Modulierte Oberflächen: Ornament und Technologie in der Gegenwartsarchitektur 9783034611534, 9783034602204

A topical theme and its bases Ornament is currently acquiring a renewed status in architecture. As contemporary techno

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German Pages 200 Year 2010

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Table of contents :
Modulierte Oberflächen. Einleitung
Aufbringen. Einleitung
POLYGREEN HOUSE
FROG QUEEN
ONLINE-TRAININGSCENTER DER VICTORIA UNIVERSiTY
BIBLIOTHEK DER FACHHOCHSCHULE EBERSWALDE
Sportwissenschaftliches Institut BFTS
WALCH’S EVENT Catering CENTER
UNIVERSITÄTSBIBLIOTHEK UTRECHT
Perforieren/schneiden. Einleitung
SFERA Building
LEAF CHAPEL
RESTAURANT AOBA-TEI (AIP)
PACHINKO TIGER KAGITORI (PTK)
RÉSIDENCE ANDRÉ DE GOUVEIA
DE YOUNG museum
Schichten. Einleitung
Die Oberfläche als manifest
AIRSPACE TOKYO
VILLA DE HEERLIJKHEID
JOHN LEWIS DEPARTMENT STORE
LOUIS VUITTON HILTON PLAZA
DIOR GINZA
Formen/giessen. Einleitung
Gebäude gebilde gemenge
BÜRO- UND FITNESSCENTER
MEHRFAMILIENHAUS
MORNINGTON CENTER
FASSADENSANIERUNG
Kunstakademie Sint Lucas
40 Bond street
ATELIER BARDILL
Chokkura Plaza
SHIN-YATSUSHIRO-MONUMENT
Living MADRID
Stapeln/kacheln. Einleitung
Muster und strukturen
SPANISCHER PAVILLON, EXPO 2005
SOZIALER WOHNUNGSBAU CARABANCHEL
HAUS IN AGGSTALL
Nationales Schwimmzentrum (Water cube)
Fassade WEINGUT GANTENBEIN
LIBERAL ARTS AND Sciences COLLEGE
290 MULBERRY STREET
Büroprofile
Bildnachweis
Über den Autor und die Beiträger, Dank
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Modulierte Oberflächen: Ornament und Technologie in der Gegenwartsarchitektur
 9783034611534, 9783034602204

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Modulierte Oberflächen

Ornament und Technologie in der Gegenwarts­architektur

Mit Beiträgen von Andreas Hild Sam Jacob Alejandro Zaera-Polo

Modu­lierte Oberflächen Ben Pell

Birkhäuser Basel

Layout und Umschlaggestaltung Miriam Bussmann, Berlin Übersetzung aus dem Englischen Jan Willmann, Stuttgart Redaktion der deutschen Ausgabe Thomas Menzel, Lörrach, und Andreas Müller, Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Verviel­ fältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des ­Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Straf­­bestimmungen des Urheberrechts.

Dieses Buch ist auch in englischer Sprache erschienen (ISBN 978-3-0346-0221-1). © 2010 Birkhäuser GmbH Basel Postfach 133, CH-4010 Basel, Schweiz Gedruckt auf säurefreiem Papier, hergestellt aus chlorfrei gebleichtem Zellstoff. TCF ∞ Printed in Germany ISBN 978-3-0346-0220-4 987654321

Inhalt

7 Modulierte Oberflächen

Einleitung, Ben Pell

52 Leaf Chapel, Kobuchizawa, Japan

Klein Dytham architecture 54 Restaurant Aoba-Tei (AIP), Sendai, Japan

Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe

18 Aufbringen Einleitung

60 Pachinko Tiger Kagitori (PTK), Sendai, Japan Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe (mit Asao Tokolo)

20 Polygreen House, Northcote, Australien

Bellemo & Cat

64 Hairywood, London, Großbritannien

6a Architects

.

22 Frog Queen, Graz, Österreich

SPLITTERWERK 28 Online-Trainingscenter der Victoria University,

68 Résidence André de Gouveia, Paris, Frankreich Vincent Parreira (AAVP Architecture) und Antonio Virga Architecte

St. Albans, Australien; Lyons Architects 74 De Young Museum, San Francisco, Kalifornien, USA 32 Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde,

Herzog & de Meuron

Eberswalde, Deutschland; Herzog & de Meuron 36 Sportwissenschaftliches Institut BFTS,

München, Deutschland; Hild und K Architekten

80 Schichten

Einleitung

.

40 Walch’s Event Catering Center, Lustenau, Österreich

Dietrich / Untertrifaller Architekten

82 Die Oberfläche als Manifest

Sam Jacob, Fashion Architecture Taste (FAT) 42 Universitätsbibliothek Utrecht, Niederlande

Wiel Arets Architects

86 Airspace Tokyo, Tokio, Japan

Faulders Studio 90 Villa de Heerlijkheid, Hoogvliet, Niederlande

46 Perforieren/Schneiden Einleitung

Fashion Architecture Taste (FAT) 96 John Lewis Department Store, Leicester, Großbritannien

48 Sfera Building, Kioto, Japan

Foreign Office Architects

Claesson Koivisto Rune (CKR)

Inhalt  5

100 Louis Vuitton Hilton Plaza, Osaka, Japan

Office of Kumiko Inui

148 Shin-Yatsushiro-Monument, Yatsushiro, Japan

.

Office of Kumiko Inui

104 Dior Ginza, Tokio, Japan

150 Living Madrid, Spanien

Office of Kumiko Inui

Wiel Arets Architects

110 Formen/GieSSen Einleitung

.

154 Stapeln/Kacheln Einleitung

Andreas Hild, Hild und K Architekten

156 Muster und Strukturen Alejandro Zaera-Polo, Foreign Office Architects (FOA)

116 Büro- und Fitnesscenter, Wien, Österreich

162 Spanischer Pavillon, EXPO 2005, Aichi, Japan

Rüdiger Lainer + Partner Architekten

Foreign Office Architects (FOA)

112 Gebäude Gebilde Gemenge

.

120 Mehrfamilienhaus, Wien, Österreich

166 Sozialer Wohnungsbau Carabanchel, Madrid, Spanien

Rüdiger Lainer + Partner Architekten

Foreign Office Architects (FOA)

124 Mornington Center, Mornington, Australien

170 Haus in Aggstall, Deutschland

Lyons Architects

Hild und K Architekten

128 Fassadensanierung, Berlin, Deutschland

174 Nationales Schwimmzentrum (Water Cube),

Hild und K Architekten

Beijing, China PTW Architects+CSCEC+CCDI und Arup

130 Kunstakademie Sint Lucas, Boxtel, Niederlande

Fashion Architecture Taste (FAT) 136 40 Bond Street, New York, USA Herzog & de Meuron

178 Fassade Weingut Gantenbein, Fläsch, Schweiz Gramazio & Kohler in Zusammenarbeit mit Bearth & Deplazes 184 Liberal Arts and Sciences College, Doha, Qatar

Coelacanth and Associates (CAt) 140 Atelier Bardill, Scharans, Schweiz

Valerio Olgiati

190 290 Mulberry Street, New York, USA

SHoP Architects 144 Chokkura Plaza, Takanezawa, Japan Kengo Kuma & Associates

196 Büroprofile 199 Bildnachweis 200 Über den Autor und die Beiträger, Dank

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Modulierte Oberflächen Einleitung, Ben Pell

Das Art and Architecture Building der Yale University wurde 2008 nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder eröffnet und nach dem Architekten als Paul Rudolph Hall benannt. Die vom Büro des inzwischen verstorbenen Charles Gwathmey geplanten Arbeiten umfassten nicht nur die Wiederherstellung dieser annähernd 50 Jahre alten Ikone der architektonischen Moderne, sondern auch einen 8.000 m2 großen Erweiterungsbau für die kunsthistorische Fakultät. Das von der Zeit gezeichnete Gebäude hatte lange Jahre gelitten, nicht zuletzt unter den Architekturkritikern. Seit seiner Eröffnung 1963 wurde das „A & A Building“ wegen seiner unverkleideten Betonoberflächen kurzerhand als Bauwerk des Brutalismus eingeordnet, der von europäischen Architekten wie Alison und Peter Smithson oder Le Corbusier geprägt wurde. Das von Rudolph im gesamten Gebäude verwendete Dekor, etwa die von Louis Sullivan gestalteten Friese aus Gipsguss oder eine 4,50 m hohe Minervaskulptur, wurden als rückwärtsgewandte Beaux-Arts-Verzierungen verachtet. Auch das grobe, zu seinem Erkennungszeichen gewordene Wellenmuster auf den inneren und äußeren Betonwänden wurde von Kritikern im Vergleich zu dem klaren, modernen Baukörper als zu verspielte, expressionistisch-ornamentale Gestaltung angesehen. Auf viele wirkte das Gebäude verwirrend – ein brutalistischer Baukörper, verkleidet mit ornamentalen „Fetzen“. Betrachtet man heute das erneuerte Bauwerk, so scheint Rudolphs ausdrucksstarke Gestaltung der Wandoberflächen gerade vor dem Hintergrund zeitgenössischer Produktionsverfahren wieder aktuelle Bedeutung zu erhalten. Rudolph hatte die Ortbetonwände von Hand nachhämmern lassen, sodass die großflächigen platonischen Innen- und Außenformen eine gleichmäßig raue Textur erhielten. Wer das Bauwerk erlebt hat, wird bestätigen, dass die Wandbearbeitung auch auf den beiläufigen Beobachter einen einzigartigen visuellen Eindruck macht. Das Wechselspiel aus Licht und Schatten scheint die

Raumbegrenzungen aufzuheben und betont statt dessen die Materialität und die atmosphärischen Effekte. Es sei mit Rudolphs Leidenschaft für die architektonische Zeichnung verknüpft, schrieb der Rudolph-Schüler Timothy Rohan: Besonders fasziniert sei der Architekt von der Übertragung von Schraffurlinien, die oft seine typischen Schnittperspektiven kennzeichnen, sowie von der Zeichnung auf die gebaute Realität gewesen.1 Für Timothy Rohan enthält das Art and Architecture Building deshalb eine besondere Bedeutung, weil es die Zeichnungen und Pläne, mit denen es entworfen wurde, selbst sichtbar mache und damit Rudolphs Leidenschaft für eine sorgfältige, aufwendige Oberflächengestaltung zum Ausdruck bringe.2 Diese Übertragung zeichnerischer Mittel auf das reale Gebäude und seine Oberflächen bestimmen dessen zugleich differenzierten und einheitlichen Ausdruck. Ähnlich wie der Prozess des Zeichnens ist auch das Ornament von Prozessualität geprägt, von der seriellen Wiederholung bestimmter Operationen. Rudolph stellte nicht nur die frei stehenden „objets trouvés“ mit großer Behutsamkeit auf, sondern er verwandelte die Betonwände durch die ornamentale Nachbearbeitung in modulierte Oberflächen, um so programmatische Aspekte und Bearbeitungstechnik miteinander zu vereinen. Ausdruck entsteht unmittelbar aus der Bearbeitung der Betonoberflächen, sodass sich die expressiven Effekte mit der sachlichen Materialität des spätmodernen Bauwerks verschränken. Im Gegensatz zu den beiden gegenüberliegenden Museumsgebäuden von Louis I. Kahn verzichtet das Art and Architecture Building dabei auf eine zeichenhafte Verschlüsselung der Herstellungs- und Bearbeitungsverfahren ebenso wie auf eine Feier der Materialität. Vielmehr bringt es in seiner Ornamentik die technischen, sinnlichen und darstellenden Aspekte der Gebäudehülle gemeinsam in die Erscheinung. Es wendet sich ab vom modernen Ideal der Abstraktion und hin zum Übermaß und Überschuss, den

1 Vergleiche Timothy Rohan, „Rendering the Surface: ­­Paul Rudolph’s Art and Architecture Building at Yale“, in: Grey Room, Nr. 01, Herbst 2000, S. 84 – 107. 2 Timothy Rohan, „Rendering the Surface: Paul Rudolph’s Art and Architecture Building at Yale“, a. a. O.

Modulierte Oberflächen  7

architektonische Herstellungs- und Darstellungsarten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hervorbrachten, und in diesem Sinn zum Exzess.

Essenz und Exzess Zur gleichen Zeit, als Paul Rudolph Dekan der Kunst- und Architekturfakultät von Yale war, studierte Charles Gwathmey ebenda und arbeitete an den Bauplänen mit. Drei Jahre nach der Einweihung stellte er mit einem Haus für seine Eltern am östlichen Ende von Long Island ein wichtiges eigenes Projekt fertig. Er beschrieb es als einen „massiven Block, der auf seine Essenz zurückgeschnitten wurde [...] und ohne jegliche Zusätze, Rudimente, Applikationen auskommt, die seine originäre Präsenz stören würden“.3 Das Haus auf Long Island am Ausgangspunkt von Gwathmeys Karriere und das Universitätsgebäude von Yale, das in der Mitte von Rudolphs architektonischer Laufbahn entstand, markieren zwei unterschiedliche Standpunkte der späten Architekturmoderne: das fortgesetzte Herausarbeiten einer formalen und materiellen Essenz der Architektur und das Einschlagen neuer Wege hin zu Techniken des Überschusses in Abweichung von der Strenge der kanonisch gewordenen Moderne. Tatsächlich entwickelte sich der Architekturdiskurs im Laufe der 1960er Jahre zu einer Gegenreaktion auf die gängigen Positionen der Moderne, die im Wesentlichen von der Faszination für neue Technologien mit Bezügen auf die Automobil-, Luft- und Schifffahrtindustrie sowie einem bedingungslosen Fortschrittsglauben geprägt war. Auf der rastlosen Suche nach der wahren architektonischen Essenz wurde jeglicher Exzess in Stil, Dekor und Ornament aufgespürt und verfolgt. Ob die Essenz in Funktion, Form oder Konstruktion gefunden wurde, fast immer wurde ein darüber hinausgehender Überschuss als unehrlich, ineffizient, verschwenderisch, ja sündig angesehen.4 Bis zur Wende zum 20. Jahrhundert war die Oberfläche der Austragungsort dessen gewesen, was später als bürgerlicher Exzess bezeichnet werden sollte: die bestimmten Regelwerken folgende ornamentale Gestaltung von Möbeln, Kleidern und

3 Vergleiche hierzu Fred Bernstein, Nachruf auf Charles Gwathmey, in: The New York Times, 4. August 2009. 4 Ein Großteil der frühmodernen Kritik am Exzess in der Architekturproduktion, besonders an der Ornamentik, trug über die ökonomischen Überlegungen hinaus moralistische Züge, etwa Adolf Loos’ pseudo-religiöse Interpretation der „weißen Mauern“ von „Zion” in

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eben auch Gebäuden. Als architektonischer Ausdruck der sozialen Unterschiede und Hierarchien wurden diese Gestaltungsregeln von den Vertretern der Moderne radikal abgelehnt, in Abwendung von den symbolistischen und eklektizistischen Stilelementen der Oberflächen.5 Der moderne Zeitgeist wandte sich dagegen den avancierten Themen von Technologie, Form und Raum zu.6 Die Oberfläche der Moderne wurde zu einer schmucklosen Abstraktion, als Symbol höchstens noch des Fortschritts der Moderne dienend. Die Wendung von der Oberfläche zum Raum diente zunächst dem Bruch mit den ewig wechselnden Moden und Stilen, aber die Oberfläche verlor damit auch ihre Bedeutung als Arbeitsfeld der Architektur. Im Zuge der Säuberung von stilistischen Überresten des 19. Jahrhunderts löste die frühe Moderne mit der Verdrängung des Ornaments und des Dekors im Namen einer neuen Zivilisation auch die historische Verbindung der Architektur mit der Natur und der Populärkultur. Ornament und Dekor wurden nicht mehr als Teil der Oberfläche betrachtet, sondern lediglich als von außen aufgebrachte Applikation. In der Folge entstand mit der Präferenz des Raumes gegenüber der Oberfläche eine zentrale Position der architektonischen Moderne, welche zu Lasten der expressiven und Darstellungstechniken ging, die vormals die wechselseitige Verbindung zwischen der Architektur und ihren unterschiedlichen Betrachtern hergestellt hatten. Am Art and Architecture Building und seiner Neueröffnung lassen sich 150 Jahre Geschichte der Oberfläche in der Architektur ins Auge fassen: der Aufstieg der architektonischen Moderne mit der von Technologie, Form und Raum geprägten Suche nach der Essenz der Architektur und die anschließende zunehmende Ernüchterung über die reduzierten, funktionalistischen Mittel des frühen 20. Jahrhunderts, die eine Suche nach neuen architektonischen Ausdrucksmöglichkeiten anstieß. Aus dem fortwährenden Wechsel der Präferenz zwischen Technik und Programm entstanden bis weit ins 20. Jahrhundert hinein Verwerfungen zwischen Theorie und Praxis der Architekturproduktion und ihrer kulturellen Bedeutung. Die Artikulation der architektonischen Oberfläche liegt im Epizentrum dieser Brüche, da die materielle Seite von Kon­s­ truktion und Detail im Widerspruch zu den expressiven und kulturellen Aus-

Ornament und Verbrechen (1908) oder Le Corbusiers „Reinheit” in „Le lait de chaux: La loi du ripolin” (1925). 5 Jonathan Massey weist darauf hin, dass der Angriff der Moderne auf die Regelwerke des 19. Jahrhunderts mit neuen Verhaltenscodes für die Mittelschicht einherging, etwa der prämodernen Architekturdoktrin der

„Zweckmäßigkeit“. Jonathan Massey, „New Neccessities“, in: Perspecta, Nr. 35, 2004, S. 112 – 133. 6 Zum Übergang von der Oberfläche zum Raum in der frühen Moderne vergleiche Jonathan Massey, Crystal and Arabesque: Claude Bragdon, Ornament, and Modern Architecture, Pittsburgh: University of Pittsburgh Press, 2009.

drucksformen gesehen wurden. Heute jedoch bieten die zeitgenössischen Produktionsformen in der Architektur vollkommen neue Möglichkeiten, um die vormals gegensätzlichen Positionen materieller Techniken und kultureller Ausdrucksformen in Einklang zu bringen. Das Schicksal der architektonischen Oberfläche in dieser Periode lässt die wechselvollen Beziehungen zwischen Repräsentation und Produktion sichtbar werden, die ursächlich sind für das Entstehen, den Abbruch und die Neuanknüpfung der Beziehungen zwischen architektonischer Praxis – ihren Techniken, Werkzeugen und Begrifflichkeiten – und den zeitgenössischen Kulturpositionen.

Die expressive Oberfläche Die Abscheidung funktionaler Aspekte von der äußeren und symbolischen Erscheinung lässt sich gut an den Texten der deutschen Theoretiker Carl Bötticher und Gottfried Semper nachzeichnen. In den 1840er Jahren formulierte Bötticher die „Kernform“ als etwas, das die strukturellen Eigenschaften der Architektur widerspiegelt, im Gegensatz zur „Kunstform“ als expressive Erscheinung in den technischen Künsten.7 In ähnlicher Weise versuchte auch Semper in Die vier Elemente der Baukunst (1851) und Der Stil in den technischen und tektonischen Künsten (1863) eine Klassifikation der Architektur vorzunehmen und teilte diese in Grundelemente – Herd, Dach, Umfriedung und Erdaufwurf – und Urtechniken – Keramik, Zimmerei, Weberei und Maurerkunst – ein. Unter Bezug auf die von Laugier im 17. Jahrhundert beschriebene „Urhütte“ führte Semper die Unterscheidung zwischen der Konstruktion, die auf die Schutzfunktion und den Innenraum gerichtet ist, und der Verkleidung als Medium des kulturellen Austauschs mit der Öffentlichkeit ein. Für Semper war das prozessuale Entstehen von Architektur nicht nur an materielle und konstruktive Eigenschaften, sondern ebenso an den kulturellen Kontext gebunden. In entsprechender Weise kennzeichnet seine Ornament- und Bekleidungstheorie im Zusammenhang mit den genannten Techniken eine besondere Wechselstellung von Technik und Kultur. Mit Bezug auf das in der Biologie

7 Vergleiche hierzu Carl Bötticher, Die Tektonik der Hellenen (1844 – 1852). 8 Zur Stoffwechseltheorie von Semper vergleiche Harry Francis Mallgrave, Gottfried Semper: Architect of the Nineteenth Century, New Haven: Yale University Press, 1996, S. 284. 9 Vergleiche Robert Levits Darstellung von Semper und den symbolischen Eigenschaften des Ornaments: „Contemporary Ornament: The Return of the Symbolic Repressed“, in: Harvard Design Magazine, Nr. 28, 2008.

Einleitung

entwickelte Konzept des Stoffwechsels versuchte Semper die materielle Transformation künstlerischer Formen früherer Stile und Künste zu beschreiben.8 Als zentrale Instanz etablierte er das Ornament. Dessen Oberflächen reflektieren nicht nur die technischen Besonderheiten der Herstellung, sondern ebenso den Herstellungsprozess selbst und bringen diesen symbolhaft in die Erscheinung.9 Die verschiedenen Figuren und Muster stellen eine vielfältige Modulation der Oberfläche dar. Die ornamentale Form ging mit der ihr innewohnenden Symbolhaftigkeit in das Material ein. Der kulturelle Gehalt war für Semper schon in den Urtechniken enthalten, und dass die Herstellungstechniken untrennbar mit dem einzelnen Handwerker verbunden waren, kam in der jeweils besonderen Gestaltung der Oberfläche zum Ausdruck.10 Während der Konstruktion in Sempers Vorstellung schützende Funktionen zugewiesen wurden, barg die Verhüllung in ihrer Eigenschaft als Grenzfläche zwischen dem Individuum und der Außenwelt eine symbolisch-kulturelle Ausdruckskraft, die weit über die damaligen nutzungs- und funktionsbezogenen Betrachtungen der Architektur hinausging.

Die autonome Oberfläche Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren es die Bewegungen der abstrakten Künste, wie etwa der Kubismus, welche sich bei der Verdrängung der traditionellen Kunst des späten 19. Jahrhunderts mit dem Wesen der Oberfläche auseinandersetzten. Clement Greenberg verfolgte diesen neuen Bezug in der Malerei und forderte in seinem 1939 veröffentlichten Essay „Avant-garde and Kitsch“11 eine kritische Unterscheidung zwischen der Hochkunst der Avant­ garde,12 beispielsweise der abstrakten Malerei von Picasso, und dem, was ­Greenberg als unakzeptabel bezeichnete: die niederen Kulturformen der Kitsch-Künstler. Von dem Zusammenschluss mit dem breiten Publikum und dem ­auf greifbare Darstellung bezogenen Wesen des Kitsches ging für Greenberg eine Bedrohung der Bildenden Künste aus. Während die Abstraktionsverfahren der Avantgarde eine geistige Einbeziehung des Betrachters fordern,

10 Einen neuen Blick auf die Geschichte der Produktion und Produzenten der Architektur, von Gottfried Semper bis Bernard Cache, vermittelt Peggy Deamer, „Detail: The Subject of the Object“, in: Praxis, Band 1, 01/2000, S. 108 – 115. 11 Clement Greenberg, “Avant-Garde and Kitsch”, in: The Partisan Review, 1939. 12 Robert E. Somol und Peter Eisenman haben darauf hingewiesen, dass die Abtrennung der Avantgarde von der volkstümlichen Kultur heute als Charakteristikum

der Hochmoderne verstanden wird. Vergleiche Robert E. Somol (Hrsg.), Autonomy and Ideology: Positioning an Avant-Garde in America, New York: Monacelli Press, 1997.

Modulierte Oberflächen  9

was Greenberg auch als ihren „Reflexionsmoment“13 bezeichnete, stellt der Kitsch keinerlei derartige Anforderungen. Anstelle der Würdigung der ­technischen Verfahren wurden ihm die unmittelbaren Effekte der Oberfläche und eine mehr gefühlsmäßige Beziehung zur inhaltlichen Aussage zuge­ schrieben. In Greenbergs Haltung spiegeln sich die charakteristischen Abstraktions­ verfahren der modernen Architektur: Essenzielle Gestaltungsprinzipien wurden kodifiziert, indem unter Betonung der Autonomie der Disziplin ihre spezifischen Positionen und Verfahren über andere, offenere Formen des Ausdrucks gestellt wurden14 – um mit Greenberg zu sprechen: „[…] die Reduktion von Erfahrung auf Ausdruck um des Ausdrucks willen, wobei dem Ausdruck mehr Bedeutung zukommt als dem, was ausgedrückt werden soll.“15 Und weiter: „Der Dichter oder Künstler wendet seine Aufmerksamkeit vom Gegenstand allgemeiner Erfahrung ab und statt dessen dem Medium seiner eigenen Arbeit zu.“16 In der Architektur findet sich dies in der Detailbesessenheit der Moderne wieder: als Betonung einer physischen Artikulationsform, in welcher technisches Können, Vorherrschaft von Materialität und funktionale Lösung zusammen einen Ausdruck von spezifisch architektonischer Maßstäblichkeit und Ausrichtung annehmen. Durch die Einführung analytischer Zeichenmethoden wie der Axonometrie und ähnlicher Projektionsformen hielt diese objektbetonte Beziehung der Moderne zum Detail breiten Einzug während des 20. Jahrhunderts. Dadurch wurde der zeichnerisch-perspektivische Bezug auf das Subjekt, der seit Einführung der Zentralperspektive in der Renaissance Bestand hatte, aufgelöst. Die Reduktion auf eine vertiefte Auseinandersetzung mit den spezifischen Techniken der Disziplin beförderte die Autonomiebestrebungen der architektonischen Moderne, die sich auf diese Weise der wechselnden Launen der Populärkultur und ihrer Verpflichtungen gegenüber Inhalt, Darstellung und Ausdruck entledigt hatte. Ähnlich wie die Leinwand in der modernen Kunst sollte auch die Oberfläche in der architektonischen Moderne als ein Ort der Reflexion kultiviert und den kommenden Diskursen in Architekturproduktion und -kritik zur Verfügung gestellt werden.

13 Clement Greenberg, „Avant-Garde and Kitsch“, a. a. O., S. 15. 14 Die Darstellung von Greenbergs Interesse an disziplin­ spezifischen Verfahrensweisen bezieht sich auf Sylvia Lavin, “What You Surface Is What You Get“, in: Log, Nr. 1, 2003, S. 103 – 106. 15 Clement Greenberg, „Avant-Garde and Kitsch”, a a. O., S. 6 – 7.

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Die kommunikative Oberfläche In den späten 1960er Jahren stellte sich die Postmoderne energisch gegen eine Trennung der Architekturproduktion von dem die Disziplin überschreitenden Überschuss populärer Ausdrucks- und Erfahrungsformen. Mit der Einführung linguistischer Verfahren in die Architektur wurde ein theoretisches Rahmenwerk zur Verfügung gestellt, das es ermöglichte, Fragen nach der Bedeutung von Architektur bezüglich ihrer syntaktischen und semantischen Aspekte nachzugehen. Dazu zählte auch der von Robert Venturi und Denise Scott Brown in ihrem Las Vegas Studio an der Yale University im Jahr 1968 unternommene Versuch, für eine neue Generation von Studenten und Architekten neue Lehren aus der populären und szenografischen Architektur des Las Vegas Strip zu beziehen.17 Ihr Plädoyer für eine Vermischung der intellektuellen Sehnsüchte mit dem „niederen“ Kulturvokabular setzte den oben beschriebenen Positionen der Moderne erfolgreich eine neue Unterscheidung entgegen: jene zwischen zeichenhaften Oberflächen, die mit dem Begriff „dekorierter Schuppen“ umschrieben wurden, und dem, was sie im Sinne „konnotativer“ Oberflächen als modernistische „Ente“ bezeichneten.18 Während der funktionale Baukörper des „dekorierten Schuppens“ mit einer ornamentalen Verkleidung versehen war und auf seiner flachen Außenhaut ähnliche Kommunikationsmittel­ wie eine Werbetafel trug, diente bei der „Ente“ die ausgeprägte Form dazu, architektonische Bedeutung durch Gestalt und Materialität zu vermitteln. Das Las Vegas Studio zeigte exemplarisch, wie die Oberfläche durch die postmoderne Kritik in den 1960er Jahren neue Bedeutung als Ort einer Neuverhandlung von architektonischer Programmatik und populärer Gestaltungsform gewann und damit Theorie und Praxis mittels der Ausdrucksweisen der Populärkultur wieder einen gemeinsamen Rahmen erhielten. Ob durch Gebäudetypologien, indexikalische Entwurfsprozesse (z. B. Colin Rowe und Peter Eisenman) oder anhand einer breitenwirksamen Zeichen- und Symbolhaftigkeit (z. B. Robert Venturi, Denise Scott Brown und Charles Moore) – zunehmend setzte sich die Frage nach den kommunikativen Eigenschaften der Architektur von der reinen Abstraktionslehre der Moderne ab. Die symbolischen

16 Clement Greenberg, „Avant-Garde and Kitsch”, a. a. O., S. 6. 17 Diese Forschungen gingen später in den richtungsweisenden Text „Learning from Las Vegas“ (1972) ein. 18 Robert Venturi, Denise Scott Brown u. Stephen Izenour, Learning from Las Vegas, Cambridge, Mass.:, MIT Press, 1977, S. 102.

und expressiven Eigenschaften der Oberfläche rückten wieder in den Mittelpunkt, und Ornament und Dekor wurden erneut als berechtigte Gestaltungsformen der architektonischen Disziplin anerkannt. Die Positionen von Venturi, Scott Brown und Izenour, die von der Absicht geprägt waren, die verschiedenen Nutzergruppen und ihre Bezüge zur Architektur wieder einzubinden, beeinflussten durch die 1970er und 1980er Jahre hindurch die verschiedensten Trends, von phänomenologischen Ansätzen bis zum New Urbanism.

Die digitale Oberfläche Als die architektonische Postmoderne sich zu Beginn der 1990er Jahre in Nachahmungen und wirtschaftlichen Verflechtungen festgefahren hatte, waren es die digitalen Entwurfsverfahren, die einen Nährboden für Innovationen in der Architektur boten. Durch die neue Leichtigkeit der virtuellen Welt (die auch zu provokanten Entwicklungen wie dem „papierlosen“ Studio führte19) wurde das „digitale Projekt“ gegen andere architekturtheoretische Neuformierungen ins Feld geführt. Es gewann dabei auch an materiellem Gehalt. Im Kontrast zu Kenneth Framptons „kritischem Regionalismus“20 und der damit einhergehenden Beschäftigung mit einer kulturbezogenen Tektonik in der Architektur, welche an den Materialbezug in der Semper’schen Tradition anknüpfte, bildet die digitale Oberfläche zunächst eine zutiefst ortlose, unendlich dünne und immaterielle Membran.21 Als die digitalen Entwurfsmethoden in den 1990er Jahren Einzug in die Architekturschulen und Architekturbüros hielten, wurden die gestalterischen Disziplinen Zeugen einer schlagartigen Verbreitung von formal komplexen, dabei materiell unbestimmten dreidimensionalen  Architek­tur­ visionen. Ganz ohne jede gravitas, von der die materialbezogenen historischen Positionen der akademischen Tradition gesättigt waren, standen die virtuellen Environments für einen kurzen Moment auf dem Gipfel der Autonomie, fixiert auf rein formale Eigenschaften der abstrakten virtuellen Oberflächen. Jedoch stellte Ende der 1990er Jahre eine Reihe von groben Umsetzungen des Virtuellen in die gebaute Realität die einfache Formbarkeit der nahtlosen

19 Die ersten „papierlosen“ Entwurfsstudios wurden 1994 von Greg Lynn, Scott Marble und Hani Rashid an der Columbia University geleitet. 20 Kenneth Frampton entwickelte seinen Begriff der Tektonik ursprünglich in Reaktion auf die zunehmenden Globalisie­ rungstendenzen, vergleiche Kenneth Frampton, „Towards a Critical Regionalism: Six Points for an Architecture of Resistance“, in: Hal Foster (Hrsg.), The Anti-Aesthetic:

Einleitung

digitalen Oberflächen in Frage und offenbarte Probleme bei der Übersetzung komplexer freier Formen in die Logiken der Fertigungs- und Montageverfahren. Die Drahtmodelle der frühen Modellierungsverfahren legten es nahe, komplexe Oberflächen in einzelne Elemente aufzuteilen, um durch individuell maßgefertigte Bauelemente annähernd dem virtuellen Bild der weichen virtuellen Oberflächen zu entsprechen. Die Einführung CNC-gesteuerter (Computer Numeric Controlled) Fabrikationsverfahren erweiterte dann die Flexibilität im Umgang mit digitalen Oberflächen, die nun komplett durch verschiedene computergestützte Schnittverfahren, mehrachsige Fräsmaschinen und Steuerungen hergestellt werden konnten. Die CNC-Technologie eröffnete der Architektur den Zugang zu einer Vielzahl äußerst präziser Fertigungsverfahren und Materialanwendungen. Diese intensive Auseinandersetzung mit Technologie, Material und Produktion wird als zweite Phase des digitalen Projekts in der Architektur bezeichnet.22 Die gern zitierte „Feedback-Schleife“ zwischen Entwurf und Fertigung führte zur Auflösung der zuvor einander gegenüberstehenden Gesichtspunkte von Materialität, Dimension und Konstruktion, indem digitale Formgebung und computergestützte Produktionsverfahren zusammengeführt wurden, ja das Virtuelle und das Reale insgesamt. Bei aller Aussicht, eine neue Welt individueller Massenproduktion zu Beginn des 21. Jahrhunderts entstehen zu lassen,23 waren die ersten CNC-gesteuerten Anwendungen durch Einschränkungen auf bestimmte Maße und Materialien stark begrenzt. Folglich wurden in dieser Phase die digitalen Herstellungsverfahren hauptsächlich auf Gestaltung und Produktion von komplexen Oberflächen und deren Artikulation angewandt – architekturbezogen in der Haltung, doch noch nicht für ganze Gebäude umsetzbar. Die Entwicklungen auf dem Gebiet des Ornaments sind zu einem Teil auf das Bestreben zurückzuführen, die Technologie der Übersetzung digitaler Formgebungen in technische Produktionsverfahren und ihre Nebenprodukte besser zu kontrollieren, da aus der Kombination von Präzisionsprozessen mit verhältnismäßig unbeholfener CNC-Technik immer komplexere Oberflächen hervorgingen. Greg Lynn beispielsweise, der die „glatten und charakterlosen Oberflächen“ ablehnte, beschrieb eine alternative Methode, die „Artefakte zu nutzen, die

Essays on Postmodern Culture, ­Port Townsend: Bay Press, 1983, S. 16 – 30. 21 W illiam Mitchell, früher Verdechter des „digitalen Projekts“, spart nicht an Kritik an Frampton und der Semper’schen Tradition: „Antitectonics: The Poetics of Virtuality“, in: John Beckmann (Hrsg.), The Virtual Dimension: Architecture, Representation, and Crash Culture, New York: Princeton Architectural Press, 1998, S. 205 – 217.

22 Eine umfassende Betrachtung des „digitalen Projekts“ in den 1990er Jahren findet sich bei Mario Carpo, „Revolutions: Some New Technologies in Search of an Author“, in: Log, Nr. 15, 2009, S. 49 – 54. 23 Vergleiche hierzu Neil Gershenfeld, „The Personal Fabricator“, in: Ders., When Things Start to Think, New York: Henry Holt, 1999, S. 63 – 75.

Modulierte Oberflächen  11

die CNC-Maschinen auf der Schalung und den Objekten hinterlassen, um damit sehr dekorative Effekte zu erzeugen [...]. Der Transformationsprozess einer Spline-Oberfläche in eine Werkzeugbahn kann ein wellenförmiges oder rippenartiges Muster auf der Materialoberfläche entstehen lassen [...]. Auf diese Weise erzeugt sowohl die Gestaltung der Spline-Oberfläche als auch deren Umwandlung in eine kontinuierliche Werkzeugbahn ein eigenes Dekor.“24 Auf diese Weise können aus der Fertigungstechnologie entstehende Effekte des Überschusses strategisch genutzt werden. Geometrie, Material und das Gesamtsystem (Konstruktion, Dekor und Wirkung) werden koordiniert in dem Versuch, die Zustandsveränderungen der Oberfläche zu nutzen: von virtuell zu real, vom Kontinuum zur Ausdifferenzierung, von monolithischen zu komplexen Formen.25 So wie die Individualisierung der Teile auf der Basis der CNC-Technologie rasch zu einem Diskurs über Wirtschaftlichkeit in der Konstruktion führte, unterstützt diese Technologie heute Ansätze zu Oberflächengestaltungen, die auf mehr als nur auf eine effiziente Herstellungsweise abzielen. Sowohl die Praxis als auch die universitäre Forschung zeigen mittlerweile Fabrikationstechniken auf, die von den glatten Kontinuen früher digitaler Architekturentwürfe hin zu artikulierten, ausdrucksstarken und vielfältig modulierten Oberflächen führen. Die Oberfläche wird als eine architektonische Form interpretiert, die materielle Bezüge und bestimmte Ausdrucks- und Wahrnehmungsformen in sich vereint. Die Innovationen der digitalen Fertigungstechnik mit besonderen Techniken der Artikulation (z. B. Präge-, Schnitt-, Perforations- und Formverfahren) und Strategien der Gestaltgebung (z. B. Ornamentik und Dekor, Öffnungen, Struktur) tragen dazu bei, der Oberfläche wieder eine eigenständige materielle Präsenz zu verleihen. Sie demonstrieren damit die Potenziale eines technologisch erzeugten Überschusses. Die heutigen computergenerierten Oberflächen sind nicht länger monolithisch oder membranhaft glatt, sondern verfügen über eine Vielzahl neuer technischer Eigenschaften und Ausdrucksformen. Sie bilden Grenzflächen und Schnittstellen zwischen Entwurf und Herstellung und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Verbindung der einst getrennten Bereiche von Produktion und Performanz.

