Mengenlehre [3., neubearb. Aufl. Reprit 2019] 9783111360102, 9783111002798


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German Pages 194 [216] Year 1955

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Table of contents :
Inhalt
I. Aus den Anfängen der Mengenlehre
II. Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen
III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre
IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen
V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen
VI. Der Wohlordnungssatz, verwandte Sätze und Folgerungen
Literaturverzeichnis
Namen- und Sachregister
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INHALTSVERZEICHNIS
Geisteswissenschaften
Naturwissenschaften
Technik
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Mengenlehre [3., neubearb. Aufl. Reprit 2019]
 9783111360102, 9783111002798

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SAMMLUNG GÖSCHEN

BAND

999/999a

MENGENLEHRE DR. E. K A M K E o. P r o f e s s o r d e r M a t h e m a t i k a n d e r U n i v e r s i t ä t T ü b i n g e n

Mit 6 Figuren Dritte, neubearbeite Auflage

WALTER DE G R U Y T E R & CO. v o r m a l s G . J . Göschen*sehe V e r l a g s h a n d l u n g . J . G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g • Georg R e i m e r . K a r l J . T r ü b n e r . Veit & C o m p .

B E R L I N 1955

Alle Hechte, einschl. der Hechte der Herstellung von Photokopien und Mikrofilmen, von der Verlagshandlung vorbehalten

© Copyright 1955 by WALTER DB GRUYTER & CO. Berlin W36, Genthiner Straße 13

Archiv-Nr. 11 09 99 Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W35 Druck: Buchdruckerei Paul Funk, Berlin W 35 Printed in Germany

Inhalt I. A u s d e n A n f ä n g e n der Mengenlehre

Seite

Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen . . . 5 Drei bemerkenswerte Beispiele von abzählbaren Mengen 9 Beispiel einer nichtabzählbaren Menge 12 Untermenge, Summe und Durchschnitt von Mengen, insbesondere von abzählbaren Mengen 13 § 5. "Über das Rechnen mit Mengen 18 § § § §

1. 2. 3. 4.

IL Über beliebige Mengen und ihre Kardinalzahlen § 6. § 7. § 8. § 9. § 10. §11. § 12. § 13. § 14. § 15. § 16. § 17.

Über Erweiterungen des Zahlbegriffs Über die Äquivalenz von Mengen Die Kardinalzahl Vorläufiges über die Skala der Kardinalzahlen Der Äquivalenzsatz von F. Bernstein Die Summe von zwei Kardinalzahlen Das Produkt von zwei Kardinalzahlen Die Summe beliebig vieler Kardinalzahlen Das Produkt zweier Kardinalzahlen als Sonderfall einer Summe . . Das Produkt beliebig vieler Kardinalzahlen Die Potenz Beispiele zur Potenzrechnung

21 23 28 31 34 37 40 45 50 52 56 63

III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre § 18. Über die Potenzmenge § 19. Das Auswahlprinzip § 20. Andere Begründungen der Mengenlehre. Zusammenfassung

. . .

69 71 76

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen §21. § 22. § 23. § 24. §25. § 26. § 27.

Definition der geordneten Menge Ähnlichkeit und Ordnungstypus Die Summe von Ordnungstypen Das Produkt zweier Ordnungstypen Über die Mächtigkeit der Typenklassen Über dichte Mengen Über stetige Mengen .

79 82 87 90 95 99 104

4

Inhalt

Seite

V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen § 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl § 29. Die Addition von beliebig vielen und die Multiplikation von zwei Ordnungszahlen § 30. Teilmengen und ähnliche Abbildungen von wohlgeordneten Mengen §31. Die Vergleichung von Ordnungszahlen § 32. Folgen von Ordnungszahlen § 33. "Über das Rechnen mit Ordnungszahlen § 34. Zerfällung von Ordnungszahlen § 35. Zerlegung von Ordnungszahlen §36. Die Folge der Ordnungszahlen und die transfinite Induktion . . . § 37. Das Produkt beliebig vieler Ordnungszahlen §38. Die Potenz von Ordnungszahlen §39. Über Polynome von Ordnungszahlen

110 113 115 118 123 127 132 138 143 148 152 157

VI. Der Wohlordnungssatz, verwandte Sätze und Folgerungen § 40. § 41. § 42. § 43. § 44. § 45.

Vorbereitungen .161 Der Wohlordnungssatz und Maximalmengensätze 164 Fixpunktsatz, Satz von Zorn 169 Basis der reellen Zahlen 170 Die Wohlordnung der Kardinalzahlen 174 Weitere Rechenregeln f ü r Kardinalzahlen. Der Ordnungstypus der Zahlklassen 176 § 46. Ordnungszahlen und Punktmengen 182 Literaturverzeichnis

192

Register

193

I. Aus den Anfängen der Mengenlehre § 1. Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen Die Mengenlehre (theory of sets, théorie des ensembles) ist durch Georg C a n t o r (1845—1918) begründet und schon von ihm selbst zu einem bewundernswerten Lehrgebäude entwickelt worden. Sie hat durch ihre Begriffsbildungen, die ihr innewohnenden Ideen und die in ihr enthaltene Problematik fast alle Teile der Mathematik neu befruchtet oder gar zu neuen Disziplinen geführt. Als Beispiele seien genannt die Theorie der Punktmengen, die neuere Theorie der reellen Funktionen, die Topologie, die Funktionalanalysis, die moderne Algebra. Sie hat aber auch über die Mathematik hinaus der wissenschaftlichen Logik und Erkenntnistheorie neue Impulse gegeben. Hier sollen die Grundzüge der allgemeinen oder abstrakten Mengenlehre dargestellt werden; die Theorie der Punktmengen soll nur gestreift werden. Im gewöhnlichen Leben denkt man bei einer Menge von Dingen immer nur an endlich viele und zwar mindestens zwei Dinge. In der Mengenlehre wird der Begriff weiter gefaßt. Nach G. C a n t o r ist unter einer Menge M zu verstehen „eine Zusammenfassung von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die Elemente von M genannt werden) zu einem Ganzen". Z. B. bilden die Primzahlen zwischen 1 und 1000 eine Menge von 25 Elementen. Die sämtlichen geraden Zahlen eine Menge von unendlich vielen Elementen. Die Eckpunkte eines Quadrats eine Menge von 4 Elementen. Die Punkte eines Kreises eine Menge von unendlich vielen Elementen. Bei einer Menge soll es, falls nichts Gegenteiliges gesagt ist, auf die Reihenfolge der Elemente nicht ankommen. Es ist also z. B. die aus

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I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

den Elementen 1, 2, 3 bestehende Menge1) {1, 2, 3} dieselbe Menge wie {3,1, 2} oder {2, 3,1}. Ferner soll dasselbe Element nicht mehrfach vorkommen dürfen. Der Zahlenkomplex 1, 2, 1, 2, 3 wird also erst nach Fortlassen der mehrfach angeführten Elemente zu einer Menge, nämlich {1, 2, 3}. Was die „wohlunterschiedenen Objekte unserer Anschauung oder unseres Denkens" betrifft, von denen in der obigen Erklärung die Rede ist, so werden sie keineswegs so phantastische Dinge wie die Gedanken Caesars oder die Träume eines Menschen sondern mathematische Objekte sein, wie sie schon bei den obigen Beispielen auftraten oder sich aus solchen aufbauen lassen.

Zwei Mengen M und N werden als gleich bezeichnet, in Zeichen M = N, wenn sie dieselben Elemente enthalten, d. h. wenn jedes Element von M auch Element von N ist und umgekehrt jedes Element von N auch zu M gehört. Es ist also z. B. {1, 2, 3} = {3,1, 2}. M =f= N soll bedeuten, daß M nicht gleich N ist. Wenn m ein Element von M ist, schreibt man auch m e M (lies: m ist Element von M), während m e|:. M oder mhM bedeuten soll, daß m nicht Element von M ist. Die Grundbegriffe der Mengenlehre sind nach dem Vorangehenden „Menge" und „Element" sowie die Beziehungsaussage „ein Ding a ist Element einer Menge 6". Diese Begriffe sind so allgemein, daß es schwierig ist, sie nach Art anderer mathematischer Begriffe auf allgemeinere, hinreichend klar umrissene Begriffe zurückzuführen. Es ist weder hier noch später beabsichtigt, die Grundlegungen der Mengenlehre erschöpfend zu diskutieren, da das den Rahmen dieses Bändchens sprengen würde. Vielmehr wird bewußt an der sog. naiven Mengenlehre Cantors festgehalten, wobei allerdings die Wege zu Widersprüchen abgeschnitten werden, auf Schwierigkeiten bei passender Gelegenheit hingewiesen wird und Hinweise auf genauere Begründungen gegeben werden. Da die oben wiedergegebene Erklärung Cantors tatsächlich zu Miß') Mengen werden vielfach dadurch bezeichnet, daß ihre Elemente in geschweifte Klammern gesetzt werden.

§ 1. Der Begriff der Menge und eine erste Einteilung der Mengen

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Verständnissen und zu der Bildung sinnloser Mengen geführt hat, sei sie hier wie folgt erläutert: a) Es sei© eine wohldefinierte Eigenschaft 1 ), die mindestens einem „Ding" zukommt oder eine Aussage, die für mindestens ein Ding wahr ist; ferner sei die Gesamtheit der „Dinge" m mit der Eigenschaft GE eine wohlbestimmte Gesamtheit2). b) Durch den Akt der Definition wird die Gesamtheit der „Dinge" m mit der Eigenschaft @ als ein neues „Ding" eingeführt und „Menge" M oder M ( m ) genannt; die Dinge m heißen „Elemente" von M : m t M . Ist z. B. (S die Eigenschaft „natürliche Zahl", so ist JW die Menge der natürlichen Zahlen. Ist (£ die Eigenschaft „gerade Primzahl", so besteht die Menge nur aus einem Element, nämlich der Zahl 2. Eine Eigenschaft © kann auch besagen, daß die Elemente der Menge M bestimmt angegebene Dinge, z. B. die Zahlen 1, 2, 3 sein sollen, also M = {1, 2, 3}. Sind einmal aus gegebenen Dingen gewisse Mengen definiert (Mengen erster Stufe; ihre Elemente: „Urelemente"), so kann man diese Mengen (neben Urelementen) wiederum als Elemente neuer Mengen (Mengen zweiter Stufe) nehmen. Hat man z. B. schon die Mengen {1}, {1, 2} gebildet, so kann man die Menge zweiter Stufe {{1}, {1, 2}, 3} und auch Mengen beliebig hoher endlicher Stufe wie z.B. {1}, {{1}}, {{{1}}},... bilden.

Da durch die Bildung der Menge ein neues Ding, ein neuer Begriff geschaffen werden soll (wie z. B. die komplexe Zahl durch ein geordnetes Paar reeller Zahlen), ist die Menge als verschieden von jedem ihrer Elemente anzusehen, und zwar soll dieses auch dann gelten, wenn die Menge nur aus einem Element besteht. In Zeichen gilt also: aus m, e M folgt m 4= M , und insbesondere ist stets m =|= (»i}. Hiernach sind die folgenden „Mengen" sinnlos, da in sich widerspruchsvoll: (a) jede Menge, die sich selbst als Element enthält; ( ß ) die Menge aller Mengen, da sie sich selbst als Element enthalten müßte; Für die hierin liegende Schwierigkeit 8. § 18. ') Ob das zutrifft, ist mit der auch sonst In der Mathematik üblichen Sorgfalt zu untersuchen.

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J. Aus den Anfängen der Mengenlehre

(y) die Menge aller Mengen, die sich nicht als Element enthalten (Russell), da sie nach dem Vorangehenden nichts anderes als die in (ß) genannte Menge ist1). Daß eine grammatikalisch richtige Wortzusammenstellung in Wirklichkeit sinnlos sein kann, ist übrigens ja wohlbekannt (viereckiger Kreis). Eine erste grobe Einteilung der Mengen unterscheidet endliche und unendliche (transfinite) Mengen, je nachdem die Mengen endlich viele oder nicht endlich viele Elemente enthalten. Unter den unendlichen Mengen wird die Menge der natürlichen Zahlen, die man sich in der natürlichen Reihenfolge {1, 2, 3 , . . . } gegeben denken kann, besonders hervorgehoben und eine abzählbare Menge genannt. Allgemeiner heißt eine unendliche Menge M genau dann abzählbar, wenn sie sich als Folge {mj, m2, m3,...} schreiben läßt; d. h. wenn jedem Element m der Menge eine natürliche Zahl so zugeordnet werden kann, daß jedem Element der Menge genau eine natürliche Zahl und jeder natürlichen Zahl genau ein Element der Menge entspricht. Die in sämtlichen Druckereien der Erde befindlichen Lettern bilden eine endliche Menge, wenn auch die Anzahl der Elemente „sehr groß" sein mag. Dasselbe gilt von der Anaahl der Bände in der „Universalbibliothek" von K. Lass witz (Traumkristalle), bei welcher der Bibliothekar, selbst wenn er mit Lichtgeschwindigkeit an der Bücherreihe entlang saust, erst in 101 999982 Jahren bis zum letzten Bande gekommen wäre. Die Primzahlen bilden eine abzählbare Menge. Ebenso die Menge aller geraden Zahlen, da man sie als Folge schreiben kann.

{0,-2, + 2 , - 4 ,

+4,...}

Ist eine Menge endlich oder abzählbar, so möge sie höchstens abzählbar heißen. Ist sie weder endlich noch abzählbar, so heiße sie nichtabzählbar. ') Man kann auch so argumentieren: Die Menge müßte (logische Disjunktion) entweder sich selber als Element enthalten oder nicht; nach ihrer „Definition" würde sie dann aber im ersten Fall sich nicht als Element enthalten dürfen und im zweiten Fall sich gerade als Element enthalten müssen.

§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzahlbaren Mengen

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§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzählbaren Mengen Schon in einer seiner ersten Arbeiten über Mengenlehre hatte G. Cantor die Abzählbarkeit von zwei Mengen bewiesen, denen man diese Eigenschaft kaum auf den ersten Blick ansieht. Satz 1: Die Menge aller rationalen Zahlen ist abzählbar. Beweis: Beschäftigen wir uns zunächst nur mit den positiven rationalen Zahlen, so können wir uns der Größe nach erst alle ganzen Zahlen, d. h. alle Zahlen mit dem Nenner 1, dann alle Brüche mit dem Nenner 2, dann alle Brüche mit dem Nenner 3, usf. aufgeschrieben denken. Es entstehen so die Zahlenfolgen :

Schreibt man die Zahlen in der durch den eingezeichneten Linienzug angegebenen Reihenfolge auf (wobei schon vorgekommene Zahlen ausgelassen werden), so kommt jede positive rationale Zahl sicher vor und auch nur einmal; die Gesamtheit dieser rationalen Zahlen erscheint also als Folge 1 9 1 1 8 i 1 J 1 3' °> 2> E» i> • • • geschrieben. Bezeichnet man diese Folge mit {r lt r 2 , r 3 , . . . } , so ist offenbar {0, - rv rv - r 2 , r 2 , . . .} die Menge aller rationalen Zahlen, womit die Abzählbarkeit dieser Menge bewiesen ist. Für den zweiten Satz von Cantor, der die Abzählbarkeit einer noch „umfangreicheren" Zahlenklasse behauptet, wird

10

I. Aus den Anfängen der Mengenlehre

an die Definition der algebraischen Zahl erinnert. Unter einer solchen versteht man eine Zahl, die Nullstelle eines Polynoms f(x) = anxn + «„-iE"-1 H b a1x + a0 ist, bei dem an =f= 0 ist und alle ak ganze rationale Zahlen sind. Zu den algebraischen Zahlen gehören u. a. alle rationalen Zahlen und alle Wurzeln aus solchen. Satz 2 : Die Menge aller algebraischen Zahlen ist abzählbar. B e w e i s 1 ) : Es sei f(x) ein Polynom der eben beschriebenen Art, und überdies, was keine Einschränkung der Allgemeinheit ist, « „ > 0 . Unter der „Höhe des Polynoms" werde die positive Zahl h = n + an + | | H + | «i | + | « 0 | verstanden. Die Höhe ist offenbar eine ganze Zahl Si 1. Dieselbe Höhe besitzen nur endlich viele Polynome, da n ^ h und jedes | ak | ^ h ist. Daher gibt es auch zu jeder Höhe nur endlich viele algebraische Zahlen. Dadurch ist es möglich, alle algebraischen Zahlen als Folge zu schreiben. Zuerst werden alle bei der Höhe 2 sich ergebenden algebraischen Zahlen aufgeschrieben. Da es an Polynomen mit der Höhe 2 nur x und 2 gibt, bekommt man als einzige Zahl 0. Die Polynome mit der Höhe 3 sind x2, 2x, x + 1, x — 1, 3. Diese liefern als neue Nullstellen — 1 und + 1. Die Polynome mit der Höhe 4 liefern als neue Nullstellen, der Größe nach geordnet: — 2, — f , + + 2. Die^ Höhe 5 liefert - 3, - \ - \ ]/ö, - j/27— J j/2, i - \ J/ö; - h i, - i + i J/M fö + i 3; usf. Man erhält so, indem man die Höhe die Reihe der natürlichen Zahlen durchlaufen läßt und zu jedem Höhenwert die neu hinzukommenden endlich vielen algebraischen Zahlen aufschreibt, eine Folge von verschiedenen algebraischen *) Wir beschränken uns hier auf die r e e l l e n algebraischen Zahlen. Satz und Beweis gelten aber auch für komplexe algebraische Zahlen.

