Münsteraner Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling [Reprint 2016 ed.] 9783486787443, 9783486231342

Auch, ja gerade der Nicht-Münsteraner wird von diesen Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling profitieren.

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German Pages 356 [364] Year 1995

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Table of contents :
Inhalt
Vorwort
Didaktisches Konzept
Autorenverzeichnis
Bewertung von Anlagevermögen
Ansatz- und Bewertungsfragen bei der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren
Kapitalkonsolidierung
Unternehmenserwerb und Bilanzierung
Informationsmodellierung: Daten- und Prozeßmodellierung
Entwicklung einer Informationsstrategie
Kostenplanung und Kostenkontrolle bei variabler Aggregatintensität
Produktions- und Absatzprogrammplanung bei knappen Kapazitäten und unsicheren Informationen über die Planungsgrößen
Kalkulation in der Prozeßkostenrechnung
Kostenrechnerische versus investitionsrechnerische Bestimmung langfristiger Preisuntergrenzen
Target Pricing und Target Costing -Ein systematischer Prozeß marktgerichteten Preis- und Kostenmanagements
Zinsänderungswirkungen bei Investitionsentscheidungen
Der Methodenbruch im Controlling beim Übergang von der Planung zur Kontrolle
Stichwortverzeichnis
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Münsteraner Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling [Reprint 2016 ed.]
 9783486787443, 9783486231342

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Münsteraner Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling Herausgegeben von

Professor Dr. Jörg Becker Professor Dr. Heinz Lothar Grob und

Professor Dr. Wolfgang von Zwehl alle Lehrstuhlinhaber für Betriebswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

R. Oldenbourg Verlag München Wien

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Münsteraner Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling / hrsg. von Jörg Becker ... - München ; Wim : Oldenbourg, 1996 ISBN 3-486-23134-0 NE: Becker, Jörg [Hrsg.]

© 1996 R. Oldenbourg Verlag GmbH, München Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere fur Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe GmbH, München ISBN 3-486-23134-0

Inhaltsverzeichnis

I

Inhalt Vorwort

III

Didaktisches Konzept

IV

Autorenverzeichnis Christiane Tietjen Bewertung von Anlagevermögen Thomas König Ansatz- und Bewertungsfragen bei der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren

VIII

1

19

Holger Karrenbrock Kapitalkonsolidierung

43

Wolfgang von Zwehl Unternehmenserwerb und Bilanzierung

67

Jörg Becker Informationsmodellierung: Daten- und Prozeßmodellierung

91

Reinhard Schütte Entwicklung einer Informationsstrategie

129

Dominik Kramer Kostenplanung und Kostenkontrolle bei variabler Aggregatintensität

159

II

RWC- Fallstudienbuch

Alfred Brink Produktions- und Absatzprogrammplanung bei knappen Kapazitäten und unsicheren Informationen über die Planungsgrößen

193

Martin Wallmeier Kalkulation in der Prozeßkostenrechnung

219

Rainer Olbrich Kostenrechnerische versus investitionsrechnerische Bestimmung langfristiger Preisuntergrenzen

241

Dirk W. Kleine Target Pricing und Target Costing - Ein systematischer Prozeß marktgerichteten Preis- und Kostenmanagements

265

Dominik Everding Zinsänderungswirkungen bei Investitionsentscheidungen

287

Heinz Lothar Grob Der Methodenbruch im Controlling beim Übergang von der Planung zur Kontrolle

309

Stichwortverzeichnis

343

Vorwort

III

Vorwort Mit der hier vorgelegten Fallstudiensammlung dokumentieren wir den Inhalt einer Seminarveranstaltung, die Problemstellungen zu den Wissengebieten externes und internes Rechnungswesen, Controlling (einschließlich Planung und Entscheidungsunterstützung) sowie Informations- und Kommunikationssysteme enthält. Außerdem stellen wir das didaktische Konzept des Seminars vor, das an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster erprobt worden ist und seitdem erfolgreich praktiziert wird. Wir danken unseren Mitautoren, die sich nicht nur die Fallstudien ausgedacht und diese im Rahmen der Seminarveranstaltung präsentiert, sondern auch gut nachvollziehbar dokumentiert haben, für das geleistete Engagement. Für das konstruktiv-kritische Korrekturlesen und die Durchsetzung möglichst einheitlicher Standards bedanken wir uns bei Herrn Dr. Jörg Henneböle und Herrn Dipl.-Kfm. Cord Landsmann. Für Textverarbeitung und Layout sind wir Frau Carmen Sicking und Frau Ute Hegemann zu Dank verpflichtet. Herrn Weigert gilt unser Dank für die unkomplizierte und erfreuliche Zusammenarbeit bei der Konzeptionierung dieses Buches. Nicht zuletzt gilt unser Dank den Studenten, die unser neues Veranstaltungskonzept nicht nur positiv beurteilt haben, sondern die sich in den Seminarveranstaltungen aktiv beteiligt haben. Hierdurch wurde die Qualität der Fallstudien wesentlich verbessert.

Jörg Becker

Heinz Lothar Grob

Wolfgang von Zwehl

IV

RWC-Fallstudienbuch

Didaktisches Konzept An Fallstudien entzündet sich bei vielen Studierenden das Interesse bei manchen vielleicht sogar die Begeisterung - für das Fach Betriebswirtschaftslehre. Mit dem Buch „Münsteraner Fallstudien zum Rechnungswesen und Controlling" haben wir den Inhalt einer neu geschaffenen Seminarveranstaltung, in der das in Vorlesungen des Grundund Hauptstudiums vermittelte Wissen zur Lösung umfassender Probleme anzuwenden ist, dokumentiert. Die Fallstudien gehören zu einem Teilgebiet der Betriebswirtschaftslehre: Rechnungswesen/Controlling (kurz: RWC). RWC ist an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen WilhelmsUniversität Münster neben der Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (i.e.S.) ein zweites eigenständiges betriebswirtschaftliches Pflichtfach im BWL-Examen. Damit umfaßt die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre i.w.S. 40 % der Examensfächer unserer BWL-Studenten. In dieser Regelung sehen wir die Chance, neben einer Profilierung durch die Wahl vielfältiger Spezialgebiete eine intensive generalistische Ausrichtung des Studiums zu garantieren. Die Münsteraner Vorlesungsveranstaltungen zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre i.w.S. sind in curricularer Hinsicht als Y-Modell darstellbar. Die in diesem Buch veröffentlichten Fallstudien betreffen den unteren und den rechten Teil des Y. Sie umfassen zusätzlich zu den Gebieten Rechnungswesen und Controlling auch die durch die Wirtschaftsinformatik geprägte Vorlesung Informations- und Kommunikationssysteme.

Didaktisches Konzept

V

VI

RWC-Fallstudienbuch

Das Fallstudienseminar, das unter der Koordination der Herausgeber lehrstuhliibergreifend durchgeführt wurde, hat mittlerweile - zusammen mit einem ähnlich aufgebauten Seminar zur Allgemeinen Betriebswirtschaftslehre - einen festen Platz im Lehrangebot unserer Fakultät eingenommen. Im Idealfall wird von jedem betriebswirtschaftlichen Lehrstuhl der Fakultät ein Assistent in das Seminarteam delegiert, um dort eine Fallstudie zu präsentieren. Dieses teamorientierte Organisationskonzept hat sich in fachlicher und didaktischer Hinsicht bewährt. Für unsere Studenten ist durch derartige Fallstudien-Seminare die Möglichkeit geschaffen worden, allgemeines Wissen anwendungsorientiert zu verarbeiten. Hierdurch wird eine gute Vorbereitung auf die Praxis und - last but not least - auf das Examen ermöglicht. Idealerweise müßte eine Veranstaltung wie folgt ablaufen. Zu Beginn des Semesters werden den Seminarteilnehmern die Aufgabenstellungen der Fallstudien verfügbar gemacht und wissenschaftliche Beiträge, in denen das Hintergrundwissen nachlesbar ist, zum Studieren empfohlen. Im allgemeinen sind dies Literaturquellen, die auch bei der Bearbeitung der Vorlesungen verwendet werden. Zur Vorbereitung auf das Seminar sind Arbeitsgruppen aufgrund persönlicher Initiativen der Studenten zu gründen. In diesen Arbeitsgruppen ist das Fallstudienproblem zu diskutieren und eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten. Wegen der großen Anzahl der Seminarteilnehmer findet die Veranstaltung wöchentlich mehrfach parallel statt. Dennoch ist jedes einzelne Seminar so stark besucht, daß die Zeit nicht ausreichen würde, die Fallstudienlösung jeder einzelnen Arbeitsgruppe vortragen und ausgiebig diskutieren zu lassen. Außerdem wäre - dies gilt insbesondere für wohlstrukturierte Fälle - die Redundanz bei den Lösungsvorschlägen zu groß. Aus diesem Grunde präsentieren der Hochschullehrer und/oder der Assistent ihre Lösung. Abweichende Vorschläge, die

Didaktisches Konzept

VII

durch die Arbeitsgemeinschaften vorgebracht werden, werden anschließend ausdiskutiert. Die durch die Diskussion erzeugten Modifikationen sind in die gemeinsame Lösung einzubauen, die dann vom Hochschullehrer bzw. Assistenten dokumentiert wird. Das Ergebnis der Dokumentation legen wir mit diesem Fallstudienbuch vor. Ein Teil der Fallstudien wird in später stattfindenden RWC-Seminaren wiederverwendet. Dann stehen den Studenten allerdings nicht nur die Aufgaben, sondern (aufgrund dieses Buches) auch die Lösungen vorab zur Verfügung. In der Seminarveranstaltung wird in diesen Fällen verständlicherweise nicht mehr die vollständige Problemlösung erarbeitet, vielmehr werden - nach einer kurzen Einführung in das Problem - nur noch offene Fragen behandelt. Dies sind zum einen die am Schluß jeder Fallstudie aufgeführten Kontrollfragen, zum anderen sind es Überlegungen, die dem Referenten rechtzeitig vor der Veranstaltung zuzustellen sind. Zu diesem Zweck wird im Internet ein Diskussionsforum zum Seminar eingerichtet. Wir sind der Meinung, daß nicht nur der Inhalt der dargelegten Fallstudien, sondern auch dieses organisatorische Konzept einen Beitrag liefert, die Qualität der Lehre und des Lernens zu verbessern.

VIII

RWC-Fallstudienbuch

Autorenverzeichnis Prof. Dr. Jörg Becker

Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement

Dr. Alfred Brink

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensforschung (Prof. Dr. W. von Zwehl)

Dr. Dominik Everding

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Controlling (Prof. Dr. H. L. Grob)

Prof. Dr. Heinz Lothar Grob

Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik und Controlling

Dr. Holger Karrenbrock

Mitarbeiter am Institut für Unternehmensrechnung und -besteuerung (Prof. Dr. D. Börner)

Dipl.-Kfm. Dirk W. Kleine

Mitarbeiter am Betriebswirtschaftlichen Institut für Anlagen- und Systemtechnologien (Prof. Dr. K. Backhaus)

Dr. Thomas König

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensforschung (Prof. Dr. W. von Zwehl)

Dr. Dominik Kramer

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensforschung (Prof. Dr. W. von Zwehl)

Dr. Rainer Olbrich

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Distribution und Handel (Prof. Dr. D. Ahlert)

Autorenverzeichnis

IX

Dipl.-Kfin. Reinhard Schütte

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement (Prof. Dr. J. Becker)

Dr. Christiane Tietjen

Mitarbeiterin am Institut für Unternehmensrechnung und -besteuerung (Prof. Dr. D. Börner)

Dipl.-Kfm. Martin Wallmeier

Mitarbeiter am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Finanzierung (Prof. Dr. M. Steiner)

Prof. Dr. Wolfgang von Zwehl

Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Unternehmensforschung

Bewertung von Anlagevermögen

1

Bewertung von Anlagevermögen Christiane Tietjen

1 Sachverhalt Die zum Vorsteuerabzug berechtigte Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH mit Sitz in Dresden hat am 01.05.01 eine Schleifmaschine aus Süddeutschland zum Listenpreis von 800 000 DM zuzüglich 15 % Umsatzsteuer erworben. Der Lieferant gewährte der GmbH einen Rabatt von 10 % auf den Listenpreis. Der Transport der Maschine wurde durch eine Spedition zu einem Preis von 23 000 DM incl. Umsatzsteuer ausgeführt. Die Prämie für die Transportversicherung belief sich auf 800 DM. Die Schleifmaschine wurde von einer Spezialfirma, der Montage-AG, in einem separaten Raum in der Fabrikhalle der Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH auf einem extra für die Maschine gegossenen Betonsokkel montiert und angeschlossen. Die Montage-AG stellte der Gutund-Fix-Werkzeug-GmbH für diese Fundamentierungs-, Montageund Anschlußarbeiten einen Betrag von 5 750 DM incl. Umsatzsteuer in Rechnung. Die GmbH beglich den Rechnungsbetrag innerhalb von 7 Tagen, so daß sie die von der Montage-AG eingeräumten 3 % Skonto vom Rechnungsbetrag in Anspruch nehmen konnte. Die Bedienung der hochtechnisierten Schleifmaschine erforderte eine Spezialausbildung

zweier Betriebsangehöriger

der

Gut-und-Fix-

Werkzeug-GmbH. Die Kosten für diese Ausbildung betrugen insgesamt 3 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH Schloß ferner eine Feuerversicherung für die Maschine ab. Die Versicherungsprämie für das Jahr 01

2

R WC-Fallstudienbuch

betrug 5 000 DM. Aufgrund einer Auflage der Versicherung wurde ein der Maschinengröße entsprechend dimensionierter Feuerlöscher angeschafft und installiert. Der Lieferant, der auch die Installation des Feuerlöschers übernahm, stellte der GmbH einen Betrag von 897 DM in Rechnung. Dieser Betrag setzte sich wie folgt zusammen: Listenpreis des Feuerlöschers Installationskosten

720 DM 60 DM 780 DM

15 % Umsatzsteuer

117 DM 897 DM

Im Rahmen eines regionalen Förderprogramms erhielt die Gut-undFix-Werkzeug-GmbH für den Erwerb der Maschine vom Freistaat Sachsen einen Zuschuß in Höhe von 145 650 DM. Zur Finanzierung des Restbetrags der Anschaffungskosten nahm die GmbH einen Kredit auf. Die Kreditzinsen beliefen sich im Jahr 01 auf 6 000 DM.

2 Aufgaben 2.1 Wie hoch sind die Anschaffungskosten der Maschine, und welche der angegebenen Kosten sind im handelsrechtlichen Jahresabschluß der Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH als Aufwand zu behandeln? Gehen Sie dabei davon aus, daß der Ausweis eines möglichst niedrigen Jahresergebnisses angestrebt wird. 2.2 Die Schleifmaschine wird am 01.07.01 in Betrieb genommen. Ihre voraussichtliche Nutzungsdauer beträgt 8 Jahre. (1) Die Abschreibung wird nach der linearen Methode vorgenommen. Mit welchem Wert ist die Maschine zum 31.12.01 im handelsrechtlichen Jahresabschluß zu bilanzieren?

Bewertung von Anlagevermögen

3

(2) Statt der linearen Abschreibung kann die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH als planmäßige Abschreibung auch die geometrischdegressive Abschreibung in Höhe von 30 % in Anspruch nehmen. Wie sieht der optimale Abschreibungsplan aus, wenn die GmbH zu Beginn der Nutzungsdauer möglichst hohe jährliche Abschreibungen vornehmen möchte? (3) Wie hoch sind insgesamt die Abschreibungen, die im handelsrechtlichen Jahresabschluß der GmbH für die Anlage zum 31.12.01 höchstens verrechnet werden dürfen, wenn die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von § 4 Fördergebietsgesetz (im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren können neben der linearen Abschreibung nach § 7Abs. 1 EStG Sonderabschreibungen bis zu 50 % der Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden) erfüllt sind? Im folgenden ist davon auszugehen, daß die Maschine linear abgeschrieben wird. 2.3 Durch einen Wasserschaden am Ende des Jahres 03 wird die Maschine erheblich beschädigt. Trotz intensiver Bemühungen kann der Schaden an der Maschine aus technischen Gründen nicht vollständig behoben werden. Daher kann die Maschine in der Folgezeit voraussichtlich nur noch mit einer Kapazitätsauslastung von 60 % gefahren werden. Welche Folgen ergeben sich daraus für die Abschreibung und den Restbuchwert der Maschine im handelsrechtlichen Jahresabschluß zum 31.12.03? 2.4 Im Dezember des Jahres 04 ist die vollständige Beseitigung des Schadens durch die Entwicklung neuer Reparaturverfahren doch noch möglich geworden. Die Anlage wird sofort repariert, so daß sie wieder voll einsatzbereit ist. Mit welchem Wert ist die Anlage zum 31.12.04 zu bilanzieren, wenn der Ausweis eines möglichst hohen Jahresergebnisses angestrebt wird?

4

RWC-Fallstudienbuch

2.5 Die Maschine wird ab Beginn des Jahres 05 in doppelten Schichten gefahren, damit die schlagartig angestiegene Nachfrage nach Werkzeugen befriedigt werden kann. Durch die erhöhte Inanspruchnahme und den dadurch bedingten höheren Verschleiß wird sie voraussichtlich nur noch bis zum Ende des Jahres 06 zu nutzen sein. Welche Folgen ergeben sich daraus für die Wertansätze der Maschine zum 31.12.05 und zum 31.12.06? 2.6 Wie ist die Entwicklung der Bilanzposten „Schleifmaschine" und „Feuerlöscher" in den Jahren 01 bis 06 im Anlagespiegel zu erfassen? Legen Sie dabei die Werte zugrunde, die sich unter Berücksichtigung der Sachverhalte aus den Fragen 1, 2 (1) und 3 bis 5 ergeben! 3 3.1

Lösungsvorschläge Ermittlung der Anschaffungskosten und der Aufwendungen laut HGB

Gem. § 255 Abs. 1 HGB setzen sich die Anschaffungskosten wie folgt zusammen: Anschaffungspreis Anschaffungspreisminderungen

Abb. 1 :

+

einzeln zurechenbare Anschaffungsnebenkosten

+

nachträgliche Anschaffungskosten

=

Anschaffungskosten Ermittlung der Anschaffungskosten

Die Umsatzsteuer stellt für vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmen, wie die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH, einen durchlaufenden Posten dar. Daher werden nur Nettopreise (Bruttopreise - Umsatzsteuer) bei der Ermittlung der Anschaffungskosten berücksichtigt. Wird der Aus-

Bewertung von Anlagevermögen

5

weis eines möglichst niedrigen Jahresergebnisses angestrebt, ergeben sich die Anschaffungskosten der Maschine wie folgt: Listenpreis - Rabatt 10 %

800 000 DM 80 000 DM 720 000 DM

+ Transportkosten (23 000 D M : 1,15=) + Transportversicherung

20 000 DM 800 DM 740 800 DM

+ Fundamentierungs-, Montage- und Anschlußkosten (5 750 D M : 1,15=) -

-

Skonto 3 %

5 000 DM 150 DM

Zuschuß

745 650 DM 145 650 DM

Anschaffungskosten

600 000 DM

Erläuterungen zu der Berechnung: Der Listenpreis der Maschine von 800 000 DM ohne Umsatzsteuer entspricht dem Anschaffungspreis, der sich unmittelbar aus der Rechnung des Lieferanten ergibt. Der Rabatt von 10 % auf den Listenpreis stellt eine Anschaffungspreisminderung dar, weil zu den Anschaffungskosten gem. § 255 Abs. 1 HGB nur solche Beträge gehören, die die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH für den Erwerb der maschinellen Anlage tatsächlich aufbringen muß. Zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten zählen sämtliche Aufwendungen, die gem. § 255 Abs. 1 Satz 1 HGB in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Erwerb eines Vermögensgegenstandes und dessen Versetzung in einen betriebsbereiten Zu-

6

RWC-Fallstudienbuch

stand stehen, sofern sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugerechnet werden können. Darunter fallen ζ. B. die Kosten der Anlieferung und der Inbetriebnahme. Daher sind die der Maschine einzeln zurechenbaren Transportkosten in Höhe von 20 000 DM (ohne Umsatzsteuer) und die Transportversicherung

in Höhe von 800 DM dem

Anschaffungspreis hinzuzurechnen. Auch die von der Montage-AG in Rechnung gestellten Fundamentierungs-,

Montage- und

Anschluß-

kosten in Höhe von 5 000 DM (ohne Umsatzsteuer) gehören zu den Anschaffungsnebenkosten (der Inbetriebnahme). Da die Gut-und-FixWerkzeug-GmbH von diesem Betrag einen Skontoabzug in Höhe von 3 % (= 150 DM) in Anspruch nimmt, liegt insoweit eine Minderung der Anschaffungskosten vor. Der Zuschuß des Freistaates Sachsen stellt eine nicht rückzahlbare Zuwendung an die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH dar. Für solche Zuwendungen besteht handelsrechtlich ein Wahlrecht, sie entweder von den Anschaffungskosten abzuziehen oder sofort erfolgswirksam zu vereinnahmen.1 Da der Ausweis eines möglichst niedrigen Jahresergebnisses angestrebt wird, sind die Anschaffungskosten um den Zuschußbetrag von 145 650 DM zu mindern. Der Zuschuß führt zu einem Geldmittelzufluß, der aus der Sicht der Gut-und-Fix-WerkzeugGmbH objektbezogen ist. Alternativ zur aktivischen Anschaffungskostenminderung kann der Zuschuß auch in einem gesonderten Passivposten i. S. d. § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB ausgewiesen werden. Die Anschaffungskosten der Maschine betragen in diesem Fall 745 650 DM. Der passivische Ausweis des Zuschusses bietet sich insbesondere bei umfangreichen Zuschußfinanzierungen wegen des verbesserten Einblicks in die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage an.

1

Vgl. Pankow/Schmidt-Wendt, D. (1990), Anm. 115 zu § 255 HGB.

Bewertung von Anlagevermögen

Die Kosten für die Ausbildung des Bedienungspersonals

7

der Maschi-

ne in Höhe von 3 000 DM (ohne Umsatzsteuer) gehören ebensowenig zu den Anschaffungsnebenkosten wie die

Feuerversicherungsprä-

mie von 5 000 DM. Bei den Ausbildungskosten der Betriebsangehörigen und der Feuerversicherungsprämie handelt es sich um laufende Aufwendungen des Betriebs, die nicht in direkter Beziehung zum Anschaffungsvorgang stehen. Demzufolge gehen sie nicht in die Ermittlung der Anschaffungskosten ein. Auch die Fremdkapitalzinsen

in Höhe von 6 000 DM dürfen als Ko-

sten der Geldbeschaffung grundsätzlich nicht bei der Bestimmung der Anschaffungskosten berücksichtigt werden: Der Wert der angeschafften Maschine erhöht sich durch die Fremdkapitalfinanzierung nicht. Die Fremdkapitalzinsen sind als laufende Betriebsaufwendungen zu erfassen. Die Aufwendungen für den Feuerlöscher werden bei der Ermittlung der Anschaffungskosten der Schleifmaschine nicht berücksichtigt, weil die Maschine und der Feuerlöscher zwei selbständig nutzungsfähige Vermögensgegenstände sind. Die Anschaffungskosten des Feuerlöschers setzen sich aus dem Listenpreis in Höhe von 720 DM (Anschaffungspreis) und den Installationskosten in Höhe von 60 DM (Anschaffungsnebenkosten) zusammen. Da die Anschaffungskosten von insgesamt 780 DM ohne Umsatzsteuer 800 DM nicht übersteigen und der Feuerlöscher zu den abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens gehört, handelt es sich hierbei um ein geringwertiges Wirtschaftsgut i. S. d. § 6 Abs. 2 EStG. Wird der Ausweis eines möglichst geringen Jahresergebnisses angestrebt, ist die Bewertungsfreiheit des § 6 Abs. 2 EStG, die als Vereinfachungsregelung auch handelsrechtlich zulässig ist, in Anspruch zu nehmen: Die Anschaffungskosten des Feuerlöschers sind im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen.

8 3.2

RWC-Fallstudienbuch Lineare, degressive und Sonderabschreibungen

Die Pflicht zur Abschreibung der Maschine ergibt sich aus § 253 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 HGB. Da für die Höhe der Abschreibung im Jahr des Zugangs grundsätzlich nur der Zeitraum zwischen Anschaffungszeitpunkt und Bilanzstichtag entscheidend ist, richtet sich der Abschreibungsbeginn nach dem Zeitpunkt der Anschaffung und nicht nach dem Zeitpunkt der Inbetriebnahme. Der danach für den Abschreibungsbeginn relevante Zeitpunkt ist der 01.05.01. Aus Vereinfachungsgründen darf jedoch gem. Abschn. 44 Abs. 2 Satz 2 EStR 1990 die volle Jahresabschreibung abgesetzt werden, wenn das bewegliche Wirtschaftsgut des Anlagevermögens - wie hier - in der ersten Jahreshälfte angeschafft wurde. Diese steuerliche Vereinfachungsregelung ist auch handelsrechtlich zulässig. (1) Zur Berechnung der jährlichen Abschreibungsrate nach der linearen Methode werden die Anschaffungskosten auf die voraussichtliche Nutzungsdauer verteilt: 600 000 : 8 = 75 000 [DM], Die Maschine ist mit einem Restbuchwert von 525 000 DM im handelsrechtlichen Jahresabschluß zum 31.12.01 zu bilanzieren: Anschaffungskosten - planmäßige Abschreibung = Restbuchwert zum 31.12.01

600 000 DM 75 000 DM 525 000 DM

(2) Da die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH zu Beginn der Nutzungsdauer möglichst hohe Abschreibungen vornehmen möchte, wird sie zunächst die geometrisch-degressive Abschreibung in Höhe von 30 % in Anspruch nehmen. Sie wird in dem Jahr zur linearen Abschreibung wechseln, in dem sich aus der gleichmäßigen Verteilung des Restbuchwerts auf die Restnutzungsdauer erstmalig eine höhere jährliche

Bewertung von Anlagevermögen

9

Abschreibung ergibt als bei der Fortführung der geometrischdegressiven Abschreibung. Diese Kombination von Abschreibungsmethoden ist handelsrechtlich zulässig. Der optimale Übergangszeitpunkt von der geometrisch-degressiven zur linearen Abschreibung liegt im 6. Jahr der Nutzungszeit: Jahr

degressive Abschreibung

Restbuchwert zum 31.12. d. J.

lineare Abschreibung

01

180 000

420 000

(75 000)

02

126 000

294 000

(60 000)

03

88 200

205 800

(49 000)

04

61 740

144 060

(41 160)

05

43 218

100 842

(36 015)

06

(30 253)

67 228

33 614

07

-

33 614

33 614

08

-

0

33 614

Abb. 2:

Ermittlung des optimalen Abschreibungsplans

Der optimale Abschreibungsplan ergibt sich aus den fettgedruckten Abschreibungsbeträgen: In den ersten fünf Jahren der Nutzung wird die Maschine geometrisch-degressiv und danach linear abgeschrieben. (3) Sind die Voraussetzungen der Inanspruchnahme von § 4 Fördergebietsgesetz erfüllt, dürfen im Jahr der Anschaffung und in den folgenden vier Jahren neben den planmäßigen linearen Abschreibungen steuerlich Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 50 % der Anschaffungskosten der Maschine vorgenommen werden. Da die Inanspruchnahme steuerlicher Sonderabschreibungen durch das Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG einen entsprechenden Wertansatz in der Handelsbilanz voraussetzt, müssen die steuerlichen Sonderabschreibungen nach § 254 i.V.m. § 279 Abs. 2

10

R WC-Fallstudienbuch

HGB auch in der Handelsbilanz vorgenommen werden. Die im Jahr Ol höchstens zu verrechnenden Abschreibungen betragen somit lineare Abschreibung 600 000 : 8 =

75 000 DM

+ Sonderabschreibung 0,5 · 600 000 =

300 000 DM 375 000 DM

3.3

Abschreibung und Restbuchwert nach einer Wertminderung

Da eine voraussichtlich dauernde Wertminderung der Maschine vorliegt, besteht für die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH nach § 253 Abs. 2 Satz 3 letzter Halbsatz HGB die Pflicht zur Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert. Der Schaden ist erst am Ende des Jahres 03 aufgetreten, so daß für das Jahr 03 zunächst die planmäßige Abschreibung in Höhe von 75 000 DM vorgenommen werden muß. Der sich unter Berücksichtigung planmäßiger Abschreibungen ergebende Buchwert zum 31.12.03 von 375 000 DM ist dann um 40 % zu mindern, um die auf 60 % gesunkene Kapazitätsauslastung der Maschine zu erfassen. Die außerplanmäßige Abschreibung beträgt somit 40 % auf den sich bei planmäßiger Abschreibung ergebenden Restbuchwert der Maschine zum 31.12.03. Nach der außerplanmäßigen Abschreibung ergibt sich ein Restbuchwert der Maschine zum 31.12.03 in Höhe von 225 000 DM:

Bewertung von Anlagevermögen

11

Restbuchwert zum 31.12.01

525 000 DM

- planmäßige Abschreibung

75 000 DM

= Restbuchwert zum 31.12.02 - planmäßige Abschreibung

450 000 DM 75 000 DM

= Restbuchwert zum 31.12.03 bei planmäßiger Abschreibung

375 000 DM

- außerplanmäßige Abschreibung 0,4 · 375 000 = = Restbuchwert zum 31.12.03

3.4

150 000 DM 225 000 DM

Zuschreibung

Im Dezember des Jahres 04 entfällt unerwartet der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung. Für die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH besteht nach § 280 Abs. 1 HGB ein Wertaufholungsgebot. Das Zuschreibungsgebot wird allerdings durch das Beibehaltungswahlrecht des § 280 Abs. 2 HGB relativiert. Danach darf die Zuschreibung unterbleiben, wenn in der Steuerbilanz der niedrigere Wertansatz beibehalten werden darf und Voraussetzung für die Beibehaltung in der Steuerbilanz die Beibehaltung des niedrigeren Wertansatzes in der Handelsbilanz ist. Beide Voraussetzungen sind erfüllt: Zum einen gewährt § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG für abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens ein Beibehaltungswahlrecht. Zum anderen hängt die Inanspruchnahme des Beibehaltungswahlrechts in der Steuerbilanz nach dem in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG verankerten Prinzip der umgekehrten Maßgeblichkeit davon ab, daß auch in der Handelsbilanz keine Zuschreibung erfolgt. Die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH hat danach das Wahlrecht zwischen einer Zuschreibung oder der Beibehaltung des niedrigeren

12

RWC-Fallstudienbuch

Wertansatzes in der Handelsbilanz. Da der Ausweis eines möglichst hohen Jahresergebnisses angestrebt wird, nimmt die Gut-und-FixWerkzeug-GmbH eine Zuschreibung im handelsrechtlichen Jahresabschluß zum 31.12.04 vor. Die Obergrenze für die Zuschreibung bilden die fortgeführten Anschaffungskosten, also die - bis zum Zeitpunkt der Werterhöhung - um planmäßige Abschreibungen verminderten Anschaffungskosten. Der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung ist erst im Dezember des Jahres 04 entfallen, so daß im Jahr 04 zunächst noch eine planmäßige Abschreibung auf der Grundlage des Restbuchwerts zum 31.12.03 berücksichtigt werden muß. Die planmäßige Abschreibung ergibt sich durch Verteilung des Restbuchwerts zum 31.12.03 in Höhe von 225 000 DM auf die Restnutzungsdauer von 5 Jahren und beträgt 45 000 DM. Der sich bei planmäßiger Abschreibung - also ohne Berücksichtigung der Zuschreibung - ergebende Restbuchwert zum 31.12.04 wird wie folgt berechnet: Restbuchwert zum 31.12.03

225 000 DM

- planmäßige Abschreibung 225 000 : 5 = = Restbuchwert zum 31.12.04 ohne Berücksichtigung der Zuschreibung

45 000 DM

180 000 DM

Danach ist der maximale Zuschreibungsbetrag zu ermitteln, der sich aus der Differenz zwischen den fortgeführten Anschaffungskosten und dem zuvor - ohne Berücksichtigung der Zuschreibung - berechneten Restbuchwert zum 31.12.04 ergibt. Die fortgeführten Anschaffungskosten zum 31.12.04 bestimmen sich wie folgt:

Bewertung von Anlagevermögen

13

Historische Anschaffungskosten - planmäßige Abschreibung 01

600 000 DM 75 000 DM

- planmäßige Abschreibung 02 - planmäßige Abschreibung 03 - planmäßige Abschreibung 04

75 000 DM 75 000 DM 75 000 DM

= fortgeführte Anschaffungskosten zum 31.12.04

300 000 DM

Der maximale Zuschreibungsbetrag beträgt somit fortgeführte Anschaffungskosten

300 000 DM

- Restbuchwert zum 31.12.04 ohne Berücksichtigung der Zuschreibung

180 000 DM 120 000 DM

Die Maschine ist nach der Vornahme der Zuschreibung in Höhe von 120 000 DM mit einem Restbuchwert von 300 000 DM (= fortgeführte Anschaffungskosten) im handelsrechtlichen Jahresabschluß zum 31.12.04 zu bilanzieren. 3.5

Verkürzung der Restnutzungsdauer

Aufgrund der erhöhten Inanspruchnahme der Maschine ab Beginn des Jahres 05 und des dadurch bedingten höheren Verschleißes verkürzt sich die Restnutzungsdauer. Der Restbuchwert zum 31.12.04 in Höhe von 300 000 DM ist daher auf die verbleibende Restnutzungsdauer von zwei Jahren zu verteilen. In den Jahren 05 und 06 ergibt sich dabei jeweils eine planmäßige Abschreibung von 300 000 : 2 = 150 000 [DM], Die Entwicklung der Restbuchwerte der Maschine ist im folgenden aufgeführt:

14

RWC-Fallstudienbuch

Restbuchwert zum 31.12.04

300 000 DM

-

planmäßige Abschreibung

150 000 DM

= Restbuchwert zum 31.12.05

150 000 DM

-

150 000 DM

planmäßige Abschreibung

= Restbuchwert zum 31.12.06

3.6

0 DM

Anlagespiegel

Die Gut-und-Fix-Werkzeug-GmbH muß als Kapitalgesellschaft im Interesse der Bilanzklarheit gem. § 268 Abs. 2 HGB die Entwicklung der einzelnen Bilanzposten des Anlagevermögens sowie des Postens „Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs" in einem Anlagespiegel darstellen. Im Anlagespiegel sind die gesamten historischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten, die Zugänge, die Abgänge, die Umbuchungen und die Zuschreibungen des Geschäftsjahres, der Restbuchwert des Geschäfts- und des Vorjahres sowie die Summe der Abschreibungen der einzelnen Bilanzposten auszuweisen. Die Abschreibungen des Geschäftsjahres sind zwar kein notwendiger Bestandteil des Anlagespiegels, können aber auch im Anlagespiegel erfaßt werden. Der Anlagespiegel für den Feuerlöscher sowie die Schleif- und Schneidemaschine sieht unter Berücksichtigung der Sachverhalte aus den Fragen 1 , 2 ( 1 ) und 3 bis 5 wie folgt aus:

1 Feuerlöscher Maschine

780 600.000

780 75.000

780 75.000

525.000

15 Abschr. im Geschäftsjahr

Restbuchwert Vorjahr

Restbuchwert 31.12...

Abschr. (kumuliert)

Zuschreibungen

Umbuchungen

Abgänge

Zugänge

AnschafTungskosten

Bilanzposten

Jahr

1

Bewertung von Anlagevermögen

2

Maschine

600.000

150.000

450.000

525.000

75.000

3

Maschine

600.000

375.000

225.000

450.000

225.000

4

Maschine

600.000

420.000

300.000

225.000

45.000

5

Maschine

600.000

450.000

150.000

300.000

150.000

6

Maschine

600.000

600.000

0

150.000

150.000

Abb. 3:

120.000

Anlagespiegel

Erläuterungen zu einzelnen Jahren: Jahr Ol: Der Feuerlöscher wird im Jahr des Zugangs als geringwertiges Wirtschaftsgut voll abgeschrieben. Bei der exakten Ermittlung des Anlagespiegels müßte er bis zu seinem Ausscheiden mit den historischen Anschaffungskosten und den Abschreibungen ausgewiesen werden. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch im Jahr des Zugangs, in dem auch die Vollabschreibung erfolgt, gleichzeitig der Abgang des Feuerlöschers verbucht werden. Die Vollabschreibung wird unter den Abschreibungen des Geschäftsjahres erfaßt. In den kumulierten Abschreibungen ist sie nicht enthalten, weil sich die kumulierten Abschreibungen nur auf am Jahresende noch vorhandene Vermögensgegenstände des Anlagevermögens bzw. auf die Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebs beziehen. Die auf Abgänge entfallenden kumulierten Abschreibungen sind also aus

16

R WC-Fallstudienbuch

dieser Spalte zu eliminieren. Neben dieser Methode werden in der Literatur noch die folgenden zwei Ausweistechniken diskutiert: (1) Kein Ausweis des geringwertigen Wirtschaftsguts im Anlagespiegel. (2) Der Abgang des geringwertigen Wirtschaftsguts wird erst im zweiten Jahr fingiert.1 Jahr 03: Die Abschreibungen des Jahres 03 setzen sich wie folgt zusammen: Planmäßige Abschreibung 03 + außerplanmäßige Abschreibung 03

75 000 DM 150 000 DM 225 000 DM

Jahr 05: Die Zuschreibungen des Jahres 04 werden mit den kumulierten Abschreibungen verrechnet: Kumulierte Abschreibungen 04

420 000 DM

- Zuschreibungen 04

120 000 DM

+ Abschreibungen 05

150 000 DM

= Kumulierte Abschreibungen 05

450 000 DM

Damit wird verhindert, daß die kumulierten Abschreibungen die historischen Anschaffungskosten übersteigen.

1

Vgl. z. B. Harrmann, A. (1990), Rn. 108 ff. zu § 268 HGB.

Bewertung von Anlagevermögen

17

Kontrollfragen ( 1 ) Wie sind Anschaffungskosten definiert? (2) Welcher Zeitpunkt ist für den Beginn der planmäßigen Abschreibung eines abnutzbaren Vermögensgegenstandes relevant? (3) Zu welchem Zeitpunkt sollte von der geometrisch-degressiven zur linearen Abschreibungsmethode gewechselt werden, wenn der Ausweis eines möglichst niedrigen Jahresergebnisses angestrebt wird? (4) Unter welcher Voraussetzung besteht für abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens die Pflicht zur Vornahme einer außerplanmäßigen Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert? (5) Besteht für Kapitalgesellschaften eine Zuschreibungspflicht, wenn der Grund für die außerplanmäßige Abschreibung eines Vermögensgegenstandes entfallen ist? (6) Was ist unter einem Anlagespiegel zu verstehen?

18

R WC-Fallstudienbuch

Literatur Baetge, J. (1994), Bilanzen, 3. Aufl., Düsseldorf 1994, S. 212-219, 230-249, 254-262, 264-283, 306-315. Coenenberg, A. G. (1994), Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, Betriebswirtschaftliche, handels- und steuerrechtliche Grundlagen, 15. Aufl., Landsberg/Lech 1994, S. 64-66, 76-78, 95-112. Harrmann, A. (1990), in: Küting, K„ Weber, C.-P., Handbuch der Rechnungslegung, Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 1990. Pankow/Schmidt-Wendt, D. (1990), in: Budde, W. D„ Clemm, H„ Pankow, M., Sarx, M., Beck'scher Bilanz-Kommentar, Der Jahresabschluß nach Handels- und Steuerrecht, Das Dritte Buch des HGB, 2. Aufl., München 1990.

Gewinn- und Verlustrechnung

19

Ansatz- und Bewertungsfragen bei der Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren Thomas König 1 Sachverhalt Im Januar 1995 wird der Student Peter Planlos im Rahmen eines Praktikums mit der Aufstellung der Gewinn- und Verlustrechnung für die Fix & Fertig Maschinenbau AG beauftragt. Aus dem Rechnungswesen liegen für das abgelaufene Geschäftsjahr 1994 folgende Angaben vor:

(1) 1994 wurden Waren im Gesamtwert von 19 550 000 DM (incl. 15 % USt) veräußert. Anscheinend hatten viele Kunden der Fix & Fertig AG Zahlungsschwierigkeiten, denn lediglich auf 25 % des Warenwertes wurden die gewährten 2 % Skonto in Anspruch genommen. Bedingt durch die unerwartet hohe Nachfrage wurde der Lagerbestand an fertigen Erzeugnissen um 950 000 DM verringert. (2) Für 9 487 500 DM (incl. 15 % USt) wurden Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe (RHB) eingekauft. Aufgrund der hohen Liquidität wurden sämtliche Rechnungen unter Ausnutzung von 2 % Skonto bezahlt. Am Jahresende betrug der Wert der gelagerten RHB 1 500 000 DM. Die RHB wiesen einen Anfangsbestand in Höhe von 1 800 000 DM auf. Die Geschäftsleitung erwartet bereits für das erste Quartal 1995 einen starken Preisverfall für Rohstoffe, der zu einer Wertminderung von ca. 250 000 DM führen würde.

