Wie auf Seite 187 in Abschnitt Fehler: Referenz nicht gefunden näher beschrieben, trifft dies auch auf das Borinage zu, wo eine Dampfmaschine vom Wattschen Typ errichtet und nach kurzer Zeit durch eine Newcomensche Maschine ersetzt wurde, da diese weniger wartungsintensiv war. Im Black Country wurden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts zwei Dampfmaschinen Wattscher Bauart zur Wasserhaltung eingesetzt. Das entspricht 12 % der insgesamt im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts in der Region errichteten Dampfmaschinen (siehe Tabelle 24). Der Anteil der Wattschen Dampfmaschinen in der Wasserhaltung lag in Großbritannien bei 6 %. Als Grund für die langsame Verbreitung der Maschine gilt das bis 1800 laufende Patent und die damit verbundenen hohen Kosten in Form zu zahlender Prämien. Wie auch bei den Dampfmaschinen von Savery und Newcomen, fiel dem Black Country bei den Wattschen Dampfmaschinen eine Pionierrolle zu. Bei einer der beiden hier errichteten Maschinen handelte es sich um die erste von Watt und Boulton überhaupt verkaufte Dampfmaschine.101 Tabelle 24: Zur Wasserhaltung installierte Dampfmaschinen, 1776–1800 Anzahl gebaut

Davon Boulton & Watt Anzahl

Anteil

Black Country

17

2

12%

Lancashire & Cheshire

38

5

13%

Shropshire

27

6

22%

Yorkshire

50

2

7%

Durham & Northumberland

121

7

12%

Großbritannien

509

29

6%

Daten berechnet aus Liste von Kanfesky und Robey, abgedruckt in Kanefsky, Diffusion, S. 448482. Gezählt wurden sowohl Maschinen von Boulton und Watt als auch nachgebaute Maschinen dieses Typs (pirate machines). 99 Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 375f. 100 Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 375f. 101 Vgl. für Informationen zu den Dampfmaschinen Kanefsky, Diffusion, S. 457 und S. 463.

142

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Da – auch wenn keine genauen Zahlen existieren – davon ausgegangen werden kann, dass die Anzahl der einzelnen Gruben im Black Country um ein vielfaches höher lag als in den übrigen Revieren, wird deutlich, dass im 18. Jahrhundert im Black Country nur ein sehr geringer Teil der Gruben zur Wasserhaltung auf Dampfmaschinen zurückgriff. Im Nordosten, im Gegensatz zum Black Country durch wenige und größere Grubenanlagen charakterisiert, fanden sich trotzdem 3,5 mal so viele Dampfmaschinen wie in den zahlreichen Gruben auf dem South Staffordshire Coalfield. Ein Grund hierfür mag in der geringeren Tiefe der Abbauanlagen im Black Country liegen. Während hier die Tiefe von etwa 60 m zu Beginn des 18. Jahrhunderts nur leicht anstieg, betrug die Tiefe einer Grube im Nordosten im Jahr 1800 bereits 240 m. Die Gruben im Black Country konnten demnach verhältnismäßig einfach auch mit anderen Methoden entwässert werden. Zudem dürfte die geringe Lebensdauer der meisten Gruben in Verbindung mit den Kosten für Anschaffung einer Dampfmaschine oft prohibitiv gewirkt haben. Dort wo im Black Country keine Dampfmaschinen zur Wasserhaltung zum Einsatz kamen, erfolgte die Entwässerung der Gruben in der Regel mit Göpelwerken, über welche Eimerketten an die Oberfläche gezogen wurden. Göpelwerke stellten, verglichen mit Dampf- und Wasserkraft, die ineffektivste Methode der Wasserhaltung dar.102 Auch wenn keine konkreten Angaben über die proportionale Verteilung von Mühlen und Göpelwerken zur Wasserhaltung in den Gruben des Black Country existieren, kann davon ausgegangen werden, dass im Black Country vor allem Göpelwerke zum Einsatz kamen. Die Anzahl der Wasserläufe in der Region war begrenzt und zumindest für den Bereich des Flusses Tame ist keine zur Wasserhaltung eingesetzte Mühle dokumentiert.103 In den 1830er Jahren hatten sich die Dampfmaschinen im Black Country weitestgehend durchgesetzt, trotzdem waren auch zu dieser Zeit noch 42 Göpelwerke im Einsatz. Diese fanden sich in Gruben mit eher geringem Drainagebedarf oder sehr kurzer Lebensdauer.104 Trotz der räumlichen Nähe zu der Fabrik von Boulton und Watt dominierten im Black Country die Dampfmaschinen Newcomenscher Bauart. Diese wurden häufig nachträglich mit einem Kondensator ausgestattet und somit zu sogenannten bastard engines. Die bastard engines waren anspruchsloser in Bezug auf die Wartung und gleichzeitig einfacher zu reparieren und zu bedienen, während der nachträglich angebrachte Kondensator den Wirkungsgrad der Maschinen erheblich verbesserte. In den ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts existierten im Black Country hunderte dieser bastard engines, die in der Regel sehr klein und nur spartanisch umbaut waren. Anstelle eines Maschinenhauses, zum Schutz der Maschine, gab es oft nur einen Unterstand für den Maschinisten. Dies und auch das Festhalten an den günstigeren Newcomen Maschinen lag wahrscheinlich darin begründet, dass die Maschinen nach Ende der Abbauaktivität, welche im Black Country in der Regel von relativ kurzer Dauer war, in der Grube zurück gelassen wurden.105 102 Vgl. hierzu Kanfesky, Diffusion, S. 79f. 103 Vgl. Dilworth, Tame mills. 104 Smith, William Hawkes: Birmingham and its vicinity as a manufacturing and commercial district, London 1836, zitiert nach: Court, Midland industries, S. 164.

143

III.I Das Black Country

Die Mechanisierung der Kohleförderung begann sehr viel später als die der Wasserhaltung. Um mit Hilfe einer Dampfmaschine Lasten aus einer Grube zu fördern, reicht – anders als beim Antrieb von Wasserpumpen – keine einfache Auf- und Abbewegung. Vielmehr muss eine solche Kolbenbewegung in eine Drehbewegung umgewandelt werden. Watt konstruierte erstmals 1782 eine Maschine, durch die eine Kreisbewegung und somit auch eine Förderung von Kohlen realisiert werden konnte (rotative engine). Kurze Zeit später war auch ein entsprechender Umbau der Maschinen Newcomenscher Bauart verfügbar.106 Bis dahin war die Förderung der Kohlen, genau wie im 17. Jahrhundert, über handbetriebene Haspeln oder mit Hilfe von Göpelwerken erfolgt.107 Im Black Country wurden in den letzten 20 Jahren des 18. Jahrhunderts insgesamt 17 Dampfmaschinen zur Förderung installiert. Wie Tabelle 25 zeigt, entsprach dies 13 % der zu dieser Zeit in Großbritannien zur Kohlenförderung aufgestellten Dampfmaschinen. Mehr Dampfmaschinen wurden zu dieser Zeit nur in den Revieren bei Durham und Northumberland (20 %) und in Cumberland (16 %) errichtet. Nicht mechanisiert wurde der untertägige Transport der Kohlen vom Gewinnungsort bis zum Schacht. Hier galt noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts der Einsatz von Grubenjungenoder ponies, die die Loren über Schienen durch die Gruben zogen, als Standard.108 Tabelle 25: Zur Förderung errichtete Dampfmaschinen in britischen Revieren, 1780–1800 Anzahl

Anteil

Durham & Northumberland

26

20,31%

Shropshire

21

16,41%

Black Country

17

13,28%

Cumberland

7

5,47%

Lancashire & Cheshire

5

3,91%

Großbritannien

128

Daten berechnet aus Liste von Kanfesky und Robey, abgedruckt in Kanefsky, Diffusion, S. 448– 482.

Die eigentlich vorteilhafte, geologische Komposition des South Staffordshire Coalfield und die hieraus resultierende kleinräumige Struktur war jedoch nicht durchgehend von Vorteil, sondern führte auch zu Problemen beim Abbau der Rohstoffe. Mit Beginn des untertägigen Bergbaus sahen sich die Bergleute und Grubenbesitzer mit Kohlebränden, schlagenden Wettern und Kohlenstaubexplosionen konfrontiert. So schwelten bereits 1680 auf einer Fläche von etwa 4,5 ha untertägige Brände in der Gegend um Wednesbury, weitere Kohlebrände sind aus der Ge105 Vgl. Hall, John W.: Diary of a tour by Joshua Field in the Midlands, 1821, with introduction and notes, in: Transactions of the Newcomen Society 6 (1927), S. 1–41, S. 12–14. 106 Gale, Black Country iron, S. 31. 107 Lones, Relics, S. 51 und Taylor, Coal, S. 87. 108 Taylor, Coal, S. 87.

144

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

gend von Coseley überliefert.109 Trotz dieser großen Probleme blieb die Bewetterung der Gruben im Black Country lange Zeit primitiv. Bewetterungsanlagen setzten sich erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts langsam durch. Bis dahin waren vereinzelte Abzüge zur Bewetterung über Schächten angebracht, in der Regel existierten jedoch keine Vorrichtungen zur Belüftung der Gruben. Manche Gruben wurden statt dessen mehrfach täglich ausgebrannt. 110 Den Kohlebränden und dem Explosionsrisiko wurde hauptsächlich durch eine spezielle, im Black Country entwickelte, Abbaumethode begegnet. Hierbei handelte es sich um eine Abwandlung des Kammerbaus, bei welcher der der Schacht bis zu den untersten Kohleflözen der thick coal abgeteuft wurde, um anschließend die Kohle in rechteckigen, von der Hauptstrecke abgehenden Bereichen, den sogenannten Kammern (stalls), abzubauen.111 In den Kammern wurden zuerst die unteren Schichten gewonnen, wobei in bestimmten Abständen Pfeiler (pillars) aus Kohle unberührt blieben, um das Deckengebirge abzustützen. War die Kohle soweit abgebaut, dass die Bergleute die über ihnen hängenden Flöze nicht mehr erreichen konnten, wurden die beim Abbau als Abfallprodukt anfallenden Gruskohlen aufgehäuft. Sie dienten nicht nur den Hauern als Podest zum weiteren Abbau, sondern federten auch den Aufprall der größeren Kohlebrocken ab, die die Bergmänner durch das Setzen von Keilen soweit lockerten, bis sie durch ihr eigenes Gewicht aus dem Fels brachen. War die Kohle in einer Kammer abgebaut, wurden teilweise auch die Pfeiler, die einen Durchmesser von knapp zehn Metern haben konnten, abgerissen und die Kohle gewonnen. Mit der Hauptstrecke waren die einzelnen Kammern lediglich über eine kleine Aussparung verbunden, während die Kammern durch etwa zehn Meter breite Kohlenwände voneinander getrennt geblieben.112 Dadurch, dass die einzelnen Kammern nicht miteinander verbunden waren und der Zugang zur Hauptstrecke, das bolt-hole, sich verschließen ließ, konnten komplette Kammern versiegelt werden. So ließ sich die Ausbreitung untertägiger Kohlebrände verhindern und die Gefahr von Explosionen verringern.113 Dies war wohl auch der Grund, warum dieses System, in seinen Grundzügen schon im 17. Jahrhundert von Dud Dudley beschrieben, bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein die gängige Abbautechnik im Black Country blieb.114 Lediglich in den tieferen Gruben, die in der

109 Taylor, Coal, S. 87. 110 Vgl. zur Bewetterung Lones, Relics, S. 45 und Raybould, South Staffordshire, S. 20. 111 Dudley, Dud: Metallum martis or, Iron made with pit-coale, sea-coale and with the same fuell to melt and fine imperfect mettals, and refine perfect mettals, London 1665, S. 36f (im Fol genden zitiert als Dudley, Metallum martis) und Taylor, Coal, S. 87. 112 Cantrill, Thomas C.: Coal mining, Cambridge 1914 (Nachdruck Cambridge 2011), S. 106 (im Folgenden zitiert als Cantrill, Coal mining). 113 Taylor, Coal, S. 87, genauer bei Cantrill, Coal mining, S. 106f. 114 Keir, James: Mineralogy of the South-west part of Staffordshire, in: Shaw, S.: The history of Staffordshire. Compiled from the manuscripts of Huntbach, Loxdale, Bishop Lyttelton, and other collections of Dr. Wilkes, the Rev. T. Feilde, Bnd. 1, London 1798–1801, S. 116–125, S. 121 (im Folgenden zitiert als Keir, Mineralogy) und Lones, Thomas East: A history of mining in the Black Country, Dudley 1898, Lones, History of mining, S. 69 und Taylor, Coal, S. 88.

III.I Das Black Country

145

zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Randlagen des South Staffordshire Coalfield entstanden, konnte sich der Strebbau durchsetzen.115 Abgesehen von den geschilderten Vorzügen, bot diese Form des Kammerbaus einen großen Nachteil: Ein bedeutender Teil der Kohle verblieb unter Tage. Auch wenn die Pfeiler zum Teil abgebaut wurden, blieben die mächtigen Wände zwischen den Kammern unberührt. Weitere Kohle blieb in Form unverkäuflicher, kleiner Kohlesplitter unter Tage. Diese entstanden vor allem durch das Herunterfallen der Kohlebrocken. Dud Dudley bezifferte die Menge an Kohle, die in der Grube verblieb für das 17. Jahrhundert auf annähernd die Höhe der gewonnenen Menge.116 James Keir, der die Situation gegen Ende des 18. Jahrhunderts beschreibt, gibt an, dass nur etwa 1/3 der Kohle verkauft wurde, während ebenso viel als Pfeiler in den Kammern verblieb und ein weiteres Drittel als Gruskohle anfiel. Letztere verblieb in den Gruben, sofern sie nicht zur Befeuerung der Dampfmaschinen Verwendung fand.117 Raybould gibt an, dass etwa 1/3 der Kohle unter Tage verblieb.118 Ein weiteres Problem im Bergbau des Black Country stellte die Wasserhaltung dar, ein Problem, welches mit der Einführung der Dampfmaschine gelöst zu sein schien, bis in den 1830er Jahren größere Schwierigkeiten in dem Bereich um Tipton auftraten. Hier standen in den 1830er Jahren große Teile der Kohleflöze unter Wasser. Im Verlauf der hierdurch angestoßenen Diskussion verständigten sich die Grubenbesitzer der betroffenen Gegend im Jahr 1854 erstmals auf eine gemeinsame Strategie zur Bekämpfung des eindringenden Wassers. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte jeder Grubenbesitzer seine eigene Grube entwässert, ohne sich darum zu kümmern, ob das abgepumpte Wasser an der Oberfläche in eine benachbarte Grube lief.119 Die Bemühungen zeigten jedoch lediglich mäßigen Erfolg, so dass 1873 ein Gesetz erlassen wurde, durch welches eine Drainage Commission ins Leben gerufen wurde. Diese Kommission war berechtigt, die geförderten Kohlen, Erze und Ton mit Gebühren zu belegen, um so eine auf die gesamte Teilregion zugeschnittene Wasserhaltung realisieren zu können. Jedoch konnte auch diese Maßnahme nicht verhindern, dass um die Jahrhundertwende herum mindestens 40 Millionen Tonnen Kohle überflutet waren.120 20 Jahre später beschrieb ein offizieller Bericht das South Staffordshire Coalfield als einen „water-logged rabbit warren“,121 also einen gefluteten Kaninchenbau. Die großen Probleme mit der Wasserhaltung im Black Country sind auf die Beschaffenheit des Raumes zurückzuführen und eine direkte Folge der Untergliederung der Lagerstätte in viele kleine Becken. Diese sind jeweils durch Störungen und Bergrücken verschiedener Größe voneinander getrennt und stellen so – in Bezug auf die Wasserhaltung – relativ geschlossene Systeme dar, die dementsprechend jedes für sich gesümpft werden müssen. Eine Aufgabe und damit Flutung 115 116 117 118 119 120 121

Lones, History of mining, S. 69 und Taylor, Coal, S. 88. Dudley, Dudley, Metallum martis, S. 37. Keir, Mineralogy, S. 121. Raybould, South Staffordshire, S. 20. So sagt Bennett, Thomas R.: Coal and iron in the Black Country, Wolverhampton 1977, S. 6. Raybould, South Staffordshire, S. 22 und Taylor, Coal, S. 91. HCPP, 1920 (Cmd. 969), S. 10.

146

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

einzelner dieser kleinen Becken war nicht möglich, da das ansteigende Grundwasser in diesem Bereich die Barrieren überfließen oder durchdringen konnte.122 Weiter erschwert wurde die Wasserhaltung durch die unter den Flözen liegende Tonschicht und wahrscheinlich auch auf die nicht existenten Wasserläufe. Auch die kleinräumige Struktur des Bergbaus in der Region wirkte sich negativ auf die Wasserhaltung aus. Mit dieser Struktur ging eine Unterkapitalisierung der Gruben, sowie eine kurze Nutzungsdauer der Schächte einher. Beides führte zu einer unübersichtlichen Abbausituation, in welcher keine genauen Pläne über ältere und nicht mehr genutzte Anlagen existierten und lange Zeit keinerlei Rücksicht auf eventuell entstehende Schäden oder lang- und mittelfristige Folgen des Abbaus genommen wurde.123 Ebenfalls eng mit den geologischen Gegebenheiten verknüpft, war die Organisation der Arbeit sowie die Besitzverhältnisse. Die Rechte zum Abbau der untertägigen Mineralien waren in Großbritannien ab dem 16. Jahrhundert zu einem Streitpunkt zwischen den Grundbesitzern und den Pächtern von Land geworden. Das Gesetz sprach den Besitzern der Oberfläche das alleinige Verfügungs- und Abbaurecht zu, jedoch stand das gewohnheitsmäßige Recht oft im Widerspruch hierzu.124 Mit zunehmender wirtschaftlicher Bedeutung der Mineralien versuchten die Grundbesitzer verstärkt ihre Rechte durchzusetzen, während die Pächter die Abbaurechte der Grundbesitzer an Mineralien unter ihren gepachteten Grundstücken im gleichen Maße in Frage zu stellen begannen. Die verschiedenen Typen von Pachtverträgen und unterschiedlich herausgebildete Gewohnheitsrechte sorgten für eine unübersichtliche Situation. Zum Teil war Pächtern der Abbau von Kohle lediglich zur Deckung des Eigenbedarfs gestattet, während andere Pächter ein uneingeschränktes Abbaurecht genossen. Im Bereich des South Staffordshire Coalfield hielten sich die Konflikte zwischen Gewohnheitsrechten und niedergeschriebenen Regelungen in Grenzen und auch die Enclosure Acts bestätigten bezüglich der Abbaurechte in der Regel nur die bis dato gängige Praxis. Gleichzeitig schützten sie in der Regel die Grundbesitzer vor Regressansprüchen ihrer Pächter. Diesen hatte zuvor eine Entschädigung zugestanden, wenn durch die bergbauliche Tätigkeit Schäden an ihren übertägigen Gebäuden oder Ländereien entstanden war.125 Die Grundeigentümer hatten die oft genutzte Möglichkeit, ihr Abbaurecht gegen Leistung einer Abgabe an Dritte weiterzugeben. Die Vergabe der Abbaugenehmigungen erfolgte im Bereich des South Staffordshire Coalfield in der Regel für einen Zeitraum von 99 Jahren. Die Höhe der Abgabe war fix, d.h. unabhängig von der Menge der geförderten Kohlen. Der zu entrichtende Betrag, der auf die Dauer der Laufzeit umgelegt und jährlich gezahlt wurde, stieg ab dem Ende des 122 HCPP, 1920 (Cmd. 969), S. 9f. 123 Vgl. zu diesen Gründen HCPP, 1920 (Cmd. 969), S. 10f und den weiteren Verlauf dieses Abschnitts. 124 Vgl. hierzu auch Flinn, Coal industry, S. 36. 125 Ausnahme ist hier ein Enclosure Act in West Bromwich, der dem Grundbesitzer den Abbau erlaubte, ihn aber zur Einhaltung eines Abstandes von etwa 40 m zu Häusern und Gebäuden verpflichtete. Zudem musste er das Gelände so verlassen, wie er es vorgefunden hat. Taylor, Coal, S. 96.

III.I Das Black Country

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17. Jahrhunderts stark an. Ende des 18. Jahrhunderts setzte sich schließlich eine an die Menge der geförderten Kohlen gebundene Abgabe durch. Im Black Country schwankte die Höhe dieser Abgabe zwischen 1/8 und 1/5 des Verkaufspreises und war vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr hoch. Diese, in Relation zum Preis sehr hohe, Abgabe reflektierte die günstigen Abbaubedingungen und den entsprechend hohen Gewinn beim Verkauf der Kohle. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sank die Höhe der Abgabe aufgrund der erschwerten Abbaubedingungen, hauptsächlich ausgelöst durch die stark verteuerte Wasserhaltung in dem Kerngebiet des Black Country. Der Abbau der Kohle in den neu erschlossenen Gebieten am Rand des South Staffordshire Coalfield war ungleich kapitalintensiver als im Zentrum der Lagerstätte, da die Kohlen hier in sehr viel größerer Tiefe lagerten. Insgesamt stieg der Kapitalbedarf, während die Gewinne – und mit ihnen die zu entrichtenden Abgaben – sanken.126 Die kleinräumige Struktur des Bergbaus hatte bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein den Abbau von Kohle mit einem relativ geringem Kapitaleinsatz ermöglicht. Durch die kleinen Abbaufelder und die Möglichkeit zur Förderung von Kohle durch wenig Technik lagen die Kosten für das Abteufen eines Schachtes und die nötigen Vorarbeiten in den 1840er Jahren zwischen £ 3.000 und £ 4.000, oft auch noch niedriger. In dem Revier bei Durham und Northumberland lagen die Kosten für das Abteufen eines Schachtes, die Installation der benötigten Maschinen und die anderen nötigen Vorarbeiten schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts bei £ 20.000 bis £ 30.000.127 Organisiert war der Bergbau im Black Country über Subunternehmer, d.h. der Besitzer der Grube teufte einen Schacht ab, errichtete die nötigen Gebäude und Maschinen zur Förderung der Kohle und delegierte den Abbau der Kohlen an einen Dritten. Dieser engagierte Arbeitskräfte und stellte seine eigenen Werkzeuge und Pferde. Hierfür erhielt der Subunternehmer – im Black Country butty genannt – von dem Besitzer oder Pächter der Grube eine bestimmten Betrag für die geförderte Kohle. Die Höhe dieses Betrags richtete sich zum einen nach dem Kohlepreis und zum anderen nach dem Angebot an Arbeitskräften. Die Bergleute standen somit in keinem arbeitsrechtlichen Verhältnis zu dem Besitzer der Grube. Dieses System hatte eine lange Tradition und war in jedem britischen Revier zu irgendeiner Zeit die gängige Form der Arbeitsorganisation und gegen Ende des 18. Jahrhunderts nicht nur im Black Country zu finden. Allerdings war der Bergbau nirgendwo anders als im Black Country und in den Gruben in Nord Staffordshire über einen so langen Zeitraum im sub-contracting-System organisiert. Als Gründe für das lange Bestehen dieses Systems im Black Country führt Taylor zwei Gründe an: Erstens stellten die butties einen nicht geringen Teil des Kapitals im Bergbau und zweitens erforderten die zahlreichen kleinen Produktionseinheiten eine große Anzahl von Managern, die es in dieser Menge nicht gab. Die Grubenbesitzer griffen demnach in Ermangelung von Alternativen auf die butties zurück. Diese hatten in der Regel zuvor selber unter Tage gearbeitet und waren mit den Abläufen vertraut. Taylor sieht den allgemeinen Mangel an ausgebildeten Managern 126 Taylor, Coal, S. 96f. 127 Taylor, A. J.: The Sub-contract System in the British Coal Industry, in: Pressnall, L. S. (Hg.), Studies in the Industrial Revolution. Presented to T.S. Ashton, London 1960, S. 215–235, S. 221 (im Folgenden zitiert als Taylor, Sub-contract).

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

in Großbritannien im Black Country noch verstärkt durch das rapide Wachstum der Bevölkerung und der Industrie in der Region. Eine entsprechende Klasse geschulter Männer habe nicht in gleichem Tempo mitwachsen können, zumal durch die kleinräumige Struktur der lokalen Industrie eine höhere Nachfrage nach Managern geherrscht habe als anderswo. Die große Anzahl an Produktionsheiten erklärt laut Taylor auch, warum selbst die größeren Unternehmungen in der Region mit butties arbeiteten. Auch hier konnte ein, in der Masse nicht unbedeutender, Kapitalbedarf durch die Weitergabe eines Teils der nötigen Kosten und den Verzicht auf den Kauf von Werkzeug oder Verbrauchsmaterialien auf den Subunternehmer umgewälzt werden.128 Der verhältnismäßig geringe finanzielle Aufwand führte dazu, dass im Black Country viele Gruben in der Hand wenig vermögender Pächter oder Besitzer waren. Nicht selten erwarben butties, die sich in der Regel aus dem Kreis der Bergleute rekrutierten, nach einiger Zeit eine eigene Grube. Es existieren einige Beispiele von Grubenbesitzern, die als Jungen unter Tage beschäftigt gewesen waren, sich dann in der Hierarchie hocharbeiteten und schließlich mit geringen Ersparnissen Werkzeuge und Pferde anschaffen konnten. Mit den Gewinnen, die sie als Subunternehmer erzielten, konnten sie dann eine eigene Konzession erwerben und eine Grube eröffnen. Von den zur Eröffnung einer Grube benötigten £ 3.000, entfielen etwa £ 500 auf den butty. So konnte das ohnehin nur in geringer Höhe benötigte Startkapital noch weiter aufgesplittet werden. Die butties wiederum senkten ihren Anteil, indem sie sich zu zweit um zwei oder mehr Schächte kümmerten. Arbeitete der butty nicht selber unter Tage, stellte er einen doggy ein, der ihn dort vertrat.129 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts geriet das System zunehmend in die Diskussion und wurde vor allem von Gewerkschaften und vereinzelten Grubenbesitzern kritisiert. Die Ausbeutung der Arbeiter stand im Mittelpunkt der Kritik durch die Gewerkschaften. Diese prangerten vor allem die gängige Praxis, die geleistete Arbeitszeit auf halbe Tage abzurunden sowie die Bezahlung der Arbeiter mit Gütern an. Musste die Arbeit vor Ablauf eines Arbeitstages beendet werden, zahlte der butty seinen Arbeitern nur einen halben Tag. War die tatsächliche Arbeitszeit kürzer als ein halber Tag, erhielt der Bergmann überhaupt keinen Lohn. Eine Kontrolle der geleisteten Arbeitsstunden durch die Arbeiter wurde durch ein Verbot von Uhren verhindert.130 Zudem verbreitete sich wie auch in der Nagelproduktion das truck system. Hierbei wurden die Arbeiter nicht mit Geld, sondern mit Gütern oder Lebensmittelgutscheinen entlohnt. Die Gutscheine waren in bestimmten Geschäften einzulösen und in der Regel legten die Ladenbesitzer den Rabatt, den sie dem butty gewährten, auf die Preise der Lebensmittel um. Der butty konnte so seine Lohnkosten in Höhe des gewährten Rabatts senken, während die Lebenshaltungskosten der Arbeiter entsprechend stiegen. Zum Teil unterhielten die butties eigene Läden und entlohnten die Arbeiter dann direkt in Naturalien und Gütern. 128 Taylor, Coal, S. 99f und Taylor, Sub-contract, S. 216–218. 129 Taylor, Coal, S. 98. 130 Evans, Joanne: The miners, the chartists and the General Strike of 1842 in the Black Country (BA, University of Manchester), 1986, S. 4, hier auch der Hinweis, dass Arbeiter für das Mitführen von Uhren entlassen werden konnten.

III.I Das Black Country

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Ähnlich wie im Bereich der Nagelproduktion hielt sich dieses System trotz anders lautender gesetzlicher Vorschriften auch im Bergbau bis zum Ende des 19. Jahrhunderts.131 Die Kritik der Grubenbesitzer zielte auf den Interessenkonflikt zwischen Grubenbesitzer und Subunternehmer ab: Während der butty seine eher kurzfristigen Interessen – also den Abbau von möglichst großen Mengen Kohle in kürzester Zeit mit dem Einsatz von wenig Arbeitskräften und Verbrauchsmaterial – verfolgte, war dem Grubenbesitzer an einem vollständigen und nachhaltigen Abbau gelegen. Die butties bauten die Flöze oft nicht komplett ab, sondern beschränkten sich auf die einfach zu gewinnende Kohle, während die restlichen Kohlen im Berg verblieben. Auch der Ausbau und die Sicherung der Strecken war oft mangelhaft, da die butties versuchten diese Kosten so gering wie möglich zu halten und z.B. so wenig Holz wie möglich zu verwenden. Sowohl die schlechten Arbeitsbedingungen der Bergmänner als auch der wenig nachhaltige Abbau, lässt sich letztlich auf die hohe Konkurrenz der butties untereinander zurückführen. Diese führte zu einem Preiskampf, welcher den Preis für abgebaute Kohlen drückte. So lag 1842 der Kurs, den der Subunternehmer für eine Tonne geförderter Kohle bekam, bei ca. einem Viertel bis knapp der Hälfte des Verkaufspreises der Kohle. Die butties versuchten ihrerseits ihre Gewinnspanne zu erhöhen, indem sie die Menge an Verbrauchsmaterial so gering wie möglich hielten, sich beim Abbau auf die leicht zu gewinnenden Flöze konzentrierten und ihrerseits die Löhne der Arbeiter drückten. Trotz der Kritik blieb das butty-System bis in die 1870er Jahre hinein Standard in allen Gruben im Black Country und noch 1908 waren bis zu einem Viertel der Arbeitskräfte über Subunternehmer beschäftigt.132

III.I.III Die Eisenverarbeitung Die Verarbeitung von Eisen zu verschiedenen Gebrauchsartikeln hat im Black Country eine lange Tradition und wurde schon vor dem Entstehen industrieller Strukturen von den Bewohnern der Gemeinden über dem South Staffordshire Coalfield ausgeführt. Das Schmieden von Nägeln stellte den bedeutendsten Teil dieses Gewerbes dar, aber auch die Fertigung von Schlössern, Schlüsseln und Ketten war in der Region von Bedeutung. Genau wie die Nagelschmiede konnten auch die lokalen Schlosser bereits im 18. Jahrhundert auf eine lange Geschichte zurückblicken, während das Schmieden von eisernen Ketten erst im Laufe des 19. Jahrhunderts an Bedeutung gewann.133 Neben den Ketten, Schlössern und Nägeln 131 Vgl. zum truck system die ausführliche Darstellung bei Bagnall, J.B.: A study of the Black Country hand made nail trade (Unveröffentlichte Arbeit: Wolverhampton Teachers’ College), Wolverhampton 1970, S. 36–44 (im Folgenden zitiert als Bagnall, Black Country hand made nail trade) und Davies, Nail trade, S. 104–106 und S. 119f und auch die detaillierte Beschreibung in dem Abschnitt über die Nagelproduktion (III.I.III). 132 Taylor, Coal, S. 100. 133 DALHS, DWIL/7/2.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

wurden im Black Country Anker, Kessel, Waffenteile, Rohre und diverse andere Produkte wie Feuereisen, Spatenblätter oder Steigbügel hergestellt.134 Aufgrund der hohen Bedeutung der Nagelproduktion wird diese im Fokus dieses Abschnitts stehen. Die Entwicklung der Nagelproduktion ist, wie die des gesamten Bereichs der Eisenverarbeitung, kaum quantifizierbar. So existieren selbst zu der Nagelfertigung, trotz ihrer hohen Bedeutung nicht nur innerhalb der Region, kaum archivalische Überlieferungen, die eine quantitative Analyse der Branche ermöglichen würden.135 Im Folgenden wird versucht die Entwicklung der Nagelproduktion mit Hilfe der wenigen verfügbaren Daten und mittels Indikatoren zu untersuchen und so weit möglich auch zu quantifizieren. Um die Entwicklungsprozesse des 18. und 19. Jahrhunderts verstehen zu können, ist ein Rückgriff auf die Geschichte der Nagelfertigung in der Region seit dem frühen 16. Jahrhundert nötig. Auch hier ist eine Quantifizierung an den meisten Stellen ebenso wenig möglich wie eine Beweisführung bezüglich der langen Tradition der Nagelverarbeitung in der Region. Court führt die starke räumliche Differenzierung innerhalb der Nagelindustrie, welche seit dem 17. Jahrhundert zu beobachten ist, als Indiz für ein langes Bestehen des Gewerbes in der Region an.136 Zudem lassen sich vereinzelt Hinweise finden, die auf die Existenz einer Nagelproduktion im Black Country seit dem 13. Jahrhundert hindeuten.137 Die Annahme einer weit zurückreichenden Tradition scheint also durchaus legitim, auch wenn sie sich nicht zweifelsfrei belegen lässt. Im 16. Jahrhundert sah sich die Nagelproduktion der Region einem starken Anstieg der Nachfrage nach Eisennägeln gegenüber. Bodey führt als Gründe für diesen Anstieg zum einen den Aufbau der englischen Flotte unter Heinrich VIII und Elisabeth I – also während des 16. Jahrhunderts – und zum anderen die, gegen Ende des 16. Jahrhunderts in Mode kommenden Holzböden an. Der Schiffsbau erhielt noch zusätzliche Impulse durch eine verstärkte Partizipation des Königreichs im internationalen Handel.138 Dies stimulierte nicht nur die Nachfrage nach Nägeln durch den Schiffsbau und auch beim Bau von Tee- und anderen Transportkisten, sondern ermöglichte auch den verstärkten Absatz der britischen Nägel auf ausländischen Märkten und in den eigenen Kolonien. Zu dieser Zeit waren die nail maker sowohl in dem Gebiet des Black Country als auch im benachbarten Birmingham zu finden.139 134 Vgl. zu den verschiedenen Produkten Jones, John: South Staffordshire manufactures, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 99–102. 135 Vgl. zu der Quellenlage für die Nagelproduktion Abschnitt I.III.I. 136 Court, Midland industries, S. 194. 137 Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 23f, Hackwood erwähnt eine blühende Nagelproduktion bei Wednesbury im 15. Jahrhundert in Hackwood, Frederick W.: Oldbury and round about in the Worcestershire corner of the Black Country, Wolverhampton 1915 (Nachdruck 2002), S. 71. 138 Bodey, Nailmaking 1983, S. 11. 139 Davies, Nail trade, S. 32f.

III.I Das Black Country

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In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts veränderte die Einführung der Eisenspaltwerke die Struktur der hand made nail trade erheblich. Ein Eisenspaltwerk konnte flach gehämmertes oder gerolltes Eisen in Stäbe schneiden. Hierzu wurde das Eisen erhitzt und zwischen die Wellen des Eisenspaltwerks gebracht, wo es dann mit Hilfe von auf die Wellen montierten Scheiben zu Stäben geschnitten wurde. Der Abstand der Scheiben war dabei variabel, so dass verschieden starke Eisenstäbe gefertigt werden konnten.140 Diese Eisenstäbe konnten dann in den Werkstätten der Nagelmacher zu Nägeln geschmiedet werden.141 Die ersten Eisenspaltwerke stammten aus der Gegend um Lüttich, das erste Eisenspaltwerk in Großbritannien wurde 1590 in Kent errichtet 142 1628 errichtete Richard Foley die erste slitting mill bei Stourbridge, im süd-westlichen Bereich des Black Country. Weitere Werke folgten an Stour und Tame, wo im 16. und 17. Jahrhundert auch Getreidemühlen in Eisenspaltwerke umgewandelt wurden.143 Durch die Eisenspaltwerke wurde die Stabeisenfertigung aus der Nagelproduktion heraus gelöst. Die Herstellung von Nägeln war zuvor in einem zweischrittigen Prozess erfolgt: Der Nagelschmied verarbeitete eine Eisenluppe zu Eisenstäben, aus welchen er anschließend Nägel schmiedete. Die Fertigung der Eisenstäbe war hierbei deutlich anspruchsvoller, als das eigentliche Schmieden der Nägel. Lagen die Eisenstäbe erst einmal bereit, war die Fertigung der Nägel ein Leichtes. Zur Fertigung der Eisenstäbe wurde zudem ein größerer Herd benötigt als für das Nagelschmieden. Einige Nagelmacher besaßen sogar einen eigenen Rennofen zur Eisenerzeugung, während die Übrigen die Eisenluppen von Dritten bezogen. Zu dieser Zeit genossen die handwerklich organisierten Nagelschmiede ein hohes Ansehen, verdienten gut und vertrieben ihre Waren selbstständig.144 Das Kapital innerhalb der Nagelproduktion verteilte sich zu dieser Zeit auf die Schultern vieler Nagelmacher, die relativ große Schmieden unterhielten. Die Einführung der Eisenspaltwerke führte nun zu einer Umleitung von Kapital aus der handwerklichen Nagelproduktion in die Eisenindustrie, da für das Schmieden der Nägel kleine – und damit günstige – Herde ausreichend waren. Gleichzeitig war für den Bau eines Spaltwalzwerks ein relativ hohes Startkapital erforderlich. Entsprechend war das Kapital nach Einführung der slitting mills eher in diesen gebunden als in den kleinen Schmieden der Nagelmacher. Durch die Eisenspaltwerke sanken die Zutrittsbarrieren zur hand made nail trade, sowohl in Hinblick auf die nötigen Investitionen als auch in Bezug auf die Fertigkeiten der einzelnen Nagelmacher. In der Mitte des 17. Jahrhunderts begannen die Löhne und Verdienst140 Die Bezeichnung Eisenstäbe wird in dieser Arbeit für die dünnen, zur Nagelproduktion benötigten Stäbe aus Eisen verwendet und entspricht dem englischen Begriff iron rods, während der Begriff Stabeisen (bar iron) das in Form gebrachte, marktfähige Schmiedeeisen beschreibt. 141 Hayman, Ironmaking, S. 29 und Wenck, Julius: Die Lehre von den Baumaterialien und den im Baufache zur Verwendung kommenden technischen Erzeugnissen: Lehr- und Handbuch für Bau- und Gewerbschulen, Architekten, Bauhandwerker und Bauunternehmer, Leipzig 1863, S. 185. 142 Ohne Autor: Art. Slitting mill, in: Trinder, Barrie (Hg.): The Blackwell encyclopedia of industrial archaeology, Oxford/Cambridge 1992, S. 695 und Bodey, Nailmaking, S. 11. 143 Bodey, Nailmaking, S. 12 und Davies, Nail trade, S. 30f. 144 Bodey, Nailmaking, S. 11f.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

möglichkeiten in der einst gut bezahlten Profession zu sinken und diese Entwicklung führte dazu, dass sich einige Nagelschmiede anderen Beschäftigungen zuwandten, während die gesunkenen Zutrittsbarrieren zugleich einen Zustrom von Schmieden in die Nagelfertigung zur Folge hatten.145 Dies ist wahrscheinlich einer der Gründe für die räumliche Verlagerung der Nagelproduktion, die im Laufe des 17. Jahrhunderts und den ersten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts komplett ins Black Country wanderte. Die Gründe für diese Abwanderungsbewegung lassen sich mangels Quellen nicht eindeutig benennen, allerdings können drei Faktoren identifiziert werden, die dem Black Country vermutlich einen Standortvorteil gegenüber Birmingham verschafften. Erstens entstanden die Eisenspaltwerke am südlichen Rand des Black Country, an den Ufern des Stour, wo es zum einen eine ausreichende Strömung gab, um die Werke mit Hilfe von Wasserkraft betreiben zu können und zum anderen konnte über Stour und Severn das benötigte Eisen importiert werden. 146 Der Import von Eisen wurde nötig, da die Nachfrage der eisenverarbeitenden Industriezweige das Angebot der lokalen Eisenproduzenten schnell überstieg. Das Eisen – hauptsächlich schwedisches und russisches – gelangte über den Hafen von Bristol in den Severn, von dort in den Stour und so an den südlichen Rand des Black Country zu den slitting mills. Entsprechend wiesen die Nagelschmieden im Black Country eine deutlich höhere räumliche Nähe zu den Eisenspaltwerken auf als diejenigen in Birmingham. Allerdings bezogen die Nagelschmiede auch im 17. Jahrhundert die Eisenstäbe von einem Verleger, über deren räumliche Verbreitung zu dieser Zeit keine Informationen vorliegen. Zweitens ist anzunehmen, dass die gesunkenen Verdienstmöglichkeiten zu einem Rückzug städtischer Nagelmacher führte, während – bedingt durch die geringen Zutrittsbarrieren – die Nagelfertigung an Attraktivität für die ländliche Bevölkerung im Black Country gewann, für welche dies eine zusätzliche Einnahmequelle darstellte. Drittens begannen die Nagelschmiede gegen Ende des 16. Jahrhunderts verstärkt auf Steinkohle zurückzugreifen. Dieser Wechsel des Brennstoffs ist der wohl plausibelste Grund für die Verlagerung der Nagelfertigung in das Black Country. Hier strich die Steinkohle an verschiedenen Stellen zu Tage und war entsprechend günstig zu gewinnen. Zudem dürften die anfallenden Transportkosten die Steinkohlen in Birmingham gegenüber dem Black Country entsprechend verteuert haben. Auch wenn die Quellen hierüber keinen Aufschluss geben, kann die in dieser Zeit entstehende Arbeitsteilung zwischen den Schmieden im Black Country und in Birmingham als Beleg für diese Annahme gelten: So wurde Birmingham ein Zentrum für die Produktion feinerer Metall- und Edelmetallartikel, bei deren Fertigung der Wert der eingesetzten Rohmaterialien im Verhältnis zu dem Arbeitslohn relativ gering war oder lediglich geringe Mengen Metall benötigt wurden, während die Schmiede im Black Country sich der Produktion grober Eisenartikel wie Nägeln, Schürhaken oder ähnlichem zuwandten.147 Auch wenn sich über die Gründe für die Abwanderung der Nagelmacher aus Birmingham nur spekulieren lässt, so steht fest, dass 1741 keine einzi145 Vgl. zu dieser Entwicklung Bodey, Nailmaking, S. 12 und Davies, Nail trade, S. 37 und S. 65. 146 Zum Mangel an Flüssen und Bächen in der Region siehe Abschnitt II.II.I. 147 Court, Midland industries, S. 102 und Davies, Nail trade, S. 5, S. 13 und S. 36f und Lones, History of mining, S. 4.

III.I Das Black Country

153

ge Nagelschmiede mehr in Birmingham zu finden war und sich die Nagelfertigung damit komplett in das noch ländliche Black Country verlagerte hatte.148 Die von Court angesprochene räumliche Differenzierung zeigte sich in einer räumlichen Spezialisierung innerhalb der Region. So dominierte in jedem Bereich der Region eine andere Nagelsorte. Hufnägel wurden fast ausschließlich in Dudley hergestellt, in Hales Owen und Sedgley wurden größere Nagelsorten produziert, während Rowley Regis für seine Produktion von Nieten, Täcks und anderen kleinen Nägeln bekannt war. Insgesamt wurden in der Region an die 300 verschiedenen Nagelsorten in jeweils bis zu zehn unterschiedlichen Größen produziert. Die gefertigten Nägel wurden in drei größere Gruppen unterteilt. Von den großen und kleinen Nägeln wurden noch die Hufnägel abgegrenzt. Die Nagelschmiede, die diese Nägel fertigten, die horse-shoe makers, hatten innerhalb der Nagelindustrie eine herausragende Rolle inne, da die Produktion von Hufnägeln sowohl handwerklich anspruchsvoller als auch körperlich anstrengender war als die Herstellung der sogenannten gewöhnlichen Nägel, der common nails. Aufgrund dieser besonderen Rolle der Hufnägel beschränkte sich die Unterscheidung oft auf zwei Gruppen: Die common nails und die horse shoe nails.149 Mit Einführung der Eisenspaltwerke bildete sich auch das Verlagssystem heraus, welches im Black Country bis zum Ende der hand-made nail trade als eigenständigem Industriezweig Bestand hatte.150 An der Spitze des Verlagssystems stand der so genannte nail master, manchmal auch nail iron-monger genannt, als Verleger. Dieser bezog das Rohmaterial – die Eisenstäbe – von den iron masters, den Besitzern der slitting mills, um es dann an die Nagelmacher auszugeben. Diese schmiedeten die Eisenstäbe in ihren heimischen Werkstätten, den nailshops, zu Nägeln. Die Werkstätten befanden sich in der Regel an der Rückseite der Wohnhäuser der Nagelmacher und beherbergten eine Esse, jedoch weder einen Frischofen um eine Eisenluppe zu Eisenstäben zu formen noch einen Stückofen zur Eisengewinnung wie zu den Zeiten vor der Einführung der Eisenspaltwerke. Das Schmiedefeuer bildete nun den Mittelpunkt des nailshops. Um die Feuerstelle herum befanden sich bis zu vier Ambosse und Werkbänke, an denen der Nagelmacher gemeinsam mit seiner Familie arbeitete. Nicht unüblich war es, einen der Arbeitsplätze an einen anderen Nagelschmied zu vermieten. Dieser erwarb gegen Zahlung einer Miete das Recht sein Eisen in der Esse zu erhitzen, besaß jedoch seine eigenen Werkzeuge mit welchen er auf eigene Rechnung Nägel schmiedete.151 Die fertigen Nägel waren nach Ablauf einer bestimmten Zeitspanne nach der Ausgabe der Eisenstäbe bei dem Verleger abzuliefern. Das Eisen blieb während des gesamten Prozesses im Besitz des Verlegers, der die Nagelmacher nach Abgabe der fertigen Nägel für ihre Arbeit entlohnte. Abhängig von der Sorte der gefer148 Hutton, William: An History of Birmingham, Birmingham 1783, S. 83f. 149 Vgl. hierzu Davies, Nail trade, S. 134f und Haywood, Study, S. 19 und Kings, Bill und Cooper, Margaret: Glory gone. The story of nailing in Bromwgrove, Bromsgrove 1989, S. 18. (im Folgenden zitiert als Kings/Cooper, Glory gone). 150 Davies, Nail trade, S. 287. 151 Vgl. hierzu Bodey, Nailmaking, S. 12 und Davies, Nail trade, S. 60–79, S. 136 und Willetts, Black Country nail trade, S. 24.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

tigten Nägel wurde dem Nagelschmied eine gewisse Menge Verschnitt zugestanden. Überschritt er diese und übergab folglich zu wenig Nägel an den Verleger, musste er für das fehlende Eisen – also die Differenz aus der Menge der ausgegebenen Eisenstäbe und der gefertigten Nägel plus der erlaubten Verschnittmenge – zahlen. Unterschritt der Nagelmacher die vorgegebene Verschnittmenge und gab mehr fertige Nägel ab als nötig, so erhielt er eine Gutschrift. Alternativ konnte der Nagelschmied das eingesparte Eisen natürlich auch für den Eigengebrauch zurückhalten. Der Verkauf der Nägel an Kunden im In- und Ausland oblag dem nail master. Die räumliche Spezialisierung innerhalb der Branche zwang den Verleger zum Aufbau eines räumlich verzweigten Systems von Zweigstellen um die ganze Palette von Nagelsorten anbieten zu können.152 Wie bereits an früherer Stelle in diesem Abschnitt beschrieben, kann eine quantitative Aufschlüsselung des Wachstums der Nagelproduktion im Black Country nicht erfolgen, da belastbare Daten nicht verfügbar sind. Es existieren zwar Schätzungen über die Anzahl der Nagelmacher in der Region, diese sind jedoch ebenso wenig geeignet zur Quantifizierung der Entwicklung der Branche wie Angaben über das Volumen britischer Nagelexporte für verschiedene Jahre nach 1796.153 Diese unterschieden nicht zwischen geschmiedeten und maschinell gefertigten Nägeln und können darum nur bis ungefähr 1830 Auskunft über die Menge der exportierten Schmiedenägel geben, da nach 1830 in Großbritannien die Produktion von Nägeln mit Maschinen begann und die Exportdaten ab diesem Zeitpunkt ihre Aussagekraft über das Exportvolumen geschmiedeter Nägel verlieren.154 Zudem enthalten diese Aufstellungen keine Informationen bezüglich der Standorte der Produktionsstätten. Die Nagelproduktion konzentrierte sich innerhalb Großbritanniens auf drei Zentren. Neben dem Black Country waren dies die Gegend rund um St. Helens (Lancashire) und die bei Sheffield. 155 Das Black Country galt als wichtigstes dieser drei Zentren. Zeitgenössische Aussagen lassen außerdem den Schluss zu, dass in der Region mehr Nägel produziert wurden als sonst wo auf der Welt und die im Black Country gefertigten Nägel bereits im 17. Jahrhundert in die ganze Welt exportiert wurden.156 Unter der Grundannahme, dass das Black Country erheblichen Anteil an der britischen Nagelproduktion hatte und in entsprechend hohem Maße an den Expor152 Vgl. Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 30 und Ball, Ephraim: The handmade nail trade, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 110–116, S. 110f (im Folgenden zitiert als Ball, Hand made nail trade) und Davies, Nail trade, S. 68–72 und S. 136. 153 Vgl. zu diesen Quellen die Ausführungen in Abschnitt I.III.I. 154 Davies, Nail trade, S. 247. 155 Bodey, Nailmaking, S. 12 und Harris, British iron, S. 52. 156 Shaw, History and antiquities of Staffordshire, Bnd. 1, S. 116 (auch zitiert von Davies, Nail trade, S. 9), Haywood, Study, S. 10f zitiert eine Aussage von Yarranton aus dem 17. Jahrhundert laut der, die Eisenprodukte aus der Region in der ganzen Welt verbreitet seien. Vgl. zur nationalen und internationalen Bedeutung der Nagelproduktion im Black Country auch Court, Midland industries, S. 100 und Keir, Mineralogy, S. 116.

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III.I Das Black Country

ten beteiligt war, lassen sich aus den Exportdaten Rückschlüsse auf die regionale Produktion ziehen. Allerdings können auch die Exportdaten höchstens für einzelne Zeitpunkte als grobe Orientierung herangezogen werden. Die entsprechenden Aufstellungen sind für die Zeit ab dem Ende des 18. Jahrhunderts verfügbar und fallen somit in die Zeit der napoleonischen Kriege. Die kriegerischen Handlungen und politischen Folgen, wie die Kontinentalsperre, verzerrten die Exportzahlen. Aus diesem Grund sind Rückschlüsse von der Menge exportierter Waren auf die Produktion des entsprechenden Jahres kaum möglich. Kurze Zeit nach Ende der napoleonischen Kriege begann dann die Produktion maschinell gefertigter Nägel, was die Ermittlung der Menge der von Hand gefertigten Nägel unmöglich macht. Auch die Betrachtung der Anzahl der Beschäftigten in der Nagelproduktion erlaubt keine seriösen Aussagen über das Wachstum der Nagelproduktion. Tabelle 26: Anzahl der Nagelmacher im Black Country, 1665–1901 Jahr

Anzahl Nagelmacher

Kommentar

1665

20.000

1798

35.000 – 40.000

1818

60.000

1832

50.000

1866

20.000

1888

max. 15.000

Eisenschmiede

Schätzung für 1665 aus Dudley, Metallum Martis, S. 8f, 1798 Shaw, History and antiquies (zitiert nach Davies/Hyde, Dudley, S. 46); 1816 Hilton, Truck system (zitiert nach Haywood, Study, S. 11), 1832 Ball, Hand made nail trade, S. 110, 1866 und 1888 HCPP, 1888 (385), S. 4.

Tabelle 26 zeigt die verfügbaren Informationen bezüglich der Anzahl der Nagelmacher im Black Country. Abgesehen davon, dass es sich für die Zeit vor 1841 um ohnehin nur sehr bedingt belastbare Schätzungen zeitgenössischer Autoren handelt, kann die Anzahl der Nagelmacher nicht als Indikator für die Nagelproduktion herangezogen werden. Diese fand in den Häusern der Nagelmacher statt und konnte sowohl die einzige Einnahmequelle einer Familie darstellen, als auch zum Nebenverdienst betrieben werden. Es ist weder bekannt noch rekonstruierbar wie viele Stunden die Nagelschmiede täglich zur Nagelherstelllung aufwendeten noch wie viele Familienmitglieder insgesamt an der Produktion beteiligt waren. Die Nagelschmiede konnten sich ihre Arbeitszeit frei einteilen und taten dies auch. Oft schmiedeten Sie ihre Eisenration in wenigen Tagen, an denen sie rund um die Uhr arbeiteten. Zeitgenössische Aussagen beschreiben die Nagelmacher als „working hard or drinking hard“ im tageweisen Wechsel. 157 Ob solche Aussagen der Wahrheit entsprachen oder lediglich den Stereotyp des faulen Nagelmachers bedienten, der die halbe Woche sein Leben genießt, um anschließend in Eile

157 Davies, Nail trade, S. 173.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

sein Arbeitspensum zu erledigen, sei dahingestellt. Gesichert scheint, dass die Nagelmacher nicht kontinuierlich mit derselben Intensität arbeiteten.158 Angaben über die Anzahl der Nagelschmiede lassen entsprechend keine Rückschlüsse auf die Produktion zu. In Ermangelung anderer Quellen werden im Folgenden die Schätzungen über die Anzahl der Nagelmacher in der Region und die britischen Exportzahlen kritisch untersucht, um so zumindest grobe Anhaltspunkte über die Entwicklung der Nagelfertigung in der Region zu erhalten, auch wenn es nicht möglich sein wird, aus diesen Daten Informationen über die produzierten Mengen abzuleiten. Die Schätzung für das Jahr 1665 stammt von Dud Dudley, der von 20.000 Eisenschmieden in einem Umkreis von etwa 15 km um Dudley herum ausging.159 Der Wert für 1798 stammt von Stebbing Shaw, der von 35.000 bis 40.000 Nagelmachern schreibt, Haywood zitiert in seiner Studie eine Schätzung über 60.000 Nagelmacher in 1818.160 Für 1832 gibt Ball in einer Darstellung der nail trade in der Region an, dass es 50.000 Nagelmacher gäbe. Ein offizieller Report über die Lage der Nagelmacher in der Region aus dem Jahr 1888 bescheinigt Balls Schätzung Seriosität und gibt die Zahl der Nagelmacher für 1866 mit 20.000 und für das Ende der 1880er Jahre mit maximal 15.000 an. 161 Der Zensus von 1841 gibt die Zahl der nail manufacturer in Großbritannien mit 20.311 an, darunter befanden sich knapp 13.000 Männer und etwa 2.700 Frauen. Auf die Grafschaften Staffordshire, Worcestershire und Shropshire entfielen hiervon 11.492 Nagelmacher (Staffordshire 3.992, Worcestershire 6.226. Shropshire 1.274). Knapp die Hälfte dieser Nagelmacher lässt sich einzelnen Gemeinden im Black Country zuordnen. So wurden in Dudley 1.768 Nagelschmiede und in Old Swinford 1.234 gezählt. In West Bromwich waren 519 Nagelschmiede gelistet, in Halesowen (mit Oldbury) 398, in Kingswinford 300, in Tipton 134, in Walsall 84 und in Bilston 47. 162 Keine Informationen über die Anzahl der Nagelmacher liegen vor für Darlaston, Harborne, Kinver, Rowley Regis, Rushall und Sedgley und die Gemeinde Wolverhampton. Aufgrund der oben aufgeführten Zahlen kann man davon ausgehen, dass die Zahl der Nagelmacher in 1841 zwischen 5.000 und 10.000 lag. Aus diesem Grund kann angenommen werden, dass zumindest die zeitgenössischen Schätzungen aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts zu hoch gegriffen sind. Abbildung 21 zeigt die zeitgenössischen Schätzungen über die Zahl der Nagelmacher und die Entwicklung der Exportzahlen. Neben den zeitgenössischen Schätzungen sind die oben angestellten Schätzungen auf Basis des Zensus von 1841 als einzelne Datenpunkte eingetragen. Es ist demnach gut möglich, dass die Zahl der Nagelmacher sehr viel stärker abnahm oder von vorneherein sehr viel geringer war, als die zeitgenössischen Schätzungen suggerieren. 158 Vgl. zu den Arbeitsstunden auch Davies, Nail trade, S. 171–173 und S. 176–181 und Bodey, Nailmaking, S. 16. 159 Dudley, Metallum Martis, S. 9. 160 Haywood gibt einen Thomas Hodgetts als Urheber der Schätzung an und zitiert als Beleg Hilton, Truck system (Haywood, Study, S. 11). 161 HCPP, 1888 (385), S. 4. 162 HCPP, 1844 (587), S. 38, S. 151, S. 170f und S. 208.

III.I Das Black Country

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Abbildung 21: Britische Nagelexporte und Anzahl der Nagelmacher im Black Country, 1796–1888

Vgl. für Daten Tabelle 26 auf S. 155 und Tabelle A.45 auf Seite 324 (Anhang).

Die Betrachtung der Daten zum Export zeigt einen deutlichen Anstieg zu Beginn des 19. Jahrhunderts, mit einem Einbruch zu Beginn der 1820er Jahre. Ein weiterer Einbruch der Exporte ist für die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges überliefert. Die Nagelmacher des Black Country hatten im 18. Jahrhundert verstärkt Nägel für den Bedarf der britischen Kolonien in Nordamerika gefertigt, mit Ausbruch des Unabhängigkeitskrieges brachen diese Aufträge weg. Nach Ende des Unabhängigkeitskrieges war in den ehemaligen Kolonien eine eigenständige Nagelproduktion entstanden.163 Wie bereits erwähnt, ist es jedoch problematisch von diesen Zahlen Rückschlüsse auf das Wachstum der Nagelproduktion im Black Country zu ziehen. Court schätzt, dass ca. 50 % der gefertigten Nägel exportiert wurden und für 1841 zeigen die Zahlen aus dem Zensus, dass zwischen einem Viertel und der Hälfte aller britischen Nagelmacher aus dem Black Country kamen.164 In Verbindung mit der steigenden Zahl der Nagelmacher darf die vorsichtige Einschätzung eines Wachstums der Nagelindustrie in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts erlaubt sein, auch wenn nach Ende der napoleonischen Kriege die Nachfrage erneut einbrach, weil Aufträge der Marine ausblieben oder das Auf163 Aris’s Birmingham Gazette, 24th February 1776 (zitiert nach Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 89), Siehe für den Export nach Amerika auch Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 89 und Court, Midland industries, S. 209f. 164 Court, Midland industries, S. 209.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

tragsvolumen sich verringerte. Nach der Patentierung der ersten Maschinen zum Schneiden von Nägeln in den 1830er Jahren, ging die Nagelfertigung im Black Country zurück. Die geschnittenen Nägel verdrängten die geschmiedeten jedoch nicht direkt, erst etwa 30 Jahre später wird eine Dominanz der Maschinennägel deutlich. Einer der wichtigen inländischen Abnehmer waren die großen Dock Companies in London und die Marine. In 1866 lag der Anteil der geschmiedeten Nägel hier nur noch bei maximal 20 %. Die handgefertigten Nägel galten zwar als qualitativ hochwertiger, lagen preislich jedoch auch weit über den maschinell gefertigten Nägeln. Diese konnten zu 1/5 des Preises der geschmiedeten Nägel gleicher Art angeboten werden, obwohl die Löhne der Nagelmacher in diesem Bereich bereits um 35 % gesunken waren.165 Ein Grund dafür, dass die Nachfrage nach geschmiedeten Nägeln nicht komplett verschwand, war die begrenzte Variabilität der Maschinen. Diese konnten Anfangs nur bestimmte Sorten produzieren, so dass die übrigen Sorten weiter von Hand gefertigt wurden. In den 1860ern jedoch waren die Maschinen soweit verbessert, dass – bis auf wenige Ausnahmen wie Hufnägel – alle Sorten maschinell gefertigt werden konnten. Die Kapazität der Nagelmaschinen lag in dieser Zeit bei über 50.000 Nägeln pro Stunde.166 Nagelfabriken, in denen die Nägel von Maschinen geschnitten wurden, siedelten sich in Birmingham, Wolverhampton, Leeds, Newcastle-upon-Tyne und Lancashire an, wobei Birmingham in der Mitte der 1860er Jahre als Zentrum der maschinellen Nagelproduktion galt. Hier wurden etwa die Hälfte der in Großbritannien gefertigten Maschinennägel produziert. Insgesamt waren in Birmingham etwa 600 Männer und noch einmal so viele Frauen und Jungen beschäftigt.167 Weitere Konkurrenz erfuhr die Nagelproduktion des Black Country ab den 1830er Jahren durch belgische und französische Schmiedenägel. 1851 wurden in Belgien etwa 8.000 t bis 9.000 t Nägel produziert, mehr als Großbritannien zu dieser Zeit an Nägeln exportierte, und zu Preisen weit unter denen der britischen Nägel verkauft.168 Parallel zu dem Aufkommen von Konkurrenz aus dem Ausland und durch maschinell gefertigte Nägel verschlechterte sich die Qualität der im Black Country geschmiedeten Nägel. Zum einen waren die Verleger gezwungen die Preise der Nägel zu senken, um konkurrenzfähig zu bleiben. Dies führte zu einer Abwanderung der besseren Arbeiter in andere Industrien, zum anderen bildete sich eine bestimmte Form der Organisation innerhalb des Verlagssystems heraus, die zu einem weiteren Absinken der Qualität der Nägel führte. Zwischen den Verlegern und Nagelmacher bildete sich eine Zwischenstufe, die fogger, als Mittelsmänner heraus. Middlemen gab es auch schon vorher, ihre Aufgabe bestand darin, kleinere Zweigstellen zu unterhalten oder im Auftrag des nail masters Eisen auszugeben und die 165 Ball, Hand made nail trade, S. 111f. 166 Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 31f und Davies, Nail trade, S. 248. 167 Vgl. Martineau, R.F.: Cut nails, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collec ted by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 613–616, S. 616. 168 Ball, Hand made nail trade, S. 112 und Davies, Nail trade, S. 258.

III.I Das Black Country

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fertigen Nägel anzunehmen. Anders als ein Mittelsmann arbeitete der fogger in der Regel nicht für den Verleger. Zudem war die Bezeichnung fogger stark negativ konnotiert.169 Der fogger sprang als Abnehmer von Nägeln ein, wenn der Verleger nicht zum Kauf von Nägeln bereit war. Er kaufte Nägel auch an während die größeren Verleger versuchten ihre Vorräte abzubauen und nicht zum Ankauf neuer Nägel bereit waren. Außerdem arbeitete er mit Nagelmachern zusammen, die bei den Verlegern in Ungnade gefallen waren, z.B. durch Diebstahl. Hierbei zahlten die fogger den Nagelmachern geringere Löhne als die Verleger und konnten deren Preise beim Verkauf der Nägel um etwa 10 % unterbieten. Außer an den Löhnen sparten die fogger auch an der Qualität des Eisens. Zudem betrieben sie eigene Geschäfte, in denen die Nagelmacher, die einen großen Teil ihres Lohns in Gutscheinen ausbezahlt bekamen, zu überteuerten Preisen einkaufen mussten.170 Mittelfristig senkten die fogger die Preise und überschwemmten den Markt mit Nägeln aus qualitativ minderwertigem Eisen, während die niedrigen Löhne zur weiteren Abwanderung qualifizierter Arbeiter führten.171 Neben dieser Abwanderung von Nagelmachern in andere Industrien setzte im Black Country eine räumliche Verschiebung der Produktion in ländliche Randbezirke der Region ein. So begann das ländlich geprägte Bromsgrove, im Süden des Black Country gelegen, mit dem stärkeren Absinken der Preise und Löhne an der Nagelproduktion zu partizipieren.172 In der Region selber wanderten viele Nagelmacher in andere lokale Industriezweige, wie den Bergbau oder die Eisenproduktion, ab, während die Frauen und Kinder auch weiterhin mit der Produktion von Nägeln beschäftigt waren.173

III.I.IV Die Glasindustrie In der südwestlichen Ecke des Black Country bei Stourbridge, welches ab ca. 1620 als Zentrum der britischen Glasproduktion galt, fand sich eine Konzentration der Glasproduktion. Zur Herstellung von Glas wurde ein Gemenge aus Sand, einer alkalischen Substanz, wie z.B. Soda oder Pottasche und Kalk in einem Tiegel aus Ton, dem Hafen, erhitzt. Die alkalische Substanz wirkte hierbei als Flux und senkte die Schmelztemperatur des Sandes, der ca. ¾ der Mischung ausmachte. Das geschmolzene Glas wurde nach einer kurzen Phase der Abkühlung weich und formbar und konnte in Form geblasen werden. Die Qualität des erzeugten Glases hing dabei stark von der Qualität des Tiegels und damit auch von der Beschaffenheit des verwendeten Tons ab.174 169 Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 35. 170 Vgl. zu Preisen in den truck shops und Löhnen Kings/Cooper, Glory gone, S. 27. 171 Vgl. hierzu und zu den foggern im Allgemeinen Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 35–47 und Davies, Nail trade, S. 92–97. 172 Vgl. hierzu Davies, Nail trade, S. 37f und S. 43f. 173 Davies, Nail trade, S. 44 sowie die Zensus der einzelnen Gemeinden von 1831, 1841 und 1851.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Die Kunst der Glasherstellung ist seit dem Altertum bekannt, auf dem Kontinent wird Glas seit dem Mittelalter produziert und fand bereits früh seinen Weg in die Kirchen, wo Glasfenster ab dem 12. Jahrhundert üblich waren. Vier Jahrhundert später waren Glasfenster auch in Privathäusern nichts ungewöhnliches mehr und die Nachfrage nach Glas stieg stark an.175 Auf der Flucht vor religiöser Verfolgung emigrierten Ende des 16. Jahrhunderts lothringische Glasmacher nach Großbritannien, viele dieser Glasmacher ließen sich in der Gegend um Stourbridge nieder.176 Ob die Glasmacher sich wegen der hier verfügbaren Vorräte hochwertigen Tons oder aus anderen Gründen hier ansiedelten, ist nicht überliefert. Klar ist jedoch, dass ab dem Ende des 16. Jahrhunderts bei Stourbridge Glas hergestellt wurde und die lokalen Produzenten stark von der hohen Qualität des lokal verfügbaren Tons – der als der beste Ton Großbritanniens galt – und in geringerem Maße auch von der Verfügbarkeit von Kalkstein profitierten.177 Die Steinkohlenvorräte der Region können als Standortfaktor für die Ansiedlung der Glasproduktion ausgeschlossen werden, da hier bis in das 17. Jahrhundert hinein Holzkohle als Brennstoff zum Einsatz kam. Erst durch die im Jahr 1615 erlassene Proclamation touching Glasses wurde der Einsatz von Holzkohle in der Glasherstellung untersagt und zugleich ein Einfuhrverbot für Glas verfügt. Das Verbot der Nutzung von Holzkohle ist auf den hohen Brennstoffbedarf und den damit verbundenen Holzverbrauch in der Glasproduktion zurückzuführen, die mit der Eisenindustrie und dem Schiffsbau um diesen Rohstoff konkurrierte. 178 Die britischen Glasproduzenten wehrten sich gegen die neue Regelung, da sie nicht in der Lage waren, bei der Nutzung von Steinkohle Verunreinigungen der Werkstücke durch den entstehenden Ruß zu vermeiden. Zudem hatten die Glashersteller bisher die zurückbleibende Asche der verbrannten Holzkohle als alkalischen Zusatz wieder verwendet. Aufgrund des höheren Sauerstoffbedarfs der Steinkohle gegenüber der Holzkohle, mussten außerdem die Brennöfen modifiziert werden. Die Proteste der Glasmacher waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt und einige Jahre später waren die Anfangsschwierigkeiten überwunden: Der Schmelzvorgang fand in geschlossenen Tiegeln statt, die Asche war durch Soda substituiert und die Öfen entsprechend den Anforderungen der Steinkohle modifiziert worden. Eine Folge des Brennstoffwechsels war, dass die Glashütten aus den Wäldern hinaus in Richtung der Kohlefelder wanderten. Außerdem führte die Nutzung von Steinkohlen zu einer verbesserten Qualität des produzierten Glas. So konnte aufgrund der höheren Temperaturen die Zugabe des Flux – der die Schmelztemperatur senken 174 Vose, R. H., Glass, London 1980, S. 60 und S. 114 (im Folgenden zitiert als Vose, Glass) und Wilkinson, O. N.: Old glass. Manufacture - Style – Uses, London 1968, S. 23 (im Folgenden zitiert als Wilkinson, Old glass). 175 Vose, Glass, S. 60 und S. 105. 176 Hodgen, M. T.: Glass and Paper: An Historical Study of Acculturation, in: Southwestern Journal of Anthropology, 1/4 (Winter 1945), S. 466–497, S. 476 und Vose, Glass, S. 109. 177 Sandilands, D., History of the Midland Glass Industry. With Special Reference to the Flint Glass Section (MA, University of Birmingham, 1927), S. 15 (im Folgenden zitiert als Sandilands, Midland glass) und Vose, Glass, S. 109 und S. 114. 178 Guttery, D. R.: From broad-glass to cut crystal. A history of the Stourbridge glass industry, London 1956, S. 12, Sandilands, Midland glass, S. 14 und Vose, Glass, S. 114.