24 Greg Lynn, „The Structure of Ornament“, Interview in: Neil Leach, David Turnbull, Chris Williams (Hrsg.), Digital Tectonics, Chichester: John Wiley & Sons, 2004, S. 63 – 65. 25 „Mir geht es um eine Oberflächenmodellierung mit Komponenten, die nicht auf monolithische, nahtlosen Lösungen zurückgreifen muss [...] Die Komponenten eines

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Die modulierte Oberfläche Vielleicht liegt es in der Natur der Sache, dass aus der Entwicklung digitaler Entwurfs- und Fertigungsmethoden, die auf den Prinzipien von Wiederholung und Differenzierung beruhen, eine intensive Beschäftigung mit der Gestaltung von Mustern hervorging. Seit einigen Jahren haben sich die Designeroberflächen mit einem Übermaß an Patterns überzogen, von Geschirr bis zu Möbeln, die von Wohn- und Einrichtungszeitschriften bis zu Freizeitjournalen überall anzutreffen sind. Und insbesondere an und in Bauten sind Patterns in Gestalt von Frittenmustern und Diagrids, raffinierte Sonnenschutzvorrichtungen und komplexen Oberflächenlösungen mit Paneelen präsent. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts stand das Muster stellvertretend für Effizienz und Wirtschaftlichkeit selbstähnlicher Anwendungsschritte wie etwa bei der Fließbandproduktion. Die Musterflut steht heute symptomatisch für jüngste Innovationen in der Technologie: immer effizientere Fassadensysteme, immer belastungsfähigere, dünnere, leichtere Werkstoffe, die wirtschaftlich effizient als Baugruppen zusammengestellt werden. Gleiches gilt für die Softwarelösungen, die bei einfachen, selbst programmierten Algorithmen beginnen und bis hin zu großen, standardisierten Arbeitsabläufen reichen. Mit ihrer Hilfe kann in kürzester Zeit eine Fülle von Mustern mit minimalen Unterscheidungen wirtschaftlich produziert werden. Angesichts der nahezu unbegrenzten Anzahl an Mustern stellt sich über die Frage nach dem Was hinaus vielmehr die Frage nach dem Warum.­ In dieser Situation zeigt dieses Buch vielfältige Ansätze, die über den im vergangenen Jahrhundert entwickelten Autonomiegedanken hinausgehen und in den natürlichen und/oder expressiven Eigenschaften des Ornaments wie auch in den populären Bedeutungswelten des Dekors wichtige Techniken der architektonischen Auseinandersetzung sehen. Sie alle bekräftigen die zentrale Rolle der Oberfläche als Ort eines produktiven Überschusses, wobei ein Teil den Erkundungen von Formen und Materialsystemen verpflichtet bleibt – woraus dann umwelt- und wahrnehmungsbezogene Effekte gewonnen werden –, während andere sich mit den Themen von Kommunikation und Bedeutung

Gebäudes müssen sich mitteilen. Würden wir Shampooflaschen gestalten, wäre es etwas anderes. [Aber] dies betrifft unsere Disziplin. Man könnte ein Gebäude nicht verstehen, wenn es seine Komponenten nicht zum Ausdruck brächte.“ Greg Lynn, Vortrag an der Yale School of Architecture, 9. April 2009.

auseinandersetzen. Erstere erkennen in der Technologie neue Möglichkeiten für den Umgang mit Komplexität, indem sie individualisierte, nicht standardisierte Produktionsprozesse nutzen, um zeitgemäße Haltungen in Entwurf und Fertigung zu entwickeln. Im Gegensatz dazu begreifen die anderen das Thema von Repräsentation und Darstellung heute ganz anders als vor 30 Jahren. Anstatt auf Nachahmungen und Zitate zu setzen, konnten sie bei ihrer Arbeit mit den in der Oberfläche selbst enthaltenen Darstellungsmöglichkeiten aus den Fehlern der Postmoderne lernen: aus deren Versagen, die angestrebten kulturellen Bezüge unmittelbar auf der Ebene des Materials umzusetzen, und aus dem einseitigen Beharren auf vergangenen Bildern und Symbolen, ohne Bedeutungen aus und für zeitgenössische Zusammenhänge herauszuarbeiten. In dem weiten Feld materialbezogener Arbeit in der Architektur können und müssen die hier herangezogenen Projekte von aktuellen phänomenologischen Ansätzen abgegrenzt werden, die sich nach wie vor auf die Essenz, Überzeitlichkeit und Wahrheit von Materialien richten. Im Gegensatz dazu unternehmen die hier gezeigten Arbeiten den Versuch, Venturis Kritik an der Moderne mit ihrem uneingestandenen Dekor durch Artikulation integraler Elemente26 in ein zeitgemäßes Sowohl-als-auch zu wenden und damit die Wechselseitigkeit von materieller Gestaltung und deren politischen, sozialen und wirtschaftlichen Dimensionen in den Blick zu nehmen. Oberflächengestaltung scheint heute gleichermaßen von konstruktiven Notwendigkeiten und von einem Versuch geprägt, das Ausdruckspotenzial der Architektur zurückzugewinnen: von Spiegelungen der Populärkultur über Interpretationen des Natürlichen bis hin zur Erzeugung von Wahrnehmungseffekten, die sich auf unterschiedliche zeitgenössische Kulturformen beziehen. So wurden die 36 in diesem Buch herangezogenen Projekte aufgrund ihrer Ausdrucks- und Gestaltungstechniken ausgewählt, die sich in einer Vielzahl von intensiv und extensiv bearbeiteten, sämtlich realisierten Oberflächen zeigen. Die Kapitel des Buches folgen den jeweils bestimmenden Herstellungsverfahren und/oder den daraus entstehenden Oberflächenformen. Das Kapitel „Aufbringen“ beschreibt Oberflächen als ein aufnehmendes Medium, eine neutrale Ebene, auf die eingewirkt wird, um Differenzierungen

in Material und Aussage zu erzielen. Im Gegensatz dazu beschreibt das Kapitel „Perforieren/Schneiden“ Oberflächen, die durch Fertigungstechniken wie Prägung, Zuschnitt oder Lochung gestaltet wurden und denen oftmals durch die Anordnung der Öffnungen lesbare Figuren und Effekte eingeschrieben wurden. Die Oberflächen im Kapitel „Schichten“ arbeiten mit Überlagerungen materieller oder konzeptioneller Art, die Wechselwirkungen von an sich voneinander unabhängigen Schichten erzeugen. Das Kapitel „Formen/Gießen“ beschreibt Gussverfahren und andere Formprozesse für serielle individuelle Komponenten, die zu übergeordneten Ornamentsystemen zusammengefügt werden. Zum Schluss zeigt das Kapitel „Stapeln/Kacheln“ Formen der Oberflächengestaltung, bei denen aus geometrisch und größenbezogen bestimmten Verbindungen zwischen kleineren, sich wiederholenden Elementen Felder mit bestimmten Material- und Oberflächenwirkungen generiert werden. An jedes Projekt werden in einer dreigeteilten Betrachtungsweise die Fragen Wie?, Was? und Warum? gestellt: Was liegt den unterschiedlichen Eigenschaften der Oberfläche, ihrem Aufbau und ihrer Maßstäblichkeit zugrunde, und welche architektonischen Anwendungen erlauben sie? Wie wurde die jeweilige Oberfläche gefertigt beziehungsweise zusammengesetzt, und welche Fertigungsmethoden und Gestaltungsformen wurden verwendet? Und warum wurden sie gewählt, worin liegen die kulturellen Motive, Referenzen und bildhaften Bezüge der jeweiligen Oberflächenform?

Inhalte der Oberfläche: Vier Ansätze Während die Kapitel und ihre Überschriften sich auf die Eigenschaften und Prozesse der Fertigung beziehen, könnten die Beispielprojekte auch innerhalb einer Matrix aus materieller Artikulation auf der einen und inhaltlichen Bezügen auf der anderen Achse betrachtet werden, also entsprechend der ihnen innewohnenden oder zugeordneten Eigenschaften bezüglich Ornamentik, Dekor und Effekt, die auf der Oberfläche in Erscheinung treten. Auch wenn sich dies als maßgebliche Kategorisierung wohl weniger eignen würde, können vier

26 Robert Venturi, Denise Scott Brown u. Stephen Izenour, Learning from Las Vegas, a. a. O., S. 102.

Einleitung

Modulierte Oberflächen  13

unterschiedliche Haltungen als Integration, Materialisierung, Widerspruch und Desinteressierheit beschrieben werden. Der erste Ansatz befasst sich mit der Integration von außerhalb liegenden Bezügen in das Material der Oberfläche. Von allen Ansätzen knüpft diese Strategie wohl am stärksten an die aktuelle Ornamentdebatte an, die oft auf eine unmittelbare Verbindung der geforderten funktionalen oder konstruktiven Merkmale mit den ästhetischen und formalen Qualitäten abzielt, welche gewissermaßen von außen zum Baukörper hinzutreten.27 Die so aufgefasste Verflechtung der zwei Bestandteile Objekt und Ornament beschrieb der Theoretiker Kent Bloomer als einen „kombinatorischen Zustand, in dem außerhalb des Korpus entstandene Dinge mit in ihm entstandenen die Gesamtheit ergeben“.28 Das in diesem Sinn „kombinatorische“ Ornamentieren lässt aus den funktionalen und den ornamentalen Zügen der Oberfläche ein neues, gesamthaftes, aber doch duales Ganzes entstehen.29 Dies lässt an Louis Sullivans Standpunkt denken, dass eine „dekorierte Struktur, die als harmonisch und wohlüberlegt wahrgenommen wird, nicht ihres Ornamentsystems entkleidet werden kann, ohne dass dabei ihre Einzigartigkeit zerstört würde“.30 Und weiter: „Struktur und Ornament gewinnen offenbar durch ihre wechselseitigen Bezüge; jedes erhöht den Wert des anderen“.31 Gemeinsam bilden sie, was Sullivan als „organisches Einssein der Idee“32 bezeichnet hat. Das Münchner Architekturbüro Hild und K Architekten nähert sich dem Ornament solcherart mit der Frage, auf welche Weise herkömmliche Konstruktionsverfahren durch die Hinzunahme äußerer Muster und formaler Motive neu aufgefasst werden können. Ein Großteil ihrer Arbeiten befasst sich mit kulturellen Bezügen und Materialeigenschaften, doch kann dies nicht als „kritischer Regionalismus“ verstanden werden. Beispielsweise haben die Architekten für die Gestaltung der Ziegelfassade für ein Wohnhaus in Aggstall die zufälligen Oberflächeneffekte lokaler Mauerwerksbauten aufgegriffen und formalisiert,

27 Greg Lynn hat das komplexe Verhältnis von Ornament und Struktur als „eine doppelte Deterritorialisierung“ be­schrieben, in der „jede dieser Kategorie [...] sich zu einem gewissen Maß an innerem Mangel bekennen und der jeweils anderen erlauben muss, sie zu reorganisieren. Es handelt sich nicht einfach um die Anwendung struk­tureller Ansätze in der Ornamentik oder eine Verwandlung des Ornaments in Struktur, sondern eine Wechselbeziehung, die beide Kategorie auf unvorhergesehene und neuartige Weise transformiert.“ Greg Lynn, „The Structure of Ornament“, a. a. O., S. 65. 28 Kent Bloomer, “A Critical Distinction between Decoration and Ornament”, in: Emily Abruzzo, Jonathan D. Solomon (Hrsg.), Decoration, 306090 Books, New York: 2006, S. 49.

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um den Mauerwerksbau und das textilhaft umhüllende Wesen eines Wohnhauses neu zu interpretieren. Die Lösung lässt an Sempers Annahme von herstellungs- und materialbezogenen Spuren des Konstruktionsprozesses denken: Die typischen Lichteffekte an den Wänden der bayerischen Bauernhäuser werden als ein sich wiederholendes, figurales Motiv aufgegriffen, das die materielle Ausprägung der Wände selbst mitbestimmt. Nach Hild und K Architekten ist die Arbeit des Büros von dem Versuch gekennzeichnet, den nach innen gewandten Diskursen der Architekturtheorie zu entkommen und statt dessen eine Wechselbeziehung zwischen einer tektonischen „Welt der Gebäude“ und der kulturellen Sprache einer „Welt der Gebilde“ zu entwickeln.33 Dazu bemerkt Andreas Hild: „Wenn es den Architekten nicht gelingen sollte, populäre Bezüge in ihre Arbeit aufzunehmen, die auch von Menschen außerhalb der Disziplin verstanden zu werden [...], dann werden sie sich selbst sehr schnell überflüssig machen.“34 Der zweite Ansatz setzt sich mit der Materialisierung von Bildaufzeichnungen auseinander, welche mit der Spannung zwischen den narrativen und darstellenden Zügen eines Bildes sowie dessen Einsatz in Strategien und Abstraktionsprozessen arbeitet. Dies wird besonders in der Arbeit von Herzog & de Meuron erkennbar, die sich seit den späten 1980er Jahren zunehmend mit der Applikation von Bildern und figuralen Mustern auf Gebäudefassaden und Oberflächen im Innenraum befassen. Trotz der unmittelbar aufscheinenden Bildinhalte erläutert Jacques Herzog in diesem Zusammenhang, dass die Arbeit des Büros „gegen jede Form repräsentierender Darstellung“ gerichtet ist und „vielmehr an den direkten körperlichen und emotionalen Eindrücken interessiert ist [...], also den unmittelbaren, intuitiven Eindrücken des Besuchers [eines Gebäudes]. Wir wollen Gebäude entwerfen, die Empfindungen erregen und nicht irgendeine Idee darstellen. Die von uns benutzten Bilder sind nicht erzählerisch, sie repräsentieren nichts.“35

29 Bloomer fordert, dass „ornamentale Figuren erkennbar, lesbar und wahrnehmbar bleiben müssen als explizite Außenseiter, die sowohl zu ihren Dingen und Kontexten gehören wie auch auf gleicher Augenhöhe mit ihnen stehen.“ Anstatt zu verschmelzen, müssen das Ornament und sein Anderes in ihren je besonderen Rollen bleiben und eine Beziehung miteinander aufbauen. Vergleiche Kent Bloomer, „A Critical Distinction between Decoration and Ornament“, a. a. O., S. 56. 30 Louis Sullivan, „Ornament in Architecture“ (1892), in: Robert Twombly (Hrsg.), The Public Papers, Chicago: University of Chicago Press, 1988, S. 81 – 82. 31 Louis Sullivan, „Ornament in Architecture“, a. a. O., S. 82 – 83.

32 Louis Sullivan, „Ornament in Architecture“, a. a. O., S. 81. 33 Mehr dazu im Essay von Andreas Hild in diesem Buch. 34 Andreas Hild, zitiert nach: Mechthild Stuhlmacher, „Vanity and Self-Will: The Complex, Contradictory Work of Hild und K”, in: Ornament, OASE, Nr. 65, 2004, S. 32. 35 Jacques Herzog zitiert nach: Jeffrey Kipnis, „A Conversation with Jacques Herzog (H&deM)“, in: El Croquis, Nr. 84, 1997, S. 18.

Statt dessen werden bei Herzog & de Meuron Bildaufzeichnungen durch einen Prozess der Verfremdung („disfiguration“)36 an die Materialpalette von Gebäuden angenähert. Jacques Herzog hat dies als „Wiederholungseffekt und dessen Potenzial, etwas Allgemeines in etwas Neues zu verwandeln“37 beschrieben. Einige der bekanntesten Arbeiten von Herzog & de Meuron basieren auf der seriellen Wiederholung und Abstraktion von vorhandenem Bildmaterial, das der Materialität der Gebäude etwas Neues hinzufügt: etwa bei dem Verpackungs- und Vertriebsgebäude für Ricola Europe, das sich durch die Wiederholung eines von Karl Blossfeldt gestalteten Blattmotivs auf den Fassadenplatten auszeichnet, oder bei der rhythmisierten Übertragung einiger Fotografien von Thomas Ruff auf die Fassade der Fachhochschulbibliothek in Eberswalde. Die darstellende Dimension des Bildes wird neutralisiert und im Gegenzug die ursprüngliche Figur in eine komplexe, quasi-materielle Textur überführt, die ähnlich wie Glas, Beton und andere traditionelle Werkstoffe zur Erzeugung von Wahrnehmungseffekten beiträgt. Jenen Vorgang bezeichnet Alejandro Zaera-Polo in seiner Auseinandersetzung mit dem Werk von Herzog & de Meuron als „Alchemie“, weil „die Bilder zu einem Teil des Rohstoffs werden, im Einklang mit den baulichen Elementen“.38 „Komplexität“, so Zaera-Polo weiter, stelle sich „durch Konsistenz dar statt durch Kontrast.“ Die Bilder werden transformiert, hinsichtlich ihrer ursprünglichen Referenzen, und sie transformieren selbst anderes, die Wahrnehmung des Gebäudes und dessen Komponenten. Zur Beschreibung seiner eigenen aktuellen Arbeit bezieht sich Zaera-Polo, Partner des Architekturbüros Foreign Office Architects (FOA), auf eine ähnlich innige Verbindung von Material und Bildaufzeichnungen in einem Prozess der „gegenseitigen Destabilisierung“.39 Aus dem strategisch eingesetzten Zusammentreffen von Material und performativer Logik mit kulturbezogenen Bildinhalten gewinnt er eine architektonische Praxis jenseits der bestehenden An-

36 Für eine weitergehende Beschreibung des Konzepts von „disfiguration“ im Werk von Herzog & de Meuron siehe Alejandro Zaera-Polo, „Herzog and de Meuron: Between the Face and the Landscape”, in: El Croquis, Nr. 60, 1993, S. 24 – 36. 37 Jacques Herzog zitiert nach Jeffrey Kipnis,„A Conversation with Jacques Herzog (H&deM)“, a. a. O., S. 12. 38 Alejandro Zaera-Polo, „Die Al-Chemical Brothers“, in: Philip Ursprung (Hrsg.), Herzog & de Meuron: Naturgeschichte, Montreal: Canadian Center for Architecture, und Baden: Lars Müller, 2002/2005, S. 183 – 187. 39 Alejandro Zaera-Polo, „The Hokusai Wave“, in: About Communication, Quaderns, April 2005, S. 140.

Einleitung

sätze: „Die von uns erzeugten Zeichensysteme entsprechen keiner linguistischen Theorie, sondern sind unmittelbar architektonisch: Sie entsprechen der Zuwendung der Architektur zu einem lesenden Publikum, sowohl innerhalb der Disziplin selbst, als auch in der breiten Öffentlichkeit [...]. Wir glauben, dass sich eine formbezogene Disziplin entwickeln wird, die auf zweierlei Weisen arbeitet, als Organisationsinstrument und als Kommunikationsinstrument.“ Diesen Ansatz verfolgten Foreign Office Architects bei dem John Lewis Department Store im englischen Leicester, dessen Glasfassade als mehrschichtige Hülle ausgeführt und mit einem repetitiven floralen Frittenmuster versehen wurde. Während die Figuren und Muster auf die Geschichte von John Lewis und Leicesters historische Textilindustrie anspielen, geben die Schichten der verspiegelten und keramischen Fritten schablonenhafte Bruchstücke der umliegenden Stadt wieder. Die Gestaltung der Außenhaut bezieht das Publikum mittels vertrauter Muster aus der Stadtgeschichte ebenso wie durch das visuelle Erleben mit ein. Den Bildwelten wird ein Anwendungs- und Materialbezug beigelegt, organisiert in Mustern von Figuration und Konfiguration, aus Schichtungen und Kontrasten eine komplexe räumliche Tiefe gewinnend, und aktiviert durch die Bewegung des Betrachters. Der dritte Ansatz für die wechselseitige Verbindung von Inhalt und Material könnte mit dem Begriff Widerspruch beschrieben werden und knüpft an Venturis Projekt in den 1960er und 1970er Jahren an, die modulierte Oberfläche nicht vom Material her zu bestimmen, sondern sie in den Dienst der Bedeutung zu stellen.41 Ausgehend vom Modell des „dekorierten Schuppens“ wird das Dekor hier noch einmal als eine Technik begriffen, mit der Themen des Geschmacks und des Stils als relevante Ausdrucksformen der Populärkultur wieder auf die Architektur bezogen werden können. Oft greifen die Projekte zum Mittel des Widerspruchs zwischen der tektonischen Logik in Aufbau und Konstruktion und den ihr entgegengesetzten Systemen von Darstellung und

40 Alejandro Zaera-Polo, „The Hokusai Wave“, a. a. O., S. 139 – 140. 41 Der Begriff des „Widerspruchs“ wird an dieser Stelle anders als im Original verwendet, da Venturis Komplexität und Widerspruch in der Architektur (1966, deutsche Ausgabe 1978) dem Forschungsprojekt in Yale über Las Vegas um zwei Jahre vorausging und statt der symbolischen Beziehungen Fragen der Komposition behandelte. Der Begriff verweist hier auf die dem „dekorierten Schuppen“ innewohnende Diskrepanz zwischen Funktion und Darstellung.

Modulierte Oberflächen  15

Bedeutung; sie inszenieren konkurrierende Ausrichtungen in ihren Projekten, wie es Venturis Mothers House oder die von James Wines/SITE entworfenen Best Products Stores in den 1970er und frühen 1980er Jahren getan haben. Mit seiner Arbeit in Schichten architektonischer Bedeutung und kultureller Motivzusammenhänge gewinnt das Londoner Büro Fashion Architecture Taste (FAT) das semiotische Projekt für die aktuelle architektonische Praxis zurück. Oft zeichnet die Werke von FAT eine augenzwinkernde Ironie aus, die von dem Interesse einer Beziehung zum breiten Publikum getragen wird. In bewusster Vermischung der Fragen von Darstellung und Materialität machen sie die architektonische Oberfläche zu einem Ort lesbarer kommunikativer Bezüge. Bei dem Kultur- und Gemeindezentrum in der niederländischen Stadt Hoogvliet hielt FAT zunächst eine Reihe von Workshops ab, um gewissermaßen verdeckt die Traditionen der Gemeinde zu ermitteln, die zugleich der Auftraggeber war. Diese kulturellen Bezüge bildeten die Ausgangsbasis für den Entwurf einer Reihe von großmaßstäblichen Figuren, die in vielfach überlagerter Form das Gebäude überziehen. Sie verweisen sowohl auf die Geschichte des Ortes als auch auf die bunte Bevölkerungsstruktur dieser im postindustriellen Zeitalter neu entstandenen Stadt. „Die Villa“, wie es oft genannt wird, karikiert ungeniert ein typisches traditionelles Gutshaus und setzt dabei an die Stelle einer klaren materialhaften Ordnung und formalen historischen Ableitung eine ortsund kulturbezogene Bildhaftigkeit in vielen Schichten. Der vierte Ansatz schließlich könnte am treffendsten mit dem Wort Desinteressierheit bezeichnet werden. Hier wird die architektonische Oberfläche auf grafische, nicht-materielle Weise moduliert, in Ablösung von der darunterliegenden Form, ja gleichsam sogar von der Oberfläche selbst. Während sich Dekoration bei Venturi in Widerspruch zur „Hütte“ begibt, versuchen die hier versammelten Projekte mit ihrer grafischen Logik die „Hütte“ ganz hinter sich zu lassen. Ihr Desinteresse an Lesbarkeit ebenso wie an den technischen Produktionsumständen erlaubt diesen Projekten einen Flirt mit den unmittelbaren Effekten graphischer Inhalte.42 Es geht um die Erzeugung von Atmosphären und Affekten; in den dabei geschaffenen architektonischen Umgebungen

42 Vergleiche hierzu Robert E. Somols Theorie des „projective“ in der Gegenwartsarchitektur und seine Auseinandersetzung mit einer „graphic expediency“, in: Robert E. Somol, „Green Dots 101“, in: Penelope Dean

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taucht das wahrnehmende Subjekt in die von den Oberflächen erzeugten Phänomene und ihre Effekte ein. Man kann diese Funktion der Oberfläche als eine Art „grafisches Verhalten“ verstehen, das hier unter anderem in dem Entwurf für Walch’s Event Catering Center oder beim Online-Trainingscenter der australischen Victoria University zum Ausdruck kommt. Insbesondere das Grazer Büro SPLITTERWERK hat seine Praxis seit Mitte der 1990er Jahre daran orientiert, den Betrachter durch Mittel der Performance Art und architektonische Tricks zu gewinnen. Weder formaler Umgang mit dem Raum noch der materielle Aufbau der Oberfläche, noch die Detaillierung stehen hier im Mittelpunkt, sondern eine Bildsprache, die mit Verzerrungen, Farbverläufen und Mustern vieldeutige Sinneseindrücke erzeugt. „Wir entwickeln dreidimensionale Bilder, die auf Größe und Form des Gebäudes reagieren. Das Ziel ist, die Körperhaftigkeit des Gebäudes aufzulösen.“43 An anderer Stelle formulieren sie das Ziel, „das Detail ‚unsichtbar‘ zu machen – allein die Bildwirkung bestimmt alle weiteren Entscheidungen hinsichtlich der Materialität, der Konstruktion und der Detaillierung. Die Erscheinung von Architektur ist niemals das Ergebnis gut gelöster Details. Vielmehr geht es um die Idee eines Bildes und dessen ausdrucksstarke Wirkung.“44

Essenzieller Exzess Die architektonische Oberfläche dient als Versuchsfeld und Austragungsort für einen seit eineinhalb Jahrhunderten andauernden Kampf um die Seele der Disziplin – angefangen bei Sempers Bekleidungstheorie über die weiß getünchten Wände der Moderne, von Greenbergs autonomer Leinwand bis zu den populären Werbetafeln bei Robert Venturi und Denise Scott Brown, von der weichen Plastizität der ersten digitalen Topologien hin zu den Artikulationen und Modulationen der Oberfläche in der aktuellen Architektur. Das unausbleibliche Ausreifen des digitalen Projekts erlaubt immer profundere Modulationen der Oberfläche und die Einbeziehung immer weiterer Aspekte in einen

(Hrsg.), Rethinking Representation, Hunch Nr. 11, Rotterdam: Berlage Institute, 2007, S. 28 – 37. 43 Splitterwerk zitiert nach Isabella Marboe, „Form Follows Image“, Interview in: architektur.aktuell, Nr. 343, 2008, S. 124 ff.

44 Splitterwerk im Interview „Contextualized Visual Art Makes Us Sick”, in: mark, Nr. 19, 2009, S. 153 – 159.

einheitlichen konzeptionellen Rahmen: von den Figuren und Mustern des Ornaments über die symbolhaften und erzählerischen Elemente des Dekors bis hin zu den performativen Ergebnissen kombinierter Materialien. Ein Jahrhundert nach Adolf Loos’ berüchtigter Kritik am Ornament steht die Architektur heute unter anderen Vorzeichen als zu Beginn des 20. Jahrhunderts: dort die Faszination an neuen Technologien, die maßgeblich auf Innovationen in der Automobil-, Flugzeug- und Schiffsindustrie stammen, hier die Rückkehr der Frage nach Natur und Rolle des architektonischen Überschusses als keineswegs marginaler, sondern im Gegenteil zentraler Kategorie gegenwärtiger Praxis. Zugegebenermaßen ist Überschuss, Übermaß und Exzess ein schwieriges Begriffsfeld im aktuellen Kontext ständiger Effizienzsteigerung bei Produkten und Dienstleistungen, von den Hochleistungswerkstoffen bis hin zum Building Information Modeling (BIM). Ohne deren Bedeutung für die Disziplin und für den Beruf in Abrede zu stellen, ist aber auch das architektonische Konzept des Überschusses ein ebenso wichtiger Teil der heutigen architektonischen Kultur, nicht weniger verantwortungsbewusst, aber vielleicht weniger mit Fragen der Effizienz als vielmehr der Effektivität beschäftigt. Viele Architekten versuchen heute, die Effektivität ihrer Arbeit in sozialer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu optimieren. In ihrer Praxis verwenden sie architektonische Ausdrucks- und Darstellungsformen, die ein Publikum ansprechen, das sich zu großen Teilen mit den abstrakten Formen und strengen Räumen der klassischen Moderne nicht anfreunden kann. Wo weiterhin Spuren einer architektonischen Essenz zu finden sind, vor allem im Zusammenhang mit Materialien

45 Das sinnliche Erleben bildete den Schwerpunkt zahlreicher Symposia und Ausstellungen: „Seduction“, Yale School of Architecture, 2007; „Figuration in Contemporary Design“, Art Institute of Chicago, 2007 – 2008; „Matters and Sensation“, New York, Artists Space Gallery, 2008. 46 „Architekten und Künstler beschäftigen sich heute zunehmend mit den nicht-ausdruckshaften Wirkungen

Einleitung

und neuen konstruktiven Systemen, hat sich etwa im letzten Jahrzehnt ein Interesse am Überschuss angesiedelt und hat die Form der Auseinandersetzung mit Ornament und Dekor sich der Freuden der Wahrnehmung45 und der Populärkultur angenommen. Hatte Greenberg in der Moderne die Abspaltung architektonischer Verfahrensweisen von den Inhalten der Darstellung und des Ausdrucks proklamiert und damit zur ideologischen Gegenüberstellung von Autonomie und Engagement beigetragen, so verbindet heute die architektonische Praxis zunehmend die Entwicklungen in Materialien und Technologien mit der Erkundung von Inhalten, sowohl affektiven wie auch symbolischen.46 Auch heute, wo der Fortschritt in der Architektur nicht mehr von ideologischen Statements wie etwa Le Corbusiers „Augen, die nicht sehen“47 eingefordert wird, wird der Architekturdiskurs weiterhin versuchen, kritisch auf ­Entwicklungen in Entwurf und Produktion einzuwirken. In den Techniken der Disziplin nehmen der Überschuss, seine Ausdrucksformen und anwendungsbezogenen Methoden heute einen Platz als integrale Bestandteile des Entwicklungsfortschritts ein. Überschuss, Übermaß und Exzess gehören zum Kern der zeitgenössischen Auffassung von Materialität, so wie die physische Komposition und Produktion von Gebäudeoberflächen auch weiterhin Maß und Art der kulturellen Wirkungen von Architektur beeinflussen wird. Aus dem Zusammenführen der technischen Aspekte der Architekturproduktion mit einer neuen Auffassung von Inhalt und Darstellung ist ein komplexes System entstanden, das vielleicht als „essenzieller Exzess“48 begriffen werden könnte; in ihm wird die Kultivierung vielfältiger Oberflächeneffekte in der Architektur essenziell für die weitere Lebenskraft der Disziplin.

ihres Mediums, mit jenen Überschüssigkeiten, die [Clement] Greenberg als Kitsch und deshalb der Profession fremd verunglimpfte.“ Sylvia Lavin, „What You Surface is What You Get“, in: Log, Nr. 1, 2003, S. 104. 47 „Augen, die nicht sehen“ ist eine zentrale Formulierung in Le Corbusiers Konzept der Modernen Architektur zu

Beginn des 20. Jahrhunderts, die auch als Kapitelüber­ schrift in Vers une architecture (1923) einging. 48 „Essential Excess“ ist der Titel eines nicht realisierten Symposiums, das der Author zusammen mit Jonathan Massey 2005 an der Yale School of Architecture vorbereitet hatte.

Modulierte Oberflächen  17

Aufbringen Einleitung Um die Wende zum 20. Jahrhundert wurde die Verdrängung des Ornaments weitgehend in Form einer Kritik an der dekorativen Praxis vollzogen. Vor allem die Vertreter der frühen Moderne vertraten die Auffassung, dass das einfache Aufbringen – und entsprechend das leichte Ablösen – von Dekor keinen subs­ tanziellen Diskurs über Struktur und Form erlaubte. Sie betrachteten das Or­ nament deshalb als überflüssig und bedeutungslos. Doch in Teilen war die Kritik an der dekorativen Praxis wohl auch der Tatsache geschuldet, dass sich die Ornamentik traditionell mit der Gestaltung äußerer Formen und wenig tiefer Oberflächen befasste. Auf diese Weise erhielt die Architektur jedoch in vielen Fällen durch die verschiedenen Verfahren zur Herstellung bemalter, be­ druckter, vorgeformter, sandgestrahlter, satinierter oder chemisch behandelter Oberflächen eine neue materielle und äußere Präsenz. Oftmals kann diese Art der Ornamentik die Wahrnehmung charakteristischer Materialeigenschaften tief greifend verändern. An die Stelle tektonischer Klarheit tritt eine Bildspra­ che, die komplexe architektonische Details durch intuitive sinnliche Eindrücke ersetzt. Vor diesem Hintergrund können die Bedeutung und das Potenzial der or­ namentalen Gestaltung in der Gegenwartsarchitektur neu aufgefasst werden. Die hier vorgestellten Projekte sind alle durch das Bestreben gekennzeichnet, Dekoration als Grundlage zum Erzeugen symbolhafter und visueller Wirkun­ gen einzusetzen – als ein „grafisches Verhalten“, das architektonische Ober­ flächengestaltungen zwischen repräsentativer und emotionaler Wirkung oszil­ lieren lässt. Viele Projekte bekennen sich zu dieser Arbeit an und mit den „oberflächlichen“ Aspekten der Architektur. Sie erzeugen mit der angewand­ ten Ornamentik ein breites Spektrum an optischen, konzeptionellen und sym­ bolhaften Wirkungen und ziehen mit besonderen Fertigungsmethoden und Aussagen die Aufmerksamkeit auf sich. So schafft die übergroße ­Fassadengrafik des Polygreen House von Bellemo & Cat einen Übergang ­zwischen dem Bau­ typ des Wohngebäudes und jenem der gewerblichen Lagerhallen in der indus­ triellen Umgebung. Die grafische Gestaltung der Gebäudeoberfläche schützt nicht nur das private Gebäudeinnere, sondern versieht als Geste im öffentli­ chen Raum die ansonsten karge Nachbarschaft mit einer bildhaften Begrü­ nung. Bei dem Gebäude Frog Queen hat das Architekturbüro SPLITTERWERK zwei verschiedene Maßstäbe der Ornamentik zum Einsatz gebracht: Einerseits

löst die großflächige Rasterung der umlaufenden Fassadenhülle den einfa­ chen, rechteckigen Baukörper vollkommen auf, andererseits zeigt die indivi­ duelle Gestaltung der einzelnen Aluminiumpaneele in einem wesentlich klei­ nerem Maßstab ein sich wiederholendes Muster, das auf den besonderen Nutzungstyp hinweist. Oftmals unterliegen die Ornamentik und andere Formen der Oberflächen­ gestaltung den Bedingungen technischer Fertigungsmethoden. Diese wiede­ rum wirken sich auf den Entwurfs- und Gestaltungsprozess aus. Als ein geläu­ figes Beispiel kann die technische Herstellung von Tapeten genannt werden, bei der sich aus der standardisierten Abmessung der Tapetenrolle eine Wie­ derholung eines fortlaufenden Tapetenmusters ergibt. Dieser Zusammenhang wird oftmals durch gestalterische Maßnahmen aufgehoben, indem ein ver­ schwimmendes Feld aus Mustern und Linien die Übergänge und Wiederho­ lungen identischer Abschnitte kaschiert. Für Frog Queen gilt entsprechend, dass der Entwurf für das Fassadenraster in Teilen durch die Bedingungen der großflächigen Siebdrucktechnik bestimmt wurde, die die Größe der Paneele begrenzte. In anderen Fällen befasst sich die ornamentale Gestaltung mehr mit den Eigenschaften der Materialoberflä­ chen selbst. Für die Fassade der Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde etwa brachten Herzog & de Meuron durch ein chemisches Verfahren verschie­ dene Kunstfotografien direkt in die Herstellung der Betonpaneele ein. Daraus entstand ein Gebäude, dessen Oberflächen nicht auf konventionelle Architek­ turdetails beschränkt bleiben, sondern sich aus bildhaften Eindrücken, Textu­ ren und Farbtönen zusammensetzen. Die in diesem Kapitel vorgestellten Beispiele sind alle von der Faszination verschiedener Gestaltungs- und Herstellungsverfahren geprägt. Obwohl diese in der Vergangenheit von vielen Architekten immer wieder als „oberflächlich“ abgelehnt wurden, bergen sie fundamentale räumliche, visuelle und konzep­ tionelle architektonische Ausdrucksmöglichkeiten. Ungeachtet dessen, wie „oberflächlich“ diese ornamentalen Modulationen tatsächlich sind, befinden sie sich oft im Einklang mit einfachen, funktionalen Baukörpern. Dabei berei­ chern sie nicht nur die tatsächlichen, sondern auch die wahrgenommenen Ma­ terialeigenschaften der Oberflächen und schaffen neue Möglichkeiten der Wahrnehmung und Kommunikation von Architektur.

Aufbringen  19

1

2

1 Inmitten des von Ziegelsteinbauten geprägten Industriegebiets gewinnt der einfache Gebäudekörper besondere Iden­ tität. 2 Die unterschiedlichen Innenräume werden von der transparenten Außenhaut geschützt und verhüllt. 3 Die durchlaufende Fassadengrafik um­ hüllt drei Seiten des Gebäudes und bringt Bewegung in den ansonsten starren und einfachen Baukörper.

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3

Polygreen House Northcote, Victoria, Australien; Bellemo & Cat

4 Als pragmatischer Wohncontainer gleicht sich das Gebäude an die Formen und Proportionen der benachbaren Lager­ häuser an.

Das Wohnhaus mit Büroräumen wurde von den Künstlern/ Architekten Bellemo & Cat aus Melbourne entworfen. Es steht inmitten eines Industriegebietes, das vom typischen Straßenraster und der Infrastruktur geprägt ist, zwischen einfachen Funktionsbauten wie Backsteinlagerhallen und Fabrikgebäuden. Das Haus greift die Gebäudetypologie des Lagerhau­ ses auf und ist als ein Wohncontainer konzipiert, der ma­ ximale Grundstücksausnutzung mit großer Effizienz in der geometrischen Grundform und dem Raumprogramm ver­ bindet. An drei Seiten ist die einfache Grundform mit transluzentem Fiberglas verkleidet, das einerseits das Le­ ben im Inneren verborgen hält und doch gleichzeitig für einen gleichmäßigen Tageslichteintrag sorgt. Die Gebäu­ dehülle ist mit einer durchgehenden, großflächigen Grafik

bedruckt, die der Fotografie einer früheren skulpturalen Arbeit der Künstler entnommen wurde. Das Anpassen von Größe und Farbe der Originalfotografie hat ein vollkom­ men neues Bild erzeugt, das an überdimensionale Gras­ blätter erinnert und auf der Gebäudehülle eine Art „gra­ fischen Garten“ entstehen lässt. Dieser erscheint nicht nur im Gebäudeinneren, sondern zeichnet sich auch nach au­ ßen ab und bringt Grün in die industrielle Umgebung. Unter Verzicht auf Modularität und Maßstäblichkeit kann die Grafik alle Seiten des Gebäudes umhüllen. Auf diese Weise wird das Haus zu einem Objekt mit vier gleichberechtigten Fassaden und die einfache Grundform des kubischen Baukörpers verliert ihre geometrische Normalität.

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Architekten

Bellemo & Cat, Northcote, Victoria, Australien

Fertigstellung

2007

Planung

Michael Bellemo, Cat Macleod, Ashley Every

Bauherr

Michael Bellemo

Fiberglasverkleidung

Ampelite

BedruckunG

Vivad

Aufbringen  21

1

22

Frog Queen Graz, Österreich; SPLITTERWERK

1 Die mehrfarbige, durchgehend ge­ rasterte Fassadengrafik löst die harten Außenkanten des Baukörpers optisch auf. 2 Die Abwicklung der Außenhülle zeigt das vollständige Fassadenmuster.

Mit der Planung des Hauptsitzes von PRISMA Enginee­ ring, einem Unternehmen für Maschinen- und Motoren­ technik,  wurde das in Graz ansässige Architekturbüro SPLITTERWERK beauftragt. Das neue Gebäude sollte die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten des Auftrag­ gebers aufnehmen und Ausstellungsmöglichkeiten für Produkte und Entwicklungsarbeit bieten. Auch avancierte Testverfahren und Präsentationen mussten integrierbar sein, ohne die Sicherheit und Geheimhaltung zu beeinträchtigen.

Das für die Arbeit von SPLITTERWERK kennzeichnende Interesse an der Wechselwirkung von bildhaften Eindrü­ cken und Raumwirkungen steht auch bei diesem Projekt im Vordergrund. Mit den Parametern Größe, Distanz und Zeit wurde die Hülle für wechselnde Wahrnehmungen von Volumen und Textur moduliert. Mit den Außenabmessun­ gen 18,125 m x 18,125 m x 17 m gleicht die Gebäudeform annähernd einem Würfel, dessen vier Seiten mit quadra­ tischen Paneelen mit pixelartigen Mustern verkleidet sind. Aus der Ferne erscheinen diese Paneele als ein in zehn

2

Architekten

SPLITTERWERK, Graz, Österreich

Fertigstellung

2007

Bauherr

PRISMA Engineering Maschinen- und Motorentechnik GmbH

Planung

Irene Berto, Mark Blaschitz, Erika Brunnermayer, Marius Ellwanger, Hannes Freiszmuth, Johann Grabner, Edith Hemmrich, Ute Himmelberg, Bernhard Kargl, Benjamin Nejedly, Josef Roschitz, Maik Rost, Ingrid Somitsch, Nikolaos Zachariadis

Projektmanagement

Ingenos ZT GmbH

Tragwerksplanung

werkraum zt gmbh, Peter Bauer, David Lemp

Haustechnik

Ing. Rudolf Sonnek GmbH

Klimatechnik

Guenter Grabner

Energieplanung

Dr. Tomberger ZT GesmbH, Hannes Veitsberger

Fassadenbedruckung

Hauser

Fassadenpaneele

Wastl

Tapetenbedruckung

Varistyle

Aufbringen  23

1

Aluminiumkassette 71,5x 67cm, pulverbeschichtet, siebbedruckt

2 3 4

Winkel stabilisiert und nivelliert den Plattenstoß in der Ecke

5 6

1

1 Die Fenster- und Lüftungsöffnungen scheinen vollkommen in der gerasterten Fassadengestaltung zu verschwinden. 2 Darstellung der Paneelanordnung. 3 Eckdetail.