20

RWC-Fallstudienbuch Unklar ist, ob die erwartete Wertminderung bereits im Jahresabschluß zum 31.12.1994 berücksichtigt werden kann bzw. sogar berücksichtigt werden muß.

(3) Anfang August wurde vertragsgemäß die Jahresmiete bis einschließlich Juli 1995 für eine Lagerhalle in Höhe von netto 132 000 DM fällig. Die Anmietung der Halle war notwendig geworden, da am 31. März des Berichtsjahres das betriebseigene Lager durch einen Brand vollständig zerstört worden war. Die Versicherung entschädigte die Fix & Fertig AG mit 1,2 Mio. DM. Die zerstörte Halle hatte zum 31.12.1993 einen Restbuchwert von 280 000 DM und war bislang linear mit 70 000 DM p. a. abgeschrieben worden. Mit dem Bau einer neuen Lagerhalle wurde bereits begonnen; die Inbetriebnahme erfolgt voraussichtlich Anfang 1995. Laut Voranschlag des beauftragten Bauunternehmens wird die Anschaffung der neuen Halle ca. 800 000 DM kosten. Für die Halle wird eine Nutzungsdauer von 25 Jahren veranschlagt; sie wird linear abgeschrieben. (4) Nachdem im November 1994 über das Vermögen der Habenichts KG der Konkurs eröffnet worden war, wird mit dem Ausfall von mindestens 70 % einer Forderung aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 51 750 DM (incl. 15 % USt) gerechnet. (5) Kurz vor Weihnachten erhielt die Fix & Fertig AG einen Auftrag im Wert von 172 500 DM (incl. 15 % USt). Mit der Fertigung wurde direkt nach den Betriebsferien am 2.1.1995 begonnen. (6) Am Ende des Berichtsjahres wurde ein Geschäftswagen an einen leitenden Angestellten für netto 60 000 DM verkauft. Der Restbuchwert des Fahrzeugs lag nach Vornahme der Abschreibung für 1994 bei 55 000 DM.

Gewinn-und Verlustrechnung

21

(7) Im Berichtsjahr waren die Kulanzleistungen, für die 1993 Rückstellungen in Höhe von 300 000 DM gebildet worden waren, mit 180 000 DM unerwartet niedrig. Die Auflösung der Rückstellungen kann nach Ansicht des Leiters Rechnungswesen jedoch unterbleiben, da für Anfang 1995 Instandhaltungen im Umfang von mindestens 200 000 DM geplant sind, die im Berichtsjahr 1994 unterlassen worden waren. (8) Aufgrund einer günstigen Devisenkursentwicklung realisierte die Fix & Fertig AG Kursgewinne aus alten Forderungen in Höhe von 240 000 DM. (9) Bezüglich des Personals konnten folgende Informationen zusammengetragen werden: Löhne und Gehälter 1994 Gehaltsvorschüsse für 1995 Aufsichtsrat-Tantiemen 1994 -

Zuführung zu Pensionsrückstellungen 1994 Arbeitgeberanteil zur Renten-, Krankenund Arbeitslosenversicherung 1994

3 187 000 25 000 160 000 245 000

DM DM DM DM

640 000 DM

(10) Für 1993 erstattete das Finanzamt im Berichtsjahr 10 000 DM Körperschaftsteuer (KSt). (11) An Steuern wurden 1994 entrichtet: Körperschaftsteuervorauszahlung -

Grundsteuer Grunderwerbsteuer

450 000 DM 115 000 DM 40 000 DM 12 500 DM

Kfz-Steuer Gewerbesteuervorauszahlungen

150 000 DM

- davon Gewerbekapitalsteuer

30 000 DM

Die Fix & Fertig AG rechnet für 1994 mit Steuern vom Einkommen und Ertrag in Höhe von 880 000 DM.

22

R WC-Fallstudienbuch

(12) Das Anlagevermögen wird im Berichtsjahr planmäßig mit 1,6 Mio. DM abgeschrieben. In diesem Betrag sind bereits die aus den Geschäftsvorfällen (3) und (6) resultierenden planmäßigen Abschreibungen enthalten. Für eine Maschine, die durch den Lagerbrand stark beschädigt worden war, erzielte die Fix & Fertig AG einen Schrottpreis von 25 000 DM netto; der Restbuchwert betrug am 31.12.1993 120 000 DM. Die planmäßige Abschreibung hätte im Berichtsjahr 30 000 DM betragen. Der Buchhalter Liederlich buchte die Maschine im April 1994 wie folgt aus: per Kasse 28 750 DM und Außerordentliche dungen 95 000 DM an Maschinen

Aufwen-

120 000 DM und Umsatz-

steuer 3 750 DM.

2 Aufgaben 2.1 Die vielen Zahlen verwirren Peter Planlos. Helfen Sie ihm bei der Aufstellung der GuV nach § 275 Abs. 2 HGB! Gehen Sie davon aus, daß eventuell bestehende Ansatz- oder Bewertungswahlrechte im Rahmen des Jahresabschlusses so ausgeübt werden, daß ein möglichst niedriges Jahresergebnis ausgewiesen wird. Geben Sie für jeden einzelnen Geschäftsvorfall die einschlägigen Rechtsgrundlagen an! 2.2 Welche Auswirkungen gehen von den unter Nr. (3) genannten Sachverhalten auf den handelsrechtlichen Jahresabschluß von 1995 aus?

Gewinn- und Verlustrechnung

23

3 Lösungsvorschläge 3.1 Gewinn- und Verlustrechnung ( 1 ) Im Vergleich zu § 1 UStG, nach dem alle Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen Entgelt zu den Umsatzerlösen zählen, werden handelsrechtlich in § 277 Abs. 1 HGB die Umsatzerlöse wesentlich enger abgegrenzt.1 Als Umsatzerlöse sind danach lediglich Erlöse aus dem Verkauf, der Vermietung oder Verpachtung von für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typischen Erzeugnissen, Waren und Dienstleistungen auszuweisen. Zu berücksichtigen ist weiterhin, daß die Umsatzerlöse ohne Umsatzsteuer und nach Abzug von Erlösschmälerungen - dazu zählen bspw. Skonti2 und Rabatte - auszuweisen sind. Ausschlaggebend für den Ausweis unter Position 1 nach dem Gesamtkostenverfahren ist, daß die Erträge typisch für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit sind. Auch unregelmäßig oder selten auftretende Erträge sind unter Position 1 zu erfassen, sofern sie für die Geschäftstätigkeit typisch sind. Erträge, die nicht für den eigentlichen Betriebszweck eines Unternehmens typisch sind, aber regelmäßig anfallen und somit aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit resultieren, sind nicht unter den Umsatzerlösen, sondern unter Position 4 Sonstige betriebliche Erträge zu verbuchen. Erträge, die außerhalb

Zur Position Umsatzerlöse im Rahmen des Gesamtkostenverfahrens vgl. im einzelnen Baetge, J. (1994), S. 557 ff., Coenenberg, A. G. (1994), S. 259 f. Die bilanzielle Behandlung des Skontos ist umstritten. Während nach herrschender Meinung lediglich in Anspruch genommene Skonti als Erlösschmälerung zu behandeln sind, spricht sich zum Beispiel Baetge dafür aus, eingeräumte Skonti unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme als Erlösschmälerungen zu behandeln. Vgl. Baetge, J. (1994), S. 215 f., anderer Ansicht Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 56-59; Adler, H„ Düring, W„ Schmaltz, Κ. (1987), § 255 HGB, Rn. 59.

24

RWC-Fallstudienbuch

der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit anfallen, fallen unter Position 15 Außerordentliche

Erträge

Im vorliegenden Fall ist unter der Position Umsatzerlöse folgender Betrag auszuweisen: Warenwert (= Brutto-Umsatzerlöse) -

15 % Umsatzsteuer

= Netto-Umsatzerlöse -

2 % Skonto auf 25 % von 17 500 000 DM

= Position 1: Umsatzerlöse

19 550 000 DM 2 550 000 DM 17 000 000 DM 85 000 DM 16 915 000 DM

Die Verminderung des Bestandes an fertigen oder unfertigen Erzeugnissen ist gemäß § 275 Abs. 2 HGB unter Position Nr. 2 auszuweisen. Bestandsminderungen werden von den Umsatzerlösen abgezogen, da die Leistungen für diese Erzeugnisse bereits im Vorjahr oder in früheren Perioden erbracht worden sind. Korrespondierend liegt in der Bilanz zum 31.12.1994 nach der Gliederungsvorschrift des § 266 Abs. 2 HGB der Wert der Position B.I.3. Fertige Erzeugnisse und Waren um 950 000 DM niedriger als im Vorjahr. Position 2: Bestandsminderungen

- 950 000 DM

(2) Der in der Aufgabenstellung unter (2) geschilderte Sachverhalt betrifft den Materialaufwand. Dieser wird unter der Position 5a Aufwendungen fiir Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für bezogene Waren ausgewiesen und nach der Skontrationsmethode wie folgt bestimmt:

Zu den Komponenten der Außerordentlichen Erträge vgl. zum Beispiel Rüting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 277, Rn. 111-121, Adler, H., Düring, W „ Schmaltz, Κ. (1987), § 277 HGB, Rn. 74 ff.

Gewinn- und Verlustrechnung

25

Zunächst werden die Zugänge an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen berechnet. Der Wert der Zugänge muß analog zum Vorgehen bei Geschäftsvorfall (1) um Umsatzsteuer und Skontierungen korrigiert werden: Warenwert (= Brutto-Einkaufswert) - 15 % Umsatzsteuer

9 487 500 DM 1 237 500 DM

= Netto-Einkauswert - 2 % Skonto von 8 250 000 DM

8 250 000 DM 165 000 DM

= Zugänge an RHB

8 085 000 DM

Der gesamte Materialverbrauch wird sodann nach entsprechender Umstellung der Gleichung ENDBESTAND = ANFANGSBESTAND + ZUGANG - ABGANG wie folgt berechnet: Anfangsbestand an RHB + Zugänge an RHB

1 800 000 DM 8 085 000 DM

- Endbestand an RHB

1 500 000 DM

= Materialverbrauch

8 385 000 DM

Fraglich ist, inwieweit die erwartete Wertminderung der RHB in Höhe von 250 000 DM im Jahresabschluß 1994 berücksichtigt werden kann bzw. berücksichtigt werden muß. Gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB dürfen Abschreibungen auf das Umlaufvermögen vorgenommen werden, soweit diese nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendig sind, um zu verhindern, daß in der nächsten Zukunft der Wertansatz dieser Vermögensgegenstände aufgrund von Wertschwankungen geändert werden muß. Für die Bewertung mit dem niedrigeren Zukunftswert gilt nicht die Voraussetzung, daß sich die Vermögensgegenstände am nächsten Bilanzstichtag noch im Vermö-

26

RWC-Fallstudienbuch

gen der Gesellschaft befinden.1 Die Höhe der Abschreibungen ist allerdings davon abhängig, ob die zum Verkauf oder Verbrauch anstehenden Vermögensgegenstände wiederbeschafft werden oder nicht. Bei Vermögensgegenständen, die veräußert oder verbraucht werden sollen, ohne daß eine Ersatzbeschaffung geplant ist, gilt das Abschreibungswahlrecht lediglich für die Bestände, die sich zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung noch im Vermögen der Unternehmung befinden. Wurde der Bestand zwischen Bilanzstichtag und Zeitpunkt der Bilanzaufstellung durch Verkauf oder Verbrauch abgebaut, sind die zwischenzeitlich verbrauchten oder veräußerten Vermögensgegenstände mit ihren Anschaffung-/Herstellungskosten bzw. ihren niedrigeren, am Abschlußstichtag beizulegenden Werten zu aktivieren. Darüber hinaus sind bei der Bewertung der Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB Wertminderungen zu berücksichtigen, die zwischen dem Abschlußstichtag und dem Tag der Aufstellung tatsächlich eingetreten sind. Bei Vermögensgegenständen, die nach dem Verkauf oder Verbrauch wiederbeschafft werden sollen, ist die Abschreibung grundsätzlich von dem am Bilanzstichtag vorhandenen Bestand zu ermitteln. Im vorliegenden Fall kann man davon ausgehen, daß die verbrauchten RHB laufend wiederbeschafft werden. Es besteht also ein Abschreibungswahlrecht in Höhe von 250 000 DM. Diese außerplanmäßigen Abschreibungen sind nach § 277 Abs. 3 Satz 1 HGB gesondert auszuweisen, zum Beispiel in Form eines „davon ..."-Vermerks, oder im Anhang anzugeben.

Vgl. - auch im folgenden - Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), Teil B, Rn. 543. Siehe im Detail Adler, H„ Düring, W., Schmaltz, Κ. (1987), § 253 HGB, Rn. 4 9 4 - 5 2 2 .

Gewinn- und Verlustrechnung

27

Die Materialaufwendungen betragen bei Ausnutzung des Abschreibungswahlrechts gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB im vorliegenden Fall insgesamt: Position 5a: Aufwendungen für RHB -

8 635 000 DM

davon Abschreibungen zur Vorwegnahme künftiger Wertschwankungen 250 000 DM

(3) Zunächst ist eine zeitliche Abgrenzung der Lagermiete vorzunehmen, denn auf das Berichtsjahr entfallen lediglich fünf Monatsmieten. Der auf die Zeit vom 1. August 1994 bis zum Bilanzstichtag entfallende Teil der Lagermiete beträgt 132 000 · 5/12 = 55 000 [DM] und ist unter Position 8 Sonstige betriebliche Aufwendungen zu erfassen. Diese Position ist ein Sammelposten für alle betrieblichen Aufwendungen, die nicht unter anderen Aufwandspositionen auszuweisen sind. Durch das Wort „betrieblich" wird Position 8 auf Aufwendungen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit beschränkt. 1 Für die restlichen 77 000 DM ist gemäß § 250 Abs. 1 HGB ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Eine aktive (transitorische) Rechnungsabgrenzung ist für Ausgaben vor dem Bilanzstichtag geboten, soweit sie Aufwand für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen. Die zerstörte Halle muß zunächst planmäßig pro rata temporis für 3 Monate mit 70 000 · 3/12 = 17 500 [DM] abgeschrieben werden. Der Ausweis des Betrages erfolgt unter Position 7a auf Sachanlagen.

Abschreibungen

Die Abschreibungen sind handelsrechtlich und

steuerrechtlich im Abgangsjahr zeitanteilig vorzunehmen (vgl. Abschnitt 44 Abs. 9 EStR).

Zu den verschiedenen Komponenten der Sonstigen betrieblichen Aufwendungen vgl. im einzelnen Adler, H., Düring, W., Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 140-143.

28

RWC-Fallstudienbuch

Die Zahlung der Versicherungsentschädigung in Höhe von 1 200 000 DM wird wie folgt verbucht:1 Kasse an

1 200 000 DM Gebäude

262 500 DM

Sonstige betriebl. Erträge

937 500 DM

Die Position 4 Sonstige betriebliche Erträge ist ein Sammelposten für diejenigen Erträge der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die nicht bereits in den anderen Ertragspositionen enthalten sind, zum Beispiel Erlöse aus betriebsfremden Umsätzen, Währungsgewinne, Schadenersatzleistungen, Zahlungseingänge aus bereits als uneinbringlich ausgebuchten Forderungen oder Erträge aus Sozialeinrichtungen der Gesellschaft. 2 Im folgenden ist zu prüfen, — ob die aufgedeckte stille Reserve erfolgswirksam

als Sonstiger

betrieblicher Ertrag das Jahresergebnis erhöht oder -

ob die Voraussetzungen zur Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung gemäß Abschnitt 35 EStR erfüllt sind und die aufgedeckte stille Reserve erfolgsneutral auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden kann.

Nach § 273 HGB darf eine Rücklage für Ersatzbeschaffung in der Handelsbilanz einer Kapitalgesellschaft nur dann gebildet werden, wenn das Steuerrecht für die steuerliche Anerkennung der Rücklage voraussetzt, daß eine entsprechende Rücklage auch in der Handelsbi-

1

Vgl. Coenenberg, A. G. (1994), S. 262 f.

2

Zu den verschiedenen Komponenten der Sonstigen betrieblichen Erträge vgl. im einzelnen Adler, H„ Düring, W „ Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 69-82.

Gewinn- und Verlustrechnung

29

lanz gebildet wird. Diese Voraussetzung ist seit 1990 mit der generellen Verankerung der umgekehrten Maßgeblichkeit in § 5 Abs. 1 Satz 2 EStG erfüllt. Die stillen Reserven, die in Höhe der Differenz zwischen gewährter Entschädigung und Buchwert zum Zeitpunkt des Ausscheidens aufgedeckt werden, können nach Abschnitt 35 EStR auf ein Ersatzwirtschaftsgut übertragen werden, wenn1 (1) das Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt (ζ. B. Brand, Diebstahl) oder behördlicher Eingriffe (ζ. B. Enteignung) aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist und (2) die Entschädigungszahlung für das Wirtschaftsgut selbst erfolgt und (3) das Ersatzwirtschaftsgut dem ausgeschiedenen Wirtschaftsgut in seiner Funktion gleichkommt. Die Ersatzbeschaffung muß zudem spätestens für das folgende Wirtschaftsjahr ernstlich geplant sein. Da im vorliegenden Fall alle genannten Voraussetzungen erfüllt sind, werden zu Lasten der Position 8 Sonstige betriebliche Aufwendungen

937 500 DM in den Sonder-

posten mit Rücklagenanteil eingestellt. Solche Einstellungen sind gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 HGB gesondert unter Position 8 auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Der Beginn des Neubaus hat für die Gewinn- und Verlustrechnung des Jahres 1994 keine Konsequenzen. (4) Der drohende Forderungsausfall ist nach dem Imparitätsprinzip gemäß § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB mittels einer Einzelwertberichtigung auf Forderungen im Berichtsjahr 1994 zu erfassen.

1

Vgl. Coenenberg, A. G. ( 1994), S. 164 f.

30

RWC-Falhtudienbuch

Der Ausweis der Einzel Wertberichtigung in der GuV hängt davon ab, ob der Forderungsausfall das unternehmensübliche Maß überschreitet oder nicht. Gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 7b HGB sind Wertkorrekturen auf Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens, die das unternehmensübliche Maß übersteigen, von denjenigen zu trennen, die noch im unternehmensüblichen Rahmen liegen. Im Vergleich zum Gesamtumsatz des Unternehmens ist der Forderungsausfall so gering, daß man nicht von einem untemehmensunüblichen Ausmaß sprechen kann und demzufolge die Forderungsabschreibung unter Position 8 Sonstige betriebliche Aufwendungen zu erfassen ist. Die Wertkorrektur hat netto zu erfolgen, da bei Uneinbringlichkeit der Forderung die zuviel abgeführte Umsatzsteuer durch das Finanzamt erstattet wird. Die Abschreibung beträgt also: Forderung aus Lieferungen und Leistungen -

15 % Umsatzsteuer

51 750 DM 6 750 DM

= Netto-Forderung

45 000 DM

Forderungsausfall in Höhe von 70 % von 45 000 DM

31 500 DM

(5) Nach dem in § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB kodifizierten Realisationsprinzip dürfen Erträge nur dann berücksichtigt werden, wenn sie am Abschlußstichtag realisiert sind.1 Die Auftragsannahme ist demgemäß für den Jahreserfolg 1994 nicht relevant. (6) In Höhe der Differenz zwischen Restbuchwert zum 31.12.1994 und Netto-Verkaufserlös entsteht ein Sonstiger betrieblicher in Höhe von 5 000 DM.

2

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 65 ff., Coenenberg, A. G. (1994), S. 29 f.

2

Vgl. Adler, H„ Düring, W „ Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 71.

Ertrag

Gewinn- und Verlustrechnung

31

(7) Rückstellungen dürfen nicht fortgeführt werden, sondern sind nach dem zugrunde liegenden Sachverhalt auf Verbindlichkeiten umzubuchen, wenn die Ungewißheiten beseitigt sind, oder aufzulösen, wenn der Rückstellungsgrund entfallen ist.1 Dementsprechend sind die Kulanzrückstellungen in Höhe von 120 000 DM erfolgswirksam über Position 4 Sonstige betriebliche Erträge aufzulösen. Für die im Berichtsjahr unterlassenen Aufwendungen für Instandhaltungen in Höhe von 200 000 DM ist über Position 8 Sonstige betriebliche Aufwendungen eine gesonderte Rückstellung zu bilden. Eine Saldierung der Buchungen ist gemäß § 246 Abs. 2 HGB entgegen der Auffassung des Leiters Rechnungswesen nicht zulässig. (8) Die realisierten Kursgewinne in Höhe von 240 000 DM sind unter Position 4 Sonstige betriebliche Erträge auszuweisen.2 (9) Unter der Position 6a Löhne und Gehälter sind alle Bruttoarbeitsentgelte an Mitarbeiter auszuweisen, die im Berichtsjahr in einem Dienstverhältnis mit dem Unternehmen standen (Arbeiter, Angestellte, Auszubildende, Vorstandsmitglieder und Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften). 3 Die Bruttobezüge umfassen die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung und die zu entrichtende Lohnsteuer. Position 6a: Löhne und Gehälter

3 187 000 DM

Die sozialen Abgaben und Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung werden unter Position 6b ausgewiesen. Die Aufwen-

1

Vgl. ebenda, § 249 HGB, Rn. 240.

2

Vgl. ebenda, § 275 HGB, Rn. 71.

3

Zur Position Löhne und Gehälter vgl. z. B. Baetge, J. (1994), S. 568 ff., Coenenberg, A. G. (1994), S. 268 f.

32

RWC-Fallstudienbuch

düngen für soziale Abgaben umfassen nur die gesetzlichen Pflichtabgaben, die von der Gesellschaft als Arbeitgeberanteil zu tragen sind. Es handelt sich dabei um Beiträge zur Sozialversicherung (Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung) und zur Berufsgenossenschaft. Als Aufwendungen für Altersversorgung und Unterstützung werden Aufwendungen für tätige und nicht mehr tätige Betriebsangehörige erfaßt wie Zuführungen zu den Pensionsrückstellungen, Heirats- und Geburtshilfen etc. Die im Geschäftsjahr zur Altersversorgung aufgewendeten Beträge sind gemäß § 275 Abs. 2 Nr. 6b HGB in der GuV durch einen „davon ..."- Vermerk gesondert auszuweisen. Position 6b: Soziale Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung -

885 000 DM

davon für Altersversorgung 245 000 DM

Vorschüsse auf Löhne und Gehälter für 1995 sind im Berichtsjahr nicht erfolgswirksam, sondern stellen eine Forderung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer dar und sind gemäß § 266 Abs. 2 HGB in der Bilanz unter Position B.II.4. auszuweisen. Aufsichtsrat-Tantiemen zählen nicht zu den Löhnen und Gehältern, da der Aufsichtsrat in keinem Dienstverhältnis zur Gesellschaft steht. Die Aufwendungen in Höhe von 160 000 DM werden unter Position 8 Sonstige betriebliche Aufwendungen

ausgewiesen.1 Die Auf-

sichtsratvergütungen sind gemäß § 285 Nr. 9a HGB im Anhang anzugeben. (10) Die KSt-Rückerstattung für 1993 stellt einen aperiodischen Ertrag dar, der unter der Position 18 Steuern vom Einkommen und Er-

1

Vgl. Adler, H„ Düring, W „ Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 141.

Gewinn- und Verlustrechnung

33

trag auszuweisen ist.1 Da die Position 14 Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

eine Ergebnisgröße zur betriebswirtschaftlichen

Beurteilung der Ertragskraft eines Unternehmens vor Steuern sein soll, sind sämtliche Steueraufwendungen und -ertrage unter den dafür eigens vorgesehenen Positionen 18 und 19 auszuweisen. Da die Position 18 die gesamte Belastung eines Unternehmens durch Ertragsteuern aufzeigen soll und damit notwendigerweise einen Saldo von Sollund Habenposten umfaßt, wird nicht gegen das grundsätzliche Saldierungsverbot des § 246 Abs. 2 HGB verstoßen. 2 Da die KSt-Rückerstattung im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Ertragslage von untergeordneter Bedeutung ist, muß der aperiodische Ertrag nicht - wie ansonsten § 277 Abs. 4 HGB fordert - im Anhang erläutert werden. 3 (11) Zu den Steuern vom Einkommen und Ertrag zählen im wesentlichen die Körperschaftsteuer und die Gewerbeertragsteuer (GewErtr St). Die KSt ist nach § 278 HGB auf der Grundlage des Beschlusses über die Verwendung des Ergebnisses oder - was in der Praxis der Regelfall sein dürfte - auf der Grundlage des Vorschlags über die Verwendung des Ergebnisses zu berechnen. Die KSt-Rückerstattung für 1993 in Höhe von 10 000 DM ist mit der erwarteten Steuerlast zu saldieren.

1

Zu den Komponenten der Position 18 Steuern vom Einkommen und Ertrag vgl. im einzelnen Baetge, J. (1994), S. 546 f., Coenenberg, A. G. (1994), S. 280 f.

2

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 547, WP-Handbuch (1992), Abschnitt F, Rn. 359; Adler, H„ Düring, W„ Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 187-189.

3

Anhaltspunkte für die Feststellung, ob ein aperiodischer Ertrag für die Beurteilung der Ertragslage von Bedeutung ist, finden sich bspw. bei Kiiting, K., Weber, C.-P. (1990), § 277, Rn. 139.

34

RWC-Fallstudienbuch

In Höhe der Differenz zwischen geleisteten Vorauszahlungen1 und erwarteter Steuerschuld 2 ist eine Steuerrückstellung in Höhe von 300 000 DM zu bilden. Der entsprechende Buchungssatz lautet: Steuern vom Einkommen und Ertrag

300 000 DM

an

300 000 DM

Steuerrückstellungen

Unter Position 18 ist die erwartete Steuerschuld in Höhe von 870 000 DM auszuweisen. Position 18: Steuern von Einkommen und Ertrag

870 000 DM

Die davon auf das außerordentliche Ergebnis entfallenden Steuern sind nach § 285 Nr. 6 HGB im Anhang anzugeben. Unter die Position 19 Sonstige Steuern fallen nach herrschender Meinung alle übrigen, nicht unter Position 18 auszuweisenden Steuern, die von der Gesellschaft abzuführen sind und Aufwendungen darstellen, wie: 3 -

Verbrauchsteuern: Biersteuer, Kaffeesteuer, Mineralölsteuer etc.

-

Verkehrsteuern: Versicherungsteuer, Wechselsteuer, Einfuhrzölle etc.

-

Substanzsteuern: Vermögensteuer, Gewerbekapitalsteuer, Grundsteuer etc.

-

sonstige Steuern: Kfz-Steuer, Vergnügungssteuer, Hundesteuer etc.

1

450 000 + 120 000 = 570 000 [DM].

2

880 0 0 0 - 10 000 = 870 000 [DM].

3

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 590, Adler, H., Düring, W„ Schmaltz, Κ. (1987), § 275 HGB, Rn. 197 ff.

Gewinn- und Verlustrechnung

35

Die Grunderwerbsteuer zählt zu den aktivierungspflichtigen Anschaffungsnebenkosten und wird daher weder unter Position 18 noch unter Position 19 ausgewiesen. 1 Unter Position 19 sind demnach die Grundsteuer (115 000 DM), die Kfz-Steuer (12 500 DM) und die Gewerbekapitalsteuer (30 000 DM) auszuweisen: Position 19: Sonstige Steuern

157 500 DM

(12) Analog zu Geschäftsvorfall (3) muß die beschädigte Maschine zunächst pro rata temporis mit 30000 DM · 3/12 = 7 500 [DM] planmäßig abgeschrieben werden. Der Restbuchwert betrug also bei Schadenseintritt 120 000 - 7 500 = 112 500 [DM], Die außerordentlichen Aufwendungen sind entsprechend um die fälschlicherweise unterlassene planmäßige Abschreibung zu mindern und die planmäßigen Abschreibungen um den gleichen Betrag zu erhöhen. Die von Liederlich vorgenommene Buchung ist also wie folgt zu korrigieren: Abschreibungen auf Sachanlagen

7 500 DM

an

7 500 DM

Außerordentliche Aufwendungen

Die außerplanmäßige Abschreibung der Maschine darf nicht zu Lasten der Sonstigen betrieblichen Aufwendungen

durchgeführt wer-

den, da der Abgang der Maschine durch einen Brand verursacht wurde. Der Abgang kann daher weder als für die Geschäftstätigkeit typisch noch als regelmäßig anfallend klassifiziert werden. Die gesamten Abschreibungen auf das Anlagevermögen betragen demnach: Position 7a: Abschreibungen auf Sachanlagen

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 217.

1 607 500 DM

36

RWC-Fallstudienbuch

Die außerordentlichen Aufwendungen betragen nach der Korrektur: Position 16: Außerordentliche Aufwendungen

87 500 DM

Die Gewinn- und Verlustrechnung für das Berichtsjahr 1994 nach dem Gesamtkostenverfahren gestaltet sich zusammenfassend wie folgt: 1.

Umsatzerlöse

16 915 000 DM

2.

Bestandsminderungen

-

950 000 DM

4.

Sonstige betriebliche Erträge1

+

1 302 500 DM

-

8 635 000 DM

-

3 187 000 DM

6b. Soziale Abgaben und Aufwendungen für die Altersversorgung -

885 000 DM

5a. Aufwendungenfür RHB - davon Abschreibungen zur Vorwegnahme künftiger Wertschwankungen

250 000 DM

6a. Löhne und Gehälter

- davon für Altersversorgung

245 000 DM

7a. Abschreibungen auf Sachanlagen 8.

Sonstige betriebliche Aufwendungen2

- davon Einstellungen in den Sonderposten mit Rücklagenanteil

-

1 607 500 DM

-

1 384 000 DM

937 500 DM

14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

1 569 000 DM

Der Gesamtbetrag der Sonstigen betrieblichen Erträge resultiert aus den Geschäftsvorfallen (3), (6), (7) und (8). Der Gesamtbetrag der Sonstigen betrieblichen den Geschäftsvorfallen (3), (4), (7) und (9).

Aufwendungen resultiert aus

Gewinn- und Verlustrechnung 14. Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit

37

1 569 000 DM

16. A ußerordentliche A ufwendungen

87 500 DM

17. Außerordentliches

87 500 DM

Ergebnis

18. Steuern vom Einkommen und Ertrag

870 000 DM

19. Sonstige Steuern

157 500 DM

20.

454 000 DM

Jahresiiberschuß

3.2 Auswirkungen auf den handelsrechtlichen Jahresabschluß von 1995 Zum einen ist der in 1994 gebildete aktive Rechnungsabgrenzungsposten (RAP) für die im voraus gezahlte Lagermiete im Berichtsjahr 1995 erfolgswirksam aufzulösen. Der Buchungssatz lautet: Sonstige betriebliche Aufwendungen

77 000 DM

an

77 000 DM

Aktive RAP

Zum anderen werden bei Fertigstellung der neuen Lagerhalle die in den Sonderposten eingestellten stillen Reserven auf das Ersatzwirtschaftsgut übertragen. Da die Anschaffungskosten der neuen Halle geringer sind als die geleistete Versicherungsentschädigung, können die aufgedeckten stillen Reserven in Höhe von 937 500 DM wegen Abschnitt 35 Abs. 5 Satz 12 EStR nur anteilig übertragen werden. Der Anteil der übertragungsfähigen stillen Reserven bemißt sich nach dem Verhältnis zwischen den tatsächlichen Anschaffungskosten und der geleisteten Versicherungsentschädigung. Die übertragungsfähigen stillen Reserven belaufen sich demnach auf (800 000 / 1,2 Mio.) · 937 500 = 625 000 [DM], Die nicht übertragungsfähigen stillen Reserven in Höhe von 937 500- 625 0 0 0 = 312 500 [DM] erhöhen 1995 den steuerlichen und handelsrechtlichen Gewinn.

38

RWC-Fallstudienbuch

Die Übertragung der stillen Reserve auf die neue Lagerhalle kann entweder direkt oder indirekt erfolgen. Die direkte Übertragung erfolgt mittels einer außerplanmäßigen Abschreibung auf die Anschaffungskosten der neuen Lagerhalle gemäß §§ 254 i.V.m. 279 Abs. 2 HGB. Die notwendigen Buchungssätze lauten: a)

b)

Sonderposten mit Rücklagenanteil

937 500 DM

an

937 500 DM

Sonstige betriebliche Erträge

Abschreibungen auf Sachanlagen

625 000 DM

an

625 000 DM

Sachanlagen

Der Abschreibungsausgangsbetrag der neuen Halle beträgt also 800 000 - 625 000 = 175 000 [DM], Die ab 1995 jährlich zu verrechnende Abschreibung beläuft sich demnach auf 175 000 / 25 = 7 000 [DM]. Der Restbuchwert der neuen Lagerhalle beträgt zum 31.12.1995 demnach 175 0 0 0 - 7 000= 168 000 [DM], Neben der direkten Übertragung der stillen Reserve gewährt § 281 Abs. 1 HGB Kapitalgesellschaften das Wahlrecht zur indirekten Übertragung, indem in Höhe der übertragungsfähigen stillen Reserve eine passivische Wertberichtigung in den Sonderposten mit Rücklagenanteil eingestellt und die neue Halle, ausgehend von den tatsächlichen Anschaffungskosten in Höhe von 800 000 DM planmäßig abgeschrieben wird. Nach § 281 Abs. 2 Satz 2 HGB sind die Einstellungen in den Sonderposten unter den Sonstigen betrieblichen Aufwendungen und die Auflösung des Sonderpostens unter den Sonstigen betrieblichen Erträgen gesondert auszuweisen oder im Anhang anzugeben. Die entsprechenden Buchungssätze lauten: a)

Sonderposten mit Rücklagenanteil

937 500 DM

an

937 500 DM

Sonstige betriebliche Erträge

Gewinn- und Verlustrechnung b)

Sonstiger betrieblicher Aufwand an Sonderposten mit Rücklagenanteil

39

625 000 DM 625 000 DM

Die handelsrechtlichen Abschreibungen betragen 800 000 / 25 = 32 000 [DM]. Ende 1995 hat die neue Lagerhalle demnach einen Restbuchwert in Höhe von 800 000 - 32 000 = 768 000 [DM], Da die passivische Wertberichtigung gemäß § 281 Abs. 1 HGB nur den Unterschiedsbetrag zwischen handelsrechtlich gebotenem und steuerlich zulässigem Wertansatz der neuen Halle enthalten darf, muß sie ab 1995 anteilig aufgelöst werden. Die jährliche Auflösungsbetrag wird berechnet, indem man den Sonderposten durch die Nutzungsdauer der neuen Halle dividiert: 625 000/ 25 = 25 000 [DM], Dieser Betrag entspricht genau der Differenz zwischen handelsrechtlich gebotener und steuerlich bedingter Abschreibung (32 000 - 7 000). Die passivische Wertberichtigung wird erstmals zum 31.12.1995 wie folgt aufgelöst: Sonderposten mit Rücklagenanteil

25 000 DM

an

25 000 DM

Sonstige betriebliche Erträge

40

RWC-Fallstudienbuch

Kontrollfragen (1) Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Gesamtkosten- und dem Umsatzkostenverfahren? (2) Welche Möglichkeiten hat eine Kapitalgesellschaft, Abschreibungen auf den niedrigeren für die steuerliche Anerkennung notwendigen Wert im Sinne von § 254 HGB in der handelsrechtlichen Gewinn- und Verlustrechnung auszuweisen? (3) Nach welchen Kriterien lassen sich die Sonstigen Aufwendungen

von den Außerordentlichen

betrieblichen

Aufwendungen

ab-

grenzen? (4) Erläutern Sie den Unterschied zwischen transitorischen und antizipativen Rechnungsabgrenzungsposten ! (5) Gemäß § 285 Nr. 6 HGB haben Kapitalgesellschaften im Anhang zu erläutern, in welchem Umfang die Steuern vom Einkommen und Ertrag das Ergebnis der gewöhnlichen

Geschäftstätigkeit

und das Außerordentliche Ergebnis belasten. Welche Steuerarten sind bei der Spaltung des Betrages zu berücksichtigen, der insgesamt unter Position 18 des Gesamtkostenverfahrens auszuweisen ist, und welche Probleme sind mit dieser Steuerspaltung verbunden?

Gewinn-und Verlustrechnung

41

Literatur Adler, H., Düring, W., Schmaltz, Κ. (1987), Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 5. Aufl., Stuttgart 1987. Baetge, J. (1994), Bilanzen, 3. Aufl., Düsseldorf 1994. Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), München 1988. Coenenberg, A. G. (1994), Jahresabschluß- und Jahresabschlußanalyse, 15. Aufl., Landsberg/Lech 1994. IDW (Hrsg.), WP-Handbuch (1992), Bandi, 10. Aufl., Düsseldorf 1992. Küting, K., Weber, C.-P. (Hrsg.) (1990), Handbuch der Rechnungslegung: Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 1990.

Kapitalkonsolidierung

43

Kapitalkonsolidierung Holger Karrenbrock

1 Sachverhalt Zur Sicherung ihrer Marktstellung hat die M-AG mit Sitz in Düsseldorf im Dezember 1993 90 % der Anteile an der T-GmbH (Sitz ebenfalls in Düsseldorf) zu einem Gesamtpreis von 7 650 TDM erworben. Die bereits nach konzerneinheitlichen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden aufgestellten (vereinfachten) Jahresabschlüsse zum 31.12.1993 der beiden Gesellschaften sehen wie folgt aus: Aktiva

Bilanz M-AG zum 31.12.1993 (in TDM)

Grundstücke Maschinen

5 000 Gezeichnetes Kapital 20 000 Kapitalrücklagen

Passiva 20 000 5 000

Betriebs- und Geschäftsausstattung

1 000 Gewinnrücklagen

8 650

Anteile an verbundenen Unternehmen

7 650 Bilanzgewinn

2 000

Vorräte

8 000 Rückstellungen

10 000

12 000 Sonstige Passiva

8 000

Sonstiges Umlaufvermögen

53 650

53 650

44

R WC-Fallstudienbuch

Aktiva Grundstücke Maschinen

Bilanz M-AG zum 31.12.1993 (in TDM) 2 000 Gezeichnetes Kapital

Passiva 4 000

10 000 Kapitalrücklagen

1 000

Gewinnrücklagen

1 500

Betriebs- und Geschäftsausstattung

1 500 Bilanzgewinn

Vorräte

3 000 Rückstellungen

7 000

Sonstiges Umlaufvermögen

3 500 Sonstige Passiva

6 000

20 000

500

20 000

Der in der Revisionsabteilung der M-AG tätige Diplom-Kaufmann Schlau äußert Ende März 1994 anläßlich einer Abteilungsbesprechung die Auffassung, daß der Kaufpreis für den Erwerb der Anteile angesichts des in der Bilanz der T-GmbH ausgewiesenen (geringeren) Eigenkapitals überhöht gewesen sei. Auch müsse beachtet werden, daß die in der Position „Rückstellungen" der T-GmbH enthaltenen Pensionsrückstellungen um 500 TDM zu niedrig angesetzt seien. Der Leiter der Controllingabteilung - Controllix - hält dem entgegen, daß die Wertansätze einzelner Vermögensgegenstände der T-GmbH zum Teil erhebliche stille Reserven enthalten: Der Zeitwert der von der T-GmbH schon 1969 erworbenen Grundstücke belaufe sich am 31.12.1993 auf 3 000 TDM, deijenige der Maschinen auf 10 600 TDM und deijenige der Vorräte auf 3 300 TDM. Außerdem habe die T-GmbH im Erwerbszeitpunkt über (noch weitere 6 Jahre nutzbare) selbst erstellte immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens verfügt, deren Zeitwert zum 31.12.1993 600 TDM betrage. Sowohl die Feststellung des Schlau hinsichtlich der Pensionsrückstellungen als auch die Feststellungen des Controllix sind als zutreffend zu beurteilen.

Kapitalkonsolidierung

45

2 Aufgaben 2.1 Erstellen Sie die Konzernbilanz zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung (31.12.1993) auf dem Weg über eine Summenbilanz und eine Konsolidierungsspalte, indem Sie die Kapitalkonsolidierung ( 1 ) nach der Buchwertmethode und (2) nach der Neubewertungsmethode vornehmen. Eine gegebenenfalls erforderliche Aufdeckung stiller Reserven ist nach der Methode der proportionalen Zuordnung zur Höhe der stillen Reserven vorzunehmen. 2.2 Erstellen Sie die Konzernbilanz zum Zeitpunkt der ersten Folgekonsolidierung (31.12.1994) auf dem Weg über eine Summenbilanz und eine Konsolidierungsspalte, indem Sie die Kapitalkonsolidierung nach der Buchwertmethode vornehmen. Gehen Sie dabei von folgenden zusätzlichen Daten aus: -

Ein sich eventuell ergebender Geschäftswert wird nach § 309 Abs. 1 HGB in jedem Folgejahr mit 25 % abgeschrieben.