III.I Das Black Country

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sollte, sich jedoch gleichzeitig negativ auf die Qualität des Glases auswirkte – reduziert werden. Dies führte zu einer qualitativen Überlegenheit des britischen gegenüber dem auf dem Kontinent mit Holzkohle gefertigten Glas.179 Innerhalb der britischen Glasindustrie nahmen die Glasmacher aus dem Black Country eine besondere Stellung ein, da sie nicht nur auf den besten in Großbritannien verfügbaren Ton, sondern auch auf Kohle und Kalk in ihrer unmittelbaren Nähe zurückgreifen konnten. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts befand sich die Hälfte aller britischen Glashütten in der Gegend bei Stourbridge, während die Nachfrage nach Glasprodukten stetig stieg. 1698 wurden etwa sechs Glashütten in diesem Bereich betrieben, von denen jede etwa 50 Männer beschäftigte. In den 1670ern übertraf die Qualität des im Black Country produzierten Glas sogar die des venezianischen Glases und war damit führend in Europa in puncto Qualität.180 1745 führte eine Besteuerung der Rohmaterialien der Glasmacher zu einer Abwanderung größerer Teile der Glasproduktion nach Irland, wo eine ähnliche Steuer erst im 19. Jahrhundert eingeführt wurde. In Großbritannien führte die Steuer, die nach Gewicht der verwendeten Rohmaterialien erhoben wurde, zum einen zu einer Modifikation des Produktionsprozesses und zum anderen zu einer Veränderung der produzierten Produkte. Während in der Produktion nun verstärkt Glasscherben, auf welche die Steuer nicht erhoben wurde, erneut eingeschmolzen wurden, nahm gleichzeitig die Herstellung feinerer und filigran gestalteter Produkte zu. Auch der Anteil von Blei, der durch sein relativ hohes Gewicht das Glas nun stark verteuerte, nahm ab. Diese veränderten Bedingungen führten dazu, dass der Preis der Glasprodukte sich in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts nach dem Design richtete und nicht mehr, wie zuvor üblich, anhand des Gewichts berechnet wurde. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die Steuer auf die verwendeten Rohmaterialien zuerst verdoppelt, anschließend noch mehrfach erhöht und schloss zudem auch die genutzten Glasscherben ein. Der hierdurch eintretende Rückgang der mengemäßigen Glasproduktion in Großbritannien lässt sich nicht quantifizieren, da lediglich Informationen über die Anzahl der Glashütten für das Ende des 18. Jahrhunderts und die Zahl der Glasmacher, nicht aber Angaben zur Produktion, verfügbar sind.181 Vor dem Bau der Kanäle war der Transport von Glas schwierig und jedes Produktionszentrum bediente in der Regel nur einen kleinen lokalen Markt, erst der Bau des Staffordshire and Worcestershire Canals ermöglichte den Export der Glaswaren auch in weiter entfernte Gebiete. Der Bau der Kanäle führte auch zu einer weiteren Ausbreitung der Glasindustrie innerhalb der Region. So wurde West Bromwich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu einem zweiten Zen179 Vose, Glass, S. 112f, S. 115 und S. 118. 180 Jenkins, J. G.: Glass, in: Greenslade, M.W. und Jenkins, J.G. (Hg.): A History of the County of Stafford, Vol. II (The Victoria History of the Counties of England), Oxford 1967, S. 224– 230, S. 227 (im Folgenden zitiert als Jenkins, Glass) und Vose, Glass, S. 79 f und S. 115. 181 Haden, H. J.: The Stourbridge glass industry in the 19th century. A study of the glass industry in Stourbridge, Brierly Hill and Dudley, Tipton 1971, S. 18, Jenkins, Glass, S. 227, Vose, Glass, , S. 112 und S. 120f und S. 127f und Wilkinson, Old glass, S. 108f.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

trum der Glasproduktion im Black Country und auch in Tipton siedelten sich Glashütten an.182

III.I.V Die Transportwege Aufgrund der zentralen Lage im Herzen Großbritanniens und dem Mangel natürlicher schiffbarer Wasserwege verfügte das Black Country über keinen direkten Zugang zum Meer. Alle im Black Country benötigten und nicht lokal verfügbaren Rohmaterialien mussten über eine nicht unerheblich lange Wegstrecke auf dem Landweg in die Region transportiert werde. Auch die produzierten Güter mussten zuerst mit Pferde- oder Ochsenkarren bis zum Severn gebracht werden, um von dort verschifft zu werden. Ende des 17. Jahrhunderts wurde zwar der Stour südlich von Stourbridge schiffbar gemacht, jedoch wurde kein Anschluss an den Severn geschaffen, so dass der Stour nur zwischen Stourbridge und Kidderminster schiffbar war. Von Kidderminster aus mussten die Waren auch weiterhin auf dem Landweg nach Bewdley oder Stourport gebracht werden, von wo aus sie per Schiff über den Severn weiter transportiert werden konnten. 183 Hierdurch unterschied sich das Black Country von anderen stark wachsenden britischen Regionen im 18. und 19. Jahrhundert, welche in der Regel über einen guten Zugang zur Küste verfügten. Innerhalb der Region erfolgte der Warentransport bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein ausschließlich über die Straßen. Diese waren, auch verglichen mit anderen Straßen zu dieser Zeit, in einem sehr schlechten Zustand, welcher vor allem eine Folge der bergbaulichen Aktivität in der Region war. Zum einen wurden die Straßen durch den Transport der Kohlen stark beansprucht und zum anderen hatte der Abbau der Kohlen in geringer Tiefe bereits Ende des 17. Jahrhunderts zu starken Absenkungen des Bodens geführt. Durch die Erhebung von Mautgebühren ab 1727 konnten dringend benötigte Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden und die Situation besserte sich etwas. Trotzdem unterlag der Kohlenhandel in der Region starken saisonalen Schwankungen, die Davies und Hyde vor allem auf den schlechten Zustand der Straßen in den Winter- und Herbstmonaten zurückführen.184 1766 begann der Bau des ersten Kanals in der Nähe des Black Country. Der Staffordshire und Worcestershire Canal verlief westlich der Region und verband den Trent mit dem Severn, in welchen er bei Stourport mündete. Auch wenn die Initiative zum Bau des Staffs and Worcs ursprünglich von den Keramikproduzenten in North Staffordshire ausging, erkannten die Grubenbesitzer und die Eisenund Glasproduzenten des Black Country schnell den Wert des Kanals, der nur etwa drei Kilometer westlich von Wolverhampton gestochen wurde. 1768 begann erstmals der Bau eines Kanals innerhalb der Region. Der Birmingham Canal soll182 Sandilands, Midland glass, S. 23 und Jenkins, Glass, S: 229f. 183 Court, Midland industries, S. 11 und Raybould, Economic emergence, S. 11. Vgl. auch Abschnitt II.II.I. 184 Davies/Hyde, Dudley, S. 7–9 und S. 53.

III.I Das Black Country

163

te von Birmingham aus in westlicher Richtung durch die Region führen und bei Wolverhampton in den Staffordshire and Worcestershire canal münden. Zur Finanzierung des Vorhabens wurde die Company of Propriertors of the Birmingham Canal Navigation gegründet, deren Anteile keine zwei Monate nach Gründung der Gesellschaft komplett gezeichnet waren. Der neue Birmingham Canal wurde 1772, im gleichen Jahr wie der Staffs and Worcs, fertiggestellt. Um den Bau teurer Schleusen auf ein Minimum zu reduzieren und möglichst vielen Gruben und Hüttenwerken einen Zugang zu dem neuen Kanal zu ermöglichen, verband der Birmingham Canal Birmingham und Wolverhampton nicht auf direktem Wege, sondern mäanderte durch die Landschaft. Über den Birmingham Canal und den Staffordshire and Worcestershire canal konnte die Steinkohle aus dem Black Country erstmals auch auf weiter entfernten Märkten angeboten werden. Die Eisenindustrie profitierte zwar auch von der Möglichkeit zum günstigen Export von Waren, viel wichtiger war jedoch die Möglichkeit eines günstigen Transports von Kohle innerhalb der Region. Diese Kosten fielen nach Eröffnung des Birmingham Canal um beinah die Hälfte.185 1776 begann auf Initiative des Lord Dudley, der Gruben und Eisenwerke im südlichen Teil des Black Country besaß, der Bau einer Verbindung zwischen dem Staffs and Worcs und Stourbridge, von welcher zwei weitere Kanäle in östlicher Richtung abzweigen sollten. Unterstützt wurde Lord Dudley von den Glasherstellern bei Stourbridge, denen dieser Kanal den bisher notwendigen Transport ihrer leicht zerbrechlichen Waren über den Landweg ersparte. 186 Widerstand gegen den Bau des neuen Kanals kam von den Grubenbesitzern im nördlichen Teil des Black Country. Diese verwiesen auf die hohen Gebühren, die sie für den Abbau der Kohlen an Lord Dudley, dem große Teile der untertägigen Abbaurechte in der Region gehörten, entrichten mussten und sahen sich um ihre Profite gebracht, sollte Lord Dudley ihnen nun mit den Kohlen aus seinen eigenen Gruben Konkurrenz machen.187 Der Bau des Kanals wurde trotz des Widerstands genehmigt, jedoch wurde zum Schutz der Grubenbesitzer im nördlichen Teil des Black Countrys eine höhere Gebühr für den Transport auf dem Staffs and Worcs vereinbart. Diese galt ausschließlich für Güter, die den Staffs and Worcs über den Stourbridge Canal erreichten und verteuerte so gezielt den Transport von dem südlichen in den nördlichen Teil der Region.188 Der Stourbridge Canal wurde 1779 eröffnet und im gleichen Jahr wurde auch der Dudley Canal fertiggestellt. Letzterer ging ebenfalls auf die Initiative von Lord Dudley zurück und verband die Hüttenwerke und Gruben südlich des Russell’s Hall Fault mit dem Stourbridge Canal wodurch über den Staffs and Worcs auch eine Anbindung an den Severn und den Trent geschaffen wurde.189 So waren in den 1780er Jahren die meisten Teile der Region über Severn und des Trent an das britische Wasserstraßennetz angebunden. Zugleich zerfiel das Kanalsystem in der Region weiterhin in einen nördlichen und einen südlichen 185 Davies/Hyde, Dudley, S. 11. 186 Hadfield, Charles: The canals of the West Midlands (The Canals of the British Isles 5), Newton Abbot 31985, S. 73f (im Folgenden zitiert als Hadfield, Canals of the Midlands). 187 Vgl. hierzu Raybould, Economic emergence, S. 57. 188 Hadfield, Canals of the Midlands, S. 74. 189 Vgl. zur Lage der Hüttenwerke Abbildung 11 auf S. 114.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Teil, da der Russell’s Hall Fault eine natürliche Grenze schuf. Die einzige Verbindung zwischen dem Birmingham Canal im nördlichen Teil der Region und der sogenannten Stourbridge Navigation, die sich im südliche Bereich aus Stourbridge canal und Dudley canal zusammensetzte, war der Staffs und Worcs. Der Gütertransport zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil der Region war entsprechend aufwendig: Die Kähne mussten zuerst die Region in westlicher Richtung verlassen, um dann über den Staffs und Worcs in nördlicher, bzw. südlicher Richtung zu fahren und bei Stourbridge oder Wolverhampton wieder in die Region hinein zu navigieren. Erst Mitte der 1780er Jahre wurde mit dem Bau eines Tunnels unter dem Bergrücken hindurch begonnen, um die beiden Kanalsysteme zu vereinen. Jedoch auch nach der Fertigstellung des Dudley tunnel zu Beginn der 1790er Jahre, blieb der knapp 2,5 km lange Tunnel ein Nadelöhr.190 Durch die geringe Breite von 2,5 m konnte der Schiffsverkehr nur jeweils in eine Richtung erfolgen und auch das Treideln war innerhalb des Tunnels nicht möglich. Aus diesem Grund mussten die Boote in einem Schubverband mit Körperkraft durch den Tunnel bewegt werden. Hierzu legten sich die Arbeiter auf eines der Boote, stießen sich mit den Beinen von der Seitenwand des Tunnels ab und schoben so die Boote langsam durch den Tunnel. Diese Praxis wurde als legging bezeichnet.191 Genau wie zuvor der Stich des Stourbridge canal wurde auch der Bau des Dudley tunnel von den Grubenbesitzern nördlich des Russell’s Hall Fault kritisch betrachtet. Sie fürchteten zum einen noch immer die Konkurrenz im nördlichen Bereich der Region, zum anderen aber nun auch auf dem Kohlenmarkt in Birmingham, da der Dudley tunnel den Grubenbesitzern im Süden des Black Country nun einen stark verbesserten Zugang zu diesem Markt bot. Allerdings konnten die Grubenbesitzer im Norden auch den Bau eines zweiten Tunnels, der Halesowen mit dem benachbarten Selly Oak – einem Ausläufer von Birmingham – verband, nicht verhindern, so dass sich die Position der südlichen Gruben weiter verbesserte.192 Nach dem Bau der ersten Kanäle wurden diese schnell zu standortentscheidenden Faktoren in der Region. Entlang der Kanäle begannen sich Eisenwerke und Grubenanlagen anzusiedeln, teilweise wurden Werke über Schmalspurbahnen, auf welchen Wagen von Pferden gezogen wurden, mit den Kanälen verbunden.193 1837 entstand die erste Eisenbahnstrecke in der Nähe des Black Country. Der Grand Junction Railway verband Birmingham mit dem nördlich gelegenen Stafford, die Strecke verlief jedoch nordöstlich des Black Country. Auch der ein Jahr später entstehende London & Birmingham Railway endete in Birmingham und verlief nicht durch die Region. Erst der 1854 fertiggestellte Oxford, Worcester & Wolverhampton Railway führte an der westlichen Seite der Region von Süd nach Nord bis Wolverhampton. Diese Eisenbahnstrecke band das Black Country an das nationale Streckennetz an und ermöglichte so einen schnelleren Transport von Gü190 191 192 193

Raybould, Economic emergence, S. 60 und S. 79. Davies/Hyde, Dudley, S. 12. Davies/Hyde, Dudley, S. 15. Vgl. zu den Schmalspurbahnen Raybould, Economic emergence, S. 70 und Raybould, South Staffordshire, S. 19.

III.I Das Black Country

165

tern.194 Allerdings konnten nicht alle Bereiche der Region in selber Weise von der Eisenbahn partizipieren, da keine Linie die Region von Ost nach West durchquerte. Ursprünglich sollte die Streckenführung des Oxford, Worcester & Wolverhampton Railway diesen von Wolverhampton aus, entlang des mittlerweile etwas begradigten Birmingham Canals, nach Birmingham führen, allerdings fand sich keine Gesellschaft, die bereit war dieses Teilstück zu errichten. Die Birmingham Canal Navigation Company als Eigentümerin des Kanals hatte sich schon zuvor, auch auf Druck der Besitzer der Eisenwerke an den Ufern des Kanals hin, bereit erklärt die Strecke zu bauen. Hierzu hatte sie sich mit der London & Birmingham Company, der Eisenbahngesellschaft, die die Linie von London nach Birmingham finanziert hatte, zusammengetan. Diese widerrief jedoch ihre Bereitschaft einer Beteiligung. Erst Ende des Jahres 1845 einigten sich die Gesellschaften der Eisenbahnstrecken die nach Wolverhampton und Birmingham führten, darüber eine Verbindung zwischen diesen beiden Strecken zu schaffen.195 Da das Eisenbahnnetz weit weniger verzweigt war als das Kanalnetz und die wenigsten Werke in direkter Nähe zu den Eisenbahnstrecken lagen, blieben die Kanäle von enormer Bedeutung. So wurden die Güter in der Regel mit Schmalspurbahnen zu einem der Kanäle und von dort mit dem Schiff zur nächsten Verladestation der Eisenbahn transportiert. Dies war durchaus im Sinne der Eisenbahngesellschaft, deren Frachttarife die Beförderung von Gütern über längere Strecken favorisierten und die deutlich gegen häufige Haltepunkte votierten. Aus diesem Grund trieben die Bahngesellschaften selber den weiteren Ausbau des Kanalnetzes voran, errichteten Anlegestellen an ihren Verladestationen und besaßen zum Teil eigene Boote, um Güter über den Kanal zu ihren Verladestationen zu transportieren. So wurde im Black Country auch in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts das Kanalsystem weiter ausgebaut und unter anderem 1858 der Netherton tunnel eröffnet, welcher den Dudley tunnel entlasten und eine schnellere Verbindung zwischen nördlichem und südlichem Teil der Region schaffen sollte. Anders als der alte Tunnel war der Netherton Tunnel ausreichend breit um einen Betrieb mit Gegenverkehr zu ermöglichen, zudem verlief an jedem Rand des Tunnels ein Treidelpfad. Der Netherton Tunnel wurde außerdem als erster Tunnel zu dieser Zeit von Gaslampen ausgeleuchtet. Im Jahr 1905 bestand das Kanalsystem im Black Country aus über 250 km Kanalstrecken mit 216 Schleusen. Hierzu kamen noch etwa 550 private Stichkanäle und Häfen.196

III.I.VI Der Industrialisierungsverlauf im Black Country Das 17. Jahrhundert war für die Industrialisierung des Black Country von hoher Bedeutung, da sich zu diesem Zeitpunkt die gewerbliche Nagelproduktion aus der Stadt Birmingham in den Bereich des South Staffordshire Coalfield verlagerte. 194 Raybould, Economic emergence, S. 71f und S. 77f. 195 Vgl. hierzu Hadfield, Canals of the Midlands, S. 252f. 196 Vgl. Davies/Hyde, Dudley, S. 15 und Hadfield, Canals of the Midlands, S. 258–263 und Raybould, Economic emergence, S. 78.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Entscheidend hierfür waren die lokal verfügbaren Steinkohlen und die Nähe zu den Spaltwalzwerken, die sich an den Ufern des Stour im südwestlichen Bereich der Lagerstätte konzentrierten. Durch die florierende Eisenverarbeitung stieg nicht nur die Nachfrage nach Steinkohlen, deren untertägige Gewinnung zeitlich in etwa mit der Ansiedlung der Nagelproduktion zusammenfällt, sondern auch die Nachfrage nach Eisen. Noch im 18. Jahrhundert war die lokale Eisenindustrie von sehr moderater Größe. Zwei Hochöfen und acht Frischherde waren bei weitem nicht in der Lage den steigenden Eisenbedarf zu decken, so dass Eisen aus Schweden und Russland importiert werden musste. Die Spaltwalzwerke lagen zwar an den Ufern des Stour, jedoch war dieser nur auf Teilstrecken schiffbar und bot so keine durchgehende Verbindung zum Severn und damit zum Hafen von Bristol. Ein starkes Wachstum der lokalen Eisenindustrie wurde möglich als in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zuerst die Herstellung von Roheisen mit Steinkohlen und etwa später auch die Produktion von Stabeisen unter Verwendung mineralischer Brennstoffe technisch möglich wurde. Zugleich kamen erstmals auch in der Eisenindustrie Dampfmaschinen, die zu dieser Zeit im Bergbau bereits weit verbreitet waren, zum Einsatz. Die Eisenindustrie wurde somit nicht nur unabhängig von Holzkohle, sondern auch von den im Black Country raren Wasserläufen. Parallel entstand in der Region ein ein weit verzweigtes Kanalnetz, welches die einzelnen Produktionsstätten miteinander verband und gleichzeitig eine Anbindung des Black Country an das nationale Wasserstraßensystem schaffte. Industrielle aus dem Black Country waren erheblich an den technischen Innovationen, die den Einsatz der lokalen, günstig verfügbaren Steinkohlen in der Eisenherstellung ermöglichten, beteiligt. So wurde das potting and stamping-Verfahren in der Region entwickelt und auch die erste Dampfmaschine zur Wasserhaltung fand sich in einer Grube auf dem South Staffordshire Coalfield. Wie Abbildung 22 zeigt, waren die Wachstumsraten der Kernindustrien der Wirtschaftsregion Black Country in der letzten Dekade des 18. Jahrhunderts sehr hoch und bewegten sich auch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf einem durchgehend hohen Niveau, auch die Bevölkerung wuchs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts um etwa ein Viertel pro Dekade.197 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts verlor das Wachstum aller in Abbildung 22 aufgeführten Industriezweige an Stärke. Der Rückgang der Produktion von Stabeisen lässt sich auf die Veränderung in der Nachfragestruktur und die Substituierung von Eisen durch Stahl in vielen Bereichen zurückführen. Die sinkende Nachfrage nach Kohle und Roheisen durch den Rückgang der Produktion von Schmiedeeisen, verdeutlichte die zuvor schon existenten Probleme bei der Förderung der Rohstoffe. Durch Überflutung und Abbau vieler Flöze im Zentrum des South Staffordshire Coalfield verlagerte sich der Abbau der Kohle an den Rand der Lagerstätte. Hier lag die Kohle in größerer Tiefe und konnte nur unter dem Aufwand höherer Kosten als in den zentralen Bereichen des Kohlenfeldes gewonnen wer197 Die Nagelfertigung, deren Quantifizierung aufgrund der schlechten Datenlage kaum möglich ist und auf deren Darstellung in Abbildung 22 aus diesem Grund verzichtet wurde, begann nach 1830 in Folge von zunehmender Konkurrenz aus dem Ausland und durch maschinell gefertigte Nägel zu schrumpfen. Die freigesetzten Arbeitskräfte wurden zu großen Teilen von den übrigen, stark wachsenden, Industriezweigen absorbiert.

III.I Das Black Country

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den. Durch das Wegbrechen der günstigen Rohstoffbasis büßte das Black Country komparative Vorteile gegenüber anderen Regionen ein und fiel in den folgenden Jahren hinter diese zurück. Auch das Wachstum der Bevölkerung verlangsamte sich nach 1860, bis die Bevölkerung in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts zu schrumpfen begann. Abbildung 22: Zahlenmäßige Entwicklung der Bevölkerung, der Steinkohlenförderung sowie der Roheisen- und Schmiedeeisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country, 1770–1900

Vgl. für die Daten Tabelle A.47 (S. 327), Tabelle A.22 (S. 311), Tabelle A.1 (S. 282), Tabelle A.16 (S. 304) und Tabelle A.17 (S. 306).

Die räumliche Beschaffenheit der Region, mit den Flüssen im südlichen Randbereich, der Lagerstätte mit den Steinkohlen- und den Eisenerzvorräten, die sich mit geringem Kapitalaufwand und ohne technische Probleme gewinnen ließen, sowie den Kalk- und Sandsteinablagerungen, hatte starken Einfluss auf die industrielle Entwicklung in der Region. So lässt sich die Abwanderung der Eisenverarbeitung aus dem Bereich der Stadt Birmingham in die Gegend des Black Country auf die dort verfügbaren Steinkohlen und die Nähe zu den Spaltwalzwerken, die sich an den Flüssen am südlichen Rand der Lagerstätte ansiedelten, zurückführen. Die zunehmende Verbreitung und das Wachstum der Eisenverarbeitung im Black Country wiederum erzeugte eine steigende Nachfrage nach Eisen, wodurch in der Eisenindustrie ein Anreiz zur Steigerung der Produktion entstand. Voraussetzung hierfür war unter anderem die Auflösung der Bindung an die, in der Region raren, Wasserläufe und eine Verbesserung der Transportwege. Während die Dampfma-

168

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

schinen die Wasserkraft obsolet machten, ermöglichten die Kanäle den Transport von Gütern innerhalb der Region. Durch die technischen Lösungen zum Einsatz von Steinkohlen in der Eisenproduktion, war auch die letzte Wachstumsbarriere in der Region aufgehoben und zugleich alle Rohstoffe für die Eisenproduktion und auch den Bau der Hochöfen aufgrund ihrer niedrigen Gewinnungskosten, die wiederum aus der überaus günstigen geologischen Formation der Bodenschätze resultierten, zu günstigen Preisen und abundant verfügbar. In dieser Zeit verfestigte sich die kleinräumige Struktur der lokalen Industrien, die sich auf die günstigen geologischen Bedingungen und den hiermit verbundenen niedrigen Kapitalaufwand für die Errichtung neuer Produktionsanlagen zurückführen lassen. Spätestens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellten sich die ehemals günstigen Bedingungen in der Wirtschaftsregion jedoch als nachteilig dar: Die kleinräumige Organisation des Steinkohlenabbaus, die durch ihre Flexibilität das starke Wachstum der Eisenindustrie erst möglich gemacht hatte, führte nun dazu, dass Kohlenvorräte nicht mehr gewonnen werden konnten, während sich die handwerkliche Nagelproduktion der Konkurrenz durch die maschinelle Nagelindustrie nicht behaupten konnte. Die einst so bedeutende Eisenindustrie der Region sah sich der sinkenden Nachfrage nach Eisen, welches dem neuen Werkstoff Stahl weichen musste, gegenüber, ohne an der Stahlproduktion zu partizipieren. So eigneten sich die lokalen Erze anfangs nicht zur Stahlerzeugung, während zugleich die Steinkohlen als Standortfaktor wegfielen. Das Black Country verlor seine komparativen Vorteile somit durch das Aufkommen neuer Verfahren, welche neue Werkstoffe hervorbrachten und andere Rohstoffe nachfragten, sowie durch die Folgen der spezifischen Organisationsmodelle, die sich auf Basis der geologischen Beschaffenheit der Region herausgebildet und gefestigt hatten.

III.II DAS BORINAGE Die Wirtschaft im Borinage wurde von dem Steinkohlenbergbau dominiert. Anders als im Black Country siedelte sich weder eine Eisenindustrie noch ein eisenverarbeitendes Gewerbe an. Vereinzelt vorhandene Hochöfen oder Hüttenwerke dienten hauptsächlich dazu, die Nachfrage der Bergwerke nach bestimmten Eisenteilen zu befriedigen und waren als eigenständige Industrie ohne Bedeutung. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich darum auf die Entwicklung des Steinkohlenbergbaus im Bereich der Wirtschaftsregion Borinage. Der Abbau von Steinkohlen im couchant de Mons hat eine lange Tradition. Eine erste schriftliche Erwähnung findet sich für das 13. Jahrhundert, als der Abbau von Steinkohlen durch Mönche der Abtei St. Ghislain dokumentiert wurde. Dieser Erwähnung folgen in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts diverse weitere Hinweise auf bergbauliche Aktivität.198 Auch wenn in den folgenden Jahrhun198 Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 67 und Michotte, P.-L.: Les régions houillères de Haine-Sambre-Meuse. Notes sur leur évolution géographique, in: Bulletin de la Société Belge d’Études Géographiques - Tijdschrift van de Belgische Vereniging voor Aardrijkskundige Studies 4 (1934), S. 45–103, S. 50f (im Folgenden zitiert als Michotte, Regions houilleres).

III.II Das Borinage

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derten die Landwirtschaft dominierte, so war der lokale Bergbau bereits in dieser frühen Zeit von Bedeutung und schon im 15. Jahrhundert wurden die Kohlen über die Henne und die Schelde exportiert. Ziel der Exporte waren vor allem der Norden des heutigen Frankreichs und der Westen der heutigen Niederlande. 199 Etwa zur gleichen Zeit wurden die Schächte tiefer und zur Wasserhaltung und Förderung der Kohlen wurden Seilwinden und Göpelwerke eingesetzt. Finanziert wurden diese Anlagen durch Zusammenschlüsse von Bergleuten, die sogenannten bandes und Kohlenhändlern. Die Jahresproduktion einer Grube lag zu dieser Zeit zwischen 3.000 t und 4.000 t. Mit Beginn des 18. Jahrhunderts begann die bergbauliche Tätigkeit gegenüber der Landwirtschaft deutlich an Bedeutung zu gewinnen.200 Aufgrund fehlender lokaler Konsumenten war das Wachstum der Steinkohlenproduktion im Borinage vor allem auf die Nachfrage von außen angewiesen und damit an den Zugang zu Märkten geknüpft. Bedingt durch die diversen, in Abschnitt II.III.II beschriebenen, politischen Umbrüche veränderten sich die Grenzen und damit die Zugangsbedingungen zu den Exportmärkten mehrfach. Ende des 17. Jahrhunderts fiel dem spanischen König ein Teil der Grafschaft Hennegau inklusive der Stadt Condé zu. Dies hatte zur Folge, dass Teile der Henne und der Schelde jenseits einer Zollgrenze lagen. Für die Grubenbesitzer aus dem Borinage erschwerte sich so der Export der Kohlen. Der Absatz der Kohlen im Norden der Niederlande wurde zudem durch die Konkurrenz britischer Kohlen behindert, die den wallonischen Kohlen in Bezug auf ihren Preis ohnehin überlegen waren.201 So stellte der Anschluss der südlichen Niederlande an Frankreich im Jahr 1795 eine starke Zäsur für die betroffenen Gebiete dar. Nicht nur wurde die Mündung der Schelde wieder freigegeben, zudem wurde der französische Markt – schon vor 1795 ein bedeutender Absatzmarkt für die Kohlen aus dem Borinage – zu einem Binnenmarkt. Mit dem Wegfall der Einfuhrzölle wurde auch die Diskriminierung der wallonischen Kohlen gegenüber denen aus dem Revier du Nord beendet. Zudem profitierte das Borinage von dem, durch die französische Regierung erlassenen, Einfuhrstopp für britische Kohlen. Mit der Angliederung an Holland in den Jahren 1814-15 änderten sich die Bedingungen für den Export der Kohle erneut. Der Zugang zu dem französischen Markt war nun wieder durch Zölle belastet, dafür wurde der holländische Markt zu einem Binnenmarkt. Nach der belgischen Revolution von 1830 und der anschließenden Gründung des Königreichs Belgien, verblieb mit Flandern nur eines der wichtigen Absatzgebiete des Borinage im Binnenmarkt, während sowohl der Zugang zu dem französischen als auch zu dem holländischen Markt durch Einfuhrzölle beschränkt wurde. Betrachtet wird im Folgenden die Entwicklung des Steinkohlenbergbaus in der Wirtschaftsregion Borinage. Hierbei wird in einem ersten Abschnitt auf die 199 Bruwier, Marinette: L’Industrie avant la revolution industrielle: Une Proto-Industrialisation?, in: Bruwier, Marinette (Hg.): Industrie et société en Hainaut et en Wallonie du XVIIIe au XXe siècle. Recueil d’articles de Marinette Bruwier (Collection Histoire in-8° 94), Bruxelles 1996, S. 25–35, S. 31 und Michotte, Regions houilleres, S. 63. 200 Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 68f und Bruwier, Mons-Charleroi, S. 343. 201 Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 71f.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Vergabe der Konzessionen eingegangen, darauf folgt eine Betrachtung der Entwicklung des Absatzes und der geförderten Mengen. Der dritte Abschnitt fokussiert auf die für Abbau und Förderung eingesetzte Technik, während im vierten Abschnitt die Ergebnisse zusammengefasst und der Industrialisierungsverlauf der Wirtschaftsregion Borinage analysiert wird. Anders als bei der Analyse des Black Country wird die Entwicklung der Transportwege im Rahmen der Betrachtung der Absatzentwicklung betrachtet und nicht in einem eigenständigen Abschnitt analysiert. Der Grund hierfür liegt in der engen Verzahnung der Entwicklung des Steinkohlenbergbaus und der für den Absatz der Kohlen geeigneten Verkehrswege. Auch im Black Country war die infrastrukturelle Entwicklung eng mit der Entwicklung der lokalen Industrien verknüpft, anders als im Borinage dienten die Verkehrswege in dieser Region jedoch nicht ausschließlich dem Transport der Kohle, sondern auch dem von Eisen, Glas und Eisenartikeln. Aus diesem Grund erfolgt im Fall des Black Country die Darstellung der Entwicklung der Transportwege in einem separaten Abschnitt, auf welchen dann, bei der Betrachtung der Industrien, Bezug genommen werden kann.

III.II.I Die frühe Entwicklung des Abbaus und der Konzessionsvergabe Die Abbaubedingungen in der Lagerstätte der Wirtschaftsregion Borinage, dem couchant de Mons, galten aufgrund der wenig mächtigen und stark gestörten Flöze als schwierig. Im Vergleich mit den anderen wallonischen und nordfranzösischen Lagerstätten fanden sich nur im Revier du Nord ähnlich widrige Bedingungen. Auch hier waren die Flöze stark gestört und überstiegen selten eine Mächtigkeit von knapp 40 cm. Weder in der Lagerstätte des Pas de Calais noch im levant de Mons oder bei Charleroi waren die Flöze so stark gestört wie im couchant de Mons. Zudem fanden sich in den zuvor genannten Revieren einige Flöze mit einer Mächtigkeit von über einem Meter. Die Mächtigkeit der Flöze im couchant de Mons lag zwischen 0,72 m und 0,84 m und damit unter dem Mittel der vier wallonischen Reviere von 0,85 m. Auch wenn es in den Lagerstätten bei Charleroi und östlich von Mons einige Flöze mit einer Mächtigkeit von unter 0,5 m gab, so lag die durchschnittliche Mächtigkeit doch deutlich höher als in der Lagerstätte des Borinage.202 Im Süden der Lagerstätte lag die Kohle an einigen Stellen in etwa 100 m Teufe, im restlichen Bereich der Lagerstätte jedoch um einiges tiefer. In den östlich gelegenen Lagerstätten nahm die Teufe der Lagerung stark ab, weswegen die Schächte im Centre und bei Charleroi weniger tief waren als im Borinage. Zudem begrenzte im Borinage die gestörte Lagerung die Länge der Abbaufelder und damit auch die Länge der Stollen, so dass verhältnismäßig viele Schächte abgeteuft 202 Vgl. zu der Beschaffenheit der Lagerstätten Bianchi, Couchant de Mons, S. 202, Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 164f und ausführlicher Geinitz, Belgien und Frankreich, S. 352– 355 und Ormsby, Frankreich, S. 433, sowie Watelet, Industrialisation sans développment, S. 57.

III.II Das Borinage

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werden mussten.203 Die Beschaffenheit der Landschaft hatte zur Folge, dass im Borinage die Gewinnung der Kohle seit der frühesten Zeit mit Hilfe von Gruben bzw. Schächten erfolgte. Während in den Revieren bei Lüttich und Charleroi der Stollenbau bis ins 16. und 17. Jahrhundert hinein üblich war, sind aus dem couchant de Mons nur zwei Beispiele für Stollenbau dokumentiert, die beide Ende des 16. Jahrhunderts datieren.204 Die Gruben selber waren nicht auf eine dauerhafte Nutzung angelegt. Dies ähnelt dem Vorgehen im Black Country zur selben Zeit. Wie in Abschnitt III.I.II beschrieben, teufte man auch hier Schächte ab und baute anschließend die Kohle in einem Radius von etwa 15 Metern um den Schacht herum ab um anschließend ein paar Meter weiter einen neuen Schacht abzuteufen. Während die Schächte im Borinage im 16. Jahrhundert bereits eine Teufe von 19 m bis 29 m erreichten, wurde im Black Country die Tiefe der Gruben erst während des 17. Jahrhunderts auf sieben bis 18 m gesteigert. Im Bereich des couchant de Mons lag bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts die durchschnittliche Tiefe der Gruben bei 35 m bis 70 m. Um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert gab es in der Gegend des Borinage etwa 120 Gruben.205 Bis 1795 die Bergrechte des französischen Staates Anwendung auf die Gebiete der südlichen Niederlande – und damit auch auf den Bereich der Wirtschaftsregion Borinage – fanden, existierte hier kein Bergrecht. Gesetzliche Vorgaben zum Abbau von Mineralien fanden sich zwar vereinzelt in anderen Gesetzen, eine explizite Formulierung der Rechte und Pflichten der Grubenbesitzer gab es jedoch nicht.206 Als die südlichen Niederlande an Österreich fielen, wurde den Bewohnern per Vertrag ein Schutz der bestehenden Rechte zugesichert. Die Gesetzgebung blieb so de facto in den Händen der Verwaltung der Grafschaften. Während in Lüttich das Recht zum Abbau von Mineralien bei demjenigen lag, dem das Land über den Bodenschätzen gehörte, lag das Recht zum Abbau von Mineralien im Hennegau bei den Gutsherren, die ihr Recht jedoch in der Regel nicht selber wahrnahmen, sondern es in Form von Konzessionen abtraten. Eine einheitliche Regelung bezüglich der Vergabe der Konzessionen oder ihrer Laufzeit existierte nicht. Im Bereich des Borinage lagen die meisten Abbaurechte bei dem Kapitel Sainte-Waudru de Mons, dem Grafen von Hennegau oder der Benediktiner Abtei von St. Ghislain. Letztere gewährten die Konzessionen in der Regel über eine Laufzeit von drei bis 36 Jahren, während die von dem Kapitel Sainte-Waudru de Mons vergebenen Konzessionen jährlich erneuert wurden. Die Laufzeit der Konzessionen veränderte sich mit der Verbreitung der Dampfmaschine. So verfügte in den 1780er Jahren ein lokales Gericht, dass eine Verweigerung der Verlängerung einer Konzession unzulässig sein, da es einen Großteil der Grubenbesitzer ruinieren würde, wenn ihnen – nach erheblichen Investitionen in eine Dampfmaschine – die Erneuerung der Konzession verweigert 203 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 166. 204 Michotte, Régions houillères, S. 57. 205 Vgl. zum Abbau im Black Country Lones, History of Mining, S. 8 und Abschnitt III.I.II. Die Angaben zu der Tiefe der Schächte im Borinage stammen aus Michotte, Régions houillères, S. 57. Vgl. auch Bruwier, Mons-Charleroi, S. 346 und Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 71. 206 Faber, Résultats, S. 482.

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

würde. Entbrannt war der vorausgegangene Rechtsstreit durch die Weigerung der Nonnen von Sainte-Waudru einem Grubenbetreiber seine Konzession zu verlängern, mit der Begründung, er habe seine Grube im Stich gelassen.207 Die Vergabe der Konzessionen erfolgte nicht anhand eines bestimmten, an der Oberfläche vermessenen Bereichs, sondern für einen Flöz oder Teile dieses Flözes. Das Entstehen dieser Praxis, die so hauptsächlich im Hennegau praktiziert wurde, ist auf die geologischen Bedingungen in der Region zurückzuführen: Der Abbau hatte im südlichen Bereich der Lagerstätte, wo die Kohle an der Oberfläche zu Tage strich und die Flöze steil gelagert waren, begonnen. Hier stellte die Vergabe der Konzessionen per Flöz ein geeignetes Mittel zur Eingrenzung von Abbaugebieten dar.208 Mit zunehmender bergbaulicher Tätigkeit breiteten sich die Gruben und die vergebenen Konzessionen über die Lagerstätte aus und trafen dort auf flach gelagerte Flöze. Die gängige Vergabepraxis erforderte hier den Bau einer Vielzahl von Abbauanlagen, um dem Verlauf des Flözes folgen zu können. Eine weitere Folge dieser Art der Konzessionsvergabe waren sich überschneidende oder übereinander liegende Konzessionen. Auch waren die Konzessionsinhaber keinen weiteren Verordnungen unterworfen, das Abteufen eines Schachts bedurfte beispielsweise keiner weiteren Genehmigung.209 Dies führte zu unzähligen Streitigkeiten und Prozessen der verschiedenen Konzessionsnehmer. Bereits im 17. Jahrhundert wurde die Situation unter Tage als chaotisch beschrieben. Durch den Mangel an gesetzlichen Vorgaben existierte auch keine einheitliche Regelung zum Umgang mit diesen Schwierigkeiten.210 Erst durch die Eingliederung in die französische Republik wurde eine explizite und einheitliche Gesetzgebung bezüglich des Abbaus von Mineralien und anderen Bodenschätzen geschaffen, als die geltenden französischen Rechte Anwendung auf die wallonischen Reviere fanden. Das französische Bergbaugesetz von 1791 sprach die untertägigen Besitzrechte dem Staat zu, der somit das Recht zum Abbau der Mineralien besaß, dieses jedoch auch an Dritte übertragen konnte. Bezüglich der Besitzrechte änderte sich für die Grubenbesitzer im Borinage nicht viel, da die untertägigen Besitzrechte im Borinage, anders als zum Beispiel in Lüttich, auch zuvor schon unabhängig von den übertägigen Besitzrechten gewesen waren. Die Abbaurechte gingen lediglich von lokalen Verwaltungsorganen auf den französischen Staat über. Im Borinage änderte sich vor allem die Vergabe der Konzessionen, welche nun nicht mehr horizontal per Flöz, sondern vertikal vergeben wurden. Bereits bestehende Konzessionen wurden allerdings durch das französische Recht nicht angetastet. Durch die Anwendung des französischen Rechts wurden zudem die, in der Praxis seit den 1780ern bestehende, Abschaffung der kurzen Konzessionslaufzeiten wurde gesetzlich verbrieft. Nach dem Gesetz von 207 Vgl. hierzu Bruwier, Mons-Charleroi, S. 359. 208 Michotte spricht nur von drei-, sechs- und neunjährigen Laufzeiten, während Bruwier auch 12 und 36 Jahre als Zeitspanne für die Gewährung einer Konzession angibt. Vgl. hierzu auch Bruwier, Mons-Charleroi, S. 348 und Michotte, Régions houillères, S. 64f, sehr ausführlich behandelt auch bei Watelet, Industrialisation sans développment, S. 86. 209 Bergstein, Kohlenbergbau in der Wallonie, S. 34 und vgl. auch Michotte, Régions houillères, S. 64–66. 210 So sagt Michotte, Régions houillères, S. 65.

III.II Das Borinage

173

1791 betrug die Laufzeit von Konzessionen 50 Jahre. Zugleich wurde das Abteufen von Schächten ohne vorherige Genehmigung verboten. 211 Im Fall des Borinage ging also durch die Anwendung des französischen Bergrechts der Besitz der Bodenschätze an den französischen Staat über, interferierte jedoch nur wenig mit der in der Region bestehenden Abbaupraxis. 1810 erweiterte die französische Regierung unter Napoleon das Gesetz von 1791 und rief unter anderem ein Organ zur Überwachung der vergebenen Konzessionen und der Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, die administration des mines, ins Leben. Neben der Überwachung und Kontrolle der Konzessionen war diese Bergbaubehörde auch für die Überwachung der eingesetzten Dampfmaschinen und des genutzten Sprengstoffs sowie für die Kontrolle der Einhaltung sämtlicher Sicherheitsbestimmungen zuständig. Die Zuständigkeit der administration des mines war dabei nicht auf die Gruben beschränkt, sondern erstreckte sich auch auf Steinbrüche, den Abbau oberirdischer Bodenschätze und die rohstoffverarbeitende Industrie.

III.II.II Die quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung und die Veränderungen der Absatzwege In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts existierten im Bereich des couchant de Mons etwa 110 Gruben.212 Die in diesen Gruben geförderte Kohle wurde zum überwiegenden Teil exportiert, während in dem Gebiet der Wirtschaftsregion Borinage lediglich die Kohle verblieb, die zur Befeuerung der Dampfmaschinen und als Hausbrand nachgefragt wurde.213 Der Export der Kohle orientierte sich an den vorhandenen Wasserstraßen, Abnehmer der Kohle aus dem Borinage fanden sich hauptsächlich entlang der Schelde.214 Während die Schelde gut schiffbar war, war die Henne, die das Revier mit der Schelde verband und bis zum Bau des Kanals von Mons nach Condé im 19. Jahrhundert die einzige Möglichkeit zum Transport von Kohle aus dem Borinage darstellte, nur für kleinere Boote schiffbar. Dies änderte sich auch nicht durch den Bau von insgesamt sieben Schleusen und einer teilweise Kanalisation, da der Wasserstand der Henne trotzdem zeitweise zu niedrig blieb.215 Condé, wo die Henne in die Schelde mündet, gehörte seit Ende des 17. Jahrhunderts zu Frankreich, das auf die Einfuhr ausländischer Kohlen Zölle erhob. Die 211 Bergstein, Kohlenbergbau in der Wallonie, S. 34 und Bruwier, Mons-Charleroi, S. 362f. 212 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 351. 213 Bruwier bezifferte für das Ende des 18. Jahrhunderts den Eigenverbrauch der Gruben auf 5 % bis 6 % der Gesamtproduktion. 214 Vgl. hierzu Bruwier, Marinette: L’Industrialisation en Hainaut au XIXe siecle, in: Bruwier, Marinette (Hg.): Industrie et société en Hainaut et en Wallonie du XVIIIe au XXe siècle. Recueil d’articles de Marinette Bruwier (Collection Histoire in-8° 94), Bruxelles 1996, S. 345– 358, S. 346f (im Folgenden zitiert als Bruwier, L’industrialisation). 215 Gillet, Marcel: Charbonnages belges et charbonnages du Nord de la France aux XVIII e et XIXe siècles, in: Gillet, Marcel (Hg.): Histoire sociale du Nord et de l’Europe du Nord-Ouest. Recherches sur les XIXe et XXe siècles, Lille 1984, S. 71–94, S. 78.

174

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Höhe der Zölle richtete sich nach der Herkunft der Kohlen. Während für die Kohlen aus dem Hennegau oder Flandern eine Abgabe in Höhe von 1,7 Franc pro Tonne fällig wurde, war bei der Einfuhr von Kohlen aus Großbritannien ein Zoll in Höhe von 12 Franc pro Tonne zu entrichten. Die starke Diskriminierung der britischen Kohlen auf dem französischen Markt hatte zur Folge, dass diese kaum in Konkurrenz zu der Steinkohlen aus dem Borinage traten. 1793 verbot der französische Nationalkonvent die Einfuhr britischer Kohlen komplett.216 Behaupten mussten sich die Kohlen aus dem Borinage in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts jedoch gegen die Konkurrenz aus dem Revier Nord. Die Abbaubedingungen in dieser Lagerstätte waren zwar nicht sehr günstig, dafür waren die Preise der Kohlen aus Anzin auf dem französischen Markt nicht durch Zölle belastet. Neben der Verteuerung durch den Einfuhrzoll brachte der Transport über Condé weitere finanzielle Belastungen für die Steinkohlenproduzenten aus dem Borinage mit sich. So wurde ab Condé an verschiedenen Stellen eine Art Wegzoll erhoben, zudem mussten Abgaben für das Schleusen der Schiffe entrichtet werden. Außerdem hielten die Schiffer aus Condé ein Monopol auf die Schifffahrt, weswegen in Condé die Kohlen umgeladen werden mussten und die Schiffer aus Condé den Preis für den Transport der Kohle diktieren konnten.217 Bei den Steinkohlenhändlernund Produzenten des Borinage sorgte diese Praxis für Ärger, da nicht nur zusätzliche Kosten entstanden, sondern das Umladen der Kohlen und die Entrichtung der Maut die Dauer des Transports verlängerten. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden mehrere Projekte zur Entwicklung alternativer Routen angestoßen, welche einen Export der Kohle unter Umgehung von Condé ermöglichen sollten, allerdings wurde keines dieser Projekte realisiert.218 Nach Watelets Berechnungen verblieben in etwa 30 % der Exporte über die Henne in Frankreich, während die übrigen 70 % weiter in Richtung in Flandern geschifft wurden.219 In Flandern wurde die Nachfrage vor allem von der Textilindustrie, die Kohle zur Befeuerung der Maschinen benötigte, generiert. Die Kohle kam aber auch als Hausbrand zum Einsatz. 220 Konkurrieren mussten die Kohlen aus dem Borinage hier mit den britischen Kohlen und standen somit auch in direkter Konkurrenz zu der Kennel-Kohle aus dem Revier bei Durham und Newcastle, die als einzige zu dieser Zeit in Hinblick auf ihre spezielle Qualität mit den FlénuKohlen aus dem couchant de Mons vergleichbar waren.221 Ein Transport der Kohle an der Küste entlang – in Richtung der nördlichen Niederlande oder Südfrankreich – wurde durch die Sperrung der Scheldemündung verhindert. Diese war im Zug des Niederländischen Unabhängigkeitskrieges von den Holländern errichtet worden, um die siegreichen Spanier vom Außenhandel abzuschneiden. Aufgehoben

216 Lentacker, Charbon belges, S. 1347. 217 Vgl. zu dem Monopol der Schiffer von Condé Bruwier, Mons-Charleroi, S. 350–355 und Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 71 und Lefèvre, Nord-Ouest de la France, S. 704.. 218 Vgl. zu den finanziellen Belastungen der Kohlen bei Verschiffung über Condé und die Versu che alternative Routen zu entwickeln Bruwier, Mons-Charleroi, S. 355. 219 Watelet, Industrialisation sans développement, S. 156. 220 Wee, Industrial Revolution in Belgium, S. 66. 221 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 355.

175

III.II Das Borinage

wurde die Sperre erst 1798/99 durch Napoleon.222 Obwohl diese Schwierigkeiten beim Transport der Kohlen aus dem couchant de Mons nicht überwunden werden konnten, konnte der Absatz der Kohlen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gesteigert werden. Belegen lässt sich dies mit Daten für den Transport der Kohlen über die Henne, welche im Gegensatz zu Produktionszahlen zur Verfügung stehen.223 Tabelle 27: Kohlenexport über die Henne, 1753–1787 Export über die Henne (in t) 1753–1755

Zwischen 60.000 und 62.000

1770

Zwischen 85.000 und 100.000

1748–1787

Mehr als 200.000

Daten aus Watelet, Industrialisation sans développement, S. 155.

Tabelle 27 zeigt den starken Anstieg von 60.000 t auf über 200.000 t in einem Zeitraum von gut 30 Jahren. Der Anstieg der Produktion zwischen den 1750er Jahren und 1770 kann auf eine starke Erhöhung der Einfuhrzölle auf englische Kohlen in den südlichen Niederlanden zurück geführt werden. Die Verdoppelung der Menge der verschifften Kohlen von 1770 bis in die 1780er Jahre, begründet Watelet – von dem diese Daten stammen – zum einen mit dem Ausbau der Henne in der zweiten Hälfte der 1770er Jahre zwecks Verbesserung der Schiffbarkeit und zum anderen mit dem Verbot der Einfuhr britischer Kohlen. 224 Bruwier gibt an, dass in der Zeit von 1770 bis 1850 die im Borinage geförderten Kohlen zwei Drittel der Kohlenproduktion des Hennegau ausmachten, dessen gesamte Fördermenge wiederum drei Vierteln der gesamten Produktion des späteren Belgiens entsprach. Die Hälfte der in Belgien geförderten Kohlen stammte somit aus dem Borinage.225 Der politischen Zäsur von 1795 – der Eingliederung des Borinage in die erste französische Republik – gingen kriegerische Auseinandersetzungen zwischen den Franzosen und den Österreichern voraus, welche unter anderem auf dem Gebiet des Borinage ausgetragen wurden. Der sogenannte erste Koalitionskrieg begann mit einer Kriegserklärung der jungen französischen Republik an Österreich. Im Herbst 1792 drang das französische Heer in die österreichischen Niederlande ein und schlug im November desselben Jahres die Österreicher in der Schlacht von Jemmappes, mitten in der Wirtschaftsregion Borinage. Im März 1793 konnten die Österreicher ihre Provinzen kurzzeitig zurückerobern, mussten sich jedoch im 222 Wee, Industrial Revolution in Belgium, S. 71. 223 Die Berechnungen stammen von Watelet, der mit Hilfe von Angaben über die Anzahl der Boote, die auf der Henne verkehrten und Informationen über deren Kapazität, die Menge der über die Henne verschifften Kohle berechnet hat. Dadurch, dass die meiste produzierte Kohle außerhalb der Region Abnehmer fand und als Transportweg fast ausschließlich Henne und Schelde genutzt wurden, kann die Menge der verschifften Kohle als Indikator für das Wachstum der Produktion im couchant de Mons herangezogen werden. 224 Vgl. zur Anhebung der Zölle Bruwier, L’industrialisation, S. 346. 225 Bruwier, L’industrialisation, S. 348.

176

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Juni 1794 endgültig den Franzosen geschlagen geben und das Land verlassen. Am 1. Oktober 1795 verfügte der französische Nationalkonvent die Vereinigung von großen Teilen des heutigen Belgiens mit der französischen Republik. Das Gesetz betraf die Gebiete Lüttich, Stavelot, Logne und Malmeday sowie den Hennegau, Tournai, Namur und große Teile der Gemeinden Flanderns und Brabants. Außerdem wurden alle Gebiete westlich des Rheins, die zuvor unter österreichischer Herrschaft gestanden hatten, in die französische Republik eingegliedert. Mit der Eingliederung in das französische Staatssystem gehörten erstmals alle Provinzen des heutigen Belgiens dem gleichen Staat an und in dieser Zeit setzte sich auch die Bezeichnung Belgien für das Gebiet der südlichen Niederlande durch. Auf wirtschaftlicher Ebene brachte der Anschluss an Frankreich eine Vereinheitlichung der Währung und eine steuerrechtliche Reform, bei welcher die lehnsherrlichen Rechte sowie der Zehnte abgeschafft und durch ein direktes Besteuerungssystem ersetzt wurden. Auch die Zünfte wurden abgeschafft und Maße und Gewichte durch die Einführung des metrischen Systems vereinheitlicht. 226 Wichtiger als diese Veränderungen wog für das Borinage aber wohl der zollfreie Zugang zu dem französischen Markt. Im Borinage war die letzte Dekade des 18. Jahrhunderts jedoch hauptsächlich geprägt von den Folgen des Krieges: Die Gruben und Betriebsgebäude waren zerstört oder beschädigt worden und auch die Verkehrswege waren stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Straßen waren zum größten Teil unbenutzbar und die Henne nur noch beschränkt schiffbar, außerdem waren viele der Schleusen außer Betrieb gesetzt worden. In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts investierte der französische Staat in die Reparatur der Straßen, sowie die erneute Schiffbarmachung der Henne.227 Nach Abschluss dieser Reparaturmaßnahmen begann 1807 der Bau eines Kanals von Mons nach Condé, welcher die Henne entlasten und den Einsatz größerer Boote zwischen dem Borinage und Condé ermöglichen sollte. Dieser Kanal war der Teil der Bemühungen Napoleons, die wallonischen und nordfranzösischen Kohlereviere an Paris anzuschließen. Bereits fünf Jahre zuvor hatte der Bau des St. Quentin Canal (fertiggestellt 1810) begonnen, welcher die Schelde mit der Oise verband, die wiederum in die Seine mündete. Bereits 1735 war das südliche Teilstück dieser Verbindung, der Canal Crozat, fertiggestellt worden. Erst durch die Ergänzung des nördlichen Teils jedoch wurden Schelde und Oise verbunden und so das Borinage und das Revier Nord – die Kohlevorkommen im Pas de Calais waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht entdeckt – über die Seine an Paris angebunden. Die französische Regierung zielte mit dem Ausbau der Infrastruktur auf eine Versorgung der Hauptstadt mit günstigen Steinkohlen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des 1793 beschlossenen Verbotes der Einfuhr britischer Kohlen. Da das Revier Nord in Bezug auf Qualität und Quantität der geförderten Kohle dem couchant de Mons weit unterlegen war, war eine Verbesserung der Anbindung des Borinage an die Seine ein logischer Schritt für die französische Regierung. Der neue Kanal wurde auf der südlichen Uferseite der Henne an dieser vorbeigeführt, folgte also deren Verlauf, und wurde auch mit Wasser aus 226 Vgl. Erbe, Belgien, S. 179f und Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Geschichte Belgiens 1, S. 260–262. 227 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 361f.

III.II Das Borinage

177

der Henne gespeist. Die insgesamt etwa 25 km lange Kanalstrecke führte über insgesamt sieben Schleusen und wurde aus Staatsmitteln finanziert, aber auch die angrenzenden Départements hatten Abgaben zu entrichten.228 Im November 1814, zu einem Zeitpunkt da die Gebiete des späteren Belgiens in Folge des ersten Pariser Friedens bereits erneut von Frankreich abgetrennt worden waren, wurde der Kanal zur Navigation freigegeben, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig fertiggestellt war. Die Arbeiten an dem Teil jenseits der, dann wieder errichteten, Grenze zu Frankreich wurden erst vier Jahre später beendet.229 Ab 1810 konnten die Steinkohlen aus der Wirtschaftsregion Borinage dann nach Paris verschifft werden, auch wenn die Verbesserungen auf der etwa 350 km langen Strecke zwischen Mons und Paris einige grundlegende Probleme nicht hatten beseitigen können. Die Henne blieb bis zur Fertigstellung des Kanals von Mons nach Condé nur für kleinere Boote passierbar und sowohl der St. Quentin Canal als auch die Oise führten häufig zu wenig Wasser. So betrug die Wassertiefe der Oise, über die täglich mehrere hundert Schiffe fuhren, zeit- und stellenweise nur 90 cm.230 Keiner dieser drei Teilabschnitte war dem hohen Verkehrsaufkommen gewachsen. Auch die Straßen im Bereich des Borinage wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts ausgebaut. So wurden die im Krieg zerstörten Straßen nicht nur repariert, sondern zum großen Teil auch gepflastert. Zudem lag Mons an der neu gebauten Hauptstrecke von Paris nach Amsterdam, durch welche Mons auch an Brüssel angebunden wurde. Eine weitere Strecke, von Rouen nach Namur, kreuzte die Region von West nach Ost.231 Für den Transport von Kohle waren diese Straßen jedoch eher ungeeignet und auch in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts blieb die Henne der Hauptexportweg für Kohle aus der Wirtschaftsregion Borinage. Während die Anbindung der Gruben des Borinage an die Absatzmärkte bis 1810 unverändert blieb, profitierten die Grubenbesitzer der Region erheblich von dem französischen Kontinentalsystem, durch welches die englischen Kohlen von dem Markt verschwanden. Eine Konkurrenz durch Kohle aus den östlichen Revieren der Wallonie hatte das Borinage nicht zu befürchten. Zum einen stieg durch die wachsende Eisenindustrie im Revier von Charleroi die dortige Binnennachfrage, zum anderen exportierten die Kohlenhändler aus Charleroi über die Samber und die Maas in die östlichen Teile Belgiens und der Niederlande. Gleiches galt für das Revier Centre. So war das Revier Nord in dieser Phase der einzige Konkurrent des Borinage auf dem französischen Markt. Da die Produktionskosten im Borinage unter denen im Revier Nord lagen und die Kohlen nicht mehr durch Einfuhrzölle diskriminiert wurden, stieg die Nachfrage nach den Steinkohlen aus dem Borinage und die Förderung derselben entsprechend an.232 Tabelle 28 zeigt die Absatzzahlen der Steinkohlen aus dem couchant de Mons und die, auf der Annahme eines Eigenverbrauchs von 6 % errechneten, Produktionszahlen für die Zeit zwi228 Darquenne, Histoire économique, S. 51–53. 229 Grangez, Ernest: Précis historique et statistique des voies navigables de la France et d’une partie de la Belgique, Paris 1855, S. 425. 230 Vgl. zur Wassertiefe Lentacker, Charbons belges, S. 707. 231 Darquenne, Histoire économique, S. 41. 232 Vgl. auch Faber, Résultats, S. 483, der auf das starke Anwachsen der Abbauaktivität zwischen 1803 und 1805 hinweist.

178

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

schen 1799 und 1811. Trotz einiger Schwankungen wuchsen Produktion und Absatz in dieser Zeit um knapp 20% von 373.361 t (Absatz 350.959 t) in 1799 auf 445.322 t (Absatz 418.603 t) in 1811. Tabelle 28: Absatz- und Produktion der Steinkohle aus der Wirtschaftsregion Borinage, 1799– 1811 Absatz (t)

Eigenverbrauch (t)

Produktion (t)

Wachstum

1799

350.959

22.406

373.361

1800

336.703

21.492

358.195

-4,06%

1801

414.510

26.458

440.968

23,11%

1802 u. 1806

428.956

27.380

456.336

3,49%

1807

335.544

21.418

356.962

-21,78%

1808

379.429

24.219

403.648

13,08%

1809

406.109

25.922

432.031

7,03%

1810

457.388

29.195

486.583

12,63%

418.603

26.719

445.322

-8,48%

1811

2

Absatz nach AN/F14/1093 (Tableaux statistiques de Miché), übernommen aus Watelet, Industrialisation sans développment, S. 454; Produktion errechnet nach der Annahme eines Eigenverbrauchs von 6%, vgl. hierzu Bruwier, Mons-Charleroi, S. 354. Vgl. zum Wachstum der Produktion auch Tabelle A.34 auf S. 317.

Die Gebiete des heutigen Belgiens gehörten zu den Gebieten, die Frankreich nach den Bestimmungen des ersten Pariser Friedens bereits 1814 abzutreten hatte. Im November 1815 wurden die ehemaligen österreichischen Niederlande und Holland dann, in Folge des zweiten Pariser Friedens, zum Königreich der Niederlande vereinigt.233 Das Département de Jemmappes wurde wieder zur Provinz Hennegau.234 Anders als vor der Annektion durch Frankreich war das Gebiet des Borinage nicht direkt von den kriegerischen Handlungen betroffen. Diese fanden weiter östlich bei Ligny und Waterloo statt. Trotzdem waren auch die Straßen im Borinage durch die Truppenbewegungen stark in Mitleidenschaft gezogen. Durch das knapp zweijährige Regierungsvakuum in den ehemaligen österreichischen Niederlanden waren vor der Gründung des Vereinigten Königreichs der Niederlande keinerlei größere Reparaturarbeiten angestoßen worden.235 Neben dem Bau des Kanals von Blaton nach Antoing kümmerte sich die niederländische Regierung auch um die Reparatur der beschädigten Straßen und den Ausbau des Straßennetzes. 233 Fehrenbach, Elisabeth: Vom Ancien Régime zum Wiener Kongress (Grundriss der Geschichte 12), Oldenburg 2008, S. 129. 234 Erbe, Belgien, S. 181 und Ministerium für auswärtige Angelegenheiten, Geschichte Belgiens, Bnd. 1, S. 250. 235 Demoulin, Robert: Guillaume Ier et la transformation économique des provinces belges 1815– 1830 (Bibliothèque de la Faculté de Philosophie et lettres de l’Université de Liége 80), Liege/Paris, 1938, S. 106 (im Folgenden zitiert als Demoulin, Guillaume Ier ).