§ 2. Drei bemerkenswerte Beispiele von abzählbaren Mengen 11 Zahlen; und da jedes Polynom eine Höhe hat, werden auch alle algebraischen Zahlen in der Folge aufgeführt. Damit ist aber der Satz bewiesen. Daß der Begriff der abzählbaren Menge auch bei Funktionen wertvolle Aussagen liefert, zeigt der Satz 3: Jede in einem Intervall a ^ x ^ b monotone Funktion f(x) ist an höchstens abzählbar vielen Stellen dieses Intervalls unstetig. Beweis: Es genügt, den Beweis für monoton zunehmende Funktionen zu führen. Ist f(x) eine solche Funktion, so ist sie in einem Punkte £ genau dann unstetig, wenn1) 0 ist, wobei f(aund sind xv . ..,

0) = f(a), f(b + 0) = f(b) sein soll. Ist fl] das a b g e s c h l o s s e n e , (a, 6) das o f f e n e , [ff,6) und (a, 6] das h a l b o f f e n e Intervall, d. h. ein Intervall, bei dem beide, keiner, der linke, der rechte Endpunkt zum Intervall gerechnet werden.

§ 7. Über die Äquivalenz von Mengen

25

Zunächst werde (0,1] ~ (0,1) bewiesen. Wir bezeichnen die Punkte des ersten der beiden Intervalle mit x und die des zweiten mit y und nehmen folgende Zuordnung vor: y= | — x für £ < x^

dann ist

y(m) das Element u von U0, das durch diese Abbildung dem Element m von M0 zugeordnet ist. Da jedes Element u von U0 eine Untermenge von M ist, hat es einen Sinn, zu fragen, ob ein gegebenes Element m von M0 auch Element eines gegebenen u ist. Es sei nun ü die Menge aller Elemente in von M 0 , die nicht in dem ihnen zugeordneten w = \N\. Das Vorliegen des letzten Falles bß würde bedeuten, daß M und N unvergleichbar wären. Schon S. 31 ist gesagt, daß dieser Fall nicht eintreten, aber der Beweis erst später geführt werden kann. Es bleibt noch übrig der Fall ax. In diesem Fall besteht der schon von G. Cantor vermutete und von F. Bernstein bewiesene Äquivalenzsatz: Wenn von zwei Mengen M und N jede einer Teilmenge der andern äquivalent ist, so ist M ~ N. Dieser Satz läßt sich zurückführen auf die Behauptung: (B) Ist M einer Teilmenge M 2 äquivalent, so ist M auch äquivalent jeder Menge M1 „zwischen" M und M2, d. h. jeder Menge M1 mit der Eigenschaft M 2 g M^ ^ M.

§ 10. Der Äquivalenzsatz von F. Bernstein

35

In der Tat, wenn Mv N1 Untermengen von M, N sind, so daß M ~Nv N 1 ist, so wird durch eine aus der letzten Äquivalenz resultierende Abbildung die Menge N auf M1 abgebildet, insbesondere also die Untermenge N t auf eine Teilmenge Mg von Mv Es ist dann M2 < Mx g M und M ~ Nt ~ M2, also nach (B) M1 ~ M, also wegen M1 ~ N auch M Für den Beweis von (B) kann offenbar M2 0 eine Menge M = {a, — «}, so kann wiederum eine Auswahlmenge A leicht angegeben werden, nämlich z. B. die Menge aller positiven Zahlen. ') Oder, was auf dasselbe hinausläuft, nur Elemente der M, enthält.

74

III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre

(c) Bildet man mit jeder reellen Funktion f(x) ^ Ö im Intervall [0,1] eine Menge M = {/(x), — 1(x)}, so besagt (J.), daß es für die Gesamtheit dieser Mengen M wieder eine Auswahlmenge gibt, d. h. eine Menge A, die von jedem Paar von Funktionen, die sich nur durch das Vorzeichen unterscheiden, genau eine enthält. Das ist eine reine Existenzaussage. Es ist nicht möglich, die Menge A in ähnlich einfacher Weise wie bei (b) anzugeben. (d) Diejenigen Zahlen des Intervalls (0,1), die sich nur um eine rationale Zahl unterscheiden, werden zu einer Menge M zusammengefaßt. Da die Menge der rationalen Zahlen abzählbar ist, ist jedes M abzählbar. Mit Hilfe von (Ä) kann man auf die Existenz einer Menge A schließen, die mit jeder der Mengen M genau ein Element gemeinsam hat. Diese Menge A ist das von Vitali angegebene Beispiel einer Punktmenge, die nicht meßbar im Sinne von Lebesgue ist. Wie (yl0) ist auch (A) eine Existenzaussage, und die Existenz soll hier wie dort im weiteren Sinne aufgefaßt werden. Es wird die Existenz einer Menge A mit den genannten Eigenschaften behauptet, die vielleicht nicht bei allen betrachteten Mengen eindeutig festgelegt werden kann, mit der man aber operieren kann wie mit jeder anderen wohldefinierten Menge. Mit (A) gleichwertig ist die folgende Aussage: (A*) Zu jedem Mengenkomplex K{Mk) mit Mk=\= 01) gibt es eine für alle k e K definierte Funktion f(lc) mit der Eigenschaft f(h) e Mk. Daß (A) aus {A*) folgt ist klar, da für paarweis fremde Mk die Funktionswerte f(k) für verschiedene k verschieden sind, also gerade eine Menge A bilden. Das Umgekehrte ergibt sich so: Werden die Elemente von M k mit m k bezeichnet und wird in Mk jedes Element mk durch das geordnete Elementenpaar (k, mk) ersetzt, so sind die auf diese Weise aus den Mk entDie M , brauchen jetzt nicht paarweise fremd zu sein.

§ 19. Das Auswahlprinzip

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stehenden Mengen Mk^=0 und paarweis fremd. Auf K ( M k ) läßt sich daher (A) anwenden und ergibt die Existenz einer Auswafylmenge A*, die mit jedem Mk genau ein Element gemeinsam hat (und keine anderen Elemente enthält). Die Elemente von A* sind Elementenpaare (k, mk ). Wird nun das in diesem Elementenpaar vorkommende m k jeweils dem Element k zugeordnet, so ist damit die gewünschte Funktion f(k) definiert. Das Prinzip (A) wurde zuerst von B e p p o L e v i 1902 und E. Zermelo 1904 als besonderes Prinzip formuliert und von diesem zum Beweis des Wohlordnungssatzes (§ 41) benutzt. Diese weitgehende Konsequenz eines bis dahin nicht besonders formulierten Prinzips erregte Aufsehen und Bedenken. Da man bald feststellte, daß das Prinzip — wenn auch ohne ausdrückliche Formulierung — schon seit langem an vielen Stellen in der Mathematik benutzt worden war, ohne zu Widersprüchen zu führen, und auch in manchen neueren mathematischen Disziplinen nicht entbehrt werden kann, verschwanden die Bedenken allmählich. Abgesehen davon, daß man mit gewissen Konstruktionsprinzipen (4) auf (J. 0 ) zurückführen kann1), findet diese Entwicklung eine Stütze in einem Satz von Gödel 2 ). Gödel bewies, daß (A) und die allgemeine Kontinuum-Hypothese von S. 74 mit den sonstigen Tatsachen der Mengenlehre in folgendem Sinne verträglich sind: zu einem Axiomensystem der Mengenlehre gibt es ein Modell, für welches die Gültigkeit dieses Axiomensystems, des Auswahlaxioms und der Kontinuumhypothese beweisbar sind. Ist entsprechend den Voraussetzungen von (A) eine Menge K(Mk ) gegeben, so ergibt die Anwendung von (.-in) zu jedem M k ein m¡. e M k \ die Summe £ { m k } ist dann eine Auswahlmenge A für E(Mk ). a ) K. Gödel, The consistency of the axiom of choice and of the generalized continuum-hypothesis with the axioms of set theory. Annals of mathematics and Btudies. 2. Aufl. Princeton 1951.

76 III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre § 20. Andere Begründungen der Mengenlehre. Zusammenfassung Nach den Erfolgen der axiomatischen Methode für die Begründung der Geometrie und anderer Gebiete hat man diese Methode auch zur Begründung der Mengenlehre verwendet. Dabei werden die Begriffe Menge und Element ihres anschaulichen Sinnes entkleidet. Dafür wird der Zusammenhang dieser Begriffe durch formale Relationen a e A, AS B festgelegt, die ein (wenig umfangreiches) System von Axiomen erfüllen1). Ohne auf diese im einzelnen einzugehen, sei hier nur gesagt, daß diese Axiome die im Vorangehenden benutzten Konstruktionen und geführten Beweise gestatten. Die Bedeutung der Axiomatisierung liegt vor allem darin, daß sich auf diese Weise ergibt, welches Gerüst von Relationen den Aufbau einer Mengenlehre ermöglicht, und daß mit ihr solche Beweise wie der erwähnte von Gödel geführt werden können. Von ganz anderer Art ist die intuitionistische Mengenlehre Brouwer's2). Sie geht von der Auffassung aus, daß man schon bei abzählbar unendlichen Mengen die Gesamtheit der Elemente eigentlich nicht mehr überblicken könne, während man bei gesetzmäßig gebauten Folgen von Elementen wenigstens ihre gemeinsame Entstehungsart erfassen könne. Diese Entstehungsart beherrscht Brouwers Mengenlehre. „Eine Menge ist ein Gesetz", und zwar entsprechend den Grundgedanken des Intuitionismus ein Gesetz, nach dessen Anweisung man Elemente (d. h. dieses oder jenes und noch wieder eines usf.) der Menge (im Sinne Cantors) „mit beliebiger Genauigkeit" konstruieren kann. Die Menge erscheint bei Brouwer nicht als etwas Fertiges, Abgeschlossenes, sondern als ein 1 ) Solche Axiomensysteme sind aufgestellt von A. Fraenkel, E. Zermelo, J. v. Neumann, P. Bernays. Für nähere Literaturangaben s. die Einleitung in Gödela) oder die Bibliographie in Fraenkel 3). L. E. J. Brouwer, Over de grondslagen der wiskunde. Diss. Amsterdam 1907. Math. Annalen »3, 95, 86 ( 1 9 2 6 - 2 7 ) . Für weitere Literaturangaben s. Enzyklopädie.

§ 20. Andere Begründungen der Mengenlehre

77

Gebilde, von dem man im allgemeinen nur dieses oder jenes Stück erfassen kann. Genauer sieht Brouwers Mengenbegriff etwa so aus: Erstens sei ein Gesetz G1 gegeben, nach dem abbrechende oder nicht-abbrechende „Wahlfolgen" kv k2, k3,... mit natürlichen Zahlen k„ als Gliedern gebildet werden können. Dieses Gesetz soll folgende Eigenschaften haben: Wird eine natürliche Zahl k beliebig gewählt, so soll feststellbar sein, ob k nach dem Gesetz als erstes Glied einer Wahlfolge gewählt werden darf oder nicht. Ist eine als erste Zahl zulässige Zahl kx gewählt, so soll durch das Gesetz entschieden werden, ob der Wahlprozeß beendigt ist oder fortgesetzt werden kann. Im ersten Fall besteht die Wahlfolge nur aus dem Glied k v Im zweiten Fall soll für jede natürliche Zahl k feststellbar sein, ob sie nach dem Gesetz als zweite Zahl gewählt werden darf, und es soll möglich sein, mindestens eine nach dem Gesetz als zweites Glied zulässige Zahl k 2 anzugeben. Durch das Gesetz soll jetzt wiederum entschieden sein, ob das Wahlverfahren beendigt ist oder fortgesetzt werden kann. Im ersten Fall lautet die Wahlfolge klt k2. Im zweiten Fall soll für jede natürliche Zahl k feststellbar sein, ob sie als dritte Zahl gewählt werden darf, und es soll möglich sein, mindestens eine nach dem Gesetz als drittes Glied zulässige Zahl k3 anzugeben. Usw. Durch ein zweites Gesetz 62 soll jedem Abschnitt k l t . . k n ein Zeichen Z k u zugeordnet werden. „Jede in dieser Weise von einer Wahlfolge" erzeugte Zeichenfolge Zki, z h , k„ Z k l , k t , „(welche also im allgemeinen nicht fertig darstellbar ist) heißt ein E l e m e n t der Menge. Die gemeinsame Entstehungsart der Elemente einer Menge M werden wir kurz ebenfalls als die Menge bezeichnen". Beispiel 1: G1 laute: Jede natürliche Zahli; ist als erstes Glied der Wahlfolge zulässig; der Wahlprozeß soll stets nach der ersten Wahl beendigt sein. & 2 : Zk = k. Die Elemente dieser Menge sind die natürlichen Zahlen.

78

III. Bemerkungen über die Begründung der Mengenlehre

B e i s p i e l 2: Gx: Für jedes k sind beliebige natürliche Zahlen zulässig; das Wahlverfahren soll niemals abbrechen. G2: Zkl = JJ

+

'''

+ k

"\ Die Zeichenfolge besteht dann aus den

V = 1

Teilsummen der Reihe

2~

2~ (ti+^i)

2— (ii+^i+W -f . . .

und strebt gegen eine reelle Zahl des Intervalls 0 < i S l . Durch passende Wahlen kann man jede Zahl dieses Intervalls als Grenzwert erhalten. Das hier vorliegende Bildungsgesetz der Menge ist der intuitionistische Repräsentant des Zahlenkontinuums 0 < x 1.