-

Die Restnutzungsdauer der Maschinen der T-GmbH beträgt am 31.12.1993 noch 4 Jahre.

- 1 5 % der am 31.12.1993 vorhandenen Vorräte der T-GmbH wurden im Jahre 1994 veräußert. - Die Bilanzen der M-AG und der T-GmbH zum 31.12.1994 entsprechen mit folgenden Ausnahmen denjenigen zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung (31.12.1993; dabei sei angenommen, daß in den Einzelabschlüssen zum 31.12.1994 erforderliche Anlagenabschreibungen durch gleichhohe Zugänge „ausgeglichen" worden sind): (1) M-AG

46

RWC-Fallstudienbuch

-

Das sonstige Umlaufvermögen wird mit 14 500 TDM ausgewiesen.

- Der Bilanzgewinn des Jahres 1993 wurde in voller Höhe in die Gewinnrücklagen eingestellt. - Der Jahresüberschuß 1994 beträgt 2 500 TDM. (2) T-GmbH -

Das sonstige Umlaufvermögen wird mit 4 100 TDM ausgewiesen.

- 40 % des Bilanzgewinns (des Jahres 1993) wurden in die Gewinnrücklagen eingestellt; auch die restlichen 60 % wurden nicht ausgeschüttet. -

Der Jahresüberschuß 1994 beträgt 600 TDM.

Hinweis: Von steuerlichen Implikationen soll abgesehen werden!

3 Lösungsvorschläge 3.1

Erstkonsolidierung

( 1 ) Im Rahmen der Kapitalkonsolidierung wird zur Vermeidung von Doppelzählungen des Kapitals der im Einzelabschluß des Mutterunternehmens ausgewiesene Beteiligungsbuchwert mit dem anteiligen Eigenkapital des Tochterunternehmens verrechnet (§ 301 Abs. 1 Satz 1 HGB). Dabei läßt das Gesetz mit der Buchwertmethode und der Neubewertungsmethode zwei alternative Vorgehensweisen zu. Bei der Buchwertmethode ist das für die Verrechnung maßgebliche Eigenkapital des Tochterunternehmens mit dem Betrag anzusetzen, der sich aus der Gegenüberstellung der Buchwerte der Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Bilanzierungshil-

Kapitalkonsolidierung

47

fen und Sonderposten in dem an konzerneinheitliche Bilanzierungsund Bewertungsmethoden angepaßten Einzelabschluß (Handelsbilanz II) des Tochterunternehmens ergibt (§ 301 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HGB). Ein sich bei der Verrechnung ergebender Unterschiedsbetrag ist in einem zweiten Schritt soweit wie möglich durch Aufdeckung der anteiligen stillen Reserven bzw. Lasten aufzulösen (§ 301 Abs. 1 Satz 3 HGB). Wenn und soweit danach noch ein Unterschiedsbetrag verbleibt, ist dieser in der Konzernbilanz, wenn er auf der Aktivseite entsteht, als Geschäfts- oder Firmenwert und, wenn er auf der Passivseite entsteht, als Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung auszuweisen (§ 301 Abs. 3 HGB). Für die obige Aufgabenstellung ergibt sich damit bei Anwendung der Buchwertmethode folgende Lösung (Abb. 1):

48

RWC-Fallstudienbuch

M-AG T-GmbH Summenbilanz HB Π

HB Π

Konzernbilanz

H

S

immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Grundstücke

Konsoli dierung

(3)

432

432

5000

2000

7000 (3)

720

7720

20000

10000

30000 (3)

432

30432

Betriebs- und Geschäftsausstattung

1000

1500

Anteile an verbundenen Unternehmen

7650

Vorräte

8000

3000

11000 (3)

12000

3500

15500

Maschinen

sonstiges Umlaufvermögen

2500

2500

7650

Konsolidierungsausgleichsposten

(1) 7650 216

11216 15500

(1) 1350 (2) 450 (3) 1800

Summe Aktiva

53650

20000

Gezeichnetes Kapital

20000

4000

Kapitalrücklagen

5000

1000

Gewinnrücklagen

8650

1500

Bilanzgewinn

2000

500

73650

67800

24000 (1) 3600 (4) 400

20000

6000 (1) (4)

900 100

5000

10150 (1) 1350 (4) 150

8650

2500 (1) (4)

Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter

2000

450 50 (4)

700

700

(2)

450

17450

Rückstellungen

10000

7000

17000

sonstige Passiva

8000

6000

14000

14000

Summe Passiva

53650

20000

73650

67800

Abb. 1 :

Erstkonsolidierung nach der Buchwertmethode (in TDM)

Kapitalkonsolidierung

49

Erläuterungen: 1. Den Ausgangspunkt der Kapitalkonsolidierung bilden die Handelsbilanzen II der in den Konzernabschluß einzubeziehenden Unternehmen (hier der M-AG und der T-GmbH). Diese sind in einem ersten Schritt durch Addition der Einzelabschlußwerte in die Sum. menbilanz zu überführen. Dabei ist zu beachten, daß die in den Handelsbilanzen II ausgewiesenen Abschlußwerte unabhängig von der Höhe des dem Mutterunternehmen zuzurechnenden Anteils am Kapital der Tochterunternehmung in voller Höhe in den Summenabschluß eingehen (Vollkonsolidierung). 2. In einem zweiten Schritt sind die Konsolidierungsbuchungen vorzunehmen. Mit der Buchung (1) werden die von der M-AG gehaltenen Anteile gegen das anteilige Eigenkapital der T-GmbH aufgerechnet. Da die M-AG 90 % der Anteile an der T-GmbH hält, sind in die Aufrechnung lediglich 90 % des Eigenkapitals der T-GmbH einzubeziehen. Dem Beteiligungsbuchwert in Höhe von 7 650 TDM steht somit ein anteiliges Eigenkapital in Höhe von 6 300 TDM (Gezeichnetes Kapital 3 600 + Kapitalrücklagen 900 + Gewinnrücklagen 1 350 + Bilanzgewinn 450 = 6 300 [TDM]) gegenüber. Es ergibt sich ein aktiver Unterschiedsbetrag in Höhe von 1 350 TDM, der zunächst in einen Konsolidierungsausgleichsposten eingestellt wird. Die Buchung (2) nimmt die Aufdeckung der anteiligen stillen Lasten, die aus der Unterbewertung der Pensionsrückstellungen resultieren, vor. Von den insgesamt vorhandenen stillen Lasten in Höhe von 500 T D M entfallen 450 TDM (90 %) auf den Konzern. Die Rückstellungen sind daher um einen entsprechenden Betrag aufzustocken. Die Gegenbuchung erfolgt zugunsten des Konsolidierungsausgleichspostens, der sich hierdurch ebenfalls um 450 TDM erhöht. Mit der Buchung (3) wird der Konsolidierungsausgleichsposten durch Aufdeckung der stillen Reserven aufgelöst. Dabei ist zweierlei zu

50

R WC-Fallstudienbuch

beachten: Einerseits werden bei der Buchwertmethode die stillen Reserven nur quotai in Höhe des Konzernanteils aufgelöst. Andererseits darf der Betrag der insgesamt aufgedeckten stillen Reserven wegen des Anschaffungswertprinzips den (gegebenenfalls um anteilige stille Lasten erhöhten) Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung nicht überschreiten (§ 301 Abs. 1 Satz 3 HGB). Laut Sachverhalt sind stille Reserven in Höhe von insgesamt 2 500 TDM (Grundstücke: 1 000 TDM, Maschinen: 600 TDM, Vorräte: 300 TDM, immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens: 600 TDM 1 ) vorhanden. Davon entfallen auf den Konzern 2 250 TDM. Diesen anteiligen stillen Reserven steht jedoch lediglich ein Konsolidierungsausgleichsposten in Höhe von insgesamt 1 800 TDM gegenüber. Damit stellt sich die Frage, bei welchen Positionen und gegebenenfalls in welcher Höhe die stillen Reserven aufzudecken sind. In der Literatur werden in diesem Zusammenhang unterschiedliche Verteilungsprinzipien vorgeschlagen.2 Laut Aufgabenstellung soll die Aufdeckung der stillen Reserven proportional zur Höhe der in den einzelnen Bilanzpositionen enthaltenen stillen Reserven vorgenommen werden. Das bedeutet, daß in jeder Bilanzposition die stillen Reserven in relativ gleicher Höhe aufzudecken sind. Dazu ist zunächst die Aufdeckungsquote zu ermitteln:

Die im Einzelabschluß der T-GmbH nicht ansatzfähigen selbst erstellten immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens gelten durch Unternehmenskauf als vom Konzern entgeltlich erworben. Sie sind daher in der Konzernbilanz bilanzierungspflichtig (§§ 298 Abs. 1 i. V. m. 246 Abs. 1 HGB). Vgl. dazu auch Baetge, J. (1994), S. 168, Coenenberg, A. G. (1994), S. 403. 2

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 211 ff., Küting, K., Weber, C.-P. (1991), S. 177 ff.

Kapitalkonsolidierung

51

Aufdeckungsquote _ Unterschiedsbetrag + anteilige stille Lasten anteilige stille Reserven

1350 + 450 2 250

= 0,8 = 8 0 %

Bei jeder Bilanzposition sind somit 80 % der anteiligen stillen Reserven aufzudecken. Bezogen auf den Gesamtbetrag der stillen Reserven entspricht dies einer Aufdeckungsquote von 72 % (80 % χ 90 %): immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens:

432 TDM

Grundstücke:

720 TDM

Maschinen:

432 TDM

Vorräte:

216 TDM

Mit der Buchung (4) wird die nach § 307 Abs. 1 HGB erforderliche Dotierung des Ausgleichspostens für die Anteile anderer Gesellschafter vorgenommen. Da 10 % des Eigenkapitals der T-GmbH auf andere Gesellschafter entfallen, werden jeweils 10 % der einzelnen Eigenkapitalpositionen auf den Ausgleichsposten umgebucht. 3. Die Konzernbilanz ergibt sich schließlich aus der Zusammenfassung von Summenbilanz und Konsolidierungsbuchungen. (2) Bei der Neubewertungsmethode ist das für die Kapitalkonsolidierung maßgebliche Eigenkapital des Tochterunternehmens mit dem Betrag anzusetzen, der sich aus der Gegenüberstellung der Zeitwerte der in den Konzernabschluß aufzunehmenden Vermögensgegenstände, Schulden, Rechnungsabgrenzungsposten, Bilanzierungshilfen und Sonderposten in der an konzerneinheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angepaßten Einzelbilanz des Tochterunterneh-

52

RWC-Fallstudienbuch

mens ergibt (§ 301 Abs. 1 Nr. 2 HGB). Bei Anwendung der Neubewertungsmethode sind folglich zunächst die stillen Reserven und die stillen Lasten aufzudecken. Dies geschieht entweder in einer gesondert zu erstellenden Handelsbilanz III oder aber im Rahmen der Konsolidierungsbuchungen1, in jedem Fall aber vor der Verrechnung des Beteiligungsbuchwerts mit dem anteiligen Eigenkapital des Tochterunternehmens. Anders als bei der Buchwertmethode werden die stillen Reserven bzw. Lasten dabei nicht nur anteilig, sondern unabhängig von der Beteiligungsquote grundsätzlich in voller Höhe aufgedeckt. Der daraus resultierenden Veränderung des Eigenkapitals wird durch eine entsprechende Erhöhung bzw. Verminderung der Gewinnrücklagen Rechnung getragen. Allerdings ist auch bei Anwendung der Neubewertungsmethode das Anschaffungswertprinzip zu beachten: Nach § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB darf das anteilige Eigenkapital nicht mit einem Betrag angesetzt werden, der die Anschaffungskosten des Mutterunternehmens für die Anteile an dem Tochterunternehmen überschreitet. Das bedeutet, daß eine Aufdeckung der auf den Konzern entfallenden stillen Reserven nur bis zur Höhe des (gegebenenfalls um anteilige stille Lasten erhöhten) Unterschiedsbetrags zwischen Beteiligungsbuchwert und anteiligem Eigenkapital des Tochterunternehmens vor Neubewertung zulässig ist. Soweit dagegen nach der Neubewertung noch ein Unterschiedsbetrag zwischen Beteiligungsbuchwert und anteiligem Eigenkapital verbleibt, ist dieser - wie bei der Buchwertmethode - in der Konzernbilanz als Geschäfts- oder Firmenwert bzw. als Unterschiedsbetrag aus der Kapitalkonsolidierung auszuweisen (§ 301 Abs. 3 HGB).

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 190, Coenenberg, A. G. (1994), S. 406.

Kapitalkonsolidierung

53

Bei Anwendung der Neubewertungsmethode ergibt sich damit die folgende Lösung: In einem ersten Schritt ist die Handelsbilanz III der T-GmbH zu erstellen, in der die stillen Reserven und die stillen Lasten aufgelöst werden. Dabei ergibt sich das Problem, daß die anteiligen stillen Reserven in Höhe von 0,9 · (600 + 1 000 + 600 + 300) = 2 250 [TDM] den um die anteiligen stillen Lasten (450 TDM) erhöhten Unterschiedsbetrag zwischen Beteiligungsbuchwert und anteiligem Eigenkapital der T-GmbH vor Neubewertung (1 350 TDM) von insgesamt 1 800 TDM um 450 TDM überschreiten. Aufgrund der Regelung des § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB können die auf den Konzern entfallenden stillen Reserven in diesem Fall nicht in voller Höhe aufgelöst werden; denn andernfalls würde das anteilige Eigenkapital nach der Neubewertung die Anschaffungskosten der M-AG für die Anteile an der T-GmbH überschreiten. Es ist daher wie bei der Buchwertmethode zunächst die Aufdeckungsquote zu ermitteln (proportionale Zuordnung der stillen Reserven). Aufdeckungsquote _ Unterschiedsbetrag + anteilige stille Lasten anteilige stille Reserven 1350 + 450 2 250

= 0,8 = 8 0 %

Da bei der Neubewertungsmethode die Aufdeckung der stillen Reserven nicht auf den Konzernanteil beschränkt bleibt, stellt sich weiterhin die Frage, wie der auf die anderen Gesellschafter entfallende Anteil an den stillen Reserven zu behandeln ist. Zwei Möglichkeiten sind denkbar:

54

RWC-Fallstudienbuch

1) Aufdeckung des auf die anderen Gesellschafter entfallenden Anteils an den stillen Reserven entsprechend der für den Konzernanteil ermittelten Aufdeckungsquote (hier: 80 %). 2) Aufdeckung des auf die anderen Gesellschafter entfallenden Anteils an den stillen Reserven in voller Höhe. Da sich die in § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB normierte Begrenzung der Aufdeckung stiller Reserven nur auf den Anteil bezieht, der dem Mutterunternehmen zuzurechnen ist, kann der auf die anderen Gesellschafter entfallende Anteil an den stillen Reserven m. E. stets in voller Höhe aufgedeckt werden.1 Buchungstechnisch kann dabei wie folgt vorgegangen werden: Zunächst werden in der Handelsbilanz III der T-GmbH die stillen Reserven bzw. Lasten in voller Höhe, also auch soweit sie auf den Konzern entfallen, aufgedeckt. In der Abb. 2 erfolgt dies durch die Buchungen (1) (Aufdeckung der stillen Lasten) und (2) (Aufdeckung der stillen Reserven). Die aufgrund der Regelung des § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB erforderliche Abstockung der auf den Konzern entfallenden stillen Reserven wird dann im Rahmen der Konsolidierungsbuchungen vorgenommen (Abb. 3).

1

Gleicher Ansicht Weber, C.-P., Zündorf, H. (1989), § 301 HGB, Rn. 105, 120 und 140.

Kapitalkonsolidierung

HB Π Korrekturbuchungen Soll immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Grundstücke Maschinen

(2)

55

HB III

Haben

600

600

2 000 (2) 1 000

3 000

10 000 (2)

600

10 600

Betriebs- und Geschäftsausstattung

1 500

Vorräte

3 000 (2)

sonstiges Umlaufvermögen

3 500

3 500

20 000

22 500

Gezeichnetes Kapital

4 000

4 000

Kapitalrücklagen

1 000

1 000

Gewinnrücklagen

1 500 (1)

Summe Aktiva

Bilanzgewinn

1 500 300

3 300

500 (2) 2 500

3 500

500

500

Rückstellungen

7 000

sonstige Passiva

6 000

6 000

Summe Passiva

20 000

22 500

Abb. 2:

(1)

500

7 500

Erstellung der Handelsbilanz ΠΙ der T-GmbH (in TDM)

Die Konzernbilanz ergibt sich damit wie folgt:

56

RWC-Fallstudienbuch

M-AG T-GmbH Summenbilanz HB Π immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Grundstücke Maschinen Betriebs- und Geschäftsausstattung

HB ΙΠ

Konzernbilanz

H

S

600

600

(3)

108

492

5 000

3 000

8000

(3)

180

7 820

20 000

10 600

30 600

(3)

108

30 492

1 000

1 500

2 500

Anteile an verbundenen Unternehmen

7 650

Vorräte

8 000

3 300

11 300

12 000

3 500

15 500

sonstiges Umlaufvermögen

Konsoli dierung

2 500

7 650

Konsolidierungsausgleichsposten

(1) 7650 (3)

53 650

22 500

Gezeichnetes Kapital

20 000

4 000

Kapitalrücklagen

5 000

1 000

Gewinnrücklagen

8 650

3 500

Bilanzgewinn

2 000

500

11 246 15 500

(3)

Summe Aktiva

54

450 (1)

450

76150

68 050

24 000 ( 1 ) 3 600 (2) 400

20 000

6 000 (1) (2)

900 100

5 000

12 150 ( 1 ) 3 150 (2) 350

8 650

2 500 (1) (2)

Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter

450 50

2 000

(2)

900

900

Rückstellungen

10 000

7 500

17 500

17 500

sonstige Passiva

8 000

6 000

14 000

14 000

Summe Passiva

53 650

22 500

76 150

68 050

Abb. 3:

Erstkonsolidierung nach der Neubewertungsmethode (in TDM)

Kapitalkonsolidierung

57

Erläuterungen: 1. Den Ausgangspunkt der in Abb. 3 dargestellten Kapitalkonsolidierung nach der Neubewertungsmethode bilden die Handelsbilanz II der M-AG sowie die Handelsbilanz III der T-GmbH. Diese beiden Bilanzen werden zunächst durch Addition der Einzelabschlußwerte in die Summenbilanz überführt. 2. In einem zweiten Schritt sind die Konsolidierungsbuchungen vorzunehmen. Mit der Buchung (1) werden die von der M-AG gehaltenen Anteile gegen das neubewertete anteilige Eigenkapital der TGmbH aufgerechnet. Da die stillen Reserven bzw. Lasten in der Handelsbilanz III der T-GmbH unter Vernachlässigung der Aufwertungsbegrenzung des § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB in voller Höhe aufgedeckt wurden, steht dem Beteiligungsbuchwert in Höhe von 7 650 TDM nunmehr ein anteiliges Eigenkapital in Höhe von 8 100 TDM (Gezeichnetes Kapital 3 600 + Kapitalrücklagen 900 + Gewinnrücklagen 3 150 + Bilanzgewinn 450 = 8 100 [TDM]) gegenüber. Es ergibt sich mithin ein passiver Unterschiedsbetrag in Höhe von 450 TDM, der zunächst in den Konsolidierungsausgleichsposten eingestellt wird. Die Buchung (2) nimmt die Dotierung des Ausgleichspostens für Anteile anderer Gesellschafter vor. Da 10 % des Eigenkapitals der T-GmbH auf andere Gesellschafter entfallen, werden jeweils 10 % der einzelnen Eigenkapitalpositionen auf den Ausgleichsposten umgebucht. Eine Abstockung des auf die anderen Gesellschafter entfallenden Eigenkapitalanteils ist nicht erforderlich, weil sich die in § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB kodifizierte Begrenzung der Neubewertung nur auf den Anteil bezieht, der dem Mutterunternehmen zuzurechnen ist. Insgesamt sind daher 900 TDM (Gezeichnetes Kapital 400 + Kapitalrücklagen 100 + Gewinnrücklagen 350 + Bilanzgewinn 50 = 900 [TDM]) in den Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter einzustellen.

58

R WC-Fallstudienbuch

Im Vergleich zur Buchwertmethode weist der Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter nunmehr einen um 200 TDM höheren Wert aus. Dies ist darauf zurückzuführen, daß bei Anwendung der Neubewertungsmethode auch die auf die anderen Gesellschafter entfallenden stillen Reserven bzw. Lasten aufgedeckt werden. Mit der Buchung (3) wird der Regelung des § 301 Abs. 1 Satz 4 HGB Rechnung getragen und der im Rahmen der Aufrechnung des Beteiligungsbuchwerts mit dem anteiligen Eigenkapital entstandene passive Konsolidierungsausgleichsposten aufgelöst. In entsprechender Höhe sind die in der Handelsbilanz III der T-GmbH zunächst zuviel aufgedeckten stillen Reserven abzustocken. Die Abstockungsquote ermittelt sich dabei wie folgt: Abstockungsquote

=

Unterschiedsbetrag anteilige stille Reserven

2 250 Bezogen auf den Gesamtbetrag stiller Reserven entspricht dies einer Abstockungsquote von 18 % x . Die auf den Konzern entfallenden stillen Reserven, die in der Handelsbilanz III der T-GmbH zunächst in voller Höhe aufgedeckt wurden, sind folglich im Rahmen der Konsolidierungsbuchungen mit einer Quote von 20 % wieder abzustocken. Per Saldo ergibt sich damit bezogen auf die anteiligen stillen Reserven - wie bei der Buchwertmethode - eine Aufdeckungsquote von 80 %. 3. Die Konzernbilanz ergibt sich wiederum aus der durch die Konsolidierungsbuchungen modifizierten Summenbilanz.

1

0,9-0,2 = 0,18 = 1 8 % .

Kapitalkonsolidierung 3.2

59

Folgekonsolidierung

Sowohl die Buchwertmethode als auch die Neubewertungsmethode sind Varianten der sogenannten Erwerbsmethode (purchase-method). Diese Methode geht von der Fiktion aus, daß sämtliche Vermögensgegenstände und Schulden des Tochterunternehmens durch den Konzern einzeln erworben wurden (Einzelerwerbsfiktion)1. Die im Rahmen der Erstkonsolidierung durch Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten ermittelten Wertansätze der einzelnen Vermögensgegenstände und Schulden gelten danach als Anschaffungskosten des Konzerns. Sie sind deshalb in den Folgejahren fortzuschreiben. 2 Für die Folgekonsolidierung ergeben sich daraus folgende Konsequenzen: Einerseits ist die Aufrechnung des Beteiligungsbuchwerts stets gegen das Eigenkapital des Tochterunternehmens vorzunehmen, das sich auf der Grundlage der Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung ergibt. In Folgeperioden eingetretene Änderungen des Eigenkapitals des Tochterunternehmens werden somit grundsätzlich nicht in die Kapitalkonsolidierung einbezogen. Sie gelten vielmehr als vom Konzern erwirtschaftet und werden deshalb innerhalb des Konzerneigenkapitals ausgewiesen.3 Andererseits sind die Wertänderungen an den im Rahmen der Erstkonsolidierung aufgedeckten stillen Reserven bzw. Lasten in der jeweiligen Folgeperiode erfolgswirksam zu verbuchen. Man bezeichnet die Erwerbsmethode deshalb auch als Methode der erfolgswirksamen Erstkonsolidierung.4 Bei Anwendung der Buchwertmethode ergibt sich damit folgende Konzernbilanz zum 31.12.1994:

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 168, Coenenberg, A. G. (1994), S. 398, Küting, K„ Weber, C.-P. (1991), S. 135.

2

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 169, Coenenberg, A. G. (1994), S. 400.

3

Vgl. Coenenberg, A. G. (1994), S. 400.

4

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 169, Coenenberg, A. G. (1994), S. 400.

60

RWC-Fallstudienbuch

M-AG T-GmbH Summenbilanz HB Π

HB Π

Maschinen Betriebs- und Geschäftsausstattung

(3)

5000

2000

7000 (3)

20000

10000

30000 (3)

1000

1500

72

720

7720

432 (5)

Vorräte

8000

3000

11000 (3)

14500

4100

18600

7650

Konsolidierungsausgleichsposten

360

108

30324 2500

7650

(1) 7650 216 (5)

162

11054 18600

(1) 1350 (2) 450 (3) 1800

Summe Aktiva

56150

20600

Gezeichnetes Kapital

20000

4000

Kapitalrücklagen

5000

1000

Gewinnrücklagen

10650

1700

Gewinnvortrag Jahresüberschuß

432 (5)

2500

Anteile an verbundenen Unternehmen

sonstiges Umlaufvermögen

Konzernbilanz

H

S

immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens Grundstücke

Konsoli dierung

2500

76750

70558

24000 (1) 3600 (4) 400

20000

900 100

5000

12350 (1) 1530 (4) 170

10650

6000 (1) (4)

300

300 (1) (4)

270 30

600

3100 (4) (5)

60 342

Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter

2698

(4)

760

760

(2)

450

17450

Rückstellungen

10000

7000

17000

sonstige Passiva

8000

6000

14000

14000

Summe Passiva

56150

20600

76750

70558

Abb. 4:

Folgekonsolidierung nach der Buchwertmethode (in TDM)

Kapitalkonsolidierung

61

Erläuterungen: 1. Den Ausgangspunkt der Folgekonsolidierung bilden die auf den jeweiligen Stichtag des Konzernabschlusses aufgestellten Handelsbilanzen II der in den Konzernabschluß einzubeziehenden Unternehmen. Diese werden zunächst wieder durch Addition der Einzelabschlußwerte in den Summenabschluß überführt. 2. In einem zweiten Schritt sind die Konsolidierungsbuchungen vorzunehmen. Mit der Buchung (1) werden zunächst wieder die von der M-AG gehaltenen Anteile gegen das anteilige Eigenkapital der TGmbH aufgerechnet. Maßgeblich sind dabei die Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung.

Da 40 % des Bilanzgewinns in die

Gewinnrücklagen eingestellt wurden, ist der in die Kapitalkonsolidierung einzubeziehende Betrag der Gewinnrücklagen um einen entsprechenden Betrag zu erhöhen: Konzemanteil an den Gewinnrücklagen zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung (0,9 · 1 500 TDM) +

1 350 TDM

Konzernanteil an der Einstellung des Bilanzgewinns (0,9 · 0,4 · 500)

180 TDM 1 530 TDM

Die restlichen 60 % des Bilanzgewinns des Jahres 1993 sind als Gewinnvortrag auszuweisen und - soweit sie auf den Konzern entfallen in die Konsolidierung einzubeziehen (0,9 · 0,6 · 500 = 270 [TDM]). Dagegen erfolgt keine Verrechnung des Beteiligungsbuchwerts mit dem Jahresüberschuß des Jahres 1994, da es sich insoweit nicht um eine am Stichtag der Erstkonsolidierung bereits vorhandene Eigenkapitalposition, sondern um ein während der Konzernzugehörigkeit erwirtschaftetes Ergebnis (Teil des Konzemergebnisses) handelt.

62

RWC-Fallstudienbuch

Es ergibt sich mithin wieder ein aktiver Unterschiedsbetrag von 7 650 - 6 300 = 1 350 [TDM] 1 , der zunächst in den Konsolidierungsausgleichsposten eingestellt wird. Die Buchung (2) nimmt die Aufdeckung der zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung vorhandenen anteiligen stillen Lasten vor. Insoweit wird auf die Erläuterungen zu Buchung (2) unter 3.1 verwiesen. Mit der Buchung (3) wird der Konsolidierungsausgleichsposten aufgelöst. Wie bei der Erstkonsolidierung werden die auf den Konzern entfallenden stillen Reserven mit einer Quote von 80 % aufgedeckt. Mit der Buchung (4) wird die Dotierung des Ausgleichspostens für die Anteile anderer Gesellschafter vorgenommen. Die Ermittlung dieses Postens erfolgt nicht unter Zugrundelegung der Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung, sondern unter Zugrundelegung der Wertverhältnisse zum jeweiligen Stichtag des Konzernabschlusses. Denn insoweit geht es nicht um eine Eliminierung von Doppelzählungen, sondern um die Ermittlung des zum jeweiligen Stichtag auf andere Gesellschafter entfallenden Teils des Eigenkapitals der Tochterunternehmung. Würde man den Ausgleichsposten auf Basis der Wertverhältnisse zum Stichtag der Erstkonsolidierung ermitteln, dann würde der auf andere Gesellschafter entfallende Teil der während der Konzernzugehörigkeit gebildeten Rücklagen bzw. des Bilanzgewinns nicht gesondert, sondern innerhalb der auf den Konzern i. e. S. entfallenden Positionen ausgewiesen. Durch die Ermittlung des Ausgleichspostens auf Basis der aktuellen Stichtagswerte wird somit gewährleistet, daß der Ausgleichsposten auch den auf die anderen Gesellschafter entfallenden Teil der während der Konzernzugehörigkeit gebildeten Rücklagen bzw. des Bilanzgewinns enthält.

Der Betrag von 6 300 setzt sich aus folgenden Positionen zusammen: 3 600 + 900 + 1 530 + 270 = 6 300.

Kapitalkonsolidierung

63

Der Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter ermittelt sich somit wie folgt: Anteilsquote anderer Gesellschafter · (Gezeichnetes Kapital + Kapitalrücklagen + Gewinnrücklagen + Gewinnvortrag + Jahresüberschuß) = 0,1 · (4 000 + 1 000 + 1 700 + 300 + 600) = 760 [TDM] Die Buchung (5) nimmt die erforderliche Fortschreibung der stillen Reserven vor. Hierdurch wird die aus Konzernsicht zu geringe Verrechnung von Aufwendungen im Einzelabschluß der T-GmbH im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses nachgeholt. Im einzelnen sind die stillen Reserven wie folgt fortzuschreiben: -

Abschreibung der in der Bilanzposition Maschinen enthaltenen stillen Reserven unter Zugrundelegung der Restnutzungsdauer von 4 Jahren (108 TDM);

-

Abschreibung der immateriellen Vermögensgegenstände des Anlagevermögens unter Zugrundelegung der Restnutzungsdauer von 6 Jahren (72 TDM);

-

Auflösung der auf die veräußerten Vorräte entfallenden stillen Reserven (162 TDM).

Die Gegenbuchung erfolgt zu Lasten des Jahresüberschusses (342 TDM). 3. Die Konzernbilanz ergibt sich durch Zusammenfassung von Summenbilanz und Konsolidierungsbuchungen.

64

R WC-Fallstudienbuch

Kontrollfragen ( 1 ) Worin besteht der Zweck der Kapitalkonsolidierung? (2) Welche Methoden der Kapitalkonsolidierung sind nach dem HGB zulässig? (3) Mit welchem Betrag ist das für die Kapitalkonsolidierung maßgebliche Eigenkapital bei Anwendung a) der Buchwertmethode und b) der Neubewertungsmethode anzusetzen? (4) Wie ist ein nach Verrechnung des Beteiligungsbuchwerts mit dem anteiligen Eigenkapital des Tochterunternehmens verbleibender Unterschiedsbetrag im Rahmen der Kapitalkonsolidierung zu behandeln? (5) Welche Fiktion liegt sowohl der Buchwertmethode als auch der Neubewertungsmethode zugrunde? (6) Warum erfolgt die Verrechnung der Anteile des Mutterunternehmens mit dem anteiligen Eigenkapital des Tochterunternehmens auch im Rahmen der Folgekonsolidierung auf der Basis der Wertverhältnisse zum Zeitpunkt der Erstkonsolidierung? (7) Aus welchem Grund wird der Ausgleichsposten für Anteile anderer Gesellschafter im Rahmen der Folgekonsolidierung stets auf der Basis der Wertverhältnisse zum jeweiligen Stichtag des Konzernabschlusses ermittelt?

Kapitalkonsolidierung

65

Literatur Baetge, J. (1994), Konzernbilanzen, Düsseldorf 1994, S. 165-222. Coenenberg, A. G. (1994), Jahresabschluß und Jahresabschlußanalyse, 15. Aufl., Landsberg am Lech 1994, S. 396-414. Küting, K., Weber, C.-P. (1991), Der Konzemabschluß, 3. Aufl., Stuttgart 1991, S. 132-191. Weber, C.-P., Zündorf, H. (1989), § 301 HGB, in: Küting, K., Weber, C.-P., Handbuch der Konzernrechnungslegung, Stuttgart 1989.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

67

Unternehmenserwerb und Bilanzierung Wolfgang von Zwehl 1 Sachverhalt Der Vollkaufmann Markus Wollweber ist alleiniger Eigentümer eines etablierten mittelständischen Unternehmens. Aus Altersgründen entschließt er sich, seinen als Einzelunternehmung geführten Betrieb zu verkaufen. Bei der Suche nach einem Käufer trifft er Emil Meier, der gerade eine größere Erbschaft gemacht hat. Meier besitzt einschlägige Berufserfahrung in leitender, aber abhängiger Stellung und trägt sich mit dem Gedanken, sich selbständig zu machen. Für den Fall des Verkaufs bzw. Kaufs werden sich Wollweber und Meier in ersten Verhandlungen über folgende Punkte einig: -

Meier übernimmt das Unternehmen als Ganzes - mit sämtlichen Vermögensgegenständen und Schulden also - zum 1.10.1994. Dieser Zeitpunkt bietet sich an, weil das Geschäftsjahr Wollwebers am 30.9.1994 endet.

-

Wollweber gestattet Meier, die Firma Markus Wollweber fortzuführen.

Hinsichtlich des Kaufpreises sind sich Wollweber und Meier noch uneins. Wollweber strebt einen Verkaufspreis an, der ihm während seines wohlverdienten Ruhestandes eine gleichbleibende Rente in Höhe des bislang relativ konstant erwirtschafteten Gewinns in Höhe von 120 GE pro Jahr garantiert. Wollweber geht davon aus, daß sein Betrieb auch in Zukunft einen nachhaltigen Gewinn in gleicher Höhe abwirft. Wollweber beabsichtigt, der Berechnung seiner Preisforderung einen Kalkulationszinsfuß von 8 % zugrunde zu legen.

68

R WC-Fallstudienbuch

Meier teilt die Gewinnerwartungen Wollwebers nicht. Er ist vorsichtig und strebt einen Kaufpreis an, der dem Zeitwert der Vermögensgegenstände abzüglich dem Zeitwert der gesamten Schulden des Unternehmens entspricht. Sein Preisangebot will Meier aus folgender Schlußbilanz ableiten: Schlußbilanz zum 30.09.1994

Aktiva Bebaute Grundstücke Maschinen

300 GE

Eigenkapital

100 GE

Vorräte Forderungen

80 GE 250 GE

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Bankdarlehn Lieferantenverbindlichkeiten Kontokorrentkredit

20 GE

Bar- und Buchgeld

750 GE

Passiva 250 GE 50 GE 300 GE 70 GE 80 GE 750 GE

Der vorliegende Jahresabschluß ist pflichtgemäß nach den für alle Kaufleute geltenden Bestimmungen des HGB erstellt worden. Die Handelsbilanz ist gleichzeitig Steuerbilanz. Bei der Überprüfung der ausgewiesenen Wertansätze stellt die Mergers & Acquisitions-Abteilung der Hausbank Meiers bei folgenden Positionen Abweichungen zwischen bilanzierten Werten und Zeitwerten fest: Bilanzposition

Zeitwert

Bebaute Grundstücke

500 GE

Maschinen

150 GE

Vorräte

100 GE

Darüber hinaus erfährt Meier von seiner Bank, daß zum Unternehmen Wollwebers ein hochinteressantes Patent gehört, das nicht bilanziert ist und im Falle des Kaufs der Unternehmung auf ihn als Käufer über-

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

69

gehen würde. Das Patent war von Wollweber selbst geschaffen und vor zwei Jahren durch das Patentamt beurkundet worden. Es repräsentiert nach sorgfältiger Prüfung einen Zeitwert in Höhe von 50 GE.

2 Aufgaben 2.1 Welche theoretischen Konzeptionen der Unternehmensbewertung verbergen sich Ihrer Ansicht nach hinter den unterschiedlichen Wertvorstellungen der beiden Verhandlungspartner? Charakterisieren Sie die beiden Konzeptionen in groben Zügen und ermitteln Sie anhand der vorliegenden Daten die Preisforderung Wollwebers und das Preisangebot Meiers! Bringen Sie aus Sicht der jeweiligen Gegenpartei Argumente vor, die die „Angemessenheit" der Preisforderung bzw. des Preisangebotes in Frage stellen! 2.2 Angenommen, Wollweber und Meier einigen sich auf einen Kaufpreis in Höhe von 770 GE. Wie hoch ist der Unternehmenswert, den Wollweber durch den Verkauf seines Unternehmens realisiert hat? 2.3 Prüfen Sie, ob die Veräußerung des Unternehmens der Umsatzsteuer unterliegt! 2.4 Erstellen Sie für Meier die Eröffnungsbilanz zum 1.10.1994! Gehen Sie davon aus, daß er die Unternehmung ebenfalls als Einzelkaufmann betreiben wird. Ein etwaig vorhandener derivativer Geschäfts- oder Firmenwert ist unter Ausnutzung des in § 255 Abs. 4 HGB formulierten Wahlrechts zu aktivieren! 2.5 Erörtern Sie den wirtschaftlichen Hintergrund und die Rechtsnatur des derivativen Geschäfts- oder Firmenwertes!

70

R WC-Fallstudienbuch

2.6 Wie ist der Geschäfts- oder Firmenwert zukünftig abzuschreiben, wenn auch Meier seine Handelsbilanz in Einklang mit seiner Steuerbilanz aufstellen will? Inwieweit soll das erworbene Patent abgeschrieben werden? 2.7 Meier erwägt die Anpassung des Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres an das Kalenderjahr. Ist eine derartige Anpassung gesetzlich zulässig? Warum könnte sie zweckmäßig sein? 2.8 Unterstellen Sie in Abänderung des geschilderten Sachverhalts, daß Wollweber seine Unternehmung in der Rechtsform der GmbH betrieben und als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer geleitet hat. Welchen Einfluß hat die Änderung des Sachverhalts auf Ihre Ausführungen zu Aufgabe 2.4, wenn Meier die GmbH von Wollweber zum Preis von 770 GE erworben hat?