24

Ortbetonwand mit Mineralwolledämmung

2

Grautönen abgestufter Farbverlauf, der das Gebäudevo­ lumen vor den umgebenden Bäumen, den Wolken und dem Himmel verschwimmen lässt. Der Baukubus wirkt in seiner Objekthaftigkeit in der offenen Landschaft monu­ mental, maßstabslos, ja immateriell und verzichtet dabei ganz und gar auf Bildhaftigkeit. Die klaren Propor­tionen des Würfels werden erst bei der Annäherung erkennbar, ebenso wie das feine Korn der artikulierten Oberfläche der Paneele mit ihren kleinteiligen Raste­rungen abstrakter und bildhafter Muster. Sie lassen sich als Blumenmuster, aber auch als Zahnräder eines Getriebes lesen, als Verweis auf die hier geleistete Entwicklungs­arbeit. Die pulverbeschichteten, aus Aluminium gefertigten und im Siebdruckverfahren bedruckten Fassadenelemen­ te sind mit den Abmessungen 67 cm x 71,5 cm annähernd

quadratisch gestaltet. Auf sie, ebenso wie auf die äußere Gesamtform des Gebäudes sind die Fenster und Türen bezogen und verschwinden damit gleichsam in der Fassadenkomposition. Die Büroräume sind mit Landschaftsmotiven aus der umgebenden Oststeiermark tapeziert und bauen eine Spannung zwischen dem erzählerischen und bildhaften Innenraum und den abstrakten und räumlichen Effekten des Äußeren auf. In diesem Sinne gehen sowohl inneres wie auch äußeres Dekor auf landschaftliche Bezüge ein und bilden visuelle Kontexte, die bildhaft in ihren Verwei­ sen sind und emotional in der Atmosphäre, die sie schaffen.

3

Frog Queen

Aufbringen  25

1

2

1 Die Büroräume sind mit unterschied­ lichen Landschaftsmotiven aus der Ost­ steiermark tapeziert. 2 Eingangshalle. 3 Die im Siebdruckverfahren aufgebrach­ ten Muster können verschieden aufgefasst werden – als Blumen aus der umliegen­ den Landschaft oder als Zahnräder eines Getriebes. 4 Die Farbenvielfalt bezieht sich auf Himmel, Wolken und die Bäume der unmittelbaren Umgebung.

3

26

4

Frog Queen

Aufbringen  27

1

28

Online-Trainingscenter der Victoria University St. Albans, Victoria, Australien; Lyons Architects

1 Die Gebäudehülle schützt das Innere und stellt Blickbeziehungen zwischen Innen- und Außenraum her. 2 Detail des Druckmusters. 3 Vorgefertigte Faserzementpaneele nach der Anlieferung auf der Baustelle. 4 Die Auffaltungen der Gebäudehülle erzeugen visuelle Interferenzen auf den kontinuierlichen und glatten Außen­ flächen des Gebäudes.

Für die Erweiterung der Fachbereiche Wirtschaftslehre, Grafikdesign und Medien an der Victoria University konzi­ pierten Lyons Architects aus Melbourne ein zweigeschos­ siges Online-Trainingscenter. Anders als für Computerum­ gebungen üblich verfolgt der Entwurf das Ziel, eine visu­ elle und bedeutungsvolle Verbindung zwischen dem Inneren und der Umgebung zu entwickeln. Der frei auf einer weiten Grünfläche stehende einfache Baukörper ist mit gleichartigen, 240 cm x 120 cm x 9 mm großen Faserzementpaneelen verkleidet. Diese wurden im Spritzdruckverfahren mit einem Bild bedruckt, das in einer geschichteten Collage aus herkömmlichen Bauma­ terialien wie beispielsweise Lochblechen die Farben und

2

Formen der umgebenden Landschaft aufnimmt. Digitales Bild, Tarnmuster oder Falten von Tierfellen – einer jeden Assoziation wohnt eine illusorische Tiefe als Kontrast zur offensichtlichen Zweidimensionalität der Gebäudehülle inne. Nach außen gerichtete Schlitze und Faltungen öff­ nen sich in unterschiedlichen Winkeln, lenken das natürli­ che Tageslicht gezielt hinein und erlauben Ausblicke in die Landschaft. Am Eingang ist diese Hülle ganz zurück­ gezogen und gibt den Hauseingang in der konventionell gestalteten Einfassung frei. Die Bildsprache von Farben, Formen und Mustern repräsentiert die virtuelle Arbeit im Gebäudeinneren und stellt Verbindungen zur umgeben­ den Landschaft her.

3

Architekten

Lyons Architects, Melbourne, Victoria, Australien

Fertigstellung

2001

Tragwerksplanung

Arup

Haustechnik

Bassett Kuttner Collins

Landschaftsarchitektur

Rush Wright Architects

Fassadenpaneele

Atkar & ANI coatings

4

Aufbringen  29

1

30

2

1 Der Neubau in seiner Position zwischen den Universitätsbauten und den weiten Grünflächen des offenen Landes. 2 Durch Auffaltungen der Außenhülle erzeugte Fensteröffnungen. 3 Detail der Gebäudehülle.

Online-Trainingscenter der Victoria University

3

Aufbringen  31

1

32

Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde Eberswalde, Deutschland; Herzog & de Meuron

1 In seiner Lage an der Straßenecke erscheint das Gebäude als ein stark textu­ rierter Monolith. 2, 3 Das Herstellungsverfahren der Pa­ neele ermöglichte es, den verwendeten Fotografien eine besondere Materialität zu verleihen.

Der 1994 vom Land Brandenburg in Auftrag gegebene Bibliotheksbau wurde nach einem Entwurf der Baseler Ar­ chitekten Herzog & de Meuron realisiert und 1999 eröff­ net. Er liegt inmitten der Kleinstadtarchitektur von Ebers­ walde etwa eine Stunde vom Berliner Norden entfernt. Der rechteckige Baukörper erscheint zunächst als ein Mo­ nolith, dessen Fassadenflächen durch die umlaufende rhythmische Aufeinanderfolge von Glas- und Betonele­ menten gegliedert ist.

2

Bei näherer Betrachtung erweist sich die Fassade jedoch als Komposition aus verschiedenen auf die Gebäudehülle aufgebrachten Fotografien. Diese wurden in Zusammen­ arbeit mit dem Fotografen Thomas Ruff entworfen, der aus seiner seit 1981 erscheinenden Bildreihe „Newspaper Photos“ verschiedene Motive auswählte und daraus zwei Gruppen bildete. In vertikale Reihen von jeweils 17 Ele­ menten gestapelt, erzählen 13 Bildmotive von histori­ schen Augenblicken und erwecken durch ihre an buntes

3

Architekten

Herzog & de Meuron, Basel, Schweiz

Fertigstellung

1999

Bauherr

Land Brandenburg

Projektleitung

Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Harry Gugger

Projektarchitekt

Philippe Fürstenberger

Planung

Katsumi Darbellay, Stefan Eicher (Modellbau), Susanne Kleinlein, Andreas Reuter, Yvonne Rudolf

Fassadengestaltung

Herzog & de Meuron in Zusammenarbeit mit Thomas Ruff

Gesamtplanung

Herzog & de Meuron, Basel

Tragwerksplanung

GSE Saar, Enseleit & Partner, Berlin

Bauleitung

Landesbauamt Strausberg, Büro Schasler Berlin, Andreas Mayer-Winderlich, Berlin

Klimatechnik

Dörner + Partner, Eberswalde

Sanitärtechnik

Dörner + Partner, Eberswalde

Elektrotechnik

Penke & Partner, Berlin

Fassadeningenieur

Ingenieurbüro Ludwig + Mayer, Berlin

Glasbau

Fensterwelt, Eberswalde

Betonpaneele

Betonsteinwerk Uetze, Uetze

Aufbringen  33

1

1 Das Aufbringen von Bildern auf Betonund Glaspaneele hebt in Konzept und Wahrnehmung die klare Unterscheidung der Materialkategorien auf. 2 Detail eines beweglichen Glaspaneels. 3 Material und Textur der aufgebrachten Bilder treten durch Wetter- und Lichtein­ flüsse auf die Beton- und Glaspaneele stärker hervor.

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Bleiglas angelehnte äußere Erscheinung kirchliche Asso­ ziationen. Doch wird der referenzielle Charakter der Bilder durch die serielle 66-fache Wiederholung eines jeden schnell aufgehoben. So umfangen bildhafte Friese aus Glas und Beton den Gebäudekörper von allen Seiten, am Sockel und Dachabschluss eingefasst von einem sich stän­ dig wiederholenden Bildmotiv, das sich im oberen Bereich über zwei Paneele erstreckt. Die Paneele gewinnen eine eigene Materialtextur aus dunkel und hell, rau und glatt und verleihen der Bibliothek damit größere Körperlich­

keit. Unter Ausblendung der Abläufe im Innern erscheinen die drei Geschosse als gestapelte Horizontalbänder. Die fotografischen Bilder sind in materielle Kategorien umge­ wandelt, modular organisiert und als Hülle ebenso wie als äußerer Ausdruck eingesetzt. Bei der Herstellung hat sich der Siebdruck auf Glas als verhältnismäßig unkompliziert erwiesen. Um jedoch einen ähnlichen Effekt bei den Betonelementen zu erzielen, musste ein Verfahren entwickelt werden, das den Abbin­ deprozess des Betons nutzt. Dabei wurden die Bilder –

2

ähnlich wie beim Siebdruckverfahren auf Glas – zuerst auf eine Trägerfolie aus Kunststoff aufgebracht, statt mit Tinte aber mit einem Oberflächenverzögerer für Beton, der beim Abbinden die Aushärtung auf der Paneeloberfläche beeinflusste. Als die Paneele aus der Schalung genom­ men wurden, waren Bereiche, die mit größeren Mengen des Oberflächenverzögerers in Berührung gekommen wa­ ren, locker geblieben und hinterließen nach dem Entfer­ nen mit einer Bürste fleckige Stellen, die eine dunkle und zugleich raue Oberfläche aufwiesen. Die Unterschiede in

Bibliothek der Fachhochschule Eberswalde

3

Textur und Finish lassen das fotografische Bild als eine Art bildhaften Flecken im festen Beton erscheinen. Lichtver­ hältnisse und Wetter lassen diese Unterschiede auf den Glas- und Betonoberflächen mit unterschiedlicher Deut­ lichkeit hervortreten und heben die klaren Unterscheidun­ gen auf: jene der Wahrnehmungen wie auch der Kon­ zepte, jene zwischen Beton und Glas wie auch jene zwi­ schen aufgebrachter Bildhaftigkeit und innewohnender Mate­rialität.

Aufbringen  35

1

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Sportwissenschaftliches Institut BFTS München, Deutschland; Hild und K Architekten

1 Seitenansicht. 2 Das Bandmuster der Fassade wird im Inneren aufgegriffen. 3 Detail der Lochfenster.

Das Forschungsinstitut für Sportwissenschaft der Techni­ schen Universität München wurde als Erweiterungsbau der Sporteinrichtungen konzipiert und liegt in direkter Nähe zum Olympiakomplex. Die Auslobung forderte möglichst vielfältige und veränderbare Nutzungsmöglich­ keiten, daher wählte das in München ansässige Architek­ turbüro Hild und K Architekten eine einfache vorgefer­ tigte Konstruktion aus Stahlbeton für eine größtmögliche Flexibilität der Innenräume. Da der größte Teil des Budgets für Ausstattung und die Innenbereiche verwendet wurde, entwickelten die Archi­

2

tekten einen einfachen und effizienten Ansatz für die Ar­ tikulation der Gebäudehülle mittels der Fensteröffnun­ gen. Diese folgen in Lage und Rhythmus ganz und gar der Raumaufteilung im Inneren, doch macht sich der Entwurf ihre Positionierung und Dimensionierung zunutze, um über die glatte Außenhaut ein vertikal und horizontal ver­ laufendes Geflecht aus Farbstreifen zu spannen. Die Strei­ fen verweisen nicht nur auf das Muster des in der Region hergestellten Pepitastoffs, sondern sind durch graduelle Schichtungen der Farblasur weiter abgestuft und verlei­ hen der Oberfläche eine Transparenz und Leichtigkeit, die

3

Architekten

Hild und K Architekten, München, Deutschland

Fertigstellung

2004

Bauherr

Freistaat Bayern

Leitung

Andreas Hild, Dionys Ottl

Planung

Andreas Hild, Dionys Ottl, Matthias Haber, Sandra Räder

Aufbringen  37

1 Subtile Abtönungen in der Farblasur verleihen der Fassade eine textilhafte Anmutung. 2 Die Fenster geben dem abstrakten Textilmuster Maßstäblichkeit.

1

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das große und schwer wirkende Bauvolumen in gewissem Grad entmaterialisieren. Die mit den Streifen interagie­ renden Folgen von Lochfenstern erscheinen als an den Schnittpunkten des Rasters angeordnete Hohlräume. Sie

unterstreichen den grafischen Charakter der dünn, mate­ riell reduziert und zugleich textilhaft wirkenden Oberflä­ che und rücken die vermeintlich einfache Technik der Or­ namentapplikation in den Vordergrund.

2

Sportwissenschaftliches Institut BFTS

Aufbringen  39

1

2

40

3

Walch’s Event Catering Center Lustenau, Österreich; Dietrich/Untertrifaller Architekten

1 Von vorn erscheint das Gebäude als Einzelobjekt auf einer weiten Grünfläche, dessen Außenhülle zwischen Erde und Himmel vermittelt. 2 Von innen gesehen überlagert sich das im Siebdruck aufgebrachte Bild mit den Gestalten der nahen Berge. 3 Bei Nacht verbirgt die beleuchtete Außenhaut die tatsächliche Größe des Gebäudes und die Aktivitäten im Inneren. 4 Die ungewöhnliche Grafik lässt die ein­ fache Box des Gebäudekörpers wie eine frei gestaltete Form erscheinen.

Walch’s Event Catering Center liegt inmitten einer freien Grünfläche im österreichischen Lustenau in direkter Nach­ barschaft zur angrenzenden Autobahn und vereint in ei­ nem einfachen, kompakten Container Lagerhaltung, Pro­ duktion, Lieferung und Verwaltungstätigkeit. Der Neubau der österreichischen Architekten Dietrich/Untertrifaller wurde als nüchterner und ökonomischer Holzbau entwor­ fen. Die Fassaden sind mit einer dünnen transluzenten Haut in etwa 1 m Abstand umhüllt. Die schleierartige, eng­ maschige Membran zeigt ein großflächiges Bild des Künstlers Peter Kogler. Sie schützt das Gebäudeinnere vor

äußeren Einblicken und starkem Sonnenlicht, während Blicke aus dem Inneren in die umliegende Landschaft möglich bleiben. Die bewegte Oberfläche verleiht dem statischen Ge­ bäudevolumen die Illusion formaler Komplexität und überspielt seine Dimensionen. Von innen erscheint das Fassadenmaterial beinahe transparent. Die Oberflächen­ motive treten in einen Dialog mit den umgebenden Ge­ stalten der nahen Berge.

4

Architekten

Dietrich/Untertrifaller Architekten, Bregenz, Österreich

Fertigstellung

2000

Bauherr

Joschi Walch

Entwurf

Helmut Dietrich und Much Untertrifaller

Projektleitung

Peter Matzalik, Siegfried Frank

Fassadengestaltung

Peter Kogler

Aufbringen  41

1

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Universitätsbibliothek Utrecht Utrecht, Niederlande; Wiel Arets Architects Die Bibliothek der Universität Utrecht (UBU) wurde vom niederländischen Architekturbüro Wiel Arets Architects als Umgebung für Forschung und soziale Aktivitäten entworfen, mit Arbeitsplätzen und Magazin, aber auch einer Bar, einer Lounge, einem Auditorium und Einkaufsmöglichkeiten, also einem Raumprogramm, das die konventionelle Bautypologie erweitert. Diese Vielfalt wird auf der äußeren Oberfläche durch die Kombination von oberflächenbehandelten Glas- und

1 Die Glas- und Betonpaneele vom angrenzenden Parkdeck aus gesehen. 2 Detail eines Betonpaneels. 3 Formteile aus Gummi erzeugen das Oberflächenmuster der Betonpaneele. 4 Die speziellen Betonschalungs­ elemente werden abgelöst.

Betonpaneelen reflektiert, die den Baukörper in abwechselnder Folge umhüllen. Die verglasten Paneele sind mit einem Muster aus Fritten in engem Abstand bedruckt, das das Bild einer Papyrusstaude wiederholt. „Papyrus“ kann vom griechischen Wort „byblos“ abgeleitet werden, das den Wortstamm für „Bibliografie“, „Bibliophilie“ und auch für „Bibliothek“ bildet. Das auf jedem Glaspaneel wiederholte Motiv der Papyrusstaude lässt die Fassade wie einen Vorhang erscheinen, der die Bibliothek ver-

2

3

4

Architekten

Wiel Arets Architects, Amsterdam, Niederlande

Fertigstellung

2004

Bauherr

Universität Utrecht (UU)

Entwurfsteam

Wiel Arets, Harold Aspers, Dominic Papa, René Thijssen, Frederik Vaes, Henrik Vuust

Mitarbeit

Pauline Bremmer, Jacques van Eyck, Harold Hermans, Guido Neijnens, Michael Pedersen, Vincent Piroux, Jan Vanweert, Michiel Vrehen, Richard Welten

Landschaftsarchitektur

West 8

Fachplaner

ABT Adviseurs in Bouwtechniek bv, Huygen Installatieadviseurs bv, Cauberg - Huygen Raadgevende Ingenieurs bv, Adviesbureau Peutz & Associates bv, Wilimas Bouwadviseurs bv, Adapt 3D, Heijmans-IBC Bouw bv, GTI Utiliteit Midden bv, Permasteelisa Central Europe bv

Aufbringen  43

1

1 Verglaste Bereiche bei Nacht. 2 Blick auf die Lesebereiche in den oberen Geschossen. 3 Das reflektierende Glas überlagert das Papyrusmuster der Paneeloberflächen mit Spiegelungen der Umgebung.

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2

schleiert. Zugleich liefert es einen subtilen Hinweis auf die Nutzung. Darüber hinaus dient das punktförmige Raster auf der Fassade zur Verringerung des einfallenden Son­ nenlichts zum Schutz der Bestände. Das Muster verleiht dem Glasvorhang materielle Präsenz und ist zusätzlich auch in die Betonpaneele der Innen- und Außenwände

eingebracht, um das allegorische Motiv der Papyrusstau­ de auf die verschiedenen, zu einer neuen Einheit zusam­ mengefassten Programmbereiche des Bibliothekgebäu­ des zu übertragen.

3

Universitätsbibliothek Utrecht

Aufbringen  45

Perforieren/Schneiden Einleitung Seit einigen Jahren haben sich durch computergesteuerte Schneidverfahren wie etwa der Laser-, Plasma- und Wasserstrahlschneidetechnik individuell perforierte und zugeschnittene Oberflächen als fester Bestandteil der Gestaltung etabliert. In vielen Fällen erlauben diese Fertigungstechniken die unkomplizierte Herstellung von Profilschnitten und Perforationen und ermöglichen die Nutzung einer großen Zahl flächiger Ausgangsmaterialien. Dies beginnt bei Kunststoff und Sperrholz und reicht über Glas und Edelstahl bis hin zu Materialien des vorgefertigten Bauens wie etwa Beton. Durch verhältnismäßig einfache Schnittvorgänge können Oberflächen und Bauelemente mit einer Vielzahl von Figuren und Mustern versehen werden, was andernfalls nur durch zusätzliche Fertigungsschritte oder unter Verwendung standardisierter Elemente möglich wäre. Auf der Ebene einzelner Bauteile werden durch unterschiedliche Perforations- und Profilschnittvorgänge nicht nur architektonische Gitterund Fassadenelemente hergestellt, sondern diese erhalten gleichzeitig durch ihre Durchlässigkeit und Perforation umweltbezogene Funktionen wie die Steuerung des Lichteinfalls, Raumklima und Raumakustik. Die Gestaltung der Perforationsmuster folgt den funktionalen Anforderungen, indem Größe, Form und Anordnung der erzeugten Öffnungen von spezifischen quantitativen Parametern bestimmt werden. Jüngere Arbeiten haben aber auch demonstriert, dass Schnitt- und Perforationsverfahren dazu genutzt werden können, bildhafte und andere äußere Eigenschaften der Oberflächen zur Geltung zu bringen. Neben den funktionalen und praktischen Aspekten treten hier gestalterische und kommunikative Eigenschaften in den Vordergrund. Oft beziehen sich die Schnitt- und Perforationsmuster auf den kulturellen Kontext, die vorhandene Umgebung oder ein mit ihr in Beziehung stehendes Bildmaterial. Auf diese Weise werden die quantifizierbaren und funktionalen Charakteristika der architektonischen Oberfläche erheblich erweitert. Am überzeugendsten sind wohl diejenigen Projekte, die den Versuch unternehmen, Funktion und Gestaltung als scheinbar entgegengesetzte Prinzipi-

en zu verbinden und eine Strategie zu entwickeln, die verschiedenen funktionalen Dimensionen der Öffnung, der Umhüllung und des räumlichen Übergangs durch entsprechende Perforations- und Schnittverfahren mit einer eigenen Bildhaftigkeit in Einklang zu bringen. Zum Beispiel wurde die transparente Aluminiumfassade der von AAVP Architecture in Zusammenarbeit mit Antonio Virga Architecte entworfenen Résidence André de Gouveia der Cité Internationale Universitaire in Paris durch ein mechanisches Stanzverfahren mit einem besonderen Siebmuster versehen, das ein grafisches Motiv entstehen lässt, welches bewusst auf das traditionelle portugiesische Pflastermuster verweist, das auch hier in der unmittelbaren Nachbarschaft vorgefunden wird. Auf ähnliche Weise bezieht sich die Installation Hairywood von 6a Architects auf ein den Entwurf bestimmendes Bild- und Schnittmotiv – in diesem Fall auf die Locken der Märchenfigur Rapunzel. Die auf der Sperrholzverkleidung der Installation entstandenen Muster und Figuren ermöglichen es nicht nur, das Tageslicht in das Turminnere zu leiten, sondern auch, die Außenverkleidung des Turms als Leichtbaukonstruktion auszuführen. Demgegenüber haben Herzog & de Meuron für das De Young Museum eine Kupferfassade mit einem präzisen Lochmuster versehen, das ein ähnliches Lichtspiel wie das des Sonnenlichts in den Kronen der umstehenden Bäume erzeugt und auf diese Weise die bildhaften Eindrücke der umgebenden Natur als materielle Eigenschaften der Gebäudehülle interpretiert. Insgesamt dokumentieren die folgenden Projekte nicht nur die zunehmende Verbreitung von CNC-gesteuerter Schnitt- und Perforationstechnik in der Architektur, sondern unterstreichen die sich daraus ableitenden Möglichkeiten der architektonischen Gestaltung. So können durch verhältnismäßig einfache Produktionsschritte die möglichen Funktionen und Effekte der Gebäudehülle signifikant gesteigert werden. Auf diese Weise optimieren die verschiedenen Profilschnitt- und Lochmusterverfahren nicht nur die quantitativen, praktischen Aspekte der Gebäudehaut sowie deren wirkungsbezogene Potenziale, sondern versehen auch die Oberfläche mit innovativen Eigenschaften.

Perforieren/Schneiden  47

1

48

Sfera Building Kioto, Japan; Claesson Koivisto Rune (CKR)

1 Die neue Gebäudefassade inmitten traditioneller Altbauten von Gion. 2 Das Licht- und Schattenspiel der umliegenden Bäume diente als Inspirationsquelle. 3 Das Laub von Bäumen, wie es am Baugrund zusammengetragen war, diente den Architekten als Ausgangsidee für die Gestaltung der Gebäudehülle. 4 Das Blattmuster wurde in ein gleich­ mäßiges Punktraster umgewandelt, das ein einfaches Produktionsverfahren ermöglichte.

Das Gebäude wurde als ein in Privatbesitz befindliches Kulturhaus konzipiert, das Kunstgalerien, Läden, Restaurants und Cafés aufnimmt. Einem bestehenden Betonbau im Zentrum von Gion, einem Stadtteil von Kioto, wurde zu  diesem Zweck von dem Stockholmer Architekturbüro Claes­son Koivisto Rune (CKR) eine neue Identität verliehen. Insbesondere war eine zeitgenössische Interpreta­ tion lokaler Ästhetik und Gestaltung mit Blick auf die vielen historischen Gebäude in Gion gefordert. Wichtig für den Entwurf waren lokale Material- und Verarbeitungstechniken wie beispielsweise die Shoji-Wandschirme aus Reisstrohpapier sowie das Schattenspiel der umliegenden Bäume. CKR entwickelte eine schleierartige

2

3

Fassade, die ähnliche Lichteffekte erzeugen sollte. Der Fassadenschirm aus Titan-Paneelen zeigt ein Lochmuster, das von einem CNC-gesteuerten Laser in drei verschiedenen Durchmessern als Motiv überlappender Blätter in die Oberfläche gefräst wurde. In einem Abstand von 2 m vor der Gebäudehülle gewährt der perforierte Schirm tagsüber vielfältige Ausblicke und wirft blattförmige Schattenmuster nach innen. Nachts ist die schleierartige Außenhülle mit grün getöntem Licht hinterleuchtet, sodass der Wandschirm von der Straßenseite aus transparent ist und das gesamte Gebäude wie eine überdimensionale Laterne erscheint.

4

Architekten

Claesson Koivisto Rune, Stockholm, Schweden

Fertigstellung

2003

Bauherr

Shigeo Mashiro, Ricordi & Sfera Co.

Planung

Mårten Claesson, Eero Koivisto, Ola Rune, Kumi Nakagaki, Patrick Coan

Bauträger

Sugawara Construction Co., Ltd.

Perforieren/Schneiden  49

1

50

2

3

1 Die perforierten Paneele ergänzen sich mit dem Blattwerk und dem Schattenspiel der umliegenden Bäume. 2 Ein fertiges Paneel trifft auf der Baustelle ein. 3 Das Detail der Titanpaneele zeigt das durch zwei verschiedene Lochgrößen erzeugte ­Blattmuster. 4 Im Eingangsbereich setzt sich die Außenhülle im Gebäudeinneren fort.

Sfera Building

4

Perforieren/Schneiden  51

1

1 Die Lochmuster in der stählernen Schale bilden die japanische Rempukusou-Blume auf dem Teich nach.

52

Leaf Chapel Kobuchizawa, Japan; Klein Dytham architecture Die Leaf Chapel wurde 2004 von Klein Dytham architecture aus Tokio für den Außenbereich des Risonare Hotel Resort in Kobuchizawa, Japan, entworfen – ein einzigartiger Ort mit Blick auf den Yatsugatuke-Gipfel und den Fujiyama. Hier sollte ein profanes Gebäude für Hochzeiten und andere Feierlichkeiten entstehen. Ein Raum wird durch zwei bewegliche „Blätter“, jeweils einer Schale aus Glas und aus Stahl umschlossen. Beide können mechanisch nach oben beziehungsweise unten gefahren werden, um den Innenraum der Kapelle zu öffnen oder zu schließen. Die leichte Schale aus Glas mit einer doppelt gekrümmten Oberfläche erinnert mit ihrer Pergola-ähnlichen Kons-

2 In die perforierte Stahlhülle eingelassene Linsen aus Acrylglas lassen das Tageslicht durchscheinen. 3 Reflektionen der umgebenden Landschaft überlagern sich mit den bildhaften Perforationen und dem Innenraum der Kapelle. 4 Die Stahl- und Glas-„Blätter“ der ­Kapelle.

2

3

Architekten

Klein Dytham architecture, Tokio, Japan

Fertigstellung

2004

Bauherr

Risonare (Hoshino Resort)

Leitung

Astrid Klein, Mark Dytham

Planung

Yoshinori Nishimura, Yukinari Hisayama

Tragwerksplanung

Arup Japan

Ausführung

Rinkai Nissan Kensetsu, Construction Co. Ltd.

truktion an dicht verzweigte Blattadern. Die weiße Stahlhülle mit 4 700 Lochöffnungen, deren jede mit einer Linse aus Acrylglas besetzt ist und die in Blumenmustern angeordnet sind, gleicht einem Spitzenschleier. Tagsüber projiziert die Sonne im Inneren der Hülle ein spektakuläres Lichtspiel, das den Hintergrund der Hochzeitsfeiern illuminiert. Wenn der Bräutigam am Ende der Zeremonie den Schleier der Braut hebt, bewegt sich hinter dem Hochzeits­ paar die 11 t schwere Stahlschale geräuschlos nach oben und eröffnet mit großer Theatralik den Blick auf die umliegenden Berge und den angrenzenden Teich.

4

Perforieren/Schneiden  53

1

54

Restaurant Aoba-Tei (AIP) Sendai, Japan; Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe

1 Die umlaufende Stahlfläche im Gebäu­ de­inneren verbindet die beiden Stockwerke des Restaurants. 2 Die Zelkove ist eine charakteristische Baumart für die Landschaft von Sendai. 3 Schnittdetail der perforierten Stahlfläche mit Bezug auf die Herstellungstechnik. 4 Abwicklung der komplexen Geometrie der Stahlfläche im Innenraum in zweidimensionaler Darstellung als Vorbereitung für die Herstellung.

Das französische Restaurant Aoba-Tei im japanischen Sendai wurde nach dem Entwurf des Architekten Hitoshi Abe in ein bestehendes Gebäude eingefügt. Im Mittelpunkt des Entwurfskonzeptes steht eine „Oberfläche mit weichen Grenzen“, die als „organische Membran“ zwischen den angrenzenden Räumen vermittelt und gleichzeitig eine umlaufende Auskleidung des Innenraums bewirkt. Die komplex gekrümmte Stahlfläche bewegt sich vertikal und horizontal durch das gesamte Gebäude, sodass die beiden Geschosse des Restaurants eine Einheit bilden.

Die Stahlfläche bestimmt nicht nur die räumliche Aufteilung im Inneren des Restaurants, sondern stellt auch die visuelle Verbindung zum bestehenden Äußeren und dem Freiraum her. Das Lochmuster der Stahlpaneele basiert auf dem Foto eines Zelkoven-Blätterdachs und spiegelt auf diese Weise die charakteristische Landschaft Sendais wider. Mit Hilfe einer CNC-Steuerung wurde das Lochmuster in verschiedenen Durchmessern (4 mm, 6 mm und 9 mm) im Abstand von jeweils 15 mm in die Stahlfläche gefräst. Durch die geringe Auflösung des zugrunde lie-

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2

3

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Architekten

Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe, Sendai, Japan

Fertigstellung

2005

Bauherr

Aoba-Tei

Planung

Hitoshi Abe, Naoki Inada, Yasayuki Sakuma

Tragwerksplanung

Arup Japan, Isao Kanayama, Tatsuo Kiuchi

anlagenplanung

SOGO CONSULTANTS, Tohoku, Haustechnik: Sadao Kobayashi, Isao Satoh, ­ Elektroinstallation: Kazunori Nakashima, Kenichi Hino

Lichtplanung

Masahide Kakudate Lighting Architect & Associates, Masahide Kakudate, Junko Watanabe

Grafikdesign

ASYL DESIGN, Naoki Sato, Hiromi Nishi

Konstruktionsplanung

Hokushin Kouei Co. Ltd., Chikao Sugawara, Nobuo Kawashima

Innenliegende Stahlhülle

Construction: TAKAHASHI KOGYO Co.Ltd., Kazushi Takahashi, Kazuhide Takahashi, Yoshiaki Onodera, Hiroyuki Haga; Structural Consultant: Suwabe Architectural Office, Structure Lab., Suwabe Takahiro

Möbelausstattung

TENDO Co. Ltd

Perforieren/Schneiden  55

1

1 Die verschiedenen Lochgrößen der Perforation ahmen die Form der Zelkove nach. 2 Schnitt. 3 Serie von Querschnitten durch die Stahlfläche. 4 Diagramm der gesamten Membran im Gebäudeinneren. 5 Die Hinterleuchtung des Lochmusters bewirkt ein Licht- und Schattenspiel, das den Eindruck eines echten Zelkove-Baums entstehen lässt.

56

2

genden Bildes entsteht eine Serie von hinterleuchteten, gerasterten Interferenzmustern mit weichen, organischen Grenzverläufen. Für die anspruchsvolle Aufgabe, die ex­ trem dünnen, 2,3 mm starken Stahlplatten in eine komplexe geometrische Form zu überführen, griff der Architekt Hitoshi Abe auf das Wissen und die Technologie der lokalen Schiffsbauindustrie zurück. Erst damit war es möglich, die durch digitale Entwurfsverfahren erzeugten dreidimensionalen Formen in einzelne, zweidimensionale Elemente zu unterteilen, diese auf der Baustelle exakt zu verformen und als kontinuierliche Membran zusammen­ zubauen.

Wie die Krümmung der Stahlfläche in Grundriss und Schnitt des Gebäudes die organischen Formen der umliegenden Bäume imitiert, erweckt die Anordnung des Lochmusters mit seinen Lichteffekten den vertrauten räumlichen Eindruck, unter einem Baum zu stehen. Auf diese Weise verbindet Abes Konzept der „Oberfläche mit weichen Grenzen“ zwei verschiedene Ansätze: Zum einen handelt es sich bei der umlaufenden Stahlfläche um ein räumliches Instrument, das alte und neue Elemente des Gebäudes in Einklang bringt. Zum anderen verbindet sie mit ihrer bildhaften Oberfläche das Innere des Restaurants mit dem Raum unter dem Blätterdach entlang der Jozenji-Straße.

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Restaurant Aoba-Tei (AIP)

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1 Die innere Membran tritt durch ihre bildhafte Gestaltung in einen Dialog mit dem landschaftlichen Außenraum. 1

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2 Blick von der Straße auf die Stahlfläche.

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Restaurant Aoba-Tei (AIP)

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Pachinko Tiger Kagitori (PTK) Sendai, Japan; Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe (in Zusammenarbeit mit Asao Tokolo)

1 Um die Eingänge des Gebäudes zu markieren, ist der großflächige Fassadenschirm an den beiden äußeren Enden eingeschnitten. 2 Pachinko-Kugeln. 3 Typisches Fassadenpaneel. 4 Die Fassade bei Nacht.

Zusammen mit dem Grafikkünstler Asao Tokolo entwickelte der in Sendai ansässige Architekt Hitoshi Abe zwei Fassadengestaltungen für das Kasino-Unternehmen in Sendai, eine davon für das Pachinko Tiger. Die 60 m x 12 m große Fassadenfläche liegt als überdimensionale Werbetafel direkt an den angrenzenden Parkplätzen. Ihr orthogonales Raster besteht aus standardisierten Aluminiumpaneelen mit einer Feldgröße von 1 m², die mittels einer CNC-gesteuerten Oberfräse in einem identischen strahlenförmigen Lochmuster mit Durchmessern von 13,3 mm, 20 mm und 29 mm perforiert wurden. Durch Wiederholung und Drehung wurden die identischen Elemente zu einer großen Vielfalt an Figuren und Mustern zusammengestellt und in sieben Gruppierungen auf der nahezu symmetrischen Fassadenfläche so angeordnet, dass ein sich

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3

wiederholendes Wellenmuster in eine informelle Gruppierung übergeht und in der Mitte ein regelmäßiges Kreisraster entsteht. Diese an Pachinko-Kugeln erinnernde Muster schaffen den Eindruck dreidimensionaler Tiefe in der flachen Fassadenfläche. Die perforierte Aluminiumverkleidung ist etwa 20 cm vor der Putzfassade angebracht und zu beiden Gebäudeseiten eingeschnitten, um die beiden Eingänge des Kasinos hervortreten zu lassen. Tagsüber lässt die Perforation der Außenhaut auf der dahinterliegenden Wand Schattenfiguren entstehen, die mit dem vorderen Lochmuster visuelle Interferenzmuster und Moiré-Effekte bilden. Bei Dunkelheit ist die Außenhaut hinterleuchtet und dient als visuelles Leitsystem für das Kasino sowie zur Beleuchtung der Parkplätze.

4

Architekten

Hitoshi Abe + Atelier Hitoshi Abe in Zusammenarbeit mit Asao Tokolo, Sendai, Japan

Fertigstellung

2005

Fassadengestaltung

Asao Tokolo

Tragwerksplanung

Arup Japan

Haustechnik

Arup Japan

Ausführung

Konoike Construction Co, Ltd.

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1

1 Der Fassadenschirm verleiht dem bestehenden Gebäude ein neues Aussehen. 2 Um eine größere Anzahl von Mustern und Gruppierungen zu erhalten, wurden die Fassadenpaneele gedreht.

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Pachinko Tiger Kagitori (PTK)

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Hairywood London, Großbritannien; 6a Architects

1 Der periskopartige Turm mit Beobachtungsstand. 2 Das Motiv erweckt Assoziationen mit der Lockenpracht der Märchenfigur ­Rapunzel. 3 Typisches Paneel. 4 Das Muster läuft um die Ecken und ­umfängt den Körper mit einer einheit­ lichen Oberfläche.

Die temporäre Installation Hairywood, 2005 von der Architecture Foundation in London in Auftrag gegeben, erkundet die Verbindungen zwischen Architektur und öffentlichem Raum. Das Projekt ist in Zusammenarbeit des Londoner Architekturbüros 6a Architects mit dem Grafikdesigner Eley Kishimoto entstanden. Es steht am Eingang der Galerien der Architecture Foundation an der Old Street und schafft Abstand zum dichten Straßenleben. Die Sperrholzwände des Turms sind mit einem Muster versehen, das Erinnerungen an Rapunzels Haar aus der Märchenwelt weckt. Das alle Seiten übergreifende Muster wurde mit einem Laser in gewöhnliche Sperrholzplatten

geschnitten und dafür in sechs verschiedene, aneinander anschließende Teilmuster zerlegt (von denen wiederum zwei als zusätzliche Variation umgekehrt wurden). Die märchenhaften Schnittfiguren lassen bei Tag im Inneren des Turms ein lichtes Schattenspiel entstehen und den Gebäudekörper bei Dunkelheit einer Laterne gleichen. Eine Aussichtsplattform auf dem Dach bietet einen „öffentlichen Raum für zwei“. Aus der Sicht der Architekten vereint der Turm eine wirtschaftliche Bauweise und die technische Präzision digitaler Produktionsmethoden mit romantischen Konnotationen von geschütztem Raum und gestaltetem Ort.

2

3

Architekten

6a Architects, London, Großbritannien

Fertigstellung

2005

Bauherr

The Architecture Foundation

Grafikdesign

Eley Kishimoto

Tragwerksplanung

WSP Engineers

Bauträger

John Perkins Projects

Bedruckung

Allan Williams

Laserzuschnitt

Capital Lasers

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1 Die Fassadenabwicklung zeigt die sechs verschiedenen Paneeltypen. 2 Der fertiggestellte Turm am Covent Garden. 3 Der Turm dient als Eingangsbereich für die inneren Galerieräume. 4 Treppendetail im unteren Bereich des Turms.

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Hairywood

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Résidence André de Gouveia Paris, Frankreich; Vincent Parreira (AAVP Architecture) und Antonio Virga Architecte

1 Mit der perforierten und vergoldeten Aluminiumhülle wendet das Gebäude der Öffentlichkeit eine Art halb transparente Tapete zu. 2 Detail der perforierten Aluminiumhülle. 3 Der umgebende Freiraum ist mit einem calçada-Pflastermuster gestaltet, das in den Lochmustern der Aluminiumhülle wieder aufgenommen wird.