III.II Das Borinage

179

Die Instandsetzung und -haltung der wichtigsten Routen übernahm die nationale Regierung, während den Provinzen und Kommunen die Reparatur und die Wartung der weniger wichtigen Straßen oblag.236 Wie auch bei den vorhergegangenen Umbrüchen, war auch diesmal der veränderte Zugang zu den Exportmärkten die wichtigste Folge des Machtwechsels für das Borinage und die übrigen wallonischen Kohlereviere: Der französische Markt wurde durch die veränderte Grenzziehung von einem Binnenmarkt zu einem externen Markt, während der holländische Markt im Gegenzug zu einem Binnenmarkt wurde. Unmittelbar nach der Abtrennung der späteren belgischen Gebiete von dem französischen Staat und ihrer Eingliederung in das Vereinigte Königreich der Niederlande, lag in Frankreich der Einfuhrzoll auf Kohle aus den ehemals französischen Gebieten bei 0,83 Franc pro Tonne. Dieser Zolltarif war Bestandteil eines 1793 erlassenen Gesetzes. Dieses Gesetz stammte aus der Zeit nach dem Einmarsch Napoleons in die österreichischen Niederlande, die zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht zu dem französischen Staatsgebiet gehörten. Mit Abtrennung der Gebiete von Frankreich in 1814/15 trat dieses Gesetz wieder in Kraft, da es die aktuellste Regelung der Beziehungen zu der Provinz Hennegau als exterritorialem Partner darstellte. Auf Druck der Grubenbesitzer und Kohlenhändler aus Nordfrankreich, deren Kohle weder gegenüber der englischen noch gegenüber der wallonischen konkurrenzfähig war, erließ die französische Regierung im April 1816 ein neues Tarifsystem für die Einfuhr von Kohle.237 Dieses système des zones blieb bis 1835 in unveränderter Form bestehen und staffelte die Zölle in Abhängigkeit des Eintrittspunkts der Kohlen. So lag der fällige Zoll pro Tonne Kohle, die im Bereich der Ardennen die Landesgrenze passierte bei 1,50 Franc, bzw. bei 1 Franc falls die Kohle per Schiff über die Maas eingeführt wurde. Für Kohle die zwischen den Ardennen und Baisieux, etwa 20 km östlich von Lille gelegen, nach Frankreich gebracht wurde, musste ein Zoll in Höhe von 3 Franc entrichtet werden, an allen anderen Landgrenzen lag der Einfuhrzoll bei 6 Franc. Jede Tonne Kohle, die Frankreich auf dem Seeweg erreichte, war mit einem Zoll von 11 Franc belegt. Für Schiffe, die nicht unter französischer Flagge fuhren, wurde ein Zuschlag in Höhe von 4 Franc fällig. Dieses Tarifsystem hatte das Ziel, die britischen Kohle zu verdrängen und gleichzeitig die nordfranzösischen Produzenten vor der günstigeren belgischen Kohle zu schützen. Da das Revier Nord bei weitem nicht in der Lage war, die französische Binnennachfrage nach Kohle zu befriedigen, fand die Kohle aus der Wirtschaftsregion Borinage trotz der Zölle Absatz auf dem französischen Markt. So importierte Frankreich im Jahr 1816 etwa 300.000 t Kohle, während die Produktion im Revier Nord bei 400.000 t lag. 270.000 t der importierten Kohle kamen in etwa aus Belgien, der Rest aus Großbritannien.238 Neben den Einfuhrzöllen wurden die Preise der belgischen Kohlen durch diverse andere Gebühren belastet. So wurden auf der Schelde auch weiterhin Ge236 Demoulin, Guillaume Ier ,S. 106. 237 Laut Lentacker liegen die Preise für französische Kohle zu dieser Zeit bei 1,30 Franc, während Kohle aus den späteren belgischen Revieren zwischen 0,60 und 1 Franc kostet. Vgl. hierzu Lentacker, Charbons belges, S. 1400. 238 Vgl. zu diesen Zahlen Lentacker, Charbons belges, S. 1398. Vgl. zu dem système des zones Lentacker, Charbons belges, S. 1400.

180

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

bühren erhoben, auf dem ungefähr einen Kilometer langen Wegstück von Condé nach Fresnes musste an 14 Stellen ein Wegzoll entrichtet werden und auch im weiteren Verlauf wurde an verschiedenen Stellen in Nordfrankreich eine solche Abgabe verlangt. Neben der zusätzlichen Kosten – zwischen Condé und Fresnes lag die Höhe der Gebühr bei je 1,50 Franc – verlängerte sich hierdurch auch die Dauer der Kohlentransporte. Diese Behinderung der Einfuhr der Kohlen aus den belgischen Revieren ging in der Regel auf Initiativen der Grubenbesitzer und Kohlenhändler aus dem Revier Nord zurück und erschwerte nicht nur den Export nach Frankreich, sondern auch den Transport der Kohlen in die niederländischen Gebiete. Um die Schelde zu erreichen, mussten die Kohlen aus dem Borinage das Département du Nord passieren, um etwa 8 km südlich von Antoing auf ihrem Weg flussabwärts auf der Schelde erneut die Grenze zu überqueren. Hier mussten, neben den erhobenen Gebühren für die Schleusen- und Kanalnutzung, auch Transitgebühren entrichtet werden. Aus diesem Grund war es wenig verwunderlich, dass die niederländische Regierung einen Weg suchte, die Kohlen aus dem Borinage nach Norden zu transportieren, ohne zuvor französisches Staatsgebiet durchqueren zu müssen. Der Kanal von Blaton nach Antoing sollte genau dieses Problem lösen. 1823 wurde der Bau dieses, in sehr geringer Entfernung zu der Landesgrenze von Blaton in nordwestlicher Richtung nach Antoing verlaufenden, Kanals begonnen. 1826 konnte der neue Kanal erstmals genutzt werden.239 Tabelle 29: Kohlentransport über den Kanal Mons à Condé, 1816–1828 Anzahl Schiffe

Anzahl Schiffe

1816

3.278

1825

5.370

1823

4.052

1828

6.009

Bruwier, Mons-Charleroi, S. 371, beruft sich auf Exposé de la situation administrative aux Etats de Hainaut, 1828, S. 35.

Die Streckenführung vermied nicht nur den Transport der Güter aus dem Borinage über französisches Staatsgebiet, sondern verkürzte auch die zurückzulegende Strecke. Trotz des neu erbauten Kanals stieg jedoch, wie Tabelle 29 zeigt, auch der Verkehr auf dem Kanal Mons à Condé weiter an. Bezüglich der quantitativen Entwicklung der Steinkohlenförderung im Borinage zwischen 1814/15 und 1830 existieren nur wenige Informationen (vgl. auch Abbildung 23). Die im Jahr 1822 geförderten 600.000 t Kohlen, verdoppelten sich bis 1829 auf 1.260.000 t. Das Borinage förderte damit erheblich mehr Kohle als die benachbarten Reviere Centre und Charleroi. Hier lag die Förderung in 1822 bei etwa 175.000 t und erhöhte sich auf 198.000 t (Centre) und 252.000 t(Charleroi).240 239 Vgl. Demoulin, Guillaume Ier ,S. 109 und Lefèvre, Nord-Ouest de la France, S. 704f und Rive, Benoît-Louis: Précis historique et statistique des canaux et rivières navigables de la Belgique et d’une partie de la France, Leroux 1835, S. 106. 240 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 368 beruft sich auf Exposé de la situation de la province presente aux etats de Hainaut in juillet 1823, Mons, S. 93. Vgl auch Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 266f.

III.II Das Borinage

181

Abbildung 23: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1810–1900

Vgl. für Daten Tabelle A.34. Puissant gibt im Anhang seiner Publikation die Produktionsdaten für das Borinage, unter welchem er den Bereich des couchant de Mons versteht, für die Zeit ab 1830 an. Zwischen 1840 und 1855 beruft er sich jedoch auf Zahlen, die auch den westlichen Teil des Centre einschließen. Die Daten für die Zeit von 1829 bis 1840 und nach 1855 beziehen sich dann wieder ausschließlich auf die Produktion des couchant de Mons. Die Daten für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts sind zusammengetragen von Puissant, der sich mit der Arbeiterbewegung im Borinage beschäftigt. Puissant, Jean: L’évolution du mouvement ouvrier socialiste dans le Borin age, Bruxelles 1982, S. 630f (im Folgenden zitiert als Puissant, Mouvement ouvrier socialiste).

Es ist davon auszugehen, dass der kurzzeitige Rückgang der Förderung erst nach dem Verlust des französischen Marktes, also nach 1815 einsetzte. Dies lässt sich jedoch durch die vorhandenen Daten nicht belegen. In den 1820ern setzte ein starkes Wachstum der geförderten Mengen ein, welches sich bis 1850 fortsetzte. Von etwa 600.000 t in 1822 verdoppelte sich die Förderung auf 1.200.000 t in 1828 und stieg in der folgenden Dekade auf 1,8 Millionen Tonnen (1840). Durch die Revolution von 1830, in welcher sich die südlichen Niederlande von den nördlichen Niederlanden abspalteten und zum Königreich Belgien wurden, veränderten sich die Rahmenbedingungen des Borinage erneut. Während die Grenzen zu Frankreich im Süden unverändert blieben, entstand eine neue Grenze zwischen den südlichen und nördlichen Niederlanden. Gleichzeitig hoben die Niederlande, die bis dahin bestehenden Schutzzölle für die Kohlen aus ihrem ehemaligen südlichen Landesteil auf und erlaubten die Einfuhr britischer und deutscher

182

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Kohlen. Die 1816 eingeführten Zölle hatten zu einer fast vollständigen Verdrängung der ausländischen Kohlen aus dem niederländischen Markt geführt und somit die wallonischen Reviere, hier vor allem das Borinage und Lüttich, zu den hauptsächlichen Kohlenlieferanten gemacht. Die veränderte Situation führte zu einem Einbruch der Kohlenexporte aus dem Borinage in die (früher nördlichen) Niederlande. Waren 1830 noch ca. 250.000 t Kohlen allein aus dem Borinage in dieses Gebiet gelangt, kam der Export belgischer Kohlen in die Niederlande im Jahr 1831 fast vollständig zum Erliegen. Lediglich 64 t Kohlen fanden ihren Weg aus dem couchant de Mons in die Niederlande. Ab 1832 stieg der Export wieder an und lag in 1835 bei etwa 5.000 t, aber auch 1839 wurden lediglich 17.000 t exportiert. Das Borinage litt zu dieser Zeit nicht nur unter den Einfuhrzöllen für belgische Kohlen, sondern auch unter der Konkurrenz durch das Revier bei Charleroi. Während die Kohlen aus dem Borinage über den Kanal von Pommerœul nach Antoing und von dort über die Schelde nach Holland gelangten, wo der Verkaufspreis durch die fälligen Gebühren für die Kanalnutzung noch erhöht wurde, erreichten die Kohlen aus Charleroi und Lüttich den holländischen Markt über die Maas schneller und günstiger. 1839 wurden die Einfuhrzölle auf belgische Kohlen abgeschafft und kurz später die Abgaben für die Nutzung des Kanals PommerœulAntoing gesenkt. Dies hatte einen sprunghaften Anstieg der belgischen Kohlenexporte nach Holland zur Folge. In 1840 lag die Menge der aus Belgien exportierten Kohlen bei 61.000 t und damit fast 3,5 mal so hoch wie in 1839. Etwa ein Viertel dieser Kohlen stammte aus dem Borinage. In den folgenden Jahren stiegen die Kohlenexporte nach Holland weiter an und lagen zu Beginn der 1850er Jahre bei über 200.000 t, also immer noch unter den vor dem Jahr 1830 exportierten Mengen, wobei der Anteil der Kohlen aus dem Borinage auch weiterhin etwa 25 % betrug.241 Der zeitweise Verlust des holländischen Marktes und der dauerhafte Verlust des faktischen Monopols auf diesem Markt, auf dem das Borinage vor der Revolution immerhin ein Sechstel seiner geförderten Kohle absetzen konnte, war nicht die einzige Schwierigkeit für die Grubenbesitzer und Kohlenhändler des Borinage zu dieser Zeit. Durch den Bau des Sambre-Oise-Canal in den 1830er Jahren waren die übrigen belgischen Reviere an den St. Quentin Canal angebunden worden und hatten so einen Zugang zu dem französischen Markt erhalten. Vor dem Bau des Sambre-Oise-Canal hatten sich diese Reviere eher in Richtung der, über die Maas günstig erreichbaren, nördlichen Gebiete orientiert. Vor allem die Reviere Centre und Charleroi wurden so auf dem französischen Markt zu einer Konkurrenz für das Borinage.242 Gleichzeitig verdoppelte das Revier du Nord von 1830 bis 1840 seine Steinkohlenproduktion von 380.000 t auf 776.000 t und vergrößerte so die Konkurrenz auf dem nordfranzösischen Markt. Das unmittelbar westlich vom Revier Nord gelegene Pas de Calais war in den 1830ern mit einer jährlichen Förderung von weniger als 10.000 t noch recht unbedeutend. Dies trifft auch auf die 1840er Jahre zu, obwohl sich die Förderung zu dieser Zeit bereits auf 20.000 t verdoppelte. 241 Vgl. zu den Daten Bruwier, L’exportation, S. 729–737. 242 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 171.

III.II Das Borinage

183

Zwischen 1850 und 1855 stieg die Förderung jedoch stark an und lag in der Mitte der 1850er Jahre bei knapp 150.000 t.243 Neben den stark wachsenden Revieren in Nordfrankreich und den übrigen belgischen Revieren, wuchs ab 1835 auch die Konkurrenz durch englische Kohlen, die in Folge einer starken Senkung der Zölle auf die Einfuhr von Kohle über den Seeweg auf den französischen Markt drängten. Seit Einführung des ZonenTarif-Systems in 1816 war die Einfuhr von Kohlen über den Seeweg mit einer Zollgebühr in Höhe von 15 Franc pro Tonne belegt gewesen, die auf belgische Kohlen zu entrichtenden Zölle lagen zwischen 1,5 Franc und 6 Franc pro Tonne. 244 Unmittelbar vor der Einführung dieser Zölle hatte der Verkaufspreis der Kohlen aus dem Borinage in Nordfrankreich bei knapp 3 Franc gelegen, während der Preis der Kohlen aus dem Revier du Nord bei etwa 7,50 Francs lag.245 Die Erhebung einer Zollgebühr von 15 Franc pro Tonne auf britische Kohlen hatte demzufolge eine, durchaus erwünschte, prohibitive Wirkung. Nach der Senkung der Zölle stieg die Menge der aus Großbritannien importierten Kohle von 90.000 t (1835) auf 500.000 t im Jahr 1842. Eine erneute Senkung der Zölle auf die Einfuhr von Kohle über den Seeweg in den 1850er und 1860er Jahren führte zu einer weiteren Zunahme der Import aus Großbritannien nach Frankreich. 1869 wurden 1.800.000 t britische Kohlen nach Frankreich eingeführt.246 Trotz der zunehmenden Konkurrenz, war das Borinage in der Lage weiterhin Kohlen in Frankreich abzusetzen, da die französische Steinkohlenförderung in Relation zu der Größe des Landes sehr gering war. In 1830 wurde in Belgien pro Einwohner etwa elfmal so viel Kohle gefördert wie in Frankreich und trotz des Wachstums der französischen Kohlenproduktion betrug dieser Wert in 1840 in Belgien immer noch das 9-fache der französischen Kohle-pro-Kopf-Förderung.247 Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten die französischen Reviere zwar eine stetige Zunahme der geförderten Mengen verzeichnen, gleichzeitig stieg aber auch der Import von Kohle.248 Abbildung 24 zeigt die Steinkohlenimporte Frankreichs, differenziert nach dem Herkunftsland der Steinkohlen. Deutlich ist hier zu sehen, dass bis in die 1880er Jahre hinein die Hälfte aller importierten Kohlen aus Belgien stammte. Erst in den letzten beiden Dekaden des 19. Jahrhunderts verloren die belgischen Kohlen ihre dominante Position.

243 Vgl. Harzé, L’industrie houillère, S. 148 und Tabelle A.37 und Tabelle A.38. 244 Vgl. zu dem Zonen-Tarif-System Lentacker, Charbons belges, S. 1400. 245 Da die Preise aus einer Petition der Grubenbesitzer aus dem Revier Nord für eine Einführung von Zöllen auf die belgischen Kohlen stammen, kann vermutet werden, dass der Preis der Kohlen aus dem Borinage hier etwas zu niedrig angegeben wurde. 246 Vgl. Lefèvre, Nord-Ouest, S. 722 und Lentacker, Charbons belges, S. 1409. 247 Siehe für Bevölkerungs- und Förderzahlen Mitchell, Brian R.: European historical statistics, 1750–1970, London/Basingstoke 1978, S. 3f und S. 184 (im Folgenden zitiert als Mitchell, European historical statistics). 248 Vgl. Lentacker, Charbons belges, S. 1409, S. 1420 und S. 1424.

184

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Abbildung 24: Französische Steinkohlenimporte nach Herkunftsland, 1835–1900

Daten aus Lentacker, Charbons belges, S. 1409, S. 1420 und S. 1424. Der hohe Anteil an Kohlen aus anderen Ländern ab 1860 liegt darin begründet, dass die Werte für Kohlen aus Deutschland erst ab 1878 vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass ein großer Teil der Kohlen, aus der Kategorie andere in den 1860ern und 1870ern aus den Revieren im Westen des späteren Reichs kamen.

Keinen Aufschluss gibt Abbildung 24 über den Anteil der Kohlen aus dem Borinage an den von Belgien nach Frankreich exportierten Kohlen. In der Mitte der 1850er Jahren kamen etwa zwei Millionen Tonnen Kohle jährlich aus dem Borinage nach Frankreich, Charleroi exportierte zu dieser Zeit etwa 800.000 t Kohle in südlicher Richtung. Frankreich war zu dieser Zeit der wichtigste Markt für die Grubenbesitzer aus dem Borinage, der Anteil der Exporte nach Frankreich an der gesamten Förderung lag bei 67 %. 1858 war die vom Borinage nach Frankreich verschiffte Menge Kohle auf 1,8 Millionen Tonnen gesunken und betrug damit nur noch das 1,5 fache der aus Charleroi exportierten Menge (1.130.778 t). Anders als das Borinage setzte das Revier um Charleroi nur qualitativ hochwertige Kohlen auf dem französischen Markt ab, während Gruskohle und qualitativ minderwertige Kohlen in der Region verblieben und dort von den lokalen Verbrauchern konsumiert wurden. In 1857 lag der Verbrauch der bei Charleroi ansässigen Eisenund Glasproduzenten bei knapp 550.000 t, während der industrielle Verbrauch im Borinage im selben Jahr bei 35.830 t lag. Für die Grubenbesitzer im Borinage bedeutete diese schwache Nachfrage durch lokale Verbraucher, dass auch für einen großen Anteil minderwertiger Kohlen Abnehmer auf entfernten Märkten gefunden

III.II Das Borinage

185

werden mussten. Da die Transportkosten sich nicht an der Qualität der Kohlen orientierten, fielen diese bei minderwertigen Kohlen mit geringerem Verkaufswert stärker ins Gewicht und verteuerten diese so gegenüber Kohlen aus Revieren mit einem besseren Zugang zu dem jeweiligen Markt. Dieser Trend setzte sich in den folgenden Jahren fort und Charleroi schloss weiter auf.249 Trotzdem wuchs der Steinkohlenbergbau im Borinage in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. 1855 lag die Menge der im Borinage geförderten Kohlen bei drei Millionen Tonnen. Nach 1855 verlangsamte sich das Wachstum etwas. Erst 1872 überstiegen die produzierten Mengen vier Millionen Tonnen. In den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts bewegte sich die Förderung in der Regel zwischen vier und 4,6 Millionen Tonnen, mit Ausnahme einiger weniger Einbrüche der Produktion. Im Jahr 1900 wurden im Borinage 4.527.658 t Kohle gefördert.

II.II.III Die technologische Entwicklung des Steinkohlenbergbaus Bereits in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts machte die verstärkte Förderung Investitionen in die Gruben notwendig. So konnte die Wasserhaltung mit den vorhandenen 40 Göpelwerken nicht mehr bewerkstelligt werden. Mehrere große Entwässerungsprojekte wurden zu dieser Zeit geplant, jedoch nie realisiert. 250 In der zweiten Hälfte der 1730er Jahre wurde die erste dampfbetriebene Pumpe der Region bei Pâturages errichtet. Die Pumpe wurde angetrieben von einer Dampfmaschine des Typs Newcomen.251 Die erste Maschine Newcomenscher Art war 1712 im Black Country bei Wolverhampton aufgestellt worden, wo sie ebenfalls zur Wasserhaltung genutzt worden war.252 Zehn Jahre später tauchte die erste Dampfmaschine in der Nähe von Lüttich auf, 1731/32 wurde die erste Dampfmaschine im Revier Nord, bei Fresnes, errichtet. Bruwier vermutet, dass dies die Unternehmer im Borinage inspirierte. 1767 waren in den Abbaubetrieben des Borinage insgesamt 12 solcher Dampfmaschinen in Betrieb, während im benachbarten Revier Centre 1766 erst die erste Dampfmaschine aufgestellt wurde. Im Jahr 1790 waren in den Gruben der Wirtschaftsregion Borinage insgesamt 39 pompes à feu und zwei Wattsche Dampfmaschinen in Betrieb. In den anderen drei wallonischen Revieren wurden zu dieser Zeit insgesamt 31 Dampfmaschinen vom Typ Newcomen betrieben (fünf davon im Centre, sieben im Revier bei Charleroi und 14 bei Lüttich).253 249 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 171f. Die Zahlen beziehen sich auf die administrativen Distrikte der Bergbaubehörde, d.h. das Centre ist zwischen dem 1er district (Couchant de Mons) und dem 2er district (Charleroi) aufgeteilt. Die Förderzahlen zur Berechnung des Anteils an der Produktion beziehen sich auch auf den Distrikt der Bergbaubehörde und gibt so mit nur einen Näherungswert für den Anteil der Exporte aus dem Borinage. 250 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 351. 251 Diese atmosphärischen Dampfmaschinen wurden im Borinage als pompes à feu oder machines à feu, also Feuerpumpen oder -maschinen, bezeichnet und so von den machines à vapeur, den Dampfmaschinen nach dem Prinzip von Boulton und Watt, unterschieden. 252 Vgl. hierzu Abschnitt III.I.II.

186

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Um die nötigen Investitionen stemmen zu können, wurde Kapital von außen akquiriert. So wurde die zweite im Borinage aufgestellte Dampfmaschine von einem französischen Straßenbauingenieur und einem britischen, in Valenciennes lebenden, Geschäftsmann finanziert. In der Regel wurden die Maschinen durch Kohlehändler oder die Hersteller der Maschinen finanziert. Letztere kamen zum Teil aus Mons, aber auch aus Frankreich oder flandrischen Städten wie Gent, Ypern oder Brügge – also aus den Gebieten wohin die Kohlen aus dem Borinage hauptsächlich exportiert wurden.254 Die Dampfmaschinen im Borinage waren wie alle Dampfmaschinen dieser Zeit sehr reparaturanfällig. Als die Dampfmaschinen in Kontinentaleuropa eingeführt wurden, waren es englische Ingenieure, die die Einzelteile zu funktionsfähigen Maschinen zusammensetzten. Vor Ort lernten sie einheimische Arbeitskräfte an, so dass die ersten Dampfmaschinen im Borinage von Lütticher Maschinenbauern montiert wurden. Durch die schnell steigende Zahl der im couchant de Mons betriebenen Dampfmaschinen, entstand ein großer Bedarf an Maschinenbauern für Montage und Instandhaltung der Maschinen. Dieser wurde gedeckt durch lokale Ingenieure, zum Teil nahe Verwandte der Lütticher Maschinenbauer, die ihr Wissen über die Funktionsweise der Maschinen stetig verbesserten und sich nach einiger Zeit nicht ausschließlich auf Reparaturen beschränkten, sondern begannen die Dampfmaschinen zu verbessern. Ende des 18. Jahrhunderts waren die Maschinenbauer aus dem Borinage gefragte Experten, deren Reputation sich über die Grenzen der Wirtschaftsregion Borinage hinaus erstreckte und die mit dem Bau von Dampfmaschinen im Centre und in Nord Frankreich betraut wurden.255 Durch die steigende Nachfrage nach Steinkohlen, mussten die Schächte im Laufe des 18. Jahrhunderts in größere Tiefen abgeteuft werden, was dazu führte, dass die Wasserhaltung mit den traditionellen Methoden nicht mehr zu bewerkstelligen war. Die Einführung von Dampfmaschinen zum Antrieb der Pumpen konnte das Problem der Wasserhaltung lösen, machte jedoch erhebliche Investitionen notwendig. Da die meisten Grubengesellschaften das nötige Kapital nicht selber aufbringen konnten, floss Kapital von außen in die Region. Bei den Investoren handelte es sich in der Regel um Kohlehändler aus der Umgebung des couchant de Mons oder aus einem der Hauptabsatzgebiete. Die langfristigen und hohen Investitionen zur Errichtung einer Dampfmaschine führten dazu, dass das auf die Gewährung von Konzessionen mit kurzen Laufzeiten angelegte System nicht aufrecht erhalten werden konnte. Durch die Investoren verschwanden auch die traditionellen bandes der Bergleute. Gleichzeitig bildete sich in der Region eine größere Zahl von Maschinenbauern mit großer Expertise in Bau und Wartung von Dampfmaschinen heraus, die mit ihrem Wissen auch in den Nachbarrevieren des Borinage Dampfmaschinen errichteten und warteten. Die Mechanisierung des Bergbaus im 18. Jahrhundert beschränkte sich auf die Einführung von Dampfpumpen zur Wasserhaltung, während die Förderkörbe bis 253 Vgl. hierzu Bruwier, Mons-Charleroi, S. 351, Michotte, Régions houillères, S. 70 und Wee, Industrial Revolution in Belgium, S. 66. 254 Vgl. Bruwier, Mons-Charleroi, S. 351f und S. 357 und Bruwier, Mons et le Borinage houiller, S. 75. 255 Bruwier, L’industrialisation, S. 347 und S. 350f.

III.II Das Borinage

187

ins 19. Jahrhundert mit Hilfe von Göpelwerken an die Oberfläche gebracht wurden. Auch bei der Bewetterung der Gruben kamen Göpelwerke zum Einsatz, die durchaus eine Verbesserung der Ventilation bewirkten, jedoch die Zahl der durch Schlagwetterexplosionen verunglückten Bergarbeiter nicht senken konnte. Ein Einsatz von Dampfmaschinen zur Bewetterung der Gruben erfolgte im Borinage erst zum Ende der 1820er Jahre.256 Der Anstieg der geförderten Mengen in den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts war nicht das Ergebnis einer gestiegenen Produktivität, sondern beruhte vielmehr auf einer Vergrößerung und Vermehrung der Produktionsanlagen. So nahm die Gesamtzahl der Schächte in der französischen Zeit zu. Bruwier gibt, unter Berufung auf Descamps, an, dass zwischen 1800 und 1820 insgesamt 17 neue Schächte abgeteuft worden seien, die Auflistung aus den Beständen des französischen Nationalarchivs beziffert die Zahl der neuen Schächte mit 12.257 Die eingesetzte Technik jedoch unterschied sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts kaum von der im 18. Jahrhundert genutzten Technik und auch die Tiefe der Schächte lag, wie in der Zeit unter österreichischen Herrschaft, zwischen 200 m und 300 m. Zur Wasserhaltung wurden weiterhin Dampfmaschinen vom Typ Newcomen eingesetzt, die modernen Wattschen Dampfmaschinen konnten sich im Borinage in der französischen Periode nicht durchsetzen. Neben den zwei Maschinen dieses Typs, die bereits im 18. Jahrhundert installiert worden waren, wurde 1807 eine weitere Dampfmaschine Wattscher Bauart in Jemmappes aufgebaut, jedoch nach elf Jahren wieder durch eine Newcomen-Maschine ersetzt, da deren Instandhaltung und Wartung um einiges einfacher zu bewerkstelligen war. In der Wirtschaftsregion Borinage lässt sich also ein ähnliches Phänomen beobachten wie im Black Country: Beide Regionen waren Pioniere der Nutzung von Dampfmaschinen und setzten die neue Technik in großem Maße ein. Der Umstieg auf die moderneren Dampfmaschinen nach dem Prinzip von Watt fand in beiden Regionen jedoch erst verhältnismäßig spät statt, statt dessen blieben lange Zeit die atmosphärischen Dampfmaschinen im Einsatz.258 Die Dampfmaschinen im Borinage wurden zu dieser Zeit fast ausschließlich zur Wasserhaltung eingesetzt, die Förderung der Kohlen erfolgte über Göpelwerke oder mit Hilfe einfacher Haspeln. Bis 1815 wurden in den Gruben der Wirtschaftsregion Borinage lediglich vier Dampfmaschinen zur Kohlenförderung genutzt. Die erste dieser Maschinen wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Quaregnon installiert. Zwei weitere folgten in 1807 bei Wasmes und Élouges, 1809 wurde eine vierte in Hornu in Betrieb genommen. Diese Maschinen erhöhten die Produktivität der Gruben bei der Förderung der Kohle sehr stark und erwiesen sich als wirtschaftlicher Erfolg, von einer Mechanisierung des Abbaus kann in dieser Zeit jedoch nicht gesprochen werden.259

256 Vgl. Bruwier, Mons-Charleroi, S. 353f und Bruwier, L’industrialisation, S. 347. 257 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 366 und Production individuelle des charbonnages hennuyers en 1810, AN, F/14/1093 II (übernommen aus Darquenne, Histoire économique, S. 296–310). 258 Vgl. zum Einsatz der Wattschen Dampfmaschinen im Black Country Abschnitt III.I.II. 259 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 353 und S. 365–367.

188

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Tabelle 30: Mechanisierung der Steinkohlenwerke in der Wirtschaftsregion Borinage, 1810 Anzahl Absolut

Anteil (100%=118)

Schächte mit Göpelwerken

82

69,49%

Schächte mit Haspeln

4

3,39%

Schächte mit Dampfmaschinen

30

25,42%

Schächte Gesamt

118

Originaldokument (Production individuelle des charbonnages hennuyers en 1810, AN, F/14/1093 II) übernommen aus Darquenne, Histoire économique, S. 296–310.

1810 waren insgesamt 30 Dampfmaschinen an und in den Schächten der Region in Betrieb. Neben den vier zur Kohleförderung eingesetzten Maschinen wurden demnach 26 Dampfmaschinen zur Wasserhaltung genutzt. Tabelle 30 zeigt den Stand der Mechanisierung in den Steinkohlenbergwerken des Borinage im Jahr 1810. Die insgesamt 118 hier aufgeführten aktiven Schächte verteilten sich auf 38 Bergwerke. Hinzu kamen 14 inaktive Bergwerke, von welchen elf nicht mehr und drei noch nicht in Betrieb waren. Da die vorliegende Aufstellung aus dem französischen Nationalarchiv nicht zwischen zur Wasserhaltung und zur Förderung eingesetzten Maschinen unterscheidet, kann keine Aussage darüber getroffen werden, wie viele der Göpelwerke und Haspeln zur Entwässerung der Gruben und wie viele zur Förderung der Kohlen dienten. Deutlich wird jedoch, dass die Zahl der Göpelwerke die der Dampfmaschinen bei weitem übersteigt. Nur in drei der insgesamt 27 Bergwerke mit Dampfmaschinen war mehr als ein Schacht mit einer Maschine ausgestattet, in der Regel wurden die Dampfmaschinen durch Göpelwerke ergänzt. Da bekannt ist, dass in 1810 lediglich vier Dampfmaschinen zur Kohlenförderung eingesetzt wurden, kann festgestellt werden, dass in 24 von 38 aktiven Bergwerken die Wasserhaltung unter Zuhilfenahme von Dampfmaschinen erfolgte, während in 14 Gruben Göpelwerke zum Einsatz kamen. Die Verdoppelung der geförderten Menge in den 1820er Jahren lässt sich zum einen auf eine Vermehrung der Schächte, aber auch auf eine stärkere Verbreitung von Dampfmaschinen zur Förderung und Wasserhaltung zurückführen. In 1820 erfolgte die Förderung in 62 Schächten, bis 1829 war die Zahl der aktiven Schächte auf 142 angestiegen. Die Förderung erfolgte zum großen Teil mit Göpelwerken, diese machten 1820 die Hälfte aller genutzten Abbauvorrichtungen aus. In 15 der insgesamt aktiven 42 Gesellschaften wurde die Kohle ausschließlich mit Göpelwerken gefördert, in zwei weiteren Werken erfolgte die Förderung über Göpelwerke und Handhaspeln und eine Grube setzte nur zwei Handhaspeln zur Förderung ein. In 24 Schächten kamen Dampfmaschinen zur Förderung zum Einsatz. Die Gruben in denen mit Haspeln gefördert wurde, waren keine 100 m tief und im Schnitt wurden hier an einem Tag 3,89 t Kohle gefördert. Das entspricht etwa einem Zehntel der täglichen durchschnittlichen Förderung in den Gruben mit Göpelwerken. Mit einer Ausnahme waren die Schächte, an denen die Göpelwerke zum Einsatz kamen weniger als 200 m tief. Die Dampfmaschinen kamen hauptsächlich dort zum Einsatz, wo die Schächte auf über 200 m oder 300 m abgeteuft

189

III.II Das Borinage

waren. Die durchschnittliche Förderung pro Dampfmaschine lag hier mit 37,5 t etwas unter der mit den Göpelwerken realisierten Menge. Tabelle 31: Art und Leistung der Mittel zur Förderung und Wasserhaltung im Borinage, 1820 Förderung Haspeln

Göpelwerke

Dampfmaschinen

Anzahl

11

34

24

Ø Tiefe Schächte

90,9 m

189,9 m

279,4 m

Ø Förderung/ Tag

3,9 t

38,2 t

37,5 t

Anzahl

5

27

Ø Tiefe Schächte

310,2 m

244,6 m

Ø Wasser gehoben/ Stunde

5,1 m³

60,4 m³

Ø Stunden / Tag in Betrieb

2,8

8,6

Wasserhaltung

Daten aus AGR, T 060, AGR T060 948B.

Tabelle 31 zeigt nicht nur die oben diskutierten Daten, sondern auch die entsprechenden Daten bezüglich der Wasserhaltung. Hier kamen insgesamt fünf Göpelwerke und 27 Dampfmaschinen zum Einsatz, wobei ein Göpelwerke und vier Dampfmaschinen auch zur Förderung genutzt wurden. Die Maschinen zur Wasserhaltung kamen lediglich einige Stunden am Tag zum Einsatz, die Göpelwerke hoben dabei durchschnittlich 5,1 m³ Wasser pro Stunde, die Dampfmaschinen 60,4 m³. Die Wahl der Mittel zur Wasserhaltung scheint dabei nicht von der Tiefe der Schächte abhängig gewesen zu sein, da die von den Göpelwerken entwässerten Schächte eine mittlere Tiefe von 310 m hatten und somit durchschnittlich 65 m tiefer waren als die von Dampfmaschinen entwässerten Gruben. Die durchschnittliche Betriebsdauer pro Tag deutete jedoch darauf hin, dass die Göpelwerke dort eingesetzt wurden wo die Wasserhaltung wenig problematisch war und eine geringe Förderleistung in Verbindung mit einer geringen Betriebszeit zur Entwässerung ausreichte. Die deutlich leistungsfähigeren Dampfmaschinen waren jeden Tag fast dreimal so lang in Betrieb wie die Göpelwerke. Gegenüber 1810 steigerte sich der Anteil von Dampfmaschinen für Förderung und Wasserhaltung von 25 % auf knapp 50 % und verdoppelte sich somit innerhalb von 10 Jahren fast.260 Im Bereich der Wasserhaltung kamen 1828 mit zwei Ausnahme nur noch Dampfmaschinen zum Einsatz. Tabelle 32 zeigt neben diesen Daten auch den leichten Rückgang des pro Stunde gehobenen Wassers gegenüber 1820 und die dafür leicht erhöhte Zahl von Betriebsstunden pro Tag. Zeitgleich mit der Verbreitung der Dampfmaschine im Borinage zur Wasserhaltung stieg die Anzahl der Schächte 1820 bis 1828 auf 95, während sich die durchschnittliche Tiefe um 41 m auf 256 m erhöhte. Auch die Zahl der Dampfmaschinen in der Förderung nahm 260 Vgl. für 1810 Tabelle 30 auf Seite 188.

190

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

zu. Da zugleich die Zahl der Göpelwerke von 34 auf 22 sank, ist davon auszugehen, dass die insgesamt 55 Dampfmaschinen diese zumindest teilweise ersetzten. Tabelle 32: Art und Leistung der Mittel zur Förderung und Wasserhaltung im Borinage, 1828 Förderung Göpelwerke

Dampfmaschinen

Anzahl

22

55

Ø Tiefe Schächte

229,6 m

288,0 m

Ø Förderung/ Tag

40,4 t

67,9 t

Anzahl

2

28

Ø Tiefe Schächte

164,6 m

299,9 m

Ø Wasser gehoben/ Stunde

46,9 m³

Ø Stunden / Tag in Betrieb

10,6

Wasserhaltung

Daten aus AGR, T 060, 948B. Auf die zur Wasserhaltung eingesetzten Göpelwerke wird im Text nicht weiter eingegangen, da die durchschnittlichen Zahlen durch die geringe Gesamtmenge nicht aussagekräftig scheinen. Einer der Schächte, in denen mit Göpelwerk entwässert wird, ist lediglich 170 m tief. Hier wird eine Stunde täglich auf die Entwässerung der Grube verwendet und in dieser Zeit 110 m³ Wasser an die Oberfläche gehoben. Dieser Wert erscheint unrealistisch hoch. In der anderen mit einem Göpelwerk entwässerten Grube liegt die durchschnittliche Förderung pro Stunde bei 7,5 m³. Bei der Berechnung der durchschnittlichen Tiefe der mit einer Dampfmaschine entwässerten Schächte wurde, sofern mehr Schächte als Dampfmaschinen pro Grube vorhanden, mit der durchschnittlichen Schachttiefe der Grube gerechnet.

Nach 1830 wurde die Steigerung der Steinkohlenförderung im Borinage eher als in den Dekaden zuvor über eine Erhöhung der Anzahl der Schächte in Kombination mit einem verstärkten Einsatz von Maschinen als über eine Steigerung der Tiefe der Schächte realisiert. Die durchschnittliche Tiefe der Schächte stieg von 1828 bis 1848 lediglich leicht von 256 m auf 261 m an. Tabelle 33 zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Tiefe der Schächte im Borinage für die Zeit von 1828 bis 1870. Tabelle 33: Durchschnittliche Tiefe der Abbauschächte im Borinage, 1828–1870 1828 Durchschnittliche Tiefe der Schächte in m

256

1848 261

1850 282

1860 366

1870 429

1848 und 1850 AEM, Corps des mines de Mons, 98; 1860 AEM, Corps des mines de Mons, 99; 1870 AEM, Corps des mines de Mons, 98.

Zugleich sank die Anzahl der Dampfmaschinen zur Wasserhaltung von 1828 bis 1838 minimal um eine auf 27, während die Anzahl der Fördermaschinen auf 81

191

III.II Das Borinage

stieg.261 Es ist davon auszugehen, dass hier ein großer Teil der unter Förderung gelisteten Maschinen auch zur Wasserhaltung eingesetzt wurde. Tabelle 34 zeigt, dass 1858 die Zahl der Fördermaschinen auf 140 anstieg, und auch die Anzahl der Maschinen zur Wasserhaltung stark zunahm. Tabelle 34: Anzahl Dampfmaschinen in den Gruben des Borinage, 1828–1858 1828

1838

1858

Förderung

55

81

140

Wasserhaltung

28

27

42

1828 AGR, T 060, AGR_T060_948B; 1838 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 395; 1858 Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 171.

Dieser Anstieg hat mit der größeren Problematik der Wasserhaltung ab einer bestimmten Tiefe zu tun. Marinette Bruwier gibt an, dass sich die Mengen an Wasser, welches gehoben werden muss, zwischen 200 m und 300 m Tiefe vervierfacht und so nicht nur eine höhere Anzahl von Dampfmaschinen in der Wasserhaltung zum Einsatz kam, sondern auch verstärkt die zuvor in der Regel verwendeten atmosphärischen Maschinen durch solche vom Typ Watt ersetzt wurden. 262 Die erste dieser Maschinen wurde 1830 im Borinage installiert. In der Folgezeit verbreiteten sich die Maschinen schnell, da sie das Risiko in den Gruben senkten. Da das Abteufen von Schächten aufgrund der zu durchbohrenden Kreideschicht relativ teuer war, gab es im Borinage in der Regel nur einen gemeinsamen Schacht zur Förderung und Bewetterung.263 Entsprechend groß waren die Probleme in den Gruben, trotz einer ab 1813 verpflichtenden Holzverkleidung der Strecken und einem breiten Einsatz der Lampe von Davy. Die Installation der ersten Dampfmaschinen zur Bewetterung in 1830 verbesserte die Situation erheblich, weshalb die diese Maschinen sich in der Folgezeit schnell verbreiteten.264 Nicht nur im Bereich der Bewetterung erfolgten Veränderungen, auch die Streckenförderung wurde in der Zeit ab 1830 verbessert. 1824 wurden im Borinage erstmals Eisenschienen unter Tage verlegt, auf denen ein Karren lief, welcher von einem Pferd gezogen wurde. Noch 1830 wurde in den meisten Gruben jedoch ein Schlitten über Holzbohlen gezogen, die Länge der Strecken war hierdurch auf etwa 100 m beschränkt und erst mit Verbreitung der Schienen und dem Einsatz von Loren und Pferde unter Tage wurde das Auffahren längerer Strecken mit zwei oder drei Kilometern Länge möglich. Laut Fabricius konnte ein Pferd über diese Strecke 12 Loren mit insgesamt etwa acht Tonnen Kohle ziehen. 265 Eisenschienen wurden ab 1829 auch für den übertägigen Transport von Kohle verlegt und verbanden hier die Zechen mit den Wasserstraßen.

261 262 263 264 265

Bruwier, Mons-Charleroi, S. 395. Bruwier, Mons-Charleroi, S. 395. Hartmann, Carl: Handbuch der Bergbaukunst, Bnd. 2, Weimar 1852, S. 133 und S. 159. Bruwier, Mons-Charleroi, S. 366f. Fabricius, Bericht über Bereisung, S. 167f.

192

III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

III.II.IV Der Industrialisierungsverlauf im Borinage Zwischen 1750 und dem Ende des Betrachtungszeitraums sorgten politische Umbrüche dafür, dass die Wirtschaftsregion Borinage in dieser Zeit vier verschiedene Staatssysteme durchlief. Die Habsburger verloren die südlichen Niederlande, und damit auch das Borinage, an Frankreich. Nach knapp zwei Dekaden als Teil der französischen Republik, wurde das Gebiet den Oranjern zugesprochen und Teil des Königreichs der Niederlande, von welchem sich 1830 das heutige Belgien abspaltete. Die mit diesen Umbrüchen einhergehenden Grenzverschiebungen veränderten jeweils auch den Zugang zu Märkten und die Konkurrenzsituation auf diesen Märkten. Das Borinage war während des 18. und 19. Jahrhunderts ausschließlich Produzent von Steinkohlen, andere Industrien spielten in der Region zu keinem Zeitpunkt eine Rolle. Anders als im Fall des Black Country, wo die Nachfrage nach Kohle hauptsächlich von der lokalen Eisenindustrie generiert wurde, kam im Borinage die Nachfrage nach Steinkohle von außerhalb der Region. Im 18. Jahrhundert und in großen Teilen der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Borinage der bedeutendste Kohlenproduzent auf dem Kontinent und aufgrund der, zuerst von Frankreich und später von den Niederlanden errichteten, Zollgrenzen zwischen 1795 und der Gründung des Königreichs Belgien vor der Konkurrenz durch britische Kohlen geschützt. Aus dem Lütticher Revier erwuchs dem Borinage keine Konkurrenz, da hier der größte Teil der geförderten Kohlen von der lokalen Industrie nachgefragt wurde. Das Revier bei Charleroi, und etwas später auch das Centre, waren zwar auch exportorientiert, erreichten jedoch über Maas und Samber andere Märkte als das Borinage. Die Kohlen aus dem Borinage hatten über Henne und Schelde einen Zugang zum französischen Markt und in die westlichen Teile des heutigen Belgiens und der Niederlande. Konkurrenz kam hier in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts von den Gruben im Revier du Nord bei Valenciennes. Deren Förderung reichte jedoch bei weitem nicht zur Befriedigung der Nachfrage in Frankreich, den westlichen Niederlanden und den heute belgischen Provinzen. So stieg die Nachfrage nach Kohle aus dem Borinage mit dem Wachstum von Bevölkerung und Industrie im weiteren Umland dieser Lagerstätte. An der steigenden Nachfrage änderten weder die suboptimalen Transportbedingungen über die lediglich bedingt schiffbare Henne noch der zu entrichtende Wegzoll auf der Schelde oder die erhobenen Einfuhrzölle etwas. Die Zollgrenzen veränderten sich mit den Staatsgrenzen und führten oft zu einer Diskriminierung der Kohlen aus dem Borinage gegenüber denen Nordfrankreichs, schützten sie aber zugleich vor der Konkurrenz durch britische Kohlen. Die Steigerung in der Produktion wurde bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein durch eine Ausweitung der Produktionsanlagen realisiert, mit zunehmender Tiefe der Schächte setzte dann eine verstärkte Mechanisierung und damit auch eine Erhöhung der Produktivität ein. Die Initiative zum Ausbau der bestehenden oder dem Bau neuer Transportwege ging von den jeweiligen politischen Machthabern aus, entsprechend veränderten sich die Ziele häufig. Mit der Lockerung und später sogar Aufhebung der Zollbeschränkungen für britische Kohlen im Königreich der Niederlande, sah sich das Borinage nach 1830 erstmals starker Konkurrenz ausgesetzt und verlor in der Folge große Marktanteile in den Nieder-

III.II Das Borinage

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landen. Zugleich erhielten das Revier bei Charleroi und das Centre durch einen neuen Kanal Zugang zum französischen Markt, während das Revier an der Ruhr und das Pas de Calais Phasen sehr starken Wachstums erfuhren und ebenfalls in die vormals fast exklusiv vom Borinage bedienten Märkte eindrangen. Aufgrund des Fehlens von großen lokalen Verbrauchern, war das Borinage darauf angewiesen die lokalen Kohlen auf entfernten Märkten abzusetzen und gezwungen, hier mit anderen Revieren zu konkurrieren, die unter Umständen über einen besseren Zugang zu diesen Märkten verfügten. Ihre hohe Bedeutung bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein, verdankte die Wirtschaftsregion Borinage eher dem relativ frühen Beginn ihrer Entwicklung als einer großen Konkurrenzfähigkeit. Die Abbaubedingungen im couchant de Mons waren eher schwierig, mit Henne und Schelde standen zwar natürliche Wasserwege zum Transport der Kohlen zur Verfügung, vor allem die Henne war jedoch bereits im 18. Jahrhundert den Mengen exportierter Kohle kaum gewachsen. Der Bau des Kanals Mons à Condé sorgte hier zwar für Entlastung, trotzdem blieb die Wegstrecke ein Nadelöhr und der Transport der Kohlen nahm – nicht zuletzt durch Hindernisse wie Mautstationen oder das Umladen in Condé – viel Zeit in Anspruch. Hier waren das Revier du Nord und später auch das Pas de Calais im Vorteil, da die Kohlen aus den beiden nordfranzösischen Revieren diese Engstelle nicht zu passieren brauchten. Der in der holländischen Periode erbaute Kanal von Blaton nach Antoing ermöglichte zwar eine Umschiffung von Condé, kurz später brach jedoch der Handel zwischen dem neu gegründeten Königreich Belgien und dem der Niederlande ein. Als sich die Handelsbeziehungen einige Jahre später wieder erholt hatten, musste das Borinage auf dem dortigen Markt mit den Kohlen aus Großbritannien und den deutschen Gebieten konkurrieren. Diese hatten nach 1830 die belgischen Kohlen, die vorher fast vollständig für die Versorgung der damals nördlichen Niederlande gesorgt hatten, ersetzt. Nicht überraschend ist daher der gegen Ende der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einsetzende Bedeutungsverlust des Borinage als kontinentaleuropäischer Steinkohlenproduzent. 1840 stammten noch 40 % der auf dem Kontinent geförderten Kohlen aus dem Borinage, im Laufe des 19. Jahrhunderts nahm dieser Anteil stetig ab. Dabei wuchs die Steinkohlenförderung im Borinage beständig weiter, die Wachstumsraten lagen jedoch weit unter denen der nordfranzösischen Reviere oder dem Ruhrgebiet.

III.III DAS BLACK COUNTRY UND DAS BORINAGE. GEMEINSAMKEITEN UND UNTERSCHIEDE Der wohl größte Unterschied zwischen dem Black Country und dem Borinage liegt in der wirtschaftlichen Struktur der beiden Regionen: Während sich im Black Country mit dem Bergbau, der Eisenindustrie und der handwerklichen Eisenverarbeitung drei Stufen einer vertikalen Produktionskette konzentrierten, siedelten sich im Borinage keine dem Bergbau nachgelagerten Industrien an. Hier blieb der Steinkohlenbergbau im Betrachtungszeitraum der einzig bedeutsame Produktions-

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

zweig. Aufgrund des Fehlens lokaler brennstoffintensiver Verbraucher wurde der größte Teil der geförderten Kohlen exportiert. Ein Blick auf Abbildung 22 auf Seite 167 und Abbildung 23 auf Seite 181 offenbart einen weiteren Unterschied in der Entwicklung der beiden betrachteten Wirtschaftsregionen: Während im Black Country in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Schlüsselindustrien ein Rückgang der Produktion einsetzte, waren die Wachstumsraten des Steinkohlenbergbaus im Borinage zwar geringer als in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, ein Rückgang setzte jedoch nicht ein. In beiden Revieren hatte am Ende des 18. Jahrhunderts ein starkes Wachstum eingesetzt. Im Black Country ermöglichte die Nutzung von Steinkohle in der Eisengewinnung das Entstehen einer Eisenindustrie, im Borinage stieg die Nachfrage nach Steinkohle als Folge des Anschlusses an den französischen Markt. Auch wenn für keine der beiden Regionen gesicherte Daten bezüglich der geförderten Mengen vorliegen, kann davon ausgegangen werden, dass im Black Country der erste Wachstumsschub in die 1780er Jahre datierte. Zu dieser Zeit schnellte die Zahl der Anlagen zur Eisenproduktion in die Höhe und entsprechend stieg auch die Nachfrage nach Kohle an. Im Borinage dürfte sich das Wachstum nach der Angliederung an Frankreich noch kurz verzögert haben und nach Beseitigung der Kriegsschäden etwa um die Jahrhundertwende herum eingesetzt haben. Um 1800 herum wurden im Black Country jährlich etwa 800.000 t Kohle gefördert, im Borinage mit ca. 360.000 t knapp die Hälfte. Auf dem Höhepunkt der Steinkohlenförderung in 1870 wurden im Black Country jährlich etwa 7,5 Millionen Tonnen Kohle abgebaut, das Borinage erreichte seinen Spitzenwert im Jahr 1898 als 4,6 Millionen Tonnen Kohle gefördert wurden.266 Die Steinkohlenförderung im Borinage wuchs demnach von 1800 bis zu der höchsten geförderten Menge in 1898 um fast 1.200 %, die Förderung im Black Country nahm zwischen 1798 und 1870 um gut 800 % zu. Sowohl das Borinage als auch das Black Country waren von anderen, ebenfalls stark wachsenden, Montanrevieren umgeben. Das Gros der Reviere im Umfeld des Borinage entwickelte sich jedoch zeitlich versetzt, während etwa zeitgleich mit dem Black Country unter anderem die Reviere in South Wales, dem Nordosten Englands und Schottland Phasen ähnlich starken Wachstums durchliefen. Das Borinage war, bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein, der wichtigste Steinkohlenproduzent auf dem Kontinent und, da sich im Borinage keine brennstoffintensiven Industrien ansiedelten, exportorientiert und damit ein wichtiger Steinkohlenlieferant für den Kontinent. Während sich im Fall des Borinage die Nachfrage außerhalb der Region generierte, wuchs die Steinkohlenproduktion im Black Country aufgrund der starken Nachfrage der lokalen Eisenindustrie. Die Substitution von Eisen durch Stahl führte zu einem Rückgang der Eisenproduktion, zu einem Zeitpunkt zu dem sich die Grubenbesitzer bereits seit einigen Dekaden mit größeren Schwierigkeiten, wie Flutung der Stollen und vollständig abgebauten oder unbrauchbar gewordenen Flözen, konfrontiert sahen. Das Black Country, und dies ist eine Gemeinsamkeit beider Regionen, war zwar über Kanäle und wenige Eisenbahnen mit umliegenden Gebieten verbunden, hatte diesbezüg266 Vgl. zu den Produktionszahlen Tabelle A.22 und Tabelle A.34 (Anhang).

III.III Das Black Country und das Borinage. Gemeinsamkeiten und Unterschiede

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lich jedoch komparative Nachteile gegenüber besser lokalisierten Regionen. Mit dem Wegbrechen der günstig abbaubaren Steinkohle war das Black Country dann gegenüber diesen Regionen nicht mehr konkurrenzfähig. Auch das Borinage verfügte mit der Henne an einen Wasserweg, über den sich die Kohle exportieren ließ, dieser war jedoch bereits im 18. Jahrhundert dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen und auch der Bau von Kanälen konnte dieses Problem nicht vollständig lösen, zumal der Transport auch durch politische Faktoren beeinträchtigt wurde. Bezüglich der Mechanisierung können beide Regionen als Pioniere in der Frühzeit der Nutzung von Dampfmaschinen bezeichnet werden: Im Black Country wurde die erste Dampfmaschine der Welt zur Entwässerung einer Grube genutzt. Die Technik schwappte schnell von Großbritannien nach Belgien wo sie zuerst – zehn Jahre nach der Errichtung der Dampfmaschine in Wolverhampton – im Lütticher Revier genutzt wurde. Eine weitere Dekade später wurde die erste Dampfmaschine zur Wasserhaltung im Borinage eingesetzt. Hier verbreitete sich die Technik so schnell, dass 1790 die Zahl der im Borinage betriebenen Dampfmaschinen höher war als die kumulierte Anzahl der Maschinen in den Revieren Centre, Charleroi und Lüttich. Die starke Nachfrage nach neuen Maschinen sowie deren Wartungs- und Reparaturbedarf führte zu dem Entstehen einer Maschinenbauindustrie und gleichzeitig erwarben sich die Ingenieure der Region eine große Reputation und wurden zu gefragten Experten in den umliegenden Revieren. In beiden Regionen blieben die Newcomenschen Maschinen auch nach der Einführung der Dampfmaschinen vom Typ Watt in Betrieb und wurden erst spät, viel später als in anderen Revieren, durch moderne Maschinen ersetzt. Der große Vorteil der Dampfmaschine nach Watt gegenüber der nach Newcomen war der stark verringerte Energiebedarf. Im Black Country dienten ohnehin unverkäufliche Gruskohlen als Brennstoff für die Dampfmaschinen, ein verringerter Brennstoffbedarf rechtfertigte hier demnach keine Investitionen in neuere Maschinen. Zudem galten die Wattschen Dampfmaschinen als kostenintensiver in Wartung und Reparatur. Auch im Borinage kann letzteres als ein Grund für das Festhalten an den, im 19. Jahrhundert technisch überalterten, Newcomen-Maschinen gelten. Im Borinage wurde die höhere Wartungsintensität und die hierdurch anfallenden Kosten bei Gebrauch der Dampfmaschinen von Watt dadurch verstärkt, dass die lokalen Ingenieure auf Newcomen-Maschinen spezialisiert waren und die moderneren Maschinen weder aufstellen noch warten konnten. Gleichzeitig bemühten sich hier die Ingenieure darum, die Dampfmaschinen nach Watt zu diskreditieren. Der Mangel an Experten zur Installation der neuen Maschinen kann für das Black Country nicht als Begründung herangezogen werden. Soho, die Maschinenbaufabrik von Watt und Boulton, in welcher die Dampfmaschinen produziert wurden, lag in unmittelbarer Nachbarschaft zu der Wirtschaftsregion Black Country. Umso bemerkenswerter ist es, wie spät diese Maschinen im Bereich des South Staffordshire Coalfield die Newcomenschen Maschinen verdrängten. Eine weitere Gemeinsamkeit liegt in der kurzen Lebensdauer der Schächte in beiden Regionen. Entwickelte sich im Black Country aufgrund der geringen Kosten für das Abteufen neuer Schächte eine Praxis, in der auf den Bau langer Stollen verzichtet wurde, so war die unregelmäßige Lagerung der Flöze im couchant de

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III. Der Industrialisierungsverlauf in den Untersuchungsregionen

Mons verantwortlich für die begrenzte Stollenlänge und entsprechend kurze Lebensdauer einzelner Gruben. Stachen die Abbaubedingungen des Borinage schon im Vergleich mit seinen Nachbarrevieren als schwierig hervor, so fällt ein Vergleich mit den Bedingungen im South Staffordshire Coalfield, der Lagerstätte in der Wirtschaftsregion Black Country, noch gravierender aus. Wie in den Abschnitten II.II.I und III.I.II beschrieben, stellten sich die Abbaubedingungen auf dem Gebiet der Wirtschaftsregion Black Country als sehr vorteilhaft dar. Die lokale Lagerstätte zeichnete sich durch eine Flözgruppe mit einer Mächtigkeit von über neun Metern aus. Dort wo diese Flöze nicht zu Tage strichen, lagen sie in sehr geringer Teufe unter der Erde. Dies führte dazu, dass der Abbau der Kohle aus dem South Staffordshire Coalfield mit sehr geringem Kapitalaufwand zu bewerkstelligen war. Selbst die Flöze, die unter der sogenannten thick coal lagen, übertrafen die Flöze des couchant de Mons in Bezug auf ihre Mächtigkeit. Der einzige Vorteil des Borinage, nicht nur gegenüber seinen Nachbarrevieren, sondern auch im Vergleich mit dem Black Country, lag in dem Vorkommen der Flénus. Eine vergleichbare Kohlequalität fand sich in keinem der belgischen oder französischen Reviere (lediglich im Westen des Pas de Calais, welches sich jedoch erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu entwickeln begann, lagerte eine vergleichbare Kohle)267. Die Flénu Kohlen zeichneten sich durch einen geringen Methangehalt aus. Hierdurch bestand kaum eine Gefahr unterirdischer Brände und das Flénu konnte bis in eine Teufe von 350 m oder 400 m mit offener Flamme abgebaut werden.268 In den Stollen des South Staffordshire Coalfield hingegen kam es häufig zu unterirdischen Bränden, die ganze Bereiche der Lagerstätte unnutzbar machten, auch wenn sie der Region auf den lokalen Märkten einige Erfolge mit früh geernteten Kartoffeln bescherten.269 In beiden Wirtschaftsregionen traten bereits im 18. Jahrhundert Schwierigkeiten auf, die sich auf die lange Tradition des Bergbaus zurückführen lassen. Während im Black Country Teile der Lagerstätte durch Brände unbrauchbar geworden waren und der unsystematische Abbau erste Probleme bezüglich der Wasserhaltung verursachte, hatten die Grubenbesitzer im Borinage mit den verschachtelten Konzessionen zu kämpfen. Vor allem im Black Country verschärften sich diese Probleme im 19. Jahrhundert, als große Mengen Steinkohle wegen Überflutung aufgegeben werden mussten und der Abbau von Kohle nur noch in Randbezirken der Lagerstätte, wo die Kohle in größerer Tiefe lagerte und bis dato nicht abgebaut worden war, möglich war. Im Borinage wurden die Schächte zunehmend tiefer, was einen erheblich größeren Aufwand zur Bewetterung und Wasserhaltung mit sich brachte.

267 Geinitz, Belgien und Frankreich, S. 356. 268 Watelet, Industrialisation sans développment, S. 59. 269 Davies/Hyde, Dudley, S. 9.

IV. FÜHRUNGSREGIONEN DER INDUSTRIALISIERUNG IV.I KONZEPT UND THEORIE IV.I.I Einleitung Obwohl der Begriff Führungsregion in der Literatur häufig zur Anwendung kommt, existiert weder eine zufriedenstellende Definition dieses Begriffs noch eine geeignete Methode, um das Vorliegen von Führungsregionen zu überprüfen.1 Eine Definition des Begriffs Führungsregion ist lange überfällig. Unbestritten ist zwar die führende Rolle einiger Regionen, wie zum Beispiel dem Ruhrgebiet, in der europäischen Industrialisierung, eine wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Phänomen solcher Regionen setzt jedoch voraus, dass diese identifiziert und klar abgegrenzt werden können. Diese Lücke soll durch die vorliegende Dissertation geschlossen werden. In Anlehnung an das Konzept der Führungssektoren von Walt W. Rostow, der sich um einen Erklärungsansatz für das Entstehen von starken Schlüsselindustrien, welche die gesamte Wirtschaft eines Landes beeinflussen können, bemühte, wird im Folgenden ein Konzept zur Bestimmung von Führungsregionen erarbeitet. Hiermit folgt die Arbeit dem Vorschlag von Toni Pierenkemper, Führungsregionen analog zu Führungssektoren zu behandeln, um auf diesem Weg weitere Erkenntnisse über die wirtschaftliche Entwicklung von Regionen zu erlangen.2 Die Untersuchung von Führungsregionen auf Basis der Überlegungen zur Analyse von Führungssektoren, fußt auf der Annahme, dass es hinreichend Gemeinsamkeiten und Ähnlichkeiten zwischen beiden gibt, um die Rostowschen Annahmen über Führungssektoren auf Regionen zu übertragen. Ein solcherart erarbeitetes Konzept liefert nicht nur eine Definition und eine Methode zur Identifizierung von Führungsregionen, es hilft zudem unser Verständnis über die Prozesse der Industrialisierung zu erweitern. Dies geschieht nicht nur über die Analyse der Entwicklungspfade und Triebkräfte in den Führungsregionen, sondern auch durch die Untersuchung ihres Einflusses auf andere Regionen. 1

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So u.a. bei Petzina, Dietmar: Von der industriellen Führungsregion zum Krisengebiet. Das Ruhrgebiet in historischer Perspektive, in: Schulze, Rainer (Hg.): Industrieregionen im Umbruch. Historische Voraussetzungen und Verlaufsmuster des regionalen Strukturwandels im europäischen Vergleich (Veröffentlichungen des Instituts zur Erforschung der Europäischen Arbeiterbewegung. Schriftenreihe A: Darstellungen 3), Essen 1993, S. 246–274, S. 250 und Pollard, Peaceful Conquest, S. 87ff und Ziegler, Dieter: Eisenbahnen und Staat im Zeitalter der Industrialisierung. Die Eisenbahnpolitik der deutschen Staaten im Vergleich (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beihefte 127), Stuttgart 1996, S. 18 (im Folgenden zitiert als Ziegler, Eisenbahnen und Staat). Pierenkemper, Zum regionalen Ansatz in der Wirtschaftsgeschichte, S. 34.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

IV.I.II Rostows Konzept der Führungssektoren Ende der 1950er Jahre entwickelte Walt W. Rostow ein Modell zur Beschreibung der wirtschaftlichen Entwicklung von Volkswirtschaften unter Berücksichtigung der Beziehung zwischen wirtschaftlichen Kräften auf der einen und sozialen und politischen Kräften auf der anderen Seite. Auf Basis seiner empirischen Studien entwickelte Rostow ein Stufenmodell, welches generalisierende Aussagen über die Entwicklung von Volkswirtschaften und Gesellschaften erlauben sollte. 3 Auf der ersten Stufe sah Rostow die traditionelle Gesellschaft. In dieser war die Produktivität begrenzt, da das technische Verständnis nicht ausreichte, um mit Hilfe von neuer Technik eine Veränderung der Produktionsfunktion zu bewirken. In dieser Phase besaß die Landwirtschaft eine hohe Bedeutung und die politische Macht lag faktisch in den Händen der Landbesitzer. Auch in der zweiten Phase, der Anlaufperiode, blieb die Landwirtschaft der dominierende Sektor. Neben diesem bildete sich allerdings ein, anfangs relativ kleiner, industrieller Sektor heraus. Obwohl dieser einen eher niedrigen Grad der Technisierung aufwies, war diese Phase unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass vermehrt wissenschaftliche Erkenntnisse Anwendung in der Industrie aber auch in der Landwirtschaft fanden. In der dritten Phase, der Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs – von Rostow auch als Umsturzphase bezeichnet, erfuhr der industrielle Sektor in relativ kurzer Zeit einen starken Bedeutungszuwachs. Hierbei profitierte die Industrie nicht zuletzt von der Nutzung bisher nicht verwendeter Rohstoffquellen und Produktionsmethoden. Anfallende Gewinne wurden reinvestiert und sowohl das Streben nach wirtschaftlichem Wachstum als auch eben dieses Wachstum schlugen sich in der Gesellschaft und der entstehenden institutionellen Struktur nieder. Auf diesen gesellschaftlichen Veränderungen baute das in der vierten Phase einsetzende stetige Wachstum auf. In dieser Entwicklung der Reife wuchs die Wirtschaft kontinuierlich, neue Technologien wurden in allen Bereichen implementiert und die Gesellschaft passte sich den neuen Produktions- und Arbeitsverhältnissen an. Am Ende dieser Phase hatte in der Industrie eine Ausdifferenzierung und ein Wechsel hin zu technisch komplexeren Industrien stattgefunden. Die sogenannte Reife hat eine Volkswirtschaft nach Rowstow erreicht, wenn sie in der Lage war, die zur Verfügung stehenden Ressourcen auch jenseits der ursprünglichen Wachstumssektoren zu nutzen. In dieser Phase zeigt eine Volkswirtschaft das Vorhandensein von „[...] technological and entrepreneurial skills, to produce not everything, but anything that it chooses to produce.“4 Während des Zeitalters des Massenkonsums, der fünften und letzten Phase, ermöglichte das gestiegene Realeinkommen pro Kopf den meisten Menschen den Konsum von nicht lebensnotwendigen Gütern. In dieser Phase drängte der Dienstleistungssektor den industriellen Sektor in seiner Bedeutung zurück und stieg zum wichtigsten Sektor der Wirtschaft auf.5 Innerhalb dieser Stadientheorie sind es die Führungssektoren, die während der Phase des wirtschaftlichen Wachstums besonders stark wachsen und das gesamt3 4 5

Rostow, Walt W.: The stages of economic growth. A non-communist manifesto, Cambridge 2 1971, S. Xvii und S. 1 (im Folgenden zitiert als Rostow, Stages of economic growth). Rostow, Stages of economic growth, S. 10. Vgl. zur Beschreibung der Phasen Rostow, Stadien, S. 18–26.