3 Lösungsvorschläge 3.1

Grundlegende Aspekte der Unternehmensbewertung

Der Gesamtwert einer Unternehmung spielt bei zahlreichen betriebswirtschaftlichen Entscheidungsproblemen eine zentrale Rolle. Die Frage, wie Unternehmen als Ganzes zu bewerten sind, steht nicht nur im Mittelpunkt von Verkaufs- bzw. Kaufüberlegungen, sondern sie ist bei einer Reihe von weiteren Anlässen zu beantworten: bei der Fusion von Betrieben, der Aufnahme neuer bzw. dem Ausscheiden bisheriger Gesellschafter, beim Abschluß von Beherrschungsverträgen oder für steuerliche Zwecke etwa bei der Bewertung nicht notierter GmbH-Anteile. 1

1

Vgl. Schierenbeck, H. (1993), S. 388, Wöhe, G. (1993), S. 815, Börner, D. (1980), S. 112 f.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

71

Die Ermittlung des Gesamtwertes einer Unternehmung beschäftigt seit mehr als einem halben Jahrhundert Wissenschaft und Praxis, die bis heute eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden zur Berechnung des Unternehmenswertes entwickelt haben. Bei aller Unterschiedlichkeit der Ansätze ist man sich jedoch darüber einig, daß der Unternehmenswert zukunftsorientiert zu ermitteln und deshalb mit erheblichen Unsicherheiten behaftet ist. Konsens besteht auch darüber, daß sich der Gesamtwert einer Unternehmung nicht durch die einfache Addition der Werte einzelner Vermögensgegenstände bestimmen läßt. Der Wert eines Unternehmens ist zudem von zahlreichen subjektiven Einflußgrößen abhängig wie der Zielsetzung, den Entscheidungsalternativen und der Risikoneigung des Bewertenden. Daher kann es keinen objektiven, von spezifischen Interessenlagen unabhängigen, sondern allenfalls einen objektivierten Unternehmenswert geben im Sinne eines Schieds- oder Arbitriumwertes, der zum Beispiel die gegenläufigen Interessen von Käufer und Verkäufer in Einklang bringt. Dennoch wurde in der Vergangenheit anhand verschiedener Verfahren der Versuch unternommen, einen „objektiven" Unternehmenswert zu berechnen. Jacob systematisierte diese Verfahren und führte sie auf folgende gemeinsame Grundformel zurück:1 (1)

UW =

SW+a(EW-SW) (l-a)-SW+a-EW

Symbole UW

Unternehmenswert

SW

Substanzwert

EW

Ertragswert

a

verfahrensspezifischer Gewichtungsfaktor

1

Vgl. Jacob, H . ( 1960), S. 142.

m i t a e [0;l]

72

RWC-Fallstudienbuch

Der Substanzwert SW bezeichnet den Zeitwert aller selbständig verkehrsfähigen Vermögensteile eines Unternehmens. Der Ertragswert EW (eigentlich müßte er Erfolgswert heißen) entspricht dagegen dem Barwert aller in Zukunft aus dem Unternehmensbesitz resultierenden Erfolgszuflüsse. Der Unternehmenswert wird nach Gleichung (1) als gewogenes arithmetisches Mittel von Substanzwert und Ertragswert berechnet. Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich lediglich darin, mit welchem Gewicht die beiden Werte in die Berechnung des Gesamtwertes einfließen. Meier strebt laut Aufgabenstellung einen Kaufpreis an, der „dem Zeitwert der Vermögensgegenstände abzüglich dem Zeitwert der gesamten Schulden des Unternehmens entspricht". Zukünftige Gewinnerwartungen spielen für ihn demnach keine Rolle, d. h., der Ertragswert EW ist für Meier unbedeutend. Entsprechend ist in Gleichung (1) der Gewichtungsfaktor a auf null zu setzen. Meier ermittelt den Unternehmenswert UW wie folgt: (2)

uw = sw

Er legt seinem Preisangebot demzufolge lediglich den Substanzwert der Unternehmung zugrunde. Dieses Vorgehen entspricht der Substanzwertmethode. Inklusive des Patentes umfaßt die Einzelunternehmung Markus Wollweber folgende Vermögensgegenstände:

Vermögensgegenstand Patent

Zeitwert 50 GE

Bebaute Grundstücke

500 GE

Maschinen

150 GE

Vorräte

100 GE

Forderungen

250 GE

Bar- und Buchgeld

20 GE

1070 GE

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

73

Nach der Substanzwertmethode ergibt sich damit ein Unternehmenswert in Höhe von 1070 GE. Um den Angebotspreis Meiers zu erhalten, ist der Zeitwert aller Schulden von dem ermittelten Unternehmenswert zu subtrahieren. Schulden

Zeitwert

Rückstellungen

50 GE

Bankdarlehn

300 GE

Lieferantenverbindlichkeiten

70 GE

Kontokorrentkredit

80 GE 500 GE

Bei Gesamtschulden von 500 GE beträgt der Angebotspreis Meiers demnach PAngebot = U W " 5 0 0 = 5 7 0 [ G E ] ,

Wollweber will einen Verkaufspreis realisieren, der ihm „eine gleichbleibende Rente in Höhe des bislang relativ konstant erwirtschafteten Gewinns in Höhe von 120 GE pro Jahr garantiert". Er geht davon aus, daß der Betrieb auch in Zukunft einen nachhaltigen Gewinn in gleicher Höhe abwirft. Für die Preisforderungen Wollwebers ist das vorhandene Reinvermögen belanglos. Er orientiert sich ausschließlich an der Ertragskraft seines Unternehmens. Dementsprechend ist in Gleichung (1) der Gewichtungsfaktor a auf den Wert eins zu setzen. Wollweber ermittelt den Wert seines Unternehmens also wie folgt: (3)

UW = EW

Bei einer konstanten (ewigen) Gewinnerwartung von 120 GE jährlich und einem unterstellten Zinssatz von 8 % p. a. beträgt der Ertragswert des Unternehmens

74

RWC-Fallstudienbuch 120

(4)

U W = — — = 1 5 0 0 L[ G EJ] .

0,08

Nach dieser Rechnung hat Wollwebers Unternehmen also einen Wert von 1500 GE. Da Meier für den Fall der Geschäftsübernahme auch die Schulden des Unternehmens trägt und Wollweber damit von seinen Tilgungsverpflichtungen in Höhe von 500 GE entlastet wird, beträgt die Preisforderung Wollwebers PForderung = U W - 5 0 0 = 1 0 0 0 [GE],

Wie nicht anders zu erwarten war, führen die unterschiedlichen Vorgehensweisen der beiden Verhandlungspartner zu unterschiedlichen Unternehmenswerten und entsprechend differierenden Preisvorstellungen. Laut Aufgabenstellung sollen Argumente vorgetragen werden, die die beiden Verhandlungspartner dazu bewegen können, von ihren Preisvorstellungen abzurücken:

- Argumente gegen das Preisangebot Meiers Bereits Schwalenbach

stellte fest: „Durch bilanzmäßige Addition der

einzelnen Aktiva und Abzug der Passiva gewinnt man den Wert eines Unternehmens nicht und daher auch nicht das Vermögen des Kaufmanns, man gewinnt auf diese Weise nur einige Anhalte."1 Vielmehr wird durch die besondere Kombination von Vermögensteilen zukünftiges Erfolgspotential geschaffen, welches sich nicht im bilanzierten Vermögen eines Unternehmens ausdrückt. Der „gute R u f einer Firma, die aufgebauten Geschäftsbeziehungen, die Qualität der Mitarbeiter, das fertigungstechnische Know-how und das Vertriebsnetz sind nur einige Beispiele für Faktoren, die den Wert eines Unterneh-

1

Schmalenbach, E. (1953), S. 32.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

75

mens maßgeblich bestimmen und sich in keiner Bilanz oder Vermögensaufstellung wiederfinden. Den Wert eines Unternehmens allein an den Zeitwerten der vorhandenen Vermögensgegenstände festzumachen, stößt daher in Theorie und Praxis in aller Regel auf Ablehnung.

- Argumente gegen die Preisforderung Wollwebers Wollweber unterstellt auch für die Zukunft nachhaltig konstante und sichere Gewinne. Jede unternehmerische Tätigkeit ist jedoch mit Risiken verbunden: Nachfrageverschiebungen, technische Neuerungen oder konjunkturelle Einbrüche können den Erfolg eines Unternehmens immer wieder gefährden. Wenn Meier die Geschäfte Wollwebers übernimmt, trägt Meier in Zukunft das wirtschaftliche Risiko. Wollweber kommt dagegen in den Genuß einer „sicheren" Rente. Meier kann daher von Wollweber einen angemessenen Risikoabschlag von seiner Kaufpreisforderung verlangen. Darüber hinaus ist zu beachten, daß der bislang erwirtschaftete Gewinn in Höhe von 120 GE jährlich kalkulatorischen Unternehmerlohn für die geschäftsführende Tätigkeit Wollwebers enthält. Begibt sich Wollweber in den Ruhestand, hat er keinen Anspruch mehr auf diese Gewinnkomponente. Deshalb ist neben einem angemessenen Risikoabschlag bei der Berechnung des Ertragswertes auch eine Korrektur der jährlichen Gewinne um den kalkulatorischen Unternehmerlohn zu fordern. 3.2

Ermittlung des realisierten Unternehmenswertes

Die Ausführungen zu Aufgabe 2.1 in Abschnitt 3:1 haben gezeigt, daß bei dem Kauf oder Verkauf eines Unternehmens kein objektiver, von spezifischen Interessenlagen unabhängiger Unternehmenswert ermittelt werden kann. Der Wert einer Unternehmung hat vielmehr

76

RWC-Fallstudienbuch

subjektiven Charakter und wird maßgeblich durch die Ziele und Entscheidungsalternativen von Käufer und Verkäufer beeinflußt. Von den subjektiv ermittelten Unternehmenswerten der Verhandlungspartner ist der realisierte Unternehmenswert bei Vertragsabschluß zu unterscheiden. Der realisierte Unternehmenswert ist der Gesamtwert, auf den sich Käufer und Verkäufer vertraglich geeinigt haben. Dieser Wert ist in der Regel ein Vermittlungswert, der von den beteiligten Parteien als „fairer Einigungspreis" akzeptiert wird. Der realisierte Unternehmenswert stimmt nur dann mit dem Kaufpreis überein, wenn der Käufer lediglich das Vermögen, nicht aber die Schulden übernimmt. Werden dagegen auch die Schulden übernommen, ist der realisierte Unternehmenswert gleich der Summe aus Kaufpreis und übernommenen Schulden, weil die Schuldbefreiung gleichsam einen Vermögenswert darstellt. Da Meier im vorliegenden Fall die gesamten Vermögensgegenstände und Schulden Wollwebers zu einem Preis von 770 GE übernimmt, beträgt bei einem Zeitwert der Schulden in Höhe von 500 GE der realisierte Unternehmenswert 770 + 500 = 1270 [GE]. 3.3

Geschäftsveräußerung und Umsatzsteuer

Mit seinem Entschluß, das Unternehmen Wollwebers zu erwerben und dessen Geschäfte weiterzuführen, wird Meier Unternehmer im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG. Da Meier das gesamte Unternehmen Wollwebers mit allen Vermögensgegenständen und Schulden übernimmt, liegt eine Geschäftsveräußerung im Sinne von § 1 Abs. la Satz 2 UStG vor. Dort heißt es nämlich: „Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird."

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

77

Bis zum 31.12.1993 war die entgeltliche Geschäftsveräußerung umsatzsteuerpflichtig. Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer war gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 UStG das Entgelt für die auf den Erwerber übertragenen Besitzposten, wobei die Befreiungen des § 4 UStG zu beachten waren. Die Umsatzsteuerpflicht der entgeltlichen Geschäftsveräußerung führte dazu, daß der Erwerber neben dem (Netto-)Kaufpreis auch die Umsatzsteuer zu entrichten hatte. Der Veräußerer hatte diese Umsatzsteuer an den Fiskus abzuführen. Für den Erwerber stellte die gezahlte Umsatzsteuer eine abzugsfähige Vorsteuer dar, die ihm das Finanzamt auf Antrag erstatten mußte. Die Umsatzsteuerpflicht der entgeltlichen Geschäftsveräußerung führte folglich zu einer „Rundreise von Geld" - vom Erwerber über den Veräußerer zum Finanzamt und von dort zurück zum Erwerber. Sie brachte keinem der Beteiligten einen Nutzen, sondern verursachte nur Kosten. Nicht zuletzt aus diesem Grund hat der Gesetzgeber das Umsatzsteuergesetz zum 1.1.1994 geändert und die im Rahmen einer Geschäftsveräußerung getätigten Umsätze als nicht steuerbar erklärt:1 Nach § 1 Abs. la Satz 1 UStG unterliegen die entsprechenden Umsätze nicht mehr der Umsatzsteuer. Die Gesetzesänderung hat damit zum Abbau unnötiger Kosten beigetragen. 3.4

Erstellung der Eröffnungsbilanz

Emil Meier hat gemäß § 242 Abs. 1 HGB zu Beginn seines Handelsgewerbes eine Eröffnungsbilanz, d. h. einen das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellenden Abschluß aufzustellen. Auf die Eröffnungsbilanz sind nach § 242 Abs. 1 Satz 2 HGB die für

Die Regelung des § 1 Abs. la UStG wurde eingeführt durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz StMBG vom 21.12.93 (BGBl. I S. 2310). Zugleich wurde § 10 Abs. 3 UStG gestrichen. Vgl. hierzu Hünnekens, H. (1994), S. 4309.

78

RWC- Fallstudienbuch

den Jahresabschluß geltenden Bestimmungen entsprechend anzuwenden, soweit sie sich auf die Bilanz beziehen. Danach sind in der Eröffnungsbilanz alle Vermögensgegenstände und Schulden auszuweisen, die Meier mit dem Erwerb des Unternehmens übernommen hat. Die Bewertung der Vermögensgegenstände und Schulden hat sich an den Bestimmungen der §§ 252 ff. HGB zu orientieren. Zum 1.10.1994 sind die Vermögensgegenstände ebenso wie die übernommenen Schulden mit ihren Zeitwerten anzusetzen. Die Wertansätze der Schlußbilanz des Veräußerers sind für die Eröffnungsbilanz des Erwerbers ohne Bedeutung. Andererseits zeigt die Schlußbilanz die wesentlichen Vermögensgegenstände und Schulden, die Meier übernommen hat. Aus der Sachverhaltsbeschreibung ergibt sich, daß Meier im Rahmen des Gesamtkaufpreises ein von Wollweber geschaffenes Patent erworben hat. Während Wollweber dieses Patent gemäß § 248 Abs. 2 HGB in seiner Bilanz nicht ansetzen durfte, besteht für Meier eine Ansatzpflicht, denn er hat dieses Patent gegen Entgelt im Rahmen des Gesamtkaufpreises erworben. Die Gegenüberstellung der übernommenen Vermögensgegenstände und Schulden auf der Basis von Zeitwerten führt dementsprechend zu folgendem Ergebnis: Aktiva Patent

Passiva 50 GE

Bebaute Grundstücke Maschinen

500 GE

Vorräte Forderungen Bar- und Buchgeld

100 GE 250 GE 20 GE

150 GE

1070 GE

Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Bankdarlehn Lieferantenverbindlichkeiten Kontokorrentkredit SALDO

50 GE 300 GE 70 GE 80 GE 570 GE

1070 GE

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

79

Der Saldo von 570 GE stellt die Differenz zwischen der Summe der Aktiva und der Summe der Schulden dar. Ein solcher Saldo wird klassischerweise als Eigenkapital bezeichnet.1 Im Falle einer Eröffnungsbilanz erwartet man im Regelfall, daß das ausgewiesene Eigenkapital mit dem Kaufpreis für das Unternehmen übereinstimmt. Die Gegenüberstellung der durch Meier erworbenen Vermögensgegenstände und Schulden weist jedoch einen Saldo aus, der um 200 GE unter dem gezahlten Kaufpreis liegt. Der Unterschiedsbetrag, „um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt", wird in § 255 Abs. 4 HGB als Geschäfts- oder

Finnenwert

bezeichnet. Ein solcher derivativer Geschäfts- oder Firmenwert darf nach § 255 Abs. 4 HGB in der Eröffnungsbilanz angesetzt werden. Handelsrechtlich besteht also ein Aktivierungswahlrecht. Steuerrechtlich besteht hingegen für den als abnutzbares Wirtschaftsgut qualifizierten Geschäftswert eine Ansatzpflicht.2 Da laut Aufgabenstellung auch in der handelsrechtlichen Eröffnungsbilanz der Geschäftswert aktiviert werden soll, ergibt sich folgende, nach Handels- und Steuerrecht einheitliche Eröffnungsbilanz:

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 394.

2

Vgl. WP-Handbuch (1992), Abschnitt E, Rn. 332, Beck'sches SteuerberaterHandbuch (1988), Teil B, Rn. 280.

80

RWC-Fallstudienbuch

Aktiva Patent Geschäfts- oder Firmenwert

Eröffnungsbilanz zum 1.10.1994 50 GE 200 GE

Bebaute Grundstücke Maschinen

500 GE

Vorräte Forderungen Bar- und Buchgeld

100 GE 250 GE 20 GE

150 GE

Eigenkapital Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten Bankdarlehn Lieferantenverbindlichkeiten Kontokorrentkredit

1270 GE

Passiva 770 GE 50 GE

300 GE 70 GE 80 GE

1270 GE

Das ausgewiesene Eigenkapital entspricht bei Aktivierung des Geschäfts- oder Firmenwertes nunmehr erwartungsgemäß dem von Meier gezahlten Kaufpreis. Als Einzelkaufinann ist Meier hinsichtlich der Bilanzgliederung lediglich an die allgemeine Vorschrift des § 247 Abs. 1 HGB sowie an die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung gebunden. Eine Orientierungshilfe für die hinreichende Aufgliederung der in § 247 Abs. 1 HGB genannten Bilanzpositionen bietet die für Kapitalgesellschaften vorgeschriebene Bilanzgliederung nach § 266 HGB. 3.5

Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert

Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert - auch Goodwill genannt - ist der Betrag, um den der Kaufpreis eines Unternehmens den Saldo der Zeitwerte aller bilanzierungsfähigen Vermögensgegenstände und

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

81

Schulden übersteigt.1 In dem Goodwill spiegeln sich zum einen die nicht bilanzierungsfähigen Werte eines Unternehmens wider, wie zum Beispiel die Güte der Organisation, der Kundenstamm, Standortvorteile, die Qualität der Mitarbeiter, die Marktmacht oder der gute Ruf einer Firma. Zum anderen drücken sich in dem derivativen Geschäftsoder Firmenwert positive Erfolgsaussichten aus, die aus einer erfolgsabhängigen, von den Zeitwerten einzelner Vermögensgegenstände und Schulden losgelösten Bewertung eines Unternehmens resultieren. Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert ist gemäß § 266 Abs. 2 HGB unter den immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens zu bilanzieren. Seine Rechtsnatur ist jedoch keinesfalls so klar, wie sie vielleicht auf den ersten Blick erscheint. In der Literatur wird kontrovers diskutiert, ob es sich bei dem derivativen Geschäftsoder Firmenwert um einen Vermögensgegenstand,

eine

Bilanzie-

rungshilfe oder ein aliud, also um einen Wert eigener Art, handelt. 2 Ein Vermögensgegenstand

ist ein wirtschaftlicher Wert, der selb-

ständig bewertbar und selbständig verkehrsfähig, d. h. einzeln veräußerbar ist.3 Abgesehen von den Schwierigkeiten bei der Bewertung des Goodwill mangelt es dem derivativen Geschäfts- oder Firmenwert auf jeden Fall an der selbständigen Verwertbarkeit, so daß er nicht als Vermögensgegenstand qualifiziert werden kann.4

1

Vgl. - auch im folgenden - Baetge, J. (1994), S. 497 f., Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 400.

2

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 498 f., Küting, K., Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 403-413, Adler, H., Düring, W„ Schmaltz, Κ. (1987), § 255 HGB, Rn. 293296.

3

Vgl. Coenenberg, A. G. (1994), S. 54 f.

4

Vgl. Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 405 f.

82

RWC-Fallstudienbuch

Unter einer Bilanzierungshilfe

versteht man die erfolgserhöhende

Neutralisierung bestimmter Aufwendungen durch Aktivierung in der Bilanz. 1 Namentlich sind in § 269 HGB die Aufwendungen für die Ingangsetzung und Erweiterung des Geschäftsbetriebes und in § 274 Abs. 2 HGB die aktiven latenten Steuern als Bilanzierungshilfen aufgeführt. Aufgrund seiner engen Verwandtschaft mit den Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen wird der derivative Geschäfts· oder Firmenwert überwiegend als Bilanzierungshilfe eingestuft. 2 Für diese Qualifizierung spricht vor allem die einheitliche Zwecksetzung der in §§ 255 Abs. 4 und 269 HGB verankerten Ansatzwahlrechte, nämlich die Periodisierung einmaliger Aufwendungen zur periodengerechten Gewinnermittlung. Gegen die Charakterisierung des Goodwills als Bilanzierungshilfe spricht, daß der Gesetzgeber die Aktivierung des Goodwills nicht - wie im Fall der Ingangsetzungs- und Erweiterungsaufwendungen - an eine korrespondierende Ausschüttungssperre geknüpft hat. Da der Goodwill letztlich weder als Vermögensgegenstand noch eindeutig als Bilanzierungshilfe einzuordnen ist, kann der Auffassung von Baetge und Adler/Düring/Schmaltz

gefolgt werden, die den deri-

vativen Geschäfts- oder Firmenwert als Wert eigener Art bezeichnen. 3 3.6

Abschreibungen auf Goodwill und Patent

Ein aktivierter derivativer Geschäfts- oder Finnenwert

ist handels-

rechtlich entweder gemäß § 255 Abs. 4 Satz 2 HGB pauschal

in

1

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 40.

2

Vgl. Coenenberg, A. G. (1994), S. 83.

3

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 499 und Adler, H., Düring, W „ Schmaltz, Κ. (1987), § 255 HGB, Rn. 296.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

83

jedem der Aktivierung folgenden Geschäftsjahr zu mindestens einem Viertel durch

Abschreibungen

zu tilgen oder gemäß Satz

3

planmäßig über die voraussichtliche Nutzungsdauer abzuschreiben.1 Das Steuerrecht schreibt dagegen in § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG eine lineare Abschreibung des derivativen Geschäfts- oder Firmenwerts über 15 Jahre vor. 2 Da Meier die Handelsbilanz in Einklang mit der Steuerbilanz aufstellen will, kommt aufgrund der steuerrechtlichen Regelung in der Handelsbilanz nur die lineare Abschreibung des Geschäfts- oder Firmenwertes über 15 Jahre mit einem Abschreibungssatz von 6

% in Betracht. Sofern sich jedoch abzeichnet, daß

sich der erworbene Geschäfts- oder Firmenwert in weniger als 15 Jahren verflüchtigt, ist handelsrechtlich eine kürzere Abschreibungsdauer geboten. Gegebenenfalls kommt handelsrechtlich eine außerplanmäßige Abschreibung gemäß § 253 Abs. 2 Satz 3 HGB und steuerrechtlich eine Abschreibung auf den niedrigeren Teilwert nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in Betracht, wenn sich der Unternehmenserwerb als Fehlinvestition erweist oder die Rentabilität des Unternehmens nachhaltig sinkt.3 Das von Wollweber geschaffene Patent stellt für Meier einen entgeltlich erworbenen immateriellen Vermögensgegenstand dar, der gemäß § 253 Abs. 1 HGB mit seinen Anschaffungskosten in Höhe von 50 GE zu aktivieren und nach § 253 Abs. 2 Satz 1 und 2 HGB planmäßig abzuschreiben ist.4 Die Schutzdauer eines Patents beträgt nach

1

Vgl. ausführlich Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 444-462. Siehe auch Baetge, J. (1994), S. 500 ff., WP-Handbuch (1992), Abschnitt E, Rn. 329-333, Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), Teil B, Rn. 277-281, Adler, H., Düring, W., Schmaltz, K.(1987), § 255 HGB, Rn. 314-325.

2

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 502, WP-Handbuch (1992), Abschnitt E, Rn. 333.

3

Vgl. Küting, K., Weber, C.-P. (1990), § 255, Rn. 460 und Adler, H„ Düring, W„ Schmaltz, K.(1987), § 255 HGB, Rn. 325.

4

Vgl. Baetge, J. (1994), S. 302, WP-Handbuch (1992), Abschnitt E, Rn. 326.

84

RWC- Fallstudienbuch

§ 16 Abs. 1 Satz 1 PatG zwanzig Jahre. Da Wollwebers Patent zum Zeitpunkt des Erwerbs zwei Jahre alt ist, könnte man auf den Gedanken kommen, das Patent über 18 Jahre planmäßig abzuschreiben. Patente unterliegen jedoch besonderen Entwertungsrisiken, da neue Erfindungen ein Schutzrecht binnen kurzer Zeit wertlos machen können. Aus Gründen kaufmännischer Vorsicht sollten Patente daher binnen fünf Jahren abgeschrieben werden.1 Auch steuerrechtlich bestehen gegen diese Abschreibungsdauer keine Einwände.2 Während für die Handelsbilanz in der Regel eine degressive Abschreibung empfohlen wird, ist steuerrechtlich nach Abschnitt 42 Abs. 1 Nr. 2 EStR 1993 nur die lineare Abschreibung zulässig. Wenn Meier seine Handelsbilanz in Einklang mit der Steuerbilanz aufstellen will, muß er folglich das erworbene Patent linear abschreiben. Die Abschreibungsdauer sollte drei Jahre (= übliche Abschreibungsdauer in Höhe von fünf Jahren abzüglich der bereits abgelaufenen Schutzzeit von zwei Jahren) nicht überschreiten.

3.7

Zur Änderung von Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr

Der Rechnungslegungszeitraum eines Kaufmanns wird handelsrechtlich als Geschäftsjahr und steuerrechtlich als Wirtschaftsjahr bezeichnet. Die Dauer eines Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres beträgt grundsätzlich zwölf Monate. Während steuerrechtlich die Dauer des Wirtschaftsjahres explizit in § 8b EStDV auf zwölf Monate festgeschrieben wird, bestimmt das Handelsrecht in § 240 Abs. 2 Satz 2 HGB nur eine Höchstdauer von zwölf Monaten. Nach herrschender Meinung entspricht im Regelfall die Höchstdauer jedoch gleichzeitig

1

Vgl. Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 253, Rn. 17.

2

Vgl. Herrmann, C , Heuer, G., Raupach, A. (1992), § 7 EStG, Anmerkung 600, S. E 314 f.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

85

der Mindestdauer eines Geschäftsjahres. 1 Kürzere Geschäftsjahre (sogenannte Rumpfwirtschaftsjahre) treten zum Beispiel bei einer Neugründung, einer Veräußerung oder - wie der von Meier beabsichtigten - Umstellung des Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres auf. 2 Das Geschäftsjahr eines Kaufmanns muß nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmen. Dagegen ist ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG grundsätzlich nur bei Gewerbetreibenden statthaft, deren Firma im Handelsregister eingetragen ist. Auch bei der Umstellung des Geschäfts- oder Wirtschaftsjahres auf einen anderen regelmäßigen Abschlußzeitpunkt bestehen handelsrechtlich und steuerrechtlich Unterschiede. Das Handelsrecht enthält keine expliziten Vorschriften bezüglich der Umstellung des Geschäftsjahres. Kaufleute können den Bilanzstichtag grundsätzlich frei wechseln, sofern dem keine gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen entgegenstehen. Die Umstellung darf jedoch nicht zur Verschleierung der wirtschaftlichen Lage eines Unternehmens dienen. Steuerrechtlich sind zwei Fälle zu unterscheiden: Die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf das Kalenderjahr steht allen ins Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden frei. Die Umstellung des Wirtschaftsjahres auf eine vom Kalenderjahr abweichende Berichtsperiode ist dagegen gemäß § 4a Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG an die Zustimmung des Finanzamtes gebunden. Die Zustimmungsbedürftigkeit soll Umstellungen des Wirtschaftsjahres unterbinden, die allein auf die Ausnutzung steuerlicher Vorteile abzielen.3

1

Vgl. Adler, H„ Düring, W„ Schmaltz, Κ. (1987), § 240 HGB, Rn. 72 und die dort angegebene Literatur.

2

Vgl. Küting, K„ Weber, C.-P. (1990), § 242, Rn. 13, Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), Teil A, Rn. 215.

3

Vgl. Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), Teil A, Rn. 221.

86

RWC-Fallstudienbuch

Wenn Meier den Betrieb Wollwebers übernimmt und das Geschäft weiterführt, ist er gemäß § 1 HGB Kaufmann kraft Betätigung und gemäß § 29 HGB dazu verpflichtet, seine Firma zur Eintragung ins Handelsregister anzumelden. Meier ist folglich ein Gewerbetreibender im Sinne des § 4a Abs. 1 Nr. 2 EStG und in der zeitlichen Festlegung des Wirtschaftsjahres frei. Somit bestehen weder handelsrechtlich noch steuerrechtlich Einwände gegen die Umstellung des Geschäftsund Wirtschaftsjahres auf das Kalendeijahr. Die Umstellung des Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahres kann zweckmäßig sein, um zum Beispiel1 -

die Inventurarbeiten zu vereinfachen,

-

die zeitliche Abgrenzung von kalendeijährlich fälligen Zahlungen zu vermeiden (ζ. B. Gewerbesteuerzahlungen),

-

die Vergleichbarkeit mit den Jahresabschlüssen branchengleicher Unternehmen zu gewährleisten oder

-

die Vereinheitlichung der Rechnungslegung in einem Unternehmensverbund durch die Wahl eines einheitlichen Abschlußstichtages zu ermöglichen.

3.8

Erwerb einer GmbH und Eröffnungsbilanz

Wenn die Unternehmung in der Rechtsform einer GmbH geführt wird und Wollweber der alleinige Eigentümer der GmbH ist, besitzt er sämtliche Geschäftsanteile der Gesellschaft, im Falle der Einpersonengründung den einzigen Geschäftsanteil. Geschäftsanteile können gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG veräußert werden; der Bestand der

Vgl. ebenda.

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

87

GmbH ist davon nicht betroffen. Eine Veräußerung vollzieht sich auf Gesellschafterebene zwischen bisherigem Gesellschafter und zukünftigem Gesellschafter. Zur wirksamen Veräußerung bedarf es eines in notarieller Form abgeschlossenen Vertrages (§15 Abs. 3 GmbHG). Da sich die Veräußerung einer GmbH allein auf der Ebene der Gesellschafter vollzieht, sind die GmbH und ihr Rechnungswesen davon nicht betroffen. Die Schlußbilanz per 30.9.1994 stimmt deshalb mit der Eröffnungsbilanz per 1.10.1994 völlig überein. Arbeiten gemäß Aufgabe 2.4 erübrigen sich damit. Die in den verschiedenen Vermögensgegenständen der GmbH ruhenden stillen Reserven in Höhe der positiven Differenzen zwischen dem jeweiligen Zeitwert und dem Buchwert werden nicht aufgedeckt.

88

R WC-Fallstudienbuch

Kontrollfragen (1) Wodurch unterscheiden sich der Voll- und der Teilreproduktionswert einer Unternehmung? (2) Welche Überlegungen sind bei der Festlegung des Kapitalisierungszinsfußes im Rahmen der Ertragswertmethode anzustellen? (3) Wie ist ein negativer Geschäfts- oder Firmenwert (Badwill) handels- bzw. steuerrechtlich zu behandeln? (4) Inwieweit ist Meier verpflichtet, auf den 1.10.1994 eine Inventur durchzuführen? (5) Angenommen, der Geschäfts- oder Firmenwert wird in der Handelsbilanz linear über vier Jahre und in der Steuerbilanz gemäß § 7 Abs. 1 EStG abgeschrieben. Erläutern Sie in diesem Zusammenhang den Begriff „timing differences"! Inwieweit resultiert aus timing differences die Möglichkeit bzw. die Verpflichtung zur Berücksichtigung latenter Steuern im handelsrechtlichen Jahresabschluß? (6) Unterstellen Sie in Abänderung des obigen Sachverhalts, daß die Einzelunternehmung Marcus Wollweber von der Emil

Meier

GmbH unter ansonsten gleichen Bedingungen zum Preis von 770 GE erworben wird. Wie ist dieser Fall bei der Erwerberin bilanziell zu behandeln?

Unternehmenserwerb und Bilanzierung

89

Literatur Adler, H., Düring, W., Schmaltz, Κ. (1987), Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 5. Aufl., Stuttgart 1987. Baetge, J. (1994), Bilanzen, 3. Aufl., Düsseldorf 1994. Beck'sches Steuerberater-Handbuch (1988), München 1988. Börner, D. (1980), Stich wort „Unternehmensbewertung", in: Handwörterbuch der Wirtschaftswissenschaft, Band 8, Hrsg.: W. Albers, u. a„ Stuttgart, New York 1980, S. 111-123. Coenenberg, A. G. (1994), Jahresabschluß- und Jahresabschlußanalyse, 15. Aufl., Landsberg, Lech 1994. Hermann, C., Heuer, G., Raupach, A. (1992), Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz, Kommentar, 20. Aufl., Köln 1950/92. Hünnekens, H. (1994), Änderungen des Umsatzsteuergesetzes durch das Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz, in: Neue Wirtschafts-Briefe NWB, Fach 7, Herne, Berlin 1994, S. 4309-4316. IDW (Hrsg.), WP-Handbuch (1992), Band I, 10. Aufl., Düsseldorf 1992. Jacob, H. (1960), Die Methoden zur Ermittlung des Gesamtwertes einer Unternehmung, in: ZfB, 30. Jg. 1960, S. 131-147 und 209-222. Küting, K., Weber, C.-P. (Hrsg.) (1990), Handbuch der Rechnungslegung: Kommentar zur Bilanzierung und Prüfung, 3. Aufl., Stuttgart 1990.

90

RWC-Fallstudienbuch

Schierenbeck, H. (1993), Grundzüge der Betriebswirtschaftslehre, 11. Aufl., München, Wien 1993. Schmalenbach, E. (1953), Dynamische Bilanz, 11. Aufl., Köln, Opladen 1953. Wöhe, G. (1993), Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 18. Aufl., München 1993.

Infortnationsmodellierung

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Informationsmodellierung: Daten- und Prozeßmodellierung Jörg Becker

1 Sachverhalt Das Industrieunternehmen A & J GmbH, ein mittelständisch organisierter Automobilzulieferer, hat bei der Analyse der Abläufe im Unternehmen viele Schwachstellen zwischen den Bereichen Einkauf, Wareneingang, Rechnungsprüfung und Kreditorenbuchhaltung erkannt. Der derzeitige Ablauf läßt sich wie folgt kennzeichnen: Bedarfsmeldungen aus der Produktion, aus der Materialwirtschaft und aus dem Lagerbereich kommen per Papier, per Telefon oder per Zuruf in den Einkauf, der für die Bestellungen zuständig ist. Die Bedarfsmeldungen für ein Material werden kumuliert. Für jedes Material wird der entsprechende Lieferant ermittelt. Meist weiß der Einkäufer, welcher Lieferant für ein bestimmtes Material in Frage kommt, bei seltener zu beschaffenden Materialien schaut er in einer Kartei nach. Die eigentliche Bestellung wird in einem EDV-gestützten System geschrieben (erweiterte Textverarbeitung). Die Bestellung wird mit zwei Durchschlägen gedruckt. Das Original geht zum Lieferanten, ein Durchschlag wird abgelegt, ein Durchschlag geht in den Bereich Wareneingang. Dort wird er nach Lieferanten sortiert abgelegt. Erfolgt ein Wareneingang, prüft der Wareneingangsleiter zunächst, ob eine entsprechende Bestellung vorliegt. Liegt keine Bestellung vor, telefoniert der Wareneingangsleiter mit dem Einkauf und klärt, ob die Ware angenommen werden soll. Liegt eine Bestellung vor, so wird die entsprechende Bestellung aus dem Ordner entnommen. Anhand des mit der Ware eingetroffenen Lieferscheins wird die Ware auf Menge und Qualität hin überprüft. Abweichungen der tatsächlich

92

R WC-Fallstudienbuch

gelieferten Menge von der Menge auf dem Lieferschein werden auf dem Lieferschein eingetragen. Die Mengen des Lieferscheins (gegebenenfalls die korrigierten Mengen) werden im Lagerverwaltungssystem als Wareneingangsmenge erfaßt. Der (ggf. korrigierte) Lieferschein wird in Kopie an die Abteilung Rechnungsprüfung geschickt. Wegen der vielfältigen Fehlermöglichkeiten, die eine Rechnung beinhalten kann, hat das Unternehmen ein ausgeklügeltes System ins Leben gerufen, mit dem sichergestellt werden soll, daß nicht größere Beträge bezahlt werden, als tatsächlich gerechtfertigt sind. Mit allen Lieferanten wurde vereinbart, daß sie die Rechnungen mit zwei Durchschlägen schicken. Sobald die Rechnungen eintreffen, werden sie getrennt. Jeweils eine Rechnungskopie gelangt über den hauseigenen Botendienst in die Einkaufsabteilung und in die Rechnungsprüfung. Das Rechnungsoriginal selbst wird eine Woche „zwischengelagert" und gelangt dann in die Kreditorenbuchhaltung. Mit allen Lieferanten wurde vereinbart, daß zu festen Zahltagen gezahlt wird und bis 10 Tage nach Rechnungseingang voller Skonto gewährt wird. Der Einkauf prüft, ob Wertdifferenzen zwischen der Bestellung und der Rechnung bestehen. Wenn keine Wertdifferenzen bestehen, wird die Rechnungskopie zusammen mit der Bestellung abgelegt. Wenn die Wertdifferenz begründet ist, muß unter Umständen das Preis- und Konditionengefüge angepaßt werden, die Rechnung wird aber als richtig anerkannt. Wenn die Wertdifferenz nicht begründet ist, wird die Rechnungskopie korrigiert und der Lieferant benachrichtigt, die korrigierte Rechnungskopie wird an die Kreditorenbuchhaltung geschickt. Die Rechnungsprüfung hingegen hat die Aufgabe, Mengendifferenzen zwischen Rechnung und Lieferschein zu ermitteln. Sie sucht zur Rechnung den entsprechenden Lieferschein. Wenn keine Mengendifferenzen zwischen dem eventuell korrigierten Lieferschein und der Rechnung bestehen, wird die Rechnungskopie abgelegt. Wenn Diffe-

Informationsmodellierung

93

renzen bestehen, werden sie geprüft; falls die Mengendifferenzen begründet sind, wird die Rechnung als solche akzeptiert und ebenfalls abgelegt. Wenn die Mengendifferenzen nicht begründet sind, also tatsächlich mehr in Rechnung gestellt als geliefert wurde, wird die Rechnungskopie korrigiert und auch hier entsprechend der Lieferant benachrichtigt. Es kann also sein, daß ein Lieferant aufgrund einer fehlerhaften Rechnung zweimal benachrichtigt wird, und zwar zum einen von der Rechnungsprüfung und zum anderen vom Einkauf. Die korrigierte Rechnung wird an die Kreditorenbuchhaltung geschickt. Es gibt für den Einkauf und die Rechnungsprüfung eine organisatorische Anweisung, daß nach Prüfung und eventueller Korrektur der Rechnungskopie diese spätestens nach einer Woche der Kreditorenbuchhaltung vorliegen muß. Eine Woche nach Eintreffen der Rechnungen (wie oben beschrieben) erhält die Kreditorenbuchhaltung das Rechnungsoriginal. Sie muß zunächst prüfen, ob zu einer Rechnung korrigierte Rechnungskopien vorhanden sind. Wenn keine korrigierten Rechnungskopien vorhanden sind, wird die Rechnung gebucht und der offene Posten erzeugt. Sind korrigierte Rechnungen vorhanden, werden die Änderungen der Rechungskopie bzw. der Rechnungskopien (es können zwei Änderungen eingetreten sein) auf die Rechnung übertragen. Anschließend wird die Rechnung gebucht und der offene Posten erzeugt. Unklare Rechnungen (ζ. B. weil keine Einigung mit dem Lieferanten herbeigeführt werden konnte) werden ebenfalls erfaßt, allerdings als gesperrt gekennzeichnet. Wenn ein bestimmter Stichtag erreicht ist, wird die Summenliste aus den offenen Posten erzeugt und die offenen Posten in das Konto Verbindlichkeiten übertragen. Wenn der entsprechende Zahltag erreicht ist (mit allen Lieferanten wurden feste Zahltage vereinbart, s. o.) wird geprüft, ob der Kreditor gesperrt ist und ob die Rechnung gesperrt ist. Ist dies nicht der Fall, werden manuell die Steuern (nach Steuertabellen auf Karteikarten) und der Skonto er-

94

RWC-Fallstudienbuch

rechnet. Skonto wird vom Rechnungsbetrag abgezogen. Skonto, Steuern und die eigentliche Zahlung werden im Buchhaltungssystem gebucht. Schecks werden manuell erstellt. Trotz der ausgetüftelten organisatorischen Vorkehrungen tritt im Bereich der Rechnungsbegleichung eine Reihe von Fehlern auf: (1) Es werden Rechnungen beglichen, obwohl der Wareneingang noch nicht erfolgt ist (Rechnung liegt vor, aber keine korrigierte Rechnungskopie). (2) Es werden Rechnungen beglichen, obwohl Differenzen zwischen der Wareneingangsmenge und der auf der Rechnung ausgewiesenen Menge an Materialien besteht (Rechnungskopie aus der Rechnungsprüfung trifft zu spät ein). (3) Es werden Rechnungen beglichen, bei denen die Mengen zwar mit der Wareneingangsmenge übereinstimmt, diese aber von der Bestellmenge abweicht. (4) Es werden Rechnungen beglichen, bei der Bestell- und Wareneingangsmenge mit der Rechnungsmenge übereinstimmen, die Preisfindung aber nicht mit der Preisfindung der Bestellung übereinstimmt (Rechnungskopie aus dem Einkauf trifft zu spät ein). (5) Rechnungen werden, da die entsprechende Wareneingangsmeldung nicht vorliegt, obwohl der Wareneingang bereits stattgefunden hat, zurückgehalten. Wenn der Wareneingangsschein dann vorliegt, wird die Rechnung beglichen. Es geht dabei aber Skonto verloren. (6) Lieferantenbonus wird nicht abgerufen, obwohl die Voraussetzungen erfüllt sind (keine Verfolgung von rechnungsübergreifenden Konditionen im System).