Die Résidence André de Gouveia, das portugiesische Haus der Cité Internationale Universitaire in Paris, ist umge­ben von historischen Gebäuden wie der Fondation Suisse von Le Corbusier oder der Fondation Franco-Brésilienne, die Le Corbusier gemeinsam mit Lucio Costa entworfen hat. Im Jahr 2005 wurde das in Paris ansässige Architekturbüro AAVP Architecture beauftragt, die in den 1960er

Jahren gebaute Résidence mit einer neuen architektonischen Identität wiederzubeleben. Dies geschah mit einer einzigartigen vergoldeten Aluminiumfassade aus 1,15 m x 2,50 m großen Paneelen, die mit zwei verschiedenen Perforationsgrößen (20 mm x 4 mm und 25 mm x 7 mm) bearbeitet wurden. Die Perforationen ließen ein Bild ähnlich einem calçada-Muster entstehen, wie es in der traditionellen Pflasterkunst in Portugal verwendet wird und auch im

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3

Architekten

Vincent Parreira (AAVP Architecture) mit Antonio Virga Architecte, Paris, Frankreich

Fertigstellung

2007

Bauherr

International University of Paris, Fundação Calouste Gulbenkian

Projektleitung

Nicolas Jouard

Projektmanagement

Vincent Parreira mit Antonio Virga

Konformitätskontrolle

BTP Consultant, Rony Chebib

Kostenplanung

Camebat, Gilles Pasquier

Akustikplanung

Peutz

Lichtplanung

Vincent Thiesson

Haustechnik

Laumond Faure

Beschilderung

FM Studio

Fassadenplanung

Métallerie Sarthoise

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1 Die Außendarstellung wird in Form von Lichteffekten in das Gebäudeinnere übertragen. 2 Der vorgehängte Fassadenschirm erzeugt auf den inneren Gebäudeoberflächen ein Schattenspiel mit dem calçadaMuster. 3 Nachts wirkt die Gebäudehülle wie ein nahezu transparenter Schleier.

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umgebenden Freiraum zu finden ist. Für die neue Fassade wird dieses Motiv als eine Art transluzente Tapete interpretiert. Das durch die Perforation dringende Lichtspiel erzeugt vertraute Muster, aber auch einen umhüllenden

Schleier. Durch die Gestaltung mit vergoldetem Material und die barocke Musterung noch unterstrichen, weckt die „Moucharabieh”-Haut Erinnerungen an die prächtigen Paläste und Residenzen Portugals.

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Résidence André de Gouveia

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1 Detailansicht eines beweglichen Alumi­ niumpaneels. 2 Aus der Schrägansicht erscheint die Fassade als blickdichte, goldfarbene Oberfläche. 3 Faltbare Aluminiumpaneele bilden fensterartige Öffnungen in der Außenhülle. 4 Detail der Aluminiumverkleidung bei Nacht.

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Résidence André de Gouvéia

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1 Die Kupferfassade des Turms.

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de Young Museum San Francisco, Kalifornien, USA; Herzog & de Meuron

2 Fotografien des Blätterwerks bilden die Grundlage für die Gestaltung der Fassade. 3 Detail. 4 Zeichnung der einander überlagernden Stanz- und Perforationsmuster.

Nachdem die in San Francisco beheimatete Institution durch Erdbeben Ende der 1980er Jahre stark beschädigt und schließlich im Jahr 2000 geschlossen worden war, schufen die Basler Architekten Herzog & de Meuron eine neue Heimat für das De Young Museum. Das dreigeschossige Gebäude mit ca. 27.100 m2 Gesamtfläche wurde im Jahr 2005 eröffnet. Der Bau gliedert sich in drei parallel angeordnete Körper. Die äußeren Gebäudekanten sind eingefaltet und eröffnen Zwischenzonen für Garten- und

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Freiräume. Dies erlaubt, die vielfältige Sammlung in verschiedenen räumlichen Situationen und mit Bezug auf den benachbarten Golden-Gate-Park zu präsentieren. Die umlaufende Kupferfassade verbindet nicht nur die verschiedenen Baukörper miteinander, sondern gibt dem Museum gegenüber dem angrenzenden öffentlichen Park auch materiellen Ausdruck. Aus der natürlichen Umgebung wurde die Idee entwickelt, die Lichteffekte des durch die Baumkronen schei-

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Architekten

Herzog & de Meuron, Basel, Schweiz

Fertigstellung

2005

Bauherr

Corporation of the Fine Arts Museum of San Francisco

Projektleitung

Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Christine Binswanger, Ascan Mergenthaler

Projektarchitekten

Mark Loughnan (Associate), Jayne Barlow

Planung

Christopher Haas, Roger Huwyler, Thomas Jacobs, David Jaehning, Luis Játiva, Lisa Kenney, Philipp Kim, Martin Knüsel, Nicholas Lyons, Dieter Mangold, Mario Meier, Thomas Robinson, Anita Rühle, Mehrdad Safa, Roman Sokalski, Bernardo Tribolet, Marco Volpato

Projektarchitekten (Vorentwurf)

Jean-Frédéric Lüscher (Associate), Ascan Mergenthaler

Zusammenarbeit

Rémy Zaugg, Basel

Partnerarchitekturbüro

Fong & Chan Architects, San Francisco

Gesamtplanung

Herzog & de Meuron, Basel

Bauträger

Swinerton Builders, San Francisco

Landschaftsarchitektur

Hood Design, Oakland

Fassadenplanung

A. Zahner Company, Kansas City

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1

1 Detail. 2 Die Kupferverkleidung des Turms mit Perforationen in unterschiedlichen Größen. 3 Die umgebende Landschaftsgestaltung scheint sich in der Gestaltung der Kupferfassade zu materialisieren.

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nenden Tageslichts mit Hilfe der Kupferfassade zu imitieren. Zunächst arbeiteten die Architekten mit digitalen Fotografien der Umgebung und projizierten dann Bilder der Bäume mit hohem Kontrast und geringer Auflösung auf die Fassadenansichten und den vierseitigen Turm des Neubaus. Anschließend wurden die grobkörnigen Flächen in mehr als 3 Millionen Perforationen und Stanzungen übersetzt und auf 7 200 Kupferpaneele angewendet, die das Hauptgebäude und den Turm einfassen. Um die

Variationen der Perforationen und Stanzungen zu kontrollieren, fertigten die Architekten in enger Zusammenarbeit mit den Fabrikanten eine Reihe von Gipsmodellen an. Erforderlich war die exakte Bestimmung der Materialstärke, des Bohrdurchmessers und der Bohrrichtung sowie die Auswahl spezifischer Formen auf den Paneeloberflächen, um die gewünschten Effekte in Bezug auf Materialität und Erscheinungsbild mit einer CNC-gesteuerten hydraulischen Stanzmaschine zu erzielen. Die Abstände des Ras-

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3

ters wurden durch die von der Stanzmaschine vorgege­ benen Fertigungs- und Toleranzwerte mitbestimmt. Um eine Vielzahl unterschiedlicher Oberflächen zu erhalten, wurde das Produktionsverfahren bis auf eine Maßtoleranz von 1/32" (0,8 mm) ausgereizt, um durch eine Drehung der 99 cm breiten Kupferplatten die beidseitige Bearbeitung zu ermög­lichen. Die unbehandelten Paneele der Kupferfassade verleihen der Außenhülle ihre materielle Erscheinung. Sie ver-

De Young Museum

ändern sich in Abhängigkeit von den witterungsbedingten, salzhaltigen Luftströmen des nahen Pazifischen Ozeans. Die Gebäudehülle bringt so die Eigenschaften der natürlichen Umgebung in Einklang mit der Architektur. Sie ist gleichzeitig von dem Versuch geprägt, die Bildqualitäten der Fotografie in eine Vielfalt materieller Effekte und Erscheinungen zu überführen, sodass für den Besucher ein maßgeblicher Bezug zwischen dem Park und dem Museum entsteht.

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2

1 Die Perforation der Außenhaut verleiht dem Turm ein transluzentes Erscheinungsbild. 2 Für die Herstellung der Außenhülle wurden die Bildaufzeichnungen in Rasterbilder umgewandelt. 3 Manchmal erscheint die perforierte Außenhaut wie ein Schleier über der dahinterliegenden Konstruktion.

De Young Museum

3

Perforieren/Schneiden  79

Schichten Einleitung Herkömmliche mehrschalige Gebäudehüllen erfüllen stets eine Vielzahl unterschiedlicher Anforderungen. Dies umfasst nicht nur umweltbezogene Funktionen wie Regenschutz und Klimatisierung, sondern auch verschiedene Anforderungen an Sicherheit und Wartung sowie mediale Aspekte. Als sehr frühes Beispiel für eine mehrschichtige Gebäudehülle gilt die in Giengen, Deutschland, im Jahre 1903 erbaute Fabrikhalle für die Firma Steiff. Die dreigeschossige doppelschalige Vorhangfassade regulierte dort nicht nur das Innenraumklima, sondern ermöglichte ebenso einen maximalen Tageslichteintrag. Auch die Moderne experimentierte für größere Projekte mit zweischaligen Gebäudehüllen, wie etwa Le Corbusier in den frühen 1930er Jahren mit seinen Entwürfen für die Cité de Refuge und das Immeuble Clarté in Paris. Heute sind mehrschalige Gebäudehüllen allgemein verbreitet. Zusätzlich zu den funktionalen Eigenschaften verleiht der mehrschichtige Aufbau der Gebäudehülle oftmals eine größere räumliche Tiefe. Diese entsteht aus der gestalterischen und konstruktiven Überlagerung von mehreren oftmals unabhängigen, jedoch aufeinander bezogenen Schichten und den verwendeten Materialien. Die damit einhergehende größere Tiefe der Außenhülle moduliert den Übergang zwischen dem Außen- und Innenraum, macht ihn langsamer, schützt zugleich das Gebäudeinnere und verleiht der Fassadenoberfläche ein vielschichtiges Erscheinungsbild. Viele Fassaden aus diesen Jahren machen sich die Trennung von Innen- und Außenhaut zunutze, um unterschiedliche Wirkungen der Gebäudeoberfläche zu erzeugen – einfache Moiré-Effekte beispielsweise oder durch komplexe Überlagerungen verschiedener Materialien und Muster entstandene Interferenzmuster. Bei den vom Architekturbüro Kumiko Inui geplanten Projekten Dior Ginza und Louis Vuitton Hilton Plaza in Osaka manifestiert sich diese Vielschichtigkeit in einem dünnwandigen Fassadenaufbau, der durch feine Verschiebungen optische Muster erzeugt, welche eine räumliche Tiefe der Au-

ßenhaut simulieren. Im Fall des von Studio M entworfenen Airspace Tokyo weisen die voneinander getrennten Fassadenebenen jeweils unterschiedliche Muster auf, die für eine optische Interferenz zwischen dem öffentlichen Raum und den halb öffentlichen Bereichen im Gebäudeinneren sorgen. In vielen Fällen ist auch der Luftraum zwischen den Fassadenebenen entscheidend. Dieser verstärkt die verschiedenen Eigenschaften der Außenhülle und ermöglicht variierende Zwischenabstände sowie oftmals auch Lichteffekte, welche die Gebäudehülle als einen vielschichtigen, zwischen dem Innen- und Außenraum angesiedelten Organismus erscheinen lassen. Während sich diese Ansätze durch die tatsächlich vollzogene oder vorgetäuschte Überlagerung von materieller Tiefe und Räumlichkeit sowie der sinnlichen Wahrnehmung befassen, setzen sich andere Projekte mit bestimmten Zeichen und Symbolen auseinander, die weniger die materiellen Charakteristika als vielmehr repräsentative Eigenschaften betonen. Dazu gehört beispielsweise die ikonografische Fassadengestaltung der Kunstakademie Sint Lucas von FAT. Mit ihrer Vermischung von Figuren und Mustern verweist die Außenhülle auf historische und gegenwärtige Bezüge, die gemeinsam eine Geschichte über das Gebäude und den Ort erzählen. Auf diese Weise bildet die Auseinandersetzung mit dem sachlichen Kontext die wesentliche Grundlage für die äußere Gestaltung des Projekts. Es entsteht eine formale und zeichenhafte Komplexität, die sich aus vielen, oftmals widersprüchlichen Schichten zusammensetzt. Für viele Projekte in diesem Kapitel bietet die Vielschichtigkeit der Gebäudehülle die Gelegenheit, neue Materialkonzepte und erweiterte Ausdrucksmöglichkeiten zu erforschen. Obwohl sich die hier gezeigten Gebäudehüllen in ihrer räumlichen Wirkung stark unterscheiden, verfolgen sie alle das Ziel, die aus der Überlagerung von Oberfläche, Raum und Zeichen erzeugten Effekte in einheitliche und übergreifende entwurfliche Konzepte einzubinden.

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Die Oberfläche als Manifest Sam Jacob, Fashion Architecture Taste (FAT)

Als politische Aussage blickt die dekorative Oberfläche auf eine lange Tradition zurück. Zum Beispiel William Morris: In seinen aufwändig gestalteten Tapeten erkennt man zunächst ein üppiges Blattwerk, das sich, wie in seiner Akanthustapete von 1875, vielfach dreht und windet. Doch das Anheimelnde des floralen Dekors kann im 21. Jahrhundert statt dessen als ein radikales politisches Manifest verstanden werden. Neben seiner Arbeit als Entwerfer verfasste Morris literarische Texte und nahm an politischen Auseinandersetzungen teil. Wenn man seine Akanthustapete seinen Texten gegenüberstellt, wird schnell eine unmittelbare Verbindung zwischen visuellen, textuellen und ideologischen Bezügen klar. In seinem Roman News From Nowhere beschreibt Morris die Utopie einer sozialistischen Agrargesellschaft. Diese Science-Fiction-Erzählung schildert ein London nach einer Revolution, in dem die Houses of Parliament zu einer Düngemittelhandlung geworden sind, die Bevölkerung farbenprächtige handgewebte Kleidung trägt und Kensington Gardens sich zu einem Wald ausgewachsen hat, in dem Kinder zwischen Bäumen in die Schule gehen. Es entsteht die politische Vorstellung eines mittelalterlichen Ideals mit Parallelen und Bezügen zu Morris‘ eigener Entwurfspraxis. Die Akanthustapete kann als Fortsetzung seiner literarischen Fantasien verstanden werden, als ein Zwischenreich zwischen dem Imaginären und dem Realen. Für Morris beinhalteten gestaltete Gegenstände immer auch eine politischen Botschaft. Zeitweise traten politische Interessen an die Stelle seiner gestalterischen Tätigkeit, etwa als er 1884 die Socialist League gründete. Während dieser Jahre entwickelte sich eine enge Freundschaft zu Friedrich Engels, dessen Erfahrungen mit der britischen Industrialisierung erheblich zum Kommunistischen Manifest beitragen sollten. Bei allen Unterschieden nahmen Morris und Engels beide Bezug auf die veränderten gesellschaftlichen Bedingungen der Industrialisierung. Und für Morris waren auch gestaltete Gegenstände politisch. Seine Tapeten und Stoffe waren eine andere Art des politischen Manifests. In seinen Entwürfen formulierte Morris eine Gegenposition zu den Auswirkungen der Industrialisierung. Die entwerferisch geschaffenen Objete können als „polemisches Totem“ begriffen werden. Indem sie eine eigene Realität manifestieren, gehen sie über die Möglichkeiten eines Textes hinaus. Das rankende Blattwerk der Akanthustapete versetzt den Betrachter in die landwirt-

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2

schaftliche Utopie. Die suggerierte ländliche Idylle verleiht dieser Vision durch ihre starke Bildhaftigkeit eindrucksvolle grafische Präsenz. Die räumliche Tiefe des Musters lässt die Szenen auf der Tapete lebendig werden, ein wenig wie in dem Kinderbuch Wo die wilden Kerle wohnen, wo es im Schlafzimmer des kleinen Helden plötzlich lebendig wird. Die Akanthustapete gerät zu einer politischen Aussage, die den Betrachter umgibt, sie wird zu seiner ganz eigenen Umgebung: Dekor als utopische Applikation.

„Taste Not Space“ So wie Morris von der Überzeugung an eine aktive politische Dimension des Dekors getragen war, wird in gewisser Weise von allem Gestalteten etwas Politisches an die Oberfläche gebracht. Diese politische Dimension ist gewöhnlich in einem Phänomen verschlüsselt, das in der Architektur gemeinhin als ephemer und oberflächlich betrachtet wird: dem Geschmack. Der Geschmack ist für FAT zentral für die Frage, wie Architektur funktioniert. Der Slogan „Taste not Space“ („Geschmack statt Raum“) stellte für ein noch sehr junges Architekturbüro einen zugegebenermaßen recht abenteuerlichen (und selbstbewussten) Ansatz dar. Die stark politisierte Phrase ist an den während der englischen Bergarbeiterstreiks in den 1980er Jahren formulierten Slogan „Coal not Dole“ („Kohle statt Stütze“) angelehnt, der für die tragische ideologische Auseinandersetzung der Thatcher-Jahre zwischen der alten Linken und den neoliberalen Anhängern einer freien Marktwirtschaft steht, die ganze Gemeinden zerstörte. Die Aneignung dieser politischen Reminiszenz sollte den Glauben an das politische Wesen der Architektur stärken.

1 William Morris, Akanthustapete (1875). 2 Aufnahme aus dem „Shopping“-Projekt von FAT mit den von Gilbert and George sowie Sue Webster und Tim Noble gestalteten Einkaufstüten (2000). 3 Strohgedeckte Bushaltestelle aus dem Projekt „Roadworks“ von FAT (1996).

„Taste Not Space“ besagt, dass „stilistischen“ oder „gestalterischen“ Aspekten, die von der Architektur oft als frivol oder ephemer abgetan werden, tatsächlich die Kultur innewohnt, Wert und Qualität, also sozialpolitische Inhalte. Der Slogan „Taste Not Space“ wollte somit die verbreitete Grundposition in der Architektur der Jahrtausendwende umkehren, „Raum“ sei das bestimmende Medium von Architektur und deren Praxis bestehe in der abstrakten Handhabung von Raum. Der damals in der Mainstream-Architektur herrschende Vorrang des Raums vor der Oberfläche bedeutete zugleich den Vorrang der Abstraktion vor den politischen und kulturellen Bezügen. Für uns aber gilt das Gegenteil: Architektur kommuniziert über ihre Oberflächen und beschreibt darin jenen Moment, in dem sie in einen Dialog mit der Umwelt, den Nutzern, dem Kontext tritt. „Taste Not Space“ schreibt damit dem am meisten negativ besetzten Aspekt der Architektur-Kultur neuen, höchsten Wert zu. Eine Kultur, deren Kern das ex­trem anspruchsvolle Konstruieren von Bildern bildet, findet vielleicht an diesem Punkt jene Bedeutung, nach der Architektur heute so sehnsüchtig verlangt. Es ist nicht möglich, dem Räderwerk der Kultur zu entkommen und umfassende architektonische Abstraktion zu erreichen. Sobald die Architektur sich den äußeren Umständen aussetzt, wird sie durch die umgebende Kultur überschrieben. In Kategorien des Geschmacks wird bestimmt, ob und wie die Objekte funktionieren sollen; so will es unsere Kultur, ob die Objekte wollen oder nicht. Der Geschmack rahmt die Sicht auf die ästhetisch gestalteten Objekte und legt in diesem Rahmen soziale und politische Schichten über alles. Aus dieser Perspektive betrachtet kann die Sprache der Architektur niemals abstrakt oder einfach sein, sondern ist stets von komplexer Natur und von sozialer und politischer Bedeutung geprägt.

Die Oberfläche als Manifest

3

Aktion / Bild / Interaktion Die ersten der Parole „Taste Not Space“ folgenden Projekte nahmen die Form ephemerer Architekturexperimente im urbanen Umfeld oder in Momenten städtischer Wechselbeziehungen an – Werbeflächen an Bushaltestellen, das Ritual des Austauschens von Visitenkarten, Verkaufsschilder der Immobilienmakler, Einkaufstaschen etc. Als Momente der Interaktion zwischen der Stadt und ihren Bewohnern boten sich solche Situationen für eine Verwandlung an. Künstler, Entwerfer und andere Kulturschaffende wurden eingeladen, mit Kunstwerken die normalen inhaltlichen Bezüge dieser Orte zu verwandeln: So wurden aus Bushaltestellen Kunstgalerien, Visitenkarten enthielten keine Kontaktdaten mehr, sondern wurden zu Kunstwerken, und anstatt über die Verfügbarkeit von Grundstücken zu informieren, berichteten die Verkaufsschilder für Immobilien von der Kultur ihrer Anwohner. Die Inbesitznahme von Orten mit kommunikativen Funktionen hatte ihren Ausgangspunkt in der Idee genommen, die Beziehung von Kunst und Publikum grundsätzlich in Frage zu stellen, indem die Kunstgegenstände außerhalb ihrer

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galerietypischen Umgebungen ausgestellt wurden. Völlig unerwartet trat dabei die Bedeutung von Kommunikation selbst in den Mittelpunkt, die Auffassung des städtischen Gefüges als Information. Dies wurde an den Bushaltestellen deutlich, deren Funktionalität umfunktioniert wurde, um über „Liebe“ zu sprechen, wie im Fall von Sue Webster und Tim Noble, die ein Leuchtschild mit dem Schriftzug „Forever“ auf dem Dach einer Haltestelle aufstellten und damit ein Graffito von Jugendlichen in eine urbane Geste verwandelten, oder in Beaconsfield, wo mit dem Ziel, über Wohneigentumspolitik zu sprechen, Strohdächer die kleinen öffentlichen Bauten in Traumvillen verwandelten. Die genannten und viele weitere Beispiele machten klar, dass Architektur auch auf einer Ebene stattfinden kann, die ihr dezidierte Bedeutung verleiht. Durch die Übertragung der Strategien und Bestrebungen zeitgenössischer Kunstpraxis auf den urbanen Kontext wurden neue Möglichkeiten für die Architekturproduktion eröffnet. Auf diese Weise kann sich auch die Architektur artikulieren, über kulturelle Ideen, persönliche Geschichten, Liebe etc. sprechen. In direkter Anlehnung an künstlerische Praktiken sind Strategien der Aneignung wie Collage, Juxtaposition und Repräsentation zu wichtigen Werkzeugen der Architekturproduktion geworden. Projekte, die anfangs durch Aktionen und Events ihre Bedeutung gewannen, mündeten nun in einer Architekturform, die mit und durch die Aneignung und Anwendung von Bildinhalten arbeitete.

Architektur und Sprache Wird die Architektur nicht als abstraktes, sondern als darstellendes Projekt aufgefasst, erhalten Fragen des Inhalts eine vollkommen neue Bedeutung: Was genau repräsentiert oder kommuniziert die Architektur eigentlich und warum? Wenn sich die Architektur über Bedeutung, Symbolik und ihre Erzählfunktion klar werden soll, müssen diese Komponenten neben der Ausschreibung, dem Programm und dem Budget als fundamentale Bestandteile eines Architekturprojektes verstanden werden. Vor diesem Hintergrund hat FAT in einer Reihe von Projekten mit der Entwicklung einer „repräsentativen“ Architektur begonnen.

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Das Blue House: Architektur als Information Das Blue House, ein Wohn- und Bürohaus in London, zeigt eine stilisierte Ikonografie, die auf das Gebäudeprogramm anspielt. In der Art einer Werbetafel wird das Bild eines Wohnhauses auf das im Maßstab angepasste Bild eines Bürohauses aufgebracht. Auf der Gartenmauer wächst ein zweidimensionaler Baum. Das Gebäude arbeitet mit der Artikulation des Programms Wohnen und Arbeiten durch eine comic-hafte Bilderwelt und verleiht einem Typus, dem es normalerweise an äußerer Ausdruckskraft mangelt, eine neue öffentliche Form. In diesem Fall ist Architektur das Übertragen von Information auf den urbanen Maßstab. Islington Square: Die Fassade als soziale SchnittstellE Ein Wechselspiel aus zwei gegensätzlichen Positionen bildete die Entwurfsgrundlage für dieses Sozialwohnungsbauprojekt. Von Anfang an waren die Bewohner in den Planungsprozess eingebunden. Jedoch stand ihre Wunschvorstellung nach einem typischen Reihenhaus im Widerspruch zum vorliegenden Bebauungsplan, der städtische und wesentlich größere Wohnblöcke vorsah. Es wurde also eine Fassade entwickelt, die einerseits auf eine traditionelle Wohnform anspielt, sie dann aber durch avantgardistische Strategien wie Maßstabsveränderung, Juxtaposition, Schnitte etc. verfremdet. Die Fassade fasst den ganzen Straßenblock zusammen und verleiht den zweigeschossigen Wohnhäusern damit eine stärkere städtische Präsenz. Die architektonische Ausdruckskraft manifestiert sich in der Fassade, die als Schnittstelle zwischen der häuslichen Individualität der Anwohner und dem urbanen Kontext vermittelt. Villa de Heerlijkheid: Die AuSSenhülle als Supergrafik Gemeinsam mit dem benachbarten Park namens „Heerlijkheid“ („Herrlichkeit“) stellt die Villa in Hoogvliet, einem Vorort von Rotterdam, neue Kulturund Gemeinschaftseinrichtungen zur Verfügung. Das Entwurfskonzept wollte eine Architektursprache entwickeln, die die Stadt von heute in all ihren widersprüchlichen Qualitäten einer „New Town“ der Nachkriegszeit, ihrer Organisation, Typologie und Architektursprache zum Ausdruck bringt. Das Äußere lässt sich als Supergrafik bezeichnen, deren Inhalte aus der umliegenden Landschaft abgeleitet sind: der industriellen Infrastruktur mit Raffinerie und Hafen, der

1

2

Fülle der Natur, den Wohntypologien etc. Die Erfindung dieser neuen expressiven öffentlichen Architektursprache steht in Einklang mit dem ­Programm der Villa, die die sehr unterschiedlichen Aktivitäten der sehr unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen von Hoogvliet unter einem Dach zusammenbringt. Das Gebäude spricht die Sprache seiner Rolle als sozialer Mittelpunkt.

Die von Morris angestrebte mittelalterliche Umdeutung des Natürlichen erzeugte eine Sprache und einen Inhalt, die gemeinsam zur Radikalisierung und Aktivierung seiner Entwürfe führten. Dies ist als Teil seiner Reaktion auf die viktorianische Industrialisierung zu sehen. Für FAT steht heute, am anderen Ende der industriellen Revolution, eine andere Idee von Sprache und Inhalt im Vordergrund. Die Politisierung architektonischer Inhalte verlangt nach einer Sprache der Gestaltung, die ihre Umwelt zum Ausdruck bringt und sich auf diese einlässt. Durch die Auseinandersetzung mit der Sprache, den Codes und den Mechanismen des Geschmacks vermag Gestaltung ihre politische Position zum Ausdruck zu bringen. Der Geschmack wird selbst zum Inhalt, er versucht auf diese Weise die normativen Kulturbezüge kurzzuschließen und damit eine Form des politischen Widerstands zu manifestieren.

Oberfläche / Geschmack / Kultur In Morris’ Entwürfen artikulierten sich einstmals bestimmte Inhalte und Herstellungstechniken als Form des politischen Widerstandes gegen die Kräfte und Wirkungen der Industrialisierung. Umgekehrt fand die Industrialisierung durch die hervorgebrachten Gegenstände und die damit verbundene gesellschaftliche Prägung ihren Niederschlag in dem, was Herbert Gans als „Geschmackskulturen“ bezeichnet.1 Indem die Frage des Geschmacks als zentrale Schnittstelle zwischen Gestaltung und Gesellschaft agiert, erhält auch die Oberfläche neue politische Bedeutung.

1 „Neon House“ von FAT (2000) interpretiert ein Haus als Information, in der man wohnt. 2 Beispiel eines von den Nutzern gestalteten Wohnraums im Projekt in New Islington (2006): eine offene Kaminstelle in Holz- und Lehmziegelbauweise.

1 Vergleiche hierzu Herbert J. Gans, Popular Culture and High Culture: An Analysis and Evaluation of Taste, New York, Basic Books: 1974.

Die Oberfläche als Manifest

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de pattern

Airspace Tokyo Tokio, Japan; Faulders Studio

1 Wie ein dichter Strauch oder ein Blätterdach schwebt die doppelschalige Außenhaut über der Straße. 2 Ansicht der übereinandergelegten Innen- und Außenschichten der Doppelfassade. 3 Blick von innen durch die Doppel­ fassade.

Der viergeschossige, multifunktionale Neubau wurde von dem Architekten Hajime Masubuchi vom Tokioter Architekturbüro Studio M entworfen. Die Planung des Gebäudes wurde durch die Vorgeschichte des Baugrundstücks geprägt, auf dem sich zuvor ein traditionelles Einfamilienhaus und eine etwa 4 m breite, dicht begrünte Vegetationszone befunden hatten. Wegen des beträchtlich größeren Neubaus musste außer dem Altbau auch seine ungewöhnliche grüne Umgebung zu Beginn der Bauarbeiten entfernt werden. Die Form des 2007 fertiggestellten Neubaus entspricht den Nutzungen und Nutzergruppen: Die beiden unteren Geschosse bieten Raum für das Modegewerbe, Produkt-

fotografie, private Veranstaltungen, Fortbildungen etc. Die beiden oberen Geschosse nehmen vier loftartige­Privatwohnungen auf, die im Norden an der Straße liegen und im Süden auf den Garten im Innenhof ausgerichtet sind. Das Gebäude liegt direkt an einer verkehrsintensiven Fünffach-Kreuzung im Tokioter Stadtviertel Ota-ku. Deshalb sollte die Straßenfassade, mit deren Gestaltung Faulders Studio aus San Francisco beauftragt wurde, die ­vormalige Vegetationszone aufgreifen und einen schützenden Zwischenraum als atmosphärischen Grenzbereich zwischen Umwelt und Gebäudeinnerem bilden. Über das zelluläre Muster und die zweischichtige Ausführung der

e pattern

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Architekten

Faulders Studio, San Francisco, Kalifornien, USA

Fertigstellung

2007

Planung

Studio M, Tokio

Fassadenplanung

Faulders Studio

Digitale Fassadengestaltung

Proces2

Bauträger

Yamamoto Tech Co.

Fassadenbau

TONY Co., Ltd.

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1 Die zweischichtige Fassade schirmt das Gebäude von der Straße ab und übernimmt damit eine Funktion des ursprünglichen Grünraums auf dem Grundstück. 2 Vor den Bädern und Schlafzimmern in den oberen Geschossen sind die Hohlräume in der zweischichtigen Fassade enger gehalten. 3 Bei Nacht moduliert die Fassade die Blickbeziehungen zwischen Innen- und Außenraum und erzeugt mit den geometrischen Formen der Hohlräume ein abwechslungsreiches Licht- und Schattenspiel auf der Straße.

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­ assade ergibt sich ein solcher direkter Rückbezug auf die F früheren Strukturen, aufgehoben in einer 20 cm dicken Ge­ bäudehülle. Die massiven 1 m x 2 m großen Paneele der zweischichtigen Gebäudehülle sind aus Aluminium Composite Material (ACM) gefertigt, einem Material, das auch zur unterseitigen Lärmdämmung der hoch gelegenen Stadtautobahnen von Tokio verwendet wird. Gemeinsam mit der Firma Proces2 für digitales Design entwickelte Faulders Studio in einem digitalen Entwurfsverfahren eine Reihe von geometrischen Mustern, die aufeinandergelegt Hohlräume entstehen lassen, welche beide Schichten der Fas-

sade durchdringen. Der sich ergebende zellenartige Zwischenraum wirkt als Grenzbereich zwischen öffentlichem und privatem Raum. Es ist ein dynamischer Bereich entstanden, der die Blickbeziehungen zwischen innen und außen kontrolliert. Dichte und Durchlässigkeit der einzelnen Felder sind so definiert, dass sie Blickbeziehungen zum öffentlichen Raum ermöglichen, während die Badeund Schlafzimmer in den oberen Geschossen gegenläufig zur Fassade ausgerichtet sind. Wie die Natur das alte Gebäude umgeben hatte, dient das aufwändige Hüllsystem als Pufferzone und verbirgt zudem schützend die vielfältigen Nutzungen und Funktionen des Gebäudes.

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Airspace Tokyo

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Villa de Heerlijkheid Hoogvliet, Niederlande; Fashion Architecture Taste (FAT)

1 Die Ikonografie der Fassade überzieht die blaue Box der Villa mit Symbolen der industriellen und ländlichen Bezüge von Hoogvliet. 2 Ansicht der Eingangssituation mit den verschiedenen Schichten der Gebäudehülle. 3 Die Seitenansicht zeigt die vorgehängte Holzverkleidung.

In Hoogvliet, einer nach dem Zweiten Weltkrieg nach dem Vorbild der New Town errichteten Vorstadt von Rotterdam, entstand dieses Kultur- und Gemeindezentrum inmitten eines Landschaftsparks, der ebenfalls von FAT gestaltet wurde und erweiterte Nutzungen ermöglicht. Das Gesamtprojekt wurde in Zusammenarbeit mit WiMBY! entwickelt, einer Ideenschmiede, die zuvor auch mit der Stadterneuerung von Hoogvliet beauftragt war. Gemeindezentrum und Park sollten zusammen die gewünschte soziale Verdichtung erreichen. Auch die Architektursprache sollte eine neue prägnante Identität in der Stadtlandschaft schaffen.

Auf Sommerfestivals, vor der Kulisse von Bühnenanlagen, die ebenfalls von den Architekten gestaltet waren, testeten FAT und WiMBY! erste Konzepte für das Gemeindezentrum und den angrenzenden Park. Es entstand eine Art Lexikon von Farben, Formen und Motiven, das aus der Geschichte von Hoogvliet, den Aktivitäten der Stadtbewohner und den jährlichen Sommerfesten schöpfte. Die Villa und der Heerlijkheid-Park sind ein Destillat dieser Studien über soziale Organisation und Darstellung. Clubs und Kulturveranstaltungen der Stadt haben hier eine neue Heimat gefunden.

2 0

5

Architekten

Fashion Architecture Taste (FAT), London, Großbritannien

Fertigstellung

2008

Partnerarchitekten

Korteknie Stuhlmacher

Landschaftsarchitektur

FAT Architects i.s.m. dS+V

Projektsteuerung

Vestia Rotterdam/ WiMBY!

Konstruktionsplanung

Pieters Bouwtechniek

Bautechnik

Boersema Installatietechniek

Kostenkontrolle

PRC Verschoor

3 0

5

Schichten  91

1

1 Den Eingang markiert ein märchenhafter Vorbau aus goldfarbenen Bäumen. 2 Die geschichteten und verschmelzenden Figuren verleihen dem einfachen stummen Gebäudekörper Ausdruck und Bedeutung.

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Erklärtes Ziel des Entwurfs war es, eine Architektur für die Identität der vorstädtischen New Town im 21. Jahrhundert zu entwickeln. Als selbsterklärter „decorated shed“ (dekorierter Schuppen) weist die Villa eine hinterlüftete Fassade aus Holzfaserplatten auf, die an die industrielle Geschichte von Hoogvliet erinnern. In Form und Namen verweist sie auf die doppelte Bedeutung von „heerlijkheid“: „Herrlichkeit“ oder „feudales Gutshaus“. Die figuralen und bildhaften Elemente der modulierten Oberfläche stellen auch Bezüge zur natürlichen Umgebung und

zu den bukolischen Idealen her, von denen die New Towns teils ideell, teils banal geprägt waren: ein goldfarbener Wald voller comic-hafter Bäume, industrielle Strukturen und Fensterbänder. Diese Figuren rahmen die Blicke aus dem Gebäude in die Landschaft. Damit karikiert die Villa die inneren Gegensätze der New Town (idyllisch und industriell, ländlich und städtisch), indem sie Schichten von Differenz und Individualität übereinanderlegt und daraus den Ausdruck für das Gebäude und seine Stadt erzeugt.

2

Villa de Heerlijkheid

Schichten  93

1 Die Fassadenschichten spiegeln die gegensätzlichen Eigenschaften der Stadt.

1

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2 Das Baummotiv der Umzäunung erinnert an einen Comic und stellt eine abstrakte Verbindung mit der natürlichen Umgebung her.

2

Villa de Heerlijkheid

Schichten  95

1

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John Lewis Department Store Pattern Set

1 Die zweifach gemusterte Doppelfas­ sade umläuft die Gebäudekanten des John Lewis Department Store. 2 Die verschiedenen Muster schaffen unterschiedlich Grade von Transparenz. 3 In der Frontalsicht verleihen die beiden Pattern Set Pattern Set dann deckungsgleichen Muster der Fassade Tiefe.

38,78%

Pattern Set Leicester,

Großbritannien; Foreign Office Architects

Als Teil einer größeren Stadterneuerungsmaßnahme wendet sich der Entwurf für das Warenhaus gegen die ausdruckslosen Gebäudehüllen der großen Einkaufsbauten in der Umgebung. Diese wurden oft mit blickdichten Fassaden versehen, um dem Einzelhandel größtmögliche Flexibilität bei der immer neuen Gestaltung der Läden zu ermöglichen. Im Gegensatz dazu bezieht sich der Entwurf des Londoner Architekturbüros Foreign Office Architects auf das Einkaufen als ein physisches Erlebnis, auch in Reaktion auf die Einkaufsmöglichkeiten im Internet, als Er-

43,47%

37,60%

Architekten Average Transparency 38.53%Average Transparency 38.53% Fertigstellung

Average Transparency 38.53%Average Transparency 38.53%

32,25%

lebnisraum für Käufer und Passanten. Das Entwurfskonzept bietet die erforderliche Flexibilität, ohne aber den städtischen Bezug aufzugeben. Stadttypische kulturelle und historische Ausdrucksformen sollen den Block beleben und das Freizeiterlebnis steigern. Das Fassadensystem mit doppelter Verglasung lässt einen netzartigen „Vorhang“ entstehen, der das Innere abschirmt und trotzdem natürliche Belichtung und Aus­ blicke auf die Stadt zulässt. Auf jede der beiden Fassadenschichten wurde ein Frittenmuster aufgebracht, ein

2

3

Foreign Office Architects, London, Großbritannien 2008

Bauherr

Shires GP Limited : Hammerson plc./ Hermes plc.

Planung

Farshid Moussavi & Alejandro Zaera-Polo with: Bastian Beilke, Oliver Bridge, Ben Braham, Christoph Dubler, Leo Gallegos, Fabio Giulianini, Stefan Hoerner, Robert Holford, Kensuke Kishikawa, Hikaru Kitai, Homin Kimn, Nicolas Laurent, Friedrich Ludewig, Roger Meadow, Daniel Moyano, Carmen Sagredo, Maria Schattovich, Lukas Sonderegger, Penny Sperbund, Azizah Sulor, Chris Seung-woo Yoo.

Tragwerksplanung

Adams Kara Taylor

Bauträger

Sir Robert McAlpine

Projektmanagement

Cyril Sweett

Beratender Planer

Donaldsons LLP

Verkehrsplanung

Waterman Burrow Crocker

Licht- und Elektroplanung (Fassade):

Goodmarriott and Hursthouse Ltd

Fassadenplanung

Emcor Engineering Services Ltd

Schichten  97

1

1 Der Versatz der beiden gemusterten ­F assadenschichten vermittelt Passanten ein changierendes, sich ständig veränderndes Bild. 2 Zwischen den beiden Fassadenschichten. 3 Der Luftraum zwischen den Schichten der Fassade bietet Zugang für Wartungsarbeiten. 4 Blick auf die Stadt durch die doppelschalige Außenhülle.

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2

den Archivbeständen entnommenes Textilmuster mit kulturellen Verweisen  – auf 200  Jahre Textilgeschichte der Stadt ebenso wie auf durchscheinende Saris, wie sie von den zahlreichen südasiatischen Einwanderern in Leicester getragen werden. Das Muster ist auf jeweils vier Paneelen mit unterschiedlicher Dichte aufgetragen. Durch ihre nahtlose Fügung verleihen sie der Gebäudehülle die Anmutung einer Textilie. Die innere Glasschicht ist mit einem Muster aus keramischen Fritten überzogen, während die reflektierenden Fritten auf der äußeren Schicht je nach Sonnenstand wechselnde Fragmente der Stadt einfan-

gen. Frontal von den Verkaufsebenen aus betrachtet erscheinen die beiden Schichten deckungsgleich und erlauben Blicke in den städtischen Außenraum, während die Schrägansicht vom Straßenniveau aus eine Verschiebung mit Moiré-Effekt erzeugt und das Gebäude weniger durchsichtig erscheinen lässt, während zugleich die visuelle Komplexität der Fassade erhöht wird. Muster und Schichten schaffen ein architektonisches Gewebe, das den Außenraum hereinholt, zugleich das Innere abschirmt und dabei kulturellen Traditionen durch bildhafte und materielle Qualitäten Ausdruck verleiht.