Neben den Mengen treten bei Brouwer noch die Spezies auf, die etwa den mengenbildenden Eigenschaften © des § 1 entsprechen. Bei der Einführung der Begriffe der Äquivalenz und der Kardinalzahl, die denen der Mengenlehre Cantors nachgebildet sind, müssen natürlich die allgemeinen intuitionistischen Grundsätze1) beachtet werden. Es zeigt sich dann, daß hohe Mächtigkeiten im Sinne Cantors nicht vorkommen, dafür eine starke Aufspaltung der Begriffe zu beobachten ist. Jede der im Vorangehenden skizzierten Grundlegungen der Mengenlehre scheint eine tragfähige Theorie zu liefern, und zwar bei der nötigen Vorsicht auch, wie ausdrücklich betont sei, die sog. naive oder Cantorsche Mengenlehre. Die verschiedenen Grundlegungen können allerdings Theorien verschiedenen Inhalts liefern. Die Anwendungen der Mengenlehre stützen sich z. Z. fast ausschließlich auf Cantors Mengenlehre, die daher, wie bisher schon, allein weiter verfolgt werden soll.

Zu diesen Grundsätzen gehört auch ein vorsichtigerer Gebrauch' des logischen Satzes vom ausgeschlossenen Dritten. Brouwer läßt dessen Anwendung nur auf endliche Bereiche zu.

§ 21. Definition der geordneten Menge

79

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen § 21. Definition der geordneten Menge Im vorigen Kapitel ist der Begriff der „Anzahl" weiter ausgebildet worden, und zwar so, daß zu den endlichen Zahlen noch transfinite Zahlen hinzugekommen sind. Diese Zahlen wurden mit einem gemeinsamen Namen als Kardinalzahlen bezeichnet. Nun spielt aber schon bei dem gewöhnlichen Zählprozeß endlicher Mengen jede Zahl eine doppelte Holle. Die Grammatik unterscheidet demgemäß auch Kardinalzahlen (Grundzahlen) und Ordinalzahlen (Ordnungszahlen). Die Zahlen können nämlich auch dazu dienen, bei endlichen Mengen eine gewisse Reihenfolge der Elemente festzulegen. Z. B. kann man festsetzen, daß in der Menge {«, 6, c] das erste Element c, das zweite a und das dritte b sein soll. Man wird dann zweckmäßig die Menge in der Gestalt {c, a, 6} schreiben. Es ist hierdurch insbesondere festgelegt, welches von zwei verschiedenen Elementen vor dem andern kommt. Derartige Festlegungen sollen nun auf beliebige Mengen übertragen werden. Mengen, für deren Elemente eine gewisse Reihenfolge festgelegt ist, spielen auch gerade in den Anwendungen eine große Rolle. Ist z. B. eine Menge von reellen Zahlen gegeben, so ist ja von je zwei verschiedenen dieser Zahlen die eine die kleinere. Die Mengen reeller Zahlen können also in ganz natürlicher Weise nach der Größe ihrer Elemente geordnet werden. Ebenso natürlich bietet sich eine Anordnung der Punkte auf einer Strecke dar. Da die Elemente von Mengen nun keineswegs Zahlen oder Punkte einer Strecke zu sein brauchen und da ferner, selbst wenn die Elemente Zahlen sind, diese ja keineswegs nach ihrer Größe geordnet zu sein brauchen (z. B. kann ja etwa gerade die Reihenfolge {3,1, 2} vorgeschrieben sein), ist es notwendig,

80

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

den Begriff der geordneten Menge abstrakt zu fassen. Man gelangt so zu der D e f i n i t i o n 1: Eine Menge M heißt eine geordnete oder voll geordnete Menge oder Kette, wenn für je zwei verschiedene ihrer Elemente (und n u r für verschiedene Elemente) a und b eine, etwa durch das Zeichen < bezeichnete Aussage besteht, welche die beiden folgenden Bedingungen erfüllt: 1. für a=j= b ist entweder a < b oder b < a; 2. aus a < b, b < c folgt stets a < c, d. h. die Aussage ist transitiv. Die leere Menge sowie eine aus einem Element bestehende Menge soll auch als geordnet gelten; eine aus zwei Elementen bestehende Menge ebenfalls, wenn für ihre beiden Elemente a, J eine Ordnungsaussage gegeben ist, nach der genau eine der beiden Relationen a < b oder b < a gilt. Die Aussage a > b soll dasselbe bedeuten wie l < a. Endlich wird das Zeichen a < b gelesen als „a vor 6" und das Zeichen a > b als „a hinter 6". Durch die zuletzt eingeführte Redeweise soll aber keineswegs das Zeichen < einen anschaulichen Sinn bekommen, die Redeweise dient nur zur Erleichterung der Auffassung. Das Zeichen < kann einen von Menge zu Menge wechselnden Sinn haben; es kann z. B. bei Zahlenmengen etwa das eine Mal mit dem Zeichen < und das andere Mal mit dem Zeichen > zusammenfallen. Einige Beispiele mögen den Begriff der geordneten Menge erläutern: a) Die Menge der natürlichen Zahlen {1, 2, 3 , . . . } , nach zunehmender Größe geordnet. Hier fällt < mit < zusammen. b) Die Menge der natürlichen Zahlen, nach abnehmender Größe geordnet. Diese Anordnung möge durch die Schreibweise { . . . , 3, 2,1} angedeutet werden. Hier fällt < mit > zusammen.

§ 21. Definition der geordneten Menge

81

c) Die Menge aller ganzen Zahlen, nach zunehmender Größe geordnet. Diese Anordnung werde durch { . . . , - 3, - 2, - 1, 0,1, 2 , . . . } angedeutet. Hier fällt < mit < zusammen. d) Die Menge der ganzen Zahlen, aber jetzt in der durch {0,1, — 1, 2, — 2 , . . . } angedeuteten Anordnung, d. h. die nichtnegativen Zahlen sind nach zunehmender Größe geordnet, und jede negative Zahl folgt unmittelbar auf die positive des gleichen absoluten Betrages. Das Zeichen < fällt hier z. T. mit < , z. T. mit > zusammen. e) {0, 2 , 4 , . . . , 1,3, 5 , . . . } , d. h. erst kommen die geraden nichtnegativen Zahlen nach wachsender Größe geordnet, dann die ungeraden Zahlen. f) {0, 2, 4 , . . . , 5, 3,1}, d. h. erst kommen die geraden nichtnegativen Zahlen nach zunehmender Größe, dann die ungeraden Zahlen nach abnehmender Größe geordnet. g) {1, 2, 3 , . . . , i , f , f , . . . , f, . . . , . . . } , d. h. die positiven rationalen Zahlen, nach wachsenden Nennern und bei gleichem Nenner nach wachsendem Zähler geordnet. h) Die Menge aller reellen Zahlen des Intervalls (0,1) nach abnehmender Größe geordnet. Die Frage, ob jede gegebene Menge geordnet werden kann, wird erst später entschieden werden (S. 164). Daß jede endliche Menge geordnet werden kann, ist klar. Der Begriff der vollgeordneten Menge läßt sich zu dem der teilweise geordneten erweitern; vgl. S. 166.

Offenbar gilt der Satz 1 : Ist M eine geordnete Menge, so ist durch das für M gegebene Ordnungsprinzip auch jede Teilmenge von M geordnet. Daher können die Teilmengen von geordneten Mengen stets als geordnet angenommen werden. 6

Kamle,

Mengenlehre

82

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

D e f i n i t i o n 2: Zwei geordnete Mengen M und N heißen einander gleich, in Zeichen M = N, wenn sie dieselben Elemente enthalten und wenn aus der für M geltenden Ordnungs*

relation a < b auch stets die für N geltende a < b folgt. Um*

gekehrt folgt dann offenbar aus a < b auch stets a < b. Die Mengen a) und b) sind also im Sinne geordneter Mengen als verschieden anzusehen; ohne Rücksicht auf eine Ordnung sind sie dagegen gleich. Endlich mögen noch folgende Redeweisen eingeführt werden: Ist für drei Elemente a, b, c einer Menge a < b < c, so soll gesagt werden, b liege zwischen a und c. Gibt es in einer geordneten Menge M ein Element a, so daß für jedes b e M und b 4= a die Beziehung a < b gilt, so heiße a ein erstes Element der Menge M. Gibt es in M ein Element c, so daß für jedes 6 e M und 6 =j= c die Beziehung c > 6 gilt, so heiße c ein letztes Element von M. Satz 2: Eine geordnete Menge enthält höchstens ein erstes Element und höchstens ein letztes Element. Beweis: Enthielte eine Menge z. B. zwei erste Elemente a und ä, so wäre sowohl a < & als auch ä < a, was unmöglich ist. Eine geordnete Menge braucht aber weder ein erstes noch ein letztes Element zu enthalten. Beispiele dafür sind die Mengen c) und h). § 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus Für geordnete Mengen werden naturgemäß solche Abbildungen einer Menge auf eine andere von Wichtigkeit sein, bei denen, kurz gesagt, die Reihenfolge der Elemente erhalten bleibt. Man kommt so zu folgender Verschärfung des Äquivalenzbegriffs : D e f i n i t i o n 1: Eine geordnete Menge M mit der Ordnungsaussage < heißt einer geordneten Menge N mit der Ordnungs-

§ 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus

83

*

aussage < ähnlich, in Zeichen M ^ N, wenn die Menge M auf die Menge N so abgebildet werden kann, daß für je zwei Elemente m^ m 2 aus M und*die diesen zugeordneten Elemente nv *n2 aus m1 -< m2 stets nx < n2 folgt. Offenbar folgt dann aus « j < w2 auch stets für die diesen zugeordneten Elemente m 1 < m2. Eine solche Abbildung heißt ähnliche Abbildung. Aus der Definition ergeben sich sofort die vier grundlegenden Eigenschaften: a) M siM, d. h. jede geordnete Menge ist sich selbst ähnlich. ß) Aus M ^ N folgt N^M. y) Aus M ^ N, N ^ P folgt M^P. d) Aus M es 2V folgt \M | = 12V j. Der Ähnlichkeitsbegriff möge nun erst durch einige Beispiele erläutert werden. a) Bei der Abbildung einer geordneten Menge auf sich selber braucht keineswegs immer jedes Element sich selber zugeordnet zu sein. Ist z. B. M die Menge der Zahlen des Intervalls (0,1), wobei die Zahlen nach zunehmender Größe geordnet seien, so bildet die Funktion y = x2 dieses Intervall auf sich selbst ab. Dabei wird durch diese ähnliche Abbildung kein Punkt sich selbst zugeordnet. b) Eine geordnete Menge kann einer echten Teilmenge ähnlich sein. Z. B. ist {1, 2, 3, . . .} ^ {2, 3, 4 , . . . } und die Menge {1, 2, 3 , . . . } ähnlich der Menge der Primzahlen, wenn diese nach wachsender Größe geordnet werden, da es ja unendlich viele Primzahlen gibt. c) Die Menge der rationalen Zahlen kann so geordnet werden, daß sie der geordneten Menge (1, 2 , 3 , . . . } ähnlich ist. Die auf S. 9 festgelegte Anordnung der rationalen Zahlen leistet dieses. Allgemein gilt der 6»

84

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Satz 1 : Wenn eine Menge N einer geordneten Menge M äquivalent ist, kann N so geordnet werden, daß auch N g^ M ist. B e w e i s : Sind m v m 2 zwei Elemente von M und ist m 1 < m 2 , so werde für die ihnen zugeordneten Elemente nlt n2 von N ebenfalls < n 2 festgesetzt. Damit ist auch für die Elemente von N eine Ordnungsaussage definiert, und zwar ist sie innerhalb der Menge N ebenfalls transitiv, da sie diese Eigenschaft nach unserer Voraussetzung in der Menge M hat. Damit ist aber die Menge N nach der Definition 1 von S. 80 geordnet. Für die Untersuchung der Ähnlichkeit gegebener Mengen kann man sich manchmal des folgenden Satzes bedienen. Satz 2 : Zwei einander ähnliche Mengen besitzen entweder b e i d e ein erstes (letztes) Element oder k e i n e der beiden Mengen besitzt ein solches. B e w e i s : Wenn eine der Mengen ein erstes Element m 0 besitzt, so ist für jedes andere Element m dieser Menge m 0 < m. Bezeichnet n0 das Element, das bei der ähnlichen Abbildung der einen Menge auf die andere dem m 0 zugeordnet wird, und ist w das jeweils dem m zugeordnete Element, so ist nach S. 82, Definition 2 auch n0 < n für jedes n =j= n0, d. h. auch die Menge N hat ein erstes Element. d) Die Mengen a) und b) von S. 80 sind einander nicht ähnlich, da a) ein erstes Element besitzt und b) nicht. Weiter folgt mit Satz 2 z. B. die Unähnlichkeit der Mengen a) und c), b) und c), a) und f), b) und f). e) Betrachten wir die Zahlen der beiden Intervalle [0,1] und (0,1), jedesmal nach zunehmender Größe geordnet, so sind beide Mengen einander unähnlich. Bei einer Abbildung der beiden äquivalenten Mengen aufeinander, muß also notwendig die Reihenfolge der Elemente in einer der beiden Mengen gestört werden, etwa so, wie auf S. 25. f ) Ist M die Menge der reellen Zahlen des Intervalls (0,1) und N die Menge a l l e r reellen Zahlen, beide Mengen nach

§ 22. Ähnlichkeit und Ordnungstypus

85

wachsender Größe ihrer Elemente geordnet, so ist M s± N. Das ergibt sich aus der auf S. 25 unter c) angegebenen Abbildung, die ersichtlich eine ähnliche Abbildung ist. g) M sei die Menge aller Punkte P(x,y) der Ebene mit den rechtwinkligen Koordinaten x, y. Diese Menge sei in der Weise geordnet, daß P(xv Vi) < p(x2> 2/a)

für

% < x2

wie

für

x

i =

Vi < V-i

sein soll. Diese Festsetzung ist offenbar transitiv, definiert also wirklich eine Ordnung der Menge M. Ferner sei N die durch die gleichen Festsetzungen geordnete Menge der Punkte P(x, y) des Quadrats 0 < in < 1, 0 < ?/ < 1. Dann ist M s^N. Das sieht man sofort ein, wenn man gemäß f) die Seiten des Quadrats ähnlich auf die ganzen Koordinatenachsen abbildet. Übrigens wird sich später (S. 105) ergeben, daß die Menge M nicht dem Intervall (0,1) ähnlich ist. Nach dem Muster von II, §8 können nun mit Hilfe des Ähnlichkeitsbegriffs wieder neuartige Zahlen eingeführt werden: D e f i n i t i o n 2: Unter einem Ordnungstypus ¡x wird ein beliebiger Repräsentant M aus einer Klasse von einander ähnlichen geordneten Mengen verstanden. Der Ordnungstypus einer geordneten Menge M werde auch gelegentlich mit , M: oder M bezeichnet. Die Bezeichnung , M1 besagt demnach nichts anderes, als daß die geordnete Menge M auch durch jede zu ihr ähnliche ersetzt werden kann. Da alle einander ähnlichen Mengen auch einander äquivalent sind, kommt allen Mengen, welche denselben Ordnungstypus besitzen, dieselbe Kardinalzahl zu, d. h. aus M ' = N folgt stets \M\ = Zu jedem Ordnungstypus n gehört daher auch eine Kardinalzahl, die mit bezeichnet werden möge. Aus fi = v folgt somit | \ = | v \.

86

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Da zwei beliebige äquivalente endliche Mengen bei einer beliebigen Anordnung ihrer Elemente offenbar einander stets ähnlich sind, entspricht jeder endlichen Kardinalzahl genau ein Ordnungstypus, der auch kurz mit der zugehörigen Kardinalzahl bezeichnet wird. Bei endlichen Mengen fallen also Kardinalzahl und Ordnungstypus zusammen. Den Ordnungstypus der Menge der natürlichen Zahlen, diese nach zunehmender Größe geordnet, bezeichnet man mit co, also c o = , { l , 2, 3 , . . . } ' . Werden dagegen die Zahlen nach abnehmender Größe geordnet, so bezeichnet man ihren Ordnungstypus mit tu*, also co*

,3, 2 , 1 } ' .