IV.I Konzept und Theorie

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wirtschaftliche Wachstum tragen. Durch ihr starkes Wachstum erlangen diese Sektoren eine herausragende Bedeutung in der Volkswirtschaft und wirken über sogenannte Kopplungseffekte, die spread effects, auf andere Sektoren, aber auch auf die ganze Gesellschaft. Die Idee des ungleichmäßigen Wachstums von Sektoren basiert auf dem Theorem des unbalanced growth, also der Annahme des ungleichgewichtigen Wachstums.6 Dieser Begriff wurde von Albert O. Hirschman in den 1960er Jahren als Kritik auf die vorherrschende Sichtweise des balanced growth, also des gleichgewichtigen Wachstums in der Entwicklungstheorie geprägt. 7 Während die Verfechter des Ansatzes eines gleichgewichtigen Wachstums die Meinung vertraten, dass koordinierte Investitionen in ein möglichst breites Spektrum von Sektoren das wirksamste Mittel zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums in unterentwickelten Ländern, schlug Hirschman gezielte Investitionen in wenige ausgewählte Sektoren vor. Hirschmans Kritik lag die Auffassung zugrunde, dass 6

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Fremdling, Rainer: Eisenbahnen und deutsches Wirtschaftswachstum. 1840–1879. Ein Beitrag zur Entwicklungstheorie und zur Theorie der Infrastruktur (Untersuchungen zur Wirtschafts-, Sozial- und Technikgeschichte 2), Dortmund 1985, S. 6 (im Folgenden zitiert als Fremdling, Eisenbahnen). In dieser Arbeit werden zur Beschreibung der konkurrierenden Wachstumsmodelle sowohl die englischen Begriffe balanced growth und unbalanced growth als auch die deutschen Begriffe des gleichgewichtigen und des ungleichgewichtigen Wachstums Verwendung finden. Hoffmann schlägt zwar vor, im Deutschen von ausgewogenem und unausgewogenem Wachstum zu sprechen, da der Begriff gleichgewichtiges Wachstum nicht eindeutig ist und sowohl im Bezug auf die Entwicklung unterentwickelter Länder Verwendung findet als auch zur Beschreibung eines Zustandes in der allgemeinen Wachstumstheorie dient. Allerdings scheint dieser Einwand relativ wirkungslos verhallt zu sein, da auch nachfolgende Publikationen sich der Begriffe gleichgewichtig und ungleichgewichtig bedienen (So Fremdling, Eisenbahnen und Ziegler, Eisenbahnen und Staat). Auch wenn Hoffmanns Kritik an der doppelten Bedeutung der deutschen Begriffe durchaus berechtigt ist, so übersieht er, dass in der englischen Sprache das gleiche Problem besteht und der Begriff balanced growth hier exakt die gleichen Phänomene beschreibt wie der Begriff des gleichgewichtigen Wachstums als sein deutsches Pendant. Meines Erachtens würde es die Debatte, die ja eine internationale ist und von daher nicht ausschließlich auf Deutsch geführt wird, eher verkomplizieren denn vereinfachen, wenn man im deutschen einen zweiten Begriff einführt um die zwei Phänomene begrifflich zu trennen, während im englischen Sprachraum weiterhin beide Phänomene unter dem gleichen Namen firmieren. Die oben genannten Schwierigkeiten beziehen sich ausschließlich auf das gleichgewichtige Wachstum. Der Begriff des ungleichgewichtigen Wachstums dagegen wurde von Hirschman, in seiner Kritik an den Konzepten der Entwicklungstheoretiker, die auf gleichgewichtiges Wachstum abstellen, geprägt und stellt somit auch nur das Gegenstück zu einer der möglichen Bedeutungen des balanced growth dar. Da in dieser Arbeit das ungleichgewichtige Wachstum im Vordergrund steht und gleichgewichtiges Wachstum lediglich am Rande Erwähnung findet, erhält hier die gängige Bezeichnung ungleichgewichtiges Wachstum den Vorzug vor der von Hoffmann vorgeschlagenen Bezeichnung unausgewogenes Wachstum. Vgl. für die Kritik an den deutschen Begriffen Hoffmann, Lutz: Entwicklungstheorien des ausgewogenen und unausgewogenen Wachstums. Eine Gegenüberstellung, in: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft 121 (1965), S. 523–574, S. 523 und S. 547 (im Folgenden zitiert als Hoffmann, Entwicklungstheorien) und Temple, Jonathan: Art. Balanced Growth, in: Durlauf, Steven N. und Blume, Lawrence E. (Hg.): The new Palgave dictionary of economics online, 22008. The New Palgrave Dictionary of Economics Online. Palgrave Macmillan. 30. April 2008 http://www.dictionaryofeconomics.com/article?id=pde2008 _B000023 doi:10. 1057/9780230226203.0086 (im Folgenden zitiert als Temple, Balanced growth) für die Bedeutung des englischen Begriffs.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

gerade koordinierte Investitionen in eine große Zahl verschiedener Sektoren in Entwicklungsländern praktisch nicht durchführbar seien. Darum empfahl Hirschman die gezielte Investition in Sektoren mit Wachstumspotential, welche dann durch ihre Wachstumseffekte das Wachstum vor- und nachgelagerter Sektoren fördern und so wirtschaftliche Entwicklung induzieren sollten. 8 Diese Effekte bezeichnet Hirschman zusammenfassend als spread effects und gliederte sie entsprechend ihrer Wirkweise in backward, forward- und lateral effects.9 In den Wirtschaftswissenschaften werden solche Effekte als externe Effekte (external economies) bezeichnet und beschreiben die Vor- oder Nachteile, die einem Akteur aus Aktivitäten eines anderen Wirtschaftssubjekts erwachsen.10 Der Begriff external economies wurde bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts von Alfred Marshall in seinem Werk The Principles of Economics geprägt. Marshall beschrieb mit dem Begriff Vorteile, die durch Skalenerträge entstehen und von der Entwicklung der ganzen Branche abhängig sind.11 In der folgenden Zeit bedienten sich mehr und mehr Ökonomen des Begriffs, ohne jedoch eine einheitliche Definition zu nutzen oder zu einer einheitlichen Verwendung zu kommen. Einzig die Grundaussage, dass es sich bei externen Effekten um Vorteile handelt, die einer Wirtschaftseinheit durch das Handeln einer anderen Wirtschaftseinheit entstehen ohne der nutznießenden Einheit Kosten zu verursachen, ist allen gemein. Der in den 1950ern veröffentlichte Aufsatz von Tibor Scitovsky leistete Pionierarbeit indem er eine Kategorisierung der verschiedenen Verwendungen des Begriffs der external economies vornahm. Er begründete die herrschende Verwirrung über die Verwendung des Begriffes damit, dass das Konzept der external economies in zwei völlig verschiedenen Bereichen zur Anwendung gebracht wurde, die sich jeweils einer anderen Definition bedienten.12 So wurde der Begriff in der allgemeinen Gleichgewichtstheorie sehr viel enger gefasst als in der Entwicklungstheorie. Während erstere die externen Effekte als eine Ausprägung der Produktionsfunktion betrachteten, also davon ausgingen, dass der Output eines Unternehmens nicht nur von den eingebrachten Produktionsfaktoren abhängt, sondern auch durch Aktivitäten anderer Unternehmen positiv oder negativ beeinflusst wird, fassten letztere die Definition sehr viel weiter. Hier wurden nicht nur die oben beschriebenen direkten Interdependenzen betrachtet, sondern auch die indi8

Hirschman, Albert O.: The strategy of economic development, New Haven 1963, S. 70–72 (im Folgenden zitiert als Hirschman, Strategy) und Hoffmann, Entwicklungstheorien, S. 547f und Temple, Balanced growth. 9 Hirschman, Strategy, S. 94 und Rostow, Walt W.: Leading sectors and the Take-Off, in: Rostow, Walt W. (Hg.): The Economics of Take-Off into sustained growth. Proceedings of a conference held by the International Economic Association, London 1963, S. 1–21, , S. 4–6 (im Folgenden zitiert als Rostow, Leading sectors). 10 Bohnet, Michael: Die Konzepte der "External Economies" unter besonderer Berücksichtigung ihrer Bedeutung für Entwicklungsländer. Zum Problem der binnenwirtschaftlichen Integration (Wirtschaftswissenschaftliche Abhandlungen. Volks- und betriebswirtschaftliche Schriftenreihe der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Freien Universität Berlin 26), Berlin 1968, S. 14 (im Folgenden zitiert als Bohnet, External economies). 11 Bohnet, External economies, S. 12. 12 Scitovsky, Tibor: Two concepts of external economies, in: The Journal of Politicial Economy 62:2 (1954), S. 143–51, S. 143 (im Folgenden zitiert als Scitovsky, External economies).

IV.I Konzept und Theorie

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rekten Interdependenzen. Bei diesen handelt es sich um Verflechtungen, die über den Marktmechanismus wirken. Die direkten Interdependenzen bezeichnete Scitovsky als technical external economies, im deutschsprachigen Raum werden diese als außermarktmäßige Effekte bezeichnet. Die indirekten Interdependenzen nannte Scitovsky pecuniary external effects, was in der wörtlichen Übersetzung soviel wie geldmäßige oder finanzielle Effekte heißt. Im Deutschen setzte sich allerdings der marktmäßige Effekte durch. Diese marktmäßigen Effekte beschreiben Vorteile, die einem Unternehmen z.B. durch eine Erhöhung der Produktion eines anderen Unternehmens entstehen. Eine solche Steigerung der Produktion konnte dazu führen, dass für die Produktion benötigte Inputprodukte stärker nachgefragt wurden und sich in der Folge das Unternehmen, welches diese Inputs produzierte, einer verstärkten Nachfrage gegenübersah. Hier verschaffte die Tätigkeit eines Unternehmens einem anderen Unternehmen einen Vorteil und zwar nicht über eine direkte Verflechtung, sondern indirekt über die Mechanismen des Marktes. Genau diese Wirkungsweise machte die marktmäßigen Effekte interessant für Entwicklungstheorien, da, so die Annahme, über Investitionen in einen Sektor größere Teile der Wirtschaft erreicht werden und so zu einem gesamtwirtschaftlichen Wachstum führen könnten.13 Ähnlich also dem Mechanismus, der in Hirschmans Überlegungen durch die Kopplungseffekte ausgelöst wird. In Rostows Überlegungen zu den Führungssektoren, die während der take-off Phase das Wachstum tragen, nahmen die Kopplungseffekte eine zentrale Rolle ein. Die Existenz von Führungssektoren und ihre Bedeutung für den Prozess der Industrialisierung wurde – heraus gelöst aus und unabhängig von der Rostowschen Stufentheorie – empirisch nachgewiesen.14 Ausgelöst wurden die Kopplungseffekte durch Innovationen. Die Veränderung der Produktionsfunktion ermöglichte den Anstieg der Produktivität in dem entsprechenden Sektor. Hierdurch war dieser ist in der Lage zu niedrigeren Preisen oder in besserer Qualität zu produzieren, wodurch wiederum, vorausgesetzt das produzierte Gut wies eine Elastizität der Nachfrage auf, eine Steigerung der Produktion eintrat. Dies führte dazu, dass der Sektor einen Wachstumsschub erfuhr, wodurch er eine relativ hohe Bedeutung innerhalb der Volkswirtschaft erlangte und die oben angesprochenen Kopplungseffekte auf andere Sektoren zu wirken begannen. Der stark wachsende Sektor benötigte Input-Materialien, Arbeitskräfte, Institutionen und eine angemessene Infrastruktur. Diese Nachfrage bezeichnete Hirschman als backward effect (Rückwärtskopplungseffekt oder Effekt der input Beschaffung) des führenden Sektors. Der Sektor entwickelte sich also nicht isoliert, sondern zog andere Sektoren in den Wachstumssog hinein. Durch die Bedeutung des Sektors innerhalb der Volkswirtschaft waren auch die backward effects von entsprechender Stärke und mit der Zeit bildete sich eine breite Basis an Menschen, die in Kontakt zu den neuen Technologien standen, diese akzeptierten und Teil der neuen Produktionsstruktur geworden waren. Entstandene Institutionen konsolidierten sich, Anwälte 13 Bohnet, External economies, S. 15 und 23f und Scitovsky, External economies, S. 144–146. 14 Vgl. zur empirischen Betrachtung von Führungssektoren Fremdling, Eisenbahnen und Holtfrerich, Carl-Ludwig: Quantitative Wirtschaftsgeschichte des Ruhrkohlenbergbaus im 19. Jahrhundert. Eine Führungssektoranalyse, Dortmund 1973 (im Folgenden zitiert als Holtfrerich, Ruhrkohlenbergbau).

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

und neue Dienstleister, wie überregionale oder internationale Händler mit Kenntnis der Märkte tauchten auf und infrastrukturelle Leistungen wurden angeboten. Facharbeiter wurden ausgebildet, hierdurch wurde Wissen gefestigt und die Weitergabe von Kenntnissen institutionalisiert. Diese weitreichenden Veränderungen in der Gesellschaft bezeichnet Hirschman als lateral effects (Effekte der Seitwärtskopplung). Laut Rostow führten diese Effekte zu einem Anstieg der „[...] proportion of modern folk in the population [...].“15 Die Effekte der Seitwärtskopplung stellten also eine Konsolidierung der Wirkungen der backward effects dar. Die oben beschriebenen Effekte können jedoch nicht verhindern, dass der Führungssektor nach einiger Zeit an Schubkraft verliert. Folglich muss ein anderer Sektor den alten Führungssektor ablösen, um langfristig die wirtschaftliche Entwicklung und das Wachstum der Volkswirtschaft zu sichern. Dies geschieht nach Rostow durch die Effekte der Vorwärtskopplung. Über diese forward effects kann sich ein Sektor seinen Nachfolger selber schaffen, indem er mit seinen Produkten Möglichkeiten für das Entstehen neuer Industrien eröffnet. Rostow nannte hier das Beispiel der Baumwollindustrie zur Zeit der Industrialisierung, die durch ihre Vorwärtskopplungseffekte eine Transportindustrie entstehen ließ. 16 Gleichzeitig begünstigte die starke Stellung der Baumwollindustrie das Entstehen einer Maschinenbauindustrie. Durch die Einführung technischer Innovationen wie zum Beispiel der spinning jenny, steigerte die Baumwollindustrie ihre Produktivität. Durch die gesunkenen Preise für Textilien waren die Produzenten in der Lage, sich neue Käuferschichten zu erschließen., da sich nun auch die einfachen Arbeiter die Baumwollprodukte leisten konnten. Durch die gestiegene Nachfrage nach den produzierten Gütern stieg die Nachfrage nach Arbeitskräften in der Baumwollindustrie und gleichzeitig induzierte dieses Wachstum die Nachfrage nach technischem Gerät, was ein Wachstum der Maschinenbauindustrie zur Folge hatte. Diese wiederum fragte verstärkt Eisen zur Produktion der Geräte nach und sowohl die Baumwollindustrie selber als auch die Maschinenbau- und Eisenindustrie trieben die Nachfrage nach Kohle zum Betrieb der Dampfmaschinen und Hochöfen in die Höhe. Der Handel mit der Baumwolle und der Kohle machte ausgereifte und günstige Transportlösungen nötig, was zum Entstehen eines elaborierten Kanalsystems und später eines dichten Eisenbahnnetzes führte. Die Kombination der drei oben genannten Effekte ist das, was nach Rostow empirisch einen Führungssektor ausmacht.17 Ausgelöst werden diese Effekte, wie oben dargestellt, durch Veränderungen in der Produktionsfunktion, welche eine gestiegene Produktivität und anschließendes Wachstum des Sektors zur Folge haben. Wächst ein Sektor überdurchschnittlich stark, steigt seine Bedeutung in der Volkswirtschaft. Die spread effects sorgen dafür, dass sich die Einstellung in der Gesellschaft gegenüber der neuen Produktionsform positiv verändert und neue Sektoren entstehen, die geeignet sind, den Führungssektor abzulösen. Neben den Führungssektoren identifizierte Rostow noch zwei andere Typen von Sektoren: Die sekundären Wachstumssektoren (supplementary growth sectors) wachsen ebenfalls stark, ihr Wachstum ist dabei zwar eine direkte Reaktion 15 Rostow, Leading sectors, S. 7. 16 Rostow, Leading sectors, S. 3–7. 17 Rostow, Leading sectors, S. 7.

IV.I Konzept und Theorie

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auf das Wachstum des Führungssektors – also induziert durch die Nachfrage des stark wachsenden Sektors – jedoch sind auch die sekundären Wachstumssektoren durch technische und organisatorische Modernisierungsprozesse gekennzeichnet, welche es ihnen ermöglichen, die Nachfrage des Führungssektors zu befriedigen. Die abhängigen Wachstumssektoren, die derived-growth sectors, erfahren einen Wachstumsschub durch Veränderungen in der Nachfrage. Rostow führte als Beispiel die Nahrungsmittelproduktion an, welche mit steigenden Bevölkerungszahlen wächst. Die Abhängigkeit von solchen langsam wachsenden Größen ist ein weiteres Merkmal der abhängigen Wachstumssektoren. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Führungssektor laut Rostow ein überdurchschnittliches Wachstum aufweist und eine große und wachsende Bedeutung innerhalb der Volkswirtschaft inne hat. Diese erlangt er durch das starke Wachstum, welches durch eine Veränderung der Produktionsfunktion ausgelöst wird, die wiederum zu sinkenden Preisen der Erzeugnisse des Sektors führt. Außerdem erzeugt ein Führungssektor Ausbreitungseffekte. Auch sekundäre Wachstumssektoren erfahren ein starkes Wachstum, eine Steigerung der Produktivität und auch eine Vergünstigung seiner Preise. Die Bedeutung der sekundären Wachstumssektoren in der Volkswirtschaft ist jedoch geringer als die des Führungssektors, zudem erzeugen sekundäre Wachstumssektoren auch keine Kopplungseffekte. Die abhängigen Wachstumssektoren entwickeln sich in Abhängigkeit von Variablen wie der Bevölkerungszahl und weisen keine der oben aufgezählten Charakteristika auf. Die Frage, inwieweit sich diese Überlegungen Rostows auf Regionen übertragen lassen und welche Modifikationen vorgenommen werden müssen, ist Gegenstand des folgenden Abschnitts IV.I.III.

IV.I.III Das Konzept der Führungsregionen Das Ziel der vorliegenden Dissertation ist die Entwicklung eines theoretischen Konzeptes, mit welchem Regionen in der Industrialisierung hinsichtlich ihres Führungscharakters analysiert werden können. Diesem Vorhaben liegen zwei Annahmen zugrunde: Die erste Annahme betrifft die ungleichzeitige und ungleichgewichtige Entwicklung von Regionen. Wie Sidney Pollard und andere bereits in den 1970er Jahren konstatierten, vollzog sich die Industrialisierung regional. Den Industrialisierungsprozess durchliefen demnach nicht ganze Länder zeitgleich. Vielmehr startete die Industrialisierung in einigen wenigen Regionen und breitete sich von diesen auf weitere Regionen aus. Hierbei profitierten die Regionen von der Ungleichzeitigkeit ihrer Entwicklung. Man kann den Prozess der Industrialisierung der europäischen Regionen als ein System von Zahnrädern beschreiben, in welchem jedes Rädchen durch Impulse anderer Rädchen angetrieben wurde und so das System als Ganzes in Bewegung blieb. Diese ungleichzeitige Entwicklung führte dazu, – und hier findet sich eine weitere Analogie zu dem Wachstum von Sektoren – dass der Prozess der Industrialisierung nicht an einer Stelle stockte, sondern zu einer Phase des langen und nachhaltigen Wachstums wurde. Dieses Wachstum wurde ermöglicht durch die wirtschaftliche Entwicklung der sich in-

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

dustrialisierenden Regionen.18 Die regionale Industrialisierung in Europa vollzog sich jedoch nicht nur ungleichzeitig, sondern auch ungleichgewichtig, so wiesen einige Regionen ein deutlich stärkeres Wachstum auf als andere. Dies führt zu der zweiten Annahme, dass einige Regionen eine Rolle einnahmen, die der von Führungssektoren ähnlich ist. Analog zu Führungssektoren waren diese Führungsregionen aufgrund ihres starken wirtschaftlichen Gewichtes in der Lage, Kopplungseffekte an andere Regionen auszusenden. Um nun zu einem Konzept zur Identifizierung von Führungsregionen zu kommen, werden die Merkmale Rostowscher Führungssektoren untersucht und modifiziert, um sie für eine regionale Analyse operationalisierbar zu machen. Da im Mittelpunkt einer solchen Führungsregionenanalyse nicht ein einzelner Sektor, sondern eine ganze Region steht, muss auch die gesamte Region die aufgestellten Kriterien erfüllen. Die betreffende Region muss also zum ersten ein überdurchschnittliches wirtschaftliches Wachstum im Vergleich zu anderen Regionen aufweisen. Da es sich bei der Industrialisierung nicht um ein nationales, sondern um ein europäisches Phänomen handelt, ist auch der Bezugsrahmen der Analyse Europa. Die zu untersuchenden Regionen müssen also in Beziehung zu anderen europäischen Regionen gesetzt werden. Im Vergleich zu diesen Regionen muss eine Führungsregion dann ein bedeutendes und zunehmendes Gewicht innerhalb der europäischen Wirtschaft inne haben. Des weiteren müssen sich die in der Region produzierten Produkte in Relation zu ihrer Qualität verbilligen, was sich auf eine überdurchschnittliche Steigerung der Produktivität innerhalb der Region zurückführen lassen kann. Außerdem müssen von einer Führungsregion Kopplungseffekte auf die europäische Wirtschaft und Gesellschaft ausgehen. Eine solche regionale Analyse ist ungleich schwieriger als eine sektorale Analyse: Im Falle einer Führungssektorenanalyse wird ein einzelner, relativ dominanter Sektor herausgegriffen und dessen Entwicklung auf die oben genannten Eigenschaften hin untersucht. Steht eine ganze Region im Fokus der Untersuchung, müssen sämtliche Sektoren innerhalb dieser Region analysiert werden. Dies führt zu dem Problem, dass auch wirtschaftlich eher unbedeutende Sektoren in die Analyse einbezogen werden. Bei diesen Sektoren ist die Quellenlage meist weniger befriedigend als im Fall von bedeutenderen Industriezweigen. Hierdurch wird das Problem der ohnehin schwierigen Datenlage für die Analyse früher industrieller Regionen noch verschärft. Im Folgenden wird ein methodisches Vorgehen erarbeitet, das es ermöglichen soll, die theoretischen Überlegungen trotz der wenig befriedigenden Datenlage empirisch zu untermauern. Hierzu werden die oben genannten Kriterien in den folgenden Abschnitten diskutiert und versucht für die regionale Analyse zu operationalisieren. 18 An dieser Stelle muss eine Klärung der Begriffe Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung erfolgen. Beide Begriffe sind klar voneinander abzugrenzen und nicht deckungsgleich. Während der Begriff Wachstum den Anstieg der Wirtschaftsleistung eines Landes bezeichnet, steht der Term wirtschaftliche Entwicklung für Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft deren Begleiterscheinung oft Wachstum ist. Vgl. zur Abgrenzung der Begriffe Spree, Reinhard: Wachstum, in: Ambrosius, Gerold und Petzina, Dietmar und Plumpe, Werner: Moderne Wirtschaftsgeschichte. Eine Einführung für Historiker und Ökonomen, München 22006, S. 155– 183, S. 155f.

IV.I Konzept und Theorie

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IV.I.III.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum Wie auch ein Führungssektor sollte sich eine Führungsregion durch ein überdurchschnittlich starkes Wachstum von anderen Regionen abheben. Durch dieses starke Wachstum nimmt die Bedeutung der Region in der Gesamtwirtschaft zu, so dass die von ihr ausgehenden Effekten eine ausreichende Stärke erreichen, um auf andere Regionen einwirken zu können. Ideal für die Untersuchung des wirtschaftlichen Wachstums wäre ein regionales Bruttoinlandsprodukt, welches den Wert aller Güter und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres in einer Volkswirtschaft – oder in diesem Fall innerhalb einer Region – erwirtschaftet werden, angibt. Auf der Mesoebene wurden entsprechende Daten allerdings nie erhoben und auch eine nachträgliche Berechnung ist auf Grund der Datenlage zumeist nicht möglich. Von den drei verschiedenen Berechnungsarten, dies sind die Entstehungs-, Verteilungsund Verwendungsrechnung, wäre die Entstehungsrechnung noch am ehesten für die regionale Ebene operationalisierbar. Die für eine Verwendungs- oder Verteilungsrechnung benötigten Daten (Konsumausgaben der Haushalte, Staatsverbrauch, Investitionen und Außenbeitrag für die Verwendungsrechnung; Lohn- und Gehaltseinkommen der Arbeitnehmer, Unternehmensgewinne und Vermögenserträge für die Verteilungsrechnung) sind für die regionale Ebene nicht verfügbar und lassen sich auch nicht aus den verfügbaren Quellen rekonstruieren. Bei der Entstehungsrechnung wird die Wertschöpfung der einzelnen Bereiche der Wirtschaft bestimmt, in dem die Bruttoproduktionswerte aus der Menge der hergestellten Güter und der Marktpreise dieser Güter errechnet werden. 19 Hierfür wären jedoch Informationen zu den Preisen aller in der Region produzierten Güter nötig. Die Preise gehören für die Frühzeit der Industrialisierung jedoch allgemein zu den in Bezug auf die Quellenlage problematischen Daten. Gerade für die kleineren Industriezweige sind diese Informationen jedoch nicht verfügbar. Für größere Industriezweige lassen sich zwar Informationen über Preise gewinnen, jedoch reichen diese nicht aus um eine Entstehungsrechnung für mehrere Zeitpunkte durchzuführen. Zudem muss das Wachstum einer Region mit dem Wachstum anderer europäischer Regionen verglichen werden. Folglich müssten die monetären Daten währungsübergreifend fassbar gemacht werden. Aus diesem Grund wird von der Berechnung eines regionalen Bruttoinlandsproduktes Abstand genommen und stattdessen zur Bestimmung der Wachstumsstärke auf eine vereinfachte, den verfügbaren Daten angepasste Berechnung zurückgegriffen. So wird das Wachstum der einzelnen Industriezweige anhand der jeweiligen Produktionszahlen ermittelt. Angaben über produzierte Mengen sind gerade für Montanregionen oft verfügbar. Aus diesen Zahlen kann dann das Wachstum der einzelnen Industrien abgelesen werden. Bei monoindustriell geprägten Regionen wie dem Borinage kann anhand des Wachstums der Förderung im Bergbau auf das Wachstum der Region geschlossen werden. Im Falle von stärker diversifizierten Regionen muss entsprechend eine Betrachtung aller dominierenden Industriezweige erfolgen. Auch weni19 Vgl. zu den Berechnungsarten Ohne Autor: Art. Bruttoinlandsprodukt, in: Das Lexikon der Wirtschaft. Grundlegendes Wissen von A bis Z (Schriftenreihe Bundeszentrale für politische Bildung 414), Bonn 2004, S. 13–14.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

ger bedeutende Industriezweige sollen, so weit es die Quellenlage zu lässt, ebenfalls in die Berechnung einfließen. Mit dieser Methode kann man das Wachstum einer Region sichtbar machen, ohne auf schlecht verfügbare Informationen wie Preise angewiesen zu sein. Allerdings macht dieses Vorgehen eine Gewichtung der einzelnen Industrien nötig. Bei einer monoindustriell geprägten Region bedeutet dies, dass nur der dominierende Industriezweig – im Falle des Borinage der Bergbau – Betrachtung findet. Die übrigen Industriezweige sind in ihrer Bedeutung so gering, dass sie in der Analyse vernachlässigt werden können, folglich steht das Wachstum der dominanten Branche stellvertretend für das Wachstum der Region. Bei Regionen, deren Wirtschaftsstruktur nicht von einem einzelnen Sektor bestimmt wird, ist die Gewichtung der einzelnen Industriezweige von größerer Bedeutung. So kann Sektor A in einer Region ein sehr starkes Wachstum verzeichnen, während die Wachstumskurve von Sektor B eher stetig ist. In einem solchen Fall muss die Bedeutung der Sektoren innerhalb der Region untersucht werden, um eine Rangfolge der lokalen Industrien zu ermitteln. Anhand dieser kann dann eine Bewertung der unterschiedlich starken Wachstumskurven und ihrer Bedeutung innerhalb der Region vorgenommen werden. Dies kann über quantitative Kriterien erfolgen, gerade für die frühe Industrialisierung dürfte die Datenlage in den meisten Fällen jedoch nicht ausreichend sein. Demzufolge wird eine solche Bewertung häufig auf Grundlage qualitativer Kriterien vorgenommen werden müssen. Da sich das Gewicht zwischen den einzelnen Industrien im Laufe der Industrialisierung verschieben kann, ist es nicht ausreichend eine Gewichtung für einen einzelnen Zeitpunkt der Untersuchung zu erstellen, vielmehr muss die Bedeutung der Industrien über den Verlauf des Untersuchungszeitraums ermittelt werden. Zweckmäßigerweise kann hier eine Phasenbildung erfolgen, um anschließend die Bedeutung der Sektoren für die einzelnen Phasen herauszuarbeiten. Ein solches Vorgehen ist relativ aufwendig und setzt vor allem ein umfassendes Wissen über die wirtschaftliche Beschaffenheit und Entwicklung der Region voraus. Aus diesem Grund ist die beschriebene Methodik zwar geeignet für eine gewichtete Analyse des Wachstums der jeweiligen Untersuchungsregion, eignet sich jedoch nicht, um eine Gewichtung innerhalb der Referenzregionen vorzunehmen. Die Einbeziehung solcher Referenzregionen ist jedoch nötig um die mögliche Führungsregion in den europäischen Kontext einzuordnen und so Aussagen darüber treffen zu können, ob das Wachstum einer Region überdurchschnittlich war. Um diese Problematik zu vermeiden und die Untersuchungsregionen trotzdem in Beziehung zu anderen Regionen setzen zu können, erfolgt der Abgleich mit der Wachstumsstärke anderer Regionen auf sektoraler Ebene. So werden die nationalen Produktionszahlen der relevanten Industrien zu gesamteuropäischen Werten addiert. Aus diesen Werten lassen sich dann durchschnittliche europäische Wachstumsraten der einzelnen Industrien ermitteln, welche wiederum mit den regionalen Wachstumsraten der ausgewählten Regionen verglichen werden können. In einem nächsten Schritt erfolgt dann die qualitative Bewertung dieser Ergebnisse. Wachsen Industrie A und B in der Region überdurchschnittlich stark, das Wachstum von Industrie C liegt jedoch unter dem europäischen Durchschnitt, dann muss anhand der zuvor erstellten Rangliste eine Gewichtung erfolgen. Ist Industrie C im Ver-

IV.I Konzept und Theorie

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gleich zu A nur von geringer Bedeutung und auch B hat ein deutlich höheres Gewicht in der Region als C, dann kann der Region ein insgesamt überdurchschnittliches Wachstum attestiert werden. In der Praxis wird sich eine solche Rangfolge eher als grobe Abschätzung darstellen. Da in der Regel zwar Daten über die quantitative Entwicklung einzelner Industriezweige, auch auf regionaler Ebene, vorliegen, diese jedoch selten für die gleichen Zeiträume zur Verfügung stehen, wird im Folgenden für die Analyse des Wachstums häufig die sogenannten Compound Annual Growth Rate (CAGR) genutzt werden. Die CAGR gibt das jährliche durchschnittliche Wachstum über einen bestimmten Zeitraum an, indem das Wachstum von Beginn des Betrachtungszeitraums bis zum Ende des Wachstumszeitraums ermittelt und anschließend gewissermaßen auf die dazwischen liegenden Jahre verteilt wird. Diese Art der Berechnung hat den Vorteil, dass auch das Wachstum von Sektoren, für die, aufgrund des Mangels an vollständigen Datenreihen, keine Zeiträume von ähnlicher Dauer herangezogen werden können, verglichen werden kann. Allerdings verschleiert die CAGR zwischenzeitliche Schwankungen oder Einbrüche ebenso wie Hochphasen. Aus diesem Grund spielt bei der Berechnung der CAGR die Auswahl des Zeitraums eine wesentliche Rolle. Wird die CAGR für die stärkste Wachstumsphase einer Region oder eines Gebiets berechnet, so fällt die jährliche durchschnittliche Wachstumsrate höher aus, als wenn zu Ende des Betrachtungszeitraums bereits ein Schrumpfungsprozess eingesetzt hat. In diesem Fall schlägt sich das vorherige Produktionshoch nicht in den berechneten durchschnittlichen Wachstumsraten nieder. Dies muss, dort wo mit CAGR gearbeitet wird, bei der Interpretation der Daten Berücksichtigung finden.

IV.I.III.II Große und wachsende Bedeutung Durch das, in Abschnitt IV.I.III.I behandelte, überdurchschnittliche Wachstum, erlangt ein Führungssektor, und analog hierzu eine Führungsregion, eine zunehmend große Bedeutung innerhalb der Volkswirtschaft. Eine Führungsregion sollte also einen bestimmten Anteil an der Produktion des industriellen Sektors aufweisen. Da weder ein europäisches Bruttosozialprodukt noch eine regionale Entsprechung zur Verfügung stehen, lässt sich der Anteil einer Region an der europäischen Wertschöpfung nicht ermitteln. Um die Stellung einer Region innerhalb der Wirtschaft Europas zu ermitteln, muss daher, wie schon bei der Ermittlung der Wachstumsstärke, auf alternative Methoden zurückgegriffen werden. Auch hier wird ein sektoraler Zugang gewählt und der prozentuale Anteil der regionalen Produktion an der gesamtwirtschaftlichen Produktion ermittelt, um so Informationen über die Stellung eines bestimmten regionalen Sektors in Bezug zu der gesamtwirtschaftlichen Produktion zu gewinnen. Dies sagt jedoch wenig über die Bedeutung der Region für den Prozess der Industrialisierung aus. Um von der Bedeutung der Region in einem bestimmten Sektor auf die Bedeutung der Region in der Industrialisierung schließen zu können, muss eine Gewichtung der untersuchten Sektoren hinsichtlich ihrer Bedeutung in-

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

nerhalb der europäischen Gesamtwirtschaft vorgenommen werden. Denn wenn eine Industrie in einer Region eine sehr hohe Bedeutung und einen großen Anteil an der europäischen Produktion hat, demselben Industriezweig jedoch innerhalb der europäischen Gesamtwirtschaft nur eine sehr geringe Bedeutung zukommt, dann kann nicht von einer hohen Bedeutung der Region innerhalb der europäischen Wirtschaft die Rede sein. Aus diesem Grund muss die Bedeutung einer Region durch ein vierschrittiges Verfahren bestimmt werden. Zuerst muss ein Sektor auf seine Bedeutung innerhalb der Region hin untersucht werden, anschließend muss der Anteil der regionalen Produktion an der gesamtwirtschaftlichen Produktionsmenge ermittelt werden. In einem dritten Schritt wird dann die Bedeutung des Sektors auf der gesamtwirtschaftlichen, in diesem Fall also der europäischen Ebene ermittelt. In dem vierten und letzten Schritt wird der ermittelte Anteil mit den Anteilen anderer Regionen verglichen, um das Ergebnis besser einordnen zu können. Bei der Auswahl dieser Referenzregionen muss jedoch, aufgrund des einleitend angesprochenen Mangels an empirischen Untersuchungen, sehr pragmatisch vorgegangen werden. Eine langwierige Ermittlung regionaler Vergleichsdaten würde den Rahmen einer ohnehin schon aufwendigen regionalen Analyse bei weitem sprengen. Zu Vergleichen herangezogen werden also Regionen für die sich aus bereits vorliegenden regionalen Analysen oder aus anderen Quellen empirische Daten heranziehen lassen.

IV.I.III.III Sinkende Preise durch Innovationen Rostow sieht die Durchsetzung einer veränderten Produktionsfunktion als eine zentrale Bedingung für das starke Wachstum eines Sektors, da diese zu einem Sinken der Angebotspreise beitragen kann und so die Produkte des Sektors stärker nachgefragt werden. Sinkende Preise sind demnach eines der Merkmale von Führungssektoren. Auch für das Wachstum einer Führungsregion ist es wichtig, dass die lokalen Produzenten ihre Güter zu einem günstigen Preis anbieten können. Der Veränderung der Produktionsfunktion wird dabei durch eine Innovation im Schumpeterschen Sinne ausgelöst. Zugrunde liegen kann demnach zum Beispiel eine Zunahme des Faktors technischer Fortschritt oder die Erschließung neuer Rohstoffquellen, bzw. die Nutzung bisher nicht verwendeter Rohstoffe. 20 Der technische Fortschritt ist dabei bestimmt als der Teil des Wachstums der ausgebrachten Mengen, der sich nicht auf eine verstärkte Einbringung der übrigen, bekannten Produktionsfaktoren zurück führen lässt und so zu einer Steigerung der Produktivität führt. Unter Produktivität versteht man „[...] das Verhältnis von Ausbringungsmenge (Output) zu Einsatzmenge an Produktionsfaktoren (Input).“21 Die Produktivität lässt sich sowohl für einzelne Unternehmen, Industriezweige als 20 Vgl. Schumpeter, Joseph: Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Eine Untersuchung über Unternehmergewinn, Kapital, Kredit, Zins und Konjunkturzyklus, Berlin 41934 (Nachdruck 1993), S. 100f. 21 Ohne Autor: Art. Produktivität, in: Das Lexikon der Wirtschaft. Grundlegendes Wissen von A bis Z (Schriftenreihe Bundeszentrale für politische Bildung 414), Bonn 2004, S. 42.

IV.I Konzept und Theorie

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auch für einzelne Produktionsabschnitte oder ganze Volkswirtschaften berechnen. Die totale Faktorproduktivität beschreibt dabei den Zusammenhang zwischen dem Produktionsergebnis und allen beteiligten Faktoren, während die partiellen Produktivitäten sich auf das Verhältnis zwischen der Ausbringungsmenge und einem bestimmten Produktionsfaktor, zum Beispiel Arbeit oder Kapital, konzentrieren. Weder für das Black Country noch für das Borinage stehen Daten zur Verfügung, die zu einer solchen Berechnung herangezogen werden könnten. Zwar existieren für einzelne Sektoren und Zeitpunkte Zahlen über die Menge der beschäftigten Arbeiter, der eingesetzten Maschinen oder der produzierten Güter, allerdings ist eine Bestimmung der Kapitalproduktivität, und damit auch die Berechnung der Residualgröße technischer Fortschritt, nicht möglich. Jedoch lassen die vorliegenden Daten punktuell eine näherungs- und teilweise Berechnung zu. So liegen zum Beispiel ausreichend Daten vor, um die Arbeitsproduktivität im Steinkohlenbergbau des Borinage für bestimmte Zeitpunkte zu berechnen. Im Fall des Black Country hingegen existieren für keinen der untersuchten Industriezweige ausreichend Daten für eine Berechnung der Produktivität. Auch eine Analyse der Preise der regional produzierten Güter ist schwierig. Wie in den Abschnitten IV.I.III.I und IV.I.III.II bereits erörtert, sind die Preise eine der quellentechnischen Achillesfersen von regionalhistorischen Analysen für die Frühzeit der Industrialisierung. Verfügbare Informationen über Preise existieren zumeist auf nationaler Ebene und sind aus diesem Grund nicht geeignet Aufschluss über Preisentwicklungen auf regionaler Ebene zu geben. Zudem existieren auch auf nationaler Ebene selten lückenlose Informationen über die Entwicklung der Preise verschiedener Produkte. Aus diesem Grund soll für diese Untersuchung von einer formalen Berechnung der Produktivität Abstand genommen werden. Statt dessen wird versucht qualitative Aussagen über solche technologischen Innovationen zu treffen, denen ein Einfluss auf die Produktionsfunktion und den Angebotspreis unterstellt werden kann. Hierbei wird zum einen die Entwicklung der einzelnen Industrien im Black Country und im Borinage untersucht, zum anderen fließt aber auch die Analyse der Infrastruktur in die Betrachtung mit ein. Denn die in Folge verbesserter Transportmöglichkeiten sinkenden Preise stellen die Grundlage für eine verstärkte Nachfrage nach den entsprechenden Produkten dar, diese Nachfrage bewirkt wiederum eine Steigerung der Produktion und ermöglicht so das überdurchschnittlich starke Wachstum des Sektors. Angewendet auf Regionen bedeutet dies, dass die in der Region produzierten Güter günstig auf den Absatzmärkten angeboten werden müssen um so einen hohen Absatz zu ermöglichen und in der Folge ein starkes Wachstum zu garantieren. Das Kriterium der sinkenden Preise kann bei regionaler Betrachtung demnach auch über die Indikatoren Transportkosten und Infrastruktur überprüft werden. Werden die Kosten für den Transport von Gütern gesenkt, können diese außerhalb der Region zu günstigeren Preisen angeboten werden und damit der Absatzmarkt vergrößert werden. Da auch der Preis eventuell zu importierender Rohmaterialien von den Transportkosten abhängig ist, kann auch hier durch eine Verbesserung der Infrastruktur eine Senkung der Gesamtkosten eines Produkts erzielt werden. Dies ist speziell bei schweren oder voluminösen Gütern, deren Wert in Relation zu ihrer Größe

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

und ihrem Gewicht eher gering ist, der Fall. Eine Senkung der Transportkosten dieser Güter erfolgte zuerst über die Schaffung eines Wasserstraßennetzes und später durch die Einführung der Eisenbahn. Der Transport von Steinkohle über eine Strecke von 10 Meilen (ca. 16 km) über Straßen verdoppelte den Preis der Kohle am Zielort, bei dem Transport von Kohle über Kanäle erreichten die Kosten für den Transport der Kohle die Höhe des Verkaufspreises am Verladeort erst nach etwa 200 Meilen (ca. 322 km).22 Sowohl im Fall des Borinage als auch des Black Country schlugen sich Transportkosten demnach stark in dem Preis der Waren nieder. Bei der Betrachtung von Regionen in denen die Produktion kleinerer aber qualitativ hochwertiger Güter dominiert, ist der Einfluss der Transportkosten auf den Preis der Produkte geringer und das hier angewendete Vorgehen lässt sich in solchen Fällen wahrscheinlich nicht adaptieren. Untersucht wird demnach in den Abschnitten IV.II.I.III und IV.II.II.III inwieweit die Produzenten der Regionen die Preise für ihre Güter auf den extraregionalen Märkten durch den Ausbau der Infrastruktur senken konnten und wie sich die Güterpreise in den relevanten Sektoren der beiden untersuchten Regionen als Folge von Veränderungen der Produktionsfunktion entwickelten. Da auch für diese Analyse mit einem Mangel an belastbaren Datenreihen zu rechnen ist, wird für den zweiten Teil auf bereits existierende sektorale Untersuchungen zurückgegriffen und diese im Zusammenhang der spezifischen regionalen Rahmenbedingungen diskutiert, während im ersten Teil der Ausbau der Infrastruktur als Indikator für sinkende Transportkosten herangezogen werden wird.

IV.I.III.IIII Kopplungseffekte Die Kopplungseffekte sind das wichtigste Merkmal eines Führungssektors, da nur mit Hilfe dieser Mechanismen Wachstum auch über die Lebensdauer eines Sektors hinaus sicher gestellt werden kann und der Sektor durch diese Effekte zudem auch sein Umfeld verändert. Empirisch nachgewiesen wurde die Existenz solcher Kopplungseffekte unter anderem von Deane für die englische Baumwollindustrie oder von Carl-Ludwig Holtfrerich für den Ruhrkohlenbergbau.23 In der Geschichte der europäischen Industrialisierung kam den regionalen Kopplungseffekten eine besondere Rolle zu. Entwickelten sich die Regionen eigentlich relativ unabhängig voneinander und jeweils in Abhängigkeit ihrer spezifischen Faktorausstattung, stellten die Kopplungseffekte das Verbindungsglied zwischen den einzelnen Regionen dar. Entwicklungen in einer Region blieben nicht ohne Folgen für andere Regionen. In ihrem Ergebnis wirkten die Kopplungseffekte damit als Motor der regionalen Entwicklung. So hat Sidney Pollard die Bedeu22 Vgl. zu diesen Angaben Turnbull, Gerard: Canals, coal and regional growth during the Industrial Revolution, in: Economic History Review 40:4 (1987), S. 537–560, S. 547 (Im Folgenden zitiert als Turnbull, Canals). 23 Deane, Phyllis: Die Baumwollindustrie, in: Braun, Rudolf und Fischer, Wolfram u.a. (Hg.): Industrielle Revolution. Wirtschaftliche Aspekte, Köln 1972, S. 343–355 und Holtfrerich, Ruhrkohlenbergbau.

IV.I Konzept und Theorie

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tung der Ungleichzeitigkeit der Entwicklung der einzelnen Regionen hervorgehoben: Stockte die Entwicklung in einer Region, kam oft ein neuer Impuls in Form einer neuen Technologie oder eines neuen Produkts aus einer anderen Region. Wie in einem System von Zahnrädern trieben sich die Regionen so immer wieder gegenseitig an und schafften so eine nicht abreißende Kette von Innovationen, die ihrerseits langfristiges Wachstum und wirtschaftliche Entwicklung ermöglichte. Wie bereits in Abschnitt IV.I.II dargestellt, teilen sich die Kopplungseffekte in Effekte der Rückwärts-, Seitwärts- und Vorwärtskopplung. Die Rückwärtskopplungseffekte eines Sektors werden durch dessen stark wachsende Nachfrage nach Inputprodukten ausgelöst. Im Fall einer Region könnte die starke Nachfrage eines regionalen Wachstumssektors durch den Import entsprechender Inputprodukte aus anderen Regionen befriedigt werden, wodurch diese Region durch die starke Nachfrage einen externen Wachstumsschub als Effekt der Rückwärtskopplung erfahren konnte. Auch der Ausbau von Hafenanlagen oder Transportwegen in einer Stadt außerhalb der betrachteten Region kann durch einen Rückwärtskopplungseffekt ausgelöst worden sein, falls diese Infrastruktur z.B. dem Verladen, Transport oder der Lagerung von Gütern aus der betreffenden Region dient. Bildet sich, ausgehend von der Beschäftigung mit den aus der ursprünglich betrachteten Region stammenden Produkten in der anderen Region eine Dienstleistungsindustrie oder ähnliches heraus, kann man von einem Effekt der Vorwärtskopplung sprechen. Effekte der Vorwärtskopplung liegen auch vor, wenn die Produkte aus einer Region an einem Ort außerhalb dieser Region als Inputprodukt Verwendung finden. Exportierte Kohle kann zum Beispiel als Grundlage für den Aufbau von Industrien in anderen Regionen dienen oder auch die Versorgung der Bevölkerung in Großstädten ermöglichen. Der Bau von Kanälen oder Eisenbahnen kann auch als Effekt der Vorwärtskopplung einer Region gelten. Auch wenn diese Projekte in der Regel regional geplant und finanziert sind, können die neu entstandenen Verkehrswege auch von Produzenten aus anderen Regionen genutzt werden, die hierdurch neue Absatzgebiete für ihre Produkte erschließen können. Die Effekte der Seitwärtskopplung einer Region zeigen sich in der Konsolidierung der durch die übrigen Kopplungseffekte ausgelösten Entwicklungen. Von der betrachteten Region ausgehend, werden die neuen Produktionsweisen und die Akzeptanz der veränderten Wirtschaftsstruktur und Lebensbedingungen auch in andere Regionen getragen und verändern so auch die Gebiete im direkten und entfernten Umfeld der Region. Die Kopplungseffekte einer Region sind jedoch nicht messbar, entsprechend kann nur eine qualitative Bewertung erfolgen. Im Folgenden wird gezeigt, wie sich die Effekte der Vorwärts-, Rückwärts- und Seitwärtskopplung bei Wirtschaftsregionen nachweisen lassen, in welcher Form diese Effekte auftreten und nach welchen Maßstäben eine Bewertung erfolgen kann. Hierbei werden nicht die einzelnen Kopplungseffekte nacheinander abgearbeitet, vielmehr werden einzelne empirische Beispiele systematisch auf das Vorliegen von Kopplungseffekten untersucht.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

IV.II DAS BLACK COUNTRY UND DAS BORINAGE ALS FÜHRUNGSREGIONEN In den folgenden Abschnitten IV.II.I und IV.II.II erfolgt die Operationalisierung des in Abschnitt IV.I.III vorgestellten Ansatzes auf die zwei Untersuchungsregionen. Mit Hilfe des Konzeptes soll geprüft werden, ob es sich bei den Wirtschaftsregionen Borinage und Black Country um Führungsregionen der Industrialisierung in Europa handelte. Für die Analyse des Wachstums und der Bedeutung einer Region wird ein entsprechender Referenzrahmen zur Einordnung der Ergebnisse benötigt Da das Wachstum einer Führungsregion überdurchschnittlich und die Bedeutung hoch ist, müssen andere Gebiete oder Regionen zum Vergleich bzw. zur Berechnung durchschnittlicher Wachstumsraten herangezogen werden. Die Auswahl der zum Vergleich herangezogenen Regionen bedarf ebenso einer Erläuterung wie die Wahl bestimmter Zeitpunkte für die vorgenommenen Vergleiche. Letzterer bestimmt sich oft durch die verfügbaren empirischen Daten, deren lückenhafter Charakter oft eine kontinuierliche Darstellung der Entwicklung verhindert und zu der Betrachtung einzelner Zeitpunkte zwingt. Als Vergleichsregionen wurden solche Regionen gewählt, die ihrerseits das Potential haben Führungsregionen zu sein, also zumindest in Bezug auf einen der betrachteten Industriezweige eine herausragende Position inne haben. Folglich können sich die zum Vergleich herangezogenen Regionen in Abhängigkeit des jeweils zu analysierenden Industriezweigs unterscheiden. Aufgrund des bereits vorab angesprochenen Mangels an empirischen regionalen Analysen konnte zum Vergleich nur selten auf Wirtschaftsregion – im Sinne der regionalen Wirtschaftsgeschichte definierte und abgegrenzte Regionen – zurückgegriffen werden. Aus diesem Grund wird oft auf die Bezeichnung Region verzichtet und stattdessen von Gebieten oder Distrikten gesprochen, diese bezeichnen ein begrenztes Gebiet mittlerer Größe, oft handelt es sich um administrative Einheiten wie Grafschaften oder Regierungsbezirke. Die Heranziehung solcher räumlichen Gebilde führt zu Unschärfen beim dem Vergleich mit Wirtschaftsregionen, da im Fall der Messung der Wachstumsstärke ein zu weit gefasstes Untersuchungsgebiet die Höhe der Wachstumsraten negativ beeinflussen kann. Neben einem stark wachsenden Kern können auch langsamer wachsende oder schrumpfende umliegende Bereiche zu dem Untersuchungsgebiet gehören. Hierdurch wird das Wachstum in einem solchen Gebiet im Vergleich zu dem einer Wirtschaftsregion, bei der solch ein Umland bei der Abgrenzung unter Umständen weggefallen ist, vermutlich unter- oder überschätzt. Eine andere Art der Unschärfe kann bei der Analyse der Bedeutung einer Region innerhalb einer nationalen Volkswirtschaft auftreten. Hier kann ein Untersuchungsgebiet, welches weiter gefasst ist, als es eine Wirtschaftsregion in diesem Bereich wäre, dazu führen, dass die Bedeutung des Untersuchungsgebietes höher ist als es die einer entsprechend definierten Wirtschaftsregion wäre. Hier sind Wirtschaftsregionen demnach unter Umständen unterschätzt. Möglich ist jedoch auch, dass eine Region sich über mehrere Verwaltungseinheiten erstreckt oder sich aus Teilen mehrerer administrativer Gebilde zusammensetzt. In diesem Fall führt die nicht erfolgte Definition dazu, dass eine Wirtschaftsregion auseinandergeris-

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

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sen und in mehreren Teilen betrachtet wird. Die Bedeutung dieser Region kann durch die getrennte Betrachtung der vorgegebenen Gebiete verschleiert werden. Abhilfe für dieses Problem kann nur die weitere Forschung auf dem Gebiet der regionalen Wirtschaftsgeschichte bieten. Da die Definition einer Wirtschaftsregion eine tiefe Kenntnis über die wirtschaftlichen Zusammenhänge in der jeweiligen Region erfordert, kann eine solche Arbeit nicht zusätzlich zu der eigentlichen empirischen Analyse geleistet werden. Zur Einordnung der Entwicklung der beiden Regionen in den europäischen Kontext erfolgt zuerst eine Definition dessen, was im weiteren Verlauf unter dem Begriff Europa verstanden werden soll. Der europäische Kontinent ist Teil der westlichen Halbinsel Asiens und wird üblicherweise als der Bereich zwischen Atlantik und Ural verstanden, der im Norden von Barentssee und Nordmeer und im Süden vom Schwarzen Meer, dem Kaukasus, dem Bosporus und dem Mittelmeer begrenzt wird.24 Eine genaue Definition des Europäischen Kontinents ist jedoch ebenso wenig existent wie ein Konsens darüber, welche Teile des Kontinents unter dem Begriff Europa zu fassen sind, da auch die geographischen Grenzen auf kulturellen Identifikationsprozessen beruhen. Ebenso wie die Wahrnehmung von Europa sind demnach auch ihre Grenzen im Laufe der Zeit Wandlungen unterworfen. Vorliegende Untersuchung orientiert sich bei der Definition dessen, was als europäischer Vergleichsrahmen verstanden wird, an der vorgestellten Grenzziehung, die auch im 18. Jahrhundert in dieser Form schon Gültigkeit hatte. 25 Einbezogen wird auch Russland, auch wenn dessen Zugehörigkeit zu Europa im 18. und 19. Jahrhundert umstritten war.26 Russland war ein für Großbritannien wichtiger Produzent von Stabeisen. Dominierte zu Beginn des 18. Jahrhunderts noch schwedisches Eisen die britischen Importe, so nahm die Einfuhr von russischem Eisen im Lauf des Jahrhunderts stetig zu und 1865 bezog Großbritannien den größten Teil ihres importierten Eisens aus Russland.27 Auf Basis der, wenn auch umstrittenen zeitgenössischen Bestimmung des Ural als östliche Begrenzung Europas, sowie der Tatsache, dass die russische Produktion in das zentraleuropäische Handelssystem eingebunden war, wird Russland als Teil Europas betrachtet. Neben Russland, welches die östliche Begrenzung bildet, werden im Folgenden unter dem Begriff Europa die zentral-, osteuropäischen und skandinavischen Staaten, die Schweiz, Spanien, Italien sowie die Gebiete des Kaisertum Österreich, bzw. Österreich-Ungarns subsumiert.

24 Ohne Autor: Art. Europa, in: Schubert, Klaus/Klein, Martina: Das Politiklexikon. Begriffe. Fakten. Zusammenhänge, Bonn6 2016, gesichtet auf http://www.bpb.de/popup/popup_lemmata.html?guid=ED7WTL (12.09.2016). 25 Vgl. hierzu Quenzel, Gudrun: Konstruktionen von Europa. Die europäische Identität und die Kulturpolitik der europäischen Union, Bielefeld 2005, S. 98f. 26 Vgl. zur Akzeptanz Rußlands als Teil von Europa: Schmale, Geschichte Europas, Wien u.a. 2001, S. 55f. 27 Vgl. hierzu Harris, British iron, S. 50f.

214

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

IV.II.I Das Black Country als Führungsregion Aufgrund fehlender Informationen über die Höhe und Verteilung erwirtschafteter Umsätze erfolgt die Gewichtung der Industrien anhand des Anteils an Beschäftigten in dem jeweiligen Bereich. Eine Gewichtung ist nötig, um von einem Industrie- oder Produktionszweig über dessen Bedeutung in der Wirtschaftsregion auf deren Entwicklung schließen zu können. Um eine fehleranfällige Extraktion der verschiedenen Berufe aus den Zählbögen der Volkszähler zu vermeiden, basiert die Wertung auf Angaben zu der Berufsverteilung in den größeren Städten und Gemeinden Großbritanniens aus der Veröffentlichung der Ergebnisse des Zensus von 1841. Dort aufgeführt und damit im Folgenden berücksichtigt wurden die Gemeinden Dudley, Old Swinford, Kingswinford, Sedgley, Tipton, Walsall und West Bromwich sowie die Städte Halesowen, Langeley, Oldbury (alle in der Gemeinde Halesowen), Bilston und Wolverhampton (beide in der Gemeinde Wolverhampton). In die Gewichtung nicht einbezogen wurden demnach die Gemeinden Darlaston, Harborne, Himley, Kinver, Rowley Regis, Rushall, Wednesbury, Wolverley und Wombourne sowie die Gemeinde Wolverhampton. Tabelle 35: Verteilung der Erwerbspersonen auf die wichtigsten Industriezweige in ausgewählten Städten und Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country, 1841 Anzahl Erwerbspersonen beschäftigt Bergbau

Anteil an Gesamtzahl der Erwerbspersonen in %

10.185

19,1

Eisenindustrie

4.370

8,2

Eisenverarbeitung

6.694

12,6

702

1,3

1.078

2,0

Schiffer

469

0,9

Ziegler

629

1,2

Arbeiter

6.795

12,7

Andere

22.404

42,0

Glasmacher Maschinenbauer & Mechaniker

Eigene Berechnung; Daten aus HCPP, 1844 (587).

Wie Tabelle 35 zeigt, waren 19 % der männlichen erwachsenen Bevölkerung im Bergbau beschäftigt, acht Prozent in der Eisenindustrie und 13 % in der Eisenverarbeitung. Weitere 13 % wurden als nicht näher spezifizierte Labourer geführt, es ist jedoch davon auszugehen, dass diese auch zum großen Teil in einer der oben aufgezählten Branchen beschäftigt waren. Festzuhalten ist, dass der Bergbau die wichtigste der drei Schlüsselindustrien war und mehr als doppelt so viele Arbeiter beschäftigte wie die Eisenindustrie. Die Eisenverarbeitung stand in puncto Anzahl der Beschäftigten zwischen Bergbau und Eisenindustrie. Allerdings ist hier von einem nicht unerheblichen Anteil an Frauen und Kindern auszugehen, die ebenfalls

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

215

in diesem Bereich arbeiteten, jedoch in der Aufstellung im Zensus keine Berücksichtigung fanden. Die Glasindustrie spielte im Vergleich zu den anderen Industriezweigen eine eher untergeordnete Rolle in der Wirtschaft des Black Country, jedoch muss von einer hohen Bedeutung der lokalen Glasproduktion für Großbritannien ausgegangen werden, weswegen der Glasindustrie ein Abschnitt in der Analyse der Bedeutung der Wirtschaftsregion Black Country gewidmet wurde. Bei der abschließenden Wertung wurde jedoch berücksichtigt, dass die Stellung der Glasproduktion innerhalb der Region von eher untergeordneter Bedeutung ist.

IV.II.I.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum IV.II.I.I.I Die Eisenindustrie Wie bereits im vorherigen Kapitel dargestellt, begann ab 1797 eine starke Zunahme der Roheisenproduktion im Black Country, die sich bis in das Jahr 1856 fortsetzte. Unterbrochen wurde diese Phase starken Wachstums lediglich von einem kurzen Einbruch in den 1840er Jahren. Auf diese fast sechs Dekaden andauernde starke Wachstumsphase, folgte eine relativ kurze Periode, die sich über lediglich fünf Jahre erstreckte und durch eine rapide Abnahme der produzierten Mengen charakterisiert war. Am Ende dieser Phase, im Jahr 1861, befand sich die Roheisenproduktion des Black Country wieder auf dem Niveau von 1840. Zwischen 1861 und 1873 verzeichnete die Roheisenproduktion noch einmal zwei Phasen zunehmender Produktion, die jedoch jeweils nur etwa drei Jahre andauerten. Nach dem letzten kurzen Hoch in 1871 begann die Produktionsmenge deutlich abzunehmen und pendelte sich auf einem Niveau zwischen 300.000 t und 400.000 t ein. Dies entsprach in etwa der Ende der 1830er Jahre produzierten Mengen Roheisens. Im Folgenden wird untersucht, ob das beschriebene Wachstum der Roheisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country überdurchschnittlich stark war und das Wachstumstempo entsprechend über dem der übrigen europäischen Roheisenproduzenten lag. Hierzu wird die quantitative Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country zuerst in den nationalen Kontext eingeordnet. Abbildung 25 zeigt, dass die Roheisenproduktion in Großbritannien während des 19. Jahrhunderts ebenfalls ein Wachstum verzeichnete, die Hochzeiten der Produktion jedoch nicht mit denen des Black Country zusammenfallen. Vor allem in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahm die Produktion hier sehr viel stärker zu als in Großbritannien. Während hier die produzierten Roheisenmengen weiter steigen, setzt sich das Wachstum im Black Country in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht fort.

216

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Abbildung 25: Quantitative Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1900

Vgl. für DatenTabelle A.1, S. 282 und Tabelle A.15, S. 299.

Abbildung 26 zeigt die Entwicklung der Roheisenproduktion im Black Country im Kontext der britischen Roheisenproduktion unter Zuhilfenahme der jährlichen Wachstumsraten. Anders als bei der CAGR wird hier der jeweilige prozentuale Anstieg von einem Jahr zum nächsten dargestellt. Trotz der starken Schwankungen ist zu erkennen, dass die nationalen jährlichen Wachstumsraten in der Zeit von 1750 bis 1782 über denen des Black Country lagen. In diese Zeitspanne fiel zwar die mit 226 % höchste jährliche Wachstumsrate des Black Country und in 1771 ein weiterer hoher Wert von 27 %, jedoch handelte es sich hierbei lediglich um einzelne Ausreißer. Erst in den 1780er Jahren erreichte die Roheisenproduktion im Black Country regelmäßige jährliche Steigerungen des Outputs, die dann zumeist auch über den Produktionszuwächsen auf nationaler Ebene lagen. Nach 1797nahm die Produktion stetig zu. Da beide Kurven einen sehr unregelmäßigen Verlauf aufweisen, wird untenstehende Abbildung 27 aufgrund der erhöhten Übersichtlichkeit zur Analyse herangezogen. Hier sind die Wachstumsraten der Roheisenp im Black Country und in Großbritannien über den Zeitraum von jeweils fünf Jahren abgebildet. Deutlich wird hier, dass die Roheisenproduktion im Black Country in sieben der zwölf abgebildeten Zeiträume in stärkerem Maße wuchs als die nationale Produktion. Diese nahm jedoch lediglich während einem der übrigen fünf Zeiträume erheblich

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

217

stärker zu als die des Black Country. So stieg die nationale Roheisenproduktion zwischen 1775 und 1880 um 26 % an, während im Black Country keine Zunahme der Produktion zu verzeichnen war. In den übrigen vier Perioden betrug die Differenz zwischen den Wachstumsraten Großbritanniens und denen des Black Country zwischen fünf und elf Prozentpunkten. Abbildung 26: Jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1810

Vgl. für Daten Tabelle A.2 auf S. 286 und Tabelle A.15 auf S. 299.

Zwischen 1790 und 1795 wies das Black Country mit 35 % eine ähnliche Wachstumsrate auf wie Großbritannien mit 33 %, in den folgenden sechs Zeiträumen lag die Wachstumsrate des Black Country im Durchschnitt um 70 Prozentpunkte über der nationalen Wachstumsrate. Die größte Abweichung betrug hierbei 182 Prozentpunkte, die geringste Abweichung lag in der Zeit zwischen 1790 und 1795 bei zwei Prozentpunkten. In den fünf Perioden, in denen die nationale Wachstumsrate höher war als die des Black Country, lag diese um durchschnittlich 11,8 Prozentpunkte höher. In der Zeit von 1750 bis 1810 wuchs die Roheisenproduktion im Black Country demnach stärker als auf nationaler Ebene. Auch wenn in fünf der elf Betrachtungsperioden die nationalen Wachstumsraten über denen des Black Country lagen, so war die Differenz zwischen den Werten hier erheblich niedriger als in den Zeiten, in denen die Produktion im Black Country stärker wuchs als in Großbritannien. Für die Zeit bis 1810 kann demnach ein überdurchschnittliches Wachstum der Roheisenproduktion des Black Country konstatiert werden.

218

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Abbildung 27: Fünfjährige Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1810

Vgl. für Daten Tabelle A.2 auf S. 286 und Tabelle A.15 auf S. 299.

Zwischen 1810 und 1825 nahm die Roheisenproduktion im Black Country um 130 % zu und wuchs damit deutlich stärker als die nationale Roheisenproduktion. In den folgenden 15 Jahren erfolgte im Black Country eine Steigerung der Produktion um 135 %, das Wachstumstempo war demnach etwas höher als in der vorangegangenen Periode, lag aber unter dem in Großbritannien (140 %). Von 1840 bis 1855 wuchs die Roheisenproduktion im Black Country um 85 %, blieb in diesem Zeitraum jedoch deutlich unter der Zunahme von 130 % in Großbritannien zurück. Abbildung 28 vergleicht die jährlichen Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country mit den nationalen Wachstumsraten von 1854 bis 1899. Die nationalen Wachstumsraten sind in dem, in Abbildung 28 dargestellten, Diagramm als Balken unter der Kurve des Black Country eingezeichnet. Von 1855 bis 1856 nahm die Roheisenproduktion im Black Country zwar zu, allerdings bewegte sich das Wachstum im Black Country unter dem nationalen Niveau. Während die Eisenproduktion im Black Country zwischen 1857 und 1861 stark zurück ging, lag das Wachstum der Roheisenproduktion in 1862, 1863 und 1865 weit über den nationalen Wachstumsraten, während die Wachstumsraten von 1863/64 und 1865/66 deutlich negativ von denen Großbritanniens abwichen. Insgesamt übertrumpfte die Rate des Black Country die nationale lediglich zu sechs Zeitpunkten (1864-65, 1865-66, 1870-71, 1887-88, 1890-91 und 1895-96). Für die

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

219

zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts kann demnach nicht von einem überdurchschnittlichen Wachstum gesprochen werden. Dies bestätigt auch ein erneuter Blick in Abbildung 25 auf Seite 216. Diese stellt keine Wachstumsraten, sondern die absolute Entwicklung der Roheisenindustrie dar und zeigt deutlich die einzelnen kurzen Produktionsanstiege, die von einem starken und dauerhaften Rückgang der Produktion gefolgt werden. Abbildung 28: Jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1855–1899

Vgl. für Daten Tabelle A.2 auf S. 286 und Tabelle A.15 auf S. 299.