Informationsmodellierung

95

Die Abläufe und die Schwachstellen sind mehrfach in Kleingruppen durchdiskutiert und analysiert worden. Bislang fehlte eine allgemeinverständliche, kurze, prägnante und für die beteiligten Organisationseinheiten verständliche Dokumentation der Vorgänge und des Zusammenwirkens der Vorgänge sowie der Informationssysteme, die diese Vorgänge unterstützen. Einem neu eingestellten Wirtschaftsinformatiker mit Erfahrung auf dem Gebiet der Informationsmodellierung wurde die Aufgabe übertragen, die Vorgänge zu dokumentieren und die Dateninterdependenzen aufzuzeigen. Der Wirtschaftsinformatiker legt zunächst die Methoden fest, mit denen er die ihm übertragene Aufgabe lösen will. Dazu benutzt er zwei Verfahren, zur Darstellung der Prozesse ereignisgesteuerte Prozeßketten 1 und zur Darstellung

der

Dateninterdependenzen

Entity-Relationship-

2

Modelle . Die beiden Methoden lassen sich folgendermaßen charakterisieren: (1) Ereignisgesteuerte Prozeßketten. Ereignisgesteuerte Prozeßketten dienen dazu, die Folge von Einzelfunktionen eines Prozesses darzustellen. Prozesse beginnen immer mit einem Ereignis und enden mit einem Ereignis. Ein Ereignis kann ein oder mehrere Funktionen auslösen. Jede Funktion führt wiederum zu einem oder zu mehreren Ereignissen. Ereignisse sind die passiven Komponenten, Vorgänge die aktiven Komponenten der ereignisgesteuerten Prozeßkette. Ereignisse und Funktionen werden durch Verknüpfungsoperatoren (und und/oder CD, ausschließliches oder

miteinander verbun-

den. Mit Hilfe der ereignisgesteuerten Prozeßkette können auch komplexe Geschäftsprozesse, die viele Verzweigungen und

1

Vgl. Keller, G., Nüttgens, M., Scheer, A.-W. (1992).

2

Vgl. ζ. B. Chen, P. P. (1976) oder Vetter, M. (1990).

96

RWC-Fallstudienbuch Parallelitäten beinhalten, sehr schnell - und vor allem vom Fachanwender - erstellt werden, ohne daß man die Programmlogik eines den Ablauf unterstützenden EDV-Systems kennen muß.

(2) Entity-Relationship-Modelle. Mit Hilfe von Entity-Relationship-Modellen ist es möglich, die für ein Informationssystem relevanten Objekte und ihre Beziehungen in einem Datenmodell darzustellen. Entities sind Dinge der Realwelt oder der Vorstellungswelt, die für das Unternehmen von Bedeutung sind. Relationships sind Verknüpfungen zwischen diesen Entitäten. Entities gleichen Typs werden zu Entitytypen zusammengefaßt, Relationships gleichen Typs demzufolge zu Relationshiptypen. Entities sind z. B. der Kunde Meier, der Kunde Müller und Kunde Schulz. Sie bilden gemeinsam den Entitytyp Kunde. Entitytypen werden durch Rechtecke dargestellt, Relationshiptypen durch Rauten.

2 Aufgaben 2.1 Diskutieren Sie den Begriff des Modells! 2.2 Definieren Sie die Begriffe Datenmodell, Entity-RelationshipModell, Datenbankmodell, Normalisierung! Geben Sie die Normalisierungsschritte von der ersten zur dritten Normalform an! Erläutern Sie den Normalisierungsprozeß an einem Beispiel! 2.3 Erklären Sie die Begriffe Prozeß, Geschäftsprozeß, Prozeßmodell, Business Process Reengineering, Ereignis, Vorgang, ereignisgesteuerte Prozeßkette!

Informationsmodellierung

97

2.4 Erstellen Sie Prozeßmodelle für die geschilderten Ist-Teilprozesse Einkauf, Wareneingang, Rechnungseingang/Rechnungsprüfung und Kreditorenbuchhaltung! 2.5 Erstellen Sie Prozeßmodelle, die die Schwachstellen des geschilderten Falls eliminieren! Interpretieren Sie Ihre Modelle in Umgangssprache! Welche Vorteile hat der von Ihnen gezeigte Ablauf im Vergleich zum geschilderten Ablauf? 2.6 Erstellen Sie ein Soll-Entity-Relationship-Modell, das die aufgezeigten Entitäten und ihre Verknüpfungen darstellt! Entwerfen Sie dazu ein Datenbankmodell! Überprüfen Sie, ob sich Datenmodell und Datenbankmodell in dritter Normalform befinden! 2.7 Nennen Sie Vorteile der Modellierung! 3 Lösungsvorschläge 3.1

Zum Begriff des Modells

Ein Modell ist ein immaterielles Abbild der Realwelt für Zwecke eines Subjekts:

98

KWC-Fallstudienbuch

Abb. 1 :

Modell als immaterielles Abbild der Realwelt1

Modelle werden als Hilfsmittel zur Erklärung und Gestaltung realer Systeme eingesetzt. Erkenntnisse über Zusammenhänge und Sachverhalte bei realen Problemen können mit Hilfe von Modellen aufgrund der Ähnlichkeit gewonnen werden, die zwischen dem realen betrieblichen System und dem Modell als Abbild dieses Systems bestehen. 2 Sinn eines Modells ist es damit, die Wirklichkeit so zu vereinfachen, daß sie für die Zwecke, die das Subjekt verfolgt, handhabbar ist. D. h. im Modell finden all die Gegebenheiten der Realwelt keine Berücksichtigung, die dem Zweck, den das Subjekt mit der Modellbildung verfolgt, nicht dienlich sind. So ist es für ein Datenmodell, das den Wareneingang repräsentieren soll, damit das Subjekt ein Informationssystem zur Unterstützung der Wareneingangstätigkeiten realisieren kann, von Interesse, daß ein Wareneingangsschein aus einem Kopfteil und einem Positionsteil besteht und der Positionsteil mehrere

1

Steinmüller, W. (1981), S. 74.

2

Adam, D. (1993), S. 44.

Infonnationsmodellierung

99

Positionen umfassen kann; es ist nicht von Interesse, ob der Wareneingangsschein auf blauem oder weißem Papier gedruckt ist und welcher Schrifttyp verwendet wird. Ein identischer Sachverhalt kann für unterschiedliche Subjekte, die unterschiedliche Zwecke verfolgen, einerseits als vernachlässigbar angesehen werden oder andererseits von großer Bedeutung sein. Für den Organisator, der festlegt, welche Kopie eines Wareneingangsscheins an welche Stelle weitergeleitet werden soll, sind die unterschiedlichen Farben der Kopien möglicherweise doch von sehr hohem Interesse und müssen in einem Modell ihren Niederschlag finden. Ein und dieselbe Realwelt wird hier also für unterschiedliche Subjekte, die unterschiedliche Zwecke verfolgen, in unterschiedlicher Weise modelliert.

3.2

Datenmodell und Datenbankmodell

Ein Datenmodell stellt aus konzeptioneller Sicht die für die EDV-Systeme eines Unternehmens wichtigen Daten und ihre Verbindungen untereinander funktionsübergreifend dar. Eine Ausprägung des Datenmodells ist das von Chen vorgeschlagene Entity-RelationshipModell 1 , das zwischen Dingen der Real weit oder der Vorstellungswelt, die für das Unternehmen von Bedeutung sind, den sogenannten Entities, und den Beziehungen zwischen ihnen, den Relationships unterscheidet. Strukturgleiche Entities bzw. Relationships werden zu Entitytypen bzw. Relationshiptypen zusammengefaßt. Die Kardinalitäten zwischen ihnen geben an, wieviel Entities eines Entitytyps mindestens und höchstens in einen Relationshiptypen eingehen. Beispiel: Zwischen den Entitytypen „Lieferant" und „Teil" wird ein Relationshiptyp aufgebaut, der den ,3ezugsnachweis" darstellt. Jedes

1

Chen, P. P. (1976).

100

R WC-Fallstudienbuch

Teil geht entweder gar nicht in diese Relationship ein (wenn es sich um ein Eigenfertigungsteil handelt), genau einmal (wenn es einen festen Lieferanten gibt) oder mehrmals (wenn das Teil von mehreren Lieferanten bezogen werden kann). Ein Lieferant soll erst dann als Lieferant aufgenommen werden, wenn er mindestens ein Teil, das mit einem Teilestammsatz geliefert wird, zu liefern in der Lage ist. Von einem Lieferant können durchaus mehrere unterschiedliche Teile bezogen werden. Das Teil geht also mindestens 0-mal, höchstens mehrmals (* für beliebige Anzahl), der Lieferant mindestens einmal, höchstens mehrmals in den Relationshiptyp ein (Abb. 2).

Abb. 2:

Einfaches Entity-Relationship-Diagramm mit Kardinalitäten

Auf einer implementierungsnäheren Ebene, der Ebene des DVKonzepts, ist der Begriff des Datenbankmodells angesiedelt. Das heute vorwiegend benutzte Datenbankmodell ist das Relationenmodell.1 In Anlehnung an die Relationenalgebra, in der eine Relation als eine Teilmenge des kartesischen Produkts von Mengen definiert ist, ist in der Datenbankterminologie eine Relation die Teilmenge des kartesischen Produkts der Wertebereiche von Attributen. Ein Lieferant wird ζ. B. charakterisiert durch die Attribute Kundennummer, Name, Postleitzahl, Ort, Straße. Wertebereich des Attributs Name sind „Müller", „Meier", „Schmitz", Wertebereich des Attributs Ort „Münster", „Saarbrücken", ,Altenberge". Das kartesische Produkt der Wertebereiche der Attribute Name und Ort würden jede

1

Vgl. Codd, E. F. (1970).

Informationsmodellierung

101

Ausprägung des Namens mit allen Ausprägungen des Ortes in Beziehung setzen, was nicht der Realwelt entspricht, da nur eine Teilmenge davon, ζ. B. die Beziehungen ,Füller-Saarbrücken", „Meier-Altenberge" und „Schmitz-Münster" zutreffen. Bei einer (auf das Relationenmodell bezogenen) datenbankkonformen Datenmodellierung werden Entitytypen direkt in Relationen umgesetzt, ebenso die meisten Relationshiptypen (außer Relationshiptypen, die eine (0,1) : (0,*)-Beziehung darstellen. Hier wird das Schlüsselattribut des „übergeordneten" Entitytyps als Fremdschlüssel im „untergeordneten" Entitytyp mit aufgenommen). Der Normalisierungsprozeß 1 stellt sicher, daß bei Einfügen, Ändern oder Löschen von Daten keine Inkonsistenzen auftreten. Dabei werden Redundanzen in Nicht-Schlüssel-Attributen vermieden. Die erste Normalform wird erreicht, indem Wiederholungsgruppen eliminiert werden. Eine Wiederholungsgruppe liegt vor, wenn innerhalb eines Datensatzes eine Gruppe von Feldern mehrmals vorkommt. Anders ausgedrückt liegt eine Wiederholungsgruppe dann vor, wenn nicht dem Schlüssel angehörende Attribute einer Relation nicht vom Schlüssel funktional abhängig sind. Zur Beseitigung der Wiederholungsgruppe werden die sich wiederholenden Felder in eine eigene Relation überführt. Der Schlüssel des übergeordneten Satzes wird in die neue Relation übernommen. Von dem ursprünglichen Datensatz bleiben nur der Schlüssel und die nicht zur Wiederholungsgruppe gehörenden Attribute über. Diese bilden dann eine eigene Relation. In der zweiten Normalform werden eigene Relationen für die Attribute gebildet, die von einem Teil des Schlüssels identifiziert werden. Dies bedeutet, daß alle Nicht-Schlüssel-Attribute vom gesamten Primärschlüssel voll funktional abhängig sein müssen. In der dritten

1

Vgl. Vetter, M. (1990), S. 149-187.

102

RWC-Fallstudienbuch

Normalform werden transitive Abhängigkeiten beseitigt. Eine transitive Abhängigkeit liegt dann vor, wenn ein Nicht-Schlüssel-Attribut nicht direkt von einem Schlüssel-Attribut abhängig ist, sondern über ein anderes Nicht-Schlüssel-Attribut vom Schlüssel-Attribut abhängig ist, d. h. die eigentliche Abhängigkeit besteht von dem NichtSchlüssel-Attribut. Beispiel: Handel mit Schreibtischen Gegeben sei die folgende Relation mit den zwei Sätzen, die durch die Lieferantennummern LI und L2 identifiziert werden (Schlüssel unterstrichen): Lief. Lief. Lief. Art. Art. Nr. Name Anschr. Nr. Bez. LNR LNA LORT ANR ABEZ

Vk Ek Preis Preis VP EP

Verk.

Verk. Nr. VNR

Name VNA

LI

Müller MS

Al A2 A3

Piano 1100 1200 Orion 1200 1400 Malaga 1400 1800

VI VI V2

Schmidt Schmidt Huber

L2

Meier ST

Al

Piano Orion Info

1050 1200 1170 1400 1200 1400

VI

Schmidt Schmidt Huber

A2 A3

VI V2

Die Übernahme der Tabelle in diesem Zustand in ein relationales Datenbanksystem ist nicht sinnvoll, da noch Redundanzen enthalten sind, ζ. B. wird die Information „Al = Piano" mehrfach erfaßt. Zur Beseitigung der Wiederholungsgruppe werden die sich wiederholenden Felder in eine eigene Tabelle überführt. Der Schlüssel des übergeordneten Satzes wird in die neue Tabelle übernommen. Von dem ursprünglichen Datensatz bleiben nur der Schlüssel und die nicht zu der Wiederholungsgruppe gehörenden Attribute über. Sie bilden eine eigene Relation.

Informationsmodellierung

103

R. Lieferant LNR

LNA

LORT

LI L2

Müller

MS

Meier

ST

R. Schreibtischzuordnung LNR

ANR

ABEZ

EP

VP

VNR

VNA

LI

Al

Piano

1100

1200

VI

Schmidt

LI

A2

Orion

1200

1400

VI

Schmidt

LI

A3

Malaga

1400

1800

V2

Huber

L2

Al

Piano

1050

1200

VI

Schmidt

12

A2

Orion

1170

1400

VI

Schmidt

L2

A4

Info

1200

1400

V2

Huber

Nur die Kombination der Schlüssel Lieferantennummer (LNR) und Artikelnummer (ANR) führt zu einer eindeutigen Identifizierbarkeit. R. Lieferant ist in der ersten Normalform, da keine Wiederholungsgruppen mehr vorkommen. R. Schreibtischzuordnung enthält ebenfalls keine Wiederholungsgruppen mehr (ist also auch in der ersten Normalform), ist aber noch nicht optimal. Ζ. B. ist für den Verkaufspreis nur die Artikelnummer von Bedeutung und nicht die Lieferantennummer. Nur zur Feststellung der Einkaufspreise sind beide Schlüssel (LNR, ANR) notwendig. Die anderen Attribute werden nur durch einen Teil des Schlüssels, nämlich die Artikelnummer (ANR) identifiziert. In der zweiten Normalform wird aus der Relation Schreibtischzuordnung der EP herausgezogen und bildet zusammen mit den Schlüsseln LNR und ANR eine eigene Relation.

104

R WC-Fallstudienbuch

R. Preis LNR

ANR

EP

LI LI LI L2 L2 L2

Al A2 A3 Al A2 A4

1100 1200 1400 1050 1170 1200

Die restlichen Attribute werden in einer neuen Relation zusammengefaßt, die durch den Schlüssel ANR identifiziert wird. R. Artikel ANR Al A2 A3 A4

ABEZ Piano Orion Malaga Info

VP 1200 1400 1800 1400

VNR VI VI V2 V2

VNA Schmidt Schmidt Huber Huber

Auch R. Artikel ist noch nicht optimal, da ζ. B. Verkäuferinformationen mehrfach vorkommen, die nicht direkt von der Artikelnummer abhängig sind. Die Verkäufernummer ist eigentlich das identifizierende Merkmal (transitive Abhängigkeit). Die Relation Artikel wird in der 3. Normalform aufgeteilt in die 2 Relationen R. Verkäufer VNR VI V2

VNA Schmidt Huber

Informationsmodellierung

105

und R. Artikel* ANR

ABEZ

VP

VNR

Al A2 A3 A4

Piano Orion Malaga Info

1200 1400 1800 1400

VI VI V2 V2

3.3 Prozeß und Prozeßmodellierung Ferstl und Sinz definieren einen Geschäftsprozeß als „eine Transaktion oder eine Folge von Transaktionen zwischen betrieblichen Objekten. Gegenstand der Transaktion ist der Austausch von Leistungen und/oder Nachrichten zwischen den Objekten."1 Hammer und Champy definieren einen Prozeß hingegen als „ein Bündel von Aktivitäten, für das ein oder mehrere unterschiedliche Inputs benötigt werden und das für den Kunden ein Ergebnis von Wert erzeugt."2 An dieser Stelle soll ein Prozeß definiert werden als die inhaltlich abgeschlossene, zeitliche und sachlogische Abfolge von Funktionen, die zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlich relevanten Objektes notwendig sind. Dieses eine Objekt prägt den Prozeß, weitere Objekte können in diesen Prozeß einfließen. Prozesse können in einer Hierarchie zueinander stehen. Die oberste Hierarchiestufe wird Geschäftsprozeß genannt. Geschäftsprozesse ergeben sich aus den obersten Sachzielen und weisen zwingend Schnittstellen zu externen Marktpartnern auf. Zentrale Prozesse des Industrieunternehmens sind der Logistikprozeß mit der Beschaffungs-, der Produktions- und der

1

Festl, O. K„ Sinz, E. J. (1993), S. 590.

2

Vgl. Hammer, M„ Champy, J. (1994), S. 52.

106

R WC-Fallstudienbuch

Vertriebslogistik, weiterhin der Produktentwicklungs- (Leistungsgestaltungs-) und der Informations- und Koordinationsprozeß. 1 Objekte, die definitorisch ausschlaggebend für Prozesse untergeordneter Hierarchiestufen sind, sind ζ. B. die Bestellung (Bestellschreibung und Bestellüberwachung), die Rechnung (Rechnungsprüfung und -verbuchung), aber auch die physische Ware für den Bereich der Lagerlogistik. Ein Prozeßmodell ist das immaterielle Abbild eines Prozesses zum Erkennen oder Gestalten des organisatorischen Ablaufes oder des die Ablauforganisation unterstützenden EDV-Systems. Business Process Reengineering ist die Neuausrichtung der Ablauforganisation eines Unternehmens auf die wesentlichen Prozesse. Im Vordergrund steht nicht die rationelle Erfüllung einer Einzelaufgabe, sondern die effiziente Gestaltung aller zur Bearbeitung eines betriebswirtschaftlichen Objektes notwendigen Aufgaben in ihrer zeitlichen und sachlogischen Abfolge. In der ereignisgesteuerten Prozeßkette, einem Modellierungsverfahren zur Darstellung von Prozessen, sind Ereignisse die passiven Komponenten, die einen Zustand kennzeichnen (eine bestimmte Situation ist eingetreten), Vorgänge bzw. Funktionen hingegen die aktiven Komponenten, die eine Bearbeitung, einen Transport, eine Prüfung oder eine ähnliche aktive Tätigkeit beschreiben.

1

Vgl. Scheer, A.-W. (1994).

Informationsmodellierung

3.4

107

Die Ist-Situation in Prozeßmodellen

Die derzeitigen Ist-Abläufe werden in den Abbildungen 3 bis 8 wiedergegeben. tfedarismeldui^e / aus der \ \Produktion hegl/

ismeldung, dem LagerO eich liegt vaf

irfsmeldun[ ( aus der MaWi liegt vor

Kumuliere Bedarfsmeldungen eines Teils

ή 4

Lieferam nicht gefunden

Φ

Abb. 3:

Einkauf

108

RWC-Fallstudienbuch

Ware soll angenommen

Prüfe gelieferte Ware mit Lieferschein

(XOR)-

-

ν / Keine \ Mengendifferenz) \ vorhanden J

Erfasse Ist-WEMenge

Isi-WE-Menge\ erfaßi )

Abb. 4:

Wareneingang

'are soll nichl angenommen werden

Informationsmodellierung

i 2 Kopien à e k / Rechnung and } \ vorhanden /

Kopiere Rechnung

/ Rechnung ist \ /von Rechnung*-\ Vopien getrenny

Φ Γ

Verteile Rechnung skopien an Einkauf ^ und Reprii

Φ Aiechnungskoj Tjegt in RepriJ

Abb. 5:

liechnungskopiX /liegt un Einkauft

Rechnungseingang

ΓHalle O n g i n a A der Rechnung eine V» oche L

ZUIUÖL

J

109

110

RWC-Fallstudienbuch

Korrigiere Redmungskopie

Benachrichtige Lieferant

/Rechnungstopuk \ ist korrigiert /

/ Lief er am ist \ \ benadirichugt /

Schicke Rechnungskopie an Kreditoren^ v buchhaltung

.RechungskopiA / ist an KreditoX yenbuchhalwng / \ geschickt j

Abb. 6:

Rechnungsprüfung in der Einkaufsabteilung

Informationsmodellierung

t

ngendiffen vorhanden

Kläre Mengendifierenz

iL Mengendifierenz nicht begründet

Φ Korrigiere Rechnungskopie

Abb. 7:

Rechnungsprüfung in der Rechnungsprüfungsabteilung

111

112

R WC-Fallstudienbuch

Skonto is: errechnet Keine korrigierte inungskopit vorhanden

/ Korrigierte \ Alechnungskopiero \ vorhanden /

Ziehe Skonto vom Rechnungsbetrag ab

Übertrage ^ Änderungen von R.kopie(n) auf ^ Rechnung

Rechnung korrigiert

Skonto ist gebucht

Buche Rechnung

^Stichtag erreich^

^Zahltag erreicht^

Erstelle Summenliste aus OPs

Prüfe, ob Kreditor gesperrt

/ Steuern sind \ gebucht

(xom-

Kreditor nicht gespem

Kreditor gespem

/ Zahlung ist V gebucht

Prüfe, ob Rechnung gespem

:hnung nicht gespem

Abb. 8:

Kreditorenbuchhaltung

Rechnung gespem

Informationsmodellierung 3.5

113

Die Soll-Situation in Prozeßmodellen

Verbesserte Abläufe, die durch integrierte Informationssysteme unterstützt werden, führen zu einer höheren Effizienz und zu weniger Fehlern. Im einzelnen sind folgende „re-engineerte" Abläufe denkbar:

1 s S S Bestellung Lieferanten per l EDI ;

.'

/Bestellung a n \ ' Lieferanten \ \ versandt /

Abb. 9:

Einkauf

114

RWC-Fallstudienbuch

Korrigiere Lieferschein

[ — ^

'

/ \

Lieferschein korrigiert

/ ( \

Mengcndifferenz vorhanden

Erfasse Lieferschein mil Bezug zur Bestellung

(XOR)< -

Abb. 10: Wareneingang

- '

^

^

Informationsmodellierung

115

A^echnurrtt ^Glqiche H itnil· betrag be- mí wertetem Wa- , TCTTCT.

gab

/\RechnurVg ist im \/ System ycorrigic/t

/LieleraAt / ist \ r»enachricnt \ ijit /

^ntttrrore] buch- 1 haltungss ystem ^J

•Φ Erzeuge OP V

>

k

'P erzeuJdi

Abb. 11: Rechnungseingang und-prüfung

[\jRechnur\g ist im /Τ System ycorrigie/t - - φ

/Lieferant / ist Λ V>enachricnt \ igt / - -

116

RWC-Fallstudienbuch

Prüfe, ob Rechnung gesperrt

/ i.

Scheck ist gedruckt

\ 1

Abb. 12: Kreditorenbuchhaltung Der grundlegende Unterschied zwischen dem Ist-Prozeß-Modell und Soll-Prozeß-Modell besteht darin, daß alle Vorgänge von einem integrierten EDV-System unterstützt werden und so redundante Vorgänge entfallen und Medienbrüche vermieden werden können. Der Einkauf sieht bei der Bestellschreibung alle zu einem Teil gehörenden zusammengefaßten Bedarfe, zu denen - EDV-mäßig unterstützt - der geeignete Lieferant ausgewählt wird. Die Bestellung wird nicht gedruckt, sondern gelangt per elektronischem Datenaustausch (elee-

Informationsmodellierung

117

tronic data interchange EDI) unmittelbar zum Lieferanten. Das aufwendige Ablegen und Verteilen der Bestellkopien entfällt. Aufgrund des integrierten EDV-Systems kann bei der Wareneingangserfassung auf die Bestellung Bezug genommen werden. Dies vereinfacht die Wareneingangserfassung, d. h. bei Übereinstimmung zwischen Bestellmenge und Liefermenge besteht die Wareneingangserfassung im Prinzip aus dem Betätigen der Return-Taste. Sollten Mengendifferenzen bestehen, die über einer Toleranzgrenze liegen, wird über das Electronic Mail-System sofort der Einkauf benachrichtigt, der eine Klärung der Differenz herbeizuführen hat. Beim Rechnungseingang wird davon ausgegangen, daß die Rechnung per elektronischem Datenaustausch (electronic data interchange EDI) eingeht. Im System wird überprüft, ob der Rechnungsendbetrag mit der Summe der bewerteten Wareneingänge (Bewertung anhand der Bestelldaten und des im Bestellsystem abgebildeten Preis- und Konditionengefüges) übereinstimmt. Ist dies der Fall, werden der offene Posten erzeugt und die Bestellung und der Wareneingang endgültig abgeschlossen. Ein manueller Eingriff ist hier nicht vonnöten. Dieser kommt nur dann zum Tragen, wenn der Rechnungsendbetrag und der bewertete Wareneingang nicht übereinstimmen. Die Differenzen können auf Mengendifferenzen oder auf Preisdifferenzen zurückzuführen sein. Bei Mengendifferenzen muß auf den Wareneingang bzw. den Lieferschein referenziert werden, bei Preisdifferenzen auf die entsprechenden Werte der Bestellung und des Preis- und Konditionengefüges. Wenn keine Mengendifferenz vorhanden ist oder eine Mengendifferenz besteht, die in der Rechnung angegebene Menge aber korrekt ist, braucht keine Veränderung der Rechnung vorgenommen zu werden. Sie wird wie übermittelt akzeptiert. Wenn die Mengendifferenz nicht begründet ist, wird - nach Absprache mit den Lieferanten die Rechnung korrigiert und nur der korrigierte Rechnungsbetrag als offener Posten erzeugt.

118

R WC-Fallstudienbuch

Ähnliches gilt mit Wertdifferenzen. Sind keine Wertdifferenzen vorhanden oder die Wertdifferenzen begründet, so bleibt die Rechnung unverändert (eventuell muß das Preis- und Konditionengefiige angepaßt werden), bei begründeter Wertdifferenz ist ebenfalls nach Rücksprache mit dem Lieferanten die Rechnung im System zu korrigieren, und der veränderte Rechnungsbetrag bildet den offenen Posten. Im Rahmen der Kreditorenbuchhaltung ist zu überprüfen, ob der Kreditor gesperrt ist oder die Rechnung gesperrt ist, wenn die Ausgangsereignisse, nämlich „der offene Posten wurde erzeugt und der Zahltag ist erreicht" eingetroffen sind. Eine Sperrung der Rechnung kann ζ. B. dann vorgenommen worden sein, wenn zwischen bewertetem Wareneingang und Rechnungsbetrag eine Differenz bestand, die nicht geklärt werden konnte (dieser Ausnahmefall ist in der vorhergehenden Prozeßkette nicht explizit modelliert). Im Normalfall wird die Rechnung freigegeben und die Zahlung gebucht, das System übernimmt automatisch die Buchung des Skontos (aus dem Preis- und Konditionengefüge) und der Steuern (aufgrund der hinterlegten Steuertabellen). Nach wie vor soll hier ein Scheck gedruckt werden. Es wäre auch möglich, stattdessen eine Zahlungsaufforderung anzustoßen, die auf elektronischem Wege an die Banken übermittelt wird.

Informationsmodellierung 3.6

119

Die Soll-Situation im Datenmodell und Datenbankmodell

Abb. 13: Vereinfachtes Datenmodell zu Bestellung, Wareneingang, Rechnungsprüfung und Zahlung Ein Datenmodell, das die beschriebenen Aufgaben unterstützt, muß die Sachverhalte Lieferant, Teil, Bestellung, Lieferschein, Rechnung und Bezahlung aufnehmen. Eine Bestellung ist immer an einen Lieferanten gerichtet und wird an einem bestimmten Zeitpunkt geschrieben. Eine Bestellung umfaßt eine oder mehrere Positionen, in denen Teile und die Mengen, die von diesem Teil bestellt werden, angegeben sind. Insofern muß bei dem Sachverhalt Bestellung unterschieden

120

R WC-Fallstudienbuch

werden zwischen dem Bestellkopf, der die Informationen enthält, die zur gesamten Bestellung gehören, und der Bestellposition, die die teilespezifischen Informationen aufnimmt. Der Bestellkopf kann als Relationship zwischen dem Lieferanten und der Zeit interpretiert werden, so daß die Lieferantennummer und das Datum identifizierende Schlüssel der Bestellung sind. Die Bestellposition ist eine Beziehung zwischen dem Bestellkopf, dem Teil und der Zeit, d. h. die Bestellposition ist eindeutig identifiziert durch den Schlüssel des Bestellkopfes (Lieferantennummer und Bestelldatum), den Schlüssel des Teils (Teilenummer) und den Schlüssel der Zeit (Planlieferdatum). Der Lieferschein mit Lieferscheinkopf und Lieferscheinposition und die Rechnung mit Rechnungskopf und Rechnungsposition bilden sich ähnlich, wobei Lieferscheinposition und Rechnungsposition nur durch die entsprechenden Schlüssel des Kopfs und des Teils identifiziert werden. Die im Kopf enthaltene Zeitinformation (Lieferdatum bzw. Rechnungsdatum) gilt auch für alle Positionen. Die Zahlung ist in der Abb. 13 so modelliert, daß sie selbst eine direkte Beziehung zwischen Lieferant und Zeit darstellt und eine zusätzliche Relationship zum Rechnungskopf besteht, d. h. die Referenz bezieht sich immer nur auf eine gesamte Rechnung. Damit kann zwar eine Zahlung mehrere Rechnungen umfassen, auch kann eine Rechnung über mehrere Zahlungen ausgeglichen werden; nicht abgebildet ist jedoch der Fall, daß sich eine Zahlung auf eine oder mehrere Rechnungspositionen einer Rechnung beziehen. (Überlegen Sie, wie dieser Fall modelliert werden müßte!) Alle Beziehungen in dem Entity-Relationship-Modell sind (0,*) : (0,*)-Beziehungen. Das zu dem Datenmodell gehörende Datenbankmodell sieht folgendermaßen aus 1 :

1

Vgl. z. B. Scheer, A.-W. (1994), S. 412-434.

Informationsmodellierung

R.Lieferant

121

(Lieferanten-Nummer, Lieferanten-Name, Lieferanten-Straße, Lieferanten-PLZ, Lieferanten-Ort, Zuverlässigkeits-Kennzeichen, Kumulierter_Auftragswert, Branche)

R.Teil

(Teile-Nummer. Teile-Bezeichnung, Höchstbestellmenge, Disponent, ABC-Kennzeichen, Lagerbestand, Gewicht, Abmessung, Raumbedarf, Lagerkostensatz, Durchschnittspreis, Standardpreis)

R.Zeit R.Bestellkopf

R.Bestellposition

(Datum) (Lieferanten-Nummer, Bestell-Datum. Anlieferstelle, Lieferkondition, Zahlungskondition) (Lieferanten-Nummer. Bestell-Datum. TeileNummer. Plan-Liefer-Datum. Bestellmenge, Bestellpreis, Status)

R.BP.LP.Zuordnung

(Lieferanten-Nummer. Bestell-Datum. LieferDatum. Teile-Nummer)

R.Lieferscheinkopf

(Lieferanten-Nummer. Liefer-Datum. Originalbeleg-Nummer)

R.Lieferscheinposition (Lieferanten-Nummer. Liefer-Datum. TeileNummer. Liefermenge) R.LP.RP.Zuordnung

(Lieferanten-Nummer. Liefer-Datum. Rechnungs-Datum, Artikel-Nummer. Menge)

R.Rechnungskopf

(Lieferanten-Nummer. Rechnungs-Datum. Originalbeleg-Nummer, RechnungsKonditionen)

122

RWC-Fallstudienbuch

R.Rechnungsposition

(Lieferanten-Nummer. Rechnungs-Datum. Teile-Nummer. Berechnete_Menge, Verkaufspreis, Teile-Kondition)

R.RK.Zahl.Zuordnung (Lieferanten-Nummer. Rechnungs-Datum. Zahlungs-Datum. Betrag) R.Zahlung

(Lieferanten-Nummer. Rechnungs-Datum. S/H, Betrag, Zahlungssperre)

Da das Datenmodell bereits datenbankkonform modelliert worden war, befinden sich die Relationen des Datenbankmodells in dritter Normalform, d. h. • es treten keine Wiederholungsgruppen auf, • es gibt keine Nicht-Schlüsselattribute, die nur von einem Teil des Schlüssels abhängig sind, und • es existieren keine transitiven Abhängigkeiten.

3.7

Vorteile der Modellierung

Die Modellierung abstrahiert von Gegebenheiten der Realwelt, die für die vorgegebene Aufgabenstellung keine Relevanz besitzen. Dadurch sind Modelle einfacher als die (oft komplexe) Realwelt, dennoch sind die für die Zwecke des Subjekts (Aufgabenstellung) wichtigen Aspekte erfaßt. Modelle haben wegen ihrer Einfachheit (wenn denn einfache Modellierungsverfahren gewählt werden!) einen hohen Dokumentationswert und können als gemeinsame Diskussionsgrundlage bei der (Neu-) Gestaltung von Prozessen und/oder EDV-Systemen dienen. Sie sind leicht verständlich, so daß der Anwender aus der Fachabteilung, der meist in der Handhabung formal-abstrakter Verfahren wenig geschult

Informationsmodellierung

123

ist, damit umgehen kann. Andererseits besitzen sie einen Formalitätsgrad, der sie als Basis für die Umsetzung in EDV-Systeme prädestiniert. Sie helfen, die oft beklagte Kommunikationslücke zwischen Fachabteilung und EDV-Abteilung zu schließen. In Modellen sind strukturelle Gleichheiten von Prozessen erkennbar, die sich bei ausschließlicher Betrachtung der Realwelt nicht einfach erschließen ließen. Das Erkennen von Strukturanalogien1 kann zur Gestaltung einer vollkommen gleichen Abwicklung von bisher leicht unterschiedlich gehandhabten Prozessen führen (Vereinfachung durch Vereinheitlichung). Dies kann sich auf die Organisation wie auf die EDVSysteme beziehen. In der Organisation bedeutet das Ausnutzen von Strukturanalogien ζ. B. die gleiche Abwicklung der Lagerverwaltung des Betriebsstoff-, Magazin- und Fertigteillagers mit jeweils identischem Ablauf der Funktionen Einlagern, Auslagern, Umlagern, Durchführen der Inventur und Bewerten. EDV-bezogen bedeutet Vereinfachung durch Vereinheitlichung, daß zur Unterstützung der Lagerverwaltung ein jeweils identisches EDV-Modul genutzt wird (Realisierung der Strukturanalogie durch Modulintegration 2 ).

1

zu Strukturanalogien vgl. Becker, J. (1995 b).

2

zu Modulintegration vgl. Becker, J. (1991), S. 173-179.

124

RWC-Fallstudienbuch

Kontrollfragen ( 1 ) Was ist unter Prozeßorientierung zu verstehen? (2) Grenzen Sie Prozeßorientierung und Objektorientierung voneinander ab! (3) Welche Anforderungen sind an EDV-Systeme zu stellen, die prozeßorientierte Organisationsgestaltung unterstützen sollen? (4) Gilt „information follows organisation" oder „organisation follows information"? (5) Warum eignen sich ereignisgesteuerte Prozeßketten sowohl für die Organisations- als auch für die Informationssystemgestaltung? (6) Nehmen Sie zu folgender Aussage Vetters kritisch Stellung: „Das Jahrhundertproblem der Informatik besteht in: - Der Bewältigung des Datenchaos, das infolge unkontrolliert gewachsener Datenbestände fast überall entstanden ist. - Der Schaffung einer Datenbasis, die für die effiziente Nutzung zukunftsträchtiger Möglichkeiten der Informatik - gemeint sind benutzerfreundliche, auch Nichtinformatikern zumutbare Anwendungsgeneratoren und höhere Datenbanksprachen unerlässlich ist."1

1

Vetter, M. (1990), S. 5.

Informationsmodellierung

125

(7) Erstellen Sie ein Entity-Relationship-Modell mit Angabe der Kardinalitäten für folgenden Sachverhalt: -

Ein Unternehmen organisiert Kurse mit unterschiedlichen Kursthemen (bspw. Informatik, BWL, usw.). Die einzelnen Kurse werden pro Jahr mehrfach angeboten (bspw. Informatik im Frühjahr, Sommer und Herbst).

-

Jedes Kursthema kann von mehreren Lehrern betreut werden. Ein Lehrer ist gewöhnlich für mehrere Kursthemen zuständig.

-

Ein Lehrer führt in der Regel mehrere Kurse durch. Ein bestimmter Kurs wird nur von einem Lehrer geleitet.

-

Für jeden Kurs melden sich in der Regel mehrere Teilnehmer an. Ein Teilnehmer kann sich auch für mehrere Kurse anmelden.

-

Jeder Kurs erfordert einen bestimmten Seminarraum. Ein Seminarraum kann für verschiedene Kurse genutzt werden.

-

Kursthemen sollen in einer vorgegebenen Sequenz belegt werden. In der Regel können einem bestimmten Kursthema mehrere andere Kursthemen folgen. Umgekehrt erfordert ein bestimmtes Kursthema die Belegung anderer Kursthemen.

(8) Warum heißt eine relationale Datenbank „relational"?

126

R WC-Fallstudienbuch

Literatur Adam, D. (1993), Planung und Entscheidung, 3. Aufl., Wiesbaden 1993. Becker, J. (1991), CIM-Integrationsmodell - Die EDV-gestützte Verbindung betrieblicher Bereiche, Berlin u. a. 1991. Becker, J., Rosemann, M., (1993), Logistik und CEM. Die effiziente Material- und Informationsflußgestaltung im Industrieunternehmen, Berlin u. a. 1993. Becker, J. (1995 b), Strukturanalogien in Informationsmodellen, in: Wirtschaftsinformatik '95, Hrsg.: W. König, Heidelberg 1995, S.133-150. Chen, P. P. (1976), Entity-Relationship Model: Towards a Unified View of Data, in: ACM Transactions on Database Systems, 1. Jg. 1976, Heft l,S.9-36. Codd, E. F. (1970), A Relational Model for Large Shared Data Banks, in: Communications of the ACM, 13. Jg. 1970, S.377-387. Ferstl, O. K., Sinz, E. J. (1993), Geschäftsprozeßmodellierung, Wirtschaftsinformatik, 35. Jg. 1993, S. 589-592. Hammer, M., Champy, J. (1994), Business Reengineering. Die Radikal-Kur für das Unternehmen, Frankfurt am Main 1994. Keller, G., Nüttgens, M., Scheer, A-W.: Semantische Prozeßmodellierung auf der Basis ,.Ereignisgesteuerter Prozeßketten (EPK)". Veröffentlichung des Instituts für Wirtschaftsinformatik, Heft 89, Saarbrücken 1992.

Informationsmodellierung

127

Scheer, A.-W. (1994), Wirtschaftsinformatik, 5. Aufl., Berlin u. a. 1994. Steinmüller, W. (1981), Eine sozialwissenschaftliche Konzeption der Informationswirtschaft (Informationstechnologie und Informationsrecht I), in: Nachr. f. Dokum., 32. Jg. 1981, Heft 2, S. 69-80. Vetter, M. (1990), Aufbau betrieblicher Informationssysteme mittels konzeptioneller Datenmodellierung, 6. Aufl., Stuttgart 1990.