3

John Lewis Department Store

4

Schichten  99

1

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Louis Vuitton Hilton Plaza Osaka, Japan; Office of Kumiko Inui

1 Ansicht der hinterleuchteten Fassade bei Nacht. 2 Fassadenaufbau. 3 Die verschiedenen Fassadenschichten.

Das für den Louis Vuitton Store in Osaka vom Tokioter Architekturbüro Kumiko Inui entwickelte Fassadenkonzept ist als Nachrüstung für eine bestehende Vorhangfassade angelegt. Die dem Bahnhof von Osaka zugewandte Fassade wurde durch eine Konstruktion aus mehreren Schichten mit 60 cm Gesamtstärke ergänzt. Diese liegt hinter einer äußeren Glashaut in vertikaler Flucht zu der darüber ansetzenden Fassade des Gebäudekomplexes. Die vertiefte Fassade wurde mit einem Gitternetz aus Edelstahl ausgeführt, das mit einer bedruckten, nahezu durchsichtigen Folie hinterlegt ist. Die Linien des Edelstahlgitters verstärken das Rautenmuster der bedruckten

2

Folie und erinnern an das Firmenlogo von Louis Vuitton. Reflektiert und gebrochen in den hochglanzpolierten Oberflächen des Stahlgitters, interagieren die immateriellen Linien der bedruckten Folie mit dem materiellen Gitter – ein Spiel mit der Wahrnehmung, das nur gelegentlich von scheinbar schwebend hineingesetzten Vitrinen unterbrochen wird. Die vertraute typografische Gestalt des Firmenlogos wird in ein grafisches Gesamtsystem und eine materielle Struktur überführt, auf einer architektonischen Oberfläche, die zwischen materiellen und immateriellen, zwei- und dreidimensionalen Erscheinungen oszilliert.

3

Architekten

Office of Kumiko Inui, Tokio, Japan

Fertigstellung

2004

Fassadengestaltung

Office of Kumiko Inui

Tragwerksplanung

Space and Structure Engineering Workshop

Innenarchitektur

Louis Vuitton Malletier and Higo Design Associates

Konstruktionsplanung

Tekenaka Corporation and Takashimaya Space Create

Schichten  101

1

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2

1 Das Muster der Fassade wird nur von scheinbar schwebend hineingesetzten Vitrinen unterbrochen. 2 In der Schrägansicht verschwindet das diagonale Stahlgitter hinter der reflektierenden Glasschicht.

Louis Vuitton Hilton Plaza

Schichten  103

1

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Dior Ginza Ginza, Chuo, Tokio, Japan; Office of Kumiko Inui

1 Die geschlossen wirkende Fassadenfläche verwandelt sich bei Nacht in einen durchbrochenen Schleier mit aufscheinendem Markenzeichen von Dior. 2 Das weiße Finish der Außenhaut bildet in der steppmusterartigen Perforation das Markenzeichen von Dior ab.

Das Architekturbüro Kumiko Inui wurde mit dem Entwurf der Fassade für das Christian-Dior-Gebäude in einem der bekanntesten Einkaufsviertel Tokios beauftragt. Ein Geflecht aus diagonalen Linien überzieht die glatte Gebäudehülle und verschleiert die tatsächliche Größe des Bauwerks sowie die innere Aufteilung und die unterschiedlichen Nutzungen der Geschosse. Die Architekten ließen sich vom Flechtmuster der Handtasche „Lady Dior“ inspirieren und übertrugen dieses Muster auf den Maßstab der städtischen Öffentlichkeit. Die Fassade wurde als zweischalige Konstruktion ausgeführt und besteht aus zwei voneinander unabhängigen, jeweils 10 mm starken Schichten aus Aluminium. Während die äußere Schicht mit Hilfe einer CNC-gesteuerten Fräs-

maschine gleichmäßig perforiert wurde, wurde die innere Schicht im Siebdruckverfahren behandelt. Zwischen beiden Schichten liegt ein 34 cm breiter Luftraum, der unter Einsatz modernster Glasfasertechnik beleuchtet wird. Beide Fassadenschichten lassen das einprägsame Flechtmuster unmittelbar erkennen. Dessen Verkleinerung auf der bedruckten inneren Fassadenschicht um 30 % bewirkt zudem einen wolkigen Moiré-Effekt. Im Kontrast zu den hier allgegenwärtigen grellen elektronischen Anzeigen gewinnt die Fassade dadurch etwas von einer Erscheinung, einem geisterhaften Gebäudekörper, der sich ganz und gar mittels der Lichteffekte der sorgfältig aufeinander abgestimmten Fassadenschichten artikuliert.

2

Architekten

Office of Kumiko Inui, Tokio, Japan

Fertigstellung

2004

Fassadengestaltung

Office of Kumiko Inui

Tragwerksplanung

Shimz Corporation

Innenarchitektur

Christian Dior Couture Architecture; Architecture & Associates; Higo Design Associates

Konstruktionsplanung

Shimz Corporation, Takashimaya Space Create

Schichten  105

1

1 Die Schaufenster sind auf Straßen­ niveau in die Fassade eingelassen. 2 Detail der mehrschichtigen Fassade.

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2

3

4

3 Die Doppelfassade besteht aus einer perforierten und einer bedruckten Schicht, getrennt durch einen 34 cm tiefen beleuchteten Luftraum. 4 Aus der Entfernung wirkt die Fassade zurückhaltend, in wohltuendem Kontrast zur umliegenden Bebauung.

Dior Ginza

Schichten  107

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2

1 Nachts wird die perforierte Oberfläche rückseitig beleuchtet. 2 Detail der Interferenzen der gegeneinander verschobenen Fassadenschichten. 3 Das Gebäude als Lichterscheinung, ein Unterschied wie Tag und Nacht.

Dior Ginza

3

Schichten  109

Formen/GieSSen Einleitung In der heutigen Architektur werden bei der ornamentalen Gestaltung häufig Fertigungsmethoden angewendet, die sich auf Guss- und andere Formungsprozesse verformbarer Materialien stützen. Zum Teil ist die zunehmende Verbreitung von Guss- und Formverfahren der Tatsache geschuldet, dass durch die Wiederholung und Modularität einzelner Elemente besonders wirtschaftliche Vorfertigungs- und Produktionsprozesse möglich werden. Während standardisierte Verfahren traditionell diversen Einschränkungen unterliegen, ­verspricht die zunehmende Flexibilität von Guss- und Formtechnik vielfach verbesserte technologische und konzeptionelle Umsetzungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Dies beginnt bei den Thermo- und Vakuumformtechniken und reicht bis zum aktuellen Superforming- und Spritzgussverfahren. Seit einigen Jahren erlaubt die auf diese Weise gewonnene Flexibilität bei der Herstellung individueller Gusselemente die Realisierung von geometrisch komplexen Oberflächen und Elementen. Die vielleicht eindrucksvollsten Ergebnisse werden erzielt, wenn die individuell gefertigten, entweder identischen oder unterschiedlichen Einzelteile zu einem größeren Verbund zusammengefügt werden und dabei vielfältige Oberflächen, Muster oder Ornamente entstehen. Innerhalb dieser Anordnungen bleiben die einzelnen Elemente, falls sie überhaupt als solche identifiziert ­werden können, dem Gesamtverbund untergeordnet. Gleichzeitig entstehen ­dabei Muster und Figuren, die kaum Rückschlüsse auf die benötigten Her­ stellungs- und Aufbauschritte zulassen. Andere Beispiele zeigen, dass die ornamentale Gestaltung aber auch in den materiellen und strukturellen Eigenschaften der einzelnen Bauteile liegen kann. Hier entsteht eine systematische Ornamentik, die aus der Wiederholung von Einzelteilen und Anordnungsmustern stetig wachsende Felder und Oberflächen erzeugt. Die Form- und Gusstechniken waren in der Vergangenheit von den verschiedenen Guss- und Formvorlagen abhängig, vorzugsweise solchen, die wiederverwendbar oder günstig herzustellen waren. Demgegenüber haben aktuelle Form- und Gussverfahren von der zunehmenden Verbreitung digitaler Fertigungsmethoden profitiert, sodass heutzutage viele Architekten in der Lage sind, mit maßgefertigten Gussformen zu arbeiten, die mittels computergestützter Steuerung aus Schaumstoff, Holz und Metall gefräst werden und die deshalb verschiedene Materialien und ungewöhnliche Gestaltungsformen in

das Gussverfahren einzubringen erlauben. Zum Beispiel illustriert das Büround Fitnesscenter von Rüdiger Lainer + Partner Architekten die handwerkliche Herstellung individueller Gussformen, welche die serielle Fertigung selbst­ ähnlicher Aluminiumpaneele ermöglichen. Dies ist auch bei dem von Lyons Architects entworfenen Mornington Center der Fall, bei dem durch die Kombination von herkömmlichen mit individuell angefertigten Ziegelsteinen ein abwechslungsreiches Fassadenmuster entsteht, welches Erinnerungen an regionale Holzkonstruktionen weckt. Der direkte Zugriff auf die Gestaltung der Formteile und der individuellen Gussformen für die Ziegelsteinproduktion versetzte die Architekten in die Lage, bei der Gebäudefassade ein Höchstmaß an Vielfalt und materieller Differenzierung zu erreichen. Einen gänzlich anderen Ansatz verfolgten Herzog & de Meuron mit ihrem Projekt 40 Bond Street. Sie überführten zweidimensionale Graffitizeichnungen aus der New Yorker Innenstadt in dreidimensionale Liniengrafiken, die die Basis für den Entwurf der Umzäunung der in den unteren Geschossen befindlichen Wohnungen bildeten. Anschließend wurden diese aus gefrästen Schaumstoffformteilen in Aluminiumguss gefertigt. Die einzelnen Gussteile wurden in die großflächige und kontinuierliche Gesamtform der Einzäunung integriert, die zugleich komplex und kleinteilig erscheint. Demgegenüber versuchten Hild und K Architekten mit ihrer Fassadensanierung in Berlin die geschichtlichen Spuren des historischen Wohnhauses buchstäblich in die neue Putzfassade einzuprägen. Mit dem entstandenen Flachrelief wurden die Unterschiede zwischen Vergangenheit und Gegenwart nicht nur sichtbar gemacht, sondern so inszeniert, als ob diese bereits zum ursprünglichen Entwurf und Bau gehört hätten. Die Beispiele in diesem Kapitel zeigen eine Vielzahl ornamentaler Gestaltungen, die aus unterschiedlichen Form- und Gusstechniken entstanden sind. Sie erzielen Modulationen der Oberfläche und der Gestalt mit prozessualen und konzeptionellen Mitteln. Diese Projekte profitieren nicht nur von den technischen Errungenschaften avancierter Fertigungsmethoden für die Herstellung spezieller Guss- und Formteile, sondern präsentieren ein breites Spektrum an Ansätzen, welche sich die Eigenschaften und formalen Gestaltungsmöglichkeiten der Einzelelemente und des Gesamtverbundes zunutze machen und ein Höchstmaß an Vielfalt und Differenzierung erzeugen.

Formen/GieSSen  111

Gebäude Gebilde Gemenge Andreas Hild, Hild und K Architekten

Die gegenwärtige Architekturproduktion erscheint beherrscht von Objekten. Kaum ein Ding, auf das nicht Bezug genommen würde. Kisten, Wolken, Damenstrümpfe, auch eine unübersehbare Vielfalt von Blobs, Blasen und biomorphen Analogien werden zur Grundlage von Architektur. Die Attraktivität dieser Praxis für die Akteure liegt auf der Hand: Die einfache Wiedererkennbarkeit garantiert zumindest im Stadium des Entwurfs populistische, aber natürlich auch publizistische Zustimmung. Eine stark betonte Originalität kommt ohne weitere Erklärungen aus und kann ohne Vorkenntnisse konsumiert werden. Dies bedeutet einen großen Vorteil insbesondere im Wettbewerbswesen. Das Neue entsteht durch die Wahl eines bisher nicht für architektonische Zwecke adaptierten Objekts. Die Angemessenheit der jeweiligen Assoziation ist in den allermeisten Fällen nicht Gegenstand des Diskurses, es genügt eine vage verbalisierbare Verbindung zum Thema. Die Alternative zum damit umrissenen Gebilde bildet das Gebäude. Gebäude beziehen sich auf Häuser, auf den Bestand der gebauten oder auch gedachten Architekturen, um mit Aldo Rossi zu sprechen. Hieraus ergeben sich meist komplizierte und komplexe Bezüge, die eine schnelle und dadurch breite Architekturrezeption behindern. Dass Architekten, die sich explizit auf Gebautes beziehen, ihre Vorbilder häufig in früheren Stilepochen finden, erhöht den Widerstand, zumindest innerhalb der Kollegenschaft, ohne gleichzeitig zu einer populären Diskussion zu führen. Gebäude im oben genannten Sinne erscheinen oberflächlich betrachtet oft altmodisch oder erinnern im schlimmsten Fall an ungeliebte Architekturstile. Dagegen erscheinen architektonische Gebilde in der Tat meist neuartig und können dennoch von jedem gelesen werden. Beim Gebäude ist die etwaige entwerferische Originalität der Bilderwelt wesentlich schwieriger zu fassen, referiert sie doch auf bereits Gebautes und schafft erst dadurch etwas erkennbar und lesbar Neues.

Gebilde Die erwähnte strukturelle Originalität des Gebildes bewirkt zwangsläufig, dass dieses die notwendigen Funktionen eines Hauses nicht ohne weiteres aufnehmen kann. Es sperrt sich üblicherweise gegenüber allzu einfachen Versuchen, seine Gebrauchsfähigkeit herzustellen. Hieraus resultieren unterschiedliche

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Strategien der Integration gebräuchlicher architektonischer Formen in die Welt der Gebilde. (Man denke nur an all die Schiebeläden und bündigen Fenster, die benötigt werden, um das Bild der Kiste zu transportieren.) Das Gebilde kommt schon deshalb so gut wie nie “rein“ vor, stets ist es schon aus pragmatischen Gründen ein wenig kontaminiert mit Anleihen aus der Welt der Gebäude. Allein um seine Brauchbarkeit sicherzustellen ist es notwendig, genuin architektonische Elemente zu integrieren. Dieser Gedanke gipfelt in der Frage, wo in der berühmten venturianischen Ente denn nun die Tür sei und wie sie aussehe. Je weiter sich das Gebilde von architektonischen Formen entfernt, je weiter es in die Welt der Objekte vordringt, umso komplizierter und komplexer müssen die Erfindungen werden, die die Benutzbarkeit herstellen, und mit den Erfindungen nimmt natürlich auch das Risiko zu. Die technischen Wagnisse, die man eingehen muss, um ein Projekt wie beispielsweise das Kunsthaus in Graz zu realisieren, sind enorm. Aber je reiner die Form des Gebildes erhalten bleibt, desto höher ist der Grad der lesbaren Originalität. Für einen derartigen Gewinn an intellektuellem Prestige nehmen Architekten die damit einhergehenden Risiken häufig in Kauf.

Gebäude Anders beim Gebäude: Hier sind die technischen Risiken geringer. Schließlich beruft man sich auf Vorbilder, die zumeist einen großen Teil der Schwierigkeiten bereits gelöst haben. Die Problematik besteht höchstens darin, aktuellen technischen Erfordernissen entgegenzukommen, ohne das ursprüngliche Bild verloren zu geben. Das Maß der Erfindung ist hier wesentlich weniger spektakulär, zumal die Frage der Benutzbarkeit im Allgemeinen geklärt ist. Das Gebäude kommt an und für sich ohne Gebilde aus, wenn dem Verfasser  das vorgefundene Vokabular ausreicht. Dies ist jedoch selten der Fall. Die Gründe hierfür sind vermutlich auf Seiten der Rezeption zu suchen. Um eine etwaige Originalität bzw. Neuartigkeit der bloßen Kombination bisher nicht zusammengefügter architektonischer Bilder überhaupt zu erkennen, muss der Betrachter eine enorme, meist nicht voraussetzbare Vorbildung mitbringen.

So wie dem Gebilde die Brauchbarkeit zunächst einmal fehlt, fehlt dem Gebäude die augenscheinliche Originalität. Anders als bei den Gebilden ist die formale Erfindung im Bereich der Gebäude nicht zwingend. Wie aber kann sie hier dennoch entstehen?

Wie kommt das Neue in die Architektur? Die gängigen Ansätze stellen meist auf das linguistische Modell der Neukombination von Bekanntem ab. Was allerdings im Bereich der Sprache gut funktioniert – wer würde ernsthaft die Erfindung neuer Worte fordern, weil die alten bereits alle gesagt seien –, stellt sich in der Architektur weit weniger einfach dar. Zum einen kann hier nicht alles mit allem kombiniert werden, zum anderen lassen sich „neue Botschaften“ hier längst nicht so präzise formulieren wie mittels der Sprache. Vielleicht aber ist eine andere Frage ohnehin entscheidender: Warum entsteht Neues in der Architektur? Die Antwort scheint zunächst einfach: Veränderte funktionale Anforderungen machen neue formale Ausprägungen notwendig, heißt es meist. Dabei wird übersehen, dass – gemessen am Wandel der architektonischen Formenwelt – nur wenige wirklich neue Funktionen hinzutreten. Im Wohnungsbau beispielsweise ist in den letzten Jahrzehnten vermutlich lediglich die Betonung des Elementes Balkon neu hinzugetreten. Dennoch dürfte der Formenreichtum besonders auf diesem Gebiet nie so groß gewesen sein wie heute. Die viel plausiblere Antwort auf die Frage nach dem „Warum“ und damit auch nach dem „Wie“ von Neuem liegt vermutlich im Architekten selbst begründet. Spätestens seit die Moderne unter das Ideal der individuellen Künstlerpersönlichkeit auch den Architekten subsumiert hat, ist es diesem nicht mehr möglich, Bekanntes einfach nur zu übernehmen. Künstlerische Originalität verlangt nach einem aktiven Prozess der Inbesitznahme. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob diese Inbesitznahme bewusst oder unbewusst erfolgt. Eine Möglichkeit der Inbesitznahme (vermutlich eine unter vielen) ist das, was man wohlwollend als Verfremdung bezeichnet. Der Begriff meint in diesem Zusammenhang eine Veränderung des Bekannten, so weit gehend, bis dieses als eigene Idee erscheint oder zumindest als eigene Idee kommunizierbar wird. Negativ gewendet könnte man auch von einer Verwischung der Spuren sprechen. Beim Gebilde fällt die Verfremdung bereits mit dem Überführen der Form aus der Welt der Dinge in die Welt der Architektur zusammen. Bei einem Gebäude dagegen ist es nur bedingt möglich zu verfremden. Das ursprüngliche Vorbild wird beinahe immer erkennbar bleiben. Auch dieser

Gebäude Gebilde Gemenge

Umstand führt dazu, dass sich der Bezug auf Gebautes umso seltener einstellt, je stärker die künstlerische Autonomie des Architekten betont wird. Die bloße Neukombination der architektonischen Elemente ist nicht länger ausreichend, um etwas „Neues“ zu schaffen. Um diesem Dilemma zu entgehen, müssen die Gebäude anderweitig mit „Neuartigkeitspotenzial“ aufgeladen werden. Derzeit lassen sich verschiedene Verfremdungsstrategien erkennen. Die in unserem Zusammenhang interessanteste unter ihnen könnte man als Kontamination beschreiben. So wie Elemente des Gebäudes die Brauchbarkeit des originellen Gebildes garantieren, so stellen hierbei Elemente des Gebildes die Originalität des an sich brauchbaren Gebäudes sicher. Aus der Welt der Gebilde sickern formale Elemente in die Gebäudewelt ein, die Gebäude werden sozusagen mit ein wenig Gebilde kontaminiert. Was auf den ersten Blick als ein bloßer Kunstgriff in umgekehrter Richtung erscheint, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als differenzierte Kulturtechnik. Ist der Gebäudeanteil beim Gebilde nur eine pragmatische Notwendigkeit, um dieses realisierbar zu machen, so ist im umgekehrten Falle das Gebilde genau jener Anteil, der das Gebäude lesbar macht und ihm damit seinen Platz im architektonischen Diskurs sichert. Es entstehen Hybride, die man als Gemenge bezeichnen könnte. Diese beziehen zeitgenössische Gebäude auf den kulturellen und historischen architektonischen Kontext und ermöglichen damit eine Fortentwicklung eben dieses Kontextes.

Ein Modell des Umgangs mit architektonischen Formen Der skizzierten Vorstellung von Gebäuden, Gebilden und Gemengen liegt ein Denkmodell zugrunde, das der Architektur eine sprachliche Qualität zuschreibt. Dabei wird nicht unbedingt eine allgemeine Verständlichkeit von Bauten postuliert. Vielmehr geht es um ein Modell des Umgangs mit architektonischen Formen. Eine präzise Verständlichkeit ist schon deshalb unmöglich, weil manches Architekturbüro gar keine präzise Botschaft transportieren will. Die denkbaren Entwurfshaltungen variieren innerhalb einer Skala, deren Extreme sich markieren lassen etwa durch den Kuhstall von Lequeu, der eine hundertprozentige Verständlichkeit einfordert, oder die frühen Bauten von Coop Himmelb(l)au, die einen Zusammenhang zwischen Ausdruck und Formwillen komplett ablehnen. So kommen wir zur grundsätzlichen Frage nach der Auswahl der entwer­ ferischen Strategie, zur Frage, in welchem Kontext Gebilde und in welchem Gebäude angemessen sind.

Formen/GieSSen  113

1

2

Das Gebilde ist stets auf Kommunikation allein mit dem Betrachter aus. Seine kontextuellen Verweismöglichkeiten sind begrenzt. Gebilde verstehen sich eher als Teil einer Serie von Objekten und können als solche relativ zusammenhangslos nebeneinander stehen. Gebäude sind zuallererst auf die Kommunikation untereinander ausgerichtet. Erst der Umstand, dass sie einen kulturellen Zusammenhang mit anderen Gebäuden herstellen, bietet dem Betrachter einen Anknüpfungspunkt für die eigene Lesart an. Große Ansammlungen von Gebäuden, wie wir sie aus der europäischen Stadt kennen, vertragen schon aus diesem Grunde nur eine relativ begrenzte Anzahl von Gebilden. Das Gebilde hat als Einzelobjekt mit besonderer Bedeutung seine Berechtigung. Stadt aber ist syntagmatisch organisiert und damit auf „gegenseitige Erläuterung“ der einzelnen Häuser ausgelegt. Stadt spricht einen komplexen Dialekt, der durchaus einer entsprechenden Bildung bedarf, um gelesen zu werden. Insofern ist die Abweichung, die das Gebilde in die Stadt einbringt, mit Vorsicht zu genießen. Bei der Arbeit von Hild und K wägen wir ständig ab, wie viel Unbekanntes, wie viel Verfremdung wir uns erlauben können, ohne die Welt der Gebäude zu verlassen, gleichzeitig aber auch, wie viel Kontamination mit Gebilden nötig ist, um den entstehenden Gemengen auf möglichst vielen Feldern kommu­ nikative Anknüpfungspunkte zu sichern. Unsere Arbeit wird häufig unter dem Überbegriff des Ornamentalen subsumiert. Das Mitte der 1990er Jahre noch verfemte Ornament ermöglichte uns damals eine verfremdende Auseinan­ dersetzung mit vorgefundenen Baustilen mittels eines architektonischen Elements.

Aggstall So ist das Haus in Aggstall zuerst einmal ein ganz „normales“ Haus, das sich sogar eher auf die architektonisch nicht so gut beleumundeten Bauten des ländlichen Raumes bezieht. Motive wie der asymmetrische Giebel und der

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einseitige Dachüberstand verweisen eher auf den real existierenden Regionalismus als auf das vermeintlich architektonisch hochwertige autochthone Bauernhaus. Erst die Verwendung des Ornaments, eigentlich von norditalienischen Scheunen entlehnt, erzeugt eine Art Exotik, welche die Besonderheit des Gebäudes ausmacht. Dabei wird die zweite Lesart, die das Ziegelmuster als Verweis auf Strickpullover oder Spitzendeckchen auffasst, durchaus in Kauf genommen. Was entsteht, ist ein Gebäude mit rein architektonischen Wurzeln, das durch die dingliche Hinzufügung des textil interpretierten Ornaments genau jene Doppeldeutigkeit erzeugt, die in der Folge als architektonische Innovation wahrgenommen wird. Ein Gemenge im besten Sinne. Dabei geht es nicht um das Ornament als solches, sondern um den verfremdenden Aspekt, den es in diesem Fall zur vorgefundenen Architektur hinzufügt.

Berlin In diesem Sinn ist es eher Zufall, dass unsere Berliner Fassadensanierung ebenfalls mit einem Ornament arbeitet. Dieses hat hier die Aufgabe, die neue Fassade einerseits auf einen vergangenen Zustand zu beziehen, andererseits einen Zusammenhang mit der umgebenden Bebauung herzustellen. Der Putz des Gründerzeithauses war nach dem Krieg mit allen Profilen entfernt worden, lediglich die ursprüngliche Entwurfszeichnung ist erhalten. Was folgte, ist im Sinne der hier skizzierten Methodik eine Art doppelte Codierung. So wurde zwar die originale architektonische Zeichnung verwendet, aber nicht in der ursprünglich intendierten Form als bloße Vorlage, sondern als Zeichnung selbst, also als Gebilde, das auf das Gebäude aufgebracht wurde. Dies bewirkt zweierlei. Erstens entsteht durch den fotografischen Vergrößerungsprozess eine Verfremdung, die das Ornament dieser Zeichnung für das 20. Jahrhundert erst verwendbar macht. Zweitens findet ein Rückbezug auf die Historie des Hauses statt, der dazu führt, dass sich die zeitgenössische

1 Haus in Aggstall, Deutschland (2000). 2 Fassadensanierung in Berlin, Detail (1999). 3 Sportwissenschaftliches Institut BFTS, München (2004).

3

Architektur der Fassade sehr selbstverständlich zwischen den alten Nachbarhäusern behaupten kann. Die Gebäude wurden so mit ein wenig Gebilde (der Zeichnung) überlagert, um genau jenen Zustand zu erreichen, der die Sanierung sowohl als zeitgenössischen Eingriff wie auch als kontextuelle Maßnahme mit direktem Bezug zur örtlichen, aber auch zur gedanklichen Umgebung lesbar macht. 15 Jahre später hat sich die Verwendung von Ornamenten grundlegend gewandelt. Heute wird das Ornament entweder historisierend eingesetzt, in der Hoffnung, so zu einem diffusen Schulterschluss mit einer „besseren“ Zeit zu gelangen, oder quasi als Tapete, die meist einem Gebilde eine Art architektonischen Maßstab verleihen soll.

BFTS Auch aus diesem Grund sind wir wesentlich sparsamer und vorsichtiger mit dem Einsatz von ornamentalen Elementen geworden. Das Bayerische Forschungs- und Technologiezentrum für Sportwissenschaften der TU München bemüht zwar eine Vielzahl ornamentaler Strategien, jedoch ohne ein explizites Ornament zu verwenden. Es handelt sich um einen hochkomplexen Laborbau mit medizinischen, ­biologischen und mechanischen Laboren, Lehrsälen, Büros, Radio- und TVStudios. Das Gebäude knüpft einerseits an eine bestimmte Art von Universi-

Gebäude Gebilde Gemenge

tätsbauten aus den 1950er Jahren an. Damals wurden – auch aus Kostengründen – jegliche Architekturgliederungen nur aufgemalt bzw. mit farbigem Putz dargestellt. Unsere Arbeit wiederholt aber nicht eine bloße historische Farbgliederung, sondern lädt sie durch den gewebsähnlichen Auftrag der Lasur mit einer weiteren Assoziationsschicht – dem Stoff oder Trikot – auf. So entsteht eine Gebäudeaußenhaut, die Beziehungen zu den zumindest in München bekannten älteren Gebäuden aufnimmt, gleichzeitig aber eine neue Lesart vorschlägt. Dass das Gebäude mit seiner fragilen, betont dünnen Außenhaut auch eine andere Art von Sport repräsentiert als die alte danebenstehende Sportfakultät mit ihren miesianischen Japonismen, erweitert die Bezugnahme auf verschiedene kulturelle Kontexte. Man kann die Arbeit von Hild und K als Versuch lesen, die Grenze zwischen Gebäude und Gebilde abzuschreiten, die Leistungsfähigkeit der jeweiligen Systematik zu untersuchen und deren Möglichkeiten auszuloten. Es geht dabei darum zu ermitteln, wie viel Gebilde notwendig ist, um den Bestand der Gebäude weiterzuentwickeln und kommunikativ zu erschließen. Ist in der Welt der Gebilde das Neue bereits durch die Wahl des zu bearbeitenden Gebildes garantiert, so entzieht sich die Transformation von bestehenden Architekturen dem schnellen interpretatorischen Zugriff. Gelingt dieser aber dennoch, möglicherweise aufgrund des Katalysators „Gemenge“, so eröffnet die Architektur ein breites Assoziationsfeld, das uns auf lange Sicht zumindest ikonographisch nachhaltiger erscheint. Die Verwendung von Ornamenten stellt in diesem Zusammenhang eines von mehreren Feldern der Recherche dar.

Formen/GieSSen  115

1

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Büro- und Fitnesscenter Wien, Österreich; Rüdiger Lainer + Partner Architekten Bei der Erweiterung und Sanierung eines Industriekomplexes im Wiener Stadtteil Hütteldorf setzte der Wiener Architekt Rüdiger Lainer konsequent auf das Wechselspiel von Oberflächenform und Struktur des bestehenden Altbaus aus dem frühen 20. Jahrhundert. So wie bei diesem das vorgeblendete Sichtmauerwerk von der dahinterliegenden Stahlbetonkonstruktion getrennt ist, inszeniert auch der Erweiterungsbau die äußere Hülle unabhängig von der tragenden Primärstruktur. Unter Verwendung von lokalem Pflanzenmaterial entstanden mehrere Positivformen aus Ton, mittels derer

1 Die Gestaltung der Fassadenpaneele erzeugt eine einheitliche Oberfläche, sie nimmt Bezug auf die lokale Vegetation und imitiert einen Bewuchs mit Efeu. 2 Die Tonformen wurden von Hand bearbeitet. 3 Die Aluminiumpaneele wurden durch Negativformen aus Ton erzeugt.

2

eine Reihe von 50 cm x 1 m großen Negativabdrücken pro­duziert wurde, aus denen in einem weiteren Schritt ­einige hundert annähernd identische Aluminiumgusstafeln ­entstanden. Reliefartig bringen die schimmernden Oberflächen der Paneele ihre natürliche Umgebung zum Ausdruck. Die modulare Textur der seriellen Elemente umschließt den neuen Baukörper und lässt ihn als gleichwertiges Gegenstück zu den historischen Ziegelsteinfassaden des Altbaus erscheinen. Die natürliche Umgebung erlangt durch die Verbindung von handwerklichen und industriellen Verfahren materielle Sichtbarkeit.

3

Architekten

Rüdiger Lainer + Partner Architekten, Wien, Österreich

Fertigstellung

2003

Bauherr

Mischek/Center Heinrich-Collin-Strasse Vermietungs GmbH & CO KG

Projektleitung

Michael Strobl

Planung

Bettina Litschauer, Jaroslav Travnicek, Ulrike Lenger, Lisa Zentner, Josef Jakob

Bauträger

PORR AG

Fassadenbau

Schinnerl Metallbau GmbH

Formen/GieSSen  117

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3

1

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1 Die serielle Aneinanderreihung der Fassadenpaneele erzeugt eine einheitliche ornamentale Oberfläche. 2 Altbau und Erweiterungsbau. 3 Die verschiedenen Gebäudeteile des Neubaus neben und über dem Altbau. 4 Die Aluminiumgusspaneele der Außenhaut umhüllen die verspringenden Volumina des Erweiterungsbaus.

Büro- und Fitnesscenter

4

Formen/GieSSen  119

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Mehrfamilienhaus Wien, Österreich; Rüdiger Lainer + Partner Architekten

1 Der Entwurf fasst die Gebäudehülle aus Aluminiumguss als verbindendes Element zwischen künstlicher und natürlicher Umgebung auf. 2 Detail der aus Aluminiumguss gefertigten Außenhaut.

Für das Entwurfskonzept spielte die landschaftliche Umgebung eine wichtige Rolle. Das Baugrundstück liegt ­direkt an der Grenze zu Grinzing, einem historischen Stadtteil Wiens an den Ausläufern des Wienerwaldes. Mit der äußeren Gestalt und dem Baukörper will der ­Entwurf die Grenzen und Übergänge zwischen dem ­Natürlichen und dem Künstlichen zum Ausdruck bringen. Ausgangspunkt des Entwurfs waren die abschüssigen ­Böschungen entlang der Höhenstraße und die angrenzen-

den, für die Region typischen Weinberge, die die Höhenschichten der Umgebung deutlich werden lassen. Der Entwurf lässt das Gebäude mit seinen abgestuften Außenterrassen und der vorgeblendeten, ornamentalen Netz­ umhüllung aus Aluminiumguss wie einen Teil der Landschaft erscheinen. Der netzartige Schirm aus einzeln gegossenen, 125 cm x 95 cm großen Elementen breitet sich über das Gebäude aus, als ob sich Wein über die sandfarbene Putzfassade ziehen würde. Das künstlich-natürliche

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Architekten

Rüdiger Lainer + Partner Architekten, Wien, Österreich

Fertigstellung

2004

Bauherr

A & A Liegenschaftsentwicklungs GmbH

Projektleitung

Gottfried Seelos

Planung

Jaroslav Travnicek, Andreas Willinger, Andreas Baumgartner

Projektmanagement

h.p.p BauConsult Baugesellschaft mbH

Tragwerksplanung

Fröhlich & Locher Zivilingenieure

Haustechnik

Walter Naderer

Landschaftsarchitektur

Brigitte Lacina

Bauträger

Universale Bau AG

Fassadenschirm

Gotthard Janda und Alutechnik Matauschek GmbH

Befestigungstechnik

Ferroplan Metallkonstruktionen GmbH

AuSSeneinrichtungen

Rudolf Steinbauer GmbH

Formen/GieSSen  121

1

Geflecht „wächst“ über die obere Gebäudekante hinaus und lässt dort scheinbar zufällig eine Dachbrüstung entstehen. Das metaphorische und tatsächliche (Hinaus-) Wachsen der Gebäudehülle über die gesamte Fassade erzeugt eine kontinuierliche und gleichwohl freie Oberflä-

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chengestaltung, die im Dialog mit dem geschichteten Gebäudekörper und dem groben Verputz eine enge Verbindung von Architektur und Landschaft schafft.

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1 Die sich wiederholenden Fassadenelemente imitieren die Ziegeleindeckung der Nachbargebäude. 2 Kante des Fassadenschirms. 3 Der Fassadenschirm folgt der Terrassierung des Gebäudekörpers. 4 Für freien Ausblick wurde der Fassadenschirm im Bereich der Fensteröffnungen ausgeschnitten.

Mehrfamilienhaus

4

Formen/GieSSen  123

1

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Mornington Center Mornington, Victoria, Australien; Lyons Architects

1 Die Ausfaltungen an der Südfassade gliedern die Gebäudehülle in unterschiedliche Bereiche, lassen Erkerfenster und die vorgelagerte Eingangshalle entstehen. 2 Versuchsform aus Polyurethan für die Gestaltung der Ziegelsteine. 3 Die spezialgefertigte Oberfläche der Ziegelsteine. 4 Die Toleranzpunkte der maßgefertigten Formteile.

Das von Lyon Architects aus Melbourne geplante Zentrum in einem am Meer gelegenen Vorort von Mornington ist ein für medizinische Rehabilitations- und Pflegemaßnahmen konzipiertes Wohngebäude. Es sollte nach dem Vorbild der prägnanten Holzverschalungen der lokalen Küstenarchitektur eine ähnlich linear gestaltete Ziegelsteinfassade erhalten. Aus kleinteiligen, sich wiederholenden Elementen entstand eine abwechslungsreiche Hülle aus einer Vielzahl unterschiedlicher Ziegelsteinarten – von standardisierten,

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fabrikgefertigten Vormauerziegelsteinen bis hin zu individuell angefertigten, vielfältig konturierten Exemplaren. Die bunte Fassadenfläche gewinnt dreidimensionales Relief. Die Architekten nahmen Einfluss auf das Herstellungsverfahren der Ziegelsteine und entwickelten unterschiedliche Druckstempel aus Kunststoff und Stahl, die das ­plastische Relief der Ziegelsteine im Rahmen des konventionellen Herstellungsverfahrens abstuften. Das endgültige Relief wurde durch die Geometrien von Boole’schen Operationen und NURB-Oberflächen modelliert und setzt

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Architekten

Lyons Architects, Melbourne, Victoria, Australien

Fertigstellung

2008

Projektmanagement

Atkinsons

Ziegelsteinanfertigung

Austral Bricks

Tragwerks- und Gebäudeplanung

EarthTech

Haustechnik und Brandschutz

Umow Lai & Associates

Sanitärtechnik

CLG Plumbing Design

Akustikplanung

Watson Moss Growcott

Landschaftsarchitektur

Rush Wright Architects

Energieplanung

Sinclair Knight Mertz

Projektentwicklung

Abigroup

Formen/GieSSen  125

1

1 Die Erkerfenster in den Auffaltungen der Außenhülle wenden sich vom starken Sonnenlicht ab. 2 Südfassade. 3 Textur und Farbgestaltung der Fassade greifen Muster in der Landschaft auf.

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2

sich aus 2 mm starken Konturen zusammen, die insgesamt eine 20 mm tiefe Reliefoberfläche ergeben. 10 mm sind in den Ziegelstein eingelassen, während die anderen 10 mm der Gesamttiefe über die eigentliche äußere Kante hinausgehen. Zudem verleihen vier verschiedene Farbtöne der Gebäudehülle Einheit und Vielfalt. Die Architekten

betonen, dass ihre Mitarbeit am Produktionsprozess es erlaubte, diesem sonst in Material und Form so festgelegten Gebäudetyp eine neue Gestalt zu verleihen.

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Mornington Center

Formen/GieSSen  127

1

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Fassadensanierung Berlin, Deutschland; Hild und K Architekten Die historische Fassade eines Gründerzeithauses im Berliner Stadtteil Tempelhof-Schöneberg hatte durch langjährige Vernachlässigung und seit dem Abschlagen der reich dekorierten Stuckoberfläche nach dem Krieg erhebliche Schäden erlitten. Anstatt das Haus in seinen originalen Zustand zurückzuversetzen, war der Entwurfsgedanke von Hild und K Architekten, Repräsentation und Materialität als Eigenschaften der Oberfläche neu zu durchdenken und der Fassade einige ihrer historischen Qualitäten wiederzugeben. Der Fund eines Original-Konstruktionsplans des Gebäudes aus den 1870er Jahren ließ wesentliche Differenzen zwischen dem ursprünglichen Entwurf, der Ausführung und natürlich den Veränderungen der Brüstungen und des Dekors erkennen. Der Entwurf greift die Abweichungen zwischen Plan und Ausführung auf, indem der eingescannte Bauplan zu einer Fassadenansicht im Maß-

1 Die neue Stuckornamentik setzt sich bewusst von dem sie tragenden Altbau ab. 2 Die Originalzeichnung der Gebäude­ fassade. 3 Detail des neu eingeschriebenen Dekors im Fensterbereich. 4 Als Vorlage für den Putzauftrag wurden lasergeschnittene Schablonen verwendet.

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stab 1:1 vergrößert wurde. In comic-hafter Überzeichnung ­wurden die Linien und Schattierungen der Originalzeichnung auf das Gebäude projiziert und als neue Stuckschicht  mittels CNC-lasergeschnittener Kunststoffscha­ blonen aufgebracht. Die sichtbaren Differenzen zwischen der ursprünglichen Konstruktionszeichnung und dem realen Gebäude lassen ein seltsames und faszinierendes Spannungsfeld mit konzeptionellen wie auch materiellen Dissonanzen zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Repräsentation und Produktion entstehen. Die Vergrößerung der Originalzeichnung treibt diesen Charakter noch weiter hervor: Aus den Unschärfen der handgezeichneten Originallinien wie auch des Vergrößerungsprozesses entstehen interessante Verzerrungen als eine Technik der Ornamentierung, die der historischen Fassade zugleich vertraut und fremd ist.