Allgemein wird mit fi* der Ordnungstypus bezeichnet, der aus ¡JL hervorgeht, wenn die Reihenfolge der Elemente umgekehrt wird, d. h. wenn aus der für die ursprüngliche Menge geltenden Ordnungsaussage < eine neue dadurch hergestellt * wird, daß < gleich > gesetzt wird. Es ist hier nicht von Ordnungszahlen, sondern von Ordnungstypen gesprochen, und zwar aus folgendem Grunde. Will man zwei verschiedene Ordnungstypen miteinander vergleichen, so muß man, entsprechend der auf S. 29 eingeführten Vergleichung von Kardinalzahlen, den Ordnungstypus ¡i kleiner als den Ordnungstypus v nennen, wenn ein Repräsentant M von fi einer Teilmenge eines Repräsentanten N von v ähnlich ist. Betrachten wir nun die Ordnungstypen co und *cu. Jede Teilmenge der den Ordnungstypus tu* repräsentierenden Menge { . . . , 3, 2 , 1 } hat ein letztes Element, kann also nicht der Menge {1, 2, 3 , . . . } ähnlich sein, die den Ordnungstypus co repräsentiert. Ebenso sieht man, daß auch die erste Menge keiner Teilmenge der zweiten Menge ähnlich sein kann. Daher sind diese Ordnungstypen unvergleichbar. Den Ordnungstypen fehlt also eine wichtige Eigenschaft, die den Zahlen zukommt. Daher wird die Bezeichnung Ordnungszahl an dieser Stelle nicht gebraucht.

§ 23. Die Summe von Ordnungstypen

87

§ 23. Die Summe von Ordnungstypen Für die Addition von Ordnungstypen möge erst eine geordnete Addition von geordneten Mengen definiert werden. D e f i n i t i o n l : E s seien M und N zwei geordnete elementenfremde Mengen. Für die Elemente s ihrer Vereinigungsmenge S wird eine Ordnungsaussage in folgender Weise festgelegt: Sind Sj und s 2 zwei Elemente der Vereinigungsmenge, so gehören sie entweder beide zu M\ dann soll s x < s 2 oder s 2 < Sj in der Vereinigungsmenge gelten, je nachdem die eine oder andere dieser Relationen für diese Elemente in M gilt. Oder beide Elemente gehören zu N; dann soll die in N für sie geltende Beziehung wieder auch in der Vereinigungsmenge gelten. Oder eins der Elemente gehört zu M, das andere zu N, etwa s x e M, s 2 e N\ dann soll < s 2 in der Vereinigungsmenge sein. Die so für die Elemente der Vereinigungsmenge festgelegte Ordnungsaussage ist offenbar transitiv. Durch sie wird also die Vereinigungsmenge S geordnet. Unter der geordneten Summe M + N der geordneten Mengen M und N wird nun die auf die angegebene Weise geordnete Vereinigungsmenge S verstanden. Wir sprechen in diesem Falle auch von einer geordneten Addition der Mengen M und N. Offenbar ist bei einer geordneten Addition die Summe M + N von N + M zu unterscheiden. Z. B. ist die geordnete Summe {1, 2, 3} + {4, 5, 6, 7} = {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7,}, aber {4, 5, 6, 7} + {1, 2, 3} = (4, 5, 6, 7,1, 2, 3}. D e f i n i t i o n 2: Um die Summe der beiden Ordnungstypen H und v zu erhalten, repräsentiere man sie durch zwei elementenfremde Mengen M und N und bilde die geordnete Summe S = M + N. Dann soll fi + v = . S' sein. Man sieht wieder leicht ein, daß die Summe fi + v von den speziellen Repräsentanten der beiden Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner folgt aus der Definition der Summe:

88

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

a)

| n + v | = | fi | + | v |.

Daß bei der Addition von endlichen Ordnungstypen die Vertauschungsregel gilt, ist klar. Aber bei t r a n s f i n i t e n Ordnungstypen b r a u c h t die Addition n i c h t kommut a t i v zu sein. Denn ist M={

1,2, 3 , . . . } und N={

0},

so ist N + M = {0,1, 2, 3 , . . . } , M + N = {1, 2, 3 , . . ., 0}, also 1 + co — co, aber co + 14= w, da der Ordnungstypus CD + 1 ein letztes Element besitzt, dagegen co nicht. Einige Beispiele mögen noch die Addition der Ordnungstypen erläutern: a)

n + co = co.

Denn es ist n = , {1, 2 , . . ., n} , co = . {n + 1, n + 2, n + 3, . . .} , also b)

n + co =

{1, 2 , . . . n, n + 1 , . . .}1 = co. co* + n =

co*.

Denn co* + n = , { . . . , n + 2, n + 1} + = , { . . . , n + 1 , . . , 1}

:

{n,...,

2,1}

!

c) tu, co + 1, &> + 2 , . . . sind lauter verschiedene Ordnungstypen. Denn wäre co + m = co + n, wobei etwa 0 rgj m < n sei, so müßte co + m ein Element haben, hinter dem genau n — 1 Elemente stehen, was nicht zutrifft. d) Entsprechend zeigt man, daß co*, 1 + co*, 2 + lauter verschiedene Ordnungstypen sind.

co*,...

e) Der Ordnungstypus co* + co kommt z. B. der geordneten Menge { . . . , — 3, — 2, - 1, 0 , 1 , 2, 3 , . . . } zu, der Ordnungstypus co + co* der Menge {1, 2, 3 , . . . , - 3, - 2, - 1}.

89

§ 23. Die Summe von Ordnungstypen

Gilt für Ordnungstypen zwar nicht durchweg die Vertauschungsregel, so gilt doch wenigstens die Anreihungsregel ß) C" + v) +71 = H + (v +Jl). Das folgt unmittelbar aus der Definition der Addition. Denn werden die Ordnungstypen durch die elementenfremden Mengen M, N, P repräsentiert, so gilt offenbar für die geordnete Addition dieser Mengen (M + N) + P = M + (N + P). Unter Benutzung der vorher gewonnenen Ergebnisse ergibt sich hieraus: f)

g)

+ co + co =

(w -f co) + a> = co + a>;

a> + w + a ) =

a> + (n + co) = co + a>;

vi

co + co + n.

n

+ co + n =

co* + n + co = (co* + n) +co

=co*

+co;

n + co* + co und co* + co + n sind verschiedene Ordnungstypen. Die Addition kann auch auf beliebig viele Ordnungstypen ausgedehnt werden. Wir beginnen mit der D e f i n i t i o n 3: Es sei eine geordnete Menge K(k) gegeben und jedem Element k eine geordnete Menge Mk zugeordnet, derart, daß alle Mk zueinander elementenfremd sind. Dann wird die Vereinigungsmenge S = J £ M k in folgender Weise k£K

geordnet: Gehören zwei Elemente Sj und s 2 von S zu demselben Mk> so soll in S die Relation < s 2 oder s 2 < s x gelten, je nachdem die erste oder zweite Relation für diese Elemente in M k gilt. Gehören dagegen und s a zu verschiedenen M k , etwa Sj e Mki, s 2 e Mkt, so soll s1 < s 2 oder s 2 < Si in S gelten, je nachdem 1cx < k2 oder k2 < k1 ist. Nun soll die geordnete Summe 2 Mk gleich der so geordneten Vereinigungsmenge 8 sein.

90

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

D e f i n i t i o n 4: Es sei eine geordnete Menge K(k) gegeben und jedem Element h dieser Menge ein Ordnungstypus ¡j,k zugeordnet; d. h. es sei ein aus der geordneten Menge K(k) entspringender geordneter Komplex von Ordnungstypen gegeben. Man repräsentiere die Ordnungstypen /i k durch elementenfremde geordnete Mengen M k . Dann soll die Summe dieses Komplexes von Ordnungstypen kes. TceR sein, wobei die Addition der Mengen auf der rechten Seite als geordnete Addition auszuführen ist. Man überzeugt sich wieder leicht, daß diese Summe von den Repräsentanten der Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner gilt offenbar: y)

\2tik\ = 2\lilc\. k£R k£K Auch hier kann natürlich von der Allgemeingültigkeit der Vertauschungsregel keine Rede sein1). Zwar gilt hier eine über ß) hinausgehende Anreihungsregel, doch soll sie nicht aufgestellt werden, da sie im folgenden nicht gebraucht wird. § 24. Das Produkt zweier Ordnungstypen Wird in § 23, Definition 4 speziell jedem k derselbe Ordnungstypus fi zugeordnet, so gelangt man zu der D e f i n i t i o n 1: Es seien zwei Ordnungstypen x =f= 0 und ¡i gegeben. Der Ordnungstypus x werde durch die Menge K(jc) dargestellt und jedem k der Ordnungstypus fi zugeordnet. Dann soll das Produkt [x • x gleich der Summe des so festgelegten Komplexes von Ordnungstypen sein, d. h. H • x = £ fi. ke.K Für x = 0 soll ¡j, • x — 0 sein. *) Vgl. jedoch N. Aronszajn, Characterization of Types of Order satisfying »o+ « i = « i + «o- Fundamenta Mathem&ticae 39 (1952) 64 — 96.

§ 24. Das Produkt zweier Ordnungstypen

91

Daß das Produkt unabhängig von dem speziellen Repräsentanten von fi ist, ist schon auf S. 90 gesagt. Ebenso sieht man leicht ein, daß es auch unabhängig von dem speziellen Repräsentanten von x ist, was sich übrigens gleich nochmals ergeben wird. Die Definition des Produkts kann nämlich auch folgendermaßen gefaßt werden: D e f i n i t i o n 2: Es seien zwei Ordnungstypen x=j= 0 und fi=j=0 gegeben. Es werde x durch K(k) und fi durch M (mj dargestellt. Man bilde die Menge aller geordneten Elementenpaare (k, m) und setze für diese eine Ordnung durch die Vorschrift fest, daß (kv Mj) < (k2, m2) für k1 -< k2 wie für k1 = k2, ml < m 2 sein soll. Die so geordnete Menge der Elementenpaare (k, m) sei S und werde auch als geordnetes Produkt zweiter Art K X M bezeichnet (man achte auf die Reihenfolge). Dann soll das Produkt p • x = |/S' sein. Ist x = 0 oder fi = 0, so soll [i • x = 0 sein. — Die eben beschriebene Anordnung der Elementenpaare (k, m) nennt man in naheliegender Weise eine lexikographische Anordnung oder eine Anordnung nach ersten Differenzen. In der Tat ergibt sich die zweite Definition unmittelbar aus der ersten. Die Menge K ist bei beiden dieselbe. Bei der ersten Definition ist dann jedem k e K eine Menge Mk des Ordnungstypus ¡X zuzuordnen, und zwar müssen alle M k elementenfremd sein. Das kann man in der Weise machen, daß man eine Menge M vom Ordnungstypus // nimmt und für jedes k die Elemente m von M durch (k, m) ersetzt. Ordnet man nun jedem k die Menge M(jk, mjj zu, so ist die Forderung der Definition 1 erfüllt. Die Vereinigungsmenge der M(ßc, m)) ist gerade die in der Definition 2 mit S bezeichnete Menge und die in der Definition 2 für ihre Elemente vorgeschriebene Anordnung die auch durch die Definition 1 vorgeschriebene Anordnung.

92

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Bei der Definition 2 ist nun sofort klar, daß das Produkt der Ordnungstypen von den speziellen Repräsentanten der Ordnungstypen unabhängig ist. Ferner folgt aus jeder der beiden Definitionen unmittelbar: a)

\n-x\=\n\-\x\.

Auch b e i d e r M u l t i p l i k a t i o n g i b t es k e i n e V e r t a u s c h u n g s r e g e l . Denn wählen wir erstens x —

gilt, wenn oder oder oder


]. Ferner haben, wie sich aus der Abbildung y = j^pj^j

der

reellen Zahlen x auf das Intervall | y | < 1 ergibt, die der Größe nach geordneten reellen bzw. rationalen Zahlen eines offenen Intervalls ebenfalls den Ordnungstypus X bzw. rj. Die reellen Zahlen der Intervalle [0,1), (0,1], [0,1] haben demnach die Ordnungstypen 1 + X, X + 1, 1 + X +

1,

und die in diesen Intervallen gelegenen rationalen Zahlen die Ordnungstypen 1 + »?, »7 + 1, 1 + »7 + 1. Stellt man X + 1 durch das Intervall (0,1] und einen zweiten Summanden X durch das Intervall (1, 2) dar, so ergibt sich X + 1 +

X=X.

In ähnlicher Weise folgt durch Aneinanderreihen der Intervalle, welche die Summanden repräsentieren: 1 + A = ( l + A ) w = ( l + A)co, A + 1 = (A + l)n = (A + 1) • co*, A = (A + l)co = (1 + A) • co*; und entsprechend ergibt sich f] + 1

+ rj



rj,

1 + »7 = (1 + rj)n — (1 + ??)co, f ) + 1 = (rj + l ) n = (tj + 1) • co*, rj = {rj + 1) co = (1 + rj) • co*.

§ 25. Über die Mächtigkeit der Typenklassen

95

Bei dem Ordnungstypus rj kann noch hinzugefügt werden:

ri = r)n= rjco = r] -m*. Das sieht man sofort, wenn man z. B. Intervalle mit irrationalen Endpunkten aneinanderreiht. Aus der Gültigkeit der Anreihungsregel folgt, daß man von einem Produkt einer endlichen Anzahl von Ordnungstypen ' / " 2 ' ' ' f*n sprechen kann, ohne Klammern zu setzen, da es ja nach der Anreihungsregel gleichgültig ist, an welcher Stelle sie stehen. Der Beweis der Anreihungsregel zeigt zugleich, daß man die Definition 2 des Produkts auch so ausbauen kann, daß sich eine allgemeine Definition für ein Produkt von n Ordnungstypen ergibt. Wählt man für alle Faktoren des Produkts denselben Ordnungstypus, so gelangt man zu der Potenz [i n eines Ordnungstypus mit endlichem Exponenten. Aus a) folgt dann: 8) Für endliches ist | j«™ J = Die Potenz aß kann z. B. durch die geordnete Menge flOQ . 1 3 5 - 1 2 4 . \ V1! J 2' 2> 2> ' • 8> 3' 8> •••!•• -J der positiven rationalen Zahlen dargestellt werden. Für die Ausdehnung des Produkts auf eine unendliche Menge von Ordnungstypen s. Hausdorff 1), S. 147 ff. oder 2), S. 73 ff. Für diese Ausdehnung ist allerdings die Theorie der wohlgeordneten Mengen erforderlich. § 25. Über die Mächtigkeit der Typenklassen Aus den bisher abgeleiteten Ergebnissen folgt noch nicht, daß es zu jeder Kardinalzahl m wenigstens einen Ordnungstypus (x mit | [i | = m gibt, d. h. daß sich jede Menge ordnen läßt. Wenn wir daher die Menge der verschiedenen Ordnungstypen, die zu einer gegebenen Kardinalzahl tn gehören, mit Tm bezeichnen und die zu m gehörige Typenklasse nennen, so