Entwicklung einer Informationsstrategie

129

Entwicklung einer Informationsstrategie Reinhard Schütte

1 Sachverhalt Die B+S AG, ein Großhandelsunternehmen, sucht in der derzeitigen Rezession nach Möglichkeiten, ihre strategische Wettbewerbsposition zu verbessern. Ein vorrangiges Ziel ist es, die als kritisch eingeschätzte Absatzsituation durch eine ganzheitliche Optimierung der Informationsversorgung abzusichern. Eine Gewinn Verbesserung erscheint nur durch eine Veränderung der Kostenseite möglich zu sein. Aus diesem Grunde wurde ein weltweit tätiges Beratungsunternehmen damit beauftragt, die Informationsverarbeitung bei der B+S AG zu analysieren, die Schwachstellen aufzuzeigen und ein Konzept zu entwickeln, wie die Ausgestaltung der zukünftigen Informationsstrategie der B+S AG aussehen sollte, um die Nutzung der Informationssysteme als Wettbewerbsfaktor zu sichern. Die B+S AG verfügt über ein sehr breites Sortiment von 90.000 Artikeln. In einem ersten Vorgespräch mit den Mitgliedern des zweiköpfigen Vorstandes werden grundlegende Sachverhalte geklärt, da innerhalb der nächsten drei Monate ein Bericht über die Ist-Situation zu erstellen ist. Um einen Überblick über das Volumen der Informationsverarbeitung bei der B+S AG zu geben, werden folgende Zahlen genannt: 2 Mrd. DM Umsatz, 1 000 Mitarbeiter, 2 Millionen Rechnungen im Jahr und 70 000 Auftragspositionen pro Tag. Bei der Anwendungssoftware werden im Bereich betriebswirtschaftlich-administrativer Systeme die Produkte der SAP (RF, RA, RK) eingesetzt. Das Warenwirtschaftssystem stellt eine Eigenentwicklung dar. Die Hardware-Struktur ist monolithischer Natur:an einem Großrechner sind ca. 400 Terminals angeschlossen. Durch eine Vielzahl von Gesprächen mit den einzelnen Leitern der Fach- und DV-Bereiche ist es möglich, den Bericht zur Ist-Analyse

130

R WC-Fallstudienbuch

der Informationsverarbeitung zu erstellen. Die Abläufe haben Sie für sämtliche Funktionalbereiche formal korrekt in Form von Vorgangsketten 1 abgebildet. Beispielhaft ist ein Vorgangskettendiagramm für die Disposition und das Bestellwesen der Abb. 1 zu entnehmen.

Abb. 1 :

1

Vorgangskettendiagramm Disposition bei der B+S AG

Vgl. Scheer,A.-W. (1990), S. 38-46.

Entwicklung einer Informationsstrategie

131

Bei der Disposition ist keinerlei DV-technische Unterstützung des Disponenten durch aus der Literatur bekannte Bestellmodelle gegeben, und der Dispositionsprozeß zeichnet sich durch eine Vielzahl an Redundanzen (in der Abbildung durch Doppelkreise gekennzeichnet) und Medienbrüchen (Wechsel von manueller und EDV-gestützte Tätigkeit) aus. Es fällt sofort auf, daß aufgrund der bis dato hohen Arbeitsteilung, die dem tayloristischen Paradigma folgt, dem Prozeßgedanken widersprechend gearbeitet wird. Die anderen betrieblichen Funktionalbereiche weisen eine analoge Ablaufgestaltung auf. Als Fazit der Ist-Analyse läßt sich folgendes feststellen: "Die Informationsverarbeitung der B+S AG handhabt zwar das operative Massendatengeschäft befriedigend, die Zusammenführung von Informationen der mengenorientierten operativen Systeme über wertorientierte Abrechnungssysteme, Berichts- und Kontrollsysteme bis zu Planungsund Entscheidungssystemen erfolgt jedoch nicht effizient." Vier Wochen danach erteilt die B+S AG den Auftrag, aufbauend auf den Erkenntnissen des Ist-Berichts, eine geeignete Konzeption für die zukünftige Informationsverarbeitung zu entwerfen. Hierbei sind Empfehlungen über die einzusetzende Anwendungssoftware (Standardsoftware oder Eigenentwicklung), das Datenbanksystem, das Betriebssystem, die Hardware und die Netzarchitektur zu erarbeiten. Des weiteren ist es erklärte Zielsetzung, organisatorische Handlungsempfehlungen zu geben. Die wichtigste Entscheidung, die Auswahl oder Entwicklung der geeigneten Anwendungssoftware, soll auf Basis von Daten- und Prozeßmodellen erfolgen. Es haben sich auf diese Weise zwei Alternativen ergeben, die für die B+S AG in Betracht kommen. Zum einen besteht die Möglichkeit, alle Anforderungen mit Hilfe von Modulen des integrierten Standardsoftwaresystems

R/3 der

SAP AG abzudecken. Zum anderen könnte die B+S AG die Probleme durch eine Eigenentwicklung wirtschaftssystems beseitigen.

(Individualsoftware)

eines Waren-

132

R WC-Fallstudienbuch

2 Aufgaben 2.1 Warum hat das Informationsmanagement der Unternehmen einen Wandel erfahren, und welche Einflußfaktoren auf tionsmanagement gibt es? Wie kann die Situation tionsverarbeitung bei der B+S AG mit Hilfe von tendiagrammen methodisch analysiert werden Abb. 1 zu entnehmen)!

das Informader InformaVorgangsket(exemplarisch

2.2 Welche Aufgaben gehören zu einem umfassenden Informationsmanagement? Zeigen Sie beispielhaft Interdependenzen zwischen den einzelnen Aufgaben des Informationsmanagements auf! Diskutieren Sie Möglichkeiten, wie eine zukünftige Informationsstrategie im Bereich der Anwendungssoftware der B+S AG entwickelt werden könnte! 2.3 Diskutieren Sie generelle Vor- und Nachteile von Standard- und Individualsoftware! Differenzieren Sie insbesondere zwischen Risiken und Chancen! Gehen Sie dabei auch auf die Vorteile einer integrierten Anwendungssoftware ein. Belegen Sie die Vorteile dieser Systeme durch das Aufzeigen einiger Datenflüsse zwischen warenwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichadministrativen Funktionen! 2.4 Kennzeichnen Sie die vorliegende Entscheidungssituation durch Darstellung der entsprechenden Komponenten des Entscheidungsmodells. Zeigen Sie Methoden auf, mit Hilfe derer die Einsparpotentiale der beiden Alternativen offengelegt werden können, um die notwendige Voraussetzung für eine Wirtschaftlichkeitsrechnung zu erfüllen! Welche Unterschiede bestehen bei der Quantifizierung von Kosten zwischen Standard- und Individualsoftware?

Entwicklung einer Informations strategie

133

3 Lösungsvorschläge 3.1 Entwicklung des Informationsmanagements Bei den stetigen und immer schneller voranschreitenden Fortschritten in der Informationstechnologie eröffnen sich breitere Einsatzmöglichkeiten der Datenverarbeitung in den Unternehmen. Diese Tendenz erfordert eine andere Sichtweise, der nicht die Technik, sondern die Strukturen, also die logische Ebene der Information und Kommunikation zugrundeliegt.1 Die Zunahme der Informationsintensität von Produkten (steigender „Software-Anteil" von Produkten, so z. B. von Staubsaugern, die über einen Fuzzy-Controller gesteuert werden) und der Informationsabhängigkeit von Prozessen (z. B. wesentlich softwareintensivere Fertigung als früher), wie sie in Abb. 2 wiedergegeben ist, zeigt zudem die Bedeutung der Information auf.

Abb. 2:

Informationsintensität von Unternehmenstypen

Vor diesem Hintergrund ist die Notwendigkeit eines umfassenden Informationsmanagements vor allem bei Unternehmen gegeben, die

1

Vgl. Heinrich, L. J., Burgholzer, P. (1990), S. 6 f.

134

RWC-Failstudienbuch

eine hohe Informationsintensität von Produkten und Prozessen aufweisen. Die aufgezeigten Rahmenbedingungen führen seit geraumer Zeit zu einem anderen Verständnis der Information. Die klassische Einteilung der Produktionsfaktoren nach Gutenberg in die drei Elementarfaktoren Arbeit, Betriebsmittel und Werkstoffe wird zunehmend um einen vierten Produktionsfaktor, die Information, ergänzt. Das Verhältnis der klassischen Produktionsfaktoren zu dem der Information gibt Abb. 3 wieder. Faktorkombination

^^^^utpuT^^)

. . . „ Leistungsprozeß

Güter , . Dienstleistungen

^^Produkticms^N, Betriebsmittel . „ Werkstoffe Arbeit

ψ

^

S teu eru ngsprozeß ^^Infbrmation^)

Abb. 3:

^

Informationsverarbeitung

^(^^Entscheidung^)

Information als Element des Steuerungsprozesses1

Die Heraushebung der Information als eigenständigen Produktionsfaktor erscheint vor allem aus zwei Gründen gerechtfertigt zu sein. Zum einen substituiert der Produktionsfaktor Information zunehmend die drei anderen Produktionsfaktoren. Für Handelsunternehmen ist vor allem das substitutive Verhältnis von Beständen - als Ausprägung des Faktors Werkstoffe i.w.S. Gutenbergs - zu Information zu nennen. Zum anderen hat die bereits aufgezeigte Zunahme des Informationsgehaltes von Produkten sowie der Informationsabhängigkeit von Prozessen dazu geführt, daß die Hinzunahme der Information als vierter Produktionsfaktor sinnvoll erscheint. Die Erkenntnis, daß die Information einen Produktionsfaktor darstellt, bedingt das Management

1

Schüler, W. (1989), S. 183.

Entwicklung einer Informationsstrategie

135

dieses Faktors. Hiermit einhergehend ist die Neuorientierung des Informationsmanagements zu betrachten, die nunmehr neben den bisher fokussierten technischen insbesondere organisatorische Aspekte in die Überlegungen einzubeziehen hat.1 Mit dem veränderten Verständnis der Information als Produktionsfaktor geht auch die Notwendigkeit einher, die Informationsfunktion als eine Führungsaufgabe aufzufassen, die nicht auf die Betrachtung der operativen Ebene beschränkt bleiben darf, sondern die strategische Dimension der Information für die Organisation erkennt. 2 Das TopManagement muß sich verstärkt mit Risiken und Chancen der Informationsverarbeitung auseinandersetzen, um auf diese Weise entweder den Nutzen der Datenverarbeitung für das Unternehmen zu maximieren oder aber eine gegebene Informationsversorgung mit möglichst geringen Kosten zu realisieren. Hingegen ist in den Unternehmen im allgemeinen festzustellen, daß die bestehende informationstechnische Infrastruktur die Durchsetzung von Maßnahmen zur inner- und außerbetrieblichen Effizienzsteigerung verhindert. Vor allem die Identifikation und Nutzung von Integrationspotentialen wird aber in der Zukunft von strategischer Bedeutung sein. So führt eine Datenintegration zu einer Reduktion der Datenübertragungszeiten zwischen einzelnen Vorgängen, und die Funktionsintegration ermöglicht eine Reduzierung der Bearbeitungs- und Übergangszeiten. Abschließend läßt sich eine Abkehr von einer operativen Kostenorientierung hin zu einer strategischen Leistungsorientierung konstatieren. Die Entwicklung des Informationsmanagements ist in Abb. 4 wiedergegeben.

1

Zur Notwendigkeit Information als Produktionsfaktor aufzufassen vgl. Martiny, L„ Klotz, M. (1990), S. 13-19.

2

Vgl. Heinrich, Lutz J. (1988), S. 4 f.

136

Abb. 4:

RWC- Fallstudienbuch

Entwicklung des Informationsmanagements

Nun bedingt ein Management der Information die Berücksichtigung einer Vielzahl an Einflußfaktoren,

denen das Informationsmanage-

ment ausgesetzt ist. Insbesondere die Organisation und der mögliche organisatorische Wandel determinieren die Ausgestaltung des Informationsmanagements (vgl. obige Ausführungen). Außerdem gehört auch der Bedeutungsgehalt

des Informationsmanagements

im Unter-

nehmen, der durch den Geschäftszweck der Unternehmung (ζ. B. Industrie, Handel, Dienstleistungen) die Informationsintensität innerhalb der Wertkette bestimmt, zu einem wesentlichen Faktor, den es im Rahmen des Informationsmanagements zu beachten gilt. Darüber hinaus stellen die bestehende Informationsinfrastruktur

und der

technische Fortschritt Rahmenbedingungen für das Informationsmanagement dar. Mit den in der Analyse der Ist-Situation der Informationsverarbeitung verwandten Vorgangskettendiagrammen lassen sich betriebliche Abläufe in den einzelnen inner- und zwischenbetrieblichen Teilbereichen (ζ. B. Disposition, Wareneingang, Personalwirtschaft) darstellen. Eine Vorgangskette stellt eine vollständige, tabellarisch strukturierte, graphische und textuelle Beschreibung eines betriebswirtschaftlichen

Entwicklung einer Informations Strategie

137

Ablaufs dar. Sie setzt sich aus Vorgängen zusammen, die als zeitverbrauchende Geschehen definiert werden können und jeweils durch ein (mehrere) Ereignis(se) gestartet und abgeschlossen werden. Mit einem Vorgangskettendiagramm werden die Organisation, die anfallenden Funktionen sowie die verarbeiteten Daten betrachtet (vgl. Abb. 1). In der linken Spalte sind dazu die einzelnen Vorgänge aufgelistet. Der Zusammenhang zur Organisation wird durch Angabe der für einen Vorgang zuständigen Organisationseinheit (ζ. B. Abteilung) in der rechten Spalte hergestellt. Dabei werden auch externe Partner wie Kunden, Lieferanten oder Kooperationspartner einbezogen. Die dazwischenliegenden Spalten kennzeichnen, ob bei der Vorgangsbearbeitung DV-Systeme eingesetzt werden oder ob die manuelle Bearbeitung überwiegt. Bei den Verarbeitungsformen werden Datenbasen in allgemeiner Form angegeben, sowie innerhalb der DV-gestützten Funktionen die Verarbeitungsformen „Batch" und „Dialog" unterschieden. Dabei finden in den Spalten einfache, sich selbst erklärende Symbole der Ablaufdiagramm- oder Datenflußtechnik Verwendung. In einem Vorgangskettendiagramm können bei einer Ist-Analyse Medienbrüche zwischen DV-technischer und manueller Verarbeitung aufgezeigt werden. Insbesondere werden Datenredundanzen, Mehrfacherfassungen, gekennzeichnet durch doppelt umrandete Kreise, und daraus resultierende Zeitverluste innerhalb eines Ablaufs sichtbar. Diese Schwachstellen bilden dann bei dem zu entwickelnden Sollkonzept Anregungen für Verbesserungsmöglichkeiten, die beispielsweise darin bestehen können, daß integrierte Datenbasen aufzubauen sind, die eine aktuelle und redundanzfreie Prozeßbearbeitung unterstützen.

3.2 Aufgaben des Informationsmanagements Die Informationsfunktion ist ebenso wie die Logistik eine Querschnittsfunktion. Während jedoch die Logistik primär den Materialfluß betrachtet, ist Gegenstand der Informationsfunktion die Steuerung des Informationsflusses. Das Informationsmanagement wird

13 8

RWC-Fallstudienbuch

häufig entsprechend der Fristigkeit der Planung in strategische, taktische und operative Aufgaben aufgeteilt.1 Anstelle

das

Informationsmanagement

über

die

Management-

Aufgaben zu definieren, wird hier eine ressourcenorientierte Betrachtung gewählt.2 Anhand der Ressourcen betrieblicher Informationssysteme lassen sich die vier Bereiche Datenmanagement, Anwendungsmanagement, Technologiemanagement und

Organisationsmanage-

ment als Elemente eines Informationsmanagements identifizieren'.3 Aufgabe des Datenmanagements

ist es, eine unternehmensweit inte-

grierte, konsistente und weitgehend redundanzfreie Datenbasis zu schaffen. Die einheitliche Datenbasis ist notwendig, um neben der horizontalen auch die vertikale Integration in der Informationspyramide zu ermöglichen. Das Anwendungsmanagement

beinhaltet den

gesamten Prozeß des Entwicklungs-Lebens-Zyklus der Software. Im Rahmen des Technologiemanagements

ist die Beobachtung des

Technologiemarktes, die Auswahl geeigneter Technologien für das Unternehmen, die Steuerung des Einsatzes der Technologien und die Überwachung und Kontrolle des Technologieeinsatzes erforderlich. Das Organisationsmanagement

als originär rein betriebswirtschaftli-

che Aufgabe hat der engen Verbindung von Organisation und Informationsverarbeitung durch eine integrierte Betrachtung beider Bereiche Rechnung zu tragen. Die Aufgaben des Informationsmanagements dürfen nicht isoliert betrachtet werden, da ansonsten bestehende Interdependenzen zwischen den Planungsbereichen zerschnitten würden. Von einer Inte-

1

Zur Einteilung der Informationsmanagement-Aufgaben vgl. Heinrich, L. J., Burgholzer, P. (1990), S. 15 f.

2

Zu den unterschiedlichen Einteilungskriterien der Aufgaben des Informationsmanagements vgl. Ortner, E. (1991), S. 322.

3

Vgl. im folgenden Ortner, E. (1993), S. 3 2 ff.

Entwicklung einer Informationsstrategie

139

gration innerhalb der Informationsverarbeitung kann erst dann die Rede sein, wenn das „Ganze" mehr ist als die „Summe seiner Teile". Anhand einiger Beispiele seien die Interdependenzen zwischen den Bereichen aufgezeigt, die aus Abb. 5 hervorgehen.

Abb. 5:

Interdependenzen zwischen der Aufgaben des Informationsmanagements

(1) Technologiemanagement

- Datenmanagement

Entscheidungen im Bereich der Technologie können das Datenmanagement beeinflussen. So bedingt der Zuwachs objektorientierter Systeme und möglicherweise deren Einsatz im Unternehmen eine Veränderung des Datenmanagements, da bei der Objektorientierung die Trennung zwischen Daten und Funktionen entfällt. (2) Technologiemanagement

-

Organisationsmanagement

Technologien determinieren einerseits die Struktur der Organisation. Andererseits führt eine gegebene Organisationsstruktur möglicherweise zu einer anderen technischen Ausstattung des Unternehmens. Der derzeitige Trend der Organisationen hin zu einer Dezentralisierung bedingt unmittelbar eine Dezentralisierung der Informationstechnik.

140

R WC-Fallstudienbuch

(3) Technologiemanagement

-

Anwendungsmanagement

Beispielhaft können hier Interdependenzen zwischen Betriebssystem, Entwicklungsumgebung und Anwendungssoftware genannt werden. Die Entscheidung für ein Anwendungssystem kann nicht unabhängig von der bestehenden oder zukünftigen Hardwarestruktur gefällt werden. Andererseits kann die Entscheidung für Hardware und systemnahe Software nicht unabhängig von der notwendigen Anwendungssoftware getroffen werden. (4) Organisationsmanagement

- Datenmanagement

Die konkrete Ausgestaltung der Organisation und der organisatorische Wandel bestimmen in erheblichem Umfang das Datenmanagement, da beispielsweise bei dezentralen Organisationsstrukturen andere Erfordernisse an das Datenmanagement zu stellen sind als bei zentralen Organisationen. (5) Datenmanagement

-

Anwendungsmanagement

Sowohl bei einer Eigenentwicklung als auch bei der Auswahl von Standardsoftware ist die Auswahl verfügbarer Datenbanken häufig eingeschränkt. Daher können bei dieser strategischen Entscheidung nur simultane Planungen zum Optimum führen. Aber auch bei administrativen und operativen Aufgaben des Anwendungsmanagements sind vielfältige Interdependenzen gegeben, da Veränderungen in der Funktionalität oft Anpassungen des Datenmanagements (Erweiterung der Datenstruktur) nach sich ziehen.1

Funktionen beschreiben den Transformationsprozeß von Input- in Outputdaten. Vgl. Scheer, A.-W. (1992), S. 62.

Entwicklung einer Informations Strategie

(6) Organisationsmanagement

-

141

Anwendungsmanagement

Das Anwendungssystem spiegelt deutlich die Strukturen der Unternehmung wider. Soll beispielsweise eine verstärkte Aufgabenintegration aus Gründen der zunehmenden Prozeßorientierung betrieben werden, so muß das Anwendungssystem andere Abläufe unterstützen als bei einer Ablauforganisation, die eine hohe Arbeitsteilung aufweist. Das Anwendungsmanagement kann aber auch Ansatzpunkte für das Organisationsmanagement zur Verbesserung betrieblicher Abläufe bieten. Die aufgezeigten Interdependenzen belegen, daß ein effizientes Informationsmanagement alle Bereiche simultaner betrachten muß. Von elementarer Bedeutung ist hierbei die Informationsstrategie des Unternehmens. Wie bei allen anderen Entwicklungen bedarf es hierzu einer abgesicherten Vorgehensweise, welche das Vorgehen von der Ist-Analyse der Informationsverarbeitung des Unternehmens bis hin zur Implementierung abbildet. Nach der Ist-Analyse besteht der nächste Schritt in der Erstellung von Informationsmodellen und ablauforganisatorischen Konzepten. Die Darstellung der Daten-und Funktionsmodelle sowie deren Zusammenwirken in Prozeßmodellen wird somit erforderlich. Aufbauend auf diesem betriebswirtschaftlichen Fachkonzept muß ein DV-Konzept erstellt werden, das Entscheidungen über die Ausgestaltung eines Soll-Konzepts vorbereitet. In diesem werden die Alternativen in den Bereichen Anwendungssoftware, Betriebssystem, systemnahe Software, Hardware- und Netzarchitektur usw. einer Bewertung unterzogen. Für die vorteilhafteste Handlungsalternative wird im folgenden eine Einführungsstrategie entwickelt, die es im Rahmen des dritten und letzten Schrittes, der Implementierung, umzusetzen gilt. Dieses Vorgehensmodell wird in Abb. 6 dargestellt.

142

RWC-Fallstudienbuch

Abb. 6:

Vorgehensmodell zur Entwicklung und Bewertung einer Informationsstrategie 1

3.3 Individual- und Standardsoftware Die Chancen und Risiken bei Standard- bzw. Individualsoftware können u. a. anhand folgender Kriterien aufgezeigt werden: -

Funktionalität •

Funktionsumfang der Software



Erweiterbarkeit der Software

-

Kosten

-

Integrationspotential 2 •

Daten- und Datenstrukturintegration



Modulintegration



Funktionsintegration



Integration der Benutzerschnittstelle



Konzeptintegration

1

In Anlehnung an Mattheis, P. (1993), S. 250.

2

Vgl. Becker, J. (1991), S. 166-191.

Entwicklung einer Informationsstrategie

-

143

Risiko • Fehlerrisiko der Software • Wartung und Weiterentwicklung der Software

Als Chancen und Risiken für integrierte Standardsoftware häufig genannt: -

werden

1

Funktionalität und Erweiterbarkeit • Funktionsumfang der Software Der Funktionsumfang ist höher als der von Individualsoftware. Trotzdem kann der Einsatz von Standardsoftware eine gewisse Inflexibilität mit sich bringen. Diese Gefahr ist umso größer, je geringer die Flexibilität der Software hinsichtlich organisatorischer Abläufe ist. • Erweiterbarkeit der Software Die Software ist im Regelfall auf Erweiterbarkeit ausgelegt, die sich in bestimmten Releasewechseln ausdrückt.

-

Kosten Der Kostenverlauf während des Lebenszyklus der Software weist im Regelfall ein gegenüber der Individualsoftware niedrigeres Niveau auf (vgl. Abb. 7).

1

Vgl. zu einigen Argumenten Martiny, L., Klotz, M. (1990), S. 79 f.

144

RWC-Fallstudienbuch

Kc « t e n

y .Standardsofrware-Eins atz

*

^ r

Projekt- \ c r o b -

\fach-

\

\

V ^

1

^

Individualentwicklung

i

Λ ^ Γ Λ γ ' ^ " Λ

\

System-\

Zeit

Kosten von Standard- und Individual-Software 1

Abb. 7: -

Integration • Daten- und Datenstrukturintegration Die Existenz anwendungsübergreifender Datenstrukturen ermöglicht insbesondere bei offenen Systemen ein großes Integrationspotential. •

Modulintegration Durch die Funktionsbreite von Standardsoftware nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, daß Module durch unterschiedliche Bereiche genutzt werden können.



Funktionsintegration Da viele unterschiedliche Module bei Standardsoftware eingesetzt werden, sind vielfältige Möglichkeiten für das Triggern von Funktionen gegeben, ζ. B. die Benachrichtigung des Disponenten nach erfolgtem Wareneingang.

• Integration der Benutzerschnittstelle Durch die Abbildung mehrerer Module in einem integrier-

1

In Anlehnung an Hoch, D. (1987), S. 711.

Entwicklung einer Informations strategie

145

ten System kann eine einheitliche Benutzeroberfläche realisiert werden. •

Konzeptintegration Die Software besteht aus vielen miteinander kommunizierenden Modulen, so daß für gleiche oder ähnliche Aufgaben in unterschiedlichen Modulen analoge Konzepte verwendet werden können (bspw. kann ein Klassifikationskonzept sowohl für unterschiedliche Artikelgruppierungen als auch für die Abbildung von Warengruppenhierarchien verwendet werden).

-

Risiko • Die Häufigkeit des Einsatzes von Standardsoftware verringert das Fehlerrisiko der Software. • Die Wartung und Weiterentwicklung der Software ist bei größeren Softwarehäusern gesichert. Eine geringe Marktpräsenz des Standardsoftware-Herstellers kann jedoch erhebliche Risiken in der Wartung und Weiterentwicklung des Systems mit sich bringen. • Es besteht eine große Abhängigkeit von dem Standardsoftware-Hersteller, da viele konkurrierende Interessen durch den Hersteller erfüllt werden müssen.

Die Beurteilung der Individualsoftware

anhand des Kriterienkatalo-

ges weist folgende Ausprägungen auf: -

Funktionalität und Erweiterbarkeit • Funktionsumfang der Software Die Software kann an die betriebsindividuellen Strukturen und Abläufe angepaßt werden, bleibt jedoch auf die Unternehmensabläufe beschränkt. Durch die Individualität lassen sich häufig Wettbewerbsvorteile gegenüber Mitbewerbern realisieren.

146

RWC-Fallstudienbuch

• Erweiterbarkeit der Software Die Weiterentwicklung erfolgt nicht in fest definierten Releaseständen, so daß die funktionale Entwicklung der Software sachlich und zeitlich unsicher ist. -

Kosten Das Kostenniveau von Individualsoftware ist höher als das von Standardsoftware (vgl. Abb. 7).

-

Integration • Daten- und Datenstrukturintegration Sofern ein Unternehmensdatenmodell existiert, ist die Möglichkeit der Daten- und Datenstrukturintegration gegeben. Da jedoch in den betriebswirtschaftlich-administrativen Bereichen vornehmlich Standardsoftware im Einsatz sein dürfte, sind die Möglichkeiten zur Daten- und Datenstrukturintegration geringer als bei integrierter Standardanwendungssoftware. •

Modulintegration Die im Gegensatz zur Standardsoftware geringere Funktionsbreite reduziert die Wahrscheinlichkeit, daß Module durch unterschiedliche Bereiche genutzt werden können.



Funktionsintegration Die Realisierung weniger Module bei Individualsoftware birgt das Risiko, daß das Ausmaß der Funktionsintegration deutlich unter dem Integrationsniveau bei Standardsoftware liegt.



Integration der Benutzerschnittstelle Bei der Softwareentwicklung muß darauf geachtet werden, daß eine einheitliche Benutzeroberfläche über alle Module hinweg realisiert wird. Obgleich dieses in heutiger Zeit keine großen Probleme mehr darstellt, zeichnet sich die be-

Entwicklung einer Informations Strategie

147

triebliche Realität bei Eigenentwicklungen durch den Einsatz unterschiedlicher Benutzeroberflächen aus. •

-

Konzeptintegration Eine Konzeptintegration unterbleibt bei Eigenentwicklungen weitgehend.

Risiko • Da Individualsoftware nur für ein Unternehmen erstellt wird, ist die Fehlerhäufigkeit i. d. R. höher als bei Standardsoftware. Allerdings kann bei auftretenden Fehlern schneller reagiert werden als bei Standardsoftware. • Die Wartung und Weiterentwicklung der Software ist nicht gesichert. Es existieren erhebliche Risiken in der Wartung, eine Weiterentwicklung des Systems ist nicht in dem Ausmaß möglich wie bei Standardsoftware. • Es besteht eine große Abhängigkeit von den Entwicklern bzw. dem Software-Hersteller, der die Entwicklung durchgeführt hat.

Hervorzuheben ist bei der Betrachtung betriebswirtschaftlicher Anwendungssysteme, daß diese zunehmend komplexer werden, so daß nur eine integrierte Datenverarbeitung, d. h., die gemeinsame Nutzung von Daten und Funktionen durch unterschiedliche Anwendungssysteme, in der Lage ist, die gestellten Anforderungen zu erfüllen. Die Notwendigkeit zur Integration der Anwendungssysteme kann durch das Aufzeigen der Interdependenzen zwischen den einzelnen Funktionsbereichen belegt werden. Einige Zusammenhänge zwischen den

148

RWC-Fallstudienbuch

Bereichen können den in Abb. 8 wiedergegebenen Datenflüssen innerhalb der Handels-H-Architektur1 entnommen werden.

Abb. 8:

3.4

Datenflüsse zwischen Funktionsbereichen

Struktur der Entscheidungssituation

Die Bewertung der Alternativen ist ein bedeutender Bestandteil bei der Entscheidung für bestimmte Informationsstrategien. Hierbei sollte auf die Konzepte der Betriebswirtschaftslehre zurückgegriffen werden, die zur Beurteilung von Investitionen zur Verfügung stehen.

Die Handels-H-Architektur, ein branchenspezifisches Funktionsmodell, wurde am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Informationsmanagement des Instituts für Wirtschaftsinformatik der Universität Münster entwickelt.

Entwicklung einer Informationsstrategie

149

Somit handelt es sich bei der Evaluierung von Soll-Konzeptionen um investitionsrechnerische Kalküle. Das zur Beurteilung von Soll-Konzeptionen heranzuziehende Investitionsrechenverfahren ist abhängig von der Struktur der im Einzelfall vorliegenden Entscheidungssituation. Generell lassen sich betriebswirtschaftliche Entscheidungen nach dem klassischen Planungsschema der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre durch vier Komponenten beschreiben.1 Überblicksartig sind die einzelnen Komponenten der Abb. 9 zu entnehmen.2 Ist der Wirkungszusammenhang (Zusammenhang zwischen den Umweltsituationen und Handlungsalternativen einerseits und den Handlungsergebnissen andererseits), die Bewertung der Handlungsergebnisse, eine eindimensionale Zielfunktion und eine effizientes Lösungsverfahren gegeben, so liegt ein gutstrukturiertes (wohlstrukturiertes) Entscheidungsproblem vor. Ist dieses nicht der Fall, so werden verschiedene Arten von Strukturdefekten unterschieden, die einen unterschiedlich hohen „Defektheitsgrad" aufweisen.

1

Zu den Ausführungen zum klassischen Planungsmodell vgl. Adam, D. (1993), S. 7-14.

2

In Anlehnung an Rieper, B. (1992), S. 49 u. 58.

150

R WC-Fallstudienbuch

Abb. 9:

Bestandteile des klassischen Entscheidungsmodells

Die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung von Informationssystemen zählt, sofern sie eine strategische Dimension aufweist, zu den strukturdefekten Planungsproblemen. Im Regelfall liegt der schwerwiegendste Defekt, der Wirkungsdefekt, vor. Als Ursachen für den fehlenden Wirkungszusammenhang sind folgende Aspekte zu nennen:1 -

Zunächst können die Handlungsalternativen dem Entscheidungsträger unbekannt sein. So ist für die betrachtete Auswahlentscheidung zwischen Standard- und Individualsoftware den Entscheidungsträgern i. d. R. unbekannt, in welchen Unternehmensbereichen Standardsoftware überhaupt einsetzbar ist.

-

Sind die Alternativen bekannt, so stellt sich immer noch die Frage, wie die Handlungsergebnisse dieser Alternativen sind. So ist beispielsweise eine Quantifizierung, wie sich der Einsatz von Standardsoftware auf die betrieblichen Abläufe auswirkt, kaum möglich.

1

Vgl. Rieper, B. (1992), S. 62 f.

Entwicklung einer Informations strategie

151

- Darüber hinaus dürfte die Kenntnis der Umweltzustände, die mit den Handlungsalternativen zusammen die Handlungsergebnisse beeinflussen, nicht gegeben sein. So ist die zukünftige Entwicklung des Herstellers von Standardsoftware ebenso schwierig zu prognostizieren wie die Verfügbarkeit eigener Entwickler. Des weiteren ist unklar, wie die Ausprägungen der Handlungsergebnisse in Abhängigkeit von den Umweltzuständen ausfallen. Wie wirkt sich beispielsweise die Entwicklung des Standardsoftware-Herstellers auf das Handlungsergebnis aus? Es muß jedoch angemerkt werden, daß die Charakterisierung des Strukturiertheitsgrades eine „Eigenschaft der Problemsicht des Planenden, nicht des konkreten problematischen Sachverhalts ist"1. Die Methoden zur Wirtschaftlichkeitsbeurteilung lassen sich differenzieren in diejenigen, die der Ermittlung von Wirkungen und jenen, die der Beurteilung der Wirkungen dienen.2 Dabei dient die Vorgehensweise zur Ermittlung der Wirkungen der Beseitigung des Wirkungsdefekts. Hingegen sollen die Verfahren zur Beurteilung der Alternativen die Bewertung dieser vornehmen und eine als die vorteilhafteste ermitteln. Es gibt eine Reihe von Verfahren zur Ermittlung der Wirkungen, die auf unterschiedlichen Ebenen zum Einsatz kommen sollen. In Anlehnung an Schumann können arbeitsplatzbezogene, bereichsbezogene, unternehmensweite und zwischenbetriebliche Wirkungen differenziert werden. 3 Auf diesen einzelnen Ebenen werden dann mit unterschiedlichen Verfahren die Wirkungen ermittelt. Beispielsweise können auf Arbeitsplatzebene einfache Kosten-Nutzen-

1

Witte, T. (1979), S. 83.

2

Vgl. Schumann, M. (1993), S. 170.

3

Vgl. Schumann, M. (1993), S. 172-177.

152

RWC-

Fallstudienbuch

Verfahren, auf Bereichsebene prozeßorientierte Verfahren und auf Unternehmens- und zwischenbetrieblicher Ebene Nutzeffektketten Verwendung finden. Bei der Ermittlung der Wirkungen spielen die individuellen Gegebenheiten des Unternehmens eine große Rolle, so daß auf eine ausführliche Darstellung der unterschiedlichen Verfahren anhand eines Beispiels verzichtet wird. An dieser Stelle soll die Gegenüberstellung von Ist und Soll auf Basis von Vorgangskettendiagrammen dazu dienen, die Vorgehensweise zur Ermittlung von Investitionswirkungen darzustellen. 1 Es wurde bereits anhand des Vorgangskettendiagramms

für die Disposition

festgestellt, daß

die

Durchdringung der einzelnen Bereiche mit EDV-Systemen zwar hoch ist, der Informationsfluß zwischen Abteilungen jedoch manuell über Papierbelege erfolgt. Insgesamt lassen sich somit aus den Vorgangsketten Aussagen über die Brüche zwischen manueller und DVtechnischer Bearbeitung, redundante Tätigkeiten, den Grad funktionaler Unterstützung, organisatorische Schwachstellen und die zeitgerechte Verfügbarkeit von Informationen gewinnen. Durch die Entwicklung von Soll-Vorgangsketten, in denen Daten- und Funktionen integriert sind, lassen sich alle Schnittstellen organisatorischer und DV-technischer Art beseitigen. Für die in der Aufgabenstellung beschriebene Vorgangskette für den Dispositionsbereich wird in Abb. 10 eine Soll-Vorgangskette aufgestellt, in der die Beseitigung aller manuellen Tätigkeiten erzielt werden konnte. Durch den Einsatz von EDI (Electronic Data Interchange) könnte zudem die Beseitigung aller Papierbelege erreicht werden. Somit dienen die Darstellungen der bisherigen Abläufe in den Vorgangskettendiagrammen als Ansatzpunkte für eine Erfassung der Wirtschaftlichkeitspotentiale.

1

Vgl. auch Scheer, A.-W. (1992), S. 68 ff.

Entwicklung einer Informationsstrategie

DV-UNTERSTÜT2T VORGÄNGE

Anzeige der Dispoliste und Disposition auf der elekir. Dispositionsliste

MANUELL

BEARBEITUNG DIALOG

153

BATCH

DATENBASIS

BEARBEITUNG

ABTEILUNG

/ΤΝΙΧ^Ν SsßechngfX DBMS



Alle Warengruppen

SAP R/3

Besicllschreibung • O

Bes teil überm i ill un g

Disposition

Lieferant

Abb. 10: Soll-Vorgangskettendiagramm für die Disposition Für die Wirtschaftlichkeitsrechnung von Software sind einige Unterschiede bezüglich der Quantifizierbarkeit von Auszahlungen hervorzuheben, die die Vergleichbarkeit der Rechnungen verschlechtert. Bei Standardsoftware können die Auszahlungen relativ gut und sicher prognostiziert werden, da ein festgelegter Kaufpreis zu entrichten ist, die Schulungen vom Hersteller mit angeboten werden und mehrfach erprobt sind und die Wartungs- und Weiterentwicklungskosten ebenso bekannt sind. Hingegen wird bei Individualsoftware entweder eine Eigenprogrammierung oder eine ,Auftragsprogrammierung" vorgenommen. Dadurch lassen sich im allgemeinen keine exakten Beträge für die Programmierung im vorhinein angeben. Die Schulungskosten können bei Individualsoftware schwieriger prognostiziert werden, da im Regelfall In-house-Schulungen durch das eigene Personal erforderlich sind. Bei Vergabe der Individualprogrammierung an ein Software-Haus werden ggf. von diesem die Schulungen durchgeführt. Kosten für die Schulungen können jedoch in Ermangelung von Erfah-

154

RWC-Fallstudienbuch

rungswerten kaum ermittelt werden. Darüber hinaus sind die Wartungs- und Weiterentwicklungskosten der Software, die den Großteil der Kosten der Software ausmachen, bei Individual-Software kaum zu quantifizieren. Die Einzahlungen lassen sich noch schwerer als die Auszahlungen quantifizieren, wobei dieses sowohl für Standard- als auch für Individualsoftware gilt.

Entwicklung einer Informationsstrategie

155

Kontrollfragen (1) Was versteht man unter Information und warum stellt sie einen vierten Produktionsfaktor dar? (2) Weshalb hat die Bedeutung des Informationsmanagements in den Unternehmen zugenommen? (3) Welche Merkmale unterscheiden Standard- von Individualsoftware? (4) Nehmen Sie zu der These Stellung, daß die Integration betrieblicher Anwendungssysteme die Voraussetzung für ein ControllingInformationssystem ist! (5) Welche Methoden können bei der Entwicklung von Informationsstrategien eingesetzt werden? (6) In welcher Phase der Entwicklung einer Informationsstrategie werden detaillierte Prozeßmodelle erstellt?

156

RWC-Fallstudienbuch

Literatur Adam, D. (1993), Planung und Entscheidung, 3. Aufl., Wiesbaden 1993. Becker, J. (1991), CIM-Integrationsmodell, Berlin u. a. 1991. Heinrich, L. J. (1988), Aufgaben und Methoden des Informationsmanagements - Einführung und Grundlegung, In: HMD, 25. Jg. 1988, Heft 42, S. 3-26. Heinrich, L. J., Burgholzer, P. (1990), Informationsmanagement, 3. Aufl., München, Wien 1990. Hoch, D. (1987), Projekt- und Managementvoraussetzungen für das erfolgreiche Einführen von Standard-Software, In: Erfolgsfaktoren der integrierten Infomationsverarbeitung, Proceedings Compas '87, Berlin 1987, S. 703-714. Hoch, D. J., Schirra, W. (1993), Entwicklung der Informationstechnologie - Management des Wandels in einer Zeit des Paradigmenwechsels, In: Handbuch Informationsmanagement, Hrsg.: A.-W. Scheer, Wiesbaden 1993, S. 5-47. Martiny, L., Klotz, M. (1990), Strategisches Informationsmangement, 2. Aufl., München, Wien 1990. Mattheis, P. (1993), Informationsmanagement im Maschinen- und Anlagenbau, In: Handbuch Informationsmanagement, Hrsg.: A.-W. Scheer. Wiesbaden 1993, S. 247-264. Ortner, E. (1991), Informationsmanagement - Wie es entstand, was es ist und wohin es sich entwickelt, Informatik Spektrum, 14. Jg. 1991, S. 315-327.

Entwicklung einer Informations strategie

157

Ortner, E. (1993), Von der Datenmodellierung zum Informationsmanagement, in: Fachliche Modellierung von Informationssystemen, Methoden, Vorgehen, Werkzeuge. Hrsg.: G. Müller-Etrich. Bonn u. a. 1993, S. 19-59. Rieper, B. (1992), Betriebswirtschaftliche Entscheidungsmodelle, Herne/Berlin 1992. Scheer, A.-W. (1990), EDV-orientierte Betriebswirtschaftslehre, 4. Aufl., Berlin u. a. 1990. Scheer, A.-W. (1992), Architektur integrierter Informationssysteme, 2. Aufl., Berlin u. a. 1992. Schüler, W. (1993), Informationsmanagement, Gegenstand und organisatorische Konsequenzen, In: Informationstechnologie und strategische Führung, Hrsg.: D. Spremann, W. Zur. Wiesbaden 1993. Schumann, M. (1993), Wirtschaftlichkeitsbeurteilung für IV-Systeme, Wirtschaftsinformatik, 35. Jg. 1993, S. 167-178. Witte, T. (1979), Heuristisches Planen, Vorgehensweisen zur Strukturierung betrieblicher Planungsprobleme, Wiesbaden 1979.