Abbildung 29 gibt einen Überblick über die Entwicklung während des gesamten Untersuchungszeitraums. Berechnet wurde jeweils das Wachstum für Perioden von 15 Jahren, da die für diese Darstellung benötigten Daten ausnahmslos verfügbar sind. Deutlich ist das enorme Wachstum der Roheisenproduktion im Black Country bis 1810 zu sehen. Obwohl auch auf nationaler Ebene hohe Wachstumsraten realisiert wurden, übertraf das Wachstum im Black Country das nationale Wachstum – mit einer Ausnahme (1765–1780) – bei weitem. Dies ist auch von 1810 bis 1825 der Fall, auch wenn in diesem Zeitraum das Wachstum der Roheisenproduktion im Black Country mit 130 % deutlich unter den in der vorherigen Periode erreichten 491 % lag. Von 1825 bis 1840 lag die Wachstumsrate der Roheisenproduktion im Black Country (135 %) knapp unter der nationalen Rate (140 %) und verlor in den folgenden Zeiträumen immer stärker gegenüber der britischen Wachstumsrate. Deutlich wird dies auch bei einem Blick auf die CAGR.

220

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Mit Ausnahme einer Periode lag die CAGR des Black Country deutlich über der britischen CAGR, bis die CAGR des Black Country deutlich unter die nationale CAGR fiel. Abbildung 29: Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country und in Großbritannien, 1750–1900

Vgl. für Daten Tabelle A.2 auf S. 286 und Tabelle A.15 auf S. 299.

Für eine Einordnung der Wachstumsstärke der Roheisenproduktion des Black Country in den nationalen Kontext, ist ein Vergleich mit den britischen Daten jedoch nicht ausreichend. So können sich hinter den britischen Daten auch weitere stark wachsende Regionen verbergen, deren Entwicklung durch die Einbeziehung der Produktionszahlen weniger stark wachsender Gebiete verschleiert wird. Eine Überprüfung der Wachstumsstärke der Roheisenproduktion des Black Country muss entsprechend auf regionaler Ebene erfolgen. Aus diesem Grund zeigt Tabelle 36 die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten in ausgewählten britischen Gebieten und erlaubt so eine differenzierte Betrachtung des Wachstums in oben genanntem Zeitraum. Die Compound Annual Growth Rate (CAGR), 28 des Black Country lag in den 60 Jahren zwischen 1796 und 1856 bei 7,26 %. Das bedeutet, dass die Roheisenproduktion des Black Country in jedem dieser 60 Jahre im Durchschnitt um 7,26 % wuchs. 28 Die CAGR gibt das jährliche durchschnittliche Wachstum über einen bestimmten Zeitraum an, zwischenzeitliche Schwankungen werden nicht berücksichtigt.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

221

Tabelle 36: Wachstum der Roheisenproduktion in ausgewählten britischen Gebieten, 1796–1856 Produktion 1796/1800 (in t) Black Countrya Northumberland & Durham Yorkshire

c b

Shropshire

South Wales

b

Schottlandb Großbritannien

b

b

Produktion 1856/1852 (in t)

CAGR

Wachstumsrate

12.647

789.642

7,26%

6.144%

3.378

182.888

7,98%

5.314%

21.661

56.899

2,44%

163%

42.152

121.926

2,06%

189%

64.183

676.687

4,63%

954%

21.969

787.436

7,13%

3.484%

212.000

2.744.000

5,05%

1.194%

a) Berechnung für Black Country von 1796 bis 1856; b) Berechnung von 1800 bis 1852; c) Berechnung für Yorkshire von 1800 bis 1840; Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.8, Tabelle A.11, Tabelle A.12, Tabelle A.13, Tabelle A.14 und Tabelle A.15.

Von den übrigen britischen Revieren wies zu dieser Zeit nur das Revier im Nordwesten Englands, bei Northumberland and Durham, mit knapp acht Prozent ein höheres durchschnittliches Wachstum als das Black Country auf, während das Wachstum der schottischen Roheisenproduktion mit jährlichen Zuwächsen um sieben Prozent knapp hinter dem des Black Country zurückblieb. Die Zunahme der gesamten britischen Roheisenproduktion lag in dieser Zeit bei etwa fünf Prozent jährlich. Da für diese Berechnung der Zeitraum gewählt wurde, in welchem die Roheisenproduktion im Black Country ihre stärkste Wachstumsphase erlebt und das Enddatum des Betrachtungszeitraums zugleich das Maximum der Roheisenproduktion in der Region markiert, ist obenstehende Tabelle 36 nicht dazu geeignet, vergleichende Aussage über das Wachstum der anderen Reviere in ihren jeweiligen stärksten Wachstumsphasen treffen. Gleiches gilt für die ebenfalls in Tabelle 36 angegebene Wachstumsrate: Insgesamt nahm die Roheisenproduktion im Black Country von 1796 bis 1856 um über 6.000 % zu, während der Zuwachs der britischen Roheisenförderung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts bei knapp 1.200 % lag. Jedoch muss auch hier berücksichtigt werden, dass durch die Auswahl des Zeitraums das jährliche durchschnittliche Wachstum des Black Country im Vergleich zu dem der anderen Gebieten tendenziell überschätzt wird. Tabelle 37 hingegen zeigt die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten verschiedener britischer Reviere für die Dekaden von 1750 bis 1890 und relativiert so die Überbewertung des Wachstums der Eisenindustrie im Black Country. Zum Vergleich sind hier die entsprechenden Daten der eisenproduzierenden Gebiete in Shropshire, South Wales, dem Nordosten Englands und Schottland aufgeführt. Bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts weist das Black Country auch bei dieser Datenzusammenstellung ein hohes Wachstumstempo auf, auch wenn andere dieser eisenproduzierenden Gebiete häufig ähnlich starke Wachstumsraten verzeichneten.

222

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Tabelle 37: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion in ausgewählten britischen Revieren, 1750–1890 Black Country

Northumberl. & Durham

Shropshire

South Wales

Schottland

1750-1760

12,61%

1,80%

16,47%

4,14%

1760-1770

0,00%

-0,68%

0,74%

3,39%

15,26%

1770-1780

1,19%

0,22%

5,65%

2,00%

1,95%

1780-1790

11,70%

-4,94%

3,60%

3,77%

10,03%

1790-1800

15,43%

-0,70%

3,98%

12,93%

5,71%

1800-1810

6,59%

-3,78%

3,85%

4,76%

2,99%

1810-1823

4,49%

0,39%

-0,34%

-38,47%

-1,30%

1823-1830

6,37%

12,20%

3,44%

184,88%

6,27%

1830-1840

22,50%

7,52%

1,20%

6,16%

20,45%

1840-1852

4,93%

26,23%

3,15%

2,33%

10,22%

1852-1860

-5,29%

8,58%

1,92%

3,82%

1,92%

1860-1870

2,29%

5,65%

-2,54%

0,10%

2,56%

1870-1880

-4,17%

0,54%

-2,37%

-0,95%

-1,39%

1880-1890

-1,82%

1,57%

-6,93%

-0,76%

-3,47%

Vgl. für Daten Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.8, Tabelle A.11, Tabelle A.12 und Tabelle A.13.

Da für einige Regionen auf dem Kontinent empirische Analysen zur Verfügung stehen, ist hier ein Vergleich mit der Entwicklung der Roheisenproduktion des Black Country möglich. Tabelle 38 gibt die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate Oberschlesiens für zwei Zeiträume an. Der erste Zeitraum geht von 1796 bis 1856 und deckt sich damit mit der Hauptwachstumsphase der Roheisenindustrie des Black Country, der zweite Zeitraum umfasst selbige Phase der oberschlesischen Roheisenproduktion. Für diese Phase wurde das Jahr 1821 als Startpunkt und das Jahr 1858, in welchem die Roheisenproduktion in Oberschlesien ihr Maximum erreicht, als Endpunkt gewählt. Vor 1821 gab es zwar schon Zeiträume höheren Wachstums in Oberschlesien, jedoch schwankte die Produktion stark und erst ab den 1820ern kann von einem kontinuierlichen Wachstum der Roheisenproduktion gesprochen werden. Da keine Daten für das Jahr 1797 zur Verfügung stehen, musste für die Analyse des Wachstums zur Zeit der Hauptwachstumsphase des Black Country der Betrachtungszeitraum im Fall Oberschlesiens um ein Jahr erweitert werden und das Jahr 1796 als Startjahr gewählt werden. Wie in Tabelle 38 zu sehen, lag das jährliche durchschnittliche Wachstum der oberschlesischen Roheisenproduktion in dem Zeitraum von 1796 bis 1856 bei 2,69 %. Während ihrer Hauptwachstumsphase

223

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

von 1821 bis 1858 realisierte die Region Oberschlesien durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von 4,94 %. Die CAGR beider Zeiträume lagen damit deutlich unter den im Black Country erreichten Wachstumsraten. Tabelle 38:Jährliche durchschnittliche Wachstumsraten der Roheisenproduktion in Oberschlesien, 1796–1856 Produktion 1796 (in Ztr.) 296.145

Produktion 1856 (in Ztr.) 1.458.894

CAGR 1796, 1856

Produktion 1821 (in Ztr.)

2,69%

316.820

Produktion 1858 (in Ztr.) 1.885.239

CAGR 1821, 1858 4,94%

CAGR berechnet nach Daten aus Siemaszko, Oberschlesisches Eisenhüttenwesen, S. 39 und S. 43.

Die Entwicklung und das Wachstum der Eisenindustrie in der Wirtschaftsregion Saar lässt sich vor 1815 nicht quantitativ fassen.29 Für die Zeit von 1815 bis 1913 betrug die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der Roheisenproduktion in der Saarregion, wie untenstehende Tabelle 39 zeigt, etwa 6,5 % und lag damit etwa 0,75 Prozentpunkte unter der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate die das Black Country in der Zeit von 1797 bis 1856 erreichte (Tabelle 36 auf Seite 221). Tabelle 39:Jährliche durchschnittliche Wachstumsrate der Roheisenproduktion in der Saarregion, 1815–1913 Produktion 1815 (in t)

Produktion 1913 (in t) 2.924

1.370.980

CAGR 1815, 1913 6,48%

CAGR berechnet nach Daten aus Banken, Saarregion 1815–1914, Anhang Tabelle A21 (CDROM).

Das Wachstum der Roheisenproduktion im Black Country kann demnach sowohl im Verhältnis zu dem Wachstum der britischen Roheisenproduktion als auch in Relation zu dem Wachstum in zwei kontinentaleuropäischen Regionen als überdurchschnittlich stark gelten.

IV.II.I.I.II Der Bergbau Beginnend am Ende des 18. Jahrhunderts nahm die Förderung von Steinkohlen in der Wirtschaftsregion Black Country stark zu. Dieses Wachstum setzte sich – mit einigen Einbrüchen – bis 1870 fort, bevor die geförderten Mengen zu sinken begannen. Wie in Abbildung 30 zu sehen, erfuhr auch die gesamte britische Förderung im 18. und 19. Jahrhundert einen Anstieg. Um zu prüfen, ob die Kohleförde29 Vgl. Banken, Saarregion 1815–1850, S. 233f.

224

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

rung im Black Country überdurchschnittlich stark wuchs,, wird die Entwicklung der Förderzahlen für die Zeit bis zu dem Rückgang der jährlich geförderten Mengen zuerst in den nationalen und anschließend in den europäischen Kontext eingeordnet. Abbildung 30: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Black Country und in Großbritannien, 1700–1900

Vgl. für Daten Tabelle A.22 auf S. 311 und Tabelle A.25 auf S. 312.

Tabelle 40 zeigt die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten der Kohleförderung im Black Country und in Großbritannien. 30 Bei der Angabe zu der Fördermenge für das Black Country im Jahr 1750 handelt es sich um eine Schätzung, die auf der Annahme basiert, dass sich das Verhältnis der in North und South Staffordshire geförderten Kohlenmengen zueinander in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht verändert hat.31 Aus diesem Grund wird neben der differenzierten Betrachtung des Wachstums in der ersten und der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auch das Wachstum zwischen 1700 und 1798 analysiert, da für diese zwei Zeitpunkte auf belastbare Daten zurückgegriffen werden kann. Legt man diese beiden Werte zugrunde, ergibt sich für das Black Country zwischen 1700 und 1798 ein durchschnittliches jährliches Wachstum der Kohlenförderung von 2,5 %, während in Großbritannien die geförderten Mengen um jährlich 1,6 % zunahmen. Bezieht man die geschätzte Fördermenge für 1750 in die Analyse ein, zeigt sich, dass das durchschnittliche jährliche Wachstum der Kohleförderung im Black Country in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts geringer ausfiel als auf nationa30 Bedingt durch die Datenlage war es nicht möglich, immer die exakt gleichen Zeiträume zu betrachten, dieses Problem konnte durch die Berechnung der durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten jedoch umgangen werden. 31 Vgl. hierzu auch die Ausführungen in Abschnitt III.I.II.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

225

ler Ebene, in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit etwa vier Prozent jedoch deutlich über der entsprechenden nationalen Wachstumsrate (2,32 %) lag. Tabelle 40: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung im Black Country und in Großbritannien, 1700–1899 Ø jährl. Wachstumsraten Black Country

Großbritannien

1700–1750

0,98%

1,21%

1700–1800

a

2,53%

1,63%

1750–1800

a

4,18%

2,32%

1800–1815

b

5,72%

Wachstum Black Country

Großbritannien

62,57%

82,73%

a

614,29%

215,21%

c

525,00%

328,40%

2,65%

1800–1855 1815–1830

d

2,36%

2,09%

1830–1855

e

2,01%

3,06%

1855–1870

f

2,17%

3,65%

1870–1899

-2,97%

2,41%

f

147,13%

71,34%

-58,27%

99,30%

a) 1700–1798; b) 1798–1817; c) 1798–1852; d) 1817–1840; e) 1840–1852; f) 1852–1870. Vgl. für Daten Tabelle A.22 auf S. 311 und Tabelle A.25 auf S. 312.

In den ersten Jahren des 19. Jahrhunderts setzte sich dieses starke Wachstum der Steinkohlenförderung im Black Country fort. So wuchs die Förderung im Black Country bis 1817 um durchschnittlich 5,8 % pro Jahr, während das durchschnittliche Wachstum der Kohlenförderung in Großbritannien zu dieser Zeit mit 2,7 % etwa halb so stark war. Von 1817 bis 1840 lagen die CAGR der Steinkohlenförderung im Black Country noch immer über den britischen, jedoch verringerte sich der Abstand zwischen den beiden Werten deutlich. Nach 1840 lag die jährliche durchschnittliche Zunahme der Förderung im Black Country erstmals unter der Großbritanniens und nahm in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegenüber dem britischen Wachstum weiter ab, bis die Steinkohlenförderung im Black Country in 1870 zu schrumpfen begann. Um genaueren Aufschluss über die Stärke des Wachstums im Black Country zu gewinnen, zeigt Tabelle 41 die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten anderer britischer Reviere. Die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten des Bergbaus im Black Country in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden nur von denen des Süd Walisischen Reviers übertroffen, wo die Förderung im Schnitt jährlich um ca. 5 % zunahm. Auch bei einer Berechnung der CAGR für das gesamte 18. Jahrhundert, liegt das Black Country hinter Süd Wales (3,2 %), außerdem realisierte auch das Revier bei Lancashire mit 2,9 % ein stärkeres Wachstum der Steinkohlenförderung.

226

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Tabelle 41: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung in ausgewählten britischen Revieren, 1700–1899 Lancashire & Cheshire

Yorkshire

East Midlandsa

Northumberland & Durham

South Wales

Schott-land

1750–1800

2,81%

1,59%

3,41%

1,66%

5,12%

2,08%

1700–1800

2,90%

1,31%

2,33%

1,25%

3,10%

1,50%

1800–1815

4,73%

3,89%

4,25%

1,29%

3,26%

1,50%

1815–1830

2,41%

2,44%

1,30%

1,67%

3,18%

1,22%

1830–1850

3,65%

3,66%

3,19%

3,64%

3,64%

3,63%

1850–1870

2,96%

3,12%

4,61%

3,47%

3,08%

4,55%

1870–1890

2,25%

3,79%

4,49%

1,78%

2,93%

2,49%

a) Bis 1830 ohne Leicestershire. Vgl. für Daten Tabelle A.27, Tabelle A.28, Tabelle A.29, Tabelle A.32, Tabelle A.33 und Tabelle A.31.

Von der Jahrhundertwende bis 1815/17 konnte keines der anderen Reviere ein ähnlich starkes Wachstum aufweisen wie das Black Country, welches mit einem durchschnittlichen jährlichen Anstieg der Förderung von 5,7 % in diesem Zeitraum auch Lancashire(4,7 %) und Süd Wales (3,26 %) hinter sich ließ. Nach 1815/17 wiesen insgesamt drei Reviere höhere jährliche Wachstumsraten auf als das Black Country (2,36 %). Neben Süd Wales (3,18 %) und Lancashire (2,41 %), wuchs auch im West Riding in Yorkshire (2,44 %) die Steinkohlenförderung stärker als im Black Country. In der Zeit zwischen 1830 und 1855 wiesen die in Tabelle 41 aufgelisteten Reviere jährliche durchschnittliche Wachstumsraten zwischen 2,69 % und 4,15 % auf, während die Förderung im Black Country in diesem Zeitraum um lediglich 2 % pro Jahr zunahm. In den ersten beiden Dekaden des 19. Jahrhunderts konnte das Black Country zwar zu Yorkshire aufschließen und auch Süd Wales kurzzeitig überholen, blieb aber hinter den übrigen großen Revieren zurück. Diese realisierten auch in den letzten Dekaden des 19. Jahrhunderts ein jährliches positives Wachstum von mindestens 1,78 %, während die Förderung im Black Country jährlich um etwa drei Prozent abnahm. Ein Blick auf die, nicht auf einzelne Jahre ungelegte, Zunahme, zeigt das starke Wachstum der Steinkohlenförderung im Black Country während der Zeit von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts (Vgl. Tabelle 40). Während die Steinkohlenproduktion der übrigen Reviere in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stärker wuchs als im Black Country, blieb das Black Country in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit 614 % nur hinter Süd Wales zurück, wo ein Wachstum jenseits der 1.000 % verzeichnet wurde (Vgl. Tabelle 42). In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts nahm die Förderung im Black Country um 525 % zu, ein so starkes Wachstum verzeichnete zu dieser Zeit kein anderes der aufgeführten britischen Reviere. In der Zeit von 1850 bis 1870, der letzten Periode in der im Black Country ein positives Wachstum vorlag, stieg die

227

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

Produktion noch einmal um 147 %. Das Black Country lag damit in etwa gleichauf mit Schottland und den Revieren in den östlichen Midlands. Tabelle 42: Wachstum der Steinkohlenförderung in ausgewählten britischen Revieren, 1700–1899 Lancashire & Cheshire

Yorkshire

East Midlandsa

Northumberland & Durham

South Wales

Schottland

1700–1750

337,5%

66,7%

86,7%

51,6%

75,0%

58,9%

1750–1800

300,0%

120,0%

435,7%

127,6%

1.114,3%

179,7%

1800–1850

484,8%

422,7%

325,0%

217,42%

429,4%

206,3%

1850–1870

79,2%

84,8%

146,4%

97,9%

83,5%

143,3%

1850–1890

179,6%

288,7%

492,8%

181,7%

227,1%

297,5%

a) Bis 1830 ohne Leicestershire. Vgl. für Daten Tabelle A.27, Tabelle A.28, Tabelle A.29, Tabelle A.32, Tabelle A.33 und Tabelle A.31.

Tabelle 43 zeigt die Wachstumsraten einiger kontinentaleuropäischen Reviere, ein Vergleich mit den Daten in Tabelle 40 macht deutlich, dass die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten dieser Reviere spätestens nach 1830 deutlich über denen des Black Country lagen. In allen aufgeführten Revieren nahm die Förderung nach 1830 um durchschnittlich mehr als fünf Prozent zu, während die Förderung im Black Country zu dieser Zeit lediglich um etwa zwei Prozent pro Jahr zunimmt. Mit Ausnahme der belgischen Reviere bei Lüttich und Charleroi realisierten alle aufgeführten Reviere zwischen 1850 und 1870 durchschnittliche jährliche Wachstumsraten von über sieben Prozent. Im französischen Pas de Calais nahm die Förderung sogar jährlich um über 25 % zu, während sich im Ruhrgebiet und im oberschlesischen Revier die Förderung um etwa zehn Prozent pro Jahr steigerte. Tabelle 43: Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten der Steinkohlenförderung in ausgewählten kontinentaleuropäischen Revieren, 1800–1890 Charleroi Pas de Calais 1800–1815

a

1815–1830

a

3,09%

Oberschlesien Ruhrgebiet 7,23%

5,60%

5,56%

1830–1850

10,45%

5,95%

1850–1870

4,15%

25,73%

1870–1890

Lüttich

8,15%

c

4,21%

Saar

3,52%

b

2,23%

b b

5,01% 4,69%

5,12%

7,79%

5,60%

5,47%

4,87%

9,37%

10,28%

7,65%

1,92%

5,43%

5,77%

4,39%

a) 1796-1822, 1822-1834; b) 1801-1817, 1817-1831, 1831-1850; c) 1870-1880. Für Daten vgl. Tabelle A.36, Tabelle A.38, Tabelle A.39, Tabelle A.41, Tabelle A.40 und Tabelle A.42.

Verglichen mit der Entwicklung der Steinkohlenförderung anderer britischer Reviere kann dem Black Country für die Zeit von etwa 1750 bis 1870 ein überdurch-

228

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

schnittlich starkes Wachstum bescheinigt werden. Die Einordnung in den europäischen Kontext relativiert diesen Befund jedoch: So lag das Wachstumstempo der kontinentaleuropäischen Reviere im 19. Jahrhundert deutlich über dem des Black Country.

IV.II.I.I.III Die Eisenverarbeitung Die Herstellung von Eisenprodukten war ein wichtiger Bestandteil der regionalen Wirtschaft im Black Country. Vor allem die handwerkliche Nagelproduktion stach ob ihrer hohen Bedeutung hervor. So waren mit dem Schmieden von Nägeln weitaus mehr Bewohner der Region beschäftigt als in den anderen Bereichen des eisenverarbeitenden Gewerbes wie der Produktion von Schlössern und Schlüsseln oder der Herstellung von Rohren oder Waffenteilen. 32 Wie in Abschnitt I.III.I ausführlich dargelegt, scheitert eine quantitative Darstellung des Wachstums der Nagelproduktion im Black Country an der überaus schlechten Quellenlage. Ursächlich hierfür ist nicht zuletzt die Organisation der Eisenverarbeitung im Verlagssystem, die auch erhebliche methodische Probleme bei der Analyse der wenigen verfügbaren Daten mit sich bringt. Bei diesen Daten handelt es sich um Schätzungen der Anzahl der Nagelschmiede in der Region. Aufgrund der Dezentralität der Produktion und fehlenden Informationen darüber, welchen Anteil ihrer Arbeitszeit der Nagelmacher und seine Familie für das Schmieden von Nägeln aufwendeten, fehlt den Angaben zur Anzahl der Beschäftigten jegliche Aussagekraft bezüglich des Wachstums der Produktion. An dieser Stelle muss der schlechten Datenlage Tribut gezollt werden, indem auf eine Analyse des Wachstums der Nagelproduktion, trotz seiner hohen Bedeutung innerhalb der Region, verzichtet wird.

IV.II.I.I.IV Die Bevölkerung Neben den bereits untersuchten Industrie- und Produktionszweigen, kann auch die Entwicklung der Bevölkerungszahlen als Indikator zur Überprüfung der Wachstumsstärke einer Wirtschaftsregion herangezogen werden. Die Einwohnerzahlen der Gemeinden des Black Country lassen sich aus den Daten des Zensus entnehmen. Aus der gleichen Quelle können auch die Vergleichsdaten für Großbritannien gewonnen werden. Aufgrund des Anspruchs der vorliegenden Untersuchung, die Stellung der beiden untersuchten Regionen in Europa zu ermitteln, müsste entsprechend eigentlich auch der Vergleichsrahmen ein europäischer sein. Da hier jedoch nicht immer Daten für identische Zeiträume verfügbar sind, muss sich der Vergleich an dieser Stelle auf britische industrielle Gebiete und die Wirtschaftsregion Saar beschränken.

32 Vgl. zur Stellung der Nagelmacher in der Region Abschnitt III.I.III.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

229

Abbildung 31: Bevölkerungswachstum in den Wirtschaftsregionen Black Country, Saar und in Großbritannien, 1801–1901

Durchschnittliches Wachstum der Gemeinden ermittelt, für die im entsprechenden Zeitraum Daten verfügbar waren. Für die zugrundeliegenden Daten und ihre Herkunft siehe Tabelle A.46 auf Seite 324 (Anhang); Saarregion aus Banken, Saarregion, Bnd. 1, Anhang Tabelle A3 (CD-ROM). Die Werte der Saarregion sind berechnet für folgende Zeiträume: 1820, 1830, 1840, 1852, 1861, 1871, 1880, 1890, 1900.

Abbildung 31 zeigt das durchschnittliche Wachstum der Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country im Vergleich zu denen der Saarregion und Großbritanniens. Deutlich zu erkennen sind die hohen Wachstumsraten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zwischen 1801 und 1861 lag die Zunahme der Bevölkerung im Black Country von einer Dekade zur nächsten zwischen 20 % und 25 %, von 1831 bis 1841 nahm die Zahl der Einwohner sogar um 35 % zu. In absoluten Zahlen entspricht dies einer Zunahme um knapp 80.000 Einwohner auf 295.000 Einwohner in 1851. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lag die Einwohnerzahl der Wirtschaftsregion Black Country bei etwa 103.000.33 In den 1860er Jahren verlangsamte sich das Wachstumstempo der Bevölkerung im Black Country stark, die Bevölkerungszunahme fiel um knapp 16 Prozentpunkte auf etwa neun Prozent. Diese starke Abnahme des Wachstumstempos lässt sich jedoch zumindest teilweise auf die Datenlage und das Fehlen der Einwohnerzahlen einiger Gemeinden für die Jahre 1861 und 1871 zurückführen. Die Datenlücke ist zum einen auf 33 Vgl. zu den absoluten Zahlen Tabelle A.46 auf Seite 324.

230

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

administrative Umstrukturierungen in den 1860ern und, teilweise in Folge dessen, auf den Wegfall der Bevölkerungsangaben für einzelne Gemeinden zurückzuführen. Das Fehlen von einwohnerstarken und stark wachsenden Gemeinden wie Wolverhampton, Rowley Regis oder Rushall schlägt sich auf das durchschnittliche Wachstum der Bevölkerung in der Region nieder. 1870 dürfte die Zahl der Einwohner des Black Country bei etwa 520.000 gelegen haben. In den 1870er Jahren blieb das Bevölkerungswachstum unter zehn Prozent, in den 1880er Jahren verlangsamte es sich auf fünf Prozent. Die Anzahl der Bewohner in der Region vergrößerte sich entsprechend auf ca. 570.000 in 1881 und 615.000 in 1891. In der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts nahm die Bevölkerung um sechs Prozent ab. Die britische Bevölkerung nahm während des 19. Jahrhunderts zwischen zehn und ca. 15 % pro Dekade zu, lediglich zwischen 1811 und 1821 fiel das Wachstum mit knapp 18 % etwas stärker aus. Demnach wuchs die Bevölkerung des Black Country bis 1861 stärker als die Großbritanniens. Dies war zu erwarten, da die industriellen Regionen Arbeitskräfte nachfragten und es entsprechend zu einer Wanderungsbewegung der Bevölkerung von den ländlichen Gebieten in die industriellen Zentren kam. Zu prüfen bleibt jedoch, ob das Black Country stärker wuchs als andere industrielle Regionen. An dieser Stelle eignet sich die Saarregion als Vergleichsobjekt, da hier auf Bevölkerungszahlen einer anderen adäquat definierten Wirtschaftsregion zurückgegriffen werden kann34 und zudem Bevölkerungszahlen für vergleichbare Zeiträume vorliegen. Problematisch ist die Ungleichzeitigkeit der Entwicklung der beiden Wirtschaftsregionen. Die Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung lagen im Black Country bis in die 1860er Jahre über denen der Saarregion. Während der 1860er verzeichnete die Saarregion ein stärkeres Bevölkerungswachstum als das Black Country und im weiteren Verlauf des Jahrhunderts drifteten die Kurven weiter auseinander. Für die Zeit, in der das Black Country eine Phase starken Wachstums aufwies, lassen sich hier bei der Entwicklung der Bevölkerung höhere Wachstumsraten beobachten als in der Wirtschaftsregion Saar. Allerdings begann die industrielle Entwicklung der Saarregion später als die des Black Country. Entsprechend setzte auch das Wachstum der Bevölkerung später ein.35 Welton, ein zeitgenössischer Autor, veröffentlichte 1860 eine Zusammenstellung des Wachstums verschiedener industrieller Bezirke und kommerziellen Zentren auf Basis der Zensus von 1841 und 1851. Diese kann als Grundlage für einen Vergleich anderer stark wachsender Gebiete mit dem Wachstum des Black Country dienen. Die insgesamt 56 Distrikte, deren Wachstum Welton analysiert hat, verzeichneten gemeinsam einen durchschnittlichen Anstieg der Bevölkerung um 18,6 %, somit lag das Bevölkerungswachstum in dieser Dekade in den industriellen Zentren des Landes 6,3 Prozentpunkte über dem britischen Bevölkerungswachstum. Die Bevölkerung des Black Country nahm zwischen 1841 und 1851 um etwa 23 % zu, ein stärkeres Wachstum wiesen zu dieser Zeit nur wenige industrielle Gebiete oder Städte in Großbritannien auf. Nach Weltons Liste war das Wachstum in elf Bezirken höher als jenes des Black Country. Das höchste Wachs34 Vgl. zur Definition der Saarregion Banken, Saarregion, Bnd. 1, S. 33–43. 35 Vgl. hierzu auch die absoluten Daten in Abbildung 42 auf Seite 256 in Abschnitt IV.II.II.I.II.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

231

tum realisierten der Strohhut-Bezirk bei Luton (40 %) und die Stadt Liverpool (35,1 %). Neben Liverpool wiesen drei weitere Hafenstädte (Southampton, Portsmouth und Plymouth) ein Wachstum zwischen 24 % und 29 % auf. Neben dem Bezirk rund um die Steinkohlenlagerstätte bei St. Helens, nordöstlich von Liverpool, wies auch die Bevölkerung rund um die Abbaugebiete im Nordosten Englands und in Süd Wales ein starkes Wachstum auf. Die Bevölkerungszunahme lag hier zwischen 25 % (Nordosten) und 28,2 % (St. Helens). Ebenfalls stärker als die Bevölkerung im Black Country nahm zu dieser Zeit die Bevölkerung in den Textilbezirken bei Bradford (25,7 %) und Derby (24,7 %) und in North Staffordshire (23,9 %) zu. In den übrigen 44 aufgeführten Distrikten betrug das Bevölkerungswachstum durchschnittlich 13 %.36 Bis in die 1860er Jahre hinein war das Bevölkerungswachstum in der Wirtschaftsregion Black Country erwartungsgemäß deutlich stärker als in Großbritannien. 1871 wuchs das Black Country langsamer als Großbritannien, in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts kehrte sich das Wachstum um und eine Abnahme der Bevölkerung begann. Ein Vergleich mit anderen, ebenfalls stark wachsenden industriellen Gebieten für die Zeit von 1841 bis 1851 zeigt, dass das Black Country auch in diesem Vergleichsrahmen ein überdurchschnittlich starkes Bevölkerungswachstum aufwies.

IV.II.I.II Große und wachsende Bedeutung Folgender Abschnitt prüft inwieweit das Black Country als Wirtschaftsregion der europäischen Industrialisierung im Laufe des späten 18. und des 19. Jahrhunderts eine große Bedeutung innerhalb der europäischen Wirtschaft erlangte. Wie in Abschnitt IV.I.III.II näher erläutert, wird die Bedeutung der Wirtschaftsregion durch die Betrachtung der einzelnen, innerhalb der Region bedeutsamen Industriezweige ermittelt. Im Fall des Black Country erfolgt darum an dieser Stelle eine Untersuchung der Eisenindustrie, des Steinkohlenbergbaus und der Eisenverarbeitung sowie der Glasindustrie. Hierbei wird hauptsächlich – soweit diese verfügbar sind – auf die Produktionszahlen der eben aufgezählten Branchen zurückgegriffen. Diese werden in einem ersten Schritt in Bezug zu den äquivalenten Daten auf nationaler Ebene gesetzt, um so zuerst die Bedeutung der Region in diesem Kontext zu untersuchen. Anschließend werden die europäischen Produktionszahlen in dem jeweils zu untersuchenden Wirtschaftsbereich ermittelt und zusammengestellt, um anschließend die Entwicklung des Black Country in Abhängigkeit dieser Daten zu analysieren. Die so bestimmten Förder- und Produktionsanteile dienen dann als Indikator zur Untersuchung der Bedeutung der Wirtschaftsregion Black Country auf europäischer Ebene.

36 Welton, Thomas A.: Statistical papers based on the census of England and Wales, 1851. Relating to the occupations of the people and the increase of population 1841–51, London 1860, S. 152f.

232

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

IV.II.I.II.I Die Eisenindustrie Zur Ermittelung der Bedeutung der regionalen Eisenindustrie des Black Country für die britische und europäische Wirtschaft werden die lokalen Produktionszahlen für Roh- und Stabeisen in Beziehung zu den entsprechenden nationalen und europäischen Zahlen gesetzt. Aufgrund des Mangels an Daten bezüglich der Stabeisenproduktion im 19. Jahrhundert, wird die Bedeutung dieses Produktionsbereiches anhand der verfügbaren Angaben über die Menge der aktiven Puddelöfen ermittelt werden. Dies erlaubt Rückschlüsse über die Verteilung der Produktionsstätten auf die einzelnen Regionen in Großbritannien, welche dann als Anhaltspunkt zur Bewertung der Produktionsanteile herangezogen werden. Aufgrund der Datenlage findet dieses Vorgehen nur bei der Einordnung in den nationalen Kontext Verwendung. Ein Abgleich mit den Produktionsanteilen anderer europäischer Regionen erfolgt hingegen nur für die Zeiträume, wo auch für die Stabeisenproduktion auf Produktionsziffern zurückgegriffen werden kann. Abbildung 32: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1750–1810

Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.4, Tabelle A.8, Tabelle A.12, Tabelle A.11, Tabelle A.13 und Tabelle A.14.

Das Balkendiagramm in Abbildung 32 zeigt die Bedeutung der Roheisenproduktion des Black Country im Vergleich zu den übrigen eisenproduzierenden Gebieten Großbritanniens. Deutlich ist hier die herausragende Stellung der Roheisenproduktion in South Wales und im Nordosten (Northumberland und Durham) Eng-

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

233

lands im Jahr 1750 zu erkennen. Während die Bedeutung des Nordostens in den folgenden Jahren kontinuierlich abnahm, bewegte sich der Anteil South Wales’ an der britischen Roheisenproduktion bis 1790 in einem Bereich zwischen 15 % und 20 % und stieg in 1800 auf 30 % an. Damit wurde South Wales der größte Roheisenproduzent Großbritanniens. Abbildung 32 verdeutlicht auch den zunehmenden Anteil des Black Country an der britischen Roheisenproduktion in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Bis einschließlich 1780 entfielen auf die Wirtschaftsregion Black Country maximal 6 % der britischen Roheisenproduktion. Ein starke Produktionssteigerung im Black Country führte zu einem Anwachsens der anteiligen Roheisenproduktion auf 13 % in 1790. Damit lag das Black Country im britischen Vergleich, hinter Shropshire und South Wales und fast gleichauf mit Schottland, an vierter Stelle. Zehn Jahre später wurde bereits 1/5 des britischen Roheisens im Black Country geschmolzen. Auch hier lässt sich der Bedeutungszuwachs vor allem auf ein starkes Wachstum der lokalen Produktion und nicht etwa auf abnehmende Produktionsmengen in den übrigen Gebieten, zurückführen.37 Spätestens für das Jahr 1800 kann man dem Black Country eine große Bedeutung in der britischen Roheisenindustrie zusprechen. Zu diesem Zeitpunkt lag das Black Country fast gleichauf mit Shropshire (20 %) und zehn Prozentpunkte hinter Süd Wales (30 %). Auf Yorkshire und Schottland entfielen jeweils etwa 10 %, während der im Nordwesten Englands produzierte Anteil auf 1,6 % gesunken war. Auf die übrigen, hier nicht explizit aufgeführten, Regionen entfielen insgesamt 9 %. Im Jahr 1800 war das Black Country demnach der drittgrößte britische Roheisenproduzent. Zehn Jahre später wurden 22,5 % des britischen Roheisens im Black Country produziert, damit war das Black Country im Jahr 1810 hinter South Wales (30 %) der zweitgrößte britische Roheisenproduzent. Für die Zeit zwischen 1810 und 1850 kann nicht auf eine so homogene Datenbasis zurückgegriffen werden, wie sie für die Zeit bis 1810 durch Kings Daten und ab den 1850er Jahren durch die Mineral Statistics zur Verfügung stehen.38 Das Diagramm in Abbildung 33 zeigt darum weniger Datenpunkte, außerdem muss für das Jahr 1852 auf eine separate Betrachtung von Derbyshire und Yorkshire verzichtet werden. Deutlich ist jedoch auch in Abbildung 33 die Dominanz des Black Country und der Produktionsstätten in South Wales zu erkennen. Bis die schottische Roheisenproduktion in 1852 aufschloss und die südwalisische Produktion überholte, erreichten das Black Country und South Wales einen kumulierten Anteil von mehr als 70 %. Hiervon entfielen 1823 etwa 40 % auf Süd Wales und 30 % auf das Black Country. Nach 1830 verringerten sich die Anteile von South Wales und dem Black Country an der britischen Roheisenproduktion etwas. 1840 entfielen 36 % der Produktion in Großbritannien auf South Wales und 29 % auf das Black Country. Der Grund hierfür lag in dem enormen Wachstum der Roheisenerzeugung in Schottland. Von 1830 bis 1852 wuchs der Roheisenoutput in Schottland von 38.000 t auf 787.000 t. Erwartungsgemäß sanken die Anteile des Black Country 37 Vgl. zum Wachstum der Roheisenproduktion im Black Country und den übrigen britischen Gebieten Abschnitt IV.II.I.I.I ab S. 215. 38 Vgl. zu den verfügbaren Daten Abschnitt III.I.I ab S. 99.

234

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

und Süd Wales trotz des starken Wachstums der Produktion weiter. 39 Der Anteil von South Wales verringerte sich auf knapp 25 % in 1852 und sowohl das Black Country als auch Schottland zogen im Jahr 1852 an Süd Wales vorbei. Der größte Anteil an der nationalen Produktion entfiel nun auf Schottland (28,69 %), gefolgt von dem Black Country (26,84 %) und Süd Wales (24,66 %). Abbildung 33: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1823–1852

Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.4, Tabelle A.8, Tabelle A.9, Tabelle A.12, Tabelle A.10, Tabelle A.11, Tabelle A.13 und Tabelle A.14.

Abbildung 34 zeigt die Anteile der einzelnen roheisenproduzierenden Distrike an der nationalen Roheisenerzeugung zwischen 1860 und 1890. Deutlich zu erkennen ist die breitere Verteilung der Produktion und der Rückgang des im Black Country produzierten Anteils. Auch Schottland und South Wales, in 1860 noch beide bei etwa 25 % liegend, verloren Anteile und sanken bis 1890 auf 10,4 % (South Wales), bzw. 9,3 % (Schottland). Dieser Rückgang ist zum einen auf das starke Wachstum der Roheisenproduktion in anderen Regionen, vor allem in Yorkshire, und zum anderen auf einen Rückgang der Produktion ab den 1870er Jahren in South Wales und ab den 1880er Jahren in Schottland zurückzuführen. Im Black Country begann die Roheisenproduktion bereits in der zweiten Hälfte der 1850er Jahre zu schrumpfen, entsprechend sank der Anteil des Black Country an der britischen Roheisenproduktion bereits im Jahr 1860 auf 12 % und verrin39 Vgl. für die absoluten Produktionszahlen Tabelle A.2 und Tabelle A.13.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

235

gerte sich weiter auf etwa fünf Prozent im Jahr 1880. Das Black Country war zu diesem Zeitpunkt der siebtgrößte Roheisenproduzent Großbritanniens. Abbildung 34: Anteil britischer Distrikte an der nationalen Roheisenproduktion, 1860–1890

Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.3, Tabelle A.4, Tabelle A.5, Tabelle A.6, Tabelle A.7, Tabelle A.8, Tabelle A.9, Tabelle A.12, Tabelle A.10, Tabelle A.11, Tabelle A.13 und Tabelle A.14.

Bei der vorgenommenen Analyse darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die nicht adäquate Abgrenzung der übrigen Regionen Einfluss auf deren relative Bedeutung im nationalen Gefüge haben kann. Die in den vorhergegangenen Abbildungen 33 und 34 betrachteten Gebiete orientieren sich, mit Ausnahme des Black Country, an den, in den Quellen vorgegeben Gebieten, was zu einigen Ungenauigkeiten im Vergleich führt. Erstens variiert die Einteilung der Gebiete von Quelle zu Quelle – so liegen für die Jahre 1823, 1830, 1840 und 1852 Daten für die Grafschaft Yorkshire vor, während in Abbildung 34 eine getrennte Betrachtung des nördlichen und des westlichen Teils derselben Grafschaft erfolgt. Zweitens besteht die Möglichkeit, dass die jeweiligen adäquat abgegrenzten Wirtschaftsregionen kleiner oder größer wären als die, in den Quellen verwendeten administrativen Einheiten. Im Fall der Roheisenproduktion ist jedoch die herausragende Rolle des Black Country, an der Seite wechselnder anderer Regionen, spätestens ab der Jahrhundertwende so deutlich, dass auch eine versehentlich zu groß definierte Vergleichsregion nichts an dem Gesamtbild ändern würde. Von 1790 bis 1860 war das Black Country eines der drei Gebiete mit der größten Produktion von Roheisen in Großbritannien. Lediglich South Wales spielte noch länger als das Black

236

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Country in der Spitzengruppe der Roheisenproduzenten mit. Durch den Rückgang der Bedeutung der Roheisenproduktion in Shropshire ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert, dominierten das Black Country und South Wales die britische Roheisenproduktion in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und erzeugten zwischenzeitlich über 75 % der nationalen Produktion. Abbildung 35: Anteile ausgewählter Regionen an der europäischen Roheisenproduktion, 1823– 1890

Vgl. für Daten Tabelle A.2, Tabelle A.11, Tabelle A.13 und Tabelle A.14. Daten für die Ruhr- und Saarregion aus Banken, Saarregion 1815–1914, Anhang Tabelle A21 (CD-ROM), Daten für Oberschlesien aus Siemaszko, Oberschlesisches Eisenhüttenwesen, S. 39 und S. 43, Daten für Lüttich bei Leboutte, René: The Industrial Region of Liège in the 19 th Century, in: Pierenkemper, Toni (Hg.): Die Industrialisierung europäischer Montanregionen im 19. Jahrhundert (Regionale Industrialisierung 3), Stuttgart 2002, S. 277–300, S. 297–299.

Abbildung 35 ordnet das Wachstum der Roheisenerzeugung in ausgewählten britischen Regionen für die Zeit nach 1823 in den europäischen Kontext ein. 40 In der Zeit von 1823 bis 1852 wurden zwischen 15 % und 17 % des europäischen Roheisens im Black Country erzeugt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fiel der Anteil des im Black Country verhütteten Eisens auf knapp zwei Prozent in 1890. 40 Die Daten für Europa stammen aus Mitchell, European historical statistics, S. 215–218, für die Zeit vor 1830 stehen nicht für jedes Jahr Angaben aller Länder zur Verfügung, aus diesem Grund erfolgt an dieser Stelle keine Einordnung in den europäischen Kontext für das 18. und frühe 19. Jahrhundert.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

237

Neben dem Rückgang der Produktion im Black Country war auch das starke Wachstum anderer europäischer Regionen für den Rückgang der Produktionsanteile des Black Country verantwortlich. So konnte, neben Yorkshire, vor allem auch das Ruhrgebiet seinen Anteil an der europäischen Roheisenproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark vergrößern und nicht nur das Black Country sondern auch South Wales und Schottland fielen hinter diese Regionen zurück. Abschließend kann festgehalten werden, dass das Black Country über einen Zeitraum von etwa 70 Jahren unter den drei Gebieten und Regionen mit dem höchsten Roheisenoutput in Großbritannien war. Auch wenn South Wales diese Position über einen längeren Zeitraum halten konnte und die überwiegende Zeit einen noch höheren Anteil an der nationalen Produktion aufweisen konnte, schmälert dies nicht die große Bedeutung des Black Country sondern zeigt nur, wie außerordentlich hoch die Bedeutung South Wales war. Anteile von über oder knapp um 30 % der Gesamtproduktion, wie sie das Black Country und South Wales in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts inne hatten, wurden zu keinem späteren Zeitpunkt von einer anderen Region erreicht. Auch auf europäischer Ebene kann das Black Country bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts als bedeutender Produzent von Roheisen gelten. Hier sank der Anteil an der Produktion erst in den 1850er Jahren auf unter 15 %. Das Kriterium der großen und wachsenden Bedeutung ist für diesen Teilbereich der Eisenindustrie demnach sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene erfüllt. Für die Analyse der Stabeisenproduktion stehen deutlich weniger Daten zur Verfügung als für obige Untersuchung der Roheisenproduktion. Über die Anzahl der in der Region befindlichen Puddelherde lässt sich die Bedeutung der Stabeisenproduktion des Black Country in Großbritannien näherungsweise erfassen. Informationen zu der Anzahl der Puddelöfen und Walzwerke in Großbritannien finden sich in den Mineral Statistics für die Zeit nach 1860. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 1.457 der insgesamt 3.574 britischen Puddelöfen im Black Country. Das entspricht einem Anteil von 40,8 % und stellte die größte regionale Konzentration von Puddelöfen in Großbritannien dar. Den nächst höchsten Anteil an Puddelöfen konnte South Wales mit 27 % für sich beanspruchen. Bezüglich der Anzahl der Walzwerke fiel der Anteil des Black Country mit 25,5 % etwas geringer aus, mit 23,8 % lag South Wales hier fast gleichauf. 41 Während der Anteil an Puddelöfen im Laufe der folgenden zwei Dekaden etwas sank und 1880 bei 31 % lag, stieg der Anteil der Walzwerke in der Region im selben Zeitraum auf 35 %. Da für das Jahr 1882 sowohl Produktionszahlen als auch die Zahl der Werke und Produktionseinheiten vorliegen, kann hier überprüft werden, inwieweit sich aus den oben getroffenen Aussagen Rückschlüsse auf die Bedeutung des Black Country in der britischen Stabeisenproduktion ziehen lassen.42 In 1882 wurden im Black Country 670.000 t Stabeisen produziert, das entsprach 23 % der britischen 41 Vgl. für Black Country und Großbritannien Tabelle A.17 und für South Wales Hunt, Robert: Memoirs of the geological survey of Great Britain and of the museum of practical geology. Mining records. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland for the year 1860, London 1861, S. 90f (im Folgenden zitiert als Hunt, Mineral statistics for 1860). 42 Vgl. für diese Zahlen Tabelle A.17 auf S. 306 (Anhang).

238

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Gesamtproduktion, während die 1.545 Puddelöfen 27 % der Gesamtmenge der britischen Puddelöfen ausmachten und 33 % aller britischen Walzwerke im Black Country betrieben wurden. Es kann demnach vermutet werden, dass der Anteil der Region an der nationalen Stabeisenproduktion in den 1860ern und 1870ern etwas unter dem Anteil der Herde und Walzwerke lag. Unbestritten ist jedoch die hohe Bedeutung der Stabeisenproduktion in der Region. Abbildung 36: Anteil der britischen Puddelöfen und Walzwerke im Black Country, 1860–1885

Vgl. für Daten Tabelle A.17 auf S. 306.

Eine Betrachtung der Bedeutung der Stabeisenproduktion des Black Country auf europäischer Ebene kann an dieser Stelle aufgrund fehlender Daten nicht geleistet werden. 1866 entfielen jedoch 57 % der europäischen Stabeisenproduktion auf Großbritannien, aufgrund der Pionierrolle Großbritanniens ist davon auszugehen, dass ihr Anteil in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts noch höher lag. 43 Demnach kann von der hohen Bedeutung einer Region innerhalb Großbritanniens auf eine entsprechende Bedeutung in der europäischen Stabeisenproduktion geschlossen werden. Wie obige Ausführungen zeigen, kam dem Black Country sowohl im Bereich der Roh- als auch der Stabeisenproduktion bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine hohe Bedeutung in Großbritannien und Europa zu. Während die Bedeutung des Black Country im Bereich des Roheisens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun43 Vgl. zu den Zahlen Hewitt, Abram S.: The Production of Iron and Steel in its Economic and Social Relations, Washington 1868, S. 42.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

239

derts abnahm, kann für das Stabeisen auch für die Zeit nach 1850 von einer relativ hohen Bedeutung ausgegangen werden.

IV.II.I.II.II Der Steinkohlenbergbau Großbritannien dominierte die europäische Steinkohlenförderung bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein. So entfielen 1850 etwa 80 % aller in Europa geförderten Kohlen auf die britischen Reviere, 1870 lag der kumulierte Anteil der britischen Reviere an der europäischen Förderung immer noch bei 67 %. Da die Förderung auf dem Kontinent vor 1850 gegenüber dem britischen Steinkohlenbergbau so unbedeutend war, erfolgt die Berechnung des Anteils der Förderung im Black Country an der europäischen Steinkohlenförderung für die Zeit vor 1850 nicht. Vielmehr wird für diese Zeit ein hoher Anteil an der britischen Steinkohlenförderung mit einer hohen Bedeutung der Region auf europäischer Ebene gleichgesetzt.44 Abbildung 37: Anteil der Steinkohleförderung im Black Country an der britischen und europäischen Förderung, 1700–1899

Vgl. für Daten Tabelle A.22 auf S. 311.

44 Vgl. zu den entsprechenden Produktionszahlen und dem Anteil Großbritanniens an der europäischen Förderung Tabelle A.23 und Tabelle A.25.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Wie Abbildung 37 zeigt, entfiel 1700 und 1750 nur ein geringer Teil der britischen Förderung auf das Black Country, bis zum Ende des 18. Jahrhunderts stieg dieser Anteil auf über fünf Prozent und in den folgenden Jahren auf knapp 12 %. Zur Mitte des 18. Jahrhunderts hin nahm der Anteil der Kohlen aus dem Black Country an den in Großbritannien geförderten Kohlen stetig ab, sank bis 1860 auf etwa fünf Prozent und fiel, nach einem kurzzeitigen Hoch von sechs Prozent in 1870, weiter, bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts nur noch 1,4 % der britischen Kohlen aus dem Black Country kamen. Verglichen mit der europaweiten Produktion, entfiel auf das Black Country in 1852 ein Anteil von knapp sechs Prozent, der bis 1860 auf 3,6 % sank. Nach dem kurzen Hoch in 1870 (4,3 %) fiel der Anteil der Steinkohlen aus dem Black Country an der europäischen Förderung auf 1,2 % (1890) und 0,8 % in 1899. Eine nähere Betrachtung erfordern die Werte für die Jahre zwischen 1798 und 1870, also die Zeit in welcher auf das Black Country mindestens fünf Prozent der britischen und, mit Ausnahme von 1860, vier Prozent der europäischen Förderung entfielen. Um eine Aussage über die Bedeutung des Black Country für den europäischen Steinkohlenbergbau treffen zu können, muss ein Vergleich mit den Produktionsanteilen anderer Reviere erfolgen. Abbildung 38 zeigt die Produktionsanteile verschiedener britischer Reviere, auf welche zum Teil noch größere Anteile an der britischen Produktion entfielen als auf das Black Country. Allein ein Viertel der britischen Steinkohlen wurde im Jahr 1815 im Nordosten Englands bei Durham und Northumberland gefördert. Die Reviere in Lancashire und Süd Wales trugen gemeinsam ein weiteres Viertel der Produktion bei (je 12 %), während in Schottland elf Prozent der britischen Kohlen gefördert wurden. Diese vier Reviere und das Black Country waren demnach allein für über 70 % der britischen Steinkohlenproduktion verantwortlich. Innerhalb der Gruppe dieser bedeutenden Reviere dominierte das bei Northumberland und Durham deutlich. Die Produktionsanteile lagen hier im 18. Jahrhundert bei 43 % und 37 % und sanken auch im 19. Jahrhundert nicht unter 21,9 %. Bedingt durch die für den Vergleich herangezogenen Daten ist von einer Unterschätzung der Produktionsanteile der Wirtschaftsregion Black Country auszugehen. So wird bei dem Black Country nur ein kleines Revier, das South Staffordshire Coalfield als Zentrum der Wirtschaftsregion Black Country, betrachtet, während bei den übrigen Revieren zum Teil mehrere Lagerstätten gemeinsam betrachtet werden. Eine regionale Analyse dieser Gebiete würde unter Umständen zu der Erkenntnis führen, dass dort – wie im Fall des South Staffordshire Coalfield und des Cannock Chase Coalfield – zwei oder mehr Wirtschaftsregionen identifizierbar sind. Zudem stammen die Daten für die Steinkohlenförderung im Black Country aus anderen Quellen als die für die Vergleichsreviere verwendeten Schätzungen. Letztere wurden von Church und Flinn auf Basis früherer Arbeiten von Pollard und den Mineral Statistics vorgenommen, gehen jedoch von zu niedrigen Förderzahlen in diesen Publikationen aus. Entsprechend fallen die hier verwendeten Schätzungen höher aus. Da weder Church noch Flinn das South Staffordshire Coalfield als eigenständiges Revier betrachten, wird für das Black Country auf die ursprünglichen Daten von Pollard und den Mineral Statistics zurückgegriffen,

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

241

was ebenfalls zu einer tendenziellen Unterschätzung der Produktion im Black Country führt.45 Abbildung 38: Anteil britischer Reviere an der nationalen Steinkohlenförderung, 1700–1890

Vgl. für Daten Tabelle A.22, Tabelle A.27, Tabelle A.28, Tabelle A.29, Tabelle A.30, Tabelle A.31, Tabelle A.32 und Tabelle A.33.

Abbildung 39 vergleicht den Anteil verschiedener europäischer Reviere an der Steinkohlenförderung Europas in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die dominanten britische Reviere, wie das in Lancashire, Yorkshire, Schottland, South Wales und jenes bei Northumberland und Durham, waren auch im Vergleich zu den kontinentaleuropäischen Abbaugebieten von hoher Bedeutung. Der Anteil des Black Country lag in 1850 mit etwa sechs Prozent der europäischen Förderung leicht unter den Anteilen der oben genannten Reviere, war jedoch höher als der Förderanteil der kontinentaleuropäischen Reviere. In 1870 konnte das Ruhrgebiet zu der britischen Spitzengruppe aufschließen und überholte damit das Black Country, dessen Anteil auf vier Prozent gefallen war. 1890 waren neben dem Ruhrgebiet, das zu diesem Zeitpunkt die meisten britischen Reviere hinter sich gelassen hatte, auch das französische Pas de Calais, das Saarrevier und das ober-

45 Vgl. dazu Church, Roy: The history of the British coal industry, Bnd. 3: 1830–1913: Victorian Pre-eminence, Oxford 1986, Bnd. 3, S. 2–4 und S. 10 (im Folgenden zitiert als Church; British coal industry) und Flinn, British coal industry, Bnd. 2, S. 26f.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

schlesische Revier an dem Black Country, auf welches noch ein Prozent der Steinkohlenförderung in Europa entfiel, vorbeigezogen. Abbildung 39: Anteil ausgewählter Reviere an der europäischen Steinkohlenförderung, 1850– 1890

Vgl. für Daten Tabelle A.22, Tabelle A.27, Tabelle A.28, Tabelle A.29, Tabelle A.30, Tabelle A.31, Tabelle A.32, Tabelle A.33, Tabelle A.34, Tabelle A.38, Tabelle A.40, Tabelle A.41 und Tabelle A.42.

Die oben diskutierten Werte zeigen die hohe Bedeutung des Black Country im Bereich des Steinkohlenbergbaus in Großbritannien und auch in Europa vor allem in den letzten Dekaden des 18. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die ebenfalls hohe Bedeutung einiger anderer britischer Reviere ist bemerkenswert, schmälert jedoch nicht die Bedeutung des Steinkohlenbergbaus des Black Country. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann der Anteil des Black Country an der britischen und europäischen Steinkohlenförderung abzunehmen, bis in 1890 lediglich noch ein Prozent der europäischen Steinkohlenförderung auf das Black Country entfiel. Insgesamt kann jedoch für die Zeit vom Ende des 18. Jahrhunderts bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine relativ hohe Bedeutung des Black Country in der europäischen Steinkohlenförderung konstatiert werden.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

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IV.II.I.II.III Die Eisenverarbeitung Innerhalb der Wirtschaft des Black Country war die Nagelproduktion der wichtigste Teilbereich der Eisenverarbeitung. Unbestritten ist auch die hohe quantitative Bedeutung der handwerklichen Nagelproduktion im Black Country innerhalb der britischen Nagelherstellung. Großbritannien wiederum war bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts die größte Produzentin von Nägeln nicht nur in Europa, sondern weltweit. Dies änderte sich erst als Belgien, Deutschland und die Vereinigten Staaten begannen in größeren Mengen Nägel zu produzieren und sich Anteile am Weltmarkt zu erarbeiten. Auch wenn aufgrund der an anderer Stelle ausführlich diskutierten Quellenproblematik eine Quantifizierung an dieser Stelle nicht möglich ist, kann festgehalten werden, dass das Black Country bis in die ersten Dekaden des 19. Jahrhunderts hinein als weltweit bedeutendes Zentrum der Nagelherstellung galt.46

IV.II.I.II.IV Die Glasindustrie Die Bedeutung der Glasindustrie des Black Country lässt sich anhand der Anzahl der Glashütten im Vergleich zu der Anzahl der Hütten in Großbritannien und qualitativer Aussagen zumindest näherungsweise bestimmen. Ende des 17. Jahrhunderts befanden sich 17 der insgesamt 88 britischen Glashütten auf dem Gebiet des Black Country. Dies entspricht einem Anteil von 19 %. Mehr Glashütten befanden sich lediglich in London (24) wo auch die lokale Nachfrage am stärksten war. 47 Knapp die Hälfte aller Glashütten (41) in Großbritannien produzierte Flaschenglas, auf das Black Country entfiel hierbei ein Anteil von 12 % dieser Hütten. In der Produktion von Flintglas, das hauptsächlich für dekorative Trinkgläser und ähnliches verwendet wurde, entfielen 19 % der Produktionsstandorte auf die Gegend um Stourbridge. Dies ist umso erstaunlicher, da etwa 4/5 der britischen Flintglasproduktion zu dieser Zeit ins Ausland exportiert wurden und die Glasproduzenten im Black Country zumindest für Teilstrecken auf den Überlandtransport zurückgreifen mussten.48 Den höchsten Anteil an Glashütten wies das Black Country im Bereich der Fensterglasproduktion auf: Hier befand sich die Hälfte aller britischen Produzenten in dem südwestlichen Teil der Wirtschaftsregion.49 In dem Zensus von 1851 wurden 1.083 erwachsene Männer, die in einer der Gemeinden des Black Country wohnhaft waren, als glass manufactures oder Arbeiter im Bereich der Glasindustrie geführt. In ganz Großbritannien entfielen auf diese Berufsgruppen 5.606 Männer. 19 % der britischen Beschäftigten im Bereich der Glasindustrie waren demnach im Black Country beschäftigt.50 46 Vgl. zur Bedeutung der Nagelproduktion im Black Country Abschnitt III.I.III. 47 Sandilands, Midland glass, S. 19 und Vose, Glass, S. 198f. 48 Vgl. zu den Transportbedingungen im 17. Jahrhundert Abschnitt III.I.V, S. 162, Angaben zu Export bei Sandilands, Midland glass, S. 26. 49 Sandilands, Midland glass, S. 19. 50 Zahlen aus HCPP, 1852–3 [1691–I], S. 443–509, Zahlen für Großbritannien, S. cxxviii–cxlix.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Zusammenfassend lässt sich, zumindest auf Basis der oben gegeben Informationen, festhalten, dass die Glasproduktion im Black Country Ende des 17. Jahrhunderts als auch in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine große Bedeutung innerhalb der britischen Glasindustrie inne hatte.

IV.II.I.III Sinkende Preise durch Innovationen Nach Rostow bildet das Sinken der Angebotspreise eines Führungssektors die Grundlage für sein starkes Wachstum. Da für keine der Schlüsselindustrien des Black Country Informationen über Preise vorliegen, werden ersatzweise im Folgenden die in der Region eingeführten Innovationen einer qualitativen Bewertung hinsichtlich ihrer Folgen auf den Absatz der Produkte unterzogen. Nach Schumpeter können die günstigen Angebotspreise durch Innovationen realisiert werden, die wiederum auf einer Veränderung der Produktionsfunktion basieren. Als Indikator für gesunkene Angebotspreise wird zudem die Entwicklung der Infrastruktur untersucht, um so Aussagen über die Entwicklung der Transportkosten – und damit der Preise der Güter des Black Country in anderen Regionen – treffen zu können.

IV.II.I.III.I Die Eisenindustrie und die Eisenverarbeitung In Rostows Konzept bildet die Veränderung der Produktionsfunktion die Grundlage für das außerordentlich starke Wachstum des späteren Führungssektors, da hierdurch die Preise der angebotenen Güter sinken. Robert Allen hat gezeigt, dass durch die Einführung der Kokshochöfen die Preise für Roheisen in Großbritannien zwischen 1709 und 1850 um über 60 % fielen und diese fallenden Preise zu einem großen Teil auf eine gestiegene totale Faktorproduktivität zurück geführt.51 Es kann demnach angenommen werden, dass dies auch auf die Entwicklung der Eisenindustrie im Black Country zutrifft.52 Wichtiger als eine gestiegene Produktivität war für die Entwicklung der Eisenindustrie im Black Country wohl die Einführung der neuen Technologie an sich. Bis die Nutzung von Steinkohle oder Koks in der Eisenproduktion möglich wurde, hatte es in der Region lediglich eine sehr kleine Zahl von Hochöfen und Hüttenwerken gegeben.53 Die Möglichkeit zuerst Roheisen- und später auch Stabeisen mit Steinkohle zu produzieren, führte überhaupt erst zur Entstehung einer bedeutenden Eisenindustrie im Black Country. Den ersten mit Steinkohle betriebenen Hochofen gab es in der Region in den 1750er Jahren, spätestens in den 51 Allen, The British industrial revolution in global perspective, S. 219–221. 52 Allen stützt sich auf Zahlen für Coalbrookdale, hält diese aber für repräsentativ. 53 In der Region existierten während des 18. Jahrhunderts zu keinem Zeitpunkt mehr als drei mit Holzkohle betriebene Hochöfen (siehe Abbildung 8 auf Seite 105) und auch die Zahl der Frischherde zur Erzeugung von Schmiedeeisen lag bei maximal acht (siehe Abbildung 8 auf Seite 105).

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

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1770er Jahren begann die Stabeisenproduktion unter Verwendung von Steinkohle. Kurze Zeit später schnellten die Produktionszahlen, aber auch die Zahl der Hochöfen und Potting-Herde, in die Höhe. Die Zahl letzterer vervierfachte sich von sechs im Jahr 1785 auf 24 in 1790. Die Anzahl der Hochöfen stieg in den letzten zwei Dekaden des 18. Jahrhunderts von vier auf 19.54 Gleichzeitig sank der Preis des produzierten Eisens aufgrund der günstigen Preisstruktur des mineralischen Brennstoffs im Vergleich zur Holzkohle. Den Preisunterschied hat Hyde für die britische Eisenindustrie berechnet. 55 Da sich gegen Ende des 18. Jahrhunderts die Kosten für Rohstoffe und Zwischenprodukte in der Stabeisenproduktion auf etwa 80 bis 90 % der gesamten Produktionskosten summierten, kann vermutet werden, dass sich die Kostenersparnis im Black Country stärker niederschlug als in anderen Regionen, da hier große Mengen Kohle zu vergleichsweise sehr günstigen Preisen verfügbar waren. Sowohl das Entstehen einer Eisenindustrie im Black Country als auch das starke Wachstum dieser Industrie lässt sich auf die Einführung der Steinkohle in der Produktion des Stabeisens zurückführen.56 Durch die in der Region ansässige Eisenverarbeitung hatte es, zu der Zeit der Einführung der Steinkohle in alle Produktionsschritte der Eisenproduktion, bereits eine starke lokale Nachfrage nach Eisen gegeben, welche durch die wenigen Produktionsstätten im Black Country nicht hatte befriedigt werden können. Entsprechend war Stabeisen in die Region importiert worden. Diese Importe konnten nun durch lokal produziertes Eisen substituiert werden, was wiederum zu einer Senkung der Preise in der Eisenverarbeitung geführt haben dürfte.