96

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

müssen wir vorläufig mit der Möglichkeit rechnen, daß evtl. Tm = 0 ist. Nach oben kann dagegen schon jetzt die Mächtigkeit der Typenklasse abgeschätzt werden. Es besteht nämlich der Satz 1: Für die zur Kardinalzahl m gehörige Typenklasse Tm gilt | Beweis: Es sei M irgendeine, aber weiterhin feste Menge mit der Kardinalzahl m. Ist ¡j, irgendein Ordnungstypus von Tm, so kann M stets so geordnet werden, daß M den Ordnungstypus (i erhält (Satz 1 auf S. 84). Die Menge aller verschiedenen Ordnungstypen der Klasse Tm ist daher eine Untermenge der Menge aller verschiedenen Anordnungen unserer Menge M. Haben wir nun irgendeine Anordnung von M, so können wir die Menge aller Elementenpaare (m, m) von M bilden, für welche bei der betrachteten Anordnung von M die Relation m < m gilt. Die Menge dieser Elementenpaare ändert sich mit der Anordnung von M und ist eine Untermenge der Menge aller Elementenpaare (m, in), die aus den Elementen der Menge M gebildet werden können. Die Menge aller verschiedenen Anordnungen der Menge M und erst recht die Typenklasse Tm hat daher höchstens die Mächtigkeit, die der Menge aller Untermengen zukommt, die sich aus der Menge aller Elementenpaare von M bilden läßt. Die Menge aller Elementenpaare von M hat aber (Definition auf S. 58) die Kardinalzahl m2, die Menge aller Untermengen dieser Menge daher die Kardinalzahl 2 m - m , womit die Behauptung bewiesen ist. Speziell folgt aus dem Satz für m = o, daß | Ta [ * + a> herangezogen, der weder ein erstes noch ein letztes Element enthält. Mit irgendeiner Folge natürlicher Zahlen

(1)

( a l t a 2, a s , . . . )

wird durch Addition der Ordnungstypus (2)

a =

+ v + a2 +

v+% +v

H

gebildet. Es soll gezeigt werden, daß zu verschiedenen Folgen (1) stets verschiedene Ordnungstypen (2) gehören. E s sei also auch (3) (&1> &2> • • •) eine Folge natürlicher Zahlen, und mit dieser werde der Ordnungstypus / 3 = & 1 + »' + &a + i' + &3 + »'H gebildet. Dabei sei a = ß. Es ist dann zu beweisen, daß die Folgen (1) und (3) übereinstimmen. Das wird sich durch Schluß von n auf n + 1 aus der folgenden Hilfsbetrachtung ergeben: E s seien E l t E 2 und N l t N 2 geordnete Mengen. Dann folgt sowohl aus (a)

i =

E1 +

(b)

~ E2 + Nt,

N x und N 2 haben kein erstes Element,

E als auch aus

2

1

und E

Nx + Ex

7 E i m k e , Mengenlehre

2

sind endliche Mengen,

N 2 + E,

98

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Denn im Falle (a) kann bei einer ähnlichen Abbildung von E1 + N1 auf E2 + jV2 einem Element von E1 kein Element von N2 zugeordnet sein, da jedem Element von E1 in E1 + Nt nur endlich viele Elemente, jedem Element von N2 in E2 + iV2 aber unendlich viele Elemente vorangehen. Ebenso ergibt sich, daß auch kein Element von Nt einem Element von E2 zugeordnet sein kann. Es wird also wirklich E1 auf E2 und N1 auf N 2 abgebildet. Auch im Falle (b) kann bei einer ähnlichen Abbildung von Nx + E1 auf N2 + E2 ein Element e1 von E1 nicht einem Element n 2 von N2 zugeordnet sein; denn sonst müßte die dem e1 in N1 + E1 vorangehende Teilmenge N1 auf einen Teil N2 der Elemente von N2 ähnlich abgebildet sein, die dem Element n2 in N2 vorangehen, was unmöglich ist, da iVj im Gegensatz zu N2 kein letztes Element enthält. Ebenso ergibt sich, daß auch einem Element von E2 nicht ein Element von N1 zugeordnet sein kann. Daher wird auch hier E1 auf E2 und auf N2 abgebildet, w. z. b. w. Wird nun (a) auf die gleichen Summen « und ß angewendet, so ergibt sich a1 = bl und v + a2 + v + «3 + • • • = v + b2 + v + 63 H , also mit (b) a2 + v + a3 + • • • — b2 + v +

+ •••

also wieder mit (a) a2 = b2 und v + a3 + v -)

v + 63 + v H

,

usw. Die beiden Folgen (1) und (3) stimmen also in der Tat überein. Da die Gesamtheit der verschiedenen Folgen (1) somit zu lauter verschiedenen Ordnungstypen (2) Anlaß gibt und da aus (2) | « | ig o • a = a

§ 26. Über dichte Mengen

99

folgt, hat Ta mindestens die Mächtigkeit der Menge aller aus den natürlichen Zahlen gebildeten Folgen (1). Die Mächtigkeit dieser Zahlenfolgen ist aber a" = c, womit der Satz bewiesen ist. § 26. Über dichte Mengen In diesem und dem nächsten Paragraphen wollen wir einige Einteilungen der Ordnungstypen nach ihrer Struktur vornehmen. Erstens ist es nämlich interessant, daß sich manche, zunächst nur für Punktmengen gebildete Begriffe allgemein auf geordnete Mengen übertragen lassen; zweitens werden wir dadurch Mittel in die Hand bekommen, um in manchen Fällen die Unähnlichkeit von geordneten Mengen zu beweisen; und drittens wird es möglich sein, die Struktur der Menge aller rationalen Zahlen auf einer Geraden und vor allem des Kontinuums allein mit Hilfe des Mengenbegriffs zu beschreiben. Unter den Randelementen einer geordneten Menge soll ihr erstes bzw. letztes Element verstanden werden, wenn sie solche Elemente besitzt. Eine geordnete Menge heiße unberandet, wenn sie nicht leer ist und keine Randelemente hat. B e i s p i e l e von unberandeten Mengen sind: Das Intervall (0,1); die ganze Zahlengerade; die rationalen Zahlen des Intervalls (0,1); der Typus a>*+ ca.

Eine unberandete Menge ist jedenfalls unendlich, da es ja in jeder endlichen geordneten Menge sowohl ein erstes als auch ein letztes Element gibt. Satz 1: Eine unberandete Menge kann nur einer unberandeten Menge ähnlich sein; oder kürzer formuliert (vgl. Definition 2 auf S. 85): mit M ist auch , M1 unberandet. Das ist nur eine andere Formulierung des Satzes 2 von S. 84. Haben zwei Elemente m 1 und m2 einer geordneten Menge M die Eigenschaft, daß zwischen ihnen kein Element von M

1*

100

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

liegt, so heißen sie benachbarte (konsekutive) Elemente. Ist dabei m 1 < m2, so heißt m 1 der unmittelbare Vorgänger von m 2 und m 2 der unmittelbare Nachfolger von m v Eine geordnete Menge heißt dicht, wenn sie mindestens zwei Elemente enthält und keine benachbarten Elemente hat. B e i s p i e l e : Dichte Mengen sind die Zahlen des Intervalls (0,1), wenn sie nach ihrer Größe geordnet sind; ebenso die rationalen Zahlen des Intervalls [0,1] bei ihrer natürlichen Anordnung; die Menge (0,1) + {2}. Nicht dichte Mengen dagegen sind: {1, 2, 3 , . . . } ; die rationalen Zahlen, wenn sie als Folge angeordnet werden, da es nun zu jedem Element ein unmittelbar folgendes gibt; die Menge [0,1] + {2}, da die Elemente 1 und 2 benachbart sind.

Eine dichte Menge ist jedenfalls unendlich, da es in jeder endlichen Menge, die mindestens zwei Elemente enthält, auch benachbarte Elemente gibt. Satz 2: Eine dichte Menge kann nur einer dichten Menge ähnlich sein; d. h. mit M ist auch |M> dicht. N und N enthalte zwei benachbarte Beweis: Es sei M Elemente nv n2. Dann kann es zwischen den ihnen bei einer ähnlichen Abbildung von N auf M zugeordneten Elementen m1 und m2 auch kein Element von M geben, da das sonst auch bei n1 und n2 sein müßte. Beschränkt man sich auf a b z ä h l b a r e dichte Mengen, so gilt folgender wichtiger Satz 3: Alle unberandeten dichten abzählbaren Mengen sind untereinander ähnlich (G. Cantor). Beweis: Es seien M(m) und N(n) zwei Mengen von der im Satz genannten Art. Da sie abzählbar sind, können sie auch als Folgen geschrieben werden, wobei allerdings ihre gegebene Ordnung gestört wird. Als Folge geschrieben, seien sie M = {m', m", m"\ ...}

und N = {w', n", n ' " , . . . } .

Es muß gezeigt werden, daß sich die Mengen M und N bei Beachtung ihrer ursprünglichen Reihenfolge aufeinander ab-

§ 26. Uber dichte Mengen

101

bilden lassen. Dazu wird m1 = m' irgendeinem Element n1 von N (etwa wx = n') zugeordnet. Darauf wird in N — {%} das Element mit kleinstem oberen Index aufgesucht und n2 genannt. In N ist nun entweder Wj < n2 oder > n 2 . Je nachdem das erste oder zweite zutrifft, wird in M ein Element m2 mit m1 < m2 oder m1 > m2 ausgewählt; das ist möglich, da M unberandet ist. Dieses m2 wird dem n2 zugeordnet. Nun geht man wieder zur Menge M über und wählt in M — {mi, m2J das Element mit kleinstem oberen Index und nennt es m a . Dieses Element kann bei der gegebenen Ordnung von M vor, hinter oder zwischen den Elementen m1 und m2 stehen. In jedem Fall gibt es, da N unberandet und dicht ist, ein Element n3, das zu den Elementen nx und n2 die gleiche Stellung hat wie m3 zu den Elementen m 1 und m2. Nun geht man wieder zu N über, wählt in TV — {%, w2, n3} das Element mit kleinstem oberen Index aus, nennt es w4, und nimmt aus M ein Element m4, das zu den drei Elementen mv m2, m 3 die gleiche Stellung hat wie n 4 zu den drei Elementen «1, Auf diese Weise wird jedes Element von M, d. h. von M, und jedes Element von N, d. h. von N erfaßt. Es ist also die Menge M auf die Menge N abgebildet, und zwar ohne Störung der Reihenfolge der Elemente. Denn es seien etwa m 1 < m2 zwei beliebige Elemente von M und n2 die ihnen zugeordneten Elemente von N. Dann ist bei unserm Verfahren zwischen einem der Elementenpaare mv n1 oder m2, n2 die Zuordnung später hergestellt als bei dem andern; nehmen wir etwa an: bei dem zweiten Paar später als bei dem ersten. Dann ist aber bei dieser Zuordnung von m2 und n2 darauf geachtet, daß die Elemente mv m2 in M die gleiche Stellung zueinander haben wie die Elemente nv n2 in N. Es ist also wirklich M ^ N.

102

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

Durch den Satz 3 ist der Ordnungstypus rj der in natürlicher Weise geordneten Menge aller rationalen Zahlen beschrieben, und zwar ohne Bezugnahme auf diese Zahlen selber. Der Ordnungstypus rj kommt nämlich nach Satz 3 genau dann einer geordneten Menge M zu, wenn diese die Eigenschaften hat: «) M ist abzählbar; ß) M enthält weder ein erstes noch ein letztes Element; y) M ist dicht, d. h. zwischen je zwei ihrer Elemente gibt es mindestens noch ein Element von M. Der Satz 3 kann noch verallgemeinert werden zu dem Satz 4 : Die sämtlichen verschiedenen Ordnungstypen der dichten abzählbaren Mengen sind die vier Typen: t], 1 + t], rj + 1 , 1 + t] + 1; d. h. jede dichte abzählbare Menge ist ähnlich der natürlich geordneten Menge der rationalen Zahlen entweder im Intervall (0,1) oder in [0,1) oder in (0,1] oder in [0,1], Beweis: Jede abzählbare dichte Menge läßt sich durch Abtrennen der Randelemente zu einer der im Satz 3 behandelten Mengen machen, d. h. zu einer Menge vom Typus r}. Fügt man die Kandelemente nun wieder hinzu, so ergibt sich die Behauptung. Das Beweisverfahren zu Satz 3 liefert auch noch den Satz 5: In jeder dichten Menge gibt es zu jeder geordneten abzählbaren Menge eine ähnliche Teilmenge. Beweis: Es sei die gegebene dichte Menge durch Fortlassen der etwaigen Kandelemente zu einer unberandeten dichten Menge M gemacht, und es sei A die gegebene geordnete abzählbare Menge. Es soll gezeigt werden, daß es in M eine Untermenge gibt, die bei der durch M für sie gegebenen Ordnung zu A ähnlich ist. Die Menge A möge wiederum, evtl. unter Zerstörung der gegebenen Ordnung, auch als Folge

§ 26. Über dichte Mengen A = {«!, a2,

103

a3,...}

geschrieben werden. Dem a 1 wird ein beliebiges Element m 1 von M zugeordnet. Dem a 2 wird aus M ein Element m2 zugeordnet, das zu m 1 dieselbe Stellung hat wie a 2 zu % bei der durch A für diese Elemente gegebenen Anordnung. Dann wird dem a3 ein Element m3 zugeordnet, das zu mv m2 dieselbe Stellung hat wie a3 zu av a2, usw. Daß das alles möglich ist und zum Ziele führt, sieht man nach dem Beweis zu Satz 3 sofort ein, da hier die Verhältnisse sogar einfacher liegen als dort. Aus den vorstehenden Sätzen folgt: a) Die Menge aller abbrechenden Dezimalbrüche > 0 (oder abbrechenden Dual- odern-al-Brüche), nach wachsender Größe geordnet, hat den Ordnungstypus rj. Denn, da diese Menge abzählbar, unberandet und dicht ist, folgt das aus Satz 3. b) Für jeden endlichen oder abzählbaren Ordnungstypus •x =j= 0 ist rj • x = rj. Denn es sei x durch K(k) und rj durch R(r) dargestellt. Dann wird rj x durch die lexikographisch geordnete Menge der Elementenpaare (k, r) dargestellt. Ist (k, r 0 ) eins dieser Elementenpaare, so gibt es, da R unberandet ist, ein r1 < ra und ein r2 > r 0 ; dann ist auch (k, rL) < (k, rQ) < (k, r 2 ). Ist weiter (kv r x ) < (fc2, r 2 ), so ist entweder kx < k2\ dann wähle man ein fz K »"2 und bilde (k 2 , r3). Oder es ist kl = k2 und r x < r 2 ; dann gibt es, da R dicht ist, ein rt < r3 < r 2 , und man bilde wieder (k2, r3). In jedem Fall liegt das neu gebildete Elementenpaar zwischen den gegebenen. Die Menge der Elementenpaare (k, m) ist also unberandet und dicht und schließlich auch abzählbar wegen = Daher hat sie den Ordnungstypus rj. Damit ist ein Teil der Ergebnisse vonS.94f. verallgemeinert; insbesondere ergibt sich rj • tj = rj, also auch if = rj', usf.

104

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

c) In ähnlicher Weise ergibt sich: Für jeden endlichen oder abzählbaren Ordnungstypus k =j= 0 ist (1 + r\)x = 1 + rj oder rj, je nachdem x ein erstes Element hat oder nicht. Insbesondere ist also (1 + t])r] = fj,( 1 + i?)2 = 1 + rj. § 27. Über stetige Mengen Es sei eine geordnete Menge M gegeben. Eine Teilmenge A von M heiße ein Anfang von M, wenn mit jedem Element a von A auch jedes Element zu A gehört, das dem Element a in der Menge M vorangeht. Der Anfang A soll stets in der durch M vorgeschriebenen Ordnung geordnet sein. Eine Teilmenge Z von M heiße ein Rest von M, wenn mit jedem Element 2 von Z auch jedes Element zu Z gehört, das dem Element z in M nachfolgt. Der Rest soll ebenfalls immer in der durch M vorgeschriebenen Ordnung geordnet sein. Die leere Menge soll sowohl Anfang als auch Rest jeder geordneten Menge sein. Ist z. B. R (r) die Menge aller rationalen Zahlen in der natürlichen Anordnung, so bildet die Menge der rationalen Zahlen r, für die r < 2 gilt, einen Anfang, aber auch die Menge der rationalen Zahlen, für die r ^ 2 ist. Entsprechend bildet die Menge der r > 2 ebenso wie die Menge der r 2: 2 einen Rest von R.