Kostenplanung und -kontrolle

159

Kostenplanung und Kostenkontrolle bei variabler Aggregatintensität Dominik Kramer

1 Sachverhalt Die Tom Kaiser KG, ein mittelständisches Unternehmen im Siegerländer Raum, kann drei verschiedene Produkte (interne Bezeichnung: P j ; P 2 ; P3) in einem linearen Fertigungsprozeß auf drei Aggregaten erzeugen. Bevor der eigentliche Bearbeitungsprozeß gestartet werden kann, müssen die Produkte aus den Rohstoffen A und Β grob vorgefertigt werden. Zur Fertigung einer Mengeneinheit [ME] von Produkt Ρ, (P 2 ; P3) werden 1 (2; 3) Faktoreinheiten [FE] von Rohstoff A und 2 (2; 4) Faktoreinheiten von Rohstoff Β benötigt. Die Rohstoffe können in quasi unbegrenztem Umfang zum Preis von 2 bzw. 1,5 DM je FE beschafft werden. Anschließend werden die Produkte zunächst auf Aggregat 1 und dann auf Aggregat 2 geformt. Beide Aggregate können mit nur einer technischen Intensität gefahren werden. Die Fertigung einer Mengeneinheit von P¡ (P 2 ; P3) beansprucht 4 (3; 1) Zeiteinheiten [ZE] auf dem ersten Aggregat sowie 1 (2,5; 3) ZE auf dem zweiten Aggregat. Aggregat 1 steht im Planungszeitraum 220 ZE zur Verfügung, Aggregat 2 kann 200 ZE eingesetzt werden. Beide Aggregate verursachen Kosten in Höhe von jeweils 2 DM je ZE, ferner fallen je Aggregat Abschreibungen in Höhe von je 200 DM in der Planperiode an. Abschließend müssen die Produkte auf Aggregat 3, einer Spezialmaschine, geschliffen werden, die in der Planperiode maximal 240 ZE zur Verfügung steht. Die Intensität d dieses Aggregats wird in Schleifeinheiten [SE] je ZE gemessen und kann im Intervall 0 < d < 4 stetig variiert werden. Aggregat 3 soll mit der kostenminimalen Intensität

160

RWC-Fallstudìenbuch

gefahren werden. Um eine Mengeneinheit von P j (P2; P3) zu bearbeiten, werden 8 (7; 4) SE benötigt. Beim Einsatz von Aggregat 3 werden Energie und Schmiermittel verbraucht. Mit Hilfe von Testläufen sind folgende Verbrauchsfunktionen ν ermittelt worden: Energie:

v¡ = 0,6 · d 2 - 2,5 · d + 3 [FE/SE]

Schmiermittel:

v 2 = 1,6 · d 2 - 6 · d + 8

[FE/SE]

Für die Energie ist ein Preis von 2 DM je FE und für das Schmiermittel ein Preis von 0,5 DM je FE anzusetzen. Die Abschreibungen des dritten Aggregats belaufen sich in der Planperiode auf 300 DM, ferner fallen für diesen Zeitraum Wartungskosten in Höhe von 250 DM für alle drei Aggregate zusammen an. Die Marketingabteilung hat ermittelt, daß von Produkt P j (P3) bei einem Stückpreis von 51 (46) DM maximal 40 (60) ME abgesetzt werden können. Produkt Ρ2 soll zu einem Stückpreis von 47 DM verkauft werden. Eine Absatzhöchstgrenze existiert nicht.

2 Aufgaben 2.1 Skizzieren Sie allgemein, wie das gewinnmaximale Produktionsprogramm bei gegebenen Kapazitäten ermittelt werden kann. Wie ist vorzugehen, wenn keine (eine, mehrere) Kapazitätsbeschränkungen vorliegen? Zur Ermittlung des optimalen Produktionsprogramms wird eine Vielzahl von Daten aus dem Rechnungswesen benötigt. Diskutieren Sie, welche der im Aufgabentext gegebenen Kosteninformationen entscheidungsrelevant sind. Erstellen Sie anschließend eine Übersicht, der die Plankosten sowie die Plandeckungsspannen pro Mengeneinheit der einzelnen Produkte entnommen werden können! Entwickeln Sie aufbauend auf diesen Daten für das vor-

Kostenplanung und -kontrolle

161

liegende Problem ein lineares Programm (LP), durch das ein gewinnmaximales Produktionsprogramm ermittelt werden kann! Definieren Sie alle verwendeten Symbole! Geben Sie an, welche Dimensionen die Symbole aufweisen! 2.2 Lösen Sie den in Aufgabe 2.1 aufgestellten LP-Ansatz mit Hilfe des Simplex-Algorithmus. Aus Vereinfachungsgründen sollen die Absatzrestriktionen bei der Lösung nicht berücksichtigt werden. Interpretieren Sie das Opti mal tableau ausführlich! 2.3 Die Tom Kaiser KG legt ihrem Produktionsprogramm die in Aufgabe 2.2 ermittelte Lösung zugrunde und erwartet einen Deckungsbeitrag in Höhe von insgesamt 1 648 DM. Leider wird diese Erwartung bitter enttäuscht, der tatsächlich realisierte Dekkungsbeitrag beläuft sich auf nur 1 042,5 DM. Analysieren Sie im Rahmen einer Abweichungsanalyse, wie dieses schlechte Ergebnis zu erklären ist! Beschreiben Sie zunächst den Zweck und die einzelnen Schritte einer Abweichungsanalyse allgemein! Gehen Sie in einem zweiten Schritt auf die konkrete Datensituation ein, und ermitteln Sie die einzelnen Abweichungen! Folgende Daten werden Ihnen für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt: -

Von P j wurden nur 30 ME produziert und zu einem Stückpreis von 50 DM abgesetzt. Von P3 wurden zunächst 50 ME erzeugt. Aufgrund eines Bedienungsfehlers haben 5 ME von P3 das Aggregat 2 in einem Zustand verlassen, der eine Weiterverarbeitung nicht rechtfertigte, und wurden deshalb aus der Produktion genommen. Da die 5 ME komplett neu nachgefertigt wurden, konnten letztlich doch 50 ME von Ρ3 zu einem Stückpreis von 48 DM abgesetzt werden.

162

RWC-Fallstudienbuch

-

Aufgrund einer technischen Panne konnte Aggregat 3 die ersten 64 ZE des Planungszeitraums nicht eingesetzt werden. In der verbleibenden Zeit wurde das Aggregat mit einer konstanten Intensität gefahren. Aggregat 1 (2) wurde 175 (195) ZE eingesetzt.

-

Die Kosten für Aggregat 1 (2) beliefen sich auf 2,3 (3) DM je ZE. Die Kosten für die Energie (das Schmiermittel) fielen mit 2,5 (0,2) DM je FE anders als geplant aus. Insgesamt wurden 220 FE Energie und 1 500 FE Schmiermittel verbraucht.

-

Der Rohstoff Β war von schlechterer Qualität als geplant und daher nicht so ergiebig. Es wurden 2,04 (2,04; 4,08) FE benötigt, um eine Mengeneinheit von Ρ] (P 2 ; P3) herzustellen.

-

Von Rohstoff Α (Β) wurden 200 (290) FE verbraucht. Diese Einheiten wurden zu einem Marktpreis von 2,2 (2) DM je FE eingekauft.

3 Lösungsvorschläge 3.1

Erstellung eines Modells zur operativen Produktionsprogrammplanung

Im Rahmen der Produktionsprogrammplanung ist festzulegen, welche Erzeugnisse in welchen Mengen unter Einsatz welcher Produktionsprozesse hergestellt werden sollen, damit ein vorgegebenes Ziel bestmöglich realisiert wird. Die Produktionsprogrammplanung kann in die strategische, die taktische sowie die operative Programmplanung aufgeteilt werden. Entscheidungen über Produktionstiefe oder Auswahl von Geschäftsbereichen sind Gegenstand der strategischen Planung, Entscheidungen über Produkt- und Anwendungsvarianten bei gegebenem Pro-

Kostenplanung und -kontrolle

163

duktfeld zählen zum Bereich der taktischen Planung.1 Bei dem in der Fallstudie geschilderten Sachverhalt handelt es sich um ein Problem der operativen Programmplanung. Die Verkaufspreise der Erzeugnisse, der Rohstoffverbrauch und die Kapazitätsbelastung je Produkteinheit sowie die Maschinenkapazitäten sind bekannt bzw. aus den gegebenen Daten ableitbar. Zu ermitteln ist, in welchen Mengen die Produkte gefertigt werden sollen. Diese Aufgabenstellung ist unter Beachtung der Zielsetzung Gewinnmaximierung zu bearbeiten. Eine Vielzahl der zur Entscheidungsfindung benötigten Größen kann mit Hilfe des Rechnungswesens, insbesondere durch die Kostenrechnung, bereitgestellt werden: Zu nennen sind ζ. B. die Kostenfunktionen für die Aggregate sowie die Planpreise für die Rohstoffe, aus denen mit Hilfe der Verbrauchskoeffizienten die geplanten Rohstoffkosten pro Mengeneinheit der Produkte abgeleitet werden. Die Kostenrechnung ist jedoch nicht nur Datenlieferant für die Produktionsprogrammplanung. Die (noch zu bestimmenden) Ergebnisse der Programmplanung, insbesondere die Produktionsmengen, bilden zudem die Grundlage für die Ermittlung der (gesamten) Plankosten in der Planperiode und somit den Ausgangspunkt für eine später durchzuführende Wirtschaftlichkeitskontrolle. Die Art des Planungsproblems hängt wesentlich davon ab, ob und in welcher Form Maschinenengpässe auftreten. 2 Losgelöst vom konkreten Sachverhalt wird zunächst beispielhaft untersucht, wie ein optimales Produktionsprogramm bei gegebenen Kapazitäten ermittelt wer-

1

Vgl. Adam, D. (1993 b), S. 53 ff., Brink, A. u. a. (1991), S. 14.

2

Bei der folgenden Unterscheidung wird nur auf die Maschinenkapazitäten abgestellt, Rohstoffengpässe werden aus Vereinfachungsgründen ausgeschlossen. Treten in einer konkreten Planungssituation Rohstoffengpässe auf, so sind diese in Analogie zu den Maschinenengpässen zu behandeln.

164

RWC-Fallstudienbuch

den kann. Dabei sind drei grundsätzliche Situationen zu unterscheiden: 1 (1) Programmplanung ohne Kapazitätsbeschränkung (2) Programmplanung mit einer Kapazitätsbeschränkung (3) Programmplanung mit mehreren Kapazitätsbeschränkungen ( 1 ) Der einfachste Fall der operativen Produktionsprogrammplanung ist gegeben, wenn kein Engpaß bei den Maschinen vorliegt. Die Kapazitäten reichen aus, um sämtliche Produkte mit positiver Deckungsspanne 2 in der maximal am Markt absetzbaren Menge zu fertigen. Damit liegt auch gleichzeitig das optimale Produktionsprogramm fest: Es umfaßt alle Produkte mit positiver Deckungsspanne. Diese Produkte tragen zur Deckung der im Rahmen einer operativen Planung nicht zu beeinflussenden und deshalb nicht entscheidungsrelevanten fixen Kosten bei. (2) Der zweite Fall ist durch einen Kapazitätsengpaß

charakterisiert,

welcher schon bei Beginn der Planung bekannt ist. Diese Situation ist bei einstufiger Produktion gegeben, wenn die Kapazität dieser Stufe zur Fertigung aller Produkte mit positiver Deckungsspanne in der absetzbaren Maximalmenge nicht ausreicht. Bei mehrstufiger

Ferti-

gung liegt dieser Fall vor, wenn aufgrund der relativen Kapazitätsbeanspruchung - also der Relation von Kapazitätsbedarf pro Erzeugnis-

1

Vgl. Adam, D. (1993 b), S. 61-89, Ahlert, D„ Franz, K.-P. (1992), S. 118134. Bei Adam, D. (1993 b) finden sich weitere, hier nicht behandelte Situationen, wie die Berücksichtigung von alternativen Produktionsprozessen (S. 68-75) oder von Deckungsbeitragssprüngen (S. 75-84).

2

Die Deckungsspanne eines Produkts ergibt sich als Differenz zwischen dem Produktpreis und den variablen Kosten je Erzeugniseinheit.

Kostenplanung und -kontrolle

165

einheit in einer Stufe zur Gesamtkapazität dieser Stufe 1 - ein potentieller Engpaß nur in einer Stufe liegen kann. Die kritische Stufe ist diejenige, die für alle Produkte die höchste relative Kapazitätsbeanspruchung aufweist. 2 Ein Engpaß liegt wiederum vor, wenn die Kapazität der kritischen Stufe nicht ausreicht, die Höchstmengen aller Produkte zu erzeugen, die positive Deckungsspannen aufweisen. Die Entscheidungen über das Produktionsprogramm werden in einem solchen Fall nicht mehr anhand der absoluten Deckungsspannen der Produkte getroffen. Dies geschieht vielmehr anhand der relativen Deckungsspannen - also der Quotienten aus der absoluten Deckungsspanne und der Kapazitätsbeanspruchung der Engpaßstufe jedes Erzeugnisses: Die Produkte werden nach der Höhe der (positiven) relativen Deckungsspannen sortiert. Ausgehend von dieser Reihenfolge sind die Erzeugnisse mit den höchsten relativen Deckungsspannen in der maximal möglichen Absatzmenge - oder der aufgrund der verbleibenden Kapazität maximal zu produzierenden Menge - schrittweise solange in das Produktionsprogramm aufzunehmen, bis die gesamte Kapazität im Engpaß verplant ist. (3) Ist bei mehrstufiger Produktion ein Engpaß anhand des Kriteriums der relativen Kapazitätsbeanspruchung vorab nicht eindeutig bestimmbar, dann läßt sich das optimale Produktionsprogramm mit

Die relative Kapazitätsbeanspruchung zeigt auf, wieviel Prozent der insgesamt zur Verfügung stehenden Kapazität eines Aggregats durch die Fertigung einer Mengeneinheit des betrachteten Produktes beansprucht werden. Der Reziprokwert der relativen Kapazitätsbeanspruchung gibt an, wieviel Mengeneinheiten des jeweiligen Produkts maximal mit der zu Verfügung stehenden Kapazität erzeugt werden können. Je höher die relative Kapazitätsbeanspruchung bei einem Aggregat ist, desto weniger Mengeneinheiten können auf diesem Aggregat bearbeitet werden.

166

RWC-Fallstudienbuch

Hilfe eines linearen Modells ermitteln.1 Die einzelnen Produktarten werden durch den Index j, die Maschinen durch den Index i gekennzeichnet. Der Zielfunktionswert ZF in DM bestimmt sich dann als: (1)

ZF = XDSPj -Xj —» max j

Symbole DSPj

Deckungsspanne für Produkt j [DM/ME]

Xj

Produktionsmenge von Produkt j [ME]

Diese Zielfunktion ist unter Beachtung einiger Restriktionen zu maximieren. Zunächst muß für jede Maschine sichergestellt werden, daß die durch ein bestimmtes Produktionsprogramm hervorgerufene Inanspruchnahme die verfügbare Maschinenkapazität nicht übersteigt. Es muß gelten: X ^ j 'xj -

(2)

V i

j

Neue Symbole ajj

Produktionskoeffizient von Produkt j auf Maschine i [ZE/ME]

ΒJ

verfügbare Maschinenkapazität auf Maschine i [ZE]

Über eine zweite Gruppe von Restriktionen ist sicherzustellen, daß die Absatzhöchstmengen der einzelnen Produkte nicht überschritten werden:

Zu einer ausführlichen Darstellung der Prämissen und Grenzen eines linearen Modells zur Produktionsprogrammplanung vgl. Zäpfel, G. (1982), S. 92-95. Das vorgestellte Modell ist statischer Natur, eine Vielzahl von technischen sowie ökonomischen Problemkreisen - beispielhaft seien hier das Losgrößenproblem oder das Maschinenbelegungsproblem genannt - werden nicht explizit berücksichtigt.

Kostenplanung und -kontrolle

(3)

Xj < AHj

167

Vj

Neues Symbol AHj

Absatzhöchstmenge von Produkt j [ME]

Abschließend sind die Nichtnegativitätsbedingungen als Formalbedingungen für ein lineares Programm im Modell zu berücksichtigen:1 (4)

Xj>0

Vj

Für einen konkreten Sachverhalt ist dieses lineare Programm mit den aus dem Rechnungswesen zu gewinnenden Daten auszuformulieren. Insbesondere muß hierbei - wie oben schon angeführt - auf Daten aus der Kostenrechnung zurückgegriffen werden. Der vorliegende Sachverhalt entspricht der Situation (3). Ein Vergleich der relativen Kapazitätsbeanspruchungen des ersten und des zweiten Aggregats zeigt, daß ein potentieller Engpaß vorab nicht zu identifizieren ist: Aggregat 1 weist bei P j eine höhere Beanspruchung als Aggregat 2 auf (4/220 « 1,818 % zu 1/200 = 0,5 %), hingegen ist bei P 3 die relative Kapazitätsbeanspruchung des ersten unterhalb der des zweiten Aggregats (1/220 = 0,454 % zu 3/200 = 1,5 %). Das optimale Produktionsprogramm wird daher mit Hilfe eines linearen Modells ermittelt. Die meisten der dafür benötigten Daten sind dem Aufgabentext direkt zu entnehmen. Fraglich ist, inwieweit die Abschreibungen entscheidungsrelevant sind. Da der vorliegende Fall keine weiteren Angaben zu den Abschreibungen enthält, wird im folgenden von rein zeitabhängigem Verschleiß ausgegangen.2 Damit stellen die Abschrei-

1

Vgl. Brink, A. u. a. (1991), S. 13. Zu verschiedenen Arten von Abschreibungen in der Kostenrechnung vgl. Haberstock, L. (1987), S. 93-107, Haberstock, L. (1986), S. 240-243.

168

R WC-Fallstudienbuch

bungen fixe Größen im Planungszeitraum dar und sind nicht entscheidungsrelevant. Gleiches gilt für die Wartungskosten. Die Parameter des dritten Aggregats liegen nicht direkt vor und müssen über Nebenrechnungen abgeleitet werden. Die Plankostensätze für Aggregat 3 sind mit Hilfe eines Rückgriffs auf die Produktionsund Kostentheorie zu bestimmen. Für das Aggregat sind lediglich die Verbrauchsfunktionen vj und v 2 angegeben, ferner ist bekannt, daß mit der kostenminimalen Intensität gearbeitet werden soll. Aus den mit den Faktorpreisen für Energie bzw. Schmiermittel gewichteten Verbrauchsfunktionen ergibt sich durch Addition die Funktion k(d), welche die Kosten pro Schleifeinheit angibt:1 k(d) = 2 · V! + 0,5 · v 2 = 2 • d 2 - 8 · d + 10 [DM/SE] Nach Differenzieren und Nullsetzen errechnet sich eine optimale Intensität von d = 2 SE je ZE. Die minimalen Kosten je Schleifeinheit liegen damit bei k(2) = 2 DM je SE. Da die Fertigung einer Mengeneinheit Pj (P 2 ; P3) 8 (7; 4) SE erfordert, werden bei einer Intensität von d = 2 durch die Bearbeitung einer Mengeneinheit von Pj (P 2 ; P3) 4 (3,5; 2) Zeiteinheiten auf dem dritten Aggregat verbraucht. Da ferner jede Schleifeinheit Kosten in Höhe von 2 DM verursacht, führt die Produktion von Pj (P 2 ; P 3 ) insoweit zu Kosten von 16 (14; 8) DM je ME. In der folgenden Tabelle sind die Produktionskoeffizienten a¡j, die Aggregatkapazitäten B¡ sowie die Absatzhöchstmengen AHj zusammengefaßt:

Zur Bestimmung der Optimalintensität bei einer Produktionsfunktion vom Typ Β vgl. Adam, D. (1993 b), S. 189-204, Haberstock, L. (1986), S. 139-164. Zu beachten ist, daß Adam und Haberstock mit der ökonomischen Intensität arbeiten. In dieser Fallstudie muß jedoch auf die technische Intensität zurückgegriffen werden, da auf dem Aggregat drei unterschiedliche Produkte zu bearbeiten sind.

Kostenplanung und -kontrolle

169

1

Ρ2

P3

Kapazität

Aggregat 1

4

3

1

220

Aggregat 2

1

2,5

3

200

Aggregat 3

4

3,5

2

240

Absatzhöchstmengen

40

-

60

P

Abb. 11: Produktionskoeffizienten [ZE/ME], Absatzhöchstmengen [ME] und Kapazitäten [ZE] In einem letzten Schritt müssen die Deckungsspannen für die Produkte bestimmt werden. Sie ergeben sich wie folgt:1

1

p2

p3

51

47

46

P

Verkaufspreis -

Kosten für Rohstoff A

2· 1

2·2

2 ·3

-

Kosten für Rohstoff Β

1,5 · 2

1,5 · 2

1,5-4

-

Kosten für Aggregat 1

2-4

2 •3

2 ·1

-

Kosten für Aggregat 2

2· 1

2-2,5

2 ·3

-

Kosten für Aggregat 3

16

14

8

=

Deckungsspanne

20

15

18

Die Kosten pro Produkteinheit für Rohstoff A bzw. Β werden aus den mit der Rohstoffpreisen gewichteten Verbrauchskoeffizienten ermittelt. Die auf den Aggregaten 1 bzw. 2 verursachten Kosten pro Mengeneinheit ergeben sich als Produkt aus den Aggregatkostensätzen pro Zeiteinheit und den Produktionskoeffizienten. Sämtliche hierzu benötigte Daten sind der Fallstudie direkt zu entnehmen. Die Kosten für Aggregat 3 sind bereits in den voranstehenden Ausführungen berechnet worden.

170

R WC-Fallstudienbuch

Unter Berücksichtigung dieser Daten kann das lineare Programm für den vorliegenden Sachverhalt aufgestellt werden: ZF = 20· X] + 15 · \2 + 18· xß->max unter

4· X] + 3 · X2 + 1·Χ3< 220 (Kapazitätsrestriktion Aggregat 1) 1· xi + 2,5 · X2 + 3· X3< 200 (Kapazitätsrestriktion Aggregat 2) 4· X] + 3,5 · X2 + 2- X3< 240 (Kapazitätsrestriktion Aggregat 3) 1· xi


max! i=l

i=l

Die Differenz aus den Erlösen und den variablen Kosten wird als Deckungsbeitrag bezeichnet. Dieser kann auch als Summe der mit den jeweiligen Absatzmengen multiplizierten Deckungsspannen der einzelnen Produkte ermittelt werden. (2)

η G = X(pi - kVj) Xj - K F —» max! i=l

G = 300 X! + 400 x 2 + 500 x 3 - 120 000 - max! Die Zielfunktion ist unter Berücksichtigung von Nebenbedingungen zu maximieren. Die Nebenbedingungen müssen sicherstellen, daß der Kapazitätsbedarf auf einer Stufe nicht höher liegt als die verfügbare Kapazität der Stufe.1

1

Vgl. Brink, A. et al. (1991), S. 14 f.

198

RWC-Fallstudienbuch

Beispiel Abteilung A hat einen Kapazitätsbestand von 1 200 ZE. Für die Produktion einer Mengeneinheit des Produktes 1 werden 4/3 ZE/ME der Abteilung A benötigt,1 für x¡ ME entsprechend (4/3) · xj ZE. Der Kapazitätsbedarf der übrigen Erzeugnisse wird analog als mathematisches Produkt aus dem Produktionskoeffizienten des Erzeugnisses i in der Stufe k und der Produktionsmenge des Produktes i ermittelt. Die Summe der einzelnen produktbezogenen Kapazitätsbedarfe auf einer Stufe ergibt den Kapazitätsbedarf des gesamten Produktionsprogramms auf dieser Stufe. η Xaikxi 0 x¡, X2>

V i = 1,

,n

>0

Um den Simplex-Algorithmus auf das obige Formalproblem anwenden zu können, sind zunächst Schlupfvariablen einzufügen, welche

Da die Kapazitäten der einzelnen Fertigungsstufen in Stunden, die Produktionskoeffizienten der Produkte in den verschiedenen Stufen jedoch in Minuten angegeben sind, ist eine Umrechnung vorzunehmen. Im folgenden wird einheitlich die Stunde als Zeiteinheit verwendet.

Produktions- und Absatzprogrammplanung

199

die Ungleichungen in Gleichungen transformieren. Diese Variablen geben das Ausmaß der Nicht-Ausschöpfung der zugehörigen Restriktion an. Im Fallbeispiel stellt die Schlupfvariable Y k die nicht ausgeschöpfte Kapazität der Stufe k dar.1 (4/3) X! + 2 x 2 + 3 x 3 + Y A

=

1 200 [ME]

(35/12) X! + 4 x 2 + 4X 3 + Y b

=

2 000 [ME]

3 X! + 3 x 2 + 9 x 3 + Y c

=

3 000 [ME]

Für die vorliegende Optimierungsaufgabe ergibt sich damit folgendes Ausgangstableau :

c

i

300

400

500

0

0

0

3

YA

YB

Yc

bk

i

Basisvariable

0

YA

4/3

2

3

1

0

0

1.200

0

YB

35/12

4

4

0

1

0

2.000

0

Yc

3

3

9

0

0

1

3.000

q-Zj

300

400

500

0

0

0

120.000

c

Abb. 1 :

X

x

1

2

x

Ausgangstableau

Das Gleichungssystem weist drei Gleichungen mit sechs Variablen auf. Mithin besitzt es drei Freiheitsgrade, so daß sich drei Variablen auf einen beliebigen Wert setzen lassen.2 Diese frei zu bestimmenden Variablen werden als Nichtbasisvariablen bezeichnet. Im vorliegenden Fall seien xj, x 2 und x 3 als Nichtbasisvariablen ausgewählt und auf

1

Vgl. Müller-Merbach, H. (1973), S. 100, von Zwehl, W. (1981), S. 363, Brink, A. et al. (1991), S. 26.

2

Vgl. von Zwehl, W. (1981), S. 363 f., Brink, A. et al. (1991), S. 27.

200

RWC-Fallstudienbuch

den Wert 0 gesetzt, da man auf diese Weise schnell zu einer zulässigen Ausgangslösung gelangt. Nach Vornahme dieser Setzung läßt sich das Gleichungssystem unmittelbar nach den verbleibenden Variablen, den sog. Basisvariablen, Y A , Y B und YQ auflösen. Es ergibt sich: Y A = 1 200;

d. h. 1 200 ZE der Stufe A werden nicht genutzt.

Y B = 2 000;

d. h. 2 000 ZE der Stufe Β werden nicht genutzt.

Y c = 3 000;

d. h. 3 000 ZE der Stufe C werden nicht genutzt.

Bei diesem Produktions- und Absatzprogramm fallen weder Erlöse noch variable Kosten an. Der Zielwert entspricht somit dem negativen Fixkostenbetrag: Ζ = G = - 120 000 [DM] Die letzte Zeile des Tableaus (c¡-z¡) in Abb. 1 zeigt die Veränderung der Zielgröße an, wenn die zur entsprechenden Spalte gehörende Nichtbasisvariable mit dem Wert 1 in die Basis aufgenommen wird. Beispiel Durch die Herstellung einer zusätzlichen Einheit des Produktes 1 erhöht sich die Zielgröße zunächst direkt um den Zielbeitrag cj, also um 300 DM/ME. Muß durch die Mehrproduktion einer Einheit des Produktes 1 die Ausbringungsmenge anderer Produkte eingeschränkt werden, so vermindert sich die Zielgröße indirekt zugleich um Zj, d. h. den bei den anderen Produkten entgehenden Deckungsbeitrag. Da hier nur freie Kapazitäten beansprucht werden, ist z¡ = 0. Insgesamt erhöht sich der Wert der Zielgröße somit um (cj-Zj) = 300 DM. Es stellt sich die Frage, ob die ermittelte Ausgangslösung bereits optimal ist. Durch Mehrproduktion der Produkte 1, 2 oder 3 könnte die

Produktions- und Absatzprogrammplanung

201

Zielgröße verbessert werden, da die Zielfunktionskoeffizienten dieser Variablen positiv sind. Den höchsten Zielfunktionskoeffizienten weist das Erzeugnis 3 mit 500 DM/ME auf. Dementsprechend wird x 3 zur Basisvariablen erklärt und die dritte Spalte des Tableaus somit zur Pivotspalte. Beim Simplexverfahren wird die Variable zunächst in die Basis aufgenommen, die zur höchsten Zielwertverbesserung je Mengeneinheit führt. Bei dieser Auswahlentscheidung wird der Kapazitätsbedarf der Produkte in den einzelnen Abteilungen nicht berücksichtigt. Durch die Wahl der Variablen mit dem höchsten Zielbeitrag wird angestrebt, die Anzahl der notwendigen Iterationen, die bis zum Erreichen der Optimallösung durchzurechnen sind, zu minimieren. Diese Vorgehensweise ist allerdings als Heuristik zu interpretieren. Es läßt sich kein Beweis für die generelle Vorteilhaftigkeit der angeführten Auswahlregel liefern. Nachdem festgelegt ist, daß X3 als neue Basisvariable in die Lösung aufgenommen werden soll, stellt sich die Frage, in welcher Menge das Produkt 3 herzustellen ist (Bestimmung der Pivotzeile).1 Grundsätzlich wird soviel wie möglich produziert und abgesetzt, da der Zielfunktionskoeffizient des Produktes positiv ist. Allerdings schränken die vorhandenen Fertigungskapazitäten die Produktionsmöglichkeiten ein: Stufe A läßt maximal die Produktion von

= a

3A

=

400 m e zu.

3

b = 2000 = 500 ME zu. Stufe Β läßt maximal die Produktion von — a

3B

4

Zur Bestimmung von Pivotspalte und -zeile vgl. Brink, A. et al. (1991), S. 28 f., Adam, D. (1993 a), S. 384.

202

RWC-Fallstudienbuch

Stufe C läßt maximal die Produktion von

a3C

= — = 3331 / 3 ME

zu. Der Engpaß liegt in Stufe C, denn diese ermöglicht maximal die Herstellung einer Menge von 333 1/3 ME. Die beiden anderen Stufen weisen demgegenüber bei der Herstellung von 333 1/3 ME des Produktes 3 noch freie Kapazitäten auf.1 Die dritte Zeile des Tableaus wird folglich zur Pivotzeile; Y c verläßt die Basis. Das Kreuzungselement von Pivotzeile und -spalte (hier: 9) wird als Pivotelement bezeichnet. Unter x 3 muß durch Lineartransformation ein Einheitsvektor erzeugt werden, mit einer 0 in der ersten und in der zweiten sowie einer 1 in der dritten Zeile, der Pivotzeile. In der Zielfunktionszeile ist ebenfalls eine 0 zu erzeugen: 1. Schritt:

Division der dritten Zeile durch 9

2. Schritt:

Multiplikation der neuen dritten Zeile mit - 3 und Addition zu Zeile 1

3. Schritt:

Multiplikation der neuen dritten Zeile mit - 4 und Addition zu Zeile 2

4. Schritt

Multiplikation der neuen dritten Zeile mit - 500 und Addition zur Zielfunktionszeile

Auf die Berücksichtigung von Ganzzahligkeitsbedingungen wurde hier verzichtet, da ansonsten ein Verfahren der ganzzahligen Optimierung herangezogen werden müßte. Vgl. hierzu Brink, A. et al. (1991), S. 57 ff. sowie derselbe (1992), S. 27 ff.

Produktions- und Absatzprogrammplanung

c

i

300

400

500

0

0

0

3

YA

YB

Yc

203

i

Basisvariable

0

YA

1/3

1

0

1

0

-1/3

200

0

YB

19/12

8/3

0

0

1

-4/9

2.000/3

1/3

1/3

1

0

0

1/9

1.000/3

400/3

700/3

0

0

0

-500/9

c

500

x

3

Cj-Zj

Abb. 2:

X

1

x

2

x

bk

-140.000/3

1. Iteration

Der Zielfunktionszeile des neuen Tableaus läßt sich entnehmen, daß die vorliegende Lösung noch nicht optimal ist. Der Wert der Zielgröße ließe sich um 700/3 DM erhöhen, wenn die Variable x 2 mit dem Wert 1 in die Basis aufgenommen würde. Beispiel Durch die Herstellung einer zusätzlichen Einheit des Produktes 2 erhöht sich die Zielgröße zunächst direkt um den Zielbeitrag c 2 , also um 400 DM/ME. Zur Produktion einer Einheit von Produkt 2 werden 3 ZE der Stufe C benötigt. Die Kapazität der Stufe C ist jedoch bereits vollständig ausgeschöpft durch die Herstellung des Produktes 3. Entsprechend muß die Produktion von Produkt 3 um 3 ZE eingeschränkt werden, wenn eine Einheit von Produkt 2 hergestellt werden soll. Da der zugehörige Produktionskoeffizient einen Wert von 9 aufweist, vermindert sich die Produktionsmenge von Produkt 3 um 1/3 ME. Der Wert der Zielgröße wird dann indirekt um 500 · (1/3) = 500/3 [DM] verringert. Insgesamt ergibt sich eine Verbesserung des Zielwertes von 400 - (500/3) = 700/3 [DM/ME], X2 stellt die neue Basisvariable dar, die zugehörige Spalte wird zur Pivotspalte. Die Pivotzeile läßt sich - analog zu oben - aus dem Minimum der Quotienten aus den rechten Seiten b^ und den (positiven) Koeffizienten der Pivotspalte bestimmen:

204

RWC-Fallstudienbuch

min {200 : 1; (2 000/3) : (8/3); (1 000/3) : (1/3)} = min {200; 250; 1 000} = 200 [ΜΕ]

Bei der Produktion von 200 ME des Produktes 2 wird Stufe A zum Engpaß. Die erste Zeile stellt entsprechend die Pivotzeile dar; Y A muß die Basis verlassen. Das neue Pivotelement weist bereits den Wert 1 auf und muß daher nicht weiter umgeformt werden. Unter X2 wird - analog zu oben - ein Einheitsvektor erzeugt. Danach ergibt sich folgendes Tableau:

c

c

i

i

Basisvariable

400 0 500

Abb. 3:

300 X

1

400 x

2

500 x

0

0

0

3

YA



Yc

bk

2

1/3

1

0

1

0

-1/3

200



25/36

0

0

-8/3

1

4/9

400/3

3

2/9

0

1

-1/3

0

2/9

800/3

Cj-Zj

500/9

0

0

-700/3

0

200/9

x

x

-280.000/3

2. Iteration

Die Zielfunktionszeile zeigt, daß sich der Wert der Zielgröße um 500/9 DM erhöhen ließe, wenn die Variable Xj mit dem Wert 1 in die Basis aufgenommen würde. x¡ wird zur neuen Basisvariablen erklärt, die erste Spalte stellt die Pivotspalte dar. Um die Pivotzeile bestimmen zu können, wird wiederum das Minimum der Quotienten aus den rechten Seiten b^ und den (positiven) Koeffizienten der Pivotspalte ermittelt: min {200 : (1/3); (400/3) : (25/36); (800/3) : (2/9)} = 192 [ME] Da Stufe Β jetzt den Engpaß bildet, stellt die zweite Zeile die Pivotzeile dar. Das Pivotelement weist den Wert 25/36 auf. Nach der Erzeugung eines Einheitsvektors unter Xj durch Lineartransformationen ergibt sich folgendes Tableau:

Produktions- und Absatzprogrammplanung

c

c

i

i

Basisvariable

300 X

1

400 x

2

500 x

0

0

0

3

YA



Yc

205

bk

400

x

2

0

1

0

57/25

-12/25 -41/75

136

300

X

1

1

0

0

-96/25

36/25

16/25

192

500

x

3

0

0

1

13/25

-8/25

2/25

224

Cj-Zj

0

0

0

-20

-80

-40/3

-104.000

Abb. 4:

3. Iteration (Optimallösung)1

Anhand der Zielfunktionskoeffizienten erkennt man, daß sich der Wert der Zielgröße nicht mehr verbessern läßt. Die Zielfunktionskoeffizienten (Cj-Zj) von Χ], X2 und X3 zeigen, daß durch Mehrproduktion der entsprechenden Erzeugnisse keine Gewinnsteigerung zu erzielen ist. Da die Schlupfvariablen Y Y g und Yç nicht in der Basis sind und somit das Niveau 0 aufweisen, bleiben keine Leerkapazitäten übrig, alle Fertigungsabteilungen werden vollständig ausgelastet. Grafisch interpretiert bedeutet diese Lösung, daß sich im Optimum die drei Restriktionsgeraden gerade schneiden.2 Die Schattenpreise (Zielfunktionskoeffizienten der Schlupfvariablen im Optimaltableau) zeigen an, wieviel Gewinn weniger erwirtschaftet würde, wenn die Kapazität der entsprechenden Stufe um eine Einheit abnehmen oder die Leerzeit um eine Zeiteinheit zunehmen würde. Der Zielfunktionskoeffizient der Schlupfvariablen Y A weist im Optimaltableau einen Wert von -20 auf. Bei Verminderung der eingesetz-

1

Zur Lösung des vorliegenden Optimierungsproblems wurde das Programmpaket impac verwendet, mit dessen Hilfe sich neben linearen Planungsaufgaben auch ganzzahlige Optimierungsansätze auf Personalcomputern lösen lassen. Vgl. Brink, A. et al. (1991).

2

Zur grafischen Interpretation einer linearen Optimierungsaufgabe vgl. MüllerMerbach, H. (1973), S. 96 ff., von Zwehl, W. (1981), S. 361 f., Brink, A. et al. (1991), S. 25 f.

206

RWC-Fallstudienbuch

ten Kapazität der Stufe A um eine Einheit würde der Gewinn um 20 DM sinken, wie durch folgende Überlegung verdeutlicht werden kann: Der Zielfunktionskoeffizient einer Schlupfvariablen im Ausgangstableau ist grundsätzlich gleich 0, da nicht ausgeschöpfte Kapazitäten im allgemeinen keinen Zielbeitrag erwirtschaften. Dementsprechend weist c A hier den Wert 0 auf. Wird Y A = 1 gesetzt, so werden von Produkt 2 (3) 57/25 (13/25) ME weniger, von Produkt 1 dagegen 96/25 ME mehr hergestellt. Als indirekte Wirkung z A des Basistausches ergibt sich eine Veränderung des Zielfunktionskoeffizientens der Variablen Y A im Optimaltableau auf: (57/25) · 400 - (96/25) • 300 + (13/25) · 500 = 20 Der Wert läßt sich errechnen als Summe der mathematischen Produkte aus den angegebenen Mengenveränderungen und den entsprechenden Zielbeiträgen. Die Differenz zwischen der direkten und der indirekten Wirkung (c A - z A ) = - 20 gibt die gesamte Veränderung des Zielwertes bei Verminderung der eingesetzten Kapazität der Stufe A um eine Einheit an. Entsprechend verringert sich der Gewinn um 80 (40/3) DM bei Verminderung der vorhandenen Kapazität von Stufe Β (C) um eine Zeiteinheit. Dem Optimaltableau lassen sich weitere Informationen entnehmen. Beispielhaft sei die nach x¡ aufgelöste zweite Tableauzeile betrachtet: 1 xj + 0 x 2 + 0 x 3 - (96/25) Y A + (36/25) Y B + (16/25) Y c = 192 bzw. X! = 192 + (96/25) Y A - (36/25) Y B - (16/25) Y c Die obige Gleichung gibt an, wie sich die Produktionsmenge von Produkt 1 ändert, wenn die Nichtbasisvariablen einen von 0 verschie-

Produktions- und Absatzprogrammplanung

207

denen Wert annehmen. Wird ζ. B. die Leerkapazität der Stufe C um eine Einheit erhöht, d. h. Y c = 1 gesetzt, so nimmt Xj um 16/25 ME ab. Ebenso lassen sich die übrigen Gleichungen interpretieren: x 2 = 136 - (57/25) Y A + (12/25) Y B - (41/75) Y c x 3 = 224 - ( 13/25) Y A + (8/25) Y B -

(2/25) Y c

Das gewinnmaximale Produktions- und Absatzprogramm lautet: X] = 192

d. h. es sollen 192 ME des Produktes 1 hergestellt und abgesetzt werden.

x 2 = 136

d. h. es sollen 136 ME des Produktes 2 hergestellt und abgesetzt werden.