IV.II.I.III.II Der Bergbau Der Bergbau im Black Country war nicht durch eine Vielzahl großer Innovationen geprägt. Das in Abschnitt IV.II.I.I.II dargestellte starke Anstieg der geförderten Kohle- und Erzmengen wurde hauptsächlich über eine Steigerung der Zahl der Gruben realisiert.57 Von unbestritten hoher Bedeutung war die Einführung der Dampfmaschine, deren Einfluss auf das Wachstum des Bergbaus in der Region im Folgenden untersucht werden soll. Außerdem wird diskutiert werden, inwieweit andere wichtige Innovationen zu dem starken Wachstum des Bergbaus beitrugen. Die Einführung der Dampfmaschine zum Antrieb von Pumpen im Beginn des 18. Jahrhunderts führte zu einem erheblichen Anstieg der Effizienz in der Wasserhaltung. Die dampfbetriebenen Pumpen konnten wesentlich mehr Wasser aus den Gruben an die Oberfläche befördern, als dies mit Hilfe von Göpelwerken oder Haspeln der Fall war. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden in den Gruben des Black Country 17 Dampfmaschinen zur Wasserhaltung aufgestellt. 58 54 Vgl zu den Daten Tabelle A.1 auf S. 282 (Anhang). 55 Hyde, Reinterpretation, S. 198f. 56 Vgl. zur Entstehung der Eisenindustrie im Black Country Abschnitt III.I.I und zum Wachstum der Industrie Abschnitt IV.II.I.I.I. 57 So die einhellige Meinung in der Forschung, vgl. hierzu auch Abschnitt III.I.II. 58 Vgl. hierzu auch Tabelle 23 auf S. 140.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Das Black Country war damit eines der Kohlereviere mit der größten Verbreitung von Dampfmaschinen, jedoch kann bei weitem nicht von einer flächendeckenden Nutzung der dampfbetriebenen Pumpen gesprochen werden. Es existieren keine Angaben über die Anzahl der Gruben zu dieser Zeit, bekannt ist jedoch, dass der Abbau von Kohle, Erzen und Ton im Black Country in vielen kleinen Unternehmen und auch Abbaueinheiten organisiert war. Es ist also davon auszugehen, dass die Anzahl der Dampfmaschinen in Relation zu der Anzahl der Gruben relativ niedrig – und vor allem niedriger als in anderen Revieren – war. Gleiches gilt für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts.59 Die geringe Tiefe der Schächte erlaubte oft eine effektive Wasserhaltung mit Eimern, die durch Pferdekraft an die Oberfläche gezogen wurden, entsprechend war der Einsatz von Dampfmaschinen nicht in allen Gruben nötig oder lohnenswert. Es ist davon auszugehen, dass im 18. Jahrhundert nicht alle Gruben mit einer Dampfmaschine ausgestattet waren. In diesen Gruben bewirkten die Dampfmaschinen jedoch eine erhebliche Steigerung der Förderleistung. Über ein Göpelwerk mit einem Pferd konnte eine Leistung von 0,66 PS realisiert werden, vier Pferde erbrachten demnach eine Leistung von 2,7 PS. Für jedes dieser gleichzeitig eingespannten Pferde waren drei weitere Pferde nötig um die Leistung auch dauerhaft sicherstellen zu können.60 Bereits die erste atmosphärische Dampfmaschine aus dem Jahr 1712 kam mit 6 PS auf eine höhere Leistung als zwei Göpelwerke mit vier zeitgleich arbeitenden Pferden. Für das Black Country ist nur die Leistung sehr weniger Dampfmaschinen überliefert, die durchschnittliche Anzahl an Pferdestärken pro britischer Maschine lag in der Mitte des 18. Jahrhunderts bereits bei 25, die maximal mögliche Leistung betrug 50 PS. Ende des 18. Jahrhunderts war die durchschnittliche Leistung in etwa gleich, die maximal mögliche Leistung jedoch auf 190 PS angestiegen.61 Zwei in den 1760ern und 1790ern im Black Country errichtete Dampfmaschinen nach dem Wattschen Prinzip hatten etwa 50 PS.62 Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbreiteten sich die Maschinen jedoch immer weiter, so dass die Göpelwerke und Haspeln allmählich ersetzt wurden und für 1850 von einer vollständigen Verdrängung dieser Fördermittel gesprochen werden kann.63 Spätestens ab dem zweiten Drittel des 19. Jahrhunderts ermöglichten nur leistungsstarke Dampfmaschinen den Abbau in dem Gebiet um Tipton. Auch ohne das Vorliegen geeigneter Daten für eine Berechnung der Faktorproduktivitäten, kann davon ausgegangen werden, dass sich durch die Dampfma59 Vgl. hierzu auch Abschnitt III.I.II ab Seite 125 und insbesondere Tabelle 22 (S. 138), welche die Anzahl der Gruben in den einzelnen Revieren in Relation zu den jeweils geförderten Kohlemengen setzt. Verfügbar sind diese Daten ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, es ist aber davon auszugehen, dass die Struktur des Bergbaus im Black Country sich nicht plötzlich geändert hat, sondern dieser in der kleinräumigen Struktur wuchs. 60 Kanefsky, Diffusion, S: 79. 61 Vgl. Tabelle 8.16 bei Kanefsky, Diffusion, S. 442. Da Kanefsky nicht die, zu einem bestimmten Zeitpunkt in Betrieb stehenden Maschinen, sondern die zu einem bestimmten Zeitpunkt errichteten Maschinen, analysiert, liegt die maximal erreichte PS-Zahl in den Jahren 1781–90 höher als in der letzten Dekade des Jahrhunderts. 62 Siehe Kanefsky, Diffusion, S. 457 und S. 463. 63 Lones, Relics, S. 51.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

247

schinen die Leistung der Fördermittel gegenüber den Haspeln und Göpelwerken enorm erhöhte.

IV.II.I.IV Kopplungseffekte Für die Analyse der vom Black Country ausgehenden Kopplungseffekte empfiehlt es sich innerhalb des Betrachtungszeitraum eine Periodisierung vorzunehmen. So wurde die erste Phase durch die Einführung der Spaltwalzwerke und der anschließenden Konzentration der Eisenverarbeitung im Bereich der Lagerstätte eingeläutet und endete um die Wende zum 19. Jahrhundert mit dem einsetzenden Wachstum in der Eisenindustrie. In dieser Phase konnte die, auf Holzkohle und Wasserkraft angewiesene, lokale Eisenindustrie die Nachfrage der Schmiede nach Eisen zur Weiterverarbeitung nicht befriedigen. Gedeckt wurde die Nachfrage durch Eisenimporte aus Schweden und Russland, aber auch aus dem Forest of Dean, der wichtigsten eisenproduzierenden Region in der charcoal era.64 Der Forest of Dean erstreckte sich bei Gloucester am Ufer des Severn, von wo das Eisen flussaufwärts bis Bewdley geschifft und anschließend zum Stour und den dort liegenden slitting mills gebracht werden konnte. Vom Black Country gingen in dieser frühen Zeit demnach Effekte der Rückwärtskopplung aus: Die wachsende Aktivität in der Eisenverarbeitung führte zu einem verstärkten Bedarf an Eisen, dieser wurde durch Importe aus anderen Regionen gedeckt. Auch wenn aufgrund des Mangels an Quellen keine Quantifizierung möglich ist, kann davon ausgegangen werden, dass das Black Country so zum Wachstum der Eisenindustrie im Forest of Dean und auch in Russland und Schweden beitrug. Es ist des weiteren davon auszugehen, dass sowohl die Eisenimporte über den Severn als auch der Export der gefertigten Artikel nicht ohne Folgen für die Häfen in Bristol und Bewdley blieben. Anzunehmen ist, dass hier ein Ausbau der Strukturen im Bereich des Handels und der Verladeanlagen und wahrscheinlich auch in der Schifffahrt erfolgte. Dies wären dann Effekte der Vorwärtskopplung, ausgelöst oder zumindest unterstützt durch das Wachstum der Eisenverarbeitung in der Wirtschaftsregion Black Country. Mit der Möglichkeit der Nutzung von Steinkohle in den Prozessen zur Eisenerzeugung begann das Wachstum der Eisenproduktion in der Region und damit die zweite Phase in der Analyse der regionalen Kopplungseffekte. Durch das lokal produzierte Eisen benötigte das Black Country zu dieser Zeit weder Rohstoffe noch Zwischenprodukte von außerhalb. Steinkohle, Eisenerz und Kalk zur Eisenverhüttung fanden sich in der Region und auch der Ton, aus dem die Ziegel für den Bau der Hochöfen und Frischöfen gebrannt wurden, war in der Region vorhanden. Hier gingen von dem Black Country keine Effekte der Rückwärtskopplung aus. Ausgenommen ist von dieser Aussage die Nachfrage nach Arbeitskräften, welche jedoch in einem späteren Teil dieses Abschnitts betrachtet wird. Effekte der Vowärts- und der Seitwärtskopplung gingen von der Eisenindustrie des Black Country aus. Die Entwicklung einer Technologie zur Verarbeitung 64 Vgl. zu Eisenimporten des Black Country King, Iron trade, S. 183.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

von Roheisen zu schmiedbarem Eisen stammte aus dem Black Country. Sowohl das stamping and potting-Verfahren als auch das verbesserte piling-Verfahren wurde durch Hüttenmänner aus dem Black Country entwickelt und als Patent angemeldet.65 Diese beiden Verfahren ermöglichten den starken Anstieg des Outputs von Schmiedeeisen zwischen 1750 und 1790, bevor sich anschließend das 1784 patentierte Puddeln als Standard in der Schmiedeeisenproduktion durchsetzte. In der Forschung galt die Zeit bis zu Corts Patent (Puddeln) lange Zeit als Phase der fehlenden Innovationen in der Stabeisenproduktion. Hyde widerlegte diese Sicht in einem Aufsatz von 1974 und zeigte die starke Wirkung, die das Potting-Verfahren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die britische Eisenindustrie hatte. Mit dem neuen Verfahren konnten erheblichen Kosteneinsparungen gegenüber der Frischmethode mit Holzkohle realisiert werden, in Folge dessen verbreitete sich das Verfahren relativ schnell und 1788 wurde fast die Hälfte des in Großbritannien produzierten Stabeisens mit diesem Verfahren erzeugt.66 Natürlich hätte ein solches oder ähnliches Verfahren zur Nutzung von Steinkohle auch in anderen Regionen Großbritanniens entwickelt werden können, aber es ist zu vermuten, dass der Druck eine Methode der Schmiedeeisengewinnung mit Steinkohle zu finden, im Black Country extrem hoch und wahrscheinlich höher als in anderen Gebieten war. Das Black Country galt bereits im 18. Jahrhundert als Zentrum der Eisenverarbeitung, in wenig anderen Gebieten Großbritanniens dürfte demnach die Nachfrage nach Eisen so hoch gewesen sein. In Kombination zu dieser starken Nachfrage war die Steinkohle lokal verfügbar und konnte, durch die günstigen Abbaubedingungen, mit geringem Kostenaufwand gewonnen werden. Durch den Mangel an schiffbaren Wasserwegen war das Black Country bezüglich des Imports von Rohstoffen oder Zwischenprodukten im Nachteil gegenüber anderen Regionen, der erste Kanal wurde erst in den 1770er Jahren, also etwa zeitgleich mit der Patentierung des piling-Verfahrens fertig gestellt. Zwar wurde der der erste Hochofen zur Verhüttung des Eisenerz mit Steinkohle im Black Country Ende der 1750er Jahre in Betrieb genommen, allerdings benötigten die Eisenschmiede nicht das spröde Roh- sondern schmiedbares Stabeisen zur Weiterverarbeitung. Die Frischwerke in der Region waren jedoch auf Holzkohle als Brennstoff angewiesen und bis in die 1780er Jahren hinein fanden sich zu keiner Zeit mehr als acht Werke im Black Country. Mit maximal 2.000 t war die Produktion eher moderat und es ist von einem anhalten Import von Eisen aus anderen Gebieten auszugehen. Die Eisenindustrie im Black Country sah sich zu dieser Zeit demnach einer starken lokalen Nachfrage gegenüber, konnte mit dem Roheisen jedoch nur ein Zwischenprodukt günstig produzieren. Ohne ein technisches Verfahren zur Darstellung schmiedbaren Eisens mit Steinkohle stellte diese Möglichkeit zur Produktion von Roheisen mit mineralischen Brennstoffen keine Lösung zur Befriedigung der hohen Nachfrage durch die lokale Eisenverarbeitung dar. Diese Situation kann erklären, warum gerade im Black Country die Bemühungen, eine technische Lösung zur Nutzung der Steinkohle auch in der 65 Hayman, Ironmaking, S. 42f und Ohne Autor, Art. Stamping and potting, in: Trinder, Barrie (Hg.): The Blackwell encyclopedia of industrial archaeology, Oxford/Cambridge 1992, S S. 709 und Paulinyi, Umwälzung der Technik, S. 397. 66 Hyde, Reinterpretation, S. 190f.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

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Stabeisengewinnung zu finden so groß waren. Die neuen Verfahren verbreiteten sich in der zweiten Hälfte der 1780er schnell in der Region und gleichzeitig schnellte auch die Zahl der Hochöfen nach oben. Durch die Entwicklung der frühen Verfahren zur Nutzung von Steinkohle veränderte sich die gesamte Struktur der Eisenindustrie. Die Holzkohle wurde vollständig durch die Steinkohle ersetzt, die Eisenproduktion konzentrierte sich in Nähe der Steinkohlenlagerstätten, durch Einsparungen bei den Kosten der Rohstoffe sank der Preis von Eisen und die Produktion in Großbritannien wuchs. Auf nationaler Ebene wurde die Eisenindustrie zu dieser Zeit zu einem Führungssektor, die Grundlage hierfür wurde im Black Country gelegt. Dieser Effekt kann bei regionaler Betrachtung als Effekt der Seitwärtskopplung identifiziert werden. Laut Rostow verändert ein Führungssektor die Gesellschaft auf einer breiten Ebene und führt u.a. zu einer vergrößerten Akzeptanz neuer Technologien und Organisationsformen in seiner Umgebung. Wie in Abschnitt IV.I.III.IIII erläutert, muss eine Führungsregion über die externen Effekte auf weite Teile ihrer Umgebung wirken. In diesem Fall wirkte das Black Country über die Bereitstellung einer Möglichkeit zur Eisenproduktion ohne Holzkohle, wodurch die britische Eisenindustrie ein starkes Wachstum erfuhr und eine Konzentration der Eisenproduktion im Bereich der Kohlefelder erfolgte.67 Neben der Entwicklung des Potting- und des PilingVerfahrens stammte eine weitere wichtige Innovation aus dem Black Country. Anfang des 19. Jahrhunderts gelang es Joseph Hall aus Tipton das Puddel-Verfahren extrem zu beschleunigen. Beim wet puddling oder pig boiling wurde das Roheisen nicht nur breiig, sondern flüssig und das arbeits- und zeitintensive Rühren des Eisens wurde damit überflüssig.68 Nicht unerwähnt bleiben sollte auch, dass genau genommen auch die Grundlagen der Roheisenproduktion mit Steinkohle aus dem Black Country stammten, gingen die ersten Versuche doch auf Dud Dudley zurück. In Bezug auf die Eisenindustrie haben Erfindungen aus dem Black Country demnach erheblich zur Entwicklung der britischen Eisenindustrie beigetragen und diese nachhaltig geprägt. Diese Effekte der Seitwärtskopplung können gleichzeitig auch als Effekte der Vorwärtskopplung verstanden werden, da das Black Country mit den neu entwickelten Verfahren eine Grundlage für die Entwicklung neuer Regionen lieferte. Ein weiterer Effekt der Vorwärtskopplung entstand durch den hohen Output der lokalen Eisenindustrie. Zeitweise wurde im Black Country ein Drittel der britischen Eisenproduktion erzeugt. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Produktion wurde in den Schmieden der Region zu Eisenartikeln weiterverarbeitet, der Rest als Roh- oder Stabeisen exportiert. Auch wenn der Nachweis darüber, wohin das Eisen exportiert wurde und wie es dort genutzt wurde, aufgrund mangelnder Daten ausbleiben muss, ist auch hier das Vorliegen von Effekten der Vorwärtskopplung auf andere Regionen zu vermuten. Auch die Bevölkerungsbewegung, die in starkem Zusammenhang mit dem industriellen Wachstum in der Region steht, kann als Effekte der Seitwärtskopplung 67 Vgl. zu der technischen Entwicklung der Eisenproduktion und der Eisenindustrie im Black Country Abschnitt III.I.I, ab S. 99. 68 Vgl. zum wet puddling Gale, Walter Keith Vernon: Notes on the Black Country iron trade, in: Transactions of the Newcomen Society 24 (1949), S. 13–26, S. 17f.

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IV. Führungsregionen der Industrialisierung

interpretiert werden. Die starke Zunahme der Bevölkerung in der Region erfolgte auch über Zuwanderung aus umliegenden Gebieten.69 Anders als im Fall von nachgefragten Inputprodukten, führte dies natürlich nicht zu einer steigenden Produktion von Menschen im Umland der Führungsregion, allerdings kamen durch den Zuzug eine große Anzahl von Menschen im Black Country mit der neuen Industrie in Kontakt. Man kann demnach von einer Verstärkung des Prozesses der Industrialisierung auf breiter Basis sprechen, also einem Effekt der Seitwärtskopplung, welcher eine Folge des ursprünglich rückwärts wirkenden Effekts der Nachfrage nach Arbeitskräften ist.70 Die dritte Phase der Entwicklung begann gegen Ende des 19. Jahrhunderts und ist durch eine stark nachlassende Wachstumsstärke der lokalen Industrien und der Bevölkerung charakterisiert. In dieser Zeit kann im Bereich der Bevölkerung ein Effekt der Vorwärtskopplung identifiziert werden: Die frei werdenden Arbeitskräfte der Region suchten Beschäftigung in anderen Gebieten. Diese Regionen profitierten von der Verfügbarkeit von Arbeitern mit Erfahrung im Bergbau oder der Eisenerzeugung.

IV.II.II Das Borinage als Führungsregion Da in der Wirtschaftsregion Borinage mit dem Steinkohlenbergbau nur ein dominanter Wirtschaftszweig existierte, besteht nicht die Notwendigkeit einer Gewichtung verschiedener Industriezweige, wie in der Untersuchung des Black Country geschehen. Die folgende Analyse der Wirtschaftsregion Borinage fokussiert darum auf den Steinkohlenbergbau und wird aber an verschiedenen Punkten, zum Beispiel im Fall des Wachstums der Region, durch weitere Indikatoren ergänzt.

IV.II.II.I Überdurchschnittlich starkes Wachstum IV.II.II.I.I Der Bergbau Wie Abbildung 40 zeigt, verzeichnete die Steinkohlenförderung im Borinage vom 18. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ein teilweise starkes Wachstum. 71 Um zu überprüfen, ob es sich hierbei um eine überdurchschnittlich starke Zunahme der geförderten Mengen handelte, werden im Folgenden die Wachstumsraten der Steinkohlenförderung im Borinage ermittelt und anschließend in Relation zu denen übriger europäischer Reviere gesetzt.

69 Vgl. zum Wachstum der Bevölkerung im 18. Jahrhundert Tabelle A.47 auf S. 327 (Anhang). 70 Vgl. zur Bevölkerungsentwicklung im Black Country Abschnitt IV.II.I.I.IV. 71 Für das 18. Jahrhundert sind keine Produktionszahlen verfügbar. Eine Annäherung kann jedoch über eine Analyse der Menge Kohle, die über die Henne transportiert wurde, erfolgen. Vgl. für Details hierzu Abschnitt III.II.I.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

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Abbildung 40: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900

Für Daten und deren Herkunft vgl. Tabelle A.34 (Anhang, S. 317).

Wie aus Tabelle 44 hervorgeht, wuchs die Steinkohlenförderung in der Wirtschaftsregion Borinage in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts jährlich um etwa vier Prozent. Verglichen mit dem Anstieg der Förderung in den britischen Revieren (Vgl. Tabelle 41 (Seite 226) und Tabelle 40 auf Seite 226), lag das Borinage in etwa gleichauf mit dem Black Country (4,18 %) und hinter Süd Wales (5,12 %). In der ersten Dekade des 19. Jahrhunderts blieb das Wachstumstempo des Borinage etwas hinter dem der meisten britischen Reviere zurück, zeigte dafür aber von 1811 bis 1828 ein stärkeres Wachstum als diese Reviere. Zu bedenken ist, dass die zugrunde liegende Datenbasis für die Förderung im Borinage ebenso wenig zufriedenstellend ist, wie die für die Förderung im Black Country. Die Schätzungen der Steinkohlenförderung im Borinage basieren auf der Menge der über die Henne verschifften Kohlen, zu welcher ein Eigenverbrauch in Höhe von sechs Prozent addiert wurde. Denkbar ist, dass dieser nicht die tatsächliche Menge der in der Region verbliebenen Steinkohlen wiedergibt und unter Umständen der Eigenverbrauch der Region, und damit die geförderten Mengen, unterschätzt wurde.72 Zwischen 1828 und 1850 war das Wachstum der Steinkohlenproduktion geringer als das der britischen Reviere, in welchen die durchschnittliche jährliche Zunahme der geförderten Mengen in dieser Zeit bei über drei Prozent lag. Ledig72 Vgl. zur Herkunft der Daten das Kapitel 3.

252

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

lich das Black Country blieb zu dieser Zeit ebenfalls hinter den anderen britischen Reviere zurück und realisierte ähnliche Wachstumsraten wie das Borinage. Zwischen 1850 und 1870 war das Borinage in Bezug auf die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten in etwa gleichauf mit Lancashire (3 %), Yorkshire (3,1 %) und Süd Wales (3,1 %) und vor dem Black Country (2,17 %), jedoch hinter den östlichen Midlands (4,6 %), dem Nordosten Englands (3,5 %) und Schottland (4,6 %). Nach 1870 fiel das Wachstum im Borinage auf jährliche 0,8 %, hiermit lag das Borinage deutlich hinter den Revieren bei Lancashire (2,3 %), Yorkshire (3,8 %), dem Nordosten (1,8 %) und hinter den Revieren in Süd Wales (2,9 %), den östlichen Midlans (4,5 %) und Schottland (2,5 %). Die Förderung des Black Country nahm in diesem Zeitraum jährlich um etwa drei Prozent ab. Tabelle 44: Wachstumsraten der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900 1753–1800 1800–1811 CAGR

3,9%

1811–1828 1828–1850 1850–1870 1870–1891

2,0%

6,3%

2,4%

2,9%

0,8%

4,6% Wachstumsrate

487,2%

486,3%

109,5%

Vgl. zu den Daten Tabelle A.34 auf S. 317 (Anhang).

In Bezug auf die (etwa) 50-jährigen Wachstumsraten lag das Borinage in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit 487 % im Vergleich mit Großbritannien vor dem Black Country und lediglich hinter Süd Wales. Auf dem Kontinent realisierten die Gruben an der Saar und in Oberschlesien eine Zunahme der Förderung um 1.500 % (Saar), bzw. 11.101 % (Oberschlesien). In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs in Großbritannien nur der Steinkohlenbergbau im Black Country (525 %) stärker als der im Borinage (486 %). Auf dem Kontinent lag das Wachstum der Reviere Nord (355 %) und Pas de Calais (200 %) unter dem des Borinage, das Ruhrgebiet steigerte seine Kohlenproduktion mit 609 % etwas stärker als das Borinage, während die Reviere in Aachen, Sachsen, Oberschlesien und an der Saar jeweils Zunahmen im vierstelligen Bereich verzeichneten. Ähnlich stellte sich die Situation in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dar. Mit 110 % lag das Wachstum der Steinkohlenproduktion im Borinage unter der Zunahme der Förderung in den britischen Revieren, jedoch höher als im Black Country, wo die Förderung abnahm und erneut weit hinter den Wachstumsraten vieler kontinentaleuropäischer Reviere73 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Steinkohlenförderung im Borinage dauerhaft positive Wachstumsraten aufwies, die sich zum Ende des 19. Jahrhunderts hin verringerten. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts konnte das Borinage in der Spitzengruppe der britischen Reviere mithalten, die abnehmende Stärke des Wachstums am Ende des 19. Jahrhunderts ließ das Borinage dann weiter zurückfallen. Damit lag das Borinage hinter den in Tabelle 41 und Tabelle 42 aufgeführten britischen Revieren, allerdings wurden in diesen Aufstellungen nur ausgewählte Reviere berücksichtigt, denen allen ein starkes Wachstum im 19. Jahrhundert 73 Vgl. Tabelle 42 auf Seite 228.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

253

gemein ist. Nicht berücksichtigt sind Reviere wie das in Shropshire, die – genau wie das Black Country – deren Fördermenge zu dieser Zeit rückläufig war. Die kontinentaleuropäischen Reviere wiesen über fast den gesamten Zeitraum höhere Wachstumsraten auf als das Borinage. In den meisten dieser Reviere begann das Wachstum jedoch erst im Laufe des betrachteten Zeitraums, während das Borinage zu diesem Zeitpunkt schon auf eine wesentlich längere Tradition in der Steinkohlengewinnung zurückblicken konnte.

IV.II.II.I.II Die Bevölkerung Auch für das Borinage wird die Entwicklung der Bevölkerung zur Analyse des Wachstumsstärke der Wirtschaftsregion herangezogen. Eine valide Aussage darüber, ob das Wachstum der Bevölkerung im Borinage überdurchschnittlich stark war, kann nur aufgrund eines Vergleichs mit anderen industriellen Regionen getroffen werden. Ein Vergleich mit dem Bevölkerungswachstum in Belgien oder dem Bevölkerungswachstum der europäischen Länder ist nicht aussagekräftig, da industrielle Regionen Arbeitskräfte aus dem Umland anziehen und ihr Wachstum somit stärker ist, als das einer ländlich geprägten Region. Zum Vergleich müssen demnach andere industrielle stark wachsende Regionen herangezogen werden. Abbildung 41: Jährliche durchschnittliche Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Wirtschaftsregionen Borinage und Black Country, 1801–1910

Vgl. für Daten Tabelle A.47 auf S. 327 (Anhang) und Tabelle A.49 auf S. 329 (Anhang).

254

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

Abbildung 41 vergleicht die jährlichen durchschnittlichen Wachstumsraten in den Wirtschaftsregionen Borinage und Black Country. Aufgrund der Datenlage, die einen Vergleich von Wachstumsraten nicht zulässt, wird an dieser Stelle die durchschnittliche jährliche Zunahme der Bevölkerung betrachtet.74 In den ersten drei Dekaden des 18. Jahrhunderts nahm die Bevölkerung in den Gemeinden des Borinage jährlich um zwei Prozent zu. Zwischen 1829 und 1846 lag die Zunahme bei 1,88 % jährlich und in den zehn Jahren zwischen 1846 und 1856 wurde ein jährliches Wachstum von 1,73 % beobachtet. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sank das Wachstum auf etwas über ein Prozent, nahm dann jedoch wieder zu und lag zwischen 1890 und 1910 bei 1,8 %. Das durchschnittliche jährliche Wachstum der Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country lag bis 1861 zwischen knapp zwei und knapp drei Prozent. Das Wachstum bewegte sich hier demnach auf einem höheren Niveau als im Borinage. Nach den 1860ern verzeichnete das Borinage zwar eine stärkere jährliche Bevölkerungszunahme als das Black Country, erreichte jedoch nicht die dort in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts realisierten Wachstumsraten. Abbildung 42: Bevölkerungsentwicklung in den Wirtschaftsregionen Borinage, Black Country und Saar, 1800–1910

Vgl. für Daten Tabelle A.46 und Tabelle A.48; Daten für Saarregion aus Banken, Saarregion, Bnd. 1, Anhang Tabelle A3 (CD-ROM). 74 Die durchschnittlichen jährlichen Wachstumsraten (Comound Annual Growth Rates CAGR)) geben das jährliche durchschnittliche Wachstum über einen bestimmten Zeitraum an, zwischenzeitliche Schwankungen werden nicht berücksichtigt.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

255

Abbildung 42 zeigt die Entwicklung der Bevölkerungszahlen in der Wirtschaftsregion Borinage, des Black Country und der Saarregion. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Bevölkerung in der Wirtschaftsregion Borinage von 28.603 Einwohnern auf 67.927 Einwohner im Jahr 1846 an. Bis 1910 verdoppelte sich diese Zahl in etwa noch einmal. Entsprechend verläuft die Wachstumskurve fast linear, während der Kurve für die Saarregion ein deutlicher Anstieg des Wachstumstempos ab der Mitte des 19. Jahrhunderts abzulesen ist. Auch im Black Country wuchs die Bevölkerung während des 19. Jahrhunderts deutlich stärker als im Borinage. Ein Vergleich des Borinage mit den in Abschnitt IV.II.I.I.IV als Vergleichsobjekte herangezogenen britischen industriell geprägten Bezirken zeigt, dass die Zunahme der Bevölkerung im Borinage zwischen 1846 und 1856 knapp über dem durchschnittlichen Wachstum der Bevölkerung in diesen Gebieten in der Zeit von 1841 bis 1851 lag. Während die Bevölkerung im Borinage um 18,7 % zunahm, lag die durchschnittliche Bevölkerungszunahme in diesen Gebieten bei 18,6 %, auch wenn einige Gebiete wie South Wales oder die Hafenstädte wie Liverpool und Southampton ein deutlich stärkeres Wachstum aufwiesen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Bevölkerung im Borinage im Laufe des 19. Jahrhunderts zunahm und von 28.000 auf über 140.000 anwuchs, jedoch kann dieses Wachstum im Vergleich mit anderen industriellen Gebieten nicht als überdurchschnittlich hoch bewertet werden.

IV.II.II.II Große und wachsende Bedeutung Ziel der vorliegenden Untersuchung war es zu prüfen, ob es sich bei dem Borinage und dem Black Country um Führungsregionen der europäischen Industrialisierung handelte, entsprechend kann die Vergleichsbasis für die Ermittlung der Bedeutung des Steinkohlenbergbaus der Wirtschaftsregion Borinage nicht Belgien bzw. die späteren belgischen Reviere sein. Konnte für die Wirtschaftsregion Black Country noch Großbritannien als Vergleichsgröße herangezogen werden, da hier noch 1850 ein erheblicher Teil der europäischen Steinkohlen gefördert wurde, muss für das Borinage der Vergleich anhand der kumulierten Zahlen der europäischen Steinkohlenproduzenten erfolgen.75 Soweit Daten verfügbar sind, wird die Förderung des Borinage auch in Relation zu den Fördermengen kontinentaleuropäischer Reviere gesetzt. Quantitative Angaben zu der Förderung in diesen Revieren sind für das 19. Jahrhundert verfügbar. 76 Aufgrund der schlechten Datenlage für das 18. Jahrhundert lassen sich auch keine europäischen Produktionsziffern aus den Daten einzelner Reviere ermitteln, so dass für diese Zeit keine Berechnung der Anteile erfolgen kann. Um die Produktion des Borinage in der Zeit vor 75 Durch die hohe Bedeutung Großbritanniens in der europäischen Steinkohlenförderung konnte von einem hohen Anteil an der britischen Produktion auf einen hohen Anteil an der europäischen Produktion geschlossen werden. Vgl. auch den entsprechenden Abschnitt (IV.II.I.II.II, S. 240) zur Bedeutung der Steinkohlenproduktion des Black Country. 76 Vgl. zu den Produktionszahlen für Europa und deren Zusammensetzung Tabelle A.23 und Tabelle A.24.

256

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

1800 in den europäischen Kontext einzuordnen, kann diese zum einen in Relation zu der Produktion Großbritanniens betrachtet werden und zum anderen direkt mit der anderer kontinentaleuropäischer Reviere verglichen werden. Ende des 18. Jahrhunderts lag die jährliche Produktion im Borinage bei etwa 350.000 t und damit etwa fünfmal so hoch, wie die im benachbarten Centre. In dem Revier bei Charleroi wurde etwa halb so viel Kohle gefördert wie im Borinage. Verglichen mit dem Ruhrgebiet lag die Förderung im Borinage etwa 1,5 mal so hoch. Die Saargruben förderten etwa ein Sechstel der im Borinage extrahierten Menge, Oberschlesien kam auf etwa ein Achtel, während das Revier in Sachsen, sowie das Pas de Calais lediglich ein Vierzigstel der im Borinage abgebauten Mengen förderten. In Relation zu den in Großbritannien geförderten Mengen erreichte das Borinage 1800 einen Anteil von 2,34 % und lag damit weit hinter der Spitzengruppe der britischen Reviere, deren Anteile an der Produktion jenseits der zehn Prozent lagen. Die Fördermenge des Borinage entsprach dabei etwa einem Viertel der bei Lancashire und in Süd Wales gewonnenen Mengen.77 Im Jahr 1843 förderten die Gruben des Borinage knapp drei Prozent aller in Europa gewonnen Steinkohlen. Dies entsprach einem Anteil an der kontinentaleuropäischen Förderung von 17 %. 1850 war der Anteil an der europaweiten Förderung auf 2,6 % und der an der Förderung auf dem Kontinent auf 12,4 % gesunken. Gleichzeitig war der Anteil der Kohlen aus Charleroi an der kontinentaleuropäischen Produktion auf knapp neun Prozent gestiegen, das Ruhrgebiet steuerte fast zehn Prozent bei und auch die übrigen Reviere konnten ihre Anteile vergrößern. Wie Abbildung 43 zeigt, setzte sich dieser Trend im Verlauf des 19. Jahrhunderts fort. Die Förderanteile des Borinage sanken kontinuierlich bis 1899 auf europäischer Ebene nur noch 1,1 % und auf kontinentaleuropäischer Ebene 2,4 % erreicht wurden. Der Grund für diesen Verlust an Produktionsanteilen war kein Rückgang der Förderung im Borinage, die auch im 19. Jahrhundert weiter zunahm. 78 Der Anteilsverlust ging vielmehr auf das starke Wachstum anderer kontinentaleuropäischer Reviere zurück, die das gesamteuropäische Wachstum steigerten und ihre Produktionsanteile vergrößerten. 1890 wurden im Ruhrgebiet etwa 1/4 der Kohlen auf dem Kontinent gefördert und in Oberschlesien etwa 13 %. Gleichzeitig hatte die Förderung auf dem Kontinent Anteile gegenüber Großbritannien gewonnen und sich von 16 % der europäischen Förderung in 1830 auf 42 % in 1890 gesteigert. Für den Beginn des 19. Jahrhunderts kann dem Borinage eine große Bedeutung auf dem Kontinent bescheinigt werden. Hier förderte kein anderes Revier mehr Steinkohlen als das Borinage, die meisten übrigen Abbaugebiete produzierten nur Bruchteile der im Borinage gewonnenen Mengen. In Relation zu der Förderung der britischen Reviere war das Borinage jedoch eher wenig bedeutend. Hier betrugen die Anteile der, in Bezug auf Produktionsziffern, starken Reviere mindestens das vierfache. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war der Anteil des Borinage an der Förderung auf dem Kontinent mit über 12 % immer noch hoch, jedoch wiesen zu diesem Zeitpunkt einige andere Reviere ebenfalls hohe Anteile 77 Vgl. zu den Daten Abschnitt IV.II.I.II.II und die entsprechenden Tabellen im Anhang. 78 Vgl. hierzu Abschnitt IV.II.II.I.I und Tabelle A.34 auf S. 317.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

257

auf. Trotzdem war das Borinage zu diesem Zeitpunkt noch der wichtigste Kohleproduzent auf dem Kontinent. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde das Borinage von vielen der übrigen oben genannten Reviere überholt und die Bedeutung des Reviers sank entsprechend. 1899 kam nur noch jede Hundertste in Europa geförderte Tonne Kohle aus dem Borinage. Abbildung 43: Quantitative Bedeutung der Steinkohlenproduktion des Borinage für den europäische und kontinentaleuropäische Steinkohlenbergbau, 1800–1899

Daten siehe Tabelle A.34 auf S. 317 (Anhang).

Für das Borinage kann in dem gewählten Untersuchungszeitraum kein Anstieg der Bedeutung beobachtet werden. Vielmehr nahm der Anteil an der europäischen Steinkohlenförderung kontinuierlich ab. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Borinage bereits im 18. Jahrhundert eine Spitzenposition auf dem europäischen Kontinent besetzte. Hier steuerte das Borinage bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts einen erheblichen Anteil zu der gesamten Förderung bei. Entsprechend ist für diese Zeit auch von einem großen Einfluss der Wirtschaftsregion auszugehen. Wäre eine quantitative Analyse der Bedeutung des Borinage im 18. Jahrhundert möglich, würde sich hier vermutlich das Anwachsen der Förderanteile beobachten lassen.

258

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

IV.II.II.III Sinkende Preise durch Innovationen Ein Führungssektor erfährt nach Rostow sein starkes Wachstum dadurch, dass eine Veränderung der Produktionsfunktion es ermöglicht, die Güter zu stark verringerten Preisen anzubieten, was wiederum eine steigende Nachfrage zur Folge hat. Eine solche Veränderung der Produktionsfunktion kann entweder die Folge einer neuen Technologie sein, aber auch die Nutzung bisher ungenutzter Rohstoffe. Im Folgenden sollen in einer qualitativen Untersuchung die Innovationen in Industriezweigen und ihre Folgen sowie der Ausbau der Infrastruktur in und um das Borinage betrachtet werden. Letzteres fußt auf der Annahme, dass auch Verbesserungen in der Infrastruktur, zu einer Senkung des Angebotspreises für Güter aus der Region führen können. Aufgrund der monoindustriellen Struktur der Wirtschaftsregion Borinage fokussiert die Untersuchung der Innovationen auf den Steinkohlenbergbau der Region. Hier lassen sich zwei wichtige Veränderungen in der eingesetzten Technik identifizieren: Zum einen die Einführung der Dampfmaschine und zum anderen die Nutzung von Schienen und Loren zum untertägigen Transport der abgebauten Kohlen. Die Betrachtung der Dampfmaschinen muss dabei differenziert erfolgen, da sich deren Nutzung während des 18. Jahrhunderts auf die Wasserhaltung beschränkte und erst ab 1807 Maschinen zur Förderung der Kohlen im Borinage eingesetzt wurden. Quantitative Informationen existieren für die Wasserhaltung in der Region. Hier wurden bereits seit den 1730er Jahren Dampfmaschinen des Typs Newcomen in den Gruben des Borinage zur Wasserhaltung eingesetzt. Das Eindringen von Wasser war, wie in Abschnitt II.II.III erläutert, ein großes Problem im Bergbau der Region und größere Projekte zur Errichtung zentraler Erbstollen waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts gescheitert. 79 Das couchant de Mons war nicht das erste Revier Kontinentaleuropas in welchem die neuen Maschinen aus England aufgestellt wurden. Sowohl in dem Revier bei Lüttich als auch in dem Revier Nord in Frankreich kamen die Dampfmaschinen früher zum Einsatz als im Borinage. Nachdem hier jedoch in den 1730er Jahren die ersten Maschinen errichtet wurden, verbreiteten sie sich schnell in dem Revier. 1790 wurden im Bereich des Borinage mehr Dampfmaschinen betrieben als in den übrigen drei wallonischen Revieren zusammen.80 Der Einfluss der Dampfmaschinen auf die Arbeitsproduktivität lässt sich für das 18. Jahrhundert aufgrund der nicht vorhandenen Quellen nicht rekonstruieren. Allein die Tatsache jedoch, wie schnell die Dampfmaschinen, trotz der hohen Investitionen, Verbreitung fanden und die Göpelwerke und Handpumpen zu ersetzen begannen, lässt darauf schließen, dass die Maschinen eine große Steigerung der Effizienz in Bezug auf die Wasserhaltung ermöglichten. Daten aus dem Jahr 1820 zeigen, dass die Leistung der maschinell betriebenen Pumpen zu diesem Zeitpunkt um ein vielfaches über der, der Göpelwerke lag.

79 Vgl. zu diesen Projekten Bruwier, Mons-Charleroi, S. 351. 80 Michotte, Régions houillères, S. 70.

259

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen Tabelle 45: Zur Wasserhaltung eingesetzte Maschinen im Borinage, 1820 Anzahl

Arbeiter

Stunden

Arbeiter pro Maschine

Wasser abgepumpt

Wasser pro Wasser Arbeiter pro Stunde in m³

Göpelwerke

4

5

10

1,25

60

12

6

Dampfmaschinen

23

49

225,5

2,13

14.015

286

62

Daten aus AGR, T60, AGR T060 948B (Etat des exploitation des mines de houille des bassins de haine et Dendre (Province de Hainaut), en janvier 1820). Bei der Zahl der eingesetzten Arbeiter, der geleisteten Stunden und der Menge abgepumpten Wassers handelt es sich jeweils um die kumulierte Anzahl, bzw. die Menge innerhalb von 24 Stunden in den Bergwerken des Borinage. Nicht einbezogen in die Berechnung sind drei weitere Dampfmaschinen und ein Göpelwerk, welche in erster Linie für die Förderung eingesetzt und nur nebenbei auch zur Wasserhaltung genutzt wurden.

Wie obenstehende Tabelle 45 zeigt, waren im Jahr 1820 vier Göpelwerke und 23 Dampfmaschinen zur Wasserhaltung in den Gruben der Wirtschaftsregion Borinage im Einsatz. Während bei der Wasserhaltung unter Zuhilfenahme der Göpelwerke in einem Zeitraum von 24 Stunden 12 m³ Wasser pro Arbeiter an die Oberfläche gebracht werden konnten, entfielen bei Wasserhaltung mit Einsatz von Dampfmaschinen im gleichen Zeitraum auf jeden Arbeiter 286 m³ Wasser. Die Anzahl der eingesetzten Arbeiter lag zwar mit einem Durchschnittswert von 1,25 Arbeitern pro Göpelwerk unter dem von 2,13 pro Dampfmaschine jedoch konnten je eingesetzter Arbeitsstunde mit der Hilfe von Pferden in einem Göpelwerk sechs Kubikmeter Wasser pro Stunde extrahiert werden, bei dem Einsatz von Dampfmaschinen lag dieser Wert bei 62 m³. Es kann demnach ein Anstieg der Arbeitsproduktivität beobachtet werden, während sich über die Kapitalproduktivität, also darüber wie hoch die Investitionen in neue Maschinen im Verhältnis zur Menge abgepumpten Wassers war, keine Aussage treffen lässt. Die Daten lassen auch keinen Rückschluss darüber zu, ob sich die Dampfmaschine im Borinage so rasch verbreitete, weil sie zu einer so starken Steigerung der Produktivität führte, dass sich die Installation einer Dampfmaschine rentierte oder ob die Wasserhaltung mit Hilfe von Göpelwerken schlicht nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre und die Dampfmaschine somit eine rentable Anschaffung darstellte. Wie bereits ausgeführt, ist es bei einer regionalen Analyse zielführend, sich dem Kriterium der sinkenden Preise über eine Betrachtung der Infrastruktur und der, mit Verbesserungen in diesem Bereich verbundenen, Senkung der Preise der Güter einer Region auf entfernten Märkten zu nähern. Im Borinage wurde durch den Bau des Kanals von Mons nach Condé die, durch die lediglich bedingt schiffbare Henne entstandene, Engstelle entschärft. Mit einem weiteren Kanal, der vom Borinage aus in nordwestlicher Richtung nach Antoing verlief, sollte später die immer noch bestehende Engstelle bei Condé umschifft werden, während der Bau des St. Quentin Canal den Zugang zur Seine und damit zu Paris erleichterte. Ei-

260

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

gentlich könnte in diesem Fall davon ausgegangen werden, dass dieser Ausbau der Infrastruktur zu einem Sinken der Transportkosten führte und die Kohlen aus dem Borinage zu einem entsprechend günstigeren Preis hätten angeboten werden können. Allerdings fielen sowohl die Fertigstellung des Kanals nach Condé als auch die des Kanals nach Antoing mit einer veränderten Grenzziehung zusammen. In beiden Fällen wurde so der Preis der Kohlen am Zielort durch die Erhebung von Einfuhrzöllen verteuert und die Kohlen aus dem Borinage entweder gegenüber anderen Kohlen diskriminiert oder eine bestehende Diskriminierung von Kohlen anderer Herkunft aufgehoben.81 Es ist demnach eher unwahrscheinlich, dass die Steinkohlen des Borinage, trotz der infrastrukturellen Verbesserungen, günstiger angeboten werden konnten als zuvor. Zudem verlor das Borinage durch die Veränderungen in der Zollpolitik des Königreichs der Niederlande und Frankreichs Marktanteile: Vor allem nach 1830 sorgte die kurzzeitige Unterbrechung der Handelsbeziehungen mit dem Königreich der Niederlande und das Eindringen von Kohlen aus Großbritannien und den deutschen Gebieten für eine teilweise Verdrängung der wallonischen Kohlen. Von einer verstärkten Nachfrage nach den Kohlen des Borinage, ausgelöst durch einen verringerten Preis, kann hier demnach nicht ausgegangen werden.82 Der Bau des St. Quentin Canal erleichterte zwar den Grubenbesitzern des Borinage den Zugang nach Paris, schuf aber zugleich erstmals einen Zugang für die Reviere Centre und Charleroi zu diesem Markt. Auch wenn die Kohlen aus dem Borinage sich durch den Bau dieses Kanals in Paris verbilligt haben mögen, so waren sie dort einer stärkeren Konkurrenz ausgesetzt als zuvor und es bleibt fraglich, ob der Absatz gesteigert werden konnte.

IV.II.II.IV Kopplungseffekte Die im Borinage geförderte Steinkohle wurde fast ausschließlich exportiert. Bis in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts war das Borinage der größte kontinentaleuropäische Kohleproduzent und durch die zeitweise Aussperrung britischer Kohlen für gewisse Perioden der mit Abstand wichtigste Lieferant von Kohle für die Niederlande, Teile des heutigen Belgiens und Frankreich, dessen Reviere zu dieser Zeit noch nicht weit entwickelt waren. Bei diesem Export von Kohle handelte es sich um einen Effekt der Vorwärtskopplung. Das Borinage lieferte mit dem Export der Kohle nicht nur eine Grundlage für das Entstehen von Industrien in Frankreich und Flandern, sondern stellte, mit der Belieferung von Paris, auch die Versorgung der stark wachsenden städtischen Bevölkerung sicher. Die im Borinage geförderten Flénu-Kohlen eigneten sich hervorragend zur Gewinnung von Gas und als

81 Vgl. hierzu die entsprechenden Abschnitte in Kapitel III. 82 Rostow geht davon aus, dass der sinkende Preis des Produkts eines Führungssektors zu einer verstärkten Nachfrage nach diesem Produkt führt und so das Wachstum des Führungssektors ermöglicht. Vgl. hierzu auch Abschnitt IV.I.II.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

261

Hausbrand, die anderen stark geförderten Qualitäten waren für die Nutzung im Hochofen geeignet.83 Genau wie das Black Country wuchs die Bevölkerung der Region im 19. Jahrhundert stark. Hier setzten Effekte der Seitwärtskopplung ein, da durch den Zuzug große Teile der Gesamtbevölkerung mit den neuen Industrien in Kontakt kamen und der Prozess der Industrialisierung so auf breiter Basis verstärkt wurde. Anders als im Black Country schrumpfte die Bevölkerung des Borinage im 19. Jahrhundert nicht, d.h. hier setzte der in Abschnitt IV.II.I.IV identifizierte Vorwärtskopplungseffekt der abwandernden Bevölkerung nicht ein. Das Borinage löste noch in weiteren Bereichen Effekte der Rückwärtskopplung aus. Die administration des mines, die Bergbaubehörde, wurde 1813 von der französischen Regierung geschaffen um die Einhaltung der Berggesetze von 1791 und 1810 überwachen zu können. Im Jahr 1813 gehörte das Borinage zum französischen Staat und war zu dieser Zeit wohl die wichtigste Lagerstätte Frankreichs, mit der größten jährlichen Förderung. Der Erlass der Berggesetze und die Schaffung einer Bergbehörde waren also sicherlich auch, oder vor allem, mit Hinblick auf die Situation im Borinage geschaffen worden. Die Entwicklung des Bergbaus im Borinage machte die Schaffung einer geeigneten Institution zur Regulierung der Abbautätigkeiten notwendig. Die Schaffung einer solchen Institution lässt sich als Effekt der Rückwärtskopplung interpretieren: Die Region fragt eine Institution nach oder anders ausgedrückt, zeigt die Entwicklung der Region den Nutzen der Schaffung einer Bergbaubehörde. Ein weiterer Effekt der Rückwärtskopplung lässt sich bei der Kapitalbeschaffung durch die Grubenbesitzer im Borinage identifizieren. Die Mechanisierung ließ sich mit dem vorhandenen Kapital nicht finanzieren. Die im 18. Jahrhundert installierten Dampfmaschinen überstiegen die finanziellen Möglichkeiten der in bandes, also als Gewerkschaft, organisierten Grubenunternehmen. Neben einigen komplizierten Modellen, bei denen ein Grubenbesitzer anderen Anteile seiner Dampfmaschinen in Rechnung stellte, da diese auch benachbarte Gruben mit entwässerten, strömte auch Kapital aus Nordfrankreich in die Gruben des Borinage. Die Nachfrage nach Dampfmaschinen löste einen weiteren Effekt aus. Die ersten Maschinen wurden durch Ingenieure aus dem Lütticher Raum aufgestellt, schnell entwickelte sich jedoch eine lokale Maschinenbauindustrie. Die Ingenieure aus dem Borinage bauten und warteten nicht nur die Dampfmaschinen in der Wirtschaftsregion Borinage, sie waren auch gefragte Experten bei dem Bau von Maschinen in den umliegenden Regionen wie dem Centre, dem Revier bei Charleroi oder den nordfranzösischen Revieren. Das Borinage war demnach mitverantwortlich für die Mechanisierung der Industrie in ihrem kompletten Umfeld (Effekt der Seitwärtskopplung). Gleichzeitig nutzten die benachbarten Regionen das Fachwissen und die Maschinen aus dem Borinage als Input. Hier konnte man demnach von einem Effekt der Vorwärtskopplung sprechen, während in den ersten Jahren der Nutzung von Dampfmaschinen ein Effekt der Rückwärtskopplung aus-

83 Vgl. hierzu den Abschnitt III.II.

262

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

gesendet wurde. Hier fragte das Borinage das Wissen und die Fachleute aus Lüttich nach.84

IV.II.III Die Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung Die Wirtschaftsregion Black Country wies vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts ein starkes und überdurchschnittliches Wachstum auf. Dieses regionale Wachstum zeigt sich in dem Wachstum der drei dominanten lokalen Industrien und in der Zunahme der Bevölkerung der Region. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann diese Industrie zu schrumpfen und auch die Bevölkerung nahm ab, was sich negativ auf die vormals sehr hohe Bedeutung der Region auswirkte, die abzunehmen begann. Im Borinage lässt sich für die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts und die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ebenfalls ein starkes Wachstum nachweisen. Die Zunahme der Steinkohlenförderung in der Region war zwar hoch, blieb jedoch – genau wie im Black Country – hinter den vier- und fünfstelligen Wachstumsraten einiger anderer kontinentaleuropäischen Reviere zurück. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verlangsamte sich das Wachstumstempo des Borinage zwar, anders als im Black Country stoppte das Wachstum jedoch nicht. Die Wirtschaftsregion Borinage konnte jedoch nie eine so hohe Bedeutung in der europäischen Wirtschaft erlangen wie das Black Country. Die britische Region hatte sowohl im Bereich der Eisenindustrie als auch im Bergbau einen hohen Anteil der europäischen Produktion auf sich vereinen können. 85 So entfielen um 1800 etwa 20 % der britischen Roheisenproduktion auf die Hochöfen des Black Country. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stieg der Anteil des Black Country an der nationalen Produktion weiter an, der Anteil an der europäischen Produktion lag zu dieser Zeit bei etwa 15 %. Im Bereich des Steinkohlenbergbaus zählte das Black Country im nationalen Vergleich mit etwa 12 % der britischen Förderung, während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu der Spitzengruppe der britischen Reviere. Um 1850 herum, zu einem Zeitpunkt zu dem das Wachstum der Steinkohlenförderung des Black Country bereits nachgelassen hatte, lag der Anteil an der europäischen Produktion bei knapp sechs Prozent. Der Anteil des Borinage an der europäischen Förderung lag hingegen immer unter drei Prozent. Allerdings lag die Bedeutung des Borinage, gemessen an den Förderanteilen, auf europäischer Ebene zu Beginn des 19. Jahrhunderts bei knapp 25 %. Es ist davon auszugehen, dass die Bedeutung im 18. Jahrhundert noch größer war, dies lässt sich jedoch nicht quantifizieren. Im Laufe des 19. Jahrhunderts führte das starke Wachstum anderer Reviere dazu, dass der Anteil des Borinage an europäischen der Förderung stetig abnahm. 84 Vgl. hierzu den Abschnitt III.II. 85 Zu vermuten ist auch ein bedeutender Anteil im Bereich der Eisenverarbeitung, dieser konnte jedoch nicht quantifiziert werden.

IV.II Das Black Country und das Borinage als Führungsregionen

263

Ausgelöst wurde das Wachstum im Black Country durch die starke Nachfrage nach Eisen, welches die lokale Eisenindustrie befriedigen konnte, nachdem Holzkohle in der Eisenproduktion durch Steinkohle substituiert werden konnte. So konnten die Eisenproduzenten des Black Country günstigeres Eisen anbieten als das bisher importierte Eisen. Das starke Wachstum der Eisenindustrie sorgte für ein ebenfalls starkes Wachstum der Steinkohlenförderung und eine Zunahme der Bevölkerung. Das Borinage wuchs aufgrund der starken Nachfrage nach Kohle, die durch die Urbanisierung und die entstehenden Industrien im Westen des Kontinents entstanden war. Hier hatte das Borinage kaum Konkurrenz, da sich in den meisten übrigen Regionen entweder brennstoffintensive Industrien ansiedelten oder aber die Reviere nicht in der Lage waren, den lokalen Brennstoffbedarf zu decken. Im Borinage hingegen existierten keine größeren lokalen Verbraucher, so dass der größte Teil der Produktion zum Export zur Verfügung stand. Die politischen Umbrüche bescherten dem Borinage häufig neue, staatlich initiierte Infrastrukturprojekte. So wurde während der französischen Phase der Bau des Kanals von Mons nach Condé begonnen, um die Schelde auf dieser Strecke zu entlasten und ein höheres Verkehrsaufkommen zuzulassen. In der holländischen Phase entstand ein weiterer Kanal, durch den das französische Staatsgebiet umschifft und der immer noch existierende Engpass zwischen Mons und Condé gemieden werden sollte. Während im Fall des Black Country davon ausgegangen werden kann, dass der Ausbau der Infrastruktur zu einer erheblichen Senkung der Preise für Rohstoffe und Zwischenprodukte und auch der Angebotspreise für Güter aus der Region führte, lässt sich dies für das Borinage nicht eindeutig bestimmen. Hier fiel die Fertigstellung der neuen Verkehrswege oft mit neuen Grenzziehungen zusammen, so dass ein Gebiet zwar besser zu erreichen war, gleichseitig jedoch Einfuhrzölle zu entrichten waren. Was für einen Einfluss die Mechanisierung des Bergbaus, bei der sowohl das Black Country als auch das Borinage als Pioniere betrachtet werden können, auf das Wachstumstempo der Regionen hatte, lässt sich aufgrund des Mangels geeigneter Daten nicht spezifizieren. Holtfrerich kommt in seiner Analyse des Ruhrbergbaus als potentiellem Führungssektor der europäischen Industrialisierung allerdings zu dem Schluss, dass die Einführung der Dampfmaschine im Ruhrgebiet zwar eine notwendige, nicht aber eine hinreichende Bedingung für das starke Wachstum der Steinkohlenförderung gewesen sei.86 Das bedeutet, die Dampfmaschinen waren zwar wichtig, jedoch nicht der ausschlaggebende Grund für das Wachstum des Bergbaus im Ruhrgebiet. Im Black Country wäre das anfängliche Wachstum wahrscheinlich sogar ohne die Hilfe von Dampfmaschinen zu realisieren gewesen, da aufgrund der geringen Tiefe und Ausdehnung der Gruben auch eine Wasserhaltung mit Göpelwerken möglich gewesen wäre. Genau wie im Borinage, wäre jedoch ab einem gewissen Punkt auch hier die Wasserhaltung nicht ohne maschinelle Unterstützung zu bewältigen gewesen. Nach Rostow ist eine Veränderung in der Produktionsfunktion notwendig, um das starke Wachstum eines Sektors, ausgelöst durch gesunkene Preise und eine 86 Holtfrerich, Ruhrbergbau, S. 95.

264

IV. Führungsregionen der Industrialisierung

darauf folgende starke Nachfrage, zu ermöglichen. Im Fall des Black Country veränderte die Einführung der Steinkohle als neuem Rohstoff in den Produktionsprozess die Produktionsfunktion der Eisenproduktion, die daraufhin in eine Phase starken Wachstums eintrat und durch ihre Nachfrage ein ebenfalls starkes Wachstum der Steinkohlenförderung bewirkte. Im Borinage kann eine solchermaßen veränderte Produktionsfunktion nicht beobachtet werden. Ob der Ausbau der Infrastruktur zu einer Senkung der Angebotspreise führte, lässt sich nicht sagen, da zugleich oft Zölle auf die Kohlen der Region erhoben wurden. Da sich jedoch im Fall des Borinage ein starkes Wachstum nachweisen lässt, ist die Klärung dieser Frage für die Führungsregionenanaalyse von untergeordneter Bedeutung und soll an dieser Stelle nicht weiter verfolgt werden. Sowohl von dem Borinage als auch dem Black Country gingen Kopplungseffekte aus, die aufgrund der hohen Bedeutung der beiden Regionen auch Gewicht gehabt haben dürften. In der frühen Phase ihrer industriellen Etwicklung gingen von beiden Wirtschaftsregionen vor allem Effekte der Rückwärtskopplung aus, als Güter und Dienstleistungen aus anderen Regionen nachgefragt wurden. Während die Eisenverarbeitung im Black Country eine starke Nachfrage nach Eisen erzeugte, die von den lokalen Erzeugern nicht befriedigt werden konnte, entstand im Borinage ein Bedarf nach Dampfmaschinen. Diese wurden von Maschinenbauer aus dem Lütticher Raum im Borinage aufgestellt und zu Anfang auch von diesen gewartet. Somit regten beide Regionen über ihre Nachfrage die Produktion in anderen Regionen an. Effekte der Vorwärtskopplung entstanden über den starken Export von Steinkohle (Borinage) und Eisen, bzw. Eisenartikeln, (Black Country). Die Steinkohle aus dem Borinage stillte den Brennstoffbedarf großer Teile des westlichen Kontinents, während die Eisenartikel und das Stabeisen aus dem Black Country in die ganze Welt verschifft wurde. Denkbar ist auch, dass der starke Export den Ausbau von Häfen oder Verladestationen in angrenzenden Gebieten förderte und so weitere Vorwärtskopplungseffekte erzeugt wurden. Im Borinage entstand ein weiterer Effekt der Vorwärtskopplung durch das Fachwissen der Maschinenbauer, die dieses zur Installation von Dampfmaschinen in den nordfranzösischen Revieren nutzten. Auch die Erfindungen, die im Bereich der Eisenindustrie im Black Country gemacht wurden, können als Effekt der Vorwärts- und der Seitwärtskopplung interpretiert werden. Zum einen boten sie anderen Regionen eine Technologie zur Nutzung von Steinkohle und zum anderen leisteten diese Erfindungen einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung der Eisenindustrie, weswegen man ihnen eine Verstärkung der Industrialisierung auf breiter Basis zuschreiben könnte. Auch wenn gerade die Analyse der Effekte der Seitwärtskopplung an dem Mangel regionaler empirischer Studien krankt, kann an dieser Stelle konstatiert werden, dass es sich bei den Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage um Führungsregionen der frühen europäischen Industrialisierung gehandelt hat. Beide Regionen hatten ein nicht unerhebliches Gewicht in der europäischen Wirtschaft inne und wirkten auf andere europäische Regionen und Gebiete.

V. FAZIT Die vorliegende Dissertation hatte das Ziel die Regionen Black Country und Borinage nach den Vorstellungen der regionalen Wirtschaftsgeschichte über die adäquate Abgrenzung solcher Räume als Wirtschaftsregionen zu definieren und zu analysieren, was eine Untersuchung der beiden Regionen hinsichtlich des Vorliegens bestimmter Eigenschaften, durch welche sich die beiden Regionen als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung klassifizieren lassen, einschloss. Da bisher zwar Regionen als führend bezeichnet wurden, jedoch weder eine Definition oder ein geeignetes Analyseinstrument zur Verifizierung solcher Charakterisierungen zur Verfügung stand, musste ein Konzept zur Identifizierung relevanter Merkmale von Führungsregionen entwickelt werden, dessen Operationalisierbarkeit dann bei der Anwendung auf die Regionen untersucht wurde. Im Folgenden wird zuerst die wirtschaftliche Entwicklung der untersuchten Wirtschaftsregionen zusammengefasst und die Einordnung beider Untersuchungsgegenstände als Führungsregionen der europäischen Industrialisierung gerechtfertigt. Hierbei werden die Erkenntnisse aus den, in den Kapiteln drei und vier gezogenen, Faziten noch einmal verdichtet und in Beziehung zu den bisherigen Forschungsergebnissen der regionalen Industrialisierungsforschung gesetzt. Anschließend wird auf die Operationalisierbarkeit der genutzten Ansätze, vor allem in Verbindung zu der schwierigen Quellenlage, eingegangen. Bei dem Black Country und dem Borinage handelte es sich um schwerindustrielle Regionen. Beide entsprechen also dem selben Typus von Region, ihr Entwicklungsmuster unterscheidet sich jedoch.1 So gab es im Black Country eine lange Tradition in der handwerklichen Eisenverarbeitung. Das hierzu benötigte Eisen wurde in die Region importiert, bis technologische Innovationen in der Eisenerzeugung ein starkes Wachstum der lokalen Eisenindustrie ermöglichten, so dass diese die regionale Nachfrage befriedigen konnte. Bezüglich der Verflechtung der Industrien in der Region kann dem Black Country damit eine gewisse Ähnlichkeit zum Ruhrgebiet attestiert werden, wo sich jedoch zuerst der Steinkohlenbergbau entwickelte. Im Black Country existierte dieser zwar bereits vor dem Entstehen einer modernen Eisenindustrie, gewann jedoch erst durch deren starke Nachfrage an Bedeutung. Das Black Country kann als Pionier der steinkohlebasierten Eisengewinnung gelten und die Entwicklung der Eisenindustrie in der Region unterstützt die These Pierenkempers, der die relativ kurze Zeitspanne, in der im Ruhrgebiet 1

Vgl. zu der Bildung von Typen und dem Vergleich verschiedener Entwicklungsmuster Pierenkemper, Toni: Die schwerindustriellen Regionen Deutschlands in der Expansion. Oberschlesien, die Saar und das Ruhrgebiet im 19. Jahrhundert, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte (1992:1), S. 37–56 (im Folgenden zitiert als: Pierenkemper, Die schwerindustriellen Regionen).

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V. Fazit

das Puddelverfahren zur Anwendung kam, als Vorteil für die regionale Entwicklung interpretiert, da der Umstieg auf das Bessemerverfahren durch den Mangel an Tradition leichter zu bewerkstelligen war. Im Black Country hingegen existierte genau diese Tradition: Hier war über Jahrzehnte hinweg Eisen gepuddelt worden und während die neuen Birnen-Prozesse anderswo schnell zum Standard wurden und gleichzeitig der vielseitige Stahl das Stabeisen zu verdrängen begann, propagierten die Industriellen des Black Country die Überlegenheit gepuddelten Eisens und hielten an der überholten Technologie fest.2 Im Borinage hingegen siedelte sich zu keinem Zeitpunkt eine lokale brennstoffintensive Industrie an. Die wirtschaftliche Kernaktivität der Region bestand vielmehr in dem Export der lokal gewonnenen Kohle. Mit der Dominanz des Steinkohlenbergbaus und der Exportorientierung ähnelte die Entwicklung im Borinage dem Pfad des Reviers bei Northumberland und Durham im Nordosten Englands. Jedoch siedelte sich hier nach einiger Zeit Eisenindustrie an, während das Borinage weiter auf die Gewinnung von Kohle spezialisiert blieb. Ähnlich wie im Nordosten Englands wurde auch die Expansion des Steinkohlenbergbaus des Borinage durch eine externe Nachfrage ausgelöst. Während das britische Revier vor allem von seiner guten Anbindung an die schnell wachsende Metropole London profitierte, verfügte das Borinage mit der Henne über einen schiffbaren Wasserweg, der nicht nur die Region selber durchfloss, sondern diese über die Schelde auch an Nordfrankreich und die flämische Textilindustrie anschloss. Auch wenn sich die Henne dem großen Verkehrsaufkommen kaum gewachsen zeigte und zu einem Nadelöhr wurde, welches zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch einen Kanal entlastet wurde, unterschied sich das Borinage durch die gute infrastrukturelle Ausstattung vom Black Country. Dieses verfügte nicht über schiffbare Wasserwege, entsprechend mussten Güter über die schlecht erhaltenen Straßen transportiert werden. Damit ähnelt das Black Country dem oberschlesischen Revier, welchem es ebenfalls an geeigneten Transportwegen zum Export von Gütern mangelte. Anders als dieses Revier, konnte das Black Country jedoch über Kanäle den Anschluss an das britische Wasserstraßennetz herstellen und so seinen komparativen Nachteile egalisieren. Der Absatz oberschlesischer Kohlen hingegen war aufgrund der Randlage des Reviers und der weiten zurückzulegenden Strecken auch nach der Anbindung an das Eisenbahnnetz noch durch hohe Transportkosten belastet. Ein weiterer Unterschied zu Oberschlesien lag in dem Einfluss der gewerblich-industriellen Tradition auf den weiteren Industrialisierungspfad. Während die bestehenden Strukturen im oberschlesischen Revier eher zu einem Hindernis für die weitere Industrialisierung der Region wurden, erzeugte die lange Tradition in der Eisenverarbeitung im Black Country einen starken Innovationsdruck auf die Eisenindustrie und war somit förderlich für die Industrialisierung der Region. Die bereits im 18. Jahrhundert seit längerem bestehende Tradition im Abbau von Steinkohle verursachte hingegen sowohl im Black Country als auch im Borinage Probleme, als der Bergbau zu expandieren begann. Im Borinage behinderte vor allem die Art der Konzessionsvergabe die Gewinnung der Kohlen im fortgeschritte2

Vgl. zu Pierenkempers Aussage Pierenkemper, Die schwerindustriellen Regionen, S. 56.