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Architekten

Hild und K Architekten, München, Deutschland

Fertigstellung

1999

Bauherr

Wohneigentümergemeinschaft Belziger Straße

Leitung

Andreas Hild, Dionys Ottl

Planung

Andreas Hild, Dionys Ottl, Tina Allmeier, Dirk Bayer, Thomas Herrmann

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Formen/GieSSen  129

1

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Kunstakademie Sint Lucas Boxtel, Niederlande; Fashion Architecture Taste (FAT)

1 Die kirchlichen Hintergründe in derGeschichte des Grundstücks wurden von der „pop-gotischen“ Architektursprache aufgegriffen. 2 Die Ansicht des Eingangs zeigt die „pop-gotische“ Außenverkleidung und die von Dom Hans van der Laan inspi‑­ rierte Grafikgestaltung der Fassade.

Im Jahr 2006 wurde die umfangreiche Sanierung der Kunstakademie Sint Lucas vom Londoner Architekturbüro FAT abgeschlossen. Die Gebäude aus den 1960er Jahren, die 1200 Studenten aufnahmen, litten unter einer unscharfen Verbindung zum umliegenden Campus und einer verwirrenden Erschließung und Raumsituation. FAT wurde beauftragt, funktionale Lösungen zu finden und darüber hinaus dem Campus eine neue, einheitliche und öffentliche Identität zu verleihen, die die Schule klarer in ihren institutionellen Rahmen eingliedern sollte. An der Pilgerroute zwischen der St. Peterskirk aus dem 16. Jahrhundert und dem alten Schloss gelegen, wurde

der Eingang der Kunstschule wieder dem Burgakker zugewandt, Boxtels wichtigster und ältester Straße. Durch die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Nutzergruppen der Schule – ein Markenzeichen für das Vorgehen von FAT – entwickelten die Architekten eine Abfolge von außen- und innenliegenden öffentlichen Plätzen, die von auffallenden architektonischen Elementen, beispielsweise dekorativen Blenden oder gemusterten Fassaden und ­Beschilderungen, angekündigt werden. Diese Elemente schaffen nicht nur Bezüge zum Innenleben einer kreativen Ausbildungsstätte, sondern werten auch den Außenraum auf. So sind die Gebäude für Unterricht und Verwaltung

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WESTGEVEL

Architekten

Fashion Architecture Taste (FAT), London, Großbritannien

Fertigstellung

2006

Tragwerksplanung

Adviesbureau van Boxsel

Bauträger

BRC

Konstruktionsplanung

Complan BV

Haustechnik

Huisman & Van Muijen

Akustikplanung

Van de Laar Physicon, Valkenswaard

116-120 Golden Lane London EC1Y 0TL T 020 7251 6735 F 020 7251 6738 E [email protected] W www.fat.co.uk

Project SINT LUCAS

Drawing

Scale

Nieuwe West Gevel

1:200

FAT/212/03/D80

01.02.06

KONSTRUKTIEVE ONDERDELEN VOLGENS GEGEVENS KONSTRUKTEUR MAATVOERING IN HET WERK CONTROLEREN

Formen/GieSSen  131

1

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1 Eine Bekrönung wird auf den Fassadenschirm gesetzt. 2 Die Ornamentformen aus Polystyren bei der Verarbeitung. 3 Detail der vorgefertigten ornamentalen Betonelemente.

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3

mit komplexen abstrakten Ornamenten dekoriert, die aus dem Werk des belgischen Mönchs und Architekten Dom van der Laan abgeleitet sind. Dieses Dekor bildet auch die Grundlage für die neuen Stahltore, die Fußbodenmuster der wichtigsten Innenräume und das Verlegemuster der neuen Piazza. Ein gewisser Kommerzcharakter der Ornamentik deutet auf die enge Verbindung der Akademie zur Industrie. Demgegenüber verweisen die Ursprünge der Ornamente auf die Anfänge der Akademie als religiöse Institution. Durch die Wechselbeziehung von bildhafter, zugleich populärer und historisch aufgeladener Sprache (FAT nennt dies „pop-gothic“) mit zeitgemäßen Technologien können die Architekten neue Abstraktionspotenziale nutzen.

Ein Beispiel dafür ist die Gittermauer am Gebäudeeingang, die durch das Überzeichnen der dekorativen Ornamente mit der Zeichensoftware VektorWorks erzeugt wurde, wodurch überspitzte und verzerrte Versionen des ursprünglichen neogotischen Maßwerks entstanden. In enger Zusammenarbeit mit dem belgischen Betonhersteller Decomo wurde anschließend das zweidimensionale, cartoon-hafte Gitter aus einer Vielzahl speziell angefertigter Gussformen hergestellt. Die CNC-produzierten Schalungen ermöglichten einen nahtlosen Übergang von den Datensätzen der Software zum fertigen Produkt. Zudem erlaubte dieses Verfahren die Einberechnung passender Rohbautoleranzen, sodass das Gitter vorgefertigt und in kurzer Bauzeit vor Ort montiert werden konnte.

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4 Die ornamentale Motivik setzt sich im Innenraum als graphisches Muster fort. 5 Die gegossenen Figuren gleichen sich den überlagerten Originalzeichnungen an.

Kunstakademie Sint Lucas

Formen/GieSSen  133

1

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1 Lasergeschnittene Vinylapplikationen wiederholen das ornamentale Motiv auch im Gebäudeinneren. 2 Die „pop-gotische“ Fassadenverkleidung fasst den neuen Eingang ein.

Kunstakademie Sint Lucas

2

Formen/GieSSen  135

1

1 Das Gitter verleiht den unteren Geschos­ sen Sicherheit und eine Privatsphäre.

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40 Bond Street New York, USA; Herzog & de Meuron 2 New Yorker Graffitis bildeten die ­Vorlage für den Entwurf. 3 Vier Graffitibilder wurden durch digitale Verfahren in dreidimensionale Formen übersetzt. 4 Die Schaumstoffformteile der belüf­ teten Gussform wurden von Hand ­beschichtet. 5 Zwei soeben aus der Gussform mit feuchtem Sand genommene Teile.

Das von den Basler Architekten Herzog & de Meuron ge­ plante Wohnprojekt 40 Bond Street liegt im Stadtviertel Bowery in Lower Manhattan und wurde 2007 fertigge­ stellt. Das Gebäude mit 28 Wohneinheiten und einer Ge­ samtnutzfläche von 3 715 m² bietet drei Wohnungstypen: Duplexwohnungen nach dem Vorbild englischer Town­ houses in den beiden unteren Geschossen, in den folgen­ den acht Geschossen typische Apartmentwohnungen,

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über ihnen ein Penthouse. Die Fassade greift auf eine für North Houston und South Houston charakteristische ­Lofttypologie aus dem 19. Jahrhundert zurück: Fassa­ denschichten aus Beton, geschwärztem Kupfer und lumi­ neszierenden Glaselementen wecken Erinnerungen an die historische Gusseisen-Architektur. Auch das Raumpro­ gramm in den verschiedenen Bereichen findet seine Ent­ sprechung in den Schichten der Fassade, indem der Groß­

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Architekten

Herzog & de Meuron, Basel, Schweiz

Fertigstellung

2007

Bauherr

40 Bond Street Partners, LLC

Projektentwicklung

Ian Schrager Company, New York

Projektleitung

Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Ascan Mergenthaler

Projektarchitekten

Mark Loughnan (Associate), Sarah Cremin

Mitarbeit

Roman Aebi, Marcos Carreno, Julie Firkin, Volker Helm, Kentaro Ishida, Donald Mak, Götz Menzel, Severin Odermatt, Philipp Schaerer, Günter Schwob, Charles Stone, Caro van de Venne

Gebäudeplanung

Handel Architects, LLP, New York

Gesamtplanung

Herzog & de Meuron, Basel

Tragwerksplanung

DeSimone Consulting Engineers, New York

Konstruktionsplanung

Ambrosino DePinto & Schmieder, New York

Bauleitung

Bovis Lend Lease LMB, Inc., New York

Fassadenplanung

Israel Berger & Associates, Inc., New York; Dewhurst Macfarlane and Partners, New York

Fassadenfachplaner

S & C Products, New York, NY; Empire Architectural Metal, College Point

Umzäunung

EXYD, München, Deutschland; Tallix, New York, USA; Third Rail Ops, New York

Formen/GieSSen  137

1

1 Die Gestaltung der Straßengitter wurde an einem Schaumstoffmodell im Maßstab 1:1 getestet. 2 Detailansicht des Schaumstoffmodells. 3 Ein Modell im Originalmaßstab. 4 Zusammenbau der Gitterteile per Hand. 5 Detail der integrierten Scharniere.

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teil des Gebäudes mit den Apartmentwohnungen von parabelförmigen Pfosten aus flaschengrünem Glas eingefasst ist. Als weitere Referenz an die städtische Umgebung diente Herzog & de Meuron die vielschichtige Schriftkunst der Graffitis in der unmittelbaren Nachbarschaft. In Zusammenarbeit mit der Münchener Designgruppe EXYD bearbeiteten die Architekten digitale Fotografien von vier verschiedenen Graffitis aus der Stadt. Aus ihnen entstanden vollkommen neue Kompositionen aus Figuren und verstärkten Linien. Zur räumlichen Umsetzung wurden die zweidimensionalen Bilder anschließend in einem digitalen Verfahren zu dreidimensionalen Objekten extrudiert. Für die Verwendung als Sichtschutz sowie Straßengitter für die erdgeschossigen Duplexwohnungen wurden die numerischen Objekte mit einer CNC-gesteuerten Fräse als originalgroße Hartschaummodelle reproduziert und nach weiteren Studien in eine Gussform mit feuchtem Sand ein-

gebracht, in die anschließend flüssiges Aluminium gegossen wurde. Das Aluminium ließ die Hartschaummodelle im Inneren der Form sofort schmelzen und bildete nach dem Abkühlen die einzelnen Elemente für das insgesamt 38,70 m lange Gitter. Die Einzelteile wurden mittels des Sandgussverfahrens fugenlos verbunden, sodass die modulare Charakteristik des Produktionsvorgangs verborgen bleibt und eine durchgehende, ständig variierte Struktur entstand. Hinter dem Straßengitter bilden gewölbte Wandnischen die Eingangsbereiche für die Duplexwohnungen. Sie wurden mit Edelstahlpaneelen ausgekleidet und durch CNC-gestützte Verfahren so gehämmert, dass ein Muster ähnlich dem des Straßengitters entstand. Auf gleiche Weise wurden auch die öffentlichen Bereiche, etwa die Lobby, mit polierten Paneelen ausgestattet, die mit einem ähnlichen zweidimensionalen Muster perforiert wurden und so das Äußere in das intimere Gebäudeinnere hereinholen.

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40 Bond Street

Formen/GieSSen  139

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Atelier Bardill Scharans, Schweiz; Valerio Olgiati Das Atelier des Liedermachers Linard Bardill liegt in Scharans, einer dörflichen Gemeinde in der Schweiz, und wurde als ein großer Arbeitsraum von dem Architekten Valerio Olgiati geplant. Da der Neubau das Volumen der einstigen Scheune nicht überschreiten durfte, wurde er aufgegliedert in ein Atelier und einen Innenhof und von einer monolithischen Betonstruktur eingefasst, deren Ausformung die verschiedenen Innen- und Außenräume kenntlich macht, die aber dennoch als einfaches Volumen in Erscheinung tritt. Entscheidend zur Wirkung der Oberfläche als materiellem Kontinuum tragen die ornamentalen Reliefs bei, die

1 Der Neubau bildet das Volumen der einstigen Scheune ab. 2 550 Einzelfiguren wurden in drei verschiedenen Größen (15 cm, 40 cm und 60 cm) gegossen. 3 Das sich wiederholende ornamentale Motiv wurde von Hand in die Holzverschalung für die Betonteile geschnitzt. 4 Schnitt durch Atelier und Innenhof.

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direkt in die Betonoberflächen eingearbeitet wurden. 550 Einzelfiguren, inspiriert von der lokalen Ornamentik, wurden in drei verschiedenen Größen (15 cm, 40 cm und 60 cm) mit der Hand in die Schalungsbretter für die Betonteile geschnitzt. Auch die endgültige Anordnung der Ornamente blieb den Handwerkern überlassen, um auf diese Weise ein weiteres Element handwerklicher Logik ­hinzuzufügen. Dem Architekt war wichtig, mit den handwerklichen Produktions- und Bauprozessen der traditionellen Prägung des Ornaments zu entsprechen, das aus regionalen Herstellungs- und Darstellungsprozessen hervorgegangen ist.

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4

Architekt

Valerio Olgiati, Flims, Schweiz

Fertigstellung

2007

Bauherr

Linard Bardill

Projektleitung

Nathan Ghiringhelli

Planung

Nikolai Müller, Mario Beeli

Bauleitung

Linard Bardill

Tragwerksplanung

Patrick Gartmann, Conzett, Bronzini, Gartmann AG

Formen/GieSSen  141

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1 Der Eingang durchbricht die ansonsten kontinuierliche Materialfläche der Außenhaut.

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2 Innenraum des Ateliers. 3 Blick von außerhalb in den Innenhof. 4 Zwischen dem Neubau und dem alten Baubestand von Scharans.

Atelier Bardill

Formen/GieSSen  143

1

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Chokkura Plaza Takanezawa, Shioya-gun, Tochigi, Japan; Kengo Kuma & Associates

1 Das Grafikmuster auf der Unterseite der über die Wände der Ausstellungshalle auskragenden Deckenpaneele. 2 Detail der Oya-Steine und der Stahlschwerter. 3 Detail der zusammengesetzten OyaSteine und der Dachuntersicht aus ­Kalziumsilikat. 4 Nordansicht der Chokkura Hall.

Chokkura Plaza ist ein öffentlicher Platz vor dem Hoshakuji­Bahnhof in Tochigi, einem Bezirk im Norden von Tokio. Das städtebauliche Entwurfskonzept des Tokioter Architekturbüros Kengo Kuma & Associates wurde 2006 realisiert und umfasst auch zwei Bauten, einen Veranstaltungssaal und ein Ausstellungsgebäude. Eine wichtige Rolle im Entwurf spielt der lokal geförderte Oya-Stein, der mit seinen Materialqualitäten bereits in Frank Lloyd Wrights Entwurf für das Imperial Hotel (1922) besondere Bedeutung erlangte. Für die beiden Gebäude wurde der von Natur aus weiche und zugleich brüchige Stein verwendet, um die Künstlichkeit der Neubauten mit der Natürlichkeit der umgebenden Landschaft in Beziehung zu setzen. Die Porosität des Oya-Steins wurde in einen architektonischen Maßstab übersetzt. Individuell geformte Oya-Blöcke bilden eine

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kontinuierliche, schirmartige Gebäudehülle. Die statisch berechneten Blöcke mit den Regelmaßen 90 cm x 30 cm x 24 cm wurden in eine spitzwinkelige Form gebracht, die der Wandfläche im Verbund nicht nur öffnende, sondern auch umhüllende Funktion verleiht. Die eigenwillige Form dient auch dazu, die statischen Eigenschaften der Wand zu verbessern, die zusätzlich durch diagonal verlaufende Stahlschwerter gegen Zugbelastung gesichert wird. Das Zusammenspiel von baukonstruktiven und entwerferischen Prinzipien bestimmt die Geometrien der Oberflächengestaltung als Synthese aus Ornament und Struktur, Kontext und Architektur. Selbst in der Dachkonstruktion wiederholt sich die besondere Strukturierung der Außenhülle, hier durch eine Konstruktion aus Calziumsilikatplatten, die die Wandgeometrien als zweidimensionale Grafik aufnehmen.

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Architekten

Kengo Kuma & Associates, Tokio, Japan

Fertigstellung

2006

Tragwerksplanung

Oak Structural Design Office

Haustechnik

P.T. Morimura & Associates

Konstruktionsplanung

Watanabe General Construction/Kenmoku Stone Architect Co. Ltd.

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Formen/GieSSen  145

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1 Der Oya-Stein dient als verbindendes Element zwischen Architektur sowie Texturen und Materialitäten der Umgebung. 2 Die Durchlässigkeit der Wand verwischt nicht nur die Unterschiede zwischen Innen- und Außenraum, sondern auch die Differenzen zwischen Architektur und Landschaft. 3 Die Dachuntersicht ahmt das grafische Muster der Oya-Steinfassade nach.

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Chokkura Plaza

Formen/GieSSen  147

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1 Das schattige Innere bietet eine Aufenthaltszone für die wartenden Zuggäste. 2 Dachuntersicht gegen den Himmel.

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Shin-Yatsushiro-Monument Yatsushiro, Präfektur Kumamoto, Japan; Office of Kumiko Inui

3 Blick durch das Dach in den Himmel. 4 Die einfache Grundform wird durch die scharfen Kanten fragmentiert und durch die Guss-Ornamentik aufgelöst. 5 Die Ansicht zeigt im Rahmen einer vertrauten Wohnhaustypologie die Projektion des allumfassenden orthogonalen Musters im Wand- und Dachbereich.

Das Shin-Yatsushiro-Monument wurde im Jahr 2004 anlässlich der Eröffnung des benachbarten Hochgeschwindigkeits-Bahnhofs realisiert. Dem ländlichen Raum fehlt es hier an prägnanten Merkmalen, auch der Bahnhof selbst passt mit seiner urbanen Erscheinung nicht recht zum offenen und weitläufigen Landschaftsbild. So entwickelte das in Tokio ansässige Architekturbüro Kumiko Inui ein Objekt, das eine Vermittlerrolle zwischen Bahnhof und Umgebung einnehmen soll. Ausgehend von der Form des traditionellen Wohnhausfensters, basiert der Entwurf auf einem unregelmäßigen Muster aus sieben verschiedenen Rechtecken, das in

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7 cm starke, glasfaserverstärkte Wand- und Dachelemente aus Beton gegossen wurde. Das Muster der Fensteröffnungen bestimmt das Licht- und Schattenspiel innerhalb und außerhalb des umschlossenen Volumens, das sich bei Annäherung aufzulösen scheint. Obwohl zunächst funktionslos, wurde das kleine Gebäude bald als Aufenthaltszone der wartenden Zuggäste genutzt. Neben den benachbarten Einfamilienhäusern macht es einen vertrauten ­Eindruck, der aber von den harten Linien und dem abstrakten Oberflächenmuster vollkommen auf den Kopf gestellt wird.

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Architekten

Office of Kumiko Inui, Tokio, Japan

Fertigstellung

2004

Tragwerksplanung

Space and Structure Engineering Workshop

Konstruktionsplanung

Yonemoto

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Formen/GieSSen  149

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Living Madrid Madrid, Spanien; Wiel Arets Architects

1 Blick in den Hofbereich zwischen zwei Wohntürmen. 2 Durch die aufgebrochene Oberfläche der Betonpaneele entstehende variierende Licht- und Schatteneffekte. 3 Die drei Wohnscheiben mit Abstandsgrün.

Der unter dem Projektnamen Living Madrid vom niederländischen Architekturbüro Wiel Arets Architects geplante Wohnbau befindet sich nördlich der Autobahn M-40 am äußersten Ende von Madrids Schnellstraßen. 144 Wohnungen sind auf zwei sechsgeschossige und eine neungeschossige Hochhausscheibe aufgeteilt und durch darunterliegende Parkplätze miteinander ver­bunden. Jede Wohnscheibe ist mit einer Außenhaut aus vorgefertigten Betonelementen umkleidet, deren texturierte Oberflächen wellenförmige, gestapelte „Bänder“ bilden. Die modulierten Oberflächen haben drei Funktionen:

Konstruktiv verbergen sie die Fugen zwischen den einzelnen Paneelen; zweitens fungieren sie als Filter für das grelle Sonnenlicht; drittens wechseln Licht und Schatten auf den vielfach abgestuften, gleichsam digitalisiert erscheinenden Oberflächen im Tageslauf und lassen jeden Turm einzigartigen Ausdruck gewinnen. Auch wurden die strukturierten Fassaden, regelmäßig und differenziert zugleich, als Bereich des Übergangs zwischen Landschaft und Architektur aufgefasst und so moduliert, dass sie sowohl dem Maßstab der Bauelemente wie auch der zerrissenen natürlichen Umgebung entsprechen.

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Architekten

Wiels Arets Architects, Amsterdam, Niederlande

Fertigstellung

2008

Bauherr

Empresa Municipal de la Vivienda y Suelo (EMVS)

Planung

Wiel Arets, Bettina Kraus, Sadamu Shirafuji, Satoru Umehara

Fachplaner

Nieto – Sobejano Arquitectos, Carl Augustijns, Lars Dreessen, Frederik Vaes

Modellbau

Carl Augustijns, Philippe Dirix, Lotte Rolighed, Thomas Wagner, Rob Willemse

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Formen/GieSSen  151

1

1 Auch ohne starkes Sonnenlicht treten die Schattenlinien der unregelmäßigen Oberflächen in der Vordergrund. 2 Typische Schmalseite einer Wohn­ scheibe. 3 Die Betonbänder der Fassade.

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2

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Living Madrid

Formen/GieSSen  153

Stapeln/Kacheln Einleitung Modulare Strukturen stellen eines der ältesten tektonischen Prinzipien dar. Sie bieten den Vorteil hoher Wirtschaftlichkeit, der sich aus der Massenproduktion und dem Zusammensetzen einzelner Elemente zu einem größeren Verbund ergibt. Besonders die tektonische Struktur des einfachen Ziegelverbandes macht dies deutlich: Die standardisierte Anordnung von ähnlichen oder identischen Ziegelsteinen erhöht die Belastbarkeit und vergrößert die Fläche. Daraus ergibt sich ein tektonisches System, das mehr ist als die Summe seiner Einzelteile und das Konstruktion oder Umhüllung in ihrer Gesamtheit bestimmt. Obwohl die Logik derartiger Bauprinzipien durch das Prinzip der Wiederholung einzelner Elemente bestimmt ist, ermöglichen diese Systeme doch ein gewisses Maß an Differenzierung, das sich aus der Variation der Einzelteile oder der Verbindungstechnik ableitet. Für den Entwurf des Spanischen Pavillons für die Weltausstellung 2005 entwickelten Foreign Office Architects beispielsweise ein standardisiertes Wandsystem, das aus einem hexagonalen Verbund eine variable Fläche bildet. Ausgehend von einem Grundmodul aus sechs unterschiedlichen keramischen Elementen bildeten sie ein Fassadenmodul, dessen einheitliche Außenform durch die individuelle Anpassung der hexagonalen Einzelelemente in ihrem gemeinsamen Schnittpunkt zustande kommt. So erhält jedes Fassadenmodul in der Mitte ein hohes Maß an Differenzierung, während die immer gleiche Außenform eine immer gleiche Stapeltechnik und damit eine kontinuierliche Oberflächenstruktur der Gebäudefassade ermöglicht. Auf diese Weise wird in kleinem und großem Maßstab der Eindruck eines Variationsreichtums erzeugt, und eine scheinbar zufällige Anordnung der Fassadenmodule prägt die Gebäudehülle. Die verschiedenen Stapel- und Kachelsysteme können auch durch die Anordnungen und Muster von ansonsten identischen Einzelteilen formal differenziert und abwechslungsreich gestaltet werden. Die Funktion wie auch die Wahrnehmung des Gesamtsystems werden durch Veränderung der charakteristischen Parameter wie Positionierung, Ausrichtung oder Verteilung einzelner Elemente manipuliert. So entwickelten SHoP Architects mit ihrem Projekt 290 Mulberry Street eine individuell angepasste Fassadengrundplatte, die es

ermöglichte, die vorgeblendete Ziegelsteinmauer wellenförmig über die gesamte Gebäudefassade laufen zu lassen. Die besondere Verformung der Gebäudehülle, kontrolliert durch digitale Modellierung eines parametrischen Oberflächenmodells, wurde vor allem durch die flexible Anordnung standardisierter Ziegelelemente erzeugt, die als Baureihe vorgefertigter Fassadenpaneele fabriziert wurden. Vollständig zusammengesetzt, besitzt die auf diese Weise modulierte Fassadenoberfläche vielfache farbliche Wirkungen, die aus der individuell veränderten Anordnung einheitlicher Einzelelemente entstanden sind. Neben der innovativen Fertigungs- und Produktionstechnik wurden durch algorithmische Logik auch die digitalen Werkzeuge zur Modellierung komplexer Muster fortentwickelt. Bei der Fassade des Liberal Arts and Science College von Coelacanth and Associates etwa werden Variation und Differenzierung durch die Wiederholung einheitlicher, nicht-periodischer Muster hervorgebracht. Die Einheiten bestehen aus irregulär geformten, ansonsten jedoch baugleichen Einzelteilen, die durch geometrische Wiederholung eine abwechslungsreiche Umhüllung des Gebäudes erzeugen. Die Basis bildet ein Grundmodul aus drei unterschiedlichen Elementen, einem Rechteckelement und zwei diamantförmigen Fassadenplatten. Die geometrische Form des Grundmoduls erzeugt jeweils einzigartige, spiralförmige Modulanordnungen auf der Außenhaut des Gebäudes, deren unregelmäßige Geometrie und komplizierte Eindeckung eine kontinuierliche und gleichzeitig differenzierte Fassade entstehen lassen. Dabei bleibt die Geometrie des einzelnen Fassadenelements erkennbar und verweist auf den Aufbau der gesamten Gebäudehülle. Obgleich die Prinzipien des Stapelns und Kachelns grundlegend auf der Wiederholung baugleicher Einzelelemente basieren, zeigen die aktuellen Beispiele weitgehende Variationsmöglichkeiten im Rahmen standardisierter Fertigungssysteme. Die im Folgenden vorgestellten Projekte machen deutlich, wie durch Veränderung einzelner Bauelemente oder deren Anordnung Oberflächenmodulationen entstehen, die zugleich kontinuierlich und differenziert, repetitiv und variationsreich erscheinen.

Stapeln/Kacheln  155

Muster und Strukturen Alejandro Zaera-Polo, Foreign Office Architects (FOA) In jüngster Zeit sind Muster und Strukturen wieder in die Architektur zurückgekehrt. Seit Gruppen wie Team X, die niederländischen Strukturalisten und die japanischen Metabolisten den Versuch unternommen hatten, an die Stelle des architektonischen Objekts serielle, modulare Konstruktionen mit größtmöglicher Flexibilität und demokratischen Bottom-up-Strukturen treten zu lassen, waren Muster und Strukturen aus dem architektonischen Diskurs weitgehend verschwunden. In den 1960er Jahren ermöglichte das Klima einer progressiven Politik eine breit angelegte Auseinandersetzung mit ihnen, sowohl im städtebaulichen als auch im konstruktiven Maßstab, und in Absetzung gegen die formale Autonomie der Architektur in der Moderne. Im Mittelpunkt dieser Experimente standen Fragen der Organisation von allgemeinen einheitlichen Strukturen. Ihre Flexibilität und Offenheit blieb auf die Addition oder Subtraktion von identischen Teilen begrenzt. Die Möglichkeiten zur Erfüllung verschiedenster Anforderungen waren durch systemische Einschränkungen limitiert. So war das Experiment des Strukturalismus auch kaum in der Lage, über die Ansammlung von Einzelteilen hinaus das Bild eines Ganzen zu vermitteln. Dennoch wurden einige wenige Ansätze dafür entwickelt, Variation in die Muster einzuführen. „Ganzheitlichkeit“ beispielsweise, oder Monumentalität, war immer wieder in den Projekten von Louis I. Kahn wie auch der Metabolisten zu sehen. Im technisch-konstruktiven Bereich waren es Robert Le Ricolais und Pier Luigi Nervi, die das Potenzial topologisch verformter Muster für unterschiedliches Tragwerksverhalten erkundeten. In der Folge der exponenziellen Zunahme an Differenz in der Nachkriegszeit gab die Postmoderne das in der Spätmoderne noch bestehende Projekt der Einheitlichkeit auf und erkundete statt dessen Autonomie in Sprache, Materialwahl und auch in der Beziehung zwischen den Teilen und dem Ganzen. Überreste von Konsistenz fanden sich nurmehr in der historizistischen Variante, bei der Bewahrung des städtischen Gefüges, des Fensterwerks und der ornamentalen Muster. Wie die Moderne die Autonomie des Objektes gegenüber einem Feld erkundete, so erkundete die Postmoderne die Autonomie der Teile gegenüber dem Ganzen. Sie entsprach damit einer offenbar fragmentierten und hybriden Gegenwartskultur. Dem Zusammenbruch der Moderne und ihres Strebens nach Einheitlichkeit und kollektiver Erlösung verlieh dies besonderen Ausdruck. Collage und Montage gewannen die Oberhand gegenüber den modularen Mustern der strukturalistischen Revision der Moderne wie auch gegenüber den topologischen Verformungen, mit denen die informelle Architektur dem modernen Projekt neues Leben einzuhauchen versuchte.

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1

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Erst Mitte der 1990er Jahre wurde der Diskurs über „das Generische“ wieder aufgegriffen. Dies war maßgeblich den theoretischen Arbeiten von Rem Koolhaas geschuldet, der sich zu dieser Zeit mit generischen Räumen und den architektonischen Effekten der Globalisierung auseinandersetzte, und eröffnete einer ganzen Generation jüngerer Architekten ein breites Feld für Versuche, die Opposition zwischen dem Generischen und der Komplexität als Strukturund Kompositionsmethoden aufzulösen. Es waren diese Experimente, die unter Schlagworten wie „Intensive Coherence“ oder „Folding Architecture“ zu den Themen des Musters als einem organisierenden Mittel für neue Formen des Generischen zurückkehrten.

Domänen der Muster: Stadtgefüge und Gebäudehüllen Wenn sich das gegenwärtige Interesse an Mustern aus einer kulturellen Notwendigkeit heraus verstehen lässt, Komplexität eher durch Konsistenz, durch Einheitlichkeit als durch Widerspruch zu bewältigen, dann wurde diese Entwicklung durch den Einzug digitaler Technologien in die Architektur sehr befördert. Architekturbüros wie Foreign Office Architects (FOA), Greg Lynn FORM, Reiser + Umemoto, OMA und UNStudio waren nun in der Lage, in

Assoziative Demokratie Schwarm, Tanz

2 Institut für Rechtsmedizin, Madrid, Spanien. 3 Artikulationsformen der Gebäudehülle.

H&deM, Stadium Beijing Future Systems, Selfridges FOA, Wohnungsbau Carabanchel

Monolithisch

Verbergen von Fugen Betonung des Rahmens Schutz Isolierung

Muster und Strukturen

Kollektivismus Mass Games, Mao-Anzug

Liberalismus United Colors of Benetton

Safdie, Habitat ‘67 Hertzberger, Central Beheer MVRDV, Silodam

Zellulär

Verhältnis Teil – Ganzes

Kollhoff, Potsdamer Platz Siza, Berlin und Lissabon Terragni, Casa del Fascio

unterschiedlichen Maßstäben zunehmend anspruchsvollere Muster zu entwickeln. Dies kam vor allem in zwei Bereichen zum Tragen: bei städtischen Strukturen wie Peter Eisenmans Rebstock-Park aus dem Jahr 2001 oder den „Datascapes“ von MVRDV, und bei Gebäudehüllen, wie sie zum Beispiel im Werk von Herzog & de Meuron und FOA entstanden. Durch Künstliche Intelligenz wurde es möglich, Datenfelder zu erzeugen, die vorher nicht erkennbar waren und daher auch nicht zum Repertoire der Architekturpraxis gehörten. Die neuen Technologien stellten eine direkte Verbindung zwischen quantitativen Analyseverfahren und grafischer Darstellung her. Von der digitalen Präzision der neuen Werkzeuge unterstützt, konnten Architekten mit den digitalen Technologien auch auf dringliche Themen der Globalisierung eingehen, etwa auf das Spannungsfeld zwischen einem Tabularasa-Ansatz und einer kontextspezifischen Strategie, oder auf die Gegenüberstellung von lokalen und globalen Aspekten. Auf besondere Weise ist dies in städtebaulichen Entwürfen deutlich geworden. Während die Postmoderne entweder Mustern der historischen Stadt und ihren Typologien nachging (Historizismus) oder die Auflösung der Muster in einer inkonsistenten Sammlung von Objekten betrieb (Dekonstruktivismus), versuchen neue Ansätze, städtebauliche Gefüge zu entwerfen, deren Kontinuitäten nicht gezwungenermaßen auf eine wörtliche oder auch kritische Reproduktion historischer Stadtstrukturen zurückgreifen müssen. Die neuen Technologien haben im Gegenteil die Grenzen des Kontextuellen im Städtebau erweitern können, sodass neue zeitliche und räumliche Dimensionen einbezogen werden können. Dies gilt auch für die Beziehungen zwischen den Teilen und dem Ganzen im architektonischen Artefakt. Auch der Gegensatz von Bottom-up- und Top-down-Prozessen wurde durch die Künstliche Intelligenz in Frage gestellt, denn es konnten nun präzise Modelle einer realen Vermittlung zwischen beiden Prozessen an die Stelle der idealistischen Modelle treten, in denen entweder das Ganze aus der Summe seiner Teile entsteht und oder der Teil eine bloße Unterteilung des Ganzen darstellt. So hat das Muster in vielen seiner zeitgenössischen Erscheinungsformen neue Bedeutung und neue Anwendbarkeiten gefunden. Die geometrische

Wechsel Störung

Differenzierung

1 Trinity-EC3-Bürokomplex, London, Großbritannien

Differenz

Wiederholung Modularität Regelmäßigkeit

Artikulation der Fugen Auflösung des Rahmens Durchlüftung Durchlässigkeit

Mies van der Rohe, Seagram Building SOM, Lever House Saarinen, General Motors Headquarters Repräsentative Demokratie Coca-Cola, Levi‘s

3

Struktur des Entwurfs, Le Corbusiers „tracé régulateur“, die zwei Jahrzehnte lang fast ganz aus dem technischen Repertoire der bedeutenden Architektur verschwunden war, bietet heute wieder ein Experimentierfeld. Während zuvor die Verwendung von Netzstrukturen als regulierende Instanz Zweifel an der Integrationsfähigkeit und Flexibilität des strukturalistischen Systems aufkommen ließ, erlauben es heute vektorbasierte Geometrien, ergänzt durch entsprechende Entwurfs- und Fertigungstechniken, die inneren und äußeren Beziehungsgeflechte konsistent in eine materielle Gestaltung zu überführen, eine Gestaltung, die differenziert, reaktionsfähig und flexibel ist.

Politik der Muster: Die Gebäudehülle Die Gebäudehülle steht in der aktuellen Architekturforschung im Zentrum der Auseinandersetzung mit Mustern. Im Vergleich zu anderen Gebieten der Bautechnologie können Gebäudehüllen als Verbund aus unterschiedlichen Modulen charakterisiert werden. Die Oberflächengeometrien bestimmen maßgeblich die verschiedenen Leistungseigenschaften der Gebäudehülle – in struktureller und umwelttechnischer Hinsicht ebenso wie bezüglich der Bildhaftigkeit und der Ausdruckskraft eines Gebäudes. Folglich kann die Gebäudehülle als dasjenige architektonische Element gelten, welches wohl am engsten mit der darstellenden Funktion des Gebäudes verknüpft ist. Weil die traditionellen Artikulationen der Gebäudehülle, wie etwa Gesimse, Ecken und Fensteranordnungen, aus technischer Sicht überflüssig geworden sind, werden die repräsentativen Funktionen, die früher von der architektonischen Sprache und Ikonographie erfüllt wurden, heute direkt auf die physische Erscheinung der Hülle, von ihren Geometrien und Mustern bis hin zu Fertigungsmethoden und Werkstoffen, übertragen. Deshalb verweigern sich Gebäudehüllen primitiven

Stapeln/Kacheln  157

Modellen von „Gesichtshaftigkeit“,1 lassen sich nicht länger in Dualitäten wie Vorderseite und Rückseite, private und öffentliche Bereiche, Dach und Wand einteilen, sondern die Schnittstellen zwischen den Elementen und ihre Hierarchien sind komplexer geworden. Diese Entwicklung spiegelt die gegenwärtige Ausbreitung alternativer Politik- und Gesellschaftsformen wider: Trends, Bewegungen und anderer „affektiver“ politischer Praktiken.2 In diesem Zusammenhang gewinnt das Muster als eine kritische Ausdrucksform der zeitgenössischen Architektur neues Gewicht. An die Stelle von Rhetorik, symbolischen Begründungszusammenhängen und Repräsentation ist heute eine neue Art von objektbezogener Politik3 getreten, die mit neuen Produktions- und Kommunikationsweisen zusammenhängt. Sie funktioniert über die Produktion von Affekten – einer vorsprachlichen Form von Identität, welche die Aussagelogik traditioneller Politikansätze hinter sich lässt. Entsprechend ist die Gebäudehülle, zentraler Ort architektonischen Ausdrucks, mit dem Erzeugen von „oberflächlichen“ Wirkungen befasst, in Umwelt- wie in Sicherheitsdingen. Sie verleiht dem Bauwerk ein eigenes Gesicht, macht es menschlich – und verwandelt es damit in eine politische Einheit. Die Gebäudehülle wird zum Ort politischen Ausdrucks, weil es eine neue Politik des Gesichtsausdrucks gibt. Daraus ergibt sich, dass die Gebäudehülle mit ihren Mustern über den Umweltbezug hinaus auch auf Fragen der Repräsentation eingehen muss. Zu ihnen gehört, vor dem Hintergrund einer zunehmend heterogeneren und mobileren Gesellschaft, die Herstellung von Identitäten zum Schutz gegen eine aggressive Atmosphäre. Eine weitere Herausforderung für die Gebäudehülle liegt in der Darstellung der sich herausbildenden heterarchischen Ordnungen, deren Machtstrukturen auf Diversität unter gleichzeitiger Herstellung von Konsistenz fußen. Projekte wie Frank Gehrys Guggenheim-Museum in Bilbao, Future Systems’ Selfridges Department Store in Birmingham, die Seattle Public Library und das Casa da Musica in Porto von OMA oder der von Herzog & de Meuron entworfene Prada Shop in Tokio sind vielgestaltige und differenzierte Beispiele für eine Gesichtshaftigkeit4 in der Architektur, die sprachliche Kodierungen, Orientierungen und andere traditionelle Darstellungsformen meidet

1 Vergleiche hierzu Bruno Latour und Peter Weibel, „Introduction“, in: Making Things Public. Atmospheres of Democracy, Ausstellungskatalog, Cambridge, Mass.: MIT Press, 2005. 2 Nigel Thrift hat dazu angemerkt, dass zeitgenössische Formen der Politik zunehmend weniger durch Repräsen­ tations- und Argumentationsformen gekennzeichnet, sondern vielmehr mit der Erzeugung von Stimmungen befasst sind.