X3 = 224

d. h. es sollen 224 ME des Produktes 3 hergestellt und abgesetzt werden.

YA = 0

d. h. die Kapazität der Stufe A würde mit 1 200 ZE ausgeschöpft.

YB = 0

d. h. die Kapazität der Stufe Β würde mit 2 000 ZE ausgeschöpft.

Yc = 0

d. h. die Kapazität der Stufe C würde mit 3 000 ZE ausgeschöpft.

G = 104 000

d. h. der maximal erzielbare Gewinn würde 104 000 DM betragen.

Der Gewinn läßt sich wie folgt ermitteln: G = 192 · 300 + 136 · 400 + 224 · 500 - 120 000 = 104 000 [DM] Der Gewinn läßt sich auch unter Nutzung des dualen Ansatzes aus den rechten Seiten und den Schattenpreisen der Restriktionen berechnen: G = 1 200 · 20 + 2 000 · 80 + 3 000 · (40/3) - 120 000 = 104 000 [DM]

208

RWC-Fallstudienbuch

3.2

Erhöhung/Verminderung der Fertigungskapazität in Abteilung A 1

Beim Aufstellen der Restriktionen in Form von Gleichungen wurde der Abteilung A die Schlupfvariable Y A zugeordnet. Y A gibt die nicht genutzte Kapazität dieser Abteilung an. Da die Variable Y A im Optimaltableau nicht in der Basis ist, beträgt ihr Wert 0. Eine Verminderung (Erhöhung) der Kapazität in Abteilung A um eine Zeiteinheit ist gleichbedeutend mit einer Erhöhung (Verminderung) der Schlupfvariablen Y A um eine Einheit. Aus dem Optimaltableau lassen sich in der Spalte unter Y A die entsprechenden Anpassungskoeffizienten ablesen: YA 2

57/25

*1

-96/25

x

x

3

Abb. 5:

13/25 Anpassungskoeffizienten

Durch eine Erhöhung des Wertes der Variablen Y A von 0 auf 1 (= Abnahme der Kapazität in Abteilung A um eine Zeiteinheit) ergeben sich folgende Änderungen des Produktionsprogramms: x 2 sinkt um 57/25 ME, Xj steigt um 96/25 ME, x 3 sinkt um 13/25 ME. Die Gewinnbeiträge der einzelnen Produkte verändern sich dementsprechend um die mit den Deckungsspannen bewerteten Mengenänderungen. Es ergibt sich eine Gesamtveränderung des Gewinns um: Δ G = - (57/25) · 400 + (96/25) · 300 - (13/25) · 500 = - 20 [DM]

Zur ökonomischen Interpretation eines Simplextableaus vgl. von Zwehl, W. (1981), S. 364 ff., Brink, A. et al. (1991), S. 43 ff., Adam, D. (1993 a), S. 386 ff.

Produktions- und Absatzprogrammplanung

209

Eine Verminderung der Kapazität in Abteilung A um eine Zeiteinheit hat also eine Gewinnminderung von 20 DM zur Folge. Der Zielfunktionskoeffizient der Variablen Y A im Optimaltableau von -20 läßt sich als Grenzgewinn der Abteilung A interpretieren. Im Falle einer Erhöhung der Kapazität der Abteilung A um eine Zeiteinheit würde Y A der Wert -1 zugewiesen. Die daraus resultierenden Veränderungen der Basisvariablen sind betragsmäßig identisch, sie weisen jedoch jeweils das umgekehrte Vorzeichen auf. Unter Vernachlässigung der Nichtnegativitätsbedingung für Y A ergäbe sich also eine Gewinnsteigerung um 20 DM.

3.3

Annahme oder Ablehnung eines Zusatzauftrages

Im Falle einer Annahme des Zusatzauftrages über die Herstellung von 100 CD-Playern (dieser soll im folgenden als Produkt 4 bezeichnet werden) reduzieren sich die vorhandenen Kapazitäten zur Produktion des ursprünglich geplanten Programms. Durch die Erstellung einer Einheit des Zusatzauftrages wird die Kapazität im Umfang von 4 ( 1 , 5) Zeiteinheiten in der Abteilung A (B, C) belegt. Die Zielfunktionskoeffizienten der Schlupfvariablen geben - wie oben erläutert - die Grenzgewinne bzw. die Schattenpreise der Kapazitäten pro Einheit an: Abteilung A:

20 [DM/ZE]

Abteilung B:

80 [DM/ZE]

Abteilung C:

40/3 [DM/ZE]

Die Opportunitätskosten für die Produktion einer Einheit des Zusatzauftrages lassen sich als Summe der mathematischen Produkte von Schattenpreisen und Produktionskoeffizienten des Zusatzauftrages bestimmen: 20 · 4 + 80 · 1 + (40/3) · 5 = 226 2/3 [DM/ME]

210

RWC-Fallstudienbuch

Diesen Opportunitätskosten von 226 2/3 DM/ME zur Produktion einer Einheit des Zusatzauftrages steht eine zusätzliche Deckungsspanne von ρ - kv = 800 - 600 = 200 [DM/ME] gegenüber. Es ergäbe sich somit ein Verlust von 26 2/3 [DM/ME] pro Einheit des Zusatzauftrages. Der Zusatzauftrag ist also abzulehnen. Grundsätzlich gilt die Interpretation der Schattenpreise nur im marginalen Bereich. Um zu einer endgültigen Entscheidung zu gelangen, müßte das Produktionsprogramm unter Berücksichtigung des neuen Produktes noch einmal durchgerechnet werden. Im Falle einer Ablehnung des Zusatzauftrages (wie hier im Beispiel) ist allerdings eine Neuberechnung des Produktionsprogramms nicht notwendig, da sich die Entscheidung nicht ändern würde. Ein alternativer Lösungsvorschlag zur Beurteilung der Vorteilhaftigkeit des Zusatzauftrages besteht darin, die Veränderungen der Produktionsmengen der Produkte 1, 2 und 3, die sich durch die Aufnahme einer Einheit des Zusatzauftrages ergeben, mit den zugehörigen Deckungsspannen zu multiplizieren und mit der Deckungsspanne des Zusatzauftrages zu vergleichen. Aus dem Optimaltableau ergeben sich folgende Gleichungen: Produkt l : x ! = 192 + 96/25 Y A - 36/25 Y B - 16/25 Y c Produkt 2: x 2 = 136- 57/25 Y A + 12/25 Y B +41/75 Produkt 3: x 3 = 2 2 4 - 13/25 Y A +

8/25 Y B -

Yc

2/25 Y C

Durch die Produktion einer Mengeneinheit von Produkt 4 wird die Abteilung A (B, C) mit 4 (1, 5) ZE belastet. Somit stehen für die Produktion der Produkte 1, 2 und 3 weniger Kapazitätseinheiten zur Verfügung, was gleichbedeutend als Erhöhung der Schlupfvariablen interpretiert werden kann: YA = 4;YB = l ; Y c = 5

Produktions- und Absatzprogrammplanung

211

Durch Einsetzen der Kapazitätsbedarfe des Zusatzauftrages in die obigen Gleichungen ergeben sich folgende Mengenveränderungen Δ x¡ für die Produkte 1, 2 und 3: Δ X] = (96/25)· 4 - (36/25) · 1 - (16/25) · 5 =

268/25

Δ x 2 = - (57/25)· 4 + (12/25) · 1 + (41/75) · 5 = - 443/75 Δ χ 3 = -(13/25)·4+

(8/25)· 1 -

(2/25) · 5 = - 54/25

Werden die Mengenänderungen mit den zugehörigen Deckungsspannen multipliziert, läßt sich die Gewinnänderung Δ G ermitteln: Δ G = (268/25) · 300 - (443/75) · 400 - (54/25) · 500 = -226 2/3 [DM] Wird eine Mengeneinheit des Zusatzauftrages hergestellt, reduziert sich der Gewinn des ursprünglichen Programms um 226,67 DM. Da der Zusatzauftrag jedoch lediglich eine Deckungsspanne von 200 DM/ME aufweist, ist er abzulehnen. 3.4

Sensitivitätsanalyse der Zielfunktionskoeffizienten1

Der Preis - und damit der Zielfunktionskoeffizient - des Produktes 1 läßt sich laut Aufgabenstellung nicht exakt vorhersagen. Der Controlling-Leiter möchte wissen, bis zu welchem Absatzpreis die vorliegende Lösung optimal bleibt. Gefragt ist also, in welchen Grenzen der Preis pi variieren darf, ohne daß das Optimaltableau seine Optimalitätseigenschaft verliert. Eine Veränderung des Zielfunktionskoeffizienten läßt sich durch eine Variationskonstante c j ' berücksichtigen, die sowohl positive als auch negative Werte annehmen kann:

Zur Sensitivitätsanalyse der Zielfunktionskoeffizienten vgl. Brink, A. et al. (1991), S. 48 f. und S. 162 f., Adam, D. (1993 a), S. 389.

212

RWC-Fallstudienbuch p1neu =

p i alt +

c1»

Für die Deckungsspanne und damit den Zielfunktionskoeffizienten des ersten Produktes ergibt sich: Cj neu = 300 + C]' Diese Veränderung des Zielfunktionskoeffizienten Cj der Variablen xj im Ausgangstableau um Δ Cj = Cj' führt zu einer entsprechenden Veränderung des Zielfunktionskoeffizienten der Variablen im Optimaltableau: A(cl - z 1 ) = c 1 ' Im Optimaltableau beträgt der Dualwert der Basisvariablen xj nicht mehr 0, sondern Cj' (siehe Abb. 6). Da der Zielfunktionskoeffizient einer Basisvariablen im Optimaltableau den Wert 0 aufweisen muß, ist die Zielfunktionszeile zu transformieren. Hierzu wird die zweite Zeile mit Cj' multipliziert und anschließend von der Zielfunktionszeile subtrahiert, so daß sich die neue Zielfunktionszeile (c¡ - zj) n e u ergibt: Basisvariable

X

1

x

2

x

3

YA



Yc

0

1

0

57/25

-12/25

-41/75

136

X

1

1

0

0

-96/25

36/25

16/25

192

x

3

0

0

1

13/25

-8/25

2/25

224

l'

0

0

-20

-80

-40/3

-104.000

0

0

0

-20

-80

-40/3

-104.000

+(96/25)

-(36/25)

-(16/25)

-192 c j '

x

2

Cj-Zj

(Cj-z¡)neu

c

c

f

c

f

Abb. 6: Sensitivität der Zielfunktionskoeffizienten

c

l'

Produktions- und Absatzprogrammplanung

213

Das transformierte Optimaltableau ist solange optimal, wie alle Zielfunktionskoeffizienten kleiner oder gleich 0 sind, denn erst bei einem positiven Zielfunktionskoeffizienten läßt sich der Zielwert durch Aufnahme der entsprechenden Nichtbasisvariablen in die Basis verbessern. Damit die Lösung stabil bleibt, müssen also folgende Bedingungen erfüllt sein: - 20 + (96/25) c j '

V ) 3. das Konzept des kalkulatorischen Gewinns1 („G - i 0 · EK > 0") Durch die Umformung konnte gezeigt werden, daß die Beurteilung eines Profit Centers anhand verschiedener Controllingkennzahlen nur dann konsistent ist, wenn die oben unterstellte zweite Variante der ROI-Definition zugrunde gelegt wird. Die ROI-Variante 2 wurde so-

auch als Betriebsergebnis

bezeichnet.

328

RWC-Fallstudienbuch

mit als theoretisch konsistent erkannt. Deshalb wird sie der weiteren Analyse zugrunde gelegt. 3.2.2.2.2 Berechnung Im Rahmen der Kontrolle des akquirierten Geschäftsbereichs ist nun der ROI für das erste Jahr zu berechnen. Dabei ist davon auszugehen, daß die Planungsdaten tatsächlich realisiert worden sind. Der in der ROI-Formel enthaltene Gewinn wurde als pagatorischer Gewinn der Investition identifiziert, der aus der Datenbasis der Aufgabenstellung ableitbar ist. Die Abschreibung ergibt sich durch Aufteilung der abschreibungsfähigen Anschaffungs- oder Herstellkosten von 7,5 Mio. DM auf 5 Jahre. Dabei ist zu beachten, daß im Rahmen des operativen Controlling aus Gründen der Vergleichbarkeit eine lineare Abschreibung des Anlagevermögens vorzunehmen ist. Cash Flow ohne Zinsen - Sollzinsen - lineare Abschreibung pagatorischer Gewinn

2 400 000 DM 800 000 DM 1 500 000 DM 100 000 DM

Das Investment stellt das durchschnittliche betriebsnotwendige Kapital des ersten Jahres dar. Dies ergibt sich aus der Summe von betriebsnotwendigem Anlage- und Umlaufvermögen. Zunächst ist das betriebsnotwendige Anlagevermögen zu berechnen. Buchwert in t=0

11 000 000 DM

- lineare Abschreibungen

1 500 000 DM

Buchwert in t=l

9 500 000 DM

Das durchschnittliche betriebsnotwendige Anlagevermögen im 1. Jahr beträgt:

Methodenbruch 11000000 + 9500000 =

10250000

329

[DM]

Da das durchschnittliche Vorratsvermögen für das 1. Jahr mit 300 000 DM zu veranschlagen ist, beträgt das betriebsnotwendige Kapital 10 550 000 DM. Der ROI kann nun wie folgt bestimmt werden: R O I = 1ooooo+sooooo=

%

10550000 Dieser ROI ist den durchschnittlichen Kapitalkosten gegenüberzustellen, die sich wie folgt berechnen: • = i 0 EK + is F K = EK + FK

6

^

%

gegenüberzustellen. Der Vergleich des ROI mit den durchschnittlichen Kapitalkosten zeigt, daß der neue Geschäftsbereich in t = 1 noch nicht den geforderten Anspruch erfüllt. 3.2.2.2.3 Kritik

Die Controllingkennzahl ROI ist in hohem Maße problematisch. Aufgrund der einperiodigen Betrachtung kann nicht sinnvoll kontrolliert werden, ob sich die Investition insgesamt gelohnt hat. Besonders fragwürdig ist das ROI-Konzept, wenn solche Entscheidungen getroffen wurden, bei denen sich der einperiodig konzipierte ROI erhöht hat, die aufgrund einer mehrperiodigen Betrachtung ermittelte Gesamtkapitalrentabilität dagegen reduziert wird. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise eine Werbemaßnahme, deren positiver Effekt zeitlich verzögert auftritt, in die Zukunft verschoben wird. Auch das Vertagen überfälliger Reparaturmaßnahmen dient dazu, den ROI der betrachteten Kontrollperiode zu erhöhen, während

330

R WC-Fallstudienbuch

die für den gesamten Zeitraum berechenbare Rentabilität im allgemeinen durch einen größer werdenden Schaden negativ beeinflußt wird. Der Methodenbruch im Controlling ist also kein künstlich erzeugtes akademisches

Problem, sondern von erheblicher Praxisrelevanz,

da

er falsche Entscheidungen induzieren kann. Deshalb ist nun ein Konzept zu entwickeln, bei dem der Methodenbruch vermieden wird.

3.3 Ein Lösungsvorschlag zur Vermeidung des Methodenbruchs 3.3.1 Die Idee Eine Überwindung des Methodenbruchs erfordert die konsistente Anwendung eines Rentabilitätsmaßes sowohl bei der Planung als auch bei der Kontrolle einer Investition. Dieses Rentabilitätsmaß muß folgenden Anforderungen genügen: (1) Die Kennzahl darf nicht mit impliziten Prämissen bezüglich der Wiederanlage freiwerdender Mittel und der zwischenzeitlichen Finanzierung belastet sein. (2) Die Kennzahl muß die entscheidungsrelevanten Steuern berücksichtigen. Beide Anforderungen werden durch die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern1 erfüllt (vgl. Abb. 7):

1

Vgl. Grob, H. L. (1989), S. 89 und derselbe (1990), S. 184 ff.

Methodenbruch

331

langfristig

kurzfristig

„strategisches Controlling

„operatives Controlling"

Situation

vor Acquisition

nach Acquisition

Aufgabe des Controlling

Investitionsplanung

Zeitraum

Controlling Instrument Abb. 7:

operative Kontrolle

operative Planung

VOFI-Gesamtkapitalrentabilität unter Berücksichtigung von Steuern

Lösungsvorschlag für das Controlling zur Vermeidung eines Methodenbruchs

3.3.2 Controlling mit der VOFI-Gesamtkapitalrentabilität 3.3.2.1 Investitionsplanung Im folgenden sei als Rentabilitätskennzahl die nicht mit impliziten Prämissen belastete VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern eingeführt. Diese für die Investitionsplanung entwickelte Kennzahl lautet: E W MnSt

(7)

ggg =

_EK

+ (1

+

^

t=1

ni

mit E W

_ s). £ Z S

ao MnSt

und aQ > 0

η - ΕΚ + (1 - s) • X z f + ao > 0 t=l

-1

332

RWC-Fallstudienbuch

Neue Symbole SGK EW

MnSt

EK e Zjr

VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern Endwert der Investition nach Steuern Eigenkapital („eigene liquide Mittel") Sollzinsen im Zeitpunkt t

Die Terme der VOFI-Gesamtkapitalrentabilität lassen sich anschaulich interpretieren: Zum einen kann der Totalgewinn nach Steuern und zum anderen der totale Return nach Steuern unter Verwendung der Daten des VOFIs bestimmt werden: (8)

TG nSt = EW M n S t - EK

(9)

η R n S t = TG nSt + ( 1 - s) · X Zf t=l

Neue Symbole RnSt Return nach Steuern TG n S t

Totalgewinn nach Steuern

Anzumerken ist, daß bei EW M n S t auch die am Planungshorizont zu bewertenden Vermögensgegenstände zu berücksichtigen sind. Der VOFI1 bildet die Datenbasis zur Bestimmung von g ^ . Unter Berücksichtigung der eigenen liquiden Mittel von 3 Mio. DM, der detaillierten Finanzierungskonditionen und des Ertragsteuermultifaktors von 53,78 % wurde ein Endwert nach Steuern in Form liquider

1

Zur vollständigen Finanzplanung vgl. Adam, D. (1994), S. 101 ff, Altrogge, G. (1991), S. 40 f., Grob, H. L. (1989), S. 5-56, Grob, H. L. (1995 a), ab S. 77, Kraschwitz, L. (1993), S. 46 ff.

Methodenbruch

333

Mittel von 2 781 016 DM ermittelt. Der VOFI ist in Abb. 8 dokumentiert worden: Zeitpunkt

0 1 2 3 4 5 Zahlungsfolge der Investition -11 000 000 2 400 000 3 600 000 4 200 000 3 600 000 2 400 000 Eigenkapital 3 000 000 Kontokorrentkredit + Aufnahme 8 000 000 - Tilgung 2 352 920 2 344 062 2 460 824 842 194 - Sollzinsen 800 000 564 708 330 302 84 219 Geldanlage - Anlage 1 186 150 1 594 866 + Auflösung + Habenzinsen 177 923 Steuerzahlungen - Auszahlung 691 230 1 408 874 1 487 437 983 057 + Erstattung 752 920 Finanzierungssaldo Bestandsgrößen Kontokorrentkredit Guthabenstand

0

0

0

0

8 000 000 5 647 080 3 303 018

842 194

0

0

1 186 150 2 781 016

Bestandssaldo - 8 000 000 - 5 647 080 - 3 303 018 -842 194 1 186 150 2 781 016

Zeitpunkt

1

2

3

4

5

Buchwert zu Beginn des Jahres

7 500 000 4 500 000 2 750 000

Sonderabschreibungen

3 000 000

1 750 000

1 250 000

750 000 750 000

Buchwert zum Ende des Jahres

4 500 000 2 750 000

1 500 000

750 000

1 500 000 750 000

0

334

R WC-Fallstudienbuch

Zeitpunkt

1

2

4

3

5

Einzahlungsüberschuß

2 400 000 3 600 000 4 200 000 3 600 000 2 400 000

- Abschreibung

3 0 0 0 000

1 750 000

1 250 000

750 000

800 000

564 708

330 302

84 219

- Zinsaufwand + Zinsertrag

177 923

Steuerbemessungsgrundlage -1 400 000 Erstattung

1 285 292 2 6 1 9 698 2 765 781 1 827 923

752 920

Auszahlung

Abb. 8:

750 000

691 230

1 408 874

1 487 437

983 057

VOFI als Datenbasis zur Ermittlung der VOFIGesamtkapitalrentabilität

Unter Verwendung der Daten des zu behandelnden Falls kann nun die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern berechnet werden. Dabei ist - so wie bei der Ermittlung des internen Zinsfußes - der fiktive Verkaufserlös des Grundstücks beim Endwert zu berücksichtigen. E W M n S t enthält somit nicht nur den Bestand an liquiden Mitteln in t=n, sondern auch den mutmaßlichen Wert des Grundstücks am Planungshorizont. Weitere Wertansätze waren zu vernachlässigen. Der Totalgewinn nach Steuern unter Berücksichtigung des Wertansatzes am Planungshorizont W berechnet sich somit wie folgt: TG

nSt + w

_ 2781016 + 3500000 - 3000000 = 3281016 [DM]

Zur Ermittlung des Return nach Steuern R n S t sind die Sollzinsen nach Steuern aus dem VOFI zu übernehmen. Unter Berücksichtigung des Ertragsteuermultifaktor s von 53,78 % ergibt sich: (l-s)'Xzf = t=i (1-0,5378) • (800 000 + 564 708 + 330 302 + 84 219) = = (1 - 0,5378) · 1 779 229 = 822 360 [DM]

335

Methodenbruch

Der totale Return nach Steuern beträgt somit 3 281 016 + 822 360 = 4 103 376 [ D M ] , Die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern kann somit wie folgt ermittelt werden: nSt J4103376 +11000000 gGK = ?/ ^ V 11000000 §GK

ste^t

, Λ 1 = 0,06546 - 6,5 %

den zu einer Rentabilitätskennzahl verdichteten

einer Investition pro DM Kapitaleinsatz

Ertrag

dar, der zur Beurteilung der

Vorteilhaftigkeit den entsprechenden Kapitalkosten gegenüberzustellen ist. Die Formel zur Bestimmung der Kapitalkosten k pro D M Kapitaleinsatz lautet unter Berücksichtigung von Steuern wie folgt: 1

n [l + ( l - s ) - i 0 ] n - E K - E K + ( l - s ) - X Z ,S f + ao

(9)

t=l

k = ]

1

ao Unter Berücksichtigung der Daten des Falls ergibt sich k in folgender Höhe:

k

_ φ

+ 0 - 0.5378) · 0,15f · 3000000 - 300000 + 822360 + 11000000

V

1

11000000

= 0,03424 = 3 , 4 % Da die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität größer als die Kapitalkosten pro D M Kapitaleinsatz ist, war auch aufgrund einer Rentabilitätsrech-

1

Vgl. Grob, H. L. (1989), S. 89.

336

R WC-Fallstudienbuch

nung auf der Basis der VOFI-Daten die Investition im Zeitpunkt der Planung als vorteilhaft anzusehen.1

3.3.2.2 Investitionskontrolle Als Lösungsvorschlag zur Überwindung des Methodenbruchs ist vorzuschlagen, auch bei der im Rahmen des operativen Controlling durchzuführenden Kontrolle einen langfristigen Planungszeitraum zugrunde zu legen. Dies setzt allerdings voraus, daß für die rollende langfristige Planungen ein hoher Aufwand akzeptiert wird. Um ihn in Grenzen zu halten, könnte jedoch mit unterschiedlich detaillierten Prognosedaten gerechnet werden. Im einzelnen ist zur Kontrolle eines akquirierten Unternehmensteils auf Basis einer langfristigen Planungsrechnung wie folgt vorzugehen: ( 1 ) Festlegung des Planungszeitraums, (2) Vorgabe der Kapitalkostensätze und der Ertragsteuersätze als globale Parameter, (3) Planung der relevanten Daten (ζ. B. des Cash Flows) des zu kontrollierenden Jahres, (4) pauschale Vorgabe der Planwerte für die zukünftigen Perioden, (5) Korrektur der pauschalen Vorgaben um einzelne bedeutsame Geschäftsvorfälle bzw. pauschale Korrektur der vorgegebenen Werte aufgrund langfristiger Entwicklungsprognosen, (6) Fixierung des Anfangskapitals für den Kontrollzeitraum,

Ein Vergleich mit dem internen Zinsfuß nach Steuern drängt sich auf. Eine derartige Analyse sollte mit Hilfe eines Δ-VOFIs durchgeführt werden. Zu einer derartigen Differenzanalyse vgl. Grob, H. L. (1995 a), S. 201 ff.

Methodenbruch

337

(7) Bewertung nicht abgeschlossener Aktivitäten am Planungshorizont. Auf der Basis dieser Daten läßt sich auch zu Kontrollzwecken eine VOFI-Gesamtkapitalrentabilität bestimmen. Daß hierbei erhebliche Prognoseprobleme auftreten, ist selbstverständlich. Zusätzlich zu den Prognoseproblemen tritt auch eine Bewertungsproblematik bezüglich des „Eigenkapitals" auf. Dieser Problematik wäre am einfachsten zu begegnen, wenn die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität auf das im Investitionszeitpunkt

eingesetzte Gesamtkapital

bezogen würde. Jede Abweichung im Cash Flow und bei den Parametern zur Ermittlung der derivativen Zahlungen würde sich dann in einer geänderten Gesamtkapitalrentabilität quantifizieren lassen. Wenn jedoch der Anfangszeitpunkt des Kontrollzeitraums verschoben wird, ist das Eigenkapital zu Beginn der Kontrollperiode zu bewerten. Das ursprünglich für die Investition zur Verfügung gestellte Eigenkapital ist konsequenterweise mit einem Opportunitätskostensatz (nach Steuern) aufzuzinsen und auf diese Art im Zeitablauf fortzuschreiben. Voraussetzung für eine methodenkonsistente Planung und Kontrolle ist, daß der neue Geschäftsbereich auch nach der Investition für Kontrollzwecke abgrenzbar bleibt. Praktische und theoretische Probleme sollten jedoch nicht davon abschrecken, das hier vorgeschlagene methodisch konsistente Konzept weiterzuentwickeln.1

Zum Konzept einer rollenden Investitionskontrolle vgl. Grob, H. L. (1995 a), S. 335-340.

338

RWC-Fallstudienbuch

4 Zusammenfassung - Investitionsentscheidungen, wie die Acquisition von Unternehmungen, werden im allgemeinen im Rahmen des strategischen Controlling unter Verwendung von Methoden der dynamischen Investitionsrechnung, bei denen als Zielwert eine Gesamtkapitalrentabilität ermittelt wird, durchgeführt. Als Controllingkennzahl sollte die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern verwendet werden. - Nachdem die Investition realisiert worden ist, findet eine kurzfristige Kontrolle und Planung im Rahmen des operativen Controlling statt. Als Kennzahl zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Objektes (ζ. B. eines Profit Centers) wird häufig der Return on Investment (ROI) herangezogen. -

Obwohl bei der Investitionsentscheidung wie auch beim laufenden Controlling jeweils Gesamtkapitalrentabilitäten errechnet werden, stellt der Übergang vom strategischen zum operativen Controlling einen Methodenbruch dar, da hier eine Wende von der langfristigen/dynamischen zur kurzfristigen/statischen Gesamtkapitalrentabilität stattfindet. Während bei der Planung mit Steuern gerechnet wird, ist dies bei der Kontrolle auf Basis des ROI nicht der Fall.

- Die Verwendung der Kennzahl ROI im operativen Controlling verführt zu einer Manipulation in Form einer Verschiebung kostenintensiver Aktivitäten (ζ. B. eine langfristig wirkende Werbung oder überfällige Reparaturmaßnahmen) in die nächste Periode. Die Verschiebung von Kosten bzw. Auszahlungen in die nächste Periode erhöht den ROI der Kontrollperiode. Bei einer mehrperiodigen Analyse würde sich jedoch zeigen, daß die Gesamtkapitalrentabilität bei der zeitlichen Verschiebung einer langfristig vorteilhaften Aktivität sinkt.

Methodenbruch

-

339

Sofern das Investitionsobjekt nach der Investition abgrenzbar ist, sollten Planung und langfristig orientierte Kontrolle mit den gleichen Controllinginstrumenten - hier wurde die Verwendung der VOFI-Gesamtkapitalrentabilität nach Steuern vorgeschlagen durchgeführt werden. Zusätzlich zum langfristigen Controlling kann selbstverständlich auch noch ein kurzfristiges Controlling auf der Basis der traditionellen Kennzahl Retuni on Investment durchgeführt werden.

-

Aufgrund der Überlegungen zu einer Kontrolle mit einem langfristigen Planungshorizont ergeben sich für das Controlling folgende Aufgabenkategorien 1 : Controlling

Planung

langfristig

Kontrolle

kurzfristig

strategisch

langfristig

kurzfristig

operativ

Controlling Abb. 9:

1

Aufgabenkategorien des Controlling unter Berücksichtigung einer langfristig orientierten Kontrolle

Vgl. auch Abb. 4.

340

R WC-Fallstudienbuch

Kontrollfragen (1) Definieren Sie Controlling und charakterisieren Sie strategisches und operatives Controlling! (2) Wie ist der interne Zinsfuß eines Investitionsprojektes nach Steuern zu ermitteln? (3) Definieren und interpretieren Sie die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität! Womit ist sie zu vergleichen, um eine Empfehlung für eine Investitionsentscheidung geben zu können? (4) Die Zahlungsfolge einer Investition wurde wie folgt prognostiziert: t=0

t=l

t=2

t=3

t=4

t=5

-18 000

-4 000

3 200

19 040

5 972

3 785

[DM]

Angenommen, jedes Element der Zahlungsfolge würde sich um 10 % erhöhen, also -19800, -4400, +3520 usw. a) Ändert sich der interne Zinsfuß? Wenn nein - warum nicht? b) Ändert sich die VOFI-Gesamtkapitalrentabilität vor Steuern? Wenn ja - warum? Legen Sie bei der Ermittlung der VOFI-Gesamtkapitalrentabilität das Konzept eines gespaltenen Zinsfußes mit einem Sollzinsfuß von 13 % und einem Habenzinsfuß von 9 % zugrunde. Gehen Sie von eigenen liquiden Mitteln zur Finanzierung der Anschaffungsauszahlung von 9 000 DM aus, die sonst zu 9 % angelegt werden könnten. Steuern sind aus didaktischen Gründen zu vernachlässigen. (5) Erörtern Sie die Controlling-Kennzahl ROI und diskutieren Sie die Komponenten des Quotienten!

Methodenbruch

341

(6) Charakterisieren Sie den Methodenbruch beim Übergang vom strategischen zum operativen Controlling! (7) Für das operative Controlling sind folgende Daten, die jeweils für die Kontrollperiode gelten, erhoben worden: 500 Mio. DM Umsatz Kosten (ohne Zinsen, also ζ. B. Löhne, Abschreibungen) 300 Mio. DM 50 Mio. DM Aufwandszinsen 70 Mio. DM Zinsen auf das Eigenkapital Als Sollzinsfuß ist ein Satz von 10 % anzunehmen. Der Opportunitätskostensatz ist mit 7 % zu veranschlagen. Interpretieren Sie die Formel des ROI, indem Sie einen Vergleich zwischen dem ROI und dem Mischzinsfuß, der Eigenkapitalrentabilität und dem Opportunitätskostensatz sowie dem kalkulatorischen Gewinn und der Vergleichszahl Null durchführen! (8) Diskutieren Sie den Vorschlag zur Überwindung des Methoden-

bruchs im Controlling!

342

R WC-Fallstudienbuch

Literatur Adam, D. (1993), Planung und Entscheidung: Modelle, Ziele und Methoden, 3. vollst. Überarb. u. erw. Aufl., Wiesbaden 1993. Adam, D. (1994), Investitionscontrolling, München, Wien 1994. Altrogge, G. (1991), Investition, 2. akt. Aufl., München, Wien 1991. Coenenberg, A. G., Baum, H.-G. (1990), Strategisches Controlling, Stuttgart 1990. Grob, H. L. (1989), Investitionsrechnung mit vollständigen Finanzplänen, München 1989. Grob, H. L. (1990), Das System der VOFI-Rentabilitätskennzahlen bei Investitionsentscheidungen, in: ZfB, Februar 1990, S. 179-192. Grob, H. L. (1994), Investition und Finanzierung, in: Betriebswirtschaftslehre, Hrsg.: H. Corsten, M. Reiß, München, Wien 1994, S. 933-1066. Grob, H. L. (1995 a), Einführung in die Investitionsrechnung, Eine Fallstudiengeschichte, München 1995. Grob, H. L. (1995 b), Leistungs- und Kostenrechnung (mit HyperMedia-Software), Münster 1995. Horváth, P. (1994), Controlling, 5. Aufl., München 1994. Kruschwitz, L. (1993), Investitionsrechnung, 5. Aufl., Berlin, New York 1993. Weber, J. (1990), Ursprünge, Begriff und Ausprägungen des Controlling, in: Handbuch Controlling, Hrsg.: E. Mayer, J. Weber, Stuttgart 1990, S. 3-32.

Stichwortverzeichnis

343

Aufwand —

#



Sonstiger betrieblicher 39 Aufwendungen 27; 36

Δ-VOFI 305

außerordentliche 35 — A — Absatzprogrammplanung 170; 193; 194;195

sonstige betriebliche 27; 29; 30; 31 ; 32; 38 Ausgleichsposten 51; 57; 62

Abschreibung 8; 9 — B —

außerplanmäßige 10; 16 degressive 8; 9

Basisvariable 170; 171; 172

lineare 8; 9

Beibehaltungswahlrecht 11

planmäßige 8; 16

Beschäftigungsabweichung 178; 179

zur Vorwegnahme künftiger Wert-

Bilanzierungshilfe 82

schwankungen 25; 26

Buchwertmethode 46; 48; 60

Abschreibungen — C —

zur Vorwegnahme künftiger Wertschwankungen 27

Cash Flow 312; 336

Abweichungsanalyse 175

Conjoint-Analyse 283

Akquisition 309; 311

Controlling 155; 309; 339

Anlagespiegel 14

operatives 316; 331; 339

Anpassungskoeffizient 208; 214; 216

strategisches 316; 331; 339

Anschaffungs — D —

-kosten 4 -nebenkosten 5; 6

Datenbankmodell 99; 100; 120

-preis 5

Datenmodell 99

-Preisminderung 5

Deckungsbeitragsabweichung 175; 176

-swertprinzip 50

Deckungsspanne 164; 169

-wertprinzip 52 Aschreibungen Sonder- 9 Attribut 100

absolut 165 relativ 165 Degressionseffekt 234 Differentialrechnung 292; 305

344

R WC-Fallstudienbuch

Dual wert 212

Geschäfts- bzw. Wirtschaftsjahr 84; 85;

Duration 295; 301

86 Geschäfts- oder Firmenwert 79; 80; 81 ;

— E —

82; 83

Economy of Scale 269

Geschäftsprozeß 105

EDV 117; 152

Gewinn 324; 325; 328

Einkauf 91; 107; 113

kalkulatorischer 327

Einzelkosten 220

pagatorischer 328

Engpaß 164; 165; 195

Goodwill 80; 81; 82

Entity-Relationship-Modell 95; 96

Grenzkosten 247

Ereignisgesteuerte Prozeßketten 95 — H —

Erfahrungskurve 268 Erfolgspreisuntergrenze 246

Handelsbilanz II 47; 49

Erfolgswert 72

Handelsbilanz III 52; 54

Eröffnungsbilanz 77; 78; 79; 86; 87

Heuristik 201

Erstkonsolidierung 48; 56 — I —

Erträge 23; 24; 28; 36 aperiodische 32; 33

Individualsoftware 142; 146

sonstige betriebliche 23; 28; 30; 31;

Information 133; 134; 135

38; 39

Informations

Ertragswert 71; 72; 73; 296; 301

-management 132; 136; 138; 148

Erwerbsmethode 59

-modellierung 91; 95 -Strategie 142

— F —

-Versorgung 315

Faktorverbrauchsabweichung 179; 182

Integration 138; 142

Folgekonsolidierung 59; 60

interne Zinsfuß

Fremdkapitalzinsen 7

nach Steuern 322 interner Zinsfuß 310; 320

— G — Gemeinkosten 229; 235; 236 -Schlüsselung 231

Gesamtkostenverfahren 19; 36

nach Steuern 310; 336 Investi tions -entscheidung 290 -kontrolle 336; 337 -rechnung 236; 295

Stichwortverzeichnis

Investment 313; 328 — Κ —

345

— M — Maßgeblichkeit umgekehrte 9; 11

Kalkulation

Materialaufwand 24

-verfahren 232; 233

Methodenbruch 311; 317

-Zinsfuß 290; 297

Kapazitäts

— N —

-beschränkung 164 -erweiterung 174

Neubewertungsmethode 46; 51; 52; 56 Normalisierung 101

Kapital

—o—

-konsolidierung 43; 46 Kapitalwert 248; 289; 292; 301 -änderung 293

Opportunitätserlöse 247 Opportunitätskosten 209; 247; 262

-methode 248 Optimaltableau 205 -Veränderung 298 Optimierung Komplexitatseffekt 223; 233; 234 lineare 194; 196 Konsolidierungsausgleichsposten 49; Organisations- und Informationssystem50; 57; 58

gestaltung 124

Konzernbilanz 50; 51; 58; 63 Kosten

— P —

-antriebskräfte 226 Parametrische Programmierung 214 -einwirkungsprinzip 230 Patent 82; 83; 84 -führerschaft 268; 271 Preis -kontrolle 175; 178; 179 -ab weichung 178 -rechnungssystem 219 -politik 270 -senkungspotential 275; 278 Preisuntergrenze 246; 252; 258 Kreditorenbuchhaltung 91; 112; 116 dynamische 248; 250 — L —

investitionsrechnerische 248 kurzfristige 246

Lemkurveneffekte 269 Lernrate 279 Liquiditätspreisuntergrenze 246

langfristige 246; 252 statische 246; 250 Produktions- und Kostentheorie 168

346

RWC-Fallstudienbuch

Produktionsprogrammplanung 162; 163; 164; 166; 193; 195 Profit Center 309; 327 Prozeß

Steuer -auszahlung 252 -erstattung 252 stille

-kosten 221; 227; 228; 229; 230; 231; 232; 234; 235; 236; 237 -kostenrechnung 219; 283 -modellierung 91; 105

Lasten 47; 49; 52 Reserven 47; 49; 50; 52 Substanzwert 71 ; 72 -methode 72; 73 Summenbilanz 49; 57

— R —

sunk cost 248

Realisationsprinzip 30 — Τ —

Rechnungsabgrenzung 27; 37 Rechnungsprüfung 91; 106; 110; 111

Target Costing 265; 281; 282

Relation 100; 101

Target Pricing 265; 272

Restnutzungsdauer 13

Totalgewinn 332

Return on Investment 310; 313; 317;

—υ—

325 Rücklage für Ersatzbeschaffung 28

Umsatz -abweichung 176; 177

—s— Saldierungsverbot 31; 33

-erlöse 23; 24 -Steuer 76; 77

Schattenpreis 205; 209; 216

Unsicherheit 211; 216

Schlupfvariable 170; 171; 172; 198;

Untemehmensbewertung 70

216 Selbstkosten 225

Anlässe der 70 theoretische Konzeptionen der 71

Sensitivitätsanalyse 211; 251; 256; 262

Untemehmenserwerb 67

Simplex-Algorithmus 170; 198; 201

Unternehmens wert 71

Skaleneffekte 269

objektiver 71

Skontrationsmethode 24

objektivierter 71

Sonderposten mit Rücklagenanteil 29;

realisierter 75; 76

38; 39 Spezialabweichungen 179; 180 Standardsoftware 140; 142

— V — Variationskonstante 211

Stichwortverzeichnis

Vermögensgegenstand 81

Wertkettenkonzept 227

Verursachungsprinzip 230

Wirtschaftsgut

VOFI 251; 332 VOFI-Gesamtkapitalrentabilität 330

347

geringwertiges 7; 15; 16 With-without-Methode 318

Vollkonsolidierung 49

—z—

vollständige Finanzplanung 250 vollständiger Finanzplan 251 ; 302

Zielkostenmanagement 281

Vorgangskette 130; 136

Zielpreisfindung 272; 277

Vorgehensmodell 141; 142

Zielwertdifferenzen 291 Zins

—w— Wareneingang 91; 108; 114; 117; 118; 119 Wert

-änderungen 294 -änderungswirkungen 294; 299; 301 -empfindlichkeit 292; 295 Zinsänderungen 301

kritischer 248; 251; 261

Zuschlagskalkulation 225; 233

niedriger beizulegender 10

Zuschreibung 11; 12; 16

Wertberichtigung passivische 38; 39

Zuschuß 6