V. Fazit

267

nen 18. und im 19. Jahrhundert. In einer Zeit, zu der hauptsächlich steil gelagerte Flöze abgebaut wurden, hatte sich dort die Praxis der Vergabe von Konzessionen per Flöz herausgebildet. Diese wurde auch beibehalten, nachdem mit der Gewinnung flach gelagerter Flöze begonnen worden war. In der Folge überschnitten oder überlagerten sich Konzessionen, was nicht nur technische Probleme, sondern auch eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten mit sich brachte. Im Black Country hingegen standen bereits vor dem starken Anstieg der Fördermengen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Teile der Lagerstätte in Flammen oder unter Wasser. Die Vielzahl kleiner verlassener Gruben erschwerte im 19. Jahrhundert vor allem die ohnehin schwieriger werdende Wasserhaltung im Black Country. Die Entwicklung der beiden untersuchten Regionen spricht dafür, dass der Steinkohlenbergbau während der Industrialisierung nicht aufgrund von Produktivitätssteigerungen, sondern vielmehr in Folge einer veränderten Nachfragestruktur wuchs.3 Sowohl dem Black Country als auch dem Borinage kommt eine Pionierrolle in der Nutzung von Dampfmaschinen zu, jedoch war in keiner der beiden Regionen die Mechanisierung des Abbaus ursächlich für das starke Wachstum der Steinkohlenförderung. Dieses setzte im Borinage erst mit dem Anschluss an Frankreich und im Black Country mit dem Entstehen und Wachsen der lokalen Eisenindustrie ein. Die Mechanisierung der Streckenförderung verlief in beiden Regionen schleppend oder blieb völlig aus. Im Black Country waren die Kosten für das Abteufen neuer Schächte aufgrund der günstigen geologischen Bedingungen sehr gering, weswegen um jeden Schacht herum nur ein relativ geringer Radius bearbeitet wurde und die Strecken ebenso kurz waren, wie die Lebensdauer der Gruben. Auch im Borinage stellten längere Strecken die Ausnahme dar, da hier die unregelmäßige Lagerung der Flöze das Auffahren langer Strecken verhinderte. Nicht nur hier zeigt sich, welch bedeutende Rolle die Beschaffenheit des Raums für die Entwicklung der Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage spielte. Ohne die Henne als Transportweg hätte das Borinage nur schwerlich eine so starke Exportorientierung entwickeln können. Auf ihren Hauptmärkten war die Kohle dabei bis ins 19. Jahrhundert hinein kaum Konkurrenz anderer Reviere ausgesetzt: Die Reviere im Osten des Borinage waren an das Flusssystem der Maas angeschlossen und erreichten so andere Gebiete, während die Reviere im Norden Frankreichs, die ebenfalls die Schelde als Exportweg nutzen konnten, sich im Vergleich zum Borinage zeitlich versetzt entwickelten und so erst im 19. Jahrhundert zu einer Konkurrenz wurden. Im Black Country mangelte es zwar an natürlichen Wasserwegen, dafür war die Region aufgrund ihrer Ressourcenausstattung in höchstem Maße für die moderne Eisenproduktion geeignet.So konnten ausnahmslos alle zur Eisenproduktion benötigten Rohstoffe in der Region zu günstigen Bedingungen gewonnen werden. Unerwähnt lässt er die starke Nachfrage nach Eisen durch die Eisenverarbeitung in der Region, deren Konzentration im Black Country auch durch räumliche Faktoren begünstigt worden war. Die günstigen regionalen Bedingungen konnten jedoch erst zur Geltung kommen, nachdem eine Möglichkeit zur Nutzung minerali3

Vgl. zu der Diskussion um die Rolle der Kohle Clark, Gregory und Jacks, David: Coal and the Industrial Revolution, in: European Review of Economic History 11:1 (2007), S. 39–72.

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V. Fazit

scher Brennstoffe in der Eisenproduktion entwickelt worden war. Erst dann trat das Black Country in eine Phase starken Wachstums ein, in welcher nicht nur die Eisenindustrie, sondern auch der Steinkohlenbergbau ihre Produktion steigerten und der Region so zu einer hohen Bedeutung in der europäischen Wirtschaft verhalfen. Etwa zeitgleich durchlief auch das Borinage eine solche Wachstumsphase, was sich auch hier in einer hohen Bedeutung der Region, vor allem im Vergleich zu den übrigen kontinentaleuropäischen Revieren, niederschlug. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch erfuhren beide Regionen einen Bedeutungsverlust. Im Black Country war dieser dem einsetzenden Produktionsrückgang in den Schlüsselindustrien und einer damit einhergehenden Abnahme der Bevölkerung geschuldet. Im Borinage hingegen verzeichneten sowohl der Steinkohlenbergbau als auch die Bevölkerung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts moderate aber positive Wachstumsraten, durch das starke Wachstum anderer Gebiete verlor jedoch auch diese Region deutlich an Bedeutung. Das Wachstum und die Bedeutung der beiden Untersuchungsregionen ließ sich im Rahmen der in Kapitel IV durchgeführten Analyse empirisch belegen. In beiden Regionen konnte das Wachstum auf eine Veränderung der Produktionsfunktion zurückgeführt werden, die zu verbilligten Angebotspreisen führte. Während der technologische Fortschritt in der Eisenindustrie deren Wachstum ermöglichte, war für das Borinage vor allem der Ausbau der Infrastruktur von Bedeutung – ein Faktor der sich auch im Black Country auf die Preise der Güter auswirkte. Nach Abschluss der Analyse kann konstatiert werden, dass sowohl das Black Country als auch das Borinage Führungsregionen der europäischen Industrialisierung waren. Bei beiden handelt es sich vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts um bedeutende Wirtschaftsregionen, die im europäischen Kontext über Kopplungseffekte auf andere Regionen wirkten. Das entwickelte Konzept zur Identifizierung von Führungsregionen hat sich hierbei – trotz der allgegenwärtigen Quellenproblematik – als operationalisierbar erwiesen. Das Wachstum und die Bedeutung der Wirtschaftsregionen ließ sich über den Output der einzelnen Industrien ermitteln. Für die, in Folge einer Veränderung in der Produktionsfunktion, gesunkenen Preise konnten keine entsprechenden Daten bezüglich der Angebotspreise mobilisiert werden, jedoch konnte der Einfluss technischer Innovationen auf die Schlüsselindustrien und der Einfluss einer verbesserten Infrastruktur auf die Angebotspreise lokal produzierter Güter qualitativ bewertet werden. Bei der Ermittlung der Kopplungseffekte hat sich das fehlende Detailwissen über die Wirkungen dieser Effekte in den anderen Regionen als problematisch erwiesen. Es ist zwar möglich, Aussagen darüber zu treffen, welche Effekte eine Region aussandte, eine genaue Analyse der Wirkung dieser Effekte in der empfangenden Region musste jedoch ausbleiben. Hierzu wären tief gehende Studien weiterer Regionen erforderlich gewesen, was jedoch den Rahmen der Arbeit gesprengt hätte. Auch bei der Definition der Wirtschaftsregionen war im Vorfeld der Untersuchung nicht abzusehen, ob ausreichend Daten mobilisiert werden könnten. Diese Befürchtung bewahrheitete sich jedoch nicht. Die in Kapitel II vorgenommene Abgrenzung der beiden Regionen zeigt, dass die Definition einer Wirtschaftsregi-

V. Fazit

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on über die Quantifizierung von Strukturmerkmalen in einzelnen Gemeinden auch für das frühe 19. Jahrhundert durchführbar ist. Zwar müssen die Daten teilweise durch die Hinzunahme qualitativer Informationen ergänzt und abgesichert werden, grundsätzlich ist eine Quantifizierung der Wirtschaftsstruktur jedoch möglich. So ließen sich für beide Regionen Informationen über die Standorte wichtiger Produktions- bzw. Abbauanlagen gewinnen, die in Kombination mit Einwohnerzahlen und Beschäftigtenzahlen einzelner Gemeinden die Grundlage für eine Typisierung der zu untersuchenden Gemeinden bilden. Da die Wahl des Zeitpunkts in Abhängigkeit der wirtschaftlichen Entwicklungsdynamik der Regionen erfolgte, wurden für die Studie die 1830er Jahre als Basis für die Definition gewählt. Die Datenlage hätte jedoch auch eine Abgrenzung zu einem früheren Zeitpunkt zugelassen. Dies ist gerade für die zukünftige Untersuchung britischer Regionen eine wichtige Erkenntnis: Die zeitgenössischen Aufstellungen über die Anzahl der Eisenproduktionsanlagen lassen eine Definition der Wirtschaftsregionen, die vor der Einführung der Steinkohle in den Prozess der Eisenerzeugung von Bedeutung waren, anhand der geographischen Verteilung der Hochöfen und Frischwerke zu. Lexika mit Informationen zu einzelnen Gemeinden wurden vereinzelt bereits im 18. Jahrhundert publiziert und ab 1801 stehen dank der Erhebung des ersten britischen Zensus auch belastbare Angaben zu den Einwohnerzahlen der Gemeinden zur Verfügung. Unbestritten korreliert der Schwierigkeitsgrad einer quantitativen Abgrenzung jedoch negativ mit dem für diese Abgrenzung gewählten Datum: Je früher eine Region den Prozess der Industrialisierung durchlief, desto schwieriger wird sich in der Regel die Definition gestalten. Dies zeigt sich auch bei der Definition der Wirtschaftsregionen Black Country und Borinage, die nicht nur einen entsprechend großen Teil dieser Arbeit einnehmen, sondern auch eine intensive zeitliche Beschäftigung erforderten. Grundsätzlich erfordert eine schlechte Datenbasis eine gewisse Flexibilität hinsichtlich der gewählten Methodik als auch der genutzten Indikatoren. Beide müssen in Abhängigkeit der verfügbaren Daten und der Struktur der jeweiligen Region gewählt werden und sind dementsprechend nicht universell einsetzbar. Bei der Anwendung des Ansatzes zeigte sich, dass der möglichen Insel-Lage einzelner Gemeinden bisher wenig Beachtung geschenkt wurde und dieses Problem in Zukunft verstärkte theoretische und methodische Beschäftigung erfahren sollte: So können Gemeinden bei der praktischen Umsetzung des Homogenitätsprinzips zwar an der Erfüllung der gewählten Kriterien scheitern, aber parallel dazu von, zu der homogenen Wirtschaftsregion zählenden, Gemeinden umschlossen sein. Umgekehrt kann eine Gemeinde, welche die Kriterien der Homogenität erfüllt, durch nicht zu der Wirtschaftsregion gehörende Gemeinden von den übrigen Gemeinden der Wirtschaftsregion getrennt sein. Durch die Einbeziehung von Interdependenzen zwischen einzelnen Gemeinden in die Definition einer Wirtschaftsregion löst sich dieses Problem in den meisten Fällen auf, da selten eine Gemeinde mit stark divergierenden Strukturmerkmalen inmitten einer ansonsten homogen strukturierten Gruppe von Gemeinden liegt. In der Praxis handelt es sich bei Gemeinden in Insellage oft um kleinere Gemeinden, in denen sich keine Produktionsanlagen befanden. Die Untersuchung des Black Country hat gezeigt, dass trotzdem häufig Bewohner dieser Gemeinden in den, für die Region typischen Be-

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V. Fazit

rufen, tätig waren. Hier muss also von einer Arbeitsmigration ausgegangen werden und die Gemeinde kann aufgrund ihrer Verflechtung mit den anderen Gemeinden zu der Wirtschaftsregion hinzu gezählt werden. Offen bleibt jedoch die Frage nach dem methodischen Umgang mit Gemeinden in Insellage, die ausreichend industrielle Produktionskapazitäten bieten um die Arbeitskräfte der Gemeinde zu binden, deren wirtschaftliche Struktur jedoch nicht den geforderten Kriterien entspricht. In der Realität dürfte ein solcher Fall sehr selten sein, eine theoretische Auseinandersetzung mit dem Problem der Insellage bietet sich jedoch im Sinne einer Weiterentwicklung des Ansatzes der regionalen Wirtschaftsgeschichte an. Eine Schwierigkeit der vorliegenden Studie lag in der Bearbeitung zweier Regionen, zu denen bereits Forschungsergebnisse vorliegen, die auf dem gleichen Quellenstamm basieren. Hier stellte sich die Frage, ob die erneute Bearbeitung mit einem veränderten methodisch-theoretischen Zugriff neue Erkenntnisse generieren kann. Diese Frage ist nicht nur für die hier durchgeführte Untersuchung von Relevanz, sondern auch für zukünftige Forschung im Bereich der regionalen Wirtschaftsgeschichte wichtig. Die wenigsten europäischen Regionen blieben von bisherigen Forschungsarbeiten völlig unberücksichtigt, die erfolgte Forschung erweist sich jedoch häufig als methodisch überholt und es existieren nur sehr wenige empirische Untersuchungen, die diese Regionen als Wirtschaftsregionen begreifen und entsprechend definieren. Bleibt eine erneute Betrachtung dieser Regionen unter den Prämissen der regionalen Wirtschaftsgeschichte jedoch ohne wesentlichen Gewinn neuer Erkenntnisse, lässt sich weitere Forschung in diesem Bereich kaum rechtfertigen. Die vorliegende Untersuchung zeigt aber, dass – zumindest in den gewählten Regionen – eine erneute Bearbeitung neue Erkenntnisse generieren kann. Allein durch die in Kapitel II durchgeführte Definition können Erkenntnisse über die wirtschaftliche Struktur einzelner Gemeinden und in der Summe der ganzen Region und ihres direkten Umlandes gewonnen werden. Im Fall des Black Country erfolgt in der vorliegenden Arbeit erstmals eine zusammenhängende Betrachtung der Wirtschaftsregion unter Berücksichtigung der ausgebildeten Industriezweige, wodurch der starke innere Zusammenhang dieser Wirtschaftsregion erst deutlich wird: Durch die traditionell weit verbreitete Eisenverarbeitung entstand ein Impuls zum Aufbau einer auf mineralische Brennstoffe ausgerichteten Eisenindustrie. Diese sorgte für ein starkes Wachstum des Steinkohlenbergbaus, der – genau wie die Eisenindustrie selber – die frei werdenden Arbeitskräfte aus dem Bereich der Metallverarbeitung anzog. Der Niedergang dieser Branche ermöglichte somit das rasante und starke Wachstum der Eisenindustrie, da die Nachfrage nach Arbeitskräften problemlos befriedigt werden konnte. Im Fall des Borinage liegt der wesentliche Erkenntnisgewinn in der Einbringung der bereits existenten Ergebnisse in den allgemeinen Industrialisierungs- und Forschungskontext im deutschen und englischen Sprachraum. Ein Problem regionaler Forschung bleibt der Mangel geeigneter Vergleichsobjekte in Form von anderen regionalen Studien. Dies erschwerte vor allem die Führungsregionenanalyse erheblich, da es an Daten anderer Regionen mangelte. Dies zeigte sich bei der quantitativen Analyse des Wachstums und der Bedeutung des Black Country und des Borinage, aber vor allem die Untersuchung der Kopplungseffekte litt unter diesem Mangel: Ohne detaillierte Kenntnisse anderer Re-

V. Fazit

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gionen können hier lediglich Vermutungen angestellt werden, es sind jedoch keine Aussagen über die tatsächliche Wirkung von Kopplungseffekten auf andere Regionen möglich. Gleichzeitig wäre eine Ausweitung einer Forschungsarbeit auf noch mehr Regionen nicht sinnvoll, da die vorliegende Dissertation bereits zeigt, wie stark die gleichzeitige Bearbeitung von zwei Regionen zugleich die Tiefe der Analysen begrenzt. So wäre in beiden Regionen eine Ergänzung der Erkenntnisse auf der Mesoebene durch eine Analyse der Mikroebene wünschenswert gewesen. Auch diese wäre zwar in beiden Fällen durch die Quellenlage begrenzt gewesen, hätte jedoch trotzdem zu einem tieferen Verständnis der Unternehmensstruktur und -finanzierung beitragen können. Die Rolle der Brüsseler Banken für die Gruben im Borinage hätte genauso Beachtung verdient wie eine Untersuchung der zugewanderten Arbeiter. Hier konnte nicht geklärt werden, aus welchen Gegenden diese stammten und ob dem Zuzug gezielte Anwerbemaßnahmen vorangegangen waren. Im vorliegenden Fall wurde die Bearbeitung der Untersuchungsgegenstände durch das notwendige Jonglieren mit Begriffen und Bezeichnungen aus drei Sprachen noch zusätzlich erschwert. Von einer vergleichend angelegten Arbeit kann daher nicht die gleiche Tiefe erwartet werden, wie sie Oliver Siemaszko mit der Analyse der oberschlesischen Eisenindustrie oder Ralf Banken mit seiner Studie der Industrialisierung in der Saarregion durch die exklusive Betrachtung einer einzelnen Region, bzw. eines regionalen Sektors, erreicht haben.4 Eine mögliche Lösung besteht in der Einbettung einzelner regionalhistorischer Forschungsvorhaben in größere Forschungsverbünde, welche die Arbeit an einer Vielzahl von Regionen zur gleichen Zeit ermöglichen und so Vergleichsmöglichkeiten schaffen könnten ohne die Tiefe der Untersuchungen zu beschränken.

4

Banken, Saarregion, Bnd. 1 und Bnd. 2 und Siemaszko, Oberschlesisches Eisenhüttenwesen.

VI. ANHANG VI.I. DETAILLIERTE INFORMATIONEN ZUR ABGRENZUNG DER WIRTSCHAFTSREGIONEN VI.I.I Wirtschaftlichen Struktur der Gemeinden in der Wirtschaftsregion Black Country

Darlaston, Staffordshire Im südöstlich von Wolverhampton gelegenen Darlaston waren 2,36 % der 2.612 dort ansässigen Familien in der Landwirtschaft beschäftigt. Von den 6.647 Einwohnern der mit 3,24 km² flächenmäßig eher kleinen Gemeinde waren 1.473 erwachsene Männer. 357 (24 %) dieser Männer arbeiteten in den Gruben der Gemeinde. Weitere 47 % waren in der Produktion beschäftigt (Spalte d in Tabelle 2 auf Seite 58).1 Laut Pitt waren diese vor allem mit der Fertigung von Nägeln, Gewehrschlössern, Schnallen, Bügeln oder ähnlichen Artikel beschäftigt.2 Darlaston ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Dudley, Worcestershire Die Stadt Dudley in der gleichnamigen Gemeinde wurde oft als das Zentrum des Black Country bezeichnet und konnte schon während des 18. Jahrhunderts auf eine lange Geschichte als Handelsstadt zurückblicken. 3 Dudley liegt auf einer Höhe von gut 200 m auf dem Russell’s Hall Fault, der sich diagonal von Nordwest nach Südost durch die Region zieht. Kleine Teile der Gemeinde Dudley liegen jedoch auch auf der Lagerstätte. Nach den Angaben im Zensus von 1831 waren mindestens 500 der insgesamt 5.189 erwachsenen Männer der Gemeinde (Gesamteinwohnerzahl 23.043) im Steinkohlenbergbau beschäftigt. Dies entspricht einem Anteil von knapp 10 %.4 1 2 3 4

HCPP, 1833 (149), S. 588f, Flächenangabe aus White, Staffordshire, S. 330. Pitt, Staffordshire, S. 149. Davies/Hyde, Dudley, S. 3. HCPP, 1833 (149), S. 714f.

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VI. Anhang

Neben der Glasproduktion und der Roheisenproduktion war in Dudley vor allem die Nagelfertigung von Bedeutung.5 Zum einen war die Gemeinde eines der Produktionszentren für Hufnägel und zum anderen galt die Stadt Dudley als wichtiges Handelszentrum für Nägel aus der ganzen Region. 6 Der Zensus gibt die Zahl der Nagelmacher in der Gemeinde mit 575 Männern an.7 Dies entspricht einem Anteil von 12,35 % an den erwachsenen, männlichen Bewohnern der Gemeinde. Dudley ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Halesowen, Worcestershire & Shropshire Halesowen, in der südöstlichen Ecke des South Staffordshire Coalfield gelegen, wies von all den auf der Lagerstätte gelegenen Gemeinden den höchsten prozentualen Anteil von in der Landwirtschaft beschäftigten Familien auf. Selbst dieser lag mit knapp 16 % jedoch in einem Bereich, in welchem von einer Dominanz landwirtschaftlicher Tätigkeit keine Rede sein kann. 8 Die Gemeinde Halesowen umfasste neben den Städten Halesowen und Oldbury noch einige kleinere Ortschaften. 30,39 % der männlichen Einwohner der Gemeinde waren im Bereich der Produktion tätig, knapp 29 % in Handel oder Handwerk, etwa 13 % fielen in die Kategorie der Arbeiter. Detailliertere Aussagen darüber was in der Gemeinde produziert wurde lassen sich dem Zensus nicht entnehmen, da die entsprechenden Daten nicht vollständig oder fehlerhaft übermittelt wurden.9 Allerdings sollen fast 500 Männer in der Gemeinde mit der Weiterverarbeitung von Roheisen beschäftigt gewesen sein und in Cradley und Warley-Wigorn, zwei der kleineren Ortschaften in der Gemeinde, lebten 249 Nagelmacher.10 Erstere Gruppe stellte 18,79 % der männlichen Bevölkerung der Gemeinde, während die Nagelmacher 9,36 % ausmachten. Halesowen ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Kingswinford, Staffordshire In der Gemeinde Kingswinford, im Westen des South Staffordshire Coalfield gelegen, lebten knapp 6 % der Familien von der Landwirtschaft. 45,6 % der 3.522 Männer über 20 Jahre verdienten ihr Geld als Arbeiter im nicht landwirtschaftlichen Bereich, während 23,24 % in Handel und Handwerk und 14,25 % in der Produktion beschäftigt waren. Insgesamt 200 Män5

Vgl. zu den bedeutenden Produktionszweigen in der Stadt und Gemeinde u.a. Sidney, Rides on Railways, S. 129. 6 Bagnall, Black Country hand made nail trade, S. 90f. 7 HCPP, 1833 (149), S. 726f. 8 HCPP, 1833 (149), S. 514f. 9 HCPP, 1833 (149), S. 515. 10 HCPP, 1833 (149), S. 726f.

VI.I. Detaillierte Informationen zur Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

275

ner waren in der Produktion diverser Eisenprodukte wie Ketten, Schlössern, Scharnieren, Schrauben oder Schaufeln tätig.11 Im Eisenerz- und Steinkohlenbergbau waren ca. 400 Männer beschäftigt, dies entspricht einem Anteil von 11,36 %.12 Kingswinford ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Old Swinford, Worcestershire In dem südlich von Kingswinford gelegen Old Swinford lag der Anteil der Familien, die in der Landwirtschaft beschäftigt waren bei 3,54 %. Zu der Gemeinde Old Swinford zählte auch die Stadt Stourbridge, diese war – wie auch einige der anderen Orte in der Gemeinde – bekannt für ihre Glashütten und den hier abgebauten Ton. Dieser galt als qualitativ einzigartig in Europa und eignete sich aufgrund seiner hohen Belastbarkeit unter Hitze hervorragend als Baumaterial für Hochöfen und als Material für die zum Einschmelzen von Glas verwendeten Tiegel.13 Neben dem Abbau des Tons wurde in der Gemeinde auch Steinkohle (hier waren 121 der 3.376 Männer der Gemeinde beschäftigt) abgebaut, Nägel und andere Hardware hergestellt und Eisen produziert.14 Für Stourbridge und Old Swinford listet der Zensus 589 Nagelmacher (17,45 %).15 Old Swinford ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Rowley Regis, Staffordshire Rowley Regis liegt nördlich von Halesowen und wies mit fast 10 % einen sehr hohen Anteil an Familien, welche überwiegend in der Landwirtschaft beschäftigt waren, auf. Unter den 1.748 männlichen Einwohnern der Gemeinde waren 272 (15,56 %) nicht landwirtschaftliche Arbeiter, 130 davon (7,44 %) arbeiteten in den Steinkohlegruben der Gemeinde. Nach White machten die Nagelmacher einen großen Teil der Einwohner der Gemeinde aus.16 Der 1831er Zensus gibt die Zahl derjenigen Männer, die Eisenartikel produzierten mit 200 (11,44 %) an.17 Rowley Regis ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country. 11 HCPP, 1833 (149), S. 604f. 12 HCPP, 1833 (149), S. 594f. 13 Vgl. zur Qualität des Tons Burritt, Walks in the Black Country, S. 168f und White, Staffordshire, S. 246. 14 Vgl. Court, Midland industries, S. 197 und White, Staffordshire, S. 245f und Ohne Autor: Parishes: Old Swinford, in: A History of the County of Worcester, Bnd. 3 (1913), S. 213–223, auf http://www.british-history.ac.uk/report.aspx?compid=43112&strquery=swinford (19 October 2012). 15 HCPP, 1833 (149), S. 726f. 16 White, Staffordshire, S. 275. 17 HCPP, 1833 (149), S. 604f.

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VI. Anhang

Sedgley, Staffordshire In Sedgley waren 3,5 % der Familien in der Landwirtschaft beschäftigt, mit 2.473 Männern war der überwiegende Teil der erwachsenen Männer (insgesamt 4.526) im Bereich der nicht landwirtschaftlichen Arbeit tätig. Mindestens 600 hiervon (13,26 %) arbeiteten in den Gruben der Gemeinde.18 Genaue Zahlen dazu in welchem Bereich die 20,04 % in der Produktion und die 13,54 % in Handel und Handwerk tätigen Männer beschäftigt waren, liegen nicht vor. Laut Zensus waren 500 Männer (11,05 %) in der Gemeinde mit der Produktion diverser Eisenteile beschäftigt. 19 White spricht von „several hundred hands“,20 die hier Nägel und Schüreisen produzierten und erwähnt die zahlreichen Eisenwerke in der Gegend um Coseley. Pitt bescheinigt der Gemeinde hauptsächlich Nagelmacher, Bergleute und lime men zu beheimaten.21 Sedgley ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Tipton, Staffordshire Tipton, manchmal auch als Tibbington bezeichnet, wies mit 1,24 % sowohl den niedrigsten Anteil an in der Landwirtschaft beschäftigten Familien als auch mit 91,61 % den höchsten Anteil an Familien in der zweiten Berufsgruppe auf. Der für die Zählung zuständige Aufseher versäumte es detaillierte Berufsbeschreibungen der 1.645 im produzierenden Gewerbe tätigen Männer zu nennen, vermutlich war jedoch ein großer Teil mit der Produktion von Eisenartikeln beschäftigt.22 So gibt Pitt an, viele Männer fänden Beschäftigung in den Eisenwerken der Region. Beinahe die Hälfte der Einwohner der Gemeinde seien jedoch Nagelmacher, während 50 Arbeiter mit der Produktion von Scharnieren und viele andere mit der Herstellung ähnlicher Artikel beschäftigt seien.23 Dies deckt sich mit einem Hinweis in der Zusammenfassung der Ergebnisse des Zensus für die Grafschaft Staffordshire in der es heißt, in Tipton seien 2.200 Männer mit der Herstellung von Waffenteilen, Rohren, Ketten, Schaufeln, Schlüsseln und Schlössern, Scharnieren, Schrauben, Feilen und ähnlichen Produkten beschäftigt. 24 Diese Angabe ist Teil einer mehrere Gemeinden umfassenden Auflistung, es ist davon auszugehen, dass nicht in jeder dieser Gemeinden alle oben genannten Artikel, sondern jeweils nur eine Auswahl dieser produziert wurden. Tipton ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

18 19 20 21 22 23 24

HCPP, 1833 (149), S. 594f. HCPP, 1833 (149), S. 604f. White, Staffordshire, S. 279. Pitt, Staffordshire, S. 191 und White, Staffordshire, S. 279. HCPP, 1833 (149), S. 588f. Pitt, Staffordshire, S. 160 und White, Staffordshire, S. 402. HCPP, 1833 (149), S. 604f.

VI.I. Detaillierte Informationen zur Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

277

Walsall, Staffordshire Die Gemeinde Walsall umfasste die Stadt Walsall, die am östlichen Ende des Great Bentley Faults liegt, und die umliegenden Ortschaften.25 Der Anteil an Familien in der Landwirtschaft lag hier mit 5,2 % knapp unter dem durchschnittlichen Wert aller Gemeinden auf dem South Staffordshire Coalfield. 42,72 % der 3.710 männlichen Einwohner über 20 waren im Bereich der Produktion und 23,75 % in Handel und Handwerk beschäftigt. Weitere 17,12 % wurden als Arbeiter geführt. Ein größerer Teil dieser Arbeiter wird wohl in den Gruben der Gemeinde beschäftigt gewesen sein, da diese ihren Bevölkerungszuwachs laut Zensus der Zunahme der Gruben verdankte. 26 Neben dem Abbau von Steinkohle und Kalk und der Eisenproduktion, wurden in der Gemeinde Walsall die für die Region typischen gröberen Eisenprodukte wie Schlüssel, Schlösser, Ketten, Meißel, Feilen, Scharniere oder Schneidewerkzeuge produziert. Erweitert wurde diese Produktpalette durch Sporen und den zur Herstellung von Sätteln, Zaumzeug und Kutschen benötigten Eisenteilen. An der Produktion dieser und ähnlicher Artikel waren laut Zensus 1.200 Männer (32,35 %) beteiligt.27 Passend zu den für Sättel und Zaumzeug benötigten Eisenteile siedelte sich in Walsall eine Lederindustrie an. Auch die Herstellung von Sattelbäumen wurde aufgenommen, so dass die Gemeinde zu einem Zentrum der Sattelproduktion wurde. 28 Walsall ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Wednesbury, Staffordshire In Wednesbury waren 2,87 % der 1.600 Familien in der Landwirtschaft beschäftigt, 23,15 % der 1.935 Männer waren im produzierende Gewerbe und 30,75 % in Handel und Handwerk tätig. Weitere 34,06 % der Männer waren Arbeiter im nicht landwirtschaftlichen Bereich. Neben Bergbau und Eisenproduktion war in Wednesbury vor allem die Produktion von Gewehr- und Pistolenteilen sowie Nägeln, Scharnieren und anderen Eisenprodukten von Bedeutung.29 In diesem Bereich waren laut Zensus 444 Männer, also 22,95 %, tätig.30 Wednesbury ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

25 26 27 28

White, Staffordshire, S. 415. HCPP, 1833 (149), S. 588f. HCPP, 1833 (149), S. 604f. Allen, Birmingham and Black Country, S. 70 und Sidney, Rides on Railways, S. 128 und White, Staffordshire, S. 416. 29 Pitt, Staffordshire, S. 154 und White, Staffordshire, S. 450. 30 HCPP, 1833 (149), S. 604f.

278

VI. Anhang

West Bromwich, Staffordshire Neben den 7,45 % in der Landwirtschaft beschäftigten Familien waren in West Bromwich 51,79 % in Handel, Produktion und Handwerk tätig. 1.000 Männer arbeiteten in den Steinkohlengruben und Eisenwerken der Gemeinde. Dies entspricht einem Anteil von 28,78 % der 3.475 erwachsenen Männer.31 Ein großer Teil der 24,79 % in Produktion und der 31,55 % in Handel und Handwerk Beschäftigten widmete sich der Herstellung und dem Vertrieb von Nägeln, Scharnieren und Schlössern.32 West Bromwich ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

Wolverhampton, Staffordshire Wolverhampton war 1831 die mit Abstand einwohnerstärkste Gemeinde der Region. Etwas über die Hälfte der 48.184 Einwohner entfiel hierbei auf die Stadt Wolverhampton, weitere 15.000 Menschen lebten in Bilston, und knapp 6.000 in Willenhall, einer nordöstlich von Wolverhampton gelegen Ortschaft. 1.879 Einwohner zählte die Bevölkerung des südlich von Willenhall gelegenen Wednesfield. Die restlichen Einwohner der Gemeinde verteilten sich auf einige kleinere Orte im Umland der Stadt Wolverhampton. Von den 9.854 in der Gemeinde ansässigen Familien waren 349 (5,39 %) hauptsächlich in der Landwirtschaft beschäftigt. Von den knapp 12.800 männlichen Bewohnern über 20 waren 56,34 % in Produktion, Handel und Handwerk beschäftigt. 32,46 % waren Arbeiter. Ungefähr 3.000 Männer waren in den Steinkohlegruben und Eisenwerken der Gemeinde beschäftigt, dies entspricht einem Anteil an der Gesamtzahl der erwachsenen Männer von 23,44 %.33 White zitiert eine ungenannte Quelle, die behauptet, in Bilston würde mehr Eisen produziert als in ganz Schweden. 34 In Willenhall und Wednesfield waren 897 Männer in der Produktion diverser Eisenartikel (Waffenteile, Rohre, Ketten, Schaufeln, Schlüssel, Schlösser, Scharniere, Schnallen, Feilen, Schrauben und Schneidewerkzeuge) beschäftigt. In der Stadt Wolverhampton produzierten etwa 2.000 Männer die oben genannten Artikel sowie Schürhaken und verzinnte oder lackierte Eisenteile. Insgesamt waren in der Gemeinde Wolverhampton demnach knapp 3.000 Männer in der Herstellung diverser Eisenartikel tätig. Dies entspricht einem Anteil von 22,64 % der erwachsenen Männer.35 Wolverhampton ist Teil der Wirtschaftsregion Black Country.

31 32 33 34 35

HCPP, 1833 (149), S. 588f. Pitt, Staffordshire, S. 155f und White, Staffordshire, S. 460. HCPP, 1833 (149), S. 594f. White, Staffordshire, S. 221. HCPP, 1833 (149), S. 604f.

VI.I. Detaillierte Informationen zur Abgrenzung der Wirtschaftsregionen

279

VI.I.II Berechnung der erweiterten Erwerbspersonen in Gemeinden des Borinage Jemmappes: 1 ErwPersJemmapes + ErwPersBaudour +( ErwPers Cuesmes−GrubenArbCuesmes ) 2 1 1 +( )( ErwPers Frameries−GrubenArb Frameries )+ ErwPers Ghlin 2 2 1 1 1 ⇒ 2987+ (1590)+1468+ (5084−328)+ (1450)=8116 2 2 2

Jemmappes mit Berücksichtigung der Stadt Mons: 1 ErwPersJemmapes + ErwPersBaudour +( ErwPers Cuesmes−GrubenArbCuesmes ) 2 1 1 +( )( ErwPers Frameries−GrubenArb Frameries )+ ErwPersGhlin +ErwPers Mons 2 2 1 1 1 ⇒ 2987+ (1590 )+1468+ (5084−328)+ (1450 )+14700=22816 2 2 2

Verhältnis der Grubenarbeiter und Erwerbspersonen in Jemmappes zu der Zahl der Erbwerbspersonen in Mons: GrubenArb Jemmapes GrubenArb Jemmapes =0,25 ⇒ = x⇒ 12356= x x 0,25 1 x−ErweiterteErwPers Jemmapes =4240 ⇒ 4240 > ErwPers Mons 4

Quaregnon: 1 1 ErwPersQuaregnon+ ErwPers Baudour + ( ErwPers Frameries−GrubenArb Frameries ) 2 2 1 1 +( ) ErwPers Ghlin + ( ErwPersPaturages−GrubenArb Paturages) 2 2 1 1 1 1 ⇒ 2031+ (1590)+ (5084−328)+ (1450 )+ (3588−284)=7581 2 2 2 2

Warquignies: ErwPers Warquignies+( ErwPers Dour− ZechArb Dour )+( ErwPers Eugies−GrubenArb Eugies) 1 1 +( ) ErwPersGhlin + ( ErwPers Paturages−GrubenArb Paturages) 2 2 1 1 ⇒ 384+ (3510−713)+(881−44)+ (3588−284)= 4272 2 2

280

VI. Anhang

VI.II TABELLEN Tabelle A.1: Roheisenproduktion in der Wirtschaftsregion Black Country, 1750–1899 Produktion (in metr. Tonnen)

Hochöfen Holzkohle

1750

2,0

1751

2,0

1752

2,0

1753

2,0

1754

2,0

1755

2,0

1756

2,0

Hochöfen Steinkohle

1757

2.833

3,0

1,0

1758

2.833

3,0

1,0

1759

2.833

3,0

1,0

1760

2.833

3,0

1,0

1761

2.833

3,0

1,0

1762

2.833

3,0

1,0

1763

2.833

3,0

1,0

1764

2.833

3,0

1,0

1765

2.833

3,0

1,0

1766

2.833

3,0

1,0

1767

2.833

3,0

1,0

1768

2.833

3,0

1,0

1769

2.833

3,0

1,0

1770

2.833

3,0

1,0

1771

3.595

3,0

1,0

1772

3.188

3,0

2,0

1773

3.188

2,0

2,0

1774

3.188

2,0

2,0

1775

3.188

2,0

2,0

1776

3.188

2,0

2,0

1777

3.188

2,0

2,0

Hochöfen aktiv

Hochöfen inaktiv

281

VI.II Tabellen Produktion (in metr. Tonnen)

Hochöfen Holzkohle

Hochöfen Steinkohle

Hochöfen aktiv

Hochöfen inaktiv

1778

3.188

2,0

2,0

1779

3.188

2,0

2,0

1780

3.188

2,0

2,0

1781

3.188

2,0

2,0

1782

3.188

2,0

2,0

1783

4.712

2,0

4,0

1784

4.712

2,0

4,0

1785

4.712

2,0

5,0

1786

5.474

2,0

6,0

1787

6.287

1,0

6,0

1788

5.830

1,0

8,0

1789

7.456

1,0

10,0

1790

9.643

1,0

13,0

1791

12.456

1,0

13,0

1792

12.633

1,0

13,0

1793

12.810

1,0

13,0

1794

11.991

1,0

12,0

1795

12.978

1,0

11,0

1796

12.647

1,0

11,0

1797

21.162

17,0

1798

25.460

19,0

1799

26.105

19,0

1800

40.493

28,0

1801

40.920

29,0

1802

44.222

29,0

1803

45.078

31,0

1804

45.824

29,0

1805

46.418

29,0

29

1806

54.343

34,0

34

1807

60.118

37,0

37

1808

74.215

44,0

44

282

VI. Anhang Produktion (in metr. Tonnen)

Hochöfen Holzkohle

Hochöfen Steinkohle

Hochöfen aktiv

Hochöfen inaktiv

1809

74.890

44,0

44

1810

76.689

45,0

45

1823

135.734

67,0

67

17

1825

176.069

69,0

69

37

1827

219.466

95,0

95

13

1830

209.119

88,0

88

33

1839

351.769

91,0

91

24

1840

413.683

116,0

116

19

1841

352.670

86,0

86

49

1842

307.110

1843

305.068

1847

325.460

77,0

77

62

1851

609.628

105,0

105

43

1852

736.634

127,0

127

32

1854

755.532

145,0

145

30

1855

766.099

146,0

146

32

1856

789.642

147,0

147

24

1857

667.843

153,0

153

27

1858

607.402

147,0

147

39

1859

480.895

123,5

124

60,5

1860

477.034

108,5

109

72,5

1861

401.999

114,0

114

68

1862

416.803

107,0

107

85

1863

702.248

110,0

110

90

1864

638.883

104,5

105

67,5

1865

703.742

114,0

114

58

1866

541.172

112,0

112

55

1867

523.912

91,5

92

85,5

1868

540.775

89,0

89

83

1869

578.702

95,0

95

69

1870

597.984

114,0

114

57

283

VI.II Tabellen Produktion (in metr. Tonnen)

Hochöfen Holzkohle

Hochöfen Steinkohle

Hochöfen aktiv

Hochöfen inaktiv

1871

737.361

108,0

108

55

1872

684.277

107,5

108

37,5

1873

684.203

99,0

99

43

1874

459.660

81,0

81

73

1875

482.155

76,0

76

79

1876

473.423

63,0

63

84

1877

435.149

57,0

57

89

1878

399.255

55,0

55

92

1879

331.008

44,0

44

96

1880

390.727

45,0

45

92

1882

404.837

47,5

48

85,5

1884

362.600

36,5

1885

349.600

34,0

34

82

1886

299.193

28,5

29

78,5

1887

298.108

30,8

31

73,25

1888

372.230

35,0

35

60

1889

378.657

34,5

35

52,5

1890

332.238

31,5

32

53,5

1891

355.679

29,5

30

53,5

1892

336.858

31,0

31

34

1893

335.475

27,0

27

39

1894

338.003

22,5

23

42,5

1895

325.241

21,5

22

38,5

1896

375.008

21,5

22

35,5

1897

387.143

24,5

25

31,5

1898

390.952

23,0

23

34

1899

402.043

22,0

22

28

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412-422; 1840, 1843 und 1847: Meade, Coal and iron, S. 836; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 78; 1855 Hunt, Mineral statistics for 1855, S. 56; 1857 Hunt, Mineral statistics for 1857, S. 57; 1858 Hunt, Mineral statistics for 1858, S. 99; 1859 Hunt, Mineral statistics for 1859, S. 69; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1861 Hunt,

284

VI. Anhang

Mineral statistics for 1861, S. 66; 1862 Hunt, Mineral statistics for 1862, S. 48; 1863 Hunt, Mineral statistics for 1863, S. 67; 1864 Hunt, Mineral statistics for 1864, S. 62; 1865 Hunt, Mineral statistics for 1865, S. 69; 1866 Hunt, Mineral statistics for 1866, S. 65; 1867 Hunt, Mineral statistics for 1867, S. 70; 1868 Hunt, Mineral statistics for 1868, S. 77; 1869 Hunt, Mineral statistics for 1869, S. 76; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1871 Hunt, Mineral statistics for 1871, S. 86; 1856 und 1872-1880 Meade. Iron and coal, S. 527; 1882 HCPP, 1884 [C. 3869], S. 63; 1883 HCPP, 1884 [C. 4058], S. 56; 1884 HCPP, 1884-85 [C. 4430], S. 59; 1885 HCPP, 1886 [C. 4771], S. 59; 1886 HCPP, 1887 [C. 5132], S. 65; 1887 HCPP, 1888 [C. 5464], S. 51; 1888 und 1889 HCPP, 1890-91 [C. 6536], S. 53 und S. 161; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; 1891 HCPP, 1892 [C. 6657], S. 50; 1892 HCPP, 1893-94 [C. 7024], S. 50; 1893 HCPP, 1894 [C. 7377], S. 61; 1894 HCPP, 1895 [C.7666], S. 61; 1895 HCPP, 1896 [C.8113], S. 63; 1896 HCPP, 1897 [C. 8564], S. 62; 1897 HCPP, 1898 [C. 5464], S. 206; 1898 HCPP, 1899 [C. 9527], S. 204; 1899 HCPP, 1900 [Cd. 387], S. 212.

Tabelle A.2: Wachstumsraten der Roheisenproduktion im Black Country, 1750–1899 CAGR

Wachstumsraten Produktion Jährlich

5-jährlich

1750

Anteil an Produktion in in GB 2,98%

1751

0,12%

2,97%

1752

0,12%

3,02%

1753

0,12%

2,94%

1754

0,12%

2,93%

1755

0,12%

1756

0,12%

2,72%

1757

225,70%

7,74%

1758

0,00%

6,69%

1759

0,00%

6,27%

1760

12,61%

0,00%

0,59%

226,08%

2,67%

6,05%

1761

0,00%

6,07%

1762

0,00%

5,96%

1763

0,00%

5,85%

1764

0,00%

5,77%

1765

0,00%

1766

0,00%

5,68%

1767

0,00%

5,39%

1768

0,00%

5,41%

0,00%

5,75%

in Europa

285

VI.II Tabellen CAGR

Wachstumsraten Produktion Jährlich

1769 1770

5-jährlich

0,00% 0,00%

0,00%

Anteil an Produktion in in GB 5,28%

0,00%

5,20%

1771

26,90%

6,58%

1772

-11,31%

5,79%

1773

0,00%

5,94%

1774

0,00%

5,93%

1775

0,00%

1776

0,00%

5,66%

1777

0,00%

5,53%

1778

0,00%

5,30%

1779

0,00%

4,91%

1780

1,19%

0,00%

12,55%

0,00%

5,74%

4,57%

1781

0,00%

4,84%

1782

0,00%

4,82%

1783

47,80%

6,86%

1784

0,00%

6,79%

1785

0,00%

1786

16,17%

7,99%

1787

14,85%

9,01%

1788

-7,27%

8,29%

1789

27,88%

9,07%

1790

11,70%

29,33%

47,80%

104,62%

6,73%

10,09%

1791

29,17%

12,63%

1792

1,42%

11,76%

1793

1,40%

11,10%

1794

-6,39%

10,28%

1795

8,23%

1796

-2,55%

9,92%

1797

67,33%

13,54%

1798

20,31%

14,50%

34,59%

10,24%

in Europa

286

VI. Anhang CAGR

Wachstumsraten Produktion Jährlich

1799 1800

5-jährlich

in GB

2,53% 15,43%

55,11%

212,01%

19,08%

1,06%

17,21%

1802

8,07%

17,80%

1803

1,94%

16,93%

1804

1,65%

18,05%

1805

1,30%

1806

17,07%

19,20%

1807

10,63%

19,19%

1808

23,45%

22,33%

1809

0,91%

22,43%

18,10%

22,46%

15,55%

*

30,22%

15,16%

1825

28,55%

29,81%

1827

24,65%

30,77%

-4,71%

31,52%

68,21%

27,72%

1830

2,40%

14,63%

10,71%

65,21%

1823

6,59%

in Europa

14,10%

1801

1810

4,49%

76,99%

6,37%

1839 1840

17,60%

29,16%

1841

-14,75%

26,14%

1842

-12,92%

28,88%

1843

-0,66%

22,50%

-26,26%

24,70%

1847

6,68%

16,02%

1851

87,31%

1852

*

Anteil an Produktion in

4,93%

20,83%

26,84%

1854

2,57%

24,22%

1855

1,40%

23,43%

1856

3,07%

21,67%

1857

-15,42%

-9,34%

15,27%

17,21%

16,87%

17,97%

Die kursiv gestellten Angaben zwischen 1811 und 1855 (Ausnahme 1830 und 1840) sind jeweils die Wachstumsraten von einer bekannten Produktionsangabe zu der zuletzt davor bekannten.

287

VI.II Tabellen CAGR

Wachstumsraten Produktion Jährlich

5-jährlich

Anteil an Produktion in in GB

1858

-9,05%

17,30%

1859

-20,83%

12,75%

1860

-5,29%

-0,80%

-37,73%

12,27%

1861

-15,73%

10,66%

1862

3,68%

11,47%

1863

68,48%

15,32%

1864

-9,02%

13,19%

1865

10,15%

1866

-23,10%

11,77%

1867

-3,19%

10,83%

1868

3,22%

10,71%

1869

7,01%

10,46%

1870

2,29%

3,33%

47,52%

-15,03%

9,87%

23,31%

10,95%

1872

-7,20%

9,99%

1873

-0,01%

10,26%

1874

-32,82%

7,55%

1875

4,89%

1876

-1,81%

7,11%

1877

-8,08%

6,45%

1878

-8,25%

6,16%

1879

-17,09%

5,43%

1880 1882

-4,17%

18,04%

-18,96%

3,61%

4,96%

4,57% -10,53%

5,71%

7,45%

4,64%

1884

7,25%

14,35%

1871

-19,37%

in Europa

1885

-13,64%

4,64%

1886

-14,42%

4,20%

1887

-0,36%

3,88%

1888

24,86%

4,58%

1889

1,73%

4,48%

2,64%

288

VI. Anhang CAGR

Wachstumsraten Produktion Jährlich

1890

-1,82%

-12,26%

5-jährlich

Anteil an Produktion in in GB

-4,97%

4,14%

1891

7,06%

4,73%

1892

-5,29%

4,94%

1893

-0,41%

4,73%

1894

0,75%

4,48%

1895

-3,78%

1896

15,30%

4,26%

1897

3,24%

4,33%

1898

0,98%

4,47%

2,84%

4,20%

1899

2,14%

-2,11%

in Europa 4,07%

4,16%

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412-422; 1840, 1843 und 1847: Meade, Coal and iron, S. 836; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 78; 1855 Hunt, Mineral statistics for 1855, S. 56; 1857 Hunt, Mineral statistics for 1857, S. 57; 1858 Hunt, Mineral statistics for 1858, S. 99; 1859 Hunt, Mineral statistics for 1859, S. 69; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1861 Hunt, Mineral statistics for 1861, S. 66; 1862 Hunt, Mineral statistics for 1862, S. 48; 1863 Hunt, Mineral statistics for 1863, S. 67; 1864 Hunt, Mineral statistics for 1864, S. 62; 1865 Hunt, Mineral statistics for 1865, S. 69; 1866 Hunt, Mineral statistics for 1866, S. 65; 1867 Hunt, Mineral statistics for 1867, S. 70; 1868 Hunt, Mineral statistics for 1868, S. 77; 1869 Hunt, Mineral statistics for 1869, S. 76; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1871 Hunt, Mineral statistics for 1871, S. 86; 1856 und 1872-1880 Meade. Iron and coal, S. 527; 1882 HCPP, 1884 [C. 3869], S. 63; 1883 HCPP, 1884 [C. 4058], S. 56; 1884 HCPP, 1884-85 [C. 4430], S. 59; 1885 HCPP, 1886 [C. 4771], S. 59; 1886 HCPP, 1887 [C. 5132], S. 65; 1887 HCPP, 1888 [C. 5464], S. 51; 1888 und 1889 HCPP, 1890-91 [C. 6536], S. 53 und S. 161; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; 1891 HCPP, 1892 [C. 6657], S. 50; 1892 HCPP, 1893-94 [C. 7024], S. 50; 1893 HCPP, 1894 [C. 7377], S. 61; 1894 HCPP, 1895 [C.7666], S. 61; 1895 HCPP, 1896 [C.8113], S. 63; 1896 HCPP, 1897 [C. 8564], S. 62; 1897 HCPP, 1898 [C. 5464], S. 206; 1898 HCPP, 1899 [C. 9527], S. 204; 1899 HCPP, 1900 [Cd. 387], S. 212.

Tabelle A.3: Roheisenproduktion in Cumberland, 1860–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in GB

Europa

1860

89.361

2,30%

1,36%

1870

259.273

4,28%

2,48%

289

VI.II Tabellen Produktion CAGR (in metr. in % Tonnen) 1880 803.026 1890

Wachstumsrate

Hochöfen

845.975

Anteil an Produktion in GB

Europa

10,20%

5,42%

10,53%

10,37%

Quellen: 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, 1880 Meade, Coal and iron, S. 433; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.4: Roheisenproduktion in Derbyshire, 1750–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in GB

Europa

1750

1.264

4,36%

1760

1.303

0,30

2,78%

1770

1.388

0,63

2,55%

1780

4.897

13,44

7,02%

1790

5.022

0,25

5,26%

1800

8.714

5,67

1810

15.904

1823

589,40

4,11%

2,30%

6,20

4,66%

3,22%

14.263

-0,83

3,18%

1,59%

1830

18.288

3,61

2,76%

1,30%

1840

31.497

5,59

2,22%

1,31%

1852

a

152.407

14,04

5,55%

3,49%

1860

127.870

-1,74

3,29%

1,94%

1870

182.657

3,63

3,01%

1,75%

1880

372.678

7,39

4,73%

2,51%

1890

393.982

0,56

4,91%

4,83%

1648,99

158,51

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1840 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 472f; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

a

Der Wert für 1852 ist für Derbyshire und Yorkshire.

290

VI. Anhang

Tabelle A.5: Roheisenproduktion in Lancashire, 1860–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1860

82.554

2,12%

1,26%

1870

429.511

7,09%

4,10%

1880

762.933

9,69%

5,15%

1890

748.853

9,32%

9,18%

Quellen: 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1880: Meade, Coal and iron, S. 458; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.6: Roheisenproduktion in Lincolnshire & Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Leicestershire, 1870–1890

Hochöfen aktiv

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1870

32.199

0,53%

0,31%

1880

211.037

2,68%

1,42%

1890

691.323

8,61%

8,47%

Quellen: 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77 und Meade, Coal and iron, S. 572; 1880: Meade, Coal and iron, S. 572; 1890 HCPP, 189091 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.7: Roheisenproduktion in Northamptonshire, 1870–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen aktiv

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1870

43.859

0,72%

0,42%

1880

181.582

2,31%

1,22%

1890

228.657

2,85%

2,80%

291

VI.II Tabellen

Quellen: 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77 und Meade, Coal and iron, S. 555f; 1880: Meade, Coal and iron, S. 555f; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.8: Roheisenproduktion in Northumberland & Durham, 1750–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1750

5.267

18,18%

1760

6.298

1,80

13,46%

1770

5.880

-0,68

10,79%

1780

6.012

0,22

8,62%

1790

3.624

-4,94

3,79%

1800

3.378

-0,70

1810

2.297

1823

-35,86

1,59%

0,89%

-3,78

0,67%

0,47%

2.417

0,39

0,54%

0,27%

1830

5.412

12,20

0,82%

0,38%

1839

11.177

7,52

0,79%

0,46%

1852

182.888

26,23

6,66%

4,19%

1860

416.593

8,58

10,71%

6,34%

1870

721.990

5,65

11,92%

6,90%

1880

762.301

0,54

9,68%

5,14%

1890

890.383

1,57

11,09%

10,91%

5314,09

386,85

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1839 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 336 und S. 338; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

292

VI. Anhang

Tabelle A.9: Roheisenproduktion in Northstaffordshire, 1840–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB 1840

20.829

1852

91.444

1860

Europa 1,47%

0,87%

13,12

3,33%

2,09%

149.308

5,03

3,84%

2,27%

1870

308.246

7,52

5,09%

2,95%

1880

228.634

-2,94

2,90%

1,54%

1890

259.881

1,29

3,24%

3,18%

184,20

Quellen: 1840 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 506f; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.10: Roheisenproduktion in North Wales, 1840–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB 1840

26.925

1852

30.481

1860

Europa 1,90%

1,12%

1,04

1,11%

0,70%

50.152

5,11

1,29%

0,76%

1870

43.480

-1,42

0,72%

0,41%

1880

58.740

3,05

0,75%

0,40%

1890

65.575

0,82%

0,80%

Quellen: 1840 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 579 und S. 581; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

293

VI.II Tabellen Tabelle A.11: Roheisenproduktion in Schottland, 1760–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1760

965

2,06%

1770

3.994

15,26

7,33%

1780

4.846

1,95

6,95%

1790

12.609

10,03

13,20%

1796

16.344

1800

21.969

1806

23.207

1810

29.499

2,99

1823

24.893

-1,30

1830

38.102

1840

17 5,71

2176,58

10,35%

5,81%

8,64%

5,98%

5,54%

2,78%

6,27

5,74%

2,70%

244.867

20,45

17,26%

10,19%

1852

787.436

10,22

28,69%

18,03%

1860

952.036

1,92

24,49%

14,48%

1870

1.225.353

2,56

20,22%

11,71%

1880

1.065.833

-1,39

13,54%

7,19%

1890

748.894

-3,47

9,32%

9,18%

18

18

3484,31

112 -4,89

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412-422; 1796, 1806, 1840, und 1880: Meade, Coal and iron, S. 731f und S. 736 und S. 739; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

294

VI. Anhang

Tabelle A.12: Roheisenproduktion in Shropshire, 1750–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB

Europa

1750

2.337

8,07%

1760

10.735

16,47

22,94%

1770

11.557

0,74

21,20%

1780

20.020

5,65

28,70%

1790

28.519

3,60

29,86%

1796

32.482

1800

42.152

1806

55.848

1810

61.492

3,85

1823

58.852

-0,34

1830

74.598

1840

23 3,98

1703,68

19,86%

11,15%

18,01%

12,47%

13,10%

6,57%

3,44

11,24%

5,28%

84.078

1,20

5,93%

3,50%

1852

121.926

3,15

4,44%

2,79%

1854

126.803

1860

147.530

1,92

3,79%

2,24%

1870

114.102

-2,54

1,88%

1,09%

1880

89.756

-2,37

1,14%

0,61%

1890

43.775

-6,93

0,55%

0,54%

30

30

189,25 28

12 -64,10

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412-422; 1796, 1806, 1840, 1843, 1847 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 492f; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 41-47 und S. 78; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

295

VI.II Tabellen Tabelle A.13: Roheisenproduktion in South Wales, 1750–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

Wachstumsrate

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB 1750

5.153

1760

7.734

4,14

16,53%

1770

10.792

3,39

19,80%

1780

13.149

2,00

18,85%

1790

19.033

3,77

19,92%

1796

34.648

1800

64.183

1806

69.972

1810

102.172

4,76

1823

185,251

-38,47

1830

282.098

1840

Europa

17,79%

24 12,93

1145,55

30,25%

16,97%

29,93%

20,72%

41,24%

20,69%

184,88

42,52%

19,98%

513.104

6,16

36,16%

21,35%

1852

676.687

2,33

24,66%

15,50%

1854

762.035

1860

984.575

3,82

25,32%

14,97%

1870

994.906

0,10

16,42%

9,51%

1880

904.016

-0,95

11,48%

6,10%

1890

837.956

-0,76

10,43%

10,27%

35

35

954,31 121

69 23,83

Quellen: 1750-1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412-422; 1796, 1806, 1840 und 1880: Meade, Coal and iron, S. 619 und S. 626; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 41-47 und S. 78; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

296

VI. Anhang

Tabelle A.14: Roheisenproduktion in Yorkshire, 1750–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

Wachstumsrate

CAGR in %

Hochöfen

Anteil an Produktion in

GB 1750

1.880

1760

2.896

4,42

6,19%

1770

4.420

4,32

8,11%

1780

5.791

2,74

8,30%

1790

5.213

-1,05

5,46%

1796

10.565

1800

21.661

1806

28.090

1810

37.059

5,52

1823

27.749

-2,20

1830

29.390

1840

56.899

1854

73.444

Europa

6,49%

13 15,31

1052,18

10,21% 22 10,85% 22

6,18%

3,10%

0,82

4,43%

2,08%

6,83

4,01%

2,37%

21

Quellen: 1750–1810: King, Iron trade, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 und 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1796, 1806, 1840, 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 41-47 und S. 78; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung. North Riding of Yorkshire 1860

252.655

1870

931.685

13,94

1880

1.692.893

6,15

1890

1.992.801

1,64

80

6,50%

3,84%

15,38%

8,90%

21,50%

11,42%

24,81%

24,42%

Quellen: 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1880: Meade, Coal and iron, S. 395; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung. West Riding of Yorkshire 1860

99.674

1870

78.964

-2,30

2,56%

1,52%

1,30%

0,75%

297

VI.II Tabellen Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR in %

1880

311.479

14,71

1890

252.570

-2,07

Wachstumsrate

Hochöfen

33

Anteil an Produktion in

GB

Europa

3,96%

2,10%

3,14%

3,10%

Quellen: 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1880: Meade, Coal and iron, S. 359; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 49; Vgl. für die Daten für Großbritannien und Europa Tabelle A.15 auf S. 299. Wachstumsraten und Bedeutung eigene Berechnung.

Tabelle A.15: Roheisenproduktion in Großbritannien und Europa, 1750–1899 Großbritannien

Europa

Wachstumsraten Produktion (in Tsd. metr. Hoch5-jährTonnen) öfen CAGR Jährlich lich 1750

29

1751

29

0,33%

1752

29

-1,44%

1753

30

3,03%

1754

30

0,33%

1755

33

10,00%

1756

32

-1,93%

1757

37

14,61%

1758

42

15,66%

1759

45

6,69%

1760

47

1761

47

-0,22%

1762

48

1,83%

1763

48

1,79%

1764

49

1,53%

1765

49

0,24%

1766

50

1,31%

1767

53

5,32%

Anteil ProdukProduktion tion (in Tsd. metr. GB an Tonnen) CAGR Europa 29

4,95%

3,56%

13,79%

46,88%

4,26%

298

VI. Anhang Großbritannien Produktion (in Tsd. metr. Tonnen)

Hoch- CAGR öfen

Europa

Wachstumsraten Jährlich

1768

52

-0,30%

1769

54

2,36%

1770

55

1771

55

0,22%

1772

55

0,76%

1773

54

-2,54%

1774

54

0,27%

1775

56

3,28%

1776

56

1,47%

1777

58

2,27%

1778

60

4,45%

1779

65

7,77%

1780

70

1781

66

-5,58%

1782

66

0,45%

1783

69

3,78%

1784

69

1,10%

1785

70

0,90%

1786

69

-2,15%

1787

70

1,80%

1788

70

0,75%

1789

82

17,00%

1790

96

1791

99

3,21%

1792

107

8,98%

1793

115

7,40%

1794

117

1,07%

1795

127

8,68%

1796

127

0,54%

1,58%

2,44%

3,21%

1,64%

7,51%

16,14%

5-jährlich

10,00%

1,82%

25,00%

6,06%

39,13%

28,28%

Anteil ProdukProduktion CAGR tion (in Tsd. metr. GB an Tonnen) Europa

299

VI.II Tabellen Großbritannien

Europa

Wachstumsraten Produktion (in Tsd. metr. Hoch5-jährTonnen) öfen CAGR Jährlich lich

a b

1797

156

22,62%

1798

176

12,38%

1799

185

5,41%

1800

212

1801

238

12,08%

1802

248

4,46%

1803

266

7,17%

1804

254

-4,66%

1805

256

1,03%

1806

283

10,34%

1807

313

10,71%

1808

332

6,07%

1809

334

0,48%

1810

341

8,24%

4,87% 2,14%

14,63%

2,24%

66,93%

Anteil ProdukProduktion tion (in Tsd. metr. GB an Tonnen) CAGR Europa

372

56,99%

7,56%

20,49%

485

2,69%

70,31%

a

4,70%

50,96%

1.389b

6,72%

47,73%

2.366

5,47%

59,97%

5,10%

63,86%

1823

449

20,99%

881

1825

591

32,79%

1.043

1827

713

1830

663

1839

1.269

1840

1.419

1841

1.349

2.438

1842

1.063

2.202

1843

1.235

-7,50%

2.407

1847

2.032

83,51%

3.662

1852

2.744

17,67%

4.297

1854

3.119

17,72%

5.205

1855

3.270

4,83%

5.559

1.218 5,73%

7,61%

12,18%

104,75% 7,91%

5,65%

11,82%

Wert für Frankreich ist für 1824. Wert für Österreich für 1828, Wert für Belgien für 1831.