Unter einer Zerlegung einer geordneten Menge M wird ihre Darstellung in der Form M = A + Z verstanden, wo A ein Anfang, Z ein Rest von M, A • Z = 0 und die Summe natürlich eine geordnete Summe ist. Eine Zerlegung M = A + Z einer geordneten Menge M in zwei nicht leere Mengen A und Z heißt Sprung, wenn A ein letztes und Z ein erstes Element hat; Lücke, wenn A kein letztes und Z kein erstes Element hat; Schnitt, wenn keiner dieser beiden Fälle vorliegt, d. h. A ein letztes und Z kein erstes Element oder A kein letztes und Z ein erstes Element hat.

§ 27. Über stetige Mengen

105

Z. B. ist bei natürlicher Anordnung der in den folgenden Intervallen enthaltenen reellen Zahlen [0,1] + [2, 3] ein Sprung, (0,1) + (1, 2) eine Lücke, [0,1) + [1, 2) ein Schnitt. Im Bereiche der natürlich geordneten rationalen Zahlen r ist in ohne weiteres verständlicher Schreibweise {r i j 0} + {r > 0} ein Schnitt, dagegen

{r < j/2} + {r > ¡/2) eine Lücke.

Das Vorhandensein von Sprüngen in einer geordneten Menge ist gleichbedeutend mit dem Vorhandensein von benachbarten Elementen. Eine dichte Menge ist somit eine Menge ohne Sprünge; sie hat nur Schnitte und Lücken. Satz 1: Hat die eine von zwei einander ähnlichen Mengen Sprünge bzw. Schnitte bzw. Lücken, so gilt das auch für die andere Menge. Jede dieser drei Eigenschaften kommt also allen Mengen desselben Ordnungstypus entweder zu oder nicht zu. Beweis: Das folgt daraus, daß bei einer ähnlichen Abbildung, da bei dieser die Reihenfolge der Elemente erhalten bleibt, jede Zerlegung wieder in eine Zerlegung übergeht und ein erstes bzw. letztes Element eines Restes oder Anfangs wieder in ein solches Element. Hieraus folgt nun z. B., daß die in g) auf S. 85 geordnete Menge aller Punkte P (x, y) der Ebene der natürlich geordneten Menge (0,1) nicht ähnlich ist Die erste Menge hat nämlich Lücken. Eine solche erhält man z. B., wenn man mit A die Menge der Punkte P (x,y) bezeichnet, für die x < 0 ist, und mit Z den zu A gehörigen Rest der Menge bezeichnet. Da die Menge (0,1) keine Lücken hat, ist diese Menge der ersten nicht ähnlich.

Eine geordnete Menge, bei der jede Zerlegung ein Schnitt ist, heiße stetig; d. h. eine Menge ist stetig, wenn sie mindestens zwei Elemente enthält und weder Sprünge noch Lücken hat.

106

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

(a) Eine dichte Menge ist demnach stetig, wenn sie keine Lücken hat. (b) Jede stetige Menge ist dicht. Denn sind a -< b zwei Elemente der Menge M, so bilden die Elemente m a einen Anfang mit a als letztem Element. Der zugehörige Rest enthält b, aber kein erstes Element, also gibt es zwischen a und b noch Elemente von M. (c) Die Menge der rationalen Zahlen ist nicht stetig, wie sie auch geordnet sein mag; denn jede stetige Menge ist dicht, und an dichten abzählbaren Mengen gibt es nach S. 102, Satz 4 nur die vier Typen rj, 1 + t], r) + 1, 1 + rj + 1, von denen jeder Lücken hat, wie auf S. 105 an einem Beispiel gezeigt ist. Dagegen ist die Menge der reellen Zahlen in ihrer natürlichen Anordnung stetig. Die hier eingeführten Begriffe gehen im wesentlichen auf Dedekind zurück. Mit ihrer Hilfe können die irrationalen Zahlen, was hier kurz skizziert werden möge, folgendermaßen eingeführt werden: Bisher mögen nur die rationalen Zahlen bekannt sein. Jeder rationalen Zahl kann durch eine der bekannten elementargeometrischen Konstruktionen ein wohlbestimmter Punkt einer gegebenen Geraden zugeordnet werden. Aber nicht umgekehrt auch jedem Punkt dieser Geraden eine rationale Zahl. Konstruiert man nämlich (Fig. 6) ein gleichschenklig rechtwinkliges Dreieck mit den Kathetenlängen 1 und trägt man die Länge der Hypothenuse auf der gegebenen Geraden vom Punkte Null aus ab, so erhält man einen Punkt, für dessen Abstand x vom Punkt Null die Gleichung x2 = 2 bestehen müßte, und eine solche Zahl x gibt es im Bereiche der rationalen Zahlen nicht. Will man aber analytische Geometrie treiben, so ist es notwendig, daß nicht nur jeder Zahl ein Punkt, sondern daß auch jedem Punkt der Geraden eine Zahl entspricht. Es ist daher notwendig, die „Lücken" im Bereich der rationalen Zahlen auszufüllen (Sprünge kommen ja bei der Menge der rationalen Zahlen

§ 27. Über stetige Mengen

107

V

0

x Fig. 6

nicht vor). Und das geschieht nach Dedekind in der Weise, daß die „Lücken" als neuartige Zahlen eingeführt werden, für welche dann die Rechengesetze in geeigneter Weise definiert werden. Sobald das geschehen ist, ist die Menge der natürlich geordneten Zahlen eine stetige Menge, ebenso wie die Menge der Punkte auf einer Geraden, und nun ist eine Abbildung der Zahlenmenge auf die Punktmenge unter Erhaltung der Anordnung ihrer Elemente möglich, wie man es in der analytischen Geometrie braucht. Überträgt man die Überlegungen Dedekinds auf die allgemeinen geordneten Mengen, so gelangt man zu den beiden folgenden Sätzen: Satz 2: Jede stetige Menge M enthält eine Teilmenge vom Typus 1, d. h. eine Teilmenge, die der Menge der reellen Zahlen in ihrer natürlichen Anordnung ähnlich ist. Beweis: Nach S. 106 (b) ist M dicht. Nach S. 102, Satz 5 gibt es daher in M eine Untermenge R vom Typus r). Die Menge R hat Lücken. Es sei R= A + Z (1) eine Zerlegung von R, die eine Lücke in R bestimmt. Ferner sei A die Gesamtheit der Elemente von M, die zu A gehören oder vor einem Element von A stehen, und Z die Gesamtheit der Elemente von M, die zu Z gehören oder hinter einem Element von Z stehen. Wäre A + Z eine Zerlegung von M, so hätte M eine Lücke, entgegen der Voraussetzung, daß M stetig

108

IV. Über geordnete Mengen und ihre Ordnungstypen

ist. Daher fehlt in A + Z mindestens ein Element m von M, und dieses steht nach der Konstruktion von A + Z hinter A und vor Z, also auch hinter A und vor Z. Jede Lücke (1) bestimmt also mindestens ein Element m von M. Eines dieser Elemente m wird für jede Lücke (1) ausgewählt und festgehalten. Die durch diese Lückenelemente m ergänzte Menge R werde mit N bezeichnet. Diese Menge ist als Teilmenge der geordneten Menge M ebenfalls geordnet und ähnlich der Menge aller rationalen Zahlen, vermehrt um deren Lückenelemente im Bereich der reellen Zahlen, d. h. nach Dedekinds Einführung der reellen Zahlen gerade ähnlich der Menge aller reellen Zahlen, womit der Satz bewiesen ist. Ähnlich wie auf S. 102 der Ordnungstypus der Menge der rationalen Zahlen beschrieben werden konnte, ohne auf die rationalen Zahlen selber Bezug zu nehmen, ist das Entsprechende nun auch für die Menge aller reellen Zahlen möglich, wie aus dem folgenden Satz hervorgeht: Satz 3: Eine geordnete Menge M hat genau dann den Ordnungstypus A, d. h. ist der natürlich geordneten Menge aller reellen Zahlen ähnlich, wenn sie folgende Eigenschaften h a t : a) M ist unberandet; ß) M ist stetig; y) M enthält eine abzählbare Menge R, so daß zwischen je zwei Elementen von M mindestens ein Element von R liegt, d. h. in M ist eine abzählbare Menge R dicht. B e w e i s : Da jede Menge vom Ordnungstypus A die drei Bedingungen erfüllt, ist nur noch zu zeigen, daß aus ihnen auch i M \ = Ä folgt. Die Menge R ist unberandet; denn vor und hinter jedem Element von R gibt es noch Elemente von M, also wegen y) auch Elemente von R. Ebenso folgt aus y), daß R auch dicht ist. Daher hat R den Ordnungstypus r], ist also der Menge aller rationalen Zahlen ähnlich. Jede Lücke in der Menge R bestimmt nach dem Beweis zu Satz 2 minde-

§ 27. Über stetige Mengen

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stens ein Element m von M, aber wegen y) auch nur ein Element von M. Daraus folgt ab ex die Behauptung. Denn die Menge der rationalen Zahlen kann auf R abgebildet werden; jeder Lücke im Bereich der rationalen Zahlen ist damit genau eine Lücke der Menge R und daher auch genau ein Element von M zugeordnet. Damit ist eine ähnliche Abbildung der Menge aller reellen Zahlen auf die Menge M erreicht. A n m e r k u n g 1: Die etwas unhandliche Bedingung y) ist nicht eine Folge der beiden andern, darf also nicht fortgelassen werden. Denn es sei M die Menge der Punkte P (x, y) mit 0 < x < 1, 0 ^ y 1. Die Ordnungsbeziehung soll die auf S. 85 angegebene sein. Man sieht sofort, daß M unberandet ist. Weiter ist M stetig, d. h. jede Zerlegung M = A + Z ist ein Schnitt. Denn bei einer beliebigen Zerlegung hat A ein letztes Element P (x0, y0) oder nicht. Im ersten Fall besteht Z aus den Punkten P (x, y), für die x > x0, 0 «/ 1 oder x = x0, y > y0 gilt (ist y0= 1, so fällt die letzte Bedingung fort); Z hat also kein erstes Element. Im zweiten Fall gibt es entweder unter den Abszissen x der Punkte P (x, y) e A eine größte x0 und unter den Ordinaten y der Punkte P (x0, y) e A keine größte, aber sie haben eine obere Grenze y0, und es ist P (x0, y0) e Z. Oder die genannten Abszissen haben kein Maximum, aber auf jeden Fall eine obere Grenzex 0 ( < 1, da sonst Z leer wäre); dann ist P (xa, 0) erstes Element von Z. Jede Zerlegung von M ist somit ein Schnitt, und daher ist M stetig. — Aber y) ist nicht erfüllt. Denn sonst müßte es eine ab z ä h l b a r e Teilmenge R geben, so daß für jedes 0 < x < 1 zwischen P(x, 0) und P(x, 1) ein Element von R läge. Das ist aber nicht möglich. Aus dem Satz 3 folgt nun auch, daß die Menge M nicht ähnlich auf die Menge 0 < x < 1 abgebildet werden kann. A n m e r k u n g 2: An die Sätze der beiden letzten Paragraphen hat Ph. Franklin (Transactions of the American Mathematical Society 27 [1925] S. 91ff.) interessante Betrachtungen angeknüpft. Haben wir nämlich in den Intervallen 0 < x < 1 und 0 < y < 1 je eine abzählbare Menge, die in diesem Intervall dicht ist, d. h. von welcher in jedem noch so kleinen Teilintervall des Intervalls (0,1) mindestens ein Punkt der Menge liegt, so folgt aus Satz 3 von S. 100, daß sich beide Mengen ähnlich aufeinander abbilden lassen. Die Überlegungen zu den beiden letzten Sätzen lassen dann weiter erkennen, daß es eine stetige monotone Funktion y = / (x) gibt, welche das Intervall 0 < x < 1 stetig auf das Intervall 0 < y < 1 und zugleich die eine

110 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen der gegebenen Mengen genau auf die andere abbildet. Franklin hat nun gezeigt, daß die Funktion / (x) dabei sogar als analytische Funktion gewählt werden kann und beweist außerdem u. a. folgende interessante Tatsache. Ist im Intervall (0,1) eine eigentlich monotone und stetige Funktion gegeben, welche das Intervall (0,1) wieder auf das Intervall (0,1) abbildet, so kann diese Funktion mit beliebiger Genauigkeit durch eine in dem Intervall analytische Funktion approximiert werden, welche rationale Werte genau für rationale x annimmt. Anmerkung 3; Für die Ausdehnung der Betrachtungen auf nur teilweise geordnete Mengen siehe z. B. A. Aumann, Reelle Funktionen, Berlin-Göttingen-Heidelberg 1954, Abschnitt 2. 2.

V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen § 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl Den geordneten Mengen fehlt im allgemeinen noch eine Eigenschaft, die jeder Menge von natürlichen Zahlen zukommt. In jeder Menge von natürlichen Zahlen gibt es nämlich eine kleinste, d. h. in jeder nach wachsender Größe ihrer Elemente geordneten Teilmenge aus der Menge der natürlichen Zahlen gibt es ein erstes Element. Diese Eigenschaft der natürlichen Zahlen wird bei vielen Beweisen benutzt (vgl. hierzu insbesondere § 36), ohne daß einem dieses vielleicht immer klar zum Bewußtsein kommt. Es ist daher zu erwarten, daß die entsprechende Eigenschaft auch bei beliebigen geordneten Mengen von Bedeutung ist. Demgemäß wird festgesetzt: D e f i n i t i o n 1: Eine geordnete Menge M heißt wohlgeordnet, wenn sowohl M selber als auch jede nichtleere Teilmenge von M bei der durch M gegebenen Ordnung ihrer Ele mente ein erstes Element besitzt. Die leere Menge wird ebenfalls als wohlgeordnet angesehen. Beispiele: Jede endliche Menge ist wohlgeordnet, ebenso die Menge {1, 2, 3, ...}. Die Menge { . . . , 3, 2,1} ist nicht wohlgeordnet da sie kein erstes Element hat. Die Menge der reellen Zahlen im

§ 28. Definition der Wohlordnung und der Ordnungszahl

111

Intervall [0,1] in ihrer natürlichen Anordnung ist nicht wohlgeordnet; zwar hat die Menge selber ein erstes Element, aber die Teilmenge (0,1] hat kein erstes Element. Ebenso ergibt sich, daß keine Menge vom Ordnungstypus rj oder 1 + t] oder jj + 1 oder 1 + ry + 1 wohlgeordnet ist. Dagegen ist z. B. die Menge der positiven rationalen Zahlen in der Anordnung (1)

{l,2,3,...;Ü,f,...;iit,...;...}

wohlgeordnet; denn ist irgend eine Teilmenge hiervon gegeben, so gibt es in dieser Brüche mit kleinstem Nenner und unter diesen einen solchen mit kleinstem Zähler, und dieser ist dann erstes Element der Teilmenge. In der Definition 1 kann man auf die Transitivität der Ordnungsrelation verzichten, die in § 21, Definition 1 gefordert war. D. h. es gilt: Wenn es für eine Menge M eine Ordnungsbeziehung gibt, nach der für je zwei verschiedene Elemente a, b von M genau eine der beiden Relationen a m 2 > m 3 . . d . h. eine Teilmenge vom Ordnungstypus co*.