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und an ihrer Stelle neue Ausdrucksformen und politische Affekte erzeugt. Das Aufgeben der einfachen Formen der Gesichtshaftigkeit hat seine Entsprechung in den technischen Möglichkeiten etwa des Glassiebdruckverfahrens oder der CAD- und CAM-Technologie, die das Experimentieren mit glatten Geometrien, Parkettierungen und Materialstrukturen erlauben und darüber hinaus eine Fülle von innovativen technischen Applikationen (z.B. Sonnenoder Sichtschutzsysteme) verfügbar machen. Die Einführung bestimmter Fassaden- und Dachbekleidungssysteme ließ an die Stelle der konventionellen Gebäudehülle differenzierte Systeme treten, die mit ihren unterschiedlichen Funktionsschichten eine Vielzahl komplexer Effekte erzeugen können. Die Entkoppelung der unterschiedlichen Fassadenschichten und damit der Muster visueller, klimatischer und atmosphärischer Durchlässigkeiten hat die Gesichtshaftigkeit der Gebäudehülle tief greifend verändert, weil nun Überlappungen und Verschiebungen sowie die Auflösung oder im Gegenteil die Betonung der Übergänge gestaltbar geworden sind. Eine weitere Tendenz geht zu polygonalen Oberflächenstrukturen, im Kontrast zu dem kartesischen Raster spätmoderner Vorhangfassaden. Dies zeigt sich deutlich in Projekten wie dem von PTW entworfenen Water Cube in Beijing, auch in Future Systems’ Selfridges Department Store und im Entwurf von FOA für das Ravensbourne College of Design and Communication im Londoner Stadtteil Greenwich. Ermöglicht wurde dies durch Entwicklungen bei den tragwerks- und klimatechnischen Funktionen der Gebäudehülle. Polygonale Geometrien verleihen ihr zusätzliche Leistungsmerkmale. Zum Beispiel weist ein hexagonales Fliesensystem eine geringere Kanten- und Fugenlänge als eine orthogonale Lösung auf. Wenn also höhere Anforderungen an Isolierung und Sicherheit gestellt werden und das polygonale System geringere Kantenund Fugenlängen bietet, dann liegt der Gedanke nah, dass die Tendenz zu polygonalen Gebäudehüllen dem derzeitigen Verlangen nach abgeschlossenen und schützenden Gebäudeatmosphären geschuldet ist.5 Jedenfalls korrelliert dieses Phänomen mit einer Gesichtshaftigkeit, die nicht länger flächenhaft, vertikal und in diskreten Elementen angelegt ist, sondern mit differenziellen Oberflächengeometrien arbeitet. Zum Beispiel wäre die Verwendung von Kissen wie beim Water Cube in Beijing mit kartesischen Geometrien konstruk-

Vergleiche hierzu Nigel Thrift, Non-Representational Theory: Space, Politics, Affect, London: Routledge, 2007. 3 Dieser Begriff ist Rodney Brooks, einem Pionier der künstlichen Verhaltensintelligenz, entlehnt. Vergleiche hierzu Rodney Brooks, „Elephants Don’t Play Chess“, und „Intelligence Without Representation“, in: Ders., Cambrian Intelligence: The Early History of the New AI, Cambridge,

Mass.: MIT Press, 1999. Ferner: Ders., „The Relationship Between Matter and Life“, in: Nature, 409, 2001, S. 409–411. 4 Dieser Begriff („visagéité“) ist Deleuze entlehnt, der ihn zur Theoretisierung von Repräsentations- und Ausdrucks­ systemen verwendet. Vergleiche hierzu Gilles Deleuze and Félix Guattari, „Année zéro – Visagéité“, in: Dies., Mille Plateaux, Capitalisme et Schizophrénie 2, Paris: Les Editions de Minuit, 1980.

1 Ravensbourne College of Design and Communication, London, Großbritannien.

tiv überhaupt nicht umsetzbar gewesen. Auch an Frank Gehrys fischförmigen Gebäudehüllen wird das deutlich: Der Fugenversatz, eigentlich vom Zweck der Abdichtung durch Überlappung einzelner Elemente motiviert, bildet charakteristische Deckmuster aus, welche die Kontinuität der Kanten- und Fugenverläufe aufbrechen und die dreidimensionale Dynamik der Außenhülle unterstreichen. Die zunehmende Verbreitung von Diagrids und nicht-orthogonalen Parkettierungen, wie sie die Seattle Public Library und das CCTV-Gebäude von OMA, die Entwürfe von Herzog & de Meuron für Prada in Tokio und das National Stadium in Beijing, Norman Fosters Swiss Re Tower in London und sein Entwurf für den Hearst Tower in New York zeigen, belegt eine allgemeine Tendenz zur Übertragung struktureller Funktionen in die Außenhülle, einhergehend mit schwerelosen, wurzellosen, instabilen und differenzhaften Affekten. Traditionell steht das modulare Raster, indifferent gegenüber dem relativen Gewicht von Individuen oder politischen Gruppierungen, für demokratische Gleichheit, liberalen Individualismus und nicht-hierarchische Ordnungen. Demgegenüber verweist die hier beschriebene Gesichts- und Differenzhaftigkeit auf eine Haltung, die in die entgegengesetzte Richtung geht. Wie die Modularität für ein demokratisches System stand, das dem Einzelnen den Vorzug gegenüber einer Totalität gibt, so erkunden die zeitgenössischen Fassadengeome­ trien die politische Dimension modularer Differenzierung. Die alternativen Strukturen, die sie entwickeln, können im Zusammenhang mit neuen politischen Formen gesehen werden. Die sich herausbildenden sozialen Strukturen sind charakteristisch für globalisierte Gesellschaften und deren heterogene Bevölkerungen, ihre Maßstäbe sind kleiner oder größer als jene des Individuums und des Nationalstaats. In ihnen wird das Verhältnis des Einzelnen zur Gesellschaft von Einflüssen bestimmt, die sowohl die Individualität des Einzelnen wie die Integrität des Ganzen hinter sich lassen.6 Die allgegenwärtigen disproportionalen Aufteilungen und variablen Wiederholungen in den Gebäudehüllen

5 Vergleiche hierzu Peter Sloterdijk, Sphären III. Schäume, Frankfurt/M.: Suhrkamp, 2008. 6 Vergleiche hierzu Richard Sennetts Definition einer assoziativen Demokratie in „Democratic spaces“, in: Hunch, Nr. 9, Rotterdam, 2005. Ebenso wäre an dieser Stelle auch Bruno Latours Actor-Network-Theorie zu nennen, in: Ders.,

Muster und Strukturen

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eignen sich offenbar als Ausdruck der kollektiven Zielsetzungen in den neuen, „gewichteten“ demokratischen Modellen – welcher Couleur auch immer. So fragt es sich, ob diese Eigenschaften bei den Olympiabauten in Beijing genuine Annäherungen an größere Zusammenhänge sozialer, umweltbezogener, ökonomischer Art sind oder aber eine Strategie der Abschottung unter gleichzeitiger Darstellung einer idealisierten differenzierten Öffentlichkeit. In dieser Lage wird ein sinnvolles Bezugssystem für die Fragen des Ausdrucks in der Architektur immer wichtiger. Die ideologische Position, dass eine regelmäßigere oder differenziertere, eine durchlässigere oder geschlossenere Struktur besser bzw. schlechter dafür geeignet sei, bestimmte Gesellschaftsformen oder soziale Transformationsprozesse in Erscheinung zu bringen, ist nicht länger haltbar. Die politische Angemessenheit bestimmter Lösungen muss an sehr konkreten, realen Gefügen untersucht werden.7 Von den Bauten in Beijing finden jene die größte Anerkennung, die das beste Alibi für die differenzierten Muster um die ansonsten massiven und unartikulierten Baukörper haben, d.h. bei denen es eine Resonanz zwischen der realen Leistungserfüllung und dem affektiven Wert gibt. Damit ist jener Punkt bezeichnet, an dem

Reassembling the Social: An Introduction to Actor-NetworkTheory, Oxford: Oxford University Press, 2007. Auch ergibt sich hier eine Überschneidung mit Sloterdijks „Schäumen“, in: Ders., Sphären III. Schäume, a.a.O. 7 In diesem Zusammenhang hat Manuel DeLanda Deleuzes Theorie der Assemblage (Gefüge) auf neue soziale und

politische Organisationsformen adaptiert. Vergleiche hierzu Manuel DeLanda, A New Philosophy of Society, New York: Continuum International Publishing Group, 2006.

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der Gebäudehülle eine neue politische Funktion zukommt: eine Form des Widerstands, die sich weder in dem negativen Projekt der kritischen Tradition erschöpft noch auch Architektur bloß als Mittel politischer Repräsentation benutzt.

Die Politik der Muster von Foa Wahrscheinlich ist die langjährige Auseinandersetzung von FOA mit den geometrischen Mustern der Gebäudehülle unserer Beschäftigung mit kommerziellen Architekturprojekten geschuldet. Bei den damit in Zusammenhang stehenden Projekten lassen sich interessante Tendenzen in den Mustern der Hülle feststellen, die unserer Arbeit als Mittel sowohl des Umweltbezugs als auch des Ausdrucks dienen. Die Arbeitshypothese für die hier folgenden Analysen lautet, dass sich in den Projekten vier Tendenzen ausmachen lassen, zu bezeichnen mit den Stichworten monolithisch, differenziert, rahmenlos und wurzellos, und dass die darin angelegten Tendenzen als Ausdruck von und Entsprechung für die grundlegenden politischen Affekte der jeweiligen Projekte sind. Als Erstes ist in unserer Arbeit eine allgemeine Tendenz zu einem monolithischen Ausdruck der Gebäudehülle angelegt. Dieser lässt das architektonische Objekt eher als Ganzes denn als Komposition aus einzelnen Elementen erscheinen. In manchen Fällen ist das Gebäudevolumen bereits durch das Raumprogramm und das Baugrundstück definiert, so zum Beispiel bei den Entwürfen für den Spanischen Pavillon für die EXPO in Aichi, das Ravensbourne College of Design and Communication, den Trinity-EC3-Bürohauskomplex in London oder das Einkaufs- und Kinocenter Highcross in Leicester. Zu den aus dieser Haltung erwachsenden Eigenschaften gehören eine extrem kleinteilige Gliederung der Flächen, des Gesichts des Gebäudes, weiterhin nahtlose Übergänge sowie die Tendenz, das Gebäude als einen „organlosen Körper“ zu

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gestalten, einen Körper, der eher Veränderungen in Intensitäten ausdrückt, anstatt der Gebäudeorganisation Gesicht und Gestalt zu verleihen. Im Ergebnis werden affektive Eindrücke erzeugt, die wir mit den Begriffen von äußerster Zurücknahme und Auslöschung (effacement), Verflüssigung des Festen (liquefaction) und Glättung der Strukturen als Entkerbung (de-striation) belegen. Ein zweites Merkmal unserer Arbeit liegt in der Absicht begründet, vielfach differenzierte Muster zu generieren und als Strategien zur Erfüllung spezifischer architektonischer Anforderungen einzusetzen. So differenziert sich beim Spanischen Pavillon für die EXPO in Aichi das Fassadenmuster automatisch durch die besonderen geometrischen Eigenschaften der formal variierten hexagonalen Fassadenelemente, mit dem einfachen Ziel, ein vielfältig variiertes Farbfeld darzustellen, das trotz seiner zufällig anmutenden Erscheinung ganz von den Regeln der Konfiguration seiner Teile regiert wird. In dem Entwurf für das Ravensbourne College of Design and Communication treten Perforationen der Fassade in wechselnden Größen durch die Geometrien der Befensterung in eine Beziehung zu den je spezifischen Nutzungsanforderungen der Innenräume. Das differenzierte Muster dieser Befensterung wurde auf die Struktur der Kachelung projiziert. Differenzierung entsteht in diesem Fall lokal durch die Beziehung auf programmatische Anforderungen. Bei dem sozialen Wohnungsbau in Carabanchel in Madrid wird Differenz durch das Alltagsverhalten der Bewohner erzeugt, die dazu aufgefordert sind, ihre eigenen Präferenzen bezüglich Sonneneinstrahlung, Sonnenschutz und guter Sicht zum Ausdruck zu bringen. Durch die vielfältigen Einstellmöglichkeiten der Sonnenläden fungiert die Außenhülle mit ihren fortlaufenden Differenzierungen als Ausdruck kollektiver Wünsche und Bedürfnisse. Wie in einem Schwarm sind der Teil und das Ganze in Leistung und Ausdruck nahtlos miteinander verbunden. Bei dem Einkaufs- und Kinocenter Highcross in Leicester ist die Differenzierung in dem Siebdruckmuster auf der Glasfassade des Kaufhauses sowie in den strukturoptimierten Edelstahlpaneelen der Fassade des

1 Fassadenmodell für das Ravensbourne College in Originalgröße. 2 Ein Element des Fassadenmodells. 3 Iconic Towers, Dubai.

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Kinogebäudes angelegt; eigentlich aber erscheint sie bei der Bewegung des Betrachters um das Gebäude herum, wenn die Siebdruckfiguren flimmernde Moirébilder und die verspiegelten Fassadenschichten wechselnde Reflexionen erzeugen. Bei zwei anderen Projekten, den Iconic Towers in Dubai und dem TrinitiyEC3-Bürokomplex, erfolgt die Differenzierung der Muster lokal durch das Wechselspiel der unterschiedlichen Sonneneinstrahlung mit den Geometrien der Fassade. Und beim Institut für Rechtsmedizin in Madrid wird die Geometrie von Kreispackungen durch Differenzierung an die Geometrien des Baukörpers, zwei Kugeln und ein Torus, angepasst. Auf solche unterschiedlichen Weisen ermöglicht das Instrument der Differenzierung, das zahlreiche unserer Arbeiten bestimmt, die vielfältigen Anforderungen an die Architektur in Einklang zu bringen. Auch eine Tendenz zu einer rahmenlosen Gestaltung wird in den angeführten Projekten erkennbar, im Sinn eines Verschmelzens von Rahmen und Ausfachung, von den Teilen und dem Ganzen. Im Vergleich mit anderen heutigen Experimenten gewinnt der Ansatz der Arbeit mit Oberflächengeometrien besonderes Profil. Beispielsweise weisen der Parque Litoral mit den Auditorien in Barcelona, der spanische EXPO-Pavillon oder das Ravensbourne College verschiedentlich Gebäudekanten auf, die nicht als Brüstung, Ecke oder ähnliche rahmende Struktur ausgebildet sind, sondern der Geometrie der verwendeten Fliesenelemente entsprechen. Aufgrund der integralen Entsprechung zwischen den Teilen und dem Ganzen, die wir immer wieder anstreben, erscheinen die Bauten offen und rahmenlos, als unabgeschlossene Einheiten. Die komplexen Verbindungen der Teile werden offengelegt und es entsteht der Eindruck eines darunterliegenden endlosen Ordnungsprinzips. Nicht zuletzt weisen die Gestaltungsmuster der Gebäudehüllen der meisten dieser Projekte als vierte Tendenz eine Orientierung an polygonalen Parkettierungen und dichten Packungsstrukturen auf. Von den erwähnten Projekten von

Muster und Strukturen

FOA beruhen das Einkaufs- und Kinocenter Highcross in Leicester, der soziale Wohnungsbau in Carabanchel und der Trinity-EC3-Bürokomplex auf einem konventionellen Orthogonalraster im konstruktiven Aufbau der Gebäudehülle. Doch die Orthogonalität wird typischerweise verborgen, indem entweder ein überlappendes Muster darübergelegt wird oder eine dreidimensionale Verformung die Oberfläche der Fassade verzerrt. Dahinter steht eine konzeptionelle Position, die durch eine Vielzahl von Hypothesen unterfüttert werden kann, die aber als direktesten Effekt die Aufhebung der Schwerkraft als primärer Ordnungskraft der Oberflächengeometrien der Gebäudehülle bewirkt. Durch diese Konfiguration erscheint die Gebäudehülle in unseren Projekten oftmals als ein schwebendes, wurzelloses Objekt, das sich als eine Haut mehr denn als eine verortete Konstruktion erweist. Interessant am Parque Litoral mit den Auditorien in Barcelona ist in diesem Zusammenhang, dass hier keine Oberfläche als Gebäudehülle konzipiert wurde, sondern als eine Topografie. Diese lässt mit dem fortlaufenden Fluss in ihrem Pflastermuster einen Eindruck von Instabilität aufkommen, der vergleichbare affektive Momente von Wurzellosigkeit generiert. Die Analysen aus dieser Perspektive machen eine Vielzahl von Effekten sichtbar, die sich unmittelbar aus den verschiedenen Mustern der Gebäudehülle ableiten und zu einem gewissen Teil unabhängig vom Programm des jeweiligen Gebäudes und den eingesetzten Technologien sind. Diese besonderen Merkmale und Effekte können als die „Atmosphäre“ der Projekte aufgefasst werden. Aber wir können einen Schritt weiter gehen: Die atmosphärischen Eigenschaften sind ein Verweis auf eine grundlegende politische Dimension des Werks, eine Dimension, die der Übersetzung in ein ausgearbeitetes politisches Vokabular vorgelagert ist. Die Konzepte des Monolithischen, der Differenzierung, der Rahmenlosigkeit und der Wurzellosigkeit  tragen schweres politisches Gepäck mit sich.

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Spanischer Pavillon, EXPO 2005 Aichi, Japan; Foreign Office Architects 1 Bei der Annäherung an das Gebäude zeichnet sich die Vielfalt und Logik der Fliesenanordnung ab. 2 Variation der Anordnung im Eckbereich. 3 Blick hinter die gitternetzartige Fliesenkonstruktion in den Innenraum. 4 Ein Standardpaneel besteht aus sechs verschiedenen und in unterschiedlichen Farben lasierten Fliesenelementen.

Der Spanische Pavillon für die EXPO 2005 sollte die besondere kulturelle Tradition Spaniens verkörpern und insbesondere die historische Vermischung der jüdisch-christlichen Kulturen in Europa mit dem Einfluss des Islams auf der iberischen Halbinsel zwischen dem 8. und 15. Jahrhundert in seiner Architektur widerspiegeln. Entsprechend suchten Foreign Office Architects zunächst passende räumliche Typologien wie zum Beispiel Innenhöfe, Kirchen

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und Kapellen, dann konstruktive Elemente wie Bögen und Gewölbe und schließlich dekorative Elemente wie Gitterund Maßwerke. Ein großer Innenraum bildet das Zentrum des Pavillons und verbindet die sieben Ausstellungsräume. In freien Formen interpretieren diese kleinen Themenräume die spanische Tradition von kunstvoll gestalteten Gewölben und islamischen Kuppeln. Die äußere Hüllle lehnt sich an

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Architekten

Foreign Office Architects, London, Großbritannien

Fertigstellung

2005

Bauherr

SEEI

Wettbewerbsteam

Farshid Moussavi und Alejandro Zaera-Polo in Zusammenarbeit mit Nerea Calvillo und Kensuke Kishikawa

Entwurfsteam

Farshid Moussavi und Alejandro Zaera-Polo in Zusammenarbeit mit Nerea Calvillo, Izumi Kobayashi und ­Kenichi Matsuzawa

Projektmanagement

Inypsa

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1 Die mosaikartige Außenhülle wird von hinten abgestützt. 2 Durch die Anordnungen der Fliesenelemente entstehen großflächige und kleinteilige Fensteröffnungen und ein differenziertes visuelles Leitsystem. 3 Aus der Ferne erscheint die kleinteilige Differenzierung der Gebäudehülle als zufälliges Muster.

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die spanisch-islamische Tradition mit Gitter- und Maßwerken der spätgotischen Kathedralen an, wie sie in Toledo, Segovia, Sevilla oder Palma zu finden sind – eine Tradition, die sich auch im japanischen Konzept des Engawa entdecken lässt: Hier bildet eine Zwischenzone aus Holz die Schwelle zwischen Fenster und Innenraum. So nimmt auch die Außenhülle des Pavillons das Thema der Zwischenzone auf und bildet mit der gitterartigen Fassaden-

struktur aus hexagonalen und glasierten Fliesen eine ähnliche Artikulation der Schwelle, wie sie an der spanischen Mittelmeerküste und in der traditionellen japanischen Keramik vorkommt. Es gibt Fliesen mit und ohne Öffnung. Jeweils sechs von ihnen setzen sich in Variationen der hexagonalen Geometrie zu einem Paneel zusammen, jede in einem anderen von sechs Farbtönen, die an die Farben der spani-

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schen Nationalflagge mit ihren roten und gelben Streifen erinnern und noch andere Assoziationen auslösen – Wein, Rosen, das Blut der Stierkämpfe, die Sonne, der Sand. Die Anordnung der einzelnen Paneele erfolgt durch Drehung oder Spiegelung. So erscheint die Außenhülle zugleich einheitlich und umfassend wie auch vielfältig und bunt. Die modulartige Struktur erzeugt eine differenzierte, durch kulturelle Merkmale geprägte Oberfläche, die aus

Spanischer Pavillon EXPO 2005

der Wiederholung einzelner, selbstähnlicher Elemente auf das architektonische und kulturelle Erbe Spaniens zu verweisen vermag.

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Sozialer Wohnungsbau Carabanchel Madrid, Spanien; Foreign Office Architects

1 Durch das serielle und variable Er­scheinungsbild der Faltöffnungen zeigt sich das Gebäude einheitlich und viel­fältig zugleich. 2 Der Sockelbereich der Fassade.

Aufgrund der besonderen Lage des Grundstücks – ein nord-südlich orientiertes, an einem Stadtpark gelegenes, 100 m x 45 m messendes Parallelogramm – entwickelten Foreign Office Architects ein kompaktes Gebäudevolumen, das allen Wohneinheiten eine Orientierung in östlicher und westlicher Richtung ermöglicht und sie auf beiden Seiten zu Grünbereichen öffnet. Auf der Suche nach individuellen Gestaltungsspielräumen der Nutzer bei einem Wohnbauprojekt dieser Grö-

ßenordnung entwickelten die Architekten für die Bewohner eine Strategie, die auf jedem Stockwerk halb öffentliche, 1,50 m tiefe Terrassen an den Längsseiten vorsieht. Faltläden aus Bambus bieten ausreichende Verschattungsmöglichkeiten gegen die starken Sonneneinträge aus ost-westlicher Richtung und sorgen für die Nutzbarkeit der Außenterrassen über die meiste Zeit des Jahres. Die seriellen Bambusschirme verleihen dem Gebäude nicht nur eine einheitliche und einzigartige materielle

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Architekten

Foreign Office Architects, London, Großbritannien

Fertigstellung

2007

Bauherr

Empresa Municipal de la Vivienda y Suelo (EMVS)

Planung

Farshid Moussavi und Alejandro Zaera Polo in Zusammenarbeit mit David Casino, Leo Gallegos, Joaquim Rigau, Caroline Markus, Nerea Calvillo

Bauträger

ACCIONA

Tragwerksplanung

Jesús Hierro, JHS Proyecto de Estructuras y Arquitectura, S.L.

Kostenplanung

Alfonso Cuenca Sánchez

Elektroplanung

FASEVEN

Haustechnik

ASETECNIC

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1 Alle Seiten des einfachen Baukörpers sind von einer durchgängigen und zugleich veränderlichen Außenhaut umfasst. 2 Blick von einer der halb öffentlichen Terrassen. 3 Die faltbaren Bambusflügel ermöglichen nicht nur vielfältige Fassadenkonstellationen und Öffnungswinkel, sondern bestimmen auch die Durchlässigkeit der Außenhülle. 4 Das Gebäude im urbanen Kontext.

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­Erscheinung, sondern ermöglichen auch je nach Gebrauch durch die Bewohner verschiedene Abstufungen von Transparenz und Geschlossenheit. Auf diese Weise bringt die Gebäudehülle die individuellen Gewohnheiten zum Ausdruck, und doch werden die Wohneinheiten hinter der homogenen Erscheinung schützend zurückgestellt. So ist es gelungen, ein Äußeres zu entwickeln, das sich in verschiedenen Stufen differenzieren kann, jedoch nicht nach den Vorstellungen der Architekten, sondern ganz nach denen jedes einzelnen Bewohners.

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Sozialer Wohnbau Carabanchel

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Haus in Aggstall Aggstall, Deutschland; Hild und K Architekten

1 Die versetzte Firstlinie schafft Raum für ein Obergeschoss und lehnt sich formal an die lokale Bauernhaustypologie an. 2 Das zugrunde liegende Webmuster für die Geometrie der Ziegelfassade. 3 Die Ansichtszeichnung zeigt die beiden Ebenen der Ziegelfassade. 4 Schattenstudie des geometrischen ­Musters.

Das Einfamilienhaus liegt in einer kleinen Gemeinde in der Nähe von Freising in Oberbayern. Weil auf dem ländlichen Baugrund vormals ein historisches, jedoch baufälliges Haus stand, forderten die behördlichen Auflagen, für den Neubau die ursprüngliche Grundfläche und Firsthöhe beizubehalten. Das Münchner Architekturbüro Hild und K Architekten entwickelte für den 300 m2 großen Neubau ein Entwurfskonzept, das die Verschiebung der ursprünglichen Firstlinie vorsah, um die Planung eines Oberge-

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Architekten

Hild und K Architekten, München, Deutschland

Fertigstellung

2000

Bauherr

Barbara Gross, Dr. Berthold Schwarz

Planung

Andreas Hild, Dionys Ottl

Projektleitung

Dionys Ottl

schosses zu ermöglichen. Das entstehende asymmetrische Satteldach greift zudem die Typologie des regionalen Bauernhauses auf. Ebenfalls in Anlehnung an die lokale Bautradition wurden auf den Fassadenflächen Effekte erzeugt, die dem unregelmäßigen Licht- und Schattenspiel verputzter Mauerwerksflächen ähneln. Eine besondere Verlegetechnik für  die Ziegelsteine geometrisiert die sonst zufälligen Schattenmuster und erzeugt ein Muster, das einfach her-

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zustellen ist und an allen vier Seiten wiederholt werden kann. Es nimmt Bezug auf die handwerklichen Traditionen der Region – hier spielt der Mauerwerksbau historisch eine große Rolle – und verleiht der Fassade den Anschein der Leichtigkeit und Geschmeidigkeit eines gewobenen Textils. Das zweidimensionale Schattenspiel einer ver-

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1 Die fleckigen Lichteffekte greifen das unregelmäßige Licht- und Schattenspiel auf den verputzten Mauerwerksfassaden der Häuser dieser Region auf. 2 Die wiederholte geometrische Grundfigur läuft um die Gebäudekanten gleich einem scharf gefalteten Textilgewebe. 3 Die hervortretende Kante des auskragenden Daches führt seitlich das abgestufte Fassadenmuster fort und nimmt zudem Bezug auf lokale Bauweisen.

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putzten Wand ist in ein dreidimensionales Relief umgesetzt, gleich einer digitalen Darstellung von Licht und Schatten. An die Stelle der Materialität einer Bauernhauswand tritt eine geometrische Interpretation der vertrauten Wirkungen.

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Haus in Aggstall

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Nationales Schwimmzentrum (Water cube) Beijing, China; PTW Architects+CSCEC+CCDI und ARUP Das Stadion wurde nach einem Entwurf des australischen Architekturbüros PTW Architects in Zusammenarbeit mit den Ingenieurbüros ARUP und China State Construction Design International (CCDI) für die Olympischen Spiele 2008 in Beijing realisiert. Das Leitmotiv Wasser wurde hier zum übergreifenden Konzept für Tragwerk, Hülle und Bildwelt. Das Tragwerk basiert auf dem strukturellen Prinzip der Anordnung von Wasserblasen, die sich schaumartig zu komplexen Verbänden zusammenschließen. Hinter die-

1 Dachaufsicht. 2 Die zellenartige Struktur von Seifenblasen diente als Ausgangspunkt für die Gestaltung der Fassade. 3 Maßstäbliches Strukturmodell. 4 Nachts verwandelt die Beleuchtung der zellenartigen Fassade das Gebäude in einen scheinbar schwebenden, zur Wasserwelt gehörigen Körper.

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ser zufällig wirkenden Anordnung verbirgt sich ein effizientes geometrisches Prinzip, wie es sich in gleicher Weise auch bei lebenden Zellen, Molekülen und mineralischen Kristallen findet. Die geometrischen Grundzüge wurden zum Ausgangspunkt für die vielfältigen formalen Artikulationen. Dazu passt die transparente Erscheinung von Wasserblasen als Leitmotiv des Entwurfs. 4 000 beschichtete, teils bläuliche und teils transparente ETFE-Kissenhüllen

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Architekten

PTW Architects+CSCEC+CCDI und ARUP

Fertigstellung

2008

Bauherr

Beijing State Asset Management

Projektleitung

John Bilmon

Planung

Mark Butler, Chris Bosse, John Blanchard, Alan Crowe, Andrew Frost, Michael Lam, Kurt Wagner, John Pauline

Tragwerksplanung

Ove Arup & Partners

Konstruktionsplanung

China State Construction & Engineering Corporation

Projektmanagement

Beijing Pake International Engineering Consultancy

Bauunternehmung

Beijing Mechanical Construction Company

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1 Die Geometrie von Wasserblasen wurde als Tragwerk und als räumliche Struktur auf das Gebäudeinnere übertragen. 2 Die aufgeblasenen ETFE-Kissenhüllen bei der Fassadenmontage. 3 Blick in das Innere der Raumstruktur und der ETFE-Umhüllung.

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wurden als Verkörperung dieses Bildes auf den Innen- und Außenseiten des Raumgitters der Fassade angebracht. Sie haben eine Breite von bis zu 7,50 m und eine Spannweite bis ungefähr 9 m. Die Architekten erkennen im Water Cube die Form einer rechteckigen Box, Urgestalt des Hauses in der chinesischen Tradition und Mythologie. Die

Innenräume scheinen aus dieser Konstruktion wie aus der dichten Schaumpackung herausgeschnitten. In gewisser Weise hat hier in der Tat eine „Übertragung natürlicher Modelle in kulturelle Formen“ stattgefunden.

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Nationales Schwimmzentrum (Water Cube)

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Fassade Weingut Gantenbein Fläsch, Schweiz; Gramazio & Kohler in Zusammenarbeit mit Bearth & Deplazes In dem neuen Betriebsgebäude sollten die verschiedenen räumlichen Anforderungen des kleinen Weinguts Gantenbein neu zusammengefasst werden. Dazu gehören große Gärräume zur Traubenaufbereitung, ein Keller zur Lagerung der Weinfässer und eine Dachterrasse für Verkostungen und Empfänge. Während die Grundstruktur des Gebäudes von Bearth & Deplazes aus einer einfachen Betonskelettkonstruktion besteht, entwickelte das Zürcher

1 Das Gebäude in der ländlichen Weinbaugegend vor dem Hintergrund der Berge. 2 Die Teilpaneele werden mit Hilfe eines Roboterarms zusammengesetzt. 3 Detail der Backsteinanordnung. 4 Typisches Teilpaneel.

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Büro Gramazio & Kohler für die Fassade eine Ausfachung, die Temperaturschwankungen ausgleichen und den Sonnenlichteinfall in den Gärraum dämpfen kann. Mit Hilfe einer digital gesteuerten, automatischen Herstellungstechnik, die Gramazio & Kohler an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich entwickelten, wurden 20 000 Backsteine in 72 Wandelementen entsprechend vorprogrammierter Parameter wie Ausrich-

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Architekten

Gramazio & Kohler, Zürich, Schweiz, in Zusammenarbeit mit Bearth & Deplazes, Chur, Schweiz

Fertigstellung

2006

Bauherr

Marta und Daniel Gantenbein

Planung

Tobias Bonwetsch (Projektleiter), Michael Knauss, Michael Lyrenmann, Silvan Oesterle, Daniel Abraha, Stephan Achermann, Christoph Junk, Andri Lüscher, Martin Tann

Tragwerks- und Konstruktionsplanung

Jürg Buchli, Haldenstein

Fassadenelemente

Gramazio & Kohler, Architektur und Digitale Fabrikation, ETH Zürich; Keller AG Ziegeleien

Stapeln/Kacheln  179

1

1 Ein fertiggestelltes Teilpaneel wird an seinen Platz gesetzt. 2 Das Tragwerk und das aus den Mauerausfachungen hervortretende Bild von großen Trauben nehmen den Dialog mit den umliegenden Weinbergen auf. 3 Blick in den Gärraum.

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tung und Abstand der Backsteine angeordnet. Der Abstand der Steine voneinander wurde so gewählt, dass indirektes Licht in den Raum einfällt, wobei PolykarbonatVerkleidungen den Innenraum vor Wind und Regen schützen. Jeder Stein reflektiert das Sonnenlicht anders in Abhängigkeit vom jeweiligen Winkel zur Fassade, sodass die Gebäudeoberfläche aus weiter Entfernung wie gepixelt erscheint – ein Effekt, den die Architekten mit einer

symbolischen Darstellung der Hauptressource des Weingutes, der Weintraube, ausgestalteten. Das Wechselspiel zwischen der bildhaft nach außen gestellten Funktion des Gebäudes und dem materiellen Aufbau der Außenhülle wird mit wechselnder Intensität deutlich, wenn sich der Betrachter um das Gebäude bewegt; man erlebt, wie die Wahrnehmung zwischen Ausdruckshaftigkeit und reiner Materialpräsenz oszilliert.

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Fassade Weingut Gantenbein

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1

1 Der ungewöhnliche Wandaufbau erzeugt Lichteffekte im Gebäudeinneren. 2 Außenansicht der Fassade.

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Fassade Weingut Gantenbein

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Liberal Arts and Sciences College Doha, Qatar; Coelacanth and Associates (CAt)

1 Die Fassade läuft um die Gebäude­ ecken. 2 Detail des Gitterwerks im Gebäude­ inneren. 3 Nachts ist die Außenhülle hinterleuchtet und betont das Linienmuster sowie die größeren Fassadenöffnungen.

Der Universitätsbau liegt in Education City, einem 40 ha großen Campus am Stadtrand von Doha in Qatar. Grundlegend für den Entwurf von Coelacanth and Associates (CAt) aus Tokio ist die Anpassung des Gebäudes an den klimatischen und kulturellen Kontext des Landes, basierend auf drei Konzepten: Erstens schützt ein Doppelfassaden- und Dachsystem die Innenräume vor den sehr hohen Temperaturen und dem starken Sonnenlicht; zweitens be-

zieht sich die mosaikartige Anordnung von Innenhöfen und Atrien auf die traditionelle islamische Wohnbautypologie und drittens bestimmt die Verwendung von abstrakten geometrischen Fliesenmustern nicht nur die äußere Fassade, sondern auch die inneren Aluminium-Verschattungselemente und Rasterdecken. Aus den Geometrien und Formen der islamischen Architektur übernahmen die Architekten ein fast kristallines

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Architekten

Coelacanth and Associates (CAt), Tokio, Japan

Fertigstellung

2004

BAuherr

Qatar Foundation for Science and Community Development

Leitende Architekten

Kazuhiro Kojima, Kazuko Akamatsu

Mitarbeit

Kensuke Watanabe, Tomoya Oshika

Partnerarchitekt

Arata Isozaki

Projektleitung

Shuichi Fujie/i-NET

Projektmanagement

Shunji Nagata/Fox & Company

Konstruktionsplanung

PERKINS & WILL

Tragwerksplanung

Ove Arup & Partners, C.E. Anderson & Associates

Gebäudetechnik

Ove Arup & Partners, McGuire Engineers

Landschaftsarchitektur

Daniel Weinbach & Partners

Stapeln/Kacheln  185

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1 Blick in den von feinem Gitterwerk aus Aluminiumguss eingefassten Innenhof. 2 Das Fliesenmuster wird in kleinerem Maßstab auch für das Gitterwerk aus Aluminiumguss verwendet.

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2

Muster für die Fassade und inneren Trennwände. Dieses Muster entstand aus einer spiralförmigen Anordnung von drei verschiedenen Parallelogrammen, es wurde als glasfaserverstärkte Betonelemente mit einem Zwischenabstand von 50 mm hergestellt und vor der äußeren Schicht der Doppelfassade in einem Abstand von 1 m zur tragenden Innenwand befestigt. Von dem zeremoniellen Eingang des Gebäudes ausgehend, umhüllen die Betonfliesen das gesamte Gebäude und laufen auch über die Ecken. Die drei verschiedenen, doch aufeinander bezogenen Geometrien der Fliesen ergeben ein unregelmäßiges Muster, das in der Entfaltung der Komposition ebenso Kontinuität wie auch endlose Vielfalt erzeugt.

An verschiedenen Punkten im Gebäude werden zweigeschossige, teils überdachte und teils offene Innenhöfe von Aluminium-Verkleidungen umschlossen, die das Fassadenornament in einem intimeren Maßstab wiederholen. Die 1,50 m x 6,80 m messenden Schirme verleihen den Innenhöfen eine eigene Privatsphäre, während gleichzeitig Licht und Luft das Gebäude ungehindert durchströmen. Die an den islamischen Traditionen orientierte, geometrisch modulierte Erscheinung der Fassade und der Verkleidungen erhöht das nicht nur visuelle Erleben des Gebäudes an einem Ort, wo Licht und Luft sowohl praktische wie auch kulturelle Bedeutung haben.

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1 /3 Zeichnungen zu den AluminiumWandschirmen im Innenraum. 2 Die glasfaserverstärkten Betonpaneele bei der Fassadenmontage.

Liberal Arts and Sciences College

3

Stapeln/Kacheln  187

3125.QAT

South Elevation s=1/500

North Elevation s=1/500

East Elevation s=1/500

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West Elevation s=1/500

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1 Ein aperiodisches Fliesenmuster hüllt das Gebäude ein und bildet die kontinuierliche und zugleich differenzierte Oberfläche. 2 Die Öffnungen im Fliesenmuster stehen in freier Entsprechung zu den dahinterliegenden Fensteröffnungen.

Liberal Arts and Sciences College

Stapeln/Kacheln  189

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290 Mulberry Street New York, USA; SHoP Architects

1 Die Nordfassade. 2 Die digitalen Daten der Fassaden­ modelle wurden für den Modellbau ebenso wie für die Produktion der Paneele verwendet. 3 Modell eines Fassadenteils in Originalgröße. 4 Vorgeblendete Ziegelsteinfassade des Puck Building.

Das Gebäude 290 Mulberry Street ist ein von SHoP Architects konzipiertes, 13-geschossiges multifunktionales Wohnhochhaus im Quartier Nolita in Lower Manhattan. Das Gebäude grenzt im Norden an die Houston Street und im Westen an das historische Puck Building, einem der bekanntesten Mauerwerksbauten von New York. Der Bebauungsplan verlangte Sichtmauerwerk auf beiden Straßenseiten, sodass der Neubau direkt auf das Puck Building reagieren und dabei eine Interpretation der bestehenden Vorschriften im Sinn einer zeitgenössischen Lösung anstelle einer Imitation des Vergangenen suchen konnte.

2

Mit einer einzigartigen Mauerwerkskonstruktion nimmt das dekorative Muster unmittelbaren Bezug auf die stark strukturierten historischen Ziegelfassaden der Nachbarschaft. Die Bauvorschriften für klassisches Dekor lassen es zu, dass die Hülle des Neubaus aus der Fassade heraustreten kann, und zwar um 10 % auf jeweils 9,29 m2. Der Entwurf verfolgte die Strategie, die auskragenden Fassadenflächen zu maximieren und dabei die Gesamttiefe der Außenhülle zu minimieren. Eine konventionelle Bauausführung per Hand wäre kaum möglich gewesen: Das ­ornamentale Motiv der vor- und rückgesetzten Steine in präzisen Intervallen erzeugt ein äußerst komplexes

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4

Architekten

SHoP Architects, New York, USA

Fertigstellung

2009

Bauherr

Cardinal Investments

Projektleitung

Kimberly J. Holden, Gregg A. Pasquarelli, Christopher R. Sharples, Coren D. Sharples, William W. Sharples

Tragwerksplanung

Robert Silman Associates

Haustechnik

Laszlo Bodak Engineers

Bauträger

Kiska Group Inc.

Vorfertigung

Architectural Polymers (Liner)/Saramac Inc. (Fertigteile)

Stapeln/Kacheln  191

1 Die Eckfassade, vom gegenüberliegenden Puck Building aus gesehen. 2 Blick von Südwesten. 3 Die Anordnung der Paneele ist an die Fensteröffnungen angepasst. 4 Im Bereich der Fensterstürze werden die dreidimensionalen Eigenschaften der Fassadenoberfläche besonders deutlich.