300

VI. Anhang Großbritannien

Europa

Wachstumsraten Produktion (in Tsd. metr. Hoch5-jährTonnen) öfen CAGR Jährlich lich

Anteil ProdukProduktion tion (in Tsd. metr. GB an Tonnen) CAGR Europa

1856

3.644

11,44%

6.131

1857

3.717

2,01%

6.275

1858

3.512

-5,53%

1859

3.772

7,43%

1860

3.888

1861

3.772

-2,99%

6.588

1862

3.635

-3,63%

6.695

1863

4.582

26,07%

7.961

1864

4.844

5,72%

8.387

1865

4.903

1,20%

1866

4.596

-6,25%

8.311

1867

4.837

5,24%

8.508

1868

5.049

4,37%

9.038

1869

5.533

9,59%

9.637

1870

6.059

1871

6.734

11,13%

11.249

1872

6.850

1,73%

12.120

1873

6.672

-2,60%

12.250

1874

6.088

-8,76%

1875

6.468

6,24%

1876

6.661

2,99%

1877

6.742

12,06%

1878

6.483

-3,83%

1879

6.092

-6,04%

1880

7.874

1881

8.275

5,10%

15.467

1882

8.724

11,18%

16.564

1883

8.666

-0,67%

16.579

1884

7.937

-4,60%

15.764

4,45%

4,54%

2,65%

3,07%

9,51%

29,25%

6.199 6,70%

29,98%

31,83%

6.472

5,25%

60,07%

4,76%

58,83%

3,54%

53,96%

8.538

10.299

-3,95%

18,21%

14.591

301

VI.II Tabellen Großbritannien

Europa

Wachstumsraten Produktion (in Tsd. metr. Hoch5-jährTonnen) öfen CAGR Jährlich lich

Anteil ProdukProduktion tion (in Tsd. metr. GB an Tonnen) CAGR Europa

1885

7.534

-5,07%

-8,95%

1886

7.122

-5,47%

1887

7.681

7,84%

1888

8.127

5,81%

1889

8.456

4,05%

1890

8.031

-5,03%

1891

7.525

-6,30%

17.718

1892

6.817

-9,41%

17.254

1893

7.089

3,99%

14.456

1894

7.547

6,45%

18.930

1895

7.827

3,72%

19.779

1896

8.799

12,41%

22.641

1897

8.938

1,58%

23.470

1898

8.748

-2,12%

24.153

1899

9.573

9,43%

26.474

12,76%

18.025

2,14%

44,55%

4,36%

36,16%

1750–1810: King, Production and consumption, Thesis Data, Furnace 6A; 1823 & 1830: BAHS, MS 3219/6/17; 1825: BAHS, MS 3219/6/17; 1839: Mushet, Papers, S. 412–422; 1840, 1843 & 1847: Meade, Coal and iron, S. 836; 1852: Hunt, Note on coal raised and iron made, S. 343-346; 1854 Hunt, Mineral statistics for 1853 and 1854, S. 78; 1855 Hunt, Mineral statistics for 1855, S. 56; 1856 &1872–1880 Meade. Iron and coal, S. 527; 1857 Hunt, Mineral statistics for 1857, S. 57; 1858 Hunt, Mineral statistics for 1858, S. 99; 1859 Hunt, Mineral statistics for 1859, S. 69; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 70; 1861 Hunt, Mineral statistics for 1861, S. 66; 1862 Hunt, Mineral statistics for 1862, S. 48; 1863 Hunt, Mineral statistics for 1863, S. 67; 1864 Hunt, Mineral statistics for 1864, S. 62; 1865 Hunt, Mineral statistics for 1865, S. 69; 1866 Hunt, Mineral statistics for 1866, S. 65; 1867 Hunt, Mineral statistics for 1867, S. 70; 1868 Hunt, Mineral statistics for 1868, S. 77; 1869 Hunt, Mineral statistics for 1869, S. 76; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 77; 1871 Hunt, Mineral statistics for 1871, S. 86; 1882 HCPP, 1884 [C.3869], S. 63; 1883 HCPP, 1884 [C.4058], S. 56; 1884 HCPP, 1884-85 [C.4430], S. 59; 1885 HCPP, 1886 [C.4771], S. 59; 1886 HCPP, 1887 [C.5132], S. 65; 1887 HCPP, 1888 [C.5464], S. 51; 1888 und 1889 HCPP, 1890-91 [C.6536], S. 53 und S. 161; 1890 HCPP, 1890–91 [C.6364], S. 49; 1891 HCPP, 1892 [C.6657], S. 50; 1892 HCPP , 1893-94 [C.7024], S. 50; 1893 HCPP, 1894 [C.7377], S. 61; 1894 HCPP, 1895 [C.7666], S. 61; 1895 HCPP, 1896 [C.8113], S. 63; 1896 HCPP, 1897 [C. 8564], S. 62; 1897 HCPP, 1898 [C.5464], S. 206; 1898 HCPP, 1899 [C.9527], S. 204; 1899 HCPP, 1900 [Cd.387], S. 212; Daten für Europa nach Mitchell, European historical statistics, S. 215–222.

302

VI. Anhang

Tabelle A.16: Stabeisenproduktion im Black Country, 1750–1790 Produktion (in metr. Tonnen)

Anzahl Öfen Herdfrischen

Potting+Stamping

Wachstumsraten Gesamt

Jährlich

1750

1.976

8

8

0,74%

1751

1.990

8

8

0,73%

1752

2.004

8

8

0,67%

1753

2.004

8

8

0,00%

1754

2.031

8

8

1,34%

1755

2.045

8

8

0,71%

1756

2.059

8

8

0,66%

1757

2.052

8

8

-0,30%

1758

2.045

8

8

-0,35%

1759

2.041

8

8

-0,20%

1760

1.956

7

1

8

-10,47%

1761

1.949

7

1

8

-0,40%

1762

1.942

7

1

8

-0,40%

1763

1.808

7

7

-0,28%

1764

1.800

7

7

-0,40%

1765

1.794

7

7

-0,34%

1766

1.787

7

7

-0,40%

1767

1.782

7

7

-0,29%

1768

1.775

7

7

-0,41%

1769

1.768

7

7

-0,35%

1770

1.657

7

7

-6,30%

1771

1.756

7

7

5,98%

1772

1.439

6

6

-18,05%

1773

1.252

5

1

6

-21,95%

1774

1.245

5

1

6

-0,64%

1775

1.238

5

1

6

-0,65%

1776

1.233

5

1

6

-0,47%

1777

1.246

5

1

6

-0,56%

1778

1.259

5

1

6

-0,66%

5-jährlich 6,79%

3,50%

-10,65%

-1,81%

-7,65%

-33,08%

303

VI.II Tabellen

Produktion (in metr. Tonnen)

Anzahl Öfen Herdfrischen

Potting+Stamping

Wachstumsraten Gesamt

Jährlich

1779

1.272

5

1

6

-0,66%

1780

1.285

5

1

6

-0,57%

1781

1.103

4

1

5

-18,79%

1782

1.117

4

1

5

-0,71%

1783

1.130

4

1

5

-0,71%

1784

1.123

4

1

5

-0,84%

1785

1.490

5

1

6

42,87%

1786

2.018

5

3

8

-0,68%

1787

2.549

5

5

10

-0,51%

1788

3.515

6

8

14

13,34%

1789

3.507

6

8

14

-0,60%

1790

6.181

6

18

24

-0,76%

5-jährlich

-2,89%

13,42%

10,48%

Daten aus King, Iron trade, Thesis Data, Forge XL, Forge 5G, King multipliziert zur Ermittlung der Stabeisenproduktion mit dem potting and stamping-Verfahren die Anzahl der Herde mit einem Multiplikator,einer geschätzten Produktionsmenge pro Herd. Diese liegt bis 1775 bei 125 t und von 1783-1790 bei 260 t. Zwischen 1775 und 1783 wird ein stetiges Wachstums der Jahresproduktion pro Herd angenommen. Vgl. King, Iron trade, S. 188f. Alle Werte, auch die geschätzten Produktionsmengen pro Wert, in metrischen Tonnen umgerechnet.

304

VI. Anhang

Tabelle A.17: Stabeisenproduktion, Anzahl der Eisenwerke, Puddelöfen und Walzwerke im Black Country, 1852–1885 Puddelöfen

Produktion (in metr. t) BC 1852

Anzahl

GB

Anzahl Werke

508.023

BC

GB

Walzwerke

Anteil BC an GB

Anzahl BC

GB

Anteil BC an GB

80

1.425

1857

101

2.012

1860

69

1.457

3.574

40,8%

76

298

25,5%

1865

106

2.061

6.407

32,2%

187

730

25,6%

1870

99

1.926

6.699

28,8%

300

851

35,2%

2.066

6.803

30,4%

317

866

36,6%

90

1.604

5.134

31,2%

302

855

35,3%

122

1.545

5.707

27,1%

299

917

32,6%

79

1.062

3.876

27,4%

232

801

29,0%

1874 1880 1881

589.307

2.681.150

1882

670.922

2.841.534

1885

Produktion (umgerechnet in metrische Tonnen):1852 Hunt, Coal raised and iron made, S. 343; 1881 und 1882 HCPP, 1884 [C.3869], S. 73. Anzahl Werke und Produktionseinheiten: 1852 Hunt, Coal raised and iron made, S. 345f; 1857 Hunt, Mineral statistics for 1857, S. 79-81; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 89f; 1865 Hunt, Mineral statistics for 1865, S. 79f; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 88f; 1874 Hunt, Mineral statistics for 1874, S. 110-112; 1880 HCPP, 1881 [C.2903], S. 534f; 1882 HCPP, 1884 [C.3869], S. 69-71; 1885 HCPP, 1886 [C.4771], S. 6466.

Tabelle A.18: Stabeisenproduktion nach Verfahren in Großbritannien, 1760–1790 Herdfrischen

Produktion in t

Anteil an Stabeisenproduktion

Potting-Verfahren

Produktion in t

Puddel-Verfahren

Anteil an StabeiAnteil Stabei- ProsenAnzahl senproduk- duktion produkHerde tion in t tion

1760

21.121

99,28%

127

1

0,60%

1761

21.071

99,28%

127

1

0,60%

1762

21.168

99,29%

127

1

0,60%

1763

21.509

99,88%

0

0

0,00%

1764

21.971

99,88%

0

0

0,00%

305

VI.II Tabellen Herdfrischen

Produktion in t

Anteil an Stabeisenproduktion

Potting-Verfahren

Produktion in t

Puddel-Verfahren

Anteil an StabeiAnteil Stabei- ProsenAnzahl senproduk- duktion produkHerde tion in t tion

1765

22.318

99,89%

0

0

0,00%

1766

22.054

99,31%

127

1

0,57%

1767

21.798

97,61%

508

4

2,27%

1768

21.801

97,61%

508

4

2,27%

1769

21.893

97,62%

508

4

2,27%

1770

21.948

97,74%

508

4

2,26%

1771

21.794

97,72%

508

4

2,28%

1772

21.029

97,64%

508

4

2,36%

1773

20.663

97,02%

635

5

2,98%

1774

20.560

97,00%

635

5

3,00%

1775

20.421

96,98%

635

5

3,02%

1776

20.277

95,80%

889

7

4,20%

1777

20.397

92,67%

1.612

11

7,33%

1778

20.193

91,70%

1.828

11

8,30%

1779

19.735

90,62%

2.043

11

9,38%

1780

18.737

88,37%

2.465

12

11,63%

1781

18.384

87,20%

2.700

12

12,80%

1782

18.581

83,51%

3.669

15

16,49%

1783

18.706

81,89%

3.963

15

17,35%

174

0,76%

1784

18.191

81,47%

3.963

15

17,75%

174

0,78%

1785

18.216

70,64%

7.397

28

28,68%

174

0,67%

1786

18.156

63,41%

10.303

39

35,98%

174

0,61%

1787

17.926

59,26%

12.152

46

40,17%

174

0,57%

1788

17.938

53,52%

15.058

57

44,92%

522

1,56%

1789

17.440

49,79%

14.265

54

40,72%

3.326

9,49%

1790

17.458

44,51%

11.888

30,31%

9.873

25,17%

Produktionszahlen aus King, Iron trade, Thesis data, Forge 8H all processes sheet1, umgerechnet in metrische Tonnen, Anteile eigene Berechnung.

306

VI. Anhang

Tabelle A.19: Eisenerzförderung im Black Country, 1800–1899 Produktion (in metr. Tonnen) Wachstum (5 jählich) 60.963

1855

2.019.901

20,48%

1856

2.240.383

20,70%

1857

1.371.663

13,81%

1858

974.389

11,74%

1859

838.239

10,30%

1860

798.308

1861

739.174

9,92%

1862

711.741

9,12%

1863

863.640

9,71%

1865

670.083

1866

608.612

6,10%

1867

533.425

5,16%

1868

346.043

3,30%

1869

355.616

2,99%

1870

457.221

1871

716.989

4,18%

1880

140.395

0,75%

1881

160.883

0,89%

1882

137.582

0,74%

1883

116.484

0,65%

1884

91.388

0,55%

1885

87.655

1886

93.227

0,64%

1887

99.184

0,73%

1888

61.462

0,41%

1889

52.003

0,35%

1890

41.722

1891

47.994

1799/1800

*

Bedeutung in Großbritannien

*

-58,50%

-16,06%

-31,77%

-37,57%

-52,40%

Lones gibt für 1799 den selben Wert an wie Raybould für 1800.

9,64%

6,55%

3,08%

0,55%

0,29% 0,36%

307

VI.II Tabellen Produktion (in metr. Tonnen) Wachstum (5 jählich)

Bedeutung in Großbritannien

1892

50.543

0,43%

1893

38.785

0,34%

1894

31.647

0,25%

1895

31.706

1897

34.647

0,24%

1898

54.219

0,37%

1899

49.610

0,33%

1900

48.770

-24,01%

0,24%

-53,82%

0,34%

1799/1800 Lones, Relics, S. 44 und Raybould, South Staffordshire, S. 21; 1855 Hunt, Mineral statistics for 1855, S. 36; 1856 Hunt, Mineral statistics for 1856, S. 48; 1857 Hunt, Mineral statistics for 1857, S. 57; 1858 Hunt, Mineral statistics for 1858, S. 74; 1859 Hunt, Mineral statistics for 1859, S. 61; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 57; 1861 Hunt, Mineral statistics for 1861, S. 53; 1862 Hunt, Mineral statistics for 1862, S. 42; 1863 Hunt, Mineral statistics for 1863, S. 57; 1865 Hunt, Mineral statistics for 1865, S. 58; 1866 Hunt, Mineral statistics for 1866, S. 56; 1867 Hunt, Mineral statistics for 1867, S. 56; 1868 Hunt, Mineral statistics for 1868, S. 63; 1869 Hunt, Mineral statistics for 1869, S. 62; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 63; 1871 Hunt, Mineral statistics for 1871, S. 69; 1880 HCPP, 1881 [C. 2903], S. xiv; 1881 HCPP, 1882 [C.3241], S. xiv; 1882 HCPP, 1884 [C. 3869], S. 52, 1883 HCPP, 1884 [C. 4058], S. 48; 1884 HCPP, 188485 [C. 4430], S. 15; 1885 HCPP, 1886 [C. 4771], S. 45; 1886 HCPP, 1887 [C. 5132], S. 51; 1887 HCPP, 1888 [C. 5464], S. 37; 1888 und 1889 HCPP, 1890-91 [C. 6536], S. 38 und S. 153; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 41; 1891 HCPP, 1892 [C. 6657], S. 42; 1892 HCPP, 1893-94 [C. 7024], S. 42; 1893 HCPP, 1894 [C. 7377], S. 53; 1894 HCPP, 1895 [C.7666], S. 53; 1895 HCPP, 1896 [C.8113], S. 56; 1896 HCPP, 1897 [C. 8564], S. 55; 1897 HCPP, 1898 [C. 5464], S. 200; 1898 HCPP, 1899 [C. 9527], S. 198; 1899 HCPP, 1900 [Cd. 387], S. 204; 1900 HCPP, 1901 [Cd. 599, 766], S. 14f.

Tabelle A.20: Das Black Country in der britischen Eisenindustrie, 1790 Hochöfen

Frischwerke

SpaltWalz- walzFinery Chafery Potting Balling werke werke

Holzkohle

Koks Derbyshire

11

0

21

11

3

3

5

3

Glamorganshire

9

3

29

13

6

7

4

1

Gloucestershire

0

4

10

7

3

6

3

Gruppe Nord

1

2

9

6

4

3

4

Lancashire

3

3

10

10

2

0

1

Monmouthshire &

8

3

25

13

1

3

1

5

308

VI. Anhang Hochöfen

Frischwerke

SpaltWalz- walzFinery Chafery Potting Balling werke werke

Holzkohle

Koks Brecknockshire Yorkshire

12

4

27

13

3

3

10

North Wales

2

1

13

9

2

1

0

Scotland

13

2

4

1

3

2

0

3

Salop (ohne BC)

24

2

30

16

14

4

2

4

Staffs (ohne BC)

1

0

10

8

0

3

5

4

Worcs (ohne BC)

0

0

16

8

3

0

3

Black Country

16

0

18

17

23

22

2

17

Großbritannien

100

24

215

130

54

59

36

51

Daten aus BAHS, MS 3219/6/16, Black Country eigene Berechnung.

Tabelle A.21: Die britische Eisenindustrie, 1790 Hochöfen Koks

Frischwerke

Holzkohle

SpaltWalz- walzFinery Chafery Potting Balling werke werke

Derbyshire

11

0

21

11

3

3

5

3

Glamorganshire

9

3

29

13

6

7

4

1

Gloucestershire

0

4

10

7

3

6

3

Gruppe Nord

1

2

9

6

4

3

4

Lancashire

3

3

10

10

2

0

1

Monmouthshire & Brecknockshire

8

3

25

13

1

3

1

Yorkshire

12

4

27

13

3

3

10

North Wales

2

1

13

9

2

1

0

Scotland

13

2

4

1

3

2

0

3

Salop

24

2

30

17

14

5

3

5

Staffordshire

17

0

17

20

23

24

7

17

Worcestershire

0

0

20

10

3

1

3

Großbritannien

100

24

215

130

59

36

51

Daten übernommen aus BAHS, MS 3219/6/16.

5

54

309

VI.II Tabellen Tabelle A.22: Steinkohlenförderung im Black Country, 1700–1899 Produktion (in metr. Tonnen) 1700

71.123

1750

113.797

1798 1817 1826

812.838 2.336.908

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderung in Europa rung in GB rate 2,35%

0,98% 4,18%

62,57% 614,29%

2,14% a

b

4,84%

5,32%

c

5,72%

3.557.000

1840

4.064.188

1852

5.080.235

1860

4.340.349

10,33%

d

2,36% 2,01% 2,17%

525,00%

7,42%

9,54%

5,75%

7,32%

3,55%

4,94%

4,25%

6,32%

1870

7.474.549

1878

5.721.131

3,82%

4,31%

1890

3.943.347

1,24%

2,19%

1899

3.118.891

0,76%

1,41%

-2,97%

147,13%

11,71%

-58,27%

Black Country: 1700 und 1798 Davis/Hyde, Dudley, S. 63; 1750 eigene Schätzung, basierend auf Werten für 1700 und 1798 und den Schätzungen für Nord und Süd Staffordshire bei Flinn, British coal industry, Bnd. 2, S. 26f; 1817 und 1840 Pollard, Pollard, New estimate, S. 228; 1850-52 Raybould, South Staffs, S. 21; ab 1860 Werte aus Mineral Statistics der entsprechenden Jahre in Kombination mit den Schätzungen von Brown, Cannock Chase, S. 31. Für Großbritannien und Europa siehe Tabelle A.25 und Tabelle A.23.

Tabelle A.23: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Europa, 1700–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate

1800

16.779.426

1831

37.967.478

2,67%

126,27%

1850

80.417.932

4,03%

111,81%

1852

88.405.004

1870

175.892.418

3,99%

118,72%

1890

319.079.723

3,02%

81,41%

1800: Wert setzt sich zusammen aus der Produktion in Großbritannien (Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26), der Produktion Preußens (Schulz, Entwickelung des deutschen Steina b c d

Für Europa wurde der Wert von 1800 genutzt. Für Großbritannien wurde der Wert von 1800 genutzt. Für Großbritannien wurde der Wert von 1815 genutzt. Für Großbritannien wurde der Wert von 1830 genutzt.

310

VI. Anhang

kohlenhandels, S. 4, der Produktion der Anzin Coal Company bei Valenciennes im Jahr 1799 (Geiger, Anzin coal company, S. 29) sowie der belgischen Produktion in 1796 (Hasquin, Du XIVe siècle à la révolution industrielle, S. 20); 1831, 1850, 1870 und 1890: Wert für Großbritannien aus Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 86, die übrigen Werte aus Mitchell, European historical statistics, S. 184-188. Berücksichtigte Länder: 1831 und 1850 Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Österreich; 1870 Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Österreich, Russland, Schweden und Ungarn; 1890 wie 1870 plus Spanien.

Tabelle A.24: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Kontinentaleuropa, 1700– 1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate

Anteil an Förderung in Europa

1800

1.493.000

8,90%

1831

5.962.000

4,57%

299,33%

15,70%

1850

16.915.000

5,64%

183,71%

21,03%

1870

58.539.000

6,40%

246,08%

33,28%

1890

134.464.000

4,25%

129,70%

42,14%

Quellen und berücksichtigte Länder wie in Tabelle A.23,ohne Großbritannien. Wachstumsraten eigene Berechnung, Bedeutung eigene Berechnung auf Basis der Werte in Tabelle A.23.

Tabelle A.25: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Großbritannien, 1700–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate

1700

3.032.900

1750

5.313.925

1,13%

75,21%

1800

15.286.426

2,14%

187,67%

1815

22.622.284

2,65%

1830

30.862.425

2,09%

1850

63.502.932

3,67%

1870

117.353.418

3,12%

1890

184.615.723

2,29%

Anteil an Förderung in Europa

91,10%

*

84,30%

315,42%

78,97% 66,72%

190,72%

57,86%

Produktionszahlen bis 1830 aus Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26, ab 1830 nach Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 86. Wachstumsraten eigene Berechnung, Bedeutung eigene Berechnung auf Basis der Werte in Tabelle A.23.

*

Bedeutung für 1831.

311

VI.II Tabellen Tabelle A.26: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Cannock Chase Revier, 1840–1900

Produktion (in metr. Tonnen) 1840

508.023

1860

1.016.047

1870

2.032.094

1878

3.556.164

1890

5.080.235

1900

5.588.258

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1,16%

1,73%

1,59%

2,75%

Vgl. für Daten Brown, Cannock Chase, S. 31. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

Tabelle A.27: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in den East Midlands, 1700– 1890

Produktion (in metr. Tonnen) 1700

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

76.204

Anteil an Förderung in Großbritannien 2,50%

86,67%

1750

142.247

1800

762.035

3,41%

1815

1.422.466

4,25%

6,30%

1830

1.727.280

1,30%

5,60%

1850

3.238.650

3,19%

1870

7.980.032

4,61%

1890

19.200.035

4,49%

435,71%

325,00%

492,84%

2,70% 4,54%

5,00%

4,03%

5,10%

4,54%

6,80%

6,02%

10,40%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

312

VI. Anhang

Tabelle A.28: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Lancashire und Cheshire, 1700–1890

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

81.284

2,70%

1750

355.616

1800

1.422.466

2,81%

1815

2.844.931

4,73%

12,60%

1830

4.064.188

2,41%

13,20%

1850

8.318.884

3,65%

1870

14.903.884

2,96%

1890

23.261.581

2,25%

337,50% 300,00%

484,82%

179,62%

6,70% 8,48%

9,30%

10,34%

13,80%

8,47%

12,70%

7,29%

12,60%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

Tabelle A.29: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Northumberland und Durham, 1700–1890

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

1.310.701

43,20%

1750

1.986.372

1800

4.521.409

1,66%

1815

5.481.573

1,29%

24,20%

1830

7.025.964

1,67%

22,80%

1850

14.351.663

3,64%

1870

28.399.527

3,47%

1890

40.430.843

1,78%

51,55% 127,62%

217,42%

181,72%

37,40% 26,95%

29,60%

17,85%

22,40%

16,15%

24,20%

12,67%

21,90%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

313

VI.II Tabellen Tabelle A.30: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Shropshire, 1700–1899

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

304.814

10,05%

1750

508.023

1775

762.035

1800

914.442

1815

1.005.886

4,45%

1830

1.239.577

4,02%

1855

1.122.986

1860

864.148

1870

1.364.856

1880

843.903

1890

704.269

1899

778.514

66,67%

80,00%

-5,50%

-9,91%

9,56%

5,45%

5,98%

0,71% 0,78%

1,16%

0,22%

0,38%

0,19%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Ab 1855 Mineral Statistics: 1855 Hunt, Mineral statistics for 1855, S. 83; 1860 Hunt, Mineral statistics for 1860, S. 115; 1870 Hunt, Mineral statistics for 1870, S. 117; 1880 HCPP, 1881 [C.2903], S. xii; 1890 HCPP, 1890-91 [C. 6364], S. 19; 1899 HCPP, 1900 [Cd. 387], S. 128. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

Tabelle A.31: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Yorkshire, 1700–1890

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

304.814

10,10%

1750

508.023

1800

1.117.652

1,59%

1815

1.981.291

3,89%

8,80%

1830

2.844.931

2,44%

9,20%

1850

5.842.270

3,66%

1870

10.796.514

3,12%

1890

22.707.734

3,79%

66,67% 120,00%

422,73%

288,68%

9,50% 6,66%

7,30%

7,26%

9,80%

6,14%

9,20%

7,12%

12,30%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church,

314

VI. Anhang

History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

Tabelle A.32: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Schottland, 1700–1890

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

457.221

15,10%

1750

726.474

1800

2.032.094

2,08%

1815

2.540.117

1,50%

11,20%

1830

3.048.141

1,22%

9,90%

1850

6.223.287

3,63%

1870

15.138.591

4,55%

1890

24.738.507

2,49%

58,89% 179,72%

206,25%

297,52%

13,70% 12,11%

13,30%

7,74%

11,80%

8,61%

12,90%

7,75%

13,40%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

Tabelle A.33: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in South Wales, 1700–1890

Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstumsrate (50-jährlich)

Anteil an Förderung in Europa

Anteil an Förderung in Großbritannien

1700

81.284

2,70%

1750

142.247

1800

1.727.280

5,12%

1815

2.794.129

3,26%

12,30%

1830

4.470.606

3,18%

14,50%

1850

9.144.422

3,64%

1870

16.781.539

3,08%

1890

29.907.747

2,93%

75,00% 1114,29%

429,41%

227,06%

2,70% 10,29%

11,30%

11,37%

15,50%

9,54%

14,30%

9,37%

16,20%

Vgl. für Daten bis 1830 Flinn, History of British coal industry, Bnd. 2, S. 26f, ab 1830 Church, History of British coal industry, Bnd. 3, S. 10. Wachstum und anteilige Förderung eigene Berechnung.

315

VI.II Tabellen

Tabelle A.34: Quantitative Entwicklung und Bedeutung der Steinkohlenförderung im Borinage, 1753–1900

Produktion (in metr. Tonnen)

*

CAGR

WachsWachstums- tumsrate rate (50(10- jährjährlich) lich)

Bedeutung in Europa

Bedeutung in Kontinentaleuropa

*

1753

min. 60.000 max. 62.000*

1770

min. 85.000* max. 100.000*

1784/87

200.000*

1799

373.361

1800

358.195

1802/06

456.336

1807

356.962

1808

403.648

1809

432.031

1810

486.583

1811

445.322

1822

602.805

1828

1.260.000

1833

1.420.731

1834

1.182.005

1835

1.239.845

1836

1.375.657

1837

1.473.948

1838

1.454.749

1839

1.521.136

1840

1.800.010

1845

1.910.520

1846

1.969.884

1850

2.100.000

1855

3.000.000

3,93% 487,20%

2,13%

23,99%

2,84%

16,97%

2,61%

12,42%

4,59%

2,35%

486,27%

Bei den Daten für 1753, 1770, 1784/7 handelt es sich nicht um Produktionszahlen, sondern um die Menge der, über die Henne exportierten Kohle.

316

VI. Anhang

Produktion (in metr. Tonnen) 1856

2.594.000

1857

2.691.000

1858

2.870.000

1859

3.007.000

1860

3.013.000

1861

3.248.000

1862

2.975.000

1863

3.203.000

1864

3.453.000

1865

3.585.000

1866

3.764.000

1867

3.523.000

1868

3.274.000

1869

3.430.000

1870

3.694.780

1871

3.568.780

1872

4.258.486

1873

4.102.553

1874

3.751.160

1875

3.890.120

1876

3.728.960

1877

3.580.370

1878

3.728.710

1879

3.711.350

1880

4.155.325

1881

4.208.600

1882

4.337.930

1883

4.395.760

1884

4.289.500

1885

3.039.900

CAGR

2,87%

WachsWachstums- tumsrate rate (50(10- jährjährlich) lich)

Bedeutung in Europa

Bedeutung in Kontinentaleuropa

2,47%

9,17%

2,10%

6,31%

1,70%

4,41%

317

VI.II Tabellen

Produktion (in metr. Tonnen) 1886

4.006.240

1887

4.221.360

1888

4.528.500

1891

4.399.010

1892

4.240.640

1893

4.100.030

1894

4.563.700

1895

4.284.450

1896

4.539.700

1897

4.346.680

1898

4.625.760

1899

4.536.280

1900

4527658

WachsWachstums- tumsrate rate (50(10- jährjährlich) lich)

CAGR

0,83%

Bedeutung in Europa

109,48%

Bedeutung in Kontinentaleuropa

1,35%

3,19%

1,11%

2,43%

1753, 1770, 1784/7 Watelet, Industrialisation sans développment, S. 155; 1799-1802 und 18061811 errechnet aus Absatzzahlen (AN/F14/10932 (Tableaux statistiques de Miché), übernommen aus Watelet, Industrialisation sans développment, S. 454) und Angabe zu Eigenverbrauch der Region von 6 % (Vgl. hierzu Bruwier, L’industrialisation, S. 346f); 1822 und 1828 Bruwier, MonsCharleroi, S. 368 unter Berufung auf Exposé de la situation de la province presente aux etats de Hainaut in juillet 1823, Mons, S. 93 und Vandermaelen, Dictionnaire Hainaut, S. 266f); 1834-1839 Faber, Résultats, S. 491 und S. 504; 1840 und 1850 Lefèvre, Nord-Ouest, S. 724 (nach Rapport de la Chambre de commerce de Mons pour l’année 1860, Mons 1861, S. 128); 1845 und 1846 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 397; ab 1855 Zahlen übernommen aus Puissant, Mouvement ouvrier socialiste, S. 630f.

Tabelle A.35: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Centre, 1796–1850 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1796

65.000

1822

171.973

1828

198.000

1834

330.740

5,60%

1850

800.000

5,68%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

365,19%

0,79%

4,55%

0,99%

4,73%

318

VI. Anhang

Vgl. für 1796 Hasquin, Du XIVe siècle à la révolution industrielle, S. 20; für 1822 und 1828 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 368; für 1834 Faber, Résultats, S. 491; für 1850 Lefèvre, Nord-Ouest de la France, S. 724.

Tabelle A.36: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Charleroi, 1796–1870 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1796

165.000

1822

179.294

1829

252.000

1834

305.808

4,55%

1850

1.500.000

10,45%

1870

3.383.850

4,15%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

736,61%

0,74%

4,21%

1,74%

8,87%

1,06%

5,78%

Vgl. für 1796 Hasquin, Du XIVe siècle à la révolution industrielle, S. 20; für 1822 und 1828 Bruwier, Mons-Charleroi, S. 368; für 1834 Faber, Résultats, S. 491; für 1850 Lefèvre, Nord-Ouest de la France, S. 724; für 1870 Faber, Résultats, S. 504.

Tabelle A.37: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Nord, 1815–1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1815

220.000

1830

430.000

4,57%

1850

1.001.677

4,32%

1870

2.417.897

4,50%

1890

5.135.000

3,84%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

a

1,13%

355,31%

412,64%

a

7,21%

1,25%

5,92%

1,37%

4,13%

1,61%

3,82%

Vgl. für 1815 und 1830 Lentacker, Charbon belges, S. 1402; für 1850 und 1870 Harzé, Industrie houillère, S. 148–151; für 1890 Kiesewetter, Region und Industrie, S. 119.

a

Werte Revier Nord für 1830, Vergleichswerte Europa für 1831.

319

VI.II Tabellen

Tabelle A.38: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Pas de Calais, 1831– 1890 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1831

6.487

1850

19.445

5,95%

1870

1.895.261

25,73%

1890

9.076.000

8,15%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

199,75%

46575,24%

0,02%

0,11%

0,02%

0,11%

1,08%

3,24%

2,84%

6,75%

Vgl. für 1815 und 1830 Lentacker, Charbon belges, S. 1402; für 1850 und 1870 Harzé, Industrie houillère, S. 148–151; für 1890 Kiesewetter, Region und Industrie, S. 119.

Tabelle A.39: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Revier Lüttich, 1815–1880 Produktion (in metr. Tonnen) 1815

200.000

1830

450.000

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

5,56%

1831 1850

1.222.225

5,12%

1870

3.162.181

4,87%

1880

3.823.620

1,92%

511,11%

212,84%

1,20%

7,64%

1,52%

7,23%

1,80%

5,40%

1,57%

4,06%

Vgl. für 1815 und 1830 Lentacker, Charbon belges, S. 1402; für 1850, 1870 und 1880 Harzé, Industrie houillère, S. 148–151.

Tabelle A.40: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Ruhrrevier, 1764–1900 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1764

55.342

1800

230.558

4,04%

1815

387.592

3,52%

1830

549.372

2,23%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

316,61%

1831 1850

1.634.034

5,60%

608,73%

1,61%

10,23%

2,03%

9,66%

320

VI. Anhang Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

1870

11.570.556

10,28%

1890

35.517.083

5,77%

2073,58%

1900

60.119.378

5,40%

3579,20%

6,58%

19,77%

11,13%

26,41%

Vgl. für 1764, 1800, 1815 Schulz, Entwickelung des deutschen Steinkohlenhandels, Anhang Tabelle 1; für 1830, 1850, 1870, 1890 und 1900 Ralf Banken, Saarregion 1815–1914, Stuttgart 2000, Anhang Tabelle A8 (CD-ROM).

Tabelle A.41: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Oberschlesien, 1769–1900 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1769

367

1800

41.140

16,44%

1815

117.196

7,23%

1830

217.435

4,21%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

11109,81%

1831 1850

975.401

7,79%

2270,93%

1870

5.854.403

9,37%

1890

16.870.886

5,43%

1629,64%

1900

24.829.284

3,94%

2445,55%

0,49%

3,13%

1,21%

5,77%

3,33%

10,00%

5,29%

12,55%

Vgl. für 1769, 1800, 1815 Schulz, Entwickelung des deutschen Steinkohlenhandels, Anhang Tabelle 1; für 1830, 1850, 1870, 1890 und 1900 Banken, Saarregion 1815–1914, Stuttgart 2000, Anhang Tabelle A8 (CD-ROM).

Tabelle A.42: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in der Saarregion, 1753–1900 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

1753

3.300

1801

53.606

5,98%

1817

117.179

5,01%

1831

222.480

4,69%

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

1524,42%

0,59%

3,73%

321

VI.II Tabellen Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

1850

718.761

5,47%

1240,82%

1870

3.139.692

7,65%

1890

7.411.912

4,39%

931,21%

1900

11.120.266

4,14%

1447,14%

0,89%

4,25%

1,79%

5,36%

2,32%

5,51%

Vgl. für Daten Banken, Saarregion, Bnd. 1, Anhang Tabelle A8 (CD-ROM).

Tabelle A.43: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung im Aachener Revier, 1817–1900 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

1817

121.301

1830

179.121

3,04%

1850

5.251.000

18,40%

1870

26.397.769

8,41%

1890

70.237.808

5,01%

1237,61%

1900

109.290.237

4,52%

1981,32%

4,62% 4228,90%

0,45%

2,12%

0,51%

1,53%

0,47%

1,10%

Vgl. für 1817, 1830 und 1850 Schulz, Entwickelung des deutschen Steinkohlenhandels, Anhang Tabelle 1; für 1870, 1890 und 1900 Kiesewetter, Region und Industrie, S. 119.

Tabelle A.44: Quantitative Entwicklung der Steinkohlenförderung in Sachsen, 1800–1900 Produktion (in metr. Tonnen)

CAGR

Wachstums- Anteil an Förde- Anteil an Förderate (50-jähr.) rung in Europa rung in Kontinentaleuropa

1800

9.000

1850

652.374

8,94%

1870

2.609.397

7,18%

1890

4.150.842

2,35%

536,27%

1900

4.802.700

1,47%

636,19%

7148,60%

0,81%

3,86%

1,48%

4,46%

1,30%

3,09%

1800 Schulz, Entwickelung des deutschen Steinkohlenhandels, S. 83; 1850, 1870, 1890 und 1900 Schulz, Entwickelung des deutschen Steinkohlenhandels, Anhang Tabelle 3.

322

VI. Anhang

Tabelle A.45: Britische Nagelexporte, 1796–1856 Export (in metr. Tonnen)

Export (in metr. Tonnen)

1700-09

500

1821

3.342

1750-59

1.600

1822

3.408

1790-91

1370

1823

3.846

1796

1.755

1824

4.044

1797

1.222

1830

4.185

1798

1.628

1831

4.432

1799

2.134

1832

4.418

1800

1.893

1833

5.151

1801

2.190

1834

5.085

1802

1.754

1835

5.263

1803

1.464

1836

5.670

1804

981

1837

5.334

1805

737

1838

6.804

1806

1.576

1839

7.311

1815

3.868

1846

6.567

1816

4.162

1849

5.801

1817

4.195

1851

9.294

1818

4.567

1852

7.518

1819

3.454

1855

7.115

1820

2.892

1856

11.462

Daten für 1700-1791 aus Harris, British iron, S. 52 (dieser beruft sich auf Hildebrand, Foreign markets for swedish iron, S. 19); 1796-1805 HCPP, 1806 (119) (146); 1815-1820 HCPP, 1821 (376); 1821-1824 HCPP, 1825 (191); 1830-1831 HCPP, 1831-32 (455); 1833-1834 HCPP, 1835 (299); 1835-1838 HCPP, 1839 (416) und 1836 (367).

Tabelle A.46: Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Black Country, 1801–1901 1801 Dar-

1811

1821

1831

1841

1851

1861

1871

1881

1891

1901

3.812

4.881

5.585

6.647

8.244

10.070

12.884

14.416

13.563

14.422

15.395

10.107

13.925

18.111

23.430

31.232

37.962

45.740

43.791

46.252

45.740

48.744

laston Dud-

323

VI.II Tabellen 1801

1811

1821

1831

1841

1851

1861

1871

1881

1891

1901

15.112

20.297

19.808

23.347

18.306

20.343

ley Hale-

6.888

8.187

9.765

10.762

14.089

4.055

4.673

5.535

6.475

6.572

15.703

2.275

2.612

3.350

4.227

6.657

10.729

16.996

22.263

31.517

44.105

10.113

267

341

379

421

409

400

367

389

346

304

291

6.464

8.267

11.022

15.156

22.221

27.301

34.257

35.041

35.767

36.411

19.536

1.655

1.668

1.735

1.831

2.207

2.872

4.882

3.194

2.842

2.160

2.176

6.137

7.726

9.916

14.175

15.593

17.808

18.546

20.034

6.148

7.481

7.847

8.783

9.376

9.757

9.386

10.372

sowen Oldbury (zu Halesowen) Harborne Himley King swinford Kinver Olds-

4.768

winford Stour

3.431

bridg e (zu Oldswinford) Row

5.027

4.974

6.062

7.438

11.111

14.249

23.534

27.385

30.791

34.670

485

613

670

693

1.609

1.946

3.702

5.809

6.980

2.485

9.874

13.937

17.195

20.577

24.819

29.447

37.355

36.574

36.860

38.170

4.280

8.407

11.546

14.951

18.891

24.872

28.870

29.445

30.013

29.314

30.543

10.399

11.189

11.941

15.061

20.852

26.822

39.690

48.524

58.453

71.397

yley Regis Rushall Sedgley Tipton Walsall

324

VI. Anhang 1801

Wed-

1811

1821

1831

1841

1851

1861

1871

1881

1891

1901

4.160

5.372

6.471

8.437

11.625

14.281

21.968

25.030

24.566

25.347

26.554

5.687

7.485

9.505

15.327

26.121

34.589

41.795

47.918

56.295

59.474

65.175

4.231

5.242

6.455

8.960

13.807

28.608

33.091

35.714

12.565

14.836

18.380

24.732

36.382

60.860

68.291

75.766

82.662

94187

6.924

9.646

12.003

14.492

20.181

23.527

24.364

24.188

22.730

23.453

24.034

950

1.164

1.529

1.840

2.091

2.441

3.041

3.343

2.600

2.599

1.170

1.136

1.478

1.647

1.808

2.007

2.080

1.986

1.910

1.411

nesbury West Brom wich Wolverhamp ton Wolverhamp ton (Tow n) Bilston (zu Wolverhamp ton) Wolverley Wom

2.236

bourne Black 102.586 127.256 163.276 215.981 294.998 271.362 Coun

4.162.6 472.283

572.466 617.727 469.836

70

try

1801 HCPP, 1801-02 (9), S. 330-334 und S. 395-397; 1811 HCPP, 1812 (316), S. 270, S. 306f, S. 310f, S. 367; 1821 HCPP, 1822 (502), S. 267, S. 303, S. 305f, S. 308f; 1831 HCPP, 1833 (149), S. 514f, S. 584f, S. 588-591, S. 594-597, S. 714f, 1841 HCPP, 1843 (496), S. 244, S. 288f, S. 292f, S. 349f; 1841 und 1851 HCPP, 1852-53 (1631), S. cxvii; 1851 und 1861 HCPP, 1862 [3056], S. 116-119 und S. 440-441; 1871 HCPP, 1873 [C.872], S. 328-331; 1881 HCPP, 1883 lxxix (C.3562), S. 347-349; 1891 HCPP, 1893-94 cv (C.6948-I), S. 323-330; 1901 HCPP, 1901 XC [Cd. 616], S. xii-xiii und S. 16-18. Kursiv gesetzte Bevölkerungszahlen für das gesamte Black Country mussten aus unvollständigen Reihen berechnet werden und sind entsprechend zu niedrig.

325

VI.II Tabellen

Tabelle A.47: Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Black Country, 1801–1901 1801

1811

1821

1831

1841

Darlaston

28,0%

14,4%

19,0%

24,0%

22,2%

27,9%

11,9%

-5,9%

6,3%

6,8%

Dudley

37,8%

30,1%

29,4%

33,3%

21,6%

20,5%

-4,3%

5,6%

-1,1%

6,6%

18,9%

19,3%

10,2%

7,3%

34,3%

-2,4%

17,9%

Halesowen

1851

1861

1871

1881

1891

1901

Oldbury (zu Halesowen)

15,2%

18,5%

17,0%

1,5%

Harborne

14,8%

28,3%

26,2%

57,5%

61,2%

58,4%

31,0%

41,6%

39,9%

-77,1%

Himley

27,7%

11,1%

11,1%

-2,9%

-2,2%

-8,3%

6,0%

-11,1%

-12,1%

-4,3%

Kingswinford

27,9%

33,3%

37,5%

46,6%

22,9%

25,5%

2,3%

2,1%

1,8%

-46,4%

0,8%

4,0%

5,5%

20,5%

30,1%

-11,0%

-24,0%

0,7%

25,9%

28,4%

14,2%

4,1%

8,0%

22,7%

49,4%

28,2%

16,4%

12,4%

12,6%

3,4% 132,2%

20,9%

56,9%

20,2%

-64,4%

Kinver Oldswinford

11,1%

10,0%

Stourbridge (zu Oldswinford)

-1,1%

21,9%

Rowyley Regis

26,4%

9,3%

Rushall

41,2%

23,4%

19,7%

20,6%

18,7%

-2,1%

0,8%

3,6%

Sedgley

41,2%

23,4%

19,7%

20,6%

18,7%

-2,1%

0,8%

3,6%

Tipton

96,4%

37,3%

29,5%

26,4%

31,7%

16,1%

2,0%

1,9%

-2,3%

4,2%

Walsall

7,6%

6,7%

26,1%

38,5%

28,6%

48,0%

22,3%

20,5%

22,1%

Wednesbury

29,1%

20,5%

30,4%

37,8%

22,9%

53,8%

13,9%

-1,9%

3,2%

4,8%

West Bromwich

31,6%

27,0%

61,3%

70,4%

32,4%

20,8%

14,7%

17,5%

5,7%

9,6%

Wolverhampton

23,9%

23,1%

38,8%

54,1%

Wolverhampton (Town)

18,1%

23,9%

34,6%

47,1%

Bilston (zu Wolver-

28,0%

14,4%

19,0%

24,0%

7,9%

22,2%

27,9%

12,2%

11,0%

9,1%

13,9%

11,9%

-5,9%

6,3%

6,8%

326

VI. Anhang 1801

1811

1821

1831

1841

1851

1861

Wolverley

22,5%

31,4%

20,3%

13,6%

16,7%

Wombourne

-2,9%

30,1%

11,4%

9,8%

11,0%

11,4%

Wachstumsraten

25,5%

21,9%

24,3%

35,5%

22,8%

Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten

2,2%

1,9%

2,1%

2,9%

2,0%

1871

1881

1891

1901

hampton) 9,9%

-22,2%

0,0%

-7,0%

-4,5%

-3,8%

-26,1%

24,1%

8,6%

9,7%

3,5%

-6,1%

2,5%

0,8%

0,8%

0,3%

-1,2%

Berechnet nach Daten in Tabelle A.46.

Tabelle A.48: Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Borinage, 1801– 1910 1801

1829

1846

1856

1890

1910

Baudour

1.624

2.485

4.154

4.345

4.064

4.458

Boussu

1.882

2.887

4.479

6.005

9.814

11.573

Cuesmes

1.094

2.293

4.120

4.714

8.469

9.715

Dour

4.290

5.484

6.516

7.762

10.533

12.670

Elouges

1.601

2.233

2.495

2.867

4.316

4.483

Frameries

4.154

7.944

6.080

7.120

10.701

12.979

Ghlin

1.132

2.266

3.341

3.639

4.452

6.477

Hainin

293

425

513

622

720

816

Hornu

519

3.022

4.662

5.448

8.884

11.297

Jemappes

2.304

4.667

7.738

9.926

11.799

14.100

Noirchain

139

189

220

233

369

454

Pâturages

3.208

5.606

7.245

8.029

10.536

11.653

Quaregnon

2.001

3.174

6.294

7.866

13.855

17.013

St. Ghislain

836

1.573

2.178

2.460

3.599

4.372

Wasmes

3.135

4.591

6.761

8.098

13228

15.594

Wasmuel

391

668

1.131

1.498

2.509

3.594

Borinage

28.603

49.507

67.927

80.632

117.848

141.248

Baudour: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Baudour, S. 131, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 46f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 141f; Boussu: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Boussu, S. 229, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 145-148; Cuesmes: 1802, 1846, 1910 Pierard, Art. Cuesmes, S. 360, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 153f; Dour: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Dour, S. 397, 1890

327

VI.II Tabellen

Bernier, Dictionnaire, S. 154-156; Élouges: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Elouges, S. 415, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 155f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 156-158; Frameries: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Frameries, S. 519, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 195, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 163f; Ghlin: Zahlen für 1802, 1846, 1910 Pierard, Art. Ghlin, S. 560, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 209f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 165f; Hainin: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Hainin, S. 620, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 229f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 169; Hornu: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Hornu, S. 707, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 253f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 179f; Jemappes: 1802, 1846, 1910 Pierard, Art. Jemappes, S. 759, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 267-269, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 184f; Noirchain: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Noirchain, S. 1106, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 367f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 199; Pâturages: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Pâturages, S. 1172, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 380, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 202f; Quaregnon: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Quaregnon, S. 1226, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 398ff, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 203f; Saint Ghislain: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Saint Ghislain, S. 1308, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 207f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 210f; Wasmes: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Wasmes, S. 1601, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 513f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 224; Wasmuel: 1801, 1846, 1910 Cauchies, Art. Wasmuel, S. 1602, 1829 Maelen, Dictionnaire Hainaut, S. 516f, 1890 Bernier, Dictionnaire, S. 226.

Tabelle A.49: Wachstumsraten der Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Wirtschaftsregion Borinage, 1801–1910 1800-1829

1829-1846

1846-1856

1856-1890

1890-1910

Baudour

53,02%

67,16%

4,60%

-6,47%

9,69%

Boussu

53,40%

55,14%

34,07%

63,43%

17,92%

Cuesmes

109,60%

79,68%

14,42%

79,66%

14,71%

Dour

27,83%

18,82%

19,12%

35,70%

20,29%

Elouges

39,48%

11,73%

14,91%

50,54%

3,87%

Frameries

91,24%

-23,46%

17,11%

50,29%

21,29%

Ghlin

100,18%

47,44%

8,92%

22,34%

45,49%

Hainin

45,05%

20,71%

21,25%

15,76%

13,33%

Hornu

482,27%

54,27%

16,86%

63,07%

27,16%

Jemappes

102,56%

65,80%

28,28%

18,87%

19,50%

Noirchain

35,97%

16,40%

5,91%

58,37%

23,04%

Pâturages

74,75%

29,24%

10,82%

31,22%

10,60%

Quaregnon

58,62%

98,30%

24,98%

76,14%

22,79%

St. Ghislain

88,16%

38,46%

12,95%

46,30%

21,48%

Wasmes

46,44%

47,27%

19,78%

63,35%

17,89%

328

VI. Anhang 1800-1829

1829-1846

1846-1856

1856-1890

1890-1910

Wasmuel

70,84%

69,31%

32,45%

67,49%

43,24%

Borinage

73,08%

37,21%

18,70%

46,16%

19,86%

Berechnet nach Daten in Tabelle A.48.

VII. QUELLEN- UND LITERATURVERZEICHNIS VII.I ABKÜRZUNGEN AEM AGR AN BAHS DALHS HCPP TNA

Archives de l’État à Mons, Mons (Belgien) Archives générales du Royaume, Brüssel (Belgien) Archive Nationale, Paris (Frankreich) Birmingham Archives and Heritage Service, Birmingham (Großbritannien) Dudley Archives and Local History Service, Coseley (Großbritannien) House of Commons Parliamentary Papers (Großbritannien) The National Archives UK, Kew (Großbritannien)

VII.II QUELLEN Archives de l’État à Mons, Mons (AEM) Administration centrale du département de Jemappes 959. Dossier relatif à une demande des sociétés charbonnières du département en faveur de l’exportation du charbon vers la Hollande, 8 floréal a 30 messidor an IV [27 avril a 18 juillet 1796].

Archives de l’administration centrale du département de Jemappes, 1795–1800 Intendance du département de Jemappes 85. Correspondance et arrêtés de l’intendant relatifs à la navigation sur Haine, en réponse à des pétitions de marchands de charbon et bateliers, mai – octobre 1814. 111–112. Tableaux détaillés des mines, minières et carrières dressés par le sous-indendant, 1814

Commune de Boussu 193. Tableau general des concessions de mines en Hainaut, de 1791 a 1880.

Commune de Jemappes (Fonds II) 285. Mines: redevance proportionelle, abonnements, réclamations, statistiques de l’extraction, 1827-1882. 505. Tableau des cours d’eau traversant la commune 1820 529. Statistique agricole et manufacturière, 24 avril 1834 556. Concessions: maintien, extension, recitification de limites, 1819–1904

330

VII. Quellen- und Literaturverzeichnis

Corps des Mines des Mons, Rapports d’exploitation des mines 98. 1845-1852 Trimestriel 99. 1853–1861 Trimestriel 100. 1862–1865 Trimestriel & 1866–1870 Trimestriel et semestriel 101. 1876–1885 semestriel 102. 1886–1890 semestriel et 1896–1899

Corps des Mines des Mons, Rapports de visites des ingenieurs 103. Asquillies 1921, Baisieux 1877–1924, Baudour 1902–1943 104. Bernissart 1840–1926 105. Boussu 1839–1946 106. Boussu 1839–1946 112-121. Elouges 1827–1946 122-126. Elouges 1827–1946 127. Eugies 1867–1875 128-132. Frameries 1839–1946 138-139. Hornu, 1824–1946 141. Noirchain 1845–1931

Gouvernement de la province de Hainaut durant la période hollandaise 1815–1830 6798. Correspondance entre le ministre de l’interieur et du Waterstaat, les États-Députés du Hainaut et les ingénieurs des mines relative à l’exploitation des mines, avril 1818 a décembre 1829 Dossier relatif à l’assujettissement des exploitations de minerais de fer à la redevance proportionnelle sur les mines en application de l’article 33 de la loi du 21 avril 1810, janvier 1823 a septembre 1825

Archives générales du Royaume, Brüssel (AGR) I 388: Archives de l’administration centrale des Ponts et Chaussées et des ingénieurs en chef des départements de la Dyle et de l’Escaut 1795–1814 31. Soumissions pour les travaux d’entretien de la Trouille et de la Haine, 14 ventôse an V (3 mars 1797) a 24 prairial an IX (13 juin 1801) 239. Dossier de soumission pour la réparation et l’entretien des routes de la « Belgique » et du département du Nord, 24 fructidor an VIII (11 septembre 1800) a 16 thermidor an X (12 août 1802) 638. Plan du canal de Mons à Condé de la ville de Mons à l’écluse de Jemappes, s.d.

T 188 Routes, 1837–1839 3. 1837–1838

T 60: Archives de l’administration des mines. Première série ('Ancien Fonds') 379. Enquête sur les demandes de concessions, 1845 836. Tableau indiquant les mines concédées dont les travau[..] sont abandonnés 837. Tableau des mines concédées qui n’ont pas encore été exploitées, Novembre 1873 940. Statistique industrielle et manufacturière. Objet houillières, 1811 947. État des houilléres du premiere district des mines, province de Hainaut, Juillet 1828 948/A-948/B. Redevances proportionnelles, 1830–1832 956. Transport du charbon par canaux, 1829–1830

T 65: Première inspection générale des Mines: Mons, Rapports trimestriels 103. 1831–1840 104. 1841–1844

VII.II Quellen

331

T 460: Conseil Privé sous le régime autrichien 1169A-B. Navigation, 1755–1776

Archive Nationale, Paris (AN) F/14/1093 II Production individuelle descharbonnages hennuyers en 1810 (übernommen aus Darquenne, Histoire économique, S. 296–300) Birmingham Archives and Heritage Service, Birmingham (BAHS) MS 3219/6/16 MII/5/10 List of iron works in England, Wales, Scotland and Ireland to the Year 1794

MS 3219/6/17 MII/17/1 Blast Furnaces 1823-1830 MII/17/2 Iron furnaces in Great Britain and Ireland, Dec 31, 1825

MS 3219/6/159 Folder 7, Letters and Papers about the iron trade, An attempt to elucidate the effect which the proposed tax on iron will have upon one article, from which it is presumed some ideas may be gathered relative to others Folder 9, List of furnaces in Great Britain 1806

Dudley Archives and Local History Service, Coseley (DALHS) DWIL Arthur Willetts’ Collection re Nailmaking (1800–1986) DWIL/1/1 Nail Masters minute book (1853–1888) DWIL/1/2 Petition by the wrought nailmakers of South Staffordshire and East Worcestershire for improvement in wages (30. Oct 1880) DWIL/1/3 A series of short questions and answers DWIL/2/1/1 Prices to take place 11 Nov 1846 (1846) DWIL/2/2/2 Booklet (1882) DWIL/2/2/7 Long newspaper article in the Sunday Chronicle (8 Nov 1891) DWIL/3/3 Handwritten notes on the circumstances, conditions and work in the hand-made nail trade. (Post 1947) DWIL/4/2 Nailmaking, by Hugh Bodey (1983) DWIL/4/6 Journey of Sorrow, Mr. Samuel Salt’s lecture 1852, Third, Grand, Never-to-be-forgotten and most clever (1983) DWIL/4/9 Nails and Chains. Article by Reverend Harold Rylett (1889) DWIL/5/1 Pall Mall Gazette (18 April 1891) DWIL/7/1 Photocopies of material (1803-[1978]) DWIL/7/2 Bundle of typed up parts of text from newspaper articles, reports etc. (19th–20th cent)

332

VII. Quellen- und Literaturverzeichnis

House of Commons Parliamentary Papers (HCPP), http://parlipapers.chadwyck.co.uk: 19th Century House of Commons Sessional Papers 1806 (76) XII.271 Account of Quantity of Foreign Iron imported, exported and retained for Home Consumption, 1800–05 1806 (119) (146) XII.399, 439 Account of Quantity of British Iron and Iron Wares exported from Great Britain, 1796–1805 1821 (376) XVII.167 Account of Quantity of British Iron exported, and Foreign Iron imported and exported, 1815–1820 1825 (191) XXI.153 Account of Foreign Iron imported and exported, and British Iron, Hardwares and Cutlery exported, 1821–1824 1831-32 (455) XXXIV.383 Account of Quantity of Foreign Iron imported and exported, 1830-31, and British Hardware and Cutlery exported, 1825–1831 1833 (149) XXXVI.1 Abstract of the answers and returns made pursuant to an act, passed in the eleventh year of the reign of His Majesty King George IV, intituled,"an act for taking an account of the population of Great Britain, and of the increase or diminution thereof", Enumeration abstract 1833 (297) XXXIII.433 Account of Foreign Iron imported, and British Hardware and Cutlery exported, 1832 1835 (299) XLVIII.213 Account of Foreign Iron imported, and British Hardware and Cutlery exported, 1834 1836 (367), XLV.253 Account of Foreign Iron imported, and British Hardware and Cutlery exported, 1835 1839 (416) XLVI.209 Account of Foreign Iron imported, and British Hardware and Cutlery exported, 1836–1838 1840 (537) XLVI.155 Account of Foreign Iron imported, and British Hardware and Cutlery exported, 1839 1842 (471) IX.125 Select Committee on Payment of Wages in Goods: Report, Minutes of Evidence, Appendix, Index 1843 [496] XXII.1 Abstract Return pursuant to Act for taking Account of Population of Great Britain (Enumeration Abstract, 1841) 1843 (508) XIII.1 Midland Mining Commission. First report. South Staffordshire. 1844 [587] XXVII.1 Abstract Return pursuant to Act for taking Account of Population of Great Britain (Occupation Abstract, Part I. England and Wales, 1841) 1846 (488) XLIV.367 Account of Quantity of Foreign Iron imported and exported, and British Hardware and Machinery exported, 1845 1849 (623) L.445 Account of Quantity of Iron and Hardware imported and exported from United Kingdom, 1848 1854 (16) LXV.587 Account of Quantity of Iron imported and exported from United Kingdom, 1851–1852 1854 (21) V.423 Bill to amend Act which prohibits Payment of Wages in Goods, commonly called Truck Act 1854-55 (145) VI.283 Bill to amend Act which prohibits Payment of Wages in Goods, commonly called Truck Act 1857 Session 1 (121) XVI.247 Account of Quantity of Iron imported and exported from United Kingdom, 1855–1856. 1875 [C. 1345] XVI.251 Reports of Inspectors of Factories to Secretary of State for Home Dept., November 1874 – April 1875 1876 [C. 1434] XVI.17 Reports of Inspectors of Factories to Secretary of State for Home Dept., May-October 1875

VII.II Quellen

333

1881 [C. 2903] XXV.1 Mines. Reports of the inspectors of mines, to Her Majesty’s Secretary of State, for the year 1880. Mr. Dickinson, Manchester district. Mr. Wynne, North Staffordshire district. Mr. Alexander, Scotland, West. Mr. T. Evans, Midland district. Mr. Ba ker, South Staffordshire district. Mr. Moore, Scotland, East. Mr. Wales, South Wales. Mr. Wardell, Yorkshire district. Mr. Willis, Newcastle-on-Tyne district. Dr. C. Le Neve Foster, Anglesey, Brecon, Cardigan, etc. Mr. Bell, Durham district. Mr. Hall, Liverpool district. Mr. Cadman, South-Western district. Mr. Frecheville, Cornwall, Devonshire, &c. 1882 [C. 3241] XVIII.213 Mines. Reports of the inspectors of mines, to Her Majesty’s Secre tary of State. For the year 1881. Mr. Dickinson, Manchester and Ireland District. Mr. Wynne, North Staffordshire District. Mr. Alexander, Scotland, West District. Mr. Evans, Midland District. Mr. Baker, South Staffordshire District. Mr. Moore, Scotland, East District. Mr. Wales, South Wales District. Mr. Wardell, Yorkshire District. Mr. Willis, Newcastle-on-Tyne District. Dr. C. Le Neve Foster, Anglesey, Brecon, Cardigan, etc. District. Mr. Bell, Durham District. Mr. Hall, Liverpool District. Mr. Cadman, South-western District. Mr. Frecheville, Cornwall, Devonshire, &c. District 1884 [C. 3869] LXXXV.535 Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland for the year 1882. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines 1884 [C. 4058] XIX.371 Mines and minerals. Summaries of the reports of the inspectors of mines to Her Majesty’s Secretary of State, and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, including lists of mines and mineral works, for the year 1883 1884-85 [C. 4430] LXXXV.237 Mines and minerals. Mining and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, including lists of mines and mineral works, for the year 1884. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1886 [C. 4771] LXXI.225 Mines and minerals. Mining and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, including lists of mines and mineral works, for the year 1885. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1887 [C. 5132] LXXXIX.781 Mines and minerals. Mining and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, including lists of mines and mineral works, for the year 1886. And a list of plans of abandoned mines. Prepared by Her Majesty’s Inspectors of Mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1888 (385) XCI.459 Report on Condition of Nail and Small Chain-Makers in S. Staffordshire and E. Worcester by Labour Correspondent of Board of Trade 1888 [C. 5464] CVII.369 Mines and minerals. Mining and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, for the year 1887. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1890-91 [C. 6536] XCII.729 Mines and minerals. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, for the years 1888 and 1889. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1890-91 [C. 6364] XCII.971 Mines and minerals. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, for the year 1890. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1892 [C. 6657] LXXXVIII.685 Mines and minerals. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, for the year 1891. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department

334

VII. Quellen- und Literaturverzeichnis 1893-94 [C. 7024] CII.387 Mines and minerals. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, for the year 1892. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1894 [C. 7377] XCIV.393 Mines and minerals. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, for the year 1893. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1895 [C. 7666] CVII.519 Mines. Year 1894. Summaries of statistics relating to the mines and minerals of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man, obtained by Her Majesty’s inspectors of mines under the provisions of the Coal Mines Regulation Act, 1887, and the Metalliferous Mines Regulation Acts, 1872 and 1875: also list of inspectors and inspection districts 1896 [C. 8113] XCIII.241 Mines and quarries. 1895. Summaries of statistics relating to the mines and quarries in the United Kingdom and the Isle of Man, obtained by Her Majesty’s inspectors of mines under the provisions of the Coal Mines Regulation Act, 1887; the Metalliferous Mines Regulation Acts, 1872 and 1875; and the Quarries Act, 1894: also list of inspectors and inspection districts 1897 [C. 8564] XCIX.83 Home Office. Mines and quarries. Mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, with the Isle of Man. For the year 1896. With an appendix showing the production of minerals in the British colonies, possessions, and dependencies. Prepared by direction of the Secretary of State for the Home Department 1898 [C. 5464] CVII.369 Mines and minerals. Mining and mineral statistics of the United Kingdom of Great Britain and Ireland, for the year 1887. Prepared by Her Majesty’s inspectors of mines by direction of the Secretary of State for the Home Department 1899 [C. 9527] CVII.607 Home Office. Mines and quarries. General report and statistics for 1898. Part III. Output. General report and statistics relating to the output and value of the minerals raised in the United Kingdom, the amount and value of the metals produced, and the exports and imports of minerals. Edited by C. Le Neve Foster, D.Sc., F.R.S., one of Her Majesty’s Inspectors of mines 1900 [Cd. 387] CII.393 Home Office. Mines and quarries. General report and statistics for 1899. Part III.--Output. General report and statistics relating to the output and value of the minerals raised in the United Kingdom, the amount and value of the metals produced, and the exports and imports of minerals. Edited by C. Le Neve Foster, D.Sc., F.R.S., one of Her Majesty’s inspectors of mines

20th Century House of Commons Sessional Papers 1901 [Cd. 599, 766] LXXXVIII.879 Mines and quarries. General report and statistics for 1900. Part I.--District statistics. Statistics of the persons employed, output, and accidents at mines and quarries in the United Kingdom, arranged according to the inspection districts 1920 [Cmd. 969] XXI.881 South Staffordshire mines drainage. Report of the committee appointed to inquire into the drainage of the mines in the South Staffordshire coalfield

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VII.III LITERATUR VII.III.I Zeitgenössische Publikationen Ball, Ephraim: The handmade nail trade, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports col lected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 110–116. Bailey, Samuel: The economic value of various measures of coal and ironstone in the South Staffordshire coalfield, in: Timmins, Samuel (Hg.): The resources, products and industrial history of Birmingham and the Midland hardware district. A series of reports collected by the Local Industries Committee of the British Association at Birmingham in 1865, London 1866 (Nachdruck als: Birmingham and the Midland Hardware District: A Series of Reports, London 1967), S. 27–34. Beckert, Th.: Art. Eisen (metallurgisch), in: Lueger, Otto (Hg.): Lexikon der gesamten Technik, Bnd. 3 (Dolomit bis Feuerturm), Stuttgart/ Leipzig 21906, S. 263–270. Beckert, Th.: Art. Flußeisen (metallurgisch), in: Lueger, Otto (Hg.): Lexikon der gesamten Technik, Bnd. 4 (Fuehrungsanlagen bis Haustelegraphen), Stuttgart/ Leipzig 21906, S. 106–116. Bell, James: A new and comprehensive gazetteer of England and Wales, Bnd. 3, Glasgow 1835. Bernier, Thédore: Dictionnaire geographique, historique, archeologique, biographique and bibliographique du Hainaut, Bruxelles 1891. Bouhy, Victor: De la houille, in: Mémoires et Publications de la Société des Sciences, des Arts et des Lettres du Hainaut 3 (1856), S. 87–479. Burr, Frederic: The elements of practical geology as applicable to mining, engineering, architecture. With notices of the mines and mineral productions of Great Britain, London 1838. Burritt, Elihu: Walks in the Black Country and its green borderland, London 1868. Dudley, Dud: Metallum martis or, Iron made with pit-coale, sea-coale and with the same fuell to melt and fine imperfect mettals, and refine perfect mettals, London 1665. Faber, Frédéric: Résultats de l’Exploitation de la houille dans le Hainaut 1830–1874 d’apres des documents officiels, in: Annales des travaux publics 34 (1876), S. 480–560.

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VII. Quellen- und Literaturverzeichnis

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Die Industrialisierung in Europa ist eine Geschichte regionaler Entwicklung. Die Steinkohle war der bestimmende Energieträger dieser Zeit, und auch wenn die Staaten den institutionellen Rahmen setzten, bildeten sich die industriellen Ballungsgebiete unabhängig von administrativen Grenzziehungen in der Nähe von Steinkohlenlagerstätten. So entstanden Regionen, die – jeweils in Abhängigkeit von ihrer Ressourcenausstattung und anderen Gegebenheiten – einen eigenen Entwicklungspfad einschlugen, sich in ihrer Dynamik jedoch gegenseitig beförderten. Einige dieser Gebiete waren aufgrund der großen Menge geförderter

Steinkohlen oder produzierter Güter von so hoher Bedeutung in Europa, dass sie aufgrund ihrer überregionalen Auswirkung als Führungsregionen der Industrialisierung bezeichnet werden. Juliane Czierpka liefert mit dieser Studie eine Definition dessen, was eine Führungsregion ausmacht. Im Fokus steht dabei die empirische Analyse von zwei Führungsregionen: dem Black Country und dem Borinage. Die Untersuchung versteht sich als ein Beitrag zur regionalen Wirtschaftsgeschichte und legt daher ein besonderes Augenmerk auf die sachgerechte Abgrenzung der Regionen.

www.steiner-verlag.de Franz Steiner Verlag

ISBN 978-3-515-11574-2

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7835 1 5 1 1 5742