112 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen Satz 2: In jeder wohlgeordneten Menge gibt es zu jedem Element, das nicht letztes Element ist, ein auf dieses unmittelbar folgendes. Beweis: Es sei m 1 ein Element der wohlgeordneten Menge M. Die Menge der in M hinter m1 stehenden Elemente ist eine Untermenge von M, hat also nach der Definition der wohlgeordneten Menge ein erstes Element m2. Dann ist m 1 -< m 2 , und zwischen diesen beiden Elementen gibt es nach der Definition von m2 kein Element von M. Die wohlgeordneten Mengen gehören also sicher nicht zu den in den beiden vorhergehenden Paragraphen betrachteten dichten oder stetigen Mengen. Weiter folgen unmittelbar aus der Definition die beiden folgenden Tatsachen: Satz 3: Jede Teilmenge N einer wohlgeordneten Menge M ist bei der durch M für sie gegebenen Ordnung ebenfalls wohlgeordnet. Satz 4: Jede geordnete Menge, die einer wohlgeordneten Menge ähnlich ist, ist selber wohlgeordnet. Nach Satz 3 sind entweder alle Mengen eines bestimmten Ordnungstypus wohlgeordnet, oder keine. Diese Tatsache ermöglicht die D e f i n i t i o n 2: Unter einer Ordnungszahl versteht man einen Ordnungstypus, der durch w o h l g e o r d n e t e Mengen repräsentiert wird. Die Ordnungszahlen sollen ebenso wie die Ordnungstypen mit kleinen griechischen Buchstaben bezeichnet werden. Bei endlichen Mengen fallen demnach Kardinalzahl, Ordnungstypus und Ordnungszahl zusammen. Bei unendlichen Mengen kann es zu einer Kardinalzahl mannigfache Ordnungstypen geben. Ob es unter diesen auch immer Ordnungszahlen gibt, d. h. ob jede Menge wohlgeordnet werden kann, wird erst später entschieden (§ 41).

§ 29. Die Addition von beliebig vielen Ordnungszahlen

113

Daß es zu den abzählbaren Mengen Ordnungszahlen gibt, folgt schon aus unsern bisherigen Überlegungen. Denn nach den Beispielen der vorigen Seite ist die Menge {1, 2 , 3 , . . . } wie auch die Menge (1) wohlgeordnet. Der ersten Menge kommt der Ordnungstypus co und der zweiten nach S. 95 der Ordnungstypus co2 zu. Diese beiden Ordnungstypen sind also auch Ordnungszahlen. Wie man schon aus co allein unendlich viele Ordnungszahlen bilden kann, werden wir im nächsten Paragraphen sehen. § 29. Die Addition von beliebig vielen und die Multiplikation von zwei Ordnungszahlen Auf S. 89 haben wir uns mit der geordneten Addition von geordneten Mengen befaßt. Ersetzt man die dort auftretenden geordneten Mengen durch wohlgeordnete Mengen, so gelangt man zu dem Satz 1: Es sei K(Mk) eine wohlgeordnete Menge von elementenfremden wohlgeordneten Mengen; d. h. es sei K(k) eine wohlgeordnete Menge und jedem Element k dieser Menge eine wohlgeordnete Menge Mk zugeordnet, wobei alle diese M k zueinander fremd sein sollen. Dann wird behauptet: Die nach Definition 3 auf S. 89 gebildete geordnete Summe S = 2 Mk dieser Mengen ist selber eine wohlgeordnete Menge. k e K Beweis: Es sei T eine beliebige nichtleere Teilmenge von S. Es ist zu zeigen, daß T ein erstes Element hat. Dazu betrachten wir die Elemente keK, für welche Elemente aus Mk in T wirklich vorkommen. Diese k bilden eine Teilmenge der wohlgeordneten Menge K, haben also ein erstes Element k0. Weiter bilden die Elemente aus Mko, die in T vorkommen, eine Teilmenge der wohlgeordneten Menge M ko , haben also ebenfalls ein erstes Element m0. Dieses Element hat aber nach der in Definition 3 auf S. 89 festgelegten Anordnung von S die Eigenschaft, daß es in T allen andern Elementen vorangeht. 8

K a m k e , Mengenlehre

114

V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen

Für die Addition von Ordnungszahlen ist keine neue Definition nötig, da ja die Ordnungszahlen spezielle Ordnungstypen sind, also für sie die in § 23 gegebene Definition der Summe ebenfalls gilt. Indem man jene Definition etwas spezialisiert, erhält man den Satz 2: Es sei K(/u.k) ein aus einer wohlgeordneten Menge K(k) entspringender Komplex von Ordnungszahlen, kurz ein wohlgeordneter Komplex von Ordnungszahlen; dann ist seine geordnete Summe a = 2 fi* wieder eine Ordnungszahl. Beweis: Nach der Definition 4 von S. 90 ist a =

M^, k£K wobei die Mk elementenfremde Mengen sind, welche die ¡x^ darstellen. Da die /i k jetzt Ordnungszahlen sind, sind die M t wohlgeordnet. Da auch K wohlgeordnet ist, ist die Mengensumme nach Satz 1 wohlgeordnet, stellt also in der Tat eine Ordnungszahl dar. Das Wichtige ist, daß man bei der wohlgeordneten Addition von Ordnungszahlen immer wieder zu Ordnungszahlen kommt. Insbesondere führt also die Addition von zwei Ordnungszahlen stets wieder zu einer Ordnungszahl. Sind die Summanden des wohlgeordneten Ordnungszahlenkomplexes sämtlich einander gleich, so folgt aus Satz 2 der Satz 3: Das Produkt von zwei, also auch von endlich vielen Ordnungszahlen ist wieder eine Ordnungszahl. Insbesondere ist jede Potenz einer Ordnungszahl wieder eine Ordnungszahl, sofern der Exponent eine endliche Zahl ist. Hieraus folgt nun, daß auch co • n und et)" Ordnungszahlen sind. Ferner ergibt Satz 2, daß dann auch jedes „Polynom" con' • ani + con• • ant -|

b ft>Br • aUr

mit endlichen Zahlenkoeffizienten a„{ wieder eine Ordnungszahl ist.

§ 30. Teilmengen von wohlgeordneten Mengen

115

§ 30. Teilmengen und ähnliche Abbildungen von wohlgeordneten Mengen Dem Satz, daß in jeder beliebigen transfiniten Menge eine abzählbare Teilmenge enthalten ist, entspricht bei wohlgeordneten Mengen der Satz 1 : Jede transfinite wohlgeordnete Menge M enthält eine Teilmenge von der Ordnungszahl co. B e w e i s : M enthält ein erstes Element m 0 , ferner nach § 28, Satz 2 ein unmittelbar darauf folgendes m v dann ein TO2, das hierauf unmittelbar folgt; usw. Das Verfahren bricht, da M transfinit ist, nicht ab und führt daher zu einer abzählbaren Elementenfolge (1)

Ä = {m0,m1,m2, ...},

der die Ordnungszahl {m1, m 2 , . . . } , N = A + Z gesetzt. Die Mengen A und A werden ähnlich aufeinander abgebildet, indem jedes m n der ersten Menge dem m n + 1 der zweiten Menge zugeordnet wird. Ferner wird jedes Element von Z sich selber zugeordnet. Damit ist eine ähnliche Abbildung von M auf N hergestellt, bei der jedes Element m„ aus M dem Element von N zugeordnet ist, das innerhalb M gerade 8*

116 V. Uber wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen hinter ihm steht. Aber — und das ist eine für die Theorie der wohlgeordneten Mengen wichtige Tatsache — das Umgekehrte kann nicht vorkommen. Denn es besteht der Satz 2: Es möge zwischen der wohlgeordneten Menge M und ihrer (echten oder unechten) Untermenge N eine ähnliche Abbildung bestehen, bei der die einander zugeordneten Elemente von M und N mit m und n bezeichnet seien. Sehen wir uns die Stellung dieser Elemente in der Menge M an, so ist stets m=n oder m < n, aber niemals n 0, so ist W M nicht leer, da dann stets die Ordnungszahl 0 dieser Menge angehört. Z. B. ist W„={0,l,2,...,n-1}; W a = {0,1,2,...}. Satz 1: Die Elemente der Menge W ß sind miteinander vergleichbar. Ordnet man die in W ß vorkommenden Ordnungszahlen, was hiernach möglich ist, nach zunehmender Größe, so hat die Menge W ß die Ordnungszahl ¡ x . Beweis: M sei eine wohlgeordnete Menge mit der Ordnungszahl ¡i. Ist«irgendein Element von W u , d. h. ist a < ¡u, so ist x nach der Definition des „kleiner" Ordnungszahl eines Abschnitts von M . Sämtliche in W ß vorkommenden Ordnungszahlen sind also Ordnungszahlen von Abschnitten derselben Menge, also nach dem auf der vorigen Seite Gesagten sicher miteinander vergleichbar. Daß auch die Ordnungszahl eines beliebigen Abschnitts von M in der Menge W ß enthalten ist, ist klar. Es sei nun u. ein Element von W ß und M m der Abschnitt von M, dem diese Ordnungszahl zukommt. Wir ordnen dann die Ordnungszahl x dem Element m zu. Damit ist nach dem Vorhergehenden eine Abbildung der Menge W^ auf die Menge M definiert. Aber diese Abbildung ist auch eine ähnliche. Denn ist < a 2 , so ist M m i ein Abschnitt von Mma, also m 1 < m2. Es ist also W ß q^ M und damit der Satz bewiesen. Wir haben mit diesem Satz eine gewisse Normaldarstellung von Ordnungszahlen gewonnen und können nun bei allen Operationen, bei denen eine wohlgeordnete Menge auch durch jede zu ihr ähnliche ersetzt werden darf, die gegebene Menge stets durch die Menge W ß ersetzen, wenn fx die Ordnungszahl der gegebenen Menge ist. Das wird bei Beweisen vielfach benutzt werden. Zunächst beweisen wir so den Yergleichbarkeitssatz für Ordnungszahlen: Satz 2: Für je zwei Ordnungszahlen ¡ x , v besteht mindestens eine, also nach ß ) stets genau eine der drei Relationen

§ 31. Die Vergleichung von Ordnungszahlen f X < V , (X =

V, f l >

121

V,

d. h. zwei Ordnungszahlen sind stets miteinander vergleichbar. Beweis: Es werden die Mengen WM und W„ herangezogen. D sei ihr Durchschnitt, d. h. die Menge der Ordnungszahlen, die sowohl < ¡x als auch < v sind. D ist als Teilmenge der wohlgeordneten Menge WM wohlgeordnet, hat also eine Ordnungszahl (5. Es soll nun gezeigt werden, daß ö mit fx vergleichbar und etwa rj1 < rj2 ist, so ist rj1 + 1 u n d daher folgt aus der angenommenen Gleichung xr]1 + ^ xrj1 + x + i2, also nach c) x + i2< was aber ein Widerspruch zu < a ist. Daher kommt dieser zweite Fall nicht vor, womit die Eindeutigkeit bewiesen ist. In dem eben erhaltenen Ergebnis spielt rj die Rolle des Quotienten und £ die des Restes bei der Division. Man kann das Verfahren natürlich fortsetzen und erhält so einen EuklidAlgorithmus im Bereich der Ordnungszahlen: 9

Kamke,

Mengenlehre

130 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen a0 = + «2 = Ä3»?3 + «4 < Das Verfahren bricht nach endlich vielen Schritten ab. Das folgt aus § 32, Satz 2, da die xn eine absteigende Folge bilden. Es geht somit eine natürliche Zahl n, so daß xn — 0 ist. Wählt man in d) speziell x = m, so ergibt sich für jede Ordnungszahl eine Darstellung (1) fi = corj + f , £ h 1 der kleinste Index, f ü r den £¡¡2= C*i istDann ergibt sich wie vorher /'>•



Cm+1 + • • • + Ck2 + Cki + Ci»

und nach endlich vielen Schritten eine Darstellung (3). Ist (3) eine beliebige Darstellung mit unzerfällbaren Zahlen, so ist gl die größte unzerfällbare Zahl 5S ¡i. Denn sonst gäbe es eine unzerfällbare Zahl q mit fi. Nach Satz 4 wäre dann e =

QI + e = e i + QZ + e = ßI = fi + g > p.

+

Q2

h —

+

Qn

+

Q

Hiermit ergibt sich die Eindeutigkeit der Darstellung (3). Denn sind (i

= 6 i • •

H

hßn = Qn,

PlE^

ei H ••

he'n', Qn'

zwei solche Darstellungen, so sind gx, q'i nach dem vorigen Absatz eindeutig bestimmt, also = gl, und daher nach §33, cß) Qi +

1- Qn =

Q2 H

+ Qn' •

Auf dieselbe Weise folgt hieraus Qz — q'z, usw. Satz 6 : Ist / / > 0 und ist g > 1 eine unzerfällbare Zahl, so ist [IQ ebenfalls unzerfällbar; die kleinste unzerfällbare Zahl > n ist ¡uco. B e w e i s : Nach S a t z 4 braucht f ü r den ersten Teil nur bewiesen zu werden, daß

§ 34. Zerfällung von Ordnungszahlen (4)

137

| + PQ = [iQ für jedes £ < f i Q

ist. F ü r jedes | < fiq gibt es eine Darstellung (5)

| = firj + o , o < f i .

Dann ist £ +

HQ =

¡IR\ +

D a Q unzerfällbar und > (6)

e +

A +

[IG

^

FI(R]

+ 1 +

Q).

1 ist, ist 1 + Q — G, also fiß^/tiri+e).

Wegen £ < ¡xq folgt aus (5) ¡xrj < fiQ, also r j < i Q , also R\ + Q = Q (Satz 4), und daher aus (6) £ + FIG ¡XQ. D a offenbar auch £ + ¡XQ i g /XQ ist, folgt aus beiden Ungleichungen (4). F ü r den zweiten Teil braucht nun nur noch bewiesen zu werden, daß es zwischen ¡x und ¡um keine unzerfällbare Zahl gibt, d. h. daß die Zahl v zerfällbar ist, wenn fi 0 ist, gibt es eine Darstellung

v — firj +o, o 0, so ist 0, so ist v = ¡irj. Wegen v < ¡xm ist daher rj < 0, da sonst v = 0 wäre). Daher existiert rj — 1, und es ist

v = ¡x{rj — 1) + /x, 0< fi< v, also v zerfällbar. A n m e r k u n g : D a l die einzige endliche unzerfällbare Zahl ist, ist cu nach Satz 6 die erste transfinite unzerfällbare Zahl, die nächsten sind CD2, OJ3, . . . . Allgemein wird in § 38, Satz 3 bewiesen werden, daß die unzerfällbaren Zahlen gerade die Potenzen a 2 . Daraus folgt der erste Teil des Satzes wie bei § 34, Satz 1. Es sei f 0 der kleinste Teiler. Wäre so wäre

C0 = aC, a ^ l ,

l also f 0 nicht der kleinste Teiler von ¡x. Zu §34, Satz 2 gibt es hier kein Analogon. Denn es sind 4 und 6 Teiler von 12, es ist 4 < 6, aber 4 kein Teiler von 6. Eine Zahl (x > 1 heißt zerlegbar, wenn sie eine Darstellung iu

hat; hat sie keine solche Darstellung, so heißt sie unzerlegbar. Da stets /x—l-/x ist, ist ¡x somit genau dann unzerlegbar, wenn ¡x nur den Teiler fx hat. B e i s p i e l e : Offenbar ist jede gewöhnliche Primzahl unzerlegbar. Ferner co; denn wäre co zerlegbar, so wären beide Faktoren < co, also auch ihr Produkt < co. Ebenso co + 1; denn aus co + 1 = a £ , a < co + 1, £ < co + 1 ergibt sich ebenfalls ein Widerspruch. Ist X eine Limeszahl und n eine natürliche Zahl 2, so ist X + n zerlegbar; denn X hat eine Darstellung X = wa, und daher ist X + n = (DK + n= noDcc + n = n(cox + 1) = n(X + 1). Satz 2: Jede Zahl ¡x > 1 läßt sich als Produkt von endlich vielen unzerlegbaren Zahlen fi — z i i J i z . . . n n

(n^l)

darstellen. B e w e i s : Ist fi unzerlegbar, so gilt die Behauptung mit n = 1. Es sei daher ¡i zerlegbar. Dann hat ¡x einen Teiler f < [x, und der nach Satz 1 existierende kleinste Teiler f 0 ist unzerlegbar. Es gibt also eine Darstellung /X = a 0 £o, «o < /x, Co unzerlegbar. Ist a 0 unzerlegbar, so ist der Beweis beendet. Ist « 0 zerlegbar, so gibt es eine Darstellung a 0 = a x Ci, < a 0 , Ci unzerlegbar,

140 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen ferner, wenn x1 zerlegbar ist, «i = «2^2 > «a < a i . Ca unzerlegbar. Da die a h monoton abnehmen^ bricht das Verfahren nach endlich vielen Schritten ab, und man erhält durch Eintragen dieser Gleichungen ineinander die Behauptung. A n m e r k u n g : Die Zerlegung ist nicht eindeutig. Denn, wie oben bemerkt, sind co und co + 1 unzerlegbar, und es ist (co + 1) co = coco; denn es ist CO CO CO (co +

H

1 ) £0 =

(co +

1) =

et) +

2

(1 +

(o) =

co +

¿ja*

A=1

h=1

h=l

= CO + COCO = CO (1 + co) = COCO. Für die weitere Untersuchung der unzerlegbaren Zahlen wird hier entsprechend dem in § 34 b e w e i s b a r e n Satz 4 eine D e f i n i t i o n eingeführt. Eine Zahl y > 1 heißt (multiplikative) Hauptzahl, wenn C ist. Diese Zahl t] ist keine Limeszahl, da sonst für jedes f < rj auch £ + l < ? ? , also also ßs < f , also ß* = lim ß ^ £

156 V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen wäre. Da r\ keine Limeszahl ist, hat sie einen unmittelbaren Vorgänger co"; daher ist x

a

Q -

l x + 1

a+1

cox.