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­ uster, das in einem von den Architekten entworfenen M vorgefertigten Paneel umgesetzt wurde, mit besserer Qualitätskontrolle und geringeren Arbeitskosten als bei einer herkömmlichen zweischaligen Mauerwerkskonstruktion. Der Einsatz parametrischer Modellierung beim Entwurf erlaubte die Kontrolle dieses komplexen Ablaufs (Kosten, Gewicht, Schichten der Steine, Herstellung, Transport und Aufbau) ebenso wie die exakte Anordnung herkömmlicher Ziegelsteinelemente innerhalb der Paneele und deren Koordination mit der statisch und funktional

bestimmten Anordnung der Fenster und Säulen. So schälte sich aus anfänglichen Gesprächen mit den Herstellern der Ziegelsteinpaneele allmählich die Gestaltung der Fassade heraus und führte zu Herstellungs- und Bearbeitungsprozessen, mit denen die Architekten die verschiedenen Parameter effizient kontrollieren konnten. Hierzu gehörten zum Beispiel die unterschiedlichen Ziegelsteingrößen, die Anordnung sowie die minimale Überdeckung der Ziegelsteine, wenn sie in die rippenartige Paneelschalung „eintauchen“, die Größe und Position der Paneel-

3

verbindungspunkte und der Fenster sowie die Position der Stützen. Im Sinn der Effizienz wurden herkömmliche Steinformate­ verwendet und im Kreuzverband verlegt, sodass in jeder Läuferschicht durch versetzte Halbsteine die Gesamtzahl der Ziegelsteine und damit die Anzahl der möglichen Versprünge über die gegebene Paneelbreite erhöht werden. Das Zusammensetzen der Paneele wurde standardisiert, nur die Schalungsplatten aus Kunststoff wurden für eine exakte Positionierung speziell angefertigt. Die Grundform

290 Mulberry Street

4

für die Paneele, meist der teuerste Teil, wurde im Hinblick auf deren maximale Variationsmöglichkeiten optimiert. Die Schalung für das Grundmodul ist eine Art PositivModell­ der vorgehängten Ziegelsteinfassade und wurde direkt anhand der digitalen Daten der Architekten CNCgefräst. Aus der Zusammenarbeit von Architekten und Herstellern entstand ein Gebäude, das nicht nur kostengünstig geplant und realisiert werden konnte, sondern auf einzigartige Weise in sein Umfeld eingebettet ist.

Stapeln/Kacheln  193

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1 Ein fertiges Paneel. 2 Paneelvarianten und ihre Positionen an der Fassade. 3 Fugenverlauf zwischen zwei Paneelen oberhalb des aus dem Untergeschoss ragenden Mauerwerksverbandes.

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290 Mulberry Street

Stapeln/Kacheln  195

Büroprofile 6a Architects, London, GroSSbritannien Das Architekturbüro 6a Architects wurde von Tom Emerson und Stephanie Macdonald im Jahr 2001 gegründet, die einander am Royal College of Art kennen gelernt hatten. Das Büro arbeitet in den verschiedensten Größenordnungen, von Produktgestaltung

städtische Räume. Es beschäftigt sich mit Gebäudekonstruktion ebenso wie mit plastischer Gestaltung wie zum Beispiel dem Verdrehen einer Skulptur. Dieses Zusammenspiel ermöglichte es Bellemo & Cat, Einblicke in verschiedene Verfahren des experimentellen Umgangs mit Architektur und Bildhauerei zu gewinnen und daraus Ansätze für eine plastische Architekturidee und pragmatische Ansätze für den Städtebau abzuleiten.

und Ausstellungsdesign bis hin zu großen Wohnbauprojekten. Insbesondere hat sich das

Claesson Koivisto Rune, Stockholm, Schweden

Büro mit seinen Kunstprojekten und einem sensiblen Umgang mit historischen Bestän-

Das schwedische Designbüro Claesson Koivisto Rune wurde 1995 mit dem Ziel gegrün-

den einen Namen gemacht. Renommiert ist die Arbeit von 6a Architects auch aufgrund

det, eine nach klassischem skandinavischen Verständnis multidisziplinär arbeitende Ge-

eines erfindungsreichen Materialumgangs, der sowohl auf den physischen als auch auf

staltungspraxis zu etablieren, in der Architektur und Design gleichgewichtig vertreten

den kulturellen Kontext Bezug nimmt. Zu aktuellen Projekten zählen Raven Row, ein 2009

sind. Zu den realisierten Bauten gehören das Sfera-Kulturhaus in Kioto, der Wohnsitz des

eröffnetes Zentrum für Gegenwartskunst in London sowie das zum Zeitpunkt der Publi-

schwedischen Botschafters in Berlin, das Ingegerd-Råman-Haus mit angegliedertem Stu-

kation noch im Bau befindliche neue Lehrgebäude der South London Gallery, welches

dio, ein Asplund Shop und das Operakällaren-Gourmetrestaurant mit Cocktailbar. Aktu-

durch ein neues Café und Räumlichkeiten für Kunstprojekte und „Artists in Residence“

ell fertiggestellte Projekte umfassen Läden von Alberto Biani in Rom und Paris, die Stiller

ergänzt wird. Zu den Wettbewerben, die das Büro gewann, gehören ein ökologisches

Studios in Stockholm, die Gun Gallery und Wohnhäuser an unterschiedlichsten Orten in

Landhaus und eine 39 ha umfassende Park- und Landschaftsplanung in Cambridgeshire

Schweden, die in Zusammenarbeit mit der Firma Arkitekthus realisiert wurden. Zu den

sowie die Sanierung eines alten Industriekomplexes in Oval im südlichen London und

laufenden Projekten zählen außerdem Kunstgalerien und Wohnhäuser in den USA, in

ein ökologischer Neubau eines Studentenwohnheims des Churchill College in

Uruguay und in Schweden sowie ein Gebäude im italienischen Venedig.

Cambridge.

Coelacanth and Associates (CAt), Tokio, Japan

AAVP Architecture mit Antonio Virga Architecte, Paris, Frankreich Vincent Parreira schloss sein Studium an der UPA-Paris La Villette ab und gründete im Jahr 2000 das Büro AAVP Architecture in Paris. Antonio Virga studierte am Politecnico di Milano und eröffnete das Architekturbüro Antonio Virga Architecte im Jahr 1990. Das Büro AAVP fasst Architektur als ein Werkzeug der Auseinandersetzung auf, nicht nur als Grundlage des äußeren Ausdrucks, sondern ebenso des kulturellen und sozialen Engagements und der politischen Teilhabe. Zu den aktuellen Projekten Parreiras zählen eine Grundschule mit Sporthalle in Saint-Denis, ein Kulturzentrum in Gournay, an das eine Mediathek und eine Schule für Kunst und Tanz angegliedert sind, sowie das in Zusammenarbeit mit Antonio Virga entworfene Einkaufszentrum in Angers und ein Jugendzentrum in Paris. Aktuelle Projekte von Virga sind das Reitzentrum al Foursal in Chantilly, ein Marktcenter in Brest (in Zusammenarbeit mit Vincent Parreira) und der Maxalto Shop in Paris, der zusammen mit Antonio Citterio and Partners geplant wurde.

Coelacanth wurde 1986 von sieben Personen gegründet, die sich zunächst für ein Pro-

Atelier Hitoshi Abe, Sendai, Japan

rimenten noch mit einer sensationslustigen Architektursprache. Vielmehr ist es ein auf

Der Architekt Hitoshi Abe gründete 1992 das gleichnamige Atelier Hitoshi Abe. Seitdem

Klarheit und Pragmatismus bedachtes Vorgehen, das vielfältig genug ist, um einer archi-

hat das Architekturbüro eine Vielzahl von Kultur- und Wohnbauten realisiert. Darunter

tektonischen Festlegung zu entkommen. Das Architekturbüro realisiert Projekte, die stark

befinden sich das F-TOWN-Gebäude, das Kanno-Museum, die Shirasagai-Brücke und

mit ihrer jeweiligen Umgebung verknüpft sind und sich auf individuelle Situationen und

das Sozialwohnbauprojekt Arai Public Housing. Seit 2007 ist Hitoshi Abe der Dekan des

Programme einlassen. Auf diese Weise ergänzen sich vorhandene Strukturen und neue

Department of Architecture and Urban Design an der University of California in Los

Eingriffe gegenseitig. Dies gilt gleichsam für Projekte im städtischen und ländlichen

Angeles.

Raum, da das Architekturbüro nicht nur an Lösungen für dörfliche Strukturen arbeitet,

Bellemo & Cat, Melbourne, Australien

motionsstudium an der Tokyo University Graduate School eingeschrieben hatten, darunter Kazuhiro Kojima und Yasuyuki Ito. Die Arbeit von Coelacanth ist von internationalen Wettbewerbserfolgen gekennzeichnet, darunter erste Preise für das Osaka International Peace Center (1991) und für die Utase-Grundschule (1995). Zudem erhielten Coelacanth 1997 den Designpreis des Architectural Institute of Japan. Daraufhin wurde das Büro 1998 in Coelacanth and Associates (C+A) umbenannt und im Jahr 2005 unter den Bezeichnungen CAt (C+A tokyo) und CAn (C+A nagoya) umstrukturiert. Die beiden Dependancen in Tokio und in Nagoya bearbeiten sowohl lokale als auch internationale Architekturprojekte und werden von vier Partnern geleitet: Kazuhiro Kojima und Kazuko Akamatsu in Tokio (CAt) sowie Yasuyuki Ito und Susumu Uno in Nagoya (CAn).

Dietrich/Untertrifaller Architekten, Bregenz, Österreich Die Arbeit von Dietrich/Untertrifaller Architekten befasst sich weder mit formalen Expe-

sondern in gleicher Weise an der Entwicklung urbaner Konzepte interessiert ist.

Das multidisziplinäre Büro Bellemo & Cat wurde 1998 als Zusammenschluss von Archi-

Faulders Studio, San Francisco, USA

tekten und Künstlern gegründet. Das im Innenstadtbereich von Melbourne befindliche

Das von Thom Faulders geleitete Architekturbüro Faulders Studio sieht sich dem Gedan-

Büro befasst sich nicht nur mit unterschiedlichen Bauaufgaben vom privaten Wohnbau

ken einer umfänglichen Forschungstätigkeit verpflichtet. Die bisherige Arbeit von Thom

bis zu öffentlichen Projekten, sondern entwirft zudem für verschiedene ländliche und

Faulders ist nicht nur Teil der Permanent Architecture and Design Collection im San

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Francisco Museum of Modern Art, sondern auch Bestandteil zahlreicher internationaler

Gantenbein, das Tanzhaus Zürich, die Weihnachtsbeleuchtung für die Bahnhofstrasse in

Ausstellungen. Dazu gehört die 2005 eröffnete Ausstellung „Safe: Design Takes on Risk“

Zürich und der sWISH* Pavillon auf der Schweizer Expo 2002. Zu den weiteren Ausstel-

im Museum of Modern Art in New York, der Beitrag zu „Experimentadesign“ in Lissabon

lungsbeiträgen von Gramazio & Kohler gehört das Exponat Structural Oscillations, das

auf der Biennale 2003 und die 2001 eröffnete Ausstellung „Global Tools: Design in the

vor Ort durch die mobile Roboteranlage R-O-B erstellt wurde und 2008 auf der Archi-

Age of Intensive Care Units“ im Künstlerhaus Wien. Zusätzlich wurde Thom Faulders

tekturbiennale in Venedig gezeigt wurde. Auf ähnliche Weise wurde 2009 die Installation

2002 mit einem Emerging Voices Award der Architectural League of New York ausge-

Pike Loop für die Storefront Gallery for Art and Architecture in New York entwickelt.

zeichnet. Ein Jahr zuvor erhielt er bereits einen SFMOMA Experimental Design Award,

Gramazio & Kohler sind Inhaber des Lehrstuhls Architektur und Digitale Fabrikation an

bezogen auf seine Ausstellung im San Francisco Museum of Modern Art. Seine Projekte

der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). Ihre Forschungsschwerpunk-

wurde ebenso von der Miami + Beach Bienal, vom American Institute of Architects und

te sind informationsbestimmte Architekturelemente und Fertigungsprozesse. In einer

der Society for Environmental Graphic Design ausgezeichnet. In seiner frühen Karriere

flexiblen Fertigungseinrichtung auf der Basis eines Industrieroboters lassen sich verschie-

arbeitete Thom Faulders im italienischen Florenz für Cristiano Toraldo di Francia, einem

dene Designstrategien für die vollautomatisierte Fertigung in Originalgröße erproben.

der Gründer der vor allem durch ihre architekturtheoretische Forschung bekannt gewor-

Zudem sind Gramazio & Kohler gemeinsame Autoren der Publikation „Digital Materiality

denen Gruppe Superstudio. Neben seiner Bürotätigkeit ist Thom Faulders Professor für

in Architecture“, die sich mit der Theorie des Zusammenspiels von Dateninformation und

Architektur am California College of the Arts in San Francisco.

Material in architektonischen Entwurfs- und Fertigungsverfahren befasst.

Fashion Architecture Taste (FAT), London, GroSSbritannien

Herzog & de Meuron, Basel, Schweiz

Das von Sean Griffiths, Charles Holland und Sam Jacob geführte Büro Fashion Architec-

Jacques Herzog und Pierre de Meuron wurden 1950 in Basel geboren und studierten

ture Taste (FAT) wurde 1995 gegründet und setzt sich seitdem mit einer Architekturvor-

von 1970 – 1975 gemeinsam Architektur bei Aldo Rossi und Dolf Schnebli an der Eidge-

stellung auseinander, die die verschiedenen Bereiche Kunst, Design und Innenarchitek-

nössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH). Ihren Abschluss erhielten sie 1975 und

tur sowie Städte- und Gebäudeplanung gemeinsam umfasst. Dazu bezieht sich FAT

gründeten ihr gleichnamiges Architekturbüro im Jahr 1978. Seit 1994 sind sie Gastpro-

oftmals auf die kommunikativen Eigenschaften der Architektur, um so soziale Themen-

fessoren an der Harvard University und seit 1999 Professoren an der ETH Zürich, wo sie

felder in den Vordergrund zu rücken. Als Ausgangsbasis für den Entwurfsprozess dienen

im gleichen Jahr Mitbegründer des ETH Studio Basel – Contemporary City Institute

dem Büro Referenzen von der Popkultur bis zur Konzeptkunst. Ebenso sind die Ge-

waren. Im Jahr 2001 erhielten Jacques Herzog und Pierre de Meuron den Pritzker Ar-

schäftsführer von FAT durch ihre Lehrtätigkeiten und Publikationen in unterschiedliche

chitecture Price und 2007 den Praemium Imperiale. Die derzeit über 340 Mitarbeiter des

Forschungsprojekte eingebunden, aktuell als William B. und Charlotte Shepherd Daven-

Büros arbeiten an nahezu 40 Projekten in Europa, Nord- und Südamerika und Asien. Der

port Visiting Professors of Architectural Design an der School of Architecture der Yale

Hauptsitz des Büros liegt in Basel. Niederlassungen befinden sich in Hamburg, London,

University. Für ihre Arbeit hat FAT zahlreiche Auszeichnungen erhalten, darunter den

Madrid und New York. Für Projekte wie das Dominus-Weingut in Napa Valley (1998), die

Architecture Foundation New Generation Award und den FX Best Public Building Award

Tate Modern in London (2000), das Prada Epicenter in Tokio (2003) und das National

(beide im Jahr 2006) sowie den RIBA European Award.

Stadium für die Olympischen Spiele in Beijing (2007) wurde Herzog & de Meuron welt-

Foreign Office Architects (FOA), London, GroSSbritannien Das in London ansässige und international operierende Architekturbüro Foreign Office Architects (FOA) wurde von Farshid Moussavi and Alejandro Zaera-Polo gegründet. Ziel war es, sowohl für den privaten als auch für den öffentlichen Sektor ein Leistungsspek­

weite Aufmerksamkeit zuteil. Zu den aktuellen Projekten des Büros zählen die Elbphilharmonie in Hamburg und ein Erweiterungsbau für die Tate Modern in London, der 2012 fertiggestellt werden soll, sowie der Entwurf für ein Tanztheater in São Paulo, einem neuen Kunst- und Kulturkomplex, dessen Realisierung bis 2014 vorgesehen ist.

trum anzubieten, das Masterplanung, Architektur und Innenraumdesign vollständig ab-

Hild und K Architekten, München, Deutschland

deckt. Anstatt eine einheitlich-universelle Architektursprache zu etablieren, bedient sich

Das 1992 als Hild und Kaltwasser gegründete Büro Hild und K wird seit 1999 von Andreas

FOA einer für die jeweilige Situation spezifischen Vorgehensweise. Gleichzeitig verbin-

Hild gemeinsam mit Dionys Ottl geführt. Die Münchner Architekten entwickeln undog-

den die Architekten technische Expertise mit innovativer Gestaltung und stellen damit

matische Lösungen, die im engen Dialog mit Bauherren und Projektbeteiligten entste-

nicht nur das individuelle Potenzial der jeweiligen Bausituation in den Vordergrund, son-

hen. Das Ornament dient hierbei als Mittel zur Verfremdung tradierter architektonischer

dern vereinen ebenso planerische Dienstleistung und kreatives Denken. FOA hat sich

Formen; Hild und K Architekten nutzen es, um den Bestand des Gebauten weiterzuent-

dazu mit einer Vielzahl unterschiedlicher Orte und Situationen auseinandergesetzt

wickeln und kommunikativ zu erschließen. Das Büro wurde mit zahlreichen Preisen, dar-

(Großbritannien, Spanien, Niederlande, Japan, Korea und USA) und Projekte realisiert,

unter dem Deutschen Kritikerpreis Architektur (2007), ausgezeichnet.

die Masterplanung und Architektur sowie Innenraum- und Möbeldesign umfassen.

Kengo Kuma & Associates, Tokio, Japan

Gramazio & Kohler, Zürich, Schweiz

Im Jahr 1990 gründete Kengo Kuma das Büro Kengo Kuma & Associates in Aoyama bei

Das Büro für Architektur und Städtebau Gramazio & Kohler wird von Fabio Gramazio and

Tokio. Von 2001 bis 2008 lehrte er an der Fakultät für Wissenschaft und Technologie an

Matthias Kohler geführt. Zu den Projekten des Büros gehört die Fassade für das Weingut

der Keio University, woraufhin er ein Jahr später eine Professur an der University of Tokyo

Büroprofile / Über den Autor / Dank

ANHANG  197

erhielt. Zu den Arbeiten von Kengo Kuma & Associates zählen das Kiro-san Observatory

of Architecture. Derzeit unterrichtet sie an der Tokyo University, der Waseda University

von 1995, das im selben Jahr mit dem AIA Benedictus Award ausgezeichnete Projekt

und an der Tokyo University of the Arts.

Water/Glass, der Entwurf für den Japanischen Pavillon auf der Architekturbiennale in Venedig von 1995, die Arbeiten Stage in Forest und Toyama Center for Performance Arts, das 1997 mit dem Architectural Institute of Japan Annual Award geehrt wurde, sowie das 2000 realisierte Stone Museum, welches mit dem International Stone Architecture Award 2001 ausgezeichnet wurde und das 2001 mit dem Murano Prize prämierte Bato-machi Hiroshige Museum. Zu seinen aktuellen Arbeiten zählen die Great Bamboo Wall in Beijing (2002), das Nagasaki Prefecture Art Museum in Nagasaki (2005) und das Suntory Museum of Art in Tokio (2007). Zu den Großprojekten von Kengo Kuma & Associates in Europa und China gehören auch das Kunstzentrum in Besançon und die städtebauliche Planung für den Stadtteil Sanlitun in Beijing.

Valerio Olgiati, Flims, Schweiz Valerio Olgiati studierte Architektur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH). Nachdem er in Zürich und Los Angeles gearbeitet hatte, eröffnete Valerio Olgiati 1996 sein Architekturbüro in Zürich und 2008 in Flims. Die Arbeit des Büros umfasst Projekte wie das Schulgebäude in Paspels, das Gelbe Haus in Flims, das Haus K+N in Wollerau, das neue Universitätsgebäude in Luzern, ein Haus im korsischen Sari d’Orcino und das Haus Kucher im deutschen Rottenburg sowie das Projekt für den Caumasee bei Flims und das Museum für den schweizerischen Nationalpark in Zernez. Im Jahr 1993 erhielt Valerio Olgiati die Anerkennung des Deutschen Architekturpreises und in den Jahren 1998, 1999, 2007 und 2008 den Preis für den besten Bau in der Schweiz.

Klein Dytham architecture (KDa), Tokio, Japan

1999 sowie 2006 wurde Valerio Olgiati der internationale Architekturpreis „Neues Bauen

Klein Dytham architecture (KDa) ist ein Architekturbüro mit multidisziplinärem Anspruch,

in den Alpen“ verliehen und 2001 der Schweizer Architekturpreis Beton. Valerio Olgiati­

das sich nicht nur mit Architektur und Innenraumgestaltung, sondern ebenso mit öffentli-

hat als Gastprofessor u. a. an der ETH in Zürich, an der Architectural Associa­tion in Lon-

chen Räumen und Installationen befasst. Zu Anfang der 1990er Jahre von den Absolven-

don und an der Cornell University in Ithaca (New York) gelehrt. Seit 2002 ist er Professor

ten des Royal College of Art Mark Dytham and Astrid Klein in Tokio gegründet, hat KDa

an der Accademia di Architettura Mendrisio an der Università della Svizzera Italiana.

als mehrsprachiges Architekturbüro ein internationales Profil etablieren können und entwirft für Kunden in vielen Ländern. Zu den realisierten Projekten von KDa gehören Flagship Stores des Einzelhandels, Restaurants, Hotelanlagen, Büroumbauten sowie Häuser und Wohnanlagen. Ein weiterer Schwerpunkt von Klein Dytham architecture ist die Konzeption von temporären Konstruktionen, Installationen und Ereignissen, bei denen oftmals Ansätze aus den Bereichen der Medien und Werbung zum Tragen kommen. Material, Technologie und die jeweilige Bausituation stellen dabei die integralen Bestandteile der Arbeit von KDa dar. Ausgewählte Projekte sind unter anderem die Leaf Chapel, Bloomberg ICE, Uniqlo Ginza, der Selfridges Wonder Room in London, das Virgin Atlantic Clubhouse am Flughafen Narita und der neue Vertu Flagship-Store in Tokio.

Peddle Thorp & Walker Architects (PTW), sydney, australien Das Architekturbüro PTW Architects wurde 1889 in Sydney gegründet. PTW Architects beschäftigt derzeit über 200 Mitarbeiter und hat Niederlassungen in Sydney, Abu Dhabi, Beijing, Hangzhou, Hanoi, Ho Chi Minh City und Shanghai. Eine Vielzahl von unterschiedlichen Gebäudetypologien aus den Bereichen Architektur und Masterplanung prägen die Arbeit des Büros. Im Vordergrund der Arbeit von PTW Architects steht, kommerzielle Zielsetzungen mit kulturellen und öffentlichen Aspekten in Einklang zu bringen, sodass der öffentliche Bereich in den Mittelpunkt der Planung rückt. Aktuelle Projekte sind die Neugestaltung der Walsh Bay in Sydney (gemeinsam mit dem Neubau der dazugehörigen Wohnanlagen sowie des Sydney Theatre), die Wohnbebauung Darling Is-

Lyons architects, Melbourne, Australien

land in Pyrmont, der Entwurf für „30 The Bond“, die Firmenzentrale der Lend Lease

Für Lyons’ auf Experimenten und Studien basierende Arbeit spielen Projekte und Instal-

Group in Sydney, die Sanierung von St Margaret in Surry Hills, das Quay Grand und das

lationen eine große Rolle, die über die traditionellen Grenzen gebauter Architektur hin-

Bennelong Centre am East Circular Quay in Sydney, die Masterplanung für das Stadt-

ausgehen, sowie architektonische Oberflächen und Repräsentationsformen. Neueste

viertel Kingston Foreshore in Canberra ACT, das Sydney International Aquatic Centre

urbane Tendenzen betrachtet Lyons im Zusammenhang mit der Globalisierung und den

sowie das Ryde Aquatic Centre und der Masterplan für das Olympiadorf der Olympi-

Entwicklungen im Bereich e-commerce. Lyons entwickelt Strategien für neue Bildspra-

schen Spiele 2000.

chen innerhalb konventioneller architektonischer Repräsentationsformen. Unter kritischer Verwendung neuer Technologien ist die Arbeit von Lyons von dem bestimmenden Thema geprägt, neue Formen des äußeren Ausdrucks zu entwickeln, welche die architektonische Disziplin selbst zur Darstellung bringen.

Rüdiger Lainer + Partner Architekten, Wien, Österreich Rüdiger Lainer verfügt über 20 Jahre Erfahrung in den Bereichen Architektur, Generalplanung und Städtebau. Im Jahr 2005 wurde Oliver Sterl zusätzlicher Partner des Büros, das in Rüdiger Lainer + Partner Architekten umbenannt wurde. Das Tätigkeitsfeld von

Office of Kumiko Inui, Tokio, Japan

Rüdiger Lainer + Partner Architekten umfasst Wohn- und Schulbauten, Industriegebäu-

Das Architekturbüro Office of Kumiko Inui wurde 2000 in Tokio von der Architektin Ku-

de, Urban Entertainment Center sowie Sanierungen und städtebauliche Planungsaufga-

miko Inui gegründet. Anfänglich war das Büro mit kommerziellen Projekten wie den

ben. Zu den Ausstellungen und Auszeichnungen zählen die Architekturbiennale in Vene-

Fassadengestaltungen für Louis Vuitton und Dior befasst, während in den vergangenen

dig (1991 und 1996), der AIA UK Chapter London Award (1995), der Architekturpreis der

Jahren eine Reihe von Wohnbauprojekten, darunter das „Apartment I“, realisiert werden

Stadt Wien (1995) und der 2009 verliehene best architects Award in Gold.

konnten. Kumiko Inui studierte an der Tokyo University of the Arts und an der Yale School

198

SHoP Architects, New York, USA Im Jahr 1996 von fünf Teilhabern gegründet, konzentriert sich das Architekturbüro SHoP Architects auf eine architektonische Praxis, die sich mit der Überführung komplizierter Entwurfsstrategien in leicht verständliche Konstruktionsmodelle beschäftigt. Damit wird die bisher auf formale Applikation beschränkt gebliebene architektonische Entwurfstätigkeit auf die Aspekte der Software-Entwicklung, des Brandings, der Immobilien-Projektentwicklung, der Konstruktion und auf die Hinzunahme von neuen ökologischen Technologien erweitert. Ihre aktuelle Arbeit umfasst Projekte wie die zwei Meilen lange Promenade und Parkanlage entlang des New Yorker East Rivers, zwei ebenfalls in Manhattan befindliche Projekte für das Fashion Institute of Technology und Goldman Sachs sowie eine Planung für Google im kalifornischen Mountain View. Das Büro hat seinen Sitz in der Nähe der City Hall in Lower Manhattan. SHoP Architects erhielten 2009 den National Design Award in Architecture des Cooper-Hewitt National Design Museum sowie 2008 den SBIC Beyond Green High Performance Building Award.

SPLITTERWERK, Graz, österreich Das Atelier SPLITTERWERK, das sich sowohl mit Kunst als auch mit Architektur auseinandersetzt, ist in Österreich und in den Niederlanden beheimatet. Seit der Gründung vor über 20 Jahren hat SPLITTERWERK eine disziplinenübergreifende Arbeitsweise entwickelt. Die daraus entstandenen Projekte umfassen die Bereiche Malerei, Kunstinstallation, Architektur und Neue Medien gleichermaßen und untersuchen beispielhaft die zunehmend intensiver werdende Verbindung zwischen dem gebauten und dem medialen Raum. Ausgestellt wurden die Projekte von SPLITTERWERK unter anderem in der Wiener Secession, auf der Linzer Ars Electronica, der Architekturbiennale in Venedig und der Biennale in São Paulo, auf der documenta in Kassel sowie im National Art Museum of China in Beijing. Die Teilhaber haben unter anderem an verschiedenen Universitäten in Graz, Stuttgart, Innsbruck, Istanbul, Hannover, Sarajevo, Weimar und Wien gelehrt.

Wiel Arets Architects, Amsterdam, Niederlande Das Architekturbüro Wiel Arets Architects arbeitet in Bereichen und Maßstäben, die von städtebaulichen Projekten über private Bauten bis zu öffentlichen und kommerziellen Gebäuden reichen. In Zusammenarbeit mit Herstellerfirmen befasst sich das Büro zudem mit massengefertigtem Produktdesign. Das Büro wurde 1994 mit dem Mies van der Rohe Pavilion Award for European Architecture ausgezeichnet und erhielt die besondere Erwähnung „Emerging Architect“.1998 wurde die von Wiel Arets Architects geplante Academy of Art and Architecture in Maastricht von der UIA als eines der weltweit besten 1000 Gebäude des 20. Jahrhunderts gekürt. Zudem erhielt das Büro 2005 den BNA Kubus Award für sein Gesamtwerk.

Büroprofile / Bildnachweis

Bildnachweis Nikolaos Zachariadis 18 | Peter Hayatt 20 (1, 2, 3), 21 (4) | Paul Ott Photo­gra­fiert 22 (1), 24 (1), 25 (3), 26 (1, 2), 27 (4) | SPLITTERWERK 23 (2), 24 (2), 26 (3) | John Gollings 28 (8), 30 (1, 2), 124 (1), 126 (1, 2), 127 (3) | Lyons Architects 29 (2, 3), 125 (2, 4) | Trevor Mein 29 (4), 31 (3) | Evan Chakroff 32 (1), 33 (2, 3), 34 (1), 35 (2, 3) | Michael Heinrich 36 (1), 37 (2, 3), 38 (1), 39 (2), 114, 115, 128 (1), 129 (3), 170 (1), 171 (4), 172 (1, 2), 173 (3) | Ignacio Martinez 40 (1, 2, 3), 41 (4) | Jan Bitter 42 (1), 43 (3, 4), 44 (1, 2) 110, 151 (2) | João Ornelas 43 (2) | Bas Princen 45 (3) | Atelier Hitoshi Abe 46, 55 (2, 3, 4), 56 (1, 2), 57 (3), 61 (3) | Tate Overton 48 (1), 50 (1) | Claesson Koivisto Rune 49 (2, 3, 4), 51 (2) | Ake Eson Lindman 51 (3, 4) | Katsuhisa Kida 52 (1), 53 (2, 3, 4) | Daici Ano Umschlagabbildung, 54 (2), 57 (4, 5), 58 (1), 59 (2), 60 (1), 61 (4), 62 (1), 63 (2), 100 (1), 101 (3), 102 (1), 103 (2), 104 (1), 107 (4), 108 (1), 109 (3), 144 (1), 145 (2), 146 (1, 2), 147 (3), 148 (1, 2), 149 (1, 2) | Dave Wheeler 61 (2) | David Grandorge 64 (1) | 6a Architects 65 (2, 3, 4), 66 (1), 67 (2, 3, 4) | Luc Boegly 68 (1), 70 (2), 71 (3), 72 (2), 73 (3, 4) | AAVP Architecture 69 (2, 3), 70 (1), 72 (1) | Sean Gloster, Breathtakingphotos 74 (1), 78 (1) | Herzog & de Meuron 75 (2, 4), 79 (2), 137 (2), 138 (2), 139 (3) | Tracy A. Stone 75 (2) | Trane DeVore 76 (1) | Brandon Shigeta 77 (2, 3) | Brian Vargo 79 (3) | Faulders Studio 80, 87 (2), 88 (1), 89 (3) | Sam Jacob 82, 83, 85 | Ryota Atarashi 86 (1), 89 (2) | Bruno Bellec 87 (3) | Rob Parrish 90 (1), 93 (2), 94 (1), 95 (2) | FAT 91 (2, 3), 131 (2), 132 (1, 2, 3), 133 (4, 5), 135 (2) | Maarten Laupman 92 (1) | Hélène Binet 96 (1), 98 (2), 99 (4) | Foreign Office Architects 97 (2), 163 (4) | Satoru Mishima 97 (3), 98 (1), 154, 162 (1), 163 (2, 3), 164 (1, 2), 165 (3) | Lube Saveski 99 (3) | Office of Kumiko Inui 101 (2), 105 (2), 107 (3), 109 (2), 149 (5) | So Iwasaki 106 (1) | Kazuya Katagiri 106 (2) | Rüdiger Lainer + Partner Architekten 116 (1), 117 (2, 3), 118 (1, 3), 119 (4), 120 (1), 121 (2), 122 (1), 123 (2, 3, 4) | Gerald Zugmann 118 (2) | Lou Bouisson 125 (3) | Hild und K Architekten 129 (2, 4), 171 (2, 3) | Frans Barten 130 (1), 134 (1) | Thom Mckenzie 136 (1) | Detlef Schobert, EXYD 137 (3), 138 (1) | Bo Gehring 137 (4, 5), 139 (4, 5) | Archive Olgiati 140 (1), 141 (2, 3, 4), 142 (1), 143 (2, 3, 4) | Hiroaki Ohtsu 145 (3) | Kengo Kuma Associates 145 (4) | Christian Richters 150 (1), 151 (3), 153 (2, 3) | Carlos Dias 152 (1) | Alejandro Zaera-Polo 156, 157, 159, 160, 161 | Alejandro García & Francisco A. García 166 (1), 168 (1), 169 (3, 4)  | Javier Gutiérrez Marcos 167 (2) | Sérgio Padura 168 (2) | Arup + PTW + CCDI 174 (1), 175 (3) | PTW Architects 175 (4), 176 (1) | NASA 175 (2) | Mark Butler, PTW Architects 177 (2) | John Pauline, PTW Architects 177 (3) | Ralph Feiner 178 (1), 180 (2), 181 (3), 182 (1), 183 (2) | Gramazio & Kohler, ETH Zürich 179 (2) | Gramazio & Kohler 179 (3, 4), 180 (1) | Stephen Fernie 184 (1), 185 (2), 189 (2) | Coelacanth and Associates Tokyo 185 (3), 186 (1, 2), 187 (1, 2, 3), 188 (1) | SHoP Architects, PC 190 (1), 191 (2, 3), 192 (1, 2), 193 (3), 194 (1, 2), 195 (3) | Ben Pell 191 (4), 193 (4) 

ANHANG  199

Über den Autor

Heerlijkheid, einem Kultur- und Gemeindezentrum mit Parkanlage in Rotterdam. Außerdem schreibt

Ben Pell ist ein amerikanischer Architekt und leitet das in New York ansässige Archi-

com. Sam Jacob hat an zahlreichen Universitäten in Europa und USA gelehrt, jüngst als Unit Master

tekturbüro PellOverton. Er ist Kritiker an der Yale School of Architecture in New Haven,

an der Architectural Association in London und als Architekturprofessor an der Yale University.

Connecticut, und unterrichtet dort seit 2005 in höheren Entwurfsklassen und Seminaren zu den Themen Ornament, Bildwissenschaft und digitale Herstellungsmethoden. Vorher hielt Ben Pell Entwurfs- und Seminarveranstaltungen an der Pratt Institute School of Architecture in New York und an der Syracuse University School of Architecture im Staat New York. Im Jahr 2008 erhielt Ben Pell von der Architectural League of New York den „Young Architects Award“. Seine Arbeiten wurden durch zahlreiche Förderungen und Preise unterstützt, darunter der 2003 etablierte Vision Fund, den die Syracuse University für die Publikation seiner Lehrtätigkeit an der School of Architecture 2003 bereitstellte. Im Jahr 2005 kuratierte Ben Pell die Wanderausstellung „Technology Performance Ornament“ über die aktuelle Arbeit vor allem jüngerer amerikanischer Büros zum Thema Ornament und digitale Fertigungsmethoden. Seine Forschungstätigkeiten hat er in zahlreichen inter­ nationalen Ausstellungen und Publikationen veröffentlicht, darunter in der 306090-Ausgabe „Decoration“ sowie in The New York Times, Architectural Record, Metropolis, Surface magazine und The Architect’s Newspaper, ebenso in dem von Princeton Architectural Press publizierten Buch Resonance: Young Architects 10 aus dem Jahr 2009. Ben Pell schloss mit dem Master of Architecture am UCLA Department of Architecture and Urban Design ab und erhielt vorher den Bachelor of Architecture an der Syracuse University School of Architecture. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Brooklyn, New York, und kann über die Internetpräsenz seines Büros kontaktiert werden: www.pelloverton.com

er für die Magazine Icon und Art Review und ist Herausgeber der Internetplattform Strangeharvest.

Alejandro Zaera-Polo absolvierte sein Architekturstudium an der Escuela Técnica Superior de Arquitectura in Madrid und schloss sein Masterstudium in Architektur (MARCH II) an der School of Design der Harvard University ab. Zwischen 1991 und 1993 bearbeitete er Projekte in Zusam­ menarbeit mit dem Architekturbüro OMA in Rotterdam und gründete anschließend Foreign Office Architects. Derzeit ist Alejandro Zaera-Polo Gastprofessor an der Princeton School of Architecture, USA und ist zugleich Inhaber des Berlage Lehrstuhls an der Technischen Universität in Delft. Zwischen­ 2000 und 2005 war Alejandro Zaera-Polo Dekan am Berlage Institute in Rotterdam. Von 2010 an ist er erster Inhaber der Norman Foster Professur an der Yale School of Architecture. Als Gastkritiker lehrte Alejandro Zaera-Polo außerdem an der Columbia GSAPP, an der Princeton University und an der UCLA und leitete eine Abschlussklasse an der Architectural Association, London. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Fachzeitschriften veröffentlicht, darunter El Croquis, Quaderns, A+U, Arch+ und Harvard Design Magazine.

Dank Dieses Buch wäre ohne die Hilfe und Unterstützung einer Vielzahl von Personen nicht möglich gewesen. Besonderer Dank gilt Isaiah King für die Unterstützung bei der Materialorganisation. In gleicher Weise danke ich dem Dean an der Yale School of Architecture, Robert A.M. Stern, für seine fortwährende Unterstützung und Ermutigung. Ebenso gilt mein Dank Michelle Addington an der Yale University und Andreas Müller als Lektor für den Verlag, ohne die dieses Buch nicht existieren würde, sowie den vielen Freunden, Kollegen und Unterstützern an Yale und anderwärts, vor allem

ÜBER DIE BEITRÄGER

Kent Bloomer, Nina Rappaport, Peggy Deamer, Elise Jaffe und Jeffrey Brown sowie Keller Easter-

Andreas Hild schloss sein an der ETH Zürich und an der Technischen Universität

Overton und ganz besonders Matt Burgermaster. Ebenso möchte ich mich für die Hilfe und Gast-

München absolviertes Architekturstudium 1989 in München ab. 1992 war er Mitbegründer des Büros Hild und Kaltwasser, das er seit 1999, nach dem Tod von Tilman Kaltwasser, gemeinsam mit Dionys Ottl als Hild und K Architekten weiterführt. Hild lehrte als Vertretungsprofessor an der Universität Kaiserslautern (1996 – 1998) und der Münchner Fachhochschule (heute Hochschule München, 1999 – 2001). Von 2000 bis 2002 stand er als Präsident dem BDA Kreisverband München/Oberbayern vor. Eine Gastprofessur führte ihn an die Akademie der Bildenden Künste in Hamburg (2003 – 2004), eine Professur an die Technische Universität in Graz (2005 – 2006) und ein Lehrauftrag an die Technische Universität in Darmstadt (2008 – 2009). Seit 2005 ist er Mitglied der Stadtgestaltungskommission in München und des Gestaltungsbeirats in Bregenz sowie seit 2006 Mitglied des Gestaltungsbeirats in Regensburg. Andreas Hild hielt internationale Gastvorträge und Gastkritiken u.a. in Porto, Nancy, Delft und an der Harvard University. SAM JACOB studierte an der Mackintosh School of Architecture in Glasgow und an der Bartlett School in London. Als Mitbegründer des Architekturbüros FAT ist er an zahlreichen Objekten, Installationen, ausgeführten Bauten und Masterplanungen beteiligt. Sam Jacob war Projektleiter für das mit dem RIBA European Award ausgezeichnete Hoogvliet

200

ling, Jonathan Massey, Sylvia Lavin, Ted Brown, Mark Robbins, Catherine Ingraham, Dan Ross, Tate freundschaft seitens der Architectural League of New York und der Municipal Art Society of New York in den vergangenen Jahren bedanken. Ein Dankeschön möchte ich auch meinen Studenten an Yale und am Pratt Institute aussprechen, vor allem Alejandro Fernandez de Mesa und den vielen Gastdozenten und Kritikern, die allesamt mit ihren anregenden Beiträgen erheblich dazu beigetragen haben, Inhalt und Thematik dieses Buches zu schärfen. Für ihre exzellenten Textbeiträge bin ich ebenso Alejandro Zaera-Polo, Sam Jacob und Andreas Hild zu ganz besonderem Dank verpflichtet, in gleicher Weise den vielen Architekten und Photographen, die in großzügiger Weise wichtige Beiträge zu dieser Publikation geleistet haben. Nicht zuletzt gebührt mein größtmöglicher Dank Allison, Miles und Hannah für ihre fortwährende Liebe, Unterstützung und Geduld.