Nun ist noch zu beweisen, daß auch jede Zahl co" unzerfällbar ist. Der Beweis wird durch transfinite Induktion geführt. Die Behauptung ist offenbar richtig für a = 0; sie sei weiter richtig für alle x < ß und soll dann für ß statt x bewiesen werden. Ist ß keine Limeszahl, so ist co^ -1 nach der Voraussetzung unzerfällbar, also nach § 34, Satz 6 auch coi = coi-ico. Ist ß Limeszahl, so ist nach der Definition der Potenz co^ = lim m". a 1 darstellen läßt, so gilt für Ordnungszahlen der Satz 1 : Für eine beliebige Ordnungszahl ß > 1 läßt sich jede Ordnungszahl f > 0 auf eine und nur eine Weise in der Gestalt

158

(1)

V. Über wohlgeordnete Mengen und ihre Ordnungszahlen

£ = ß"y + ß«iy1 +

---+ß«»y„

mit a > x1 > • • • > 0 ist, wiederum angewendet werden. Man erhält so eine Kette von Gleichungen C = ß"V +

fi,

mit den Ungleichungen woraus a > x1 > a 2 > • • • neben 0 < y, yv . . . < ß folgt. Da eine absteigende Folge nur endlich viele Glieder enthält, bricht das Verfahren nach endlich vielen Schritten ab. D. h. es gibt ein f n + 1 = 0. Dann folgt aber die Darstellung (1) aus den Gleichungen (3). Die Eindeutigkeit der Darstellung ergibt sich so: Für jede Zahl f von der Form (1) sieht man leicht, daß'Q< ßa+1 ist. Wäre (4)

C = ß"r+

ß"*yi + • • • = ß« y + ß« n + • • •

und a < ä, so wäre a + 15S ä, und aus (4) würde ßx+1>

§ 39. Über Polynome von Ordnungszahlen

159

folgen, was unmöglich ist. Daher ist « = a. Wäre nun y > y, etwa, y — y + y , so würde ein höchstes Glied sich in (4) fortheben und ß«r yx + • • • = ß«f

folgen, was wegen

+ • • •

< a wieder unmöglich ist.

Aus dem Satz ergibt sich z. B. für/? = 2, daß jede Ordnungszahl f in der Gestalt f =

2a + 2"» + • • • +

2"" a

darstellbar ist. Übrigens ist (S. 153) co — 2 >; es braucht also bei dieser Darstellung der höchste auftretende Exponent keineswegs kleiner zu sein als die darzustellende Zahl. Ein besonders wichtiges Beispiel erhält man f ü r ß = m. Es ergibt sich dann, daß jede Ordnungszahl | in der Gestalt | = (OaC + co"^!

+ • • • + cox" c„

darstellbar ist, wo die ck < co, also endliche Zahlen sind. F ü g t man noch Glieder mit dem Koeffizienten 0 hinzu, so ergibt sich f ü r jede Ordnungszahl | eine Darstellung (

1- CO^Xa + • • • + (Ü2X2

+ COX1 + X0 — et

2*(OaXlx,

wo der Stern hinter dem 2 andeuten soll, daß diese Summe nach abnehmenden Potenzen der Basis teilbar, d. h. in der Gestalt — ca-v darstellbar. Wird | v | = n gesetzt, so ist demnach üft = X 0 n, also in der Tat «o^

=

No^ott = X0Tt = X^,.

Auf S. 42f. ist schon a • a = a und c • c = c bewiesen. Das sind Sonderfälle der folgenden allgemeinen Regel: (2)

= X„

(G. Hessenberg).

Beweis: Die Menge der Ordnungszahlen hat nach S. 120, Satz 1 den Ordnungstypus co^, ist also eine Menge der Mächtigkeit Die Kardinalzahl X® kann daher dureh die

§ 45. Weitere Rechenregeln für Kardinalzahlen

177

Menge der Paare (£, rj) aller Ordnungszahlen | < mß, rj < o)ß dargestellt werden. Von dieser Menge soll nun anderseits gezeigt werden, daß sie höchstens die Mächtigkeit hat. Dazu wird die natürliche Summe (S. 159) C =

o ( ( ,

v ) = ^ * c o " ( x

+

v

y

v

)

V

für | < (üh, rj < oj/j gebildet. Für ein solches Zahlenpaar sei, angefangen mit dem höchsten Gliede, a ( l

r j ) =

coa

( x

+

y )

+

• • •.

Da nur endlich viele Glieder vorkommen, die von Null verschieden sind, folgt hieraus ( « )

< j ( £ , f j ) < ( o

a

{ x

+

y

+

1 ) .

Da in der Darstellung | = co" xv oder r] - X* cd" y„ mindestens einmal co" einen Koeffizienten =f= 0 hat und da £ < (Of,, r ] < 0)^ ist, ist auch co" < coDa co^ eine Anfangszahl ist, ist demnach | co" | < | CO/, \, also, da x + y + 1 eine endliche Zahl ist, | „ | . Daher folgt aus (x) auch C =

o ( £ ,

r j ) < < o

/ J

.

Man erhält somit sicher alle Zahlenpaare rj, indem man die Gleichung v angenommen, und zunächst ( ß )

^

2 C
0, je nachdem M abzählbar ist oder nicht. In jedem Fall ist M in der Gestalt M = MM + R darstellbar, wo R höchstens abzählbar und R • MM = R • RM = 0 ist. Beweis: Da jede Ableitung nach Satz 4 abgeschlossen ist, folgt aus der Definition der Ableitung, daß die Ableitungen MM gerade die für die M a in dem vorigen Satz gemachten Voraussetzungen erfüllen. Daher gibt es eine Zahl y der ersten oder zweiten Zahlklasse, so daß MM = MM für a ^ y ist. MM igt als Ableitung abgeschlossen, aber auch in sich dicht oder leer; denn sonst enthielte M M einen Punkt, der nicht Häufungspunkt von MM wäre, der also beim Übergang zur nächsten Ableitung verschwände, so daß M ( v +1) =)= MM wäre. Daher ist MM entweder leer oder perfekt. Ist MM ^ 0 , also perfekt, so enthält M wegen MM g M eine perfekte Untermenge, ist also nach Satz 6 nicht abzählbar. Umgekehrt, wenn M nicht abzählbar ist, enthält M nach den Sätzen 2 und 5 eine perfekte Teilmenge, die dann auch allen Ableitungen angehört, so daß MM > 0 ist. Ferner ist R höchstens abzählbar. Denn es sei Rn die Menge derjenigen Punkte von R, die von allen Punkten von MM einen Abstand ^

haben. Dann ist Rn eine abgeschlossene

Menge, und auch abzählbar; denn wäre Rn nicht abzählbar, so

§ 46. Ordnungszahlen und Punktmengen

191

würde die Anwendung des bisher schon bewiesenen Teiles unseres Satzes ergeben, daß Rn eine perfekte Menge enthielte, die dann noch zu M.M hinzukäme. Da jeder einzelne Punkt der Menge R von MM einen positiven Abstand hat (das folgt aus der Abgeschlossenheit von M^), ist R die Summe aller Rn für n = 1, 2, 3 , . . . , also als Summe von abzählbar vielen Mengen, deren jede höchstens abzählbar ist, selber höchstens abzählbar. Endlich ist R • MM = 0, also, da R^M und daher RM^MM ist, erst recht auch R • RM = 0. Für Cantor war der Anlaß zu den hier geschilderten Untersuchungen das Kontinuumproblem, das in der noch allgemeineren Form, ob es zwischen N„und stets noch eine Kardinalzahl gibt, ein Hauptproblem1) der Mengenlehre ist. Die Kardinalzahl N kann nämlich durch die Punkte des Intervalls [0,1] repräsentiert werden. Wenn Nj < N ist, muß es also in dem Intervall [0,1] eine Punktmenge von der Kardinalzahl geben. Der Satz von Cantor-Bendixson zeigt nun, daß eine solche Menge, wenn sie überhaupt existiert, d. h. wenn Xj < N ist, jedenfalls keine abgeschlossene Menge sein kann. Denn aus M = MM + R folgt, da MM leer oder perfekt ist, also wegen Satz 6 entweder die Kardinalzahl 0 oder X hat, daß jede abgeschlossene Menge entweder eine Kardinalzahl rgj N0 oder gleich N hat. ') Vgl. hierzu Sierpiriski 2), ferner W. Sierpiriski, F u n d a m e n t a maticae 34 (1947), 1 - 5 .

Mathe-

Literaturverzeichnis Für weitergehende Studien auf dem Gesamtgebiet der Mengenlehre sei verwiesen auf: F. H a u s d o r f f , 1. Grundzüge der Mengenlehre. 1. Aufl. Leipzig 1914. — 2. Dasselbe. 3. Aufl. Berlin und Leipzig 1935. W. S i e r p i n s k i , 1. Leçons sur les nombres transfinis. Paris 1928. Neudruck 1960. — 2. Hypothèse du continu. Warszawa—Lwôw 1934. H. B a c h m a n n , Transfinite Zahlen [Ergebnisse der Mathematik und ihrer Grenzgebiete]. Berlin—Göttingen—Heidelberg 1955. Wem mehr an der Herausarbeitung des Grundsätzlichen liegt, der greife zu A. F r a e n k e l , 1. Einleitung in die Mengenlehre. 3. Aufl. Berlin 1928. — 2. Zehn Vorlesungen über die Grundlegung der Mengenlehre. Leipzig und Berlin 1927. — 3. Abstract set theory. Amsterdam 1953. Mit ausführlicher Bibliographie. — 4. Foundations of set theory. In Vorbereitung. Eine Darstellung im Sinne des Bourbaki-Kreises findet man bei N . B o u r b a k i , Théorie des ensembles. Actualités scientifiques et industrielles 846 (Paris 1939), 1212 (Paris 1954). An Nachschlagewerken sind zu nennen: Enzyklopädie d. Math. Wissenschaften,• Bd. Ij, Heft 2. 2. Aufl. Leipzig und Berlin 1939. A. S c h o e n f l i e s , Die Entwicklung der Lehre von den Punktmannigfaltigkeiten. 1. Teil, Jahresbericht d. Deutsch. Math.-Vereinigung 8 (1900); 2. Teil, ebenda, 2. Ergänzungsband 1908. A. S c h o e n f l i e s und H. H a h n , Entwicklung der Mengenlehre und ihrer Anwendungen. Erste Hälfte: Allgemeine Theorie der unendlichen Mengen und Theorie der Punktmengen, von A. S c h o e n f l i e s . Leipzig und Berlin 1913. Im Springer-Verlag angekündigt: K. S c h r ö t e r , Allgemeine Mengenlehre.

Namen- und Sachregister A, O p e r a t i o n A 1 8 a 29, 32 X (Aleph) 175 Abbildung 24 —, ä h n l i c h e 8 3 — , der E b e n e a u f eine Strecke 44 abgeschlossen 185 Ableitung 183 A b s c h n i t t 117 A d d i t i o n , g e o r d n e t e 87, 89, 113 ähnlich 83 algebraische Zahlen 10 A n f a n g einer g e o r d n e t e n Menge 104 Anfangszahl 174, 176 Anordnung, lexikographische, 91 ersten Diffe— nach renzen 91 Anreihungsregel 18, 41, 47, 53, 89, 92 äquivalent 24 Äquivalenzsatz 34 Aronszajn 90 Assoziationsgesetz 1 8 Aumann 110 Auswahlprinzip 71 ff., 1 6 5 Baire 189 B a s i s der reellen Z a h l e n 171 Belegung 58 Belegungsmenge 58 benachbarte Elemente

100

Bendixson 190 B e r n a y s 76 Bernstein 34, 180 Birkhoff 162 Bolzano 71, 184 Borel 66, 70 Bourbaki 169 B r o u w e r 44, 70, 76 Burali-Forti 124 C 29 32 Gantor 5, 1 0 0 , 1 4 4 , 154, 161, 181, 182, 183, 190, 191 Cantors Diagonalverfahren 12 Cauchy 170 Cauchys Diagonalverfahren 17

¿-Zahl 140 Dedekind 27, 106 Diagonalverfahren 12,17, 27, 33, 42, 69 dicht 6 6 , 1 0 0 d i c h t , in sich 1 8 5 Differenz 1 4 Distributionsgesetz 18 Division v o n O r d n u n g s zahlen 128 Dualitätsprinzip 19 D u r c h s c h n i t t von Mengen 15 e-Zahl 1 5 4 rj 9 4 E i g e n s c h a f t endlichen Charakters 165 Einmaleins für Kardinalzahlen 42 E l e m e n t e 5 ff. erstes E l e m e n t 8 2 Euklid-Algorithmus 129 Existenz 71 f 29, 32 Fixpunktsatz 169 Folge, absteigende 123 —, a u f s t e i g e n d e 1 2 3 — von Ordnungszahlen 123 F r a e n k e l 3 6 , 76, 1 4 8 Franklin 109 Frink 162 Fundamentalfolge 126 F u n d a m e n t a l s a t z der Algebra 71 geringere M ä c h t i g k e i t 2 9 Giordano B r u n o 65 Gödel 75, 7 6 Hamel 1 7 0 Häufungspunkt 183 Hauptzahl 140 H a u s d o r f f 6 5 , 95, 1 5 2 , 1 6 2 , 179, 1 8 9 Hermes 162 H e r m i t e 17 Hessenberg 1 3 3 , 1 4 0 , 1 5 9 , 176 Hilbert 32 hinter 80 Induktion, transfinitel45 — »vollständige 146 Intervall 24

intuitionistische Mengenlehre 76 Invarianz der Dimensionszahl 4 4 Jacobsthal

140

K a m k e 71, 1 7 3 Kardinalzahl 2 8 , - 2 9 Kardinalzahlenkomplex 45 Kestelman 171 Kette 80 K e t t e ,